>-.. .^ . .1^.,^ ,u ^%- ^ v^^- ^v-^^w- f* r '^■Itm- ■^%^.^%^^ 1^^ mr % ^^ >^ .i^>^- ■^'-.^; :.'^sr» ^^;' Jl JAHRESHEFTE y //y des Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberg. Herausgegeben von dessen Redaktionskommission Oberstudienrat Dr. 0. Fraas, Prof. Dr. C. Hell, Prof. Dr. 0. Kirchner, Prof. Dr. K. Lampert. NEUNUNDVIERZIGSTER JAHRGANG. Mit 9 Tafeln. — c-^'H— Stuttgart. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch). 1893. Bemerkungen, betreffend die Benützung der Vereinsbibliothek. 1 Um mehrfachen Anfragen zu begegnen, sei darauf hingewiesen, class die Benützung der Vereinsbibhothek jedem MitgUed des Vereins unentgeltlich freisteht. Die Ausgabe von Büchern etc. erfolgt nur gegen Quittung; sie findet statt in den Arbeitsräumen des Königl. Naturalienkabinets in Stuttgart über 2 Treppen, und zwar im allgemeinen in den Ge- schäftsstunden des Bibliothekars (9 — 12 Uhr vormittags, 2 — 6 Uhr ^ nachmittags). ■ Briefliche Bestellungen werden gerichtet an Herrn Assistent J. Eichler, Königl. Naturalienkabinet, Stuttgart, welchem auch über Empfang der Bücher zu quittieren ist. Mit der Post zu befördernde Büchersendungen werden unfrankiert abgeschickt, während die Rücksendung frankiert erfolgen muss. Für Verpackung etc. werden — sofern nicht besondere Auslagen durch dieselbe erwachsen — im allgemeinen keine Spesen berechnet. Die Dauer, für welche Bücher etc. ausgeliehen werden, richtet sich zwar im allgemeinen nach dem jeweiligen Bedürfnis des Ent- leihers, doch soll dieselbe nicht über ein Jahr ausgedehnt werden; es ist daher notwendig, dass entweder die Bücher innerhalb dieses Zeitraumes zurückgegeben werden, oder dass die Quittungen für dieselben nach Verlauf eines Jahres erneuert werden. Auf Reklamation des Bibliothekars oder dessen Stellvertreter sind Bücher, wenn sie bereits 6 Wochen ausgeliehen sind und von anderer Seite verlangt werden, sofort zurückzugeben. Kosten für Reklamation von Büchern, die länger als ein Jahr ausgeliehen sind, trägt der Entleiher. Im Anschluss an Vorstehendes sei darauf hingewiesen, dass der Katalog der Vereinsbibliothek in unseren Jahresheften Jahrgang 1891 enthalten ist. Die neuen Zugänge — die nach ihrem Eingang etwa 4 Wochen lang im Bibhothekzimmer zur Einsicht aufliegen — werden alljähr- lich in den Jahresheften bekannt gegeben. Da es dringend erwünscht ist, den Bestand der BibHothek zu revidieren, so werden namentlich die Vereinsmitglieder, welche Bücher in der Hand haben, die sie vor dem 1. Juli 1892 entliehen haben, aufgefordert, dieselben in nächster Zeit zurückzugeben, andernfalls werden diese Bücher im Laufe des Sommers reklamiert werden. Der Bibliothekar: Prof. Dr. Lampert. JAHRESHEFTE des Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberg. Herausgegeben von dessen Redaktionskommission Oberstudienrat Dr. 0. Fraas, Prof. Dr. C. Hell, Prof. Dr. 0. Kirchner, Prof. Dr. K. Lampert. NEUNUNDVIERZIGSTER JAHRGANG. Mit 9 Tafeln. Stuttgart. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch). 1893. K. Hofbuchdruckerei' Zu Guttenberg (Carl Grüninger) in Stuttgart. Inhalt. I. Angelegenheiten des Vereins. Bericht über die siebenundvierzigste Generalversammlung vom 24. Juni 1892 in Sigmariugen. Von Prof. Dr. Lampert. S. I. 1. Rechenschaftsbericht für das Jahr 1891—1892. S. VI. 2. Zuwachsverzeichnisse der Vereinssammlungen : A. Zoologische Sammlung. S. VII. B. Botanische Sammlung. S. IX. C. Mineralogisch-Palaeontologische Sammlung. S. X. D. Vereinsbibliothek. S. XI. 3. Rechnungsabschluss für das Jahr 1891—1892. S. XVIQ. 4. Wahl der Beamten und des Versammlungsorts. S. XXI. Vorträge bei der Generalversammlung. Engel, Dr. : Über die Lagerungsverhältnisse des Oberen Weissen Jura (Weiss- Jura £ und C) in Württemberg. S. XXV. F r a a s , Dr. Eberhard : Neues und altes über die Ichthyosaurier. S. XXXIX. Pompeckj, Dr. J. F.: Palaeontologische Beziehungen zwischen den untersten Liaszonen der Alpen und Schwabens. S. XLII. Sitzlingsberichte. Wissenschaftliche Abende des Vereins in Stuttgart. Sitzung vom 28, April 1892. v. Wi den mann, Oberstlieutenant: Über ge- schlitzte (laciniate) Blattformen. Mit Taf. I. S. LV. — Vosseier, Dr. J. : Über Zwitterbildung bei Insekten. S. LXI. — Fraäs, Dr. Eb. : Über Platin und Diamanten. S. LXIII. Sitzung vom 12. Mai 1892. Hedinge r, Medizinalrat Dr.: Palaeontologisch- geologisches Referat über Blttt : Dauer des Tertiär und Nehring's Gat- tung Cuon. S. LXIII. — Hoffmann, Prof.: Über Abstammung des Pferdes. S. LXV. Sitzung vom 9. Juni 1892. Schmidt, Prof. Dr. A. : Über die Erklärvmg der an dem Planeten Mars beobachteten Erscheinungen. S. LXXII. Am 14. Juli 1892 Ausflug nach Hoheuheira. S. LXXIV. Sitzung vom 13. Oktober 1892. H e d i n g e r , Medizinalrat Dr. : Über das Karst- gebirge in naturwissenschaftlicher Hinsicht. S. LXXVII. — V o s s e 1 e r , Dr. J. : Biologische Mitteilungen über einige Orthopteren aus Oran. S. LXXXVII. — Krauss, Dr. H., in Tübingen : Vorläufige Diagnosen der neuen Arten und Varietäten der Orthopteren von Oran. S. XCV. Sitzung vom 10. November 1892. v. Widenmann: Die Bedeutung der Haar- bekleidung an den Blättern der Silberlinde (Tilia argentea Desf.). Mit 1 Holzschnitt. S. XCVII. — Lampert, Prof. Dr.: Bemerkungen zur Süsswasserfauna Württembergs. S. CIL IV Inhalt. Sitzung vom 8. Dezember 1892. Steudel, Sanitätsrat Dr.: Vorzeigen eines abnorm gewachsenen Nilpferdzahnes mit odoutologischen Erläuterungen. S. CIX. — Hedinger, Medizinalrat Dr.: Geologisch-i)alaeontologisches Referat. S. CXV. — Derselbe: Ueber den Massenvogelfang in Italien und über die Umgestaltung des Reichsvogelschutzgesetzes. S. CXVI. Sitzung vom 12. Januar 1893. Bernhard, Dr. W., in Braunschweig: Über einen modifizierten ABB^'schen Zeichenapparat nebst Zeichentisch für mikro- skopische Zwecke. Mit 1 Holzschnitt. S. CXXIII. — Kirchner, Prof. Dr. 0., in Hohenheim : Über Christian Konrad Sprengel, den Begründer der modernen Blumentheorie. S. CXXX. Sitzung vom 9. Februar 1893. Scheurlen, Stabsarzt Dr.: Über Bakterien. S. CXXXI. S c h w a r z w ä 1 (1 e r Z w e i g V e r e i n. Versammlung zu Tübingen am 11. Dezember 1892. Grützner, Prof. Dr.: Über die Gleichgewichtsorgane der Tiere. S. CXXXII. — K r a u s s , Dr. : Über die Landfauna von Tenerife. S. CXXXI V. — Branco, Prof. Dr.: Über Vulkane der Alb. S. CXXXVI. — Derselbe: Über das Bohrloch von Neuffen. S. CXXXVII. —Wurm, Dr., inTeinach: Über weisse Heidel- beeren. S. CXXXVII. Nekrolog des Prof. Dr. Ernst Hofmann. Von Sanitätsrat Dr. W. Steudel. S. CXXXVIII. II. Abhandlungen. Branco, Prof. Dr. W., in Tübingen: Neue Beobachtungen über die Natur der vulkanischen Tuffgänge in der schwäbischen Alb und ihrem nördlichen Vorlande. S. 1. Branco, Prof. Dr. W., in Tübingen: Das angebliche Wrack der Arche Noae nach des Berosus und anderer Mitteilungen. S. 21. Geyer, Mittel schullehrer in Neckarthailfingen : Einige neue MuUuskenfuudorte. S. 128. Hoffmann, Dr. Jul. : Zur Charakteristik der häufigeren deutschen Raubvögel. Mit 9 Holzschnitten. S. 63. Jonesco,D. : Über die Ursachen der Blitzschläge in Bäume. Mit 1 Holzschnitt. S. 33. Kirchner, Prof. Dr. 0., in Hohenheim: Über einige irrtümlich für windblütig gehaltene Pflanzen. S. 96. Nies, Prof. Dr., in Hohenheim: Über Münzmetalle und sogenannte Ausbeute- münzen. S. 137. Nitsche, Prof. Dr. H., in Tharand: Bemerkungen über zwei aus Spitzbergen stammende Rentierschädel. Mit 5 Figuren. S. 111. Pompeckj, Dr. J. F.: Beiträge zu einer Revision der Ammoniten des schwäbi- schen Jura. Mit. Taf. II— VID. S. 151. Erdbeben -Kommission. Erdbebenberichte aus Württemberg und HohenzoUern für die Zeit vom 1. März 1892 bis 1. März 1893. Zusammengestellt von Prof. Dr. A. Schmidt. Mit Taf. IX. S. 249. Bücheranzeigen. S. 266. AUG Angelegenheiten des Vereins. Bericht über die siebeimndvierzigste General Versammlung vom 24. Juni 1892 in Sigmaringen. Von Professor Dr. Kurt Lampert. Zum Zusammenkunftsort für die 47. Generalversammlung war Sigmaringen gewählt worden ; besonders den oberschwäbischen Mit- gliedern war auf diese Weise die Teilnahme in höherem Grade als in den letzten Jahren erleichtert, doch auch aus weiterer Ferne, aus Tübingen , Stuttgart , Hohenheim , aus der Mitte des Schwarzwalds waren Freunde gekommen. Mancher war schon am Abend vorher in der gastlichen Stadt eingetroffen, die grössere Zahl der Teilnehmer aber brachten die Frühzüge, und die Morgenstunden des 24. Juni sahen auf dem Bahn- hof ein buntbewegtes Bild freudiger Bewillkommnung. Als Ver- sammlungsort war in bereitwilligster Weise der Festsaal des städti- schen Schulhauses zur Verfügung gestellt und geschmückt worden ; längs der Wände desselben hatte wiederum eine kleine sehenswerte Ausstellung verschiedenster Objekte ihren Platz gefunden, die ohne Anspruch auf absolute Vollständigkeit hier Erwähnung finden möge. Herr Direktor Prestele von Sigmaringen hatte zahlreiche lebende Pflanzen der Umgegend ausgestellt, darunter Cephalanthera grandißora Babingt. , Orchis conopsea L. , Neottia Nidus avis Rick., Jjistera ovata R. Br., Gentiana lutea L., Ärum maculatum L. u. a. Herr Gerichtsrat Schi es sie hatte zahlreiche Petrefakten auf- gelegt, während die Ausstellung des Herrn Apotheker Edelmann von Ehingen in die Prähistorie bis zu den Pfahlbauten zurückführte, eine Reihe höchst bemerkens- werter Artefakte enthaltend, Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. a — II — das fürstliche Hüttenwerk Lau eher thal zeigte Produkte der Alu- miniumindustrie, darunter zwei Barren Aluminium, und in einer Reihe von Geräten die Verwendung dieses Metalls und seiner Legierungen, die Herren Hofschreinermeister Gang gel, Schneidermeister Guhl, HofUeferant Maag, Registrator Miller, Drechsler Schmid und Schuhmacher Schnitzler legten durch zahlreiche, zum Teil dekorativ arrangierte Schmetterlings- und Käfersammlungen einen Beweis des in Sigmaringen herrschenden, regen entomologischen Eifers ab. Kurz nach 10 ühr ergriff Herr Oberforstrat Dr. C. v. Fisch- bach, der die Güte gehabt hatte, das Amt des Geschäftsführers zu übernehmen, das Wort zu folgender Begrüssungsrede : Mit Freude wurde es begrüsst, als im vorigen Sommer auf Ihrer Jahresversammlung in Calw die hiesige Stadt zum Ort für die diesjährige Vereinigung gewählt wurde, und ich bin von der städti- schen Behörde ausdrücklich beauftragt, sie hier freundlichst will- kommen zu heissen. Mit grösster Bereitwilligkeit hat die Stadt diesen Saal für unsere Verhandlungen zur Verfügung gestellt. Und auch wir hier wohnenden Vereinsmitglieder rufen Ihnen ein herzliches Willkommen zu. Dass Se. kgl. Hoheit der Fürst Leopold von Hohenzollern sein lebhaftes Interesse, das er an allen wissenschaftlichen Bestrebungen zu nehmen pflegt, jetzt, wo ihn ein für das hohe Fürstenhaus so freudiges Ereignis unabweislich in die Ferne führte, dem Vereine gegenüber nicht bethätigen kann , wird Höchstderselbe am meisten bedauern. Bei solchen Begrüssungen pflegt man die Männer, welche auf naturwissenschaftlichem Gebiete an der betreffenden Stätte gewirkt haben, oder die Berühmtheiten, die hier geboren sind, den aus der Ferne gekommenen Gästen in Erinnerung zu bringen. Und ich beginne hiernach mit einem zwar ausserhalb dieser Stadt fast gänzlich ver- schollenen Namen, der aber dennoch gerade in uns er em Verein eine ganz besondere Ehrung finden soll ; denn dieser Mann hat schon vor 90 Jahren mit anderen hervorragenden Zeitgenossen eine „vater- ländische Gesellschaft der Naturforscher und Arzte Schwabens" ins Leben gerufen. Es war dies der damalige fürst- liche Leibarzt Dr. Franz Xaver Mezler. Das in eine naturhistorische und eine medizinische Abteilung zerfallende Programm dieses Vereins aus dem Jahre 1802 stelle ich hier zur Einsicht zur Verfügung, es ist unterzeichnet im ersten Teile von Mezler als Präsident und von einem Freiherrn von Schre- — III — ckenstein (ohne Angabe eines Wohnorts, vielleicht Donaueschin- gen) im zweiten Teile wieder von Mezler und von Dr. Stütz, Stadt- physikus in Gmünd. Die ebenfalls hier vorliegenden „Denkschriften dieses Vereins, Tübingen 1805, bei Cotta", scheinen allerdings nicht über den ersten, 488 Seiten umfassenden Band hinausgekommen, sondern der Ungunst der damaligen Zeiten erlegen zu sein ; aber sie enthalten heute noch beachtenswerte Arbeiten aus allen Teilen des damaligen Schwaben, z. B. über den Steinbruch bei Oningen (von Dr. J. Karp), eine mineralogische Beschreibung der Gegend des Hohentwiel (von W. Manuel), Beschreibung eines krystallisierten Sandsteins aus der Gegend von Stuttgart (von Hofmedikus Dr. Jäger daselbst), Karls- ruher Witterungsbeobachtungen aus dem Jahre 1802 (von Prof. Bök- mann), Bericht über die im Jahre 1801 in Stuttgart vorgekommenen Krankheiten vom kurf. Leibarzt Dr. Hopfen gärtner, Beschreibung ■des Basaltkegels Sternenberg bei Offenhausen von Forstgeometer Sim. Jul. Nördlinger u. s. w. Die behandelten Gegenstände wie die Namen der Mitarbeiter beweisen das ernste wissenschaftliche Streben dieses Vereines, zugleich aber auch die Bedeutung des an der Spitze desselben berufenen Mezler, dessen litterarische Thätig- keit den Zeitraum von 1788 bis 1822 umfasst, während dessen er vier akademische Preise sich erwarb. Sein letztes Werk, die medi- zinische Topographie der hiesigen Stadt, enthält sehr viele gute Vor- schläge, die heute noch nicht alle befolgt werden. Ein anderer Nachfolger von ihm war Dr. Heyfelder, welcher litterarisch ebenso thätig, besonders über die Bäder und Heilquellen in Hohenzollern , Württemberg, Baden und dem Elsass geschrieben hat, wodurch dieselben in weiteren Kreisen bekannt wurden. Verzeichnisse der Schriften dieser beiden, um unsere Natur- kenntnisse hochverdienten Männer habe ich hier zur Einsicht auf- gelegt. Endlich ist noch ein dritter Leibarzt zu erwähnen, der hier geborene Dr. Theodor B i 1 h a r z , welcher aber nicht einem deut- schen Fürsten, sondern einem Nachfolger der Pharaonen seine Dienste gewidmet und in Kairo an der dortigen Medizinalschule als Professor der Anatomie gelehrt hat, wobei er die seltene Gelegenheit, die dor- tigen noch wenig erforschten Krankheits- und Naturerscheinungen wissenschaftlich festzustellen , mit günstigem Erfolg ausnützte. Bei seinen Forschungen entdeckte er bald eine Pieihe bisher unbekannter Eingeweidewürmer des Menschen; ihm zu Ehren hat Heinrich Meckel, der berühmte Berliner Zoologe, einen solchen Schmarotzer, — IV — welcher im Blute der Pfortader lebt, Bilharzia haematohia benannt und die durch denselben verursachte, in Ägypten häufige Krankheit trägt bei den Pathologen gleichfalls den Namen des Entdeckers. Von hervorragender allgemein naturwissenschaftlicher Bedeutung sind aber seine Untersuchungen über das elektrische Organ des Zitter- welses, bei welchen zum erstenmale eine Nervenprimitivfaser von der Ursprungsganglienzelle bis zum Endorgan (der elektrischen Platte) verfolgt und überhaupt die Organisation des tierischen elektrischen Apparats vollständig erkannt worden ist. Das diesen Gegenstand behandelnde Werk liegt hier zur Einsicht auf. Auch die Rätsel des alten Wunderlandes der Pyramiden beschäftigten diesen eifrigen Forscher, indem er eine systematische Bestimmung aller Tiere, die auf den uralten Denkmälern abgebildet vorkommen , vornahm , eine Arbeit, die aber durch den frühzeitigen Tod unterbrochen wurde. Aus seiner Hinterlassenschaft gingen zwei wertvolle Sammlungen von Schädeln afrikanischer Rassen und von Eingeweidewürmern an die Universität Freiburg über. Nicht unerwähnt darf ferner an dieser Stelle bleiben das lang- jährige, äusserst thätige Mitglied unseres Vereins, der Prof. Albert S t e u d e 1 in Ravensburg, weil er oft und viel in unserer Stadt und Gegend weilte und hier sein berühmtes Alpenpanorama zeichnete. Seiner Anregung ist es besonders auch zu danken , dass der ver- storbene Fürst Karl Anton eine grosse Anzahl der immer seltener werdenden Findlingsblöcke bei seiner Sommerresidenz in Krauchen- wies sammeln liess, wodurch sie der Naturforschung erhalten bleiben für alle Zeiten und ein Zeugnis ablegen von dem regen Interesse, das dieser hohe Gönner aller Wissenschaften und Künste auch unseren Bestrebungen entgegenbrachte. Näheres darüber findet sich in Zingeler: Sigmaringen und seine Umgebung, S. 111. Von der Vergangenheit zur Gegenwart schreitend, habe ich zu ihrer Orientierung nur andeutungsweise noch auf einige naturwissen- schaftlich wichtigere Punkte aufmerksam zu machen. Die schönen landschaftlichen Umgebungen unserer Stadt sind weit bekannt und sprechen eigentlich für sich selbst. Immerhin aber wird der Natur- freund, der Zeit hat länger hier zu verweilen, eine lange Reihe von Tagen hindurch stets fort wieder neue, genussreiche Spaziergänge in nächster Umgebung machen können, wobei er eine reiche Abwechse- lung von lieblich- anmutigen und überraschend-grossartigen Natur- bildern treffen wird, wie man sie ausserhalb der Hochgebirge in ähnlicher Mannigfaltigkeit kaum noch irgendwo findet. _ V — Die reiche Flora zum Teil sehr seltener Pflanzen, mit ver- sprengten Vorposten aus der Alpenwelt, fällt schon dem gleichgültig- sten Beobachter auf. Der sachkundige aber wird überrascht von deren grossen Mannigfaltigkeit. Einige eben jetzt blühende Species hat unser Mitglied Herr Rektor Prestele hier im Saale aufzulegen die Güte gehabt. Auch das Tierreich bietet einige beachtenswerte Merkwürdig- keiten, wovon die eine den Namen Sigmaringen sozusagen an die Enden der Welt trägt. Das ist Apollo, der Schmetterling, der hier gewissermassen seine Heimat hat und von hier aus überall hin ver- schickt wird, nach Indien, Kalifornien und Australien. Es bildet dieser schöne Falter einen gesuchten Tauschartikel und die auf- gestellten Sammlungen hiesiger Liebhaber bieten in den empfangenen Gegenwerten den besten Beweis für die bestehende grosse Nachfrage danach. Unser Mitbürger Herr Karl Schnitzler ist ein Schuh- macher und Schmetterliugsfreitud dazu. Durch sinnreiche Vorrichtungen und ängstlich sorgfältige Präparation der zu versendenden Exemplare hat es derselbe dahin gebracht, dass sie die weite Pteise zum Teil in tropisches Klima ohne Schaden zu nehmen überstehen. Auch Herr Hoflieferant Maag hat seine schöne und reiche Schmetterlingssammlung zur Einsichtnahme freundlichst hier auf- stellen lassen. Ebenso Herr Schneidermeister Guhl und die Herren Hofschreinermeister Gauggel und Drechsler Schm id. Ferner hat noch Herr Registrator Miller seine schön geordnete grosse Käfer- sammlung zur Anschauung gebracht. Aus der Vogelwelt ist sodann anzuführen, dass wir in grosser Zahl die in Erdhöhlen brütende Uferschwalbe hier haben ; sie bohrt sich in die sandigen Schichten der Gletscherablagerungen ein und Sie werden, meine Herren, Gelegenheit haben, die jetzt eben aus- fliegenden jungen Vögel zu sehen, wenn die Zeit reicht, um die Sand- und Kiesgruben bei Haus Nazareth zu besuchen. Diese führen uns dann in das geologische Gebiet, wobei ich als bekannt voraussetze, dass die Enden des Rheinthalgletschers bis hierher gereicht haben und dass nahe dabei die obersten Glieder des Jura mit stellenweise eingelagerten Süsswassergebilden vorkommen. In der aufliegenden Broschüre des Herrn Dr. Knickenberg ist die Nordgrenze des Rheinthalgletschers genau bestimmt und — VI — graphisch dargestellt. Auch ein Vortrag von dem berühmten Eisen- bahn-Ingenieur Oberbaurat Gerwig enthält einige interessante Notizen aus dem betreffenden Gebiet. Mit dankenswerter Bereitwilligkeit hat sodann Herr Apotheker Edelmann aus Ehingen eine grosse Zahl von Altertümern aus weit zurückreichender Zeit und Herr Anitsgerichtsrat Schiessle interessante Stücke seiner reichhaltigen Sammlung ihrer Besich- tigung hier zugänglich gemacht. Da die epochemachenden Aus- grabungen an der Schussenquelle gewissermassen auf Anregung und unter dem Protektorat unseres Vereines stattgefunden haben, so vperden wohl Sie alle die ihnen hier gebotene Gelegenheit, höchst interessante Funde kennen zu lernen , freudigst willkommen heissen. Endlich hat auch das fürstliche Hüttenwerk Lauche rthal einige Proben von Aluminium in Guss- und Walzstücken zur Ansicht aufgelegt, wobei insbesondere die verschiedenen Legierungen mit Stahl etc. Beachtung verdienen. Indem ich nun Ihren heutigen Verhandlungen die besten Erfolge und dem ganzen Verein ferneres Gedeihen und die Weiterentwicke- lung seiner fruchtbringenden Thätigkeit wünsche, kann ich nur noch die Bitte anfügen, dass der Verein recht bald wieder bei uns in Sigmaringen seinen Besuch wiederholen möge. Dem Vorredner dankend begrüsste sodann der Vereinsvorstand Oberstudienrat Dr. 0. Fr aas die Versammlung. In er-ster Linie dem Gefühl der tiefen Trauer Ausdruck verleihend, in welche der Verein durch den Hingang seines Protektors, des höchstseligen König Karl Majestät versetzt worden , konnte der Redner zugleich die von der Versammlung mit freudigem Dank aufgenommene Mitteilung machen, dass auch S. M. König Wilhelm II. die hohe Gnade gehabt, der von dem Vereinsvorstand übermittelten Bitte um Übernahme des Protektorats zu entsprechen. Aus dem sodann zur Vorlage gebrachten Rechenschaftsbericht für das Jahr 1891 — 1892 ergiebt sich, dass auch im vergangenen Vereinsjahr der über 700 Mit- glieder starke Verein eine .stattliche Reihe neuer Mitglieder gewonnen hat, aber auch der Tod hat starke und schmerzliche Lücken ge- rissen; wir erinnern nur an die Namen Prof. Dr. v. Reusch, Dr. Salzmann, Dr. Fetzer, Generalstabsarzt Dr. v. Klein, Prof. Dr. E. Hof mann. Auch hier darf daher wohl die Bitte wiederholt — YII — werden, in Freundes- und Bekanntenkreisen im Interesse des Vereins wirken zu wollen. Über den Zuwachs zu der vaterländischen Naturaliensammlung ist zu bemerken, dass die zoologische Sammlung vermehrt wurde um 2 Säugetiere, 13 Vögel oder Nester und Eier von solchen, worunter 2 für Württemberg neue Arten , 4 Amphibien , 3 Arten Würmer, 18 Arten Mollusken, 12 Arten Insekten in zahlreichen Exemplaren, darunter eine für Württemberg neue Art. Die botanische Sammlung erhielt einen Zuwachs von 29 Arten Phanerogamen, dar- unter zwei bisher im Gebiet nicht beobachtet und 30 Arten Krypto- gamen, darunter ebenfalls verschiedene neue. Die mineralogisch- palaeontologische Sammlung wurde vermehrt um 3 Mineralien-Arten und 85 Arten Versteinerungen. Die Vereinsbibliothek ist durch Geschenke und Tauschverbindungen um ca. 200 Nummern vermehrt worden. Der zur Ausgabe gelangte 48. Jahrgang der Jahreshefte ent- hält eine Reihe speciell auf schwäbische Funde bezügliche Artikel. Einen breiteren Raum als bisher nehmen die „Sitzungsberichte" ein. indem nicht nur über den Verlauf der wissenschaftlichen Abende in Stuttgart berichtet ist, sondern in dankenswerter Weise auch vom Ober- schwäbischen sowie vom Schwarzwälder Zweigverein die Protokolle der daselbst stattgefundenen Sitzungen zur Verfügung gestellt wurden. Es erübrigt noch, allen denjenigen Mitgliedern und Gönnern des Vereins, welche die Naturaliensammlung sowie die Bibliothek des Vereins durch Geschenke bereichert haben, den verbindhchsten Dank des Vereins auszusprechen. Ihre Namen enthalten die folgenden Zu^A/aehs- Verzeichnisse. A. Zoologische Sammlung. I. Säugetiere. Als Geschenke: S>/notus Barhastellus Schreb. d, Emichsbiirg bei Ludwigsburg von Herrn Graf Georg von Scheler in Wildbad; Mus muscul'us L. S, gelbe Varietät, von Herrn Präparator Jäger in Stuttgart. II. Vögel. Als Geschenke : Eniberiza mülaria L. var., Stuttgart, von S. Höh. Prinz Herrmann zu Sachsen- Weimar; Tcfrao urogallus L. , 7 Junge, 1 — 31 Tage alt, von einem Haushuhn ausgebrütet, Schwann bei Neuenbürg, von Herrn Oberförster Hirzel in Neuenbürg; — VIII - Totanus fuscus Leist. $ juv., geschossen am 29. August 1891 am Schmie- chener See bei Allmendingen (neu für die Sammlung), von Herrn Freih. Albrecht v. Freyberg-Eisenberg auf Allmendingen : Gecimis viridis Boie juv., Leonberg, von Herrn Präparator Merkle in Stuttgart; Buticilla phoenicurns L. S juv., Stuttgart, von Herrn Präparator Kerz in Stuttgart; Pufßnus Kuhlii BoiE $, 17. Oktober 1891 lebend gefangen in Stuttgart, (neu für Württemberg), von Herrn Dr. M. Graf v. Zeppelin in Stuttgart; Glaucidium passerimim L., geschossen am 23. November 1889 bei Freu- denstadt, (neu für Württemberg), von Herrn Sanitätsrat Dr. 0. Königshöfer in Stuttgart; Nest von Calamoherpc iurtoides L. mit 1 Ei , Olzreuter See , gefunden 7. Juni 1890, Nest von CalamoJierpe arundinacea L., 3 Eier, Olzreuter See, gefunden 10. Juni 1892, Nest von Ärdetta minuta L. mit Gelege von 4 Eiern, Olzreuter See, ge- funden 5. Juni 1892, Gelege von 5 Eiern von Fidica atra L., gefunden 5. Juni 1892, sämtlich von Herrn Oberförster Frank in Schussenried ; 2 Gelege von je 3 Eiern von Sterna Jiirundo L., Federsee, gefunden 4. Juni 1892, von den Herren Graf Georg v. Scheler in Wildbad und Prof. Dr. Lampert in Stuttgart; Fidica atra L. S ad., von Herrn Freih. v. Rassler- Weitenburg auf Weitenburg. III. Amphibien. Als Geschenke: Salamandra macidosa Laue, var., Maulbronn, von Herrn Medizinalrat Dr. Zell er in Winnenden; Salamandra macidosa, junge Larve, 34 Tage alt, Wildbad, von Herrn Graf Georg v. Scheler in Wildbad; Bana escidenta L., Federsee, von Herrn Graf Georg v. Scheler in Wildbad; Bufo vulgaris L. mit Mageninhalt (1 Maus und 1 Käfer), Kaltenthal, von Herrn Ober-Gymnasiast Dorn in Stuttgart. IV. Mollusken. Als Geschenke: Nacktschnecken in 3 Sp., Wildbad und Hochmoor bei Wildbad, von Herrn Graf Georg v. Scheler in Wildbad; Gehäuseschnecken, 11 Gattungen, 15 Arten, darunter Physa fontntalis Dkap. aus dem Donaualluvium bei Ulm, von Herrn Regierungsrat Pfeil sticker in Ulm. — IX — V. Insekten. Als Geschenke: Hydrometra sp., Wasserläufer, aus dem Hochmoor bei Wildbad, Neuropteren 1 Sp., Deegeria nivalis L., Schneespriugschwanz, Boreus Jüemalis L., Gletschergast, d und $, Desoria glacialis L., Gletscherfloh, sämtlich von Wildbad, Blattläuse und Rüsselkäfer an Po^^^OMt/m-Blättern von Monrepos, sämtlich von Herrn Graf Georg v. Scheler in Wildbad; Epinephele Janira L. S, Stuttgart, von Herrn B u b e c k in Stuttgart ; Bomhyliiis major, Stuttgart, von den Herren Buchhändler Koch und Prof. Dr. L a mp e r t in Stuttgart; Hcmerohitis sp., von Herrn Dr. V o s s e 1 e r in Stuttgart ; Eier von Locusta virklissima L., Esslingen, von Herrn Reallehrer Grat er in Esslingen; Hystriclwpsylla obtusiceps Rits., im Moder eines hohlen Weidenbaumes bei Ulm (neu für Württemberg), von Herrn Regierungsrat Pfeilsticke r in Ulm. Durch Kauf: Argynnis Paphia L. var. und Zwitter (rechts ^ und var. Valesina), von Herrn Schnabel in Stuttgart. VI. Würmer. Als Geschenke: Ascaris lumhricoides L., Spulwurm, Stuttgart, Oxyuris vermicularis L., Madenwurm, Stuttgart, in Spiritus und mikro- skopischen Präparaten, von den Herren Dr. Rosenfeld und Dr. Weinberg in Stuttgart, Gordius aquaticus L., Wasserkalb, Schweinsberg, von Herrn Dr. Hammer in Stuttgart. B. Botanische Sammlung. Als Geschenke: a) Herbarium: Agrimonia odorata MiLiiER 1 Betida Immilis Schränk ! von Dietenheim a. d. Hier, Ornithogalum pyrenaicum L. j von Herrn Oberförster Karr er in Dietenheim; Pyrola umbellata L., aus der Gegend von Nagold, von Herrn Seminaroberlehrer Schwarzmayer in Nagold; eine Sammlung von Phanerogamen und Gefässkryptogamen aus der Um- gegend von Neu-Bulach, OA. Calw, darunter : Fursetia incana L., Erythraea pidchella Feies, Mimidus luteus L., Cephdanthera grandi- fiora Bab. , Spiranthes aidumnalis Rich. , Goodyera repens R. Be., — X — Ophrys muscifera Huds. , Carex imUcaris L. , Osniiiiida regalis L., Asplenium Ädiantum nigrum L., germanictmi L., septentrionale L., von Herrn Lehrer Jul. Hermann in Neu-Bulach; Corydalis fahacea Peks., Wolfsthal, OA. Ehingen (leg. stud. Th. Linder), von Herrn Reallehrer Gaus in Ehingen; Aspidinm crisfaimn Sw., Donauthal bei Beuron, von Herrn Oberstlieutenant z. D. v. Widenmann in Stuttgart; Aspidmm LoncMtis Sw. c. fr. ) ,, , n ^^■ oi. A ■, ■ xr 17 • T-vri i üegend von beislingen a. St., Asplenium Hallen DC. j von Herrn Mittelschullehrer Lauffer in Geislingen a. St.; Clioiromyces maeandriformis Vittad., Behenüschla umcmidcda Sacc. auf Weisstannenrinde, aus dem Allmands- wald bei Schörzingen, von Herrn Pfarrer Sautermeister in Schörzingen; eine Sammlung von Flechten vom oberen Heuberg, Chlorotiilmm cafaracfarnm Ktz. vom Uracher Wasserfall, von Herrn Professoratskandidat X. Rieb er in Stuttgart. b) Hölzer: Verkropfte junge Eichenstämme aus dem Revier Unter- Weissach, Maserknollen von Quercus pcdunculata Ehrh., aus dem Revier Schwaigern, von Herrn Oberforstrat v. Fischbach in Stuttgart ; Stammstück eines starken Jimipcrus communis L. 1 ^ . rj ■ c ^, -, , „ -r . ^- 7 t T ' } Revier Zwietalten, Maserkropi von Lomceya \//losteum L. J von Herrn Forstwächter Gawatz in Zwiefalten. C. Mineralogisch-palaeontologische Sanniilung. Als Geschenke: a) Mineralien: Doppelspat, Salmendingen, von Herrn Dr. J. V o s s e 1 e r in Stuttgart ; Kupferkies mit Malachit, Herrensegen, von Herrn Dr. Carl Beck in Stuttgart; 4 Gipse, Hessenthal, von Herrn Apotheker R. Blezinger in Crailsheim. b) Petrefakten: Dacosauriis (Beckenknochen), Sontheim a. Br., Terchratida insignis (Armgerüste), Sontheim a. Br., von Herrn Buchhändler E. Koch in Stuttgart; Myoplioria Goldfnssi (vergipste Muschelbank), Satteldorf bei Crailsheim, Nautilus hidorsatns (vergipst), Crailsheim, Völtzia heterophylla (vergipst), Crailsheim, Asterias cilicea, auf einem StyloUthen, Weidenhauser Mühle bei Crailsheim, Nothosaurus, Kieferstück, Heldenmühle bei Crailsheim, ausserdem eine Vergleichssammlung französischer Jurapetrefakten, 45 Species mit 136 Stück, von Herrn Apotheker R. Blezinger in Crailsheim; Elephas primigenius, Backenzahn aus dem Filsbett, von Herrn Medizinalrat Dr. Christmann in Stuttgart; — XI — Tapirus Jielveticus (Kiefer), Ulm, von Herrn Fabrikant Carl Schwenk in Ulm; Ammonites nmltkostatus, Schwenningen, von Herrn Ch. Jauch in Schwenningen; Penfacrhms suhangularis, Holzmaden, von Herrn Kommerzienrat F a b e r in Kirchheim ; CervHS alces, Unterkiefer, Niederstotzingen, von Herrn Inspektor KnoU in Heidenheim; Pcnfacrinus cingulatus (Kelchstück), Giengen, von Herrn Provisor Bauther in Giengen a. Br. ; Hyaena spdaea (Schädel), Irpfelhöhle bei Giengen, von Herrn Oberförster Sihler in Giengen a. Br. ; 20 Stück Spongien aus dem obersten Weissen Jura, von Herrn Lehrer Wagner in Sachsenhausen. D. Die Vereinsbibliothek hat folgenden Zuwachs erfahren : a. Durch Geschenke: Kolbe, H. J., Beiträge zur Zoogeographie Westafrikas. Halle löb7. 4^. Dewitz, H., Westafrikanische Tagschmetterlinge. Halle 1887. 4^, v. Gumppenberg, C, Systema Geometrarum zonae temperatioris sep- tentrionalis. I. Teil. Halle 1887. 4". Von Herrn Dr. E. Fr aas, Stuttgart. B e dt enb acher , J. , Monographie der Conocephaliden. Wien 1891. 8«. S.-A. Von Prof. Dr. E. Hofmann, Stuttgart. Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. Naturk. i. Württ Jahrg. 28— 3G, 38 — 44. Von Herrn Medizinalrat Dr. Christmann, Stuttgart. Su e s s , E., Das Antlitz der Erde. Bd. I. Pragu. Leipzig 1883—1885. gr. 8^ Petermann, A., Mittheilungen aus Justus Perthes' geographischem Verlag über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammtgebiet der Geographie. Jahrg. 1855 — 1880 (Bd. I — XXVI); dazu Inhalts- verzeichnis für 1855 — 1864 u. Ergänzungshefte 1 — 63. Gotha. 4'^. Die gesammten Naturwissenschaften, bearbeitet von Dippel, Gottlieb, Gurlt, Koppe, Mädler, Masius, Moll, Nauck, Nögge- rath, Quenstedt, Reclam, Reis, Romberg, Zech. 3. Aufl. 3 Bde. Essen 1873—1877. 8^ Vogt, C, Köhlerglaube und Wissenschaft. 2. Aufl. Giessen 1855. S*^. Cotta, B., Deutschlands Boden, sein geologischer Bau und dessen Einwirkungen auf das Leben der Menschen. Leipzig 1854. 8^. Bischof, G., Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie. 4 Bde. Bonn 1847—1853. 8". V. Humboldt, A., Ansichten der Natur. 2 Bde. Stuttgart u. Tübingen 1849. 8. — — Kleinere Schriften (mit Atlas). Ebenda 1853. 8*^. — — Kosmos, Entwurf einer physikalischen Weltbeschreibung. 4 Bde. Stuttgart 1845—1858. 8«. - XII — Cotta, B., Briefe überA. v. Humboldt's Kosmos. I. Teil. Leipzig 1848. 8", Von Frau Fabrikant Carl Deffner Wwe., Esslingen. Kr ick, Fr., Über die Rindenknollen der Rotbuche. (Dissertation.) Cassel 1891. 4^. S.-A. Von der K. Universitätsbibliothek Tübingen. Canestrini, G. , Abozzo del sistema acarologico. Venezia 1891. 8*^. Vom Herrn Verfasser. Fleming, Sandford, Time-reckoning for the 20*^^ Century. Washington 1889. 8^ S— A. Vom Herrn Verfasser. F 1 e t c h e r , L. , Optical indicatrix and the transmission of light in crystals. London 1892. 8°. Vom Herrn Verfasser. Wurm, W., Waldgeheimnisse. Stuttgart 1892. 8°, Vom Herrn Verfasser. Hydrographische Übersichtskarte des Königreichs Württemberg im Maass- stab 1 : 600 000. 1891. Vom K. statistischen Landesamt, Stuttgart. Munro, R., Ancient scottish lake-dwellings or crannogs with a Sup- plement chapter on remains of lake-dwellings in England. Edin- burg 1882. 8«. Von Herrn Oberförster Frank, Schussenried. V. Dechen, H., Geognostische Beschreibung des Siebengebirges am Rhein. Bonn 1852. 8". S.-Ä. Von Herrn Hofrat Dr. B. Arnold, Stuttgart. Bleye r-Hey den, G., Schlangenfauna Deutschlands. Weimar 1891. 8*^, Von der Verlagsbuchhandlung B. F. Voigt, Weimar. Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreiches. 2. Bd. 3. Abt, Lf. 10— 16, 5. Bd. 2. Abt. Lf. 29— 31, 6. Bd. 5. Abt. Lf. 37 — 39. Von der Winter 'sehen Verlagsbuchhandlung, Leipzig. V. Reichenau, W., Bilder aus dem Naturleben. Leipzig 1892. 8*^. Jäger, G., Stoffwirkung in Lebewesen. Leipzig 1892. S^. Von E. Günther's Verlagsbuchhandlung, Leipzig. Jourdan, E. , Die Sinne und Sinnesorgane der niederen Tiere. Aus dem Französischen übersetzt von W. Marsh all. Leipzig 1891. 8^. Von J. J. Web er 's Verlagsbuchhandlung, Leipzig. Dillmann, C, Astronomische Briefe. Die Planeten. Tübingen 1892. 8*^. Von der H. L au pp ' sehen Verlagsbuchhandlung, Tübingen. Endriss, K., Zur Geologie der Höhlen des schwäbischen Albgebirges. L Der Bau des Gutenberger Höhlensystems. Mit 1 Tafel. Berlin 1892. 8". S.-A. Vom Herrn Verfasser. b. Durch Kauf. Stettiner entomologische Zeitung. Jahrg. 52. Heft 4 — 12. Entomologische Nachrichten. XVIL Jahrg. Heft 3 — 24. Andre, Species desHymenopteresd'Europe etd'Algerie. T. V. fasc.38 — 40. Börnes und Auinger, Die Gasteropoden. Lf. 7 u. 8. Wien 1891. — XIII — Teller, Fr,, Über den Schädel eines fossilen Dipnoers , Ceratodus Sturii nov. spee., aus den Schichten der oberen Trias der Nord- alpen. (Abh. K. K. geol. Reichsanst. Bd. XV. H. 3.) Wien 1891. Zacharias, 0., Die Tier- und Pflanzenwelt des Süsswassers. 2 Bde. Leipzig 1891 V. Richthof en. F., Führer für Forschungsreisende. Berlin 1886, Neumayr, G. , Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen. Berlin 1888. c. Durch Austausch unserer Jahreshefte, American association for the advancement of science: Procee- dings of the 39 meeting held at Indianopolis , Indiana, 1890 (1891). Amiens. Societe Linneenne du nord de la France. Bulletin. T. X, 1891. Amsterdam. K. Akademie van wetenschappen: Maria virgo in Monte Calvariae. — Jaarboek vor 1890. — Yerhandelingen 28 deel 1890. — Verhandelingen afdeeling Letterkunde 19 deel 1890. — Verslagen en Mededelingen, Letterkunde, 3 reeks 7 deel 1891. Baltimore. Johns Hopkins University: Studies from biological labora- tory Vol. V. No. 1. ■ — University circulars Vol. X. No. 87 — 93; Vol. XL No. 94, 96, 97. (Vol. L No. 18; Vol. IL No. 24, 26: Vol. IIL No. 30, 33; Vol. V. No. 50, 51; Vol. VI No. 52 — 57.) Basel. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen Bd. IX. H. 2. 1891. Belgique. Academie royale des sciences etc.: Bulletins, annees 59—61. T. 18—21 (1889—1891). — Annuaires, annee 56 et 57. 1890—1891. Berlin. K.Akademie der Wissenschaften : Physikalische Abhandlungen a. d. Jahre 1890 (1891). — Entomologischer Verein: Zeitschrift. Jahrg. 36 u. 37. 1(1891 — 1892). — Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsber. 1891. Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen a. d. Jahre 1890. No. 1244—1264. Bonn. Naturhistorischer Verein d. preuss. Rheinlande etc. Verhand- lungen. Jahrg. 48. 1891—1892. Bordeaux. Societe des sciences physiques et naturelles: Memoires ser. III. T. V. Cah. 2. 1890. — Observations pluviometriques de Juin 1889 ä Mai 1890. 1890. Boston. American Academy of sciences and arts : Proceedings. Vol. XXV. 1890. — Boston Society of natural history: Proceedings. Vol. XXV. p. 1 u. 2 (1890—1891). Brandenburg. Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg: Verhandlungen. Jahrg. 31 u. 32 (1889—1890). — Register für die Jahrg. 1—30 (1889). Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen. Bd. XII, Heft 2 (1892). Buenos Aires. Museo nacional : Anales, entrega 17. 1891. Buffalo. Society of natural sciences: Bulletins. Vol. V. No. 3. 1891. — XIV — California. Academy of sciences (San Francisco) : Proceedings. 2. ser. Vol. in. part I. 1890. Cambridge. Museum of comparative zoology at Harvard College: Annual report for 1890—1891. — Bulletins Vol. XVI. No. 10; Vol. XXI. No. 2 — 5; Vol. XXII. No. 1-4: Vol. XXIII. No. 1, 2. — Memoirs Vol. XVII. No. 2 (1892). Canada. Geological and natural history survey : Contributions to Canadian Palaeontology by J. F. Whiteaves. Vol.I. part 3 (1891). — Contributions to Canadian Micro-palaeontology. Part III (1891). Christiania. Archiv for Mathematik og Naturvedenskab udgivet af S. Lie og G. 0. Sars. Bind XV. Heft 1 (1891). — K. Universitet: Tillaeg til Viridarium norvegicum. I. 1891. Cincinnati. Society of natural history: Journals. Vol. XIV. No. 1 — 4. 1891—1892. Dan zig. Naturforschende Gesellschaft: Schriften. N. F. Bd. VII. Heft 4 (1891). Darm Stadt. Grossh. Hess, geologische Landesanstalt: Abhandlungen. Bd. II. Heft 1. 1891. — Verein für Erdkunde: Notizblatt. 4. Folge. Heft 9 — 12 (1889 — 1891). Deutsche geologische Gesellschaft: Zeitschrift. Bd. 43 u. 44. Heft 1 (1891 — 1892). Dresden. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis: Sitzungsberichte und Abhandlungen. Jahrg. 1890 u. 1891. 1. Hälfte. Dublin. R. Dublin society: Proceedings. Vol. VI. part 10. Vol. VII part 1 — 2(1890— 1891). — Transactions. Ser. 2. Vol. IV. No.6— 8. 1890—1891. Edinbargh, R. physical society : Proceedings. Vol. XI. part 1. 1892. — Royal society: Proceedings. Vol. XVII. 1889 — 1890. — Transactions. Vol. XXXIV u. XXXV. p. 1 (1890 — 1891). Erlangen. Physikal.-medizin. Societät: Sitzungsberichte. Heft 23. 1891. France. Societe geologique de France: Bulletins. Ser. 3. T. XVII. No. 10. T. XVm. No. 9. T. XIX. No. 6—12. — Societe zoologique de France: Bulletins. Vol. XVI. No. 6 — 10. Vol. XVII. No. 1 — 5. Frankfurt a. M. Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Be- richt von 1891. Graubünden. Naturforschende Gesellschaft (Chur) : Jahresbericht. N. F. Bd. XXXIV (1891). Halle a. S. Verein für Erdkunde: Mitteilungen. Jahrg. 1891. — Leopoldina. Heft XXVII (1891), No. 3—4, 19—24; XXVIII (1892). No. 1 — 10. — Naturwissenschaftlicher Verein für Sachsen und Thüringen: Zeit- schrift für Naturwissenschaften. Bd. 63, Heft 6; Bd. 64, Heft 1 — 5. Hamburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen. Bd. XI. Heft 2 u. 3. 1891. — Verein für naturw. Unterhaltung: Verhandlungen. Bd. VII. 1891. — Wissenschaftliche Anstalten: Jahrbuch VIII u. IX. 1. Hälfte. — XV — Hannover. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresbericht 40 u. 41 (1889—1891). Haarlem. Fondation Teyler: Archives du Musee Teyler. Ser. II. Vol. III, part 6 u. 7. 1891—1892. — Hollandsche Maatschappij der Wetenschappen : Natuurkundige Ver- handelingen. 3. Verz. V. Deel. 2. Stuck (1892). — Societe hollandaise des sciences : Archives neerlandaises des sciences exactes et nat. T. XXV. Livr. 1 — 4. 1891. — CEuvres completes de Chr. Huygens. T. IV. 1891. Heidelberg. Naturhist.-medizin. Verein: Verhandlungen. N. F. Bd. IV. Heft 5. 1892. Helsingfors. Societas pro fauna et flora Fennica : Acta. Vol. VI u. VII (1889—1890). — Meddelanden. Heft 1(3 (1888 — 1891). Hermannstadt. Siebenbürgischer Verein für Naturw. Abh. u. Mitt. Jahrg. 41. 1891. Innsbruck, Naturwiss.-medizin. Verein: Bericht XIX. 1889 — 1891. Ireland. R. geological society : Journal. Vol. VIII. part 2. Italia. R. conütato geologico : Bollettino. Anno XXI. 1890. Königsberg. K. physikal. -Ökonom. Gesellschaft: Schriften. Jahr- gang XXXI. 1890. Leiden, Nederlandsche Dierkundige Vereeniging : Tijdschrift. Ser. IL Deel 3. Lf. 2. 1891. Liege. Societe geologique de Belgique : Annales. T. XVIII et T. XIX» Livr. 1. 1891. — - Societe royale des sciences: Memoires. 2. ser. T. XVII. 1892. London. Geological society: Quarterly Journal. Vol. 16, p. 3. Vol. 17^ p. 3 u. 4. Vol. 18, p. 1 u. 2. — Linnean society: Journal, a. Botany. Vol. 16, No. 175. Vol. 17, No. 183—188. Vol. 18, No. 189—193. b. Zoology. Vol. 20, No. 124—125. Vol. 23, No. 145—147. — List of the Linnean society for 1890—1891. — Zoological society: Proceedings for 1891, p. 1, 3, 4. — Trans- actions. Vol. 13, p. 1 — 4. — - Index of the proceedings of the Z. s. o. L. for 1881 — 1890. Lund. Universitas Lundensis • Acta. T. 17. 1890 — 1891. Luxemburg. Institut royal gr.-ducal: Publications. T. 21. 1891. Mexico. Sociedad mexicana de historia natural : La Naturaleza. Ser. 2. T. I, No. 10. T. II, No. 1. 1891. Milano. R. Istituto Lombardo di scienze e lettere: Rendiconto. Ser. 2. Vol. 23. 1890. Moskau. Societe imperiale des naturalistes : Bulletins. Annee 1891. No. 1 — 4. Napoli. R. Accademia delle scienze fisiche e matematiche : Atti. Ser. 2. Vol. IV. 1891. — Rendiconti. Ser. 2. Vol. V u. Vol. VI, fasc. 1—5. 1891 — 1892. — Zoologische Station: Mitteilungen. Bd. X. Heft 1 u. 2. 1891. Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbücher. Jahrg. 44. 1891. — XVI — New South Wales. Linnean society : Proceedings. 2. ser. Vol. V, p. 4. Vol. VI, p. 1. 1890— 1Ö91. — R. society: Journals and Proceedings. Vol. XXIV, p. 2. 1890. New York. Academy of sciences : Annais. Vol. V. Extra No. 1 — 3. 1891. — Transactions. Vol. X. No. 2— G. 1890 — 1891. New Zealand, Institute: Transactions and Proceedings. Vol. XXIII. 1890. Normandie. Societe Lineenne : Bulletins. 3. ser. Vol. III, 1879; VIII, 1884; IX, 1885; X, 1887. 4. ser. Vol. IV, 1891. — Me- moires. Annee 1865 — 1869. Vol. XV. Notarisia. Vol. VI, No. 25—28. Vol. VII, No. 29—30 (1891 — 1892). Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft : Jahresber. u. Abh. Jg. 1890. Padova. Societä Veneto-Trentina di scienze naturali : Atti. Vol. XII, fasc. 2. 1891. — Bollettino. T. V. No. 2. 1892. Philadelphia. Acad. of natural sciences: Proceedings 1891, p. 1 — 3. — American philosophical society: Proceedings. Vol. XXIX. No. 135. 1891. Pisa. Societa Toscana di scienze naturali: Processi verbau. Vol. VII, p. 235—338. Vol. VIII, p. 49—83. Prag. Naturhist. Verein Lotes: Lotos. N. F. Bd. 12. 1892. Pressburg. Verein für Natur- und Heilkunde : Verhandlungen. N. F. Heft 7 (1887—1891). Riga. Naturforscher-Verein: Correspondenzblatt. Jahrg. 34. 1891. Roma. Accad. Pontificia dei nuovi Lincei: Atti. Anno 41, sess. 1 u. 2 ; Anno 43, sess. 7; Anno 44, sess. 1—5 (1890 — 1891). — R. Accad. dei Lincei; Atti. Ser. 4. Vol. VIL 1891. Ser. 5. Vol. 1. 1. sem. fasc. 1 — 10. 1892. Santiago. Deutscher wissenschaftl. Verein: Mitteilungen. Bd. IL Heft 3. 1891. — Bibliothekskatalog. St. Gallen. Naturwissensch. Gesellschaft : Bericht über 1889 — 1890. St. Louis. Acad. of science: The total eclipse of the sun Jan. 1. 1889. St. Petersburg. Comite geologique: Bulletins. T. IX. No. 7 u. 8. 1890. — Memoires. Vol. IV. No. 2; V. No. 1 u. 5 ; VHL No. 2. X. No. 1. 1890. — V. Romanowsky, G.: Materialien zur Geologie von Turkestan. Lief. 3. 1890. — K. Akad. d. Wissenschaften : Repertorium f. Meteorologie. Bd. XIV. 1891. — Physikal. Central-Observatorium : Annalen. Jahrg. 1890. Teil 1 u. 2 (1891). Schlesische Gesellschaft für vaterl. Kultur: Jahresber. 68 (1890) mit Ergänzungsheft. Schleswig-Holstein. Naturwiss. Verein : Schriften, Bd. IX. Heft 1 u. 2 (1891 — 1892). Schweiz. Allg. Schweizer-Gesellschaft für die gesamten Naturwissen- schaften: Neue Denkschriften. Bd. 30, No. 2 u. Bd. 31. — Schweizerische naturforsch. Gesellschaft : Verhandlungen der 73. Jahres- versammlung (1890) in Davos. — Schweizerische entomolog. Gesellschaft: Mitteilungen. Bd. VIII. Heft 6 — 9. — XVII — Steiermark. Naturwissensch. Verein: Mitteilungen. Jahrg. 1890. Stuttgarter ärztlicher Verein: XVIII. med.-statist. Jahresber. über die Stadt Stuttgart v. J. 1890. Tokio. College of science, Imperial üniversity: Journal. Vol. IV, p. 2. Vol. V, p. 1. Torino. R. Accad. delle scienze : Atti. Vol. XXIV. 12 — 15; XXVII. 1 — 8. 1891 — 1892. Trenton. Natural history society: Journal. Vol. II. No. 2. 1891. Tromsö. Museum : Aarshefter. Vol. I— XII. 1878—1889. Vol.XIV. 1891. Tübinger Universitätsschriften a. d. Jahre 1890 — 1891. Ungarische geologische Gesellschaft: Földtani Közlöny. Jahrg. XXi. 4 — 12; XXII. 1 — 4. 1891 — 1892. - — geologische Anstalt : Jahresbericht für 1890. — Mitteilungen. Bd. IX. Heft 6. 1891. Waadtland. Societe vaudoise des sciences naturelles: Bulletins. 3 ser. Vol. XXVII. No. 104 u. 105. Vol. XXVIII. No. 106 (1891 — 1892). Washington. Smithsouian Institution : Annual report for 1888 — 1889. (Report of the National Museum.) — Smithsonian contributions to knowledge No. 801. 1891, — Smithsonian miscellaneous collections. Vol. XXXIV. — Smithsonian Inst., U. S. National Museum: Bulletins 41 u. 42. 1891. — U. S. Department of Agriculture : N. American Fauna. No. 5. 1891. — U. S. Geological survey (J. W. Powell, director): Annual report. Vol. 10, part 1 u. 2. 1890. — U. S. Geographical and geological survey of the rocky mountain region (J. W. Powell) : Contribution to N. American Ethnology. Vol. VI. 1890. Westfälischer Provinzial-Verein für Wissenschaft und Kunst. Jahres- bericht für 1890. Wien. Kaiserl. Akad. d. Wissenschaften, math.-naturw. Klasse: Sitzungs- berichte. Bd. 99 (1890). Heft 4—10 (Abt. I, IIa, IIb, III). — Bd. 100 (1891). Heft 1—7 (Abt. ). — K. K. geographische Gesellschaft: Mitteilungen. N. F. Jahrg. 24. 1891. — K. K. geologische Reichsanstalt: Jahrbuch. Bd. 40 (Jahrg. 1890). Heft 3 u. 4. Bd. 41 (Jahrg. 1891). Heft 1. — Verhandlungen. Jahrg. 1891. No. 5 — 18. Jahrg. 1892. No. 1-5. — K. K. naturhistorisches Hofmuseum : Annalen. Bd. VI u. VII. No. 1 u. 2. 1891 — 1892. — K. K. zoolog.-botan. Gesellschaft: Verhandlungen. Bd. 41 (Jahrg. 1891.) - — Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse: Schriften. Bd. 31 (1890—1891.) K. Württembergisches statistisches Landesamt: Württemb. Jahr- bücher für Statistik u. Landeskunde. Jahrg. 1889. Bd. I. Heft 2 u. 4. 1891. — Deutsches meteorologisches Jahrbuch. Abt. Württemberg. Jahrg. 1890. Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahresschrift. Jahrg. 34. Heft 3—4; 35 u. 36 (1889 — 1891). Jabreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde iu Württ. 1893. b — XVIII - Der vom Kassier rles Vereins, Herrn Apotheker j\Ioriz Fleihlen verlesene, vom Vereinsmitglied Herrn Hermann Rümelin revidierte um\ von der Generalversammlung genehmigte Rechiiungs-Abschluss lautet folgendermassen : Einnahmen: A. Reste. Kassenbestand vom 30. Juni 1891 . . 368 M. ol l'f. B. Vom Kontokorrent bei der Rentenanstalt ent- nommen 400 „ — „ C. Laufendes. Beiträge der Mitglieder .... 3452 „ 70 „ — ;• 4221 M. 1 Pf. Ausgaben: A. Reste -- M. — Pf. B. Grundstock, d. h. Kapitalanlehen .... — „ — ., C. Laufendes: 1. VermehrungderSammlungund Bibliothek 139 M. 92 Pf. 2. Buchdrucker- und Buchbinder- kosten mit den Kosten für das jüngste Jahresheft . . 3078 ., 35 „ 3. Statife für die Sammlung . 71 ., 30 „ 4. Schreibmaterialien, Kopialien, Porti etc 114 „ 31 ,, 5. Saläre , Saalmieten , Inse- rate etc 566 „ 20 „ 6. Zweigvereine und Erdbeben- kommission 68 ,, 79 „ 7. Ausserordentliches .... 5 „ — „ 8. Kapitalsteuer 44 „ 39 „ 4088 „ 26 „ Hauptsumme der Ausgaben — ;• 4088 M. 26 Pf. Einnahmen 4221 M. 1 Pf. Ausgaben 4088 „ 26 „ Es erscheint somit am Schlüsse des Rechnungsjahres ein Kassenvorrat von — '• 132 M. 75 Pf. — XIX — Vermögensberechnung. Kapitalien nach dem Nennwert 21 114 M. 29 Pf. hiervon ab der Rentenanstalt schuldig nach Abzug von 784 M. 70 Pf. Kapitalzinsen auf 30. Juni 1892 487 „ 50 „ 20 626 M. 79 Pf. Kassenvorrat des Piechners am 30. Juni 1892 . 132 „ 75 „ 20 759 M. 54 Pf. das Vermögen des Vereins betrug am 30. Juni 1891 20 610 „ 40 dasselbe beträgt den 30. Juni 1892 20 759 „ 54 somit Zunahme gegen das Vorjahr — ;• 149 M. 14 Pf. Aktien Im Vereinsjahr 1891 — 92 war die Zahl der Mitglieder 728 mit 731 Hierzu die 28 neu eingetretenen Mitglieder, nämlich die Herren: Graner, Ferd., Landrichter in Stuttgart, Haug, Oberförster in Blaubeuren, Kurz, Oberförster in Stammheim bei Calw, Bilfinger, Oberförster in Stuttgart, Simon, Reallehrer in Urach, Salz mann, Frau Dr. Max in Esslingen, Pompeckj, Jos. Felix, Assistent am mineralogischen Institut in Tübingen, Wildt, Hermann, Buchhändler in Stuttgart, Oster tag, Hermann, Kaufmann in Stuttgart, Heck, Dr. in Tübingen, Köstlin, W., Repetent in Stuttgart, Rau, Oberförster in Tübingen, Wülfing, Dr., Privatdozent in Tübingen, Ha ist, Reallehrer in Tübingen, V. Rassler-Weitenburg, Max, Freih. Kammerherr, V. Linden, Gräfin Marie auf Schloss Burgberg, Dietlen, Dr., Stabsarzt in Ulm, Ochsenreiter, Hofrat , Hofapotheker in Stuttgart, Bebenhausen, Forstlicher Leseverein, Schoder, C, Apotheker in Feuerbach, Schweizer, Joseph, Dr., Professoratskandidat in Leutkirch, Veesenmeyer, Paul, Chemiker in Stuttgart, Sporer, Benedikt, Professorats-Verweser in Stuttgart, Koch, Dr., Professor in Stuttgart, G essler, Ernst, Dr. in Stuttgart, Siehler, Oberförster in Giengen a. Br. b* — XX Übertrag . . 731 Hausse r mann, Karl, Dr., Professor in Stuttgart, Schwenningen, Verschönerungsverein 28 759 Hiervon die 45 ausgetretenen, und zwar die Herren: Geiselhardt, Professor in Ravensburg, E 1 s ä s s e r , Landgerichtsrat in Stuttgart, V. Pü ekler, Graf, Rittmeister in Cannstatt, Herdegen, Dr. med. in Stuttgart, Lumpp, Dr. in Reutlingen, V. Weiden, Freiherr in Hürbel, Vogel, Zeichenlehrer in Göppingen, Jäger, Auditeur in Ludwigsburg, Picot, Apotheker in Hall, Zimmerle, Kassier in Ellwangen, Hagele, Oberreallehrer in Aalen, Egeler, A., Direktor in Urach, Graser, Oberamtsbaumeister in Urach, Berg, Professor in Ulm, Benzinger, W., Rechtsanwalt in Esslingen, Per rot, Franz, Kaufmann in Biberach, Schönleber, Oberreallehrer in Ravensburg, Lohr, Fr., Ingenieur in Ravensburg, Nebel, Dr., Regierungsrat in Berlin, Kettner, A., Bauunternehmer in Biberach, Nagel, Arzt in Ravensburg, Bühl er, Dr., Professor in Zürich, Hegelmaie r, P., Oberbürgermeister in Heilbronn, Freudenberger, Lehrer in Heilbronn, Flamm, 0., Dr. med., Hofrat in Pfullingen, Lanz, Hermann in Friedrichshafen, Rümelin, Richard, Bankier in Heilbronn, Motz, Reallehrer in Urach, Heimann, Adolf, Kaufmann in Göppingen, Härlin, Dr. med. in Calmbach, V. B e c k h , Baurat in Stuttgart, Hader er, Kameralverwalter in Stuttgart, Misani, Baurat in Berlin, Veiel, 0., Dr. in Ravensburg, Teichmann, Dr., Inspektor in Ulm, Hagel, Dr. med. in Ravensburg, Köstlin, A. in Marienborn (Hessen), Ast, Dr., Medizinalrat in Schussenried, Ruoff, Kaufmann in Mainz, — XXI — Aktien Übertrag . . 759 Haas, Apotheker in Rottenburg, Braun, Reallehrer in Backnang, Nagel, Oberförster in Neresheim, Wolf jun , C, Fabrikant in Heilbronn, Ludwig, Apotheker in Isny, Hodrus, Apotheker in Altshausen . . . . 45 und die li gestorbenen Mitglieder : V. X eil er, Direktor in Stuttgart, Keller, Ad., Partikulier in Reutlingen, V, Reusch, Dr., Professor in Stuttgart, V. Holland, Forstrat in Cannstatt, Salzmann, Max, Dr. in Esslingen, V. Palm, Karl, Freiherr in Mühlhausen a. N., Fetzer, "Wilhelm, Dr. med. in Stuttgart, V. Arlt, Generalmajor in Ulm, V. Klein, Generalstabsarzt in Stuttgart, Dückert, Fr., Professor in Stuttgart, Bürger, Pfarrer in Kochersteinsfeld, Blessing, W., Oberförster in Adelberg, V. Rau, Direktor in Frankfurt a. M. Mittnacht, Oberförster in Altshausen . li' — -^.•■'■,'59 nach deren Abzug die Mitgliederzahl am Ende des Rechnungsjahres beträgt 697 mit . . . . 700 Aktien gegenüber dem Vorjahre .... 728 „ .... 731 „ mithin weniger 31 Mitglieder mit 31 Aktien. Wahl der Beamten. Gemäss § 13 der Statuten wurde durch die Generalversammlung die Wahl der Beamten vollzogen und wurden hierbei für das Vereins- jahr 1892—1893 gewählt als erster Vorstand Oberstudienrat Dr. 0. Fr aas, zweiter Vorstand Bergratsdirektor Dr. v. B a u r. Die statutengemäss ausscheidenden Mitglieder des Ausschusses wurden sämtlich wiedergewählt; für das verstorbene Ausschussmitglied Prof. Dr. V. Reusch wurde Prof. Dr. C. Hell von Stuttgart in den Ausschuss berufen. Der Ausschuss setzt sich demgemäss folgender- massen zusammen : - XXII — Neugewählte Hälfte (Ausschussmitglieder bis 21. Juni 1894): Dr. F. Ammermüller von Stuttgart, Prof. C. W. V. Baur von Stuttgart, Direktor v. Dorr er von Stuttgart, Prof. Dr. Eimer von Tübingen, Senatspräsident v. Hufnagel von Stuttgart, Apotheker M. Reihlen von Stuttgart, Prof. Dr. A. Schmidt von Stuttgart, Prof. Dr. Sigel von Stuttgart. Im Ausschuss bleiben zurück (Aussehussmitglieder bis 24. Juni 1893): Prof. Dr. V. A h 1 e s , Bergratsdirektor Dr. v. Baur, Prof. Dr. Bronn er, Prof. Dr. C. Hell, Prof. Dr. K 1 i n g e r , Prof. Dr. Klunzinger, Hofrat E. Seyffardt, Sanitätsrat Dr. S t e u d e 1 , sämtlich von Stuttgart. Delegierter des ober schwäbischen Zweigvereins ist Pfarrer Dr. Probst in Unteressendorf. Vom Ausschuss wurden gemäss § 14 und 13 der Statuten noch folgende Wahlen vorgenommen : zur Verstärkung des Ausschusses: Prof. Dr. 0. Kirchner von Hohenheim, Buchhändler E, K o c h von Stuttgart, Prof. Dr. K. Lampe rt von Stuttgart, Prof. Dr. A. L e u z e von Stuttgart, als Sekretäre: Prof. Dr. K. Lampe r t , Prof. Dr. A. Schmidt, als Kassier: Buchhändler E. Koch au Stelle des seitherigen Kassiers Apotheker M. Reihlen, der sich leider aus Gesundheits- rücksichten veranlasst sah, eine Wiederwahl abzulehnen, als Bibliothekar: Prof. Dr. K. Lampert. Wahl des Versammlungsortes. Als Versammlungsort für das Jahr 1893 wurde unter allgemeiner Zustimmung Kirchheim u. T. vorgeschlagen. — XXIII — Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten begannen die Vorträge, welche teils im folgenden im Wortlaut wiedergegeben sind, teils sich in erweiterter Form unter den Abhandlungen finden. Ferner legte Oberstudienrat Dr. 0. Fr aas einige Muscheln aus der Trias vor, an welchen die natürliche Farbe noch erhalten war. Dr. Leube aus Ulm machte auf ein Stück Marienglas aufmerksam, welches er in einem Steinbruch in einer etwas zersetzten Schicht von Weiss-Jura C gefunden und dessen Vorkommen in der Gegend bisher nicht bekannt war; des weiteren legte er einen bei Allmendingen gefundenen Abdruck einer Assel vor und eine kleine Muschel aus dem Obersteirer Sandstein, welch letzterer ein Interesse deshalb be- ansprucht, da er sehr häufig zum Ulmer Dombau verwendet wird. Der gleiche Redner lud zu der in der Zeit vom 1. — 3. August in Ulm stattfindenden XXIII. allgemeinen Versammlung der deutschen anthropologischen Gesellschaft ein. Prof. Dr. Lampert richtete zum Schluss an die Anwesenden die Bitte, durch Einsendung naturwissen- schafthcher Beobachtungen die Herausgabe des in den Jahresheften erscheinenden naturwissenschaftlichen Jahresberichts zu erleichtern. Unter dem Hinweis darauf, dass programmmässig besonders in ornitho- logischer Beziehung die in Württemberg gemachten Beobachtungen diejenigen für das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn ergänzen sollten und dass es den Forstbeamten in erster Linie möglich sein dürfte, viel Material beizubringen, stellt der Redner, unterstützt von Dr. Max Graf v. Zeppelin und Forstreferendär I. Kl. Graf V. Scheler, den von der Versammlung angenommenen Antrag, auch offiziell bei der K. Forstdirektion geeignete Schritte in dieser Rich- tung zu thun. Mit dem von dem Vorstand ausgesprochenen Dank des Vereins an alle Herren, die sich durch Vorträge und Ausstellungen um das schöne Gelingen des Jahrestages verdient gemacht, besonders an die Herren Geschäftsführer, wurden die Verhandlungen geschlossen. Die meisten der Anwesenden begaben sich hierauf noch in das Schloss zum Besuch der Sammlungen, wobei Hofrat Dr. v. Lehn er die Güte hatte, persönlich die Begleitung zu übernehmen; nur zu rasch ver- ging unter dessen kundiger Führung die Zeit bei der Besichtigung der an gewählten kunstgeschichtlichen Schätzen so reichen Samm- lungen des stolz auf Felsenhöhe thronenden Schlosses. Schon war der Nachmittag angebrochen, als sich, die Festteilnehmer zum fröh- lichen Mahl im „Deutschen Haus" vereinten. Der erste von Ober- studienrat Dr. 0. Fr aas ausgebrachte Toast galt Kaiser und König, — XXIV — während Bergratsdirektor Dr. v. Bau r auf Fürst Leopold von Hohenzollern ein Hoch ausbrachte; weitere Toaste galten den Ge- schäftsführern Oberforstrat v. Fischbach, Hofrat Dr. v. Lehn er, Rek- tor P r e s t e 1 e und Landesbaurat Leibbrand. Manch launiger Scherz würzte die Tafel und lauter Jubel erscholl, als Pfarrer Dr. Engel sich erhob, um nach gewohnter Weise in gebundener Rede den St. Johannistag zu feiern. Wohl war der Verein dieses Mal in der Wahl seines Tagungsortes hinausgezogen über die Grenzen des Vater- landes, allein heimisch erschien die Formation, und wenn auch hier von den Jura-Felsen nicht die gewohnten Farben wehten, nicht fremd dürfen wir uns fühlen — „Es giebt ja gottlob keine Grenzen, Keine Schranken mehr im Reich ; Seit die 70er Sterne glänzen, Ist der Deutsche frei und gleich. Die dereinst getrennte Farbe Gebt nun — Freunde trinkt darauf — Schwarzweiss, schwarzrot — eine Garbe, In der höheren Trias auf!" ■ Lang hielt Rede und Gegenrede die Gesellschaft zusammen. Noch ein kurzer Spaziergang zu den Sandgruben hinter dem Mühl- berge behufs eingehender Besichtigung der dortigen Gletschergeschiebe, eine Rast in freundlichem Garten oder ein kühler Trunk in gast- freundlichem Haus auf bewaldeter Höhe, ein letzter Blick auf das stolze Schloss mit seiner herrlichen Umgebung und es galt Abschied zu nehmen voll dankbarer Erinnerung an einen schön verlebten ge- nussreichen Tag. Vorträge bei der Generalversammlung. I. Ueber die Lagerungsverhältnisse des Oberen Weissen Jura (Weiss-Jura s und c) in Württemberg. Von Pfarrer Dr. Engel in Eislingen. Sigmaringen, in dessen Mauern diesmal die Jahresversammlung des Vereins für vaterländische Naturkunde tagt, ist so recht ein klassischer Platz für das Gebiet des oberen Weiss-Jura in Schwaben. Es mag daher nicht unpassend erscheinen, wenn hier über die Lage- rungsverhältnisse dieser Schichten einige Mitteilungen gemacht wer- den, um so mehr, als dieselben keineswegs so ganz einfach sind und der richtigen Eingliederung in die Schichtenfolge mehr Schwierig- keiten entgegenstellen als irgend ein anderer Gesteinskomplex im schwäbischen Jura. Es dürfte sogar als Ergebnis neuerer, eingehen- der Untersuchungen über diese Formation in mancher Hinsicht eine Änderung oder wenigstens Modifikation der bisher üblichen Anschauung über die Altersfolge und Beziehung dieser Schichten zu einander, einzutreten haben. Nach dem Vorgang des Altmeisters Quenstedt war man seit lange in Schwaben und den benachbarten Juragebieten gewöhnt, den oberen Weissen in zwei Schichten oder Stufen zu zerspalten, die dem bekannten griechischen Alphabet gemäss mit den Buch- staben £ und 5 bezeichnet wurden. Dabei galt als selbstverständ- liche Annahme und stillschweigende Voraussetzung, dass diese beiden Buchstaben, wie auch sonst überall bei Anwendung derselben auf geologische Horizonte, zwei der Bildung nach zeitlich von einander getrennten Gesteinsschichten entsprechen sollten, so zwar, dass s die älteren, i die jüngeren Gebilde darstellte. In diesem Fall müsste — XXYI — dann auch bei normaler Lagerung das QuENSTEDT'sche Weiss £ stets von Weiss '^ überlagert sein. So wurde die Sache auch thatsäch- lich fast allgemein angesehen und dargestellt, und bis heute dürfte dies auch die genuine Anschauung der Jurageologen — und zwar nicht bloss der schwäbischen — sein. Fragen wir nun einmal, was für Gesteinsschichten Quenstedt unter jenen beiden Buchstaben begreift, so kann ein Zweifel darüber nicht aufkommen, dass zunächst die Natt heimer Korallen- lager mit £, die Krebsscherenplatten mit C bezeichnet wer- den. Da nun aber zu den letzteren, die in der Ulmer Gegend all- gemein „Portländer" heissen, naturgemäss auch die Cement- m er gel der Blaubeurer Gegend, sowie die dünnplattigen Schiefer von Kolbingen und Nusplingen zu zählen sind, diese letzteren aber schon durch ihre palaeontologischen Einschlüsse das schwäbische Äqui- valent für die berühmten lithographischen Steine in Franken, die Solenhofer Schiefer darstellen, so würden also zum Qdexstedt"- schen 'C die Gebilde von Solenhofen und Nusplingen, sowie die Ceraent- mergel und Portländerkalke gehören, die danach alle eine und dieselbe Altersstufe miteinander hätten, d. h. als gleichzeitige Nieder- schläge des alten Jurameers anzusehen wären. Was dagegen das QuENSTEDT'sche Weiss e betrifft, das dem- nach einer älteren Meeresbildung sein Dasein verdankte, so wird unter der Voraussetzung und davon ausgehend , dass vornehmlich die Nattheimer Kor allen schichten diesen Horizont repräsen- tieren, von Quenstedt überall da von i- geredet, wo Korallen anzu- treffen sind. Es ist daher ganz natürlich, dass im „Jura" auch die Schnaithe imer Oolithe z. B. und die Ob erstotzinger Ne- rineen- und Diceras-KsLlke, dass die Sotzenhäuser Schichten und sämtliche Korallenfun dpiätze der ülmer Alb bis hinüber zu derjenigen von Blaubeuren und Urach (Sirchingen, Wittlingen) zu £ gestellt werden. Weil aber der Marmorkalk von Arnegg durch und durch von Korallengebilden erfüllt ist. so ist es wieder begreif- lich, wie auch dieser und ebendamit sämtlicher sogen. „Marmor'" des oberen schwäbischen Weiss- Jura mit demselben Buchstaben belegt wird. Und da endlich Quenstedt mit klarem Blick erkannte, dass Marmor, Z u c k e r k o r n und Dolomit aufs engste zusammen- hängen , ja oft genug ineinander übergehen , so müssten auch diese sämtlichen Vorkommnisse etwa als verschiedene Faciesbildungen zu c gerechnet werden. Das QuENSTEDTsche £ vereinigt also unter sich, und zwar offenbar als gleichaltrig, den Nattheimer Korallen- — XXVII — kalk, die Schnaitheimer Oolithe, die Oberstotzingeri)tcera6- schichten mitsamt den eigentlichen Marmor-, Dolomit- und Lochfelsen (dem sog. „Zuckerkorn"). Übrigens ist es Quenstedt keineswegs entgangen, dass die Lagerungsverhältnisse zwischen die- sem £ und 'S oft recht verworren und selbst so erscheinen, dass man meinen könnte, sie seien durch spätere Verstürzung in die umgekehrte Lage zu einander gekommen. Man lese in dieser Beziehung, was im „Jura", S. 791 u. 792, über diese Schichten in der Ulmer Gegend gesagt und wie dort ganz klar angegeben ist, dass die plumpen Felsenkalke (e) dort überall die Höhen einnehmen, während tief an ihrem Fuss, im Blau- und Donauthal, die doch dem Alter nach später entstandenen ^-Platten gebrochen werden. Insbesondere scheint Quenstedt auch durch die Vorkommnisse von Gusse nstadt und Ger hausen etwas unsicher geworden zu sein. Denn von ersterem Platz bildet er eine echte Koralle aus echtem l' (Cementmergel) ab und bezüglich des letzteren giebt er auf Grund des deutlichen Augen- scheins zu, dass dort wirklich Korallen auch in den thonigen Platten liegen ; sie scheinen , wie er sich einmal irgendwo ausdrückt , aus dem c hin und wieder ins u „hinabgewuchert" zu sein. Im übrigen aber bleibt er auch in seinen späteren Werken fest bei seiner alten Anschauung: Platten- und Thongebilde sind «, Korallen und plumpe Felsenkalke a; jene gehören einer späteren, diese einer früheren Zeit des Jurameers an. Diese QüENSTEDT'sche Anschauung teilt mehr oder weniger auch V. Ammon und trägt sie auf den fränkischen Jura in Bayern über, aller- dings mit der bedeutsamen Modifikation, dass er die Schnaitheimer Oolithe zu 1.' rechnet. In einem kürzlich veröffentlichten Werkchen über den bayrischen Weissjura ^ , sowie in brieflichen Privatmit- teilungen, die er mir zukommen liess, spricht er sich dahin aus, dass wenigstens von den Solenhofer Schiefern es deutlich zu erweisen sei, wie sie die Dolomitfelsen überlagern, wogegen von den Krebs- scherenplatten gesagt wird (S. 103): „Sie finden sich in Mulden zwischen seitwärts sich erhebenden Dolomitfelsen eingelagert," also ganz wie bei uns. „Die Diceras-Kalke dagegen," fügt v. Ammox (auf derselben Seite) bei, „bilden grosse Stöcke oder kleinere Linsen, letztere oft innerhalb der (Solenhofer) Platten, also auf gleicher Höhe mit diesen Schiefern , so dass manchmal beide ineinander ' Dr. Ludwig von Ammon, Die Gliederung der Weissjuraschichten in Franken. Sonderabdruck aus von Giimbel: Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb. 1891. — XXVIII - übergehen, wie z. B. bei Kehlheira." Solche Vorkommnisse veran- lassten ihn dann offenbar, diese DicerasStotzen mit Solenhofen gleich- altrig, also ins 'C zu versetzen und gewiss mit vollkommenem Recht. Auch wir haben es in Schwaben stets so beobachtet, und wenn v. Ammon dann von den Nerineenoolithen sagt, dass sie aufs engste mit den Diceras-Kalken verbunden seien oder wenn er anderwärts von „Detrituskalken'^ redet, in welche sie übergehen, so stimmt das alles vollkommen mit unseren schwäbischen Erscheinungen: die Di- ceras- und Nerineenkalke von Oberstotzingen und die Schnaitheimer Oolithe sind offenbar ein und dasselbe, bilden, aus lauter zertrümmer- ten Schalenresten zusammengesetzt, einen wahren Detrituskalk und gehören zweifellos derselben Zeit an wie die sie umlagernden Platten- kalke, oder vielmehr sie werden wohl eher noch etwas jünger und überhaupt als das letzte und höchste Glied zu bezeichnen sein, das unser Jura darbietet. W^enn also v. Ammon unser 'C in 5 Gruppen teilt: Solenhofer Schiefer, Krebsscherenplatten, Cementmergel, Bi- ceras-StotzQYi und Nerineenoolithe, wovon die 3 ersten die Thon-, die 2 letzten die Schwammfacies (C und 'C') repräsentieren, so stimmen wir auch für Schwaben völlig damit überein. Es ist die Stufe des Ammonitcs (Oppelia) litJwgraphicus und steraspis, sowie des Ätmuo- nites (Perisphindes) ülmensis, um die es sich hier handelt. Inwie- weit die Parallelisierung dieser Schichten mit „oberem Virgulien = unterem Tithon = unterstem Portlandien" zutrifft, wie sie v. Ammon angiebt, müssen wir ihm überlassen, und fügen nur noch bei, dass auch Renevier in seinen vergleichenden Profiltafeln die Solenhofer Schiefer in das untere Portlandien (Kimmeridgien) stellt, wogegen er freilich — offenbar unseren schwäbisch-fränkischen Thatsachen nicht entsprechend — die Ulmer Platten- oder Krebsscherenkalke davon trennt und eine Stufe tiefer, nämlich ins obere Corallien (Sequanien) setzt. Dem gegenüber halten wir die v. AMMOx'sche Anschauung für die richtigere. Nicht aber vermögen wir ihm darin zu folgen, dass er nun jenem C mit seinen fünferlei Gebilden als gänzlich davon abzutrennende tiefere Stufe und genau dem QüENSTEDi'schen s entsprechend abermals eine in etwa 5 verschiedenen Formen auftretende Gesteinsgruppe gegenüber- stellt : die plumpen Felsenkalke und Frankendolomite, den sogen. Brei- stein von Kehlheim, sowie für Schwaben die Nattheimer Korallen- schichten und den Arnegger Kalk. Dass selbstverständlich die Marmor- und Dolomitfelsen, wie sie z. B. im Donau- und Blauthal sich zeigen und ganz jenen beiden ersten Gebilden aus dem fränkischen Jura ent- — XXIX — sprechen, auch mit hierher gerechnet werden, liegt in der Natur der Sache. Es ist das ganz die QüENSTEDi'sche Theorie, wonach alles, was nicht geschichtet ist im oberen Weissen, mit e bezeichnet wird, so dass also dieser Buchstabe im Grund nur eine einzige Facies, nämlich die Schwammfacies darstellte, wenn auch das eine Mal die Massen marmorisch, dann wieder dolomitisch oder zuckerkörnig und nur hin und wieder mit noch deutlich erkennbaren Korallen durch- spickt erscheinen. Der einzige Unterschied zwischen Qüenstedt und V. Ammon besteht darin, dass jener auch die Gebilde von Schnaitheim und Stotzingen, weil schlecht geschichtet und von Korallen durch- setzt, noch zu e zieht, während dieser, durch die beobachteten That- sachen genötigt, ihnen ihren Platz bei C anweist. Beide aber trennen dieses e und C in zwei zeitlich von einander zu unterscheidende Stufen, wie denn v. Ammon das QüENSTEDT'sche s dem unteren Vir- gulien oder der Zone der Pteroceras Oceani = oberem und mittlerem Kimmeridgien parallel stellt, also dem 'C = oberem Virgulien = unte- rem Tithon = unterstem Portlandien dem Alter nach vorangehen lässt. Danach wären also z. B. , um nur eine Thatsache anzu- führen , die Korallen unseres oberen Weissjura in zwei Bildungen, eine jüngere und eine ältere, zu zerreissen und die Nattheimer Riffe müssten denen von Schnaitheim und Stotzingen vorausgegangen sein. Ob das der Wirklichkeit entspricht, möchten wir ernstlich be- zweifeln, um so mehr, als nicht bloss die Korallen in beiden Schichten dieselben Species darbieten, sondern auch die meisten übrigen Tier- reste geraeinsam haben , wie denn überhaupt dieser ganze obere Weissjura, d. h. das QüENSTEDT'sche s und C, palaeontologisch be- trachtet, gar nicht so weit auseinander geht. Dass natürlich die Thonlager andere Versteinerungen enthalten als die Korallenstöcke, liegt auf der Hand; es können dies aber auch blosse Faciesuntei- schiede sein, wie ja auch in unseren heutigen Meeren die Korallen- riffe eine ganz andere Fauna beherbergen als die neben ihnen flutende Tiefsee, oder wie wir in den unteren und mittleren Schichten unseres Weissjura überall zwischen Thon- und Schwammfacies zu unter- scheiden gelernt haben, die der Fauna nach sehr verschieden, hin- sichtlich des Alters aber einander ganz gleichgestellt werden müssen. So ungefähr erscheint uns die Sache auch in betreff des Weissjura ^ und 'C und ihrer gegenseitigen Lagerungsverhältnisse. Wir geben ja gerne zu, dass speciell die Solenhofer Schiefer wirklich von den plumpen Marmorkalken unterlagert werden und also dort ein der Zeit nach jüngeres Gebilde darstellen; schon bei den Nusplinger — XXX — und Kolbinger Platten wird sich das aber schwer nachweisen lassen. Denn hier ist überhaupt das typische r, Marmor und Dolomit, gar nicht so entwickelt wie in den nordöstlichen Teilen der Alb. Wenn aber dann v. Ammon wenigstens von den Krebsscherenkalken, d. h. unseren Ulmer „Portländern" zugiebt, dass dieselben, die er doch den Solenhofer Schiefern als C gleichsetzt und gleichsetzen niuss^ auch in Bayern muldenförmig zwischen den höheren Marmorfelsen eingebettet liegen, so geht daraus doch deutlich hervor, dass es sich hier, ganz wie auch bei uns in Schwaben, um gleichzeitige Gebilde handelt, nur dass hin und wieder Korallenstotzen wucher- ten und neben oder zwischen ihnen in stillen Atolls und tiefen Meer- buchten der Thonschlamm sich absetzte, der dann selbstverständhch eine andere Fauna in sich begrub. Wir sehen demnach unser Weiss <■• und C nicht mehr als dem Alter, s o n d e r n n u r a I s d e r E' a c i e s nach verschiedene Bildungen des oberen Weissjura an, die in der Regel gleichzeitig bestanden haben, mit dem Beifügen allerdings, dass Ausnahmen vorkommen können und dass Schnait- heim und Stotzingen die jüngsten Bildungen und zugleich eine dritte Facies, nämhch eine Strandfacies darstellen. Im übrigen setzen wir die Schwammfacies, wie sie sich in den ;,Nattheimer Korallen" (von Heidenheim bis Urach) , im Marmorkalk , Zuckerkorn und Dolomit bei uns zeigt, der Thonfacies mit ihren Cementmergeln, Krebsscherenplatten und „Portlandkalken" von Ulm der Zeit nach völlig an die Seite. Geben wir nun die Beweise dafür und sehen uns in der Natur selbst nach den Thatsachen um, die sie uns an die Hand giebt. Da gehen wir am besten von Sigmaringen aus, in dessen Umgebung der Beispiele sich eine Menge finden, die uns zeigen, wie das QuENSTEDT'sche e und c lediglich zwei verschiedene Facies sind, die oft sehr rasch nach und sehr nahe beieinander sich finden. Gleich der Bahneinschnitt jenseits der Donaubrücke auf der Linie Sigmaringen-Ulm und ebenso auf der entgegengesetzten Seite an der Bahn nach Inzighofen zeigt normales C, verhältnismässig dicke Plat- ten , die hier wie im ganzen oberen Donauthal auffallend an die „wohlgeschichteten" Bänke von Weiss fi gemahnen. Sieht man sich aber jenen Einschnitt genauer an, so trifi"t man mehrfach mitten aus den Platten lierausragend mächtige Stotzen von Massenkalk, die sich sofort als Schwammstotzen entpuppen und voll stecken von Tere- brateln, Cidaritenresten, Spongiten u. dergl. Unwillkürlich gemahnt dieser Anblick an die so ganz ähnlichen Vorkommnisse in Weiss fi — XXXI — an der Geislinger Steige und sonst hundertfach im Land. Gewiss ganz richtig redete hier Quenstedt von „kolonisiertem /i", wie er denn auch die in der Lochengegend so vielfach schon in Weiss a auf- tretenden Schwammfelsen als „Kolonien" auffasste, die vielleicht von auswärts (dem Schweizer Jura) her eingedrungen seien und sich hier angesiedelt haben. Ihre Gerüste , wie noch mehr später die der Korallen, bildeten dann eine Art Stotzen, um welche herum sich der Thonschlamm des Meeres ablagerte. Ganz dasselbe ist offenbar hier im obersten Weissen der Fall, und dass auch Quenstedt an derartige Vorgänge dachte, will eben sein vorhin angeführter Ausdruck andeuten, die Ko- rallen haben aus e in 'Q „hinabgewuchert." Wir möchten dafür vielleicht besser so sagen : die Zeit dieses Jurameeres war eine Blütezeit für Korallen und Schwämme. Massenhaft führten diese Tiere ihre Kalkbauten auf, hier die einen, dort die andern den Vor- rang behauptend. Alles , was wir heute im Weissen Jura von un- gescbichtetem Gestein antreffen, die gewaltigenFelsen, die auf dem Nordwestrand der Alb die Zierde unserer Berge bilden und bald dem ß (Balinger Gegend: Lochen, Hörnle, Schalksburg, Gräbelesberg), bald aber und weitaus in den meisten Fällen dem ö (fast alle Alb- thäler mit ihren schönen Felsenkränzen) angehören, dann die plumpen Marmor- und Dolomit gebilde, die auf der Südostseite der Alb im Donau- und dessen sämtlichen linken Seitenthälern oft in der grossartigsten Weise hervortreten (Felsen von Blaubeuren, Zwie- falten, Beuron etc.) , endlich die homogenen Kalksteine der Ulmer Gegend, deren Hauptvertreter das Arnegger Gestein sowie der so viel vorkommende zuck erkörnige Kalk ist, und die wir samt Marmor und Dolomit zu unserem e stellen müssen, alle diese massigen Gebilde sehen wir für solche Schwamm- oder Korall enstotzen an, die einst riffartig aus dem Meeresboden hervorragten. Wohl verrät dieses lediglich von Tieren erzeugte Gestein heute nur selten mehr dem Auge des Laien seinen zoogenen Ursprung; denn die meisten dieser Felsen sind in ganz gemeinen Kalk umgewandelt, in welchem der oberflächliche Beobachter kaum je Spuren der ursprüng- lichen Struktur erkennen, der Sammler von Petrefakten aber meist sehr wenig herausklopfen und daher leer und enttäuscht wieder ab- ziehen wird. Wer aber diese Gebilde genauer ansieht und nament- lich einzelne Lokalitäten der Ulmer und Blaubeurer Gegend heraus- greift, wie z. B. den Arnegger Marmorbruch und die sogen, „wilden Portländer", wie sie überall bei Scharenstetten, Ettlenschiess, Güssen- — XXXII — Stadt etc. im Hangenden der „Portländer" sich finden, der wird bald zu der Überzeugung gelangen , dass er es in der That mit lauter ursprünglichen Tiergebilden zu thun hat. Denn oft genug ist der ganze Fels von Korallen gespickt, die freilich nach und nach durch Zersetzung ihr ursprüngliches Aussehen verlieren und mehr und mehr in Kalk übergehend dem Auge entschwinden. Oft genug kann man auch diese Übergänge vom „Coralrag" zum Marmor, Zuckerkorn und schliesslich Dolomit stufenweise verfolgen und Handstücke neben- einander legen, die dies aufs deutlichste zeigen. Ob nun jene Stotzen einst von Schwämmen oder von Korallen er- baut wurden, macht für die heutige Erscheinung des Gesteins so gut wie nichts aus, und gerade im oberen Weissen Jura und zwar eben in unserem sogen, e begegnen wir bald den einen bald den andern Tier- gebilden. Bei Sigmaringen z. B. sind es fast nurSpongiten, die gewuchert haben und mit denen zusammen dann auch immer das Heer der kleinen Brachiopoden, Crinoiden und Echiniden erscheint, das anderwärts mit den Korallen zusammen vorkommt. Es sind meist dieselben Arten, die uns von Sigmaringen bis Nattheim begegnen. Natürlich sind gute Fund- plätze hierfür nur sparsam vorhanden, hauptsächlich da, wo das Fels- gestein thonig-mergelige Zwischenlagen bekommt, in denen sich die "Versteinerungen erhalten konnten, so am N ollhaus (an der Strasse Sigmaringen-Ebingen), im Örlinger Thal (Eisenbahneinschnitt) bei Ulm, in den Steinbrüchen bei Niederstotzin gen und Sontheim a. Br., wo überall die Spongiten vorherrschen und das unverritzte Ge- birge als homogener Marmor sich darstellt. Im Grund genommen aber gehören alle die Felsen auf der Südseite unserer Alb diesem Gebilde an, ganz einerlei, ob sie dem Auge jetzt als Marmor oder Dolomit oder zuckerkörniger Kalk erscheinen. Der herrliche Felsen, auf dem das Schloss in Sigmaringen steht, die bizarren Felsgruppen, die der Park von Inzigkofen so schön zugänglich gemacht hat, die Fels- partien um Beuron und Wärenwag, Zwiefalten und Rechtenstein, die Felsen bei Blaubeuren und Ulm, auch wenn sie nicht die Spur von Versteinerungen mehr enthalten, sind doch ursprünglich tierische Ge- bilde ; nur dass diejenigen im unteren Weissen von anderen Arten herstammen als die im oberen. Betrachten wir sie nun einmal in ihrem Verhältnis zu den Plattenkalken und Cementmergeln, so werden wir in der That bald finden, dass beide, d. h. also e und C einander ablösen und auslösen. In der Regel zeigt sich das Bild so, wie eben bei Sig- maringen, dass nämlich das Massengestein die Höhen einnimmt, an — XXXIII — deren Fuss im Thalgrund sich die Plattenkalke anschmiegen. Vor- trefflich hat dies auch schon Quenstedt in der Ulmer Gegend be- obachtet und beschrieben, wenn er im „Jura" sagt, dass die Platten- kalke in der Söflinger Thalmulde brechen, während hoch darüber die Felsen auf beiden Seiten des Blauthals aufragen, so dass hier das (jüngere) 'C von dem (älteren) e überlagert erscheine. Auf dem eigentlichen Albplateau wiederholt sich dann dieser Vorgang dutzend- mal. Fährt man z. B. mit der Bahn von Lonsee nach Ulm, so sind immer die Thalränder von Marmor- oder Dolomitfelsen bekrönt; so oft man dagegen durch Mulden kommt, stehen zu beiden Seiten der Bahneinschnitte die thonigen „Portländer" an, wie diese auch bei Ulm unter der Donau verschwinden, während die Felsen, auf denen die Festungswerke erbaut sind, aus echtem e bestehen. Manchmal freilich scheint auch das Umgekehrte der Fall zu sein. ■Geht man z. B. von Gerhausen durchs „Ofele" zu den Cementbrüchen empor, so kommt man zuerst an mächtigen Felsen vorbei (g), die un- mittelbar aus dem Thalboden aufsteigen, während erst ziemlich hoch darüber die Zeta-Mergel erscheinen. Dasselbe ist der Fall, wenn man von Blaubeuren zur Ebene der Gleissenburg aufsteigt , die aus schönstem Krebsscherenkalk sich zusammensetzt, während die Epsilon-Felsen den Rand der Berge einnehmen. Auch die Wip- pin ger Steinbrüche, die schon so manchen schönen Gyrodus- Kiefer geliefert haben, bauen typisches 1." ab, das ziemlich hoch über dem Thal mit seinen Dolomit- und Marmorfelsen (s) lagert. Endlich sind die Hauptcementlager zwischen Ehingen und Blau- beuren alle dem Zeta-Hügel entnommen, der bei Allmendingen sich der linken Schmiechseite entlang zieht. Aber bei genauerer Besichtigung wird man doch bald erkennen, wie auch hier überall das 1.' die Mulden und Ebenen einnimmt und stets wieder von massigen Stotzen umgeben oder durchsetzt wird, die als Felsen jene Mulden überragen. Es mag dies wohl teilweise seinen Grund auch darin haben, dass das weichere Thon- und Plattengebilde viel mehr durch Erosion weg^ gewaschen wurde als die harten Epsilon-Massen, die der Auslaugung natürlich grösseren Widerstand entgegensetzen. Am besten lässt sich die Sache vielleicht auf dem berühmten Ko- rallenfundplatz von Sotzenhausen (bei Pappelau) beobachten. Wer am dortigen „Bühl" die Korallen auf den Feldern abliest, mag anfäng- lich lange darüber im Zweifel sein, ob dieselben dem e oder dem C ent- stammen. Denn der Bühl selbst ist ein richtiger Epsilon-Stotzen und überall auf seiner Höhe liegen Korallenbruchstücke umher. Und doch Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. C — XXXIV — zeigen die kleinen Gruben, die an seinem Rande offen liegen, ge- schichtete dicke Platten, die durch und durch von jenen Versteine- rungen erfüllt sind und eben dadurch ein rauhes und ruppiges Aus- sehen angenommen haben. Es sind das die sogen, „wilden" Port- länder, wie diese Gebilde treffend von den Arbeitern auf der ganzen Ulmer Alb bezeichnet werden, dort noch überdies mit viel weichem Mergel durchsetzt, aus dem die (verkieselten) Korallen trefflich aus- wittern. Kaum ein anderer Punkt mag so deutlich die Entstehung dieser Gesteine darthun ; befinden wir uns doch hier offen])ar in einer Art von Atoll, das zur Zeit des Jurameers ganz so ausgesehen haben mag, wie die ähnlichen heutigen Bildungen in der Südsee, von deren „Koralleninseln" die Reisenden so entzückende Beschrei- bungen machen. Mächtige Korallenriffe umschliessen daselbst eine stille Meerbucht, die nur eine oder ein paar Öffnungen gegen den Ocean hinaus hat, und in der nun das reichste tierische Leben sich entwickelt. Geschützt von Stürmen und Sturmfluten schlägt sich in möglichster Ruhe und Gleichmässigkeit der Thonschlamm auf dem Grunde dieses Kessels nieder; denn die den Kessel umlagern- den Korallenriffe halten Wind und Wogen des draussen brandenden Weltmeers ferne. Dieselbe Rolle spielten ehedem im Jurameer die Korallen, die wir jetzt als mächtige Felsen aufragen sehen, während gleichzeitig zwischen ihnen in stiller Bucht die zahllosen Geschöpfe lebten und starben, deren Reste wir jetzt aus dem Zeta-Thon, dem alten Schlammboden des Jurameers, herausholen, in welchem ihre Leichen eingebettet wurden. An solchen Plätzen konnten dann auch zartere Gebilde in einer gewissen Vollständigkeit sich erhalten, wie man denn eben in den Cementmergeln bei Sotzenhausen schon vollständige Pentacrinus-Siücke, Stiel und Krone beieinander, ge- schlossene und aufgeklappte Doppelschalen von Bivalven (z. B. der schönen Trigonia stievica Qu.) u. dergl. gefunden hat. Ahnlich mag's einst bei Nusplingen, Solenhofen und an allen den Plätzen ausgesehen haben, die uns jetzt die Petrefakten in einer Vollständigkeit liefern, wie sie sonst selten genug sich zeigt. Sicherlich aber haben diese Zeta-Tiere zu gleicher Zeit gelebt, in welcher die Korallen um sie her ihre Riffe, unsere heutigen Epsilon-Felsen, emporführten. Und wenn ganz besonders gern die Korallen, die wir heute sam- meln, den obersten Zeta- Platten entnommen werden, den sogen, „wilden Portländern", aus denen, als dem Hangenden der Platten- kalke sie auswittern, so lässt sich dies vielleicht in der Weise erklä- ren, dass später, als die Korallen ihrem Ende entgegen gingen und — XXXV — ihre Riffe, weil von Leben entblösst, oben abzubröckeln begannen, diese Stöcke in den Thonschlamm hinabfielen, den wir jetzt Platten- kalk oder Cementmergel heissen. Dass in der That unser jetzt sogenanntes e und 'S sich gleichzeitig gebildet hat, nur mit dem Unterschied, dass jenes von Haus aus zoogenes Gestein, dieses aber thoniger Meeresboden war, das zeigt insbesondere ein Gang der Bahnlinie entlang, die von Ulm über Sontheim nach Heidenheim führt. Bald hinter Ulm erscheint das schönste, wohlgeschichtete C, während weiterhin in demselben Niveau und an demselben Thalrand der linken Donauseite echtes s in Gestalt von Marmorkalk und massi- gen Felsen an seine Stelle tritt. Ja, an Dutzenden von Plätzen um Heidenheim ist beides oft hart nebeneinander zu sehen, so zwar, dass mitten im Plattenkalk Schwammstotzen aufragen, ganz wie wir's zuerst vom Bahneinschnitt hinter Sigmaringen geschildert haben, also s mitten im L,. Dass nun gerade in der Nähe solcher Stotzen, da wo diese mit den Platten sich berühren oder merglige Schichten einschliessen, die besten und reichsten Petrefaktenfund- plätze sind, liegt in der Natur der Sache. Denn jene Korallenriffe waren schon damals, was sie in unseren heutigen Meeren sind : Brut- stätten des üppigsten Tierlebens. Es mag daher oft schwer zu sagen sein, ob wir die Seeigel von Sontheim, die ÄpiocrumsSiiele vom Lindich bei Bolheim, die Terebrateln bei Mergelstetten dem s oder dem C entnehmen. Wohl stecken sie ursprünglich in den massigen Felsen, und wir müssen also richtiger „e" auf die Etiketten schrei- ben, aber stets gehen diese Felsen in nächster Nähe in merglige Lager über, aus denen die Stöcke am besten und reinsten aus- wittern, und das stimmt wieder besser zu 'C. Der Fehler wird übri- gens insofern stets ein kleiner sein, als, wie gesagt, unserer Meinung nach beide Gesteine sich gleichzeitig gebildet haben. Wir können daher immerhin in unseren Sammlungen z. B. Epsilon- und Zeta-Korallen unterscheiden, indem wir die in die Marmorfelsen noch eingewachsenen Stöcke, wie die aus dem Arnegger Bruch, dem Zuckerkorn von Ettlenschiess etc. stammenden, zu £, die Sotzen- häuser und Gussenstädter aber und alle, die wir den „wilden Port- ländern" entnehmen, zu C stellen; aber eigentliche Unterschiede vermögen wir zwischen beiden nicht aufzufinden, weder was die Formen und Arten, noch was das geologische Alter betrifft. Nur der Erhaltungszustand ist jeweils ein anderer, indem die Felsen- korallen (s) meist verkalkt und undeutlich ausgeprägt sind, die aus - XXXVI — den Portländern aber stets verkieselt und an den Kluftflächen der Steinbrüche und Aussenseite der Platten trefflich herausgewittert erscheinen. Wir sind deshalb der Meinung, dass auch die berühmten Nattheimer Korallen, die übrigens heute auf sekundärem Lager (im Bohnerzlehm des Tertiärs) liegen, ursprünglich den „wilden Port- ländern" entstammten. Anders dagegen stellt sich die Sache bei den merkwürdigen Oolithgebilden der Heiden heimer Gegend (Schnaitheim, Spiesshof, Oberstotzingen etc.). Heisst das, hinsichtlich der Arten und Formen der darin vorkommenden Korallen, sowie der meisten übrigen Tierreste, zumal aus dem Reich der Mollusken und Echiniden, ver- mögen wir ebenfalls einen Unterschied nicht zu entdecken gegenüber den vorhin gefiannten aus s und L. Um so mehr aber glauben wir bezüglich des geologischen Alters hier einen Einschnitt machen zu sollen. Denn nicht nur die ganze Struktur, sondern insbesondere auch die Lagerung des Gesteins weist auf andere und zwar etwas jüngere Bildung dieser Oolithe hin. Dieselben stellen nämlich eine völlige Trümmerbreccie dar, aus lauter Resten von Muscheln bestehend, was ihnen eben jenes „oolithische" Aussehen giebt. Sie sind also zweifellos ein Uferprodukt und vom Jurameer am Strande zusammen- geschwemmt, vielleicht als dasselbe bereits im Abziehen begriffen war. Schon ihre Lagerung weist darauf hin, dass wir in ihnen die jüngsten Gebilde unserer schwäbischen Alb besitzen; sind sie doch überall auf den höchsten Höhen gelagert, an deren Fuss die Zeta- Platten brechen. Ob diese letzteren, wie sonst auf der Alb und wie wir's vorhin von der gegenseitigen Lagerung von e und » geschildert haben, auch jenen Oolithen nur angelagert sind oder aber unter denselben als Schichtengestein durchgehen , konnten wir leider nirgends mit Bestimmtheit ausfindig machen. Denn die Steinbrecher gehen nirgends in ihren Brüchen so tief hinunter, dass sie in der Sohle auf anderes Gestein kämen. Aber die ganze Lagerung lässt vermuten, dass in der That die Oolithe erst nach den Korallen (e) mit ihren Atolls (C) sich gebildet haben. Darauf weist auch das Vorkommen der Gattung Diecras in Oberstotzingen, einer Muschel, die sonst noch nirgends in Schwaben gefunden wurde und die den jüngsten Juraschichten (Tithon) angehört. Immerhin aber ist es noch ein und dasselbe Meer gewesen , das alle diese Gebilde aus sich erzeugte, Korallenriffe, Krebsscherenplatten und Oolithe, und so dürfen wir unbedenklich auch die letzteren noch mit l — xxxvn — (oder etwa zum Unterschied von den thonigen Lagern mit '^') be- zeichnen. Nun könnte aber freihch die Frage sich erheben, ob unter so bewandten Umständen die beiden QuENSTEDi'schen Buchstaben (s und _") für diese oberen Weissjuraschichten beibehalten werden dürfen und sollen, oder ob es nicht richtiger wäre, nur einen Buchstaben zu nehmen und dann die verschiedenen Gebilde als Faciesdifferenzen darunter zu subsumieren, da sie ja doch alle gleichzeitig entstan- den sind. Wir möchten dies keineswegs befürworten, sondern es durchaus bei den bisherigen Bezeichnungen belassen. Denn einmal haben sich diese Buchstaben in wissenschaftlichen und Laienkreisen des Schwabenlands so sehr eingebürgert, dass es thöricht und zu- gleich pietätslos wäre, dies für unsere Schichten ändern zu wollen. Zum andern würde auch die Symmetrie der drei Juraformationen schwer geschädigt, wenn man die Sechsteilung (a — C) nur den bei- den unteren Gliedern beliesse, das dritte und obere aber anders behandelte. Und endlich allermeist sind für den Sammler imd prak- tischen Geologen jene Faciesunterschiede zwischen massigen und geschichteten Gesteinen im oberen Weissen so ausserordentlich in die Augen fallend, dass es der Natur Zwang anthun hiesse, wollte man sie nicht durch jene beiden Buchstaben unterscheiden, um so mehr, als auch die gegenseitigen Lagerungsverhältnisse fast überall ein darunter und darüber vor die Augen stellen. Wir werden also auch künftig wohl am allerbequemsten Korallen und Massenkalke (Marmor, Dolomit, Zuckerkorn) g, geschichtete Gesteine aber (Port- länder, Cementmergel , Plattenkalke und Schiefer) C nennen, wie bisher; nur wird sich der Geologe stets daran erinnern müssen, dass hier diese beiden Buchstaben nicht Alters-, sondern bloss Facies- unterschiede bezeichnen. Die Oolithgebilde dagegen (Schnaitheim, Oberstotzingen etc.) wird man am besten als etwas Besonderes be- trachten und jedenfalls nicht mehr zu £, sondern als jüngstes Er- zeugnis des schwäbischen Jurameers zu C stellen (etwa mit dem Zeichen !