- n + ea it u # 3. # P2 rn Je : I es DR, A e. ms; # « zer a A 'Of Sciences JAHRESHEFTE des Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberg. Herausgegeben von dessen Redaktionskommission Prof. Dr. ©. Fraas, Prof. Dr. F. v. Krauss, Prof. Dr. C. v. Marx, Prof. Dr. P. v. Zech in Stuttgart. SECHSUNDVIERZIGSTER JAHRGANG. Mit 3 Tafeln. e__s1“ ———— a Stuttgart. E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung (E. Koch). 1890. | usa ei EL © Pr Laos 15 dran * ‚ Hr e e u j ı j L i Pr d u» Pi Inhalt. I. Angelegenheiten des Vereins. Bericht über die vierundvierzigste Generalversammlung vom 8. Juli 1889 in Urach. Von Oberstudienrat Dr. v. Krauss. 1. Rechenschaftsbericht für das Jahr 1888—1889. Von Oberen Dr. v. Krauss i 2. Zuwachsverzeichnisse der Veeaeinhhiiigei: A. Zoologische Sammlung. Von ÖOberstudienrat Dr. v. Krauss. B. Botanische Sammlung . C. Vereinsbibliothek. Von er ji v. Kr auss. 3. Kassenbericht für das Jahr 1888—1889. Von Hofrat Ed. Soytfärdt 4. Wahl der Beamten und des Versammlungsorts Nekrolog des Lehrers Lorenz Herter. Von Pfarrer Dr. Probkt iR Unteressendorf TR A Nekrolog des Apothekers Einst lan Klet a Prof. Dr. Oscar Fraas RE N x II. Vorträge und Abhandlungen. 1. Zoologie. Die Schaltiere zwischen dem Schönbuch und der Alb. Von Mittelschullehrer Geyer in Neckarthailfingen Die Abtrittsfliege, Teichomyza fusca MArQ. No Dr. E. one ann Die Duftapparate bei den Schmetterlingen. Von Dr. E. Hofmann. Naturwissenschaftlicher Jahresbericht 1888. Von Dr. Freiherr Richard Koenig-Warthausen. FREE ER EL RUE ES EHE. Über den Nestbau der Vögel. Von Dr. Freiherr Richard Koenig- Warthausen Über die geographische yrkkerie aa Ks hihie Douschlande, nicheedee dere Württembergs. Von W. Wolterstorff in Halle a. S. 2. Botanik. Über einen Fall von abnormer Keimentwickelung. Von F. Hegelmaier. (Mit Taf. I.) Zur Kenntnis der Formen von Sper SE (Be a Rücksicht ar da einlle Vorkommen derselben. Von F. Hegelmaier. 66 Seite 29 49 239 233 136 241 125 88 98 IV Inhalt, Beitrag zur Flora von a und Hohenzollern. Von Professorats- kandidat Rieber Volkstümliche Pflanzennamen aus dem Gebiet dar Hauken Alb. va Pfirie Scheiffele in Kohlstetten. 3. Mineralogie, Geologie und Palaeontologie. Palaeontologische Funde aus dem Lias d des Filsbetts bei Eislingen. Von Pfarrer Dr. Engel in Eislingen . Über den Basalt des Eisenrüttels. Von Prof. Dr. Osaas Prodk Die Nordgrenze des ehemaligen Rheingletschers. Von Dr. F. Knicken- berg in Bonn. (Mit Taf. II.). Beiträge zur Mineralogie Württembergs. LI. Berker Über ee Vorkonmat von Gips. Von Prof. Dr. Alfred Leuze . 5 Der Stiftsberg bei Heilbronn. Von Otto Spohn in Hditprban Zur Erdbebenfrage. Von Prof. Dr. Nies in Hohenheim . : Untersuchungen über zwei neuere Erdbeben, das schweizerische vom 7. u nuar 1889 und das nordirariu vom 31. August 1886. Von Prof. Dr. A. Schmidt. (Mit Taf. III.) Kleinere Mitteilungen. Lacerta muralis LAuUR. Von Öberforstrat Dr. v. Nördlinger . Schlupfwespen in einer Carabus-Larve. Von Dr. E. Hofmann . Die Goldorfe (Oyprinus orfus) L. Von Dr. F. Krauss Bücheranzeigen. BR ae _—— Seite 285 288 34 32 109 181 106 74 200 303 303 304 305 I. Angelegenheiten des Vereins. Berieht über die vierundvierzigste keneralversammlung vom 8. Juli 1889 in Urach. Von Öberstudienrat Dr. F. v. Krauss. Die Generalversammlung in Crailsheim hat im vorigen Jahre die freundliche Einladung der Vereinsmitglieder in Urach dankend ange- nommen und die Stadt Urach als Versammlungsort für das Jahr 1889 einstimmig gewählt. Die Geschäftsführung übernahm Oberförster Magenau. Die diesjährige Versammlung konnte wegen der zur Feier des 25 jährigen Regierungs-Jubiläums des Königs stattfindenden Festlich- keiten nicht wie bisher am Johannisfeiertag abgehalten und musste auf den 8. Juli verlegt werden. Sie fand in dem schöngeschmückten „goldenen Saal“ des alten Grafenschlosses statt und war von den Vereinsmitgliedern und sonstigen Naturfreunden zahlreich besucht. Durch die Bemühungen des Lokalausschusses waren im Saale nachstehende naturhistorische Gegenstände und Sammlungen ausge- stellt, und zwar von: Apotheker Hermann Metzger in Urach, geschliffene aus dem Oberamt Urach und den benachbarten Oberämtern, Öberpräzeptor Hiller im Urach, Mineralien und Petrefakten, Max Karrer in Urach, 5 Kästen mit einheimischen und exotischen Schmetterlingen, Dr. E. Hofmann von Stuttgart, die lebende Larve eines Ameisen- löwen (Myrmeleon formicarius), bei Urach gefunden. Ferner die Sammlungen, welche als Grundlagen für die Vor- träge dienten, von Pfarrer Dr. Engel in Eislingen, Versteinerungen aus dem Lias d des Filsbetts bei Eislingen, Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1890, 3 AS Mittelschullehrer Geyer in Neckarthailfingen, die Schaltiere zwischen dem Schönbuch und der Alb, in schönen Exemplaren und reicher Anzahl, Öberlehrer Schmid in Urach, die selteneren Pflanzen aus der Um- gegend von Urach, welche in frischen Exemplaren vorgezeigt wurden. Unter ihnen sind hervorzuheben Sisymbrium strietissimum L., Lunaria rediviva L., Anthriscus nitida GarkE, Oynoglossum montanum Lam., Digilalıs lutea L., Anacamptis pyramidalıs Rıch., Gymnadenia odoratissima Rıch., Epipactis atrorubens SCHULTES, Epipogon Gmelini Rıch., Phleum phalaroides KÖLer. | Die Verhandlungen begannen um 11 Uhr. Der Geschäftsführer Oberförster Magenau eröffnete sie mit folgender Ansprache: Meine Herren! Seitens des Lokalausschusses ist mir der ange- nehme Auftrag zu teil geworden, Sie in Urachs Mauern herzlich willkommen zu heissen. Ich komme diesem Auftrag um so freudiger nach, als es das erste Mal ist, dass der Verein für vaterländische Naturkunde in unserem schönen Thale, an der Wiege eines Herzogs Christofs, seine Tagung hält. Möge es Ihnen allen bei uns wohl gefallen, und mögen auch die heutigen Verhandlungen zum Nutzen und Frommen des Vereins ausfallen! Wohl bietet der Weisse Jura in geognostischer Beziehung nicht die reiche Ausbeute, wie seine unteren Formationsglieder, desto schöner und mannigfaltiger dagegen ist seme Flora, und haben sich von jeher Männer im Bezirk gefunden, welche sich um die Hebung der vaterländischen Naturkunde wesentliche Verdienste erwarben, ıch darf Sie nur erinnern an die Namen: Graf Mandelslohe, Ober- amtsarzt Dr. Finckh, Pfarrer Dr. Kemmler, Forstrat v. Hügel, und unter den Lebenden an Dr. Weinland. Indem ich Sie nochmals herzlich willkommen heisse und allen Anwesenden für ihr Erscheinen unsern höflichsten Dank sage, er- laube ich mir Ihnen unsern allverehrten Herrn Oberstudienrat Dr. v. Krauss auch heute wieder zum Vorsitzenden der Versammlung vorzuschlagen. Zum Vorsitzenden wurde hierauf Oberstudienrat Dr. v. Krauss durch Akklamation gewählt. a 5 Oberstudienrat Dr. v. Krauss verlas sodann seinen Rechenschaftsbericht für das Jahr 1888—1889. Hochgeehrte Herren! Ehe wir zu dem geschäftlichen Teil des Rechenschaftsberichtes für das 44. Vereinsjahr übergehen, gestatten Sie mir daran zu er- innern, dass unsere heutige Generalversammlung sich unmittelbar “ anreiht an die Feier des 25jährigen Regierungs-Jubiläums Seiner Majestät des Königs, unseres erhabenen Protektors. Da Seine Königliche Majestät dieses Protektorat am 17. Oktober 1864 zu über- nehmen die Gnade hatte, so feiert auch der Verein das Fest des 25jährigen Bestehens des Protektorats des Königs Karl. Sie alle, verehrte Herren, werden die freudigen Gefühle, welche in den letzten Wochen unser Württemberger Land bewegt haben, von Herzen teilen, und Ihr Ausschuss hat sich deshalb für ermäch- tigt gehalten, im Namen des Vereins, Seiner Majestät dem Könige eine Glückwunsch-Adresse in Ehrfurcht unterbreiten zu lassen, deren Inhalt ich mir erlaube zu Ihrer Kenntnis zu bringen. Dieselbe lautet: Eure Königliche Majestät! Der Verein für vaterländische Natur- kunde in Württemberg, dessen Protektorat Eure Königliche Majestät am 17. Oktober 1864 kurz nach Höchst Ihrer Thronbesteigung zu übernehmen die Gnade hatten, wagt es an dem Freudentage des 25 jährigen Regierungs-Jubilläums Eurer Königlichen Majestät, sich Höchst Ihrem Throne zu nahen, um Eurer Königlichen Majestät die unterthänigsten Glück- und Segenswünsche darzubringen. In den 25 Jahren des Höchsten Protektorats Eurer Königlichen Majestät hat der Verein sich im Lande mehr und mehr ausgebreitet und eine erfolgreiche Thätigkeit in der Erforschung und wissenschaft- lichen Bearbeitung der naturhistorischen Verhältnisse Württembergs entwickelt. Möge es dem Vereine vergönnt sein, noch viele Jahre des höchsten Protektorats und der Huld Eurer Königlichen Majestät sich zu erfreuen. Furer Königlichen Majestät Stuttgart, den 20. Juni 1889. allerunterthänigster und treugehorsamster Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Im Namen des Ausschusses: H Der 1. Vorstand Der 2. Vorstand ı Oberstudienrat Dr. v. Krauss. Prof. Dr..©. Fraas. a ER Hierauf ist dem Vereine folgendes gnädige Danksagungsschreiben aus dem Kabinett des Königs zugekommen: Cabinet S. M. des Königs von Württemberg. Euer Hochwohlgeboren haben namens des Ausschusses des Vereins für vaterländische Natur- kunde in Württemberg Seiner Königlichen Majestät dessen Glück- und Segenswünsche in einer prachtvoll ausgestatteten Adresse dargebracht. | Seine Majestät sind aufs angenehmste berührt von diesem Be- weise der Aufmerksamkeit und Anhänglichkeit des nun seit bald 25 Jahren unter Höchst Ihrem Protektorate stehenden Vereins und lassen ihm dafür mit der Versicherung Höchst Ihres fortdauernden warmen Interesses für seine verdienstvollen Bestrebungen den gnä- digsten Allerhöchsten Dank aussprechen. Indem ich Euer Hochwohlgeboren ersuchen darf, von Vor- stehendem auch den übrigen Mitgliedern des Vereinsausschusses Kennt- nis geben zu wollen, beharre ich mit ausgezeichneter Hochachtung Stuttgart, den 21. Juni 1889. Der Cabinets-Chef: An die Herren Griesinger. Oberstudienrat Dr. v. Krauss und Professor Dr. Oscar Fraas, Hochwohlgeboren hier. Zum Zeichen unserer Freude und unseres Dankes ersuche ich die verehrten Mitglieder sich von ihren Sitzen zu erheben. Zum Geschäftlichen übergehend habe ich Ihnen ferner zu be- richten, dass ım verflossenen Jahre dem Verem 36 neue Mit- glieder beigetreten sind, von welchen 5 zum Oberschwäbischen und 12 zum Schwarzwälder Zweigverein zu zählen sind. Die vaterländische Naturalien-Sammlung hat als Zuwachs erhalten: 5 Säugetiere, 12 Vögel, 1 Amphibie, 1 Fisch, 2 Crustaceen, 7 Arten Mollusken, darunter Pisidium pallidum JEFFR. als neu für Württemberg, 172 Arten Insekten in 360 Stücken, 1 Bryozoe, 1 Spongie, 1 Mineral, 2 Hölzer und 67 Arten getrocknete Pflanzen. Der Zuwachs ist nicht gross, weshalb ich mir erlaube, den Mitgliedern die Sammlung aufs neue zu empfehlen. Die Vereinsbibliothek hat sich um 422 naturwissenschaft- liche Schriften und um 5 Karten vermehrt, welche der Verein den gütigen Schenkern und hauptsächlich den 169 gelehrten Instituten des In- und Auslandes verdankt, mit welchen er jetzt seine Jahres-. hefte austauscht. | a ei Die Benützung der Vereinsbibliothek steht wie bisher jedem Mitglied gegen Einsendung einer Quittung zu Diensten. Neue Tauschverbindungen sind durch den Vereins- bibliothekar eingeleitet worden mit: Public Library, Museums and national Gallery of Victoria at Melbourne, Naturhistorische Gesellschaft n Hannover, Verein für Naturwissenschaft zu Braunschweig» Natural history Society at Trenton, New Jersey, Notarisia Commentarıum phycologicum in Venezia, Deutscher wissenschaftlicher Verein zu Santiago in Chile, Museo nacional da Repüblica de Costa Rica in San Jose, Johns Hopkins university in Baltimore. Der 45. Jahrgang der Vereins-Jahreshefte ist rechtzeitig erschienen. Er enthält wieder mehrere wichtige Arbeiten über die Naturgeschichte Württembergs mit 7 Tafeln, den naturwissenschaft- lichen Jahresbericht für 1887 und eine Übersicht über die in Württemberg und Hohenzollern wahrgenommenen Erderschütterungen mit einer Karte. | Die Mitglieder sind wiederholt ersucht, die Herausgabe der Jahreshefte durch Einsenden von naturwissenschaftlichen Abhand- lungen zu unterstützen. Ihr 1. Vorstand hat wie bisher Seiner Majestät, dem hohen Protektor, den 45. Jahrgang der Vereinsschrift unterbreiten lassen und darauf ein gnädiges Danksagungsschreiben erhalten. Die Wintervorträge für die Mitglieder und ihre Damen haben zu halten die Güte gehabt: Prof. Dr. Kirchner über die Pflanzen im Regen, Prof. Dr. Nies über die Bildung der Steinsalzlager. In den monatlichen wissenschaftlichen Abenden für 1888/89 sind, in diesem Jahre unter dem Vorsitz des Prof. Dr. Klun- zinger, folgende Vorträge mit Demonstrationen gehalten worden: 11. Oktober 1888, Dr. Fünfstück über mikrochemische Reaktionen: Dr. Lampert: Neuere zoogeographische Publikationen. 8. November 1888, Prof. Dr. Sussdorf über mikrochemische Reaktionen auf tierischen Schleim; Prof. Dr. Klunzinger über hygienische Prüfung der Zimmerluft. 13. Dezember 1888, Dr. Nebel: Einfluss des Cylinders auf Licht- stärke und Ölverbrauch bei Petroleumlampen; Dr. Fünfstück EEE BER über einen neuen Spaltpilz im Wein: Prof. Dr. Nies über ein neues (oniometer. 10. Januar 1889, J. Eichler über Pflanzen und Ameisen; Prof. Dr. v. Eck über das Übergangsgebirg bei Baden-Baden. L 14. Februar 1889, Dr. Nebel: Wie die gewöhnliche Ausdrucksweise des Hebergesetzes zu einem perpetuum mobile der Hydraulik führen kann; Prof. Dr. v. Reusch über eine neue Art von Nivellierinstrumenten; Prof. Dr. v. Eck über das Erdbeben vom 7. Januar 1889; Prof. D. A. Schmidt über den Wert zweier in neuerer Zeit als Ersatz des Foucault'schen Pendelversuchs vorgeschlagener Experimente; Prof. Dr. Schmidt über Sulfonat. 14. März 1889, Prof. Dr. Nies über die sog. Beringersteine: Missionar Spieth über Bauten und Lebensweise der Termiten; Prof. Dr. Klunzinger macht Mitteilungen über die Erwähnung des Flösselhechtes (Polypterus bichir GEOFFR.) in der altägyptischen Litteratur. 11. April 1889, Dr. Nebel über eme elektrische Gegenkraft im Mikrophon: Dr. E. Fraas über fossile Muskelstruktur; Prof. Dr. Leuze über den Isländer Doppelspat; Dr. Lampert erwähnte kurz einige neuere Methoden der Meeresforschung. 9, Mai 1889, Prof. Dr. Leuze über die Mineralien des Kaiser- _ stuhls; Prof. Dr. Klunzinger über die neuen naturhistorischen Hofmuseen in Wien: Prof. Dr. v. Reusch besprach ein neues Hygrometer und Prof. Dr. Mack legte Kissling’s neu erschie- nenes Werk über die Dämmerungserscheinungen vor. 6. Juni 1889, Dr. Weinberg über den Parasitismus der Distomen; Dr. Fünfstück über die Verteilung des Klebers in den Ge- treidesamen. Durch den Tod hat der Verein wieder mehrere ältere Mit- glieder verloren, unter ihnen die Botaniker Pfarrer Dr. Kemmler in Donnstetten, über welchen Sie im letzten Jahrgang Worte der Erinnerung finden, und Lehrer Herter in Hummertsried, welcher seit 1882 die oberschwäbische Flora untersucht und schätzenswerte Beiträge, namentlich über Moose und Flechten, für die Jahreshefte und das Herbar geliefert hat. Unter den korrespondierenden Mitgliedern haben wir den Tod des tüchtigen Herpetologen Dr. J. G. Fischer in Hamburg zu beklagen. Am Schlusse meines Berichtes angelangt gestatten Sie mir noch, allen Mitgliedern und Gönnern, welche die vaterländische Naturalien-Sammlung und die Bibliothek mit Geschenken be- A dacht haben, im Namen des Vereins den wärmsten Dank zu sagen: Ihre Namen sind auf den Geschenken bekannt gemacht, sowie in den folgenden Zuwachsverzeichnissen. A. Zoologische Sammlung. (Zusammengestellt von Oberstudienrat Dr. F. v. Krauss.) I. Säugetiere. Als Geschenke: Muscardinus avellanarius L., altes Weibchen mit Nest, von Herrn Oberförster Fribolin in Bietigheim; Arvieola amphibius K. u. Bl. (Mus terrestris L.), altes Männchen, von Herrn Dr. Weinland auf Hohenwittlingen ; Felis catus L. ferus, einjähriges Männchen, von Herrn Oberförster Thehrer in Simmersfeld; Cervus capreolus L., Kopf einer sehr alten Gaise mit einem mit Bast- haaren bedeckten, Reg in eine hornartige Spitze endigen- den Auswuchs, a. hr Bndn derselben Gaise, von N Oberförster Renz in Steinheim. - II. Vögel. Als Geschenke: Nucifraga caryocatactes L., Männchen, von einem unbekannten Einsender: Corvus corone L. var. pallide fusca bei Hohnhardt, von Herrn Oberamtsarzt Dr. Mülberger in Crailsheim; Oolymbus septentrionalis L., junges Männchen, Mergus serrator L., junges Männchen, von Herrn Oberförster Frank in Schussenried; Tetrao tetrix L., altes Weibchen, auf dem Winnismoos, OA. Wangen, seit 1873 angesiedelt, von Herrn Oberförster Spreng in Leutkirch; Yunz torgwila L., junges Männchen, von Herrn Joh. Nill in Stuttgart; Actitis hypoleucos L., altes Weibchen, Totanus ochropus L., altes Weibchen mit einem gelben Bein, von Freiherrn Fritz König-Warthausen; Passer domesticus Brıss., jung, weissliche Varietät mit verdrehten Beinen, Lozxia leucoptera Gm., altes Männchen von Wildberg den 11. März 1851, Glaucion clangula L., junges Männchen im Übergang, von Dr. Freiherrn Richard König-Warthausen. Durch Kauf: Aquila elanga PAuu., jung, von Weipertshofen, OA. Crailsheim. a We er III. Amphibien. Als Geschenk: Salamandra maculosa LAur., schön gelb, aus dem Teufelsloch, von Freiherrn v. Falkenstein in Stuttgart. IV. Fische. Als Geschenk: Abramis Vimba 1., aus der Donau, von Herrn Matthäus Kässbohrer in Ulm. V. Crustaceen. Als Geschenke: Apus cancriformis SCHÄFF., Weibchen, Branchipus pisciformis ScHÄFF., beide von Kusterdingen, von Herrn Dr. Fickert in Tübingen. VI. Mollusken. Als Geschenke: Limax cinereoniger WoLF var. nigra, vom Neidlinger Wasserfall, von Herrn Prof. Dr. Klunzinger in Stuttgart; Limas variegatus Drar., alt und jung, aus einem Keller, von Herın Lehrer Freudenberger in Heilbronn: Tachea hortensis MüLL. und Limneus ovatus Drap., gebändert, Xerophila striata MüzL., vom Kapellenberg, Pisidium Henslowianum SHErPARD, Ziegelweiher, Pisidium pallidum JErF®R., Kohlweiher. Neu für Württ., von Herrn Forstamtsassistent Reuss in Biberach. VII. Insekten. Als Geschenke: Orphana denticauda Csarr. von Tübingen, von Herrn Dr. Hermann Krauss in Tübingen; Dasychira abietis ScHirr. von Lichtenberg, von Herrn Professor Rettich: Gastropacha populifolia ESPER, von Herrn Xylograph Michael; Diastictis artesiaria F., von Neckarthailfingen, von Herrn Lehrer Geyer ebendaher; Orthopteren, darunter 1 Oedipoda tuberculata L. aus Blaubeuren, 4 Arten in 4 Stücken, von Herrn Amtmann Aschenauer in Ellwangen; Hymenopteren, 4 Arten in 8 Stücken, darunter 1 Biene aus einem alten Thürenschloss, von Herrn Graf v. Scheler:; Carabus-Larve mit Schlupfwespenpuppen ganz besetzt (Hemiteles?), von Herrn Dr. Salzmann in Esslingen; ei, Orthopteren aus der Umgebung von Giengen, 3 Arten in 8 Stücken, von Herrn Dr. Piesbergen in Giengen: Megachile centunculus L., Zellen in Holz in 6 Stücken. von Herrn ehr Raster in Wangen OA. Cannstatt: Osmia bicolor L., in Fadenrollen eingenistet in 6 Stücken, von Herrn Reallehrer Gräter in Esslingen: Coleopteren 2 Arten in 2 Stücken, Lepidopteren 10 Arten in 16 Stücken, Hymenopteren 12 Arten in 20 Stücken, Dipteren 12 Arten in 18 Stücken, Aus der Umgebung von Stuttgart, von Herrn Sanitätsrat Dr. Steudel: Insekten, in den Weidenblätter lebende, 12 Arten in 40 Stücken, von Herrn Lehrer’Scheuerlen in Frittlingen; Hymenopteren, Bienen, 2 Arten in 12 Stücken, von Herrn Dr. Fickert in Tübingen; Schlüpfwespen aus Schmetterlingsraupen, von Herrn Flaschner Albrecht in Tübingen: Cecidomyien-Larven aus Trifolium, 2 Arten in 10 Stücken, von Herrn Professor Dr. Kirchner in Hohenheim: Spilosoma mendica L. SQ aus Giengen, von Herrn Kustos Dr. E. Hofmann. Durch Kauf: Coleopteren 12 Arten in 54 Stücken, Lepidopteren 24 Arten in 48 Stücken, Hymenopteren 34 Arten in 106 Stücken, Dipteren 14 Arten in 55 Stücken, Hemipteren 5 Arten in 22 Stücken, meist aus Giengen a. Br. VIII. Bryozoen. Als Geschenk: Aleyonella fungosa Paut., von Altenburg bei Tübingen, von Herrn Dr. Fickert in Tübingen. IX. Spongien. Als Geschenk: Spongilla lacustris L., var. ramosa Rerz., Feuersee bei Schorndorf, von Herrn Reallehrer Lörcher in Schorndorf. X. Mineralien. Als Geschenk: Barytkrystalle, blaue, aus den Cementbrüchen von Allmendingen, von Herrn Dr. G. Leube in Ulm. B. Botanische Sammlung. Als Geschenke: a) Hölzer: Stammstück von einer an Splintfäule abgestorbenen Pinus abies Duroı mit Pleurococcus vulgaris MENEGH. überzogen, vom Salon bei Ludwigsburg, von Herrn Oberförster Fribolin in Bietigheim; I Ast der Haselfichte, Pinus abies Duroı var. albens Wurm, bei Teinach, von Herrn Dr. W. Wurm in Teinach. b) Herbarium: 22 Species und Varietäten von Aosa aus Oberschwaben, Stellaria nemorum L., von Mettenberg, Gnaphalium luteo-album L., vom Scharben bei Essendorf, Aspidium Boottii TuckErm., vom Lindenweiher, Asplenium Trichomanes L., verschiedene Formen von Hochdorf, von Herrn Pfarrer Dr. Probst in Unter-Essendorf; 40 Species Flechten aus Württemberg, von Herrn Assistent J.’ Eichler; Helminthosporium gramineum ERIKS., auf Gerste, von Herrn Professor Dr. Kirchner in Hohenheim. C. Die Vereinsbibliothek hat folgenden durch Dr. F. v. Krauss verzeichneten Zuwachs erhalten: a. Durch Geschenke: Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Jahrg. 45. 1889. Von Herrn Staatsrat v. Köstlin. Dieselben, Jahrg. 39—44. 1883 — 1888. Von Herrn Professor Dr. Heitz in Hohenheim. Dieselben, Jahrg. 32—43. 1876—1887 (ohne Festschrift). Von Herrn Postinspektor Aichele in Ulm. Dieselben, Jahrg. 45. 1889. Von Herrn Buchhändler Eduard Koch. Societas entomologica; Organ für den internationalen Entomologen- verein Zürich. Jahrg. 3. No. 1—19. Pomologische Monatshefte. Herausg. von Dr. Lucas. Neue Folge. Jahrg. 14. Heft 6—12. Jahrg. 15. Heft 1—4. Schwalbach und Schlangenbad, die K. Trink- und Badeanstalten. Wies- baden. 12°. Stahlberg, E., gesammelte Vorträge über die physiologische und therapeutische Wirkung des Kumys. Leipzig. 1873. 8°. Fresenius, R., chemische Untersuchung des Kränchens, Fürsten- und Kesselbrunnens und der neuen Badequelle zu Bad Ems. Wiesbaden. 1873. Von Kustos Dr. E. Hofmann. Catalogo de 05 Col&opteras de Chile por Ferd. Philippi. Santiago 1887.’ 8°. Von Herrn Öberstudienrat Dr. v. Krauss. Kirchner, O., Flora von Stuttgart und Umgebung mit besonderer Berücksichtigung der pflanzenbiologischen Verhältnisse. Stuttgart. - 1888. 8°. | Von Herrn Professor Dr. Kirchner in Hohenheim. EI. Geognostische Spezialkarte von Württemberg, herausgegeben vom K. statist. Landesamt. Lief. XII. 2. Hälfte enthaltend Schichte VII. No. 5 Atlasblatt 40. Riedlingen. Schichte IX. No. 5. 46. Saul- gau, mit 2 Begleitworten von Prof. Dr. Fraas. Stuttgart. Vom K. Statistischen Landesamt. Zeller, über den Geschlechtsapparat des Diplozoon paradoxum. (Sep.- Ab. Zeitsch. für wissensch. Zool. Bd. 46. 2.) 1888. 8°. Vom Herrn Verfasser. Laucher, C., die Kronenquelle zu Obersalzbrunn in Schlesien. Salz- brunn 1881. 8". Von der Administration der Kronenquelle Salzbrunn. Die 7 Mineralwasser zu Bad Soden am Taunus und die Krankheiten, welche durch dieselben geheilt werden. Frankfurt a. M. 1888. 8°, Von der Brunnenverwaltung von Bad Soden. Zsigmondy, W., Mittheilungen über die Bohrthermen zu Harkany auf der Margaretheninsel nächst Ofen und zu Lippik und den Bohrbrunnen zu Alesuth. Pest. 1873. 8°. Vom Herrn Verfasser. Ormay, A., supplementa faunae Coleopterorum in Transsilvania. Nagy- Szeben. 1888. 30, Vom Herrn Verfasser. Lehmann, R., Bericht über die Thätigkeit der Central-Kommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland. München. 1883. 8°. Vom Herrn Verfasser. Hantken, M., die Kollektiv-Ausstellung ungarischer Kohlen auf der Wiener Weltausstellung 1873. Pest. 8°. Vom Herrn Verfasser. Petrik, L., über ungarische Porzellanerden. Publ. der K. Ung. geol. Anstalt. Budapest. 1887. 8°. Vom Herrn Verfasser. Drechler, A., der Witterungsverlauf zu Dresden. 1879—1885. Dresden. 1887. 8°. Vom Herrn Verfasser. Bronn, Klassen und Ordnungen des Thier-Reichs. Bd. VI. Abt. 3. Rep- tilien. Lief. 61—64; Bd. VI. Abt. 5. Mammalia. Lief. 30—31; Bd. II. Abt. Echinodermen. Lief. 1—3; Bd. V. Abt. 2. Arthro- poden. Lief. 283—29. Dasselbe neu bearbeitet von Bütschli. Bd. 1. Protozoa. Lief. 47—58. Leipzig 1888-—-89. 8". Von der C. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig. Moore, F., descriptions of new Indian Lepidopterous Insects. Hetero- cera Prt. 3. Calcutta. 1888. 4°, Von der Asiatic society of Bengal. Geognostische Jahreshefte, herausg. im Auftrage des K. Bayer. Staats- ministeriums von der geognostischen Abteilung des K. Bayer. Ober- bergamts in München. 1. Jahrg. 1888. Cassel. 1888. 8°. Vom K. Bayer.. Oberbergamt in München. a Seelig, E., über Benzylacetat und ähnliche Körper, insbesondere ihr Verhalten gegen Chlor und Brom. Habilitationsschrift zur Er- langung eu legendi für Chemie am Polytechnikum in Stuttgart. 1888. 8". — — Molekularkräfte. Physikalisch-chemische Studie der verschiedenen Körperzustände. Dresden. 1886. 8°. Vom Herrn Verfasser. Nies, Fr., über das Verhalten der Silikate beim Übergange aus dem glutflüssigen in den festen Aggregatzustand. Programm zur 70. Jahresfeier der K. W. landwirt. Akademie Hohenheim. 1888. 4°. Vom-Herrn Verfasser. Andersson, N. v., plantae scandinaviae. Cyperographie von E. Fries. Holmiae. 1849. 8°, Basiner, Th., über die Biegsamkeit der Pflanzen gegen klimatische Einflüsse. Moskau. 1857. 8°. 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Vol. XXXI bis XXXIN. Prt. 1—2. 1882—1888. 4°. Transactions, scientific, of the Royal Dublin society. New Ser. Vol. III. No. 14, Vol. 14. No. 1. 2—5. 1888—89. 8°. Transactions of the NewYork academy of sciences. Vol. VII. Vol. VIL. No. 1—4. 1887—89. 8°. Transactions and Proceedings of the NewZealand Institute. Vol. XXI. 1888. Wellington. 8°. Transactions of the Connecticut Academy of arts BR sciences. Vol. VII. Prt. 2. NewHaven. 1888. 8°, Transactions of the American philosophical society held at Phila- delphia. New Ser. Vol. XVI. No. 2. 1888. 4°. Transactions of the academy of sciences of St. Louis. Vol. V. No. 1—2. 1886—88. 8". Verhandelingen der K. Akademie van Wetenschappen. Deel 26. 1888. Afdeel. Letterkunde: Deel XVII. 1586. Amsterdam. 4°, Hierzu: Matris quererla et Esther. 1877. Susanna, Mepuers ad urbem Bononiam. Carmina. 1888. S°. Versiagen en Meddeelingen der K. Akademie van Wetenschappen. Af- deel Natuurkunde. 3. Reeks. Deel III. IV. 1887—88. Afdeel. Letterkunde. 3. Reeks. Deel IV. 1857, Amsterdam. d. Durch neu eingeleiteten Austausch. Jahresberichte der naturhistorischen Gesellschaft inHannover. 1—37. 1851— 1888. 8°. Jahresberichte des Vereins für Naturwissenschaften in Braunschweig. Bd. 1—4. 1880—87. 8°. Anales del Museo nacional della Repüblica de Costa Rica. Tom. 1. Anno de 1887. San Jose. 1888. 4°. John Hopkins University at. Baltimore. Studies from the biological sborarory. Vol. 11.” No. 3-4. 1882 83.#° Vol. TIENo: PR Bere Vol. IV: "No. 12-4. 1887-88. 8°. Brooks, de- velopment and protection of the Oyster in Maryland. 1884. 4°. University Circulars No. 36—39. No. 41—49. 1885—86. 4°. Journal of the natural history society at Trenton. Vol. 1. No. 1—3. 1886— 1888. New Jersey. 8°. Verhandlungen des deutschen wissenschaftlichen Vereins zu Santiago. (Sociedad cientifica Alemana.) Heft 1—6. 1885—1888. 8°. Notarisia commentarium phycologicum. Rivista trimestrale consacrata allo studio della Alghe. Anno I—IV. No. 1—15. 1886—1888. Venezia. 8°. Der Vereinskassier, Hofrat Ed. Seyffardt verlas folgenden Kassenbericht. Meine Herren! Nach der abgeschlossenen, von unserem Mitglied Herın H. Bin- der sen. revidierten 45. Rechnung, die den Zeitraum vom 1. Juli 1888/89 umfasst,- betragen die Einnahmen: A. Reste. Kassenbestand vom vorigen Jahr . . 150 M. 18 Pf. Bredlstagkarmngkene Rn a AH ER En rt n N C. Laufendes: 1. Zinse aus Aktiv-Kapitalien . 787 M. 5 Pf. 2. Beiträge von denMitgliedern . 3755 „ — „ 3. Ausserordentliches . . . . 2 REN De AR Hauptsumme der Einnahmen BE — : 4697 M. 26 Pf. Ausgaben: ABesie . . 7; B. Grundstock. Kapitalanlehen . . .. . .. np, C. Laufendes: l. für Vermehrung der Samm- lungen . . . 52 M. 49 Pf. 2. für Buchdrucker- ah. Bach binderkosten, darunter 2584 M. 35 Pf. für das 45. ‚Jahresheft: - .; .-. x..32D1, 2 zz 3. für Schreibmaterialien, Kopia- lien, Porti. ete. .. 1... 2812 JA 4. für Bedienung, Saalmiete etc. 282 „ — ,„ 5. für Steuern ; RE. 43: 2. DB 6. für N . 2... KOB 0 ee — , 4022 0200 ı, Hauptsumme der Ausgaben —'- 4563. M. 10 Pf. Die Einnahmen betragen hiernach . . . . ......4697 M. 26 Pf. „ Ausgaben B- en ne 7) a 4hb e LO ae es erscheint somit am Schlusse des Rechnungsjahrs ein Kassenvorrat des Rechners von — + 139@M. io, Vermögens-Berechnung. Kapitalien nach ihrem Nennwert . . . .......20114 M. 29 Pf. Kassenvorrat des Rechners . - 4... 0ul.n. 2 es Das Vermögen des Vereins beläuft sich somit auf 20248 M. 45 Pf. da dasselbe am 30. Juni 1888. °. . 7 ass betrug, so stellt sich gegenüber dem Vorjahre eine Zunahme von 22.5503" M 08. Pf. heraus. Aktien Nach der vorhergehenden Rechnung war die Zahl der Ver- einsmitglieder 760 mit . . . . er Hierzu die 56 neu eingetretenen Mitglieder, nämlich die Herren: Forstmeister Dietlen in Urach, Kollaborator Ander in Urach, Johannes Bränäle in Urach, Oberamtsbaumeister Graser in Urach, Direktor Egeler in Urach, Aktien Überiras '. 2.763 Kaufmann Tscherning in Heilbronn a. N., Lehrer Eberhardt in Dettingen, Dr. Lumpp in Reutlingen, Kaufmann Göbel in Reutlingen, Fabrikant C. Schickhardt in Betzingen, se G. Schickhardt in Betzingen, Apotheker Ludwig in Tübingen, Oberamtsarzt Dr. Biesinger in Rottenburg a. N. Obertierarzt Gmelin in Offenhausen, Dr. Seelig in Stuttgart, Forstreferendär Mayser in Adelberg, ‚Studiosus Höckle in Hohenheim, Nikolai v. Adelung in Heidelberg, Vikar König in Hasenweiler, Öberfinanzrat Dr. Schwarz in Stuttgart, Dr. Reusch in Stuttgart, Forstreferendär Schnitzer in Stuttgart, Forstreferendär Krauss in Stuttgart, Georg Locher in Tettnang, Dr. M. C. Wagner in Stuttgart, Schullehrer Götz in Heilbronn a. N., Lehrerverein für Naturkunde in Heilbronn. ” „ ” ” Göppingen. Professor Dr. Mack in Hohenheim, Stud. med. Plieninger in München, Distriktstierarzt Nagel in Schussenried, Pfarrverweser Müller in Unterwaldhausen, Dr. med. Weinberg in Stuttgart, Dr. med. Haidlen in Stuttgart, Dr. E. Wölffing in Stuttgart, Reallehrer Braun in Aalen, — 39 Hiervon die 34 ausgetretenen Mitglieder, und zwar die Herren: Kaufmann Langer in Heilbronn a. N., Fabrikant Merz in Heilbronn a. N., Diakonus Salzmann in Plieningen, Stadtschultheiss Mayserhausen in Ellwangen, Regierungsrat v. Rampacher in Stuttgart, Karl Mayer in Stuttgart, Stadtschultheiss Mack in Saulgau, Stadtpfarrer Hiller in Rottweil, Professor Dr. Pfeffer in Leipzig, Samenhändler Geigle in Nagold, Reallehrer Zimmermann in Ravensburg, Professor Dr. Heitz in Hohenheim, Aktien Übertrag . . 799 Schullehrer Lutz in Stuttgart, Professor Daiber in Stuttgart, Revierförster Muff in Neuften, Oberamtmann Flaxland in Göppingen, Major Schmidt in Ulm, Gerichtsnotar Mayer in Riedlingen, Mittelschullehrer Zeiter in Dürrmenz, Professor Dölker in Stuttgart, Medizinalrat Dr. Christmann in Ludwigsburg, Reallehrer Bauder in Freudenstadt, Oberförster Pahl in Freudenstadt, Apotheker Haug in Freudenstadt, Präzeptor Pflüger in Göppingen, Oberreallehrer Kazenwadel in Göppingen; Amtmann Aschenauer in Biberach, Kaufmann Haist in Freudenstadt, Hauptmann Lutz in Weingarten, Graf v. Schäsberg-Thannheim, Erlaucht, auf Thannheim, Pfarrer Scheuermann in Eschenthal, Hauptmann Wittlinger in Weingarten, Rechtsanwalt Hahn in Reutlingen, Fabrikant 3. Seeger in Stuttgart. „ . VS ZEBa Die 14 gestorbenen Mitglieder, nämlich die Herren: Oberförster Jäger in Kirchheim u. T., Dr. H. Gmelin in Tübingen, Senatspräsident v. Föhr in Stuttgart, Geh. Medizinalrat v. Burckhardt in Wildbad, Pfarrer Dr. Kemmler in Donnstetten, Lehrer Herter in Hummertsried, Stadtpfleger Richter in Ellwangen, Ingenieur Gmelin in Stuttgart, Ökonomierat Ramm in Stuttgart, Maschinenfabrikant Reichspfarr in Berg, Reallehrer Jung in Wangen, Landgerichtspräsident v. Röcker in Regensburg, Baudirektor v. Ehmann in Stuttgart, Dr. Lamparter.in,Reutlingen, ;..... ers — 48 über deren Abzug die Mitgliederzahl am Ende des TTEBER besagt »' WU 2, 3 08» JEB, mit Vo ae Do gegenüber dem Werder: N e mithin weniger 12 Mitglieder mit 12 Aktien Wahl der Beamten. Die Generalversammlung hat nach $ 13 der Statuten durch Akkla- mation wieder gewählt für das Vereinsjahr 1859 —1890 als ersten Vorstand Öberstudienrat Dr. v. Krauss, zweiten Vorstand Prat.. Dr: 0, Fraas, und diejenige Hälfte des Ausschusses, welche nach $ 12 der Statuten auszutreten hat: Professor Dr. v. Ähles, Bergrat Dr. Baur, Professor Dr. Bronner, Generalstabsarzt Dr. v. Klein, Dr. August Klinger, Hofrat Eduard Seyffardt, Sanitätsrat Dr. Steudel, Professor Dr. v. Zech. Delegierter des oberschwäbischen Zweigvereins ist Pfarrer Dr. Probst in Unteressendorf. Der Ausschuss hat durch Zirkulation vom 35. Oktober 1889 wieder gewählt: zur Verstärkung des Ausschusses: Professor Dr. Klunzinger, Professor Dr. v. Reusch, Professor Dr. A. Schmidt am Realeymnasium, Professor Dr. Sigel, als Sekretäre: Generalstabsarzt Dr. v. Klein, Professor Dr. v. Zech, als Kassier: Hofrat Eduard Seyffardt, als Bibliothekar: Oberstudienrat Dr. v. Krauss. Wahl des Versammlungsortes. Für den Versammlungsort im Jahre 1890 war diesmal keine Einladung an den Verein eingelaufen. Der Vorsitzende forderte daher die Anwesenden auf, Vorschläge zu machen, und bemerkte, nach dem bisherigen Turnus würde eine Stadt in Oberschwaben an der Reihe sein. Einige Mitglieder sprachen für Blaubeuren, andere für Esslingen. Nach kurzer Debatte wurde die Stadt Esslingen für den Ver- BR. ne sammlungsort im Jahre 1890 und Dr. Salzmann sen. als Geschäfts- führer gewählt. Nach dem geschäftlichen Teil kamen nun die Vorträge an die Reihe. Der Vorsitzende ersuchte die Vortragenden ihr Manuskript bald zum Druck in den Jahresheften einzusenden. Die eingelaufenen Manuskripte über die Vorträge finden sich in den nachstehenden Blättern abgedruckt. Damit war die Tagesordnung erschöpft. Nachdem der Vor- sitzende dem Geschäftsführer, den Ausstellern und dem Gemeinde- rat für ihre Bemühungen, sowie der Domänendirektion für Über- lassen des „goldenen Saales“ den Dank ausgedrückt hatte, schloss er die Versammlung um 1'/s Uhr. Nach den Verhandlungen besichtigten viele die Altertümer der Stadt Urach und um 2 Uhr versammelten sich wieder alle zum Fest- mahl in dem Gasthof zur Post. Der erste Trinkspruch galt wie immer Seiner Majestät dem König Karl, dem erhabenen Protektor des Vereins. Weitere Trinksprüche wurden auf den Geschäftsführer, die Stadt Urach, die Vorstände u. s. w. ausgebracht. Zum Schluss des gelungenen Festes fanden sich die Mitglieder in einem Biergarten oberhalb der Stadt ein, wo sie in Gesellschaft mit einigen Uracher Familien unter den Klängen der Stadtkapelle den Abend zubrachten. Nekrolog des Lehrers Lorenz Herter. Von Pfarrer Dr. Probst in Essendorf. Durch den frühzeitigen Tod des Lehrers LorEnz HERTER ın Hummertsried, OA. Waldsee (geb. 24. Dezember 1857 zu Dürrenwald- stetten, OA. Riedlingen, gest. 8. November 1888 in Hummertsried). traf den Verein für vaterländische Naturkunde und besonders den oberschwäbischen Zweigverein ein empfindlicher Verlust. Sein Arbeitsfeld im Gebiete der Naturwissenschaften war die Botanik, zu der er sich von Kindheit auf mächtig hingezogen fühlte. Schon in der Präparandenanstalt und im Seminar in Gmünd betrieb er diesen Wissenszweig mit Eifer, wobei ıhm seine Kenntnisse in der lateinischen und französischen Sprache, die er sich nebenbei er- worben hatte, zu statten kamen. Während seiner Laufbahn als unständiger Lehrer (in Geislingen b. Balingen, Altstadt b. Rottweil, Deggingen) und später (1881) als ständiger Lehrer in Mossbach, OA. Künzelsau, hatte er Gelegenheit die verschiedenen Landesteile Württembergs genauer kennen zu lernen. Nächst ‚seiner Heimat (auf der südlichen Alb) war es jedoch vorzüglich die oberschwäbische Gegend, welcher er die meiste Sorgfalt zuwenden konnte, seitdem er (1883) die Schulstelle in Hummertsried bezogen hatte und hier wiederum fesselte ihn am meisten die dem Gebirge zunächst liegende Gegend um Isny. Er war aber auch mit der Flora des Hochgebirgs durch einen zweimaligen längeren Aufenthalt in Davos vertraut ge- worden. ı Schon die 3. Auflage der Flora von Württemberg von Dr. Keumumrer (1882) notierte seinen Namen als Finder bei einer namhaften Anzahl von selteneren Pflanzen aus allen Landesgegenden. Ebenso wird in zwei Abhandlungen seine liebenswürdige und erfolgreiche Mitwirkung gebührend und voll anerkannt: nämlich in der Abhand- lung des Herrn Prof. Dr. HrseLmaıer über die Moosvegetation Württem- bergs (Jahreshefte 1884, S. 259) und des Verfassers über die wild- Map a = wachsenden Rosen in Oberschwaben (Jahreshefte 1887, S. 142). Für die letztere Abhandlung hatte Hrrrer die spezielle Untersuchung der Rosen um Isny übernommen und verschiedene andere Mitteilungen in liberalster Weise zur Verfügung gestellt. Noch deutlicher tritt seine erfolgreiche Thätigkeit in den von ihm selbst publizierten Arbeiten hervor. Zunächst verfasste er eine kleinere Mitteilung über das Vorkommen der Eragrostis auf württem- bergischen Bahnhöfen (Jahreshefte 1886, S. 340). Dann folgte eine grössere Arbeit über die seit 1832 neu beobachteten seltenen Pflanzen (Phanerogamen und Gefässkryptogamen) Württembergs (Jahreshefte 1888, S. 176—208). Sie legt Zeugnis ab von der Vertrautheit HErTER's mit dem gesamten Vereinsgebiete. In den letzten Jahren aber wandte er sich vorherrschend den Moosen und Flechten zu. Seinem ausdauernden Fleiss ist es jedenfalls mit zu danken, dass, wie er in seiner Abhandlung in den Jahresheften (1887, S. 176 — 208) konstatiert, die Zahl der bekannten Lebermoose in Württem- berg nunmehr auf 92, die der Laubmoose auf 400 angewachsen ist (l. c. 8. 178). Herrer hat dabei das Verdienst, dass er nicht bloss in jahrelanger Arbeit das Material persönlich, in schattigen, feuchten Schluchten und an sonnigen Felsen gesammelt hat, sondern seine litterarischen Kenntnisse waren auch hinreichend, um dasselbe mit Hilfe seines guten Mikroskops zu bestimmen. Nicht weniger eifrig sammelte er die Flechten. Hier aber war ihm nicht mehr vergönnt, zu irgend einem Abschlusse zu ge- langen, was um so mehr zu bedauern ist, da gerade in dieser Ab- teilung des Pflanzenreichs rüstige Arbeiter so sehr erwünscht wären. Es ist aber nicht zu zweifeln, dass schon das von ihm bisher ge- sammelte Material, wenn es, was sehr zu wünschen ist, in gute Hände kommt, als ein recht schätzbares erkannt werden wird. Von.den anderweitigen trefflichen Eigenschaften des Verstorbenen ist schon anderwärts gesprochen worden. Wir beschränken uns darauf, auf eine Seltsamkeit, seine unüberwindliche Schüchternheit, hinzu- weisen, die ihn hinderte, auch noch in seinen reiferen Jahren, persön- lich in einer grösseren Versammlung das Wort zu ergreifen. So wünschenswert das oft für Vereinszwecke gewesen wäre, so ersetzte er doch diesen Abmangel durch die schon oben hervorgehobene rühmliche Eigenschaft, dass er in anderer Weise allzeit bereit war, seine Beobachtungen mitzuteilen. Nekrolog des Apothekers August Friedrich Valet. Von Prof. Dr. Oscar Fraas. Geboren zu Ulm den 23. Oktober 1811. Gestorben zu Ravensburg den 26. September 1889. Ein harmonisches Bild entrollt sich vor unsern Augen in dem Lebensbild unseres VALEr, das sich an der Hand der oberschwäbischen Natur glücklich entfaltet hat. Es nimmt seinen Anfang in der alten Reichsstadt Ulm mit ihren innerhalb der Stadtmauern eng begrenzten Verhältnissen und verläuft ganz und gar auf dem diluvialen oberschwä- bischen Boden, den die alten Moränen der Schweizer Alpen in das schwäbische Oberland gelegt hatten. In der Nähe des Ulmer Münsters im sogen. Bogen geboren, brachte er seine Jugendzeit in den Lehr- anstalten seiner Vaterstadt zu, wo der Vater Schreiblehrer am Gym- nasium war. JOHANN Ünristıan VALET und die Mutter KaroLinE geb. HocHSTETTER sind längst heimgegangen, nachdem sie ihren zweiten Sohn Avcust zum pharmazeutischen Beruf bestimmt hatten, dem er denn auch bis zu seinem Lebensende treu blieb. Apotheker GwELın In Lange- nau war der Lehrherr, der ihn namentlich in der Botanik unterwies und die reiche Flora der Ulmer Gegend kennen lehrte, in welcher die Pflanzen der schwäbischen Alb mit denen der alpinen Molasse kon- kurrieren. Nach beendigter Lehrzeit konditionierte der junge Phar- mazeut zunächst in Stuttgart, hernach aber in Ravensburg. Es war damals üblich, in der französischen Schweiz sich die Sprache des Franzmanns anzueignen, hiess es doch allgemein, man spreche in der Schweiz ein reineres Französisch als in Frankreich. So begab sich denn Varer nach Genf und Vevey, wo ein Oheim, der frühere Apo- theker und Chemiker VALET, seinem Neffen eine zweite Heimat bot. Von hier aus besuchte VaLer verschiedene Städte der Schweiz, sein Herbarium bereichernd und reiche Kenntnisse sammelnd, wozu ihn EN EN namentlich die Ausflüge in das Hochgebirge’ günstige Gelegenheit boten. Ein Glanzpunkt seines Jugendlebens war im Frühjahre 1839 eine Reise in das südliche Frankreich, die er bis in die östlichen Pyrenäen ausdehnte: in 5 Monaten durchzog er damals meist zu Fuss das Land. die Städte Lyon, Marseille, Toulon und die Hyeren besuchend und vollbrachte hiemit eine Reise, die ihm zeitlebens eine teure Erinnerung blieb, und wovon er selbst noch in den letzten Jahren seines Lebens seinen Enkeln erzählte, sich des vielen Schönen das er gesehen und der interessanten botanischen Ausbeute sich erfreuend. In die schwäbische Heimat zurückgekehrt bezog VALET die Universität Tübingen, sass mit Begeisterung zu den Füssen Huco Monr’s und bestand 1837 die pharmazeutische Staatsprüfung. In den folgenden Jahren zog der Apothekeverwalter an verschiedenen Orten Oberschwabens herum, bis er 1545 die vormals Frächzr’sche Apotheke in Schussenried käuflich erwerben konnte. Im gleichen Jahr vermählte er sich mit Anna WILHELMINE NIETHAMMER, Tochter des damaligen Stiftsverwalters in Ravensburg. Im Jahre 1847 gab Varer eine „Flora von Ulm und Umgebung“ heraus und war ein geschätzter Mitarbeiter der Flora von Württem- berg von ScHÜBLER und MarTEns. Die Kegl. Grossbritannische bota- nische Gesellschaft zu Edinburg ernannte VALET zu ihrem Mitglied, ebenso wurde er zu Anfang der fünfziger Jahre Mitglied des natur- wissenschaftlichen Vereins für vaterländische Naturkunde, für den er bald ungemeine Thätigkeit entwickelte. Die Kataloge der Gesell- schaft von 1851 an bis zu diesem Jahre sind ebenso viele Zeugen der aufopfernden Thätigkeit Varer's und der scharfen Beobachtungs- gabe mit der er auf alles achtete, was ihm etwa neu oder beachtens- wert erschien. Im Oktober 1851 sandte Varer die Wasserspitzmaus, im Sommer 18552 Marder und Hermelin, 1853 schoss er den Dam- bock, der heute ein Prachtexemplar der vaterländischen Sammlung ist, 1863 legte er sich auf den Fang des Maulwurfs von dem er mit Vorliebe die weissen und gelben Varietäten sammelte. Zahlreiche Vögel in verschiedenen Altersstufen wählte er mit grossem Bedacht und scharfen Auges aus, sowie auch die vielen Weiher und Teiche zwischen dem Federsee und Bodensee alle ihre Bewohner für die vaterländische Sammlung abgeben mussten. Nur selten trat eine Kollision zwischen dem Sammeleifer und dem Feinschmecker in Fisch und Braten ein, wobei VaLer es nicht versäumte vom Vorstand Re 2 re des vaterländischen Vereins sich Absolution erteilen zu lassen, wenn ein Stück nicht in die Weingeistflasche, sondern in die Küche ge- langte. Was Varer auch in den 30 Jahren von 185080 für die Wissenschaft der oberschwäbischen Erdkunde leistete, alles trat m den Hintergrund seit der Eröffnung der praehistorischen Station Schussenried. Im Juli 1866 trafen die von VALET längere Zeit zu- vor schon annoncierten Geweihstangen ein, deren Hirschnatur der kundige Jäger wohl angezweifelt, deren wahre Rentiernatur wegen Mangel an Vergleichsmaterial anfangs nicht erkannt hatte. Es waren die ersten schwäbischen Rentiere, welche die oberschwäbische Praehistorie lieferte, um 6 Jahre später durch die gleichaltrigen Sta- tionen ‚Hohlestein und Hohlefels abgelöst zu werden. Eben damit hatte Varer, wie der Botanik und Zoologie so auch der Wissenschaft der Praehistorie die wichtigsten Dienste geleistet und wird sein Name dauernd die Liste schwäbischer Forscher zieren. Wie als Sammler von Naturalien und scharfer Beobachter des Lebens von Tieren und Pflanzen hat sich Varer auch um die archaeologischen Sammlungen verdient gemacht. In der „Lisse“ bei Schussenried fand er das Bronzegeräte, welches einem Epaulette gleicht und aus 7 scharf zu- einander passenden Bronzeringen besteht, die ohne Zweifel als Schutz- waffe anzusehen ist oder als Zierobjekt, vielleicht diente das Objekt zu beiden, zum Schmuck wie zum Schutz. Ausserdem liess VALET eine Reihe altgermanischer Gräber öffnen, deren Überreste, sei es an Schädeln, sei es an Grabbeigaben, in die praehistorische Sammlung des vaterländischen Vereins gewandert sind. Ehre für alle Zeiten dem selbstlosen, aber nichtsdestoweniger eifrigen Sammler, der in der That die öffentliche Sammlung des vaterländischen Vereins als Privatsammlung ansah und gern auf Privatbesitz verzichtete, indem er in der öffentlichen Ehre die eigene Ehre wieder fand. Il. Vorträge. T. Ueber den Basalt des Eisenrüttels. Von Professor Dr. Oscar Fraas. Man ist hier in Urach von selbst aufgefordert, über den Basalt zu sprechen, der im Eisenrüttel einen Mittelpunkt für das ganze Land gefunden hat. Seit vollends das staatliche Basaltwerk Urach den geord- neten Abbau des Materials in die Hand genommen hat und die maschi- nelle Zerkleinerung der basaltischen Massen besorgt, kann der Basalt des Eisenrüttels bis auf SO km Entfernung versendet werden. Das nähere hierüber erscheint soeben in der Denkschrift des Herrn Oberbaurat v. LEigprann (mit 3 Kupfertafeln). Berlin, Verlag von Ernst & Korn (WirHerm Ernst), 1889. Der bewaldete Bergkopf Eisenrüttel birgt auf einer Fläche von 7—8 ha eine bauwürdige Basaltmenge von 1—2 Millionen Kubikmetern. Das Gestein ist eine fenkörnige Grund- masse von Augit und Nephelin, von Magnetit und Glimmer, darin sich grössere Krystalle von Augit und Olivin ausgeschieden haben. Ein sanz besonderer Vorzug des Basaltes ist wohl der, dass die Grund- masse von den leicht zerstörbaren Magnesiasilikaten frei ist, welche sonst die Verwitterung begünstigen. Der Bruch des Gesteins ist ein körniger, gegenüber dem glasigen Bruch anderer Basalte. Sämtliche Untersuchungen, sowohl die auf chemischem als auf mechanischem Weg ausgeführten, stimmen darin überein, dass ein ganz vorzüg- licher Wegebaustoff im Eisenrüttel liegt, der von keinem anderen Basaltpunkt des Landes übertroffen wird. In der mit der George- nauer Mühle verbundenen Steinbrechmaschine erweist sich das Mate- rial ausserordentlich zäh und entfällt der Siebtrommel ein schön würfelförmiger Schotter. Die Kosten für den Basalt belaufen sich alles in allem gerechnet auf den Bahnhof Urach auf 8,68 Mk. der Kubikmeter. Der erzeugte Schotter verbindet sich unter der gewöhnlichen einzugliedigen Pferdewalze von 6,5 Tonnen Dienstgewicht bei fünfzig- maliger Überfahrt unter Zugabe von wenig in der Sortiertrommel gewonnenen Basaltkutters leichter und rascher zu einem festen Strassenkörper als Jurakalk und Dossenheimer Porphyr. Die Ingang- setzung des Steinbrechens hat den Lieferanten (Brıek & HüRNneER in Mannheim) viele Schwierigkeiten und Opfer verursacht. Bei der Härte und Zähigkeit des Materials ergaben sich in den ersten Monaten häufige Brüche an der Brechschwinge, dem Excenterstück und den Kniehebelplatten. Doch fuhren die Lieferanten unverdrossen fort, zu ergänzen und zu verbessern, bis der Steinbrecher vollkommen be- triebsfähig war. Der schon im Steinbruch auf Stücke von nicht mehr als 10 kg geschrotete Basalt wird von der eisernen Pritsche vor dem Steinbrecher in das Maul der letzteren mit Schaufel von Hand eingeworfen. Das gequetschte Material fällt durch einen Blech- schlauch in das Innere einer im Untergeschoss der Quetschhütte an- gebrachten Sortiertrommel von 4,25 m Länge mit nur 8,7 °;o Steigung. Die Trommel macht in der Minute 15 Umdrehungen und wird zur Verhütung der lästigen Staubbildung von oben her mit Wasser über- rieselt, vier angehängte Holztrichter nehmen das aus den einzelnen Trommelabteilungen fallende Material auf und führen es dem unter- gestellten Rollwagen zu. Die 10 mm weiten Maschen der Sortier- trommel lassen nur Kutter und Unrat durchfallen, die 17 mm weiten Öffnungen liefern feinen Schotter, die 45 mm weiten geben den Normal- schotter, die 60 mm weiten den Grobschotter. Noch grössere Steine rollen aus dem Unterende der Sortiertrommel in einen Rollwagen, der Schotter wird sortiert auf die Verladerampe geführt. Der Kutter, dem der Lehm des Steinbruchs beigemengt ist, wird zu einer Holz- pfanne geführt, in welche ein kräftiger, von der Wasserhaltung der Mühle hergeleiteter Wasserstrahl mit ca. 20 Sekundenliter einströmt, hier wird der Kutter eingeschüttet, mit Krücken durchgearbeitet und gewaschen, und zwar so rein, dass er zu Betonarbeiten sehr gesucht ist, oder zur Unterhaltung schöner Gartenwege gern verwendet wird. Zur Ingangsetzung der Steinquetsche dient eines der beiden ober- schlächtigen Wasserräder der Georgenauer Mahlmühle. Die Räder haben je 3,4 m Höhe, 2,0 m Breite und werden von dem sehr be- ständigen, im Mittel 800 Sekundenliter führenden Wasser der Erms getrieben; das Wasserrad macht 8 Umdrehungen in der Minute und bringt das Kronrad der Mühle in 32 Umdrehungen; ein Zahnrad von 400 mm Durchmesser entnimmt von letzterem die Betriebskraft für Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 3 Er die Steinguetsche und überträg sie mittels eines konischen Betriebs auf die an der Aussenwand des Mühlengebäudes laufende, 2 m Durchmesser haltende Drahtseilscheibe, die eine Umfangsgeschwindig- keit von 19 m erhält. Der Wasserzufluss zum Wasserrad wird von der Quetschhütte aus mittels eines Drahtzugs geregelt, beim An- lassen des Treibrades wird zuvor ein Glockenzeichen gegeben. Die Direktion der Ermsthalbahn in Urach räumte der Strassen- bauverwaltung den erforderlichen Platz zur Anlage für Verladegerüste mit Schüttvorrichtung auf dem Bahnhof Urach ein. Das ganze Werk ist von Oberbaurat LEIBBRAND in Gemeinschaft mit Bauinspektor Leis- BRAND in Reutlingen entworfen und ausgeführt worden. | IP: Ueber die selteneren Pflanzen der Umgegend von Urach. Von Oberlehrer Schmid in Urach. Das Manuskript über diesen Vortrag wurde nicht eingeschickt. 11. Paläontologische Funde aus dem Lias d des Filsbetts bei Eislingen. Von Pfarrer Dr. Engel in Eislingen. Eine durch vier Sommer fortgesetzte systematische Untersuchung der Schichten des mittleren Lias, wie sie in wunderbarer Schönheit und Klarheit von der Fils aufgeschlossen sind, hat mir nach und nach eine Anzahl von Petrefakten in die Hände geliefert, die für Württemberg entweder ganz neu oder jetzt in Exemplaren gefunden sind, wie man sie bisher nicht hatte und kannte. Wenigstens habe ich in den beiden Hauptwerken über diese Gesteinsschichten, die mir zu Gebot stehen, in Quexstepr’s „Jura“, sowie in der Monographie Orrer’s „über den mittleren Lias Schwabens“ (diese Jahreshefte Bd.X, 1854, S. 39 ff.) vergebens nach Beschreibungen oder Abbildungen der- jenigen Versteinerungen mich umgeschaut, die ich im folgenden zu weiterer Kenntnis vorzulegen gedenke. Eben diese Neuheit der Sachen veranlasste mich zur Veröffentlichung; denn nicht nur sieht man dar- aus, wie auch das best durchforschte Terrain, wenn man Gelegen- heit hat, es jahrelang speziell an Ort und Stelle auszubeuten, selbst. in Schwaben immer noch neues zu bieten vermag, sondern es liegt darin auch für jeden Sammler ein Sporn, Lokalstudien in möglichst gründlicher Weise zu treiben. Mögen die übrigen Geologen des . Landes, ein jeder auf seinem Posten, dies thun, diejenigen aber ins- besondere, die im Lias sitzen, zur Vervollständigung des Materials auch an anderen Plätzen nach ähnlichen Stücken fahnden, wie ich sie hier bekommen habe, zumal da diese mehrfach noch zu wünschen übrig lassen. Es wären etwa die folgenden: 1. Wirbeltiere bieten sehr wenig. Doch erhielt ich ein Fischzähnchen, das zweifellos der Gattung Hybodus angehört. Bisher war von solchen Resten aus Schwaben nur ein einzelner Zahn von Notidanus bekannt, den Opper unter dem Namen N. amalthei in dem obengenannten Werk (Taf. 1 Fig. 1) abbildet. Mit Recht sagt aber wohl QueEnstenT im Jura, der 2 Jahre später erschien, unter Bezugnahme auf Opprr’s Abbildung, dass dieses Zähnchen „wenig Ausgezeichnetes habe“. Er hielt es daher auch nicht für der Mühe wert, ein neues Bild davon zu geben. Ähnliche Notidanus-Zähnchen, wie OPPEL jenes eine aus der Steinlach bei Mössingen erhielt, wurden neuerdings auch im Filsbett von Eislingen gefunden, und zwar in eigentümlichen Knollen, die aus lauter zertrümmerten Resten von Crinoideen und Mollusken- schalen bestehen und für den mittleren Lias d unseres Filsbetts charakteristisch sind. Ebenfalls einem derartigen Gesteinsstück ge- hört nun unser Hybodus an, der offenbar aus dieser Schichte bisher noch nicht bekannt war. Es ist freilich nur ein einzelnes Zähnchen. aber sehr gut und vollständig erhalten, und besteht ‘aus einer mitt- leren, grösseren, 2 mm langen Spitze, der auf beiden Seiten je zwei kaum halb so grosse Zäckchen (0,8 mm) sich anfügen. Alle 5 sind ungemein spitzig, gegen oben kohlschwarz gefärbt und vollkommen glatt, was sie allein schon von Hyb. retieulatus. Ag. unterscheidet, welchen QuEnsTtEpTr und zwar in einem ganzen Unterkieferstück mit mehreren Einzelzähnen darauf von Holzmaden aus dem Posidonien- schiefer (Lias &) bekam und im Jura Taf. 27 Fig.1 abbildet. Übrigens ist dieser letztere neben seiner Streifung auch ziemlich grösser als der unsere aus d, der noch am ehesten mit Hyb. minor Qu. aus dem Bonebed zwischen Keuper und Lias zu vergleichen wäre, Aus dieser merkwürdigen „Kloake“ führt Quensteor (Jura S. 34) über- haupt 4 Arten von Hybodus-Zähnen an, darunter zwei glatte, die aber ebenfalls ziemlich grösser sind als unserer, wogegen der kleinste, den er als Hyb. minor abbildet (Jura Taf. 2 Fig. 14—20), entschiedene Streifung zeigt. Danach nimmt die neue Form aus Lias d eine 3*F gewisse Mittelstellung zwischen denen aus dem Bonebed und dem aus Posidonienschiefer ein, und wenn man sie auch weder als Vor- läufer von diesem, noch als Abkömmling von jenen betrachten mag, so zeigt doch ihr Vorkommen, dass das Geschlecht seit dem Be- . ginn der Liaszeit nicht mehr ausstarb. Wir mögen dem Stück daher immerhin einen neuen Namen, den seiner Schichte, geben: Hybodus oder, wie Dr. Ep. Fraas neuestens (diese Jahresh. 1889, S. 233 ff.) diese Gattung haiartiger Fische getauft hat, Hybodonchus amalthei nov. Sp. Gehen wir weiter zu derjenigen Klasse von Tieren, die, ins- besondere im Jura, unsern paläontologischen Sammlungen das meiste Material liefern, ich meine zu den Mollusken, so ist über die darin oben anstehende Gruppe der 2. Cephalopoden insofern hier auch nicht viel zu sagen, weil namentlich die Ammo- niten in dem jüngsten Prachtwerk Quenstenr's (Die Ammoniten des Schwäb. Jura. Stuttgart 1882/88) so vortrefflich und erschöpfend dar- gestellt sind, dass kaum viel neues mehr wird im Lande gefunden werden können. Was speciell den Lias Ö betrifft, so bemerke ich bloss, dass ich hier im Filsbett nachgerade alle die Formen be- kommen habe, die Quenstept in dem genannten Werk unter dem Namen 4. amaltheus, globosus, radians amalthei, heterophyllus, torti- suleoides mit ihren Varietäten aufführt und dass namentlich die zierlichen radians amalthei und globosus hier häufig und durchaus vollständig vorkommen, desgleichen, dass im oberen d, unter den Costatenbänken, welche Schichten am Salacher Wehr vorzüglich auf- geschlossen sind, gar nicht selten Exemplare von Amaltheus mit vollständig erhaltenem, weit vorspringendem Kiel (der „Schnauze“) im Thon liegen. Einen wirklich neuen Ammoniten aber habe ich in diesen Lagern nicht gefunden, dagegen den bis jetzt nur aus Lias y erwähnten Nautilus aratus numismalis Qu. nun auch in Lias ö des öftern, in kleinen und grösseren Exemplaren bekommen. Da OrreL und QuEnstent ausdrücklich nur von Lias y reden, so ist es nicht ohne Interesse, nun konstatieren zu können, dass dieselbe Form durch den ganzen Lias von «a bis Z sich’ fortsetzt. Man könnte dar- nach den unserigen entsprechend Nautilus aratus amalthei heissen. Eine neue Species ist er freilich nicht, so wenig als ich eine neue Art von Belemniten im hiesigen Filsbett gefunden habe. Dennoch möchte ich bezüglich der letzteren auf zwei Stücke aufmerksam machen. Das eine ist Belemn. acuarius amalthei Qu., aber in der Form, wie ihn Zıeren aus der Harrmanv’schen Sammlung unter dem Namen Bel. lagenaeformis abbildet und beschreibt. Gerade in un- serem Filsbett, woher auch das Hartwmann-Zieten’sche Exemplar stammte, kommt diese Varietät so häufig und so charakteristisch vor, dass man diesen treffenden Namen „flaschenförmig“ entschieden wieder hervorholen sollte, wie denn auch Qvensteort selbst (Jura. pag. 175) dies zum Unterschied von den andern Acuariern zu be- fürworten scheint. Beiläufig bemerke ich ausserdem, dass man öfters in unsern Schichten beim Nachgraben die sämtlichen Belemniten mit vollständiger Alveole im Thon liegend findet, und zwar die letztere entweder verkiest oder spätig. Dies führt mich zur Erwähnung des zweiten Belemnitenstücks. Es ist nämlich ebenfalls eine Alveole, aber von Delemn. clavatus Qu., der im mittleren d eine ganze Bank bildet, welche speciell im Filsbett in wunderbarer Schönheit auf- geschlossen ist. Schon in der „Petrefaktenkunde“ (1. Aufl. S. 387) erinnert (QUuENnSTEDT daran, dass die eigentümliche Alveolarform dieses Belemniten den Franzosen DE LA BECHE wohl dazu veranlasst haben möge, an einen Orthoceratiten zu denken,. was auch ÖPPEL in der oben genannten Monographie (S. 58) erwähnt. Im Jura werden dann aus dem tieferen Clavatenlager (Lias y) zwei solche Alveolen abgebildet (Jura Taf. 17 Fig. 8, 9), die eine kleinere verkiest. die andere mit längeren Alveolargliedern, wie es scheint, verkalkt. Und diese letzteren sind es, die wohl zumeist an Orthoceratiten gemahnen, um so mehr, als sie stets von dem Belemniten getrennt sich finden. Das Stück ist fast noch besser erhalten, als das Quensteor'sche; ich habe es aus der Kalkbank des mittleren Lias d herausgeschlagen, wie sie im Filsbett hart über dem eigentlichen Clavatenlager ansteht — ein echter Orthoceratites elongatus BecHh. Von 3. Pelecypoden oder Zweischalern habe ich bis jetzt eigentlich nur ein Stück gefunden, das mir ganz neu zu sein scheint, wogegen ein paar andere wenigstens in Württem- berg bis jetzt noch nicht vorgekommen waren und wieder einige teils nur in schlechten Bruchstücken, teils gar nicht abgebildet und beschrieben sind. Völlig neu wäre eine Ä Modiola, die wir ebenfalls nach dem Lager, am besten Modrola amalthei nennen. Wohl beschreibt Oprer in seinem mitt- leren Lias Schwabens (pag. 83) eine solche Muschel und bildet sie auch 1. c. Taf. 4 Fig. 17 ab: dieselbe stammt aber aus dem mittleren AR Lias y, der Region der verkiesten Ammoniten, während ich meine beiden Exemplare selbst aus dem oberen d am Salacher Wehr heraus- gegraben habe, woher jedenfalls auch das dritte und besterhaltene stammt, das in der Sammlung des Herrn Buchhändler Koch in Stutt- gart liegt. (QuenstEepT erwähnt im Jura die Orper’sche Mod. ‚‚numis- malis“ nur beiläufig (S. 150), offenbar, weil sie, wie Orren selbst gesteht, nichts Ausgezeichnetes hat und sehr selten ist. Etwas „Ausgezeichnetes“ besitzt nun freilich auch die unsere aus dem Amaltheenthon nicht, schon deshalb, weil alle bis jetzt gefundenen Stücke leider ziemlich schlecht erhalten sind. Sie haben nämlich, weil von einem Thonknauer umhüllt (nicht „verkiest“), ziemlich durch Druck gelitten, auch kann man das Schloss nicht mehr herausputzen. Dennoch zeigt der ganze Habitus, dass wir etwas anderes vor uns haben, als OrrpeL, und dass es von Interesse sein dürfte, nach weiteren Exemplaren zu suchen, da weder OPpEL noch (QUENSTEDT dieses Ge- schlecht aus Lias dö erwähnen. Die Muschel ist fast noch einmal so gross als ıhre Vorläuferin aus den Numismalisschichten, und gleicht schon ziemlich der M. modiolata Sch. aus dem mittleren Braunen Jura (Br. Jura Ö). Sie zeigt auf beiden Schalen, die auch im Amaltheenthon geschlossen zusammenliegen, der Länge nach kon- zentrische Runzeln, dazu ist der hintere Teil fast Hügelartig ausge- baucht, was aber möglicherweise zum Teil dem Druck im Gebirge zuzuschreiben ist. Noch stelle ich hierher ein hübsches Stück, das ich kürzlich aus diesen Schichten bekommen habe und das wohl den Jugendzustand unserer Modiola darstellen dürfte. Es sind beide Schalen, aufgeklappt, auf dem Rücken liegend, je 15 m lang und 3—4 mm breit, mit starken Längsrippen und sehr deutlichen kon- zentrischen Quer-, d. h. Anwachsstreifen. Als zweite, der vorigen einigermassen verwandte Muschel hebe ich eine Crenatula amalthei nov. sp. hervor. Allerdings hat so- wohl Orrer als Quenstent diese Bivalve schon beschrieben und abgebildet, aber nicht bloss unter anderem Namen, sondern auch in etwas von der unsern abweichenden Form. @QuEnstEpT (Jura pag. 190) führt nämlich den GoLpruss’schen „Inoceramus substriatus“ als „Orenatula substriata“ an, mit dem Beifügen, im fränkischen Jura (am Donau-Mainkanal) sehr häufig sei er im schwäbischen Amaltheenthon bis jetzt noch nicht gefunden worden. Und doch bildete schon 2 Jahre vorher Orrer (l. e. Taf. 4 Fig. 14) diese Muschel unter dem alten Namen von Gorprvuss ab und bemerkt im Text, dass sie aus dem Breitenbach bei Ohmenhausen stamme. Aller- WE dings stimmen beide Abbildungen nicht vollständig, und wenn QuEn- stept das fränkische Exemplar, das er (Jura Taf. 23 Fig. 20) ab- bildet, damit auch in Schwaben danach gesucht werden möge, als stark aufgebläht zeichnet und beschreibt, so scheinen dazu weder Orrer’s noch unsere Stücke recht zu stimmen. In jedem Fall muss man hier den etwas höheren, im Posidonienschiefer so ungemein häufigen Mwytilus gryphoides ScHhL. zur Vergleichung herbeiziehen. Freilich nimmt diese „Schinkenmuschel“ je nach Lager und Erhaltung sehr verschiedene Formen an und ist in ihrem gewöhnlich verdrückten Zustand im Schiefer überhaupt kaum richtig zu bestimmen. Dies ist auch der Grund, weshalb sie bisher so verschiedene Namen, selbst der Gattung nach, erhalten hat. SCHLOTHEIN, wie gesagt, stellte sie zum Mytilus und QuEnstentr hat dies acceptiert, SowERBY da- gegen und ihm nach ZirrEn bildet sie als Inoceramus dubrus ab, während neuerdings ZiıtTEL sie wieder dem Genus Crenatula scheint eingliedern zu wollen. Danach hätte auch Quenstent ganz recht unsere Form aus dem Amaltheenthon Orenatula zu heissen; denn daran ıst kein Zweifel, dass dieselbe die entschiedene Vorläuferin der Schinkenmuschel des Posidonienschiefers bildet, wie sie dann auch noch im Jurensiskalk (Lias [), ja selbst im Opalinusthon (Brauner Jura &) fortsetzt. Insbesondere, wenn wir die im Lias Ü oder im Stinkstein (des Lias &) unverdrückten und vollen Formen mit der unsern aus dem Amaltheenthon vergleichen, so ist kaum ein Unter- schied zwischen beiden wahrzunehmen. Nach Grösse und Strei- fung (auf beiden Schalen konzentrische Querrunzeln) stimmt sie am meisten mit derjenigen aus dem Stinkstein, während die Form der höheren Schichten (Lias £, Brauner Jura «&) entschieden grösser ist. Da- gegen fehlt ihr die Aufblähung, die bei der fränkischen hervorgehoben wird. Und da die letztere von (JvEnsTEpT auch fast als ganz glatt gezeichnet wird, so mag es immerhin passend sein, die schwäbische Form mit emem neuen, der Schichte entnommenen Speciesnamen, aber unter dem wohl all’ diesen Formen nun zuzuweisenden Ge- schlecht -Crenatula (amalthei) aufzuführen, um so mehr, als wir sie nicht bloss im Clavatenlager des mittleren d, sondern auch im oberen d des Filsbettes (Salacher Wehr) und zwar hier ziemlich häufig und nesterweise gefunden haben. Das Stück zeigt, dass es mehr der Oprer’schen als der Quenstenpr'schen Abbildung gleicht und dass also die schwäbische Form der fränkischen gegenüber einen eigen- tümlich gemeinsamen Typus besitzt, der durch den ganzen oberen Lias hindurchgeht. Etwas ganz ähnliches ist's mit Monotis inter- = A laevigata Qu., die der M. inaequwivalıs Sow. aus Lias «@ noch sehr gleicht, so dass Orrer sie einfach unter diesem Namen aus y ab- bildet (Op. 1. c. Taf. 4 Fig. 15), wogegen Quexstept im Jura (Taf. 18 Fig. 29) den neuen Namen einführt. Da aber beide die Muschel nur aus y erwähnen, so mache ich‘ darauf aufmerksam, dass sie in ganz derselben Form auch in Lias d fortsetzt, wie ich denn mehrere Exemplare aus dem Clavatenlager des Filsbettes besitze. Ja eins habe ich sogar noch im Posidonienschiefer (Lias e) vom Bad Boll gefunden. Man schreibt daher am einfachsten in seiner Sammlung jeweils interlaevigata y oder d oder &. Als weiteres Geschlecht unter den Zweischalern führe ich eine Pinna an, die schon Quensteor (Jura pag. 185) F. amaltheı genannt hat und von welcher er angibt, dass HıLDEnsRaxD sie in den Geoden des Lias d von Gross-Eislingen einmal gefunden habe. Da er aber keine Abbildung davon gibt und die Seltenheit der Sache damit bezeichnet, dass er sagt, „solche Funde hängen vom glück- lichen Zufall ab“, so lasse ich hier die Beschreibung folgen, um so mehr, als auch OrreL in seiner Abhandlung dieser Gattung aus dem mittleren Lias gar nicht erwähnt, sie also offenbar auch noch nicht gekannt hat. Da sein musste sie aber wohl, da wir zwischen der Pinng Hartmanni Zwr. aus den Arietenkalken (Lias «) und Pinma opalina Qu. aus den Opalinusthonen (Braun Jura «) doch keine Lücke annehmen können. Um so erfreulicher ist es nun, dass wir sie zum öfteren wirklich gefunden haben und zwar in den oberen Schichten des Lias d mit den verkiesten Amaltheen zusammen vom Salacher Wehr. Dazu scheinen es zwei Typen zu sein, die hier bei- einander liegen, eine robustere, die noch ganz nach Form und Ha- bitus der Hartmanni gleicht, und eine zartere und feiner gestreifte, die offenbar auch stets kleiner geblieben ist. Erstere wäre die eigent- liche P. amalthei, die auch Qvensteor der alten aus den Arieten- kalken nahe rückt, wogegen die letztere entschieden schon der jüngeren opalina sich nähert. Wir könnten sie in Anlehnung an eine von ZIETEN „mitis“ genannte Form aus noch höheren Schichten als cf. mitis bezeichnen. Sie hat wie alle Pinnen auf der einen Schale zarte Längsstreifen, wogegen die andere jenseits der scharfen Kante konzentrische Querrunzeln zeigt, so dass, wenn man nur die letztere im Thon liegend findet, was oft genug vorkommt, an ein ganz anderes Geschlecht, etwa eine @ervillia oder einen Mytilus denken könnte. Leider bekommt man die Stücke selten ganz heraus und namentlich springen Teile der Schale fast immer davon ab. Wir führen die se , We Sache daher mehr zu dem Zweck an, dass künftig nach weiteren und vollständigeren Exemplaren gesucht werden möchte. ‚Hoffen wir, bald solche zu bekommen. Ausserdem aber machen wir aus dieser Gruppe von Weichtieren noch auf eine | Auster aufmerksam, die freilich ebenfalls nicht neu, aber noch nirgends abgebildet ist. OrreL beschreibt und zeichnet zwar eine der unsern sehr ähnliche in seiner Monographie unter dem Namen Ostraea cymbii (1. c. Taf. 4 Fig. 8): diese stammt aber, wie auch der Name besagt, aus dem untersten Lias y, nämlich aus dem Lager der Gryphaea cymbium Gr., mit der sie nach Oprer oft genug zu- sammengewachsen vorkommt. Derselbe Gewährsmann führt dann noch eine zweite aus Lias d an und nennt sie (als neue Species) Ostr. amalthei mit dem ausdrücklichen Beifügen (l. c. pag. 75), dass sie der ersteren ähnlich sei. Es ist sicher die unserige, die gar nicht selten in den mittleren Thonkalken des Lias d, zusammen mit Delem- nites clavatus vorkommt, obwohl, wie beide Autoren ganz richtig sagen, Austern in diesen Schichten (Lias y u. d) gerade „keine Rolle spielen“. Da aber Oprer, sei's aus diesem Grunde, sei’s weil er die Ostr. cymbii schon gezeichnet hatte, keine Abbildung von dieser O. amalthei gibt und (vEnsteDTr im Jura (pag. 185) eigentlich ganz darüber hinweggeht, so mag es doch am Platze sein. auf diese schwäbische Muschel auch einmal in einem schwäbischen Fachblatt aufmerksam zu machen. Wir haben es bei dieser Ostr. amalther Or. mit einer gefalteten fast kreisrunden Form von mässiger Grösse zu thun, die aus dem Clavatenlager recht schön mit der Schale hervorgeholt werden kann und fast immer die Ober- oder Aussen- seite aufweist. Sie zählt 6—8 Rippen (Falten) und trägt wie ihre Schwester in der Cymbiumbank noch ganz das Gepräge der älteren Formen aus Lias « (O. arietis Qu.), ja selbst aus Muschelkalk. Es kann das freilich nicht Wunder nehmen, da alle Austern, unsere lebenden miteinbegriffen, einerseits zu den stabilsten und anderseits wieder zu den variabelsten Typen unter den Mollusken gehören. Denn so gleichartig die Lebensweise aller von jeher gewesen sein muss, so sehr wechselt auch bei allen die Form ihrer Schalen je nach der Unterlage auf der sie sitzen, was auch bei der unserigen mehr oder weniger der Fall ist. Damit schliessen wir die Gruppe der Zweischaler und fügen nur bei, dass auch die sonst selteneren, z. B. Monotis sexcostata Or. und Nucula complanata Priv. hier ziemlich häufig vorkommen. Unter den a 4. Gasteropoden wüsste ich eben nicht viel neues zu bringen und bemerke nur, dass so ziemlich alle die Schnecken, die QuENSTEDT und OPPrEL aus diesen Schichten anführen, im Filsbett- von mir gefunden worden sind. Nur zwei möchte ich noch besonders hervorheben. eine Turritella, die bisher aus Schwaben nur in Bruchstücken, und ein Dentalium, das noch gar nicht aus dem mittleren Lias bekannt geworden ist. Erstere nennt (QUENSTEDT im Jura Turritella undulata Zıer. und bildet (Jura Taf. 19 Fig. 15) zwei Windungen eines Steinkerns ab, den er am „Sternlesberg“ von Pliensbach zusammen mit Pentacrinus basaltiformis Qu., also im echten Lias /, gefunden. Er setzt dann bei der Beschreibung hinzu, dass es wohl dieselbe Schnecke sein werde, die Orreu (Taf. 3 Fig. 14) unter dem Namen Scalarıa liasica aus d vom Breitenbach aufgeführt habe. In der That stimmen nicht nur die Abbildungen, sondern auch die Beschreibungen beider so zusammen, dass wir an der Iden- tıtät derselben nicht zweifeln können. Ob man das Ding aber zu Scalaria (OrreL) oder Turritella (Römer) oder Chemnitzia (D’ORBIGNY) zu stellen habe. wird bei der mangelhaften Erhaltung schwer zu entseheiden sein. Keinenfalls aber ist die Orrer'sche Fig. 13 und Fig. 14 als dieselbe Species zu betrachten, vielmehr wird Fig. 15, wie QuENSTEDT wohl richtig vermutet, seine Scalaria liasica (Jura Taf. 19 Fig. 5—8) sein, wogegen die Orrer’sche Fig. 14, die dort als Chemnitzia Periniana v’Orp. (mit dem Beifügen Scalaria lasica Qu.?) aufgeführt wird, eins und dasselbe ist wie die ZIETEN'sche Turritella undulata, von der ein schönes und vollständiges Exem- plar verkiest im „Liasschiefer von Aalen“ gefunden sein soll. Bei dem Fehlen aller Originale könnte es sich nur um unser Stück han- deln, das leider nur einen Steinkern darstellt und ausserdem ganz verdrückt ist. Dennoch zeigt es deutlich sowohl die spiraligen Quer- streifen als auch die dicken Längswülste, ganz wie sie (QUENSTEDT und OrpeL angeben. Die Schnecke zählt S—9 Umgänge und ist fast 4 cm lang; sie wurde in den noch lichteren Thonen des unteren Lias d im Filsbett gefunden, nicht weit über der Gammagrenze, wo Amm. amaltheus Qu. erst verkalkt vorkommt. Entschieden höher, nämlich in den echten fetten Amaltheenthonen des mittleren und oberen Lias Öd lag das andere Stück, das ich Dentalium amalthei nov. sp. nenne. Ich wusste freilich lange nicht, was eigentlich damit zu machen und ob es überhaupt etwas Organisches sei, dachte zuerst auch wohl an verdrückte Belemnitenspitzen. Da ich das Ding aber zweimal gefunden habe und beidemale unter sehr ähnlichen Verhältnissen (beide Stücke sind schön verkiest und liegen mit einem Brutnest von Scalaria amalthei (Qv. Jura Taf. 24 Fig. 5) zusammen), so kann an einer wirklichen Versteinerung nicht wohl gezweifelt werden. Mein Hauptstück zeigt fünf Individuen, von denen das eine wie gespalten aussieht, die andern vier aber in der That auffallend an Dentalium erinnern. Allerneuestens habe ich nun zwei weitere Stücke erhalten, eines ganz von der Form und Grösse des D. Parkinsoni Qu., das andere kleiner, aber ebenfalls so gut erhalten, dass an dem Dasein des Ge- schlechts gar nicht gezweifelt werden kann. 5. Echinodermen. a) Cidariten. Sowohl Orrer als Quexstenr führen bereits mehrere Arten von Seeigeln an, die im mittleren Lias Schwabens gefunden werden, bilden aber der Seltenheit des Materials wegen meist nur Bruchstücke ab oder auch dies nicht einmal. So redet OrrEeL von drei Cidaris-Arten, von denen er aber nur einen benennt und zwar mit dem schon im Handbuch der Petre- faktenkunde von (QuENSTEDT gegebenen Namen Cidarites amalthei und unter Berufung auf die dort (1. Aufl. Taf. 48 Fig. 23—30) ge- gebene Abbildung. Neben diesem wird dann ein zweiter erwähnt und abgebildet (Orrer 1. c. Taf. 4 Fig. 34), aber aus Lias 7 und zwar als Unikum aus der Roman’schen Sammlung. OPPrEL setzt diesen kleinen Seeigel in Beziehung zu (id. eriniferus (Qu. (Handb. der Petref. 1. Aufl. Taf. 40 Fig. 32), wir glauben aber, er wäre richtiger zu denjenigen aus dem Ölschiefer (Oberstem Lias «) und aus dem Turnerithon (Lias 8) gestellt worden, schon wegen der kurzen, „bei- nahe haardünnen“ Stacheln, die OrreL von ihm angibt und die ganz ebenso bei den früheren aus « und £ erscheinen, nicht aber bei dem späteren aus Posidonienschiefef. Letzterer hat zwar eben- falls sehr dünne, aber viel längere Stacheln. Er war freilich damals fast der einzige aus dem Lias bekannte Seeigel. Erst neuerdings z. B. ist von dem zierlichen (id. minutus Qu. aus Lias £, dem un- zweifelhaften Enkel von Oid. olifex Qu. aus Ober-«, ein ganzes Lager im Turnerithon der Fils am Göppinger Wehr entdeckt worden. Und als Fortsetzung dieses Cid. minutus Qu. haben wir dann den OrPpkr'- schen Cid. numismalis aus Lias y und endlich den unsern aus d anzusehen, den aber Orrer noch nicht kennt und von dem auch Ma (JuENSTEDT ım Jura (Taf. 24 Fig. 53) nur ein halbes Exemplar ab- bilden kann. Er heisst ihn (id. octoceps und gibt an, dass er das Exemplar im Lias d bei Hechingen gefunden habe, wogegen er die „haardünnen Stacheln“, die er Taf. 24 Fig. 50 zeichnet und von denen er die gewiss richtige Vermutung ausspricht, dass sie zu der- artigen Körpern gehört haben werden, aus dem „Lias 7 von Gross- eislingen“ bekommen haben will. Da ich ganz dieselben mehrfach aus dem hiesigen Ö erhielt, und zwar aus dem Clavatenlager mit den Subangularisplatten zusammen, auf denen sie sitzen, so möchte ich auch dem Quexstenr'schen Stück (Jura Taf. 24 Fig. 50) dieses Lager zuweisen und diese dünnen Stächelchen also kurzweg Cidaris octoceps (Ju. heissen. Leider hat sich ein Körper dazu bis jetzt im Filsbett nicht gefunden. Dagegen gelang es mir, nach und nach 4 Exemplare eimes grösseren Seeigels aus diesen Schichten zu er- halten, von denen zwar keines vollständig, aber doch jedes besser erhalten ist als diejenigen, die Quensteor abbildet. Das grösste und schönste derselben ist ein ausgesprochener Cid. amalthei (w., ganz so wie ıhn QvEnSTEDT und OPreL beschreiben, nur eben in einer Vollständigkeit, wie er bisher wohl kaum gefunden worden ist. Denn während Q@QvEnsTtepT in der Petrefaktenkunde nur eine einzelne Assel abbildet (Handbuch 1. Aufl. Taf. 48 Fig. 28) und auch im Jura (Taf. 24 Fig. 44) nur über zwei solche verfügt, die zusammengehören und ausdrücklich beifügt, dass diese alle von Franken, nicht von Schwaben stammen, so zeigt unser Stück 5 Reihen mit je 4—5 Asseln in tadelloser Erhaltung. Freilich hat der Seeigel seine ur- sprüngliche runde Form verloren und sind die Reihen infolge von Druck durcheinander geworfen, so dass die eine über die andere hergeschoben ist; dennoch sieht man vorzüglich die grossen ge- strahlten Gelenkköpfe der oberen und die kleineren der näher zu- sammentretenden unteren Asseln. Sie erinnern schon einigermassen an COtd. pustuliferus Qu. aus Weissem Jura & (Qu. Jura Taf. 89 Fig. 10), nur dass bei uns&en die Wärzchen nicht bis an die Ge- lenkköpfe reichen. Somit gleicht der letztere vollständig dem grossen von Dörlbach am Donau-Mainkanal, den Quexsteor abbildet, und wir freuen uns, dass dieselbe Species nun auch bei uns gefunden ist. Was dagegen die zugehörigen Stacheln betrifft, so scheint in dieser Beziehung wieder unser Exemplar manches Dunkel zu lichten. OPPEL (l. ec. pag. 89) sagt von dem fränkischen, „seine mit feinen Dornen besetzten Stacheln seien sehr dünn und lang und tragen einen grossen und stark gestrahlten Gelenkkopf.“ Quesstepr drückt Ne sich vorsichtiger aus, indem er gesteht (Jura pag. 198 u. 199), bis jetzt nur abgebrochene Stacheln aus Franken gesehen zu haben, „mit. diekem Kopf, aber schlankem Stiel, unten ganz glatt,“ wie er deren einen auch (Jura Taf. 24 Fig. 44) abbildet. Wenn er hinzu- setzt, weiter oben seien dieselben „ohne Zweifel“ gestachelt, so möchten wir dies eben auf Grund unseres Exemplars bezweifeln. Denn auf diesem sitzt noch ein Stachel (vielleicht auch noch ein zweiter), der seiner ganzen Länge nach vollständig glatt ist. Der Gelenkkopf ist zwar nicht mehr sichtbar und der Stachel selbst in der Mitte geknickt, aber auf seinem 10 mm langen Stiel ist auch nicht eine Stachel zu sehen, so wenig als auf einem zweiten von 5 em Länge, den ich aus den gleichen Schichten von Oberböbingen besitze. Danach gehören, wie es scheint, zu Cidaris amalthei Qu. sehr lange und dünne, aber glatte Stacheln, wie Quenstenr den Anfang (Kopf) eines solchen auch von den Fildern abbildet (Jura Taf. 24 Fig. 42). Nun kommen ja freilich bei uns und zwar viel häufiger als diese glatten im Lias d auch dornige vor, von denen schon ÖOrrEL sagt, dass man im Boller Bach in einem bestimmten Horizont darauf graben könne (Orr. ]. ce. pag. 89). Es sind dieselben, die dann Quensteptr im Jura Taf. 24 Fig. 46—49 vortrefflich abbildet und die auch im Filsbett nicht gerade selten sich finden. Ich be- sitze deren mindestens ein halb Dutzend, aber nur wenige mit dem Gelenkkopf; sie sind alle ebenfalls sehr dünn und lang, aber ganz überdeckt mit bald feineren bald gröberen Dornen, einer davon, den ich in Heiningen aus denselben Schichten geklopft habe, ist sogar deutlich 3—5kantig und wie auch ein zweiter von Eislingen nicht sowohl dornig als vielmehr feilenartig gekörnt. Ob dies eine be- sondere Species sei, mag dahingestellt bleiben; um so mehr aber glaube ich diese gestachelten von den glatten trennen und dieselben den Seeigeln mit kleineren Asseln zuweisen zu sollen, wie schon (JuENSTEDT zwei davon abbildet (Jura Taf. 24 Fig. 45), freilich mit der Bemerkung (pag. 199), „der Typus bleibe derselbe wie bei den fränkischen und so möchte er sie nicht gleich anders benennen.“ Wir meinen, unser Eislinger Fund nötigt uns nun doch dazu. Denn neben jenem grossen, echten Cid. amalthei Qu. habe ich eine Anzahl kleinerer bekommen, von denen freilich auch keiner vollständig ist, aber jeder doch 2—3 Asselreihen zeigt, die an Deutlichkeit und Schönheit nichts zu wünschen übrig lassen. Das eine Exemplar, vollständig verkiest und goldglänzend ist ein verdrückter und ver- schobener halber Körper mit 3 Asselreihen, davon die eine 5, die ee andere 6 Asseln nebeneinander zählt: das andere hat allerdings nur zwei Reihen (mit je 3 und 4 Asseln), die auf einem Thonplätt- chen liegen. Dieselben sind aber so gut erhalten, dass man sofort zur Überzeugung kommt, in diesen kleineren Formen nicht bloss den Jugendzustand des Cid. amalthei Qu. vor sich zu haben. Denn während bei diesem letzteren die Wärzchen um die Asseln her da, wo zwei von diesen zusammenstossen, vollständig verschwinden, so dass die Gelenkköpfe ganz in einem kahlen Feld stehen, so gehen bei jenen kleineren die Wärzchen um die ganze Assel herum, so dass der Gelenkkopf von einem vollständigem Kreis solcher Pusteln umgeben ist, wenn sich dieser auch beim Aneinanderstossen der Asseln sehr verdünnt. Ganz so bildet es schon Quexsteor ab (Jura Taf. 24 Fig. 45) und auch OrreL meint wohl dasselbe mit dem, was er über einen „Dritten Echiniden aus Lias d“ (l. c. pag. 89 und 90) sagt, von dem er eine Reihe von 8 Asseln besitze, der aber so selten sei, dass es sich nicht verlohne, ihn abzubilden. Die obige Ausführung mag aber zeigen, dass wir wirklich eine neue Art zu verzeichnen haben, die man dem grossen COrd. amalthei Qu. gegen- über Cid. minor nennen kann. Danach fänden sich im Lias d Schwabens und zwar sämtlich im Filsbett von Eislingen, folgende drei Seeigelspecies: | Cid. amalthei Qu., Oid. minor nov. sp. und Üid. octoceps Qu. In jüngster Zeit habe ich ein sehr schönes Diadema aus diesen Schichten erhalten, ähnlich dem Diad. aequale Ac., das QuEn- stept (Handbuch der Petrefaktenkunde, 1. Aufl., Taf. 49, 29) aus Br. Jura ö abbildet und beschreibt, und von dem er (Jura, S. 513) sagt, es sei der erste Typus des später (im Weissen Jura) so wich- tig werdenden Geschlechts. Das schöne Stück heisst wohl am besten Diadema amaltheı. Neben den Echiniden liefern auch b) die Crinoiden wenigstens ein Stück, das der Erwähnung wert ıst. Ich habe es erst vor kurzem aus dem Clavatenlager des Filsbetts (mittlerer Lias d) bekommen. Wenn es auch nichts Neues ist, so gehört es jedenfalls zu den seltensten Vorkommnissen in diesen Schichten. Am besten stellen wir das Ding wohl, wenn man’s nicht als Problematicum laufen lassen will, zu den Pentacriniten und zwar zu der. von .QuEnstent (Jura pag. 197) P. subteroides - ge- nannten Art, davon er auch zwei kleine Stückchen vom Breitenbach abbildet (Jura Taf, 24 Fig. 35, 36), wie es scheint die einzigen, die er besass. Ausserdem fügt er ein langes, gekrümmtes Exemplar in Fig. 37 hinzu, das er als „langen kurzgliedrigen Hilfsarm“ be- schreibt, der wahrscheinlich zu diesem Pentacriniten gehöre. Dieser letzteren Figur gleicht nun auch die unsere auffallend, nur dass die einzelnen Gliedchen wie bei dem späteren P. cingulatus Gr. aus mittlerem Weissen Jura mit erhabenen Ringen umgeben sind, wäh- rend der von QUENSTEDT gezeichnete ganz glatt aussieht. Das liess mich anfangs an ganz andere Sachen denken: ich glaubte nämlich entweder einen Röhrenwurm, nach Art der Genicularia (z. B. Gen. ornata Qu. oder Gen. annulata Qu. aus Ornaten- und Impressathon, s. Jura Taf. 69 Fig. 14, 15 und 73, 89: cf. auch das Problematı- cum aus dem Angulatensandstein, Jura Taf. 6 Fig. 11) oder aber den Arm einer Ophiura vor mir zu haben, wie solche vereinzelt durch den ganzen Jura vorkommen. Ja ein zweites jüngst gefun- denes Stück könnte vermuten lassen, wir haben es nur mit dem gekörnelten Rand eines Peceten zu thun. Am richtigsten wird es aber doch als Hilfsarmglied eines Pentacrinus gedeutet werden, und ich freue mich, das seltene Ding nun auch in Eislingen bekommen zu haben. Eine eigene Species daraus zu machen, ist aber natürlich nicht möglich, so lange nicht bessere und zahlreichere Exemplare gefunden sind. Und nun zum Schluss noch zwei völlige Neuheiten aus ganz anderen Gebieten, nämlich eine Koralle und eine Pflanze. Von 6. Zoophyten wurde bis jetzt im schwäbischen Lias bekanntlich ausserordentlich wenig gefunden, und zwar fast immer nur einzelzellige Korallen, Ausser der Caryophyllia liasica Qu. (Handbuch der Petrefaktenkunde 1. Aufl. 58, 21), die ich ein einzigesmal aus dem Arietenkalk von Göppingen bekommen habe, und den kleinen reizenden Cykloliten aus den Aalensismergeln (Lias {Ü), wie man sie früher am Hohen Birkle bei Wasseralfingen unschwer zusammenlas, wüsste ich nichts Derartiges im ganzen Lias zu nennen. Auch OPrrEL und QUENSTEDT geben nirgends weitere Korallen an; nur spaltet letzterer in seiner Monographie über Korallen die allerdings recht verschiedenen Formen aus Lias [ in mehrere Arten, indem er die flachen und tellerartigen Ü. mactra Gr., die becherförmigen aber ©. tintinnabulum Gr. (Cya- thophyllum Gr., T’'hecocyathus Evw. u. H.) heisst. Zu den letzteren nun sind auch diejenigen. Formen zu rechnen, die kürzlich im Fils- bett von Eislingen gefunden und in die Hände verschiedener schwä- bischer Sammler gelangt sind. ‘Sie stammen aus den Kalkbänken des mittleren Lias d unmittelbar unter dem. Clavatenlager .und u Te kommen mit den Subangularisplatten nesterweise vor. Ich selbst habe dort ein Stück aus dem Lager geklopft; es war ein grosser, grobrippiger Amm. striatus, auf dessen Steinkern die Korallen sassen. Und es ist gar kein Zweifel, dass wir es hier mit wirklichen Korallen zu thun haben und nicht mit Problematicis, wie solche (JuENsTEDT in der „Petrefaktenkunde Deutschlands“ (VI. Bd. Korallen Taf. 164 Fig. 34-39) mehrfach anführt und abbildet, so aus dem Bonebedsandstein des un- tersten Lias, dem Dewanger Ophiurenlager, aus den Insektenthonen von Mülligen im Aargau und noch aus den miocenen Fischschiefern von Kirchberg a. Nler. Er nennt sie vorläufig Laevieyelus, Striocyelus, Cupulieyclus und Solicyelus, fügt aber bei, dass die Dingerchen alle et- was zweifelhaft seien. Das ist anders bei unserer Koralle aus Lias 0, die wir analog der jüngeren aus den Aalensismergeln Cyclolites amalthei (nov. sp.) nennen wollen. Unser Exemplar enthält 13 Indi- viduen, einige davon ihrer Oberseite beraubt, die meisten noch ziem- lich tief im Kalkstein steckend. Zehn derselben sind fast auf ein Häufchen zusammengedrängt, während 3 mehr isoliert stehen, die denn auch besser beobachtet werden können. Sieht man das best- erhaltene Exemplar näher an, so zeigt sich ein glockenförmiger Körper, ganz wie bei Üyel. tintinnabulum Gr. von Wasseralfingen. Auch die Grösse stimmt fast vollständig, denn unsere Köpfchen haben kaum 5 mm im Durchmesser, und zwar, da sie fast kreisrund sind, sowohl der Breite als der Länge nach. Im Mittelpunkt glaubt man ein länglichgestelltes kleines Septum zu erblicken, um welches sich die 30—40 Lamellen gruppieren, von denen 4—5 etwas über die andern hervorragen und so die Wirteloberfläche in verschiedene Segmente teilen. Die Seitenlamellen, die an der Aussenwand des Becherchens herablaufen, sind gröber und schärfer als die auf der Oberfläche, und auch bestimmter als diejenigen bei Oyel. tintinna- bulum Gr., so dass es also jedenfalls eine andere Species sein muss. Flache, tellerartige Formen wie Oyel. mactra Gr. habe ich bis jetzt keine darunter vorgefunden. Damit schliesse ich die Tierwelt und gehe zu meinem letzten Stück über. Es gehört jedenfalls zu ‘.den Pflanzen und stammt ebenfalls aus der Subangularısbank von Mitteldelta; trägt es doch dieses sein Siegel in Gestalt eines Pentacriniten- glieds noch bei sich, das auf der Pflanze aufsitzt, wie auch auf de: Unterseite des Stücks eine Masse Hilfsarmglieder sowie Fragmente von Belemnites clavatus (u. zusammengebacken sind, die ja stets in dieser Schicht nesterweise miteinander vorkommen. Wohin aber die,Pflanze zu stellen ist, dürfte schwer sein zu sagen. Dazu ist doch zu wenig erhalten, wenn auch dasjenige, was wir sehen, recht deutlich sich zeigt. Es stellt einen Stengel dar von 4 cm Länge und 1 cm Breite, mit vielen zarten Längsstreifen und jeden- falls plattgedrückt. Man könnte dabei entweder an ein schilf- oder ein schachtelhalmartiges Gewächs denken. Letzteres würde am ehesten in die Formation passen, da zur Liaszeit jedenfalls noch Calamiten gewachsen sein müssen; und wenn man Knotenscheiden sehen würde, so wäre die Sache ohne weiteres zu Gunsten dieses Geschlechts entschieden. Solche sind nun allerdings nicht da, aber der Stengel ist auch so kurz, dass er leicht bloss das Mittelstück bilden kann, das zwischen zwei Knoten herausgenommen wäre. Anderseits erinnert das Ding, so wie es ist, auch wieder auffallend an Phragmites, wie wir solche in unseren schwäbischen Miocen- schichten so viel finden. Doch möchten wir immer eher an Equi- seten denken, weil Gräser und Schilfe zur Liaszeit noch kaum ge- wachsen sein dürften. In jedem Fall ıst es etwas Neues und darf es nicht mit den Holzstücken (Peuce württembergica Une.) in Bezieh- ung gesetzt werden, die im Arıetenkalk so häufig liegen und die wir nun auch verkiest im Lias d gefunden haben. Ebensowenig ist an Algen zu denken, deren Dasein in der Form unserer durch den ganzen Jura hindurchgehenden „Seegrasschiefer“ und „Fucoiden“ ja derzeit ohnedem bezweifelt wird, da man diese Dinge neuerdings als Spuren von Würmern u. dgl. zu verzollen beliebt. Vielmehr haben wir es hier mit einer unzweifelhaften Landpflanze zu thun und zwar mit dem verdrückten Stengel eines rasch aufgeschossenen hohlen Gewächses. Das Stück gehört übrigens nicht mir, sondern dem Herrn Buchhändler Kock in Stuttgart und wurde im Filsbett von Eislingen gefunden. Vielleicht bekommen wir später besseres Material: suchen wir danach. IV. Die Schaltiere zwischen dem Schönbuch und der Alb. Von Mittelschullehrer Geyer in Neckarthailfingen. Das Gebiet, auf welches sich meine Untersuchungen erstreckt haben, schliesst sich nach zwei Seiten an Gebiete an, die schon früher von berufener Hand durchforscht wurden, im Westen an den Tübinger Bezirk, der seine Durchforschung in zoologischer Beziehung Prof. Dr. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 4 F. v. Leypıs (Beschreibung des Oberamts Tübingen 1867) verdankt, im Süden an die Alb, über deren Weichtiere Dr. D. F. WeısLann in Hohenwittlingen in diesen Jahresheften 1876 eine mustergültige Ar- beit niedergelegt hat. Zwischen beiden Gebieten stellt die von mir durchsuchte Gegend die Verbindung her. Wenn ich als Dilettant es wage, die Ergebnisse meines Sammelns an die Öffentlichkeit zu bringen, so treibt mich dazu gewiss nicht die eitle Meinung, den beiden genannten Arbeiten eine dritte. eben- bürtige zur Seite stellen zu können, sondern allein die Liebe zu den von mir schon seit 8 Jahren gesammelten Schnecken und Muscheln. Und da unter den im folgenden aufgeführten Arten nicht bloss Formen, Varietäten und Arten sind, die seither in unserer Gegend nicht beobachtet wurden, sondern die für unser ganzes Vereinsgebiet neu sind, so glaube ich, dass die Schaltiere zwischen dem Schön- buch und der Alb es wert sind, wenn ihnen in diesen Jahresheften ein bescheidenes Plätzlein eingeräumt wird. Die Benennung der einzelnen Arten und Varietäten erfolgte nur bei den gewöhnlichsten Formen nach meinen Bestimmungen : alle irgendwie zweifelhaften, also namentlich alle als Varietäten auf- geführten Formen und ausnahmslos alle Zweischaler sandte ich an Herrn S. Cressn in Ochsenfurt (Verfasser von „Deutsche Exkursions- Mollusken-Fauna“ 2. Auflage, 1884), der die Güte hatte, meine Funde durchzusehen und zu revidieren. Mein Sammelgebiet stellt auf der Karte ein Rechteck dar, das von den Linien Walddorf (OA. Tübingen) -Urach, Urach-Beuren (OA. Nürtingen), Beuren-Neuenhaus (OA. Nürtingen) und Neuen- haus-Walddorf eingeschlossen wird; es ist ein durchschnittlich 6 km breiter Streifen, der sich vom Südabhang des Schönbuchs etwa 20 km weit zum Nordrand der Alb ausdehnt. Drei Punkte dieses Landstrichs, die Umgebung von Neckarthailfingen, den Kohlberg und den Uracher Wasserfall habe ich besonders berücksichtigt. Nach diesen 3 Bezirken will ich die gefundenen Schaltiere aufführen, nachdem ich's jedesmal versucht habe, die für diese Tiere so wichtigen Boden-. Vegetations-, Feuchtigkeits- und Wärmeverhältnisse kurz zu schildern. I. Die Umgebung von Neckarthailfingen. a. Die Landschnecken. Westlich von Neckarthailfingen, zwischen Schlaitdorf und Alten- vieth, kommt vom Südabhang des Schönbuchs ein kleiner Bach, der „Höllbach“, der anfangs, so lange er noch von Lias « getragen wird, Br AT geräuschlos den Wiesengrund durchfurcht, dann aber plötzlich über die anstehenden Felsen des weissen Stubensandsteins in zwei kleinen Wasserfällen hinabstürzt und in die darunter liegenden Mergel eine jener tiefen Schluchten sich wünlt, wie sie dem Keuper so eigen sind. Die Schlucht heisst die „Hölle“. Wir befinden uns hier ganz im Gebiet des Keupers. Die steilen Wände sind zum grössten Teil mit dem nicht verwendbaren Abraum der oben liegenden Stubensand- steinbrüche bedeckt, und Quellen lassen ihr Wasser den Abhang hinab in den Bach rieseln, der durch das Steingewirre sich seinen Weg erzwingt. Erlen, Hagbuchen und Zitterpappeln bilden das obere Schutzdach gegen den Sonnenschein, dem das Dickicht der Waldreben, Brombeeren, Spiräen und Nesseln als zweite Decke das Eindringen ins Nest der Schnecken in Moos und Mulm vollends gänzlich wehrt. Hier in der feuchtkühlen „Hölle“ findet sich ein Reichtum von Schaltieren, wie er sonst vergeblich im Neckarthailfinger Keuperwald gesucht wird. Charakteristisch für diesen Ort und zahlreich ver- treten sind: Hyalina witens Mich. (auch mit glashellen Gehäusen), Patula rotundata Münr., Trigonostoma obvoluta Mürr., Zriodopsts personata Lam., Monacha incarnata MiL., Trichia rufescens PEsn., Chilotrema lapicida L., Bulimina montana Drar., obscura MüLL., Olausilia laminata Moxt., biplicata Moxt., ventricosa Drar., plicatula Drar., parvula Srun., lineolata Herrn. Die grösseren Heliceen kommen wohl vor, sind aber selten. Mit Ausnahme der Ayalina nıtens Mıcn. stimmen die hier lebenden Schnecken in ıhrer dunklen, braunroten Farbe überein, da auch Trichia rufescens PEnn. nur rotbraun ın der „Hölle“ zu finden ist. In der Form sind sie ihrem Aufenthaltsort angepasst. Um unter Steine und in Felsenritzen sich zurückziehen zu können, sind sie nicht kugelig, sondern entweder plattgedrückt, scheibenförmig (HAyalina nitens Mıcn., Patula rotundata MüLL. und die Heliceen) oder sie sind gar nur in einer Richtung ausgedehnt. wie die Clausilien (Ev. v. Martens, „Über die Verbreitung etc.“, diese Jahreshefte 1855). Die meisten Arten bewohnen zerstreut die ganze Schlucht, nur B. obscura MürrL. bevorzugt die jungen Stämme der Zitterpappeln, und 4 Arten sind nur in engbegrenzten Kolonien an- zutreffen. Oh. lapieida L., die sonst in der Umgebung Neckarthail- fingens fehlt und erst wieder im Schönbuch hinter Neuenhaus und in der Nähe der Alb vorkommt, lebt in einer kleinen Kolonie ver- eint mit einigen Glausilien. (I. plicatula Drr. und parvula Stun. bilden je 2 Kolonien an verfallenen Stützmauern, Felsen und Geröll- wänden, und zwar hält plicatula beidemale die untere, feuchte, 4* PEN , +; pr parvula die obere, trockene, zum Teil sonnenbeschienene Hälfte der Wand besetzt. Vom Fusse einer dieser Wände sendet eine Quelle ihr Wasser zum Bach, und in den Grasschöpfen, die vom Wasser umrieselt werden, sitzt Ol. lineolata Hrın über einen Raum zerstreut, der nicht grösser ist als ein kleines Zimmer. Der Abhang des Schönbuchs gegen das Neckar- und Aichthal ist entweder bewaldet oder bebaut, kleine Strecken sind Heideland. Im Wald sind Gehäuseschnecken nur ganz vereinzelt anzutreffen (H. pomatia L., T. hortensis MürL., Ol. laminata Moxt.); doch ist es mir gelungen, in einem am Waldsaum bei Neuenhaus gelegenen Tümpel und im Schlick der Schaich einige leere, angeschwemmte Gehäuse einer hier nicht gesuchten Schnecke, der Trichia edentula Drr. zu finden, die also auch den Keuper bewohnt. Die Gehäuse stimmen genau mit denjenigen des Seeburger Thals überein, welche Dr. Wemtann entdeckt hat. Das Heideland des Keupers bei Neuenhaus und bei Altenrieth ist je von zwei Xerophilen bewohnt, von X. ericetorum Mürt und striata MürL. Erstere kommt auch im Neckarthal vor, letztere wird dort durch X. candidula Stun. ersetzt. An Individuen sind beide Arten auf den Keuperheiden nicht so reich wie an anderen Orten. Von der Nordseite des Neckars wende ich mich, das Neckar- thal vorerst übergehend, der Südseite zu, vom Keuper zum Lias. /wei Punkte sind hier als Schneckenherbergen ins Auge zu fassen, die Ruine Liebenau und das Authmuththal. Die gänzlich verfallene Ruine Liebenau liegt in einem kleinen Wäldchen, das die Nordostecke der Liasebene ziert, die hier vom Authmuth- und Neckarthal abgeschnitten wird. Baumwuchs, niedere Krautpflanzen, Kalk (Mörtel), Mulm fehlen hier so wenig wie in der „Hölle“, aber eines fehlt, der beständige Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Das Wäldchen ist jedem Sonnenstrahl und jedem Windhauch ausgesetzt, und eine Quelle tritt erst unten am Waldsaum zu Tage. So kommt es, dass nur wenige platte „Steinschnecken“ dort zu finden sind, Ayalina nitens Mıcn., Pat. rotundata MünL., Trig. obvo- luta Mürr., Triod. personata Lam. und Mon. incarnata Mürr., Buli- mineen und Olausilien aber gänzlich fehlen. Die letzteren ersetzt das nahe Authmuththal. Es ist dies das stille Wiesenthal, welches die Eisenbahn auf hohem Damm zwischen den Bahnhöfen Neckarthailfingen und Bempflingen bei Grossbettlingen überschreitet. Die Ufer des Baches sind von Weiden- und Erlen- gebüsch dicht eingesäumt. Für die vorliegende Aufgabe kommt nur der letzte Kilometer des Thales von der Eisenbahnlinie bis zur Aus- mündung ins Neckarthal an der Neckarthailfinger Bahnhofstrasse in Betracht. Auf dieser Strecke geht die Bachrinne vom Lias $ über Lias « zum Keuper. Hier herrschen, zwar nicht infolge ihrer Arten- aber infolge ihrer Individuenzahl die Clausilien vor. Es sind (1. biplicata Monrt., ventricosa Drr., laminata Monrt., lineolata Hzıv. Die letztere, in Württemberg seltenere, lebt hier wie ihre Verwandten nicht in Kolonien sondern überall im Gebüsch zerstreut. Die kleineren Arten der Gattung fehlen vollständig. Die Heliceen treten sehr zurück. Am zahlreichsten kommt noch Mon. incarnata MüLL. mit sauberen, rötlichen Schalen vor, und hin und wieder wird man durch ein hinfällig behaartes Exemplar von 7. rufescens Penn. belehrt, warum diese Art der Gruppe Trichia zugeteilt wird. Vitrina dia- phana Drr. ist ım Winter hier zahlreich zu bekommen, und die winzigen Pupeen, Vertigo angustior JEFFR. und pusilla MürL., die ich im Auswurf des Baches fand (erstere bis jetzt nur von Nagold und Wiesensteig angezeigt), sind im Authmuththal noch zu erwarten. Eine gewisse Übereinstimmung unter den Schnecken der „Hölle“ und des Authmuththales mit der Liebenau ist nicht zu A, Ulausilien herrschen an beiden Orten vor und drücken der Mollusken- fauna einen bestimmten Charakter auf; die Heliceen treten mehr zurück, weil sie durch verborgen lebende „Stein- und Erdschnecken“ hier . vertreten sind: Pupeen fehlen fast ganz. Jn der Form fand ich keine wesentlichen Unterschiede, und die Hauptfarbe ist an : beiden Orten das dunkle Rotbraun. Nur die im Authmuththal auch horngelb vorkommenden, behaarten Gehäuse der Zr. rufescens PEnx. unterscheiden sich von den nur rotbraunen der „Hölle“. Neue Formen kommen in die Weichtierfauna der Neckarthail- finger Umgebung durch das Neckarthal. In der Thalebene breiten sich üppiges Weidengebüsch, saftige Wiesen, fette und magere Äcker und dürftige Weideplätze regellos aus, je nachdem die Unterlage bald aus dem fetten Schlamm längst vertrockneter Altwasser, bald aus magerem Sand, bald nur aus rohem Jurakies gebildet ist. Hier dominieren die Heliceen. Das Gebüsch, die Wiese und die Heide beherbergen jedoch besondere Arten. se r Das Gebüsch wird von Tachea hortensis Mix. F'rutieicola fruticum Müır., Helicogena pomatia L. und Arionta a L. bevorzugt, wiewohl sie zuweilen auch im freien Wiesenlande, je- doch sparsamer, sich aufhalten. Sie sind immer festschalig, mit lebhaften, frischen Farben, wie die Weiden, unter denen sie kriechen. Die Epidermis ist gut erhalten, sie springt selten ab, am ehesten noch bei 5bänderigen Exemplaren der 7. hortensis MürL. und bei H. pomatia L. ZT. hortensis Mürn. ist die zahlreichere Art. Ein- farbige gelbliche und rötliche Gehäuse sind häufiger als gebänderte. Neben Exemplaren mit durchscheinenden Bändern und neben solchen mit der Normalzahl von 5 Bändern fand ich folgende 12 Abände- rungen: 1.0.3.4.5,1.2.0.4.5 3, 0.0.3.0.0,1.2.3.4.5,1. 2.3.4.5, 1.2.3.4.5,1.2.3.4.5,1.2.3.4.5 ‚1.2.3.4.5,1.2.3.4.5,1.2.3. 20. 129. 4.5. Die Grösse der "Gehäuse bei allen Individuen en wenn auch zuweilen auffallend grosse Ge- häuse gefunden werden. Tachea nemoralis L. fehlt dem Neckarthal und seinen Abhängen, erst im Schönbuch hinter Neuenhaus und im Kirchert bei Frickenhausen tritt sie sparsam wieder auf. Ein einziges Exemplar traf ich im Neckargebüsch, das sich hierher verirrt zu haben schien. Fr. fruticum Mürr. findet sich einfarbig weiss, gelblich und rötlich und mit einem rotbraunen Band in der Mitte des Umgangs bei weissen und rötlichen Gehäusen. Jedes Frühjahr kann ich die gebänderten Exemplare zahlreich auf der Neckarinsel neben der Brücke sammeln. HF. pomatia L. wird zu Tausenden für Schnecken- gärten hier und in Nürtingen gesammelt. Abweichungen von der Normalform in der Gehäusebildung sind jedoch trotz der grossen Auswahl selten zu bekommen. Abgesehen von Verschiebungen des Gewindes, die auf Verletzungen zurückzuführen sind („füllhorn- und stöpselzieherartige Gehäuse“, S. Cressin), scheint nach etlichen Exem- plaren, die ich erhalten, am ehesten die Form grandis sich zu ent- wickeln. Linksgewundene Gehäuse sind mir noch nicht vorgekommen. Arionta arbustorum L. ist beständiger in der Farbe als hortensis aber unbeständiger in der Form. Neben der Normalform besitze ich von hier auffallend kleine, bänderlose Gehäuse, „an var. alpestris streifend“ (Cressm), sodann die gedrückte an var. depressa HrLp erinnernde Form und die erhöhte trochoidalis RorrIaen. Die 4 eben genannten Arten fallen dem Sammler sofort beim Be- treten des Gebüsches ins Auge, weil sie entweder im Gras oder an den Büschen munter umherkriechen. Die anderen Arten wollen gesucht sein. Unter dem faulenden Weidenlaube führen Vitrina pellueida Mürt. (im Winter), Hyalina diaphana Stu. und erystallina MüLL. ein verborgenes Dasein. H. diaphana Stun. ist viel seltener als erystallina Mürr. Sogar eine Steinschnecke, Hyalina cellaria Mürr., lebt im Neckarthal. Sie be- wohnt einen Steinhaufen auf der Insel; habs in meinem Keller lebt sie ohne mein Zuthun. Leyvic hatte sie bei Tübingen „noch nicht bemerkt“. Aus dem Weidengebüsch ragen die dicken Salix-Stämme hervor. Sie sind ein beliebter Aufenthalt für 4 Arten, für Patula ruderata Srup., eine in Württemberg nicht überall vorkommende Schnecke, O1. laminata Moxr., biplicata Most. und dubia Dre., welch letztere die Seitenthäler des Neckars meidet. Auf den Wiesen ist schwer zu sammeln, nicht allein weil das Gras die Mollusken dem Auge des Sammlers entzieht, sondern auch weil meist nur kleine Tierlein diesen Aufenthaltsort bevorzugen. Am leichtesten ist Zrichra hispida L. ım Frühjahr und Herbst zu be- kommen. Sonst muss man sich darauf beschränken, Steine an Weg-, Wiesen- und Grabenrändern umzuwenden und abzusuchen. Was dort sich verbirgt, möge folgendes Beispiel zeigen. An einem September- tag las ich an zwei ziemlich grossen Sandsteinen, die an einem Rain lagen, zusammen ab: Succ. oblonga Drr. 14 Exemplare, Pupa mus- corum L. 10 Expl., pygmaead Dre. 67 Expl., minutissima Hera. 1 Expl., Ae. pulchella Mürr. 7 Expl., costata Mürr. 8 Expl., Zua lubrica Mürı. 3Expl. Ein richtiges Bild vom Zahlenverhältnis der Wiesenbewohner gibt aber dieses von Zufälligkeiten abhängende Beispiel nicht; hierfür müssen die Anspülungen zu Hilfe genommen werden. An entschieden trockenen Orten, da wo die Sense wenig zu schaffen hat, drücken sich Xerophila ericetorum Mürr. und X. can- didula Stun. herum. Die fortschreitende Kultivierung des früher so ausgedehnten Heidelandes im Neckarthal nötigt beide, gegen den Bauern einen heftigen „Kampf ums Dasein“ zu führen, wie die vielen durch Verletzung herbeigeführten Missbildungen und die zahlreich vorkommenden kleinen jedoch ausgewachsenen Gehäuse zeigen. Beide Arten sind aber zäh im Festhalten ihres historischen Rechts und genügsam in ihren Ansprüchen. Die Furche oder der an die Wiesen und den Weg anstossende Ackerrand bleiben ihnen gewiss, und von dieser ÖOperationsbasis aus dringen sie immer wieder ins bebaute Land em, wenn der Acker auf einige Zeit sich selbst überlassen bleibt. Vor Jahren sammelte ich auf einer Schafweide X, candidula Srup.; jetzt ist die Weide ein üppiges Esparsettenfeld. Das Tierlein lebt noch dort; aber die Nachkommen jener klemen, kreideweissen Schnecklein haben jetzt grosse, glänzende, horngelb angeflogene Schalen. Gebänderte und einfarbige, grössere und kleinere Exem- plare trifft man auf allen Heideplätzen gemischt. Noch bleibt ein Wort über die Bewohner feuchter Orte, der nassen Wiesen und Ufer zu sagen übrig. Carychium minimum Mürt. hängt an faulenden Holzstücken oder Steinen an den Ufern der - 56 — Gräben und Altwasser, oder sie lebt wie Vertigo untivertigo Dee. im „Grundmoos“ der sumpfigen Wiesen. Ich fand die letztere an allen solchen Orten, aber nirgends zahlreich. Da die Umgebung Neckarthailfingens reich ist an laufenden und stehenden Gewässern, so sind hier auch diejenigen Mollusken häufig, welche die Wasser- ränder bevorzugen. Es sind dies 3 Suceineen, Zonitoides nitida Mürt. und Zua lubrica Mütww. Z. nitida Mürn. hütet sich vor Be- rührung mit dem Wasser, geht dasselbe aber zurück, so zieht sie nach, und im trocken gewordenen Graben versteckt sie sich unter die abgefallenen Blätter. Eine mir bis jetzt noch nicht vorgekom- mene Farbabänderung dieser Art fand ich heuer am Neckarufer, es sind grosse, glashelle, glänzende Gehäuse, die in der Form von den typischen nicht abweichen. Die Bernsteinschnecken unseres Thales sind alle sehr schön entwickelt. Im Juli und August d. J., bevor die ausgewachsenen Exemplare abstarben) sammelte ich eine grössere Anzahl derselben und sandte sie an Herrn ULessm. Nach seinen Untersuchungen leben hier folgende Formen: Suecinea putris L., var. Charpyi Bauvon (Beschreibung s. CLessw, Exkurs. Fauna, 2. Aufl. S. 342), Suce. Pfeiffer Rossm. mit var. recta Baupon (Beschr. s. Cressin, Exkurs. Fauna, 2. Aufl. S. 346) und $. oblonga Drer., var. elongata Guessin (Beschreibung s. Cressın, Exkurs. Fauna, 2. Aufl. S. 350). Die var. Charpyi Baup. ist bis jetzt aus Bayern und Eber- bach a. N., die var. elongata Guess. nur aus Bayern bekannt. Das Tier von 5. putris var. Charpyi Baun. ist immer sehr schleimig und von der Schale nicht ganz bedeckt; lebt es am Wasser, so ist es dunkel, ähnlich dem von Pfeifferi Rossm., während die vom Wasser entfernt wohnenden Tiere heller sind. Die Farbe der Schalen geht von horn- gelb zu rotgelb; die letztere Färbung ist die häufigere. 8. Pfeifferi Rossm. lebt überall mit putris L. zusammen, aber nur am Wasser, immer im Nassen, sehr oft auf schwimmenden Blättern der Wasser- pflanzen, ohne an Stengeln aufzusteigen. Das dunkle Tier ist vom Gehäuse ganz bedeckt. Vom Holzteich der hiesigen Papierfabrik stammen prächtige, zweijährige, rotgelbe Exemplare, die im ganzen Teich auf den schwimmenden Hölzern umherkrochen, seit Mitte August aber verschwunden sind. Die var. recta Bau». lebt am sog. „Ailes- graben“ hier. Während Leyvıs um Tübingen won S. oblonga Dre. „noch keine Spur angetroffen“ hat und in der Vereinssammlung meist nur angespülte Gehäuse anzutreffen sind, lebt dieses Tier hier sehr zahlreich nicht bloss auf den Wiesen unter Steinen und dem toten Laub der Büsche, sondern als var. elongata Cressm zahlreich am Be a Fusse der Uferwände des Neckars, wo auch die glashellen Exem- plare von Z. nitida Mürt. leben. Am 19. Juli d. J. sammelte ich in einer Stunde an einer Uferstrecke von 15—20 m 242 lebende, ausgewachsene S. oblonga Drp., später nur leere Schalen. Die Tiere sind immer hell, die Schalen entweder horngelb oder rotgelb, ziem- lich gross. Einen Überblick über die Schaltiere des Neckarthals gewinnt man durch die Untersuchung der Anspülungen. Zweimal seit meinem Hiersein hat der Neckar sein Thal fast der ganzen Breite nach überschwemmt, ım Dezember 1882 und im März 1888. Die Staats- strasse Stuttgart-Urach durchschneidet in südlicher Richtung auf einem Damm das Thal. Auch eine grosse Überschwemmung über- flutet nicht leicht den Strassendamm, so dass sich das vom Wasser mitgeführte Geniste an demselben ablagert. Zu Hunderttausenden werden die vom Wasser aufgehobenen und fortgetragenen Schnecken- gehäuse hier zusammengeführt. Wer erfahren will, was das Thal an Mollusken beherbergt, oder wer die kleinen, schwer lebend zu sammelnden Arten erhalten will, hat hier reiche Gelegenheit zur Untersuchung und zur Ausbeute. Allerdings ist die grosse Masse der Gehäuse alt und gebleicht und „nicht weit her“. Die Wiesen- und Gebüschbewohner gross und klein, in erster Linie Tr. hispida L., Ac. pulchella Mürr., costata Mürn. (seltener), Zua lubrica Mütt., P. muscorum L., V. pygmaea Drr., Isthmia minutissima HRTım. und (ur. minimum Miütr. stellen das stärkste Kontingent. Wald-, Berg- und Wasserbewohner treten sehr zurück, sind aber immerhin ver- treten (z. B. Ol. parvula Srun., filograna ZiEGLER). Nur aus An- spülungen erhielt ich die folgenden Arten: Conulus fulvus MüLt., Patula pygmaea Drr., Vallonia tenwilabris A. Braun, Chondrula tridens Mürn., Caecilianella acicula Mürr., Planorbis erista L., Acme pohta Hrım., Acme lineata Drr., Vitrella pellucida BENZ und eine bis jetzt nicht beobachtete verlängerte Form der V. pygmaea DrP., die var. elongata Cvessin, welche 6—7 Windungen hat (die typische Form hat 5). Einige der angeführten Arten sind auf der Alb lebend anzutreffen, andere habe ich jedoch noch nie lebend gesehen. b. Die Wasserschnecken und Muscheln. Als Herberge für Wassermollusken kommen für die vorliegende Aufgabe in Betracht der Neckar von der Neckartenzlinger bis zur Neckarhauser Brücke (Neckarthailfingen liegt in der Mitte), die Alt- wasser. Gräben und Bäche dieser Thalstrecke, das Aich- und Schaich- thal von Neuenhaus bis in die Nähe von Öberensingen, die Auth- muth von Grossbettlingen bis zu ihrer Mündung bei Neckarhausen, vereinzelte Gräben, Teiche und Tümpel. Schon seit Jahren sammelte ich aus ihnen die Mollusken, und für die vorliegende Arbeit unter- suchte ich sie alle mit dem Blechseiher (Drahtsieb) an langer Stange. Zur Vergleichung besuchte ich auch je einmal die Altwasser aufwärts bis Tübingen, abwärts bis Plochingen, so dass zusammen 5 Flüsse und Bäche, 18 gewöhnlich nicht miteinander in Verbindung stehende Altwasser des Neckars und eins der Aich, 23 nicht verbundene Wiesen- und Strassengräben und Feldbrunnen, 8 Teiche und isolierte Tümpel zur Untersuchung kamen. Das Ergebnis derselben stelle ich in folgender Übersicht zusammen, wobei ich bemerke, dass die Zahlen angeben, in wie vielen der oben bezeichneten Wasserbehälter die einzelnen Arten gefunden wurden. | | Be En; 55 | Flüsse Wiesen- | Teiche I Alt- | und | und || zusam- N | wasser ‚Strassen- men Bäche | gräben ‚ Tümpel | | | Limnaea stagnalis L. j 16 1. re 4 auricularia L. . — 4 | — 1 5 = ovata Drp.. 3 1 1 2 T £ peregra MÜLL. 1 -— 7 4 2 u palustris MÜLL. — 1 4 _— 5) y truncatula MÜLL. . 1 last > | 1 11 Physa hypnorum L. . — 1 | 4 1 5 Planorbis marginatus Der... . | — | .— RR l 3 carinatus MüıL.. . |-1 | 17 | 4 3 25 4 rotundatus PoIRr.. (u ln 1 S hs contortus L. RN ei N ER — 2 „ albus MiıLL . . . 1 4 or | T 2 complanatus L. | — 7 BER 4 Aneylus fluviatilis MÜLL. 3 — — | ie 3 Acroloxrus lacustris L. — | 2 = | _— 2 Valvata cristata Mürn. . Zaankl 7 2 | — 9 Bythinia tentaculata L. . | 1 Be 13 Anodonta mutabilis Cuess. | | | vr. cygnea L. . . | — | 1 Eller: | l 2 „ cellensis SchrRöT. | — | 3 — u 3 „ anna DL... | 3 — — — 3 „ Nova . E 1|I| — — u 1 „ rostrata Kok. . ı a I zug 1 nio batavus Lam. a) — | — I.t- B 9. | 28 EN Flüsse 19 | Wiesen- Teiche "re Ken can Alt- | und | und || Zusam- | Bäche wasser ‚Strassen. Tümpel|; Ten | ache | gräben umpe | | | Sphaerium corneum L» 2... 0.1.7 1.0.2 — 1.9 Calyculina lacustris MüLL. . . — |. 8 1 1 10 Pisidium amnicum MüıL. . . | — | 1 — — 1 a Jossarinum Cuess. . | — | 8 14 2 19 is mis GuaNOn. MRS Wiens] 2 — 2 ee intermedium Gas. . | = | — 1 = 1 „ milium HELD. . . eh 2 1 1 4 % pallidum IEFFR. . . | — | —_ BR ER 1, obtusale C. PFR.. . — | 1 2 ee 3 pulchellum Jens . | — 1 Al dei 1 Der Neckar selbst ist molluskenarm. Das Bett ist im oben be- zeichneten Lauf reguliert, stille Buchten fehlen, das Gerölle des Grundes wandert stossweise, und an den Uferrändern nagt der un- ruhige Fluss, soweit er nicht durch Uferbauten behindert ist. So kommt es, dass ich ausser unausgewachsenen Exemplaren von L. stagnalis L., L. ovata Drr., Pl. carinatus Mürr., die sich einzeln hierher verirrt zu haben schienen, und ausser kleinen Kolonien von L.truncatula MüLL., die er kurze Zeit als Gäste duldete, von Schnecken nur Pl. albus MürL. und Ancylus fAuviatilis MürL. im Flusse selbst fand. Pl. albus MürL., der an ruhigen Uferstellen oberhalb eines Wehrs gerne da, wo Phalaris arundinacea L. seine Büsche bildet, in allen Altersstufen vorkommt, scheint am ehesten sich den Launen des Neckars anbequemen zu können. Anc. Awviatilis MüLL. ist im Neckar viel seltener als in seinen Nebenflüssen. Die Muscheln finden am Uferrand Unterkunft. Den hiesigen tiefen, schlammigen Mühl- kanal ziehen sie jedoch vor. Dort findet sich Unio batavus Lam. in grosser Menge und spärlich Anodonta mut. var. rostrata Kok. Die Formen der Muscheln sind mannigfaltig, die Unionen flach und rundlich, Missbildungen nicht selten. Herr S. Cressıv schrieb mir darüber: „Sie finden an den Muscheln dieses Fundorts den Beweis, wie sehr die Formen sich ändern können. So ist unter denselben ein Exemplar, das fast ganz die Form des U. platyrhynchus Rossn. hat, welche Art nur im Abfluss des Wörthsee vorkommt.“ Von den Zuflüssen des Neckars führt der Höllbach (s. oben) im Unterlauf nur Unio batavus Lam. typisch und L. ovata Drr. Die Aich und die bei Neuenhaus in sie mündende Schaich bilden zahl- id ee lose Windungen, in denen sich das Wasser staut und Sand und Schlamm sich ablagern; nach starken Regen sind sie aber wild und reissend. Die Formen beider zeigen grosse Übereinstimmung. Anc. fluviatilis Mürn. var. gibbosum Bourc. (vom Vereinsgebiet noch nicht angezeigt) sitzt an Steinen da, wo der Wasserlauf ein rascher ist; im Sand und Schlamm stecken An. mutabilis Cuess. var. anatına L. und Unio batavus Lam., letztere nicht in typischen Formen, sondern in vielen Abänderungen und Missgestaltungen, wie sie den kleinen Bächen eigen sind. Unterhalb Grözingen kommt in der Aich eine Anodonta vor, welche Herr Uressıvy als neue Varietät bezeichnete. Er schrieb mir darüber: „Die als var. nova bezeichnete Art scheint mir wirklich eine neue Varietät darzustellen, die ich bis jetzt noch nicht bekommen habe.“ Nachdem ich Herrn Cressıv noch weiteres Material zugesandt hatte, teilte er mir mit: „Die Anodonta ist wirk- lich var. nova. Sie gehört zum Formenkreis der An. anatina, ist auffallend schmal schon bei den jüngsten Exemplaren; die Zuwachs- ringe sind ungewöhnlich schmal, und die Jahresabsätze stehen sehr gedrängt.“ Die typische Form der var. cellensis Scurör. lebt in einem pflanzenfreien, humusreichen Altwasser der Aich bei Aich. Die Authmuth lässt in ihrem Oberlauf den Anc. Auviatilis MörrL. sehr zahlreich gedeihen, ebenso in ihrem ruhigen Unterlauf L. ovata Drr., L. peregra MürLrL., Unio batavus Lam. typ. und An. mutabilis Cuess. var. anatina L. Bedeutender als in den Flüssen selbst ist die Ausbeute von Wassermollusken in den Altwassern des Neckars. Jedoch haben die Wassertiere hier guten Grund sich nach der „guten, alten Zeit“ zu sehnen, als noch vor der Neckarregulierung die Altwasser rechts und links vom Hauptbett nach allen Richtungen hin sich ausbreiteten. Jetzt sind viele Rinnen ganz trocken, und die noch übergebliebenen Reste gehen der Versumpfung und endlichen Vertrocknung entgegen. Wenn auch der Neckar bei grossen Überschwemmungen die alten Wege wieder betritt, so gereichen die Besuche seinen abgetrennten Gliedern nicht zur Belebung, sondern sie beschleunigen deren Aus- füllung, da ihm der mitgeführte Schlamm und Unrat in die Tiefen der Altlache entfällt. . Für die Entwickelung der Molluskenfauna eines Altwassers ist es von Bedeutung, ob dasselbe mit einem fliessenden Wasser in Ver- bindung steht oder nicht, ob es von vielen Wasser- und Sumpf- pflanzen besetzt oder pflanzenfrei ist. Nur ein Altwasser steht mit dem Neckar in Verbindung, das bei der Neckarhauser Brücke, in 2 welches die Authmuth mündet. Es ıst sehr tief, mit schlammigem Grund, von Pflanzen frei, nur den Rand haben Büsche von Phalaris arundinacea L. und Sparganium ramosum Hups. und simplex Huns. bezogen. Seine Molluskenfauna unterscheidet sich aber auch wesent- lich von der abgeschlossener Altwasser. L. stagnalis L. und Pl. carinatus MüLL., die keiner Altlache sonst fehlen, finden sich hier sehr selten in jungen Exemplaren; dagegen sınd grosse Exemplare von Pl. albus Mürr. nicht selten. Ferner ist leicht zu bekommen L. aurieularia L., eine an die Varietät cygnea L. sich anschliessende Form der An. mutabilis Cıess., Pis. amnicum Mürz. und pulchellum Jen. Die Art des Vorkommens der drei ersten Arten entspricht ganz ihrem Auftreten im offenen Neckar (s. oben). L. auricularıa L. fand ich ausserdem in der Blaulach bei Tübingen, im Plieninger Teich, in einem Altwasser bei Pfauhausen und früher in einem hiesigen Altwasser. Die Blaulach und der Plieninger Teich sind gegen die Mitte wenigstens pflanzenfrei und haben Zufluss von Quell- wasser und einen Abfluss; das Pfauhauser Altwasser ist auch pflanzen- frei, mit Abfluss aber ohne sichtbaren Zufluss; das hiesige Altwasser war früher mit dem Neckar verbunden, seitdem es isoliert ist, ist L. auricularia L. verschwunden (gleichzeitig mit L. ovata Drr.). In abgeschlossenen, stagnierenden Altwassern fehlt 2. auricularia L. Auch das Vorkommen von Anodonten im Neckarhauser Altwasser stimmt mit dem Vorkommen derselben in der Blaulach, im genannten Pfauhauser Altwasser, in einem Aichaltwasser und im Grözinger Teich überein. Für die beiden Pisidien endlich ist der Neckarhauser Fundort der einzige. Nicht mit dem Neckar verbunden aber mit dauerndem Zufluss und periodischem Abfluss ist der hiesige „Ailesgraben“, auch ein Altwasser. Er beherbergt die grösste Zahl von Mollusken, nämlich 11 Arten: L. stagnalis L., Pl. carinatus MüLL., contortus L., com- planatus L., Physa hypnorum L., Acer. lacustris L., Byth. tentaculata L., Sph. corneum L., Cal. lacustris Mürr., Pis. obtusale C. PrFk., milium Heıv. Seit etlichen Jahren ist er auch von der Wasserpest erfüllt, und ich erhielt seit drei Jahren Ph. hypnorum L. nicht mehr lebend, Pl. contortus L. heuer nicht mehr, Aer. lacustris L. über- haupt nur in leeren Gehäusen. Die übrigen Altwasser sind in ihren Verhältnissen ziemlich übereinstimmend. Der Zufluss frischen Wassers fehlt, grosse Weiden- büsche lassen im Sommer ihren Schatten und im Herbst ihre Blätter in das stagnierende Wasser fallen, Elodea canadensis Rıch. Be (nach Kevmter und Martens, Flora v. Württ. noch selten, 1882) und Myriophyllum verticillatum L. bilden ein undurchdringliches Ge- wirre, welches Hippuris vulgaris L. und Equwisetum limosum L. durchbrechen, und Potamogeton natans L. endlich breitet mit seinen schwimmenden Blättern eine Decke über den Wasserspiegel, dem Licht den Zutritt wehrend. So ist es begreiflich, dass der früher so bedeutende Fischfang in den Altwassern heutzutage ganz belang- los ist, und dass man nach grösseren Muscheln vergeblich darin sucht, obwohl die Leute erzählen, dass früher durch Überschwem- mungen grosse „Krottenschalen“ herausgeworfen worden seien. Der Molluskenbestand der einzelnen Behälter ist, weil von Überschwem- mungen und Trockenheit abhängig, einem häufigen Wechsel unter- worfen, doch sinkt er selten unter vier Arten; L. stagnalis L., Pl. carinatus Mürr., Byth. tentaculata L. und Sph. corneum L. oder Cal. lacustris MürrL. sind die gewöhnliche Gesellschaft. Unter der Rubrik Wiesen- und Strassengräben habe ich alle stagnierenden und langsam fliessenden Wassergräben zusammen- gefasst, welche, einer Quelle ihren Ursprung verdankend, nach kurzem Lauf entweder in einen Bach ablaufen oder wieder verschwinden. Im Laufe des Sommers trocknen die meisten aus. Die Wiesen- gräben sind zum grossen Teil mit Pflanzen besetzt, die Strassen- gräben zuweilen sandig. In die Übersicht habe ich nur diejenigen aufgenommen, die Mollusken führen. Molluskenleer sind nach meinen Erfahrungen meistens rasch fliessende, sandige oder kalte Quell- abflüsse, welche mit Berula angustifolia Koch besetzt sind. Die Aus- dehnung der untersuchten Gräben ist verschieden; in den kleinsten hatte oft nicht einmal der Blechseiher Raum. Nur vier Gräben liegen auf der Höhe, die andern im Neckar- und Aichthal. Die Gräben werden bevorzugt von L. palustris MürL., peregra Mür., truncatula Mürn., Physa hypnorum L., Pl. rotundatus Por. und Pis. fossarinum ÜLess. Die Teiche (5) sind sämtlich künstliche Wasserbehälter, welche für gewerbliche Zwecke oder die Fischzucht angelegt wurden. Ihr Wasserstand ist unter sich und in jedemgeinzelnen das Jahr über ungleich; ihre Molluskenbevölkerung zeigt darum auch wenig Über- einstimmung. Die Tümpel (3) liegen ganz isoliert, zwei davon im Wald; alle drei beherbergen L. peregra Mürr. Zu einzelnen Arten habe ich einige Bemerkungen anzufügen. L. stagnalis L. ist in wasserreichen Lachen hell, gross, nähert sich der var. turgida MENnkE, die sie manchmal erreicht, in wasserarmen ee dichtbewachsenen, sumpfähnlichen dagegen schmächtig, braun, über- einstimmend mit meinen Formen aus dem Sindelfinger Torfmoor. Deutlich lässt sich das an zwei nebeneinander liegenden Altwassern bei Pfauhausen beobachten. .L. ovata Drr. besetzt in Bächen die leicht überfluteten, hervorstehenden, bewachsenen Rücken. L. peregra Mürr. wird grösser oder kleiner, heller oder dunkler, je nach der Beschaffenheit ihres Aufenthaltsorts. Meine grössten Exemplare stammen vom Walddorfer Teich, die kleinsten von einem Graben bei Häslach, OA. Tübingen, hell sind die Schalen in Bächen, dunkel, fast schwarz in stagnierenden Gräben und Tümpeln. Z. palustris Mitr. hält sich in Gräben auf und gelangt nur aus diesen in die Altwasser, wo sie aber bald wieder verschwindet. Rein typische Formen erhielt ich nicht, sondern die Varietäten fusca Prr. und turricula He, die letztere aus einem Graben bei Neckarhausen ın sehr schönen, charakteristischen Exemplaren (Beschreibung s. CLessix, Exkurs. Fauna, 2. Aufl. S. 590 f.). Die Erwartung Dr. Eon. vox Martens (diese Jahreshefte 1865), 4. turrieula HeLp werde sich in Württemberg noch finden, hat sich also wie schon früher bezüglich der Ol. cana Hero erfüllt. /. truncatula Mürr. ist der Vagabund unter den Wasserschnecken. Sie ist überall aber nirgends lang zu Hause: es scheint ihr nur da zu gefallen oder ist sie nur da geduldet, wo das Wasser zu Ende geht; entsteht aber irgendwo ein neuer Be- hälter, so nimmt sie zuerst von ihm Besitz. Ph. hypnorum L. findet die Altwasser auch zu faul (vergl. über „Ailesgraben“); dagegen traf ich sie in einigen Gräben sehr häufig an. Die grössten Exemplare stammen von Neuenhaus. Das Vorkommen der beiden grossen Planorben, Pl. marginatus Der. und carinatus MvLr., ist auffallend. Leypıs kennt von Tübingen nur den marginatus, carinatus fehlt seinem Verzeichnis; lange war ich daher im Zweifel, welcher Art unsere Formen zuzuteilen seien, da sie keinen deutlich ausgesprochenen Artcharakter tragen. Herr Cuessis teilte nun die Formen der Neckar- altwasser der var. dubius Harım. von carinatus zu, mit Ausnahme der Exemplare der Blaulach, welche den carinatus typ. darstellen, und der Formen der Neuenhauser Gräben, welche zum echten mur- ginatus typ. gehören. Unsere Neckarthalformen haben nie den Kiel in der Mitte wie carinatus typ., sondern der Unterseite genähert. ohne vollständig an ihr zu liegen, was beim marginatus typ. der Fall sein müsste. Vom echten marginatus, wie ich ihn von Ober- schwaben und andern Orten besitze, ist er auf den ersten Blick zu unterscheiden. Er ist unsere gemeinste Wasserschnecke, die nicht EN en bloss die Altwasser wie ZL. stagnalis L., sondern auch Gräben und eiche bevölkert, freilich manchmal nur in jungen Tieren. Pl. rotun-. datus Poır. hat dichtbewachsene, moorige Gräben sich zum Aufent- haltsort erwählt, während Pl. contortus L. nur zwei Altwasser, welche Zufluss frischen Wassers haben, bewohnt, die Blaulach und den „Ailesgraben“ (vergl. sein Auftreten in den klaren Erms-Altwassern bei Urach, Dr. D. F. Weıntann, diese Jahreshefte 1876). Pl. nitidus Mir. konnte ich bis heute nicht entdecken, auch in Anspülungen nicht, an seine Stelle tritt immer Pl. complanatus L., der in einem Neckar- hauser Altwasser sogar in grosser Zahl lebt. Pl. erista L. entnahm ich nur dem Neckargeniste. Arc. lacustris L. traf ich auch nur leer in zwei hiesigen Altwassern an. Die Formen von Byth. tenta- culata L. stimmen nicht immer miteinander überein, namentlich sind sie aus Gräben oft kleiner, mit erhöhteren Windungen als aus Alt- wassern. Ähnlich weist Sph. corneum L. aus Altlachen die typische, aus Gräben die kleine, kugelige var. nucleum Stun. auf (aus Würt- temberg bis jetzt nicht angemeldet; Beschreibung s. CLessım, Exkurs. Fauna, 2. Aufl. S. 564). Cal. lacustris MüLL. kommt immer nur in der bis jetzt von Dinkelscherben und Berlin nachgewiesenen var. Steini A. ScHMmiDT, „mit wenig scharf markierten Ecken“ (Cuessm, Exkurs. Fauna, 2. Aufl. S. 578) vor. Meistens sind alle Alters- stufen gemischt, die Grösse der ausgewachsenen Exemplare jedoch verschieden. Den Pisidien bin ich mit Eifer nachgegangen und freue mich, der vaterländischen Fauna drei neue Arten zuführen zu können. Die grösste und schönste Art, Pis. amnicum Mürr., sitzt in allen Altersstufen am Uferrand des Neckarhauser Altwassers bei der Brücke. Pis. fossarıinum Czss., die gemeinste Art ihres Genus, weist wie Anodonta mutabilis Cuess. ebensoviele abweichende Formen auf als Fundorte. Grösse, Aufgeblasenheit und Umrissform wechseln be- ständig. Die grössten Formen stammen aus einem Feldbrunnen an der Strasse nach Aich, aus einem Wiesengraben bei Neuenhaus unıd aus einem Strassengraben bei Häslach, OA. Tübingen. Pis. pusillum Gm. fand Dr. D. F. Wemtann bei Hengen und in der Falkensteiner Höhle, seither die einzig bekannten Fundorte in Württemberg; meine Exemplare stammen aus einem hiesigen Strassengraben und einem sehr kleinen Wiesengraben bei Schlaitdorf, OA. Tübingen. Pis. intermedium Gass. der Vereinssammlung stammt aus einem Graben bei Schelklingen; ich fand das Müschelchen in einem Wiesengraben mit fliessendem Wasser bei Unterensingen. Pis. milium He hat = Ge — Herr Cressıv im Rissschlick bei Warthausen gesammelt: von vier Orten besitze ich lebend gesammelte Exemplare, vom hiesigen „Ailes- graben“, von einem Altwasser bei Neckarhausen, von einem kleinen Wiesengraben bei Köngen und vom Plieninger Teich. Neu für Württemberg sind die drei folgenden Arten: Pis. obtusale C. Prr. s. Cressn. Exkurs. Fauna. 2. Aufl. S. 602 ff. „. pallidum JEFFREYS e N h s SH PE pulchellum JENYNS N u r S. 607 £. Die erste Art, F. obtusale ©. Pre. stammt nur von hier aus 2 im Sommer trockenen Wiesengräben und aus dem „Ailesgraben“. In einem der Gräben ist sie das einzige Weichtier, im andern leisten ihr Pis. fossarinum Cuess., Ph. hypnorum L. und Pl. rotundatus Poir. Gesellschaft. Pis. pallidum JerFREys lebt in einer individuenreichen aber engbegrenzten Kolonie im Holzteich der hiesigen Papierfabrik, seltener ist sie in einem kleinen Teich („Teuchellache“) bei Wald- dorf. Pis. pulchellum Jexyss endlich findet sich sparsam in Gesell- schaft von Pis. amnicum Mötr. im offenen Altwasser an der Neckar- hauser Brücke. Eigentliche Missbildungen traf ich, die grossen Bivalven aus- genommen, selten. Am häufigsten fand ich abnorme Exemplare von Vulvata ceristata MüLL., welche ihre sonst planorbis-artig aufgerollten Windungen aufeinander legten und so die in ihrem Genus übliche Kegelform nachahmten. Auch von Pl. carinatus Mürr. fand ich eine Kegelform. | 2. Der Kohlberg. Vom Neckarthal, durchschnittlich 280 m ü. d. M.. komme ich zum Kohlberg oder Jusiberg mit 662 m Meereshöhe. „Die Haupt- masse des Berges wird von Basalttuff gebildet, in welchen zahllose Trümmer aller Abteilungen des Weissen Jura eingebettet sind.“ (C. Der#ser.) Der nördliche Abhang ist unbewaldet, ein kurzrasiges, trockenes, den Winden ausgesetztes Heideland. Bei trockenem und sehr nassem Wetter habe ich alle Jahre etlichemale den kahlen Abhang und den Rücken, der den Kohlberg mit dem „Hörnle“ ver- bindet, bis zu dem auf den weissen Jura « einschneidenden „Sattel- bogen“ zwischen Neuffen und Dettingen abgesucht. Alte Bekannte von Neckarthailfingen und neue Arten fand ich hier. Zu den letzteren gehören Fruticicola strigella Drr., Xerophila striata MürL., Zebrina detrita Mürı., Pupa frumentum Drr., avenacea Bruc. und secale Drp. Charakteristisch ist das Auftreten der grossen Pupeen, die der Neckar- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 5 - We thailfinger Umgebung fehlen. Fr. strigella Der. zu finden, machte mir Mühe. Dreimal suchte ich um sie allein den „Kälberburren“ bei Urach ab und zweimal den Kohlberg, immer nur mit alten Ge- häusen zurückkehrend, bis ich endlich in den anhaltenden Mairegen 1887 am Sattelbogen das gesuchte Tier lebend fand. Wiederholte Besuche dort hatten immer geringes Ergebnis. Häufig ist Fr. stri- gella Drr. auch am Kohlberg nicht. X. striata MüLr. sitzt im kurzen Grase der Nordseite. An den kleinen Büschen dort bleiben die vom Berge herabrollenden Steine hängen und zwischen ihnen leben Bul. obscurus MürL., P.-frumentum Dre. und P. secale Drp., letztere auch an den Tufffelsen. P. frumentum Dre. fand ich überdies auch an einem sterilen Abhang auf Lias d bei Nürtingen, und P. avenacea Bruce. ist an allen Albrandfelsen anzutreffen. Z. detrita Mörr. lebt in einer Kolonie an der Nordseite und in einer solchen an der be- waldeten Seite gegen Neuhausen, am „Schnecklesrain“, wohin mich ein Schäfer wies. Sonst kommt sie innerhalb meines Gebiets nur noch an der Böschung der Strasse von Linsenhofen nach Beuren vor. Die schon von Neckarthailfingen her bekannten Arten zeigen hier mehr oder minder deutliche Abweichungen von ihren Brüdern im Thal. Trig. obvoluta MütL. vom Sattelbogen ist bei derselben Zahl der Umgänge kleiner als die Exemplare von der Hölle bei Neckar- thailfingen. Triod. personata Lam. vom Sattelbogen hat eine auf- fallend helle Farbe, sogar Blendlinge sind nicht selten. Von Triehia rufescens Pens. lebt auf dem Kohlberg und am Sattelbogen nur eine sehr kleine, hohe Form in heller und dunkler Färbung. Monacha incarnata Mürt. des Sattelbogens lebt in Gesellschaft der strigella Drr. und ähnelt dieser in der Farbe, ist also viel heller als die fleischroten Exemplare vom Authmuththal. Ebenso ist Oh. lapieida L.; die an den Tufffelsen der Nordseite kriecht. heller und deutlicher gesprenkelt als dieselbe Art vom Höllbach. Auch bei den Olausilien zeigen sich Unterschiede. Cl. laminata Mont. vom Kohlbergwald zeigt fast durchweg eine verletzte Epidermis , was bei dieser Art vom Neckarthal höchst selten ist. (CI. dubia Drr. der Tuffe des Jusibergs ist dunkler und grösser als die Art der Neckarthailfinger Felben. Diese grosse Form ist übrigens nicht auf den Kohlberg be- schränkt, ich fand sie auch an Weissjurafelsen an der Beurener Steige mit Patula rupestris Drr. zusammenlebend. Dunkler sind auch die Exemplare der Cl. parvula Stup. von den Tuffen des Kohl- bergs als die vom Stubensandstein der Hölle. T. hortensis MüLL. lebt spärlich in meist einfarbigen Gehäusen auf dem Kohlberg; T. nemoralis L. fand ich dort noch nicht, sie kommt erst wieder im Thal bei Urach vor. Östlich vom Kohlberg, an der Steige von Beuren nach FErken- brechtsweiler, liegt der einzige Punkt, an dem ich Pupa (Isthmia) edentula Dre. lebend fand. In allen Altersstufen sass sie an jungen Eschenstämmen. Später fand ich sie nie mehr dort. 3. Der Uracher Wasserfall. Der 3: Punkt, der Wasserfall im Brühl bei Urach, ist ein Lieblingsaufenthalt der Schnecken und darum auch ein Lieblingsziel für die Exkursionen des Sammlers. Kalk, frische Quellen, feuchte Luft, Schatten, hochstämmige Buchen, üppige Krautpflanzen und eine schützende Laubdecke für den Winter, kurz alles, was die Schnecken beanspruchen, ist hier vereinigt. Genussreicher und loh- nender ist auch für den Sammler nicht leicht ein Punkt. Hier kann er, abseits vom vielbetretenen Pfade, im kühlen Schatten, beim Rauschen des Falles die zierlichsten und seltensten Schnecklein zu- sammenlesen. Aus lebend gesammelten Arten und aus den leeren Gehäusen, die ich dem Auswurf des Baches entnahm, konstatierte ich aus dem Gebiete des Wasserfalls, d. h. von der Quelle auf der Hochwiese bis zur Wendung des Baches heraus ins Wiesenthal, bis jetzt 41 Arten Gehäuseschnecken, deren Verzeichnis ich hier folgen lasse: Vitrina elongata Drr. (von Hohenwittlingen und Rottenburg bisher angegeben), Ayalina diaphana Srtup., erystallina MtLL., pura Ar»., nitens Micn., cellaria Mürr., Conulus fulvus MirL., Patula ro- tundata MürL.. pygmaca Drr.. rupestris Drr., Heliceen: Trig. ob- roluta Müır., Triod. personata Lanm., Acanthinula aculeata MüLL., Frut. fruticum MürL., Mon. incarnata MüuL., Trichia rufescens PEnn., hispida L., Ar. arbustorum Müirr. Bulimina montana Drr., obscura Mürr., Zua lubrica Mürr., Caecilianella acicula MürL., Pupa secale Drp., avenacea Bruc., doliolum Bruc., pusilla MüLL., pygmaea Dke., Balca perversa L., Clausilia laminata Moxr., orthostoma MENKE, biplicata Moxt., cana Heıv, parrula Stun., dubia Drr., plicatula Dre., eruciata Stun., ventricosa Dre., fillograna ZieeL., Car. minimum MüLL., _Acme polita Hrım., Vitrella Quenstedtii Wienrs#. Ich vermute, dass noch einige Helices könnten gefunden werden, aber jedenfalls über- trifft das kleine Gebiet des Uracher Wasserfalls an Reichtum der Molluskenarten den ganzen 30 Quadratmeilen grossen württem- bergischen Schwarzwald. Als Spezialitäten und Seltenheiten des Wasserfalls sind aus 5* m den genannten Arten etwa hervorzuheben Hyal. pura ÄLDER, die übrigens auch bei Hohenwittlingen vorkommt. Sehr zahlreich ıst Tr. rufescens Prss. mit durchaus hellen, sogar weissen Gehäusen, während am Höllbach von Neckarthailfingen nur rotbraune Gehäuse zu finden sind. Die Freude des Sammlers machen die beiden zier- lichen Schnecklein P. doliolum Brusc. und Cl. filograna Z6LR. aus, die gar nicht sparsam, namentlich am Fusse des Wasserfalls unter Steingerölle zusammenleben. Auffallend sind die vielen Blendlinge unter beiden Arten. Unter 156 Exemplaren der Cl. filögrana ZeLr. befanden sich 92 weisse und 64 braune Gehäuse, in Prozenten aus- gedrückt 59°/, weiss, 41°, braun. Bei P. doliolum Bus. ‚stellt sich das Verhältnis umgekehrt. Von 164 Exemplaren waren 30 weiss und 134 braun, also weiss 18°/,, braun 82°,,. Einzelne ‚Blendlinge fanden sich am Wasserfall von Pat. rotundata Mürr., Ol. laminata Moxt., orthostoma Mk£E. und dubia Drr. Clausilia cana Hrw» (bisher von Wiesensteig, Kappel, Ravensburg, Warthausen bekannt), wurde von von mir allenthalben um Urach — am Wasserfall, im Kaltenthal, bei Wittlingen — ferner bei Erkenbrechtsweiler, Beuren und am Rossberg gesammelt. Auch von dieser Art besitze ich Blendlinge. Ein seltener Fund war auch das einzelne leere Gehäuse von Dalea perversa L., das ich am Fusse des Wasserfalls fand; es ist das Gegenstück zu dem einzigen Exemplar des Dr. Wemtann von Hohen- wittlingen. Acme polita Hrım. kann im Mulm der alten Bäume lebend gesammelt werden (18 Exemplare an einem Baum), ‚während ich die Vitrella Quenstedtii WıEppRsH., die Art der Falkensteiner Höhle und der Georgenau, auch nur leer aus dem Auswurf des Baches erhielt. Mein Sammelgebiet reicht vom Keuper zum Weissen Jura, vom Neckarthal ca. 230 m zum Felsenkranz der Alb ca. 700 m. Die Verschiedenheit der Formationen, der Gegensatz zwischen feuchtem Thal und trockenem Bergland muss sich auch an den von ihrem Boden und dessen Pflanzendecke so sehr abhängenden Mollusken äussern. Schon bei der Aufzählung der Kohlbergschnecken habe ich zugleich ihre Unterschiede von ihren Brüdern im Thal hervorgehoben. Abgesehen von der grösseren Zahl der Arten und Individuen am Abhang und in den Thälern der Alb machen sich nach 2 Richtungen hin Unterschiede zwischen den Thal- und Albschnecken bemerkbar; nach Farbe und Form. Die Alb weist mehr helle, hornfarbene Ge- häuse auf als das Thal. An 7 Arten, die von beiden Gebieten in a meiner Sammlung liegen, ist diese Beobachtung zu machen, an: Triod. personata Lam., Trichta rufescens Prnn., Monacha incarnata Miır., Ar. arbustorum L., Bul. montana Drr., Bul. obscura Mürr.. Ol. laminata Moxt., wozu noch Frut. fruticum Mürn. kommt, welche nach Dr. Weıstann auf der Alb „immer weiss“ vorkommt, wie auch ich am Albabhang noch nie andere Exemplare gefunden habe. Hierzu tritt noch der Umstand, dass Blendlinge nicht selten am Albabhang, sehr selten aber ım Neckarthal sich finden. In der Hölle bei Neckar- thailfingen habe ich nur von Hyal. nitens Mıc#. Blendlinge gefunden, ım Neckarthal solche von Zon. nitida MürrL. und Cl. dubia Dre., im Authmuththal etliche Exemplare von Ol. biplicata Monxt., im Alb- abhang dagegen von 13 Arten, nämlich von: Pat. rotundata MürL.. Triod. personata Lam., Trich. rufescens Prxn., Ch. lapicida L., Bul. montana Drr., Bul. obscura Mürn., Pupa doliolum Bruc., Ol. la- minata Mont., orthostoma MEnkE, biplicata Monxrt., cana Heın, dubia Drr., filograna Ziestr. Die meisten davon hat der Uracher Wasser- fall aufzuweisen. Formabänderungen zeigen sich nur bei 3 Arten: Trig. obvoluta Mir. und Trichia rufescens Penn. zeigen auf der Alb kleinere Formen, und Ül. dubia hat am Kohlberg und bei Erkenbrechtsweiler grössere Gehäuse aufzuweisen als im Neckarthal. Ausserdem sind bei letzterer Art die Albexemplare festschaliger als die des Neckar- thales. Es bleibt mir zum Schluss noch übrig, den Artenreichtum der Schaltiere zwischen Schönbuch und Alb mit dem des ganzen Landes zu vergleichen. Zu diesem Zweck gebe ich eine systematische Zu- sammenstellung derselben: I. Gasteropoda Cuv., Bauchfüsser. 1. Pulmonata Cuv., Lungenschnecken. Vitrina Drar., Glasschnecken. Vıitrina elongata DrP., Uracher Wasserfall. % diaphana Drr., Authmuththal. » Pellucida Mürr., Neckarthal. Hyalina F£r., Knoblauchschnecken. Pitrea diaphana Stun., Neckarthal, Uracher Wasserfall: „ erystallina MüLL., yardı e » Polita pura Auper, Uracher Wasserfall. „ nitens MıcH., überall. N Polita cellaria Müur., Hölle, Neckarthal, Uracher Wasserfall. Zonitoides nitida Mürr., Wasserränder im Neckarthal. Conulus fulvus Müun., Neckaranspülungen, -Uracher Wasserfall. Patula Hein, Nabelschnecken. Patula rupestris Drr., Albrandfelsen. „ Pygmaea Drr., Neckaranspülungen, Uracher Wasserfall. ruderata Stun., Felben im Neckarthal. rotundata Mürt., überall. Helix L., Schnirkelschnecken. Trıgonostoma obvoluta MürL., überall. Triodopsis personata Lam., überall. | Acanthinula aculeata Müut., Uracher Wasserfall. R . pulchella Möutı., Neckarthal, sehr gemein. ß costata Mürr., Neckarthal. Vallonia tenuilabris A. Braun, Neckaranspülungen. F'ruticicola strigella Drr., Kohlberg, Kälberburren b. Urach. 5 fruticum Mörn., überall im Thalgebüsch. Monacha incarnata MütrL., überali. Trichia rufescens Prnx., Hölle, Kohlberg, Uracher Wasserfall. a hispida L., überall in den Thälern. var. concinna JEFFR., Elsachthal b. Urach. edentula Drr., Neuenhaus. Xerophila ericetorum MürL., überall auf Heiden. ’ striata Mürr., Neuenhaus, Altenrieth, Kohlbereg. £ candidula Srun., Neckarthal. Chtlotrema lapieida L., Hölle, Albrand« Artonta arbustorum L., überall. | var. trochoidalis Rorr, Neckarthal. Tachea nemoralis L., Schönbuch, Kirchert. Urachthal. hortensis Mürr., überall. Helieogena pomatia L., überall. Bulimina Eure., Turmschnecken. Napaeus montanus Drr., Hölle, Albrand. ’ obscurus Mürr., Hölle, Albrand. _ B Zebrina detrita MüLL., Kohlberg, Strasse nach Beuren. Ohondrula tridens Mürr., Neckaranspülungen. „ ern Se 2. Uochlicopa Rısso, Moosschnecken. Z/ua lubrica Mürr., überall im Thal. Oaecilianella acicula Mürr., Neckaranspülungen. Pupa Lam., Windelschnecken. Torquilla frumentum Dre., Kohlberg, b. Nürtingen. secale Drp., Albrand. : avenacea Bruc., Albrand. Orcula doliolum Bruc., Uracher Wasserfall. Pupilla muscorum L., Neckarthal, Kohlberg. Isthmia minutissima Harrem., Neckarthal. 3 edentula Drr., Beuren, Neckaranspülungen. Vertigo antivertigo Darr., feuchte Wiesen, Neckarthal. pygmaea Drp., überall. var. elongata Cuess., Neckaranspülungen. pusilla Mörr., Authmuth- und Wasserfallanspülungen. angustior JEFFR., Authmuthanspülungen. ” Olausilia Drar., Schliessmundschnecken. Balea perversa L., Uracher Wasserfall. Marpressa laminata Moxr., überall. 3 orthostoma MENkE, Uracher Wasserfall. Alinda biplicata Monr.. überall. Strigilaria cana Hero, Beuren, Urach, Rossberg. Pirostoma parvula Stun., Hölle, Albabhang. dubia Drr., Neckarthal, Albabhang. plicatula Drr., Hölle, Albabhang. cructiata Stun., Albabhang. ventricosa Drr., Hölle, Authmuththal, Albabhang. lineolata Heıv., Hölle, Authmuththal. filograna Zeur., Uracher Wasserfall. Succinea Drar., Bernsteinschnecken. Suceinea putris L., var. Charpyi Baun., Neckarthal. Pfeiffer: Rossum., Neckarthal. var. reeta Baup., Neckarthal. oblonga Drr., Neckarthal. var. elongata Cuess., Neckarufer. » ”» Carychium Mütter, Zwergschnecken. Carychium minimum MürL., überall. mc FT. iä Limnaea Lam., Schlammschnecken. Limnaea stagnalis L., Neckaraltwasser. var. furgida MEskE, Neckaraltwässer. s auricularia L.. Neckaraltwasser. b ovata Drr., Bäche, Teiche. a peregra Mürr.. Gräben, Teiche. “ palustris Münt. var. turrieula HeLn, Graben b. Neckarhausen. var. /usca PrEirrer, Graben b. Neckarthailfingen. truncatula Mürr., überall. Physa Drar., Blasenschnecken. Physa hypnorum L.. Wiesengräben im Neckarthal. Planorbis Gurrt., Tellerschnecken. Planorbis marginatus Drar., Neuenhaus. 2 carinatus Mütr., Blaulach. var. dubius Hrrm., Neckaraltwasser. N rotundatus Porr., Wiesengräben. h contortus L., Neckaraltwasser. i albus Mürt.. Neckar, Altwasser, Teiche. E crista L., Neckaranspülungen. R complanatus L., Neckaraltwasser. Ancylus GEOFFR., Napfschnecken. Ancylus fluviatilis Mürr., Neckar, Authmuth. var. gibbosum Bourc., Aich. Acroloxus lacustris L., Neckaraltwasser. 2. Prosobranchiata Edw, Vorderkiemer. Acme Harım., Nadelschnecken. Acme polita Harım., Uracher Wasserfall, Neckaranspülungen. „ fTineata Drar., Neckaranspülungen. Valvata Mürzer, Kammschnecken. Valvata eristata Müun., Altwasser und Gräben Neckarthal. Bythinia Gray, Sumpfschnecken. Byihinia tentaculata L., Altwasser und Gräben Neckarthal. Vitrella Cressın, Glasschneckchen. Vitrella pellueida Benz, Neckaranspülungen. 2 (Juenstedtii WiEDErSH., Uracher Wasserfall angespült. ar ll. Bivalvia L.. Muscheln. Anodonta Cuv., Teichmuscheln. Anodonta mutabilıs CLESSiN. var. cygnea L., Neckaraltwasser. Grözinger Teich. var. cellensts ScHrör., Neckar- und Aichaltwasser. var. anatına L., Aich, Authmuththal. var. nova, Aich. var. rostrata Kox., Mühlkanal Neckarthailfingen. Unio Rerz, Flussmuscheln. Unito batavus Lam.,. Neckar. Autmuth, Aich. ? ) ? Sphaerium Scor., Kugelmuscheln. Sphaerium corneum L., Neckaraltwasser. var. nucleum Srtun., Graben b. Neuenhaus. | Calyculina lacustris MitL, var. Steini A. Scnm., Neckaraltwasser. Pısidium C. Prr., Erbsenmuscheln. Pisidium amnıcum Mütr:, Altwasser b. Neckarhausen. fossarınum ULess., Gräben, überall. pusillum Gm., Gräben Neckarthal und Schlaitdort. intermedium Gass., Unterensingen. milium Hero, Neckaraltwasser. pallidum Jerer., Teich Neckarthal und Walddorf. obtusale ©. Prr., Gräben Neckarthal. pulchellum Jrx., Altwasser b. Neckarhausen. Nach Abzug der 13 Nacktschneckenarten verbleiben im Ver- zeichnis der Mollusken in „Das Königreich Württemberg“ für das sanze Land 145 Arten Schaltiere; mein Verzeichnis weist zwischen Schönbuch und Alb 104 Arten (72°%o) auf. Am zahlreichsten ver- treten sind die Hyalinen (7 von 9 Arten), die Patula-Arten (alle 4). die Bulimineen (alle 4), die Pupeen (11 von 14 Arten), Clausilien (12 von 14 Arten), Suceineen (alle 8), Limnaeen (6 von 8 Arten) und Planorben (7 von 10 Arten). Die grössten Lücken zeigen unter den Heliciden die Gruppe Trichia, von welcher 6 Arten von 9 fehlen: mit Ausnahme von H. candicans Zeur. sind aber die anderen Gruppen vollzählig vertreten. Von den Wasserbewohnern fehlen zumeist die Kiemenschnecken, indem von 13 Arten nur 4 bis jetzt gefunden wurden. Für weitere Entdeckungen ist also immerhin noch ein weites Feld übrige. ce Ve y. Ueber das Vorkommen von Gips. Von Professor Dr. Leuze. Der Vortrag ist unter den Abhandlungen dieses Jahrganges gedruckt. VI. Zur Erdbebenfrage. Von Prof. Dr. Nies in Hohenheim. Als im März desıJahres 1872 ein Erdbeben einen grossen Teil Deutschlands erschütterte, nahm K. von Sersac#! Gelegenheit, die Berichte, welche die Tagesblätter über das Ereignis brachten, zu- sammenzustellen und sie auf die Möglichkeit zu prüfen, aus ihnen wissenschaftliches Material zur Lösung der nach vielen Richtungen hin noch sehr der Aufklärung bedürfenden Erdbebenfrage zu gewinnen. Mit Ausnahme einiger weniger Berichte war die Ausbeute an wirklich brauchbarem Beobachtungsmaterial eine sehr bescheidene, ein Um- stand, der ihm, dem massvollen Manne, die harten Worte .abnötigte: „Die ersten aus den Zeitungen gesammelten Nachrichten legten ein wahrhaft betrübendes Zeugnis ab für die geringe Befähigung des soge- nannten gebildeten Publikums zur Anstellung exakter Beobachtungen.“ K. von SEEBACH ist den Beweis für sein schlimmes Urteil nicht schuldig geblieben: die von ihm gegebene Zusammenstellung zeigt, dass nur wenige der Berichterstatter wussten, mit welcher Art von Angaben der Wissenschaft geholfen sei; die meisten erschöpften sich in Registrierungen einzelner Schreckensepisoden, welche wohl ge- eignet waren, den grossen moralischen Eindruck zu kennzeichnen, den ein Erzittern des Erdengrundes, des „festen“, hervorbringt, aber wertlos erschienen als Beiträge zur Lösung der Frage nach Her- kunft und näherem Verlauf einer solchen Katastrophe. Sicher ist es keine Interesselosiekeit an der Erscheinung, welche diese geringe Brauchbarkeit solcher Erdbebenbeobachtungen des grösseren Publikums bedingt, sondern nur der Mangel an Anleitung zur Ansammlung wesentlicher Momente, Anleitung zur Konzentration der Aufmerksamkeit auf bestimmt bezeichnete Punkte während des Ereignisses selbst und Anleitung zur kurzen scharfen Fixierung cha- rakteristischer, namentlich geologischer Verhältnisse des Ortes, an !K. v.Seebach, Das mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 1872. ken zig 1873. ET ee welchem das Beben zur Erscheinung kam. Wissenschaftlicherseits kann aber speziell in der Erdbebenfrage kein Verzicht auf die Mit- wirkung des sogenannten grösseren Publikums geleistet werden; hier gerade kann der Gelehrte von Fach nur selten einzelnes von Be- deutung selbst sammeln: seine Thätigkeit besteht vielmehr wesent- lich im Sichten, Zusammenstellen, Kritisieren der Hunderte von Einzelbeobachtungen. Und weiter ist gerade Europa bestimmt, Beobachtungsmaterial zu sammeln: sind es ja nicht die furchtbaren, Menschenleben und Menschenwerke in grösstem Massstabe vernichtenden Hauptkata- strophen, von denen wir Belehrung und Aufklärung über den ge- heimnisvollen Prozess erwarten dürfen, sondern die kleineren, den Menschen nicht zu stark mit der Sorge um Leben und Gut be- drohenden Beben. Abgesehen aber von vereinzelten, auch in Europa vernichtend aufgetretenen Erderschütterungen, sind zum Glück die kleineren und deswegen wissenschaftlich besser ausnutzbaren Beben für unsern Erdteil die Regel. Die Aufgabe, einen möglichst grossen Kreis von Beobachtern heranzuziehen, ihn durch Instruktionen und durch Formulierung be- stimmter Fragen zum Ansammeln wissenschaftlich weiter ausnutz- barer Beobachtungen zu veranlassen und dann selbst als Mittelpunkt dieses Kreises, wo gesammelt und gesichtet wird, zu dienen — diese Aufgabe haben sich die jetzt fast in allen Kulturstaaten bestehenden Erdbebenkommissionen gestellt. Bald werden sie von Staats- wegen niedergesetzt, bald ernennt sie ein im betreffenden Lande weit verbreiteter naturwissenschaftlicher Verem, und es dürfte allgemein bekannt sein, dass auch Württemberg seit Oktober 1886 eine solche Erdbebenkommission besitzt und dass der „Verein für vaterländische Naturkunde“ es ist, welcher sie niedersetzte. Trotz der kurzen Spanne Zeit, die seit der Geschäftsübernahme verflossen, hat die Kommission eine Reihe von in den „Jahresheften“ veröffentlichten Arbeiten! geliefert und durch Verbreitung von Instruktionen zur Be- 145. Jahrgang 1887: H. Eck, Bericht über die Einsetzung der Erdbeben- kommission. Mit einem Beitrag von E. Hammer. -— H. Eck, Übersicht über die in Württemberg und Hohenzoliern in der Zeit vom 1. Januar 1867 bis zum 28. Februar 1887 wahrgenommenen Erderschütterungen. — H. Eck und E. Ham- mer, Beitrag zur Kenntnis des Erdbebens vom 28. November 1886. — 44. Jahr- gang 1888: A. Schmidt, Wellenbewegung und Erdbeben. — H. Eck, Zusätze zu der Übersicht der Erdbeben vom 1. Januar 1867 bis 28. Februar 1887. — H.Eck, Übersicht über die in Württemberg und Hohenzollern in der Zeit vom 1. März 1887 bis zum 29. Februar 1888 wahrgenommenen Erderschütterungen. obachtung und Aufstellung von Fragebögen zu wirken gesucht, wo- bei das Vorgehen der musterhaft organisierten Kommission in der Schweiz (auch von einem Privatverein 'niedergesetzt) ein willkom- menes Muster abgab. Bieten unter den unten verzeichneten Ver- öffentlichungen die Zusammenstellungen aus den Tagesblättern und den Fragebögen ein entschieden günstigeres Bild dar, als diejenigen. welche vox SEEBAcH zu Gebote standen und ıhn zu dem oben citier- ten harten Wort veranlassten, so ist doch vielleicht die Arbeit der Kommission von einer grossen Gefahr bedroht. Es will mich nämlich bedünken, als wenn ganz neuerdings eine gewisse Erlahmung des Publikums oder vielleicht richtiger gesagt. eine einem angeblichen Besserwissen entspringende, kritisch abweisende Haltung bei Vielen eingetreten wäre gegenüber den Bestrebungen der Erdbebenkommissionen, deren Arbeit als eine zwecklose, von (der naturwissenschaftlichen Erkenntnis erleuchteter Männer längst über- holte gekennzeichnet wird! Der Feind aber, welcher — nicht der Wissenschaft (denn diese setzt den langsam sicheren Weg exakter Forschungen unbeirrt durch das Feuerwerk glänzend aufgeputzter, aber rasch verpuffender Mode- theorien hindurch fort), wohl aber der so notwendigen Fühlung zwi- schen Einzelbeobachtern und sammelnder Kommission erwachsen ist. es ist Farp's sogenannte Erdbebentheorie! Ist doch nach ihm die Erdbebenfrage gar keine Frage mehr, sondern ein Triumphkapitel der wissenschaftlichen Prognose von Beben, Wind und Wetter mit den wichtigsten Bezügen zu Handel und Wandel! Wie erbärmlich nimmt sich daneben der Fragebogen einer Erdbebenkommission aus, hinaus- zegeben mit dem offenen Bekenntnis: „noch ist's ein sehr Geringes, das wir wissen, und auch das, was du, Gefragter, samt deinen hun- dert Kollegen an uns gelangen lassen wirst, wird im günstigsten Falle nur eine ganz kleine Staffel aufbauen zur Ersteigung des Berges, auf dessen höchstem Gipfel die Lösung der Erdbebenfrage zu suchen ist!“ Wer möchte es dem oberflächlichen Beschauer verübeln, dass er beim Anblick eines farbenprächtigen Gemäldes sich von der ab- geschlossenen Ganzheit imponieren lässt und den nur dem ruhiger /usehenden erkennbaren Fehlern der aufbauenden Kontur keine Be- achtung schenkt -— geschweige denn daneben der kaum begonne- nen, noch auf der Arbeitsstaffelei stehenden Zeichnung, an der bis Ab Tikngänir 1889: H. Eck, Übersicht über die in Württemberg Be Hohen- zollern in der Zeit vom 1, März 1888 bis zum 28. Februar 1889 wahrgenomme- nen Erderschütterungen. a: jetzt nur einzelne, wenn auch markige und sichere Striche bemerk- bar sind? So mag es denn immerhin einem Mitgliede der Erdbeben- kommission unseres Vereins als eine Handlung des Selbsterhaltungs- triebes ausgelegt werden, wenn es einlädt, das farbenprächtige Farr'- sche Bild auf die Richtigkeit im einzelnen zu prüfen, oder wenn es vielmehr auf die von Anderen und Besseren schon längst vollzogene, aber offenbar zu wenig bekannt gewordene Prüfung hinweist. Wird der Eine oder der Andere, der sich bis jetzt von Farp’s sogenannter Theorie hat imponieren lassen, misstrauisch gegen die Unumstöss- lichkeit derselben und betrachtet er infolgedessen von nun an die Ameisenarbeit der Erdbebenkommissionen mit weniger souveräner Ver- achtung, so ist die Aufgabe, die ich mir gestellt, erfüllt. Denn gleich sei es betont — meine Aufgabe soll nicht ihre Lösung in einer Streitschrift gegen Farp finden. Weder steht mir ein selbst gesammeltes Material, genügend zur Lösung einer solchen Aufgabe, zu Gebote, noch entspricht es meiner persönlichen Neigung, beizutragen zu den „heftigen Angriffen von berühmten und unbe- rühmten Persönlichkeiten“, die FarLs, wie er selbst! sagt, neben „Hohn und Spott“ zu erdulden hatte und hat. Ebensowenig habe ich zu thun mit dem grossen Wiener Blatte und den kleineren deut- schen Zeitungen, welche eine förmliche Reklame für FaLp’s „kritische Tage“ eingeführt haben, sehr vollständig in den Prophezeiungen, weniger vollständig in der Registrierung der „Treffer“ und — — Niechttreffer! Das Publikum, an welches ich mich wenden möchte, das sind die Vereinsmitglieder. Sie möchte ich hinweisen auf die vernichtenden Kritiken, welche Hzım? und besonders Hörnes? ge- liefert haben: Farp’s Entgegnungen in der neuesten Auflage seines Werkes „Umwälzungen im Weltall“ haben die gut geführten Stösse nicht parieren können! — „Erdbeben sind unterirdische vulkanische Ausbrüche, hervor- gerufen durch die Abkühlungsthätigkeit des Erdinnern und befördert durch die Anziehung von Sonne und Mond.“ ! R. Falb, Von den Umwälzungen im Weltall. 3. Auf. Wien, Pest und Leipzig 1890. S. 301. ° A. Heim, Zur Prophezeiung der Erdbeben. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 32. 129—148, ® R. Hörnes, Die Erdbebentheorie Falb’s. Wien 1881. Pas; So lautet die Quintessenz der FaL»’schen sogenannten Theorie, mit welcher er das letzte Textkapitel seines öfters zitierten Werkes schliesst. Ein jeder, welcher sich einigermassen mit Geologie beschäftigt hat, wird in diesem dreigliederigen Satze zwar das Mittelstück „hervor- gerufen durch die Abkühlungsthätigkeit des Erdinnern“ als eine auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Wahrheit im naturwissen- schaftlichen Sinne hinnehmen können, den ersten Teil dagegen nur unter der Beifügung der Korrektur „Erdbeben sind zum kleinsten Teile unterirdische Ausbrüche“ , einer Korrektur, durch welche nun freilich der Satz fast in sein Gegenteil verwandelt wird. Der Schluss- satz endlich ist durchaus unannehmbar, sicherlich wenigstens insoweit es sich um eme wesentliche Mitwirkung von Sonne und Mond handelt. Wenden wir uns zunächst dem ersten Gliede der Dreiheit des Fars’schen Kardinalsatzes zu: „Erdbeben sind unterirdische vulka- nische Ausbrüche.“ Dass die Geologie keine grosse Ursache hat, in der Erdbeben- frage auf schon Errungenes und Bewiesenes stolz zu sem, wurde — hoffe ich — im obigen mit genügender Offenheit erklärt; unter dem wenigen aber, was ıhr an wissenschaftlichem Gewinn aus der exakten Beobachtung bislang erwachsen ist: ist vor allem die für zukünftige Beobachtungen unendlich wichtige Unterschei- dung zwischen Erdbeben und Erdbeben zu verzeichnen. Wir wissen jetzt, dass „Erdbeben; keine einheitliche Erscheinung mit einheitlicher Ursache ist; wie wissen, dass es ein „Symptom“ ist, dessen Ursachen unter einander wesentlich verschieden sind. Eine alte Schule der Geologie hat freilich alle Beben nicht nur unter sich, sondern auch mit den vulkanischen Erscheinungen auf das engste verknüpft, und „Vulkanismus und Erdbeben“ war eine ständige Ka- pitelüberschrift in den älteren Lehrbüchern unserer Wissenschaft. Altersgenossen von mir werden sich aber auch erinnern, dass bei der furchtbaren Pulverexplosion auf dem Kästrich zu Mainz die weit ins Land hinein gespürten Erschütterungen als „Erdbeben“ von den Tagesblättern beschrieben wurden: die jüngere Generation wird ähnliche Erinnerungen an die Einstürze im Stassfurter Steinsalz- bergwerk anknüpfen: sollte die Natur weniger mannigfaltig in der Erzeugung von „Erderschütterungen“ sein, sollten nur ungeborene Eruptionsembryonen natürliche Erderschütterungen wachrufen können ? Nein, ich wiederhole, es ist die schätzenswerteste Errungenschaft er der neueren Erdbebenforschung und ein nicht geringes Verdienst der nur durch die Mitwirkung des sogenannten grösseren Publikums fruchtbringenden Organisation der Erdbebenkommissionen, dass diese Mesalliance zwischen Vulkanismus und Erdbeben endgültig gelöst ist, dass es erwiesen ist, wie drei Arten ursächlich verschiedener Erdbeben, nebeneinander bestehen und wie unter diesen drei Arten die vulkanischen Erdbeben verglichen mit den Einsturzbeben und den sogenannten geotektonischen nach Zahl, nach Verbreitung und in den meisten Fällen auch nach verheerender Wirkung die unbedeutend- sten sind. Es kann hier nicht der Ort sein, auf diese moderne Lehre von den Erdbeben einzugehen: jedes nicht gerade Jahrzehnte alte Lehr- buch unserer Wissenschaft gibt darüber Auskunft und zeigt, ein wie grosser Rückschritt schon allein in diesem erneuten Zusammenwerfen heterogener Dinge in den einen Topf der Übereinstimmung äusser- licher Symptome liegen würde. Alle die schönen, wenn auch be- scheidenen Resultate der neueren Erdbebenforschung: der Nachweis der verschiedenen Propagationsformen, das Auftreten der Erdbeben in vulkanischen Gegenden unter vollkommenem Schweigen der vul- kanischen Thätigkeit; dies alles und noch viel mehr wird von Faup’s sogenannter Hypothese im Interesse der geistreichen, aber doch nur wieder aufgewärmten Sage von den Erdbeben ausschliesslich vul- kanischen Ursprungs geopfert! Es liegt ferner in der Annahme einer ausschliesslich vulka- nischen Entstehung der Erdbeben, namentlich im Zusammenhang mit der weıteren Annahme der im letzten Drittel des Fau#’schen Funda- mentalsatzes ausgesprochenen Mitwirkung der anziehenden Kräfte des Mondes und der Sonne, die Konsequenz, dass der Ausgangspunkt der Erdbeben dort gesucht werden muss, wo erstarrte Kruste und noch glutflüssiges Innere aneinander stossen. Es hat sich aber mit einer überraschenden Übereinstimmung aus der Untersuchung der besser beobachteten Erdbeben ergeben, dass der Ausgangsort der Er- schütterung auffallend fach unter der Erdoberfläche liegt. Keine der auf guter Grundlage durchgeführten Berechnungen führt zu mehr denn 50 km; was will dieser Wert besagen, gemessen an den mehr als 6300 km des Erdhalbmessers! Wir dürfen und müssen nach diesen Resultaten der Beobachtung und Rechnung die Erdbeben als ober- flächliche Erscheinungen betrachten, welche mit den bedeuten- deren Tiefen der Erde nichts zu thun haben; aber erst in solchen bedeutenderen Tiefen ist doch (vermutlich auch nach Fars’s An- ER schauungen) die Grenzebene zwischen erkalteter Kruste und glut- Hüssigem Inneren zu suchen. Nur dort: könnte der Ausgangspunkt der Farp’schen Erdbeben sein: nur dort könnte die Far#’sche Flut- welle an das Ufer des innerirdischen Glutmeeres erschütternd an- stossen — —- die Beobachtung widerspricht dieser Annahme auf das bestimmteste. Der eigentliche Kernpunkt der sogenannten Theorie liegt nun in der vorausgesetzten Mitwirkung himmlischer Konstellationen auf die Erzeugung der Erdbeben; hierin ist, wenn man will, das Origi- nelle, freilich auch früher schon von anderer Seite Ausgesprochene, aber nicht entfernt so Ausgebaute und Aufgebauschte zu suchen. Der Gedankengang spricht sich schon im der Einteilung des FaL#'- schen Hauptwerkes aus: dasselbe umfasst die drei Kapitel „In den Regionen der Sterne“: „Im Reiche der Wolken“ und „In den Tiefen der Erde“. „Flutfaktoren“ werden zunächst für das Wassermeer und das Luftmeer der Atmosphäre aufgestellt und deren Zusammen- treffen im Sinne einer gleichen Wirkung nach einem Punktierungs- system addiert: was bei der Addition dieser Punktzahlen hoch be- lastet herauskommt, das sind Farp’s „kritische Tage“. Es kann nun wiederum hier nicht der Ort sein, diese „Flut- faktoren“ des Einzelnen zu kritisieren: das hat Hörxes so gründlich besorgt, dass eine Verweisung auf die oben zitierte Streitschrift des- selben vollkommen genügt. Dagegen muss noch eingegangen wer- den auf die Probe, welcher die Fıgr’sche Hypothese” an der Hand der Erdbebenstatistik unterworfen werden kann, jener Statistik, welche für die Hypothese das Alpha und Omega aller Beweisführung ist. Rıent, der grosse Kulturhistoriker, spricht einmal von der „sta- tiıstischen Krankheit unserer Zeit* — und unabweisbar drängt sich einem Leser Farp’s dieser Ausdruck auf, wenn er das dritte Kapitel des öfters zitierten Werkes durchblättert. Nicht dass „Zahlen be- weisen“, wohl aber dass „Zahlen sich gruppieren lassen“ — diese Überzeugung wird jeder Unbefangene der Lektüre entnehmen. Da es sich um Konstellationen der Gestirne handelt, welche mit mathematischer Schärfe für jede beliebige Zeit der Zukunft und der Vergangenheit die „Flutpunkte“, die ja zugleich Erdbebenbringer sein sollen, berechnen lässt, so steht die ganze Geschichte, Vor- geschichte und Zukunft unseres Planeten der meteorologisch-seismo- logischen Prophezeiungsbehandlung zur Verfügung. Und von dieser Möglichkeit einer Berechnung der Konstellationen wird seitens Far»’s umfassend Gebrauch gemacht. Rückwärts das Erdbeben am Todes- tage des Heilands, welches die Gräber öffnete und den Tempelvor- hang zerriss, noch weiter zurück, die Eiszeit um das Jahr 4100 v. Chr. Geburt herum, vorwärts die Wiederkehr der Sintflut in Ge- stalt eines Jahrtausende andauernden Regens um das Jahr 4000 n. Chr.!, das sind so emige besondere Bravourleistungen der Voraus- und Rückwärtswahrsagung, denen gegenüber die Prophezeiung einiger Erdbeben in den nächst bevorstehenden Monaten eine kleine Fr- holungsbeschäftigung sein mag. Und in der That, es kann kein Kunststück sein, Erdbeben zu prophezeien, wenn es mit so viel Ein- schränkungen geschieht als FaL#’s sogenannte Theorie für sich in Anspruch nimmt. Lässt uns doch zunächst der Glücksumstand, dass gerade unsere Gegenden von stärkeren Stössen frei sind, nur zu leicht vergessen, dass es sich bei den Erderschütterungen um eine durchaus alltägliche Erscheinung handelt! „Man kann ohne Übertreibung behaupten, dass die Erdoberfläche ununter- brochen in jedem Augenblicke an irgend einer Stelle erschüttert wird“ sagt Fuchs, der durch Jahrzehnte die Zusammenstellungen von Erdbeben zuerst für das „Neue Jahrbuch für Mineralogie“ und später für „TscHermar’s Mineralogische Mittheilungen“ geliefert hat. Dabei ist es ein in Laienkreisen weit verbreiteter Irrtum, die FaLr’- schen Prophezeiungen bezögen sich nicht nur auf den Termin des Ein- tretens von Erdbeben im allgemeinen, sondern liessen sich auch auf die Angabe einer bestimmten Lokalität ein. Dem ist nicht so. „Die auf- merksame Beobachtung aller dieser Umstände ist es, welche uns in den Stand setzt, die Erdbebenparoxysmen der Zeit nach auf Jahre vorauszubestimmen; der Zeit nach, nicht aber dem Orte nach“ sagt FArp (]. c. S. 278), und wenn er demnach in mehreren Ländern die Bewohner durch Prophezeiungen von Erschütterungen, welche speziell an diesen Orten eintreten sollten, schier zur Verzweiflung gebracht hat (noch dazu, wie sich hinterher herausstellte, unnötigerweise, denn die Erschütterungen traten nicht ein), so hat er eben nur die Zeit- "y-.. dann werden sich allmählich die Schleusen des Himmels öffnen und: die Erdrinde, wo sie heute in Trockenheit zu ersterben scheint, neuerdings mit Wasser tränken. Dann wird Jahrtausende lang befruchtender Regen fallen in den Wüsten, neue Wohnstätten werden vorbereitet werden für spätere Genera- tionen, und noch in den fernsten Zeiten wird bei allen Völkern von Mund zu Mund die Erzählung wandern von der „grossen Flut“ des siebenten Jahrtausendes.* Falb, 1. c. 163. Jahreshefte d. Vereins £. vaterl, Naturkunde in Württ. 1890, 6 angabe auf eine als Erdbebenherd nicht nur ihm, sondern allgemein bekannte Gegend örtlich zugespitzt. Doch selbst der Alltäglichkeit der Erscheinung "gegenüber ist die sogen. Erdbebentheorie so vorsichtig, für ihre „Fluttage“ zu- lässige Fehler von 5—6 Tagen vor oder 5—6 Tagen nach dem Eintreten der als Ursache betrachteten Gestirne-Konstellation anzu- nehmen. Schwer ist es, auch hier mit der Vorstellung zu folgen. Noch am ehesten zuzugeben wäre die Annahme einer Verzögerung der Einwirkung der Konstellation auf das vielleicht recht träge ge- ‘ dachte Medium des glutflüssigen Meeres im Erdinnern. Weniger vorstellbar ist ein zeitliches Vorauseilen der Wirkung vor der Ur- sache. Ganz unvorstellbar aber dürfte es sein, wie dieselbe Wir- kung auf das Erdinnere bald früher, bald aber auch später eintreten kann, als die die Wirkung bedingende Konstellation selbst. Und welche Genauigkeit hinsichtlich der Prophezeiung wird trotz dieser Einführung einer 10 bis 12tägigen Dehnbarkeit des Ter- mins erreicht? Hörnes sowohl als Hrım machen in ihren oben zitier- ten Aufsätzen darauf aufmerksam, dass es nur durch Verschweigen sehr ansehnlicher Erdbeben gelingt, die kleinen Ruhepausen, welche bei der Annahme einer solchen Dehnbarkeit im Einwirkungstermine der Konstellationen übrig bleiben, auch in der nachträglichen Stati- stik eingetretener Beben offen zu halten. Es hat sich dann ferner J. Frün in Trogen der Mühe unter- zogen die wirklich eingetretenen Erdbeben des Jahres 1887 mit den „kritischen Tagen“ zu vergleichen. Da der Aufsatz nur schwer zu- gänglich ist!, so kann ich mir nicht versagen, wenigstens einige charakteristische Zahlen auf Grundlage dieser mühevollen Arbeit zu- sammenzustellen, und zwar gab ich denselben, der leichten Über- sichtlichkeit wegen, eine tabellarısche Form. Den in der ersten Spalte der Tabelle benannten Monaten entsprechen die von Far als „kritisch“ bezeichneten Tage der zweiten Spalte. In der dritten Spalte fanden die wirklich beobachteten Erdbeben Aufnahme, und zwar wurde ein Datum dann doppelt angeführt, wenn Erschütte- rungen an zwei Punkten, deren Entfernung von einander gross ge- nug war, um eine Selbständigkeit der betreffenden Beben anzu- nehmen, beobachtet wurden. So oft ein Erdbeben auf einen kritischen Tag fällt, ist dies durch fetten Druck der beiden Daten hervorgehoben; nur zweimal, ! Er erschien in dem St. Galler Unterhaltungsblatt. Ich verdanke es der Güte des Herrn Prof. v. Eck, darauf aufmerksam gemacht worden zu sein. am 24. Januar und 9. Februar wurde es unterlassen, weil die be- treffenden Stösse ausdrücklich als ganz unbedeutende bezeichnet werden. Dagegen wurde der fette Druck auch dann angewandt. wenn der betreffende Tag nur ein einzelner einer ganzen Erdbeben- periode an dem bezüglichen Orte war. Monat. | Kritische Tage. | Beobachtete Erdbeben. | Januar. ur 9, 24. 4.,5.,5., 6., 8. bis 15. (also auch | 9.), 10., 13., 15., 15., 21., 22,, 24. (schwacher Stoss), 25., 26., | Sr An Eeiruar- ...18,.9.,..08., 28, 3 pe an A N TE RiEe Pl Baineal e = | (schwacher Stoss), 9. ee Stoss), 19.,19:; 20.,'22., 22, 99,103, 03.5000 95,108, | 96., 26, 27., 27. Be win» |g, 09. vos: BO 2. De a N BE A EEE EEE | ESTER we 1. 20., 20., Aue FE 98.,28., 25., 25., 27, 30., 31, 31. April . Es. 59 11.18. 18.81.0302 BE RmHENN 4 9,,.0.517. Pa De a ee | 30., 30., 31 HN BB, 3, 281,8, aan .29., a: N 80 bis:1.rduli tee ich 0 AD Paul 7a UI e Bel. 4.4 91920, | ah. $ 3, 4 du Te EEE Fe Ce September . . | 17., 18. I, See Teen | | auch 17., 18.), 13, 13., 28., 30. Oktober. . . | 16. kauf äic a. erde insel Lyrähdn, 14., 15.,19.,26.,28,, 29,, I a November . . | 6., 14, 15. 13, 5,9, 14, 14, 14, 15, 17., Be Dezember . . 