>'', was eine andere Facies andeuten soll). Wir fassen nun das Gesagte nochmals kurz in folgende Sätze zusammen : 1) Der Obere Weisse Jura in Schwaben besteht wesent- lich aus massigen und geschichteten Gesteinen, die wir als e und C unterscheiden, obgleich ihre Bildung wohl gleichzeitig stattgefun- den hat. 2) Jede dieser beiden Facies zeigt sich heute unseren Augen — xxxvm — in sehr verschiedener Weise und ist daher wieder in eine Anzahl von Subfacies auseinander zu legen. 3) Das Massengestein (e) erscheint uns jetzt als Korallen- kalk, Marmor, Zuckerkorn oder Dolomit, ist aber samt und sonders zoogen, d. h. ursprünglich von Tieren (Korallen oder Spongiten) ge- bildet. Die geschichteten Lager (C) stellen sich als dünne Schiefer (Solenhofen, Nusplingen), als dickbankige Platten (Krebs- scherenkalke, Portländer, in Bayern auch Prosopon-Kalke genannt) oder als Cementmergel dar. 4) Das Massen- oder jetzige Felsgestein (e) bildete schon im ursprünglichen Jurameer Riffe , zwischen denen in stillen Buchten (Atolls) der Meerschlamm, unser heutiges C, sich absetzte. Beide Faunen, die Korallen- und Tiefseefauna, waren von Haus aus verschieden, haben aber gleichzeitig und nebeneinander gelebt. 5) An den Berührungsgrenzen beider, d. h. da, wo die Korallenriffe aus der Tiefe aufwuchsen und heute mitten im Zeta- Thon als „Schwammstotzen" stecken, werden auch die geschichteten Lager ruppig und rauh (sogen, „wilde Portländer") durch das „Hinab- wuchern" oder Hineinfallen von Korallen aus e nach u. Zugleich hatte sich an diesen Grenzen das üppigste Tierleben entfaltet und treten uns hier heute die meisten und besterhaltenen Versteinerungen entgegen. 6) Die Korallen und Schwämme, sowie die meisten Ver- treter der niederen Tierwelt, bleiben sich gleich während der ganzen Zeit, in der sich der obere Weissjura in Schwaben gebildet hat. Artunterschiede etwa zwischen den Nattheimer und Schnaitheimer oder Blaubeurer Korallen, Spongiten, Echiniden etc. zu machen, geht nicht an. Dagegen stehen 7) die Oolithe der Heidenheimer Gegend als eine Sache für sich da und bilden die jüngsten (Strand-) Ablagerungen des schwäbischen Jurameeres. 8) Die QüENSTEDT ' s c h e n Buchstaben (e und C) sind beizubehalten und zwar in der bisherigen Weise s für das massige, L für das geschichtete Gestein gültig; nur bezeichnen sie nicht mehr Alters-, sondern bloss Faciesunterschiede. Die Oolithe sind als be- sondere Facies dem 'C zuzuweisen. Dies etwa wären meine Gedanken über die Lagerungsverhält- nisse des oberen Weissjura in Württemberg. Ich habe dieselben schon vor neun Jahren in meinem „geognostischen Wegweiser" (S. 215 u. 216) ausgesprochen und eine langjährige Weiterbeschäf- — XXXIX — tigung mit diesem Gegenstand und wiederholte und sorgfältige Be- gehungen der betreffenden Lokalitäten haben mich in der Richtigkeit dieser Anschauung nur noch bestärkt. Auch geologische Freunde, die mich des öftern auf solchen Wanderungen begleitet, haben diese Auffassung geteilt, und so ist denn, was ich hier gegeben, nur eine erweiterte Ausführung dessen, was schon früher von mir angedeutet, aber damals bereits auf Grund der von mir in der Natur beobachte- ten Thatsachen meine feste Überzeugung war. Mögen weitere For- scher die Sache prüfen, damit wir endlich auch bezüglich des oberen Weissen zu derselben Klarheit und Wahrheit durchdringen, die wir längst hinsichtlich des unteren (Lochenschichten) erlangt haben. Die Schwierigkeiten sind hier wie dort so ziemlich dieselben, aber auch der Weg, sie zu lösen, ist immer der gleiche: die Anfrage bei der Natur selbst durch fortgesetzte und immer gründhchere Beobachtung. IL Neues und altes über die Ichthyosaurier. Von Dr. Eberhard Fraas in Stuttgart. Ein prächtiger Fund von Ichthyosaurus aus den Posidonomyen- Schiefern von Holzmaden, der vor wenigen Tagen vom Kgl. Natura- lienkabinet in Stuttgart angekauft worden ist, veranlasst mich, „abermalen heuer" Ihnen diese fos.sile Tiergruppe vorzuführen, mit welcher ich mich schon seit mehreren Jahren beschäftige. Es han- delt sich bei diesem Funde um nichts Geringeres, als um einen Ichtltyosauriis , der uns nicht nur vollständig im Skelett, sondern auch mit den Abdrücken der Weichteile erhalten ist, so dass wir jetzt im stände sind, das Tier mit annähernder Sicherheit zu rekon- struieren. Da ich die Resultate der eingehenden Untersuchung, welche das Stück verlangt, doch in dieser Zeitschrift erscheinen lassen werde, so möge hier nur der oberflächliche Eindruck des neuen Fundes und die Bedeutung für die Geschichte unserer Kenntnis der Ichthyosaurier kurz geschildert sein. Um diese Bedeutung richtig zu würdigen, ist es notwendig und nicht uninteressant, einen kurzen Rückblick auf die Litteratur der Ichthyosaurier zu werfen. Schon Anfang des vorigen Jahrhunderts finden wir zum ersten- male die charakteristischen Wirbelkörper des Ichthyosaurus abgebildet und beschrieben in Joh. Jacob Baier s berühmter Oryctographia norica — XL — (1708), wo sie mit einer gewissen Berechtigung als fossile Fisch- wirbel (Ichthyospondyli) gedeutet werden. Jedenfalls war diese An- sicht viel gerechtfertigter, als die später von dem weitbekannten Arzte ScHEUcuzER in seinen „Querelae piscium" vertretene Deutung der „Ichthyospondyli" als menschliche Überreste. Den Beweis für seine Ansicht suchte Scheüchzer darin zu begründen, dass er selbst eine Anzahl dieser Wirbel auf dem Hochgerichte von Altdorf im Fränkischen gefunden hatte, wo sie, wie er meinte, doch sicherlich nur von den gerichteten Sündern herstammen konnten. Auch in Württemberg waren in der Umgebung des Bades Bell schon im vorigen Jahrhundert Platten mit den Überresten von Ichthyo- sauriern gefunden worden, welche in der Sammlung des Gymnasiums aufbewahrt wurden und heute noch als ehrwürdige Reliquien im Naturalienkabinet zu sehen sind. Das eigentliche wissenschaftliche Studium der Ichthyosaurier und die Erkenntnis ihrer zoologischen Stellung begann jedoch in England, wo bei Lyme Regis, Whitby und Street prachtvolle Stücke gefunden wurden, die im Anfang dieses Jahrhunderts von den Palae- ontologen Home, Conybeare, Blainville, Cüvier, Buckland, Egerton und später von Richard Owen auf das eingehendste untersucht wurden. In Deutschland wurde die Identität der Ichthyospondyli mit den englischen Ichthyosauriern sofort von Fr. Jäger erkannt und schon 1824 die Resultate seiner Untersuchungen mit zahlreichen Abbildungen der schwäbischen Funde veröffentlicht. Auf Jäger folgen sodann in Deutschland die Arbeiten von H. v. Meyer, Bronn, Qüenstedt, Theo- DORi und A. Wagner, welche das reiche süddeutsche Material von den württembergischen und fränkischen Fundplätzen beschrieben, aber leider durch die Nichtbeachtung der geologischen Verschiedenheit zwischen den englischen und deutschen Funden grosse Verwirrung in der Nomenklatur anrichteten. Die meisten englischen Arten stam- men nämlich aus dem unteren Lias, aus der Zone des Ämmonites geometriciis und Pentacriims tuherculatiis, während die süddeutschen Ichthyosaurier in den Posidonomyen-Schiefern des oberen Lias ge- funden werden; eine Vereinigung der beiden, wie sie von den an- geführten deutschen Palaeontologen angestrebt wurde, ist schon aus geologischen Rücksichten nicht gestattet, ganz abgesehen von den wesentlichen Verschiedenheiten im Skelettbau. In neuester Zeit hat in England R. Lydekker und in Deutsch- land habe ich versucht, den verwirrten Knoten wieder zu lösen und eine korrekte Systematik zu schaffen. - XLI — Die Endresultate aller dieser Untersuchungen in Beziehung auf das Skelett habe ich schon im vorigen Jahre in diesen Jahresheften S. 22 zusammengestellt, und bleibt es nun nur noch übrig, das- jenige hervorzuheben, was wir über die Organisation der Weich- teile wissen , zu deren Kenntnis der neue Fund den wesentlichsten Beitrag liefert. Auch hierbei kann ich teilweise auf eine in diesen Jahresheften von 1888 S. 280 erschienene Arbeit verweisen, wo ich die damalige Kenntnis der Weichteile der Ichthyosaurier eingehend besprochen habe. Alle früheren Funde bestanden aus zarten Andeutungen von Muskelzügen oder Hautfetzen, welche als Anhänge an der Flosse gefunden wurden, so dass mit Sicherheit gesagt werden konnte, dass die Flosse eine sehr breitlappige , schaufelartige Form besass und lediglich zur Fortbewegung im Wasser, nicht aber zu derjenigen auf dem Lande dienen konnte. Über den Schwanz hatte sich nur R. Owen einmal ausgesprochen, er war durch die stets wiederkehrende Verwerfung und die Abbiegung der Schwanzwirbel etwa im hinteren Dritteil des Schwanzes zu dem Schluss geführt worden , dass der IcJdhyosaurus gleich den Walen und Delphinen eine horizontale Ver- breiterung besessen habe. Durch unseren neuesten Fund sind wir eines Besseren belehrt und sehen nun, dass die zwar sehr scharfsinnige Erklärung R. Owens doch nicht das Richtige getroffen hat, sondern dass Ichthyosaurus eine grosse vertikal stehende Schwanzflosse besessen hat, welche viel mehr an diejenige der Haifische , als an die der Delphine erinnert. Aber ausser diesem wichtigen Organe lernen wir noch eine Reihe anderer Weichteile des Tieres kennen ^ Auf dem Rücken etwa in der Mitte des Rumpfes erhebt sich eine Rückenflosse von der Gestalt eines gleichseitigen Dreiecks, dahinter bis zur Schwanzflosse werden eine Anzahl grosser Lappen oder Dornen sichtbar, welche an den Kamm mancher Eidechsen oder Molche erinnern. Am Bauche schliess- lich erkennen wir ausser den breitlappigen Flossen noch eine starke Entwickelung der Fleischmasse in der Gegend des Beckens, welche auf einen starken Gebärapparat hinweist. Eingehende und sorgfältige Untersuchung kann natürlich hier erst zu einem bestimmten Resultate führen. Soviel lässt sich aber schon jetzt erkennen, dass sich die Körperform des Ichthyosaurus nach diesem Funde wesentlich von ' Zur Demonstration waren 2 Tafeln aufgehängt, welche den Fund selbst und die Kekonstruktion des Tieres in natürlicher Grösse darstellten. — XLII — dem Bilde unterscheidet, das die früheren Rekonstruktionen dar- stellten. Aus dem langgestreckten walzenförmigen Ungetüm ist nun ein Tier geworden, dessen äussere Erscheinung am meisten an einen Delphin oder Fisch erinnert, wenn auch die Anatomie des Skelettes auf einen ganz anderen Tierkreis, nämlich auf den der Reptilien hinweist. III. Palaeontologisehe Beziehungen zwischen den unter- sten Liaszonen der Alpen und Schwabens. Von Dr. J. F. Pompeckj in Tübingen. Eine ganz besonders eingehende Bearbeitung haben in den letzten Jahren von Seiten der Geologen Ü.sterreichs die untersten Schichten des alpinen Lias erfahren und zwar namentlich in palaeon- tologischer Beziehung. Vor allem ist es die Entwickelung der Ammo- nitenfauna in diesen Zonen gewesen, welche in erster Linie von den betreffenden Autoren genau studiert wurde. Bei einem Vergleich der Ammonitenfauna dieser unteren Liashorizonte der Alpen, speciell der Nordost-Alpen mit den gleichaltrigen Horizonten des mittel- europäischen Lias und insbesondere des schwäbischen Lias, hat sich nicht nur eine abweichende Entwickelung der Ammonitengattungen in beiden Gebieten herausgestellt, sondern auch eine Verschiedenheit in bezug auf ihre vertikale Verbreitung. Ziehen wir zunächst die beiden wichtigsten Arbeiten der neueren Zeit über diesen Gegenstand in betracht, die von Neümayr: „Zur Kenntnis der Fauna des Unteren Lias in den Nordalpen" ^ und die von Dr. Franz Wähner: „Beiträge zur Kenntnis der tieferen Zonen des Unteren Lias in den nordöstlichen Alpen"-, so ist es vor allem die dem schwäbischen untersten Lias gegenüber ausserordent- lich grosse Artenzahl , welche uns bei den Ammonitengattungen der Alpen in den entsprechenden Horizonten entgegentritt. Mit dieser grösseren Artenzahl im alpinen Lias geht Hand in Hand ein anders geartetes Auftauchen und Zusammenvorkommen der einzelnen Ammonitengattungen . ' Abliandlungen d. k. k. geol. Eeichsanstalt. Bd. VII Heft 5. 1879. - I. — VI. Teil, in Mojsisovics u. Neumayr: „Beiträge zur Palaeonto- logie Österreich-Ungarns i;nd des Orients", 1882—1890. Leider ist dieses um- fangreiche wertvolle Werk W ä h n e r ' s noch nicht zu Ende geführt. XLIII In einer kleineren Arbeit über die „heteropische Differenzierung des alpinen Lias" unterscheidet Wähner ^ in den Nordost-Alpen über den Kössener Schichten vier Zonen des untersten Lias, die er ihren Faunen gemäss, wie in der folgenden Tabelle, den untersten Hori- zonten des mitteleuropäischen Lias gegenüberstellt: Alpiner Lias: i Mitteleuropäischer Lias: 4. Zone d. Arietües rotiformis Zone d. Arietües Bucklandi 3. Zone d. Schlotheimia marmorea Zone d. Schlotheimia angulata Zone d. Psiloceras megastoma u. d. Arietües xiroaries 2. Zone d. bank" Arietües taqiieus, ..Oolithen- 2 1. Zone d. Psiloceras calliphyllunt Zone d. Psiloceras planorbis ^ Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1882. Nr. 7 u. 8, S. 2 u. 3. ^ Der Oolithenhank, = der im französischen Lias z. B. ausgebildeten Zone des Arietües laqueus, wird zuerst von Oppel in der ,. Juraformation" (diese Jahreshefte 18.56. S. 151, 152) Erwähnung gethan, und zwar berichtet Oppel hier nach einer mündlichen Angabe des um die Geologie Schwabens so hoch verdienten Deffner, dass in der Zone des Ammouües aiigulatus zu Aichschiess auf dem Schurwald eine 3 Fuss mächtige Thoneisensteinschichte beobachtet sei, welche mit den untersten Lias-Eisenerzen von Thoste und Beauregard überein- stimmen sollte. In einem Handstücke von Oolithstruktur, welches Oppel von jener Lokalität vorlag, kamen „Cardinien, Astarten etc." vor. Quenstedt er- wähnt im „Jura" S. 41 kurz die „eisenschüssigen Bänke mit Astarte thalassina, die im Schurwalde und im Lande der HohenzoUern die Tübinger Eohplatten vertreten" sollen. Erst im Handbuch der Petrefaktenkunde. II. Aufl. S. 422 bei Beschreibung des Ammonites sironoius , gebraucht Quenstedt den Ausdruck ,, Oolithenhank ■■ , welchen er auch später in den „Ammoniten des Schwab. Jura' wieder anwendet. Als Fundorte dieser Oolithenhank scheinen bisher nur bekannt zu sein : Dusslingen (im Bette der Steinlach, hart unter den wenig mächtigen Thonen der An- gulatus-Zbne), Aichschiess, ferner lagen mir Stücke aus dieser Bank vor von Beben- hausen, üettenhausen undRosenfeld (bei Balingen). Anstehend kenne ich die Oolithen- hank nur bei Dusslingen, wo sie ca. 50—60 cm mächtig ist. Sie besteht dort aus dunkel- grauem bis graurotem sehr zähem Kalk mit zahlreichen Linsen von Thoneisenstein lind massenhaften Foraminiferen , deren weissauswitternde Schalen dem Gesteine ein eigentümliches Gepräge geben. Die von Bach in den „Begleitworten zur geognostischen Specialkarte von Württemberg, Atlasblatt Waiblingen," S. 21 gegebene Liste von Versteinerungen aus dieser Bank (zwischen Aichschiess und Schlaubach) ist dahin zu vervollständigen, dass noch Ammonites (Schlotheimia) angulatus Schloth. , Amm. (Schlotheim.ia) sp. , und zwar ein Bruchstück einer hochmündigen Art, Amin. (Schlotheimia) striatissimus Hyatt (= Amm. angulatns — XLIV - Sowohl im untersten Lias der Alpen als Schwabens kommen vor die Ammonitengattnngen Psiloceras, Schlotheimia und Ärietites^. Diese Gattungen stimmen im allgemeinen überein mit den Qüenstedt'- schen Gruppen der Psilonoten, Angulaten und der Arieten; den Alpen eigentümlich ist das Auftreten der Gattungen Fhylloceras, Lytoceras und Ätnaltheus' bereits in diesen Horizonten, während im schwäbi- schen Lias die letzteren Gattungen erst später, in den mittleren Liaszonen, auftreten. Bleiben wir zunächst bei den Gattungen Psiloceras und Schlot- heimia (über Ärietites sind die Studien weder in den Alpen bereits abgeschlossen, noch ist es möglich, jetzt schon ein Bild der ganzen Entwickelung dieser Gattung in dem schwäbischen Lias zu geben), so fällt zuerst der ausserordentliche Artenreichtum dieser Gattungen in den Alpen auf. Wähner zählt in seiner neuesten grossen Arbeit 48 Arten der Gattung Psiloceras und 12 Arten der Gattung Schlot- heimia auf (bei beiden Arten unterscheidet Wähner noch eine Reihe von Mutationen). Vergleichen wir damit den Formenreichtum unserer entsprechenden Horizonte, so kann ich zur Zeit aus dem untersten schwäbischen Lias, aus den vier obengenannten Zonen, unterscheiden: 10 Arten der Gattung Psiloceras und 8 Arten der Gattung Schlot- heimia. Erwägen wir, dass man in Württemberg den Jura in allen seinen Zonen seit viel längerer Zeit eifrigst durchsucht hat und dass man eine grosse Zahl umfangreicher Sammlungen aus ihm zusammen- gebracht hat, so muss die geringe Artenzahl der Ammoniten in unseren untersten Zonen gegenüber den zahlreichen Arten des doch erst verhältnismässig wenig durchsuchten und an relativ wenig Orten gekannten alpinen Lias auffallen. Die Frage nach den Beziehungen beider Liasfaunen liegt auf der Hand. Diese Frage ist insoweit ge- löst, als man den Jura der Alpen, resp. den mediterranen Jura über- haupt , als die Heimat der Ammoniten des schwäbischen und des striattssinms Quenst.) und Ani)ii. (Ärietites) sironotus Qi:p:nst. im oleiclien Hori- zont, bei Dusslingen, Belienhauscn luul Dettenhausen, gefanden sind. Diese eigen- tümliche Ammonitenfanna verleiht der ^Oolithenbank" einen besonderen Wert und berechtigt wohl, dieselbe als eine besondere Zone zwischen denen des Psiloceras planorhis und der Schlotheimia angulata aufzufassen. * Über die Begrenzung dieser drei Genera siehe Wähn er: Beiträge etc. III. S. [89] ff. - W ä h n e r : Zur heteropischen Differenzierung des alpinen Lias, S. 8. und Neuraayr: Zur Kenntnis der Fauna etc., S. 19 ff. und S. 41 ff. — XLV — ganzen mitteleuropäischen Lias auffassen muss ^. Die Ammonitenfauna des schwäbischen Jura und des mitteleuropäischen Jura überhaupt ist das Resultat einer Reihe von Einwanderungen aus dem mediterranen Jurameere, und zwar in der Weise, dass wir die mitteleuropäische Ammonitenfauna zum Teil als aus direkt eingewanderten Formen be- stehend auffassen müssen, zum Teil sie als selbständige Entwickelungs- reihen einmal eingewanderter Arten konstatieren können. Bei den mehrfachen Einwanderungen von Ammonitengeschlechtern in das mitteleuropäische Jurameer, wie sie durchaus nachw^eisbar sind, wurde durch die Einwanderer, wie wir das ja heute an der lebenden Tierwelt oft genug beobachten können ^, häufig die Entwickelung der bereits heimisch gewordenen Arten gestört, während die einwandern- den Arten sich auf Kosten ihrer Vorgänger entwickelten. Wir können so im schwäbischen Lias ein plötzliches Auftauchen und ein ebenso plötzliches Verschwinden von ganzen Gattungen konstatieren, während wir in den Alpen ein Nebeneinander-Entstehen resp. -Auslöschen von Gattungen als Zeichen einer ruhigeren Faunenentwickelung beobachten. Die Entwickelung der Liasfauna in den Alpen ist eine durchaus natur- gemässere. Das mediterrane Triasmeer war durch eine reiche Ammo- nitenfauna ausgezeichnet, in welcher wir zum Teil die direkten Vor- läufer, zum Teil nahe Verwandte der unterliasischen Ammoniten- gattungen erkennen, so die Gattungen: Megaphyllites, Monophyllites, den Ämmonitcs neojurensis Quenst. ^, Amm. occultus Mojs., Psiloceras planorhoides Gümb. u. a. m. Die Trias Württembergs hat nur im Muschelkalk Ammoniten (Ceratitcs), dem Keuper, speciell den Rhätbildungen fehlen Ammo- niten bis auf ein einziges von Quenstedt aus dem Keuperbonebed erwähntes Bruchstück eines Psiloceraten, welches kaum näher zu bestimmen ist, ganz. Es könnte ja nun die Entwickelung einer jurassischen Ammonitenfauna an Ort und Stelle vor sich gegangen ^ cf. Neumayr: Über unvermittelt auftretende Cephalopoden typen im Jura Mittel-Europas. Jahrb. d. k. k. geol. Keichsanstalt. 1878. S. 37—80. - Ich erinnere hier nur an die Verdrängung der Hausratte {Mus rattus L.) durch die AVanderatte {31us decumanus Pall.). ^ Ammonites neojurensis Quenst. wird von Zittel zur Gattung Bhaco- phylUtes gestellt. Trotz des weitereu Nabels und der geringeren Anzahl von Loben möchte ich Ammonites neojurensis eher zu Phylloceras stellen, da die Form seiner Lobenlinie, besonders seiner Sattelblätter, auffallend mit denen der typischen Phylloceraten übereinstimmt. Über die Beziehungen der übrigen zu BhacophyUites gestellten Formen gedenke ich an anderer Stelle eingehender zu berichten. — XLVI — sein. Eine solche autochthone Fauna müsste aber dann doch wohl das Werden und Vergehen der einzelnen Ammonitengruppen als ein relativ langsames zeigen. Es dürften z. B. nicht, wie es in der That im schwäbischen Lias der Fall ist, einzelne Ammonitengattungen auf- treten, plötzlich aussterben, durch andere Gattungen verdrängt werden, um später ohne direkten Zusammenhang mit den Formen der früheren Zeit sporadisch in grösseren Zwischenräumen wieder aufzutreten. In der Zone des Psüoceras planorbis haben wir nur Psiloceraten \ in der Oolithenbank fehlt Psüoceras''. Dagegen treten vereinzelt Schlotheini ta und Arietites auf. In der Zone der Scldotheimia angu- lata herrscht die Gattung Schlotheimia mit einer Reihe von Arten, während Arietites an der oberen Grenze dieser Zone sehr vereinzelt auftritt. Eigentümlich ist ein aus dem oberen Teile der Angulaten- zone, aus dem „Vaihinger Nest", zu verzeichnendes Vorkommen eines Psiloceras von durchaus alpiner Form. In die Zone des Arie- tites Buchlandi reichen noch einzelne wenige Vertreter von Scldot- heimia hinauf, Arietites herrscht in ganz ausserordentlicher Arten- und Individuenzahl , und wieder findet sich ein ganz vereinzelt da- stehendes Vorkommen eines Psiloceras., dieses Mal aus der Gruppe des Psil. suhangulare. In den Alpen sind die Verhältnisse andere: Die Zone des Psiloceras calliphyllum ist beherrscht von Psilo- ceraten , die ersten Anfänge der Schlotheimien zeigen sich bereits in einer Varietät der Schlotheimia angulata ^, vielleicht kommt hier auch bereits Arietites vor^. In der Zone des Psil. megastoma sind die Psiloceraten besonders zahlreich entwickelt, während auch Schlot- heimia bereits in mehreren Arten vorkommt. Ausserdem tritt hier bereits die Gattung Arietites mit einer Reihe von Arten namentlich * Man rechnete früher ziemlich allgemein den Ammonites angulatus psilo- noti QuENST. aus der Planorbis-Zone {= Ammonites subangularis Oppel) zu den Ang'ulaten , und sah in ihm den ältesten Vertreter der Gattung Schlotheimia . Genauere Untersuchungen hahen ergehen , dass in dieser Form kein augulater Ammonit, sondern ein durch seine Berippung hesonders ausgezeichnetes Psiloceras- vorliegt. ^ Quenstedt führt in den „Ammoniten d. Schwab. Jura" einen ..Kiesen- psilonoten" auf, der über der Psilonotenbank liegen soll. Die an dem einzigen vorhandenen Bruchstücke aufsitzenden Stacheln von Cidaris psilonoti Qüenst. bezeichnen das Stück als aus der Planorbis-Zone selbst stammend. ^ cf. Wähner: Beiträge etc. III. S. [64], Neumayr: Zur Kenntnis der Fauna etc. S. 33. * cf. Neumayr: Über unvermittelt auftretende Cephalopodentypen etc. S. 64, 65. — XLVII — aus der Gruppe des Arietües proaries Neum., eines Arieten mit breitem flachem Kiel, auf, neben welchem bereits scharf gekielte Formen vor- kommen. In der Zone der Schlotlieimia marmorea sind die Psiloceraten vielleicht schon ausgestorben \ dagegen blüht neben den domiierendenn Schlotheimien Arietües mit zahlreichen Arten. In der folgenden Zone überwiegen die Arieten, namentlich die aus der Gruppe des Arietües rotiformis Sow. gegenüber wenigen Arten von Schlotheimia. Stellen wir diese Verhältnisse graphisch dar, so erhalten wir das folgende Bild: Unterster Lias der Unterster Lias n Alpen Schwaben .-.' e c 5ü e 1 CO ö CO •'S» 1. .CO o s 's s 'S s CS o CO p CO CO •wo 1 03 ^ •w lU ~ SD -2 1 -2 1 s 03 S s -Ö nSß^ ns TS TS a Ö'CI c ä .__, a a o o o o O o o o CS3 N N N N O N Nl Psiloceras . . . 1 1 ^■" 1 '-^ Schlotheimia . . 1 1 1 1 1 i 1 l Arietites .... ('^\^ — v) Wir sehen also im alpinen Lias diese drei Ammonitengattungen ohne Unterbrechung von ihrem ersten Auftreten an bis zu ihrem Aussterben in den einzelnen Zonen vertreten, während im schwäbi- schen untersten Lias ganz allein die Gattung Scldotheimia ohne Unterbrechung durch mehrere Zonen geht (sie kommt später im Lias ß noch in vier von den Typen des Lias a weit entfernten Arten vor). Die beiden anderen , im untersten Lias Schwabens dominierenden Gattungen, Psiloceras und Arietites, zeigen in ihrem Auftreten ein ein- oder mehrmaliges Intermittieren. Gehen wir nun zur Untersuchung der einzelnen Gattungen über und beginnen wir mit der Gattung Psiloceras. Während die Zone ^ Wenigstens kann man mit Sicherheit kein Psiloceras mehr als aus der Zone der Schlotheimia marmorea stammend nachweisen; cf. Wähner: Bei- träge etc. III. S. [99]. — XLVIII — des Psüoceras planorhis in Schwaben fast allein von Fsil. planorhis Sow. und dem ihm nahe verwandten Psü. plicatulum {==■ Amm. psilo- notus plicatulus Quenst. ^) neben den seltenen Vorkommnissen von Psil, Johnstoni Sow., Psü. nanum (= Amm. psüonotus nanus Qüenst.) und Psil. suhangulare Opp. sp. (= Amm. angulatus psilonoti Qüenst.) beherrscht wird, ist die unterste Liaszone der Alpen durch das massenhafte Auftreten von Psil. calliphyllum Neüm. ausgezeichnet; daneben kommen noch Formen wie Psü. Hayenoivi Dünk., Naumanni Neüm. , Sehauum Pichl. , extracostatum Wähn. u. a. m. vor. Psü. callipliyUum unterscheidet sich von dem gleichaltrigen Psü. planorhis durch etwas komplizierteren Lobenbau, namentlich durch tiefer gezackte Sättel mit rundlichen Sattelblättern. Neumayr und Wähner nennen die beiden Arten vikariierend und das Psil. planorhis aus dem Psü. calliphyllum hervorgegangen. Beide sind einander sehr nahestehend, Skulptur- und Windungsverhältnisse sind die gleichen, und besonders interessant ist es, worauf Neumayr " aufmerksam macht, dass bei Psü. planorhis die Suturen in einiger Entfernung vom Beginn der Wohnkammer geschlitzter sind und denen des Psü. calliphyllum mehr ähneln, als die dicht hinter der Wohnkammer liegenden. Psil. plan- orhis., Johnstoni und subangidare kommen auch in der Zone des Psil. calliphyllum vor, gehören dort aber zu den grössten Seltenheiten. Das Psil. nanum., welches sich durch eine besonders kurze Wohn- kammer auszeichnet — sie ist nur etwa ^/o Umgang lang — , scheint in den Alpen durch Psü. tenerum Neüm. sp. ^, eine Form mit kräftigerer Skulptur und etwas geschlitzterer Lobenlinie, vertreten zu sein. Besonders bemerkenswert scheint es mir, dass teils durch neuere glückliche Erfunde, teils durch eingehenderes Studium schwäbischer Sammlungen sich einzelne Formen von Psiloceraten gefunden haben, welche mehr Anklang an die typisch alpine Fauna zeigen, als die bisher aus dem schwäbischen Lias bekannten Formen. Es sind dieses namentlich die Arten: Psüoceras calliphylloiäes n. sp.'^ ^ Die hier citierten Queiistedt' sehen Namen beziehen sich auf die „Animoniten d. Schwab. Jura". - cf. Neumayr: Zur Kenntnis der Fauna etc. S. 25. ^ cf. Neumayr: Zur Kenntnis der Fauna etc. S. 31. Taf. III Fig. 4, 5 und Wähn er: Beiträge etc. III. S. [43]. * Eine eingehendere Diskussion mit beigefügten Abbildungen der hier als neu bezeichneten Arten soll in bälde in einer Arbeit vorgenommen werden, welche sich eine Revision der schwäbischen Jura-Ammoniten in bezng auf die Nomen- klatur und Systematik zur Aufgabe maclit. — XLIX — Psüoceras pseud-alpinum n. sp. „ äff. circacostato (Wähn.). Psil. calUphylloides — aus der Zone des PsU. planorhis von Bebenhausen — zeigt eine Lobenlinie, welche der des Psil. calli- phyllum sehr nahe steht, namenthch sind die Sattelblätter, wie bei der alpinen Form, deutlich gerundet. Psil. äff. circacostato ist bis jetzt nur in einzelnen Bruchstücken in der P/a«or&is-Bank bei Heu- maden von Herrn Dr. C. BECK-Stuttgart gesammelt worden. Durch die sehr kräftigen Rippen weichen die Stücke wesentlich von den bisher aus dem schwäbischen Lias bekannten Arten ab und nähern sich am meisten der WÄHNER'schen Art Psil. circacostatum aus der Zone des Psil. megastoma. Die Lobenlinie fehlte leider an den Stücken, da sie Wohnkammerteile repräsentierten. Die erste Ein- wanderung oder die ersten Einwanderungen in das schwäbische Liasmeer brachten uns also neben Formen wie Psil. planorhis, welche vom eigentlichen Typus der alpinen Formen durch den sehr einfachen Lobenbau abweichen, solche, welche sich nahe an typisch alpine Formen anlehnen und den Beweis für die Einwanderung unserer Ammonitenfauna aus den Alpengebieten unterstützen. Dass Arten wie Psil. planorhis im alpinen Lias auch vorkommen, ist nach Neumayr durch eine Rückwanderung aus dem mitteleuropäischen Meere zu erklären. Diese Rückwanderung musste möglich sein, da ja eine offene Verbindung zwischen beiden Meeren existiert haben muss. Dass die Vorkommnisse von Psil. planorhis z. B. in den Alpen solche Seltenheiten sind, kann man möglicherweise so erklären, dass die lo- kalen Verhältnisse des alpinen Meeres andere waren als die des schwäbischen. Wäre letzteres nicht der Fall gewesen, so wäre viel- leicht kaum die Mutation von Psil. calliphyllum zu PsU. planorhis bei einer Wanderung vor sich gegangen. Psil. pseud-alpinum endlich ist besonders interessant dadurch, dass es im „Vaihinger Nest", also in der oberen Abteilung der Zone der Schlotheimia augulata gefunden ist. Wir haben hier einen be- sonders „unvermittelt auftretenden" Ammoniten. Im Lias Schwabens fehlen, soweit bis jetzt bekannt, die Psiloceraten in der Oolithenbank ganz; darüber tritt nun plötzlich ein Psiloceras auf, dessen äusserer Bau ganz von dem der Formen aus der Planorhis-Zone Schwabens verschieden ist. Die dichtstehenden Rippen sind stark und hoch, auf den inneren Windungen sogar scharf zu nennen; sie gehen ab- geschwächt über die Aussenseite hinüber; die Aussenseite zeichnet sich durch ein fast glattes Band aus, die Windungen sind sehr wenig Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. cl — L — involut. Wir haben eine Form von durchaus freir u. ff.). Dieselben unterscheiden sich von den bisher aufgeführten meist dadurch, dass sie keine vorübergehenden, nur an einzelnen Zweigen auf- tretende — wenngleich aus solchen ursprünglich hervorgegangene — Erscheinungen mehr sind, sondern vielmehr durch Veredelung stabile Form angenommen , dem gesamten Strauch und Baum durch die ver- änderte Blattbildung ein ganz fremdartiges Aussehen gegeben und wegen ihrer interessanten Erscheinung seit neuerer Zeit in vielen Parks und Anlagen als Ziersträucher und Zierbäume Eingang gefunden haben. Man könnte beinahe versucht sein , dieselben für neue Arten zu halten, jedoch wäre dieses nicht richtig, sie sind vielmehr nur als Varietäten (Spielarten) aufzufassen, da ihnen die Fähigkeit, sich selbst zu reproduzieren, nur in den wenigsten Fällen zukommt, sie sind nicht zuverlässig samenbeständig, da nach der Aussaat über- wiegend nur die normalen Formen wieder zum Vorschein kommen. Die hier in Stuttgart und Umgebung eingeführten ,, Laciniaten" stammen meist von französischen Züchtern. Ich habe mich wegen ihrer Entstehung an dortige Firmen gewandt und darüber bereitwilligst Aufschluss erhalten. Im Auszuge lauten die Antworten wie folgt: Au sujet de Quercus — Ahms — Fagus etc. ä feuilles laciniees ou heterophylles, ils proviennent de semis du hasard, de graines de pro- venance inconnue. Le plant en levant s"etant trouve ä feuilles laciniees on l'a fixe en l'ecussonnant sur un autre sujet et c'est ainsi qu'on le reproduit, par greffes (Pfropfreis). Les semis de varietes laciniees donnent quelque fois laciniees, mais le plus souvent la variete ordinaire. Simon frcres, Plantieres prcs Metz. Ferner: Älnus laciniata: L'origine de cette espece nous est connue , eile a ete trouve dans un semis ,,d\ilnus f/hifhiosa'' (Schwarzerle s. Abbildung Fig. 7) c'est une deviation de nature (Spielart von Natur), qui est due au hasard sans aucun aide artificiel L'origine de graines ou l'hybridation (Bastardierung) ne jouent aucun role dans cette production. Nous avons bien des fois seme des graines d''alinis Jaclniata — Coryhis laciniafa, sans que nous ayons jamais trouve dans les semis un seul jeune sujet ayant des feuilles decoupees. Cependant il y a deux especes quien produisent quelque fois — — LIX — Acer plafanoides laciniatum et Juglans laciniata, donnant des jeunes plants lacinies dans la proportion 5 ou 6 par 1000. Jiiglcms laciniata (s. Abbildung Fig. 15 a u. b). Transon freres. Orleans. Ein Bericht aus Tokio (Japan), wohin ich mich in derselben An- gelegenheit gewandt habe, ist bis jetzt noch nicht eingelaufen. Ferner erwähnt Professor Dr. Eduakb Stkasbürgeb in seiner An- trittsrede zum Rektorat der Universität Bonn — Jena 1891 — , dass es ihm gelungen ist, von einer geschlitztblättrigen Rotbuche ca. 10 ^jo geschlitztblättriger Keimlinge zu erzielen , während die meisten wieder in die Stammform zurückschlugen. Es ist dieses gewiss ein günstiges Resultat. Vergleichen wir aber damit die Angaben in den französischen Be- richten, sowie die Äusserungen von anderen Züchtern, so sind wir zu dem Schlüsse berechtigt, dass die Disposition zum Übergang in die laciniate Form aus Samen bei den verschiedenen Familien und Gattungen eine sehr verschiedene (bei Acer und Juglans ca. 5 — 6 pro 1000. bei FagiiS ca. 10 pro 100, bei Alnus und Coryhis dagegen trotz mehr- facher Versuche fast O), also im allgemeinen eine geringe ist. Aus allem dem dürfte nun hervorgehen , dass die Abweichungen von der normalen Form durch einen eigenen, dem Protoplasma innewohnenden Trieb ohne jegliche künstliche oder be- kannte äussere Beeinflussung entstehen, oder mit anderen Worten, ,, durch eine Veränderung der specifischen Konsti- tution des Protoplasmas", deren Ursache unbekannt ist, hervorgerufen werden. Thatsache ist, dass es in verhältnismässig nur wenigen Fällen gelingt, aus Samen direkt laciniate Formen zu erzielen, dass vielmehr dieselben meist erst im Laufe der Zeit bei heranwachsenden Individuen an einer gewissen Stelle eines Zweiges, und zwar, wie Professor Dr. Stras- BUEGER sich ausdrückt, ,,durch Knospenvariation infolge der Veränderung der embryonalen Substanz des Protoplas- mas an den Vegetationspunkten der Zweige" auftreten (cf. Ed. Steasburg?:r , ,,Das Protoplasma und die Reizbarkeit", Rede zum Antritt des Rektorats der Universität Bonn, Jena 1891), sodann durch Veredelung (Pfropfung) erhalten und weiter verbreitet oder auch durch Stecklinge vermehrt werden. Ob die Frage, welches die Grundursache der Entstehung der laciniaten Form ist, jemals vollkommen gelöst werden wird, ist zur Zeit noch sehr fraglich. Wenn bei den im Eingang erwähnten Beispielen die Ursache der Abweichung von der normalen Form in einzelnen Fällen einer Bastar- dierung, in anderen mangelhafter Lebensbedingung, ungünstigem Nähr- boden oder im umgekehrten Falle vielleicht überreicher Saftströmung nach der betreffenden Stelle hin, und wieder in anderen Fällen dem Einfluss von Insekten zugeschrieben wird, so ist damit wohl die Ursache genannt, welche den Anstoss zur Formveränderung gegeben haben — LX - kaun, keineswegs aber der Grund nachgewiesen, warum der Blatt- aufbau jedesmal zur laciniaten Form übergegangen ist. Die Erscheinung in allen Fällen, es mögen ausser den erwähnten vielleicht noch verschiedene andere Ursachen (vorhergegangene Ent- wickelungsstörungen durch Frühjahrsfröste , Hagelschlag u. dergl.) an- genommen werden, muss einen tiefer liegenden Grund haben. Die neuesten Ansichten der Gelehrten gehen nun dahin, dass wir e s teils mit einer regressiven (atavistischen) Erscheinung, teils mit einem progre ssiven Vorgange zu thun haben, indem im ersten Falle Rückschläge in frühere weit zurückliegende Stamm- formen in Erscheinung treten, im zweiten Falle (progressiv) sich das Anstreben einer neuen Form, einer Zukunftsform, kundgiebt, ähnlich wie die Form der Gegenwart (sogenannte Normalform) aus den Formen früherer Jahrtausende ,,um geprägt" worden ist. Sehr interessant hierüber sind die schon oben erwähnten Abhand- lungen von VON Ettinghausen und Krasan, Wien, ,, Beiträge zur Er- forschung der atavistischen Formen an lebenden Pflanzen" u. s. w., Denk- schriften derk. k. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. LIV, LV, LVI. Es dürfte sich zur weiteren Orientierung in der Frage der Ge- schlitztblättrigkeit empfehlen, wenn in botanischen Gärten und Instituten eingehende fortgesetzte Versuche mit Samen laciniater Formen, Ver- suche durch Kreuzung (künstliche Befruchtung) , Versuche mit Pfropf- reisern und Stecklingen, Versuche mit verschiedenem Nährboden, Ver- suche mit Übertragung von Insekten u. s. w. angestellt würden. Fortgesetztes Studium und Zergliederung der verschiedenen Formen sowie Vergleichung der bestehenden Formen mit fossilen Blattformen, wie dieses an Buchen und Eichen teilweise schon geschehen, dürfte das Dunkel, das in dieser hochinteressanten Frage noch herrscht, allmählich aufhellen. Erklärung der Tafel I. Fig. 1, 2 a, b. Acer campestre (Massholder). Fig. 3, 4 a, b. Crataegus oxijacantha (Weissdorn). Fig. 5, 6. Betula (Birke). Fig. 7, 8 a, b. Alnus (Erle). Fig. 9, 10. Corylus (Haselnuss). Fig. 11, 12. Fagiis (Buche). Fig. 13, 14. Quercus (Eiche). Fig. 15 a, b. Juglans (Wallnuss). Laciniate Form. Spitze iind 1. Fieder des Nussblattes. Fig. 16, 17a, b. Tilia (Linde). Normalblatt imd laciniate Form, letztere von einem Exemplar. Fig. 18 a, b, c. Aesculus (Rosskastanie). Geschlitzte Form von einem und dem- selben Baum. Fig. 19 — 25. Syringa persica (persische Syringe). Sämtliclie Blätter von einem und demselben Strauch. Geschlitzte Form. Bei Fig. 1 — 14 ist die normale und laciniate Form stets nebeneinander abgebildet. Anmerkung: Ausser den hier abgebildeten Gattungen finden sich in Stuttgart noch : Acer platanoides laciniatum (s. S. LIX französischer Bericht) und in den Anläget! des Vei'schönerungsvereins sehr zahlreich Sambucus nigra in laciniater Form. — LXI — Als zweiter Redner sprach Dr. J. Yo sseler, Assistent am K. Natu- ralienkabinet, über Zwitterbildung bei Insekten. Seit etwa 130 Jahren trifft man in der entomologischen Litteratur Fälle von Zwitterbildungen bei Arthropoden mitgeteilt und wenn wir das, was namentlich im Laufe der letzten 3 Decennien bekannt wurde, zusammenstellen, so finden wir, dass die genannten Abnormitäten relativ häufig vorkommen. Es könnte dies den Anschein erwecken, als würden sich gerade die Arthropoden für eine mangelhafte einheit- liche Entwickelung der Geschlechtscharaktere besser eignen, als andere Tierklassen. Es ist dies aber in Rücksicht auf die hohe Entwickelungs- stufe, auf welcher diese Tiere stehen, kaum anzunehmen ; vielmehr wer- den meiner Ansicht nach Arthropodenzwitter darum häufiger beschrieben, weil eben die Angehörigen dieser Tierklasse mehr als andere Tiere gefangen und beobachtet werden. Ausserdem stechen die Männchen und Weibchen vieler Familien durch sekundäre Geschlechtsmerkmale so wesentlich von einander ab, dass vei'hältnismässig geringe Abweichungen auch weniger geübten Augen auffallen. Hieraus erklärt es sich wohl auch, dass von den bis jetzt bekannt gewordenen 361 Arthropoden- zwittern 349 auf die Insekten, und hiervon nicht weniger als 267, d. h. also etwa ^U auf die Schmetterlinge entfallen , denn eben diese liefern die zahlreichsten Beispiele geschlechtlicher Differenzierung. Unter den Merkmalen, welche bei Schmetterlingen die Geschlechter kennzeichnen, lassen sich primäre und sekundäre anführen. Die primären Geschlechtsunterschiede beruhen auf der Ver- schiedenheit der inneren Geschlechtsorgane (Keimdrüsen und deren Aus- führungsgänge); die sekundären zeigen sich in Verschiedenheiten in Beziehung auf Grösse , Form des ganzen Tieres oder einzelner Teile. Färbung u. s. w. (verschiedene äussere Genitalien, Männchen oft kleiner und schöner gefärbt als Weibchen, Fühler des Männchens mit längeren Fiedern u. s. w.). Wir bezeichnen nun Individuen, an welchen männliche und weib- liche Merkmale zugleich auftreten, als Zwitter, zunächst ohne Rücksicht darauf, ob sich auf demselben Individuum primäre und sekundäre Ge- schlechtsunterschiede vereinigen oder nicht. Unter diesen Zwittern lassen sich je nach der Verteilung der Geschlechtscharaktere 2 Gruppen bilden. Sind jene regellos verteilt auf dem Tier vorhanden, so haben wir einen gemischten , überwiegt das eine Geschlecht auf der einen , das andere auf der anderen Körperhälfte , so haben wir einen halbierten Zwitter vor uns. Soweit bekannt sind letztere seltener, jedenfalls auffallender als die ersten. In der Sammlung des Vereins befinden sich gegenwärtig zwei halbierte Zwitter, beide interessant genug, um hier kurz beschrieben zu werden, wenn sie auch nicht gerade Unica bilden. Am auffallendsten ist die geschlechtliche Trennung bei dem Citronen- falter {Ehodocera Rhamni L.}, dessen linke Flügel weiblich gefärbt sind, während die rechten denen des Männchens entsprechen. Bis auf die feinste Farbenabtönung stimmen Ober- wie Unterseite der Flügel mit denen der normalen Geschlechtstiere überein. Der Farbe und Form des — LXll — Hinterleibs und den Genitalien nach zu schliessen , scheint das vor- liegende Exemplar weiblichen Geschlechts gewesen zu sein. Von Hagen ^ und Beetkau " wurden 7 beschriebene Zwitter von Bhodoccra Rhmmil zusammengestellt. Von diesen 7 waren nur 3 halbierte Zwitter, deren einer annähernd mit unserem Exemplar übereinstimmt. Wenn auch etwas unscheinbarer, so doch um vieles interessanter ist der zweite Zwitter, der rechts c?, links $ ist und durch einen gün- stigen Zufall erst unlängst vom Verein erworben wurde. Das Exemplar stellt wiederum einen halbierten Zwitter und zwar vom Silberstrich [Argi/nnis Paphia L.) dar; allein während der Leib des Citronenfalters aus den vorhin angeführten Gründen als weiblich angesehen werden musste, zeigt bei dem Silberstrich die linke Körperhälfte deutlich männ- liche, die rechte weibliche Merkmale. Die Unterschiede sind so neben- einandergestellt leicht zu erkennen, vielleicht mit Ausnahme der Färbung, welche aber bei genauem Zusehen links einen mehr bräunlichen Ton aufweist , während auf der rechten Körperhälfte ein grünlicher Schiller vorherrscht. Leichter erkennt man , dass das linke Auge grösser ist als das rechte und dass auf der männlichen linken Körperhälfte das Ende mit einer Haltzange versehen ist, während die rechte Seite die Rundung des weiblichen Hinterleibes aufweist. Die Oberseite der Flügel zeigt bei unserem Exemplar entsprechend dem Charakter der zugehörigen Seite links männlichen, rechts weiblichen Typus. "Während aber links die Zeichnung und Färbung in allen Stücken mit der gewöhnlichen Stammform übereinstimmt, ist die rechte Seite mit einem mehr schwärzlichen Grundton versehen , auf dem ein grünlicher Schiller liegt. Diese Färbung kennzeichnet eine Varietät des Silberstrichs, die Varietas valesina Esp. Wir haben also in dem vor- liegenden Tiere nicht nur einen ganz vollkommen halbierten Zwitter, sondern auf der weiblichen Körperhälfte zugleich eine Varietät der Stammform, also zwei Geschlechter und eine Varietät in einem Stück vor uns , gewiss ein sehr interessanter Fall , dessen Bedeutung uns erst recht klar wird , wenn wir ihn auf menschliche Verhältnisse übertragen. Wir hätten uns dabei ein Individuum vorzustellen, dessen linke Körperseite bis auf die feinsten Einzelheiten alle Merkmale eines Mannes besitzt, und vereinigt ist mit einer rechten, die nicht nur ebenso vollkommen weiblichen Typus trägt, sondern zugleich noch eine dunkle Varietät des Genus Homo, also etwa eine Negerin darstellt. Auf der Unterseite der Vorderflügel ist die geschlechtliche Trennung in Farbe und Zeichnung deutlich; die Hinterflügel dagegen sehen sich von unten betrachtet ganz ähnlich und zeigen in der Färbung eine Mittelstufe zwischen der Unterseite eines männlichen und der eines weiblichen Hinterflügels. Ein etwas dunklerer Ton kennzeichnet die Seite der Var, valesina. In Beetkau's Verzeichnis (1. c.) sind 1 1 Zwitter vom Silberstrich, darunter 6 mit seitlicher Trennung der Geschlechtsmerkmale aufgezählt. ' Stettiner entomol. Zeitschr. 1861, S. 259—286. - Archiv f. Naturgesch. Jahrg. 55. Bd. I, S. 75—116. 1889. — LXIII — Von diesen 6 zeigen 4 auf der weiblichen Körperhälfte die Var. valesina. allein nur 2 davon besitzen zweifellos beiderlei äussere Geschlechtsorgane. Wie aus dem Mitgeteilten hervorgeht , reihen sich unsere beiden Schmetterlingszwitter ebenbürtig den schon bekannten an. Die Frage, ob solche Zwitter fortpflanzungsfähig seien, lässt sich bis jetzt nicht befriedigend beantworten, denn von den relativ zahl- reichen Zwittern wurde nur der geringste Teil (z. B. von Lepidopteren nur 4) und dieser gewöhnlich in ungenügender Weise auf die primitiven Geschlechtscharaktere untersucht. Die wenigen ausführlich bearbeiteten Zwitter aber zeigten ganz verkümmerte , nicht funktionsfähige Ge- schlechtsorgane. Mehrere solche Zwitter wurden in Copula angetroffen, bei einigen war leicht nachzuweisen, dass die Begattung erfolglos war. Diese wenigen Thatsachen rechtfertigen die Annahme, dass kaum je echte Zwitter, d. h. solche Tiere, bei welchen männliche und weibliche Geschlechtsorgane beide in funktionsfähigem Zustande nebeneinander vorkommen, zu finden sein werden. Von grossem wissenschaftlichem Interesse sind weitere Unter- suchungen über die erwähnten Abnormitäten , namentlich an frischem Material und ich möchte daher an jeden Entomologen, besonders aber an die Lepidopterologen die Bitte richten, Insekten, welche mehr oder weniger deutliche Spuren von Zwitterbildung zeigen, womöglich lebend oder gut in Alkohol konserviert, in die Hände des vergleichenden Ana- tomen oder Histologen abzuliefern. Zum Schluss zeigt Dr. Eberhard Fr aas ein kürzlich vom K. Na- turalienkabinet erworbenes Stück Platin vor, sich zugleich über das klumpenförmige Vorkommen von Platin und Gold verbreitend und knüpft hieran unter Vorlage interessanter Belegstücke mannigfache Bemerkungen über Diamanten, so über die Krystallisationsgesetze derselben und be- sonders über das Vorkommen dieser Edelsteine in Brasilien, am Vaal- fluss und im Kimberleydistrikt. Überall sind die Diamanten nur aus sekundärer Lagerstatt, in Konglomerat eingebacken, bekannt; einzig und allein den Itacolumit, ein merkwürdiges, wie starker Filz elastisch biegbares Quarzgestein, das seiner Entstehung nach in die archaeischen Formationen hinaufreicht und höchst wahrscheinlich zu den krystallini- schen Schiefern gehört, kennt man als Muttergestein des Diamanten. Auch hiervon legt der Redner ein Stück vor. Sitzung vom 12. Mai 1892. Medizinalrat Dr. Hedinger gab zunächst aus der beim Verein im Weg des Tausches eingelaufenen ungemein reichhaltigen Litteratur, die eine grosse Anzahl periodischer Zeitschriften aller Länder und aller Kultursprachen umfasst, ein palaeontologisch-geologisches Referat. Aus dem reichen Inhalt des Referates sei hervorgehoben eine geologische Zeitrechnung AxelBlytt's : Dauer des Tertiär 3 250 000 Jahre, des Eocän etwa 1^2 Mill., ebenso lang das Oligocän, Miocän und Pliocän zusammen. — LXIV — Vom Ende des Tertiär seien noch mehr als 350 000 Jahre verflossen bis zur ersten Eisperiode; dieselbe Zeit hält er für nötig zur Erklärung der Fauna und Flora der Kreidezeit. Von palaeontologischen Mit- teilungen erwähnte der Redner die für die Frage der Abstammung un- serer Haustiere wichtige Arbeit von Nehking über die ehemalige Ver- breitung der Gattung (Juon in Europa. Es ist dies eine zwischen Wolf und Hund stehende Canidenart, die jetzt nur noch an den süd- sibirischen Gebirgsabhängen und in Tibet lebt, seiner Zeit aber in West- und Mitteleuropa nicht selten war, vom Berichterstatter auch pliocän in der Gutenberger Höhle und neuerdings von Boubreti in Südfrankreich ebenfalls in Höhlen zugleich mit einem schwanzlosen pliocänen Affen, demselben, der in ebengenannter Höhle vom Ref. gefunden und beschrieben wurde. Es ist eine Macacus-kvi (Macaciis suevicus), die jetzt nur noch in den Felslöchern von Gibraltar ihr Da- sein fristet und dem Aussterben nahe ist. Cuon war ein kräftiges Raub- tier von der Grösse eines heutigen starken Alpenwolfs, welches sich im Laufe der Diluvialzeit wegen zeitweiligen oder dauernden Verschwindens seiner Jagdbeute aus Europa zurückgezogen hat. Auch dieses Tier giebt wieder einen Fingerzeig der Herkunft unserer Tierwelt aus Asien. Der Stammbaum des Cuon selbst weist nach Amerika , wie der so mancher Tiere aus dem Pliocän. Cuon war ein Steppentier, wie man ja unsere damaligen Gegenden vorwiegend als Steppengebiet auffassen muss. WoLDRiCH fand den Cuon europacus 1881 unter den Tierresten der Certova dira bei Stramberg in Mähren und in der Schipkahöhle, weiter wurde er in der Höhle am Nordfusse der Pyrenäen gefunden. Die Gattung Cuon unterscheidet sich von den übrigen wolfsähnlichen Caniden, abgesehen von den äusseren Merkmalen, besonders durch charakteristische Ab- weichungen in der Form der Schädel, sowie in der Zahl und den Formen der Zähne, d. h. der zweite Höckerzahn des Unterkiefers (M. 3. inf.) fehlt bei Cuon regelmässig, während er bei den Caniden normalerweise vorhanden ist. Ausnahmsweise kann zwar ein Cuon denselben auch aufweisen, häufiger noch fehlt er bei anderen Caniden. M. 2. inf. und M. 2 sup. sind ausserdem bei Cuo)i im Vergleich zu anderen Wölfen relativ klein und einfach gebaut (nur ein deutlich entwickelter Höcker im vorderen Teile der Kaufläche). Dazu kommt, dass der Sectorius des Unterkiefers bei den Cuon-kvten schmaler und schneidiger entwickelt ist, als bei den andern Wölfen. Besonders wichtig aber ist der Unter- schied in der Bildung des sogen. Talons, d. h. des hinteren niedrigen Teiles an dem Sectorius. Derselbe zeigt bei Cuon nur eine kegel- förmige Spitze, während er bei den meisten übrigen Caniden mit zwei deutlich ausgebildeten Spitzen versehen und zugleich relativ länger und namentlich breiter entwickelt ist. ^xxx Lycaon pktus und Icücyon vena- ticus haben unter den lebenden Caniden eine ähnliche Bildung jenes Talons, wie Cuon. In dieser Beziehung nähert sich der neuerdings von HARLf; (gemeinschaftlich mit dem Macacus) in Südfrankreich gefundene Cuon den lebenden Formen und entfernt sich von Cuon. curopaem (Bouk- gignat). Jene sind deshalb als pleistocän aufzufassen (während der Cuoyi alpin, fossil, pliocän ist), innerhalb welcher Zeit sie erst aus Europa I — LXV — verschwanden. Die wahrscheinlich nicht so seltenen Reste waren aber auf die mehr südlich gelegenen gebirgigen Teile Mittel- und West- europas beschränkt. Den zweiten Vortrag hielt Prof. Hoffmann (K. tierärztliche Hoch- schule) über Abstammung des Pferdes. Sobald man das Wort „Abstammung" in Beziehung auf eine Tier- art so gebraucht, wie dies in der Ankündigung meines Vortrages ge- schehen ist, so ist zugleich festgestellt, dass es sich um Fragen handeln wird über die Herkunft, speciell die Ascendenz, bis zu einer beliebig fest- zustellenden Vergangenheit. Es ist damit ausgesprochen, dass man nicht nur den Boden, der gegeben ist, durch die Jahrtausende gültig gewesenen Anschauungen, wie er durch die biblische Schöpfungsgeschichte festgelegt ist, ausschliesslich als den einzig möglichen und richtigen anerkennen will, sondern dass jedenfalls die Möglichkeit der Herkunft von einem anderen, mehr oder weniger ähnlichen Vorfahr einer Prüfung unterzogen werden soll. Gerade die palaeontologische Geschichte der Equiden bildet, wie in diesem Kreise sehr wohl bekannt ist, gewissermassen das Paradestück für den Transformismus, wie er von Lamaeck vermutet, von Darwin be- gründet und seitdem von einer Reihe mehr oder minder geschickten Nachfolgern des letzteren gelehrt wird. Gleich von vornherein gestatten Sie mir die Mitteilung, dass ich durch meinen Beruf in der Lage war, einige Beobachtungen zu machen, welche mir Zweifel in der Richtigkeit der aufgestellten Reihenfolge der Pferdeahnen erweckten. Bevor ich aber diese Mitteilungen gebe, halte ich für zweckmässig, in ganz kurzen Zügen die früheren und die heute giltigen Ansichten über die Herkunft des Hauspferdes vorzuführen. Nach den durch lange Zeit gültigen und für heilig, unantastbar angenommenen Angaben der Bibel, ist jede Tierart — je ein Männlein und ein Fräulein — geschaffen und ebenso bei der die Vernichtung drohenden Sintflut durch die Arche Noah's erhalten worden. Schon frühere Naturforscher, wie z. B. LiNNfi , welche vollkommen auf dem Bibelglauben standen und in der Natur nach Beweisen für die Richtig- keit der Bibelangaben suchten, waren in Verlegenheit, wenn sie nach einer Erklärung für die Entstehung der Haustiere suchten, denn es existiert kein in Freiheit lebendes Tier, welches als der Stammvater unserer Hauspferde angesehen werden kann, ebensowenig ein Rind, ein Schaf, eine Ziege oder ein Hund. Da sich aber die Bibel über die Herkunft der Haustiere nicht ausspricht und die Unveränderlichkeit der Art dogmatisiert war, so blieb den früheren Naturforschern nichts an- deres übrig, als eine besondere Haustierschöpfung anzunehmen und so wurde die Zeit einer solchen an den Schluss der Sintflut gesetzt, weil ja hier Gott mit Noah einen Bund machte, ihn segnete und zum Zeichen seiner Huld, sowie dass nie mehr eine Sintflut komme, den Regenbogen an den Himmel setzte und durch die Offenbarung des Weinbaues die Kultur einleitete. Bei Leuten, die sich aber nicht so genau um die Sache kümmerten, wie es sofort und einige Zeit nach der Entleerung Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. 6 - LXVI - der Arche zuging, wie die Scheidung der Hunderttausende, die in den Tropen leben, und derer, die in die Polargegenden zogen, wohl voll- zogen haben möge , von was denn die Raubtiere in der ersten Zeit gelebt haben u. dgl. m. — von diesen wurde die Extrahaustierschöpfung nie recht anerkannt - — und offen gestanden, ich hatte in dem bibli- schen Unterricht, der in meiner Jugend und meinen Verhältnissen sehr gründlich erteilt wurde, auch nie etwas davon gehört, und so wird es vielen anderen auch gegangen sein ; erst später, als mir das Glück zu teil wurde, Naturwissenschaften treiben zu dürfen, habe ich diesen meines Wissens von theologischer Seite nie angefochtenen Gesichtspunkt kennen gelernt. Einen anderen Eindruck, als den einer zwar wohl- gemeinten, aber verunglückten Hypothese konnte aber diese Extrahaus- tierschöpfung niemals hervorrufen, zumal man, einmal im Zweifel, sofort vor die nächste Frage gestellt war : Haben denn alle Pferde, die wir als Haustiere kennen, von dem gewaltigen, gegen 20 Centner schweren Belgier, dem englischen Suffolk und Clydesdale, sowie dem Salzburger, bis herunter zu dem Zwergponny, der ausgewachsen und wohlgenährt noch keinen Centner Gewicht hat, haben alle diese Hauspferde nur ein ein einziges Elternpaar gehabt, oder ist hier auch noch einmal etwas Extras geschaffen worden, das eben auch in der Bibel unaufgezeichnet blieb? Meine Herren ! Es ist zweckmässig bei diesen Fragen, die diesen Gegenstand berührenden, allgemeinen Ansichten, welche seit der Zeit des Aufblühens der Naturwissenschaften herrschten, zu berücksichtigen. Zuerst galt als zweifellos die „Konstanz der Art". Ich darf Sie nur erinnern an den Sturm der Entrüstung, welcher entstand, als Lamaeck seine Ansichten über die Veränderungen der Arten kundgab, mit wel- cher Wucht der gewaltige Cuvier damals für die Unveränderlichkeit der Arten eintrat und wie die LAMAKCK'sche Theorie, als ob sie die verworrene Ansicht eines geistig Gestörten wäre, zurückgewiesen und auf viele Jahrzehnte begraben und vergessen wurde, wie aber doch, und zwar unter dem Schimmer des Irrlichts, Generatio aequivoca, die gewiss an sich in der damals gemeinten Ausdehnung falsch ist, ihre Anhänger gegen die Artenkonstanz und den Glauben an den einen Schöpfungsakt zur Auflehnung trieb und wie dann namentlich Buffon es gewesen ist, der aussprach, dass die Vollkommenheit eines Tieres, besonders eines Haustieres, erst dann erreicht werden könne, wenn die Zuchttiere aus allen Teilen der Erde zusammengebracht würden. Nicht an einem einzigen Orte, so lehrte dieser fruchtbare und gefeierte Naturforscher, könne sich das vollkommenste entwickeln, hier seien die Füsse, dort der Leib, hier die Sinne, dort die vegetativen Organe etc. durch den lokalen Einfluss am besten zur Entwickelung gebracht und erst wenn man sorgsam mische, wenn der Züchter zu kreuzen verstehe, dann könne er endlich alles Vorzügliche auf ein Individuum vereinigen. Vielleicht ist es erlaubt, hier einzuschieben, dass dieser Buffon- sche Lehrsatz von der Kreuzung in der Blüte stand, zur Zeit, als unser König Wilhelm I. seine Gestüte und Meiereien gründete und dass vieles von dem ersten Zuchtbetrieb auf diesen Gütern darauf hin- deutet, dass man die BuFFON'schen Ansichten zu jener Zeit nicht nur — LXVII — für graue Theorien ansah. Wollte doch damals der als Gelehrter und Naturkenner gar nicht unbedeutende v. Hofackek, der in Tübingen Stallmeister war, in kurzer Zeit aus einem Windhund einen Schäfer- hund und umgekehrt herstellen, und zwar nicht nur durch Kreuzung, sondern hauptsächlich durch die Art der Verwendung, also Gebrauch oder Nichtgebrauch der Organe. In diesem Streit um die Artenkonstanz oder die Variabilität derselben, der fast ein Jahrhundert andauerte und der namentlich in der Tierzuchtlehre die wunderbarsten Blüten trieb, da entstand als eine Art Kompromiss folgende Ansicht: Zweifel- los hat die Schöpfung, wie sie in der Bibel mitgeteilt ist, stattgefun- den, und zwar, wie ganz richtig angegeben ist, in Asien, von dort haben sich alle Tiere verbreitet, auch alle diejenigen, die bei uns vor- kommen und speciell die Haustiere stammen aus Asien, dort sei auch der Stammvater des Hauspferdes zu suchen. Tarpan nannte man dieses ürpferd, das, als von Hause aus wild, zum Unterschied von den ver- wilderten ein halb mystisches Wesen wurde. Dieser Stammvater aller Hauspferde lebe nun heutigestages noch , aber er sei ein so scheues Tier, dass es sich nur in den unzugänglichsten Teilen der Wüste Gobi in Persien aufhalte, so dass es nur noch wenige Menschen gesehen hätten. Nur einmal sei es einem Engländer geglückt, ein Rudel dieser wilden Pferde von der Ferne mit dem Feldstecher zu mustern und näheres über die Erscheinung mitzuteilen. Meine Herren ! Ich unterlasse Ihnen eine eingehendere Beschreibung von dem Tarpan zu geben, der heute noch in unseren Zoologien spukt; aber ich will ganz markant anfügen , dass wir allmählich durch diesen skizzirten , wenn auch wissenschaftlich nicht einwurfsfreien Gang, schon lange vor Darwin auf den Boden kamen, dass alle unsere Hauspferde, alles was zu Equiis cahallus zählt, von einem einzigen Stammvater, dem Tarpan, herrühre. Mit dieser Ansicht war ein Transformismus angenommen, der mit der theoretisch noch verfochtenen Theorie , der Konstanz der Arten , ja selbst der der Rassen , nichts mehr gemein hatte. Wie es sich mit der Verwandtschaft mit den übrigen Equiden, Esel, Zebra, Dschiggetai, Quagga und Burchellipferd verhalte, darüber blieb man allerdings im Unklaren. Erst Darwin hat zum erstenmal und bestimmt die Ansicht ausgesprochen, dass er ganz zweifellos die Überzeugung habe, dass alle heutigen Equiden, mit Einschluss des Hauspferdes, Eq. cahaUus, von einem einzigen wilden Vorfahr, der in früherer Zeit als einziger Ver- treter der Pferdesippe existiert habe, abstammen, welchen er als ,, ge- streift wie ein Zebra" annimmt. Seit dieser Zeit der DARWiN'schen Ver- öffentlichung hat aber die palaeontologische Kenntnis ganz bedeutend zugenommen. Wir haben namentlich zahlreiche Ausgrabungsresultate von Equiden kennen gelernt. H. v. Mayer, Kauf, de Christol , Ger- vais, Gaudry, Wagner, Roth, Hensel u. a. haben dieses Wissen be- deutend gefördert und wir haben in neuerer Zeit von Amerika so zahl- reiche und überraschende Funde kennen gelernt, dass der alte Glaube von dem Ausgangspunkt der Tierwelt aus Asien sehr stark erschüttert worden ist und Amerika als der Teil anzusehen ist, der die älteste Fauna besitzt. — LXVIII — Für die Abstammungslehre über das Pferd ist von allergrössester Bedeutung geworden, dass man aus dem Diluvium ein Pferd ausgegraben hat, namentlich in grossen Mengen in Pikermi bei Athen, welches ausser einem Hufe, auf dem es wie unser heutiges Pferd geht, noch zwei After- zehen besitzt, die aber nicht mehr ganz bis zum Boden reichen, die beiden Griffelbeine sind je bis zum Fesselgelenk mit dem Metacarpus und Metatarsus verwachsen und haben am unteren Ende eine verdickte Gelenkfläche, mit welcher die Phalangenknochen der Afterzehen artiku- lieren. Dieses Diluvialpferd, Hippotherimn oder, wie man es jetzt fast ausschliesslich nennt, H'ipparlon ^ kommt je nach der Fundstätte in grösseren oder kleineren Exemplaren vor und es sind aus dieser Ur- sache nach Hensel drei verschiedene Rassen festgestellt: 1. Hipparion mediterraneum , 2. H. hraclti/pns und 3. H. f/racile. Dadurch, dass dieses pferdähnliche Wesen, welches im Mittel stark Eselsgrösse besitzt, in einer älteren Schicht vorkommt wie JEquus cahal- his, schloss man, dass das Hipjparion der Vorfahr von unserem heutigen Pferde sei, dass sich somit ein Prozess der Rückbildung an den After- zehen eingestellt habe, der das Hipparion aus dem noch in der An- deutung bestehenden Dreihufer in einen ausgesprochenen Einhufer ver- wandelt habe. Vom Hipparion stammten hiernach auch alle anderen, weiter oben genannten, jetzt lebenden Einhufer ab. In noch älteren Schichten unserer Erdformation im Tertiär findet sich noch ein weiteres pferdeähnliches Wesen, welches die Afterzehen neben den Haupthufen noch so deutlich ausgesprochen hat, dass es mit den ersteren auch noch den Boden berührt, es ist somit ein Dreihufer. Abgesehen von einigen Veränderungen am Schädel und namentlich auch in der Zahl der Zähne und der Form des Gebisses, konnte man dieses Wesen, das Änchitheritim genannt wurde, als den Vorfahr des Hipparion ansehen. Geht man nun in noch ältere Erdschichten, so trifft man endlich auf eine ganze Sippe von ausgesprochen mehrzehigen pferdeähnlichen Wesen, die Palaeotherien, welche als die Stammeseltern des Anchitheriion angesehen wurden und noch weiter rückliegend kommen dann die fünf- zehigen Tapire, Dass das Palaeotherium mit den Tapiren verwandt ist, das ergiebt sich aus der Kopfformation, die viel mehr der eines Schweines, wie der eines Pferdes gleicht, und namentlich auch aus der Zahnzahl, die sehr zahlreich ist, so dass kein Diastema entsteht und dass die Zahnformen sehr dem des Tapirs und Schweines ähnlich sind. Wir haben somit nach dieser Ansicht die Einhufer, Solidungula, allmählich entstanden aus Dreihufern: 1. Palaeotherium, 2. Anchitlierium. 3, HipxKirion, 4. Eqims. Neben dieser Reduktion der seitlichen Zehen, die seit Jahrmillionen langsam aber stetig fortgeschritten sein soll, geht noch eine bedeutende Änderung in der Zahnzahl, die beständig geringer wird und in der Zahnform , die sich beständig komplizierter gestaltet, bis zum Hipparion . vor sich. Von letzterem an auf Hqims wird aber die Zahnfonn wieder wesentlich einfacher. Bevor wir an weitere Mit- teilungen über fossile Equiden gehen, sei über den ,, Ursprung der Huf- bildung" und die Reduktion nach Coi'e , of the Fittest 1887, p. 374, folgendes angeführt : — LXIX - ,,Die eigentümliche fortschreitende Veränderung von vier- oder fünfzehigen Urahnen in das einzehige Pferd und die ebenso merkwürdige Spaltung der ganzen Ordnung der Huftiere in die Paarzeher und ün- paarzeher ist in der "Wirkung der Zusammenziehung und des Gebrauchs bei Tieren, welche — ^ je nachdem — harten oder sumpfigen Boden zu betreten pflegten. Auf hartem Boden musste die Mittelzehe am stärk- sten gebraucht und der grössten Streckung ausgesetzt werden , sie musste daher sowohl an Kraft gewinnen, als auch sich stark entwickeln. Dann wurde sie noch ausschliesslicher gebraucht und der Überschuss an Nahrung, den sie erforderte, war den weniger gebrauchten benach- barten Zehen entzogen , welche daher sich entsprechend verkleinerten, bis sie nach mancherlei Umwandlungen zu der Entwickelung des ein- hufigen Pferdes führten. Auf nachgiebigem moorigem Boden hingegen würde die Neigung vorherrschen , den Fuss breit aufzusetzen , so dass jederseits zwei Zehen gebraucht wurden. Nun wurden die beiden mittel- sten Zehen (richtiger die 3. und 4.) am meisten benutzt und der gröss- ten Dehnung unterworfen , wurden daher auf Kosten der zwei Seiten- zehen (der 2. und 5.) vergrössert. Ohne Zweifel gewährte es einen Vorteil, dass die beiden Hauptzehen gleich gross waren, so dass beim Gehen der Fuss sich nicht drehen und umkippen konnte ; Variationen, welche dahin zielten , mussten vorteilhaft werden und daher erhalten bleiben. So gelangen wir durch eine gleichartige Folge von Verände- rungen in anderer Richtung , die einer bestimmten Klasse von Be- dingungen angepasst waren, zu den symmetrisch geteilten Hufen unserer Hirsche und unseres Hornviehs. Die Thatsache. dass Schafe und Ziegen vorherrschend Bergtiere sind und gern auf Felsen klettern, kann durch spätere Modelungen erklärt werden, da der gespaltene Huf, nachdem er einmal gebildet war , ohne Zweifel ein festes Auftreten auf rauhen, abschüssigen Boden wohl zu vermitteln im stände ist, obwohl er kaum in solchem Terrain zuerst gebildet sein kann." Wallace sagt hierzu: Wenn etwas Wahres daran ist — so haben die individuellen Wandlungen, die durch den Boden erzeugt sind, erb- lich zu werden. — Dieser Nachweis ist aber noch zu erwarten. Amerika, das bekanntlich bei der Entdeckung durch Columbus keine lebenden Pferde oder pferdeähnlichen Wesen besass, hat in seinen älteren Schich- ten eine Reihe von Equiden, welche eine ziemlich ähnliche Abstammung darzuthun scheinen. Hüxley führt an : Der älteste Vertreter der Pferde, welchen wir bis jetzt in Amerika kennen, ist 1. der kleine Eolüppus aus dem unteren Eocän. Von dieser Gattung sind mehrere Arten ent- deckt, sämtlich etwa von der Grösse eines Fuchses (!). Der Eohippus hatte 44 Zähne , die Mahlzähne hatten kurze Kronen und waren von den Prämolaren sehr verschieden. Ulna und Fibula waren vorhanden und getrennt. Es waren vier wohlentwickelte Zehen und ein Rudiment eines fünften vorne vorhanden, hinten aber nur drei Zehen. 2. In der nächst höheren Abteilung des Eocän tritt ein zweites Geschlecht, Oro- hippus, an die Stelle des erstgenannten. Dasselbe zeigt eine etwas grössere , aber noch sehr entfernte Ähnlichkeit mit dem Pferdetypus. Die rudimentäre Zehe des Vorderfusses ist verschwunden und der letzte — LXX ~ Prämolarzahn ist den echten Molaren gleich geworden. Orohippus war nur ein wenig grösser als Eohippus und in vieler Beziehung ihm ähn- lich. 3. Nahe der unteren Grenze des Miocän finden wir eine dritte, nahe verwandte Gattung, 3Iesohippus, etwa von der Grösse eines Schafes und wiederum eine Stufe weiter dem Pferdetypus genähert. Es sind nur drei Zehen und ein rudimentärer feiner Knochen am Vorderfusse und drei Zehen hinten vorhanden. Zwei Prämolaren sind den echten Molaren gleich, die Ulna ist nicht mehr getrennt, die Fibula nicht mehr vollständig, auch die übrigen Merkmale zeigen, dass ein fernerer Über- gang stattfindet. 4. Im oberen Miocän findet sich statt des vorigen das MiohippüS , welches mit dem europäischen Anchitherimn sehr viele Ähnlichkeit hat. 5. Die Gattung Froiohtppus aus dem unteren Pliocäu ist noch pferdeähnlicher und einige Arten erreichten die Grösse eines Esels. Jeder Fuss hatte noch drei Zehen, aber nur je die mittlere war zum Auftreten bestimmt. Dieses Genus hat in hohem Grade Ähnlich- keit mit dem Hippariort. (5. Im Pliocän wird dann die letzte Stufe vor dem Pferde selbst mit dem Genus Pliohippns erreicht, welches die klei- nen Nebenhufe verloren hat und auch im übrigen sehr pferdeähnlich ist — und endlich im oberen Pliocän erscheint das wirkliche Pferd, JEquus. Es ist merkwürdig, dass in ganz Nord- und Südamerika das Pferd früher sehr verbreitet war , aber schon lange vor der Entdeckung durch die Europäer aus bis jetzt unbekannten Gründen ausstarb. Abgesehen von der jedenfalls höchst auffallenden Erscheinung, dass immer die ältere Generation den Platz vollkommen geräumt hatte, wenn die jüngere auftritt, ist das typische Fortschreiten in Rückbildung der Zehen, der Zähne und dem Grösserwerden so auffallend, dass der Zwei- fel, es möchte die Phantasie, der Meinung, dass sich die Fortentwicke- lung so vollziehen müsse, etwas nachgeholfen haben, nicht ganz unter- drücken lässt. Wir haben noch nicht Gelegenheit gehabt, das für diese allzu sicher erscheinenden Schlüsse vorliegende Material zu besichtigen und da bekannt ist, dass bei seltenen und nur teilweise guten Knochen- resten , sowie in der Bestimmung des Alters der Erdschichte grosse Täuschungen unterlaufen können , so werden wir diese amerikanische Pferdereihe vorerst noch mit einigem Misstrauen betrachten. Was uns jedoch in der Abstammungstheorie des europäischen Pferdes vom Palaeo- thcrium zweifelhaft erscheint, das ist folgendes: Die Phalangenknochen der Anchitherien, Palaeotherien und noch höher hinauf sind plump und mit ihren elefantenähnlichen Bildungen, wenn auch kleiner, jedenfalls ein für die Umformung zu einem einzigen Hufe höchst ungeeignetes Objekt. Wir lassen jetzt alle sonstigen bekannten Bedenken, die gegen solche Umformungen sprechen, hinweg und führen als höchst wichtige, dagegen zeugende Thatsache folgendes an: Es ist in Fachkreisen be- kannt, dass von 100 Hufen, beim jetzigen Pferde, 90 solche sind, welche vorne an der Zehe, am Übergang der Hornsohle in die Zehenwand, eine scharfe, kantige, gratartige Hervorragung besitzen, welche in die Lücke eines gespaltenen Hufes einpassen würde und wenn das dazu gehörige Huf- bein maceriert wird, so findet man fast ebenso zahlreich Andeutungen von deutlichen Einkerbungen, wie zum Anfang einer Spaltung, wie sie die — LXXI — Zweihufer besitzen. Wenn diese Andeutung einer Spaltung so zahlreich vorkommt, wie ich anführte, so ist zweifellos, dass sie mit etwas Be- deutenderem aus früherer Zeit zusammenhängt, aus Zufall entsteht sie nicht so regelmässig und aus einer durch die Zucht und den Gebrauch einwirkenden Ursache hat sie sich ebenfalls nicht gebildet. Stammte das Pferd, so wie es dargestellt wird, von einem fünf- und dann drei- zehigen Vorfahr ab, so wäre sicher keine Ursache vorhanden, hier an der vorderen Fläche des Hufbeines die Andeutung einer Spaltung zu erzeugen, oder an der Hufkapsel diese regelmässig vorkommende Bildung zu bilden. Im Gegenteil. Wenn man die Hufbeine von Anchitherimn. Palaeotlierhmi, Tapiriis ansieht, so findet sich nicht die leiseste Spur von einer solchen Bildung. Diese Anschauung gewinnt aber noch durch die Thatsache, dass das Hipparion, soweit ich mich in den Sammlungen von Paris und München überzeugen konnte, diese Andeutung einer Spaltung des Hufbeines noch viel regelmässiger und deutlicher zeigt, wie Equns eahaUns selbst. Sämtliche Hufbeine dieses äusserst zierlichen Hipparion haben die Andeutung einer Spaltung an der vorderen Fläche der Zehe und sie reicht vom Tragrande fast bis zur Hälfte herauf gegen den Kronfortsatz , dabei ist mir aufgefallen , dass diese Furche zwar nicht sehr tief, aber sehr regelmässig in der Breite ist. Messungen konnte ich nicht anstellen. Diese Spaltbildung geht bei Eqims cabaUiis in Einzelfällen so weit, dass eine abnorme Hufbildung, die sog. ,,Horn- säule" (Keratophylocele) entsteht und in einzelnen Fällen kommen vollständige Zweihufer, mit Trennung der Phalangenknochen I, H und ni, vor ; auch will ich nicht unterlassen anzuführen, dass bei Schweinen nicht selten ,,Einhufer" an einem oder mehreren Füssen auftreten. Noch ein Grund der mich veranlasst , die Equiden nicht vom Palaeo- tlicrium und Anchitlierimn abstammend anzusehen, ist der, dass das Ge- biss des Hipparion viel zahlreicher mit Schmelzfalten und accessorischen Säulchen versehen ist, wie das des Pferdes. Gegenüber den einfachen Zahnformen von Palaeotherium und Anchitherimn hat das Hipparion ein höchst ausgebildetes Schmelzfaltensystem , wie es Eqmis cabaUns nicht besitzt. Weshalb soll aber plötzlich hier ein Rückgang eintreten? Gerade die Zahnbestimmung, die so massgebend ist für den Palaeonto- logen, dass gesagt wurde, der Zahn ist für den zoologischen Systematiker was die Blüte für den Botaniker, die ist bei Equiden so ausserordent- lich schwer, dass Rütimeyer sich zu dem Ausspruch verstiegen hat, vorerst verstehen die Pferdehändler das Gebiss noch besser , wie die Palaeontologen. Es ist in jeder Abreibungsperiode die Bildung der Schmelzfalten auf den Molaren und Prämolaren eine andere. Ich habe von mehreren Pferden die sämtlichen Backzähne je mehrmals quer durch- geschnitten und finde die Schmelzfaltenbildung , je tiefer gegen die Wurzel, um so spärlicher, die Kräuselung geringer und an einem und demselben Zahn, je nach der Tiefe, so ausserordentlich verschieden, dass die Veränderung für manchen Speciesliebhaber ausreichen würde, um eine weitere Variation von „Equns fossilis", das wir heute in Ruhe lassen wollen, zu produzieren. Es ist hier nicht der Ort, auf die Er- gebnisse meiner Zahnuntersuchungen näher einzugehen , nur das sei — LXXII — angeführt , dass der Zahn der Wiederkäuer nicht soviel von dem der Equiden abweicht, wie der des Änchitherkim und PalaeotJierium, so dass ich glaube berechtigt zu sein , eine nähere Verwandtschaft zwischen Solidungula und Biscula anzunehmen , als wie das seither üblich war. Sitzung vom 9. Juni 1892. Professor Dr. A. Schmidt sprach über die Erklärung der an dem Planeten Mars beobachteten Erscheinungen. Ausgehend von einem nachAmerican Journal of Science 1889, XXXVII. p. 217 sq. citierten Passus aus einem Vortrage des Physikers Langley zeigte der Vortragende zunächst, dass die verbreitete Annahme einer die Erde warmhaltenden Wirkung unserer Atmosphäre wohl ein un- gerechtfertigtes Vorurteil sei. Die absorbierende Wirkung unserer Luft betrifft in viel geringerem Masse die Ausstrahlung der Erdoberfläche, als die Einstrahlung von der Sonne her. Da die spektroskopische Unter- suchung des Marslichtes eine der unserigen qualitativ gleich zusammen- gesetzte Atmosphäre des Mars sehr wahrscheinlich macht, so wird auch für diesen Planeten die Annahme unwahrscheinlich, dass die ihn um- gebende Lufthülle seine Abkühlung verlangsamt und die Temperatur seiner Oberfläche auf einem höheren Mittel erhalten habe. Da aber Mars, seiner Entfernung von der Sonne entsprechend, pro Flächeneinheit seiner Oberfläche nur drei Siebentel derjenigen Wärme erhält, welche die Sonne der Einheit der Erdoberfläche zustrahlt, sein Äquator nur so viel, als der Polarkreis der Erde, so findet der Vor- tragende es sehr unwahrscheinlich , dass auf diesem Planeten offene Meere und flüssige Niederschläge des Wassers existieren und die Schnee- bedeckung um seine Pole sich zeitweise auf verschwindende Gebiete beschränke. Die von der Erde aus sichtbaren, allem Anschein nach meteorologischen Vorgänge, welche besonders von Schiapakelli beschrie- ben wurden, mit ihren seltsamen Erscheinungen müssen einem anderen chemischen Körper als dem Wasser zugeschrieben werden. Unter denjenigen Gasen, welche Bestandteile unserer Atmosphäre sind , ist es die Kohlensäure , deren Siedepunkt und Schmelzpunkt ( — 78^ und — 65 '^) in derjenigen Gegend der Temperaturskala liegen, auf welche das Verhältnis der der Erde und dem Mars zukommenden Mengen der Sonnenstrahlen beiläufig schliessen lässt. Bei einem ge- nügend hohen Druck (über 4^/, Atmosphären) liegt auch für die Kohlen- säure der Siedepunkt höher als der Schmelzpunkt und ist für diesen Körper der flüssige Aggregatzustand möglich. Die Annahme einer so grossen Menge Kohlensäure in der Mars- atmosphäre, dass dadurch an den Polen Schneeablagerungen, in mitt- leren Breiten flüssige Niederschläge erzeugt werden können, ist deswegen keine gewagte Annahme , weil auch unsere Erdatmosphäre ohne die Lebensthätigkeit der kohlensauren Kalk bildenden Meeresfauna wohl sehr grosse Mengen Kohlensäure enthalten würde und grosse Mengen in früheren Epochen wohl enthielt. Wenn die an Kalk und Bittererde — LXXIII — gebundene Kohlensäure unserer Sedimentärgebirge frei über der Erd- oberfläche schwebte , so würde dieselbe nach Schätzung der Geologen einen Druck von 36 Atmosphären auf diese ausüben. Der Vortragende entwarf demnach folgendes Bild der Zustände ixnd meteorologischen Vorgänge auf der Oberfläche des Mars : Von den dreierlei Gebieten, welche Schiapakelli unterscheidet, den weissen, den grauen und denen mit rötlichem Grundton, sind die ersteren, welche in Kalotten von mit den Jahreszeiten veränderlicher Ausdehnung um die Pole bestehen, durch Kohlensäure-Schnee gebildet, die dritte Art, welche besonders auf der südlichen Hemisphäre und in der Äquatorgegend auftritt, zeigt uns die Oceane des Mars, seit vielen Jahrtausenden mit dicker Eisdecke gepanzert, durch aus Meteorstaub entstandenes Eisenoxydhydrat rostfarbig geworden. Die Färbung wech- selt je nach der Reinheit der Marsatmosphäre und je nach der Reif- bildung an der Oberfläche von rotbraun bis weiss. Die mittlere Art von Gebieten aber, welche mehr den gemässigten Zonen, besonders der nördlichen Hemisphäre angehören, sind die seit lange vergletscherten früheren Kontinente , unebene Gebiete , auf welchen sich die flüssigen Niederschläge der Kohlensäure in Becken und Rinnsalen sammeln. Schwere Dämpfe und Wolken lagern sich über diese Gebiete, denn die Kohlensäurewolken besitzen keine Neigung zum Aufsteigen , weil das Gas , in welches die Sonnenwärme sie auflöst , schwerer ist als die Luft. Die geringe Entfernung des Siedepunkts und Schmelzpunkts der Kohlensäure geben zu sehr raschen Wechseln zwischen flüssiger und fester Niederschlagsform Veranlassung, Wechsel, welche diejenigen des Wassers und Schnees an der Erdoberfläche weit überbieten , obgleich die Oberfläche des Mars wegen ihrer nur stark halb so grossen Aus- dehnung und wegen der sehr dichten Atmosphäre viel geringere Tem- peraturunterschiede aufweisen muss. Ähnlich wie infolge plutonischer und vulkanischer Vorgänge un- sere feste Erdkruste durch lange Spalten in Schollen zerteilt wurde, so, und wegen der regelmässigen Lagerung in viel regelmässigerer Weise, wurde die Eisdecke der Marsoceane durch lange geradlinige Spalten in Schollen zerteilt. Die Eisdecke musste bersten schon wegen der Ausdehnung des Wassers der Tiefe beim Erstarren. Wie in unseren Gebirgsspalten das Wasser in die Tiefe dringend durch die innere Erdwärme verdampft wird und Fumarolen entstehen, so muss in den Spalten der Marsoceane die flüssige Kohlensäure bis zu dem in grosser Tiefe noch flüssigen Wasser der Meere eindringen, dort verdampfen und reichlich mit Wasserdampf beladen wieder zu Tage treten. Die Spalten geben Veranlassung zu geradlinigen Wolkenstrichen , die bei günstiger und regelmässiger Luftströmung sich in zwei wohlgetrennte, oft über 600 km von einander entfernte parallele Niederschlags- striche sondern. Denn beim Aufsteigen in den Spalten und bei der Ausbreitung in der Luft wird zunächst der Wasserdampf sich nieder- schlagen, durch die freiwerdende Wärme wird sich die Kohlensäure auf vielleicht 40^ über ihren Siedepunkt erwärmen, so dass sie erst in grösserer Entfernung von der Spalte sich so weit abkühlt, dass sie - LXXIV — ebenfalls einen Niederschlagsstrich bildet. Die beiden parallelen Wolken- striche geben das nach Jahreszeiten und Windrichtung veränderliche Bild eines „Doppelkanals" des Mars. (Eine nähere Darlegung dieser Hypothese brachte die Zeitschrift „Deutsche Revue", November 1892.) An den Vortrag schloss sich eine längere Debatte über die Be- teiligung des organischen Lebens an der Bindung der Kohlensäure an Kalk an. Von den anwesenden Geologen (Professor Dr. Nies und Bergrats- direktor V. Baue) wurde darauf hingewiesen, dass trotz der grossen Rolle, welche die organische Lebensthätigkeit spiele, doch auch Bildung von kohlensaurem Kalk auf anorganischem Wege (Urkalk) werde angenommen werden müssen. Direktor v. Baub giebt Beispiele für Umwandlung von Gyps in kohlensauren Kalk unter Einwirkung von Bitumen, giebt übri- gens wegen des organischen Ursprungs des letzteren die möglicherweise mittelbar organische Bildung dieses Kalkes zu. Professor Dr. Lampert giebt nähere Aufschlüsse über die kalkbildenden Stoffwechselvorgänge bei Foraminiferen, Korallen und Mollusken, bei denen zum Teil Aus- scheidung freier Schwefelsäure nachgewiesen sei. Nachträglich machte Professor Dr. Klunzingek noch auf Versuche von Steinmaxx in Freiburg i. Br. aufmerksam (,, Humboldt" 1890, Heft 3, S. 65), welche zeigen, dass dem Eiweiss, dem lebenden und toten, die Eigenschaft zukommt, in Berührung mit gelösten Kalksalzen kohlensauren Kalk und Konchyolin zu bilden , welch letzteres den Kalk wesentlich vor Auflösung und Wiederzersetzung schütze. Da mit diesem Abende die Winterzusammenkünfte ihr Ende fan- den, dankte der Vorsitzende, Professor Dr. A. Schmidt, den Herren, die aktiv und passiv an denselben teilgenommen, und schlägt zugleich vor, am zweiten Donnerstag des Juli in Hohenheim sich zu geselliger Zu- sammenkunft zu vereinigen. Nach allseitiger Annahme dieses Vorschlags schloss der Abend mit dem durch Bergratsdirektor Dr. v. Baue im Namen der Anwesenden dem Vorsitzenden abgestatteten Dank für die treffliche, anregende Leitung der im vergangenen Winter stattgefundenen Vereins- abende. Ausflug nach Hohenheim, 14. Juli 1S92. Der am letzten wissenschaftlichen Abend gegebenen Anregung folgend, fanden sich zu dem geplanten Ausflug nach Hohenheim eine Anzahl Stuttgarter Vereinsmitglieder zusammen. Schon in der Filder- bahn durch Überreichung eines poetisch abgefassten Programms über- rascht, wurden die Ankommenden in Hohenheim in liebenswürdigster Weise begrüsst, um zunächst unter Führung von Prof. Dr. Kirchner die Anlage alpiner Pflanzen im botanischen Garten zu besichtigen. Es sind im ganzen ä Abteilungen angelegt; die vordere derselben enthält eine Reihe Repräsentanten des alpinen Pflanzen-Habitus, eine — LXXV — zweite ist von Wiesen- und Weidepflanzen besetzt: auf einer dritten haben Pflanzen, die im Schotter und Geröll wachsen, ihren Platz ge- funden ; die vierte Abteilung zeigt neben einer Quelle und Moos cha- rakteristische Felsenpflanzen , während der Mittelpunkt der hübschen und charakteristischen Anlage von grösseren alpinen Stauden und Sträuchern eingenommen wird. Von hier ging es unter Leitung von Professor Dr. B ehrend durch die Räume des ihm unterstellten technologischen Instituts. Hervor- gegangen aus der früheren ,, technischen Werkstätte", dient es vor- nehmlich Forschungen und Demonstrationen auf dem Gebiet der land- wirtschaftlichen (Gärungs-) Gewerbe und eigentümlich ist ihm die unmittelbare Verbindung zweier Versuchsfabriken, der Brennerei und Brauerei, mit wissenschaftlichen Laboratorien. Da die Brauerei seit 1888 ganz neu hergestellt wurde und die aus dem Jahre 1883 datierende Brennerei 1887 durch Aufstellung eines neuen Destillierapparates wesent- lich vervollständigt wurde, so hatte die Mehrzahl der Herren noch keine Gelegenheit gehabt, diese beiden Versuchsfabriken kennen zu lernen und folgte mit grösstem Interesse der Erklärung der durchweg modernen Einrichtungen. Die Brauerei ist ca. (i Monate im Jahre in Thätig- keit; in der Brennerei werden in etwa 4 — 5 Wintermonaten Kartoffeln, Mais, Dari etc. verarbeitet, im Sommer Kirschen, Zwetschgen, Heidel- beeren. Nach der Besichtigung der Räume der beiden unter specieller Leitung des Braumeisters Maier stehenden Versuchsfabriken wurde den Gästen in liebenswürdigster Weise Gelegenheit gegeben, sich von der Güte des produzierten mannigfachen Stoffes zu überzeugen, um sodann neu gestärkt die Wanderung zu dem technologischen Laboratorium fort- zusetzen. Auch die Einrichtung dieser Räume ist durchweg den mo- dernen Anforderungen entsprechend und stammt aus den letzten Jahren. Während die chemische Abteilung, die in mehreren Räumen dem Vor- stand und einem Chemiker als Laboratorium dient, 1888 vollkommen neu eingerichtet wurde, stammt die physiologische Abteilung mit ihrer sehr vollständigen Ausrüstung aus dem Jahre 1891. In diesen, bakterio- logischen, vornehmlich aber hefenphysiologischen Forschungen und Unter- suchungen gewidmeten Räumen erregte das besondere Interesse der An- wesenden der durch den Assistenten der Abteilung, Herrn Dr. Lasab, demonstrierte grosse Hefenreinzuchtsapparat , um die nach Haxsen's Methoden aus je einer Zelle gezüchteten reinen Hefen im grossen propagieren und so der Praxis nutzbar machen zu können. Die Ten- denz, das trefflich eingerichtete und geleitete technologische Institut für die Praxis möglichst nutzbar zu machen, findet auch ihren Ausdruck in der 1890 geschaffenen, dem technologischen Laboratorium angeglie- derten ,, Versuchsstation für Gärungsgewerbe", welche Untersuchungen chemischer und physiologischer Art für Praktiker des Landes, speciell für Brennerei- und Brauereibesitzer ausführt, wozu neuerdings noch Untersuchungen aus dem Gebiet des Molkereiwesens kommen. Nach eingehender Besichtigung des technologischen Instituts be- gaben sich die Anwesenden in den physikalischen Hörsaal , wo Prof. Dr. Mack den angekündigten Vortrag über einige neuere selbstregi- — LXXVI — strierende meteorologische Instrumente hielt. Auf die geplante Grün- dung einer meteorologischen Station I. Ordnung in Hohenheim Bezug nehmend, erinnerte der Redner daran, dass meteorologische Stationen I. Ordnung, d. h. solche, an welchen durch selbstregistrierende Instru- mente die wichtigsten meteorologischen Elemente , nämlich Luftdruck, Temperatur, Niederschlag, Dauer des Sonnenscheins, Richtung und Stärke des Windes, zur fortlaufenden Aufzeichnung gelangen, infolge inter- nationaler Vereinbarung bereits über die ganze Erde verbreitet sind. Es ist einleuchtend, dass das so gewonnene Material für die Zwecke der Meteorologie weit vollständiger und wertvoller ist, als bei den Stationen IL Ordnung, welche nur zu drei bestimmten Tageszeiten ihre nicht selbstregistrierenden Apparate ablesen. Württemberg besitzt zwar zahlreiche Stationen IL Ordnung, doch bis jetzt keine I. Ordnung, wäh- rend die Nachbarstaaten reichlich versehen sind ; Redner erinnert an die Stationen I. Ordnung in Bern, Zürich, Säntis (Gipfel), München, Kaiserslautern, Strassburg, Chemnitz, Potsdam u. a. Der Vortragende zeigte nun ein selbstregistrierendes Barometer (Barograph), ein eben- solches Thermometer (Thermograph) und einen Regenmesser vor. welch letzterer die Regenmengen von Stunde zu Stunde liefert. Barograph und Thermograph, gleich dem Regenmesser mit Uhrwerk versehen, liefern die Aufzeichnungen der Veränderungen des Luftdrucks und der Tempe- ratur in Kurven auf Papierstreifen , die 'nur alle 8 Tage gewechselt werden, während in der Zwischenzeit die Apparate sich selbst über- lassen bleiben. Der Vortragende zeigte eine Reihe solcher Papier- streifen vor, von denen z. B. die einen die Druck- und Temperatur- schwankungen während des heftigen Gewitters am vorhergehenden Dienstag enthielten. Auch die berühmte Luftdruckkurve , welche anlässlich des Krakatau- Ausbruchs 1883 auf sämtlichen Barographen der Welt zum Ausdruck kam und ihre Entstehung einer die ganze Erde in beiden Richtungen 3V4mal umkreisenden Luftwelle verdankte, kam zur De- monstration. Zur kontinuierlichen Aufzeichnung des Sonnenscheins dient der Sonnenscheinautograph, dessen Hauptbestandteil eine massive Glas- kugel bildet und wobei die Sonne selbst ihre Anwesenheit durch Brand- Hecke auf einem Streifen Papier markiert, der im Brennpunkt ihrer die Glaskugel treffenden Strahlen liegt. Mit einer kurzen Skizzierung der selbstregistrierenden Anemometer zur Messung der Richtung und Stärke des Windes schloss der Redner seinen interessanten Vortrag. In schon vorgeschrittener Stunde versammelte sich nun die ganze Gesellschaft zu gemütlichem Umtrunk im Franziskazimmer; Prof. Dr. Nies begrüsste zunächst die Gäste, Direktor v. Vossler gab unter Hinweis auf die Be- deutung der Naturwissenschaften für die Landwirtschaft noch besonders der Freude Ausdruck, Mitglieder des Vereins für Naturkunde in Hohen- heim als Gäste begrüssen zu dürfen, worauf Prof. Dr. A. Schmidt (Real- gymnasium) namens der Stuttgarter Herren seinen wärmsten Dank für die anregenden und genussreichen in Hohenheim verbrachten Stunden aussprach, welche wohl allen zu rasch enteilten. — LXXVII Sitzung vom 13. Oktober 1892. Mit diesem Tage nahmen die Zusammenkünfte des Vereinsjahres 1892/93 ihren Anfang. Der Vorsitzende während des letzten Winters, Prof. Dr. A. Schmidt, begrüsste die zahlreiche Versammlung, worauf für diesen Winter Prof. Dr. Hell (techn. Hochschule) zum ersten, Prof. Dr. Kikchner (Hohen- heim) zum zweiten Vorsitzenden und Prof. Dr. Lampeet (Naturalien- kabinet) zum Schriftführer gewählt wurden. Nach Erledigung dieser geschäftlichen Angelegenheiten hielt Medizinalrat Dr. Hedin g er folgen- den Vortrag über das Karstgebirge in naturwissenschaft- licher Hinsicht. Wer vom Karst redet, muss beim Zuhörer auf eine gelinde Gänse- haut gefasst sein. Karst wird ja gewöhnlich als der Inbegriff der Wüste und des Todes der organischen Welt angesehen, daher auch das Wort verkarstet soviel wie ohne organisches Leben, Selbst der sonst so naturgetreu schildernde Schaubach, der den Karst aber offen- bar nicht kennt, wendet sich fröstelnd von ihm ab und wird ungerecht; denn auch dieses Gebirge hat seine Reize, besonders im Frühjahr, wenn die südliche Vegetation mit einem Schlage nach Regengüssen hervor- gezaubert wird, ebenso im Herbste, wenn die durchsichtige Luft die unzähligen weissen Wohnsitze der Menschen in dem welligen Terrain erkennen lässt, und das unendliche Meer zu unseren Füssen im tief- sten Blau leuchtet, sowie wenn wir die Oberfläche verlassen und uns in die Eingeweide des Kreidegebirges begeben. Nur darf Apollo seine glühenden Pfeile nicht so unbarmherzig auf den verschmachtenden Wanderer senden , wie es vergangenen September der Fall war (bei mindestens 46^ R) und Schatten ist ja auch von der Aufforstung noch lange nicht zu erwarten, wenn auch manches geschieht und ein Ser- vitut der Neuverheirateten dafür zu sorgen bestimmt ist. Auch der glühend heisse Boden , auf dessen stiefelmordendem Gestein sich nicht sanft wandeln lässt, sowie der Mangel an Trinkwasser erleichtert in den Sommermonaten den Aufenthalt auf dem Karste nicht, aber es ist als wollten die Berggeister uns nach unten ziehen und uns nach den Reizen und Geheimnissen ihrer Behausung lüstern machen. Schätze gewöhnlicher Art darf man freilich nicht erwarten, aber um so mehr locken uns die Geheimnisse grauester Vorzeiten : die Geschichte der Menschheit von ihrem Beginn bis zu den von uns nicht gar entfernten Zeiten ohne Unterbrechung sich fortsetzend. Nicht minder verlockend war für mich die mannigfache Übereinstimmung mit unseren schwäbi- schen Jurahöhlen. Begriff des Worts: Karst. Geographie. Unter Karst im engeren Sinne versteht man die südöstlichen Gebirgsausläufer der südöstlichen Kalkalpen (der Julischen Alpen). Die erste Abstufung der- selben ist der Tarno vane r und Birnb aum e r Wal d , in die zweite tiefere Terrasse, den eigentlichen Karst, gelangt man durch das Thal der Wippach absteigend. Dieses hügelige Plateau zweigt sich am Nanos ab, wird nördlich von der Wippach; westlich vom Isonzo begrenzt, um — LXXVIII — einen grossen Teil des südlichen Krain und Küstenlandes zu bilden und alsdann steil ins Adriatische Meer abzufallen. Seine höchste Höhe ist 750 m: Mte. Maggiore bei Abbazia. — Eine regelmässige Berg- und Thalbildung existiert nicht , sondern das ganze Plateau nimmt eine grosswellige , von parallelen , südostwärts nach N.W. streichenden Fal- tungen der Gesteinsrinde herrührende Gestalt an. Die Stelle der Thäler nehmen trogförmige Becken ein, d. h. Erosionsthäler, deren Ausgang durch einen Felsriegel verlegt ist: das Karstphänomen, dessen Ursache nur eine auf weite Strecken hin gleichmässig wirkende mäch- tige Kraft bilden kann. Und dies vermag nur der horizontal wirkende Gebirgsschub. Mojsisovics meint nun, dass die im Karste begonnene Thalbildung des Gebirgs gestört wurde durch jene Faltung, die fortdauernd oder mehr-weniger intermittierend war. Die nächste Folge war die Abdämmung von Thalbecken zu Seebecken. Da nun das Ge- birge aus einem in reinem Wasser leicht löslichen und sehr zur Zer- klüftung geneigten Gestein besteht, so eröffnet sich das Wasser zunächst durch chemische, später durch chemische und mechanische Erosion unter- irdische Abflusswege. Das Deckgebirge stürzt nach und infolgedessen, sowie infolge der gleichzeitig fortschreitenden subaerischen Denudation bilden sich die unterirdischen Flussläufe zu Abflussrinnen aus. Die Beobachtung lehrt weiter, dass auch heute noch, wie man namentlich im ersten Frühjahr sehen kann , dieser Karstprozess im kleinen sich wiederholt. Eine wesentliche Rolle bei der Denudation spielen die Karststürme, besonders die Bora: der Nordostwind, der die Humus- decke förmlich aufzurollen im stände ist. Wer die Kraft einer solchen Bora dort oben nicht kennt, der kann sich keine Vorstellung davon machen, auch wenn man ihm sagt, dass vergangenes Frühjahr ein schwer beladener Güterzug vor der Bahnhofhalle in Triest von ihr umgeworfen wurde. — Ein charakteristisches Merkmal des Karstes sind die Trichter und die Dolinen (slovenisch : Dolina = Vertiefung). Die Karsttrichter haben auch auf unserer schwäbischen Alb Analoga; während sie aber bei uns kleinere Vertiefungen infolge von Erosionen durch das Wasser und die Atmosphärilien darstellen, sind sie dort meist tiefere Schlünde mit schroff abstürzenden Wänden, am schönsten in der Umgebung von Diva Ca und St. Canzian, wo sie Anteil haben an der Bildung der berühmten Höhlen, welche der deutsche und österreichische Alpenverein durch ihre Gangbarmachung zu einer Sehenswürdigkeit ersten Ranges gemacht hat. , Über diese Karsttrichter ist viel geschrieben worden und jeder Autor hat eine andere Ansicht. Die natürlichste Erklärung scheint mir durch das Zusammenwirken einer Reihe von Faktoren ge- geben : durch Zusammensturz von Hohlräumen, Erosionserscheinungen in Verbindung mit Zersetzung des Gesteins, durch die Terra rossa. Diese in den Mittelmeerländern in so grosser Verbreitung auftretende rote Erde ist nichts anderes, als der bei der atmosphärischen Auflösung reinen Kalks verbleibende unlösliche Rückstand. Ebendeshalb findet sich auch die unlösliche Asche des Kalks, wenn ich mich so ausdrücken darf, so innig mit den Trichtern vergesellschaftet. — ■ Die Terra rossa — LXXIX — ist ein bräunlich-roter eisenschüssiger Lehm, der in den Dolinen oft eine grosse Mächtigkeit erreicht, zu Agrikulturzwecken ausgegraben und zur Verbesserung der gerodeten Wiesen und Felder verwendet wird, und da meist von Dünger, wie bei uns, keine Rede ist, einen grossen "Wert beansprucht. In der Tiefe derselben finden sich, häufig in Hohl- räumen, staubartige blaue Überzüge von Vivianit. In Verbindung da- mit stehen die Bohnerzbildungen, d. h. Anhäufungen von abgerun- deten Brauneisensteinen mit konzentrisch-schaliger und radial-faseriger Struktur, welche auch in unseren schwäbischen Albhöhlungen nicht fehlen. Ihr Vorkommen ist mehr an vegetationsreichere Orte gebunden. Stellenweise scheinen auch die Gehäusereste der Foraminiferen ganz in Bohnerz umgewandelt zu sein, wie in Mala vrata im Slavnikgebirgs- zuge. Wichtig erscheint mir für die Entstehung der Bohnerze die Thatsache, dass, wo zeitweilig Wasseransammlungen, wie durch plötz- liche Regengüsse, sich bilden, wir neben der Terra rossa auch Bohn- erzkügelchen in grösserer Menge antreffen. Die Dolinen oder Einstürzkessel sind oberflächliche Aushöhlungen im festen Kalkfels von kreisrunder oder elliptischer Form. Die Erklä- rung von Reyek, welcher sie auf das Vorhandensein von nahe der Oberfläche gelegenen Spaltweitungen zurückführt, kann man wohl accep- tieren , nur wird das Hauptgewicht auch hier auf das Verwitterungs- produkt der Karstkalke, die rote Erde, zu legen sein, die sich am Boden jeder Doline , sowie zwischen den Spalten derselben in grosser Menge vorfindet und im Verein mit verwesendem Laube den eigent- lichen Humus für die Vegetation bildet. Das Auftreten der Terra rossa ist nach Fuchs wesentlich durch klimatische Verhältnisse und zwar durch trockenes Klima und spärlichen Pflanzenwuchs bedingt. Dieser Ansicht lässt sich am meisten beistimmen, wenn man bedenkt, dass sowohl die schwarzen fischführenden schieferigen Kalksteine von Comen, als die weissen Hippuritenkalke, sowie die grauen Nummulitenkalke des Eocän das gleiche Verwitterungsprodukt, d. h. die rote Erde liefern. Die geologischen Verhältnisse. Während das nördlich von der Provinz Küstenland im Görzer Gebiet aufsteigende höchste Ge- birge, die Julischen Alpen, fast ausschliesslich dem Dachsteinkalke und der rhätischen Formation angehört und sich durch das Auftreten charakteristischer Bivalven und anderer Mollusken auszeichnet, besteht der nördliche Teil des Karstes, vom Idrikathal angefangen, nach Süden bis an die Abhänge des Wippachthals, aus weissen Kalken, Stramberger- schichten (des obersten Jura) mit vielen Cephalopoden, Brachiopoden und Gasteropoden. Das Wippachthal wird von Sandsteinen, eocänen Gebilden verschiedener Abstufung, was Feinheit betrifft, ausgefüllt. Den mittleren Teil des Kar.stes (zwischen Comen und Storje) bedecken dunkel- gefärbte Kalke und schwarze bituminöse Schiefer der unteren Kreide. Die Schiefer sind ausgezeichnet durch trefflich erhaltene Fische, Saurier und Pflanzenreste. Aus den dunklen Kalken stammen die schwarzen Marmore, die unter dem Namen der Pietra paragone verarbeitet werden. Überlagert werden diese Schichten von Rudistenkalken, so genannt — LXXX — wegen der darin häufigen Gittermuscheln, welche wieder in Radioliten führende untere und Hippuriten führende obere Schichten zerfallen. Das untere Eocän wird repräsentiert durch die Schichten von Cosina und Numniulitenkalke. Jene sind charakterisiert durch eine überaus reiche, höchst eigentümliche Süsswasserfauna : Stomatopsis- und Mela- nien-Arten , sowie durch massenhaftes Vorkommen von C7mjY/-Früchten (Algenarten). Es sind mikroskopisch kleine, kugelförmige, mit Spiral- linien versehene, verkalkte Samenkörperchen. — Sowohl die Rudisten- kalke , als auch die Kalke des Eocän führen eine Menge vortrefflicher Bauwerksteine und Marmore, die bei allen grösseren Bauten von Neu- Wien Verwendung gefunden haben. — Die malerischen Hügel der Vm- gebung von Triest bestehen aus obereocänen Sandsteinen und Mergel- schiefern (Macigno oder Tasello genannt) , worin sich Abdrücke von Seealgen oder Fucoiden finden , aber auch an einer Stelle eine sehr schöne Muschelbank von Pholadomyen bei Prosecco, und als Unikum ein meterlanges Stammstück einer Palmenart, das im üniversitätsmuseum zu Wien liegt. Im Tasello selbst finden sich von Moser, dem besten Kenner des Karstes, zuerst beschriebene gekritzte Serpentingeschiebe, bis zu 7 cm gross, meist länglich oval, welche, wie ich mich neulich wieder überzeugte, nichts anderes sind als Reste von Gletschergeschieben. Aus diesen dürften wohl die hübschen Steinbeile und andere Artefakte aus Stein genommen sein. — Zu den jüngsten Bildungen des Karst- gebiets gehören die Knochenbreccien, verkieselte Hölzer, Bohnerzbildungen und die Terra rossa, die wir schon kennen. Wasser Wirkungen : Höhlen bildung. Der Karst macht von weitem den Eindruck eines Karrenfeldes unserer Kalkalpen, nament- lich des Dachsteingebiets. Der Kalk ist an der Oberfläche oft ganz zerfressen, von Kanälen, Löchern und Rinnen durchzogen (natürlich Erosionsbildung), dem Relief eines Flussgebiets vergleichbar, eine Berg- und Thalbildung im kleinen. Geht dieser Prozess weiter, so entstehen Risse , Sprünge und Klüfte, durch welche die atmosphärischen Nieder- schläge bei Mangel des Humus sich in die Tiefe ziehen. Das Wasser löst auch hier eine bedeutende Menge kohlensauren Kalkes auf und bringt denselben in gesättigter Lösung an anderer Stelle wieder zum Absatz (als Tropfsteine). So wird der überaus grosse Reichtum an Höhlen im Karst erklärlich. Die Stalaktiten (rötlich imprägniert, durchsichtig) sind im Gegensatz zu unseren Höhlen selten, häufiger da- gegen die Stalagmiten. Fällt der Tropfen von einer grossen Höhe herab, so bewirkt er sogen. Tropfbrunnen: Massen, die abgestutzten Kegeln gleichen und oben in einer Vertiefung Wasser enthalten. In solchen Tropfbrunnen findet man grössere oder kleinere, in allen möglichen Farben glänzende, kugelige Kalkgebilde, ähnlich dem Erbsenstein, manch- mal in Vertiefungen liegend, die bei grosser Trockenheit, wie heuer, einen reizenden Anblick gewähren (so in den Grotten von St. Canzian, Adelsberg und Divaca). Die Karsthöhlen lassen sich ihrer Richtung nach in fünf Klassen einteilen : — LXXXI — 1. Vertikale Abgründe (zu Tage liegend); 2. horizontal verlaufende Höhlen; 3. aus beiden zusammengesetzte Räume, wohin die eben erwähnten Höhlen gehören ; 4. Spalt- oder Klufthöhlen und in 5. Eishöhlen. Nr. 1 sind die vorherrschenden und zwar in ungezählter Menge. Sie haben entweder die Form von einfachen Schloten (jama), die senk- recht nach abwärts ziehen , oder Trichtern (dolina) von mehr-weniger Durchmesser und Tiefe (bis über 100 m). Die weiteren sind am Boden mit Humus bedeckt und oft gut kultiviert (ograda genannt). Ist der Boden lehmig, so siedeln sich am Grunde kleine Wasserlacken an (slov. lokva) , die eine grosse Wohlthat für die Bewohner sind und durch Spalten mit der Tiefe kommunizieren. Die Höhlen sind vorzugsweise der Aufenthaltsort der wilden Steintaube (daher Taubenlöcher: slov. golubino, ital. buso dei colombi genannt). Manchmal, wie in St. Canzian, führen sie in eine Höhle bergeinwärts, wo man durch Schächte zu einem unterirdischen Flusse kommt, der, wie die Reka, nach vielen Stunden langem unterirdischem Laufe sich als der mächtige Timavo (im Altertum schon als Timavus be- kannt) mit drei Mündungen oberhalb Duino in die Adria ergiesst. Die Flora ist besonders am Eingang der Höhlen eine teilweise südliche: Daphne Imireola, Dentaria cuneaphyllos , Nasturtimn lippicense u. a. , auf den Wiesen der Oberfläche ganz unsere Kalkflora , in den Höhlen sonst nur den Pilzen entstammend. Die Fauna. Es finden sich mehrere Eul en -Arten, Fledermäuse, lichtscheue Mücken- und Spinnenarten, die am Abend hervorkommen. Die Fledermäuse (vorzugsweise aus der Gattung Ehinolophus, Hufeisen- nase) schlafen oft mit den Hinterfüssen aufgehängt zu Hunderten an der Decke und aufgescheucht verlöschen sie uns das Licht. Bekannt ist der 01m (Proteus anguiniis), ausserdem giebt es eine Reihe augen- loser Käfer (Laub- , Aas- , Raub- und Rüsselkäfer) , sowie augenlose Spinnen, Tausendfüsser, Krebse, Skorpionen und winzige Gehäuse- schnecken. Allen gemeinsam ist die blasse Farbe und die Verkümme- rung des Sehorgans, den Käfern verwachsene Flügeldecken. Ein merk- würdiges Tier, das sich in allen Höhlen findet, ist eine flügellose Heuschrecke mit Sprungbeinen (Troglophihis cacicola), welche Augen besitzt, sowie feine Fühler von der dreifachen Länge des Körpers und übermässig lange Palpen. • — Als Kuriosum führe ich an, dass im ver- gangenen September als Folge der grossen Hitze an den Wänden der Höhlen Tausende von Fliegen und Insekten im allgemeinen sassen, wohl um die Kühle und Feuchtigkeit an den spärlich herabsickernden Wasser- tropfen aufzusuchen. Ihr Gebrumm glich einem Konzert : ein wahrer Bruramchor mit hohen und tiefen Tönen. — Da die Lufttemperatur in den Höhlen nur wenig variiert und im allgemeinen der mittleren Jahrestemperatur entspricht, d.h. für das Karstgebiet 14,37^ C, so ist es erklärlich, dass man zu jeder Zeit organisches Leben trifi"t. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. f — LXXXII — Bewohner der Höhlen. Die Benutzung derselben als Zu- fluchtsort für Weidevieh zeigen schon die Namen an: Ziegen-, Kuh- höhle u. s. w. Andere dienten als Schlupfwinkel für Räuber, daher der Name Russa spila, oder als Versteck bei Feindesgefahr. So dürften wohl die aus Stein aufgeführten Mauern in einigen Höhlen zu deuten sein, ferner als Zufluchtsort bei Elementarereignissen, als dauernder Aufenthaltsort für Hirten und Vieh heute noch am Tschitschenboden ; ja einzelne , wie die Grotte von San Servolo , dienten sogar für religiöse Zwecke in den ersten Jahrhunderten n. Chr. Das Mystische des Auf- enthaltes wurde hier noch durch mächtige erleuchtete Tropfsteinsäulen erhöht, — Für den Naturforscher sind natürlich die darin gemachten Knochen- und Zahnfunde das Wichtigste mit Ausnahme der bei Seuchen in die Karstschlünde geworfenen verendeten Tiere, Der Höhlenlehm, aus dem die Funde stammen, wird jetzt zur Düngung der Felder ver- wendet. Er ist meist noch mit den Exkrementen der Wildtauben und Fledermäuse vermengt. Die Funde selbst stammen mit Ausnahme weniger vielleicht von oben eingeschwemmter aus dem Diluvium und sind meist jüngeren Datums als die aus unseren schwäbischen Höhlen. Dass zur gleichen Zeit der Mensch lebte, lässt sich aus den auch auf dem gleichen Orte gefundenen Artefakten, die meist zur Vertilgung der Tiere und ihrer Nutzbarmachung für seine Bedürfnisse dienten, leicht beweisen, und hier nicht wohl par ordre du Mufti wegdekretieren, wie dies ja anders- wo sich vor nicht langer Zeit ereignete. Mit Sicherheit nachgewiesen sind bis jetzt: 1. Ursus spelaeus, ausserordentlich grosse Exemplare (Höhle von Gabro- vizza, auch die seltenen Milchzähne). 2. Felis spelaea ] , , , o r^.., „ „ , ( eben daher, 2 Zahne. .5. Hyaenci spelaea ) 4. Lupus spelaeus. Eine Reihe von Sectorii. Ganis spelaeus. Vulpes major. 5. Gulo spelaeus. 6. Meles taxus. 7. Gastor fiber. 8. Cervus elaplms major, sehr grosse Exemplare. 9. ,, capreolus. 10. Gapra rupicapra, Gemse, vielleicht auch eine Antilopenart. 11. Lepus. 12. Bus spec. scrofa, Hauer, weibliche Eckzähne und viele Backenzähne, 1 Unterkiefer. 13. £os prlscus, davon ist ein Geweih da in der Grösse derer im Natural ienkabinet zu Stuttgart. 14. Equus fossilis, kleiner als unser Pferd, grösser als der Esel, eine Reihe von Milchzähnen, 15. Delphinus. 16. Eine Anzahl schwer bestimmbarer Vögel. 17. Grosse Mengen von essbaren Konchylien, die vom Ufer der Adria geholt wurden (zum Verzehren und zum Schmuck). — LXXXIII — Die Röhrenknochen sind fast durchweg aufgeschlagen für die Mark- gewinnung, teilweise angenagt und meist in kleine Stücke zerlegt. Vom Menschen wurden nur wenige dolichocephale Schädel meist recenterer Abstammung: ein Hals-, ein Brustwirbel, ein Eck-, ein Schneidezahn, sowie ein Zehenglied ausgegraben. Dabei ist aber nicht zu vergessen, dass die Leichen verbrannt wurden, wie die grossen und zahlreichen Aschenreste mit Wahrscheinlichkeit darthun, sowie dass die meisten Höhlen noch lange nicht genug erforscht sind. Von den meisten oben angeführten Funden, sowie von den jetzt zu beschreibenden Artefakten besitze ich sehr zahlreiche Vertreter. Von Artefakten nenne ich Stein- und Knochenwerkzeuge, Schmuckgegenstände aus Muscheln, sowie Thongefässe mit sehr schöner Ornamentik, Toilettengegenstände, Haushaltungsgeräte aus Knochen u. a. Unter den Steinwerkzeugen sind vornehmlich die geschlagenen Stücke aus Feuerstein, Jaspis, Jadeit, schwarzem Lydit, Kieselschiefer, Obsidian, grünem Quarz zu nennen. Im ganzen sind die wirk- lichen Feuersteine selten, und es erklärt sich dies dadurch, dass im ganzen Karst, ausgenommen Illyrisch-Feist ritz, sich keine Feuersteinknollen finden. Um so mehr ist es zu verwundern, dass Werkzeuge aus Mineralien vertreten sind, die weit und breit vergebens gesucht werden, z. B. Obsidian (Hauptfundort: Liparische Inseln, von wo Handel getrieben wurde) in Form von prismatischen Messern, deren ich zwei von dort besitze, ebenso Jaspis u. a., noch habe ich eine Harzart zu erwähnen, die in vielen Höhlen gefunden wird, die jedenfalls bei der Topffabrikation eine Rolle spielte oder als Kitt zum Befestigen der Feuersteinmesser diente. Einzelne der neuerdings aus- gegrabenen Gesteinsarten könnten allerdings auch aus den Gletscher- geschieben genommen worden sein , die seinerzeit den Nordabhang Triests bedeckten. Heute noch ist Serpentin und Ähnliches, wie wir sahen, dort zu finden. Feuersteinmetamorphose. Meine Vermutung , dass es sich bei der Entstehung der Feuersteine häufig um eine Metamorphose handle, die ich zuerst bei Gelegenheit der Untersuchung der juras- sischen Feuersteine meiner ersten Ausgrabungen des Heppenlochs vor einigen Jahren aussprach , hat sich sogar bei den Feuersteinen der Kreide in vollem Masse bestätigt. Es kommt dies von der chemi- schen Thätigkeit des Sauerstoffs und der Kohlensäure her. Letztere hat ja die Eigenschaft, sich begierig mit der Kalkerde zu verbinden, und diese Verbindung — den kohlensauren Kalk — im Wasser wieder zu lösen. Auch scheidet die Kohlensäure anderseits die Kieselsäure aus, wo diese mit der Kalkerde Verbindungen eingegangen ist. Darum scheint es sich nun hier zu handeln. Ich habe sämtliche Feuersteine aus der Lasca jama und anderen Höhlen untersucht und bei etwa der Hälfte gefunden, dass sie mit Salzsäure aufbrausen und zwar nicht bloss an der Oberfläche, wo vielleicht etwas Kalkerde anklebt oder durch Zersetzung zu Tage kommt, sondern um so stärker, je tiefer wir nach innen gegen die Mitte, den Kern, kommen. Den grossen Feuerstein- knollen von Grignano, der sich in einer Mauer hinter Miramar fand, f* — LXXXIV — habe ich mit Zahlen von 0 — 10 bezeichnet; dieselben bedeuten die Stärke des Aufbrausens, d. h. den Gehalt an kohlensaurem Kalk. Im allgemeinen ist dies bei den dunklen Feuersteinen viel mehr der Fall, als bei den hellen, die grösseren, helleren und feineren Messer zeigen kein Aufbrausen mehr. Es hängt dies jedenfalls auch mit der Spalt- barkeit zusammen, die bei solchen mit Kalkgehalt eine viel geringere ist. Unter allen Umständen ist der Bruch ein anderer, der ja auch bei den aufbrausenden kalkhaltigen Feuersteinwerkzeugen der Natur abgelauscht war, wie ich dies für unsere Jurahöhlen nachgewiesen habe. Ich fand, erst vor kurzem darauf aufmerksam gemacht, in Vogt's Geologie diese Metamorphose erwähnt, während ich dieselbe seit Jahren mit steigendem Interesse verfolgte und überall bestätigt fand, am wenig- sten bei den nordeuropäischen Feuersteinen ; an den Feuersteinen von Rügen jedoch lässt sich der Prozess nachweisen. Ausser den Feuersteinmessern der verschiedensten. Grössen, bis zu 8 cm, nenne ich noch Schabwerkzeuge, unregelmässige Späne, zier- lich geschlagene und geschliffene Pfeilspitzen aus verschiedenen Gesteins- arten. Geschliffene Steiuwerkzeuge in Form von Beilen sind überhaupt nur drei gefunden worden, eines davon, das während meiner Anwesenheit am 3. September in der Lasca jama ausgegraben wurde, ist hier. In grosser Anzahl finden sich Schleif- und Quetschsteine. Im ganzen be- sitze ich ca. 150 Feuersteinartefakte. — Sehr schön sind von dort auch die Knochenwerkzeuge, als: Ahlen, Pfriemen, Meissel, Bohrer, Spatel, Pfeilspitzen, Lanzenspitzen, Schaber, cylindrische Knochenstäbe und bearbeitete Geweihstücke , darunter einige schöne Hämmer aus Hirschhorn — und ein Beil aus Kreidekalk. Doch ich möchte Sie damit nicht länger aufhalten, da die Beschreibung dieser Gegenstände einem anderen Orte vorbehalten ist, und nur noch erwähnen, dass meine An- sicht, die ich schon bei der ersten Besichtigung der Karsthöhlen ge- äussert habe, durch neuere und neueste Funde bestätigt zu werden scheint, die auf eine Besiedelung einzelner Höhlen, wo bis zu einer ganzen Reihe regelmässiger , horizontal abgelagerter Aschenschichten übereinander sich finden, von der vorgeschichtlichen bis zur Römer- zeit schliessen lassen. Die oberen Schichten enthalten immer recentere Funde. Von Eisen fand sich ein sichelförmiges , allem Anschein nach aber neueres Messer, dessen Fundort neben dem Steinbeil und Feuer- steinmesser allerdings eine harte Nuss zu knacken giebt, da es sehr tief unter einer Reihe von Aschenschichten lag , sowie neuerdings ein gerades, am Handgriff jedenfalls mit Kupfermischung und ein ausser- ordentlich harter, 15 cm grosser Eisenstab (V4 cm breit). — Dazu zähle ich noch einen zerbrochenen Kamm aus Bein mit Ornamentik, der durch Nägel verbunden war (Merowinger Zeit?). Anhang. Gradisce, Castellieri (ital.). Ich muss hier noch Einiges kurz anfügen. Nicht bloss in den Dolinen resp. Höhlen sind solche allerdings viel jüngere Funde zu machen, sondern auch in den Gra- disce, d. h. in den befestigten Punkten mit Ringwällen, welche ich auf der Karte mit blauen Ringen bezeichnete (die Höhlen sind rote Punkte). Es sind dies Befestigungen aus vorrömischer und römischer — LXXXV — Zeit, die genauer erkannt zu haben das Verdienst Hochstp:ttee's ist. Sie sind alle auf Höhenpunkten gelegen, korrespondieren miteinander zum Zweck der Verständigung (für optische Signale) u. s. w. und be- herrschen die Ebene auf weite Strecken. Die dort ausgegrabene Erde enthält überall rohe Topfscherben, Knochen von Haustieren, Thonmörtel, Knochenartefakte, besonders Hirschhornstücke, verkohlte Knochen und Zähne, besonders vom Schwein; sehr wenig Bronzen. Jedenfalls waren dies Wohnstätten und Zufluchtsorte, wahrscheinlich gegen feindliche Einfälle. Solcher Gradisce giebt es, wie Sie auf der Karte ersehen, sehr viele auf dem Karste, natürlich alle aus historischer Zeit. Klimatische Verhältnisse und ihr Einfluss auf die Vegetation. Die Veränderung im Wasserreichtum des Timavo, gegen- über dem wie er von Plinius, Steabo u. a. geschildert wird, und anderer Flüsse dürfte zunächst in der gänzlichen Entwaldung des Karstes seinen Grund gehabt haben, der seinerzeit mit stämmigem Urwald (vor allem Eichen, teilweise immergrünen) bedeckt war. Der einzige noch vorhandene Repräsentant ist der vielhundertjährige Eichenwald bei Baso- vizza, der LipizzanerWald, in dem das durch Napoleon's I. Räube- reien berühmt gewordene kaiserliche Hofgestüte von Lipizza mit seinen prachtvollen Arabern liegt. Noch heute machen sich seine Adler über den Thoren dieses herrlichen Forstes breit. — Das Klima der Karst- ländereien hat grosse Ähnlichkeit mit der Zone der Äquinoktialregen. Niederschläge sind fast nur im Frühling und Spätherbst. Selten giebt es Schnee, der nur in den höheren Lagen liegen bleibt. Nach den Frühjahrsregen tritt sofort durch 5 Monate die grosse Hitze ein, die vom Winter durch einen dreimonatlichen Herbst (Oktober — Dezember) getrennt wird. Die Ursache dieser eigentümlichen klimatischen Verhält- nisse liegt jedenfalls in der Bodengestaltung. Im Norden des schmalen Karstes sind nämlich hohe und steile Gebirge. Die vom Binnenland kommenden Luftströmungen fallen daher, weil sie unterwegs nicht wesentlich verändert werden, unvermittelt in die Witterung der Meeres- küste hinein und bringen dadurch die raschen und grossen Gegensätze hervor. Nachdem oft wochenlang der feuchte Scirocco geweht, stürzt plötzlich vom Hochland her ein trockenkalter Wind, die Bora, über das zur See abfallende Gehänge, und die Temperatur fällt um 15 — 20'. Schon Anfang Februar blühen die Mandelbäume, und es beginnt das Aufsteigen des Saftes in den Holzpflanzen. Im April erzeugt die stei- gende Wärme eine besonders üppige und artenreiche Vegetation, wie man sie dem sterilen Boden nicht zutrauen würde, die aber Juli und August infolge der Dürre pausiert. Die Gräser verdorren, der nackte Fels reflektiert den glühenden Sonnenbrand; nur aus den Tiefen der Dolinen und Trichter weht einige Kühlung herauf. Aber die Herbst- regen zaubern nochmals für kurze Zeit eine neue Vegetation hervor. Die Gräser ergrünen wieder, viele wohlriechende Labiaten entfalten noch einmal ihre Blüten, ja selbst Sträucher blühen zum zweiten Male. Und wenn wir durch die mannigfaltigen Farbentöne des traubenbelade- nen Rebstocks das tiefe Blau des Meeres, die Durchsichtigkeit der Luft, die Farbenglut des Südens bewundern dürfen, so vergessen wir. — LXXXVI — dass wir auf dem verrufenen Karste stehen. — Einige Gewächse und Sträucher, wie der Ölbaum, der Lorbeer, die Stein- und Korkeichen, bleiben immergrün und bilden hier und da an den Abhängen des Karstes kleinere oder grössere Haine. Einer der schönsten ist der fürst- lich HoHENLOHK'sche Tierpark von Duino, jenem auf hohen, steil ins Meer abfallenden Felsen erbauten mittelalterlichen Schlosse , wo der kahle Felsboden uralte Steineichen trägt. Jeglicher Unterwuchs wird durch die hier gehaltenen Damhirsche abgefressen, so dass zwischen dem grauen Felsboden und dem darüber domartig emporragenden Laub- dach der immergrünen Eichen ein eigenartiger Kontrast entsteht. Manch- mal stossen wir noch auf Ulmen, Eschen, Ahorn u. a., selten zu klei- neren Waldbeständen vereinigt, welche dann, wie der 311 ha grosse Forst von Lipizza, wahre Oasen darstellen. Die so oft besprochene Ka r st-Au ff orstungs frage geht lang- sam, aber sicher ihrer Lösung entgegen. Staat und Gemeinden arbeiten mit vereinten Kräften daran. So sind in der Umgebung von Triest ganze Föhrenwaldungen (von Firnis austriaca) entstanden. Ausserdem kann sich wegen des Verbots des Weidens und Vieheintreibens in weitem Umfang die spärliche Vegetation schon in einigen Jahren wieder erholen. Nehmen wir hinzu die Aussichtspunkte des Karstplateaus , wie sie der Nanos bietet, sowie den Obcinagipfel, von wo aus das ganze Karst- gebiet wie eine Reliefkarte vor unseren Augen liegt, so wird man dem Bilde auch landschaftliche Reize nicht absprechen können. Im Norden der schroffe Abfall des dunklen Tarnovaner Waldes, bei Görz die niedri- gere Karstterrasse überragend ; über diesen hinaus erglänzen die zackigen, firngekrönten Häupter der Julischen und Norischen Alpen, an die sich nach Westen in weitem Bogen die wunderbaren Formen der Dolomit- alpen Tirols und Venetiens mit ihren blinkenden Schneefeldern an- schliessen und die fruchtbare Ebene begrenzen, die ihrerseits bespült wird von den Fluten der herrlichen Adria. Im Osten thront majestä- tisch der Krainer Schneeberg auf seinem mächtigen Gebirgsstock ; in des Südens blauem Duft verschwimmt der Blick in den welligen Hügel- ketten Istriens und in dem weiten Meere. Der altersgraue, überall hin sichtbare Turm des Doms von Aquileja, der einst so blühenden Stadt mit ihrem tragischen Untergang, die offene Mündung des Isonzo, dessen Quelle bei Trento unserem Blautopf ähnelt, an dessen Ufern die BAUMUACH'sche Muse grosswuchs, weshalb dort eine Baumbach-Hütte das Andenken des gefeierten Dichters hochhält; des Isonzo, der das sagen- umwobene, wunderbare, von deutschem Blut durchtränkte Friaul durch- fliesst; die von zahlreichen Kanälen durchfurchten Lagunen mit dem in die blauen Fluten hineingebauten Fischerstädtchen Grado, sind Bilder, die bei richtiger Abendbeleuchtung einmal geschaut, das geistige Auge nie wieder vergessen kann. Unmittelbar vor uns winkt auf einer sanften Abdachung des Karstes das Zauberschloss Miramar mit seinen histori- schen Gärten, für alle Zeiten ein Denkmal des feinen Kunst- und Natur- sinnes seines unglücklichen geistvollen Erbauers, des nachmaligen Kaisers Maximilian von Mexiko, eines jener seltenen Wesen, dem es in Wirk- lichkeit gegeben ward, zu bezaubern. Sic transit gloria mundi ! - LXXXVII — Den zweiten Vortrag, betreffend Biologische Mitteilungen über einige Orthopteren aus Oran, hielt Herr Dr. Julius Vosseier, Assistent am K. Naturalienkabinet. Der Umstand, dass die zahlreichen Arbeiten über die Fauna Algiers vorwiegend die östlichen Provinzen des nach langen und müh- seligen Kämpfen gegen die Araber von den Franzosen occupierten herr- lichen Küstengebietes behandeln, der Vi^esten aber mit seinem ungeheuren Plateau der Steppen und Dünen, seinem berühmten Haifameer und seinen Salz- und Sandwüsten zoologisch noch wenig erforscht ist, weckte schon vor längerer Zeit in mir den Wunsch , die zweifellos eigenartige und artenreiche Arthropodenfauna der westlichen Grenze des Departements Oran nicht nur in systematischer, sondern zugleich in biologischer Hinsicht kennen zu lernen. Da meine Absicht von der K. Direktion der wissenschaftlichen Samm- lungen in Württemberg durch die Verleihung des von Baron v. Müllek in Melbourne in hochherziger Weise gestifteten Reisestipendiums auf das Entgegenkommendste unterstützt wurde , war es mir möglich , in den Monaten Juni und Juli 1892 in Begleitung des Herrn Hofrats Beünnp:r V. Watten WYL aus Wien die genannten Gebiete zu bereisen und auf ihre Tierwelt zu untersuchen. Trotz der etwas knapp bemessenen Zeit gelang es mir, im ganzen ca. 60 Arten Orthopteren, von denen hier zunächst die Rede sein soll, zu sammeln und zu beobachten; darunter befinden sich 5 für die Wissenschaft neue Arten und 4 Varietäten schon bekannter Arten. Es liegt nun nicht in meiner Absicht, an dieser Stelle eine er- müdende Aufzählung des ganzen Fangergebnisses zu bringen ^, noch weniger darf ich daran denken, mich über die Lebensweise der einzelnen Tiere zu verbreiten, so interessant dies wäre; vielmehr beabsichtige ich, in dem Folgenden nur ein Bild über die Verbreitung der einzelnen Gruppen zu geben und aus der Masse der Arten wenigstens zwei in ihrem Thun und Treiben zu schildern , deren eine , die Wander- heuschrecke, durch ihren schlimmen Ruf allgemein bekannt ist, die andere aber wegen ihrer Seltenheit und der Seltsamkeit ihrer Vertei- digungsmittel vorgeführt zu werden verdient. Das von uns besuchte Gebiet wird von den Faunisten zu der mediterranen Küstenregion gerechnet und ist wegen seines Reichtums an Arten schon von früheren Orthopterensammlern namhaft gemacht. Die unechten Orthopteren (Ohrwürmer) sind weder an der Küste noch im Binnenlande häufig, und dies fällt besonders in der trockenen Jahreszeit auf. Dasselbe gilt von der niedersten Gruppe der echten Orthopteren , den Blattiden oder Kakerlaken. Die Stabheuschrecken und Gottesanbeterinnen dagegen {JBacülns und Manfis) wurden ziemlich häufig angetroffen, letztere aber meist nur als Larven. Von den springen- * In einer ausführlichen Arbeit sollen die gesammelten Arten in syste- matischer Eeihenfolge , versehen mit Abbildungen und genauen Diagnosen der neuen Arten und Varietäten , veröffentlicht werden. Am Schlüsse dieser Mit- teilungen folgen, von Herrn Dr. H. Krauss in Tübingen zusammengestellt, die wesentlichsten Merkmale der bisher inibekannten Arten und Varietäten. — LXXXVIII — den Orthopteren waren die Grillen selten. Die Hauptmasse der von uns gesammelten Tiere gehört somit zu den Laub- und Feldheuschrecken. "Wie bei vielen anderen Ordnungen des Tierreichs finden wir auch bei den Orthopteren einzelne Arten auf ganz bestimmte, oft sehr eng begrenzte Lokalitäten beschränkt. Solche Lokalformen sind für den Faunisten Avie für den Biologen sehr interessant. Im grossen Ganzen kann die Heuschreckenfauna Orans bis etwa Saida^ als eine Steppen- fauna angesehen werden. Eine vielleicht mit der westlichen Lage der Fundstätten im Zusammenhange stehende Eigentümlichkeit derselben bilden zahlreiche flügellose oder nur mit Flügelrudimenten versehene Formen. Auch in Europa werden, je weiter gegen Westen, desto mehr entsprechende Arten besonders unter den Feld- und Laubheuschrecken beobachtet. Im Gebiet der Wüste stösst man auf die merkwürdigen Gat- tungen Eremiaphila, Eremobia und Eunapius, welche sich beinahe aus- nahmslos durch eine vollkommene Anpassung an die Farbe des Bodens auszeichnen, so dass eine Zusammenstellung der hierher gehörigen Arten ein getreues Abbild des Wüstenbodens en miniature giebt. Ausge- sprochene Bergformen sind nur wenige zu erwähnen. Ocneroäes wndi Eugaster (von welchem später noch die Rede sein wird) sind als solche schon längere Zeit bekannt. Ausserdem aber sind zwei der neuen Arten, ein Paniphagus und eine Oclontura, vielleicht auch die neue EjiMppigera als solche anzusehen. Unter den allgemein verbreiteten Arten sind zwei noch dadurch bemerkenswert, dass sie stets nur in der Nähe von Wasser angetroffen werden; es sind dies die schöne, schlanke Tryxällis und die kleine, zierliche Tettix, die eine durch eine seltsame Verlänge- rung des Kopfes nach vorn und oben, die andere durch die Verküm- merung der Vorderflügel und eine stachelförmige Verlängerung des Thorax nach hinten auffallend. Die meisten Heuschrecken, Fleisch- wie Pflanzenfresser, halten sich vorwiegend am Boden oder auf niederen dürren Grasbüschen auf. Einige Gattungen, z. B. EpMppigera und Pamphagus, ziehen Busch- und Strauchwerk vor. Mehrere Arten von EpMppigera wurden, wie auch die schöne und seltene Loeustide ÄmpMesfris ausschliesslich auf Disteln angetroffen. Was nun Algier in den Ruf eines Heuschreckenlandes gebracht hat, ist nicht sowohl der Reichtum an Arten aus dieser Insektenordnung, als vielmehr die ungeheure Masse von Individuen, in der oft einzelne wenige Arten auftreten. Es sind dies die Wanderheuschrecken, welche in ungeheuren Schwärmen sich immer und immer wieder über die kul- tivierten Gegenden ergiessen und geradezu unglaubliche Verheerungen daselbst anrichten. Unter dem Begriff > Wanderheuschrecken« werden im Küstengebiet des Mittelmeeres etwa vier verschiedene Arten von Orthopteren zusammengefasst : Pachytulus migratorius L. mehr im Osten, Caloptenus italicus L. in Süd-Europa, Schistocerca peregrina Oliv, und ' An der Haifa- \md strategischen Bahnlinie Perreganx— El Khreider — i\[e- cheria — Ain Seft-a gelegen. — LXXXIX — Stauronofus maroccamis Thunb. in Algier und mehr südlich. Trotzdem diese Arten von den Zoologen streng getrennt werden, gleichen sie sich in ihrer Lebensweise und in der Art ihrer Zerstörungen ausserordentlich. Die grössere der beiden von uns in Oran beobachteten Wander- heuschrecken, ScMstocerca peregrina, ist die häufigere und gefährlichere. Nicht selten sind Schwärme derselben untermischt mit Sfaurouoins maroccanus. Wie schon gesagt, ist die Lebensweise, ebenso auch die Entwickelung der beiden Arten eine ziemlich ähnliche, so dass ich mich mit der Schilderung einer derselben begnügen kann. Ich wähle hierzu die ScMstocerca. Das erwachsene Tier ist , bis zum Ende der Flügel gemessen, etwa 6Y2 cm lang, der Körper selbst ist etwas kürzer. Die Grundfarbe des Körpers und der Gliedmassen ist entweder ein zartes Rosenrot oder ein kräftiges Gelb , beide Farben mit Flecken von dunkelbraun oder schwarz untermischt. Zur Zeit der Geschlechtsreife legen die Weibchen nach vorangegangener Begattung ihre Eier in den Boden ab, und zwar fast ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit des letzteren. Hornige Klappen am Ende des Hinterleibes befähigen das Tier, kleine Höhlen zu graben. In diese werden die Eier, etwa 20—30 Stück, in mehreren Reihen aufrecht nebeneinanderstehend, abgesetzt. Während dieser Thätig- keit nimmt das Tier eine sehr eigentümliche Stellung an: Die Hinter- beine werden weit nach vorne gehalten und das Abdomen streckt sich in die Länge, wobei es, der Form der Höhle entsprechend, möglichst weit nach unten und vorn sich biegt. Von einer Anzahl sogenannter accessorischer Drüsen des Geschlechtsapparates wird ein klebriger, schaumiger Stoff abgesondert, der die Eier untereinander verkittet und die umgebende Erdmasse durchtränkt, so dass nach dem Hartwerden der Kittmasse das Eihäufchen von einer schützenden Hülle umgeben ist. Die Eiablage vollzieht sich offenbar vorwiegend gegen den Herbst hin. Etwa im März oder April kommt der Embryo zur Entwickelung, durch- bricht die Eihülle, häutet sich, schafft sich mit Mühe durch die über ihm liegende Erde hindurch und erscheint als kleine blasse Larve im rosigen Licht. Einige Stunden später hat das Tierchen sich beinahe schwarz gefärbt und beginnt alsbald seinen Kampf gegen die Kultur. In ver- schiedenen Zwischenräumen (6 — 20 Tagen) ^ wiederholt sich die Häutung und mit jedem Wechsel der Cuticula treten Veränderungen in Färbung und Zeichnung auf, so dass zuerst weisse Flecken am Thorax und Ab- domen sichtbar werden, nach der dritten Häutung rosenrot, nach der vierten citronengelb als Grundfarbe überwiegt. Später wird, nach unseren Beobachtungen, das Gelb sehr kräftig. Mit der sechsten und letzten Häutung, deren Ergebnis das fertige geflügelte Insekt ist, tritt plötzlich die zarte Rosafarbe wieder in den Vordergrund, und zwar, wie sich leicht beobachten lässt , noch ehe die letzte Larvenhülle vollkommen abgestreift ist. Der Wechsel in der Färbung scheint, nach den wider- sprechenden Angaben verschiedener Beobachter zu schliessen, kein ge- setzmässiger zu sein, vielmehr wird oftmals erwähnt, dass die Larve im Brongniart, Compt. rend. acad. scienc. Paris. Bd. 113. p. 403. — xc — letzten Entwickelungsstadium rosenrot, das daraus hervorgehende fertige Insekt aber gelb sei. Eigene Beobachtung belehrte mich, dass Beon- GNiART nicht irrt, wenn er annimmt, die roten geflügelten Heuschrecken seien solche, welche eben die Häutung überstanden und sich noch in der Nähe des Geburtsortes befinden , die gelben aber solche , welche gewandert seien. Die Reifung der Geschlechtsprodukte ist sicherlich von Einfluss auf die genannten Veränderungen, und nach meiner Schätz- ung braucht die Schisfoccrca mindestens 14 Tage, um allmählich gelb zu werden. Über Zweck und Bedeutung des Farbenwechsels lässt sich kaum etwas Bestimmtes aussagen. Die ganze Entwickelung vollzieht sich in 2 — d Monaten. Beunnee ^ nimmt an, dass jährlich 4 Generationen auftreten. Nach dem, was ich gesehen und gehört habe, dürfte dies zu viel sein, die Schistocerca viel- mehr, wie die meisten übrigen Orthopteren, nur eine Generation (höchstens noch eine zweite) im Jahre erzeugen. So lange die Larven noch sehr klein sind, leben sie einzeln. Etwa nach der vierten Häutung, zumal wenn die Nahrung knapper wird, scharen sie sich oft in ungeheurer Menge zusammen und nun beginnt die Wanderung. In den letzten Tagen des Juni, als wir uns noch in der Nähe der Küste, in dem Bade Hammam bou Hadjar, be- fanden, meldete uns eines Morgens unser Kutscher und Dolmetscher, dass die Heuschrecken am Südwestende des grossen Salzsees (Sebkah d'Oran) aufgetreten seien. Eine mehrstündige Wagenfahrt brachte uns in die von der Plage befallenen Gebiete. Bald zeigten uns die gänz- lich kahl gefressenen Weingärten an, welchen Weg die Tiere genommen hatten und unter Führung einiger französischer Kolonisten gelangten wir zu den ,,Crickets" , an deren Vernichtung wir uns beteiligten. Ich muss hier bemerken, dass gerade die Larven wegen ihrer Gefrässig- keit mehr gefürchtet sind, als die entwickelten Tiere. Das Bild, das sich uns in der an einem sanft geneigten Abhänge liegenden Pflanzung bot, war ein zu seltsames, als dass es in Worten geschildert werden könnte. In weitem Umkreise waren die schön saftgrünen Rebstöcke buchstäblich vollkommen überdeckt von den schwarz und gelb gefärb- ten Larven, der ganze Boden wimmelte davon, iind wenn man sich ruhig verhielt, zeigte ein ununterbrochenes Knistern und Knipsen an, wie thätig die kräftigen Kiefer der fressenden Tiere und die Sprunggelenke der weiterziehenden seien. Nicht lange durften wir müssige Zuschauer dieses Treibens sein. Im Rücken der Eindringlinge wurde ein weiter Halbkreis gebildet. Unter beständigem Schreien, Klatschen und Pfeifen rückten die 6 — 8 Kolonisten, welche als Treiber Beihilfe leisteten, und wir vor. Jeder einzelne Weinstock wurde abgeschüttelt und die am Boden liegenden Zweige aufgebunden. Immer dichter überdeckte sich die Erde mit den bunten Springern, so dass sie schliesslich in 3 — 4 Schichten übereinander, wie ein zähflüssiger Teig, sich fliehend vor uns her wälz- ten. Von Zeit zu Zeit wurden Pausen gemacht, um die Tiere nicht zu rasch zu ermüden und so zu veranlassen, stehen zu bleiben oder ' Verhdlg. K. K. zool.-bot. Gesellscb. Wien. Bd. 4. Jahrg. 1892. — XCI — nach allen Richtungen auseinander zu stieben. Langsam kam so der Zug an der Grenze des Grundstückes an, wo sich ein tiefes Loch be- fand, auf das die Heuschrecken zugetrieben wurden. Kaum hatte sich ein Teil derselben dort hineingeflüchtet, so wurde mit Stroh und Petro- leum ringsum ein Feuer angefacht und über dem Massengrab, in wel- ches nach und nach der Rest der Tiere nachgetrieben wurde, schlugen bald hohe Flammen auf. Die Arbeit war beendet. Trotzdem in die- sem Falle das Einrücken der Heuschrecken frühzeitig bemerkt worden war, sah es in den Reben schlimm genug aus. An vielen Stellen war alles Laub, wie in manchen umgebenden Pflanzungen, bis auf die Rippen abgefressen. Den grössten Schaden richten die Heuschrecken aber da- durch an, dass sie die Stiele der unreifen Trauben abbeissen. Welchen Zweck diese eigentümliche Gewohnheit hat, ist um so weniger einzu- sehen, als die abfallenden Trauben nicht gefressen werden, sondern schmählich am Boden vertrocknen. Im Anschluss an das eben Mitgeteilte darf ich wohl die übrigen Methoden, welche der Mensch gegen die seine Existenz bedrohende Geissei anwendet, erwähnen. Einer Seite eines heimgesuchten Grund- stücks entlang wird ein ca. 50 cm hohes Tuch gespannt und unten von beiden Seiten mit Erde beworfen, so dass die Larven nicht durch- zukriechen vermögen. An einem Ende dieses Zaunes wird ein halbes Erdölfass in den Boden gegraben und nun beginnt das Treiben. Die Larven vermögen die niedere Wand nicht zu überspringen , wandern dem Tuch entlang und geraten so in das Fass, aus dem sie nicht mehr entrinnen können, da sie sofort mit Erdöl Übergossen und verbrannt werden. Am leichtesten geht die Vernichtung der Wanderheuschrecken vor sich, wenn die Pflanzungen an Getreidefelder anstossen. Diese sind zu der Zeit, wo die Larven zu wandern beginnen, längst abgeerntet; doch stehen, da man gewöhnlich nur die Ähren einheimst, die Stoppeln etwa ■^/a m hoch. In diese Felder treibt man die Heuschrecken und zündet die Stoppeln an , unbekümmert darum , ob nicht das Feuer schliesslich weiter um sich greife, als den übrigen Kulturen gut ist. Oft sahen wir nachts solche unbewachte Flammenmeere von den fernen Hügeln herüberleuchten. Eine weitere Art der Bekämpfung der Heuschreckenplage besteht darin , dass die in geringer Tiefe in dem Boden liegenden Eihäufchen von Neger- und Araberkindern, wie bei uns die Maikäfer, gesammelt und literweise an die Behörden verkauft werden. Da nach dem oben Gesagten die Vernichtung der Heuschrecken, bezw. der Eier und Larven derselben, nicht allzuschwer und erfolglos ist, mag es manchem befremdlich erscheinen, dass überhaupt diese Plage immer und immer wieder die kultivierten Gegenden Nordafrikas heimsucht. Dies erklärt sich am besten aus der Art des Vorkommens und der Verbreitung der ScMstocerca. In Algier sind die Heuschrecken vor nicht allzulanger Zeit nach- weisbar vom Süden her eingewandert. In dem Hochplateau der Steppen und Dünen und am Nordrande der Wüste ist sie ständig anzutreifen und vor Verfolsung-en von selten des Menschen geschützt. Dort ver- — XCII — mehrt sie sich unter günstigen Umständen ungeheuer, so dass die Zahl der Tiere von der im Juni und Juli fast vollkommen dürren Pflanzen- welt nicht mehr oder nur unvollkommen ernährt wird. In der genann- ten Jahreszeit ist die Wanderheuschrecke im Begriff, ihre letzten Ent- wickelungsstadien durchzumachen und braucht dementsprechend viel Nahrung. Somit sind zunächst die Larven gezwungen zu wandern ; das fertige Insekt setzt mit besseren Hilfsmitteln die Wanderung fort und fällt eben da ein, wo Nahrung winkt. Der Kampf gegen die leicht- beschwingten fertigen Insekten wird als ziemlich aussichtslos angesehen und nirgends konnte ich entsprechende Vorrichtungen beobachten. So- mit legen die Einwanderer ihre Eier in der bebauten Gegend, die sie zuletzt beherbergte, ab und infizieren dieselbe. Nach der Eiablage sterben die Tiere und während der Regenzeit bemerkt man von den Heuschrecken kaum eine Spur. In der ursprünglichen Heimat sind natür- lich immer noch so viele Tiere zurückgeblieben , um naclT längerer oder kürzerer Zeit zu neuen Schwärmen Anlass zu geben, und wenn auch in 1 — 2 Jahren ein einmal befallenes Gebiet unter günstigen Umständen wieder von der Plage befreit sein könnte, so machen neue, aus dem südlichen Standquartier eintreffende Schwärme alle aufgewandte Mühe wiederum für einige Zeit illusorisch. Die riesigen Strecken un- bebauten Landes machen es unmöglich, das Übel an der Wurzel zu fassen. Von natürlichen Feinden scheinen die Wanderheuschrecken Algiers nur wenig heimgesucht zu werden. Larven von Schmarotzerinsekten (Ichneumoniden oder Tachinen) konnte ich in keinem einzigen der ge- öffneten Tiere finden. Trotzdem wurde gerade einer besonderen Art von Tachina in verschiedenen Tagesblättern nachgerühmt, dass sie als Larve die Heuschrecken sehr decimiere. Am eifrigsten werden die Heuschrecken von Lerchen verfolgt, und mit dicken Leibern sieht man Scharen derselben in schwerfälligem Fluge den Larvenzügen folgen. Auch Hühner fressen viele Tiere. Trotzdem ist die Zahl der so Um- kommenden eine verschwindende. Seltener lässt sich der Kulturmensch von heutzutage herbei, ä la ,, Johannes in der Wüste" von Heuschrecken zu leben. Doch wurde mir sowohl in El Khreider, als auch von un- serer Wirtin in Mecheria versichert, dass die Speise gar nicht zu ver- achten sei und die Offiziere des in Mecheria liegenden Detachements schon geröstete Heuschrecken genossen haben. Eigene Versuche über- zeugten mich — wenigstens von der Geniessbarkeit dieses etwas selt- samen Nahrungsmittels. Die an verschiedenen Orten Algiers versuchte Infektion der Heuschrecken mit insektenmordenden Pilzen {Lachnidmm acrkUorum Giaed.^) scheint bis heute keinen Erfolg gehabt zu haben. Die flugfertigen Heuschrecken scharen sich nicht gleich zu Schwär- men zusammen, um gemeinschaftlich zu wandern, sondern halten sich noch längere Zeit bei ihren in der Entwickelung zurückgebliebenen Altersgenossinnen auf. Selbst Avenn ausschliesslich geflügelte Tiere bei- sammen sind, unternehmen sie ihre Wanderungen nicht sogleich, sondern Conipt. rend. Acad. scienc. Paris. T. 113. 1891. p. 813. — XCIII - lagern sich in dichten Schwärmen oft über weite Strecken. Auf unserer Reise durch das sogenannte Haifameer fuhr der Zug stundenlang durch solche nicht wandernde Schwärme. Dieselben waren streckenweise so dicht, dass man die Umgebung nicht mehr erkennen konnte. Wenn der Zug auf der öden Steppe hielt, vernahm man ein Rauschen in der sonst ruhigen Luft , als triebe der Herbstwind dürre Blätter vor sich her. Das Blinken der glashellen schimmernden Flügel schmerzte in den Augen. Die Masse der Tiere erfüllte die Luft vom Boden bis auf etwa 10 — 15 m Höhe. Der Flug der Wanderheuschrecken hat wenig mit dem schwerfälligen Aufschwirren und Niederfallen der anderen Heu- schrecken gemein, gleicht vielmehr dem leichten und ausdauernden Flug der Libellen. Die ganze Organisation der Schisfocerca kennzeichnet sie als eine gute Fliegerin. Die Brustmuskeln sind stark entwickelt. Im Hinterleib befinden sich grosse lufthaltige Erweiterungen der Tracheen, welche den Zweck haben, das specifische Gewicht des Tieres zu ver- mindern und zugleich durch reichlichere Zufuhr von Sauerstoff den beim Fliegen vermehrten Stoffumsatz zu befördern. Mit der Entwickelung der Geschlechtsprodukte vermehrt sich das specifische Gewicht und die Tiere fliegen weniger , sind somit auch am Ende mit ihren oft weit- gehenden Wanderungen. So leicht es dem Kolonisten ist, mit einiger Energie den Schaden, den ihm die Larven zuzufügen drohen , zu verhindern oder wenigstens zu mildern, indem er dieselben verbrennt oder schon die Eier zu ver- nichten trachtet, so schwer hält es, wie schon gesagt, dem Vorrücken der fliegenden Zerstörer Einhalt zu thun und hilflos sieht der Araber wie der Franzose seine schönsten Wein-, Ölbaum- und Orangepflanzungen, kurz alles, was da grünt, eine Beute der nimmersatten Schar werden. Der Schaden, der auf diese Weise dem Lande entsteht, ist ein ganz enormer und die französische Regierung lässt sich den Feldzug gegen die kleinen Feinde schwere Summen kosten. Erst in diesem Jahre wurde zur Bekämpfung der Plage ein Kredit von 734 000 Fr. bewilligt. So gemein die Schisfocerca ist, so selten und, wie gleich eingangs erwähnt wurde, nur auf ganz bestimmte Gebiete beschränkt, ist Eugaster Gnyoni Gerv., die zweite Heuschrecke, über die ich einiges Bemerkens- werte mitteilen möchte. Eugaster bewohnt die felsenreichen Berg- und Hügelketten, welche an der marokkanischen Grenze und im Gebiete des grossen Atlas oft unmittelbar aus der Steppen- bezw. Wüstenlandschaft sich erheben. Wenn er mitunter auch auf Haifabüschen sitzend an- getrolfen wird , so ist sein eigentlicher Wohnort entschieden der an- stehende Fels oder abgebröckeltes Gestein, wo er gewöhnlich kleine Nischen, Spalten oder Höhlen als Schlupfwinkel benützt, nicht etwa, um sich vor Feinden zu schützen , sondern um den austrocknenden Sonnenstrahlen zu entgehen, die ihm offenbar auf die Dauer sehr un- angenehm sind. Die ganze Form des schwerfälligen bis Ö^/g cm langen und 2 cm dicken Gesellen erinnert sehr an die einer Grille. Der Kopf ist dick ; kurze Stacheln und schräge Reihen von solchen verleihen dem .Thorax des Tieres etwas Fremdartiges. Die Beine sind kräftig und dick. — XCIV — die Fülller lang und dünn. Das Männchen ist kleiner, als das Weib- chen. Während dieses gänzlich flügellos ist, dienen bei jenem kurze Flügelrud?mente als Zirporgane, deren Wirkung dadurch sehr verstärkt wird, dass sich der Hinterrand des Mesonotums wie ein Schalldeckel über den Flügelchen wölbt. Ausserdem ist das Weibchen noch durch eine ganz kurze Legescheide gekennzeichnet. Die Grundfarbe bezw. einzige Farbe von Eugaster ist ein reines glänzendes Schwarz ; auf dem Thorax liegt ein bläulicher Metallglanz. Ausser der ganz schwarzen Varietät ist eine zweite mit roten Stacheln auf dem Thorax und ebensolchen Flecken auf der Oberseite des Abdomens anzutreffen. Dem ungewöhn- lichen Ausseren des Tieres entsprechen auch seltsame Eigenschaften, von denen eine gleich beim Fange den glücklichen Finder überrascht. Sobald Eugaster nämlich sein Leben bedroht und die Flucht in sein Versteck abgeschnitten sieht, stellt er sich wie ein geübter Schütze in Position und zielt mit den Beinen in der Richtung der drohenden Ge- fahr. Ehe sich's der Sammler versieht, treffen auf 40, ja 50 cm Ent- fernung zwei kräftige Strahlen einer gelblichgrünen Flüssigkeit die beutegierige Hand. Wirkt das erste Geschoss nicht abschreckend genug, so folgt eine gleiche , allerdings etwas schwächere zweite Ladung und wenn man, wie ich, das Glück hat, binnen einer Stunde etwa 60 der schönen Tiere zu fangen , so kann es vorkommen , dass beide Hände über und über mit der genannten , beim Trocknen etwas klebrig wer- denden Flüssigkeit benetzt werden. Dieselbe wirkt nach A. Fingt und Ed. Bonnet ^ ätzend und ist vor allem auf Schleimhäuten unangenehm. Ich versuchte dem Ursprung und der Bedeutung dieser eigentümlichen Waffe auf den Grund zu. kommen und fand , dass die Flüssigkeit aus schmalen länglichen Poren, welche je eines an der dünnhäutigen Ober- seite zwischen Coxa und Trochanter der zwei ersten Beinpaare sich befinden, unter hohem Drucke ausgespritzt wird. Ich erprobte häufig genug die Treffsicherheit des schwarzen Sechsfüsslers und muss meine Bewunderung ausdrücken über die Geschicklichkeit, mit der beide Strahlen konvergierend gegen die zugreifenden Fingerspitzen, divergierend (oft alle vier Strahlen auf einmal) gegen die plötzlich über ihn gehaltene Handfläche ergossen wurden. Je nach der Stellung der Beine werden die Strahlen nach den Seiten , vorn oder hinten ganz nach Bedürfnis gerichtet. Etwas schwierig war die Natur und Herkunft der Flüssigkeit festzustellen. Da eine Ejakulation aus allen vier Poren ein- bis zwei- mal, aus je zwei Poren bis zu viermal in kurzen Zwischenpausen er- folgen konnte und quantitativ sehr viel Flüssigkeit abgesondert wurde, hätten Drüsen und deren Sekretbehälter gross sein müssen und dera- gemäss leicht gefunden werden können. Die — allerdings nur mit groben Mitteln ausgeführte — anatomische Untersuchung ergab aber nichts, was daran erinnert hätte. Die bei der Sektion des Tieres vor- quellende Blutflüssigkeit zeigte dagegen in allen Stücken eine solche Übereinstimmung mit dem aus den Poren gespritzten Safte , dass ich mich bemühte, die Identität festzustellen. Zu dem Zweck injicierte ich ^ Extr. de la Revue d. scienc. natur. Ser. IIL T. IV. p. 193- 232 et 333—367. — xcv — ganz unversehrte Tiere durch einen kleinen Einschnitt im Hinterleib mit Alkohol und Wasser unter sanftem Druck. Stets quoll erst gelbliche, hernach die benutzte Flüssigkeit je nach dem angewandten Drucke in schwächerem oder stärkerem Strahl heraus. Weitere anatomische und histologische Untersuchungen werden beweisen, dass Eugaster sein eigenes Blut dazu benützt, um seine Feinde abzuschrecken. Der Fall steht unter den Arthropoden nicht vereinzelt da. Der bekannte Maiwurm (Ölkäfer, Meloe) macht sich ebenfalls dadurch unangenehm, dass er Blut aus den Gelenken der Gliedmassen , allerdings nur tropfenweise , aus- treten lässt und sicherlich können bei genauer Beobachtung noch zahl- reiche ähnliche Fälle festgestellt werden. Zweifellos sind auch von vielen Ephippigeren, den nächsten Verwandten von Eugaster, am Thorax ausgeschiedene Tropfen hierher zu rechnen. Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, wie frucht- bringend biologische Beobachtungen bei den Orthopteren sich erweisen, und dazu dienen, auch unseren einheimischen Vertretern dieser Insekten- ordnung mehr Freunde als bisher zu erwerben. Vorläufige Diagnosen der neuen Arten und Varietäten von Oran. Von Dr. H. Krauss in Tübingen Mantidae. Eremiaphila spinulosa n. sp. E. numidae Sauss. vicina, differt pedibus spinulosis , pronoto granulato , angulis pronoti denti- culatis, elytris rugosioribus , segmentis dorsalibus abdominis postice tuberculo spiniformi mediano retrorsum spectante armatis, tarsis poste- rioribus unguiculis aequalibus instructis. — Coxae anticae macula interna nigra signatae. Elytra intus sese tangentia. Alae macula apicali nigro-violacea plica anali haud intersecta ornatae. 6. Long. 17 — 19 mm. — Mecheria. Acridiidae. Sphingonotits coerulans L. var. Mecheriae n. A forma typica differt pronoto inter sulcos rugosiore, carina mediana ante sul- cum primum magis tumescente, elytris nigro-fusco-subbifasciatis, femori- bus posticis intus pallidis, tibiispallide ochroleucis. c? $ Long. 19 — 24 mm. — Mecheria. Spliingonotus asurescens Ramb. var. lutea n. Forraae ty- picae statura et pictura valde affinis, differt attamen disco margineque interno alarum luteo-coloratis. S Long. 16 — 18 mm. — Mecheria. Eg natius coerulans n. sp. E. apicali Bkunn. affinis differt antennis brevioribus, elytris longioribus, alis dilute coeruleis. d $ Long. 12 — -14 mm. — Mecheria. Pamphagus Muelleri n. sp. P. hesperico Ramb. persimilis, discrepat statura minore, vertice decliviore, antennis brevioribus, occi- pite et abdominis dorso rugosioribus et maculis magnis nigris rotundis in latere interno femorum posticorum seriatim dispositis. — Prosternum — XCVI — late emarginatum , strunia tubeiculis nonnullis parum elevatis rugosa. 5 5 Long. 36 — 52 mm. — Mecheria. Locustidae. Odontura quadr ideatat a n. sp. Statura magna, antennis castaneo-annulatis et lamina subgenitali S postice quadridentata in- signis. 0. stenoxiphae Fieb. et 0. algericae Beunn. vicina. 6 $ Long. 24 — 25 mm. — Tes.sala. Eu gast er Guf/oni Serv. var. Lucas i n. Diffeit a forma typica, cui spinis et magine postico pronoti rubris similis est, abdomine nigro , nitido , maculis corallinis deficientibus, nitore subaeneo induto. 6 larva stadii ultimi. — Mecheria. Eugastcr Guyoni Sekv. var. inornata n. Nigra, nitida, pronoto toto nigro vel nitore chalybeo induto , abdomine immaculato vel lateralitertantum punctisferrugineisconsperso. 6 $ Long. 41 — 50 mm. — Mecheria. Ephippigera Vosselcri n. sp. Differt ab E. rugosicolli Sf^ux., cui valde affinis, lobis lateralibus pronoti angulo obtuso insertis, lamina supraanali S dilatata, lateraliter angulata, cercis c? gracilioribus, dente apicali dente interno breviore, ovipositore pronoto duplo longiore, parum incurvo, lamina subgenitali ^ lobis rotundatis, marginibus externis re- voluto — incrassatis. 6 $ Long. 34 mm. — Tessala. Die vom Redner erwähnten Lokalformen waren in mehreren Käst- chen zur Besichtigung aufgestellt, ebenso die übrigen aus Oran stam- menden Orthopteren in systematischer Ordnung und endlich die ver- schiedenen Entwiekelungsstadien und Arten der Wanderheuschrecken. Einige Abbildungen über die Eiablage und Eier der Schisfoccrca er- läuterten das hierüber Gesagte. Hierauf wurde ein lebendes Chamäleon, ebenfalls aus Oran stam- mend, vorgezeigt und kurz in seinem Thun und Treiben geschildert. Zum Schlüsse folgten unter Hinweis auf das von Prof. Dr. Hofmann im Jahrg. 46, 1890, p. 233 u. f. dieser Jahreshefte über diesen Gegen- stand Mitgeteilte , einige allgemeine Bemerkungen ebenfalls von Dr. Vosseier, über Duftapparate bei Schmetterlingen. An einem lebenden Totenkopfmännchen vermochte sich jeder der Anwesenden von der Art der Entfaltung des pinselförmigen, an den Seiten des ersten Hinter- leibsringes liegenden Dufthaarbüschels und dem davon ausgehenden starken champignonähnlichen Geruch zu überzeugen. Sitzung vom 10. November 1892. Bei Beginn der Zusammenkunft gab zunächst der Vorsitzende Professor Dr. Hell den Gefühlen der Trauer Ausdruck um den Hin- gang Ihrer Majestät der Königin Olga ; die Anwesenden erhoben sich von den Plätzen. Als geschäftliche Mitteilung wird sodann eine Ein- ladung von Professor Eimer zu der im Laufe der nächsten Wochen in — XCYII — Tübingen stattfindenden Versammlung des Schwarzwälder Zweigvereins zur Kenntnis gebracht ; der Terrain der Zusammenkunft wird noch mit- geteilt werden. Den ersten Vortrag hielt Oberstlieutenant z. D. v. Widen- mann über das Thema: Die Bedeutung der Haarbekleidung an den Blättern der Silberlinde {TiUa argenfea Desf.). (Mit 1 Holzschnitt.) Wenn die haarige Bekleidung der Unterseite der Blätter einer Reihe von Pflanzen, namentlich solchen, welche in hohem Grade der Feuchtigkeit der Luft und der Ausdünstung des Bodens ausgesetzt sind, und insbesondere solchen, welche ihren Standort an Wassergräben, Flussufern u. s. w. haben, z. B. Älmis incana , Salix incana, Spiraea ülmaria, Tiissüago Farfara u. a., von der Natur als Schutzmittel gegen Benetzung und das Eindringen von Wasser in die Spaltöffnungen ver- liehen worden ist, so giebt es doch auch Fälle, wo der haarige Über- zug an der von der Sonne abgewendeten Blattseite, sozu- sagen das ünterfutter des Laubes, zum Schutze gegen zu starke Ver- dunstung herhalten muss, indem sich die flache Blattscheibe so dreht und wendet, dass die Sonnenstrahlen nicht auf die Oberseite, sondern auf die Unterseite auffallen. Hierher gehören einige Farne aus dem südlichen Europa, z. B. CeteracU o/ßcinarnm, Cheüanthes odom, Notoclüaena Marantac, welche abweichend von den meisten anderen Arten dieses Schatten liebenden Geschlechtes aus von der brennenden Sonne beschienenen Felsen und Mauern hervorwachsen. Die obere Seite der Wedel ist kahl, die untere ganz dicht mit haarförmigen Schuppen bedeckt. Bei feuchtem Wetter sind die Wedel fiach ausgebreitet mit der kahlen Seite nach oben, bei trockenem Wetter aber erscheinen sie eingerollt, so dass die untere filzige Seite der Sonne und den trocknenden Winden ausgesetzt ist. Unter den krautartigen Pflanzen ist ein ähnliches Beispiel das Habichtskraut (Hieracium PUoseUa), welches auch hier in Stuttgart an Weinbergwegen und Mauern häufig angetroffen wird. Die untersten eine Rosette bildenden Blätter sind auf der Ober- fläche grün, auf der Unterseite dagegen mit einem dichten Sternhaar- filz bedeckt, so dass dieselbe durch ihre weisse Färbung auffällt. An heissen trockenen Tagen nämlich stülpen sich die Blattränder um und allmählich krümmt und rollt sich das ganze Blatt von aussen herein gegen die Mittelrippe so, dass die untere weisse Seite der Sonne zugewendet ist wnd der weisse Filz einen schützenden Schirm gegen die Sonne bildet {cf. Kernek V. Maeilaun, Pflanzenleben, Bd. I S. 290). Eine ähnliche Erscheinung nun beobachten wir an der sogenannten Silberlinde {Tilia argentea Desf.) , deren ursprüngliche Heimat Klein- Asien ist und welche wir hier in Stuttgart und Umgebung (Stadtgarten, Silberburg, Kgl. Anlagen, Wilhelraa, Hohenheim etc.) öfters als Zier- baum antreffen. Vergleichen wir dieselbe mit den anderen bei uns bekannten Lindenarten, Tilia grandifolm und parvifölia oder mit der grossblätteri- gen amerikanischen Linde, so fällt uns dieselbe sofort durch ihre eigen- Jahreshcfte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1S93. o- — XCVIII - tümliche zweifarbige Belaubung auf, indem ihre Blätter grösstenteils, hauptsächlich in den oberen dem Lichte ausgesetzten Partien, weiss, zum Teil in den mehr beschatteten Regionen grün unserem Auge ent- gegenleuchten, und wir glauben kaum, dass dieselben einem und dem- selben Baume angehören. ^jMMiSh Dieser sonderbare Anblick rührt daher, dass die untere Seite der Blätter mit einem feinen Sternhaarfilze bekleidet ist, während die obere Blattseite dunkelgrün erscheint, und dass die meisten Blätter, nament- lich die dem Sonnenlichte ausgesetzten, durch eine nahezu in vertikale Stellung übergehende Lage des Blattes ihre untere Seite der Sonne zudrehen, während an den beschatteten Partien des Baumes dieselben ihre ursprüngliche normale Lage, die grüne Seite nach oben, die weisse nach unten gerichtet, nahezu beibehalten. Diese auffallende Erscheinung zeigen die anderen Lindenarten nicht; ihre Blätter sind nicht mit filzigem Überzug bedeckt, vielmehr — XCIX — auf beiden Seiten glatt und grün, auch verändern sie ihre Lage nicht in der bei Tilia argentea angegebenen absonderlichen Weise. Wir beobachten zwar bei den anderen Lindenarten, insbesondere bei Tilia yrandifolia, dass auch sie eine veränderte Blattlage anstre- ben und teilweise einnehmen und zwar so, dass die wagerechte Lage mehr steif gestreckt, die Spitze des Blattes etwas nach aufwärts gerichtet erscheint. Jedoch ist bei Tilia argentea die Lage des Blattes eine viel ausgesprochenere, oft geradezu vertikale. Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt darin , dass Tilia ar- gentea viel dichter belaubt erscheint und die Blüten kürzer gestielt sind, als bei den anderen Lindenarten, welche eine lichtere Belaubung haben und deren Blüten über die Blätter deutlich sichtbar hervortreten , während bei Tilia argetüea die kürzer gestielten Blüten durch die dichte Belaubung verdeckt und überschattet werden. Es entsteht nun die Frage: Welchen Zweck hat die Einrichtung der befilzten Unterseite und die Veränderung der Lage der Blätter bei Tilia argentea, welche dadurch so auffallend von den anderen Arten ihrer Gattung abweicht, beziehungsweise welcher Vorteil wird durch diese Einrichtung für die Pflanze erreicht? — Ich habe mir die Aufgabe gestellt, durch eingehende fortgesetzte Beobachtungen durch zwei Sommer hindurch eine Lösung dieser Frage zu suchen und gestatte mir, dieselbe in folgender Weise vor- zutragen : Da zur Entwickelung der kurzgestielten von den Blättern überschatteten Blüte und zur Ausbildung der Frucht in erster Linie Licht und Luft notwendig ist, so nehmen die Blätter bei Tilia argentea, welche im ersten Stadium ihrer Entwickelung, also vor dem Blütenansatze, die normale mehr wagerechte, mit der Spitze des Blattes etwas dem Erdboden zugeneigte Lage eingenommen hatten, vom Beginn des Blüten ansatzes an eine mehr oder weniger ver- tikale Lage (je nach der Beleuchtung) ein. Dieselbe tritt mit der Weiter- entwickelung der Blüte immer deutlicher hervor und dauert bis zur Fruchtreife , beziehungsweise bis zum Abschluss des Vegetationspro- zesses an. Durch die genannte Veränderung der Lage der Blätter ist den Sonnenstrahlen der volle Zutritt zur Blüte resp. Frucht ermöglicht. Dabei wird aber der weitere Vorteil erreicht, dass beim Be- fruchtungsvorgange den die Blüten besuchenden Insekten der freie Zu- gang zu ihrem Mahle eröffnet und sowohl für das Seh- als auch Geruchs- organ derselben die Lockspeise erkenntlicher gemacht ist. Es sind dieses gewiss zwei Faktoren, welche für die Fruchtbildung von grösster Wichtigkeit sind. Wenn da und dort die Behauptung aufgestellt worden ist, dass die vertikale Blattstellung bei Tilia argentea nur an trockenen heissen Tagen in Erscheinung trete, so har- moniert dieses nicht mit den von mir gemachten Beobachtungen. Ich habe gefunden, dass die vertikale Blattlage bei allen von mir beobach- teten Individuen vom Beginn des Blütenansatzes an bei je- — c — dem We tter , bei j ed er Temperatur, b ei Tag und bei Nacht ohne jegliche Unterbrechung bis zumAbschluss des Vege- tationsjahres angedauert hat. Beachtenswert ist auch die Thatsache , dass die vollkommene Ausreifung der Früchte bei Tüia argentea sich sehr lange hinauszieht. Noch am 21. Oktober, wo der Blattfall teilweise schon begonnen hatte, traf ich noch Früchte an, welche noch nicht vollständig ausgereift waren, ein Umstand, der eben- falls für den Wert der unausgesetzt andauernden Blatt- lageveränderung sprechen dürfte. Bringen wir die ganze Erscheinung in Zusammenhang mit der Befruchtung, mit der Fortpflanzung, also mit dem Endziel aller organi- schen Wesen, mit der Erhaltung der Art, so dürfte es einleuchtend sein, dass das angestrebte Ziel durch das von der Pflanze eingehaltene Verfahren am zweckmässigsten und sichersten erreicht wird. Durch die veränderte Blattlage ist dieses möglich gemacht. Soll nun aber das Blatt keinen Schaden nehmen, beziehungsweise die Entwickelang der Blüte und die Ausreifung der Frucht nicht in Frage gestellt sein, so ist es notwendig, dass diejenige Seite desselben, welche bei der vertikalen Lage das eine Mal der brennenden Sonne, das andere Mal der atmosphärischen Feuchtigkeit und dem Regen ausgesetzt ist, im ersten Falle gegen die schädlichen Einflüsse zu weit gehender Transpiration, im anderen gegen die Benetzung und das Eindringen von Wasser in die Spaltöffnungen des Blattes geschützt ist. Für beide Fälle wird der Zweck durch den Filzüberzug erreicht. Bei den anderen Lindenarten ist diese Einrichtung nicht not- wendig, da sowohl durch die lichtere Belaubung als auch durch die freie Lage der Blüte dem Lichte, der Luft und den Insekten der Zu- gang zur Blüte hinreichend gesichert ist. Führe ich nun noch eine Beobachtung au , welche ich an einem Exemplar einer TiUa argentea in den Kgl. Anlagen in unmittelbarer Nähe des sogenannten Rosenhügels gemacht, konsequent fortgesetzt und mit meinen Wahrnehmungen an den anderen Individuen verglichen habe, nämlich an einer jüngeren Silberlinde, welche keine Blüten an- gesetzt hatte und wo die Blätter nicht die vertikale Lage angenommen hatten, so dürfte die Annahme, dass die filzige Be- kleidung bei Tilia argentea im engsten Zusammenhange mit der Sicherung der Fruchtbildung steht, wohl ziemlich ge- rechtfertigt erscheinen. Leider ist es mir trotz wiederholten Suchens an hiesigen und auswärtigen Standorten lange Zeit nicht gelungen, ausser dem erwähn- ten Exemplar ein zweites ausfindig zu machen , an welchem ich die gleiche Beobachtung hätte machen können. Überall, wo ich sonst eine Tilia argentea antraf, waren Blüten und Früchte angesetzt und überall die vertikale Blattlage eingetreten. Ich musste mich also bei meinen Beobachtungen vorerst auf dieses einzige Exemplar beschränken. Nun trat noch der erschwerende Umstand hinzu, dass das — CI — betreffende Individuum von den Bäumen der Umgebung vielfach be- schattet war. Man könnte mir also einwenden, dieser Ausnahmezustand rühre nur von der Beschattung her. Nun habe ich aber den Baum bei jedem Stande der Sonne, namentlich auch um die Mittagszeit, be- obachtet und gefvmden, dass gewisse Partien doch den Sonnenstrahlen ausgesetzt waren, und dass die Blätter dennoch nicht ihre Lage geän- dert hatten. Wenn nun die Thatsache feststeht, dass bei allen mit Blüten und Früchten versehenen Exemplaren die vertikale Blattlage bei jedem Wetter und bei jeder Beleuchtung und bei Tag und bei Nacht andauert, so wäre, wenn die Erscheinung nicht im Zusammenhang mit der Blüten- und Fruchtbildung stehen würde, ein Grund nicht einzusehen, warum das besprochene Individuum nicht auch die Lage der Blätter in der gleichen Weise, wenigstens teilweise verändert, wie seine mit Blüten und Früchten versehenen Schwestern, Endlich ist es mir noch im Anfang des Monats August gelungen, bei einem hiesigen Gärtner ein zweites ebenfalls junges Exemplar einer Tilia argeidea anzutreffen, welches von allen Seiten der heissen Sonne ausgesetzt war, welches keine Blüten und Früchte angesetzt hatte, und welches ebenfalls die Lage der Blätter nicht verändert hatte, ein schlagendes Beispiel für die besprochene Annahme! Wenn nun in den stark beschatteten Partien der Baumkrone (sehr häufig den untersten) nach den gemachten Beobachtungen die Blattlage in ihrer ursprünglichen Stellung verharrt, so hat dieses offen- bar eben darin seinen Grund, weil hier in der Piegel keine Blüten und Früchte vorhanden sind. Ist es ja eine bekannte Thatsache, dass auch bei anderen Bäumen, namentlich unseren Obstbäumen, in den stets beschatteten Partien der Baumkrone die Bedingungen zur Blüten- und Fruchtbildung weniger günstig sind. An anderen Stellen der Baumkrone, welche ebenfalls, jedoch nicht in dem Grade, wie die soeben erwähnten, beschattet sind , und wo trotz der Beschattung Blüten und Früchte angesetzt haben, ist die nicht ver an derte Blattlage nur eine scheinbare; sie trifft in Wirklichkeit nicht zu. Ich habe nämlich die Beobachtung- gemacht , dass auch hier durch eine, wenn auch dem Auge weniger auffallende Seitwärtsdrehung der unteren Blattseite die Blüten und Früchte eine so freie Lage erhalten , dass dem Licht , der Luft und den Insekten hinreichend Raum zum Zutritt geschaffen ist. Die durch ihre weisse Farbe so auffallende Belaubung herrscht also nur und hauptsächlich in den der brennenden Sonne ausgesetzten Partien der Baumkrone vor. Ziehen wir nun noch in Betracht, dass Tilia argentca, deren ur- sprüngliche Heimat ja Klein-Asien ist, ihren weissen Belag aus ihrem heisseren Vaterland zu uns mit herübergebracht hat, so ist ja gerade durch diesen Umstand ihr Verhalten der brennenden Sonne gegenüber auch in unserem Klima zur Genüge erklärt, da ein Schutz gegen zu starke Verdunstung der Blätter des Baumes während der — CII — Periode der Blüte und Fruchtbildung, wo zum Aufbau derselben die Kräfte der Pflanze in erhöhtem Masse in Anspruch genommen sind, doppelt notwendig erscheint. Hiermit dürften so ziemlich alle in Betracht kommenden Momente berührt sein. Schwierig wird es stets sein, für gewisse Erscheinungen auf biologischem Gebiete einen rein mathematischen Beweis zu erbringen ; hat ja zur Erreichung eines und desselben Zweckes häufig die Natur die verschiedenartigsten Einrichtungen getroffen , und um- gekehrt: dient ja sehr häufig eine und dieselbe Einrichtung verschiede- nen Zwecken. — So viel dürfte aber aus allem hervorgehen, dass es sich auch hier stets um den Endzweck alles organischen Strebens, um die Fortpflanzung und Erhaltung der Art handelt, und, fassen wir die für die vorliegende Frage entscheidenden Momente nochmals kurz zu- sammen, nämlich : 1. Den Umstand, dass die Veränderung der Blattlage erst eintritt mit der Zeit des Blütenansatzes; 2. dass nicht bloss an heissen Tagen, sondern bei jedem Wetter, bei Tag und bei Nacht dieselbe beobachtet wird, und dass sie bis zum Abschluss des Vegetationsjahres andauert, und 3. dass bei Exemplaren, welche keine Blüten angesetzt haben, die Veränderung der Lage der Blätter nicht wahr- genommen wird, — so dürfte die Annahme, dass die besprochene Erscheinung im engsten Zusammenhange mit der Fruchtbildung steht, wohl ziemlich begründet sein. Anmerkung. Ich habe gewissermassen als Probe für die von mir gemachten Beobachtungen noch die zutreffende Bemerkung anzu- fügen, dass nach schon beendigtem Blattfall bei Tilia argentea, bei der, wie ja bei allen Lindenarten, die Früchte noch lange Zeit am Baume haften, gerade an den Stellen, wo während der Vegetationsperiode die Blätter ihre Lage verändert hatten, die Früchte in grosser Menge an- getroffen werden, während sie an den anderen Stellen spärlicher vor- handen sind. Den zweiten Vortrag des Abends hielt Professor Dr. Lampe rt über das Thema ,,B emerkungen zur Süsswass erfauna Würt- tembergs", wobei Redner besonders solche Tiere besprach und vor- legte, die in ihrer Verbreitung ein specielles Literesse bieten, zum Teil auch im vergangenen Sommer in Württemberg überhaupt zum ersten Mal aufgefunden worden sind ^. Eingangs skizzierte der Vortragende kurz den Reichtum und die Mannigfaltigkeit der tierischen Lebe- wesen unserer Tümpel, Weiher und grösseren Seebecken und erinnerte daran, wie erst seit einigen Jahren die Aufmerksamkeit der Zoologen ' Eine ausführlichere, auf reichem, bereits vorlieg'cndem Jlaterial hasiereiule Übersicht der Mikrofauna Württembergs wird hoifentlich im nächsten Band der Jahreshefte gegeben werden können. — cm — sich in höherem Masse der Erforschung dieser heimischen Mikrofauna zugewandt habe. In seinem Bestreben, die auch in unserer Sammlang in dieser Hinsicht bestehende Lücke auszufüllen, durfte sich der Vor- tragende der regen Unterstützung einer Reihe von Vereinsmitgliedern erfreuen, die teils selbständig das Studium unserer Süsswasserfauna in Angriff genommen, teils die Güte hatten, nach Anweisungen zu sam- meln. Besonders haben sich den Verein zu Dank verpflichtet die Herren Oberförster Feank in Schussenried, Forstreferendar Graf Georg v. Scheler in Wildbad und Professor Spoeeb in Kisslegg-Stuttgart, deren eifrigen und sachverständigen Untersuchungen unserer Gewässer die im K. Na- turalienkabinet aufbewahrte Sammlung eine Fülle schönen Materials verdankt. Zur näheren Ausführung seines Themas übergehend, wendete sich der Redner zunächst zu den Bryozoen, den Moostierchen, deren Orga- nisation an grossen Zeichnungen erläutert wurde. Von dieser wenig beachteten Tiergruppe sind wohl auch in Württemberg die verbreitet- sten Arten AlcyoneUa fniifiosa Fall. (= Flumatella pohfmorpha Keäp. var. ■d fungosa) und Plmnatella repens L. (= PhimateUa polijmorpha Keäp. var. a repens) \ von ersterer Art wurde eine sehr grosse, 163 g wie- gende , an einem dünnen Schilfstengel herumgewachsene Kolonie vor- gezeigt, die Prof. Klünzingee in einem kleinen Eisweiher bei Feuerbach gefunden. Ein anderes stattliches Schaustück der gleichen Art wurde anlässlich einer gemeinsamen Exkursion von Dr. Vosseler im Aalkisten- see bei Maulbronn erbeutet: in der Höhe von 69 cm fand sich ein Schilfstengel in seiner ganzen Ausdehnung ohne Unterbrechung und zum Teil in sehr massiger Weise von den Kolonien des schwammigen Federbuschpolypen umzogen, und auch alle umstehenden Schilfstengel, wie auch die Planken der Badeanstalt zeigten sich dick überwuchert von diesen Moostieren. Das Material zu den mikroskopischen Präparaten von PlumateUa repens, die umhergezeigt wurden, stammte, von Graf V. ScHELEE und dem Vortragenden gesammelt, aus dem See von Mon- Tepos bei Ludwigsburg, wo sich im Frühjahr an der Unterseite der Blätter von Polmiommi kleine zur Verarbeitung zu Präparaten beson- ders geeignete Kolonien dieses Federbuschpolypen in grösserer Anzahl finden. Bei Anwendung der Cocainmethode gelingt es, wie die Prä- parate beweisen, in einfachster Weise, die Polypen völlig ausgestreckt zu erhalten. Zweifellos lassen sich diese beiden gewöhnlichen Arten oder — nach Keäpelin's Auffassung^ — Formen einer sehr veränder- lichen Art überall in Schwaben an geeigneten Lokalitäten auffinden. Von Literesse ist dagegen, dass der für Württemberg bisher un- bekannte schleimige Federbuschpolyp, Cristateüa mucedo Cuv., im letzten Sommer vom Vortragenden in der Schmiech bei Ehingen a. d. D. nach- gewiesen wurde. Während bei allen übrigen Arten der Moostiere die Kolonien auf einer Grundlage festsitzen, sei dies ein Stein, ein Rinden- stück, ein Schilfstengel, die Unterseite eines Blattes oder dergl., ist der ^ Siehe K r ä p e I i n : Die deutschen Süsswasserbryozoen in : Festschrift zur Feier des öOjährigen Bestehens d. naturwissensch. Vereins in Hamburg. 1887. — CIV — Tierstock von Crlstatella frei beweglich und kriecht, ähnlich einer ca. 2 cm langen Nacktschnecke, allerdings in einem sehr langsamen Tempo auf seiner Unterlage weiter. Der Vortragende fand diese hübsche Bryozoe zahlreich an Zweigen, die an Ausbuchtungen des Flusses ins Wasser hinabhingen; zur Zeit des Fundes (15. August 18Ü2) waren die Tier- kolonien dicht vollgepackt mit den bei dieser Art bekanntlich sehr charakteristischen Statoblasten, die sich durch einen Kranz ankerförmi- ger Haftorgane von den Statoblasten der anderen bis jetzt bei uus^ aufgefundenen Bryozoen-Arten unterscheiden. Der schleimige Federbusch- polyp wurde zum ersten Mal 1754 bei Nürnberg von dem Altmeister der Süsswasserforschung, Rösel vok Rosenhof, entdeckt ; volle 80 Jahr« vergingen , bis das Tier zum zweiten Mal einem Zoologen unter die Hände geriet, indem es 183-4 von Dalyell bei Edinburg aufgefunden wurde; seitdem ist es in Europa nachgewiesen in Deutschland, Eng- land, Irland, Schottland, Frankreich, Belgien, Holland, Schweiz, Russ- land. Innerhalb der deutschen Grenzen findet sich Cristatella, wie es scheint, häufiger im Norden wie im Süden, doch darf wohl z. B. für die auffallende Thatsache , dass für Bayern der Federbuschpolyp seit seiner ersten Entdeckung, seit 1754, völlig aus der Fauna verschwin- det, das bisher mangelnde Interesse an der Erforschung der niederen Fauna hierbei stark in Anrechnung gebracht werden. Aus der grossen Klasse der Krustertiere, der Crustaceen, die quantitativ den grössten Teil der niederen Süsswasserfauna ausmachen und speciell im freien Wasser, ,,auf hoher See", sich nur mit den frei- schwimmenden Rädertieren in die Herrschaft teilen, hob der Redner be- sonders die Familie der Polypheraiden hervor. Von den übrigen Clado- ceren, deren allbekannter Vertreter der Wasserfloh, iJaphnia puJex de Geer, ist, unterscheidet sich die Familie der Polj'phemiden dadurch, dass die Schale Leib und Beine nicht umschliesst, sondern nur als Brutrauni dient ; das Auge ist auffallend gross. Alle drei in den deutschen Ge- wässern vorkommenden Folyphemiden-Arten , die sich auf ebensoviel Gattungen verteilen , fallen durch ihre bizarre Gestalt den übrigen Krustern gegenüber auf. Durch einen langen Hinterleibsstachel, der 10 mm lang wird, während dem Körper des Tieres nur 2 mm zukom- men, charakterisiert sich Bythotrephes loiif/inicuias Leyd., der langarmige Tiefschwimmer, wie ihn Zachakias in deutscher Benennung getauft hat; er wurde bekanntlich von Leydig 1857 in Langenargen am Bodensee im Magen der Blaufelchen entdeckt und diese Entdeckungsgeschichte enthält zugleich einen Hinweis auf die Bedeutung und Wichtigkeit des merkwürdigen Tieres, welches die Hauptnahrung der Blaufelchen bildet. Seit dieser Zeit ist B/jfhotreplies longimanus als Bewohner einer Reihe grösserer Seen Oberitaliens, der Schweiz und Deutschlands aufgefunden worden , während ihn in Schweden und Norwegen eine nahe ver- wandte Art vertritt. In Deutschland wird er für den Süden aus dem Bodensee und Starnberger See angegeben^, im Norden fand ihn ' Leunis-Ludwig, Synopsis der Thierkunde. Bd. II. 1886. p. 723. Ausser dieser einen Notiz fand icTi in der Litteratur keinen weitereu Hinweis auf das — cv — Zachaeias ^ im Müritzsee und Labenzsee bei Deutsch-Eylau in West- preussen, Weltner '^ im Werbelliner See bei Berlin. Für Württemberg ist bis jetzt der Bodensee der einzige Fundort dieses fremdartigen Krusters geblieben ; er beansprucht Wasserbecken von einer gewissen Tiefe, da er sich für gewöhnlich, wie so viele pela- gische Tiere, bei Tag und Sonnenschein in grösserer Tiefe aufhält. Es kann jedoch diese Regel auch Ausnahmen erleiden, und Redner fing an einem heissen Junitag bei hellem Sonnenschein mehrere Dutzend BtjtJto- trephes ganz an der Oberfläche des Bodensees, nachdem stundenlanges Fischen in grösserer Tiefe resultatlos geblieben war ; auch Brandt, Imhof, Zachaeias, Weltnee haben schon darauf aufmerksam gemacht, dass sich ^^///«o^rep/ies gelegentlich auch bei Tag in nur geringer Tiefe findet. Wo Bijtliotrcphes vorkommt , wird man wohl nie umsonst nach einem zweiten, ebenfalls zu den Polyphemiden gehörigen, merkwürdigen Kruster, nach Leptodora KincUil Focke (= liyalina Lillj.) suchen ; frei- lich ist er nicht leicht zu sehen, denn trotz der Grösse eines Centi- meters entzieht sich das Tierchen, selbst wenn wir es in einem kleinen mit Wasser gefüllten Glas isoliert haben, fast völlig der Beobachtung, so absolut durchsichtig ist im Wasser der zarte Leib, Gleich Bi/iho- irephes ist Leptodora ein Tiefentier und findet sich besonders in tieferen Wasserbecken, doch ist die Verbreitung dieses Krusters ausgedehnter als die von Buthotrephes und er ist nicht auf grössere Seen beschränkt, wie ja auch der erste Fundort der Bremer Stadtgraben war, wo Kindt und Focke das auffallende Krebschen entdeckten. Als Bewohner des Bodensees ist Leptodora durch Weismann's klassische Arbeiten allgemein bekannt geworden und hat sich somit schon längst Heimatrecht in der württemberger Fauna erworben. Neu dagegen ist ein zweiter würt- tembergischer Fundort : der Olzreuther See bei Schussenried. Unter dem reichen Material, welches Herr Oberförster Frank, dem Sammeln Vorkommen A%s Bythotreplies im Starnberger See. Herr Prof. Ludwig hatte die Güte, auf meine diesbezügliche Anfrage zu erwidern, dass seine Angabe wahr- scheinlich auf mündlicher Mitteilung von Prof. Spangenberg beruhe. lu der That hat Herr Prof. Spange üb erg, dem ich für die tremidliche Bereitwilligkeit, mit welcher er mir seine Notizen zur Verfügung stellte, auch hier meinen vei- biudlichsten Dank ausspreche , den seltenen Kruster mehrfacli im Starnberger (=: Würm-) See bei München gefunden, so z. B. am 22. Oktober und 11. No- vember 1877. Auch bei der von Forel geleiteten, anlässlicb der Münchener Naturforscherversammlung ausgeführten Exkursion nach Tutziug am Starnberger See ist, wie Spangenberg sich zu erinnern glaubt, Bytliotrephes gefunden wor- den; Forel erwähnt bei seiner Besprechung der Exkursion (cf. Neue Denkschriften d. allgeni. Schweiz. Gesellsch. für die ges. Naturwissenschaften Bd. 29. 1885. p. 21G) jedoch nichts hiervon. Li jedem Fall ist auf Grund obiger richtiger An- gabe in Leunis -Ludwig die Bemerkung AVeltner' s, dass in Deutschland zuerst Zacharias durch seine Funde in den oben erwähnten Seen den Bijtho- trephes nachgewiesen habe, zu korrigieren. Der erste Fundort ist der Bodensee. Aber selbst wenn wir daraiif verzichten wollten, diesen, unser „Schwäbisches Meer", als deutschen See zu reklamieren, so kommt dann die Priorität des Nach- weises des Bi/thotrephes in Deutschland Spangenberg zu. ^ Zool. Anzeiger. .Jahrg. X. 1887 und Schriften der naturf. Gesellsch. Danzig. N. F. Bd. VI. Heft 4. - Sitz.-Ber. d. Gesellsch. naturforsch. Freunde. Berlin 1888. — CVT — der Mikrofauna dieses Sees mit gleichem Eifer und gleichem Erfolg obliegend, wie dem Nachweis der Spuren des prähistorischen Menschen, im Laufe des vergangenen Jahres an die Sammlung einzusenden die Güte hatte, befindet sich auch eine am G. August 1892 mit dem pelagischen Netz gefischte Probe, in welcher der Redner eine Anzahl Lepfoäont auffand. Der Olzreuther See besitzt nach gütiger Mitteilung des Herrn Oberförster Frank eine Maximaltiefe von 8 m. Die dritte Gattung der merkwürdigen Polyphemiden, deren cha- rakteristische und bei den einzelnen Gattungen so differente äussere Erscheinung an Abbildungen erläutert wurde, ist Poli/phenms mit der Art iicdicnlns de Gebe. Gegenüber seinen Verwandten ist Pohiphemvs ein kleines Tier. Während Biitliofreplies und Leptodora langgestreckte, schlanke Gestalten sind, erscheint FoJuphemiis als ein kleines, buckliges Krebschen, Sein Aufenthaltsort ist nicht die freie Wasserfläche, die Heimat seiner Verwandten, sondern seichtere Ufer und Ausflüsse grös- serer Wasserbecken. Schädler^ führt für diesen Kruster als württem- berger Fundort Cannstatt an ; er ist hierzu veranlasst worden durch die Etikette des im zoologischen Institut der Universität Tübingen auf- bewahrten Glases mit den Originalexemplaren Leydig's, welches er sich behufs näherer Untersuchung erbeten hatte. Zweifellos liegt hier ein Irrtum vor; Leydig ^ selbst nennt als Fundorte den Alpsee bei Immen- stadt und einen kleinen Weiher bei Maiseistein, beide Orte in Bayern gelegen. Das erwähnte Originalglas nun , dessen Zusendung Ftedner der Güte des Herrn Prof. Dr. Eimer in Tübingen verdankt, trägt aller- dings als Fundortsbezeichnung Cannstatt, aber die Silbe Cann ist aus- gestrichen und mit Bleistift Immen darüber geschrieben, so dass ,, Cann- statt" sicher ein lapsus calami ist. Zwar ist als sicher anzunehmen, dass sich Vnlifpliemus an manchen Orten Württembergs finden wird; bis jetzt jedoch ist er in der Sammlung nur aus dem Wildsee bei Wildbad im Schwarzwald vertreten, wo ihn Redner anlässlich einer am 22. Juni 1891 ausgeführten Exkursion in grosser Zahl fand. Eine eingehendere Besprechung widmete sodann der Vortragende den Süss Avassersch Wammen, die nur von wenigen beachtet wer- den und deshalb auch in unserer Sammlung bis jetzt spärlich vertreten sind. Über die Morphologie der Süsswasserschwämme einen kurzen Überblick gebend, erinnerte der Redner daran, dass sich die Süsswasser- schwämme in zwei Gruppen teilen, die Flnviafilis- und die Lacustris- Gruppe , deren jede mehrere gut charakterisierte Arten enthält; die IMöglichkeit einer raschen Bestimmung der deutschen Arten gewährt das von Wkltneb verfasste treffliche Kapitel über die Süsswasser- schwämme in dem bekannten Werk von Zachaeias: Tier- und Pflanzen- welt des Süsswassers. Ein sicheres Merkmal für die Unterscheidung der Arten geben bei den Süsswasserschwämmen bekanntermassen weniger die Form des Wachstums oder die Gestalt der Nadeln ab, als vielmehr die sog. Gem- mulae, runde, kleine Körperchen, in welche die Schwammmasse im Herbst ' Sitz.-Ber. cl. Gesellscli. natnrforsch. Freunde. Berlin. Jahrg. 1877, p. 232. ' Xatm'geschiclite der Daphuideu. 1860, p. 232. — CYII — zerfällt; als „Miasmeneier" verdächtigte einst eine Zeitungsnotiz die unschuldigen Dauerkeime, aus denen im Frühjahr der neue Schwamm- körper entsteht. Bei der Flitriatlüs-Gr\nßTße besitzen die Gemmulae eine aus einer oder mehreren Lagen bestehende Hülle ganz charakteristisch ge- stalteter Kieselkörper, der sog. Amphidisken, die die ungefähre Gestalt eines Fadenröllchens besitzen , indem zwei runde , meist gezackte Scheiben durch ein stabförmiges Mittelstück verbunden sind ; bei der iöatsfris-Gruppe sind die Kieselkörper der Gemmulae, wenn vorhan- den, gebogene, meist höckerige oder wenigstens rauhe Nadeln, die nie so regelmässig angeordnet sind wie die Amphidisken. Dass unsere schwäbischen Gewässer auch reich an Schwämmen sind, davon konnte sich Redner in der kurzen Spanne des vergangenen Jahres leicht über- zeugen, obwohl bisher nur wenige Wasserbecken auf Schwämme unter- sucht werden konnten. Aus der iacws^ns-Gruppe scheint ausser dem Teichschwamm selbst, EuspongiUa lacustris Lbk., die Art SpongiUa fragiJis Leidy weiter verbreitet zu sein. Redner fand diese für Württemberg bisher nicht aufgeführte Art im See des Lustschlosses Monrepos^ und im Aalkistensee bei Maulbronn ^; sie ist vortrefflich charakterisiert durch ihre Gemmulae und besonders durch deren Anordnung zu einer pflaster- förmigen Schicht am Grund des Schwammes. In seiner Dissertations- schrift über die deutschen Süsswasserschwämme ^ bildet Retzer, der übrigens die x\rt nur nach fremden Präparaten kannte und sie nicht selbst gefunden hat, diese charakteristischen Gemmulae ab; Retzer führt diesen Schwamm als contecta Null an, eine Bezeichnung, die sich später als synonym mit fragiUs Leidy herausgestellt hat. Aus der Fluviatilis- Gruppe ist neu für Württemberg Ephydatta Mülleri Lbk., vom Redner ^ Ein hier gefundenes grosses Exemplar enthielt eine g-rosse Anzahl von Milben; Herr F. Könike, dem ich dieselben sandte, hatte die grosse Freund- lichkeit, dieselben als Atax crassipes 0. F. Müll, zu bestimmen. Diese Art ge- hurt im übrigen zu den pelagisch vorkommenden Milben. - Die gleiche Art erhielt ich durch die Güte des Herrn Baron v. Lochn er- Hütte nbach von Lindau; an Muschelschalenfragnienteu sassen kleine in Gem- mulae zerfallene Kolonien au. Eiue andere, ebenfalls in Lindau gesammelte und freundlichst von Herrn Prof. Dr. 0. Kirchner in Hohenheim der Sammlimg überlassene Schwammmasse erwies sich als EitspongiUa lacustris Lbk. var. Lieher- küluiii NoLL. Von württemberger Teilen des Bodensees besitzt die Sammlung bis jetzt nur von einem Fundort einen Süsswasserschwamm, den Herr Prof. Klun- zinger die Freundlichkeit hatte, der Sammlung zu überweisen. Das Exemplar stammt von Friedrichshafen aus geringer Tiefe. Leider besitzt es keine Gem- mulae und ist deshalb nicht nälier zu bestimmen, doch gehört es, nach den son- stigen Merkmalen zu urteilen, wahrscheinlich zu Epli. ßui-iatilis Lbk.; eine individuelle Eigentümlichkeit ist es, dass ein sehr grosser Teil der Nadeln eine oder mehrere bhisige Auftreibungen zeigt. Die bekannte Frage, ob das häufig- genannte „Fischbrot" des Bodensees, welches vielfach direkt als Spongia friabilis bezeichnet wird, thatsächlich ein Schwamm ist, eine Frage, welche Weltner (Zacharias, Tier- und Pflanzenwelt. I. p. 223) zu verneinen geneigt ist, dürfte doch zu bejahen sein. Die Fischer des Bodensees wenigstens bezeichnen zufällig mit der Leine erbeutete Schwämme, wie mir auch Herr Prof. Klunziuger be- stätigt, als „Fischbrot". Hoffentlich ist es mir möglich, bei einer anderen Ge- legenheit auch über Schwämme des Bodensees, die auffallenderweise als Selten- heiten gelten, Näheres mitzuteilen. ^ Tübingen, Fues. 1883. — CVIII — in kleinen Exemplaren bisher im Bärensee bei Stuttgart aufgefunden. Die kleinen Kolonien fanden sich an Holzrinde ansitzend; dank dem Entgegenkonmien des Kgl. Hofjagdamts war der Besuch des Sees auch in den Wintermonaten möglich , zu welcher Zeit sich zahlreiche Gem- mulae an Rindenstücken fanden, von dem Schwammgewebe selbst aber kaum noch etwas zu sehen war. Ein wahres Eldorado für Süsswasserschwämme scheint der Aal- kistensee bei Maulbronn zu sein ; das Ablassen des Sees , wozu der Besitzer desselben, Herr W. Klenk in Malmsheim, die Freundlichkeit hatte, besonders einzuladen, bot die beste Gelegenheit, die Schwamm- fauna näher zu untersuchen. In dichtem Überzug überkleidete Spongilla fragilis das in den See hinein gebaute, jetzt vom Wasser blossgelegte Gebälk; die Schwammsubstanz war freilich meist verschwunden, aber als ununterbrochene Kruste überzogen die charakteristischen Gemmulaepflaster dieser Schwammart das Holzwerk. Zwischen den Schilfstengeln lenkten die Blicke auf sich zahlreiche, reich verzweigte, stattliche Exemplare von FAispongüla lacustris, zum Teil eine Höhe von 25 cm und einen Durchmesser von 23 cm erreichend; zur Zeit der Exkursion (2. November 1892) waren sie dicht erfüllt mit Gemmulae und es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass solche grosse Stöcke nicht das Wachstumsprodukt eines Jahres sind, sondern dass das Nadelgerüst auch im Winter erhalten bleibt, sich im Frühjahr wieder mit der aus den Gemmulae auskriechen- den Schwammmasse erfüllt und sich durch Wachstum weiter vergrössert. Auch die Schilfstengel selbst waren in grosser Anzahl dick umwuchert von Schwämmen und häufig waren nebeneinander stehende Schilfrohre durch von Stengel zu Stengel gewachsene Schwammmasse verbunden. Hier trat Epliydatia flnviatUis in den Vordergrund, aber auch die anderen beiden schon genannten Arten fanden sich häufig an den Schilfstengeln und Redner konnte einen Schilfstongel vorzeigen, in dessen Besitz sich alle drei Arten teilten. Durchweg war an diesem Stück Gemmulation eingetreten und der ganze Stengel zeigte sich dicht bedeckt mit Gem- mulae, eine treffliche Gelegenheit, die bei diesem unmittelbaren Nebeneinander auch makroskopisch leicht unterscheidbaren Gemmulae zu vergleichen. Den Löwenanteil beanspruchte EuspongiUa lacnstris, deren gelbbraune Gemmulae sofort in die AvTgen fielen ; scheinbar nackte Stellen des Stengels zeigten sich bei näherem Zusehen über- zogen von den tiefbraunen Gemmiilaepflastern der Sp. fragUls und in kleinen Partien hatte sich Eph. fluvkiUlls angesiedelt, scharf ab- gegrenzt von lacustris und leicht erkennbar an dem noch vorhandenen zarten niedrigen Nadelgerüst, in dessen Tiefe die gelben Gemmulae lagen, die an Grösse denen von lacustris nachstehen. Eine ausserordentlich reiche Ausbeute an Schwämmen bietet auch der Obersee bei Kisslegg , von welchem Herr Prof. Spoeek die Samm- lung mit zahlreichen Exemplaren zu versorgen die Güte hatte ; auch hier ist in stattlichen, reich verzweigten Exemplaren Etisp. lacustris ver- treten; in gleicher Häufigkeit finden sich dicke Schwammmassen an Schilfstengeln knollenförmig angesiedelt, deren sichere Artbestimmung Redner noch nicht möglich war, da bis jetzt keine Gemmulae an den — CIX — zahlreichen Exemplaren gefunden wurden, während zu gleicher Zeit gesammelte verzweigte irt«/,sfr/.s-Exemplare dick mit Gemmulae erfüllt waren. Der Fall, dass Schwammkolonien den Winter ohne Gemmula- tion verbringen, ist zwar jedenfalls sehr selten, aber doch schon mehr- fach beobachtet worden. Weltner giebt in seinem schon erwähnten Schwammartikel in Zachaeias' Sammelwerk hierfür die bisher bekannten Beispiele an (p. 202) ; nach seinen bisherigen Beobachtungen käme in unserer Zone nur bei Epli. fluviaüUs die Überwinterung des Weichteils vor: die aus dem Obersee stammenden Exemplare gehören jedoch nicht der FJuviatilis-Gxniii^e an, sondern der iacMS^m- Gruppe, wenngleich, wie erwähnt, die Art noch nicht sicher festzustellen ist. Am Schluss seines Vortrags richtete Redner an die Anwesenden die Bitte, ihr Augenmerk auch auf die Mikrofauna unserer Gewässer richten und ihn durch Zusendung von Untersuchungsmaterial unter- stützen zu wollen^. Sitzung vom 8. Dezember 1892. Professor Dr. Lampeet teilte zunächst mit, dass am Sonntag die Versammlung des Schwarzwald-Zweigvereins für vaterländische Natur- kunde in Tübingen stattfindet, und lud im Namen von Professor Dr. Eimer in Tübingen zu zahlreichem Besuche derselben ein. Sodann hielt Sanitätsrat Dr. Steudel den angekündigten Vor- trag: ,, Vorzeigen eines abnorm gewachsenen Nilpferd- Zahnes mit odontologischen Erläuterungen." Durch den Aufenthalt eines meiner Söhne als Schutztruppenarzt in Deutsch-Ostafrika sind mir in den letzten 1^2 Jahren eine Anzahl zoologischer und ethnologischer Gegenstände zugekommen und darunter ein Nilpferd-Stosszahn, der wohl verdient, in unserem Kreise vorgeführt zu werden wegen seines abnormen Längenwachstums und seiner un- gewöhnlichen Form. Ehe ich Ihnen denselben zur Cirkulation überreiche, halte ich es für passend, einige Abschnitte der Odontologie der Säugetiere ins Ge- dächtnis zurückzurufen. Neben ihrer eigentlichen Funktion der Zerkleinerung der Nahrung dienen die Zähne ihrem Träger oft auch als Waffen und der Umstand der un- gemeinen Wichtigkeit ihrer Funktion lässt es sehr begreiflich erscheinen, dass ihre Form und Grösse, Anzahl und Verteilung im Gebiss ganz innig mit der Lebensweise ihrer Träger zusammenhängt und deshalb sehr grosse Bedeutung in der Systematologie der jetzt lebenden und noch mehr der fossilen Tiere besitzt. Man unterscheidet beim Menschen Schneidezähne, Dentes incisivi, Eck- oder Hundszähne, Dentes canini, vordere oder wechselnde Back- ^ Bei Abschluss der Korrektur kommt mir der Prospekt der ..Forschuugs- bericbte aus der biologischen Station zu Plön" von Dr. 0. Zacbarias zu, dem zu entnehmen ist, dass Bytliotrephes auch im grossen Plöuer See in Ostbolstein vorkommt, an welchem Ort es bekanntlich Zacbarias gelang, die glückliche Idee einer lacustriscben zoolooiscben Station zu realisieren. - ex — zahne, Dentes praeraolares, und hintere oder bleibende Backzähne (auch Mahlzähne), Dentes molares, und zur Bezeichnung des menschlichen Ge- , . _ T , , . , 2 i 1 c 2 p 3 m , . , . bisses ist die rorm gebräuchlich: -^ -^ „ ^j wobei nur die eine 8eite (rechts oder links) geschrieben wird; oben stehen die Zähne des Oberkiefers, unten die des Unterkiefers, die Zahl sämtlicher Zähne (links und rechts) ist natürlich doppelt so gross. In ganz ähnlicher Form sind die Gebisse sämtlicher Tiergattungen gebildet, wobei öfters wesent- liche Unterschiede im Ober- und Unterkiefer sich ergeben. Ausser der angegebenen Bezeichnung , welche auf den Sitz der Zähne im Kiefer und die Zahnform Wert legt, kommen aber noch andere Unterschiede der Zähne vor, nämlich die Dauer und die Zeit der Entstehung der- selben während des Lebens. Die einen Zähne sind nur für eine be- schränkte Zeitdauer bestimmt und fallen aus, werden aber durch andere, dieselbe Stelle einnehmende Zähne ersetzt; die anderen sind fürs ganze Leben des Individuums bestimmt. Man unterscheidet in dieser Rich- tung: Milchzähne und bleibende Zähne. Die Dentes incisivi, canini und praemolares sind zuerst Milchzähne, ihre nachfolgenden Ersatzzähne und die Dentes molares sind bleibende Zähne beim Menschen. Ab- weichungen kommen bei den verschiedenen Tierklassen selbstverständ- lich vor. Alle Zähne entstehen durch Zahnkeime, welche morphologisch als Einstülpungen der Haut oder Schleimhaut zu betrachten sind und welche das ganze Material des Zahnes liefern, auch den fertigen Zahn er- nähren. Nach dem Ausfallen eines Milchzahnes kommt ein bisher unthätig gewesener zweiter Zahnkeim (oft auch eine Ausstülpung des ersten Zahn- keims) zur Entwickelung und bildet den ersetzenden bleibenden Zahn. Prof. Owen machte darauf aufmerksam, dass diejenigen Säuge- tiere, deren Zähne sämtlich von ein und derselben Form sind, und die er deshalb Homodonten nennt, nur einmal Zähne bekommen, und be- zeichnete sie hiernach als Monophyodonten , während die Säugetiere mit verschiedenen Zahnformen, nämlich die Heterodonten, zweimal Zähne bekommen (Milch- und bleibende Zähne), und von ihm aus letzterem Grunde Diphyodonten benannt werden. Indessen ist diese Regel durch- aus nicht ohne Ausnahmen. So hat Tatusia pebu (der Ogürtelige Tatu) ganz gleiche Zähne, ist also bei den Homodonten, und doch hat er Milchzähne, die erst nach vollendetem Wachstum ausfallen und ergänzt werden. Wahre Homodonten sind Gürteltiere , Faultiere , Cetaceen. Unter den Heterodonten besitzen viele Nagetiere, wie z. B. die Ratten, keine Milchzähne. Bei den Beuteltieren findet sich nur ein Milch- molaris jederseits, wird aber stets durch den dritten Praemolaris ersetzt, und dieser ist bei den verschiedenen Gattungen von sehr verschiedener Form, bei den einen rudimentär, bei anderen ungewöhnlich gross. So Hessen sich noch manche Unregelmässigkeiten bei den verschiedenen Säugetierklassen anführen. Doch ist es jetzt noch am Platz, etwas über das Wachstum der Zähne und ihre Entwickelung zu sagen. Die Zahnkeime sind in der Regel nach oben offene Säckchen, welche zuerst die Spitze des Zahnes und die ganze Krone bilden, zuletzt die Wurzel; mit der Bildung der — CXI — unteren Teile werden die oberen vorgeschoben und nach vollendeter Ausbildung des Zahnes ist unten nur ein kleines Restchen vorhanden, durch welches die den Zahn ernährenden Blutgefässe und Nerven hin- durchgehen, um in einem engen Kanal der Zahnwurzeln verlaufend im Körper des Zahnes sich auszubreiten. So ist es in der Regel, und nach der Ausbildung des Zahnes mit seiner vielfachen oder mehrfachen Wurzel hört die Funktion des Zahnkeimes auf, er bildet keine weitere Zahnsubstanz (Cement, Dentin und Schmelz) mehr aus und der Dauer- zahn wie der Milchzahn ist fertig. Aber es giebt auch hier Ausnah- men : es giebt Zahnkeime , welche nicht nur nicht verkümmern und ihre Funktion einbüssen, sondern welche fortwährend den Zahn weiter- bauen, die Substanz immer neu liefernd und vorschiebend, und welche gar keine Zahnwurzel bilden, sondern die röhrenförmige Krone mit dem Wachstum des Trägers grösser und dicker anlegen, dabei selbst wach- send und weiter werdend, oder sich wenigstens gleich bleibend. Diese Zahnkeime liefern also Zähne mit unbeschränktem Wachs- tum und zwar wurzellose Zähne. Der untere röhrige Teil dieser Zähne steckt in einer Alveole des Kiefers, wie die Wurzeln der anderen Zähne mit beschränktem Wachstum , und man hat in dieser besprochenen Richtung also wieder zweierlei Arten von Zähne, nämlich Wurzelzähne mit beschränktem Wachstum und wurzellose, unbeschränkt fortwach- sende Zähne. Diese Zähne, die ja nicht wieder ersetzt werden, son- dern ein für allemal bestehen und wachsen , gehören also eigentlich zu den Zähnen der Monophyodonten, es sind monophyotische Zähne. Sie sind aber keineswegs in ihrem Vorkommen auf die sog. Monophyo- donten beschränkt und kommen bei sehr verschiedenen Ordnungen der Säugetiere vor. Solche wurzellose Zähne sind z. B. die inneren Schneide- zähne der Nager, die Hauer der Schweine, die Stosszähne der Ele- fanten und des Mammut, die oberen Hundszähne des Moschustieres etc. Die wurzellosen Zähne mit unbeschränktem Wachstum sind aber nicht immer zu unbegrenzter Verlängerung bestimmt, sondern bei einem grossen Teil sind ihre physiologischen Funktionen selbst schon derartig, dass ihrem Wachstum ganz bestimmte Grenzen gesetzt sind. Dies ist z. B. der Fall bei den inneren Schneidezähnen vieler Nagetiere, welche zwar fortwährend wachsen, aber so gestellt sind, dass die Spitzen der oberen mit den Spitzen der unteren zusammentreffen beim Kauen oder Nagen, und so schleifen sich diese Spitzen gegenseitig ab, indem glatte Schliffflächen bei beiden entstehen, welche den Zahn schief durchsetzen. Dadurch werden diese Zähne in gegebener Zeit an den Spitzen ebensoviel kürzer, als der Zuwachs von der Zahnalveole aus in der gleichen Zeit beträgt. Einen Übergang von der diphyotischen Wurzelform oder eine Rückbildung in die als ursprünglich angenommene monophyotische Form hat man bei den Backzähnen der Elefanten und Pferde nachgewiesen, welche sekundär durch verlängertes Wachstum der Krone und Reduk- tion der spät abschliessenden und kurz bleibenden Wurzel zu fort- wachsenden wurzellosen Zähnen werden können. Auch hier wird durch Abschleifen der Kaufläche dem Übermass des Längenwachstums ein physiologisches Hindernis bereitet. — CXII — Ganz besonders reich an wurzellosen Zähnen ist das Nilpferd, Hippopotarmis (onphibius, es besitzt in jedem Kiefer 4 Schneide- und 2 Eck- oder Hundszähne und 12 Backzähne; nur die letzteren sind Wurzelzähne, die Schneide- und Hundszähne sind wurzellos und daher fortwährend wachsend. Doch sieht man schon an der Dicken- und Längendimension, dass die unteren Eckzähne das üppigste Wachstum zeigen , die oberen werden kurz nach ihrem Austritt aus der Alveole abgeschliffen, die inneren Schneidezähne, besonders am Unterkiefer, treten weit aus der Alveole hervor, weniger weit die dünneren äusse- ren. An der seitlichen Lage unterhalb der Spitze und geringen Grösse der abgeschliffenen Fläche der Schneidezähne ist zu erkennen , dass das Wachstum dieser Zähne überhaupt ein langsames und beschränk- teres bleibt als bei den Hundszähnen, und es ist auch anzunehmen, dass ein gleichmässiges Abschleifen der Spitzen der Schneidezähne ausserdem noch durch den Gebrauch derselben bei der Nahrung be- wirkt wird, indem diese Tiere die im Wasser wachsenden Pflanzen und wohl auch in tiefem Grunde liegende Wurzeln und kriechende Stämme aufsuchen , aus dem Boden herauszerren und graben und dann zer- kauen. Sand, Steine und Erde müssen bei dieser Funktion vielfältig an den Zähnen, besonders den Spitzen derselben, reiben und diese in gleichraässiger Weise abschleifen , während die eigentliche Kauarbeit den bewurzelten Backzähnen überlassen bleibt. Bei den dicken schnell- wachsenden Hundszähnen ist die gegenseitige Abschleifung das Haupt- moment, während die gleichmässige Polierung der Spitze zwar auch auf der Vorderseite der unteren sichtbar ist, aber offenbar als Faktor der Abkürzung dieser sog. Stosszähne ^ nicht in Rechnung kommt. Die zur Mundhöhle herauswachsenden Zähne, wie die Stosszähne der Elefanten, die Hauer der Eber und andere, werden nur etwa durch Zufälle und Verletzungen, nicht aber durch den täglichen physio- logischen Gebrauch in ihrem Wachstum gehemmt, sie wachsen immer fort und bilden durch ihre Länge und Dicke gute Kennzeichen für das Alter ihres Trägers. Es ist ein physiologischer Zweck der Stosszähne des Elefanten und Mammut und mehrerer anderer wurzellosen Zähne nicht bekannt. Dieselben werden Avohl vielleicht manchmal als Waffen gebraucht wer- den, Aviewohl diese grossen Tiere selten von anderen Tieren angegriffen werden mögen , auch werden sie bei besonderen Zufällen als Hebel dienen , um Hindernisse aus dem Weg zu räumen ; doch sind diese Arten des Gebrauchs wohl nur selten und zufällig. Ausserdem ist die Dimension dieser Zähne beim Elefanten und mehreren anderen Tieren aus anderen Ordnungen sehr verschieden bei beiden Geschlechtern, in- dem sie bei den Weibchen kleiner bleiben oder ganz fehlen. Beim Mammut wachsen sie zu ganz ungeheueren Dimensionen aus, und zwar in stark gebogener Form, so dass sie sich fast zu einem Kreis zu- sammenschliessen. Da ist nun gar nicht einzusehen, dass sie ihrem ^ Obwohl sonst nm" solche wm'zcllose Zähne Stosszähne genannt werden, welche aus der geschlossenen Mundhöhle ihres Trägers hervorragen, so ist dieser Name bei den unteren Eckzähnen der Nilpferde doch allgemein üblich. — CXIII — Träger zu irgend etwas nützlich sein sollten, vielmehr muss man an- nehmen , dass diese riesigen und sehr schweren Anhängsel eher die Bewegungen des Tieres erschweren müssen, wie dieses auch sehr wahr- scheinlich bei den ungeheuer grossen Geweihen des fossilen Riesenhirsches {Megaceros Owen) der Fall gewesen sein mag. Ganz entschieden schädlich für das Leben und Gedeihen ihres Trägers werden die wurzellosen Zähne, welche zum Zerkleinern und Vorbereitung der Nahrung bestimmt und durch gegenseitiges Abschleifen in bestimmten Grenzen des Längenwachstums eingeschränkt sind, in den Fällen , wo sie aus besonderen Gründen nicht mehr abgeschliffen werden und deshalb ohne Kürzung beständig fortwachsen. Diese Zähne erreichen dann bald eine Länge, welche der Ernährung des betreffen- den Tieres Schwierigkeiten bereitet, ja dieselbe schliesslich unmöglich macht. Dies ist z. B. der Fall bei vielen Nagetieren, wie Hasen und Eichhörnchen, und tritt ein, wenn von zwei gegenüberstehenden und sich gegenseitig abschleifenden Zähnen der eine durch eine Verletzung (Schrotschuss und dergleichen) abgebrochen wird oder ganz zu Grunde geht. Dann wächst der andere ungehindert fort, und zwar in derselben Richtung und Biegung, die ihm von der Alveole aus schon angewiesen ist, d.h. in einem vom Kiefer aus bogenartig nach vorn gerichteten und wieder nach hinten zurückkehrenden Kreisabschnitt, welcher schliesslich wieder bis zur Öffnung der Alveole zurückkehrt. Solche Tiere können bei einer gewissen Grösse des Zahnes den Mund nicht mehr schliessen, die anderen Zähne sind hierdurch ebenfalls an ihrer Funktion gehindert, und die Tiere gehen schliesslich wegen ungenügender Nahrung zu Grunde oder fallen schon früher in ihrem geschwächten Zustande ihren Feinden zur Beute. Sie können hier durch die Güte des Vorstands der zoologischen Abteilung des Naturalienkabinets 3 solche abnorm gewachsene Zähne von Nagetieren an den betreffenden präparierten Schädeln sehen, von denen der eine einen fast vollständigen Kreis bildet, welcher sich in die Mundhöhle erstreckt und beide Kiefer weit auseinander hält. Seltener mag der Fall vorkommen, dass aus irgendwelchem Grunde ein solcher wurzelloser Zahn eine falsche Wachstumsrichtung annimmt, und dass dadurch das Abschleifen der Spitze verhindert wird. Ein Beispiel dieser Art habe ich mir erlaubt, Ihnen heute vor- zulegen. Es ist ein unterer Hundszahn eines Nilpferdes, welcher wohl vor Jahren in der Alveole abgebrochen, aber wieder angeheilt ist. Die Richtung des Zahnes aber hat sich durch die kleine Verschiebung, welche der Zahn beim Anheilen erlitten hat (dislocatio ad axin), so verändert, dass die Spitze desselben an seinem oberen Gegenüber seit- lich vorbeigewachsen ist, so dass er nicht mehr abgeschliffen wurde. Der Zahn ist nun in einer etwas abweichenden, der Schraubenform sich nähernden Richtung vorbeigewachsen und hat so eine für Nilpferd- stosszähne ganz ungehörige Länge erreicht. An einer Stelle, welche jetzt gegen 15 cm vom Alveolarrand entfernt liegt, ist deutlich eine ringförmige Callusmasse zu sehen, welche an einer Seite viel dicker oder breiter erscheint, als an der anderen. Von diesem Callus, der die Stelle des früheren Bruches darstellt, nach der Peripherie ist die Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Maturkunde in Württ. 1893. h — CXIV — Richtungsänderung der Achse ganz deutlich zu erkennen, und bei Ver- gleichung der bei diesen Zähnen ungleich breiten Seitenflächen mit Stosszähnen, die noch im Kiefer stecken, ist zu entnehmen, dass die Richtung des Wachstums nach aussen abgewichen und dass der Zahn der linke untere Stosszahn ist. Bei der Betrachtung dieses Zahnes fällt der Mangel der sonst bei gleich dicken Nilpferdstosszähnen 18 cm langen abgeschliffenen Fläche an der konkaven Seite unter der Spitze auf. Herr Dr. Eberhard Fraas glaubt sicher annehmen zu können, dass das gleiche Ereignis, welches den Bruch des Zahnes in seiner Alveole herbeigeführt hat, auch die Spitze des Zahnes mit seiner gan- zen Schleiffläche abgebrochen habe. Es würde also , wenn letzteres nicht eingetreten wäre, der Zahn noch um ca. 18 cm länger sein. Die .Spitze bildet jetzt eine stumpfkantige Kuppe, aus mehreren ungleich grossen und ungleich geformten Flächen zusammengesetzt. Der Zahn ist offenbar nach dem erwähnten Ereignis noch viele Jahre gewachsen, leider fehlt za einer vollkommenen Würdigung der individuellen Ver- hältnisse der Schädel , in welchem der Zahn steckte. Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass von der Alveole des Zahnes und dem die- selbe bergenden Unterkiefer auch wohl ein Stück abgebrochen war, denn das durch eine scharf begrenzte dunkle Farbe erkennbare Stück des Anfangs vom Zahn, das zur Zeit des Todes noch in der Alveole verborgen war, ist viel kürzer als die Alveolenlänge viel jüngerer Tiere. Es beträgt nämlich nur 9 cm. Die ganze jetzige Länge des Zahnes, auf der konvexen Seite gemessen, ist 88 cm, die direkte Luftentfernung der Spitze von der Anfangskante ist 42 cm, fast genau in der Mitte ist die Bruchstelle mit dem Callus, der Umfang des Zahnes misst unten 20, an der Bruchstelle 19 und unter der Spitze 18 cm. Beim grössten der von meinem Sohne geschickten Nilpferdstosszähne sind die Zahlen folgende : Länge der Konvexität 70 , der direkten Luft- entfernung beider Enden 30, des Umfanges unten 20,5, oben dicht unter Abschleif stelle 19,5, Länge der abgeschliffenen Stelle 18,5 cm. Dieser Zahn war also dicker und gehörte ohne Zweifel einem grösseren und älteren Individuum an als der abgebrochene Zahn. Es ist wohl einzusehen, dass ein Abschleifen des mit veränderter Richtung nach aussen gewachsenen Zahnes durch den gegenüberliegen- den Oberkieferzahn nicht möglich war, und es ist sehr schade, dass zur vollkommenen Einsicht der durch das Abbrechen geschaffenen Ver- änderungen der ganze Schädel mit den anderen Zähnen fehlt. Jeden- falls ist mit Bestimmtheit anzunehmen, dass der vorliegende krankhaft verlängerte Zahn im Innern der Nilpferdmundhöhle nicht mehr geborgen werden konnte, sondern zum Teil aus derselben herausragte. Dies konnte aber keinen so schädlichen Einfluss auf die Ernährung haben, wie bei den oben erwähnten Hasenzähnen. Über andere vorgezeigte Abnormitäten des Wachstums wurzel- loser Zähne, von denen sehr bemerkenswerte Beispiele aus der hiesigen zoologischen Staatssammlung vorgezeigt wurden, zu berichten, will ich den betreffenden Herren überlassen, welche dieselben bei der dem Vor- trag folgenden Diskussion besprochen haben. — cxv — In der sich anschliessenden lebhaften Diskussion erwähnte zu- nächst Dr. Eb. Fbaas ähnliche palaeontologische Funde und weist hin auf das Wuchern der Zähne, wobei der Zahn jeden Wert als solcher verliert ; Beispiele hierfür sind der Säbeltiger, das Mammut, der Hirsch- eber; nach der geistvollen Hypothese von Prof. Döderlein (Strassburg) ist dies zu erklären durch das Erblichwerden der Tendenz, ein Organ nach einer gewissen Richtung hin auszubilden, ohne dass ein Nutzen für das Tier damit verbunden ist. Prof. Dr. Süssdoef lenkt an einem der aufgestellten Flusspferdschädel die Aufmerksamkeit auf eine Zahn- anomalie, bei welcher es sich statt um Bildung eines grossen Zahnes um die Entstehung einer Anzahl kleinerer Zähne handelt. Prof. Dr. Lam- PEKT erwähnt, dass nach den Berichten von 0. Finsch bei den Südsee- völkern als kostbarster Schmuck völlig kreisrunde Eberhauer gelten, die die Eingeborenen dadurch zu gewinnen wissen, dass sie den Ebern in der Jugend den dem unteren Eckzahn entgegenstehenden oberen Hauer ausbrechen, wodurch der untere in gleichmässiger Krümmung wachsen kann. Forstreferendär Graf Schelee führt Beispiele an von der zwischen Geweihbildung und Entwickelung der Eckzähne bei den Hirsch- arten stattfindenden Wechselbeziehung, wozu Medizinalrat Dr. Hedinger auf die Sammlung in Tharandt hinweist, die für alle einschlägigen Fragen das reichste Material enthalte. Nach Abschluss dieser Diskussion zeigt Präparator Chr. Merkle von hier eine lebende Springmaus vor, die durch ihre originelle Erscheinung allgemeines Interesse erregt; die verschiedenen Arten auf die alte Welt beschränkter Springmäuse, echte Steppen- und Wüsten- tiere, sind ausgezeichnet durch ihre ungewöhnlich verlängerten Hinter- beine, ihre dadurch bedingte grosse Springfertigkeit und die sehr starke Reduktion der Vorderfüsse, die beim Gehen und Springen in gar keiner Weise benutzt werden. Als weiterer Redner des stoffreichen Abends gab zunächst Medi- zinalrat Dr. Hedinger ein Referat über die jüngst erschienene wich- tigere geologisch-palaeontologische Litteratur. Aus diesem ist hervor- gehoben: Gaudey, Über die Analogien in dem Entwick elungs- gang der fossilen Säugetiere auf dem alten und neuen Kontinent, und : Über die verschiedenen Typen unter den Ordnungen und Familien der fossilen Tiere, wobei er inter- essante Übergänge von den wirbellosen zu bestimmten Wirbeltier- ordnungen, z. B. Fischen und Amphibien, konstatiert. — In der sekun- dären Periode hatten in Amerika wie in Europa die Vögel Zähne. Der Archaeopteryx des deutschen Jura zeigt ein weniger vorgeschrittenes Entwick elungsstadium als die bezahnten Vögel der Kreide von Kansas, Hesperornis und IcMJii/ornis. — In Europa wie in Amerika leben die ältesten Säugetiere in der Triasperiode. Ebenso haben die See- und Festlandsäugetiere ihre höchste Entwickelung im Tertiär. In gleicher Weise gab es im unteren Eocän weder Wiederkäuer noch Einhufer, noch Proboscidier, noch Affen (in Südamerika allerdings hat Ameghino im Eocän von Patagonien (7e&i(S- ähnliche Affen konstatiert). Ahnliches h* — CXVI — gilt vom Menschen , wenn uns der gleiche Forscher nicht noch mit einem sicher konstatierten tertiären Menschen überrascht. — Auf bei- den Seiten des Atlantischen Oceans hatten die Stammeltern unserer "Wiederkäuer noch keine Hörner oder Geweihe. Auch die Entwickelung der Zähne der Säugetiere scheint ziemlich die gleiche gewesen zu sein. — Aus diesen und noch vielen anderen Analogien resultiert schon das eine wichtige Faktum, dass die Tiere der beiden Hemisphären miteinan- der kommunizierten und von einander abstammten. Doch meint Gaudry, die Wanderungen erklären nicht alle Verschiedenheiten oder Ähnlich- keiten in verschiedenen Ländern. Es existiere hier noch ein ? Übrigens muss man eben dann statt der raschen und durchgreifenden Verände- rungen der früheren geologischen Zeitalter langsamere, weniger eingrei- fendere der späteren annehmen. — Gaudby weiss sich ferner das Ver- schwinden so vieler Tiere in allen Ländern in fast gleichen geologischen Zeitperioden nicht zu erklären, die aber in verschiedenep Ländern ja verschieden lang gedauert haben. Über diese Dinge wird uns gewiss Afrika seiner Zeit noch aufklären. Auch wissen wir bis jetzt zu wenig Sicheres von dem Klima gewisser früherer Perioden. Und Gaudrt scheint ausserdem mit den gewaltigen Zeiträumen zu wenig zu rechnen. Nach kurzer Besprechung der interessanten Arbeiten von Skufos : Die stratigraphische Stellung der Partnach- und der sog. unteren Cardita-Schichten in Nordtirol und den bayrischen Alpen, von WöHKMANN und Koken : Die Fauna der Raibler schichten vom Schiernplateau schliesstRef. mit einer Recension des Dr. E. Fraas'- schen Buches: Scenerie der Alpen, das als Führer und Nach- schlagebuch für geologische Wanderer in den Alpen empfohlen wird. Die vielen Profile erleichtern das Verständnis und es ist zu hoffen, dass eine neue Auflage noch durch eine genaue geologische Karte be- reichert werde. Hierauf sprach derselbe über den Massen v o gelfang im Süden. Zwanzig Jahre und darüber sind vergangen, seit erstmals im Verein der Vogelfreunde der Vogelschutz angeregt wurde, und zwar wurde ich in einer der ersten Versammlungen des neugegründeten Vereins über den Vogelschutz und die dazu nötigen Massregeln zu sprechen ein- geladen. Meinen damaligen Vortrag habe ich dem württembergischen Tierschutzverein auf Wunsch zum Drucke überlassen. Wie Sie wissen, ist seither vieles geschrieben, gesprochen, verhandelt worden in Ver- einen, Versammlungen, Parlamenten, ja im deutschen Reichstag selbst. Auch bei uns wurde ein Gesetz geschaffen, bei dessen Entwurf meine Wenigkeit mitzuwirken die Ehre hatte. Dasselbe wurde vor zwei Jahren revidiert, nachdem unterdessen ein Reichsvogelschutzgesetz erlassen war; und wir dürfen getrost sagen, dass unser württembergisches Gesetz das beste im Deutschen Reiche ist. Fragen wir aber im grossen und gan- zen nach den internationalen Resultaten, so müssen wir das Haupt schütteln. — Auch anderwärts sind Decennien vergangen, seit gute Gesetze zum Schutze der für die Bodenkultur nützlichen Vögel ent- standen, ja im Jahre 1875 wurde zwischen Italien und Österreich ein Übereinkommen zu diesem Zwecke geschlossen. Dieser Vertrag setzt — CXVII — eine Reihe von Massnahmen fest, welche als das Mindeste bezeichnet wurden, was beide Staaten zu leisten haben. Daneben besteht noch ein eigenes Tiroler Landesgesetz zum Schutze der Vögel (Gesetz vom 30. April 1870). Und wie wurden und werden diese Gesetze und Ver- träge ausgeführt? Die beste Antwort darauf giebt der langjährige Leiter und derzeitige Ehrenpräsident des Wiener Tierschutzvereines , Propst Landsteineb, auf dem internationalen Tierschutzkongress in Dresden 1889, wenn er sagt: ,,Der Vertrag besteht nur auf dem Papier; in Wirklichkeit wird er nach keiner Richtung hin ausgeführt, am aller- wenigsten in Italien." — Die Richtigkeit dieser Behauptung kann nicht besser illustriert werden als durch den Umstand, dass in Öster- reich noch immer das Landesgesetz von 1870 unverändert zu Kraft besteht, obschon es in vielen Punkten jenem Übereinkommen direkt widerspricht. Abgesehen nun von diesem Vertrag, welcher keinen Vogel- jäger diesseits oder jenseits der Alpen stört, ist aber jenes ,, Vogelschutz- gesetz" durchaus ungenügend, da es der elementarsten Forderung des Vogelschutzes, welche schon der Ornithologenkongress in Wien 1884 vertreten und in ähnlicher Weise die späteren wiederholt haben, nicht Rechnung trägt, d. h. weil es den Massenfang der Vögel (mit Netzen, durch roccolo und ragnaja u. s. w. ^ nicht verhindert, indem darin Mittel erlaubt sind, wodurch der Fang in grossen Mengen auf einmal bewerkstelligt werden kann. — Leider ist auch die wich- tigste Rolle bei der Handhabung des Gesetzes den Gemeinden eingeräumt, deren Vorsteher, die Geistlichen inbegriffen, besonders im italienischen Südtirol und der Lombardei, sich durchaus kein Gewissen daraus machen, eigenhändig bei diesem Massenfang mitzuwirken und Erlaubnis- scheine dazu häufig an problematische Individuen gegen Entgelt aus- stellen, statt demselben, soweit das Gesetz es vorschreibt, entgegen- zutreten. Wie kann da der Lehrer, der nach § 16 verpflichtet ist, die Schüler über das Schädliche des Nesterausnehmens, Fangens und Tötens der nützlichen Vögel zu belehren, noch Respekt und Glauben beanspruchen! Über die theoretische Seite der Notwendigkeit strammer Durch- führung eines strengen internationalen Vogelschutzgesetzes, nachdem wir zu unserem Schaden viel zu lange damit gezaudert, braucht nicht mehr gesprochen zu werden. Nach allem ist es eine nicht länger mehr zu verabsäumende Pflicht der Gesetzgeber und Volksvertreter, dass sie endlich weiterem Unheil, das uns von Jahr zu Jahr mehr bedroht, Ein- halt thun. Auch die spitzfindigsten Deutungen und Unterscheidungen einzelner überkluger Gelehrten und Vogelkenner, wie sie sich selbst heissen und nennen lassen, überzeugen heutzutage niemanden mehr. — Bei dem Massenfang im Süden handelt es sich überhaupt gar nicht um die Vertilgung einzelner als überwiegend schädlich erkannter Vögel, sondern der Vogeljäger fängt und tötet alles, was in seine Netze ^ Über die Fangarten vgl. Freih. v. Berlepsch: Die Vernichtung unserer Vögel im Süden u. s. w. in ,Die gefiederte Welt" von Dr. C. Russ. Magdeburg. Nr. 48 u. 49. — CXVIII — gerät; es gilt einen Vernichtungskampf gegen die Vogelwelt über- haupt, auch gegen die anerkannt nützlichsten Arten derselben, und deshalb kann es sich nicht um die Phrase handeln: es giebt keine durchaus nützlichen oder durchaus schädlichen Vögel, mit der sich sogar Vertreter deutscher Regierungen beim Ornithologenkongress in der ungarischen Hauptstadt 1891 um die wichtige internationale Vogel- schutzgesetzfrage herumzudrücken suchten, um nicht ein klares Ja und ein Quousque tandem , d. h. wie lang sollen diese Zustände noch so fortgehen? aussprechen zu müssen. — Wie gesagt, es kann sich heute nur um den Schutz der Vogelwelt als Ganzes handeln. Soll ich Ihnen Zahlen aufweisen, die diesen Massenmord illu- strieren , so genügen wenige , aber durchaus zuverlässige , für die ich selbst, seit über 20 Jahren in jenen Gegenden im Herbst und Früh- jahr anwesend, garantieren kann. Im Herbst-Zugmonate (d. h. zweite Hälfte September und erste Oktober) handelt es sich um Millionen von Vögeln. In dem noch österreichischen Val di Ledro wurden Oktober 1891 in 24 Stunden 18 000 Vögel (meist den Drosseln und Ver- wandten angehörig) gefangen. In Brescia zählte man im Oktober 1890 über 420 000 zu Markte gebrachte tote Vögel, d. h. 110 000 Vögel mehr als ein Jahr vorher, und dieses Jahr soll die Zahl noch grösser sein. Ähnliche Schätzungen kommen aus der Bergamasca. Im Val Seriana wurden in 2 Tagen 20 000 im gleichen Monat gefangen. Es widerstrebt mir, weitere Zahlen anzuführen, weil mir im Gedanken an diese Schänd- lichkeiten, die ich auch dieses Jahr wieder, ohne helfen zu können, mit- ansehen musste, im Hinblick auf den Schandfleck des mir sonst so sympa- thischen italienischen Volkes die Zornesader auf der Stirne schwillt, ebenso wie bei detaillierter Nennung der Grausamkeiten, die dabei mitunter- laufen, wie folgende : den Lockvögeln werden die Augen mit glühenden Drähten ausgestochen, viele Vögel brechen sich die Füsse in den Netzen und werden Tage lang mit toten und halbtoten zusammen in Säcken herumgeschleppt, ja manches andere noch entsetzlichere Los wartet unserer armen Lieblinge. — — Dass es aber in einem civilisierten Lande Volksvertreter giebt, die mit einem Cynismus ohnegleichen die- sem Massenmord ein Loblied singen können, wäre freilich unglaublich, wenn uns nicht die Rede des Herrn Salvadori Priester aus dem Trienti- nischen (Südtirol) am 9. Dezember 1891 im österreichischen Reichsrateines Bessern belehrt hätte. Dieser edle Herr will den Massenvogelfang zum Gesetz machen, da der Hauptnutzen der Singvögel in der Garnierung von Polentaschüsseln liege. Ausserdem fand er, dass einstens seinem leidenden Magen das Verspeisen von sechs Berg- finken täglich sehr wohl bekommen habe ; und dass es ein schnöder Undank wäre, die von Gott in seiner Huld uns geschenkten Drosseln, Finken, Hänflinge u. s. w. zu verschmähen. — Dies stimmt freilich gut zu den Tausenden von Geistlichen, die im Talar und Amtstracht mit der Vogelflinte auf die Berge ziehen, so selbst nicht anstehen, das Gesetz zu verletzen und das Mitleid gegen die schwachen Geschöpfe Gottes in hübscher Weise zu illustrieren. — Allerdings ist das Ver- speisen kleiner Vögel durch eine Reihe von Tagen, wie es im Val Su- — CXIX — gana alljährlich im Herbst, von Deutschen, sogar seitens einzelner sehr hochgestellten Personen, geschieht, nicht gerade entmutigend für die Yogelfangende Bevölkerung. Ich muss hier noch, um Einwendungen abzuschneiden, besonders erwähnen, dass der den Obst- und Weinpflanzungen von den durch- ziehenden Vögeln zugefügte Schaden nicht bedeutend ist, da die Haupt- schwärme seit einer Reihe von Jahren erst viel später durchkommen, wie ich mich auch dieses Jahr wieder in Oberitalien und Südtirol am Südabhang der Alpen genau überzeugen konnte, übrigens dürfte' auch der wirtschaftliche Nutzen aus dem Vogelfang nicht sehr gross sein; sagt doch dieser Abgeordnete Salvadoei selbst: der Vogelfang ist ein Spass, der viel Geld kostet. — Wenden wir uns nun von diesem widerlichen Bilde ab, und prü- fen wir das Verhalten in den übrigen Gebirgsthälern von Österreich, so ist leider nicht überall Gutes zu berichten. Auch in Deutschland könnte in einzelnen Gegenden manches anders sein, z. B. in Bayern (vgl. Schwab. Merkur vom 14. Dezember 1892), wo, wie in München auf dem Viktualienmarkt, der polizeilich kontrolliert ist, Singvögel ver- kauft werden dürfen, und im badischen Schwarzwald, wo Drosseln massenhaft in Fallen gefangen werden, was für die niederen Förster eine Art Einkommen bilden soll. Wer anders ist aber Schuld , als das deutsche Reichsgesetz zum Schutze der Vögel, das die Drosseln vogelfrei erklärt hat, da zu ihnen die für viele Leckermäuler unent- behrlichen Krammetsvögel gehören, unser württembergisches Gesetz ist in dieser Hinsicht viel strenger und korrekter. Soll ich nun das, was unser Gefühl am meisten empören muss, das wir jeden Tag auf der Strasse mit ansehen müssen, noch anführen? den Vogelleichen- putz unserer Frauen, dem nicht bloss die exotischen, sondern auch einheimische Sänger in Menge zum Opfer fallen, so stelle ich die Frage an die deutsche Frau: Wie vereint sie es mit edler Gesittung und dem der Frau doch sonst angeborenen feineren Gefühl und mit ihrem Gemüt, einer Mode, die sich solcher Roheiten bedient, zu huldigen? Es ist die Thatsache festgestellt, dass die Vögel mittels Angelschnüren gefangen und lebendig abgebalgt werden, damit das Gefieder nichts von seiner Farbenpracht verliere. Mitschuldig an solch über alle Massen rohem Treiben ist jede Käuferin der so zu Tode gemarterten Tiere. Dürfen wir hoffen, dass die anständigen Frauen endlich, nachdem ihnen die Thatsachen bekannt sind, aufhören werden, sich mit Vogelleichen zu putzen? Wir hoffen es und appellieren an das Ehrgefühl der deutschen Frau. — Damit komme ich auf eine ebenso wichtige Seite der Frage : auf die kulturelle. Welche Verrohung durch den Vogelfang und die Vogelschlächterei im allgemeinen entsteht, sieht man namentlich an der Jugend, die sich diesem ,, Vergnügen" hingiebt : in erster Linie an der südtiroler und italienischen Jugend, die leider von der Geist- lichkeit nichts Anderes sieht und nichts Besseres hört als : la bestia non ha anima, d. h. mit dem Tier kann der Mensch anfangen, was er will, es hat ja keine Seele. Wie lange wird es aber dauern, bis das — cxx — Gemüt unserer deutschen Jugend, die immer noch wenigstens in ihren besseren Elementen zum Mitleid gegen die Tiere hinneigt, in unserer ideallosen Zeit auch verroht und verdorben ist, wenn nicht mit allen Mitteln dagegen angekämpft wird , vor allem durch immer wiederholte Aufklärung, Belehrung in Schrift und Wort, wofür in Schule, Familie und Kanzel der Ort ist. Uns selbst aber legen die geschilderten Übel- stände, wodurch jeder Einzelne sowohl wie die Gesamtheit geschädigt werden, die Verpflichtung auf, immer und immer wieder unsere Stimme zu erheben, und in erster Linie eine Umgestaltung des Reichs- vogelschutzgesetzes zu fordern, die den praktischen Bedürfnissen Rechnung trägt und nicht überall Lücken zum Durchschlüpfen für den Jäger lässt : ein Gesetz zu verlangen, das sich unser erprobtes württem- bergisches wenigstens in den Hauptzügen als Grundlage nimmt, even- tuell dasselbe im Verein mit erfahrenen Fachmännern, die die ent- sprechenden Gesetze, die nationalen Sitten und Unsitten der betreffen- den Länder kennen, weiter ausbildet, sodann eine internationale Vereinbarung mit Österreich und Italien (Frankreich, wel- ches ja auch an der Spitze dieser ,, Kultur" marschiert, würde von selbst nachkommen), aber nicht ein solches Übereinkommen, das wie das österreichisch-italienische von 1875 nur auf dem Papier ist, son- dern hinter der das ganze Deutsche Reich steht; denn dies wäre ein Gesetz, dem alle Parteien zustimmen müssen. Geschieht jetzt, bei dem Freundschafts- und Allianzverhältnis der drei Staaten nichts und wird die Zeit zur Schaffung eines solchen internationalen Vogelschutz- gesetzes jetzt versäumt, so ist auf Jahrzehnte hinaus nichts mehr zu hoffen. Wir müssen aber auch etwas thun ohne Rücksicht auf momen- tanes Gelingen, denn es ist eine der Kulturaufgaben des deutschen Volkes. Nur wenn alle Staaten zusammenwirken, — und dieses kann geschehen, wenn in erster Linie das Deutsche Reich ernstlich will — ist etwas zu hoffen. Dazu müssen Massenpetitionen an den deutschen Reichstag ins Werk gesetzt werden, die durch den grossen Verband der Tier- und Vogelschutzvereine (sämtlicher deutscher Länder) in Deutschland und Österreich, ebenso durch naturwissenschaftliche Ver- einigungen ins Leben gerufen werden sollten. Übrigens sind die Aus- sichten trotz mancher anscheinend ungünstigen Verhältnisse augenblick- lich keine schlechten wegen der in Nord und Süd sich wieder mehr regenden Teilnahme für unsere gefiederten Freunde. So hat dieser Tage der deutsche Bund zur Bekämpfung des Vogelmassen- mords für Modezwecke eine Petition mit 22 000 Unterschriften an die Königin von Italien abgelassen im Verein mit Petitionen des grossen Münchner Tierschutzvereins und des holländischen ,,Bond", der sich auf Anregung des deutschen Bundes gebildet hat. Und aus Rom kommt eine weitere freudige Nachricht , die sich hoffentlich auch in den daran geknüpften Erwartungen bestätigt. Der italienische Land- wirtschaftskongress, der vom italienischen Ackerbauminister selbst er- öffnet wurde , nahm nämlich einstimmig den Antrag von Dr. Kakl Ohlsen an, die Regierung energisch aufzufordern, in diesem Jahre noch dem Parlamente ein durchgreifendes Jagdgesetz vorzulegen, durch wel- — CXXI — ches die nützlichen Vögel hinreichend geschützt werden , und dies in Übereinstimmung mit den Vogelschutzgesetzen der benachbarten Staaten; ferner drückt der Kongress den Wunsch aus , man möchte für 3 oder 5 Jahre jede Jagd verbieten, ausgenommen die mit der Schiesswaffe, aber auch diese sehr eingeschränkt. Ohlsen wurde vom Kongress be- auftragt, bei der Regierung und dem Parlamente dahin zu wirken, dass das Begehren des Kongresses ohne Aufschub vollständig erfüllt werde. Derselbe hat sich zunächst an das schweizerische Landwirtschaftsdeparte- ment gewandt, und von diesem die Zusicherung erhalten, es habe den schweizerischen Gesandten in Rom davon in Kenntnis gesetzt, um mit Ohlsen über die betreffende schweizerische Gesetzgebung u. s. w. zu konferieren. Ohne sanguinisch zu sein, kann man sich darüber freuen, dass endlich aus der Reihe der Italiener selbst Stimmen laut werden, die die Notwendigkeit solcher internationaler Massregeln einsehen, denn der österreichisch-italienische Vertrag war (vgl. Russ, S. 104, Verhand- lungen der Naturforscherversammlung Halle) ja von vornherein nicht ernst zu nehmen, wie wir am Anfang ausführten (s. auch: Der Vogel- massenfang in Südtirol, Tirol, Vorarlberg, Vogelschutzverein Innsbruck 1892. Inrain 20). Mein von etwa 500 deutschen Vogelschutz- und naturwissen- schaftlichen Vereinen unterschriebenes Gesuch an den deutschen Reichs- tag um Abänderung des Reichsgesetzes vom 22. März 1888 im besprochenen Sinne, sowie in betreff der Herbei- führung einer internationalen Überein kunft zum gemein- samen Schutze der Vögel ist seither an seinen Bestimmungsort abgegangen. In einem solchen internationalen Vogelschutzgesetze sollte auch die Liste der schädlichen, zu ächtenden Vögel seitens erfahrener Sachverständiger richtig gestellt werden. Auch hier kann unser würt- tembergisches Gesetz und das eben erschienene Gesetz für Triest, Görz und Gradisca nützliche Fingerzeige geben. In der internationalen Ver- einbarung müsste verboten sein : 1) der Fang und die Erlegung der Vögel von Ende Fe- bruar bis 1. November mittels Schiessgewehrs und mit jeglichen Fangvorrichtungen. Die bisherige Schon- zeit bis 15. September ist wegen des Aufenthalts der Zugvögel am Südabhang der Alpen und den dortigen Thälern zu kurz be- messen. Zusatz. Der Fang und die Erlegung von Vögeln darf nur von Berechtigten ausgeführt werden, welche einen Vogelfang- oder Vogeljagdschein besitzen. Derselbe darf natürlich nur an zu- verlässige Leute ausgegeben werden und zwar nur von staat- lichen Organen. 2) Jeder Vogelfang im grossen für Nahrungs- und Putzzwecke ist überhaupt strafbar. Der Verkauf und das Feilbieten geschossener oder sonstwie getöteter Vögel ist verboten. — CXXII — Ein ähnlicher Antrag wurde namens 17 deutscher Vereine mit Tausenden von Mitgliedern beim Ornithologenkongress 1891 in Buda- pest von Dr. Russ gestellt, leider aber nicht angenommen, nachdem beim I. internationalen Ornithologenkongress in Wien folgender Antrag angenommen war, einen internationalen Vertrag anzustreben, bei dem 1) das Erlegen der Vögel nur mit der Schusswaffe erlaubt, der Fang und der Handel mit Vögeln und Eiern ohne gesetzliche Erlaubnis wäh- rend der ersten Hälfte des Kalenderjahres, resp. des demselben ent- sprechenden Zeitabschnitts verboten ist; 2) der Massenfang der Vögel zu jeder Zeit verboten sein sollte. Zu dem alten Reichsvogelschutzgesetz habe ich zu bemerken, dass der Hauptfehler a) der Ausschluss der Familie der Drosseln wegen Erlaub- nis des Fangs von Krammetsvögeln ist, da er (§ 8) auch die- jenigen schützt, welche in Ausübung des Krammetsvogelfangs auch andere, nach diesem Gesetz geschützte Vögel unbeabsichtigt mit- fangen. Darauf kann sich jeder Vogeljäger hinausreden. — Auch das Ausnehmen der Kibitzeier gehört dahin. Dagegen sagt mit Recht der Italiener: Solange Ihr Nordländer nützliche Vögel und Vogeleier als Leckerspeisen verzehrt, habt Ihr kein Recht, uns den Vogelfang im Süden, wo die kleinen Vögel ein Volks- nahrungsmittel ^ bilden, zu verbieten. b) Streiten lässt sich über die Bestimmung, dass alle Vogelnester, welche in und an Gebäuden sich befinden , ohne weiteres von den Besitzern, deren Kindern, Dienstboten u. a. ausgenommen oder zerstört werden dürfen. — Man kann sie ja auf andere Weise verscheuchen, z. B. durch Anwendung von Petroleum oder grüner Seife. c) Brauchen die Fangweisen , die stets verändert werden können, nicht aufgezählt zu werden, sonst schlüpfen immer wieder Über- treter durch die Maschen des Gesetzes, sondern es genügt das allgemeine Verbot. — Durch die Ausstellung von Fangscheinen seitens staatlicher Organe wird vor allem dem Massenfang ge- steuert und der Ausübung dieser rohen Jagd durch die schlimmsten Individuen, welche die Bestialität unter den Augen des Gesetzes, der besseren Elemente des Vol- kes und besonders der Kinder betreiben und so zurNach- ahmung aneifern. Meine Herren ! Ich glaube trotz vielfacher Verrohung ganzer Schichten unseres Volkes ist der Vogelschutz immer noch Herzens- sache des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit, und es ist des- halb unsere Pflicht, auf wirksame Ausübung desselben beharrlich zu ^ Dies ist ZAvar unrichtig. Sie werden vom Volke nur gegessen, wenn sie wegen ihrer Menge uuverkäuflicli sind, sonst werden sie au die Reichen und die Gasthöfe für die Fremden verkauft, darunter leider auch viele Deutsche (vgl. die Vogelmärkte der Lombardei). — CXXIII — dringen. Selbstverständlich ist es ein Gebot der Sittlichkeit für jeden Deutschen, sich des Essens kleiner Vögel (uccelletti) im In- und Aus- lande zu enthalten. Nur wenn die öffentliche Meinung und die Sitte ihr Verdikt über das Schädliche, Schimpfliche und die Roheit des Massenfangs der Vögel immer und immer wieder abgeben, kann und wird es auch gelingen, diese Kulturaufgabe des deutschen Volkes zu erfüllen. — Dem Beharrlichen gehört der Sieg. Die Versammlung, welche die warmen, überzeugenden Worte des Redners mit lautem Beifall lohnte , nahm mit reger Zustimmung einen den obigen Ausführungen entsprechenden Antrag auf und es soll nach dieser Richtung gemeinschaftliche Sache mit anderen Vereinen gemacht werden. Sitzung vom 12. Januar 1893. Herr Dr. med. Wilh. Bernhard aus Braunschweig sprach über einen modifizierten ABBE'schen Zeichenapparat nebst Zei- chentisch für mikroskopische Zwecke. Mit 1 Holzschnitt. Als die neuen Apochromate der Firma Zeiss in Jena und ihre Bedeutung für die Mikrophotographie bekannt wurden, da hat es nicht wenige Mikroskopiker gegeben, die, des mühevollen Zeichnens müde, sich vertrauensselig der Mikrophotographie in die Arme warfen, indessen um nur zu bald die Erfahrung zu machen, dass die Verwendbarkeit der Photographie in der Mikroskopie eine sehr eng begrenzte zur Zeit ist und wohl noch lange bleiben wird. Thatsächlich fallen noch heutzutage die Photogramme histologischer Schnitte, die wenn auch nur Hundertstel von Millimetern dünn, der photographischen Platte gegenüber immerhin noch eine beträchtliche Dicke repräsentieren , sehr wenig befriedigend aus und der grosse Vorzug ihrer Objektivität wird kompensiert durch den grösseren Nachteil der Undeutlichkeit und Unscharfe des Bildes, begründet in der Beeinflussung der Lichtstrahlen durch die verschiedenen Schichten des Präparates. Infolge davon hat man sich neuerdings wieder mit Eifer der Zeichnung zugewendet , deren Unentbehrlichkeit nicht klassischer er- wiesen werden konnte und ist nun bestrebt, einmal die vorhandenen Zeichenapparate zu verbessern, zum anderen neue verbesserte zu er- finden. Die optischen Werkstätten und die wissenschaftliche Litteratur wissen davon zu erzählen. Von all diesen Zeichenapparaten aber hat sich in den letzten Jahren keiner so in die Praxis eingeführt wie der ABBE'sche, der den Vorzug der Handlichkeit mit dem relativer Billigkeit zweckmässig ver- bindet. Derselbe, in seinem optischen Teile ursprünglich bestehend ein- mal aus einem über dem Okular des Mikroskopes anzubringenden Doppelprisma, dessen eine Diagonalfläche versilbert und in dieser Ver- silberung mit einer kleinen runden centralen Lücke versehen ist, zum anderen bestehend aus einem dieser Fläche gegenüber seitwärts an- gebrachten drehbaren Spiegel, hat auch im Laufe der Zeit einige Ver- — CXXIV — änderungen durchgemacht. Der optische Konstruktionstypus ist dabei derselbe geblieben. Ehe ich diese Abänderungen auseinandersetzen kann, rauss ich einige Bemerkungen vorausschicken über den Gebrauch des Apparates. Derselbe wird über dem Okular an den Mikroskoptubus an- geschraubt und hier derartig centriert , dass die optische Achse des Mikroskopes mitten durch die kleine Versilberungslücke im Prisma geht. Man blickt nun durch das Prisma in das Mikroskop und sieht hier das mikroskopische Bild. Durch Drehung des seitlichen Spiegels gelingt es dann, das zuerst von diesem und dann von der Diagonalfläche des Prisma reflektierte Bild der Zeichenfläche nebst zeichnendem Bleistift gleichzeitig und mit dem mikroskopischen Bilde in Deckung zu erblicken und die Konturen des letzteren mittels Bleistifts zu umziehen , zu zeichnen. Das Genauere über die Theorie und den Gebrauch der Camera findet sich in Bd. I der Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie, wo Dr. Giltay diesem Thema eine ausführliche Besprechung widmet. Da die beiden , wie wir gesehen haben , aufeinander projizierten Lichtflächen sich gegenseitig beeinflussen und zwar in abschwächender Weise , da ferner bei dem Strahlengang der aus dem Mikroskop kom- menden Lichtfülle durch das Prisma ein Teil durch Absorption verloren geht und schon dadurch die Deutlichkeit des Bildes etwas leidet , so gab im Jahre 1889 Dr. Heinsius (Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie Bd. VI) eine Abänderung des Apparates an . welche es ermöglichte, mittels Scharniers den Apparat zeitweise auszuschalten und dann ohne das Prisma mikroskopisch zu beobachten. Ich halte diese Abänderung für zulässig nur unter der Voraus- setzung, dass das Scharnier tadellos gearbeitet ist, da nach dem Wieder- einschlagen der Apparat genau die alte Stellung einnehmen muss ; ich halte sie aber nicht einmal für nötig, da unter allen Umständen auch durch das Prisma das mikroskopische Bild höchstens etwas blasser, aber nicht unscharf werden darf. Wenn wir ausserdem die schwarze Rückenfläche des Spiegels dem Prisma zuwenden, können wir den ab- schwächenden Einfluss der Zeichenfläche von der Bildfläche vollständig fernhalten und der abschwächende Einfluss des Prisma allein ist nur ein sehr geringer und kaum ins Gewicht fallender. Die Idee zu dieser Änderung scheint mir dagegen hauptsächlich durch den Mangel an ge- eigneten Abblendungsvorrichtungen hervorgerufen zu sein , auf die wir sogleich zu sprechen kommen werden. Dr. Giltay setzt in seiner schon citierten Arbeit sehr zutreffend , auseinander, dass Bildfläche und Zeichenfläche, um gleich deutlich zu erscheinen trotz der Abschwächung, annähernd gleiche Lichtintensität besitzen müssen , und in richtiger Erkenntnis der Thatsache , dass die Zeichenfläche meist die lichtstärkere sein wird , umgeht er die bisher übliche Abbiendung der letzteren mittels Schirme, Bücher, Bretter, Pappscheiben etc. , durch Anbringung zweier auswechselbarer Rauch- gläschen zwischen Prisma und Spiegel, die also eine vierfache Abstufung der Lichtintensität der Zeichenfläche zulassen. Dabei Hess er aber die — cxxv — Möglichkeit , dass auch einmal die Bildfläche , z. B. bei schwachen Objektiven und konzentrierter Beleuchtung oder bei getönter Zeichen- fläche lichtstärker sein kann als letztere völlig ausser acht und ferner die Thatsache, dass für so feine Lichtabstufungen der Tagesbeleuchtung, ich erinnere nur an vorüberziehende Wolken, eine vierfache Abstufung bei weitem nicht ausreicht. Ja, selbst für den seltenen Fall, dass das Tageslicht absolut gleichmässig bleibt, ist eine vierfache Lichtabstufung meist nicht ausreichend. Sehr oft erscheint das Gesichtsfeld infolge der verschiedenen Dichtigkeit des Präparates ungleichmässig hell, während die Zeichenfläche zunächst gleichmässig hell ist. Man muss daher die Möglichkeit haben, für eine bestimmte Stelle im Präparat und ihre Lichtintensität die der Zeichenfläche adäquat machen zu können. Ferner ändert sich auch die Lichtintensität der Zeichenfläche , je mehr die Zeichnung ihrer Vollendung entgegengeht und ein je grösserer Bezirk der Zeichenfläche in jedem Augenblicke von dem Bleistift und der Hand des Zeichners bedeckt wird. Bei künstlicher Beleuchtung, die ihrer Einseitigkeit und infolge davon des grellen Schattenwurfes des Zeichenstiftes wegen wenn irgend möglich zu umgehen ist, tritt die Forderung einer möglichst grossen Lichtabstufungsmöglichkeit in erhöhtem Maasse hervor. Hier ist es aber meistens das Gesichtsfeld, welches einer Abtönung bedarf. Die erwähnten Mängel des bisherigen Apparates gaben mir nun Veranlassung zu folgender Änderung : Zunächst ersetzte ich die beiden auswechselbaren Rauchgläser durch zwei auswechselbare Drehscheiben, die mit je vier Rauchgläsern in feiner Abstufung besetzt sind und sich einzeln oder zusammen ein- und ausschalten lassen. Der centrale Stand der Gläser vor dem Prisma wird durch einschnappenden Zahn markiert. Ferner Hess ich unterhalb des Prisma und fest, aber drehbar mit dem Gehäuse des letzteren verbunden , eine dritte ganz gleiche hori- zontale Drehscheibe anbringen, die ihre Öfi'nungen, von denen nur drei mit Rauchgläsern besetzt sind , unter dem Prisma durchzuführen ge- stattet. Die vierte Öffnung bleibt leer , um den aus dem Mikroskop kommenden Strahlen ungehinderten Durchtritt zum Prisma zu gestatten. Auch hier wird der centrale Stand durch einschnappenden Zahn markiert. Diese drei Drehscheiben lassen nun genau 100 mögliche Kombinationen zu, aus denen man in jedem Augenblick rasch und leicht die passende heraussuchen kann, ohne die Beobachtung dabei zu unterbrechen. Die Vorteile liegen auf der Hand ; Dort eine 4fache , hier eine lOOfache Lichtabstufung, die an Mannigfaltigkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Dort bei eventuell lichtstärkerem Gesichtsfelde die alte Abbiendung mit Schirmen etc., hier die horizontale Scheibe. Das be- deutet zusammen eine grössere Unabhängigkeit von der Beleuchtungsart. Dazu kommen nun noch die mehr nebensächlichen Vorteile, dass einmal die Rauchgläser fest mit dem Apparat verbunden sind und daher keines derselben verloren gehen kann , und dass zweitens der die Scheiben drehende Finger nie mit den Gläsern selbst, sondern nur mit ihrer Metallfassung in Berührung kommt, während ein Blindwerden der losen — CXXVI — Rauchgläser durch Anfassen und ein unnötiger Zeitverlust durch nach- folgendes Putzen gar nicht zu vermeiden ist. — Wenn man die den Zeichenapparaten beigegebenen Gebrauchs- anweisungen studiert, so heisst es gewöhnlich darin: „Man legt das Zeichenpapier neben den Fuss des Mikroskopes auf die Tischplatte und dreht den Spiegel so weit, bis die Zeichenfläche sichtbar wird." Daraus geht also hervor, dass ein besonderer Zeichentisch nicht für nötig ge- halten wird. Dann heisst es weiter: ,,Eine geringe Verzerrung des Bildes lässt sich durch eine Neigung der Zeichenfläche um ca. 10® ausgleichen." Daraus geht zweitens hervor, dass doch eine besondere Zeichenfläche für nötig gehalten wird ; denn einen gewöhnlichen Tisch kann man nicht schräg stellen , ohne gleichzeitig auch das Mikroskop diese Bewegung mitmachen zu lassen. Studiert man dann weiter die Lehrbücher der Mikroskopie auf diesen Punkt hin, so findet man meistens gar nichts oder man findet Vorschläge, wie z. B., man solle ungefähr in der Höhe des Objekttisches die Zeichenfläche anbringen, oder man solle auf einem Kasten mit Schublade zeichnen, wobei auf die Zweck- mässigkeit der letzteren zum Unterbringen von Zeichenmaterial ganz unnötiges Gewicht gelegt wird. Nirgends findet man aber einen Rat, der sich auf ganz bestimmte theoretische Erwägungen stützt — man probiert eben herum — und wie wir gesehen haben, tragen auch noch die Gebrauchsanweisungen der Zeichenapparate weit mehr zur Ver- wirrung als zur Klärung der Frage bei. Im ersten Bande des neu erschienenen Lehrbuches der Mikroskopie von Behrens, Kossel und ScHiEFFEKDECKEK finden wir endlich bei der Besprechung der Zeichen- apparate eine wichtige Bemerkung, nämlich die, dass die Zeichnung in ihren Grössenverhältnissen nur dann der mikroskopischen Vergrösserung entspricht, wenn die Zeichenfläche sich in deutlicher Sehweite, also 25 cm vom Auge des Beobachters entfernt befindet. Ferner beschreibt in der Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie Bd. VII Dr. Giesenhagen einen Zeichentisch, der sich in der Höhe und in Neigung zum Mikro- skope vorstellen lässt. Dieser Tisch steht frei neben dem Mikroskop und ist kreuzbeinig. Ersteres begünstigt eine Verschiebung durch An- stossen oder Hängenbleiben mit dem Rockärmel, letzteres ist unzweck- mässig , weil erfahrungsgemäss kreuzbeinige Tische zu seitlichen Ex- kursionen geneigt sind und sich leicht durchdrücken. Es war daher mein Bestreben, eine Konstruktion zu finden, die auf ganz bestimmten Erwägungen beruhte und der vorliegende Zeichen- tisch ist das Resultat dieser Erwägungen, welche lauten: 1. Mikroskop und Zeichentisch müssen fest auf einer Grundplatte miteinander verbunden sein , doch so , dass sie sich gegenseitig in ihren Bewegungen nicht stören. 2. Die Zeichenfläche muss beim Zeichnen stets in deutlicher Seh- weite = 25 cm vom Auge des Zeichners entfernt sein. Anormale Augen müssen auf diese Entfernung korrigiert werden, da 3. im allgemeinen die Zeichnung in ihren Dimensionen der mikro- skopischen Vergrösserung entsprechen soll , woraus sich er- giebt, dass — CXXVII — 4. der ZeicheBtisch vertikal und in Neigung zum Mikroskop ver- stellbar sein muss. Zur Begründung dieser Behauptungen habe ich folgendes zu bemerken: ad 1. Die Forderung, dass Mikroskop und Zeichentisch auf einer Grundplatte fest miteinander verbunden sein sollen, resultiert aus der Thatsache , dass bei freistehendem Zeichentisch eine Verschiebung des letzteren durch unvorsichtiges Anstossen oder Hängenbleiben mit dem Rockärmel ein überaus häufiges Vorkommnis ist. Welchem Zeichner wäre das nicht schon passiert und welcher Zeichner hätte sich nicht schon über die Arbeit und den damit verbundenen Zeitverlust geärgert, die der Versuch, die angefangene Zeichnung mit dem mikroskopischen Bilde wieder in Deckung zu bringen, nach sich zieht, ganz abgesehen von den Fällen , wo dieser Versuch überhaupt vollkommen scheitert ! Trifft dagegen ein Stoss diesen Zeichentisch, wo alles festgestellt ist, so macht das Mikroskop und zu zeichnende Objekt die Verschiebung mit und es bleibt Bild und Zeichnung in Deckung. Die Erfahrung be- weist dieses aufs unzweideutigste. ad 2 — 4. Die drei anderen Behauptungen hängen so innig mit- einander zusammen, dass sie eine summarische Begründung erfordern. Wir haben oben schon gesehen, dass die Zeichnung in ihren Grössen- verhältnissen nur dann der mikroskopischen Vergrösserung entspricht, wenn die Zeichenfläche sich in deutlicher Sehweite ^ 25 cm vom Auge des Beobachters befindet. Wir gehen einen Schritt weiter, eliminieren das bedingende ,,wenn" und sagen: die Zeichnung soll im allgemeinen die Grösse des mikroskopischen Bildes haben, also muss .... Es ist zwar richtig, dass man — normales Auge vorausgesetzt — auch in der Tischebene zeichnen kann , wenn man auf diese Tischebene hin sein Auge accommodieren lässt und das mikroskopische Bild mit der Mikro- meterschraube in dieselbe Entfernung vom Auge rückt, was aber nur innerhalb geringer Grenzen möglich ist, aber warum soll man hier in eine Entfernung sehen , die wir im gewöhnlichen Leben beim scharfen Sehen doch so gut wie nie benutzen ? Wenn wir ein Buch lesen oder sonstige feine Gegenstände deutlich erblicken wollen, bringen wir doch stets diese in deutlicher Sehweite an , nicht aber entfernter , und um feine Gegenstände handelt es sich doch auch hier. Dazu kommt nun noch der weitere Punkt , dass beim Zeichnen in der Tischebene , eben infolge der grösseren Entfernung vom Auge, die Zeichnung eine Vergrösserung des mikroskopischen Bildes darstellt und eine derartige Vergrösserung kann ich im allgemeinen nicht billigen. Wo es sich um einfache Objekte handelt, kleine Krystalle etc., von denen man nur Kontur- oder Situationszeichnungen aufnimmt, mag eine derartige Vergrösserung hingehen, zumal man dieselbe berechnen kann, bei allen feineren Strukturen aber, Gewebsschnitten etc., ist sie prinzi- jjiell zu verwerfen , einmal , weil die Zeichnung nicht naturgetreu ist, dann besonders aber auch aus folgendem Grunde : Gesetzt, ich zeichne eine Zelle mit körnigem Inhalt. Würde ich dieselbe nun in der Tisch- ebene , also vergrössert , zeichnen und die Körnelung als Pünktchen — CXXVIII — hineinzeichnen , so kann das grundfalsch sein ; denn bei einer mikro- skopischen Vergrösserung , die der Zeichnung entspricht , würden mir diese Pünktchen vielleicht als Knotenpunkte eines feinen protoplasma- tischen Netzwerkes erscheinen, welches ich eigentlich hätte zeichnen müssen, aber nicht zeichnen konnte, weil ich es nicht sah. Ich müsste daher die Zelle nach der Konturzeichnung mit stärkerer Vergrösserung ansehen und danach den Inhalt aus dem Gedächtnis ergänzen , wenn die Zeichnung den Anspruch auf richtige Beobachtung machen soll. Ist dieses Verfahren schon bei einer einzigen Zelle höchst unbequem, so verbietet es sich bei einem Gewebsschnitte ganz von selbst. Man soll also , um in der Zeichnung mit der mikroskopischen Vergrösserung gleichen Schritt zu halten, die Zeichenfläche in deutlicher Sehweite anbringen. Bei dem AsBE'schen Zeichenapparate ist nun die Entfernung vom Mittelpunkte des Prisma bis zu dem des Spiegels bereits 70 mm, ferner die Entfernung vom Prisma bis zum Auge 10 mm, also muss die Zeichenfläche 250 — (70 -|- 10) =^170 mm ungefähr unterhalb des Spiegelmittelpunktes liegen. Da nun die Höhe des Mikroskopes je nach der Art der Objektive und nach dem Tubusauszug variiert, muss der Zeichentisch in der Höhe verstellbar sein, was sich, wie vorliegender Zeichentisch zeigt, leicht und bequem mittels Parallelo- gramm-Verschiebung erreichen lässt. Aber damit nicht genug , der Tisch muss sich auch in Neigung zum Mikroskop hin verstellen lassen. Denken wir uns das kreisrunde Gesichtsfeld auch auf der horizontalen Zeichenfläche mit dem Bleistift umzogen, so begrenzen die von dieser runden Linie nach dem Auge des Zeichners konvergierenden Lichtstrahlen einen Kegel, dessen Grundfläche einen dem Gesichtsfelde entsprechenden Kreis darstellen wird, solange die Achse des Kegels vertikal auf der Zeichenfläche stehen wird , mit anderen Worten, solange der Kegel ein gerader sein, die Achse unter 45** auf den Spiegel fallen und dieser letztere dem Prismenspiegel parallel sein wird. Bei dem AßBE'schen Apparat würde aber bei solcher Stellung des Spiegels das Gesichtsfeld zum Teil auf den Objekttisch projiziert werden und man muss daher den Spiegel so weit drehen, dass das Gesichtsfeld weiter nach rechts hin auf die Zeichenfläche fällt. Dann wird aus dem geraden Kegel ein schiefer und die vorher kreis- runde Grundfläche wird nicht mehr als Kreis, sondern als schief projizierter Kreis , als Ellipse erscheinen. Mit anderen Worten , das Bild erleidet eine Verzerrung, die um so grösser sein wird, je mehr wir uns vom Mikroskope entfernen. Je mehr wir nun wiederum die Zeichen- fläche neigen und damit wieder der vertikalen Stellung der Kegelachse nahe kommen, um so mehr wird sich die Ellipse wieder zu einem Kreise vervollständigen, bis die vertikale Achsenstellung erreicht ist. Der Tisch muss also auch diese Schrägstellung zulassen, damit wir kein verzerrtes Bild bekommen, und zwar genügt eine Neigung um etwa 10**. Damit ist also die Notwendigkeit eines besonderen Zeichen- tisches dargethan und sind die Anforderungen , die wir an ihn stellen müssen, erfüllt. — CXXIX — Der vorliegende Zeichentisch besteht nun aus einer auf drei soliden kurzen Füssen ruhenden Platte von 25 : 44 cm. Auf derselben erheben sich vom linken schmalen Rande derselben je 11,5 und 28,5 cm ent- fernt zwei 15 cm hohe, durch Scharniere mit der Grundplatte verbundene Rahmen, deren erster (linker) oben mittels Scharniere mit einer Platte von 25 : 38 cm verbunden ist. In dem Ausschnitt des zweiten (rechten) Rahmens bewegt sich ein Schieber, der ebenfalls mit der oberen Platte so durch Scharniere verbunden ist , dass bei eingeschobenem Schieber die obere Platte mit den beiden Rahmen und der Grundplatte Parallelo- grammbewegungen nach oben bis zu 90° Drehung ausführen kann, während bei ausgezogenem Schieber eine Rhomboidfigur zu stände und die obere Platte in Neigung zu stehen kommt. Mittels Kreisführung und Klemmschraube an dem ersten Rahmen ist die Erhebung der oberen Platte in jeder Stellung zu fixieren und die Neigung der oberen Platte ist durch den Schieber im zweiten Rahmen zu regulieren. Ein an dieser Platte angebrachter Kreisausschnitt von 10*^ ermöglicht es, die Winkel- neigung dieser Platte zur Grundplatte ungefähr abzuschätzen. Auf der oberen Platte bewegt sich mit Schwalbenschwanzführung von rechts nach links eine gleichgrosse Platte, welche die eigentliche Zeichenfläche darstellt. Auf der Grundplatte links von dem ersten Rahmen wird das Mikroskop festgeschraubt und bis an dieses heran die Zeichenfläche Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. 1 — cxxx ~ geschoben. Die Entfernung der Zeichenfläche vom Spiegehnittelpunkte des Zeichenapparates kann durch einen an ersterer angebrachten um- kippbaren Centimetermassstab ziemlich genau bestimmt werden. Bei dieser ganzen Auseinandersetzung wurde vorausgesetzt, dass der Zeichner mit normalem oder doch wenigstens annähernd normalem Auge zeichnete, und es bliebe nun noch übrig, das Verhalten bei ab- normem, kurzsichtigem oder weitsichtigem Auge zu besprechen. Es ist dieses ein Punkt, auf dessen Nichtbeachtung mancher Misserfolg beim Zeichnen zu schieben ist. Für ein hochgradig kurzsichtiges Auge wird schon die normale deutliche Sehweite von 250 mm zu weit entfernt sein, um in derselben deutlich sehen zu können. Das Auge muss daher korrigiert werden, bei der aber meist gleichzeitig vorhandenen Herabsetzung der Sehschärfe darf man den Fernpunkt nicht weiter als bis auf 25 — 30 cm hinaus- rücken und es macht sich daher die Erhöhung der Zeichenfläche ganz von selbst nötig. Das Umgekehrte ist beim weitsichtigen , presbyopi- schen und hypermetropischen Auge der Fall. Hier muss , um eine übermässige Accommodationsanstrengung zu vermeiden, der Fernpunkt um ein Beträchtliches näher gerückt werden. Zur Aufnahme derartiger Korrekturgläser, die von einem Augen- arzte auszusuchen sind , ist an dem ABBs'schen Zeichenapparate ein Rähmchen zwischen Prisma und Spiegel angebracht. Zum Schluss kann ich nicht unterlassen, noch darauf aufmerksam zu machen, wie sich ein Emmetrop zur Not helfen kann, um auch ohne einen in der Höhe verstellbaren Zeichentisch eine der mikroskopischen Vergrösserung entsprechende Zeichnung zu liefern , nämlich durch An- bringung einer konvexen Linse in dem erwähnten Rähmchen, wobei die Brennweite der Linse ihrer Entfernung vom Zeichenpapier gleich sein muss. Oder man kann, um annähernd dasselbe zu erreichen, eine grosse Linse von mindestens 10 cm Durchmesser und ca. 25 cm Brenn- weite zwischen Spiegel und Zeichenfläche anbringen. Ist dieses an sich schon umständlich , so kommt noch die Ungenauigkeit hinzu , die aus der jedesmaligen Höhe des Mikroskopes erwächst, eine Ungenauigkeit, der man durch einen verstellbaren Zeichentisch besser und bequemer als sonst irgendwie aus dem Wege kann. Eine Schrägstellung aber macht sich beim Gebrauche aller Zeichenapparate mit einziger Ausnahme des OBERHÄusER'schen unbedingt erforderlich. Den zweiten Vortrag hielt Prof. Dr. 0. K i r c h n e r (Hohenheim) über : Christian Konrad Sprengel, den Begründer der modernen Blumentheorie. Daran anknüpfend , dass seit dem Erscheinen von Sprengel's Hauptwerk : Das entdeckte Geheimniss im Bau und in der Befruchtung der Blumen, gerade 100 Jahre verflossen sind, gab Vortragender eine Darstellung der von Sprengel gemachten Beobachtungen und Ent- deckungen, sowie der darauf begründeten Blumentheorie, nach welcher zum Zwecke der Bestäubung die Beihilfe von Insekten, welche die Blüten, um in ihnen Nahrung zu finden, aufsuchen, bei einer grossen — CXXXI — Anzahl von Blüten notwendig ist. Farbe und Grossenverhältnisse der Blütenorgane , die gegenseitige Lage der letzteren und ihre Lagen- veränderung im Verlaufe des Blühens, die Hervorbringung von Düften lind Honig , die häufige üngleichzeitigkeit in der Entwickelung der beiderlei Geschlechtsorgane einer und derselben Zwitterblüte (Dicho- gamie) und andere Blüteneinrichtungen sind nur verständlich, wenn man sie in Beziehung setzt zu den Insekten, welche die Blüten be- suchen, und zu dem Benehmen , welches die Insekten auf oder in den Blüten zeigen. Nachdem Vortragender weiter die Thatsache besprochen hatte, dass Spbengel's Theorie zunächst nur eine sehr geringe Aner- kennung fand, weil sie den Anschauungen ihrer Zeit zu weit voraus- eilte, gab er eine Darstellung der äusseren Lebensverhältnisse Spkengel's, bei welcher er neues biographisches Material verwenden konnte, welches sich namentlich auf die Zeit von 1780 — 1793 bezieht, während welcher Spkengel Rektor in Spandau war und seine später zu hoher Würdi- gung gelangten Entdeckungen machte. Der Vortrag ist ausführlich in der ,, Naturwissenschaftlichen Wochen- schrift", herausgegeben von Dr. H. Potonie (1893, Nr. Hu. 12), ver- öffentlicht. Sitzung vom 9. Februar 1893. Stabsarzt Dr. Scheurlen sprach ,,Über Bakterien". Der- selbe begann mit einem geschichtlichen Abriss über die Entwickelung der Bakterienkunde. Danach wurden die ersten Bakterien von Leuwen- HOEK 1675 gesehen, der auch schon die verschiedenen Formen der- selben, die Bacillen, Spirillen und Kokken erkannte. Das 18. Jahr- hundert brachte keinen Fortschritt; interessant ist nur, dass um die Mitte desselben der Kampf um die Urzeugung entbrannte , der erst etwa hundert Jahre später entschieden wurde. In den dreissiger Jahren unseres Jahrhunderts begann ein gewisser Aufschwung in der Bakte- riologie, der 1857 die Arbeiten Pasteue's über die verschiedenen Säure- gärungen zeitigte; 1875 entdeckte Weigekt seine Färbemethode und 1878 — 1881 erschienen die für die bakteriologische Methodik grund- legenden Arbeiten Koch's. Nachdem der Vortragende noch die Fort- schritte in der Schutzimpfung und die neuesten Heilversuche berührt hatte, ging er auf den Bau der Bakterien über. Der Bakterienkörper besteht nach den Untersuchungen Bütschli's, die Redner bestätigen konnte , aus einem den grössten Teil der Zelle einnehmenden Central- körper, der eine maschige Struktur besitzt und als Kern zu betrachten ist. Derselbe ist umgeben von einer Rindenschicht mit wabiger Struk- tur, dem eigentlichen Protoplasma, und dieses wieder von der Membran, welche nicht aus Cellulose besteht; dieselbe weist Falten auf, die die Bewegungsorgane der Bakterien, die Geissein bilden. Die kleinsten Bakterien haben keine Protoplasmaschicht. Die Bakterien gehören in das Protistenreich und zwar auf die unterste Stufe desselben; da die meisten nur aus Kern, dem primären — CXXXII — Teil der Zelle, und Membran bestehen, ist anzunehmen, dass sie die Urorganismen sind oder diese ihnen zum wenigsten sehr ähnlich ge- sehen haben. Redner besprach dann noch die Systematik der Bakte- rien, ihre Fortpflanzung, Untersuchung und Züchtung und führte dann die wichtigsten derselben und einige Protozoen mittels Diapositinen und dem Skioptikon vor. Schwarz Wälder Zweig verein. Versammlung zu Tübingen am 11. Dezember 1892. Vormittags 11 Uhr im physiologischen Institut Vortrag des Herrn Prof. Dr. Grützner: Über die Gleichgewichtsorgane der Tiere. Es ist Lebensbedingung für die Geschöpfe , stets über ihre Lage im Raum orientiert zu sein. Diese Orientierung geschieht zunächst durch gewisse Sinneswerkzeuge : das Auge und die Tastorgane. Aber auch wenn eine Mitwirkung derselben ausgeschlossen ist, ist eine Orien- tierung im Räume möglich. Dies nötigt zu der Annahme besonderer Gleichgewichtsorgane. Die Kenntnis solcher ist noch verhältnismässig neu. Im Jahre 1848 entdeckte Floukens, dass bei Tauben, bei denen die halbkreisförmigen Kanäle des Ohres verletzt waren, seltsame Gleich- gewichtsstörungen eintreten : dieselben äusserten sich in Drehungen und pendeiförmigen Schwankungen des Kopfes und die Richtung der- selben hing mit der Richtung des verletzten Bogenganges zusammen ; dazu kam Unsicherheit in den Bewegungen und Schwindel. Über die Schwindelerscheinungen haben wir sehr eingehende Untersuchungen von PuBKiNjE, die mit persönlicher Aufopferung ausgeführt wurden ; früher hatte schon Eeasmus Darwin in seiner Zoonomie Bemerkungen hierüber gemacht. Purkinje beobachtete , dass die Art und Weise, in welcher sich die Gegenstände bei Schwindel um uns zu drehen scheinen, durch die Achse bedingt ist, um welche der Kopf gedreht wird, und zog daraus den Schluss, dass das Organ, welches die Wahrnehmung solcher Dre- hungen bedingt, im Kopfe liegt. Die inzwischen vergessenen Versuche von Flourens wurden 1869 von Goltz wiederholt; dieser wies zuerst darauf hin, dass die Bogengänge des Gehörorgans Organe des Gleich- gewichts seien, und dass dieselben, trotz ihres Zusammenhanges mit dem Hörnerven, nichts mit dem Hören zu thun haben; er führte die Erscheinungen darauf zurück, dass bei verschiedener Kopfhaltung die Endolymphe auf die Wände der Bogengänge verschieden stark drückt und so die Nervenendigungen der Ampullen verschieden stark anregt. Mach führte diese Theorie weiter aus : er machte Beobachtungen über Bewegungen in einem dunklen Kasten, der um eine vertikale Achse ge- dreht wurde. Hierbei hat man zu Anfang der Drehung, solange sich die Geschwindigkeit derselben steigert, die Empfindung, gedreht zu werden; dieses hört auf, sobald die Drehung länger fortdauert und gleichmässig wird ; bei jetzt eintretender Hemmung der Bewegung ent- ijteht die Empfindung einer Drehung des Kastens in entgegengesetzter — CXXXIII — Richtung; beim Öffnen des Kastens scheint sich die Umgebung in der letzteren Richtung um uns herumzudrehen. Mach deutet diese Er- scheinungen in folgender Weise : wir empfinden nur Winkelbeschleuni- gungen, deshalb haben wir nur von der anhebenden und wachsenden, nicht aber von der gleichmässig fortdauernden Bewegung eine Empfin- dung. Die Wahrnehmung kommt dadurch zu stände, dass die Endo- lymphe der Bogengänge die Geschwindigkeit des Körpers annimmt und bei plötzlichem Aufhören der Bewegung sich weiterbewegt, wodurch eine Reizung der Endapparate stattfindet, und zwar je nach der Rich- tung der Bewegung in den verschiedenen Ampullen der einzelnen Ka- näle verschieden. Zu ähnlichen Ergebnissen kam Beener und der Engländer Beown-Beeuek machte folgenden schönen Versuch: Er legte die Bogengänge frei und setzte durch ein Hämmerchen die Flüssigkeit in denselben in Bewegung; es traten darauf pendelnde Bewegungen des Kopfes ein, deren Richtung je nach der Reizung des einen oder des anderen Bogenganges verschieden war. J. R. Ewald beobachtete, dass störende Eingriffe in die Gleichgewichtsorgane zugleich mit Schwächung der Energie der quergestreiften Muskeln verbunden sind ; es ergaben sich bei Verletzung der Bogengänge gewisse Augenbewegungen ; bei Entfer- nung der gesamten Labyrinthe erscheint eine eigentümliche Muskel- schwäche mit den verschiedenartigsten Äusserungen: z. B. Vögel werden flugunfähig; abgerichtete Hunde können den ihnen zugeworfenen Zucker nicht mehr fangen. — Nun führte die Beachtung des Umstandes, dass wir auch in vollkommener Ruhelage uns der Haltung z. B. unseres Kopfes vollkommen bewusst sind. Mach zu der Annahme eines weiteren Apparates, der die Wahrnehmung von Haltungen vermittelt. Diesen glaubte Beeuee in dem Otolithenapparate finden zu sollen : die Acusticus- endigungen in dem Vorhofsäckchen mit ihren Otolithen haben nach ihm keine Hörfunktion, sondern dienen zur Wahrnehmung von Haltungen, während die Bogengänge nur Drehungen zum Bewusstsein bringen. Der Otolith drückt je nach der Lage des Kopfes verschiedenartig auf die ihn tragenden Härchen und die verschiedenen Zerrungen dieser letzteren vermitteln die Wahrnehmungen der jedesmaligen Haltungen. Die Otolithenapparate machen auch progressive geradlinige Bewegungen wahrnehmbar. Bei Vögeln sind dieselben in den drei Dimensionen des Raumes angeordnet. — Diese Beobachtungen erhalten noch mannig- fache Bestätigung. So sind bei Taubstummen nicht nur die Schnecke des Ohres , sondern oft auch andere Teile des Labyrinthes gestört ; dementsprechend fand der Engländer James, dass viele Taubstumme beim Schwimmen unter Wasser die Orientierungsfähigkeit verloren, da hier die Mithilfe des Auges und des Tastgefühls bei der Orientierung aufhörte und die Gleichgewichtsapparate bei ihnen versagten. Ferner werden die Tanzmäuse , bei denen die Gleichgewichtsapparate mangel- haft ausgebildet sind, nicht schwindelig, selbst wenn sie sich im schnell- sten Tempo drehen. Auch bei niederen Tieren, z. B. Krebsen, bringen Verletzungen der Otolithenapparate Desorientierungen hervor. Mittags 1 Uhr, im Hörsaale des zoologischen Instituts zunächst, geschäftliche Sitzung: Der Vorsitzende Prof. Eimer begrüsst — CXXXIV — die Versammlung ; er entschuldigt den Ausfall der für Freudenstadt beschlossenen Versammlung, die im Mai hätte stattfinden sollen. Er erörtert , dass die Verlegung der Versammlungen auf einen Werktag, welche den Geistlichen die Teilnahme ermöglichen würde, an der Un- möglichkeit scheitere , einen passenden Werktag zu finden. Für die Verbreitung der Bestrebungen des Vereins seien Versammlungen ausser- halb Tübingens vorteilhafter und deshalb sei für solche zu sorgen. In den Ausschuss müssen 2 Mitglieder nachgewählt werden, ausserdem schlägt Prof. Eimer vor, Herrn Oberforstrat v. Nöedlinger an seiner Stelle zum Vorsitzenden zu wählen. Dieser lehnt jedoch ab und schlägt Wiederwahl des jetzigen Vorsitzenden vor. Der Ausfall der Wahlen ergiebt : Wiederwahl des Prof. Eimer zum Vorsitzenden ; als Ausschuss- mitglieder Oberforstrat v. NöRDLiNGER-Tübingen und Dr. HÄHNLE-Reut- lingen. Für die nächste Versammlung wird Freudenstadt als Ort fest- gesetzt; eine Versammlung im Jahre 1893 muss laut früherem Beschlüsse in Tübingen stattfinden; dena Ausschuss bleibt es überlassen, ob eine dritte Versammlung im Jahre 1893 nach Reutlingen einberufen werden soll. — Prof. Lampert- Stuttgart schlägt vor, zu den Versammlungen durch Anzeige im ,, Schwäbischen Merkur" einzuladen. — Prof. Lampert teilt einen Antrag von Medizinalrat Hedinger in Stuttgart mit betreffs einer Petition an den Reichstag gegen den Massenvogelfang im Süden ^ die Versammlung spricht ihre sympathische Stellung dem Antrage gegen- über aus. Es folgt ein Vortrag von Dr. Krauss- Tübingen über die Land- fauna von Tenerife. Die Kanarischen Inseln sind durchweg Produkte vulkanischer Thätigkeit und standen weder untereinander, noch mit dem Kontinent jemals in Verbindung, sondern steigen direkt aus dem hier über 1000 m tiefen Meere auf. Die Insel Tenerife besteht aus drei Vulkangebieten, der Anagakette im Osten, dem Tenogebirge im Westen und den Bergen von Adexe im Süden. Die vulkanische Natur der Gegend äussert sich noch; der letzte Ausbruch fand am 9. Juni 1798 statt und auf dem Pico de Teyde sind noch jetzt Quellen von 84 — 86'' Wasserwärme. — Der Pico de Teyde ragt 3700 m über den Meeresspiegel hervor, an ihm findet in der Zone der Passatwinde eine starke Wolkenbildung statt ; und durch diese Verhältnisse ergeben sich 3 Vegetationszonen ; eine Zone unter den Wolken, die heiss und trocken ist, eine Zone in den Wolken mit reicher Feuchtigkeit und eine kalte Zone über den Wolken. Jede dieser Zonen zerfällt wiederum in 2 Regionen : die erste in die Region der Niederung und die der Schluchten, die zweite in die der Lorbeerwälder und die der Heide, die dritte in die der Fichten- wälder und die der Alpenpflanzen. Die Region unter den Wolken reicht bis 700 m Meereshöhe; sie hat nur geringe Niederschläge und erhält nur rinnende Wasser aus der Wolkenregion. In ihr finden wir Steppen- pflanzen und in ihren oberen Teilen den Drachenbaum ; physiognomisch bestimmend sind die Euphorbien ; in den Gärten finden sich verschieden- artige Tropenpflanzen , ferner werden auf den Feldern Opuntien zur Cochenillezucht angebaut. Die Wolkenregion erstreckt sich von 700 — CXXXY — bis 1600 m Meereshöhe; sie ist schattig und feucht. In den Lorbeer- wäldern finden sich 3 Lorbeerarten, in deren Schatten schöne Farne gedeihen; dazwischen eingestreut wachsen Baumheiden und Stechpalmen. Die Region über den Wolken beginnt bei 1600 m: hier haben wir Wälder von Phms canarlensis und Strauchwald von Ci/fisus. Höher hinauf wächst die Charakterpflanze des Pic, der Retamastrauch {Spar- tiimi supranubium) ; auf dem Gipfel des Pic fristen nur wenige Flechten ihr Dasein. — - Die Armut an Landtieren ist ein gemeinsamer Zug der oceanischen Inseln. In seiner Landfauna trägt Tenerife den Charakter des Mittelmeergebietes ; mit diesem stimmt es in der Mehrzahl der Arten überein ; nur wenige stammen aus Afrika, einige sind aus Ame- rika hierher verschleppt ; eine Anzahl sind der Insel ausschliesslich eigen. Ein eigenartiges Säugetier haben die Kanaren nicht; die Fleder- mäuse gleichen den europäischen ; das Kaninchen ist nachweislich ein- geführt; auch Maus und Ratte stammen von Europa. Im Altertum waren die Inseln wegen ihrer riesigen Hunde berühmt, und noch jetzt findet man auf den Ostinseln schöne Hunde. Als Haustiere dienen Ziege und Dromedar. — Am reichsten sind verhältnismässig die Vögel vertreten. Wir finden einen Aasgeier, den Mäusebussard, den Milan, eine eigene Unterart unseres Turmfalken, die Schleier- und die Wald- ohreule ; zur Familie der Schwalben zählen zwei Cypseliden , der ein- zige Specht, der grosse Buntspecht, lebt nur im Fichtenwald; eine Rabenart ist häufig; ferner ist da ein Würger, zwei eigene Meisenarten {Parus Tenerifae und Be(julus) , von Sängern Sijlvia atricapüla und con- spicillata und im Gebirge das Rotkehlchen; die Amsel ist im Gebirge häufig; dort findet sich auch MotaciUa sulfurca; ein Pieper, Antlms JBertheloti, bevölkert die Gegend vom Meere bis zu den Cumbre ; unser Buchfink lebt in der Kastanienregion ; endemisch ist sein Verwandter, der Teydefink, dessen lasurblaues Männchen einer der schönsten Vögel ist. Der Kanarienvogel, Sermus canariensis, ist sehr häufig vom Ufer bis zum Pinar; der freilebende Vogel singt weit schöner als der ge- fangene. Eine Taube kommt nur noch als grosse Seltenheit vor ; sie ist fast ausgerottet. Zugvögel kommen selten zur Insel, doch giebt es an der Küste eine ganze Anzahl seltener Meeresvögel. — Die Rep- tilien sind nur durch wenige Arten vertreten : Schlangen fehlen ; von Eidechsen kommt Lacerta Galloti, eine der L. oceUata nahestehende Form, vor; sie geht bis ins Gebirge hinauf und ist im Litoralgebiet häufig; eigentümlich ist ihre Nahrung, sie frisst Früchte wie Wein- trauben und Bananen. Ein Gecko ist der Insel eigentümlich. Die Rieseneidechsen von Hierro, von denen Plinius erzählt, wurden vor nicht langer Zeit von Prof. Simony wiedergefunden; sie werden über IV2 ^^ lang. — Von Amphibien finden sich ein Laubfrosch und Buna esculenta var. hispanica im Anagagebirge. Von der Baua esculenta kann man nachweisen, dass sie im 16. Jahrhundert zur Vertilgung der Moskitos eingeführt wurde. — Von Süsswasserfischen ist nur eine Aalart vor- handen. — Landmollusken giebt es 140 Arten, davon sind 60 eigen- tümlich ; Clausilien fehlen. — Die Insekten sind zahlreich , von den Kanaren sind allein 1000 Käferarten durch Wollaston bekannt ge- — CXXXVI — worden, unter denen die Curculioniden und Tenebrioniden vorherrschen. Bemerkenswert ist das häufige Vorkommen ungeflügelter Arten, beson- ders bei den auf die oceanisehen Inseln beschränkten Gruppen. Gerad- flügler sind durch 70 Arten vertreten, von diesen sind die Blattiden durch den Schiffsverkehr eingeführt; unter den Heuschrecken herrschen die Feldheuschrecken vor, Laubheuschreoken sind selten, dazu kommt eine Mantis-kxi. In der Reihe der Schmetterlinge entstammt ein Ad- miral der indischen Fauna ; zwei tropische Danaiden und eine Vanessa sind erst in jüngster Zeit aus Amerika eingewandert; Schwärmer sind wenig zahlreich. Von Halbflüglern ist das Cochenille-Insekt, Coccus cacti, bemerkenswert. Bienenzucht wird in ausgehöhlten Baumstämmen stark betrieben. Von Spinnentieren lebt ein amerikanischer Skorpion nur um Santa Cruz; Spinnen sind zahlreich, auf dem höchsten Gipfel des Fic lebt Phalangmm spinosum in Menge. Von Tausendfüssen ist ein grosser Skolopender vorhanden, der aber sehr selten ist. — In den Bächen und Zisternen leben Cypriden, Daphniden und Copepoden. Der Vortrag war begleitet von einer Anzahl von Demonstrationen; besonders vollständig war die vorgezeigte Sammlung der Vögel und der Orthopteren Tenerifes ; ausserdem waren Photographien von der Insel, Kartons mit gepressten Pflanzen und eine Gruppe lebender kanarischer Pflanzen aus dem botanischen Garten aufgestellt. Darauf folgte ein Vortrag von Prof. Br an co -Tübingen : Über Vulkane der Alb. Schon früher hat der Vortragende in der Nähe von Scharnhausen bei Stuttgart einen kleinen Vulkan entdeckt und über ihn berichtet. Neuerdings gelang es ihm, in der Umgegend von Urach eine grosse Anzahl solcher vulkanischer Vorkommnisse aufzufinden. Dieselben sind von ganz aussergewöhnlicher Beschaffenheit. Das Wunderbare daran liegt nicht in ihrer Massenhaftigkeit , nicht in der Beschaffenheit der Lava, sondern in der Lagerungsweise der Tuffe. Zur Bildung eines Vulkans ist eine Spalte der Erdrinde erforderlich, eine Röhre, von welcher zunächst Steintrümmer, Asche und Tuffe, dann flüssige Lava nach aussen gelangen können. Bei den meisten Vulkanen lagern sich diese als Kegel um die Mündung der Röhre ; bei den Uracher Vulkanen jedoch sind die Tuffe in die Röhre eingelagert. Wir haben hier also nur embryonale Vulkane, nur eine Röhre, in der die Massen aufstiegen und alsbald erstarrten: die Tuffe wurden nur zum Teil ausgeschleudert, zum Teil erfüllten sie die Röhre, zum Ausströmen von Lava kam es nicht. Was von der Öffnung der Röhre noch übrig blieb, wurde spä- ter durch Einspülungen ausgefüllt. Infolge der starken Abrasion, welche für die Alb so bezeichnend ist, sind die Verhältnisse der Beobachtung zugänglich geworden, wir finden Querschnitte durch verschiedene Tiefen der Vulkanröhren, und am Steilabfalle der Alb sind die Kanäle so- gar der Länge nach angeschnitten. Bisher sind solche Verhältnisse noch nirgends gefunden ; sie sind nur da möglich, wo der Vulkanismus im Keime erstickt wurde und es nur zur Bildung von Maren kam, wie in der Eifel. Ähnliche Verhältnisse wie um Urach haben wir viel- leicht in der Karroo : dort finden sich horizontale Schichten , welche — CXXXVII — von Röhren durchsetzt sind, und der Inhalt dieser Röhren ist eine tuifartige Masse ; darin findet man die Diamanten. Doch steht einem Vergleiche mit diesen die Ansicht gegenüber, dass man es hier mit Erzeugnissen von Schlammvulkanen zu thun hat. In der Umgebung von Urach haben wir 90 solcher Vulkane. Weiter trägt vor Prof. B r a n c o - Tübingen : Über das Bohr - loch von Neuff en. In den Jahren 1832 — 1839 wurde in der Gegend von Neuffen ein Bohrloch gestossen, und die Temperaturverhältnisse desselben wur- den vom Grafen Mandelsloh untersucht. Die Resultate dieser Unter- suchungen ergaben Verhältnisse , wie man sie sonst nirgends gefunden hat ; die geothermische Tiefenstufe betrüge danach bei Neuffen nur 9,9 m. Diese Angaben wurden vergessen oder nicht geglaubt. Der Vortragende hat dieselben einer Nachprüfung unterzogen. Die Berech- nung von Mandelsloh ist falsch, da die Zone der Sonnenwirkung (20 m) nicht berücksichtigt wurde ; es ergiebt sich daher die geothermische Tiefenstufe nicht zu 9,9 m, sondern zu 11 m. Die Untersuchung des von Graf