12., 13., 14. | I FEAT A EI | 16. bis 17., 17.,19., 20, 22, ERST A, In dieser nach Früw’s verdienstvoller Arbeit zusammengestellten Tabelle sind 140 Erdbebentage verzeichnet, während Far» für die- selbe Periode nur 34 Tage als „kritisch“ angibt! Ferner: trotzdem, dass also mehr denn ein Drittel aller Tage des Jahres Erdstösse 6* N NE aufzuweisen hatten, so sind unter diesen Erdbebentagen von Far#’s kritischen nur 15 von 34, das hiesse: Fat» hat, abgesehen von der bescheidenen Anzahl prophezeiter Beben neben den wirklich ein- getretenen, selbst unter seinen kritischen Tagen nur 44 °/o Treffer; es würden aber 56 °/o sein, hätte er anstatt das Eintreten von Erd- beben Freiheit von Erdbeben an seinen kritischen Tagen prophezeit! Berücksichtigt man nach oben geschildertem Prinzip die ein- zelnen Erschütterungsgebiete durch mehrfaches Zählen der Eintritts- tage, so enthält Früm’s Zusammenstellung 190 Erdbeben, von denen nur etwa ein Neuntel, nämlich 22, auf kritische Tage fällt! Herr Professor ©. W. Baur (Stuttgart) hat auf Grund von Notizen, welche er den Tagesblättern entnahm, eine kleinere An- zahl von Beben (63), welche sich in der Zeit vom 22. März 1888 bis Ende desselben Jahres ereignet haben, zum Ausgangspunkt einer ähnlichen Prüfung auf das Zusammenfallen mit „kritischen“ Tagen benutzt. Der verehrte Herr hatte die Güte mir seine handschrift- lichen Notizen über das Resultat zur Verfügung zu stellen, eine Vergünstigung, von welcher ich um so lieber Gebrauch mache, weil die Methode der graphischen Zusammenstellung und rechnerischen Behandlung der Vergleichungen eine so vortreffliche ist, dass sie zur weiteren Anwendung auf mehr Beben und grössere Zeitintervalle auffordert. | Die sehr übersichtliche graphische Darstellung erhält man da- durch, dass man in die untere Hälfte eines Rechtecks, dessen längere Seiten in die Einzeltage des Zeitinfervalls der Beobachtung geteilt sind, die „kritischen Tage“ und — falls dieselben nicht unmittelbar aufeinander folgen — die Mittellinien zwischen je zwei aufeinander folgenden kritischen Tagen einträgt. Die obere Hälfte wird für die wirklich eintretenden Beben benutzt, und so springt Übereinstimmung oder Abweichung (letztere zugleich mit dem Grade derselben) zwischen Prophezeihung und Beobachtung direkt ins Auge. Das Bild, welches so für die 285 Tage mit 63 Beben entsteht, zeigt nur für das Zeit- intervall vom 22. März bis 2. Mai eine leidliche Übereinstimmung, dann bringt das bunte Durcheinander durchaus den Eindruck der Unabhängigkeit der beiden Hälften des Rechtecks hervor. Ein zahlenmässiger Ausdruck wurde für den Grad der Ab- weichungen, wie folgt, gefunden: Als Mass des Fehlers des Erd- bebens kann offenbar das Zeitintervall zwischen dem Tage des Ein- tritts des Erdbebens und dem nächsten kritischen Tage dienen. Um den mittleren Fehler des Einzelbebens zu erhalten, addiert man dann ee die Quadrate der Fehler aller beobachteten (63) Beben (Summe = 3742). Die Quadratwurzel aus dem Quotienten dieser Zahl, dividiert durch die Zahl der Beben (63) gibt dann den mittleren Fehler des einzelnen Erdbebens, also 7374 var \ ar \/ 59,0 uk Führt man nun eine ganz gleiche Rechnung unter der Voraussetzung durch, dass an jedem Tage ein Erdbeben eingetreten wäre, d. h. zieht man auch hier die Quadratwurzel aus dem Quotienten der Zahl 19 853 (Summe der Fehler-Quadrate der angenommenen täg- lichen Erdbeben) durch die Zahl derselben, d. h. der Tage der ganzen Beobachtungsreihe (285 Tage oder alltäglich eintretende Beben), also 19 889 — \/ 60.66 — 8,35, 285 a so erhält man 8,35 als den mittleren Fehler des täglichen Erdbebens. „Ob Fark Ursache hätte sich auf den kleinen Vorteil 7,1 gegen 8,35, der sich demnach für ihn ergibt, viel zu gute zu halten, be- zweifele ich,“ schliesst Herr Baur seine handschriftlichen Notizen. Sein Wunsch, es möchte diese seine Darstellungs- und Berech- nungsmethode auf eine grössere Anzahl von Beben und ein &rösseres Zeitintervall angewandt werden, soll in Erfüllung gehen: ich habe begonnen, die oben zitierten Fucas’schen Zusammenstellungen in dem Sinne der geschilderten Methode zu bearbeiten, und werde nicht er- mangeln, über den Erfolg zu referieren. — Nachdem so lange von einer Statistik der Erdbeben gesprochen ist, ist es notwendig noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass nicht die Gegner der Fars’schen Theorie es sind, die auf den Widerspruch der Resultate statistischer Zusammenstellungen gegen die Annahme von für Erdbeben prädestinierten Tagen irgendwelchen Wert legen. Sowie man — und dies geschieht so ziemlich all- gemein von allen Geologen — in den geotektonischen Erdbeben die wichtigste und zahlreichste Klasse der Beben erblickt, wird. man jeden Versuch, die Erscheinung im Sinne Fars’s statistisch zu be- handeln, als aussichtslos aufgeben: wer will den Faltenwurf eines (ewandes berechnen und wer die Auslösungszeiten angeben für die Spannungen, welche den Faltungen der Erdoberfläche voraus- gehen!? Das aber, was die Erdbebenkommissionen treiben, wozu sie die opferwillige Mitwirkung des Publikums anrufen, das ist keine „Statistik“ in diesem eingeschränkten Sinne einer Untersuchung auf Kan. le Übereinstimmung mit „kritischen Tagen“: was in ihren Fragebögen verlangt wird, das ist eine möglichst genaue Angabe der Zeit behufs Auseinanderhaltung der einzelnen Stösse und behufs wichtiger Folge- rungen über Verbreitungsform, Ursprungsort u. s. w. Wenn wir uns aber im obigen mit einer Statistik in Faur’s Sinne beschäftigt haben, so galt es lediglich die wichtigste, fast könnte man sagen: einzige Waffe, mit welcher die Anhänger der Farp’schen Theorie den Kampf kämpfen, auf ihre Schärfe und Tüchtig- keit zu prüfen: denn Statistik und immer wieder und nur Statistik ist der Hauptinhalt, das Hauptargument des die Erdbeben behandeln- den dritten Kapitels in Farp’s fters zitiertem Werke. Was von Betrachtungen über die Tiefe des Ausgangspunktes, was von Formel- apparat beigefügt ıst, das ist gerade so eine verzierende, aber nicht zum Hauptaufbau der Theorie gehörende Arabeske als Konzession an die Naturwissenschaft, wie die „vom ‘roten Glanze der Lava be- leuchteten Cyklopen“ eine belletristische Arabeske als Konzession an ungeduldige und wissenschaftlicher Lektüre entfremdete Leser sind. — „Ich bin nun zu Ende!“ sage ich in wörtlicher Übereinstimmung mit Fars. Es kann nämlich meine Aufgabe nicht sein, die meteoro- logische Seite der Farp’schen Theorie zu besprechen, wenn gleich zugegeben werden muss, dass Kars’s Theorie selbst ihre grösste Stärke in der Zurückführung der für andere Beobachter sehr hetero- genen Erscheinungen auf eine gemeinschaftliche Ursache findet: Regen, Gewitter, Hagel, Schneestürme, Springfluten, Sturmfluten, Explosionen schlagender Wetter, Eruptionen der Vulkane, Erdbeben der verschiedensten Art, alles sind nur äusserlich verschiedene Formen einer ursächlich einigen Erscheinung: der die Flut begünstigenden Kon- stellationen der Gestirme. Meine Aufgabe bestand vielmehr lediglich ‘darin, speziell die Unhaltbarkeit der Farp’schen Erdbeben- theorie zu zeigen, um der Erlahmung des Publikums entgegenzuarbei- ten, auf dessen Mitwirkung bei den Beobachtungen die Erdbebenkom- missionen angewiesen sind, eine Mitwirkung, die nur zu leicht einer angeblich abgeschlossenen Frage gegenüber versagt werden würde. In Beziehung auf Ansammlung eines mustergültigen Beobachtungs- materials befindet sich eben die Meteorologie in unendlich günstigerem Verhältnisse als die Seismologie. Ein zahlreiches gut geschultes Beobachtungspersonal, ein von seiten der Staaten organisiertes Be- obachtungsnetz mit ununterbrochenem Austausch der gewonnenen 2 N 1 Daten steht dem wissenschaftlichen Ausbau der Meteorologie zur Ver- fügung; die Seismologie dagegen ist noch vollständig in der Phase der Heranziehung des beobachtenden Personals und der Organisation des Beobachtungsnetzes begriffen. Und so sei, unentwegt durch voreilige Schlussfolgerungen aus ungenügendem Beobachtungsmaterial, die gemeinschaftliche Arbeit der Erdbebenkommissionen und des Publikums auf Ansammeln muster- gültigen seismographischen Details gerichtet: nur diejenige Erdbeben- hypothese, welche der Gesamtzahl der Einzelerscheinungen gerecht wird, hat Anspruch auf Beachtung! Il. Abhandlungen, Ueber einen Fall von abnormer Keimentwickelung. Von F. Hegelmaier. Mit Taf. 1. Die Kenntnis embryonaler Anomalien ım Gewächsreich ist zur Zeit eine ziemlich beschränkte. Sie beruht, so weit es sich (wie im nachfolgenden) um höhere Gewächse handelt, hauptsächlich auf da und dort gelegentlich gemachten Einzelbeobachtungen fertiger Zu- stände, wie von Polyembryonie bei solchen Pflanzen, bei welchen solche nicht — infolge des Vorkommens von Adventivembryen oder wie bei Koniferen, aus anderen Verhältnissen — sıch leicht von selbst erklärt; von Spaltung und Vermehrung der Kotyledonen, wie sie bei einer grossen Reihe von Formen gesehen worden ist: von eventueller Verwachsung zwischen verschiedenen Embryen'!. Damit hängt zu- sammen, dass über das Werden solcher Abnormitäten in der Regel nichts hat ermittelt werden können, und dass den verzeichneten Fällen überhaupt kaum ein anderer Charakter als der von Kuriositäten zu- kommt, welche nicht einmal zu morphologischen Verwertungen ähn- lich solchen wie sie für Missbildungen sonstiger Pflanzenteile so viel- fach mit mehr oder weniger Glück versucht worden sind, eine Unter- lage darbieten konnten. In Betreff der etwaigen Ursachen gewähren ohnehin die Aufzeichnungen keine Aufschlüsse. Insoweit man nun die Forderung erheben will, dass die Teratologie als wesentliche Aut- gabe die kausalen Beziehungen der morphologischen Anomalien zu verfolgen habe, wird auch die nachfolgende Mitteilung keine Befrie- digung gewähren können; dagegen betrifft sie einen Fall, welcher sich vor anderen dadurch auszeichnet, dass das gehäufte Auftreten abnorm gebildeter Keime verschiedenen Alters gestattete, einiger- ! Vgl. hierüber z. B. die älteren Zusammenstellungen bei Moquin-Tandon, Pflanzen-Teratologie, übers. von Schauer, S. 244 ff.; Masters, Vegetable Tera- tology S. 26, 56, 155, 369, 3570; wo auch die früheren Quellen aufgeführt sind, massen den Entwickelungsgang derselben zu verfolgen, während die Frage, welcher Art die unzweifelhaft vorhanden gewesenen gemein- schaftlichen Ursachen der ganzen Erscheinung gewesen sein mögen, nicht beantwortet werden kann. Die zu besprechenden Missbildungen fanden sich in dem ziemlich reichlichen in einem der letzten Sommer ım Tübinger botanischen Garten gesammelten und zu anderen Zwecken durchuntersuchten Material von Früchten des Nuphar Inteum, und zwar in solcher Menge, dass in völlig normaler Entwickelung begriffene Keime überhaupt selten anzutreffen waren, und ich, wofern mich nicht später unter- suchtes Material eines andern Jahrgangs eines bessern belehrt hätte, zu gänzlich irrtümlichen Vorstellungen von der Keimentwickelung bei Nuphar hätte gelangen müssen. Das letztere Material nämlich lieferte Samen, deren Embryen offenbar auf dem normalen Weg beharrten: dagegen ist zu bemerken, dass jetzt weitaus der grösste Teil der in ziem- licher Menge gesammelten Früchte ein habituelles Absterben der Keime in den verschiedensten, bald früheren, bald späteren Reifezuständen bei im übrigen ungestört fortschreitendem Wachstum der Samen zeigte, so dass in der Regel nur einzelne der vielen Samen einer Frucht sich als’ brauchbare Objekte erwiesen. Ob dieser üble Umstand eine semeinschaftliche Ursache mit den Monstrositäten hatte, welche der vorausgegangene Jahrgang lieferte; ob diese Ursache, oder wenigstens die Ursache der einen der beiden Erscheinungen lediglich darin zu suchen ist, dass all dieses Material von kultivierten Pflanzen stammte, welche seit geraumer Zeit in einem und demselben engen Bassin ohne Ortswechsel gehalten worden sind, vermag ich nicht anzugeben. Immerhin kam ein solches Absterben, aber bei weitem nicht so massen- haft, auch bei dem Material des die Monstrositäten liefernden Jahr- sangs vor, und ebenso bei solchem von gesellig mit Nuphar kulti- vierter Nymphaea alba. Das Wachstum des Perisperms. erlitt in all diesen Fällen keine Störung, dagegen war mit dem Absterben der Keimanfänge auch solches des Endosperms fast ausnahmslos verbunden. Es sind nun zunächst einige Worte über den normalen Gang der Gliederung des Keims von Nuphar erforderlich, weil schon dieser in bestimmten Punkten nicht ganz gewöhnliche Bilder darbietet. In diesen gleich hervorzuhebenden Punkten stimmt die weisse mit der gelben Seerose überein, während sie sonst von ihr in verschie- denen embryonalen Einzelheiten Differenzen zeigt, die hier nicht alle erwähnt zu werden brauchen. Das gemeinschaftliche Eigentüm- liche der Embryen dieser Nymphaeaceen besteht vornehmlich darin, DT TE dass einmal die beiden Kotyledonen zu den Seiten eines mit breiter sewölbter Fläche präexistierenden embryonalen Vegetationscheitels angelegt werden; hierzu kommt sodann, dass sie kurz nach ihrem Hervortreten ihre Insertionslinien bis zu gegenseitigem Zusammen- liessen zu einer den ganzen Axenscheitel umfassenden, namentlich bei Nuphar luteum ziemlich breiten Krämpe ausdehnen. Ersteres entspricht nicht dem gewöhnlichen Verhalten, welches vielmehr be- kanntlich darin besteht, dass der embryonale Scheitel gänzlich in der Hervorbringung der beiden Keimblätter aufgeht und erst später, sei es vor oder während der Samenkeimung, aus dem Grund der Spalte zwischen ihnen eine gesonderte Scheitelfläche sich hervorwölbt. Die soeben für Nuphar und Nymphaea namhaft gemachte Modifikation kommt dagegen vor bei Koniferen ', unter den Dikotyledonen bei et- lichen Papaveraceen, welch letzteren ja unseren Pflanzen verwandt- schaftlich nicht allzu fern stehen dürften; vielleicht auch bei Lor- anthaceen °. Die ersten Stadien der Keimentwickelung bei Nuphar verlaufen in der Weise, dass in der Regel gleich nach einmaliger querer oder etwas schiefer Teilung des Eies Längssegmentierung in den beiden Tochterzellen erfolgt (Fig. 1, 2); diese tritt mitunter sogar früher ın der basalen als in der apicalen ein, und ım übrigen zeigt Fig. 3, dass schon in diesen ersten Schritten Ausnahmen von dem Gewöhn- lichen vorkommen. Unter weitegem ın allen Richtungen ziemlich sleichmässigem Wachstum und weiteren Zellenvermehrungen, in deren Richtungen ich noch weniger eine feste Regel auffinden konnte, (Fig. 2, 4—6) verwandelt sich das Ganze in einen rundlich ovalen Meristemkörper (Fig. 6). Auf diese Weise unterbleibt die Bildung eines Suspensor; anders bei Nymphaea, wo das Ei sich etwas stärker streckt und erst die Bildung dreier Tochterzellen aus dem Ei durch (Juerwände vorausgeht, ehe die 2 apicalen derselben die Grundlage des Keimkörpers liefern, während aus der basalen ein sehr kurzer Suspensor entsteht, der in der Folge noch in 2—3 bald so, bald so gegenseitig gelagerte Zellen zerfallen kann und, obwohl er später zu schrumpfen beginnt, doch noch an herangewachsenen Embryen in genauen Profilansichten oder -schnitten auffindbar ist. Was nun las Weitere — für Nuphar — betrifft, so soll von allen histiogene- tischen Differenzierungen und namentlich auch von der Ausgestaltung ’Strasburger, Koniferen und Gnetaceen, S. 306, 311, Taf. XI Fig. 33; Taf. XII Fig. 42; Taf. XIII Fig. 48, 49 etc. ® Karsten, Bot. Ztg., 1852, Taf. IV Fig. 15. 16. a der Radicula, welche eine nur geringe äussere und innere Ausbil- dung erfährt und auch bei der Keimung bekanntlich sehr kurz bleibt, sich jedoch nach Tr£cur! immerhin zu einer Primärwurzel von 2 cm Länge entwickeln kann, abgesehen und bloss die fernere äussere Gliederung des erwähnten Meristemkörpers betrachtet werden. Dieser erfährt frühzeitig eine vorwiegende Ausdehnung in die Quere, so dass seine Gesamtform sich der einer bikonvexen dicken Linse nähert (Fig. 7a und b), deren Achse mit der embryonalen Längsachse zusammen- fällt. An ihm werden die Kotyledonen in der Weise angelegt, dass zunächst sein Rand auf 2 gegenüberliegende Seiten stärker wächst (Fig. 8), und so der (Querschnitt aus der Kreis- in ellipsoidähnliche Form übergeht: bei weiterem Fortschreiten erheben sie sich als sanfte Wulstungen neben der Scheitelwölbung der Keimanlage, und indem ihre Basalteile sich verbreitern, fliessen sie, wie schon erwähnt, mit ıhren Flanken zusammen, noch ehe sie eine erheblichere selb- ständige Entwickelung erreicht haben (Fig. 9a und b). Diese ver- läuft nun aber weiterhin in der Weise, dass die Keimblätter unter überwiegendem Wachstum ihrer Aussenseiten konkave Form erhalten (Fig. 11a und b), sich allmählich, fast zangenförmig konvergierend. über den Axenscheitel herüberkrümmen (Fig. 20) und noch später diesen so vollständig umhüllen, dass sie über ıhm zu einer linien- förmigen Spalte zusammenstossen. Der ganze hypokotyle Teil bleibt hierbei äusserst kurz; die epikotyle Scheitelkuppe dagegen erfährt schon vor der Samenreife eine weitere Ausgliederung. An ihr wird das erste Blatt in mit den Medianen der Kotyledonen gekreuzter Lage in der Weise angelegt, dass sich der Scheitel einseitig erhöht und von dieser Erhöhung auf deren innerer Abdachung durch einen anfangs nur sehr sanften Eindruck eine kleine Protuberanz als künftiger Vegetationspunkt sich abhebt (Fig. 22c) und so der grössere Teil des Epikotyls in der Bildung jenes ersten Blattes der Plumula aufgeht. Eine Beschreibung des definitiven Zustandes der Plumula findet sich bei Tr£cuL”; ich habe die weiteren Phasen ihrer Entwickelung nicht untersucht. An den einen abnormen Gang einschlagenden Embryen nun treten zunächst schon im hypokotylen Teil mitunter, aber durchaus nicht immer. Abweichungen ‚von der Norm hervor, namentlich so, dass derselbe sich schlanker und länger entwickelt und nach der Basis mehr kegel- ! Ann. sc. nat. 3. Ser. IV, 8. 333. 28. WOHBIB3K END förmig zuspitzt (Fig. 10 a und b; 14 a-ec), und so die Gesamtform sich der eines Kreisels nähert, ohne dass darum ein Suspensor differenziert wäre. In einzelnen andern Fällen zeichnet sich gerade umgekehrt das Radicularende durch besonders kurze und stumpfe Form aus (z. B. Fig. 16a). Viel wesentlicher aber sind die Ab- weichungen, welche in der Anlegung und Weiterbildung des kotv- ledonaren Apparates hervortreten. Ihr gemeinsamer Charakter lässt sich kurz dahin zusammenfassen, dass einerseits eine Tendenz (der Ausdruck möge nicht missdeutet werden) der beiden Kotyledonen besteht, mehr oder weniger vollständig zu einer nur einseitig ge- spaltenen Scheide zusammenzufliessen, in ähnlicher Weise etwa, wie es sich in der beschreibenden Teratologie von manchen vegetativen Phyl- Iomen verzeichnet findet oder wie es als Norm bezüglich der Korollen vieler Sympetalen (Cichoriaceen, Lobelien u. a.), der Kelche gewisser Labiaten, einzelner Gentianen u. s. w. allgemein bekannt ist; ander- seits aber die beiden Hälften, aus welchen demgemäss diese Scheide zusammengesetzt ist, gewöhnlich nicht völlig gleichmässig sich ent- wickeln. sondern die eine meist etwas, mitunter sehr bedeutend, die andere überwächst. Die Ungleichheit der beiden Kotyledonen macht sich sehr häufig schon gleich hei der ersten Anlage derselben geltend. so dass der Medianschnitt oder die entsprechende Profilansicht eines solchen Keimes schon sehr frühzeitig unsymmetrisch erscheint (Fig. 10. 11, 12, 13). Was die einseitige Verschmelzung der beiden Keim- blätter betrifft, so kann sie der Natur der Sache nach erst eine Kleinigkeit später, nämlich dann, wann eben die normale Vereinigung der Flanken der Kotyledonen angebahnt wird, sich bemerklich machen. Diese unterbleibt alsdann auf der einen Seite, oder findet in anderer Weise statt, nämlich so, dass die Ränder am embryonalen Axenteil herablaufen und erst am Grund der so entstehenden seitlichen Spalte zusammentreffen. Stets bleibt bei den mannigfaltigen Kombinationen, in welchen die beiden Arten von Anomalien je nach ihren verschie- denen Graden zusammentreffen, der Axenscheitel unberührt; er ragt stets als kräftig entwickelte Kuppe aus der unter ihm schief in- serierten, auf der einen Seite höher als auf der andern am Keim- körper angewachsenen Kotyledonarscheide hervor (Fig. 14a, 15a, 19a). Die einseitige Incisur der letzteren kann, je nach Umständen, ziemlich in den transversalen Längsschnitt des Keimes (Fig. 14a, 19a), aber auch ausserhalb desselben (Fig. 15a, 18b, 20a) fallen. In den äussersten Fällen ist die Grössendifferenz der beiden Teile der Scheide so beträchtlich, dass der auf den kleineren Kotyledo fallende Anteil von dem andern um das Mehrfache an Masse über- troffen wird (Fig. 16). Die Spaltenränder können unter einem scharfen Winkel tief an der Basis zusammentreffen (Fig. 15a, 21a), oder eine weite gerundete Bucht umschliessen (Fig. 19a): es kann aber auch auf der betreffenden Seite nur eine mässig tiefe Ausrandung bestehen (Fig. 14a, 18b). Auf der andern Seite, auf welcher die Kotyledonen zusammenfliessen, kann dies in der Weise geschehen, dass die Scheide hier nur eine sehr sanfte Einbuchtung zeigt (Fig. 15, 19). Es. würde unzweckmässig sein, alie die mannigfaltigen aus den ver- schiedenen Kombinationen sich ergebenden Einzelfälle aufzuzählen : zur Versinnlichung einiger können die Figuren genügen. Aus dem Angeführten geht aber hervor, dass die Gesamtform der monströsen Embryen in sehr vielen Fällen ganz unsymmetrisch ausfallen muss, da dieselben sowohl im medianen als im transversalen Längsschnitt in ungleiche Hälften zerfallen. Doch fehlt es auch nicht an solchen, welche im der eimen (Fig. 14, 19) oder andern (Fig. 22) Richtung annähernd symmetrisch sind. Nur ausnahmsweise fand sich eine dreilappige Scheide (Fig. 17), deren Lappen an Grösse verschieden und auch durch ungleich tiefe Einkerbungen geschieden waren und somit ähnliche Proportionen zeigten, wie sie bei den nicht seltenen trikotylen Embryen dikotyledoner Gewächse öfters bestehen. Die vor- geschrittensten der monströsen endlich waren so weit ausgebildet, dass sie bei normaler Beschaffenheit der übrigen Samenteile von dem Reifezustand nicht mehr allzuweit entfernt waren. | Was etwa Hiehergehöriges aus der Litteratur betrifft, so wird allerdings von Masters ' von dem Vorkommen einer Verschmelzung der Ränder von Kotyledonen bei Zithonia und bei einigen Mesem- brianthemum-Arten, wo diese Erscheinung Regel sein soll, gesprochen. Näheres habe ıch nicht ermitteln können; auch wird z. B. nichts darüber angegeben, ob bloss ein- oder beiderseitige Verschmelzung der Keimblätter gemeint ist. Dass aber der weitere einer Notiz von A. P. pe CanvoLze? entlehnte Fall von Ebenus cretica in Wirklich- keit nichts mit dem vorstehend Besprochenen zu thun hat, geht sowohl aus dem Text als aus der zugehörigen Figur hervor. Die Entwickelung von Embryen mit auf der einen Seite ge- ! Veget. Teratol. 26. ®? Mem. Leg. pl. V., fig. 14. — Es heisst dort in dem Text (S. 87) bei Besprechung der Keimung: „les cotyl&dons naissent presque ä fleur de terre etales, foliacks, verts, un peu Epais, ovales, oblongs, dejetes tous les deux de me&me cöte et quelquefois presque coll&s ensemble par les bords“ etc. Ne © spaltener, auf der andern zusammenhängender Kotyledonarscheide an Stelle dikotyledoner scheint die Möglichkeit nahe zu legen, dass eine solche Umwandlung, wie sie hier vorliegt, in ähnlicher Weise wohl auch in andern Fällen vor sich gegangen und in der Phylogenie einen bleibenden Ausdruck gefunden haben könnte. Wenn unter den verschiedenen sich als möglich darbietenden Hypothesen bezüglich des Verhältnisses zwischen Mono- und Dikotyledonen sich noch am meisten zu Gunsten derjenigen anführen lassen dürfte, dass monokotyledone Formen, sei es einmal oder zu wiederholten Malen, von Dikotyledonen abgezweigt wurden, so denkt man sich hierbei wohl in der Regel die Entstehung eines Keims ersterer von dem letzterer angebahnt durch Unterbleiben der Anlegung des einen Keimblattes; und es lässt sich, obwohl die vergleichende Entwickelungsgeschichte bisher keine be- stimmten Anhaltspunkte für diese Eventualität geliefert hat, dieselbe nicht als undenkbar bezeichnen. Eine mindestens ebenso nahe liegende Möglichkeit mag sich aber ergeben aus dem im Vorstehenden ge- schilderten Verhalten der Nuphar-Embryen; nur darf selbstverständ- lich als nächster Anknüpfungspunkt alsdann nicht der für die Mehr- zahl der Monokotyledonen bekannte Ausgliederungstypus ins Auge gefasst werden, sondern eine Modifikation ähnlich einer der von Sorms-LavuBacH aufgefundenen und als „monokotyle Embryonen mit scheitelbürtigem Vegetationspunkt“ bezeichneten'; speziell wäre etwa das Verhalten der Dioscoreaceen (Zamus) herbeizuziehen und anstatt alles weiteren auf die von dem Genannten gegebene Darstellung und auf die Figuren halbentwickelter Keime dieser Gattung? hinzuweisen, aus deren Vergleichung sich die Analogien ebensowohl als die noch verbleibenden Differenzen von selbst ergeben werden. Eine spezielle Aufzählung dieser Differenzen ist nicht erforderlich ; beispielsweise sei hervorgehoben, dass allerdings bei jenen Monokotyledonen, und wie es scheint noch mehr bei den Commelyneen als bei den Dio- scoreaceen, die präexistente, selbständig gewölbte embryonale Scheitel- kuppe fehlt, dass aber dieser Punkt gegenüber den unter den Diko- !ı Bot. Ztg. 1878, Nr. 5 6. ® Taf. 4 Fig. 27--33. 3 Weniger die der ebendaselbst besprochenen Commelynaceen, die sich schon einen Schritt weiter entfernen. Zur Nachuntersuchung fand ich Gelegen- heit bloss für einige Formen der letztgenannten Familie (Commelyna tuberosa, Tinnantia undata) und habe hier, was die wesentlichen Punkte betriftt (von Untergeordnetem, wie dem Vorhandensein eines meist einzelligen Suspensors bei der genannten Tinnantia ist abzusehen) übereinstimmende Resultate erhalten. er tyledonen selbst bestehendeu bezüglichen Verschiedenheiten, auf welche im Eingang gelegentlich hingewiesen worden ist, von ge- ringem Belang sein dürfte. Viel schwerwiegender sind jedenfalls die prinzipiellen Einwände, welche sich gegen die ganze Berechtigung von Betrachtungen wie die hier angestellten aus dem Umstand er- geben, dass in den für Nuphar beschriebenen Bildungen Produkte eines regelwidrigen Entwickelungsgangs vorliegen, für welchen, mögen nun die oben als denkbar angedeuteten kausalen Verhältnisse zu- treffend sein oder nicht, immerhin Ursachen von lokalem oder zeit- lichem Charakter vorhanden gewesen sein werden. Eine weitere Verfolgung dieses Einwurfs würde aber auf die Forderung hinaus- laufen, eine bestimmte Grenze zwischen Missbildungen und Varia- tionen zu ziehen, eine Aufgabe, welche nicht in befriedigender Weise gelöst und wahrscheinlich überhaupt nicht lösbar ist, sowie auf die Beantwortung der ebenfalls noch keineswegs entscheidungsreifen Frage, inwieweit äusseren Ursachen eine Bedeutung für das Zustande- kommen bleibender Abänderungen zuzuerkennen ist. Ein Eintreten auf dieses Gebiet liegt weit ausserhalb der vorliegenden Aufgabe. Aber Gründe, welche schlechthin verbieten würden — diese kurze Bemerkung sei gestattet — mono- und dikotyledone Keimbildung auf die angedeutete Weise in gegenseitige Verbindung zu setzen, können nach meiner Überzeugung aus den hervorgehobenen Bedenken nicht fliessen. Als ein nur zufälliges Zusammentreffen von Umständen möchte ich es indessen betrachten, dass die abnormen Embryen gerade bei einem Glied eines Verwandtschaftskreises beobachtet wurden, über dessen Stellung in der Reihe der Mono- oder Dikotyledonen eine Zeitlang Zweifel geherrscht haben. Es kann sich um nichts weniger handeln, als um eine Wiederbelebung des längst begrabenen Streits über diesen Punkt der Systematik; dass die Nymphaeaceen bei un- zweifelhaft dikotyledonem Keimbau einzelne Eigenschaften erkennen lassen, welche für eine Annäherung an monokotyledone Formen haben verwertet werden können, ist bekannt und, um von früherem zu schweigen, noch zuletzt von Tr£cun! ausführlich hervorgehoben wor- den. Dieselben sind freilich sämtlich, sowohl die von Tr£cuL be- sonders betonten Erscheinungen bei der Keimung als die anatomischen Strukturverhältnisse des Rhizoms?, von der Art, dass auf sie nach "2. OÖ. und Ann. se. nat. 4. Ser. I (1854), 145. ?® Übersichtlich dargestellt beide Bary, vergl. Anat. d. Vegetationsorg. 262. ee keiner Seite hin entscheidende Folgerungen gegründet werden können. Wollte aber dennoch auf die hieran sich knüpfende Perspektive Ge- wicht gelegt werden, so würde sich nach anderer Seite hin noch eine weitere Erwägung darbieten. Dass die Nymphaeaceen neben etlichen unfern von ihnen stehenden Sippen (wie Ranunculaceen, Magnoliaceen u. a. Polycarpicae) eimen der untersten Plätze unter den Dikotyledonen inne haben, wird mitunter angenommen, und wohl nicht mit Unrecht. Im Sinn jetziger Anschauungen ausgedrückt, würde dies so viel bedeuten, dass in diesen Verwandtschaftsgruppen einzelne phylogenetisch ältere Züge mehr als bei andern Dikotyle- donen erhalten geblieben sind. Es ist unschwer zu sehen, welche Gestalt ein Hypothesenbau bekommen würde, dessen Aufführung auf der Gesamtheit der soeben angedeuteten Grundlagen versucht würde. Diese sind aber allzu gebrechlich, als dass es gestattet sein könnte, über die Aufstellung allgemeinster Möglichkeiten hinauszugehen. Erklärung der Tafel I. Die Figuren 1—6 sind bei etwa 470facher Linearvergrösserung mit dem Prisma aufgenommen und stellen Keimanfänge in natürlicher Lage im Samen- scheitel dar. Dagegen sind die Figuren 7—22 nach grösseren Zeichnungen auf den Mass- stab 50: 1 reduziert und geben isolierte Keime in der natürlichen entgegengesetzter Stellung, d. h. mit dem Radikularende nach abwärts, soweit es sich um Seiten- ansichten handelt. Die Reihenfolge der Nummern entspricht den ungefähren relativen Alters- zuständen. Die unter derselben Nummer zusammengefassten, durch a, b, ce unterschie- denen Figuren beziehen sich je auf denselben Keim und geben verschiedene An- sichten desselben. Fig. 1 Keimanfang mit jungem Endosperm. «a Scheidewand, durch welche dieses von dem sterilen engen Teil des Keimsacks geschieden ist. Fig. 2—6 Keimanfänge in optischen Längsschnitten. Fig. 7a optischer Medianschnitt. 7b Scheitelansicht. Fig. 5 Medianschnitt. Fig. 9a Seitenansicht; 9b Scheitelansicht. Fig. 10a und b entgegengesetzte Seitenansichten. Fig. 11a Seitenansicht; 11b Scheitelansicht. Fig. 12a Seitenansicht; 12b Scheitelansicht. Fig. 13 Seitenansicht. > Fig. 14a und b entgegengesetzte Seitenansichten; 14c damit gekreuzte Profilansicht. Fig. 15a und b Seitenansichten, nicht genau entgegengesetzt. Fig. 16a Seitenansicht; 16b Scheitelansicht. > m. Q g. 17a und b entgegengesetzte Seitenansichten. g. 18a und b entgegengesetzte Seitenansichten; 18 c damit gekreuzte Profilansicht; pl. durchschimmernde Plumula-Anlage. 7 [2 g Fig. 19a und b entgegengesetzte Seitenansichten. Fig. 20 Seitenansicht eines fast regulär sich entwickelnden Keims. Fig. 21a und b entgegengesetzte Seitenansichten. Fig. 22a und b entgegengesetzte Seitenansichten eines nur wenig irregulären, von der Reife nicht allzu weit entfernten Keims; 22c Anlage der Plumula, isoliert und in mit a und b gekreuzte Lage gebracht. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1890. 1 Zur Kenntnis der Formen von Spergula L. mit Rück- sieht auf das einheimische Vorkommen derselben. Von F. Hegelmaier. Bei Gelegenheit einer zu andern Zwecken als denen der vor- liegenden Mitteilung vorgenommenen anatomischen Untersuchung der Samen von Spergula arvensis L. wollte ich nicht unterlassen, auch die anderen Formen dieser kleinen Caryophylleen-Gattung so weit, als das mir zu Gebot stehende Material gestattete, zur Vergleichung zu ziehen; und dies führte hinwiederum auf die Frage des etwaigen Verschiedenheitsgrades der beiden ausserdem in Deutschland unter- schiedenen Spergula-Arten: S. pentandra L. und S. vernalis W. (8. Morisonii BorEAu), sowie die Frage, welche von den letzteren, wenn überhaupt eine, speziell in unsern Gegenden als einheimisch zu be- trachten sei. Bekannt ist, dass $. pentandra und $. vernalis von Einigen auch jetzt noch als nicht wesentlich verschieden betrachtet und unter dem ersteren Namen zusammengefasst werden; wie sich zeigen wird, sehr mit Unrecht. Hier sollen beide Namen in dem Sinn, in welchem sie jetzt von den Floristen allgemein gebraucht werden, gefasst und soll ausdrücklich die Frage der richtigen Nomen- klatur ganz bei Seite gelassen, d. h. davon abgesehen werden, ob nicht doch die beiden einander ähnlichen Formen zusammen unter den Begriff des Liys@’schen Namens fallen, und alsdann besser diejenige von ihnen, welche zweifellos die in Europa häufigere ist, diesen Namen hätte behalten sollen; diese Frage kann bei der Unsicherheit der bloss makroskopischen Unterscheidungspunkte kaum auf historischem Weg sicher beantwortet werden, sondern würde zu sicherer Entschei- dung die Untersuchung von ÖOriginalexemplaren notwendig machen. Endlich muss ich bedauern, dass es mir nicht gelang, mir behufs noch weiterer Vergleichung authentisches Material der auf der pyre- näischen Halbinsel, und zwar selten, vorkommenden $. viscosa Lac. zu verschaffen: ebensowenig habe ich die bloss als Namen veröffent- lichten S. sabuletorum Gay und S. rimarum Gay! zur Vergleichung ziehen können. | Aus der beschreibenden Litteratur sind die Verschiedenheiten der Plastik der Blüten und der äusseren Gestalt der Samen der Spergula-Arten allgemein bekannt. Hier kann daher hiervon abgesehen und sollen bloss die anatomischen Strukturverhältnisse der Samen, die meines Wissens nirgends vergleichende Beachtung gefunden haben, die aber äusserst scharfe und beständige Differenzen begründen, im nachfolgenden berücksichtigt werden. In dieser Hinsicht ergibt sich nun vor allem zwischen $. arvensis (mit Einschluss der Unter- formen S. maxima WEIHE, S. sativa BoEnN.) einerseits und $. pen- tandra und vernalis anderseits eine beträchtliche Verschiedenheit des inneren Baues, welche allerdings die von vornherein sich dar- bietende Voraussetzung, dass die zwei letztgenannten in näherer Verwandtschaftsbeziehung untereinander als mit der ersteren stehen, bestätigt. $S. vernalis und pentandra zeigen übereinstimmend die bekannte, bei Caryophylleen (und angrenzenden Verwandtschafts- kreisen) verbreitetste Samenstruktur, die durch den Ausdruck „embryo periphericus“ charakterisiert wird: der Keim, auf -; oder einen noch grösseren Bruchteil eines Kreisbogens zusammengekrümmt, liegt in einer tiefen Rinne des Perisperms eingesenkt, und zugleich mit seiner Konkavität das letztere umfassend, seiner Länge nach an der Peripherie des Samens in dessen Medianschnitt; sein Radikular- und Kotyledonarende sind einander bis auf ganz geringe Distanz genähert. Bei S. arvensis zeigt dagegen der Medianschnitt reifer Samen den Keim zu einer Spirale von fast 2 Umläufen gerollt. Der Augenschein, sowie die Verfolgung des Werdens dieses Formverhältnisses zeigt, dass dieses auf einer viel kräftigeren Entwickelung des ganzen Keims, insbesondere aber seines kotylischen Teiles beruht. Dieser erstreckt sich, sich uhrfederförmig einkrümmend, in die mittlere Partie des Nucellus der Samenknospe hinein, diesen zu einem viel grösseren Teil als in jenen früheren Fällen aufzehrend und die in dem Median- schnitt des Samens gelegene Partie desselben fast ganz verdrängend. Dadurch wird das Perisperm, dessen Hauptmasse sich in den beiden Breitseiten des Samens aus dem Nucellus bildet, fast vollständig in 2 Hälften zerschnitten; nur durch einen schmal brückenförmigen Verbindungsteil, dessen Zellen überdies in Vergleichung mit den beiden ! Ann. sc. nat. 2. Ser. VJ, 119, 348. —...10. Hauptteilen des Perisperms nur wenig Reservestoff speichern, bleiben diese in gegenseitiger Verbindung. Transversale durch den Samen geführte Schnitte aber zeigen den Keim nicht bloss, wie in den ge- wöhnlichen Fällen, an 2, sondern mindestens an 3 Stellen durch- schnitten, indem sein kotylisches Ende gänzlich in das Innere des Samens zu liegen kommt. Bemerkenswert ist, dass‘ der im Vorstehenden ausgedrückte Unterschied zwischen „spirolobem“ und „eyklolobem“ Samenbau in andern Fällen grössere Formenkomplexe als bloss Arten oder Art- gruppen trennt, so zumal in der Reihe der Chenopodiaceen ; oder das erstere Verhalten wenigstens bestimmte Gattungen ' auszeichnet. Es sei hier noch eine Zwischenbemerkung über das Zustande- kommen dieser und verwandter Fälle von embryonalen Krümmungen gestattet. Soweit es sich um solche von Hufeisen- oder Kreisbogen- form handelt, kann von vornherein kein Zweifel sein, dass dieselben wesentlich passiver Art sind; der Keimsack eilt, indem er sich, der Konvexität der Samenknospe folgend, nach dem Hintergrund derselben bogenförmig ausdehnt, der Ausbildung des Keims lange voraus und schafft einen freien Raum für den letzteren, der alsdann durch den Widerstand der erhärtenden Integumente gezwungen wird, der Kurvatur zu folgen. Indem aber alsdann der zunächst passiven Krümmung entsprechendes Wachstum des Membranengerüstes der Zellen folgt, behält der Keim auch nach Aufhebung des äusseren Widerstandes gekrümmte Form bei: doch wird nacht der ganze Betrag der Ein- krümmung durch Wachstum fixiert, sondern es bleibt ein gewisser Bruchteil rein mechanischer Einkrümmung übrig. Nimmt man den Keim aus dem Samen einer cykloloben Speryula heraus, so streckt er sich aus der Ring- zur Hufeisenform aus. Was die spirolobe S. arvensis betrifft, so bedarf es zur Erklärung des Zustandekommens ihrer Keimgestalt auch keiner weiteren Annahme, als dass der Keim, indem er eine beträchtlichere Längenentwickelung erfährt, seinen Teilen diejenige Lagerung gibt, welche durch die Richtung des ge- ıingsten Widerstands verlangt wird. Die Ausdehnung des hinteren Endes des Keimsacks, welche dem Wachstum des Keims selbst voraus- geht, erfolgt in der Richtung der Medianebene und schafft einen freien Raum, welcher sich in dieser Richtung von der Chalaza aus in das Innere des Nucellus hinein erstreckt. Der wachsende Keim wird sich daher nicht etwa zur Seite biegen oder eine schnecken- ' Vergl, die Analyse des Samens von Drypis bei Rohrbach, Monogr. der Gattung Silene, Taf. II Fig. 78, 79. y — 101 — förmige Windung beschreiben, sondern in der Medianrichtung ein- rollen müssen. Ausser dem die weit überwiegende Masse des Nahrungsspeichers bildenden Perisperm besitzen die reifen Samen der Spergula-Arten auch ein Endosperm. Das Erhaltenbleiben eines Gewebekörpers von letzterem Charakter bei Caryophylleen ist bisher überhaupt nicht bekannt; auf wie viele andere Glieder dieses Verwandtschaftskreises sich das Vorhandensein eines „albumen duplex“ erstreckt, vermag ich zur Zeit nicht anzugeben: sicher ist indessen, dass dasselbe kein allgemeines ist. Das Endosperm von Spergula ist allerdings von ziemlich geringem Umfang und wird bei Untersuchung der Samen in den gewöhnlichen Schnittrichtungen leicht übersehen, fällt dagegen selir in die Augen, wenn man Schnitte in solchen Richtungen durch die Samen führt, dass der Radikularteil des Keims möglichst quer durchtrennt wird. Es hat bei 8. arvensis: die Gestalt einer den eben- genannten Teil (fast in der Art einer Wurzelhaube) überlagernden und sich nach hinten (d. h. vom Mikropylarteil ab) auskeilenden ‚Kappe, die an den dünnsten Stellen nur eine Schicht, an den dicksten bis zu 4 Schichten ziemlich derb- und festwandiger, in Radialreihen geordneter Zellen stark ist. Bei den cykloloben Spergula-Arten wird es, soviel ich erkennen konnte, überhaupt von nur einer Zellen- schicht gebildet. Eine ganz vereinzelte Erscheinung ist. das Vor- handensein eines Endosperms bei Spergala jedenfalls nicht, denn es kommt, wie ich beispielsweise anführen kann, bei den Arten der (nachher noch in anderer Richtung zur Vergleichung zu ziehenden) Gattung Spergularia und ferner bei Malachium aquaticum vor, hier überall in derselben Form wie bei den cykloloben Spergula-Arten. Es dürfte sich daher wenigstens unter den Alsineen auch sonst noch finden. Die Lokalisation des Endosperms bloss im Mikropylarteil des Samens ergibt sich von vornherein aus dem Umstand, dass bei Caryo- phylleen und andern Curvembryae überhaupt nur ın dem genannten Abschnitt des Samens ein peripherisches Endosperm entwickelt (und in der Folge bei anderen Gattungen wieder vollständig aufgelöst) wird. Ohne Zweifel mit dem Perisperm sich im allgemeinen in dessen Funktionen teilend und teilweise für dasselbe vikariierend, — wie der Umstand andeutet, dass gerade diejenige Art, bei welcher ein grösserer Teil des Perisperms schwindet, durch ein etwas umfänglicheres Endo- sperm dafür entschädigt ist — zeigt es gleichwohl eine auffällige chemische Differenz von demselben. Während das Perisperm als Stärkespeicher dient, so zeigen die dicht gedrängten, übrigens sehr kleinen geformten Einschlüsse der Endospermzellen bei sämtlichen erwähnten Caryophylleen mit Jodpräparaten nur die braungelbe Färbung stickstoffhaltiger Verbindungen, so dass bei dieser Behand- lung die beiden Gewebe, wo sie in ein und dasselbe Präparat fallen, sich sehr augenscheinlich von einander abheben. Dass so nahe verwandte Formen, wie es die Spergula-Arten untereinander zweifellos sind, dennoch durch einen embryonalen Charakter wie der oben hervorgehobene differieren können, wird sehon an und für sich nicht allzu auffallend erscheinen können, wenn dieser Unterschied wesentlich nur darauf beruht, dass bei der einen der- selben das Wachstum des embryonalen Körpers vor der Samenruhe kräftiger und länger fortgesetzt erfolgt als bei andern. Überdies kommt ähnliches, mutatis mutandis, auch anderwärts vor; es soll, um Fernerstehendes nicht zu erwähnen, nur auf die Formen der nahe verwandten Gattung Spergularia hingewiesen werden. Dieselben zeigen in den äusseren Umrissen der reifen Samen — von den etwa vorhandenen flügelförmigen Anhängen abgesehen — die aus den Art- beschreibungen bekannten Unterschiede zwischen „dreieckigen*, „rund- lichen“ u. s. w. Formen. Die Untersuchung des inneren Baues dieser Samen zeigt aber, dass diese Unterschiede mit verschiedenen Graden der Ausbildung des (im allgemeinen in Vergleich mit Spergula weniger kräftig ausgebildeten und weniger stark gekrümmten) Keims, zumal seines kotylischen Teils zusammenhäsgen. Dieser Teil ist bei allen Spergularien in den reifen Samen weniger in die Länge entwickelt als der hypokotyle und bildet im Verhältnis zu dem letzteren einen kürzeren Krümmungsschenkel, so dass der Keim in seiner Gesamtheit nie eine gleichschenklige Hufeisenform oder gar Ringform, sondern nur eine Hakenform beschreibt. Allein bei manchen Arten, :und zwar solchen, welche mit „semina subrotunda“ oder „obovata“ be- schrieben werden, wie 5. salina Prest,' marginata FexzL, fimbriata Boıss., nähert sich die Form des Keims doch der Hufeisenform, indem der kotylische Scherikel nicht allzusehr hinter dem hypokotylen zurückbleibt, und beschreibt daher das ganze eine tiefe Kurvatur, während bei andern der Keim nur in seichtem Bogen gekrümmt und der kotylische Schenkel erheblich kürzer ist; so bei S. rubra Pers., diandra HELDr., macrorrhiza GR. Gonr., segetalis Frxzu; diesen kommen mehr „semina subtriquetra“ zu, wobei sich übrigens gegenseitige sraduelle Übergänge finden. | | u: Kehren wir zu den Spergulae, und zwar unsere beiden cyklo- — 18 — loben Arten zurück, so sind diese durch die Straktur und Skulptur der Testa in schärfster Weise gekennzeichnet, so dass ein kleines Fragment dieses Teils beide auf den ersten Blick mit Sicherheit von einander unterscheiden lässt, zumal wenn man es zur Erleichterung der Untersuchung mit Kalılösung erhitzt und nach dem Auswaschen in Glycerin eingelegt hat. In dem reichen Material, welches ich einsehen konnte, zeigte die beiderseitige Testa Charaktere von voll- kommener Beständigkeit und ohne jede Vermittelung: es fand sich darunter S. vernalis von zahlreichen Orten Süd-, Mittel- und Nord- deutschlands, ferner aus Frankreich und aus Rumelien (leg. Frı- VALDSKY); 8. pentandra ausser aus Norddeutschland noch aus Ost- indien (Himal. bor. occid. leg. Hook£er & Tuomsox) und Nordafrika (Gabes, Krarır). Das Folgende soll den Sachverhalt in möglichster Kürze angeben. Bei S. pentandra besteht die aus der äussersten Zellenlage des äusseren Integuments hervorgehende Hartschicht der Testa aus Platten, welche mit sehr tief und scharf ausgezackten Rändern ineinander ein- greifen. Die Aussen- und Seitenwandungen dieser Elemente sind so stark verdickt, dass das Lumen in Flächenansichten nur noch als eine enge verzweigte Spalte erscheint. Ihre Aussenfläche ist glatt, weder durch gröbere Runzeln oder Falten, noch durch Papillen ver- unebnet; dagegen springt das Mittelfeld der Aussenwand jeder dieser Platten (als Zellen können sie im reifen Samen nicht mehr bezeichnet werden) in einen breiten, flachen, sich als eine besonders starke Verdickung dieser Aussenwand erweisenden Buckel vor; bloss eine Anzahl in der mittelsten Region der beiden Breitseiten des Samens gelegener Platten entbehrt solcher Buckel. Auch die Elemente des basalen Teils des breiten Samenflügels tragen neben sparsamen kleinen Papillen starke buckelförmige Wandverdickungen, die von geringerer Flächenausdehnung als die auf der Samenoberfläche selbst sind, aber dafür häufig als steile und hohe Zapfen vorspringen. Bei S. vernalis greifen die Platten der Hartschicht der Testa, deren Aussenwände bis zum fast vollständigen Verschwinden des Lumen verdickt sind, ebenfalls mit ziemlich tiefen, aber doch ver- hältnismässig weniger weit ausspringenden, mehr abgerundeten, zum Teil wieder seitlich ausgebuchteten Serraturen ineinander, Die äussere Oberfläche dieser Platten ist ohne Buckel, dagegen durch ein zier- liches System zarter und seichter, bei der Flächenansicht als Linien erscheinender Furchen in eine Anzahl von Areolen geteilt, in der Weise, dass das Mittelfeld jeder Platte aus einem Netz solcher Areolen, — 14 — die Ausbuchtungen aus einer kurzen Reihe von einigen solchen be- stehen. Die ganze Oberfläche ist ferner mit zarten, knötchenförmig vorragenden Papillen bestreut, von welchen im allgemeinen je eine der Mitte der genannten Areolen aufsitzt; mitunter trägt auch eine Areole 2 oder 3 Papillen. Gleichbeschaffene Papillen finden sich auch auf den strahlig langgestreckten Elementen des Samenflügels in grosser Zahl regellos zerstreut. Endlich tragen die an den Flügel grenzenden Randteile der Testa eine mässige Anzahl keulenförmiger Zotten, welche den bekannten auf der Testa von 8. urvensis vorhandenen Keulen- haaren vergleichbar sind, in ähnlicher Weise wie diese angelegt. werden, aber viel kleiner bleiben, ihre Wandungen nur wenig ver- dicken und frühzeitig schrumpfen. Um zu ermitteln, welche der beiden zuletzt besprochenen Sper- gula-Arten etwa in dem Gebiet unseres Vereins beobachtet worden sel, habe ich das bezügliche, mir von Herrn Oberstudienrat Dr. v. Krauss bereitwilligst mitgeteilte Material der Vereinssammlung untersucht, aber mit dem schon von unserem verstorbenen Floristen Kemmter ! vollkommen richtig angegebenen Resultat, dass die von RösLEr in der Gegend von Abtsgmünd gesammelten Exemplare lediglich eine Zwergform von 8. arvensis darstellen. Ferner teilte mir Herr Varrr. von welchem SS. pentandra aus der Gegend von Ulm in seiner Flora der Umgebung dieser Stadt angegeben worden ist, auf meine Bitte um Gestattung der Einsichtnahme in das betreffende Material mit, dass S. pentandra« von ihm in dorfiger Gegend nie beobachtet und die Notiz nur auf eine mündliche Mitteilung des verstorbenen Oberst- lieutenant v. Starr hin aufgenommen worden sei. Hiernach erscheint zur Zeit wohl auch das Ulmer Vorkommen von $. pentandra oder vernalis und damit ihr Vorhandensein in unserem Gebiet überhaupt kaum hinreichend beglaubigt;: auch ich konnte in den Jahren meines Ulmer Aufenthalts keine derselben dort auffinden. Vielleicht möchte eine von ihnen noch am ehesten im Keupergebiet des Neckar- oder Jagstkreises aufzufinden sein. } | Aus den benachbarten Bezirken habe ich bis jetzt durchaus nur S. vernalis zu Gesicht bekommen, so aus dem bayrischen Mittel- franken (Erlangen, Kadolzburg), der bayrischen und badischen Pfalz. Namentlich gehören — zum Beweis, dass die makroskopische Unter- scheidung der beiden fraglichen Formen auch für einen geübten Beoh- achter ihre Schwierigkeiten hat — die von Dörs ? für „S. pentandra L. 1 Flora von Württ. u. Hohenz. I, 64. : Flora von Baden, S. 1216. — 1805 — genuina“ aufgeführten Fundorte so gut wie die für „.S. Morisonti Bor.‘ angegebenen alle unzweifelhaft zu der letzteren. Das jetzt im Besitz des botanischen Vereins in Freiburg 1. Br. befindliche Dörr'sche Herbar, dessen bezüglicher Teil mir auf meine Bitte von Herrn Barrıss als Schriftführer dieses Vereins gütigst zugesandt wurde, enthält Belege für alle dort aufgeführten Stationen, rechts- wie linksrheinische: Neudorf; Callstadt; Sanddorf; Käferthaler Wald, und noch von andern linksrheinischen: Homburg (Pfalz); Dürkheim. Was ich ferner aus dem Elsass von einigen wenigen Fundorten (Merzweiler, Hagenan), in dem mir durch die Gefälligkeit der Vorstände der Sammlung des Strassburger botanischen Instituts zur Ansicht gestellten Material gesehen habe, ist ebenfalls nur S. vernalis. Im: Gebiet der Flora von. Basel endlich, wo nach einer alten Angabe (Haczxsach 1821) als an dem einzigen zur Schweiz gehörigen Ort 5. pentandra sich finden sollte, kommt nach freundlicher brieflicher Mitteilung des Herrn Dr. Curist. daselbst weder diese noch S. vernalis vor. HAaGENBACH selbst erklärte später (1843), die betreffende Form. für eine kleine S. arrensis. Ob also S. pentandra überhaupt jemals im südwest- lichen Deutschland gefunden worden ist, muss ich nach all dem An- geführten für jetzt dahingestellt sein lassen. Der Stiftsberg bei Heilbronn. Von Otto Spohn in Heilbronn. In mächtigem Halbkreis umzieht ein Teil der westlichen Aus- Jäufer der Löwensteiner Berge die Stadt Heilbronn. Es ist die Berg- reihe, die mit dem Staufenberg bei Flein beginnt und mit dem Wart- berg endigt. Nördlich vom Wartberg (307 m) erhebt sich gleichsam als vorgeschobener Posten der Stiftsberg (241 m). Er liegt an der Strasse von Heilbronn nach Neckarsulm und verdankt seine Erhebung über die Lettenkohlenfläche, welche das breite Neckarthal darstellt, den Gipsmergeln, der untersten Ab- teilung der Keuperformation (Keuper «). Während diese am Wart- berg eine Entwickelung von 146 m zeigen, erreichen sie in den drei Gipfeln des Stiftsbergs nur eine Mächtigkeit von 87 m. Vergeblich suchen wir nach Aufschlüssen, welche uns die Grenze zwischen Lettenkohle und Keuper erkennbar machen. Dieser Formationsübergang ist unter einer mächtigen Lehm- und Schutt- decke verborgen. Doch von andern, diesen Untersuchungen gün- stigeren Orten wissen wir, dass mit dem Ansteigen des Bodens auch die Keupermergel beginnen. | Die vorherrschende Farbe derselben (namentlich des verwitterten Taggebirges) ist grau; doch trifft man auch Bänke von schmutzigem Grün, Rot oder Braun. Verwittert geben die bröckeligen Gipsmergel einen an den sonnigen Gehängen für den Weinbau fruchtbaren Boden. Für Waldbestockung und Feldbau sind die Mergelböden zu mager, zu warm und zu trocken. Nur der nördliehe Abhang des nahen Wartberges ist mit Wald bestockt, und nur zum Zweck der Wechsel- wirtschaft werden zwischen einigen Weinbergen Luzernen gebaut. Wie der Name sagt, enthalten diese Mergel der unteren Keu- perabteilung Gips und zwar in mehr oder minder reinen Lagern. Aufgeschlossen sind die Gipsmergel in den Gruben, aus denen die eror Winzer die Mergel (von ihnen Leberkies genannt) holen, um ihre Weinberge zu mergeln, sowie in den beiden Gipsbrüchen am westlichen der drei Höcker des Stiftsbergs. Die Arbeit in diesen Brüchen ist schon jahrelang eingestellt, die ehemaligen Bruchwände sind, verschüttet und wo nur möglich mit Reben bepflanzt. Am ausgedehntesten wurden die Gipsmergel in dem westlichen, dem Neckarthal zu gelegenen Bruche in Angriff genommen. Die kahle Wand zeigt heute noch eine Höhe von etwa 36 m (Sohle des Bruches 199 m ü. d.M., oberer Rand 235 m). Die Mergel sind bunt gefärbt: nach unten werden sie gelbbraun, bräunlich grau, nach oben herrscht rot vor. Reine Gipslager, Gips in grösseren Massen oder stockförmig eingelagert, wie solche im Fränkischen abgebaut werden, finden wir hier nicht. Die Lager sind unrem, mit Thon vermengt. Wohl trifft man reinere derbe Formen oder solche mit körnigem Bruch (Alabaster) in Kugeln oder als Adern, welche in verschiedenen Richtungen die. thonigen Schichten durchstreifen. Auch‘ erscheint als Ausfüllung der Sprünge und Klüfte der Mergel weisser und roter Fasergips. ‘Aber diese reinere Massen betragen gegenüber den Zwischenlagern und den mit Thon verunreinigten Schichten einen verhältnismässig geringen Teil des Ganzen, so ‚dass man den Gips früher nicht technischer Zwecke halber, sondern nur als Dünger. für die Felder abbaute. Die unreinen Gipsschichten erreichen eine Dicke von mehreren Dezimetern, nehmen aber nach oben immer mehr an Mächtigkeit ab und enthalten zuletzt nur noch Andeutungen von Gips in dünnen Streifen. Zwischen diese Gipsthonschichten sind bröckelige Thonmergel und harte Steinmergelbänke eingelagert. Erstere sind vorherrschend und enthalten eben jene oben besproche- nen Knollen und Adern von Alabaster und Fasergips. Die Stein- mergelbänke sind 20—30 cm dick, grau, hart und von feinem, eleichmässigen Korn. Die Weingärtner nennen sie Wacken und ver- wenden sie bei ihren Weinbergmauern oder zum Einwerfen der Wein- bergsteigen. Über den Gipslagern treten sie in grösserer Anzahl auf und bilden an den Bergen der ee eine. kleine Stufe am (zehänge. Ih Im Liegenden der Brüche am Stiftsberg ih Saal eine Steinmergelbank (199 m. ü. d. M.). Gegenwärtig ist: sie mit Wein- bergboden zugedeckt und kann nur in einer kleinen Grube vor dem westlichen Bruche bequem erreicht werden. Die Bank ist 29 cm dick, splitterhart, und ruht auf einer 9 cm mächtigen Gipsschichte — .18 — etwa 2 m über der Sohle der Grube. Auf den Bruchflächen des Gipses zeigen sich häufig grüne Flecken, Anflüge von Malachit, die 1—2 mm dick werden. Malachit findet man auch in Krystali- torm im Gipse, als Achtflach. Die Oktaöder, deren Durchmesser höchstens 5 mm erreicht, erscheinen auf den ersten Anblick, als Rotkupfererz-Krystalle, deren Oberfläche sich in Malachit um- gewandelt hat. Zerschlägt man jedoch eines, so zeigt es sich, dass der grüne Malachit allerdings nach innen in braunrotes Rotkupfererz, dieses aber wieder in Bleiglanz übergeht Die Rotkupfererz-Oktaöder sind also durch Umwandlung aus Bleiglanz entstanden, sind Afterkrystalle nach Bleiglanz. Spätigen Bleiglanz finden wir auch in der über der Gips- schichte liegenden Steinmergelbank. Selbst rötlicher Schwerspat ist hin und wieder eingesprengt. Am wichtigsten ist die Stein- mergelbank durch ihr Muschellager. In der untern Hälfte der Bank zeigen sich nämlich beim Zerschlagen eine Menge Steinkerne einer kleinen, höchstens halbpfenniggrossen Muschel, die (JuENSTEDT (Hdb. Petref. 1852, Tab. 44 Fig. 17) Cyclas keuperiana nennt und Ausertı (Überblick über d. Trias 1864, pag. 121) zu dem Geschlecht Corbula stellte. Nach unten löst sich die Steinmergelmasse in eine förmliche Muscheltrümmerbank mit Millionen von Schalbruchstücken auf, um zuletzt in das oben erwähnte Gipslager überzugehen. Diese Steinmergelbank durchsetzt als wichtige Leitschichte den Keuper weit und breit. Am Wartberg, am Pfühlbrunnen, am Trappensee, am Staufenberg tritt sie zu Tage. Am Trappensee hält sie am meisten Bleiglanz. Auch findet man hier neben den Üyelas-Kernen da und dort auch Steinkerne einer grösseren Muschel, wahrscheinlich ‚Anoplophora Au». | Die über den Gipslagern des Stiftsberges liegenden Schichten der Gipsmergel sind an den verschütteten Brüchen nicht zugänglich und an andern Stellen nicht aufgeschlossen. Herabgerutschte, eisen- schüssige, glimmerhaltige Sandsteine bieten jedoch den sichersten Beweis dafür, dass der Stiftsberg eine, wenn auch schwache Werk- steinkappe trägt, dass er das Gebiet des zweiten Keupergliedes, des Schilfsandsteins (Keuper 5) erreicht. (Eine überraschende Thatsache, da diese Zone am benachbarten Wartberg erst in einer Höhe von 294 m ü. d. M. beginnt.) | Die Nordgrenze des ehemaligen Rheingletschers. Von Dr. F. Knickenberg in Bonn. Mit Tafel IT. Bei der grossen Wichtigkeit, welche alle Arten glazialen Schuttes in bezug auf die Gestaltung unserer Erdoberfläche haben, ist es von besonderem Interesse, die Grenzen alter Vereisung aufzusuchen, eine Aufgabe, für die in unseren süddeutschen Gegenden naturgemäss die alten Gletscher des Alpengebietes in erster Reihe Berücksichtigung verdienen. Für diese, soweit sie sich östlich des Illerthales erstrecken, ist dieselbe von PEnck in seinem trefllichen Buche über die Ver- gletscherung der deutschen Alpen zusammengestellt worden: der ehe- malıge Rheingletscher aber hat auch im allgemeinen eine derartige eingehende Behandlung, die zu gemeinsamem Gut geworden wäre, bisher noch nicht erfahren, obschon er sicherlich wegen seiner Aus- dehnung zu den interessantesten gehört. Erstreckt sich doch das einst von ihm bedeckte Gebiet vom Thal der Iller westlich bis an die Höhe des Randen und bis ins Thal der Reuss, und nordwärts übertrifft er alle seine deutschen Brüder, indem er bis etwa 48° 20° seine Eismassen vorschob. Die Kenntnis einer so gewaltigen Aus- dehnung ist allerdings noch nicht alten Datums, wiewohl einzelne Forscher wie STEUDEL sie schon frühe, freilich ohne viele positiven Zeugnisse, behauptet hatten, ja in der Erstreckung viel zu weit gingen (s. Bodenseehefte 1869). Glauben fand diese kühne Behauptung bei ihrem Erscheinen wenig, heute aber wird wohl niemand mehr wenig- stens an der theoretischen Möglichkeit zweifeln können, zumal nach- dem Pexck mit ZıtTEL und GÜMBEL eine weit grössere Erstreckung aller östlich vom Rheingletscher gelegenen Gletschergebiete nach- weisen konnte, als man bis dahin vermutet hatte. Gelingt es uns noch, die wirklich thatsächlichen Beweise zu erbringen, so dürften wir das Feld gewonnen haben. I Theoretisch hielt man meist eine solche enorme Verbreitung des Rheingletschers nach Norden, d. h. namentlich auf das linke u 1 1) Ba Donauufer, für urglaublich und unwahrscheinlich; man bedachte nicht, dass das Rheinthal eines der grössten der Alpen ist, dass es am breitesten und tiefsten quer ins Gebirge eingeschnitten ist, und dass also auch ein etwa aus demselben hervorquellender Eisstrom die anderen Ströme aus dem Inn-, Isar-, Lech- und Illerthale wohl an Mächtigkeit übertreffen konnte. Man bedachte ferner nicht, dass einem Rheingletscher eigentlich gar kein Hindernis im Wege stand, das er hätte überwinden müssen, oder das ihn gestaut oder auf- gehalten hätte. Wenn der Isargletscher wenig südlich von München einen gewaltigen Block rosafarbenen Granites ablagerte, der nur aus der Gegend der Ötzthaler Alpen stammen konnte (cf. Rıcar- HOFEN, Führer für Forschungsreisende p. 244), wenn an der Wertach bei Oberdorf sich ein ähnlicher Block fand!, der nur aus dem in- nersten Kern der Alpen hierher transportiert sein konnte, und der allen Forschern so interessant war. dass die Handstücke nach allen Gegenden versandt wurden und von dem ehemaligen Block nur noch ein kleiner Stein übrig sein soll?: so mussten die Gletscher doch die gewaltige Kette der tyroler und bayrischen Alpen übersteigen, um die Findlinge, die Zeugen ihrer einstigen Macht, hier abzuladen. Das Rheinthal aber öffnet sich nahezu in gerader Nord-Südrichtung auf den Urstock des Gebirges zw, — Und dass eine so mächtige Ent- faltung eines Gletschers nichts ganz Aussergewöhnliches war, zeigen uns noch heute die Gletscher des hohen Nordens, wie z. B. der Humboldtgletscher, dessen Länge auf etwa 400 Stunden angegeben wird, und der also den Rheingletscher selbst ın seiner grössten Aus- dehnung noch weit übertrifft, da von den tiefsten Thälern des Rhein- thales bis auf die Höhe des Jura (freilich in gerader Linie) wenig über 200 km‘, d. h. also etwa 40 Stunden sind. Dazu kommt be- kanntlich, dass sich mildes Klima und Vorhandensein von Gletschern durchaus nicht ausschliessen, letztere vielmehr in viel grösserem Massstabe von grossen Niederschlagsmengen als von grosser Kälte abhängig sind”. ! Penck, p.'84, schliesst aus den anderen dort befindlichen Urgebirgs- geschieben mit Gümbel und Lenz, dass der Transport aus dem Flysch des Allgäu stamme; wie mir aber Steudel mitteilt, scheitert an diesem Blocke der Versuch einer Herleitung aus dieser Gegend, und verweist der rote Granit nur auf die Centralkette der Alpen. ” Nach Steudel’s persönlicher Mitteilung. > Penck, Cap. XVII, p. 224. Fraas, Geognostische Beschreibung von Württemberg, Baden, Hohenzollern, p. 184. | — 111 — Ist nun theoretisch die Möglichkeit einer ganz enormen Aus- dehnung eines ehemaligen Rheingletschers gegeben, so handelt es sich nur noch darum, durch positive Zeugnisse das Vorhandensein des Gletschers zu konstatieren. Für das weitaus grösste Gebiet, das der genannte Gletscher bedeckte, ist das ja meist nicht schwer und auch hinreichend untersucht (ich nenne nur die Abhandlungen von STEUDEL, ProBsT, BacH über das württembergische Oberschwaben in diesen Jahresheften 1869, 1874, 1880 I, und den Bodensee- heften 1869, 1870 und 1874, sowie die herrliche württ. geognost. Spezialkarte mit ihren Begleitworten); aber eine wirkliche Beob- achtung der Nordgrenze finde ich nirgends, wenigstens nicht eine solche, die auf Beobachtung auch geringer Reste glazialer Ablagerung beruht.. Diese Nordgrenze gibt uns dann zugleich die Grenze an, bis zu der die Alpen das ihnen vorgelagerte Gebiet direkt beein- flussen, also die Nordgrenze des alpinen Vorlandes (man müsste denn nur noch die durch Flusssedimente indirekt beeinflussten Gebiete hier- zu zählen). Innerhalb eines jeden Gletschergebietes aber nimmt die Moränenlandschaft in radiärer Richtung an Intensität ab, wie PExck sagt; auf die unverletzte Moränenlandschaft folgt die verwaschene, und diese verliert sich allmählich, nur noch an wenigen, aber cha- rakteristischen Resten kenntlich, in die darauffolgende geologische Formation. Die Grenze der verwaschenen oder älteren Moränen- landschaft fällt deshalb mit der Grenze alter Vergletscherung durch- aus nicht zusammen, eine Anschauung, welcher selbst die neuesten Blätter der geognost. Spezialkarte von Württemberg zu huldigen scheinen (z. B. Blatt Riedlingen). Die Nordgrenze, bis zu welcher sich der alte Rheingletscher einst erstreckte, festzustellen, ist je nach der Örtlichkeit und je nach der anstossenden Gebirgsformation eine mehr oder weniger schwierige Aufgabe, ebenso schwer als zu sagen: hier ist noch ‚Moränenland- schaft und hier nicht mehr. Wer einmal eine Feldmark auf der Höhe der Alb gesehen hat, wird diesen Eindruck schwerlich vergessen. Der meist braune Boden mit den unzähligen weissen an den ur- sprünglich scharfen Kanten abgerundeten Feldsteinen geben der Land- schaft den bekannten eigentümlichen, nicht selten öden Anstrich, besonders wenn das Feld mit Getreide nicht bestanden ist. Die ge- ringste Änderung im Aussehen des Bodens wird hier natürlich so- fort auffallen, und die Grenzen der einen und der anderen Formation sich mit Sicherheit feststellen lassen. Anders aber wo das Gebiet glazialer Rückstände sich in die Molasse verliert mit ganz ähnlichem Aussehen. So zeigt uns z. B. Blatt Ehingen der geognostischen Spezialkarte die Nordgrenze der alten Moräne in ganz zackiger Linie etwa von Warthausen an der Riss nach Munderkingen an der Donau. Unmittelbar davor finden wir aber noch grosse, als mit „alpinem (reröll“ bedeckten Strecken der Molasse, und zwar liegt dieses nicht etwa im Thal — denn die in Flussthälern liegenden und weit fortgeführten glazialen Rückstände können für die Vergletscherung erst in zweiter Linie in Betracht kommen — sondern auf Berghöhen, welche der Denudation am meisten ausgesetzt sind. Hier können wir mit völliger Gewissheit auf ehemals vergletschertes Gebiet schlies- sen, zumal wenn auf den Höhen sich noch alte Seebecken finden. Während sich also auf diesem Blatte (Ehingen), das bereits 1875 er- schienen ist, die Nordgrenze der Moränenlandschaft als nicht mit dem nördlichsten Vorkommen alpiner Gesteinsarten deckt, finden sich in den später erschienenen Blättern jener Karte der oberen Donau die andere Anschauung, dass die Moränenlandschaft mit der alten Glet- schergrenze zusammenfällt. Dieses ist ebenso berechtigt und un- berechtigt wie jenes. Zudem finde ich in den letzten Blättern (Ried- lingen) die Bezeichnung „alpines Geröll“ neben „Kies, Schutt, Lehm der alten Moräne“ nirgends mehr, trotzdem ich absolut keinen Unterschied zwischen diesen Ausläufern der Vergletscherung im Hohen- zollernschen nördlich der Donau und denen bei Biberach entdecken konnte; auch die Begleitworte geben keinen Aufschluss. Die Nord- grenze, die der Gletscher ehedem gehabt hat, gibt also, wie gesagt, keineswegs die Grenze der Moränenlandschaft an, sondern hier über- wiegt vielmehr die zu Tage tretende Formation des Jura oder der Molasse. Beginnen wir nun unsere Wanderung im Osten. Ich erwähnte schon die Verhältnisse in der Gegend nördlich von Biberach. Die letzten Reste alpinen Gesteines finden sich in der Ehinger Gegend auf der Halbinsel zwischen Riss und Donau. Bei Ehingen, zu beiden Seiten des Thales der Schmiechen, finden sich noch alpine Schutt- massen in der allgemeinen Erstreckung von NW.—SO,., etwa in der Höhe von 540 m, ebenso östlich auf dem Schlossberg bis Risstissen in der Höhe von 490 m; und der Bahnbau förderte in Ehingen selbst; noch einige Findlinge zu Tage (s. Begleitworte zu Blatt Hohentwiel, p. 12). Nördlich dieser Gegend glaube ich nicht, dass sich: Spuren der Anwesenheit von Gletschern nachweisen lassen; wenigstens ist es mir nicht gelungen, auch nur irgendwelches Material hierfür. bei- zubringen!. Wo nördlich von unserer Gegend von der geognostischen 03 Falsch also ist Penck’s Angabe p. 103. EN Karte noch vereinzelt „alpines Geröll“ gezeichnet wird, findet sich dieses an den T'halgehängen der Donau, Riss und Roth. nie aber auf den Höhen der Berge und so werden wir sie wohl als alten Fluss-Detritus ansprechen müssen. Bach hat in seinem Aufsatz „die Eiszeit“ (diese Jahreshefte 1869) den treffenden .Ausdruck „von Moränen befreites Land“ für diese Gegenden angenommen, wodurch er also ausdrückt, dass das Land, einst vom Gletscher und ebenso von Moränen bedeckt, durch die Denudation davon befreit worden ist. In grösseren Mengen glazialen Schuttes auf unserer Halbinsel werden wir vielleicht Reste von End- oder Seitenmoränen erblicken müssen. Von Ehingen zieht sich in eigentümlicher Weise das Kirch- heimer Thal in W.-—-O.-Richtung (Ehingen, Obermarchthal), so dass hierdurch die Donauschleife abgeschnitten wird!. Derselbe ist mit seinen ziemlich sanften Gehängen durch das Tertiär bis zum Jura durchgewaschen. Nur im Norden hebt sich „das Landgericht“ steiler empor bis zur Höhe von 718 m, während die Sohle 535 m hat. Zwischen dem Rirchheimer Thal und der Donau finden sich, wenn auch vereinzelt und zerstreut, noch alpine Rückstände?, so besonders westlich von Ehingen bei der „Heerstrasse“, der alten römischen Donaustrasse, und beim Mochenthaler Schloss bei Kirchheim. Im Thale selbst aber sehen wir auch ın der geognostischen Karte noch, Gerölle eingezeichnet, die zweifelsohne von den Höhen herabgerollt sein müssen, so dass an einer einstigen Eisbedeckung dieser Gegenden nicht gezweifelt werden kann. Das 718 m hohe Landgericht aber war sicher nicht übereist, da sich nirgends mehr nördlich und nordwestlich von demselben auch nur geringe Reste alpiner Gesteine finden, sondern nur an der genannten Seite des Thales. Schon jetzt möge es erlaubt sein, darauf aufmerksam zu machen, dass die Höhengrenze der glazialen Ablagerungen nördlich der Donau die Linie von 700 m nirgends überschreitet, wie hier am Landgericht so später am Teutschbuch und an der Sigmaringer Alb. Fraas sagt zwar (Begleitworte zu Blatt Riedlingen p. 7), dass am Andelfinger Berg sich in 718,5 m Höhe noch typische Moräne finde (worüber unten mehr); es ist, glaube ich, nur die Ausdrucksweise ungenau, denn der B ist zwar 718 m hoch, aber die Moräne befindet sich weit ‘ Es ist nicht unmöglich, dass wir in diesem Thale, sowie in dem der Schmiechen bis zur Thalwasserscheide bei Schelklingen a weiterhin im Thal der Blau einen alten Donaulauf erkennen müssen. ? Die Bestandteile dieser Rückstände siehe unten in der Tabelle. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 8 — 14 — unter dem Gipfel. Und dass dieser nie von einem Alpengletscher bedeckt _ war und nur etwa durch Denudation von seinem Schutt befreit ıst, kann man daraus folgern, dass sich auch hier nirgends in den nördlichen Mulden alpines Geröll findet, sondern nur am Südabhang und in den dortigen Thälern. — Wir haben hier eine interessante Analogie mit den erratischen Geschieben.im Aargau, wie aus MÜHLBERG's Die erratische Geschiebe des Aargau, p. 57 ff., folgt. Wenn sich hier auch wie selbstverständlich wegen der grösseren Nähe des Gebirges noch erratische Geschiebe an einzelnen Stellen bis 790 ja bis 895 m ım Jura, im Nordarm des ehemaligen Rhone- gletschers, selbst bis 1000 m finden, so muss MüutBErs die obere Grenze der Verbreitung erratischer Ablagerungen im allgemeinen in die Höhe von 700 m setzen. Wie die Sache in anderen Gegenden steht, besonders im Hegau und Thurgau, konnte ich leider nicht erfahren. Weiter östlich am Reisiswald, bei Leutkirch und Isny, erhebt sich wiederum die Grenze bis 777 und 790 m (Fraas und Hırpegranp, Begleitworte zu Blatt Leutkirch, p. 11 u. 15); doch sind das nicht allgemein gültige Zahlen, die Durchschnittsgrenze liegt bedeutend niedriger. Dort wo das Kirchheimer Thal seine grösste Annäherung an die Donau hat, sehen wir in gleicher Breite etwas weiter westlich die Lauter, ‚die bisher nordsüdlich geflossen ist, eine entschiedene Wendung nach OÖ. machen und dieses Thalstück setzt sich in einem kleinen Thal jenseits Reichenstein fort, das in das Donauthal bei Rechtenstein mündet. In beiden Thälern finden sich noch allerdings wenige alpinen Gesteinsarten. Die Höhen bei Lauterach (östlich) und Reichenstein (süd- lich) sind 515 und 660 m. — Es folgt bei Emeringen der Emerberg (Tertiär) bis zu 705 m, an dessen Westfuss die (Zwiefalter) Aach vorbeifliesst, die ebenfalls die Neigung zeigt, in westöstlicher Rich- tung zu fliessen. Die glazialen Ablagerungen sind hier unverkenn- bar, doch noch so gering, dass die Spezialkarte keine Veranlassuug nehmen konnte, die Gebiete als Moränenlandschaft zu bezeichnen. Jemehr wir uns nach W. wenden, um so mehr ist der Charakter der Moränenlandschaft erhalten und an der Donau bei Zell beginnt auch die geognostische Karte, die durch „Lehm, Kies und Schutt‘ charakterisierte Landschaft der alten Moräne einzu- zeichnen, auf der die fruchtbaren Gefilde der Stadt Riedlingen und des Klosters Heiligkreuzthal liegen (s. Blatt Riedlingen, das 1884 erschienen ist). Die Grenze der alten Vergletscherung ist ganz un- verkennbar und man kann hier wohl sagen, dass die Grenze der Vereisung mit derjenigen der verwaschenen Moränenlandschaft zu- sammenfällt. Sie zieht sich längs des Tertiärzuges des Teutsch- buches hin (727 m höchste Erhebung). Erratische Blöcke und ge- ritzte Steine sind hier häufiger, nehmen überhaupt nach W. zu, bis letztere in der Gegend von Sigmaringendorf in einer Kiesgrube einen bemerkenswerten Höhepunkt erreichen. In letzterer sind die Kiesel des stark lehmhaltigen Erdreiches zu sehr grossem Teil geritzt. An der ganzen Strecke vom Teutschbuch bis in die Sigmaringer Gegend (s. die beigegebene Kartenskizze) zeigt es sich, dass der Gletscher hier mehr Material angehäuft hat, als weiter im NO.; längs der Ränder der vielen kleinen Thälchen haben sich die Kiesel oft zu Nagelfluh verkittet. Dabei tritt natürlich an manchen Stellen durch die Denudation der Jura wieder zu Tage. Stellen, an denen die glazialen Auflagerungen grössere Mächtigkeit erlangen, sind bei Pflummern, Andelfingen (am Andelfinger Berg bei Langenenslingen), bei Wilflingen, bei Heudorf. Jemehr man von hier nach S. kommt, um so deutlicher wird die Moränenlandschaft, um so mächtiger der Schutt. Am Nordrand des Donauthales, gegenüber Mengen und Herbertingen, erreichen die Ablagerungen vorläufig ihre grösste Mächtigkeit und zeichnen sich durch eine Fülle erratischer Blöcke aus (s. Fraas, zu Blatt Saulgau). Einen wichtigen Aufschluss darf ich hier nicht übergehen, obschon es mir bisher nicht gelungen ist, eine vollständig genügende Er- klärung für die Eigentümlichkeit der Ablagerung zu finden. Es ist dies die Kiesgrube westlich von Wilflingen, etwa 8 km nördlich der Donau bei Mengen (s. die Karte: die geognostische Spezialkarte gibt von hier nach W. bis zum Übertritt der Grenze auf das rechte Donauufer ganz ungenaue und falsche Angaben). Hier zieht sich von der Strasse Sigmaringen-Wilflingen in NNO.-Richtung zum Biberthale ein Zug von Schutt, dessen Zusammensetzung höchst merkwürdig ist. Da finden wir nämlich Granite, Gneisse, Hornblende, Verrucano, Alpenkalke etc. in jeder Grösse und Gestalt, äusserlich meist schwer zu erkennen, da fast alle von einer weissen Kalkhaut überzogen sind. Beim Sprengen zu Bausteinen tritt dann das wahre Gestein hervor. In malerischer Unordnung liegt dieses Chaos von Blöcken umher und an dem anstehenden Boden schauen noch ebenso- viele hervor. Diese Schuttanhäufung hätte die grösste Ähnlichkeit mit den Wällen der grossen Endmoränen in Oberschwaben, — wenn sich nicht dazwischen Steine fänden, die dem Ganzen einen anderen Charakter geben, nämlich oolithische Steine des weissen Jura, eben- 8* — 4116 — falls in allen Grössen und Formen, im Aussehen ganz ähnlich den mit der weissen Ralkhaut überzogenen alpmen Blöcken. Zwischen den grossen Steinen findet sich Kies und Sand, aus den blauen \lpensteinchen ebenso bestehend, wie aus Juradetritus; oft finden sich ganze Klumpen aneinander gebackenen Konglomerates, das mit der „löcherigen“ (glazialen) Nagelfluh Ähnlichkeit hat (s. Fraas, Geognostische Beschreibung von Württemberg, Baden, Hohenzollern, p. 187 Anm.), das aber durch das ausschliessliche weisse kalkige Binde- mittel sich sehr von dieser unterscheidet. Wie kommt nun diese sonderbare Ablagerung alpinen und jurassischen Gesteins hierher ? Als Erklärung konnte ich mir zuerst nur die denken, dass hier die Gletscher von den Alpen und vom Jura zusammentrafen!. Eine nähere Beobachtung der geologischen Oberflächenformen liess mir aber auch ohne Juragletscher eine andere Erklärung als wahrschein- licher erschemen. Wie wir nämlich weiter unten sehen werden, müssen wir wenigstens für eine ältere Eiszeit em Vorwärtsschieben des Eisstromes vom Hegau zur Donau hin annehmen. Nun zieht sich aber von Inneringen her über Billafingen eine Zone ‚„Juragerölles“, wie die geognostische Spezialkarte sagt, genau so aussehend, wie unser eben beschriebenes jurassisches Geröll in der Kiesgrube zu Wilflingen?. Rückte nun der Gletscher von SW. heran. so kann ich mir den Wall bei Wilflingen nur so entstanden denken, dass hier der Rest solchen Juragerölls, das der Gletscher wenig weiter westlich vorfand und mitführte, erhalten ist, und das nun zusammen it dem alpinen Material die dortige Endmoräne bildete. Für eine solche Auffassung spricht auch der Umstand, dass nördlich von Langenenslingen am Andelfinger Berg sich ebenfalls solche Jura- knollen finden. Es erübrigt noch zu erwähnen, dass auch in der beschriebenen Gegend am Rande der Spuren alter Vergletscherung sich die auf- fallenden Thälchen finden, die wir schon oben kennen lernten: eine Mulde längs dem Teutschbuch, der Altbach, das Biberthal nörd- lich von Langenenslingen und Wilflingen, auf welches nach W. hin verschiedene kleine Thäler folgen, die schliesslich mit dem grössten derartiger Längsthäler, dem der Lauchert, zwischen Ruine Härten- stein und Hitzkofen, in Verbindung stehen. Eine auffallende Ähnlich- Über letzteren s. Fraas, Geognostische Beschreibung von Württemberg, Baden, Hohenzollern, p. 192 ff., sowie Begleitworte zu Blatt Aalen, p. 23 fl. ? Vielleicht nicht mit Unrecht als „Juramoräne“ bezeichnet. ent. kejt erinnert uns hier sofort an das Thal der Lauter bei Reichen- stein. Man beobachte, dass bei den westlicheren Zuflüssen der Donau, der Schmeie, der Bera etc., bei denen von Vergletscherung keine Rede ist, diese auffallende Richtungsänderung sich nicht findet. Die geognostische Spezialkarte zieht nun die Grenze der Ver- gletscherung und für sie in diesem Falle gleichbedeutend die Grenze der Moränenlandschaft von Wilflingen nach S., um bald in grossem Bogen an das Knie der Lauchert zu kommen; einzelne abgesprengte Stücke finden sich auch noch nördlich davon. Zunächst geht die Gr enz viel weiter nach N., ohne die Ausbuchtung zu machen und dann hat der Jura hier über die’ alpine Formation ganz entschieden das Über- gewicht; die Bezeichnung dieser Gebiete als Moränenlandschaft ist daher nicht zulässig. Die Reste der glazialen Ablagerungen sınd aber ebendeshalb unschwer zu erkennen, zumal die Bauern nach Alb-Sitte die grösseren Blöcke und Kiesel mit den Jurafeldstemen an den Rändern der Äcker zusammentragen; da fällt es nun nicht schwer, eine ganze Anzahl von Gneissen, Graniten etc. aus den Steinhaufen zusammen zu tragen, und bald zeigt uns auch die Acker- krume selbst, dass wir es hier mit ehedem vereistem Gebiet zu thun haben, da sie entgegen dem eigentlichen Juraboden einen grossen Prozentsatz an kieseligen, sandigen und lehmigen Bestandteilen führt. ein fremdes Element, das zu dem ursprünglichen hinzugekommen ist. Freilich ist die Menge der erratischen Gesteine nur gering, aber trotzdem ist die Verfolgung der Nordgrenze des alten Gletschers sehr sicher: sie verläuft wenig nördlich von Hornstein und trifft die Lau- chert da, wo diese ihr erstes Knie bei Ruine Härtenstein macht. Indem sie sich hier auf die Halbinsel zwischen Lauchert und Donau begibt, schliesst sie ein durch die Mächtigkeit der Auflagerung hochinteressantes Gebiet ein. Nördlich von Sigmaringen finden sıch an einem beiläufig 680 m hohen Berg (‚die 7 Kirschbäume“) die ausserordentlich reichen Kiesgruben (an der auf der geognostischen Karte mit dem Hammer, dem Zeichen geologisch wichtiger Punkte, bezeichneten Stelle). Die interessante Kiesgrube bei Sigmaringen- dorf habe ich oben schon erwähnt. Im übrigen ist die Halbinsel mit erratischen Gesteinen ganz übersät. Hier finden sich auch Block- lehmlager, wie z. B. an der Strasse von Sigmaringen nach Bingen und nach Jungnau; an letzterem Punkte hat man noch vor wenigen Jahren einen gewaltigen Gneissblock gefunden, der jetzt in dem fürst- lichen Park zu Krauchenwies (8 km südlich von Sigmaringen) liegt. Eine ganze Sammlung erratischer Blöcke findet sich an der Nordseite Sa der genannten ‚7 Kirschbäume‘, welche die Bauern aus den Feldern an den Rand des Waldes geschafft haben; die Spitze des Berges: ist durch die Denudation ganz abgewaschen, so dass die nackten Jura- schichten zu Tage treten. In der Stadt Sigmaringen selbst kommen oft Findlinge beim Bau von Häusern zum Vorschein; sie verschwin- den leider meist alsbald wieder, wenn sie nicht besonders sChön sind. In Laiz liegen eine grosse Anzahl erratischer Blöcke im Dorf, meist als Ecksteine benützt, deren einer, der „‚Laizer Stein‘, eine gewisse Berühmtheit erlangt hat (jetzt in Krauchenwies). Nördlich dieses Dorfes, etwa 100 m über dem Spiegel der Donau, fanden sich zwei grosse Blöcke von chloritischem Gneiss und blauem Alpenkalk, beide von eminent alpınem Charakter, die eigentlich den ersten Anstoss zur Annahme der grossen Erstreckung des Rheingletschers nach N. gegeben haben; Se. Kgl. Hoheit der verewigte Fürst Cart Axrox von Hohen- zollern hat sie als Ruhebänke an geeigneter Stelle aufrichten lassen. Überhaupt hat derselbe aus wissenschaftlichem Interesse an dem Gla- zialphänomen eine grosse Anzahl der schönsten Blöcke in seinem Park zu Krauchenwies zu einer eigentümlichen Art von Museum vereinigt. Die geognostische Spezialkarte lässt nördlich von Sigmaringen die Nordgrenze der Vergletschezung in den bizarresten Linien ver- laufen und geht im allgemeinen zu weit; auf Grund welcher An- gaben ist mir unbekannt. Allerdings lässt sich dieselbe nicht so deutlich erkennen wie an anderen Stellen, da die ganze Gegend zwischen dem Thal der Lauchert und dem der Schmeie mit dichtem Wald bestanden ist, der die Erdkrume nur gelegentlich bei Anlage neuer Wege oder Pflanzschulen zu Gesichte kommen lässt. Eine Erstreckung weit nördlich der Donau ist hier schon aus dem Grunde unwahrscheinlich, weil sich dann der Gletscher in ganz abnormer Weise in Höhen von etwa 750 m hätte erheben müssen, wofür wir keine Analogie an der ganzen Nord- und Nordwestseite haben. Übrigens begleiten auch hier kleine Längsthäler die Grenze. In der Gegend der Einmündung der Schmeie in die Donau, wo sich die Alb alsbald zu bedeutenden Höhen (750—800 m, sogar 868 m 3 km nördlich der Donau bei Schwenningen) und die Felsen auf der linken Seite schroff meist 200 Fuss hoch in das Thal ab- stürzen, glaubte man bisher allgemein hätte die Vergletscherung auf der Nordseite der Donau ihren westlichsten Punkt erreicht. Und in der That findet sich bei den zerrissenen Partien an der Mündung des Flüsschens heutzutage auf den Höhen keine Spur mehr von alpinen Gesteinen. Nur die Thalsohle der Donau zeigt noch hier und — m = da einen alpinen Kiesel, und man muss also annehmen, dass solche aus nächster Nähe vom Fluss herbeigeschafft wurden. Nun fand sich im verflossenen Sommer beim Bau der Bahn Tuttlingen-Sig- maringen bei dem Dörfchen Dietfurt etwa 100 m nördlich der Donau am Gehänge des Thales, das sich hier, wahrscheinlich beeinflusst durch das von S. mündende Vilsinger Thal, em wenig verbreitert, eine ganze Anzahl erratischer Gesteine, die leider sofort in den Bahndämmen verschwanden, und merkwürdigerweise darunter auch mehrere grössere Basaltstücke, deren Heimat nur die Vulkane des Hegaus sein können. Auf diesen Punkt werde ich unten näher ein- gehen; hier möge es genügen festzustellen, dass sich der alte Gletscher noch ein Stück weiter nach W. erstreckte (westlich von Dietfurt am rechten Donauufer finden sich auch alpine Ablagerungen). Hiermit hätte zunächst unsere Aufgabe, die Erstreckung der Vergletscherung auf das Nordufer der Donau zu konstatieren, ıhr Ende erreicht. Die Nordwestgrenze gibt die geognostische Spezial- karte ganz genau an, nur im änussersten SW. schiebt sie sich noch etwas weiter nach W. und zieht sich längs dem Wasserburgerthal nach SW., welches also den Längsthälern an der Nordgrenze ent- sprechen würde, und tritt etwa bei Aach in den Hegau ein. Über diesen selbst scheint man im Zweifel zu sein, ob man ihn der jüngeren oder älteren Eiszeit zuteilen soll. Fraas zeichnet auf seiner geo- logischen Karte von Württemberg, Baden, Hohenzollern neben Tertiär vorzugsweise Grund- (d. h. alte) Moräne, Bach dagegen „jüngere Glazialformation“. Wenn Massenhaftigkeit das Charakteristikum der letzteren ist, so gehört der Hegau offenbar dieser an, während er nach der Oberflächengestaltung mehr zur älteren zu rechnen wäre. Mir scheint er auch noch deshalb zur älteren zu gehören, weil sich seine Basalte und Phonolithe (s. unten) an der Donau wiederfinden und diese Gebiete ja sicher zur älteren Moränenlandschaft gehören; ein Übergang aber durch markante Endmoränen wie in Oberschwaben findet sich längs des NW.-Randes nirgends. Wenn wir nun noch auf die Ablagerungen am Nordrande des alten Rhemgletschers im einzelnen näher eingehen, so möchte ich nicht sowohl die allgemeine Lagerung derselben näher betrachten, da sich hierüber in den trefflichen Begleitworten (zu Ehingen, Ried- lingen, Fridingen, Saulgau, Biberach, Wilhelmsdorf, Hohentwiel) so- . wie in andern öfters genannten Abhandlungen vorzügliche Schilde- rungen finden: auch habe ich schon oben bei Verfolgung der Nord- grenze auf die wichtigsten Punkte hingewiesen. — 10 — Nur eines möchte ich hier noch erörtern, nämlich die eigen- tümlichen dem Streichen der Alb parallelen grösseren oder kleineren Thäler. Ich glaube in ihnen alte Gletscherbäche erkennen zu müssen. die hier in abnormer Weise nicht in radıiärer Richtung abflossen, sondern durch den entgegenstehenden Jura gezwungen wurden längs dem Gletscher nach W. oder O. zu fliessen. Was diese Thäler im kleinen sind. war offenbar in grösserem Massstabe ein Zeit lang das Donauthal selbst. In diesem nämlich finden wir an der Oberfläche eine Schicht alluvialer Ablagerung mit Kieseln aus dem weissen Jura; auch einzelne alpine Steine finden sich dabei gemischt. Wenige Meter unter derselben aber treten gewaltige Lager alpiner Rollkiesel hervor, meist von Eigrösse und grösser, mit Sand ver- mengt. Der Balnbau durch das Donauried hat grosse derartige Lager aufgedeckt z. B. bei Mengen, denen man sofort ansieht, dass das Wasser ıhre wagerechte Lagerung besorgt hat. Dass aber die heutige Donau das nicht gethan haben kann, ist klar, da sich weisse Jurasteine nicht darunter finden. Das Volk unterscheidet deshalb hier zwischen dem Donaukies und dem „blauen“ Kies aus den Gru- ben (so genannt von (dem hervortretenden Alpenkalk). Dieses blaue Kies aus der Donauniederung wfMterscheidet sich von dem der nörd- lichen Kiesgruben auch dadurch, dass in ihm gekritzte Steine fast ganz fehlen. Ist es doch nachgewiesen, dass die Steine ihre Kritzen im Wasser sehr rasch verlieren. Schliesslich erübrigt noch auf den Inhalt der Ablagerung, ihre Bestandteile und ihre ursprüngliche Heimat einige Blicke zu werfen, um dadurch eventuell zu erfahren, welchen Weg der Gletscher ge- nommen hat. Das natürlichste und augenscheinlichste wäre, anzu- nehmen, der Gletscher hätte sich, nachdem er das ihn einengende Thal am Einfluss des Rheins in den Bodensee verlassen, hatte, fächer- förmig über Schwaben ausgebreitet und hätte seine Ströme nach N., NNW. .und NW. ausgesandt, eine Annahme die für die jüngere Eis-- periode ganz fest zu stehen scheint (vgl. Prosst a. a. O.). Dass diese Annahme für unsern nördlichen Teil und die ältere Periode der Vergletscherung nicht zutrifft, lehren uns vor allem die erratischen Basalte und Phonolithe, die wir unten noch kennen lernen werden. Vorerst will ich kurz die hauptsächlichsten erratischen Ge- steinsarten tabellarisch anführen, die sich an der äussersten Nord- grenze des Rheingletschers finden. Ich habe eine kleine Sammlung . derartiger Gesteinsarten zusammengebracht, die ausschliesslich der genannten Gegend entstammen: Herr Professor STErDEL in Friedrichs- hafen, ein gewiegter Kenner der alpinen Geologie, hat die Güte ge- habt die Heimat derselben zu bestimmen. Uebersicht über die erratischen Gesteine, die sich am Nordrand der Vergletscherung in Oberschwaben finden. Erratische Gesteine. | Heimat. Bemerkungen. Granit, mit grünem Oligo- Julier, Piz d’Err. Findet sich sehr häufig klas und Quarz, oft gräu- am ganzen N.-Rand. Sel- lich oder braun. tener im Aargau, wo an seine Stelle häufig die Gra- nite aus dem Ponteglias- Tobel bei Trons (von der linken Rheinseite treten, s. Mühlberga.a.0.). Im Hegau fand sich öfter eine Varietät aus der Gegend von Dissentis' (weisslich). Gneiss, weiss bis grau, oft Graubünden: KRhein- Wie in ganz Oberschwa- chloritisch und Übergang wald, Selvretta, | ben so auch am Nordrand in Glimmerschiefer. Montafun, der Vergletscherung sehr Ein Stück von Klosters | häufig. ' im Prättigau, eines vom Weisshorn am Flüela. Diorit graugrün. Wahrscheinlich vom Selten. Schwarzhorn in der Rätikonkette. Gabbro. Oberhalbstein (Mar- | Selten. mels). Allenthalben m grossen schiefer mit Schwefelkies pan. Mengen. Oft wegen der und Granaten, Pistazit. eingelagerten Schwefel- Grün bis schwarz, letztere kiese zur Verrostung ge- mehr nach O. Meist fein neigt. geschichtet, selten kry- stallinisch mit Kalkspath. | Auch Übergang in Gneiss und Hornblendequarz(He- gau). | Glimmerschiefer, grünlich, | Selvrettaı, Bündner Häufig. oft mit Schwefelkies. ' Oberland. | | Quarzit, grünlich mit grobem | Graubünden. Quarz. KERN RR: a ———————E Erratische Gesteine. | Verrucano, fein-bis grob. Porphyr aus dem Verruc. Felsitporphyr (B. STUDER),. V.m. Quarzadern, sicher von Röthidolomit, dem V. nahe- | stehend aus den bunten | Schiefern Nagelfluhähnlicher V., ganz grob. Strelakette Bündner Schiefer, oft von | Gangquarz durchzogen. Krystallinischer Kalk (Kon- glomerat) mit Gangquarz. | Kalk und Kalkschiefer, grau und blau, oft mit Quarz und Kalkspath. Oolithischer Kalk, grau und krystallen. Triasisch. Kalkm. Enkriniten (schwarzes Konglomerat). Dolomit aus dem alpinen | Keuper. | Roter Hornstein mit Quarz- adern. Alpine Kreide mit Quarz (Schratten-od.Sewerkalk). Nummulitenkalk. _Fiysch mit Fukoiden. Molassesandstein. Nagelfluh. Basalt und Phonolith. Heimat. Sernfthal, Graubünden (Albula, Davos und sonst). | Mayenfelder Furka bei Davos. ' Bella Luna im Albula- thal. Ilanz a. d. Lugnez. Graubünden. in Grau- bünden. Graubünden, Vorarl- berg. Jura von der Falknis. Meist Vorarlberg. 4 Kreidezbne. blau, oft mit Schwefelkies- | Vorarlberg. Desgl. Oberhalbstein und Vorarlberg, nament- lich vom Rothorn zwischen Hopfreb- nerbadu. Schröcken. Vorarlberg. Sehr verbreitet in den Alpen. Mayenfelder Falknis. Um den Bodensee, ı Zone vom Rigi bis Grünten, und in loco entstanden. Hegan. Bemerkungen. Findet sich überall sehr häufig, besonders im Hegau und am NW.-Rand. _ Häufig. Sehr Kies“). häufig („blaues Häufig. Fand sich nördlich der Donau nicht, doch bei Krau- chenwies ein Block. Selten gefunden. Häufig. Häufig. s. unten. Vergleiche mit dieser Tabelle die Angaben von SrEupeL über die erratischen Geschiebe der unverletzten Moränenlandschaft in Öber- — 123 — schwaben (diese Jahreshefte 1866 p. 104 und Bodenseehefte 1869); (JuEnstenT, Begleitworte zu Bl. Ehingen, Biberach, Laupheim 1876 p- 23 ff. Fraas, Geogn. Beschr. v. Württ. B. u. H. p. 198. Was lehrt uns nun die Tabelle? Zunächst ohne Zweifel, in wie hervorragender Weise selbst die entferntesten Punkte, welche die Gletscher erreichten, von dem geologischen Bau der Alpen ab- hängig ist. Denn nicht nur, dass diese Gesteinsarten sich an be- stimmter Stelle finden, sie tragen auch selbst zur Bildung des Bodens bei: die Gneisse und Granite aus Graubünden liefern, chemisch zer- setzt, ıhres Reichtums an Feldspath wegen ziemlich guten Acker- hoden; das gleiche gilt von den schieferigen Gesteinsarten, der Hornblende und dem Bündnerschiefer. Der Kalk und Verrucano dagegen setzen der Verwitterung grossen Widerstand entgegen, da sie für Wasser fast undurchdringlich sind '. Als Bodenbildner ver- halten sich die Molassesandsteine weniger günstig, mit Jura ver- mischt aber liefern sie recht guten Boden. Von höchstem Interesse ist das Vorkommen erratischer vul- kanischer Gesteine, deren Heimat unzweifelhaft der Hegau ist. Solche finden sich in Gletscherdetritus an der ganzen NW.-Grenze des (letschers. Die nördlichsten Findlinge meinte man bisher bei Mess- kirch gefunden zu haben *; neuerdings fanden sich noch welche bei Dietfurt links der Donau. Allerdings wurden noch 2 vereinzelte Blöcke von Phonolith bei den Bahnbauten von Riedlingen und Ehingen gefunden (s. Fraas a. a. O.). Aber der Fundort beider ist so eigentümlich (sie lagen beide mitten im Thal), dass man einen Transport zu Wasser als wahrscheinlich annehmen muss, als z. B. sich die Vergletscherung bis an das Donauried bei Mengen erstreckte . und sich in dem dortigen damaligen See eine Eisscholle loslöste, welche zufällig diese zwei ganz vereinzelten Blöcke mit sich führte. Eines ist deshalb sicher: ein Strang des Rheingletschers zog vom Hegau nach Norden und NO., nachdem er sich an den be- deutenden Höhen nordwestlich vom Hegau (Hewenegg 814 m) ge- staut hatte?. Bis an die Donau ging er sicher, wie die fortlaufenden erratischen Basalte bei Aach, Liptingen, Messkirch, Sigmaringen beweisen. Ob und wie weit er aber noch von da, gestaut durch die Sigmaringer Alb, nach 0. zog, lässt sich sehr schwer konstatieren. ı Vgl. Bericht an den schweizerischen Bundesrat über die Hocbgehusg: waldungen. Bern 1862 p. 18, 35, 47, 52, 59. ® s. Fraas, Begleitworte zu Hohentwiel. SV @R ee a.a. 0. Na Thatsache ist, dass die Kiesanhäufungen bei Sigmaringen, bei Engels- wies auf ein solches Vorwärtsfliessen zu deuten scheinen (sie haben meist NW.—SO.-Richtung, so dass der Gletscher von SW. nach NO. floss). Bei Wilflingen und Langenenslingen wiederum kann man zweifeln, ob man eine Endmoräne eines von S. kommenden oder die Seitenmoräne eines von W. kommenden Gletschers in den dor- tigen Ablagerungen erkennen soll. Sollte sich aber durch weitere Zeugnisse eine O.-Erstreckung des alten Rheingletschers bis in die Ehinger Gegend nachweisen lassen, so hätten wir vermutlich auch ın den mehrfach erwähnten kleinen Längsthälern regelrecht radiär abfliessende Gletscherbäche zu erkennen. Das Vorkommen der vulkanischen Gesteine in unsern Gebieten erklärt aber auch noch eine andere eigentümliche Erscheinung, näm- lıch das äusserst seltene Vorkommen von Nummulitenkalk und Flysch an der N.- und NW.-Grenze der Gletscher. Sehen wir die Verbreitungsgebiete dieser Gesteine in den Alpen näher an, so finden wir, dass sie ım Rheinthal links nur in mässiger Häufigkeit bei tagatz und stellenweise an den Gehängen der Appenzeller Alpen an- stehen, während das Hauptverbreitungsgebiet neben den Schwyzer und Glarner Alpen, Vorarlberg ist. Der westliche Arm des Glet-. schers also, der beim Verlassen des alpinen Rheinthales links zum Hegau umbog und dort gezwungen wurde sich nach N. und NO. zu wenden, musste notwendig arm an den genannten Gesteinsarten sein, während Aargau und Süd-Württemberg sehr reich sein werden. was ja auch wirklich zutrifft. Zum Schlusse möchte ich noch kurz eine Ansicht Prxer’s be- richtigen, dass nämlich die äusserste Moränenzone „völlig frei© von Seen sei, und dass schliesslich der typische Charakter der Moränen- landschaft so verwischt sei, „dass man nicht mal mehr Moose und Filze antrifft“ (p. 354). Wenn auch in diesen Gegenden unzweifel- haft eine recht grosse Anzahl Seen, weil am längsten den sie schädigenden Einflüssen des Luftkreises ausgesetzt, dem Schicksal. dem alle entgegengehen, bereits verfallen sind, so sind doch noch manche Reste vorhanden, die auf den früheren Reichtum einen Schluss zu ziehen gestatten. Ich will nur die 4 Seen im Wild- park zu Sigmaringen erwähnen, abgesehen von den vielen kleinen Mooren (bei Engelswies, Scheer, Riedlingen ete.). Ich glaube, dass diese Behauptung Prxer’s ebensowenig auf eigener Anschauung be- ruht, wie die Arbeit über Moränenseen von Lüppecke, der man trotz vernichtender Kritik“ noch immer zu viel Beachtung schenkt. Ueber die geographische Verbreitung der Amphibien Deutschlands, insbesondere Württembergs. Von W. Wolterstorff in Halle a. d. Saale. Man hört in unseren Tagen oft die Ansicht äussern, die Zeit der erfolgreichen Thätigkeit freier naturwissenschaftlicher Vereine sei zur Rüste gegangen, eine Förderung der Wissenschaft einzig noch von den zoologischen und botanischen Instituten zu erwarten. Wäre das thatsächlich der Fall, so müsste sich die Teilnahme der „Laien“ an den neuen Forschungen künftig auf die Lektüre der populären Werke beschränken, welche uns über den Fortschritt der Naturwissenschaften auf dem Laufenden erhalten sollen, selbständige erspriessliche Arbeit, wie in früheren Zeiten, wäre ihnen unmöglich gemacht. Eine solche Isolierung wäre aber nur zu beklagen, durch sie würde in Bälde der lebendige Zusammenhang, der jetzt noch vornehmlich zwischen dem gebildeten Laienpublikum und der Zoologie besteht, gelöst werden. Und doch gibt es so viele Aufgaben im Gebiet der beschrei- benden Naturwissenschaften, welche, wie uns in seinem lichtvollen Vortrage H. Sınror# ' belehrt, viel eher von den Laien, den Fach- vereinen, als von den Universitäten zu lösen sind, namentlich in der Biologie und Tiergeographie. Schon hat sich die Überzeugung Bahn gebrochen, dass auch die Lokalfaunen, wenn nur auf sorgfältigem Studium der Arten fussend, für unsere Kenntnis der Tierwelt und ihrer Verbreitung von hohem Wert sein können. Allerdings wird es in der Jetztzeit niemand mehr möglich sein, die ganze Fauna eines noch so kleinen Gebietes selbständig zu bearbeiten, vielmehr ist auch hier eine weise Beschränkung des Stoffes erforderlich, der eine wird ! Über die modernen Aufgaben der naturwissenschaftlichen Vereine. Auf- forderung zur gemeinsamen naturwissenschaftlichen Erforschung der Heimat. Flug- blatt, herausgegeben von der naturforschenden Gesellschaft zu Leipzig. 1889. — 126 — an den Mollusken, jener an den Orthopteren, dieser an den Vögeln reichlich Beschäftigung finden. Gerade in Württemberg ist, unbeschadet der veränderten Ge- staltung der Zoologie in den letzten 30 Jahren, durch den rührigen Verein für vaterländische Naturkunde viel für die systematische Durchforschung der Heimat geschehen, aber auch jetzt noch bietet sıch ihren Jüngern ein reiches Feld der Thätigkeit. Vor allem möchte ich heute die Aufmerksamkeit der Vereins- mitglieder auf eine Tierklasse lenken, welche Leyvıc ! bereits in ein- gehendster Weise mit besonderer Berücksichtigung Württembergs behandelte, ohne doch den Stoff zu erschöpfen: die Amphibien oder Batrachier. Levoıs gebührt unstreitig das Verdienst, als erster den Artenbestand der süd- und westdeutschen Fauna kritisch gesichtet und übersichtlich zusammengestellt zu haben, alle neueren Arbeiten müssen auf seinen Werken fussen. Doch war es damals (1877) un- möglich, über die geographische Verbreitung der einzelnen Formen in und ausserhalb Deutschlands volle Klarheit zu erhalten; aus der norddeutschen Tiefebene lageh nur spärliche und unsichere Verzeich- nisse vor, in Frankreich ward zu jener Zeit eben erst durch FErnann LatastE der Grund zur genauern Erforschung der Amphibien West- europas gelegt, auch aus den östlichen Ländern fehlte es ganz an zuverlässigen Angaben. Seitdem hat sich unsere Kenntnis der palaearktischen Amphibien in jeder Hinsicht sehr erweitert, eine ganze Anzahl neuer Arten und Varietäten wurde, namentlich durch G. A. BouLEnGER, beschrieben und die Verbreitung der schon bekannten näher festgestellt, so dass uns jetzt insbesondere aus Frankreich, Spanien, Italien ein reiches Material für das Studium der geographischen Beziehungen der hier betrachteten Tiere vorliegt. Beispielsweise hat sich die Zahl der bekannten Arten aus der Gruppe der Rana temporaria L. (fusca Rors.), des braunen Gras- frosches, welche im westlichen Anteil der palaearktischen Region und bis Mittelsibirien leben, seit 1877 von drei auf sieben gehoben und haben unsere Anschauungen von ihrer Verbreitung zum Teil eine vollständige Wandelung erfahren, auch die Gruppe der Rana escu- ' Leydig, Über die Molche (Salamandrina) der württembergischen Fauna. (Archiv für Naturgeschichte) Auch separat erschienen. Berlin, Nicolai’s Ver- lag. 1868. — Fr. Leydig, Die anuren Batrachier der deutschen Fauna. Bonn, Cohen’s Verlag. 1877. Eee 27 Va lenta L.. des grünen Wasserfrosches, ist in mehrere Formen von verschiedener geographischer Verbreitung aufgelöst, die freilich meist nur als Varietäten oder Unterarten (Subspecies) zu betrachten sein werden. Ich hoffe in späterer Zeit, wenn erst mehr Materialien und Beobachtungen aus ganz Deutschland zusammengekommen sind, Ge- legenheit zu haben, meine Anschauungen über die Grundzüge der geographischen Verbreitung der palaearktischen und speziell mittel- europäischen Amphibien des näheren zu begründen, hier mögen nur einige Andeutungen Platz finden. Wie man bei den meisten Gruppen der Land- und Süsswasser- tiere Formen des Gebirgs und der Ebene, des Nordens und Südens, Ostens und Westens, endlich Formen von weiter Verbreitung, „Aller- weltsbürger‘, unterscheidet, so betrachtet man auch unter unseren Molchen Salamandra atra Laur., den Alpensalamander, längst als alpine, Salamandra maculosa Laur., den Feuersalamander, und Triton alpestris Laur. (igneus MERR.), den Bergmolch, als Gebirgs-Formen, Triton eristatus Laur., den Kammmolch, und Triton taeniatus SCHNEID., den kleinen Wassermolch, als Kosmopoliten, während Leyvıe Triton palmatus Schxei. (heWweticus Razovm.), den Leistenmolch, mit Recht als westliche Art bezeichnete. Dagegen wurden die ungeschwänzten Amphibien, die Frösche, bisher meist schlechtweg als Kosmopoliten angesehen, nur für Alytes obstetricans Laur., die Geburtshelferkröte, stellte Leypıs die Einwan- derung von Westen her als wahrscheinlich hin, während ihm Rana agilıs Tuom., der Springfrosch, als Form des Südens, Rana arvalis Nivss., der Moorfrosch, als nordisches Tier galt; nach mehreren An- deutungen scheint er letztere Art als Eiszeitrelikt aufzufassen. Eigent- liche Gebirgsformen erkennt Leypıc nicht an, im Gegenteil zieht er einige von den Schweizern als selbständige Arten betrachtete Alpen- formen wieder ein. Meines Erachtens verdienen von den deutschen Fröschen nur Rana temporaria, Bufo vulgaris Laur., die gemeine Erdkröte, Ayla arborea L., der Laubfrosch, den Beinamen „Allerweltsbürger“ mit Recht, da sie nicht nur in ganz Mitteleuropa in der Ebene wie im Gebirge leben, sondern auch in Frankreich, Italien, Russland und Skandinavien heimisch sind. Zwei andere Arten sind zwar in Deutschland fast überall zu finden, fehlen aber den östlich oder westlich gelegenen Ländern, es sind Bufo viridis Laur. (variabilis ParL.), die grüne oder Wechsel-, und .bufo calamıta Laur., die Kreuz- oder Rohr-Kröte. Letztere ist in Mitteleuropa meist selten, ohne doch einer Gegend ganz zu fehlen und findet sich spärlich noch im Weichselgebiet, weiter östlich wird sie vermisst, während sie am Rhein ziemlich häufig vorkommt und in Frankreich und Spanien gemein ist. Bufo viridis umgekehrt ist in Russland, selbst im asiatischen Anteil, in Transkaukasien und Transkaspien, sehr häufig, auch im östlichen und mittleren Deutschland häufiger als Bufo calamıta;, aus dem Rheingebiet wird sie bereits viel seltener angegeben, so ver- misste sie Fr. Mürter bei Basel, MEpıcus in der Rheinpfalz und Leypic bei Bonn, während sie bei Frankfurt nach ©. Koch und beı Kreuznach a. d. Nahe nach L. GEISENHEYNER allerdings noch ziemlich häufig sich findet. Aus Frankreich ist die Wechselkröte erst einmal von BLAncHARD von der Schweizer Grenze angegeben, während sie in Italien sehr gemein ist und die dort völlig fehlende Kreuzkröte ver- tritt. Nach alledem müssen wir BDufo viridis als östliche, Bufo calamita, so gut wie Alytes und Triton palmatus, als westliche Form bezeichnen, trotzdem die beiden Kröten in Deutschland allenthalben nebeneinander, selbst an denselben Plätzen, vorkommen. Mehrere andere deutsche Frösche sind mir bisher nur aus der Tiefebene oder aber den grossen Flussthälern zugegangen, und zwar Rana arvalis', Rana esculenta L. var. ridibunda Parr., der Fluss- frosch *, Pelobates fuscus Laur., die Knoblauchskröte, Bombinator igneus Laur., die echte, rotbauchige Feuerkröte”, und kann ich da- her nicht umhin, sie als typische Bewohner der grossen nordöstlichen Tiefebene zu bezeichnen; sie finden sich — im grossen Ganzen — vom Niederrhem östlich bis an die Wolga oder selbst bis Mittel- ' Wäre R. arvalis Gletscherrelikt, so müsste sie jetzt in Deutschland auf die Alpengegenden, allenfalls noch auf die Hochmoore der Rhön, des Harzes, Oberbayerns, Oberschwabens beschränkt sein, hier ist sie aber noch nie ge- funden! ? Bei Leydig noch unbeschriebene Form. Siehe Boulenger, The german river-frog, Rana esculenta var. ridibunda Pant. (Proc. Zool. Soc. London, 1885, p. 666), ferner W. Wolterstorff, Vorläufiges Verzeichnis der Reptilien und Amphibien der Provinz Sachsen. (Zeitschr. f. ges. Naturwiss., 61. Bd. p. 21.) Auch separat erschienen, Halle a. d, S., Tausch & Grosse. 1888. ® Leydig’s Bomb. igneus ist — puchypus Bor. Siehe Boulenger, On two European Species of Bombinator (Proc. Zool. 1886, p. 499). — Wolters- torff, loc. eit. p. 28. — Boulenger,, Sur la Synonymie et la distribution geographique des deux sonneurs europtens. (Bull. Soc. Zool, de France, t. XTIT, p- 173.) | 0 — ‚asien, vom südlichen Schweden bis in die oberungarische Tiefebene. Es kann nicht meine Absicht sein, schon jetzt die ausführlichen Be- lege für meine Anschauung zu bringen, nur das möchte ich bemerken, dass im Zentrum des besser bekannten Gebiets dieser vier Formen, Norddeutschland, im Stromgebiet der Elbe, Oder, Weichsel, dieselben sich wohl in jeder Gegend finden werden ', während sie an der Grenze ihres Verbreitungsbezirks nicht immer zur gleichen Zeit ver- schwinden. Bombinator igneus fehlt z. B. sicher dem ganzen Fluss- system des Rheins von Bonn aufwärts, das Vorkommen am Nieder- rhein ist auch noch sehr zweifelhaft”, während Rana esculenta var. ridibunda stromaufwärts wenigstens bis Kreuznach und Frankfurt sich heraufzieht, Rana arvalis und Pelobates fuscus bis Basel und Nürnberg vordringen. Als typische Bergform wäre von unseren schwanzlosen Amphi- bien nur Bombinator pachypus Box., die Bergunke, gelbbauchige Feuerkröte (igneus bei Levoıg, bombinus in m. Verzeichn. Sachsen) zu nennen. Die Art kommt in ganz Mitteldeutschland entschieden nur in hügeligen oder gebirgigen Gegenden vor, bloss im oberrhei- nischen Becken scheint sie ständig in die Ebene herabzusteigen und hier B. igneus zu vertreten. Doch ist zu beachten, dass auch Alytes obstetricans, der westliche Einwanderer, in Deutschland nur im Berg- und Hügelland sich findet, wie bereits ©. Koch an- gibt, der die Art nie mit Pelobates fuscus, der entschiedenen Thal- form, zusammenfand. Schon oben wurde erwähnt, dass Rana agılis ein Glied der südlichen Fauna ist. Über die Verbreitung dieses interessanten Tieres in Europa werde ich an anderm Ort Gelegenheit haben, mich aus- zusprechen; im Deutschen Reich ist der Springfrosch eine grosse Seltenheit, Strassburg und Würzburg” sind bisher die einzigen sichern Fundorte, wohin die Form aus Frankreich gelangt sem dürfte. Die geographischen Beziehungen eines unserer häufigsten Frösche endlich, Rana esculenta var. typica (viridis Rors.) sind noch in ein ' Vergleiche auch W olterstorff, Die Amphibien Westpreussens. (Schrit- ten der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. VII. Bd. 2. Heft. 1889.) ? Boulenger hält das Tier daher geradezu für eine östliche Form. > F, Leydig, Triton helvetieus und Rana agilis. Beitrag zur Kenntnis der Tierwelt Frankens. (Verhdl. Phys.-med. Gesellsch. Würzburg 1888. N. F. Pd. XXIE Nr. 6.) Auch separat zu beziehen,. Stahel’s Verlag, Würzburg. — “ F. Leydig, Einiges über unsere braunen Frösche. (Zool. Anzeiger 1889, Nr. 299.) Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1890. 9 — 10 ° — gewisses Dunkel gehüllt. Die Form scheint dem Südwesten und Südosten Europas zu fehlen, findet sich sonst in Europa wohl allent- halben in Gebirge und Ebene, ist aber in den norddeutschen Niederungen im Verhältnis seltener als im Süden, da mit ihr die grössere Form, R. eseulenta var. ridibunda', in Konkurrenz tritt, ich möchte daher die Form für jetzt um so weniger als Allerweltsbürger bezeichnen, als die Möglichkeit weiterer Eimtheilung der var. {ypica nicht aus- geschlossen ist. An den hier vorgebrachten Anschauungen dürfte, soweit es die südlichen, westlichen und östlichen Formen betrifft, schwerlich noch jemand Anstoss nehmen, sie gingen von Männern wie Leypıs und BoULENGER aus und sind noch nie widerlegt. Neu ist dagegen, wenig- stens teilweise, meine Auffassung der Formen der Tiefebene (und der Berglande) und wäre es mir nur erwünscht, wenn diese Frage auf Grund sorgfältiger Beobachtungen einer strengen Kritik unter- worfen würde. Gerade Schwaben eignet sich durch seine Lage zur vorurteillosen Prüfung meiner Theorie auf dem Boden der Praxis. Bei seinem Wasserreichtum —#von der Alb abgesehen — der Mannig- faltigkeit der Bodenverhältnisse, der Verschiedenheit des Klimas ist anscheinend die Ansiedelung aller Arten Amphibien sehr erleichtert, und in der That finden wir hier alle 5 deutschen Molche, unter welchen aber keiner ausschliesslich der Ebene angehört, auch alle Frösche, welche das Bergland nicht geradezu meiden, sind in Würt- temberg nachgewiesen, mit alleinige Ausnahme des jetzt noch ver- vermissten Alytes. Aber für Formen der Tiefebene liegen die Verhältnisse minder günstig. Wohl kommuniziert Schwaben ausser der Tauber, durch 3 Wasserwege mit der Ebene, die Donau, den Rhein (durch den Bodensee), den Neckar. Aber die Donau fliesst von Ulm bis Wien, wo zum erstenmal, soweit bisher bekannt (die Strecke ist so ziem- lich terra incognita), Formen der Tiefebene auftreten, meist durch Hochebene oder Bergland, das Aufwärtsdringen jener Formen an ihr entlang ist daher unwahrscheinlich. Das Rheinthal enthält ebenfalls bei Basel noch zwei Formen der Ebene, von dort an aufwärts nimmt die Landschaft aber wilderen Charakter an, es folgt der Durchbruch der Jurakette mit dem Rheinfall, das weite Bodenseebecken endlich ist schon ganz subalpin. Am wahrscheinlichsten könnte die Ein- + ! Von esculenta var. typ. durch schwachen nicht seitlich zusammengedrückten Fersenhöcker und das stete Fehlen der tiefgelben Flecken auf der Hinterseite der Schenkel, welche die meisten Stücke der var. typ. besitzen, verschieden. —. Di wanderung der Formen aus der oberrheinischen Tiefebene noch durch das Neckarthal erfolgen, doch wird dies enge, von hohen Bergen eingeschlossene Durchbruchsthal bei Heidelberg gewiss nicht nur den Pflanzen!, sondern auch vielen Tieren den Weg ver- sperren, die etwaigen Einwanderer aber würden in dem fast aus- schliesslich hügeligen Terrain des Unterlandes schwerlich heimisch werden. Ein Vergleich des Neckars und Mains in dieser Hinsicht ıst unzulässig. Der Main führt eine bedeutendere Wassermenge, sein Thal ist breiter, ein eigentliches Durchbruchsthor hat er in seinem mittleren und unteren Laufe nicht zu passieren, und vollzieht sich der Übergang der Ebene von Frankfurt und Hanau in das Hügel- und Bergland in ganz allmählicher Weise. Der Seitenfluss des Mains, die Regnitz, führt zwar weniger Wasser, seine Auen sind aber bei der langsamen Strömung des Flusses und der breiten Thalweitung recht wohl für die Ansiedelung der fremden Gäste geeignet, so dass das Vorkommen von Pelobates und Rana arvalis bei Nürnberg und Erlangen nicht Wunder nehmen kann. Aus allen diesen Gründen ist zu vermuten, dass die Formen der Tiefebene in Schwaben fehlen. Was aber bis jetzt, nach dreissig- jähriger Durchforschung des Gebietes, über die Amphibienfauna be- kannt geworden ist, entspricht dieser Annahme durchaus. Bombinator igneus, der ja auch am Oberrhein fehlt, ist von vornherein nicht zu erwarten, aber auch Rana esculenta var. ridibunda, Rana arvalıs und Pelobates fuscus sind bis jetzt nicht gefunden und bezweifle ich, dass man sie noch finden wird — wenn nicht durch Einwanderung in neuester Zeit. Am ehesten möchte ich ihr Vorkommen noch ın der Gegend von Heilbronn, am unteren Neckar, oder im Tauberthal vermuten, dort hat aber Leyvıs schon vergeblich nach Moorfrosch und Knoblauchskröte gefahndet. Der Fund jeder dieser drei Formen in Schwaben würde unter allen Umständen hohes Interesse bean- spruchen und wollen daher die geehrten Vereinsmitglieder nicht versäumen, alle Tiere, die ihnen zu diesen Seltenheiten zu gehören scheinen, dem Vereinsmuseum zu übermitteln. Gleiches gilt auch von Rana agilis und Alytes, doch möchte ich von vornherein bemerken, dass ich an das Vorkommen ersterer Art nicht glaube, letztere könnte viel eher um den Südfuss des ı Hoffmann, Nachträge zur Flora des Mittelrheingebietes. I. (18. Be- richt der oberhess. Ges. für Natur- und Heilkunde. Giessen 1879. p. 11.) 9% — 12 — Schwarzwaldes (wo sie bei Freiburg häufig ist) herum, zunächst in die auf schwäbischem Gebiet liegenden Ausläufer dieses Gebirges vordringen, auch ıhre Einwanderung von Vorarlberg, wo sie sicher mit Tr. palmatus zugleich vorkommt, in Oberschwaben wäre leicht möglich, wie es bei Salamandra atra, schon der Fall war. Ihr Fehlen in Württemberg ist um so merkwürdiger, als sie in Norddeutschland, wie Triton palmatus, in den Gebirgsstrichen vom Westerwald bis zum Harz beobachtet wurde, freilich überall ziemlich selten. Ein Verzeichnis der bisher in Württemberg mit Sicherheit fest- gestellten Amphibien lasse ich hier folgen, ihm liegen Lryvıe’s Arbeiten zu Grunde. Vervollständigt ward dieselbe durch eine Liste der in- teressanteren Formen, die ich selbst in den zoologischen Sammlungen zu Stuttgart und Tübingen einzusehen Gelegenheit hatte, einige wenige Beobachtungen im Felde rühren von Herrn Prof. Dr. Krımmer und mir her. Leicht wäre es mir möglich gewesen, durch Nach- forschungen bei meinen Korrespondenten und besonders durch eine sorgfältige Analyse der zahlreichen Fundortsangaben, die meist in gelegentlichen Bemerkungen und Notizen niedergelegt wurden, aus diesen Jahresheften die Liste beträchtlich zu vermehren, doch schien es mir richtiger, diese schwieriger zu kontrollierenden Mitteilungen einer späteren, ausführlicheren Arbeit vorzubehalten. kana esculenta L., var. typica, den grünen Wasserfrosch, eitiert Leypıg aus Württemberg von Tübingen und Rottweil, die Beschreibung passt auf die var. typica. Ich selbst fing die Form nur einmal, Herbst 1889, auf dem Spitzberg bei Tübingen in einem jungen In- dividuum, erhielt aber schon 1888 eine grössere Anzahl lebender Tiere von Kirchentellinsfurt am Neckar durch die Güte des Herrn Prof. Dr. KrınveL in Reutlingen. Der kräftige Fersenhöcker, die gelben Flecken auf den Hinterschenkeln der meisten Stücke wiesen mit Bestimmtheit auf die var. typica hin, zu der gleichen Form gehören alle Spiritusexemplare des Tübinger Museums und der Sammlung des Vereins für vaterländische Naturkunde in Stuttgart. In Tübingen | liegen nur Stücke von Tübingen selbst, dagegen enthält das Stutt- garter Kabinet eine reiche Kollektion, und zwar aus dem Unterland von Kreglingen, Stuttgart, Degerloch, aus dem Schwarzwaldanteil von Calw, aus Oberschwaben von Ried bei Schussenried, Waldsee, — 153 — Warthausen, Weissenau bei Ravensburg, Degelmoos bei Wangen im Alleäu '. Rana temporaria, Hyla arborea, bufo vulgarıs beanspruchen als Kosmopoliten zur Zeit kein tieferes Interesse, nur das Vorkommen in besonders öden und wasserleeren Strichen, überhaupt unter un- gewöhnlichen Umständen, verdient Aufzeichnung. | Bufo viridis ist nach Leypis um Tübingen ziemlich häufig, ım Tübinger Museum liegen ausserdem Exemplare von Winnenden, in der Stuttgarter Sammlung von Winnenthal, Waiblingen, Stuttgart, Bubenbad, Kirchheim a. d. Teck vor. Bufo calamita gibt Leypıc aus der Tübinger Gegend von Spitz- berg, Roseck, Waldhäuser Höhe, Pfrondorfer Höhe an, in Stuttgart sah ich ferner Stücke von Waiblingen, Kirchheim und Waldsee ın Oberschwaben. Beide Kröten dürften in Schwaben gleich häufig sein, doch wären weitere Beobachtungen angezeigt, vor allem wäre zu prüfen, ob im westlichen Teil, in der Gegend von Calw und Rott- weil. Bufo viridis seltener wird. Bombinator pachypus erhielt ich in lebenden Stücken zum ersten- mal 1888 von Herrn Prof. KrınmeL in Reutlingen, ferner sah ich solche bei Herrn Pfarrer Enger in Eislingen, ich selbst fing die Art bei Kirchheim u. d. Teck, Eningen a. d. Achalm, auf dem Spitzberg bei Tübingen. Spiritusexemplare lagen im Tübinger Museum nur von Tübingen, in der Stuttgarter Sammlung von Kreglingen, Stuttgart * vor; Leypıc, der die Art, wie erwähnt, mit BD. igneus verwechselte, führt noch Weilheim und Metzingen als Fundorte an. Die Art ıst zweifellos in Württemberg sehr gemein, doch wäre eine Vervollstän- digung der Suite nur zu wünschen. Salamandra maculosa ist in Württemberg eine häufige Erschei- nung, das Tier findet sich bei Tübingen nach Levvie z. B. im Schön- buch, Burgholz, an der schwäbischen Alb, wo es gemein ist, bei Urach, ich selbst fing den Feuersalamander im Teufelsloch bei Boll. Von Interesse ist die Feststellung seines Vorkommens nur für ebene. und waldlose Strecken des Unterlandes und der Alb. ! Eine genauere Prüfung aller dieser Stücke würde wohl einige Unter- schiede ergeben, so schienen mir die lebenden Individuen von Kirchentellinsfurt etwas von der var. typica abzuweichen, es handelt sich aber höchstens um Lokal- varietäten. Auf Rana esculenta var. ridibunda ist nicht ein Stück zu beziehen, doch ist weiteres Material sehr erwünscht. ? und Warthausen in Oberschwaben, doch sind diese Stücke kaum bestimm- bar. Weitere Einsendungen aus Oberschwaben wären daher sehr willkommen. — 14 — Salamandra atra ist in Württemberg bisher nur aus dem sub- alpinen Teil Oberschwabens bekannt, ich sah die von LeypIe er- wähnten Tiere vom Schwarzen Grat (Adelegg) bei Isny im Tübinger Museum. Auf die Wichtigkeit weiterer Funde dieser Art brauche ich wohl nicht besonders aufmerksam zu machen. Triton eristatus, alpestris und taeniatus” kommen nach Leyvıc um Tübingen vor, sie werden in Württemberg, wie in ganz Süd- deutschland, kaum irgendwo fehlen, doch scheint Tr. alpestris ganz ebene, waldlose Striche zu meiden. Triton palmatus (heWweticus), welcher durch Leypıe zuerst im Schönbuch bei Bebenhausen unfern Tübingen nachgewiessn wurde, hat sich später auch bei Reutlingen, am Mummelsee, Herrenwieser See”, Wilden- und Mummelsee gefunden, von letzteren Orten liegen Stücke in der Stuttgarter Vereinssammlung, nach Graf von SCHELER lebt er auch im Goldersbachthal bei Bebenhausen. Meiner Ansicht nach wird sich die Art in Württemberg überall fmden, wo die Lebensbedingungen, waldiges, sumpfiges Terrain gegeben sind, also nicht nur längs des ganzen Schwarzwaldes, sondern auch längs der ganzen Alb und in ihren bewaldeten Vorlanden, wie im Schönbuch, das Vorkommen in Oberschwaben (von Vorarlberg aus?) ist nicht unwahrscheinlich, da WIEDEMAnN* die Art von Augsburg, doch als grosse Seltenheit angibt, nördlich von Württem- berg lebt Tr. palmatus, z. B. im Spessart”. Immerhin ist das Tier nicht als häufig zu betrachten und jeder neue Fundort von hohem Interesse. Halle a. d. Saale ım Februar 1890. ' Über diese beiden Arten wurden im Stuttgarter Museum keine Notizen gesammelt. ° Fundorte wurden von mir weder in Tübingen noch in Stuttgart notiert. ® Leydig, Tr. helvet. und R. agilis. (Verhdl. Würzb. Ges. 1889.) * Wiedemann, Die im Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg vor- kommenden Kriechtiere und Lurche. (Naturhist. Ver. Augsburg 1888.) eLesdir, loc..ecit, — 15 — Bemerkung. Salamandra atra Laur. ist in der württembergischen Vereins- sammlung in Stuttgart aus Isny vorhanden und von mir im Eisen- bachthal am Fuss der Adelegg gesammelt; sie kommt überall am Schwarzen Grat vor. Ebenso sind von Salamandra maculosa Lavr. und von Triton ceristatus Laur., Tr. alpestris Laur. und Tr. tae- ‚hniatus ScHn. mehrere Exemplare jedesmal mit Angabe der Fund- orte in dieser Sammlung vorhanden und viele von mir selbst ge- sammelt. Ich habe überhaupt seit 1850, als ich für den Verein mit Auf- stellen der zoologisch-biologischen Sammlung Württembergs begann, es mir zur Aufgabe gemacht, von allen durch die Vereinsmitglieder gestifteten und von mir selbst gesammelten Arten stets den Fund- ort, die Zeit und den Sammler anzugeben, und darüber bis heute Zuwachs-Journale und systematische Kataloge geführt. Stuttgart im Februar 1890. Dr. F. Krauss. Naturwissenschaftlicher Jahresbericht 1888. Zusammengestellt von Dr. Frhr. Richard Koenig-Warthausen. Diesem vierten Berichte ist Folgendes voranzustellen. Mit der letztmaligen Veröffentlichung wurde — theils um die Herrn Bericht- erstatter nicht zu sehr zu drängen, theils um für die Zusammen- stellung Zeit zu gewinnen — damit begonnen, nicht mehr sofort das eben abgelaufene, sondern das diesem vorangegangene Beob- achtungsjahr in Behandlung zus nehmen. Diese Rücksichtsnahme hat sich durchaus nicht bewährt. Nur wenige Berichte sind unein- gefordert und rechtzeitig, d. h. im Sommer 1889, eingelaufen, in ihrer Mehrzahl waren sie erst im December, ja theilweise im Januar 1890 zu erhalten, einige sind überhaupt ausgeblieben. Die Über- hastung, welche vermieden werden wollte, ist somit die gleiche ge- blieben und auch die Quellen sind theilweise sparsamer geflossen. Es wird also m Zukunft Aufgabe sein, die Berichte möglichst früh- zeitig zu beschaffen, schon weil bei einer zu späten Abfassung der- selben Manches in Vergessenheit geräth. Dasjenige, was weiter nachfolgen soll, werde ich also bemüht sein, möglichst bald zur Hand zu bekommen. Nach wie vor werde ich (im Einverständniss mit der Redaction der Jahreshefte) das mir Zugehende nicht bloss blindlings zusammenschreiben, sondern, soweit ich Zweifel oder andere Ansicht habe, mich bestreben, „sanfte Kritik“ zu üben. Des Wohl- wollens aller Mitwirkenden bin ich hiebei im Voraus versichert und die verehrten Herın Collegen auf diesem Felde werden mir nicht im Ernst verübeln, wenn ich, wie schon letztmals geschehen und be- merkt, mich ausser Stand erkläre, noch während der Zusammen- stellung weitläufige Correspondenzen über einzelne Fragepuncte. zu führen. In gefälliger Weise haben mich wiederum unterstützt die Herrn: med. Dr. Hopr (Plochingen), med. Dr. Sarzmann sen. (Esslingen), a Fasanenmeister ReınsoLp (Härdtle bei Weilimdorf), Forstrath HEr- DEGEN (Leonberg), Oberförster Frisoriv (Bietigheim), Fabrikant L. Lisk (Heilbronn), med. Dr. Wuru (Teinach), Oberförster Tneurer (Sim- mersfeld), Lehrer Unser (Osterhofen), Oberförster Innor (Wolfegg), Revierförster WENDELSTEIN (Kisslegg), Pfarrer Dr. Progst (Essendorf), Oberförster Frank (Schussenried), Oberförster Prosstr (Weissenau), Oberförster VöLter (Ochsenhausen), Oekonom A. AngeL£ (Risshöfen). Von den Standesherrschaften Fürst WALDBURG-ZEIL-TRAUCHBURG und Graf Quaopr-Wyckrapr-Isny wurden Schusslisten mitgetheilt. Inner- halb meiner eigenen Familie haben die schon wiederholt Genannten mitgewirkt. Vögel. 1) Pandion haliaötos Savıcn. L., Fischadler. Wolfegg: ein vereinzeltes Stück besuchte den Sommer über, fischend, öfters den Rohrsee. 2) Buteo vulgaris Becnst., Mäusebussard. Warthausen: 1 St. 5. Januar im Thal, 6 St. beisammen 6. Januar beim „Burren“ (Biberach). Osterhofen: 21. Januar rufend im „Haslach“, horstend im April im untern Wald und in der „Kuhreute“. Wolfegg: „Stocker“ ; allgemeiner Brutvogel; 10.—12. März mehrere angekommen; im Juni hat ein Bussard im Schlag Heinrichsbühl einen jungen Hasen geschlagen. Weissenau: hat im Schussenthal heuer häufig gebrütet; 4—5 Horste mit 3—4 Jungen wurden wegen eines Fasanengeheges zerstört; noch Ende Juli Bruten vorhanden. Weilimdorf: 13. Mai 1 St. im Habichtskorb gefangen. Teinach: häufig; erstes Schreien und Kreisen 12. März. 3) Milvus regalis Brıss., Königsgabelweih. Warthausen: 1 St. 16. April. Osterhofen: selten, 1 St. 17. August. Wolfegg: ist ganz selten und brütet nicht. Weissenau: angekommen 28. März, aber nicht heimisch. Schussenried: erste Beobachtung 16. März. Bietigheim: sehr selten und heuer nicht beobachtet. Teinach: Brutvogel um Sommenhardt und Liebelsberg (nicht M. ater Cuv. Gu., wie vorjährig irrthümlich sich einschlich). 4) Pernis apivorwus Cwv. L., Wespenbussard. Wolfegg: brütet in der Umgegend jedes Jahr in mehreren Paaren; im September im Wald von Waldburg von Oberf. Inhor ein Stück aufgejagt, das eben ein junges Häschen verzehrt hatte. — 1358 — Dieser sonst vorzugsweise von schädlichen Insecten, Reptilien und Mäusen lebende, seltenere Vogel hat wiederholt auch bei Wart- hausen gebrütet; ein altes Männchen erhielt ich hier vom Horst bei Königshofen 21. Juni 1855, 2 frische Eier 10. Juni 1850 aus dem Risshöfener Wäldchen (ebensolche 19. August 1851 von Mühl- heim a. Donau). EIf complette Gelege, gesammelt 1851 —55 zwi- schen 3. Juni und 2. Juli, sind aus dem Schönbuch (Unterland), ebendaher 4. August 1851 ein Nestjunges ım Dunenkleid, weitere Eier vom Hipfelhof bei Heilbronn (1850) und ein junges Sommer- Männchen (1855) von der Schlotwiese bei Kornthal. 5) Falco peregrinus L., Wanderfalk. Osterhofen: angeblich im September von Oberf. RuoMBERG in Waldsee geschossen. Wolfegg: kommt jeden Herbst im Durch- strich, sparsam und sehr scheu, vor. Weilimdorf: in der K. Fa- sanerie 1 St. beobachtet. 6) Hypotriorchis subbuteo Bow L., Baumfalk. Wolfegg: in einzelner? Paaren brütend, aber immer seltener. 7) Cerchneis tinnunculus Bo L., Thurmfalk. Wolfegg: seit etlichen Jahren Brutvogel, z. B. ein Paar im Heustadel am Grünenberg-Weiher; überwinternde sind nicht beob- achtet. Weissenau: hat heuer im Wald Hüttenberg sebrütet, ebenso bei Bavendorf; die Horste waren „aus Mörtel und Zweigen zusammengemauert“. Weilimdorf: seit 1. April war ein altes Krähennest belegt, das 4. Mai 4 Eier enthielt und aus dem 24. Juni 4 Junge genommen wurden; in einem zweiten Krähennest waren 8. Mai 5 Eier; an beiden wurde je ein Alter geschossen. Leon- berg: Anfang Januar und Ende December beobachtet. Heilbronn: 23. April auf einer Pappel bauend, Anfang Mai brütend, Mitte Juni fütternd. 8) Astur palumbarius Brıss., Hühnerhabicht. Osterhofen: 21. April und 28. August bei Berichterstatters Wohnhaus. Wolfegg: noch einzelne Paare im Revier, in Folge grosser Nachstellung immer seltener. Weissenau: rief schon 15. Februar; die alten Horste wurden nicht bezogen, zwei neue im Schussenthal enthielten erst im Juni je 2 Junge. Weilimdorf: in der K. Fasanerie „Härdtle“* wurden 28. März ein „blauer“, im April 2 „gelbe“ geschossen, im Herbst bis Mitte October 11 St. im Habichtskorb gefangen. Teinach: bisher nur zeitweise beobachtet. — 80. — 9) Astur nisus Lac. L., Sperber. Osterhofen: 7. und 27. December beobachtet, im August täglich bei der Waldkapelle St. Sebastian (761 m.). Wolfegg: häufiger als der vorige; Winters auch den Rephühnern gefährlich; besucht die Futterplätze der Kleinvögel am fürstlichen Schloss. Weissenau: hatte im Mai auf einer Fichte 5 m. hoch auf 5 Eiern zu brüten begonnen. Anmerkung. Bezüglich der Falconiden herrscht bei Laien und auch bei vielen Jägern ziemliche Verwirrung und Unkenntniss. Das Jagdregister von Zeil hat z. B. in Raubzeug eine Columne für .„„grosse, Blau-, Mauer- und Edelfalken“, eine andere für „kleine, Habichte, Sperber und Thurmfalken“ ; grössere wurden 2 St., klei- nere 9 St. ın den Jagddistrieten Zeil, Altmannshofen und Hienlis- hofen geschossen. Der „Silberfalke“ (Erbach) ist der ganz alte männ- liche, der „Rothfalke“ der junge, noch rostroth queergestreifte Sper- ber oder auch der männliche Thurmfalk. Im Ried bei Osterhofen wurde ein „Hack“ beobachtet, der bei der Grösse des Hühnerhabichts vollständig weiss mit schwarzen Schwingenspitzen gewesen sein soll; vielleicht die weissliche Spielart vom Mäusebussard? Ein von dort (Kuhreute 17. August) angegebener, vom Sperber unterschiedener kleiner Falke mit grauschwarzem Rücken war vielleicht ein Baum- falk, man kann aber in allen Zweifelsfällen nicht vorsichtig genug sein. 10) Strix flammea L., Schleiereule. Wolfegg: Brutvogel. Weissenau: vereinzelt, auch auf dem Hof Rehlen; eine Brut diessmal nicht bestätigt. 11) Syrnium aluco Savıcn. L., Waldkauz. Osterhofen: ziemlich häufig. Wolfegg: hat nächtlicher Weile schon öfter den Taubenschlag besucht und jungen Tauben die Köpfe abgerissen und sie angefressen *. 12) Athene noctua Bois Rerz, Steinkauz. Osterhofen: spärlich. Weilimdorf: 23. und 24. Juni ein altes Käuzchen in einer Bretter-Hohlfalle gefangen und 4 vollständig flügge Junge, die sich ganz ruhig nehmen liessen, aus einem hohlen Weidenbaum geholt. 13) Otus vulgaris Frem., Waldohreule. Warthausen: ruft 20. Februar; 16. Mai flügge Junge. Oster- hofen: ziemlich häufig. Wolfegg: brütend. Weissenau: ruft * Hat anderwärts schon friedlich zwischen Tauben gebrütet. — 140 — im Januar und Februar, wohl nur ungepaarte Männchen, weil nach- her sehr selten. Weilimdorf: 3. Mai ein Nest mit vier etwa zehn- tägigen und Tags darauf ein solches mit drei 2—3 Tage alten Jungen nebst 2 Eiern. Leonberg: Paarungsruf 9. Februar im Gerlinger Wald. 14) Otus brachyotus Guv. Forst., Sumpfohreule. Wolfegg: Brutvogel in den mit Legföhren („Riedforchen“) be- stockten Mösern. 15) /ynx torquella L., Wendehals. Warthausen: 15. Mai im Schlossgarten rufend. Wolfege: alljährlich ruft 1 St. von Anfang Mai an einige Wochen lang in den, Gärten, ohne dass eine Brut ermittelt werden konnte. Weissenau: | nicht so häufig wie sonst im Mai in den Gärten gehört. Plochingen: 16. April allgemein da. Esslingen: Ankunft 14. April. Heil- bronn: ruft 21. April im Lme’schen Garten, unterliegt aber gegen Kohlmeisen beim Streit um den Nistplatz; einen solchen suchend 13. Mai im Friedhof; schon im Vorjahr wurden wegen Mangel an Nisthöhlen besonders grosse und tiefe Kästchen im Garten angebracht, bis jetzt ohne Erfolg. 16) @ecinus viridis Bo L., Grünspecht. Osterhofen: wiederum häufig beobachtet. Wolfegg: nicht häufiger Standvogel. Weissenau: häufiger Brutvogel, rief zeitig im Januar. Plochingen: 14. März lebhaft trommelnd. Simmers- feld: seltener als der Schwarzspecht. 17) @ecinus canus Bow L., Grauspecht. Wolfeeg: häufiger als der vorige. Heilbronn: mehrere den Winter über im Wiesenthal bei der Stadt, ebenso 22. Januar an den Landstrassen. Simmersfeld: ab und zu an den alten Verschalungen der Häuser, welche er (z. B. bei Bauer WaipeLicn in Eltmannsweiler) nach Insecten suchend, fast ganz weghämmert. 18) Dryocopus martius Bo L., Schwarzspecht. Osterhofen: öfters beobachtet. Wolfegg: Standvogel in Altholzbeständen, auf den letztjährigen Schlag-Linien nach den Lar- ven der Rüsselkäfer u. s. w. fleissig suchend. Weissenau: heuer auffallend selten und in seinem sonstigen Verbreitungsbezirk, Staats- wald Schwende und Eggen bei Grünkraut kaum gehört. Simmers- feld: auffallend häufig, jedes Paar unduldsam sein eigenes Revier einhaltend; 3 St. wurden erfroren auf dem Schnee gefunden. — 141 — 19) Picus major L., Grosser Buntspecht. Warthausen: 2—3 St. den Winter über am Futterbrett; 1 St. 17. Januar zerrissen im Schlossgarten gefunden. Osterhofen: wie immer. Wolfegg: die häufigste Art; dass dort zwei Bruten stattfinden sollen, stimmt nicht zur Gruppe und erklärt sich wohl durch spätes Brüten in Folge von Störungen. Weissenau: zu Be- einn der Brutzeit wie sonst bei Mariathal, aber kein Nisten con- statirt, im Herbst mehrfach im Schussenthal bei Grünkraut. Heil- bronn: ganz wie N. 17. Teinach: ziemlich häufig; 21. December bearbeitete ein Rothspecht bei Emberg einen hängen gebliebenen, gefrorenen (nachher untersuchten) Apfel auf seine Kerne. 20) Picus minor L., Kleiner Buntspecht. Wolfegg: ein Pärchen auf einer alten Eiche am Langarten im Frühjahr mehrmals gesehen, auch herumkletternd an einer Garten- mauer. Weissenau: im April nur einmal bei Mariathal an den Linden trommelnd bemerkt. Plochingen: 11. März erstmals trom- melnd. Teinach: 12. Januar in Dr. Wurm’s Garten. 21) Cuculus canorus L., Kuckuck. Der erste Kuckucksruf im April wurde verzeichnet 15.: Weis- senau (ziemlich häufig), Solitüde. 16.: Kisslegg, Warthausen. 17.: Schussenried, Plochingen, Bietigheim. 19.: Essendorf. 20.: Heilbronn (ein Paar im Wiesenthal am Neckar, 10. Juni im . Wald sich stark treibend). 22.: Zeitungscorrespondenz „von der Tauber“. 23.: Osterhofen, Ochsenhausen. 24.: Simmers- feld. 30.: Wolfegg, wo die Verspätung mit kalter Witterung bis 28. d. M. und allgemeinem Verstummen der Singvögel in Zusammen- hang gebracht wird. Letzter Ruf ist von Leonberg 25. Juli notirt. Öberf. FrisoLım traf im Besigheimer Wald 4. Juni einen jungen Kuckuck im Nest eines Rothkelchens, das in eine Brunnenleitung gebaut hatte. 22) Alcedo ispida L., Eisvogel. Warthausen: 11. September und 24. December je 1 St. an der Riss. Osterhofen: 20. December (1887) 2 St. im Ried an der Aach. Weissenau: wird an der Schussen immer seltener; Junge fanden sich am Grenzbach. x 23) Upupa epops L., Wiedehopf. Weissenau: 23. April erstmals rufend, später nicht mehr be- obachtet. Plochingen: 19. April erster Ruf. Weilimdorf: 17. Ru April erstmals gesehen, 25. April gehört. Bietigheim: Ankunft 23. Apnil. 24) Caprimulgus europaeus L., Ziegenmelker. Simmersfeld: ein Paar wurde den Sommer über beobachtet. 25) Cypselus apus Iruie., Mauersegler. Warthausen: Ankunft 24. April Morgens: je 2 hochbebrütete Eier weggenommen 2. und 6. Juni. Osterhofen, Wolfegg. Kisslegg: Ankunft 8. Mai. Weissenau: 30. April, Abzug 4. August. Ochsenhausen: 29. April. Plochingen: allgemeines Eintrefien 30. April. Weilimdorf: erstmals gesehen 4. Mai. Bietigheim: Ankunft 26. April, 1.—30. August truppweise. Heilbronn: 23. April im Fabrikhof fliegend: 2. Juni auf 1 Ei sitzend, während 3 Eier daneben lagen. 26) Ühelidon urbica BoıE L., Hausschwalbe. Warthausen: 18. April überall: 22. April eine auf ein Eich- horn stossend; 1. September sammeln sie sich mit den Rauch- schwalben, 14. October nochsin Menge, 19. d. M. noch einige da. Osterhofen: 4. Mai sehr zahlreich. Wolfegg: 8. Mai eingetroffen. Weissenau: 20. April ebenso, jedoch ohne vorerst an den Nestbau zu gehen. Plochingen: 27. April mehrfach: 10. October eine junge halberstarrt aus dem Nest gefallen. Heilbronn: Ende April an- gekommen, 27. Mai allgemein bauend. Teinach: 16. April 1 St. in Röthenbach, 21. d. M. im Thal: Rückzug 25.—29. September, 6. October noch grosse Schwalbenschwärme am Wildbader Kopf: viele Junge sind aus Insectenmangel verhungert. Simmersfeld: 29. April. 27) Cotyle riparia Bow L., Uferschwalbe. Warthausen: 28. April an den Nistlöchern der Kiesgrube gegen Biberach weniger zahlreich als im Vorjahr. Plochingen: 4. Mai ein Paar am Fils-Canal. Esslingen: 21. April. Heilbronn: die Sandgrube beim Salzwerk war 14. Juni ohne Nester. 28) Hirundo rustica L., Rauchschwalbe. Warthausen: 7. April eine an der Riss, Tags darauf 2 St. am Bahnhof. Osterhofen: erstmals 24. April; erste Sammlung zum Abzug 20. August, letzte Schwalbe 7. October (Schnee und kalt). Wolfegg: Ankunft 16. April, Abzug 19. und 20. September in grossen Zügen. Weissenau: erste 3. April, allgemeine Ankunft Ser 11. d. M., Abzug gegen Ende September, doch sah man noch ziem- liche Mengen bis 20. October. Ochsenhausen: 18. April. Plo- chingen: erste 3. April, allgemein 10. d. M.:; 7. October noch ein- zelne fliegend. Esslingen: 18. April. Bietigheim: 14. April; Wegzug 1.—15. September. Heilbronn: angekommen gegen 15. Apnil, bauend 18. und allgemein 24. d.M. Simmersfeld: Ankunft 31. April, Sammlung 24. September. Notizen ohne Nennung der Art sind folgende. Kisslegg: 11. April wurden zwei vor Kälte ermattete Schwalben in einem‘ Haus gefangen. Schussenried: erste Schwalbe 7. April und Essen- dorf: 25. April. Von Heidenheim wird in den Blättern gemeldet, dass 8. April bei —14” Cels. erfrorene Bachstelzen und Schwalben gefunden wurden und „von der Tauber“ ist unter 22. April die Anwesenheit der Schwalben bei vollem Frühling berichtet. Nach einer Zeitungsnotiz von Affaltrach (Weinsberg) haben sich dort die Schwalben 15. April eingestellt und aus dem Kocherthal wird 17. August geschrieben, in Folge des anhaltenden Regenwetters seien viele junge Insectenvögel, namentlich Schwalben verhungert; Ein- sender habe selbst dem Schwalbenpaar. im eigenen Hause (H. rustica !) 5 todte Junge entfernen geholfen und auch anderwärts finde man unter den Brutstätten von Schwalben viele todte Junge liegen. 29) Muscicapa grisola L., Grauer Fliegenfänger. Warthausen: Ankunft 16. Mai: 31. Mai sein Nest bauend in einem unter dem Vorsprung eines Gartenhauses („Tempel“) an- gebrachten Vogel-Fütterungskästchen, 6. Juni 4. Ei, 19. d. M. Junge; 10. Juni auf eine Spalierlatte am Schloss bauend, 5. Juli Junge, die 16. d. M. ausflogen; 24. Juni Nest auf dem Crucifix des Könie’schen Familienbegräbnisses mit 5. Juli ausfliegenden Jungen; 24. Juni brütend in einem frei auf einem Vorsprung einer hölzernen Tragsäule vom Wildfutterhaus angebrachten Nest (wenige Tage nachher zer- stört); 14. Juli Nest am „Schlossweg“ auf einer Linde. Oster- hofen: erstmals gesehen 15. Mai; flügge Junge beim Schulhaus 18. Juli. Wolfegg: 8. Mai in Beobachters Garten gekommen, wo bald an einem Spalierbaum gebaut wurde und 20. Juni 5 Junge ausflogen. Plochingen: 8. Mai allgemein angekommen. Heil- bronn: 5. Mai im Garten, baut 25. d. M. auf der Lime’schen Haus- Veranda und hat am gleichen Tage ein fertiges Nest im Harmonie- Garten. — 144 — 30) Muscicapa collarıs Becustr., Weisshalsiger Fliegenfänger. Weissenau: in Fichtenwäldern auch heuer von Anfang Mai an beobachtet. 3l) Lanius excubitor L., Grosser Grauwürger. Osterhofen: „Steinelster, Feldkägisch“, ziemlich häufig. Weissenau: „Hegkägesch“, sonst an zwei Plätzen Brutvogel, in diesem Jahre nur einzeln vom Spätsommer bis über den ganzen Winter gesehen. Weilimdorf: den ganzen Winter vereinzelt, 2 St. 23. Februar bei der K. Fasanerie. Heilbronn: Ende April und 22. Mai je 1 St. geschossen. Simmersfeld: 17. Juli wurde einer geschossen , welcher einen noch warmen Rothschwanz in den Fängen hatte. 32) Enneoctonus collurio Bom L., Neuntödter. Warthausen: 22. Mai 1 St. in der Gestrüpp-Halde unter Oberwarthausen (wo er früher häufig nistete). Osterhofen: wie- der ziemlich häufig. Wolfegg: diessmal weniger in Gärten und Hecken als am Waldrand, j&doch unvermindert. Eybach (Geis- lingen): 21. Juli überall in grosser Anzahl. Plochingen: 29. April vereinzelte Exemplare. Heilbronn: ein Männchen 29. April; 20, Mai ein Paar am fertigen, noch leeren Nest in Dornen; 26. d. M. ein solches an ebensolchem Standort mit 5 Eiern; 17. Juni 6 halbflügge Junge in einem mannshoch im Gebüsch erbauten Nest. Simmers- feld: ab und zu vorkommend. 33) Enneoctonus rufws BoıE Brıss., Rothköpfiger Würger. Osterhofen: als Seltenheit 5. Mai auf etwa zehn Schritte nächst der Landstrasse beobachtet. Weissenau: hat im Flappach- thal bei Knollengraben gebrütet. Plochingen: ein einzelner 11. Mai. Heilbronn: 2. Mai ein Paar. 34) Regulus ignicapillus On. L. Brum., Feuerköpfiges Goldhähnchen. Warthausen: 2. Januar ein Flug, 25. März mehrere im Schloss- garten; brütet da und ist die allein hier beobachtete Art. Weis- senau: im November und December häufig auf halbwüchsigen Fich- ten sich anhängend, oft in Gesellschaft von Meisen. Heilbronn: 15. März locken Goldhähnchen im Friedhof, wo stets solche vor- handen, Nester aber schwer zu finden sind. Teinach: nicht be- sonders selten in den Nadelwäldern. — 15 ° — 35) Regulus eristatus Koch, Gelbköpfiges Goldhähnchen. Osterhofen: 14. Februar mehrere ob den „Brunnenadern“; am 14. December vorigen Jahrs 5—6 St. im untern Wald. Die Verbreitung beider Arten, die nicht immer genau unter- schieden werden, ist für Württemberg nicht durchaus festgestellt. Nach Laxpeek wäre die gelbköpfige Art überhaupt die häufigere, während er die feuerköpfige — die vorzugsweise Parkanlagen liebt — nur „für gewisse Gegenden“, namentlich für Wildbad, und dort als Vertreter von jener, anführt. 36) Mecistura caudata Len. -L., Schwanzmeise. Warthausen: 2. Januar ein Flug im Garten, 15. März ge- paart, 23. d. M. bauend.. Weissenau: besonders ım Herbst ge- sellschaftlich mit Kohlmeisen. Anmerkung. Die Rosen-Schwanzmeise, Mecistura s. Acre- dula (Kc#.) rosea BLytH wird von Dr. REICHExow im neuesten System. Verzeichniss d. V. Deutschlands (Berlin 1889) als eigene Art und als Jahres- d. h. Standvogel von West- und Mittel-Deutschland auf- geführt. Andere Autoren nennen sie aus England, Frankreich, Tos- cana, Lombardei, Bosporus-Gebiet; sie soll in beiden Geschlechtern das weibliche Kleid, stets die Andeutung einer Hals-Querbinde und an den weissen Stellen deutliche rosenrothe Färbung zeigen. Ob- gleich wir sie (nebst andern Formen aus Spanien und Kleinasien) nur als eine durch mildere Climate bedingte Spielart werden be- trachten dürfen, ist auf sie, als bei uns noch nicht unterschieden, hier aufmerksam zu machen. In Warthausen sind stark röthlich angeflogene Schwanzmeisen, minder weiss als solche vom Unterlande, wiederholt aufgefallen. 37) Parus major L., Kohlmeise. Warthausen: wird Winters am Futterbrett jedes Jahr zahl- reicher; 4. August flügge Junge im Garten. Plochingen: 6. Fe- bruar bei Thauwetter erster Frühlingsruf. Esslingen: 29. Februar ebenso. Heilbronn: 17. Juni ausgeflogene Junge. 38) Parus coeruleus L., Blaumeise. Warthausen: 15. Juni Nest in einem Brutkästchen im oberen Garten. Esslingen: 30. Januar Frühlingsruf. Heilbronn: füttert 17. Juni ausgeflogene Junge. oil Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 10 — 146 — 39) Parus palustris L., Sumpfmeise. Warthausen: den ganzen Winter über sehr zahlreich am Futterbrett; 20. Juni Junge in einem Nistkasten. Heilbronn: füttert 13. Mai Junge in einem hohlen Baumstamm. 40) Parus ater L., Tannenmeise. Weissenau: zahlreich im vorigen Winter mit Sumpf- und anderen Meisen im Dorf; viele Meisen wurden gefangen und wieder freigelassen. 41) Sıtta europaea L., Spechtmeise. Warthausen: den Winter über durchschnittlich 4—6 St. an den Futterplätzen; zur Nistzeit wurden zwei Staarenkästen verklebt. Wolfegg: häufig; brütet in mehreren Paaren im Wildpark; sie paarten sich schon im Februar und zogen Ende Mai mit den Jungen umher; Winters täglich am fürstlichen Schloss auf dem Futterbrett. Weissenau: ruft schon in den ersten sonnigen Tagen des Januar; bei Mariathal in den alten Linden brütend. Heilbronn: 15. April ein Paar im Wald beim Jägerhaus. Sımmersfeld: nicht häufig, einige Male im Sommer beobachtet. 42) Certhia familiaris L., Baumläufer. Warthausen: 21. März und 16. December am Futterbrett. Wolfegg: häufig in den Gärten; ein Nest mit Jungen war in einem Bretterverschlag an einem, Hause. Weissenau: nicht selten; es brüteten in der Saatschul-Hütte zwei Paare nebeneinander, das eine Nest enthielt 7 Eier. Plochingen: erster Frühlingsruf { Februar. Heilbronn: 18. März singend.. Simmersfeld: nur vereinzelt beobachtet. Bei Teinach gilt bei dieser und der vorher- gehenden Art, sowie bei den Meisen das im Vorjahr Bemerkte. 43) Troglodytes parvulus Vırıuı. Kcn.,- Zaunkönig. Warthausen: singt im December. Weilimdorf: 28. März erster bei der Fasanerie. Simmersfeld: sehr häufig und vertraut. 44) Cinclus aquaticus Becust., Wasseramsel. Warthausen: 4. Januar 4 St. und 27. December 1 St. an der Riss. Wolfegg: singt im Januar, besonders an sonnigen Tagen; alljährlich brütet ein Paar sehr frühzeitig im fürstlichen Wildpark unter einer Brücke des Höllbachs, ebenso sind einige Brutpaare an der Aach. Weissenau: häufig an der Schussen, sobald die kleinen Wasserläufe gefrieren, Brutstellen nicht bekannt. Eybach (Alb): — 147° — noch im December singt das Männchen eines immer sichtbaren Paars an der Eyb nahe beim Schloss. Teinach: Ganz unschuldig ist die Wasseramsel nicht. Berichterstatter beruft sich auf Mageninhalts- Untersuchungen, nach welchen Prof. Dr. METzeER in Münden Gehör- steine (junger Forellen) fand, sowie auf Fernrohr-Beobachtungen von Oberförster MÜLLER; wenn auf der 3 Kilometer betragenden Strecke vom Bad bis zur Mündung der Teinach in die Nagold 12—14 Vö- gel anzutreffen seien, deren Kämpfe unter sich (oft in deı Luft) zu beobachten seien, so bleibe eine zeitweise Razzia allerdings geboten“. Simmersfeld: an der grossen Enz einige ziemlich unbelästigte Paare. 45) Turdus viscivorus L., Misteldrossel. Wolfegg: einzelne trafen schon 13. Februar ein, verhielten sich aber bei Schnee und rauhem Wetter ganz still; erst 8. März bei Thauwetter trotz tiefem Schnee im Thal bei Weissenbrunnen singend; im Sommer häufig an den Kirschen der Strassenbäume. Kisslegg: singt 14. März. Weissenau: weniger häufig als sonst; erstes Singen 4. Februar, dann bis 14. d. M. Pause, wo der Gesang allgemein begann. Plochingen: 19. März Flüge bei Schnee und Nordwestwind. Leonberg: 13. Februar bei Renningen. Teinach: 17. Februar. Simmersfeld: 9. März erstmals gesehen. 46) Turdus pilaris L., Wachholderdrossel. Warthausen: 23. Februar 2 St. auf einer überschwemmten Thalwiese, eines zum Feststellen der Art geschossen. Wolfegeg: sonst jeden Winter in kleineren und grösseren Flügen vorhanden, * Auch H. Prof. Schäffle hat in den sechziger Jahren bei Berathung des Fischereigesetzes in der württemb. Abgeordnetenkammer eine Rede gegen die Wasseramsel gehalten, ihre Proscription aber nicht erreicht. Wenn ich schon damals und im vorjährigen Bericht des Vögelchens in vollster Überzeugung mich angenommen habe, so lag mir natürlich jede Polemik ferne. Gerne gebe ich zu, die wohlwollenden Andeutungen des verehrten Teinach-('orrespondenten (1887. p. 157) überschätzt zu haben. Wenn auf jener kurzen Strecke ein starkes Dutzend dieser Vögel lebt, so kann, da die Brutpaare, unverträglich und neidisch, grosse Be- zirke behaupten, diese Zahl doch wohl nur nach dem Ausflug der Jungen gelten; zwei Paare mit diesen können allerdings ein Personal von 12—16 Köpfen stellen. Naumann, ein Beobachter seltener Art, nennt als Nahrung Phryganeen, In- sectenlarven, Hafte, Schnacken, Käferchen, allerlei Würmchen und Ähnliches, wobei er bemerkt, bei all seinen Untersuchungen nicht die geringste Spur von Fis:hbrutresten gefunden zu haben. Fernrohr-Beobachtungen haben da doch wenig Werth und volkswirthschaftlich fällt der Schaden an der Forellenbrut sicherlich nicht in’s Gewicht. K. 10* — 148 — blieb diessmal ganz aus. Weilimdorf: bei 6° Kälte waren 7. De- cember die Krammetsvögel theilweise noch da. Teinach: 1. No- vember ein Flug bei Röthenbach. Simmersfeld: 9. März mit der vorigen. 47) Turdus musicus L., Singdrossel. Warthausen: 14. März überall singend. Wolfegg: 12.—14. März angekommen, 16. d. M. fleissig singend ; in Folge des schlechten Frühjahrs von 1887 sehr vermindert. Kisslegg: singt 14. März. Weissenau: 10. Februar wurde Abends beim Einfallen ein grosser Flug beobachtet, bei welchem, den Tönen nach zu schliessen, auch nicht wenige Rothdrosseln (T. iliacus L.) gewesen sein müssen ; erster Gesang 11. März. Schussenried: 10. März Gesang. Essen- dorf: 16. März ebenso. Uhenfels (Urach): 28.—31. December mehrere singend! Plochingen: singend 14. März. Leonberg: 12. März desgleichen. Heilbronn: ebenso 15. März; 6. Mai aus- seflogene Junge. Teinach: angekommen 17. Februar, der Schnee- verwehungen wegen nochmals wegstreichend und erstmals singend 9. März: flügge Junge 6. Mai am Sommenhardter Berg. Simmers- feld: 26. März Gesang. | 48) Turdus merula L., Schwarzdrossel. Warthausen: 13. März erstmals dichtend, Tags darauf rich- tiger Gesang, ebensolcher bei Biberach 16. März; 17. April ange- fangenes Nest in einem Zaxus-Busch des Schlossgartens, ausgebaut 19. d. M. und 24. April 4 Eier (nachher zerstört. Weissenau: von Mitte März an singend, zahlreiche Junge seit Mitte Mai; ein- zelne überwinterten an der Schussen. Essendorf: lebhafter Ge- sang 16. März. Erbach bei Ulm und Eybach bei Geislingen: je 17. December singend! Plochingen: erstes Dichten 29. Februar bei Westwind und Schnee. Esslingen: 19. März Gesang. Stutt- gart: 26. Februar an der Weinsteige singend. Weilimdorf: singt noch 27. November. Bietigheim: 16. April erster Gesang. Heil- bronn singt 10. März; bei Berichterstatter 24. März im Garten und 24. April im Hof auf einer Akazie bauend; ebenfalls 24. April 3 nackte Junge 14 m. hoch in einer Thuja und gut fliegende solche 13. Mai. Teinach: einzelne Paare überwinterten. Simmersfeld: singt 24. März. 49) Ruticilla tithys Scor., Hausrothschwanz. Warthausen: 29. März hier und bei Biberach erstmals be- obachtet; 28. April Nest in der Mauernische des Burgbrückengewölbs — 149 — noch leer, 1. Mai erstes Ei, 6. d. M. 4 Eier, 21. Mai Junge, die 6. Juni ausgeflogen waren; 10. August flügge Junge vor dem Haus; 19. October letztmals gesehen. Osterhofen: Ankunft ebenfalls 29. März bei Gewitter, Hagel und Schneegestöber. Wolfegg: 16. März eingetroffen. Kisslegg: 30. März Hausrothschwanz gesehen. Weis- senau: angekommen 22. März und sogleich am Standplatz ın der Kirche nahe der Kanzel, wo die erste Brut schon Anfangs Mai aus- flog. Schussenried: 2. April erster Rothschwanz. Ochsen- hausen: 23. April. Plochingen: 24. März mehrfach, 28. d. M. allgemein eingetroffen; 5. Juni Ausflug der Jungen. Esslingen: 9. April. Bietigheim: 29. März. Heilbronn: 22. März; bauend im Fabrikhof unter einem Schopf 16. April, die Eier Ende d. M., Junge 29. Mai ausgeflogen; 29. April im Livk’schen Gartenhaus bauend. Teinach: 20. März erstes Exemplar im Garten, 25. d.M. mehrere. Simmersfeld: 26. März 1 St., 31 d. M. 4 St. 50) Ruticilla phoenicurus Bram. L., Feldrothschwänzchen. Wolfegg: Ankunft 21. April, überhaupt stets viel später als beim vorigen: im October einzeln und in wenigen Paaren an sonnigen Waldträufen auf dem Abzug. Weissenau: heuer in sehr vermin- derter Anzahl; Versuche zum Nisten wurden in einem Staarkasten auf einem Apfelbaum gemacht. Plochingen: Ankunft 13. April, 19. d. M. häufig. Weilimdorf: 6. April ein Männchen hungrig herumhüpfend, 10. April Weibchen todt gefunden. Heilbronn: 17. April angekommen; 24. April in einem Nistkasten bauend; 17. Juni im Friedhof ausgeflogene Junge fütternd. Teinach: 19. April im Garten. Simmersfeld: 27. März. 51) Erythacus rubecula Cuwv. L., Rothkehlchen. Warthausen: 23. Januar 1 St. am Futterbrett: 19. März eines in’s Schloss geflogen und einige Tage beherbergt, ebenso ein anderes 7.—9. April; függe Junge im Gartenwäldchen 5. Juni. Wolfegg: 16. März die ersten gesehen, sangen allgemein 30. d. M.; Abzug Ende October. Plochingen: 14. März erstes Rothkehlchen, 10. April viele auf dem Durchzuge. Esslingen: Ankunft 17. März. Weil- imdorf: 17. März erstmals gesehen, 26. d. M. vielseitig singend, 6. April in Futternoth. Heilbronn: singt 2. April. Teinach: erst- mals gesehen 21. März; von 29. August bis Ende September kamen zwei noch unausgefärbte Junge täglich an Dr. Wurn’s Frühstücktisch in einem Gartenhäuschen und nahmen Milchbrod begierig an. Sim- — 10 ° — mersfeld: ziemlich häufig; erfreut als „erster Tenor“ in der Frühe des Jägers Herz. 52) Luscinia minor Cn. L. Brum., Nachtigal. Cannstatt: nach Zeitungsnachrichten sind die Nachtigallen in der Nacht auf 3. Mai in den Kuranlagen angekommen und haben sofort geschlagen. Heilbronn: 6. Mai gehört und ein Paar ge- sehen; angeblich soll schon im letzten Drittel des April der Schlag vernommen worden sein; eine Nest wurde nicht entdeckt; von Anfang Mai an liess sich in dem schön bewachsenen Harmonie-Garten alle Nacht ein guter Schläger hören, der nebst einem Paar dort ausge- setzt war, doch vertrieben die starke Frequenz und die Concerte die Vögel; 21. Mai nächtlicher Gesang am Neckarufer (SCHÄUFFELEN’- sche Insel). 53) Sazicola oenanthe Bechst. L., Grauer Steinschmätzer. Heilbronn: 21. Mai im Weinberg. 54) Pratincola rubicola Ken. L., Schwarzkehlchen. Weissenau: einzeln auf den Wiesen längs der Schussen. 55) Pratincola Fubetra Ken. L., Braunkehlchen. Osterhofen: 16. April mehrere singende Wiesenschmätzer. Weissenau: auf den Schussen-Wiesen und längs dem Canal gegen Ravensburg. Plochingen: 16. April vereinzelte Ankömmlinge, 19. d.M. allgemein ; 17. Juni überall Ausflug der Jungen. Heilbronn: 24. März angekommen und singend. 56) Accentor modularis Becust. L., Braunelle. Warthausen: 24. März angekommen. Kisslegg: 20. April singend. 57) Sylvia hortensis Larn., Gartengrasmücke. Warthausen: Ankunft 29. April. Osterhofen: singt 8. Mai. Wolfegg: in den Gärten ziemlich häufig und in mehreren Paaren brütend; 9. Mai singend. Weissenau: hat im Klostergarten ge- brütet. Plochingen: erste 16. April. Heilbronn: angekommen Ende April; 17. Juni Nest im Harmonie-Garten mit 5 ausfliegenden Jungen. 58) Sylvia cinerea Lark. Brıss., Dorngrasmücke. Heilbronn: 22. Mai Nest mit 3 Eiern in einem Stechlaub- busch gefunden, enthielt 26. d. M. 5 Eier. Früher hat diese Art — 151 — als eine der gemeinsten bei Warthausen im Garten, an Waldrändern und im Feld in Dorngestrüpp, Stachelbeeren, zwischen Baumschöss- lingen, in hohem Kräutig, namentlich zwischen Brennnesseln und Klebkraut, auch mitten im Repsfeld gebrütet, seit Jahren ist aber kein einziges Nest mehr beigebracht worden. 59) Sylvia atricapilla Latn., Schwarzkopf. Warthausen: Ankunft 18. April, Abzug etwa 30. October (von da an nicht mehr bemerkt); 5. Juni Nest in einem Jasminbusch des Schlossgartenwäldchens mit brütenden Vogel: ebendort ein Nest in gleichartigem Strauch 16. Juni; im „Bogengang“, wieder in Jasmin 1. Juli bauend (nach wenigen Tagen wie das erstgenannte zerstört). Osterhofen: 4. Mai singend. Wolfegg: häufig in den Waldungen; 23. April erstmals im „Bannholz“, 8. Mai allgemein singend. Kiss- legg: singt 7. Aprıl. Weissenau: in Gärten, im Ort selbst, aber auch im Walde nistend und der häufigste Sänger. Essendorf: singt 25. April. Plochingen: 17. April einzelne. Esslingen: Ankunft 25. April (nach langen Beobachtungen stets zwischen 4. und 25. d.M.). Heilbronn: 23. April im Garten singend; 13. Mai Nest 24 m. hoch auf einer Thuja mit 3 Eiern; 17. Juni ausgeflogene Junge fütternd. Simmersfeld: 1. Mai erste Gesangsprobe; 5. Juni 1 m. über der Erde Nest mit 4 Eiern (nachher zerstört). Eine Zeitungscorrespon- denz „von der Tauber“ verzeichnet 22. April die Ankunft. 60) Sylvia curruca Larn., Klappergrasmücke. Weissenau: brütet im Staatswald „Rasthalde“. Plochingen: 12. April vereinzelt angekommen; 2. Juni Ausflug erster Brut. Ess- lingen: Ankunft‘ 20. April (seit 1879 14.—23. d. M.). Heilbronn: ‘aus einem in einem Taxusbusch im Garten mannshoch erbauten Nest flogen die Jungen 3. Mai aus. 61) Phyllopneuste sibilatrix Bechsr., Waldlaubsänger. Weissenau: singt von Mitte Mai an im Adelsreuter Wald und am Gillenbach. Plochingen: 29. April mehrfach beobachtet. 62) Phyllopneuste trochilus M. L., Fitislaubsänger. Wolfegg: siehe nächste Art. Plochingen: 15. April ver- einzelte Ankömmlinge, 19. d. M. allgemein. Kisslegg: 17. April „mittlerer Laubvogel“. 63) Phyllopneuste rufa M. Larn., Weidenlaubsänger. Warthausen: singt 1. April und ist 15. October noch da. Wolfegg: nach Oberf. Innor wäre diese Art weniger häufig als die > vorige und jene schon 16. März in einem Paar im Hinlishofer Hölzle (Leutkirch) bemerkt. Kisslegg: 5. April „Weidenzeisig* gehört. Weissenau: schon Anfang April am Fabrikkanal, später in den Gärten singend. Plochingen: noch 15. October sangen einzelne ım Weidengebüsch am Neckar. Heilbronn: Nest in einer Thuja 14 m. hoch 6. Mai mit 3 Eiern, 13 d. M. auf fünfen brütend: 8. Mai Nest am Boden unter einem Stechlaubbusch mit 6 Eiern, 13. Mai brütend, 6. Juni kleine Junge. 64) Hypolais ieterina Vie. Bastardnachtigal. Warthausen: 3. Mai 3 St. auf dem Durchzug, 5.d. M. singend; 1. Juni Nest mit 2 Eiern in einem Jasminbusch. Osterhofen: „Spötter“: 18. Mai Morgens 8 U. singend: 2. Juli auf dem Turn- platz von Waldsee. Essendorf: Gesang 8. Mai; heuer ist der Spottvogel ganz besonders fleissig gewesen, vom frühen Morgen bis Abend, auch bei heissem Mittag ununterbrochen singend, auch bei Regenwetter bis Johannistag, wo auf einmal abgebrochen wurde. Plochingen: 5. Mai vereinzelt beobachtet. Heilbronn: singt An- fang Mai im Friedhof. 69) Calamoherpe arufidinacea Bo Gwm., Teichrohrsänger. Weissenau: seltener als im Vorjahr und Nachts gar nicht . singend. Schussenried: Ankunft 30. April. Essendorf: 20. Mai am Lindenweiher (F. Schwarzme). Plochingen: 14. Mai überall an Neckar und Fils. Heilbronn: 21. Mai (als die Binsen im Alt- wasser mannshoch waren) viele Nester, theils noch leer theils mit 1—3 Eiern. Anm. Der Drosselrohrsänger ©. turdoides hat seit dem i. J. 1886 erwähnten Fall nicht mehr bei Heilbronn gebrütet. 66) Motacilla alba L., Weisse Bachstelze. Warthausen: 8. März allgemein im Thal: 11. Mai im Wild- - futterhaus brütend gegenüber von einem bewohnten Hausrothschwanz- nest; 18. October letztmals gesehen. Osterhofen: 21. März bei den „Brunnenadern“. Wolfegg und Kisslegg: 8. März erste Bach- stelze.e. Weissenau: erste 13. Februar, 6.—10. März in grosser Menge am Fabrikkanal gegen Ravensburg. Schussenried: 22. März erstmals gesehen. Ochsenhausen: 14. März. Plochingen: 8. März erste, 13. d. M. allgemein: 8. October immer noch Bachstelzen auf den Feldern. Weilimdorf: 13. März Morgens 2 St. bei der Fasa- nerie, bauen 22. April. Bietigheim: Ankunft 9. März. Heilbronn: — 153 — 15. März erste, 20. d. M. viele; 17. Juni selbst fressende Junge. Langenburg: 21. März allgemein da (Zeitungsnotiz). -Teinach: erste 10. März und Simmersfeld: 9. März. 67) Motacilla boarula Pesn., Gebirgsbachstelze. Erbach: 7. Januar 1 St. todt gefunden. Warthausen: 7. Ja- nuar einige an der Riss. Weissenau: überall vereinzelt unter den vorigen bis Mitte März. Heilbronn: 22. März angekommen. 68) Motacilla (Dudytes Cuv.) flava L., gelbe Bachstelze. Heilbronn: 24. April beobachtet. Simmersfeld: ebenso 14. März. Unter den beiden gelben Arten ist nur die vorhergehende Brutvogel auf dem Schwarzwald. 69) Anthus spinoletta Becasr. L. (aquaticus BEchst.), Wasserpieper. Warthausen: 31. Januar wurden im Ried 3 einzelne ange- troffen und ein Weibchen geschossen (Frırz Ke.-W. — Vaterl. Ver.- Samml.); für hier die erste Beobachtung. Kommt Winters an Stein- lach und Neckar bei Tübingen, wo ich in den fünfziger Jahren ein Männchen erhielt, das ausserordentlich zahm wurde. und Jahre lang frei im Zimmer lebte. 70) Anthus pratensis Becust., Wiesenpieper. Warthausen: 5. März 1 St. auf den Wiesen gegen Biberach, 27. December (!) einige an der Riss. Weissenau: vereinzelt im März an der Schussen, 11. April grosser Flug, wohl nördlich wan- dernde, da sie Ende dieses Monats in Oberschwaben zu nisten be- ginnen. 71) Anthus arboreus Becust., Baumpieper. Warthausen: 3. August Nest mit 4 Eiern auf einer Wald- lichtung in einem Grasbüschel. Osterhofen: singt 9. Mai. Kiss- legg: ebenso 17. April. 12) Alauda arvensis L., Feldlerche. Warthausen: Ankunft 11. Februar, bei den Risshöfen 7. März verzeichnet. Osterhofen: 8.—9. Februar waren die Lerchen erst- mals da, zogen aber wieder weg; erster Gesang 14. März. Wolf- egg: 8. März zuerst gesehen, 30. d. M. allgemein singend, Abzug 24. October. Kisslegg: 12. März Gesang. Weissenau: 16. Fe- bruar in Menge angekommen, dann bis 28. d. M. verschwunden, von da an singend. Schussenried: 11. Februar erste, 17. d. M. starke Flüge, 11. März Gesang. Essendorf: singend 13. März. Ochsen- — 14 — hausen: ebenso 15. März. Plochingen: 15. Februar bei Schnee- gestöber erste Lerchen auf den Feldern, 11. März erster, 13 d. M. allgemeiner Gesang. Esslingen: 9. März und 2. April notirt. Weil- imdorf: 10. März Abends erste gesehen, Tags .darauf viele und singend; gleich den Buchfinken zogen sie bis 21. und 22. März wie- der weg. Leonberg: 12. März singend im Eltinger Waldfeld. Bietigheim: desgl. 10. März. Heilbronn: 17. Februar bei be- schneiter Landschaft kleine Flüge durchstreifend, 15. März singend. Simmersfeld: 9. März (prachtvoller Tag) Morgens 7 U. erster (fesang. 73) Alauda arborea L., Haidelerche. Wolfegg: nicht selten, meist Ende Octobers wegziehend; 14. März liess sie ihr melodisches Lied hören. Weissenau: sang An- fangs Mai; nistet im Wezenmoos. Plochingen: Flüge am 19. März. 74) G@alerita cristata Bo L., Haubenlerche. Laupheim: 4. Januar einige mit Goldammern auf der-Strasse innerhalb der Stadt. Weissenau: den Winter über auf allen Stras- sen, besonders gegen die Bahnhöfe. 75) Emberiza (Cynchramus Br.) miliaria L., Grauammer. Plochingen: 17. März bei Westwind allgemeine Ankunft. 76) Emberiza citrinella L., Goldammer. Warthausen: 29. Februar singt ein Männchen am Futter- hrett, 8. März allgemeiner noch etwas leiser Gesang; 29. März ein ‚Paar Nestmaterial tragend. Weissenau: häufig: singt von 28. Fe- bruar an. Plochingen: einzelne „stimmen“ 14. Februar, bei Schnee ist 22. d. M. der Gesang häufiger, allgemein 8. März. Esslingen: singt 8. März. Weilimdorf: erster Gesang 12. und 13. Februar; 3. Mai zwei Nester mit 3 und 4 Eiern. Heilbronn: 15. März singend: 25. April zwei Nester in Thuja je mit 4 Eiern. 17) Emberiza (Schoenicola Br.) schoeniclus L., Rohrammer. Heilbronn: 20. März mehrere am „Petroleumsee“. 78) Loxia curvirostra L., Fichtenkreuzschnabel. Warthausen: 27. Juni 15—20 St. im Schlossgarten, weitere ebenda 1. Juli auf Lärchen, 10. d. M. ebenso und 25.—26. Juli immer wieder viele; an letzterem Tag wird ein Junger von den Alten aus dem Kropf gefüttert. Weissenau: von November an wurde der Paarungsruf gehört; Junge sollen schon im Januar ausgeflogen ge- — 15 — wesen sein(?). Eybach: 20. Juli viele im gräfl. Degenfeldischen Schlosspark, 15 St. gezählt, 2 St. als Beleg geschossen. Heilbronn: 20. März im (bewaldeten) Friedhof. Simmersfeld: im Januar wurde im Aichhalder Gemeindewald beim Fällen eines Stamms ein Kreuz- schnabelnest mit 4 Eiern gefunden; zeitweise ziemlich häufig und äusserst geschäftig. 79) Coceothraustes vulgarıs PaıL., Kirschkernbeisser. Warthausen: 19. und 21. Juni eine Familie im Gartenwäld- chen. Heilbronn: 17. Februar wurde 1 St. am Futterbrett an- geschossen und kam, nachdem er sich im Käfig erholt hatte, in den Nillschen Garten nach Stuttgart; 20. März im Friedhof. Teinach: 31. Januar und 17. März je einer auf dem Futterbrett. 80) Pyrrhula rubieilla Paur., Gimpel. Weissenau: hatte im Staatswald „Bergle“ bei Oberzell Mitte Juni ein Nest mit 5 Eiern. Weilimdorf: 23. Februar giengen 3 Männchen und 1 Weibchen auf einer Esche nach dem Samen, einer sang ganz leise und sie blieben bis aller Schnee gegangen war. Heilbronn: 15. März im Link’schen Garten, 20. d. M. lockend im Friedhof. Teinach: öfters Flüge im Garten und jetzt, gegen früher, geschont, da gute Obsternten folgen, auch wenn sie „pincirend“ Knospen an den Apfelbäumen ausbrechen. Die modernen Ornithologen theilen den Gimpel in zwei Arten: den gewöhnlichen (Pyrrhula europaea VıiziLL.) und den grossen (P. rubieilla ParL.), welcher, dem Nordosten angehörig, bis Ostpreussen brütet, von Norden und Osten her als Wintergast ganz Deutsch- land, bis Salzburg herab besucht. Auch ohne irgendwie für die . speeifische Trennung einzutreten, hat man wenigstens auf die nord- östliche Localform hier aufmerksam zu machen. 81) Chlorospiza chloris Br. L., Grünling. Warthausen: „rätscht“ im Garten 27. März; Nest 18. Mai auf niedriger Tanne am Schlossweg. Osterhofen: 30. Juli werden Junge auf einem Birnbaum beim Schulhaus gefüttert; zahlreich im Winter auf dem Futterplatz (in Warthausen Winters noch nie be- merkt). Weissenau: hat in der Mariathaler Allee genistet. Plo- chingen: 2. April erster Gesang. Esslingen: ebenso 17. März. Heilbronn: 15. März singend; 5. Mai Nest 21 m. hoch auf einer Thuja, worauf das Weibchen brütete; ein solches wurde am gleichen —..156 — Tag beim Nest gefüttert. Teinach: 31. Januar überhaupt erstmals auf Dr. Wuru’s Futterbrett. 82) Cannabina sangwinmea Lanpe., Hänfling. Weissenau: bisher und so auch heuer nur auf der Herbst- wanderung auf den Feldern gegen die Schussen beobachtet. Plo- chingen: 3. April erster Gesang; 3. Juni Junge ausgeflogen. Heil- bronn: singt 1. April im Weinberg. 85) Serinus hortulanus Koch, Girlitz. Weissenau: heuer sporadisch. Plochingen: über diesen Sommer kein Stück beobachtet! Esslingen: Ankunft 24. April (seit 1880: 10.—26. April). Heilbronn: singt 22. April, 29. d.M. ım Garten auf einer Tanne bauend. 84) Ohrysomitris spinus Bo L., Zeisig. Warthausen: 23. Januar ein Flug im Garten, 29. December 40—50 St. beim Burren. Weissenau: im Winter in grossen Flü- gen an der Schussen. Plochingen: 7. November Zeisig-Flüge auf den Erlen im Walde. e 85) Chrysomitris citrinella Bow L., Citronfink. Warthausen: 27. Januar beobachtete mein Sohn Frırz auf wenige Schritte und mit aller Sicherheit 3 St. am Rande jungen Stangenholzes beim Burren. Eine Verwechslung mit dem Erlenzeisig ist völlig ausgeschlossen, da das Fehlen einer dunklen Kopfzeichnung und jeder Fleckung ebenso in die Augen fiel wie die eigenthümlich sattgrüne Färbung des monotonen Kleids; ebensowenig kann an den Girlitz gedacht werden, der überdiess Winters fehlt. Wenn auch neu, so ist doch diese Beobachtung nichts weniger wie überraschend, da das Vögelchen in der benachbarten Schweiz und auf unserem Schwarzwald brütet. Lanpser (1834 — N. 102) giebt Ausführlicheres über das Vorkommen im württembergischen Schwarzwald, wo die Zitrinchen theilweise recht gemein sind und sich mit Beginn des Winters in oft sehr grosse Flüge zusammenthun. Gefangene Winter- vögel von dort wurden nebst Kreuzschnäbeln in meiner Studenten- zeit (1850—54) durch die Vogelsteller von Wildberg und Nagold öfters nach Tübingen zum Verkauf gebracht; ein solches Stück, an- ‚gewöhnt, kostete damals 1 fl., während Zeisige, das Männchen 12 kr.., das Weibchen 2 kr.! (also nach jetzigen Werthen etwa 1 Mk. 71 Pf., 38 Pf. und 6 Pf.) galten. — 17 — 86) Acanthis carduelis Bechsr. L., Stieglitz. Warthausen: 1. Juli flügge Junge aus einem Nest im „obe- ren Garten“; 9. August erschienen plötzlich Distelfinken in grosser Menge, nachdem sie den Sommer über kaum sichtbar gewesen waren. Wolfegg: erst seit 6—8 Jahren ziemlich häufig, früher in der gan- zen Umgegend nicht bemerkt; Nest meist auf Apfelbäumen. Weis- senau: wie im Vorjahr in der Mariathaler Allee und in den Gärten brütend. Schussenried: 11. Mai zuerst gesehen. Plochingen: 19. April Gesang. Weilimdorf: ebenso 27. April. Heilbronn: wieder weniger zahlreich ; 22. März und 1. Mai beobachtet. Teinach: als Strichvogel öfter im Garten. Simmersfeld: alljährlich in Oberf. TuEURER’s Garten nistend. 87) Fringilla coelebs L., Buchfink. Warthausen: 10. März allgemeiner Finkenschlag. Neun (meist zu Grunde gegangene) Nester: 1) 28. April in der Hagen- buchenhecke am Schlossweg mit 2 Eiern; 2) 28. April auf einem Birnbaum im Bau begriffen; 3) 29. April im Thiergarten auf einem Apfelbaum; 4) 3. Mai in einer Thuja; 5) 4. Mai auf einem Apfel- baum des Obstgartens; 6) 7. Mai mit 5 (blauen) Eiern in der Hecke vor dem Hofthor, wo die Jungen 1. Juni ausgeflogen waren; 7) 8. Mai an einer Linde des Schlosswegs; 8) 9. Mai in einem Rothdornbaum ; 9) 21. Mai auf einem Dirrlitzenbaum mit brütendem Vogel, Junge 8. Juni; flügge Junge im Gartenwäldchen 16. Juni. Osterhofen: 3. März bei Schneegestöber erster Finkenschlag. Kisslegg: 9. März erster Gesang. Weissenau: ebenso 6. März allgemein beginnend. Schussenried: desgl. 11. März. Ochsenhausen: 16. März. Plochingen: 23. Februar erster Schlag, 10. März überall. Ess- lingen: 7. März. Weilimdorf: 9. März allgemein singend, ziehen aber bei Schnee und 3° Kälte mit Bergfinken und Lerchen tausend- weise 18./19. März langsam noch die Felder absuchend hinweg, sind aber nach zwei Tagen wieder da und schlagen. wieder; 6. April bei Schnee nochmals verstummend. Bietigheim: 3. März erster Ge- sang. Heilbronn: 19. Februar und 10. März früh Morgens im Garten schlagend, allgemein 15. März; auf einem Apfelbaum des Lme’schen Gartens 1. April am Nest bauend, das, als am 5. und 6. d. M. Schnee fiel, zwar ziemlich fertig war, aber tief verschneit wurde; die Vögel besichtigten es öfters im Tag und vollendeten es nach eingetretenem Thauwetter, brüteten 20. April und hatten 5. Mai Junge, welche 23. d. M. ausgeflogen waren; 25. April wurde 3 m. — 18 — hoch auf eine Tanne gebaut. Teinach: sehr häufig; Männchen sind ständige Wintergäste; erst nach Januar giengen die Buchfinken auch an Fettballen (!);: erster Schlag 9. März. Simmersfeld: ebenso am gleichen Tage. 88) Fringilla montifringilla L., Bergfink. Warthausen: von Ende December des vorigen Jahres dauernd 4—5 St. an einem Futterbrett, 29. Januar sehr zahlreich, 2. März an allen Futterstellen in noch grösserer Menge, 12 St. auf einem der Futterbretter gleichzeitig abgezählt. Osterhofen: zuerst er- schienen 21. December 1887, beobachtet bis Ende jenes Monats, dann heuer 2. Januar, 24. Februar; 6. März noch ein Flug auf Bäu- men in der Nähe des Dorfs. Esslingen: sollen 21. April noch dagewesen sein (?). Weilimdorf: vergl. beim Buchfink. Heil- bronn: im Januar und Februar besonders zahlreich am Futterbrett. Teinach: ein Weibchen, das schon 6. Februar das volle Sommer- kleid trug, wurde deshalb geschossen; kam sonst in Schaaren, in diesem Jahr nur ein Stück 19. März auf das Futterbrett. 89) Passer montanus Brıss. L., Feldsperling. Warthausen: 38. März 3 St. in der Hecke des oberen Gar- tens; 13. August ein flügges Junges im Gras. Weilimdorf: 5. Mai bauend. 90) Passer domesticus Brıss. L., Haussperling. Heilbronn: baut schon 19. Februar in einen Nistkasten. 91) Sturnus vulyarıs L., Staar. Warthausen: 15. Februar die ersten an der Riss; 5. März 9 St. am Bahnhof und etwa 50 St. bei Biberach; 9. Mai werden die Eischalen aus den Kästen entfernt, 29. d. M. flügge Junge: 1. September auf den Bäumen des Gartens überall so laut singend wie im Frühling. Osterhofen: erste Ankunft 9. Februar, dann wieder abgezogen bis 8. März (wo Thauwetter eintrat); Abgang 3. No- vember. Wolfegg: 13. Februar zuerst gesehen, dann bei rauhem Wetter wieder fort, erst 8. März wieder 5 St. singend auf einer alten Pappel -bei Wassers: 30. October noch einige auf dem Abzug. Kiss- legg: 8. März angekommen. Weissenau: 13. Februar erstes, 27. d. M. allgemeines Eintreffen, Abzug Ende October; von Ende September an findet die Nachtruhe vieler Hunderte im Mariathaler Moos statt. Schussenried: erste Vögel 10. Februar, erster Ge- sang 9. März ; bauend 12. April. Essendorf: 8. März 4 St. Ochsen- — 19 — hausen: gleichfalls 8. März eingetroffen. Plochingen: 13. Fe- bruar erster Staar, 8 März Schwärme; 15. Mai schreien Junge im Nest, 28. d. M. Ausflug der ersten Brut, 7. Juli der zweiten. Ess- lingen: 14. März. Weilimdorf: 8. März etwa 15 St. Leon- berg: 7. März. Bei Ditzingen waren noch 19. December etwa ein Hundert Staare.. Bietigheim: 10. März. Heilbronn: schon Anfangs Februar etwa 25 St. vor der Stadt, 16. März auf dem Kirchthurm singend; 19. März ‚kamen bei Schneegestöber grosse Schaaren in die Stadt; 21. Mai stark lärmende Junge in einem Ka- sten, 29. d. M. ausgeflogene Junge im Garten. Teinach: 17. Fe- bruar auf den Wässerwiesen angekommen, 28. d.M. 2 St. ım Gar- ten, 9. März viele; Rückstrich 23. September Simmersfeld: 13. Februar erster, zwei Tage später 4 St., dann wieder 29. Februar 3 St., nachdem inzwischen Schnee gefallen war, allgemein und voll Leben 9. März. Nach Zeitungsnachrichten, welche gleichzeitig Schnee- wehen und Schlittenbahn melden, waren die Staare an der Bott- war vorübergehend vor 12. Februar, in Herrenberg 14. d. M. angekommen und gleichzeitig in Buchau. Für die Gegend von Ehingen excerpiren wir aus einem Brief des Hrn. Reallehrer Gaus an Dr. Progst folgendes. Zwischen Det- tingen und Berg war bis z. J. 1886 das Donau-Ufer dicht mit Ge- strüpp und Weiden, oberhalb der Berger Brücke ein Weidenwäldchen bildend, bewachsen. Herbsts, etwa 14 Tage lang kamen hier aus allen Richtungen, besonders aus Westen, von der Alb und von Süd- osten (Kirchbierlingen) die Staaren in Truppen von 100—300 Stück, im Ganzen wohl an die 20 000 Vögel zusammen; morgens vor 4 Uhr stand die ganze Schaar lärmend auf einmal auf, sich erst allmälıg wieder in die einzelnen Truppe auflösend; ein Abends dorthin mit- genommener Pudel ergriff vor dem Lärmen die Flucht. „Im Jahr 1886 beschloss die Ehinger Strassenbauinspection das ganze Ufer- gelände abholzen zu lassen und so fiel bedauerlicher Weise dieses schöne Heim von so vielen frohen Sängern*.“ Als die Staaren wieder- kamen und die Stelle kahl fanden, haben sie zwar an den ersten Abenden die Pappeln an der Landstrasse zum Sitz genommen, nach- her zogen sie aber weiter und jetzt haben im Donauthal die Ver- sammlungen aufgehört. * Das Ufergebüsch längs der oberen Donau war von jeher für Blaukehlchen und Nachtigaller eine „Etappe“ auf ihrer Zugstrasse; dort haben jedenfalls zahl- reich Teichrohrsänger und Rohrammern im Weidicht gebrütet. Schnurgerade Flussufer und glatt rasirte Flächen sind ein Stolz moderner Technik. K. a 92) Oriolus galbula L., Pirol. Warthausen: 10. Mai angekommen; 2 St. gehen 11. Juli im Garten auf den nachgeahmten Ruf. Weissenau: ruft 2. Mai; hat an drei Stellen gebrütet; der heisere Ruf der Jungen war Ende Juli zu hören. Schussenried: Ankunft 1. Mai. Plochingen: 1. Mai vereinzelt gehört. Weilimdorf: 2. Mai sowohl flötend als gesehen. Leonberg: 30. April bei Bartenberg (Sersheim) erster Ruf. Bietigheim: ebenso 30. April. Heilbronn: 8. Mai im Friedhof und am Neckar, 26. d. M. ım Wiesenthal sich treibend. 