Mandelsloh bei der Messung benutzten Thermometers ergab, dass dasselbe eher zu niedrig anzeigte als zu hoch. Die Ansicht, dass die Wärmezunahme hier eine sehr grosse sei, ist daher nicht von der Hand zu weisen ; wir haben andere Beispiele einer sehr grossen, wenn auch nicht so grossen Wärmezunahme, so bei Sulz und in der Kohlen- grube am Monte Massi in Toskana beträgt nach Bunsen's Messungen die geothermische Tiefenstufe 13,7 m. Die Ursache dieser starken Wärmezunahme wäre vielleicht darin zu vermuten, dass wir uns hier auf altvulkanischem Boden befinden und dass die emporgedrungenen Schmelzmassen die Wärme noch längere Zeit anhielten, auch ist in solchen Gebieten wohl die Erdrinde dünner. — Doch das Bohrregister bietet uns noch ein weiteres Rätsel : Das Bohrloch setzt im oberen Keuper ein; jede Liasschicht lässt sich richtig verfolgen; es setzt im braunen Jura ß auf, muss also auch den braunen Jura a durch- dringen : dies stimmt alles nach den Angaben des Bohrregisters , aber die Mächtigkeit der Schichten des braunen Jura ist auf das Doppelte angegeben. Diese grosse Mächtigkeit erklärt sich vielleicht, wenn man das Einfallen der Schichten in Rechnung zieht. Vielleicht ist auch die Mächtigkeit des braunen Jura a und ß grösser, als sie bisher an- genommen wurde. Dr. W u r m - Teinach zeigt weisse Heidelbeeren und erörtert dazu folgendes : Die weisse Farbe, die man hin und wieder bei Heidel- beeren trifft, wurde früher lediglich auf Infektion mit einem Pilze, Sclero- dinium, zurückgeführt ; doch giebt es auch einen Albinismus der Heidel- beeren. Von den infizierten unterscheiden sich die Albinos dadurch, dass stets nur weisse Früchte an einem Strauch vorhanden sind, wäh- rend bei Sclerodinium-lnfektion weisse und blaue Beeren am gleichen Strauche wachsen. Auch erlangen erstere vollkommene Reife und süssen Geschmack, diese aber schmecken bitter. Schluss der Sitzung um 3 Uhr. Zum Andenken an Prof. Dr. Ernst Hofmann, Kustos am K. Naturalien-Kabinet zu Stuttgart. Nekrolog von Dr. W. Steudel. Am 29. Januar 1892 starb nach nicht vollendetem 55. Lebens- jahr in Stuttgart der in weiten Kreisen des In- und Auslands als Entomologe bekannte und durch vielseitige Thätigkeit in dem grossen Gebiet seines Berufs, sowie durch schriftstellerische Arbeiten hoch- geschätzte Professor Dr. Ernst Hofmann, Kustos an der Stuttgarter zoologischen Staatssammlung. Er war geboren am 5. Mai 1837 in Frankfurt a. M. als 2. Sohn des damaligen Fürstl. Thurn und Taxis'- schen Postkommissärs Christ. Friedrich Ad. Hofmann, welcher 1846 zum Fürstl. Rechnungsrat in Regensburg befördert wurde. So kam der 9jährige Ernst nach dieser Stadt, wo er seine Schuljahre zu- brachte. Seine körperliche Entwickelung war keine besonders kräf- tige, stets war er mager und zart und hat, wie er mir öfters erzählte, bis zu seinem 13. oder 14. Jahre von den Zeiten an, bis zu welchen seine Erinnerung reichte, jeden Winter Leberthran genommen. Sein Appetit war in der späteren Zeit zwar nicht kleiner als normal, aber manche Abneigungen gegen verschiedene Qualitäten der Nah- rungsmittel, z. B. gegen Fett, Hessen ihn später im erwachsenen Alter etwas als Sonderling erscheinen. Sein Vater war ein eifriger und tüchtiger Entomolog, fast aus- schliesslich in dem Gebiete der Schmetterlinge, und sein älterer Bruder, wie er selbst, teilte diese Liebhaberei. So konnte es denn nicht ausbleiben, dass die drei Hofmänner durch gemeinsame Thätigkeit in kurzer Zeit eine grosse und sorgfältig gehaltene Schraetterlings- sammlung zusammenbrachten. Gute Freundschaft hielt Vater Hof- mann mit dem Altmeister der deutschen Lepidopterologen , dem Dr. Herrich-Schäffer in Regensburg, und stets wurden die Sam- melexkursionen und Spaziergänge mit diesem ganz hervorragenden Forscher gemeinschaftlich gemacht, wobei andere Freunde mit gleichen Neigungen sich anschlössen. Herrich-Schäffer, der gewiegte Forscher, legte einen besondern Wert auf die noch wenig erforschte und darum — CXXXIX — besonders interessante Gruppe der Kleinsehmetterlinge, und diese Rich- tung teilte sich naturgemäss den zuerst die Rolle als Schüler spielenden Begleitern mit. So kam es, dass die zwei Brüder Hofmann schon sehr früh mit ihrem erfahreneren Vater begeisterte Sammler und Forscher des Gebiets der Kleinschmetterlinge wurden. Einen be- sondern Sporn bildete damals das in Lieferungen erscheinende pracht- voll illustrierte und sonst ausgestattete Tineenwerk von Stainton in England. Dieser Forscher verstand es, den Eifer der Sammler dadurch anzuspornen, dass er jedem sein ganzes kostbares Werk versprach, der eine gewisse Anzahl neuer noch unbeschriebener Arten von europäischen Tineen mit Raupe und Puppe und Nahrungspflanze ihm zuschickte. Dabei galt eine unbekannte Raupe oder Puppe je für Vs einer Art. In Regensburg und später an verschiedenen anderen Orten gelang es den Hofmännern, die nötige Anzahl zu entdecken und an Stainton zu schicken , und dadurch das kostbare Werk als gemeinsames Eigentum zu erwerben. Nach den Schuljahren kam E. H. als Apothekerlehrling nach Wörth a. D. und dann als Gehilfe nach Regensburg, später nach Oberaudorf auf dem hnken Ufer des Inn. Im Herbst 1859 bezog er die Universität Erlangen und trat in näheren Verkehr mit den Professoren der Zoologie Dr. Rosen- hauer und Dr. Will, welche beide ausser den allgemeinen zoo- logischen Studien die Entomologie mit Vorliebe betrieben. Nach Absolvierung der Universitätsstudien kam er wieder als Apotheker- gehilfe nach Regensburg und später nach Nürnberg. Alle diese Ortswechsel begünstigten die Erfolge seiner naturwissenschaftlichen Studien, wie denn der Wechsel des Wohnorts stets neue Gelegen- heiten zu Entdeckungen bietet, durch andere Flora und andere geo- logische Verhältnisse. Dass bei allen seinen zahlreichen Gängen in freier Natur mit Hilfe seines scharfen Auges auch die Erscheinungen in anderen Insekten-Gebieten nicht unbeachtet blieben, ist wohl nicht anders zu erwarten, um so mehr, als sein Hauptlehrmeister und Vorbild, Dr. Herrich-Schäffer, so sehr bewandert in allen Teilen der Insektenwelt war. Im Jahre 1869 wurde er, empfohlen durch seinen Gönner Herrich-Schäffer und seinen Universitätslehrer Prof. Rosenhauer, an das Naturalienkabinet nach Stuttgart berufen, wo er unter der Direk- tion des verstorbenen Oberstudienrat Dr. v. Krauss in segensreich- ster Weise bis zu seinem Tode gewirkt hat. Mit zagendem Herzen nahm er die Stelle an, deren Ausfüllung ihm gar viele neue Auf- — CXL — gaben und Pflichten auferlegte. Aber bald wuchs er in diesen Beruf hinein, der so ganz seinen Anlagen und Neigungen entsprach, und in welchem er nach verschiedenen Richtungen grosse , von vielen Seiten anerkannte Erfolge hatte. Es konnte nicht fehlen, dass sich Männer mit gleichen Nei- gungen sich fördernd und anregend ihm anschlössen und sich freund- schaftlich mit ihm verbanden. Gleich am ersten Tage seines hiesigen Aufenthalts kam er auf den Rat seines Vorgesetzten mit seinem Vater zu mir, als dem einzigen in Stuttgart, der sich mit dem Stu- dium und Sammeln der Kleinschmetterlinge abgab, und sogleich war der treue Freundschaftsbund fürs Leben geschlossen. Im Naturalienkabinet traf H. einen ausserordentlich grossen und reichen Vorrat von Insekten aus allen Weltteilen an, ungeordnet, gröss- tenteils unbestimmt und meistens noch in der Originalverpackung, in der sie aus weiter Ferne von Sammlern und Naturforschern, meist Landsleuten und an ihre engere Heimat anhänglichen Kolonisten und Reisenden, zugesendet waren. Eine Riesenaufgabe war es für H., die vielen Tausende von Arten aus allen Familien und Ordnungen zu sichten und zu ordnen, wissenschaftlich zu bestimmen und in Kästen übersichtlich einzuordnen. Dabei musste er erst in allen ihm bisher wenig bekannten Ordnungen systematische Kenntnisse er- werben, die Litteratur studieren und die speciellen Forscher persön- lich oder wenigstens ihre Adressen kennen lernen, schwierige Ab- teilungen zur Bestimmung nach allen Himmelsgegenden versenden und die Schwierigkeiten der wechselnden Namen allmählich über- winden. Die vielfach getriebene Gewohnheit der Specialisten, neue Benennungen statt der alten einführen zu wollen, brachte ihm man- chen Arger, in dem er sich dann kräftig über die unheilbringenden „Wiedertäufer" ausliess. Schwer ist es, sich als Laie einen Begriff zu machen über den Umfang der Arbeiten , Korrespondenzen , Ver- sendungen, Einarbeitungen in die Litteratur verschiedener Völker und Sprachen , und man muss den Mut bewundern , in dieser Zukunfts- arbeit nicht zu erlahmen. Wohl häufte sich Kasten um Kasten, Sammlung um Sammlung voll mit wissenschaftlich bestimmten und systematisch geordneten Kerfen, so dass ein grosses, viel besuchtes und benutztes, bewundertes und beneidetes Material schon jetzt vor- handen ist, entstanden aus einem ungeordneten, unbrauchbaren, daher wissenschaftlich ziemlich wertlosen Chaos. Aber freilich, H. ist viel zu früh gestorben, die Arbeit ist noch kaum halb vollendet, und die Aufgaben der Zukunft werden über mehr als ein Menschenalter die — CXLI — vollen Kräfte eines gut geschulten und fleissigen entomologischen Nachfolgers in Anspruch nehmen. Ausser der speciell dem staatlichen Naturalienkabinet zugehörigen Sammlung hatte H. noch die specifisch württembergische Sammlung zu verwalten, welche zwar in demselben Staatsgebäude durch die Liberalität unserer Regierung und des K. Kultministeriums aufbewahrt und gepflegt wird, aber das Eigentum des württembergischen Vereins für Naturkunde ist. Diese Sammlung ist, wie die staatliche, nicht nur reich durch die Vorräte an Tieren , Pflanzen , Mineralien und Präparaten, sondern auch durch eine stattliche Bibliothek, in welcher eine grosse Menge seltener, schwer zu beschaffender älterer und neuer Schriften , Bücher , Bilderwerke und Dokumente aufbewahrt werden. Diese Werke werden im Kreis der Mitglieder des vater- ländischen Vereins ausgeliehen, und die Verwaltung dieser Bibliothek und Sammlung lag unserem Freund H. ebenfalls ob. Das gab denn auch wieder viele Arbeit. Hierbei ist nun auch hervorzuheben eine specielle für sich bestandene Insektensammlung, ein Nachlass des in den 60er Jahren verstorbenen Staatsrat v. Roser, welche stets mit besonders rühmenden Nachdruck von unserem verstorbenen Freund erwähnt wurde. Diese Sammlung enthielt die Früchte des nach- haltigen Fleisses eines der verdienstvollsten und gewissenhaftesten entomologischen Forschers, eines genialen und gelehrten Sammlers, der die Kenntnis unserer einheimischen, besonders württembergischen Insekten um geradezu viele hundert Arten bereicherte. Zehn Jahre nach dem Tode Roser's musste nach den Bestimmungen seines Testa- ments die nachgelassene Sammlung mit Sammelgeräten und Biblio- thek unangetastet beisammen bleiben, und erst wenn in dieser Zeit kein Enkel Roser's sich als entomologischer Sammler und Forscher meldete, war sie definitives Eigentum des Kabinets. Die württem- bergischen Tiere durften dann der Sammlung des vaterländischen Vereins, die anderen der Sammlung des Staates einverleibt werden. Nur mit Zagen und Befürchten sprach der verstorbene H. von diesen Bestimmungen , und sowie der Todestag Rosers zum zehntenmale anbrach, war H. ein schwerer Stein vom Herzen gefallen, denn diese Sammlung enthielt reichhaltige Schätze , wie sie selten einem ein- zelnen Manne zusammenzutragen gelingen mögen. Alle diese Schätze gehörten ja nun in die Verwaltung des Kustos H. und wurden mit derselben Liebe angesehen, wie wenn sie ihm selbst gehören würden. Dabei leisteten die Bestimmungen Roser's, der auch in den wenig bearbeiteten Ordnungen , wie den Hymenopteren , besonders den — CXL — gaben und Pflichten auferlegte. Aber bald wuchs er in diesen Beruf hinein, der so ganz seinen Anlagen und Neigungen entsprach, und in welchem er nach verschiedenen Richtungen grosse , von vielen Seiten anerkannte Erfolge hatte. Es konnte nicht fehlen, dass sich Männer mit gleichen Nei- gungen sich fördernd und anregend ihm anschlössen und sich freund- schaftlich mit ihm verbanden. Gleich am ersten Tage seines hiesigen Aufenthalts kam er auf den Rat seines Vorgesetzten mit seinem Vater zu mir, als dem einzigen in Stuttgart, der sich mit dem Stu- dium und Sammeln der Kleinschmetterlinge abgab, und sogleich war der treue Freundschaftsbund fürs Leben geschlossen. Im Naturalienkabinet traf H. einen ausserordentlich grossen und reichen Vorrat von Insekten aus allen Weltteilen an, ungeordnet, gröss- tenteils unbestimmt und meistens noch in der Originalverpackung, in der sie aus weitet Ferne von Sammlern und Naturforschern, meist Landsleuten und an ihre engere Heimat anhänglichen Kolonisten und Reisenden, zugesendet waren. Eine Riesenaufgabe war es für H., die vielen Tausende von Arten aus allen Familien und Ordnungen zu sichten und zu ordnen , wissenschaftlich zu bestimmen und in Kästen übersichtlich einzuordnen. Dabei musste er erst in allen ihm bisher wenig bekannten Ordnungen systematische Kenntnisse er- werben, die Litteratur studieren und die speciellen Forscher persön- lich oder wenigstens ihre Adressen kennen lernen , schwierige Ab- teilungen zur Bestimmung nach allen Himmelsgegenden versenden und die Schwierigkeiten der wechselnden Namen allmählich über- winden. Die vielfach getriebene Gewohnheit der Specialisten, neue Benennungen statt der alten einführen zu wollen, brachte ihm man- chen Ärger, in dem er sich dann kräftig über die unheilbringenden „Wiedertäufer" ausliess. Schwer ist es, sich als Laie einen Begriff zu machen über den Umfang der Arbeiten , Korrespondenzen , Ver- sendungen, Einarbeitungen in die Litteratur verschiedener Völker und Sprachen , und man muss den Mut bewundern , in dieser Zukunfts- arbeit nicht zu erlahmen. Wohl häufte sich Kasten um Kasten, Sammlung um Sammlung voll mit wissenschaftlich bestimmten und systematisch geordneten Kerfen, so dass ein grosses, viel besuchtes und benutztes, bewundertes und beneidetes Material schon jetzt vor- handen ist, entstanden aus einem ungeordneten, unbrauchbaren, daher wissenschaftlich ziemlich wertlosen Chaos. Aber freilich, H. ist viel zu früh gestorben, die Arbeit ist noch kaum halb vollendet, und die Aufgaben der Zukunft werden über mehr als ein Menschenalter die — CXLI — vollen Kräfte eines gut geschulten und fleissigen entomologischen Nachfolgers in Anspruch nehmen. Ausser der speciell dem staatlichen Naturalienkabinet zugehörigen Sammlung hatte H. noch die specifisch württembergische Sammlung zu verwalten, welche zwar in demselben Staatsgebäude durch die Liberalität unserer Regierung und des K. Kultministeriums aufbewahrt und gepflegt wird, aber das Eigentum des württembergischen Vereins für Naturkunde ist. Diese Sammlung ist, wie die staatliche, nicht nur reich durch die Vorräte an Tieren, Pflanzen, Mineralien und Präparaten, sondern auch durch eine stattliche Bibliothek, in welcher eine grosse Menge seltener, schwer zu beschaffender älterer und neuer Schriften , Bücher , Bilderwerke und Dokumente aufbewahrt werden. Diese Werke werden im Kreis der Mitglieder des vater- ländischen Vereins ausgeliehen, und die Verwaltung dieser Bibliothek und Sammlung lag unserem Freund H. ebenfalls ob. Das gab denn auch wieder viele Arbeit. Hierbei ist nun auch hervorzuheben eine specielle für sich bestandene Insektensammlung, ein Nachlass des in den 60er Jahren verstorbenen Staatsrat v. Roser, welche stets mit besonders rühmenden Nachdruck von unserem verstorbenen Freund erwähnt wurde. Diese Sammlung enthielt die Früchte des nach- haltigen Fleisses eines der verdienstvollsten und gewissenhaftesten entomologischen Forschers, eines genialen und gelehrten Sammlers, der die Kenntnis unserer einheimischen, besonders württembergischen Insekten um geradezu viele hundert Arten bereicherte. Zehn Jahre nach dem Tode Roser's musste nach den Bestimmungen seines Testa- ments die nachgelassene Sammlung mit Sammelgeräten und Biblio- thek unangetastet beisammen bleiben, und erst wenn in dieser Zeit kein Enkel Roser's sich als entomologischer Sammler und Forscher meldete, war sie definitives Eigentum des Kabinets. Die württem- bergischen Tiere durften dann der Sammlung des vaterländischen Vereins, die anderen der Sammlung des Staates einverleibt werden. Nur mit Zagen und Befürchten sprach der verstorbene H. von diesen Bestimmungen , und sowie der Todestag Rosers zum zehntenmale anbrach, war H. ein schwerer Stein vom Herzen gefallen, denn diese Sammlung enthielt reichhaltige Schätze , wie sie selten einem ein- zelnen Manne zusammenzutragen gelingen mögen. Alle diese Schätze gehörten ja nun in die Verwaltung des Kustos H. und wurden mit derselben Liebe angesehen, wie wenn sie ihm selbst gehören würden. Dabei leisteten die Bestimmungen Roser's, der auch in den wenig bearbeiteten Ordnungen , wie den Hymenopteren , besonders den — CXLII — Ichneumoniden eine grosse Zahl ganz neuer noch unbeschriebener Arten gesammelt und wenigstens das Genus, dem diese angehörten, auch bestimmt hat, den Bemühungen H."s grossen Vorschub. Wenn H. seinen Freunden, die ihm in Württemberg gesammelte Insekten zur Einverleibung in die vaterländische Sammlung zuschickten, sagen konnte, das oder jenes Stück sei nicht einmal in der Roser'schen Sammlung enthalten, so war das das höchste Lob, das er zum Dank für den Empfang austeilen konnte. Aber noch ist eine dritte Sammlung zu erwähnen, deren Schöpfer H. selbst war, und welche ihren eigenen wissenschaftlichen Reiz und zugleich hervorragend praktisches Interesse darbietet. Es ist dies die biologische Sammlung, in welcher die verschiedenen Ent- wickelungsstufen der Insekten (Ei, Larve oder Raupe, Puppe, voll- kommenes Insekt oder Imago) nebst der besonderen Nahrung, daher der betreffende Schaden in Wald und Garten , Feld und Wiese, menschlicher Wohnung und den Gebrauchsgegenständen, dem Körper des Menschen und der Haustiere und dergleichen in belehrenden Präparaten zusammengestellt ist. Dazu gehören femer die Woh- nungen der gemeinschaftlich lebenden Kolonien, z. B. der Wespen-, Bienen- und Hummel-Nester , Wohnungen von Ameisen , geselligen Raupen und ähnliche Naturgegenstände. Diese Sammlung zu einer belehrenden, verständlichen zu machen, das gelang H. durch ein an- geborenes Talent zum „Basteln", wie man sich im Schwäbischen aus- drückt, ganz vorzüglich, und sie bildete daher einen viel benutzten Anziehungspunkt und eine reiche Quelle der Belehrung für Land- wirte, Förster, Gärtner und ähnliche Berufsarten. Nie wurde unser H. müde, den lernbegierigen Besuchern von Stuttgart und von aus- wärts diese Präparate zu erklären und zu demonstrieren, denselben Anweisungen zu geben behufs Vermeidung von Schäden, erfolgreiche Vernichtung der schädlichen Insekten, insbesondere ihrer Nester, so- wie das Vorkommen und die verborgenen Plätze der Eier, Raupen etc. zu zeigen. Immer freundlich und hilfreich verschmähte er es nicht, dieselbe Belehrung zum 10., 20., 100. Mal zu wiederholen und da- durch nützliche Kenntnisse in die weitesten Kreise zu tragen. Auch bei allgemeinen Versammlungen der Landwirte, Gärtner, Förster, Bienenzüchter, des Vereins für vaterländische Naturkunde benützte er die Gelegenheit gerne, durch Mitnahme und Vorzeigen von Prä- paraten, von Zeichnungen und Bildern, auch mikroskopische Demon- strationen nützliche Kenntnisse im Bereiche seines Berufs in die weitesten Kreise zu verbreiten. Wichtige, für das Allgemeinwohl — CXLIII - bedeutende Vorkommnisse, wie die Erscheinung und der Schaden der Nonne in den Waldungen, Schäden der Nutzpflanzen, des Getreides etc. durch Insekten, brachten bei ihm einen fieberhaften Eifer hervor, durch eigene Einsichtnahme, vielfache Prüfungen und Untersuchungen, Licht in diese Vorkommnisse zu bringen, und alle diese umfassende Thätigkeit brachte ihn den interessierten Kreisen näher, gab ihm aber auch wieder Gelegenheit, die grosse Zahl der dadurch ge- wonnenen Freunde zu Lieferungen von brauchbarem Material für unsere Sammlungen zu veranlassen, und dadurch den Dank für seine Belehrung als Zuwachs des Wertes unserer öffentlichen wissenschaft- lichen Institute niederzulegen. Zu der Aufklärung der näheren Ver- hältnisse und Umstände , welche bei den allgemeinen und weit- verbreiteten Schädigungen der landwirtschaftlichen und forsthchen Kulturen durch Insekten in unserem Lande in Frage kamen, wurde H. auch öfters durch die Regierung und das K. Kultministerium an Ort und Stelle geschickt, und seine Kenntnisse der Lebensweise der Insekten und ihrer Feinde haben ihn dabei befähigt, vieles aufzuklären und nützliche Ratschläge den betreffenden Verwaltungen zu erteilen. Mit grosser Mühe und rastloser Arbeit stellte er zur Veranschaulichung der Verhältnisse grosse Präparate her, die im Naturalienkabinet auf- gestellt sind und weiten Kreisen eine richtige Anschauung über die Zahl der schädigenden Insekten, über die Grösse des Schadens, über die enorme Vermehrung der Individuen, über die Ablegung der Eier an geschützten Stellen und Ähnliches zu geben geeignet sind. Sehr bald fand er bei derartigen Aufgaben auch eifrige Unterstützung durch taugliche und naturwissenschaftlich vorgebildete Genossen , wie ihn z. B. bei Erforschung des Getreideschadens in der Gegend von Urach und Metzingen Herr Apotheker Koch in Neuffen durch eingehende und in zwei Jahren fortgesetzte Beobachtungen des beschädigten Bezirks in der glücklichsten Weise unterstützte und die Entscheidung über den wirklichen Urheber des Schadens (Thrips) hauptsächlich herbeiführte. Durch die Gewohnheit, bei den verschiedensten Gelegenheiten, besonders den regelmässigen Versammlungen der hierbei interessierten Kreise , selbst gemachte Präparate zur Demonstration zu benützen, wurde er immer mehr als tüchtiger Präparator bekannt und bekam zahlreiche Bestellungen von selten land- und forstwirtschaftlicher Institute, öffentUcher Sammlungen und von Privatleuten, welche selbst in den Besitz biologischer Zusammenstellungen nützlicher oder schäd- licher Insekten zu kommen suchten. Es waren solche Arbeiten für — CXLIV — ihn selbst eine grosse Freude und förderten ihn zugleich in der Ver- tiefung seiner beruflichen Studien ; ausserdem gaben sie auch die Mittel, um seinen sommerlichen Ausflügen eine grössere Ausdehnung zu geben, als ihm dies die eigenen Privatmittel gestatten konnten. In vielen Kreisen wird sein Tod durch den Ausfall dieser Thätigkeit schmerzlich empfunden werden , und es wird schwer halten , diese Lücke zu ersetzen. In seinem Privatleben war H. einfach und schlicht ; ein reines Gemüt und eine unverdorbene, für die kleinsten Freuden zugängliche Seele machten ihn zum glücklichen, im Geben und Geniessen gleich befriedigten Ehemann, Vater, Bruder und Freund. Im Jahre 1875 heiratete unser Freund und hatte das grosse Glück, in seiner Frau Pauline, geb. Eberhard, eine für seinen Charakter und seine persönlichen Eigenschaften ganz besonders passende Ehegattin zu finden, welche mit rührender Treue und liebevollem Eingehen auf seine manchmal etwas pedantischen Gewohnheiten und Bedürfnisse ihm das Leben in edelster Weise verschönerte und ihm in seiner letzten Zeit körperlicher Leiden und Beschwerden eine aufopfernde Pflegerin war, wie dies nur eine unermüdlich treue Gattin sein kann. Sie schenkte ihm zwei Söhne , welche bei seinem viel zu frühen Tode als O^/g" wnd 16jährig verwaist wurden. Diese Söhne haben zum Teil die guten Eigenschaften des Vaters geerbt, zum Teil die der Mutter, beiden aber wird das innige Familienleben, in dem jedes persönliche Ereignis und jede festliche Feier so treu und tief von den harmonischen Eltern begangen wurde, ihres Vaters verehrtes Bild gar häufig im Leben in segensreichem Sinn zurückrufen, die Mutter aber ringt wohl noch lange an dem Schmerz dieses herbsten Ver- lustes. Gross ist der Kreis seiner Freunde, der Genossen seines Privatlebens und besonders seiner Berufsthätigkeit , und es ist wohl am Platze, noch hierüber einiges Wenige mitzuteilen. Seine bescheidene mitteilsame Weise, die harmlose Natur seines ganzen Wesens, die Leichtigkeit mit der er aus kleinen Ereignissen im Gebiet des Verkehrs und den Genüssen der Natur, besonders bei Sammel-Ausflügen freudige Erregung fand und äusserte, machten ihn zu einem liebenswürdigen Freund, der niemand beleidigte und jedem sein Recht liess und Anerkennung entgegenbrachte. So war sein Verkehr nach allen Seiten ein glücklicher und freundlicher, und man kann wohl sagen, er hatte keinen Feind, keinen, der ihm böse sein konnte. Bei niemand stiess er an und es that ihm stets weh, wenn unter seinen Freunden irgend einmal der Frieden gestört wurde. — CXLV - Besondere Freuden warteten seiner, wenn es ihm gelang, mit näheren Freunden grössere Touren oder kleine Reisen ins Gebirge, besonders die Schweiz zu machen. Derartige gemeinschaftliche Reisen hat der Verfasser dieser Zeilen dreimal nach der Schweiz und Tyrol mit H. gemacht. Da war ein wetteifernder Sammeltrieb, ge- meinschaftliche Freude bei jedem neuen und wertvollen Fund , bei interessanten Begegnungen und Bekanntschaften mit Genossen der edlen Zunft ein Bindeglied, das die Freundschaft der beiden Kollegen befestigte und täglich erneute. Beide waren gute Fussgänger und häufig kamen sie in die Lage, ihre Ausdauer im Gehen in der Ebene und im Gebirge, bei gutem und schlechtem Wetter erproben zu müssen. Niemals aber gaben die Fragen über die Ausdehnung der Märsche, über die Wahl der Unterkünfte, über das wichtige Kapitel des Aufwands bei derartigen Reisen auch nur den geringsten Anlass zu Störungen der Harmonie. Beide Freunde teilten sich auch rück- haltslos über ihre Familien Näheres mit, freuten sich der von Hause zugehenden Nachrichten und halfen einander aus bei den kleinen Vorkommnissen in solchen Gebirgsreisen. Reich und nachhaltig waren die Erinnerungen an die gemeinsamen Erlebnisse und fmcht- bar die naturwissenschaftlichen Ergebnisse dieser Touren, deren letzte leider in dem Nachlass der körperlichen Leistungen H.'s schon den Keim der verderblichen Krankheit vermuten liess, der er V2 J^^^ darauf erlag. Auch verschiedene deutsche Naturforscher-Versammlungen be- suchte H., darunter zwei, an denen sein Freund Steudel auch teilnahm. Diese Gelegenheiten erweiterten jedesmal den Kreis seiner Freunde und waren ein edler, durch wissenschaftliche Resultate mehr als durch die dargebotenen festlichen Genüsse geschätzter Genuss. Besonders die Freunde alle zu nennen, die in bleibendem brief- lichem und persönlichem Umgang sein Leben verschönten, würde weit über den Zweck dieser Zeilen führen, doch mögen einige ge- nannt sein, z. B. der kürzlich verstorbene Dr. D o h r n sen. in Stettin, der grosse Käfersammler, der vier Weltteile durch ausgedehnte Reisen kennen gelernt hat und der den Schwaben immer besonders zugethan war ; Landrichter Eppelsheim in Grünstadt, Anton Schmid in Regensburg, Kassierer Hart mann in München, drei Sammler von Kleinschmetterlingen, dem Lieblingsgebiet H.'s; Dr. Eppelsheim in Grünstadt, Bruder des Landrichters, der die kleinsten Käfer als Specialität erforschte, bestimmte und sammelte. Im gleichen Fache zeichnete sich in Stuttgart Kaufmann Hans Simon aus, der von den Jabreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkimde in Wtlrtt. 1893. k — CXLVI — allerkleinsten aus Waldmoos ausgesiebten Käferchen viele Tausende sammelte, präparierte und der Sammlung des württembergischen Vereins für vaterländische Naturkunde zum Geschenk machte. Diese Schätze hat Dr. Eppelsheim bestimmt und darunter auch neue Arten gefunden und benannt; Prof. H. Frey in Zürich, ein durch viele Schriften über Klein- und Grossschmetterlinge in den weitesten Kreisen bekannter Forscher, den wir auch gemeinsam besuchten; viele Dozenten , Professoren und Kustoden in Zürich , Bern , Genf, München, Frankfurt, Berlin, Stettin, Regensburg, Bamberg, Speyer, Wien und anderen Städten, welche alle aufzuzählen hier nicht mög- lich ist, auch der verdienstvolle, durch gesuchte und allgemein benützte Handbücher und systematische Werke überall bekannte Dr. Staudinger in Dresden-Blasewitz möge hier genannt «sein. In Stuttgart verkehrte er viel mit den Mitgliedern des von H. in erster Linie begründeten entomologischen Vereins und des naturwissen- schaftlichen Museumskranzes, des sogenannten Schneckenkranzes. Entomologische, durch selbständige ausgedehnte Beobachtungen oder besonders tüchtige Präparation hervorragende Mitglieder dieser beiden Gesellschaften waren in ersterem Verein Prof. Jäger, Juwelier Trinker, Modelleur Scheiffele, beide Karl Faber, Prof. Rettig und Rieber, Apotheker M. Reihlen, Max Schreiber, meine Wenigkeit, in letzterem Prof. Lampert, Oberstudienrat Dr. 0. Fraas, Dr. E. Fraas, Assistent E i c h 1 e r , Graf Zeppelin, GrafScheler, Freiherr König V. Warthausen, ich und noch viele andere. Die Genannten trieben mehr oder weniger auch entomologische Studien* Besonders aber ist noch zu nennen der vor wenigen Jahren ver- storbene Kapp 1er, der in einer Zeit von 43 Jahren in verschiedenen Stellungen in holländisch Surinam gewohnt und hierbei in erfolg- reichster Weise naturwissenschaftlich gesammelt und geforscht hat. Seinem Eifer und seiner Munificenz dankt das hiesige Naturalien- kabinet eine grosse Reihe wertvoller Erwerbungen und derselbe hat unseren Freund H. so sehr ins Herz geschlossen, dass er ihm im Testament seine goldene Uhr vermacht und damit eine grosse Freude und Genugthuung bereitet hat. Es ist schwer, ein Ende zu machen mit Aufzählung dieser unserem H. getreulich im Leben zugethaner Freunde und Genossen seiner Studien, doch verdienen zwei noch eine ganz besondere Anerkennung: Oberförster v. Troll in Heudorf, In- spektor Hahne in Wasseralfingen, beide hervorragende Sammler von Kleinschmetterlingen. Im Jahre 1890 wurde ihm die ehrenvolle Freude zu teil, in — CXLVII — Anerkennung seiner unermüdlichen, uneigennützigen und erfolgreichen Thätigkeit für den Staat und die Staatssammlung durch den Titel eines K. Professors ausgezeichnet zu werden. Zahlreich sind auch die Früchte seiner litterarischen Thätigkeit. 1) Im Jahre 1873 schrieb er über Isoporien (Einwanderung und Ausbreitung) der europäischen Tagfalter, mit Einblicken auf die jetzt bestehende geographische Ausbreitung derselben, und er- langte damit die Würde eines Doktor der Philosophie von der philosophischen Fakultät in Jena. 2) S. V. Praun's Abbildung und Beschreibung europäischer Schmet- terlingsraupen, zugleich Ergänzung von dessen Abbildung und Beschreibung europäischer Schmetterlinge. Herausgegeben von Dr. E. Hofmann. Nürnberg 1874, Verlag von Bauer & Raspe. 3) Die schädlichen Insekten des Garten- und Feldbaus. Esslingen, Verlag von J. F. Schreiber, 1881. 4) Der Schmetterlingsfreund, Beschreibung der vorzüglichsten mitteleuropäischen Schmetterlinge. Stuttgart, 1. Ausgabe 1883. (3. Ausgabe ohne Datum.) 5) Der Käfersammler. Stuttgart, Hoffmann'sche Verlagsbuchhand- lung (A. Bleil), 3. Auflage 1888 (erste 1883). 6) Die Grossschmetterlinge Europas. 72 Tafeln mit 2000 Abbil- dungen und begleitendem Text. Stuttgart, Hoffmann'sche Ver- lagsbuchhandl. (A. Bleil), 1887. (Erscheint gegenwärtig in 2. Aufl.) 7) Die Raupen der Schmetterlinge Europas. Stuttgart 1890, Hoff- mann'sche Verlagsbuchhandlung, bis zur 16. Lieferung erschie- nen (wird von Dr. 0. Hofmann in Regensburg fortgesetzt). Der dem treuen dahingeschiedenen Freunde gewidmete Nach- ruf möge mit Erwähnung einer um ein gutes Halbjahr zu spät ein- getroffenen Wahl geschlossen werden, die sicherlich auch noch dem kranken Professor H. , wenn sie ihm noch bei Lebzeiten mitgeteilt worden wäre, hohe Freude und Befriedigung gewährt hätte. Es kam nämlich unter seiner Adresse ein vom 17. August 1892 datiertes Schreiben des Präsidenten der Kaiserl. Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher in Halle an, worin ihm seine Wahl zum Mitglied dieser alten gelehrten Gesellschaft angekündigt wird. Möge es seiner hinterlassenen Familie ein wenn auch wehmütiger Trost sein, zu sehen, in wie vielen Kreisen Professor Hofmann geschätzt und geehrt wurde und auf lange Zeit sein Andenken voll gewürdigt bleiben wird. Stuttgart, im Januar 1893. II. Abhandlungen. Neue Beobachtungen übeF die Natur der vulkanischen Tuifgänge in der schwäbischen Alb und ihrem nörd- lichen Vorlande. Von Professor Dr. W. Branco in Tübingen. Die ganz eigenartigen Verhältnisse, unter welchen südöstlich von Tübingen vulkanische Tuffe an zahlreichen Stellen erscheinen, haben mich zu einer Arbeit über die Gesamtheit derselben angeregt. Eine solche zusammenfassende Arbeit besteht bisher noch nicht. Nur zerstreut in den verschiedenen Sektionsbeschreibungen , und je nach der Neigung der Verfasser derselben bald mehr bald weniger kurz, finden sich die einzelnen Vorkommen besprochen und erwähnt; verhältnismässig am meisten durch den trefflichen Deffxer. Die Kenntnis der genaueren Lagerungsverhältnisse, namentlich bei den kleineren Vorkommen, befindet sich aber noch teilweise völlig im argen; und doch liegt gerade in der eingehenden Untersuchung dieser Lagerungsverhältnisse das einzige Mittel, um bezüglich eines jeden der zahlreichen Punkte zur möglichsten Klarheit über die zum Teil recht sehr schwierige Frage zu gelangen, ob wir es hier wirklich mit in die Tiefe hinabsetzenden Tuffgängen zu thun haben oder nicht. Die einfache Behauptung, dass dem so sei, kann natürlich nicht als Beweis angesehen werden. Auch auf die Art und Weise der Ent.stehung dieser Tuffgang- massen kann nur durch genaue Untersuchung eines jeden Einzel- falles ein Licht geworfen werden. Ob bei dem Mangel einer ge- nügenden topographischen, mit Höhenkurven versehenen Karte volle Klarheit in allen fraglichen Punkten zu erzielen sein wird, das ver- mag ich noch nicht zu sagen. Bisher sind diese Tuffe stets und mit Recht als in gewissem Sinne „rätselhafte" Bildungen erklärt worden. Die folgenden Mitteilungen sollen vorläufig einige der Vor- kommen behandeln, welche mir wichtig zu sein scheinen. Bei einigen derselben kann durch das neu aufgefundene Erscheinen von Basalt- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. 1 gangen, welche im Tuffe aufsetzen, bei anderen durch die Lagerung oder die Kontaktwirkung des Tuffes ein Licht auf gewisse Fragen geworfen werden. Eine eingehende Darlegung aller in Betracht kommenden Verhältnisse wird jedoch erst in der beabsichtigten grösseren Arbeit erfolgen können, in welcher sie durch Karte und Zeich- nungen unterstützt werden muss. Denen, welche den schwäbischen Verhältnissen ferner stehen, wird daher bei Mangel an Karte und Zeichnungen hier Einzelnes schwerer verständlich sein. Die vulkanischen Gebilde, welche sich im weiten Umkreise um Urach befinden, welche ich daher der Kürze halber als „Vulkan- gruppe von Urach" bezeichnen möchte, bestehen bekanntlich ganz vorwiegend aus losen Massen, aus Tuffen; dagegen zum kleinsten Teile nur aus festen Basalten. Kann man nun gegenüber allen den- jenigen vulkanischen Vorkommen unserer Gegend, welche nur allein aus Tuff' bestehen, sich auf den Standpunkt stellen, dass man ihre Erzeugung an Ort und Stelle anzweifelt — weil lose Massen ja durch die Kraft des Ausbruches, durch Wasser oder Eis von dem Ausbruchsherde nach anderen Orten hin verfrachtet sein könnten — so ist allen denjenigen Tuffmassen gegenüber, welche von Basalt- gängen durchsetzt werden, ein solcher Zweifel wohl ausgeschlossen. Hier muss der Tuff ebenso an Ort und Stelle sich gebildet, also aus den Tiefen der Erde heraufgekommen sein, wie der ihn durch- setzende Basalt. Zwar könnte wohl noch die andere iVnnahme ge- macht werden, dass der anderswo entstandene Tuff zuerst durch Wasser von oben in eine offene Spalte hinabgespült worden sei und dass dann der Basalt von unten herauf in diese Gangraasse eingedrungen sei. Allein diese Annahme einer zweifachen Entstehungsweise von Tuff- und Basaltmasse ist jedenfalls unendlich viel gekünstelter als die obige einfache, nach welcher Tuff und Basalt auf demselben Wege in die Spalte gelangten. Ist dem nun aber so, dann muss jede neue Aufdeckung eines Basaltganges in einem der zahlreichen Tuffhügel mit Freude begrüsst werden^. Letzteres gilt nun aber in ganz besonderem Masse von einem jeden derjenigen Tuffvorkommen, welche sich nicht oben auf der ^ Ein glücklieber Zufall hat es gefügt, dass die auf den folgenden Blättern beschriebenen neuen Basalt-Vorkommen eine ganz verschiedene Lage haben. Das eine, am Gaisbühl, liegt im Vorlande der Alb; das zweite, am Sulzburgberge, mitten in einem tief in die Alb einschneidenden Thale ; das dritte hoch oben am Steilabfalle der Alb. Allen drei Basaltvorkummen gemeinsam aber ist die Eigen- schaft, dass sie als Gänge im vulkanischen Tuff aufsetzen. — 3 — Alb, sondern am Fasse derselben in ihrem nördlichen Vorlande be- finden, also im Gebiete des Braunen Jura oder Lias. Allen Tuff- massen der Gruppe von Urach ist ja die Eigenschaft gemein, dass — gleichviel ob sie aus Weissem, aus Braunem Jura, aus Lias oder selbst aus Keuper herausschauen — dem Tuffe mehr oder weniger grosse Brocken von Sedimentärgesteinen, so namenthch auch von Weiss- Jura-Kalk beigemengt sind. Finden wir nun, wie in dem ersten der vorliegenden Fälle, am Gaisbühl, eine solche von einem Basaltgange durchsetzte Tuffmasse mit Weiss- Jura-Kalkstücken mitten im Braunen Jura a, so ist damit auch für diese Stelle wiederum der sichere Beweis erbracht, dass, als der Ausbruch erfolgte, sich hier einst die Alb befunden haben muss; dass also zur Zeit des Aus- bruches auch an dieser Stelle noch die ganze Schichtenreihe vom untersten Braunen Jura an aufwärts bis in den Weissen Jura hinauf vorhanden war; und dass seit dieser Zeit diese ganze Schichten- reihe bis auf den Braunen Jura a hinunter abgetragen worden ist \ Je mehr nun weiter die Zahl derjenigen vulkanischen Tuff- Vorkommen im nördlichen Vorlande der Alb sich vergrössert, für welche durch das Auffinden von Basaltgängen ihre Entstehung an Ort und Stelle, und damit das einstige Vorhandensein der Alb an den betreffenden Punkten, sicher nachgewiesen wer- den kann — desto grösser wird, infolge des analogen Verhaltens aller Tuffe, auch für die vielen anderen Tuffmassen in welchen man bisher noch keine Basaltgänge kennt, die Wahrscheinlichkeit werden, dass auch sie an Ort und Stelle entstanden, dass also auch hier zur Zeit ihrer Entstehung einst die Alb sich erhoben hat. Endlich aber giebt uns der zuerst zu besprechende neu auf- gedeckte Basaltgang am Gaisbühl noch eine allgemeine Lehre : er zeigt uns, dass gerade unter unseren kleinsten, niedrigsten und an räumlicher Ausdehnung ärmlichsten Tuffmassen sich unter günstigen Umständen die Entstehung an Ort und Stelle als zweifellos nach- weisen lässt. Während ja eine solche bei so kleinen Vorkommnissen doch am allerehesten angezweifelt werden könnte, weil verhältnis- mässig so winzige Massen am leichtesten als durch die Gewalt des ' In meiner Arbeit .,Ein neuer Tertiärvulkan nahe bei Stuttgart, zugleich ein Beweis, dass sich einst die Alb bis nahe zur Landeshauptstadt hin ausdelmte" sind zwar diese Verhältnisse bereits eingehend besprochen worden. Da jedoch diese Arbeit als Universitäts-Programm (Tübingen 1892) nicht im Buchhandel erschienen ist , so dürften die obigen Darlegungen an dieser Stelle wünschens- wert sein. 1* _ 4 — Ausbruches , durch Wasser oder Eis vom Orte ihrer Entstehung an eine andere Stelle verfrachtet gedacht werden können. Ich lege hierauf Gewicht; denn meiner oben erwähnten Arbeit über den vulkanischen Tuff bei Scharnhausen, unweit Stuttgart, sind zwei verschieden geartete Bedenken entgegengehalten worden. Die einen halten es doch für fraglich, ob der Tuff wirklich an dieser so weit nach Norden vorgeschobenen Stelle durch einen Ausbruch entstanden ist; im bejahenden Falle aber haben sie gegen die von mir aus diesem Vorkommen gezogenen Schlüsse gar nichts einzu- wenden, da sie dieselben in diesem Falle als berechtigt anerkennen. Die anderen dagegen bezweifeln zwar nicht, dass der Tuff an Ort und Stelle entstanden sei, halten aber die aus dieser Thatsache ge- zogenen Schlüsse für „zu weit hergeholt". Auf solche Weise sprechen beide Einwürfe zusammen genommen ganz für die von mir vertretenen Anschauungen, denn sie schlagen sich gegenseitig aus dem Felde; ein jeder lässt sich durch den andern widerlegen. Dass der Tuff von Scharnhausen unmöglich, weder durch Wasser noch durch Eis, von den heutigen Albgegenden her bis an seine jetzige Lagerstätte verfrachtet worden sein kann, habe ich in der genannten Arbeit dargethan. So bleibt also nur übrig, dass derselbe durch einen bei Scharnhausen stattgefundenen Ausbruch erzeugt worden ist. Dabei ist es freilich nicht unumgäng- lich nötig, dass der Ausbruchskanal sich genau an dem Punkte be- funden haben muss, an welchem die heute gerade aufgeschlossene Tuffmasse liegt. Der Kanal kann hier in die Tiefe setzen, er kann aber auch an irgend einem anderen Punkte in der Nähe sich be- finden. In der Nähe muss er jedoch sein, denn so grobe Gesteins- brocken wie die, welche in dem Tuffe liegen, werden nicht allzuweit beim Ausbruche fortgeschleudert. Ist nun aber der Tuff an dieser so weit nach Norden vorgeschobenen Stelle des Landes entstanden, dann sind auch die daraus gezogenen Schlüsse gestattet, nament- lich also auch der, dass einst die Alb zur Zeit des Ausbruches sich mindestens bis in die Gegenden des heutigen Stuttgart hin ausdehnte. 1. Der vulkanische Tuff des Georgenberges. Wie ein Riese neben einem Zwerge, so erheben sich im S. von Reutlingen, der i\lb vorliegend, nebeneinander zwei vulkanische Punkte: Der Georgenberg und der Gaisbühl, ersterer um 178 m höher aufragend, dabei ungemein viel breiter als letzterer, welcher überhaupt nur einen kleinen Hügel darstellt. Von N. her betrachtet, gewährt der Georgenberg einen statt- hchen Anbhck, denn der spitze Kegel erhebt sich ungefähr 240 m über die Thalfläche der Echaz bei Reutlingen. Wesentlich niedriger erscheint er dagegen, wenn man sich ihm von den durch Braun- Jura a, ß, y gebildeten Höhen aus nähert, welche im S. desselben anstehen. Mit diesen hängt er nämlich zusammen; so dass man, von dort aus auf einer Braun- Jura ;'-Zunge nach N. vorwärts schrei- tend, nur einen verhältnismässig niedrigen, ungefähr 70 m hohen Kegel vor sich hat. Besteigt man denselben von dieser S.-Seite her, so folgen über dem Braunen Jura / noch Thone, welche oberhalb eines Weinberges einen undeutlichen Aufschluss gewähren und dem Oberen Braun- Jura angehören. Doch ist diese Seite fast bis zum Gipfel hinauf dicht mit Stücken und Blöcken des Weissen Jura, unter welchen von höheren Stufen auch d und s vertreten sind, überschüttet und dadurch verhüllt. Erst oben an der Spitze des Kegels erscheint hier der vulkanische Tuff. Ganz anders verhält sich jedoch der nach N., W. und NO. gerichtete Abhang des Berges. Besteigt man den Kegel, von Reut- lingen kommend, auf dieser Seite, so zeigt sich zwar auch hier der Sockel des Berges aus anstehendem Braun-Jura a und ß gebildet. Damit aber schliesst die Reihe, die Thone der höheren Braun- Jura-Schichten fehlen auf dieser Seite, und statt ihrer steht vul- kanischer Tuff an. Die geognostische Karte giebt hier die Verhält- nisse nicht richtig an. Steigt man dann durch die Weinberge höher, so findet man an dem etwa in halber Höhe des Berges an der N.- Seite um denselben laufenden Wege die Tuffe gut aufgeschlossen. Diese Tuffe, und das ist sehr bemerkenswert, weil es eine ziemlich seltene Erscheinung bei der Gruppe von Urach ist, lassen eine zarte Schichtung erkennen ! Dieselbe ist jedoch anscheinend weniger durch verschiedene Korngrösse als durch abwechselnde Färbung hervor- gerufen. Es macht das daher durchaus nicht den Eindruck, als sei hier Wasser mit im Spiele gewesen, wie man das z. B. bei den dicken Bänken geschichteten, sehr festen Tuffes annehmen muss, welche hoch oben auf dem Jusiberge anstehen. Die Schichtung erzeugt vielmehr die Vorstellung, als sei sie lediglich durch das Niederfallen der Aschenmassen entstanden, welche bei dem Aus- bruche in die Luft geschleudert wurden. Dieser Eindruck wird noch weiter dadurch verstärkt, dass die Schichten nicht horizontal liegen, wie das bei der sonst ungestörten Lagerung ihrer Unterlage, des Braunen Jura, und bei einem Absätze aus Wasser zweifellos der Fall sein müsste. Sie fallen vielmehr in etwa NNO. -Richtung in den Berg hinein. Man kennt derartige Schichtung an subaerischen Tuffen ja als häufige Erscheinung auch bei heutigen Vulkanen; sie zeigt sich übrigens ebenfalls in den Berg hinein fallend, am Fusse des soeben erwähnten Jusiberges, und zwar in dem kleinen, ver- lassenen Bruche, welcher oberhalb Kappishäuser an der W.-Seite des Berges liegte Fassen wir, von der Schichtung nun absehend, das Gesagte zusammen, so ergiebt sich das Folgende : Der Tuff zieht sich an der N.-, W.- und NO. -Seite des Georgenberges vom Gipfel aus weit thal- abwärts hinab, und zwar als anstehendes Gestein, wie der Aufschluss am Wege zeigt, nicht etwa durch Regen hinabgeschwemmt. An der entgegengesetzten Flanke des Berges dagegen scheint er gar nicht anzustehen. Diese S. -Seite des Kegels besteht also nur aus an- stehendem Braun -Jura und zertrümmerten Massen des Weissen, welche sich bis nahe an den Gipfel hinaufziehen. Somit ergiebt sich ein ganz übereinstimmendes Verhalten, wie z. B. am Weinberg bei Metzingen und an dem östlich von diesem gelegenen Hofbühl. Auch hier findet sich anstehender Braun-Jura nur an einer Seite, es ist in diesem Falle die nördliche, hoch am Berge hinauf, während der Tuff sich vom Gipfel aus an der entgegen- gesetzten, hier südlichen und südwestlichen Flanke, und zwar an- stehend, tief hinabzieht. Mit anderen Worten: Hier wie dort ist an dem aus Jura be- stehenden Berge die eine Seite durch einen ungefähr vom Gipfel aus schräg nach unten geführten Schnitt wegrasiert, und die so ent- fernte Braun-Jura-Masse durch Tuff ersetzt. Der Tuff liegt also auf einer schräg abwärts verlaufenden Schnittfläche des Juraberges. Wie diese Lagerungsverhältnisse zu erklären sind, das soll mit Hilfe von Abbildungen in der späteren umfassenden Arbeit gezeigt werden. 2. Das neu aufged eckte Ba saltvorkommen in dem Tuff- gange des aus Braun-Jura a hervortretenden Gaisbühls. Etwas mehr als 1 km westlich von dem soeben besprochenen Georgenberge liegt ein zweiter vulkanischer Punkt beim Gaisbflhl- hofe. Hier schaut der Tuff, nicht wie dort, aus Braun- Jura /^ und / hervor, sondern nur aus unterem a. Da zugleich die Tuffmasse ' Es ist hier nicht etwa der grosse, weiter nach S. gelegene Bruch ge- meint, welcher sich fast bis an den Gipfel hinaufzieht. nur eine geringe Erhebung bildet, so ist die Höhe des Gaisbühls um 178 m geringer, als diejenige des Georgenberges. Die Lagerungsverhältnisse dieser kleinen Tuffmasse sind nicht unbemerkenswerthe. Der kleine Hügel besteht nämlich nicht ganz aus Tuff, sondern die nach 0. liegende Hälfte desselben ist durch Unteren Braun-Jura gebildet, und nur die nach W, schauende durch Tuff. Auf solche Weise liegt von dem kleinen Bauernhofe, welcher auf dem Hügel erbaut ist, der Kuhstall auf Tuff, das dicht dabei liegende Wohnhaus auf Braunem Jura. Herr Professor Krimmel aus Reutlingen erinnerte sich, dass beim Ausschachten des Kellers dieses Hauses Braun- Jura gefördert worden war; und in der That Hessen sich bei einer gemeinsamen Exkursion noch jetzt in dem sogenannten vorderen Keller die dunklen Thone desselben als anstehend erkennen. Es verläuft also die Grenze zwischen Jura und Tuff gerade durch das Gehöft und über den Hügel hinweg. Bereits auf solche Weise wird der Eindruck hervorgerufen, als wenn der Tuff nicht etwa an eine aus Braun-Jura bestehende Boden- erhebung angelagert sei, sondern dass er in einer den Braunen Jura ungefähr von S. nach N. durchsetzenden Spalte liege. Deren eine, östliche Wand, quer über den Hügel verlaufend, lässt sich deutlich verfolgen; wogegen die andere, westliche, verwischt ist, indem von dem südlichen Höhenzuge herabgeschwemmte Jura-Thone dieselbe verhüllen. Dass letzteres der Fall ist, geht aus einem zur Zeit ge- öffneten kleinen Aufschlüsse hervor, welcher sich im Acker westlich vom Gaisbühlhofe , auf der rechten Seite des am Gaisbühl vorbei fiiessenden Kai-Baches, etwa 60 Schritte von demselben entfernt, befindet. Hier sieht man, dass der Untergrund des scheinbar aus Braun- Jura-Thon gebildeten Ackers in Wirklichkeit nicht Jura, son- dern anstehender Tuff ist. Höchst wahrscheinlich hängt diese Tuff- masse mit derjenigen des ganz nahen Gaisbühls in der Tiefe zu- sammen. Auch früher müssen hier bereits Spuren des Tuffes be- merkbar gewesen sein, da die geognostische Karte denselben angiebt. Dieses Vorkommen am Gaisbühl ist ungefähr eben so armselig, wie das in obengenannter Arbeit von mir beschriebene bei Scharn- hausen in der Nähe von Stuttgart. Während aber letzteres ganz vereinzelt daliegt, ist dasjenige am Gaisbühl von dem nahen hohen Georgenberg begleitet. Unwillkürlich könnte sich daher die Em- pfindung aufdrängen, dass man im Georgenberg die Ausbruchsstelle zu suchen habe, von welcher einst der Tuff bis zum heutigen Gais- bühlhofe geschleudert wurde. Eine Möglichkeit, für welche auch der Umstand spräche, dass am Gaisbühl nur kleinere Brocken von Weiss- Jura im Tuffe stecken, während auf dem Georgenberg deren viel grössere liegen. Aber auch daran könnte man dieser kleinen Tuffmasse gegenüber denken, dass es sich hier um eine von anders- woher verschwemrate Ablagerung handeln möchte. Dass nun aber weder die eine noch die andere Deutung die richtige sein kann, sondern dass der Tuff am Gaisbühl, da wo er heute noch liegt, durch einen Ausbruch entstanden ist, das wird zur zweifellosen Gewissheit durch einen neu aufgedeckten Basalt- gang, welcher den Tuff durchsetzt ^. Der Aufschluss liegt hart an der auf den Gaisbühl führenden Strasse, dicht unter dem gleichnamigen Bauernhofe. Wegen des zu grossen Abraumes ist jedoch der Abbau des Basaltes bald wieder auf- gegeben worden. Da nun von den Seiten her der Tuff unablässig in die Grube abbröckelt, so ist bereits jetzt der Basalt fast ganz von demselben verdeckt. Nur noch das zerklüftete und zersetzte Ausgehende des Ganges ragt heraus, so dass vielleicht bald jede sichtbare Spur des Basaltes hier verschwunden sein wird. ^ Spuren dieses Ganges sind in früherer Zeit bereits an dieser Stelle be- kannt gewesen; es rindet sich daher auch auf Blatt Tübingen der geognostischeu Karte hier Basalt eingezeichnet; und wenn auch in den Begleitworteu nichts über denselben gefragt ist, so hat Quenstedt, welcher dieselben schrieb, doch den Basalt als solchen erkannt, wie ich einer freundlichen Mitteilung des Herrn Professor Krimniel in Reutlingen entnehme. Es ist bisweilen nicht leicht, auf den ersten Blick das schmale Ausgehende solcher Basaltgänge von dem sie ura- schliessenden Tuffe zu unterscheiden, da der Basalt hier stark zersetzt, von Zeolithen durchwebt, in kleine Stücke zerfallen und so weich zu sein pflegt, dass man ihn mit dem Messer ohne Mühe tief ritzen kann. Die Stadt Reutlingen beabsichtigte den Gang zu kaufen und wendete sich deshalb an Herrn Profess;)r Krimmel um Auskunft über denselben; diese Absicht wurde indessen nicht aus- geführt. Eine bei dieser Gelegenheit von Herrn Dr. Eberhard Fr aas angestellte mikroskopische Untersuchung des Gesteines ergab, dass dasselbe ein Nephelin- Basalt ist, sich also an die Basalte von Kohlberg, Bukleter bei Urach luid Stern- berg anschliesst. Die Grundmasse besteht unter dem Mikroskop wesentlich aus Nephelin und Angit. Dazu gesellen sich Magneteisen, Perowskit und spärliche Blättchen von Glimmer. In dieser feinkörnigen Grundmasse liegen zahlreiche makroskopische Körner und Krystalle von Olivin. Der letztere ist zum Theil bereits stark in Serpentin verwandelt. Der Nephelin dagegen hat durch seine Zersetzung Zeolithe geliefert, deren weissliclie Masse auf den zalilreichen Sprüngen \md Klüften des Gesteines ausgeschieden ist und auch, mikroskopisch erkennbar, die Grnndmasse durchzieht. In der Tiefe war das Gestein jedoch wesentlich frischer. Da das Ergebnis dieser Untersuchung seinerzeit nicht veröffentlicht wurde, so glaubte ich dasselbe hier, mit freundlicher Genehmigung des Herrn Kollegen E. Fr aas, wiedergeben zu .sollen. — 9 — Das Streichen des anscheinend saiger stehenden, etwa 6 — 7 Fuss mächtigen Ganges ist ungefähr SW. ; doch dreht sich die Streichungsrichtung ein wenig. In der Tiefe ist der Basalt so fest, dass er geschossen werden musste. Arn Ausgehenden aber zeigt er eine unregelmässige plattenförmige Absonderung, welche gleichfalls saiger steht, so dass die Platten dem Salbande parallel verlaufen. Da jedoch eine jede Platte wiederum von zahlreichen Quersprüngen durchsetzt wird, so ist das Gestein hier völHg zerklüftet und zer- fällt in kleine Stücke. Irgendwelche Kontaktwirkung auf den Tuff scheint der Basalt hier oben, am schmalen Ausgehenden des Ganges, nicht ausgeübt zu haben. Durch das Auftreten des Basaltes in diesem Tuffvorkommen ist also auch für letzteres wiederum, w^ie ja schon bei manchen anderen, der Beweis geliefert, dass der Tuff an Ort und Stelle durch einen Ausbruch entstanden ist. Da nun aber dieser Tuff ge- nau ebenso wie die anderen Tuffmassen der Alb und ihres nördlichen Vorlandes beschaffen ist, so bildet er ein weiteres Glied in der Kette, in welcher sich unsere bisherbasalt losen Tu ff vor kommen an die basalt- führenden anreihen. Gleiche Entstehung für alle oder doch die überwiegend meisten, das ist der Analogieschluss, zu welchem auch dieses Vorkommen uns wieder um einen Schritt weiter hin- drängt. 3. Neues Basaltvorkommen im Tuffgange des aus oberem Braun-Jura hervortretenden Sulzburgberges. Das Thal des Lauterbaches, auch Lenninger Thal genannt, ist mit ungefähr nordsüdlichem Verlaufe tief in den Nordrand der schwäbischen Alb eingeschnitten. In der Mitte des Thaies, bei dem Dorfe Unter-Lenningen , erhebt sich steil aus der Thalsohle, gleich einer Insel, ein länglicher, ungefähr SO. — NW. streichender Berg, welcher von den Trümmern der Sulzburg gekrönt wird. Dieser Berg besteht aus vulkanischem Tuffe von ganz derselben Beschaffenheit, wie solche den zahlreichen anderen Tuffvorkommen der Alb und ihres nördlichen Vorlandes zukommt. Er bildet also ein wirres Gemenge von vulkanischem Tuff und Brocken, Stücken und grossen Klötzen sedimentärer Gesteine. Diese letzteren gehören namentlich der Jura- formation an, bis hinauf zum Weissen Jura s. Doch finden sich auch Stücke von Schilfsandstein und von festem, rotem thonigem Ge- steine, welches vielleicht veränderten bunten Keuper-Mergeln angehört. — 10 — Das Gebäude der Sulzburg selbst ist wesentlich aus Weiss- Jura-Gestein erbaut. Zum Teil muss letzteres an Ort und Stelle dem Tuffe entnommen sein, da die betreffenden Stücke dieselbe rote durch den Vulkanismus hervorgerufene Färbung zeigen, wie sie viel- fach an den Weiss-Jura-Brocken in den Tuffen zu beobachten ist. Zum andern Teil aber mögen diese Steine auch zum Bau von anderer Stelle her auf den Hügel gebracht worden sein. Sicher gilt das von den im Mauerwerk sitzenden, bezüglich aus diesem zu Boden gefallenen Kalktuffsteinen, welche nur unten in der Thalsohle an- stehen, sowie von den umherliegenden Platten des Posidonomyen- schiefers, mit welchen das Dach dieser Burg, wie mancher anderer, einst gedeckt war. Diese beiden Gesteinsarten gehören also nicht dem Tuffe an, wenn sie auch auf dem Berge liegen. Eigentliche Aufschlüsse im Tuffe, mit Ausnahme des sogleich zu erwähnenden, fehlen am Berge. Doch sind die Beschaffenheit des Tuffes und seine Bestandteile in den Äckern und Weinbergen, namentlich der Westseite des Berges, sehr gut zu erkennen. An dieser selben Seite liegt am Fusse des Berges der Sulzburghof. Der Besitzer des letzteren hat nahe dem Südende des Berges in neuerer Zeit einen Steinbruch eröffnet, in welchem Weiss-Jura-Kalk gebrochen wird, dessen mächtige Klötze an dieser Stelle vor dem spärlichen Tuffe vorwalten. Demjenigen, welcher mit den vulkanischen Erscheinungen ver- traut ist, wie sie sich oben auf der Alb und am Steilabfalle der- selben darstellen, wird sich bei der langgestreckten, wulstförmigen Gestalt und der Lage des Sulzburgberges die Empfindung aufdrängen, dass wir in demselben einen Tuffgang vor uns haben, welcher einst, als das Lenninger Thal noch nicht ausgegraben war. im Körper der Alb verborgen steckte. Bei der Erosion des Thaies ist später die umgebende Hülle der Jura-Schichten fortgeführt worden, w'ährend die Tuffgangmasse, weil widerstandsfähiger, erhalten blieb, so dass sie nun als gestreckter Berg inselförmig aus der Mitte des Thaies emporragt. Deffner^ huldigt gleichfalls einer solchen Auffassung. Der direkte Beweis indessen, dass wir hier bei dem Sulzburg- berge wirklich eine an Ort und Stelle entstandene Tuffmasse vor uns haben, wird erst geliefert durch den Nachweis eines Basalt- ganges, welcher im Tuffe aufsetzt. Offenbar hat Deffner, welcher ^ Beg-leitworte zu Blatt Kirehheim der geognosti.-355 H. nemoralis L. fehlt im Neckargebüsch. H. fruticum Müll 180 H. arbustorum L. 368 Zusammen 1878 Stücke. H. hortensis Müll, überwiegt also bedeutend , und es wurde mir nicht schwer, mit Hilfe meiner diensteifrigen Jugend auch alle vorkommenden Bändervarietäten zu erhalten. Neben diesen treten aber auch Abänderungen in Beziehung auf die Färbung der Lippe und der Gaumenwand auf. Ich besitze viele Exemplare der Jiortensis, denen das bekannte Charakteristikum „Mundsaum weiss" nicht zu- kommt. Alle sonstigen Merkmale aber, insbesondere auch die Pfeile» lassen gar keinen Zweifel darüber, dass solche Stücke zu hortensis gehören. Der geringste Grad der Abweichung von der normalen Färbung besteht darin, dass sich in der Spindelecke ein rosenroter Fleck zeigt, der bei anderen Exemplaren dunkler wird, sich über die Lippe und die Mündungswand zieht und bei den extremsten Stücken end- lich die ganze Mündung rötlich bis rotbraun säumt, oft so stark, dass die Lippenfärbung auf der Aussenseite durchscheint. Es ist das nach Bestätigung Herrn Clessin's die Varietät fusco-lahiata Kreg- LiNGER. In der Vereinssammlung ist sie von Stuttgart, Schönthal und Mergentheim vertreten. Die abweichende Lippenfärbung steht in keiner Beziehung zur sonstigen Gehäusefarbe, da alle Farben- stufen auch unter der Varietät fusco-lahiata vertreten sind, nur tritt selbstredend bei einfarbig gelben Gehäusen der braune Fleck auf der Mündungswand deutlicher hervor als bei roten oder gebänderten. Weit häufiger noch als im hiesigen Neckarthal sammelte ich die var. fusco-lahiata im Walde bei Magstadt, OA. Böblingen, auf kalkarmem Boden. Die Unterlage ist Keuper auf seiner Grenze zur Lettenkohle ; aber eine dichte Humusschichte hält die Schnecken vom Kalk des Gesteins ab. Sie sind auf niedere Krautpflanzen an- gewiesen, die während des Sommers absterben, da wohl die wenig- — 131 — •sten zur Höhe der Buchenblätter im Hochwald aufsteigen können. Ebenso spärhch wie der Kalk ist ihnen das Licht zugemessen, nur vereinzelte Sonnenstrahlen gelangen durch das Blätterdach ins Halb- dunkel zu den Farnen und dem Sauerklee. Solche Verhältnisse sind auf die Schnecken von bestimmendem Einfluss. Ich erhielt dort H. arbustorum L., hortensis Müll., nemoralis L., ziemlich platte, dünnschalige, aber zottig behaarte H. hispida L., schmutzig dunkelbraune Bul. montanus Drap., aber nicht eine ein- zige Clausilie. Zunächst fällt bei den drei erstgenannten Arten die Kleinheit der Gehäuse auf. H. nemoralis ist dort durchweg kleiner als z. B. an den Stuttgarter Weinbergsmauern, hortensis kleiner als im Neckar- thal. Meine kleinsten Exemplare beider Arten stammen von dort. Sodann sind die Schalen auffallend dünn, dass an manchen bleibende Eindrücke von einem leichten Fingerdruck hinterlassen werden, und durchscheinend, weil das Tier nur eine sehr dünne Kalkschichte an der Schale absetzen konnte. Herr S. Clessin sagte über die dortigen Exemplare der //. ar- hustorum, sie streifen „an var. picea"" Zgl.-Rssm. Wir kennen solche Gehäuse dieser Species vom kalkarmen Schwarzwald (var. diapJiana der Stuttgarter Sammlung) und vom Keuper des Spiegelberger Thaies. An Leichtigkeit und Durchsichtigkeit erreichen jedoch meine Mag- stadter Exemplare die Schwarzwälder nicht. Die beiden Arten der Gruppe Tachea Leach zeigen nicht die lebhafte Färbung wie anderwärts. Der meist roten, seltener gelben Grundfarbe ist in verschiedenen Abstufungen jenes Olivgrün bei- gemischt, das die schmutzigen Waldfarben in der Gruppe Tachea erzeugt. Mit der Dicke der Schale wird auch das Rot kräftiger. H. nemoralis kommt in wenigen ungebänderten gelben und roten, sowie in normal gebänderten Exemplaren und den gewöhn- lichen Bändervarietäten vor, die wir in den Weinbergen um Stutt- gart auch antreffen. Drei meiner gesammelten Stücke haben eine weisse Lippe ; sie tragen aber so deutlich den Artcharakter an sich, dass sie nicht für hortensis gehalten werden können. Verletzungen wirkten nicht darauf ein, wenigstens ist keine solche sichtbar, da die Oberhaut der Schale bis zum Mündungsrand geht; wohl aber kann die weisse Lippe als Zeichen der Verkümmerung angesehen wer- den, da die beiden letzten Jahresansätze der Schale sehr schmal sind. H. hortensis ist meist nur einfarbig, von den 8 gebänderten Stücken, die ich bekam, lassen 6 die Bänder zusammenfliessen. Be- 9* — 132 — sondere Eigentümlichkeit zeigt bei dieser Art wiederum die B'ärbung der Lippe. Die gebänderten Stücke haben alle die charakteristische weisse Lippe; von den 90 einfarbigen jedoch hat nur eines, das sich in der übrigen Farbe nicht von den anderen unterscheidet, eine rein weisse Lippe, bei allen anderen dagegen geht die Färbung vom leichten bräunlichen Anflug bis zum Dunkelbraun, wie es für nemoralis charakteristisch ist. Im allgemeinen nimmt mit der Festig- keit der Schale auch das Braun der Lippe zu. Auch die Gaumen- wand zeigt, wenn auch nicht so konstant wie die Lippe, einen braunen Anflug. Betrachtet man die extremsten Stücke für sich, so könnte man sie für abnorme nemoralis halten ; die ganze Gestalt der zuweilen sehr kleinen Gehäuse jedoch, das wenn auch seltene Auftreten der weissen Lippe und das Zusammenleben mit wirklichen weissgelippten, gebänderten, also zweifellosen Exemplaren der hor- tensis einerseits und guten Stücken der echten nemoralis anderseits weisen sie entschieden zu hortensis. Ed. v. Marxens sagt in seinem Werk „Die Weich- und Schaltiere", S. 128, der Mundsaum könne bei H. hortensis auch ausnahmsweise braun sein , aber „nur bei roten Exemplaren". Es trifft das bei meinen Magstadter Exem- plaren buchstäblich zu, wobei nur der Umstand in Betracht zu ziehen ist, dass alle Stücke durchscheinend sind und das Rot in der oben bezeichneten Waldfarbe auftritt. Meine dritte Fundstelle endlich für braungelippte Gehäuse der H. hortensis liegt an einer Hecke an der Strasse von Böblingen nach Dagersheim. An Kalk, Nahrung und Licht fehlt es dort gar nicht, die Schalen sind darum auch gleichmässig fest und von nor- maler Grösse. Wiederum haben die gebänderten Exemplare eine weisse, die nichtgebänderten roten eine braune Lippe. 5. Cochlicopa lubrica Müll. Eine kleine Form dieser Art von 4 — 5 mm Länge, Hei. luhricella Ziegler, lebt am trockenen Abhang des Geigersbühles bei Grossbettlingen , der aus weissem Jura besteht. 6. Fupa frumentum Drap, findet sich ebenfalls am Geigers- bühl und am benachbarten Staubenbühl in sehr grosser Anzahl zu- sammen mit Hei. canäuhda Stüd. 7. Pupa pusilla Müll, lebt nach Clessin^ auf feuchten Wiesen, unter totem Laube, im Grase ; ich sammelte sie jedoch in ziemlicher Anzahl lebend in den Rissen und unter der Rinde alter Weiden- 1 Clessin, Exk.-Moll.-Faiina. 2. Aufl. >S. 2G8. — 133 — bäume im hiesigen Neckarthal, wo sie sich zusammen mit Patida ruderata Stud. findet. 8. Fupa Heidi Clessin (Beschreibung s. Clessin, Exk. Moll.- Fauna 2. Aufl. S. 266). Die bis heute sehr seltene Pupa aus der Gruppe Vertigo beschrieb zuerst Herr S. Clessin im „Nachrichtsblatt der deutschen malak. Gesellschaft". 1877, S. 49, nachdem er im Jahre 1876 und wieder 1877 aus dem Donau- Auswurf bei Regens- burg einige Stücke erhalten hatte. Durch seine Bestimmung auf- merksam gemacht, erbeutete Herr R. Oberndorfer in Günzburg eben- falls im Donauschlick 4 Exemplare. Als Pupa Eaeusleri wird das Schneckchen im Nachrichtsblatt 1883, S. 72, von Sterki aus den Anschwemmungen der Aar bei Brugg aufgeführt, und in demselben Jahre machte sie Dr. Weinland (diese Jahreshefte 1883, S. 122) auch aus Württemberg bekannt. Er entnahm sie dem Jagstgeniste bei Schönthal. Daraufhin vermutete Clessin, die Schnecke lebe im württembergischen Jura. Diese Vermutung wird durch meinen Fund bestätigt. Ich erhielt allerdings bis heute nur 2 Exemplare aus den Neckaranspülungen ; allein der Fund ist nicht zweifelhaft und durch Herrn Clessin bestätigt. 9. Clausilia orthostoma Menke findet sich auch im Keuper, so an den die Ulrichshöhle bildenden Silbersandsteinfelsen bei Haardt, OA. Nürtingen. 10. Clausilia plicata Drap. Bei dieser Schnecke wird ge- wöhnlich auf Oberschwaben verwiesen. Zahlreich scheint sie nur in der Bodenseegegend zu sein, während sie nach Norden abnimmt. Ich kenne sie von Arbon und Meersburg (Lehmann^ giebt sie aus der badischen Seegegend nicht an); an beiden Orten ist sie gemein. Lehrer Mangold sandte sie von Kappel, OA. Ravensburg, in die Vereinssammlung, v. Seckendorf ^ nennt sie von Weingarten und Ulm und Prof. Dr. 0. Krimmel^ sagt: „Ed. v. Marxens kennt sie eben- falls nur von Oberschwaben, wo sie nach fr. brieflicher Mitteilung dortiger Sammler und nach eigener Erfahrung häufig ist." In der Vereinssammlung ist sie jedoch nur noch von Altshausen und Ulm ^ F. X. Lehmann, Einführung hi die MoHuskenfauna des Grossherzog- tttins Baden. S. 95. ' V. Seckendorf, Die lebenden Land- und Süsswassermollusken Würt- tembergs. Diese Jahreshefte 1846. S. 26. ^ Otto Krimmel, Über die in Württemberg lebenden Clausilien. Bei- lage zum Programm der Realanstalt Reutlingen, 1885. S. 11. — 134 — vertreten und J. MöNiG ^ bemerkt ausdrücklich: ^Alinda plicata habe ich bis jetzt noch nicht gefunden." Noch weniger bekannt und sicherhch seltener ist ihr Vorkom- men auf der Alb. Zwar sagt Clessin ^, sie finde sich im württem- bergischen Jura, und Prof. Dr. 0. Krimmel schreibt: „Nach Lörchek ist sie im Aalbuch und Härdtfeld verbreitet;" allein Graf Degenfeld- SchonbürCt führt sie im Verzeichnis der Eybacher Mollusken ^ als „selten" auf, und Dr. Weinland* kennt sie von der Uracher Alb nicht. In der Vereinssammlung befindet sich auch kein Stück vom Jura. Bei meinen vielen Sammeltouren in die an Clausilien reiche Uracher Umgebung kam mir nie eine Cl. plicata in die Hand; aber Herr Lehrer Zwiesele von Urach entdeckte sie endlich im vorigen Jahr am Tiergartenberg bei Urach, und ihm verdanken wir einen sichern, mit Beweisstücken belegten Fundort von der Alb. Damit ist auch die KLEEs'sche Angabe „circa arcem uracensem" ^ bestätigt. Vom Nordland ist Cl. plicata von Schorndorf und Maulbronn (Prof. Dr. Krimmel) bekannt. 11. Clausilia cana Held scheint sich weit über die Alb aus- zubreiten, da ich sie nicht nur bei Neuffen, Urach und am Rossberg, sondern auch bei Beuron im Donauthal sammelte. 12. Clausilia lineolata Held ist bis jetzt nicht von der Alb bekannt geworden. Sie wird angeführt von Eisenbach (Freiherr E. König- Warthausen), Gehrenberg (Mangold), Piavensburg (W. v. Gme- lin), Ebenweiler (J. Mönig), Schorndorf (Lörcher), Neckarthailfingen (Geyer) und Reutlingen (Prof. Dr. Krimmel). Nunmehr besitze ich sie auch von Weissjurafelsen bei Sigmaringen ^ und ein Stück vom Tiergartenberg bei Urach, letzteres von Lehrer Zwiesele gesammelt. 13. Clausilia corynodes Held, Die hübsche, im Habitus einer parvula ähnliche Clausilie hat erst in neuerer Zeit Aufnahme ins * J, Mönig. Zur Molluskenfauna im Oberanit Saulgau. Diese Jalireshefte 1892. S. 130. ^ S. Clessiu, Exk.-Moll.-Fauiia. 2. Aufl. S. 293, ^ Kurt Graf Degonfeld-Schonburg, Zur Molluskenfauna der schwii - bischeu Alb. Nacbrichtsblatt d. deutsch, mal. Gesellsch, 1880. S. 14. * Dr. Weinland, Zur Weichtierfauua der schwäb. Alb. Diese Jahres- hefte 187(3. '^ Klees, Dissertatio inauguralis .... 1818. \). 18. " Aus dem Donauthal zwischen Tuttlingen und Siginaringeu kenne icli ausserdem: Hd. villosa Drap, (im ganzen Thal zu finden), Pupa secaJe Drap.. P. frumentumDRXP., Clausilia laminata'M.o\'r.. orthostoma'MET'iKE, iJCimila Stud., 2)lieatula Drap., diihia Drap., rentricosa Drap. — 135 — württembergische Faunenverzeichnis gefunden. Die älteste Notiz findet sich in Graf Degenteld's „Zur Molluskenfauna der schwäbi- schen Alb" ^, wo dieser Sammler schreibt: „Dass ich auf der schwä- bischen Alb bei Ehingen. OA. Balingen, Cl. corynoäes Held gefun- den habe — bei Gelegenheit einer geognostischen Exkursion im April 1878 mit Herrn Prof. Dr. 0. Feaas — erwähnt schon Herr Dr. BöTTGER im Nachrichtsblatt " (in einer Fussbemerkung 1879, S. 89). Ih „Das Königreich Württemberg" vom Jahre 1882 fehlt corynoäes ; dagegen behandelt sie Prof. Dr. Kklvimel und sagt darüber a. a. 0. S. 20: „In der 2. Auflage der Exkurs5ions-Mollusken-Fauna zählt Clessin als Fundort für diese Art auf: „Ehingen, OA. Balingen, in Württemberg". Exemplare besitzt Clessin keine von dort und da es mir auch nicht gelang, solche zu erlangen, so glaubte ich, die Art nicht aufzählen zu sollen. Da erhielt ich jüngst von Prof. Dr. Ed. v. Marxens in Berlin die von ihm und seinem Vater in unserem Gebiete gesammelten Arten zugesandt und darunter die corynoäes Held von der Lochen bei Balingen." Ich verdanke die Kenntnis des Ebinger Fundorts Herrn Pfarrer Dr. Engel in Kleineislingen, der im April 1878 die von Graf Degexfeld erwähnte Exkursion mitmachte, und sammelte im August 1890 Cl. co- rynoäes an der Steige von Ehingen nach Messstetten. Ich fand aber auch sehr schöne Exemplare am Fussweg von Laufen a. E. nach Thie- ringen. So ist also die Schnecke in der Balinger Gegend weiter verbreitet. 14. Planorbis marginatus Drap. var. submarginatus Jan. Es ist das ein kleiner marginatus mit langsamer zunehmenden Um- gängen, die ungekielt und nur an der Unterseite gewinkelt sind. Clessin sagt ^, er sei nur von wenigen Orten bekannt und führt Schelk- lingen in Württemberg an, wo er von ihm selbst gesammelt wurde. Ich fand ihn im Schwenninger Moosweiher, der eigentlichen Neckarquelle. Ib. Änoäonta suevica Kobelt. In meiner Arbeit über „Die Schaltiere zwischen dem Schönbuch und der Alb" (diese Jahreshefte 1890, S. 60) führte ich eine Anoäonta mutabilis Cless. var. nova aus der Aich bei Grözingen auf. Als solche wurde sie von Herrn Clessin bezeichnet. Ich sandte die Muschel auch an Herrn Dr. Kobelt in Schwanheim a. M., der sie auch als eine neue Form erkannte und in der „Iconographie der Land- und Süsswasser-Mollusken" 1890 beschrieb (S. 99) und abbildete (Taf. CXX fig. 715). Ich lasse den ^ Nachrichtsblatt d. deutsch, mal. Gesellsch. 1880. S. 15. 2 Clessin, Exk.-MoU.-Fauna. 2. Aufl. S. 409. — 136 — deutschen Text der Beschreibung hier folgen : „Muschel auffallend lang eiförmig, gestreckt, wenig bauchig, sehr ungleichseitig, vorn ganz verkürzt, nach hinten lang geschnäbelt, ziemlich dünnschalig, unregelmässig rippenstreifig, schmutzig olivenfarben, an den Wirbehi heller, nach hinten mit zwei kastanienbraunen Strahlen. Der Ober- rand steigt etwas konvex empor, von den Wirbeln fällt er etwas stärker ab , der Vorderrand ist ganz kurz gerundet oder abgestutzt, der Bauchrand flach gerundet, der Hinterrand bildet einen langen, geraden, zusammengedrückten Schnabel. Die Wirbel liegen vor einem Fünftel der Länge ; sie sind flach quer gerunzelt, mit kleinen, schar- fen Spitzen; das Band ist mittellang und ziemlich schmal; die Innen- seite ist vorn verdickt, weiss, hinten bläulich, der vordere Muskel- eindruck ist gross und berührt beinahe den Schalenrand. Man würde diese Anodonte unbedingt für eine Seeform neh- men und mit der kärntnerischen An. rostrata in Beziehung bringen müssen, wenn man nicht sicher wüsste, dass sie aus einem Bach des oberen Neckargebiets stamme." Nach Clessin's Vorgang ist die Muschel als Varietät zu mutahilis Cless. zu stellen und zwar gehört sie zum Formenkreis der anatina L. 16, Unio h ata VHS Lam. var. ater Nils, et var. crassus Retz. In der Vereinssammlung liegt die erstgenannte Form unserer gewöhnlichsten Flussmuschel nur von oberschwäbischen Fundorten. Sie ist aber nicht auf Oberschwaben beschränkt; denn ich entnahm schöne Exemplare dem Planbach bei Magstadt, OA. Böblingen, einem dichtbewachsenen, langsam fliessenden Wiesenbache, dessen Bivalven alle ganz auffallende Formen zeigen. Die Anodonten sind sehr dick- schalig und wie Unio ater an der Wirbelgegend stark zerfressen. Die var. crassus Retz. der Vereinssammlung stammt aus der Roth bei Finsterroth, meine schönen Exemplare aus dem Kocher beiSindringen. 17. Fisidiuni nitidum Jenyns. NachCLESsm^ ist das kleine Müschelchen „bis jetzt nur in den grossen bayrischen Seen der Voralpen beobachtet" worden; eine Bemerkung im Katalog über die Mollusken der Vereinssammlung sagt aber mit Berufung auf den- selben Autor, sie komme auch im Schlick der Riss bei Warthausen vor. Sie scheint aber allem nach sehr spärlich gefunden worden zu sein und fehlt der Sammlung. Ich sammelte jedoch zahlreiche Exemplare in einem hiesigen Altwasser. Im ganzen besitze ich nun 9 Pisidienarten aus hiesiger Gegend. » Cless in, Exk.-Moll.-Fauna. 2. Aufl. S. 609. Ueber Münzmetalle und sogenannte Ausbeutemünzen. Von Professor Dr. Nies in Hohenheim. In dem Lehrplane der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Hohenheim ist ein Kolleg über „Technisch wichtige Minerahen" vor- gesehen. Bei der Auswahl der in diesen Vorträgen zu besprechenden Mineralien (denn nur um eine solche „Auswahl" kann es sich bei der Vielheit der aus dem Steinreiche stammenden und der Technik dienenden Stoffe handeln) übergehe ich ungern die Erze der Münz- metalle, da sich gerade an diese eine Reihe interessanter minera- logischer und geologischer, bergmännischer, metallurgischer und volks- wirtschaftlicher Fragen anknüpfen lässt. Das Bedürfnis nach einer kleinen , die wichtigsten Münzlegierungen und einige der für die Illustration der Geschichte des Bergbaus mitunter höchst wichtigen sog. Ausbeutemünzen umfassenden Sammlung wurde längst von mir empfunden, und eine russische Platinmünze und ein bayerischer Rheingoldsdukaten waren die ersten Nummern dieser Sammlung, aus der einige Stücke im folgenden beschrieben werden sollen. Wenn die Schilderung einzelner Münzen fast ausnahmslos auch wirklich auf solche beschränkt ist, die meiner Sammlung angehören, so kann niemand diese notwendigerweise zu grosser ünvollständigkeit führende Einseitigkeit besser empfinden, als ich — aber ein Versuch, die prächtige Stuttgarter Münzensammlung auf ihren Inhalt an Aus- beutemünzen zu prüfen, erwies sich als undurchführbar: unter der Masse der in solchen vom rein numismatischen Standpunkte aus zusammengebrachten Sammlungen enthaltenen Stücke verschwindet die relativ kleine Zahl der für mineralogisch-bergmännische Fragen wichtigen Münzen bis zur Unauffindbarkeit — unauffindbar wenig- stens für mich, den Neuling in numismatischen Studien, zu denen mich eben nur der oben geschilderte Weg, von einem Kolleg über „Technisch wichtige Mineralien" ausgehend, geführt hat. — 138 — I. Einiges über Münzmetalle. Die ältesten (griechischen) Münzen wurden, so sagen die Lehr- bücher, aus Silber hergestellt; später erst folgten Gold und Gold- silberlegierungen, noch später Kupfer und Kupferlegie- rungen bei der Verwendung als Münzmetalle nach. A.llen diesen Materialien ist auch die moderne Münztechnik treu geblieben, indem sie aus Gold und Silber die wertvolleren, aus Kupfer oder vielmehr Bronze die geringer wertigen Münzen darstellt. Es ist hier nicht der Ort, von der verschiedenen Stellung, die dem Golde oder Silber als Wertmesser in den Ländern verschiedener Währung (Gold-, Silber- oder Doppelwährung) zuerteilt ist, zu sprechen, ebensowenig wie über die Unterschiede der Begriffe von Währungs- (Courant-) Münze und Scheidemünze. Dass letztere nicht ungebührlich gross und schwer sei. ist jetzt ein allgemein als berechtigt anerkanntes Begehren : wie würden wir uns sträuben, die Halbdalerstücke König Friedrich's von Schweden mit uns herumzuschleppen ! Dieser, dem Hessenstamme ent- sprossen und als Gemahl der Schwester des unglücklichen Karl's XII., Ulrike Eleonore, 1720 auf den schwedischen Thron gelangt, wollte — so lautet die Sage — sein Volk zur Massigkeit erziehen und zwar durch Erschwerung des Geldumlaufs, „Erschwerung" in wörtlicher Bedeutung genommen: er Hess selbst grössere Münzwerte nur in Kupfer schlagen. Quadratische Kupferplatten (Nr. 298) ^ von 9,5 cm Seitenlänge und ungleichmässiger Dicke tragen auf der emen Seite an den durch den Prägungsschlag etwas ausgebogenen Ecken den viermal wiederholten Stempel ;,FRS. 1730", in der Mitte die Wert- bezeichnung „Ya Daler Silfmynt", während die ebenfalls durch den Druck bei der Bearbeitung etwas konvexe Rückseite vollkommen prägungslos ist. Der Klotz wiegt 385 g, könnte also etwa 125 Zwei- pfennigstücke unserer Reichswährung liefern, während sein Münzwert nach dem aufgedrückten Stempel nur etwa 56 Pfennig betrug. Ein erst in der Neuzeit eingeführtes Münzmetall ist das Nickel. In reinem Nickel zwar prägt nur die Schweiz und auch diese erst seit einigen Jahren ^, während die früheren Scheidemünzen (Nr. 147) ^ Mit Nr. und einer Ziffer werden hier und im folgenden die Stücke meiner Sammlung nach ihren Inventarnunimern bezeichnet. - Eine Analyse der 20-Ceutimesstücke vom Jahre 1891 , für welche ich Herrn Dr. Schliemann, dem Assistenten am hiesigen akademischen Labora- torium, zu Dank verpflichtet bin, ergab in der That neben Nickel nur 0,3° ^ Kupfer. Die betr. Münzen hatte Herr Prof. S c h m i d t (Basel) mir zu senden die Güte. — 139 — nur 10 °/o Nickel neben 25 7o Zink enthielten ; die restlichen 65 % verteilen sich dabei, ungleich bei den 20-, 10- und 5-Centimesstücken, auf Kupfer und Silber, so zwar dass die erstgenannten, um sie wer- tiger zu machen, am meisten Silber (15 "/o gegen 50 % Kupfer), die 10-Centimesstücke 10 °/o Silber gegen 55 % Kupfer, die 5-Centimes- stücke endlich 5 "/(, Silber gegen 60 7o Kupfer enthalten. — Be- kanntlich führen auch unsere 20-, 10- und 5-Pfennigstücke nur mit ITnrecht den Namen „Nickelmünzen" : in Wirklichkeit handelt es sich um eine Kupfernickellegierung mit nur 25 "/^ Nickel. Platin als Münzmetall ist fast nur von Seiten Russlands an- gewandt worden. Von 1828, dem ersten Jahre der Ausmünzung. bis 1845, als man letztmals Platinmünzen prägte, sollen im ganzen 14 250 kg zur Münzdarstellung verbraucht worden sein , und zwar zu 3-, 6- und 1 2-Rubelstücken ^. Im ganzen begegnen sie dem Samm- ler nicht häufig; möglich, dass die Technik in Zeiten hoher Platin- preise das vermünzte Metall aufgearbeitet hat ". Ich selbst habe nur zwei 3-Rubelstücke (Nr. 1 u. 2) in Besitz, aus den Jahren 1828 und 1834, beide führen übereinstimmend auf dem Av. ^ den russi- schen Adler, auf dem Rv. in russischer Sprache die Worte in stehen- der Schrift: S Süberrnhel, parallel zum Rande rund gestellt: /? sol. 41 dol, rein uralisches Platin. Die Umrechnung des in solotnik und doli ausgedrückten Gewichts ergiebt in Übereinstimmung mit dem gefundenen 10,5 g. Der Rd. ist mit einfachen Strichen gekerbt. Weniger bekannt dürfte es sein, dass auch andere Länder, aber wohl nur versuchsweise Münzen aus Platin geprägt haben. So kam mir eine dänische in die Hände, auf deren Av. die Inschrift: Fredericus VI. JRex Daniae zu lesen ist, während der Rv. die Worte 28. Jan. 1830. Piatina trägt. Nach der der Münze beiliegenden Etikette soll dieselbe nur in neun Exemplaren geprägt worden sein. Auch eine bayerische Platinmünze fand ich in einem Auktions- katalog angezeigt, leider ohne sie erwerben zu können. * Wagner-Fischer, Handbiich der chemiscbeu Technologie. 13. Aufl. 1889. 274. Hoffentlich ist die Angabe richtiger, als eine andere desselben Buch?' über die Goldmünzen aus Rheingold, von denen dasselbe nur die von Bayern unter König Ludwig I. geprägten kennt. ^ Ich entnehme den Tagesblätteni , dass das Kilogramm Platin 1888 nur 720 M. kostete, heute aber 1600 — 2000 M. gewertet wird. Unter Zugrundelegung des zuletzt genannten Maximalpreises würde das 3-Rubelstück einen Metallwert von M. 21. — besitzen, während 3 Rubel in Gold heute mit M. 9,60 notiert werden. ^ Hier und im folgenden Av. = Avers , Rv. = Revers , Rd. = Rand der Münzen. Die citierten Inschriften sind immer cursiv gedruckt. — 140 — Palladium. In Zippe, Geschichte der Metalle, Wien 1857, 303, fand ich die Notiz: „die geologische Gesellschaft in London verwendet Palladium zu ihren Ehrenmedaillen." Wenn das in frühe- ren Jahren geschehen ist, so hat man doch jedenfalls den Brauch, vielleicht wegen der Unmöglichkeit , vom Münzmetall genügende Mengen aufzutreiben, verlassen. Die meinem unvergesslichen Lehrer Naumann im Jahre 1868 verliehene Medaille, die mir durch die Güte seines Sohnes, des Herrn Professors Ernst Naumann in Jena zur An- sicht überlassen wurde , ist goldenen Aussehens , und dass es sich nicht etwa um vergoldetes Palladium handelt, bewies eine Bestim- mung des specifischen Gewichts, die 18,2 ^ ergab, während Palladium (spec. Gew. = 10,9 — 12,1) samt Rhodium und Ruthenium im Gegen- satze zu Iridium, Osmium und Platin selbst zu den weniger gewich- tigen Elementen unter den Platinmetallen zählt. Eine Erinnerung an Palladium freilich tragen die Londoner Medaillen immer noch: das Bild des Entdeckers des Palladiums mit der Inschrift Wollaston auf dem Av., während der Rv. (eingraviert) die Widmung Dr. Carl Friedrich Naumann, Foreign Meniher of tJie Geological Society 18(J>'i und (allein mit dem einschliessenden , halb aus Lorbeer, halb aus Palmen bestehenden Kranze geprägt): The Geological Society of London lesen lässt. Aluminium, dieser „metallische Pappendeckel" wird sich wohl nie zum wahren Münzmetall emporschwingen, so häufig Ge- legenheitsmedaillen aus ihm hergestellt werden. Abgesehen von son- stigen nicht empfehlenden Eigenschaften ist gewiss auch seine rapide Verbilligung daran mit Schuld, die von einer Stabilität seines Wertes gegen andere Metalle vorläufig nicht sprechen lässt : notiert man doch heute den Preis des Kilogramm mit M. 10. — , während es 1884 noch M. 80. — kostete. • — Eine instruktive , unser für Dichtigkeitsunter- schiede gut organisiertes Gefühl illustrierende Zusammenstellung ist die einer Aluminiummünze in der Grösse eines 1-Markstückes , mit eben einem solchen aus Silber und dem ungefähr gleich grossen 3-Rubelstück aus Platin. Eisen, so wurde uns in der Schule gelehrt , haben , ihrem sonstigen ernsten und strengen Charakter entsprechend, die Spartaner als Münzmetall angewandt. So viel ich aber weiss, bezweifelt man jetzt die ausschliessliche Anwendung des Eisens in irgend einem ' L a n d 0 1 1 und B ö r n s t e i ii , Physikalisch-chemische Tabellen , Berlin 1883, 114, gehen für eine Goldkupferlegierung von 94,84% Gold und 5,16°,) Kupfer die Dichte = 18,117 au. — 141 — Münzsystem und auch in modernen Zeiten sind aus Eisen wohl nur Gelegenheitsmedaillen nicht geprägt, wohl aber gegossen worden. So liegt mir eine 65 g schwere, ^aus Mägdesprunger Hohofen ge- gossen'^ vor (Nr. 319), auf dem Av. eine Ansicht von Alexisbad, auf dem Rv. : Andenken an das SelJcethal samt der die Abstammung verratenden Inschrift tragend. Silber glänz. Handelte es sich bisher um die Herstellung von Münzen aus Metallen oder Metalllegierungen, so dürfte die Ver- wendung von Schwefelsilber als Münzmaterial ein Unikum im streng- sten Sinne des Wortes sein. Hausmann schreibt in seinem Handbuch der Mineralogie, Göttingen (1847) H. 1. 102: „Die Duktilität des Silberglanzes ist so bedeutend, dass er in reinen Stücken sich voll- kommen prägen lässt. König August von Polen liess aus sächsi- schem Silberglanz Medaillen mit seinem Brustbild schlagen, wovon das Göttingische akademische Museum ein Exemplar besitzt." Auf meine Anfrage bestätigte der jetzige Vorstand der genannten Samm- lung, Herr Prof. Liebisch, nicht nur das Vorhandensein der Münze in der Göttinger Sammlung, sondern hatte sogar die grosse Freund- lichkeit, mir dieselbe zur Ansicht zu senden. Die 35 g schwere und 44 mm im Durchmesser grosse Medaille zeugt durch die überaus feine Prägung der beiden Köpfe und die Schärfe der Schrift auf dem Av. und Rv. dafür, wie vorzüglich die geschmeidigste unter den Schwefelverbindungen der Metalle zur Prägung geeignet ist (ab- gesehen von der dumpfen Farbe), und es wäre von Interesse gewesen. das specifische Gewicht der Münze zu bestimmen, um zu unter- suchen, ob die offenbar starke Pressung eine merkliche Verdichtung des Silberglanzes im Gefolge gehabt hat; leider verhinderte eine Bandagierung der Münze mit einem Metallstreifchen, das der weite- ren Verbreitung eines offenbar schon alten Risses der Medaille wehren sollte, diese Untersuchung oder hätte doch die Resultate derselben illusorisch gemacht. Der Av. trägt das Bildnis des Königs und Kurfürsten samt der Schrift: D. G. Frid. August Poloniaruni Reo: Sax. Dux & Elect. 