93) Garrulus glandarius Brıss., Eichelheher. Warthausen: 20. Mai flügge Junge; abgeschossen wurden nur 4 St. Im Revier Zeil ebenso 5 St. Osterhofen: wiederum zahlreich. Weissenau: sehr häufig, da an Buchelmast reicher Tisch zu finden war. Heilbronn: Mitte April im Jägerhaus-Wald brütend. Simmersfeld: sehr häufig, Verräther auf Pirsch und Anstand. 94) Pica caudata K. u. Br., Elster. Zeil: 2 St. abgeschössen. Osterhofen: wie voriger. Weissenau: nicht mehr nistend, nur einzelne im Herbst gesehen. Heilbronn: so gut wie ausgerottet; 17. Februar und 24. April (wohl dieselben) 2 St. vor der Stadt. Simmersfeld: im September ein Paar, über- haupt erstmals, gesehen. 95) Corvus corone L., Rabenkrähe. Warthausen: 20. Mai flügge Junge. Zeil: 16 St. geschossen. Weissenau: zahllos! nistet überall, oft ganz nahe bei den Häu- sern, z. B. in vier Eschen, wo fast alle der je 4 Eier ausgebrütet wurden. Wegen dringenden „Verdachts“ des Austrinkens der Fa- saneier und „anderer Schandthaten“ wurde mit Ministerial-Erlaubniss- schein im und beim Fasanenwäldchen an den erreichbaren Bruten ein „Autodafe“ vollzogen, allein ohne sichtbaren Erfolg. Schussen- ried: 7. Mai Junge. Weilimdorf: 27. März beinahe ausgebautes Nest, das erst 12. Mai halbgewachsene Junge enthielt. Heilbronn: 2. April brütend. 96) Corvus cornix L., Nebelkrähe. Warthausen: 1. Januar 1 St. am Futterbrett, 5. d. M. unter etwa einem Hundert der Vorigen nur 2 solche. Osterhofen: „Kräh- —. 168. — bock“ (bei Waldsee); jedjährlich einzeln im Winter. Weissenau: 1 St. an einem der kältesten Wintertage unter den Vorigen bei der Kirche, seit Jahren das einzige. 97) Corvus frugtilegus L., Saatkrähe. Stuttgart: 28. Februar 3 St. unter Rabenkrähen in der Stadt. Leonberg: Ankunft 9. November. 98) Corvus (Lycos Bow) monedula L., Dohle. Weissenau: alljährlich wird wegen Beschädigung der Kirch- thürme”* solange sie brüten, eine grosse Eier-Razzıa abgehalten; bei der Restauration des nördlichen Thurms der alten Klosterkirche kamen sie heuer in grosse Noth, indem das beständige Klopfen und das Ab- und Zugehen von Menschen sie so sehr störte, dass sie zuletzt auch den südlichen Thurm verliessen, wohl in die Ravensburger Thürme ziehend; eigentliche ‚Walddohlen“ nisten alljährlich in hohlen Buchen des Tepfenhardter Walds ım „Dohlenkopf“. Schussen- ried: 12. April bauend. 99) Nucifraga caryocatactes Brıss. L., Tannenheher. Warthausen: 10. August 1 St. ım Wald begegnet. Sim- mersfeld: 12. September ein Exemplar, das sich durch sein auf- fallendes Geschrei selbst verrieth, geschossen und ausgestopft. — War in diesem Jahre im nördlichen und mittleren Deutschland häufig. 100) Columba palumbus L., Ringeltaube. Warthausen: 23. September 3 St. im Thiergarten. Oster- hofen: 28. März erstmals gehört; im August und September Flüge bis zu 50 und 60 Stück. Kisslegg: 14. März. Weissenan: war sehr zahlreich ım Herbst, als Brutvogel aber nicht häufig; erst * Gerade dieser Schaden ist wohl der denkbar geringste. Als in meiner Kinderzeit (bis in die vierziger Jahre) zahlreiche Dohlen in den Kaminen von Schloss Warthausen nisteten — wo sie nachher wegen Feuersgefahr und an- deren Unzukömmlichkeiten durch Vergitterung der Zugänge vertrieben wurden, war auch vom Schaden am Dach viel die Rede; dieser bestand darin, dass sie, Insecten suchend, die Moospolster und abgeschieferten Splitter der Dachplatten ablösten, wozu auch ausgefrorener Mörtel von den First-Hohlziegeln manchmal gekommen sein mag. Diese Abfälle, vermengt mit unzähligen Bruststücken und Flügeln von Maikäfern machten ein öfteres Ausputzen der Rinnen und Abfall- röhren nöthig und verunreinigten auch Kieswege und Sitzplätze im Garten. Diese Dachreinigung war manchmal lästig, Schaden hat sie nicht verursacht, wohl aber Defecte aufgedeckt. Auch am Münster von Ulm (noch in seinem früheren Zu- stand) habe ich nur diese Thätigkeit bemerkt. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkuude in Württ. 1390. 3% — 162 °— im April gehört, Junge von Ende Mai an. Schussenried: erste Wild- taube 16. Februar, 29. d. M. Flüge. Weilimdorf: 9. März Mor- gens 5 St., Mittags etwa ein Viertelhundert; 30. März rufend; 15. Juni 2 Nestjunge auf einer Tanne; 29. December noch 1 St. geschossen: 24. Februar bei Cannstatt 1 St. verhungert gefunden. Leon- berg: Wildtauben Ende December im „Meisenberg“ bei Renningen. Teinach: erster Ruf am Emberge 4. März; ist hier reiner Zug- vogel. 101) Columba oenas L.. Hohltaube. Weilimdorf: 9. März Mittags etwa 10 St. gesehen; erster Ruf 24. März. Simmersfeld: 31. März gehört. 102) Turtur auritus Gr., Turteltaube. Weilimdorf: 26. April erstmals rufend. Bietigheim: erster Ruf 10. April. Simmersfeld: 16. Juni im Staatswald Hardt ab- gehört; erste Beobachtung für die dortige Gegend. In der K. Fasanerie Härdtle ruft die Turteltäubin in der Vo- liere (vergl. Vorjahr. p. 181) 19. April einen Mövchen-Tauber, mit dem sie sich Tags zuvor gepaart hatte, in’s Nest, baut 25. und 26. April und legt 27. und 29. d. M. ihre Eier. 105) Tetrao wrogallus L., Auerhuhn. Isny: im gräfl. Quanr’schen Revier Rohrdorf kamen 2 Hähne zum Abschuss. Teinach: 2. April ein einziger Hahn noch ganz schlecht balzend, ebenso zwei andere 13. April; auch auf dem oberen Wald war die Balz erst spät im Gang; lebhafter vom 16. April ab und gleich unter Hennen-Betheiligung als Hauptbalz beginnend, so dass es heuer noch zu einer Zeit kämpfende Hähne gab, wo Sonst schon alle Plätze ‚in festen Händen“ sind und daher Frieden herrscht; noch 25. Mai wurde in Dr. Wurw’s Jagdbezirk ein Morgens wie Abends sehr gut balzender Hahn geschossen; Schluss der Balz um 23. Mai. — Berichterstatter hat drei Fälle aus Schottland gesammelt, wo auf Bäumen, z. B. in alten Falkenhorsten gebrütet wurde. Sim- mersfeld: balzt zum ersten Mal 17. April als noch 4 m. tief Schnee lag; 24. und 25. April schoss S. K. H. Prinz WıirneLn von Württem- berg je einen prächtigen Hahn im Hornberger Gemeindewald diess- seitigen Reviers. 104) Tetrao (Lyrurus Sw.) tetrix L., Birkkuhn. Isny: im Revier Kreuzthal 1 Hahn geschossen (Gf. Quapr). Leutkirch: der Stand in der Fetzach hat sich erhalten aber nicht — 165 — vermehrt: 14. November wurde beim Treiben eine Henne geschossen, ein Hahn nachgefunden ; die starke Überzahl der Hähne ist einer «ler Gründe für die mangelhafte Vermehrung (A. Prossr). 105) Tetrao bonasia L., Haselhuhn. Teinach: seit einigen Jahren fast bei jedem Spaziergang bei Liebelsberg an einer gewissen Stelle angetroffen. Simmersfeld: früher ziemlich häufig; hat in den letzten Wintern sehr nothgelitten, scheint sich aber wieder zu erholen: bei einer Stammholzcontrole im Altensteigdorfer Gemeindewald wurde 26. Juni am Stammende einer gefällten Tanne ein Gelege von 6 Eiern gefunden: die Henne liess sich auf dem Nest berühren ohne abzustreichen; 8 Tage später waren die Jungen ausgeschlüpft. | 106) Perdix cinerea Larn., Rephuhn. Warthausen: 6. Juni Nest innerhalb des Thiergartens im leeren Ziegelhüttenweiher mit 20 Eiern: 11. Juni warden, weil die Henne, bei der Auffindung durch einen Hund gestört, es verlassen hatte, «lie Eier weggenommen und einer Haushenne unterlegt: 5. Juli kamen 5 Junge aus, die mit Wärmflasche und „künstlicher Mutter“ (vergl. 1887) grossgezogen wurden: aus dem Käfig kamen sie über den Winter in's Vogelhaus und wurden, 2 Hähne und 3 Hennen, 1. Maı 1889 freigelassen: die übrigen Eier waren zwar befruchtet, kamen aber zu spät in Neubebrütung. Sämmtliche sind sehr zahm gewor- den, hatten aber die üble Gewohnheit, sich über der Schwanzwaurzel blutig zu hacken: geschossen 6 St. Zeil: ın den Revieren Zeil und Hienlishofen wurden 35 St. geschossen; von zwei höher ge- legenen Revieren und aus dem gräfl. Quadt’schen gebirgigen Jagd- revier fehlen Resultate. Osterhofen: trotz strengem Winter und für die Brut wenig gedeihlichem Sommer waren 6—7 Ketten auf der Gemeindejagd, wovon etwa 15 St. geschossen wurden. Kiss- legg: 24. März gepaart. Weissenau: der nasse Sommer war im Schussenthal den Bruten sehr gefährlich, deshalb waren die Ketten meist klein und wurden auf vier Markungen nur gegen 50 Hühner geschossen (in günstigen Jahren die doppelte Zahl). Schussenried: 8. März gepaart. Erbach: der von dort eingesendete Kopf eines Jährlings zeigt den Oberschnabel bis über die Gaumenspalte dick ge- schwollen und röhrig verlängert. Heilbronn: im Januar bei einer Schlittenfahrt liefen mehrere Völker nur 30—40 Schritte von der Strasse abseits und kehrten sogleich wieder zurück; im Februar nächst der Stadt. 11* — 164 — 107) Coturnix communis Bonn., Wachtel. Warthausen: 11. Mai angekommen; 19. Juni vermähtes Nest mit 8 frischen Eiern aus den Thalwiesen ; geschossen 4 St. Zeil: 17 St. in den Schusslisten von Zeil und Hienlishofen. Osterhofen: in diesem Jahre nicht besonders häufig; erster Schlag 12. Mai, letz- ter Vogel 10. October gesehen. Kisslegg: 18. Mai Wachtelschlag. Weissenau: die Wachteln sind in den letzten Jahren sehr zurück- gegangen, haben heuer auch viele Spätbruten gemacht; noch im September wurde bei Mariathal ein Nest mit 11, Eiern vermäht. Schussenried: 7. Mai erster Wachtelschlag. Plochingen: 19. Mai an mehreren Orten gehört. Leonberg: 30. April bei Ensingen mitten im Wald angetroffen. Simmersfeld: 11. Juni schlagend. 108) Phasianus colehicus L., Kupferfasan. Weissenau: Im April wurde der Versuch mit Einsetzen von schlesischen Fasanen gemacht; eine Brut von 3 oder 4 Jungen ist ausgekommen, mehrere der alten Hennen haben sich jedoch ver- strichen; eine wurde bei Gessenried von einem Baum herabgeschossen, andere wurden stundenweit entfernt vom Futterplatz je und je an- vetroffen. Der Hahn und 4—5 Hennen haben sich bis März 1889 an ihrem eigentlichen Standort gehalten und die Fütterung — ge- yuellten Weizen — gern und fleissig angenommen. In der K. Fasanerie bei Weilimdorf wurde das erste Ei 19. April gelegt, Junge kamen 19. Mai aus. Für andere gezähmte Vögel ist von dort das Legen des ersten Fis nachstehend angegeben: Silberfasan: 26. März; mongolischer Ringfasan: 18. April; Goldfasan: 20. April; Truthuhn: 18. März: Pfau: 23. Mai. Vom Perlhuhn kamen 11 Junge 24. Juni aus; in Heilbronn werden 4 Eier einer verflogenen Perlhenne aus einem am Waldsaum unter einem Tännchen angebrachten Nest eingeliefert. 109) Orex pratensis Bechst., Wachtelkönig. Warthausen: ruft 25. Mai (wie im Vorjahr) erstmals auf den Wiesen im Thal. Osterhofen: Abends in den Sommerfrüchten schnarrend. Weissenau: ruft wie gewöhnlich über die Brutzeit im Wiesenthal gegen Ravensburg. 110) Ortyyometra porzana Srtern., Geflecktes Sumpfhuhn. Sigmaringen: 26. Juli im Wasenried des Laucharthals ge- schossen (Forstverwalter EpErHarn daselbst). — Bei Stuttgart, wo diese Art sicher nicht mehr brütet, habe ich im Frühlmg 1847 — 165 — auf einem kleinen, jetzt aufgefüllten Teich, dem Boschsee („Postsee“) las aus Seggengräsern erbaute Nest mit den Eierschalen gefunden. 111) Gallinula chloropus Larn., Graufüssiges Rohrhuhn. Steinhausen (Ravensburg): 9. März 4 St. auf einem kleinen Weiher. Weissenau: brütet auf dem Adelsreuter und Mariathal- Weiher, beides dichtbewachsene kleine Wasserbecken. 112) Fulica atra L., Schwarzes Wasserhuhn. Schwaigern (Brackenheim): 3. April hat Erbgraf vox Neır- PERG ein gelähmtes Exemplar eingesendet, das, bissig und sogar ge- waltsam eingegebenes Futter verschmähend, nach sechzehn Tagen (!19. d. M.) bei uns freiwillig verhungerte. 113) Otis tarda L., Grosse Trappe. Warthausen: 6.—8. März hat sich zwischen hier und Langen- schemmern eine Trappe ganz unzweifelhaft aufgehalten. Am erst- genannten Tage schickte ein Jagdliebhaber von Langenschemmern an meinen gerade abwesenden Sohn Hans eine Üorrespondenzkarte mit der Notiz, eine sonderbare Gans halte sich vereinzelt auf den Wiesen an der Riss auf; am folgenden Tage hatte Herr A. AnGELE von Risshöfen (näher bei Warthausen), welcher den Vogel hätte schiessen können, ihn auf ziemlich Nähe gesehen, wobei die Ähnlichkeit mit einem Truthahn auffiel.e. Als 8. März mein Sohn nachsuchte, war der Vogel zwar sofort gefunden, aber bei flacher Landschaft nicht zu beschleichen: er wurde nun bis Langenschemmern verfolgt, wo- ‚bei er meist schnell lief, zeitweise die Flügel gebrauchend und end- lich in mässig hohem Fluge völlig abstrich. Darüber, dass es sich um keine Gans handelte, war auch aus der Ferne sofort klar, die auf Schneestellen abgedruckte Dreizehen-Spur (sie wurde gezeichnet) hat aber erst die Vogelart sicher bestätigt. Andere Fälle aus früheren Jahren sind von Heilbronn: Neckarsulm, Schaichhof (Schön- buch), Balingen, Brackenheim, Illerrieden, Mengen bekannt. 114) Vanellus cristatus Mey., Kiebitz. Warthausen: 3. Januar 1 St. bei der Biberacher Walkmühle; 3. August einige im Ried. Osterhofen: 27. October 12—15 St. auf den Wasseräckern beim Dorf. Weissenau: 20. März erster Flug; einzelne Paare brüten zuweilen in den Riedern bei Grünkraut und Schlier. Schussenried: 28. März erste Kiebitze. Plochingen: 19. März Flüge an Neckar und, Fils. Heilbronn: 21. October ein Flug von stark einem Dutzend, ausserordentlich scheu, im Feld bei — 16 — Neckargartach. Langenburg: 21. März grosse Flüge an der Jagst eingetroffen (Zeitungsnotiz). Teinach: 11. April Flüge von 20—30 St. auf dem Durchzug in den nassen Wiesen um Röthenbach übernachtend. 115) Charadrius? Regenpfeifer. Kisslegg: 14. April im Arrisrieder Moos ein nicht näher be- stimmbarer gesehen. Von Osterhofen ist unter der Firma „Goldregenpfeifer“ Fol- sendes berichtet: 21. Juli 3 St. vom Wurzacher Ried gegen das Rissthal fliegend, 4. August ebenso aus gleicher Richtung und gegen das Schussenthal und 17. August 11 St. m Keilform fliegend und rufend hoch in der Luft. Diess Alles stimmt vortrefflich zum grossen Brachvogel (N. arguata)! Das Vorkommen des bei uns nicht brü- tenden Charadrius plwvialis L. im November 1884 ist dasjenige eines unregelmässig erscheinenden Wintervogels, während der Brachvogel, der bei uns sowohl Mooskuh (wie der Rohrdommel) als auch Regen- vogel heisst, gerade vom Wurzacher Ried als Brutvogel (1879) bei mir notirt ist. Hienach müssten alle seitherigen Notizen über den Goldregenpfeifer von Osterhofen zu N. 120 gestellt werden. 116) Totanus ochropws L., Punktirter Wasserläufer. Warthausen: 27. December 1 St. geschossen in einem schmalen Wassergraben der Riss. 117) Actitis hypoleucos Iuuic. L., Fluss-Uferläufer. Warthausen: 8. September geschossen ein Weibchen im Ried (Hans K.-W.). 118) Scolopax rusticola L., Waldschnepfe. Warthausen: 28. März ein Paar im Wald aufgegangen, 15. October 1 St. gesehen, Tags darauf 2 St. in der Höfner Halde und ein weiteres im Biberacher Stadtwald. Zeil: im Distriet Hienlis- hofen 2 St. erlegt. Osterhofen: Schnepfen erschienen nur im Herbst sehr spärlich; letzte Beobachtung 10. November. Kisslegg: erste gesehen 3. April. Weissenau: Ankunft 14.—16. Mätrz, 31. d. M. der Strich so gut wie beendigt, Rückstrich gegen 8. Novem- ber. Erbach: 12. October 1 St. todt am Telegraphendraht. Weil- ıimdorf: 25. März erste, im Herbst 20. und 21. November noch welche gesehen. Bietigheim: 15. März eingetroffen, Herbstvogel 6. November. Crailsheim: um 20. März wurde bei Gröningen 1 St. geschossen (Zeitungsnotiz).. Teinach: der Strich ist hier immer sehr spät, von 2. April bis tief in den Mai hinein; lebhafter — 1617 — Frühlingsstrich wurde gelegentlich der Auerhahnbalz täglich beob- achtet; 23. October 2 St. bei Röthenbach. Simmersfeld: wegen Schnee fand gar kein Strich statt. 119) Gallinago major Lcu. Gu., Grosse Sumpfschnepfe. Weissenau: 20. September ein einziges Exemplar im „Bohl- weiher“ bei Schlier beobachtet. 120) Gallinago scolopacina Br., Heerschnepfe. Warthausen: 4. Januar 2 St. im Ried, 10. November eine am Telegraphendraht verunglückt, 24. December 11 St. in einem Graben der Riss, 23. und 27. December je 1 St. geschossen, im ganzen 10 St. Zeil: 7 Moosschnepfen in der dortigen Schussliste. Osterhofen: 16. August, 6. November, 20. December je 1 St. ım Ried, davon eines geschossen. Kisslegg: 17. April falzten die Becassinen. Weissenau: war nur im Februar und März auf den Wässerwiesen im Grenzbachthal zahlreich, an anderen Orten, beson- sonders im Herbst, sehr vereinzelt. 121) Numenius arguata Larn., Grosser Brachvogel. Warthausen: 3. August 4 Stück von N. nach 8. durch’s Thal fliegend, 22. d. M. mehrere im Ried, 25. August Flug von 16 St. in Keilform fliegend mit melodischem Ruf hoch über dem Schloss, 3 St. nach Süd, die andern zurück in’s Ried (nördlich) schwenkend;; diese 13 St. wurden noch 15. September bei Langen- schemmern abgezählt. Osterhofen: vergl. die Notiz bei N. 115. Kisslegg: 20. März 1 St. im Achthal. Weissenau: Ankunft im Sulger Moos (Grenzbachthal) 12. März, wo sofort der Falzgesang begann; es waren 6—7 Hahnen und haben jedenfalls 3 Paare ge- brütet; ein Nest mit Eiern wurde im April verlassen — „vor dem Ansturm der Krähen“. 31. April waren noch Eier vorhanden, 20. Juli die Brutvögel weggezogen, doch erscholl noch Ende October der Ruf der Durchzügler aus unsichtbarer Höhe herab. 122) Grus cinerea Par. Becasr., Kranich. Eine Zeitungscorrespondenz aus Moosbach in Baden v. 10. April berichtet, dass in Mittelschefflenz von einem Jagdpächter zwei Kraniche im Gewicht von 8 und 9 Pfd. geschossen wurden und bei Stationsmeister SEYFRIED ausgestopft zu sehen seien. Ein anderer (ohne Monatsdatum eingesendeter) Zeitungsausschnitt berichtet, dass seit 14. d. M. Kraniche in zahlreichen Flügen nordwärts über das — 168 — Main-Thal zogen, zahlreich aber wieder umkehrten, weil der Win- ter in Norddeutschland noch anhielt. Lanpger lässt den Kranich den Boden- und Federsee im Strich besuchen; nach ihm flogen im April 1850 6 St. über Tü- bingen hinweg und wurden 1829 zwei bei Kirchthal (Mergent- heim) geschossen. Das Exemplar der vaterl. Ver.-Sammlung stammt a. d. J. 1859 und von Neckarsulm, dasjenige der Universitäts- sammlung in Tübingen trägt die Bezeichnung „Biberach 1841*. Über dieses Stück genauere Auskunft zu geben, nehme ich hier, nachdem obiger diessjährige Frlegungsfall aus der badischen Nachbarschaft anzuführen war, Gelegenheit. Im Vorfrühling jenes Jahrs (es stimmt genau, da es ein. Jahr vor meiner Verbringung auf das Ulmer Gym- nasium war) liess sich unterhalb Röhrwangen (Theilgemeinde von Warthausen) ein Trupp Kraniche nieder, aus welchem ein bäuerlicher Jagdliebhaber von dort 2 St. auf einen Schuss erbeutete; sie wur- den meinem Vater angeboten und ich habe sie als elfjähriger Knabe im Fleisch in Händen gehabt, weiss sogar noch den Namen des Schützen. 123) Ardea cinerea L., Fischreiher. Warthausen: %0. März 1 St. an der Riss fischend: nur 4—5 St. zeigten sich überhaupt. Osterhofen: im Ried 21. Juli. 12. und 16. August je mehrere gesehen. Weissenau: immer sel- tener, höchstens 3 St. den Winter über an der Schussen. Schussen- ried: 9. März erster Fischreiher. Heilbronn: im Januar aufgebäumt im Wiesenthal, auch mehrere am Neckar, aber immer ganz. vereinzelt. 124) Ciconia alba Brıss., Weisser Storch. Wärthausen: 11. März 6 U. Abends erster, 13. d. M. Nachm. 31 U. zweiter auf dem Nest; 11. Mai 3 Junge, welche 7. Juli erst- mals ausflogen; 3. August besuchte die Familie Mittags noch einmal das Nest, an welchem Tage 16.St. auf dem Schloss übernachteten ; letzter Besuch überhaupt 19. August. Buchau: Ankunft 13. März. Kirchheim u. T. und Tübingen: je 11. März. Weilimdorf: 21. März. Güglingen: 7. März Nachm. 3 Uhr der erste. Bietig- heim: Ankunft 10. März, Wegzug 27. Juli. Heilbronn: 29. April kreisten 2 Vögel im Wiesenthal. 125) Cygnus? Schwan. Biberach: 12. Januar zeigten sich 4 Schwäne bei Birkendorf. 9 — 126) Anser segetum Gm., Saatgans. Schussenried: 25. Februar von West nach Ost ziehend. Laupheim: etwa 5. März wurden 3 St. auf einen Schuss erlegt. Erbach: von 10 Saatgänsen wurden 6. Januar 3 St. geschossen, die sich als der Varietät Anser arvensis Naum. (Ackergans) angehörig erwiesen. Esslingen: 10. Januar Mittags zog in Bahnschlittenform eine grosse Schaar nach Südwesten über die Stadt. Heilbronn: mehrere wurden am Neckar geschossen. | Warthausen: 4. Januar 2 Wildgänse im Ried; 135. Januar 5 St. über Mittelbiberach wegziehend. Für diese beiden Daten könnte die nur familienweise wandernde Graugans, A. cinereus Mex., in Betracht kommen (vergl. Ber. 1885), doch sind auch Verspreng- ungen möglich. 127) und 128) Querquedula circia et Q. crecca STEPH., Knäck- und Krieckente. Über beide liegt von Weissenau die Notiz vor, dass sie in der Durchzugszeit (12.—20. März) in einzelnen Exemplaren an der Schussen vorgekommen seien. Von Osterhofen sind 16. August 5 St. ohne bestimmte Unterscheidung notirt. Das Schussregister von Zeil führt 15 „Halbenten“ auf. 129) Anas boschas L., Stockente. Warthausen: 13. Januar 8SO—100 St. a. d. Riss im Ried; 1. August etwa 15 St. nordwärts am Schloss vorüberstreichend ; im December 3 St., 4. und 5. Januar 2 St. geschossen. Zeil: 22 Wild- enten in der Schussliste.e Osterhofen: 12-15 St. geschossen. Kisslegg: 18. April brütend. Weissenau: hat nicht gebrütet; November—März wenig zahlreich an der Schussen. 130) Anas (Dafila LcaH.) acuta L., Spiessente. Kisslegg: 16. März beobachtet. 131) Clangula glaucion Boır, Schellente. Warthausen: 13. November junges Weibchen an der Riss geschossen. 132) Mergus merganser L., Grosser Säger. Warthausen: 2.—9. Januar 3 St. geschossen. Weissenau: nur ein einziges Mal in einem Flug der nachfolgenden Art gesehen, so dass das häufige Auftreten im Vorjahr Ausnahme gewesen zu sein scheint. = 155) Mergus serrator L., Mittlerer Säger. Weissenau: wiederholt erlegt und immer da bestätigt. wo Jäger beobachteten. | Berichterstatter UngER ergänzt die vorjährig gegebenen Notizen von Geiselharz, indem auch er, als er 1878 Lehrgehilfe in Amt- zell war, ein Paar Säger in den Buchwaldungen am Abhang der Argen im Juni, Juli und August beim Baden fast täglich zu beob- achten die Freude hatte: auch bei Pflegelberg, 3—4 kilom. unter- halb Geiselharz sah er ein Exemplar, wohl von dort herübergekom- ‚men. Vergl. Ber. 1887 p. 195. 134) Mergus albellus L., Weisser Säger. Weissenau: wurde 1887 zum ersten Mal seit dem Winter 1879/80 wieder erlegt und auch in diesem Winter waren mehrfach Familien von 3—4 St. an der Schussen. — In jenem erwähnten Winter 1879/80 hat Oekonom A. AnGELE von Risshöfen aus 8 Ex- emplaren 3 Männchen in verschiedenen Altersstufen und ein Weib- chen geschossen. 155) Sterna hirundo L., Fluss-Seeschwalbe. Warthausen: 1%. September ein Paar an der Riss. 156) Larus (Chroicocephalus Exr.) ridibundus L., Lachmöve. Warthausen: 28. März etwa 100 St. auf den Risswiesen, 24. Mai eine einzelne südwärts über das Schloss fliegend. Ulm: 9. März erste Donau-aufwärts fliegend.. Osterhofen: 15. März erste gesehen; alljährlich vom Rohrsee her den Feldern zufliegend. Kisslegg: Ankunft 16. März. Schussenried: 30. Mäız. Blitzen- reute: 12. Mai wurde eine Excursion von Warthausen zur dortigen Colonie gemacht und der Brutplatz unter liebenswürdiger Führung des H. Revieramtsassistenten Lupwıc zu Kahn besucht: viele Hun- derte brüteten über den meist für Füchse unzugänglich angelegten Nestern, andere folgten auf benachbartem Feld dem Pflug; sämmt- liche Eier, 3, selten 4 im Nest, waren bereits bebrütet. Heilbronn: ein Vogel im Jugendkleid, für dort eine Seltenheit, wurde über dem Neckar geschossen. Anm. In Graben bei Osterhofen wurde etwa 1882 oder 33 ein „Kothjäger“ geschossen, den H. Unger (wellig grau gefiedert mit Mövenschnabel) selbst gesehen hat und welcher in den Besitz eines Forstbeamten in Biberach gekommen sein soll. Es handelt sich hier offenbar um eine Raubmöve, entweder Lestris parasitica = uno Iruıe. L., oder pomarina Temm., die beide in Württemberg schon eingesammelt wurden. 137) Colymbus glactalis L., Eistaucher. Sigmaringen: 15. November 1 St. auf der Donau in der Gemarkung Nikhof geschossen (Samml. S. Dit. des Prinzen Carr von HOHENZOLLERN). £ 138) Podieipes minor Larn., Flusstaucher. Warthausen: 7. December einer auf der Riss im Dorf, andere unter Oberwarthausen. Heilbronn: Anfang Januar meh- rere ım Neckar. Säugethiere. 1) Cervus elaphus L., Edelhirsch. Isny: auf den gräflich Quapr'schen Jagden kamen 25 St. zum Abschuss, nehmlich 12 Hirsche, 7 Thiere und 5 Kälber im Revier Rohrdorf und 1 Hirsch im Rev. Kreuzthal; wegen durch Schälen angerichtetem Schaden musste hier stark aufgeräumt werden. Tein- ach: als Wechselwild weit häufiger als früher. Weitere Notizen sind leider ausgeblieben. 2) Capreolus pygargus Buas. et Parr., Reh. Warthausen: auf der Gutsjagd nur 2 Böcke im August ge- schossen. Die zahme Rehgais (vergl. Jahresh. 1885 p. 75), welche, seit 1881 in Freiheit gelassen, alljährlich ihre Jungen im Schloss- garten setzte und unseren Damen im Wald wie ein Hund nachfolgte, in diesem Jahre auch die barmherzigen Schwestern in der Klein- kinderschule im Dorf zu besuchen pflegte, wurde in den letzten De- cembertagen gelähmt — wohl Folge eines unglücklichen Sprungs — aufgefunden und Herrn Jagdbesitzer A. N. dahier gebracht; dort hat sie im Stalle noch einer meiner Töchter, die sie gerne in Pflege ge- nommen haben würden, aus der Hand gefressen, wurde aber 1. Ja- nuar 1889, wohl zur Feier des Neujahrsfests, für den Wildprethändler niedergeschossen, nachdem sie ihr Alter bis in’s zehnte Jahr gebracht hatte. Isny: 27 Böcke wurden im Revier Rohrdorf und 3 im Revier Kreuzthal auf gräfl. Quapr'scher Jagd geschossen; im abnorm strengen Winter 1887/88 waren hier so viele Rehe eingegangen, dass der Abschuss verringert werden musste. Zeil: in den vier Revieren wurden 23 starke, 4 schwache Böcke und 11 Gaisen geschossen. Osterhofen: 3 Kreuz-, 2 Gabelböcke und ein Eichelbock sowie eine Gais (wegen unsicherer Nachbarschaftsverhältnisse) wurden abgeschossen; von hier ergeht ae. Me die Klage, dass bei der Widerwilligkeit der Landwirthe, die weit grösser sei als aller behauptete Schaden und bei dem von bäuer- lichen Jagdliebhabern geübten „Schinderthum“ die neue Hege-Ver- ordnung mit ihrer anderhalbmonatlichen Schusszeit für Rehgaisen unserer schönsten Waldeszier ernste Gefahr bringe. Kisslege: 18. Mai erstes Rehkitz; 17. Juli—10. August sprangen die Böcke „auf's Blatt“. Schussenried: erstes Kitz 13. Mai. Heiden- heim: eme Zeitungsnotiz v. 26. Juni erzählt, wie bei Nattheim früh Morgens zwei Böcke Angesichts der Heumähder kämpften und schliesslich der stärkere den jüngeren dem Dorf zu trieb, so dass der ganz erschöpfte mit den Händen leicht gefangen werden konnte — als ein (abgehetzter) „Braten“ für den Jagdpächter. Heilbronn: guter Rehstand. Teinach: 20. Mai eine Gais mit dem Kitz. Anm. Über den Elch, Alce palmata Ke.-W. (Bras.)*, der noch in der geschichtlichen Zeit nach Württemberg hereinragt, mag hier eine Lesefrucht stehen. Ende October d. J. wurde in Preus- sısch-Schlesien bei Skarsine im Kreis Trebnitz ein ausserordentlich starkes Thier („Mutterwild*), ausgebrochen 410 Pfd. schwer, ge- schossen, nachdem es vorher an mehreren Orten im Regierungs- bezirk Oppeln gesehen worden war. Das letzte Elen in Schlesien war i. J. 1776 geschossen worden: obgleich um jene Zeit in Ost- preussen noch sehr verbreitet, musste auch hier schon nach dem siebenjährigen Kriege ein Gebot zur Schonung des Elchwildstandes erlassen werden und es gab dort noch zu Anfang dieses Jahrhunderts noch viel Elchwild in den Forsten von Schorell, Tzulkin und Skal- lisen; geschützt und gehegt hat es sich bis auf unsere Tage im Ibenhorster Forst bei Tilsit erhalten. Aus Oberschwaben be- sitze ich eine kleine, fast vollständig erhaltene Geweihstange aus dem trockenen, früher bewaldet gewesenen Ried von Gaisbeuren OA. Waldsee, 1878 4° tief unter dem Abraum gefunden, sowie ein (wohl älteres) Fragment, 1880 aus dem Eisenbahndurchschnitt bei Kaibach ım Allgäu (Wangen). Zwei selten grosse litthauische Ab- wurf-Stangen meiner Sammlung haben zusammen ein Gewicht von 172 Pfd., 8—11 Enden, eine Länge von 81—82 cm, einen Umfang oberhalb der Rose von 16—18 cm; die Länge der grösseren (rech- ten) Stange beträgt 81, diejenige der schwächeren 82 cm, die Länge der Schaufelfläche 54 und 69 cm, die Mitten-Breite von diesen 184 und 21,5 cm. * Dass „Alces“ (Caesar, bell. gall.) nicht der Singular, sondern der Plural von alce und dieses feminin ist, habe ich anderwärts nachgewiesen. — 13 — 3) COapella rupicapra K. et Bras., Gemse. Isny: an der Adelegg hält sich ein Bock, eine Gais und ein Kitz seit 1887 auf gräfl. Quapr’scher Jagd und bei dem ihnen ge- währten Schutz liegt, wenn sie nicht auswechseln und auf bäuer- lichen Jagden weggeschossen werden, einige Hoffnung vor, dass es nicht wie in früheren Fällen gehe, sondern dass an jener so geeig- neten Stelle Gemsen als Standwild sich ansiedeln (Erbgraf von Quapr- Wyckrapr-Isny in hit. 18. Nov. 1889.) 4) Lepus timidus L., Feldhase. Warthausen: geschossen 37 St.; 9. April em etwa 14 Tage alter Hase in einem Johannisbeerbusch des Schlossgartens. Isny: Abschuss im Rohrdorfer Revier 18 St. Zeil: 50 St. in den Revieren Zeil, Altmannshofen, Seibranz und Hienlishofen. Osterhofen: bis Mitte November 36 St. geschossen. Kisslegg: 5. Juni 2 junge Hasen. Heilbronn: schlechtes Hasenjahr. Teinach: für die dor- tigen Verhältnisse ziemlich zahlreich. 5) Seiurus vulgaris L., Eichhorn. Warthausen: 15 St. aus Gründen des Vogelschutzes weg- geschossen; hievon waren je 4 St rein roth und entschieden schwarz. 6) Meles taxzus SCHREBR., Dachs. Isny: 1 St. im Revier Rohrdorf erlegt. Zeil: desgl. 6 St. Osterhofen: ebenso 3 St., 2 St. hievon im „Hochrain“ ‘23. Sep- tember, seltenes Jagdelück, von ein und demselben Schützen. 7) Canis vulpes L., Fuchs. Warthausen: 8 St. von meinen Söhnen geschossen. Isny: 16 St. aus dem Rohrdorfer, 4 St. aus dem Kreuzthaler Revier. Zeil: 10 St. aus den vier Revieren. Osterhofen: bis Mitte Nc- vember 16 St. erlegt; im Sommer fanden wiederum häufige Besuche in den Hühnerhöfen des Dorfs statt, doch war die Ausbeute geringer. da diessmal die Fruchtfelder weniger Deckung boten. Weilimdorf: im October wurden bei der K. Fasanerie 2 St. in Hohlfallen gefangen und zwei weitere geschossen; 31. December fieng sich ein Fuchs, dem ein Halsband tief in den Hals eingewachsen war. 8) Felis catus L., Wildkatze. Heilbronn: Kommt vereinzelt immer wieder im Wald, be- sonders an dessen felsigen Abhängen gegen die Weinberge zu, vor: so lief 8. November 1887 ein Kuder im Treibjagen einem Schützen Be in vollem Trab an und wurde erlegt, ebenso wurde heuer auf einer Treibjagd auf 1 St. geschossen. Hauskatzen sind im Schlossgarten zu Warthausen, einem Lieblings-Stelldichein, 9 St. auf verschiedenartige Weise beim Vogel- fang „verunglückt“. Auch auf der Schussliste von Zeil sind 32 St. 9) Lutra vulgaris Erxt., Fischotter. Warthausen: Herr A. AnGELE auf Risshöfen fieng 14. Januar in der „alten Riss“ (mit einer Werer'schen Falle) ein Fischotter- weibchen, 1,19 m. lang und 20 Pfd. schwer; zwei andere Otter, ein 14 Pfd. schweres Weibchen und ein 7 Pfd. schweres Junges, schoss derselbe 20. Februar unweit der ersten Stelle in einem grösseren Rissgraben. Nachdem dieses Weibchen der Schneefährte nach kreuz- lahm war und aus nur vier Zitzen milchte, nimmt A. an, dass es das 8 Tage früher im Ummendorfer Ried (hinter Biberach) von Jagd- pächter Hacmanx mit einer Schaufel über den Rücken verletzte und entkommene Stück nebst dem letzten Jungen gewesen sei, nachdem damals 3 andere Junge getödtet worden waren. 10) Mustela putorius L., Iltis. Zeil: 4 St. von Seibranz. Weilimdorf: vom Herbst bis 9. October 15 St. bei der K. Fasanerie Härdtle in Hohlfallen gefangen. 11) Mustela martes Gm. Brıss., Edelmarder. Warthansen: 12. August Mittags 12 U. während des Blat- tens auf Rehböcke ein junges Männchen im „Kohlweiher“ geschossen. Isny: 1 St. geschossen auf gräfl. Quanr'scher Jagd. Osterhofen: Mitte Juni wurde ein halbgewachsener Hase einem Edelmarder ab- gejagt; seit 1884 wurde keiner mehr geschossen. Weilimdorf: ein von Krähen verfolgter wurde 10. November geschossen. 12) Mustela foina Gm. Brıss., Hausmarder. Warthausen: 6. Januar 1 St. im Tellereisen gefangen. Isny: 1 St. in der gräfl. Quapr'schen Jagdliste. Zeil: 1 St. desgl. Oster- hofen: häufig, es wird gerne geduldet, dass nicht jagdberechtigte private Marderfänger die Vertilgung betreiben. Weilimdorf: 25. April 2 etwa acht Tage alte ausgenommen; im October 2 St. in der Fa- sanerie in Hohlfallen gefangen. 13) Mustela erminea L., Hermelin-Wiesel. Warthausen: 15. Januar gerieth einer in eine Marderfalle. Zeil: 6 St. von dort und Hienlishofen. — 115 — Über kaltblütige Wirbelthiere liegt eigentlich nichts vor. Von Schussenried ist das erste Erscheinen einer Eidechse 19. April notirt; ob es sich um die gemeine Lacerta agiıs Wour (stirpiun Daun.) oder um die Moorboden liebende, gerade dort vorkommende L. erocea Wour (vivipara Jaco.) handelt, muss dahingestellt bleiben. Eine Notiz im Schwäb. Merkur theilt bezüglich der Verbreitung der Kreuzotter (Vipera berus Cuv. L.) mit, dass diese am mitt- leren Kocher vorkomme; im Oberamt Hall, auf dem Fusssteig von Enslingen nach Gaisdorf, der an einer engen und tiefen z. Th. mit Buschwerk bewachsenen Schlucht hinführt, habe Berichterstatter ın den 70er Jahren wiederholt getödtete junge Kreuzottern mit wunder- voller Zeichnung, auch einmal eine alte, gefunden und in der Ens- linger Gemeinde kenne Alt und Jung dieselbe sehr gut. Die Hechte laichten bei Schussenried 20. März. Auch die Inseeten machen sich sehr kurz ab: Der Citronfalter, @onopteryz rhamnmı Lcn. flog bei Warthausen 14. März, Heilbronn 16. März, Schussenried 28. März: Teinach 15. April (zugleich mit Trauermantel), der Fuchs, Vanessa polychlorosL. beiWarthausen 14. März, Schussen- ried 16. März. Teinach 20. März, Heilbronn 30. März. Vom Prozessionsspinner, ÜCnethocampa processionea L. krochen bei Bietigheim die Raupen 25. April aus und waren 3. Juli verpuppt (ziemlich häufig). Maikäfer, Melolontha vulgarıs L. flogen bei Schussenried 7. Mai, bei Warthausen erster 14. Mai; im Herbst waren bei Bietigheim die Larven sehr häufig”. Die Frühlingserscheinungen nm der Pflanzenwelt führen wir nach den Beobachtungsorten auf. Warthausen: 24. März erste Schlüsselblume (Primula elatior Jaca.), 25. März erstes Veilchen (Viola odorata L.). 1. Mai wurden die ersten Morcheln gefunden, bis 4. d. M. 175 St. Die gewöhn- lichste hier vorkommende Morchel ist die bräunliche (öfters graue bis gelbe) „Stockmorchel“*, Morchella esculenta Pers. mit oft über faustgrosser, faltenstieliger Varietät (M. crassipes DC.) in Laubwald- Berghalden:; an sie schliesst sich, besonders unter jungen Fichten wachsend, eine gleichfalls in Stiel und Hut verwachsene kleinere, schwärzliche Form an, die oft vollständig in die schwarzwälder Spitz- morchel, M. conica Pers. übergeht; eine weitere schwarze Art, meist * 10. Januar waren bei Warthausen „Altweibersommer“-Fäden an allen Bäumen gerade wie sonst im Herbst. | . Bez wz. - er Ba}. auf grasigen Blössen mit wenig bewachsenem und schwarzem Boden, ist M. rimosipes DC. (— mitra Lexz), wenig fleischig, mit langem, dünnen, kleiig-bestäubtem Strunk und nur an dessen Spitze glocken- förmig aufsitzendem Käppchen; am seltensten finden wir hier M. hy- brida Pers., der esculenta auf den ersten Blick ähnlich, allein mit nur hälftig verwachsenem, unten freiem Hut, hart im Fleisch, meist grau und die Maschen mehr im zusammengedrängten, weniger un- ebenen Längsrillen verlaufend. Kisslegg: es blühen 13. März Weiden; 15. März Schlüssel- blumen; 29. März Huflattich (Zussilago farfara L.); 3. April Seidel- bast (Daphne mezereum L.): 14. April Wiesendotterblume und Ane- monen (Caltha palustris L. et A. nemorosa L.); 16. April Lungen- kraut (Pulmonaria officinalis L.); 2. Mai Dirrlitzen (Cornus mas L.); 8. Mai Schwarzdorn (Prunus spinosa L.); 10. Mai Kirschenblüthe. Es schlagen aus: 20. April Erlen und Weiden; 25. April Birken und Stachelbeeren ; 29. April Vogelbeeren, Ahorn und Johannisbeeren ; 1. Mai Rosskastanien; 2. Mai Buchen; 22. Mai Fichten. Schussenried: es blühen 20. März Schneeglöckchen im Freien (Galanthus nivalis L.) „22. März Seidelbast an sehr sonnigen Stellen; 34. März Haselnuss ebenso ; 2. April Huflattich und Schlüsselblumen ; 17. April Waldanemonen und Caltha palustris; 23. April Enzian (Gentiana verna L.); 27. April Beginn der Hainbuchenblüthe; 29. April Pappeln; 6. Mai erste Birnspaliere und Birken; 8. Mai Kirschenblüthe:; 9. Mai Beginn und 8. d. M. sehr starke Fichtenblüthe; 12. und 18. Mai ebenso für die Rothbuche. Blattentwicklung: 16. April Lärchen und Stachelbeeren werden schnell grün; 26. April frühe Rosskasta- nien; 29. Aprıl Vogelbeer; 3. Mai Ulmen und Rothbuchen werden langsam allgemein grün, frühe der letzteren seit 30. April; 8. Mai frühe Eichen fangen an grün zu werden. Bietigheim: es blühen 23. März Haselnuss; 26. März Schwarzerle (Alnus glutinosa Gärrn.); 20. April Lärche; 25. April Stachelbeere; 30. April Johannisbeere: 1. Mai Süsskirsche und Schwarz- dorn ; 3. Mai Hainbuche ; 5. Mai Birke und Weissdorn; 7. Mai Trauben- kirsche: 8. Mai Birne und Esche; 11. Mai Spitzahorn (Acer plata- noides L.); 15. Mai Flieder (Syringa vulgaris L.); 16. Mai Eichen (Tags zuvor Beginn des Schälens); 20. Mai Apfel, Rosskastanie; 1. Juni Kiefer; 3. Juni Vogelbeer; 5. Juni Winterroggen und Akazie (Robinia pseudoacacia L.); 8. Juni schwarzer Hollunder; 18. Juni Liguster; 24. Juni Weinrebe; 30. Juni Winterwaizen: 4. Juli Hafer; 5. Juli Linden. Es grünen 20. April Lärchen; 1. Mai Rosskastanie ; 3. Maı Hainbuche; 4. Mai Rothbuche; 5. Mai Birke; 6. Mai Sommer- linde; 9. Maı Eichen; 14. Mai Weisstanne; 20. Mai Fichte; 30. Mai Kiefer und Weinrebe. Am 12. Mai war der Buchwald und 20. d.M. der Eichwald völlig grün. Über Frucht- und Samenreife ist ebendaher Folgendes angegeben: erste reife Himbeeren 10. Juli, Hollunder 25. August, Liguster 10. Sep- tember, Vogelbeeren (Ebereschen) 20. September; Rosskastanien und Bucheckern fallen 1. October, Eicheln 7. October; Samenreife der Birken 20. September, der Lärchen 6. October; Weisstannensamen gerieth nur spärlich und von Waldsamen kam nur die Eichelmast in Betracht, die an Träufen und Wegen sowie einzelstehenden Bäumen nicht unbedeutend war, gleichwohl das Sammeln nicht ver- lohnte. Teinach: 7. März Schneeglöckchen in Zavelstein; 10. März erste Blüthe von Orocus vernus daselbst, 24. März mehrere, 29. März reichlich, 3. April Höhepunct des Crocusflors. Durch Dünger und Viehwechsel ist die Pflanze nunmehr auch auf den Markungen von Sommenhardt, Röthenbach und Teinach ziemlich verbreitet. — Auf der Schweinburg (Isny) erste Crocusblüthe 16. April, genau 2 Wo- chen später als im Vorjahr. — 25. März Stachelbeeren im Garten erst knospend; 26. März blühen Ranunculus ficaria und Caltha pa- lustris am Bachufer und Buchen knospen stark; 30. März Spiraeen und Syringen beginnen auszuschlagen; 31. März aufbrechende Dirr- litzen-Blüthen, die aber erst 15. April offen sind; 1. April Goldmilz, Taubnessel, Gänseblümchen einzeln blühend; 10. April erste Ane- monen und Schlüsselblumen; 15. April erste Blüthen von Oxzalis acetosella, die am 14. Mai culminiren:; 17. April Viola odorata : 28. April Lärchennadeln und Farrnkrautlocken; 29. April Birkenblätt- chen; 6. Mai viele Hundsveilchen; 7. Mai grünende Buchen, massen- haft die „Fiehten-Absprünge“; 11. Mai Heidelbeerblüthe; 18. Mai Linden grünend; 20. Mai Ginster und Besenpfrieme blühen; 27. Mai Preisselbeerblüthe. Heidelbeeren traten bei Teinach auffallend viele weissfrüchtig auf; viel seltener wurden solche um Wildbad, Enzklösterle u. s. w. gefunden; zuweilen auch bei Bubenorbis (Hall); nach sachkundiger Untersuchung sind es reine Albinos mit reifen, gesunden Kernen und reichlicher Zuckerbildung, nicht durch Pilze infieirt, wie die von Wo- RONIN untersuchten „weissen“ (unausgereiften gewöhnlichen) aus Finn- land es waren. Der Getreideschnitt begann bei Teinach. 7. August, Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 12 — .1% —. auf dem oberen Walde etwa 14. Tage später. Sehr reichlich war die Buchelmast. Von der Jagst wird 27. Febr. geschrieben, welch reiche Er- träge das letztmalige Sammeln der Bucheckern ergab, zeige folgen- des Beispiel. In Bächlingen wurden seit December 4500 Simri Bu- cheln geschlagen, weiche rund 25000 Schoppen Öl im Werth von 25000 M. lieferten; ein Bauer sammelte allein 100 Sri. und hatte zum Reinigen eine Putzmühle im Wald eigens aufgestellt. Der Segen an Kernobst war besonders reich in Oberschwaben und im Allgäu. Witterung. Nach den Veröffentlichungen der meteorologischen Oentralstation zu Stuttgart war die geringste Wärme 18.8 C. 1. Januar und die grösste Wärme 31.8° C. 4. Juni; ausser Mai, Juni und November waren alle übrigen Monate verhältnissmässig zu kalt und die mitt- lere Wärme blieb um 1.15° unter dem fünfzigjährigen Durchschnitt zurück: Frosttage waren 91, Wintertage 24, Sommertage nur 25 gegen sonst 38—53); 206 Tage brachten Niederschläge, darunter 42 Schnee, 2 Hagel, 8 Gewitter. Das Jahr begann mit strenger Kälte und tiefem Schnee, wor- auf bald Thauwetter folgte. Der Februar brachte Kälte,‘ dann Re- gen im Unterland und Schnee in den hohen Lagen; störende Schnee- wehungen in Südwestrussland und meterhohe Anhäufung nach vierundzwanzigstündigem Schneefall bei Trient werden 20. Februar gemeldet. In der 2. Woche des März war Thauwetter, sonst meist rauh; 28. März trat bei Warthausen Schneefall ein. Der April begann rauh, Schneefälle waren bei Warthausen 10. und 11. April und erst die zweite Monatshälfte war mild und brachte laue Regen: bei Kisslegg war 17. April Nachts erstes Gewitter mit Regen und starken Detonationen; Überschwemmungen wurden aus diesem Mo- nat mehrfach gemeldet. Mai und halber Juni waren trocken, warm, theilweise sehr heiss; Mitte Juni begann eine trostlose Regenzeit mit starker Abkühlung; 25. Juni ist ein heftiges Gewitter verzeichnet. das in Fornsbach im oberen Murgthal und in Hohengehren O.A. Schorndorf einschlug. Der nasskalte Witterungscharakter dauerte über den ganzen Juli bis in den August, der kalt begann und auch in seiner Mitte stark abgekühlt war. Der September war, unter- brochen von Regenfällen, warm und trocken. 7. October trat im ganzen Land starker Schneefall, 19.—27. October Frost ein, dort —= MI — vorzugsweise an den Obstbäumen, hier am Wein schädigend; über die- sen frühen Schneefall kamen Berichte aus Reutlingen, Ebingen, Obern- dorf, Rottweil, Hall, Langenburg, Ellwangen, Heidenheim, Buchau. Am schwarzen Grat lag schon 6. October eine dichte Schneedecke bei —3° C. Neuer mässiger Frost war im November — 7. Novem- ber Warthausen Schnee — 8° Rr. — und der December war grössten- theils schön und trocken. Uneingeschaltet und ungetrennt fügen wir noch zwei Witterungs- Skizzen an: Heilbronn: Nachdem schon vor Weihnachten 1887 Schnee gefallen war und besonders von da ab bis Neujahr 1888 die Schnee- decke beiläufig #4 m. stark wurde, musste bei bedeutender Kälte (20. Dec. — 20° Rr., 31. Dec. — 22° Rr.) den Vögeln stark Futter ge- reicht werden. Vom 4. Januar ab wurde es wieder gelinder, theil- weise mit Thauwetter, dann wieder frostig bis 22. Januar wo Re- gen mit — 4’ Rr. eintrat: 28. Jan. wieder 4°’ und 31 d. M. 15° Kälte, dabei Schnee. Vom 14. Februar an trat l4tägiges Thauwetter ein, dann wieder Kälte (17. Febr. 6—10° bis 7. März mit 8°). Trotz- dem stellten sich in den ersten Februartagen Staaren in grossen Flügen ein, Lerchen durchstreiften die beschneite Landschaft, gegen Mitte Februar dichteten die Haubenlerchen und es erschallte der erste Finkenschlag. Mit 8. März wurde es lau und schön (+- 10° Rr.) und es folgten ähnliche, dabei aber auch oft stürmische und reg- nerische Tage. Die gefiederten Winter-Kostgänger verschwinden und überall hört man den Gesang von Amsel, Drossel, Fink, Staar, auch Ammern und Grünlingen, dazwischen lockende Meisen und ım Feld jubelnd aufsteigende Lerchen. Einen letzten und kurzen Überfall mit leichter Schneedecke versuchte der Winter noch am 18. März. Teinach: 1. Januar Minimum —23,2°, schön, kalt, schnee- reich: 4. Januar —1,0° C., von da ab Thauwetter; 11. Jan. auf der Sonnenseite fast aller Schnee weg; 28. Jan. enormer Schneefall: 14. Februar auf den Höhen noch 20—30 cm. tiefer, gefrorener Schnee, ım Emberger Walde keine schneefreie Stelle; um 17. Febr. meter- tiefe Schneeverwehungen; Anfangs März ebenfalls noch viel Schnee, welcher 10. d. M. auf der Sonnenseite überall weg ist; 16. März Abends erstes sehr heftiges Gewitter bei Teinach:; 27. März Regen- sturm und erstmals Frühlingsstimmung: 28. März erster angenehmer Frühlingsabend mit etwas Drosselsang, Mücken- und Käferschwärmen trotz noch vieler Schneeplatten im Bergwalde; 30. März der letzte 12* — 10 — Schnee im Thal ist gegangen: 5. April fuhr man in Neuweiler (Calw) wieder mit Schlitten; 10. April Verkehrsstörungen durch Schnee- wehen. Mitte Mai noch Schneemassen im Gebirge. Schlechter kühler Regensommer und grosser Futtermangel. 15. August Überschwem- mungen in Württemberg, Bayern, Österreich u. s. w. und viele Ge- witter. 9. September Minimum von +2,9°C.; 6. October Schnee und Eis auf den Höhen, 9. Oct. Schneefall im Thale: 15. Oct. erst- mals Minimum #0,0°; 20. Oct. —6,0° C.; 21. November Schnee- landschaft; 10. December —5—8° C. (Eisgewinnung). Beiträge zur Mineralogie Württembergs. III. Reihenfolge. Ueber das Vorkommen von Gips. Von Prof. Dr. Alfred Leuze. Litteratur. Werner, diese Jahreshefte 1869. 129. Begleitworte zu Atlasblatt Calw von Hauptmann Bach. 1869. Ellwangen von Prof. Dr. Fraas. 1872. Hall von Prof. Dr. v. Quenstedt. 1880. 44 R Mi Waiblingen von Hauptmann Bach. 1870. Quenstedt, Mineralogie. III. Aufl. 1877. Fraas, O., Nutzbare Mineralien Württembergs. 1860. 9 ur EB] „ EB) ”) Die neuen Funde an schönen Gipskıystallen, welche in den letzten Jahren im Wilhelmsglücker Bergwerk, dann bei Hessenthal und bei Gaildorf gemacht wurden, haben den Gedanken nahe gelegt, das Vorkommen von Gips in den Formationen Württembergs näher zu beschreiben, um so mehr, als bis jetzt namentlich über die Kıy- stallformen nur dürftige Notizen vorliegen. Dieselben beschränken sich auf die kurze Erwähnung des Gipses in Werxer’s Aufzählung der württembergischen Mineralien (l. c. p. 138), dann auf kurze Be- schreibungen von demselben in den Begleitworten zu den Blättern Calw und Waiblingen, weiter auf wertvolle Beobachtungen von QUENSTEDT, die er in seinem Handbuch der Mineralogie und in den Begleitworten zu unseren Atlasblättern da und dort einstreute, end- lich auf Mitteilungen von O. Fraas in seinen „Nutzbaren Mineralien von Württemberg“, sowie in den Begleitworten zu Blatt Ellwangen. Und doch gehört der Gips zu den am meisten verbreiteten Mineralien unseres Landes, nur Kalkspat und Schwefelkies dürften noch häufiger sein, letzterer kommt aber lange nicht in der Menge vor wie der Gips. Unten soll gezeigt werden, dass deswegen auch dieses für — 12 — Landwirtschaft und Gewerbe wertvolle Mineral in bedeutender Menge gewonnen wird. Es sollen, nun im folgenden die einzelnen Formationen und Formationsglieder auf ihren Einschluss an Gips geprüft werden; ehe das aber geschieht, sei vorausgeschickt, dass das Vorkommen von Gipskrystallen in irgend einer Schichte keineswegs ein Recht dazu gibt, dass man die Krystalle für ebenso alt halten darf wie die Schichte. Im Gegenteil, vorliegende Untersuchung wird eben den Beweis führen, dass unsere Gipskrystalle meistens sekundäre Bildung sind, ja dass man das Alter von Gipskrystallen in einem bestimmten Falle beinahe auf die Jahreszahl hin bestimmen kann. Beginnen wir mit dem Grundgebirge, so ist Gips darin selten; unsere Granite des Schwarzwaldes enthalten höchstens als Zersetzungsprodukt schwefelhaltiger Erze den seltenen Stoff. Als die Tunnel der Triberger Bahn gebohrt wurden, fanden die Ingenieure, welche dem Verfasser 1869 ihre Profile bereitwilligst zeigten, Kalk- ablagerungen im Granit und in einem Stollen in einer Tiefe von etwa 100 m ein Stück von blätterigem Gips. Ohne Zweifel hat der berühmte Erbauer jener Bahn diesen Fund, welchen er als Selten- heit seinen Besucher zu zeigen pflegte, der Karlsruher Sammlung übergeben. Unser Naturalienkabinet bewahrt ebenfalls zwei Stücke von der Grube St. Wenzel im Schappachthal: in ganz zerfressenem Gestein, das vielleicht einmal Granit war, sitzen zusammen mit Braunspäten blätterige Gipse, die von ALBERTI in der Sprache des Warterıus als „Selenite“ etikettierte; dieselben sind selbst wieder von den Wassern angefressen. Man hat es also hier mit einem Zersetzungsprodukt zu thun. Über Zechstein und Buntsandstein können wir schnell hinweggehen, man findet zwar hie und da Gipse im Zechsteindolomit bei Schramberg, es fehlt aber der eigentliche Zechsteingips, wie er von Nordhausen, Frankenhausen u. a. ©. bekannt ist. Ungleich reicher an Gips ist der Muschelkalk, und zwar hauptsächlich das Anhydritgebirge. Das sogenannte Wellengebirge, nämlich Wellendolomit und Wellenkalk, endigt oben mit der Schichte der Schaum- und Zellenkalke, welche für Umwandlungen von Gips- gesteinen gehalten werden. Darüber liegt das Anhydritgebirge, das aber von dem darüber lagernden Salzgebirge schwer zu trennen ist, sind ja doch die Salzlager meistens von Gipsthonen umhüllt und von denselben durchsetzt. Wir nehmen daher diese beiden Gebirge hier zusammen. Der Gips findet sich hier nun zum Teil in bedeutender — 183 — Mächtigkeit, so am Kötterberg bei Mergentheim, dann sind die Ort- schaften am oberen Neckar anzuführen von Niedernau aufwärts: Niedernau, Obernau, Bieringen, Sulzau, Börstingen, Mühlen, dann die Stadt Horb, Dettingen, die Stadt Sulz; weiter im Seitenthal an der Eyach Mühringen und Imnau. Es unterliegt ja keinem Zweifel, dass die weithin berühmten Mineralquellen dieser Gegend ihren wertvollen Gehalt eben dem Anhydritgebirge entnehmen, wovon unten bei Er- wähnung der gipsführenden Wasser noch mehr die Rede sein soll. Ferner ist die Gegend von Iselshausen bei Nagold zu erwähnen, endlich Winnenden und zuletzt unsere Salzlager von Rottweil, Wil- helmsglück, Hall, Heilbronn, Friedrichshall. Der Gips, der in diesem Gebirge gefunden und zum Teil in grossen Mengen abgebaut wird, ist bald erdig, bald dicht, feinkörnig, dann wieder strahlig, faserig oder spätig und blätterig, endlich schön krystallisiert. Was die zu- letzt genannte Art betrifft, so sind zwei Typen zaı unterscheiden: die Form der Iselshäuser Gipse, die bloss hier gefunden wurde, und die verbreitete Form der Wilhelmsglücker Krystalle. Iselshausen liegt 21 km südlich von Nagold an der Eim- mündung der Steinach in die Waldach, einem Bach, der bei Nagold sich mit der Nagold vereinigt. Der Gipsbruch liegt südlich am Weg nach Gündringen, 1 km von Iselshausen entfernt, auf der linken Seite des Thales. Es wurden bier’ in den Muschelkalkgips des Lehmbergs zum Zweck der Gipsgewinnung Stollen getrieben und dabei stiess man mehreremal auf kleinere und grössere Drusenräume, deren Wände mit Gipskrystallen ausgekleidet waren; auch fanden sich im erdigen und feinkörnigen Gips spätige und strahlige Partien. Letztere sind radialfaserig und zum Teil in undurchsichtige, milch- weisse, mehlige Substanz umgewandelt, so ein Stück, das im Na- turalienkabinet liegt. Am stärksten wurden diese Gipse ausgebeutet im Anfang der sechziger Jahre von Dr. G. H. Zerzer in Nagold, dessen Sammlung aus dem Nachlass von WERNER späterhin an das hiesige Realgymnasium überging. WERNER hat die Krystalle am an- geführten Ort auch beschrieben, aber zu einer Zeit, wo noch nicht alle Formen gefunden waren, denn er sagt, es seien keine Zwillings- formen darunter. Die Krystalle sind vollkommen wasserhell, meistens klar durchsichtig, nur selten sind die Krystallflächen drusig oder ist von dem grauen Gipsthon, auf dem sie aufsitzen, etwas eingeschlossen. Die meisten Krystalle sind mit dem einen Ende aufgewachsen, doch Is. Werner, Atlasblatt Calw p. 11. — 14 — finden sich auch um und um krystallisierte vor. Die Flächen, welche sich daran zeigen, sind: oP.xPx.woPoo. --P.moP2.—+4Poe. Dabei sind die Krystalle längs —P in die Länge und nach der Orthodiagonale in die Breite gezogen. Jene Längserstreckung er- möglicht, dass „man mittelst Erwärmen die Veränderung des optischen Achsenwinkels unmittelbar wahrnehmen kann“ '!. Interessant ist das Auftreten der Querfläche, die wir sonst an unseren Gipsen nicht finden; charakteristisch ist weiter, dass das Prisma P meistens neben &FP2 auftritt, und zwar herrscht entweder das erstere mit seinen 111° 30° oder das letztere mit 72° 35 vor, indem durch Wiederholungen dieser beiden Flächen die Zone der Prismen vielfach gestreift und daher abgerundet erscheint. WERNER spricht von mehreren anderen Säulen neben ©P, ich konnte bloss die zwei ge- nannten finden. Es zeigt sich nun auch Zwillimgsbildung; ein all- seitig kıystallisierter Krystall von der Form: | oP2.xP.oPo.oPoo. —P.--1Po, wobei ©P untergeordnet auftritt und die Querfläche nicht viel breiter erscheint als die Längsfläche, ist in Zwillingsstellung nach &Px, doch so, dass das eine Individuum über das andere vorherrscht; infolgedessen liegen die durch den Perlmutterbruch hervorgebrachten Abstumpfungen nicht aneinander in einer Ebene, sondern in parallelen Ebenen. Einen "solchen Zwilling wird man im übrigen Salzgebirge umsonst suchen. Die Fläche des Hemidomas —41Px ist ziemlich uneben, sie ist aber daran leicht zu erkennen, dass sie beinahe senkrecht zu c steht (87° 20%). Da nun der Krystall schaligen Auf- bau zeigt, so zeigt er Streifungen senkrecht zur Prismenrichtung, die mit dem faserigen Bruch 26° 26° einschliessen. Damit zeigt sich 1Poo als Spaltungsrichtung, welche schon Hauy und nach ihm Laspeyres erkannte. Die Oberfläche des interessanten Stückes zeigt - auf den Flächen des Prismas ©P2 und auf —P Ätzfiguren, welche durch die am Krystall sonst auftretenden Flächen begrenzt erschei- nen. Man könnte es auffallend finden, dass an diesem Zwilling das Prisma in die Länge gezogen erscheint, was ja sonst nicht der Habitus der Iselshäuser Gipse ist, allem der schalige Aufbau weist ja auf das Vorhandensein von mehreren Subindividuen hin, an wel- chen dann das Prisma doch weniger entwickelt ist als die Hemi- pyramide. Bei einem zweiten Zwilling der Sammlung des Real- ! Quenstedt, Mineralogie p. 127. 535. — 15 — gymnasiums ist nun allerdings das Prisma stark entwickelt, das Auf- treten des muscheligen Bruches ©P» als Fläche spricht aber doch dafür, dass er von Iselshausen stammt. Hier liegen die Perlmutter- brüche in einer Ebene, die Säulen ©P und ®P2 sind gleich stark entwickelt, vorne durch &P® abgestumpft, oben herrscht krumm- fächig 41Px, so dass er beinahe gerade abgeschnitten erscheint. Indessen verrät ein deutlicher Einschnitt oben die Zwillingsstellung. Dieser Krystall ist besonders klar und durchsichtig, 6 cm lang in der Achse c, 3 cm breit und der Abstand der Hauptblätterbrüche beträgt 1,35 cm. Die Krystalle sind überhaupt in allen Grössen vor- handen, von wenigen Millimetern bis zu 14 cm, die Breite beträgt + bis 4 der Länge, die Dicke 4 bis 4 der Breite. Da der Grad der Dnrchsichtigkeit ein sehr hoher ist, so gehören diese Gipse zu den schönsten, die bei uns je gefunden wurden. Über ihr Alter kann ich keine sicheren Angaben machen, da es mir leider nicht vergönnt war, mich an der Ausbeutung zu beteiligen, auch fehlt mir jede Nachricht, ob heute noch diese Form von Krystallen vorkommt oder entsteht. WERNER glaubt, dass die Bildung der Krystalle „wohl heute noch (im Jahre 1869) vor sich gehe“, eine Ansicht, der ich mich nach Beobachtungen an den Wilhelmsglücker Gipsen gerne anschlies- sen würde, nur wundere ich mich, dass sie dann ım Naturalien- kabinet so schwach vertreten sind und in den meisten Privatsamm- lungen fehlen. Immerhin unterscheiden sie sich von den Gipsen des Salzgebirges und ich möchte den Grund dieser verschiedenen Kry- stallisation im Fehlen des Steinsalzes vor allem suchen. Denn die Gipse, die heute vor unseren Augen in Klüften und Spalten des Salzgebirges sich bilden, haben eine andere Form. Diese Gipse aus unseren Steinsalzbergwerken stimmen in der Form sehr überein und ich fasse dieselbe, da doch die meisten von Wilhelmsglück kommen, unter dem Wilhelmsglücker Typus zu- sammen. Neuerdings hat man nun, hauptsächlich seit 1887, die schönsten Krystalle zu Tage gefördert und so bin auch ich durch die Güte des Herrn Direktors v. XerLer in den Besitz eines wert- vollen Materiales gelangt. Die Kıystalle überraschen durch ihre Grösse und Durchsichtigkeit und sie gehören zum schönsten, was an Gipsen gefunden wird. Sie zeigen die Kombination: aP.aPw.-—-P.--P. —Px. Sie sind nach dem Hauptprisma in die Länge gezogen, die Flächen dieses Prismas sind schön eben. Der Hauptblätterbruch &Px - spiegelt das Licht lebhaft, ist aber selten ganz eben, vielmehr scheint — 186 — mit dem Klinopinakoid eine Fläche zu wechseln, welche beinahe 180° damit bildet, so dass dieses Pinakoid parallel e gestreift er- scheint. Durch diese Oscillationen deutet sich aber keine Säule von sehr grossem Index an, sondern diese Unebenheiten scheinen durch Druck hervorgerufen zu sein, denn die Kombinationskanten verlaufen nicht genau parallel c. Oben fehlt nie die negative Pyramide, häufig durch —Po® abgestumpft, aber gerne zu Krümmung geneigt; die hintere Pyramide —P tritt meistens etwas zurück. Die Krystalle sind nun sehr lang, bis zu 20, ja 25 cm; Stücke von 17 cm Länge sind nicht selten, 2—3 cm dick in der Orthodiagonale und 7—8 cm breit von vorn nach hinten. Man findet die Krystalle ab und zu aufgewachsen auf Gipsthon, die neuestens gefundenen sind aber alle allseitig krystallisiert entweder einzeln oder bilden sie unter mannig- faltiger Durchdringung hübsche Gruppen, die an die bunt sich durch- kreuzenden Bergkrystalle der Schweiz erinnern. Häufig zeigen sie Zwillingsbildung nach &Px, doch sind die beiden Individuen selten ganz verwachsen, meistens nur seitlich, d. h. das linke Pinakoid des vorherrschenden Krystalls mit dem rechten des zweiten oder um- gekehrt. Zwar kommen wasserklare nicht gerade selten vor, doch haben die meisten eine schwach rötlichbraune Färbung, nicht selten sind sie etwas wolkig durch eingeschlossenen grauen Thon. Auf- fallend sind die verschiedenen Färbungen oft an einem und demselben Stücke, eine Erscheinung, die sich namentlich bei Zwillingsstellung schön macht. Über das Alter dieser Krystalle kann man nun sehr genaue Angaben machen. Es ist ja bekannt, dass in unseren Salz- ‚bergwerken auf dem Holzwerk der unterirdischen Bauten Krystalle in eimfachen und Zwillingsindividuen vor unseren Augen entstehen, wie auch auf den Dornsteinen zu Rehme bei Preussisch-Minden und in den Spalten zu Friedrichsroda' sich heutzutage Gipskrystalle bil- den. HiLpengrann fand im Schlamm des Kanals, der vom „Ungeheuren Brunnen“ bei der Station Hessenthal herkommt, ganz schöne Schwal- benschwanzzwillinge, die „sich wohl ohne Zweifel jetzt immer noch aus dem Gipswasser bilden“ *. Inspektor Junsk fand 1890 im Schlamm von Bohrlöchern, welche 1887 1000 m von Wilhelmsglück entfernt im Streichen des Steinsalzes niedergetrieben worden waren, fest ver- wachsene Gruppen von wohlausgebildeten Gipsen. Ebenso sind die oben beschriebenen grossen Krystalle sekundäre Bildung, und zwar sind die einen höchstens in 17 Jahren, die anderen höch- ' Quenstedt, Mineralogie p. 535. ” Quenstedt, Atlasblatt Hall p. 24. — 1927 0 — stens in 40 Jahren entstanden. Der Beweis hierfür ist zu füh- ren mit Hilfe von Mitteilungen, die Herr Direktor v. XELLER, sowie Herr Bergwerkinspektor Jussk zu machen die Freundlichkeit hatten. Nachdem Württemberg 1802: in den Besitz der freien Reichsstadt Hall gekommen war und 1812 mit den zahlreichen Eigentümern der altberühmten Salzquelle sich abgefunden hatte, nahm der Staat das Sieden in eigene Verwaltung. Da die Sole Schwankungen in ihrem Prozentgehalt zeigte, wurden bald Bohrungen veranstaltet, zunächst in Hall, dann in der nächsten Umgebung, doch ohne Erfolg, da offenbar das Salz dort zu sehr ausgelaugt war. Nun ging man weiter fort und „man fand 5 km südlich am linken Thalgehänge auf der Markung Uttenhofen ob der Neumühle, 51’ über dem Kocher, im Hauptmuschelkalke glücklich einen Punkt, der im August 1822 in 332° schon das Steinsalz zeigte!.“ Im April 1823 war dann der Schacht abgeteuft und man hiess dieses Werk von nun an Wilhelms- glück. Aus dem Fundbohrloch wurde, bis der Schacht abgeteuft war, also von August 1822 bis April 1823 Sole gewonnen, indem Wasser aus dem Kocher zugeführt wurde, und in Fässern auf die Saline Hall geführt. In den dadurch im Dache des Steinsalzes ge- bildeten Auflösungsklüften haben sich nun die Gipse gebildet, die man aber erst fand, als man 1839/40 beim Abbau des Salzes das Fundbohrloch mit einer Strecke unterfuhr. Die Kluft ist sehr niedrig, meist nur 4—6 cm hoch. Der Vorgang der Krystallbildung war also der: die Wasser im Fundbohrloch lösten von dem Gips, der das Hangende des Salzes bildet, auf, und zwar konzentrierte sich die Gipslösung in der Sole am Grund des Fundbohrloches sehr stark, denn ein Gehalt an Na] steigert die Löslichkeit des Gipses. Zu- gleich konzentrierte sich aber auch die Sole, aus konzentrierter Sole scheidet sich aber der Gips aus. Dies geschah nun langsam und in aller Ruhe und so entstunden die schönen, grossen Krystalle, die also höchstens in dem Zeitraum von 17 Jahren sich gebildet haben. Herrn Inspektor Junsk gelang es sodann, eine zweite Kluft mit Gipsen zu entdecken. In einer 8 m nordöstlich vom Schacht an- gelegten, 1,5 m breiten, 2 m hohen Strecke war seit dem Jahr« 1846 an der linksseitigen Streckenwand, 30 cm unter dem Gipsdach und 50 m vom Schacht entfernt, ein periodisches Durchsickern von Sole wahrzunehmen. In die etwa centimetergrosse drusige Öffnung wurde später eine dünne Blechröhre eingesteckt, durch welche die ' Quenstedt, Atlasblatt Hall p. 11. — 188 — Sole beständig in Tropfen in ein darunter gestelltes Holzgefäss ab- floss. Da sowohl das Dach der Strecke, wie die Seitenwand sich ganz trocken anfühlten, so beschloss Junsk im Jahre 1887 durch Sprengungen zu untersuchen, woher die Sole komme. Bei der zwei- ten Sprengung floss die Sole stark hervor und bei einer weiteren Sprengung floss die Sole ganz ab und es zeigte sich ein ausgelaugter Raum, 4,5 m lang, 3 m breit, 1,6 m hoch, derselbe steht- ganz im Salz, nur das Dach ist Gips. Aus diesem Raume entsprang die Sole, und zwar in 2—3 Monaten nur etwa 3 Kubikfuss. Die Seitenwand dieses Raumes war nicht eben, sondern es ragten 2—3 spitzige Keile übereinander in den Hohlraum herein und auf den oberen Flächen dieser Vorsprünge lagen, meist in verhärteten Thonschlamm ein- gewickelt, die schönen Gipskrystalle. Da das Gebirge ein nordöst- liches Einfallen von etwa 5° hat und da jene Versuchsstrecke in dieser Richtung getrieben wurde, so ist nach der Ansicht des Herım Junsk ein Abfliessen der Wasser vom Schacht aus gegen Nordosten zunächst in dem dem Salz aufliegenden Thongips wohl denkbar, diese Wasser gelangten dann durch Schnüre von Fasergips oder Steinsalz — letztere sind seltener — zum Steinsalzstock. Hier kon- zentrierte sich die Sole und daraus schieden sich in langsamer. ruhiger Bildung die grossen Gipse aus, die also nicht älter als 41 Jahre sein können. Wir haben also hier eine Kıystalli- sation vor uns, deren Anfangspunkt sich ziemlich genau angeben lässt. Der Hauptreichtum des Salzgebirges an Gipsen ist nun allerdings in den Salzbergwerken erschlossen, man findet aber auch an anderen Stellen in diesem geognostischen Horizont Gipse, so erwähnt EnseL haarfeine Gipskrystalle aus der Gegend von Win- nenden'!. Wir wollen aber dieses Formationsglied nicht verlassen, ohne noch des Anhydrites zu gedenken. Derselbe findet sich ja sehr häufig mit Gips zusammen namentlich im Innern des Gebirges. Bekannt sind hier namentlich die smalteblauen von Sulz, auf welche Röster 1801 aufmerksam machte?. „Sie kommen im dortigen Salz- thon in Platten von mehreren Fuss Durchmesser vor, aber nur nesterweise. G. Rose beschreibt Stücke, welche noch die rohen Formen des Gipses erkennen lassen. Die schöne blaue Farbe schiesst leider ab und erinnert sehr an die gleiche Farbe des Cölestins.“ Bekanntlich sind diese Anhydrite im Marmorsaale des hiesigen Schlosses verwendet, die Farbe hat aber stark nachgelassen. S 1 Geognost. Wegweiser p. 33. ” Quenstedt, Mineralogie p. 540. —- 19 = Der Hauptmuschelkalk, welcher über dem Salzgebirge la- gert, ist an Gips sehr arm, man findet ihn vereinzelt hie und da körnig oder auf Drusenräumen krystallisiert, so ist bei Münster ein bekannter Fundort für Gipszwillinge von 2—3 cm Grösse nach dem gewöhnlichen Gesetz. Vom Trigonodusdolomit kenne ich gar keine Gipskrystalle.e In den oberen Hauptmuschelkalk gehört auch das Vorkommen von grossen Stücken von Fraueneis, die man im „ca- vernösen Kornstein“ von Westheim fand. In kopfgrossen, unregel- mässigen Löchern, die mit Kalkspatdreikantnern und Schwefelkies- kubooktaödern besetzt sind, fand man die „viele Pfund schweren Gipsstücke, die mit dem schönsten Fraueneis der Welt konkurrieren können!.“ Die Entstehungsursache dieser Bildung ist keine andere als Infiltration. Die Lettenkohle ist nicht viel reicher an Gips als der Haupt- muschelkalk. Nach EnseL? ist bei Rottweil die ganze Formation nur durch 10 m mächtige Gips- und Dolomitmergel angedeutet. Im Flammendolomit fand Herr Stadtpfarrer Bauer zu Kleinsachsenheim wasserhelle Gipse, dieselben sind blätterig krystallinisch, in Drusen findet man kleine Krystalle von der Form: ooP . ooPf2. woPoo. —P. An einigen zeigt sich in schmaler Abstumpfung ©Px. Das Hangende der Lettenkohlenformation bildet bekanntlich eine Gips- bank, deren Petrefakten mehr in die Lettenkohle, als in den Keuper zu gehören scheinen. Hier ist z. B. am Fusse des Asperges die Trigonia Goldfussii in Gips verwandelt, ebenso bei Ödendorf?. Be- sonders reich an Gips ist aber nun der Keuper, und zwar sind zwei Schichten zu orale ai unten der „Hauptgips“, um die Quenstepr’sche Bezeichnung zu wäh- len, und im mittleren Keuper der „Berggips“ *. Dieser Keupergips (Ash sich in langem Zuge durch unser ganzes Land und überall befinden sich Gruben, in denen er gewonnen wird, ja die Gipse in der Lettenkohlenformation dürften meistens durch Infiltration aus dem darüber lagernden Keupergips entstanden sein. Dieser Zug be- ginnt auf badischem Boden jenseits der Wasserscheide bei Dürrheim, setzt sich dann diesseits fort über Schwenningen, Deisslingen, Neufra an der Prim, Rottweil, Dietingen, Böhringen, Wittershausen, and 1 Qu Are Atlasblatt Hall p. 14. ? Geognost. WETHen p- 47. ® Quenstedt, Atlasblatt Hall p. 19. * Quenstedt, Ausflüge in Schwaben 1864. p. 305. — 1% — davon Rosenfeld, Bergfelden, Renfrizhausen und Empfingen bei Sulz, östlich davon Gruol und Rangendingen bei Haigerloch, dann in der Gegend von Tübingen, Rottenburg, Wurmlinger Kapelle und Spitz- berg, Entringen, darauf kommt die Herrenberger Gegend mit Gruben aın Schlossberg und bei Rohrau, Nufringen, Gültstein, Mönchberg (hier Berggips), Kayh, Altingen; weiterhin die Stuttgarter Gegend mit dem produktiven Untertürkheim am Rotenberg, westlich Eltingen bei Leonberg, das Remsthal mit Grossheppach (Berggips), dann kommt der Asperg, sodann die Umgebung von Heilbronn, so früher am Stiftsberg, an der Weibertreu, Neckarsulm; im Osten der Wunnen- stein und Helfenberg und am Kocher Gaildorf, Ödendorf, Hessenthal. dann an der Bühler die beiden Sontheim, Rappolden, endlich die gipsreiche Crailsheimer Gegend mit Jagstheim, Onolzheim, Alten- münster, Rossfeld, Maulach, Westgarthausen und Satteldorf. Der Gips, der im Keuper gefunden wird, ist nun bald dicht und erdig, bald fein- oder grobkörnig, bald faserig mit dem herrlichsten Seiden- glanz, bald spätig und krystallisiert. Gesucht sind die Alabaster rosarot vom Helfenberg, weiss von Untertürkheim, Wurmlingen, Jagstheim, Onolzheim, von Renfrizhausen und Bergfelden. Doch kann man nicht von Lagern von Alabaster sprechen. sondern nur von Nestern, die bald häufiger, bald seltener sind. Was vorherrscht, ist dichter Gips und davon fand man z. B. bei Winnenden, als man am Plattenberg bohrte, ein Lager von 21,5 m Mächtigkeit!. Eine Eigentümlichkeit im dichten Gips von Untertürkheim beschreibt WERNER”: „ausser Zwillingen von Kalkspat nach dem gewöhnlichen Gesetz (offenbar nach OR), die ohne scharfen Umriss zuweilen im Gips vorkommen, ist ein eigentümliches Vorkommen von kohlen- saurem Kalk zu erwähnen, das sich, wie es scheint, in einer be- stimmten Bank des dichten Gipses findet. Es sind kleine runde, dunkelgraue Körnchen, die stellenweise so zahlreich zusammen- gedrängt sind, dass sie kaum noch Platz für das aus feinkrystallini- schem Gips bestehende Bindemittel zwischen sich lassen. Die Körn- chen haben einen Durchmesser von durchschnittlich 0,4 mm; man hielt dieses Vorkommen früher für oolithischen Gips; wenn man aber das Bindemittel durch Wasser auflöst, so bleiben die Körnchen zu- rück, die sich unter Brausen in Salzsäure lösen. In einem Dünn- schliff dieses eigentümlichen Gesteins stellen sich unter dem Mikroskop diese Körnchen eingebettet in deutlich krystallinischen Gips als ! Atlasblatt Waiblingen p. 12. ® > Atlasblatt Waiblingen p. 11. u a). — eirunde dunkle Masse dar mit einem durchsichtigen Fleck in der Mitte, während einzelne derselben durch einen völlig durchsichtigen Streifen in zwei längliche Hälften gespalten erscheinen, so dass die Vermutung nahe liegt, die Körnchen seien nichts anderes, als die Gehäuse von Schalenkrebsen oder jungen Muscheltieren. Im Gips vom Asperg kommen in der unmittelbaren Begleitung von Myophoria Goldfussii genau die gleichen Körnchen vor und sie zeigen auch im Dünnschliff unter dem Mikroskop dieselbe Beschaffenheit wie die von Untertürkheim.“ Der Fasergips erfüllt alle Spalten, Sprünge und Risse des dich- ten Gipses, bei gröberer Faser erkennt man den in ihrer Längs- richtung liegenden Hauptblätterbruch, ebenso liegt der faserige Bruch in dieser Längsrichtung, so dass nun der muschelige Bruch sich quer zur Faser stellen muss. Auf grösseren Kluftflächen scheidet sich in kleineren oder grösseren Tafeln wasserhelles Fraueneis aus. Die Krystalle nun sind keineswegs sehr häufig, als Fundorte für scharf ausgebildete Formen führe ich an: Untertürkheim, den Schanztunnel beı Gaildorf, Hessenthal. Die Untertürkheimer zeigen die gewöhnliche Kombination von @P.»P».—P.-4Px. WERNER erhielt auch blassweingelbe Zwillinge nach ©Px 10—18 cm lang und 2—3 cm breit. Ganz besonders klar sind die Kıystalle vom Schanztunnel zwischen Murrhardt und Gaildorf: in tellerförmigen Drusen von Gipsmergel sitzen die klaren Krystalle oft so fein wie ein Haar oder eine Nadel. danı wieder grösser und breiter bis zu 6 cm lang und 1,5 cm breit. Ein besonders schöner Krystall ist 5 cm lang, 1,5 cm breit in der Orthodiagonale und 3 cm von vorn nach hinten. Die Kombination ist wieder die gleiche, wie von Untertürkheim : ©P.oP»». —P.-1Px, säulenförmig nach ©P. Sie unterscheiden sich also von den Wil- helmsglückern durch das Fehlen der positiven Pyramide, sodann sind sie meistens viel schmäler, die Endfläche —+4P» ist meist gekrümmt, sonst sind die Flächen schön eben und die Kanten scharf. Zwillinge nach ©Px sind häufig, und zwar mit vollständiger Verwachsung nach dieser Fläche. Von diesen wunderbar klaren Krystallen besitzt das Naturalienkabinet die schönsten Drusen, welche Prof. Dr. Fraas bereitwilligst zur Untersuchung überliess. Die grosse Klarheit rührt . von der Reinheit des Stoffes her, man sieht nie Gipsthon eingeschlos- sen, auch sind sie vollständig wasserklar und der Perlmutterglanz auf ©Px® ist viel lebhafter als auf den Gipsen von Wilhelmsglück. weil bei diesen letzteren diese Fläche, wie gesagt, uneben ist. at ı : DE Als dritter Fundort von Gipskrystallen aus dem Keupergips ist zu nennen der Einschnitt unmittelbar unter dem Tunnel bei Hessen- thal, die Kıystalle von dort verdanke ich der Güte des Herrn Apothekers Brezınser von Crailsheim. In den Gipsmergeln sind Höhlungen ganz von der Form von vertieften Tellern mit milch- weissem, feinkörnigem Alabaster ausgefüllt. Auf diesen bis zu 15 cm im Durchmesser breiten Tellern, deren abgerundete Form über- rascht, sitzen die Krystalle aufgewachsen, meist nur auf einer Seite, seltener auf beiden, aber meistens fach gedrückt, da es offenbar an Raum fehlte. Doch finden sich auch lange nadelförmige oder spiessige Krystalle bis 15 cm lang: seltener finden sich breite, dicke Krystalle vor. Die Kombination, welche hier vorherrscht, ist: &P.xP2.oPoo.-—-P.—P. Das in die Länge gezogene Prisma erscheint durch Oseillationen mit dem zweiten Prisma faserig gestreift, die Fläche des Haupt- blätterbruches ist ebenfalls häufig parallel dieser Richtung gestreift. /willingsbildung nach ®P® ist ganz gewöhnlich; dieselbe wird, wenn auch die Endflächen nicht ausgebildet sind, ja leicht erkannt an dem Winkel von 132° 22°, den die faserigen Brüche bilden. Folst man den Linien dieses Bruches, die den Krystall durchziehen und sich aussen auf ©P® zeigen, so sieht man an dem Auf- und Ab- sehen der Linie, dass nicht selten ganz feine Zwillingslamellen von kaum 1 mm Dicke den Krystall durchsetzen. Die dieselben einschlies- senden Flächen von ©Px spiegeln deutlich das Licht. Diese Zwil- lingslamellen sah ich bis jetzt nur an den Krystallen von Hessenthal. Ebenso beobachtete ich an einem schmalen, langen Krystall die Spaltungsrichtung, welche Revusch fand; ob dieselbe von Anfang an vorhanden war oder durch mechanische Einwirkung entstund, dürfte schwer zu sagen sein. Die Fläche # =3Px (509) trifft den musche- ligen Bruch M unter 99° 42° und die Messung ergab etwa 100°. Es ist durch $# und &P®w oben am Krystall eine dünne Lamelle abge- grenzt, die durch lebhaftere Reflexion des Lichtes auffällt. Dies- Krystalle von Hessenthal sind sämtlich wasserklar, nicht selten von feinen Gipskrystallen durchzogen, die man nicht mit dem faserigen Bruch verwechseln darf. Hessenthal ist neuerdings für Gipsgewinnung wichtiger gewor- den, man findet die Keupergipse indessen auf der ganzen Linie von Gaildorf den Kocher abwärts, so bei Altdorf, Eutendorf gegenüber von Ödendorf, Hirschfelden, Michelbach, Hessenthal; von da an der Eisenbahn nach Crailsheim bei Sulzdorf. Von hier erhielt ich durch Herın Bergrat Dr. Baur schönen spätigen 'Gipssinter, der jedenfalls auch sekundäre Bildung ist. Der Sinter besteht eigentlich aus lauter “feinen Tafeln von xPx, die vorne in sehr schmalen Flächen die Prismen ®P andeuten: die Stelle, wo die Pyramiden sich hätten bilden müsssen, ist verwaschen. Durch die Aneinanderreihung von unendlich vielen sehr schmalen Tafeln erhält die unregelmässig ge- krümmte Oberfläche des Stückes vorne an den Prismenflächen einen schönen Seide- bis Samtglanz. Von der gleichen Stelle hat die Sammlung der hiesigen Realanstalt ein Stück von spätigem Gips 25 cm lang, 14 breit und 10 dick, das bloss den Perlmutterbruch zeigt und senkreckt zu diesem ganz klar durchsichtig ist. Wo der Gips so sehr vorherrscht, kann man sich auch nicht wundern, wenn er auch als Versteinerungsmittel auftritt, so in einem Bruch zwischen Westgarthausen und Ingersheim, wo Apotheker : BLEzINGER ganze Platten auf der unteren Seite mit Myophoria Goldfussti bedeckt fand. Die Steinkerne lösen sich indessen in kochender Salzsäure unter Brausen fast ganz auf und nur der schmutzig weisse $ mm dicke Überzug besteht aus Gips!. Ebenso erwähnt Quexsteor? von Öden- dorf eine Muschelbank von 3 Fuss ganz unten im Keuper, „deren Schalen in Gips verwandelt sind wie am Asperg. Es ist ein weisser Alabaster, der ganz voll grauer eckiger Mergelkörner sitzt.“ Es ist Myophoria Goldfussii, selten T'rigonia vulgaris und die zierliche Tur- bonılla. Da wir in obiger Darstellung Qurnstenr's „Berggips“ schon an- führten und hinsichtlich des Vorkommens von Gips mit dem Haupt- _ gips zusammennahmen, so ist bloss noch von dem dazwischen liegen- den Schilfsandstein anzuführen, dass man Gips als Zersetzungs- produkt von Schwefelkies im unteren Keupersandstein auf der Feuer- bacher Heide wiewohl ziemlich selten findet. Im Jura kommt Gips nur vereinzelt vor, hier ebenfalls als sekundäre Bildung in schwefelkieshaltigen Schichten. So findet man Gipse in den Wohn- und Dunstkammern der Ammoniten von Lias « bei Vaihingen a. d. F., Neunheim bei Ell- wangen; in Lias 7 neben dem häufigeren Schwerspat und Cölestin, in Lias d im Amm. amaltheus z. B. von Kirchheim u. T., in Lias & zusammen mit der Ausblühung von Eisenvitriol und Federalaun’, ' s. die Versteinerungs- und Verer zungsmittel der schwäbischen Petrefakten v. Verf. Diese Jahreshefte 1889. 40. ° Atlasblatt Hall p. 20. 25. ’ Quenstedt, Jura p. 205. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. | 13 — 194 — im Amm. Murchisonae', auf den Halden des nun geschlossenen Berg- werkes bei Kuchen in Braun Jura %. Von Herrn Koch erhielt ich Gipssinter von der Grenze Braun Jura $ zu 7 von Boll. Einen sehr schönen Zwilling nach dem gewöhnlichen Gesetz mit vollständiger Durchdringung fand der Verf. im Braunen Jura bei Owen am Fuss des Bruckener Felsen, es sind die Flächen: &P.»Pso».—P. Der Krystall ist grau und nur durchscheinend. So erwähnt auch Quex- stepr” „Gips als weisses Mehl oder in Krystallen in den schwefel- kieshaltigen Thonen und Mergeln, die dann zur Verbesserung nament- lich der sandigen Felder dienen, wie z. B. auf dem Ramsberge“ bei Donzdorf. Ebenso bei Urach”: „Gips kommt nur in Krystallen dem Thone im Braunen Jura beigemischt vor, wo er durch Verwitterung des Schwefelkieses entstand.“ Der Weisse Jura ist ebenfalls arm an Gips, sicher nachgewiesen ist nur das vereinzelte Vorkommen von Blaubeuren aus den Zement- steinbrüchen hinter dem Hörnle, auf das ich früher hinwies*.. Sehr wahrscheinlich sind die Quarzlinsen oben im Weissen Jura z. B. bei Gerhausen als Pseudomorphosen nach Gips zu deuten, wie ich das schon früher annahm”. Bloss wäre erst zu entscheiden, ob diese Linsen nicht etwa tertiären Ursprungs wären. Und das führt uns endlich ins Tertiär. Auch hier ist Gips nicht häufig. Prof. Dr. Mitrer sah auf den Kohlen von Heggbach im Obermiocän mikroskopisch kleine Gipse, derselbe stellte mir grössere Gipskrystalle von Stein- heim zur Verfügung. Im Sommer 1889 wurden dieselben beim Brunnengraben in tertiärem Thon gefunden. Sie zeigen die gleiche Form, wie die aus dem Braunen Jura angeführten Krystalle: &P. oPw.—P, letztere Fläche undeutlich m — 4Poo übergehend. Die meisten sind Zwillinge nach ©Px, der grösste ist 4 cm lang, 3 breit, 1,4 dick und zeigt an dem einen Ende schaligen Aufbau. Die Kıy- stalle sind schmutzig grau, nur durchscheinend und schliessen Thon ein. Man könnte hier noch mit einer kleinen Grenzüberschreitung, die ich mir ja auch beim Grundgebirge gestattete, den Hohen- höwen hereinziehen. Dort findet man in dem bekannten Gips- lager, das auf der Südseite des Berges zur Zeit abgebaut wird, dreierlei ! Verf. 1. e. diese Jahreshefte 1889, p. 52. ? Atlasblatt Göppingen p. 20. ® Atlasblatt Urach p. 26. * Diese Jahreshefte 1888, p. 125. 5 Diese Jahreshefte 1886, p. 63. — 19 — Vorkommen: sehr schönen Fasergips, dann spätige Stücke, schön wasserklar mit Zwillingsbildung nach ©P®x, endlich in Thon ein- gewachsen, also um und um kıystallisiert kleine Krystalle von der Form: op. of. —P.—41Poxo und zwar lang gezogen nach —P, häufig linsenförmig und stark gekrümmt, ein Stück meiner Sammlung zeigte undeutlich Zwillings- bildung nach —Px und so schreibt auch schon Dr. Schr von Schwalbenschwanzzwillingen aus dem nördlichen Bruch. Es erinnern diese Gipse an die bekannten vom Montmartre, nur sind sie sehr klein. Dr. Scharen! gibt die Mächtigkeit des Lagers samt den Thonen zu 20 m an. Hier fand Brown die Knochenzellen der Testudo antigua mit „deutlich unterscheidbarem Gipsspat“ ausgefüllt ?. Stellen wir nun die Resultate zusammen, so ergeben sich uns für die Gipskrystalle unseres Landes vier Typen: 1) die eigenartige Form des Iselshäuser Vorkommens, 2) die Gestalt der Wilhelmsglücker Gipse aus den Salz- lagern, 3) die Form der in den Thonen eingeschlossenen Gipse (Anhydritgebirge, Keuper, Jura und Obermiocän), 4) die Linsenform am Hohenhöwen. Zum Schluss sei noch ein Blick geworfen auf die Bedeutung der Gipslager für unser Land. Man kann eine Gegend, wo Gips vorherrscht, wie z. B. die Crailsheimer, sicherlich nicht zu den ge- segneten des Landes zählen. Da 408 Teile Wasser einen Teil Gips lösen, so müssen die Quellen einer Gipsgegend reich an Gips sein und so schätzt Inspektor Resermann” den durchschnittlichen Gehalt | der Gipswasser des Keupers etwa auf 79 in 100.000 Teilen. Dieser Gehalt wird aber häufig überschritten , wie folgende Tabelle zeigt: Schacht von Friedrichshall aus der Hallerde . 620 Sole von Wilhelmshall, Steinsalz . . . . .. 461,3 Salzbrunnen von Hall, Stensalz . . ......4113 TheussersBadj’Keuper ur 195 7a 852107147 Inselquelle Berg, Ob. Anhydrit . . . . 129,46 Brunnen von SCHÄUFFELEN Heilbronn, Biettälkchle 128,3 ' Begleitworte zur geognost. Karte der Schweiz: Kt. St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen, p. 62. ® Handbuch einer Gesch, der Natur. Bd. 2. p. 713. > Württ. Jahrbücher 1872. — 196 — Crailsheimer Sauerbrunnen, Lettenkohle . . . 107 Rietenau Badbrunnen, Keuper . . 2.0..2...98 Neues Stuttgarter Mineralbad, Ob. Anhydrit . 89,61 (Quelle bei Beinstein, Ob. Anhydrit. . . . . 85,43 Wilhelmbrunnen Cannstatt, Ob. Anhydrit . . 85,09 Karlsbad in Mergentheim, Anhydhit Tee 52 © Durchschnitt der Gipswasser . . - 79 Die Gipswasser des Keupergebietes schmidi: Hölle und ver- ursachen Magenbeschwerden, ja wie man glaubt Kropf und Kretinis- mus und die Ortschaften Thalheim OA. Hall, Maulach, Rossfeld u. a. bei Crailsheim beweisen diese Behauptung. Das einheimische Vieh sauft das Wasser, fremdes nicht Schweinezucht ist in solchen Gegenden unmöglich. Die Küche kann das Wasser ebensowenig gebrauchen, Hülsenfrüchte werden nicht weich, das Fleisch inkrustiert sich. Pflanzen darf man nicht damit giessen, denn sie überziehen sich mit einer Gipskruste. _Zum "Waschen eignet sich. das harte Wasser vorneweg nicht und beim Bleichen versteift. es die Faser. Dampfkessel dürfen nicht damit gespeist werden, da sie sich sofort mit steinharten Krusten überziehen. Auch bei der Bierbrauerei in- krustiert der Gips Malz und Hopfenmehl derartig, dass die Stoffe daraus nicht herausgezogen werden. Auch die Gerber und Färber meiden das Wasser !, Dass bei solcher Beschaffenheit des Wassers weder Landwirt- schaft noch Forstbau gedeihen, braucht kaum erwähnt zu werden. In keinem der Dörfer sieht man einen fliessenden Brunnen, überall nur Sumpf und Morast, und draussen nur Wiesen und Kleeäcker, durch welche die Bäche träg dahinfliessen. Und träge fliesst. auch das einförmige Leben der Gipsbauern dahin’, der peinlich in seiner Cisterne das Regenwasser sammelt, | Ganz anders sind die Quellen des Anhydritgebirges, sie liefern uns wertvolle Heilbrunnen: die Solbäder, dann heilkräftige Säuerlinge aus der Mittelregion des Anhydritgebirges wie Cannstatt und Berg, endlich die kräftigen Kohlensäuerlinge — „Branntweinbrunnen“ im Munde des Volkes — aus der Gegend von Börstingen, Bieringen, Sulgau, Obernau, Niedernau, Imnau. Diese Wasser sind zwar auch sehr hart, aber der Reichtum an Kohlensäure macht sie geniessbar, ja zu heilkräftigen Wassern. Und diese Heilkraft verdanken sie nebst 's. Regelmann, |. ec. p. 55. * Vergl. Fraas, Atlasblatt Ellwangen p. 7. u HE der Kohlensäure vor allem dem Gipsgebirge und ‘seinen Zersetzungs- und Umsetzungsprodukten, da entsteht Glaubersalz, Bittersalz, Kalium- sulfat. Denn dass diese Gesundbrunnen ihre sämtlichen: Bestand- teile der Anhydritgruppe entnehmen, darüber kann kein Zweifel be- stehen, seit man fand, dass „die Wasser, welche bei dem neuen Salzschacht zu Friedrichshall in einer Stärke von 180 bis 400 Kubik- fuss in der Minute aus einer Fuge über dem Gipsgebirge hervor- brachen, ziemlich den Gehalt des Cannstatter Wassers hatten '.