1699, der Rv. das Bildnis eines Mannes mit der Bischofsmütze und die Schrift : WiUeJdnd 9. Angrivariorum Rex Sax. Procerum Dux. Zur Erklärung der Schrift und des Bildnisses auf dem Rv. fehlen mir momentan^ die litterarischen Hilfsmittel: ich weiss nur, dass die Kurfürsten von Sachsen unter anderen inhaltslosen Titeln auch den der Fürsten des alten Sachsenherzogtums Engern führten. * Ich erhielt die Münze erst kurz vor Abschluss des vorliegendeu Manuskripts. — 142 — Höchst interessant ist ein weiteres Stück, das die Güte des Herrn Prof. Liebisch der Sendung beigefügt hatte : ein ungefähr drei- eckiges Stück Silberglanz, an der breitesten Stelle 35 mm breit, 75 mm lang, im Mittel 11 mm dick und 122 g schwer. Die eine Randlinie durchschneidet, und zwar sowohl auf der einen wie auf der anderen Seite des Stückes, eine Prägung, deren Av. das lang- lockige Hinterhaupt des Fürsten, sowie das Inschriftfragment: Frld. August D. G. Du . . . erkennen lässt, während der Rv. von dem bekannten kursächsisch-polnischen Doppelwappen nur das sächsische, sowie die Inschrift: MarcJc F. . . . . zeigt. Gewiss handelt es sich um eine Probe, die mit einem sonst für Silber dienenden Stempel an dem besonderen Materiale hinsichtlich seiner Prägbarkeit an- gestellt wurde, worauf man vielleicht zur Feststellung der inneren Beschaffenheit nach dem Drucke das Stück zertrümmerte. Wo mag sich das zugehörige Fragment befinden? Sicherlich ebenso alt wie das Münzen ist auch das Falsch- münzen; und so werden denn auch schon aus dem Altertume als „nummi subaerati" kupferne Münzen beschrieben, die durch Versil- berung das Aussehen von höherwertigen Silbermünzen bekommen sollen. Auch das vom Staat selbst ausgehende bewusste Prägen minderwertigen Geldes als eine Finanzoperation eigener Art ist keine Erfindung späterer Perioden, etwa der berüchtigten „Kipper- und Wipper-Zeit", sondern wurde schon von der römischen Republik ausgeübt. Ja auch das berühmte „Heureka" des alten Archimedes bezieht sich, wenn anders Vitruv wahr berichtet, auf die Entdeckung einer üntersuchungsmethode zur Konstatierung der Falschmünzerei oder doch der betrügerischen Unterschiebung von weniger wert- vollem Metall bei der Darstellung goldener Geräte. Die damals gefundene Untersuchungsmethode aber ist die Bestimmung des spe- cifischen Gewichts , und wenn in der kaufmännischen Praxis von einer Rolle Goldes das Gewicht genommen und die Länge gemessen wird, so ist das eben nichts anderes, als eine Anwendung dieser Methode, eine Kontrolle der Richtigkeit der Münze durch die, frei- lich wenig exakte, Bestimmung von Volumen und absolutem Ge- wichte, also von specifischem Gewichte. Im Stiche aber lässt die Bestimmung des specifischen Gewichts als Nachweis vermuteter Falschmünzerei, wenn durch Legierung von specifisch schwerem Materiale (z. B. Platin = 21,5) mit leichterem (z. B. Silber = 10,5) ein wertvolleres Material von mittlerem specifischem Gewichte (z. ß. Gold = 19,3) imitiert wird. Eine derartige wegen der schweren — 143 — Nachweisbarkeit äusserst gefährliche Falschmünzerei entbehrt nicht des allgemeinen Interesses und sei deshalb die einzige, die hier kurz erwähnt sei. Es handelt sich um die Darstellung von 20-Frank- stücken aus vergoldeter Platinsilberlegierung, die seit einigen De- cennien in Valencia und Barcelona schwungvoll betrieben werden soll. Das mir vorliegende Exemplar (Nr. 243) der Falsifikate (es war in einem Stuttgarter Bankgeschäft vereinnahmt worden), das ich mit einem echten 20-Frankstück gleicher Jahreszahl (1866) ver- glich, hat einen guten Klang und wiegt 5,9675 g, das echte 6,4390 g, während das französische Münzgesetz als Gewicht eines 20- Frank- stücks 6,4516 g vorschreibt. Beide Differenzen sind erklärbar : das Manko bei dem echten, durch die Abnutzung während eines 26jähri- gen Umlaufs, dasjenige bei dem Falsifikate durch die an der Münze deutlich erkennbare stellenweise Abschabung der Vergoldung, durch die man offenbar erst von der Existenz einer Fälschung Kunde er- halten hat. Weniger gelungen ist die Nachahmung des specifischen Gewichts. Die Bestimmung desselben für das falsche Stück ergab 20,06, für das echte nur 17,26. Nun schreibt das französische Münzgesetz für alle Goldmünzen einen Gehalt von 900 Teilen Gold in 1000 Teilen vor und für eine Legierung von 90,05 "/^ Gold und 9,95 7o Kupfer wird die Dichte zu 17,165 angegeben \ Mit dieser Angabe stimmt hinreichend die für das echte Stück gefundene Zahl, während im Falsifikate offenbar eine Legierung vorliegt, deren Ge- halt an Platin zu hoch gegriffen ist. Bei der Schwierigkeit der mit dem Schmelzen des Platins verbundenen Manipulationen ist diese Un Vollkommenheit der Mischung weniger erstaunlich, als die Mög- lichkeit der Herstellung solcher Legierungen überhaupt, die — so möchte man glauben — nur in einem wohlgeordneten Betrieb, nicht aber in einem, der sich verbergen muss, durchführbar ist. Abgesehen von diesen Fehlern in der Mischung sind aber gerade die zuerst kontrollierbaren Eigenschaften: Aussehen, Klang und absolutes Ge- wicht, bei den Falsifikaten immerhin so gut gelungen, dass man es gern glauben kann, wenn der Bericht über die Konferenz der Staaten der lateinischen Münzkonvention im Herbste 1876, als der Betrug zuerst zur Kenntnis kam, von einer grossen Aufregung der Konferenz- mitglieder über die Raffiniertheit der Falschmünzer spricht. ^ Lantlolt und Börnstein, Physikalisch-chemische Tabellen, Berlin 1883, 46. — 144 — IL Einige Ausbeutemünzen. Ist von einer Gold- oder Silbermünze bekannt, aus welchem Lande, welchem Gebirge, welcher Grube das Erz stammte, das das Münzenmetall lieferte, so liegt eine „Ausbeutemünze" vor, die wohl geeignet erscheint, als Belegstück zur Geschichte des Bergbaus des betreffenden Landes, des Gebirges, der einzelnen Grube zu dienen. Besonders beweiskräftig wird das Stück, wenn es die Verbriefung der Abstammung in deutlicher, jedem verständlicher Aufschrift mit sich selbst und auf sich selbst herumträgt, und nicht etwa bloss in kabbalistischen Abkürzungen der Münz- oder Fundstätten, nur dem Numismatiker vom Fach verständhch. Es ist eine einfache Konsequenz der Lehraufgabe, zu deren Zwecken ich meine kleine Sammlung zusammengebracht habe, wenn ich besonders auf jene Münzen, die ihre Abstammung jedem, auch dem Laien, durch eine deutliche In- schrift verraten, meine Aufmerksamkeit richtete. Die preussischen Münzen mit Segen des Mansfeläer Berghaus, die sächsischen mit Segen des Berghaus, die Anhalter mit Segen des Anhalter Berghaus und die hannoverischen mit Bergsegen des Harzes sind naheliegende Beispiele, die bei einiger Aufmerksamkeit auf die in unseren Kassen ein- und auslaufenden Münzen gesammelt werden können — so lange wenigstens , wie wir von den in unser Decimalsystem so schlecht passenden Thalerruinen nicht durch Einziehen befreit werden. Frei- lich das Hauptkontingent zu den im folgenden kurz besprochenen Ausbeutemünzen liefern Münzen, in vergangenen Jahrhunderten ge- prägt, wie sie der Sturz der Sparhäfen alter Familien liefert oder wie sie nur durch Kauf in Münzhandlungen erworben werden können. Die Mannigfaltigkeit dieser älteren Ausbeutemünzen ist eine sehr grosse, eiiie Erscheinung, die gewiss in erster Linie auf die Eitelkeit der grossen und namentlich der kleinen Landesherren in den Zeiten politischer Zersplitterung speciell Deutschlands zurückzuführen ist. eine Eitelkeit, die das eigene Bildnis oder das eigene Hoheitszeichen auf Münzen sehen wollte, die aus im eigenen Lande gegrabenen Erzen und abgeschiedenen Metallen dargestellt wurden. Geliefert hat uns aber dies Verfahren beredte Zeugen für die Geschichte des Bergbaus, und dass diese Geschichte für viele der unten zu bespre- chenden Gruben eine abgeschlossene ist, weil der betreffende Berg- bau schon längst aufhörte , kann unser Interesse an solchen Aus- beutemünzen nur erhöhen. — 145 — Ist die Einzelmünze ein Wahrzeichen, dass im betreffenden Jahre an dem genannten Orte der Bergbau blühte, so wird die metallene Chronik vollständiger, wenn eine Suite von Prägungsjahren von der gleichen Lokalität vorliegt. So besitze ich im ganzen 21 Jahr- gänge des „Segen des Mansfelder Bergbaus", beginnend mit 1811 (Nr. 57, Av. Hieronymus Napoleon, Rv. Segen des Mansfelder Berg- haus 1811) als beredte Zeugen einer länger denn 50 Jahre anhalten- den Blüte des betreffenden Bergbaus. Sehr häufig, namenthch bei älteren Münzen erweitern sich die Auskünfte, die schon die Einzelmünze darbietet dadurch, dass man der Münze nicht nur das Prägungsjahr, sondern auch das Jahr der ersten Ausbeute aufprägte. So trägt, um ein Beispiel für viele zu geben, Nr. 72 auf dem Rv. die Notiz: Die Grube Cronenburgsglück kam in Ausbeute 1705, während der Av. unter dem hannoverischen Wappen das Prägungsjahr 1752 aufweist, so dass die einzelne Münze den Nachweis eines von 1705 bis mindestens 1752 ununterbrochen blühenden Bergbaus an genannter Lokalität liefert. Denn auch das zeitweise Daniederheger fixieren die Ausbeutemünzen unter Um- ständen. So besitze ich von einer anderen Harzer Grube, von der ,Güte des Herrn", die Jahrgänge 1745 (Nr. 62), 1747 (Nr. 241), 1752 (Nr. 73), 1756 (Nr. 74) und 1774 (Nr. 37); während aber alle bis auf den letztgenannten auf dem Rv. die Schrift Die Grube Güte des Herrn kam in Ausbeute 1740 tragen, giebt die Legende des Jahres 1774 an : Die Güte des Herrn kam wieder in Ausbeute 1774. Es handelt sich also bei dem Exemplar von 1774 um ein Wieder- aufblühen der „Güte Gottes" nach längerem ausbeutelosem Danieder- liegen. Wie lange freilich diese Pause im Abbau gedauert hat, darüber giebt die kleine Suite nur insofern Auskunft , als dass die Grube 1756 noch ertragsfähig war, also höchstens während eines Zeitraums von 18 Jahren geruht hat. Die Hoheitszeichen oder die Porträts der Landesfürsten, die gemeinhin der Av. auch der Ausbeutemünzen trägt, geben gelegent- lich wichtige Fingerzeige über die Gebietsverschiebungen und den Besitzwechsel zunächst für die Gruben, damit auch für das umliegende Landesgebiet. Welche beredte Sprache für die Zeit von „Deutsch- lands tiefster Erniedrigung" sprechen die Münzen, die wie Nr. 127 auf dem Av. Varmee d'Hanovre ä Napoleon, Empereur des Fran- gais 1S04 tragen und auf dem Rv. Des mines et usines du Harz protegees pendant la guerre und. direkt unter den gekreuzten Schle- gel und Eisen, den guten deutschen Bergmannsgruss Glück auf. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. 10 — 146 — Oder die Trutzmünze gegen Hannover-England (kupferne Probe- prägung Nr. 258), die auf dem Av. die Inschrift Le Tratte d'Ämiens rompu par VÄngleferre Mai de Van 1803, durch eine englische Bull- dogge, die eine Papierrolle zerfetzt, illustriert^, während der Rv. VHanovre occupe par Varmee frangaise en juin de Van 1803 lesen lässt, nicht ohne zuzusetzen : Frapee avec Vargent des mines d^Hanovre, also aus englischem Silber hergestellt. Und dass auch die Mansfelder Segensthaler das Bildnis des vom fremden Imperator dem König- reiche Westfalen aufgedrungenen Karnevalskönig Jerome tragen, wurde schon oben erwähnt. Wenn auch nicht Ereignisse gleicher Bedeutung verewigend, wohl aber geeignet, an mancherlei eigentümliche Besitzverhältnisse zu erinnern , sind noch manche der im folgenden zu beschreibenden Münzen aufzuführen , und wir erwähnen nur das Eddergold , das (Nr. 15) als Umschrift des Bildnisses des Landgrafen von Hessen nicht diesen Titel, sondern den voUerkhngenden eines Rex Sueciae trägt, verweisend auf die Personalunion zwischen Hessen und Schwe- den, deren wir schon oben bei Gelegenheit der pathologisch grossen schwedischen Kupfermünzen gedacht haben. Auch die Erinnerung an die eigentümliche Bewirtschaftung des sogenannten Kommunion- harzes ist in den Münzen fixiert: die Ausbeutemünzen der Harzer Gruben tragen bald das Braunschweiger, bald das hannoverisch-eng- lische Wappen und zwar (als Zeichen , dass es sich nicht etwa um einen Besitzwechsel in knapp beieinanderliegender Zeit, sondern um eine gemeinschaftliche Ausbeutung mit einer Teilung des Produkts in natura handelte) mit dem gleichen Jahre. So besitze ich „Güte des Herrn" vom Jahre 1745, einmal (Nr. 62) mit Braunschweiger Wappen und den wilden Männern als Schildhaltern und anderseits mit dem hannoverisch-englischen Wappen (Nr. 34). Dasselbe gilt von „Lautenthals Glück" 1745 (Nr. 101 und 201) und „König Carl" 1752 (Nr. 312 und 93), von denen ich je ein Zwillingspaar besitze, deren eines Individuum hannoverisch, das andere aber braunschwei- gisch getauft, d. h. geprägt wurde. Nicht selten enthalten die Ausbeutemünzen noch weitere An- gaben, als diejenigen, die sich auf das Jahr der Gewinnung und ersten Ausbeute und auf den Landesherrn, dem sie tributpflichtig ' Der am 27. März 1802 zwischen Frankreich und England abgeschlossene Frieden von Amiens wurde seitens der letzteren Macht schon am 13. Mai 1803 gekündigt, was Napoleon mit der Besetzung des mit England durch Personal- union verbundenen Kurfürstentums Hannover beantwortete. — 147 — waren, beziehen. So lautet auf den unter Eberhard Ludwig, Herzog von Württemberg, 1728 geprägten Thalern (Nr. 16) die Inschrift: Von geivachsenen (sie !) Silber aus der Fundgr. 3 K. Stern und weist da- mit nicht nur auf eine Silberausbeute im allgemeinen, sondern gleich auf das speciell gefundene Erz hin : es handelt sich um den leider ganz vereinzelt dastehenden Fund von „ganz derbem Gediegen- silber" , unter anderem einer Stufe von 166 Mark mit 15V2lötigem Gehalte ^ Eine x\usbeutemünze, die unserem Zeitalter, das ja nach Riehl mit der „statistischen Krankheit" behaftet ist, geradezu als Ideal erscheinen muss, ist eine mir vorliegende 61 mm grosse und 85 g schwere Medaille (Nr. 118), die zum 50jährigen Regierungsjubiläum Friedrich Aügüst's, Königs von Sachsen, 1818^, geprägt wurde und auf dem Rv. lesen lässt: Himmelsfürst Fundgrube hinter Erbisdorf^ gab seit 50 Jahren 1,100,458 Thlr. 16 Gr. Ausbeute. Wenn es sich — und das ist ja der hier eingenommene Stand- punkt — um Untersuchungen handelt, inwieweit Münzen zur Illu- stration der Geschichte des Berg- und Hüttenwesens dienen können, da muss auch noch einer Klasse von Münzen oder richtiger gesagt, von Medaillen Erwähnung gethan werden, die sich freilich den eigent- lichen Ausbeutemünzen nicht unterordnen lässt : ich meine diejenigen Medaillen, mit denen der Bergmann gewisse wichtige x\bschnitte seiner Unternehmungen zu verewigen pflegt. Den Übergang von den Vv^irklichen Ausbeutemünzen zu diesen Erinnerungsmedaillen bil- den die „Erstlinge'' , wie sie als solche häufig besonders hervor- gehoben werden, während allerdings auch ebenso häufig diese Erst- lingsnatur nur aus der Übereinstimmung des Prägungsjahres mit demjenigen der ersten Ausbeute (ich gab oben Beispiele für das Auftreten solcher doppelter Jahreszahlen auf den Münzen) zu fol- gern ist. So trägt Nr. 256 ausdrücklich die Bezeichnung: Primitiae argentifondinae Fischbachensis tutori dicatae 1750. So zeigt ferner Nr. 296 auf dem Av. eine Landschaft, auf der der Ort Rudelsdorf und die Adlersfundgrube (durch einen Göpel angedeutet) dargestellt sind, und unter dem frommen Spruch: Befiehl dem Herren Deine Wege und hoffe auf Hm , befindet sich der Chronikeintrag : Wir schürfen heute den 25. Jan. 1747. Der Rv. aber ist nichts anderes ^ Das Königreich Württemberg. Herausgegeben vom K. statistisch-geo- graphischen Bureau. 1882—1886. 1. 356 und 2. 1. 634. 2 Auf den Thron kam Friedrich August III. schon 1763, stand aber bis 1768 unter der Vormundschaft seines Oheims, des Prinzen Xaver. 10* — 148 — als eine zweite Seite dieser metallenen Chronik: er trägt die Fort- setzung des Spruches : Er ivirds ivohl maclten , und den jüngeren Chronikeintrag : Und schmelzen heute, den 25. Jtd. 1749, durch die Darstellung einer Schmelzhütte illustriert. — Der Av. von Nr. 155 zeigt die Darstellung einer Hüttenanlage in einer Berglandschaft; in halber Höhe sieht man das Mundloch des Stollens, mit der Hütte durch einen Schienenstrang verbunden , und der metallische Inhalt des Berges ist durch die drei alchimistischen Planetenzeichen ) (Sil- ber), ti (Blei) und § (Quecksilber) angedeutet. Die Inschrift auf dem Av. lautet: GeiverJiSchaß Littai. Feines Silber^ die des Rv. : Segen des Krainischen Bergbaues. Zur Erinnerung an den ersten Silber- blick der Hütte Littai 6. November 1886. Obgleich die Sammlung noch mehrfache Beispiele solcher Erst- lingsmünzen darbietet (die bei der Besprechung der einzelnen Loka- litäten Erwähnung finden werden), sei nur noch eine Medaille hier angeführt. Nr. 305 giebt auf dem Av, als Doppelbild, die beiden Fusslinien in nicht besonders geschmackvoller Weise in der Mitte der Münze aneinander stossend, die beiden Gruben Franzenszeche und Wilibaldzeche, während die auf Av. und Rv. verteilten Inschriften : Zur Erinnerung an die Wiederaufnahme des Mähr. Blei- und Silber- bergbaus, und: Aus mährischem Feinsilber begonnen am 24. Mai 1886, uns über die Bedeutung der Münze aufklären. Auch an wirklichen Votivmünzen hat es der teils abergläu- bische, teils fromme Sinn des deutschen Bergmanns nicht fehlen lassen. So stellt Nr. 107 auf Av. und Rv. Amoretten dar. Auf dem Av. ist der kleine Gott mit der Wünschelrute bewaffnet, sowie mit seinen göttlichen Attributen, den Flügeln, dem Bogen und dem Köcher, ausgerüstet, aber auch mit Bergmannsmütze und — Hinterleder! Auf dem Rv. schwingt Amor den Hammer am Prägstock und dieser trägt die Jahreszahl 1719 , während eine jede Andeutung des Ortes der Prägung fehlt. Die Bilder ergänzend lautet die Inschrift auf dem Av. : Ruthe, weise glücklich an, und auf dem Rv. : Das (sie!) ich Ausbeut muntren kan (sie!). Um wie viel frömmer ist die von 1709 stammende Votivmünze (Nr. 291), die auf dem Av. unter dem Dreiecks- symbol des strahlenden Gottesauges den Spruch bringt: A)i Gottes Segen ist Alles gelegen, während die von dieser Sonne beschienenen Felsen am unteren Rande der Münze den Gehalt an erwünschten Metallen in den bekannten alchimistischen, der Astrologie entlehn- ten Zeichen andeutet. Der Rv. aber bietet Gelegenheit, eine kleine Darlegung der dem Bergwesen (wenigstens älteren Stils) eigene — 149 — Kechnungsweise zu geben, lautet doch die Inschrift : Wenig Zuhuss^ viel Ausheute macht recht fröhliche Bergleute. Wie der Anfang und die Wiederaufnahme nach längerem Da- niederliegen vielfältig durch Erinnerungsmedaillen fixiert wurden, so nicht minder wichtige, epochemachende Ereignisse in der Ent- wickelung der bergmännischen Arbeiten. Ich besitze eine aus dem Jahre 1727 stammende Ausbeutemünze von Pfibram, Böhmen (Nr. 51). Wie kann man die Riesengrösse der durch den Bergbau der mensch- lichen Kraft gestellten Aufgaben besser illustrieren, als dass man dieser Ausbeutemünze eine zweite Medaille ^ (Nr. 52) zur Seite legt, durch die im Jahre 1875 (also erst 150 Jahre später!) die Erinnerung an die erreichte Saigerteufe von 1000 Meter Ausdruck erhielt ? Eine andere Denkmünze (Nr. 226. leider nur als kupferne Ver- suchsprägung in meinem Besitze) wurde zur Feier der Vollendung des Kaiser Joseph II.-Erbstollen ^ geprägt, der während der Jahre 1782 — 1878 gebaut, immer mehr Grubentief baue umfassend, jetzt zu einer wichtigen Entlastung der Schemnitzer Bergwerke dient und die Wässer nach einem 18 km langen unterirdischen Laufe in den Granfluss abliefert. Am weitesten ab von dem Begriffe der Ausbeutemünzen liegen solche Denkmünzen, die sich auf Unternehmungen beziehen, welche dem Bergbau nur als nahe verwandt bezeichnet werden können. Ich meine namentlich die Medaillen, die auf Einrichtung von Salinen oder aus dem klingenden Ertrag derselben geprägt worden sind. Hierher zählen die dem Sammler nicht allzu selten vorkommenden herzoglich sächsischen Münzen mit dem Motto : A sole et sale (Nr. 132 und Nr. 61), bei welchen das Intervall der Jahre (1714 und 1720) auf einen stetigeren und gewinnreicheren Betrieb hinweist, als es die Geschichte von einer anderen Saline meldet, deren Gründung der Landesherr mit der Prägung einer besonderen Münze feierte. Es ist eine stolze Medaille, die in Nr. 227 vor uns hegt. Der Av. trägt ' Die Münze weist — nebenbei bemerkt — den eigentümlichen „Stempel- glanz" auf, das „Ävant-la-lettre" der Numismatiker. ^ Ohne die grosse Bedeutung dieses Stollens, der den Tunnelstollen des St. Gotthard (14,944 km) um mehrere Kilometer an Länge übertrifft, herunter- setzen zu wollen , sei daran erinnert , dass der Ernst- August-Stolleu im Harze, der in der verhältnismässig kurzen Zeit von 1851 — 1864 ausgeführt wurde, eine Länge von 23 km hat. Der den berühmten Comstock in Nevada entwässernde Sutro-Kanal ist nur 6 km lang. — 150 — das SoLM'sche Wappen und die Schrift : V. G. G. Christian August^ Graf Sil Solms-Laubach. Der Rv. zeigt die Abbildung eines gros- sen Gradierwerks mit der Überschrift: Christiansiverh und dem wei- teren Spruch : Dem Lande su Nutz, denen Neiders zu Trutz ^ 1768. Der Biograph^ des Grafen schildert ihn als „klug, fleissig und ge- lehrt, aber leidend an der Krankheit seiner Zeit: der Prachtliebe", die ihn zu allerlei Experimenten zwang, seine bescheidenen Ein- künfte zu vermehren; unter diesen war eines der verfehltesten die Anlage der genannten Saline bei Trais-Horloff (in der heutigen Pro- vinz Oberhessen), die, mit 40 000 Gulden zu dem Zwecke erborgten Geldes gegründet, nach ganz kurzem Betrieb wieder einging. Wenn die vorstehenden Zeilen dazu dienen sollten, Rechen- schaft abzulegen von den Gesichtspunkten, unter denen „Ausbeute- münzen" mir des Sammeins zu wissenschaftlichen, der Geologie ver- wandten Zwecken wert erschienen , so wird weiteren Aufsätzen die Aufgabe erwachsen, den Inhalt meiner kleinen Sammlung nach terri- torialer Einteilung und Abgrenzung zu besprechen. Es wird sich dabei die Einführung folgender Abschnitte empfehlen: 1. Ausbeute- münzen aus deutschem und österreichisch-ungarischem Golde; 2, silberne Ausbeutemünzen aus dem Schwarzwalde; 3. aus dem Harze; 4. Deutschlands Kupferschieferbergbau als Silberlieferant; 5. Sächsische, böhmische und schlesische Ausbeutemünzen; 6. solche aus dem übrigen Österreich-Ungarn und aus sonstigen europäischen und ausser europäischen Ländern. ^ Rudolph, Graf zu Solms-Laubach, Geschichte des Grafen- und Ftirsteugeschlechtshauses Solms. 1865. 367. Beiträge zu einer Revision der Ammoniten des schwäbischen Jura. Von Dr. J. P. Pompeckj in Tübingen. Mit Taf. II— V[n. Einleitung-. Mehr als fünfzig Jahre seines Wirkens, von 1837 — 1889, hat Friedrich August von Quenstedt der Erforschung des Jura Schwabens gewidmet; mit bewundernswertem Fleisse hat er geologisches und palaeontologisches Material zusammengetragen und an der Hand des- selben den Jura Württembergs durch eine Reihe seiner allbekannten Werke zu einem klassischen Boden gemacht. Nach Quenstedt's eigenem Ausspruche waren die Ammoniten seine bevorzugten Lieb- linge, und ihrem Studium hat er sich mit ganz besonderem Eifer hin^ gegeben, so dass er unter anderem auch den Ruhm für sich in Anspruch nehmen konnte, der ausgezeichnetste Ammonitenkenner seiner Zeit zu sein. In den „Cephalopoden" (1846 — 1849), im „Jura'' (1856 — 1858) und in den „Ammoniten des schwäbischen Jura" (1882 — 1888) hat Quenstedt — mit seltenem Scharfblick urteilend — eine Fülle von Material für die genetische und systematische Erkenntnis der Ammoniten niedergelegt, wie sie kaum ein anderer der Palaeonto- logen trotz eines so langen Lebens hätte sichten können. Wenn nun kurze Zeit nach dem Hinscheiden Quenstedts und kurze Zeit nach dem Erscheinen seines letzten grossen Werkes, der ,, Ammoniten des schwäbischen Jura", eine Neubearbeitung eben dieser jurassischen Ammoniten unternommen wird, so glaubt der Verfasser eine Pflicht zu erfüllen, indem er des Tübinger Meisters grosses Werk in einem den Anschauungen der Jetztzeit angepassten Gewände den Geologen und Palaeontologen übergiebt; eine Pflicht um so mehr, als ihm Gelegenheit gegeben ist, an der Tübinger geologischen Samm- lung, der ureigensten Schöpfung Quenstedt's, zu arbeiten. — 152 — QuENSTEDT War gewohnt, von dem einmal eingeschlagenen Wege nicht abzuweichen ; seine konservative Natur Hess es nicht zu , sich Neuerungen anzuschliessen, selbst wenn dieselben durch exakte For- schungen als geboten erscheinen mussten. Auf kaum einem anderen Gebiete wird Qüenstedt's unentwegtes Fortschreiten auf der einmal gewählten Bahn schwerer empfunden als gerade auf dem der Ammo- niten, der vorzüglichsten Leitfossilien des Jura, welche unter den Namen, wie sie Quenstedt veröffentlicht hat, uns nur schwer dienst- bar sind. Die QuENSTEDx'sche Einteilung der Ammoniten des Jura schliesst sich enge an diejenige an. welche Leopold von Buch im Jahre 1830 in den Abhandlungen der Berliner Akademie veröffentlichte. Die Unterscheidung sogenannter Ammoniten-Familien durch Buch und Quenstedt bekundet das Bedürfnis schon der Forscher der älteren Schule, die Überfülle von Formen, welche man in dem „Geschlechte" Animonites vereinigte, zur leichteren systematischen Zusammenstellung in gesonderte Gruppen zu bringen. Vergleicht man die Aufstellung und Begrenzung der Gattungen bei den Lamellibranchiaten, Gastro- poden oder Brachiopoden mit den früher unterschiedenen Cephalo- podengattungen, so erscheint es nur als eine Forderung der Ge- rechtigkeit , die Ammoniten mit gleichem Masse zu messen , den Namen „Animonites'''' als Gattungsnamen fallen zu lassen und dafür einzelne, wohl zu unterscheidende Gruppen der Ammoniten als selb- ständige Gattungen mit eigenen Namen aufzustellen. Zum Teil stimmen die BucH-QuENSTEDrschen Familien mit ein- zelnen der heute unterschiedenen Ammonitengattungen überein, Vv'ie dieselben von Suess, Waagen, Mojsisovics, Neumayr, Zittel, Laube und anderen aufgestellt sind, zum Teil aber haben sie ganz andere Grenzen. Es ist das letztere durchaus erklärlich, da Buch und Quenstedt ihre Familien auf rein morphologische Gründe hin abgrenzten, wäh- rend das Prinzip der heutigen Systematik in der Entwickelun gs- geschichte der Formen beruht. Die Entwickelung der Ammoniten von der Anfangskammer an, das Verhältnis der Windungen in den verschiedenen Stadien, die Art und Weise der Skulptur und der allmähliche Aufbau der Lobenlinie von den nur wellig gebogenen ersten Suturen bis zum reich zerschlitzten Gebilde der Suturen des erwachsenen Tieres, die Länge der Wohnkammer, die Form des Mundrandes, der Aptychus, alle diese Verhältnisse in der Ge- samtheit ihrer Entwickelung bilden die Norm, nach welcher die Abgrenzung der Gattungen bei den Ammoniten heute vorzunehmen — 153 — ist ; nur auf diesem Wege kann wirklich Verwandtes vereinigt werden ^. Treu der einmal angenommenen Einteilung der Ammoniten, blieb QüENSTEDT auch treu dem einmal eingeschlagenen Wege in der Benennung derselben. Zweifellos hat die QüENSTEDi'sche Nomen- klatur ihre grossen Vorzüge. Der QüENSTEDT'sche Name ,^Ämm. angu- latiis compressus" sagt entschieden mehr als der jetzt gebräuchliche „ Schlotheimia Charmassei" . Allein der Name eines Petrefaktes oder eines Organismus überhaupt ist ja an und für sich etwas rein Neben- sächliches; er hat schliesslich ja keinen weiteren Zweck als den, eine bestimmte Form in der Litteratur zu fixieren. Immer sogenannte „bezeichnende" Namen zu geben, ist bei dem fast unbegrenzten Materiale, mit welchem die Palaeontologie zu rechnen hat, einfach unmöglich. Trotz der unleugbaren Vorzüge der QuENSTEDT'schen Trinomik liegt in den zum Teil bereits von Qüenstedt gezogenen Konsequenzen derselben die Gefahr nahe , dass schliesslich der Name eines Fossiles durch eine Art kurzer Beschreibung er- setzt werde, deren Gebrauch in der Litteratur Schwerfälligkeiten mit sich bringen würde. Qüenstedt selbst gebraucht oft bereits vier Namen, so unterscheidet er, um bei dem obigen Beispiele zu bleiben, unter anderen einen Amin, angulatus comprcssus gigas — ein durchaus bezeichnender Name. Baute man hierauf weiter, so würde man wohl bald einen fünften, sechsten und mehr Namen hinzufügen müssen, und damit einen schwerfälligen Apparat von Namen erzeugen, welcher mehr Nachteile als Vorzüge besässe. Die Kommission für die Einheit der Nomenklatur schlug dem internationalen Geologenkongress in Bologna für die Benennung der Fossilien als Hauptgesetze vor: 1) Die ausschliessliche Anwendung der Binomik, 2) die strikte Innehaltung der Priorität. Diese Vorschläge sind angenommen worden ; und auf diese Prinzipien hin die Ammoniten des schwäbischen Jura durchzuarbeiten, soll in erster Linie die Aufgabe der nachfolgenden Untersuchungen sein. Dass ein derartiges Unternehmen ein den Palaeontologen erwünschtes sein dürfte, illustrieren wohl am besten die Worte, mit welchen Douville die Vollendung des ersten Teiles der Qüenstedt'- ^ Wer sich für die Geschichte der Amuionitensystematik interessiert, findet eine umfassende Zusammenstellung derselben in Wright: Lias Aramonites p. 168—262. - 154 — sehen „Ammoniten des schwäbischen Jura" der Societe geologique de la France anzeigte^: „Au point de vue de la nomenclature on sait que M. Quenstedt a adopte un Systeme tout particulier : quels que soient les avantages que l'auteur lui attribue , il est incontestable que ce Systeme pre- sente l'inconvenient capital d'etre different de celui qui est univer- sellement adopte aujourd'hui. Sans doute, ce n'est qu'une question de forme, mais eile a bien son importance, puisque, si l'on veut se faire comprendre, il est indispensable de parier la langue de ses lecteurs; or, M. Quenstedt a sa langue ä lui et, comme il ne peut etre question de lui demander de la modifier, il serait au moins utile de traduire ses denominations en langue ordinaire. II y aurait lä une revision d'ensemble ä entreprendre , analogue ä celle qui a ete dejä faite en partie par Oppel dans „die Juraformation" de ma- niere a faire rentrer les denominations employees par M. Quenstedt dans le Systeme de la nomenclature binominale. Un travail de cette nature completerait tres heureusement le bei ouvrage dont il vient d'etre question." Den ursprünglichen Plan , nur eine Liste zu veröffentlichen, in welcher die von Quenstedt angewendete Nomenclatur auf die binominale zurückgeführt werden sollte, habe ich aufgegeben, da ich im Laufe der Arbeit nicht nur eine ganze Menge neuen Ammoniten- materiales erhielt, sondern auch im Gange der Untersuchungen eine Anzahl von Daten feststellen konnte, w^elche ein ausführlicheres Ein- gehen auf die einzelnen Arten unerlässlich machten. In bezug auf die Aneinanderreihung der Ammoniten kann ich dem Beispiele Quenstedt's nicht folgen. Das Aufführen der einzelnen Formen nach Zonen, zusammen mit allen in den betreffenden Zonen vorkommenden Arten, reisst Verwandtes auseinander, erschwert die Benutzung der Arbeit zum Bestimmen der einzelnen Arten und macht ein zu häufiges Zurückgehen auf bereits früher Gesagtes unvermeid- lich. Gattung für Gattung sollen die im Jura Württembergs vor- kommenden Ammoniten untersucht werden ; denn nur so kann man ein Bild von der Entwickelung verwandter Formen erhalten. Zum Schlüsse soll dann eine Tabelle hinzugefügt werden, welche — nach Zonen geordnet — eine Zusammenstellung sämtlicher jurassischen Ammoniten Schwabens enthält. In bezug auf die Einteilung der Ammoniten folge ich im all- 1 Bullet, de la soc. geol. de la France. Ser. III. Bd. XIV. p. 581. — 155 — gemeinen dem von K. A. von Zittel im „Handbuch der Palaeontologie'' eingeschlagenen Wege , schUesse mich auch in der Benennung der einzelnen Teile der Ammonitenschale an Zittel's Handbuch an. So- viel als möglich habe ich überall Masse der Ammoniten angegeben, die absoluten Masse sind immer in Millimetern ausgedrückt; die relativen Masse der Nabelweite (Nw), der Windungshöhe des äusseren Umganges (Wh) und der Windungsdicke desselben (Wd) sind in Prozentzahlen eines gleich 1 gesetzten Durchmessers (Dm) der Schale in der Windungsebene gegeben. Ungefähr gleiche Masse kann man bei jeder Art natürlich nur in gleichen Wachstumsstadien erhalten; und konstant bleiben die Verhältniszahlen nur etwa von dem Punkte an, in welchem das Tier als erwachsen zu betrachten ist. Die Veröffentlichung der einzelnen Gattungen ist nicht in systematischer Reihe vorgenommen worden ; ich lasse dieselben viel- mehr so folgen, wie ihre Bearbeitung vollendet wurde. Betreffs der Synonymik möchte ich noch hinzufügen, dass es durchaus nicht in meiner Absicht liegt, lückenlose Synonymen-Verzeichnisse zu geben ; es wäre das schon deshalb nicht möglich gewesen, weil ich die geradezu enorme Litteratur über Ammoniten nicht habe ganz zusammen- bringen können. Ich beschränke mich darauf, diejenigen Werke zu citieren , welche Wesentliches zur Erkenntnis der einzelnen Arten beitragen, wobei ich die Arbeiten Qüenstedt's gesondert voranstelle. Das Material für meine Untersuchungen gehört im hauptsäch- lichsten den Sammlungen der Universität Tübingen und des Natu- ralienkabinets zu Stuttgart, ausserdem wurde mir in freundlichster Weise von den Herren Besitzern namhafter Privatsammlungen Mate- rial zur Benutzung überlassen. Mit besonderer Freude nehme ich hier Veranlassung, den Herren Sammlungsdirektoren und allen ver- ehrten Fachgenossen und Freunden der Palaeontologie, welche mich bei der Ausführung dieser Arbeit zu unterstützen die Güte hatten, meinen herzlichsten Dank auszusprechen, so den Herren Prof. Dr. BßANCO-Tübingen, Prof. Dr. 0. Fraas und Dr. Eb. FRAAS-Stuttgart, Prof. Dr. DAMES-Berlin , Dr. Wähner- Wien , Buchhändler Ed. Koch- Stuttgart, Medizinalrat Dr. HEDiNGER-Stuttgart, Dr. C. BECK-Stuttgart, Pfarrer Dr. ENGEL-Eislingen , Pfarrer GussMANN-Eningen , Dr. Wenz- Donzdorf, Lehrer WiTTLiNGER-Holzheim , Stud. RAU-Tübingen , Ober- forstrat v. TscHERNiNG-Tübingen. Vorzüglichsten Dank schulde ich Herrn Prof. Dr. Branco, welcher mir stets mit Rat und That in liebenswürdigster Weise beistand , und welchem wesentlich das Zu- standekommen der vorhegenden Arbeit zu danken ist. — 156 — Die auf den Tafeln beigegebenen Zeichnungen sind von Herrn Universitätsmaler Genter aufs sorgfältigste hergestellt worden, wäh- rend die Lobenzeichnungen möghchst getreu von mir selbst ent- worfen sind. Tübingen, Geologisches Institut der Universität, im April 1893. I. Pliylloceras Suess, Waagen, Neumayr, Zittel. lleterophylli v. Buch, Quenstedt. Bhacoceras Agassiz, Hyatt. Bhacophyllites Zittel z. T. Zu Phylloceras gehören meist engnabelige Formen mit stark umfassenden Windungen. Der Windungsquerschnitt ist meistens mehr oder weniger elliptisch , Formen mit seitlich flachgedrückten Win- dungen (z. B. PhyJl. ibex, Zetes) oder mit mehr rechteckigem Win- dungsquerschnitt (die Verwandten des Phyll. tortisulcatum) sind Aus- nahmen. Die Aussenseite ist fast stets gerundet, selten etwas zugeechärft {Phyll. Wechsleri) oder breitgedrückt {Phyll. tortisul- catum). Kiel- resp. Furchenbildung auf der Aussenseite fehlt stets. Die Skulptur der Schale ist wenig differenziert, sie besteht bei weitaus den meisten Arten aus mehr oder minder deutlichen, dichtstehenden leistenartigen Linien, welche sichelförmig gebogen die Flanken über- schreiten und auf der Aussenseite in nach vorne gewölbtem Bogen zusammenstossen. Eigentliche Rippenbildung tritt nur bei den Formen des mittleren Lias — bei Phyll. numismale bis ibex — auf. Der Steinkern trägt bei einer Reihe von Arten Einschnürungen oder Wülste. Den Einschnürungen des Steinkernes entsprechen auf der Schale entweder wieder Einschnürungen oder Wülste. Die Lobenlinie ist in erster Linie durch die Form der Sattelblätter ausgezeichnet: dieselben sind blattförmig, ausserdem ist die Zahl der Blätter der Haupisättel eine meist recht beträchtliche, 5, 6 und mehr. Die Zahl der Hilfsloben schwankt von 4 — 7 resp. 8. Die Länge der Wohnkammer und die Form des Mundrandes ist bis jetzt nur bei wenigen Arten {Phyll. glaberrimum Neüm,, ptychoicum Quenst., protortisulcatum n. sp., mediterraneum Neüm.) bekannt; erstere beträgt etwas mehr als ^/g Umgang. Der Mund- rand folgt dem Verlauf der Einschnürungen resp. der Schalenstreifung und bildet in der Mitte der Flanken und auf der Aussenseite etwas nach vorne gezogene Lappen. Ganz auffallend stark sind diese — 157 — Lappen nach vorne gezogen bei einem von Haug^ beschriebenen Exemplare eines Phyll. mediterraneum Neum. von Chaudon bei Digne, Basses-Alpes. Aptychus unbekannt. Auf Grund der Skulpturverhältnisse, des Vorkommens von Ein- schnürungen resp. Wülsten und der Lobenlinien haben Neumayr ^, Geyer ^, Zittel*, Fütterer ^ eine Zahl von Entwickelungs- resp. For- menreihen im Umfange der Gattung Fhylloceras aufgestellt, und zwar die Reihen des : Phyll. heterophyllum Sow. sp. (Neumayr) „ Capitanei Catullo sp. (Neumayr) „ ultramontamim Zittel (Neumayr) „ tatricum Püsch sp. (Neumayr) „ Partschi Stur sp. (Geyer, Zittel) ., Loscombi Sow. sp. (Fütterer). Von diesen Reihen sind alle mit Ausnahme der des Phyll. tatricum im Jura Schwabens vertreten. Nach dem Vorgange von Fontannes ^, welcher bereits eine Gruppe des Phyll. tortisulcatum d'Orb. sp. unterscheidet, füge ich diesen Reihen noch eine weitere, die des Phyll. tortisulcatum hinzu. Durch die Aufstellung derartiger Reihen ist bis jetzt im wesent- lichsten nur die verwandtschaftliche Kenntnis der Phylloceraten aus dem mittleren und oberen Jura gefördert worden, die des Lias sind trotz ihrer nicht geringen Zahl — ich zähle jetzt etwa 48 — 50 Arten aus dem mediterranen und mitteleuropäischen Lias — noch wenig gesichtet; namentlich existieren über die Zugehörigkeit mancher Arten mit phyllocerater Lobenlinie zu Phylloceras geteilte Ansichten. Zittel' stellte für eine Reihe weitgenabelter Formen mit einer geringen Anzahl von Loben die Gattung Phacophyllites auf und fasste hier zusammen die Arten: Ammonites neojurensis Quenst., dehilis ^ E. Haug, x^ote sur le peristome du Phylloceras mediterraneum. Bull, d. 1. soc. geol. d. I. Fr. III. 18. p. 328. Taf. IV. ^ Neuiuayr, Phylloceraten des Dogger und Malm. Jahrb. d. k. k. geol. Keichsaustalt. 1871. p. 308 ff. ^ Geyer, Liasische Cephalopoden des Hierlatz. Abb. d. k. k. geol. Reichs- anstalt. 1886. p. 216, 217. * K. A. von Zittel, Handbuch der Palaeontologie I. 2. p. 437, 438. ^ Futterer, Ammoniten des mittleren Lias von Östringen. Mitt. d. Bad. Geol. Landesanstalt. 1891. p. 295—309. ^ Fontannes, Description des Ammonites des calcaires du chäteau Crussol. 1879. p. 6. ' K. A. von Zittel, 1. c. p. 439. — 158 — Hau., occuUus Mojs. [Trias], Stella Sow., planispira Reynös, Nardii Menegh. , transsylvanicus Herb., Mimatensis d'Orb. , eximiiis Hau. [Lias], tortisulcat US d'Orb. [Malm]. Neuerdings hat nun Geyer ^ diese Formen einer Revision unterzogen und ist zu dem Schlüsse gekom- men , dass Bhacophyllites wesenthch nur liasische Formen umfasst, welche ausgezeichnet sind: 1) durch eine „abgeänderte Wohnkam- mer", 2) durch die Anordnung der Hilfsloben, welche in Form eines Suspensivlobus herabhängen sollen , 3) durch breitere , weniger zer- schlitzte Sattelstämme und durch die gerundet kegelförmigen End- blätter der Sättel , namentlich des ersten Seitensattels. Von allen diesen Merkmalen scheint das prägnanteste wohl die Andeutung eines Suspensivlobus zu sein; denn die „abgeänderte Wohnkammer", welche sich durch besonders deutliche Skulptur kennzeichnen soll, ist nicht immer als abgeändert zu beobachten. Bei Bhacoph. Stella Sow. sp, ist die Wohnkammer ebenso glatt, wie die vorhergehenden Win- dungen; bei Formen wie Bhacoph. Mimatensis d'Orr. sp., lariensis Menegh. sp. und eximius v. Hau. sp. ist die Ausbildung von Rippen und Kiel nicht auf die Wohnkammer allein beschränkt, sondern findet sich auch auf den vorhergehenden Windungsteilen. Die besondere Form der Sattelblätter, als deren Typus Geyer die Lobenzeichnung des Bhacoph. diopsis Gemm. sp. aufstellt, scheint auch nicht immer zu beobachten zu sein, wenigstens ist dieselbe weder bei den Zeich- nungen Meneghini's (in der Paleontologie Lombarde) , noch bei den Lobenzeichnungen in Geyer's citierter Abhandlung so weit von der Form der Sattelblätter echter Phylloceraten verschieden , dass man darin ein bestimmtes Unterscheidungsmerkmal erkennen könnte. Die im Jura Schwabens vorkommenden Phylloceraten sind auf die einzelnen „ Formenreihen " zu verteilen, wie es folgende Über- sicht zeigt: I. Formenreihe des Phyll. Los comb i Sow. sp. (Futterer). Phyll. numismale Quenst. sp. „ Elteni n. sp. „ Wechsler i Opp. sp. „ paucicostatum n. sp. „ sp. {Amm. ihex-heterophyllus Quenst.) „ ihex Quenst. sp. Sämtliche Arten gehören dem mittleren Lias an. ' Geyer, 1. c. p. 22:3. — 159 - IL Formenreihe des Phyll. heterophyllum Sovf. sp. (Neumayr). Phyll. heteropliylliim Sow. sp. Ob. Lias. „ cf. isotypum Ben. Unt. Malm. ? „ Zetes d'Orb. sp. Mittl. Lias. in. Formenreihe des Phyll. Capitanei Cxr. sp. (Neumayr). Phyll. supraliasicum n. sp. Ob. Lias. „ bajociense n. sp. ünt. Dogger. „ disputabile Zitt. MittL Dogger. „ sp. Unt. Malm. IV. Formenreihe des Phyll. Partschi Stvr (Geyer, Zittel). Phyll. esulcatum Quenst. sp. Ob. Dogger. "V. Formenreihe des Phyll. ultramontanum Zitt. (Neumayr). Phyll. Friderici Äugusti n. sp. Ob. Dogger. „ sp. cf. mediterraneum Neüm. Unt. Malm. YI. Formenreihe des Phyll. tortisulcatum d'Orb, sp. ?Phyll. tortisulcoides Quenst. sp. Mittl. Lias. „ antecedens n. sp. Ob. Dogger. ? ,, ovale n. sp. Ob. Dogger. „ transiens n. sp. Ob. Dogger. ,, suhtortisulcatum n. sp. Ob. Dogger. „ protortisulcatum n. sp. Unt. Malm. Von nicht näher zu bestimmender Stellung ist der Ammonites heterophyllus albus ö Quenst. Die Reihe des Phylloceras tatricum Püsch sp. fehlt im Jura Württembergs. Wie bereits gesagt, werden diese Formenreihen unterschieden, nach den Skulpturverhältnissen, nach dem Auftreten von Einschnü- rungen und Wülsten und nach den Verhältnissen der Lobenlinien. Neumayr betont am Schlüsse seiner Arbeit über die Phylloceraten des Dogger und Malm \ dass es wesentlich nur die Lobenlinie ist, welche sich in den einzelnen Reihen in bestimmtem Sinne verändert und namentlich in der Sattelbildung immer mehr kompliziert (d. h. beim Heraufsteigen von den älteren zu den jüngeren Formen), und dass bei jeder Art die Abänderungen der nächst jüngeren Art bereits in Rudimenten vorhanden sind. Zu vollständigerem Studium lagen mir nur die Reihen des Phyll. numismale und tortisulcatum vor. * Neumayr, 1. c. p. 347. — 160 — Die letztere Beobachtung Neümayr's kann ich hiernach vollkommen bestätigen. Gegen die erstere erhebt die Reihe des JPhyll. torti- siäcatum Widerspruch, indem hier von der ältesten direkt hergehören- den Form, Fhyll. antecedens, zu den jüngeren eine stete Abnahme in der Komplikation der Lobenlinie vorliegt: es erreicht die jüngere Form nicht mehr den geschlitzteren Lobenbau der nächstälteren. Man kann die Formenreihe des Fhyll. tortisulcatum also als eine rückschreitende bezeichnen. Für die Skulpturverhältnisse ist kaum eine Gesetzmässigkeit zu konstatieren, ebensowenig im allgemeinen für die Nabelweiten der einzelnen Formen. Sind z. B. auch im Lias Schwabens die Arten des mittleren Lias weitnabeliger als die des oberen Lias, so kommt dieses kaum in Betracht, da die Entwicke- lung des Phyll. heterophyllum aus einem Gliede der Reihe des Phyll. numismale z. B. ausgeschlossen zu sein scheint. Als gesetzmässig erscheint in der Reihe der schwäbischen Glieder der Formenreihe des Fhyll. tortisulcatum ein stetes Weiterwerden des Nabels von der ältesten Form zu der jüngeren. In bezug auf die Abstammung der Phylloceraten dürfte ein sicheres Urteil zu fällen heute wohl noch schwer sein. Jedes Fhyllo- ceras ist in seinen innersten Umgängen weitnabelig und verhältnis- mässig breit- und niedermündig. Erwachsene Formen dieser Aus- bildung mit einer vollkommen der der jurassischen Phylloceraten gleichenden Lobenlinie finden wir in der alpinen Trias, in der nori- schen und karnischen Stufe, so das PJiyll. neojurense Quenst. sp., dehile v. Hau. sp., occuUum Müjs., invalidum Mojs. , pumilum Mojs. In diesen Formen sind wohl die ältesten Vertreter von Fhylloceras zu sehen ^. Wie resp. ob diese Arten von den engnabeligen Mega- phylliten abzuleiten sind^, welche sich allerdings auch durch ge- rundete Sattelblätter auszeichnen, dürfte wohl erst durch eingehende Studien zu erläutern sein. Futterer will die Reihe des Fhyll. Loscomht Sow. sp. von Monophyllites ableiten, indem er namentlich auch die Skulptur jener mittelliasischen Arten als eine modifizierte der Monophylliten ansieht. Bei Untersuchung der Entwickelung z. B. von Fhyll. numismale und ibex konnte ich kaum ein Moment entdecken , welches ausser ^ K. A. von Zittel stellt diese Arten zu Rhacophyllites, aber die Form der Lobenlinie erinnert so durchaus an die der echten jurassischen Phylloceraten (vergl. die Lobenlinie von Amm. neojurensis Quenst. mit der des Phyll. hetero- phyllum Sow.), dass dieselben wohl sicher zu Phylloceras zu stellen sind. - K. A. von Zittel, Handbuch L 2. p. 437. — lei- der Weitnabelung für eine Ableitung von Monophyllites spräche; namentlich war auch in betreff der Lobenlinie kein Anklang an die typische Form des löffelartigen Endblattes der Sättel zu finden. Die vertikale Verbreitung der Gattung Phylloceras im Jura Schv^rabens ist die folgende : I. Lias. Zone des Aegoceras Jamesoni: Phyll. numismale Qüenst. sp. ? „ EUeni n, sp. Zone des Phylloceras ibex: Phyll. Wechsler i Opp. sp. ^ paucicostatum n. sp. „ sp. {Amm. ihex-heterophylliis Qüenst.) „ ibex Qüenst. sp. Zone des Amalthens margaritatus : Phyll. Zetes d'Orb, sp. „ tortisiilcoides Qüenst. sp. Zone der Posidonomya Bromii: Phyll. heterophyllum Sow. sp. Zone des Lytoceras jurense: Phyll. supraliasicuni n. sp. II. Dogger. Zone der Trigonia navis: Phyll. bajociense n. sp. Zone der Parkinsonia Parkinsoni (oder des Macrocephalites macrocephalus?) : Phyll. disputabile Zitt. Zone der ReinecJcia anceps und des Peltoceras athleta: Phyll. esulcatum Qüenst. sp. „ antecedens n. sp. Q \ „ transiens n. sp. „ subtortisulcatum n. sp. „ ovale n. sp. „ Friderici Augusti n. sp. m. Malm. [ Zone di^Q Peltoceras transversarium (Impressathon) : a { Phyll. sp. cf. mediterraneum Neüm. protortisulcatum n. sp. .Tahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. 11 ß — 162 — Zone des PeUoceras himammatum : Fhyll. protortisulcatmn. „ cf. isotypum Ben. sp. Zone der Heineclda Eudoxus: Phylloceras sp. Diese Verteilung der Phylloceraten auf die einzelnen Zonen unseres Jura lässt erkennen , dass uns hier keine lückenlose Ent- wickelung der Gattung vorliegt. Nur zweimal, im mittleren Lias und dann beim Übergange vom Dogger zum Malm , können wir Reihen von Formen konstatieren , welche im nächsten verwandt- schaftlichen Zusammenhange stehen ; es sind einmal die Formen von Phyll. numismale bis ibex im Lias, und dann Phyll. antecedens, transiens, suhtortisulcatum , protortisulcatum und wohl auch ovale in den obersten Zonen des Dogger und denen des unteren Malm. Das Auftreten z. T. mit grossen Zwischenräumen in der Folge der Zonen, z. T. ohne verwandtschaftlichen Zusammenhang mit den älteren oder jüngeren Formen, weist darauf hin, was schon für Psiloceras und Schhtheiniia nachzuweisen war ^, dass die Entwicke- lung von Phylloceraten im schwäbischen Jurameere keine autochthone sein kann, dass wir vielmehr auch hier Einwanderungen aus dem mediterranen Jurameere, der Heimat der Phylloceraten, vor uns haben". Formenreihe des Phylloceras Loscombi Sow. sp. (Futterer). Der Steinkern der innersten Windungen zeigt eine Anzahl von Einschnürungen, welche in schwach sichelförmigen Bogen über die Flanken zur Aussenseite verlaufen. Hier stossen sie in nach vorn konvexem Bogen zusammen. Auch im erwachsenen Zustande sind die Arten dieser Reihe verhältnismässig weitnabelig. Charakteristisch ist für die hergehörenden Arten die Neigung zu stärkerer Skulptur- bildung. Bei Phyll. Loscombi und numismale besteht die Skulptur aus dichtstehenden nicht gerade sehr kräftigen Rippen, bei Phyll. Wechsleri treten dieselben stärker hervor, bei Phyll. ibex schwellen sie auf der Aussenseite zu dicken breiten Knoten an. Die Loben- linie ist weniger tief geschUtzt, als die der jüngeren Phylloceraten, die Sattelstämme sind breiter. Der erste Seitensattel endii^ zwei- ' cf. diese Jahreshefte p. XLII— LIV. * cf. Neumayr, Über unvermittelt auftretende Cephalopodentypen im Jura Mitteleuropas. Jahrb. d. k. k. geol. Keichsanst. 1878. p. 58—60. — 163 — blätterig. Vier bis sechs Hilfsloben sind vorhanden, welche bei Phyll. Loscomhi, numismale und Wechsleri allmählich gegen den Nabel hin absinken , bei Phyll. ihex aufsteigen. Der Innenlobus ist zwei- spitzig; der erste Seitensattel der Innenseite endigt einblätterig. Der von Futterer versuchten Ableitung der hierher zustellenden Formen von den triadischen Monophylliten wurde bereits oben Er- wähnung gethan. Um der eigenartigen Skulptur willen wird die vor- liegende Formenreihe von einer Reihe von Palaeontologen zu Amal- tJieus gestellt^. Allerdings sind Anklänge an die Amaltheenskulptur vorhanden, aber das scheint mir auch das einzige Moment zu sein. Die Entwickelung der Lobenlinien von den ersten Stadien an, das Vorkommen resp. Fehlen von Einschnürungen auf den inneren Win- dungen schienen mir Thatsachen von grösserer Tragweite, als die Skulptur allein, und so habe ich die folgenden Arten zu Phyllo- ceras, nicht zu Amaltheus gestellt. Geyer spricht die Vermutung aus, dass Phyll. Loscomhi Sow. sp. zu Bhacophyllites gehören möge. Weder Phyll. Loscomhi noch seine schwäbischen Verwandten zeigen Merkmale, welche denen der Rhacophylliten entsprächen. Ausser den schwäbischen Formen : Phyll. numismale Qüenst. sp., „ EHeni n. sp., „ Wechsleri Oppel sp., „ 2)aucicostakim n. sp., „ ihex Quenst. sp., „ sp. {Ämm. ihex-heterophyllus Quenst.) gehören noch hierher: Phyll. Loscomhi Sow. sp., „ Loscomhi d'Orb. sp., welche beide vielleicht nicht ident sind, ferner : ^ Neuinayr (Über unvermittelt auftretende Cephalopodentypen etc. p. 58) nennt „normale" Exemplare des Anim. Loscomhi Sow. Amaltheen mit allerdings elliptisch gerundeten Sattelblättern. „Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die kleinen mit Einschnürungen echte Phylloceraten sind." Ich halte diese „kleinen mit Einschnürungen" aus unten dargelegten Gründen für innere Windungen. Auch Dr. Wähner (Neues Jahrb. f. Min. 1892. II. p. 154 und nach freundlicher ■brieflicher Mitteilung) hält Amm. Loscomhi Sow. für einen Amaltheen auf Grund ■einer Form des französischen Lias, welche ein Mittelglied zwischen Amm. Los- comhi und Amaltheus margaritatus bilden soll. Ob man, wie hier geschehen, der Skulptur allein eine solche Bedeutung beilegen darf, erscheint nach meinem Dafürhalten nicht so ganz berechtigt. 11* — 164 — PJujll. Loscomhi Wright (Lias Ammonites Taf. XXXIX Fig. 1). „ dolosum MenectH. Phylloceras numismale Qüenst. sp. — Taf. IV Fig. 4 — 7. 1846 Ammonites Jieterophyllus numismalis Qüenstedt, Cephalopoden p. 100. Taf. VI Fig. 4a, b, 5a, b. .1858 „ „ „ „ Jwra p. 119. Taf. XIV Fig. 8. 1885 V r, „ „ Ammonitenp.291.Tf.37 Fig. 8—11. 1885 Heterophyllenbrut Qüenstedt, ibidem p. 295. Taf. 37 Fig. 21. 1854 Ammonites heteroj)hy litis numismalis Oppel, Mittl. Lias p. 86. Taf. II Fig. 9. 1856 „ Loscomhi Oppel, Juraformation § 25 Nr. 23. 1871 „ „ Brauns, Der untere Jura p. 230. 1891 Phylloceras „ Fütterer, Die Ammoniten d. mittl. Lias v. Östringen. Mitt. d. Bad. Geol. Landesanstalt II. p. 302. Taf. VIII Fig. 5—8. Seit Oppel wird das Phyll. Loscomhi Sow.^ und d'Orb. ^ stets mit Quenstedt's Ämm. hderophyllus numismalis vereinigt. Gegen diese Vereinigung sprechen nach meinem Dafürhalten so erhebliche Verschiedenheiten in bezug auf die Grössenverhältnisse und die Aus- bildung der Lobenlinien, dass ich Ämm. heterophyllus numismalis Qüenst. unter dem Namen Phyll. numismale von Phyll. Loscomhi Sow. sp. trenne.] In der nachstehenden Tabelle habe ich die Masse einer Reihe schwäbischer Exemplare der vorliegenden Art den Massen von Abbildungen und Exemplaren des Phyll. Loscomhi, soweit die- selben mir zur Verfügung standen, gegenübergestellt: I. Phyll. numismale Qdenst. sp. Dm. Nw. Wh. Wd. Involu- mm mm mm mm bilität 7s 1. 2. 3. Qu. Amm. Taf. 37 Fig. 8 . , . 37 „ 9 . . . 37 „ 10 76,3 = 1 13,5 = 0,17 36,8 = 0,48 60,3 — 46,5 21,4 = 0,28 37,6 32 4. „ . . 37 , 11 75 =1 14 =0,18 38 =0,50 20,5 = 0,28 5. 6. 7. Sondelfingen .... Hechingen Hinterweiler .... 34 =1 86 =1 5,7 = 0,17 19 =0,55 — 54 16 =0,18 45 =0,52 10 =0,29 35 24 =0,28 8. y> .... 78,4 = 1 14,2 = 0,18 39 =0,50 21,5 = 0,27 9, n .... — — 60 39,6 1 Sowerby, Mineral Conchology Taf. CLXXXIIL '^ d'Orbigny, Pal. fran?. Terr. jur. 1. Taf. LXXV. Die englischen Exem- plare des Fhyll. Loscomhi scheinen, soweit nach dem geringen mir vorliegenden Materiale zu urteilen ist, Neigung zu etwas stärkerer Schalenskulptur zu zeigen als die französischen. — 165 — II. Phyll. Loscombi Sow. sp. Dm. Nw. Wh. Wd. Involu- mm mm mm mm bilität 1. Lyme regis .... 65 == 1 9 = 0,14 34 = 0,52 15 = 0,23 ^1* 2. „„.... — — 31 13 — 3. Sables bei Bayeux . . 67 = 1 8 = 0,12 37 = 0,55 17,6 = 0,26 */5 4. Sow.Taf.CLXXXIIIca. 76 = 1 9 =0,12 — — — 5. d'Orbiüny Taf. LXXV Fig. 2 91,8 = 112 = 0,13 50 = 0,54 22 = 0,24 ^i 6. Wright , Lias Amm. Taf. XL Fig. 4, 5 » 149 = 1 22 =0,14 77 =0,52 35 =0,23 ^4 Diese Zusammenstellung ergiebt, dass das Fhyll. Loscombi Sow. sp. engnabeliger , schlanker und involuter ist, als das Phyll. numismale Quenst. sp. Weitere Unterschiede liegen in der Aus- bildung der Lobenlinien. Zur Beurteilung der Lobenlinie des Phyll. Loscombi liegen mir allerdings ausser der citierten Abbildung bei d'OrbictNY und deren Kopie bei Wright nur die eines nicht beson- ders gut erhaltenen Exemplares von Lyme regis und eines zweiten von Sables bei Bayeux^ vor. Übereinstimmend sind hier nur vier Hilfsloben vorhanden, während man bei Phyll. numismale an erwach- senen Stücken stets — soweit es eben der Erhaltungszustand erlaubt — sechs Hilfsloben bis zur Naht zählen kann. Das Mediansättel- chen des Aussenlobus ist bei Phyll. numismale (cf. Qüenstedt's Fig. 10 auf Taf. 37 der Ammoniten) stets viel einfacher, weniger geschlitzt und niedriger als bei Phyll. Loscombi; ferner sind die Sattelblätter, besonders die des fünf blätterigen Aussensattels bei un- serer Form breiter als bei Sowerby's Art ^. Die Verhältnisse des letzten Umganges sind durch die oben- stehende Tabelle bereits klargelegt worden. Die grösste Dicke der Windungen Hegt in ungefähr Vs der Windungshöhe, von wo aus die Flanken sehr stark nach der Aussenseite konvergieren, viel stärker 1 Wright 's Text 1. c. p. 419 giebt etwas andere Masse als die Abbildung: Dm. 140 mm = 1 Nw. 20 mm = 0,14 Wh. 75 mm = 0,53 Wd. 33 mm = 0,23. ^ Dieses Exemplar zeigt eine geringe, aber doch deutlich erkennbare Ver- schiebung des Sipho nach der Seite und im Zusammenhange damit Asymmetrie der Lobenlinie; es ist das der meines Wissens erste beobachtete Fall dieser Art bei PhyUoceras. ^ Bei Qüenstedt's Fig. 8 auf Taf. 37 der Ammoniten ist der Aussen- sattel scheinbar sechsblätterig, aber nur scheinbar; denn der dritte Zweig des Aussenlobus ist weiter als gewöhnlich nach vorne gerückt, und das ihn von dem mittleren Zweige trennende Blatt ist grösser geworden, so dass es scheinbar zu den Blättern des Aussensattels zählt. Durch ähnliche Verhältnisse erscheint der erste Seitensattel achtblätterig (normal sind sechs Blätter). — 166 — als bei Fhyll. Loscombi. Die Skulptur der erwachsenen Exemplare ist die des Phyll. Loscomhi, aus dicht stehenden, doppelt gebogenen feineren oder gröberen Rippen bestehend, welche die Aussenseite in mehr oder weniger kräftiger Ausbildung in stark nach vorne ge- wendetem Bogen überschreiten. Die Entwickelung der Art von ihren innersten Windungen an ist nicht mit absoluter Sicherheit festzustellen, da bei dem Erhaltungs- zustande der Stücke — sie sind zum grössten Teil in kleinkrystal- linen Schwefelkies verwandelt — ein Zurückgehen auf die Anfangs- windungen nicht gelang. Man findet nun im mittleren Lias eine ausserordentlich grosse Anzahl kleiner Ammoniten mit phyllocerater Lobenlinie ohne Wohnkammer, von welchen ein Teil mit Sicherheit zu Phyll. ibex Quenst. sp. zu stellen ist, während die anderen zum Teil Jugendformen von Phyll. numismale oder auch Wechsleri sind, zum Teil vielleicht — was ich nicht zu entscheiden wage — eigene Formen repräsentieren. Nach der Analogie mit den von d'Orbigny 1. c. zu Phyll. Loscomhi als Jugendformen gestellten Stücken und nach Fütterer's Beschreibung junger Exemplare seines Phyll. Los- comhi von Ostringen, welches wohl ohne Zweifel unser Phyll. nu- mismale ist, resp. auch nach Analogie mit den Jugendexemplaren des Phyll. ibex^ stelle ich zu unserer Art diejenigen Stücke als Jugend- formen, welche bis zu einem Durchmesser von etwa 20 mm eine Anzahl kräftiger, sichelförmig gebogener Einschnürungen auf den entschalten Windungen tragen. Ein kleines Stück von Ofterdingen liess folgendes beobachten : Bei 1 mm Durchmesser (etwa 1 V2 Ußi" gänge nach der Anfangskammer) trug die letzte Windung 4 über die Flanken und die Aussenseite in ungefähr radialer Richtung ver- laufende Einschnürungen ; Wh : Wd = 0,4 mm : 0,5 mm. Die sehr einfache, wellig verlaufende Lobenlinie zeigt hier bereits zwei Hilfs- loben bis zur Naht, und auf der Innenseite neben dem zweispitzigen Innenlobus je einen kleinen Hilfslohns ; die Sättel sind ungeschlizt. Bei 4 mm Durchmesser zähle ich sieben Einschnürungen auf der letzten Windung, welche auf der Aussenseite einen flachen, nach vorne gewölbten Bogen bilden; Wh: Wd = 1,8 mm : 1,8 mm; auf den Flanken und auf der Innenseite sind je zwei Hilfsloben vor- handen ; die Sättel zeigen eben die ersten Anfänge der Schlitzung. Bei 7 mm Durchmesser sind neun Einschnürungen auf dem letzten Umgange vorhanden, welche schwach nach vorwärts gebogen die Flanken und die Aussenseite überschreiten; Wh : Wd = 3,1 : 2,5 mm, die Höhe übertrifft also bereits die Breite. Der Aussensattel ist 167 — Fig. 1. jfhyll. niimismale n. sp., Hinterweiler. 1. Lobenlinie bei 4,5 mm Wh.» 2. . „11 „ schon in drei Blätter geteilt, die anderen Sättel bereiten die Schlitzung vor; bis zur Naht sind drei Hilfsloben, auf der Innenseite zwei vor- handen. Bei etv7a 10 mm Durchmesser treten auf den bis dahin glatten Windungen feine, den Einschnürungen parallele Sichellinien auf. Bei 12 mm Durchmesser trägt die letzte Windung zehn Ein- schnürungen ; Wh : Wd = 5,2 : 3,4 mm ; Aussensattel und zweiter Seitensattel sind dreiblätterig, der erste Seitensattel ist vier- blätterig, die übrigen Sättel ein- blätterig. Hilfsloben sind auf den Flanken vier, auf der Innen- seite »drei zu zählen. Bei 20 mm Durchmesser sind die Einschnü- rungen verschwunden (vergl. hierzu die Abbildungen auf Taf. IV Fig. 4—7), Die Windungen werden nun immer hochmün- diger; die bei den innersten Umgängen breit gerundete Aussenseite wird immer mehr zugeschärft ohne schneidend zu werden ; die Nabel- weite wird im Verhältnis zum Durchmesser immer geringer. Diese Verhältnisse schreiten fort bis zu einer Grösse von etwa 50 mm, alsdann wird der Nabel wieder weiter, indem die Windungen zu- gleich stark in die Breite wachsen, und zwar so viel, dass die ein- zelnen Windungen bis mehr als dreimal so breit sind als die vorher- gehenden, ein Verhältnis, welches bei Phyll. Loscomhi Sow. sp. nie erreicht wird. In bezug auf die Skulptur unterscheidet Fütterer ^ bei den Jugendformen seines Phyll. Loscomhi zwei Reihen, die eine mit zahl- reicheren feinen Rippen, welche zu Phyll. Wechsleri Opp. sp. hin- überführen soll, die zweite mit wenigeren, aber gröberen Rippen, welche den Übergang zu Phyll. ibex Quenst. sp. bilden soll. Die inneren Windungen, welche mir vorliegen, zeigen diese Unterschiede nicht so prägnant, wenigstens habe ich Stücke mit so wenigen Rippen, wie sie Futterer's Fig. 6 a 1. c. Taf. VIII zeigt, nicht zur Verfügung gehabt^. Die Stärke und Zahl der Rippen erwachsener Exemplare * Bei den Lobenzeichnungen bedeutet : A den Aussenlobus, N die Nahtlinie, I denlnnenlobusundMdieMediacebene desAimnoniteii bei asymmetrischer Lobenlinie. 2 Futterer 1. c. p. 304. ^ Ob übrigens Futter er 's Spekulation zutrifft, dass von Flujll. Loscomhi resp. numismale sich die beiden Formen des P/njll. V/cchsleri und ibex getrennt — 168 — schwankt etwas ; auf der Wohnkammer scheinen dieselben dichter zu stehen als auf dem gekammerten Teile des Tieres. — Die Länge der Wohnkammer ist nicht bekannt, doch dürfte sie nach einem Stücke von Hinterweiler mehr als einen halben Umgang betragen ; der Mundrand ist unbekannt ^. Fundort und Vorkommen: Phyll. numismale kommt ausser- ordenthch häufig bei Hinterweiler, Kirchheim und Sondelfingen in der Jamesoni-Zone des Lias y vor, geht aber wohl auch noch in das Ibex-Bett über. Phylloceras Elteni^ n. sp. — Taf. IV Fig. 3, 3a. Masse: Dm. Nw. Wh. Wd. * Kirchheim . 45 mm = 1 7,5 mm = 0,17 23,5 mm = 0,52 15,3 mm = 0,34 Hiuterweiler 78 „ = 1 15 „ := 0,19 36,5 „ = 0,47 22,5 „ = 0,28 Die Unterschiede zwischen der vorliegenden Art und Fhyll. numismale sind im wesentlichsten in der Form des Windungsquer- schnittes begründet: die dicken Windungen J^ nehmen vom Nabel, resp. von der hohen ge- rundeten Nabelkante nach der Aussenseite zu %ß 'i^VUl/'.^ wenig an Breite ab, die Aussenseite ist breit und stumpf. Die auf den Flanken — der vor- Fig. 2. phy^Eumi n. sp. liegenden Steinkerne — nur wenig sichtbaren Lobeniinie bei 21 mm Wh. Rippen sind an Zahl geringer und auch weni- ger stark sichelförmig gebogen als bei Fhyll. numismale. Auf der Aussenseite bilden die Rippen ziemlich kräf- tige Wülste. In bezug auf den Lobenbau erscheinen mir die Sättelstämme entwickelten, dürfte wohl fraglich erscheinen. Grössere Wahrscheinlichkeit hat meinen Beobachtungen nach die Entwickelungsreihe : Phyll. numismale, „ Wechsleri, y, sp. — Amm. ihex-heterophyllus Quenst., „ ihex für sich ; namentlich auch deshalb, weil gröbere Rippen bei Phyll. ihex sich erst relativ spät, bei ca. 20 mm Durchmesser und mehr, einstellen. ' Wright's Phyll. Loscomhi (Lias Ammonites Taf. XXXIX Fig. 1) zeigt einen in der Mitte der Flanken etwas nach vorne gezogenen Mundsaum mit da- hinter liegender, dem Saume parallel laufender Einschnürung. Das betr. Exem- plar zeigt eine von den mir bekannten Stücken des Phyll. Loscomhi Sow. durch- aus abweichende, sehr stark ausgeprägte Besetzung mit Rippen. '^ Ich benenne diese Art zu Ehren meines Freundes, des Herrn Dr. M. E Iten aus Dresden. — 169 — dünner und ausserdem die zweiblätterige Endigung des ersten Seiten- sattels deutlicher als bei Phyll. numismcde. Bis zur Naht sind vier Hilfsloben vorhanden, v^relche die Lobennormale ^ kaum überschreiten. Wright's Phyll. Loscombi Fig. 1 und 2 auf Taf. XXXIX der Lias Ammonites erscheint durch seine breite Aussenseite und die hier besonders kräftigen Rippen dem Phyll. Elteni verwandt. Wright's Abbildung zeigt aber eine grössere Anzahl von Rippen, welche ausser- dem neben stärkerer Vorwärtsbiegung auf dem äusseren Flankenteil auch in ihrem ganzen Verlauf deutlich sichtbar sind, was bei unserer Art nicht der Fall ist. Zahl der untersuchten Stücke: 2. Fundort und Vorkommen: Kirchheim und Hinterweiler im Lias y ohne nähere Angabe. ^ Phylloceras Wechsler i Opp. sp. 1846 Ammonites heterophyllus numismalis Qüenstedt, Cephalopoden p. 100. Taf. VI Fig. 5 c. 1858 „ „ „ , Jura p. 119. Taf. XIV Fig. 3. 1885 „ „ intracrustatus „ Aminoniten p. 293. Taf. 37 Fig. 12, 13 und p. 295. Taf. 37 Fig. 22. 1862 „ Wechsleri Oppel, Pal. Mitteilungen p. 135. Taf. XLIII Fig. 1. 1888 Amaltheus Wechsleri Lasne , Geologie du Dept. de l'Indre p. 72. No. 47. 1891 Phylloceras Wechsleri Fütterer, Die Ammoniten des mittleren Lias von Östringen. Bad. Geol. Landesanstalt II. p. 308. Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm Qu. Jura Taf. XIV Fig. 3 . 43 = 1 9 =0,21 20 = 0,46 9 = 0,21 Hinterweiler 56 = 1 11,4 = 0,20 28,5 = 0,50 13 = 0,23 Kirchheim 58 = 1 11,5 = 0,20 28 = 0,48 11,4 = 0,19 Phyll. Wechsleri ist weitnabeliger und flacher als Phyll. tm- mismale. Das Nabelband ist niedrig, aber steil; die Flanken sind sehr wenig gewölbt, im mittleren Teile erscheinen sie flach gedrückt. Die Aussenseite ist schärfer als bei Phyll. numismale. Die Win- dungen sind mit dichtstehenden sichelförmigen Rippen verziert, welche, am Nabel in Form sehr feiner Linien beginnend, nach aussen zu kräftiger werden ; die Aussenseite überschreiten sie in sehr stark nach vorne gerichtetem Bogen; die Rippen erscheinen hier wie kräftige nahe aneinderliegende Schuppen (cf. Qüenstedt Amm. Taf. 37 Fig. 13). Bei erhaltener Schale , welche hin und wieder in Form eines ^ Lohennormale nenne ich die Linie, welche den tiefsten Punkt des Aussen- lobus mit dem Mittelpunkt des Ammoniten verbindet. — 170 — glänzenden Kieshäutchens die Windungen bedeckt, erscheinen die Rippen weniger scharf; ausserdem kann man dann bei einzelnen Exemplaren auf dem äusseren Drittel der Schale sehr feine dicht- stehende Linien beobachten , welche von dem flachen Bande der Flanken ausgehend in stark rückläufiger Richtung der Aussenseite zustreben. Wright^ hat ähnlich feine Linien an seinem FJiyU, Los- comhi beobachtet. Wohnkammer und Mundrand unbekannt. Die Lobenlinie zeichnet sich gegenüber der von Fhyll. numismale durch schmalere Sättel und Sattelblätter und breitere Loben aus. Bis zur Naht sind stets nur vier Hilfsloben vorhanden, welche nur wenig unter die Lobennormale hinabgehen. Durch die flache Form des Windungsquerschnittes und die Neigung, stärkere Rippen zu differenzieren, scheint Fhyll. Wechsleri den Übergang von Fhyll. nunmmale zu Fhyll. ihex Qüenst. sp. zu vermitteln. Zahl der untersuchten Stücke: 16. Fundort und Vorkommen: Hinterweiler, Kirchheim, Sondel- fingen; nach Oppel in der Zone des Fhyll. ihex (ebenso auch nach Fütterer bei Ostringen). QüENSTEDT^, ^ und Bertsch^ erwähnen unter dem Namen „Amni. ibex-heterophyllus"^ eine „Zwischenform" zwischen Ämm. heterophyllus numismalis Quenst. und Ämm. ihex Qüenst. Die QuENSTEDi'sche Ab- bildung dieser Art aus dem ;,Jura" wird von Opprl mit Reserve als Synonym mit seinem Amm. Wechsleri genannt. Mir liegen die beiden vorhandenen Originale Quenstedt's vor; wegen der ausser- ordentlich kräftigen Rippen kann ich die beiden Stücke — Bruch- stücke — nicht für ident mit Phyll. Wechsleri erachten, kann aber anderseits nicht bei so geringem Material zur Begrenzung einer neuen Art schreiten, welche allerdings die Reihe von Fhyll. numis- male bis zu Fhyll. ihex zu einer fast lückenlosen machen würde. Fhylloceras paucicostatum n. sp. — Taf. IV Fig. 2. Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm Kirchheim . . . 97,5 = 1 15,5 = 0,16 50,5 = 0,52 23,8 =- 0,24 71 . . . 53 = 1 ca. 19 = 0,17 29 = 0,54 13 = 0,24 Taf. IV Fig. 2 . 77 = 1 12 = 0,15 42 = 0,54 — ^ Wright, Lias Ammonites p. 419. - Quenstedt, .Jura p. 119. Taf. XIV Fig. 2. ' Quenstedt, Ammouiten p. 294. Taf. 37 Fig. 14 u. 18. ■* Bartsch, Cephalopoden des Schwäbischen Lias y. 1878. p. 46. — 171 - Ein Phylloceras, welches etwas engnabeliger ist, als Phyll. Wechsleri Opp. sp. und etwas weniger flache Windungen als dieses hat; die Dickenzunahme der Windungen ist aber geringer als bei Phyll. numismale. Das Nabelband ist steil und ziemlich hoch. Von der Nabelkante bis etwa zur Mitte der Windungshöhe sind die Flanken sehr wenig gewölbt, von hier aus gehen sie allmählich zu der schmalen aber stumpfen Aussenseite über. Über die Flanken verlaufen Sichelrippen, welche etwa doppelt so weit und mehr von einander entfernt sind , als die des Phyll. Wechsleri Opp. sp. Die Rippen sind in der Nabelgegend schwach, auf dem zweiten und dritten Drittel der Flanken recht kräftig; auf der Aussenseite sind sie sehr wenig markiert, bei weitem nicht so scharf wie bei Phyll. Wechsleri, An einem mit feiner Kieshaut (Schale) versehenen Stücke von Kirchheim erscheint jede Rippe wie ein gebogener stumpfer Grat, welcher sich nach vorn und hinten allmählich abdacht, um mit den Abdachungen der folgenden und der vorhergehenden Rippe je eine nicht sehr tiefe stumpfwinkelige Furche zu bilden. Mehr oder weniger deutlich zeigt die verkieste feine Schalenschicht auch die bereits bei Phyll. Wechsleri Opp. sp. beobachteten rückläufigen Linien. Die Lobenlinie ist im allgemeinen die des Phyll. numismale mit etwas schmaleren Sattelblättern; eigentümlich ist es, dass die inneren Blätter des ersten Seitensattels ganz auffallend schmal sind. Bis zur Naht zähle ich 4 Hilfsloben, welche kaum zur Lobennormale hinabgehen. Zahl der untersuchten Stücke : 3. Fundort und Vorkommen: Kirchheim , im Lias y , ohne nähere Zonenangabe. Phylloceras ibex Quenst. sp. 1843 Ammonites ibex Quenstedt, Flözgebirge p. 179. 1846 „ , „ Cephalopoden p. 101. Taf. VI Fig. 6. 1856 „ „ , Jura p. 119. Taf. XIV Fig. 4, 5. 1885 , „ , Ammoniteu p. 293. Taf. 37 Fig. 15—17, 19, 20. 18441 ^ BoUayei d'Orbigny, Pal. frang. Terr. jur. I. p. 251. Taf. LXIX. 1845 „ „ BüCKMAN in Murchison, Geology of Cheltenham p. 89. Taf. XII Fig. 1. 1854 „ ihex Oppel, Mittl. Lias p. 87. Taf. II Fig. 7. 1855 „ ^ „ Juraformation p. 87. Nr. 24. 1 Ich eitlere hier das Jahr 1844 nach Oppel (Juraformation). Nach dem Titel zu d'Orbigny's Pal. fran^. wäre allerdings 1842 zu citieren und demnach der überall eingebürgerte Quenstedt'sche Artname ^ibex^ gegen den un- bekannteren d'Orbigny 'sehen „SoMayei^ zu vertauschen. — 172 — 1882 Ämaltheus ihex Wright, Lias Ammonites p. 395. Taf. XXXIX Fig. 4, 5. 1891 Phylloceras „ Fütterer, Ammoniten des mittleren Lias von Östringen. Bad. Geol. Landesanstalt IL p. 305. Taf. VIII Fig. 9, 10. Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm Hinterweiler 53 = 1 11 = 0,21 26 = 0,49 12,5 = 0,23 „ 52 = 1 11 = 0,21 26 = 0,49 13 = 0,24 58 = 1 11 ^ 0,19 28 ^ 0,48 12 ^ 0,20 32 = 1 9 = 0,28 14 = 0,43 7 = 0,21 QuENST. Taf. 37 Fig. 20 31 = 1 9 = 0,28 12,5 = 0,40 6 =0,19 HinterweUer 25 = 1 7 = 0,28 11 = 0,44 5,5 == 0,22 Die Windungen sind flach, fast rechteckig, mit breiter stumpfer Aussenseite. Über die Flanken verlaufen ziemlich weitläufig stehende Rippen (20 — 25 auf einem Umgange) , welche , zuerst nach vorne gerichtet, auf der zweiten Hälfte der Windungshöhe plötzlich sehr stark, fast unter einem Winkel von 90'', nach hinten umbiegen, um sich nahe der Aussenseite wieder energisch nach vorne zu wenden. Die Aussenseite überschreiten die Rippen in sehr starken, eckig her- vorragenden Wülsten ; auf den Flanken sind die Rippen breit und flach, und in der Nähe der Nabelgegend verschwinden sie fast. In der Mitte der Flanken erscheint zwischen je zwei Rippen eine flache muldenförmige Vertiefung. Wright^ und Qüenstedt^ machen auf eng- und weitnabeligere Exemplare aufmerksam. Obenstehende Tabelle der Masse lässt diesen Unterschied auch hervortreten, allein wahrscheinlich ist der- selbe nur in der verschiedenen Grösse der Individuen zu suchen ; ich habe kein grosses weitnabeliges und kein kleines engnabeliges Exemplar gefunden. Die kleineren , weitnabeligen und infolgedessen niedermündigeren Individuen zeigen stärkere und kräftiger geknickte Rippen als die grösseren engnabeligeren Individuen. Schale, Wohnkammer und Mundrand sind unbekannt. In bezug auf die Entwickelung der Art konnte ich folgendes beobachten : Die innersten Windungen sind niedrig, breit mit breiter, gerundeter Aussenseite. Bis zu einem Durchmesser von etwa 5 mm verlaufen einzelne Einschnürungen über die Windungen, ähnlich wie bei Phyll. mimismale und Loscombi. Darauf werden die Windungen hoch, sehr schmal, mit fast schneidender Aussenseite. Bei einem Durchmesser von 12 — 15 mm treten dann die doppelt geschwungenen » 1. c. Taf. XXXIX Fig. 4 u. 5. ^ Quenstedt, Ammoniten p. 294. — 173 — Sichelrippen auf, welche allmählich kräftiger werdend die oben be- schriebene Skulptur ergeben. Auf Grund der so charakteristischen Rippen wurde Fhyll. ihex von Neumayr ' und Wright zu Amaltheus gestellt , worin Zittel ^ und Steinmann ^ folgten. In der That hat die Ausbildung der Rippen zu wulstigen Knoten auf der Aussenseite in gewissem Sinne Ähnlichkeit mit dem „zopfförmigen" Kiele der Amaltheen. Vergleicht man aber die inneren Windungen eines Amaltheus mit denen des Amm. ibex^ so gelangt man bald zu der Überzeugung, I ■ H AT Fig. 3. 1. Phyll ihex Quenst. sp. Ofterdingen Lobenlinie bei i mm Wh. 1 a. . Lobenlinie bei 1,5 mm Wh. Ib. . Lobenlinie bei 2,7 mm Wh. 3. Fhyll. ihex Quenst. sp. Hinterweiler Lohenlinie bei ii mm Wh. 4. . Lobenlinie bei 19 mm Wh 2. Amaltheus margaritatus Montf. Lobenlinie bei 1,4 mm Wh. 2 a. . Lobenlinie bei 2,5 mm Wh. 2b. . Lobenlinie bei 3,4 mm Wh. dass beide durchaus verschieden sind. Ich habe kleine Exemplare des Amaltheus margaritatus fast bis zur Anfangskammer hin , Um- gang für Umgang, präpariert, und habe auch auf den innersten Win- dungen keine Spur von Einschnürungen gefunden, während solche bei Amm. ihex bis zu einem Durchmesser von 5 mm stets zu konstatieren waren. Ferner erscheint das Verhalten der Lobenlinien ^ Neumayr, Die Ammoniten der Kreide und die Systematik der Ammo- niten. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1875. p. 886. 2 Zittel, Handbuch I. 2. p. 451. ^ Steinmann und Döderlein, Elemente der Palaeontologie p. 415. — 174 — bei beiden Ammoniten als ein verschiedenes. Im erwachsenen Zustande ist ja der sehr grosse Aussensattel für die Amaltheen charakteristisch, während bei den Phylloceraten stets — wie auch bei Amm. ihex — der erste Seitensattel den Aussensattel an Grösse übertrifft. Vorstehend gebe ich die Lobenlinien des Amm. ibex in verschie- denen Wachstumsstadien wieder und stelle daneben drei Lobenlinien eines Amaltheus margaritatus in den ungefähr entsprechenden Alters- stufen. Naturgemäss muss, der Entwickelung der Lobenlinien ^ über- haupt entprechend, in den ersten Suturen auch der Aussensattel bei Amm. ihex ebenso wie bei Amaltheus margaritatus der grösste sein; aber während bei Amaltheus margaritatus dieses Verhältnis constant bleibt , wird bei Amm. ihex der erste Seitensattel sehr bald der grösste, resp. der höchste. Nach der Entwickelung der Lobenlinie und nach der Ausbildung derselben in erwachsenem Zustande halte ich es für ausgeschlossen Amm. ihex zu den Amaltheen zählen zu dürfen, sehe darin vielmehr ein Fhylloceras. Von Phyll. numismale und den verwandten Formen unter- scheidet sich die Lobenlinie des Phyll. ihex durch im allgemeinen noch schlankere und länger gestielte Sattelblätter. Bis zur Naht sind 4 Hilfsloben vorhanden , welche nicht unter die Lobennormale hinabreichen, sondern nach vorne hin etwas aufsteigen. Zahl der untersuchten Stücke: 34. Fundorte und Vorkommen: Hinterweiler, seltener Kirchheim und Sondelfingen in der nach ihm benannten Zone des Phyll. ihex (mittl. Lias y Qüenstedt). Formenreihe des Phylloceras heterophyllum Sow. sp. (Neum.) Engnabelige Formen mit feiner Radialstreifung auf der Schale. Rippenbildung tritt nicht auf, ebenso scheinen Einschnürungen voll- ständig zu fehlen. Bei einzelnen Formen treten teils auf der Wohn- kammer, teils auch bereits auf den Flanken des gekammerten Teiles breite Radialfalten auf. Die Loben sind stark geschlitzt; die Sattel- blätter sind gross, meist lang und dünn gestielt. Die Hauptsättel sind zweiteilig. Der erste Seitensattel der Innenseite ist einblätterig. Sechs bis sieben Hilfsloben treten auf. Nach Neumayr^ ist als Vor- ' cf. Branco, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der fossilen Cephalo- poden. Palaeontographica Bd. XXVI u. XXVII. - Neumayr, Zur Kenntnis der Fauna des unteren Lias in den Nord- alpen, p. 20. — 175 — läufer dieser Reihe vielleicht das Phyll. glaberrimum aus den Psilo- notenschichten des Zlambachgrabens zu betrachten. Zittel^ stellt auch Phyll. Zetes d'Orb. in die Reihe des Phyll. heterophyllum. Die ausserordentlich vielfache Spaltung der Sättel lässt es wohl frag- lich erscheinen, ob man Phyll. Zetes mit Sicherheit hier herstellen darf, während die Zweizahl der Sattelblätter und die Skulptur leb- hafte Anklänge an die jüngeren Arten der Reihe des Phyll. hetero- phyllum zeigen. Von schwäbischen Formen sind hierher zu stellen : Phyll. heterophyllum Sow. sp. „ Zetes d'Orb. sp. „ cf. isotypum. Ben. Phylloceras heterophyllum Sow. sp. 1843 Ammonites heterophyllus Quenstedt, Flözgebirge p. 259. 1846 „ „ Posidoniae Quenstedt, Cephalopoden p. 101. 1858 „ „ e Quenstedt, Jura p. 252. 1885 „ „ 6 , Aramomten p. 361. Taf. 45 Fig. 1—7. 1820 „ „ SowERBY, Mineral Conchology Taf. CCLXVI. 1825 Glohites „ Haan, Ammonit. et Goniatit. p. 148. 1829 Ammonites „ Phillips, Geology of Yorkshire Taf. XIII Fig. 2. 1844 , „ d'Orbigny, Pal. fran?. Terr. jur. I. p. 339. Taf. CIX. 1856 „ „ Oppel, Juraformation § 32 Nr. 39. 1871 Phylloceras heterophyllum Neumayr, Phylloceraten des Dogger und Malm p. 308. Taf. XII Fig. 1. 1874 Ammonites heterophyllus Du- MORTiER, Depots jurassiques IV. p. 104. 1883 Phylloceras heterophyllum Wright , Lias Ammonites p. 424. Taf. LXXVII Fig. 4. Taf. LXXVIII Fig. 1, 2. Abdrücke resp. flach- gedrückte Exemplare mit der charakteristischen Schalen- streifung kommen äusserst häufig in der Zone der Posi- donomya Bronni vor. Beistehend gebe ich die Kopie einer Loben- linie (nach Neumayr 1. c. Taf. XII Fig. 1) , um . den Unterschied im Lobenbau zwischen Phyll. Zetes d'Orb. sp. ^, Phyll. heterophyllum Fig. 4. PhyU. heterophyllum Sow. sp. — Lobenlinie vom Aussenlobus bis zum ersten Hilfslobus. > K. A. von Zittel, Handbuch I. 2. p. 437. ' cf. Quenstedt, Cephalopoden Taf. VI Fig. 1. — 176 — Sow. sp. und Phyll. supraliasicum n. sp. ^ (resp. der Reihe des Phyll. Capitanei Cat.) darzulegen. Den von Qüenstedt in den Ammoniten betonten Unterschied zweier Formen mit enger und weiter stehenden Schalenstreifen möchte ich nicht so scharf hervorheben; denn bis zu einem Durchmesser von 150 — 160 mm habe ich bei allen Exem- plaren ungefähr gleich weitstehende Schalenstreifung gefunden. Treten dann auf den folgenden Windungsteilen die von Wright und Qüen- stedt erwähnten breiten Falten auf, so gehen auch die Schalenstreifen etwas weiter auseinander. Diese breiten Falten sind charakteristisch für die Wohnkammer des Phyll. hcterophyllum und wahrscheinlich ist ebenso die breitere Schalenstreifung nur auf die Wohnkammer beschränkt, so dass diejenigen sehr grossen Abdrücke, welche dichter stehende Streifung tragen und denen die breiten Falten fehlen, noch nicht die Wohnkammer erhalten zeigen. Phylloceras Zetes d'Orb. sp. 1843 Ammonites heterophyllus Qüenstedt, Flözgebirge p. 208 pars. 1846 „ „ amalthei Qüenstedt, Cephalopoden p. 100. Taf. VI Fig. 1. 1858 „ j J {amalthei) , Jura p. 172. 1885 „ „ ö y, ^ Ammoniten p. 311. Taf. 40 Fig. 1. 1850 „ Zetes d'Orbigny, Prodrome d. Pal. I. p. 247. 1854 „ „ VON Hauer, Heterophyllen d. Österr. Alpen. Sitz.-Ber. d. W. Akad. Bd. XII p. 870. 1856 „ „ „ „ Über d. Cephalopoden a. d. Lias d. NO.-Alpen p. 56. Taf. XVIII Fig. 1. 1856 , „ Oppel, Jura § 25, No. 36. 1883 Phylloceras „ Wright, Lias Ammonites p. 422. Taf. LXXVII Fig. 1—3. 1886 , „ Geyer, Lias-Cephalopoden d. Hierjatz p. 222. Taf. I Fig. 15. Qüenstedt kann (in den Ammoniten p. 312) die von Oppel 1. c. betonten Unterschiede zwischen der Lobenlinie des Phyll. Zetes und den Loben der Phylloceraten aus den Schichten des oberen Lias nicht finden, und doch sind nicht nur weitgehende Unterschiede in bezug auf den Lobenbau, sondern auch in bezug auf die Wachstums- verhältnisse vorhanden, welche die Trennung des Phyll. Zetes von Phyll. heterophylliim aus den Posidonomyenschiefern und Phyll. supra- liasicum (aus der Reihe des Phyll. Capitanei Catt.) aus den Jurensis- Mergeln des oberen Lias bedingen. Phyll. Zetes ist etwas weitnabeliger als die jüngeren Lias- Phylloceraten, ausserdem ist der Windungsquerschnitt nicht elliptisch, ' cf. p. 181 Fig. 5. — 177 — wie bei den genannten beiden Arten, sondern die Flanken des vor- liegenden Fhylloceras sind seitlich zusammengedrückt, so dass die ganze Form flacher erscheint, die Windungsdicke ist bei Phyll. Zetes kleiner als ^j^ der Windungshöhe. Der wesentlichste, bereits 1854 von Häuer betonte Unterschied liegt in der Ausbildung- der Lobenlinie (vergl. die vorzügliche Zeich- nung bei Qüenstedt: Cephalopoden Taf. VI Fig. 1). Phyll. Zetes hat die dichtest und feinst geschlitzte Lobenlinie von sämtlichen Lias-Phylloceraten. Die Loben- und Sättelstämme sind sehr schmal. Die Sättel als Ganzes genommen , sind von fast rechteckiger Form. Aussensattel , erster und zweiter Seitensattel endigen nach vorn zu vierblätterig, während sie bei Phyll. heterophylluni zweiblätterig* und bei Phyll. supraliasicum zwei-, drei-, zweiblätterig endigen. Der zweite und dritte Hilfssattel endigen zwei-, die folgenden dreiblätterig. Bis zur Nahtlinie kann man 8 Hilfsloben zählen. Einschnürungen, wie sie Qüenstedt (Ceph. Taf. VI Fig. 1) zeichnet, kommen nicht vor. Scheinbare Einschnürungen entstehen dadurch, dass sich auf den Steinkernen die Lobenendigungen etwas vertiefen. Die Schale zeigt äusserst feine, dichtgestellte Sichelstreifen; Spiralstreifen wie bei Wright (1. c. Taf. LXXVII Fig. 1) konnte ich nicht konstatieren. Jugendformen des Phyll. Zetes habe ich nicht beobachten können. Nach dem kleinen von Geyer 1. c. abgebildeten Exemplare von 21 mm Durchmesser zu urteilen, scheinen die Formverhältnisse bei jugendlichen Exemplaren von denen erwachsener in nichts ver- schieden. Interessant wäre es gewesen , die Entwickelung der so ausserordentlich geschlitzten Lobenlinien zu untersuchen^, leider war das bei dem vorhandenen Material nicht auszuführen. Die von Canavari^ aus dem Lias von Spezia als Phyll. Zetes beschriebenen und abgebildeten kleinen Stücke scheinen mir nach der Nabelweite ^ cf. Neumayr, Phylloceraten des Dogger und Malm. Jahrb. d. k. k. geol. Eeichsanstalt 1871 p. 309. Taf. XII Fig. 1. 2 Meneghini (Monogr, des fossiles du calc. rouge ammonitique. App. Foss. du Medolo p. 30) bemerkt die tetraphyllische Zusammensetzung auch be- reits bei kleinen Exemplaren von 9—32 mm Durchmesser ; häufig sind die kleinen Sekundärloben, welche die Sattelblätter spalten, aber so schwach ausgebildet, dass hierdurch scheinbar diphyllische Sättel entstehen. ^ Canavari, Lias von Spezia. Palaeontographica Bd. XIX p. 144. Taf. XVI Fig. 6, 7. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. \o — 178 — und nach der gegebenen Lobenzeichnung nicht bestimmt mit Phyll. Zetes zu vereinigen zu sein. Qüenstedt's Original zu Taf. 40 Fig. 1 der Ammoniten zeigt folgende Masse: Dm. 150 mm = 1 Nw. 13,4 mm = 0,089 Wh. 87,3 mm = 0,58 Wd. 40 mm = 0,26 Involubilität = ^js.; es sind dieses Masse , wie sie auch von Hauer für Exemplare von Enzesfeld , Adneth etc. in den österreichischen Alpen gefunden sind. Einzelne Exemplare erreichen einen Durchmesser bis zu 300 mm. Phylloceras Zetes gehört in Schwaben der oberen Zone des Amdltheus margaritatus (mittlerer Lias d Qüenstedt's) an^. Fundorte: Breitenbach bei Betzingen, Starzel bei Hechingen, Wessingen, Stetten. Phylloceras cf. isotypum (Ben.) 1887 Ammonües heteropht/llus albus (ß) Quenstedt, Ammoniten p. 901. Taf. 97 Fig. 7. [1865 „ isotypus Benecke, Über Trias und Jura in den Südalpeu p. 184. Taf. VII Fig. 1, 2. 1871 Fhylloceras isotypum Neümayr, Phylloceraten des Dogger und Malm. p. 314. Taf. XIII Fig. 3.] Masse: Dm. 44 mm = 1 Nw. 2 mm = 0,05 Wh. 25,5 mm = 0,58 Wd. 17,5 mm = 0,40. Die vorliegende Art ist etwas engnabeliger und hat etwas weniger flache Flanken als Phyll. isotypum Ben. sp. Die Lobenlinie aber stimmt, soweit sie zu verfolgen ist, ziemlich genau mit der citierten Zeichnung bei Neumayr überein, namenthch in bezug auf den Aussen- und ersten Seitensattel. Der Aussensattel endigt in zwei je dreigespaltenen grossen Blättern ; der erste Seitensattel trägt 6 mehrfach geschlitzte Blätter, die beiden Endblätter sind lang ge- stielt, das äussere derselben ist vorne zweigeteilt, das innere drei- geteilt. Die nächsten Sättel scheinen zweiblätterig zu endigen. Die Sättel zeichnen sich durch schön gerundete Blätter aus. Bis zur Naht dürften 6 oder 7 Hilfsloben zu zählen sein. Der erste Seiten- 1 d'Orbigny hat in seinem Prodrome unsere Art in das Toarcien, anstatt ins Liasien gesetzt. Dumortier (Depots jur. III p. 79) giebt die untere Ab- teilung der „Zone ä Belemnites clavatus"' im Niveau des Amvi. Davoei als Lager an, welche der Oppel' sehen oberen Zone A&?, Amaltheus margaritatus ^wt'i^ric'h.t. Wright führt die englischen Exemplare aus dem höheren Horizont des Spinatus- Bed an. Hauer nennt die dunkelroten Kalke von Enzesfeld als Lager der Vor- kommnisse in den Nordost-Alpeu. — 179 — lobus ist sehr gross , namentlich ist der äussere und mittlere Ast desselben sehr tief geschlitzt. Die Skulptur besteht, soweit ersichtlich, aus deutlichen Sichel- linien, welche wohl nur auf dem äusseren Teile der Windungen auftreten. QuENSTEDT erwähnt an dem einzigen bekannten Exemplare flache Einschnürungen, welche den Lobonzügen folgen; es sind das keine Einschnürungen, wie sie bei den Reihen des Phyll. Capitanei, ultra- inontanum und tortisulcatum vorkommen, sondern Einsenkungen, welche die Lobenendigungen begleiten , wie dieselben etwas über- trieben bei Fhyll. Zetes d'Orb. sp. = Amm. heterophyllus amalthei von QuENSTEDT in den Cephalopoden Taf. VI Fig. 1 a abgebildet sind. Fundort und Vorkommen: Laufen , Zone des Peltoceras himammatum (Weisser Jura ß Qüenst.). PhyJl. isotypiim Ben. sp. gehört der Zone des Äspidoceras acanthi- cum in den Südalpen, Siebenbürgen und Galizien an, ist also jünger als unsere ihm sehr nahe stehende Form. Formenreihe des Phylloceras Capitanei Cat. sp. (Neum.). Diese namentlich im oberen Lias der Lombardei besonders häufig vertretene Formenreihe ist charakterisiert durch das Auftreten von Einschnürungen auf dem Steinkerne, welche schwach sichelförmig geschwungen die Flanken überschreiten und auf der Aussenseite in flachem Bogen zusammenstossen. Auf der Schale entsprechen den Einschnürungen niemals wieder Einschnürungen, sondern fast immer mehr oder weniger deutliche Wülste. Die innersten Windungen sind glatt, ohne Einschnürungen. Die Schale ist mit dichtstehenden, scharfen aber feinen, nach vorne geschwungenen Sichellinien verziert. Die Lobenlinie ist stark geschlitzt; der erste Seitensattel endigt un- paarig. In der Regel scheinen 7, seltener mehr, Hilfsloben vorhanden zu sein. Der erste Seitensattel der Innenseite endigt zweiblätterig. Aus dem Jura Schwabens gehören hierher: Phyll. suprdliasicum n. sp. „ hajociense n. sp. „ disputabile Zitt. und zwei nicht näher zu bestimmende Arten aus dem unteren Malm. Phylloceras supraliasicuni n. sp. — Taf. V Fig. 1, la. 1847 Ammonites heterophyllus jurensis Quenstedt, Cephalopoden p. 101. 1858 „ „ ; Quenstedt, Jura p. 283. 1885 „ „ jurensis Quenstedt, Ammoniten p. 313. Taf. 40 Fig. 2u. p. 401Taf. 5lFig. 1. 12* - 180 — Neümayr^ führt unter den Synonymen des Phyll. Nüssoni He- bert sp. ^ den Amm. heterophyllus jur ensis Qvejust. auf und fügt bei der Aufzählung den einzelnen Vorkommnissen hinzu „vielleicht auch in Schwaben". Der Vergleich der vorliegenden Art mit der Charak- teristik des Phyll. Nüssoni bei Meneghini^ und Vacek^ lehrt, dass das Phylloceras der Jurensis-Zone Schwabens nicht mit Phyll. Nüs- soni ident ist. Die Windungsverhältnisse sind andere als bei Phyll. Nilssoni, welches einen weiteren Nabel hat, als unsere Form ; Meneghini selbst nennt den Nabel „comparativement large". Der Windnngsquerschnitt ist bei Phyll. Nilssoni ein in der Aussenregion stumpfes Oval mit verhältnismässig breiter Aussenseite, während bei Phyll. supraliasi- cum die Aussenseite mehr zugeschärft erscheint. Zur Beleuchtung der Massverschiedenheiten setze ich die Grössenverhältnisse der grössten Exemplare des Phyll. Nilssoni von Meneghini und Vacek neben die der mir vorliegenden Stücke von Phyll. supraliasicum: Dm. Nw. Wh. Wd. mm mm mm mm Meneghini, Taf. XVm Fig. 8 . . 79=1 0,10^ 0,.ö7 0,33 VaCek, Taf 5 Fig. 1 163 = 1 11 = 0,067 90 --= 0,55 48 = 0,29 PhyJl. supraliasicum yonneMtliTägen 180 = 1 6 = 0,033 107 = 0,59 63 = 0,.S5 „ „ „ Heiningen — 4 89 — Das Original zu Taf. V Fig. 1 zeigt auf dem Steinkern der äussersten Windung 9 flache Einschnürungen, welche kaum gebogen sind. Auf dem vorderen Teil der Windung sind die Einschnürungen nur in der Nabelregion zu bemerken; am Anfange der Windung gehen sie noch über die Aussenseite , sie sind hier dann besonders flach und verbreitert (cf. Hebert 1. c. p. 526 Fig. 3). Den Einschnürungen des Steinkernes entsprechen, soweit der geringe vorhandene Schalenrest zu schliessen erlaubt, schwache Wülste auf der Schale. Hebert und VACEk geben für Phyll. Nilssoni ' Neumayr, Phylloceraten des Dogger und Malm. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1871. p. 330. ^ Hebert, Observations sur les calcaires ä Terehratula diphya et en parti- culier sur les fossiles des calcaires de la Porte-France. Bull. Soc. geol. de la France. Ser. II. Bd. XXIII. p. 526, 527. ^ Meneghini, Monographie des fossiles appartenant au calcaire rouge ammonitique de Lombardie p. 96. Taf. XVIII Fig. 7—10. * Vaßek, Fauna der Oolithe von Cap S. Vigilio. Abb. d. k. k. geol. Reichs- anstalt. 1886. p. 67. Taf. IV Fig. 1—7. * Die Messungen Meneghini' s an anderen Exemplaren seines Phyll. Nilssoni variieren in bezug auf die Nabehveite von 0,08 — 0,15 des Dm'chmessers. — 181 — 5 Einschnürungen auf jeder Windung an; letzterer sagt ausserdem, dass die Einsclinürungen bei einem Durchmesser von 120 mm ver- schwinden. Meneghini bildet Exemplare von Phyll. Nüssoni mit 7 — 9 ziemlich tiefen Einschnürungen ab. Die Schale ist mit feinen dicht gestellten Sichellinien verziert, welche durch entfernter stehende, kräftige Spirallinien, die sich in der Nabelregion häufen, gekreuzt werden. Durch engeren Nabel und schwächere Einschnürungen steht Fhi/ll. Capitanei Catullo sp. ^ unserer Art nahe ; der Windungsquer- schnitt ist aber ein anderer : er ist bei Bhyll. Capitanei seitlich etwas zusammengedrückt, wodurch die Aussen Seite relativ noch breiter erscheint, als bei Phyll. Nilssoni. Die Lobenlinie ist von der -des Phyll. Capitanei und Nilssoni kaum verschieden zu nennen, die Lobenstämme scheinen mir etwas enger als die jener beiden Arten. Bis zu dem kleinen Nahtlobus kann ich noch 8 Hilfsloben zäh- len , ebenso 8 innere Hilfsloben. Der Aussensattel endigt zweiblätterig, der erste Seitensattel drei- blätterig, der zweite Seitensattel, erster und zweiter Hilfssattel zwei-, die folgenden dreiblätterig. Phyll. supraliaslcmn, bis jetzt nur in 3 Exemplaren gefunden, gehört der Jurensis-Zone (Lias ^ Qüenstedt's) an. Fundorte: Heiningen, Reutlingen, Heselwangen. Phyll oc er as bajociense n. sp. — Taf. UI Fig. 4. 1886 Ämmonites heterophyllus apalini Q^xje^stedt, Ammoniten p. 455. Taf. 56 Fig. 10. Masse : Dm. 16,5 mm = 1 Nw. 2,3 mm — 0,14 Wh. 9 mm = 0,54 Wd. 6 mm == 0,37. Der Steinkern zeigt auf dem letzten Umgänge fünf Einschnü- rungen, welche — im ganzen nach vorne gerichtet — eine schwache sichelartige Biegung erleiden. Die nicht besonders tiefen Einschnü- rungen schwächen sich nach aussen zu ab , der vordere Rand der- selben ist steiler als der hintere. Den Einschnürungen der Stein- kerne entsprechen, soweit die erhaltenen Schalenreste zeigen, weder Einschnürungen noch Wülste auf der Schale. Die Schale ist mit Fig. B. FhyU. supraliasicum n. sp.' —Reutlingen. Lobenlinie bis zum I. Hitfslobns (nat. Gr.)- » cf. Meneghini 1. c. p. 94. Taf. XVIII Fig. 4—6. — 182 — undeutlichen Sichellinien verziert. Der Windungsquerschnitt ist ein flaches Oval mit der grössten Dicke in etwa der halben Windungshöhe. Nebenstehende Abbildung giebt die Lobenlinie bis zum dritten Hilfslobus wieder ; fünf Hilfsloben scheinen n ^ bis zur Naht vorhanden zu sein. h^ixfu Das einzige vorliegende Stück ist bis ^^"^^ zum Ende gekammert; die Wohnkammer fehlt. Flg. 6. Phyll. bajociense n. Sp. — ottenbach. Phyll. bajociense ist nahe verwandt mit Lobenlmie bei 9 mm Wh. r» ? -»t- • • -m n Phyll. Nilssoni Hebert sp. resp. mit Phyll. supraliasicum; von letzterem kenne ich innere Windungen leider nicht. Die inneren Windungen von Phyll. Nilssoni ^ sind etwas weitnabeliger als das vorliegende Stück, und dann lassen sie auf der Schale schwache Wülste erkennen. Fundort und Vorkommen: Ottenbach südlich vom Hohen- staufen aus den Muschelknollen der Bank mit Lucina plana, Zone der Trigonia navis (Br. Jura a Qüenst.). Phyllo Geras disputabile Zitt. — Taf. III Fig. 3. 1887 Ammonites heterophyllus Lautling ensis Qüenstedt, Ammonitenp.7o9. Taf. 86 Fig. 23. 1887 „ „ ceramicus , rbidem p. 616. Taf. 73 Fig. 9. „ „ Parkinsonii Fraas in coli. 1852 , tatricus Kudernatsch, Ammoniten von Swinitza. Abb. d. k. k. geol. Reichsanstalt Bd. I. p. 4. Taf. I Fig. 1—4. 1868 Phylloceras disputabile Zittel, Palaeont. Notizen über Lias-, Jura- und Kreideschichten i. d. Bayr. und Österr. Alpen. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt Bd. XV p. 606. 1871 , , Neumayr, Phylloceraten des Dogger und Malm. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt Bd. XXI p. 332. Taf. XIV Fig. 7. 1872 „ y. Gemmellaro, Cefalopodi della zona con Stephan. macrocephalum Schloth. sp. in ^Faune giuresi e liasiche della Sicilia" p. 13. Taf. I Fig. 2, 3. 1875 „ „ Waagen, Jurassi c fauna of Kutch (Cephalopoda) p. 35. Taf. VI Fig. 1-3. Masse: Dm. Nw. Wh. Wd. Taf. III Fig. 3 : 88 mm = 1 6,3 mm = 0,07 50 mm = 0,57 31,7 mm =^ 0,36 210 „= 1 10 , = 0,05 122 „ = 0,58 77,5 ., = 0,37 ' Vergl. Vaßek, Oolithe von Cap S. Vigilio p. 67. Taf. IV Fig. 3, 4, 5. — 183 — Bis etwa zu einer Windungshöhe von 80 mm kann man bei beschälten Exemplaren sichelartig nach vorne geschwungene Wülste (sechs auf jedem Umgänge) beobachten, welche auf der Aussenseite recht kräftig sind und gegen den Nabel hin verschwinden. Den Wülsten entsprechen auf dem Steinkerne Furchen ^ Die Lobenlinie konnte an keinem der vorliegenden Stücke in günstiger Weise freigelegt werden (vergl. hierüber Kudernatsch und Neümayr). Die Lobenzeichnung bei Quenstedt's Ämni. heterophißlus Lautlinyensis ist zum grossen Teile Phantasie des Zeichners und ausserdem falsch auf den Ammoniten gezeichnet. Die grösste Dicke liegt zwischen Vs und 72 ^^^ Windungs- höhe. Der Querschnitt ist flach eiförmig mit steilem Abfall zum Nabel. Qüenstedt's Fig. 23 auf Taf. 86 zeigt den Querschnitt in der Nabelgegend viel zu breit (es ist dieser Zeichenfehler durch einen ungünstigen Bruch des Stückes veranlasst). Wohnkammer unbekannt. An der Schale können folgende Skulpturverhältnisse beobachtet werden : Zu unterst liegt eine beinahe ganz glatte Schicht von mas- siger Dicke; derselben aufgelagert ist eine ungefähr gleich starke Schicht, welche scharfe Sichellinien — wie aufgelegte feine Fäden — trägt, in der Nabelgegend stehen dieselben sehr dicht und sind dort sehr schwach. Auf der Aussenseite sind sie stark und scharf, ihre Entfernung beträgt dort bei grossen Exemplaren bis zu 2 mm (wie bei Amm. heterophyllus ceramicus Qüenst.). Die folgende Schicht besteht aus einzelnen Lamellen, welche die Zwischenräume zwischen je zwei Sichellinien ausfüllen. Jede Lamelle greift etwas über die hintere Sichellinie hinüber und wird von dem vorderen Teile der folgenden Lamelle bedeckt. Bei kleineren Stücken sind die Lamellen fast ganz verschmolzen, bei grösseren hebt sich jede einzelne Lamelle deutlich ab (vergl. die bei Neumayr 1. c. gegebene Schilderung der Schalenstruktur des Fhyll. heterophylloides Opp. sp.). Über die La- mellen ist noch eine dünne vierte Schicht ausgebreitet, welche die Lamellen wie eine feine glatte Haut überzieht. Von der Lamellen- schicht wie von der äussersten Schalenlage sind nur einzelne Fetzen erhalten ; es scheinen diese Schichten sich sehr leicht abzulösen. Neumayr erwähnt bei Fhyll. disputahile, dass die Schale nur die feinen haarförmigen Sichellinien trägt; wahrscheinlich waren bei den ' Meneghini's Phyll. disputahile (Monographie des fossiles du calc. rouge ammonitique. Pal. Lombarde p. 98. Taf. XX Fig. 1) hat auch auf dem Steinkerne Wülste, gehört also nicht hierher. — 184 — von Neümayr untersuchten Exemplaren die äusseren Schichten der Schale zerstört, wie sie ja auch bei den mir vorliegenden zum grössten Teile fehlen. QüENSTEDT vergleicht (1. c. p. 759) die vorliegende Art mit Fhyll. heterophylloides Bayle ^ = Phyll. heterophylloides Opp. sp. ^ Letztere Art ist dicker mit breiterer Aussenseite als die vorliegende. Ferner soll nach Qüenstedt Fhyll. Kunthi Neum. ^ unserer Art nahe stehen. Phyll. Kunthi aus der Reihe des Phyll. heterophyllmn Sow. sp. ist eine viel schlankere Form ohne Einschnürungen und Wülste. Zahl der untersuchten Stücke: 4. Fundorte und Vorkommen: Rauspe bei Pfeffingen, Laufen, Lautlingen. Nach Qüenstedt gehört Amm. heterophyllus ceramiciis dem Br. Jura f, Amin, heterophyllus Lautling ensis dem Br. Jura C an. Beide Formen sind zweifellos ident und würden nach den Etiketten der im Stuttgarter Museum befindlichen, vom f Herrn Dekan Fraas gesammelten Exemplare {Amm. heterophyllus ParMnsonii Fraas) aus den Parkinsonschichten stammen ; nach Analogie mit dem Vor- kommen im mediterranen Jura würden sie der Zone des Macro- cephalites macrocephalus Schlote, sp. angehören. Ausserhalb Schwa- bens ist Phyll. disputahile im mediterranen, namentlich alpinen Jura sehr verbreitet. Zur Formenreihe des Phyll. Capitanei Cat. gehört wohl auch das von Qüenstedt in den Ammoniten p. 1056 beschriebene und auf Taf. 121 Fig. 1 abgebildete Bruchstück eines Phylloceras aus der Zone des Peltoceras bimammatum von Thalheim. Die leistenförmigen Sichellinien erinnern sehr an die mittlere Schalenschicht bei Phyll. disputahile Zittel. Ferner dürfte noch hierher, zur Reihe des Phyll. Capitanei, ein Bruchstück von etwa 80 mm Durchmesser mit sehr engem Nabel (0,05 des Dm.) gehören, welches einen ähnlich flachen Aussenlobus besitzt wie Phyll. Puschi Opp. sp.