“ _ Fraglich bleibt freilich immer noch der Ursprung dieser Menge von freier Kohlensäure: SchügLer wollte sie aus der Lösung von zelligen Kieseldolomiten und der Einwirkung der freien Kieselsäure auf die Karbonate herleiten °. Allein die Spuren von Kieselsäure, ‘die man fand, sind doch gar. zu unbedeutend: Karlsbad 5,1, Beinstein 1, Stuttgarter Mineralbad 1,19, Niedernau Hausquelle 1,5, Imnau Fürsten- quelle 1,24 je in 100000 Teilen. Freilich darf man dabei die Aus- scheidungen von Kieselsäure, wie sie in den Feuerstein- und Horn- steinbänken vorliegen. .nicht übersehen; dieselben bilden allerdings das Hangende der Salzstöcke. Viel eher muss man an den Bitumen- gehalt des Steinsalzes denken, der ja nie: fehlt, und es wird. die ganze Frage überhaupt erst zur Entscheidung gelangen, wenn man noch weitere Analysen der Wasser und namentlich der Gase des Salzgebirges angestellt haben wird. namentlich jener ‘ „Bläser“, welche faustgrosse Stücke von Erde mehrere Fuss in die Höhe warfen *. | | | Immerhin: besitzt unser Land an den Wassern dieser Gesüund- brunnen, die dem Anhydritgebirge entströmen, einen: reichen Schatz und eine Quelle herrlicher Erfrischung und Kräftigung. Aber auch das Gewerbe und die Landwirtschaft zieht Nutzen aus den Gipslagern. Der Gips wird in grossen Mengen gepulvert als künst- licher Dünger verwendet, so für Felder, ‘(die mit Klee, Lein, Hülsen- früchten angepflanzt sind. In ganz besonderer Menge beziehen unsere Landwirte die Hallerde von Sulz, die mit Sole besprengt wird, weil Kochsalz die Löslichkeit der basischen Pflanzennährstoffe wie der Säuren als Schwefelsäure und Kieselsäure erhöht. ‘Im Jahre 1879/80 betrug die Produktion 890 cbm oder 35 600 Mess. Diese Masse wird aus emem 144 m langen Stollen („Pfisterstollen“) durch regel- ! Quenstedt, Epochen der Natur. p. 487. * Diese Jahreshefte 1857, p. 44. | ® Diese Jahreshefte 1857, p. 44. —_— W — mässigen Pfeilerbau gewonnen und in drei Pochwerken am Neckar zerstossen !, Wenn neuestens andere künstliche Dünger wie namentlich die Thomasschlacke den Gips etwas verdrängt haben, so nahm dagegen die Nachfrage nach Gips als Baumaterial und Ornamentstein nach den Jahresberichten der württ. Handels- und Gewerbekammer von 1885/89 beständig zu. Heidenheim führte 1886 besonders auch nach Österreich und in die Schweiz aus, das Stuttgarter Gipsgeschäft er- höhte seine Preise am 1. Januar 1887 um 5 °/,, da hauptsächlich Baden und die Pfalz Bestellungen machten. Die ganze Menge des in einem Jahre gewonnenen Gipses lässt sıch kaum angeben, denn abgesehen von den bedeutenderen Ge- schäften, die der Statistik schon Anhaltspunkte gewähren, gewinnt auch der Kleinbauer Gips da und dort. Untertürkheim ist immer noch sehr bedeutend (1879 9900 000, 1889 7500 000 kg) ?, es ver- sorgt Oberschwaben und einen Teil von Bayern, nebenbei hauptsäch- lich Stuttgart, doch leidet der Ort unter der Konkurrenz von Leon- berg und Crailsheim. Asperg und Neckarsulm führen ihren Gips hauptsächlich neckarabwärts. Eltingen bei Leonberg liefert neuer- dings viel rohen Gips und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ganz besonders reiche Lager fand man neuestens in der Nähe von Crails- heim so bei Jagstheim, Onolzheim, Satteldorf, Altenmünster. Das „obere Gäu“ hat seine Gipslager bei Herrenberg und den oben ge- nannten Ortschaften, 1858 sollen es 4 Mill. kg gewesen sein. Die Rottweiler Gegend hat namentlich bei Neufra ergiebige Gruben, die Tuttlingen, Spaichingen und einen Teil der Alb mit Gips versehen. In der Horber Gegend findet namentlich der Alabaster von Renfriz- hausen und Bergfelden Verwendung. Bei Mergentheim wird am Kötterberge Gips abgebaut. So bilden diese Gipslager einen nicht unbedeutenden Erwerbszweig in unserem Lande, man wird wohl nicht zuviel sagen, wenn man die gesamte Jahresproduktion auf 25 bis 30 Mill. kg schätzt. Besonderes Interesse aber bieten die Gipslager dem RE und Geologen, jenem durch die schönen Krystalle, die wie oben ge- zeigt wurde heute noch vor unseren Augen sich bilden, diesem durch die grossartigen Auslaugungsprozesse und Blähungen, die dem Ge- birge eigen sind. Wer kennt sie nicht, die Erdlöcher, Erdfälle und ' Das Königreich Württemberg. III. Buch, p. 645. ® Das Königreich Württemberg. Buch III, p. 670. — 419 .— Triehter oft von beträchtlichem Durchmesser wie im OA. Gerabronn, dann bei Marschalkenzimmern und Beffendorf, weiter zwischen Rai- bach und Michelfeld (50 m)?'!. Dann die Blähungen, wo noch der frische Anhydrit angestochen wurde, wie in unseren Tunneln auf der Prag, bei Weinsberg, in den Tunneln von Gaildorf, Maulbronn, Schwaikheim, Bretzingen? Ja es gibt wohl keine Gebirgsart, die so vielen Veränderungen, Umwandlungen und Neubildungen unterworfen sein dürfte wie das Salz- und Anhydritgebirge, sowie die Gipslager unseres Keupers. Dass solche Neubildungen meistens auch in den Gipskrystallen vorliegen, das zu zeigen war ein Hauptzweck vor- liegender Untersuchung. ' Atlasblatt Hall p. 38. Ellwangen p. 8. Untersuchungen über zwei neuere Erdbeben, das schweizerische vom 7. Januar 1889 und das nord- amerikanische vom 31. August 1886. Von Dr. A. Schmidt, Professor am Realgymnasium in Stuttgart. Mit Taf. III. Das letzte Jahresheft unseres Vereins enthält eine Zusammen- stellung der von Herrn Prof. Dr. Eck gesammelten Beobachtungen über das schweizerische Erdbeben vom 7. Januar 1889. Herr Prof. Eck gibt seinen Bericht als einen vorläufigen, welcher erst durch die Veröffentlichung der von der schweizerischen und badischen Erdbeben- kommission gesammelten Thatsachen ergänzt werden müsse. In der That hat sich das Beobachtungsmaterial nun besonders durch viele und zum Teil gute schweizerische Berichte so gut ergänzt, dass es möglich ist, vom Verlauf dieses Erdbebens em eingehenderes Bild zu unterwerfen. Herr Dr. C. Hess in Frauenfeld, Mitglied der schweizerischen Erdbebenkommission, hat das gesamte Beobachtungs- material bearbeitet und eine Übersicht über die erhaltenen Rerichte nebst der kritischen Bearbeitung der Beobachtungen und dem Er- gebnis der Forschung, zu welchen er gelangte, in den Mitteilungen der Thurgauischen naturforschenden Gesellschaft veröffentlicht. Einer Besprechung des auch Württemberg betreffenden Erdbebens in unseren Vereinsheften, welche Herr Prof. Eck mir unter freundlichster Be- ratung überlassen hat, habe ich mich um so lieber unterzogen, weil ich dadurch Gelegenheit bekomme, einer Abhandlung, welche von mir vor zwei Jahren in diesen Jahresheften „über Wellenbewegung und Erdbeben“ erschien, ihre Fortsetzung zu geben und eine damals ent- wickelte Theorie an neuen Thatsachen zu prüfen. Und weil die Einzel- erscheinung für die Theorie erst fruchtbar wird durch Vergleichung mit anderen Einzelerscheinungen, so will ich dem schweizerischen Erdbeben von 1889 das nordamerikanische vom 31. August 1886 EI zur Seite stellen, für welches ein vorläufiger Auszug aus dem ge- samten Aktenmaterial in dem American journal of science 1888 Nr. 205 von Prof. Newcomg und Kapitän Durttox veröffentlicht wurde, während allerdings eine eingehendere Gesamtveröffentlichung durch die Geological Survey der Vereinigten Staaten noch in Aussicht steht: Aber auch mein Bericht über das schweizerische Erdbeben gründet sich nicht auf die Originalberichte selbst, sondern auf die erwähnte Bearbeitung von Hess und ausserdem auf eine Zusammenstellung aller „einigermassen brauchbaren“ schweizerischen Zeitangaben, welche Herr Dr. Hess auf meinen Wunsch mir als Ergänzung zu seinem Buche auszufertigen die Güte hatte. Hierzu kommen noch die würt- tembergischen Berichte, welche in unserem letzten Jahreshefte ent- halten sind. Auf aie Einholung der badischen Originalberichte., welcher ich Schritte gethan hatte, habe ich verzichtet, als Herr Dr. Hess mir schrieb, die in seinem Buche vorkommenden badischen Zeiten beruhen alle auf seiner Berechnung, die Zeitangaben der badischen Berichte lauten alle auf „ungefähr“, „um 12 Uhr. herum‘, „um Mittag“ u. s. w., so dass ich von den badischen Berichten keinen grossen Nutzen erwarten konnte. Folgende 83 ne bilden daher die Grundlage der Untersuchung: Liste der Zeitbeobachtungen für das Erdbeben vom 7. Januar 1889. Ö er e ' Berner Zeitn. 11" Fr a Bemerkungen LA, FR | | 1. ' Konstanz - ı 56 — Bahnhofuhr. 2. "Kreuzlingen. 55 = a 3. Egelshofen S 55 — |Bahn. . . 4. Emmishofen 55%+1 -- Telegraph. n. | Ermatingen .' uce | 56 Fils 6. | Sontersweilen.. >0 En aut T. Si 53 — oder etwas mehr, Telegraph | gr im Haus. | 8. ; | 54 — ziemlich richtig nach dem | En | Telegraph; ni |-Mattweil .... .... | 94 — Telegraph. Mauren, ".. ....|.98 — | ‚ Andweil Beste —ı = — | Telegraph. Oberaach. ir 55-56 — | E35 ne | ‚ Amrisweil BER 55 DR genaü nach demTelegraph. 15. | EEE ı 55 — | eirca. 16. = Ba == circa. . Berner Zeit Orte | Bemerkungen | Min. Sek. | . 174 V ASbB era) DO ir 18. eu. 5 2,08 —r BERGE 19. 54 — | Tarmuhr und Toele- graph. 20. | Weinfelden 55 -— 21. Oberbussnang . 97 — Bahnhof Weinfelden. 22. Bischofszell- . ı 58 — | eirca. 23. | Braunan . 35 — I.@iren 24. | Mettendorf 55 — | eirca. 25. Frauenfeld | 54 ae | nach der protest. Turm- 26.) h 20202.) 54—55 — luhr, welche auf + 1 Mi- 27. | 55 — ısnutemitder Telegraphen- 28, r 56 — ’ uhr übereinstimmt. 29. ‚ Matzingen .....|56%2 — | Bahnhof oder Postuhr. I ANTEFNEON 1.14...) ee — nach Frauenfelder Turm- | | uhr. eandart I... „[UERNERB 32. , Münchweilen . . .156&1 -- | Telegraph. 33: » Dberhalen .1 551 —-.| Telegraph. 34. Wängi . er u. E 35. | Niederuzwyl. . . . ., 53 — !genau nach Tele- | graph. 36. , Felsegg ( LTE © 54—55 — | Telegraph. a) WyL. N — DBankhausuhr. IB Tattwyl eo =. 39. ' St. Gallen al 54 — ‚ Telegraphenbüreau. 40. | „ Speichergasse | 56 — ‚nach der Bahn. 41. „» St.Magniberg | 56 — Telegraph. 42, „ Stadtgase . 56 — | Telegraph. 43, » Engelburg 98 — | Telegraph. 44. „ Sitterthal. . | 55 — Bahn. 45. „ Stadtgasse 53 30 | Telegraph. 46. ı : Straubenzell. 52 30 | Telegraph. Ardlerisan 0,72”, . 5,798 30 | genau nach Tele- | graph. 48. | Appenzell. 56+1-.2 — | 49. , Lichtensteig . 54 — Telegraphenbüreau. 50. | Ebnat . 5a — | 51. Bauma . } 55 — 52. Bärentsweil . 535—54 — ziemlich genau nach Tele- F ' graph. 53. | Degersheim . . ..... 55 — | Telegraph. 54. , Sargans 54 1!) — | 55. | Winterthur 55 = Orte 203 — Berner Zeit Bemerkungen Min. Sek 56. | Kemptthal 57... Wallisellen DS. Zürich . Bee. 2.1328 u Neumünster . 60 „„ Hottingen. GL). „u. önterstrass. . 62.| .„ Selnau. 63.1 „ Stadt 64, IRERSCHNE 65. „aR8tadt 66. | Rüti. 67. 3) 68, 69. | Stäfa 70. , Seon (Kanton Aargau) 21; ı Airolo en, Zug , 73. Altstätten (Rheinthal) . 74. | Schaffhausen > 15% | Basel 76. Fi ET. 1, FRIERFEBERT 78. | Wolfegg (Württemberg) | 79. | Warthausen N SO. ı Oberstadion ,, S1. | Stuttgart = 83. I | I I I | Sa or 94—55 — |genau nach Tele- graphenbüreau. 55 — 53 48+10/ Sternwarte. 52 — ‚ Turmuhr. 55 — ‚; Telegraph ziemlich | genau. 54 — Telegraph. 53 — | 53 — 52 — 37) — 55 al 6) — | Telegraphenzeit. ) ei 5 Aare > | 4 #50 |Büreau der Gott- ' hardbahn. 33 — .nach Vergleichung mit ' der Bahn. PD 54 chi 1—52 —- | Postuhr. 55 Tr 55 Fartjl 535 40+30d. h. 12% 2—3° Stutt- ' garter Telegraphenzeit. 56 10 12h 3° nach genauer Ä ' Taschenuhr. | 55 10 , 12% 2° ziemlich nach | ' Telegraph. | 56 40 | 12h 3° 30“, Uhr um 12% ' mit der Stadtkirche ver- | glichen. WE 25 | 12h 2° 15° ohne sofor- | tigen Vergleich. 55 40 | 12% 2° 30° ohne sofor- ı tigen Vergleich. I. Das Erschütterungsgebiet. Um ein Bild vom ganzen erschütterten Gebiete zu erhalten, dürfen wir auf der von Herrn Prof. Eck im vorigen Jahresheft mit- geteilten Karte nur noch westlich die Orte Olten, Basel und Kandern eintragen und alle Grenzpunkte der Erschütterung durch eine ringsum laufende Linie verbinden, so dass die weiter getrennten Punkte im Alpengebiet wie Glarus, und die noch beizufügenden, Sargans, Chur; Olivone, Airolo ausser der Umschliessung als. Isolationspunkte auf- treten. Das in sich zusammenhängende Gebiet bildet alsdann eine zweilappıge Fläche von 15000 qkm Inhalt, deren östlicher Lappen in rein nördlicher Richtung sich vom Nordfusse des Säntis bis nach Stuttgart und Burgstall erstreckt in einer Länge von 180 km bei gegen 60 km Breite, deren westlicher in westnordwestlicher Richtung vom Fusse des Säntis bis Todtnau und Kandern im südlichen Schwarz- wald bei etwas. grösserer Breite etwa 120 km Länge zeigt. Ein etwa 30 km breiter und 60 km langer Strich vom Fusse des Säntis- stocks bis zum Untersee ist das stärkst erschütterte Gebiet. Während in nördlicher Richtung der Bodensee keine Spur von Hindernis für die Ausbreitung: des Erdbebengebietes bildet, schliesst dieses Gebiet in nordöstlicher Richtung mit der Insel Reichenau und dem Unter- see schroff ab. Wie ein Wellenbrecher scheint das Höhgau dazu- stehen und: das; Erschütterungsgebiet in zwei Lappen zu teilen. "Weniger rätselhaft als dieser scheinbare Einfluss des Höhgaus, welchem das Erschütterungsfeld seine tief konkave Seite zukehrt, erscheint der Einfluss der Alpen auf die Umkränzung des Gebietes. Mit er- heblich erhöhter Fortpflanzungsgeschwindigkeit, wie die Vergleichung der Zeiten zu beweisen scheint, und daher mit vermehrter Divergenz der Ausbreitung und verminderter Stärke im einzelnen Punkte durch- zieht die Energie der Erdbebenwellen das Alpenmassiv. Den Gesetzen der Refraktion entsprechend hat sie das Bestreben, die Schichten hohen Drucks rasch zu durcheilen und sich gegen die Punkte klein- sten Widerstands zu sammeln und zu entladen. Daher das schein- bare Erlöschen des Erdbebens mit der konvexen Begrenzung des stärkst erschütterten Gebietes am Fusse des Säntis und daher das sporadische Wiederauftreten in den tief eingeschnittenen Thäleren der Linth (Nettstall, Ennenda), des Rheins (Sargans, Chur), des Tessin (Airolo) und des Brenno (Olivone). 1. Intensität des Erdbebens. Was die Stärke der Erschütterung betrifft, so war dieselbe nirgends von dem Masse, dass Einsturz von Gebäudeteilen erfolgt wäre, "höchstens im Schloss Wolfegg ein Plafond, das kann aber auch ohne Erdbeben vorkommen. Hrss legt der Abschätzung der Inten- sıtät eine von Herrn M. px Rossı in Rom und der schweizerischen — 205 — Erdbebenkommission vereinbarte Intensitätsskala zu Grunde. Die Nummer 5 dieser lÖstufigen Skala: „Erschütterung allgemein von der ganzen Bevölkerung bemerkt, Erschütterung grosser Gegenstände, der Möbel, Betten, Anschlagen der Hausglocken“, diese Nummer 5 wird am meisten überschritten in Orten des oberen Thurthales, be- sonders in Niederuzwyl, im Lauchethal (Zezikon) und in einem Teile von St. Gallen. Diesen Punkten erteilt Hrss den Grad 8, zwischen diese hinein liegen aber auch Orte kleinerer Intensitäten bis 3 herab. so dass sein eigentliches Intensitätszentrum nicht angegeben werden kann. Als Beispiele, die ein Bild der Taxation geben können, führe ich an: Wolfegg Grad 6—7, Warthausen 4—5. Den Grad 4 be- kommen: Biberach, Oberstadion, Laupheim, Tübingen, Esslingen, Hohenheim, Stuttgart, Burgstall; denselben Grad 4 auch die meisten schweizer Orte über das ganze Gebiet zerstreut, wie Winterthur, Frauenfeld, Zürich, Zug, Schaffhausen, Waldshut, Basel, Aarau. Die Intensität 2 zeigen die Isolationspunkte in den Alpenthälern, auch Ulm und Friedrichshafen und manche höher gelegene Punkte des ‚ganzen Gebiets. Es scheint mir, dass auch Stuttgart besser 2, statt 4 erhalten hätte. Wenn von 120000 Einwohnern höchstens vielleicht 30, also von 4000 nur einer ein Erdbeben verspürt, so passt darauf die Bezeichnung 2: „konstatiert von einer kleinen Anzahl im Zustande der Ruhe befindlicher Beobachter.“ Aber freilich wurde in Stuttgart auch . die „Erschütterung beweglicher Objekte und Krachen der Dielen“ bemerkt, womit es unter 4 fällt. Es ist eben schwer, eine Intensitätsskala aufzustellen und. noch schwerer, nach einer solchen einzuschätzen. Hess zieht aus der Vergleichung der Intensitäten folgende 3 Folgerungen: 1) dass der Streifen grösster Dichte auch gleichzeitig ein Streifen grösster Intensität ist; 2) dass unser Erd- bebengebiet kein eigentliches Epizentrum besitzt und 3) dass die Orte maximaler Intensität in Thälern von äquatorialer Achsenrichtung liegen.. In betreff der zweiten dieser Folgerungen werde ich im weiteren eine gegenteilige Ansicht entwickeln. IM. Richtung und Dauer der Bewegung. Eine besondere Sorgfalt verwendet Hess auf die Unterscheidung der verschiedenen Stossrichtungen. Er kommt hierbei zu dem sehr bemerkenswerten Resultate, dass die auf Molasse stehenden Orte der Schweiz Bewegungsrichtungen angeben, welche auf eine Bewe- gung der Molasse in einer Richtung NNW.—SSO. schliessen lassen, die auf derjenigen Richtung senkrecht ist, in welcher die Molasse ur. am Fuss der Alpen gefaltet ist. Diese letztere Richtung ist genau durch die Richtung der nördlichsten Antiklinale gekennzeichnet, welche sich von St. Margarethen in südwestlicher Richtung bis über den Thuner See verfolgen lässt. Dagegen weist der grösste Teil der Ortschaften auf quartär geschichtetem oder erratischem Grunde, sowie auf den lockeren Geschieben der neuesten Zeit andere Rich- tungen auf und zwar vorherrschend äquatoreale, d. h. Parallelrich- tungen zu den ostwestlichen Thalachsen. Freilich ist die Einzelangabe über die Stossrichtung meist zweifelhafter Natur, z. B. aus einem Berichte von einer Frau, die in der Küche am Zurichtgestell stehend, Gesicht gegen W., zuerst ein Heben des rechten und hierauf des linken Beines verspürte, kann man doch nur schliessen, dass dieselbe zuerst sıch mehr auf das rechte Bein stützte als auf das linke, nicht aber, dass die Erdbebenwelle von Süden hergerückt sei. Aber selbst Irr- tümer und Abweichungen entsprechend der Orientierung der Haus- mauern zugegeben, scheint mir doch die Unterscheidung der Orte mit Molasseuntergrund und nordwestlicher Stossrichtung von den Orten mit quartärem Untergrund und einer der Thalachse parallelen Stossrichtung und vorauseilendem Geräusch im ganzen wohl be- gründet, besonders wenn sich eine annehmbare Erklärung des Unter- schiedes auffinden liesse. Weiter unten wird sich bei dem Erdbeben von Charleston eine Erscheinung zeigen, welche uns vielleicht den Schlüssel der Erklärung liefern dürfte. Einige Punkte aber möchte ich schon hier in betreff der Stossrichtung und der Fortpflanzungs- richtung zur Sprache bringen. Die gewöhnliche Anschauung, als ob die Stossrichtung über die Richtung Aufschluss gäbe, von welcher ein Beben herkommt, scheint mir unhaltbar. Die vielgestaltigen Kurven, welche die kunstvollen Seismographen bei den japanesischen Beobachtungen zeigen, scheinen mir zu beweisen, dass in einer Erdbebenwelle ebensogut longitudinale als transversale Schwingungen des Bodens auftreten können. Wenn auch auf dem ganzen Gebiete der Molasse bei dem schweizerischen Erdbeben die horizontale Kom- ponente der Stösse dieselbe Richtung gehabt haben sollte, so läge in diesem Parallelismus der Richtungen gar kein Grund zum Aus- schluss eines Erdbebenzentrums, eines verhältnismässig kleinen Ge- bietes, von welchem die Erschütterung ausging. Selbst dann, wenn sich beweisen liesse, dass die Bildung einer viele Meilen langen Spalte oder Bruchlinie oder Verwerfung die Ursache eines Erd- bebens sei, muss doch die Kohäsionsstörung an einem bestimmten Punkte begonnen haben. Von diesem Punkte aus pflanzte sie sich allseitig fort mit derjenigen Geschwindigkeit, mit welcher sich Stö- rungen des elastischen Gleichgewichts in dem betreffenden Gestein und in der betreffenden Richtung fortpflanzen. In der einen Richtung erzeugte sich eine bleibende Kohäsionsstörung, in den anderen Rich- tungen fanden nur elastische Schwingungen statt, beziehungsweise in weicherem Material mit enger Elastizitätsgrenze mehr und mehr gedämpfte Schwingungen. Aber ein solcher langgestreckter Erd- bebenherd müsste zudem ein ganz eigenartiges Erdbeben erzeugen, selbst wenn die Kohäsionsstörung in allen Punkten zumal erfolgte. Ich könnte mich auf den Unterschied der Zeitdauer von Blitz und Donner berufen, ich will lieber ein anderes Bild gebrauchen. Denken wir uns eine meilenlange Schützenlinie über Berg und Thal hin aufgestellt, alle Schützen, schussbereit, drücken auf ein elektrisches Sıgnal ım gleichen Momente los. Kommen nun zu irgend einem Beobachter alle Lufterschütterungen zu gleicher Zeit? Nein, sondern wo sich auch ein Beobachter befinden mag, so hört er ein lang ge- zogenes Geknatter, beginnend mit dem Augenblick, wo die Schall- welle von dem ihm nächsten Schützen zu ıhm kommt, schliessend mit der vom fernsten Schützen kommenden Schallwelle. Gerade so müsste jeder Ort des Erschütterungsgebietes eines Erdbebens eine um so länger andauernde Erschütterung erfahren, je länger die Linie wäre, über welche der Erdbebenherd sich ausdehnte. Für das schweizerische Erdbeben liegen nun nach Hess vor: 6 Angaben zu 4 Sekunde, Ruck oder Stoss, 7 ® zıral: = Ruck mit Zittern, Rütteln, Knacken, 15 2 „ 1—2u.2 Sekunden, Ruck, Zittern, Schwanken, 22 „2—3u3 $ Zittern, wellenförm. Schwanken, 14 ö „ 9—4u.4 > h ge 5 7 ? j he u. i Zittern, Schwankung., Geräusch, 7 R „ .5—10 ” Rollen, zu- und abnehmend. Da sich — eine mittlere Dauer der Erschütterung mit Ein- rechnung der Schwankungen von nur 2,6 Sekunden ergibt, so lässt sich aus dieser kurzen Zeit auf eine nur kleine Ausdehnung des Erdbebenherdes schliessen. Insbesondere wenn man mit Hess eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Bebens in der Molasse von un- gefähr gleichem Betrag wie die des Schalles in der Luft annimmt, so könnte der Erdbebenherd wohl kaum 1 km Längenausdehnung haben. Diese Überlegungen waren es, welche mich veranlassten, nach einem Erdbebenzentrum und einem Epizentrum zu suchen, obgleich = Dr. Hess die Frage nach einem Epizentrum auf Grund reiflicher Prüfung verneint hatte. Auch der Mangel eines Intensitätszentrums schreekte mich nicht ab, denn Erfahrungen bei anderen Erdbeben zeigen, dass die Stärke der Erschütterung am einzelnen Orte ausser von der Nähe des Zentrums auch von der Beschaffenheit des Unter- srundes und von anderen Umständen abhängt. IV. Die Zeitbeobachtungen. Die 83 Zeitangaben obiger Liste lassen sich zunächst je nach der Zeitnorm, auf welche sie sich beziehen, in mehrere Gruppen bringen. 1. Die astronomisch bestimmte Zeit des Erdbebens in Zürich 11% 53" 48 = 10% Berner Zeit; II. die auf die schweizer Te- legraphenzeit bezogenen Angaben; Ill. die auf Bahnhofuhren und Orts- uhren bezogenen: Angaben und IV. die übrigen schweizer Zeitangaben; V. die württemberger Zeiten, welche sich mehr oder weniger direkt auf die württemberger Telegraphenzeit beziehen. ‘ Diese (Stuttgarter Zeit) soll normal 6° 50% der schweizer Telegraphenzeit (Berner Zeit) vorgehen. Auch die Uhr der Stuttgarter Stadtkirche stimmt mit der Telegraphenzeit bis auf wenige Sekunden, wenn man die Vor- sicht gebraucht, den Viertelschlag ‘als normalen Zeitpunkt zu nehmen und nicht den Stundenschlag oder die unzuverlässige Zeigerstellung auf 12 Uhr. An einer Übereinstimmung der württembergischen oder schweizer Telegraphenzeiten mit der astronomischen Zeit zu zweifeln, liegt kein Grund vor. Besonders die schweizer Telegraphenzeit stammt von der astronomischen Uhr des Observatoriums in Neuchätel, die durch ihre unerreichte Präzision in ihrer Art ein ebenso grosses Wunder im Gebiet der Technik sein dürfte, als der Pariser Eiffel- turm in seiner Art. Unser Landsmann Dr. Hırr, unter dessen Ober- leitung sie gebaut wurde, hat mir davon vor einem Jahre eine ein- gehende Schilderung gemacht. Von Neuchätel- geht die schweizer Zeit täglıch telegraphisch nach Bern und wird von hier morgens 2 Minuten vor 8 Uhr (sommers 7 Uhr) an alle Haupttelegraphen- stationen verteilt, welche sofort die Unterverteilung an die Neben- stationen vornehmen. Auf diesem Wege der Verteilung geht nun vielleicht die Präzision auf die Sekunde verloren, denn für die Zwecke der Telegraphie genügt vollkommen eine Richtigkeit auf die halbe Minute. Dazu kommt, dass die Telegraphenuhren — vorausgesetzt, dass sie täglich richtig gestellt werden, was von der Persönlichkeit des betreffenden Beamten abhängt — nur morgens 8 Uhr richtig sind und bei ungleichem Gang leicht 4 Stunden später eine halbe ag = oder gar ganze Minute differieren können, besonders auf den Neben- stationen, wo man nicht immer die besten Uhrwerke hat. In der ganzen Liste findet sich daher keine Zeitangabe der Telegrapenuhren bis auf Sekunden genau, höchstens halbe Minuten sind unterschieden. Es wird daher bei den allerbesten Angaben der Hauptstationen ein Fehler von einer Viertelminute und bei den Nebenstationen werden Fehler bis zu 1 Minute und darüber zu erwarten sein. Sehr zu be- dauern ist es aber, dass der Bestimmer der Zeit auf astronomischem Wege in Zürich sich nicht über die Übereinstimmung seiner Zeit mit der Züricher Telegraphenzeit, beziehungsweise über die Grösse der Abweichung unterrichtet zu haben scheint, denn zwischen der besten Telegraphenzeitangabe in Zürich (Hottingen) und dieser astro- nomischen Zeit besteht eine Differenz von 1 Minute 12 Sekunden. Um beiden Zeitangaben gerecht zu werden, gibt es nur ein Mittel, wir werden es unten anwenden. Zunächst aber müssen wir leider diese astronomische Zeit ausser Rechnung lassen, zur Ermittelung des Epizentrums können wir nur Zeiten eines Systems brauchen. Auch die dritte Klasse von Zeitangaben, welche sich auf Bahnhof- uhren und Ortsuhren beziehen, steht in direkter Beziehung zu den Telegraphenuhren. Gutbediente Uhren dieser Klasse werden bessere Angaben liefern als kleinere Telegraphenstationen. Im Durchschnitt aber werden die Zeitangaben dieser Klasse weniger zuverlässig sein. als die der Klasse II. Eine Bahnhofuhr wird ım Interesse des Dienstes und des Publikums nie nachgehen dürfen, lieber eine und zwei Minuten vor, als eine halbe nach. Und gar die Ortsuhren richtet man häufig lieber gleich 5 Minuten vor, damit niemand zu spät auf den Zug kommt. Zur Ermittelung des Epizentrums kommen daher in erster Linie nur die besten Telegraphenzeiten in Betracht. Fügen sich dann unter den Zeitangaben der Klassen III—V die besten ebenfalls dem gewonnenen System zentraler Ausbreitung, so bestärken sie die Richtigkeit der Feststellung. Von mehreren Zeit- angaben am selben Ort ist wohl das arithmetische Mittel im allge- meinen unrichtig, besser nimmt man die beste und stellt die anderen zurück. In Stuttgart beruht eine Beobachtung auf fast gleichzeitiger Vergleichung mit der Zeit der Stadtkirche, zwei oder drei andere beziehen sich auf Zimmer- und Taschenuhren, nur ganz mittelbar auf Stadtkirche oder Telegraphenuhr, da aber die erstere Angabe allein steht mit 12 Uhr 34 Minuten, die andern für 12 Uhr 2 bis 21 Minuten harmonieren, so ist die Wahl zunächst erschwert, die Übereinstimmung mit dem ganzen System der Beobachtungszeiten Jahreshefte d. Vereins f. vater. Naturkunde in Württ, 1890. 14 MIEE ce DR — 20 — muss den Entscheid geben. Derselbe fällt zu gunsten von 12 Uhr 31 Minuten. Von Friedrichshafen haben wir zwei Zeitangaben, beide sehr unbestimmt, die eine 12 Uhr ohne Zusatz, ob auf die Minute oder nur auf 5 Minuten genau, die andere 12 Uhr 5 Minuten. Das System ergibt hier 12" 1° 32”, das arithmetische Mittel läge hier der Wahrheit allerdings näher, als jede der beiden Beobachtungen. Jedenfalls sind zunächst von weiterer Berücksichtigung auszuschliessen alle Zeitangaben, welche niedriger sind als die niedrigste der gut bestätigten (Niederuzwyl mit 11 Uhr 53°) und höher als die späteste der Stuttgarter Zeiten (11 Uhr 56° 40%). Für die Ermittelung des Epizentrums können wir auch die Stationen im Alpengebiet nicht brauchen, die physikalischen Bedingungen für die Fortpflanzung der Erdbebenwelle durch die Alpen hindurch sind zu verschieden von denen nördlich der Alpen. Damit erhalten wir zunächst sechs Te- legraphenzeiten als die brauchbarsten, indem wir von zehn ais beste bezeichneten Zeitangaben, welche Hess aufzählt, die astro- nomische Zeit von Zürich und die Zeit von Airolo aus den an- gegebenen Gründen, und die Zeiten von Zug und Frauenfeld als zu Gruppe III gehörig ausser Betracht lassen. Auch für Berg mit 11" 53% für welches ein plus zugegeben wird, setzen wir die zweite telegraphische Zeitangabe von dort, nämlich 11% 54° ein, weil diese mit dem ganz benachbarten Mattwyl harmoniert. Diese sechs Zeitangaben, Niederuzwyl 53°, Herisau 53° 30%, Lichtensteig 54, St. Gallen 54°, Berg 54° und Kemptthal mit 54—55 Minuten lassen das Epizentrum in der Nähe von Niederuzwyl vermuten, drei weitere telegraphische Berichte, welche den Entfernungen von Niederuzwyl entsprechende Zeiten aufweisen, reihen sich diesen an: Mattwyl 54, Sulgen 54 und Zürich-Hottingen 55. Dagegen erweisen sich als wenig genau aus Klasse II die Zeitangaben zweier Paare von Schwesterstationen, nämlich der benachbarten Amriswyl und Engis- hofen, welche ihrer Entfernung von Niederuzwyl nach besser mit 54° statt 55° stimmen würden, ebenso die Nachbarn Münchwylen und Münchwylen-Oberhofen, welche allerdings übereinstimmend + 1 Minute Spielraum zugeben, aber auch mit den Zahlen 55 und 56 um 1 und 2 Minuten zu hoch sind. V. Epizentrum und Hodograph. (s. Taf. III.) Abgesehen von allen theoretischen Voraussetzungen lässt sich erwarten, dass die Reihenfolge der richtigen Zeitangaben eine nahezu stetig verlaufende Linie ergeben müsse, eine gerade oder gekrümmte, DEE wenn man auf einem Netz von Millimeterpapier die Entfernungen der einzelnen Orte vom Epizentrum als Abscissen horizontal nach rechts abträst und Strecken, welche den Zeiten proportional sind, in den Endpunkten der Abscissen als Ordinaten senkrecht errichtet. Bei unrichtig gewähltem Epizentrum wird dies nicht der Fall sein können, alle Punkte behalten zwar ıhre Ordinaten, aber die Abscissen der- jenigen, denen das falsche Epizentrum zu nahe liegt, fallen zu weit links, die zu entfernten zu weit rechts. Ein Versuch nun, den man mit den 9 oben bezeichneten besten telegraphischen Zeiten für ein Epizentrum Niederuzwyl macht, stimmt nicht übel, Herisau aber würde einen Zeitfehler von 20 Sekunden aufweisen, seine Abscisse wird um 6 km zu gross, wenn man durch eine stetige Kurve den andern Punkten gerecht werden will. Rückt man aber mit dem Epizentrum näher gegen Herisau um die Hälfte des Fehlers von 6 km, so kommt das Epizentrum nach Niederglatt und man erhält jetzt ein überraschend befriedigendes Resultat. Von Herisau an, durchaus nach unten konkav verläuft eine Kurve ganz ähnlich einem Parabelast, welche durch folgende den 24 besten Zeitbestimmungen entsprechende Punkte hindurch oder bis auf 4 Minute nahe daran vorbeigeht. Auf der Nebenfigur auf Taf. III sind die Abscissen 4fach vergrössert gegen die Hauptfigur. Liste der günstigen Beobachtungen. Nr. ee Eau Zeit nach Berner Uhr | RL. Niederglatt beobachtet | gefunden | 3 | 384. Niederuzwyl:@.;l .3:km!lv 118.534 4121955327, 70 47. \Herisaui@;.- ;.%.1,.9 .,.1.837,. 3 1537 Soaslot 19,1 Sulzen-@s. °, _* | 13 „ | 54° 00° | 53° 48“ 12 49. \Lichtensteig ®@ ., 13 „ 54: 00017 5348 al 8. Berg @ : 16, ARE 92:1, MattwyIrn it | 16 (BARON OR 39. St. Gallen @ |\E6, 2, 910,944 O0 BAHT 45. | = Ss ITBERR 531.30% 1541.00 1 Fergll 31. | Aadorf » 7.199 1,5] BA — 554 | BETTEN HaA" 2 Emmishofen » | N.) 28°”, U 552. 1% 1 n2.19M | 0—1' 41“ Belscrhkane, . O0 Mi Van 55 41“ 154° 23 |] as nErauenfeld:ca “©. (#0.125:,115 5441’ |54‘.23“|1-+ 10‘ im 26. EI HA BB nd | 543 27.| % VAT ETIERRRBLL URS. Bra Ar ro; Ge I er 30 45 54 329% 55. | Winterthur - . . . | eh 54.364717 24* 56. | Kemptthal® . .| 35 „ | 54—55° |54° 4229| 0 la Fon FE NE Bf 54 49 +11“ N EM Entfernung | Zeit nach Berner Uhr | Ab- Nr. Urte von | j Niederglatt| beobachtet | gefunden weichung N N | 57. |Wallisellen «© . . . .| 44 km | 55° | 54, BT 60. |Zürich, HottingenO 47 „ | 55° ı 55° 00° | 0 Da Stadte . —,1 47 ., 55° | 55° 00”! O 78.1 Woltegg «* . . . ... 166 „ |55'40 EA0@ Bee 014" 79. | Warthausen»'', 2,86 3," HERR | 55° 48" + 294 81. |Stuttgart OÖ. . . . 148 „ | 56% 40 56 Aa er Die Unterschiede der beobachteten und der durch His Kurve bestimmten Zeiten liegen hier durchaus unter der Fehlergrenze, für. eine etwas er Anzahl von Zeitangaben (30) dürfte der Fehler im Betrag von 4 bis ungefähr 1 Minute die zu erwartende Fehler- grenze nicht wesentlich überschreiten. Liste der nicht ungünstigen Beobachtungen. Zeit LG de Abweichung > | | Ent- | Zeit Nr. Orte fernung, beobachtet Busielsepen. .... , | 5km| 54-55‘ 53" 10T Be 50" Bir 12, | Engishöfen. . . [15 ',, ya: 93: Sur er 11, 04 33. Münchwylen, Ober- | hofen. . . .|15 ,.| :55% 5, 1°..| 53° 5673 ar ee 43. St. Gallen, Engel- | | Basar, 53’ bs ee 44, St. Gallen, Sitter- | | a ea ID ee | 54° 00“ | 1‘ N TER NEAR RL: 54‘ } 20. Weinfelden. . . 16 _, ag 3% — 1!‘ a Binriswsl=. 5. 11%, |...55° 54° 03 | 4- 57“ ale (5 17 55° 54° 03% | .57“ 16. | 6; a Ar 5 | 54° 03T Ense: sure 418, hin BB 54° 06° | 54° = Tuttwyl ns. 18:1, |: 53° | 54° 064 1210064 Biber ur, . 159... 55° | 54° 08° | 4- 52 48. | Appenzell . . . 120 „|56‘ & (1—2)‘| 54° 11“ 10 bis 3° 49" 29. | Matzingen 21 56‘ #2‘ |54° 147 OgEeeeE 24. | Mettendorf . EV ISER PL Riyı | 54° 16° [1 444 3. | Egelshofen . 23. 54° 18% 1 4 42° 51. Bauma Be in 55‘ | 54° 18° | + 42 Kreuzlingen 24 4: 4,5 54° 20° | 4 40° ne ‚Frauenfeld . 25 „|. 56° #1° |54' 23° | 37bie 2/87” 52. | Bärentswyl . 125 53—54' | 54’ 22 Tea 73. Altstätten 28 55—56' | 54’ 30 | 4 30% bis 1730” | 7 Bub: Zeit | Zeit nit | Yaaee | fernung | beobachtet | gefunden Ameiclung | | | 54. | (Sargans) | 46 km 54 14‘ | 55° —- 30° bis — 2?’ } | | 30° 58. | (Zürich). .. . | 47 „ |53'48°+10°| 55‘ 1’ 02% bis | 5 129 61 RB EAST, 54‘ ı 55° BB 74. Schaffhausen . 50 ,, 54‘ ı 55° 04° | — 1° 04° Bean as, 55‘ 115513844) 38° 80. | Oberstadion . | 92 ,„ | 55° 10“ | 55‘ 59% | — 42 832 |:Stuttgart '. . |148 ,, | 55% 40° 186% 40% | 1° 82.| Hs 7.551254 bur56H Anl |een ihr ”) In diese Liste sind auch Sargans und Zürich 1 aufgenommen, obgleich wir sie nicht als Stützen für die Richtigkeit des aufgestell- ten Erdbebenhodographs gebrauchen wollen. Dass die meisten Ab- weichungen positiv sind, also vorgehende Uhren bedeuten, war be- sonders von den Bahnhofuhren zu erwarten. Die Zeitangaben, welche noch stärkere Abweichungen zeigen, als diese 50, sind als unverein- bar mit unserem Erdbeben zu behandeln. Weil wir ein Vorgehen der Uhren in Anssicht nahmen, erscheint es mir nicht angezeigt, zur Erklärung der positiven Abweichungen ein besonderes sekundäres Beben zu Hilfg zu nehmen, wie Hess dies thut. Nur für die Zeit- angaben der westlichen Schweiz, welche ausnahmslos negative Ab- weichungen ergeben, wird eine besondere Erklärung notwendig werden. Zunächst sehen wir, was für weitere Aufschlüsse uns der Hodograph ergibt: Vor allem ist hervorzuheben, dass selbst dann, wenn wir die Fehlergrenze der 6 besten Telegraphenzeiten nicht grösser als 4 Minute annehmen, für die Wahl des Epizentrums doch noch ein Spielraum in einem Umkreis um Niederglatt bleibt, dessen Radius beinahe 3 km erreichen dürfte. Je nach dieser Wahl des Epizentrums ergeben sich verschiedene Werte der Anfangsgeschwindigkeit, mit welcher die Erschütterung an der Erdoberfläche fortschritt. Bei der von uns getroffenen Wahl wissen wir über diese Geschwindigkeit innerhalb der ersten 3 km nichts, erst vom 3. bis 9. km Entfernung vom Epizentrum deutet der Hodograph eine oberflächliche Geschwindig- keit von 11 km in der Minute oder von 180 m in der Sekunde an, diese Geschwindigkeit wächst allmählich, sie beträgt in 20 km Ab- stand vom Epizentrum schon etwa 380 m, in 40 km 620 m, bei 60 km 780 m u. s. f., im Abstand von 150 km bei Stuttgart hat sie den Betrag von 1300 m erreicht. Durch tangentiales Anlegen : — 214 — eines Lineals an die ausgezogene Kurve lassen sich diese Zahlen ablesen, indem man den Zuwachs der Abscisse zählt, welchen die Linealrichtung für 10 oder 100 Sekunden Zuwachs der Ordinate an- gibt. Der Wendepunkt des Hodographs fällt in unserer Zeichnung nach Herisau, bei keiner andern Wahl des Epizentrums wird der- selbe darüber hinaus, wohl aber kann er weiter nach innen fallen. Der Leser, welcher Versuche mit anderer Wahl des Epizentrums ma- chen will, kann sich zur Ermittlung der Entfernungen, wenn ihm keine Dvrovr-Karte zur Verfügung steht, des Bineker’schen Reisehandbuchs bedienen, wo sich Niederglatt auf 3 Spezialkärtchen findet. VI. Herdtiefe und Ursache des Erdbebens. Bis daher haben wir den Boden der Thatsachen nirgends ver- lassen. Über die Form des Hodographen aber innerhalb des nächsten (Gebietes um das Epizentrum und über die Tiefe des Herdes unter der Oberfläche muss uns an der Hand der Thatsachen die Theorie Aut- schluss geben. Das Erdbeben kennzeichnet sich als zum selben Typus gehörig, wie dasjenige von Herzogenrath vom 22. Oktober 1873. Es stimmt mit demselben überein in der Beschränkung des innern Gebietes auf einen Kreis von nicht näher angebbarem kleinem Radius und in Beziehung auf den kleinsten Betrag der Oberflächengeschwindigkeit, dort 100—200 m pro Sekunde, hier 170 m (im Wendepunkt). Dort wurden die ersten 20 km vom Epizentrum weg zurückgelegt in un- sefähr 1° 20, hier ebenso. Im weiteren Verlauf aber wächst hier die Geschwindigkeit zu einem viel grösseren Betrage als dort, in —]12 Meilen Abstand ist sie dort 400 m, hier im gleichen Abstande 1000 m. Es mag sein, dass die im ganzen viel grössere Unvoll- kommenheit der Zeitangaben beim Herzogenrather Erdbeben einen Teil dieses Unterschiedes bewirkt, aber der Hauptgrund muss doch ein anderer sein, vielleicht der, dass unser Erdbebenherd dem gut leitenden krystallinischen Gestein der Tiefe näher liegt, als der des Herzogenrather, obwohl er hier wie dort der Erdober- fläche nahe war. Zur Ermittelung einer unteren Grenze für den Betrag der Herdtiefe in Meter bedienen wir uns des Verfahrens von früher (Jahrg. 1888 S. 269). Wir erhalten mittels der Wendepunkt- tangente die Zeit von über 10, welche mit der Geschwindigkeit von 170 m multipliziert eine minimale Grenze der Herdtiefe von 1700 m ergibt. Auch Versuche mit anderer Lage des Epizentrums und der Wendepunkte dürften das Minimum nicht unter 1000 m herabdrücken, weil ein Intensitätszentrum fehlt. während man für ein Maximum bis zu 6 km gehen kann. Die nach unten konvexen el. Strahlen oder Wellenorthogonalen erreichten bei unserem Beben die gut leitenden Schichten früher als beim Herzogenrather. Sehr weit entfernt sich vom Hodograph die Zeit von Airolo, 54° 50, statt 56° 12%. Wenn wir diese Zeit auf das Niederglatter Erdbeben be- ziehen müssen, so wurde durch die Alpen hindurch ein Weg von 110 km statt in 3° 18” schon in 1° 6° 50 zurückgelegt. Doch darüber später mehr. Einen Beweis dafür, dass die wahre Fort- pflanzung der Erschütterung nördlich der Alpen nicht in den oberen Schichten der Molasse in horizontaler Richtung erfolgte, sondern in nach unten konvexen Strahlen, mag der Bodensee liefern, welcher trotz seiner grossen Tiefe nicht verhinderte, dass das Erdbeben sich in Wolt- egg in voller Stärke äusserte, wenn auch vielleicht Friedrichshafen dem vorliegenden See eine kleine Abschwächung zu verdanken hatte. Was lässt sich nun aber als Ursache des Erdbebens vermuten ? Da ziemlich übereinstimmend die Schwingungen des Molassegesteins eine Richtung von NW. nach SO. hatten, so liegt es nahe, die erste das Erdbeben verursachende Kohäsionsstörung als eine in derselben Richtung verlaufende Bewegung anzusehen, wie sie stattfinden muss bei der Bildung oder Vergrösserung einer von NO. nach SW. laufenden Falte oder Spalte durch Zerreissung, Zerdrückung, Ver- werfung. Ein Blick auf die geogmostische Karte der Schweiz zeigt südlich von Niederglatt in 9 km Entfernung einen Strich Meeres- molasse sich hinziehen, der von Rorschach bis Herisau, ja vielleicht bis Rapperswyl am Züricher See sich in westsüdwestlicher Richtung mit Unterbrechung verfolgen lässt. Diesem parallel verläuft weiter südlich die schon erwähnte nördlichste Antiklinale. Parallel diesen Richtungen hätte die Kohäsionsstörung stattgefunden. Niederglatt fällt in das Gebiet, wo die Molasse, welche in der nördlichen Schweiz fast horizontal gelagert ist, in die gefaltete Lagerung überzugehen beginnt. Hess sagt unter Berufung auf GüuTswILLER und ScHALCH „Geolog. Beschreibung der Kantone St. Gallen, Thurgau und Schaff- hausen“, das Säntisvorland sei von Norden her bis in die Nach- barschaft der Linie Engelburg- Degersheim - Dietfurt horizontal ge- schichtet, von hier aus gegen die Säntiskette gefaltet. Von dieser Linie Engelburg-Degersheim hat Niederglati eine nordwestliche Ent- fernung von 5 km, fällt also in deren Nachbarschaft. So liegt es nahe, das Erdbeben mit dem fortschreitenden Faltungsprozess der Erd- kruste in Verbindung zu bringen. Einem solchen langsam fortschrei- tenden Prozess wird weicheres Gebirge keinen dauernden Widerstand entgegensetzen. Herr Prof. C. Mitrer belehrt mich, dass in der ganzen rg Molasse sıch nur ein Glied finde, welches sich wegen seiner beson- deren Festigkeit dazu eigne, Druckkräfte oder Zugkräfte anzusammeln unter allmälichem Wachsen der Spannung bis zum Eintritt einer Katastrophe. Dies ist die Meeresmolasse. Es ist nicht aussichtslos, dass die Geologen der Schweiz vielleicht im stande sind, aus ihren Erfahrungen über die Neigung der Molasseschichten die Tiefe der Meeresmolasse in der Nähe ihres Lagerungswechsels zu berechnen, da dieselbe in 9 km Entfernung von Niederglatt in etwa 400 m höherer Lage sich findet. Damit liesse sich die Tiefe des Erdbebenherdes mit einiger Sicherheit feststellen, falls derselbe in der Molasse zu suchen ist. Nicht bloss aber eine der Gebirgsfaltung parallele Linie ist es, eine Art halbseitiger Synklinale, welche dem Erdbebenherd eine be- sondere Bedeutung zu verleihen und eine bestimmtere Annahme über die Ursache des Bebens zu rechtfertigen scheint, auch eine dazu senk- rechte Richtung, welche ebenfalls den Erdbebenherd durchschneidet, entbehrt nicht einer gewissen Klassizität.‘ Es ist die Linie vom Hohentwiel zum Säntisgipfel, eine klassische Linie, nicht etwa, weil ich an ScHerrer's Eggehard dächte, sondern weil diese Linie einen Teil einer grossen Störungslinie bildet, welche zu dem Gebirgsnetze gehört, mit welchem ELiE pe BEAumont die Erde umspannte, aber einer Linie, deren Berechtigung nicht an den künstlichen Bau des Pentagonalsystems gebunden ist. Verfolgt man nämlich die Linie vorwärts und rückwärts auf Landkarte und Globus, so führt sie im Süden zu Vesuv und Ätna, nördlich über Hardt und Siebengebirge und die Shetlandsinseln bis zum Mouna Roa auf San Mayen. Diese Linie ist unter den 3 aufeinander senkrechten grössten Kugelkreisbögen. den 3 jüngsten Systemen vulkanischer Natur, Alpes, Tenare und Andes, das erste (systeme des montagnes pg. 772). Weit entfernt, unserm Erdbeben einen vulkanischen Ursprung zuzuschreiben, wollte ich doch nicht unterlassen, auf eine Beziehung aufmerksam. zu machen, in welcher man vielleicht eine Stütze für die Annahme vulkanischer Ursache finden könnte. Und auch für Annahme eines sekundären Bebens in den Quartärablagerungen, wie sich dieselbe bei Hess findet, der nahezu derselben Richtung entlang dieses sekun- däre Leben entstehen lässt, ohne die klassische Bedeutung dieser Linie zu ahnen, könnte man vielleicht in der erwähnten Beziehung eine Stütze finden. Soviel steht jedenfalls fest, dass entlang dieser Richtung und in emer Breite von gegen 30 km der Strich liegt, in welchem unser Erdbeben am stärksten eetobt und auffallend schnell sich ausgetobt hat. — 217 — VI. Das Beben im südwestlichen Teil des Gebietes. Wir befinden uns nun ın der Lage eines Chemikers, der bei der Analyse eines Minerals den grössten Teil in Salzsäure zu lösen und zu bestimmen ım stande war. Sollte der ungelöste Rückstand ganz auf Rechnung zufälliger Verunreinigungen kommen? Von den 83 Zeitbestimmungen fügten sich 24 gut, weitere 30 ohne allzu- grossen Fehler dem System, eine 59., Airolo, bildet mit Recht eine Ausnahme. Weitere 8 bis 9, nämlich die Nummern 6, 21, 22, 46, 59, 64, 67, 68 und wohl auch 75 können wir unbedingt als allzu- weit abweichend zurückstellen. Es verbleiben noch 19 mit grösseren Abweichungen, ihr Gewicht wird durch einen Teil derjenigen ver- mehrt, welche 4 bis 1 Minute Abweichung zeigen. Unter diesen 19 Zeitbestimmungen dürfen uns die mit positiven Abweichungen nicht beirren, es sind deren 14, ihr Vorkommen, besonders bei den Bahnhofs- und Ortsuhren. stand zu erwarten. Dass auch telegra- phische Zeiten solche Fehler im positiven Sinn haben dürfen, darüber belehrt uns St. Gallen, dort gibt das Telegraphenbüreau selbst 54’ und zweı als Telegraphenzeit ausgegebene Berichte, Nr. 41 und 42, geben 56°. Übrigens sind es ausser diesen 2 Berichten aus St. Gallen nur noch 3 Telegraphenzeiten. die entschieden zu hoch sind, nämlich das eine Münchwylen Nr. 32, welches um 1° 08% bis 2° 08° ab- weicht und Nr. 53 Degersheim, mit 1° 44” Abweichung, sowie Nr. 67 Rüti, das wir den 9 ganz verdächtigen Berichten beizählten, weil es um 34 Minuten abweicht. Wenn auch selbstverständlich sekundäre Erschütterungen als Folge von Reflexionen an Verwerfungsspalten und beim horizontalen Schichtenwechsel in der weitesten Ausdehnung anzunehmen sind, so lassen sich diese doch nicht benutzen, um Verspätungen von mehreren Minuten zu erklären, sie können uns rrur erklären, wie ein ursprünglich einheitlicher Hauptstoss sich ın eine Reihe von Wellen verschiedener Intensität, an verschiedenen Orten in verschiedener Weise, zerlegen kann, wie insbesondere ım Verlauf des Bebens sich, wieder lokal verschieden, auch Elastizitätsschwingungen von kleiner Schwingungsamplitude aus- bilden, welche vom Menschen nicht mehr als mechanische Bewe- gungen empfunden werden, für deren Wahrnehmung sein Gehörsinn durch Vermittelung der Luft das geeignete Organ ist. Die Fort- pflanzung dieser Art von Schwingungen im Boden hat natürlich mit der Geschwindigkeit des Schalls in der Luft nichts zu schaffen. Von grösserer Bedeutung, als die 15 positiven Abweichungen 09 sind die 5 negativen, welche zusammen mit 4 weiteren negativen der FR Liste der nicht ungünstigen Beobachtungen eine dem westlichen Teil des Erdbebengebietes übereinstimmend zukommende Eigentümlich- keit darstellen. Es ergibt sich folgende Zusammenstellung: Orte des westlichen Gebietes mit bloss negativer Abweichung. | \ . \ ; . | Nr, Orte ar 2 RE Abweichung fernung beobachtet | gefunden | | | 58. | Zürich, Sternwarte 47 km |53° 48° & 10°] 55‘ | kt d2 61. ‚„...Lelegraph | 47, 54‘ 55‘ ı—!‘ 62. BADEN, 53: Das — 2° 63 ad Bel Da 38° — ?' 72. Zug Mage BT uf 53° | It OF 72, 1 Schaffhausen:'.’". 1:50: 5” 54' 1:55° 04° | — 104 70. Seon ERS RUF CTENE € ag 55‘ 38° |, — 38% Non BaBeli cn HL FE 55‘ 56° 20° ı — 1’ 20° 77; 121 Ay: | 56° 20° | — 1°, 20“ 3 Das Gewicht dieser Liste wird noch verstärkt durch die zurück- gestellten Zeiten Nr. 75 und Nr. 64. Sollen wir annehmen, es habe bei der Verteilung der tele- graphischen Zeit ein Unterschied zwischen östlicher und westlicher Schweiz in der Art stattgefunden, dass die östliche um über 1 Minute früher ihren Zeitstrom erhielt als die westliche? Ich halte eine solche Ungleichheit nicht für möglich, gegen dieselbe sprechen auch un- sere oberschwäbischen Zeiten, welche mit der Zeit der Ostschweiz harmonieren. Bei einem gemeinsamen Fehler der Telegraphenzeit der Ostschweiz um eine Minute (1” 12” entsprechend der Züricher astronomischen Zeit) würden von den württembergischen Zeiten Nr. 78 Wolfegg, 79 Warthausen und 81 Stuttgart unbrauchbar, Stuttgart Nr. 82 und Stuttgart 8 würden zum Ersatz gut und OÖberstadion Nr. 80 würde etwas besser stimmen, der Verlust würde aber den Gewinn überwiegen. | Für Hrss war diese Besonderheit der Westschweiz mit ein Grund, ein Zentrum des Erdbebens überhaupt für unmöglich zu halten, er nimmt eine in der Linie Zug-Niederuzwyl beginnende, stetig beiderseits fortschreitende Rutschung der ganzen Molasseplatte auf ihrer Unterlage an. Abgesehen von allen anderen mechanischen Einwänden, welche sich mir’gegen diese Vorstellung erheben, glaube ich, spricht, wie oben hervorgehoben wurde, die thatsächliche kurze Dauer hin und her gehender Elastizitätsschwingungen an den ein- zelnen Orten gegen die Annahme sowohl einer langgestreckten Linie als Herd, als noch mehr gegen eine solche horizontale Ausdehnung ee = der Kohäsionsstörungen über das ganze Molassegebiet, also einen Erdbebenherd von Tausenden von Quadratkilometern Ausdehnung. Muss es denn durchaus ein Erdbeben gewesen sein? Ist es denn nicht viel wahrscheinlicher, dass jedes Erdbeben in seinem ganzen Erschütterungsgebiet überall da neue Erdbebenherde erzeugt. wo sich Spannungen angehäuft haben, welche ihrer Auslösung harren ? Berichtet doch Hrss, dass unserem Erdbeben noch Nachbeben gefolgt sind bis zur Stärke vom 4. Grad, es werden deren (S. 62) vom 7. bis 26. Januar acht aufgezählt. Auch noch in Entfernungen, wo die menschliche Empfindung das auslösende Beben nicht mehr wahr- nimmt, kann ‚das ausgelöste empfunden und mit dem auslösenden verwechselt werden, wenn es demselben in der Zeit nahe steht. Wenn Zürich 2 Erdbeben gehabt hätte, das eine zur astronomisch bestimmten Zeit 55° 48”, das andere zur Hottinger Telegraphenzeit 5‘, so wäre es im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass ein Mensch in Zürich beide verspürt haben würde. Zürich hatte ungefähr wie Stuttgart die Intensität III bis IV (Wallisellen ganz in der Nähe Il). Wenn die Erschütterung derart ist, dass von vielleicht 100 der feinst- besaiteten Menschen (ich zähle von 4000 nur die 100, welche das zarteste Nervensystem haben) nur einer sie bemerkt, also die Wahr- scheinlichkeit der Wahrnehmung für den einzelnen 4; beträgt, so beträgt die Wahrschemlichkeit dafür, dass einer beide Beben bemerkt, welche das erste Beben wahrnahmen, auch das zweite bemerken. Wir werden allerdings nicht ohne andere zwingende Gründe lieber an das Zusammentreffen zweier Erdbeben mit 1° 12” Zwischenzeit, als viel mehr an die Fehlerhaftigkeit menschlicher Beobachtungen glauben. Solche andere Gründe liegen nun z. B. für Stuttgart mit seinen zweierlei Zeiten vorerst nicht vor, aber für Zürich. Der sonderbaren geographischen Zweiteilung des Erdbeben- gebietes in einen westlichen und östlichen Flügel und der Zwei- teilung der Beobachtungszeiten in eine grosse Gruppe, Zeiten des mittleren und östlichen Gebietsteiles und eine kleine Gruppe des westlichen Gebietsteiles muss auch eine Zweiteilung der Ursache, des Erdbebenherdes, entsprechen. Bei der sehr verschiedenen Beschaffen- heit der wenigen Zeitbeobachtungen wird es zwar schwer sein, auf eine ganz bestimmte Annahme mit Sicherheit zu kommen, man muss sich mit mehr oder weniger grosser Wahrscheinlichkeit begnügen. Wenn die Zeit von Zug nicht im Wege zu stehen schiene, so würde ebensowohl die Intensitätshäufung zwischen Waldshut und u Hauenstein, als die ungefähre Übereinstimmung mit den Zeitberichten: 58 Zürich, 61 Zürich, 76 Basel, 77 Basel, 74 Schaffhausen und ‘O0 Seon für ein Erdbeben sprechen, welches seinen Herd in der (regend von Waldshut hätte, oder im Klettgau, einer ohnedies nicht erdbebenreinen Gegend. Als Zeitpunkt für den Beginn dieses Bebens würde sich am passendsten etwas mehr als 53° ergeben, so dass es freilich mit dem Niederglatter nicht in direkten kausalen Zusammen- hang gebracht werden könnte, weder als Ursache noch als Folge. wir müssten für beide vielleicht eine gemeinschaftliche höhere Ur- sache aufsuchen. Damit gewänne folgende Hypothese einen gewissen Grad von Berechtigung: Infolge der fortschreitenden Faltung der Erdkruste hatten sich an mehreren Punkten der festesten Teile der Schweizer Molasse, besonders der Meeresmolasse, Spannungen an- gehäuft, welche sich am 7. Januar 1889 etwa um 9% 52° Berner Zeit infolge eines gemeinsamen Anstosses auszulösen begannen, zuerst. in zwei bis drei nahezu gleichzeitigen Beben, einem ersten in Nieder- glatt um 11" 52° 56”, einem zweiten bei Waldshut kurz nach 11" 53° und vielleicht einem dritten in der Gegend von Zug oder zwischen Zug und Zürich, auch eher vor als nach 11" 53°. In Zürich kamen zwei oder alle drei zur Beobachtung, aber von verschiedenen Per- sonen, das erste, unter den dreien das letztgenannte, um 11" 53°, das zweite von Waldshut her um 11" 53° 48” und das dritte von Niederglatt her um 11" 55. Auch in der Gegend zwischen Zug und Niederglatt gehen die Zeitberichte durcheinander, wie die Ver- gleichung von Bärentswyl, Rüti, Stäfa beweist. Als gemeinsame Ur- sache können wir etwa an eine aus grosser Tiefe stammende Er- schütterung denken, eine solche müsste sich auch an weitgetrennten Punkten fast gleichzeitig einstellen. Damit wären wir nun glücklich bei vier Erdbeben angelangt und wollen uns bei diesen vieren einstweilen beruhigen, bis wir zum Schlusse unserer Untersuchungen Mittel finden, zwei derselben wieder zu eliminieren. Die Intensität der Erschütterung der einzelnen Orte wechselt, je nach der Entfernung vom Herde, je nach der Befähigung des Untergrundes, die elastischen Schwingungen zu dämpfen, je nach Richtung der Schichtenfolge und Verwerfungen, welche der fort- schreitenden Energie sich in den Weg stellen, sie durch Refraktionen und Reflexionen ablenken. So erscheint insbesondere als natürlichste Erklärung für den Schutz, welchen das Höhgau genoss, die mannigfache Ablenkung = 0.4. Da der Energie entlang einer verborgenen breiten Störungslinie zwischen Höhgau und Säntis, deren nächste Fortsetzung südlich durch das Durchbruchthal des Rheines unterhalb Chur und nördlich durch das Höhgau selbst und durch die Formationsscheide zwischen Alb und Schwarzwald gekennzeichnet ıst. Der ganze Verlauf des Haupt- bebens ıst ein Beleg für die Richtigkeit derjenigen Vorstellung von der Ausbreitung der Erdbebenwellen, welche mit wachsender Tiefe eine zunehmende Fortpflanzungsgeschwindigkeit annimmt, und zwar ist neben den früher behandelten Beispielen: Mitteldeutsches Erd- beben vom 6. März 1872, und Herzogenrather vom 22. Oktober 1873, dieses dritte dasjenige, welches die sicherste Probe bildet für einen, dem Gesetze von Horkıns-SEEBACH entgegengesetzte, Zunahme der Öberflächengeschwindigkeit schon ausserhalb eines kleinen Umkreises um das Epizentrum. VI. Das Erdbeben von Charleston vom 31. August 1889. Und nun möchte ich den Leser von den Gestaden des Boden- sees weg an das jenseitige Gestade des Atlantischen Ozeans führen, aus den kleinen heimatlichen Verhältnissen heraus in die grossen überseeischen. Auch die Erdbeben verlaufen dort im grossen Stil und die Amerikaner lächeln über die kleinen Fortpflanzungsgeschwindig- keiten, welche wir Europäer für unsere Erdbeben herausrechnen. Ich habe übrigens in meiner Abhandlung vor zwei Jahren her- vorgehoben. dass JuLıus Schmipr über verschiedene Fälle von Erd- beben sehr grosser Geschwindigkeit der Ausbreitung berichtet, nur freilich sind sie noch nicht so sicher zahlenmässig festgestellt, wie z. B. ein neuester Beleg, der sich im Verlaufe des letzten Jahres eingestellt hat. Das Erdbeben von Wjernoje!, das in der Nacht vom 11. auf den 12. Juli 1889 auf der Berliner Sternwarte beobachtet wurde, hat sich in 26 Minuten 4600 km weit fortgepflanzt, hat also in der Sekunde im Mittel nahe an 3000 m zurückgelegt. Aber das muss hervorgehoben werden: Seit dem Erdbeben von Lissabon 1. No- vember 1755 übertrifft kein anderes Beispiel das Charlestoner Erd- beben in Beziehung sowohl auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit, als die Grösse des Erdbebengebietes als insbesondere die Sorgfalt der Beobachtung und Erforschung. Das Gebiet umfasst zwei Millionen Quadratkilometer, etwa den 250. Teil der Erdoberfläche, mit Ein- rechnung des Meeres vielleicht noch um die Hälfte mehr (das Erd- 's. Gaea 1889, 10. Heft. Be) beben von Lissabon hatte ein Gebiet gleich dem 13. Teile der Erd- oberfläche), nördlich reicht es bis zu den grossen Süsswasserseen der Vereinigten Staaten, südlich bis zur Insel Cuba, westlich bis zum Unterlaufe des Missouri und zur Mississippiebene und östlich bis zu den Bermudasinseln. Die Lage des Herdes entbehrt nicht einer Analogie mit derjenigen unseres schweizerischen Bebens. An der Seite eines langgestreckten Faltengebirges breitet sich eine von mächtigen Tertiärschichten bedeckte Ebene aus, welche Glieder der Kreide und der Juraformation zum Teil als ihre Unterlage erkennen lassen. In diesem Molassegebiet, welches durch grosse Nagelfluh- massen dem der Schweiz nicht unähnlich ist, liegt das Epizentrum des Erdbebens. Im besonderen wird über den Untergrund der dem Herde nahen Stadt Charleston berichtet: Bohrungen auf artesische Quellen zeigen an, dass die tertiären und Kreidebildungen sehr ver- schieden sind in ihrem Charakter: Sande, Thone, Kalkmergel und lockere Konglomeratschichten, durchzogen von Wasseradern, wechseln miteinander ab. Die Stadt selbst liegt zum grossen Teil auf auf- gefülltem Boden (made land). Man vermutet, die Mächtiekeit des Untergrunds der Stadt bis zum krystallinischen Fels werde nicht unter einer Meile (1,61 km) betragen. Ein wesentlicher Unterschied von den Verhältnissen beim Schweizer Beben liegt aber darin, dass die Apalachen, nur halb so hoch als die Alpen, ein älteres Gebirge sind. Nur die For- mationen bis zur Trias nehmen an der Gebirgsfaitung teil, Jura, Kreide und Tertiär sind nicht gestört, sondern in die Falten der verworfenen Unterlage horizontal eingelagert. Ferner liegt der Herd viel weiter ab vom Gebirge in der Nähe des Ozeans, möglicherweise unter demselben, man könnte die doppelte Länge vom Säntis bis Stuttgart quer über den Küstensaum legen von Charleston bis zu den Apalachen. Daher kommt hier weniger (nur in der Richtung gegen Florida) die Ausbreitung des Erdbebens vom Gebirge weg in Betracht, als die entlang Gebirge und Küste gegen Nordost und die gegen das Gebirge, durch dasselbe und darüber hinweg gegen Nord, Nordwest und West, und es mag hier gleich als bezeichnend hervorgehoben werden, dass für diese Hauptrichtungen sich kein merklicher Unter- schied der Fortpflanzungsgeschwindigkeit mit Sicherheit ergibt. Einer Abwägung der Beobachtungen und einer Aufsuchung des Epizentrums sind wir überhoben, das besorgt die Geological Survey der Vereinigten Staaten aufs gründlichste, nach dem ausgesprochenen Grundsatze, dass die Zeitbeobachtungen die weitaus wichtigste Grund- ee lage der Erdbebenforschung bilden. Die Zahl der gesammelten Zeit- berichte beträgt über 400, für das 130mal kleinere Gebiet des schweizerischen Bebens 300, von diesen 400 sind aber 316 einiger- massen brauchbare, von den letzteren nur 83, so dass also die Zahl der brauchbaren amerikanischen Berichte, es mag das vielleicht ein gewisser Gradmesser für die Zivilisation sein, bei einem 130mal grösseren Gebiete etwa die vierfache ist. Dementsprechend steht der einen astronomischen Zeitangabe beim europäischen Beben eine Zahl von 5 Beobachtungen gegenüber; welche die Zeit (standard time) auf we- nige Sekunden genau angeben. Die Feststellung des Epizentrums scheint nicht ohne Schwierig- keit erfolgt zu sein, wenigstens finde ich auf einer Karte von EvErEtT Haypen ', welcher Ende 1886 das System der coseismals und iso- seismals vorläufig veröffentlichte, ein Epizentrum in 100 miles Ent- ‘ fernung von Charleston gegen Norden, dagegen in dem späteren Bericht von Newcowm& und Durrox ein Epizentrum nur in 20 miles Entfernung von Charleston, auch stimmen die coseismals (Hanoseisten) des ersten Berichtes schlecht mit dem System der im letzteren Be- richte zusammengestellten Zeitbeobachtungen. Und es liegt in der Natur der Sache, dass trotz der grossen durchschnittlichen Genauig- keit und trotz der grösseren Zahl der amerikanischen Zeitberichte das Epizentrum sich doch schwerlich auch nur mit dem 20. Teil von Zuverlässigkeit wird feststellen lassen von derjenigen des Schweizer Erdbebens. Denn so gross ist trotz der Gleichheit der Bodenbeschaffen- heit der Unterschied der oberflächlichen Ausbreitung der beiden Erd- beben, dass beim Schweizer Beben eine Sekunde Zeit in der Nähe des Epizentrums nur etwa 180 m Länge bedeutet, beim amerika- nischen die entsprechende Zahl jedenfalls über 5000 m beträgt. In der Zeit von 5 Minuten hat sich das Ereignis auf der Fläche von 2 Millionen Quadratkilometer abgespielt bis zu einer Entfernung von über 900 miles, von beinahe 1500 km vom Epizentrum, der 10fachen Entfernung von Niederglatt bis Stuttgart. Der Bericht von NEwcome und Dorrox gibt als Auszug aus den 316 Zeitbeobachtungen die 173 besten in 4 Gruppen geteilt und mit Gewichten versehen. Gruppe I mit 5 best observations, Gruppe II mit 11 good reports, die nächste Minute oder halbe Minute angebend, Gruppe III mit 125 miscellaneous time reports und Gruppe IV mit 32 stopped clocks. Für die Ermittelung der Form des Hodographen habe ich die mit ‘ Bulletin of the Philos. Soc. of Washingtor, 290th meeting 1886. den niedersten Gewichten versehenen Zeitangaben der Gruppe Ill und IV weglassen, auch von der angegebenen Zeit für das Epizentrum abgesehen, weil der Grundsatz, nach welchem diese Zeit berechnet ist, unrichtig, ein geradliniger Hodograph keine voraussetzungslose Annahme ist. Folgendes ist die Liste der benützten Zeitangaben: De | Gewichte | Entfernung Ort ' Staat |Gruppe Gruppe | Gruppe | Gruppe Zeit Kran | I 2@ |u()) II) IV Bharlesten -.:...1"8.-B, — — | — 2.3, ea 20 a Statesburg.. . rer — | .1.1. —.i1 SE7a0 een Columbia‘. . f za Sa 89 | 143 a en „1 — — 9 HEERES Savannah . .| Ga. | - | — 2,7 aa | 89 | 143 x SOHN fr il 2:15. er Anoustn | ala re 2 | — Sl % FREU |Se ;., ie 1. Ba Cochran . . a — | 2.52 — | 192 309 Maeont.enlli iR — | |) 10.752 —| 20310327 4 Birth. X — ehe | 203-4:327 lacksonmlle „11. |. = 2 — DR re EN N sh Lob 5 Atlanta . Ga el 3 ı 52:93 -253 | 4106 Nashville . . |Tenn. | — 1 22) SE ae 5 Du. \; = —_ 1’ | > | OH BON AST Ir UFER RENT — 1 haar Washington... |1C. D..|. 2-1] — | —= |; 22), 33200 dee N 2,| —.lı.e) Il 88 28 | ARE ve A ea ha 3 | —. | 58 AR Ann Baltimore . . | Md. 1 — ha Harald | 487 | 784 Covington ':'". |. 'Kyı | — 10] 0 0 NBBSRIEEEREEEETE Pikesvile . .|Md. -— 11 — | 088, 305) 490.) 1789 Cincinnati . 0. 12 |. — 4. |: —.:), 8580 41) 49110781, L) ae. — | | — |, 19, 1 A EEE % SEIN — | — | | 7 oa eocktand . ..|, , Le 3") Ba ap aaa ar Columbus . . ” N 53 41 518 | 326 Eranwwille ss. 1\.Ind..\| (++ 1 — |. Ida ar Dyersburg . .|Temn. | 1|.— --— | .—. 54 22 a6 Indianopolis . | Ind. | — | — 2|ı — |.55 2 210084 940 Pr I —).—ı) — 1 55 — | 584 | 940 Memphis ), . | Ten. | | a We 4 54 50 ı 587 | 945 Carr :...| m | 17 | 10) 0) 5307) 588717947 ? ‚eh elehhl—n h — 1,58 — 1,588 | 947 Cleveland . . 0. N 1 — | 54 — | 604 | 972 3 er IR a1: —- | —_ | 5A | 972 | | | | Er Ba (Gewichte | Entfernung Ort Staat Gruppe Gruppe | Gruppe Gruppe Zeit = eu is Im | Miles |, km | Min. Sek. | Belvidere N.J — l — — | 54 — |:622 | 1001 Brooklyn N. Y.,, 05; =. ) —..| 54 30 !.643 | 1035 ee Vz — -- I: 55 — |. 643-1 10393 New York ERTEARE NS — — zent nd. 30 | 645 7 109 5 dinvin.g ab) ee 5306 108 }; ER Rt N re 6 Inn 54.12 1645: |:1039 N 0 lene 1 1.6453 1030 Bee 0 ßlıch. |. —. | > 3, 1 21:55, 12.|,.675 11089 mewiaven.. .|Gonn. | — | -_ 2 |, 2,198 80 | IE [1145 Hartford . . a _— 2 we 1’ TAT | 1208 Stockbridge . Mass. | = 3 = hear 76511932 AABany st, ie la Haie — 155 — | 770 | 1240 ER R DONE REN Er a N b |. =l656 401.770 11340 Keokuk. . . | Iowa | — RE 2 = ah 2 5810 2 130 Boston . . ./ Mas. | — | — I|ı — | 55.30 | 832 |.1540 PrairieduChien | Wis. | — 1 == 9017 924 VDE | Damit hat sich die in unserer Tafel III ausgezogene Kurve als Bild des Hodographen mit vollkommener Ungezwungenheit ergeben. Eine schwache Konvexität nach unten im ersten Viertel des Verlaufs ist unverkennbar, alsdann ein geradliniger Verlauf durch eine Reihe der sichersten Punkte und im letzten Viertel ein nicht genau be- stimmter Verlauf. Im ganzen das Bild einer nahe konstanten Ge- schwindigkeit von durchschnittlich 5184 £ 80 m. Zu diesem Betrag wurde die Geschwindigkeit von Durrov und Newconmß nach der Methode der kleinsten Quadrate unter Voraussetzung ganz konstanter Fortpflanzungsgeschwindigkeit festgestellt. Die Zusammenstellung der beiden Erdbebenhodographen auf derselben Tafel im selben Mass- stab, unter Hinzufügung der Hodographen unserer früher behandelten Erdbeben, ist die beredteste Aufforderung dazu, eine Theorie der Ausbreitung der Erdbebenwellen zu geben, welche sowohl den ver- schiedenen Geschwindiegkeiten im allgemeinen, als auch den besonderen Formen der Hodographen gerecht wird, ein solches Schema des Erd- bebenverlaufs aufzustellen, das aus den Abweichungen des einzelnen Falles die Besonderheit der Bedingungen im einzelnen Fall erkennen lässt. | IX. Bemerkungen zur Gestalt der Hodographen. Für sich einzeln betrachtet scheimt der Hodograph des Char- lestoner Erdbebens eine Bestätigung der Serrach'schen Theorie zu Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 15 226 bilden, nach welcher bei gleicher mineralischer Beschaffenheit der Erdkıuste die Erdbebenweilen nach allen Richtungen und in allen Tiefen mit gleicher Geschwindigkeit fortschreiten müssten. Die geo- metrische Ronsequenz dieser Annahme ist die Form der Hyperbel für den Hodographen. Die Asymptoten durchschneiden die Erdbeben- achse im Zentrum, die Kurve selbst durchschneidet die Achse im Epizentrum. Das Achsenstück zwischen beiden Punkten gibt die Zeit, in welcher die Welle vom ersten zum zweiten Punkt gelangte. Die Richtung der Asymptote gibt die wahre Fortpflanzungsgeschwin- diekeit zum Unterschied von der grösseren scheinbaren oder Ober- flächengeschwindigkeit, welche in jedem einzeinen Punkte die Tan- gente an die Hyperbel durch ihre Richtung erkennen lässt. Durch Multiplikation der zwischen Zentrum und Epizentrum liegenden Zeit mit der wahren Fortpflanzungsgeschwindigekeit erhält man die Herd- tiefe. Nimmt man das geradlinige Stück des Hodographen zwischen Washinston und New York als Asymptote, so dürfte sich als Zeit ergeben 51° 10 —50° 44” — 26°” und als Geschwindigkeit 4570 m, also als Herdtiefe ein Betrag von 119 km. Ich möchte dieser Be- rechnung für unsern Fall durchaus nicht alle Berechtigung absprechen. Wenn auch in Wirklichkeit die Annahme einer in verschiedenen Tiefen gleichen Fortpflanzungsgeschwindigkeit nicht haltbar ıst, auch für gleiche mineralische Beschaffenheit nicht, weil mit zunehmendem Druck in der Tiefe, mit zunehmender Temperatur und vielleicht auch noch infolge veränderlichen Feuchtigkeitsgehalts die Wellengeschwin- digkeit sich ändern muss, so bleibt uns doch die Theorie das Gesetz dieser Veränderlichkeit schuldig. Es könnte diese Veränderlichkeit nach unten kleiner werden, nach einer mit der Tiefe anfänglich rasch wachsenden Wellengeschwindigkeit könnte in grösserer Tiefe diese konstant werden. Für einen Erdbebenherd weit unter der Grenze der Veränderlichkeit müsste sich dann fast genau die SEr- pacHsche Hyperbel als Hodograph ergeben. Und so liegt die Ver- suchung nahe, eben in der sichtbar hyperbolischen Form unseres Hodographen, insbesondere in der Abwesenheit jeder Spur von Wende- punkt, von Übergang aus der Konvexität in die Konkavität, einen thatsächlichen Beweis für diese letztere Annahme von in grosser Tiefe konstanter Wellengeschwindigkeit zu finden. Es wäre kein kleiner wissenschaftlicher Gewinn, zu wissen, im Innern der Erde unterhalb der oder der Tiefe pflanzen sich Rlastizitätsschwingungen überall mit 4600. m Geschwindigkeit fort, während diese Geschwindig- keit nach oben abnimmt, um an der Oberfläche ihren kleinsten Be- — BMI — trag. in den lockersten Eodenschichten den Betrag Null zu erreichen. Aber wenn es auch eine solche Tiefengrenze geben sollte, so sind wir doch von ihrer Feststellung noch weit entfernt. Einmal entspricht die Hyperbel nur dann der Annahme kon- stanter Wellengeschwindigkeit, wenn wir die Erdoberfläche als eben betrachten. Bei einem Erdbeben wie das Charlestoner, bei einer Erstreckung über 1500 km oder 134 Bogengrade vom Zentrum an bis zum äussersten Punkt kann der Einfluss der Krümmung der Erdoberfläche auf die Gestalt des Hodographen nicht mehr vernach- lässigt werden. Unsere Figur (auf Taf. II), in wecher EU die Herdtiefe, EA eine sphärische Entfernung vom Epizentrum bedeutet, und in welcher die Teile BA der Stossstrahlen CBA als Ordinaten des Hodographen, als Zeitmasse, benützt wurden, erklärt sich von selbst. Was wir früher als Eigentümlichkeit des Hodographen nur unter Voraussetzung einer mit der Tiefe nach beliebigem Gesetze zunehmenden Wellengeschwindigkeit gefunden haben, gilt wegen der Krümmung der Erdoberfläche allgemein. Der Hodograph zerfällt in zwei Teile, einen inneren nach unten konvexen und einen äusseren nach unten konkaven. Der Wendepunkt DB, fällt in diejenige Ent- fernung (EA,), wo die auf der Erdbebenachse senkrechten Stoss- strahlen (Wellennormalen) die Erdoberfläche schneiden. Den letz- teren Satz bestätigt die Differentialrechnung, soweit die Herdtiefe ein kleiner Bruchteil des Erdradius ist. Also auch die Zweiteilung eines jeden Erdbebengebietes in einen inneren und äusseren Bezirk, den inneren mit einer vom Zentrum an abnehmenden, den äusseren mit zunehmender Oberflächengeschwindigkeit steht unbedingt als Schema für jedes Erdbeben fest. Dann, wenn der Herd ein ganz oberflächlicher ist, verschwindet der innere Bezirk, diesem Extrem nähern sich die Erdbeben von Herzogenrath und Niederglatt, und dann, wenn die Intensität der Erschütterung nicht gross genug ist, um über den inneren Bezirk hinaus sich fühlbar zu machen, dann nimmt der Hodograph die Form der Hyperbel an. Sollten wir uns mit dem Charlestoner Erdbeben dem letzteren Falle nähern? Möglıch, denn eine Herdtiefe von 119 km würde ganz nach Sersach'scher Vorstellung auf eine Wendepunktsentfernung von 1230 km führen, auf einen Hodographen, der sich praktisch zwischen 400 und 1500 km vollkommen als gerade Linie darstellen würde, der erst über 1500 km hinaus eine deutlichere Richtungsänderung erkennen liesse. Viel näher aber müsste der Wendepunkt für 119 km Herdtiefe rücken, wenn innerhalb des grössten Teiles dieser Tiefe die Wellengeschwindig- 15* keit unter Abnahme nach oben veränderlich wäre; ferner müsste er auch viel näher rücken, wenn die Herdtiefe selbst einen kleineren Betrag hätte. In der That sind nun Umstände vorhanden, welche auf eine Wendepunktsentfernung von etwa 200 oder 150—250 km schliessen lassen. Trotz der Güte der Zeitbeobachtungen leidet nämlich unser Hodograph noch an einer grossen Unsicherheit. Eine für Beurteilung der Herdtiefe massgebende Feststellung des Hodo- graphs und des Epizentrums für das Charlestoner Erdbeben ıst wegen der grossen Fortpflanzungsgeschwindigkeit erst dann möglich, wenn wir an jeder Zeitbeobachtung, auch an der besten, eine lokale Ker- rektion anbringen. Da nämlich die Sedimentärschichten eine viel kleinere Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen bewirken, als das krystallinische Gestein, so müssen wir von jeder Zeitbeobachtung einen der Dicke der sedimentären Unterlage des betreffenden Ortes proportionalen Betrag in Abzug bringen, die Zeiten auf eine nackte, der Sedimentärschichten entblösste Erdoberfläche umrechnen. Es müsste also diese Untergrundsdicke für die einzelnen Orte bekannt sein. Die Korrektion der Zeit als Funktion der Dicke könnte dann dadurch ermittelt werden, dass man diejenige Funktion der Unter- lagendicke ermittelt, welche die günstigste Einreihung der Punkte in eine stetige Kurve gestattet. Dieses Verfahren müsste mit meh- reren angenommenen Epizentren vorgenommen werden und würde dann zu demjenigen Epizentrum als den wahrscheinlichsten und der- jenigen Korrektion der Zeit als Funktion der Untergrundsdicke führen, für welche sich die reinste Form eimes stetigen Hodographenzugs ergeben würde. Diese Korrektionen würden sehr verschiedene Be- träge haben, nicht den kleinsten für den dem Epizentrum nächsten Punkt, für Charleston, und wie es scheint, einen erheblich grösseren für Savannah: für die Städte der Westküste nördlich Charleston einen ihrer Entfernung vom Gebirge ungefähr proportionalen Betrag, aber einen kleineren, als wohl für Florida oder das Gebiet der grossen Seen. Mir scheinen die Abweichungen einiger Punkte vom Hodo- sraphen durch solche Korrektionen sich heben oder verbessern zu lassen. Gerade der tiefe Untergrund der dem Zentrum nächsten Orte, wie Charleston und Savannah, auch Statesburg und Augusta, verhüllt diejenige Gestalt des Hodographen in der Nähe des Scheitels, die er annehmen würde, entweder wenn die Untergrundsverhältnisse für alle Orte ungefähr gleich wären, oder wenn bei kleiner Fort- pflanzungsgeschwindigkeit die Verzögerung durch den Untergrund einen verschwindenden Teil der Gesamtzeit der Translation aus- — 229 0 — machen würde. Die punktierte Linie unserer Figur stellt den Ver- such einer Verbesserung des Hodographs vor, dadurch, dass derselbe durch Columbia und Atlanta mit Wendepunkt im 200 km Scheitel- abstand geführt wurde. Die Tangente im Wendepunkte schneidet von der Erdbebenachse ein Ordinatenstück von 42” ab und zeigt eine Geschwindigkeit im Wendepunkt von 2560 m an. Dies führt auf eine Herdtiefe von nicht unter, sondern über 107,5 km, mit merkwürdiger Annäherung an das nach Sersacu's Methode ermittelte Resultat. So gering die Genauigkeit solcher Zahlen sein mag, so geben sie doch einen Begriff für die Grössenordnung, von welcher diese Herdtiefen sind. Eine Herdtiefe von 120 km kann nicht mehr überraschen, wenn man sich des Zusammenhangs solch tiefer Erd- beben mit weit entfernten vulkanischen Ausbrüchen bewusst ist, wie ihn z. B. Arexanper v. HumsoLor in seinen „Ansichten der Natur“ für die Erdbeben nachweist, welche in den Jahren 1811—1813 die Antillen, die Ebenen des Ohio und Mississippi und die Küste von Venezuela heimsuchten. X. Gibt es eine Doppelbrechung der Erdbebenwellen? Von den merkwürdigen Begleiterscheinungen des Charlestoner Erdbebens möchte ich hier eine erwähnen, welche mit den Gesetzen der Wellenbewegung in besonderem Zusammenhang zu stehen scheint. „Die Erschütterung der Stadt Charleston begann als leises Zittern, "beständig zunehmend während 10—15 Sekunden; dann plötzlich oder in rascher Vermehrung schwoll sie an zur vollen Stärke des ersten Maximums, alsdann sank sie herab auf ein Minimum und schwoll plötzlich wieder an zu einem zweiten Maximum, worauf sie zuletzt allmählich erstarb. Die Zeit vom ersten zum zweiten Maxı- mum wird auf 35—55 Sekunden geschätzt.“ „Beim ersten Maximum kamen die Schwingungen von N. 30° W., beim zweiten war die Schwingungsrichtung ungefähr rechtwinkelig zur vorhergehenden, ungefähr N. 60° O0.“ Eine ganz ähnliche Erscheinung wurde bei dem Erdbeben beobachtet, welches im Jahre 1812 die Stadt Caracas in Trümmer legte. Schwingungen des Bodens von Nord nach Süd wurden abgelöst von solchen, welche von Ost nach West gerichtet waren und zuletzt noch von solchen, die von oben nach unten er- folgten. Schon oben haben wir bei Besprechung der Schwingungs- richtung des schweizerischen Erdbebens eine Notwendigkeit der Übereinstimmung dieser Richtung mit der Richtung der Fortpflan- zung geleugnet. Ist dieser Schritt aber einmal gethan, so treibt die Theorie unaufhaltsam weiter. Wenn unsere Erdrinde transver- a. saler Schwingungen fähig ist, so müssen Fälle von Doppelbrechung besonders im geschichteten Teile der Erdkruste häufig, es müssen sogar Fälle von Tripelbrechung (sit venia verbo) möglich sein. Wenn die Molasse und die Kreide unterhalb Charleston einer Pressung unter- liegen sollten, etwa infolge Einzwängung in eine in der Faltung be- sriffene Unterlage, einer Pressung, die senkrecht zur Richtung der Faltung grösser wäre als parallel der Faltung, so müssten alle von unten her in diese Molasseschichten eintretenden Transversalschwin- eungen der Doppelbrechung verfallen, den Schwingungen in der Richtung des grösseren Drucks würde die grössere Fortpflanzungs- geschwindigkeit zukommen, und auf einem Wege von 2—3 km wäre eine Verspätung des einen Wellenzugs gegen den andern um 40% nicht undenkbar. Unter ähnlichen Bedingungen, wie wir sie für die ('harlestoner Molasse für möglich halten müssen, mögen sich die slazialen Ablagerungen in den Thälern der nördlichen Schweiz be- finden. Zwischen den Thalwänden eingepresst erleiden sie in der Richtung senkrecht zur Thalachse einen grösseren Druck, als ent- lang der Thalachse. Die rascher aus der Tiefe heraufkommenden Wellen mit Schwingungen senkrecht zur Thalachse werden rasch sedämpft, weil in der Richtung der Schwingungen der Druck die Elastizitätsgrenze des lockeren Gesteins erreicht hat, sie werden nur als Geräusche vernommen, welche dem langsamer fortgepflanzten Beben vorauseilen. Gerade das hebt Hess als charakteristische Eigen- tümlichkeit der Beben auf quartärem Grunde hervor, dass das Ge- räusch vorausging .und die nachfolgende Erschütterung die Richtung des Thales zeigte, während das Beben auf der Molasse im allge- meinen in einer zur Faltung der Alpen senkrechten Richtung erfolgte. Aber auch auf das Beben in der Molasse selbst fällt nun ein neues Licht. In einer in Falten gelegten Gesteinsschicht nehmen die Falten wie die Strebebogen eines Gewölbes den Druck in der Weise auf, dass derselbe in der Richtung senkrecht zur Faltung klein ist, in dieser Richtung ist eine Verbiegung gestattet, dagegen wird dieser Druck gross in der Richtung der Faltung. Eine in solchem Gestein entstehende oder darin sich fortpflanzende Erschütterung wird daher zwei Wellensysteme erzeugen, das eine von grosser Geschwindigkeit der Fortpflanzung mit Schwingungen in der Richtung der Falten, das andere mit kleiner Fortpflanzungsgeschwindigkeit und mit einer zur vorigen senkrechten Schwingungsrichtung. Das letztere System wird wegen seiner langsameren Fortpflanzung mehr lokale Energie äussern, als das erstere, ähnlich wie das Wasser eines Kanals um u — 231 — so tiefer ist, je langsamer es fliesst. Das erstere System dagegen konnte in den lockeren Molasseschichten eine vielleicht vollständige Dämpfung erfahren. Das Erdbeben von Niederglatt entstand in seinem Herde vielleicht etwa um 11" 51’ 30%, es entsandte in die Molasse zwei Wellensysteme, von denen das eine im Gebiete der Gebirgsfaltung einen Vorsprung von 13 bis 2 Minuten vor dem an- dern gewann, den es ausserhalb dieses Gebietes nicht mehr ver- grösserte. Die erste Welle wurde in Zug und Zürich und wahr- scheinlich auch von einem Beobachter in Berg ziemlich zu gleicher Zeit (11 53°) verspürt, zur Zeit als die spätere Welle erst in Nieder- uzwyl angelangt war. Die erste Welle löste das Waldshuter Erd- beben aus, welches 11" 55° 48 in Zürich beobachtet wurde und erst 11% 55° kam die zweite Welle von Niederglatt nach Zürich. Airolo stimmt jetzt wohl besser zur ersten Welle und in Stuttgart bekommen alle Beobachter Recht, nur kommt der Beobachter von 12" 3° 30° in den Verdacht, sich vielleicht um 20 bis 30 Sekun- den gestossen zu haben, um so viel ist die Verspätung der zweiten Welle zu klein. In der That brauchte der Schall von der Stifts- kirche bis zum Naturalienkabinet einige Sekunden, und bei der Uhrkontrolle nach dem Zwölfuhrschlag kann der Fehler sogar be- deutend werden, wenn man sich nicht an die ersten Schläge hält. Bringen wir demgemäss eine kleine Verbesserung am Hodographen an, so werden die Zeiten von Wolfegg und Warthausen auf wenige Sekunden genau. Auch Friedrichshafen mit 12# wird jetzt gut, ob- gleich die dortige Beobachtung nicht genau zu sein schien. In der Hauptzeichnung ist ein ungefähres Bild des Hodographen dieser voreilenden Welle punktiert eingetragen, sie beginnt in Nieder- glatt 11® 52°, muss (trotz gleicher Herdtiefe) einen etwas entfernteren Wendepunkt aufweisen, weil die Geschwindigkeit auch in gleicher Tiefe nicht konstant ist, sondern mit der Entfernung vom Faltungs- gebiet abnimmt, für die nachfolgende Welle nimmt diese Geschwin- digkeit umgekehrt zu, und deshalb wird diese auf eine kleinere, jene auf eine grössere Wendepunktsentfernung und folglich auch die zweite Welle auf eine zu kleine, die erste Welle auf zu grosse Herd- tiefe weisen. Die aufgestellte obere Grenze von 6 km Herdtiefe für die langsame Welle dürfte als untere Grenze für die rasche Welle brauchbar sein, so dass eine Herdtiefe von ungefähr 6 km das Richtige treffen dürfte. Damit verlegen wir den Herd wohl ziemlich unter die Molasse in härteres Gesten. Warum auch nicht? Die Schichtenfaltung wird sich wohl noch tiefer erstrecken. Mir di ala 272 Be 232 — Zuletzt soll noch hervorgehoben werden, dass nach Mr. HaypEx das Charlestoner Erdbeben mit einer Hochflut zusammenfiel, der Mond war nahe dem Perisäum und drei Tage zuvor hatte eine Sonnenfinsternis stattgefunden, und dass nach Dr. Hess für Anfang Januar 1889 von Fars der 1. und 12. als kritische Tage bezeichnet waren. während das Erdbeben am 7., also gerade in der Mitte zwischen beiden Terminen erfolgte, auch habe nach Parmierı der Vesuv am 7. keine Änderung seiner Thätigkeit erkennen lassen. „Vom 1. Januar an zeigte sich der Krater des Vesuvs lebhafter. Aus dem Innern hörte man ein Geräusch, ein starkes und heftiges Gebrüll.e. Auch der Seismograph zeigte sich lebhafter. Am 6. kam neue Lava, das Auswerfen glühender Projektile durch den Krater und das Getöse im Innern waren im Zunehmen begriffen. Am %. hielt die Thätigkeit des Kraters in gesteigertem Grade an; in der Nacht erfolgte ein vertikaler Stoss und die Lava begann wieder zu fliessen. An den folgenden Tagen war die Aktivität eine ver- minderte.* Demnach ist das amerikanische Beben der Prrrer-FaL»’- schen Theorie günstig, das schweizerische nicht. | Stuttgart. im März 1890. Die Duftapparate bei den Schmetterlingen. Von Dr. E. Hofmann. Die Flügel der Schmetterlinge sind mit sehr zarten Schüppchen von ganz bestimmtem regelmässigem Zuschnitt bedeckt, welche den Flügeln ihre Schönheit verleihen. Dieselben heften sich mit längeren oder kürzeren Stielchen lose an die Flügelhaut in bestimmten Reihen an, decken sich. hier dichter, dort loser wie die Ziegel auf dem Dache und haben in einem und demselben Flügel je nach der Stelle. welche sie einnehmen, je nach der Schmetterlingsart , verschiedene Grösse, Form, Farbe und Oberfläche. In der Mitte der Flügelfläche pflegt die meiste Übereinstimmung zu herrschen, wenn wir die Farbe ausschliessen, an dem Innenrande und Saume gehen die Schuppen in haarartige Gebilde oder in wirk- liche Haare über, wie auch häufig auf der Unterseite. Die den Saum einfassenden heissen Fransen. Es gibt in Südamerika Schmetterlinge, deren Flügel fast gar keine Schuppen tragen und auch in Europa eine Sippe zierlicher Falter, die Glasflügler oder Sesien, bei denen ein grosser Teil der Flügel durchsichtig bleibt, dagegen nehmen die Schuppen des übrigen Teiles die verschiedensten Formen an. Das Streichen der Reihen, ob sie gerade oder gebogen, das festere oder losere, bisweilen sogar senkrechte Aufsitzen der einzelnen Plättchen bieten neben der Grössen-, Formen- und Farbenverschiedenheit eine nicht geahnte Abwechselung und verleihen dem unnachahmlichen Gemälde den höchsten Zauber. Neben diesen Schuppen treten bei einer Anzahl Schmetterlinge noch andere Gebilde auf, welche als Haarpinsel, als Erhöhungen manchmal äusserlich sichtbar sind, manch- mal aber in den anderen Schuppen, in Falten oder Vertiefungen ver- steckt liegen. Es sind diese zum Teil schon längst bekannt, doch haben sie erst in neuester Zeit die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen und wurden als Duftapparate zusammengefasst. RE Da sie bis jetzt nur am männlichen Geschlechte beobachtet wurden, so haben sie nicht nur wissenschaftliches,. sondern auch em prak- isches Interesse, da es oft nicht leicht ist, die einzelnen Ge- schlechter zu unterscheiden. Wenn wir die Unterschiede der Geschlechter etwas näher be- trachten, so kommen wir zu folgendem Resultate: 1. Die Geschlechter unterscheiden sich durch die Farbe, z.B. bei den Lycaenen, den Bläulingen, bei dem Citronenblatt, Rhodocera rhanınt. 2. Durch die Fühlerbildung, welche bei den Männchen oft sehr ausgebildet sind, bei den Weibchen viel weniger, z. B. bei den meisten Spinnern, Bombyciden, bei einigen Eulen. 3. Durch die Flügelform. Bei den europäischen Schmetter- lingen weniger, bei den Ausländern oft sehr verschieden (sogen. Di- morphismus), z. B. bei dem westafrikanischen Tagfalter, Papilio Merope L., bei dem das Männchen anders gefärbt und geschwänzt, das Weibchen ungeschwänzt ist. 4. Durch Verkümmern der Flügel bei den Weibchen, z. B. bei den Bürstenbindern, Orgyia antiqua, bei dem Frostspanner, (hei- matobia brumata, welche nur Flügelstummeln besitzen. 5. Durch gänzliches Fehlen der Flügel bei den Weibchen, bei allen echten Psychen, welche wie die Raupen gestaltet sind und ihr Gehäuse nie verlassen. 6. Durch eigentümliche Anhängsel am Hinterleibe, wie bei der Gattung Parnassius, Apollo — Arten, bei welchen die Weibchen horn- artige besitzen. Durch die Duftapparate, Neugebilde, die dem einen Ge- kein eigen sind und denen bei den anderen nichts Ähnliches ent- spricht. Wie schon früher erwähnt, sind diese Gebilde schon längst be- kannt. Schon im Jahre 1825 entdeckte BaızLır eigentümliche Schup- pen an Pieris rapae und nannte sie plumules, hielt sie aber nur für zufällige Missbildungen, weil er sie nicht bei allen Individuen vorfand. Ein anderer Franzose, Brrvarnp Descnamps, dem BaıtLır seine Entdeckung mitteilte, fand doch bald, dass die Individuen, bei denen sie vorkommen, alle Männchen waren und es gelang ihm plu- mules bei nicht weniger als 36 in Frankreich vorkommenden Arten anzutreffen. (B. Drscnawrs, recherches microscopiques sur l’organi- sation des ailes des Lepidopteres. Ann. sc. natur. ser. II. tome III. p. 3. 1835.) | — 2353 — Diese Arbeiten scheinen lange vergessen oder wenigstens nicht weiter untersucht worden zu sein, denn erst im Jahre 1865 fand der Engländer Jonn Warson bei einer grossen Menge von Weisslingen diese Gebilde. (Mem. of the Lit. a. phil. soc. of Manchester. ser. IV. vol. II. p. 63.) Endlich hat Frırz MüLter aus Brasilien im Jahre 1877 eine grössere Arbeit über Haarpinsel, Filzflecke und ähnliche Gebilde auf den Flügeln der männlichen Schmetterlinge veröffentlicht. (Zeitschr. f. Naturw. Bd. XI. Heft 1. p. 99.) In demselben Jahre erschienen von ihm im Archivos Musen nacion. do Rio Janeiro vier grössere Arbeiten über Duftapparate, bei denen derselbe die verschiedenen Gebilde bei den Familien der Da- naiden, Nymphaliden, Noctuiden und Geometriden beschrieb und sie Duftapparate nennt; da er an verschiedenen Arten den Geruch, wiewohl sehr schwach, bemerkt hatte, so nımmt er an, dass dieser im Geschlechtsleben der Schmetterlinge eine Rolle spielt. (ScHILDE bezeichnet den Duft von Oeneis Norna wie den einer feinsten Centifolien-Rose. Entomol. Nachr. 1885. S. 138.) Nun weiss aber jeder Schmetterlingsfänger, dass die Weibchen. wenn sie auch noch so versteckt leben, Männchen oft in grösserer Menge aus sehr weiter Entfernung herbeilocken, so dass also der Duftapparat eher bei den Weibchen vermutet werden könnte, und doch besitzen sie diesen nicht! Frırz MürtLer will zwar auch Ge- ruch bei einigen Weibchen bemerkt haben und führt deshalb als Beispiel die südamerikanische Eule, Noctua odora an, die Lix& schon so genannt hatte. AvrıvirLLıus hat im Jahre 1880 im Bihang till svensk. vet. Akad. Handl. Bd. V. No. 25 einen grösseren Artikel „über die sekundären Geschlechtscharaktere nordischer Tagtalter“ veröffentlicht, in welchen er über diese letzte Arbeit von Fr. Mürrter folgendes sagt: „Fr. Mür- LER teilt in seinem Aufsatze mit, dass bei einigen brasilianischen Arten, die Flecke, welche mit Männchenschuppen bekleidet sind, einen bestimmten, eigentümlichen und spezifischen Geruch von sich geben. Da aber diese Schuppen nur bei den Männchen vorkommen und diese die Weibchen aufsuchen, was nicht umgekehrt der Fall ist, so kann der Duft nicht zur Aufgabe haben, die Geschlechter zu ein- ander zu leiten, sondern muss nur als Reizmittel, das den Ge- schlechtstrieb steigert, betrachtet werden.“ AvrıvirLivus heisst die Duftapparate oder Neugebilde Männ- chenschuppen und teilt diese in seiner gründlichen Bearbeitung der nordischen Tagfalter folgendermassen ein: — 2356 — l. Federbuschschuppen, die entweder pigmentiert oder nicht pigmentiert sind: 2. Spitzschuppen, der vorigen Form am nächsten stehend: 9. Haarschuppen, gleich breit,. haarfein und mit etwas aus- gebreiteten Spitzen : 4. Gliederschuppen, gegliedert und dicht zusammengedrängt (bei den Hesperien): (sr | Fächerschuppen, die vielleicht mit den Spitzschuppen iden- tisch sind; 6. Blasenschuppen, die besonders bei Bläulingen vorkommen: 7. Punktschuppen, den Normalschuppen beinahe ganz ähnlich. Die Männchenschuppen kommen teils an den Flügeln, teils an den Beinen der Schmetterlinge vor und sind oft so klein, dass sie nur mit starker Vergrösserung entdeckt werden können, auch ist dies meist nur bei frischen Exemplaren der Fall. Wer näher darauf emgehen will, kann ın der interessanten Schrift von AukivirLıus viel darüber lernen, hier nur ein Beispiel von dem grossen Kohlweissling, Pieris brassicae, dessen Federbusch- schuppen so dicht über die Oberfläche der Flügel verteilt sind, dass das Männchen deshalb eine viel dichtere und weissere Oberfläche hat als das Weibchen. Bei den Exoten sind die Duftapparate leichter zu beobachten und hier ist auch noch eine sehr gute Arbeit zu ver- zeichnen: Dr. Erıcu Haase, Duftapparate der indisch-australischen Schmetterlinge im Korrespondenzbl. d. entomol. Vereins „Iris“ in Dresden, No. 3—5. 1888. S. 9, die auch bei den einzelnen Arten citiert werden. Die am längsten bekannte und auch in der Syste- matik verwendete Form der Duftapparate sind bei den Danaiden. Diese Familie ist in Europa nur in Griechenland und den benach- barten Inseln bekannt, während sie in Asien, Afrika, Australien und Amerika sehr häufig auftritt. Bekannt ist D. Chrysippus L., der mehr in Asien und Nordafrika zu Hause ist. Alle Männchen haben bei den Danaiden auf der Mitte der Hinterflügel einen erhabenen dunkleren Flecken, den Fr. Mürter bei der amerikanischen Aıt D. Erippus auf Taf. 2 abgebildet und detailliert bearbeitet hat. Bei D. Tytia aus Japan ist dieser Flecken sehr stark ausgebildet. Bei den Nymphaliden hat auch Discophora Celinde einen grossen Flecken, während bei Tenaris Uranus dieser braune Ffecken mit Haarpinseln verdeckt ist, ebenso bei der chinesischen Art Thauman- tis Howqua. Bei Epicalia Acontius, welche in ganz Südamerika zu Hause ist und bei welchem die beiden Geschlechter gänzlich ver- > schieden gezeichnet sind, kommen bei den Männchen auf der Rück- seite der Ober- und Unterflügel grosse schwarze Flecke vor, die auf den Oberflügeln noch mit Büschelhaaren bedeckt sind und von Fr. MÜLLER in der zweiten Abhandlung auf Taf. 3 abgebildet sind. Bei den Papilioniden kommen bei der Gattung Papilio be- sonders in Südamerika merkwürdige Formen vor: die Männchen be- sitzen nämlich alle am Innenrande der Hinterflügel Taschen, welche mit gelben, haarförmigen Schuppen bedeckt sind. Um die Duft- schuppen auch an den Beinen der Schmetterlinge zu sehen, sind meist frische Exemplare nötig, da die starke Behaarung diese im trockenen Zustande verdecken, z. B. bei den Ordensbändern, Cato- cala-Arten. Bei den Spannern hat Fr. Mürter auf Taf. 5 Pantherodes pardalarıa abgebildet. den Apparat genau beschrieben und detailliert gezeichnet. Die Männchen dieser Art haben — wie vielleicht noch viele bis jetzt noch nicht beobachtete — nämlich die Schienen des dritten Beinpaares etwas verdickt und in derselben eine Furche, die mit gröberen Zellen bedeckt ıst. Aus dieser Grube kommen strahlen- förmig feine, gelbliche Seidenfäden heraus, die vielleicht nur bei ein- zelnen Exemplaren zu sehen sind. Bei der grossen Eule aus Westafrika, welche auch in ganz Indien und Australien einheimisch ist, Patula macrops, ist der Duft- apparat am schönsten. Der Innenrand der Hinterflügel zeigt eine Falte ; öffnet man dieselbe, so schwillt unaufhörlich eine Menge gel- ber, seidenartiger Fäden hervor, die auch zu den Duftapparaten ge- zählt werden müssen. Schon Farrıcmws im Jahre 1781 kannte dieselbe, schrieb aber diese merkwürdigerweise dem Weibchen zu, während nur die Männ- chen dieselbe besitzen. Alle die Exemplare in der Staatssammlung erwiesen sich als Weibchen, ein Beweis dessen, was ich am Anfang der Abhandlung sagte, wie wertvoll diese Entdeckung auch für die ‚Systematik ist. Dr. Haase sagt über diese Form bei Putula macrops S. 172 folgendes: Bei Patula macrops zeigen die Dufteinrichtungen unter allen Heteroceren den höchsten Grad der Entwickelung. Auf der Unterseite der Hinterflügel liegt über der Subcostalis eine breite, flach vorspringende Beule von fast 2 em Länge und 0,7 cm Breite. Hebt man den Vorderflügel, so sieht man, dass der Vorderrand der Hinterflügel breit nach oben umgeschlagen ist. Unter diesem Um- schlage erscheint der Boden glatt und glänzend, wie mit Lack über- zogen. Im Grunde des Umschlags sitzen gewaltige Mengen 12—14 mm EB langer, seidenweicher, glänzender, weissgelber Haarsträhnen. Die ‘einzelnen Härchen sind nur 0.015 mm dick: am Ende laufen sie ın schwache, 0.0025 mm breite Keulen aus: diese sind in kurzen Zwi- schenräumen durch stark verdünnte Stellen unterbrochen, in denen oft Kniekungen eintreten. Die Strahlhaare enden mit einer dünnen Spitze. Der Boden des Umschlages ist sehr stark mit Tracheen er- füllt und mit fast durchsichtigen Duftschuppen besetzt, welche haar- förmig oder denen von Acherontia ähnlich sind. Die Chitinhaut zwischen den Drüsenporen, auf welcher diese Schüppchen aufsitzen, ist fein wellig. Aus allem nun geht hervor, dass diese Neugebilde aus eigen- tümlichen Schuppen bestehen, welche besonders bei den Ausländern Erhöhungen, Flecken und Büschelhaare bilden und deren Zweck noch nicht genau bekannt ist: denn so lange sie nicht bei lebenden Tieren in Thätigkeit angetroffen werden, kann weder von Duft- apparaten, noch Reiz- oder Geruchsorganen die Rede sein. Die Abtrittsfliege, Teichomyza fusca Mara. Von Dr. E. Hofmann in Stuttgart. In vielen Aborten Stuttgarts wurden in grosser Menge Fliegen beobachtet. welche durch die Form ihrer Flügel auffielen, über die man in keiner Naturgeschichte und in keinem populären Werk etwas erfahren konnte. Erst mit Hilfe eines Spezialisten, des Herrn v. Rö- pER in Hoym, konnte man den Namen dieser Fliege erfahren und zugleich auch, dass sie in vielen grösseren Städten Deutschlands ebenfalls die Aborte belästigte wie hier. Schon im Jahre 186% machte LasBouLB&ne in den Ann. soc. entomolog. France. p. 35 die Entwickelungsgeschichte dieser Fliege bekannt und gab auf Tafel » eine detaillierte Zeichnung von der Larve. Puppe und Fliege. Sie gehört zu der Familie der echten Fliegen, Muscidae, und wurde von MEIıGEn im 7. Band S. 382 als Ephydra longipennis, von RoBINEAU- Desvoy als Scatella urinaria und von GIMMERTHAL als Se. quinque- punctata beschrieben. Die Fliege selbst ist schwärzlich, haarig, mit schwarzen Beinen. Untergesickt hoch gewölbt, grau steifhaarig. Fühler schwarzbraun mit nackter Borste. Rückenschild vorne mit zwei weisslich genäherten Striemen, welche die Mitte nicht erreichen. Beine haarig. Schwingen weiss. Flügel nach Verhältnis lang. licht russfarben. Männchen mit verdickten Vordertarsen. 4—D mm. Larve grau, unten feinkörnig, langgestreckt, nach vorn etwas verjüngt, hinten mit zwei Schwänzchen. Die vorderen Stigmen fächer- artig in 18 Glieder geteilt, die hinteren länglichrund, hervorstehend, das letzte Glied unten stark mit Haftborsten bedeckt. 12--13 mm. Puppe länglich, braun oder rötlich, hart, oben mit länglichen, spitzen Erhöhungen bedeckt. unten mit runden, pustelförmigen, welche so gruppiert sind, dass zuerst 4 in einer Reihe, dann je 2 an der Seite sich befinden und dann eine Stelle ohne dieselben. Auf der einen Seite ist diese Puppe stark ausgeschnitten, auf der unteren mit einem Kranz von kleinen Stacheln bedeckt. Die Larven leben im Juni, Juli oft in grosser Menge in den Abtrittsschläuchen, belästigen nicht nur die Besucher durch ihr eckel- haftes Aussehen, sondern geben auch Veranlassung zu der Annahme, lass sie auf diese Weise in den menschlichen Körper gelangen kön- nen: diese Frage ist zwar noch nicht ganz entschieden, doch ist es auch unwahrscheinlich und wie mir Baron v. OSTEN-SAcKEN schreibt, hat eine kompetente Persönlichkeit, Dr. Davame, sich entschieden dagegen ausgesprochen. Auch wird sie in der Arbeit von Dr. Jacozs: De la presence des larves d’Ostrides et de Muscides dans le corps de Ihomme, Ann. soc. entomol. Belg. Vol. 26. 1882. p. CL nicht als solche aufgeführt, sondern nur erwähnt. Siehe auch: Povcor, Contrib. a l’ötudes des larves des Dipteres dans le corps hum. Paris 1882. (Dissert.). Die Verpuppung geht ebenfalls m dem Schlauch oder der Röhre, vor sich, Nach LarouLpkne S. 34 ist die Fliege in Paris sehr verbreitet, niemals einzeln, sondern immer in grösserer Menge beisammen, besonders sehr häufig in den öffentlichen Pissoirs, wo sie in den Ritzen der Mauern und unter vorstehenden Steinen in grosser Menge gefunden werden. Sie scheinen überhaupt das Licht zu scheuen, denn wenn der Deckel des Abtritts geöffnet wird, so kommen eine Menge Fliegen aus dem Schlauch und suchen sich aber sofort in den Ecken des Abtritts vor dem Lichte zu verbergen, wo sie dann in Mengen beisammensitzen. Wie schon erwähnt, fallen sie nicht nur durch ihre Form und Farbe, sondern auch durch ıhr eigentümliches Verhalten auf, da sie seltener fliegen, sondern mehr kriechen und beim Anhauchen in purzelnden Bewegungen sich zu Boden fallen lassen. Herr Baron v. Osten-Sacken wundert sich, dass diese Fliege nicht öfters in Deutschland angetroffen wurde, da sie sich in Frank- reich fast überall verbreitet hat. Nach Herrmm v. Röner wurde sie in Köln, Kassel und Frankfurt a. M. beobachtet: in der hiesigen Stadt wurde sie an verschiedenen Plätzen bemerkt und über sie geklagt. Da sie schon im Jahre 1867 massenhaft in Paris aufgetreten sind und bisher über das Auftreten dieser Fliegen in Deutschland wenig bekannt wurde, so können wir es vielleicht mit einer Ein- wanderung derselben zu thun haben, nach Baron v. OSTEN-SACKEN wahrscheinlich von Norden nach Süden. Zur Vertilgung dieses so lästigen Ungeziefers wird eine starke Lösung von Karbolsäure oder Chlorkalk vorgeschlagen; die Larven besitzen jedoch ein sehr zähes Leben und werden nur dann getötet, wenn eine starke Lösung sie direkt trifft, weshalb heisses Wasser nur wenig nützt. Vielleicht wäre durch Schwefeln in dem untersten Schlauche die Vertilgung am ehesten zu bewerkstelligen. Ueber den Nestbau der Vögel. Von Dr. Freiherr Richard Koenig-Warthausen. Das Nachstehende soll nur eine Skizze sein und macht weder Anspruch auf Erschöpfung des Themas noch auf durchweg strenge Wissenschaftlichkeit. Ein Einblick in das eheliche Leben der Vögel, gleichsam in ihre Familiengeheimnisse, hat stets für Jeden, der gegen das Poe- tische in der Natur nicht völlig gleichgiltig ist, hohen Reiz gehabt. Wir begegnen da wahren Musterbildern von Pflichttreue und Kunst- begabung und es gehört, so sehr auch Alles in der Schöpfung nach bestimmten Regeln sich vollzieht, ein recht barbarischer Sinn dazu, all das Verschiedene, was die jeweilige Art oder das Einzelwesen leisten kann, in die Schablone eines vorbestimmten, mechanischen Müssens hineinzuzwängen. Der Singvogel singt nicht „weil er muss“, sondern weil er kann und weil er will. Freilich sind die seelischen Eigenschaften beschränkte und aus einem gewissen Fähigkeitskreise kann die Thier-Psyche nicht wohl heraustreten, innerhalb dem der Species gegebenen Rahmen aber haben die Individuen reichen Spiel- raum. Solange ein menschlicher Handwerksmann bei seinem ange- lernten Handwerk verbleibt, werden seine Leistungen mit mehr oder minder Geschick von seinem Handwerk zeugen; ein Zimmermann z. B. ist kein Maurer, er kann aber umsatteln oder gar sich die eine Eigenschaft zur andern hinzu erwerben. Die Vögel treiben im Nest- bau auch ihre Handwerke, wenngleich vorzugsweise mit dem Schna- bel; die Zimmerleute, Maurer, Weber, Schneider u. s. w. unter ihnen sind aber für alle Zeit in ihre Zunft gebannt. In dieser wird von ihnen — ganz menschlich — im Einzelfall je nach Zeit und Ge- legenheit, Lust und Geschicklichkeit bald besser, bald schlechter gearbeitet, eben weil das Einzelwesen seine geistigen Fähigkeiten besitzt und keine Maschine, kein aufgezogenes Uhrwerk ist. Der Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890, 16 Vogelhandwerker arbeitet manchmal liederlich, öfter leistet er Zier- licheres und verhältnissmässig mehr als der vernunftbegabte Mensch mit all seinen Hilfsmitteln. Wer ist im Stande, ein kunstvolles Vogel- nest nachzubilden ? Eben die Leistungen im Nestbau sollen vorzugsweise hier be- leuchtet werden. Ehe wir aber hierauf eingehen, ist Einiges über die ehelichen Verhältnisse der Vögel voranzuschicken. Nach dem Zahlenverhältniss der Gatten haben wir zu unterscheiden: 1. Die Polyandrie oder Weibergemeinschaft (Vielmännere:). Dieses unmoralischste aller Verhältnisse wird nach verschiedenen Be- obachtern dem zu allen Zeiten gesellschaftlich lebenden, der grossen ‘Gruppe der Staarvögel angehörigen, im Nichtbrüten kuckucksver- wandten nordamericanischen Kuhvogel und mehreren seiner Ver- wandten nachgesagt. Da die Natur die Regel befolgt, alle Möglich- keiten darzustellen, mag diese Ausnahme zutreffen: insoferne in der Natur alles wohlgeordnet ist, kann für diesen Fall die Träger des 3eispiels ein Vorwurf nicht treffen. Auch bei Kuckucken könnten manchmal Gebotsübertretungen vorkommen. 2. Die Polygamie oder Vielweiberei. In ihr leben ım Natur- zustand verhältnissmässig nur wenige und solche Vögel, bei denen das weibliche Geschlecht an Zahl stark überwiegt, wie die Wald- hühner (Auer- und Birkwild mit verwandten americanischen Arten), die Truthühner, Fasane und Kammhühner. Nach Anpersox hält sich der africanische Strauss 2--6 Weiber. Im freien Zustand kommen meist nur 3—D Hennen auf den polygamen Hahn, im domesticirten rechnet man bis zu 15 und es treten hier noch Gans und Ente, die sonst monogam sind, hinzu. Nach glaubhaften Beobachtungen hat der Kampf-Strandläufer dort wo er sehr häufig ist, bis zu drei Ge- fährtinnen. Als Regel stimmt dies nicht zur Gruppe der Schnepfen- vögel und wo er sparsam vorkommt, lebt er in Einzelehe, wo aber ein Überfluss an Weibchen ist, spielt er nach Art der Waldhühner nicht allein den Balzvogel, sondern er hilft auch gefällig aus; eben seine „ritterlichen“ Eigenschaften in Gewand, Kampf und Galanterie haben ihm den französischen Namen Chevalier und die systematische Bezeichnung Machetes pugnax (streitbarer Kämpe) erworben. Aber auch sonst kommt es vor, dass ein in der Regel monogames, aber seiner Art nach um die Brut sich nicht kümmerndes Männchen sich zu einem zweiten, überzähligen Weibchen zuhält, namentlich wenn das erste schon brütet. So findet man auf Teichen bisweilen zwei Wildentennester und nur einen Entrich; Naumann führt die angeb- liche Polygamie von Trappen und Wachtein auf ebensolche Fälle zurück. Überzählige Weibchen finden also manchmal auf bigamem Wege ein wenn auch getheiltes Heim, während sonst die nicht zur Paarung gelangenden Vögel, meist vorjährige und überwiegend Männ- chen, genöthigt sind, sich, einzeln oder in Flüge vereinigt, über den Sommer durchzuschlagen. Die wirklichen Polygamisten gehören ziemlich ausschliesslich der Gruppe der Scharrvögel (Radentes*) an. Bei ihnen tritt — etwa abgesehen vom stets galanten Herrscher des Hühnerhofs — der hervorragend sinnliche Hahn in kein engeres Verhältniss zu den Hennen, welche allein für Nest, Brut und Jungenführung einzutreten haben. Wenn zahme Truthähne manchmal eifrig brüten (sogar über Kartoffeln !) oder Junge selbst anderer Arten führen, so ist diess weiter nichts als eine gutmüthige sexuelle Verirrung. Die Weibchen ersetzen durch Jungenliebe und kühnen Muth bei Vertheidigung der Brut reichlich den treulosen Vater. Eine Erleichterung wird den meist mit zahlreicher Nachkommenschaft gesegneten Müttern dadurch, dass der Nestbau nachlässig und am Boden stattfindet und dass die Jungen „Nestflüchter“ (Praecoces) sind, sehend und in dichtem Dunen- kleid zur Welt kommen, oft noch mit einem Stück Eischale am Leib sofort laufen und die Nahrung selbst aufpicken, während die blind und nackt geborenen „Nesthocker“ (Insessores) mühsam und lange geäzt oder aus dem Kropf gefüttert werden müssen. 3. Die Monogamie oder Einzelehe (Paarung). Sie findet so ausgedehnt bei der Mehrzahl aller Vögel statt, dass ihr gegenüber das vorgenannte Verhältniss weit zurücktritt. Der Regel nach werden diese Vogelehen auf Lebenszeit geschlossen. Dass sich gewisse Arten nur für die jedesmalige Nistperiode vereinigen, ist nicht unmöglich aber nicht nachgewiesen und etwa da am wahrscheinlichsten, wo z. B. Seevögel in oft enormen Colonien chaotisch untereinander hausen: hier kommt es ja vor, dass verschiedenartige Eier zusammen- gelegt werden und die Vögel ohne Rücksicht auf Zugehörigkeit bald in diesem, bald in jenem Nest brüten, wie gerade eine Stelle frei wird. Da kann dann auch das Princip der Monogamie manchmal nothleiden, wie ja überhaupt massenhaftes Beisammenleben und Wan- derungen, bei denen man sich verliert, am ehesten zu Verwechslung und Irrthum führen. Dass weitaus die Mehrzahl aller monogamen Vögel in dauern- * Das üblichere Rasores klingt ein wenig barbiermässig: 16* — 24 — der Ehe lebt, das lässt sich leicht beobachten. Ein regelmässiges Zurückkehren an genau dieselbe Brutstelle, meist auch genau zur selben Zeit, gewisse Merkmale an den Individuen nach Färbung, Ge- sang und Gewohnheiten, Übereinstimmung in gewissen Eigenheiten beim Nestbau, sowie auch solche in gewissen individuellen Merk- malen an den Eiern und ähnliche Kennzeichen haben dem denken- den Beobachter hierüber noch niemals einen Zweifel aufkommen lassen. B%) Insoferne bei den auf dem Zug sich trennenden Wandervögeln die Paare nicht immer gleichzeitig (die Männchen meist zuerst) an die Nistplätze zurückkehren, kann freilich bei gar zu grosser Ver- spätung des zweiten Stücks das erste, indem es sich verwittwet glaubt, eine neue Ehe bereits wieder eingegangen haben, weil bei der Kürze des für das Fortpflanzungsgeschäft gegebenen Termins Gefahr im Verzuge liegt. Ein Storch wartet oft wochenlang geduldig auf den andern und treibt zufliegende ab; eine auf dem hiesigen Nest viel zu spät eingetroffene Störchin fand sich bereits ersetzt, hat aber einfach die vorgefundenen Eier herausgeworfen und ihre älteren Rechte wieder zur ganzen Geltung gebracht. Solche Irrung mag öfter vorkommen, sie ist aber kaum so schlimm als wenn im menschlichen Haushalt ein gerichtlich längst für todt Erklärter, heim- kehrend, seine Stelle besetzt findet. Die Vögel sind: fröhliche Freier und haben keine Zeit zu verlieren. So kommt es auch, dass beim plötzlichen Tod des einen Gatten die Stelle bisweilen in kürzester Zeit wieder eingenommen wird, wenn nehmlich ledig gebliebene Vö- gel vom anderen Geschlecht genügend vorhanden sind. Von Ausnahmsfällen abgesehen, ist es die Gattentreue durch welche die monogamen Vögel psychologisch hoch, höher als die Säugethiere stehen. Der männliche Vogel hält treu zu seiner Frau, er ist gegen sie zärtlich, er schnäbelt mit ihr, drückt sich dicht an sie an, singt ihr, wie er's gerade kann, seine Lieder, begleitet sie auf ihren Flügen, bei ihrem Tode klagt und trauert er; im Nestbau hilft er oder trägt mindestens Stoffe zu, im Brüten löst er sie zu bestimmten Tageszeiten ab, bringt ihr wohl auch Nahrung in’s Nest oder füttert sie aus dem Kropf; ‘er hält Wache an der Jungenwiege und warnt vor Gefahr, stellt sich wohl auch gegen Feinde zur Wehr; die Jungen hilft er füttern und nach ihrem Ausfliegen führt er die Familie bis zu erlangter Selbstständigkeit. | Im Frühling 1889 hat ein Männchen der Klappergrasmücke (Müllerchen) in meinem Garten durch Unglücksfall seine Gefährtin Be a am eben ausgebauten Nest verloren, ohne dass es die Entfernung der noch lebenden durch Menschenhand bemerkte; mehrere Tage lang sang der Vogel am verwaisten Nest, als sie aber gar nicht wiederkehrte, versuchte er es an einer anderen freier gelegenen Stelle: dort hat er ein Nest allein gebaut, so zierlich wie das gemeinschaft- liche und bei diesem hat er eine volle Woche versucht, durch eifrigen Gesang die Vermisste zurückzurufen; als endlich alle Hoffnung ge- schwunden, ist er von der Stätte seines Unglücks völlig fortgezogen. Ich sehe hierin ein rührendes Beispiel von Gattenliebe und Sehn- sucht, aber nun und nimmermehr einen Beleg für den bereits citirten Satz „der Vogel singt, weil er muss“. Eben aus der treuen Gattenliebe als einer Folge vollkommener Ehe, geht auch die Jungenliebe beider Geschlechter hervor. Grössere Raubvögel vertheidigen ihre Brut in oft lebensgefährlicher Weise gegen die Horstplünderer, die Reiher zielen den sich Nahenden pfeilschussartig nach den Augen: Kiebitze suchen, indem sie die Nähe des Nests an falscher Stelle simuliren, durch Herabstossen auf den Suchenden von jenem abzuleiten: Kleinvögel, z. B. Schwalben, verfolgen gesellschaftlich zur Brutzeit muthvoll ihre grössten Feinde, wie Falken und ähnliche Räuber; Meisen, in der Nisthöhle über- rascht, fliehen keineswegs, sondern stellen sich pfauchend wider den Feind. Aber auch den Sängern tehlt es nicht am Muth, mässigen Gefahren entgegenzutreten oder durch wohlüberlegte Täuschung, z. B. indem sie sich flügellahm stellen und dadurch zur Verfolgung verleiten, abzulenken ; kommt ein Wiesel, eine Katze, ein Eichhorn, - eine Krähe, ein Eichelheher oder ein ähnlicher Feind in’s Revier, so rotten sich alle Umwohner, Grasmücken, Finken, Spatzen, Staare. Amseln zusammen und machen einen Höllenlärm, stossen auch auf den Ruhestörer herab. Manche zartere Vögel sind freilich recht empfindlich und verlassen schon bei leichter Störung Nest und Eier, weit seltener die Jungen. Wie pflichtgetreu Weibchen beim Nest ausharren können, beweist der Tod solcher von der Rauchschwalbe, vom Hausrothschwanz, vom Fichtenkreuzschnabel über den Eiern. Eben aus dieser Jungenliebe als einer Äusserung tiefen Ge- fühlslebens, geht, sozusagen durch Vererbung, ein mitleidiger Sinn auch gegen fremde Vögel hervor, d. h. gegen solche, denen gegen- über keine Elternschaft, ja oft nicht einmal ein näherer verwandt- schaftlicher Zusammenhang besteht, die aber dringend eines Samariter- dienstes bedürfen. Beispiele wirklicher Krankenpflege im freien Zustand sind fol- — 246 — gende. Eine durch einen Schuss flügellahme und eines Beins be- raubte Saatkrähe wurde unter einem Baum der Brutcolonie von den andern mitleidig erhalten (A. Brenn). Indische Krähen fütterten erblindete ihresgleichen (Darwın nach Bryr#). Wenn in Darmstadt von zwei Winters gefangenen die Rabenkrähe mit zerschossenem Schnabel von der gesunden gefüttert wurde (Büchner), so gehört auch dieser Fall, wenn auch nicht dem freien Leben, doch unge- zähmten Vögeln an. Ein Misteldrosselweibcehen, dem die eigene Brut wohl zu Grunde gegangen war, pflegte eine alte männliche Ring- drossel zu füttern, welche den Oberschnabel eingebüsst hatte und ohne fremde Hilfe ıhr Leben nicht hätte fristen können, so aber die völlige Heilung des Stummels fremder Pflege verdankte (J. Horrmann) ; da die Ringdrossel an der Fundstelle (Wüstenroth O.A. Weinsberg) nicht heimisch ist, bleibt die Frage offen, ob jene Misteldrossel die stete Begleiterin der Ringdrossel war oder ob dieser auf der Wan- derung von verschiedenen Seiten Hilfe kam; am natürlichsten wird sein, anzunehmen, dass sie sich an den gesunden Vogel anschloss und dass sie deshalb in ıhrem Brütemonat Juni anderswo war als in ihrem Nistgebiet. Ein Haussperling nahm sich eines jungen, ihm völlig fremden Sperlings so lange an, bis dessen Beinbruch ausgeheilt war (ToussexeL). Wenn wiederholt (z. B. Paris, Genf) Schwalben andere gefüttert haben, die sich in Fäden verfiengen und verhungert wären, so schliesst sich dies hier eng an. Manche Vögel stehen da höher als andere und namentlich als Säugethiere, die über die eigenen Kran- ken herfallen; der Damhirsch z. B. treibt sein eigenes Rudel vom Futter ab und die kranken Jungen werden von den Müttern dem Elend preisgegeben, gerade wie zusammengesperrte Eulen einander auffressen oder der Storch, einem Nützlichkeitsprinecip folgend, schwächliche Flieger vor der Wanderung tödtet. Mitleid wie Grau- samkeit, zusammengehörige Gegensätze, sind Stimmungen, die wir unbedingt auch der Thierwelt zuschreiben dürfen. Wie junge grünfüssige Rohrhühner erster Brut diejenigen der zweiten führen und dass ein Paar Gambettwasserläufer Junge des selteneren Teichwasserläufers zu Pflegekindern annahm, wissen wir durch Naumann. Eine Sumpfmeise vertrat Mutterstelle bei Kohl- meisen; eine Kohlmeise hat einer Blaumeise, die den Ehegenossen verloren hatte, bei der Aufzucht geholfen: an einem Kohlmeisen- nest fütterten zwei Männchen das brütende Weibchen; ein füttern- der Buchfink nahm sich gleichzeitig auf dem nehmlichen Baum veı- lassener junger Distelfinken an; eine ledige Rauchschwalbe half einem — Bd — verwittweten Rothschwanz die Jungen gross ziehen: ein Hausroth- schwanz hat eine ausgeflogene Grasmücke gefüttert: Bachstelzen fütterten junge Rothschwänze, ein Schilfrohrsänger fütterte junge Teichrohrsänger, ein Rothkehlchen in Gemeinschaft mit der alten Heidelerche deren Junge; eine junge Klappergrasmücke, welcher Eltern und Nestgeschwister weggefangen waren, wurde von einem Feldrothschwanz, welcher selbst Junge hatte und von einer Bastard- nachtigal, deren Weibchen noch über den Eiern sass, mit Futter versorgt; zwei dem Fänger der Familie entschlüpfte Zaunkönige sassen nach einigen Tagen im Nest von Rothkehlchen gemüthlich unter deren Jungen. Zu diesen Beispielen aus freier Natur treten, weil leichter zu beobachten, sehr zahlreiche aus dem gezähmten Zu- stand hinzu; nachweisende Citate“ mussten der Kürze wegen weg- bleiben. Ein selbst noch junger Kolkrabe hat ihm beigegebene junge Krähen sofort und emsig gefüttert; junge Kleinspechte, sobald sie gelernt hatten, allein zu fressen, brachten einem gleichaltrigen Roth- specht abwechselnd so lange Ameisenpuppen bis auch er es konnte. Wachholderdrosseln besorgten die Fütterung junger Mistler: ein Roth- kehlchen trug jung eingefangenen Bastardnachtigallen ihre Nahrung zu; ein Zaunkönig zog sechs junge Bachstelzen auf; ein aus dem Nest aufgezogenes Schwarzkopf-Männchen hat, noch erst einjährig, mehrere Bruten junger Bastardnachtigallen, Weisskehlchen u. s. w. ganz allein im Käfig aufgezogen; eine mit den eigenen Jungen ein- gefangene Gartengrasmücke hat in grossem Käfig neben der eigenen Brut mehrere fremde Gehecke, z. B. eines der Nachtigal, aufgezogen und schliesslich für etwa 20 Junge in verschiedenen Entwicklungs- stufen auf Ein Mal zu sorgen gehabt. Der nordamericanische Uar- ddinal, ein beliebter Stubenvogel, ist dafür bekannt, dass er junge Körnerfresser verschiedener Art mit Vorliebe in seinem Käfig füttert und gross zieht. Auch Canarienvögel, Hänflinge, selbst Papageien füttern unter sich Junge Dritter, Kranke und Altersschwache. Mary- land-Rephuhn und californische Schopfwachtel haben bei jungen Rep- hühnern zärtlich Mutterstelle vertreten. Ein Wachtel-Hahn liess 2 kleine Rephühnchen unter seine Flügel schlüpfen und nahm sie dann völlig an Kindesstatt an. Es ist allerdings nicht in Abrede zu ziehen, dass solche Weib- chen, welche erst jüngst die eigene Brut eingebüsst haben, die Jungen- liebe am leichtesten auf Andere übertragen werden, allein auch so * Vergl. u. A. Journ. f. Orn. II, 468. Büchner, Liebe in d. Thierw. 188. EB liegt der Fall ganz anders als häufig beim Säugethier. Wenn z. B. Hündinnen Katzen und Füchse oder Kätzinnen Eichhörner, Kaninchen. Marder und Fischotter säugen, so ist die Pflegemutterschaft eine mehr passive, eine egoistische, denn der Säugling hilft der Mutter von der Milch. Dort muss selbstthätig und mühsam für den Fremd- ling Nahrung aufgetrieben werden, die ebenso gut und vielleicht noch lieber, selbst verzehrt würde. In Stube. und Käfig wird das Futter freilich reichlich gereicht und wenn es genügend vorhanden ıst und die Arten einigermaassen zusammenpassen, wird da kaum ein Vogel die Fütterung versagen, sobald ein hilfloses Junges mit hängenden, zitternden Flügeln bettelnd den Schnabel aufsperrt. Viel- leicht könnte man auch noch sagen, dass durch lange Haft zurückge- haltener Geselligkeits- oder auch Geschlechtstrieb besonders freundliche Gefühle gegen erhaltene Gäste bei Stubenvögeln erwecke. Aber auch so ist das Ganze nicht erklärt, am wenigsten jene Pflege Verunglückter _ oder die Stiefelternschaft noch selbst ganz jugendlicher Vögel oder das Aufziehen fremder Junger neben den eigenen. Recht einfach ist es freilich, wenn der souveräne Mensch über den Gedanken an ein Gefühlsvermögen, an tiefere Empfindung bei unter ihm stehenden Geschöpfen als über ein romanhaftes und sentimentales Phantasie- gebilde selbstbewusst hinwegschreitet. Wer mit Thieren menschlich umgeht, in diesem Umgang sich Mühe giebt, sie zu studiren, mit einem Wort, wer die Natur beobachtet und nicht bloss am Arbeits- tisch kalte Systeme zur eigenen Selbstverherrlichung schmiedet., dieser weiss, dass alle höher stehenden Thiere, also vor allem Säu- ger und Vögel, auch kaltblütige Wirbelthiere nicht ausgeschlossen, Vorstellung und Erinnerung, Sympathien und Antipathien, Launen, Träume haben, die aufgenommenen Eindrücke verschiedenartig ver- werthen, Täuschungen hiebei unterworfen, kurz seelisch begabt sind. Mit dem viel missbrauchten und schwer klar definirbaren „Instinct“ kommt man lange nicht überall aus, was etwas unbequem für die verschiedenartigen Thierschinder und nicht minder für die gedanken- lose Menge ist, welche allerdings psychische, aber bloss schlechte Eigenschaften und nur da annimmt, wo sie ihr. Eigenthum geschä- digt glaubt. Der menschliche Geist in seiner vollendeten Grösse und Vielseitigkeit geht freilich nicht durch die Seelen der Thiere, wohl aber ist der unfertige Mensch, das Kind, noch recht nahe an der Einseitigkeit des Thiers. Nach dem Einleitenden und nach dieser Abschweifung, beides nöthig um das Familienleben zu skizziren, gehen wir über zum eigent- — 249 — lichen Thema, nehmlich zu den Vorbereitungen, welche für die Unter- bringung der zu erwartenden Nachkommenschaft getroffen werden. Das Nest, soweit ein solches in seiner ganzen Vollkommen- heit hergestellt wird, oder insoweit eine meist künstliche Höhlung . dasselbe vertritt, aber manchmal auch da, wo die Anlage eine so primitive ist, dass der die Brut bedeckende Vogel das Meiste mit seinem Körper leisten muss, hat einen dreifachen Zweck. Es dient für die Aufnahme der Eier, es soll als ein schlechter Wärmeleiter mitwirken im Acte der Bebrütung und für die Jungen der Nest- hocker, welche blind und nackt zur Welt kommen, soll es ein längeres Heim und einen Schutz bilden bis zur Flugbarkeit. Das Handwerkszeug für die Nestbereitung ist sehr einfach: der Schnabel verarbeitet die beigeschafften Stoffe, für die innere Rundung dient der Vogelkörper als Drehscheibe, die Füsse helfen meist nur mehr untergeordnet. Von jeher hat der Nestbau in seinen verschiedenen Abstufungen von Kunstfertigkeit die Aufmerksamkeit der Naturfreunde auf sich gezogen. Einzelne Notizen bringen schon die classischen Autoren. viele die vorlinneische Zeit. Guwrrrarnp (Memoires sur differentes parties des sciences et arts, T. IV, 324—418, Paris 1787) hat als Erster die Nester der Vögel zu classificiren versucht. Er unterschied 1. kunstlose Nester, 2. solche aus gleichartigem, 3. aus verschieden- artigem, a) stengeligem, b) holzigem, c) vegetabilisch-animalischem Material, 4. durch Erde verbundene, 5. künstliche Nester von un- gewöhnlicher Bauart. J. Rexnıe, Professor der Naturwissenschaften an der Universität (Kings-College) zu London (The Architecture of Birds, London 1831, deutsche Übersetzungen Leipzig 1833, Stutt- gart 1851 — mit Abbild.) theilt die Baumeister in 1. Minirer, 2. Erd- nister, 3. Maurer, 4. Zimmerer, 5. Plattformbauer, 6. Korbmacher, 7. Weber, 8. Schneider, 9. Filzmacher, 10. Cementirer, 11. Dom- bauer, 12. Schmarotzer. Unter letzterer Ziffer sind die gelegentlichen Usurpatoren fremder Nester mit den nicht selbst brütenden Vögeln nicht gerade glücklich vereinigt. Die Unterscheidungen sind über- haupt je nach Bedarf bald vom Standort, bald von der Gestalt der Nester, bald von der Kunstfertigkeit, selbst vom Material herge- nommen. Will man durchaus logisch verfahren, so muss man in Betracht ziehen 1. die Nistweise im Allgemeinen, 2. den Standort des Nests, 3. seine Stoffe, 4. die Zusammenfügung, die wir, um Minirer und Zimmerer nicht auszuschliessen, unter der Rubrik „Kunstfertigkeit“ — 230 ° — behandeln werden und 5. die Form. Nur so kann die Übersicht eine vollständige sein, wenn auch im Einzelfall die Eigenschaften sich häufig decken. Die Nistweise im Allgemeinen, bei welcher auch der Act des Brütens mitspielt, bietet folgende Unterschiede. 1. Die Vögel nisten weder noch brüten sie, sie treten vielmehr ihre natürlichen Pflichten an Stiefeltern ab: Schmarotzer, Parasitae. Hieher gehören alle ächten Kuckucke, sowohl unser ty- pisch europäischer als auch solche aus Africa, Indien und Australien. Um dieses unnatürliche Verhältniss zu erleichtern, bedarf es eines gewissen Entgegenkommens gegen die Stiefeltern. Unser gemeiner Kuckuck z. B., dessen Junge von etwa 40 verschiedenartigen Klein- vögeln, meist Sängern, aber auch Insecten fütternden Körnerfressern, aufgezogen werden, ist bei einer Grösse, welche eine Verwechslung mit dem Sperber zulässt, genöthigt, sein Ei auf das Maass eines sol- chen vom Hanussperling zu verringern, wozu noch die Fähigkeit hinzu- tritt, die Stiefeltern-Eier auch in der Färbung nachzuahmen — ob durch Vererbung oder nach der Theorie des „Versehens“ mag hier ‘dahingestellt sein. Bei unserer Art wird, wie diess auch bei süd- africanischen beobachtet ist, da wo der zu enge Eingang eines ge- schlossenen Nests das Legen auf diesem unmöglich macht, das Ei mit dem Schnabel eingeschmuggelt. Der Heher-Kuckuck, von Andalusien bis Kleinasien zu Hause und vorzugsweise ein Bewohner des Mittelmeergebiets, legt seine Eier in die Nester der ägyptischen Nebelkrähe, des schwarzköpfigen Eichelhehers, der gemeinen und der mauritanischen Elster, bedarf also bei grösseren Vögeln keiner Ver- kleinerung, eher einer Vergrösserung seines Eis, das allermindestens normal ist und zu denjenigen der Elstern in der Grösse und auch in der Färbung stimmt. Für America, wo wirkliche Kuckucke fehlen, sind es Vertreter der Staarengruppe, welche in diese Function eintreten. Der nord- americanische Kuhvogel (Molothrus pecoris Sw. Gm.) legt sein Ei in die Nester verschiedener Kleinvögel, namentlich der Sylvicolinen und Fliegenfänger. In Südamerica ist es der seidenfedrige Viehvogel (M. sericeus Licur.), welcher bei Piepern, Tyrannfliegen- fängern, Trupialen, Ammerfinken, selbst bei Schwalben, meist meh- rere seiner Eier in dasselbe Nest unterbringt (Journ. f. Orn. 1869, 125 u. 1870, 15). Auch bei diesen findet in der Färbung der Eier bedeutende Abwechslung statt. Über die Ursache des Nichtbrütens ist schon viel geschrieben — 231 — worden. Schlechte eheliche Zucht und längere, für eine regelrechte Be- brütung störende Zwischenräume in der Legezeit mögen vorzugsweise wirken; die einfachste Erklärung liegt aber darin, dass die Natur in ihrer Allseitigkeit von allen denkbaren Möglichkeiten auch die Proben liefert. 2. Die Vögel nisten zwar, brüten aber nicht, sondern über- lassen die Entwicklung der Jungen der Natur: Brutlose Nister, Desides s. Crocodilinae. Die Gruppe der indo-polynesischen Grossfuss- oder Hügel- scharr-Hühner (Talegalla Sw., JMegacephaloma Temn., Leipoa Grp., Megapodius Q. et G.) steht hierin einzig da. Diese Vögel bauen lange Dämme oder Bänke, öfter 24—40 Fuss lang, oder mit einem Umfang von bis zu 60 Fuss, auch mehr gerundete Hügel, je nachdem sie paarweise oder gemeinsam errichtet werden, kleiner oder grösser, je nach der Art 35—15 Fuss hoch, aus mit Erde gemengten Pflanzenstoffen oder aussen mit Sand und innerlich ausschliesslich aus dürren Stengeln. Rückwärts schreitend schaffen sie die mit den Füssen erfassten Pflanzenklumpen an die bestimmte Stelle, treten die Anhäufung immer wieder horizontal nieder und bringen dabei alles Hervorragende nach einwärts. Hier werden arms- tief, oberhalb oft bis 5 Fuss hinab, die Eier weit aus einander ent- fernt, aufrecht auf den stumpferen Pol gestellt. Wie in einem Brüt- ofen wird das Übrige der Sonne und einer trockenen Gährung der sich erhitzenden Vegetabilien überlassen. Insoferne die Vögel (nach Govr»), der Eier beraubt, wieder nachlegen und indem sie die aus- kriechenden Jungen zur rechten Zeit abholen, nach Andern sogar Schildwache stehen und die Eier umwenden (?) sollen, sind sie wenigstens die Hüter ihrer Brut. Unverhältnissmässig grosse und plumpe Füsse stehen hier dem Brüten im Wege, dafür sind aber die Megapodiden besonders geeigenschaftet für solche Schanzarbeit. Auch im Ei, das bei allen unverhältnissmässig gross, nahezu walzenförmig und in seiner Textur höchst eigenthümlich ist, finde ich ebenfalls den „Crocodilismus“, d.h. Beziehungen zu den eierlegenden Gross- Lurchen der heissen Climate. 3. Die Vögel bauen kein Nest, brüten aber selbst: Nestlose Brüter, Negligentes. Dieser Fall ist der umgekehrte vom vorigen. Hieher haben wir jene Erd- und Felsennister zu rechnen, welche am nackten Boden, in Felsspalten, auf Meeresklippen, im Dünensand u. s. w. ohne irgend welche Vorbereitung ihre Eier niederlegen. Verschiedene Tag- und Nachtraubvögel, viele Bewohner arctischer und antarctischer Seevögelcolonien gehören hieher. Etwas zufälliger Flaum vom Vogel, eine im Sand nothwendiger Weise entstehende Vertiefung oder nieder- getretenes Gras deuten einen Nestbau noch nicht an. Wohl aber schliessen sich die schlechtesten unter den bauenden Erdnistern. welche überhaupt niemals Künstler werden, nahe hier an. Etwas zusammengetragenes und in die Rundung gelegtes Gras oder eine planmässig ausgescharrte Vertiefung müssen wir der Absicht wegen als ein wirkliches, wenn auch primitives Nest anerkennen; der Be- griff eines solchen schliesst zugetragene fremde Stoffe nicht dringend in sich: wenn ein Kiebitz z. B.. ohne Beigabe von Halmen eine halbkugelförmige Vertiefung im Moorboden sauber ausdrechselt, so ist er in seiner Art so gut ein Nestkünstler wie der Eisvogel, der die selbstgegrabene Nesthöhle gleichfalls unausgefüttert lässt. Hieher gehören auch aus den von Rense als Schmarotzer neben den Kuckuck gestellten Vögeln diejenigen, welche theils- mehr regel- mässsig, theils mehr ausnahmsweise fremde Nester dann annectiren, wenn sie von den Erbauern verlassen sind. So nisten z. B. Thurm- falk, Baumkauz und Ohreule bei uns, in der neuen Welt anderartige Tag- und Nachträuber, in den völlig unveränderten Hor- sten grösserer Raubvögel und Reiher, sowie in Eichhorn- und Krähen- nestern. Gewisse Wasserläufer (Totanus ochropus BEcHsT. und T. glareola Temm.) brüten statt an der Erde in den Bruchwäldern nicht selten bis zu 30 Fuss hoch in alten Drossel- und Hehernestern. Wenn aber die Stockente im alten Krähennest brütet, so fügt sie einen Dunenkranz der eigenen Brustfedern hinzu und einen von Ringeltauben besetzten Sperberhorst fand ich leicht überbaut. Wie also von den gar kein Nest bauenden Vögeln kaum ein Schnitt ist zu den schlechtest nistenden. ebenso ist hier eine Brücke vor- handen von den Nichts abändernden anspruchslosen und arbeitsfaulen Occupatoren zu den gewaltthätigen Usurpatoren bewohnter Nester, die vermöge ihrer Energie das Weggenommene wenigstens öfter als jene anders einrichten und dann nicht hieher gehören. 4. Die Vögel nisten und brüten, ‚jedoch mit Unterbrechung: Versäumer, Intermittentes. Von den africanischen Straussen glaubte man früher, sie brüten gar nicht und überlassen diese Arbeit völlig den Sonnen- strahlen. Festzustehen scheint, dass in der von einem Wall um- gebenen flachen Mulde die Eier von mehreren Weibchen theils ge- meınschaftlich theils abwechselnd bebrütet werden, wobei Nachts auch das Männchen hilft. Das Nest ist oft lange Stunden. ja halbe Tage 2 unbedeckt, wobei der die hohe Temperatur zurückhaltende und reflec- tirende Boden die Brutwärme erhält, soweit nicht gegen kühlere Nächte oder noch mehr gegen unmittelbaren Sonnenbrand Schutz nöthig ist. Unser kleiner Flusstaucher pflegt auf kleineren Teichen meist über in's Wasser hängende Zweige so zu nisten, dass das Nest auf dieser Unterlage schwimmt. Dasselbe bildet einen meist stark über handhohen, anderthalb Spannen durchmessenden, oben abge- flachten Hügel aus im Wasser aufgelesenen, verwitterten Baumblättern (von Erlen, Zitterpappeln, Weiden u. s. w.), Moos, faulen Stengeln, todten Sumpfpflanzen und Grasblättern; durch sein Gewicht ist es ziemlich tief in’s Wasser eingesenkt und völlig durchnässt; in dem verhältnissmässig flachen Napf liegen die Eier oft nahezu im Wasser und färben sich — wie auch bei anderen verwandten Arten — ın dieser Laubbeitze aus dem Grünlichweissen in Schmutziggrau und Ockergelb bis Dunkelbraun, oft gescheckt und mit Pflanzenabdrücken. Wird der brütende Vogel im Nest überrascht, so bleiben die Eier offen liegen, verlässt er es aber ungestört und auf längere Zeit, so bedeckt er sie sorgfältig mit den Neststoffen, so dass das Ganze einem zusammengeschwemmten Laubbüschel gleicht; nach den Nestern suchend bin ich als Knabe oft an diesen vermeintlichen „Ruheplätzen“ der Taucher vorübergewatet, bis an einem recht kühlen Apriltag ein aus solchem Büschel leicht aufsteigender Dunst mich veranlasste, die Hand hineinzustecken. Ich habe in den vierziger und fünfziger Jahren die Nester von zwei Brutpaaren alljährlich regelmässig unter- sucht und in denselben fast immer eine, natürlich durch den Act des Brütens erstmals hervorgerufene warme Gährung” gefunden, indem bei einem säuerlichen Geruch das Innere des Nests für eine etwas kühle Hand sich erhitzt anfühlte. Hier besteht meines Bedünkens eine wenn auch entfernte Beziehung zu der bei den Megapodiden erwähnten Ausbrütungsweise. Thatsächlich .haben jene Taucher manche Stunden schadenlos ihre Pflicht versäumt. Jenes Bedecken der Eier hält natürlich die Wärme beisammen, es wird aber auch den Zweck des Verbergens haben. So fand ich (Geroldseck O.A. Sulz, 20. Juni 1850) ein Nest der Amsel, in welchem die Eier mit Moos zugedeckt waren! Der Reiherläufer (Dromas ardeola Payk.) nistet auf flachen * Rennie nennt die auch von Pennant und Bewick angeführte warme Gährung ein Märchen, weil unmöglich im Contact mit einer grösseren Wasser- fläche. Mich haben jene mir damals völlig unbekannten Autoren bei der ver- meintlich neuen Beobachtung nicht beeinflusst. a Coralleninseln des rothen Meers in etwa 6 Zoll weiten, 2—4 Fuss tiefen Gängen, hinten mit seitlich abgebogenem kleinem Kessel. Hevsuın hält die in den Sand gegrabenen Baue eher für die Arbeit zahlreich dort lebender Krabben als für eine solche der Vögel: er vermuthet, dass die als Unterlage dienenden Graswurzeln und Algen bei der Bodenfeuchtigkeit und hohen Temperatur eine Art von Zer- setzungsprocess in dem geschlossenen Raum durchmachen, der dem Ei die zu seiner Entwicklung nöthige Wärme gewähre. Gelegenheit zu längeren Pausen in der Bebrütung ist auch hier sicher gegeben. 9. Die Vögel nisten und brüten durchaus selbst: Nest-Brüter, Nido incubantes. Diess ist die allgemeine Regel, von welcher das in 1—4 Be- merkte die Ausnahmen bildet. Nach dem Standort haben wir zu unterscheiden: l. Erdnister, Humicubae. Polygame und monogame Scharrvögel, die Mehrzahl der Sumpf- und Schwimmvögel sind hieher gehörig, auch die Flamingos nicht ausgeschlossen, denen man immer ein kegelförmiges Schlammnest zuschrieb, über welchem sie mit den langen Beinen reitend brüten sollten, weshalb Rexsıe sie zu seinen „Maurern“ gestellt hat. Im einen Falle steht das Erdnest im klaren Sand und Kies, wie bei Regenpfeifern, welche diess einfache Material sauber herrichten, in einem andern im Wiesengras oder im Ackerfeld, auch im trockenen Torfmoor oder tief im Sumpf, manchmal völlig frei, öfters durch Kräuter geschützt oder im Rohr und in Büschen versteckt, gerne auch an Rainen. In ausgedehntem Flachland, in nordischer Tundra wie in südlichen Grassteppen, werden wegen Mangel an Bäumen sonst in der Höhe bauende Vögel öfters Erdnister, z. B. Falken und Eulen. Unser Goldammer nistet ebenso häufig an der Erde wie im Strauch und öfters brütet auch unsere Amsel an Hängen auf dem Boden, ein Fall, der mir vereinzelt auch bei der Singdrossel vorgekommen ist. Lerchen und Pieper sind stets, Ammerfinken zum grösseren Theil ausnahmslose Erdnister. Soweit die Nester offen da liegen, besteht eine Wechselbeziehung zur Umgebung: die Eier der im Kies brü- tenden Regenpfeifer, diejenigen der im Moor nistenden Schnepfen- vögel oder der auf Ackerland und zwischen dürrem Laub heckenden Hühnervögel u. s. w. haben Färbungen, die sie vom Standort wenig oder nicht abheben; Wüstenvögel haben meist wüstenfarbige, SEE vögel steppengrünliche Eier. — dd — 2. Sumpfnister, Stagnicubae. Hieher rechnen wir unter den Sumpf- und Schwimmvögeln jene Arten, welche im nassen, meist schwankenden Sumpf oder auf Wasserspiegeln im Grunde von Schilf- und Rohrgebüsch, auf schwim- menden Wasserpflanzen oder über in das Wasser hängende Zweige ihr Nest bauen. Da sie mit dem Bau in der Tiefe bleiben, könnten allerdings auch sie zu den Erdnistern gezogen werden, allein inso- ferne die Nester nicht direct auf festem Boden ruhen, sondern im nassen Element errichtet sind, besteht doch etwas Besonderes, eine Mitte zwischen Erd- und Wassernistern, welch letztere im wahren Sinn es überhaupt nicht giebt. Rohrdommel und andere nicht baum- ‚nistende Reiher, Wasserhühner, Rohrhühner, Taucher, gewisse See- schwalben sind näher liegende Beispiele. 3. Rohrnister, Schoenicubae. Unsere Rohrsänger (vorzugsweise Oalamoherpe turdoides Mey. und arundinaces Gm.), welche über halbmannshoch ihre Nester in 3—5 Schilfrohrstengeln schwebend einbauen, sind hier voran zu er- wähnen ; auch das Nest des australischen Rohrsängers (C. australis Go.) aus Neu-Südwales stimmt völlig mit demjenigen unseres Teich- rohrsängers überein. Der südeuropäische Cisten- oder Seggen- sänger setzt sein Nestchen in einen dichten Büschel hoher und steifer Seggengräser ein. Aus Südamerica (Chile) mögen zwei Bei- spiele hier stehen. Die Schwarzgesicht-Synallaxis ($. mela- nops V.) wickelt ihr überwölbtes, plumpes Nest entweder nur an einen, über fingerdicken Binsenstengel an, so dass es steif und grade dasteht, oder es werden mehrere (6—7) schwächere Binsen durch die Seitenwände gezogen und oberhalb dem Nest umwickelt, so dass dieses ziemlich frei hängt. Der Königs-Tachuri (Üya- notis ommicolor Sw. V.) heftet gleichfalls sein zierliches Nestchen an einen starken Binsenstengel. Auch bei Reihern finden wir aus- nahmsweise Nester auf hohem Rohr. Die kleine Rohrdommel liebt es, auf umgeknicktem Rohr und Schilf, fusshoch über dem Grund, schwebend zu nisten. BecHstEin beschreibt ein am Rhein gefundenes Nest des sonst am Boden brütenden Purpurreihers: auf S—10 Fuss in’s Gevierte waren alle Rohrstengel mit den Spitzen nach einem gemeinschaftlichen Mittelpunkt hingebogen, so dass eine Decke entstand, unter der man „wie in einer Halle“ stehen konnte, während das darüber gesetzte Nest die Last eines Menschen trug. Am 6. Juni 1853 wurden für mich in den Rohrdickichten der Drau- — 7a -— Sümpfe bei Kistarda (Slavonien) eine Anzahl Purpurreiher-Eier aus- genommen; der Sammler (Freiherr Ferpısann Kösıs, damals k. k. Offizier in Essegg) schreibt über den Nestbau Folgendes. Etwa 16 der theils frisch ausgebauten, theils mit Eiern, theils mit Jungen besetzten Nester standen auf umgeknicktem Rohr oder über anderen Wasserpflanzen unmittelbar auf dem Wasserspiegel, zwei weitere waren merkwürdig und kunstreich gebaut, mannshoch auf 15—20 grünen Rohrstengeln, deren Spitzen auf einen Punkt vereinigt waren und das 2—3 Fuss durchmessende, 4—1 Fuss hohe, mit Schilfgras ausgefütterte Rohrstengel-Nest frei trugen. 4. Strauchnister, Dumeticubae. Gesträuch jeder Grösse, Gestrüpp, Laub- und Nadelholzbüsche, sowie jüngere Fichtenculturen, die für diesen Fall entschieden zum Strauchwerk zu rechnen sind, bald in einzeln stehenden Gruppen, bald als Dickichte und Hecken, geben einer ausserordentlichen Menge von Kleinvögeln oder solchen von mittlerer Grösse Verstecke für die Nester. Manche lieben nur laub-, andere nur Nadelholz, wieder andere beides; manche suchen einsame, entlegene Orte auf, andere ziehen Gärten und Parkanlagen jeder anderen Gelegenheit vor. Bis- weilen versteigen sich ächte Strauchnister in dichte Bäume: so habe ich das Nest der sonst Hecken und Stachelbeerbüsche liebenden Klappergrasmücke etwa 3 m. hoch in einem dichtbelaubten Birn- baum gefunden. Wenn Nachtigal und Blaukehlehen oder andere vorzugsweise an der Erde lebende Sänger im Grund dichter Büsche an der Erde nisten, so ist es Geschmackssache, ob man sie zu den Erd- oder zu den Strauchnistern ziehen will. Unser nächstliegendes Beispiel — weitere würden zu weit führen — sind für diese Gruppe die Strauchsänger (Curruca Baıss.) und die verschiedenartigen Hänflinge. Die Finkenarten, wenn auch Buschwerk nicht ver- schmähend,, ziehen meist den Baum vor: unser Buchfink so sehr er meist höhere Bäume wählt, nistet öfters in kräftigen, unter dem Schnitt befindlichen Buchenhecken, ausnahmsweise sogar ganz niedrig in lockerem Jasmin. 5. Baumnister, Arboricubae. Auch hier bedarf es bei der Allgemeinheit der Gewohnheit kaum eingehender Beispiele. Grosse Horste sind oft weithin sicht- bar, kleine und mittlere Vögel bauen meist versteckt. Der Storch, soweit er jetzt auf Gebäuden nistet, ist nicht wie andere Haus- = 297 — genossen vom Fels, sondern vom Baum übergezogen. Auch die Palmen heisser Climate mit schlankem Stamm und schwankender, meist schwer erreichbarer Krone tragen ebensogut die Horste von Geiern wie die Beutelnester der Webefinken, sogar solche schwalbenartiger Vögel. Langschäftige glatte Stämme ersparen wegen ihrer schweren Ersteigbarkeit dem Vogel häufig die Sorge ängstlicher Verbergung. Kreuzschnäbel und Tannenheher sind in der Nistzeit ausschliesslich Bewohner des Nadelhochwalds, die klugen Krähen finden sich in alle Verhältnisse. Dass Erdnister manchmal nistend zu Baum gehen und umgekehrt, ist bereits be- merkt, anzufügen ist noch das in Schottland beobachtete ausnahms- weise Brüten von Auerhennen in alten Falkenhorsten. 6. Felsennister, Rupicubae. Hieher gehören alle überhaupt „rupicolen“ Vögel, vor allem die im arctischen und antarctischen Gebiet gesellschaftlich auf Klippen — „in praeruptis scopulorum“ Arprovannı — brütenden Seevögel, ebenso Geier und Adler in Hochgebirgsgebieten, einige, meist ed- lere Falken und auch einige Eulen, manche ziemlich ausschliess- lich andere mehr gelegentlich, ebenso die Stammmutter unserer Haustaube (Columba livia L.). Meist stehen die Nester auf zurück- springenden Absätzen oder in Spalten, womöglich von oben her etwas geschützt oder gar in engeren oder weiteren Felsenlöchern, die einen Übergang zur nächsten Gruppe geben. Alpenkrähe und Alpen- dohle, Blau- und Steindrossel, diese beiden auch hierin recht rothschwanzartig, sind characteristische Typen. Im württembergischen Unterlande brütet der weissschwänzige Steinschmätzer in Steinbrüchen, während ich auf Rügen am Rugard bei Sagard, wo Gestein fehlt, das Nest in dichtem Heidekraut, das an Höhlungsstatt darüber hergewölbt war, an der Erde gefunden habe. Manche Vögel sind vom natürlichen Fels zum künstlichen, d. h. zu den mensch- lichen Steinbauten übergegangen, so Thurmfalk, Dohle, Alpen- und Mauersegler; von hier ist es nur noch ein Schritt in’s mensch- liche Heim überhaupt und so sind Rothschwänze aus den Felsen, Bachstelzen aus Steinzerklüftungen oder diesen ähnlichen Erd- abstürzen auch in Holzhäuser, unter Dächer und Brücken eingezogen. Der Hausrothschwanz nistet noch zahlreich im St. Gotthards-Stock und an den Felsen der Axenstrasse über dem Vierwaldstätter See erschallt noch im August überall der Lockruf der dort fütternden Alten. DieHausschwalbe, die jetzt ihre Nester aussen an Woh- “ Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890, 17 Er nungen und Ställen anklebt, fand ich auf Rügen an den Kreidefelsen von Stubbenkammer noch als Felsennister. 7. Höhlennister, Cavicubae. Hier haben wir zu unterscheiden: a) Höhlennister imeigentlichen Sinn, Cavicubae cavernarlae. Diese benutzen grössere, dunkle, oft gleichzeitig von Fleder- mäusen bewohnte, meist nur vom Wasser her zugängliche oder wasser- durchflossene grössere Höhlen, um in diesen ihre Nester gesellig an- zubringen; für diesen Theil ihres Lebens werden sie halbe Dämme- rungs- oder gar wirkliche Nachtvögel. Jene indischen Salangane- Schwalben, von denen die essbaren Vogelnester herrühren, welche namentlich von Java aus einen äusserst werthvollen Handelsartikel bilden, über die schon so viel geschrieben wurde und auf welche wir noch näher zurückzukommen haben, sind hier vorerst zu erwäh- nen. In Oentral-Polynesien, auf den Viti-, Samoa- und Tonga-Inseln, ist es eine andere Schwalbe, welche in dunkeln unterirdischen Lava- Höhlen massenhaft nistet. Für Mittel-America (Venezuela, Trinidad, Bogota) tritt ein Früchte fressender Ziegenmelker, der Guacharo- Fettvogel (Steatornis caripensis Hums.) hinzu. Allein in der 462 m. langen Höhle von Caripe werden an bestimmten Tagen viele Tau- sende seiner Jungen behufs der Fettgewinnung erschlagen. Aber auch unsere Rauchschwalbe, die gerne in weiten Schornsteinen nistet — daher ihr Name — war sicherlich, nebst einigen nahen Verwandten in Africa und America,, einst eine, wenn auch ungesellige Höhlenbrüterin, ehe sie Gelegenheit hatte, der menschlichen Cultur sich rückhaltslos anzuschliessen. Niemals nistet sie unter freiem Himmel und ehe Ställe, Hausgänge, Speicher u. s. w. ihr ein Surro- gat gaben, kann sie nur da gewohnt haben, wo die Natur ihr ein Dach aufschlug, also jedenfalls in ursprünglich sehr beschränktem Verbreitungsbezirk. Das Innere menschlicher Gebäude kann für Vö- gel kaum etwas anderes sein als eine bewohnte Höhle und daraus liesse sich eigentlich folgern, dass gerade die Rauchschwalbe unseren Höhlen bewohnenden Vorfahren als Mitbewohnerin aus dem Hohlen- fels, Hohlenstein und wie jene Troglodytenwohnungen alle heissen mögen, in die Kunstbehausungen nachgefolgt sei, vorausgesetzt, dass sie überhaupt schon im Lande war*. * Reste sind nach gefälliger Mittheilung von Prof. Dr. O. Fraas im Höhlen- abraum noch nie gefunden worden; da es am Nistplatze selbst sich kaum mehr um — 2359 — b) Selbsthöhlende Höhlennister. &) Erdarbeitende, Cavicubae fossores. Diese Vögel bereiten sich selbstthätig eine nur allein für diesen Zweck bestimmte und den Bedürfnissen angepasste Nisthöhle. Es sind diess RennieEs Minirer. Die Eisvögel, Bienenfresser, Uferschwalben graben, armstief oder noch tiefer, horizontale, ihrer Körpergrösse entsprechende, kreisrunde Gänge in meist senk- recht anstehende Bänke von festem Sand, Lehm oder Mergelboden, am Ende mit einem Kessel zur Aufnahme der Brut, welcher meist kreisrund und plattgedrückt, selten kugelförmig und bald höher oder tiefer als das Eingangsrohr liegt, auch manchmal divergirend, seit- lich angebracht ist. Auch Sturmvögel (z. B. Procellaria pela- gica L. und Puffinus anglorum Tenm.), Alke (Mormon arctica L., Mergulus alle V.), Pinguine graben, wenn die Natur nicht vor- gesorgt hat, oft recht tief. Die Brandente nistet nur In engen Höhlen oder Röhren, welche, wenig geneigt oder horizontal, einige Fuss tief in den Boden gehen und theils von grabenden Thieren oder, wie auf Sylt,. von Menschen vorbereitet sind; insoferne sie selbst grabend nachhilft — „Fuchsgans, Grabgans“ —, in weichem Boden wohl auch völlig selbstthätig sein kann, ist ıhr Platz am ehesten hier. Zwei americanische Eulen (Strix hypogaea BP. im nörd- lichen und mittleren Gebiet, St. cunicularia Mor. in Chile, Brasilien, Peru) graben sich mit einer 1—2 Fuss tiefen Einfahrt Gänge unter ‚die Erde, beziehungsweise richten sie sich Grabarbeiten murmelthier- artiger Nager her. Die lerchengrosse @eositta cunicularia Sw.\. gräbt in Chile cylindrische, wagrechte Röhren 6 Fuss lang an Rainen oder am Wasser in härterem Sandboden und durchlöchert nach Dar- wın in Bahia blanca beständig die thönernen Stadtmauern, weil sie zu dünn für die Niströhren sind 8) Holzarbeitende, Cavicubae carpentariae sind diejenigen Baumhohl-Nister, welche kernfaule Stämme in kreis- rundem Loch anschlagen und das innere, oft mit Entfernung grosser Spähne gesunden Holzes zu manchmal recht tiefen Höhlen sich zu- recht machen, in harter Arbeit, welche diejenige der vorhergehenden an Mühseligkeit noch übertrifft. Spechte. ‚andere als solche von herabgefallenen Jungen handelt, deren Scelettheile für die Erhaltung nicht geeignet sind, ist die Abwesenheit hiedurch noch nicht bewiesen; insoferne die Rauchschwalbe bis in den arctischen Kreis hinaufgeht, konnte sie auch unserem Höhlen-Clima angehören. 17 * — 200° — c) Gelegenheits-Höhlennister, Cavicubae occasionariae sind alle jene Vögel, welche eine zufällige Felsen-, Mauer- oder Baum- höhlung gerade so benützen, wie sie dieselbe vorgefunden haben. Meisen, Wendehals, Wiedehopf, Mauersegler, einige Fliegen- fänger, Feldrothschwanz, Staar, Feld- und Steinsperling, Dohlen, Hohltauben, auch Eulen und die Papageien geben Bei- spiele. Gerade von hier hat ein starker Zug in künstliche Brut- kästen stattgefunden; Americanische Schwalben, wie Hirundo bicolor V. und purpurea L. nisten in hohlen Bäumen, Strünken u. dgl. und gehen gerne in Brutkästen, ja in ausgehöhlte Kürbisse über, ebenso ist der Blanvogel (Sialia Wilsonii Sw.) in solche einge- wandert. Die Dohle, ursprünglich in Felsenspalten und Baumhöhlen nistend, hat jetzt vorzugsweise die Rüstlöcher von Kirchthürmen und Schlössern bezogen; ein „hysteron proteron“ ist es eigentlich, wenn darauf hin Cu. L. Breum ihr den Namen Monedula turrium ge- schaffen hat, denn was sie ist, war sie schon vor den Kirchthürmen und ist es auch da, wo es solche nicht giebt. d) Kunsthöhlen-Nister, Cavicubae artifices. Nur uneigentlich schliessen sich hier diejenigen Vögel an die vorhergehenden an, welche gleich jenen das Bedürfniss haben, in völlig abgeschlossenem Raum zu brüten, aber statt der Erd- oder Baumhöhle aus selbst zusammengetragenen Stoffen solchen Abschluss mit engem Eingang, oft ebenfalls mit langem Einschlupfrohr, künst- lich selbst herstellen. Bei den Minirern werden Rohr und Kessel durch Entfernung der Grund-Stoffe hergestellt, hier, bei den Dom- bauern und Beutlern, wird der benöthigte Hohlraum durch die Zu- that besonderer Stoffe m mühevoller Arbeit geschaffen. Zur Standorts-Frage gehört schliesslich auch noch das Ver- hältniss der jeweiligen Arten-Paare zu einander. Viele Vögel sind durchaus ungesellig (difficiles) und dulden in einem gewissen Um- kreis ihresgleichen zur Nistzeit nicht. Obgleich die Nachtigal zu ihnen gehört, interessiren sie uns hier nicht weiter. Andere sind gesellig (sociales). Manche Arten lieben bloss Nachbarschaft wie Staaren und Kiebitze, andere drängen sich in dichte Colonien zusammen, theils nur für ihre Art, theils gemischt mit anderen ge- selligen Arten. In den Brutcolonien des arctischen und antarctischen Gebiets, an Meeresküsten, an Nord- und Ostsee so gut wie am rothen Meer, in den Sümpfen Ungarns und in Südrussland, nisten Vögel massenhaft beisammen, Lummen, Alke, Cormorane, Löffler, TR auE — Reiher, Flamingos, Möven, Seeschwalben u. s. w., wobei die einzelnen Arten meist auch ihre einzelnen Stellen einhalten. Die Saatkrähen leben auch in der Brutzeit zu Hunderten von Paaren vereinigt und oft stehen ein halb bis ein ganzes Duzend Nester auf | demselben Baum, sie verbinden sogar mehrere Bäume miteinander, indem sie sich kreuzende Zweige überbauen. Der sehr gesellige Rosenstaar, der zur Nistzeit manchmal in Kleinasien, Rumänien, Südrussland, auch Ungarn tausendweise auftritt, pflegt am Boden, im Gestein, zwischen Klafterholz gleichfalls nahe beisammen zu nisten. Vom spitzschwänzigen Anumbi (Anumbius acuticaudatus Less.) stehen auf einer freistehenden Opuntia oder auf kahlem Baum nicht selten 2—6 Nester beisammen, zuweilen sogar aneinander gebaut. Ähnlich gesellig ist auch die Wachholderdrossel, für unser württembergisches Gebiet können wir aber nur Fischreiher-stände und Lachmöven-Üolonien hier anführen. Zu den nestgeselligsten Vögeln gehören die südafricanischen G e- sellschafts-Webefinken (Philetaerus socius Sm. LatH.), welche schirmförmig einen aus vielen Einzelnestern zusammengesetzten, all- jährlich sich vergrössernden Bau, eine über einen ganzen Baum aus- gebreitete Gemeinde-Wohnung herstellen, welche PATErson mit einer über der Erde schwebenden Stadt vergleicht. Der Büffel-Webefink (Textor alecto Temm.) brütet nach HrvcLıy in Sennaar und Cordofan in Colonien, deren jede ein abgesondertes Nistquartier auf einem Hochbaum hat; es werden 3--5 Fuss hoch und breit, bis zu 8 Fuss lang zwischen Astgabeln oder auf horizontale Zweige Reisig und Äste unregelmässig und wirr aufgehäuft und erst in diesem Wust sind die eigentlichen Nester von 3—8 Paaren eingebaut. BRrEHM hat in Abyssinien 3—18 „kratzbürstige“ Einzelnester mit 3—4 Fuss Durchmesser auf demselben Baum angetroffen. Andere Webefinken begnügen sich damit, ihre Nester nur in naher Gesellschaft aufzu- hängen wie ja auch unsere Haussperlinge gerne benachbart bauen. Noch enger als bei jenen cap’schen Gesellschaftsfinken ist das Zu- sammenleben der Madenfresser in Südamerica: von Crotophaga amı L. halten sich 5—10, vielleicht auch noch mehr Paare innigst zusammen, bauen ein gemeinschaftliches Nest, brüten zu mehreren abwechselnd über den (oft 30) Eiern und füttern gemeinsam. Eine andere Art von Socialität ist, wenn Schwächere an die Stärkeren, selbst an ihre natürlichen Feinde, im Nestbau sich an- schliessen. Die nordamericanische Purpuratzel baut zwischen das Reisig der Fischadlerhorste und unsere Sperlinge hausen geme in — 262 — dem dicken, überhängenden Gezweig der Storchnester, von unten her anfliegend. Sie fühlen sich hier sicher. Ein Weidenlaub- sänger-Paar hat in dichtem Sevenstrauch sein Nest unmittelbar unter demjenigen einer bereits brütenden Amsel angebracht. Auch in grosse Brutcolonien schmuggelt manchmal ein anderer Vogel ver- einzelt sein Nest ein, das hier in der grossen Menge am ehesten verschwindet. Bei solchem Verhalten werden die Vögel „Zwischen- nister“ (internidificantes ”). Nach dem Stoffe haben wir zu unterscheiden: 1. Nester ohne besonderen Stoft. Hier liegt eigentlich eine „Fehlanzeige“ vor. Erd- und Felsen- nister, auch solche in Baum- und Erdhöhlen, gehören hieher, wenn sie die Eier auf dem nackten Grund einfach niederlegen oder sich mit Ausscharrung und Zurechtlegung des natürlichen Substrats be- genügen, sowie Usurpatoren fremder Nester, soweit sie diese nicht verändern. 2. Nester aus selbst erzeugtem Stoff. Die essbaren „indianischen Vogelnester“ der Salangane (Hi- rundo esculenta L., Collocalia nidifica G. R. Gr.”* sind durch und durch unvermengt ein an Hausenblase oder getrockneten Nudelteig erinnerndes Product der Hals- und Magendrüsen ihrer Erzeuger, wie überhaupt alle schwalbenartigen Vögel durch eine reiche, Gelatina bildende Speicheldrüsen-Secretion sich auszeichnen. Indirect, d.h. wenn man sie nicht durchaus zur übernächsten Gruppe stellen will, können auch die Nester des bereits erwähnten americanischen Guacharo-Fettvogels hieher gerechnet werden, denn sie sind wenigstens eininnerhalb des Vogelkörpers ver- arbeitetes Gebilde und haben dort ihr Bindemittel erhalten. Ältere Beschreibungen vergleichen diess merkwürdige Nest mit einem Loh- Ballen oder einem Zunderschwamm-Löcherpilz und haben es für ein mit den Füssen geknetetes Product aus aufgewürgten, unverdaulichen Resten der als Nahrung dienenden Baumfrüchte erklärt. Ohne die Substanz anzuzweifeln habe ich früher („Caprimulgiden“ , Journ. f. Orn., 1868, 384) an eine absichtliche Formirung nicht geglaubt und suchte es — ungesehen — dahin zu erklären, dass die überall in Menge aufgewürgte Masse, festgetreten, vom Körper des Brutvogels * Dieses Wort habe nicht ich verschuldet; es rührt von Plinius her. ** Beide Bezeichnungen sind nicht ganz glücklich gewählt; die Essbarkeit bezieht sich auf’s Nest, nicht auf den Vogel und Nester machen alle Schwalben. = 203 7 ausgerundet und aus kantigen Felsspalten ausgehoben, nur zufällig die Form eines absichtlichen Nests annehmen werde. Durch An- schauung bin ich aber jetzt belehrt, dass jene halbelliptischen, ver- tieften Kuchen mit erhabenem Rand wirklich mit Absicht geformt sind. Den ausschliesslichen Stoff bildet offenbar als „Gewölle“ auf- gewürgte, lohbraune, homogen verarbeitete Pflanzenfaser, etwa wie Faserstoff aus der Hülle von Palmfrüchten; eine chemische Unter- suchung (Dr. Fımck#) hat das Vorhandensein von Harnsäure nach- gewiesen. Die bei anderen Ziegenmelkern befiederte Fusswurzel (tarsus) ist hier für die Arbeit des Knetens nackt. 3. Nester aus Erde. Die mauernden Vögel, auf welche noch zurückzukommen ist, verwenden Erde. Die Schwalben holen Strassenkoth, den die Rauchschwalbe oft sehr stark mit Kuhmist vermengt, der syrische Blauspecht mischt dem Lavaboden Eselsexcremente bei und klebt noch Käferflügel darüber, der unsrige nimmt Lehm mit beigemischten Kieselchen oder kleinsten Backsteinfragmenten, Die südamericanischen Töpfervögel (Furnarius V.) machen ihr kunstreiches Nest aus Thon, dem sie Pflanzentheile beimengen. Überall wird durch eine Zuthat das sonst zu bröckelige Material mörtelartig gefestigt oder verspeichelt und dadurch oft steinhart. 4.—6. Nester ausnur vegetabilischen, ausnur animalischen und aus gemischten Stoffen. Die Beispiele können vereinigt gegeben werden. Ausschliess- lich nur Gräser und Halme, manchmal grün, meist dürr, nehmen die Webefinken und Beuteistaare, verschiedene Colibris bauen weich und zunderartig aus ein und derselben Pflanzenseide ; der schon erwähnte Königs-Tachuri nimmt neben Pflanzen-Pappus verwitterte, fein zerschlissene Binsen. Die Rohrsänger bauen aus Halmen, die feinsten nach innen, die Wasser- und Teichhühner aus Rohr, Schilf, auch Binsen und Seggengräsern, ebenso verschiedene Reiher; die Taucher nehmen faulende Wasserpflanzen und Laub, Drosseln Reisig und Moos und während einige, wie unsere Amsel, eine Erd-Schicht zwischen einschalten, verdichtet die Singdrossel ihr Nest innerlich mit faulem Holz oder ähnlichen Verwitterungsproducten, es pappdeckelartig glättend und ohne jede weiche Unterlage. Der Wasserstaar, aus Laub, Moos und Halmen gewölbt bauend, giebt den Eiern eine Unterlage aus groben dürren Blättern, z. B. von Bu- a chen und Eichen. Der australische Frühsänger (Eopsaltria australis Sw. Late.) bringt ebenfalls in sein Rinden- und Bastnestehen eine Lage grün abgebrochener derber, lanzettlicher Blätter einer Euphor- biacee. Kreuzschnäbel, bei denen nur ausnahmsweise oder zu- fällig einige Federchen hinzukommen, bauen neben Moos und einigen Halmen oder Nadelholzreisern manchmal fast ausschliesslich aus Bart- flechten und legen häufig — als schlechten Wärmeleiter in winter- licher Brutzeit — eine dicke Zwischenschicht aus breitem Wachholder- bast oder auch aus Torfmoos (Sphagnum) ein. Grosse Raub- vögel und Reiherartige tragen, jene in den Fängen, diese im Schnabel, dürre Zweige und derbe Stecken zu grossen Bauten zu- sammen, die sie als „Dauernester“ alljährlich vergrössern; einige Raubvögel bestecken den Horstrand mit grünen Zweigen, andere tragen Lumpen und Papier ein; junge Milane fand ich ich einst über einem Biberacher „Amts- und Intelligenzblatt“ sitzend. Störche tragen gleichfalls Lumpen, grosse Büschel Wiesenstroh, Rasenstücke, selbst Torf herbei und wenn auch manchmal eine Schuhsohle oder sonst ein Lederfetzen hinzukommt, so ändert diess nichts am vege- tabilischen Character des Nests. Strand- und Dünenvögel nehmen mit Vorliebe Seegras, nicht selten auch Tange. Thierische Substanz ausschliesslich, also Wolle, Haare, Federn, kann schon des Zusammenhaltens wegen meist nur in abgeschlos- senen Hohlräumen vorkommen; so fehlt in besonders engem Raum den Nestern verschiedener Meisen manchmal jede Zugabe von Moos, so dass nur ein aus Haaren, Wolle und Federchen dicht zusammen- gefilzter Napf, häufig ganz aus Kuhhaaren, vorhanden ist. Als freies, ausschliesslich aus thierischer Substanz bestehendes Nest vermag ich nur eines vom cap’schen Beutelsänger (Hemipteryx textrix Sw.) anzuführen, das anstatt aus Pflanzen-Wolle ausschliesslich aus sol- cher vom Schaf zusammengefilzt ist. Bei der Mischung der Stoffe ist das Verhältniss zwischen pflanz- licher und thierischer Substanz sehr verschieden. Unsere Gras- mücken bauen meist locker, d. h. durchsichtig, aber fest aus Hal- men und füttern innerlich leicht mit Rosshaaren. Sperlinge und Laubsänger legen ein dichtes Federbett ein, Krähen polstern den Reisigbau neben Stoppelbüscheln und bastartigen Resten mit Kuhhaaren, Schweinsborsten, Fellstücken kleinerer Säugethiere aus; die Braunelle baut mit Vorliebe aus grünem Moos und filzt innen aus, im Gegensatz zur Nachtigal, die den lockeren Bau vorwie- gend aus dürrem Laube herstellt. Bachstelzen und Roth- — 265 — schwänze betten weich mit viel Haaren und Federn: in einem Feldrothschwanznest fand ich den Napf fast ganz mit Büscheln abge- schnittenen Menschenhaars — für uns weniger appetitlich — aus- gelegt; lange Frauenhaare, in denen die Füsse sich leicht verwickeln, finden wenig Anwendung, Rosshaar ist für manche Arten fast un- umgängliches Bedürfnis. Enten als „Dunenrupfer“ entfernen eigenen Flaum um ihr Nest dicht und warm auszulegen, oft kranz- förmig zu garniren; diese Dunennester, welche bei der Eiderente in höchster Vollkommenheit sınd, haben zwar eigenen Stoff, nicht aber im Sinne jenes selbsterzeugten, für welchen wir besondere Zuberei- tung angenommen haben. Durch solches Ausraufen, vielleicht manch- mal auch nur durch Ausfallen während der Brutzeit entstehen „Brut- flecken“, nackte Stellen, die den Körper in unmittelbare Berührung mit dem Ei bringen, so bei Raubvögeln, Krähen, Drosseln, Tauchern, Lummen u. s. w. Birkenrinde und stellvertretende Papierschnitzel finden wir vorherrschend verwendet an Nestern der Bastardnachtigal und des Pirol. Insectengespinnste, Spinnweb und Puppenhülsen, bunte Zwirnfäden, ja auch abgestreifte Stücke von Schlangenhaut sind öfter im Rand der Nester verschiedener Kleinvögel angebracht. Unser Kleiber (Blauspecht) mengt die lockeren Neststoffe vor- vorwiegend mit dünnen Kieferrinde-Blättchen oder zerkleinertem dürrem Laub. Buchfink und Schwanzmeise bedecken die aus Moos, Haaren und Federchen zusammengefilzten Nester äusserlich mit Stücken von Baumflechten (Parmelien) und machen sie so der Umgebung täuschend ähnlich. Südliche Würger und die diesen nahe stehende spanische Blauelster lieben wollige Kräuterstengel, welche sie grün abbrechen. Auch die Staaren verzieren manchmal das Nest mit grün abgerissenen Blättern oder mit Blüthen, z. B. vom Weissdorn. Die Kunstfertigkeit geht vorerst auf Bearbeitung von schon Vorhandenem. 1. Minirer, Fossores. Diese graben im Boden und sind bei den Höhlennistern bereits genügend besprochen. Mit den Krallen an der Peripherie haftend, ar- beitet die Uferschwalbe mit dem Schnabel am Centrum, indem ihr Körper den Radius des beabsichtigten Kreises darstellt. Ausser bei unseren Uferschwalben ist solcher Höhlenbau zur Aufnahme des eigent- lichen Nests auch von fremden Schwalben bekannt, z. B. von den nächststehenden Ootyle minor Cap. und C. paludicola V., sowie Psalido- procne pristoptera ScL. in Africa und Cotyle serripennis Cass. in den — 206 — Vereinigten Staaten. Häufig ist auch starke Arbeit der Füsse nöthig und das Fortschaffen des Abgrabe-Materials wird je tiefer desto müh- samer. | 2. Zimmerer, Carpentariae *. Auch ihrer ist schon ausführlich gedacht. Ein gerader, sehr fester Schnabel auf gedrungenem Kopf wirkt als kräftiger Meissel und kurze aber starke Kletterfüsse gestatten den Spechten sich in der Weise anzuklammern, dass der Oberleib weit zurückgebogen werden kann, um zu wuchtigem Hieb auszuholen. Diese Eigen- schaft giebt auch Veranlassung zu jenem eigenthümlichen und weit- hin hörbaren schnurrenden Trommeln, das als eine Art von Paarungs- Musik durch fibrirendes Schlagen an dürres Holz geschieht, um die Weibchen herbeizulocken. Von hier ab beginnt das Zutragen von Stoffen, nach welchen wir die Art und Weise der jeweiligen Zusammenfügung zu be- rücksichtigen haben. 9. Maurer, Caementariae. Hier kommen die gleichfalls schon unter der Rubrik der Nist- stoffe berührten Vögel in Betracht, welche Boden-Material, Erde, Lehm, Thon, Schlamm, verwenden, meist mit thierischem oder vege- tabilischem Bindemittel gemenst. Die Schwalben bauen solche Nester, theils offen, theils als geschlossene, an der Anheftestelle ab- geplattete Kugeln. Manchmal haben diese Kugelnester den Eingang retortenartig etwas vorgebaut. Offene Nester mauern unsere Rauch- schwalbe und ihre Verwandten, z. B. in Africa Herundo cahirica LicHr., H. aethiopica Bransr., H. rufifrons Spaw, sämmtlich gerne dem Men- schen zugesellt; im nördlichen America schliessen sich an, die ge- sellige H. rufa Gu., welche manchmal abgeplattete Sitzstellen an- fügt und FH. thalassina Sw., welcher ausserdem auch geschlossene Nester zugeschrieben werden, die vielleicht usurpirt sind. Geschlos- sene Nester baut unsere Hausschwalbe, aussen rauh, so dass man jedes zugetragene Klümpchen sieht, staubgrau und mit schlicl:- tem, gerundetem Eingangsloch am oberen Rand, als Aussparung an der Anheftungsstelle manchmal halbmondförmig offen (Naumann T. 145). Als nicht beim Menschen angesiedelte Felsenschwalben des palaearctischen Gebiets treten hinzu F. rufula Temm., welche als * Als Hauptwort gebrauchte Adjective sind weiblich (se. avis) zu bilden, was bei Substantiven undurchführbar ist. — 267 — locale Form der nächstfolgenden in Griechenland an eine überhängende Felsdecke geschlossen und beutelförmig mit langem Rohr aus Lehm baut; ebenso H. daurica L. (alpestris Parn.) im Altai-Gebiet; ihr sehr grosses, halbkugeliges, aus Schlammkügelchen ohne Beimischung von Gras elegant gemauertes Nest mit einem mehrere Zoll langen, aufwärts gerichteten, in der Regel an den Felsüberhang angebauten und nur selten frei abstehenden Eingangsschlauch hat Parzas (Zoogr. Rosso-as. 534) beschrieben und abgebildet. Die Nester von H. filifer«a STEPH. stehen nach HEusLın in Abessinien unter überhängendem Ge- stein und ähneln denen unserer Hausschwalbe. Ebenderselbe schreibt der nach seinen Erfahrungen hauptsächlich Felsen bewohnenden H. puella Temm. aus Erde und Sand mit dem Speichel gefertigte Nester zu, die er im Bogos-Land in Höhlen, Klüften und unter Felsen- platten, deren Farbe sie tragen, fand und welche er als kugelförmig, besonders dünnwandig und aussen so glatt beschreibt, dass sie an Töpferarbeit erinnern. Die Klippenschwalbe Nordamericas, H. lunifrons Say baut, bei Hunderten zusammen, an Felsen, aber auch unter Dachrinnen u. d. g. ihr „kürbisförmiges“ Nest mit abwärts gerichtetem, einen stielförmigen Hals bildenden Eingang. Die sy- rische Spechtmeise mauert in meist etwas eingetieften Felsen- stellen ihr dickwandiges, retortenartiges Nest an, dessen Körper, je nachdem der Bau ein vollständiger oder nur Überbauung eines Stein- lochs ist, 4—1 Fuss lang, 4—7 Zoll breit ist; ein von der Mitte nach oben gerichteter, etwas abgebogener, meist 3—4, nach von DER MükteE bis 11 Zoll langer Eingang mit etwa 15°“ Weite führt nach dem mit Haaren gefütterten Kessel; Lehm, vulcanischer Thon, oft stark oft kaum mit thierischen Excrementen, z. B. Eselsmist verbunden, geben den Stoff, der äusserlich stets mit glänzenden Käferflügeln oft nur sparsam beklebt, oft wie incrustirt ist. Unsere gewöhnliche Spechtmeise vermauert ein zu weites Baumloch zolldick und steinfest — daher der Name Kleiber — und bringt das kreisrunde Schlupfloch genau in der Mitte an; in Staarenhäuser übergezogen, deren Eingang gerade die richtige Grösse hat, wird das Maurer-Talent gerne in überflüssigen Wülsten unter dem Sitzholz oder unter und innen an dem Deckelrand geübt. Der Brasilianische Töpfervogel (Furnarius rufus V.), nicht grösser als unser Wasser- staar, baut zwischen blattfreie Äste, an Fenster, Feldkreuze, Zaun- pfähle u. s. w. einige Fuss in der Höhe ein massiges Nest in Ge- stalt eines Backofens, mit zolldicken Wänden, gegen 7 Zoll durch- messend, mit einer am Rande des Eingangs beginnenden inneren — 268 — Scheidewand, welche es in zwei Theile theilt und in kreisförmigem Ausschnitt einen Durchgang in die hintere, für die Brut bestimmte Kammer freilässt; in wenigen Tagen werden die haselnussgrossen Thonkügelchen von beiden Alten beigeschafft und verarbeitet. Die Elster vermauert in rohem Klumpenbau den in kugeliger Reisighülle befindlichen, tief schüsselförmigen Napf mit Strassenkoth, so dass er, herausgenommen, oft einige Pfunde wiegt. Mässige Maurer sind auch die über einen grossen Theil der Erde verbreiteten Dros- seln. Unsere Amsel nimmt viel Erde mit Moos in den Unterbau, auch die Misteldrossel hat in der unteren Anlage des Nests dünn- flüssig aufgetragenen Koth, besonders als Bindemittel über dem tra- genden Ast, ebenso Ring- und Wachholderdrossel; in einem Nest der letzteren ist überwiegend Kuhmist verwendet und auch der Nest- rand hiemit glatt gestrichen. Eben weil Derartiges, wenn auch schwächer vertheilt, auch durch die ganzen Wände herauf verwendet ist, sind solche Drosselnester hart, steif und unelastisch. Auch die Austapezierung mit faulem Holz bei der Singdrossel kann als Maurer- arbeit gelten. In allen letztgenannten Fällen ist zwar die Technik vorhanden, allein im Material wiegen andere Stoffe vor. 4. Leimer, Glutinatores. Das Bindemittel ist ein speichelartiges, klebriges, zähes und schnell erhärtendes Secret aus dem Körper der Nestbauer. Das ausschliesslich auf diesem Wege erzeugte Nest der Sa- langane ist gelegentlich der Stoffe schon erwähnt. Es ist, ehe es durch die es beschmutzenden Jungen für den Handel sich ent- 'werthet, weissgelblich und durchscheinend; nur geringe Exemplare sind mit schmutzigen, grauen Schichten durchzogen oder an der An- haftestelle röthlich gebräunt: es bildet einen schüsselartig oder austern- schalenförmig schmal vorgestreckten, ziemlich tiefen Napf, häufig weit länger als breit, z. B. 2 3° ]., 1% 8° br.*, manche aber auch bis zu 2 breit und dann kürzer, öfters etwas verschoben, mit stark in die Höhe gebogenem Vordtırand, im Grund des Inneren mit langgezogenen steifen Fäden oder Maschen des ausgesponnenen Stoffs; befestigt wird es am Gestein an einer der Schmalseiten, die sich bei rückwärts fast gradlinig abschliessendem Ende dann wieder etwas erbreitert und öfters flügel- oder hörnerartig fortsetzt; manche * Stets altfranz. Duodecimalmaass. — 269: — sind so nahe zusammengebaut, dass gegen hinten die Nestränder sich völlig vereinigen. Eine andere, gleichfalls indische Collocalie (©. fueiphaga Tuune.) baut in der Gestalt des Nests ganz ähnlich wie die vorige, allein der Grundstoff besteht hauptsächlich aus Pflanzen- stengeln, auch Flechten und Haaren und jene leimartige, hornähnlich werdende Masse dient nur dazu, diese Stoffe zu verbinden und den Bau am Substrat zu befestigen“. Die polynesische Collocalia (Macro- pteryz) spodiopygia PEALE hat einen Haupt-Brutplatz in einer unter- irdischen Lava-Höhle von Upolu (Samoa-Gruppe), wobei sie um zu Nest zu kommen einen langen Weg unterirdisch in völliger Dunkel- heit zu durchfliegen hat. Die auf Vorsprüngen sitzenden Nester fand PrALE gleich den Höhlenwänden triefend von Wasser und gebildet aus Moos und einer beträchtlichen Menge von „Leim“. Die bei Hartraug und Fınsch (Beitr. z. Faun. Central-Polyn.) gegebene Be- schreibung nennt das Nest ausserordentlich kunstreich gebaut, im einen Beispiel länglich-oval, napfförmig, im andern rundlicher und tiefer, dort aus Moosfasern in frischer, grüner und gelber Farbe, hier loser und schwärzlich, durch leimartiges Speicheldrüsensecret zu- sammengeklebt und verdichtet, besonders am Rand und an den An- heftungsstellen vorherrschend mit Leim-Masse. (T. XIV, f. 5, wo am Lavagestein das Nest — gelb und grün — so dargestellt ist, dass man an ein Vorherrschen fibrillenarmer Bartflechte denken möchte.) Mein Exemplar, ebenfalls von Dr. Grärre und von Upolu, ist 2” 11 lang, 1‘ 9“ hoch, nach der Schmalseite 14” breit, 1° 4° tief, vom Fels gelöst ohne Rückwand und etwa von der Gestalt eines Rauch- schwalbennests; es besteht so gut wie ausschliesslich aus dunkel- bräunlichen Laubmoosen (Jungermannia und F'rullania), denen nur ein einziger längerer Stengel grünen Mooses und drei Päckchen einer zierlichen gelben Bartflechte (Usnea) beigemischt sind; das ganze ist locker und durchsichtig, am dicksten im Boden (4), aber durch den Speichel in festem Zusammenhang, stellenweise und über den Rand durch den Leim glänzend, als ob Schnecken darüber gekrochen wären. Der malayische Baumsegler (Dendrochelidon Klecho BoıE Horsr.) klebt sein Nest an Hochbäume und leimt aus Federchen, Baumflechten und Rindenschüppchen ein pergamentdünnes Nestchen zusammen, so klein und so zerbrechlich, dass der brütende Vogel und die heranwachsenden Jungen beim Sitzen den Ast zu Hilfe neh- men müssen. * Vergl. Bernstein, Journ. f. Orn. 1859, 111. a A. Breum fand am blauen Fluss in den Gipfeln von Palmen das Nestchen des Zwergseglers (Öypselus parvus LicHT.) zwischen die Falten der Fächerblätter festgeklebt, löffelförmig an senkrechtem, breitem Stiel aus Baumwolle zusammengeleimt und mit Speichel- kleister dick überzogen; die Eier werden mit der Spitze festgeleimt, weil sie beim Schwanken der Blätter herausfallen müssten, ja sogar die Jungen seien so befestigt bis sie sich selbst festkrallen können. Meine früheren Zweifel, ob hier nicht ein Irrthum vorliege, da sonst bei der Bebrütung die Eier umgewendet werden müssen und ein zufälliges Ankleben an solchen Stoff nicht ausgeschlossen schien, sind durch weitere Beobachtungen Hevuerin’s entkräftet; die Stellung auf die Spitze mag also das Umwenden der Eier ersetzen, gerade wie bei den Megapodiden im natürlichen Brütofen. Auch unsere heimischen Arten Mauer- und Alpensegler, denen gleichfalls über die Fortpflanzungszeit die Speicheldrüsen auffallend anschwellen, dürfen hier nicht übergangen werden. Als reine Luftvögel mit kür- zesten Füssen und überaus langen Flügeln sind sie genöthigt, die Neststoffe, Federchen, Papierschnitzel u. d. g. im Fluge zu nehmen oder fremde Nester gewaltsam sich zu eigen zu machen; in beiden Fällen wird mit Speichel verbunden, so dass das Ganze manchmal wie glasirt aussieht. Nach allem Obigen sind es also ausschliess- lich Schwalbenvögel und zwar Cypseliden, die als Leimer zu be- zeichnen sind. 5. Flechter, Nexores. Hieher rechnen wir alle jene zahlreichen Vögel, welche die Stoffe, meist Reiser und Halme, aber auch weiches Material um- einander und ineinander in die Rundung biegen. Im grossen Ganzen sind es Rensıe’s Korbmacher (Basket-making Birds) mit oben offenem, napfförmigem Bau, allein auch geschlossene Nester wie dasjenige der Elster gehören hieher. Ein hervorragend schönes Korbnest ist dasjenige unseres Pirol, frei aufgehängt zwischen einer fest- umwundenen Astgabel. Weiter aufzuhalten brauchen wir uns hier nicht. _ 6. Weber, Textores. Hier stehen wir vor der grössten Kunstfertigkeit. Lange Halme, meist dünn und rund, bisweilen auch breitere Grasblätter, in der Regel dürr und gebräunt, seltener im grünen Zustande, werden theils zu mehreren, theils einzeln, bald in kürzerem, bald aber sehr in die Länge gestrecktem Bau vielfach durcheinander geschoben, stellen- weise auch umgeschlagen, so dass ein Gewebe entsteht, das an 2 lockeren Zeug oder Stramin, auch an Gestricktes entfernt erinnert: vielfach ganz durchsichtig aber schwer zerreissbar. Wunderbar ist, wie Vögel mit dickem und derbem Schnabel solch feine Arbeit lie- fern und ihren Stoff, der, wenn er ausgeht, mit neuem verlängert wird, immer wieder „durchschlagen“ können. Es ist vorerst die zahlreiche Familie der Webefinken (Ploceinae), die im Gewebe wie in der Nestform Ausserordentliches leistet und nächst ihnen sind es die Beutelstaare oder Weber-Pirole.e Bei Besprechung der Form der Nester überhaupt sind einige Typen gewobener Nestbeutel herauszuheben und dort beste Gelegenheit, auch auf die angewen- dete Technik weiter einzugehen. Hier soll nur noch darauf auf- merksam gemacht sein, dass solche bis auf den für die Aufnahme der Eier bestimmten dichteren Raum durchsichtig gewobene Bauten, frei aufgehängt, im heissen Clima gleichzeitig vor den Sonnenstrahlen schützen und doch die nothwendige Luft durchlassen. 7. Schneider, Sutores. Die hieher zu beziehenden Fälle sind ziemlich selten. Unser südeuropäischer Cistensänger (Cisticola schoenicola Br. Kr.) ‚setzt sein „Cocon“-ähnliches Nestchen in einen dichten Büschel (ich habe bis zu 94 Halme und Blätter gezählt) von grünenden Seggengräsern (Carex), die er mit feinen Stichen durchbohrt, einen nach aussen geknoteten Pflanzenseide-Faden durchziehend, der den Bündel zu- sammenhält und ihn mit dem flaumigen Einbau verbindet. Auch andere Arten der in verschiedenen Unterabtheilungen sehr zahlreich über Africa und Südasien verbreiteten Drymoica-Gruppe mögen Ähn- liches leisten. Der Schneidervogel (Orthotomus Horsr. longt- caudus s. Sylvia sutoria Gm.) in Ostindien heftet auf gleiche Weise sein etwa Hühnerei-grosses Baumwoll-Nest an die Spitze eines ge- streckten, breiten Blatts an, oder es wird für vollständige Umhüllung ein welkes Blatt aufgepickt (?) und an den Rand eines lebendigen angenäht (Abbildg. Pennant, Ind. Zool. T. 8). Andere Verwandte verfahren ähnlich, so der artlich zum vorigen von GraY beigezogene Orthotomus Benettii Sykes, welcher innerhalb zweier zusammen- genähten Blätter nistet, ferner der nicht minder nächstverwandte O. ruficapılla Temm., welcher seinen Bau vermittelst Spinnweben in eingestochene Randlöcher eines Hängeblatts befestigt, sowie Prinia familiaris Horsr., gleich den vorigen auf Java zu Hause, die zwei oder drei Blätter eines Strauchs oder einer Malvacee an den Rän- dern durch eine vollkommene Naht verbindet. SE 8. Filzmacher, Coactores. N Hier werden weiche und elastische Stoffe, Wolle und Haare von Thieren, auch Flaumfederchen und Insectengespinnste, Seide, Wolle und Pappus von Pflanzen, ebenso Moos und sonstig für derartigen Zweck dienliche Stoffe zu einer zusammenhängenden, oft sehr com- pacten Masse verarbeitet. Als niedrigste Stufe können die Nester der höhlennistenden Meisen gelten. Unser Buchfink nebst Ver- wandten und die geschlossen bauende Schwanzmeise verfilzen Haare, Pflanzenwolle, Moos, Flechten und Insectengespinnst, vor- herrschend Moos die Goldhähnchen. Auch die Zaunkönige können hier genannt werden und viele unserer Vögel verarbeiten wenigstens den Einbau in solcher Weise. Das Nest der Beutel- meise ist aus Pflanzenwolle von Weiden und Pappeln (selten Schaf- wolle beigemischt) und durchgezogenen hanfartigen Fasern oder langem braunem Weidenbast, womit es auch an den umwickelten Weiden- zweig aufgehängt wird, dicht aber etwas knollig gefilzt; der kurz- röhrenförmige Eingang der weissen oder bräunlichgelben Retorte be- steht oft ausschliesslich aus reinweiss-schimmernder Pflanzenwolle. Der cap’sche Beutelsänger (Hemipteryx textrix Sw. V.) hängt sein gerundetes, sack- bis walzenförmiges Nest in Zweige von Sträu- chern und verwendet ohne jede Beimischung von Fasern braungelb- liche Pflanzenwolle, die, wenn man auch die einzelnen Päckchen noch erkennen kann, doch sehr fest, zunderartig, zusammengefilzt ist; der seitlich oben befindliche Eingang bildet eine kurze, oft nur angedeutete Röhre und unmittelbar unter dieser steht ein kleiner, napfförmig vorspringender Wulst als Fusspunet um sich von hier aus in den weichen Eingang hineinzuschnellen, nur da fehlend, wo ein vorliegender Zweig ihn überflüssig macht; bei anderen Exem- plaren sind auch Thierhaare beigemengt oder ist die Oberfläche mit Spinnweben geglättet; das hier zur Beschreibung genommene Exem- plar hängt an einem dünnen, gegabelt durch die Hinterwand gehen- den Zweigchen einer Erica, ein anderes ist viel gröber und aus reiner Schafwolle an kleinfingerdickem Ast. Auch der „Capocier“ (Dry- moica macroura Sw.) verfilzt dort sein geschlossenes Nest fast ganz aus Baumwolle. In Australien bauen Malurus leucopterus W. et Gam. und Acanthiza lineata Go. nächstverwandte Nestchen, jene an eingebauten Zweigen hängend, mit ziemlich weitem Eingang, der sich kaum vorschiebt, manchmal nach unten geschwänzt, diese mehr mit einem Vordach über ‘der seitlichen Öffnung des Beutels und freier, oft an langem, gewickelten Fortsatz aufgehangen. Die Se Hauptmasse besteht aus langen Fasern — bei der ersteren Art aus braunrothen von Cocos — denen kreisrunde, papierartige Insecten- puppenhülsen, selbst Zeitungspapier, dunkelgrüne Insectenseide, Flech- ten, feinster Bast, Pflanzenpappus u. d. g., locker und weich aber gut verbunden, beigefilzt sind. Auch das (offene) Nestchen eines australischen Zosterops zeigt sehr fein ähnliche Verbindung. Exo- tische Beispiele dichtester wie lockerer Verfilzung könnten noch in Menge beigebracht werden, wir schliessen aber mit den Colibris. Das Nest des guyanischen Topas-Colibri (Topaza s. Trochilus pella L.), von welchem ein Duzend zur Beschreibung vorliegt, ist meist auf und in ein horizontales, gegabeltes Zweigchen eingesetzt und dann halbkugelig oder doch nur wenig länger, mit tiefem, am Rande ein- gezogenen Napf, oder es bekommt, wenn an einen abwärts hängen- den Ast seitlich angeheftet, eine langgestreckte, einem abgestutzten Kegel vergleichbare Gestalt, z. B. beim längsten stark 43° lang, oben 2, unten etwas über 1° breit bei 15° weitem und etwa ebenso tiefem Napf, so dass im Vergleich zu kurzgerundeten Exemplaren fast zwei Drittel überflüssige Zugabe sind; bei einem solchen kür- zeren Stück fällt der conische Bau bei nicht völlig 24° Länge von 1” 93 auf 103° schroff ab, dafür sind aber unten an der Zweig- Gabel knorrige Ausbauten: der Stoff besteht ganz ausschliesslich aus roströthlicher (dunkel-chamoisfarbiger) Pflanzenseide, die nach Art von Zunder dicht verfilzt ist und auch so wie dieser brennt, an grö- beren Nestern, namentlich an einem unfertigen, in kleinen knolligen Packetchen, an den schöneren innen recht glatt und aussen mit einer Art von Spinnweb fein überzogen. Nächst verwandt sind kaum halb so grosse Nestchen, deren ich verschiedene unter dem Namen Tr. squamosus Licht. aus Paramaribo erhalten habe; in eine spitz- winkelige Gabel eingebaut, endigen sie zugespitzter als jene, haben aber gleichen Stoff in gleicher Verarbeitung, nur dass die spinnweb- artigen Seidefäden aussen dichter angebracht und in diese Baum- flechten (Parmelien) eingeglättet sind. Der nordamericanische Tro- chilus colubris L. verfilzt sein weit lockereres Nest mit graubräun- lichem Pappus, Farrnkrautfäden, auch Blattstückchen u. d. g. Diesem recht ähnliche, nur kleinere, manchmal auch auswärts fester ver- filzte, auch mit Moos gemengte Nester — eines auf breitem, immer- grünen horizontalen Blatt, andere an aufwärts gerichtetem, gefäl- telten Palmblatt — liegen ohne nähere Bezeichnung aus Surinam mir vor. Ebenfalls von dort rührt ein Colibri-Nest her, welches hängend in einen Farrnwedel so eingebaut ist, dass bei oberer Breite Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 18 — 214 — von 1” 3° und einer Napf-Tiefe von nur 8° ein fünf Zoll langer, nach unten verschmälerter Cylinder, gleichsam ein massiv geschwänz- tes Nest frei balancirt; der Grundstoff ist nur grünes feingegliedertes Laubmoos, sauber verfilzt mit einigen äusserlichen Beigaben von rothen und weissen Flechten, wobei rückwärts, wo der Farrnwedel durchläuft, weissliche, an diesen hinaufreichende Faserstoffe deut- lich hervortreten. Ein anderes Colibri-Nestchen aus Brasilien ist bei 34” Länge und 14 Breite ganz locker aus Pappus, einigen Stengelchen und vielen braunrothen, glänzenden Pflanzenschüppchen zusammengearbeitet. Das denkbar schönste und zierlichste Stück habe ich unter dem Namen Tr. (Hylocharis BorE) minimus L. einst aus der Cummse’schen Sammlung aus London mitgebracht; nur 1 1’ breit, 1° 24° hoch, 8% weit, 7 tief sitzt es auf einem hori- zontalen Zweig einer Stachel-Euphorbie und ist, einige wenige aussen angebrachte Flechtenstückchen abgerechnet, aus blass röthlichgelber Pflanzenseide verfertigt, die innerlich und am Rand mit ihren sicht- baren Fäden kreisrund gelegt, nach aussen ineinander verarbeitet ist”. Nur anhangsweise soll hier das schon wiederholt erwähnte Nest des Königs-Tachuri in Vergleichung gestellt werden. _Sehr irr- thümlich früher von VieıLor u. A. zu den Goldhähnchen gestellt, baut dieser Vogel ein in den Umrissen sehr colıbri-artiges Nest, innen aus feineren zerschlissenen Fasern, aussen von verwittertem Binsen- bast, manchmal mit beigemengtem Pappus recht geglättet, meist hart und unnachgebend wie Pappdeckel, wie zu Einem Stück ver- arbeitet; hier hat eine gewisse Verfilzung, aber auf nassem Wege stattgefunden, somit nicht hieher gehörig; hier ıst ausserhalb gerade wie innen am Singdrosselnest mit Pflanzen-Mulm „gemauert“ oder, praeciser gesagt, unter Beihilfe von Speichel geleimt. Nach der Form haben wir die Nest-Erbauer in fünf Gruppen einzutheilen, wobei auf 1—2 offene, auf 3—D geschlossene Nester kommen. 1. Flach-Bauer, Planantes. Absolut tafelflach ist überhaupt kein Nest, weil unter allen Umständen der Vogel brütend die Unterlage vertieft und diese die sonst auseinander rollenden Eier zusammenhalten muss. Vögel mit nur allerwenigstem Nestmaterial, auf der Erde, im Sumpf und in *® Gray nennt 469 Colibri-Arten! Thienemann, Fortpfl. d. ges. V., 112—120 beschreibt die Nester von 17 Arten, doch sind solche inzwischen weit zahlreicher bekannt geworden. — 25 — Felsen, auch Tauben, gehören vorzugsweise hieher. Wenn ein Thurm- falken-Paar (Warthausen) einen früher von Milanen und Bussarden benutzten Horst, dessen Tiefe und Weite ihm wohl unheimlich war, völlig ausgeebnet hat, so gehört diess hieher, nicht aber deckt sich unser Begriff völlig mit demjenigen von Rennıe's „Plattformbauern“ zu denen z. B. Adler, Reiher und Störche gezogen sind. Allerdings _ übertrifft auch dort der Durchmesser weitaus die Höhe des Nests, jene gehören aber unserer nächsten Gruppe an. Je flacher ein Nest, desto eher kann der Brutvogel, weil nicht zu vertieft sitzend, die Umgebung überschauen, beziehungsweise wird so die weite Umschau hoch nistender Vögel am niedrig stehenden Nest ausgeglichen. 2. Napfbauer, Catinantes”. Der offenen Napfnester ist eine Unzahl vom grössten bis zum kleinsten. Meist sind sie kreisrund, manchmal, dem Vogelkörper entsprechend, in die Länge gezogen, besonders wenn das Substrat eine Einklemmung bedingt, an Felsen angeheftet bisweilen löffelförmig vorgestreckt; ihrer Tiefe nach sind sie oft recht flach, öfter über halb- kugelig ausgehöhlt wie bei Buchfink und Singdrossel sowie auch, ohne dass wir hiefür einer besonderen Bezeichnung hier bedürften, ceylin- drisch vertieft, wie bei vielen Rohrsängern, wo die Weite von der Tiefe sehr bedeutend übertroffen wird; öfters ist der Oberrand des Nests eingebogen, einwärts zusammengezogen. 3. Wölber, Concamerantes. Hieher sind all jene Vögel zu rechnen, welche ein bis auf einen kleinen Eingang um und um geschlossenes Nest an fester Unter- lage, sei es an senkrechtem Gestein, sei es am Boden oder auf und zwischen Ästen, unaufgehängt erbauen. Es sind diess vorerst REnnıE’s „Dombauer“ (Dome-Builders), wie Laubsänger, Goldhähnchen, Schwanz- meise, Zaunkönige, Wasserstaar und Elster, es treten aber ausser einer stattlichen Zahl exotischer Vögel auch jene mauernden hinzu, die ihr Nest abschliessen und die gelegentlich des Stoffs bereits ge- nügend besprochen sind. Die zahlreichen Zaunkönige der alten und neuen Welt sind im Standort des Nests sehr wenig wählerisch und bauen dieses in Erdabstürzen wie im Gesträuch oder Nadelholz, in Waldhütten, Mauerlöcher, ja selbst in eine aufgehängte alte Mütze u. d. g.; je nach dem verschiedenen Bedarf sind deshalb die dem * Catinus, Tiegel, Napf; a torquere, drehen und figulus, Töpfer war nichts anzufangen. 18* — 276 — Standort angepassten Nester bald enorm gross, bald winzig klein und in vielen Fällen wird die Einbaustelle mitbenützt, so dass z. B. in einem Erdloch dieses nach hinten ausgerundet und nur dünn aus- gekleidet wird, während die Hauptmasse mit dem kleinen Eingangs- loch weit vorgebaut ist. Bei den Zaunkönigen finden sich oft zahl- reiche und in nahem Umkreis unbenutzte Moosnester, denen das innere Federbett fehlt; sie werden sicher mit Recht unter den Be- zeichnungen Hahn-, Vergnügungs-, Verzweiflungs-Nester unbeweibten Männchen zugeschrieben — gleichsam ein remedium detinens gegen das Coelibat —: für Specialfälle glaube ich jedoch sicher zu sein, dass gerade das beweibte Männchen sie verfertigt hat um vom rich- tigen Nest mit dem eben brütenden Weibchen abzulenken. Dass die Goldhähnchen-Nester, auch wenn sie freier hängen, hieher und nicht in die nächste Gruppe gestellt sind, kann wohl kaum ange- fochten werden: der kugelige Bau ist doch zu Zaunkönig-artig, sitzt manchmal auf einer „Zwiesel“ oder einem „Hexenbesen-artigen“ Auswuchs auf und steckt, auch wenn er unten völlig frei ist, dicht im Tannenzweigicht. Das Nest unserer Elster, die auch grüne Zweige zu diesem Zweck selbst abbricht, ist in seiner Umhüllung von Reisig und Dor- nen meist kugelförmig mit seitlichem Eingang, es kommt aber bei geeigneter Zweigbildung auch vor, dass eine obere Decke mehr wie ein freies Dach schlecht verbunden darüber schwebt. 4. Beutler, Suspendentes. Nach der Arbeit können wir Filzbeutler und Webebeut- ler unterscheiden. Die ersteren sind gelegentlich der Filzmacher bereits ausführlich besprochen. Einige gröbere Hängenester passen nicht recht in jene beiden Gruppen. Nach Prinz Wien errichten Anabates (Triphophaga Cap. u. Malacurus Rene.) erythrophthalmus und A. rufifrons Wien jener einen länglichen Ballen ineinander ge- flochtener Reiser an einer Schlingpflanze in hoher Baumkrone auf- gehängt, dieser 3 Fuss lang einen ähnlichen von kurzen, theilweise halbfingerdicken, unordentlich und stachelig hervorstehenden Reisern; indem der Vogel alljährlich auf dem alten Nest neu weiter baut ent- steht, in Gebüsch oder auf Seitenästen an Bäumen hängend, eine Last, die ein Mann kaum schwebend halten kann. Eng schliesst sich hier ein ebenfalls rauher Bau an, welchen ich als denjenigen einer Fliegenfängerart vom Cap d. g. H. 0) erhalten habe; bei 173” Länge, einem mittleren Umfang von etwa 10° und nach unten keulen- — 277 — förmig verbreitert, zieht sich bis über das Ende eines abwärts hän- genden Zweigs mit Ficus-artigen Blättern ein grober Wulst, vor- herrschend aus langem, feinem grünem Moos mit beigemengten schwarzen Würzelchen, sperrigen Zweigchen und einigen Blättern, alles in der Lage nach abwärts gerichtet und unverflochten, in der oberen Hälfte durch steckenartige dürre Zweige sparrig; nur in der unteren Rundung ist eine kleine Höhle und um das seitliche Eingangs- loch mehr geglättet nebst etwas Spinnweb und wenig Pflanzenseide. Das Hängenest ist zu bezeichnen als Sack wenn oben offen, als Beutel wenn mit nur engerem Seiteneingang, als Retorte wenn das seitliche Eingangsrohr vorsteht; öfters bildet dieses einen ab- wärts gerichteten längeren Schlauch. Wirklich unterhalb angebrachte Eingänge sind selten, wohl aber kommt es scheinbar dann vor, wenn die Vorderwand des eigentlichen :-Nests mit der Eintrittsstelle in dieses durch eine abwärts gehende Eingangsröhre verbaut ist. Bei- spiele der verschiedenartigen Technik geben sich am besten durch Beschreibung ausgewählter Exemplare meiner Sammlung. la, b. Der Grenadier-Feuerfink (Euplectes ory& Sw.) baut in Südafrica aus breiten und harten, dürren Prairiegräsern, denen auch dünnere, runde Stengelhalme sparsam beigemischt sind; bei a sind die recht breiten Gräser einzeln, bei b meist schmälere ver- worren durcheinander gesteckt, kreuzweise auch in kurzen Stichen oder stellenweise umeinander geschlungen; a (Cap) mag als typisch gelten und hat bei ziemlich walzlicher Gestalt im oberen, etwas grösseren Drittel den fast 2” hohen, 14” weiten Eingang wie ein kurzes Vordach übergebaut, schräg aufwärts an der Insertionsstelle des Dachs mit weiten Schleifen, die einst einen Gabelast umfassten ; der 24” lange Untertheil, im Grunde mit Pflanzenpappus weich aus- gefüttert, ist dichter als der durchsichtige Überbau, dünnwandig und tief; das Ganze, auf die Rückseite gelegt, ähnelt einem groben Filz- schuh. Bei b (Transvaal) gleicht die Gestalt — beide sind 5” lang — mehr einem breitgedrückten Oval, ein Vorbau fehlt, der Eingang ist über 2” hoch, 14” breit und eiförmig, die Wandungen und na- mentlich der unausgefütterte Napf sind überall recht dick, während nach hinten eine Ausbauchung stattfindet, aus welcher in gewickel- tem Fortsatz das Nest an einen dünnen Zweig gehängt ist. Nach- dem a völlig mit weiteren des K. Naturaliencabinets in Stuttgart und mit der Beschreibung Tuıenemanv’s (nach welchem sie im Rohre nisten) übereinstimmt, bin ich im Zweifel, ob b trotz seiner ausdrück- lichen Bezeichnung nicht einem der vielen anderen Webefinken angehöre. — 298 — Heveuim (Orn. N. O. Africas) sagt vom nächstverwandten Euplectes ‚ flammiceps Sw., dass die Nester, denen der eben beschriebenen Art sehr ähneln und für E. franeiscanus HarıL. bemerkt er, dass die ziemlich leichten, verhältnissmässig kleinen, dünnen, lockeren und wenig tiefen Nester aus grünen Halmen erbaut und 2—4 Fuss hoch zwischen beisammenstehenden Durrah-Stengeln aufgehängt seien. II. Ein Nest vom Schwarzkopf-Webefink (Hyphantornis badia Cass. — Ploceus affınis HrvcL.) vom Bahr el Ghasal ist rück- wärts an einem einzigen Zweigchen von Platanocarpum africanum Hoox. aufgehängt und schliesst sich nächst an die vorbeschriebene Art an; ringsum gleichförmig 3° breit, über 4” hoch, wäre es ohne den dachförmigen Vorsprung, der die stärkste Rundung gerade er- reicht, kugelig; der Eingang (22° zu 14°“) ist breit, die Dürrgräser sind auswärts recht fein, nach innen grob-breitblätterig, parthienweise durcheinander geschleift, über dem Dach vielfach und kurz, wie gekräu- selt, durchgeschlagen; das Innere hat feinste Halme und keine besondere Ausfütterung, die Kante am Eingang ist scharf einwärts gezogen. II a,b. Gelber Webefink (Hyphantornis vitellina Gr. LicHt.). Zwei unbezeichnet, jedoch mit zahlreichen Eiern dieser Art durch HevsLım erhaltene Nester von Bongo am weissen Nil können zu dieser Art gehören. Das eine hat oben einen 4” langen gedrehten Fort- satz für die Verbindung mit einem Hängezweig, der Nestkörper selbst ist nicht völlig 5° lang, recht schmächtig, allweg kaum 2“ breit und endigt mit 1” 8% von unten herauf in einem kleinen, dünnen, oben ganz herauf offenen Sack, dem ein oben kurzgeschwänzter, verkehrteonischer, nach unten weit offener Anbau von gleichem Durchmesser wie das eigentliche Nest so vorgesetzt ist, dass eigent- lich ein zweites Nest, des Eingangs wegen unten unausgeführt und nach innen ohne Scheidewand, ein thurmförmiges Vordach bildet. Das andere Exemplar ist noch unvollendet und bildet nur erst zwi- schen zwei Dornzweigchen einen weiten nach beiden Seiten offenen, nach oben und hinten breiten, unten ganz schmalen Ring, ist aber sehr instructiv für die Art der Arbeit. Harte, meist ziemlich breite Gräser werden nicht nach der Längenriehtung sondern stets an der eben in Bearbeitung stehenden Stelle ganz eng anschliessend immer wieder in kurzen fast kreisförmigen Maschen durchgeschlagen, ge- radezu gestrickt, so dass auch die Enden unfertiger Stellen stets einen durchgeknüpften festen Abschluss haben; die Oberfläche wird hiedurch vollständig und gleichmässig rauh gekräuselt. HrusLın giebt vom Nestbau dieser Art ausführliche und anziehende Beschreibung: — 219 — „An schwanke überhängende Zweige auf 3—20 Fuss Höhe befestigt er sein kunstvolles Nest, das dicht und schwer aus frischgrünen Gras- halmen erbaut wird. Es ist beutelförmig und zumeist mit seinem oberen, sehr schlank ausgezogenen Ende nur an einen einzigen dünnen Zweig angeheftet, so dass der geringste Lufthauch dasselbe in eine schaukelnde Bewegung versetzt. Häufig stehen diese Baue so, dass sie einen grossen Theil des Tages Schatten haben. Sehr viele frische Nester fanden wir unbelegt; diese werden wohl bei Nacht und Unwetter von den Männchen benützt, die übrigens offenbar das Weben und Bauen nicht nur aus Bedürfniss sondern aus Liebhaberel treiben. Zuerst wird ein durchsichtiges leichtes Gerüst geflochten (?) und dieses dann mit feineren Grashalmen durch Einweben mehr und mehr verdichtet. Das Schlupfloch ist meist seitwärts und unten ange- bracht, zuweilen noch in eine kleine Röhre ausgezogen. Bei der Construction selbst kann man neben der Geschicklichkeit im Ver- flechten des Materials auch die Gewandtheit der kleinen Baumeister ım Klettern nicht genug bewundern. In allen Stellungen, oft den Kopf und Körper abwärts gerichtet, laufen sie um den ganzen Bau herum und an demselben auf und ab.“ * IV. Der goldstirnige Pirol-Webefink (Hyphantornis oli- vacea Gr. — FPloceus capensis et aurifrons auct.) baut in Südafrica ein festes, recht massives und schweres Nest, schräg-oval, auch an- nähernd sphaerisch, seitlich abgeplattet, 5° hoch, 3° dick, 8% lang; hinten und abwärts ist es stärker ausgebaucht, in der Mitte seines Durchmessers in freiem Anhängsel an einen Ast befestigt, mit seit- lichem Eingang nach unten, welcher sich oben ununterbrochen aus der Rundung fortsetzt, unten durch Einschnürung 1” weit vorspringt und eine Weite von 24” hat: innerhalb des eingeschnürten Unter- theils vom Eingang wölbt sich die Rundung des Nestsacks fort- * Mit meinen, allerdings zweifelhaften Exemplaren stimmt diese Beschrei- bung nicht recht, hier kommt es aber nicht auf die Art sondern auf die Arbeit an. An ein späteres Verdichten locker ausgeführter Webefinken-Nester glaube ich überhaupt nicht und vermuthe, dass hier ohnehin zu leicht gebaute „Ver- gnügungsnester“ von Männchen vorgeschwebt haben. Heuglin hat von verschie- denen Webern (Textor alecto, Nigrita Arnaldi, Hyphantornis galbula, H. Guerint, H. luteola) zwar die Nester beschrieben, aber nur die Eier mitgebracht. Hier dürfte Gelegenheit sein, zu erklären, warum „Koenig-Warthausen, Neottio- logische Studien“, von Heuglin Anfangs öfter citirt, nicht existiren. Es war damals begonnen, die Fortpflanzungsgeschichte von H. beobachteter Vögel zu einer besonderen Arbeit zusammenzustellen, allein unausgesetzte Anderungen Sei- tens des Beobachters in Artbestimmung, Nomenclatur und Numerirung (Folge gleicher Unsicherheit wie Gewissenhaftigkeit) nöthigte mich, den Plan aufzugeben. — 280 — laufend aufwärts weiter, so dass die äussere Tieflage des Eingangs die für die Aufnahme der Eier bestimmte Höhlung nicht beeinflusst. Derbe, meist schmale und sehr lange Prairiegräser (Cyperaceen) sind einzeln oder zu mehreren durcheinandergesteckt, in Zwischenräumen durchgeschlagen, öfters wie geknotet: im kurzen Eingangsrohr, auch da wo es aus der Nestrundung sich nur weiter wölbt, findet wie bei den unter III beschriebenen eine kurze, maschig-gerundete, krause Verschlingung statt, wodurch dieser Theil vom mehr geglätteten Übrigen sich deutlich abhebt. V. Ein Webefinken-Nest aus Westafrica, ohne nähere Bezeich- nung erhalten, rechne ich zu den schönsten. Das eigentliche Nest bildet ein fast 7” hohes, 43“ breites, etwa 24” dickes, seitlich platt- gedrucktes Oval, aussen aus dünnstengeligen, nach innen mehr aus breiteren dürren Gräsern fest, aber etwas durchsichtig verwoben; vorn herab vom Oberrand, in der nach unten scharf hervortretenden Abschnürungslinie beiderseits mit eingewobenen Resten des tragenden Palmblatts, verläuft ein abwärts hängendes, langes, schlauchartiges Eingangsrohr, von der obersten Insertionsstelle gemessen, über 21“, frei hängend 15” lang; würde man es oberhalb entfernen, so entstünde am eigentlichen Nestkörper vom inneren Eingang ab ein schlitzförmiger, ziemlicher Ausschnitt aus dem Oval. Dieser Röhrenschlauch, etwas nach rückwärts gekrümmt und mit ovalem Durchschnitt, verbreitert sich stetig gegen den Ausgang (oben 24 : 34, unten 34 : 54”) und ist aus feinen, längsten, gerundeten Grasrispen in nur einer einzigen weit-maschigen, spitzwinkelig gekreuzten Lage völlig durchsichtig, aber glatt und fest gewoben. wobei kaum je ein Gras-Ende hervor- steht. In diesem „straminartigen“ Schlauch können die Vögel be- quem auf und ab steigen. VI. Der Nelicurwi-Webefink (Nelicurvius BP. Ploceus pen- silis V. Gm.) möge als asiatisches Beispiel die Reihe der Finken- vögel beschliessen. Sein vielbesprochenes Nest liegt in allen Phasen , des Baus in 10 Exemplaren von der Westküste Ostindiens (Mangalore, Prov. Canara) vor. Alle ausnahmslos bestehen aus dem gleichen feinen und langen Grase und sind an langem, etwa 5—12° messendem Schwanz an Palmblättern aufgehängt — angeblich, wie auch häufig sonst, über Wasser, jedenfalls für Feinde in genügend luftiger Höhe; die Textur ist dicht, ziemlich fest und etwas verworren. Nur erst angefangene Nester zeigen einen unten weit offenen, conischen Sack, bei fortgesetzter Arbeit eine Theilung in zwei Kammern, etwa so wie Rennıe (T. 44) ein unvollständiges Nest des ähnlich bauenden — 2831 — Baya (Ploceus bengalensis Cuv. L.) darstellt, oder es hängt vorerst m den offenen Raum nur ein fest geflochtener Bügel herab um die Scheidewand zwischen Nisthöhle und Eingang vorzubereiten. Im weiteren Fortschritt scheiden sich Nestsack und Eingangsrohr. Vor- geschrittenerer Ausbau zeigt den fertigen Nestsack, langgestreckt- oval, fast flaschenförmig und von verschiedener Grösse, 8—12” lang mit einem Umfang von 12—1X; die vordere etwas gewölbte und ım Rand eingezogene Wand der zur Aufnahme der Eier bestimmten Mulde ist nur 1—2” hoch, innerlich über sich einen hohen und weiten kegelförmigen Raum, nach aussen einen langen Schlitz lassend, wel- cher mit der abwärts gerichteten Eingangsröhre, oben beginnend, derartig übersponnen wird, dass die Stoffe von dieser auch den Nest- körper überziehen. Von vollendeten Nestern mögen einige genauere Beschreibung hier finden. a ist im Ganzen 2° 6” lang, wovon 144” auf den dünngeschwänzten Ansatz, mit welchem es um ein Palm- blatt gewickelt ist, und 11” auf die freie Eingangsröhre kommen: der Nestsack ist etwas plattgedrückt, 3° ım Queerdurchmesser, hinten gerade, unten herausgewölbt; die Röhre, soweit sie von ganz oben her mit dem Sack verwoben ist, gliedert sich durch leichte Ein- schnürung ab, geht anfangs dachförmig schräg vor und fällt erst in freier Lage tief abwärts; sie ist überall gleich weit, etwa 2%, locker und ganz durchsichtig, aber entfernt nicht zu vergleichen mit der pünctlichst gearbeiteten bei V aus Westafrica. b hat oben ähnlich langen Aufhänger, aber er ist über 2° breit abgeplattet und im Winkel gebogen, und befindet sich ziemlich in der Mitte über dem etwa 8“ langen, 64“ breiten, in seitlicher Richtung auf 23” abgeflachten Nest- körper, welcher von oben herab ringsum mit dem um 5 lang vor- springenden Eingangsrohr übersponnen ist und das deshalb so weit blieb, dass man die Hand einführen kann; hier ist also anstatt langem Schlauch ein kürzerer und weiter Überhang. c hat eine Gesammt- länge von 2° 34” (76 mm.) und unter dem Aufhängeschwanz zwei nach hinten kugelig ausgebauchte Beutel, je 54” hoch, mit einander durch ein kurzes Stück der Röhre (14) verbunden, die sich hier etwas verengt und unter dem Ganzen 3“ lang sich fortsetzt. Dieses ist also ein Doppelnest (nidus geminus) und es kom- men sogar dreifache vor. Derartige sind verschiedenartig gedeutet worden. Dass ein neues Nest an ein ausgebrauchtes älteres erst später unten angebaut worden sei, dagegen spricht deutlich die Gleich- artigkeit des Baus und das Material, das offenbar durchaus aus ein und derselben Nistperiode’ stammt und sich von einem Theil in den BR ‘andern verbindet. Auch an Gesellschaftsnester mehrerer Paare lässt sich nicht gut denken. THIENEmANN nimmt als wahrscheinlich an, dass der unterste der Beutel für die Brut diene, so dass also ein weiter oben befindlicher als ein Vergnügungsnest des baulustigen Männchens oder der unterste als die Correctur eines nicht nach Wunsch ausge- fallenen anzusehen wäre. Ich möchte umgekehrter Ansicht sein: das Weibchen, bei welchem öfters Gefahr im Verzuge ist, besetzt wohl ein eben in der Eile meist etwas klein ausgefallenes Nest wäh- rend das Männchen weiter baut um eine Vorhalle zu schaffen, in der es, gegen die Witterung geschützt, Wache halten kann und welche den heranwachsenden Jungen den Vortheil gewährt, sich vertheilen zu können: gerade die mehrfachen Nester haben geringeren Innenraum und die Verdoppelung muss die in anderen Fällen bedeutende, für die Aus- dehnung der Jungen nöthige Höhe und Weite ersetzen. Bei allen Webern sind gerade die Männchen hervorragende Künstler und selbst im Käfig ziehen sie Halme und Fäden durch das Gitter. Ein hübscher Volksglaube lässt den Nelicurwi täglich einen lebenden Leuchtkäfer innen ankleben, um der Frau die Wochenkammer zu erleuchten. VI. Aus der Familie der Beutelstaare oder Weber-Pirole (Ieteridae) scizzire ich drei Nester, die ich’ unter dem nicht völlig sicheren Namen von Üassicus icteronotus V. aus Surinam erhalten habe. Sämmtlich bilden sie einen langen und weiten, gerade ver- laufenden, stark plattgedrückten, unten abgerundeten Sack. Bei einem mittleren Umfang von etwa 1° 3” (35—42 cm.) sind sie nach oben kaum verjüngt und nach unten kaum etwas dicker, unter dem seit- lich stehenden Eingang gemessen 2°, 13° und 104” (50—29 cm.) lang, bei hinzugerechnetem Eingang hinten nach oben je um rund 3“ noch länger. Der Eingang, mehr ein weites Thor, steht beim kleinsten rechtwinklig ab, ist an den Seiten eingeschnürt und bildet einen nach abwärts vorstehend spitzig ausgezogenen Hals, innen am Eingangswinkel gegen den Sack verengt, nach vorne weit geöffnet in platt-ovaler 4“ langer, 24° breiter Mündung. Beim längsten ist dieser Hals zwar durch eine Verjüngung kenntlich, aber ohne scharfe Abschnürung und stark nach der Seite gedreht mit noch weiterem, eiförmigen, 4“ hohen, nicht ganz 3” weitem Eingang; bei diesen beiden ist über das mehr oder minder horizontale Vordach eine ab- lösbare, dünne Lage des Neststoffs übergelegt. Das dritte, der Grösse nach mittlere Nest hat den oben 6” unten wenig über 2” vorstehen- den Eingang nur stumpfwinkelig in die Höhe gerichtet, wenig ab- gegliedert, nur nach unten eingeknickt und so weit, dass man die — 283 — Faust bequem einschieben kann; dabei ist es von struppigerem, weit gröberem Bau als die beiden anderen. Jene sind bis zum stärker ver- dichteten Ende ziemlich dünn, durchsichtig und glatt aus langen, meist recht feinen Grasstengeln gewoben, denen stellenweise auch breitere Gräser beigegeben sind. Beim kleinsten Exemplar etwas lockerer, beim grössten sehr schön und fest, sind die Halme, denen jede fremde Beimischung fehlt, einzeln oder zu zweien, dünnste oft über ein halbes Duzend auf einmal und neben einander gelegt, durcheinander gewirkt, vorzugsweise der Längenrichtung folgend, nur in spitzigem Winkel durcheinander geschoben und geflochten, manchmal in kür- zeren Stichen queer genäht oder in Maschen durchgeschlagen ; einzelne Halme laufen gradlinig über die ganze Nestlänge durch, so dass sie leicht herausgezogen werden können, was bei queer stehenden, ohne Zerreissen der Verbindung kaum angienge: vorstehende Enden fehlen bei sorgfältigerer Arbeit. Eines der Nester hat noch durch die Wände drei lange Blattstiele eingewoben, an denen es aufgehängt war und mit denen es vom Baume fiel. Zahlreich sind auch diese staarartigen Weber und der Nestbau einzelner ist schon oft und ausführlich beschrieben. So nistet z. B. der Feuervogel oder Baltimore-Trupial (Icerus Brıss. Hy- phantes baltimore\V.L.), der bekannte „Hang-Bird“ der Nordamericaner, höher oder niedriger an Baumzweigen in einem cylindrischen Hänge- nest, das aus Hanf, Bast, Pferdehaaren, selbst mit entwendetem Garn und abgebrochenen Pfropfreisern, in oft recht verschiedener Kunst- fertigkeit gewoben ist, manchmal mit weitem seitlichem Eingang, öfter nur mit breitem Deckel horizontal überlegt oder sackartig auf- wärts ganz offen, wenn überliegende Blätter ein natürliches Wetter- dach abgeben. Der westindische Bonana-Trupial (Icterus bonana Daun. L.) baut nicht besonders tief und oben offen aus Fasern und Blättern, die in künstlichem Gefüge verwoben werden: ihn und seine näheren Verwandten hat Vırıror des Hängenestes wegen als besondere Gruppe „Pendulinus“ unterschieden. Nach diesem etwas längeren Aufenthalt kommen wir endlich an die 5. Wall-Bauer, Accumulantes. Im Kreislauf sind wir mit diesen wieder vorne angelangt, d. h. bei den hügelscharrenden Megapodiden, mit denen wir als „brutlosen Ni- stern“ den Nestbau zu betrachten begonnen haben und welche in ihren rohen Vorbereitungen für elementare Stellvertretung im Brutgeschäft schroffisten Gegensatz zu den letztbehandelten Gruppen bilden: das Geringste neben dem Besten. — 2834 — Nur im Anhang mag hier schliesslich noch einer merkwürdigen Gepflogenheit Erwähnung geschehen, welche, obgleich bauwerkend, nicht direct zum Nestbau gehört sondern mehr nur eine allgemeine Vorbereitung für das Fortpflanzungsgeschäft darstellt. Die Atlas- und Kragenvögel Australiens (Pfilonorhynchus Kun. u. Chlamydera GuLn».), von Gray bei den Pirolstaaren nächst zusammen- gestellt, erbauen am Boden Laubengänge, oft über meterlang, beiderseits weit offen aus aufwärts zusammengewölbten, verschlungenen Zweigen, auch gröberem Reisig und dicht beigemischtem Gras; grelle Federn werden zur Zier zwischen die Zweige gesteckt und glänzende Steinchen, gebleichte kleine Knochen, Schneckenhäuser und zweischalige Conchylien in grossen Mengen und oft von weither beigetragen und vor den Ein- gängen aufgestapelt. In diesen Hallen treiben sich die Paare scherzend und fröhlich herum und freuen sich ihrer gesammelten Schätze. Sie sind als Lauben-Bauer, Umbraculatores (Bower-birds der Engländer) zu be- zeichnen. Da sie ihre drosselartigen Nester an anderer Stelle bauen, können diese „Polterabend-Vergnügungen“ nur mit den Balztänzen gewisser Vögel in Vergleichung gestellt werden. Wie die Kampfstrandläufer ihre Scandale in Scene setzen, hat Naumann vortrefflich geschildert; nach L. Zıester hat die Pfuhlschnepfe (Scolopax major L.) ebenfalls Tanzplätze; die Balztänze des Felsen- Schmuckvogels (Rupicola aurantia Briss.) in Britisch Guyana kennen wir durch R. Schomgursk; auch die graziösen Grotesksprünge des Jungfern-Kranıchs, die ihm den Namen Demoiselle verschafft haben, sind hierauf zurückzuführen. Auch Balzflüge kommen vor. Wir haben bei den verschiedartigen Balz-Erscheinungen zu unterscheiden 1. die- jenige, bei welcher dieser Schmuck-Bau stattfindet, 2. solche mit körperlicher Schaustellung und 3. lärmende. Dieses lärmende Balzen geschieht entweder durch natürliche, mit der Kehle hervor- gebrachte Laute, wie das Schnalzen und Schleifen bei Waldhühnern, oder künstlich wie das weithin schallende Baum-Trommeln der Spechte und das durch Fibration der Schwanzfedern erzeugte schnur- rende Meckern der Becassine. Es dürfte nun so ziemlich alles gesagt sein, was in diesen engen Rahmen passt. Ist auch Manches ungleich ausgeführt und mag auch manchmal die Beispielgabe zu wünschen übrig lassen, so ist doch die Absicht ausgeführt, einen Abschnitt aus dem Vogelleben, der recht viel zu denken giebt, einem nicht zu engen Leserkreis in gedrängtem Bild und in geordneter Form zu wohlwollender Beachtung vorzulegen. Warthausen im März 1890. Beitrag zur Flora von Württemberg und Hohenzollern. Von Professoratskandidat Rieber in Stuttgart. In dem XI. Bericht des naturhistorischen Vereins in Augsburg 1858 hat O. v. Kos die vegetativen Verhältnisse Hohenzollerns und des angrenzenden Teiles Württembergs näher untersucht, und darin speziell auch die Flora der sogenannten Imnauer Gegend. In der württ. Flora von Kemmter und Martens (III. Aufl. 1882) findet sich nun in den Standortsangaben eine ganze Reihe von Pflanzen für die Imnauer Gegend nicht angegeben, obwohl sie v. Korg in seiner Ar- beit für dieselbe aufführt und obwohl KrmmLER diese Arbeit augen- scheinlich gelesen und benützt hat. Da jene Arbeit ein Gebiet be- handelt, das die Flora der Alb und des Unterlandes umfasst, so lässt sich nur denken, dass ihre Standorte nicht aufgenommen wurden, weil deren Lage nicht genau ersichtlich war, oder weil KEmMLER den Angaben keinen Glauben schenkte. (Es finden sich in jener Arbeit allerdings Angaben, wie: der Kegelberg Hohenzollern besteht aus Muschelkalk!) Einsender dieses hat während seiner Ferien die Flora von Imnau und Haigerloch genauer durchsucht und dabei O. v. Korp’s Aufzählung im ganzen richtig befunden, so dass die Standortsangaben bei Kemmter und MarTEns durch die unten folgenden Fundortsangaben ergänzt werden müssen. Gleichzeitig hat Einsender noch eine An- zahl von Pflanzen gefunden, deren Vorkommen in der Imnauer Ge- gend weder von KemmLeR und MARTENS noch von v. Kos angegeben ist, die daher in der folgenden Liste durch ein vorgesetztes Sternchen bezeichnet werden sollen. Thalictrum minus L. an den Bergabhängen oberhalb Imnau in grosser Menge, ebenso Trillfingen in der Lehrerkirchleshalde. *Ranunculus lanuginosus L., Haigerloch bei der Thalmühle. Cheiranthus CheiriL. verwildert an dem Haigerlocher Schlossberg. — 286 — Turritis glabra L. bei Haigerloch, Stetten. Arabis hirsuta Scor., Trillfingen, Halde. * Dentaria digitata Lam., Haigerloch, Thalmühle. ” . bulbifera L., Trillingen im Steig. Sisymbrium Thalianum Gauvin ist auf den Anhöhen des Eyach- thals, welche überall bebaut sind, durchaus häufig. *Ooronopus Rwellii Harzer, Trillfingen am „Strässle“ und andern Feldwegen. Isatis tinctoria L. überall häufig im Eyachthal, selbst an den höchsten Felsen, wie im Starzelthal, wodurch die Verbindung mit dem Standort am Hohenzollern hergestellt wird. Drosera rotundifolia L., Empfingen am bodenlosen See (nicht wilder See), welcher den letzten Überrest eines Moors darstellt, daher die interessante Flora auf einem Fleck von kaum 100 qm (wie Menyanthes trifoliata, Comarum palustre, Sparganium mi- nimum). *Gypsophila muralis L. häufig auf Stoppeläckern in Trillfingen. * Sagina apetala L., Trillfingen auf sandigen Äckern. * Spergularia rubra P. häufig auf Stoppeläckern in Trillfingen. * Hypericum pulchrum L. vielfach in Wäldern bei Imnau und Trillfingen. | Oytiısus nigricans L. häufig an Waldrändern bei Imnau und Trillfingen. Rubus saxatilis L., Trillfinger Halde und Heder. Libanotis montana Arn., Planie bei Trillfingen gegen Imnau. * Galium rotundifolium L., Trillfingen häufig im Eichwald. Artemisia absinthium L. ıst auf allen Abhängen bei Haiger- loch häufig, obwohl ihm von Kräutersammlern viel nachgestellt wird. *Collomia grandiflora Dovcr., Trillfingen im Kirchlof verwildert. *Verbascum Blattaria L., Trillfingen, Thalmühle. * Utricularia vulgaris L., die sog. Heiligengrube bei Trillfingen ganz erfüllend. * Anagallis caerulea Schrer., welches LanG bei Rottweil mit hell- rosenroten Blüten fand, findet sich sehr oft auf Stoppel- und jungen Kleefeldern zwischen Haigerloch und Sulz; es wäre zu untersuchen, ob es nicht eine hybride Form von arvensis und caerulea ist. * Scirpus setaceus L., Trillfinger Eichwald an frisch ausgehauenen Stellen. — 2897 0 — Carex humelis Leyss., Trillfingen, Lehrerkirchleshalde in grosser Menge, sowie an mehreren andern Abhängen. 9 Ährchen hier gewöhnlich 2—4, Früchtchen 2—5, letzteres sogar hier häufig, so dass die Angabe in KEmMLER etwas zu eng begrenzt erscheint. Carex ornithopoda Wırıv., Trillfingen, Lehrerkirchleshalde. * Lycopodium annotinum L., auf Keuper, Wolfenthal bei Hai- gerloch. *Cystopteris fragilis BernH., Haigerloch, Thalmühle. Sonstige neue Standorte: Erucastrum Pollichii SPENNER auf der Höhe des Rechbergs; ge- hört zu den sich immer weiter verbreitenden Pflanzen. Sısymbrium Thalianum Gaupn, Gypsophila muraliıs L. und Spergularia rubra P. habe ich bis jetzt immer in Gesellschaft gefunden; sie bilden die Vertreter der Stoppelfeldflora, wozu besonders noch Anagallıs arvensis und caerulea, Alchemilla ar- vensis, Gnaphalium uliginosum als häufigste gehören. Überall häufig habe ich sie bei Gerabronn, Blaufelden und Gagstadt beobachtet. Diplotaxis angustifolia Dc., Strasse Ostdorf-Balingen. Holosteum umbellatum L., das sich immer weitere Bezirke er- obert, trat im Sommer 1888 bei Bieringen, OA. Rottenburg, auch auf trockenen Wiesen so auf, dass es den Grasboden ver- nichtete. Cirsium acaule Aun., Ishofen häufig. Gentiana pneumonanthe L., Hechingen, gegen den Lindich. Mimulus luteus L. wurde von mir bei Alpirsbach gefunden. Ausserdem bei Hausach im Badischen und am Fuss des Wendel- steins in Oberbayern bei Birkenstein (s. diese Jahreshefte 1885, p- 335). Die Pflanze breitet sich ziemlich rasch aus. Elodea canadensis RıcH. hat sich bei Hechingen in die Weiher der dortigen Brauerei in grossser Masse eingebürgert. Spiranthes autumnalis RıcH., Hechingen, Martinsberg. Ornithogalum nutans L., Gasen der Ruine Stauffeneck bei Süssen. Cystopteris fragilis Dasse auch Sulz. Equisetum variegatum SchL. auch Langenargen am See. Volkstümliehe Pflanzennamen aus dem Gebiet der Rauhen Alb. Von Pfarrer Scheiffele in Kohlstetten. Die folgende Sammlung volkstümlicher Pflanzennamen lenkt die Aufmerksamkeit auf ein Gebiet, welches bislang von unseren vaterländischen Botanikern wenig berücksichtigt worden ist. Es ist dies einigermassen beklagenswert und auffallend. Auffallend, weil es doch sonst bei uns auf allen möglichen anderen Gebieten nicht an regstem Sammeleifer fehlt und das Sammeln von volkstümlichen Pflanzennamen gerade eine Sache ist, die keine besonderen Kosten und Kenntnisse erfordert. Beklagenswert, weil solche Zusammen- stellungen doch einen unleugbaren Wert haben: für den Kultur- historiker, um daraus den Vorstellungskreis, die Denk- und An- schauungs-Weise des Volkes kennen zu lernen; für den Sprachforscher, der an der Hand dieser Register Sprachvergleichung treiben, sowie manche altertümlichen Wurzeln und Formen finden kann: endlich für den Lehrer der Naturgeschichte zur Belebung des Unterrichts. Der Botaniker, als solcher, hat freilich weniger einen Gewinn davon. Die Ursache, warum diesem Zweige der Forschung bei uns bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist wohl eben die, dass andere Disziplinen eigentlich mehr Interesse daran haben als die Botanik selbst, ferner die, dass zur Pflege derselben der fortdauernde, vertraute, sachkundige Verkehr mit dem Volk, der nur wenigen mög- lich ist, unbedingtes Erfordernis ist. — Ausserhalb der Grenzen unseres Vaterlandes beginnt man da und dort gegenwärtig der Er- forschung der Volksnamen der Pflanzen, in gerechter Würdigung ihres Wertes, regeren Fleiss zuzuwenden; davon sind ein Artikel des Gymnasiallehrers GEYSENHEINER in dem 42. Jahresheft des Nas- sauischen Vereins für Naturkunde, sowie reiche bezügliche Anmer- kungen in der Alpenflora des deutsch-österreichischen Alpenvereins — 289 — ein Beweis. Es gilt um so mehr diesen Beispielen nachzueifern, als die Kenntnis und der Gebrauch der volkstümlichen Pflanzen- namen bei dem Volk in der Neuzeit sehr stark im Schwinden be- griffen sind; den jüngeren Generationen sind dieselben beinahe gänzlich fremd; in absehbarer Kürze werden sie fast völlig in Abgang ge- kommen sein. Schuld daran, dass dies Erbe der Väter, das doch manches Goldkorn sinniger und humorvoller Naturbetrachtung ent- hält, verloren geht, ist teils der naturgeschichtliche Unterricht der Schule mit seiner ausschliesslichen Geltendmachung der schrift- deutschen Benennungen, teils der Aufschwung des Handels und Ver- kehrs in der Neuzeit, wodurch das Landvolk nicht mehr, wie früher, zur Befriedigung der mancherlei Notdurft für gesunde und kranke Tage so gänzlich auf die Pflanzenwelt der engsten Heimat ange- wiesen und daher genötigt ist, diese kennen und nennen zu lernen; teils endlich die Einschränkung des Verkehrs mit der Natur seit Aufgabe des Weidetriebs und Einführung der Stallfütterung. Nun noch ein paar Worte über die vorliegende Arbeit speziell. Sie gibt als Frucht mehrjährigen, mühevollen Sammelns eine Aus- wahl volkstümlicher Pflanzennamen aus dem Bezirk der Rauhen Alb, also der Gegenden um den Lichtenstein, Sternenberg und Hunger- berg bei Münsingen. Die Angaben stammen sämtlich, mit Aus- nahme der Bemerkungen über Fraxinus excelsior, die aus HösLıv's, des Pfarrers von Gruorn, Beschreibung der Alb geschöpft sind, aus persönlicher, mündlicher Erkundigung. Die Feststellung des wissen- schaftlichen Äquivalents der volkstümlichen Bezeichnung ist durch- weg auf Augenschein der bezüglichen Spezies begründet, daher zu- verlässig. Wenn Benennungen für eine Anzahl ansehnlicher und häufiger Pflanzen fehlen (so für Corydalis, Orepis, Epilobium, Helian- themum, Hieracium, Prunella, Scrophularia ete.), so ist die Ursache nicht Nachlässigkeit des Sammlers, sondern die, dass der Älbler, für den das ökonomische oder religiöse Moment hauptsächlich mass- gebend ist, die betreffende Pflanze eben ignoriert, weil diese Voraus- setzungen bei ihr nicht zutreffen. Solche Benennungen, die sub- jektiver Willkür und plötzlichen Einfällen entsprangen und nicht eine gewisse Allgemeingültigkeit besitzen, wurden beiseite gelassen. Doch ist für eine etwaige Prüfung und Verwertung dieser Namen in Be- tracht zu ziehen, dass die meisten derselben durchaus nicht im ganzen genannten Bezirk, sondern nur in einem mehr oder weniger eng- begrenzten Teile desselben gebraucht werden; noch mehr, dass sie selbst da, wo sie wirklich in Übung stehen, nur verhältnismässig Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 2 20 — wenigen Leuten — solchen, die durch Beruf oder Neigung in be- sonders engem Verkehr mit der Pflanzenwelt stehen und einen ge- weckten Natursinn haben, geläufig sind. Die Anordnung der Namen erfolgt nach Standorten und nach der alphabetischen Reihenfolge der lateinischen Bezeichnungen. Ausserdem sind die Rubriken: Bäume, Sträucher, Kräuter und Gräser; sowie Phanerogamen und Krypto- gamen angewandt. Diese Anordnung empfiehlt sich ja entschieden mehr für unsern Zweck als eine künstlich systematische. Die Bei- fügung eimiger volkstümlicher Deutungen der oder jener Pflanzenart auf die biblische Geschichte, auf die Witterung, die landwirtschaft- lichen Verrichtungen oder die Ernte wird nicht verübelt werden. Die Benennung der Bäume wird in der Einzahl, die der übrigen Ge- wächse in der Mehrzahl gegeben, wie es im Volksmund üblich ist. 1. Wald. Acer campestre L. Masshalder; Massholder; gaisläuberne Hecka. „ platanoides L. Leinbaum — weil zur Zeit der Leinsaat blühend. Pseudoplatanus L. Weissbaum ; Göckelesbaum — der erstere Name wegen der Farbe des Holzes; der letztere wohl wegen der Gestalt der Früchte. betula alba L. Birk; das Gezweig: schwarz Besa-Reis. Carpinus Betulus L. Hagabuch; Rauhbuch. Fagus sylvatica L. Buch: alte Exemplare mit rissiger Rinde: Männtles- baum. Frazxinus excelsior L. Esch; Asch; früher auch da und dort Gaisbaum — wegen der Verwendung des Laubs zur Fütterung; oder Wund- baum — weil unter abergläubischen Gebräuchen Späne zum Blutstillen davon gewonnen wurden — genannt. Pinus Abies Duroı. Weisstann. Picea Duroı. Tann; junge Exemplare: Christbaum; Bux- baum. » siüwestris L. Fon. Populus tremula L. Asp; Zitterasp: Papierholz. Prunus Padus L. Elzbeer, Helsabeer. „ . sylwestris Diers. Waldkirsch. Pyrus acerba DC. Holzäpfelbaum. „ Pyraster L. Holzbirabaum. | Quercus pedunculata Eueu. Haseleich. Ihr zähes, feines Holz wird viel höher geschätzt als das brüchige der folgenden Art. Quercus sessiliflora Sm. Kohleich. Era Salic Caprea L. Sahl; Pfeifaholz; Pulverholz. Die Blütenkätzchen: - Palma, Palmkätzla. Sorbus Aria Crantz. Mehlbaum, Mehlbeer-, Mehlbira-Baum. „ torminalis Crantz wie Prunus Padus. Der Aberglaube be- nützt Elzbeerholz zum Hexenbannen: Ein Besenstiel z. B. aus Elzbeerholz lässt keinen Spuk im Stalle zu. Ulmus campestris L. Steinlind. Tiha grandifolia und parvifolia Eurs. Weichlind; zahme Lind. Daphne Mezereum L. Zeuritzla — gleich Ziubeere; Seuritzla; Seutzla (bei Göppingen: Zeulander). Hedera Helix L. Ep-heu: Kreuser; Schappeleskraut — von der Verwendung der Ranken zu Kränzchen als Kopfschmuck am Fronleichnam. Rhamnus Frangula L. Pulverholz (auf dem Sallırw ald Hundsbäumes oder Zapfen-Holz): die Beeren führen wegen ihrer stark laxie- renden Wirkung, die dem Volk stellenweise wohl bekannt ist, einen unästhetischen Namen, den ich besser unterdrücke. Rhamnus cathartica L. Der Dornenstrauch, von dem man dem Hei- land seine Dornenkrone nahm. Rosa arvensis Huns. Weisse oder Schling-Rosa. Rubus idaeus L. Hendelesreba; die Früchte: Hendela und Henkela — Pejorativ aus Himbeerla. (Auf der Ulmer Alb: Hohlbeer.) Aconitum Lycoctonum L. Kappastöck. Actaea spicata L. Schwarz-Anna-Kraut; Teufelsbeer. Anemone nemorosa L.; Schnai-Käthra; Märzableamla (am Heuchel- berg: Kukuksbluma). Arum maculatum L. Aron; Kanal Aräun. Spassweise werden die einzelnen Abschnitte des Blütenkolbens je nachdem sie üppig oder mager entwickelt sind, auf die .Grösse oder den Ab- mangel des künftigen Ernte- und Herbst-Ertrags gedeutet. Das obere nackte Ende des Kolbens wird dabei mit Getreide, die Staubbeutelrudimente werden mit Heu, die sitzenden Staubbeutel mit Äpfeln, die Fruchtknoten endlich mit Trauben verglichen. Asarım europaeum L. Hasapappela; Schneckablätter. Asperula odorata L. Waldmeisterla. Astrantia major L. Meisterwurz. Atropa Belladonna L. Tollkirsch ; Tollbeer. Brachypodium sylvaticum R. et Sr Samgras — wird wegen seiner breiten Blätter und seines geselligen Vorkommens in Nadelholz- wäldern mit Saaten = „Samen“ verglichen. | 19* a Campanula-Arten. Blauglocka. Cervaria rigida Mönch. Hirschwurzel — von der Vergleichung des braunen Faserbündels am Wurzelkopf mit Hirschhaaren. Convallaria majalis L. Mai-bleamla, -glöckla, -rösla. l Polygonatum L. Weisswurzel. In. den Stengelspuren des Wurzelstocks sieht das Volk Hinweise auf die Fussstapfen des Eseleins, das den Heiland auf seiner Flucht nach Ägypten trug. Convallaria verticillata L. Wilder Habermauch. Cypripedium Calceolus L. Frauaschuh. Digitalis ambigua Murr. Maiglocka, gäle Fingerhüt. Erythraea Oentaurium P. Tausendguldekraut. Fragaria vesca L. Beerstöck; die Früchte: Beer oder Aidbeer. Grentiana ciliata L. Hausanbrenner. r lutea L. Enzian; gäler, echter Enzian. Gramineae. Wald-Schmäla. Leucojum vernum L. Stern; Aprilastern; Märzaglöckla. Lilium Martagon L. Goldwurzel — wegen der gelben Zwiebel; eben diese wird den Kindern beim Zahnen, den Erwachsenen beim Gliederreissen häufig als Amulett angehängt. Lunaria rediviva L. Silberblatt — wegen seiner schimmernden Samen- träger. Luzula-Arten. Hasafutter. Mercurialis perennis L. Waldmanna. Ophrys muscifera Huns. Mucka. Orobus vernus L. Franzosa — wegen der blauen und roten Blüten- farbe; spanische Wicka; Frauaschühla. Ozxalis Acetosella L. Hasa-Klai; Sauer-Ämpfela. Papilionaceae überhaupt. Waldwicka. Paris quadrifolia L. Kleine Tollkirsch:; Teufelsbeer. Physalis Alkekengt L. Judakirscha. Phyteuma spicatum L. Taubakröpf. Poa nemoralis L. Grasbüschel davon: Gaisbart. Potentilla Tormentilla Sıeru. Domär-Dälla; Dilledum; Blutwuızel; Christuskrona — wegen der einer Krone gleichenden Frucht- stände. Primula elatior Jacga. Bakenga; Makenga; Badenga. Pulmonaria officinalis L. Rote Bakenga. Rubus saxatılis L. Stein-, Glas-Beer. Sanicula europaea L. Sanikel. Vinca minor L. Wintergrün; seltener Immergrün. — 293 — Viola Riviniana Reu. Echte Veigela. Aspidium-Arten. Weandles-, Ottra-Kraut. Agarieini. Teufelskappa, Schwämm, Pfifferling. Agaricus muscarius L. Fliegaschwamm. Musci, Lichenes. Mias. Hylocomium triquetrum Scuimp. Kranzmias. Oladonia-Arten. Trompetermias. 2. Gebüsch und Hecken. Clematis Vitalba L. Trenna — wahrscheinlich wegen der Ähnlich- keit der Fruchtschwänze mit den „Trenna“ geheissenen Fransen am Ende der Gewebe: Wolfssail. Die porösen Stengel sind von der Jugend zu ersten Rauchversuchen sehr geschätzt. Öornus sanguinea L. Gaisläuberne Hecka; Tintabeer; Teufelsbeer: rotes Beinholz. Die jungen, im Winter grellrothen Schossen: Hasarütla; die Kinder flechten auf den Hasatag (Osterfest) Nest- chen daraus. Corylus Avellana L. Nusshecka: Haselboscha; nusshösene Hecka und Widla. Die Früchte: Nussa. „Aug’stnüsse“ sind frühreife Früchte. Örataegus Oxyacantha L. Weissdorn. Früchte: Bueba-Nägela oder Hägela (bei Maulbronn Mehlbeer). Evonymus europaeus L. Mütschelesholz — wohl wegen der Ver- gleichung der Früchte mit dem „Mutschla“ genannten Back- werk auf Weihnachten. Die Früchte: Mütschela; Gockelerskern. Ligustrum vulgare L. Tinta-, Teufels-Beer; weiss Beinholz. Lonicera Aylosteum L. Weiss Besa-Reis; hundsbeeres Besa-Reis; Teufelsbeer. Prunus spinosa L. Schläia; Schwarzdorn. Ribes alpinum L. Wilde Träubleshecka. vulgaris S. et M. Weinbeer; Weinbeerla; Lausbeer — weil die Früchte um den St. Ladislaus-Tag reifen (27. Juni). Rosa canina L. Hagabutza-Hecka; Dorna. Blüten: Wilde Rausa, Raisla. Früchte: Hagabutza; Butzahaga. Einzelfrüchtchen: Kernla. Die mooszottigen Gallen der Rhodites rosae L. werden den Kindern als Schlafmittel unter die Kopfkissen gelegt Rosa rubiginosa L. Fraualaub — unsere liebe Frau trocknete auf der Flucht nach Ägypten an diesem Strauch die Windeln des Jesuskindleins, daher sein Wohlgeruch und Name. Rubus caesius und fruticosus L. Bräunbeer. ”» — 294 — Sambucus nigra L. Holder: zahmer, echter Holder. Bietet, weil an den Ecken von Häusern, Scheunen, Gärten, Höfen dicht- belaubte Büsche bildend, spielenden Kindern prächtige Verstecke, daher der Kindervers: „Ringa, Ringa, Reiha — Kinder sind der zweia — sitzat hintrem Holderbusch — schreiat alle: Musch, musch, musch.“ Sambucus racemosa L. Wilder, rother, Hirsch-Holder. Viburnum Lantana L. Schwillgene oder schlängeleskotene Widla — „Schwillgen“ von verschwellen —= im Wasser biegsam machen vor der Verwendung zum Garbenbinden; „Schlängeleskoten“ einerseits auf die schlangengleiche Biegsamkeit der Ruten, an- dererseits auf die Fliegenkot ähnelnden Früchte hinweisend. Der Blütenstand : Muckablust;; Schwillgakaunscht — von „verkaunen“ — verderben oder kotartig werden. Die Früchte: Fliegakot; Fliegadreck: Kotschlenketa: werden von den Kindern gern ver- zehrt. Viburnum Opulus L. Wilder Schneeball. Grlechoma Hederacea L. Wald-Uschla — Uschel = Ursula; Gundel- rema — Rema = Riemen. 3. Weide. Calluna vulgaris Sauısp. Haida; die blühenden Schossen dienen dem Älbler als Orakel zur Vorausbestimmung sowohl der mutmass- lichen Dauer der künftigen Jahreszeiten, als auch des Termins der heftigsten Winterkälte. In erster Hinsicht werden die drei Abschnitte jedes Blütenzweigs: die blütenlose Basis, die blüten- tragende Mitte, der Blätterschopf an der Spitze, in der Rich- tung von unten nach oben, mit Herbst, Winter, Frühling veı- glichen, und die relative Länge dieser 3 Stockwerke auf die voraussichtliche relative Länge der ihnen entsprechenden Jahres- zeit gedeutet. Um den Termin fürs Einfallen der strengsten Kälte im künftigen Winter zu erraten, vergleicht man die blütentragende Mitte des Stengels allem, in der Richtung von unten nach oben, hinsichtlich ihres unteren, mittleren und oberen Drittels mit Anfang, Mitte und Ende des Winters. Die strengste Kälte tritt nun in dem Teil des Winters ein, welchem das Drittel der Spindel mit den dichtgedrängtesten Blüten entspricht. Daphne Cneorum L. Haidarösla; Ägarta- (— Ödung) Nägela. Juniperus communis L. Wachholder oder Wäckhölder. Die Beeren: Wäckleda. ran Artemisia Absinthium L. Wermut. Asperula cynanchica L. Falsche Waldmeisterla. Aster Amellus L. Wilde Aster. Carlina acaulis L. Wolfs-, Ägarta-Distel; Eberwurz; Silberdistel. vulgaris L. Golddistel. Euphorbia Cyparissias L. Wolfs-, Hexa-Milch; Hexakraut. Gentiana verna L. Hausanbrenner; Himmelschlüssel. Gnaphalium dioicum L. Himmelfahrtsbleamla; Mausaihrla; Hunds- däubla (= Pfötehen). Wird von den „Altmodischen“ am Himmel- fahrtsfest vor Sonnenaufgang gesammelt, zu einem Kränzlein oder Kreuzlein geflochten und gegen Blitzgefahr aufgehängt. Helleborus foetidus L. Lauskraut — der Absud davon ist ein Mittel gegen Ungeziefer. Pimpinella Saxifraga L. Wilder Kemmich. Potentilla verna L. Kleine Schmalzbleamla. Pulsatilla vulgaris MürLL. Heu-, Heura-Schlaufa; Haber-, Oster-Bluma — weil um die Hafersaat und um Ostern blühend. Mit dem Absud der Blüten werden die Ostereier blau und gelb gefärbt. Cetraria islandica Ac#. Lungakraut. 4. Raine. Oytisus sagittalis KocH. Schlüssel-, Kraut-Wurz. Ajuga genevensis L. Gold-Uschel. Calamintha-Arten. Wilde Strausschmecketa. Centaurea Scabiosa L. Trommelschlägel. Medicago falcata L. Stein-Klai; gäler KRlai. Origanum vulgare L. Grosse Kienla; Schmecketa. Silene inflata Sm. Klöpfeta. Thymus Serpyllum L. Kıienla; Quendela; wilder Merön. Viola hirta L. Rossveigela. 5. Wiese. Vıscum album L. Mistla (bei Esslingen: Bocksfutter). Anthyllis Vulneraria L. Zähnblöcker; Schafszähn. Arnica montana L. Fallkraut, Arnika. Bellis perennis L. Gansbleamla; Gansringela; Göckela. Gefüllte Exemplare: Munzela. Betonica officinalis L. Brödeler — wegen der Vergleichung des Ge- ruchs mit Brandgeruch („es brödelt“ = es riecht nach Brand). Briza media L. Zitterla. — 294 — Sambucus nigra L. Holder; zahmer, echter Holder. Bietet, weil an den Ecken von Häusern, Scheunen, Gärten, Höfen dicht- belaubte Büsche bildend, spielenden Kindern prächtige Verstecke, daher der Kindervers: „Ringa, Ringa, Reiha — Kinder sind der zweia — sitzat hintrem Holderbusch — schreiat alle: Musch, musch, musch.“ Sambucus racemosa L. Wilder, rother, Hirsch-Holder. Viburnum Lantana L. Schwillgene oder schlängeleskotene Widla — „Schwillgen“ von verschwellen = im Wasser biegsam machen vor der Verwendung zum Garbenbinden; „Schlängeleskoten* einerseits auf die schlangengleiche Biegsamkeit der Ruten, an- dererseits auf die Fliegenkot ähnelnden Früchte hinweisend. Der Blütenstand : Muckablust ; Schwillgakaunscht — von „verkaunen“ — verderben oder kotartig werden. Die Früchte: Fliegakot: Fliegadreck; Kotschlenketa: werden von den Kindern gern ver- zehrt. Viburnum Opulus L. Wilder Schneeball. Grlechoma Hederaces L. Wald-Uschla — Uschel = Ursula; Gundel- rema — Rema = Riemen. 3. Weide. Calluna vulgaris Sauıss. Haida; die blühenden Schossen dienen dem Älbler als Orakel zur Vorausbestimmung sowohl der mutmass- lichen Dauer der künftigen Jahreszeiten, als auch des Termins der heftigsten Winterkälte. In erster Hinsicht werden die drei Abschnitte jedes Blütenzweigs: die blütenlose Basis, die blüten- tragende Mitte, der Blätterschopf an der Spitze, in der Rich- tung von unten nach oben, mit Herbst, Winter, Frühling veı- glichen, und die relative Länge dieser 3 Stockwerke auf die voraussichtliche relative Länge der ihnen entsprechenden Jahres- zeit gedeutet. Um den Termin fürs Einfallen der strengsten Kälte im künftigen Winter zu erraten, vergleicht man die -blütentragende Mitte des Stengels allen, in der Richtung von unten nach oben, hinsichtlich ihres unteren, mittleren und oberen Drittels mit Anfang, Mitte und Ende des Winters. Die strengste Kälte tritt nun in dem Teil des Winters ein, welchem das Drittel der Spindel mit den dichtgedrängtesten Blüten entspricht. Daphne Oneorum L. Haidarösla; Ägarta- (— Ödung) Nägela. Juniperus communis L. Wachholder oder Wäckhölder. Die Beeren: Wäckleda. — 1299 — Artemisia Absinthium L. Wermut. Asperula cynanchica L. Falsche Waldmeisterla. Aster Amellus L. Wilde Aster. Carlina acaulis L. Wolfs-, Ägarta-Distel; Eberwurz; Silberdistel. „. vulgaris L. Golddistel. Euphorbia Oyparissias L. Wolfs-, Hexa-Milch; Hexakraut. Gentiana verna L. Hausanbrenner; Himmelschlüssel. Gnaphalium dioicum L. Himmelfahrtsbleamla; Mausaihrla; Hunds- däubla (= Pfötehen). Wird von den „Altmodischen“ am Himmel- fahrtsfest vor Sonnenaufgang gesammelt, zu einem Kränzlein oder Kreuzlein geflochten und gegen Blitzgefahr aufgehängt. Helleborus foetidus I. Lauskraut — der Absud davon ist ein Mittel gegen Ungeziefer. Pimpinella Saxifraga L. Wilder Kemmich. Potentilla verna L. Kleine Schmalzbleamla. Pulsatilla vulgaris MürL. Heu-, Heura-Schlaufa; Haber-, Oster-Biuma — weil um die Hafersaat und um Ostern blühend. Mit dem Absud der Blüten werden die Ostereier blau und gelb gefärbt. Cetraria islandica AcH. Lungakraut. 4. Raine. Oytisus sagittalis Koch. Schlüssel-, Kraut-Wurz. Ajuga genevensis L. Gold-Uschel. Calamintha-Arten. Wilde Strausschmecketa. Centaurea Scabiosa L. Trommelschlägel. Medicago falcata L. Stein-Klai; gäler Klai. Origanum vulgare L. Grosse Kienla; Schmecketa. Stlene inflata Sm. Klöpfeta. Thymus Serpyllum L. Kienla; Quendela; wilder Merön. Viola hirta L. Rossveigela. 5. Wiese. Viscum album L. Mistla (bei Esslingen: Bocksfutter). Anthyllis Vulneraria L. Zähnblöcker; Schafszähn. Arnica montana L. Fallkraut, Arnika. Bellis perennis L. Gansbleamla; Gansringela; Göckela. Gefüllte Exemplare: Munzela. Betonica offieinalis L. Brödeler — wegen der Vergleichung des Ge- ruchs mit Brandgeruch („es brödelt“ — es riecht nach Brand). Briza media L. Zitterla. | —_— 28 — Alopecurus agrestis L. Fuchsschwänz. Anagallis-Arten. Katza-n-äugla. Anthemis arvensis L. Korngöckela. & tinctoria L. Bäckaringela — liefert den Bäckern gelbe Farbe zur Beize für Laugenbretzeln. Nebenbei: Über den Ur- sprung der Laugenbretzel erzählt der Älbler folgende Sage: Ein von einem König zum Galgen verurteilter Bäcker sei gegen das Versprechen begnadigt worden, dass er in drei Tagen ein Brot backen wolle, durch das die Sonne dreimal durchscheine. Der Bäcker habe sein Wort gehalten, und so die Bretzel erdacht. 4triplex patulum L. Mulda. Avena fatua L. Flughaber. bromus-Arten. Trefza. | Capsella Bursa pastoris Mev. Hellerkraut; Bätzela. /arduus cerispus L. Wolfsdistel. Centaurea OYyanus L. nennt der Älbler Bauer, weniger entzückt davon als der Patriot und Dichter: Kornfresser, Kornbeisser, Kornnägela. Cerastium arvense L. Schlossa ; Schneebluma. Cirsinm arvense Scor. Distel; Haber-Distla, -Gaisa. Convolvulus arvensis L. Wenda (bei Riedlingen: Drumrumkraut). Cuscuta europaea L. Seida. | Daucus Carota L. Möra; weisse Möra — weil in märem (= locke- rem) Boden wachsend. Delphinium Consolida L. Rittersporn. Fumaria officinalis L. Butterbrötla (bei Kirchheim u. T. Bäckamädla). Galeopsis Tetrahit L. Thau-essla; Brenndeler (bei Maulbronn wilder Hamf). Galium Aparine L. Kleiba — wegen der Klebfrüchte. Hesperis matronalis L_ Mutterveigela. Lamium-Arten. Thau-essla. Lapsana communis L. Blättleskraut. Lathyrus tuberosus L. Vogelheu. Linaria vulgaris MıLL. Schlössia- Lithospermum ‘arvense L. Gaisfüss — wie diese der Saat Schaden bringend. Lolium temulentum L. Schwindel-Gras, -Haber ; Dippel. Melampyrum arvense L. Klaffa; rote, unechte Klaffa; Erd-, Acker- Weiza. Melandrium vespertinum Marrens. Klöpfeta. — 29 — Mentha arvensis L. Kraut-, Altweiber-Schmecketa; wilde Pfeffer- minza, Krausnekarza. Melilotus officinalis Drsr. Steinklai. Neslia paniculata Desk. Dotter; wilder Flachs. Ononis-Arten. Weischta; Gweischwurzla — Gweisch —= Stoppelfeld. Papaver Rhoeas L. Schnallastöck — mit den Blütenblättern kann man schnallen —= knallen. Pastinaca sativa L. Möra, echte, gäle Möra. Pisum arvense L. Äscha. Polygonum aviculare L. Weg-, Sau-Kraut:; Wesgtretter. Convolvulus L. Winda. ’ Persicaria L. Lämmerzunga. Ranunculus arvensis L. Hahnafüss; Gleis. Raphanus Raphanistrum L. Weisser Semf. Rhinanthus Alectorolophus PorL. Klaffa; gelbe, echte Klaffa — der Name rührt von dem aufgeblasenen Kelch her. Gilt als das allerverderblichste Unkraut: der Volksmund weiss von ihr: „Die Klaffe frisst die Fracht noch 8 Tage nach der Ernte auf dem Barrn oder bis man sie drischt.“ Rumex crispus L. Buckela, Menkastengel, wilder Tabak — die Blüten füllen abgestreift oft das Pfeiflein des armen Mannes. Sedum acre L. Warzakraut, Würstla. Senapis arvensis L. Semf, gäler Semf. Sonchus arvensis L. Mära-, Mä-Distel; Mussdistel — weil unter Hafer, der Mussbreifrucht, am häufigsten wachsend; Ägarta-, Äger-Distel. Stellaria media Vır.. Henr- (= Hühner) Därm. Thlaspi arvense L. Hellerkraut. Trifolium procumbens L. Stoppelklaı. Triticum repens L. Spitz-, Schnür-Gras. Tussilago Farfara L. Rosshuba — der Blattumriss deckt sich mit der Pferdehufspur; Butterblätter. Die Blätter werden hie und da auf der Alb für Tabakfabriken als Surrogat gesammelt. Valerianella olitoria. Mönch. Ackersalat. Vieia-Arten. Vogel-Wicka, -Heu. Viola trieolor L. Acker-, Tag und Nacht-Veigela; Stiefmütterla. Equwisetum arvense L. Katza-Schwänz, -Wedel. Oyathus Olla Pers. Laibschüssela. Die Menge der „Laibla“ genannten Peridiolen ist dem Älbler ein Wahrzeichen für die Güte der Ernte. Secale cornutum DC. Mütterla; Roggamütterla. Wird mit Milch gekocht zur Vertilgung der Fliegen benützt. ” Uredo Pers. Ziegelthau: Rost. Ustilago Lx. Russ: Brand; auch wie Uredo: baiser Thau. 7. Schutt, trockene, öde Orte. Echium vulgare L. Blaue Stechnägela. Hyoscyamus niger L. Bilsakraut. Verbascum-Arten. Wullabloma; Fraua-, Königs-, Wetter-, Wulla-Kerza. 8. Um Wohnorte. Chenopodium Henricus bonus L. Schmotzui a Schmelzeleskraut, wilder Spinat, kleine Dogga. Malva rotundifolia L. Käs-, Schmär-Laibla. Plantago major L. Die Schäfte und Blütenstände, wie bei Pl. med. Die Blätter: Schaf-, Lämmer-Zunga; Sauohra. Wem ein Splitter ins Fleisch gedrungen, der soll 3 „Sauohra“ essen, so kommt der Splitter zu Tag. Der Same: Schleussasama; am 30. August, mittags 12 Uhr gesammelt, hilft er, wenn man ihn isst, gegen Schleussen oder Splitter, die in die Haut eingedrungen sind. Bei Zahnweh wird die gesäuberte und an einem Faden be- festigte Wurzel in das Ohr der schmerzenden Seite gesteckt; nach einigen Minuten, wenn die Wurzel schwarz geworden und aus dem Gehörgang herausgezogen wurde, ist das Weh vorbei. Potentilla Anserina L. Gänskraut: Schädela. Urtica urens L. Brenn-Essel (bei Maulbronn: Züng-Essel; ebendort: Statt, ich habe mich an einer Nessel gebrannt „ich habe mich verzüngelt“. 9. Garten. Aegopodium Podagraria L. Hirsch-Stapfa oder -Stapfeta. Aethusa Cynapium L. Stinker, wilde Stengel. Ligusticum Levisticum L. Gluiba. Senecio vulgaris L. Goldkraut. Sonchus oleraceus L. Mädistla. 10. Felsen. Dianthus caesius Su. Felsa-, Pfingst-Nägela. Iris sambucina L. Ilga. Scolopendrium offieinarum Sm. Hirschzunga. 11. Wege. Achillea Millefolium L. Garba-, Weg-Kraut. Agrimonia Eupatoria L. Lunga-, Heil-Kraut: Hagemonde; Agger- monde. Der Älbler wählt nach der Lage der dichtgedrängtesten = 3808. — Blütenstelle an der Spindel die Saatzeit im Herbst. Ist die Ähre oben am vollkommensten, wird möglichst früh gesät; wenn aber unten, wartet man mit dem Säen zu. Ist die Ähre überall gleich dicht, so ist das Säen zu jeder Zeit ratsam. Auch kann man im Sommer, ebenfalls aus der Lage der dichtesten Blüten- stellen, vorauserkennen, ob die Früh- oder Spät-Saaten den reichsten Ertrag liefern werden; stehen die Blüten oben am engsten, so sind die Frühsaaten am gedeihlichsten; wenn um- gekehrt die Basis des Blütenstands geknäuelt ist, wird der Er- trag der Spätsaaten der günstigste. Cichorium Intybus L. Weg-Kraut, -Warta, -Manna. Cirsium-Arten. Distla; die überwinterten Wurzelblätter: „Maunza“ werden im ersten Frühjahr eifrig zur Fütterung gesammelt. Oynoglossum officinale L. Hundszunga. Die mäuseartig riechenden Wurzeln werden manchmal gesammelt, mit dem Hammer ge- klopft und zur Vertreibung von Ratten und Mäusen in Keller und Scheunen gelegt. Hypericum perforatum L. Fieber-, Hexa-, Johannes-Kraut. Die Sage, welche die Pflanze aus dem Blut Johannis des Täufers ent- stehen lässt, weil sie seiner von Herodias durchstochenen Zunge gleichende Blätter hat und aus ihrem Blütenkopf, wenn er ab- gerissen und zerrieben wird, einen blutähnlichen Saft ergiesst, ist dem Älbler unbekannt. Hyp. perf., Artemisia Absinthium, Ayrimonia Eupatoria, Verbascum Thapsus dürfen in der „Weih- sange“, dem Kräuterbüschel, welches an Mariä Himmelfahrt ge- segnet wird, nicht fehlen. Lamium-Arten. Thau-Essla. Lappa-Arten. Distla: die Blütenstände: Kletta. Die Blätter: Schnecka- blätter. Malva Alcea L. Wegwarta. Rumex obtusifolius L. Doggablätter; Dogga; Butterblätter. Sambucus Ebulus L. Schindholder — weil sein Absud den „Schind- holder“ genannten Ausschlag des Viehs heilen soll; Holderkraut. Senecio Jacobaea L. Gäle Ringela. 12. Mauern. Ohelidonium majus L. Schälkraut — wegen der ätzenden, die Haut schälenden Wirkung. (Unterland: Warzakraut.) Geranium Robertianum L. Schlüsselkraut. Sempervivum tectorum L. Hauswurzla.. Zum Schutz gegen Blitz- schlag auf den, nun seit 10 Jahren äusserst selten gewordenen, Strohdächern einst häufig gepflanzt. Viola odorata L. Echte Veigela oder Veigela, die „schmecket“. 13. Geröll und Steinriegel. Dianthus Carthusianorum L. Felsanägela. Galium verum L. Kunkelnägela, Künkela. Sedum purpurascens Koch. Warza-, Bruch-Kraut, wilde Stinketa. (Bei Gmünd: Heilblättla.) Stachys-Arten. Rossschmeketa. 14. Am Wasser. Populus nigra L. Silberpappel. Populus pyramidalıs Roz. Pappel. Salıx-Arten. Krättastauda. Solanum Dulcamara L. Mausholz. Kinder saugen als Nascherei die süsslich schmeckenden Stengelstückchen aus. Caltha palustris L. Bach-Käthra (bei Esslingen: Bach-Madla). Mentha-Arten. Schmecketa: Rossschmecketa. Myosotis palustris L. Vergissmeinnicht. Phalaris arundınacea L. Falsche Knospa. Ph. pieta L. in Gärten: Judabändel; Bändela; Herra-, Englisch, Russisch, Spanisch Gras. Valeriana-Arten. Schierling; Baldrian. 15. Im Wasser. Iris Pseudacorus L. Gäle Ilga. Nasturtium officinale Br. Bronnakressich. Phragmites communis Tr. Ipserrohr. Scirpus lacustris L. Schilfrohr. Typha latifolia L. Küferknospa. Die Blütenkolben: Kanonawischer, Lampaputzer. Veronica-Arten. Bachbohna. Zum Schluss der Wunsch, dass zur Vervollständigung unserer Kenntnisse der Volkspflanzennamen Württembergs aus anderen Landes- teilen von anderer Seite ähnliche Veröffentlichungen folgen möchten oder dass mir schätzenswertes bezügliches Material zu Verfügung gestellt werden möchte und der Dank an die Herren: Pfarrer BrEU- NINGER, einst in Ödenwaldstetten, jetzt in Nordheim; Schullehrer GrRÖREIS in Grossengstingen; Pfarrer Rücker in Honau; Oberförster Seitz auf Lichtenstein und Olgahöhlebesitzer ZıesLer in Honau, welche mich mit sachdienlichen Notizen unterstützt haben. Kleinere Mitteilungen. Beiträge zur Fauna Württembergs. Lacerta muralis Laur. Von Oberforstrat Dr. v. Nordlinger. Im Jahrgang 1850 schon habe ich mitgeteilt, dass ich bei Lauffen a. N. Lacerta mwuralis bemerkte. Seither, nämlich im Jahre 1887 und 1888, fand ich sie in den Kriegsbergen bei Stuttgart. Auch hier in Tübingen findet sie sich in den Weinbergen der so- genannten Pfalzhalde. Mein Kollege, Prof. Eimer, versichert aber die Art ausgesetzt zu haben. Schlupfwespen in einer Carabus-Larve. Von Dr. E. Hofmann. Die Sammlung des Vereins erhielt von dem verstorbenen Herrn Dr. M. Sarzmann in Esslingen eine Larve eines Carabus (Feuersteh- lers), die ganz bedeckt mit Schlupfwespenlarven war, ca. 60 Stück an der Verpuppung nahe, schon etwas schwarz gefärbt. Leider wurde dieselbe in Weingeist gelegt, so dass man die Spezies nicht bestimmen konnte. Brischke in Danzig hält sie für eine Hemiteles, die zwar an verschiedenen Insekten, besonders Kleinschmetterlingen vorkom- men, noch nie aber in Carabus-Larven entdeckt wurden. Die ver- borgene Lebensweise der Carabus-Larven mag die Ursache sein, dass noch nie Beobachtungen darüber gemacht wurden. Dass Schlupfwespen in sehr vielen Käferlarven vorkommen, er- sieht man aus der allgemeinen Wirtstabelle, in Schriften Danzig 1882 p. 140 von BRISCHKkE. Sr Die Goldorfe (Cyprinus orfus L.). Von Dr. F. Krauss. Herr Schiffermeister Marnäus KässBoHRER in Ulm hat ein Weib- chen einer im freien Flusswasser seltenen Goldorfe unserer vater- ländischen Naturaliensammlung zum Geschenk gemacht. Sie wurde den 51. März 1890 in einem offenen Illleraltwasser oberhalb Ulm gefangen und kam noch in ganz frischem unversehrtem Zustand an. Es ıst die orangegelbe Varietät von dem schwarzblauen Nerfling (Idus melanotus HEckEL, Cyprinus Idus L.), der bei uns nur in der Donau aber nicht häufig vorkommt und von den Ulmer Fischern Orf genannt wird. Diese oranggelbe Varietät, auch Goldnerfling genannt, kommt hauptsächlich gezüchtet aus Dinkelsbühl als Gold- . orfe in Handel und vertritt häufig in Teichen die Stelle von Gold- fischen. Sie ist bis jetzt nicht aus dem freien Flusswasser in die sehr reiche württembergische Fischsammlung des Vereins eingeschickt worden, daher mag sie hier erwähnt werden. Unsere Goldorfe aus der Iller war frisch besonders am Vorder- körper, Rücken und an den Seiten mit einem orangegelben Schleim überzogen, der aber beim Reinigen und Abwaschen mit Wasser sich mit Leichtigkeit loslöste. Der Kopf zeigte eine lebhaft rote Färbung, auch die Brust-, Bauch-, After- und Schwanzflosse war rot mit schwärzlichen Punkten, Flecken und Streifen gezeichnet, nur die Rückenflosse war einfärbig graulichschwarz, die Augen: waren hell- gelb mit schwarzen Punkten. Durch die Behandlung mit Weingeist verschwand die orange- gelbe Färbung bis auf eine gelbliche Andeutung an den Lippen, auf dem Rücken und am Grunde der Flossen, sonst ist der Fisch jetzt matt gelblichweiss, etwas silberglänzend, mit einzelnen unregel- mässigen schwarzen Flecken und zahlreichen kleinen schwarzen Punkten, am Ende der Flossen und am stärksten an der Rücken- tınd Schwanzflosse mit graulichschwarzer Färbung. Diese Goldorfe ist 38 em lang und 10 em breit und wiegt 700 g. Bücheranzeigen. RunpoLr LEucKkART. Die Parasiten des Menschen und die von ihnen herrührenden Krankheiten. Ein Hand- und Lehrbuch für Naturforscher und Ärzte. Zweite Auflage. 1. Bd. 3. Lieferung, 2. Abteilung 1886; 4. Lieferung 1889. Leipzig und _ Heidelberg, C. F. Wınter’sche Verlagshandlung. Nach längerer Pause liegt in der im vorigen Jahr erschienenen 4. Lieferung des ersten Bandes von der zweiten Auflage von LEUCKART’S bekanntem Parasitenwerk wiederum ein bedeutsamer Abschnitt vor; derselbe ist den Saugwürmern, Trematoden, gewidmet, deren Be- arbeitung schon in den letzten Bogen der drei Jahre früher er- schienenen dritten Lieferung begonnen wurde. In bekannter, prä- ciser Darstellung gibt der Altmeister der Parasitenkunde stets seine eigenen ausgedehnten Forschungen mit denen anderer zusammen- stellend, zunächst eine allgemeine Charakteristik dieser Würmer- ordnung, um sodann eingehend auf die Anatomie und des weiteren auf die Entwickelungsgeschichte derselben zu sprechen zu kommen, welch letztere bekanntlich bei vielen Formen sehr verwickelt und zum Teil auch noch näherer Aufklärung bedürftig ist. Ihrer Lebens- weise nach zerfallen die Saugwürmer in Ektoparasiten und Endo- parasiten, die auch in ihrer Entwickelung scharfe Unterschiede zeigen. Als Parasiten des Menschen kommen nur Endoparasiten in Betracht und zwar ist es namentlich das Genus Distomum im weiteren Sinne, welches dieselben liefert. Während bisher übrigens nur zwei Disto- meen, der grosse und kleine Leberegel, die bekannten Schmarotzer des Schafes als mehr gelegentliche Parasiten des Menschen bekannt waren, hat die Erforschung der aussereuropäischen Parasitenfauna eine grössere Anzahl Distomeen als spezifisch menschliche Parasiten kennen gelehrt, die zugleich wegen ihres pathogenen Charakters die erhöhte Aufmerksamkeit des Arztes und Naturforschers beanspruchen. Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1890. 20 | — 306 — Besonders sind es Ägypten und das südöstliche Asien, von woher eine Anzahl solcher Formen bekannt geworden sind; welche Aus- dehnung die durch solche Parasiten bedingten Epidemien annehmen können, dafür bieten bestimmte Lokalitäten der Provinz Okoyama in Mitteljapan ein Beispiel, wo reichlich zehn, nach Bärz sogar bis zwanzig Prozent der Einwohner von Distomum spathulatum Leuck. (—= D. endemicum Bäuz) infiziert sind. Das klinische Bild charak- terisiert sich zunächst als starke Vergrösserung der Leber; mit der Zeit, oft sehr allmählich, stellt sich eine Verschlechterung der Er- nährung ein; es folgen schwer zu stillende, manchmal blutige Diar- rhöen; schliesslich kommt es zu Ascites, Wassersucht der Füsse, Kachexie, bis die Kranken unter Schwächeerscheinungen zu Grunde gehen. Eine andere Art, Distomum pulmonale Birz, fand Birz als Urheber einer über ganz Japan, Formosa, Korea und wohl auch das festländische Ostasien weit verbreiteten Krankheit, welche wegen des gleichartigen Symptoms des Blutspuckens stets als Phthisis diagnosti- ziert wurde. Eine mikroskopische Untersuchung des Sputums lässt jedoch in demselben stets die Eier eines Distomums nachweisen. Dasselbe lebt in den Lungen des Menschen einzeln oder paarweise in kavernenartigen Hohlräumen, die der Peripherie des Organes an- gehören und durch feine siebartige Öffnungen mit den Bronchien kommunizieren, so dass die vom Wurm entleerten Fier mit dem Auswurf nach aussen gelangen. Trotz ihres anscheinend gefähr- lichen Charakters ist diese parasitäre Hämoptoe auffallend genug ein ziemlich harmloses Leiden, indem die Patienten keme Schmerzen leiden, kräftig und blühend bleiben, selbst wenn sie, wofür Beispiele durch Bätrz bekannt wurden, Jahrzehnte lang in ihrer Lunge leben- dige und bewegliche Würmer herumtragen und täglich deren Eier in Tausenden spucken. Die beiden etwas ausführlicher behandelten Beispiele der Bedeutung, die auch Saugwürmern als menschlichen Parasiten zukommt, mögen zugleich als Hinweis dienen auf den wich- tigen Inhalt der vorliegenden Lieferung des dem Arzte nahezu un- entbehrlichen Lruckarr'schen Handbuches. Dr. LAMPERT. Dr. H. G. Bronw’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs wissenschaftlich dargestelltin Wort und Bild. Erster Band. Protozoa. Neu bearbeitet von Dr. ©. BürschLı, Pro- fessor in Heidelberg. Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 64 Lieferungen. 2035 S. 79 Taf. 8°. Leipzig und nz C. F. Wimrer’sche Verlagshandlung. 1880—1889, — 307 — Mit Schluss des vergangenen Jahres ist wiederum ein inhalt- reicher Band von „Bronn’s Klassen und Ordnungen“ zum Abschluss gelangt; er enthält die von Bürschui besorgte Neubearbeitung der Protozoen. Dass dieselbe eine mustergültige ist, dafür bürgt schon der Name des Verfassers, wohl des besten Kenners dieser niedrigen tierischen Lebewesen seit Stem’s Tod. Das Studium der Protozoen hat in den letzten Jahrzehnten und besonders in den letzten Jahren eine solche Fülle neuer Thatsachen hervorgebracht, dass die vor- liegende neue Auflage des ersten Bandes von Bronn’s Klassen und Ordnungen gegenüber der ersten, 1859 erschienenen selbstverständlich ein ganz neues Werk darstellt. Nach jeder Richtung hin, besonders aber in systematischer Beziehung sind auch auf diesem Gebiete unsere Kenntnisse gewaltig gefördert worden; wir erinnern nur an Häckens klassische Bearbeitung der vom „Challenger“ gesammelten „Strah- linge“, Radiolarien, in welcher er in der Beschreibung und teil- weisen Abbildung von fast 4000 Arten dieser mikroskopischen Lebe- wesen auf der untersten Stufe des Tierreichs geradezu eine neue Welt des Formenreichtums und der Formenschöne erschlossen hat. Selbstverständlich sind all diese neueren Arbeiten auf dem Gebiet der Protozoenkunde, soweit ihre Erscheinungszeit es erlaubte, von BürschLı gewissenhaft benützt, ohne dass jedoch die Monographie hierdurch den Charakter eines einfach kompilatorischen Werkes ge- wänne; denn dem Verfasser ist oft genug Gelegenheit geboten, er- gänzend oder korrigierend aus dem reichen Schatz seiner eigenen Erfahrungen und Untersuchungen Mitteilungen beizufügen. In der Anordnung des Stoffes schliesst sich das Buch den übrigen Bänden des Bronn’schen Werkes an. Jeder grössere Abschnitt wird ein- geleitet durch eine historische Skizze; sodann folgt eine ausführliche Darstellung der Morphologie, Entwickelung und Biologie, ferner eine systematische Übersicht und den Schluss bildet eine Schilderung der Verbreitung in Zeit und Raum. Bürschui teilt die Protozoen in vier Klassen: Sarcodına, Sporo- zoa, Mastigophora und Infusoria. Die Sarkodinen zerfallen in die Rhizopoden, Heliozoen und Radiolarien; zu den Sporozoen gehören die Gregarinen, die Coccidia oder eiförmige Psorospermien, die Myxo- sporidia, welche bisher gewöhnlich als Fischpsorospermien bezeichnet wurden und die merkwürdigen Sarcosporidia oder parasitischen Schläuche. Die Mastigophora, die in dem Bürschui’schen System zum erstenmal als selbständige Klasse auftreten und die bisher Flagel- laten im weiteren Sinne hiessen, zerfallen in die Ordnungen der — 308 — Flagellaten, Choanoflagellaten, Cystoflagellaten und Cilioflagellaten ; die grosse Klasse der Infusorien teilt sich in die beiden Unterklassen der Ciliata, Wimperinfusorien, und Suctoria, Sauginfusorien. Das die Sporozoen behandelnde Kapitel wird besonders dem Arzt den Besitz des vorliegenden Werkes wünschenswert erscheinen lassen, denn die zu den Sporozoen gehörenden zum Teil noch sehr rätsel- haften Lebewesen sind durchweg parasıtär; auch in den andern grossen Abteilungen der Protozoen finden sich jedoch Schmarotzer, worüber BörschLı am betreffenden Ort in zusammenfassender Darstellung die nötigen Mitteilungen macht; besonders haben in neuerer Zeit wiederum Amöben als mutmasslich krankheiterregende Parasiten im menschlichen Darm die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Jedoch nicht nur der Arzt, sondern jeder Freund naturwissenschaftlicher Studien wird in Bürscnui's Protozoenwerk einen trefflichen Führer für das Studium dieser so vielfach bedeutungsvollen Welt des Kleinen finden und dem Zoologen von Fach wird das vorzügliche Kompendium unseres heutigen Wissens von den Protozoen auch dann noch stets ein erwünschtes Hilfsmittel zu rascher Orientierung sein, wenn auch hier die rasch vorschreitende Wissenschaft das eine oder andere Neue zu dem jetzt Bekannten fügt. Nur um uns keiner Unterlassungssünde schuldig zu machen, sei noch die fast selbstverständliche Bemerkung beigefügt, dass auch in der äusseren Ausstattung, in Druck und vortrefflicher. Wiedergabe der Abbildungen, sich dieser Band den andern Bänden von BRonN’s Klassen und Ordnungen würdig anschliesst. Dr. LAMmPERT. hreshefte d. Vereins N | m } / Nordprenze des ehemaligen RHEINGLETSCHERS. von DX Fr. Knickenb erg. —Vordgrenze der Vergletscherung. nn Vordgrenze in der geognost. Spezialkarte a Württemberg. —— (prössere Schuttanhäufüngen. 48° °0° Erratische Blöcke. 1 Besonders wichtige Punkte. Berliner litho gr. Institut. Jahreshefte d. Vereins fvaterl Naturkunde in Württemberg 1890. Tarll. Nord prenze des ehemaligen RHEINGLETSCHERS. von D! Fr. Knickenberg. ——Vordgrenze den Veryletscherung. = ordgrenze in der geognost. Spezialkarte von. Württemberg. — bmössere Sehuttanhaufüngen. Br 98 Ermatircha Blöcke ) Maassstab 1: 200000. $ m IE ERST N Bande michtige Haike Berliner lithogr. Institut Jahreshefte d. Ver f. vaterl. Naturk.in Württemb. 1890. Taf. Il oz 4 Ei | v.Seebach'scher Hodograph Bi RRS 2 N mit Rücksicht auf‘ die Kugelgestalt der Erde 20 SH icksicht auf die Kugelgestalt der Lrde a A A EEE u I ze 2.54 | w 8 Ene N 411830 | > on ren _ A aaa um JuEnEn | a | Er 44 Minuten und Secunden EEBIRZZ Y | ii: BBSZ S LI I8 Zeigen |) ame = Nc Kin le] Ka HAN N mi \ =n Bee Bean ee, Pa IE 12] ee E ] ] a or ee ZRESELAnEn a u an 70 B0 90 100 u0 10 60 80 100 20 40 80 80 200 20 30 60 80 300 20 30 00 80 300 20 30 60 80 500 20 40 60 80 Kilometer. = Jim. 600 20 40 6 al A] as 153 3 ı 0 80 700 20 40 60 80 800 20 40 60 80 900 20 40 60 80 1000 20 40 60 80 1100 20 40 60 80 1200 20 40 60 80 1300 20 40 60 80 1400 20 40 60 80 1500 14 » Züch. Anstıo, Eberkusen & Eckstein, Stuttgarb. 8 EEE PER ! gt r j a! Br > % Es Eee, zer Ds EN