* Die Sättel sind sehr tief gespalten, mit sehr dünnen feinen Asten; der erste Seitensattel ist deutlich dreiblätterig; die Aste des ersten Seitenlobus sind sehr kräftig. Das Verhältnis der Dicke zur Höhe der vorhandenen Windung ist 23 : 45. Fundort: Laufen, Zone des Peltoceras bimammatum (weisser Jura (i Quenst.). [Samml. des Herrn Buchhändlers KocH-Stuttgart.] * Bayle, Explicatiou d. 1. carte geol. d. 1. France IV. Taf. XLU. 1. ^ Oppel, Die Juraformation § 53. No. 33. s Neumayr, 1. c. p. 312. Taf. XIII Fig. 1. ■* cf. Neumayr, Pliylloceraten des Dogger und Mahn. Taf. XV Fig. 2 c. — 185 - Formenreihe des Phylloceras ultramontanum Zitt. (Neum.). Auf dem Steinkerne treten Einschnürungen auf, welche vom Nabel aus etwa bis zur Mitte der Flanken nach vorne gerichtet sind und dann nach hinten umbiegen : die Schale trägt entsprechende Einschnürungen. Die Schale ist entweder glatt oder mit kurzen, groben, nur auf den äusseren Windungsteil beschränkten Streifen verziert. Die Loben sind weniger verästelt als bei den Gliedern der Reihe des PhyU. Capitanei Cat. ; die Sättel sind plumper und die Blätter derselben kurz gestielt. Der erste Seitensattel endigt zwei- oder dreiblätterig. Mehr als 6 Hilfsloben scheinen nicht aufzutreten. Der erste Seitensattel der Innenseite ist zweiblätterig. Nur durch zwei Arten ist diese Formenreihe im Jura Schwa- bens vertreten : PhyU. Friderici Augusti n. sp. „ sp. cf. mediterraneum Neum. Phylloceras Friderici Augusti'^ n. sp. — Taf. II Fig. 12, 13, 14, 14 a, 14 b. 1868 Ämmonites heterophyllus ornati Quenstedt, Jura p. 543. Taf. 71 Fig. 20, m „ tortisulcatus ornati „ Ammoniten p. 76 2. Taf. 8 Fig. 32, 33 (nicht Fig. 30, 31). Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm Taf. II Fig. 142 . 1.5,4 = 1 4 = 0,26 6,9 = 0,45 5,7 = 0,37 Taf. II Fig. 13 . . 23,6 = 1 4 = 0,17 12,5 = 0,53 8 = 0,37 Taf. II Fig. 12 . . 30,5 (verdrückt). Die relativ weitnabelige Form mit nicht sehr dicken, nach innen und aussen zu ungefähr gleichmässig gewölbten Windungen, zeigt auf jedem Umgange fünf Einschnürungen, welche auch bei beschälten Exemplaren als Furchen erscheinen. Die Furchen sind vom Nabel aus etwas nach vorne gerichtet, sie verlaufen bis etwas über die Mitte der Windungshöhe gerade und biegen dann in stumpfem Winkel nach hinten um; über die Aussenseite gehen sie in nach vorne offenem flachem Bogen. In der Nabelregion und auf der Aussenseite sind die Furchen am tiefsten, an der ümbiegungsstelle sind sie flacher und namenthch bei jüngeren Exemplaren ziemlich breit. Dadurch, dass die Furchen in der Nabelgegend besonders tief sind, erhält der Nabel einen ungefähr fünfseitigen ümriss. ' Ich benenne diese Art zu Ehren Friedr ich August von Queustedt's. - Original zu Quenstedt, Ammoniten Taf. 86 Fig. 32. — 186 — Die Schale zeigt sehr feine, den Einschnürungen etwa parallel- laufende dichtstehende Linien, welche über die ganzen Flanken ver- laufen ; die Steinkerne erscheinen fast vollkommen glatt. Die Lobenlinie ist wenig verzweigt und nicht sehr tief ge- schlitzt. Der erste Seitensattel endigt dreiblätterig, das innere, dritte Blatt ist klein. Bei 13 mm Wh. zähle ich noch 5 Hilfsloben, welche wenig unter die Lobennormale hinabreichen. Nebenstehend gebe ich die Lobenlinie des Originales von Taf. 11 Fig. 14 bei 6 mm Wh. wieder, sowie auch die äusseren Loben von Taf. II Fig. 12. Wohnkammerlänge und Mundrand sind unbekannt. QüENSTEDT stellte die in den Am- moniten beschriebenen kleineren Exem- plare in die Verwandtschaft des Fhyll. tortisulcatuni. Schon allein die Form der Einschnürungen , welchen die für Phyll. tortisulcatuni charakteristische doppelte Biegung fehlt, scheidet beide Formen von einander. Obwohl die Nabelweite dieser kleineren Stücke, wie aus den oben gegebenen Massen hervorgeht, relativ sehr gross erscheint, kann ich sie doch nur für innere Windungen derjenigen grösseren Exemplare halten, von denen Qüenstedt im Jura (1. c.) eines als Amm. heterophyllus ornati beschreibt. Ätmn. heterophyllus ornati Quenst. ist = Phyll. antecedens n. sp. (siehe S. 196), wenig- stens sind zu dieser Art zu stellen die in den Ammoniten Taf. 86 Fig. 24 — 27 abgebildeten Formen. Fhyll. Friderici Augusti ist von Phyll. antecedens auch durch den Verlauf der Furchen unterschieden; bei letzterer Art sind die Furchen erwachsener Exemplare nicht knieförmig zurückgebogen. Ferner sind die Loben bei Phyll. ante- cedens tiefer zerschnitten als bei der vorliegenden Art, und dann sind dort 7 Hilfsloben vorhanden, während wir bei Phyll. Friederici Augusti in der gleichen Grösse nur 5 zählen. Die nächsten Be- ziehungen hat PhyU. Friederici Augusti zu Phyll. mediterraneum Neüm. ^ Die Unterschiede zwischen beiden Arten liegen im fol- genden: Die Aussenseite des Phyll. mediterraneum ist breiter als 3-. Fig. 7. 1. Phyll. Friderici Augusti n. Sp. Jung- ingen. — Lobenlinie bei 6 mm Wh. (Taf. II Fig. 14). ,2. . Ursulaberg. — Lobenlinie bis zum zweiten Seitensattel (Taf. II Fig. 12). ' Neumayr, Phylloceraten des Dogger und Malm. Jahrb. d. k. k. geol, Reichsanstalt. 1871. p. 340. Taf. XVII Fig. 2—5. — 187 — die unserer Art. Ferner sagt Nedmayr 1. c. und in Übereinstimmung mit ihm E. Favre \ dass die Steinkerne kleiner Individuen von Fkyll. mediterraneum an der Umbiegungsstelle der Furchen einen kleinen nach vorne zungenförmigen Fortsatz der Furchen zeigen. Die mir vorliegenden Exemplare zeigten selbst bei nur 2 mm Wh. diesen Furchenfortsatz nicht. Das von Neümayr 1. c. Taf. XVII Fig. 2 abgebildete grössere Exemplar zeigt im äusseren Flankenteile eine schwache Biegung der Furchen nach vorne, diese Biegung fehlt bei Pliyll. Friderici Aiigusti ebenso w^ie bei den von Favre 1. c. Taf. 1 Fig. 9 — 11 abgebildeten Exemplaren von Phyll. mediterraneum, welche vielleicht eher mit der vorliegenden Art zu vereinigen wären, als mit Phyll. mediterraneum Neum. Phyll. mediterraneum Neüm. zeigt auf der Schale deutliche Rippen, welche von der Aussenseite bis etwa zur Mitte der Flanken reichen^; diese Rippen treten bei unserer Art nicht auf. Zahl der untersuchten Stücke: 10. Vorkommen: Phyll. Friderici Äugusti kommt in den Ornaten- thonen von Jungingen, Gammelshausen und am ürsulaberg bei Pful- lingen vor. Phylloceras sp. cf. mediterraneum Neümayr. — Taf. II Fig. 15. 1886 Ammonites tortisiilcatus impressae Quenstedt, Amraoniten p. 864. Taf. 93 Fig. 55, 56, 58. Masse: Dm. Nw. Wh. Wd. Taf. II Fig. 15 . . 14,5 = 1 4,4 = 0,30 6,3 = 0,43 4,3 = 0,29 Keichenbach . . . 16,2 = 1 — — — . . . 10,8 = 1 3,9 = 0,36 4,5 = 0,41 3,8 = 0,35 QüENSTEDT zählt die vorliegende Art zur Gruppe des Phyll, tortisiilcatum , und nach den Abbildungen Qüenstedt's dürfte dieser Schluss fast als gerechtfertigt erscheinen. Auf Taf. II Fig. 15 ist ein Original Qüenstedt's noch einmal wiedergegeben ; der Verlauf der Furchen beweist, dass wir es hier nicht mit einer Form aus dem Kreise des Phyll. tortisulcatum zu thun haben. Es liegen mir nur kleine Exemplare, ohne Wohnkammer, von ungünstigem Erhaltungszustande vor (sie sind mei.st rauh verkiest. • E. Favre, Description d. foss. d. terr. jur. d. 1. montagne de Voirons p. 20. =* E. Haug beschreibt im Bull. d. 1. soc. geol. d. 1. France Ser. III Bd. XVIII p. 328 — 333. Taf. IV ein Exemplar von Phyll. mediterraneum mit Mundsaum, welches auch auf dem Steinkerne deutliche, ziemlich grobe Rippen trägt, während die z. B. von Favre 1. c. beschriebenen Steinkerne glatt sind. — 188 — ohne Schale). Der Nabel ist relativ weit, die Windungen sind niedrig, niedriger als bei Phyll. Friderici Augusti in gleicher Grösse. Die knie- förmig gebogenen Einschnürungen zeigen bei den besser erhaltenen ■Stücken einen kleinen flachen Zungenfortsatz an der Umbiegungs- stelle. Die Involubilität beträgt etwa ^s- Di© Lobenlinie ist einfach, analog der des Phyll. Friderici Augusti ausgebildet. Skulpturverhält- nisse waren nicht zu beobachten. Der Zungenfortsatz an der Umbiegungsstelle der Einschnürungen charakterisiert die vorliegende Art als eine nahe Verwandte des Phyll. mediterraneum Neüm. Leider kenne ich selbst innere Windungen von Phyll. mediterraneum nicht, habe auch in der Litteratur keine genügenden Angaben über dieselben gefunden , um entscheiden zu können , ob in der vorliegenden Art nicht etwa Jugendformen von Phyll. mediterraneum^ welche ja auch durch einen Zungenfortsatz an dem Knie der Furchen gekennzeichnet sind , vorliegen. Es wäre dieses sehr interessant, da wir dann wieder eine typisch alpine Form im schwäbischen Jura hätten. Neümayr giebt in seiner Arbeit über die Fauna der Schichten mit Aspidoceras acanthicum auf p. 211 in einer Tabelle an, dass Phyll. mediterraneum auch in „Franken, Schwaben und der Ostschweiz" vorkommt. Leider finde ich in der •genannten Arbeit keine Notiz, ob Neümayr ein Vorkommen des Phyll. mediterraneum aus Franken und Sch^yaben speciell bekannt war. Der zungenförmige Fortsatz an der Umbiegungsstelle der Furchen kommt auch bei Phyll. Zignodianum d'Oeb. vor, bei welcher Art er auch in erwachsenem Zustande konstant bleibt \ allein Phyll. Zigno- dianum hat einen zweiblätterig endigenden ersten Seitensattel, wäh- rend derselbe bei vorliegender Art, ebenso wie bei Phyll. mediterra- neum und Friderici Augusti dreiblätterig endigt. Zahl der untersuchten Stücke: 9. Vorkommen: Phyll. sp. cf. mediterraneum Neum. gehört den Thonen mit Waldheimia impressa, dem unteren Oxford (W. Jura a Qu.) an. Fundorte: Reichenbach, Rechberg. Formenreihe des Phylloceras Partschi Stur sp. (Geyer, Zittel). Nach Zittel^ ähneln die hierherzustellenden Formen im all- gemeinen denen der Reihe des Phyll. heterophylkim Sow. ; sie unter- scheiden sich von diesen durch das Auftreten von „groben, gestreiften ^ d'Orbigny, Pal. fraiK;. Terr. jur. L p. 493. Taf. CLXXXII. 2 K. A. von Zittel, Handbuch. I. 2. p. 437. — 189 — Qnerfalten" auf der Wohnkammer und den dieser vorangehenden Win- dungsteilen. Die Falten sind bei einzelnen Formen nur auf die Aussenseite beschränkt, bei anderen gehen sie bis zum Nabel. Nach Geyer ^ kommen auf den inneren Windungen Einschnürungen vor. Die Hauptloben sind paarig-bliittrig. Im Jura Württembergs ist die Reihe des Phyll. Partschi Stur sp. vertreten durch die eine Art : Fhylloceras esulcatuni Quenst. sp. — Taf. IV Fig. 8, 8a. 1887 Ammonites lieterophyllus esulcatus Quenstedt, Ammoniten p. 761. Taf. 86 Fig. 28. Masse: Dm. 19,5 mm = 1 Nw. 1 ,5 mm --= 0,08 Wh. 11,5 mm = 0,58 Wd. 8 mm = 0,40. Die Windungen lassen nur einen ausserordentlich engen Nabel offen. Die Mittelregion der Flanken erscheint flach gedrückt, fast in Form eines breiten Bandes. In etwa Y4 ^^^ Windungshöhe ist dieses flache Band durch eine stumpfe Kante gegen den breit trichter- förmig zu dem Nabel abfallenden Windungsteil abgegrenzt; in die breite gerundete Aussenseite gehen die Flanken ohne Kante über. In dieser Ausbildung der Windungen liegen zugleich die Unterschiede, welche die vorliegende Art von den nächsten Verwandten Phyll. subohtusiim Kud. sp. ^ aus den Klausschichten von Swinitza und Phyll. viator d'Orb. sp.^ aus dem Kelloway Frankreichs resp. der Krimm trennen. Bei Phyll. suhobtiisum Küd. sp. steigen die Flanken vom Nabel schräge bis zu etwa ^2 ^^^ Windungshöhe an und wölben sich dann, ohne eine flache Mittenregion zu bilden, zur Aussenseite, und bei Phyll. viator d'Orb. sp. sind die Windungen nach d'Orbigny's Figur ganz gleichmässig gewölbt. Die Skulptur des vorderen Teiles der vorhandenen W^indung (Xieskern) besteht wie bei Phyll. suhobtusuni aus flachen „Rippen- runzeln" , welche , über die Aussenseite verlaufend , etwa bis zur halben Windungshöhe gehen. Die Rippen treten erst bei 9 mm Windungshöhe auf. Einschnürungen oder Wülste fehlen, so weit das einzige vorhandene Stück in dieser Beziehung schliessen lässt. Die Lobenlinie konnte nicht ganz verfolgt werden. Loben und Sättel sind eng und tief geschlitzt. Der Aussenlobus ist fast ebenso tief ' Geyer, Liasische Cephalopodeu des Hierlatz p. 217. * Kudernatsch, Ammoniten von Swinitza. Abh. d. k. k. geol. Reichs- anstalt. I. p. 7. Taf. II Fig. 1— .3. » d'Orbigny, Pal. frang. Terr. jiir. I. p. 247. Taf. CLXXII Fig. 1, 2. — 190 — als der erste Seitenlobus. Bis zur Naht kann ich noch 6 Hilfsloben zählen , welche wenig unter die Lobennormale hinabgehen. Der Aussensattel endigt deutlich vierblätterig. Der innere Ast des ersten Seitensattels scheint wie bei Fliyll. subobtusum Kud. sp. ^ grösser als der äussere und dreigespalten zu sein. Die Projektionslinie des vorletzten Umganges fällt zwischen den ersten und zweiten Hilfslobus, so dass die Höhenzunahme eine sehr bedeutende ist. Zahl der untersuchten Stücke: 1. Fundort und Vorkommen: Kelloway (Br. Jura C nach Quen- stedt) bei Oeschingen. Formenreihe des Phylloceras tortisulcatum d'Orb. sp. (Bhacophyllites Zittel z. T.) Zu dieser Reihe sind zu stellen die Arten : Phyll. nov. sp. äff. tortisulcato d'Orb. (Neum.)^ „ antecedens n. sp. „ transiens n. sp. „ subtortisitlcatum n. sp. „ helios NöTL. ^ „ protortisulcatum n. sp. „ tortisulcatum d'Orb. sp. j, Silenus Font. (= Ämm. Loryi Mün.-Chalm.) * und wahrscheinlich auch Phyll. ovale n. sp. Nach der bekanntesten dieser Arten nannte ich die Reihe die des Phyll. tortisulcatum. Für die schwäbischen Formen dieser Reihe f Phyll. antecedens = Ämm. heterophyllus ornati Quenst. „ transiens = Ämm. tortisulcatus ornati Qdenst. pars. I „ subfortisulcatum^ Ämm. tortisulcatus 07'nati Querst. [ pars. ' Kudernatsch, 1. c. Taf. 11 Fig. 3. ' Neumayr, Phylloceraten des Dogger uud Malm p. 355. Taf. XVII Fig. 9. ' Nötling, Jura am Hermon p. 14. Taf. II Fig. 3, 4. * Dumortier et Fon tau lies: Description des Ammonites de la zone ä J.mw. tenuilohatus de Crussol (Ardeche). M6m. d. l'Acad. d. Lyon. XXI. p. 215. -^ Fontaiines, Description des Amraouites des calcaires du chäteau de Crussol- Ardeche — (Zones ä Opp. tenuilohata et Wuag. Beckeri) 1879. p. 6. — Favre, Zone ä Amm. acanthicus. Soc. . paleont. Suisse. IV. p. 19. — 191 — ( Phifll. protortisulcatiim = Amm. tortisulcatus impressae \ QüENST. und Amm. tortisulcatus Qüenst. hat es bereits Quenstedt^ ausgesprochen, dass dieselben durch Über- gänge miteinander verbunden seien. Die Beziehungen der schwäbi- schen Formen — und z. T. auch der übrigen — lassen sich kurz durch folgende Punkte wiedergeben : 1) Weiterwerden des Nabels (von der geologisch älteren zur jüngeren Form) ; 2) Übergang des Windungsquerschnittes von der Form einer Ellipse zu der eines Rechteckes, wobei die grösste Breite der Win- dungen sich mehr und mehr der Nabelregion nähert ; 3) Bestreben der Einschnürungen , mehr und mehr aus der Radialrichtung herauszutreten und stärkere Biegungen nach hinten und vorne auszuführen ; 4) Abnahme der Zerschlitzung der Lobenlinie ; 5) Einblätterige Endigung des ersten Seitensattels der Innenseite. Sämtliche Formen tragen auf den Steinkernen Einschnürungen. Die Einschnürungen treten , so viel ich an inneren Windungen von Phyll. antecedens.^ suhtortisulcatum, protortisulcatum und tortisulcatum beobachten konnte, erst etwa von der dritten Windung an auf, bis dahin sind die Windungen glatt. Die ersten Einschnürungen sind nur einmal in stumpfem Winkel nach hinten gebogen (cf. Taf. 11 Fig. 2 a) ; bei den folgenden Windungen — und zwar bei den geologisch jüngeren Formen früher als bei den älteren — tritt eine Vorwärtsbiegung der Einschnürungen in der Nähe der Aussenseite auf, so dass dann die Aussenseite in nach vorne konvexem Bogen überschritten wird. Diese zweite Biegung ist am schwächsten bei Phyll. antecedens ausgeprägt, am deutlichsten bei Phyll. tortisulcatum und seinen nächsten Verwandten. Die Einschnürungen sind am Nabel am tiefsten, nach aussen zu werden sie flacher und bei Phyll. tortisul- catum , protortisulcatum und Silemcs tritt auf der Aussenseite an Stelle der Einschnürung ein von zwei flachen Einsenkungen begleiteter Wulst. Das Auftreten des Wulstes auf der Aussenseite von Phyll. tortisidcatum und seiner nächsten Verwandten ist wohl kaum ein so abweichendes Merkmal, dass man diese Formen von den anderen trennen sollte. Bei Phyll. transiens verläuft die Einschnürung noch deutlich über die Aussenseite (cf. Taf. II Fig. 6 a); bei Phyll. suh- tortisulcatum ist die Einschnürung auf der Aussenseite schwächer ' Quenstedt, Ammoniten p. 760. — 192 — sichtbar und bei grösseren Exemplaren fast ganz verschwunden. Untersucht man nun Phyll. tortisulcatum und protortisulcatum , so findet man auf den inneren Windungen nur Einschnürungen , etwa bei einem Durchmesser von 15 mm ist die Einschnürung auf der Aussenseite stark verbreitert und in derselben erhebt sich ein schwa- cher Wulst, welcher bei weiterem Wachstum des Tieres die Ein- schnürung fast ganz verdrängt und schuppenförmig über die Aussen- seite hervorragt. Nie geht der Wulst auf die Flanken über; hier sind die Einschnürungen stets deutlich. Über die Skulptur vermag ich wenig zu sagen, da mir keine ganz beschälten Exemplare vorlagen. Soweit ich nach einzelnen Schalenfetzen urteilen kann, bestand die Skulptur aus feinen Linien, welche vom Nabel aus in der Richtung der Einschnürungen ver- liefen und auf der Aussenseite am stärksten waren. Bei Phyll. antecedens, transiens (und ovale) entsprachen den Einschnürungen des Steinkernes auch auf der Schale Einschnürungen. Bei Fhyll. tortisulcatum und Silemis sind die Flanken der beschälten Exemplare nach d'Orbigny, Favre und Fontannes glatt, die Aussenseite ist mit Wülsten verziert ; analog wird wohl die Schale von Phyll. pro- tortisulcatum verziert gewesen sein. Phyll. helios soll nach Nötling auch auf den Flanken beschälter Exemplare flache Wülste zeigen, leider tritt das bei Nötling's oben citierten Abbildungen nicht hervor. Die Lobenlinie ist wenigstens bei den jüngeren Formen sehr wenig geschlitzt. Die nebenstehenden Zeichnungen geben die all- mählich immer einfacher werdenden Suturen von Phyll. antecedens, transiens, subtortisulcatum und protortisulcatum wieder. Der erste Seitenlobus wird von Phyll. antecedens zu Phyll. tortisulcatum hin immer flacher, die Sattelkörper werden breiter. Der erste Seitensattel endigt dreiblätterig. Der erste Seitensattel der Innenseite endigt einblätterig, soweit ich bei Phyll. antecedens, subtortisulcatum, protortisulcatum und tortisulcatum zu beobachten vermochte. Was nun die Beziehungen der Reihe des Phyll. tortisulcatum zu den von Neomayr und Zittel aufgestellten Formenreihen der Phyllo- ceraten anbetrifft , so bemerkt Neumayr ^ bei seinem Referate der GEYER'schen Arbeit über die Cephalopoden des Hierlatz, dass „Änimo- nites tortisulcatus nichts anderes ist, als ein aberrantes Glied der Formenreihe des Phyll. tatricum."^ Diese Bemerkung Neumayr's kann sich nur auf das Auftreten von Wülsten auf der Aussenseite des ' Neues Jahrbuch f. Min. etc. 1887. II. p. 383, Fussnote. — 193 ~ Fkyll. tortisulcatum stützen; und in der That muss auf den ersten Blick dieses als ein den beiden Formenkreisen gemeinsames Merkmal erscheinen, wie es auch in der Reihe des Fhyll. tatricum Formen giebt, welche, wie Fltyll. tortisulcatum, neben Wülsten auf der Aussen- seite Furchen in der Nabelgegend und auf den Flanken tragen, welche den Wülsten entgegenlaufen. Vergleicht man aber die in Fig. 8. 1. rh d'Orbigny, Pal. frang. Terr. jur. I. Taf. CLXXXIX. * cf. Neumayr, 1. c. p. 345. * Dumortier et Fontannes, Description des Ammonites de la zone ä Amm. tenuilobatus de Crussol (Ardeche). Academie de Lyon. XXI. p. 215 ff. und Foutannes, Description des Ammonites des calcaires du chäteau de Crussol (Ardeche) — Zones ä Opp. tenuilobata et Waag. Beckeri. 1879. p. 6. ^ Nötling, Jura am Hermon p. 15. - 200 — Phyll. helios n. sp. von Phyll. tortisulcatum d'Orb. unterschied. Mit diesen beiden Trennungen wird man aber noch keineswegs die unter dem einen Namen tortisulcatum vereinigte Forraenmenge erschöpft haben, namentlich da dieser Name häufig in der geologischen Litte- ratur citiert wird, ohne dass ihm Beschreibungen resp. Abbildungen erläuternd zur Seite stehen. QuENSTEDT trennt in den „Ammoniten" die Formen mit ähn- lichem Verlaufe der Einschnürungen wie bei Phyll. tortisulcatum nach ihrem Vorkommen in : Ämm. tortisulcatus ornati Br. Jura C „ „ itnpressae W. Jura a und „ tortisulcatus W. Jura ß Unter dem ersten Namen fasst Qüenstedt zwei als getrennt zu erachtende Formen zusammen : Phyll. transiens n, sp. und Phyll. subtortisulcatum n. sp. ; die aus dem unteren Weissen Jura Schwabens von Qüenstedt unterschiedenen beiden Formen : Ämm. tortisulcatus impressae^ und Ämm. tortisulcatus halte ich für ident, nicht aber für die von d'Orbigny 1. c. als Ämm. tortisulcatus abgebildete Form ; ich habe diese schwäbischen Vorkommnisse als Phyll. protortisulcatum von der ü'ORBiGNY'schen Form getrennt (s. u.). Phyll. tortisulcatum d'Orb. fehlt — so weit mir bekannt — im Jura Schwabens. Die Beziehungen dieser Formen zu einander wurden z. T. be- reits bei der Einleitung zu dieser Reihe besprochen, so dass die nachfolgenden Beschreibungen weniger breit werden dürfen. Es ist namentlich die verschiedene Ausbildung und verschiedene Doppel- biegung der Furchen, die verschiedene Form des Windungsquer- schnittes und die Ausbildung der Nabelgegend, welche Momente zur Unterscheidung unserer Formen und der anderen Verwandten des Phyll. tortisulcatum liefern. Phylloceras transiens n. sp. — Taf. II Fig. 6, 6a, 7, 7a, 8, 8a. 1849 Ammonites heterophyllus ornati QvEüSTEBT, Cephalopodenp.lOl.Taf.VIFig.2. 1858 „ tortisulcatus Qüenstedt, Jura p. 543. Taf. LXXI Fig. 19. 1887 „ heterophyllus ornati Qüenstedt, Amnioniten p. 761. Taf. 86 Fig. 29. 1887 „ tortisulcatus ornati Qüenstedt, Ammoniten p. 761. Taf. 86 Fig. 30, 31. * Es bezieht sich dieser Name nur auf die in den „Ammoniten" Quen- stedt's Taf. 93 Fig. 54 u. 57 abgebildete Form. Die anderen von Qüen- stedt unter demselben Namen abgebildeten Stücke (Taf. 93 Fig. 55, 56, 58) gehören einem anderen Formenkreise, dem des Phyll. ultramontanum Zitt. an; ich habe sie als Phyll. sp. cf. mediterraneum beschrieben. — 201 — Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm I. Taf. II Fig. 6 . . . . 19,5 = 13= 0,15 10 = 0,51 8,6 = 0,44 II. Taf. II Fig. 7 . . . . 20,5 = 13= 0,14 10,5 = 0,51 9 = 0,43 III. Qd. Amm. Taf. 86 Fig. 3117 =1 2.4 = 0,14 8,8 = 0,51 7,5 = 0,44 Die Windungen sind dick, auf den Flanken abgeflacht, mit breiter Aussenseite. Qüenstedt's Figuren zeigen diese Verhältnisse zu wenig deutlich, die Windungen gleichen im Querschnitte dort zu sehr einem Oval; ich habe deshalb auf Taf. II Fig. 6, 7 zwei der QüENSTEDT'schen Originale noch einmal wiedergegeben. Zum Nabel und zu der Aussenseite gehen die Windungen ohne Kante über. Die Einschnürungen auf den Steinkernen, 5 — 6 auf dem Umgange, sind in der Nabelregion am tiefsten ; sie sind aber auch noch auf der Aussenseite deutlich. Die Doppelbiegung der Einschnürungen ist gering, die Rückwärtsbiegung erfolgt wenig jenseits der halben Flankenhöhe. Die zweite Vorwärtsbiegung ist gering ; auf der Aussen- seite bilden die Einschnürungen einen nach vorn schwach konvexen Bogen. Soweit ich aus erhaltenen Schalenfetzen ermitteln kann, waren die Einschnürungen auch auf der Schale erhalten. Die Schale zeigt sehr feine Linien vom Verlauf der Einschnürungen. Wohn- kammer nicht bekannt. Die Lobenlinie ähnelt der des Phyll. antecedens. Der Aussen- lobus ist tiefer als bei jener Form, er geht weiter hinab als der äussere Ast des ersten Seitenlobus. Die Sattelblätter sind nicht so lang gestielt wie bei Phyll. antecedens., ebenso sind auch die Loben weniger fein geschlitzt; die Sattelkörper sind etwas plumper. Bis zur Naht zähle ich 7 Hilfsloben, deren letzte nur als feine Zäckchen erscheinen (cf. p. 193 Fig. 8,^). Von Phyll. antecedens ist vorliegende Art durch dickere Win- dungen mit breiterer Aussenseite unterschieden. Phyll. transiens ist sehr wahrscheinlich als eine der Über- gangsformen von Phyll. antecedens zu Phyll. suhtortisulcatum n. sp. und tortisulcatum d'Orb. aufzufassen. Das Original von Taf. II Fig. 6 (von Qüenstedt in den Cephalo- poden Taf. 6 Fig. 2 und in den Ammoniten Taf, 86 Fig. 30 als Amm. heterophylliis ornati bezeichnet, während er sonst mit diesem Namen ausschliesslich Formen von der Ausbildung des Phyll. ante- cedens belegt) zeigt nur undeutliche Einschnürungen. Aber ganz am Anfange des letzten Umganges ist eine Einschnürung zu beobachten, welche durchaus den typischen, oben beschriebenen Verlauf zeigt, so dass die weniger deutliche Ausbildung der folgenden Einschnü- — 202 — rungen wohl nur eine individuelle Abweichung von dem allgemeinen Charakter der Form repräsentiert. Zahl der untersuchten Stücke: 8. Fundorte und Vorkommen: Ursulaberg bei Pfullingen und Neidlingen aus dem oberen Kelloway ; nach den Etiketten der Samm- lungen Br. Jura 'C Qüenstedt's, daher eine nähere Zonenangabe nicht möglich. Phylloceras stihtort isulcatum n. sp. — Taf. II Fig. 9, 9a. 1887 Ammonites tortisulcatus ornati Quenstedt, Ammoniten p. 762. Taf. 86 Fig. 34, 35, 36. z. T. Phylloceras tortisulcatum Neumayr, Zittel, von Hauer u. a. Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm I. Taf. II Fig. 9 ... 45 = 1 9,6 = 0,21 20,5 = 0,45 18 = 0,40 1 II. Qu. Amm. Taf. 56 Fig. 34 23,6 = 1 4,5 =- 0,19 11 = 0,46 9,6 = 0,41 III. „ „ „ 56 „ 35 35 = 1 7 = 0,20 16 = 0,45 13,7 = 0,1:39 Etwas weitnabeliger als die vorige Form hat Phyll. suhtorti- sulcatum Windungen von fast rechteckigem Querschnitt. Die Flanken sind gegen das steile Nabelband durch eine scharfe Kante begrenzt, während sie zur Aussenseite in sehr kurzer Rundung übergehen. Die Einschnürungen, bis 6 auf jedem Umgange, zeigen die Doppel- biegung deutlicher als Phyll. transiens; namentlich ist die Vorwärts- biegung auf dem äusseren Teile der Flanken sehr viel energischer (besonders bei grösseren Stücken). Auf der Aussenseite verschwin- den die Furchen fast ganz, so dass in dieser Beziehung vorliegende Form ungefähr in der Mitte zwischen Phyll. transiens und 2^^'0- tortisulcatum zu stehen scheint, bei welch letzterem auf der Aussenseite ein mehr oder weniger kräftiger Wulst die Furche z. T. verdrängt. Schale und Schalenskulptur nicht beobachtet; Wohnkammer unbekannt. Die Lobenlinie stimmt ungefähr mit der des Phyll. transiens überein, nur ist die Schlitzung derselben vielleicht noch etwas weniger tief, und die Sättel- und Lobenstämme sind etwas plumper. 7 Hilfs- loben sind vorhanden, in dem dritten derselben liegt die Nabelkante. NöTLiNG spricht sich im „Jura am Hermon"^ über die Not- ^ Ahnliche Massverhältnisse zeigt die von Favre aus der Transversarius- Zone von Voirons als Amm. tortisulcatus d'Orb. heschriehene Form. cf. Favre, Descript. d. fossiles d. Terr. jur. d. 1. montagne des Voirons (Savoie). 1875. p. 22. Taf. II Fig. 4. - Nötling, Jura am Hermon p. 15. — 203 — wendigkeit der Teilung der zu PJiyll. tortisulcatum d'Orb. gestellten Formen aus und identifiziert dort die hier vorliegende Art resp. die verwandten Formen aus den Ornatenthonen Schwabens überhaupt mit einer aus der von ihm unterschiedenen Zone des Harpoceras Socini NöTL., welche er mit dem Namen Pkyll. helios n. sp. bezeich- net. Seine Abbildungen (1. c, Taf. 2 Fig. 3 u. 4) zeigen eine der vorliegenden sehr ähnliche Form, bei welcher jedoch die Nabelkante nicht so scharf zu sein scheint (namentlich bei Fig. 4 nicht) und deren Lobenlinie ganz ausserordentlich plump geschlitzt ist. Von Phyll. helios sagt Nötling auch, dass den Einschnürungen des Stein- kernes schwache Wülste auf der Schale entsprechen. Aus Nötling's Beschreibung und Abbildungen kann ich nicht genügende Momente zur Identifizierung der NöTUNG'schen Form vom Medschdel el schems am Hermon mit der vorliegenden ersehen. Zahl der untersuchten Stücke : 8. Fundorte und Vorkommen: Ursulaberg bei PfuUingen, Laufen, Gammelshausen, aus dem oberen Kelloway^ (Ornatenthon , Brauner Jura ^ Qu.)- Phylloceras protortisulcatum n. sp. — Taf. III Fig. 1, la, Ib, 2. 1858 Ammonites tortisulcatus Qüenstedt, Jura p. 620. Taf. LXXVII Fig. 1^ 1887 „ „ impressae Qüenstedt, Ammoniten p. 864. (z. T.) Taf. 93 Fig. 54, 57, 59 (nicht Fig. 55, 56, 58). 1887 „ , Qüenstedt, ibidem p. 888—890. Taf. 97 Fig. 1—5. (Die zahh'eichen Citate in geologischen Arbeiten, welche das Vorkommen von Amin, tortisulcatus d'Orb. resp. HhacophylUtes tortisulcatus (Zitt.) im unte- ren weissen Jura Schwabens angeben, sind hier nicht aufgeführt worden.) Dm Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm I. Reichenbach . . . 17,5 = 3,9 = 0,22 8,4 = 0,48 7,5 = 0,43 II. Taf. III Fig. 1 . . 49,8 = 10,8 = 0,22 22 = 0,44 21,3 = 0,43 III. QiENST. 1. c. Fig. 2 37,4 = 9,5 = 0,26 16,5 = 0,44 18,5 = 0,49 IV. 5) S J) » " 29,5 = 7,6 = 0,26 12,5 = 0,42 15,0 = 0,50 V. .0 21,3 = 4,3 = 0,23 10,0 = 0,47 9,4 = 0,44 Diese Masse ergeben, dass mit grösserem Durchmesser im all- gemeinen die Windungshöhe der Dicke ungefähr gleich kommt, ja sogar noch von derselben übertroffen werden kann. Es ist das zu- gleich einer der wesentlichsten Unterschiede von Phyll. tortisulcatum * cf. Oppel's Angabe über Funde von Amm. tortisulcatus in den Zonen des Amm. auceps und athleta von Eningen und Lautlingen, Juraformation § 68; 27. ^ Qüenstedt stellt hier die Art irrtümlich in den W. Jura y. — 204 — d'Orb. \ wo das Verhältnis von Höhe zu Breite etwa = 4:3 ist; während wir selbst bei kleineren, also jüngeren Exemplaren des Phyll. protortisulcatum höchstens das Verhältnis 8 : 7 haben. Weitere Unterschiede liegen in dem Dickenwachstum beider Formen. Bei grösseren Exemplaren unseres Phi/U. protortisulcatum beträgt die Dicke des äusseren Umganges etwa das Doppelte des vorhergehenden und darüber, bei der D'ORBiGNY'schen Form ist das Verhältnis ein ge- ringeres. Die grösste Dicke der Windungen liegt in der Nähe des Nabels. Das Nabelband ist hoch und steil, und gegen die Flanke durch eine scharfe Kante begrenzt, während bei Phyll. tortisulcatum d'Orb. die Flanken in gerundeter Kante zu dem niedrigeren Nabel- bande übergehen. Die breite flache Aussenseite ist gegen die Flan- ken durch eine kurzgerundete Kante begrenzt. Besonders bemerkenswert ist die Ausbildung der Einschnürungen (je 5 auf einer Windung). Die Doppelbiegung, namenthch die zweite Biegung — nach vorne — ist sehr kräftig, so dass besonders auf der Wohnkammer der auf der Aussenseite von den Einschnürungen begrenzte Teil einer vorne gerade abgestumpften Zunge gleicht. Beobachtet man den vorderen Rand der Ein- "> ;■ ^% <^'0^^'^:^ schnürungen, so erinnert derselbe lebhaft an \" il f , den Verlauf der Parabellinien bei den Peri- /j(j^ Jl. ^ sphincten (s. nebenstehende Figur) ^. Auf r,.„ ,„ „, „ . , der Aussenseite tritt ein mehr oder weniger r lg. 12. JViyll. protortisulcatum n. Sp. ° ZQwAAVaidheimiaimpreesa,-R%ch- deutlicher Wulst inmitten der stark ver- Derg (Sammlung d. Herrn Buch- händier Koch, Stuttgart). flachten Einschnürungen auf; bei grösseren 1 zeigt den Vorderrand der Ein- "^ ' ^ schnürung in seinem an die Exemplaren verdrängt der Wulst die Ein- Parabellinien der Perisphinc- "^ ° ten erinnernden Laut und die schnürungen auf der Aussenseite fast ganz; Erhebung des Wulstes auf der ° o ^ Aussenseite inmitten der Ein- er ist dann begleitet VOn ZWei flachen Ein- schnürung. ^ la zeigt letzteres in der Ansicht Senkungen, deren nach hinten liegende von oben. (Beide Figuren sind ° ' ° zweimal vergrössert.) etwas tiefer Ist als die vordere l Diese Verhältnisse werden am besten wohl durch die beigegebene Zeichnung und Fig. 2 auf Taf. III erläutert. Auf 1 cf. d ' 0 r b i g n y , Pal. frang. Terr. jur. I. Taf. CLXXXIX und Terr. cret. I. Taf. LXXXI Fig. 4—6 ; ferner Z i 1 1 e 1 , Fauna der altern Cephalopoden führen- den Tithonbildungen Taf. I Fig. 14. '' cf. Quenstedt, Cephalopoden Taf. XII Fig. 5a, b; Taf. XIII Fig. 2a, b und Teisseyre, Cephalopodenfauna der Ornatenthone von Rjäsan (Sitz.-Ber. d. Wiener Akademie 1883. Abt. 1) p. 608 ff. Taf. VI Fig. 36, 42, 43, 53, Taf. VU Fig. 41, 44, 48, 49. ^ Bei d'Orbigny's Amin, tortisulcatus soll der Wulst hinter der Ein- schnürung liegen (cf. die citierteu Figuren). - 205 — den innersten Windungen fehlt die Wulstbildung; die Furchen sind hier wie bei Phyll. transiens resp. wie bei Fliijll. suhtortisulcatum ausgebildet. Sämtliche mir vorliegenden Stücke sind Steinkerne. Die Vorkommnisse aus den BimanünatumSchichten zeigen die Wohnkammer. Dieselbe ist bei einem dieser Stücke, bei welchem man sehr wahrscheinlich wenigstens auf der Aussenseite den Mund- rand sieht (er läuft dort dem Wulste parallel), etwas weniger als ^U Umgang lang. Die Steinkerne der Wohnkammer zeigen eine nach aussen zu gröber werdende schwache Streifung von der Rich- tung der Einschnürungen. Fig. 8;*''*^ auf Seite 193 giebt die Lobenlinie eines Stückes vom Dobel bei Laufen wieder. Der erste Seitensattel endigt dreiblätterig, indem das grössere innere Blatt noch einmal gespalten ist. Bis zur Naht kann ich 5 Hilfsloben zählen, die Loben reichen alle etwa gleich tief hinab. Der erste Seitensattel auf der Innenseite endigt ein- blätterig. Die Nabelkante liegt im zweiten Hilfslohns. Die Loben- linie bei QüENSTEDT (1. c. Taf. 97 Fig. 6 L und Cephalopoden : Taf. XVII Fig. 11c = Phyll. tortisulcatus d'Orb. sp.) zeigt die letzten Hilfs- loben falsch: Das Original zeigt, dass die auf dem Nabelbande liegenden kleinen Loben mit den ersten Hilfsloben eine schwach nach hinten geneigte Linie bilden. Durch diese Lobenzeichnungen Qüenstedt's, welche häufig kopiert worden sind, ist wohl auch v. Zittel veranlasst worden, den Amm. tortisulcatus d'Orb. wegen einer ge- ringeren Zahl von Hilfeloben zu Bhacophyllites zu stellen. Zahl der untersuchten Stücke : 19. Vorkommen: in den Thonen mit Waldheimia impressa ( W. Jura a) — verkiest und ohne Wohnkammer — bei Reichenbach und Rech- berg ; in der TransversariusSchicht (W. Jura a) — verkalkt — bei Lautlingen ; in den Biniammat us-Schichten (W. Jura ß) — verkalkt mit Wohnkammer — bei Laufen, Balingen, Streichen. Von nicht näher zu bestimmender Stellung ist das bei Quen- STEDT, Ammoniten p. 1050 als Ämm. heterophy litis albus aus dem Weissen Jura d (Zone der Beineckia Eudoxus) beschriebene und auf Taf. 120 Fig. 15 abgebildete Phylloceras. Auffallend an dem durch Druck stark beschädigten Exemplare ist die bereits von QüENSTEDT hervorgehobene Skulptur: Eine teilweise spätig erhaltene Schalenschicht zeigt sichelförmige scharfe Linien, wie Phyll. disputa- — 20Ü — bile ZiTT. Der darunter liegende Steinkern zeigt vertiefte Linien in derselben Richtung und in demselben Abstände, wie die Leisten- linien der Schale ; durch Abheben kleiner Schalenstückchen konnte ich mich überzeugen, dass die vertieften Linien des Steinkernes Leistenlinien der inneren Schalenseite entsprechen. Es dürfte das wohl der erste bisher beobachtete Fall einer derartigen Skulptur sein. Der Beschreibung Qüenstedt's möchte ich noch hinzufügen, dass die Lobenlinie keineswegs so zu verfolgen ist, wie es die citierte Figur zeigt; die Endigung der Sättel ist durchaus undeutlich, so dass man aus dem Verlauf der Lobenlinie kaum einen Schluss auf Beziehungen der vorliegenden Art zu bekannten Formen ziehen kann. Der Schale fehlen Furchen und Wülste ; ob der Steinkern Einschnü- rungen trägt, war nicht festzustellen. Fundort: Schnaitheim. II. Psiloceras Hyatt emend. Wähner. Aegoceras Waagen z. T. Psilonoten, Psilonoticeras Qüenst. Die von Hyatt 1868 ^ für einen Teil der Formen der Psilonoten Qüenstedt's aufgestellte Gattung Psiloceras wurde von Wähner " neuerdings einer Revision unterzogen und in ihren Grenzen gegen- über den Gattungen Schlotheimia Bayle und Ärietites Waagen fest- gestellt. Eine ausserordentlich grosse Fülle von Formen wurde durch Wähner als zu Psiloceras gehörend bezeichnet, welche alle durch das Fehlen einer Medianfurche auf der Aussenseite von Schlotheimia einerseits und durch den Mangel eines Kieles von Ärietites ander- seits getrennt wurden. Charakteristisch für die von Wähner zu Psiloceras gestellten Formen ist die Art der Berippung : Die bei fast allen hierher gehörenden Formen auftretenden Rippen erreichen ihre grösste Stärke ungefähr in der Mitte der Flanken, schwächen sich dann ab und lassen die Aussenseite entweder ganz glatt, oder gehen mehr oder weniger deutlich in einem nach vorne gewendeten Bogen über die Aussenseite hinüber. Eine Ausnahme bildet die Gruppe ' Hyatt, The Fossil Cephalopods of tbe Museum of comparative Zoology. Bulletin of tbe Museum of Comp. Zoology at the Harvard College. 18<38. p. 72. ^ Wähn er, Beiträge zur Kenntnis der tieferen Zonen des unteren Lias in den nordöstlichen Alpen. III. In Mojsisovics und Neumayr, Beiträge zur Palaeontologie Österreich-Ungarns u. d. Orients. 1886. p. 195. — 207 — des Psil. suhangulare Oppel; hier schwächen sich die Rippen nach der Aussenseite zu nicht ab, sondern gehen entweder in gleicher oder noch anwachsender Stärke über die Aussenseite hinüber. Dieses Stärkerwerden der Rippen nach aussen zu würde die dem P.sjY. suh- angulare verwandten Formen zu Schlotheimia stellen, allein ihnen fehlt die für Schlotheimia charakteristische Medianfurche, welche durch plötzliches Abbrechen der bis dahin stetig stärker werdenden Rippen neben der Medianlinie entsteht. Ausserdem zeigen die For- men der Gruppe des Psil. suhangulare die den Psiloceraten charakte- ristische Asymmetrie der einfachen Lobenlinie \ welche dadurch ent- steht, dass der Sipho aus der Medianebene auf die Seite rückt. In höherem Alter tritt eine Abschwächung der Skulptur ein, die Rippen werden undeutlicher, bis die Flanken schliesslich glatt werden ; die Umgänge werden flacher, wachsen ziemlich stark in die Höhe, wobei die Aussenseite eine allmähliche Zuschärfung erfährt. Die Lobenlinie ist — bei den schwäbischen Formen wenig- stens — einfach: Loben und Sättel sind nicht sehr stark zerschlitzt. Der Aussenlobus ist weniger tief als der erste Seitenlobus, der erste Seitensattel ist höher als der Aussensattel. Zwei bis drei (bei den alpinen Formen bis sieben) Hilfsloben treten auf. Bereits in seiner oben angeführten Arbeit trennte Hyatt das Psil. Johnstoni Sow. von seiner Gattung Psiloceras und stellte es mit Arietites raricostatus in die von ihm neubegründete Gattung Ophioceras. Diese Trennung ist durchaus unnatürlich. Abgesehen von dem den Psiloceraten eigentümlichen Verlauf der Rippen hat Psil. Johnstoni durchaus eine den älteren Formen der Gattung Psiloceras entsprechende Lobenlinie: Sättel und Loben sind ziemlich flach, nicht tief geschlitzt, der Aussenlobus ist weniger tief, als der erste Seitenlobus, zwei kleine Hilfsloben sind vorhanden. Die Vereinigung des Psil. Johnstoni mit Arietites raricostatus zu einer Gattung ist ebenso unnatürlich, da Ar. raricostatus neben der schwachen Kielbildung eine ausgesprochene Arietenlobenlinie mit herabhängendem Aussenlobus besitzt. In seinem neuesten Werke über die Arietiden- verteilt Hyatt ' Asymmetrie der Lobenlinie kommt in geringem Grade auch bei der Gat- tung Schlotheimia vor {Schi, lacunata und Schi, rumpens) ; hier bezieht sich die Asymmetrie aber nur auf die Ausbildung der Äste des Aussenlobus, nicht auf die Lage derselben zur Medianebene ; der Sipho bleibt hier in der Medianebene liegen. ^ Hyatt, Genesis of the Arietidae. Smithsonian contributions to Know- ledge. Bd. XXVI. p. 120 ff. - 208 — die von Wähner zu Psiloceras gestellten Arten gar auf drei Gat- tungen: Psiloceras, Wähneroceras und Caloceras. Zu Psiloceras stellt Hyatt die Formen ohne oder mit schwachen Rippen, bei denen die Aussenseite ganz glatt ist, oder nur von sehr undeutlichen, kaum bemerkbaren Fortsetzungen der Rippen überschritten wird, also Formen wie: Psil. planorhis Sow. , calli- phi/Uum Neum. , atanatense Wähn., longipontinum Fraas, Hagenowi DüNK., Kammerkarense Gümb., Naumanni Wähn. etc. Zu Wähneroceras werden die Arten mit stärkeren Rippen ge- stellt, bei denen die Rippen deuthch, aber stets mehr oder weniger verflacht die Aussenseite überschreiten. Häufig tritt bei diesen Formen, wie z. B. bei Psil. pseud-alpinum Taf. VI Fig. 4 auf der Aussenseite ein durch die Abschwächung der Rippen gebildetes, fast glattes Band auf. Hyatt sieht diese Formen mit Recht für Vorläufer der Gattung Schlotheimia an. Sie aber von Psiloceras zu trennen, kann ich nicht für recht halten, da hier kein wirklich schneidendes Unterscheidungs- merkmal vorliegt. Für zur Gattungstrennung geeignete Scheidungs- merkmale können das Auftreten einer Medianfurche, wie bei Schlot- heimia, oder das Auftreten eines Kieles, wie bei Aridites., gelten, nicht aber die Ausbildung der Skulptur der von Hyatt zu Wähneroceras gestellten Formen. Die stärkere Berippung und das mehr oder weniger ebene Band auf der Aussenseite dieser Formen ist nichts weiter als eine stärkere Differenzierung der Skulptur der gefältelten Verwandten des Psil. planorhis. Wähneroceras Hyatt umfasst Formen wie: Psil. Paltar Wähn., Pahana Wähn., extracostatmn Wähn., circacostatum Wähn., curviornatum Wähn., anisophyllum Wähn., megastoma Wähn., pseud-alpinum n. sp., subangulare Opp., tenerum Neum., Guidoni Wähn., Emmrichi Wähn, Psil. Johnstoni Sow. endlich stellt Hyatt jetzt mit Psil. tortile d'Orb. , Arietites laqueus Qdenst. , Ar. longidomus Quenst., Ar. raricostatus Ziet. und anderen zu seiner neuen Gattung Calo- ceras. Auf diese HYATT'sche Gattung das von Wähner als Unter- scheidungsmerkmal zwischen Psiloceras und Arietites aufgestellte Kennzeichen, die Kielbildung, angewendet, ergiebt, dass man die beiden erstgenannten Formen nur zu Psiloceras , die letzteren zu Arietites zählen muss^. Gegenüber der an Arten so ausserordentlich reichen Entfaltung der Gattung Psiloceras im alpinen Lias — Wähner zählt von dort * Die von Quenstedt zu den Psilonoten gestellten Formen Ämm. laqueus und Ämm. sironotus sind der Kielbildung wegen zu Arietites zu zählen. — 209 — 48 Arten auf — ist der Jura Schwabens arm zu nennen. Wir können aus unserem Juia folgende Arten aufführen, die sämtUch dem Lias a Qüenstedt's angehören: 1) aus der Zone des Psiloceras planorhis: Psil. planorhis Sow. sp. „ plicahilum Quenst. sp. ., hrevieellatum n. sp. „ caUiphylloiäes n. sp. „ Johnstoni Sow. sp. „ distinctum n. sp. „ äff. circacostato (Wähn.). „ suhanyulare Oppel sp. ^ sp. = Äinm. angtdatus hirzinus Qüenst. ^ 2) In der „Oolithenbank" Quenstedt's .sind bisher keine Psilo- ceraten beobachtet worden. 3) Aus der Zone der Schlotheimia angulata: Psil. pseud-alpimim n. sp. 4) Aus der Zone des Arietites Bucklandi: Psil. capra-ibex n. sp. Ausser diesen Formen wäre noch der „Riesenpsilonot" Quen- stedt's^ zu nennen, der vielleicht in die Gruppe des Psil. megastoma Wähner gehören dürfte, und das von Quenstedt^ aus dem Bonebed erwähnte Psiloceras, das nahe Beziehungen zu Psil. planorhis Sow. zeigt, doch zur sicheren Bestimmung zu wenig Anhaltspunkte bietet. Mit dem alpinen Lias hat Schwaben aus der Gattung Psiloceras die Arten Psil. planorhis, Johnstoni und subangulare gemeinsam. Psil. planorhis vertritt im schwäbischen Jura das Psil. calliphyllum Neum. der Alpen. Von Neümayr^ und Wähner ^ wird Psil. planorhis ' Neumayr erwähnt (Zur Kenutnis der Fauua des unteren Lias in den Nordalpen p. 23. Taf. III Fig. 1) aus den „Psilonotenscbichten Württembergs" ein l'siloceras. welches er als Aegoc. Clausi n. f. beschreibt. Dasselbe zeichnet sich durch besonders schnelles Höhenwachstum der Windungen aus, welche auf den Flanken breite, flache Falten tragen. Mir sind öfters grosse Bruchstücke hochmündiger Psiloceraten aus der Planorhis-'Bn.vik bei Bebeuhausen begegnet ; vielleicht wären dieselben mit P.s77. Clausi zu identificieren gewesen; — der Er- haltungszustand erlaubte aber kaum eine nähere Bestimmung. ^ Quenstedt, Ammoniten des Schwäbischen Jura p. 22. Taf 3 Fig. 1. M. c. p. 11. Taf 1 Fig. 2. •• Neumayr, Zur Kenntnis der Fauna des untersten Lias in den Nord- alpen. Abh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1879. p. 25. MV ähner, 1. c. IIL p. 137. Jahresbefte d. Vereins f. vaterl. Katurkundc iu Wiirtt. 1893. 14 — 210 — als eine in bezug auf den Lobenbau reduzierte verwandte Form des Psil. calliphyllum gehalten, welch letzteres in den Alpen sehr häufig ist, während die Vorkommnisse des Psil. planorhis zu den Selten- heiten zählen. Psil. Johnstoni und suhangulare kommen sowohl im schwäbischen als im alpinen Jura selten vor. Durch Psil. calli- 2')hylloides mit seiner sehr an Psil. calliphyllum erinnernden Loben- linie, ferner durch Psil. pseud-alpinnni mit seiner starken Berippung und durch die als Psil. äff. circacostato bezeichneten Bruchstücke sind weitere Anknüpfungspunkte der Psiloceratenfauna des schwäbi- schen Lias an die der Alpen gegeben. Die Gattung Psiloccras geht in Schwaben in einen höheren Horizont hinauf als in den Nordost-Alpen , wo sie doch ihre aus- gedehnteste Entwickelung erreichte. Während die Psiloceraten dort in der Zone der Schlotheimia marmorca = Zone der Schlotheimia angulata in Schwaben aussterben ^ , gehen sie im Lias Schwabens mit Psil. capra-ibex bis in die Zone des Ärietites Bucklandi hinauf. Am Hierlatz bei Hallstatt kommen nach Geyer ^ noch zwei Psiloceras- Arten, Psil. abnorme Hau. sp. und Psil. Suessi Hau. sp. vor, welche Aequivalenten des Lias ß Schwabens angehören. Psiloceras planorhis Sow. sp. 1843 Ammonües psilonoUis Quenstedt, Flözgebirge p. 127. pars. 1846 „ „ laevis Quenstedt, Cephalopoden p. 73. Taf. III Fig. 18. 1852 „ „ y, T) Handbuch I. Aufl. p. 354. 1858 „ „ „ „ Jura p. 40. Holzschuitt rechts. 1861 ,. „ Quenstedt, Epochen p. 350. 1867 „ „ laevis Quenstedt, Handbuch II. Aufl. p. 422. 1883 „ „ , „ Ammonitenp.il— 14. Taf. 1 Fig. 1. 3, 4, 6, 7. 1883 „ „ „ ovalis Quenstedt, Ibidem p. 12. Taf. 1 Fig. 5. 1885 „ „ „ Quenstedt, Handbuch III. Aufl. p. 544. 1825 Ammonües planorhis Sowerby, Mineral Conchologj' Taf. 448. 1829 „ erugatus Phillips, Geology of Yorkshire I. p. 135. Taf. XIII Fig. 13. 1856 ,. planorhis Oppel, Juraformation p. 193. § 14, 3. pars. 1866 „ „ DoMORTiER, Depots jur. I. p. 28. 1878 Psiloceras planorbe Bayle, Explication de la carte geologique de la France IV. Taf. LXV Fig. 2, 3. 1879 Aegoceras 'planorhis Wright, Lias Ammonites p. 308. Taf. XIV Fig. 1—4. ' W ä h n e r , Zur heteropischen Differenzierung des alpinen Lias. p. 4 Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1886. No. 7 u. 8. ^ Geyer, Liasische Cephalopoden des Hierlatz bei Hallstadt. Abh. d. k. k. geol. Eeichsanstalt 1886. p. 240 ff. — 211 — 1879 Ammonites planorhis Reyn^s, Monographie Taf. I Fig. 11—2-4. 1886 Aegoceras planorhis Wähnkr, Beiträge etc. III. p. 135. 1889 Psiloceras planorbe var. leve Hyatt, Genesis p. 121. Taf. I Fig. 1 — 4. QüENSTEDT unterschied in seinem grossen Ammonitenwerke bei dem Amm. psUonotus drei Formen, die des Amm. psilo}iotus, des Anim. psUonotus plicatulus und des Amm. psUonotus plicatus. Die letzte QuENSTEDx'sche Varietät ist (siehe p. 215) als Psil. Johnstoni Sow, als besondere Art aufzufassen. Amm. psUonotus ist zweifellos dentisch mit Fsil. planorhis Sow. sp. und Quenstedt"s Amm. psUonotus plicatulus halte ich für eine eigene Art : Fsil. plicatidum Qüenst. sp. Während die äusseren Windungen des Psil. planorhis fast voll- kommen glatt sind — sie tragen höchstens schwache, flache, falten- ähnliche, radial verlaufende Erhöhungen — , sind die inneren Umgänge mit welligen Rippen verziert, die kaum bemerkbar über die Aussen- seite hinüber gehen. Die Lobenlinie ist einfach, stets etwas asymmetrisch. Die Sättel sind sehr wenig tief geschlitzt; bis zur Naht kann man zwei Hilfsloben zählen. Aufmerksam möchte ich darauf machen, dass man auf den Steinkernen der Wohnkammern fast sämtlicher schwäbischen Exem- plare die von Wähner ^ beobachtete Spiralstreifung konstatieren kann. Den Mundrand konnte ich bei keinem der mir vorliegenden Stücke nachweisen. Das, was Quenstedt in den Ammoniten Taf. 1 Fig. 6 als Mundrand anspricht, kann ich nur für einen dem Mund- rande sehr ähnlichen Bruch der Schale halten; denn abgesehen von der auffallenden Kürze dieser Wohnkammer — sie würde nur ^/g Umgang betragen, während sie sonst bei Psil. planorhis stets mindestens einen ganzen Umgang einnimmt — fehlt die bei Psil. planorhis den Mundrand begleitende Einschnürung, und dann um- geben die Anwachsstreifen der Schale den Rand an dieser Stelle nicht, sondern schneiden ihn, was mir ganz entschieden dagegen zu zeugen scheint, dass wir es hier mit einem Mundrande zu thun haben. Ob man die beiden von Wähner ^ angezogenen Stücke des Wiener Palaeontologischen Museums mit kürzerer Wohnkammer zu P.y«7. planorhis zählen darf, erscheint mir nicht absolut sicher. Oppel^ vereinigt Psil. Hayenowi Düxker* mit Psil. p)lanorhis. ' nnd '' Wähner, 1. c. lU. 1886. p. 136. ' Oppei, Juraformation p. 193. § 14, 3. * Dunker, Palaeoutographica Bd. I. p. 115. Taf. XUI Fig. 22. Taf. XVII Fig. 2. 14* — 212 — Gegen diese Vereinigung spricht einmal die äussere Form: Psü. Hage- nowi hat flachere Flanken und eine schneller gerundete Aussenseite als Psil. planorhis, und dann ist zweitens die Lobenlinie bei beiden Formen verschieden. Die Lobenlinie zeigt bei Psil. Hagvnowi fast ganz ungeteilte Loben und Sättel, während bei Psil. planorhis die Teilung stets deutlich, wenn auch nicht tief, vorhanden ist; ferner hängt bei Psil. Sagenotvi der Aussensattel tiefer hinab als der erste Seitensattel, während bei Psil. planorhis das Umgekehrte der Fall ist. Psil. planorhis gehört dem untersten Lias, der Fsilonotenbank Qdenstedt's = PUmorhis-hdirik Oppel's, in Schwaben an; in den Alpen, Frankreich, England kommt es in den äquivalenten Zonen vor. Psiloceras plicatulum Qüenst. sp. — Taf. VI Fig. 1, 1 a. 1883 Ammonites psüonotus plicatulus Qüenstedt, Ammoniten p. 11 , 15. Taf. 1 Fig. 9, 11. 1885 „ „ „ „ Handbuch III. Aufl. p. 544. 1879 „ planorbis (var. Johnstoni *) Reyn^s, Monographie Taf. I Fig. 1 — 10. 1889 Psiloceras planorbe var. plicatum Hyatt, Genesis p. 121. Taf. XI Fig. 2, Taf. XIV Fig. 2. Psil. plicatulum unterscheidet sich von Psil. planorhis zunächst dadurch, dass die Flanken auch auf den äusseren Windungen stets mit stumpfen, faltenartigen Rippen bedeckt sind, ausserdem nimmt das Höhenwachstum der Windungen etwas schneller zu als bei Psil. planorhis. Das auf Taf. VI Fig. 1 abgebildete Exemplar von Bebenhausen zeigt auf den drei letzten Umgängen, von aussen nach innen gezählt, 26, 24 und 22 Rippen, welche das zweite Drittel der Windung.shöhe kaum überschreiten. Von aussen schieben ji] sich feine Zwischenrippen — je 2 — 3 zwi- schen jede Flankenrippe — ein, die in nach vorne konvexen Bogen über die Aussenseite ■ gehen. Die Schale zeigt, so weit sie er- Fig.n. Psiloceras piicatuiumqnenst. halten ist, scharfe, feine, dichtstehende Li- Lobluiinie^bef uTmVh. "^^n (Anwachsstreifen), welche den Rippen ungefähr parallel laufen. Die Lobenlinie ist infolge der kräftigeren Berippung tiefer ge- schlitzt, als bei Psil. pdanorhis (siehe nebenstehende Figur) ^; die ^ Die Bezeichnung „var. Johnstoni^' ist wohl nur einem Irrtum zuzuschreiben. ^ Wähner hat (1. c. III. 1886. p. 198) die Beziehungen zwischen Skulptur und Lobenlinie in das Gesetz zusammengefasst : -Mit stärkerer Differenzierung - 213 — etwas länger gestielten Blätter des Aussensattels und des ersten Seiten- sattels erinnern etwas an die Lobenlinie des Psil. eurviornatuni Wähner ^ Den Mundrand konnte ich bei keinem der untersuchten Stücke beobachten. Auffallenderweise zeigte die Mehrzahl der Stücke Vs Um- gang Wohnkammer erhalten; und es scheint, als ob dieselbe nicht länger gewesen wäre, denn kurz vor dem Vorderende des erhaltenen Wohnkammerteiles war die letzte Rippe ganz besonders kräftig, als ob sie einen, den Mundrand begleitenden Wulst repräsentiere (siehe Taf. VI Fig. 1 und vergleiche auch Taf. VI Fig. 2 bei Psil. brevicellatum). Fundorte und Vorkommen: Bebenhausen, Waldhausen, Nellingen; Zone des Psil. planorhis (Lias a). Psiloceras brevicellatum n. sp. — Taf. VI Fig. 2, 2a. 1883 Ammonites psilonotus nanus Qüenstedt, Ammoniten p. 16. Taf. 1 Fig. 10. 1892 Psiloceras nanum - Pompeckj, Palaeont. Bezieh, zw. d. uutersten Liaszonen d. Alpeu 11. Schwabens. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturk. i. Württ. p. XLvni. Psil. nanum ist von Psil. planorhis um der geringeren Grösse seiner Wohnkammer willen zu trennen; denn wenn die ausgewach- senen Stücke von Psil. planorhis eine Wohnkammer von mehr als einem Umgang haben sollen^, so ist es doch nur wahrscheinlich, dass das Tier in früheren Stadien seiner Entwickelung eine Wohn- kammer von entsprechenden Dimensionen gehabt haben muss. Die relative Länge der Wohnkammer könnte nur eine andere werden, wenn der Ammonit plötzlich eine Änderung seiner Wachstumsver- hältnisse vornähme; — das geschieht weder bei Psiloceras^ noch sind merkliche Unterschiede in den relativen Wohnkammerlängen bei den verschiedenen Wachstumsstadien anderer Ammoniten zu be- obachten , folglich sind die kleinen Formen mit einer Wohnkammer von 72 Umgang trotz ihrer äusseren Erscheinung und ihres sehr an Psil. planorhis erinnernden Lobenbaues als selbständige Art auf- der Skulptur ist eine stärkere Differenzierung der Lobenlinie verbunden", d. h. in einer Formengruppe sind die dichter und stärker gerippten Arten mit kräftiger und tiefer geschlitzten Lobenlinien versehen. ■ Wähn er, 1. c. III. 1886. p. 75. Taf. XVI Fig. 2c. - Ich würde den Qüenstedt 'sehen Namen „nanus" beibehalten, wenn der- selbe nicht bereits von Martin (Paleont. stratigr. de l'Infra-Lias du Dept. d. 1. Cote d'Or, Mfem. de la Soc. g6ol. de la France 1862. p. 68. Taf. I Fig. 3, 4) für einen kleinen Ammoniten aus der „Zone ä A^nm. Bloreanus" angewendet wäre. Der kurzen WohiLkammer wegen benutze ich jetzt den Artnamen ^brevicellatum'. ^ Taf. 1 Fig. 6 bei Qüenstedt zeigt, wie oben bemerkt, wohl keinen !Ä[widrand. ~ 214 — zufassen. Psil. brevicellatum ist, da es nur V2 Umgang Wohnkammer besitzt, nicht etwa als Jugendform von Psil. pUcatulum aufzufassen, da bei vorliegender Art die Wohnkammer fast ganz glatt ist, und nur die inneren Windungen Rippen tragen, während bei Psil. pUca- tulum die Rippen auch auf die Wohnkammer übergehen. Ein etwas grösseres, als die von Quenstedt abgebildeten Stücke, von Bebenhausen, auf Taf. VI Fig. 2 abgebildet, zeigt hinter dem Mundrande eine sehr deutliche Einschnürung mit einem , sie nach vorne begrenzenden breiten Wulst; auf der Extern- wie Internseite ist der Mundrand in je eine kräftige Lippe vorgezogen ^. Die Flanken sind mit sehr feinen Fältchen, ähnlich wie bei Psil. planorbis, be- deckt. Die wenig geschützte, etwas unsymmetrische Lobenlinie stimmt ziemlich genau mit der des Psil. planorbis in entsprechender Grösse überein. Zahl der untersuchten Stücke: 7. Fundort: Bebenhausen bei Tübingen. Psil. nanuni gehört der Planorbis-Bank des Lias a an. Psiloceras calliphy Holdes n. sp. — Taf. VI Fig. 6, 6a. Masse: Dm. 45 mm = 1, Nw. 21 mm = 0,47, Wh. 13,5 mm = 0,30,Wd. 10 mm = 0,22. Von der äusseren Form des Psil. planorbis, sehr flach, weit- nabelig, mit ziemlich langsam anwachsenden, seitlich stark zusammen- gedrückten Windungen. Die Umgänge sind etwa bis zu V3 umfassend. Die Flanken sind mit niedrigen breiten Rippen verziert, welche von der niedrigen Nabelkante aus zuerst schwach nach rückwärts ge- wendet sind und dann auf der zweiten Hälfte der Flankenhöhe sich nach vorne biegen. Über die Aussenseite sind sie nur sehr undeut- lich zu verfolgen, ebenso wie die sehr schwachen, sich von der Aussenseite einschiebenden Zwischenrippen, ; welche nicht über das äussere Drittel der Windungshöhe hinausreichen. Der äussere Um- gang zählt 26, der vorletzte 14 Rippen. Die sehr unsymmetrische Lobenlinie zeigt Iole'd.Si;ta:::'Be'bl^: Anklänge an die des Psil. calliphyllmn. Die Lobeniinie^bef^mm Wh. einzelnen Sattelblätter sind wie bei Psil. calli- plujllum fast kreisrund ; doch sind bei letzterer Art die Sattel- und Lobenstämme schlanker und noch erheblich stärker geschlitzt als bei unserer Form. Der stark nach der Seite ^ cf. Äegoceras tenerum bei Wähn er, Beiträge etc. III. p. 144, 145. — 215 — gerückte Aussenlobus ist tief, ziemlich breit. Der erste Seitenlobus geht tiefer, der zweite ebenso tief als der Aussenlobus hinab. Drei Hilfsloben sind vorhanden, der dritte ist sehr klein ; sie gehen kaum unter die Lobennormale hinab. Der Seitensattel ist höher als der Aussensattel. Psil. caUiphylloides nimmt durch die flachen Rippen auf den Flanken und durch die fast kreisrunden Sattelblätter eine Mittel- stellung zwischen Fsil. planorbis und zwischen Psil. calliphyllum ein. Das abgebildete — einzige — Exemplar ist ein Steinkern, mit ganz geringen Schalenresten, welcher bis zur Hälfte des letzten Umganges gekammert ist. Die Wohnkammerlänge war nicht zu ermitteln. Vorkommen: Im grauen Kalk der Zone des Psil. planorbis. Fundort: Bebenhausen. Psiloceras Johnstoni Sow. sp. 1843 Ammonites psilonotus Quenstedt, Flözgebirge p. 127, 128 pars. 1846 „ , pUcatus Quenstedt, Cephalopodeu p. 74 pars. 1852 „ „ „ „ Handb. I. Aufl. p. 354. Taf. 27 Fig. ß\ 1858 , 7) n T, Ji^ii'a P- ^0- Holzschnitt links. 1867 V ^ „ „ Handb. II. Aufl. p. 422. Taf. 31 Fig. 61 1883 , « „ „ Ammoniteu p. 14—17. Taf. 1 Fig. 8, 12, 13. 1885 „ „ , , Haudb.III.Aufl. p. 544.Fig.168. 1824 Ammonites Johnstoni Sowerby, Mineral Conchology p. 469. Taf. 449 Fig. 1. 1842 „ torus d'Orbigny, Paleontol. frang. Terr. jur. I. p. 212. Taf. LIII. 1856 „ Johnstoni Oppel, Die Juraformation p. 179. § 14, 4. 1858 „ j Chapüis, Nouv. rech. d. foss. d. terr. second. d. 1. proviuce d. Luxembourg I. Mem. d. FAcad, d. Belgique Tome XXXIII. p. 15. Taf. III. Fig. 2. 1879 Aegoceras Johnstoni Neümayr, Unterster Lias p. 29. Taf. III Fig. 2. Ab- handl. d. k. k. geol. Keichsanstalt. VII. 1879 „ torus „ ibidem p. 30. Taf. III Fig. 3. 1879 Ammonites Johnstoni Reynös, Monographie Taf. II Fig. 19 — 21. 1880 Aegoceras „ Wright, Lias Ammonites p. 311. Taf. XIX Fig. 3 u. 4. 1886 „ ^ Wähner, Beiträge etc. III. Teil p. 146 Taf. XVI Fig. 6. Die sehr evoluten Umgänge sind erheblich niedriger als bei Psil. planorbis (die Höhe ist fast gleich der Breite), so dass Psil. ^ Das Original zu dieser Abbildung lag mir leider nicht vor. Das Stück, welches die auf diese Figur hinweisende Etikette trägt, gehört zu Psil. pUcatu- him Quenst. sp. und zeigt bedeutend höhere Umgänge als die Figur, welche ich nur unter Vorbehalt eitlere. 2 Kopie der I. Aufl. Taf. 27 Fig. 6, von der das in Anmerk. 1 Gesagte gilt. — 216 — Johnstoni bei gleichem Durchmesser mehr Umgänge zählt. Die Flanken sind mit kräftigen, fast scharfen Faltenrippen bedeckt; die Externseite ist glatt. Wie bei Psil. planorhis geht der erste Lateral- lobus unter den Externlobus hinunter; der Lateralsattel ragt über den Externsattel hinaus. An den zweiten Laterallobus schliesst sich ein aus zwei kleinen Zacken bestehender, herabhängender Nahtlobus an. Die Wohnkammer nimmt mehr als einen Umgang ein. Wähner ^ nennt die Fig. 12 auf Taf. 1 bei Quenstedt wegen ihrer zahlreicheren Rippen eine extreme Form des Psil. Jolmstoni. Neuerdings erhielt ich ein weiteres vollständigeres Exemplar, welches bei sehr niedrigen Windungen ähnliche zahlreiche stärkere Rippen trägt. Vielleicht sollte man diese Formen von Psil. Johnstoni scheiden , aber nach dem geringen Materiale , welches mir hiervon überhaupt vorliegt, möchte ich eine Trennung kaum schon vornehmen. Psil. Johnstoni begleitet Psil. planorhis, ist aber in Schwaben sehr selten. Psiloceras distinctiim n. sp. 1883 Ammonites Johnstoni Quenstedt, Ammoniteu p. 10 u. 21. Taf. 1 Fig. 20. Quenstedt betont 1. c. die grosse Übereinstimmung der vor- liegenden Form mit Psil. Johnstoni^ aus dem Lias von Watchet, doch diese Annahme Quenstedt's beruht wohl auf einer Täuschung durch die SowERBY'sche Abbildung. Wright sagt nämlich ^, dass ge- rade die Exemplare des Psil. Johnstoni von Watchet meistens stark komprimiert und der äusseren Schalenschicht beraubt seien ; ferner sollen die gut erhaltenen, nicht verdrückten Exemplare vollständig mit dem Amm. torus dOebigny^ übereinstimmen, mit welchem auch die wenigen schwäbischen Stücke des Psil. Johnstoni zu identifizieren sind, während die vorliegende Form wesentlich von Amm. torus d'Orb. abweicht. Das eine der beiden vorliegenden Stücke, bis auf wenige Teile der Wohnkammer unverdrückt, zeigt bei 121 mm Durchmesser 8 Um- gänge, welche höher sind als die des Psil. Johnstoni [Höhe : Breite = 7:5], und auf den Flanken starke Faltenrippen (auf den 4 äusse- ren Umgängen nach innen zu gezählt 38, 35, 28, 28 Rippen), welche weiter nach der Externseite hingehen als bei Psil. Johnstoni. Die ^ Wähn er, Beiträge etc. III. \>. 146. ^ Sowerby, Mineral Conchology Taf. 449 Fig. 1. 3 Wright, Lias Ammonites p. 311. * d'Orbigny, Paleontol. franc. ; Terr. jur. I. p. 212. Taf LIII. — 217 — Lobenlinie ist einfach geschlitzt, etwas unsymmetrisch. Der erste Lateral geht etwas tiefer hinab als der Externlobus ; der kleine zweite Lateral bildet mit 8 kleinen Auxiliaren einen herabhängenden Suspensiv- lobus (so die Lobenlinie auf dem äusseren Umgang an der mit der Wohnkammerendigung — noch nicht Mundrand — korrespondie- renden Stelle : einen Umgang früher folgen dem Laterale II nur zwei kleine Auxiliare). Von der Wohnkammer ist 72 Umgang erhalten, sicher war sie aber bedeutend länger. Die Schale lässt, so weit sie erhalten ist, eine feine radiale Streifung wie bei Psil. planorhis erkennen. Wähner stellt ^ unsere Form in die Verwandtschaft des Fsil. megastonm Gümbel ^, doch dieses letztere hat viel stärker geschlitzte, engere und höhere Lobenkörper und einen erheblich tiefer herab- hängenden Suspensivlobus. Psil. distinctum ist mit Ps'd. Johnstoui im dichten gelbgrauen Kalk des oberen Teiles der Planorbis-Bank des Lias a auf der Höhe von Waldhausen gefunden. Ps Hoc er US pseud-alpinum n. sp. — Taf. VI Fig. 4, 4 a, 4 b. Masse: Din. 49,5 mm = 1. Nw. 25 mm = 0,52, Wh. 14 mm = 0,28, Wd. 13 mm = 0,26. Das vorliegende — einzige — Stück ist z. T. beschalt, flach scheibenförmig. 472 Umgänge sind noch sichtbar. Die Umgänge sind wenig höher als breit, kaum bis zu 73 umfassend, mit kräftigen Rippen verziert. Bis zu 7$ ^^^ letzten Umganges ist der Ammonit gekammert; der Mundrand fehlt. Die Rippen verlaufen radial; im äusseren Drittel nach vorne gewendet, stossen sie auf der Aussenseite in einem Bogen zusammen. Das Nabelband ist glatt, auf den inneren Windungen fast senkrecht, auf der äusseren etwas schräger. Von der Nabelkante steigen die Rippen plötzlich auf, ihre grösste Höhe erreichen sie etwa in der Mitte der Flanken. Vom letzten Drittel der Umgangshöhe an wer- den sie schwächer und sind namentlich auf der Aussenseite der Wohnkammer sehr flach, wenig über die Windung hervorragend. Auf dem gekammerten Teile des Ammoniten sind die Rippen — so- weit dieser Teil sichtbar ist — bis nahe an die Mittelhnie der Aus- senseite noch ziemlich kräftig und vei"flachen sich hier plötzlich, so MVähner, 1. c. III. p. 147. ^ Gümbel, Geogaostische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges. I. Teil. p. 474. — 218 — dass diese Mittellinie durch ein fast glattes Band ausgezeichnet wird. Die Kippen bilden neben diesem Bande schwache, durch die plötz- liche Abflachung hervorgerufene Knötchen, setzten aber noch deut- lich über das Band hinüber. Auf der Wohnkammer kann man im Streiflicht noch die schwachen Knötchen der Rippen und in der Medianlinie der Aussenseite eine feine, fast unmerklich über das flache Band der Aussenseite erhabene Linie beobachten. Die Rippenanzahl beträgt auf den vier letzten Umgängen, von aussen nach innen fort- schreitend, 39, 39, 31, 24. Die Schale ist mit dichtgestellten, sehr feinen, den Rippen parallelen Anwachsstreifen verziert. Die Lobenlinie war nur unvollkommen zu präparieren; sie ist wenig unsymmetrisch, einfach, mit niedrigem, breitem Aussensattel, der erste Seitenlobus geht nur wenig unter den breiten zweispitzigen Aussenlobus hinunter. Psil. pseud-alpinum hat viel Ähnlichkeit mit dem alpinen Psil. extracostatum Wähner ^, unterscheidet sich von dieser Art jedoch durch die Aussenseite mit der dort schwach knotenartigen Ausbildung der Rippen. Fsü. pseud-alpinum — im HYATT'schen Sinne zu dessen Gat- tung Wähneroceras gehörend — ist als wertvolle Übergangsform der Psiloceraten zu den Schlotheimien zu betrachten. Das Auftreten des fast glatten Bandes auf der Aussenseite , sowie die Ausbildung der feinen Mittellinie auf dem letzten Teile der Wohnkammer sind viel- leicht als vorbereitende Merkmale für die Medianfurche resp. für die Zuschärfung der Windungen bei Schlotheimia in höherem Alter auf- zufassen. Die Ausbildung der Rippen jedoch und das Zusammen- stossen der Rippen in deutlich bemerkbarem Bogen auf der Aussen- seite sind im Gegensatz zu dem Winkel, welchen die Rippen der Schlotheimien auf der Aussenseite bilden, Charaktere, welche unsere Art zu Psiloceras stellen. Vorkommen: Zone der Schlotheimia angulata , im sogen. „Vaihinger Nest". Fundort: Vaihingen. (Samml. d. Stuttg. Naturalien-Kabinets.) Psiloceras äff. circacostato (Wähner). — Taf. VI Fig. 5, 5a, Zwei vorhandene Wohnkammerbruchstücke stimmen ziemlich gut zu der alpinen Form des Psil. circacostatum Wähner ", nur scheinen die Rippen bei unseren Stücken noch etwas entfernter zu » Wähn er, 1. c. I. 1882. p. 74. Taf. XIV Fig. 1. MVähner, 1. c. I. 1882. p. 83. Taf. XVI Fig. 5. 219 stehen als bei Wähners Art. Die kräftigen hohen Rippen laufen schwach sichelförmig gebogen über die Flanken und setzen in nach vorne gewendetem Bogen deutlich über die Aussenseite hinüber. Vorkommen: Zone des Fsil. planorbis , mit dieser Art zu- sammen gefunden. {Psil. circacostatiim der Alpen gehört dem Schrein- bacher Kalk mit Fsil. megastoma an, ist also jünger als die vorlie- genden Stücke.) Fundort: Heumaden. (Samml. des Hrn. Dr. Beck in Stuttgart.) Psiloceras sp, indet. Aus der Planorhis-Bsink des Lias a bei Bebenhausen erhielt ich vor kurzem Bruch- stücke eines grossen Psiloceras mit breiter glatter Aussenseite, dessen Aussensattel an Psil. Pauzneri Wähner ^ erinnert, während die ent- fernt stehenden breiten wulstförmigen Rippen auf Verwandtschaft mit Psil. hadropti/c/mmW är^er^ schliessen lassen. Beistehend bilde ich den Aussenlobus und Aussensattel — mehr von der Lobenlinie zu erkennen, war nicht möglich — ab. An Fig. 15. Psiloceras sp. indet. (Lias «.) Planorbis-Bs,n\l..\ Bebenhausen. Psiloceras suhangulare Oppel sp. 1858 Ammonites angulatus Quenstedt, Jura p. 43. Taf. III Fig'. 1. 1883 „ „ psiloyioti Quenstedt , Ammoniten p. 32. Taf. 2 Fig. 10, 11 ^ 1862 „ subangularis Oppel, Pal. Mitteihingen. p. 130. Anmerk. 1886 Äegoceras suhangulare Wähner, Beiträge. III. Teil. p. 162. Amm. angulatus psilonoti Qu. ist sicher keine Varietät der ScJilotheimia angulata, sondern muss zu Psiloceras gezählt werden; denn einmal fehlt die bei den Schlotheimien in dieser Grösse stets vorhandene Rinne auf der Externseite , und dann zeigt die stark asymmetrische Lobenlinie den für die ausseralpinen Arten der Gat- tung Psiloceras charakteristischen, einfachen Verlauf mit wenig ge- schlitzten Loben. Die kräftigen ungespaltenen Rippen bilden auf der Externseite keinen eigentlichen Winkel, sondern stossen etwas ver- ' Wähn er, 1. c. I. Taf. XXXI Fig. 3 b. 2 Wähn er, 1. c. III. Taf. XVIII Fig. 1. ^ Jura, Taf. 3 Fig. 1 und Ammoniten des Schwäbischen Jura, Taf. 2 Fig. 10 geben zwei verschiedene Stücke wieder; die Figuren sind nicht, wie Wähner a. a. 0. annimmt, Reproduktionen desselben Exemplares. — 220 — flacht in nach vorne gewendetem Bogen ohne Unterbrechung zusammen. Die Windungen , bei 38 mm Durchmesser sechs an der Zahl , sind seitUch stark zusammengedrückt. Das Belegstück zu Quenstedt's Taf. 2 Fig. 10 zeigt deutlich, wie die Rippen auf den inneren Windungen schwächer und die Loben- linien weniger gezähnt werden, so dass Taf. 2 Fig. 11 bei Quenstedt gut mit Psü. subangidare zu vereinigen ist. Vorkommen: Psü. subangulare gehört der Bank mit Psil. planorhis an; 1. c. sagt Quenstedt, dass das Exemplar Taf. 2 Fig. 10 von der Pfrondorfer Höhe „unter" der Psilonotenbank gefunden wäre. Ein festes Gestein der Psilonoten = P/anorft «s-Bank ist an der Fund- stelle, welche jetzt vollkommen abgebaut ist, gar nicht anstehend gewesen. Es lag dort über dem Bonebedsandstein des obersten Keupers eine dünne, verwitterte Schicht, aus welcher vorliegende Art und das folgende Psiloceras sp. die einzige Ausbeute war. Demnach scheint es mir nicht ganz zweifellos, ob in betreff der Angabe „unter der Psilonotenbank" hier nicht vielleicht ein Irrtum waltet^. — Neuer- dings ist von Herrn Dr. Beck in Stuttgart ein weiteres Exemplar aus typischem Planorb is-Ka\k bei Nürtingen gefunden worden. Psiloceras s'p. 1885 Ammonites angulatus hirziniis Quenstedt, Ammoniteu p. 33. Tat. 2 Fig. 12. Die kleinen Wohnkammerstücke, von denen Quenstedt a. a. 0. eines abbildet, unterscheiden sich von Psil. subangulare durch ent- fernter stehende Rippen, welche auf der Externseite besonders stark und hoch werden und hier einen energisch nach vorne gewendeten Bogen bilden; ausserdem ist der Windungsquerschnitt niedriger als bei Psil. subangulare. Ein zu geringes vorliegendes Material verbietet eine genaue Begrenzung dieser Form, die zu der folgenden mir in nächster Be- ziehung zu stehen scheint, wenn auch das Lager beide trennt. Vorkommen: Planorbis- Bank \ zusammen mit Psil. sub- angulare. Fundort: Pfrondorf. Wähner ^ mutmasst, dass Oppel in seiner Note ^ über die For- men der „Angulaten" wohl mit Anwi. subangularis die vorliegende ^ Vergl. Quenstedt, Jura p. 41. 2 Wähn er, 1. c. III. p. 162. ^ Oppel, Palaeontologische Mitteilungen p. 130. — 221 — Form gemeint habe, allein Oppel's Citat: „Qüenstedt, Jura Taf. 3 Fig. 1 non Taf. 6 Fig. 10" scheint dieses auszuschliessen. Fsiloceras capra- ibex n. sp. — Taf. VI Fig. 6, 6a, 6b. Ammotiites ibex Qüenstedt rans. Masse: Dm. 81,5 = 1, Nw. 13 = 0,41, Wh. 11 = 0,35, Wd. 7,5 = 0,23, 22 Rippen auf dem letzten Umgang. Das abgebildete Stück, ein fast vollständiges Exemplar der Tübinger Sammlung, trug die obige Bestimmung Quenstedt's, Die Umgänge, fünf an der Zahl, sind flach, von fast oblongem Querschnitt. Die Involubilität beträgt etwa ^!^. Die inneren Umgänge tragen schwache Rippen, auf der äusseren Windung sind die weit- läufig stehenden Rippen schwach sichelförmig gebogen. Nach aussen zu werden sie kräftiger und bilden auf der Extern- seite, namentlich der Wohnkammer, ziemlich hohe, ^ nach vorne gebogene Wülste. Wohnkammerlänge !^ X/"^^ mindestens ^4 Umgang. Mundrand fehlt. Die sehr einfache Lobenlinie ist unsymmetrisch, der psü. capra'-ibex n. s^?. kleine Externlobus rückt ganz in die Nähe der Um- Lobenlinie b. 7 mm wh" biegung nach den Flanken hin. Der erste Lateral geht wenig unter den Externlobus hinab; der kleine zweite Lateral und die beiden Zäckchen des Nahtlobus erreichen die Lobennormale nicht. Der Lateralsattel geht über den Externsattel hinaus. Von Psü. suhangitJare ist Psil. cahra-ihex durch die entfernter stehenden, aussen kräftigeren Rippen verschieden; Psil. siibangidnre zählt bei gleichem Durchmesser 36 Rippen, wo unsere Art nur 22 trägt; ferner ist die Lobenlinie bei der vorliegenden Art noch einfacher. Psiloceras sp. = Ämm. angidatus hirsinus Qüenstedt hat Rippen, deren Aussenwülste stärker als bei unserer Form sind; immerhin sind die Anklänge sehr bedeutend, so dass bei grösserem Material vielleicht eine Vereinigung beider Formen notwendig wird, was bei dem höheren Lager des Psil. capra-ibcx von grossem Interesse wäre. Vorkommen: Arietenkalk, also oberer Lias a. Fundort: Jettenburg bei Tübingen. Jedenfalls sehr nahe steht das von Schlönbach ^ aus dem un- teren Lias von Halberstadt erwähnte Vorkommen eines sehr nieder- mündigen y,Ämm. angidatus^ mit weitstehenden Rippen und gerun- detem Externteil. ' U. Schlönbach, Über neue und wenig bekannte Ammoniten. Palae- ontographica Bd. XIII. p. 153. — 222 — III. Schlotheimia Bayle. Aegoceras Waagen z. T. Angulaten, Angulaüceras Qüenstedt; Dentaten Qüenst. z. T. Schale scheibenförmig, weit- bis sehr engnabelig, mit meist seithch flach gedrückten Umgängen von sehr verschiedener Involu- bihtät. Die geologisch jüngeren Formen sind meistens engnabeliger als die älteren. Wohnkammerlänge nicht genau festgestellt, wahr- scheinlich etwa einen Umgang betragend; Mundrand unbekannt. Die Umgänge sind mit mehr oder weniger scharfen Rippen verziert, welche nach aussen stetig an Stärke zunehmen und auf der Aussenseite in einem nach vorne gerichteten Winkel aufeinander zulaufen. Sie stossen hier nicht direkt zusammen, sondern werden durch eine Furche, welche durch plötzliches Absinken der Rippen entsteht, neben der Medianlinie unterbrochen, jedoch ohne dass sie — mit Ausnahme der geologisch jüngsten Formen, der Gruppe der ScMoth. lacunata, — ganz verlöschen. Die Furche tritt erst bei kräftig entwickelter Skulptur auf und wird in höherem Alter wieder undeutlich, so dass dann die Rippen ohne Unterbrechung mit ge- ringer Abschwächung über die Aussenseite hinübergehen. Rippen- spaltung tritt bei der grossen Mehrzahl der Arten auf, und zwar bei den geologisch älteren Formen erst in erwachsenem Zustande der Exemplare. (Vergl. die Reihe : Schlofh. angulata, depressa, Char- massei, angulatoides, lacunata.) Bei geologisch jüngeren Formen tritt die Spaltung der Rippen nicht nur bereits auf früheren Win- dungen, sondern auch näher an der Nabelkante auf als bei älteren Formen. Die eingeschobenen Rippen sind an der Aussenseite ebenso kräftig als die Hauptrippen. Bei höherem Alter tritt eine Ab- schwächung der Skulptur auf, welche zuerst die Rippen auf den Flanken, später auf der Aussenseite auslöscht. Kielbildung tritt nicht auf. Die in der Mitte der Aussenseite der Schloth. Boucaultiana auftretende Knötchenreihe ist nicht als Kiel zu betrachten, sondern nur als eine, nicht auch den Steinkern in Mitleidenschaft ziehende, eigentümliche Ausbildung der äusseren Schalenschicht, welche erst in höherem Alter auftritt. Die Lobenlinie ist einfach bis sehr stark zerschlitzt. Der Aussen- lobus ist seichter als der erste Seitenlobus (Ausnahmen bilden Schloth. d'Orhifinyana und Schloth. Boucaultiana, wo das umgekehrte Verhältnis stattfindet). Zwei bis fünf schrägstehende Hilfsloben bilden 223 Lias a. mit dem kleineren zweiten Seitenlobus einen mehr oder weniger tief herabhängenden Suspensivlobus. Der erste Seitensattel ist höher als der Aussensattel ^ Der Innenlobus ist zweispitzig. Die Arten der Gattung Sc/dotheimia gehören sämtlich dem unteren Lias an; die Verteilung der schwäbischen Arten auf die einzelnen Zonen ist folgende: 1. Oolithenbank Quenstedt's: Schloth. angulata Schloth. „ striatissima Hyatt. 2. Zone der Schlotheimia angulata: Schloth. angulata Schloth. „ depressa Wähn. „ cf. marmorea Opp. „ Charmassei d'Orb. 3. Zone des Arietites Bucklandi: Schloth. angulatoides Quenst. „ intermedia n. sp. (?) ^. „ d'Orhignyana Hyatt (?). 4. Zone des Arietites obtusus: Schloth. rumpens Opp. „ Boucaultiana d'Orb. 5. Zone des Oxynoticeras oxynotum: Schloth. rumpens Opp. (?). „ lacunata Blckm. 6. Zone des Arietites raricostatus : Schloth. densilobata n. sp. Aus den Skulpturverhältnissen würde sich für die schwäbischen Arten der Gattung Schlotheimia etwa folgendes Verwandtschaftsbild ^ entwickeln: Lias ß. * Bei Schloth. Boucaultiana ist der Aussensattel höher als der erste Seitensattel. Schloth. Boucaultiana, wie d'Orbignyana zeigen in bezug auf die Lobenlinien Abweichungen, die sie eigentlich von der Gattung Schlotheimia trennen sollten ; Skulptur- und Windlingsverhältnisse stimmen aber so zu unserer Gattung, dass ich eine Trennung nicht für gerechtfertigt erachten kann. ^ Für Schloth. intermedia und d'Orbignyana ist die Zugehörigkeit zur Zone des Arietites Bucklandi nicht absolut sicher. ^ Vergl. den von Hyatt in „Genesis of the Arietidae" Taf. XI auf- gestellten Stammbaum. 224 Schloth. densilohata i Schloth. lacunata Schloth. rumpens Schloth. angulatoides Schloth. Boucaultiana Schloth. (VOrhignyana Schloth. Charmassei Schloth. cf. marmorea Schloth. depressa- Schloth. intermedia / 9 Schloth. striatissima Schloth. angulata / Psiloceras (a. d. Gruppe des megaStoma oder suhangulare?) Die Wurzel der Schlotheimien ist zweifellos bei den Psiloceraten zu suchen (vergl. oben Psil. pseud-alpiimm); von welcher Form man sie ableiten darf, ist bis jetzt nicht festzustellen. In der „Oolithenbank" ist neuerdings neben Schloth. angulata und striatissima ein undeutliches Bruchstück einer hochmündigeren Schlotheimia gefunden, deren Rippen nur auf dem äusseren Teile der Flanken erkennbar sind, und auf deren Aussenseite die Medianfurche bereits ausgelöscht ist. Bemerkenswert ist dieses Zusammenvorkom- men nieder- und hochmündiger Formen schon bei dem ersten Auf- treten der Schlotheimien im schwäbischen Lias. In bezug auf die stetig zunehmende Komplikation der Skulptur stimmt das oben stehende Verwandtschaftsbild ; weniger scheint es in bezug auf die fortschreitende Komplikation der Lobenlinie der Fall zu sein, da wir bei der jüngeren Schloth. lacunata eine viel einfachere Lobenlinie haben als z. B. bei Schloth. Charmassei, das darf aber durchaus nicht wunder nehmen, da wir derartigen plötzlichen Rück- — 225 - schlagen in der Ausbildung eines Organes in vielen Entwickelungs- reihen begegnen: Die einfachere sehr an die der Scliloth. angulata erinnernde Lobenlinie der ScJiloth. lacunata und rumpens, glaube ich, als eine Erscheinung des Atavismus ansprechen zu dürfen, Schlotheimia angulata Schloth. sp. 1843 Ammonites angulaUis Qüenstedt, Flözgebirge p. 133 pars. 1849 ^ ^ depressus Qüenstedt, Cephalopoden p. 75. Taf. V Fig. 2 c, d, (nicht 2 a, b). 1852 „ „ , „ Handbuch I. Anfi. p. 354. Taf. XXVII Fig. 7. 1858 „ , Qüenstedt, Jura p. 59. Taf. VI Fig. 10. 1861 T „ „ Epochen p. 531 pars. 1867 _ „ depressus Qüenstedt, Handbuch II. Aufl. p. 422. Taf. XXXV Fig. 7. 1883 ., , Qüenstedt, Aramonitea p. 34. Taf. 3 Fig. 6. 1883 „ . thalassicus Qüenstedt, ibidem p. 32. Taf. 2 Fig. 9. 1883 „ , costatus „ ibidem p. 32. Taf. 2 Fig. 8 1. 1820 „ , Schlotheim, Petrefakteukunde p. 70 pars. 1829 _ anguliferus Phillip.s, Geology of Yorkshire p. 192. Taf. XIII Fig. 19. 1856 3 angulatus Oppel, Juraformation p. 195. § 14, 6 pars. 1864 „ , DüMORTiER, Depötsjur. etc.Ip.ll2. Taf.XIXFig.2,3. 1879 „ „ Reyn^s, Monographie Taf. V Fig. 1—5. 1879 Äegoceras angidatum Wright, Lias Ammonites p. 318. Taf. XIV Fig. 5, 6, Taf. XVII Fig. 3, 4. 1884 Schlotheimia angidata Zittel, Handbuch I. 2. p. 456. Fig. 637. 1886 Äegoceras angidatum Wähnee, Beitr. etc. III. p. 163 (62). Unter dem Namen Amm. angulatus fasste Schlotheim eine ganze Reihe von Formen zusammen, welche Qüenstedt zunächst in den „Cephalopoden" p. 7 nach der Höhe der Umgänge in Amm. angulatus depressus und compressus schied und welche er dann später in den Ammoniten des Schwab. Jura p. 27 ff. mit Bezug auf die Form der Umgänge, auf die Grösse, die Berippung und ihr Lager weiter in Amm. angulatus depressus gigas, angulatus intermedius ^ Die hier citierte Figur und Fig. 2 c, d auf Taf. IV der Cephalopoden sind nach demselben Stücke gezeichnet, wie der Vergleich des Originals von Amm. angulatus costatus mit der aus den „Cephalopoden'" angezogenen Abbildung beweist; die Ausführung der beiden Abbildungen ist nur eine so verschiedene, dass z. B. Wähn er p. 197 im III. Teil seiner mehrfach citierten „Beiträge" den Amm. angulatus costatus für eine neue Form hielt. — Die Einzeichnuug einer Scheidewand in Quenstedt's Fig. 25 darf uns nicht irre führen; sie ist, wie aus der Betrachtung der Seitenansicht Fig. 2 c hervorgeht, willkürlich hinzu- gesetzt worden. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkuude in Württ. 1893. 15 — 226 — gigas, angulatus compressus gigas, angulatus oblongus, angulatus costatus, angulatus striahis, angulatus striatissimus, angulatoides und angulatus thalassicus teilte. Fassen wir unter dem Namen ^Schloth. angulata'^ die einfach- sten Formen aus der Reihe der durch die ScHLOTHEiM'sche Diagnose bezeichneten Arten zusammen, so erhalten wir eine gut begrenzte Art, welche durch die folgenden Charaktere ausgezeichnet wird : Die sehr wenig involuten Umgänge sind höher als breit (Höhe : Breite etwa = 4 : 3)^; sie sind mit kräftigen, scharfen, ungeteilten Rippen bedeckt, welche an der steilen Nabelkante beginnen, die Flanken in ungefähr radialer Richtung überschreiten und nach der Externseite zu höher werden. Vor dem Übergang auf die Extern- seite biegen sie sich nach vorne um und streben auf derselben in einem scharfen Winkel von meistens weniger als 90° einander ent- . gegen. Kurz vor der Mittellinie brechen die Rippen fast plötzlich •ab und lassen eine in der Mittellinie verlaufende rinnenartige Ver- tiefung frei, auf deren Grunde man noch eine niedrige Fortsetzung der Rippen bis zu ihrem Zusammenstossen mehr oder weniger deut- lich verfolgen kann. Nach vorne zu wird die Rinne allmählich un- deutlicher, ohne jedoch ganz zu verschwinden. Rippeneinschiebung oder -Spaltung habe ich bei keinem der mir vorliegenden Stücke beobachten können^. Das auf Taf. IV Fig. 1, la abgebildete Bruch- stück ist dadurch ausgezeichnet, dass es bei grosser Windungshöhe, die einem Durchmesser von weit mehr als 100 mm entsprechen muss, noch vollkommen scharfe ungeteilte Rippen hat, welche, auf der Aussenseite in stumpfem Winkel zusaramenstossend, noch Reste der Rinnenbildung zeigen. Die Lobenlinie ist einfach und wenig geschlitzt. Der Extern- lobus ist etwa ebenso breit als tief. Der erste Laterallobus geht erheblich tiefer hinab als der Externlobus. Der kleinere zweite Lateral bildet mit zwei kleinen Auxiliaren einen unter die Loben- normale herabhängenden Suspensivlobus. Mehr als zwei Auxiliare sind nie vorhanden. Der Internlobus ist zweispitzig. Der Late- ralsattel ist höher als der Externsattel. Für die Länge der Wohnkammer kann ich aus eigener An- * Diese Angabe bezieht sich auf die äusseren Umgänge; die inneren sind niedriger. ^ Das grosse Exemplar, welches Wright 1. c. Taf. XIV Fig. 5, 6 ab- bildet, zeigt bei fast 130 mm Durchmesser 3 eingeschobene Rippen anf dem letzten Umgänge. — 227 - scliauung kein bestimmtes Mass angeben. Die hin und wieder vor- handene Spuilinie lässt auf etwa einen Umgang Wohnkammerlänge schhessen. Den Mundrand konnte ich — wie bereits oben gesagt — bei keiner der zu Schlotheimia gehörenden Formen beobachten. Nur Formen, welche der vorstehenden Charakteristik ent- sprechen, dürfen zu einer Art vereinigt werden, für welche der ScHLOTHEiM'sche Name „angulata"" wohl gerechtfertigt ist, da man sie als Grundform der folgenden bisher zum Teil auch als Angulaten zusammengefassten Arten betrachten muss. Zur Entwickelung der Wachstumsverhältnisse und der Skulptur bei ScJdoth. angulata bot ein kleines Exemplar aus dem unteren Lias von Vorwohle bei Holzminden folgende Momente: Der vierte Umgang nach der Anfangskammer (weiter an dem Stücke zurück- zugehen war nicht möglich) war sehr wenig höher als breit. Rippen waren noch nicht vorhanden, sondern nur feine Fältchen auf den Fig. 17 a. Fig. 17 b. Schlotheimia angnlata Schlotll. sp. a. Lobenlinie des Originals zu Quenstedt, Amin. Taf. 2 Fig. 8 bei 19,5 mm Wh. b. Lobenlinie eines Exemplars von Vorwohle bei i,5 mm Wh. Flanken ; die Externseite war glatt. Der fünfte Umgang zeigte bei grösserer Windungshöhe bereits deutliche Rippen, welche auf der Externseite in flachem Bogen zusammenstiessen. Die Rinnenbildung bereitete sich durch schwaches Einsinken der Rippen in der Richtung der Medianlinie vor. Der sechste und siebente Umgang — letzterer bereits Wohnkammer — wiesen in bezug auf Form und Berippung ■die weiter oben angeführten Merkmale auf. Obenstehend ist die Lobenlinie dieses Stückes bei einer Win- dungshöhe von 1,5 mm wiedergegeben; die Figur 17a zeigt die Lobenlinie des Originals zu Quenstedt's Amm. angulatus costatus bei 19,5 mm Windungshöhe. Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm Rippen, I. Ämm. angul. cost. Qu. 64 = 1 25 = 0,39 25 = 0,39 18 = 0,28 38 II. Amtn. ang. thalass. Qu., Amm. Taf. 2 Fig. y .35 = 1 14 = 0,40 12 = 0,34 10 = 0,29 33 in. Exemplar von Dusslingen 38 = 1 16 = 0,42 13 = 0,34 10,5 = 0,27 36 15* - 228 — Yorkominen: Schloth. angidata kommt in Schwaben in der ^Oolithenbank" Quenstedts — hier allerdings bisher nur in einem Bruchstücke gefunden — und in der folgenden, nach ihr benannten Zone vor, wird aber nicht besonders häufig gefunden; sie soll ver- einzelt auch noch in der Zone des Arietites Bucklanäi vorkommen. In den Alpen gehören die seltenen Vorkommnisse dem gelbgrauen Kalk mit „Äegoceras megastoma'' an, welcher nach Wähxer^ der „Oohthenbank" gleichalterig ist. In Frankreich und England liegt Schloth. angulata in den der schwäbischen Angulatenzone entsprechen- den Horizonten . der „Zone de VAmm. angulcdus" (Dumortiee) und der _Zone of Aegoceras angulatum^ (Wright). Schlotheimia depressa Wähn. sp. 1843 Ammonites angidatus Quenstedt, Flözgebirge p. 133 pars. 1849 „ „ depressus Qcenstedt, Cephalopodeu p. 75. Taf. IV Fig. 2 a. b. 1852 , „ . . Handb. I. Aufl. p. 354 pars 1858 „ „ QuEXSTEDT, Jura p. 59 pars. 1867 „ - depressus Qüenstedt, Handb. 11. Aufl. p. 422 pars. 1883 . '„ . „ Ammoniten p. 28, 29, 31. Taf. 2 Fig. 1, 3, 7. 1883 3 . - gigas Qu., ibidem p. 35. Taf. 3 Fig. 9. 10. 1883 „ - thalassicus Quekstedt, ibidem p. 30. Taf. 2 Fig. 4, 5. 1885- '\ . depressus „ Haudb. IQ. A\ifl. p. 544. 1820 3 j Schlotheim, Petrefaktenkunde p. 70 pars. 1830 ^ coltihratus Zietex, Versteinerungen Württ. p. 3. Taf. III Fig. 1. 1856 . angulatus Oppel, Juraformation § 14; 6 pars. 1862 . . - Pal. Mitteil. I. p. 130 Note. 1878 Schlotheimia angulata Batle, Explication etc. Taf. LV Fig. 1. 1886 Aegoceras depressum Wähner. Beitr. m. p. 164. Taf. XX Fig. 12. Rippung und Lobenlinie scheiden diese Art deutlich von Schloth. angulata. Die Rippen stehen meistens enger und sind nicht so scharf, mehr gerundet. Bereits ziemlich frühe, durchschnittlich bei 20 — 23 mm Windungshöhe — bei einem Exemplar von Jettenburg sogar schon bei 14 mm — tritt Einschiebung kürzerer Rippen von der Extern- seite aus auf; etwas später erfolgt deutliche Rippenspaltung, und zwar so, dass allmähhch die gespaltenen Rippen die ungeteilten an Zahl übertreffen. Auf den Flanken nehmen die Rippen nach Ein- tritt der Spaltung allmählich an Stärke ab, so dass die Flanken fast ^ Wähner, Zur heteropischen Differenzierung des alpinen Lias. Verhandi d. k. k. geol. Eeichsanst. 1886. Xo. 7 u. 8 p. 9. — 229 - glatt werden. Bei der Beugung nach vorne und beim übertritt auf den Externteil bleiben die Rippen bis zu einer bedeutenden Grösse deutlich. Erreichen die Individuen die Grösse der QuENSTEDi'schen „Riesenangulaten", so erscheint auch die Externseite bei dann voll- kommen glatten Flanken nur sanft gewellt, fast glatt. Die Rinne in der Medianlinie der Externseite wird bald nach dem Eintritt der Rippenspaltung flacher, um allmählich ganz zu verschwinden, so dass der Externteil bei grossen Stücken gleichmässig gewölbt erscheint. Die Lobenlinie zeigt bei gleicher Windungshöhe eine mehr- fachere und tiefere Schlitzung als bei Schloth. angulata. Ein Stück von Dusslingen, von derselben Grösse und Form wie Ämm. angulahis thalassictis bei Qüenstedt, Ammoniten Taf. 2 Fig. 5, zeigte folgende Lobenentwickelung: Bei 3,7 mm Windungshöhe folgt dem kleinen zweiten Lateral eine undeutlich geschwungene Linie; bei 7 mm treten bereits zwei kleine Auxiliarloben auf; bei 14 mm folgen auf den zweiten Lateral bereits vier Auxiliarloben^: die Loben und Sättel zeigen bereits eine Schlitzung, welche der der citierten Abbildung Quenstedt's im wesentlichen entspricht. Die Zahl 4 der Auxiliar- loben bleibt nun, auch bis zum grössten Wachstum, konstant; höch- stens erfährt die Sutur nach dem vierten Auxiliar noch eine kleine Schlitzung, welche nicht bis zur Tiefe des vierten Auxiliarlobus hinabreicht. Bei den grossen Exemplaren dehnen sich die Sättel stark in die Breite. Die gegenseitige Lage der Loben und Sättel ist folgende : Die nicht zu stark divergierenden Aste des Externlobus gehen etwa bis zur Tiefe des äusseren Astes des dreispitzigen Laterale I hinab. Der zuerst zwei-, später dreiteilige Laterale II kann bis zum inneren Aste des Laterale I hinabgehen und bildet mit den Auxiliaren einen tief unter die Lobennormale herabhängenden Suspensivlobus. Der Lateralsattel ist breiter und höher als. der Externsattel. Die Wohnkammerlänge dürfte einen Umgang betragen. Die Involubilität ist geringer als ^/^. Dm. Nw. Wh. Wd. Masse: mm mm mm mm Rippen I. Qc, Amm. Taf. 2 Fig. 1 142 = 1 55 = 0,39 51 = 0,36 32 = 0,22 ca. 70 88 = 1 36 = 0,41 28 = 0,32 21 = 0,23 51 90 = 1 35 = 0,39 33 = 0,36 20 == 0,22 55 9 402 = 1 170 = 0,42 133 = 0,33 65 = 0,16 ? 204 = 1 83 = 0,40 72 = 0,35 — ? 257 = 1 101 -= 0,89 91 = 0,36 48 = 0,18 ca. 72 * Bei Schloth. angulata kommen stets nur 2 Auxiliare vor! •n. , „ , 2 . ^ UI- - r r. 2 T ^ IV. „ . „ 3 r. 9 V. von Vaihingen VI. ohne Fandort , — 230 — Loben höhen (nach Wähner die Entfernung des tiefsten Punktes des ersten Seitenlobus vom höchsten Punkte des ersten Seiteusattels): I. 27,5 bei 51 mm Windungshöhe = 0,54 III. 19 , 31 , , = 0,61 IV. 50 , 127 „ ,. = 0,40 V. 33 „ 51 , , =. 0,65 VI. 39 „ 70 „ , = 0,56 VII. (Qu., Amm. Taf. 3 Fig. 10). 39 bei 80 Windungshöhe = 0,50 Die ausserordentliche Übereinstimmung in den Massverhältnissen der Stücke I, 11 und III rechtfertigt die Vereinigung der Qüenstedt'- schen Arten Änwi. angulatus thalassicus und depressus. Die grösseren Stücke IV, V, VI (und VII) = Amm. angulatus depressus gigas weichen etwas in den Verhältnissen ab, doch da ihre Lobenlinie dieselben Elemente aufweist und ihre inneren Windungen ebenso wie die der vorgenannten Stücke gerippt sind, stehe ich nicht an, auch sie der Sclüoth. depressa zuzuzählen. d'Orbigny's Amm. Moreanus ^ unterscheidet sich von Schloth. depressa ausser durch die etwas verschiedene Sutur durch das frühe gänzliche Verschwinden der Rippen von den Flanken. In bezug auf letztere Eigenschaft scheint das Original zu d'Orbigny's Amm. Moreanus ein Unikum zu sein, wenigstens bemerkt Dumortier^, dass ihm nie ein ähnliches Stück vorgelegen habe. Aegoc. Moreanum Wright ^ ähnelt unserer Art sehr, zeigt aber weniger als vier Auxiliare. Die alpinen Vorkommnisse des Amm. Moreanus Hauer ^ = Schloth. extranodosa Wähner sp. ^ sind durch stärker geschlitzte Loben und bedeutendere Lobenhöhe von Schloth. depressa unterschieden. Vorkommen: Schloth. depressa., der Zone der ScJdoth. angulata in Lias a angehörend, ist in Schwaben ziemlich häufig, besonders bei Vaih- ingen, gefunden. Schlotheimia Charmassei b^Orb. sp. 1843 Ammonites angulatus Qüenstedt, Flözgebirge p. 133 pars. 1849 , „ compressus Qüenstedt, Cephalopoden p. 75*^. 1 d'Orbigny, Paleont. fran?. Terr. jm-. I. p. 229. Taf. XCHI. ^ Dumortier, Depots jurassiques I. p. 113. 3 Wright, Lias Ammonites p. 322. Taf. XVIII Fig. 1, 2. •* Hauer, Cephalopoden aus dem Lias der ]S0. -Alpen. Deukschr. d. Wien. Ak. 1865. p. 51. Taf. XV. Fig. 1—3. '-" Wähn er, Beiträge zur Kenntniss der tieferen Zonen des unteren Lias in den nordöstlichen Alpen. UI. p. 168. Taf XX Fig. 7—11. " Nicht: Qüenstedt, Cephulopodeu p. 262, wie Wright p. 323 citiert; die dort von Qüenstedt Amm. cf. angulatus genannte Form scheint Schloth. extranodosa Wähn. sp. zu sein (cf Wähn er, Beitr. etc. III. p. 168). - 231 - 1867 Ammonites anguluius covtpressus Quenstept, Haudb. II. AuÜ. p. 423. 1883 . , , , Aiimu.mtenp.28. Taf.2Fig.2. 1885 „ „ „ ^ Handb. III. Aufl. p. 544. 1844 „ Charmassei d'Orbigny, Terr. jur. I. p. 296. Taf. 91 Fig. 3—5. 1864 . , DuMORTiER, Depots j«r. I. p. 29. Taf. XVII Fig. 1, 2. 1881 Aegoceras Charmassei Wright, Lias Ammonites p. 323. Taf. XX. 1889 Schlotheimia Charmassei Hyatt, Genesis p. 132. Am7n. anyulatus compressus Qüenst. ist vollkommen identisch mit Schloth. Charmassei; die Massverhältnisse der mir vorliegenden Stücke stimmen vorzüglich mit dOrbigny's Fig. 3 auf Taf. 91. Das ausserordentlich schnelle Höhenwachstum bei sehr engem Nabel — die Involubilität beträgt bei den äusseren Windungen etwa ^/g — trennt ScJdoth. Charmassei von Schloth. depressa. Die kräftigen gerundeten Rippen bleiben auf den Flanken lange deutlich ; nach vorne zu werden sie breiter. Rippenspaltung tritt bereits früh ein, bei einem Stücke schon bei 15 mm Windungshöhe. Die Rinne auf der Externseite verschwindet früh. Die Lobenhnie konnte ich leider an keinem der mir vorliegen- den Exemplare genau verfolgen; sie ist stark zerschlitzt, die Äste des Externlobus divergieren erheblich; bei 32 mm Windungshöhe konnte ich drei ziemlich tiefe Auxiliare beobachten, bei 62 mm vier. Dm. Masse: mm I. Qu., Amm. Taf. 2 Fig. 2 149 = II. ohne Fnndort .... 169 = III. Vaihingen 74 = ü'Orbigny, Taf. 91 Fig. 3 . 88 = Schlotheimia Charmassei gehört der Zone der Schlotheimia angii- lata und kommt ganz selten auch in der untersten Abteilung der Zone des Ärietites BucMandi vor (nach freundlicher Mitteilung des Herrn Pfarrers GüSSMANN-Eningen). Fundorte: Vaihingen, Göppingen. Schlotheimia cf. marmorea Oppel. [cf. 1862 Ammonites marmoreus Oppel, Palaeont. Mitteil. p. 130 Note. 1886 Aegoceras marmoreum Wähner, Beiträge etc. III. p. 181.] Oppel trennte 1. c. die im alpinen Lias häufigen Vorkommnisse einer hochmündigen Schlotheimia von Schloth. Charmassei d'Orb., mit welcher Art sie bisher vereinigt wurden ^, von der sie aber durch ' Die Windungsdicke nimmt mit der Grösse ab, ebenso die Nabelweite, während das Verhältni.s der Windungsböhe ziemlich konstant bleibt. - Vergl. Hauer, Cephalopoden aus dem Lias der NO.-Alpen. Denkschr. d. Wiener Akademie 1865. p. 49. Taf. XV. Nw. Wh. Wd. mm mm mm 1 37 = 0,24 68 == 0,46 37 = 0,24 1 45 = 0,26 74 = 0,43 40 = 0,23 1 18 - 0/24 34 = 0,46 60 = 0,201 1 23 =. 0,26 40 = 0,45 23 = 0,26 — 232 — grössere Nabelweite und kräftiger geschlitzte Loben mit besonders stark divergierenden Asten des Externlobus verschieden sind. Zwei Stücke aus der Zone der Schloth. angulata Württembergs stehen dieser alpinen Form sehr nahe. Das eine Stück, Bruchstück mehrerer Windungen, zeigt dichtstehende, gerundete, nach vorne ge- schwungene und gespaltene Rippen. Die Rippen beider Seiten har- monieren nicht, es entspricht vielmehr einer Hauptrippe auf der einen Seite eine Nebenrippe auf der andern Seite. Die fast vollkommen glatte Aussenseite erscheint beinahe scharf. Die Lobenlinie zeigt etwas weniger divergierende Äste des Aussenlobus, etwas breitere Lobenkörper und nur vier Hilfsloben, während Schloth. marmorea deren fünf aufweist (vergl. die citierte Abbildung Wähner's). Die Lobenhöhe (31 mm bei 54 mm Windungs- höhe) = 0,57 entspricht ungefähr der von Wähner für Schloth, marmorea angegebenen von 0,55. Das zweite, fast vollständige Exemplar von Bempfhngen zeigt folgende Masse : Dm. 250 mm ---^ 1, Nw. 89 mm = 0,35, Wh. 93 mm = 0,37, Wd. 40 mm = 0,16. Es entspricht also ungefähr den Massverhältnissen, welche Wähner für Schloth. marmorea angiebt. Die beinahe scharfe Extern- seite dieses Stückes erinnert sehr an Schloth. ventricosa bei Wähner \ das vorliegende Stück ist jedoch weitnabeliger. Die Involubilität beträgt bei beiden Stücken etwa ^2? steht also ungefähr in der Mitte zwischen der der Schlotheimia depressa und Charmassei. Vorkommen: Zone der Schlotheimia angulata. Fundorte: Göppingen, Bempflingen. Schlotheimia cf Orhignyana Hyatt. 1838 Ammonites angulatus compressus gigas Quenstedt, Amm. p. 38. Taf. 4 Fig. 2, 1844 „ Charmassei d'Orbigny , Pal. frauQ. Terr. jur. I. p. 296 (pars). Taf. 92 Fig. 1, 2. 1889 Schlotheimia d'Orbigny atia Hyatt, Genesis p. 133. Masse: Dm. 420 mm = 1, Nw. 87 mm = 0,21, Wh. 203 mm = 0,48, Wd. 75 mm = 0,18. Das Original zu Quenstedt's Amm. angulattis compressus gigas zeigt analoge Grössenverhältnisse wie die citierte Figur d'Orbigny's ". ' Vergl. Wähn er, Beiträge etc. III. Taf. XXIII Fig. 11. ^ d'Orbigny's Fig. 1 u. 2 auf Taf. 92, nach dem Original auf ^/g redu- ziert, zeigt die Masse : Dm. 495 mm = 1, Nw. 90 mm = 0,18, Wh. 235 mm = 0,47, Wd. 75 mm = 0,15. — 233 — Die Involubilität ist grösser als V/g. Die ausserordentlich stark ver- zweigte Lobenlinie ist durch den sehr grossen und breiten Aussen- sattel und dadurch, dass der Aussenlobus unter den ersten Seiten- lobus hinabreicht, von Schloth. Charmassei verschieden. Quenstedt's Figur zeigt sechs Hilfsloben, während das Original deren nur fünf aufweist. Die sehr flachen Rippen spalten sich in zwei und drei Aste ; sie sind sehr wenig nach vorne gebogen. Die stark zu- geschärfte Aussenseite ist glatt. Lagerstätte und Fundort sind un- bekannt. Nach QuENSTEDT gehört die Form ohne Zweifel dem Lias a an. d'Orbigny's Exemplar stammt aus dem Kalk mit Gryphaea arcuata, der Zone des Arietites Bucklandi in Württemberg gleichwertig. Schlotheimia intermedia n. sp. 1883 Ammonitcs angulatus intermedius gigas Qu. Amin. p. 37. Taf. 4 Fig. 1. Masse: Dm. 600 mm = 1 , Nw. 190 mm = 0,32 , Wh. 230 mm = 0,38 , Wd. ungefähr 110 mm = 0,18. Die äusseren Windungen sind glatt, die inneren mit breiten, nicht besonders hohen Rippen bedeckt, das Centrum ist nicht bloss- zulegen. Die Involubilität beträgt etwas mehr als ^j.^. Von der Wohnkammer ist nicht ganz Va Umgang erhalten. Die Aussenseite der Wohnkammer ist breiter als die des gekammerten Teiles des Ammoniten. Die Lobenlinie ist ausserordentlich stark zerschlitzt, aber nicht deutlich zu verfolgen. Die Aste des Aussenlobus diver- gieren sehr stark, die Lobenkörper sind sehr schmal ; auf den kleinen zweiten öeitenlobus folgen fünf schmale Hilfsloben. Der Seitensattei ist höher und sehr viel breiter als der Aussensattel. In bezug auf die Mass Verhältnisse steht Schloth. intermedia in der Mitte zwischen dem p. 229 unter No. IV erwähnten Riesen- exemplar der Schloth. depressa und der Schloth. d'Orhignyana. Vorkommen: In einem graublauen Kalke, der wahrscheinlich der Zone des Arietites Bucklandi angehört. Fundort: Endingen. Schlotheimia angulatoides Qüenst. sp. 1883 Ammonites angulatoides Qüenstedt, Ammoniten p. 30. Taf. 3 Fig. 8. Als Amm. angulatoides bezeichnet Qüenstedt 1. c. eine zu Schlotheimia gehörende Ammonitenform, welche sich durch besonders früh — an dem Original Quenstedt's bei 10,5 mm. an einem anderen Stücke bei 8 mm Wh. — auftretende Rippenspaltung auszeichnet. Quenstedt's Original zeigt folgende Masse: — 234 — Dm. ca. 30 mm, Nw. 10 mm = 0,33, Wh. 12 mm = 0,40, VVd. 10,5 mm = 0,35. Die Rippen auf dem Steinkern sind scharf und ziemlich hoch, sie verlaufen auf den Flanken radial und stossen auf der Aussenseite in flachem , nach vorne gewendetem Bogen zusammen , welcher in der Medianlinie durch eine flache Furche unterbrochen wird. Die Berippung der inneren Windungen ist nicht deutlich zu erkennen ; auf der äusseren Windung, welche bereits Wohnkammer zu sein scheint, treten neben Spaltrippen Einzelrippen auf, welche auf der einen Seite (bei dem Original Qüenstedt's) näher zur Nabelkante hinabreichen, als auf der anderen. Die Rippenteilung beginnt im ersten Drittel der Windungshöhe. Auf zwei mit Schale bedeckten Bruchstücken sind die Rippen nicht so scharf als auf den Stein- kernen ; fast ausnahmslos stossen hier je zwei und zwei Rippen nahe der Nabelkante zusammen. Bei dem einen der beschälten Stücke verschwindet die Medianrinne bereits bei 13,5 mm Windungshöhe. Die Schale zeigt sehr feine, dichtstehende Linien, wie feine Risse, welche den Rippen parallel laufen. Die Lobenlinie konnte ich nicht freilegen. QuENSTEDT Vergleicht die Art mit Am?n. angidatus var. Char- massei bei Chapüis\ welche Form Wähner ^ mit ScMoth. post- taurina identifiziert. Bei beiden Formen stehen die Rippen ent- fernter als bei der unserigen. Wähner ^ vergleicht die QuENSTEDi'sche Abbildung mit der von Herbich* als Aegoc. Gharmassei beschriebenen Form ; Schloth. angulatoides ist aber keineswegs etwa als Jugendform der Schloth. Gharmassei aufzufassen, dazu lässt das vorhandene Material auf zu geringe Involubilität schliessen. Eher erinnert unsere Form schon an Schloth. ventricosa Sow. sp. bei Wähner ^, welche aber etwas hochmündiger erscheint. Schloth. angulatoides, aus dem „Dreispälter" von Endingen, ge- hört bereits den unteren Arietenkalken an. ^ Cbapuis, Nouv. recherch. sur 1. foss. des terr. second. d. Lwxembourg. I. part. Mem. d. l'acad. de Belg. XXXIII. 1853. p. 18. Taf. III Fig. 4. ^ W ä h n e r , Beiträge zur Kenntiiiss der tieferen Zonen des Unteren Lias in den nordöstlichen Alpen. III. p. 189. ^ Wäbner, ibidem p. 179. * Herbich, Szeklerland, Mitteil. a. d. Jahrb. d. k. iing. geol. Anst. 1878. p. 107. Taf. XX D Fig. 2 ; vergl. anch : D n m o r t i e r , Depots jnrassiques. II. part. Jwm. Gharmassei p. 30. Taf. XVII Fig. 2 u. 3. '•' Wähn er, 1. c. III. p. 180. Taf. XXIII Fig. 5-10. - 235 — S chlotheimia str iatissima Hyatt. 1858 Ammonites angulatus Qüenstedt, Jura p. 43, Taf. III Fig. 2. 1883 „ „ striatissimiis Qüenstedt, Amm. p. 33. Taf. 3 Fig. 3. 1889 Schlotheimia striatissima Hyatt, (ienesis p. 129 (pars). Masse: Dm. 72 mm = 1, Nw. 24 mm = 0,33, Wh. 29 mm = 0,40. Die ausserordentlich dichte Besetzung der Flanken mit niedrigen, gerundeten Rippen, welche an der Nabelkante zusammenstossen — eigentliche Rippenspaltung tritt nicht auf — sowie die eigentümliche einfache Lobenlinie, welche sehr an die der Psiloceraten erinnert, unterscheidet die vorliegende Art von sämtlichen bekannten Formen der Gattung Schlotheimia. Die Rippen — etwa 70 bei einem Durch- messer von 72 mm — nehmen nach aussen zu allmählich, aber nur wenig an Stärke zu; kurz vor der Mittellinie der Aussenseite brechen sie plötzlich ab und lassen eine schmale Rinne frei. Nachdem die Rippen ungefähr ^/^ der Flankenhöhe überschritten haben, biegen sie sich ziemlich kräftig nach vorne und laufen auf der Aussenseite in stumpfem Winkel aufeinander zu. Die Flanken sind flach; die Aussenseite ist ziemlich breit, der Querschnitt der Windungen ist fast rechteckig. Die Lobenlinie ist einfach, sehr schwach geschlitzt. Der Aus- senlobus ist breit; die Höhe seines Mediansattels war leider nicht festzustellen. Der erste Seitenlobus geht tiefer hinab als der Aus- senlobus. Der seichtere zweite Seitenlobus bildet mit drei kleinen Hilfsloben einen herabhängenden Suspensivlobus. Der Seitensattel ragt über den Aussensattel hinaus. Die Breite der Loben und die schnelle Ver- rw y\ o ^ jüngung der Sättel ist auffallend. (-v£^ ^^ h ß \ Die Involubilität ist grösser als ^'g, ^ der Querschnitt ist daher bei Qüenstedt iSSet:'"- l?btS?fes fpl«!f>>i fro^oipVinof Originals ZU Quenst, Amm. Taf. 3 idisLii ^e/eiciinet. pj^ 3 ^^^ ^^ 5 ^^ ^^ Ein kleines Stück von Dettenhausen, von 33 mm Durchmesser, zeigt denselben einfachen Verlauf der Lobenlinie. Die engstehenden Rippen sind hier erheblich schärfer als bei dem Original zu Qüenstedt's citierter Figur. Dieses Detten- hauser Stück ist zweifellos ein jüngeres Individuum der Schloth. striatissima. Wähner ^ stellt unsere Art in die Verwandtschaft seiner Schlot- V ' cf. Wähn er, 1. c. III. 1886. Taf. XXII Fig. 11. 2 cf. Wähner, 1. c. III. 1886. p. 176. — 236 — heimia Donar; die Verschiedenheiten in der Ausbildung der Loben- linien trennen die beiden Arten jedoch sehr scharf. Hyatt vereinigt 1. c. mit der vorhegenden Art auch den Amm. angulatus striatus Quenstedt's ^ ; geringere Involubilität und weiter- stehende Rippen sprechen aber durchaus gegen diese Vereinigung. Schloth. striatissima gehört der Oohthenbank Quenstedt's zwi- schen der Zone des Psil. planorhis und Schloth. angulata an. Fundorte: Bebenhausen, Dettenhausen. Schlotheimia sp. = Amtn. angulatus striatus Qu. 1883 Ammonites angulatus sirmtesQuENSTEDT, Ammoniten p. 34. Taf. 3 Fig. 3, 4, 5. A. a. 0. nennt Quenstedt zwei Abdrücke aus gelbem Sandstein der Angulatenbank Schwabens und ein Stück von Vorwohle bei Holz- minden Amm. angulatus striatus. Die Abdrücke zeigen ebenso wie Quenstedt Fig. 5 auf Taf. 3, deren Original leider verloren gegangen zu sein scheint, bei dichterer Berippung ein stärkeres Höhenwachs- tum als Schloth. angulata. An der Fig. 5 fällt besonders die äus- serst geringe Involubilität der letzten Windung auf. Dass hier eine eigentümliche Form der Gattung Schlotheimia vorliegt, ist sicher; doch da Quenstedt's Beschreibung zu wenig An- haltspunkte zu einer genauen Charakteristik giebt, vermag ich nach den beiden mir vorliegenden, nicht sehr deutlichen Abdrücken, nichts Bestimmtes zur Definition der Form anzugeben. Schlotheimia sp. indet. — Taf. VII Fig. 2, 2a. Ein Stück einer Wohnkammer von Neunheim bei Ellwangen, in der Tübinger Sammlung als Amm. angulatus bezeichnet, erinnert an Schlotheimia Donar Wähner mut. pachygaster Suttn.^; es zählt ungefähr ebensoviele dichte Rippen wie die genannte Art des alpinen Lias. Die erste Einschiebung einer kürzeren Rippe findet bei 21 mm Windungshöhe statt, doch entspricht der eingeschobenen halben Rippe auf der einen Seite eine ganze Rippe auf der andern. Vor dem auf die Rippeneinschiebung folgenden Rippenpaare macht sich eine schwache Einschnürung der Windung auf der Externseite bemerkbar. Von Schloth. Donar mut. pacliygaster ist das Stück durch etwas grössere Dicke an der hohen Nabelkante gegenüber der Ex- ternseite verschieden. ^ cf. Quenstedt, Amm. d. Schwab. Jxira p. 34. Taf. 3 Fig. 3 u. 5. 2 Wäiiuer, Beiträge etc. III. Teil. p. 177. Taf. XXI Fig. 4. — 237 — Schlotheimia sp. indet. — Taf. VII Fig. 3, 3a, 3b. Ein Stück ohne Fundort — dem Gestein nach aus dem Angu- latenkalk bei Vaihingen — zeigt bei 65 mm Länge und Iß resp. 23 mm Windungshöhe 17 starke, durch breite Furchen getrennte einfache Rippen, die sich nach der Nabelkante zu sehr nähern, so dass einige fast zusammenstossen. Die Externseite ist abgeflacht, mit geringer Furclie in der Medianlinie. Der Externlobus ist enge und bleibt ganz auf der Externseite. Die weitere Lobenlinie ist ähn- lich geschlitzt, wie bei Schloth. dcpressa , nur sind hier statt vier nur drei Auxiliarloben vorhanden. Dem äusseren Anscheine nach erinnert das Stück an Schloth. angulata var. indet. bei Wähner Taf. XX Fig. 5^ Stücke wie dieses und das vorhergehende erwähne ich, um zu zeigen, dass mit scharf begrenzten Formen wie Schloth. angulata depressa, Charmassei u. s. w. der Formenreichtum des schwäbischen Jura an „Angulaten" noch lange nicht erschöpft ist. Indem ich auf solche vorläufig unbestimmbaren Formen hin- weise, möchte ich die Aufmerksamkeit der Sammler darauf hinlenken^ für diese Sachen ein vollständigeres Material zusammenzubringen. Schlotheimia lacunata^ Buckm. sp. 1849 Ammonites lacunatus Qüenstedt, Cephalopoden p. 151. Taf. XI Fig. 13. 1858 „ , „ Jura p. 98. Taf. XII Fig. 5, 6. 1867 , „ , Handb. II. Aufl. p. 423. 1883 , „ , Ammoniten p. 167. Taf. 22 Fig. 1—4. 1886 , „ „ Handb. III. Aufl. p. 545. 1845 • , „ BucKMAN, in Mdrchison: Outline of the geology of Chelteuham. 2. ed. p. 105. Taf. XI Fig. 4, 5. 1856 „ , Oppel, Juraformation § 14, 28. 1867 , , DtjiioRTiER, Depots jur. II. p. 120. Taf. 21 Fig. 18—20. 1871 „ Charmassei Brauns, Der untere Jura p. 183 pars. 1882 Aegoceras lacunatum Wright, Lias Ammonites p. 330. Taf. LVI Fig. 16 — 18. Wenn ich trotz Caxavari^ Buckman's Amm. lacunatus mit Dümortier's und Quenstedt's Atnm, lacunatus identifiziere , so ge- schieht dieses grossenteils auf Grund der WRiGHi'schen Ammoniten- ^ Wähner, Beiträge etc. III. Teil. p. 171. 2 Quenstedt zählt in den „Cephalopoden" p. 151 den Amin, lacunatus zu der Buch'schen Familie der Dentati. ^ Canavari, Beitr. z. Fauna d. uut. Lias von Spezia. Palaeontographica Bd. XXIX. p. 166. — 238 — monographie. Wright, dem ja Exemplare aus Gloucestershire, von wo Buckman's Originale herstammten und wo auch Oppel Stücke sammelte, welche er den schwäbischen Vorkommnissen gleichsetzte, zur Verfügung standen, giebt Dumortier's Amm. lacunatus als Synonym. Wright's Abbildung scheint eine Copie der DuMORTiER'schen zu sein, leider giebt Wright den Fundort seines Originales nicht an. Dass Dumortier's und Wright's Abbildungen so wenig mit denen bei MuRCHisoN übereinstimmen, darf durchaus nicht wunder nehmen, da letztere Zeichnungen der Diagnose Bcckman's — „evolutions 4 or 5, flattened, half concealed" — absolut nicht entsprechen. Gut stimmt aber die Diagnose Buckman's mit den Beschreibungen Dumor- tier's, Wright's und Quenstedt's überein, so dass ich die obige Syno- nymik für richtig erachte. Zur vorliegenden Art möchte ich noch bemerken, dass die Medianfurche der Externseite erst bei etwa 3 mm Durchmesser auf- Fig. 19. Schlotheimia lacunata Buckm. Sp. Zone d. Oxynot. oxynotum. Ofterdingen. Löbenlinie bei 6 mm Wh. (Original zu Quenst., Amm. Taf. 22 Fig. l.) tritt, und dass die inneren Windungen nur wenig höher als breit sind. Die Löbenlinie ist auf der Externseite wenig asymmetrisch; der zweispitzige Innenlobus liegt wieder vollkommen symmetrisch. Der Lateralsattel ist erheblich höher als es Quenstedt s Fig. 2 S auf Taf. 22 zeigt. Der Externlobus ist schmal, seine etwas unsym- metrisch ausgebildeten Äste divergieren wenig, sie gehen nicht ganz bis zum äusseren Aste der dreiteiligen ersten Seitenlobus hinab. Der zweite Seitenlobus ist kurz und bildet mit zwei kleinen, kurzen Auxiliarloben einen nur wenig unter die Lobennormale herabhängen- den Suspensivlobus. Canavari's Aegoc. deletum ' ist entschieden sehr nahe verwandt, wenn nicht sogar identisch mit Schloth. lacunata. Das Bruchstück, auf welches C. seine neue Art gründet, gleicht sehr dem auf Taf. 22 Fig. 4 in Quenstedt's „Ammoniten"; die Löbenlinie, von welcher C. ' Canavari, 1. c. Taf. XVIII Fig. 13; Taf. XIX Fig. 1. — 239 - auch nur sehr wenig kennt, ist mehr geschhtzt als die auf neben- stehender Figur wiedergegebene, meine Abbildung ist allerdings auch nach einem bedeutend kleineren Stücke gezeichnet. Schloth. lacunata bei Gf.yer ^ ist viel zu engnabelig , als dass diese Form mit Buck- man's Diagnose in Einklang zu bringen wäre. Schloth. lacunata gehört der Zone des Oxynoticeras oxynotiim an. Fundort: Ofterdingen. Fils bei Göppingen (ziemlich selten). Schlotheimia rumpens Oppel sp. — Taf. VII Fig. 4, 4a, 5, 6, 6a, 6b. 1858 Ämmonites lacunatus Quenstedt, Jura p. 98 pars. Taf. 12 Fig. 4. 1883 .. „ rotundus Quenstedt, Ammoniten p. 168. Taf. 22 Fio-. 5, 6. 1883 ., laciinoides Quenstedt, ibidem p. 161. Taf. 21 Fig. 24, 25. 1862 ,. rumpens Oppel, Pal. Mitteilungen p. 130 Note. 1889 Schlotheimia rotunda Hyatt, Genesis of the Aiietidae p. 135. Die Windungen sind etwa ebenso breit als hoch, von ungefähr kreisförmigem Querschnitt. Die Rippen, ähnlich wie bei Schloth. lacunata verteilt, sind auf den äusseren Umgängen zwei-, sehr selten dreigespalten: Einzelrippen kommen nur äusserst selten vor. Die Spaltung der Rippen beginnt in einer grösseren Entfernung von der Naht als bei Schloth. lacunata und wird nicht, wie bei dieser Art, durch Knötchen markiert. Ist die Schale erhalten, was, da alle vor- handenen Exemplare mehr oder weniger stark verkiest sind , selten und dann nur in Bruchstücken der Fall ist, so erscheinen die Rippen wie schmale, hohe, fast scharfkantige Leisten. Die Medianfurche der Externseite ist weniger tief als bei Schloth. lacunata, erscheint jedoch selten so schwach, wie es Quenstedt's Fig. 5 auf Taf. 22 der „Ammoniten" zeigt. Die Involubilität der Umgänge beträgt V2- -^^^ AVohnkammer, immer verdrückt, misst, nach einer erhaltenen Spur- linie zu urteilen, mindestens einen halben Umgang. Die Lobenlinie ist stets etwas unsymmetrisch. Die wenig divergierenden Äste des Externlobus gehen kaum bis zum äusseren Aste des dreiteiligen ersten Seitenlobus hinab; der ebenfalls drei- teilige zweite Seitenlobus ist kürzer als der innere Ast des ersten. Die drei kleinen Auxiliare sin(l schmal und verhältnismässig lang; sie überschreiten die Lobennormale nicht. Der Lateralsattel ist etwas höher als der Aussensattel. ' Geyer, Über die liassischen Cephalopoden des Hierlatz bei Hallstatt. Abb. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1886. p. 259. Taf. III Fig. 22, 23. — 240 — Die nebenstehende Lobenlinie von einem Stücke bei Göppingen zeigt sehr schön den unsymmetrischen Externlobus. Der zweite Seitenlobus ist hier scheinbar zweispitzig, aber nur scheinbar; denn sein innerer Ast ist verkümmert und stark in die Höhe gerückt. Bei allen andern untersuchten Exemplaren erscheint der zweite Seitenlobus dreispitzig, doch stets ist der innere Ast etwas kleiner als der äussere. Taf. VII Fig. 6, 6 a zeigt Fig. 20. schiotheimia rumpens Qpp. sp. Fiisbett bei ^^^'^ deutlich, dass die Biiur- Göppingen. Sammig. d. Herrn Dr. Wenz in Donzdorf. Iro+Jnn A^v Rinnpn nn« pinor Lobenlinie bei 5,5 mm Wh. Kation aer itippen aus einer Einschiebung von Rippen von der Externseite her entsteht. Bis zu zwei und einem halben Um- gang sind nur Einzelrippen vorhanden; dann schiebt sich zwischen jede Rippe eine feine, kürzere, von aussen her ein. Je weiter nach vorne, um so länger und kräftiger werden nun die eingeschobenen Rippen, und am Anfang der vierten Windung haben wir bereits die Bifurkation, wie sie bei den weiteren Umgängen stetig ist. Das eben besprochene Stück zeigt ausserdem noch, dass die Medianfurche der Externseite erst gegen Ende des dritten Umganges bei 1,5 mm Windungshöhe beginnt, und zwar erleiden zuerst nur die primären stärkeren Rippen eine Einsenkung in der Medianlinie, erst später auch die Sekundärrippen. Vorkommen: Schloth. rumpens ist mit Aegoceras capricornii aus der Zone des Ärietites obtusus (unterer Lias ß) bekannt, geht aber wahrscheinlich bis in die Zone des OxynoÜceras oxynotum hinauf. Fundorte: Ofterdingen (die von Qüenstedt als Amm. lacu- noides bezeichneten Stücke, welche innere W^indungen repräsentieren) > Betzgenried, Göppingen (am Wehr der Fils), Fuhlbach bei Boll. Masse: Dm. Nw. Wh. Wd. I. Original Qüenstedt's, mm mm mm mm Taf. 22 Fig. 6 . . . 14,5 ' = 1 4,5 = 0,31 6 =. 0,41 7 = 0,48 II. vom Fuhlbach . . . 14,5 =1 4,5 = 0,31 7 = 0,48 7,5 = 0,51 III. von Göppingen . . 20 =1 5,5 = 0,27 10,5 = 0,52 9,5 = 0,47 ^ Nicht der grösste Durchmesser, da der vorderste Teil des Exemplares verdrückt ist. — 241 — Schlotheimia Boucaultiana d'Orb. (Reynäs) sp. 1846 Ammonites lacu7iattis Quenstkdt, Ceplialoi)nden p. 151 pars. 1858 „ betacalcis , Jura p. 98. Taf. XII Fig. 7. 1883 , „ , Ammoniten p. 164. Taf. 21 Fig. 27. 1844 „ Boucaultianus d'Orbigny, Pal. frang. Terr. jur. I. p. 294. Taf. 90 Fig. 1, 2. 1879 „ Boucaulti Rkyn^is, Monographie Taf. XLII Fig. 1—4. 1881 Aegoceras Boucaultianum Wright, Lias Ammonites p. 327. Taf. XVIII Fig. 1—3. (nicht: Amm. Boucaultianus Dümortier, Depots jur. II. p. 138. Taf. XXXIX Fig. 1, 2.) Die beigefügte Lobenzeichnung, nach Quenstedt's Original ent- worfen, stimmt fast genau mit der von Reynes 1. c. Taf. XLII Fig. 4 Fig. 21. Schlotheimio Boucaultiana d'Ovb. sp. Ofterdingen. Lobenlinie bei 70 mm Wh. Der Aussenlobus ist der näclistfolgenden Sutur entnommen. gegebenen ^ Leider konnte ich den Zusammenhang des tief herab- hängenden Aussenlobus mit den übrigen Loben an meinem Stücke nicht genau feststellen. Nach der Zeichnung von Reynes unterliegt es keinem Zweifel, dass die Lobenzeichnung bei d'Orbigny (1. c. Taf. 90 Fig. 3) und deren Kopie bei Wright falsch ist. Die Schale lässt ausser der von Qüenstedt beschriebenen Skulptur auf den Flanken noch 4 sehr feine, in grösseren Abständen ver- laufende Spiralstreifen erkennen. Die drei Knotenreihen der Aussenseite sind nur der Schale, ' Der Aussenlohus ist bei dem vorliegenden Stücke noch mehr zerschlitzt, als Reynes' Figur es zeigt; der Verlauf der übrigen Lobenlinie ist aber so auffallend mit der bei Reynes übereinstimmend , dass ich in bezug auf die Schlitzung des Aussenlobus bei Reynes' Figur fast einen Irrtum annehmen möchte. .lahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. l(i — 242 — nicht auch dem Steinkern eigentümlich. Nach Wright^ kommt bei grossen Exemplaren seines Äegoc. Boucaultianum die Neigung zur Bildung eines gekörnelten Kieles wie bei Quenstedt's Amm. hetacalcis vor, so dass ich bei der übereinstimmenden Lobenlinie nicht anstehe, die beiden Formen zu vereinigen. Nach d'Orbigny und Wright gehört Schloth. Boiicaultiana der Zone des Arietitcs Buchlandi an, während Reynes sie aus der Zone des Arietites obtusus erwähnt. Das einzige mir vorliegende Bruch- stück gehört der Pholadomyenbank der Zone des Ariet. obtusus an. Fundort: Ofterdingen. Schlotheimia densilobata n. sp. — Taf.VIIFig. 1, la, Ib. Taf. VIII. Dm. Nw. Wh. I. Taf. VII Fig. 1. 91 mm = 1. 11 mm = 0,12. 55 mm = 0,60. Höhe der vorletzten Windung 15mm; Dicke derselben 13 mm. Dm. Nw. Wh. Wd. IL Taf. VIII. 144 mm = 1. 18 mm = 0,12. 83 mm = 0,57. 40 mm = 0,28. Höhe der vorletzten Windung 25,5 mm ; Dicke derselben 18 mm. Die Windungen der vier vorhandenen Stücke, Steinkerne z. T. mit Schwefelkies- oder Brauneisensteinüberzug, wachsen noch schneller in die Höhe als bei Schloth. Boiicaultiana d'Orb. ^ Die Umgänge sind flach gewölbt, nach aussen etwas verschmälert, mit steilem, hohem Nabelband und kurz gerundeter Nabelkante. Die Involubilität be- trägt nahezu ^Z^. Wohnkammerlänge und Mundrand sind unbekannt. Die Schale ist nicht bekannt. Die Umgänge sind mit dichtgestellten gerundeten Rippen ver- ziert, welche nach der Mündung zu an Höhe abnehmen. Die Rippen entspringen bereits an der Naht, sind auf dem Nabelbande sehr flach und wachsen auf den Flanken kräftiger an. Sie verlaufen bis etwa ^/3 der Windungshöhe ungefähr radial, sind dann eine kurze Strecke schwach nach hinten gebogen, um sich darauf stärker nach vorne zu wenden. Auf der Aussenseite laufen sie in stumpfem Winkel, näher der Wohnkammer in flachem Bogen aufeinander zu. Bis zu etwa 24 mm Windungshöhe kann man eine deutliche Rinne auf der Aussenseite verfolgen. Bei weiterem Wachstum verschwindet die Rinne, und die Rippen verlaufen ohne Unterbrechung über die Aussenseite. Einzelrippen sind sehr selten; die meisten Rippen sind zwei- 1 Wright, 1. c. p. .328. 2 d'Orbigny, Pal. fran^aise. Terr. jur. I. p. 294. Taf. 90. — 243 — und dreigespalten. Die Rippenspaltung beginnt unregelmässig, ent- weder bereits in der ersten, oder erst in der zweiten Hälfte der Windungshöhe. Einzelne wenige Rippen spalten sich bereits an der Nabelkante. Auf der Aussenseite bilden einzelne Büschel von Rippen schwach wulstförmige Erhöhungen. Bei etwa 50 mm Wh. werden die Rippen undeutlicher und allmählich wird die Windung glatt. Die Lobenlinie ist ausserordentlich stark zerschlitzt. Der Aussen- lobus ist breit, mit stark divergierenden Ästen. Der erste Seiten- lobus hängt etwas unter den Aussen- lobus hinab; der zweite viel kürzere Seitenlobus bildet mit drei Hilfsloben einen wenig unter die Lobennormale hinuntergehenden Suspensivlobus. Der Aussensattel ist sehr breit, Flg. 22. Schlotheimia densüobata n. sp. breiter als der Seitensattel, seine Bett der Pils bei Göppingen. . . . Lobenlinie bei 32 mm Wh. Sattelblätter sind vielfach zerschnitten. Der sehr viel schmälere erste Seitensattel ist höher als der Aussensattel. Schloth. densüobata zeigt in der äusseren Form Ähnlichkeit mit Schloth. Boiicanltiana d"Orb. Das Auftreten der deutlichen schmalen Rinne auf der Aussenseite zeichnet die vorliegende Art vor jener aus. Ob bei Schloth. densilohata vielleicht auch Knötchenreihen die Aussen- seite begleiten, wie bei ScJdoth. Boiwaultiana, ist nicht zu entscheiden, da mir keine Schalenexemplare vorliegen; die Knötchenreihen sind nur bei beschälten Stücken der Schloth. Boucaultiana zu beobachten. Die Rippen si nd kräftiger und nicht so dicht wie bei Schloth. Boucaultiana . Auch in bezug auf die Lobenlinien herrschen erhebliche Unterschiede zwischen beiden Arten. Die Lobenlinie der Schloth. densilohata ist sehr viel verzweigter; der Aussensattel ist breiter und in fünf Äste zerlegt, bei Schloth. Boucaidtiana nur in vier. Der Aussensattel ist ferner bei Schloth. Boucaultiana höher als der Seitensattel; bei der vorliegenden Art ist das Umgekehrte der Fall. Ausserdem geht der Aussenlobus nicht wie bei Schloth. Boucaultiana unter den ersten Seitenlobus hinunter. Vorkommen: Das eine der Stücke wurde bei Hechingen zu- sammen mit Äriet. raricostatus gefunden. Unsere Art würde dann also der obersten Zone des unteren Lias angehören. Das auf Taf. VHI abgebildete Exemplar aus der Stuttgarter Sammlung trug die Etikette Amni. Loscomhi^ Frommern, Lias /. Diese Angabe kann nur auf ■einem Irrtum beruhen. Fundorte: Bett der Fils bei Göppingen, Hechingen, Frommem. 16* — 244 — Schlotheimia sp. indet. — Taf. VII Fig. 7, 7a. 1883 Angulatenbrut Quenstedt, Ammoniten p. 162. Taf. 21 Fig. 25, Das hier wiedergegebene Bruchstück einer kleinen Schlot- heimia zeichnet sich durch stark nach vorne gebogene Rippen aus, die auf der Aussenseite in einem Winkel von etw^a 90** zu- sammenstossen, ohne dass sie von einer Furche unterbrochen v^erden. Bei 3 mm Windungshöhe tritt bereits Rippenspaltung auf und zwar ganz nahe der Nabelkante; dieses Merkmal würde für Schloth. lacii- nata oder rumpens sprechen, wenn nicht die Rippen auf der Aussen- seite in so spitzem Winkel zusammenstiessen , und wenn auf der Aussenseite nicht die bei Schloth. lacunata in dieser Grösse bereits stets ausgebildete Mittelfurche fehlte. Die Art der Rippenspaltung erinnert sehr an Schloth. Charniassei, doch tritt sie bei dieser Art erst sehr viel später — bei etwa 15 mm Windungshöhe auf. Die Lobenlinie ist die sehr einfache einer jungen Schlotheimia (vergl. S. 227 Fig. 17 b). Vielleicht haben wir in diesem Bruchstücke ein Bindeglied zwischen der Gruppe Schloth. Char- Fig. 23. Schlotheimia sp. o j 7 7 7 Ofterdingen. Loben- massci Und der der Schloth. lacunata zu sehen. linie bei 3 mm Wh. • i t\ n • Das Stück wurde m dem Denudationsschutt des oberen Lias ß auf der Bleiche bei Ofterdingen gefunden; eine nähere Horizontbestimmung ist nicht möglich. (Fortsetzung folgt.) Jf A Erklärung der Tafeln. Tafel II. Fliylloeer as Soess. Formenreihe des Phyll. tortisulcatum d'Orb. sp. Fig. 1. Phylloceras antecedens n. sp. p. 196. = Amm. heterophyllus ornati Quen- stedt, Ammoniten Taf. 86 Fig. 24. Bis zum Ende gekammert, ohne Schale, a Vorderansicht. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Gammelshausen. (Tübinger Samml.) , 2. . Verkiest, ohne Schale und Wohnkammer, 2 x vergr. a Ein Teil einer inneren Windung, die einfache Rückwärtsbiegung der Einschnürungen zeigend, b Vorderansicht von 2. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Ursula- berg. (Tübinger Samml.) , 3. — — . = Amm. heterophyllus ornati Quenstedt, Ammoniten Taf. 86 Fig. 25. Verkiest, bis ans Ende gekammert, z. T. mit dünner Schale be- deckt, deren Skulptur bei a vergrössert dargestellt ist. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Lautlingen. (Tübinger Samml.) — 245 — Fig. 4. Phylloceras ovale u. sp. p. 198. Verkiest, ohne Schale uud Wohukammer; a Vorderansicht. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Lautlingen. (Samml. d. Herrn Buchhändler Koch -Stuttgart). „ 5. — — . Verkiest dhne Wohnkammer und Schale; a Vorderansicht. — Ob. Kelloway (Br. Jura f), Lautlingen. (Samml. des Herrn Buchhändler Koch- Stuttgart). „ 6. Phylloceras transiens n. sp. p. 200. = Amm. tortisulcatus ornati Quen- STKDT, Ammoniten Taf. 86 Fig. 30. Verkiest, ohne Schale und Wohn- kammer ; a Aussenseite. — Ob. Kelloway (Br. Jura C) , Gammelshausen. (Tübinger Samml.). „ 7. — — . = Amm. Iieterophyllus ornati Quenstedt , Ammoniten Taf. 86 Fig. 29, Verkiest, ohne Schale und Wohukammer; a Vorderansicht. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Gammelshausen. (Tübinger Samml.) „ 8. — — . Innere Windung mit engerem Nabel und tieferen Einschnürungen ; a Vorderansicht. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Gammelshausen. (Tübin- ger Samml.) „ 9. Phylloceras subtortisulcatttm n. sp. p. 202. Steinkern mit Schwefelkies bedeckt, ohne Schale und Wohnkammer; a Vorderansicht. — Ob. Kello- way (Br. Jura C), Laufen. (Nat.-Kabinet in Stuttgart.) ,. 10. Phylloceras tortisulcoides Qüenst. sp. p. 195. Verkiest, ohne Wohn- kammer; a Aussenseite. — Zone des Amalth. margaritatus (Lias 6). Eislingen. (Tübinger Samml.) ^ 11. — — . Kieskern mit z. T. erhaltener verkalkter Wohnkammer. Zone des Amalth. margaritatus (Lias J), Kirchheim. (Samml. d. H. Witt- 1 i n g e r - Holzheim). Formenreihe des Phyll. ultramontannm Zitt. „ 12. Phylloceras Friderici Augusti n. sp. p. 185. = Amm. heterophylliis ornati Quenstedt, Jura Taf. LXXI Fig. 20. Verkiest, ohne Schale und Wohn- kammer. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Ursulaberg. (Tübinger Samml.) j, 13. . Verkiest, ohne Schale und Wohukammer. — Ob. Kelloway (Br. JuraC), Ursulaberg. (Samml. d. Herrn Buchhändler K o c h - Stuttgart.) „14. — — . = Amm. heterophylliis ornati Quenstedt, Ammoniten Taf. 86 Fig. 32. Innere Windungen weitnabelig; verkiest; a Vorderansicht, b Aussenseite mit starker Rückwärtsbiegung der Einschnürungen. — Ob. Kelloway (Br. Jura C), Jungingen. (Tübinger Samml.) ^ 15. Phylloceras sp. cf. mediterraneum (Neum.) p. 187. := Amm. tortisulcatus impressae Quenstedt, Ammoniten Taf. 93 Fig. 58. Verkiest, ohne Wohn- kammer. — Zone der Waldheimia impressa (W. Jura «), Rechberg. (Tübinger Samml.) Tafel III. Phylloceras Suess. Formenreihe des Phyll. tortisulcatum d'Orb. sp. Fig. 1. Phylloceras protortisulcatum n. sp. p. 203. =: Amm. tortisulcatus Quen- stedt, Ammoniten Taf. 97 Fig. 1. Steinkern mit Wohnkammer; a Vorder- ansicht; b Aussenseite der Wohnkammer mit Einschnürung und Wulst. — Zone des Pelt. himammatum (W. Jura ß), Laufen. (Tübinger Samml.) — 246 — Fig. 2. — — . = Amin, tortistilcatus Quenstedt, Ammoniten Taf. 93 Fig. 4. Aussenseite der Wohnkammer, den Wulst in der Einschnürung und den Vorderrand der Einschnürung zeigend. — Zone des Feit, bimammatuni (W. Jura ß), Laufen. (Tübinger Samml.) Formenreihe des Phyll. Capitanei Cat. sp. „ 3. .Fhylloceras disputabüe Zitt. p. 182. Zum grössten Teile beschalt, ohne Wohnkammer. Auf dem vorderen, von der Schale entblössten Teile ist eine Einschnürung des Steinkernes zu beobachten. Die Schale war mehrfach verletzt, sie zeigt au diesen Stellen besonders schnelles Wachsen (w^eit- läufiger stehende Schalenstreifen) , um die verloren gegangenen Schalen- teile zu ersetzen. — Soll in der Zone der Park. Parldnsoin (Br. Jura f) gefunden sein. Kauspe bei Pfeffingen. (Nat.-Kabinet in Stuttgart.) „ 4. Phylloceras bajociense n. sp. p. 181 = Amm. heterophyllus opalini Quen- stedt, Ammoniten Taf. 56 Fig. 10. Steinkern ohne Wohukammer, mit kleinen Schalenresteu. — Zone der Trig. navis (Br. Jura «), Ottenbach b. Hobenstaufen. (Samml. d. Herrn Buchhändler K o c h - Stuttgart.) Tafel IV. S chlothe i m i a Bayle. Fig. 1. Schlotheimia angulata Schlote, sp. p. 225. Sehr hochmündiges Bruch- stück eines Wohnkammerteiles ohne Schale, a Aussenseite. — Gelber Sandstein der Zone der Schloth. angulata (Lias «), Heumaden. (Samml. d. Herrn Pfarrer Dr. Engel-Eislingen.) Phylloceras Süess. Formenreihe des Phyll. Loscombi Sow^. sp. „ 2. Phylloceras pauc'icostatur)% n. sp. p. 170. Kieskern. Die Zeichnung giebt die Kippen nicht ganz so deutlich wieder, wie das Original. — Lias y, Kirchheim. (Samml. d. Herrn Buchhändler K o c h - Stuttgart.) „ 3. Phylloceras Elteni n. sp. p. 169. Kieskern; die wulstförmigen Rippen sind nicht deutlich genug wiedergegeben. — Lias ;', Kirchheim. (Samml. d. Herrn Buchhändler Koch -Stuttgart.) „ 4, 5, 6, 7. Phylloceras numismale Qüenst. sp. p. 164. Kieskerne innerer Windungen mit Einschnürungen. Bei Fig. 7 sind die Einschnürungen schon kaum mehr deutlich, sie sind nur wenig tiefer als die Zwischenräume der Rippen, welche etwas zu stark gezeichnet sind, so dass dieses Exem- plar sehr weitrippig aussieht, was in natura nicht der Fall ist. — Zone des Aegoceras Jamesoni (Lias y), Hinterweiler. (Tübinger Samml.) Formenreihe des Phyll. Partschi Stur. sp. ^ 8. Phylloceras esulcatnm n. sp. p. 189. Amm. heterophyllus esulcatus Quenstedt, Ammoniten Taf. 86 Fig. 28. — Verkiest, ohne Wohnkammer und Schale, a Vorderansicht. Ob. Kelloway (Br. Jura C), Öscliingen. (Tübinger Samml.) „ 9. Phylloceras sp. 2x vergr. Eine Form vom Djebel el chems, Libanon, welche mehrfach in schwäbischen Sammlungen, als aus Br. Jura f stam- -- 247 — mend, augetroffen wird. Es ist wahrscheinlich eine Kreideform, wenigstens erinnert sie — namentlicli durch die reich geschlitzte Lobenlinie — leb- haft an PhrjU. diphyllum d'Orb. sp. (Nat.-Kab. Stuttgart.) Tafel V. Phylloceras Suess. Formeureihe des Fhyll. Capitanei Cat. sp. Fig. 1. Phylloceras supraliasicxim n. sp. p. 179 = Amm. heterophyllus C Qiien- STEDT, Ammoniten Taf. 40 Fig. 2. Steiukern, welcher am Anfange der letzten Windung noch etwas Schale mit Radial- und Spiralstreifen zeigt. Die Lobenlinien sind etwas durch Mergel verdeckt, a Vorderansicht. — Zone des Lyt. jurense (Lias C), Reutlingen. (Tübinger Samml.) Tafel VI. Ps iloceras Hyatt. Fig. 1. Psiloceras plicaUim Quenst. sp. p. 212. Steinkern, z. T. mit Schale, V2 Umgang Wohnkammer, a Vorderansicht. — Zone des Psil. planorbis (Lias «), Waldhausen. (Tübinger Samml.) „ 2. Psiloceras brevicellatum n. sp. p. 213. Steinkern, z. T. mit Schale, Y2 Um- gang Wohnkammer, Mundrand ! a Aussenseite. — Zone des Psil. planorbis (Lias «), Bebenhausen. (Samml. d. Herrn Stud. R a u - Tübingen.) „ 3. Psiloceras calliphylloides n. sp. p. 214. Steinkern , Ya Umgang Wohn- kammer, ohne Mundrand, a Aussenseite. b Vorderansicht. — Zone des Psil. planorbis (Lias «), Bebenhausen. (Tübinger Samml.) , 4. Psiloceras pseud-alpinum n. sp. p. 217. Steinkern, ca. Vg Umgang Wohn- kammer, ohne Mundrand, a Aussenseite der Wohnkammer, b Vorder- ansicht. — Zone der Schloth. angulata („Vaihinger Nest", Lias «), Vai- hingen. (Nat.-Kab. Stuttgart). „ 5. Psiloceras äff. circacostato (Wähn.) p. 218. Steinkern, Wohnkammer- bruchstück, a Querschnitt. — Zone des Psil. planorbis (Lias «), Heu- maden. (Samml. d. Herrn Dr. C. Beck -Stuttgart.) „ 6. Psiloceras capra-ihex n. sp. p. 221. Steinkern, 72 Umgang Wohnkammer, ohne Mimdrand. a Aussenseite , b Vorderansicht. — Zone des Ariet. Bucklandi (Lias «), Jettenburg. (Tübinger Samml.) Tafel VII. Schlotheimia Bayle. Fig. 1. Schlotheimia densilobata n. sp. p. 242. Steinkern, z. T. verkiest, mit sehr schöner Lobenzeichnung. a Vorderansicht, b Aussenseite bei ca. 35 mm Windungshöhe. — Zone des Ariet. raricostatus (Lias /?), Fils bei Göp- pingen. (Tübinger Samml.) „ 2. Schlotheimia sp. indet. p. 236. Steinkern, Wohnkammerbruchstück, a Aussen- seite. — Zone der Schloth. angulata (Lias «), Neunheim b. Ellwangen. (Tübinger Samml.) — 248 — Fig. 3. Schloiheimia sp. iudet. p. 237. Steinkern, gekammert. a Aussenseite, b Querschnitt. — Zone der Schloth. angulata (Lias «), ohne Fundort. (Tübinger Samml.) „ 4. Schlotheimia rumpens Opp. sp. p. 239. Steinkern, verkiest, den Anfang der verdrückten Wohnkammer zeigend, a Aussenseite. — Zone des Artet. obtusus (Lias/S), Fils b. Göppingen. (Samml. d. H. Dr. Wenz-Donzdorf.) „ 5. — — . Kieskern; Vorderansicht, den Querschnitt der Windung zeigend. — Zone des Ariet. obtusus (Lias /J), Fils b. Göppingen. (Samml. d. Herrn Dr. Wenz-Donzdorf.) „ 6. — — . Innere Windung, 5 x vergrössert. 6 zeigt das Einschieben kleiner Fältchen von der Aussenseite her zvrischen die bereits vorhandenen Rippen und das allmähliche Wachsen derselben, bis sie am Ende des Umganges mit den primären Eippen in der Nähe des Nabels zusammenstossen. 6 a und 6 b erläutert die Bildung der Medianfurche. Es werden zuerst nur die primären Rippen in der Medianebene abgeschwächt, erst später auch die secuudären. — Zone des Ariet. obtusus (Lias ß), Fils b. Göppingen. (Samml. d. Herrn Pfarrer Dr. Engel- Eislingen.) „ 7. Schlotheimia sp. indet. p. 244. Verkiestes Bruchstück, 3 x vergrössert (Ob. Lia* /?), Ofterdingen. (Tübinger Samml.) Tafel VIII. Schlotheimia Bayle. Schlotheimia densilobata u. sp. p. 242. Steinkern, bis ans Ende ge- kammert, das Verschwinden der Rippen in erwachsenem Zustande zeigend. — Nach der Etikette soll das Exemplar dem Lias y augehören, doch dürfte da wohl ein Irrtum vorliegen, da die anderen Exemplare der Schloth. densilobata alle dem unteren Lias, der Zone des Ariet. raricostatus angehören. Frommern. (Nat.-Kabinet in Stuttgart.) Erdbeben-Kommission. Erdbebenberiehte aus Württemberg und Hohenzollern für die Zeit vom 1. März 1892 bis 1. März 1893. Mit Taf. IX. Zusammeugestellt von Prof. Dr. A. Schmidt iu Stuttgart. 1. Hechingen, 13. Juli. Heute früh, etwa 8 Min. nach 5 Uhr, wurde hier ein Erdbeben mit donnerähnlichem Getöse ver.spürt. (Schwab. Chronik, 14. Juli, Mittagsblatt.) 2. Am 3. August bj Uhr morgens wurden die nördlich, west- lich und südlich um den Bodensee gelegenen Gegenden von einem Erdbeben erschüttert , über dessen Ausdehnung unsere Karte eine vorläufige Übersicht geben mag. Die Karte enthält hauptsächlich alle Orte in Württemberg und Hohenzollern, von welchen die Erd- bebenkommission sich schriftliche Berichte verschaffen konnte und ausserdem alle Orte des ganzen Gebietes, von welchen die verbrei- tetsten süddeutschen und schweizerischen Zeitungen Berichte brach- ten. Die Orte mit verneinenden Berichten sind von solchen mit bejahenden Berichten durch die Bezeichnung unterschieden, ebenso die Orte des Hauptbebens von denen des Nachbebens. Die beson- dere Bezeichnung bei Hohenheim bedeutet, dass dort das Erdbeben nur durch das Seismometer angezeigt wurde. Im badischen und schweizerischen Gebiet dürfte die Karte wohl noch mancher Ergän- zung fähig sein, während dieselbe für Württemberg und Hohenzollern als annähernd vollständig bezeichnet werden kann , soweit es sich um Feststellung der Grenzen fühlbarer Erschütterung handelt. Wegen der grossen Zahl von Berichten, deren Inhalt vielfach übereinstimmende Schilderungen bietet, sei von der wörtlichen Mit- teilung aller Einzelberichte Umgang genommen. Wir geben lieber eine zusammenhängende Besprechung nach den wissenschaftlich wichtigsten Gesichtspunkten unter Einschaltung der bemerkenswerte- t — 250 — sten Stellen aus den Einzelberichten. Die eingehende Bearbeitung des gesammelten Materials wäre vor der Kenntnis der Berichte der schweizerischen und badischen Erdbebenkommissionen verfrüht. Verbreitung des Erdbebens. Unsere Karte zeigt ein erschüttertes Gebiet von kreisförmiger Gestalt und etwa 25 000 qkm Flächeninhalt, mit grösseren Lücken zwischen dichter gedrängten Punkten. Wir geben zunächst eine nähere Beschreibung der an der Grenze des Gebietes beobachteten Erscheinungen, soweit die Grenze in die Sphäre unserer Erdbeben- kommission fällt. Stuttgart selbst wurde nicht erschüttert, nicht bloss hat von den 140 000 Einwohnern keiner eine Beobachtung gemacht, auch das Seismometer im Erdgeschoss des Realgymnasiums zeigte am 1. August keinen Ausschlag. Dagegen wurde die Er- schütterung in dem 8 km südlich gelegenen Hohenheim vom Seismometer deutlich angezeigt. Erst zwei Tage zuvor war die von der Erdbebenkommission veranlasste Aufstellung eines Horizontal- pendelapparates in Hohenheim zu stände gekommen, als der Apparat am 1. August zum erstenmal in Thätigkeit trat. Immerhin, da die Seismometerbeobachtung noch keine unmittelbare Sinneswahrnehmung bildet, könnte man zweifeln, ob Hohenheim dem eigentlichen Er- schütterungsgebiet beigezählt werden soll, wenn es nicht fast in gerader Linie zwischen den beiden an der Grenze des Gebietes lie- genden Orten Ulm und Calw gelegen wäre. Calw steht fest als Grenzort, Herr Professor Plocher, einziger Beobachter in dieser Stadt, berichtete, veranlasst durch die Zeitungsberichte aus Oberschwaben, am 3. August, dass er am 1. August morgens zur Zeit der berich- teten Erdbeben am Tische lesend seine vor ihm liegende Brille zit- tern und die Tassen auf dem dabeistehenden Kaifeebrette klirren hörte und den Eindruck hatte, als wäre die Hausthüre zugeschlagen worden. Wie Calw, so steht auch der am weitesten gegen Westen vorgeschobene Posten des württembergischen Gebietes ausser Zweifel: Herr Pfarrer Feucht in Reine rzau berichtet: „Ich war um diese Zeit (kurz nach 5| Uhr) unten in meinem Zimmer und beobachtete den Stoss, der wie ein convulsivisches Zucken meines bis unter das Dach massiv gebauten Hauses, aber ausserordentlich stark zu spüren war. Das Dienstmädchen im oberen Zimmer beobachtete das Zu- sammenklirren der Gläser im sogenannten Buffett, meine Mutter, die im Bette wachte, setzte sich, weil erschrocken, schnell aufrecht." Auch im Pfarrhaus in R ö t h e n b e r g wurde nach Erkundigung dieses ~ 251 — Berichterstatters der Stoss beobachtet, dagegen in anderen Pfarr- häusern der Umgegend nicht. So konnte auch Herr Forstmeister Nagel von Freudenstadt auf gemachte Anfragen bei den Forst- beamten von Freudenstadt, Alpirsbach, Baiersbronn, Buhlbach, llei- chenbach , Schönmünzach , Pfalzgrafenweiler , Thumlingen nur ver- neinende Antworten erhalten. Weiter gegen Süden an der Westgrenze, in Schramberg, wurde das Erdbeben von mehreren Personen an verschiedenen Stellen des Thaies beobachtet. Herr A. Schneider, der durch das auf- und abgehende Schwanken des Bettes erwachte, berichtet, dass er sich rasch ankleidete, um nach dem Schlossberg zu sehen, ob dieser noch stehe. Die nordöstliche Grenze des württembergischen Gebietes gelang nicht gleich zuverlässig festzustellen. Die Ulmer Schnellpost vom 3. August brachte eine Korrespondenz aus Blaubeuren, nach welcher daselbst der Erdstoss von einer Menge von Leuten wahr- genommen wurde, selbst eine Holzbeige davon eingefallen sei und nach der Ulmer Stadtpost desselben Tages wurde auch in Ulm selbst das Erdbeben wahrgenommen. Trotz der Aufforderung zur Bericht- erstattung, welche der Schwäbische Merkur, der Staatsanzeiger und die Ulmer Schnellpost ergehen zu lassen die Güte hatten, waren weder von Ulm noch von Blaubeuren bestimmtere direkte Nach- richten zu erhalten , das Interesse der Ulmer war von der Anthro- pologenversammlung in Anspruch genommen. Herr Postmeister EiCHELE von Münsingen und Herr Lehrer Tress von B r e m e 1 a u sandten verneinende Berichte für den 1. August, dagegen bejahende über ein unten zu erwähnendes Nachbeben am 3. August, auch Hayingen und Umgegend hatten nach dem Berichte des Herrn Lehrers Aierstock von Indelhausen nichts wahrgenommen , während nach dem Berichte des Herrn Pfarrverwesers Fuchs von Ehestet- t e n , welches zwischen Hayingen und Münsingen auf der Höhe der Alb gelegen ist, das dortige Pfarrhaus deutliche Spuren der Erschüt- terung davontrug, „wie wenn sich das ganze in ältere massive Um- fassungsmauern eingebaute Riegelgemäuer des Hauses gesetzt hätte. Von diesem Morgen an streifte eine Zimmerthüre, die höher gehängt werden musste, an der Wand des oberen Ganges ist vom Boden bis fast zur Decke ein ca. 2 mm weiter Riss entstanden , der Verputz an der Decke ist losgeworden und zum Teil abgefallen. Dem Be- obachter selbst kam es vor, als ob jemand im Holzraume über dem Zimmer in Filzschuhen ginge um Holz zu holen und dabei eine Holzbeige etwas einrutschte. " Weiter östhch äusserte sich in All- — 252 — mendingen nach Bericht des Herrn A. Wolf das Erdbeben als starker Ruck von unten und in Ringingen nach Bericht von Herrn Pfarrer Dr. Schmid als heftig rüttelnde Bewegung. Gegen Osten des Gebiets springt am weitesten vor G u t e n z e 1 1 , von wo Herr Pfarrer Staiger berichtet, dass das Pfarrhaus von einem starken Stoss er- zitterte und man im Schloss den Eindruck hatte, als ob die hintere Hausthüre mit aller Gewalt zugeschlagen würde. In Ochsen- hausen beschreibt Herr Waisenhausaufseher Kober, wie die Bett- lade durch 2 Stösse gehoben wurde, als fahre man in der Kutsche. VonLeutkirch schickt Herr Postmeister Sauer einen verneinenden Bericht. In K i s s 1 e g g hat Herr Professoratsverweser Sporer im Kahn auf dem Stolzensee das Erdbeben wahrgenommen und zwar ohne mechanische Erschütterung nur als ein scheinbar von Norden kommendes zweimaliges Geräusch, wie wenn in einem benachbarten Hofe etwas eingestürzt wäre , auch mehrere Personen in Kisslegg haben das Erdbeben wahrgenommen. Ebenso inLeupolz, von wo Herr Pfarrer Kaspar berichtet, dass es war, wie wenn ein schwerer Gegenstand oben auf der Bühne herabfalle oder wie ein kurzer Donner, Gegenstände wie Nachttisch und Tafeln an der Wand zit- terten. Zur Vervollständigung der Ostgrenze erwähnen wir noch B r e g e n z , von wo wir durch Vermittelung von Herrn Franz Ritter Bericht erhielten, dass das Erdbeben wohl bemerkt wurde, aber zu schwach war, um für ein solches gehalten zu werden. Als eine im württembergisch-hohenzollernschen Gebiete unerschütterte Insel ist die Gegend nördlich des Laufs der Donau vor und hinter Sig- maringen hervorzuheben. Es ist das ganze am 7. und 14. Oktober 1890 erschütterte Gebiet der Alb (vergl. diese Jahreshefte von 1891) samt nächster Umgebung, welches diesesmal unberührt blieb , wäh- rend dieses Gebiet im Westen, Süden und Osten von erschüttertem Gebiete umgeben ist. Die Bemühungen der Herren Landesbaurat Leibbrand und Bauinspektor Claüsnitzer konnten nördlich Sigma- ringen keine Beobachtungen in Erfahrung bringen. Die Stärke der Erschütterung ist im Innern des Gebietes nicht wesentlich grösser als an den Gren- zen. Zum Zwecke dieser und auch künftiger Vergleichungen möge hier die Intensitätsskala von Rossi-Forel vorausgeschickt werden : Grad I. Mikroseismische Bewegung, notiert von einem Seismo- graphen oder von mehreren Instrumenten derselben Art , aber nicht im stände , Seismographen verschie- — 253 — • dener Konstruktion in Funktion zu setzen. Notiert von einem geübten Beobachter. Grad II. Stoss registriert von Seismographen verschiedenen Sy- stems, konstatiert von einer kleinen Anzahl im Zustande der Ruhe befindlicher Beobachter. „ III. Erschütterung beobachtet von mehreren Personen in der Ruhe, stark genug, dass Dauer oder Richtung ge- schätzt werden können. „ IV. Erschütterung, beobachtet von Personen in Thätigkeit; Erschütterung beweghcher Objekte, der Fenster, Thüren, Krachen der Dielen. „ V. Erschütterung allgemein von der ganzen Bevölkerung bemerkt ; Erschütterung grösserer Gegenstände , der Möbel, Betten ; Anschlagen einzelner Hausglocken. „ VI. Allgemeines Erwachen der Schlafenden ; allgemeines Anschlagen der Hausglocken, Schwanken der Kron- leuchter, Stillstehen der Uhren, sichtbares Schwanken der Bäume und Sträucher. „ VII. Umstürzen von beweglichen Gegenständen, Ablösen von Gipsstücken aus der Decke und von den Wänden, An- schlagen der Kirchenglocken , allgemeiner Schrecken, noch keine Beschädigung der Bauwerke. „ VIII, Herabstürzen von Kaminen, Risse in den Mauern von Gebäuden. „ IX. Teilweise oder gänzliche Zerstörung einzelner Gebäude. „ X. Grosses Unglück, Ruinen, Umsturz von Erdschichten, Entstehen von Spalten in der Erdrinde, Bergstürze. Das Zutreffen einzelner Merkmale infolge örtlicher zufälliger Umstände genügt natürlich nicht zur Einreihung in eine höhere Klasse, sonst müssten wir dem oben erwähnten Ehestetten, wo der Verputz von der Decke auf einen Meter Länge sich ablöste, wo ein Mauerriss entstand und eine Senkung des ganzen Gebäudes fühlbar wurde, am Ende die Intensität VII oder gar VIII geben. Aus dem Umstände, dass der dortige Beobachter in weitem Umkreis der ein- zige war, welcher eine Wahrnehmung machte, und dass derselbe die Beobachtung nur in ganz günstiger Körperlage, nicht im Schlafe oder in Bewegung, sondern am Betstuhle knieend machte, ohne zuerst an ein Erdbeben zu denken, leiten wir lieber die Berechtigung ab, den Erdstoss in Ehestetten in die Klasse II einzureihen , wie auch den oben von Calw berichteten. Hohenheim kommt die Intensität I zu, — 254 — weil die Erschütterung nur an dem sehr empfindlichen liorizontal- Pendelapparat wahrgenommen wurde (der Apparat war erst seit wenigen Tagen auf Veranlassung der Erdbebenkommission aufgestellt), und doch muss auch hier die Bodenbewegung, die kein Bewohner direkt wahrgenommen hat, eine nicht unerhebliche gewesen sein, denn die Verschiebung der Marken um 2 cm deutet bei der fünffachen Übersetzung , die der Apparat bewirkt , auf minde- stens 4 mm Amplitude der horizontalen Komponente der Schwan- kung hin. Die übrigen Grenzorte, vielleicht mit Ausnahme von Ulm und Kisslegg, werden wir in den III. Grad einreihen müssen, und in die- selben drei ersten Rubriken, immerhin mit teilweiser Annäherung an IV, gehören auch alle übrigen Orte des ganzen württembergisch- hohenzollernschen Erdbebengebietes. Wir heben einzelne der be- richteten mechanischen Wirkungen heraus: Müh 1 heim a. B. (Herr Pfarrer Pfahler): „Starker Erdstoss, durch welchen das ganze massiv gebaute Pfarrhaus erschüttert wurde, die Bettladen zitterten und die Fenster klirrten." Rottweil (Herr Fabrikant Gross) : „Die Be- wegung erschien mir als Zittern, so dass Thüren und Fenster klirrten. Ich hielt es gleich für ein leichtes Erdbeben und beobachtete des- halb gleich nachher zwei Hängelampen, an denen ich keine Bewegung entdecken konnte." Ebenda hat Herr Professor Haag den Stoss nicht selbst beobachtet, aber die Kugel des LASAüLx'schen Seismo- meters lag im südlichen Loch. Ein anderer Berichterstatter schreibt ebenfalls: „Ich habe glücklich das Erdbeben verschlafen." „Auch in den umliegenden Orten ist das Erdbeben verspürt worden. Natür- lich glaubten viele, es habe sich was vorzeigt." Herr Lehrer Strohm von Tuttlingen schreibt: „Von verschiedenen Seiten höre ich, dass beobachtet worden sei, dass Möbel ins Wanken kamen. Zwei in einem Bette schlafende Kinder wurden derart gegeneinander gerüttelt, dass das eine seine Nase so ans andere anschlug, dass es blutete"; aus der westöstlichen Richtung des Bettes schliesst Bericht- erstatter auf nordsüdliche Stossrichtung. Herr Lehrer Schmid aus Balgheim am Fusse des Heubergs schreibt: „Das Beben wurde in allen Thalorten, so besonders Spaichingen, Aldingen, Dürbheim, Riet- heim deutlich wahrgenommen und scheint auf dem Heuberg weniger beobachtet worden zu sein. Manche Leute glaubten, die Pulver- fabrik in Rottweil sei aufgeflogen. Die Erschütterung war intensiv, so dass sie von den meisten Personen wahrgenommen wurde." Von Sigmaringen berichtet Herr Gymnasiallehrer Sextro: „Im Nachbar- — 255 — hause im Zimmer des ersten Stocks eine Vase in der Richtung Südost umgefallen." Herr Lehrer Schweizer in Sehe er berichtet: „Der Betthegende wurde in die Höhe geworfen. Das Wasser im Lavoir schwankte, das Gefäss khrrte, die Tafel an der Wand zitterte. Ein Papagei im Käfig, das auf einem Tische stand, fiel zu Boden." Herr Stadtschultheiss Laub in Mengen: „Bettladen besonders in grossen Schwankungen, so dass Furcht eintrat und die Leute das Bett verliessen. Eine Frau der Stadt zog auf einem Stuhl die Strümpfe an und fiel infolge der Schwankungen vom Stuhl zu Boden. Im Klostergebäude, wo das Erdbeben besonders verspürt wurde, wurde Wasser aus einem Waschbecken überschüttet. Im allgemeinen sind die Stösse nur auf der südlichen Langseite der Stadt und strichweise wahrgenommen worden." Grünin gen (Herr Pfarrer Haüber): ^Hef- tiger Stoss von unten, es war dem Beobachter, als ob im Hause grosse Stücke Mauerwerk einstürzten, er fragte gleich sein Haus- personal, was ist denn eingestürzt?" Herr Postmeister Dinkelacker in R i e d 1 i n g e n : „ Wie wenn beim Nachbar (Steinhauer) ein sehr schwerer Stein abgeladen worden wäre, im Nachbarhaus Klirren eines Schmuckkästchens auf einer Kommode." Pflummern (Herr Pfarr- verweser Villinger) : „Schwaches, kaum merkliches Schwanken. Wäh- rend der Unterzeichnete an seinem Pulte stand, hörte er auf einmal seinen Schlüsselbund , der in der offenen Thüre seines Registratur- kastens steckte, klirren und wie er sich danach umsah , schwankte die Thüre dieses Kastens hin und her, ein Wlndstoss konnte die Ursache nicht sein. Zugleich schien dem Unterzeichneten der Boden des Zimmers zu schwanken , aber nur sehr schwach. An ein Erd- beben dachte ich erst, als ich mittags erfuhr, dass in Altheim ein Erdbeben verspürt wurde." Herr Anton Vetter, Wirt in Dentingen, am Fusse des Bussen: „Meine Bettlade kam urplötzlich zum Wanken. Ich glaubte an einen Einsturz des Hauses. Die Wände zitterten sehr stark. Meine Pendeluhr machte mich aufmerksam auf etwas Ausser- ordentliches. Die Feder derselben klirrte plötzlich, sie schlug näm- lich etliche Mal an die Rückwand, das Werk kam nicht zum Stehen." Herr Amtsnotar Breitenbach in M u n d e r k i n g e n : „Schlag von unten, es war wie wenn man mit aller Gewalt an die Grundmauern des Gebäudes schlagen würde. Man beobachtete ein Klirren der Fenster und Zittern sonstiger Gegenstände." Herr Reallehrer Baumeister von Buch au, der aber selbst die Beobachtung nicht machte: „Schlag von unten, verglichen mit dem Rollen eines schwer beladenen Wagens. Man glaubte, es sei im Haus ein Kasten eingefallen, Gläser klirrten." — 256 — In Schussenried wurde nach Herrn Oberförster Frank nichts ver- spürt. ■ Von Unter essen dorf und Winter stettenstadt be- riclitet Herr Pfarrer Dr. Probst, dass im ersteren Orte das Erdbeben wohl bemerkt , aber wenig beachtet wurde , im zweiten Orte aber machte es Aufsehen durch Geräusch, Schwanken der Tafeln an den Wänden und fühlbaren Stoss. Herr Lehrer König in Renhards- w eil er: „Ausser einer heftigen Erschütterung des ganzen Hauses wurden keine besonderen Wirkungen wahrgenommen." In Aulen- dorf (Herr Eisenbahnbetriebsinspektor Bock) bestand die Bewegung nicht in einem Stoss , sondern , der Elasticität des Torfbodens ent- sprechend, in wellenförmigem Schwanken und leichtem Zittern, ähn- lich dem Schwanken eines Nachens auf dem Wasser. So im Ver- waltungsgebäude des Bahnhofs, im höher gelegenen Dorfe wurde ein Stoss verspürt. Herr Reallehrer Zoller in Altshausen: „Wie wenn im Erdgeschoss ein sehr schwerer Gegenstand zu Boden gefallen wäre. Im Speiseschrank meines Wohnzimmers klirrten die Gläser stark aneinander, meine Wanduhr ging ruhig weiter, an der Hänge- lampe, am Waschwasser etc. wurde nichts bemerkt." Von Wald- see berichtet Herr Andreas Högerle: Stoss von unten. „Mein Nachts tischchen wurde hin und her gerüttelt, das auf demselben stehende Wasserglas veränderte etwas seinen Standpunkt, das Wasser bewegte sich nicht hin und her, sondern zitterte auf und ab (der Bericht- erstatter erläutert das durch Zeichnung), das Milchglas einer Steh- lampe wurde etwas in die Höhe gehoben und klirrte hörbar." Ebendaher berichtet auch Herr Buchhalter Biedermann: „Starkes rasch aufeinanderfolgendes Rütteln, mir war es, als ob ich elektrisiert worden wäre. Kleinere Gegenstände gerieten ins Schwanken, es wurden auch Personen im Bett oder auf einem Stuhl sitzend in die Höhe gehoben." In Ünterschwarzach hat Herr Lehrer Knupfer selbst nichts bemerkt, „ein Gefühl wurde empfunden, als ob Bett- stätten, Tische, Kästen etc. zerbrechen wollten, leichte aufgehängte Gegenstände zeigten deutliche Bewegung." In Königseggwald wurde nach Bericht von Herrn Forstverwalter Henle das Erdbeben von mehreren Personen bemerkt, dieselben sagen, sie haben einen starken plötzlichen Stoss wahrgenommen, so dass die Thürgerüste gekracht haben. In Burg weil er (Herr Stationsvorstand Danger) waren es zwei Stösse, „es kam mir vor, dass einmal die eine Lang- seite der Bettlade in die Höhe genommen wurde, das anderemal die andere. Ob die Risse am Haus neu oder alt sind, vermag ich nicht festzustellen. Die Hausfrau über mir im 2. Stock machte die ganz -- 257 — gleiche Erfahrung, im badischen Orte Burgweiler wurde die Erschüt- terung vielseitig wahrgenommen, in einem Hause klirrten die Fenster und fiel die Küchenthüre ohne Zuthun zu." In Weingarten wurde nach Herrn Postmeister Rau nichts verspürt. Aus Ravensburg berichtet Herr W. Baerwick: „Wie wenn jemand unter der Bettlade dieselbe mit einem Ruck in die Höhe heben v/ollte. Bewegungen von Möbeln etc. wurden nicht beobachtet, so dass Beobachter an der Wirkhchkeit eines Erdbebens gezweifelt hätte, wenn nicht im Ober- schwäbischen Anzeiger Nr. 202 nachstehender Artikel zu lesen ge- wesen wäre: „„Heute früh 3 Uhr wurde hier ein leichter, und bald nachher, etwa um |6 Uhr, ein ziemlich heftiger Erdstoss verspürt, der letztere bewegte sich von Norden nach Süden und zwar so stark, dass kleine Gegenstände sichtlich ins Schwanken kamen."" Mein Dienstmädchen war gerade im Begriff, an einen Kasten gelehnt die Strümpfe anzuziehen, wobei sie glaubte umzufallen. In einem hiesigen Hause sollen die Bildertafeln von den Wänden gefallen sein. Viele wachten von dem Stosse auf, ohne zu wissen aus welcher Ursache." Herr Postmeister Richter aus Tettnang: „Wie wenn jemand durchs Zimmer ginge und dabei der Fussboden etwas knarrte und zitterte." Herr Pfarrer Engert aus Kehlen: „Sehr rasche wellenförmige Be- wegung ; es war nicht wie es z. B. stattfindet , wenn ein schwerer Güterzug an meinem Hause vorbeifährt, sondern ein sehr deutliches Senken und Heben. Die Stärke des Stosses war derart, dass die an einem mit Büchern und anderen schweren Gegenständen besetzten Pult an Nägeln hängenden Schlüssel etc. an dieses anschlugen und ich nachher ziemlich Kraft aufbieten musste, um an dem Pult ähn- liche Wahrnehmungen zu machen, doch auch nicht so stark, dass irgendwelche Gegenstände umfielen. Mein erster Gedanke war: Erd- beben, weshalb ich alsbald meine Uhr zu Rat hielt." In Fried- richshafen waren die Wahrnehmungen an verschiedenen Punkten der Stadt sehr verschieden. Herr Stationsverwalter Wilhelm schreibt: „Ich selbst habe, obgleich ich lange vorher schon wachend war, lediglich nichts wahrgenommen. Im K. Schloss weiss niemand etwas von einem Erdstoss, während in dem nahegelegenen Gasthaus zum Seehof Tische, Bilder etc. sich bewegt haben sollen ; ebenso in einem Haus an der Strasse zum Riedlepark, dies wäre die Richtung SSW. In der Altstadt sind die eingezogenen Erkundigungen dadurch, dass sie sich sowohl in der Zeit als Richtung und Stärke ganz wider- sprechen, unzuverlässig ; ein Badegast aus Stuttgart will einen Stoss und ein kurzes Schwanken der Möbel bemerkt haben, ebenso der Jahreghefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1893. 17 — 258 — Besitzer der Villa Busse, der gleichfalls die Richtung SSW. angiebt. Auf dem Bahnhof wurde lediglich kein Stoss verspürt." Von eben- daher berichtet Herr Finanzrat Pross, dass er ebenfalls nichts ver- spürt habe , dass in der Badanstalt (Herrenbadhaus) sich der Stoss äusserte, als ob ein Kahn heftig angestossen wäre, während in dem 100 m entfernten Bahnhofgebäude der an der Wanduhr angebrachte LASAULx'sche Seismometer nicht ausgelöst wurde. Herr Schultheiss LüSSMANN aus Langnau: „Plötzlicher Ruck mit einigen nachfolgen- den Schwankungen und Zittern. Ich wurde im Bette heftig ge- schüttelt, die Bildertafeln, ebenso auch die Möbel schwankten. Der Inhalt des Glasschranks schlug klirrend aneinander, die Wände des Hauses krachten. Personen, welche in Scheunen, Stallungen oder im Freien sich aufhielten, bemerkten nichts." Herr Zolleinnehmer Ziesel in Kressbronn: „Kurzer Seitenruck mit etwas Schwankung, die Kugel in dem Seismochronographen verblieb jedoch in ihrer Lage und ist durch den Ruck nicht abgefallen." In Langenargen wurde nach Herrn Postexpeditor Hamann keine Wahrnehmung gemacht. In Wasserburg (bayrisch) beobachtete Herr Rektor Schumann aus Stuttgart eine Reihe rasch aufeinanderfolgender Erschütterungen (6 — 10) als sanftes rasches Schwanken, die ersteren Stösse stärker, dann Abnahme. Auf Bruder hof (württembergische Enklave beim Hohentwiel) wurde das Erdbeben von Herrn Revieramtsassistent Betzendörffer beobachtet: „Anfangs eine wellenförmige Bewegung, die mit einem starken Stosse endete. Das Gebäude zitterte mit dumpfem wellenförmigem Geräusch, wie wenn in den oberen Räumen ein Schrank umgefallen wäre. Die Gläser im Buffett klirrten." Ähn- lich berichtet aus Singen (badisch) Herr A. Fischer, dass Möbel und Küchengeschirr zitterten und Balken und Wände krachten. Ein aus Frauen feld (Schweiz) eingelaufener Bericht von Herrn Dr. C. Hess schildert das Erdbeben als kurzen Seitenruck mit nach- folgendem Schaukeln. Diese Berichte mögen ein genügendes Bild von der zwischen den Graden I — IV wechselnden Stärke der Er- schütterung geben, wobei die Stärke I nur in Hohenheim zur Be- obachtung gelangte und IV wohl nur auf Scheer und Mengen passt, obgleich auch Sigmaringen, Tuttlingen, Ravensburg sich dieser Stärke nähern. Die Seismochronographen nach Lasaulx, welche an ver- schiedenen Orten, Rottweil, Friedrichshafen, Kressbronn, Hohenheim, hätten funktionieren sollen, haben ganz versagt, denn auch der in Rottweil, von welchem der Berichterstatter für möglich hält, dass die Kugel schon vor dem Erdbeben unten lag, scheint mit der Uhr - 259 — nicht in richtiger Verbindung gewesen zu sein. Die Berichte gaben uns zugleich ein Bild von der verschiedenen Art der Bewegung. Bald ist es ein kurzer scharfer Stoss , bald zwei , bald mehr Stüsse, bald ein Seitenruck, bald ein Schaukeln, bald Schaukeln vor dem Stoss, bald nach dem Stoss: Calw, Reinerzau, Mühlheim a. B., Wittershausen , Grüningen , Riedlingen , Pflummern , Hundersingen, Emeringen, Munderkingen , Buchau, Hochberg, Altshausen, Unter- schwarzach, Waldsee, Königseggwald, Wolfegg, Ravensburg, Leupolz, Tettnang, Kehlen, Friedrichshafen, Langnau, Kressbronn hatten alle einen einfachen Stoss, dessen Dauer meist zu einer, teilweise zu zwei oder zu wenigen Sekunden angegeben wird. Schramberg hatte verschiedene Stösse auf und ab in gleichmässigem Schwanken, nach dem Erwachen des Beobachters noch etwa 10 Sekunden lang, Rott- weil hatte nach dem einen Bericht (Gross) nur einen Stoss, nach dem anderen (Haag) 2 Stösse, einen leichten und einen starken kurz hintereinander, Tuttlingen 2 Stösse in Zeit von 10 Minuten, jeder ganz kurz, Scheer 2 Stösse im Zwischenraum von 2 — 3 Sekunden, der 2. stärker, Sigmaringen 2 Stösse im Zwischenraum, dass man 8 zählen konnte (Herr Gymnasialdirektor Dr. Eberhard), oder „im Zwi- schenraum von einigen Sekunden" (Herr Betriebsinspektor Brekle), oder „in etwa 3 Sekunden Abstand" (Sextro), dagegen mit 5 Minu- ten Zwischenraum nach Herrn Gymnasiallehrer Dillenburger. Mengen: 3 Stösse innerhalb 5 — 6 Sekunden (Laub), ebenda nur ein Stoss (Anonymus), Dentingen am Bussen : 3 — 4 Stösse in Zwischenräumen von wenigen (3—4) Sekunden und nachfolgendem Zittern, auch während einiger Sekunden. Oberstadion: wellenförmige Bewegung während 2 — 3 Sekunden, Ehestetten: Bewegung während 15 — 20 Se- kunden (s. oben) , Allmendingen : 2 — 3 Stösse unmittelbar hinter- einander, Ochsenhausen : 2 Stösse , der erste bedeutend stärker mit 1 — 1| Sekunden Zwischenraum, Renhardsweiler : ein wellenförmiges Schwanken und Zittern während 2 Sekunden, Station Aulendorf: w^ellenförmiges Schwanken und Zittern während ca. 8 Sekunden, Dorf Aulendorf dagegen ein einziger Stoss, Burgweiler: 2 aufeinander- folgende Stösse in 1 — 2 Sekunden, Wasserburg: eine Reihe rasch aufeinanderfolgender Erschütterungen (6 — 10 ?) , ein Zittern und Schwanken, Zwischenräume vielleicht | Sekunde, abnehmende Stärke. Bruderhof: 2 — 3 Sekunden lang wellenförmige Bewegung, mit star- kem Stoss abschliessend , Frauenfeld : kurzer Seitenruck mit nach- — 260 - folgendem sanftem Schaukeln. Sehr unsicher sind die Angaben über die Richtung- des Stosses. Die gemachten Angaben, welche meist nur als Vermutungen gegeben wurden, sind in die Karte eingetragen. Die Richtung in Hohenheim ist gefolgert aus den Komponenten der Bewegung nach drei Himmelsrichtungen, zwei Hauptrichtungen und eine Mittelrich- tung. Herr Professor Dr. Mack schreibt: „Zu unserer Freude ist das Seismometer am letzten Montag durch das im südlichen Württemberg beobachtete Erdbeben eingeweiht worden. Ich zweifle wenigstens nicht, dass zwei kräftige Ausschläge, welche die Pendel zeigten, auf dieses Erdbeben zurückzuführen sind, von welchem allerdings sonst niemand hier etwas verspürt hat. Am Montag selbst wurde nicht visitiert. Beim Nachsehen am Dienstag zeigten zwei der Pendel Ausschläge von über 2 cm Betrag, das dritte Pendel hatte nur um 2 — 3 mm ausgeschlagen. Aus der Orientierung der betreffenden Pendel habe ich zusammen mit Herrn Professor Nies eruiert, dass der Erdstoss ziemlich genau aus SW. gekommen ist." Wie unsicher die übrigen Angaben sind, zeigt z. B. Friedrichshafen, wo drei Be- richterstatter drei verschiedene Angaben machen, sie sind alle drei in die Karte eingetragen, auch Sigmaringen hat nach zwei Berichten 0. — W., nach einem dritten W. — 0. Wasserburg hat 0. 30 S. bis W. 30 N. „oder umgekehrt". Einige Berichte bezeichnen die Rich- tung „von unten", die meisten „unbestimmt". Bei einer Anzahl von Berichten wird ausser dem Klirren der Gläser, Krachen der Dielen und des Gebälks, noch ein besonderes Erdbebeng'eränsch erwähnt. In Tuttlingen ging ein unterirdischer Donner voraus, in Sigmaringen war das Geräusch „wie das feste Auffallen eines gewichtigen Körpers" (Dillenbürger), oder wie ein anhaltendes Rollen gleichzeitig mit der Erschütterung (Herr Dr. v. Climborn). Herr Di- rektor Dr. Eberhard bezeichnet dasselbe durch das Wort „Rrrrrrumps". In Sehe er hörte man ein 2 — 3 Sekunden lang dem Stoss nach- folgendes Rollen, in Grüningen ein 1 — 2 Sekunden länger an- dauerndes dumpfes Getöse, in Riedlingen einen dumpfen Stoss, in Dentingen ein dem Stoss vorangehendes dumpfes Getöse, in Emeringen war der Stoss von einem eigentümlichen Rauschen und Dröhnen begleitet, in Ehestetten neben dem Ächzen des Ge- bälks ein Geroll wie beim Hinwerfen mehrerer kleiner Holzscheitchen, — 261 — in Renhardsweiler gleichzeitig mit der Erschütterung ein unter- irdischer Donner plötzlich abbrechend, in Burg weil er ein etwas andauerndes Getöse, in Kisslegg ohne Stoss ein zweimaliges kurz aufeinanderfolgendes Geräusch , wie wenn etwas einstürzen würde, in Leupolz ein kurzer Donner gleichzeitig, in Friedrichshafen hat ein Fräulein im Seehof ein Poltern gehört, als wäre ein Fass die Treppe hinuntergestürzt, in Langnau ging ein vielleicht 30 Sekunden dauerndes Rollen voran, mit dem Stoss war das Rollen zu Ende, in- Singen war ein unterirdisches starkes Getöse, in Frauenfeld ein an- haltendes Rollen, wie wenn ein schwerbeladener Lastwagen über das Strassenpflaster fährt, dem Stoss einige Sekunden vorangehend und fast plötzlich mit dem Schaukeln verschwindend. Die übrigen Be- richte verneinen das eigentliche Erdbebengeräusch. Die Zeit des Erdbebens wird nur in wenigen Berichten mit mehr als 1 Minute Genauigkeit angegeben. Herr Pfarrer Engert in Kehlen, seit Jahren mit der astronomischen Zeitbestimmung mittels des Sextanten vertraut, hat gleich beim Erdbeben seine Uhr verglichen und alsdann mittels seines llzölligen EßLE'schen Sextanten 5*^ 29' 5 — 15" mitteleuropäische Zeit als Zeit des Stosses ermittelt. Nach Herrn Rektor Schümann war die Zeit in Wasserburg, durch Vergleichung seiner Taschenuhr mit der Telegraphenuhr ermittelt, zwischen 5'^ 281' und 5^ 29'. Herr Eisenbahn- betriebsinspektor Bock in Aulendorf giebt 5*^ 29|^' vormittags gleich mit der Telegraphenuhr. Herr Professor Stix in Rottweil beobach- tete den Stoss \ — | Minute vor |6 Uhr übereinstimmend mit der Telegraphenuhr. Herr Revieramtsassistent Betzendörffer, Bruder- hof, giebt b^ 30^' an, „übereinstimmend mit der Eisenbahnuhr " (Singen). Die Zeit für Friedrichshafen wurde anfänglich in den Berichten und Zeitungen unrichtig gegeben, aber nicht aufrecht erhalten (4| Uhr und 5*^ 55'). Herr Abteilungsingenieur Weigelin schreibt: „Ich wurde durch die Bewegung erweckt am 1. August, morgens b^ 27' — 28' M. E. Z. Diese Zeit ist sicher, da ich sofort auf die Uhr sah und diese später mit der Eisenbahnzeit verglich. Damit stimmt auch die Angabe einer zweiten Person, die ebenfalls dadurch erweckt wurde." Dagegen schreibt ein anderer Bericht- erstatter (Wilhelm) : „Der grösste Teil der Befragten giebt die Zeit des Stosses auf 5^ 35'— 5*^ 40' morgens an, ein dritter Bericht- erstatter (Pross) giebt an: „Morgens 5^^ 35' wurde von mehreren Personen ein Erdstoss verspürt. Die Zeitangaben sind sehr ver- — 262 — schieden, von 5^ 10' bis 5*^ 55' morgens." In Sigma ringen giebt Herr Gymnasiallehrer Sextro die Zeit 5^ 29' mit der Bemerkung: ;,Meine Uhr, nach der ich sofort nach dem zweiten Stosse blickte, zeigte 5^ 26|' und ging nach der hiesigen Bahnhofsuhr 2^ Minuten zu spät, wie eine Kontrolle desselben morgens um 9 Uhr ergab." Ein zweiter Bericht (Brekle) von dort giebt 5'^ 28', „die Uhr ging mit der Bahnuhr", ein dritter Bericht (v. Climborn) 5^ 35', „die Uhr geht gewöhnlich 5 Minuten vor der Bahnuhr", ein vierter Bericht (Clausnizer) 5^ Uhr, ein fünfter (Eberhard) 5'^ 25' „nach der Stadt- uhr, die nicht wesentlich von der Eisenbahnuhr differierte", und ein sechster (Dillenburger) giebt 5^ 20 — 30'. Eine grössere Anzahl von Beobachtfern macht Anspruch auf eine Genauigkeit von 1 Minute: Buch au (Baumeister) 5^29', „Uhr geht nach der Telegraphenuhr", Altshausen (Zoller) 5^ 29', F r a u e n f e 1 d (Hess) 4^ 59' (Schweizer Zeit, also 5^ 29' mitteleurop. Zeit), Gutenzeil (Staiger) „^6 Uhr oder vielleicht 1 Minute früher". Rottweil (Gross) 5^ 28', „Uhr geht möglicherweise 1 Minute nach", Mengen (Laub) präcis ö^ Uhr Bahnzeit, Oberstadion (Straub) „wenige Augenblicke vor ^6 Uhr", Tuttlingen (Strohm) 5^ 29', „etwa 10 Minuten später die zweite Erschütterung". jSlicht mehr dürfte diese Genauigkeit besitzen: Burg- weiler (Danger) b^ 32', „genau nach der Telegraphenuhr", denn der Beobachter hat vielleicht nicht sogleich nach der Uhr gesehen, er sagt: „Ich selbst wurde durch die Stösse bewegt, so dass ich gleich, da es mir unheimlich vorkam und mich überhaupt der Dienst ruft, aufgestanden bin und gleich nach der Uhr sah,'^ oder Waldsee (Biedermann) 5^ 28', „die Uhr ging der Telegraphenuhr um 1^ Mi- nuten vor". Ein zweiter Bericht aus Waldsee giebt sogar nur „5^ 25' (Sekunden?)". Durch den in Klammer gesetzten Zusatz macht auch dieser Anspruch auf 1 Minute Genauigkeit. Wo ein solcher Zusatz zu der auf 5 oder 10 Minuten abgerundeten Zahl fehlt, ist der An- spruch auf Genauigkeit ein kleinerer. Sehr viele Berichte, insbeson- dere Zeitungsberichte, geben kurzweg |6 Uhr, andere geben aus- drücklich die UnZuverlässigkeit auf einige Minuten zu. Als abweichend von ^6 Uhr seien noch hervorgehoben: Tettnang 5^ 25' („über- einstimmend mit Telegraphenuhr"), Leupolz 5^35', Saulgau (Ano- nymus) 6^20' (!), Hochberg (Pfarrer Buse) : „Kurz nach ö^ Uhr (Bahnuhrzeit), nicht erst 5| Uhr, wie die Blätter berichten", Almen- dingen (H. Wolf) 5^ 35' „die Uhr geht im Vergleich mit der Telegraphenuhr 5 Minuten vor". Sehe er (Schweizer) 5*^ 34', „die hiesige Kirchenuhr wird genau nach der Bahnuhr gerichtet", der — 263 — Berichterstatter war aber nicht selbst Beobachter. Von besonderem Interesse wäre es, von den Grenzstationen des Bezirks genaue Zeiten zu haben. Zur Beurteilung wenigstens des möglichen Spielraums mögen die Berichte von Calw, Schramberg und Ehestetten beitragen. Herr Professor Plocher in Calw giebt als Zeit GJ Minuten nach ■^6 Uhr mit dem Zusatz : „Vor etlichen Tagen nahm ich wahr, dass die Stadtuhr der Telegraphenuhr um etliche Minuten voranging." Herr A. Schneider in Schramberg giebt ö^ 30' mitteleurop. Zeit mit dem Zusatz : „Die Uhr kann möglicherweise 2 oder 3 Minuten vor- oder nachgegangen sein." Herr Pfarrverweser Fuchs in Ehe- stetten giebt ca. |6 Uhr mitteleurop. Zeit, „die schon ältere Kirchen- uhr muss öfters reguliert werden", der Beobachter wurde zudem erst zwei Tage später durch die Zeitungen auf die Vermutung eines Erd- bebens gebracht. Es soll ein wichtiges Moment für die Wertschätzung der würt- tembergischen Telegraphenzeiten hier nicht verschwiegen werden : Um die Zeit des Erdbebens waren die zwei ersten Autoritäten, welche für die Zeitbestimmung in Württemberg verantwortlich sind, gesund- heitshalber in Urlaub. Sollte man aber vielleicht aus diesem Grunde in die Richtigkeit der württembergischen Telegraphenzeit des 1. August Zweifel setzen wollen, so würden diese Zweifel unter den genauesten Zeitbestimmungen nur diejenigen von Aulendorf, Friedrichshafen und Rottweil betreffen, weil Kehlen astronomisch bestimmt wurde, Wasser- burg bayrisch, Sigmaringen preussisch und der Bruderhof auf badische Zeit angewiesen ist. Wir dürfen auf die Ergänzung der vorstehen- den Zeitberichte durch die Erhebungen der badischen und schwei- zerischen Erdbebenkommission gespannt sein. Vorbeben scheinen an verschiedenen Orten stattgefunden zu haben, in Über- lingen (nachts 12 Uhr ?), in Konstanz nachts 2 Uhr. Nach den Be- richten aus dem Gebiete der württembergischen Erdbebenkommission verspürte man vorausgehende Erdstösse : In Ravensburg, von wo der „Oberschwäbische Anzeiger" Nr. 202 berichtet : „Heute früh 3 Uhr wurde hier ein leichter, etwa um |6 Uhr ein ziemlich heftiger Erd- stoss verspürt. Von Sigmaringen schreibt Herr Gymnasiallehrer Sextro: „Mein unter mir zu ebener Erde wohnender Hauswirt hat vorher während der Nacht mehrmals Geräusche an Thüren und Fenstern gehört und ist jedesmal aufgestanden und hat nachgesehen, was da los sei." In Munderkingen beobachtete Herr Amtsnotar — 264 — Breitenbach „einen ganz ähnlichen Stoss schon am Sonntag den 31. Juh, nur schwächer. Gerade weil dieser Stoss vorausging, ver- mutete er am Sonntag sofort ein Erdbeben. Am Sonntag war der Stoss so ziemlich zu gleicher Zeit" (|6 Uhr vorm.). Nachbeben mögen bei Erdbebenbeobachtungen wohl öfter stattfinden, als man solche vermutet, weil durch die Erschütterung des ersten Stosses Auslösungen an verschiedenen Orten, auch wo der Stoss nicht fühlbar war, vorbereitet werden können. Der Eintritt solcher Auslösungen kann sich bloss Sekunden und Minuten, er kann sich auch Stunden und Tage verzögern. So war in unserem Falle der Hauptstoss selbst ein Nachbeben der vorausgehenden Erschütterungen, nur wahr- scheinlich vom selben Herde (Konstanz — Überlingen?) ausgehend wie diese. Wie oben erwähnt, hatte Tuttlingen ein Nachbeben 10 Mi- nuten nach dem Hauptstoss, Vielleicht ist auch die Erschütterung von Ehestetten als Nachbeben aufzufassen, denn zwei Tage später wurde gleichfalls auf der Höhe der Alb, sowie im zwischenliegenden Lauterthal das unter Nr. 3 zu besprechende Nachbeben verspürt. 3) Münsingen, 3. Aug. 4^35' früh (Telegraphenzeit) wurde nach Bericht von Herrn Postverwalter Eicheler im dortigen freistehen- den Schulgebäude, HI. Stock, ein Stoss verspürt, „man glaubte es springe jemand die Treppe hinunter, die Glasthüre zitterte, man hörte ein anhaltendes dumpfes Rollen, zuerst der Schlag, dann die Erschütte- rung. In Bremelau, 2 Stunden südlich von Münsingen, soll der Stoss noch heftiger gewesen sein als hier, so dass eine Bewegung der Bett- stelle wahrgenommen wurde." Herr Schullehrer Tress von Bremelau berichtet : „Mittwoch 3. August, zwischen |5 und f 5 Uhr morgens ein Stoss, blosses Zittern, das von denen, die es merkten, anfangs nicht erklärt werden konnte, bis in der Zeitung das Erdbeben besprochen wurde" (wohl das vom 1. August). „Hier die denkbar geringste Wirkung. In Münsingen und Hundersingen soll dieselbe grösser gewesen sein, besonders im K. Kameralamt Münsingen." Die Ver- mutung des Berichterstatters, im Lauterthal werden stärkere Be- obachtungen gemacht worden sein, hat sich auf gemachte Anfragen für Buttenhausen bestätigt. Herr Lehrer Neckarsulmer giebt als Zeit 4| — 4f Uhr morgens den 3. August. Ein ziemlich starkes Erdbeben sei allgemein wahrgenommen worden. Für Anhausen, Indelhausen und Hayingen sandte Herr Lehrer Aierstock von Indelhausen einen verneinenden Bericht. — 265 — 4) Am 3. Februar 1893 haben drei Personen in Oggelsbeuren und Grunz heim (je Oberamts Ehingen) ein Erdbeben beobachtet. Es sei wie „wiegend" gewesen. In Beziehung auf die Zeit können die Beobachter nur angeben, dass es etwa zwischen 1 und 4 Uhr morgens war. (Berichterstatter Herr Schuhnspektor Nagel in Hunder- singen, Post Munderkingen.) Die Seismometerbeobachtungen im Stuttgarter Realgymnasium, über welche im vorigen Jahresheft berichtet wurde , erlitten im letzten Jahre eine anhaltende Störung dadurch , dass in nächster Nähe der Apparate auf dem Werkplatz für den Bau des Landes- gewerbemuseums schwere eiserne Balken abgeladen und bearbeitet wurden. Auch für die Zukunft werden die Störungen zunächst fortdauern, da am selben Platze die Errichtung eines Neubaues zur Erweiterung des Polytechnikums in naher Aussicht steht. Bemerkenswert an diesen Störungen war, dass durch dieselben das ostwestlich schwingende Pendel in nicht geringere Mitleidenschaft gezogen wurde als die anderen, während bei den früheren Beobach- tungen dieses Pendel auffallend wenig beteiligt war. Auf Veranlassung der Erdbebenkommission und unter freundlichem Entgegenkommen der K. Direktion der Akademie Hohenheim und der K. Direktion des württemb. statistischen Landesamts warde in Hohen- heim in einer passenden freistehenden, zweckmässig renovierten Feld- hütte nebst einigen Seismographen verschiedenen Systems ein bisher im statistischen Landesamt aufgestellter Seismograph mit Vertikal- pendeln, sowie ein neuer Seismograph mit Horizontalpendeln auf- gestellt. Diese Apparate sind vorerst geeignet, über Stossstärke und Stossrichtung Angaben zu liefern und sollen im Laufe dieses Jahres durch eine Vorrichtung für Ermittelung der Stosszeit vermehrt wer- den. Wir hoffen seinerzeit über die Beobachtungsresultate berichten zu können. 17' Bücheranzeigen. Br. Karl Eckstein. Bericht über die Leistungen auf dem Gebiet der Forst- und Jagdzoologie. Jahrgang I. 1890. Frankfurt 1892. 43 S. 8°. Preis 1 M. 60 Pf. Endlich wird der lange genug als unangenehme Lücke in der Litteratur des Jagd- und Forstwesens empfundene Mangel einer voll- kommenen Übersicht über die im Laufe eines Jahres erschienenen Abhandlungen zoologischen Inhalts gehoben. Eckstein's Bericht schliesst sich in der Form anderen zoologischen Jahresberichten an. Nach einer Aufzählung der Zeitschriften folgen die Litteraturangaben über Säuger, Vögel u. s. w. bis zu den Lisekten und Würmern, je mit einer kurzen Bemerkung über das Wesentlichste des Inhalts ver- sehen. Ein Register erleichtert das Auffinden der Genera und Species. Es braucht kaum besonders betont zu werden, dass ebenso gut der Zoologe von Fach, wie der Jäger und Förster Grund haben, dieser Zusammenstellung ihre Anerkennung zu zollen. Der erstere ins- besondere wird derselben die Kenntnis mancher biologischen Mit- teilung verdanken, welche ihm in der weitzerstreuten Litteratur ent- gangen wäre. Bericht 1891 erscheint in diesem Sommer. Dr. VOSSELER. E. L. Trouessart. Die geographische Verbreitung der Tiere. Aus dem Französischen übersetzt von W. Marshall. Leipzig 1892. 368 S. Preis 4 M. In diesem, den fünften Band von „Weber's Naturwissenschaft- * lieber Bibliothek" bildenden Werk werden zu den von Sclater und Wallace aufgestellten 6 Tierregionen noch 2 weitere hinzugefügt, nämlich eine arktische und eine antarktische und dieses Vorgehen begründet. Übrigens hat schon J. Allens (vergl. Bullet, of the — 267 — Museum of comparative Zoology. Cambridge. Vol. 2) die eben- genannten Regionen von den anderen getrennt. Sowohl für die Land- als auch Seetiere werden die Grenzen der 8 Tierregionen geschildert und für jede Region die eigenartigen faunistischen Be- standteile übersichtlich und ausführlich mitgeteilt. Der geographi- schen Verbreitung der einzelnen Stämme des Tierreichs schickt Tr. eine Einteilung nach den Bewegungs- und Verbreitungsmitteln voraus. Kosmopolitische Arten vermögen ausnahmslos zu schwimmen oder zu fliegen ; dennoch sind die Vögel mehr auf einzelne Gegenden be- schränkt, als man annehmen sollte. Die Möglichkeiten einer passiven Wanderung durch Strömungen und Winde sind nach den neuesten Beobachtungen aufgeführt. Sehr von Bedeutung für die Zoogeographie sind diejenigen Tiere, welche, wie die Amphibien, ausschliesslich im Süsswasser vorkommen. Das Kapitel über die vertikale Verbreitung der Tiere beginnt mit den in grossen Tiefen lebenden Formen, unter denen uns solche von riesenhafter Grösse überraschen, deren nächste Verwandte nur klein sind. Die Fauna der Hochgebirge erinnert stets an die nördlichen Gegenden bezw. der Polargebiete. Zum Schluss bringt Tr. die Palaeontologie in Beziehung zur Zoogeographie und betont die Bedeutung der ersteren gegenüber der recenten Säuge- tierfauna. Die ersten Bewohner auf Erden waren wirbellose Meer- tiere ; auf dem festen Land Skorpione. Gleichzeitig mit den Spinn- tieren erscheinen flügellose Insekten. Die Palaeontologie beweist, dass auch für längst verschwundene Faunen dieselben zoogeographi- schen Gesetze galten, wie für die heutigen. Leider kann der Inhalt des in bekannter Weise ausgestatteten und mit 2 Karten versehenen Bändchens nicht eingehender referiert werden. Die wenigen mit- geteilten Proben aber mögen beweisen, wie viel des allgemein Interessierenden darin geboten wird. Vosseler. Dr. Heinrich Schurtz , Privatdocent an der Universität Leipzig. Katechismus der Völkerkunde. Mit 67 in den Text ge- druckten Abbildungen. Leipzig, J. J. Weber. 1893. Preis 4 M. Das Buch kommt einem praktischen Bedürfnis entgegen; in unserer Zeit des erneuten Interesses an fremden Ländern und Völkern beim grossen Publikum darf ein Werk auf freundliche Aufnahme rechnen, welches eine rasche Orientierung auf diesem Gebiet gestattet. Zum Studium der grossen einschlägigen Werke ist nicht jedermann Zeit und Gelegenheit gegeben, oft aber macht sich der Wunsch geltend, über dieses oder jenes in der Tagespresse genannte Natur- — 268 — Volk, über den einen oder anderen sonderbaren Gebrauch, seine Be- deutung und Verbreitung etwas Authentisches zu erfahren ; als Rat- geber hierzu darf das vorliegende Werk empfohlen werden. Im ersten Teil behandelt der Verfasser die vergleichende Völkerkunde, die Ethnologie ; in kurzgefasster Darstellung wird das Wichtigste mit- geteilt über körperliche Beschaffenheit, über die Einteilung der Völker nach den Eassemerkmalen und über die Kultur der verschiedenen Völker ; der zweite Abschnitt ist der beschreibenden Völker- kunde, der Ethnographie, gewidmet und behandelt nach kurzer Über- sicht über die verschiedenen zur Einteilung der Menschheit auf- gestellten Systeme die einzelnen Völkerschaften. Der ganzen Tendenz des Buches gemäss, welches einen Teil der von dem rührigen Verlag J. J. Weber herausgegebenen „Illustrirten Katechismen" bildet und im Druck wie in den Illustrationen hübsch ausgestattet ist, befleissigt sich der Verfasser möglichster Knappheit in der Darstellung, weiss aber damit wohl erwünschte Vollständigkeit zu verbinden. Einer den vollen Dank des Lesers verdienenden Arbeit hat sich der Ver- fasser mit Herstellung eines sehr eingehenden Registers unterzogen, welches den Gebrauch des Werkes als Nachschlagebuch wesentlich erleichtert. L. Berichtigung. S. LXXVII Z. 7 von unten fehlt nach Begriff des Wortes: Karst das Citat (vergl. Moser, Der Karst in den Mitteilungen aus dem K. K. Staatsgymnasium zu Triest. Jahrg. 1890). rf.helif d, Vep f. valeri. Naiupk.in Wurtiemb. 1893 Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 1893. Taf. II. 3^ % %.y ' '. 5. 1? ' 'i Ly*t^ iß r *^"i.. -jf. 8. ««TTtmini. COL <*tl/ ^: