re. .3 .- > £ Ze, EEE URR " RD une an x JARRE>SHEFTE des Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberg. Herausgegeben von dessen Redaktionskommission Direktor Dr. OÖ. v. Fraas, Prof. Dr. C. Hell, Prof. Dr. O. Kirchner, Prof. Dr. K. Lampert, Prof. Dr, Aug. Schmidt. FÜNFZIGSTER.JAHRGANG. Mit 7 Tafeln. Stuttgart. E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung (E. Koch). 1894, K. Hofbuchdruckerei Zu Guttenberg (Carl Grüninger), Stuttgart. Inhalt I. Angelegenheiten des Vereins. Bericht über die achtundvierzigste Generalversammlung vom 29. Juni 1893 in Kirchheim u. T. Von Prof. Dr. Lampert. S. ]. 1. Rechenschaftsbericht für das Jahr 1892—1893. S. III. 2. Zuwachsverzeichnisse der Vereinssammlungen: A. Zoologische Sammlung. S. V. B. Botanische Sammlung. S. XTI. C. Mineralogisch-Palaeontologische Sammlung. S. XII. D. Vereinsbibliothek. S. XVI. 3. Rechnungsabschluss für das Jahr 1892—1893. S. XXV. 4. Wahl der Beamten und des Versammlungsorts. S. XXVII. Vorträge bei der Generalversammlung. Leuze, Prof. Dr. A.: Die mineralogischen und geologischen Fundstätten der Kirchheimer Gegend. S. XXX. Heck, Oberförster Dr.: Über die Hagelverhältnisse Württembergs von 18283— 1890. S. XXxVII. Engel, Pfarrer Dr.: Die Ammonitenbreceie des Lias £ bei Bad Boll. S. LI. Fraas, Prof. Dr. Eb.: Die Charlottenhöhle bei Hürben. (Mit 3 Fig.) S. LXII. Sitzungsberichte. Wissenschaftliche Abende des Vereins in Stuttgart. Sitzung vom 9. März 1893. v. Widenmann, Oberstlieutenant: Über abnorme Blattformen an Syringa vulgaris. (Mit Taf. I.) S. LXXV. — Lampert, Prof. Dr.: Über Parasiten der Teichmuschel. $S. LXXIX. Sitzung vom 13. April 1893, v. Widenmann, Öberstlieutenant: Über den Einfluss von Insekten auf die Gestaltung der Blätter. S. LXXX. — Vos- seler, Dr.: Über die Körperbedeckung der Insekten. S. LXXXV. Sitzung vom 9. Juni 1893. Schmidt, Prof. Dr. A.: Über den Saturnring. S. LXXXVI. — Philip, Dr.: Über die Anwendungen der Elektrieität in der organischen Chemie. S. LXXXVI. Sitzung vom 12. Oktober 1893. Lampert, Prof. Dr.: Über Wasserblüte. S. LXXXVII. — Fraas, Dr. Eberhard: Über die neuesten palaeontologi- schen Funde in Württemberg. S. LXXXIX. Sitzung vom 16. November 1893. Eichler, Assistent: Über oligodynamische Wirkungen in lebenden Zellen. S. XC. — Sussdorf, Prof. Dr.: Über die Krankheit und den Tod des Elefanten Peter aus dem zoologischen Garten in Stuttgart. S. XCI. — Kirchner, Prof. Dr., legt die neue Tiefenkarte des Bodensees vor. S. XCIH. Sitzung vom 14. Dezember 1893. Cranz, Prof. Dr.: Über einige Apparate, welche gewisse mathematische Probleme mechanisch zu lösen gestatten. S. XCIII. — Vosseler, Dr. J.: Über das Tierleben in der Sahara. S. XCIV. IV Inhalt. Sitzung vom 11. Januar 1894. Mack, Prof. Dr. von Hohenheim: Über tropische Wirbelstürme. S. XCV. — Hedinger, Medizinalrat Dr.: Über das erste Auftreten des Hundes und seine Rassenbildung. S. XCVI. — Schmidt, Prof. Dr. O.: Das Dijodoform. S. XCIX. Sitzung vom 8. Februar 1894: Kull, A., Tiermaler: Über die Abstammung der Haushunderassen. S. XCIX. Sitzung vom 8. März 1894. Kirchner, Prof. Dr. von Hohenheim: Über die Wurzelknöllchen der Leguminosen, insbesondere der Sojabohne. S. ©. — Mack, Prof. Dr. von Hohenheim: Über Sonnenscheinbeobachtungen in Stuttgart. S. CH. — Lampert, Prof. Dr., legt das Fell eines sibiri- schen Tigers vor. S. CIH. Sitzung vom 12. April 1894: Schmidt, Prof. Dr. A.: Über die Selbstmischung der atmosphärischen Luft, eine Beschränkung des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie. S. CIII. — Lampert, Prof. Dr.: Über den australischen Beutelmull. S. CV. Sitzung vom 10. Mai 1894. Sehmidt, Prof. Dr. O.: Über die chemische Unter- suchung der Fleischwaren. S. CV. Berichtigung. S. CVL. Verzeichnis der Mitglieder nach dem Stand vom 1. Juni 1894. S. CIX. II. Abhandlungen. Bilfinger, L., Oberförster: Zur Rotatorienfauna Württembergs. Zweiter Bei- trag. (Mit Taf. U. IL) S. 35. Branco, Prof. Dr. W.: Schwabens 125 Vulkanembryonen und deren tufferfüllte Ausbruchsröhren;,; das grösste Maargebiet der Erde. (Mit Taf. VI, VII und 115 Figuren.) S. 505. Fraas, Prof. Dr. E.: Die Hautbedeckung von Ichthyosaurus. (Mit Taf. V.) S. 493. Geyer, Mittelschullehrer: Über die Verbreitung der Mollusken in Württemberg. S. 66. Hüeber, Oberstabsarzt Dr. Th.: Synopsis der deutschen Blindwanzen (Hemiptera heteroptera. Fam. Capsidae). S. 142. Kirchner, Prof. Dr. OÖ. und Assistent J. Eichler: Beiträge zur Pilzflora von Württemberg. I. S. 291. Koenig-Warthausen, Freih. Dr. Richard: Naturwissenschaftlicher Jahres- bericht 1891. S. 170. Pompeckj, Dr. J. F.: Über Ammonoideen mit „anormaler Wohnkammer“. (Mit Taf. IV und 4 Abbildungen.) 8. 220, Probst, Pfarrer Dr. J.: Übersicht über den früheren und jetzigen Stand der Geognosie Oberschwabens. S. 1. Schmidt, Prof. Dr. A.: Über den Bestand des Saturnrings. (Mit 1 Holzschnitt.) Ss. 18. Erdbeben-Kommission. Erdbebenberichte aus Württemberg und Hohenzollern. Zusammengestellt von Prof. Dr. A. Schmidt und Inspektor ©. Regelmann. $. 498. Kleinere Mitteilung. Das Kornhuhn. S. 998: Bücheranzeigen. $. 999. l. Angelegenheiten des Vereins. Bericht über die achtundvierzigste &eneralversammlung vom 29. Juni 1893 in Kirchheim u. T. Von Professor Dr. Kurt Lampert. Der Einfluss der Politik hatte sich dieses Mal sogar auf die Generalversammlung unseres Vereins erstreckt; die Anordnung der Reichstags-Stichwahlen auf den 24. Juni liessen eine Verlegung der Hauptversammlung vom altgewohnten Johanni-Feiertage auf Peter und Paul angezeigt erscheinen. Trotz dieses Umstandes war die Beteiligung sehr rege und von nah und fern strömten die Freunde der Naturkunde in Kirchheim zusammen. In entgegenkommendster Weise war das Vereinshaus für die Sitzung zur Verfügung gestellt und durch rührige Mitglieder und Freunde des Vereins als Willkomm eine reiche Ausstellung der Naturschätze, welche die Kirchheimer Umgebung bietet, vorbereitet worden. Prächtige Blumen von den benachbarten Höhen der Alb, besonders Orchideen und Gentianen von Fräulein Helene Prescher und Herrn Oberförster Prescher in Weilheim gewidmet, bildeten im Verein mit Schmetterlingen, Vögeln und kleineren Säugetieren aus der Sammlung des Herrn Öberförster Probst in Kirchheim den Schmuck der Tische. Auf diesen waren die palaeontologischen Schätze ausgebreitet, durch welche sich die Kirchheimer Umgebung ganz besonders auszeichnet und in der ganzen Welt bekannt ist. Da lagen in stattlicher Reihe die schönen verkiesten Ammoniten aus den Cementmergeln von Kirch- heim in einer Schönheit und Vollständigkeit von Herrn Pfarrer Gussmann in Eningen und Herrn Lehrer Wittlinger in Holzheim bei Göppingen zusammengestellt, wie man es nur selten sieht. Herr. Sammler Kunz von Göppingen hatte ferner eine grosse Ammoniten- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, a OR ae sammlung aus dem obersten Lias von Boll, Herr B. Hauff von Holzmaden Belege seiner unerschöpflichen Fundgrube von Fischen und Sauriern ausgestellt. Vom schwäbischen Höhlenverein waren Guttenberger Höhlenfunde, von Herrn Lehrer Scheuerlen in Fritt- lingen ein Herbar aufgelegt. Der geologisch-palaeontologische Geist, der sich in der Aus- stellung aussprach, beherrschte auch im grossen Ganzen die Sitzung, zu welcher man sich nach 10 Uhr versammelte. Nach der Eröffnung durch den Vorstand des Vereins, Herrn Oberstudienrat Dr. O. Fraas, hiess der Geschäftsführer Herr Oberförster Probst die Versammlung mit folgenden Worten willkommen: Sehr geehrte Herren! Obgleich selbst noch Neuling in Kirchheim, erlaube ich mir, Sie in dieser alten Herzogsstadt an der Lauter als Ihr Geschäfts- führer freundlich willkommen zu heissen. Sie tagen heute zum ersten Mal in Kirchheim, ım Herzen des Landes und in einer Gegend, deren geologische Fundstätten die Auf- merksamkeit der Forscher schon in frühen Zeiten auf sich gezogen hat. Die Namen „Boll, Ohmden, Holzmaden“ sind mit der Ent- wickelung unserer vaterländischen Forschungen auf den Gebieten der Geognosie und Palaeontologie von lange her unauflöslich verbunden, und es ist hier so recht eigentlich die Heimat der „Lindwürmer“, von denen Sie eine schöne Probe in dem hier ausgestellten Saurier erblicken (Eigentum des Herrn Kommerzienrats Faber hier). Wenn ich mir erlaube, Ihre Aufmerksamkeit auf unsere kleine Ausstellung zu lenken, so werden Sie bemerken, dass die Petrefakten aus den Schiefern von Boll einen hervorragenden Platz nach Schön- heit und Reichhaltigkeit einnehmen. Nach letzterer Richtung rivali- siert Eningen. Aber auch mancher Sammler aus weiterer Ferne hat sich ebenfalls verdient gemacht und dass die übrigen Naturreiche nicht stiefmütterlich behandelt sind, sehen Sie an den von schöner Hand gewidmeten üppigen Blumensträussen aus trotz aller Futternot jetzt noch blühenden Albpflanzen, an den zoologischen Präparaten, besonders aus der Vogelwelt und dem Gebiet der Insekten. Das Haus, in dem wir heute verhandeln, ist das evangelische Vereinshaus, in welches der Verein durch Herrn Dekan Knapp hier freundlichst eingeladen wurde. Der seitens des Herm Stadtvorstands aufs bereitwilligste angebotene Rathaussaal hat sich als etwas zu klein und, bei gegenwärtiger Sommerwitterung, zu heiss erwiesen. Möge es Ihnen allen heute in Kirchheim wohl gefallen. — oh Bei der sodann erfolgenden Wahl der Vorsitzenden der Tagung werden die Herren Oberstudienrat Dr. OÖ. Fraas und Direktor Dr. v. Baur gewählt. Letzterer verliest sodann folgenden Rechenschaftsbericht für das Jahr 1892 —1893. Im Namen des Ausschusses habe ich die Ehre, Ihnen über das abgelaufene Vereinsjahr Bericht zu erstatten. Hiebei möchte ich zunächst mit Hervorhebung besonders wichtiger Stücke der Bereiche- rungen gedenken, die auch in diesem Jahre durch den Eifer und die Freundlichkeit unserer Mitglieder die Vereinssammlung erfahren hat. Unter den Säugetieren sind besonders zu nennen eine Hirsch- kuh mit weissen Läufen von Herrn Geh. Kommerzienrat Siegle, junge Igel von Herrn Rapp in Stuttgart und junge Fischotter von Herrn Oberförster Haug in Liebenzell. Die ornithologische Abteilung erfuhr u. a. eine sehr wertvolle Bereicherung durch die Liberalität des Herm Dr. Julius Hoff- mann, Verlagsbuchhändler in Stuttgart, der seine wertvolle Samm- lung von Nestern und Eiern zum Geschenk machte, in welcher neben zahlreichen nichtwürttembergischen fast sämtliche württem- berger Arten in zum Teil grossen und interessanten Suiten ver- treten sind. Für die Fischsammlung wurde käuflich der mächtige Weller erworben, der bei einer Länge von 212 cm und einem Gewicht von 57!/, ko in den Augusttagen des vergangenen Jahres ein Haupt- anziehungspunkt der mit dem Fischereitag in Friedrichshafen ver- bundenen Ausstellung gewesen war. Besonders zahlreich waren die Zuwendungen von Insekten, u. a. stiftete eine Reihe für die Sammlung neuer Arten Prof. Dr. Diez in Esslingen und A. Leyrer in Stuttgart schenkte eine Sammlung auf die Bienenzucht bezüglicher Präparate; aber auch die übrigen wirbellosen Tiere wurden nicht vernachlässigt; durch Lehrer Geyer in Neckar- thailfingen erhielt die Sammlung eine Reihe Mollusken, zum grössten Teil Arten der Gattung Pisidium, deren Mehrzahl für die Sammlung neu ist; Prof. Lampert vermehrte besonders die Sammlung der Moostiere und Schwämme, Prof. Sporer lieferte sehr zahlreiche und schöne Süsswasserschwämme und zahlreich kamen von anderer Seite, besonders durch Oberförster Frank in Schussenried, Revierförster Gönner in Buchau, Graf Scheler in Wildbad u. a. Proben der das Süsswasser bevölkernden fast mikroskopisch kleinen Tierwelt in _ die Sammlung. In der mühevollen Untersuchung dieser Proben auf a* ame den Nachweis der Rädertiere hin, hat sich Herr Oberförster Bil- finger in Stuttgart, in zeitraubender Präparation und Aufstellung der niederen Tiere Herr Heinr. Fischer aus Stuttgart besonderes Verdienst um den Verein erworben. Die botanische Sammlung wurde vermehrt um ca. 100 Num- mern der Phanerogamen und eine Sammlung von Laubmoosen aus dem Schwarzwald. Unter den zahlreichen geologischen und palaeontologischen Ge- schenken, die dem Verein von Freunden landauf landab zugekommen sind, mögen herausgegriffen sein eine sehr schöne Suite geschliffener erratischer Kiesel von Kaufmann F. Krauss in Ravensburg, schöne und wertvolle Muschelkalksaurier von Apotheker Blezinger in Crailsheim und eine reiche Suite von Funden aus der Irpfelhöhle von Oberförster Sihler in Giengen a. Brenz. Die Vereinsbibliothek ist durch Geschenke und Tauschverbin- dungen wiederum sehr vermehrt worden. Über die Benützung der reichhaltigen Bibliothek, die jedem Vereinsmitglied zur Ver- fügung steht, finden Sie in dem Jahreshefte für 1393 einige Bestim- mungen. Die eingehende Zusammenstellung aller Geschenke mit An- führung der Namen der Geber finden Sie wie gewöhnlich in den Zuwachsverzeichnissen. Der 49. Jahrgang der Jahreshefte ist Ihnen zugegangen; ausser einer Anzahl Abhandlungen aus den verschiedensten Gebieten der Naturwissenschaften enthält derselbe auch die Sitzungsberichte der wissenschaftlichen Abende, die jeden Monat in Stuttgart stattfinden und sich eines regen Besuchs erfreuen und den Bericht über die im Dezember v. J. in Tübingen stattgefundene, sehr zahlreich auch von auswärts besuchte Versammlung des Schwarzwälder Zweigvereins. Leider ist vom Stand der Mitgliederzahl nicht gleich Erfreu- liches zu berichten; auch in diesem Jahre hat der Tod wiederum reiche Ernte gehalten und der Zugang von Mitgliedern vermag nicht die grosse Zahl des Abgangs zu decken. Es darf daher wohl auch an dieser Stelle die Bitte ausgesprochen werden, dass die Vereins- mitglieder in Freundes- und Bekanntenkreisen für den Verein thätig sein mögen, um so mehr, als der Verein im nächsten Jahre auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken kann. Der Rechnungsabschluss ergiebt als Zahl der Mitglieder 1892: 697 mit 700 Aktien; hierzu sind eingetreten im Jahre 1892/93: 28, ausgetreten 30, gestorben 14, so dass die Abnahme gegen voriges A RL Jahr 16 Mitglieder beträgt und die Gesamtzahl gegenwärtig 681 Mit- glieder mit 684 Aktien. Das Vereinsvermögen beträgt 20339 M. 15 Pf. Zuwachs-Verzeichnisse. A. Zoologische Sammlung. I. Säugetiere. Als Geschenke: Cervus elaphus L. 9, Hirschkuh, Varietät mit weissen Läufen, Gerlingen, erlegt Dezember 1891 von Herrn Schnauffer, von Herrn Geh. Kommerzienrat Siegle in Stuttgart; Mus musculus L. d, Hausmaus, Bastard von japanischer Tanzmaus d und Hausmaus, weisse Varietät 9, Stuttgart, von Herrn Dr. Vosseler in Stuttgart; Mus musculus L., isabellfarbige Varietät, Tübingen, von Herrn Dr. Krauss in Tübingen; Erinaceus europaeus L., pulli, Igel, 6 noch blinde Junge, Stuttgart, von Herrn Alfred Rapp in Stuttgart; Talpa europaea L. 3 var. aurantiaca, Maulwurf, goldgelbe Varietät, Tübingen, von Fräulein Binder in Tübingen; Lutra vulgaris L., pulli, Fischotter, ein paar Tage alt, Liebenzell, ge- fangen Juli 1892, von Herrn Oberförster Haug in Liebenzell; Sus serofa ferus L., Wildschwein, linker Vorderfuss mit 5 Zehen, aus- gestopft und Skelett, und das Skelett des rechten ebenfalls fünf- zehigen Vorderfusses, Wildpark Solitüde, vom Kgl. Hofjagdamt. Durch Kauf: Talpa europaea L. var. alba, Maulwurf, weissliche Varietät, Lomersheim, von Herrn Häcker in Lomersheim. II. Vögel. Als Geschenke: Nest mit 6 Eiern von Troglodytes parvulus, Zaunkönig, an einer über- hängenden Felsenwand im Park von Inzigkofen, 23. Juni 1892, Nest derselben Art an einer Weisstanne, Callenbach, 18. August 1892, von Herrn Forstreferendär I. Kl. Graf Georg v. Scheler; Colymbus arcticus L. 9 juv., Polartaucher, Beuelbach bei Crailsheim, 27. November 1892, von Herrn Oberamtsarzt Dr. Mülberger in Crailsheim; Caprimulgus europaeus L., Ziegenmelker, von Herrn Dr. Freiherr Richard v. Koenig-Warthausen; Mergus merganser L., 2 ad., grosser Säger, Aldingen, OA. Ludwigs- burg, Dezember 1892, von Herrn Dr. A. Daur in Stuttgart; Calamoherpe turtoides L. 3, Drosselrohrsänger, Olzreuter See, Mai 1893, von Herrn Oberförster Frank in Schussenried; Pernis apivorus L. 9, Wespenbussard mit Ei derselben Art, Weitenburg, Juni 1893, von Herrn Freiherrn v. Rassler auf Weitenburg; Nest mit 2 Eiern von Ruticilla tithys Breum, Hausrotschwanz, Stuttgart, von Herrn Professor Bernecker in Stuttgart; Astur palumbarius Bsc#st. 9, Hühnerhabicht, Otus vulgaris Frem., Ohreule, von Herrn Buchhändler Dr. Julius Hoffmann in Stuttgart. Eier von: Hwypotriorchis subbuteo Bow, Baumfalke, 2 Gelege; Timumeulus alaudarius Gray, Turmfalke, 5 G.; Buteo vulgaris L., Mäusebussard, 14 G.: Pernis apivorus Cuv., Wespenbussard, 5 G.; Astur palumbarius Becastr., Habicht, 2 G.; Aceipiter nisus Pauz., Sperber, 5 G.; Carine noctua Scor., Steinkauz, 1 G.; Bubo ignovus Forst., Uhu, 1 G.; Syrnium aluco Bore, Waldkauz, 2 G.; Asio otus L., Wald- ohreule, 3 G.; Cypselus apus L., Mauersegler, 53 G.; Hirundo rustica L., Rauchschwalbe, 2 G.; Cotyle riparia L., Uferschwalbe, 2 G.; Chelidon urbica Bote, Hausschwalbe, 3 G.; Alcedo ispida L., Eisvogel, 3 G.; Upupa epops L., Wiedehopf, 1 G.; Certhia fami- liaris L., Baumläufer, 1 G.: Sitta europaea L., Spechtmeise, 1 G.; Troglodytes parvulus Koch, Zaunkönig, 3 G.; Calamodyta arundinacea Gm., Rohrsänger, 2 G.; Sylvia cinerea BEcust., Dorngrasmücke, 7 G.; SylWwia curruca LATH., Zaungrasmücke, 7 G.; Sylvia atricapilla LATH., Schwarzkopf, 9 G.; Sylvia hortensis Lata., graue oder Garten- grasmücke, 6 G.; LZuscinia vera SuxD., Nachtigall, 1 G.; Phyllo- scopus sibilatrie BecHst., Waldlaubvogel, 4 G.; Phyll. trochilus L., Weidensänger, 6 G.; Phyll. rufus Lara., Tannenlaubsänger, 5 G.; Hypolais icterina VWıeıuz., Spottvogel, 3 G.; Regulus flavicapillus Naum., gelbköpfiges Goldhähnchen, 1 G.; Regulus ignicapillus LATH., feuerköpfiges Goldhähnchen, 1 G.; Sawicola oenanthe Becust., Stein - schmätzer, 5 G.; Pratincola rubetra Koch, Braunkehlchen, 5 G.; Rutieilla phoenicura Br., Gartenrotschwanz, 5 G.; Rut. tithys BREHM, Hausrotschwanz, 3 G.; Erythacus rubecula Cuv., Rotbrüstchen, 7 G.; Accentor modularis Cuv., Braunelle, 6 G.; Parus major L., Kohl- meise, 4 G.; Par. coeruleus L., Blaumeise, 2 G.; Par. ater L., Tannenmeise, 2 G.; Par. palustris L., Sumpfmeise, 3 G.; Par. cau- datus L., Schwanzmeise, 4 G.; Motacilla alba L., weisse Bachstelze, 7 G.; Mot. sulphurea Becust., Gebirgsbachstelze, 3 G.; Anthus arboreus Becustr., Baumpieper, 17 G.; Cinclus aquaticus BECHST., Wasseramsel, 2 G.; Turdus viscivorus L., Misteldrossel, 8 G.; Turd. musicus L., Singdrossel, 4 G.; Turd. merula L., Amsel, 4 G.; Orio- lus galbula L., Goldamsel, 2 G.; Museicapa grisola L., grauer Fliegen- schnäpper, 5 G.; Lanius excubitor L., grosser Würger, 3 G.; En- — VO — neoctonus minor CAB., grauer Würger, 7 G.; Eineoct. collurio BoLr, Neuntöter, 29 G.; Enneoct. rufus GRAY, rotköpfiger Würger, 12 G.; Fringilla carduelis L., Distelfink, 2 G.; Fr. coelebs L., Buchfink, 6 G.; Fr. chloris L., Grünling, 6 G.; Fr. cannabina L., Hänfling, 5 G.; Fr. serinus L., Girlitz, 4 G.; Fr. linaria L., Leinhänfling, 1 G.; Ohrysomitris spinus L., Zeisig, 1 G.; Passer domesticus Brıss., Sper- ling, 5 G.; Passer montanus Brıss., Feldsperling, 4 G.; Pyrrhula rubi- cilla Paur., Dompfaffe, 4 G.; Coccothraustes vulgaris Brıss., Kern- beisser, 4 G.; Emberiza eitrinella L., Goldammer, 8 G.; Garrulus glandarius BoIE, Eichelheher, 3 G.; Pica caudata Krys., Elster, 3 G.; Corvus eorone L., Krähe, 7 G.; Corv. .monedula L., Dohle, 1 G.; Sturnus vulgaris L., Staar, 2 G.; Alauda arvensis L., Feldlerche, 5 G.; Al. arborea L., Baumlerche, 2 G.; Galerita eristata L., Hauben- lerche, 1 G.; Picus major L., grosser Buntspecht, 3 G.; Dryocopus martius BoiE, Schwarzspecht, 1 G.; Geeinus canus Boıe, Grauspecht, 2 G.; Yunz torquilla L., Wendehals, 4 G.; Cuculus canorus L., im Nest von Erythacus rubecula Cav. (Rotkehlehen) 4 G., im Nest von Sylvia atricapilla LArH. (Schwarzkopf) 1 G., im Nest von Hypolais icterina (Spottvogel) 2 G., im Nest von Phylloscopus trochilus L. (Weidensänger) 1 G., im Nest von Accentor modularis Cav. (Brau- nelle) 2 G., im Nest von Anthus arboreus Bec#sr. (Baumpieper) 1 G., im Nest von Fringilla cannabina (Bluthänfling) 1G.; Columba oenasL., Hohltaube, 2 G.; Col. palumbus L., Ringeltaube, 2 G.; Turtur auri- tus Gray, Turteltaube, 2 G.; Perdix cinerea L., Rebhuhn, 5 G.; Coturniz communis Br., Wachtel, 3 G.; Tetrao urogallus L., Auer- hahn, 1 G.; Bonasia sylvestris Breum, Haselhuhn, 1 G.; Ardea cinerea L., Reiher, 5 G.; Scolopax rusticola L., Waldschnepfe, 6 G.; Orex pratensis Becust., Wachtelkönig, 2 G.; Gallinula chloropus Larn., Teichhuhn, 2 G.; Fulica atra L., Wasserhuhn, 1 G.; Podiceps minor LATH., kleiner Steissfuss, 2 G.; Zarus ridibundus L., Lach- möve, 1 G. Nester, zum Teil mit Eiern von: 1 Calamodyda arundinacea L., Teichrohrsänger; 1 (Sylvia) Luseinia vera Suxp., Nachtigall; 1 Sylvia einerea Becust., Dorngrasmücke; 1 Sylv. curruca LATH., Zaun-Grasmücke; 2 Sylv. atricapilla Latu., Schwarz- kopf; 1 Sylv. hortensis LatH., Gartengrasmücke; 1 Phylloscopus sibi- latrix Becust., Waldlaubvogel; 1 Phyll. trochilus Liw., Weidensänger; 1 Hypolais icterina Vırıvu., Gartenlaubsänger, gelbe Grasmücke; 2 Pratincola rubetra KocH, Braunkehlchen; 1 Ruticilla phoenicuras BonaAp., Gartenrotschwänzchen; 1 Accentor modularis Cuv., Brau- nelle; 1 Motacilla alba L., weisse Bachstelze; 1 Mot. sulphurea Becasr., Kuhstelze; 1 Regulus ignicapillus Licusr., feuerköpfiges Goldhähnchen (schlecht); 2. Anthus arboreus Becusr., Baumpieper; 1 Cinchus aquaticus Becusr., Wasseramsel; 1 Turdus torquatus L., Ringdrossel; 1 Turd. merula L., Amsel;. 1 Turd. pilaris L., Kram- metsvogel; 1 Turd. viscivorus L., Misteldrossel; 1 Turd. musicus L., Singdrossel; 1 Oriolus galbula L., Goldamsel; 1 Museicapa grisola L., grauer Fliegenschnäpper; 5 Enmeoctonus collurio Bois, rotrückiger — Mi -— Würger; 2 Enmeoct. rufus GRAY, rotköpfiger Würger; 1 Enneoct. minor CAB., grauer Würger; 1 Lanius excubitor L., grosser Würger; 2 Fringilla coelebs L., Buchfink; 1 Fr. carduelis L., Distelfink, Stieglitz; 3 Fr. serinus L., Girlitz; 2 Fr. chloris L., Grünling; 4 Fr. cannabina L., Bluthänfling, Schössle; 1 Emberiza eich L;; Goldammer; 3 Emb. miliaria L., ee 1 Pyrrhula En cilla Paur., Dompfaffe, Golle; sämtlich von Herrn Verlagsbuchhändler Dr. Julius Hoffmann in Stuttgart. Durch Kauf: Colymbus arcticus L. 2 ad., Polartaucher, Esslingen, Dezember 1892, von Herrn Merckle in Stuttgart. III. Reptilien. Als Geschenk: Coronella laevis L. jun., Jachnatter; Kaltenthal, von Herrn Heinrich Fischer in Stuttgart. IV. Fische. Als Geschenk: Unterkiefer (sehr gross) von Zsox lueiusL., Hecht, Waiblingen, 13.Nov. 1892, von Herrn Xylograph A. Kunz in Stuttgart. Durch Kauf: Silurus glanis L. ad., Weller, Einmündung der Schussen in den Boden- see. 212 cm lang, 57'/, ko schwer, wurde ca. 6 Wochen lebend in einem Bassin im Schlossgarten zu Friedrichshafen bis zum Schluss der vom 25.—27. August 1892 stattgehabten Fischerei- ausstellung gehalten; Fleich noch völlig geniessbar, von Herrn Fischer Wundt in Eriskirch. V. Insekten. Als Geschenke: Aleurodes Chelidoniü LArr.. Imago und Puppen, " Brassicae WLEN., ; Rubi Se., - Fragariae, - Lonicerae W., Avellanae Sc., Ichneumoniden 8 Arten, sämtlich von Stuttgart (neu für die Sammlung), von Herrn Sanitätsrat Dr. Steudel in Stuttgart; Pterostichus carinatus Drz. . . . . . . „1 Stück, neu für Staphylinus pubescens DE GEER. . ....2 „ die Sammlung, Busomus ovuhum GEB... ee sämtlich Phyllobius viridicollis FABR. . . . tg von Coccinella variabilis var. humeralis SCHORNE, 4 „ Esslingen, von Herrn Prof. Dr. Diez in Esslingen; KENITRT. Hypera palumbaria GERM. . . 2 Stück, Otiorhynchus geniculatus GERM. 3 ® sämtlich von Leutkirch (beide neu für die Sammlung), von Herrn Reallehrer Seefried in Leutkirch; Nest von Vespa crabro L., an einer Veranda befestigt gewesen, 3 5 Dermanaid Fagr., beide von Stuttgart, von nen Herren eher, Keppler & Co. in Stuttgart; Larven von Wanzen, Wildbad, an den Wunden angeglätteter Abies pectinata sitzend, von Herrn Forstrat Graf Üxküll-Gyllenband in Neuenbürg; Ichneumoniden und Tachinen, mehrere Species, Parasiten der Nonne, Roth a. Roth, ‘von Herrn Buro in Roth; Deilephila hyppophaös Esp., Stuttgart (neu für die Sammlung), von Herrn Xylograph E. Jäger in Stuttgart; Lepidopteren 21 Stück, Stuttgart, von Herrn Kaufmann Ad. Bubeck in Stuttgart; Cicade 1 Species, Feuerbacher Thal, von Herrn Dr. Wartmann in Stuttgart; Sphinz convolvuli 3 Stück, Stuttgart, von Herrn Gymnasiast Rapp in Stuttgart; Hymenopteren 2 Species in 1 Stück, Trillfingen, von Herrn Oberreallehrer Bieber in Ludwigsburg; Haarlinge auf Cervus capreolus L., Tiergarten Nill, von Herrn Tiergartenbesitzer Nill in Stuttgart; Phryganeen, Eier, Larven. und Puppen, die Zusammengehörigkeit durch Zucht bestimmt, Bärensee, Hydrocampa nymphaeata L., Puppen in flachen Säcken, Cataclysta lemnata L., Larven und Puppen in Schilfrohr und in Hülsen, See bei Nufringen, Phryganeenlarven und Imagines, Wassergraben bei Gärtringen, ÖOrthopteren, Gärtringen, Phryganeengehäuse, Frauenkopf, Phryganeen, Rohrbächle in der falschen Klinge. Rhyacophila, Larven und Nymphen, Feuerbächle, von Gräfin Maria v. Linden in Tübingen; Sirex gigas L. 9, Rhyssa persuasoria L. 9, Coelocentrus exeitator Panz. 9, Crabro cribrarius L., Wildbad, Libellen, Boreus hiemalis L., ” SPEc., von Herrn Forstref. I. Kl. Graf Georg v. Scheler in Wildbad; verschiedene Insektenlarven, Olzreuter See bei Schussenried, von Herrn Oberförster Frank in Schussenried; Phryganeengehäuse aus Mollusken gebaut, Brenz bei Giengen, von Herrn Lehrer Wagner in Sachsenhausen b. Giengen a. Br.; Be Insektenlarven, Feuerbacher Heide, von Herrn Studiosus Dorn in Stuktearb; Coleopteren + Species, Bothnang, von Herrn Dr. Vosseler in Stuttgart; Coleopteren, Hymenopteren, von Stuttgart und Heslach, von Herrn H. Fischer in Stuttgart; Ichneumoneden unter Wasser gefangen, Denkendorf, von Herrn. Prof. Dr. Lampert in Stuttgart; Wasserinsektenlarven in zahlreichen Arten von verschiedenen Fundorten, von den HH. H. Fischer, Prof. Dr. Lampert und Dr. Vosseler in Stuttgart. Eine Reihe biologischer Präparate der Honigbiene. Nämlich: 3 Bienenrassen (Krainer, Italiener und Deutsche), Drohnen, Drohnen mit ausgestülptem Penis, Braula coeca NITSCH., Chelifer spec. aus Bienenstöcken, Dermestes spec., Käfer und Larven, Wachsmotte, Larven, Puppen mit Gespinst und Imago, Larven der Wachsmotte von Schlupfwespen angegriffen, Bienenwaben von der Wachsmotte zerfressen, Nest von Bombus spec., aus einem Bienenstock, 5 '„ Vespa erabro L. 3 ö x 5 „ . Siülwvestris Kan) e, alte Wabe mit daraus gewonnenem Wachs, künstlichen Nabeiairaiz Honig krystallisiert und geschleudert, Praepollis (Bienenkitt), von Herrn Konditor Leyrer in Stuttgart. v1. Mollusken. Als Geschenke: Anodonta suevica KosEur (Original) 2 Stück, Aich bei Grötzingen (neu für Württemberg), Pisidium fossarinum Cuessin pl., Neuenhaus, Neckarhausen und Neckar- thailfingen, Pisidium pulchellum JEsyss pl., Neckarhausen (neu für Württemberg), milium Her». pl., Neckarthailfingen (neu für die Sammlung), a intermedium GaAss. pl., Unterenzingen, »„ pusillum Gm. pl., Neckarthailfingen, E obtusale C. Prr. pl. f: (neu für Württemberg), 2 nitidum Jen. pl. E (neu für Württemberg), » amnicum Müur. pl., Neckarhausen, i pallidum JerFR. pl., Neckarthailfingen, Sphaericum corneum Sep. var. nucleum 6 Stück, Neuenhaus, Caliculina lacustris var. Steini A. Scum. 7 Stück, Neckarthailfingen, Clausilia corynodes Heu». pl., Ebingen, Laufen a. N. (neu für die Sammlung), sämtlich von Herrn Mittelschullehrer Geyer in Neckarthailfingen; U Eee Anodonta mutabilis Cuess., reich infiziert mit Sporocysten und Cercarien von KRhopalocerca tardigrada Dies., andere Exemplare infiziert mit Eiern und Embryonen von Atax intermedius Koens., Aalkistensee bei Maulbronn, 2. November 1892, von den HH. Heinr. Fischer, Prof. Dr. Lampert und Dr. Vosseler in Stuttgart. VI. Bryozoen. Als Geschenk: Oristatella mucedo Cuv., Schmiech bei Ehingen 15. August 1892 (neu für Württemberg), von Herrn Prof. Dr. Lampert in Stuttgart. VIII. Spongien. Als Geschenke: Euspongilla lacustris Lex. var. Lieberkühni Noun., Bodensee, von Herrn Prof. Dr. Kirchner in Hohenheim; Ephydatia fluviatilis Aurt., Friedrichshafen, von Herrn Prof. Dr. Klunzinger in Stuttgart; Ephydatia Mülleri LieBerk., Bärensee (neu für Württemberg), A flwviatilis Aut. vom Monrepossee und von der Enz bei Vaihingen, Spongilla fragilis Leıpy vom Monrepossee (neu für Württemberg), von den HH. Prof. Dr. Lampert und Graf Georg v. Scheler in Stuttgart; Euspongila lacustris Lex., Spongilla fragilis Leivy und Ephydatia fluvia- tilis Aur., sämtlich vom Aalkistensee bei Maulbronn, von den HH. Heinr. Fischer, Prof. Dr. Lampert und Dr. Vosseler in Stuttgart; Euspongilla lacustris Lek., vom Obersee bei Kisslege O0) von Herm Professor Sporer in Kisslegg. IX. Infusorien. Als Geschenke: Vowox minor StEIn, Bärensee bei Stuttgart, von Herrn Prof. Dr. Lampert in Stuttgart; Carchesium polypinum EHRB., von Herrn Heinr. Fischer in Stuttgart. X. Mikrofauna. Als Geschenke: Aus folgenden Gewässern: Wildsee bei Wildbad im Schwarzwald, von Herrn Graf Georg v. S cheler in Wildbad; Ölzreuter See, von Herrn Oberförster Frank in Schussenried; a SE Obersee bei Kisslegg, Schwanenweiher bei Weingarten, Neugrube bei Weingarten, Karpfengrube bei Neugarten, Kehrenberger Weiher, von Herrn Prof. Sporer in Kisslegg; Ebnisee, Mettenberger Weiher, von Herrn Dr. Vosseler in Stuttgart; Federsee, von den Herren Prof. Dr. Lampert und GrafGeorg v. Scheler in Stuttgart; Schmiech und Donau bei Ehingen, Altwasser „Studentenloch“ bei Rotten- acker, Torfgräben bei Ehingen, Obersee bei Kisslegg, Torfgräben bei Kisslegg, Monrepossee, Bärensee, von Herrn Prof. Dr. Lampert in Stuttgart; Monrepossee, Schattensee, Bärensee bei Stuttgart, Aalkistensee bei Maul- bronn, von den Herren Heinr. Fischer, Prof. Dr. Lampert und Dr. Vosseler in Stuttgart. B. Botanische Sammlung. Orobanche pruinosa Laer. Wurde i. J. 1885 vom Einsender in seinem Garten auf Vicia faba gezogen und erscheint dort seit dieser Zeit regelmässig auch auf anderen Leguminosen. Rudbeckia hirta L. Diese Nordamerikanerin wurde vom Einsender im August 1892 in wenigen Exemplaren auf einer Kiesbank im Gries- wald der Iller gefunden, wohin sie vermutlich durch den Fluss aus Gärten an seinen Oberlauf verschleppt worden ist, von Herrn Oberförster Karrer in Dietenheim a. Iller; 28 Species württembergischer Gefässpflanzen als Belege für die »Bei- träge zur württembergischen Flora« in dies. Jahresh. Jahrg. 48. 1892. p. 103 #f., von Herın Pfarrer Gradmann in Forchtenberg; Solanum miniatum BERNH. von Kiesbänken bei Neckarthailfingen, von Herrn Mittelschullehrer Geyer in Neckarthailfingen; 10 Species Gefässpflanzen, darunter: Fumaria parviflora LAm., Vai- hingen a. E., Medicago media Prrs., ebendaher, Linaria Elatine Miur., Öhringen, Prunella alba ß. pinnatifida Koch, Eselsberg bei Ensingen, Urtica dioica var. subinermis ÜEcHTr., Windischenbach, OA. Öhringen, Aspidium Lonchitis Sw. (fruktifizierend), Klein- sachsenheim. Ausserdem Exemplare von Hieracium ochroleucum SCHLEICH., die bei Wimpfen a. B. gesammelt wurden, ohne dass ermittelt wurde, ob diese hochalpine Art etwa dorthin verpflanzt oder irgendwie verwildert sein könnte, von Herrn Lehrer G. Stettner in Vaihingen a. E.; 43 Species Gefässpflanzen, darunter: Corydalis lutea DC., Altensteig, Arabis hirsuta Scor., Ruine Waldeck, OA. Calw, Dianthus Armeria L., Alt-Bulach, Dianthus superbus L., Thalmühle bei Calw, Hypericum montanum L., Neu-Bulach, Trifolium ochroleucum L., Neu-Bulach, Lathyrus silvestrisL., Kenntheim, Potentilla Fragariastrum Eurn., Neu- Bulach, Adenostyles albifrons Rcuz»., Simmersfeld, Petasites albus Gärrn., Wildbad, Centaurea montana L., Kohlersthal, Pyrola uni- — "RI. flora, Neu-Bulach, PyrolachloranthaSw., Neu-Bulach, GentianavernaL., Neu-Bulach, Zycopsis arvensis L., Neu-Bulach, Rumex scutatusL., Dorn- stetten, T’hesium pratense EurH., Neu-Bulach, Empetrum nigrum L., Wilder See bei Wildbad, Potamogeton pusillus L., Neu-Bulach, Gagea arvensis R. ScH., Neu-Bulach, Anthericum Liliago L., Neu- Bulach, Oonvallaria verticillata L., Wildbad. Eine Sammlung von Laubmoosen aus dem Schwarzwald, darunter: Dichodontium pellucidum ScHhpr., Neu-Bulach, Dicranum pa- lustre Br. u. ScHh., Neu-Bulach, Fissidens bryoides Hrpw., Neu- Bulach, Fissidens adiantoides HEpw., zwischen Ober-Haugstett und Schönbronn, Physcomitrium euryvstomum SExptr., Thalmühle bei Calw, Bryum roseum SCHREB., Aulacomnium androgynum SCHWGR., Aulacomnium palustre SCHWGR., Bartramia Halleriana Hepw., Philonotis marchica ScHpr., Antitrichia curtipendula Br. fertil, Anomodon attenuatum Hrrm., Neu-Bulach, Rhynchostegium confertum Br. ScH., Thalmühle bei Calw, Thamnium alopecurus ScH., Köh- lersthal, OA. Calw, Hypnum crista castrensis L., Hypnum exannulatum Günue., Hypnum molluscum HEpw., Hypnum purum L., Hypnum rugosum EHRH., Neu-Bulach, Sphagnum cymbifolium Eurn., Ober-Kollwangen, von Herrn Lehrer J. Hermann in Neu-Bulach, C. Mineralogisch-palaeontologische Sammlung. Als Geschenke: a) Mineralien: Erz- und Krystallstufen aus den alten Schwarzwald-Bergwerken, von denen besonders zu erwähnen sind: Flussspat mit Bleivitriol, Wildschappach, Flussspat, Münsterthal, Turmalin, Alpirsbach, Braunspat mit Kalkspat, Grube St. Wenzel, Kalkspat, Wildschappach, Pyromorphit, Wildschappach, Heubachit, Heubach bei Wittichen, Kupferindig, Schappach, Fahlerz, Freudenstadt, Olivenit und Erinit, Freudenstadt, Malachit, Neubulach, Schwefel, Rippoldsau, Rotgültigerz, Wittichen, Metalonchidit, Hausach, Speiskobalt, Alpirsbach, Wismut, Alpirsbach, Polianit, Eisenbach, von Herrn Professor Dr. F. v. Sandberger in Würzburg. b) Gesteinsarten: Sehr schöne Zusammenstellung angeschliffener erratischer Kiesel aus der Moräne von Ravensburg, und zwar: 2 Epidotschiefer, KIN sog. Saussurite (Kiesel) von Waldsee, Serpentine, Granatschiefer, Julier-Granite, Syenit, tertiäre Nagelfluhen (Puddingstein), Verrucano, Gabbro, Diabasporphyrite, Chloritschiefer, Centralgneiss, Aktinolithschiefer, Glimmerschiefer, jurassische Gesteine, von Herrn Kaufmann F. Krauss in Ravensburg. c) Petrefakten: 4 Aspidura loricata, Muschelkalk, Crailsheim, Simosaurus Gaillardoti, prachtvoller Unterkiefer, ebendaher, " sp., Brustgürtel, ebendaher, von Herrn Apotheker R. Blezinger in Crailsheim; Nothosaurus Andriani, Humerus, Muschelkalk von Wahlheim, von Herrn Baurat Neuffer in Stuttgart; Nothosaurus Andriani, Schädel, Muschelkalk von Meimsheim, von Herrn Lehrer Allmendinger in Stockheim; Pecten laevigatus mit Farben, Muschelkalk, Crailsheim, von Herrn Dr. E. Fraas in Stuttgart; Ceratites trinodosus, alpiner Muschelkalk, Hallstatt, Ceratiten div. sp., alpiner Muschelkalk, Marmolata, Pleuronautilus Fischeri, alpiner Muschelkalk, Hallstatt, Ammonites capricornus, Lias, Adneth, von Herrn Medizinalrat Dr. Hedinger in Stuttgart; 20 Nothosaurus-Reste, Lettenkohle von Hoheneck, von Herrn Rektor Böcklen in Reutlingen; Dentalium amalthei, Lias, Kirchheim u. Teck, Onchites amalthei, ebendaher, Oerithium sp., ebendaher, Ammonites globosus, ebendaher, DHeHHtke DyVvPrRrFHrH (Grm y radians amalthei, ebendaher, z tortisulcoides, ebendaher, 4 Gervillii, Braun-Jura, Neuffen, von Herrn Lehrer Geyer in Neckarthailfingen ; Geode aus den Opalinus-Thonen von Eningen, von Herrn Pfarrer Gussmann in Eningen; Trigonia striata, Braun-Jura, Donzdorf, von Herrn Dr. Wenz in Donzdorf; Amaltheus margaritatus, verkalkt, Lias, Eislingen, Trigonienplatten, Braun-Jura, Donzdorf, von Herrn Pfarrer Dr. Engel in Eislingen; Ostrea sessilis auf Ceratites nodosus, Muschelkalk, Cannstatt, von Herrn Professoratskandidat Richter in Cannstatt; Asterias jurensis Weiss-Jura, Hohen-Memmingen, Spongiten, 14 Species, 80 Stück, Weiss-Jura, Bachagel, Apiocrinus, Armstücke, ebendaher, von Herrn Lehrer Wagner in Sachsenhausen bei Giengen; Asteracanthus ornatissimus, Weiss-Jura, Schnaitheim, Dacosaurus, Femur, ebendaher, von Herrn Forstamtsassistent Holland in Heidenheim; Micromeryz Flourensianus, 2 Kieferstücke, Tertiär, Steinheim, von Herrn Steinbruchsbesitzer Pharion in Steinheim; Ammonites Gervillüi, Braun-Jura, Neuffen, 3 convolutus gigas, ebendaher, ” triplicatus albus, Weiss-Jura, ebendaher, Hinnites Giengensis, ebendaher, von Herrn Oberförster Sihler in Giengen a. Br.; Ammonites coronatus, Braun-Jura, Eningen, e triplicatus parabolis, ebendaher, 5 striatus, Lias, Hinterweiler, e ibex, ebendaher, von Herrn Dr. Max Graf v. Zeppelin in Stuttgart; Ausgrabung der Irpelhöhle bei Giengen a. Br. mit vielen hundert Zähnen und Knochen diluvialer Tiere, und zwar ‚von: Elephas primigenius, Cervus eurycerus, Rhinoceros tichorhinus, »„ . tarandus, Hyaena spelaea, Canis vulpes, Ursus spelaeus, „ lupus, Equus caballus, Felis spelaea, »... asinus, Castor fiber, Bos priscus, von Herrn Oberförster Sihler in Giengen, welcher die Ausgrabung leitete, und verschiedenen anderen Herren aus Giengen, welche die Ausgrabung durch Geldmittel unterstützten. Ausgrabung der Höllen-Höhle bei Giengen a. Br.: verschiedene Überreste von Säugetieren, von Herrn Apotheker Spiess in Giengen a. Br.; Ausgrabung der Bockstein-Höhle im Lonethal: Suite diluvialer Säugetierreste, 55 Stück, 6 Species, Equus caballus, Unterkiefer und Becken, Alluvium, Setzingen, „ asinus, Kiefer, ebendaher, Sus scrofa, domestiziert, ebendaher, von Herrn Oberförster Bürger in Langenau; Rhinoceros tichorhinus, Unterkiefer, Diluvium, Vaihingen a. Enz, von Herrn Lehrer Stettner in Vaihingen a. Enz; Ursus spelaeus, Kiefer und Knochen, 20 Stück aus der Erpfinger Höhle, von Herrn OÖbermedizinalrat Dr. v. Hölder in Stuttgart. ET D. Die Vereinsbibliothek hat folgenden Zuwachs erfahren: a. Durch Geschenke: Hegelmaier, F., Bericht der Kommission für die Flora von Deutsch- land: Abt. Württemberg mit Hohenzollern für den Zeitraum von 1882—1891. (S.-A. a. d. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. Bd. V—IX.) Vom Herrn Verfasser. Darwin, Francis, Leben und Briefe von CHARLES DArwın. Aus dem Englischen von V. Carus. 3 Bde. Stuttgart 1837. Bergmännischer Verein zu Freiberg. Freibergs Berg- und Hüttenwesen. Freiberg 1883. Haug, Emile, Les chaines subalpines entre Gap et Digne. Paris 1891. Kilian, W., Notes sur l’histoire et la structure des chaines alpines de la Maurienne, du Brianconnais et des Regions adjacentes. Lille 1891. — — Sur quelques c&phalopodes nouveaux ou peu connus de la periode secondaire. Grenoble 1890, Rümelin, Ludwig, Die Erkenntnis. (Eine naturw. Studie über den kausalen Zusammenhang der Naturerscheinungen.) Leipzig. Von Herrn Verlagsbuchhändler E. Koch, Stuttgart. Gaus, Eugen, Flora des ÖOberamtsbezirks Ehingen und die geo- gnostischen Verhältnisse von Ehingen und Umgegend. 2. Aufl. Ehingen 1884. Vom Herrn Verfasser. Klunzinger, C. B., Bodenseefische, deren Pflege und Fang. Stuttgart 1892. — — Die Fischerei-Ausstellung in Friedrichshafen am Bodensee bei Gelegenheit des IV. Deutschen Fischereitages daselbst. 1892. Vom Herrn Verfasser. Meek, Al., On the structure on Trachypterus arcticus. Dundee 1890. —— "Note on Erethizon dorsatus. Dundee 1890. Thompson, W., On the cetacean larynx. Dundee 1890. Von Herrn Dr. Al. Meek, Dundee. Bromilow, Frank, Butterflies of the Riviera. Nice 1892, Vom Herrn Verfasser. Vosseler, J., Untersuchungen über glatte und unvollkommen quer- gestreifte Muskeln der Arthropoden. Tübingen 1891. Vom Herrn Verfasser. Kohl, Fr. F., Neue Hymenopterenformen. Wien 1892. Vom Herrn Verfasser. Graf v. Zeppelin, Max, Reisebilder aus Spitzbergen, Bären-Eiland und Norwegen. Stuttgart 1892, Vom Herrn Verfasser. Hydrographische Durchlässigkeitskarte des Königreichs Württemberg im Massstab 1: 600 000. Fraas, E., Begleitworte zur geognostischen Specialkarte von Württem- berg. Atlasblätter: Mergentheim, Niederstetten, Künzelsau und Kirchberg; Neckarsulm, Öhringen und Ober-Kessach. — RUM. Beschreibung des Oberamts Reutlingen. Stuttgart 1393. Beschreibung des Oberamts Ehingen. Stuttgart 1893. Vom K. Württ. statistischen Landesamt. Fraas, E., Scenerie der Alpen. Leipzig 1892. Gegenbaur, Karl, Grundriss der vergleichenden Anatomie. 2. Aufl. Leipzig 1878. Von Herrn Dr. E. Fraas, Stuttgart. Schmidt, A., Die Strahlenbrechung auf der Sonne. Stuttgart 1891. — —- Die Geheimnisse des Planeten Mars, eine Hypothese. Breslau 1892. — —- Aus der möglichen in die wirkliche Welt. Breslau 1893. Früh, J., Die Erdbeben der Schweiz in den Jahren 1888/91. Von Herrn Prof. Dr. A. Schmidt, Stuttgart. v. Adelung, N., Beiträge zur Kenntnis des tibialen Gehörapparates der Lokustiden. Leipzig 1892. Vom Herrn Verfasser. Hüeber, Th., Fauna germanica: Hemiptera heteroptera. Ulm 1892, Vom Herrn Verfasser. Congres international de Zoologie. 2i&me session A Moscou 1892. I. partie. Moscou 1892. Congres international de Zoologie. Trigonometrische Höhenbestimmungen in Württemberg aus den Jahren 1359—1870 von Rieth, Regelmann, Jordan und Gross. Trigonometrische und barometrische Höhenbestimmungen in Württem- berg mit Notizen über den Gebirgsbau aus den Jahren 13866— 1882 von Regelmann und Gross. (NB. Diese Höhenbestimmungen wurden von Herrn Inspektor Regelmann zu 2 Bänden zusammen- gestellt und mit Titel, Inhaltsangabe, Index und Paginierung versehen.) Trigonometrische und barometrische Höhenbestimmungen in Württem- berg bezogen auf den einheitlichen Deutschen Normal-Nullpunkt: Donaukreis. Heft 3. Oberamtsbezirk Ehingen, bearb. von Insp. Regelmann, hrsg v. K. württ. statist. Landesamt. Stuttgart 1892. Von Herrn Inspektor Regelmann, Stuttgart. Wurm, W., Das K. Bad Teinach im württembergischen Schwarzwalde. 6. Aufl. Teinach 1891. Vom Herrn Verfasser. Eckstein, Karl, Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Forst- und Jagdzoologie. Jahrg. 1. 1890 (1892), Von der Verlagsbuchhandlung von P. Weber, Frankfurt a. M. Trouessart, E. L., Die geographische Verbreitung der Tiere. Aus dem Französischen übersetzt von W. Marshall. Leipzig 1892. Schurtz, H., Katechismus der Völkerkunde. Leipzig 1893. Von der Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber, Leipzig. Hofmann, E., Die Raupen der Grossschmetterlinge Europas. Stutt- gart 1893. Von der Hoffmann’schen Verlagsbuchhandlung (A. Bleil), Stuttgart. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. b — XVM — b. Durch Kauf. Stettiner entomologische Zeitung. 53. Jahrg. 1892. Entomologische Nachrichten, hrsg. von F. Karsch. 18. Jahrg. 1892, 19. Jahrg. 1893, Heft 1—11. Der zoologische Garten, hrsg. von F. C. Noll. 33. Jahrg. 1892, 34. Jahrg. 1893. Heft 1—4. c. Durch Austausch unserer Jahreshefte. American association for the advancement of science: Proceedings of the 40 meeting held at Washington, D. C. 1891 (1892). Amsterdam. K. Akademie van wetenschappen: Veianius, Carmen Johannis Pascoli. — Jaarboek vor 1891. — Catalogus van de Boekerij d. k. Akad. 1. Vervolg. (1891). — Verhandelingen 29 deel (1892). — Verhandelingen afdeeling Letterkunde, 20 deel (1891). -— Verslagen en Mededeelingen; Natuurkunde 3 reeks 8 deel (1891); Letterkunde 3 reeks 8 deel (1892). Baltimore. Johns Hopkins University: University circulars Vol. XI. No. ’99,72.:00. Bayerische botanische Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora: Berichte Bd. II. 1892. Bayerisches K. Oberbergamt: Geognostische Jahreshefte. 4. Jahrg. 1891 (1892) Belgique. Societ& entomologique de Belgique: Annales. T. 34 (1890). T. 35 (1891). — Mö&moires T. 1 (1892). — Societe royale malacologique de Belgique: Annales. T. XV. 1880. Fasc. 2. T. XXV, 1890. T. XXVI, 1891. — Proces verbaux 1890. No. 9—12, 1892 No. 1—9. Bengal. Asiatic society of Bengal: Extra number for 1888 part 1 (1889). — Journal. New series. Vol. LVIII. 1889; Vol. LIX. 1890. — Proceedings 1889 u. 1890. Bergens Museum: Aarsberetning for 1890 (1891) u. 1891 (1892). Berlin. K. Akademie der Wissenschaften: Physikalische Abhandlungen aus dem Jahre 1891 (1892). — Sitzungsberichte 1892. — Entomologischer Verein: Berliner entomolog. Zeitschr. Bd. 37. Heft 2—4. — K. preuss. geologische Landesanstalt und Bergakademie: Jahrbuch 1889 u. 1890. Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen aus dem Jahre 1891 (1892). Bologna. R. Accad. d. scienze dell’ Istituto di Bologna: Memorie. Ser. 5. T. I (1890). Bonn. Naturhist. Verein d. preuss. Rheinlande etc.: Verhandlungen. Jahrg. 49 (1892). Bordeaux. Societe des sciences physiques et naturelles: Memoires. 4 ser. T. II. — Observations pluviometriques de Juin 1890 & Mai 1891. Boston. American Academy of artsand sciences: Proceedings. Vol. XXVI (1891). — RR Boston. Boston society of natural history: Memoirs. Vol. VI. No. 10 (1892). — Proceedings. Vol. XXV. p. 3 u. 4 (1892). Brandenburg. Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg: Verhandlungen. Jahrg. 35 für 1891 u. 34 für 1892. Braunschweig. Verein für Naturwissenschaft: Kloss, über die geolog. Verhältnisse des Untergrundes der Städte Braunschweig und Wolfenbüttel. 8°. (1891.) Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen. Bd. XII. Heft 3 (1893). Brünn. Naturforschender Verein: Verhandlungen. Bd. XXIX. 1890, XXX. 1891. — Bericht d. meteorolog. Kommission. IX für 1889, X für 1890. Buenos Aires. Museo nacional: Anales, entrega 18 (1891). Cambridge. Museum of comparative zoology at Harvard College: Annual report for 1891— 1892. — Bulletins Vol. XVI. No. 11, 12 (1893). Vol. XXIII. No. 3—6 (1892). Vol. XXIV. No. 1—3 (1893). — Memoirs Vol. XIV. No. 2 (1892). Canada. Geological and natural history survey: Annual report 1888—1889. Part N (surface geology of Southern New Bruns- wick. No. 1—3). — Rüst, Contributions to Canadian Micro- Palaeontology. Part IV (1892). — Map of a portion of the Mackenzie and Yukon basins, sheets 1—9. Cassel. Verein für Naturkunde: Bericht 38 für 1891/92. Cherbourg. Societe nationale des sciences naturelles et math&matiques: M&moires. T. 27 (1891), 28 (1892). Christiania. Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. Bd. XV. Heft 2—4 (1892). Cincinnati. Society of natural history: Journal, Vol. XV, No. 1u. 2 1892). PR Naturhistorische Gesellschaft: Mitteilungen. N. F. Bd. I. 1889— 1890 (1891). Cordova. Academia nacional de ciencias: Boletin. T. X entrega 4a (1890). Danzig. Naturforschende Gesellschaft: Schriften. N. F. Bd. VII. Heft 1 (1892). Heft 2 (Festschrift) (1893). Darmstadt. Grossh. Hessische geologische Landesanstalt: Abhand- lungen. Bd. II. Heft 2 (1892). — Verein für Erdkunde zu Darmstadt und mittelrhein. geolog. Verein: Notizblatt. 4. F. Heft 13 (1892). Deutsche geologische Gesellschaft : Zeitschrift. Bd. 44. Heft 2 u. 3 (1892). Dijon. Academie des sciences, arts et belles lettres: 4 ser. T. LI. 1890—1891. Dorpat. Kais. livländische gemeinnützige und ökonomische Societät: Berichte über d. meteorolog. Beobachtungen für 1839—1891. —- Naturforschergesellschaft bei der Universität Dorpat: Schriften. No. VI (1891). — Sitzungsberichte. Bd. IX. Heft 3 (1891). Dresden. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis: Sitzungsberichte und Abhandlungen. Jahrg. 1892. Januar—Juni. b* Dublin. Royal society: Proceedings. Vol. VII. p. 3 u. 4 (1892). — Transactions. 2 ser. Vol. IV. No. 9—13 (1891). Edinburgh. Royal physical society: Proceedings. Vol. XI. p. 2. 1891—1892 (1893). — Royal society: Proceedings. Vol. XVII. 1890—1891. — Transactions. Vol. 36. p. 2 (1891), p. 3 (1892). Erlangen. Physikal.-medizin. Societät: Sitzungsberichte. Heft 24. 1892. France. Societe geologique de France: Bulletins. Vol. XIX. 1891. No. 13. Vol. XX. 1892. No. 1—5. — Societe zoologique de France: Bulletins. Vol. XVII. 1892. No. 6—9. Frankfurt a. M. Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Be- richt von 1892. — Böttger, O., Katalog der Batrachier- Sammlung im Museum d. S. n. Ges. (1892). Genova. Museo civico di storia naturale: Annali. ser. 2a. Vol. X. 1890— 1892, Vol. XI. 1891—1892, Vol. XII. 1892. Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Be- richte. Bd. 28 (1892). Glasgow. Natural history society: Proceedings and Transactions. N."S. Vol, III P.02 (1892). Görlitz. Naturforschende Gesellschaft: Abhandlungen. Bd. 20 (1893). Graubünden. Naturforschende Gesellschaft: Jahresbericht. N. F. 35. Jahrg. 1890—1891. Greifswald. Naturwissenschaftlicher Verein von Neu-Vorpommern und Rügen: Mitteilungen. 23. Jahrg. 1891. 24. Jahrg. 1892. Halle. Naturforschende Gesellschaft: Abhandlungen. Bd. XVII. Heft3 u. 4 (1892), Bd. XVIU. Heft 1 (1892). — Sitzungsberichte für 1888 —- 1890: u.- 1891. — Verein für Erdkunde: Mitteilungen. Jahrg. 1892. — Kais. Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher: Leopoldina. Heft XXIX. 1893. No. 1 u. 2. — Naturwissenschaftlicher Verein für Sachsen und Thüringen: Zeit- schrift für Naturwissenschaften. Bd. 64. Heft 6, Bd. 65. Heft 1—5 (1892). Hamburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften. Bd. XII (1895). — Wissenschaftliche Anstalten: Jahrbuch Jahrg. IX. 2. Hälfte (1892). Hanau. Wetterauische Gesellschaft für die gesamte Naturkunde: Be- richt für 1889—1892 (1893). | Haarlem. Fondation de P. Teyler van der Hulst: Archives du Musee Teyler. Ser. II. Vol. IV. part 1 (1893). — Societ& hollandaise des sciences: Archives neerlandaises des sciences exactes et naturelles. Tome XXVI. No. 1—5 (1892). — Oeuvres completes de Christian Huygens. T. V (1893). Heidelberg. Naturhistorisch-medizinischer Verein: Verhandlungen. N. F. Bd. V. Heft 1 (1893). Innsbruck. Naturwissenschaftlich-medizinischer Verein: XX. Bericht. Jahrg. 1891— 1892. Italia. R. comitato geologico: Bollettino, anno XXI. 1891. No, 1—4. N Italia. Societ& entomologica: Bollettino, 24 anno 1892, 25 anno 1893 Tem. T. Königsberg. Physikalisch- ökonomische Gesellschaft: Beiträge zur Naturkunde Preussens. Heft 6 u. 7 (1890). — Schriften. 32. Jahrg. 1891, Landshut. Botanischer Verein: 12. Bericht. 1890—1891. Lausanne. 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Vol!RXV. 1891 VoLIXVL 1892. New York Academy of Sciences: Annals. Vol. Vi. No. 1—6 (1891—92). — Transactions. Vol. X. No. 7—8 (1890—91). Vol. XI. No. 1—5 (1891— 1892). = SS New Zealand Institute: Transactions and Proceedings. Vol. XXIV. 1891. Normandie. Societe Linneenne: Bulletins. 4 Ser. Vol. V (1892). „Notarisia.“ Vol. VII. No. 32—34 (1892), Anno 1893. No. 1. Nürnberg. KNaturhistorische Gesellschaft: Abhandlungen. Vol. IX [Jubiläumsschrift mit Jahresbericht für 1891] (1892). Offenbach. Verein für Naturkunde: Berichte. No. 29—32. 1887 —1891 (1892). Padova. Societä Veneto-Trentina di scienze naturali: Atti. Ser. 2. Vol. I. Fase. 1 (1893). — Bollettino. T. III. 1884. No. 1. Philadelphia. Academy of natural sciences: Proceedings. 1892. p-*1'W2. — American philosophical society: Proceedings. Vol. XXIX. No. 136 (1891). Vol. XXX. No. 137—139 (1892). — Transactions. N. S. Vol: XVII. p. ku, 2. Pisa. Societä Toscana di scienze naturali: Atti. Vol. VI. Fasc. 3 u. 4 (1892). — Processi verbali. Vol. VII. p. p. Vol. VIII. p. p: Prag. Naturhistorischer Verein „Lotos“: „Lotos.“ N. F. Bd. 13 (1893). Regensburg. Naturwissenschaftlicher Verein: Berichte. Heft III für 189091: Rheinpfalz. Naturwissenschaftlicher Verein „Pollichia“ : Festschrift zum 5Ojährigen Stiftungsfest (1892). Riga. Naturforscher-Verein: Correspondenzblatt. Jahrg. 35 (1892). Roma. Accademia Pontificia dei nuovi Lincei: Atti. Anno 44. Sess. 6 u. 7 (1891). Anno 45. Sess. 1 (1892). — R. Accademia dei Lincei: Atti. Ser. 5. Rendiconti. Vol. I. Sem. 1. Fasec. 11 u. 12. Sem. 2. Fasc. 1—12 (1892). Vol. II. Sem 1. Fasc. 1--7 (1893). — Rendiconto dell’ adunanza solenne del DEEVIELEID St. Gallische naturwissenschaftl. Gesellschaft: Bericht für 1390—1891. St. Louis. Academy of science: Transactions. Vol. V. No. 3—4, Vol. VI. No. 1 (1892). St. Petersburg. Comite geologique: Bulletins. T. IX. 1890. No. 9—10. T.X. 1891. No. 1—9 et suppl. T. XI. 1892.. No. 1—4. — Me- moires. Vol. XI. No. 2 (1891). Vol. XII. No. 1 (1892). — Kais. Akademie der Wissenschaften : Repertorium für Meteorologie. Bd. XV (1892). Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: Jahresbericht 69 für 1891, und Ergänzungsheft. Schweiz. Allgemeine Schweizer Gesellschaft für die gesamten Natur- wissenschaften :: Neue Denkschriften. Bd. 32. Abt. 2 (1891). — Schweizerische Botanische Gesellschaft: Berichte. Heft 1 (1891). Heft 3 (1895). — Schweizerische entomologische Gesellschaft: Mitteilungen. Bd. VII. Heft 10 (1893). — Schweizerische naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen der 75 Jahresversamml. August 1892 zu Basel. Steiermark. Naturwissenschaftl. Verein: Mitteilungen. Jahrg. 1891. — Xu — Stuttgarter ärztlicher Verein: Jahresberichte XIX u. XX für 1391 und 1892. Tokio. College of science, imperial university, Japan: Journal. Vol. V. p. 2 (1892), p: 3 (1893); Vol. VL.p. 1 (1893). — Calendar for 1890—1891 and for 1891-—1892. Torino. Accademia delle scienze: Atti. Vol. XVII, disp. 9—15; Vol. XVII, disp. 1—8 (1891—1893). — Osservatorio della Regia Universita: Osservazione meteorol. 1891. Trieste. Societä Adriatica di scienze naturali: Bollettino. Vol. XII und XIV (1891—18935). | Tübingen. K. Universitätsbibliothek: Universitätsschriften a. d. J. 1891—1892 und 11 Dissertationen der naturw. Fakultät. Ungarische geologische Gesellschaft u. U. g. Anstalt: Földtani Köz- löny. Jahrg. XXII. Heft 5—10 (1892). — Geognost. Übersichts- karte vom Bakonyer Vulkan-Distrikt (Dr. Hofmann-Karolyi). — 3. Nachtragskatalog der Bibliothek und Kartensammlung 1889— 1891. -- K. geologische Anstalt: Mitteilungen a. d. Jahrb. Bd. X. Heft 1 u..2 (1892). Washington. Smithsonian Institution, Board of regents: Annual report for 1889—1890. Report of the National Museum 1839 —1890. — Smithsonian Institution, Bureau of Ethnologie: 7 Annual report 1885—1886 (1891). — Dorsey, J.O., Omaka and Ponka letters (1891). — Thomas, C., Catalogue of prehistorie works east ofthe rocky mountains (1891). — Pilling, J. C., Bibliography of the Algonquian languages (1891). Bibliography of the Athaphascan languages (1892). — Smithsonian contributions to knowledge Vol. XXVIH (1892). — U. S. geological survey (J. W. Powell, director): Mineral resources 1889 — 1890. — TU. S. geographical and geological survey of the rocky mountain region (J. W. Powell): A Dakota-English Dictionary by Stephen Return Riggs [ed. by J. O. Dorsey] (1890). Wernigerode. Naturwissenschaftlicher Verein des Harzes: Schriften. Jahrg. VII. 1892. > Wien. Kaiserl. Akademie der Wissenschaften, math.-naturw. Klasse: Sitzungsberichte. Abt. I. Bd. 100. Heft 8—10; Bd. 101. Heft 1—6 (1892). Abt. IIa, IIb, III je Bd. 100. Heft 8—10; Bd. 101. Heft 1—5 (1892). — K.K. geographische Gesellschaft: Mitteilungen. N. F. Jahrg. 25. 1892. — K.K. geologische Reichsanstalt: Jahrbuch. Jahrg. 1891 (41). Heft 2 u. 3. Jahrg. 1892 (42). Heft 1 u. 2. — Verhandlungen. Jahrg. 1892. No. 6—18. Jahrg. 1893. No. 1—5. — K.K. naturhistor. Hofmuseum: Annalen. Bd. VII. 1892, No. 3 u. 4. — K.K. zoolog.-botanische Gesellschaft: Verhandlungen. Jahrg. 1392 (Bd. 42). Württemberg. K. statistisches Landesamt: Württ. Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Jahrg. 1890—1891. Bd. I. Heft 3. — RXRIV — Jahrg. 1892. — Deutsches meteorologisches Jahrbuch: Württem- berg. Jahrg. 1891. Würzburg. Physikalisch-medizinische Gesellschaft: Verhandlungen. Bd. XXV. 1890—1891. — Sitzungsberichte. Jahrg. 1891. Zürich. ‘ Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahresschrift. 37. Jahrg. 1892. — Neujahrsblatt auf das Jahr 1893 (Forel, Die Nester der Ameisen). Ausser den vorerwähnten Tauschschriften gingen der Vereinsbibliothek folgende Vereinsschriften zu, für deren Empfang hier bestens ge- dankt sei: American geographical society: Bulletins. Vol. XXIV. 1892. Vol. XXV. 1893. Heft 1. Canada. Royal society: Proceedings and Transactions. Vol. VII u. IX. 7890. u. 18097. — Canadian Institute: Transactions. No. 4 u. 5. 1892. Halifax. Nova Scotia Institute of natural science: Proceedings and Transactions. Ser. 2. Vol. I. p. 1 (1891). Italia. Societä africana d’Italia: Bollettino. Anno XI (1892). Fasc. 7—12. Anno XII (1893). Fase. 3—4. Luxemburg. Verein Luxemburger Naturfreunde: Fauna. Jahrg. 1892. No. 3—5. Jahrg. 1893. No. 1. Minnesota. Academy of natural science: Bulletins. Vol. 3. No. 2 (1891). Missouri botanical garden (St. Louis): 3 Annual report (1892). New York state Museum: 44 Annual report for 1890, Normandie. Societe geologique: Bulletins. T. XIII. 1887—1889 (1890). Portugal. Seccäo dos trabalhos geologicos: Communicacoes T. II. Fasc. 1 u. 2 (1888— 1892). Prag. Lese- und Redehalle der deutschen Studenten in Prag. Bericht über 1892, St. Petersburg. K. russische mineralogische Gesellschaft: Verhand- lungen. 2. Ser. Bd. 28. 1891, Stockholm. Entomologiske föreningen: Entomologisk Tidskrift. 13. Jahrg, 1892, No. 1—4, Upsala. Geological Institute of the University: Bulletins. Vol. TI. 1892. No. 1. — Regiae societatis scientiarum Upsaliensis Nova acta. Ser. 3. Vol. XIV. Fasc. 1 u. 2. 1890—1891. Wien. Entomologischer Verein: Jahresbericht II für 1892. — Verein der Geographen a. d. Universität: Berichte über 1888—1889 und 1889 —1890. Der vom Kassier des Vereins, Herrn Buchhändler Eduard Koch vorgelegte und von Herrn Hermann Rümelin revidierte ÜBERS: Rechnungs-Abschluss lautet folgendermassen: Einnahmen: Kassenbestand am 30. Juno sn 2 ME TDNPE Verkaufte Kapitalien nebst Kursgewinn . . . »....91 „ — „ Aunsen, aus denıKapslaken u u nk Wars 270308100 208, Beiveliederbeitrage, na u ruhe hate ADD. 4 — 7.5304 M. 33 Pf. Ausgaben: 1. Vermehrung der Sammlung . 204 M. 26 Pf. 2. Buckdrucker- und Buchbinder- kosten, .. ... BD 3. Schreibmaterialien, Kopialien eier! EN AR 4. Gehalte, antere” Ten 444 „ 30_, 5. Zweigvereine und Erdbeben- kommission . . . h IMOANG# 108% 6. Steuern und Bgn : a 7. Rückzahlung auf Kontokor- rent der Rentenanstalt . . EN DER Te DE BOE SE Burmahmen.2, 20. Snap Ne, A I MS BE ENUSTRBBN HL 2 SE EN BRETT EEE GELT SE A ee Es erscheint somit am Schlusse des Rechnungsjahres ein Kassenvorrat von — - 124 M. 86 Pf. Vermögensberechnung. Am 30. Juni 1891 BEER die a nach dem Nennwert . . ar i SR 2 LI2ZMI2I BE INOrVons VErKaubLi Sr a TE Ra a EN 300:..,..—., 20 214 M. 29 Pf Kassenvorrat des Rechners am 30. Juni 1893 . . 324- HESSEN: 20339 M. 15 Pf das Vermögen des Vereins betrug am 30. Juni 1892 20759 „ 54 „ dasselbe beträgt den 30. Juni. 1893, 1... 1.1 7230.339,,.’15. 5 somit Abnahme gegen das Vorjahr =—— .- 55480) M. ‚39. Pf. Im eg 1892—93 war die Zahl der Mitglieder GELLMIE sen EL ON Hierzu die 28 neu ein IE: e t: re t enen "Mitglieder, "nämlich die Herren: Aktien | Stahlecker, Karl, Kameralamtsbuchhalter in Neuffen, Ritter, K., Dr., Vikar in Stuttgart, a Aktien Völmle, Ludw., Hauptmann a. D. in Stuttgart, Scheuerlen, Ernst, Dr., Stabsarzt in Strassburg, Schleich, G., Dr., Professor in Stuttgart, Wartmann, J., Dr. in Stuttgart, Müller, Ernst, Dr. med. in Stuttgart, Kaufmann, R., Buchhändler in Stuttgart, Krauss, Fried., Kaufmann in Ravensburg, Keller, Franz, Dr. med. in Heubach, Sattler, Leop., Apotheker in Cannstatt, Knapp, Alfred, Studierender in Stuttgart, Hochstetter, Vikar in Ohmenhausen, Gross, Apotheker in Bietigheim, Haberer, Oberstlieutenant in Stuttgart, Renner, Karl, Major in Stuttgart, Nägele, Professor in Tübingen, Rudolph, Dr. in Strassburg, Richter, Max, Repetent in Stuttgart, Vöchting, Dr., Professor in Tübingen, Hüfner, Dr., Professor in Tübingen, Schariry, Oberförster in Tuttlingen, Gradmann, Pfarrer in Forchtenberg, Schuster, Herm., Redakteur in Pforzheim, Widmann, Karl, Professor in Stuttgart, Kirn, Karl, Apotheker in Nürtingen, Köstlin, Dr. med. in Cannstatt, Rauscher, Oberamtstierarzt in Tübingen Hiervon ab die 30 ausgetretenen, und zwar die Herren: Adae, Dr. med. in Esslingen, Saur, J., Kunstmüller in Schemmerberg, Probst, Oberförster in Horb, Schirmer, Oberamtsbaumeister in Ravensburg, v. Renner, Staatsminister, Excellenz, Magenau, Oberförster in Urach, Stein, Apotheker in Xanten, Pfahl, Rektor in Ravensburg, Gindele, J. B.. in Zussdorf, Grüninger, Professor in Reutlingen, v. Speidel, Landgerichtspräsident in Heilbronn, Hofmann, Öberförster in Aalen, Keller, Fr., Finanzrat in Stuttgart, Finckh, Rud., Apotheker in Reutlingen, Geiger, Stadtpfleger in Ulm, Haller, Oberamtmann in Leonberg, König, Vikar in Wildbad, — XXVU1 — Aktien Mundler, Schullehrer in Ludwigsburg, Schweizer, Professorats-Kandidat in Ludwigsburg, Reusch, Oberbergrat a. D. in Kirchheim u. T., Fischer, Oberamtsarzt in Neuenbürg, Müller, Pfarrverweser in Merazhofen, Berlin, Dr., Professor in Rostock, Schwarzenhölzer, Dr. in Untertürkheim, Ludwigsburg, K. Realanstalt, Strobel, Professor in Hohenheim, Wintterlin, Prof. Dr., Oberbibliothekar in Stuttgart, v. Henzler, Oberstudienrat in Stuttgart, Fritz, Chemiker in Blaubeuren, Veiel, Apotheker in Ravensburg . . . . . . 30 und die 14 gestorbenen Mitglieder: Bundschuh, Bonif., Reallehrer in Biberach, Plochmann, Forstmeister in Kirchheim u. T., Uhland, K., Dr. med. in Stuttgart, Böklen, Hermann, Reallehrer in Ludwigsburg, Daniel, Regierungsrat in Stuttgart, v. Zech, Dr., Professor in Stuttgart, v. Liebenstein, Freiherr in Jebenhausen, Hartmann, Öberförster in Blaubeuren, v. Bazing, Landgerichtsrat in Ulm, v. Bühler, Geh. Hofrat in Stuttgart, Göser, Dr., Oberstabsarzt in Ulm, Nicolai, Stadtschultheiss in Biberach, Schuster, Ökonomierat in Hohenheim, Vöhringer, Dr.med. in, Reutlingen, . . ... T4 — 44 nach deren Abzug die Mitgliederzahl am Ende des Rechnungsjahres betrauk sr sa a LT, I FROSAR TER SE TLNEORUNGS LADEN Berentiher dem ‚Vorjahref ... 1.7. Wr.) 209, 4,5 unh Sara 2m 7000, mithin weniger 16 Mitglieder mit 16 Aktien. Gemäss $ 13 der Statuten erfolgte sodann die Wahl der Beamten, wobei für das Vereinsjahr 1893/94 gewählt wurden: erster Vorstand Oberstudienrat Dr. O. Fraas, zweiter Vorstand Bergratsdirektor Dr. v. Baur. Von den statutengemäss ausscheidenden Mitgliedern des Aus- schusses haben die Herren Prof. Dr. v. Ahles, Prof. Dr. Klunzinger a a a und Hofrat Seyffardt, sämtlich von Stuttgart, eine Wiederwahl ab- gelehnt; an ihrer Stelle wurden von der Versammlung auf Vorschlag in den Ausschuss gewählt die Herren Prof. Dr. Kirchner von Hohen- heim, Prof. Dr. Lampert von Stuttgart und Prof. Dr. Leuze in Stuttgart; die übrigen austretenden Mitglieder des Ausschusses werden wieder gewählt. Es setzt sich somit der Ausschuss folgendermassen zusammen: Neugewählte Hälfte (Ausschussmitglieder bis 24. Juni 1895): Bergratsdirektor Dr. v. Baur von Stuttgart, Prof. Dr. Bronner von Stuttgart, Prof. Dr. C. Hell von Stuttgart, Prof. Dr. Kirchner von Hohenheim, Dr. Klinger von Stuttgart, Prof. Dr. K. Lampert von Stuttgart, Prof. Dr. Leuze von Stuttgart, Sanitätsrat Dr. Steudel von Stuttgart. Im Ausschuss bleiben zurück (Ausschussmitglieder bis 24, Juni 1894): Dr. F. Ammermüller von Stuttgart, Prof. C. W. v. Baur von Stuttgart, Präsident v. Dorrer von Stuttgart, Prof. Dr. Eimer von Tübingen, Senatspräsident v. Hufnagel von Stuttgart, Prof. Dr. A. Schmidt von Stuttgart, Prof. Dr. Sigel von Stuttgart. Das langjährige Ausschussmitglied, Herr Apotheker M. Reihlen von Stuttgart, welcher sich um die botanische Sammlung des Vereins und in den letzten Jahren zugleich als Kassier vielfache Verdienste um das Gedeihen unseres Vereines erworben hat, wurde wenige Wochen nach der Generalversammlung seiner trauernden Familie und seinem grossen Freundeskreis durch den Tod entrissen. Delegierter des oberschwäbischen Zweigvereins ist Pfarrer Dr. Probst in Unteressendorf. Vom Ausschuss werden nach $ 14 der Statuten, in der Sitzung vom 7. Dezember 1893 sodann folgende Wahlen zur Verstärkung des Ausschusses vorgenommen: Prof. Dr. Branco von Tübingen, Assistent J. Eichler von Stuttgart, Prof. Dr. Eberh. Fraas von Stuttgart, Buchhändler E. Koch von Stuttgart, Prof. Dr. Nies von Hohenheim, Prof. Dr. Ottmar Schmidt von Stuttgart. Die gemäss $ 13 der Statuten vorgenommenen Wahlen ergaben folgendes Resultat: A RR Sekretäre: Prof. Dr. K. Lampert, Prof. DriA Schmidt, Kassier: Buchhändler E. Koch, Bibliothekar: Prof. Dr. K. Lampert. Wahl des Versammlungsortes. Mit besonderer Rücksicht darauf, dass der Verein im kommen- den Jahre sein fünfzigjähriges Bestehen feiert, wird als Versamm- lungsort für 1894 Stuttgart vorgeschlagen und angenommen. Nach Erledigung dieser geschäftlichen Angelegenheiten begannen die Vorträge, die im folgenden teils im Wortlaut wiedergegeben sind, teils sich in erweiterter Form unter den Abhandlungen finden. Nachdem noch Her Dekan Knapp für die Überlassung des Vereinshauses, sowie dem verdienten Geschäftsführer Herrn Ober- förster Probst und allen Herren, die sich um das Zustandekommen der hübschen Ausstellung bemüht haben, der Dank des Vereines ausgesprochen worden war, wurde die Tagung geschlossen und die Anwesenden begaben sich nach der Post, wo das Festmahl bereit war, welches durch eine Reihe trefflicher Toaste und poetischer Ergüsse gewürzt wurde. Auf der neu angelegten reizenden Terrasse vom Tyroler wurde dann beim kühlenden Bier der Abgang des Zuges erwartet, der die Gäste wieder entführte. Vorträge bei der Generalversammlung. 1% Die mineralogischen und geologischen Fundstätten der Kirchheimer Gegend. ; Von Prof. Dr. A. Leuze in Stuttgart. Es wird sich kaum ein Bezirk in unserem engeren Vaterlande finden, der sich mit dem Kirchheimer hinsichtlich der Mannigfaltig- keit der geologischen Bildungen, sowie des Reichtums an Petrefakten und Mineralien, also auch hinsichtlich des geologischen Interesses messen könnte. Glücklich daher derjenige, der hier zuerst die Aufeinanderfolge der Schichten kennen lernen darf, der hier zuerst sammeln kann. Da mir dieses Glück zu teil wurde, so wollen Sie mir, hochverehrte Herrn, gestatten, Sie in kurzem durch die Forma- tionen der hiesigen Gegend zu führen, aber nicht allein aus dem vorhin genannten Grunde, sondern vielmehr weil hier auch die Wiege der schwäbischen, um nicht zu sagen der deutschen, Geologie stand. War es doch die Umgebung des einst stark be- suchten Bades Boll, wo ein KoxkAn GESNER, ein JOHANNES BAUHIN Versteinerungen sammelten und abbildeten. Wir wollen indessen in unserem historisch-geologischen Überblick noch weiter zurückblicken. Die ältesten Spuren von menschlicher Bewohnung müssen wir wohl in den Höhlen des Guten- berger Thales suchen; möglich, dass man noch in den übrigen Höhlen unseres Bezirkes Spuren früherer Bewohnung findet. Auf der Höhe von Erkenbrechtsweiler deutet der Heidengraben auf eine uralte Bergfeste, auf einen Ringwall, und es dürften die viereckigen Gruben und Löcher in den Waldungen westlich von der Lauter in Braun Jura &# wohl auf die Insassen jener Bergfeste zurückzuführen zu sein: — XXX — hier verhütteten sie in uranfänglicher Weise die Eisensteingeoden, man findet neben den Gruben bemooste Eisenschlacken vom Fricken- häuser Walde bis zum Fusse des Brucker Felsen. Auf die Zeit der Römer weisen Silbermünzen, die man im Torf der Torfgrube fand, sollten schon die Römer hier Torf gegraben haben? Als das stolze Geschlecht der Hohenstaufen-Kaiser lebte, waren Boden und Flur ihres Schlosses mit den Tafelschiefern von der Boller Gegend be- legt, so früh erkannte man schon den Wert jener leicht zu brechenden Platten. Im Jahre 1565 kommt der deutsche Plinius, KoxrAD GESNER, in die Umgebung von Göppingen, er sammelt dort und dann bei Hechingen und Zimmern u. d. B., hier in Begleitung des Grafen WERNHER VON ZIMMERN, Petrefakten und bildet sie ab in seinem Werke de rerum fossilium figuris — das war der erste Versuch, unsere Petrefakten im Bilde darzustellen. Sein Vorgang wirkte anregend, und in jene Zeit fällt der erste Aufschwung, den das Bad Boll nahm. Herzog Frieprich I. beruft 1598 den Mömpelgarder JoHnannes BAUHIN zur Untersuchung des Bades, er leitet in seiner historia novi et admirabilis fontis balneique Bollensis „Die Krefften des heilsamen Wasserbades Boll von dem fliessenden Steinöl, so Ihrer Fürstlichen Gnaden Chymicus PANTALEoN KELLER aus dem Schieferstein distilirt,“ ab — das war der erste Versuch aus unseren Schiefern Öl zu ge- winnen. Man legte sich die Frage vor, ob solche Schätze, wie sie Boll besass, nicht auch anderswo gefunden werden könnten, und suchte danach, unter anderen ein Herr ScHikarp, der nach der Herrenberger Chronik „mit seinem langen Bohrer überall herum- suchte“, bis er 1611 in der Nähe der Teck bei Schopfloch an einem Orte, den man die „versunkene Stadt“ nannte, ein grosses Torffeld — unsere Torfgrube — fand, dessen Ausbeutung ihm viel Geld ein- trug. Doch entwickelte der Torf einen üblen Geruch, der die Bad- gäste von Boll beinahe vertrieben hätte. Man vergass aber dann wieder die Torfgrube, ohne Zweifel waren die Erträgnisse danach, denn im Jahre 1737 schreibt Marrın Mürter, der Ältere, genannt der „Hohentwieler“*, über den „Turf von Ulm“ und weiss nichts vom Randecker Feld. So wurde die Grube 1783 von neuem ent- deckt durch den Kirchheimer Kaufmann GLöckKLER, der auf einem Ritt nach Schopfloch samt seinem Pferde dort versank. GLÖCKLER kaufte die Grube, errichtete Gebäude, er konnte den Torf aber nicht absetzen und auch nicht verkohlen, so blieb ihm schliesslich von allen Besitztümern nur der Kommerzienratstitel. Es braucht wohl nicht ausdrücklich hervorgehoben zu werden, — XXXUI — dass in der ersten schwäbischen Geologie, die 1748 geschrieben wurde, in der Suevia subterranea ErHarpr's von Memmingen, unsere Gegend wiederum voransteht, wie auch in dem Mineral-ABC in selecta physico-oeconomica. Im Jahre 1791 berichtet uns RösLer, dass die weissen Keupersandsteine von Neckartenzlingen und Ober- ensingen starke Verwendung finden. Aus alledem ergiebt sich, dass die früheren Jahrhunderte eine Geologie im eigentlichen Sinne nicht lieferten, man sammelte die Petrefakten oft mehr der Kuriosität halber, und wenn man die Erdschichten durchstöberte, so suchte man in erster Linie nach nutzbarem Gestein, das andere liess man beiseite. Das änderte sich mit Anfang unseres Jahrhunderts, da sammelten Physikus Monr und Dr. Hartmann von Göppingen, eben um Sammlungen anzulegen, letzterer veranlasste weiter den Pfarrer KunkeL von Wissgoldingen und den Dorfchirurgen WITTLinGeEr (f 1849) in Heiningen zum Sammeln. Heute sammelt noch, wie Ihnen die hier ausgestellten Petrefakten zeigen, der Sohn des letzteren, Lehrer WiTTLıneGer von Holzheim. Immer ist es wieder die Gegend von Boll, welche neue Anregung giebt. Major v. ZıETEn, welcher den Sommer teilweise in diesem Bade zuzubringen pflegte, gab 1830 bis 1834 Abbildungen der Versteinerungen heraus, die ihresgleichen suchen und die meistens aus der Hand des f Prof. KELLER, gewesenen Zeichenlehrers an der Stuttgarter Realanstalt, hervorgingen. Zum Sammeln leitete Graf v. MANDELSLOHE an, indem er der Schuljugend Geldgeschenke für die beigebrachten schönen Petrefakten machte, und so gewann er auch unseren Meister HıLpexgrannd. Nun konnte man auch an grössere geologische Unternehmungen sich machen: MANDELSLOHE entwarf geognostische Profile der schwäbischen Alb; in den Jahren 1832—-39 bohrte der Staat unter MAnpELsLoHE’s Leitung am Neuffen auf Steinkohlen. Das Bohrloch wurde zur Tiefe von 1192 Fuss niedergetrieben durch Jura und Keuper und kostete 36000 Al., Kohlen fand man selbstverständlich nicht. Das war nun auch die Zeit, in der QuEnsTEDT den neu gegründeten Lehrauftrag für Geognosie und Mineralogie in Tübingen erhielt, er kam also zu einer Zeit, wo geologische Sammlungen hauptsächlich aus dem Jura in grösserer Anzahl vorhanden waren und wo geologische Arbeiten die Mussestunden manch eines Freundes der Natur ausfüllten. Das war der Boden, auf dem sich sein grösstes Werk „der Jura“, bilden konnte. Und oft und viel durchwanderte er die Kirchheimer Gegend, Steinbrechern und Sammlern eine bekannte Erscheinung. Noch ist aber ein Name zu nennen, der für immer mit der geologischen Er- — RX — klärung unserer Gegend verknüpft bleiben wird, der Name Karı DEFFNER’s, der das Atlasblatt Kirchheim geognostisch aufnahm und in den Begleitworten uns das Verständnis der geologisch so inter- essanten Landschaft eröffnete. Ihm wollen wir nun auch folgen, um einen geologischen Überblick über die Gegend zu gewinnen. Stellen wir uns auf die „neue Steige‘, die nach Plochingen führt, also auf den Hügel- zug Egart und Hohen Reisach, der im Norden von Kirchheim ein Gewölbe des untersten Jura bis hinüber zur Fils spannt, so sehen wir zu unseren Füssen eine breite Erosionsbucht, wie man sie nicht wieder findet den ganzen Nordwestabhang der Alb entlang. Im Westen führt diese Bucht die vereinigten Gewässer von Lindach und Lauter zum Neckar; an der Mündung zeigt das Neckarthal eine starke Verwerfung; im Südwesten dehnen sich auf schwach gewelltem Terrain weite Waldungen gegen den Neckar und die Erms; im Süden zieht sich von Südwest bis Nordost, vom Zollern bis zum Staufen, der Steilabfall der schwäbischen Alb, ein prächtiger Kranz von Bergen: im Süden der vorgeschobene Neuffen, dann die Kante des Erkenbrechts- weiler Plateaus bis zum Brucker Felsen, jenseits des tiefeingeschnittenen Lenninger Thales die ruhig thronende Teck, dann die schöne Masse des Breitensteins, Reissenstein, die Berge bei Boll mit dem Thurm- berg und Aichelberg. Unten am Neckar haben wir noch Keuper, zwischen Unter- boihingen und Öthlingen treffen wir da und dort, so bei Bodels- hofen aufgeschlossene Stellen von Lias «. Oberhalb Öthlingen haben wir am Wert der Lauter die erste Fundstelle für Lias £, an einer Stelle, wo man herrlich Gelegenheit findet, die geringe Widerstandskraft dieser Zurneri-Thone gegen die Gewalt des Flusses kennen zu lernen. Diese Thone stehen wieder an bei der Brücke über die Lauter auf der Plochinger Strasse, dann oberhalb Kirch- heim an der „schwarzen“ Brücke, wie sie früher hiess, bei der Ein- mündung des Trinkbachs in die Lindach. In der Lindach können wir Lias $ bis vor Iesingen verfolgen, während am Trinkbach gleich nach seiner Einmündung Lias y ansteht. Man muss dort eine Ver- werfung annehmen um so mehr, als, wie wir unten sehen werden, die Schichten gegen Süden, genauer Südosten einfallen. Diese Ver- werfungslinie könnte mit der anderen, die von Hohenheim gegen Köngen sich zieht, in Verbindung gebracht werden. Von grosser Bedeutung sind die Cementbrüche in Liasy, wir haben ja für -Lias y nicht viele schöne Aufschlüsse sonst, nur noch Hinterweiler Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1894. C — MRIV — und ausserdem vereinzelte Punkte wie den Steigerwald bei Gross- bettlingen und die übrigen bekannten Stellen. J. CHamty von Stutt- gart baute Mitte der fünfziger Jahre den ersten Ofen und machte Portland- und Romancement. Diese Industrie hat uns Lias y an vielen Stellen von der Auerbacher Steige bis zur Gegend des Schaf- hofes blossgelegt, eine herrliche Fundstelle für Petrefakten, auch schon Saurier, und Mineralien: Kalkspat, Schwerspat, Cölestin, Schwefelkies. Der Kalkspat zeigt hier eine seltene Form, Hauy’s Rhomboedre dilate, wie QuEnstepr (Mineralogie 3. Aufl. p. 480) an- nimmt, die Kombination — 16R. — 4R; sonst trifft man, so am Trink- bach („Herrengumpen“), —4R.&R. Es möge hier auch noch auf die schönen Schwefelkiese und Schwefelkiesknollen von Lias $ hin- gewiesen werden. Lias Öd steht an der Lauter an oberhalb der Fırer’schen Fabrik, an der Lindach bei Weilheim und dann an der Notzinger und an der Auerbacher Steige, man findet Amaltheen, Pentakriniten, die kleinen Muscheln, auch Blende und Kubooktaöder von Schwefelkies. Was aber die Kirchheimer Gegend weltberühmt gemacht hat, das sind die Posidonienschiefer, Lias 2 Am Schafhof stehen sie an in 373 m Höhe, auf der Hahnweide mit 340 und bei FaBer’s Fabrik in 330, daraus ergiebt sich mir das Einfallen der Schichten des Lias gegen Süden oder Südosten. Die Hauptfundstätten beginnen bei Holzmaden und ziehen sich von da bis in die Boller Gegend. Es ist überflüssig, Ihnen die prachtvollen Funde an Sauriern, die dort heute noch gemacht werden, herzuzählen, Sie sehen ja hier ein solches Tier ausgestellt von Herrn Kommerzienrat FABEr. Von Inter- esse sind die Erdbrände, die auf dieser Schichte mehrfach vor- kamen. Man erkennt heute noch die Stellen an der roten Farbe des verbrannten Schiefers, deswegen „Rotäcker“ vom Volk genannt. Der erste Brand, der uns gemeldet wird, fällt ins Jahr 1668 unter EBERHARD III. zwischen Boll und Betzgenried. Niemand konnte dem Brande wehren, der selbst das Wunderbad zu ergreifen drohte. Es brannte 6 Jahre, und es floss Öl aus dem Boden, das als Steinöl verkauft wurde. Eine zweite Stelle liegt bei Heiningen, eine dritte bei Iebenhausen am Fussweg von Göppingen nach Heiningen. Den letzten Brand sah ich im Jahre 1858 bei Pliensbach. Früher blühte hier bei Boll eine nicht unbeträchtliche Gagatindustrie; die Badgäste nahmen zum Andenken allerlei Schmucksachen, die daraus gearbeitet wurden, mit nach Haus. Man trifft oft schöne schwarze Platten davon, wie sie heute noch, aus der gleichen Schichte stam- — HIRRXV: 2 — mend, als Jet von den Engländern bei Whitby in Yorkshire gefertigt werden. Meist ziehen sich durch die Gagatplatten Kalkspatschnüre, in den Saurierresten findet sich Blende. Aus diesen Schiefern ge- winnt man seit Mitte unseres Jahrhunderts auf Anraten des Pfarrers Hagen von Zell die Tischplatten, Zeichentafeln u. s. w. Auch fliessen daraus unsere Schwefelquellen: Boll, der Rappenzagel zwischen Ohmden und Zell, das schon von Baum erwähnte Saubad in Owen und die Quelle auf der Hahnweide, die der f Medizinalrat Haurr in sein Bad zu Kirchheim geleitet hatte. Lias £ finden wir neben unserem Standpunkt dort auf der neuen Steige (Ammonites radians), dann am Schafhof (Ammonites jurensis), hier in einer Meereshöhe von 366 und mehr Meter, im Lenninger Thal unterhalb Dettingen und in der Lindach unter Weilheim (340 m). So breitet sich der Lias in breiter Entfaltung in unserem Thale aus, und man wird kaum anderswo sämtliche Glieder dieser Formation in solch schöner Ent- wickelung wieder finden. Der Braune Jura legt sich in dünner Decke auf den Lias des schon öfter genannten Hügelzugs, des Egart und Hohen Reisachs, und früher hatte man an der alten Plochinger Steige oben „an den Sümpfen“ eine reiche Fundstätte für Braun «, die heute leider unter einer neu angelegten Waldkultur begraben liegt. Die geognostische Karte deutet den Braunen Jura hier nicht weit genug gegen Westen an. Im übrigen haben wir den Braunen Jura eben am Fuss der Alb zu suchen und da ist das Teufelsloch bei Eckwälden immer noch der beste Fundort. Dass Braun £ im Westen der Lauter eisenreich ist, darauf deuten die oben angeführten Schmelzgruben, im Osten ist er sandig, häufig von zinnoberroter Farbe, reich an Muscheln, so in der Nähe des Hofs Herzogenau. Braun / liefert zwischen Neuffen und Kappishäusern Sandsteme, von Braun d liegen schöne Fund- stellen oberhalb Balzholz und Beuren. Auch die Parkinsonthone, Braun z, lagen früher schön aufgeschlossen am westlichen Abhang des Neuffen, heute ist dort Wald angepflanzt. Der Ornatenthon, Braun [, war immer schön zu sehen in der Kirchheimer Gegend. Da holten schon die Alten ihre Terra sigillata; „als ich,“ schreibt Baunm, „den 23. September 1594 auf Boll zureiste, begegnete mir einer mit Bolus beladen und sagte, dass er von Bissingen käme, brächte aber gemehlte Sachen von dem nächst gelegenen hohen Berg, darauf das Schloss Teck stünde, auch trüge er dieselben nach Augsburg, von dannen sie weiter gen Nürnberg gebracht und 1 Pfund um einen halben Batzen verkauft würde“... „ich traf die Gruben e* — RR — neben der Strasse, die von Bissingen nach Auen (Owen) zu zeucht, nicht sonderlich tief, der Bolus war gar rot mit gelben Flecken untermenget“ ... „ich und der Apotheker Lutz haben terram sig. daraus gemacht, welche wir sonst sanguinem Herculis nennen und halten wirs dafür, dass es eben so kräftig sei, als das mineralische Einhorn axungia Solis d. h. terra lemnia.“ Wo diese Grube lag, lässt sich heute kaum mehr sagen; die rote Farbe will mit Braun £ so wenig stimmen wie mit Weiss Jura «, eher noch mit dem Basalt- tuff am Hohen Bohl, wo verwitternde eisenhaltige Mineralien häufig rote und gelbe Farbe erzeugen. Thone in grosser Menge finden sich übrigens hier nicht. Heute hat freilich diese Industrie aufgehört, dafür finden wir da und dort den Thon aufgeschlossen, und bei Oberlenningen fand man beim Graben von Kellern und Hafnergruben Ammonites Jason und refractus, ebenso bei Beuren. Die Mineralien in diesem braunen Jura sind unbedeutend: schön verkieste Parkinsoni, Gipse an der Grenze von ß zu y bei Boll, dann Thoneisensteine, ungleich reicher ist die Ausbeute an Petrefakten. Aber auch der Weisse Jura von « bis e ist in unserer Gegend herrlich erschlossen, und dazu dienten hauptsächlich die Steigen und Sattelbögen, welche das Gestein blosslegten: nämlich die Steige Neidlingen-Reissenstein, Bissingen-Ochsenwangen, Gutenberg-Schopf- loch, Oberlenningen-Grabenstetten (hier wurden seinerzeit die For- mationsglieder mit Farbe angeschrieben), Beuren-Erkenbrechtsweiler, Neuffen-Grabenstetten. Für Weiss « sind besonders die Sattelbögen, die zwischen Teck und Rauber, sowie der beim Jusi ergiebig, neben den bekann- ten Versteinerungen hübsche Kalkspäte und Kubooktaöder von Schwefelkies (diese Jahresh. 1882). Weiss y ist meist thonig-kalkig, die Schwammfacies zeigt sich nur am Wielandstein. Weiss d bildet den Kranz der Felswand und die beiden grossen Plateaus, das von Erkenbrechtsweiler und das von Schopfloch. Hier findet man Schwämme und Seeigel (Beuren-Erkenbrechtsweiler). Im ersten Viertel unseres Jahrhunderts wurde in unserer Gegend auch viel nach Marmor gesucht: der schwarze kam von Hattenhofen (Lias), der schwarzgraue aus der Haller Gegend (Muschelkalk), det weisse mit gelben Adern von Ochsenwangen, der rötlichgelbe mit grauen Adern von Bissingen und Oberlenningen, der grüne (Basalttuff) von Gutenberg; die Schlei- ferei stand zu Bissingen. Soweit der Jura; was aber das geognostische Bild unserer — AXXVI — Gegend mannigfaltiger und abwechselungsreicher macht, als sonst Juralandschaften zu sein pflegen, das sind die zahlreichen vulkani- schen Durchbrüche, die sich uns in den Basalten und Basalt- tuffen unserer Gegend zeigen, die Bühle und Bölle am Fuss des ganzen Zuges der Kirchheimer Alb und in weiterer Entfernung der Geigersbühl, das Bölle bei Reudern und der Kraftrain an der Schlier- bacher Strasse. Es ist an anderer Stelle (diese Jahresh. 1880, 1882) über den Reichtum der darin enthaltenen Mineralien, wie Kalkspat von sehr seltener Form, Glimmer, Olivin, Augit, Magnetit, Zeolith, Thon, Ihnen schon Mitteilung gemacht, es sei nur auf das in geo- logischer Hinsicht so hochinteressante Randecker Maar hingewiesen, über das Sie ja heute von berufenster Seite das Nähere hören werden; hier findet sich eine obermiocäne Blätterkohle, der Dysodil, wie er auch in den Basalttuffen der Auvergne gefunden und zur Her- stellung von Öl, Paraffın und Leuchtgas benützt wird, darin liegen die schenkeldicken Stämme von Mandelbäumen, nun ganz verkieselt, Gleditschien und zwischen den Blättchen Insekten. DErFneErR ist auch geneigt, die Quarzsande in Weiss Jura d des Breitensteins dem Tertiär zuzuzählen. Und nun endlich über Keuper, Jura und Tertiär noch das Quartär oder Diluvium. Dahin zählen unsere Torfe, der schon oben genannte Schopflocher (1858 waren es 6 Torfstiche bis zu 6 Fuss tief, im Jahre 1200000 Stück = 11200 Ctr. im Wert von 2200 fl.) und dann am Nordostfuss der Teck gegen Nabern; weiter die Kalktuffe von Oberlenningen, sodann die reichen Kieslager, wie sie da und dort, so bei Dettingen, in unserem Thale blossgelegt sind, endlich der Lehm, oft bis 7” m mächtig, den die Ziegeleien verarbeiten, bald von roter Farbe (aus Keuper herrührend), bald dunkel mit Kugeln von Manganerzen, so auf den Feldern östlich von Schlierbach (von Augulatensandstein stammend) mit den be- kannten Succinea, Pupa, Helix (Köngen). Von grösseren Funden darin ist mir nichts bekannt, bei Esslingen fand sich ja darin Rhino- ceros tichorhinus. Damit sind wir am Alluvium angelangt. Es ist schon oben darauf hingewiesen, wie die Flussbetten namentlich in den nachgiebigen Thonen sich verändern, wie die Flüsse immer tiefer in die Schichten sich einfressen, und so bekommt man auch am raschesten einen Einblick in den geognostischen Aufbau, wenn man dem Lauf der Lauter oder der Lindach folgt. Unser Bild würde vollständiger, wenn wir auch noch die Flora und Fauna unserer Gegend beschreiben würden, auch da würde STERN NIT manches Interessante zu sagen sein; es sei hier nur an den letzten Luchs erinnert, der am 15. Februar 1846 am Reissenstein von Ober- förster Marx geschossen wurde, dann an die herrliche Flora der Teck (Gentianalutea, Digitalis lutea, Lunaria rediviva, Alyssum mont.u.s.w.). Aus alledem ergiebt sich, dass die Kirchheimer Gegend, reich ge- segnet an Naturschönheiten und Naturmerkwürdigkeiten, mit Recht vor allen anderen Gegenden unserer Alb bevorzugt wird, es ergiebt sich auch, dass Kirchheim so recht der Platz ist für die Versamm- lung eines Vereins, der sich, wie der unserige, die vaterländische Naturkunde zum Ziele gesetzt hat. 1. Ueber das Randecker Maar. Von Prof. Dr. Branco in Tübingen. Der Vortrag ist in erweiterter Form in der Abhandlung des Verfassers „Die 125 einstigen Maare bei Urach“ enthalten. 11% Ueber die Hagelverhältnisse Württembergs von 1828 bis 1890. Von Oberförster Dr. Heck in Adelberg. Nachdem der Ausschuss unseres Vereins für vaterländische Naturkunde kürzlich die ehrenvolle Aufforderung an mich richtete, am heutigen Tag in seiner Mitte einen Vortrag über die Hagelver- hältnisse Württembergs zu halten, erachtete ich es trotz vieler dring- licher Amtsgeschäfte (die so beklagenswerten Laubstreuabgaben in nie dagewesenem Massstab) für Pflicht, meine Arbeit über diesen Gegenstand, der mich seit Jahren beschäftigte, auch öffentlich zu vertreten. — Es giebt wohl wenige Erscheinungen der Natur, welche durch ihr rätselhaftes, obgleich häufiges, Auftreten, wie durch die Schrecken und schweren Schädigungen, welche sie zu verbreiten pflegen, das Nachdenken des wissenschaftlich Gebildeten, wie des einfachen Land- manns in so hohem Mass in Anspruch nehmen, als der Hagel. Weit entfernt, eine allseits anerkannte Erklärung gefunden zu haben, ist der 2) 8.0. Hagelschlag ein Gebiet, welchem die wissenschaftliche Forschung immer noch durch vorwiegend statistische Behandlung mit der mei- sten Aussicht auf Erfolg nahe zu treten vermag. Derartige Versuche wurden schon frühe gemacht und ihre Ge- burtsstätte ist unser schwäbisches Heimatland. Der Verein für vater- ländische Naturkunde in Württemberg hat daher billigerweise ein Anrecht darauf, über die Ergebnisse der württembergischen Hagel- statistik Näheres zu hören. Dieselbe reicht bis zum Jahre 1828 zurück und ist somit die älteste ganz Deutschlands, ja der ganzen Erde. Kein Wunder, wenn diese Statistik schon mehrfache Bearbei- tungen erfahren hat, von welchen eine der wichtigsten von dem früheren Direktor des Statistischen Landesamts, unserem jetzigen Herrn Finanzminister Dr. v. Rıecke, herrührt, der 1879 die 50jährigen Ergebnisse dieser Statistik veröffentlichte. Das Bedürfnis, für die Hagelversicherung im Lande in zeit- gemässer Weise geeignete Grundlagen zu besitzen, hat auch neuer- dings wieder zwei amtliche Bearbeitungen hervorgerufen, die von Prof. Bünter in Zürich und die meinige!. Es ist zunächst nötig, zu untersuchen, inwieweit diese würt- tembergische Hagelstatistik geeignet ist, für wissenschaftliche Unter- suchungen und Schlüsse eine zuverlässige Grundlage abzugeben und für die Hagelversicherung des Landes einen zutreffenden und ge- rechten Massstab zu liefern. Diese Statistik nun verdankt ihre Entstehung den jährlichen Zusammenstellungen der Steuernachlässe aus Anlass von Hagel- beschädigungen und Überschwemmungen. Auch wenn man aus dieser Statistik die Überschwemmungsschäden entfernt, was ich soweit als möglich :gethan habe, so bleiben immer noch erhebliche Einwände gegen den wissenschaftlichen Wert dieser Statistik für meteorologische Forschungen übrig. Leider kann ich der Kürze der Zeit halber nicht im einzelnen hierauf eingehen, muss vielmehr auf meine vor 4 Jahren hier in Kirchheim geschriebene und erschienene Schrift? über die ! Die Hagelverhältnisse Württembergs in dem Zeitraum von 1828—1890 mit besonderer Berücksichtigung der Bewaldung des Landes. Nach amtlichen Quellen und im Auftrag des K, Statistischen Landesamts bearbeitet von Dr. Karl Robert Heck, k. w. Öberförster in Adelberg. Mit 18 Ta- bellen, 16 Diagrammen, 1 Hagelkarte, 1 Bewaldungskarte und 1 Höhenkurven- karte. Jahrgang 1892 der württemb. Jahrbücher. II. Teil. S. 1—214. ? Die Hagelstatistik Württembergs nach amtlichen Quellen be- arbeitet von Dr. Carl Heck, Forstamtsassistent in Kirchheim u. Teck. Kirch- heim/Stuttgart. Lindemann 1889. Ba Hagelstatistik und diejenige vom heurigen Jahre über die Hagelver- hältnisse Württembergs verweisen. Aber so viel darf ich doch hervor- heben, dass die Ausbeutung unserer Hagelstatistik für meteoro- logische Forschungen nur mit Vorsicht geschehen darf, während die Hagelversicherung, welcher es hauptsächlich auf die stärkeren Beschädigungen ankommt, ihren Gefahrentarifen ohne zu grossen Fehler den Durchschnitt der letzten 65 Jahre zu Grunde legen darf. In Ermangelung besserer Grundlage muss freilich unsere Statistik auch zu wissenschaftlichen Untersuchungen herhalten. Es sind nun drei Richtungen, in welchen ich den vorliegenden massenhaften Stoff zu verarbeiten für nützlich hielt, nämlich 1. die Schaffung unmittelbar anwendbarer Kataster für die Hagelversicherung;; 2. die Untersuchung über den Einfluss des Waldes auf den Hagel; 3. allgemeine wissenschaftliche Schlüsse aus der württem- bergischen Hagelstatistik. Was den ersten Punkt anlangt, so müssen Hagelkataster, welche unmittelbare Anwendbarkeit besitzen sollen, folgenden Anforderungen entsprechen: a) Dieselben sind nicht nach ganzen Oberamtsbezirken, sondern nach einzelnen Gemeindemarkungen anzulegen. b) Es ist zwar nützlich, wenn die Geldbeträge des Hagelschadens angegeben sind, worauf sich z. B. die badische Hagelstatistik be- schränkt, welche 40 Jahre nach der württembergischen ins Leben trat. Wichtiger aber ist es, die verhagelte bezw. auf ganz ver- hagelte umgerechnete Fläche zu erfahren, wie diese von Anfang an der württembergischen Hagelstatistik zu Grunde lag. c) Zur Vergleichung der Hagelgefährlichkeit verschiedener Mar- kungen genügt nicht die Angabe der verhagelten Flächen für sich, da die Markungen von sehr verschiedener Grösse und Bewaldungs- stärke sind. Deshalb können die von Bünter mitgeteilten Zahlen über die Hagelbeschädigungen, welche °/, seiner Hagelarbeit um- fassen, doch nicht für die Hagelversicherung unmittelbar verwertet werden. Es ist vielmehr anzugeben, wie viele Hundertel der land- wirtschaftlich benützten Fläche jährlich im Durchschnitt gänzlich verhagelt wurden. Da mir die landwirtschaftlich benützten Flächen der einzelnen Markungen nicht zur Verfügung standen, so berechnete ich statt deren die unbewaldeten Flächen. Hierdurch wird nur ein Fehler begangen, der weit innerhalb der Fehlergrenze für die —- U. ALIEN — Anzeigen und Schätzungen der Hagelschäden liegt. So entstanden meine Hagelkataster, die, soviel ich weiss, für die Hagelversicherung Württembergs bei Aufstellung von Gefahrentarifen ausschlaggebend sein sollen. So entstand auch die hier ausgehängte Hagelkarte mit ihren Abstufungen in der Schattierung, welche die Schwere der Gefahr nach Massgabe der vorliegenden Erfahrungen andeuten sollen. — Die in jeder Markung rot eingetragenen Zahlen bezeichnen die Zahl der Hagelschläge, welche diesen Hagelschäden zu Grunde liegen, wobei übrigens hervorgehoben werden muss, dass Hagelhäufigkeit und Hagelgefährlichkeit fast nirgends Hand in Hand gehen, vielmehr oft ganz abweichenden und auffälligen Verlauf annehmen. Die am häufigsten vom Hagel getroffenen Gegenden sind daher keineswegs notwendig die schlimmsten. Was überhaupt die Hagelhäufigkeit der verschiedenen Oberamts- bezirke anlangt, so habe ich dieselbe nicht nach Hageltagen an- gegeben, wie BÜHLER, da diese bei der sehr wechselnden Grösse der Öberamtsbezirke oft ein schiefes Bild über die Hagelhäufigkeit der- selben zeigen. Vielmehr berechnete ich für jeden Oberamtsbezirk die durchschnittliche Hagelhäufigkeit der Gemeinden desselben, was eine richtige Vorstellung über dessen Hagelgefährdung zu geben ge- eignet ist. Ich möchte Sie, verehrte Herrn, mit Zahlen möglichst wenig behelligen; aber Sie könnten es mir verargen, wenn ich in einem Vortrag über Statistik, bezw. unsere Hagelstatistik, die wichtigsten, nicht anders als in Zahlen ausdrückbaren Ergebnisse derselben unter- schlagen wollte. So seien wenigstens einige davon genannt. Die- selben beziehen sich auf den Zeitraum von 1828 bis 1890. Es wurden durchschnittlich jährlich 10630 ha vollständig verhagelt; das sind 0,79°/, der unbewaldeten Fläche Württembergs. Von jedem einzelnen Hagelschlag wurden 108 ha oder durchschnittlich 15,3 °/, der Fläche der betroffenen Gemeindemarkungen gänzlich verhagelt. Von den 1910 Gesamtgemeindemarkungen des Landes sind 185 oder 9,7°/, nach unserer Statistik gar nicht betroffen, 35,2°/, 1—2 Mal, 38,9%), 3—5 Mal und der Rest mit 16,2°/, 6-18 Mal. Abgesehen von der Kürze der Zeit, möchte ich weder auf die vier Kreise, noch viel weniger auf die Oberamtsbezirke im einzelnen hinweisen, da in jedem Kreise, meist auch in den Oberamtsbezirken die schroffsten Gegensätze einander gegenüberstehen, deren Durch- schnitt sich oft nur zu einem charakterlosen Gesamtwert verwischt. Im Schwarzwaldkreis ist dies besonders auffällig, wo die hagel- a = sichersten und die am meisten gefährdeten Gegenden vereinigt sind. Ich muss hier auf meine Veröffentlichungen kurzerhand hinweisen. Doch möchte ich wenigstens erwähnen, dass im Durchschnitt des ganzen Landes jede Gemeinde 3,24 Mal verhagelt wurde, dass diese Häufigkeitsziffer in zwei Bezirken, Welzheim und Urach, die Zahl 6 übersteigt und dass sie nirgends unter 1 herabsinkt. Hinsichtlich der Schädlichkeit der Hagelwetter im ganzen, wie im einzelnen, be- findet sich Schorndorf obenan; Marbach, Ehingen, Tübingen und Esslingen stehen fast auf derselben Stufe. Den höchsten Betrag erreicht die Markung Hof und Lembach, OA. Marbach, mit 7,3, durchschnittlich jährlich verhagelter Markungsfläche, während diese im ganzen Oberamtsbezirk Marbach durchschnittlich 1,94°/, beträgt. Wir kommen nun zu der Frage, ob und welcher Einfluss dem Wald bei der Entstehung des Hagels und während desselben zu- kommt. Dieselbe hängt offenbar mit derjenigen zusammen, ob dem Wald eine Einwirkung auf die Niederschläge zuzuschreiben ist. Die hierauf bezüglichen Untersuchungen gehören zu den schwierigsten und kostspieligsten der Meteorologie und sind noch lange nicht ab- geschlossen. Diese Einwirkung auf die Niederschläge wird indes von einer Anzahl von Berufenen und Unberufenen in dem Sinn angenommen, dass der Wald eine Verstärkung derselben mit sich bringe. Dies müsste dann wohl auch unmittelbar vom Hagel be- hauptet werden; aber hier beliebt es, das Gegenteil auszusagen. Es sind neben andern hauptsächlich die zwei Gelehrten v. Buch und BEcQuEREL und der letzten Herbst verstorbene Oberförster und Na- tionalrat Rısıker, welche dem Wald diese ausgezeichnete Eigenschaft zuschreiben. v. Buch glaubt, dass über dem Wald der aufsteigende Luftstrom viel schwächer sei, als über dem freien Feld und sich in diesem weniger lebhaften Luftstrom nur eine geringere Verdunstungs- kälte entwickeln könne. BECQuUEREL nimmt an, dass die Hagelwolken vor dem mechanischen Hindernis, das der Wald durch seine hohen Bäume bilde, sich ausschütten müssen, und ferner, dass er denselben ihre Elektrieität entreisse und sie dadurch unschädlich mache. RınIkER führte die letztere Ansicht noch weiter aus und suchte ihr einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Sein Hauptsatz unter zahl- reichen kühnen Annahmen ist der, dass die Häufigkeit der Hagelschläge in umgekehrtem Verhältnis zur Stärke der Bewaldung stehe. Dieser Satz erregte meine lebhaften Bedenken, als ich denselben vor neun Jahren zum ersten Male als Revieramtsassistent in Adelberg auf dem Schurwald las, wo ich jetzt als Oberförster mich wieder befinde. — „2a U Es war mir damals bekannt, dass das sehr stark bewaldete Schur- waldgebiet häufigem und schwerem Hagel ausgesetzt sei, während die fast unbewaldete Gegend von Ludwigsburg beinahe gar nicht. Also gerade das Gegenteil von Rınıker’s Behauptung! Ich entschloss mich, der Sache auf den Grund zu gehen und es wurde daraus schliesslich die jetzt vorliegende Bearbeitung unserer Hagelstatistik, die ich zuerst nach Oberamtsbezirken, und als sich zeigte, dass hiermit nicht viel anzufangen sei, nach Gemeindemarkungen durch- führte. Die theoretische Untersuchung der Frage ergiebt, dass dem Wald ein etwas verlangsamender Einfluss auf den aufsteigenden Luft- strom nicht abzusprechen ist, ebenso, dass derselbe geeignet erscheint, die Luft- und insbesondere unter Umständen die Gewitterelektricität bis zu einem unbestimmbaren Grad durch Influenz auszugleichen. Inwieweit diese Eigenschaften hinreichen, dem Wald eine schützende Rolle gegen Hagelschlag zu verleihen, kann nur die Erfahrung zeigen; diese aber spricht nicht für jenen günstigen Einfluss, so willkom- men ein solcher wäre. Dies lässt sich auf drei Wegen feststellen: 1) Man verfolgt einzelne Hagelwetter hinsichtlich ihres Ver- haltens zum Walde. Aus diesem Verfahren geht unzweifelhaft hervor, dass einzelne kleine wie grosse zusammenhängende Waldbestände von grossen und kleinen Hagelschlägen ohne Unterschied hart be- troffen werden. Dies habe ich selbst wiederholt teils mit angesehen, teils später beaugenscheinigt und die bayrische, allerdings erst vier- jährige Statistik über die Hagelfälle in den Staatswaldungen bestätigt diese Erfahrung auf das nachdrücklichste. 2) Man vergleicht die Hagelschläge auf der Wetterseite von _ Waldungen und auf der dem Hauptwind abgekehrten Seite, welche von Hagelwetter am spätesten erreicht zu werden pflegt. Entgegen den Rınıker’schen Annahmen findet sich, dass die letztere, die sog. Leeseite, nicht weniger oder leichter betroffen wird, als die erstere, die Luvseite. 3) Man vergleicht die Hagelfälle mit den Bewaldungsziffern der betreffenden Gegenden. Unter Bewaldungsziffer versteht man das procentische Verhältnis der Waldfläche einer Markung zur Gesamt- markungsfläche und die vor Ihnen ausgehängte Bewaldungskarte Württembergs stellt diese Bewaldungsziffern nach den örtlich vor- herrschenden Hauptholzarten dar. In meinen Hagelkatastern ordnete ich die einzelnen Markungen innerhalb der Oberamtsbezirke nach der Bewaldungsziffer, ausschliess- — 'XLN — lich, um diesen Vergleich von Bewaldungsstärke und Hagelgefahr übersichtlich darstellen zu können. Und dieser Vergleich spricht sowohl bei den einzelnen Markungen als ganzen Oberamtsbezirken gegen die Annahme einer Einwirkung des Waldes. Eine Bestätigung hierfür liefern folgende Thatsachen: Die 58 unbewaldeten Markungen sind teils gar nicht, teils mässig, teils stark betroffen. Die 185 nach der Statistik noch nicht betroffenen Markungen haben die aller- verschiedensten Grade der Bewaldung. Sodann finden sich gegen 100 Markungen, welche stark bis sehr stark bewaldet und gleich- zeitig häufigen oder schweren Hagelbeschädigungen, oder beiden zugleich, ausgesetzt sind. Auch die badische Hagelstatistik von 1868/89, welche ich hauptsächlich zum Zweck dieser Untersuchung von Grund aus bearbeitete, zeigt dasselbe Ergebnis; ja hier ist sogar der weitaus am besten bewaldete Kreis, Baden-Baden, der am häu- figsten verhagelte und nach der Schädlichkeit der dritte. Auch bei einem vergleichenden Gesamtüberblick über die Bewaldungs- und die Hagelkarte Württembergs findet sich, dass alle Kombinationen von Bewaldungsart und Hagelgefahr vorkommen. Hiernach glaube ich annehmen zu dürfen, dass Aufstellungen wie die von BECQUEREL, RINIKER u. a. vollständig widerlegt sind und dass die Forstwirtschaft von dem wiederholt versuchten Vorwurf freizusprechen ist, durch ihre Massnahmen die Hagelgefährlichkeit einer Gegend zu beeinflussen ; insbesondere habe ich an einem vorliegenden Beispiel von Rodung eines Waldes auf der Markung Herrenberg den Nachweis im einzelnen geführt, dass die behauptete Nachteiligkeit von Waldausstockungen auf die Hagelverhältnisse nicht besteht. Sie werden es mir gerne nachsehen, meine Herrn, wenn ich als Forstmann bei dieser Frage etwas länger verweilt habe. Ich beeile mich nun aber, zu dem letzten Teil meines Vortrags über- zugehen, nämlich der wissenschaftlichen Ausbeutung unserer württem- bergischen Hagelstatistik, hauptsächlich in meteorologischer Beziehung. Hierbei sei in Kürze daran erinnert, dass es auch heute noch keine allseits als befriedigend erkannte Hageltheorie giebt und dass wohl sehr schöne physikalische Versuche angestellt worden sind, welche einzelne dieser Theorien unterstützen sollen, dass aber keine derselben im stande ist, alle wesentlichen bei einem Hagelwetter auftretenden Erscheinungen hinreichend aufzuklären. Ein Teil der Forscher nimmt die Mischung kalter und warmer Luftschichten als Quelle der Hagelbildung an, ein anderer das Eintreten von Über- kältungszuständen, ein dritter die Bildung von Wettersäulen oder ZU) en Tromben, ein vierter die Gewitterelektricität. Als Dilettant ın meteorologischen Fragen war ich emsig bemüht, alle Hageltheorien näher kennen zu lernen, die bis jetzt aufgetaucht sind. Wenn ich auch den tieferen wissenschaftlichen Grund mancher derselben, wie z. B. der Hann-Reye'schen, in keiner Weise verkennen möchte, so hat mich*dieselbe doch weniger befriedigt, als die des hochverdienten Schöpfers des K. Realgymnasiums in Stuttgart, des Oberstudienrats v. Dırımans, der den Blitz als Erzeuger des Hagels unter ganz be- stimmten Voraussetzungen annimmt. Leider kann ich an dieser Stelle auf die Dinumann’sche Hageltheorie nicht eingehen, Sie finden dieselbe auf S. 85 meiner Schrift von ihrem Urheber selbst näher dargestellt. Gerade der Umstand, dass keine der bestehenden Hageltheorien nicht noch erhebliche Fragen offen lässt, die bei der Hagelentstehung eine Rolle spielen, giebt Veranlassung, unsere Hagelstatistik trotz mancher Bedenken gegen ihre wissenschaftliche Genauigkeit in verschiedener Richtung zu Rate zu ziehen. Bei der anscheinend örtlichen Gebundenheit der Hagelschläge, wie sie aus der Hagelkarte mit ihren Zonen stärkster Beschädigung und denen verhältnismässiger Seltenheit ersichtlich ist, darf zunächst angenommen werden, dass die äusseren Verhältnisse der Beschaffenheit und Gestaltung der Bodenoberfläche die Entstehung des Hagels beeinflussen. Die hierzu erforderlichen örtlichen Untersuchungen werden durch die meteoro- logische Beobachtung von Hagelwettern der Gegenwart, wie sie nun über ganz Süddeutschland hin seit zehn Jahren angestellt wird, ungemein gefördert. Auch ich habe mir gestattet, an der Hand sämtlicher Meldungen der Gemeindebehörden der betroffenen Orts- _ markungen vier grössere Hagelwetter, worunter die besonders schlim- men von Ofterdingen und Kirchheim am 13. Juli 1889 und 2. August 1890, hinsichtlich der Geschwindigkeit, Windstärke, Ausdehnung, Dauer, Dichtigkeit und Schwere des Hagelfalls und -der Grösse der Hagelkörner näher zu untersuchen. Sie finden das Ergebnis in mehreren der hier ausgehängten Markungskarten eingetragen. Aber bei einer so launischen, treulosen Naturerscheinung, wie dem Hagel, ist die ganze zur Verfügung stehende Erfahrung über denselben, d.h. unsere über 60 jährige Hagelstatistik zu Rate zu ziehen, um mit einiger Wahrscheinlichkeit allgemeine Schlüsse ziehen zu können. Dies geschieht teils auf Grund der Durchschnittszahlen über Häufig- keit und Schwere der Hagelfälle, teils durch nachträgliche Wieder- herstellung der sog. Hagelfelder. Unter einem Hagelfeld verstehe — RENT, = ich die Gesamtzahl von Markungen, die ohne Unterbrechung oder nur mit einer solchen von nicht mehr als zwei Markungen am gleichen Tage vom Hagel betroffen wurden. Hierbei kann also, wie Sie auch aus den aufgelegten Karten sehen, ein Hageltag, ja ein einziges ausgedehntes Gewitter eine ganze Anzahl von Hagelfeldern besitzen. Teils mittels der Durchschnittszahlen für die einzelnen Markungen, teils an der Hand der Hagelfelder, deren es von 1828—1890 1621 waren, liessen sich folgende Ergebnisse als wahrscheinlich feststellen: 1. Eine unmittelbare bestimmte Beziehung zwischen den ver- schiedenen Gesteins- und Bodenarten zur Häufigkeit und Schwere des Hagelschlags lässt sich nicht feststellen. Ein und dasselbe Hagel- feld erstreckt sich anscheinend unterschiedslos über die verschieden- sten Formationen und Formationsglieder. Ich habe auch noch die badische Hagelstatistik beigezogen und es fand sich für Württem- berg und Baden zusammen, dass ?/; der grossen Hagelhäufigkeiten auf Jura, Diluvium und Alluvium entfallen, was aber bei der grossen Verbreitung dieser Formationen kein stichhaltiger Beweis für grössere Hagelgefährdung derselben ist. 2. Die Lage an Wasserläufen vergrössert in Württemberg die Hagelgefährdung in geringem Masse. Es mussten hier die 798 Hagelfelder untersucht werden, die aus je einer einzigen Markung bestanden und von diesen liegen 54°/, an Wasserläufen. Ein Einfluss grösserer Wasseransammlungen auf den Hagel liess sich weder für Württemberg noch Baden, wo man in der Hauptsache auf das Boden- seeufer beschränkt ist, erkennen. Im übrigen folgen die Hagelwetter gerne den Flussläufen , soweit dieselben nicht von der Hauptwind- richtung stark abweichen. In letzterem Fall erfolgt die Fortsetzung meist in der Richtung des Hauptwindes, wie bei den Gewittern, von welchen die Hagelgewitter ja nur eine besondere Art sind. Und diese Hauptwindrichtung ist: bei uns, wie bekannt, die südwestliche. 3. Torf- und Moorgegenden bedingen keine bemerkens- werte Vergrösserung der Hagelgefahr. Eine nähere Untersuchung der Hagelfelder Oberschwabens zeigt, dass Moorgegenden in den ver- schiedensten Graden dem Hagel ausgesetzt sind. Dies konnte ich insbesondere auch bei dem grossen Wurzacher Ried auf Grund näherer Besichtigung feststellen. 4. Die Luvseite einzelner freistehender Berge wird vom Hagel in Württemberg nicht merklich schwerer getroffen, als die Leeseite. Die Bünter’sche Annahme, dass schon Bodenerhebungen von 20—25 m von Einfluss auf den Hagel sind, bestätigt sich nicht. ER ERUNIE > Von 11 untersuchten möglichst freistehenden Bergen, wie Achalm und Bussen, wurde die Luvseite 33 Mal, die Leeseite 30 Mal ver- hagelt. Eine besonders schöne Gelegenheit zur Untersuchung bot der prächtige Bussen, auf dem ich an der Hand der geognostischen Atlasblätter und meiner Hagelfelder sämtliche Hagelwetter seiner Umgebung in den letzten 63 Jahren an mir vorbeimarschieren liess. 5. Die Luvseite ganzer Bergketten, wie des Schwarz- walds, ist bei bedeutenden Höhenunterschieden in Württemberg und Baden dann stärker und zugleich von ausgedehnteren Hagelschlägen betroffen, als die Leeseite, wenn jene Gebirgszüge mit unserer süd- westlichen Hauptwindrichtung nicht gleich laufen, wie z. B. die Alb. Die Leeseite kann jedoch, wie bei der Hornisgrinde, der Sitz selb- ständiger Hagelfelder sein. Die Lage unmittelbar am Steilabfall von Gebirgszügen bedingt im Württemberg und Baden keine auffallende Vermehrung der Hagelgefahr. Die Höhenunterschiede des Steilrands der schwäbischen Alb gegenüber dem Neckarvorland übersteigen nirgends 450 m, während diejenigen des südlichen Schwarzwalds gegen die Rheinebene bis zu 1200 m betragen. Leider war es nicht möglich, aus der badischen Hagelstatistik in Ermangelung des Datums (die Hagelfelder heraus- zubilden, es hätten sonst noch weitergehende Schlüsse aus derselben gezogen werden können. 6. Für Württemberg und Baden lässt sich ein Gleichlauf von Niederschlagsmenge und Hagelgefahr nicht erweisen. Hierzu trägt z. T. auch der Umstand bei, dass es z. Z. noch nicht möglich ist, abgesehen von einigen wenigen Beobachtungsstellen ein hin- reichendes Bild über die Verteilung der Niederschläge in Württemberg zu gewinnen. Auch für die fraglichen Beobachtungsstellen genügen die 20jährigen, in Baden die 14 jährigen Durchschnitte, soweit sie mir zugänglich waren, nicht, um einen allgemeinen Schluss zu sichern. 7. Eine Zunahme der Hagelgefahr mit wachsender Meeres- höhe findet in Württemberg nicht statt. Dies und die vorhin wider- legte Angabe ist zwar in sehr bestimmter Weise behauptet worden, vielleicht, weil allgemein angenommen wird, dass die Niederschläge mit der Meereshöhe wachsen. Allein, während bezüglich der letzteren ein solcher Beweis für Württemberg und Baden z. Z. noch nicht möglich ist, kann diese Behauptung hinsichtlich des Hagelfalls ent- schieden verneint werden. Dies beweisen auf einen Blick schon die von mir berechneten und ausgeführten graphischen Darstellungen für die einzelnen Oberamtsbezirke. == + RLyHL 8. Ein Zusammenhang der Hagelhäufigkeit mit dem wechseln- den Auftreten der Sonnenflecken wird zwar von einer Seite bis zu einem gewissen Grade behauptet, ohne dass dies aber überzeugend nachgewiesen wäre, da die nur auf Steuernachlassanzeigen begründete württembergische Hagelstatistik zu dies Beweis nicht ausreicht. Einen Zusammenhang der Hagelgefahr mit den von Professor BRück- NER nachgewiesenen Klimaschwankungen vermochte ich nicht aufzufinden, also weder eine 34- noch eine 5djährige Periode der Hagelhäufigkeit. Meine Herrn, wenn Sie mir noch auf einige Zeit Ihre Aufmerk- seit schenken wollen, so gestatten Sie mir, etliche allgemeine Fragen über den Hagel anzuschliessen. a) Fällt Hagel ohne Blitz? Diese Frage, welche z. B. für die Divumann’sche Theorie von grösster Bedeutung ist, muss wohl trotz einzelner ungenauer gegenteiliger Angaben verneint werden. Die bayrische meteorologische Hauptanstalt hat veröffentlicht, dass von den in 9 Jahren von ihr gesammelten Nachrichten über 2734 Hagelfälle keine einzige sei, in der nicht gleichzeitige elektrische Entladungen gemeldet worden. bh) Vergrössert sich das Hagelkorn während seines Falls? Diese Frage wird bekanntlich von vielen Seiten bejaht. Allein es ist sehr schwierig, volle Beweise hierfür zu erbringen; es kann ebensogut das Gegenteil der Fall sein. Die Masseänderung während des Falls, einerseits durch etwaige Überkältung und infolge dessen Zuwachs des Eismantels, anderseits durch Reibung an der Luft und Eindringen in tiefe überhitzte Luftschichten von erheb- licher Mächtigkeit, entzieht sich jeder Berechnung. Bei dem Hagel- wetter vom 13. Juli 1889 fielen oben auf der Albfläche Schlossen von Gänseeiergrösse nicht weniger als unten im Neckarland. Es giebt zahlreiche Beispiele, in welchen trotz bedeutenden Höhenunter- schieds keine Zunahme der Schlossengrösse stattfand, und es wird ja angenommen, dass in den Tropen, wo es nur im Gebirge hagelt, zuweilen Schlossen nur noch als grosse kalte Regentropfen das Tief- land erreichen. c) Ist eine Hagelbildung in tieferen Luftschichten möglich? Von denjenigen, welche die Hagelentstehung in einer Höhe über der Erdoberfläche suchen, welche auch in den Sommermonaten unter 0° beträgt, wird diese Frage ohne weiteres verneint. Bedenkt man aber, dass diese Höhen im Sommer 3—4000 m betragen, wäh- rend die Hagelwolken nach übereinstimmenden Annahmen in der —ERLUR — Regel sehr tief schweben, dass über Hagelwolken Wärmen von mehr als 0° schon beobachtet wurden und dass nach Beispielen, die ich im Gebirge gesammelt habe, es zuweilen möglich ist, von sonnigem Standpunkt im Hochgebirge aus, nicht bloss auf gewöhnliche Ge- witter, sondern auf Hagelgewitter herniederzuschauen, so ist die Möglichkeit für die Hagelbildung in tieferen Luftschichten mindestens offen zu lassen. Diejenigen Hageltheorien, welche die früher ver- lachte Mitwirkung der Elektricität bei der Hagelbildung annehmen, bieten keine Schwierigkeit für eine naturgemässe Auslegung des Tief- schwebens der Mehrzahl der Hagelwolken. Die Elektricität mag dann hier mittelbar oder unmittelbar einwirken und vielleicht der Vernichtung von Wärme ihre Entstehung verdanken. Es soll übrigens nicht verschwiegen werden, dass Hagelschläge ausnahmsweise auch im Hochgebirge vorkommen; nach einer kürzlichen Zeitungsnachricht trat Schnee und Hagel noch in 5470 m Seehöhe bei der Fahrt des Luftballons Helvetia ein. . Weitaus am häufigsten beobachtet sind aber Hagelfälle in einer Meereshöhe von weniger als 1000 m. Wer zur Erklärung der Hagelbildung in solcher Nähe der Erdoberfläche Überkältungserscheinungen zu Hilfe nehmen will, ist vor Allem daran zu erinnern, dass dann die meisten Hagelschläge in die Winter- monate fallen müssten, während sie in Wirklichkeit hier ein grosse Seltenheit sind. Ebenso ist Hagelbildung durch Überkältung von Regentropfen während ihres raschen Falles aus grösseren Höhen un- glaubhaft, es müsste sonst die Mehrzahl unserer Sommerregen Schlossen zur Erde senden. d) Welche Ausdehnung besitzen die Hagelfelder? Die- selben schwanken von 1—137 Markungen, das zweit- und dritt- grösste Hagelfeld hatte deren nur 74. Der Durchschnitt beträgt 3,7 und steigt in der zweiten Hälfte des Juli und August auf 4,3—4,4 Markungen. 49°/, aller Hagelfelder bestehen aus nur einer Markung, 27°), aus 2—3, 12°), aus 4—7, 9%, aus 8-20 und der Rest von 2,6 °/, aus mehr Markungen. Die Mehrzahl der Hagel- felder ist also verhältnismässig klein; der Schaden kann aber trotz- dem erheblich sein. Die meisten Hagelgewitter hinterlassen eine Anzahl von getrennten Hagelfeldern. Da ist es gut, dass nur etwa 4—6 °/, aller Gewitter Hagelschlag mit sich bringen; warum, weiss man freilich bis jetzt noch nicht. Beifügen möchte ich noch, dass von den 1621 Hagelfeldern 1 auf den Februar, 4 auf den April, 205 auf den Mai, 465 auf den Juni, 605 auf den Juli, 301 auf den August und 40 auf den September entfallen. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894, d RER e) Ist der Hagel an bestimmte Zugstrassen gebannt? Man möchte es bei einem Blick auf die Hagelkarte fast glauben. Dem ist aber nur scheinbar so. Wie der Hagel eine Naturerscheinung ist, die fast allen Regeln der Wissenschaft zunächst noch spottet, so sind auch die Hagelzugstrassen, wie ich dieselben im Jahre 1889 ver- öffentlichte, nur als Durchschnitte zu betrachten, von welchen die Hagelfelder jährlich mehr oder weniger stark abweichen. Die Anzahl der sog. „unverhagelten‘“ Markungen nimmt jährlich um 3—6 ab; dieselben betrugen im Jahre 1873 noch 279, 1877: 253, 1887: 199, 1890: 185 und jetzt nur noch 175. Diese Zahl würde schon jetzt sofort verschwinden, wenn alle Markungen, die schon verhagelt wurden, auch Steuernachlass begehrt hätten. Dies war aber nach neueren Anhaltspunkten nur etwa bei 48 °/, der Fälle zutreffend, indem, wie früher mitgeteilt, in der Hauptsache nur die schwereren Hagelfälle zur Kenntnis der Behörden kamen. Ich glaube nicht, dass es m Württemberg einen Ort giebt, der in diesem und dem vorigen Jahr- hundert nicht schon von empfindlichem Hagel getroffen worden wäre, wenn auch vielleicht nur einmal. — Ausserdem findet en Wandern der Hagelhäufigkeit statt, wovon gleich noch die Rede sein wird. f) Hagelt es m Württemberg weniger als in Baden? Bei Bearbeitung der badischen Hagelstatistik kam ich zu dem über- raschenden Ergebnis, dass die Hagelhäufigkeit in Baden in dem 22jährigen Zeitraum von 1868/89 sich auf 2,70 berechnete, für Württemberg in dem 63jährigen Zeitraum von 1828/90 auf nur 3,24 Hagelfälle für jede Gemeinde, während sich für diese Zeit bei gleicher Gefährdung 7,73 berechnen müsste. Hier mussten aber offenbar gleiche Zeitabschnitte verglichen werden und so blieb nichts übrig, als aus der württembergischen Hagelstatistik die Jahre 1868/89 auszuziehen und besonders zu berechnen. Hierbei stellte sich die Hagelhäufigkeit in Württemberg auf 1,12 gegenüber 2,70 in Baden. Hiernach wäre also jene Annahme nicht grundlos. Bedenkt man jedoch, wie viele kleine und weitaus die Mehrzahl bildende Hagel- fälle in Württemberg für die Statistik verloren gingen, weil kein Steuernachlass angemeldet wurde, so würde sich das Verhältnis für Baden wesentlich günstiger stellen, ohne dass übrigens hierfür Zahlen- nachweise möglich wären. Diese Vergleichung der Zeitabschnitte 1828/90 und 1868/89 ergab übrigens für unsere württembergische Hagelstatistik noch eine weitere wichtige Thatsache, nämlich die bereits angeführte der Wanderung der Hagelhäufigkeit, d.h. es wurden Bezirke, welche Zu — im Durchschnitt des gesamten 63jährigen Zeitraums empfindlich betroffen wurden, in neuerer Zeit z. T. erheblich weniger beschädigt, während bei anderen das gerade Gegenteil zutrifft. Zu den letzteren, neuerdings mehr betroffenen, Bezirken gehören in erster Linie .die sehr stark bewaldeten: Neuenbürg, Welzheim, Schorndorf, während z. B. Ehingen, Münsingen, Marbach an Gefährlichkeit abnahmen. Es ist leider nicht möglich, irgendwelchen zuverlässigen Ursprung für Stärke und Richtung solcher Änderung anzugeben. g) Die Hagelgeographie Württembergs möchte ich als letzte hauptsächliche Frucht meiner Hagelarbeit kurz berühren. Die- selbe hat den Zweck, unabhängig von der politischen Einteilung des Landes in Oberämter, die Hagelfälle der einzelnen natürlichen Gebiete nach Zeit und Umfang geordnet darzulegen. Sie machen sich, meine Herrn, im jetzigen Augenblick kaum eine hinreichende Vorstellung davon, welcher haarsträubenden Arbeit es bedurfte, bis diese Hagelgeographie endlich fertig vorlag. Dieselbe schien jedoch ganz unentbehrlich zur Ermöglichung und Unterstützung des von allen Seiten verlangten örtlichen Studiums der Hagelverhält- nisse, das nun unter Zuhilfenahme der Hagelfelder ohne weiteres möglich ist, und Schlüsse zulässt, aus welcher Richtung und ın welchem Umfang nach den bisherigen Erfahrungen Hagelgefahr in beliebiger Gegend des Landes zu erwarten ist. — Sie werden nicht allzusehr überrascht sein, meine Herrn, wenn ich am Schluss meiner Ausführungen es als wichtigstes Ergebnis derselben bezeichne, dass in Württemberg jede Gemeinde ohne Aus- nahme, wenn auch in sehr verschiedenem Mass, des Schutzes gegen den Hagel bedarf, der am besten durch die von der hohen Regierung geplante Landeshagelversicherung auf Grund der Hagelkataster er- reicht werden wird. IV: Die Ammonitenbreccie des Lias [£ bei Bad Boll. Von Pfarrer Dr. Engel in Eislingen. Seit etlichen Jahren wurden uns Ammoniten zugetragen, zuerst verkieste oder wenigstens mit Kiesharnisch bedeckte, später verkalkte Stücke, denen man sofort ansah, dass sie dem obersten Lias ent- stammten. Und zwar wiesen die Funde, da sie fast sämtlich der Gruppe des Amm. Aalensis ZieT. angehörten, auf die höchsten d* ==, BEL Schichten des schwäbischen Lias £ hin. Mit der Zeit häufte sich das Material, und der Sammler, Weber Kunz in Göppingen, brachte auch Amm. radıans Rein. und echte Amm. jurensis Ziert. von der Lokalität. Ja, jene schlugen bald vor und zeigten alle Formen und Varietäten der Radians-Gruppe, so dass kein Zweifel sein konnte, auch der untere Lias © müsse an dem Platz aufgeschlossen sein. Der glückliche Entdecker versicherte denn auch, dass die Fundstelle unteres Zeta sein müsse, da sie hart über dem Posidonienschiefer liege, der unweit davon anstehe. Wie aber sollten nun die vielen Amm. Aalensis und sonstige Formen, die dem obersten Zeta eigentümlich sind, dorthin gekommen sein, da gleichzeitig behauptet wurde, dass die ganze Bank nicht einmal 1 m mächtig sei? Darüber konnte natürlich nur eine genauere Untersuchung an Ort und Stelle Aufschluss geben. Diese aber war leider lange nicht möglich, da der Sammler aus begreiflichen Gründen den Fundplatz nicht verraten wollte. Er nannte ihn „Urweg“, und die meisten schwäbischen Geologen, die sich für die Sache interessierten, glaubten den Platz jenseits des Hohenstaufen, in der Gegend um Wäschenbeuren suchen zu müssen, um so mehr, als ganz ähnliche Ammonitenformen aus alten Zeiten in unseren Sammlungen mit der Etikette „Böbingen“ oder „Wasser- alfingen“ vorgefunden wurden und als überhaupt längst bekannt war, dass im Remsgebiet der Lias © mehr und mehr zusammenschrumpfe und verschiedene Schichten desselben in eine einzige Bank kon- zentriert seien. Diesmal aber hatte sich die Divination gänzlich verrechnet. Die 'Fundstelle, die Kunz im Mai dieses Jahres auf einer Exkursion einigen Mitgliedern des „Steigenklubs“ zeigte, liegt thatsächlich bei Boll, und zwar nur wenige hundert Meter vom Bad entfernt an der neuen Poststrasse, die von Seningen (dem unteren Teil des Dorts Boll) gegenwärtig nach Bad Boll gebaut wird. Die Schichtenver- hältnisse, die wir unter mehrmaliger Begehung des Platzes genau uns angesehen haben, sind höchst einfach. Hinter den letzten Häusern von Dorf Boll führt die Strasse mitten im Posidonienschiefer ziemlich bergan. Die Schiefer sind infolge dieses Durchbruchs auf beiden Seiten der Strasse prächtig blossgelegt und auch in einer Masse von Material ausgehoben worden, da ihre Gesamtmächtigkeit dort etwa 3 m beträgt. In den unteren Lagen ist von Versteinerungen wenig zu sehen, höchstens begegnete uns ein Amm. Lythensis Buch mit seiner flachgedrückten Scheibe oder ein Belemnites acuarius Qu. Nach oben aber stecken die schwarzen Schiefer voll von Ammoniten, — LM — die natürlich ebenfalls alle verdrückt, aber noch mit weisslicher Schale erhalten, sehr schön vom Gestein sich abheben. Neben dem häufigen Amm. communis Sow. ist der für diese Gegend so bezeich- nende Amm. Bollensis Zıer. ebenfalls zahlreich zu finden. Auch hier wie an der früher berühmten, jetzt nicht mehr zugänglichen Stelle im Bachbett hinter Bad Boll sind seine stehenden und recht typischen Begleiter : der kurzscheidige Belemnites incurvatus Qu., die Leitmuschel dieser Schiefer Posidonia (Posidonomya) Bronnit GoLor., beide durch Kiesanflug goldglänzend geworden; auch Amm. Walecotti Sow. wurde von uns gefunden. Letzterer wie der bezeichnende Amm. Bollensis und Belemnites incurvatus deuten an sich schon auf oberstes & hin, wo- gegen die mitvorkommenden Posidonia Bronnii Gr., Mytilus gryphoi- des Schr. und Belemnites acuarius Qu. durch den ganzen Posidonien- schiefer gehen. Dass wir aber mit der Bollensis-Platte am Schluss des Schiefers angelangt sind, zeigt auch die Lagerung. Die Strasse hat die Höhe so ziemlich gewonnen, die Böschungen auf beiden Seiten des Durchbruchs sind niedriger geworden und über dem Schiefer steht eine etwa 0,5 m mächtige gelbe Lehmschichte an, die offenbar bereits zum Lias £ gehört. Denn in diesen Lehm ein- gelagert stellt sich jene merkwürdige Kalksteinbank dar, die wir nun als „Boller Ammonitenbreccie“ näher beschreiben möchten. Dieselbe sitzt vollständig horizontal und regelmässig auf dem ebenfalls horizontal gelagerten Posidonienschiefer auf, ist etwa 0,4 bis 0,6 m mächtig und bildet ein sehr hartes Gestein, das sich bei näherer Besichtigung fast aus lauter Ammoniten zusammengesetzt zeigt. Da unter und über der Bank eine gelbe Lehmschichte von ebenfalls ca. /, m ansteht, zwischen welche jene eingelagert ist, so sieht es manchmal wie eine Nesterbildung aus, um so mehr als zeitweise das Steinlager auch verschwindet und gar nichts :als Lehm zu sehen ist. Eine genauere Besichtigung zeigt jedoch, dass es sich wirklich um eine fortiaufende Bank handelt, die an jener Lokalität überall den Posidonienschiefer (die Bollensis-Platte) bedeckt und auf einer Strecke von ca. 600 m bis gegen das Bad hin an beiden Seiten der Strassenböschung verfolgt werden kann. Eigentümlich ist, dass an einer Stelle und zwar da, wo die Strasse die höchste Höhe er- reicht hat, das betreffende Steinpflaster wie mit einem weissen Kalk- sinter getränkt erscheint, was auch auf den Erhaltungszustand und das Aussehen der Ammoniten von Einfluss ist. Denn hier sind sie alle weiss, zum Teil noch mit Anflug von Schale versehen, während —) HUN sonst überall nur Stein-, ausnahmsweise auch Kieskerne, oder wenig- stens mit Schwefelkies angeflogene Exemplare sich zeigen. Das meiste Ammonitenmaterial wurde, und zwar im Zustand verkalkter Steinkerne, ein paar hundert Schritte unterhalb des vorhin genannten Platzes gegen das Bad Boll hin gefunden, wo der Strassenkörper geradezu auf diesem Ammonitenpflaster aufgebaut ist und ein einzelner grösserer Felsblock noch jetzt aus dem Boden hervorragt, seiner Auferweckung, bezw. Ausbeutung harrend. Es ist dies noch die einzige Stelle, wo geklopft werden kann, da ein Aufgraben der Strassenböschungen selbstverständlich nicht geduldet wird. Bald wird freilich auch das dort noch anstehende Gestein nicht mehr zu sehen und in wenigen Jahren die Böschung von Graswuchs zugedeckt sein. Die neue Weganlage hat somit zwar eine Fülle von Material bloss- gelegt und unseren Sammlungen geliefert, gleichzeitig aber auch für die Zukunft ein Sammeln an dem Platz unmöglich gemacht, weil eben der Strassenkörper auf diesem Ammonitenpflaster aufgeschüttet ward. Im übrigen soll nicht verschwiegen werden, dass wir eine zweite Stelle gefunden haben, welche genau dieselbe Ammonitenbreccie in demselben Erhaltungszustand liefert, nur freilich in einer Weise, dass von einer richtigen Ausbeutung derselben kaum wird die Rede sein können. Es ist dies am Fussweg von Heiningen nach Dorf Boll, etwa 3 km vom Bad und unserem Hauptplatz entfernt; dort liegen Brocken dieses Gesteins auf den Äckern umher, ebenfalls hart auf dem Posidonienschiefer aufsitzend, der in einem, ein paar hundert Meter davon entfernten Fleinsbruch aufgeschlossen und abgebaut wird. Wir sehen daraus, dass diese merkwürdige Ammonitenbreccie, wenn auch immerhin als lokale Erscheinung auf die Boller Gegend beschränkt, doch kein so gar kleines Gebiet einnimmt oder nur als zufälliges „Nest“ angesehen werden darf, das beim Bad zusammen- geschwemmt worden wäre. Wir haben es vielmehr hier mit einem richtigen Lager zu thun, das in der ganzen Boller Gegend den obersten Lias bildet und in welchem die sämtlichen Schichten von Lias £, die sonst eine Mächtigkeit von 4—5 m darstellen und in wohlzuunterscheidende einzelne Bänke auseinandergehen, auf die Dicke von kaum '/; m sich zusammengedrängt haben, dennoch aber fast sämtliche Ammoniten des ganzen Lias { wie in einen Knäuel geballt in sich schliessen. Gehen wir nun zur Beschreibung der einzelnen in dieser Breccie gefundenen Ammonitenspecies über, so sei zuerst daran erinnert, wie anderwärts im Land Lias { sich darstellt. RR 2 Wir unterscheiden drei Hauptzonen, die wir nach den darin vorkommenden Leitammoniten als Radians-, Jurensis- und Aalensis- Bänke zu bezeichnen pflegen. Lokal können diese Schichten natürlich wieder sehr von einander abweichend auftreten, wie z. B. in der Göppinger Gegend auf die Zone des Amm. Waleottt Sow. und cras- sus Qu. (Grenze von Lias &/{) das sogenannte Variabilis-Lager folgt, das als unterster Lias { in mehreren Kalkbänken den merk- würdigen Amm. variabılıs D’ORB. einschliesst. Zusammen mitihm kommt in diesen Bänken auch Amm. discoides Ziert. und Amm. bicarinatus ZIET. vor, sowie der sonst in Schwaben unbekannte Amm. Baqui- nianus D’ORB. (im Rossbach bei Göppingen), den freilich QuEnsteor (Ammoniten des schwäb. Jura S. 372) mit cerassus Y. & B. aus der Grenze Lias e/{ identifiziert. Erst auf das Variabilis-Lager folgen dann an solchen Plätzen die eigentlichen Radians-Schichten, d.h. das untere Zeta,.in welchem neben dem leitenden Amm. radians Rein. insbesondere auch Amm. discordes ZiET. und bicarinatus ZieT. sich findet. Mittelzeta wird dann durch die eigentlichen Jurensis-Kalke gebildet, in denen eben Amm. jurensis Zier. die Leitmuschel ist zu- sammen mit Amm. insignis SCHÜBL. in seinen verschiedenen Formen und Abarten. Amm. radıans kommt übrigens noch mit vor und zwar in häufigen und meist grossen Exemplaren. Oberzeta endlich kennzeichnet sich wesentlich durch das Auftreten des Amm. Aalen- sis ZiET. in allen möglichen Varietäten, dem noch Amm. hircinus ScHL., serrodens Qu., subinsignis D’ORB. zur Seite gehen. In der Balinger Gegend aber fehlen z. B. diese oberen und wohl auch die mittleren Zeta-Schichten fast gänzlich, während umgekehrt im Rems- gebiet eigentlich nur das Aalensis-Lager entwickelt ist. Bei Boll dagegen in unserer Ammonitenbreccie sind, wie ge- sagt, die Ammoniten aus sämtlichen Zonen des Lias in eine einzige Bank zusammengedrängt, ohne dass man jedoch irgend eine Grenze zwischen unten und oben zu ziehen im stande ist. Natürlich hat man bis jetzt nicht alle Arten gefunden, die wir überhaupt aus Schwaben kennen, sie werden auch ohne Zweifel nicht alle an diesem einzigen Fleck beisammen liegen. Es fehlen z. B., nach den Schichten geordnet, a) aus der Variabilis-Bank (unterstes Zeta): Amm. variabilis D’ORB., bicarinatus ZIET., .capellinus SCHLOTH. ; n ” WEN. b) aus den Radians-Schichten (unteres Zeta): Amm. radians gigas Qu.; c) aus den Insignis-Bänken (mittleres Zeta): Amm. sternalis Buch, „ heterophyllus Z Qv.; d) aus der Aalensis-Zone (oberstes Zeta): Amm. phyllieinctus Qu., „ bineatus & Qu., hircinus SCHLOTH., interruptus laevis Qu. e7] N Dagegen wurden bei Bad Boll in jenem einzigen Lager zu- sammengedrängt gefunden: a) aus der Variabilis-Zone: Amm. discoides ZiET., „ ef. Raqwinianus D’ORR. ; b) aus der Radians-Zone: sämtliche Varietäten der Radians-Gruppe ausser dem oben ge- nannten radians gigas Qu.; c) aus der Jurensis-Zone: Amm. jurensis ZiET. in seinen verschiedenen Abarten, insignis SCHÜBL. ; d) aus der Aalensis-Zone: Amm. Aalensis ZıerT. in sämtlichen Varietäten, serrodens QU., interruptus Qu., faleodiscus Qu. n n n N Schon aus diesem kurzen Überblick ist ersichtlich, dass an unserer Stelle hauptsächlich die Formen aus dem oberen Lias { ver- treten sind. Dies zeigt sich noch deutlicher, wenn wir nun die vorgekommenen Ammoniten im einzelnen aufführen. Wir wollen dies thun, indem wir zunächst ihre Namen, gruppenweise geordnet, nach dem grossen Ammonitenwerk QuEnstepr’s (Die Ammoniten des schwä- bischen Jura, Band I. Taf. 47—54) zusammenstellen. Gleichsam in Ergänzung hierzu werden wir dann nachher auch einen Blick auf die in andern Ländern in diesen Schichten sich findenden und genauer beschriebenen Ammonitenformen werfen. Unter den von QuEnstept beschriebenen und abgebildeten Am- moniten des Lias Ü glauben wir von Boll unter Benützung sämt- zZ hN lichen in Schwaben vorhandenen Materials von diesem Fundplatz folgende Arten aufführen zu können: . 1. Zur Discoides-Gruppe gehörig (Polyplectus): Amm. discoides Zier. (Qu. Amm. 53, 9, 10), ein sehr schönes Exemplar bis jetzt gefunden; Sammlung Kunz. Amm. complanatus D’ORB. — subplanatus Op., ebenfalls nur ein, und zwar fragmentarisches, aber sehr typisches Exemplar (Qu. Amm. 53, 11), zugleich das erste in Württemberg, das ganz genau mit denjenigen von Verpilliere (Quexstenr’s Abbildung) stimmt. Im Besitz von Herrn Buchhändler Koch. 2. Zur kadians-Gruppe gehörig (Harpoceras, was aber jetzt in eine Anzahl weiterer Untergruppen, wie Haugia, Du- mortiera, Grammoceras, Catulloceras getrennt wird): a) Normalformen. Amm. radians depressus Qu. (Amm. 51, 5, 12; 52, 1, 2), darunter öfters verschobene Stücke, wie Qu. Amm. Taf. 51, 13; häufig; manchmal noch mit glatter Wohnkammer. b) Grobrippige Form. Amm. undulatus StauL (Qu. Amm. 54, 26, 27); häufig. c) Rundmündige Form. Amm. radıans quadratus Qu. (Amm. 5l, 9—11); selten. d) Hochmündige Form (Haugia). Amm. radıans compressus Qu. — Eseri Or. (Qu. Amm. 51, 6—8; 52, 4); selten. 3. Zur Jurensis-Gruppe gehörig (Zytoceras): Amm. jurensis Zıer. (Qu. Amm. 47, 1—5); häufig, darunter ein Exemplar mit Mundsaum, was bis jetzt in Schwaben noch nie beobachtet war (Qu. Amm. S. 378). Sammlung des Herrn Buchhändler Koch. Amm. jurensis interruptus Qu. (Amm. 47, 6); selten. Iinulatus Qu. (Amm. 48, 2); selten. „ lineatus SchotH. (Qu. Amm. 54, 41); selten. interruptus Zier. (Qu. Amm. 48, 7, 8); selten. interruptus striatus Qu. (Amm. 48, 6); selten. 4. Zur Insignis-Gruppe gehörig (Hammatoceras Hyarr): Amm. insignis SchügL. (Qu. Amm. 49, 1—10); bis jetzt nur zwei Exemplare gefunden, beide in der Normalform Qu. Amm. 49, 4. — NH 5. Zur Aalensis-Gruppe gehörig (Harpoceras, jetzt in eine weitere Anzahl von Untergruppen geteilt, wie Dumortiera, Grammoceras, Zurcheria, Catulloceras) :, a) Normalformen (Grammoceras). Amm. Aalensis Zıer. (Qu. Amm. 54, 1—6); häufig. b) Costula-Formen (Dumortiera). Amm. costula Ren. (Qu. Amm. 54, 7—14); häufig. striatulo-costatus Qu. (Amm. 52, 7—9); häufig in allen drei Varietäten: grobrippig Fig. 8, mittelstark rippig Fig. 7, fein- rippig Fig. 9. c) Falcofila-Formen (Grammoceras). Amm. falcofila (Qu. Amm. 54, 28—35); häufig in beiden Varietäten: Amm. falcofila macer Qu. (Amm. 54, 32). falcofila sparsicosta Qu. (Amm. 54, 29, 35). d) Übergangsformen von radians zu Aalensis (Du- mortiera). Amm, cf. radians Qu. (Amm. 54, 15—21); häufig. comptus Rein. (Qu. Amm. 54, 46, 47); seltener. e) Falcodiscus-Formen (Harpoceras). Amm. falcodisceus Qu. (Amm. 54, 23—-25); nicht selten. „ compactilis Sınps. (Qu. Amm. 54, 22); seltener. 6. Zur Serrodens-Gruppe gehörig (Hudlestonia): Amm. serrodens Qu. (Amm. 48, 15—17); nicht häufig. Nehmen wir nun hinzu, was wir aus anderen Werken über Ammoniten des oberen und obersten Lias haben finden können, so mag noch eine ziemliche Zahl weiterer Stücke beigefügt werden, deren Beschreibung und Abbildung mit solchen von Boll stimmt. Es sind freilich zunächst eben Namen, und es will uns oft bedünken, wenn wir die Menge von Tafeln durchsehen und wie fast jeder Varie- tät ein neuer Name gegeben ist, es sei eine derartige Zersplitterung, wie sie die heutige Wissenschaft liebt, kein Segen für dieselbe. Da nun aber die Bilder einmal vorhanden sind, hat es immerhin einen gewissen Reiz, sagen zu können, dass fast genau dieselben Formen, die von England oder Frankreich beschrieben werden, auch bei uns in diesen Schichten vorkommen, ja hin und wieder sogar, wie eben bei Boll, in einer einzigen Bank beieinander liegen. | Zu Gebot standen uns bei unserer Vergleichung folgende Werke: 1. Em Haus, Über die Ammoniten des oberen Lias in Elsass- Lothringen, Bulletin de la Societ6 geologique de France, 3. Serie, Vol. XII. 1883—84. n ”n N — U LS 2. Evcen Dumortier, Etudes pal&ontologiques sur les Depöts jurassigues du Bassin du Rhöne, Vol. IV, worin hauptsächlich die Vorkommnisse aus dem roten Thoneisenstein von Verpilliöre bei Lyon (Isere) behandelt sind. 3. 8. S. Buckman, Monograph on the Inferior Oolite Ammonites of the British Islands, Part IV—VI, London 1890 (eine Fortsetzung des WricHt’schen Werkes über die Ammoniten des englischen Lias). Endlich hat uns | 4. GC. H. v. Zieten, Die Versteinerungen Württembergs, Stutt- gart 1830, wenigstens bezüglich der Fundplätze treffliche Winke gegeben; ersehen wir doch aus seinem Werk, dass die betreffen- ‘den Ammonitenformen schon damals denselben Gegenden ent- nommen waren, welche sie uns jetzt wieder liefern. So stellt er z. B. seinem Amm. striatulus Sow. (Zieten Taf. 14, 6, a—c) als Geburtsschein aus: „Liaskalk von Wasseralfingen.“ Bei seinem Amm. solaris Put. (Zier. 14, 7, a—c) ist als Fundort angegeben: Liaskalk von Betzgenrieth. Wasseralfingen und Boll ('/, Stunde von Betzgen- rieth) sind aber die Plätze, die uns gegenwärtig die meisten dieser Ammoniten verschaffen (der Zıetzn’sche Amm. striatulus ist — stria- tulo-costatus Qu., der ZietTEn’sche solaris eine besondere Radtians- Form), wie wir uns deutlich überzeugen konnten, als wir das sämt- liche in öffentlichen und Privatsammlungen aus alter und neuer Zeit vorhandene Ammonitenmaterial aus diesen Schichten uns ansahen und die betreffenden Etiketten nach den Fundplätzen musterten. Stellen wir nun ebenfalls in Gruppen zusammen, was wir aus den genannten Werken auf das uns von Boll zu Gesicht gekommene Ammonitenmaterial glaubten übertragen zu dürfen, so wären es etwa folgende Formen: 1. Aus der Discoides-Gruppe: 1. Polyplectus discoides Zier. (Buckm. 37, 1—5). 2. Amm. subplanatus Or. — complanatus v’Ors. (Dun. Vol. IV. Bar 10). 2. Aus der Radians-Gruppe: 3. Haugia oceidentalis Haus (Buckm. 27, 1, 2) — dorsocavatus Qu- „ . £seri Or. sp. = Amm. radians compressus Qu. (Buckm. 290.8, Ur 93: Deus 1243), 5. Grammoceras Orbignyi Buckm. (27, 3—6). 6. % Toarcense v’ORB. (Buckm. 28, 4—13) — radians depressus Qu. (Amm. 52, 1), grobrippige Varietät. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. ER . Grammoc. Doerntense Dexckn. (Buckm. 29, 1—10), ein Radians mit glatter Wohnkammer. . Dumortiera radians Rein. sp. (Buckm. 41, 4—8; 42, 1—12; 13,12 A). . Dum. radians exigua Buckm. (43, 11—13; 44, 1—3) — cf. comptus Rein. 3. Aus der Aalensis-Gruppe: Grammoceras striatulum Sow. sp. (Bucku. 26, 7 u. 28, 16—21). subcomptum Branco sp. (Bucku. 30, 11—14). subserrodens Branco sp. (Buckm. 31, 5—14). Aalense Zıer. sp. (Buckm. 31, 15, 16; 32, 1—12). distans Buckm. (Buckm. 33, 1, 2). quadratum Haus sp. (Buckm. 34, 6, 7). Amm. art Haus (Haug 13, 3). ” b>] Br] N 4. Aus der Costula-Gruppe (striatulo-costatus Qu.): IT. 18. 19. 20. Dumortiera Levesquei v’ORB. sp. (Buckm. 37, 6—8). e prisca Buckm. (37, 9—11). 5 costula Reim. sp. (Buckm. 37, 12—15). A striatulo-costata Qu. sp. (Buckm. 37, 16, 17; 40, 1—9). . Dumortiera sp. Buckm. (37, 18, 19). pseudoradiosa Branco sp. (Buckm. 41, 1—3). r subundulata Branco sp. (Buckm. 43, 8—10; 44, 10—12; 45, 1—12, und Haus Taf. 13, 2, a—c). n A uailoeras Dumortieri Tmorn. (Bucknm. 39, 6—9). Leesbergi Branco sp. (Bucrkm. 39, 10, 11). n ). Zurcheria parvispinata Buckm. (49, 18—20). 5. Aus der Falcodiscus-Gruppe: . Amm. exaratus Youne & Bırp (Dum. 12, 1, 2 u. 4). „ compactilis Sımes. (Haus 14, 1, a—c). 6. Aus der Serrodens-Gruppe: . Hudlestonia serrodens Qu. sp. (Buckm. 38, 9—12). affinis Seesach sp. (Buckn. 38, 1—8). Sinon BayLe (Buckm. 38, 13—16). n n 2. Amm. concavus Sow. (Dun. 13, 1, 2). Wir ersehen aus dieser Zusammenstellung nicht nur, wie reich- haltig die Lokalität bei Bad Boll an Ammoniten ist, sondern auch, — IXI — wie ganz ähnliche Formen an sehr entfernten Orten des europäischen Jura in diesen Schichten liegen. Lassen wir indes die fremden Länder wieder aus dem Spiel und beschränken uns auf schwäbische Lokalitäten, so ist eine Am- “ monitenbreccie aus diesen Schichten an zwei Orten jetzt nachgewie- sen: in der Gegend von Boll und von Aalen. Die letztere (Wasseralfingen, Dewangen, Mögglingen) wurde hauptsächlich früher ausgebeutet und fast alle die Stücke, die uns in alten Sammlungen begegnen, stammen von dort. Neuerdings sind diese Plätze teilweise wieder gefunden und benützt worden und haben, auch was das Ge- stein und Wie ganze Art des Vorkommens betrifft, genau dieselben Stücke geliefert, wie Bad Boll. Wir konnten uns davon kürzlich in der Sammlung des Herrn Forstamtsassistenten Horzanp über- zeugen, der seine Sachen selbst bei Hammerstadt, °/, Stunden nordwestlich von Aalen geholt hat. Ebenso tragen die im Natu- ralienkabinett zu Stuttgart liegenden Exemplare die Etikette: Wasser- alfingen und Mögglingen. Auch die in Tübingen liegenden Am- moniten, die wir uns angesehen, zumal die Originalstücke des Quenstepr'schen Werks, stammen von Aalen, insbesondere die zur Gruppe des Falcodiscus und striatulo-costatus gehörigen Formen, wie dies auch QuEnsteptr bei den von ihm abgebildeten angiebt. Das Handstück von Dewangen z. B. (Quexst. Amm. 54, 22) könnte ge- rade so gut vom Bad Boll sein, so sehr gleicht es den dortigen Vor- kommnissen nach Aussehen und Inhalt. Nur hat Boll noch voraus, dass hier auch Ammoniten aus Unterzeta hinzukommen, während die Aalener Breccie eigentlich nur Formen aus der Aalensis-Schichte in sich schliesst. Dies ist vielleicht auch der Grund, weshalb der in diesen obersten Bänken sonst nicht seltene Amm. interruptus laevis Qu. und hircinus ScHLoTH. sich bei Boll bis jetzt nicht ge- funden hat. Denn, wenn auch hier ebenfalls die Aalensis-Formen vorherrschen, so sind sie doch nicht ausschliesslich da. Die Art und Weise ihres Auftretens aber, nämlich zu einer Art Ammoniten- konglomerat verbacken, haben Boll und Aalen gemeinsam. Weder in der „Schutzgasse“ bei Heiningen noch bei Reichenbach, 2 Stunden westlich von Aalen, noch bei Gross-Eislingen, Plätze, welche alle für oberen Lias © bezeichnend und von QUENSTEDT viel angeführt sind, haben wir je ein ähnliches Vorkommen beobachtet. Immerhin aber glauben wir, den Fundplatz bei Boll über denjenigen von Aalen auch aus dem Grunde stellen zu sollen, weil der Erhaltungszustand der Boller Ammoniten noch besser ist, als derjenige der Wasseralfinger 7% DEIN Namentlich, wenn die Stücke noch mit einem Anflug von Schale oder auch mit einem Schwefelkiesharnisch bedeckt sind, lassen sie nichts zu wünschen übrig. Der Vollständigkeit halber fügen wir bei, dass in jener Boller Brececie von sonstigen Petrefakten noch vorgekommen sind: ein Nau- tilus, wohl Nautilus jurensis Qu., etliche Belemniten, zumal deren Alveolen, ein paar Gasteropoden (Pleurotomaria, Trochus) und ver- schiedene Arten von Bivalven (eine Ostraea, Astarte, Nucula und Oueullaea-Formen). Im ganzen aber überwiegt die Masse der Am- moniten so sehr, dass die übrigen Petrefakten eigentlich nicht in Betracht kommen. Dies der Eindruck, den wir nicht bloss an Ort und Stelle erhalten haben, sondern auch bei Durchmusterung des gesamten von Boll stammenden Materials, welches derzeit in den schwäbischen Sammlungen liegt. Man wird daher dieser merkwürdigen Bank mit Recht den Namen einer Ammonitenbreccie beilegen dürfen. Fragt man etwa noch, wie man sich deren Entstehung zu denken habe, so mag an Strandbildungen erinnert werden, wobei die verschiedensten Gehäuse an einen Platz zusammengeschwemmt wurden, wie denn auch anderes in diesen Schichten (z. B. das Be- decktsein der Ammonitensteinkerne mit Bryozoen und Serpula) auf nahes Ufer zu weisen scheint. Mag dem sein, wie ihm wolle, ein Platz, wie der eben be- schriebene bei Bad Boll, von dem schon der alte ZiETEN etwas ge- ahnt zu haben scheint, ist es wert, dass er festgenagelt wird, ins- besondere, wenn man fast mit Gewissheit sagen kann, dass in kurzer Zeit jede Spur davon wieder verdeckt sein werde. Mögen hierzu für die schwäbischen Geologen diese Zeilen etwas beitragen. Die Wissenschaft als solche kann ja nur gewinnen, je genauer es mit der Lokalforschung genommen wird. V. Die Charlottenhöhle bei Hürben'. Von Prof. Dr. Eberh. Fraas in Stuttgart. Mit 3 Abbildungen. Im Brenzthal, das sich schon früher durch die Menge seiner Höhlen ausgezeichnet hat, ist in neuester Zeit ein reges Suchen ! Der Vertrag wurde nachträglich auf Grund der späteren Untersuchungen weiter ausgearbeitet. um u BAT — nach Höhlen geweckt worden, das auch durch eine Reihe neuer Erscheinungen belohnt wurde. Die neueste derartige Entdeckung ist nun die Charlottenhöhle, 1 km südlich von Hürben am Ge- hänge der Kaltenburg gelegen, welche mit 510 m Länge an Ausdeh- nung und teilweise an Schönheit der Tropfsteingebilde alle bisher ın Württemberg bekannten Höhlen übertrifft und in kurzem einen der ersten Anziehungspunkte der dortigen an sich schon sehr schönen Landschaft bilden dürfte. Schon seit alter Zeit war an der Kaltenburg ein tiefes, fast senkrecht abwärts führendes Loch in den Epsilonfelsen als „Hunds- loch“ bekannt, ein Name, der sich schon in sehr, alten Karten der Herren von Burgberg vorfindet. Auf die Anregung von Oberförster SIHLER in Giengen wurde nun in diesem Frühjahr eine Untersuchung des „Hundsloches“ von einigen entschlossenen Männern aus Hürben vorgenommen, welche zu dem interessanten Resultate führte, dass der Schacht in ein weit verzweigtes Höhlensystem hinunterführte, das sich durch nie geahnte Pracht der Stalaktitenbildung aus- zeichnete. Bald war auch der alte natürliche Ausgang aus der Höhle gefunden und ausgeräumt, so dass man jetzt mit grösster Bequemlichkeit durch einen horizontalen Eingang die Höhle betreten kann. Es würde viel zu weit führen, wenn ich mich hier über die Schönheit und Mannigfaltigkeit der Tropfsteinbildungen auslassen wollte, die zunächst m das Auge fallen, denn jede der zahlreichen Grotten würde in diesem Falle ein eigenes Kapitel verlangen. Für den Geologen und Mineralogen war es bei dem ersten Besuche, wo wir noch alle die zarten Gebilde in jungfräulicher Schönheit be- wundern konnten, von besonderem Interesse, die feinsten Endigungen der Stalaktiten, die Röhren in denselben und das Verhältnis von Stalaktit und Stalagmit, die nicht selten durch ein zartes wasser- helles Kalkröhrchen verbunden waren, zu beobachten. Auch die verschiedenartige Form der Tropfsteingebilde verdient Beachtung; dieselben hängen bald als Zapfen, bald als lange bandartige Coulissen von der Decke, dann folgen wieder Grotten, in welchen alle Stalak- titen die Gestalt von Rettigen oder Rüben besitzen, d. h. sie sind kugelförmig angelegt mit einem als Röhre ausgebildeten Anhange. ı Natürlich konnte es nicht ausbleiben, dass später durch den massenhaften Besuch viele Feinheiten der Tropfsteinbildungen zerstört wurden, doch gebührt im allgemeinen der Gemeinde das grösste Lob, da sie die Höhle wie ein Kleinod behütet und durch Anlage einer elektrischen Beleuchtung auch der leidigen Ver- russung durch Fackeln und Lichter ein Ziel gesetzt hat. Su yIERIN = Hier möchten wir uns jedoch mehr mit den wissenschaftlichen Resultaten der Untersuchung beschäftigen, ohne auf eine eigentliche Schilderung der Naturschönheiten einzugehen !. 1. Topographie der Höhle. Der Eingang zur Charlottenhöhle liegt, wie schon erwähnt, am Gehänge der Kaltenburg etwa 35 m über der Thalsohle und wurde erst durch Ausräumen des Schuttes, der die frühere Mündung nach aussen verstopft hatte, zugänglich gemacht. Durch diesen Eingang gelangen wir in eine ziemlich ausgedehnte Halle, von welcher aus eine seitliche. Abzweigung steil nach oben zu dem Hundsloche führt, durch welches die Entdecker eingestiegen waren. Während hier eine Richtung von ONO. nach WSW. vorherrscht, kommen wir schon nach 50 m an eine Abweichung um nahezu 45°, so dass nun das Streichen von SSO. nach NNW. gerichtet ist. Auch die nächsten 70 m wandeln wir noch in einer tropfsteinreichen hoch- gewölbten Grotte von phantastischer Schönheit?, die aber in einer hoch nach oben abzweigenden Nische ihr Ende zu erreichen scheint. Ein schmaler Felsenspalt allein bietet Gelegenheit zum weiteren Vordringen, aber gerade diese sich oft wiederholenden spaltenartigen Gänge sind von grossem Interesse, denn sie stellen gleichsam die Tektonik der Höhle ohne vorgeschrittene Auswaschung dar; es sind die alten Klüfte des Gesteines, in welchen wir immer tiefer in den Berg eindringen. Gerade wie auch an der Oberfläche die Zerklüftung des Gesteines fast immer unter rechten Winkeln auftritt, so finden wir auch hier in der Tiefe eine Zickzacklinie, die bald nach NW., bald nach SW. gerichtet ist. 200 m lang, vom Eingange aus ge- rechnet, ist der Verlauf der Höhle, wenn auch mit zahlreichen Ab- weichungen, im allgemeinen von O. nach W. gerichtet, während von hier an bis zum Ende der Höhle eine SO.—NW.-Richtung vorherrscht. Zahlreiche, bald grössere, bald kleinere Grotten, teilweise mit ganz prächtigen Stalaktitenbildungen, unter welchen aber merkwürdiger- weise von hier ab die Rettigform gegenüber den Zapfen des vorderen Teiles herrscht, wechseln nun mit schmalen, aber nur selten un- ! Vergl. hierüber einen trefflichen Aufsatz von Dr. Engel in den Blättern des schwäbischen Albvereins 1893. Nr. 7. S. 144; auch ist ein ausführlicher Führer durch die Höhle von Lehrer Wagner, Verlag von Rees in Heidenheim, in Aus- sicht genommen. 2 Der Eindruck wird ganz besonders durch die von W. Reisser in Stutt- gart mit grossem Kunstsinn angebrachten elektrischen buntfarbigen Lampen erhöht. — JERV — bequemen Gängen, bis wir endlich 510 m vom Eingange entfernt an eine gewaltige Verschüttung und damit an das vorläufige Ende der Höhle gelangen. Die Steigungen und Neigungen des Bodens sind nur geringe und scheinen sich fast ganz aufzuheben, so dass der Verlauf im grossen Ganzen als horizontal angenommen werden darf. Dass wir es bei dieser Höhle lediglich mit einem ausgewaschenen Kluftsysteme und nicht mit einer eigentlichen Verwerfungsspalte zu thun haben, ist naheliegend und ziemlich sicher anzunehmen, denn erstens deutet auf Kluftflächen der zickzackförmige Verlauf des Ganges und die Abweichung der Streichrichtung in der vorderen und hinteren Hälfte, während die Bruchlinien der Verwerfungen das Gebirge meist geradlinig durchsetzen; zweitens ist auch nicht die geringste Störung der Schichten innerhalb der Höhle oder aussen am Berge sichtbar, welche den Gedanken an eine Verwerfung auf- kommen lässt. Die Verschüttung am Ende der Höhle rührt wohl von einem lokalen Einbruche, einem sog. Erdfalle, her und es liess sich daher erhoffen, auch oberflächlich noch Spuren dieses Einbruches zu finden. Soweit es die Genauigkeit der Messung mit Hilfe von Abschreiten und Orientierung nach dem Kompasse zuliess, suchte ich deshalb auf der Höhe im Walde die Gegend des Höhlenendes zu ermitteln und es fanden sich in der That dort einige Erdfälle, welche genau im Streichen des letzten Teiles der Höhle lagen. Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass diese Erdfälle mit der Verstürzung im Innern im Zusammenhang stehen. 2. Der Untergrund der Höhle. Der Boden der Höhle besteht durchgehend aus typischem Höhlenlehm, einem fetten, ausserordentlich feingeschlämmten, kalkreichen Boden, in welchem zahllose Stücke von Stalaktiten und’ einzelne eckige Weiss-Jurabrocken eingebettet sind. In ihm fanden sich auch viele Knochenreste, auf welche ich jedoch erst später zu sprechen komme. Die Mächtigkeit des Lehmes zu ergründen, war mir nicht möglich; in einem 1,5 m tief ausgehobenen Schlitze, 40 m vom Eingange entfernt, behielt der Boden stets denselben Charakter, nur die eingebetteten Stalaktiten schienen etwas häufiger zu werden. ı Im Gegensatze zum Heppenloch bei Gutenberg, für welches ©. Endriss (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1892. XLIV. S. 49 u. a. a. O.) einen innigen Zusammenhang mit freilich nur wenig bewiesenen tektonischen Störungen des Gebirges annimmt. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. e — SEA Von besonderem Interesse erschien mir die Oberfläche des Bodens, welche mehr oder minder gewölbt war, und zwar liess sich beobachten, dass die Wölbung in den breiten Grotten flach, in den schmalen Gängen dagegen steil war, und ebenso, dass die Stärke der Wölbung des Bodens abhängig war von der Höhe des aus- gewachsenen Spaltes. Die Firstlinie der Bodenwölbung fiel stets mit derjenigen der Höhle selbst zusammen. So kam es auch, dass meistens an den Seitenwandungen der Höhle der Lehm so niedrig lagerte, dass eine tiefe Rinne frei blieb, in welcher sich zuweilen Anhäufungen von Knochen oberflächlich fanden. Fremdartige, etwa eingeschwemmte Gesteine oder Geröllablage- rungen fanden sich nirgends vor, ebensowenig war eine Schichtung im Lehme zu beobachten. Fig. 1. Querschnitte durch die Höhle und den Höhlenlehm, Auch hier scheint mir in der Ablagerung und Beschaffenheit des Bodens die Erklärung für seine Bildungsweise zu liegen. Der Höhlenlehm muss sich an Ort und Stelle gebildet haben und ist nicht eingeschwemmt, denn er enthält keine fremden Einschlüsse, ebenso wie gegen eine Anschwemmung die gewölbte Oberfläche spricht. Seiner Beschaffenheit nach möchte ich denselben als Rückstand des ausgelaugten Kalkgesteines ansehen. Dass alle diese Kalkgesteine des oberen Weiss-Jura viel Thon enthalten, ist bekannt, und jedermann kann sich davon sofort durch Auflösen eines Stückes in Salzsäure überzeugen. Für diese Ansicht spricht das gleichmässige, ausserordentlich feine Korn des Lehmes und namentlich können wir damit auch das zahlreiche Auftreten der zerbrochenen Stalaktiten in dem Boden der Grotten (ebenso wie das Fehlen derselben in den — IXVI — Gängen) erklären. Wie heute noch, so war auch schon von den ersten Stadien ıhrer Auswaschung an die Höhle mit Kalksintern überzogen, welche von Zeit zu Zeit zusammenbrachen oder von der Decke stürzten, genau wie es heute auch noch zu beobachten ist; ihre Überreste blieben auf dem Boden liegen und wurden allmählich in dem feinen Schlamme eingebettet. Selbstverständlich kommen ausser dieser typischen Höhlen- ablagerung an dem Einsturze am Schluss der Höhle, ebenso wie unter dem sog. „Hundsloch“ und am Eingange selbst, Schuttmassen vor, welche durch die Tagwasser hereingespült, teilweise auch durch Menschenhand .hereingeworfen wurden. 3. Der palaeontologische Befund. Es ist ganz eigentümlich, wie jede der bisher in Württemberg ausgegrabenen Höhlen ihren ganz eigenartigen palaeontologischen Charakter aufweist, der natürlich mit den Bewohnern der betreffen- den Höhle auf das engste zusammenhängt. Schon beim ersten Be- treten und Ausräumen der Charlottenhöhle wurden zahlreiche Funde von Knochen gemacht, die oberflächlich herumlagen und aufgelesen werden konnten. Leider war es mir einer Krankheit halber nicht vergönnt, vom ersten Anfang an die Funde zu sammeln, und es ging daher manches Stück in fremde Hände über”, immerhin bin ich aber den Behörden von Heidenheim, Hürben und Giengen, vor al- lem den Herren Oberamtmann Firszr, Schultheiss Kost und Oberförster SIHLER für ihr freundliches Entgegenkommen und die vielseitige Unter- stützung zu grösstem Danke verpflichtet. Den grössten Wert lege ich auf die Ausgrabung, welche unter meiner Aufsicht in verschie- denen Teilen der Höhle durch Herrn BEUTLER von Hürben, einem der Entdecker und derzeitigen Führer, gemacht wurde. Wie schon aus der Art der Entdeckung der Höhle durch das sog. Hundsloch hervorgeht, hatte die Höhle stets einen offenen, wenn auch sehr beschwerlichen Zugang, obgleich der eigentliche Eingang bis auf eine schmale Stelle, die als Fuchsloch diente, verschüttet war. Dieser Umstand muss bei der Beurteilung und Untersuchung der Höhlenfauna stets scharf im Auge behalten werden, da er eine ! Auch hierin unterscheidet sich die Charlottenhöhle wesentlich vom Heppen- loch. dessen Alluvionen nach Endriss ganz energische Thätigkeit eines fliessen- den Wassers voraussetzen. ?® So befindet sich namentlich eine grössere Anzahl von Knochen im Besitz von Medizinalrat Dr. Hedinger in Stuttgart. e* — INT — Vermischung von diluvialer und recenter Tierwelt zulässt, die auch in der That stattfand. Der Lagerung nach lassen sich folgende Verhältnisse ausein- ander halten: 1. Als das recenteste Material dürfen wohl die durch den Fuchsbau dicht neben dem jetzigen Eingang eingeschleiften Knochen gelten, von welchen ein Schädel von Fischotter und einem kleinen Hund (vielleicht Wachtelhund), sowie Knochen von Hasen, Reh, junges Schwein und Geflügel gesammelt und bestimmt wurden. Dieses Material hat natürlich mit der Höhlenfauna nichts zu thun und trägt einen ganz recenten ÜOharakter. 2. Das nächste, gleichfalls recente Alter nehmen die Tiere ein, welche, sei es durch Zufall, sei es mit Absicht des Menschen, durch den Schlot des Hundsloches in die Höhle gelangten. Wie schon erwähnt, zweigt das Hundsloch seitlich von der ersten Halle nach oben ab und mündet in das Freie. An dieser Abzweigung lagert innerhalb der Höhle ein wahrer Knochenberg, d. h. es sind die steil ansteigenden Gehänge vollständig mit einem Haufwerk von Knochen bedeckt, so dass nur selten der aus Kalksinter bestehende Boden zum Vorschein kommt. Die ganze Lagerung lässt unzweifel- haft erkennen, dass die hier liegenden Tiere durch einen dicht neben dem Hundsloch nach oben führenden Felsenspalt hereingeworfen oder gefallen sind. Die Untersuchung dieser Knochen und Schädel, deren grösster Teil natürlich in der Höhle belassen wurde, ergab, dass die Mehrzahl der Knochen vom Pferd und Rind stammen, je- doch scheint das Pferd zu überwiegen. Verschiedene Hufeisen und eine Trense lassen deutlich das jugendliche Alter erkennen, doch wage ich nicht, ein bestimmtes Alter für dieselben aufzustellen, nur so viel scheint festzustehen, dass es sich nicht um fränkische oder römische, sondern um ziemlich moderne Artefakte handelt. Ausser Pferd und Rind habe ich noch aus diesem sog. „Knochenberg“ Reste von Schaf, Schwein, Katze und Hund gesammelt und bestimmt. Die Frage, woher diese Knochenanhäufung kommt, ist natürlich vielfach erörtert worden, doch glaube ich, dass sie am richtigsten dahin beantwortet werden kann, dass die Kadaver dieser Tiere vom Menschen in die Juraspalte geworfen wurden, und dies kann wohl nur während einer heftigen und gefährlichen Seuche gewesen sein, wo alles darauf ankam, die gefallenen Tiere möglichst aus der Welt zu schaffen. Wir haben ja einen ganz analogen Vorfall bei der Erpfinger Höhle, wo sich auch noch die Zeit als diejenige des 30 jäh- — DR — rigen Krieges feststellen liess. In jener Zeit sah es auch im Brenz- thale gar traurig aus, wie uns die Chroniken der benachbarten Stadt Giengen erzählen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass in jener Zeit der Seuchen und Bedrängnis die damaligen Bewohner von Hürben und der Kaltenburg das kranke und gefallene Vieh in das Hundsloch warfen, um den Rest vor Ansteckung zu schützen. 3. Die grösste Schwierigkeit in der Beurteilung des geologischen Alters machten die oberflächlich im Innern der Höhle ge- lagerten Knochen. Es lagen hier zweifellos diluviale Reste von Ursus spelaeus zusammen mit zahlreichen Schädeln und Knochen von Hunden, bemerkenswert waren aber auch die häufigen Exkremente von Hunden, ‘welche sich besonders häufig in der vorderen Halle der Höhle fanden, und welche doch wohl kaum aus alter Zeit herrühren dürften. Die oberflächlich, namentlich auch in dem seitlichen Hohl- raum zwischen der Decke und dem Höhlenlehm gelegenen Knochen waren in der ganzen Höhle bis zu ihrem jetzigen Abschluss zu finden, ja sie lagen in den hintersten Strecken sogar ziemlich häufig. Trotz dieses gemeinsamen Vorkommens von diluvialen Bären und von Hunden glaube ich doch hier eine Mischung der Fauna annehmen zu müssen. In erster Linie ist mir der Erhaltungszustand der Knochen mass- gebend, der bei den Bärenknochen infolge von sekundärer Ver- kalkung ein viel festerer, wenn ich so sagen darf, ein mehr ver- steinerter ist als bei denjenigen der Hunde, die durchgehend den Charakter recenter Knochen tragen. Zweitens spricht für ein junges Alter auch die Verschiedenartigkeit der Hundeknochen, welche von der Grösse starker Jagdhunde oder Doggen bis zu derjenigen von Dachshunden schwankt. Derartige Rassenunterschiede können wohl kaum in alter prähistorischer Zeit angenommen werden, wobei noch besonders betont werden muss, dass uns überhaupt noch jeder Nach- weis eines gezüchteten Hundes zur Diluvialzeit fehlt. Ich greife hier allerdings den Untersuchungen von Herrn Medizinalrat Dr. HEpınger vor, der sich ganz speciell mit dem Studium der Caniden beschäftigt und, wie es scheint, den Hunden der Charlottenhöhle ein viel höheres Alter zuschreibt. Meine Ansicht geht dahin, dass wir es hier mit einer versprengten und im Hundsloch verstürzten Meute zu thun haben, die allmählich in der Höhle vor Hunger zu Grunde ging, wobei einzelne Tiere sich in der Verzweiflung bis zum äussersten Ende der Höhle verirrten. Vielleicht waren diese Hunde es auch, welche einzelne Bärenknochen und Teile aus dem „Knochenberge“ in der Höhle verschleppten. Wann diese Hunde in die Höhle kamen, — IX — wissen wir nicht, aber schon der heute noch im Volksmunde laufende Name ‚„Hundsloch“ und die schon erwähnten Exkremente lassen darauf schliessen, dass das traurige Schicksal dieser Tiere in nicht allzuweiter Ferne rückwärts zu suchen ist. 4. Die Fauna aus den Schuttmassen, welche den Haupteingang versperrten. Als der Eingang zur Höhle aus- geräumt wurde, fanden sich zahlreiche Knochenreste, welche in einem humusartigen mit vielen eckigen Jurastücken vermischten Lehmboden eingebettet waren. Die Knochen waren leider zum grössten Teil so sehr zertrümmert, dass sie sich nicht zur Unter- suchung eigneten, doch lassen sich aus dem besser erhaltenen Reste folgende Arten bestimmen: Equus fossilis, Pferd, sehr grosse Rasse, wie sie auch in der Ofnet- und Irpfelhöhle häufig war. (Die kleine Art wurde nicht festgestellt.) Bos priscus, Urstier, vertreten durch zwei Radius und eine Ulna von gewaltiger Stärke. Frhinoceros tichorhinus, Nashorn, ein Humerus und 2 Radius von einem kleinen Individuum. Rangifer tarandus, Rentier, Fragment einer Geweihstange. Ursus spelaeus und Ursus priscus, Höhlenbären, in mehreren Knochen vertreten. Die Fauna dieser Ablagerung ist eine echt diluviale und steht mit derjenigen im Innern der Höhle in engster Beziehung. Wie die Liste ergiebt, handelt es sich um die Knochen der Bären, welche als Herren der Höhle zu betrachten sind, und um deren Beute, welche dieselben offenbar vor der Höhle zerrissen und aufgefressen haben, ein Umstand, auf den wir noch später zurückkommen werden. Die vor der Höhle zerstreut herumliegenden Knochen wurden später mit dem Boden und Schutt durch Tagwasser m den Eingang der Höhle geschwemmt, so dass sie diesen verstopften. 5. Die Ausgrabung im Innern der Höhle. Die Gra- bungen, welche teilweise eigens zur wissenschaftlichen Untersuchung, teilweise beim Legen des Kabels für die elektrische Beleuchtung vorgenommen wurden, lieferten eine reiche Ausbeute an Fundstücken, die teilweise von grossem palaeontologischen Interesse sind. Die Knochen waren manchmal in den festen Stalaktiten und Stalagmiten eingebettet, so ein prächtiger Bärenzahn, der inmitten eines Tropt- steines steckt, meistens aber fanden sie sich in dem typischen Höhlen- lehm in nur geringer Tiefe von der Oberfläche. Je tiefer man hinunter- — ILXXI — grub, desto sparsamer wurden die Funde, ohne jedoch ganz aufzuhören. Die reichste Ausbeute lieferte der Gang, welcher von der ersten Halle nach hinten führt; wahrscheinlich wäre die Ausbeute in der vorderen Halle selbst nicht minder gut gewesen, doch waren hier die Grabarbeiten durch die Schuttmassen des „Knochenberges“ und grossartiger Tropfsteinbildungen zu beschwerlich. Auch in den weiter nach hinten gelegenen Gängen und Hallen wurden vielfache Ver- suche mit Grabungen gemacht, jedoch ohne wesentlichen Erfolg; wohl fanden sich vereinzelt an oder dicht unter der Oberfläche Zähne oder Knochen vom Hund oder Bären, aber ich stelle alle diese Funde zu den oberflächlichen (Nr. 3) und lege ihnen deshalb wenig Wert bei. Die Untersuchung desKnochenmaterials, das aus über 400 Stücken bestand, ergab die merkwürdige Thatsache, dass nahezu sämt- liche Knochen dem Bären angehören, so dass die Charlotten- höhle, als typischer Bärenschlupf betrachtet werden darf und sich in dieser Hinsicht an den benachbarten Hohlenstein im Lone- thal anreiht, während die Irpfelhöhle bei Giengen einen charakte- istischen Hyänenhorst darstellt und der Bockstein im Lonethal eine von Menschen bewohnte Höhle. Es ist nun sehr auffallend, dass sich im Innern der Bärenhöhlen, so besonders in der Charlotten- höhle nur Knochen der Bewohner selbst vorfanden und alle Über- reste der gefressenen Tiere vor der Höhle lagen, während in dem Hyänenhorste sich die Raubtiere und ihre Beute in buntem Gemenge in der Höhle vorfanden. Es hängt dies natürlich mit der Lebens- weise der betreffenden Raubtiere zusammen, von welchen die Bären es vorzogen, ihre Beute vor der Höhle und im freien Felde zu ver- schlingen, während die Hyänen den Frass in die Höhle schleppten. Die grosse Menge der untersuchten Knochen lässt erkennen, dass die Bären in der Höhle lange Zeiten hindurch ein ungestörtes Dasein führten, denn es liegen mir alle Altersstadien von den jüng- sten vielleicht kaum lebendig geborenen Individuen bis zu gewaltigen sehr alten Exemplaren mit fast gänzlich abgekauten Zähnen vor. In dieser Hinsicht stimmt die Ausgrabung der Charlottenhöhle ganz mit derjenigen des Hohlensteines überein, wo sich freilich in ungleich grösserer Anzahl und besserer Erhaltung Bären in allen Stadien der Entwickelung fanden. Was aber die Charlottenhöhle unterscheidet, ist das Vorwiegen des sonst in Württemberg äusserst seltenen Ursus pr iscus Cuv. (— U. horribilis fossilis Lyv., U. fossilis GoLpr., U. Bour- guwignati LARTET). Diese Art kam hier, wie es auch in verschiedenen = RER Höhlen in Frankreich beobachtet wurde, gemeinsam mit Ursus spelaeus, dem eigentlichen Höhlenbären, vor, doch lässt es sich natür- lich nicht entscheiden, ob eine Art die andere verdrängte, oder ob sie die Höhle gemeinsam behausten. Fig. 2. Ursus spelaeus, Höhlenbär, altes Individuum, Fig. 3. Ursus priscus, altes Individuum, Das reiche Material aus der Höhle in Verbindung mit dem im Naturalienkabinet befindlichen erlaubte eine genaue Vergleichung beider Arten, die mit Sicherheit darauf hinwies, dass es sich um zwei verschiedene Arten und nicht um Varietäten oder geschlecht- liche Unterschiede handelt. Es liegen mir aus der Charlottenhöhle ZSCHXXIT ausser zahlreichen Knochen, Kiefern und Zähnen namentlich zwei gut erhaltene Schädel von sehr alten Individuen vor, von welchen der eine dem Ursus priscus, der andere dem Ursus spelaeus an- gehört. Der Schädel von Ursus priscus erscheint neben dem von Ursus spelaeus zierlich und schlank gebaut, obgleich er ihm an Länge nicht viel nachsteht und neben den lebenden Bärenarten als ein Riese erscheint. Dieser Eindruck wird namentlich dadurch hervorgehoben, dass die Jochbogen nicht so steil auslegen und die Stirne flach ist und nahezu in einer Linie von der Crista bis zur Schnauze übergeht, während die Stirne beim Höhlenbären steil ab- fällt und mit der Schnauze einen Winkel von 60° bildet. Ausser der beistehenden Skizze mögen namentlich die an den Schädeln abgenommenen Masse die Verhältnisse darstellen: Urs. spel. Urs. prisc. Gesamtlänge des Schädels auf der Oberseite (vom hin- teren Ende der Crista bis zur Schnauzspitze). . . 0,485 m 0,42 m Länge des Schädels auf der Unterseite (vom Foramen magnum. bis! zur Schnauzspitze) ., 2... 7.0.7. 2..2.040 0,375 Breite am Jochbogen! wı. 214 1. 21 2 @.J 8% u 12 0,30 Saumbreite am» Prontale, u. 2.0.2 2% er 0153 0,12 Breite der Schädelbasis am hinteren Ende . . ... 025 0,20 Höhe des Schädels am hinteren Ende . . .... 2,0412 0,11 Höherdes' Schädels im’ der Mitte. +. .. =. su.2.2. 0,20 0,145 kängendes, Gauimens 2 ame te re 02 0,21 Breite, des, Gaumens#3n Mol, a m. un 28. 0,087 0,062 Breite des Gaumens an dem Canin . ....... 0,065 0,053 Länge des Gebisses von Mol. 2 bis zur Spitze . . . 0,20 0,19 Unterkiefer: Gesamtlänge . ».. 1... 2...» 5.2036 0,30 Länge des Gebisses von Mol. 3 bis zur Shilze N 0,18 Abstand vom Praem. 1 bis zum Canin. . ». »... 007 0,058 Höhe.desvaufsteigenden Astes? 7 2 2.7.22 „nei: 0,19 0,135 Hoherdes#Kieferastesgam Mol, Bun... 0 .2.2.,22008 0,06 Höherdes’Kieferastes’am Praem.ı 1 „en... 0,074 0,055 Stärke des Canin (grösster Durchmesser an der Wurzel) 0,035 0,024 Die Hauptunterschiede zwischen Ursus spelaeus und ÜUrsus priscus liegen demnach in der Höhe des Schädels, dem verschiedenen Gesichtswinkel, der Grösse und Höhe des Unterkiefers und der Reisszähne. Auch im übrigen Skelette lässt sich der gewaltige Ursus spelaeus nicht schwer von dem schlanken und kleineren Ursus priscus unterscheiden. Ausser diesen fast zahllosen Resten von Bären fanden sich bei der Ausgrabung nur noch 4 Knochenfragmente und zwar 2 Stücke vom Öberkiefer, jedoch ohne Zähne, 1 Metacarpus II und 1 Meta- — IXXIV — tarsus III, welche der grossen Katzenart Felis spelaea oder dem Höhlen- löwen angehören. Von Hyaena spelaea liegt nur ein Oberkieferfragment vor, dessen Herkunft aus der Charlottenhöhle jedoch nicht ganz sicher steht. Auffallenderweise wurde vom Menschen keine Spur gefunden, so sehr ich bei den Grabungen danach gesucht habe. War demnach auch der Erfolg der Untersuchung in der Höhle kein so grosser als es anfangs scheinen wollte, so ist durch diese neue Höhle doch unsere Kenntnis von der Höhlenbildung einerseits und von der diluvialen Höhlenfauna anderseits in einigen Punkten vermehrt worden, da der Ursus priscus bisher in unseren Höhlen nahezu vollständig zu fehlen schien. Auch bildet die schöne Suite dieser seltenen Bärenart eine wesentliche Bereicherung unserer vater- ländischen Sammlung. Sitzungsberichte. Wissenschaftliche Abende des Vereins in Stuttgart. Sitzung vom 9. März 1893. Oberstlieutenant A. von Widenmann sprach über >Abnorme Blattformen an Syringa vulgaris«. (Mit Taf. I Fig. 1—16.) Bei Gelegenheit der Zusammenstellung »geschlitzter Blattformen« fand ich im Stadtgarten eine Syringa persica laciniata (Fig. 10a), die mich durch ihre fremdartige, fiederförmige Erscheinung so überraschte, dass ich auf die Vermutung kam, es könnte eine Disposition zur fieder- artigen Form nicht bloss bei dieser Species, sondern überhaupt beim gesamten Genus Syringa, also auch bei den anderen Arten, vorliegen. Nach längerem Suchen gelang es mir auch wirklich, an der in den K. Anlagen ziemlich verbreiteten Syringa Chinensis, welche eben- falls zu den kleinblätterigen Syringen gehört, Blätter zu entdecken, welche in ähnlicher Weise, wie bei Syringa persica laciniata, fiederartig gestaltet waren (Fig. 11). (Vergl. meinen Vortrag vom 28. April 1892 über »geschlitzte Blattformen«, S. LVII, unten.) Dieses bewog mich, auch der grossblätterigen, allgemein bekannten Syringa vulgaris, dem gemeinen Flieder, meine Besuche abzustatten, und ich war nicht wenig überrascht, auch hier eine grosse Zahl eigen- artiger Blattformen anzutreffen, die ich aber nicht in Einklang mit der »fiederartigen« Form der beiden anderen Arten zu bringen vermochte. Ich habe eine Partie derselben zur Anschauung gebracht (Fig. 1—9) und gestatte mir nun, meine Ansicht über diese Erscheinung, wie ich sie mir auf Grund längerer Beobachtung gebildet, in folgendem vor- zutragen: Vergleichen wir die abnormen Blattformen von Syr. vulgaris mit den laciniaten Syringa-Formen (Fig. 10a—16), so fallen uns in erster Linie die abgerundeten Einschnitte an den Rändern der Blätter auf, welche in einzelnen Fällen sogar als runde Lappen erscheinen, welche die benachbarte Blattsubstanz teilweise überdecken (Fig. 3 u. 5), und die ihrer Gestaltung nach, wenigstens mit Rücksicht auf die mut- — LAÄXV — masslichen Entstehungsursachen, richtiger mit dem Ausdruck »Ein- buchtungen« als »Ausbuchtungen« bezeichnet werden dürften. Betrachten wir die Abrundungen am Rande der Blätter näher, so ergiebt sich die Thatsache, dass die Blattrippen nicht direkt in die Lappen ausmünden, sondern dem ursprünglichen Bauplan des Blattes folgend, erst später die neue Richtung eingeschlagen haben, und dass die Einschnitte häufig defekte Stellen zeigen, deren Ränder ver- narbt sind. Die Blattdeformitäten sind nicht von innen heraus, d.h. von der Hauptrippe aus entstanden, sondern von aussen herein, d.h. vom Rande des Blattes aus nach innen zu ursprünglich hervorgerufen worden. Bei der fiederartigen Form ist gerade das Umgekehrte der Fall. Zudem sind die Blattformen im einzelnen wieder zu unregelmässig und zu verschieden, zu wenig konstant, als dass man hier, wie bei den Laciniaten, von einem dem Protoplasma innewohnenden Trieb zur Form- veränderung und zur Abänderung des Bauplans nach einem einheit- lichen Systeme reden könnte. Wir haben es vielmehr wohl mit mechanischen Ursachen zu thun, und zwar, wie aus einer grossen Anzahl von Beispielen (Fig. 1 u. 7) hervorgeht, wo die gegenständigen Blätter eines Zweiges auf der korre- spondierenden Seite dieselben Blattdefekte und zwar auf gleicher Höhe und an gleicher Stelle zeigen, vielfach wahrscheinlich mit Beschädigung durch Insektenfrass, und zwar meist innerhalb der noch nicht entfalteten Knospe. Legen wir nämlich die beiden gegenständigen Blätter mit ihrer Innenseite (obere Seite) aufeinander, so decken sich die Blattdefekte nahezu, was wohl nur daher rühren kann, dass im Knospenzustande die Blättchen an einer gemeinsamen Stelle, wo dieselben sich gegenseitig berührten, angefressen, resp. ver- letzt worden sind. Ebenso verhält es sich bei einem einzelnen Blatte, welches inner- halb der Knospe so zusammengefaltet war, dass die beiden Blatthälften aneinander lagen, und wo deren Blattränder an einer gemeinsamen Stelle beschädigt wurden (Fig. 4, 5 u. 9). Eine einseitige Verletzung ist natürlich nicht ausgeschlossen, da- her auch häufig nur ein Blatt von zwei gegenständigen, beziehungsweise bei einem einzelnen Blatte nur eine Blatthälfte einen Defekt zeigt (Fig. 2 u. 3). Der Umstand, dass es Blätter giebt, an welchen die Vernarbung der defekten Ränder nicht mehr erkennbar ist, da die mechanische Verletzung innerhalb der noch nicht entfalteten Knospe, also im jugend- lichsten Zustande des Blattes, stattgefunden hat, lässt es erklären, dass die Erscheinung da und dort als eine »sspontane«, ausinnerem Trieb hervorgegangene betrachtet worden ist. Je länger ich meine Beobachtungen fortgesetzt habe, desto mehr ist in mir die Überzeugung reif geworden, dass es sich hier nicht um eine spontane Erscheinung handeln kann, sondern dass mechanische Ursachen, und zwar, wie aus der Art derabgerundeten, dann und wann noch sichtbaren vernarbten Stellen hervorgehen dürfte, oft- — LXXVI — mals Gestaltungsstörungen durch Einklemmungen, Spannungen und da- mit verbundene Gewebszerreissungen, vielfach aber Beschädigungen durch Insekten vorliegen. Denn ausser der Unregelmässigkeit der Formen, ausser der wohl kaum anders erklärbaren Übereinstimmung der Defekte bei gegen- ständigen Blättern, ausser den vielfach mit und ohne Glas erkenn- baren Vernarbungen der verletzten Ränder nötigt zu dieser Annahme noch die Thatsache, dass ganz dieselbe Erscheinung auch an den Blättern der verschiedenartigstenanderen Gewächse angetroffen wird, z. B. an Sambucus, Ampelopsis, Philadelphus, Rhus Cotinus, Aucuba, Magnolia, Laurus, Cornus, Rubus, Weigelia, Convolvulus, Berberis, COydonia, Hedera, KRobinia, Juglans und noch verschiedenen anderen. Auch bei ihnen fand ich genau dieselben Einbuchtungen, genau dieselben abgerundeten Formen, genau dieselben korre- spondierenden Defekte an gegenständigen Blättern wie bei Syringa vulgaris. Man wird daher nicht wohl von einer Eigentümlichkeit der Syringa- Arten hier reden können, sondern es müssen die gleichen Ursachen angenommen werden, die bei sämtlichen angeführten Beispielen dieser Erscheinung zu Grunde liegen, nämlich die bereits erwähnten. Eine mich gegenwärtig beschäftigende Arbeit wird diese Formen vorführen. Ebensowenig wird man von einer Metamorphose der Laub- blätter sprechen können, ähnlich wie bei Hedera, Broussonetia, Morus oder Symphoricarpus. Bei ihnen sind die gebuchteten und lappigen Blätter die Regel, bei Syringa die Ausnahme. Bei ihnen ist die Blattform eine charakteristische, typische, hier eine unregelmässige, ganz verschiedenartige, mit den verschiedensten anderen Gewächsen gemeinsame. Es ist die Entstehung dieser abnormen Blattbildungen da und dort auch den Witterungseinflüssen, Stürmen beim Austreiben der Blätter in exponierten Lagen oder starken Frösten zugeschrieben worden. Der Umstand jedoch, dass die Erscheinung immer nur mehr ausnahmsweise und nur an einzelnen Blättern auftritt, während doch die gesamte Belaubung diesen Einflüssen ausgesetzt war, lässt diese Annahme ziemlich zweifelhaft erscheinen. Auch die Thatsache, dass ganz dieselben Formen an geschützten Orten, namentlich in Gewächshäusern und an Zimmerpflanzen ziemlich häufig angetroffen werden, dürfte gegen obige Annahme sprechen. Ich habe in meinem Zimmer einen Aucuba japonica, der im Laufe vieler Jahre, seitdem ich die Pflanze besitze, zu einem ansehnlichen Strauche (Kübelpflanze) herangewachsen ist. Schon seit mehreren Jahren be- obachte ich in jedem Frühjahr beim Entfalten der Knospen die That- sache, dass hier und da ein Blättchen an der Spitze schwarz (abgedorrt) erscheint. Die abgestorbene Blattsubstanz fällt ab, die Blattränder vernarben, das Blatt wächst kräftig weiter und es entstehen die aben- teuerlichsten Formen. Ganz dieselben Beobachtungen lassen sich in — LXÄXVI — Gewächshäusern in Hülle und Fülle machen. Häufig habe ich auch die Spuren von Insekten (Milben) angetroffen, was ich zur Begründung meiner oben ausgeführten Deduktionen noch besonders anführen möchte. In strengem Gegensatz zu diesen Formen steht die aus innerem Trieb, spontan entstandene fiederartige, sogenannte »laciniate« Syringa-Form, welche also nicht mit jener zusammengeworfen werden darf. Während die grosse Unregelmässigkeit der Blattformen von Syringa vulgaris auf eine mechanische Entstehungsursache schliessen lässt, haben wir es bei der fiederartigen Form offenbar mit einer tiefer liegen- den Ursache, mit der inneren im Protoplasma der Syringa- Arten begründeten Anlage zu thun. Zu meiner grossen Befriedigung und freudigsten Überraschung ist es mir nach langem, vergeblichem Suchen endlich geglückt, auch bei Syringa vulgaris nicht allein den Beginn der fiederartigen Form (Fig. 12, 13, 14), sondern wirklich einige rein gefiederte Exemplare von Blättern zu konstatieren (Fig. 15 u. 16). Der Unterschied dieser laciniaten Formen gegenüber den seither besprochenen springt sofort in die Augen durch die scharf ausgesprochene, zugespitzt gelappte, tief eingeschnittene, fiederartige Form gegenüber der stets stumpfen, abgerundeten. Es dürfte somit erstere als charakteristisches Merkmal für die laciniate Syringa - Form gelten. Auch sind wir zu dem Schlusse berechtigt, dass bei Syringa vulgaris wie bei den anderen oben erwähnten Syringa-Arten, wenn auch weit seltener, doch die Neigung zur fiederartigen Form ebenfalls ent- schieden vorhanden ist. Anmerkung. Wenn ich oben von »Insektenfrass« als »mecha- nischer Ursache« gesprochen habe, so ist diese Erscheinung wesent- lich zu unterscheiden von jenen Fällen, wo durch den Einfluss von Insekten die specifische Konstitution des Protoplasmas verändert wird, wodurch nach neueren Anschauungen hier und da veränderte (laciniate) Blattformen entstehen sollen. Es ist hier vielmehr die rein mechanische Verletzung durch Anfressen der Blattsubstanz durch Insekten in dem vorgerück- teren Stadium der Knospenentwickelung gemeint, wie ich dieselbe sowohl im Freien als auch in den Gewächshäusern an den kaum erst entfalteten Knospen nicht nur von Syringa, sondern auch von den verschiedenartigsten anderen Pflanzen oftmals angetroffen habe. Erklärung der Tafel 1. Abnorme Blattformen aus mechanischer Ursache: Fig. 1—9. Syringa vulgaris. Laciniate Formen, spontane Erscheinungen: Fig. 10a. Syringa persica laciniata (konstante Form). „ 10b. Syringa persica (fiederartige Form bei sonst normaler Belaubung). „ 1. Syringa chinensis (fiederartige Form bei sonst normaler Belaubung). „ 12-16. Syringa vulgaris (Beginn der fiederartigen Form und ausgesprochene Fiederform bei sonst normaler Belaubung). „ 17. Abnorme Form von Fagus silvatica, verursacht durch Insekten. — ‚DR — Als zweiter Redner demonstrierte Prof. Dr. Lampert einige Para- siten der Teichmuschel. Die Muscheln (Anadonta mutabilis Cuess.) stammten aus dem Aalkistensee bei Maulbronn. In dem einen Fall handelte es sich um einen Schmarotzer aus der Wassermilbengattung Atax, von welcher eine Reihe europäischer und neuerdings durch Korn- NIKE auch südamerikanischer Arten als Parasiten der Süsswasserbivalven bekannt sind. Auf die Bitte des Redners hin hatte Herr KoEnnıkE in Bremen die grosse Freundlichkeit, die Bestimmung der Art zu über- nehmen, welche sich als Atax intermedius KoEnn. erwies. Es ist dies der von P. J. van BENEDEN eingehend studierte Muschelparasit, den van BENEDEN irrtümlich für Atax ypsilophorus hielt, während ihn Korx- NIKE als eine noch unbeschriebene Art erkannte (cf. KoEnnıkE: Über das Hydrachnidengenus Atax Faer. in Abhandlungen des naturwissensch. Vereins Bremen. Bd. VII. 1882); durch diesen Forscher ist Atax inter- medius in Anadonten, welche aus der sogen. kleinen Weser bei Bremen stammten, nachgewiesen worden. Die Muscheln des Aalkistensees, welche am 2. November 1892 gesammelt wurden, enthielten den Schmarotzer in grosser Zahl; der Mantel sowohl wie die Körperwandung in der Gegend der Geschlechtsdrüse und Leber waren stark mit Entwickelungsstadien der Milbe infiziert, die sich in allen Phasen, vom Ei bis zum entwickelten Embryo, vorfanden. Körperhaut und Mantel erhielten dadurch ein missfarbiges, unreinliches Ansehen und die parasitären Einlagerungen in letzterem fanden auch in schlechten Perlbildungen der Schale ihren Ausdruck. Die erwachsenen Milben lebten zwischen den Kiemenblättern. In zwei der untersuchten Muscheln fand sich ausser der erwähnten Milbe, deren Anwesenheit sich, wie erwähnt, auf die äussere Körper- wandung und den Mantel beschränkt, noch ein weiterer, im Innern des Mu- scheltieres lebender, interessanter Schmarotzer, nämlich die schon 1827 von Karı Ersst v. BAER in Muscheln aufgefundenen, und als Distomum duplicatum beschriebenen ' Sporocysten und Cercarien eines parasitischen Saugwurms. Die merkwürdige, durch den Besitz eines langen und breiten, dem Körper an Grösse gleichkommenden Schwanzes ausgezeich- nete Cercarie wurde später von Dizsine als Rhopalocerca tardigrada in das System eingereiht?. Der Redner schilderte zunächst den komplizier- ten, für viele Arten noch nicht genügend aufgeklärten Entwickelungs- gang der Distomeen, deren verschieden gestaltete Jugendzustände in verschiedenen Wirtstieren als Schmarotzer leben, um sodann an leben- dem Material wie an mikroskopischen Präparaten den genannten Muschel- parasiten zu demonstrieren. Die eine der Muscheln war in einer ge- radezu ungeheuerlichen Weise mit dem Parasiten erfüllt und übertraf hierin noch die von KAarı Ersst v. Baer beschriebene, von ihm als »überfüllte«e Muschel bezeichnete Anadonta, deren Parasiten er auf ca. 10000 berechnete. Die Parasiten fehlten ganz oder fast völlig in der Muskulatur des Fusses, in der Körperwandung, im Mantel und in ! Nova Acta Carol.-Leopoldina. Bd. 13. Abt. 2. 1827. ® Sitzungsberichte der Math.-naturw. Klasse d. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd. 15. 1855. — EIN — den Kiemen, welch letzteren Teile des Tieres von Atax infiziert waren, dagegen war der ganze Körper des Tieres derart mit Sporocysten und Cercarien erfüllt, dass die einzelnen Organe kaum mehr zu finden waren; besonders die Geschlechtsdrüse war völlig zerstört, die Leber nur noch in geringen Spuren vorhanden, das Bojanus’sche Organ durchsetzt mit Parasiten; die ganzen Eingeweide schienen in Parasiten verwandelt, die beim Öffnen des Tieres in dicken Klumpen hervorquollen ; trotz- dem übrigens zeigte die Muschel noch Leben. Die Sporocysten ent- hielten durchschnittlich 3—4 Cercarien, die auch in grösster Zahl in freiem Zustand sich in der Muschel fanden und lebhafte Bewegung zeigten. Bemerkenswert ist die schon sehr deutliche Anlage einzelner Organe des späteren Geschlechtstieres, besonders des Geschlechtsappa- rates, wie dies nach einer mich zu Dank verpflichtenden mündlichen Mitteilung des Herrn Medizinalrat Dr. ZELLER auch von diesem früher gelegentlich beobachtet wurde. Zu welcher Distomum-Art Rhopalocerca tardigrada gehört, ist noch nicht sicher festgestellt; mit Wahrschein- lichkeit wird von WAGENER Distomum tereticolle RupoLruı dafür angespro- chen. Über das weitere Schicksal von Rhopalocerca ist bis jetzt noch nichts bekannt; die vom Redner angestellten Experimente führten zunächst zu keinem Resultat und so mussten weitere Untersuchungen verspart werden, bis wieder einmal frisches Material zu erhalten ist. Sitzung vom 13. April 1893. Oberstlieutenant A. von Widenmann sprach »Über den Einfluss von Insekten auf die Gestaltung der Blätter«. (Hiezu Taf. I Fig. 17.) Wenn ich es unternehme, ein Thema zu behandeln, welches noch sehr im Dunkeln liegt, so dass die Gelehrten noch nicht über das Anfangsstadium der Forschung hinausgekommen sind, so geschieht es, weil eben gerade das Dunkle und Geheimnisvolle für den Wissens- durstigen seinen ganz besonderen Reiz ausübt; es ist ja auch die Aufgabe der Naturforschung, nicht nur das schon Entdeckte zum All- gemeingut zu machen, indem sie es den weitesten Kreisen zur Kenntnis bringt, sondern auch noch nicht aufgeklärte Fragen anzu- regenund das Interesse der Mitwelt darauf hinzulenken. Über »den Einfluss von Insekten auf die Gestaltung der Blätter« glauben wir zwar wohl einiges zu wissen. Wir kennen ja die unter dem Namen »Gallen« in den verschiedenartigsten Formen an den Pflanzenblättern auftretenden eigentümlichen Gestaltungen, und wir wissen, dass dieselben durch Insekten hervorgerufen werden; ja es sind den Naturforschern gegenwärtig deren gegen 1600 Arten be- kannt, so dass die Gallenforschung sich zu einem ganz besonderen Gebiet in der botanischen Wissenschaft herausgebildet hat. Über die eigentliche tiefere Entstehungsursache dieser Formen aber ist nur wenig bekannt, ebensowenig über die Entstehung anderer ab- —_ HERRRI. — normer Blattgestaltungen, welche seit neuerer Zeit ebenfalls vielfach dem Einflusse von Insekten zugeschrieben werden. Wenden wir uns zunächst zu denjenigen Formen, welche als abgesonderte Gebilde an den Blättern wahrgenommen werden, so haben wir zu unterscheiden: 1. Krebse, 2. Gallen. Krebse entstehen stets durch schmarotzende Sporen- pflanzen, welche sich im Gewebe ihrer Wirtpflanzen einnisten, alle Teile derselben, Wurzeln, Stamm, Sprosse, Blätter und Blüten befallen können, die befallenen Teile oftmals zerstören, oftmals aber hyper- trophisch umgestalten. Eine Form des Krebses, die an den Blättern der Felsenmispel (Aronia rotundifolia) häufig vorkommt, durch Gymnosporangium conicum veranlasst und oftmals mit einer Galle verwechselt wird, möchte ich hier besonders erwähnen. Da ich jedoch die durch den Einfluss von Insekten verursachten Umgestaltungen der Blätter zu besprechen mir zur Aufgabe gestellt habe, so bleiben die Krebse ausser Betracht. Wir sprechen vielmehr nur von den an den Blättern beobachteten, durch Milben, Blattläuse, Fliegen, Wespen u. s. w. verursachten eigentümlichen Formen und Bildungen. Meist erscheinen die Gallen als abgegrenzte, umschriebene Gebilde und Auswüchse von der vielfältigsten Form an der im übrigen in seiner Gestalt nicht veränderten Spreite des Blattes. Von der grossen Anzahl dieser Formen will ich nur die bekann- testen anführen, und zwar: die unter dem Namen »Galläpfel« an den Eichenblättern vorkommende bekannte Form; die Runzelgalle am Johannisbeerstrauch, veranlasst durch Myzus ribis; die Markgalle auf Salix incana, veranlasst durch Nematus pedunculi; die an der Rose allgemein bekannte Markgalle von Rhodites rosae; die Beutelgalle auf den Blättern der Ulme von Tetraneura Ulmi; sodann die Beutelgallen an den Blättern der Buche und Kapselgallen am Blatte der grossblätterigen Linde u. s. w. Die Gallen sind, wie bekannt, die Brutstätten für das junge Insekt, dienen demselben zur Ernährung und zum Schutze gegen die Einflüsse der Witterung und gegen seine Feinde, bis es seine volle Entwickelung und Ausbildung erreicht hat, um alsdann seine Behausung zu verlassen. Früher bestand die Ansicht, dass die Bildung der Gallen hervor- gerufen werde durch die Verletzungen, welche dem Pflanzengewebe durch den Legstachel oder den Saugapparat des Insekts zugefügt werden. Nach den neueren Untersuchungen ist aber dieses nicht der Fall. Auch die in das Gewebe versenkten Eier vermögen nicht Gallenbildung zu veranlassen. Vielmehr erst die aus dem Ei geschlüpfte Larve und die von letzterer ausgeschiedene Sekretion (Speichel), eine Art von Enzym, dessen Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. f — TARRI 7 — chemische Zusammensetzung noch nicht genau bekannt ist, giebt den Anstoss zur Entwickelung von Gallen an der von der Sekretion des Insekts betroffenen Stelle; und die Gelehrten sind der Ansicht, dass eben durch diese Sekretion die specifische Konstitution des Protoplasmas und damit der inihr begründete Bauplan abgeändert wird, wodurch neue Gebilde entstehen. Nach den bis jetzt gemachten Beobachtungen hängt die jewei- lige Gestalt der Galle von der specifischen Beschaffen- heit, der chemischen Zusammensetzung der Sekretion des betreffenden Insekts, somit von dem Genus und der Species des beeinflussenden Tieres ab. Es kommt beispielsweise vor, dass auf einem und demselben Blatt einer Rose neben der bekannten, ringsum mit haarförmigen grünen, später lebhaft rotgefärbten moosartigen Gebilden umgebenen Galle von Khodites rosae die von Rhodites eglanteriae verursachte erbsenartige Markgalle, sowie die von Rhodites spinosissimae erzeugte unregelmässige Buckel bildende Markgalle zumal angetroffen wird, dass ferner auf einem und demselben Blatte der Ulme eine Runzelgalle von Schizoneura Ulmi, eine Beutelgalle von Tetraneura Ulmi und eine Umwallungsgalle von Tetraneura alba zu gleicher Zeit sich vorfindet. An mehreren Qxercus-Arten, namentlich an der Stieleiche (Quercus pedunculata), veranlassen ca. 20—30 verschie- dene Gallwespen ebensoviele verschiedene Gallenformen (cf. v. KERNER, Pflanzenleben, Bd. II S. 545). Alle diese Beispiele beweisen zur Ge- nüge, dass die Form der Galle von der specifischen Sekretion des beeinflussenden Insekts abhängt. Die tiefere Ursache aber, die Art und Weise, wie die Veränderung der specifischen Konstitution des Proto- plasmas vor sich geht, ist nech in tiefes Dunkel gehüllt. Haben wir an den Gallen Gelegenheit, den Einfluss von Insekten auf meist scharf abgegrenzten, Stellen des Blattes kennen zu lernen, so giebt es nach den neueren Anschauungen der Forscher nun auch Fälle, wo nicht nur ganze Blätter, sondern auch die Blätter eines ganzen Sprosses durch die Einwirkung von Insekten eine Veränderung ihrer Gestalt erleiden, und zwar oft eine so vollständige Umänderung, dass die neue Blattform zu der normalen Belaubung des betreffenden Strauches oder Baumes gar nicht mehr passt. Es ist eine Erscheinung von »Geschlitztblätterigkeit«. Auch diese Frage ist eine noch vollständig dunkle; ja viele Ge- lehrte bestreiten überhaupt, dass »Geschlitztblätterigkeit« durch Insekten veranlasst werde. Dem entgegen wird von anderer Seite es als sehr beachtenswert bezeichnet, dass durch Insektenlarven der Umriss der Laubblätter bisweilen in derselben Weise verändert wird, wie wir es an den geschlitztblätterigen Bäumen und Sträuchern zu sehen Gelegen- heit haben. So wurden an einer Quercus austriaca geschlitzte Blätter infolge des Einflusses von Aphiden, an einem Orataegus oxyacantha tiefgeschlitzte Blattformen infolge der Einwirkung von Cecidomyia Orataegi beobachtet. An der Hainbuche (Carpinus Betulus) fand Professor Dr. KernER — LIXXXM — von MarıLAaun in Wien Blätter von laciniater Form, welche nach den von ihm gemachten Beobachtungen durch Gallmilben veranlasst wurden. Ich hatte ihm nämlich einen Sonderabdruck meines Vortrags vom 28. April 1892 »über geschlitzte Blattformen« zugeschickt, in welchem ich das Beispiel von Carpinus Betulus von Professor Dr. BucHEnAu in Bremen erwähnt hatte, an welchem als Ursache der »Geschlitztblätterig- keit« schlechter Nährboden nachgewiesen war. Professor Dr. von KERNER schrieb mir hierauf: »Die merk- würdige Gestaltung der Blätter an Carpinus Betulus kommt auch hier (Wien) vor, ist aber nicht durch schlechten Boden, sondern durch eine Gallmilbe veranlasst. Nur aus den von Phytoptus besiedelten Knospen kommen die veränderten Blätter hervor. Wenn die Milben fehlen, wenn sie infolge des Einflusses von Kälte oder anderer Einflüsse vernichtet wurden, kommen keine veränderten Blätter mehr zum Vorschein.« Professor Dr. von KErNER beschreibt auch in seinem »Pflanzen- leben« (Bd. II S. 546) einen Fall von Veronica offieinalis, den er selbst in seinem Garten beobachtete, wo es sich zwar nicht um »Geschlitztblätterigkeit«e handelt, jedoch um eine ähnliche Erschei- nung, die ebenfalls Insekten zuzuschreiben ist: »Stöcke von Veronica offieinalis, welche im Jahre 1877 infolge der Ansiedelung von Gallmilben gefüllte Blüten trugen, wurden dicht neben solche gepflanzt, welche frei von Gallmilben und mit einfachen Blüten versehen waren. Schon im darauffolgenden‘ Jahre hatten sich auch an den letzteren Stöcken Gallmilben angesiedelt, und die Blüten derselben waren nun grössten- teils ebenfalls gefüllt. Derselbe Erfolg wurde erreicht, nachdem lebende Gallmilben auf abgesondert gepflanzte Stöcke von einfach blühenden Veronica-Exemplaren übertragen worden waren. Auch diese trugen im folgenden Jahre teilweise gefüllte Blüten. Im dritten Ver- suchsjahre trugen alle Stöcke, welche seither gefüllte Blüten entwickelt hatten, nur einfache Blüten. Die Gallmilben waren verschwunden, ohne Zweifel im Winter ausgestorben.« Ferner führen Professor Dr. von ETTINGSHAUSEN und KrASAN zu Wien in den Denkschriften der k. k. Akademie der Wissenschaften. Wien. Bd. LIV Jahrg. 1887 die Thatsache an, dass infolge des Ein- flusses von Insekten an Eichen und Buchen ganz abnorme Blattformen sich entwickeln, welche zum Charakter der Species gar nicht mehr passen. Diese Beispiele dürften genügen, um den Einfluss von Insekten auf die Gestaltung der Blätter mindestens nicht unwahrschein- lich zu machen, wenn auch die Art und Weise, wie es dabei zu- geht, noch vollständig dunkel ist. Vielleicht liesse sich ja auch annehmen, dass die Besiedelung durch Insekten als eine Folge schlechter Ernährung der Pflanze, also eines krankhaften Zustandes, der die Insekten anlockt, aufzufassen wäre, so dass die Anwesenheit der Insekten nicht als die Ursache der Geschlitzt- blätterigkeit, sondern als deren Folge anzusehen wäre. Dem steht jedoch die Thatsache gegenüber, dass in allen an- geführten Fällen mit der Entfernung der Insekten auch wieder die normale Blattform zu Tage getreten ist, so dass an einem und dem- f* — LXXXNV — selben Zweige unmittelbar nebeneinander sowohl abnorme als auch normale, jedoch durchaus gesunde Blätter, zu beobachten waren, also von einem krankhaften Zustande der Pflanze wohl kaum die Rede sein kann. Dieses dürfte doch wohl mehr für die erstere Anschauung sprechen. — Für die Entstehung dieser Formen nun muss wohl auch hier eine ähnliche Erklärung gesucht werden, wie bei der Entstehung der Gallen, nämlich die, dass durch die Ausscheidung der Sekretion des betreffenden Insekts die specifische Konstitution desProtoplasmas, somit der Plan zum Aufbau desBlattes abgeändert wird. Aber es muss doch ein bestimmter Unterschied bestehen zwischen dem Entstehungsgrunde der Gallen einerseits und dem der Geschlitztblätterigkeit anderseits! Welches ist nun wohl derselbe ? Der geheimnisvolle Vorgang, welcher sich unserem Auge vollständig bis jetzt entzieht, wird sich vielleicht auf zweierlei Weise erklären lassen können: Entweder 1) hängt die Frage, ob Galle oder Geschlitztblätterigkeit entsteht, von dem jeweiligen Stadium der Knospenentwickelung ab, so dassGallen entstehen, wenn im vorgerückteren Stadium der Knospe zur Zeit des Insekteneinflusses das junge Blättchen schon gebildet war; — Geschlitztblätterigkeit aber auftritt, wenn derEinfluss der Sekretion des Insekts in der Zeit auf das Proto- plasma eingewirkt hat, wo die Knospe noch im ersten Jugendstadium, sozusagen im »embryonalen« Zustande, sich befand, also noch ehe eine Blattform sich gebildet hatte; oder aber 2) hängt die Frage von der jeweiligen specifischen Be- schaffenheit der Insektensekretion, somit von der Art oder Species des beeinflussenden Insekts ab, so dass die eine Insektenart Gallen, die andere geschlitzte Blattformen verursacht. Die Lösung dieser schwierigen Frage dürfte der Zukunft vor- behalten sein. Zum Schlusse seien noch diejenigen Fälle erwähnt, wo durch »Insektenfrass«, d.h. durch Anfressen der Blattsubstanz innerhalb der noch nicht entfalteten Knospe, also auf mechanischem Wege, eine Veränderung der normalen Blattform stattfindet, wodurch meist höchst unregelmässige keinem Bauplan unterworfene Gestalten entstehen. Ich erlaube mir hierbei auf meinen Vortrag vom 9. März 1895 über »Abnorme Blattformen an Syringa vulgaris< zu verweisen. Jedoch möchte ich hier noch ein sehr interessantes Beispiel an- führen, bei welchem zwar die »Regelmässigkeit« in der ab- geänderten Blattgestaltung den Forscher leicht verleiten könnte, sich für abgeändertes Protoplasma, also für inneren Trieb zu entscheiden, wo wir es aber ohne Zweifel mit einer mechanischen Ursache, und zwar ebenfalls mit Beschädigung durch Insekten, zu thun haben. Es ist eine eigentümliche Blattform der gewöhnlichen Waldbuche, — LAXXV — wie ich sie sowohl an den Zweigen einer Fagus pendula aus dem bo- tanischen Garten zu Tübingen und den K. Anlagen zu Stuttgart, als auch an verschiedenen Buchenzweigen in den Wäldern um Tuttlingen zu beobachten Gelegenheit hatte, welche aber nicht zu verwechseln ist mit der Blattform der Fagus laciniata (asplenifolia) meines Vortrags vom 28. April 1892 »über geschlitzte Blattformen«. Ich verweise auf die Abbildung auf Tafel I Fig. 17. Sowohl in Tübingen und Stuttgart, als auch an den Exemplaren bei Tuttlingen waren eine Menge von Wollläusen an den jungen Buchenblättern zu beobachten, und es ist mit grosser Wahrscheinlich- keit anzunehmen, dass infolge des Umstandes, dass die Tiere mit Vor- liebe sich an den Nerven der Blätter ansaugen, eine Gewebe- spannung veranlasst wird, welche bei fortgesetzter Saftentziehung eine Zerreissung der Zellen verursacht (s. Abbildung) wodurch diese interessanten Blattformen entstehen. Auch auf meinen botanischen Exkursionen im letzten Herbste habe ich eine Menge dieser Erscheinungen an Fagus silvatica in den verschiedensten Gegenden beobachtet, wo die Spuren von Blattläusen nie gefehlt haben; ist ja auch der vergangene Jahrgang der Entwickelung von Insekten, inbesondere von Blattläusen, ausserordentlich günstig gewesen. Aus all dem bisher Besprochenen geht nun zur Genüge hervor, dass der Forschung in diesen dunkeln Fragen noch ein weites Feld offen steht. Versuche in botanischen Instituten mit Übertragung von Insekten aller Art auf die verschiedensten Gewächse, sowie eingehende Unter- suchung der betroffenen Knospen in den verschiedensten Stadien ihrer Entwickelung unter Anwendung von Messer und Mikroskop dürften zu allmählicher Lösung auch dieser Rätsel wesentlich beitragen. Sodann sprach Dr. Vosseler über die »Körperbedeckung der Insekten«. Ein Blick auf die Klassen und Ordnungen des Tierreichs macht uns mit der Thatsache bekannt, dass es nicht sowohl die Körperform ist, die jeder einzelnen Gruppe ihr eigenartiges Gepräge verleiht, son- dern vielmehr die Körperbedeckung. Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien müssten in ein und dieselbe Form gegossen uns dennoch ihre Stellung im System durch die Beschaffenheit der Körperbedeckung verraten. Unter dem Begriff »Körperbedeckung« fassen wir die Haut mit allen den Gebilden, welche anatomisch sich aus den Schichten der- selben ableiten lassen, zusammen. Die Körperbedeckung der Insekten wird wegen ihrer festen Be- schaffenheit und ihrer Beziehung zu den Muskeln des Körpers (als An- heftepunkt) als ein äusseres Skelett bezeichnet. Verschiedenheiten in dem Bau der Haut ermöglichen die Beweglichkeit der Gliedmassen und der einzelnen Körperabschnitte gegeneinander an ganz bestimmten Stellen. Durch weichere Einschnürungen ist der Kopf von der Brust, diese von dem in eine grössere Anzahl von Ringen gegliederten Hinter- — DR — leib getrennt. Flügel und Beine können als Ausstülpungen angesehen werden. Die Beine bilden Röhren, in deren Innerem die Muskeln sich anheften. Die Haut setzt sich aus 3 bezw. 4 Schichten zusammen. Von aussen nach innen folgt auf eine als Cuticula bezeichnete, harte zellenlose Schichte eine einschichtige Zellenlage, die Hypodermis oder Epidermis, von der die Cuticula abgesondert wird, unter der Hypo- dermis folgt eine unscheinbare Bindegewebehaut. Unser Interesse er- regt vor allem die Cuticula, welche in zwei Schichten von chemischer und physikalischer Verschiedenheit zerfällt. Die äussere, oft dunkel gefärbte, besteht aus Chitin, einem dem Horn nahestehenden Stoff und ist brüchig. Die innere aber stimmt in jeder Hinsicht vollkommen mit dem Holzstoff der Pflanzen, der Cellulose, überein. Es kann auf che- mischem Wege Cellulose aus der Haut der Insekten gewonnen werden. Die Oberfläche der Haut ist glatt, glänzend, matt, samtig u. s. w., welche Verschiedenheiten durch die Beschaffenheit der obersten Chitin- lage bedingt sind. Warzen, Buckeln, Dornen, Stacheln, Haare und andere Anhangsgebilde der Haut entstehen durch Ausstülpungen ein- zelner Zellen oder ganzer Zellgruppen der Hypodermis. Ebenfalls der Körperbedeckung zuzurechnen sind eine ganze Anzahl ein- und mehr- zelliger Drüsen, die, obwohl sehr verschiedenen Zwecken dienend und äusserst mannigfaltig in ihrer Zusammensetzung, sich dennoch allesamt auf Einstülpungen der Haut zurückführen lassen. Die Drüsenzellen sind dem jeweiligen Zweck angepasste Hypodermiszellen. Man kann Stink-, Duft-, Giftdrüsen, ferner Wachs-, Speichel- und Analdrüsen als die we- sentlichsten Formen unterscheiden. Sodann nimmt dıe Körperbedeckung am Aufbau einer ganzen Anzahl weiterer Organe innigsten Anteil; so z. B. an dem Respirationsorgane (den Tracheen), den Geschlechtsorganen und endlich an der feineren Zusammensetzung der Sinneswerkzeuge, Berühmt und beliebt sind verschiedene Klassen der Insekten wegen der Mannigfaltigkeit und Pracht ihrer Farben. Man kann reine Pigment- farben und Struktur- oder physikalische Farben unterscheiden. Die ersteren trennt man weiterhin in Fettfarbstoffe oder Lippochrome (weiss, gelb, rot, selten grün und blau) und Melanine oder dunkle Pigmente, (braun bis schwarz). Am interessantesten, aber noch wenig erklärt, sind die Strukturfarben, denen die Insekten die prächtigsten Metall- und ‘ Bronze-glänzenden Schiller verdanken. Das Vorgetragene war durch Zeichnungen und Präparate anschaulich gemacht. Sitzung vom 9. Juni 1893. Zuerst sprach Prof. Dr. A. Schmidt über den Saturnring; der Vortrag findet sich in den Abhandlungen wiedergegeben. Den zweiten Vortrag hielt Dr. Philip über das Thema: Die Anwendungen derElektricitätinderorganischen Chemie. Während die elektrolytischen Vorgänge in der Mineralchemie schon lange auf den Gebieten der Galvanoplastik und Metallurgie die grösste Bedeutung errungen haben, findet die Elektricität in der organischen — F ERRRVE — Chemie erst in der neuesten Zeit Anwendung. Der elektrische Strom kann zunächst zur Darstellung von Farbstoffen, z. B. des Anilinschwarz aus Anilin, ferner zur Erzeugung der Indigoküpe und endlich zum Fär- ben, Drucken und Ätzen von Geweben dienen. Auch das Bleichen vegetabilischer Fasern, der Papiermasse etc. kann mit Hilfe der Elek- trieität bewerkstelligt werden. Die sogenannte elektrische Gerbung hat eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung gewonnen, obwohl fast die glei- chen Ergebnisse auch ohne Elektricität gewonnen werden können. In der Gärungsindustrie kann der Alkohol durch elektrische Ströme ge- reinigt und entfuselt werden; in der Kellerwirtschaft sollen junge Weine durch Elektrisieren rasch ausgebildet werden, und endlich ist die Elek- trieität auch zur Reinigung der durch organische Substanzen verunreinig- ten Abwasser mit gutem Erfolg verwendet worden. Sitzung vom 12. Oktober 1893. Zu Beginn der Sitzung, der ersten nach Ablauf der sommerlichen Pause, gedachte zunächst Prof. Dr. HzuL in warmen Worten der Er- innerung des Hingangs zweier, um den Verein viel verdienter Mitglieder: des Apotheker Morırz REIHLEn und des im besten Alter von tückischer Krankheit jäh dahingerafften Forstreferendar I. Kl. Graf GEoRG v. ScHE- LER; zu ehrendem Andenken erhoben sich die Anwesenden von den Plätzen. Die sodann vorgenommenen Wahlen für den kommenden Winter ergaben als 1. Vorsitzenden Prof. Dr. Kırchuser (Hohenheim), stell- vertretenden Vorsitzenden Prof. Dr. Sussporr (K. Tierärztliche Hoch- schule), Schriftführer Prof. Dr. Lamrerr (K. Naturalien-Kabinet). Den ersten Vortrag hielt Prof. Dr. Lampert über Wasserblüte, unter Vorlage erläuternder, z. T. durch die Güte von Prof. KırcHnEr zur Verfügung gestellter Präparate. Redner erinnerte eingangs daran, dass die Eigenfarbe des Wassers infolge der Absorption eines Teils der roten Strahlen des Spektrums blau ist; häufig aber wird dieselbe durch Beimengungen des Wassers, unter denen die wichtigsten kleine pflanz- liche und tierische Lebewesen sind, geändert; diese dem blossen Auge im Wasser unsichtbaren Mikroorganismen vermindern nicht nur die Durchsichtigkeit des Wassers, wie die bekannten Forev'schen Versuche mit dem Versenken einer weissen Scheibe in den verschiedenen Monaten ergeben haben, sondern sie vermögen dem Wasser auch eine grünliche, gelblichgrüne oder gelbliche Färbung zu erteilen, die man als Vege- tationsfarbe bezeichnet. Einige Beispiele hierfür giebt Redner an der Hand der Ausführungen des geistvollen Botanikers der Plankton-Ex- pedition, Dr. Schütt, die dieser in seinem Werke »Das Pflanzenleben der Hochsee« niedergelegt hat. Auch die Wasserblüte verdankt orga- nischer Materie ihren Ursprung und eine scharfe Grenze zwischen Wasser- blüte und Vegetationsfarbe ist schwer zu ziehen; als Merkmal der ersteren dürfte zunächst hervorzuheben sein, dass die Wasserblüte, wenn gleich auch sie das Wasser bis zu einer gewissen Tiefe erfüllen kann, doch stets an der Oberfläche als eine mehr oder weniger zusammen- — BRNIT — hängende Schicht färbender Substanz erscheint; auch das Laienauge erkennt, dass es sich um eine, dem Wasser fremde, auf dessen Ober- fläche schwimmende Materie handelt. Charakteristisch ist ferner für die Wasserblüte deren plötzliches Auftreten und oft ebenso plötzliches Verschwinden, sowie, dass sie aus kleinen Lebewesen besteht, die je bei den verschiedenen Fällen der Wasserblüte nur einer Art angehören, welche dann gewissermassen in Reinkultur auftritt. In ähnlicher Weise vereinigen sich in den sogen. »Tierschwärmen« auch grössere Tiere, besonders Meeresbewohner, Quallen, Fische oft zu Hunderttausenden und Millionen von Individuen. Die Erscheinung der Wasserblüte schil- dert Redner mit den poetischen Worten Scherrer’s in den Bergpsal- men, als der Abersee erblüht durch »der Tannen feinduftigen Blüten- staub«e. Ausser diesem Fall, in welchem durch den Wind die Pollen von Nadelhölzern auf die Oberfläche des Sees getragen werden, sind es durchweg pflanzliche oder tierische niedere Organismen, die im Wasser leben und durch plötzliches massenhaftes Auftreten die Wasserblüte er- zeugen. Redner führt die wichtigsten Fälle an. Sehr häufig erzeugt grüne Wasserblüte eine kleine Alge, Limnochlide flos aquae, von welcher HENsEn in einem Haff der Ostsee in einem Liter Wasser 350 Millionen Zellen fand; eine nahverwandte Art (Anabaena eireinalis Rız.) über- zieht das Wasser ebenfalls mit spangrüner Wasserblüte; wie Con in einem interessanten Beispiel mitteilt, kann durch sie aber auch Blau- färbung des Wassers entstehen, indem aus den abgestorbenen Algen- massen das im Wasser lösliche blaue Phycocyan ausgezogen wird. Im Meer hat als Urheberin roter Wasserblüte von den Algen besondere Berühmtheit erlangt Trichodesmium erythraeum , die im Roten Meer oft auf viele Meilen das Wasser der Oberfläche rot erscheinen lässt und welche wohl dem Roten Meer seinen Namen verschafft hat. Auf gleicher Ursache basiert die von Seefahrern oft erwähnte »Sägespänsee«. Redner erinnert bei dieser Gelegenheit an den von Ross in der Baffinsbai ent- deckten und auch in den Alpen öfters auftretenden »roten Schnee«, welche Erscheinung auf Chlamydococcus nivalis A. Br. zurückzuführen ist; diese Rotfärbung des Schnees wurde im Dezember 1892 auch in Buchau am Federsee von Oberförster Gönxzr beobachtet. Von tierischen Erzeugern der Wasserblüte erwähnt Redner zuerst die Geiseltierchen ; das sehr häufige grüne Geiseltierchen, Kuglena viridis Enrp., überzieht besonders auch Dungstätten häufig mit grüner Decke. Seltener ist das massenhafte Auftreten des roten Geiseltierchens (Kuglena sanguinea EHRe.); diese Art wurde im Sommer 1893 von Oberförster FrRAnK in Schussen- ried in Torfgräben im Kürnbacher Ried gefunden und in dankenswerter Weise der Sammlung eingeschickt, und Redner fand sie ebenfalls in Torfgräben anlässlich einer unter freundlicher Führung von Forstwart WALcHNER in Kisslegg unternommenen Exkursion in den dortigen Mooren R; Nachdem Redner noch daran erinnert, dass auch kleine Kruster im ı Es sei hier bemerkt, dass die schön rote Färbung von Kuglena sanguinea am besten sich hielt in einer starken Salzlösung mit Thymolzusatz; für Anferti- gung mikroskopischer Präparate waren die so konservierten Tiere natürlich nicht mehr zu verwenden. — IXAXXRN — Süsswasser wie im Meer durch massenhaftes Auftreten Wasserblüte .her- vorrufen können und Beispiele dafür angeführt, wies er zum Schluss darauf hin, dass die rote Wasserblüte, durch ihre Farbe an Blut er- innernd, seit alters Schrecken und Furcht verbreitete und nächst den Kometen dem Aberglauben früherer Jahrhunderte als sicherstes Anzeichen bevorstehender entsetzlicher Ereignisse diente. An der lebhaften, dem Vortrag folgenden Diskussion beteiligten sich Dr. Hxsse-Feuerbach, Prof. KırcHhner, Dr. FABeR, Dr. VossELEer mit Erklärungen über die verschiedene Farbe des Wassers und Angaben besonderer Beispiele von Wasserblüte. Den zweiten Vortrag hielt Dr. Eberhard Fraas über die neuesten palaeontologischen Funde in Württemberg. Eine reiche Ausbeute lieferte hierin das verflossene Jahr, und zwar erstreckt sich dieselbe auf nahezu alle Formationen in Württemberg. Aus dem Urgebirge ist eine grosse Sendung von alten Schwarzwaldmineralien an- zuführen, welche Prof. Dr. SAnDBERGER (Würzburg) dem Museum ge- schenkt hat. Aus dem Muschelkalk ist besonders der Fund von Spirifer Fragilis, einem ausgezeichneten, aber für Württemberg äusserst seltenen Leitfossil hervorzuheben, ferner schöne Stücke von Sauriern, die das Museum von Apotheker Brezınger (Crailsheim) erhalten hat. Aus dem Keupersandstein von der Feuerbacher Heide stammt ein prachtvolles Blatt eines Farnkrautes (Geschenk des Herrn Werkmeister GAUGLER in Stuttgart). Im Schwarzen Jura & wurden zwar zwei für Württem- berg ganz neue Saurier gefunden, dieselben sind aber leider noch im Privatbesitz!. Eine besondere Aufmerksamkeit wurde in letzter Zeit dem Weissen Jura des Brenzthales gewidmet, woher denn auch durch Vermittelung von Forstassistent HorLLanp (Heidenheim) und Oberförster SIHLER (Giengen) ganz ungewöhnlich reiche Funde dem Naturalien- kabinet zuströmten. Das grösste Aufsehen und Interesse erregt das nahezu vollständige Skelett von Dacosaurus, einem Meerdrachen, wie ihn kaum schrecklicher die Phantasie ausmalen kann. Aus dem Tertiär stammen reichhaltige Suiten von Pflanzen, Haifischzähnen und Säuge- tieren, welche Pfarrer Dr. Progst (Essendorf) der Sammlung als Ge- schenk übersandte. Den Abschluss bilden die Funde aus der Char- lottenhöhle bei Hürben, fast ausschliesslich dem Bären, und zwar dem Höhlenbären sowohl wie dem braunen Bären angehörend. Mit einem Dank für die vielseitige Unterstützung und Beschenkung des Naturalien- kabinets schloss der Vortrag, an welchen sich eine Demonstration der aufgelegten Prachtstücke anknüpfte. Sitzung vom 16. November 1893. Prof. Dr. Lamperrt machte die Mitteilung, dass der Vereinssamm- lung zwei wertvolle Sammlungen überwiesen worden sind. Im Lauf des ! Plesiosaurus Guilielmi imperatoris wurde seither für das Museum für Naturkunde in Berlin angekauft. Rhamphorhynchus ist der Vereinssamm- lung geschenkt. REN Sommers hat Verlagsbuchhändler Dr. JuLıus Horrmans seine reiche Nester- und Eiersammlung dem Verein schenkweise überlassen; die Eiersamm- lung umfasst allein aus Württemberg nicht weniger als 389 Gelege, die sich auf 95 z. T. wertvolle Arten verteilen. Sodann erhielt der Verein aus dem Nachlass des so rasch verstorbenen Grafen GEORG v. SCHELER wertvolle Bereicherungen seiner Sammlungen, besonders zahlreiche mikroskopische Präparate, eine sehr reichhaltige Sammlung Württemberger Mollusken von verschiedenen Fundorten und die wissen- schaftliche Bibliothek des Verstorbenen. Im Namen des Vereins spricht der Redner seinen besten Dank für die Geschenke aus. Anschliessend konnte Dr. EgerH. FraAs die vorläufige erfreuliche Mitteilung machen, dass auch die palaeontologische Abteilung ein sehr wertvolles Geschenk in Gestalt eines Württemberger Flugsauriers erhalten habe. In die Tagesordnung eintretend erteilt sodann der Vorsitzende das Wort an Assistenten J. Eichler. In einer vorgehenden Bemerkung richtete der Redner die Bitte an alle diejenigen Vereinsmitglieder, die sich etwas näher mit der Pilzflora des Landes, bezw. eines einzelnen Bezirkes befasst haben, durch Einsendung von Fundlisten an Prof. KircHner oder an den Vortragenden an der geplanten Zusammenstel- lung der württembergischen Pilzflora mitzuarbeiten. Sodann sprach der Redner über das Thema: oligodynamische Wirkungeninleben- den Zellen, wobei er die neuesten Arbeiten des unlängst verstor- benen Prof. v. Näsezı zu Grund legte!. Prof. Näczuı hätte, von der Erfahrung ausgehend, dass gewisse Metallsalzlösungen noch in starken Verdünnungen, etwa 1: 100000, eine starke, in bestimmter Weise sich äussernde giftige Einwirkung auf gewisse Pflanzenzellen ausüben, ge- funden, dass bei noch stärkerer Verdünnung mit destilliertem Wasser diese chemisch-giftige Wirkung allmählich verschwand und an ihre Stelle eine andersartige tödlich verlaufende Reizeinwirkung auf das Chloro- phylI-tragende Spiralband der Spirogyrazellen sich bemerkbar machte. Nach mannigfachen Untersuchungen und Beobachtungen, die der Vor- tragende kursorisch schilderte, gelang es NÄGELI, diese neuartigen Er- scheinungen, die er, von der nicht zutreffenden Annahme einer neuen Kraftwirkung ausgehend, oligodynamische nannte, auf das Vorhanden- sein minimaler Metallsalze, besonders Kupfer, in gewöhnlichem, aus Metallgefässen gewonnenem, destilliertem Wasser, wie in Röhrenleitungs- wasser, zurückzuführen. Er konnte nachweisen, dass z. B. eine Kupfer- lösung im Verhältnis von 1: 1000 Millionen schon im stande war, jene Reizwirkungen hervorzurufen, während noch weitere Verdünnungen Erscheinungen zur Folge hatten, die den natürlichen Todeserscheinungen der Pflanzenzellen gleichkamen. Vortragender entwickelt die Erklä- rungen, die NiceLı auf Grund der Lösungstheorie von schwerlöslichen Substanzen im Wasser für die beobachteten Erscheinungen gegeben hat und schliesst mit dem Hinweis darauf, welche minimalen Stoff- mengen schon bestimmend auf die Entwickelung eines Organismus ein- ! Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft für die gesamten Naturwissenschaften. Bd. 33. Abt. 1. 1893. — XCI — wirken können, und wie schwierig es sein dürfte, die Summe dieser Be- dingungen für das Werden und Vergehen der Lebewesen zu ergründen. — In der Besprechung bemerkt Prof. Dr. Herz, dass NÄcerı sich einen grossen Teil seiner Arbeit, nämlich den Nachweis, dass das destillierte bezw. das Leitungswasser Metallsalze, Salze gelöst enthalte, hätte sparen können, da dies eine jedem Chemiker geläufige Thatsache sei. Dr. WEın- BERG spricht sich gegen eine etwaige Verwertung der von NÄGELI ge- fundenen Resultate von seiten der Homöopathie aus, da Reizwirkungen innerhalb der von NÄsELı angegebenen Verdünnungsgrenzen schon länger von den Allopathen gekannt und benützt werden. Sodann sprach Prof. Dr. Sussdorf über >Die Krankheit und den Tod des Elefanten Peter aus dem zoologischen Garten in Stuttgart«. Die Obduktion des am 7. November 1893 durch die Kugel eines neuen kleinkalibrigen Jagdgewehres der Suhler Waffenfabrik getöteten, 35 Centner schweren Elefanten ergab in erster Linie das Vorhandensein‘ zahlreicher Abscesse in der ausserordentlich verdickten und sklerosierten Unterhaut und dem eigentlichen Hautgewebe, welche die Oberfläche grossenteils durchbrochen und die Subcutis von der Sohle und dem Mittelfusse aus mittels einer grossen Menge teilweis untereinander kom- munizierender Fistelgänge kanalisiert hatten. Von ihnen zogen sich auch intermuskuläre Eitergänge zu den höher gelegenen Teilen der Glied- massen; unter diesen war es vorzugsweise das rechte Vorderfusswurzel- gelenk, in welchem sich eine eiterige Arthritis verbunden mit stellen- weiser Nekrose des Gelenkknorpels ausgebildet hatte, während über dem linken Kniegelenk ein metastatischer Abscess Veranlassung zur Bildung eines etwa hühnereigrossen Eitersackes geworden war. Übrigens zeigte das Tier grosse Magerkeit (die Fettpolster waren vollkommen geschwunden) und neben sonst normaler Beschaffenheit seiner Eingeweide eine diskrete Anzahl metastatischer Abscesse in der rechten Lunge, welche als erbsen- bis klein-kastaniengrosse Eiterherde, sog. Vomicae, in verschiedener Tiefe des Organes nachgewiesen werden konnten, dazu reichliche Eingeweidewürmer von der Gruppe der Strongyliden (Stron- . gylus elephantis) in den Gallengängen der Leber. Von den vom Elefanten in der letzten Zeit verschluckten Fremdkörpern (Geldstücken aller Art, Schnupftabaksdose, eisernen Riegeln, Bleistücken etc.) fanden sich nur noch einige wenige Überbleibsel geringen Umfanges vor, während die übrigen verschwundenen Gegenstände offenbar im Laufe der Zeit den Darm bereits durchwandert und verlassen hatten. Aus den oben an- gedeuteten pathologischen Veränderungen ist zu entnehmen, dass sich das Tier durch die Fusskette oder in der Wand angebrachte Schutz- nägel Verletzungen zugezogen hat, welche zunächst vielleicht rein lokale Eiterung hervorriefen, dann aber wegen der Unmöglichkeit der Rein- erhaltung der Wunden tiefer griffen und so bei mangelndem Abflusse des Eiters eine allgemeine Pyämie mit Ausbildung sekundärer meta- statischer Herde veranlassten. So mögen zunächst durch einfaches Weiterkriechen des Prozesses in den intermuskulären und subfasciellen RL Bahnen die Eitererreger und deren Produkte in die der Invasionsstelle benachbarten Gelenke übergetreten und schliesslich auch mittels des Blutstromes in entfernter gelegene Teile verschleppt worden sein. Indes die lokalen Prozesse waren nirgends so hochgradig, dass sie das zu- letzt so schwere Leiden des Tieres im Gefolge gehabt haben würden. Dieses entsprang vielmehr der chronischen Zehrkrankheit, die sich im An- schluss an die Aufsaugung des Eiters und seiner Erreger eingestellt hatte. Grosses Interesse bietet im Hinblick auf die Schwierigkeiten, welche nach den vorliegenden litterarischen Mitteilungen die Tötung der Elefanten in den zoologischen Gärten seither gemacht hat (s. hier- über auch eine Zusammenstellung in dem Aufsatz LecHxer’s über die Beseitigung bösartiger Elefanten, Österr. Monatsschr. für Tierheilkunde, Bd. XV. 1891), die Vollstreckung des Todesurteils bei Peter. Ein ein- ziger, wohlgezielter Schuss, welcher aus einer Entfernung von 5 m von der rechten Schläfengegend auf das Gehirn, und zwar in der Richtung gegen die Medulla oblongata oder das Kopfmark vorgedrungen war, hatte den Koloss daniedergestreckt und sofort derart entseelt, dass er augenblicklich zusammenbrach und nicht eine Muskelzuckung mehr auszuführen vermochte; selbst die schmerzhaftesten Eingriffe in die empfindlichsten Partien seines Körpers, wie die Betastung der Cornea und gar die Wegschneidung des Rüsselfingers, die sofort nach dem Falle vorgenommen wurden, konnten nicht die geringste Reflexbewegung auslösen. Kein Wunder, dass selbst der Sachverständige der Annahme sich hingeben musste, es seien die physiologisch wichtigsten Teile des Gehirns, die Centren der Herz- und Atemthätigkeit, der Reflexvorgänge etc. durch den Schuss vollkommen zertrümmert worden. Aber — nichts von alledem. Die Kugel hatte das Gehirn gar nicht selbst getroffen, sondern nur die innere Knochentafel der Schädelkapsel am Boden der mitt- leren Schädelgrube im Bereich einer länglichen, ca. 5/2,5 cm messenden Partie zerstört. Als Schusskanal fand man zunächst eine etwa fingers- lange und dicke Bahn, welche die Haut und den Musc. temporalis schief durchbohrt hatte und spitzwinkelig auf die äussere Knochentafel der Schädelkapsel aufgetroffen war; nach deren Perforation war die Kugel in das von ausserordentlich zahlreichen Knochenlamellen durchsetzte, äusserst umfangreiche und die ganze Schädelhöhle oben und seitlich » bis zu einer Höhe von 15 cm umlagernde Lufthöhlensystem der Nasen- höhle eingedrungen; so in ihrem Laufe vielfach durch dazwischen- tretende, bei dem noch jugendlichen, nicht ganz 20 Jahre zählenden Peter leidlich elastische Knochenspangen abgelenkt, war sie mittels abermals 20 em.messenden Weges bis zur inneren Platte der Schädelkapsel vor- gedrungen; hier hatte sie die oben angegebene Zertrümmerung gesetzt, um sich schliesslich in dem genannten Höhlenlabyrinthe zu verirren, innerhalb dessen sie bisher noch nicht gefunden werden konnte. Die gegen die Hirnmasse eingedrückte und zersplitterte Knochenplatte hatte nun ihrerseits, ohne das Gehirn direkt zu verletzen, starke Blutergüsse an dem basalen Teile des Schläfenlappens und in der Umgebung der Medulla oblongata veranlasst. Der stürmische Erfolg dieses Meister- schusses ist nicht leicht erklärbar. Die Blutungen waren an sich zu — AUCH — unbedeutend, um durch einfache Kompression augenblicklich zu töten, und es ist deshalb anzunehmen, dass der momentane Tod durch eine mittels der gewaltigen Explosionswirkung des Geschosses herbeigeführte molekulare Gehirnerschütterung bedingt wurde. An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Besprechung über die Wirkungen des neuen Geschosses, wobei besonders Dr. MüLLzr inter- essante Angaben über die erstaunliche Explosionswirkung desselben machte. Zum Schluss legte Prof. Dr. Kirchner die neue Tiefenkarte des Bodensees vor, welche nach den schweizerischen und badischen Originalaufnahmen durch das eidgenössische topographische Büreau be- arbeitet worden ist. Sie zeigt im Massstabe von 1: 50000 Tiefenkurven in 10 m Abstand, am Ufer auf die Tiefe von 0O—10 m in 2 m Abstand, wobei 11147 Lotungen verarbeitet sind. Es wurden noch einige inter- essante Einzelheiten, namentlich solche, welche sich auf die durch Prof. PEncK in Wien vorgenommene Kubierung des Sees bei hohem, mitt- lerem und niederem Wasserstand bezogen, mitgeteilt. Sitzung vom 14. Dezember 1893. Zuerst sprach Prof. Dr. C. Cranz über »Einige Apparate, welche gewisse mathematische Probleme mechanisch zu lösen gestatten«. Einer Anregung des Vorsitzenden folgend, gab der Redner eine kurze Übersicht über die im September dieses Jahres in München statt- gehabte mathematische Ausstellung, wovon er, die speciellen und aus- schliesslich für Mathematiker wichtigen Flächen- und Raumkurvendar- stellungen beiseite lassend, nur eine kleine Gruppe von Apparaten her- aushob, die in einen gewissen Zusammenhang gebracht und allgemeines Interesse in Anspruch nehmen können. Es wurden zunächst einige Me- thoden und Apparate erwähnt, welche dazu dienen, numerische Glei- chungen 2., 3. und 4. Grades näherungsweise mechanisch aufzulösen und welche meist auf der Aufsuchung der Schnittpunkte zweier Kurven beruhen; besonders schildert der Redner den Verrmann’schen Apparat zur Auflösung mehrerer Gleichungen mit mehreren Unbekannten. Der Grundgedanke desselben, das Gleichungssystem als ebensoviele Gleich- gewichtsbedingungen von Körpern, deren Gleichgewichtslagen in Be- ziehung stehen, aufzufassen, wurde als ein fruchtbarer, dagegen die Ausführung desselben in dem vorliegenden Apparat (dem »mathemati- schen SOxHLET-Apparat«) als sehr unvollkommen bezeichnet. Besonders für Ausgleichungsrechnungen, deren Bedeutung an einem ballistischen Beispiel erläutert wurde, sind solche Aufgaben wichtig. Weit all- gemeiner als die Darstellung einer graphisch oder mechanisch gegebenen Abhängigkeit durch eine Potenzreihe ist aber diejenige durch eine Fov- RIER’sche Sinus-Kosinus-Reihe; eine solche Entwickelung leistet in ein- facher Weise mechanisch der harmonische Analysator von Lord Keıvın (W. Tmomsox), Hzxkıcı und Starr, Hierbei kam auch der Intograp!ı — RC — von ABDANK-ABAKANOWITZ zur Besprechung. Gewissermassen die um- gekehrte Aufgabe löst mechanisch ein dreifacher Apparat von Boutz- MANN, der die Obertöne gezupfter Saiten und die Superposition von Wellen veranschaulicht. Eine periodische Bewegung etwas anderer Art endlich, die Präcisionsbewegung oder Kegelpendelung von Langgeschos- sen, die aus gezogenen Gewehren oder Geschützen abgefeuert werden, wurde neuerdings von NEESEN mechanisch-photographisch untersucht; damit ist zugleich die Annahme von MaAcnus und Haupt, dass halbe Cykloidenpendel beschrieben werden, widerlegt. Dr. J. Vosseler sprach sodann über »Das Tierleben in der Sahara«. Nach einer Einleitung über die Ausdehnung und die verschie- denen Boden- und Vegetationsverhältnisse der afrikanischen Wüste führte derselbe die dem Leben im sonnendurchglühten Gebiet angepassten und meist im Kolorit mit der Bodenfarbe übereinstimmenden Tierformen, besonders den für die Wüste charakteristischen Teil derselben auf. Während der fälschlicherweise sog. »Wüstenkönig«, der Löwe, aus der algerischen und tunesischen Sahara, verschwunden ist, oder vielmehr aus den dieselben begrenzenden und durchziehenden Gebirgen, ist er im Süden immer noch mehr oder weniger zahlreich. Dasselbe ist mit der Hyäne der Fall. Schakale, Gazellen und Antilopen halten sich ebenso gerne in den Bergen als in der Ebene auf, letztere wagen sich sogar auf die sommerliche Salzkruste der Sebkahs und Chotts (aus- getrocknete Salzseen). Zierliche Springmäuse jagen aufgeschreckt in raschen Sätzen über die Ebene. Reichhaltig ist die Vogelfauna. Adler, Falken umschweben die Felszacken der Gebirge, scharenweise finden sich die verschiedenen Geier bei gefallenen Tieren ein, um ihre Mahl- zeit zu halten. Auch an lieblichen Sängern fehlt es der Wüste nicht. Hell rufend steigt die Wüstenlerche in die Luft, verschiedene Stein- schmätzer erfreuen in der sonst stillen Umgebung durch ihr Lied den erschöpften, mutlos gewordenen Reisenden. Während die meisten Vögel, so auch die schmackhaften, schön gefärbten Wüstenhühner und Trappen, ein echtes Wüstenkleid tragen, sticht der prächtig gefärbte Bienen- fresser durch sein buntes Gefieder wohlthuend von der Umgebung ab. Ohne den Riesen unter den Vögeln, den Strauss, ist in unserer Vor- stellung die Wüste ebensowenig denkbar als ohne Kamele. Der Strauss wird in Algier in grossen Züchtereien gehalten. Durch eine freund- liche Zuwendung von Dr. Krauss in Tübingen, der in diesem Jahre von Biskra aus 6 Wochen lang zu wissenschaftlichen Zwecken die Sahara bereiste, war es möglich, eine Anzahl interessanter Reptilien, Fische u. s. w., teils in Alkohol, teils lebend vorzuzeigen; so z. B. die im Sand lebende, sehr giftige Hornviper, die Warneidechse, Geckonen und andere. In mehreren Stücken waren lebend aufgestellt der mun- tere, für das Leben im Sand vorzüglich angepasste Apothekerskink, die zierliche Schleichenechse und der eigenartige Schleuderschwanz. Dieses letztere Reptil bewohnt nur die Steinwüste. Ausser durch den kröten- ähnlichen Kopf ist dasselbe merkwürdig durch einen sehr dieken, mit zZ ereN > Hautstacheln besetzten Schwanz. Seine Nahrung besteht, eine Aus- nahme unter den Reptilien, in krautartigen Pflanzen und Blüten. Schild- kröten sind nicht für die Wüste typisch. Dennoch wird die gewöhn- liche griechische Landschildkröte und eine sehr schöne Wasserschild- kröte daselbst angetroffen. Die wenigen, oft salzhaltigen Gewässer sind ° von verschiedenen Fischen bewohnt. Die Zahnkarpfen sind am meisten verbreitet und werden sogar von den artesischen Brunnen ausgeworfen, müssen somit unter dem Sande leben. Ebenso reichhaltig als eigen- artig ist das Insektenleben der Wüste. Die mehr oder weniger waffen- losen Heuschrecken entgehen ihren zahlreichen Feinden durch eine völ- lige Anpassung an die gelblichrote Bodenfarbe. Im Gegensatze dazu fallen die Käfer aus allen Klassen durch ihre schwarze Färbung auf. Diese schrecken z. T. die ihnen nachstellenden Tiere durch übelriechende Säfte ab. Überraschend wirkt der Anblick der häufigeren Tagschmetter- linge, da dieselben z. T. Formen umfassen, die den unserigen äusserst ähnlich, bezw. vollkommen gleich sind. Kurz wurde zum Schluss das Leben und Treiben des Menschen in der Wüste unter Hinweis auf eine Anzahl vom Redner in Algier gesammelter Photographien berührt. Sitzung vom 11. Januar 1894. Den ersten Vortrag hielt Prof. Dr. Mack von Hohenheim über »tropische Wirbelstürme«. ’ Redner erinnerte zunächst daran, wie diese Stürme, wenn sie in ihrer vollen allverheerenden Kraft auftreten, zu den grössten Natur- katastrophen zu rechnen sind, so dass selbst die Sintflut, das schreck- lichste Naturereignis, das im Gedächtnis der Völker lebt, auf einen Wirbelsturm zurückgeführt wird. Die Entstehungsweise der tropischen Cyklone schildernd, die zugleich eine vollständige Erklärung aller be- sonders bemerkenswerten Erscheinungen im Verlauf eines Wirbelsturmes darbietet, betont Redner, wie in den Meeren der heissen Zone verhält- nismässig leicht ein eigentümlicher Zustand labilen Gleichgewichts sich herstellt. Unter dem Einfluss der intensiven Sonnenstrahlen können auf den tropischen Meeren die untersten, wasserdampfreichen Luft- schichten sich so hoch erwärmen, dass sie auf die Dauer sich an ihrer ° Stelle nicht im Gleichgewicht zu halten vermögen. Plötzlich erfolgt irgendwo der Durchbruch der unteren Luftschichten nach oben und von überall her strömen die Luftmässen der Durchbruchsstelle zu; indem dies infolge der Erdrotation nicht geradlinig, sondern in immer mehr sich verengernden Spirallinien geschieht, verwandelt sich das Sturmfeld in einen grossen Wirbel. Bei der Annäherung an das Centrum wächst die Centrifugalkraft der Luftmassen immer mehr, so dass sie gar nicht in das Centrum einzudringen vermögen und dieses von einem windstillen Raum eingenommen wird, in dem des öftern die Sonne zum Durch- bruch kommt, und ein Stück blauen Himmels, »das Auge des Sturmes«, sich zeigt; an zwei diametral entgegengesetzten Punkten dieses wind- stillen Centrums sind natürlich entgegengesetzte Windrichtungen vor- ano handen. Dies, sowie das Fortschreiten des Sturmes sind die charak- teristischen Merkmale einer tropischen Cyklone. Nachdem Redner noch die Art und Weise des Fortschreitens der Wirbelstürme geschildert, führte er einige charakteristische Beispiele dieser Erscheinungen an, so besonders die grosse Cyklone von 1892, welche die Hauptstadt Port Louis der Insel Mauritius verheerte. Von besonderem Wert ist, dass die meteorologischen Stationen in den Tropen jetzt auch die Möglich- keit geben, die Windgeschwindigkeit bei diesen Stürmen zu messen. Sie betrug beim Wirbelsturm von Mauritius 54 m pro Sekunde, wobei zum Vergleich angeführt werden mag, dass der Örientexpresszug in Württemberg 15 m pro Sekunde zurücklegt, und dass die grösste im Jahre 1893 an der meteorologischen Station in Hohenheim gemessene Windgeschwindigkeit 10,5 m betrug. Mit der Schilderung der mecha- nischen Gewalt eines solch furchtbaren Windes, dem leider auch schon mehrere Schiffe der deutschen Marine (»Augusta«, »Eber«, »Adler«) mit ihrer braven Bemannung zum Opfer fielen, schloss der Redner seinen Vortrag. Sodann sprach Medizinalrat Dr. Hedinger über »Das erste Auftreten des Hundes und seine Rassenbildung«. Mit grösster Wahrscheinlichkeit kann man sagen, dass der Hund lange vor der Periode irgendwelcher Urkunde domestiziert war, und dass sein erstes Auftreten in (spät)diluviale Zeiten fällt, was namentlich u Funde aus mährischen, aber auch aus einer der Gutenberger Höhlen ! beweisen. Früher hielt man den Pfahlbauhund (Can. fam. palustris Rörm.) für den ältesten und glaubte, dass er durch Züchtung mit kräf- tigen neuen Wildhundarten nach verschiedenen Richtungen hin modi- fiziert wurde. Sicher sind von heutigen Rassen daraus hervorgegangen Spitz und Pinscher. 1. Die kleine Rasse (Can. palustris), der Torfhund, hatte zur neolithischen Zeit eine ausgedehnte Verbreitung über Europa und war noch zur Römerzeit am Rhein heimisch. Heute lebt er noch auf den Inseln der Südsee als etwas grössere Rasse, sonst aber unverändert *. WorpkıcH hat nun in den mährischen Höhlen (entsprechend der späteren Glacialzeit, d. h. der Steppenzeit) eine Hundeart aufgefunden (Can. Abieküi), die er als Stammform des Can. palustris bezeichnet, und es ist deshalb wahrscheinlich, dass dieser Hund, nachdem die Steppen- fauna durch eine Weide- und Waldfauna nach Nordosten verdrängt wurde, von den Höhlenbewohnern gezähmt und nach Europa mit- genommen wurde. Im südlichen Asien war ein den indischen Paria- hunden ähnlicher Canide vom Menschen gezähmt worden, welcher sich in Steppen zur schlanken, behenden Windhundform umgestaltete, ge- eignet zur Verfolgung des Wildes, und so konnte durch Kreuzung beider ! Ein sehr schöner Hundeschädel, der dem Bodmanhund sehr ähnlich ist, wurde von Nehring als subfossil bezeichnet. Auch einige Schädel und Knochen aus der Charlottenhöhle lassen diluviale Merkmale erkennen. ” Bei den Lappen, Samojeden u. Ss. w. wird heute noch ein Hund an- getroffen, der dem Hunde der Steinzeit am meisten ähnelt. — INEVI Rassen zur Bildung von Jagdhundformen Veranlassung gegeben werden, welche uns auch auf den ersten bildlichen Darstellungen (Ägyp- ten) entgegentreten. 2. Dereigentliche Bronzehund (Can. fam. matr. opt. Jeımr.), ein Schäferhund mit wolfartigem Habitus, scheint nicht von dem Torf- hund abzustammen, wohl aber kamen Kreuzungen mit Windhunden vor und ergaben eine Jagdhundform !. Eine grosse Wolfshundform ist ferner Stammvater der grossen englischen Doggen, die, wie leider auch unser deutscher Wolfshund, aussterben mangels geeigneter Züchtung. Der Can. matr. opt. JEıtT. stammt höchst wahrscheinlich von einer diluvialen Wildhundform ab, die in der Quartärzeit in Europa lebte und vielleicht später nach Asien auswanderte. Die ungarischen, italienischen und kleinasiatischen Schäferhunde sind dem Wolfe zum Verwechseln ähnlich. — Zwischen diesen zwei Rassen steht 3. der Can. intermedius WoLoR., zunächst was Grösse betrifft, in der Mitte, dem mehrere Exemplare aus der Charlottenhöhle, sowie ein Exemplar von Roth am See entsprechen, eine neue Form aus vor- geschichtlicher Zeit. Er stammt wahrscheinlich vom afrikanischen Scha- kal (Can. lupaster), der schon in den ältesten Zeiten Ägyptens gezähmt wurde und dürfte wohl auf Handelswegen nach Europa gekommen sein. In letzter Zeit wurden nun zwei grosse neue Hunderassen aus der Steinzeit der Pfahlbauten gefunden, welche beweisen, dass schon damals in Westeuropa einige grosse Formen des Haushundes vorkamen, welche von dem Can. palustr. Rürım. und Can. matr. opt. JEITT. ver- schieden sind. Dahin gehören Exemplare von unseren Torfmooren, einigen süddeutschen (fränkischen und württembergischen) Höhlen, aus Bodman, sowie vom Neuenburger-See (Font). Letzterer Schädel gehört einem Tier von der Grösse eines mittelgrossen Fleischerhundes und gleicht Srupzr’s Hund aus dem Bieler See’. Schnauze stumpf und ziemlich niedrig: ein Verhalten, durch das sich überhaupt die älteren prähistorischen Hunderassen von den heutigen unterscheiden, beidenen durchweg die Nasenöffnung höher erscheint. Gebiss kräftig. Reisszahn sehr entwickelt. Einerseits also nähert sich diese Form unsern mittelgrossen Hofhunden, anderseits dem Wolfe, letzterem wegen der schiefen Orbitalebene. Beim Wolfe öffnen sich die Augen nämlich mehr nach der Seite und nach oben, während sie beim Hunde mehr nach vorne stehen. Der Hund sieht dem Beschauer gerade ins Gesicht, während der Wolf in der Frontalansicht schielt. Diese verschiedene Stellung der Augen lässt uns schon am Skelett den Schädel des Hundes von dem des Wolfes oder Schakals unterscheiden. Die Ursache dieser Verschiedenheit liegt in der bedeutenderen Entwickelung vom Stirnteil des Hundeschädels, so dass der Ansatz des Gesichtsteiles gewissermassen ı Der Bronzehund differenziert sich auch in spitz- und breitschnauzige, d. h. in Windhund- und Jagdhundformen. Sowohl in Europa als in Asien ent- standen neue Hunderassen durch Kreuzungen mit Wölfen, wie in Amerika durch Kreuzung mit Can. latrans und cancrivorus. ? Seine Sammlung von ca. 600 Hundeschädeln in dem Berner Universitäts- museum habe ich wiederholt mit ihm eingehend durchgesehen. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ, 1894. g — XV — in den Stirnteil hineingeschoben ist und der Jochbogen sich tiefer an- zusetzen scheint. Diese Verhältnisse beruhen sicher auf Domestikation. Der Winkel der Orbitalebene ' beträgt beim deutschen Schäferhund, der somit dem Wolf am nächsten kommt, 49°. — Die stärkere Auftreibung der Frontalgegend hängt mit grösserer Entwickelung des Geruchssinnes zusammen. Die grosse Rasse der Steinzeit zeigt erst den Beginn jener Entwickelung, während der kleine Torfhund dieselbe schon in vollem Masse aufweist. Also muss die erstere eine kürzere Geschichte der Domestikation hinter sich haben, als letztere, deren wilder Stammvater (Can. Abiekii) in der Diluvialzeit zu suchen ist. Der Schädel der 2. Hundeform von Bodman ist noch grös- ser als der von Font und auch sonst noch abweichend. Hirnschädel schön gewölbt mit niederer Crista sagittalis. Jochbogen breit. Schnauze lang und ziemlich spitz. Durch verhältnismässig starke Zusammen- schnürung vor dem Ansatz des Jochbogens erscheint der Anfangsteil des Gesichts wie nach oben aufgetrieben. — Gebiss schwach entwickelt. Somit steht er zwischen Schäferhund und grossem Wolfshund in der Mitte und am nächsten den Pyrenäenhunden °. Ein5.Schädel, dem der von Gutenberg ähnelt, sowie die aus den fränkischen Höhlen in der Sammlung von Gasrınn MAx haben diese Eigenschaften in noch höherem Grade. Diese neue grössere Hundeform, älter als der Bronzehund, stellt somit eine Kollektivform in gewissem Sinne dar, aus der sich nach einer Seite die Schäferhundformen, nach der anderen die grösseren Rassen der Pyrenäen-, Abruzzen- und vielleicht auch der grossen Alpen- hunde ableiteten. Wenn auch noch manches Unklare in der Frage der Abstammung der Hunde ist, so ist doch so viel wahrscheinlich, dass die domesti- zierten Hunde von 2 guten Arten von Wolf (Can. luıpus und Can. latrans), ferner von 2 oder 3 zweifelhaften Arten von Wölfen (europäischen, indischen, nordamerikanischen), ferner von 1 oder 2 südamerikanischen Arten von Caniden, dann von mehreren Rassen des Schakals und vielleicht von einer oder mehreren ausgestorbenen Arten herstammen. Aus der Kreuzung allein könnten wir die Entstehung der extremen Formen nicht genügend erklären (z. B. Pinscher, Möpse, Windspiel u. s. w.), — da ferner die meisten unserer besten Rassen in Indien degenerieren, so wird wohl auch ein gewisser Einfluss des Klimas an- zunehmen sein. Es wäre wünschenswert für das allgemeinere Verständnis, wenn die Namen unserer beschriebenen Hunde dahin geändert würden, dass " Damit bezeichnet Studer die über die Orbitalränder gelegte Ebene. — Beim Wolf beträgt der Winkel der Orbitalebene unter 48°, beim französischen Schäferhund 50°, beim Pyrenäenhund 53°. Der Schädel des Torfhundes zeigt schon die steil gestellte Orbitalebene der heutigen Rassen. ® Ganz ähnliches Verhalten zeigt der reine schottische Deerhound, der somit als direkter Abkömmling einer alten Form zu betrachten ist, die schon in der Steinzeit von den Pfahlbauern des Bodensees gehalten wurde. ROT man den Can. matr. opt. als Schäferhund der Bronzezeit, den Can. intermed. als Jagdhund der Bronzezeit, den neuen Hund der Steinzeit als Hirschhund bezeichnete !, Prof. Dr. ©. Schmidt von der K. tierärztlichen Hochschule referierte über ein neues Ersatzmittel für Jodoform, »das Dijodoform«, welches von Paris aus einzuführen versucht werde. Nach kurzer Dar- legung der Eigenschaften des Jodoforms schilderte er dessen Nachteile bei der Anwendung: die Empfindlichkeit mancher Patienten gegen Jod und seine Verbindungen (Jodschnupfen, Jodfieber) und den intensiven Geruch desselben, der der Anwendung des Präparates hinderlich sei. Nach dem Nachweis, dass die dem Jodoform im Jodgehalt nahestehenden Körper »Tetrajodmethan« und »Acetylendijodid« sich nicht als Ersatz- mittel eignen, wandte sich Redner, indem er die Ersatzmittel aus den cyklischen Reihen absichtlich nicht näher berührte, zu dem neuesten Ersatzmittel Dijodoform, beschrieb dessen Darstellungsweise, seine Eigen- schaften, seine unterscheidenden Merkmale gegenüber dem Jodoform, ferner die zu gunsten seiner Anwendung sprechenden HauorEAu’schen Versuche, wies aber auch auf die seine Anwendung beeinträchtigende Empfindlichkeit gegen Licht hin und schloss damit, dass diesem Präparate eigentlich nicht der von MAquEnneE und TAınEe gewählte Name »Dijodo- form«, sondern die Benennung »Perjodäthylen< zukomme, und dass der erstere Name offenbar nur gewählt sei, um dem Präparate bei Ärzten und Laien leichter Eingang zu verschaffen. Sitzung vom 8. Februar 1894. Tiermaler A. Kull sprach über »die Abstammung der Haus- hunderassen«. Nach einem kurzen Überblick über frühere Forschungen auf diesem Gebiet teilte er die verschiedenen Ansichten über das betr. Thema in 2 Gruppen. Nach den zur ersten Gruppe gehörigen Ab- handlungen entstammt der Haushund einer Urform. Die verschiedenen Rassen bildeten sich durch Kreuzung wildlebender hundeartiger Raub- tiere (vergl. Burron, Linst, CuvIer u. a.). Im Gegensatz hierzu sind neuere Forscher (DArwın, JEITTELES) der Ansicht, die Haushunde bilden nur durch Domestikation veränderte Nachkommen jetzt noch lebender Caniden. Die der Stein- und Bronzezeit angehörigen Funde aus Torf- mooren und Seen enthalten Reste von zwei, nach StuDER sogar vier Hunderassen. Unter Benutzung des im K. Naturalienkabinet vorhandenen Materiales an prähistorischen und recenten Schädeln kommt Kunz zu dem Ergebnis, dass erstens unser heute noch weit verbreiteter Spitzer- hund mit seinem kurzen gedrungenen Körper und dem charakteristischen Ringelschwanz den »Urhund« vorstelle, und dass ferner die grösseren ' Studer, Zwei grosse Hunderassen aus der Steinzeit der Pfahlbauten in den Mitteilungen der Naturforsch. Gesellsch. in Bern. 1892; — idem, Schwei- zerisches Hundestammbuch. 1893. o* > DAN. (3; Be Hundeformen der Auskreuzung zwischen Spitzer und Wolf ihren Ursprung verdanken. Eine dieser ursprünglichen Auskreuzungen tritt uns heute noch im sogen. >rheinischen Wolfsspitzer« entgegen, dessen Schädelbau genau mit dem des Canis palustris RÜTIMEYER übereinstimmt. Des weiteren wies der Redner auf die gegenseitigen Beziehungen zwischen Kopf- und Körperform bei den Hunden hin und brachte für die von ihm vertretene Ansicht vor, dass der Bau des Spitzers in allen Punkten dem der jetzt noch wild lebenden Caniden entgegenstehe, wie diese Rasse auch in Lebensweise und Charakter sich wesentlich von denselben unterscheide. Alle diese Eigentümlichkeiten können nicht eine Folge der Domestikation sein, da sie auch bei den Spitzern erhalten sind, die sich beinahe gar keiner oder nur ganz geringer Pflege und Be- achtung von seiten des Menschen erfreuen. Die ältesten Bildwerke der Ägypter und Assyrer enthalten dieselbe typische Hundeform, erst später treten schakal- und wolfsähnliche Hunde auf. Der selbst bei prinzipieller Züchtung unserer geradschwänzigen Rassen immer wieder auftretende Ringelschwanz ist ein Rückschlag auf eine mit einem solchen versehene Urform. Eine zweite Urform ist vielleicht die in den wesent- lichsten Merkmalen mit dem Spitzer übereinstimmende »tibetanische Dogge«, die wohl durch Kreuzung mit Schakalen (Canis lupaster und simensis) die Windhunde der Ägypter ergab. Durch Anpassung an das Klima entstanden kurz-, rauh-, lang- und pudelhaarige Varietäten. Zahlreiche Bildwerke (zum grossen Teil Originale) und mehrere Schädel erläuterten den Vortrag, an den sich eine sehr lebhafte Erörterung an- schloss. In derselben wandte sich Prof. Horrmann (K. tierärztl. Hoch- schule) u. a. vom Standpunkt des Tierzüchters und unter Hinweis auf die Kreuzungsfähigkeit des Spitzers dagegen, dass dieser eine ursprüng- liche Art sei und den »Urhund« repräsentiere. Als Palaeontologe und Anthropologe macht Dr. Es. FraAs darauf aufmerksam, dass echte diluviale Hunde überhaupt noch nicht gefunden seien, und dass das erste Auftreten des Hundes in die jüngere Steinzeit fällt, zusammen mit dem Auftreten aller übrigen Haustiere, was eine lang gehende Kultur und Züchtung voraussetzt, die jedoch auf fremdem, wahrschein- lich asiatischem Boden vor sich gegangen ist. Weiter beteiligten sich an der Diskussion Dr. VoSsELER, Prof. Dr. KLunzınger, Prof. Dr. Suss- DORF und andere Herren. Sitzung vom 8. März 1394. Den ersten Vortrag hielt Prof. Dr. Kirchner von Hohenheim über das Thema »Die Wurzelknöllchen der Leguminosen, insbesondere der Sojabohne«. Der Redner erinnerte zunächst daran, dass den Landwirten die Schmetterlingsblütler längst als sog. boden- bereichernde, stickstoffsammelnde Pflanzen bekannt seien, indem besonders die von Scuunz-Lurırz durch lange Jahre in grossem Massstab fort- gesetzten Anbauversuche mit Lupinen bewiesen, dass die Papilionaceen zu ihrem Gedeihen keiner Stickstoffdlüngung bedurften, sondern den RN 5) ee Stickstoff sich selbst verschafften. Man nahm an, dass derselbe aus der Luft stamme und irgendwie aufgenommen würde. HELLRIEGEL’s Versuche dagegen zeigten, dass die Papilionaceen in sterilisiertem, d.h. durch Erhitzen bakterienfrei gemachtem Boden sich wie alle anderen Pflanzen verhielten, d. h. ohne Stickstoffdüngung kränkelten, in nicht sterilisiertem Boden dagegen eine erhöhte Stickstoff-Assimilation zeigten. Es lag nun nahe, diese Fähigkeit der Stickstoffaufnahme in Verbindung zu setzen mit eigentümlichen, längst bekannten, an den Wurzeln der Leguminosen sich findenden Knöllchen, die verschieden an Grösse, Gestalt und Zahl bei allen Arten sich finden, die Grösse einer Haselnuss er- reichen können und oft sehr zahlreich auftreten (bei der Erbse wurden z. B. über 4500 an einem Wurzelstock gezählt). Ihrem Bau nach erweisen sich diese Knöllchen im allgemeinen bestehend aus einer äusseren Korkschicht, einem darunter liegenden Rindengewebe mit ein- gestreuten Gefässbündeln und als Mittelpunkt findet sich eine speckige Masse, die in dünnwandigen Zellen kleine stäbchenförmige, oft aber auch an den Enden verzweigte Körperchen enthält, welche man Bak- terioiden genannt hat. Die Natur dieser Bakterioiden war lange zweifel- haft, erst BEYERINcK wies 1858 nach, dass es in der That von aussen einwandernde Bakterien sind, die sich reichlich vermehren und dann Involutionsformen entwickeln, sich auflösen und ihre Inhaltsbestandteile in die Papilionaceen einwandern lassen. Somit sind die Knöllchen »Pilzgallen«, welche den Papilionaceen die Assimilation des freien Stickstoffs vermitteln; die Bakterien verändern sich in die Bakteroiden, die zum grössten Teil ihre eiweissartigen Stoffe an die Nährpflanze abgeben, ein Teil aber bleibt teilungsfähig und gelangt bei der Zer- setzung der Wurzel und ihrer Knöllchen als Quelle neuer Ansteckung in dem Boden. So haben wir diese Bildung der Wurzelknöllchen an Papilionaceen durch Bakterien als eine Symbiose der interessantesten Art aufzufassen; den Vorteil, den die Nährpflanze durch die Stickstoff- zufuhr erhält, dankt sie den Bakterien durch Gewährung eines sicheren Wohnorts und wahrscheinlich auch Nahrungszufuhr. Spätere Unter- suchungen ergaben, dass den einzelnen Papilionaceenarten bestimmte Knöllchen erzeugende Bakterien zukommen. Nach dieser allgemeinen Darlegung geht der Redner speciell auf die Sojabohne über, deren Kultur vor etwa zwei Jahrzehnten lebhaft empfohlen, aber wegen schlech- ten Erfolges wieder aufgegeben wurde. Die Sojabohne zeigt allein unter ihren Verwandten bei uns keine Wurzelknöllchen, in ihrer Heimat Japan dagegen besitzt auch sie Knöllchen, wie auf Erkundigung Redner erfuhr, der sich 1892 von dort Sojawurzeln schicken liess. Der Schluss lag nahe, dass bei uns die zur Erzeugung der Wurzelknöllchen der Sojabohne nötigen Bakterien fehlen, und in der That glückte es im letzten Jahr dem Redner, durch Zusatz von etwas japanischer Erde, die er direkt sich kommen liess, an den Kulturen der Sojabohne sowohl im Topf, wie im freien Land auch an der Sojabohne Wurzelknöllchen zu erzeugen; es gelang auch, das Bakterium, vom Redner Rhizobacterium Japonicum genannt, in Reinkulturen zu züchten. Mit dem aus Japan stammenden Boden, in welchem Sojabohnen — CI — gewachsen waren, wurden 2 Reihen von Kulturversuchen angestellt, die eine mit Topfpflanzen, die andere im freien Lande. Während alle Sojapflanzen, denen keine japanische Erde zugesetzt worden war, knöllchenlos blieben, so zeigten von den Topfpflanzen in einem ersten Versuche, die mit japanischem Boden geimpften, die in gutem Garten- boden erzogen worden waren, zu 60 °/,, diejenigen, welche in unfrucht- barem Boden kultiviert waren, zu 100 °/, Knöllchen; in einem zweiten Versuche wurden bei Kultur in sterilem Boden ebenfalls sämtliche ge- impfte Pflanzen knöllchentragend befunden. Zu demselben Resultate führten die Freilandversuche: alle mit der japanischen Impferde in Berührung gekommenen Pflanzen hatten Knöllchen gebildet. Die letzteren Versuche zeigten auch, obwohl sie nicht mit der für diesen Zweck notwendigen Genauigkeit angestellt worden waren, dass die knöllchen- tragenden Sojapflanzen um etwa ein Drittel mehr an Samengewicht lieferten, als die unter sonst gleichen Bedingungen erzogenen knöllchen- losen Pflanzen. — Ein ausführlicher Bericht über diese Anbauversuche ist in Conn’s Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Bd. VII, veröffentlicht. Als zweiter Redner sprach Prof. Dr. Mack von Hohenheim über »Sonnenscheinbeobachtungen in Stuttgart«. Seit einer Reihe von Jahren befindet sich auf dem Dach des statistischen Landesamts ein sog. Sonnenscheinautograph, der selbst- thätig die Sonnenscheindauer eines jeden Tages aufzeichnet. Der Ap- parat besteht bekanntlich aus einer massiven Glaskugel, welche wie ein Brennglas wirkt und auf einen Papierstreifen, der hinter der Kugel ausgespannt ist, eine schwarze Linie einbrennt. Ein ebensolcher Apparat befindet sich seit Beginn des Jahres 1893 auch auf der meteorologischen Station in Hohenheim; die Aufzeichnungen beider Apparate während des verflossenen Jahres haben nun zu Resultaten geführt, welche ins- besondere mit Bezug auf die Verhältnisse in Stuttgart bemerkenswert sind. Die gesamte Dauer des Sonnenscheins während des Jahres 1893 ist für Stuttgart 1700,6 Stunden, für Hohenheim 1929,3 Stunden; die Differenz erreicht also zu gunsten von Hohenheim den bedeutenden Betrag von 228,7 St. Aus der Jahressumme von Stuttgart ergiebt sich als mittlere Sonnenscheindauer jedes Tages im Jahr 4 St. 40 Min.; jener Überschuss von 228,7 St. stellt also die Sonnenscheinsumme von 48 Tagen vor. Besonders bemerkenswert ist nun, dass dieses Minus an Sonnenschein in Stuttgart fast ausschliesslich auf die Wintermonate sich beschränkt, während im Sommer die Sonnenscheindauer an beiden Orten nahezu dieselbe ist. Es geht dies aus folgenden Zahlen hervor, welche die Monatssummen des Sonnenscheins vom Jahr 1893 für Stutt- gart resp. Hohenheim bedeuten. Januar 11 St. (Stuttgart) resp. 70 St. (Hohenheim), Februar 53 resp. 91, März 158 resp. 186. Von April bis Oktober sind die Monatssummen für beide Orte sehr nahezu über- einstimmend, während für die letzten Monate die Unterschiede wieder sehr bedeutend sind: November 8 St. resp. 30 St., Dezember 1 St. resp. 69 St.! Die Ursache dieser Ungleichheit liegt offenbar darin, dass im Winter ausserordentlich häufig Dunst- und Nebelschichten das — ee Stuttgarter Thal erfüllen, während über den angrenzenden Höhen und den Fildern die Luft klar ist. Diese Thatsache ist genugsam bekannt; dass jedoch der Unterschied, der sich in den numerischen Angaben des Sonnenscheinautographen ausspricht, ein so bedeutender sein würde, konnte kaum vorausgesehen werden. — In der sich anschliessenden Erörterung wurde noch betont, dass die mit Bezug auf Stuttgart mit- geteilten Zahlen sich auf die inneren Teile der Stadt beziehen, während den höher gelegenen Stadtteilen eine etwas grössere Sonnenscheindauer zukommen wird. Auch der Einfluss des Rauches auf die Dunst- und Nebelbildung wurde besprochen. Zum Schluss des Abends legte Prof. Dr. Lampert (Naturalien- kabinet) das Fell eines sibirischen Tigers aus dem Ussuri-Land im Amurgebiet vor, welches das Naturalienkabinet vom Museum in Peters- burg erhalten. In diesen hohen Breitengraden (ca. 53° n. Br.) zeichnet sich der Tiger durch ein langhaariges Fell aus, das sehr auffällig von dem glatten Fell der indischen Tiger, spec. des Javatigers absticht. Als ähnliches Beispiel für Anpassung an klimatische Verhältnisse führte der Redner noch den glatthaarigen Tapir der Flussniederungen Süd- amerikas und den wollhaarigen Tapir an, der die Höhen der Cordilleren von Bogota bis Quito bewohnt, und verwies auf das Mammut, von dessen dickem Pelz Haarproben vorgezeigt wurden. Sitzung vom 12. April 1894. Prof. Dr. A. Schmidt sprach über >Die Selbstmischung der atmosphärischen Luft, eine Beschränkung des zwei- ten Hauptsatzes der Wärmetheorie«. Es sind zweierlei Bewegungen der atmosphärischen Luft zu unter- scheiden, einerseits die durch äussere Ursachen veranlasste Bewegung und Mischung der Luft durch Strömungen, anderseits die im Wesen des Gaszustandes begründete Bewegung der kleinsten Teilchen. Die Geschwindigkeit der letzteren Bewegung ist mit der Temperatur ver- änderlich, und zwar ist sie der Quadratwurzel aus der absoluten Tem- peratur (Nullpunkt bei — 273° C.) proportional, sie ist auch bei der- selben Temperatur je nach dem Molekulargewicht eines Gases verschieden und zwar der Quadratwurzel aus dem Molekulargewicht umgekehrt proportional!. Die letztere Bewegungsart der atmosphärischen Luft setzt nun der Vortragende in Beziehung zum zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie. Der erste Hauptsatz ist den Schwaben wohlbekannt, er behauptet die von R. MAyer zuerst erkannte Äquivalenz von Wärme und Arbeit, die Unzerstörbarkeit der Energie bei allen ihren Verwandlungen. Der zweite Hauptsatz (CArnor und CrAusıvs) stellt die Bedingung der Verwandelbarkeit der Energie fest. Wärme ' Prof. Dr. C. Cranz unterstützte die Ausführungen des Vortragenden durch Demonstrationen über Diffusion von Leuchtgas und Luft durch eine poröse Thonzelle. a NOV kann nicht nach Belieben in Arbeit umgewandelt werden, sonst könnte man ohne Aufwand von Brennmaterial die Wärme der Luft zur Er- zeugung von Arbeit verwenden. Nur wenn Wärme hoher Temperatur sich in Wärme niedriger Temperatur umwandelt, kann zu gleicher Zeit ein entsprechender Betrag von Wärme zur Erzeugung von Arbeit ver- braucht werden, sich in Arbeit umwandeln. Crausıus unterscheidet positive und negative Energieverwandlungen. Erstere vollziehen sich von selbst, letztere nur unter gleichzeitigem Verlauf mindestens gleich- wertiger positiver Verwandlungen, nur unter Kompensation. Unkom- pensierte negative Verwandlungen, z. B. Übergang von Wärme aus kälteren in wärmere Körper, Erzeugung von Arbeit durch Wärme, giebt es nicht. Solche Vorgänge sind nur möglich in Begleitung positiver. Lord Krıvın (W. Tmomson) hat aus dem Cuausıus’schen Satz die höchste und letzte Folgerung gezogen. Die Welt strebt einem Zustande zu, bei welchem keine positiven und folglich auch keine negativen Verwandlungen mehr möglich sind, dem sogenannten Maximum der Entropie. Ein Hauptmerkmal dieses Zustandes ist die vollkommene Ausgleichung der Temperatur. Der Cuausıus’sche Satz hat aber nur ein beschränktes Gebiet annähernder Gültigkeit. In der Meteorologie ist man zur Überzeugung gelangt, dass Temperaturgleichheit in der Atmosphäre eines Himmels- körpers als Dauerzustand unmöglich ist. Unsere Erdatmosphäre zeigt, im grossen ausnahmslos, einen Temperaturabfall von unten nach oben. Die Ursache dieses Temperaturabfalls ist, darüber sind die Meteorologen einig, die Schwere. Nur über das wie, ob mehr unmittelbar oder mehr mittelbar, besteht zum Teil Meinungsunterschied!. Kühlt sich ein auf- steigender Luftstrom deswegen ab, weil zur Erhebung der Luft Hebungs- arbeit verrichtet wird auf Kosten der Wärme oder deswegen, weil die aufsteigende Luft sich ausdehnt unter Gegendruck, weil sie Druckarbeit leistet, während die Hebungsarbeit ersetzt wird durch abwärtsfallende Luft an anderer Stelle? Die Frage braucht hier nicht entschieden zu werden, denn auch bei letzterer Anschauungsweise ist es die Schwere, welche die Abnahme des Luftdrucks nach der Höhe verschuldet und damit den Temperaturabfall mittelbar verursacht. Gerade im Zustande scheinbar ruhender Luft ist es die selbst- thätige Mischung der Atmosphäre vermöge ihrer Wärmebewegung, welche mit einer Temperaturgleichheit der oberen und unteren Schichten un- verträglich ist. Wie man sich diese Bewegung auch näher vorstellen mag, sie existiert zweifellos und muss daher, auch wenn sie aus Strö- mungen kleinster Mengen einer unterschiedslosen elastischen Substanz bestehen sollte, einen Temperaturabfall von unten nach oben erzeugen. Insbesondere aber zeigen die Vorstellungen der kinetischen Gastheorie die Notwendigkeit dieses Temperaturabfalls?®. Jedes kleinste Teilchen verhält sich wie ein mit grosser Geschwindigkeit fortfiiegender Ball, der ! A.Schmidt, „Uber die Ursache der Abnahme der Temperatur etc.“ Math.-naturw. Mitteilungen von Böklen. 1390. 1. Heft des 3. Bandes. ? Vergl. Gotth. Landenberger, „Die Zunahme der Wärme mit der Tiefe ist eine Wirkung der Schwerkraft.“ Stuttgart, Cotta’sche Buchh. 1883. N unter den mannigfaltigsten Zusammenstössen mit den anderen seine Bewegungsenergie in wechselvoller Weise mit diesen austauscht. Aber jedes Teilchen, das von einem höheren abprallend gegen unten fliegt, trifft das nächste niedrigere mit grösserer Geschwindigkeit, als es das obere verlassen hatte und umgekehrt. In vertikaler Luftsäule muss die mittlere Bewegungsenergie der Luftmolekel von oben nach unten zunehmen, die Wärmeleitung in vertikaler Richtung muss einen Tem- peraturabfall gegen oben statt Temperaturgleichheit bewirken. Dieses Temperaturgefäll berechnet sich, wenn man von den Abweichungen der Einzelgeschwindigkeiten von der Durchschnittsgeschwindigkeit absieht, zu 1°C. pro 71 m Höhe. Da faktisch das Temperaturgefäll kleiner, in den unteren Schichten nur halb so gross (1° pro 140 m), in den oberen mehr und mehr noch kleiner ist, so muss in der ruhenden Atmosphäre eine unablässige Wärmeleitung von oben nach unten, von den kälteren zu den wärmeren Schichten stattfinden, ein Ersatz des fortwährenden Wärmeabflusses von unten nach oben mit dem aufsteigenden Wasser- dampf, der seine latente Wärme oben lässt, mit den aufsteigenden Luftströmen, welche sich über den durch die Sonne erwärmten Gebieten der Erde ausbilden und mit der Wärmestrahlung, welche von der Erd- oberfläche gegen die Wolken gerichtet ist — wohl auch ein Ersatz eines Teiles der nach dem kalten Weltraum ausgestrahlten Wärme. Man denke sich einen senkrechten Cylinder, ganz, auch an beiden Endflächen, mit wärmedichten Wänden umgeben und mit Luft gleicher Temperatur gefüllt, die sich im barometrischen Gleichgewicht befinde. Die Luft in diesem Zustande ist im Maximum der Entropie. Sie kann aber darin nicht verharren, die auf- und absteigenden Molekel werden oben eine niedrigere, unten eine höhere Temperatur erzeugen. Das ist nach CrAusıus eine negative Verwandlung, sie erfolgt von selbst. Wohl ist sie von einer Verlegung des Schwerpunkts der Luftsäule begleitet, aber von einer Verlegung gegen oben, weil die untere Luft leichter, die obere schwerer wird. Auch diese Erhebung des Schwerpunkts ist eine unkompensierte negative Verwandlung, ein Teil der Wärme wird zu Arbeit. Der Cuausıus’sche Satz gilt, soweit der Einfluss der Schwere auf das Gesetz der Wärmeleitung unberücksichtigt bleiben darf, in der Theorie der Maschinen und der physikalischen Apparate. Für die Meteorologie gilt er nicht und daher verbietet sich auch seine Aus- dehnung auf die Astronomie und die Kosmogonie !. Es folgte sodann die Demonstration des seltenen australi- schen Beutelmull durch Prof. Dr. Lampert. Das unter dem Namen Notoryctes typhlops Stirn. in die Wissenschaft eingeführte Tier wurde 1888 anlässlich des Baues der von Adelaide nach Port Darwin quer durch den australischen Kontinent führenden Telegraphenlinie im Innern Australiens entdeckt und ist nur in wenigen Exemplaren bekannt ge- ! Vergl. A. Schmidt, Die ewige Nacht und das ewige Licht. Deutsche Revue. Herausg. v. Fleischer. Jan. 189. a worden; eines derselben verdankt das K. Naturalienkabinet der Güte des um die Sammlung so vielfach verdienten Baron MÜLLER in Melbourne. Der Redner erinnert einleitend daran, wie die Beuteltiere in Aussehen und Lebensweise die verschiedensten Vertreter der höher stehenden Säugetierordnungen gewissermassen vorbilden; das neue Beuteltier repräsentiert den Maulwurftypus der Beutler. Von ungefährer Grösse und Gestalt wie der Maulwurf, aber mit lichtem ziemlich langhaarigen Pelz bekleidet, ähnelt er jenem durch den Mangel der Augen; das Stuttgarter Exemplar besitzt eine Körperlänge von 12,5 cm, wozu noch 1,7 cm für den Schwanz kommen; es stimmt völlig mit den ausführ- lichen Beschreibungen überein, die Srıruıme! und GAvow? von dem merkwürdigen Tier geben; an der Hand dieser Publikationen schildert Redner die auf das Leben unter der Erde hinweisende Organisation des Tieres; besonders fallen die mächtigen schaufelförmigen Krallen an den Vorderfüssen auf, die ein rasches Eingraben gestatten. Zum Be- weis, wie die gleiche Lebensweise in verschiedenen Ordnungen der Säugetiere zu ganz ähnlicher Organisation geführt hat, zeigt der Redner ausser unserem einheimischen Maulwurf den ebenfalls zu den Insekten- fressern gehörigen Goldmull (Ohrysochloris holosericea Lıcar.) aus Süd- afrika und die zu den Zahnarmen gehörige Gürtelmaus (Chlamydophorus truncatus Harı.) Chiles in ausgestopften Exemplaren und Skeletten vor, von welchen besonders der Goldmull in seiner ganzen Gestalt und auch in der mächtigen Ausbildung zweier Krallen der Vorderfüsse lebhaft an den Beutelmull erinnert. Redner erwähnt zum Schluss, dass ausser dem Naturalienkabinet bis jetzt nur vier Museen, worunter kein deut- sches sich befindet, dieses seltene und merkwürdige Tier besitzen. Sitzung vom 10. Mai 1894. Bei Beginn der Sitzung konnte zunächst Prof. Dr. Lampert die erfreuliche geschäftliche Mitteilung machen, dass die vom Verein gemeinschaftlich mit dem Verein der Vogelfreunde hier an den Reichs-. tag gerichtete Eingabe um wirksameren Schutz unserer Vogelwelt von Erfolg begleitet gewesen sei. Die Petition sprach besonders den Wunsch aus, zur Verhinderung des Massenvogelfanges in Italien den baldigen Abschluss einer internationalen Übereinkunft über gemeinsamen Vogel- schutz zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Italien herbeiführen zu wollen, und stellte des weiteren die Bitte, die reichs- gesetzlichen Vogelschutzbestimmungen auch auf den Krammetsvogel aus- zudehnen. Nach Mitteilung vom Büreau des Reichstags hat der Reichstag in seiner Sitzung vom 13. April auf Grund des vom Abg. CAssSELMANN erstatteten Berichts mit voller Würdigung derin der Petition angegebenen Gründe beschlossen, die Petition dem Reichskanzler zur Berücksichtigung zu überweisen und die verbündeten Regierungen um Vorlage eines Ge- ı Transact. R. S. South Australia. 1891. 2 Proceed. Zool. Soc. London. 1892. SA NE setzes zu ersuchen, wodurch der Krammetsvogelfang durch den Dohnen- stieg überhaupt verboten werde. Sodann hielt Prof. Dr. O0. Schmidt (Tierärztliche Hochschule) den angekündigten Vortrag über »Die chemische Untersuchung der Fleischwaren«. In erster Linie wurde die Aufgabe, die sich Redner gestellt hatte, genau abgegrenzt, insbesondere die chemische Untersuchung auf Wurst- gift und andere organische Gifte ausgeschlossen. Hierauf wurde auf die Veränderungen, welche Fleisch und Fleischwaren bei der Aufbewahrung erleiden, eingegangen. Hieran reihte sich der chemische Nachweis der Ammoniakentwickelung infolge begonnener Fäulnis unter Anwendung der Eser’schen Flüssigkeit, die Einschränkung der Anwendbarkeit dieser Flüssigkeit infolge des nachgewiesenen Trimethylamingehaltes von Pökel- fleisch und Pökellacke und von marinierten Fischen, sowie die Wand- lungen in der Art der Ausführung der Reaktion. Da gefroren gewesenes Fleisch leicht der Fäulnis anheimfällt, so wurde auch der Nachweis des Gefrorengewesenseins des Fleisches durch Untersuchung des Fleisch- saftes unter dem Mikroskop beschrieben. Dann kamen alle Bedenken zur Sprache, welche sich gegen das überseeische Büchsenfleisch geltend machen lassen, und der chemische Nachweis von Metallgiften in den- selben. Hieran schloss sich die Beschreibung und Wertung der einzelnen Methoden der chemischen Untersuchung der Fleischkonserven, insbeson- dere der Würste 1. auf die Höhe des Wassergehaltes bezw. auf Wasser- zusatz zum Wurstbrät, da hoher Wassergehalt die Haltbarkeit der Würste ungünstig beeinflusst, 2. auf ihren Gehalt an Konservesalzen und die Art und Menge der letzteren, vornehmlich von Kochsalz, Salpeter, Salicylsäure, Borsäure und Borax, 3. auf die Zugabe von Mehl oder Stärkemehl und auf die Art und Menge desselben, 4. auf die etwa angewandten Färbemittel, besonders auf Fuchsin und Karmin und wie dieselben sich unterscheiden lassen, 5. auf Zusatz von Pferdefleisch zur Wurst, wozu die quantitative Bestimmung des Gehaltes an Glykogen und die Brücke’sche Reaktion des letzteren gegen Jodwasser nach der Methode von Bräurıcam im Zusammenhalt mit der Anwendung der Hüsgı’schen Jodadditionsmethode auf die Untersuchung des etwa Pferde- fett enthaltenden Wurstfettes herangezogen wurde. Berichtigung. Im Jahrgange 1893 muss es p. UXXXIV, Z. 16 v. unten, im Referate über Krauss, Landfauna von Tenerife, heissen: „auf dem Gipfel des Pico de Teyde treten noch jetzt Wasser- und Schwefeldämpfe unter einer Temperatur von 84—86° C. zu Tage“, „Quellen“ (!) giebt es daselbst keine; ferner auf der- selben Seite, Z. 5 v. unten, anstatt „Steppenpflanzen“: „afrikanische Strand- und Steppenpflanzen, endemische Felsenpflanzen und Succulenten‘. Auf p. CXXXVI, Z. 7 von oben, zu korrigieren statt „eine Mantis-Art“: „vier Mantis-Arten“. Be}; TH 99 IE rn RES 2 BERN BRETT Le fe RERRRTRRT GER HR 7 OP KREIEREN TE FR; A ART N ae u se we ee MR N Ber ART FEN PER SAUREN BEER wi Mehdi Haha Fl 3r) = le BR aa ER EI TO DEWERTERLRE Ben. hr net ersehlungnin: Pe ae nd tee lee nn En TE PrLI Er eo Erw In ee BEN Sala er ih Famsall; SE Man 70770774 DI nn ne Kal N: I ESSEN BIETET US 12 77, 2E Tier Sa N, at. ler a Er name wall 1 a any Air AR RE ER Anett, Er Tun or wet. ehr ana a BT AN EN ka a ROTE BEE ER AN 2 22) Iab re era nahe PN EN SE, rnit Aufaordihe Fe] Er is 3 er AL aS N) tier “sh ERBRTT rk a er PL 4 Ay ir Alps le RE ae ende alt erlunaie ah | PR ITSH en Alb drohte ug EIER Hang: Rn: Eee AOSIEE AR LES FH FU er ir RE a ee ee ee Tan Par klima nel: Rn eis Mer che SAAlERZUH aan HEAROEE Se Bra j .t ENDE AH BINa 7 a IM)YT Beiliadene a ter FR lan nie Inch IEhH } a I. ar Re a EWR ce. 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Bronner, P., Dr., Professor a. D. in Stuttgart. v. Dorrer, A., Präsident der K. Forstdirektion in Stuttgart. Eichler, J., Assistent am K. Naturalienkabinet in Stuttgart. Eimer, Th., Dr., Professor an der Universität Tübingen. Fraas, E., Dr., Prof., II. Konservator des K. Nat.-Kabinets in Stuttgart. Hell, C., Dr., Prof. an der K. Technischen Hochschule in Stuttgart. v. Hufnagel, L., Senatspräsident a. D. in Stuttgart. Klinger, A., Dr., Vorstand des Städt. Laboratoriums in Stuttgart. Kirchner, O., Dr., Prof. a. d. Landwirtsch. Akademie in Hohenheim. Koch, E., Buchhändler in Stuttgart. Lampert, K., Dr., Prof., I. Konservator d. K. Nat.-Kabinets in Stuttgart. Leuze, A., Dr., Professor a. d. Realanstalt in Stuttgart. Nies, Fr., Dr., Prof. a. d. Landwirtsch. Akademie in Hohenheim. Probst, J., Dr., Pfarrer und Kämmerer in Unteressendorf, Delegierter des oberschwäbischen Zweigvereins. Schmidt, A., Dr., Professor am Realgymnasium in Stuttgart. Schmidt, O©., Dr., Prof. a. d. K. Tierärztl. Hochschule in Stuttgart. Sigel, A., Dr., Professor, prakt. Arzt in Stuttgart. Steudel, W., Dr., Sanitätsrat, Stadtdirektionswundarzt in Stuttgart. Sekretäre: Lampert, K., Dr., Professor. Schmidt, A., Dr., Professor. Kassier: Koch, E., Buchhändler. Bibliothekar: Lampert, K., Dr., Professor. ee = Konservatoren: Eichler, J., für die botanische, Fraas, E., Dr., Professor, für die geologisch-palaeontologische, Lampert, K., Dr., Professor, für die zoologische Sammlung. Redaktions-Kommission: v. Fraas, O., Dr., Direktor. Hell, C., Dr., Professor. Kirchner, O©., Dr., Professor. Lampert, K., Dr., Professor. Schmidt, A., Dr., Professor. Korrespondierende Mitglieder. Perrey, Alexis, Professor in Dijon. 1850.* Beyrich, Dr., Geh. Rat in Berlin. 1853. Kenngott, Dr., Professor in Zürich. 1854. Le Jolis, Präsident der naturwiss. Gesellschaft in Cherbourg. 1856. Marcou, Jules, in Cambridge. 1856. Jäger, Gustav, Dr., Professor in Stuttgart. 1859. Favre, Alphonse, Professor in Genf. 1862. v. Martens, Eduard, Dr., Professor in Berlin. 1864. Sclater, P. L., Dr. in London. 1867. v. Müller, Ferd., Dr., Freiherr, in Melbourne. 1868. Mühry, Adolph, Dr. in Göttingen. 1870. Möhl, H., Dr. in Cassel. 1875. Eppelsheim, E., Med. Dr. in Grünstadt. 1878. Koch, Ludwig, Dr. in Nürnberg. 1878. Agassiz, Alexander, Dr., Direktor in Cambridge, Mass. 1879. Ordentliche Mitglieder. S. K. Hoheit Herzog Albrecht von Württemberg. 1894. S. Hoheit Prinz Herrmann zu Sachsen-Weimar-Eisenach. 1859. S. Durchlaucht Herzog Wilhelm von Urach, Graf von Württem- berg. 1893. S. Durchlaucht Fürst Karl von Urach, Graf von Württemberg. 1891. * Die Zahl bedeutet das Jahr der Aufnahme, — CXNM — Abt, Julius, Apotheker in Untertürkheim. 1894. Achenbach, Adolf, Berghauptmann in Clausthal. 1856. Adelmann v. Adelmannsfelden, Gustav, Graf, in Stuttgart. 1894. v. Adelung, Alexander, Dr. phil. in Stuttgart. 1879. v. Adelung, Nikolai, Dr. in Heidelberg. 1888. v. Ahles, Wilhelm, Dr., Professor im Stuttgart. 1866. v. Alberti, Bergamts-Referendär in Freiberg i. S. 1893. Ammermüller, Friedrich, Dr., in Stuttgart. 1853. Ander, Fritz, Kollaborator in Urach. 1888. Autenrieth, Gottlieb, Kunsthändler in Stuttgart. 1879. Autenrieth, Traugott, Kunsthändler in Stuttgart. 1879. v. Bassaroff, K. russ. Probst in Stuttgart. 1864. Bauer, K., Apotheker in Ravensburg. 1875. Bauer, Max, Dr., Professor in Marburg. 1868. Bauer, Ludwig, Apotheker in Isny. 1876. v. Baur, Franz, Dr., Professor in München. 1866. v. Baur, Karl, Dr., Bergratsdirektor in Stuttgart. 1856. Baur, Ludwig, Professor in Saulgau. 1880. Bebenhausen, forstlicher Leseverein. 1891. Beck, R. Julius, Dr. Med., Stadtarzt in Mengen. 1875. Beck, Karl, Dr., in Stuttgart. 1879. Beck, Viktor, Betriebsbauinspektor in Aulendorf. 1890. Becker, M., Kaufmann in Heilbronn. 1884. Behrend, P., Dr., Professor in Hohenheim. 1883. Beitter, Dr., Oberamtsarzt in Rottweil. 1877. Bendel, Xaver, Pfarrer in Ebersbach OA. Saulgau. 1890. Benecke, E. W., Dr., Professor in Strassburg. 1879. Bengel, Dr. Med., Oberamtsarzt a. D. in Tübingen. 1844. Bernecker, Adolf, Oberreallehrer in Stuttgart. 1881. Berner, F., Oberbaurat in Stuttgart. 1875. Bertsch, Hermann, Dr., Amtsrichter in Hall. 1879. Betz, Friedr., Dr. Med. in Heilbronn. 1884. v. Biberstein, Max, Oberförster in Weil im Schönbuch. 1875. Biesinger, Dr., Oberamtsarzt in Rottenburg. 1888. Bihlmeyer, J., Domänendirektor in Aulendorf. 1875. Bilfinger, Dr., Aug., Fabrikant in Heilbronn. 1884. Bilfinger, Ludwig, Oberförster in Stuttgart. 1891. Bilharz, A., Dr. Med., Direktor des Landesspitals in Sigmaringen. 1886. Binder, Heinrich, sen., Kaufmann in Stuttgart. 1860. Binder, Joh., Fabrikant in Ebingen. 1889. Jahreshefte d, Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ, 1894, h = ERREEN N — Binder, Alfred, Dr. Med. in Neuffen. 1889. Bleil, Albert, Buchhändler in Stuttgart. 1882. Blezinger, E., Apotheker in Hall. 1878. Blezinger, Dr. Med., Medizinalrat in Cannstatt. 1880. Blezinger, Apotheker in Crailsheim. 1883. Böklen, O., Rektor in Reutlingen. 1877. Bopp, Karl, Professor in Stuttgart. 1867. Bosch, Dr. Med. in Aalen. 1879. Brändle, Joh., Kollaborator in Ehingen. 1388. Braun, Dr. Med. in Winnenden. 1874. Branco, W., Dr., Professor in Tübingen. 1890. Bretschneider, Wilhelm, Dr., Professor in Stuttgart. 1877. v. Brockmann, Heinr., Oberbaurat in Stuttgart. 1866. Bronner, Paul, Dr., Professor in Stuttgart. 1874. Bruckmann, Peter, Fabrikant in Heilbronn. 1884. Bubeck, Ad., Kaufmann in Stuttgart. 1892. Buchner, O., Dr. in Stuttgart. 1890. Bücheler, Karl, Dr., Oberschulrat in Stuttgart. 1849. Bürklen, Professor in Gmünd. 1884. Bumiller, Friedrich, Stadtarzt in Ravensburg. 1874. Burk, Rudolf, Dr., Oberstabsarzt in Ulm. 1874. Burckhardt, H., Dr., Medizinalrat in Stuttgart. 1881. Burckhardt, Paul, Architekt in Stuttgart. 1894. Burkardt, Forstrat in Cannstatt. 1875. Clausnizer, Konrad, Sektions-Ingenieur in Sigmaringen. 1879. Clausnizer, Karl, Regierungsrat in Stuttgart. 1892. Clavel, Roderich, Apotheker in Ellwangen. 1885. Clessin, S., Eisenbahnstations-Vorstand in Ochsenfurt. 1873. Clessler, Chr., Hofrat in Plieningen. 1876. Cranz, C., Dr., Professor in Stuttgart. 1888. Cranz, Heinrich, Professor in Stuttgart. 1382. Deffner, Wilhelm, Fabrikant in Esslingen. 1875. Dietlen, Dr., Stabsarzt in Ulm. 1891. Dietlen, Karl, Forstrat in Urach. 1888. Dietrich, Dr. Med. in Eutingen. 1882. Dieudonne, Eduard, Apotheker in Stuttgart. 1860. v. Ditterich, Apotheker in Möhringen a. F. 1894. Dittus, W., Baumeister in Kisslegg. 1876. Dorn, Lieutenant im Inf.-Regt. Kaiser Friedrich in Stuttgart. 1894. Dorn, Dr., Chemiker in Feuerbach. 1882. I. v. Dorrer, August, Präsident in Stuttgart. 1859. Drautz, Karl, Kommerzienrat in Heilbronn. 1884. Eberhardt, Wilh., Lehrer in Dettingen. 1888. Eberhardt, Professor in Esslingen. 1892. v. Eck, Heinrich, Dr., Professor in Stuttgart. 1871. v. Egle, J., Hofbaudirektor in Stuttgart. 1876. Ehmann, Hermann, Baurat in Stuttgart. 1869. Ehmann, Wilhelm, Kameralverwalter in Urach. 1887. Ehrle, Dr. Med., Oberamtsarzt in Leutkirch. 1872. Ehrle, Wilhelm, Kaufmann in Ravensburg. 1882. Ehrle, Karl, Dr. Med. in Isny. 1873. Eichler, Julius, Assistent am K. Nat.-Kabinet in Stuttgart. 1885. Eimer, F., Dr., Professor in Tübingen. 1876. Eisele, Wilhelm, Stadtschultheiss in Balingen. 1882. Eisenlohr, Ludwig, Dr. Med. in München. 1877. Eisenlohr, Theodor, Forstamtsassistent in Neuenbürg. 1883. Elben, Otto, Dr. jur. in Stuttgart. 1855. Elben, Rudolf, Dr. Med. in Stuttgart. 1879. Ellwangen, Forstverein. 1870. Elwert, Dr. Med. in Reutlingen. 1884. Endriss, Karl, Dr., Privatdozent in Stuttgart. 1883. Engel, Theodor, Dr., Pfarrer in Klein-Eislingen. 1867. Engelhorn, Dr. Med., Oberamtsarzt in Göppingen. 1885. Engert, Johannes, Pfarrer in Kehlen. 1873. Entress, Professor am Reallyceum in Ludwigsburg. 1893. Erhardt, Albert, Oberbergrat in Stuttgart. 1886. Essig, Hermann, Dr. Med., Oberamtsarzt in Waldsee. 1880. Eulenstein, Baurat in Stuttgart. 1878. Euting, Oberbaurat in Stuttgart. 1875. v. Faber, Dr., Staatsminister, Excellenz, in Stuttgart. 1861. Faber, Karl, Kaufmann in Stuttgart. 1874. Faber, Karl, Dr. Med. in Stuttgart. 1886. Fach, August, Professor in Hall. 1879. v. Falkenstein, Freiherr, Oberförster in Kapfenburg. 1888. Fehling, Dr., Professor in Halle a. S. 1879. Fetscher, M., Professor in Geislingen. 1876. Fieseler, Joseph, Kaplan in Winterstettenstadt. 1876. Finckh, Chr., Apotheker in Stuttgart. 1861. Finckh, Karl, Dr., Hofrat in Biberach. 1873. Findeisen, Dekan in Blaubeuren. 1876. h* — X — v. Fischbach, Dr., Oberforstrat in Sigmaringen. 1875. Fischer, Heinrich, Feinmechaniker in Stuttgart. 1890. Fischer, F., Oberförster in Wangen. 1876. Fleischer, Bruno, Kaufmann in Stuttgart. 1878. v. Fraas, Oskar, Dr., Direktor in Stuttgart. 1846. Fraas, Eberhard, Dr., Professor in Stuttgart. 1890. Franck, Julius, Dr. Med. in Stuttgart. 1880. Frank, Fugen, Oberförster in Schussenried. 1874. Frank, Reinhold, Forstmeister in Ulm. 1869. Frick, Seminar-Oberlehrer in Nürtingen. 1882. Fricker, A., Dr. Med., Sanitätsrat in Heilbronn. 1866. Fricker, W., Direktor der K. Tierärztl. Hochschule in Stuttgart. 1851. Fries, R., Dr., Direktor der Irrenanstalt in Nietleben. 1872. Fröhner, Oberförster in Göppingen. 1893. Fünfstück, Moritz, Dr., Privatdozent in Stuttgart. 1886. Fürer, Theodor, Cand. phil. in Kiel. 1888. Fürst, Ed., Stud. rer. nat. in Tübingen. 1894. v. Gaisberg-Schöckingen, Friedrich, Freiherr, in Schöckingen. 1885. Gabriel, Karl, Gutsbesitzer m Schomburg. 1878. Gaus, Eugen, Reallehrer in Ehingen a. D. 1883. Geiger, Joseph, Kaplan in Neukirch OA. Tuttlingen. 1890. Gerok, Dr. Med. in Stuttgart. 1885. Gerschel, Oskar, Buchhändler in Stuttgart. 1889. Gessler, Gebh., Prof.-Kandidat in Cannstatt. 1890. Gessler, Ernst, Dr., Oberreallehrer in Stuttgart. 1891. Gessler, Georg, Apotheker in Wurzach. 1848. Geyer, Julius, Oberförster in Biberach. 1879. Geyer, Mittelschullehrer in Neckarthailfingen. 1884. Geyer, Heinr., Dr., Apotheker in Stuttgart. 1880. Glatz, Adolf, Fabrikant in Giengen a. Br. 1879. Gmelin, Ad., Betriebsbauinspektor in Biberach. 1870, Gmelin, Bernhard, Dr. in Stuttgart. 1894. Gmelin, Walter, Dr., Professor in Stuttgart. 1888, Göbel, G., Kaufmann in Reutlingen. 1888. Gönner, Joseph, Oberförster in Buchau. 1882. Göppingen, Lehrerverein für Naturkunde. 1888. Götz, Schullehrer in Heilbronn. 1888. Götz, Joseph, Dr. in Ravensburg. 1877. Gradmann, Pfarrer in Forchtenberg. 1893. Graner, W., Baurat in Stuttgart. 1876. — JeRyı — Graner, Ferd., Landrichter in Stuttgart. 1891. Gresser, Pfarrer in Attenweiler. 1875. Gross, Dr., Medizinalrat in Ellwangen. 1864. Gross, Apotheker in Bietigheim. 1893. Grotz, Karl, Kaufmann in Ebingen. 1885. Gussmann, Pfarrer in Eningen u. A. 1878. Gutscher, Oberreallehrer in Crailsheim. 18837. Günzler, Karl, Oberstudienrat in Stuttgart. 1890. Haag, Fr., Professor in Rottweil. 1882. Haage, Konrad, Professor in Esslingen. 1879. Haas, H. J., Dr., Professor in Kiel. 1879. Haas, Apotheker in Rottenburg. 1890. Haas, Aug., Dr., Professor in Stuttgart. 1885. Haas, Theodor, Professor. in Stuttgart. 1855. Haberer, Oberstlieutenant z. D. in Stuttgart. 1893. Häberle, Dr. Med., Oberamtsarzt in Ulm. 1876. Häckler, Lehrer in Bonlanden. 1873. v. Hänel, Oberbaurat in Stuttgart. 1855. Härlin, Albrecht, Dr., Oberamtsarzt a. D. in Stuttgart. 1845. Hagenbucher jun., Karl, Kaufmann in Heilbronn. 1384. Hahn, Ludwig, Fabrikant in Heilbronn. 1884. Hahn, Gustav, Kanzleirat in Stuttgart. 1864. Hahne, Maschineninspektor in Aalen. 1875. Haidlen, Dr. Med. in Stuttgart. 1888. Haist, Reallehrer in Tübingen. 1891. Hammer, E., Professor an der K. Technischen Hochschule in Stutt- gart. 1886. Happel, Theodor, Privatier in Stuttgart. 1877. Happold, Aug., Fabrikant in Feuerbach. 1891. Hartmann, Wilh., Professor a. D. in Stuttgart. 1872. Hartmann, Gust., Dr. Med. in Altshausen. 1878. Hartmann, Dr., Oberamtsarzt in Herrenberg. 1886. Hartmann, Julius, Dr., Professor in Stuttgart. 1880. Hartmann, Pfarrer in Hausen ob Verena. 1882. Hauff, Bernhard, in Holzmaden. 1893. Haug, Oberförster in Blaubeuren. 1891. Haug, Professor in Calw. 1890. Haug, Lorenz, Reallehrer in Spaichingen. 1881. Haug, Albert, Reallehrer in Ulm. 18853. Hauser, Bergrat in Cannstatt. 189%. — Ay — Häussermann, Dr., Professor in Stuttgart. 1892. v. Hayn, A. Ernst, Freiherr, K. Kammerherr in Stuttgart. 1875. Heck, Dr., Oberförster in Adelberg. 1891. Hecker, Val., Dr., in Freiburg i. Br. 1891. Hedinger, A., Dr. Med., Medizinalrat in Stuttgart. 1875. Hegelmaier, F., Dr., Professor in Tübingen. 1859. Heidenheim, forstlicher Leseverein. 1874. Heigelin, Eugen, Forstrat in Heilbronn. 1876. Heilbronn, K. Gymnasium. 1884. Heilbronn, Lehrerverein für Naturkunde. 1888. Heimsch, Ad., Apotheker in Esslingen. 1890. Hell, J., Dr., Oberstabsarzt in Ulm. 1876. Hell, Karl, Dr., Professor in Stuttgart. 1879. Heller, Adolf, Dr., Rektor in Stuttgart. 1865. Henle, August, Forstverwalter in Königseggwald. 1875. Herdegen, Forstrat in Leonberg. 1872. v. Herman, Benno, Freiherr, K. Kammerherr auf Wain. 1875. Hermann, Julius, Lehrer in Neubulach. 1894. Herzog, Robert, Hüttenverwalter in Königsbronn. 1888. Hesse, Dr., K. Assistent am Zool. Institut in Tübingen. 1894. Hesse, O., Dr., Chemiker in Feuerbach. 1875. Hetsch, Rudolf, Buchhändler in Biberach. 1882. Heubach, Lehrer in Schwieberdingen. 1884. Hildenbrand, Geognost in Ohmenhausen. 1855. Hiller, Chr., Inspektor in Leutkirch. 1881. Hiller, Oberförster in Herrenalb. 1883. Hirzel, Oberförster in Schwann. 1893. Hochstetter, Fr., Vikar in Ohmenhausen. 1892. Höchstetter, Dr. Med., in Metzingen. 1890. Höchstetter, Gotthold, Professor in Ulm. 1880. v. Hölder, Hermann, Dr., Obermedizinalrat in Stuttgart. 1858. Hölder, Professor in Rottweil. 1870. Hölzle, Apotheker in Feuerbach. 1891. Hölzle, A., Apotheker in Kirchheim u. T. 1893. Höring, A., Dr. Med. in Göppingen. 1885. Höring, Dr., Oberamtsarzt in Weinsberg. 1880. Hofele, Engelbert, Dr., Pfarrer in Ummendorf. 1875. Hoffmann, Professor an der Tierärztl. Hochschule in Stuttgart. 1886. Hoffmann, Julius, Dr., Buchhändler in Stuttgart. 1890. v. Hohenlohe-Langenburg, Herm., Fürst, Durchl., in Langenburg. 1880. — (CR — Holdschuher, Lehrer in Buchau. 1882. Holland, Friedr., Forstamts-Assistent in Heidenheim. 1890. Holtzmann, C. E., Hüttenamts-Inspektor in Friedrichsthal. Hopf, Dr. Med. in Plochingen. 1881. Hopfengärtner, Hermann, Forstmeister in Wildberg. 1877. Hoser, Julius, Partikulier in Stuttgart. 1878. Huber, J. Ch., Dr., Landgerichtsarzt in Memmingen. 1882. Hüeber, Dr., Oberstabsarzt in Ulm. 1883. Hüfner, Dr., Professor in Tübingen. 1893. v. Hufnagel, Senatspräsident in Stuttgart. 1871. Hundeshagen, Franz, Dr. in Stuttgart. 1890. Imhof, Joseph, Oberförster in Wolfegg. 1874. v. Imle, Major auf der Insel Reichenau. 1878. Irion, Dr., Oberamtsarzt in Nagold. 1869. Jäger, Eugen, in Stuttgart. 1893. Jäger, Dr., Oberamtsarzt in Langenburg. 1887. Jobst, Karl, Kommerzienrat in Stuttgart. 1845. v. Jobst, Julius, Dr., Geh. Hofrat in Stuttgart. 1885. v. Jürgensen, Dr., Professor in Tübingen. 1881. Junker, Friedr., Dr. Med. in Urach. 1893. Kachel, Apotheker in Reutlingen. 1877. Kammerer, Robert, Dr. Med. in Stuttgart. 1857. Karle, Karl, K. preuss. Oberförster in Sigmaringen. 1879. Kast, Christ., Postrevisor in Stuttgart. 1893. Kaufmann, Richard, Buchhändler in Stuttgart. 1892. Kees, J. N., Weinhändler in Waldsee. 1874. Kees, Karl, Kaufmann in Waldsee. 1894. Keller, Franz, Dr. Med. in Heubach. 1892. Keller, Forstmeister in Rottweil. 1882. Keller, Apotheker in Tübingen. 1883. Kern, Karl, Professoratsverweser in Stuttgart. 1887. Kerner, Theobald, Dr., Hofrat in Weinsberg. 1867. Kerz, Fritz, Präparator am K. Naturalienkabinet in Stuttgart. Kienzle, Oberförster in Baiersbronn. 1884. Kieser, Dr., Medizinalrat in Gmünd. 1863. Kifer, Joseph, Handelsgärtner in Biberach. 1874. Kirchner, O., Dr., Professor in Hohenheim. 1878. v. Kirn, Oberförster in Maulbronn. 1887. Kirn, Karl, Apotheker in Nürtingen. 1893. v. Klein, Adolf, Dr., Oberstabsarzt in Ludwigsburg. 1884. 1885. 1885. OR — Klemm, Eberhard, Bauinspektor in Stuttgart. 1854. Klinger, A., Dr., Vorstand des städt. Laboratoriums in Stuttgart. 1879. Klinkerfuss, Otto, Kaufmann in Stuttgart. 1877. Kloos, Dr., Prof. a. d. Technischen Hochschule in Braunschweig. 1884. Klüpfel, Gustav, Dr., Bergrat in Stuttgart. 1884. Klüpfel, Dr. Med. in Urach. 1890. i Klunzinger, C. B., Dr., Professor in Stuttgart. 1852. v. Knapp, O., Direktor a. D. in Stuttgart. 1891. Knapp, Alfred, Bergkadett in Wasseralfingen. 1892. Knüttel, S., Rentier in Stuttgart. 1874. Knupfer, Emil, Lehrer in Unterschwarzach. 1883. Kober, J., Dr., Apotheker in Basel. 1870. Kober, Fr., Redakteur in Stuttgart. 1878. Koch, Oberförster in Hirsau. 1884. Koch, Wilh., Dr., Oberstabsarzt in Ludwigsburg. 1885. Koch, Eduard, Buchhändler in Stuttgart. 1869. Koch, Paul, Dr., Apotheker in Neuffen. 1890. Koch, Dr., Professor a. d. Techn. Hochschule in Stuttgart. 1892. v. König-Warthausen, Richard, Dr., Freiherr, auf Warthausen. 1853. v. König-Fachsenfeld, Ferdinand, Freiherr, in Stuttgart. 1874. v. Königsegg-Aulendorf, Alfred, Graf, Erlaucht, in Aulendorf. 1882. v. Köstlin, Staatsrat in Stuttgart. 1861. Köstlin, Ökonomierat in Ochsenhausen. 1855. Köstlin, Karl, Dr. Med. in Cannstatt. 1893. Köstlin, W., Repetent a. d. Techn. Hochschule in Stuttgart. 1892. Köstlin, Albert, Landwirtschaftsinspektor in Ulm. 1893. Kohler, Anton, Oberamtstierarzt in Urach. 1887. Kollros, A., Schultheiss in Wolfegg. 1876. Kost, Landwirtschaftsinspektor in Ravensburg. 1894. Kräutle, Viktor, Pfarrer in Fulgenstadt. 1885. Krauss, Hermann, Dr. im Tübingen. - 1864. Krauss, Karl, Chemiker in Ehingen a. D. 1879. Krauss, Friedr., Fabrikant in Ravensburg. 1892. Kreuser, Dr. Med., Direktor in Schussenried. 1884. Kreuzhage, Dr. in Hohenheim. 1869. Krieg, Robert, Dr. Med., Hofrat in Stuttgart. 1879. Krimmel, Otto, Dr., Professor in Cannstatt. 1882. Kuen, Ed., Kaufmann in Kisslegg. 1885. -Kull, Albert, Maler in Stuttgart. 1884. Kull, Ludwig, Lithograph in Stuttgart. 1884. — CXXI — Kurtz, Karl M., Dr., Professor in Ellwangen. 1875. Kurtz, G., Dr. Med. in Stuttgart. 1879. Kurz, Max, Oberförster in Stammheim. 1892. Kutter, Fr., Fabrikant in. Höll. 1856. Längst, Professor in Hall. 1887. Lambert, Eduard, Baurat in Ravensburg. 1878. v. Lamparter, Regierungspräsident in Ulm. 1885. Lampert, Kurt, Dr., Professor in Stuttgart. 1884. v. Landauer, Theodor, Baudirektor in Stuttgart. 1865. v. Landbeck, Karl, Oberkriegsrat in Stuttgart. 1875. Landerer, Gustav, Dr., Sanitätsrat in Göppingen. 1880. Landerer, Richard, Ökonomieinspektor in Göppingen. 1881. Landerer, Dr., Hofrat in Kennenburg. 1888. Landerer, Heinr., Dr. Med. in Göppingen. 1885. v. Landerer, Landgerichtspräsident in Stuttgart. 1891. Lang, H., Dr., Landgerichtsdirektor in Rottweil. 1862. Lang, Max, Oberinspektor in Stuttgart. 1869. Lauffer, Friedr., Mittelschullehrer in Geislingen. 1891. Lechler, Dr., Oberamtsarzt in Böblingen. 1877. Lechler, Oberförster in Neuffen. 1893. Leibbrand, Max, Landesbaumeister in Sigmaringen. 1884. Lerch, Heinrich, Fabrikant in Höfen. 1883. Leube, G., Dr., Apotheker in Ulm. 1868. Leutze, Oberamtstierarzt in Calw. 1890. Leuze, Alfred, Dr., Professor in Stuttgart. 1872. Lichtenberger, Theodor, Kaufmann in Heilbronn. 1384. Lieb, Dr. Med., Oberamtsarzt in Freudenstadt. 1882. Liesching, Dr. Med. in Königsbronn. 1882. Lindauer, Theodor, in Stuttgart. 1855. v. Linden, Marie, Comtesse, in Tübingen. 1892. v. Linden, Hugo, Freiherr, Geh. Legationsrat in Stuttgart. 1879. Lindenmayer, Apotheker in Kirchheim u. T. 1872. Link, Ludwig, Fabrikant in Heilbronn. 1884. Linser, Dr., Oberamtsarzt in Aalen. 1881. Locher, Georg in Tettnang. 1889. Lökle, Ferdinand, Professor in Stuttgart. 1856. Lorey, Dr., Professor in Tübingen. 1881. Ludwig, Felix, Revieramts-Assistent in Hofstett. 1890. Ludwig, Emil, Dr. Med., Oberamtsarzt in Leonberg. 1881. Lufft, Gotthilf, Optiker in Stuttgart. 1879. — CXXI — Lutz, Dr. Med. in Göppingen. 1885. Maag, Karl, Stadtpfleger in Ebingen. 1882. Mack, Dr., Professor in Hohenheim. 1889. Mack, Heinrich, Fabrikant in Ulm. 1891. Mäule, Heinrich, Lehrer in Hedelfingen. 1890. Mahler, Gottfried, Professor in Ulm. 1879. Majer, Friedrich, Dekan in Biberach. 1875. Majer, Dr., Oberamtsarzt in Heilbronn. 1876. Mangold, Kasimir, Schullehrer in Ulm. 1874, v. Marchthaler, Dr. Med. in Heilbronn. 1884. v. Martens, Adolf, Baudirektor in Stuttgart. 1863. v. Marval, Friedrich in Neufchätel. 1867. Mast, Friedrich, Fabrikant in Ebhausen. 1876. Mauch, Friedrich, Dr., Professor in Göppingen. 1874, Mauch, Chr., Lehrer a. d. Höheren Handelsschule in Stuttgart. 1887, Mayer, Franz, Dr., in Ochsenhausen. 1875. Mayer, Paul, Regierungsrat in Stuttgart. 1875. Mayer, Gottl. Georg, Stadtpfarrer in Biberach. 1879. Mayer, Emil, Stadtbaurat in Stuttgart. 1878. Mayer, Karl, Dr. Med. in Feuerbach. 1891. Mayer, A., Oberförster in Thumlingen. 1889. Mayer, Max, Rektor an der Realanstalt in Biberach. 1881. Mayer, Paul, Dr. Med. in Heilbronn. 1884. Mayer, R. F., Kaufmann in Heilbronn. 1884. Mayser, W., Revieramts-Assistent in Gschwend. 1890. Melchior, A., Fabrikant in Nürtingen. 1882. Mennet, Gottlieb, Brauereibesitzer in Buchau. 1884. Mesmer, Joseph, Schultheiss in Altshausen. 1877. Metzger, Pfarrer in Grünthal. 1880. Metzger, Hermann, Apotheker in Urach. 1890. Meyer, Ludwig, Dr. in Stuttgart. 1894. Mezger, Gottlob, Oberförster in Wildberg. 1876. Miller, ©., Dr., Professor in Stuttgart. 1867. Mönig, Joseph, Kaplan in Saulgau. 1878. Möricke, Friedr., Privatier in Stuttgart. 1890. Mohr, Hermann, Kaufmann in Stuttgart. 1857. v. Morlok, G., Baudirektor in Stuttgart. 1860. Mülberger, A., Dr. Med., Oberamtsarzt in Crailsheim. 1877. Müller, Joseph, Stadtpfarrer in Saulgau. 1886. Müller, Karl, Stadtschultheiss in Biberach. 1887. — (XXI — v. Müller, Dr., Prälat in Stuttgart. 1864. Müller, Karl, Oberstabsarzt in Stuttgart. 1879. Müller, Theodor, Rektor in Esslingen. 1869. Müller, Eberhard, Dr., Oberamtsarzt in Calw. 1874. Müller, Hermann, Dr., Rektor m Calw. 1875. Müller, Karl August, Professor in Cannstatt. 1879. Müller, Karl, Dr., Medizinalrat in Ravensburg. 1879. Müller, Christian, Lehrer in Heidenheim. 1879. Müller, Richard, Dr. in Mochenwangen. 1882. Müller, Apotheker in Spaichingen. 1882. Müller, Ernst, Dr. Med. in Stuttgart. 1893. Münzenmaier, Emil, Oberreallehrer in Heilbronn. 1881. Münzing, Albert, Fabrikant in Heilbronn. 1866. Munk, Reinh., Dr. Med. in Göppingen. 1885. Munz, J. C. G., Stadtschultheiss in Isny. 1876. Nachtigal, Richard, Dr. Med., in Stuttgart. 1893. Nägele, Professor in Tübingen. 1893. Nägele, Erwin, Verlagsbuchhändler in Stuttgart. 1894. Nagel, Ludwig, Oberamtstierarzt in Neresheim. 1889. Nagel, Joseph, Pfarrer in Hundersingen. 1883. Nagel, Otto, Forstmeister in Freudenstadt. 1883. Neher, A., Brauereibesitzer in Warthausen. 1875. Nestle, Paul, Regierungsbaumeister in Taterpfahl. 1884. Neubert, Wilhelm, Dr. in Cannstatt. 1848. Nies, Dr., Professor in Hohenheim. 1874. Niethammer, Sekondelieutenant in Tübingen. 1889. Nill, Adolf, Tierarzt in Stuttgart. 1890. v. Nördlinger, Dr., Oberforstrat in Tübingen. 1846. Öbermüller, Professor in Stuttgart. 1894. Ochsenreiter, Hofrat in Stuttgart. 1892. Odernheiner, Edgar, Dr. in Stuttgart. 1891. Oechsler, K. Landrichter in Ellwangen. 1885. Öeffinger, Richard, Apotheker in Cannstatt. 1877. Oesterlen, Otto, Dr. Med., Oberamtsarzt in Tübingen. 1874. Oestreicher, Realamtsverweser in Kirchheim u. T. 1893. Öfterdinger, Ludwig, Dr., Professor in Ulm. 1874. Östertag, Hermann, Kaufmann in Stuttgart. 1892. Ott, Traugott, Fabrikant in Ebingen. 1877. v. Ow, Edmund, Freiherr, in Stuttgart. 1859. Palm, Apotheker in Neuenbürg. 1886. — CXXIV — Palmer, Christ, Dr. Med. in Biberach. 1882. Petzendorfer, Bibliothekar in Stuttgart. 1875. Pfeilsticker, Karl, Landgerichtsrat in Biberach. 1874. Pfeilsticker, Albert, Regierungsrat in Ulm. 1879. Pfizenmayer, Forstmeister in Blaubeuren. 1860. Pfizenmayer, Friedr., Forstmeister in Ulm. 1882. v. Pflaum, Alexander, Kommerzienrat in Stuttgart. 1884. Pfleiderer, Alfred, Dr. Med. in Schussenried. 1887. Philip, Max, Dr., Privatdozent in Stuttgart. 1890. v. Plato, Freiherr, Oberjägermeister, Exc., in Stuttgart. 1894. Pilgrim, L., Dr., Professor in Ravensburg. 1882. Plieninger, Felix, Stud. Med. in München. 1889. Pompeckj, Max, Dr., Privatdozent in München. 1892. Popp, C., Direktor in Uhingen. 1885. Prescher, Forstmeister in Heidenheim. 1860. Prestele, Anton, Rektor in Sigmaringen. 1874. v. Probst, Walter, Oberforstrat in Stuttgart. 1855. Probst, Joseph, Dr., Pfarrer in Unteressendorf. 1857. Probst, Forstrat in Ellwangen. 1855. Probst, Viktor, Hauptmann in Waldsee. 1834. Probst, Albert, Forstmeister in Kirchheim u. T. 1880. v. Pückler-Limpurg, Felix, Graf, Rittmeister a. D. in Stuttgart. 1894. v. Quadt-Wykradt-Isny, Graf, Erlaucht, in Isny. 1875. Rapp, Joseph, Oberamtsbaumeister in Saulgau. 1877. v. Rassler-Weitenburg, Max, Freiherr, K. Kammerherr, in Stuttgart. 1892. Rathgeb, Adolf, Apotheker in Gmünd. 1884. Rathgeb, Franz, Apotheker in Ellwangen. 1878. Rau, Eugen, Fabrikant in Stuttgart. 1885. Rau, Oberförster in Tübingen. 1892. v. Rauch, Moritz, Fabrikant in Heilbronn. 1884. Raupp, H., Gasfabrikdirektor in Heilbronn. 1884. Rauscher, Fried., Professor in Stuttgart. 1893. Rauscher, Oberamtstierarzt in Tübingen. 1893. Ray, G., Dr. Med., Oberamtsarzt in Ehingen a. D. 1875. v. Rechberg und Rothenlöwen, Otto, Graf, Erlaucht, in Donzdorf. 1876. Regelmann, Chr., Inspektor in Stuttgart. 1886. Reibel, Karl, Kommerzienrat in Heilbronn. 1872. Reihlen, Hermann, Apotheker in Stuttgart. 1894. Reihlen, Max, Dr. Med. in Stuttgart. 1894. Reihling, Karl, Regierungsbaumeister in Cannstatt. 1885. — ICORRV — Reiniger, Rektor in Reutlingen. 1884. Reitmayer, Paul, Dr. in Buchau. 1882. Rembold, Dr., Medizinalrat in Stuttgart. 1884. Renner, Paul, Major z. D. in Stuttgart. 1893. v. Renz, Dr., Geh. Hofrat in Wildbad. 1867. Rettich, Professor in Stuttgart. 1874. Reuss, Hermann, Landgerichtssekretär in Hall. 1879. Reuss, Ad., Dr. Med. in Stuttgart. 1886. Reutlingen, naturwissenschaftlicher Verein. 1886. Reuttner v. Weyl, Camill, Graf, K. Kammerherr, auf Achstetten. 1874. Richter, Max, Repetent in Stuttgart. 1893. Rieber, A., Oberreallehrer in Ludwigsburg. 1885. Riecker, Oberförster in Gundelsheim. 18832. Ritter, Oberförster in Schrezheim. 1882. Ritter, Dr. Phil., Vikar in Stuttgart. 1893. Roman, Max, Dr. Med., Stabsarzt in Weingarten. 1878. Romberg, E., Oberförster in Hohenheim. 1885. Rosenfeld, G., Dr. Med. in Stuttgart. 1883. Rosenstein, Hermann, Kaufmann in Stuttgart. 1890. Roth, Louis, Kommerzienrat in Göppingen. 1885. Roth, A., Dr., Medizinalrat in Stuttgart. 1880. Rothenhöfer, Emil, Postsekretär in Stuttgart. 1876. Rottweil, forstlicher Leseverein. 1866. Rudolph, Dr., Oberlehrer in Strassburg i. E. 1893. Rümelin, Emil, Oberbürgermeister in Stuttgart. 1893. Rümelin, Paul, Oberstlieutenant in Stuttgart. 1885. Rümelin, Hugo, Bankier in Heilbronn. 1884. Ruetz, J. A., Pfarrer in Moosheim. 1876. kühl, Fritz, Pfarrer in Issing. 1874. Rühle, Dr. Med. in Cannstatt. 1845. Salzmann, Frau Dr. in Esslingen. 1881. Sannwald, Karl, Kommerzienrat in Nagold. 1875. Sattler, Leopold, Apotheker in Cannstatt. 1893. Sauerbeck, Paul, Dr., Professoratsverweser in Reutlingen. 1890. Sautermeister, Pfarrer in Schörzingen. 1894. Sautermeister, O., Apotheker in Rottweil. 1868. Schäuffelen, A., Fabrikant in Heilbronn. 1866. Schäuffelen, Karl, Fabrikant in Heilbronn. 1884. Schariry, Oberförster in Tuttlingen. 1893. Schauffler, Ad., Prof.-Kandidat in Stuttgart. 1891. — ORXM — Scheel, Pius, Pfarrer in Unterthalheim. 1887. Scheiffele, J., Dekorateur in Stuttgart. 1870. Scheiffele, Wilh., Pfarrer in Zainingen. 1890. Schenk v. Stauffenberg, Franz, Freiherr, auf Risstissen. 1875. Scheuerle, Schullehrer in Frittlingen. 1882. Scheurlen, Ernst, Dr., Stabsarzt in Strassburg. 1893. Schickhardt, Karl, Fabrikant in Betzingen. 1889. Schickhardt, G., Fabrikant in Betzingen. 1889. Schiele, A., Oberförster in Schemmerberg. 1876. Schiessle, Karl, Amtsgerichtsrat in Sigmaringen. 1874. Schiler, August, Dr. Med. in Calw. 1874. Schips, Kaspar, Diakon in Rottenburg. 1894. Schleich, G., Dr., Professor in Stuttgart. 1893. Schlesinger, Optiker in Stuttgart. 1871. Schlichter, H., Dr. in London. 1885. v. Schlierholz, J., Baudirektor in Stuttgart. 1865. Schlipf, Oberförster in Geislingen. 1884. v. Schmid, Oberhofprediger, Prälat in Stuttgart. 1866. Schmid, Christian, Schullehrer in Urach. 1886. Schmid, Julius, Apotheker in Tübingen. 1876. v. Schmidsfeld, Fabrikant in Schmidsfelden. 1875. v. Schmidt, Wilhelm, Generalmajor in Tübingen. 1880. Schmidt, August, Dr., Professor in Stuttgart. 1872. Schmidt, O., Dr., Professor in Stuttgart. 1875. Schmidt, Hermann, Redakteur in Stuttgart. 1879. Schmidt, Otto, Direktor in Stuttgart. 1881. Schmitt, Apotheker in Kuchen. 1884. Schneider, H., Professor in Biberach. 1875. Schnitzer, Guido, Fabrikant in Hall. 1855. Schoder, C., Apotheker in Feuerbach. 1892. Schoffer, Ökonomierat in Kirchberg. 1876. Schorndorf, forstlicher Leseverein. 1870. Schott, Sigmund, Rechtsanwalt in Stuttgart. 1854. Schott v. Schottenstein, Oberregierungsrat in Reutlingen. 1884. Schrader, Julius, Apotheker in Feuerbach. 1881. Schreiber, Max, Buchhändler in Esslingen. 1877. Schrödter, Max, Direktor in Cannstatt. 1891. Schüle, Dr., Assistent in Hohenheim. 1891. Schüz, Friedr., Salineverwalter in Hall. 1891. Schuler, Aug., Kupferdrucker in Stuttgart. 1885. — (XVII — Schulz, Friedr., Kommerzienrat in Stuttgart. 1864. Schumann, Pfarrer in Bonfeld. 1875. Schupp, Friedrich, Hofgärtner in Wolfegg. 1874. Schuster, Hermann, Redakteur in Pforzheim. 1893. v. Schwarz, O., Dr., Direktor in Stuttgart. 1889. Schwarzmeyer, Christian, Seminar-Oberlehrer in Nagold. 1881. Schweitzer, Gottlob, Werkmeister in Stuttgart. 1894. Schwendener, Dr., Professor in Berlin. 1877. Schwenk, Karl, Fabrikant in Ulm. 1885. Scriba, Karl, Fabrikant in Heilbronn. 1884. v. Seckendorff, Erwin, Freiherr, Oberamtsrichter in Urach. 1882. Seelig, Emil, Fabrikant in Heilbronn. 1884. Seyffardt, Eduard, Hofrat in Stuttgart. 1857. Sick, Paul, Dr., Obermedizinalrat in Stuttgart. 1891. Sieber, Eugen, Alumnus in Rottenburg. 1894. Siegle, Dr. Med., Hofrat in Stuttgart. 1869. Siegle, Gustav, Geh. Kommerzienrat in Stuttgart. 1865. Sieglin-Fehr, Hermann, Professor in Hohenheim. 1885. Sigel, Albert, Dr. Med., Professor in Stuttgart. 1879. Sigel, Karl, Bergrat in Friedrichshall. 1878. Sigmundt, Dr., Oberamtsarzt in Spaichingen. 1882. Sihler, Oberförster in Giengen a. Br. 1893. Simon, Reallehrer in Aalen. 1892. Sımon, Hans, Kaufmann in Stuttgart. 1871. Sixt, Theodor, Fabrikant in Klein-Eislingen. 1885. v. Sonntag, Konradin, Oberst a. D. in Stuttgart. 1875. Späth, Ernst, Dr. Med. in Esslingen. 1891. Speidel, Emil, Professor in Tübingen. 1883. Spindler, P., Mechanikus in Stuttgart. 1869. Sporer, Benedikt, Professor in Ehingen a. D. 1892. Spreng, Pius Julius, Oberförster in Leutkirch. 1884. Sprösser, Th., Kaufmann in Stuttgart. 1876. Stähle, Karl, Hofgürtler in Stuttgart. 1856, Stähle, Karl, Fabrikant in Stuttgart. 1893. Stänglen, C., Apotheker in Tuttlingen. 1875. Stahlecker, Karl, Kameralamtsbuchhalter in Neuffen. 1893. Staiger, Pfarrer in Brochenzell. 1864. Staigmüller, Hermann, Professor in Stuttgart. 1882. Stapf, Baurat in Ellwangen. 1878. Stehrer, J. E., Pfarrer in Warthausen. 1876. — CXXM — Steinhardt, Hugo, Oberamtspfleger in Ellwangen. 1879. Steinheil, Salinenverwalter in Rottweil. 1865. Stellter, Kurt, Geh. Justizrat in Stuttgart. 1894. Stettner, Lehrer in Vaihingen a. E. 1891. Steudel, Wilhelm, Dr., Sanitätsrat in Stuttgart. 1859. Stifel, Fr., Oberamtsbaumeister in Waldsee. 1875. Stock, Karl, Forstmeister in Urach. 1876. Stockmayer, H., Gutspächter auf Schloss Lichtenberg. 1875. Stockmeyer, Emil, Dr., Oberamtsarzt in Heidenheim. 1884. Stoll, Karl, Dr. Med., Generalarzt a. D. in Stuttgart. 1867. Straub, Stephan, Lehrer am Real-Lyceum in Gmünd. 1880. Straub, Oberförster in Denkendorf. 1882. Strölin, H., Baurat in Ellwangen. 1884. Stüber, Otto, Dr. in Stuttgart. 1879. Stuttgart, math.-naturwissensch. Verein d. Techn. Hochschule. 1878. Stuttgart, Lehrerverein für Naturkunde. 1887. Stuttgart, Verein der Vogelfreunde. 1885. Süskind, Dr., Oberamtswundarzt in Neuenbürg. 1882. v. Süsskind, Theodor, Freiherr, ia Schwendi. 1875. Sussdorf, Max, Dr. med., Professor in Stuttgart. 1887. Teichmann, Rechtsanwalt in Ulm. 1881. Theurer, Kuno, Oberförster in Sulz. 1875. Tritschler, Hermann, Forstverwalter im Biberach. 1874. v. Tröltsch, E., Freiherr, Major a. D. in Stuttgart. 1877. Tscherning, Dr., Oberforstrat in Tübingen. 1852. Tscherning, Oskar, Kaufmann in Heilbronn. 1889. v. Üxkull-Gyllenband, Graf, Forstrat in Neuenbürg. 1872. v. Ulm-Erbach, Max, Freiherr, auf Erbach. 1874. Ungerer, Albert, Chemiker m Passau. 1859. Vaihinger, G., Reallehrer in Esslingen. 1893. Veesenmeyer, Paul, Chemiker in Stuttgart. 1892. Veesenmeyer, G., Dr., Professor in Ulm. 1854. Veiel, Otto, Dr., Apotheker in Ravensburg. 1875. Vötter, Domänendirektor in Waldenburg. 1880. Vöchting, Dr., Professor in Tübingen. 1893. Völmle, Ludw., Hauptmann a. D. in Stuttgart. 1893. Vosseler, Dr., Julius, Assistent am K. Naturalienkabinet in Stutt- gart. 1885. v. Vossler, Dr., Direktor in Hohenheim. 1869. Wacker, Dr., Hofrat in Ulm. 1868. —- (CXXIR — Wagner, Matth. Carl, Dr. in Stuttgart. 1889. Waizenegger, Wilhelm, Oberlehrer in Ochsenhausen. 1881. v. Wangenheim, Freiherr, Lieutenant in Stuttgart. 1894. Wartmann, J., Dr. in Stuttgart. 1893. Walcher, Dr., Ökonomierat in Ellwangen. 1885. v. Waldburg-Wolfegg-Waldsee, Fürst, Durchlaucht, in Wolfegg. 1875. v. Waldburg-Zeil-Trauchburg, W., Fürst, Durchlaucht, in Zeil. 1875. Waldraff, E., Domänendirektor in Wurzach. 1875. Weigelin, Julius, Dr. Med. in Stuttgart. 1873. Weiger, C©., Domänendirektor in Zeil. 1877. Weil, Leopold, Redakteur in Ellwangen. 1878. Weinberg, Wilh., Dr. Med. in Stuttgart. 1889. Weinland, D. F., Dr. in Hohenwittlingen. 1872. Weismann, Wilhelm, Apotheker in Wilhelmsdorf. 1877. Welzheim, Lehrerverein für Naturkunde. 1890. Wenz, Rud., Dr. Med. in Donzdorf. 1890. Wepfer, G., Bergrat in Wasseralfingen. 1875. Werfer, Moritz, Dr. Med., Oberamtsarzt in Ellwangen. 1878. Werkmann, Öberförster in Ehingen a. D. 1881. v. Widenmann, Albert, Oberstlieutenant z. D. in Stuttgart. 1881. Widmann, Rektor in Heilbronn. 1884. Widmann, Karl, Professor in Stuttgart. 1893. Wiedersheim, Dr., Professor in Freiburg ı. B. 1879. Wild, G., Dr. Med. in Heilbronn. 1884. Wildt, Hermann, Buchhändler in Stuttgart. 1892. Wilhelm, Dr., Professor an der Techn. Hochschule in Graz. 1861. Wilhelm, J., Reallehrer in Saulgau. 1877. Winker, Franz Joseph, Reallehrer in Gmünd. 1879. Wölffing, Ernst, Dr. in Stuttgart. 1890. v. Wolff, Dr., Professor in Hohenheim. 1855. Wolff, Richard, Ingenieur in Stuttgart. 1881. Wülfing, Dr., Privatdozent in Tübingen. 1892. Wundt, G., Betriebsbauinspektor in Heilbronn. 1877. Wurm, Wilhelm, Dr., Hofrat in Teinach. 1874. v. Wurzach, Karl, Freiherr in Stuttgart. 1883. Zech, J., Hilfslehrer in Stuttgart. 1893. Zeller, E., Dr., Medizinalrat in Winnenthal. 1869. Zeller, Dr., Oberamtsarzt in Ludwigsburg. v. Zeppelin, Max, Graf, Dr. in Stuttgart. 1884. Ziegele, Hermann, Pfarrer in Laichingen. 1865. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, i — (XXX — Ziegler, Julius, Kaufmann in Stuttgart. 1881. Zimmerle, Oberförster in Wolfegg. 1884. Zipperlen, Wilhelm, Professor in Hohenheim. 1882. Zöppritz, Emil, Fabrikant in Calw. 1875. Zoller, Matthäus, Reallehrer in Altshausen. 1883. Zwiesele, Heinrich, Lehrer in Reutlingen. 1890. Sollten in vorstehendem Verzeichnis die Namen, Vornamen, Titel und Wohnort der Mitglieder nicht genau angegeben sein, so wird um gefällige Berichtigung gebeten. Il. Abhandlungen. Uebersicht über den früheren und jetzigen Stand der Geognosie Oberschwabens. Von Pfarrer Dr. J. Probst in Essendorf. I. Über die früheren Untersuchungen der Molasse OÖberschwabens. Es war eine kühne Expedition des BaLTt#asar EHRHART von Memmingen (c. 1745) als er, von der Umgebung seiner Vaterstadt ausgehend, durch das lllerthal in das Gelände am Südabhang der Alb gelangte, die Alb selbst überschritt und durch das Unterland bis in den Schwarzwald vordrang, überall nach Versteinerungen suchend. Das Ergebnis seiner Bemühungen war, dass er sich veranlasst fühlte, sieben verschiedene Regionen zu unterscheiden, wovon die beiden ersten: regio lithodendra und cochlifera die oberschwäbische Gegend bezeichnen. Schade, ruft QuEnsTEDT aus, dass auf diesem Wege nicht fortgearbeitet wurde! Gewiss; aber, wenn auch eine lange Unter- brechung eintrat, so wurde die Arbeit doch wieder, auf ein engeres Gebiet sich beschränkend und von vorne anfangend, aufgenommen zunächst durch den Arzt Dr. Karı Lmk in Wolfegg. Derselbe wählte als Gegenstand seiner Doktordissertation im Jahre 1852 den Gegenstand: Beiträge zur Naturkunde Oberschwabens. Nachdem er die Höhenpunkte, Flüsse, Wasserscheiden besprochen, wendet er sich auch zu den geognostischen Verhältnissen und führt 25 Punkte auf, vom Bodensee bis zu dem nördlichen Ufer der Donau, an welchen Molasse ansteht. Bei der Lokalität Baltringen verwertet er schon einige Bestimmungen von Fossilien durch JÄGER, dessen Buch: Die fossilen Säugethiere Württembergs, jedoch erst 1835 zu erscheinen anfing, woraus zu schliessen ist, dass Link in persönlichen freund- Jahreshefte d, Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ, 1894. 1 ECHING lichen Beziehungen zu JÄGER gestanden haben werde. Sodann führt er an: Die Nagelfluh an 13 Punkten anstehend und denälteren dichten Süsswasserkalk an einem halben Dutzend Punkten, denen er auch noch Unterkirchberg an der Iller beifügt, aber bloss als Fundort grosser Myaciten. Er citiert hier das 5. und 6. Heft von ZIETEN: Die Versteinerungen Württembergs, ein Werk, das damals zu erscheinen anfing. Dann geschieht noch Erwähnung der jüngeren Kalktuffe (an 8 Punkten anstehend) und der Torflager. Man sieht, dass hier nur die ersten schwachen Anfänge einer Untersuchung vorliegen. Aber es ist wichtig, diese Anfänge ins Auge zu fassen; denn von dieser Zeit an tritt die palaeontologische Er- forschung Oberschwabens in das Stadium des raschesten Wachs- tums. Der angehende Arzt und Naturforscher in Wolfegg wurde hiervon nicht mehr beeinflusst, wie ihm auch die Monographie der Molasse von BERNHARD Stuper 1825 nicht bekannt gewesen zu sein scheint. Es war vor allem die umfassende Thätigkeit des HERRMANN v. Meyer in Frankfurt a. M., die für ganz Deutschland bahnbrechend war, und die auch in Oberschwaben lebhaften Widerhall fand. In der Vorrede zu seinem Werke: „Fossile Zähne und Knochen von Georgsgmünd, 1835, erklärte H. v. Meyer seine Bereitwilligkeit, fossiles Material, besonders von höheren Wirbeltieren, zur Bestimmung zu übernehmen. Von drei Städten unserer Gegend wurde seine Hilfe in Anspruch genommen: von Günzburg, von Ulm und von Donau- eschingen. Hier war es zuerst Dr. W. Renmann, der für die fürstliche Sammlung in Donaueschingen Erwerbungen aus der Nähe und Ferne machte, und der nun sein Material, besonders aus den Bohnerzen von Heudorf bei Mösskirch und aus verschiedenen Orten am Bodensee, den Händen H. v. Mever’s anvertraute. Der von dem jüngern Dr. E. Reumann verfasste Katalog (1872) gestattet einen Blick in die Vorräte dieser Sammlung. In Ulm aber lebten und sammelten Graf ManpersLon, Finanzrat Eser etc. und in dem benachbarten Günzburg: Aucust WETZLER. Für die Erforschung der Molasse wurde Günzburg der wichtigste Punkt und die Thätigkeit WETZLER’s die ergiebigste und anregendste nach verschiedenen Seiten hin. Über die Eser’sche Sammlung wurde ein Katalog verfasst von Dr. Reuss in Ulm 1850. Die Werzrer’sche Sammlung kam nach München. Über die Zeit, in welcher die Verbindungen dieser Herren mit H. v. Meyer begann, kann man sich überzeugen aus der Denkschrift auf Cnrıstıan Erich HERRMANN V. Meyer, welche von Prof. v. ZITTEL in München 1870 verfasst wurde. Be A SER Hiernach kamen Fossilien von Heudorf, Hohenhöwen, Öningen durch Dr. Reumann in Donaueschingen schon 1856 nach Frankfurt; von Baltringen durch die Ulmer Herren 1841 ; von Günzburg (WETZLER) 1846; von Unterkirchberg (Eser) 1848. Hiermit waren fruchtbare Verbindungen eingeleitet, die bis zum Tode H. v. Meyer’s (2. April 1869) fortdauerten, Verbindungen, in welche, auf die Empfehlung der alten Bekannten, auch jüngere Sammler mit Freude emtraten und bereit- willigst aufgenommen wurden. Nicht minder waren jetzt auch wissenschaftlich gebildete Bo- taniker bereit, die gefundenen fossilen Pflanzenabdrücke zu bestimmen; zunächst ALEXANDER Braun in Freiburg, dem etwas später Oswaro Herr in Zürich folgte. Für die Bestimmung der Konchylien wurde durch die Herren Dr. Krem, Kurr und Krauss in Stuttgart gesorgt und die Meeresmuscheln bestimmte Prof. Kar. Mayer in Zürich. Bei so günstigen Umständen machte die palaeontologische Erforschung der Gegend vom Bodensee bis zur Donau erfreuliche Fortschritte und konnte Prof. Iswaz Rosa in Ehingen schon 1852 ein übersicht- liches Bild entwerfen, das zu weiteren Untersuchungen Anregung gab. Aber die eigentliche geologische Untersuchung der Gegend, die Aufeinanderfolge der Formationsglieder, blieb noch längere Zeit zurück und erhob sich kaum und langsam über den Standpunkt, den schon Dr. Lmk eingenommen hatte. Dr. Revss unterscheidet ın seinem Katalog der Eser’schen Sammlung (1850) die beiden Ab- teilungen: Süsswasserkalk und Molasse, beachtet somit nur die Eigenschaften des Materials der Schichten, Kalk oder Sand und Mergel. Das ist besonders ungenügend bei der Molasse, bei welcher Fundorte einerseits mit entschieden meerischen Organismen und anderseits mit ebenso entschieden nicht meerischen unterschiedslos untergebracht sind. Sogar ein offenbar erratischer Sandsteinblock bei Sulpach (Ravensburg) findet hier seine Unterkunft. Ähnliches ist von Ross (1852) zu sagen, der auch nur Geröll- und Sandablagerungen nebst Kalk etc. unterscheidet. Einiger Fort- schritt ist erst bei Dr. Reumann (1872) wahrzunehmen. Er fasst die tertiäre Formation der Gegend zusammen unter der Bezeichnung „subjurassische Molasse“ und unterscheidet a) Marine und Brack- _ wasserablagerungen, sodann b) Süsswasserablagerungen und c) Bohn- erze. Hier ist wenigstens das Bestreben vorhanden, den typischen Charakter der Organismen selbst zur Geltung kommen zu lassen, also: die Schichten mit Meeresbewohnern einerseits und die mit Land- und Süsswasserbewohnern anderseits zur Grundlage der Unter- 1* BI scheidung zu machen, wozu dann freilich die dritte Abteilung „Bohnerze“ nicht passen will. Aber er unterlässt es ganz darauf einzugehen, in welchen Lagerungsverhältnissen diese Formations- glieder zu einander stehen. Bei der Beschreibung des Inhalts der Donaueschinger Sammlung selbst (S. 178), teilt er freilich die einzelnen Fundorte ganz bestimmt den üblichen geognostischen Hori- zonten zu; allein es hat ganz den Anschein, dass dies nur auf gut Glück vorgenommen wurde, oder vielleicht auf Grund von ganz ge- legentlichen Bemerkungen von Geologen; denn eine Begründung durch Untersuchung der Gegend selbst wird überall vermisst. Das hatte freilich seine bedeutende Schwierigkeiten. Die bisher bekannten Fundorte boten eine Musterkarte der heterogensten fossilen Organismen dar und sind dabei scheinbar ohne alle Ordnung durcheinander ge- würfelt. Sodann ist die Landschaft selbst weit entfernt, schon durch ihren Anblick einen Rückschluss auf den geologischen Aufbau zu begünstigen; im Gegenteil ist der landschaftliche Anblick ganz dazu angethan, die geologische Tektonik zu verwischen und zu verhüllen. Nur durch Aufsuchen einer möglichst grossen Anzahl von weiteren Fundorten und Eintrag derselben in die Karte und Vergleichung der Fossilien derselben unter sich selbst, ergaben sich langsam, aber mit stets zunehmender Deutlichkeit, Zonen, die, von Südwest nach Nordost streichend, sich der gesamten schwäbischen Terrasse anschliessen '. Im Verlauf der Untersuchungen glückte es dann auch, solche Punkte zu finden, an welchen die Überlagerung der wichtigsten Formations- glieder deutlich und direkt beobachtet werden konnte und die Leit- fossilien angegeben werden konnten’. Das war offenbar die Aufgabe der gesamten jüngeren Gene- ration der Lokalforscher: nicht bloss, so notwendig das war, das palaeontologische Material zu vermehren und durch die schon vor- handenen Verbindungen zur Bestimmung bringen zu lassen, sondern den geologischen Aufbau der Gegend zu erforschen und die Formationsglieder, wo möglich, durch ihre Leitfossilien zu fixieren. Dies Ziel wurde durch die vereinten Bemühungen einer nicht geringen Anzahl von Geologen und Freunden der Geologie in Ober- schwaben schliesslich errungen. Es wird genügen hier nur die wichtigsten Resultate anzafdke für die genauere Kenntnisnahme aber auf eine Reihe von Abhand- ! Die erste Veröffentlichung dieses Resultatsin diesen Jahresheften 1866, S. 56. ? Diese Jahreshefte 1868, S. 178—181 ; 1871, 5. 116—118;; 1879, 5. 298—303. REN EN lungen in diesen Jahresheften, sowie in den Begleitworten zu den betreffenden geognostischen Atlasblättern zu verweisen. Die beiden Hauptformationen sind: die Molasse und die Gletscher- formation. Die Molasse gliedert sich in eine 1) untere Süsswassermolasse mit der wichtigsten Leitschnecke: Helix rugulosa;, 2) Meeresmolasse und die mit ihr verbundene Brackwassermolasse. Für letztere sind die Congerien leitend und die Oncophora (Tapes) Partschi; für die Meeresmolasse werden als Leitmuscheln gewöhnlich nur die Ostrea crassissima und Pecten scabrellum angeführt. Es ist aber nicht zu zweifeln, dass auch eine grössere Zahl von Fischzähnen hierzu eben- falls ganz tauglich sein werden. In Oberschwaben selbst sind die zahlreichen und mannigfaltigen Haifischzähne unter sich an den verschiedensten Fundorten sehr gut übereinstimmend; aber auch die in der Sammlung von Zürich befindlichen schweizerischen Fossilien und die von Graf Münster aus dem Wiener Becken beschriebenen Arten derselben lassen vielfältige Übereinstimmung wahrnehmen. Den Schluss macht 3) die obere Süsswassermolasse mit den Leit- schnecken: Helix sylvana und inflexa. Diese Schichtenfolge wurde auch durch das Bohrloch in Ochsenhausen in den Hauptabteilungen bestätigt. Hiermit ist der frühere Stand der Untersuchungen in Oberschwaben bezeichnet; nun stellt sich aber die Frage: welche Stellung nimmt diese Provinz in der Gesamtheit des ausgedehnten Molassebeckens zwischen den Alpen und dem Juragebirge ein ? I. Die jetzige Stellung der oberschwäbischen Molasse im Gesamtbecken. Durch den gedeihlichen Fortschritt der Arbeiten in allen Teilen des grossen Molassebeckens zwischen den Alpen und dem Jura und noch weiter nach Osten stellte sich mehr und mehr eine Auf- gabe in den Vordergrund, welche zu bewältigen die Lokalforschung für sich nicht vermochte: Es handelte sich um den Zusammen- hang der verschiedenen Abschnitte in Ost und West, Süd und Nord und um die Stellung der einzelnen Teile im grossen Ganzen. Denn, dass auf einem so weit ausgedehnten Gebiete keine Uniformität stattfinden werde, liess sich mit Sicherheit annehmen. Das ver- mochte aber nur eine wissenschaftliche Kraft zu leisten, welche im Besitz eines weiteren Überblicks, wenn auch noch nicht über alle Einzelheiten, aber doch der wichtigsten Erscheinungen auf diesem Gebiete war. Man hatte wohl im allgemeinen die Ansicht, dass die AT Gegend vom Genfersee über den Bodensee bis Wien und noch weiter als ein einziges Becken aufzufassen sei, und dieser Anschauung auch auf den geognostischen Karten Ausdruck gegeben; aber der konkrete Nachweis fehlte noch und ebenso der genauere Nachweis der offen- bar vorhandenen Unterabteilungen in der weiteren Erstreckung des Gesamtbeckens. Selbst in solchen Gegenden, wo die Lokalforschung gut gefördert war, herrschte Ungewissheit, ob die Sachen anderwärts auch so liegen, oder ob die gefundene Ordnung der Dinge vielleicht nur auf einen kleinen Teil des ganzen Gebietes beschränkt sei. Das galt besonders auch von den fossilen Landschnecken. Frühzeitig schon stellte sich in Oberschwaben das getrennte Lager gewisser Arten von Helix (rugulosa und sylvana) heraus, aber es bestand Unsicherheit, ob die hierdurch bezeichneten Schichtenglieder wirkliche ausgedehnte Horizonte seien, oder ob damit bloss räumlich beschränkte kleinere Becken angedeutet seien. Das Becken von Steinheim, das in seinen Schnecken eine ganz eigenartige, streng lokale Entwicke- lung durchgemacht hat, legte einen solchen Gedanken sogar recht nahe und mahnte zur Vorsicht. Nun fügte es sich aber günstig, dass Herr Prof. Dr. F. v. Sanp- BERGER in Würzburg, der damals mit der Herausgabe seines grossen systematischen Werkes über die Land- und Süsswasserkonchylien der Vorwelt beschäftigt war, diesem Gegenstand seine Aufmerksamkeit zuwandte und ganz in der Lage war, durch seine umfassenden Kennt- nisse Licht zu verbreiten. Schon 1873 erschien seine Abhandlung: Die Gliederung der Miocänschichten im schweizerischen und schwä- bischen Jura, in welcher er die Gliederung der hier vorhandenen Molasse mit ihren Leitmuscheln, für die untere Süsswassermolasse : die Helix rugulosa; für die obere: die H. sylvana, darlegte. Wenn diese Arbeit sich auch zunächst bloss auf Oberschwaben und die Schweiz bezog, so war doch dieses Gebiet schon so ansehnlich aus- gedehnt, dass die hier gewonnenen Resultate auch feste Anhalts- punkte liefern konnten für die Untersuchung der anderen Teile des Beckens. Seine Arbeit fand auch volle Beachtung von seiten der Geo- logen. Die zunächst sich anschliessende wertvolle und umfassende Arbeit über den gesamten bayrischen Anteil des Beckens ging von v. GÜMBEL aus in seiner Abhandlung: Die miocänen Ablagerungen im oberen Donaugebiet und die Stellung des Schliers von Ottnang, 1887. Wir heben daraus zuerst die wichtigsten Punkte über den Nord- rand des Beckenabschnitts heraus. Den Anschluss an die Gegend von I rel Ulm macht derselbe bei Rammingen und Stotzingen und konstatiert, dass von da, über Aselfingen, Dettingen bis Mödlingen bei Gundel- fingen, sämtliche Horizonte mit ihren Leitmuscheln, wie in der Ulmer Gegend, vorhanden seien (cf. 1. c. S. 2933—295). Weiter nach Osten treten die Meeresschichten nur noch bis Donauwörth auf; die Kirch- berger Brackwasserschichten reichen nur bis Offingen und Dillingen. Weiter nach Osten hält sich, aber seltener werdend, nur noch die Helix sylvana, den Horizont der oberen Süsswassermolasse anzeigend. Erst im Neuburger Wald, schon nahe bei Passau, treten dann wieder die marinen Schichten, übereinstimmend mit Ulm und an der unteren Vils die Brackwasserschichten mit dem Kirchberger Typus hervor (l. c. S. 298 u. 305). Dann beginnt der Übergang zu den Horner Schichten in Österreich, von denen nachher die Rede sein wird. Der Südrand des Beckens gegen die Alpen zeigt in den hauptsächlichsten geognostischen Horizonten den gleichen Aufbau wie der Nordrand, obwohl manche Eigentümlichkeiten sich geltend machen. Am Gipfel des Pfänders bei Bregenz liegen die Schichten mit Helix sylvana (S. 258); unter ihnen stellt sich Meeresmolasse mit Ostrea crassis- sima ein, obwohl hier die Meeresschichten wiederholt mit Süss- wasserschichten wechsellagern. Die genannte Auster lässt sich weit- hin nach Osten verfolgen. An einem Ort, bei der Einmündung des Eulenbachs in den Kaltenbach (S. 273), lagern auch die brackischen Schichten von Kirchberg auf der Meeresbildung. Die Resultate seiner Untersuchungen fasst v. GümseLn in 9 Thesen (S. 323) zusammen, von denen wir hier nur die erste wiedergeben (mit Kürzung): „Die nacheocänen Tertiärablagerungen in dem oberen Donaugebiet stehen in westlicher Richtung in unmittelbarer Verbindung mit den Molassen- bildungen der Schweiz; auch ostwärts treten sie mit den räumlich mehr abgetrennten Tertiärgebilden im ausseralpinen Wiener Becken in direkte Beziehung.“ Aber auch im Südwesten (Schweiz) wurden weitere neue Unter- suchungen ! angeregt. Dorrruss und Scharpt konstatierten (1887, Bulletin de la Societe geologique de France S. 183 u. 193) über- einstimmend, dass das Tertiär am Rand des französischen und des schweizer Jura in südwestlicher Richtung bis gegen den Genfersee die in der Hauptsache übereinstimmende Gliederung mit den gleichen Leitschnecken aufweise, wie in Schwaben. Nur wird dort auch noch ‘ Die früheren Untersuchungen im Gebiet des schweizerischen Jura, auf die v. SANDBERGER in der oben citierten Abhandlung sich beruft, stammen von Gr&ppın 1870. Rahel = Er die Helix Larteti als leitend aufgeführt, welche aus der Ulmer Gegend nicht angezeigt ist. Allerdings wird hier der Brackwassermolasse keine Erwähnung gethan; aber auch sie fehlt in der Schweiz nicht gänzlich, sondern wurde in der Gegend bei Schaffhausen (Lohn und Büttenhardt) von Dr. ScuatcH als ganz übereinkommend mit Kirch- berg nachgewiesen. Merkwürdig ist nun, dass auch diesem letzteren Schichtenkomplex, welcher der Natur der Sache nach doch nur als eine mehr untergeordnete Facies erscheint, eine sehr wichtige, sogar leitende Bedeutung zugefallen ist. RzeHak veröffentlichte eine Abhandlung über Fossilien aus der Umgebung von Brünn (Mähren) und wieder war es vV. SSANDBERGER, der, auf Grund derselben, alsbald (1883: Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt S. 208 und 1886, S. 118) die Anwesenheit der Kirchberger Schichten in Österreich konstatierte. Es wurde vor ihm darauf hingewiesen, dass Cardium moravicum Ruzk. und Unio aff. Eseri Ruzk. zusammenfallen mit Cardium solitarium Krauss und Unio Eseri Krauss von Kirchberg und dass auch Cardium sociale Krauss dort vorkomme, während die Tapes Partschi KarL MAyER von Kirchberg von der Oncophora socialis Ruzk. zwar abweiche, dass aber immerhin eine unerwartete typische Übereinstimmung in den Fossilien der mährischen und schwäbischen Schichten und in ihrer Vergesellschaftung bestehe. In neuester Zeit (1891: Annalen des k. k. naturhistor. Hofmuseums) veröffentlichte sodann Dr. F. Surss in Wien eine Arbeit über den „Schlier“ in Oberösterreich und Bayern. Mit fortlaufender Berücksichtigung der schon erwähnten Arbeiten von v. GÜMBEL und v. SANDBERGER dehnte er seine erneuerten Beobach- tungen bis Ulm und Unterkirchberg aus und kommt gleichfalls zu dem Resultat, dass die wichtigsten Horizonte der oberschwäbischen Mo- lasse auch noch in Österreich sich vorfinden und, ungeachtet der viel reicheren und mannigfaltigeren dortigen Entwickelung des tertiären Schiehtenkomplexes, als wichtige Leithorizonte sich verwerten lassen. Die Schichten mit Helix rugulosa finden sich zwar dort nirgends mehr vor, aber schon mit den Schichten von Horn (I. Mediterran- stufe der Wiener Geologen) beginnt die Übereinstimmung mit der schwäbischen Meeresmolasse ; dann schliessen sich an: verschiedene Lokalitäten mit der Brackwassermolasse, die übereinstimmend in Kirchberg ansteht; die obere Süsswassermolasse mit Helix sylvana schliesst auch dort den viel mannigfaltiger entwickelten Komplex der jüngeren Molasseschichten ab. Die Tabelle am Schlusse der Abhandlung ist, abgesehen von der speciellen Frage nach der Stellung Ey u der Schliere in Österreich, dadurch in weiteren Kreisen interessant, dass der „Gegend von Ulm“ daselbst die erste Kolumne eingeräumt ist und dass die dort beobachtete Schichtenreihe: Obere Süsswassermolasse mit Helix sylvana, Brackwassermolasse mit Oncophora ete., Meeresmolasse mit Ostrea crassissima und untere Süsswasser- molasse mit Helix rugulosa sozusagen als Normalprofil gebraucht wird, mit welchem die weiter östlichen Profile bis nach Mähren verglichen werden. Unter solchen Umständen ist man berechtigt zu sagen, dass, nach dem gegenwärtigen Stand der Untersuchungen, die oberschwä- bische Gegend, wie sie geographisch, der Entfernung nach, ungefähr die Mitte zwischen dem östlichen und westlichen Flügel des grossen Molassebeckens einnimmt, so auch ihre geologische Stellung eine centrale ist, in welcher die Fäden von Ost und West her zusammenlaufen. Aber auch im palaeontologischer Beziehung steht die Gegend zwischen dem Bodensee und der Donau nicht zurück. Einen alten wohlverdienten Ruhm hat das offenbar hier einzureihende Öningen, an welches sich aber noch manche Lokalitäten zweiten Ranges bis nach Günzburg anschliessen. Die „Gegend von Ulm“ hat deshalb auch bei Lrrsius: Geologie Deutschlands, 1892, als Glied in der Kette der süddeutschen Tertiärprovinzen eine angemessene Beach- tung gefunden und wurden von ihm vielfach die Leitschnecken: Helix rugulosa und sylvana zum Zwecke der geologischen Ein- gliederung solcher Fundorte verwertet, deren geognostischer Hori- zont bisher unbekannt oder unsicher war. Überhaupt ist nicht zu verkennen, dass mit der jetzigen ge- reifteren Erforschung des gesamten Molassebeckens zwischen den Alpen und dem Jura eine Position gewonnen ist, die nicht bloss für Süddeutschland allein wichtig ist, sondern deren Bedeutung sich noch beträchtlich weiter erstrecken dürfte, ohne dass man die Grenzen jetzt schon genauer bezeichnen könnte. Vor der Hebung des Alpen- gebirges mit seinen Ausläufern befanden sich die südlichen euro- päischen Länder an den Ufern des Mittelländischen Meeres noch in unverkennbarem Zusammenhange mit dem Becken, das jetzt getrennt, nördlich von demselben sich in breiter Entwickelung von Ost nach West hinzieht. Es dürfte mit der Zeit wohl gelingen, die wichtig- sten gemeinschaftlichen Horizonte in all diesen Ländergebieten EEE. festzustellen, worauf auch Dr. F. Suerss in seiner mehrfach citierten sehr wichtigen Abhandlung (S. 427). hinweist. II. Überblick überden früheren undjetzigen Stand der Untersuchung der Gletscherformation in Oberschwaben. Die Anwesenheit einer weiteren Formation in Oberschwaben, der später so benannten Gletscherformation, konnte der Aufmerksamkeit der Beobachter nicht entgehen; besonders waren die zahlreich vor- handenen erratischen Blöcke eine so aufdringliche Erscheinung, dass dieselben sogar eine besondere Benennung im Volksmunde: „Find- linge“ erhielten. Dagegen war die „Nagelfluh“ ein Gebilde, welches ganz geeignet war die Unterscheidung dieser Formation von der unterlagernden Molasse wesentlich zu erschweren. Schon in die Molasse lagert sich eine Nagelfluh (die tertiäre) ein, und es bot be- greiflich nicht geringe Schwierigkeiten dar, dieselbe von der zur Gletscherformation gehörigen (quartäre) Nagelfluh konsequent zu unter- scheiden. Die Untersuchungen befassten sich hauptsächlich damit, die Nordgrenze der Verbreitung der erratischen Blöcke zu erkennen, wobei einige Schwankungen unvermeidlich waren. In der Haupt- sache fanden die Auffassungen der Zeit auch bei uns ihren Wider- hall. Prof. J. Rocs (1852) schloss sich an die Lyeır’sche Drift- theorie an und postulierte Eisflösse für die Verbreitung der erratischen Blöcke, wobei er freilich in die Lage kam, den Spiegel des Boden- sees um 700—800’ erhöhen zu müssen, so dass derselbe ganz uferlos geworden wäre. Diese Theorie liess sich aber nicht lange aufrecht- erhalten, wie auch Dr. Reumann schon 1872 von ihr abgegangen ist. Insbesondere der Umstand, dass allerorts auch wohlerhaltene Schlammmoränen (Grundmoränen, an den gekritzten Steinen kennt- lich) sich vorfanden, machte derselben ein Ende. Der bedeutendste Fortschritt in der Gegend wurde aber durch einen zufälligen Fund an der Schussenquelle bei Schussenried hervor- gerufen. Bei Grabarbeiten stiess man auf ein Haufwerk von Knochen und Geweihen, und dem verstorbenen Apotheker VArLer gebührt das Verdienst, diese Gegenstände an die richtige Adresse, nach Stuttgart, vermittelt zu haben. Alsbald begannen dann unter der Leitung von Öberstudienrat Fraas (1867) die systematischen Ausgrabungen. Der nächste Schritt war dann ein Auftrag, der an H. Bach erging, die Gegend zu begehen, um so ein vorläufiges allgemeines Bild dieser Formation zu erlangen (diese Jahreshefte 1869, S. 113). EA. Nach dem Ableben Bac#’s wurden die Untersuchungen von mehreren Orten aus mit vereinten Kräften fortgesetzt und durch die Aufnahmen der geognostischen Landeskarte zu einem vorläufigen Abschluss gebracht. Was die Fossilreste dieser Formation anbelangt, so ist, ab- gesehen von verschiedenen Einzelfunden, die Lagerstätte in Schussen- ried die wichtigste, der sich als Ergänzung später noch in den Spalten der Molasse auch die kleine Fauna (Nager etc.), die in Schussenried fehlte, anschloss (diese Jahreshefte 1881, S. 114). Das Bild, welches die geognostischen Atlasblätter über die oberschwäbische Gletscherformation entwarfen, schliesst sich ın zeit- gemässer und gerechtfertigter Weise an die Resultate der Schweizer Geologen an und unterscheidet zwei Formationsglieder, die ältere und die jüngere Gletscherbildung; die erstere reicht hiernach bis in die Gegend von Warthausen, nördlich von Biberach; die letztere bis in die Gegend von Schussenried. In neuester Zeit machte sich der Standpunkt geltend, dass drei Vergletscherungen stattgefunden haben; aber ‚daneben suchte sich immer auch noch die Auffassung zu halten und zu verteidigen, dass nur eine Eiszeitformation bestehe, zwar mit Oscillationen, welchen aber nicht der Rang und die Bedeutung von Formations- gliedern zuzuerkennen sei. Nur ein einziges, übrigens untergeord- netes Glied lässt sich deutlich, jedoch nicht aus palaeontologischen, sondern nur aus stratigraphischen Gründen, von der Gesamtheit des Schichtenkomplexes ausscheiden; das sind die Flussterrassen (Niederterrassen), die bei der Erosion der weiten Abflussthäler am Fusse der Thalwände (Molasse) in diskordanter Lagerung an- gelagert wurden. Sie zeigen den Schluss des Abschmelzungsprozesses des Gletschers an, sind somit das letzte Glied der gesamten Periode, nehmen aber dessenungeachtet das tiefste Niveau ein, weil sie erst infolge der Erosion entstanden sind. Aber die Fossilreste, soweit sie hier gefunden wurden (Rentiere, Mammut etc.), verbinden auch diese Abteilung mit der Hauptformation so innig, dass eine scharfe Trennung doch nicht ausführbar ist, sondern nur eine Unterschei- dung auf Grund der Lagerungsverhältnisse. Das Material dieser Flussterrassen besteht aus alpinen Geröllen, die teilweise von Löss bedeckt werden, in welchem sich Succinea oblonga, Pupa muscorum, Helix hispida ete. vorfinden. Die Auffassung, welche in der Gletscher- formation in der Hauptsache einen einheitlichen Schichtenkomplex erkennt und nur Öscillationen gelten lässt, wurde nicht bloss im Ge- lan biete des Rheinthalgletschers zur Geltung gebracht, sondern auch noch in neuester Zeit im Gebiete des Aargletschers (Mühlberg). Daraus mag immerhin so viel erhellen, dass die Frage nach der Gliederung der Gletscherformation noch nicht zum Abschluss ge- kommen ist, dass es ebendeshalb angezeigt sei, die allgemeinen Gesichtspunkte, die hierbei massgebend sind, einer, nach bestem Wissen, objektiven Erörterung zu "unterziehen. Wir geben vor allem zu, dass die letztgenannte Ansicht (For- “mation ohne weitere durchgreifende Gliederung) keine günstige Position einnimmt. Dieselbe giebt sich als ein Anfangsstadium der Untersuchung dadurch unverhüllt zu erkennen, dass sie auf eine Gliederung verzichtet, während die beiden anderen Auffassungen durch Aufstellung von Gliederungen als fortgeschrittene sich empfehlen. Es ist ja ein anerkanntes Gesetz der fortschreitenden Erkenntnis, dass sie vom Allgemeinen und Unbestimmten zur Differenzierung und Gliederung vorangeht. Dies gilt aber selbstverständlich doch bloss in dem Falle, wenn die Gliederung durch gutgesicherte Resultate der Beobachtung nachgewiesen und begründet ist. Es legt sich nahe, hier auf die allmählichen Fortschritte der Erkenntnis bei der Molasse in der gleichen Landschaft hinzuweisen. Anfänglich gebrauchte man das Wort Molasse zur Bezeichnung einer Formation, deren nähere Beschaffenheit noch verschlossen war; dann erst gelangte man zu einer Gliederung aber nur dadurch, dass die Anordnung der Schichtenkomplexe innerhalb der Formation und die leitenden Fossilien derselben erkannt wurden. Das ist allgemeiner Grundsatz in der Geologie, dass eine Gliederung nur dann als zu Recht bestehend anerkannt wird, wenn die Folge der Schichten- komplexe und die leitenden Fossilien für dieselben nachgewiesen worden sind. So lange die durchlaufende Folge der Schichten- komplexe und ihrer Leitfossilien nicht nachgewiesen ist, so lange ist der Gliederungsversuch verfrüht und damit bleibt die frühere Auffassung, die von Gliederung abstrahierte, wenigstens vorläufig noch im Besitzstand. So schemt uns aber die Sache wirklich zu liegen und wir möchten eine Begründung hierfür geben. Wir be- trachten zu diesem Zweck näher die geologischen Atlasblätter. Dieselben führen mit Farbenunterschieden die Zweiteilung der For- mation vor und geben noch mit verschiedenen Zeichen das Vorhanden- sein der Nagelfluh, der erratischen Blöcke etc. an; aber auffallender- weise besteht gar kein Zeichen für das Vorhandensein einer inter- glacialen Schicht auf dem gesamten, ziemlich ausgedehnten Bl Gebiete. Die interglaciale, trennende Schicht fehlt somit im ganzen Gebiete; denn an ein Übersehen derselben ist nicht zu denken. Die Schweizer Geologen führen allerdings eine interglaciale Schicht an und gründen dieselbe auf die Schieferkohlen von Mörschweil und Wetzikon etc. Aber es müsste sich erst bewähren, dass dieses lokal beobachtete Vorkommen konstant sei, so dass es zum Range eines Formationsgliedes erhoben werden könne. Eine Be- stätigung hierfür liegt aus dem oberschwäbischen Gebiete nicht vor; ob anderwärts dasselbe sich wirklich so entwickle, dass es als eine fortlaufende Schicht betrachtet werden könne, lassen wir an- heimgestellt. Dr. MüHLgere ist geneigt, die sogenannte interglaciale Flora unter dem Gesichtspunkte zu betrachten, dass dieselbe „aus der Zeit des unter Schwankungen sich vollziehenden ersten Vor- rückens der Gletscher herrühre“ (cf. Kurze Schilderung der Ex- kursion etc. S. 35, Note), womit wir uns einverstanden erklären. Das ist immerhin bedenklich, dass die Spuren einer interglacialen Bildung nur an sehr zerstreuten, weit auseinander liegenden Punkten vorhanden sind und auf grosse Erstreckungen hin unnachweislich sind. Die „ältere“ und die „jüngere“ Gletscherbildung sind durch ein sehr ausgezeichnetes Bindemittel, nämlich durch die wesentliche Mitwirkung des Eises, offenbar untereinander verbunden. Was nötigt dieselben zu trennen, wenn keine interglaciale (Huviatile oder limnische) Schicht vorhanden ist? Nehmen wir wieder auf die Molasse Rücksicht. Wenn die untere und obere Süsswassermolasse nicht durch ein zwischenlagern- des Formationsglied (Meeresmolasse) getrennt wären, so würde sich niemand für berechtigt halten, dieselben auseinander zu reissen, jedenfalls so lang nicht, als durch die leitenden Fossilien die Hori- zonte nicht ganz bestimmt erkannt waren; denn es leidet keinen Zweifel, dass die Erkenntnis des leitenden Charakters dieser Schnecken erst dadurch eine namhafte Verstärkung gewann, dass die Schichten- komplexe, in denen sie liegen, durch die Meeresmolasse getrennt sind. Was aber die Leitfossilien der Gletscherformation im ganzen betrifft, so finden sich die meisten und besten Funde bekanntlich in Höhlen und Spalten vor, die für die Lagerungsverhältnisse wenig Aufschluss geben. Es mag noch angehen, eine präglaciale Fauna von der eigentlichen glacialen zu unterscheiden; aber die Aufgabe würde darin bestehen, innerhalb der glacialen Formation für die einzelnen Formationsglieder selbst die leitenden Fossilien nachzuweisen. Das ist unseres Wissens nicht gelungen. Man hat wohl schon ver- N ER sucht, eine Rentierzeit, Bärenzeit etc. auszuscheiden, aber diese und die anderen Tiere sind so oft miteinander vergesellschaftet, dass eine Scheidung nicht aufrecht zu halten ist. NEHRING, Worp- RICH u. a., deren reiche Erfahrung alle Anerkennung verdient, haben sich bestrebt, einige Ordnung in die bunte Tierwelt der Glacialzeit zu bringen (Steppentiere, Waldtiere, Sommergäste etec.), aber sie sind doch weit entfernt davon, wirklich leitende fossile Organismen. aufzustellen, welche geeignet wären, einer stratigraphischen Gliede- rung der Formation selbst zur Stütze zu dienen. In neuester Zeit noch spricht sich Prof. v. Zırrer dahin aus: „Dass man alle Arten der glacialen und postglacialen Tierwelt in der Regel vermischt und zusammengeschwemmt in Felsspalten und Höhlen vorfinde, welche gewissen Raubtieren (Höhlenbären, Höhlenhyänen und Wolf) als Wohnstätte dienten. Auch der Löss enthalte noch die mitteldiluviale Glacialfauna meist noch in voller Reinheit und sei insbesondere aus- gezeichnet durch das Vorkommen von Mammut, Rhinoceros, Ren- tier, Moschusochse etc.“ (cf. Die geologische Entwickelung, Herkunft und Verbreitung der Säugetiere, S. 762 in Bd. IV seiner Paläontogie). Speciell im Gebiete des Rheinthalgletschers sind die schon erwähnten Flussterrassen zu beachten, die sich zwar stratigraphisch von der gesamten Formation gut abtrennen lassen, aber auch hier lässt sich in den, freilich nur spärlich vorkommenden, Fossilien kein Unterschied gegenüber der glacialen Gesamtfauna erkennen. Ren- tier, Mammut, Rhinoceros ete. sind auch hier noch vorhanden. Erst in der Periode der Pfahlbauten stellt sich eine andere Vergesellschaftung der Tierwelt ein. Von den fossilen organischen Resten aus wird sich deshalb kaum ein fester Anhaltspunkt zur Unterscheidung von Formationsgliedern gewinnen lassen können. Wenn nun auch diese Erwägungen uns dahin führen, dass wir der Gliederung der Gletscherformation im Sinne der geognostischen Atlasblätter (alte Gletscherformation bis nach Biberach, jüngere bis nach Schussenried reichend) unsere Zustimmung nicht geben können, so verkennen wir keineswegs, dass für diese Darstellung ein wich- tiger Grund spricht: der Jandschaftliche Charakter der Ge- gend. Dieser Gesichtspunkt ist wirklich geeignet, die ganze Landschaft in zwei Abteilungen zu zerlegen. Von Nord her, oder besser, von der Peripherie der gesamten vom Gletscher occupierten Landschaft aus, hat dieselbe das Ansehen einer Plateaulandschaft, die mit einem mächtigen Mantel von Lehm bedeckt ist. Gegen das Uentrum zu fehlt der Lehm und die Landschaft wird sehr uneben und hügelig. Sn 1 Zwischen beide Abteilungen setzt die Karte die Grenze zwischen der älteren (äusseren) und jüngeren (inneren) Gletscherformation. Der Lehm, dem die Hauptrolle zufällt, wird als Verwitterungs- produkt aufgefasst, der somit zugleich ein selbstredender Zeuge des höheren Alters der von ihm bedeckten Landschaft sein würde. Dagegen müssen wir aber geltend machen, dass der Lehm wohl ein Produkt der Verwitterung sein kann, dass derselbe somit auch das höhere Alter einer Schicht anzeigen kann; aber er kann auch Produkt der Zerreibung sein, ein Schlamm, der zuletzt langsam sich aus den trüben Gewässern niedergeschlagen hat und deshalb wie ein Mantel sich über das schwerere steinige Material ausgebreitet hat. In der von dem Rheinthalgletscher bedeckten oberschwäbischen Gegend ist der Lehm, jedenfalls vorherrschend, nicht Ver- witterungsprodukt, sondern Zerreibungsprodukt. Als Beleg dafür weisen wir auf den Lehm (Löss) hin, der unterhalb Biberach, bei Langenschemmern, Schemmerberg, Baltringen etc. auf den Feldern liegt. Derselbe schliesst die Lössschnecken Succinea oblonga, Helix hispida, Pupa muscorum ein. Es ist nicht möglich, dass die Gesteine ringsum verwittert wären, dagegen diese zarten Schalen unversehrt geblieben sein sollten. Der höher ge- legene Lehm (Hochlandlehm) auf dem Hochgeländ und anderwärts hat noch nie Schnecken geliefert, aber derselbe schliesst Kalkgerölle ein, die noch ganz deutlich die bekannten Kritze zeigen. Wäre die ganze, mehrere Meter mächtige Lehmschicht ein Produkt der Verwitterung, so wäre es ganz unerklärlich, wie sich die Kritze der Gerölle hätten erhalten können. Eine Anzahl solcher mit unanfecht- bar wohlerhaltenen Kritzen versehener Steine hat der Verfasser aus: einer Lehmgrube an einem der höchsten Punkte des Hoch- geländes (ca. 670 m) entnommen. Überdies ragen in dem: ganzen weiten Bogen der peripherischen Gletscherlandschaft von Zeil an über das Hochgeländ und bei Biberach bis nach Wechsetsweiler (OA. Ravensburg) eine grosse Anzahl von Kuppen auf den Höhen- zügen hervor, welche deutlich unverwittertes glaciales Material auf- weisen. Ganz übereinstimmende Beobachtungen wurden auch im Gebiete des Rhone- und Aargletschers gemacht, woselbst nach Münr- BERG im Lehm in einer Höhe von 770—860 m gekritzte Ge- rölle liegen (cf. MünLBere: Kurze Schilderung der Exkursion etc. S. 17). Dass es auch solche Punkte und Partien giebt, die ganz den Eindruck von verwittertem Material liefern, will nicht in Ab- SAnde N rede gezogen werden. Überall, wo Verschwemmungen dieses leicht beweglichen Materials stattgefunden haben, wird dieser Eindruck sich geltend machen. Aber jene Lokalitäten, welche nur negative Resultate liefern, haben nicht die gleiche Beweiskraft, wie jene, welche positive, die wohlerhaltenen Gletscherkritzen, aufweisen. Woher rührt nun aber die immerhin auffallende Erscheinung, dass die Gletscherlandschaft, und nicht bloss die des Rheinthalglet- schers, sondern auch die mit anderen Thälern zusammenhängenden, nur an ihrer Peripherie eine ansehnliche, landschaftlich sich geltend machende Lehmbedeckung zeigen, während dieselbe den centralen Teilen fehlt? Wir glauben diese Erscheinung so erklären zu können: Die Abschmelzung des Körpers des Gletschers ging von den Rändern, von der Peripherie, aus. Für den Abfluss der entstehenden Schmelzwasser war aber noch keine Bahn vorhanden; dieselben mussten erst durch Erosion ihrer Unterlage sich einen Abfluss er- öffnen. Die Erosion wirkt nach ihren bekannten Gesetzen von aussen, von der Peripherie, nach innen, gegen die centrale Achse zu. Der Abfluss der Schmelzwasser erfolgte somit an der Peripherie lang- sam und zögernd; die Schmelzwasser hatten Zeit ihren Schlamm auf die feste Unterlage selbst abzusetzen und dieselbe mit einer Decke von Schlamm zu belegen. Je tiefer aber die Erosion mit ihren Abflusskanälen in die innere (centrale) Landschaft im Laufe des Abschmelzungsprozesses eindrang, desto rascher enteilten die frei gewordenen Schmelzwasser dieser centralen Region und hatten nicht Zeit, ihren Schlamm auf ihre unmittelbare Unterlage nieder- zulegen. Der Schlamm wurde vielmehr zum grössten Teil weit fort in die Niederungen des Donauthals und beziehungsweise des Rhein- thals hinab fortgeschafft. In der centralen Gletscherlandschaft selbst konnte sich somit eine Lehmdecke nicht bilden. Wir betrachten hiernach die Verschiedenheit des landschaftlichen Charakters der äusseren und der centralen Gletscherlandschaft, welche hauptsächlich durch den Lehm hervorgerufen wird, als Wirkung der verschiedenen Stadien bei der Abschmelzung des Eises und der Erosion der Unterlage durch die entstehenden Flussläufe. Wir anerkennen die landschaftliche Verschiedenheit, geben auch zu, dass dieselbe auf der Karte zum Ausdruck gelangen darf, ohne jedoch darin eine geologische Gliederung zu erkennen. So berechtigt das Bestreben an sich ist, eine Formation ge- nauer zu untersuchen und dadurch die Unterabteilungen derselben ENTER festzustellen, so hängt die Durchführbarkeit doch ganz von den ge- gebenen Umständen ab. Das trifft auch bei allen anderen Forma- tionen zu. Das Mainzer Becken weist eine ganz andere Gliederung auf als das Molassebecken an der oberen Donau und die jüngeren Schichten des Wiener Beckens sind viel reicher gegliedert als die oberschwäbischen. Während an der oberen Donau man sich be- gnügen muss, die obere Süsswassermolasse, trotz ihrer ansehnlichen Mächtigkeit, als einen bis jetzt nicht weiter zu gliedernden, in Unter- abteilungen zu zerlegenden Schichtenkomplex zu behandeln, treten an der unteren Donau die pontische und sarmatische Stufe als Zwischenglieder mit ausgeprägten Charakter hervor. Das Bestreben nach Gliederung ist nicht absolut, sondern nur relativ berechtigt. Bei den Untersuchungen über die Eiszeitformation übte früher einige Zeit hindurch die Apn£mar’sche Theorie unverkennbar einen grossen Einfluss aus, so dass man glaubte, Wiederholungen der Gletschergebilde in verschiedenen Perioden mit Bestimmtheit er- warten zu können und zu müssen. Man war deshalb auch zum voraus nur allzu leicht geneigt, die Anzeichen davon da und dort zu erblicken. Ob dieser starke Einfluss auch heutzutage noch vor- handen und berechtigt sei, lassen wir anheimgestellt. Jedenfalls aber werden auch bei der Untersuchung der glacialen Formation die bewährten Grundsätze der Geologie Anwendung finden müssen. Stellt sich dann auf diesem Wege für den Rheinthal- gletscher und andere Gebiete eine Scheidung in zwei oder mehrere geologische Abteilungen heraus, so ist die frühere Auffassung über- wunden und verdrängt. So lange aber das nicht gelungen ist, oder so lange nur einzelne Punkte aufgefunden sind, an denen eine Gliederung angedeutet ist, deren Kontinuität aber nicht nach- gewiesen werden kann, so wird die anfängliche einheitliche Auf- fassung, ungeachtet ihres primitiven Aussehens, sich im Besitz er- halten können. Jahreshefte d. Vereins £, vaterl, Naturkunde in Württ. 1894, 2 Ueber den Bestand des Saturnrings. Nach einem Vortrag im Verein für vaterländische Naturkunde. Von A. Schmidt. Mit einem Holzschnitt. „Annulo eingitur, tenui, plano, nusquam cohaerente, ad eclipti- cam inclinato,“ d. h. er ist umgeben von einem schmalen, ebenen, nirgends anhängenden, gegen die Ekliptik schiefen Ringe. Diese Worte sind die Auflösung eines von dem Niederländer Huysens im März 1656 gestellten Anagramms: aaaaaaacccccdeeeeeghiil iıiıllllmmnnnnnnnnnooooppgqrrstttttuuuuu, in welchem er sich die Priorität für eine höchst interessante Entdeckung in be- treff des Planeten Saturn wahren wollte, deren Veröffentlichung ihm noch verfrüht erschien, als er gleichzeitig von seiner Entdeckung BR 0 SL eines sechsten Saturnsatelliten Nachricht gab. Erst drei Jahre später gab Huvsens sein „systema saturnium“ heraus mit obiger Entzifferung. Sie enthielt die Lösung eines die Astronomen seit fast 50 Jahren beschäftigenden Rätsels. Als nämlich kurz nach der Entdeckung des Fernrohrs GALILEI dasselbe nach den Himmelskörpern richtete, zeigten sich ihm ver- schiedene Überraschungen. Den Mond sah er mit hohen Bergen bedeckt, im Orionnebel zählte er statt 7 Sternen deren über 500, der Planet Jupiter erschien ihm nicht mehr als Punkt, sondern als kleine Scheibe und in Begleitung von 4 Monden, das Rätselhafteste aber war die Erscheinung des Planeten Saturn, welche er 1610 in Form eines Anagramms beschrieb, dessen Lösung hiess: Altissimum Planetam tergeminum observavi, den höchsten Planeten habe ich als Drilling beobachtet. Er hatte zu beiden Seiten der Scheibe des Hauptplaneten in gleichen Abständen zwei Begleiter entdeckt, die aber nicht wie Monde umliefen, sondern als zunächst unveränder- licher Bestandteil des Planetenbildes stehen blieben. Aber wie er- staunte er, als diese Anhängsel des Bildes allmählich ihr Aussehen veränderten, bald ganz verschwanden, bald wieder wie 2 Henkel sichtbar wurden. GALıLEI soll, ungewiss ob nicht sein Fernrohr ihn betrüge, ärgerlich auf die weitere Beobachtung verzichtet haben. Den ihm folgenden Beobachtern ging es nicht besser. HuysEns giebt uns eine ganze Blumenlese der sonderbarsten Abbildungen der Form, in welcher verschiedene Beobachter den Planeten gesehen hatten, ohne sich die rätselhaften Wandlungen des Bildes erklären zu können. Erst die geometrische Vorstellung eines freischwebenden, den Planeten in seiner gegen die Ekliptik geneigten Äquatorebene umgebenden Ringes, dessen Ebene sich parallel bleibend ihre Stellung zu unserem Auge periodisch verändert, ergab die Erklärung all der sonderbaren Beobachtungen. So ist eigentlich nicht GaniLEı, sondern HuysEns der Entdecker des Saturnrings gewesen, jener hat ihn zuerst ge- sehen, der Scharfsinn dieses hat ihn zuerst erkannt. Aber die Lösung - des ersten Rätsels trug ein zweites in ihrem Schosse, das uns im folgenden beschäftigen soll. Um eine Vorstellung von den verhältnismässigen Abmessungen des Rings oder des Systems von Ringen zu erhalten, denke man sich einen Karton von '/, mm Dicke zum Kreis von 36 cm Durch- messer ausgeschnitten. Dieser Durchmesser entspricht einem wahren Durchmesser von 276800 km, die Dicke einer wahren Dicke von 200 km. So dick höchstens bezeichnen die älteren Beobachter den 2% flachen Ring. Die neuesten auf der Licksternwarte gemachten Be- obachtungen aber wollen nicht mehr als höchstens 50 km Dicke zu- lassen, so dass wir statt des Kartons von '/, mm, feinstes Brief- papier von '/,, mm Dicke wählen sollten. In der Mitte des Kreises zeichnen wir einen konzentrischen Kreis von 8 cm Radius, dessen Fläche wir weiss lassen. Dieser Kreis bezeichne den Äquatorschnitt des Planeten selbst. Den umgebenden leeren Raum deuten wir nun durch einen schwarzen Ring von 1 cm Breite an. Auf diesen lassen wir nun einen grau bemalten Ring von 2,5 cm Breite folgen mit nach aussen zunehmender Annäherung an Weiss. Dieser Ring (das Gebiet EF der obigen einen Meridianschnitt darstellenden Figur) stellt den erst seit 1850 beobachteten dunkeln Ring, den Krapring dar, eine schleierhaft vom schwarzen Himmel sich abhebende Er- scheinung, deutlich transparent. An einem den Schatten dieses Rings durchziehenden Satelliten, dem Japetus, hat erst neuerdings der Astronom BaArNARD diese von aussen nach innen zunehmende Transparenz wahrgenommen. Im Schatten des darauffolgenden weissen Rings verschwand der Satellit. Dieser undurchsichtige weisse Ring AE erhält eine Breite von 6,5 cm und zerfällt in 2 Ringe von gegen 4 und 2,5 cm Breite, die durch ein von Ringsubstanz fast freies, also schwarz zu bemalendes Band BC von kaum 0,4 cm Breite zu trennen sind. Dieses Band heisst die Cassınt'sche Trennung. Ausser dieser sind zu verschiedenen Zeiten auch andere Trennungen aufgetreten und wieder verschwunden, auch sonst zeigt die Ring- substanz da und dort Verdichtungen, der Ring einseitige Verbreite- rungen, die Ränder Verzerrungen und der innere dunkle Ring, der früher gar nicht wahrgenommen wurde, liess einige Zeit ein Wachsen nach unten vermuten. Die dem Aussehen und den Veränderungen entsprechende nächst- liegende Annahme, dass man es mit einem sehr leichten wolken- oder nebelartigen Gebilde zu thun habe, würde, wie man meinen sollte, zugleich dem Bedürfnis einer mechanischen Erklärung am besten genügen. Man könnte sich in Übereinstimmung mit der Kant- Lartace'schen Weltbildungstheorie denken, der Saturnring sei noch ein Überbleibsel jener früheren Weltbildungsepochen, die wir in den Ringnebeln des Fixsternhimmels noch gegenwärtig zu erkennen glau- ben, ein Rest jener Entwickelungszustände, wo, nachdem die Planeten sich aus von der Sonne abgelösten Ringmassen zu ballen begonnen hatten, sie selbst in Ringen die Trabantenmassen von sich absonderten. Derart waren in der That auch die Vorstellungen der Gelehrten BET gr und sind es zum Teil heute noch in betreff der näheren Beschaffen- heit des Ringgebildes, dessen geometrische Gestalt der Scharfsinn von Huysens zuerst erkannt hat. Aber gegen diese Art von Vorstellungen erhob schon am Ende des 18. Jahrhunderts der grosse LarLacE ein gewichtiges Bedenken. Er unterwarf das Problem der Saturnringe vom Standpunkt der Himmelsmechanik aus einer eingehenden mathematischen Unter- suchung, die ihn auf eine höchst sonderbare Vermutung über die Beschaffenheit des Gebildes führte. Seine Untersuchung im 6. Kapitel des 3. Buchs der Himmelsmechanik nimmt folgenden Gang: Auf Grund der Gesetze der Massenanziehung und der Rotationsbewegung wird die Form untersucht, welche ein flüssiger Ring haben müsste, der freischwebend den Planeten umgeben würde in derjenigen un- gefähren mittleren Entfernung vom Planeten, die der weisse Ring in Wirklichkeit besitzt. Larrtace findet die Form eines Wulstes von elliptischem Querschnitt, derart, dass die Querschnittsellipse ihre lange Achse in der Äquatorebene des Planeten, die kurze Achse in dazu senkrechter Richtung hätte, aber das Achsenverhältnis müsste 2,6:1 sein. Das würde bei dem oben beschriebenen Papiermodell eine Ringdicke von 2,5 cm statt einer solchen von '/, mm oder gar nur !/, mm bedeuten. Larracr, der den Ring wohl noch für etwas dicker hielt, als die späteren Messungen zulassen, sagt nun, man könnte sich den Widerspruch der Rechnung mit der Beobach- tung dadurch zurechtlegen, dass man, statt eines, eine grössere Zahl von Ringen annehme, die konzentrisch ineinander liegend alle einzeln ungefähr das obige Achsenverhältnis aufweisen. Es könnte die Irra- diation des Auges die einzelnen Ringe breiter erscheinen und zu- sammenfliessen lassen. Die Dauer der Umwälzung jedes Ringes wäre gleich der eines Trabanten im selben Abstand vom Planeten. Aber, fährt er nun fort, diese Vorstellung von Ringen mit gleichartig ver- teilter Masse sei aus einem andern Grunde unhaltbar. Dieser Grund, auf den wir näher eingehen müssen, bildet nicht nur für die Frage des Saturnrings ein ungemein wichtiges Moment, er zeigt für die ganze an den bekannten Prarzau’schen Versuch sich anschliessende Vorstellungsweise von der Bildung der Planeten und Trabanten aus Ringen, dass der Ringzustand nur ein Durchgangs- zustand von kurzer Dauer sein konnte. Wenn man nämlich, sagt Lartacz, das Gleichgewicht näher untersuche, in welchem sich eine einzelne gleichförmig schwere Kreislinie befinde, die den Planeten (mit Trabantengeschwindigkeit in sich selbst sich verschiebend) um- RIED gebe, so sei dieses Gleichgewicht kein stabiles, sondern ein labiles. Die kleinste Verschiebung der Kreislinie, etwa durch die Anziehung eines Satelliten, wobei ihr Schwerpunkt von demjenigen des Planeten weggerückt würde, hätte die Folge, dass dieser Schwerpunkt sich ganz vom Planetenschwerpunkt entfernen müsste, bis endlich die Kreislinie auf den Planeten stossen, zerbrechen und ganz auf diesen stürzen würde. „Ein Ring nun, dessen Teile sich sämtlich voll- kommen ähnlich wären, würde aus einer Menge Umkreise bestehen. welche dem von uns betrachteten Kreis ähnlich wären. Der Mittel- punkt würde dann vom Mittelpunkt Saturns zurückgestossen werden, wenn diese beiden Mittelpunkte nur ein wenig aufhörten zusammen- zufallen, und dann würde der Ring sich endlich mit Saturn ver- einigen.“ Aus diesem Satze zieht Lartacr nun gleich folgenden Schluss: „Die verschiedenen Ringe, welche die Kugel Saturns um- geben, sind folglich irreguläre feste Körper, deren Breiten in den verschiedenen Punkten ihrer Umkreise ungleich sind, so dass ihre Schwerpunkte nicht mit den Mittelpunkten ihrer Figuren zusammen- fallen. Man kann diese Schwerpunkte als ebensoviel Satelliten an- sehen, welche sich um den Mittelpunkt Saturns in Entfernungen bewegen, welche von der Ungleichheit der Teile jedes Rings ab- hängen, und welche Satelliten mit ihren respektiven Ringen einerlei Umdrehungsgeschwindigkeit haben.“ Die Frage nach der Anziehung der Ringe aufeinander wird damit abgethan, dass die gegenseitige Einwirkung höchst veränderlich sein müsse und daher bei der Unter- suchung der bleibenden Figur nicht in Betracht kommen könne. Diese Ausführungen des grossen Mathematikers enthalten nun freilich eine Reihe von Gedankensprüngen, welche dem Leser zur Ausfüllung überlassen bleiben. Der Satz vom labilen Gleichgewicht eines starren Kreises, der bei der geringsten Verrückung seines Schwerpunktes auf den Saturn stürzen müsste, wird ohne weiteres auch auf eine Kreislinie flüssiger Teilchen übertragen, von da auf flüssige Ringe. Nicht bloss flüssige Ringe mit gleich verteilter, sondern auch solche mit unsymmetrisch verteilter Masse werden stillschweigend verworfen, von nebelartigen oder staubartigen Massen ist ebensowenig die Rede. Die einzige Lösung endlich, welche La- PLACE für möglich hält, die Annahme unsymmetrisch belasteter fester Ringe, wird auf ihre Durchführbarkeit, auf die Art, wie man sich die Verhältnisse der Ringmasse und ihrer ungleichen Belastung zu denken habe, gar nicht weiter untersucht. Nur das eine führt La- PLACE in einem späteren Kapitel noch weiter aus, er beweist, dass RL pe infolge der starken Abplattung des Planeten die Ebenen der starren Ringe in dessen Äquatorebene sehr annähernd erhalten werden, trotz aller Störungen etwa durch die Sonne oder durch den äussersten Satelliten, den Japetus, der um etwa 10° von dieser Ebene abweicht. Es sei versucht, die Gedankensprünge durch folgende Über- legungen auszufüllen: 1) Das Theorem vom labilen Gleichgewicht des starren Rings gilt unmittelbar auch für einen flüssigen Ring, da bei der Ableitung des Theorems auf den Aggregatzustand des Rings keine Rücksicht genommen wurde, ja er gilt ebendeswegen für jede kreisförmige Anordnung von Massen, die den Planetenmittelpunkt zugleich zum geometrischen Mittelpunkt und zum Schwerpunkt hat. 2) Nur in dem Punkte könnten flüssige Ringe von den starren sich unterscheiden, dass sie bei Abstossung ihres Schwerpunkts von dem- jenigen des Planeten weg zugleich derart ihre Form ändern können, dass sie nicht gezwungen sind, auf den Planeten zu stürzen, aber der Zerstörung würden flüssige Ringe doch verfallen. 3) Unsymme- trisch verteilte flüssige Massen kann man jederzeit in Gedanken in 2 Teile teilen, von denen der eine seinen Schwerpunkt im Planeten- mittelpunkt hat, der andere nicht. Der erstere Teil verfällt dem Lartace’schen Theorem und ist labil, der zweite bildet keinen Ring. Ebenso verhält es sich mit staubartigen Massen. Daher ist nur noch ein unsymmetrischer Ring denkbar, dessen Teile im starren Verband stehen, beziehungsweise ein System solcher starrer Ringe, die von einander getrennt sind. 4) Die Möglichkeit der Annahme eines starren Rings mit einseitiger Belastung erscheint selbstverständ- lich mindestens für den Fall, dass man die Belastung im Vergleich mit der übrigen Ringmasse sehr gross annimmt, dass man also eigentlich nur einen Trabanten mit leichtem Anhange hat. Ob wohl Larrace auch heute noch an dieser sonderbaren Lösung des Problems der Saturnringe festhalten würde, wenn ihm die Be- obachtungen der besten modernen Fernröhren vorlägen, die ausser der Cassmr'schen Trennung keine bleibende Teilung erkennen und in dieser selbst manchmal Ringsubstanz wahrnehmen lassen, und die bei stärkster Vergrösserung dann keine Spur des Ringes mehr zeigen, wenn unser Auge in der erweiterten Ringebene selbst befindlich über die Ringdicke sich belehren möchte, keine andere Spur, als den schmalen schwarzen Schatten, den alsdann der sonnbeschienene Ring auf die Planetenscheibe wirft? Aber die Annahme von La- pLacE hat noch ihre besonderen Schwierigkeiten. Im Jahre 1856 unterzog einer der bedeutendsten neueren Forscher, der durch seine Arbeiten im Gebiet der Elektricität und des Lichts so berühmte Engländer OLerk MaxweLL, die Frage des Saturnrings einer ein- gehenden Untersuchung in einer preisgekrönten Arbeit „über die Stabilität der Bewegung der Saturnringe“ !. Ausgerüstet mit dem mathematischen Werkzeug der feinsten analytischen Methoden, welche die Fortschritte der Funktionslehre geliefert haben, untersucht Max- WELL zunächst die Frage nach der Massenverteilung in den Laptack'- schen starren Ringen. Er findet, dass die Larrace’sche Annahme mit keiner andern Verteilung verträglich sei, als wenn die ganze Belastung sich an einer Stelle des im übrigen gleichartigen Ringes befinde und zwar nur genau dann, wenn das Verhältnis der Be- lastung zur Gesamtmasse nicht weniger als 81,6 und nicht mehr als 82,8 °/, betrage. In allen andern Fällen (über den unter Nr. 4 oben angenommenen Grenzfall äussert sich MaxwerL nicht) werde das Gleichgewicht des Ringes ein labiles.. Zu dieser ausserordent- lich engen Begrenzung der Zulässigkeit der LarLace’schen Annahme kommt eine unüberwindliche physikalische Schwierigkeit. In dem starren Ringe müssten nämlich, weil er mit der Geschwindigkeit seines dem Planeten näheren Schwerpunkts zu kreisen gezwungen wäre, wie in einem rasch rotierenden Schwungrade Spannungen be- stehen, denen keine bekannte Substanz, auch der härteste Stahl entfernt nicht, widerstehen könnte. Damit wäre die vom heutigen Zustande der Beobachtung aus schon höchst unwahrscheinliche Lartace’sche Vorstellung einseitig belasteter fester Ringe als physikalisch unzulässig nachgewiesen und, sofern das zu Recht bestehende Larrace’sche Gleichgewichtstheorem alle andern Annahmen auch ausschliesst, stünden wir vor dem Resultat, dass der Saturn keinen Ring haben darf. Der Saturnring ist einer von den Patienten, die der ärztlichen Wissenschaft gemäss tot sind, aber doch noch unter den Lebenden wandeln. Da uns Lartace über die Zeit der notwendig eintretenden Zer- störung des Rings, falls derselbe aus gleichmässig um den Planeten verteilter Masse bestünde, indessen keine näheren Aufschlüsse geben konnte, so bleibt doch noch einige Hoffnung, den Bestand des Ringes durch solche Annahmen über dessen Beschaffenheit zu retten, welche eine möglichst lange Verzögerung des Zusammenbruchs erwarten lassen. In diesem Bestreben, die Bedingungen eines möglichst lang den Störungen trotzenden Zustandes zu suchen, ist nun MAxweELL ! Scientific papers of James CLERK MAxwELL. Cambridge 1890. Vol. I. pag. 289 ff. a > und übereinstimmend mit ihm Hırn, der Maxwerr's Untersuchungen nicht kannte, zu dem Ergebnis gekommen, der Saturnring müsse aus einer sehr grossen Zahl kleinster Satellitchen bestehen, von welchen jeder selbständig seine Bahn um den Planeten beschreibe derart, dass bei der verhältnismässig grossen Entfernung der einzelnen von einander und bei dem Überwiegen der Massenanziehung des Planeten über die kleinen gegenseitigen Anziehungen der Körperchen dieselben keine erheblichen Störungen in ihren Bahnen aufeinander ausüben. Maxweır’s Berechnung kann hier freilich nur bis zu einer gewissen Stufe den Erfolg kleinerer Störungen verfolgen. Seine Untersuchung betrifft auch nicht sowohl das gewissermassen äussere Gleichgewicht der Gesamtringmasse, welches das Larrace'sche Theo- rem behandelt, sondern das innere Gleichgewicht, die Möglichkeit, dass kleine Störungen in einzelnen Teilen sich gegenseitig kompen- sieren und nicht zu allmählich wachsenden Beträgen anwachsen. Max- WELL zeigt nacheinander: Ein starrer Ring ist unmöglich, ebenso ein flüssiger Ring, er würde durch die kleinsten Störungen in ver- schiedene Formen von Wellenbewegungen versetzt werden, welche in ihren Beträgen anwachsend die Zerstörung zur notwendigen Folge haben müssten. Dagegen findet Maxwerr bei Untersuchung des Ver- haltens zunächst einer einzelnen Kette getrennter Satelliten, dass bei genügend kleiner Masse und genügend weitem Abstand der ein- zelnen Glieder kleine Störungen sich kompensieren könnten, er kommt zu der Formel S > 0,4352 «”R, worin S die Saturnmasse, R die gesamte Ringmasse und u die Zahl der einzelnen Glieder des Ringes bezeichnet. Es könnten also z. B. « = 100 Satelliten in einem Kreise enthalten sein, wenn S > 4352R wäre, oder « = 1000, wenn S > 455200R wäre. Für das Nebeneinander aber einer grossen Zahl von Einzelketten in derselben Ebene, welche je nach ihren verschiedenen Entfernungen vom Planetenmittelpunkt verschiedene Umlaufsgeschwindigkeiten haben, versagt die mathematische Rech- nung. Die gegenseitigen Einwirkungen der Glieder verschiedener Reihen aufeinander scheinen notwendig eine allgemeine Verwirrung hervorbringen zu müssen, deren Erfolg nicht sicher berechnet werden kann. Im allgemeinen aber lässt sich auch hier annehmen, dass bei genügend grossen Abständen der einzelnen Körperchen und ge- nügend kleinen Massen derselben die Zerstörung beliebig lang ver- zögert werden kann. Es werden sich aus den gegenseitigen wechseln- den Stellungen und Anziehungen zweierlei Tendenzen ergeben, eine solche zur Ansammlung grösserer Massen unter schliesslicher Ballung Br ee des Rings zu einem Satelliten und eine entgegengesetzte Tendenz zur Wiederzerstreuung der gesammelten Massen infolge der ver- schiedenen Umlaufszeiten der näheren und ferneren Teile der Massen, eine Tendenz zur Zerstörung der Kreisbahnen infolge der gegen- seitigen Störungen und eine umgekehrte Tendenz zur Wiederher- stellung infolge der Selbstvernichtung aller solcher Bewegungskompo- nenten, welche Zusammenstösse, welche Bewegungsreibung erzeugen. „So leuchtet es ein, dass in einem System von vielen konzentrischen Ringen fortwährend neue Fälle gegenseitiger Interferenz zwischen verschiedenen Ringpaaren eintreten. Wenn die Kräfte, welche diese Störungen hervorrufen, sehr klein sind, so werden die Störungen von geringem Betrag sein und es ist möglich, dass bei den Unregel- mässigkeiten eines jeden der Ringe die wellenförmig sich fortpflanzen- den Störungen sich so brechen und verwirren, dass sie nicht zu der- jenigen Höhe anwachsen können, bei welcher sie die Anordnung des Rings im ganzen beeinträchtigen könnten. So mag man. be- greifen, dass es möglich sei, dass die stufenweise Auflösung des Systems sich verzögere oder auf ewig verschiebe.“ Auf diese Art hat Maxwerr dem kranken Mann, dem das La- prack'sche Theorem das Leben abspricht, auf unbestimmte Zeit das Leben gefristet. Der Saturnring besteht aus einer sehr grossen Zahl von Einzelsatelliten, die alle, ohne sich gegenseitig erheblich zu be- einträchtigen, in selbständigen Bahnen und alle in der Äquatorebene den Planeten umkreisen. Aber Maxweıı giebt uns keine ganz befriedigende Lösung des Rätsels. Seine Erklärung des fortdauernden Ringbestandes lässt dessen Leben an einem Faden hängen, einer Seifenblase gleich erhält sich der Ring nur gegen kleine Störungen. Sollte nicht längst ein grosser Meteorit dareingeschlagen, einen Riss erzeugt haben, der die Seifen- blase zum Zerfallen brachte? Was am Himmel seit Gauıter's Zeit in solch verhältnismässiger Unveränderlichkeit besteht und zweifel- los schon lange vorher bestand, kann nicht so zerbrechlicher Natur sein, es muss die Ursachen seiner Erhaltung und, falls es sich ver- änderlich erweist, seiner Erneuerung in sich tragen. Dazu kommt aber noch eine weitere Frage, welche durch die neuesten Beobach- tungen brennend geworden ist. LarLac und auch MAxwELL wussten noch nicht, wie ausserordentlich dünn die Ringscheibe ist im Ver- gleich mit dem Spielraum, innerhalb dessen die nächsten Satelliten- bahnen von der Äquatorebene abweichen. Nach Srruve’s Messungen in Pulkowa hat die Bahnebene des innersten Satelliten, des Mimas, U der nur etwa 0,9 Saturnhalbmesser vom Ring entfernt ist, eine Neigung von 1°26° gegen die Äquatorebene, das ist 140 Mal mehr als der Spielraum, der bei einer Ringdicke von 50 km den äusser- sten Ringkörperchen zukäme. Warum zerstreut sich der Ring nicht über das durch die wechselnde Lage der Bahn des Mimas begrenzte Gebiet? Zur Erhaltung einer so mathematischen Beständigkeit der Ringebene gegenüber den Störungen durch die Sonne, durch den äussersten Satelliten Japetus, dessen Bahnebene um etwa 10° von der Ringebene abweicht, genügt die Wirkung der starken Abplattung des Planeten nicht mehr, durch welche LarLace die Erhaltung der Bahnebenen seiner starren Ringe und diejenige der näheren Satelliten erklärt hatte, sie genügt um so weniger, als Lartace diese Abplattung zweifellos überschätzt hat. Die grossen Planeten Jupiter und Saturn zeigen uns nur die Gestalt ihrer atmosphärischen Hüllen, um wieviel aber die Halbmesser der hinter den Hüllen steckenden’ Körper und um wieviel die Abplattungen derselben kleiner sind, wissen wir nicht, sicher sind die Halbmesser kleiner. So wenig als für den Sonnen- körper, so wenig ist es für diese Planeten erwiesen, dass ihre spezifi- schen Dichten nicht mit denjenigen von Merkur, Venus, Erde, Mars annähernd harmonieren. Was wir zur Erklärung des Bestandes des Saturnrings vor allem brauchen, ist eine Kraft, welche alle einzelnen Ringkörperchen — denn soweit ist an der Maxwerr’schen Lösung wohl nicht zu zwei- feln — von der Bewegung aus der Äquatorebene heraus abhält und die durch Störungen daraus abgelenkten dahin zurücktreibt.. Wenn wir uns, gezwungen durch die Gestalt des Rings, von der Existenz einer solchen Kraft überzeugt haben, so können wir über deren Wesen nicht mehr im Zweifel sein, die Kraft kann nur der Magnetis- mus des Planeten sein. Kehrt man die Pole eines Hufeisenmagnets nach oben, legt darüber ein Blatt Karton und bestreut dasselbe mit Eisenfeile, so zeichnen sich auf dem Papier die Pole des Magnets samt den in weiteren und weiteren Bögen die Pole verbindenden Kraftlinien ab. Im grossen ist unsere Erde auch ein Magnet mit 2 Polen. In weiten Bögen müssen die Kraftlinien auch noch die weitere, vielleicht fernste Umgebung der Erde durchschwärmen, von der einen Halbkugel in Richtung der Inklinationsnadel aufsteigend, zur andern sich nieder- senkend. Hänge ich an einen Faden ein horizontalschwebendes Stäb- chen aus Wismutmetall zwischen die nach oben gekehrten Pole; . so stellt es sich senkrecht zur Verbindungslinie beider Pole in der BIS... Mitte zwischen beiden ein, gerade senkrecht zu derjenigen Richtung, in welcher ein Eisenstäbchen sich einstellen würde. Ersterer Körper wird von beiden Polen abgestossen, letzterer von beiden angezogen, der erstere, der diamagnetische, sucht die von beiden Polen ent- fernteste Lage auf, der letztere, der paramagnetische, sucht beiden Polen möglichst nahe zu kommen. Letzterer, irgendwo im Magnet- feld aufgehängt, sucht die Richtung der Kraftlinien auf, ersterer die dazu senkrechte Richtung, letzterer erleidet in Richtung der Kraft- linien einen Zug, der ihn zu verlängern sucht, ersterer erleidet in dieser Richtung einen Druck. Bringt man Proben von Flüssigkeiten auf Uhrgläser zwischen die Pole, so wird die kreisförmige Begren- zung der magnetischen Flüssigkeit zum Oval mit grösster Länge in der Richtung von Pol zu Pol, diejenige der diamagnetischen zu einem in dieser Richtung verkürzten Oval. Ein weicher paramagnetischer Trabant im Felde eines magne- tischen Planeten müsste sich in Richtung der Kraftlinien verlängern. Es ist nicht unmöglich, dass die innersten Jupitermonde derart ver- längert sind. Ein diamagnetischer Trabant aber muss sich in der Ebene des magnetischen Äquators des Planeten auszubreiten suchen, er muss sich in der Äquatorebene um so vollständiger gleichmässig verteilen, je weniger seine Masse der Verteilung Widerstand leistet. Vorausgesetzt, der Versuch, welcher schon gemacht wurde. wäre gelungen, die Erhaltung der Ebenen der Satellitenbahnen und besonders der gemeinsamen Ebene der Ringpartikelchen als eine Wirkung der starken Abplattung des Planeten zu erklären, so wie LarLace für seine starren Ringe die Erklärung fertig brachte, so wäre es ja das reinste Wunder, dass alle die Myriaden kleinster Satellitehen von Hause aus dieselbe Bahnebene haben sollten. Ein Magnetfeld aber in der Umgebung des Planeten ist vollkommen ge- eignet, Teilchen diamagnetischer Substanz aus den verschiedenst geneigten Bahnen in die Äquatorebene zu treiben und darin zu er- halten. Ein solches Magnetfeld bildet für alle Bewegungskomponenten senkrecht zur Äquatorebene eine Art Reibungswiderstand, welcher nur die Bewegung in zu den Kraftlinien senkrechter Richtung be- stehen lässt. Dadurch allerdings müsste sich das Magnetfeld des Satum auszeichnen, dass die magnetische Achse genau mit der Rotations- achse des Planeten, der magnetische Äquator mit dem astronomischen zusammenfiele. Diese Besonderheit entspricht ganz dem regelmässi- gen Bau des Systems des Planeten mit seinen 7 inneren Satelliten. Die magnetische Kraft, welche auf die Teilchen des Rings wirkt, E12 [: RR braucht an Grösse die störenden Kräfte (ausgehend von Sonne und Japetus) weit nicht zu erreichen, nicht einmal die zur Äquatorebene senkrechten Komponenten der störenden Kräfte, denn die letzteren wirken periodisch entgegengesetzt, erstere wirkt stetig mit gleicher Tendenz, und ist daher im stande, auch grosse Störungen, welche durch vorübergehende Ursachen bewirkt werden müssten, zu paralysieren. Dass unsere Erde keinen Ring hat, liegt wohl nicht an der Schwäche ihrer. Magnetisierung, sondern vielleicht am Mangel an Stoff zu einem Ring, sehr wahrscheinlich am Mangel der magnetischen Öen- trierung. Denn ihre magnetischen Pole fallen nicht in die End- punkte der Erdachse und der magnetische Äquator fällt nicht in den geographischen, auch ist unser Mond weit entfernt, seine Bahn in der Äquatorebene zu beschreiben. Ähnlich mag bei den andern Planeten die Abweichung der magnetischen Achse von der Rotations- achse die Ringbildung verhindern. Vielleicht aber ist unser Tier- kreislicht, das freilich kein Äquatorlicht ist, die Andeutung einer zerstreuten Ringsubstanz. Man mag es bedenklich finden, auf die Übereinstimmung der Perioden der Sonnenflecken und der erdmagnetischen Störungen und auf einen möglichen Zusammenhang dieser Perioden mit der Periode der Konstellationen von Sonne, Jupiter und Saturn eine Theorie magnetischer Wechselwirkung der Körper des Sonnensystems zu gründen, weil es scheint, dass hierbei ungeheure magnetische Ladungen und Kraftwirkungen vorausgesetzt werden müssten — für das Pro- blem des Saturnrings genügt eine magnetische Kraft von geringem Mass, wenn nur die Ringsubstanz genügend diamagnetisch ist. Dieser diamagnetische Druck lässt alle Störungen innerhalb der Ringebene unberührt, und daher erleidet diejenige Erklärung für die Bildung der Cassınr'schen Trennung keine Änderung, welche Kırkwoon im Jahre 1868 gegeben hat. Nach Kırkwoop’s Berechnung befindet sich nämlich diese Trennung an derjenigen Stelle des Rings, für welche die Summen der Störungen durch die Satelliten ihre grössten Beträge erreichen. Ähnlich sind im Ring der kleinen Planeten zwischen Mars und Jupiter auch diejenigen Gebiete leer von Planetoiden, für welche die Störungen durch die grossen Planeten sich am meisten anhäufen. Es ist nicht undenkbar, dass der magnetische Äquator Saturns gegenüber der Ebene des astronomischen Äquators kleine zeitlich veränderliche Abweichungen und Ausbiegungen aufweise und es könnten dadurch gewisse feinere Anomalien, welche die Beobachtung des Rings zeigt, vielleicht ihre Erklärung finden. a RER LaptacE und MaxwELL haben sich mit dem Problem der Stabili- tät des Rings beschäftigt, mit den Bedingungen, durch welche die Fortdauer des vorhandenen Rings gewährleistet wird. Der Kausali- tätstrieb kann aber auch in der vollen Erklärung der Stabilität seine Befriedigung nicht finden, er verlangt eine genetische Erklärung der Bildung des Rings. Nur eine solche Erklärung, welche die Ent- stehung des Rings auf Ursachen zurückführt, deren Existenz und Wirkung uns wahrscheinlich erscheint, befriedigt das Erkenntnis- streben. | Sollte ein so leichtes, zartes Gebilde nicht das Erzeugnis eines fortdauernden meteorologischen Vorganges sein? Es giebt im wesentlichen zweierlei Vorstellungen über die Atmo- sphären der Himmelskörper. Nach der gewöhnlichen Vorstellung sind diese Atmosphären in der Höhe begrenzt und zwar begrenzt entweder durch diejenige einen Himmelskörper umgebende Sphäre, in welcher die Temperatur des absoluten Nullpunkts herrscht oder jedenfalls begrenzt durch diejenige Sphäre, in welcher die Schwung- kraft der mit dem Himmelskörper rotierenden Gashülle gleich dem Gewicht des Gases sein müsste und über welcher das Gas durch die Schwungkraft vom Himmelskörper weggetrieben werden müsste. Da es im Gebiet der Sonnenstrahlung und der Fixsternstrahlung nirgends denkbar ist, dass die Temperatur des absoluten Nullpunkts existiere, so kommt eigentlich nur die durch die Schwungkraft be- dingte Grenze als mögliche Grenze in Betracht. Man kann diese Grenze die LarLacre'sche Grenze nennen, weil LarLAcE zuerst die Gestalt solcher Sphären mathematisch untersucht hat. Eine zweite Vorstellung aber nimmt die Atmosphären der Himmelskörper unbegrenzt an, nach ihr erfüllen Gase bei einem wenn auch noch so kleinen Druck den ganzen Weltraum und die Dichte dieser Gase nimmt mit der Annäherung an die Himmelskörper zu. Die rotierenden Himmelskörper erzeugen in der Weltraumatmo- sphäre Strömungen, eine aufsteigende Strömung über ihrem Äquator, eine absteigende an den Polen. Diese Vorstellung hat Wıruıam SıE- MENS ! zuerst entwickelt und auf die Sonne angewendet. Auch wenn wir dem Urheber dieser Theorie in seiner weiter an dieselbe an- geknüpften Hypothese über den Ersatz der Sonnenwärme nicht folgen, so ist doch die Bildung der auf- und absteigenden Strömungen eine notwendige Konsequenz der Annahme, dass der Weltraum gaserfüllt ! Erhaltung der Sonnenenergie von Sir WıuLıam SIEMENS, übersetzt von Worms. Berlin 1885. SR END sei. Wir brauchen bei dieser Gaserfüllung durchaus nicht in erster Linie an unsere schweren Gase, wie Sauerstoff, Stickstoff, Kohlen- säure, Wasserdampf zu denken, von welchen der Weltraum wohl nur unmerkliche Spuren enthält. Die Sonne besitzt eine Hülle, welche durch Gase gebildet ist, die vielmal leichter als der unter ihnen gelagerte Wasserstoff sind, und auch unsere Erde zeigt in der Höhe der Nordlichterscheinungen dem Spektroskop die Linie eines vielleicht mit einem der Sonnengase identischen Gases, und vielleicht ist der den Weltraum füllende Lichtäther selbst von gasiger Beschaffenheit. Nach dieser zweiten Vorstellung über die Natur der Atmo- sphären muss die rotierende Bewegung eines Himmelskörpers sich den umgebenden Gasen bis in unbestimmte Höhen über dem Äquator, weit über die Lartace'sche Grenze hinaus, mitteilen; um so mehr, wenn der Himmelskörper, wie der Planet Saturn, noch von einer Anzahl Satelliten umkreist ist. Aber die Geschwindigkeit, mit welcher die Rotation der Atmosphäre erfolgt, ist nicht dieselbe, wie bei der ersten Vorstellung, sie ist mit der Höhe zunehmend kleiner und wird in sehr grosser Höhe verschwindend klein. Versuchen wir, in das Spiel der Kräfte in einer solchen Atmo- sphäre einen noch genaueren Einblick zu gewinnen: Irgend ein kleines Gasquantum im Gebiete über dem Äquator des Himmelskörpers mit seiner raschen Rotationsgeschwindigkeit und seiner langsam auf- steigenden Bewegung steht unter der Wirkung dreier Kräfte, a) seines Gewichts, b) des Auftriebs durch die umgebenden Gasmengen, c) seiner Schwungkraft. Unten am Boden ist b-- c grösser als a, wodurch die aufsteigende Bewegung eingeleitet wird, dann bis in sehr grosse Höhen bleibt b-+ ce sehr annähernd gleich a. Erst in Höhen, wo die aufsteigende Bewegung sich merklich verlangsamt, wird bc ein weniges kleiner als a, so jedoch, dass mit dem Aufhören der Bewegung c sich der Null und b dem Werte a sich nähert. Eine bemerkenswerte Änderung geht mit den Kräften b und ce von unten nach oben vor sich. Unten in der dichten Atmosphäre war der Auftrieb b nahezu gleich dem Gewichte a und die Schwung- kraft e war klein; oben, im Gebiete der LarLAace’schen Grenze (in der vorstehenden Figur bezeichnet der Punkt D ihre Höhe über dem Äquator), ist e nahezu gleich a, dagegen ist b klein. Nun liegt die Vorstellung nahe, in dem aufsteigenden Strome seien Spuren eines Gases enthalten, das oben in den sehr kalten Regionen sich kondensieren müsse, etwa Wasserdampf. Die Konden- Er sation macht das Volumen und folglich den Auftrieb b nahezu zu Null, so dass nun a über ce überwiegt und das Kondensationsprodukt zu fallen beginnt. Je höher aber der Ort der Kondensation liegt, um so kleiner war b, mit um so geringerer Beschleunigung werden also die Kondensationsprodukte fallen, und wenn wir die Dichte der Weltraumgase nur klein genug annehmen und die zweite Vor- stellungsart über die Atmosphären genügend der ersten annähern, so wird die Fallbeschleunigung der im Gebiete der Larrace'schen Grenze und über derselben gebildeten Kondensationen verschwindend klein. Wir erhalten einen Niederschlag, vielleicht von Eisnadeln, der mit Satellitengeschwindigkeit den Planeten umkreist und, falls er diamagnetisch ist, wie das Eis, sich unter der Wirkung des Planetenmagnetismus zur dünnen Scheibe abplattet. Die tiefer fallen- den Kıyställchen, an welche sich unten neue Kondensationen an- lagern, gewinnen zunehmend grössere Beschleunigung nach unten. Vom Gebiete des Punktes E der Figur an hat sich die Wolke so weit gelichtet, dass sie transparent wird, um im Gebiete F' dem Beobachter auf der Erde zu verschwinden. Zur Verlangsamung der Fallbewegung mag ein Umstand noch ganz besonders beitragen. Bei genügender Annäherung der SIEMENS’- schen an die Larrace'sche Anschauung, indem man den Druck der Weltraumgase genügend klein voraussetzt, wird die Rotationszeit der im Gebiete der Larzack'schen Grenze befindlichen Schichten nicht so sehr von derjenigen des Planeten abweichen, dass nicht diese oberen Schichten eine grössere Translationsgeschwindigkeit besitzen, als die tieferen. Dann aber werden die allmählich sich senkenden Kondensationsprodukte in den etwas tieferen Schichten zu wahren Satelliten ohne jede Fallbeschleunigung werden, sie bewegen sich ganz der Maxwerr’schen Vorstellung entsprechend in Kreisbahnen, bis vielleicht innere Reibungen aufs neue ihre sinkende Bewegung veranlassen. So erklärt sich die Bildung einer Eiswolke in der Umgebung der Sphäre des Punktes D, der in der That ungefähr in der Mitte des weissen Ringes sich befindet. Die allmähliche Auflösung der Wolke nach unten ist die Folge zunehmender Fallbeschleunigung der Niederschläge. Wie erklärt sich aber die scharfe obere Grenze des Rings? Diese findet ihre Erklärung nach demselben Prinzip, nach welchem Kırkwoon die Cassınrsche Trennung erklärt hat. Die nähere Prüfung zeigt nämlich, dass über dem oberen Rande des weissen Rings zu- U ELTA nächst eine der Cassmischen Trennung entsprechende zweite, nur noch etwas breitere, folgen müsste. Dass aber über dieser die Ring- substanz keine Fortsetzung zeigen kann, folgt aus der bedeutenden Nähe des ersten Satelliten, dessen Störungen keine Ringbildung zu stande kommen lassen würden, wenn auch in jener Höhe noch Niederschläge entstehen könnten. In der That, noch viel höher hinauf deutet die abnehmende Albedo der Satelliten auf eine stufen- weise Abnahme der Neigung zur Niederschlagsbildung, bis hinauf zum Japetus. Dieser zeigt eine Verschiedenheit seiner Lichtstärke, je nachdem er in der Vorhut oder in der Nachhut des die Sonne umkreisenden Planeten sich befindet, wie wenn der Planet einen Schweif von Niederschlagsstoff hinter sich liesse. Mit Recht erregt das Gebäude der Himmelsmechanik, wie es der grosse LAPLAcE uns hinterlassen, unsere grösste Bewunderung. Das eine grosse Naturgesetz, die von Nrwron entdeckte Gravitation, bestimmt allein und souverän nicht nur die Bahnen und Geschwindig- keiten der himmlischen Körper, sondern auch deren Gestalten. Wir würden es als eine Entweihung empfinden, wenn derjenige, welcher im Gebiete selbst der scheinbar unentwirrbaren Störungen die grosse Ordnung des Gesetzes aufgedeckt hat, neben der alleinherrschenden Gravitation eine andere Naturkraft zur Erklärung der Erscheinungen am Himmel beigezogen hätte. Aber die Rätsel, welche die fort- schreitende Beobachtung uns zur Lösung aufgiebt, zwingen heut- zutage die Astrophysik und die Astronomie, bei den fernwirkenden Kräften der Elektricität und des Magnetismus Rat zu holen. Die von SCHWABE und Worr geführte Statistik der erdmagnetischen Er- scheinungen und der Sonnenflecken lässt an einem Zusammenhang dieser zweierlei Erscheinungen nicht mehr zweifeln. Der Magnetis- mus unseres Planeten ist nur ein Glied eines grossen, der wissen- schaftlichen Erklärung noch verborgenen Gebietes von Erscheinungen. Wenn ein Vergleich erlaubt ist, den der Verfasser bei anderer Ge- legenheit! gebraucht hat, der Vergleich der rotierenden Planeten mit verschieden grossen Dynamomaschinen, so liegt es nahe, dem Planeten Saturn wegen seiner 92 Mal grösseren Masse und seiner mehr als doppelt so grossen Rotationsgeschwindigkeit ein sehr er- heblich stärkeres Magnetfeld zuzuschreiben, als der Erde. Diese naheliegende Hypothese wird zur Wahrheit durch die Existenz des Saturnrings, dessen Ausbreitung zur dünnen Scheibe ohne die An- ! Deutsche Revue. Mai 1893. S. 257. ‚Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894, 3 A U nahme einer die Masse zur Äquatorebene drängenden Kraft, un- erklärlich ist. Die physikalische Rüstkammer bietet kein anderes Mittel, eine Kraft dieser Art zu deuten, als die diamagnetische Ab- stossung von den Polen. Die Existenz eines kräftigen Magnetfeldes in der Umgebung des Planeten Saturn ist eine Thatsache. Der Zukunft bleibt die Aufgabe, die Gesetze der magnetischen Wechsel- wirkung der Glieder des Sonnensystems und die mögliche Beein- flussung der Gestalt und der Bewegung der Himmelskörper durch die Magnetkraft zu erforschen. Zur Rotatorienfauna Württembergs. Zweiter Beitrag. Von L. Bilfinger, Oberförster in Stuttgart. Mit Tafel II, II. Nachdem ich in meinem ersten im Jahrgang 1892 dieser Jahres- hefte S. 107 ff. veröffentlichten Beitrag bis zum Schluss des Jahres 1892 117 Arten von Rotatorien als der württembergischen Fauna angehörig konstatiert habe, ist es mir in der Zwischenzeit gelungen, weitere 91 Arten dieser Tiergruppe in Württemberg aufzufinden, die in dem folgenden Verzeichnis aufgeführt sind. Soweit ich bei den einzelnen Arten in der Lage war, Beob- achtungen zu machen, die mir neu zu sein schienen, habe ich die- selben mitgeteilt. Eingehendere Beschreibungen sind nur in solchen Fällen ge- geben worden, bei welchen ich über die Richtigkeit der Artbestim- mung nicht ganz sicher war. Die angehängten Tafeln enthalten die Abbildungen von zwei vermutlich neuen Formen, ferner von einigen nicht zweifellos sicher bestimmten Arten und endlich von zwei Rädertieren, von welchen bisher keine bezw. nur unvollkommene Zeichnungen veröffentlicht sind. Ich ergreife die Gelegenheit, allen denjenigen, welche mich durch Lieferung von Materialien bei meinen Rotatorien-Studien unter- stützt haben, auch hier meinen ergebensten Dank abzustatten. 1. Floscularıa calva Hwvsox. Diese im Jahre 1884 in Schottland entdeckte Art fand ich erstmals im September 1891 in einer Torflache bei Constanz in einigen Exemplaren, sodann im Juni 1892 in grosser Anzahl im Federsee. Ausserdem habe ich sie hie und da in einem Bach bei Biberach und einmal im Degerlocher See angetroffen. Sie ist die schmalste und gestreckteste Floscularie und hieran sowie an den ungewöhnlich kurzen Cilien leicht zu erkennen. 3* I NSBr Hupson, welcher übrigens nur 2 Exemplare und dazu unter ungünstigen Verhältnissen, wahrscheinlich auch nur in der Seitenlage, gesehen hat, bezeichnet die Corona des Tiers als zweilobig. In Wirklichkeit hat dieselbe 5 Loben. Die beiden ventralen Loben sind durch eine deutliche Einsenkung von einander getrennt. Die Seiten- loben sind sehr niedrig, tragen aber ebenfalls einen Cilienbesatz, welcher Hupson entgangen zu sein scheint. Der dorsale Lobus hat hinter dem mit Cilien besetzten Ende noch einen kurzen höcker- artigen Fortsatz. Die Cilien sämtlicher Loben sind, wie schon oben erwähnt, aussergewöhnlich kurz. Es ist jedoch nicht zutreffend, wenn Hupson sagt, dass die Cilien keiner Bewegung fähig seien (setae incapable of cilia-like action); ich habe solehe — wohl bei allen Floscularien vorkommende — Bewegungen an meinen Exem- plaren öfters beobachten können. Noch möchte ich anführen, dass ich einmal ein Individuum gefunden habe, das nicht weniger als 19 männliche Eier in seiner Gallerthülle hatte. Auch Wintereier habe ich öfters angetroffen. Letztere sind bräunlich gefärbt und haben zwei etwas voneinander abstehende äussere Schalen, welche durch eine sehr grosse Anzahl kurzer radial gestellter Stäbchen miteinander verbunden sind. MEcznI- kow hat von dem Winterei von Apsilus lentiformis eine Abbildung gegeben, nach welcher dieses — abgesehen von der Grösse — dem- jenigen von Floscularia calva sehr ähnlich ist. Meczwıkow hält die oben als Stäbchen bezeichneten Gebilde für Porenkanäle. 2. Floscularia mutabilis Botox. Ich traf diese frei- schwimmende Floscularie im September und Oktober 1893 im unteren Anlagensee bei Stuttgart wiederholt, übrigens je nur in wenigen Exemplaren an. Der ventrale Lobus der Corona zeigt in der Mitte eine zwar schwache, aber doch deutliche Einkerbung, auch divergieren von dieser Einkerbung aus die Cilien nach beiden Seiten, so dass die Corona eigentlich als dreilobig bezeichnet werden muss. Den Gilien- besatz sehe ich anders als Hunpsoxn. Ausser den verhältnismässig kurzen, öfters sehr lebhafte Bewegungen zeigenden Cilien, welche übrigens keine einfache Reihe bilden, sondern nach verschiedenen Richtungen hin auseinandergehen, ist noch ein Kranz sehr langer Cilien vorhanden, welche abwärts geschlagen werden können. Wenn man das Tier in einer kleinen Menge Wasser, so dass es nicht zu schwimmen vermag, oder unter dem Deckglas beobachtet, so kann man häufig sehen, wie dasselbe den oberen Teil der Corona abwärts NE 17 RER schlägt und dabei die oben erwähnten langen Cilien schief nach unten an den Halsteil anstemmt, in dem deutlich ersichtlichen Be- streben, eine Ortsveränderung vorzunehmen. Sehr auffallend ist die Stellung der Augen zu beiden Seiten des dorsalen Lobus. Einen lichtbrechenden Körper konnte ich an denselben nicht bemerken. Bei den von mir untersuchten Individuen zeigte der Augenfleck keine scharfe Begrenzung, vielmehr lagen noch einzelne kleine rote Pig- mentflecke im Umkreis desselben. Die Hunson’schen Abbildungen geben die Gestalt des Tiers sehr gut wieder. 3. Apsilus lentiformis Mecznıkow. In Material, das am 26. Juli 1892 im Bärensee (Wildpark Solitude) mit dem feinen Netz gefischt worden war, fand ich einige Tage später bei Durchsuchung des Detritus, der sich auf dem Boden des Gefässes abgesetzt hatte, zu meiner Überraschung 2 Exemplare von Apsilus lentiformis. Das eine war tot, das andere zeigte noch schwache Spuren von Leben, entfaltete auch seine Corona noch zum Teil, starb aber bald darauf gleichfalls ab. Offenbar waren diese beiden Exemplare beim Fischen mit dem Netz von Wasserpflanzen abgestreift worden und so in den Bodensatz geraten. In der Hoffnung das seltene Tier wieder zu erhalten, liess ich mir im Juli 1893 eine Sendung von Wasser und Wasserpflanzen (Myriophyllum, Ranunculus aquaticus) aus dem ge- nannten See zuschicken. Nach zwei Tagen fand ich auch wirklich an der Wand des Glasgefässes, in welches ich die Wasserpflanzen gebracht hatte, ein Tier festsitzend, das ich mit der Lupe sofort als einen jungen Apsilus erkannte. Auf dieses eine Exemplar beschränkte sich jedoch meine Ausbeute, denn trotz der eifrigsten Untersuchung der Wasserpflanzen fand sich kein weiteres vor. Das erwähnte eine Exemplar, das rasch heranwuchs, konnte natürlich nur mit der Lupe beobachtet werden, da ich es nicht wagte, dasselbe gewaltsam von seinem Standort zu entfernen. Bei diesen Beobachtungen habe ich aber deutlich gesehen, dass das Tier seine Corona viel weiter öffnet, als dies in der Abbildung Meczuıkow’s angegeben ist. Nach 14 Tagen war das Tier verschwunden. 4. Melicerta Janus Hunpson. Obersee bei Kisslegg an Myriophyllum in Menge August und September 1892; Wildsee bei Wildbad an Sphagnum in geringer Anzahl Mai 1893. 5. Oecistes pilula Wırıs. Wildsee bei Wildbad an Sphag- num sehr zahlreich Mai 1893. Nach Hupson sind die Antennen (Lateraltaster) lang, bei den mir zu Gesicht gekommenen Exemplaren waren dieselben nur mässig lang und weit kürzer als in der Hupsow’schen Abbildung. 6. Oecistes umbella Hupson. Moorlache auf dem Kniebis’ (in der Nähe der Alexanderschanze) in grosser Anzahl Oktober 1893. Bei einigen Individuen war die Röhre vollkommen rein und erschien als solide, bis zum Leibe des Tieres reichende Gallerthülle (wie bei Stephanoceros). 7. Oecistes stygis Gosse. Im August 1891 fand ich diese prächtige Species in einem Altwasser des Neckars bei Esslingen an Myriophyllum ziemlich zahlreich. Die Tiere sassen zumeist an den etwa 2 mm dicken Stengeln der genannten Pflanze und waren aus diesem Grund für eine Untersuchung mit stärkeren Objektiven nicht verwendbar. Glücklicherweise fand ich auch einige Exemplare an den Blättern sitzend. — Das Tier zeichnet sich weniger durch seine Länge als durch seine massigen Formen und durch die ungewöhn- liche Grösse der nahezu kreisrunden Corona aus. Den Durchmesser der letzteren habe ich bei einem Exemplar zu 0,22 mm ermittelt. Die Haare der Lateraltaster entspringen aus kleinen warzenförmigen Erhebungen. Der Dorsaltaster ist, wenn sich das Tier zur Keule zusammengezogen hat, leicht zu sehen. Die Hülle, in welcher das Tier sitzt, war bei allen meinen Exemplaren sehr unregelmässig, dunkelbraun und fast undurchsichtig. Die Augen konnte ich bei halberwachsenen Individuen noch erkennen, bei erwachsenen waren dieselben nicht mehr zu sehen. Nur in einem Punkt stimmten meine Tiere mit den Angaben Gosse’s nicht. Gosse sagt nämlich: „the body contracts to a long and slender foot“, während bei den von mir beobachteten Tieren der Rumpf ganz allmählich in den mässig langen Fuss überging. — Grösse ca. 0,65 mm. Gosse fand seine Exemplare „among impalpable floccose vege- tation“. Da es mir unwahrscheinlich vorkommt, dass ein so massiges Tier sich an eine derartige unstabile Unterlage festsetzt, so möchte ich fast vermuten, dass diese Exemplare von ihrem natürlichen Stand- ort losgerissen waren. Hiermit dürfte sich vielleicht auch die Diffe- renz bezüglich des Fusses erklären lassen. 8. Oecistes brevis Hoov. Ich kenne diese kleine Art schon seit dem Jahre 1889. In mit Wasserpflanzen (Myriophyllum, Cerato- phyllum, Ranunculus aquaticus.ete.) bewachsenen Seen, Tümpeln und Altwassern habe ich sie in Württemberg fast überall angetroffen. Die Lateraltaster finde ich noch kürzer als sie RoUSSELET ge- zeichnet hat. NALINE I: Faaker 9. Oecistes mucicola Keruicorr (— Oe. socialis WEBER), In den Altwassern des Neckars bei Esslingen und Pfauhausen, im Bären- see und im Federsee sehr gewöhnlich. Das Tier bewohnt die Gallertlager gewisser an Wasserpflanzen festsitzender Rivularia-Arten meist in grösseren Gesellschaften, die gewöhnlich aus einem Dutzend oder mehr Exemplaren in den ver- schiedensten Altersstufen zusammengesetzt sind. Der Fuss ist un- gemein lang und dünn. Er zeigt im kontrahierten Zustand scharfe, schief verlaufende Falten, welche jedoch verschwinden, wenn der Fuss ausgestreckt wird, so dass dieser dann ganz glatt erscheint. Die Corona ist klein und annähernd kreisrund. Unmittelbar unter der nackten Stelle der Corona (dorsal gap) sitzt der Dorsaltaster. Etwas unterhalb des letzteren erhebt sich ein horniger Fortsatz in Form eines kleinen, schwach gebogenen Häkchens. Der Dorsaltaster, welcher namentlich dann, wenn das Tier sein Räderorgan eingezogen hat, ohne Schwierigkeit zu sehen ist — er steht dann gerade auf dem Scheitel — hat die Gestalt einer kleinen Scheibe, aus welcher eine Anzahl kurzer Börstchen hervortritt. Die beiden Lateraltaster sitzen ventralwärts nahe an den Seitenrändern. Sie bestehen aus einem kleinen Wärzchen, aus welchem ein Bündel zarter, ziemlich langer Borsten hervorragt. Unterhalb der Lateraltaster zieht sich rings um den Körper eine starke Querfalte, welche auf der Ventral- seite tiefer herabgeht als auf der Dorsalseite. Diese Querfalte tritt übrigens nur dann hervor, wenn sich das Räderorgan in Thätigkeit befindet. Die Kloakenöffnung sitzt ziemlich tief. In der Kloake selbst habe ich öfters Flimmerung bemerkt. Eine Röhre oder Gallert- hülle besitzt das Tier nicht. Da ich einige Individuen auch ausser- halb der Rivularien festsitzend gefunden habe, so konnte ich mich von der Abwesenheit des Tubus auf das bestimmteste überzeugen. Die roten Augenflecke sind in der Regel auch bei den erwachsenen Tieren noch sichtbar, sie stellen jedoch bei diesen nur noch kleine rote Pünktchen dar. Die Eier sind langoval und grau gefärbt. 10. Conochilus dossuwarius Hunson. Dieses interessante, durch seine langen bis über die Mitte hinauf miteinander verwach- senen Lateraltaster ausgezeichnete Tier bekam ich im September 1892 in Menge aus dem unteren Anlagensee bei Stuttgart; auch im Herbst 1893 war es ebendaselbst, jedoch in weit geringerer An- zahl vorhanden. Neben dem alten Tier fanden sich in der Regel 1—3 jüngere Individuen in der Gallerthülle. Letztere war bei allen meinen Exem- > plaren vollkommen krystallhell, so dass die Grenzen fast unsichtbar waren. Die Mundöffnung befindet sich auf einer kegelförmig erhöhten Stelle des Stirnfelds. Sie liegt jedoch im Gegensatz zu Conochilus volvox nicht der Dorsalseite, sondern der Ventralseite genähert. Der Dorsaltaster sitzt dicht unter dem dorsalen Rande des Räderorgans und hat die Form eines kleinen Wärzchens, das durch eine mittlere Furche in 2 Erhebungen, aus welchen die Tastborsten hervortreten, zerfällt. Eine kontraktile Blase ist nicht vorhanden. 11. Rotifer Roeperi Mırne. Moorlache im Staatswald Thon- bach, Reviers Baiersbronn, Dezember 1893 an Sphagnum in 2 Exem- plaren. Länge des Kauers 0,018 mm. Sporen klein, etwas über halbe Gliedbreite.e Augen rund. 12. Philodina hexodonta BercenvaL. Wildsee bei Wild- bad Mai 1893 an Sphagnum in grösserer Anzahl. Die Tiere waren mehr oder weniger intensiv rot gefärbt. Länge des Kauapparats 0,024 mm. Sporen klein. Wie ich aus der Über- sicht Janson’s über die Philodinaeen ersehe, sollen die Sporen am Grund stark verbreitert sein, was ich nicht finden konnte. Maximal- grösse meiner Exemplare 0,40 mm. 13. Callidina constricta Dusarpın. Im Degerlocher See, in den Altwassern des Neckars bei Esslingen, auch im Federsee häufig. An Moosen habe ich diese Callidine bis jetzt nie angetroffen. 14. Callidina longirostris Janson. In den Waldungen der Umgebung von Stuttgart an Baummoosen nicht selten: 15. Callidina socialis Keruicorr. Klosterteich bei Denken- dorf August 1892, Ummendorfer Ried Dezember 1893 je an Asellus aquaticus in Menge. 16. Callidina qwadricornifera Mırne. Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893 in einigen Exemplaren, an Baummoosen aus den Waldungen bei Stuttgart November und Dezember 1893 häufig, ebenso an Sphagnum aus dem Ummendorfer Ried Dezember 1893. Die Angabe Janson’s, dass die dorsalen Zäpfchen bei jugend- lichen Exemplaren nur kleine Stümpfchen darstellen, kann ich be- stätigen. 17. Callidina plicata Bryce. Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893 in mehreren Exemplaren. | 18. Callidina musculosa MınLne. An Baummoosen vom Bopserwald, Stellhäule und neuen Wald bei Stuttgart. 19. Callidina lata Bryce. Wildsee bei Wildbad April 1892 und Mai 1893; Moorlache auf dem Kniebis Oktober und November ale 7 1893; Moorlache im Staatswald Thonbach, Reviers Baiersbronn, November 1893; Ummendorfer Ried Dezember 1893 je häufig, immer an Sphagnum. Das Tier ist etwas plattgedrückt; im Kauapparat sehe ich stets 4 stärkere Zähne in jeder Hälfte; Länge des Kauers 0,019 mm. Farbe gelblich. 20. Callidina papillosa Trowmrson. In den Waldungen um Stuttgart an Baummoosen nicht selten. 21. Callidina tetraodon Enrene. An Baummoosen vom Bopserwald bei Stuttgart Dezember 1893. 22. Callidina russeola Zeuınka. An Baummoosen vom Stadtwald Stellhäule bei Stuttgart Dezember 1893. 23. Adıineta oculata MıLne. In Wasser mit Utricularien, das ich im Sommer 1892 aus dem Ebnisee erhalten hatte, fand ich dieses Tier, nachdem die Pflanzen grösstenteils zerfallen waren, in dem Bodensatz des Behälters in ziemlicher Anzahl. 24. Adineta barbata Janson. Sehr gemein. Ich habe diese Art an allen von mir untersuchten Baummoospolstern gefunden und meist sehr zahlreich. 25. Asplanchna Brightwellii Gosse. Im unteren Anlagen- see bei Stuttgart von Mitte Juni bis Mitte Oktober stets anzutreffen. Ende August 1893 fand ich auch mehrere Männchen. 26. Asplanchnopus myrmeleo Enukene. In konserviertem Material aus dem Obersee bei Kisslegg gefischt am 10. Oktober 1892 zahlreich. 27. Chromogaster testudo Lautersorn. Altwasser des Ne- ckars bei Pfauhausen am 13. September 1893 in sehr grosser Anzahl. 28. Synchaeta tremula EHRENB. Gemein, namentlich im Frühjahr und Herbst. GossE berichtet, dass diese Species die Eier an ihrem Leibe wie die Drachionus-Arten mit sich herumtrage, eine Beobachtung, die übrigens schon EHRENBERG in einem einzelnen Fall gemacht hat. Dieses Herumtragen der Eier, das auch ich wiederholt bemerkt habe, ist jedoch nur zufällig und vorübergehend. Man kann auch zuweilen sehen, dass das Ei an einem längeren oder kürzeren Faden (dem Sekret der Klebdrüsen) dem Muttertier anhängt und in dieser Weise eine Zeit lang herumgeschleppt wird. Die Eier selbst sind kleiner und weniger kugelig als diejenigen von Synchaeta pectinata und dunkel gefärbt. Das Männchen habe ich im April 1893 mehrfach gesehen. SEA 29. Polyarthra platyptera var. euryptera WIERZEISKI. Im unteren Anlagensee bei Stuttgart nicht gerade selten. 30. Triarthra longiseta Eurene. Im unteren Anlagensee bei Stuttgart sehr häufig. 31. Triarthra cornuta Weisse (= Tr. breviseta GossE). Degerlocher See Juni und September 1892, Juli 1893. Ziemlich zahlreich. | 32. Rhinops vitrea Hupson. Nur einmal äm 20. März 1892 im Degerlocher See in mehreren Exemplaren. Ein Individuum hatte einen vollständig entwickelten Embryo in seinem Leibe, der sich aufs lebhafteste bewegte. Da PrarE berichtet, dass die von ihm untersuchten Individuen hinten in eine unpaare Spitze ausgingen, so bemerke ich, dass meine Tiere 2 Zehen besassen, jedoch war bei einigen Exemplaren die eine Zehe etwas kürzer als die andere. 33. Rhinops orbiculodiscus Tuorpe. (Taf. II Fig. 1 u. 2.) Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893 in grosser Anzahl. Die Abhandlung von THorpe, welche die Beschreibung dieser Art enthält, ist mir nicht zugänglich gewesen; ich kenne jedoch RA. orbiculodiscus aus einer Abbildung, die mir Herr CHARLES RoussELET in London gelegentlich der Korrespondenz über ein anderes Rota- torium mitzuteilen die Güte hatte und glaube aus dieser Abbildung schliessen zu dürfen, dass das von mir aufgefundene Tier mit der genannten Art übereinstimmt. Da ich übrigens meiner Sache nicht ganz sicher bin, so habe ich von meinem Tier einige Zeichnungen entworfen und hier mitgeteilt. | Das Tier ist natürlich kein Rhinops, steht, aber dieser Gattung ziemlich nahe und gehört jedenfalls in die Familie der Hydatineen. Es schwimmt vortrefflich; gleichwohl ist es nicht schwer zu be- obachten, weil es sich oft lange an einer Stelle ruhig hält, langsam um seine Längenachse rotierend. An der Seite des Rumpfes verläuft eine Anzahl stark aus- geprägter Längsfalten (s. Fig. 1 rf.), welche sich gegen unten nach dem Rücken wenden und hier mit den Längsfalten der anderen Seite in elliptischen Bogenlinien zusammentreffen. Ausserdem erhebt sich an jeder Seitenfläche etwa in der Mitte eine chitinöse Leiste, welche unten plötzlich umbiegt und so einen dreieckigen mit etwas ab- gerundeter Spitze versehenen Vorsprung bildet. Unter diesem Vor- sprung sitzt der Lateraltaster (s. Taf. II Fig. 2 lt.). Der Dorsaltaster liegt auf einer schwach buckeligen Hervorwölbung des Nackens. Die Borsten desselben treten aus einer kleinen grubenartigen Vertiefung er 1 hervor. Das Gehirn trägt unten gerade über dem — etwa wie bei Rhinops vitrea gebildeten — Kauer ein kleines ziegelrotes Auge. Das schief abgeschnittene breit-elliptische Stirnfeld hat die Form einer flachen Mulde, die sich in der Mitte zum Mundtrichter ver- tieft. Lateral und ventral ist das Stirnfeld von einem ziemlich hohen dünnen häutigen Saume umgeben. Hinter diesem Saume beziehungs- weise am Rande der Mulde sitzt der äussere Wimperkranz. Der- selbe ist nur auf der Ventralseite durch eine kleine wimperlose Stelle unterbrochen. Die Cilien dieses äusseren Kreises sind in fortwährender Bewegung begriffen. Mehr gegen die Mitte des Stirnfelds, jedoch noch in einiger Entfernung vom Rande des Mundtrichters liegt ein zweiter — oben und unten nicht geschlossener — Kreis, der jeder- seits von etwa 16 kräftigen starren Borsten oder Griffeln gebildet wird. Der oberste und zugleich längste Griffel ist am Ende haken- förmig gebogen. Diese Griffel habe ich nie in Bewegung gesehen, wahrscheinlich schlagen sie nur dann, wenn das Tier rasch dabin- schwimmt. In dem freien Raume, den die beiden Halbkreise der Griffel oben zwischen sich lassen, erheben sich einige lange be- wegliche Cilien und ausserdem zieht von dort eine Strasse kürzerer gleichfalls beweglicher Cilien bis zum dorsalen Rande des Stirn- felds. Der Mundtrichter selbst ist wieder von längeren beweglichen Cilien umgeben. Der Fuss ist am Ende mit 2 spitzigen Zehen versehen. Die eine derselben wird in der Regel, jedoch nicht immer in nahezu rechtem Winkel abstehend getragen und erscheint so wie ein Sporn. Maximalgrösse meiner Tiere 0,252 mm. Die innere Organisation habe ich nicht näher studiert, weil die fast während der ganzen Beobachtungszeit herrschende trübe Witterung die Untersuchung sehr erschwerte. 34. Notopshyptopwus EHRENB. Nur einmal am 12. Mai 1892 in einem seichten mit Spirogyren bewachsenen Graben im Stuttgarter Stadtwald „Armenkastenwald“ in etwa 12 Exemplaren. Den Oesophagus fand ich immer, auch wenn derselbe vollständig leer war, kropfartig erweitert. 39. Albertia naidıs BousrieLd. Bei Untersuchung von Ma- terial aus den Altwassern des Neckars bei Esslingen entdeckte ich einmal zufällig auf dem Objektträger eine Albertia, die ohne Zweifel der genannten Art angehörte, neben einer zerdrückten Nais elwingis. 36. Notommata collarıs EHrRENB. Dieses träge, massige AR Sg Tier, das mit der Beschreibung und Zeichnung EHRENBERG’s voll- kommen übereinstimmt, fand ich ım März 1892 zahlreich in Gräben des Stuttgarter Stadtwalds „Kräher“. Die Gräben waren mit Zygne- maceen bewachsen, welche das Tier frisst, wie man aus dem Inhalt des Magens sehen kann. Die Borsten der Lateraltaster entspringen aus kleinen der Haut aufsitzenden cylindrischen Erhöhungen. Beim Schwimmen werden mässig lange Ohren entfaltet. Das von Gosss unter dem Namen Not. collaris? aufgeführte und abgebildete Tier ist nicht identisch mit dieser Form. 37. Notommata forcipata Gosse (nicht EHRENBERG). Wild- see bei Wildbad Mai 1893 in einigen Exemplaren. Meine Tiere hatten abweichend von der Beschreibung Gosse’s einen kugeligen Kalkbeutel, auch war ein Auge selbst bei Anwen- dung von Dunkelfeldbeleuchtung nicht zu sehen. Bemerken möchte ich hier noch, dass das Gosse’sche Tier mit Not. forcipata EHrenB. unmöglich identisch sein kann, was jeder, der die bezüglichen Abbildungen beider Forscher miteinander ver- gleicht, ohne weiteres zugeben wird. 38. Notommata cyrtopus Gosse. In den Altwassern des Neckars bei Esslingen, im Bärensee und namentlich in dem Grenz- bach Biberach-Hagenbuch finde ich nicht selten ein Not. aurita ähnliches, jedoch schlankeres und kleineres Tier mit langen abwärts gekrümmten Zehen, das ich für Not. cyrtopus halte. Es bestehen jedoch einige Differenzen, die ich nicht unerwähnt lassen darf. Gosse giebt nämlich in seiner Diagnose an: no visible auricles, während mein Tier Ohren besitzt, die es nicht selten hervorstreckt. Ohne Zweifel sind die beiden farblosen Flecken an der Stirn, von welchen Gosse spricht und die er vermutungsweise als Augen deutet, nichts anderes als die eingezogenen Wirbelohren. Überdies hat mein Tier vorn unter dem opaken Kalkbeutel ein dunkelrotes Auge, von welchem GossE nichts erwähnt. 39. Notommata ovulum Gosse. Ich traf diese Species zu- erst im September 1891 in der Enz bei Enzweihingen. Nachdem ich sie einmal erkannt hatte, fand ich sie auch in anderen Lokali- täten nicht selten wieder. Im Rohracker See und in den Altwassern des Neckars bei Esslingen ist sie ziemlich häufig. Das Tierchen ist Not. lacinwlata sehr ähnlich, besitzt aber kein Nackenauge wie diese, sondern ein blassrotes Stirnauge, das der Beobachtung leicht entgeht und das auch von Gosse übersehen worden ist. Die von PratE bei Not. lacinulata entdeckten Fuss- Be borsten sind auch bei Not. ovulum vorhanden. Sie sind aber hier äusserst zart und sehr schwierig zu sehen. 40. Notommata torulosa Dusarvın (= Lindia torulosa DuJ. — Notommata tardigrada Leyvic). In dem sehr langsam fliessenden mit Wasserpflanzen aller Art reich bewachsenen Grenzbach zwischen den Markungen Biberach und Hagenbuch nicht selten. Das Tier ist rötlichgelb gefärbt, sehr lang gestreckt, wurm- förmig, etwas von oben nach unten platt gedrückt, querfaltig; Rücken mit starken Längsfalten; Kalkbeutel vorn mit einem dunkelroten Auge; das Wimperfeld im Umkreis der ventral verlagerten Mund- öffnung ungewöhnlich klein; Speiseröhre nicht bewimpert, dagegen mit starken Querfalten versehen (wie bei Copeus Ehrenbergii), am Eingang des Magens einige lange in den Magen hineinragende Cilien; Zehen am Ende mit einem besonders abgesetzten oben ab- gestumpften Zäpfchen versehen, an der Basis weit von einander abstehend '. Die gestielten Wimperohren habe ich häufig entfaltet gesehen, unter dem Deckglas werden sie allerdings nicht ausgestreckt. Die Borstengrube im Nacken ist leicht zu sehen, dagegen ist es mir nicht gelungen, der Lateraltaster ansichtig zu werden. Zitterorgane habe ich jederseits 4 gefunden (zwei dicht beieinander stehende in der Höhe des Kopfes, eines in der Mitte des Leibes und das vierte etwas weiter nach hinten). Der Kauer ist sehr eigentümlich gebaut. Länge meiner Tiere 0,30 mm. 41. Copeus caudatus Coruıns. Ich fand dieses auffallend gebildete Tier erstmals im Mai 1892 in einem seichten Graben im „Armenkastenwald“ bei Stuttgart in etlichen Exemplaren und dann wieder im Oktober 1893 in einer Moorlache auf dem Kniebis in grösserer Anzahl. Alle meine Tiere waren vollkommen farblos. Der Bauch ist flach, was Gosse nicht erwähnt. Die Borsten des etwa in der Mitte des Rumpfes je seitlich gelegenen Lateraltasters sind sehr lang. Ein im Nacken abgehender stabförmiger Tentakel mit terminalem Borsten- büschel stellt den Dorsaltaster vor. Über der Kloakenöffnung be- findet sich ein kurzer schwanzartiger Vorsprung, der hinten einen etwas gekrümmten Stachel trägt. Von einem Geselligkeitstrieb, den Goss£ bei dieser Art beobachtet zu haben glaubt, habe ich nie etwas bemerken können. ! In den Abbildungen Cohn’s und Leydig’s von Lindia torulosa- bezw. Notommata tardigrada sind die Zehen spitzig gezeichnet. BE 42. Proales felis Eurens. Altwasser des Neckars bei Ess- lingen in grosser Anzahl Juli und August 1893. Das Tier hat eine Stirnhaube, wie sie verschiedene Diglenen besitzen; die seitlichen hyalinen Teile dieser Haube hat Gosse, der von einem fleischigen Rüssel spricht, offenbar übersehen. Nacken- auge gross, rot gefärbt. Da EHRENBERG bei seiner Notommata felis ein „hyalines“ Auge anführt, so ist es immerhin zweifelhaft, ob er das nämliche Tier vor sich gehabt hat. Pr. felis ist dem ganzen Bau nach eine Diglena und gleicht, wie GosseE richtig sagt, Diglena mustela MıLxe in hohem Grad. Nach- dem man keinen Anstand genommen hat, mehrere Arten wie z. B. D. dromius, uncinata, mustela etc., obwohl sie keine Augen haben, zur Gattung „Diglena“ zu rechnen, so könnte man meiner Ansicht nach unbedenklich auch Pr. felis trotz ihrem Nackenauge zu den Diglenen stellen. 43. Proales caudata nov. sp. (s. Taf. II Fig. 3 u. 4). Körper konisch oder annähernd birnförmig; Rücken gewölbt, Bauch flach. Am Ende des Rückens über der Kloakenöffnung ein mässig langer, spitz zulaufender, hinten etwas abwärts gebogener Stachel; Fuss ziemlich lang, konisch, mit zwei nach abwärts gekrümmten, spitzigen Zehen; zweigliederig, erstes Glied beträchtlich länger als das zweite. Stirnfeld schief abgeschnitten in der Mitte mit einer Gruppe von Cilien, welche länger und kräftiger sind als die übrigen und eine starke Krümmung zeigen. An der Unterseite des Gehirns ein kleines dunkel gefärbtes Auge; im Nacken eine Borstengrube. Grösse 0,18—0,22 mm. Diese ohne Zweifel neue Rädertierform fand ich im November 1892 und 1893 in dem schon öfters erwähnten auf der Grenze zwischen den Markungen Biberach und Hagenbuch verlaufenden Bach, übrigens je nur in einer geringen Anzahl von Exemplaren. Ich hielt das Tier anfangs für eine Stephanops-Art, allein es ist ziemlich weichhäutig, auch konnte ich weder einen eigentlichen Kopfschild noch seitliche vorspringende Ecken finden, weshalb ich mich entschlossen habe, es wenigstens vorläufig bei der Gattung Proales unterzubringen. Das Tier schwimmt meist auf dem Rücken und erscheint dann sehr schlank und gestreckt; von der Seite gesehen zeigt es wegen seines gewölbten Rückens, namentlich wenn es sich zusammenkrümmt, eine wesentlich andere Gestalt. Seine Bewegungen sind wenig leb- haft, nur von Zeit zu Zeit macht es einen kleinen Vorstoss. Alle mir zur Beobachtung gekommenen Exemplare waren farblos. Tat 3 1° 44. Furcularia melandocuws Gosse. In den Altwassern des Neckars bei Esslingen keine seltene Erscheinung; auch im Deger- locher See, in dem Grenzbach Biberach-Hagenbuch u. s. w. habe ich das Tier öfters, wenn auch ziemlich vereinzelt gefunden. Die Zehen sind etwas abwärts gekrümmt und zeigen das Bild, das Gosse Tab. 31 Fig. 18b von denselben giebt, nur bei stärkerem Druck. Bei einem von mir untersuchten Exemplare bemerkte ich zwei vorn vom Kalkbeutel abzweigende gleichfalls opak erscheinende Äste (wie bei Diglena grandis), was ich sonst bei keinem anderen Fxemplar beobachten konnte. Gosse sagt: „a minute frontal eye is not quite certain“. Ein solches ist bestimmt nicht vorhanden. Ich möchte daher diese Art, obwohl sie kein Nackenauge (überhaupt kein Auge) besitzt, lieber zum Genus Notommata stellen, da sie der äusseren Form nach mit den Vertretern dieser Gattung viel mehr übereinstimmt als mit den Furcularien. Das Tier lebt räuberisch und macht namentlich Jagd auf Philodinaeen. Kauer von letzteren fand ich im Magen fast aller von mir untersuchten Exemplare. 45. Diglena rosa Gosse. Im Degerlocher See am 9. April 1893 in einem Exemplar. Dieses Tier ist wahrscheinlich identisch mit T’heora plicata Eyrertu. Die Abbildung, welche Eyrert# giebt, ist, falls meine Vermutung zutrifft, allerdings wenig gelungen, dagegen stimmt die Beschreibung mit derjenigen von GossE im wesentlichen überein. 46. Diglena dromius Guascorr. (Taf. II Fig. 5 u. 6.) Grenz- bach Biberach-Hagenbuch November 1892, in überwintertem Material aus dem Rohracker See Februar 1893, Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893. Die langen abwärts gekrümmten Zehen sind zweigliederig, d. h. das Endstück derselben ist durch eine deutliche Querlinie abgetrennt und bis zu einem gewissen Grad selbständiger Bewegung fähig. Die Rami des Kauers sind gezähnelt wie bei D. forcipata. Augen fehlen. Bewegungen des Tiers äusserst gewandt und rasch. 47. ?Diglena eircinator Gosse. In dem Grenzbach Biberach- Hagenbuch finde ich nicht selten eine farblose Diglena, welche ich wegen ihrer nach unten und zugleich einwäits (tasterzirkelartig) ge- krümmten Zehen und wegen ihres gebogenen spitzigen „Rüssels“ für D. eircinator halten möchte. Die Zehen, die übrigens bei verschiedenen Exemplaren in der Länge stark variieren, sind aber beträchtlich kürzer als in der GossE’- schen Abbildung, auch habe ich die plötzliche Anschwellung des ER Rumpfes, die Gosse als charakteristisch aufführt, die aber möglicher- weise auf aussergewöhnlich reichliche Nahrungsaufnahme zurück- zuführen sein dürfte, bei keinem meiner Tiere bemerken können. Die Stirne ist von einem hyalinen Schild bedeckt und über- ragt, der in der Ventralansicht die Wimperscheibe der Oralgegend als sichtbarer Hof umsäumt, in der Seitenansicht aber sich als der oben erwähnte spitzige Rüssel projiziert. Das Tier ist wenig lebhaft. Manchmal wird der Fuss tief in den Leib hineingezogen, so dass nur noch die Zehenspitzen hervorragen. Der Rumpf erscheint dann hinten ganz gerade abgeschnitten mit der Bauchkante fast genau einen rechten Winkel bildend. Länge 0,20—0,25 mm. 48. Mastigocerca lophoessa Gosse (s. Taf. II Fig. 7, 8, 9). Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893 in Menge. Das Tier unterscheidet sich von M. carinata sofort durch den breiten, ganz seitlich stehenden, muschelförmig gebogenen, bis zum Fuss hinabgehenden Rückenkamm. Besonders charakteristisch für das Tier ist ferner der Bau der Fussgriffel. Der sog. Nebengriffel (sub-style) steht nämlich, was Gosse nicht erwähnt, von dem Haupt- griffel an der Basis ziemlich weit ab und entspringt ersichtlich aus einem besonderen, dorsalwärts gelegenen Absatz des Fusses. Er ist dem Hauptgriffel viel mehr koordiniert, als dies bei den sog. Nebengriffeln der übrigen Mastigocerca-Arten der Fall zu sein pflegt. Dies geht auch daraus hervor, dass die (sehr grosse) Klebblase ! durch eine der Länge nach verlaufende Scheidewand in zwei — allerdings ungleiche — Abteilungen zerfällt, von welchen die klei- nere den Nebengriffel, die grössere den Hauptgriffel erforderlichen- falls mit Klebmasse versehen kann. Dass in der That die Kleb- flüssigkeit auch am Nebengriffel austritt, habe ich in einem ein- zelnen Fall mit vollkommener Deutlichkeit beobachten können. Haupt- und Nebengriffel tragen am Grunde je 2 kleine, wieder unter sich ungleich grosse accessorische Dornen. Ein Auge konnte Gosse, der nur tote Exemplare untersucht hat, nicht unterscheiden, zweifelt aber nicht an dessen Vorhanden- sein. Das Tier ist auch wirklich mit einem solchen versehen. Das- selbe sitzt dem Gehirn hinten an, ist ziemlich gross, queroval und ! Das Vorhandensein bezw. die Bedeutung der Klebblase als eines be- sonderen Reservoirs für die von den Klebdrüsen ausgeschiedene Flüssigkeit wurde zuerst von Plate bei Mastigocerca rattus und Diurella tigris festgestellt. Eine solche Klebblase kommt, so viel bis jetzt bekannt, nur den Rädertieren aus der Familie der Rattuliden zu. Zen Age dunkelrot gefärbt. Den Kauer finde ich im Gegensatz zu GossE von ansehnlicher Grösse. Die kontraktile Blase ist klein und fast in unaufhörlicher Bewegung der Zusammenziehung und Wieder- ausdehnung. Hinter und neben dem Gehirn liegt ein grosser zelliger Beutel (wie bei den Euchlantis-Arten). Der Oesophagus, der auf der Rückseite des Kauers ziemlich hoch oben abgeht, ist (ob immer?) ungewöhnlich weit und mit zahlreichen dicht stehenden Ringsfalten versehen. Im Räderorgan befindet sich ein kurzer dicker dorsal gelegener Stirnzapfen, der oben eine Einkerbung sowie eine von oben nach unten verlaufende Längslinie zeigt, wie wenn derselbe aus 2 seitlichen Hälften zusammengewachsen wäre. Länge 0,40 mm, ohne Fussgriffel 0,236 mm. Da die Abbildungen Gosse’s zu wünschen übrig lassen, habe ich einige Zeichnungen von dem Tier angefertigt und hier mit- geteilt. 49. Mastigocerca bicristata Gosse. Federsee 6. Juni 1892 ziemlich zahlreich. 50. Mastigocerca vernis Gosse. Grenzbach Biberach-Hagen- buch, Altwasser des Neckars bei Esslingen, Federsee, nicht gerade häufig. Körper lang-oval, Kopf durch eine rings herum laufende Falte vom Rumpf deutlich abgeschieden, auf der rechten Seite des Rückens eine niedere schief stehende bis zum Fuss hinabgehende Carina. Am Kopf — in der Verlängerung der Carina aber nicht ganz am Vorderrand des Panzers — ein kleines Zähnchen, das GossE ent- gangen zu sein scheint. Stirnzapfen kurz, dick, oben abgerundet. Gehirn mässig lang, hinten mit einem halbkugeligen roten Auge. Dorsaltaster gerade vor der Halsfalte, Lateraltaster etwas hinter der Mitte des Rumpfs. Kauer schwach entwickelt. Magen lang, ge- wöhnlich braun gefärbt, mit grossen gelbbraunen Fettkugeln. Haupt- griffel etwas über halb so lang wie der übrige Körper, Nebengriffel '/, so lang wie der Hauptgriffel, an der Basis von diesem etwas entfernt stehend. Nebengriffel mit dem Hauptgriffel häufig gekreuzt. Am Grunde des Hauptgriffels, diesem meist dicht anliegend ein ziem- lich langer Dorn, der auch als zweiter Nebengriffel gedeutet werden könnte. — Länge ohne Fussgriffel 0,198 mm; Länge des Haupt- griffels 0,108 mm, des Nebengriffels 0,036 mm. Das Tier ist schmutzig rötlich-braun gefärbt und wenig durch- sichtig. 51. Mastigocerca setifera LAUTERBORN (s. Taf. N Fig. 10). Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. Ich fand diese Art im August und September 1893 öfters, aber nie zahlreich, im unteren Anlagensee bei Stuttgart. Die sehr lange, senkrecht abstehende Nackenborste, die LAUTER- BORN Veranlassung zu dem oben erwähnten Speciesnamen gegeben hat, gehört dem Dorsaltaster an. Bei Anwendung stärkeren Drucks kann man bemerken, dass diese lange Borste noch von einem dichten Büschel kürzerer Borsten umgeben ist. Das Ei, das dem Mutter- tier am hinteren Ende des Rückens einzeln anhängt und so mit herumgetragen wird, was sonst bei keiner andern Mastigocerca-Art vorkommt, ist blau-grün gefärbt. Diese Färbung tritt schon beim werdenden Ei sehr frühzeitig auf. Die Stellung der Lateraltaster ist in hohem Grade unsymmetrisch. Während nämlich der links- seitige Taster etwa in der Mitte des Leibes — der Bauchseite ge- nähert — hervortritt, liegt der rechtsseitige Taster ganz hinten un- mittelbar vor dem Fuss dicht an der Bauchseite!. Die kontraktile Blase, welche dorsalwärts von der schmalen lang gestreckten Klebblase ihren Sitz hat, ist geräumiger als bei den übrigen Gattungsgenossen. Der Kauer ist nahezu symmetrisch gebaut. Der gekrümmte, in eine feine Spitze auslaufende Stirnhaken tritt namentlich dann, wenn das Tier sein Räderorgan eingezogen hat, sehr deutlich hervor. Dass Mastigocerca eylindrica Imsor mit dieser Form identisch ist, erscheint mir fast zweifellos. Auch Mastigocerca cornuta EYFERTH könnte möglicherweise hieher gehören. Da weder Imuor noch LAUTERBORN eine Abbildung von dem Tier gegeben hat, lege ich hier eine solche vor. 52. Mastigocerca capwcina WIERZEJSKI und ZACHARIAS (= M. Hudsoni LAuTErBoRN). In konserviertem Material aus dem Obersee bei Kisslegg, gefischt am 26. Oktober 1892 in einem Exemplar. 53. Mastigocerca stylata Gosse. In den Altwassern des Neckars sei Esslingen im April 1893 sehr zahlreich; einigemal auch im Degerlocher See und im Bärensee. Stirnzapfen gekrümmt. Ich habe diese Art stets freischwimmend gefunden. ! Eine ähnliche wenn auch weniger weit gehende Asymmetrie in der Stellung der Lateraltaster finde ich bei Diurella stylata EyrErrtH. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich ein solches Verhalten bei specieller auf diesen Punkt gerichteter Aufmerksamkeit auch noch bei weiteren Rattuliden konstatieren lassen wird. — Wie ich nachträglich aus einer Abbildung Rousselet’s von Notops pygmaeus CALMAN ersehe, sind auch bei diesem Rädertier die Lateraltaster 'asymmetrisch situiert. — dl — 54. Rattulus tigris MüLLer. Ich kenne das Tier, das ich in den Altwassern des Neckars bei Esslingen und Heilbronn,. der Donau bei Ulm, im dem Grenzbach Biberach-Hagenbuch und im Federsee, übrigens nicht häufig, angetroffen habe, schon seit dem Jahre 1890. Dasselbe stimmt mit den Zeichnungen und der Be- schreibung Gosse’s nicht ganz überein. Es hat eine ziemlich niedere etwas schief verlaufende Carina, welche bis zur Mitte des Rückens hinabzieht und sich dort verliert. Vorn am Kopf — in der Ver- längerung der Carina — ein starker, spitziger Zahn. Am Kinn ist kein Zahn vorhanden. Auch EHRENBERG erwähnt bei seiner Notom- mata tigris nur ein „Hörnchen“ an der Stirn. Wenn das Tier schwimmt, werden die langen krummen Zehen ganz nach hinten gestreckt, was demselben ein so charakteristisches Aussehen ver- leiht, dass man das Tier schon mit der Lupe mit Leichtigkeit er- kennen kann. Sonst, insbesondere auf dem ÖObjektträger, werden die Zehen meist bauchwärts gekrümmt. Die grosse Klebblase ist durch eine Längsscheidewand in 2 Kammern geteilt, eine Bildung, die ohne Zweifel allen zweizehigen Rattuliden zukommen wird. Länge (ohne Zehen) in der Sehne gemessen 0,180 mm „ der Zehen er 5 5 0,072 mm KRattulus tigris MüLLer ist mit Diurella tigris Bory, welche ich in meinem ersten Verzeichnis württembergischer Rädertiere unter No. 74 aufgeführt habe, nicht identisch. Letztere wird wohl = Cboe- lopus porcellus GossE sein, wobei jedoch angenommen werden müsste, dass Gosse den Bau der Zehen missverständlich aufgefasst hat. 55. ?Coelopus brachiurus Gosse (s. Taf. II Fig. 11). Altwasser des Neckars bei Esslingen, Grenzbach Biberach-Hagen- buch, öfters, aber immer ganz vereinzelt. Bei allen Exemplaren, die ich gesehen habe, war der Fuss stets ganz in den Leib hineingezogen, so dass die kleinen krummen Zehen nur etwa zur Hälfte herausschauten. Infolge des Eingezogen- seins des Fusses scheint die Bauchseite mit der Rückenseite hinten in einer scharfen Kante (von der Seite gesehen in einem spitzen Winkel) zusammenzustossen und der hintere Teil der Bauchfläche muldenförmig ausgehöhlt zu sein, wodurch das Tier eine entfernte Ähnlichkeit mit einer Anuraea erhält. Da diese Eigentümlichkeit in der Abbildung, die GossE ge- geben hat, gar nicht hervortritt, bin ich einigermassen im Zweifel, ob mein Tier, das ich seither in meinen Listen unter dem Namen Zattulus eryptopus n. sp. aufgeführt habe, mit C. brachiurus iden- 4* En tisch ist, doch würde der Unterschied, wenn man sich den Fuss ausgestülpt denkt, was ich aber wie gesagt in Wirklichkeit nie ge- sehen habe, so ziemlich verschwinden. Der grosse Kopf, der von dem Rumpf durch mehrere Quer- runzeln geschieden ist, hängt etwas nach abwärts. Hinten am Ge- hirn ein grosses rotes Auge. Vorderrand des Panzers ohne Zähne oder Dornen. Kontraktile Blase sehr klem. Wenn Goss£ dieselbe als sehr gross bezeichnet, so liegt hier wohl eine Verwechselung mit der Klebblase vor. Die Zehen sind nach meimer Auffassung vollkommen gleich gross und ganz gleich gebaut. (Das Tier somit ein KRaitulus und kein Coelopus.) Sie messen in der Sehne nur 0,022 mm. Gesamtlänge des Tiers 0,144 mm. Mit Diurella rattulus EYFERTH ist diese Art nicht identisch. 56. Dinocharis tetractis Enreng. Moorlache auf dem Kniebis Oktober und November 1893, Moorlache im Staatswald Thonbach, Reviers Baiersbronn, November 1893, je in grosser Anzahl. Der Bau ist im wesentlichen derselbe wie bei D. pocillum. D. tetractis ist aber etwas breiter und untersetzter und daher in ihrer Erscheinung entschieden weniger elegant als jene. Der Rücken ist ferner in seiner Mittelpartie höher gewölbt und läuft hinten in einem etwas aufwärts gebogenen mit stumpfer Spitze endigenden Fortsatz aus. Die dreieckige mit mehrfach geschweiften Rändern versehene Rückenplatte ist wie bei D. pocillum vorhanden. Die Darstellung des Querschnitts, wie sie Gosss gegeben hat, würde auf die von mir gesehenen Exemplare durchaus nicht passen. Bei diesen zeigte ein etwa in der Mitte des Leibes gedachter Durchschnitt die Form eines Sechsecks. Auf dem ersten Fussglied noch vor den mässig langen Sporen sitzen dorsalwärts einige niedere höckerige Erhabenheiten. Zwischen den Zehen kein Dorn. Nach Pıarte soll die Öffnung der Kloake bei Dinocharis auf die Ventralseite verlagert sein. Dies ist, wie ich mich mehrmals bei Beobachtung der Defäkation sowohl bei D. pocillum als bei D. tetractis überzeugen konnte, nicht richtig. Die Kloakenöffnung befindet sich vielmehr hier, wie bei der Mehrzahl der Rotatorien, auf der Rückenseite. 57. Stephanops muticus Enrene. Wildsee bei Wildbad Mai 1893, Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893, je in Menge. 58. Stephanops emarginatus nov. sp. (s. Taf. III Fig. 12). Diese Form, welche ich im Oktober 1893 in dem Grenzbach zwischen en den Markungen Biberach und Hagenbuch in einigen Exemplaren fand, steht St. muticus nahe, der Rückenpanzer ist aber nicht wie bei dieser Art hinten abgerundet, sondern mit 2 Einbuchtungen ver- sehen, so dass der Hinterrand dreispitzig erscheint. Zehen ohne Mitteldorn. Die Form ist möglicherweise nur als Varietät von St. muticus aufzufassen. 59. Stephanops chlaena Gosse. Federsee Juni 1892 in geringer Anzahl. Ich konnte nur ein einziges Exemplar näher untersuchen. Das- selbe war weichhäutig, anscheinend panzerlos, auch ein Kopfschild war nicht zu bemerken und ich würde daher an der Identität mit St. chlaena zweifeln, wenn nicht die vorhandenen starken seitlich vorspringenden Ecken und der charakteristische Bau des Fusses be- ziehungsweise der Zehen dafür sprechen würden. Die Hauptzehe zeigte sich in ihrem Basalteil stark verdickt, die wesentlich kleinere, nahezu senkrecht abstehende Nebenzehe — der Sporn — nach ab- wärts gekrümmt. 60. Stephanops Leydigii Zacuarıas. Grenzbach Biberach- Hagenbuch November 1892 in einigen Exemplaren. 61. Stephanops stylatus Mıune. Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893, Moorlache im Staatswald Thonbach, Reviers Baiers- bronn, November 1893 ziemlich häufig. 62. Diaschiza valga Gosse. In Württemberg eines der häufigsten Rädertiere, das in fast keiner der von mir nach Rotatorien durchforschten Lokalitäten fehlte. Die Grösse der Zehen schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen, doch habe ich dieselben niemals so lang wie in der Gossr’- schen Abbildung gefunden. Auf der Dorsalseite des Fusses unmittel- bar vor den Zehen gehen einige (so viel ich sehe 4) lange Borsten ab, die nur bei grösserer Aufmerksamkeit zu entdecken sind. 63. Diaschiza paeta Gossz. Auch diese Art habe ich bei- nahe überall in Württemberg gefunden, wenn auch meistens in ge- ringer Individuenzahl. Sie hat unter allen mir bekannten Diaschizen die festeste Cuti- kula, ich habe öfters leere in der äusseren Form vollständig gut er- haltene Panzer angetroffen. Der lachsfarbige Fleck in der Halsgegend ist kein Auge; er ist oft sehr blass und fehlt häufig ganz; ich glaube beobachtet zu haben, dass die Tiere in meinen Kulturgläsern anfangs den roten Fleck besassen, wärend nach einigen Wochen nur noch ganz farblose Exemplare anzutreffen waren und möchte hieraus schliessen, dass die rote Färbung mit der Art der Ernährung zu- sammenhängt. Auch diese Species besitzt die bei D. valga erwähnten Fussborsten (welche nebenbei gesagt auch bei D. semiaperta vor- handen, hier aber besonders schwierig zu sehen sind). Der Dorsaltaster wird bei dieser und der unter No. 62 Be geführten Art durch eine Borstengrube im Nacken vorgestellt, die Late- raltaster sitzen im hinteren Körperdrittel seitlich in einer kleinen Nische. Bezüglich der Stellung, die Gosse den Diaschizen im System der Rädertiere angewiesen hat, möchte ich mir hier noch eine kurze Bemerkung erlauben. Wenn es auch richtig ist, dass Diaschiza valga, semiaperta und paeta (die anderen von GossE aufgeführten Arten kenne ich nicht) eine etwas festere Cutikula und einen Rücken- spalt besitzen, so sind sie doch nach ihrem ganzen Wesen und Bau, insbesondere aber nach ihrem Kauapparat echte Furcularien. Ich halte es daher nicht für gerechtfertigt, dieselben von letzteren ab- zutrennen und mit den Salpinen, die doch wesentlich anders ge- baute und anders geartete Tiere sind, in eine Familie zu vereinigen. Ich komme auch auf meine frühere Ansicht, dass Diaschiza semi- aperta GossE nichts anders ist, als EHuRENBERG’s Furcularia gibba, un- willkürlich immer wieder zurück. Zu den Furcularien (deren Gattungs- charakter hinsichtlich der Stellung und Zahl der Augen etwas ab- geändert werden müsste) könnten meiner Ansicht nach recht wohl auch Notommata lacinulata, Notommata ovulum und Diglena catellına gezogen werden. 64. Diplax compressa Gosse. 22. Juni 1893 im Feder- see in einem Exemplar. 65. Salpina spinigera Eurens. Juni 1892 im Federsee in grosser Anzahl, vereinzelt im Grenzbach Biberach-Hagenbuch 1892 und 1893. 66. Salpina bicarinata Perry (nicht EurengErG) —= Euchlanis bicarinata Perry. Dieses seltene Tier fand ich am 18. Mai 1892 in einem seichten Graben im „Armenkastenwald“ bei Stuttgart leider nur in 2 Exemplaren. Der Panzer ist ganz wie bei Salpina gebildet und auf der Bauchseite nicht gespalten. Das Tier ist speciell Salpina brevispina ziemlich ähnlich. Nur der Fuss ist wesentlich anders gebildet, da derselbe vor den Zehen ein langes stielartiges Zwischenglied be- sitzt, das sonst bei keiner anderen Salpina-Art vorkommt. 67. ?Bipalpus triacanthus Berrsenvan (= Gastroschiza triacantha BERGENDAL) (s. Taf. II Fig. 13—18). Im April 1892 und ebenso im Mai 1895 fand ich in Sendungen von Wasser und Sphagnum aus dem Wildsee bei Wildbad ein Rädertier, das mit Euchlanis Iynceus EHRENB. so nahe Verwandtschaft zeigte, dass ich glaubte, es mit dieser Art identifizieren zu dürfen. Inzwischen ist von WIERZEJSKI in der Umgebung von Krakau ein Rädertier entdeckt worden, das dieser Forscher. für die genannte EHrEnBERG’sche Form hält und unter dem Namen Bipalpus lynceus EHRENB. beschrieben und abgebildet hat. Letzteres ist dem von mir aufgefundenen Tier zwar sehr nahestehend, unterscheidet sich aber von diesem doch in einigen wesentlichen Punkten, so dass mein Tier als eine besondere Art angesehen werden muss. Ich teile daher hier einige Zeichnungen, die ich von demselben angefertigt habe, mit. Das von mir beobachtete Tier differiert von B. Iynceus einmal dadurch, dass die Modellierung des Panzers eine ziemlich andere ist, Die zwei tiefen Querfurchen auf dem Rücken, welche das von WIER- ZEJSKI beschriebene Tier auszeichnen, fehlen bei dem meinigen voll- ständig. Anderseits sind die Längsfurchen bei dem letzteren mehr ausgebildet. Ein Teil dieser Längsfurchen gehört ganz den Seiten- flächen an, die weiter oben liegenden Furchen dagegen greifen auf die Dorsalseite über und treten hier mit den korrespondierenden Furchen der andern Seite in der Mittellinie des Rückens je in einem spitzen Winkel zusammen. Hiedurch erhält die Rückenansicht meines Tiers, von der ich leider versäumt habe, eine Abbildung anzufertigen, ein von der Rückenansicht des B. /ynceus wesentlich abweichendes Aussehen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass bei meinem Tier die Spitzen des Nackenschilds, insbesondere die mittlere viel stärker entwickelt sind als bei D. /ynceus. Dies tritt namentlich dann in die Erscheinung, wenn sich das Tier ganz in seinen Panzer zurückgezogen hat. Die mittlere Spitze zeigt in dieser Stellung die Form eines langen abwärts gekrümmten Schnabels (s. Taf. III Fig. 15). Auch die seitlichen Spitzen sind viel schärfer ausgeprägt. Ich ersehe nun aus einer Mitteilung von L. A. JÄGERSKIÖLD in Upsala im Zoologischen Anzeiger 1892 S. 447, dass Dr. BERGENDAL aus Lund ein weiteres, Euchlanis Iynceus EHRENB. nahestehendes Rota- torium aufgefunden und unter dem Namen Gastroschiza triacantha eingeführt hat. Obwohl in der erwähnten Mitteilung keine Be- schreibung von @. triacantha gegeben und die BERGENDAL’sche Ab- handlung mir nicht zugänglich ist, so halte ich es doch für sehr wahrscheinlich, dass mein Tier mit dieser von BERGENDAL aufgestellten BEN a 0 neuen Art übereinstimmt. Die Bezeichnung triacantha, welche offen- bar auf die starke Entwickelung der 3 Spitzen des Nackenschildes hindeutet, würde jedenfalls auch für meine Art ganz gut passen. Ich habe dieselbe daher oben auch unter. diesem Namen aufgeführt. Bezüglich der äusseren Form des Tiers glaube ich auf die beigegebenen Abbildungen und auf das im Eingang Gesagte ver- weisen zu dürfen. Im übrigen habe ich noch folgende Bemerkungen zu machen. Der Panzer ist mit einer ziemlich weitläufig stehenden Punk- tierung versehen, bräunlich gefärbt und wenig durchsichtig, so dass die innere Organisation des Tiers schwierig auszumachen ist. Der sehr muskulöse Kauer entspricht im Bau demjenigen von DB. Iynceus, wie ich aus den sorgfältigen Zeichnungen WIERzZEISKI's ersehe, in allen Teilen. Hinter dem Kauer folgt ein kropfartig aufigeblasener Oesophagus, sodann ein sehr geräumiger, den ganzen hinteren Teil des Körpers ausfüllender Magen, dessen Wandungen dicht mit grossen Fettkugeln ausgepflastert sind. Die Kloakenöffnung befindet sich, wie ich bei Beobachtung einer Defäkation konstatieren konnte, hinter dem Fuss. Die kontraktile Blase, welche sehr schwer zu sehen ist, liegt über der Fussbasis, die in dieselbe mündenden Exkretions- kanäle tragen je 4 Zitterorgane. Das Gehirn ist beutelförmig und etwa in der Mitte mit einem grossen tief-violetten fast schwarzen Auge versehen. Vom Gehirn verläuft ein paariger Nervenstrang zu dem ziemlich weit nach hinten verlagerten Dorsaltaster (s. Taf. III Fig. 13 dt), unter demselben eine gangliöse Anschwellung bildend. Die Lateraltaster liegen unterhalb einer buckelartigen Hervorwölbung der Seitenflächen (s. Taf. III Fig. 132t). Von Längsmuskeln vermochte ich nur ein Paar zu sehen, das vom hinteren Teil des Räderorgans abgeht und sich etwas über dem Dorsaltaster an die Haut anheftet. Diese Längsmuskeln zeigen deutliche Querstreifung. Ausserdem sind zwischen den Längsfurchen des Panzers in gewissen Abständen eine Anzahl nicht gestreifter Quermuskeln ausgespannt. Die vor der Fusswurzel liegende Fussdrüse ist aus 2 in der Mitte miteinander ver- schmolzenen seitlichen Hälften zusammengesetzt (s. Taf. III Fig. 16 fd). Das Räderorgan hat einen bräunlichen Saum. Innerhalb des äusseren Cilienkranzes finden sich noch einige Gruppen stärkerer Griffel und 2 fingerförmige nach aussen gebogene bewegliche Stirn- zapfen (Palpen).. An dem schnabelartig vorgewölbten Mund steht ein dichter Wald kurzer Cilien, die am Ende Knöpfehen zu tragen scheinen (wie bei Triarthra, Polyarthra etec.). A Länge des Tiers 0,22 mm. In biologischer Beziehung konnte ich einige Beobachtungen machen, deren Mitteilung nicht ohne Interesse sein dürfte. Das Tier ist ein gewaltiger Räuber und lebt wie es scheint ausschliesslich von Rotatorien. Unter dem Rädertierbestand des Be- hälters, in dem ich das Wasser und die Pflanzen aus dem Wildsee untergebracht hatte, hat es schreckliche Verwüstungen angerichtet. Insbesondere Notommata lacinulata, Diaschizen und Furcularien fielen ihm in Masse zum Opfer. Sechs und mehr Kauer von diesen Tieren nebst den Augen fand ich im Kropf oder Magen fast aller von mir untersuchten Exemplare. Aber auch an grössere Rädertiere wagt es sich. So konnte ich unter dem Mikroskop beobachten, wie es einen ziemlich grossen KRattulus, der ihm an Körpervolumen wenig nachstand, anfıel und verzehrte. Zuerst stiess es dem unglücklichen Opfer die spitzen Zangen des Kauapparats tief in das weiche Stirn- feld. Sodann folgten pumpende Bewegungen des Kauers und Zug um Zug strömte der ganze Leibesinhalt des Rattulus hinüber in den Magen des Räubers.. Nachdem die Beute ganz ausgepumpt war, wurde die leere, nur noch den Mastax enthaltende Haut, welche zum Teil eingesaugt worden war, wieder ausgespieen oder viel- mehr mit Hilfe der Fusszangen geschickt aus dem Munde heraus- gerissen und bei Seite geschleudert. Das Ei (Sommerei) ist sehr merkwürdig gebildet (s. Taf. II Fig. 17 u. 18). Es hat 2 von der eigentlichen Eihaut beträchtlich abstehende Hüllen. Die äussere ist glatt, die innere in tiefe un- regelmässige Falten gelegt. In einiger Entfernung von dem einen Pol des umhüllten Eis zieht rings um dasselbe eine kreisförmige oder etwas elliptische Linie, als Andeutung der Kappe, welche beim Ausschlüpfen des jungen Tiers abgehoben wird. An dieser Linie legt sich auch die faltige Haut an die glatte Hülle an, während beide sonst überall weit voneinander abstehen. — Dauereier sind mir nieht vorgekommen. 68. Euchlanis Iyra Hunson. Obersee bei Kisslegg Au- gust 1892, Grenzbach Biberach-Hagenbuch November 1892 und 1893, Moorlache auf dem Kniebis Oktober 1893, je ziemlich zahlreich. Der Panzer variiert etwas, da neben der gewöhnlichen schmalen Form auch eine breitere vorkommt. Ausserdem zeigten verschiedene Exemplare am hinteren Dorsalrand des Panzers eine seichte Ein- buchtung (notch). Auch die Zehen variieren; während nämlich die EINES AR Kisslegger und Biberacher Exemplare sehr robuste Zehen trugen, waren diejenigen vom Kniebis mit schlanken Zehen ausgestattet. Fussborsten sind 4 vorhanden. Die Lateraltaster, welche Hunson nicht finden konnte, sehe ich mit Leichtigkeit, sie sitzen an der- selben Stelle wie bei den andern Euchlanis-Arten. 69. Euchlanis parva RousseLet. Diese hübsche kleine Form traf ich im Mai 1895 im Wildsee bei Wildbad in Menge. Die Zehen sind schmal und sehr lang. Auf der Dorsalseite des Fusses gehen 4 Borsten ab, die mindestens so lang wie die Zehen und so stark sind, dass sie schon bei mässiger Vergrösserung (Zkıss B.) leicht in die Augen fallen. Nicht selten war die eine oder andere geknickt. Da RousseLet, der Entdecker der Species, in einem Fall nur eine, in einem zweiten Fall gar keine Fussborste gefunden hat, so scheinen dieselben zu variieren oder leicht in Verlust zu geraten, worauf auch die oben erwähnten geknickten Borsten hindeuten. Pıare hat bezüglich der Fussborsten von Euchlanis dilatata Ähnliches berichtet. Der Nackenbeutel ist sehr breit und zeigte bei allen von mir untersuchten Exemplaren eine deutliche Dreiteilung im Innern. Diese Teilung trat auch am Hinterrande des Beutels hervor. Im Magen des Tiers sah ich meist Diatomeen, ich war daher nicht wenig überrascht, als ich unter dem Mikroskop beobachtete, wie eine Euchlanis parva einen auf dem Objektträger liegenden kleinen Wurm (Nematode), der eben abgestorben oder dem Tode nahe war, anscheinend mit gutem Appetit verzehrte. 70. Cathypna ungulata Gosse. Federsee Juni 1892 zahlreich. Die Abbildung, die Gosss von den Zehen gegeben hat, ist nicht ganz richtig und stimmt auch nicht mit seiner Beschreibung, welche auf meine Exemplare gut passt. Die Nägel haben nämlich ca. '/s der Länge der ganzen Zehe, wie in der Beschreibung richtig an- geführt wird. Etwas über den Nägeln befindet sich an der Aussen- seite der Zehen eine kleine Einkerbung. Der Panzer ist mit weit- läufig stehenden grübchenartigen Vertiefungen versehen. Die Ex- kretionskanäle, welche von der Verknäuelung abwärts fast ganz gerade bis zur kontraktilen Blase verlaufen, tragen weit oben je 4 Zitterorgane. In den Wandungen der Kanäle, namentlich in den Verknäuelungen, konnte ich zahlreiche Fetttropfen beobachten. 71. Distyla Hornemannii Eurens. In frischen Sendungen habe ich diese Species nicht häufig und nur einzeln gesehen, da- gegen ist es mir öfters vorgekommen, dass sie in Kulturgläsern mit Wasserpflanzen, die Wochen und Monate lang gestanden hatten, nachdem die Mehrzahl der andern Rädertiere längst verschwunden war, massenhaft auftrat. Wegen ihres sehr weichen Panzers und ihrer langgestreckten Form erinnert das Tier sehr an manche: Notommata-Arten. Die langen spitzen Nägel sind etwas abgesetzt. | 72. Colurus deflexus Euren. Grenzbach Biberach-Hagen- buch häufig. ' Die hinteren Panzerspitzen variieren stark. Während dieselben bei einzelnen Individuen zu langen, gerade nach abwärts gerichteten Spitzen ausgezogen sind, zeigen sie bei anderen eine sehr geringe Entwickelung. Zwischen diesen Extremen kann man ferner schon unter ein paar Dutzend Exemplaren alle möglichen Zwischenstufen konstatieren. Die Zehen finde ich beträchtlich länger als in der Gosse’schen Abbildung. Übrigens scheinen mir auch diese ie. zu variieren. Das Tier besitzt 2 kleine, seitlich sitzende Augen, wie alle Colurus-Arten, die ich seither gesehen habe, während ihm Gosse ein grosses Auge am Hinterkopf zuschreibt. 73. Metopidia oxysternum Gosse. Diese sehr auffallend gebaute, nicht zu verkennende Art ist in Württemberg nicht selten, Ich habe sie im unteren Anlagensee, im Degerlocher-, Rohracker-, Monrepos-, Federsee, ferner in den Altwassern des Neckars bei Ess- lingen und in dem Grenzbach Biberach-Hagenbuch zu den ver- schiedensten Zeiten aufgefunden. Sie ist eine Bewohnerin des Bodenschlamms und stets farblos. In Gefässen mit zerfallenden Wasserpflanzen lässt sie sich lange züchten. Während Gosse dem Tier ein grosses rotes Auge vindiziert (bei einigen Individuen hat er auch 2 Augen beobachtet), muss ich konstatieren, dass bei keinem der sehr vielen Exemplare, die ich gesehen habe, auch nur eine Spur von einem Auge zu bemerken war. Der Vorderrand des Panzers hat eine sehr zierliche Bezähnelung, von welcher Gosse£ nichts erwähnt. Diese Bezähnelung ist bei ver- schiedenen Individuen nicht gleich stark hervortretend, doch habe ich sie nie ganz vermisst. Eine Stirnhaube (Stirnhaken) wie die übrigen Metopidien besitzt das Tier nicht. Dorsal- und Lateraltaster sind leicht zu finden. Länge 0,224 mm. Die Form ist ohne Zweifel identisch mit dem von EHRENBERG unter dem Namen Lepadella? salpina aufgeführten und auf Taf. 57 Fig. 3 des grossen Infusorienwerks abgebildeten Tier. EHRENBERG giebt von demselben folgende Diagnose: „L. testula oblonga pris- A matica, obtuse triangulari, dorso cristata, fronte denticulata.“ Die Crista auf der Bauchseite hat EHrRENnBERG nicht gesehen. In der weiteren Beschreibung erwähnt er noch, dass der Panzer nicht ganz glatt, sondern durch feine Grübchen uneben sei. 74. ?Metopidia pygmaea Gosse. In den Altwassern des Neckars bei Esslingen, im Grenzbach Biberach-Hagenbuch, auch im Rohracker See habe ich zuweilen eine sehr kleine Metopidie mit auffallend hoch gewölbtem Rückenpanzer angetroffen, welche möglicher- weise Metopidia pygmaea sein könnte. Mein Tier hat aber 2 deut- liche, rote, seitlich sitzende Augen und 2 Fusszehen, die ich häufig gespreizt gesehen habe, während Goss£ bei seiner Art von „two clear colourless globules at the very front, remote from each other, probably eyes“ und von nur einer Zehe (toe apparently single) spricht. Wenn ich gleichwohl die Möglichkeit der Identität nicht für aus- geschlossen halte, so geschieht dies deshalb, weil Goss£ nach seiner eigenen Angabe das Tier nur in einem einzigen Exemplar gesehen hat. 75. Cochleare turbo Gosse. Wildsee bei Wildbad Mai 1895 in eimigen Exemplaren. 76. Pterodina valvata Hunsox. Im unteren Anlagensee bei Stuttgart im September 1893 mehrfach, einmal auch im Monrepos- see im Mai 1892. 77. Pterodina clypeata Enurens. Klosterteich bei Denken- dorf in Menge an Asellus aquaticus zugleich mit Callidina socialis 14. August 1892. 78. Pterodina emarginata WIERZEISKI. September 1890 in einer Torflache bei Constanz, Juli und August 1893 in den Alt- wasseın des Neckars bei Esslingen und Pfauhausen je ziemlich zahlreich. Diese Art, deren Bestimmung ich Herrn ÜUHARLES RoUSSELET in London verdanke, unterscheidet sich von den übrigen Pterodinen auf den ersten Blick durch die 2 am hinteren Teil der Panzerseiten abgehenden dreieckigen, zipfelförmigen Anhänge, welche dem Tier- chen ein sehr gefälliges Aussehen verleihen. Die Öffnung für den Fuss ist ganz nach hinten verlagert, sie ist nicht rund, sondern hat mehr die Form eines Vierecks mit aus- gezogenen Ecken. Die Lateraltaster liegen hinter der Mitte des Rumpfs (nicht in einer Linie mit dem Dorsaltaster wie bei Pt. patina). Die Panzeroberfläche zeigt eine zerstreut stehende ziemlich starke Stichelung. Grösse 0,115 mm. Das Tierchen treibt einen eigentümlichen Sport, bei dessen a Ausübung ich es öfters beobachten konnte. Es schwingt sich näm- lich, lose mit dem Fuss an einen Algenfaden angehängt, minuten- lang im Kreis um denselben. Den Zweck dieser Bewegungen, die mich lebhaft an gewisse kühne Evolutionen von Turnern am Reck erinnerten, konnte ich nicht erraten. 79. Pompholyxz complanata Gosse. In konserviertem Ma- terial aus dem Monrepossee, gefischt am 30. August 1892 zahlreich. 80. Brachionus pala Enrene. und amphiceros EHreEnp. Im Anlagensee, Bärensee u. s. w. gemein, oft geradezu massenhaft. Die Ansicht Hunson’s, dass D. amphiceros nur als eine Varietät von B. pala anzusehen sei, teile ich vollkommen, ich möchte aber noch weiter gehen und auch 5. dorcas Gossz als selbständige Species aufgeben, d. h. gleichfalls nur als Varietät von pala gelten lassen. Den unbeweglichen, schlauchförmigen Parasiten, welchen ZacHa- Ras vor einiger Zeit beschrieben und abgebildet hat, habe ich im Juli 1892 im B. amphiceros aus dem unteren Anlagensee in grosser Menge angetroffen. Die Tiere waren häufig von dem Schmarotzer ganz vollgepropft, während die zahlreichen andern Rädertierarten des Sees, wie Synchaeta pectinata, Triarthra longiseta ete. keine Spur von demselben zeigten. Zacuarus hat dagegen den Parasiten gerade in Synchaeten vorgefunden. 81. Brachionus dorcas var. spinosa Wırrze)skı. In konserviertem Material aus dem Monrepossee, gefischt am 30. Au- gust 1892 sehr zahlreich. 82. Brachionus angularis Gosse (— B. bidens PLATE). Im Anlagensee, Monrepossee, Bären-, Degerlocher-, Rohracker-See sehr gemein. Auch diese Art variiert beträchtlich. 83. Brachionus quadratus RousseLet. Im Anlagensee und Monrepossee nicht selten, aber mehr einzeln. Unter den vielen Exemplaren, die ich gesehen habe, war eines mit facettiertem Rücken. Dieses Tier sah der Abbildung, die Conn von seinem B. Leydigii gegeben hat, sehr ähnlich und ich möchte fast glauben, dass diese Form, welche — so viel mir bekannt — nicht wieder gesehen wurde, nichts anderes ist als eine Varietät von B. quadratus mit facettiertem Rückenpanzer. Die Angaben, die Coun über den Bau des Fusses macht, würden allerdings weniger passen. Das Winterei von B. Leydigiü ist nach Coun mit cylin- drischen Warzen besetzt. Wie die Wintereier von B. quadratus beschaffen sind, kann ich leider nicht angeben, da ich bis jetzt N vergebens nach solchen gesucht habe ; ich werde mich übrigens bemühen, dies noch zu ermitteln, da Coun gelegentlich der Beschreibung von B. Leydigir die Ansicht ausspricht, dass gerade die Wintereier die besten Charaktere zur Unterscheidung der einzelnen Arten liefern. 84. Brachionus brevispinus Furene. Im Anlagensee nicht selten. Panzer glatt. Die Zacken sind sehr veränderlich. Ich habe öfters Exemplare mit sehr langen Hinterzacken und solche mit stark entwickelten mittleren Stirnzacken gefunden. 85. Brachionus Rhenanus LAUTERBORN. Diese Form, welche LAUTERBORN zum Rang einer besonderen Species erhoben hat, fand ich einmal im Juli 1892 ziemlich zahlreich im Degerlocher See. Ich sprach das Tier sofort als eine Varietät von B. brevispinus an. Auch LAUTERBORN scheint ein ähnliches Gefühl gehabt zu haben, wenn er sagt: „ich halte es übrigens nicht für ausgeschlossen, dass später bei einem grösseren Vergleichsmaterial B. Rhenanus sich als End- glied einer Formenreihe herausstellen wird, welche von B. Bakeri unter fortwährender Reduktion der beiden hinteren Dornen durch B. brevispinus endlich zu der genannten Art führt“. Hiezu möchte ich nur bemerken, dass, wie ich schon oben bei B. brevispinus er- wähnt habe, bei dieser Form öfters Individuen mit sehr langen Hinterdornen vorkommen, während anderseits bei DB. Bakeri solche mit kurzen Hinterdornen keineswegs selten sind. B. brevispinus und Bakeri unterscheiden sich nur dadurch, dass der Panzer bei ersterem glatt, bei letzterem gekörnelt ist. Da jedoch auch diese Körnelung bei verschiedenen Exemplaren graduell sehr verschieden entwickelt ist, so wird man meiner Ansicht nach besser thun, BD. brevispinus und Rhenanus als blosse Varietäten von B. Bakeri anzusehen. 86. Schizocerca diversicornis Davay. Nachdem ich das Tier schon im Jahre 1891 in konserviertem Material aus dem Mon- repossee gefunden hatte, traf ich es im Jahre 1893 auch lebend im unteren Anlagensee, in grösserer Anzahl namentlich im September. Einmal fand ich ein Tier, dessen Leibeshöhle von Spermatozoiden wimmelte. Obwohl letztere sich nach allen Richtungen hin in der Leibeshöhle verbreitet hatten, so zeigte sich doch die Hauptmasse derselben am Dotterstock angesammelt. Ich teile diese Beobachtung, die ich nicht weiter verfolgen konnte, hier mit, ohne irgend eine Schlussfolgerung aus derselben ziehen zu wollen. Unter allen mir zu Gesicht gekommenen Individuen war nur EN eg ra eines mit gleichmässig entwickelten Hinter- und Vorderzacken (Varie- tät homoceros WIERZEISKI). 87. Anuraea hypelasma Gosse. Im Degerlocher See oft in ganzen Schwärmen, auch im Bärensee sowie in den Altwassern des Neckars bei Pfauhausen und Esslingen nicht selten. 88. Anuraea serrulata Euren. Moorlache auf dem Knie- bis in grosser Menge Oktober 1893. Weitaus die Mehrzahl meiner Exemplare hatte gar keine hinteren Panzerzacken, nur 2 oder 3 Individuen zeigten schwache Spuren von solchen. Das Tier ist kein ausdauernder Schwimmer, ich fand es sehr häufig an Pflanzen oder Detritus angehängt und zwar geschieht dies auffallenderweise mit Hilfe der langen Griffel, die von den ventralen Lappen des Räderorgans abgehen und welche ganz senk- recht zur Längsachse des Körpers gestellt werden können. Das Ei ist in der Mitte etwas eingeschnürt. 89. Notholca acuminata EHRENnB. Im Grenzbach Biberach- Hagenbuch häufig, auch im Rohracker und Monrepossee nicht selten. Ich finde 4 Zitterorgane auf jeder Seite. Die Lateraltaster sitzen auf dem Rückenpanzer etwas vor der Mitte, den Seitenrändern genähert. Der stielartige hintere Fortsatz des Rückenpanzers variiert hinsichtlich der Länge nicht unbeträchtlich. 90. Notholca heptodon Perry. Im Grenzbach Biberach- Hagenbuch stets zu finden. Die Bauchplatte des Panzers, welche mit der Rückenplatte durch eine häutige Membran verbunden ist, kann vorgeschoben werden und steht dann namentlich hinten von der Rückenplatte weit ab. Die Lateraltaster sitzen dorsalwärts so ziemlich in der Mitte je seitlich. Mit Anuraea foliacea EHRENB. dürfte diese Art identisch sein. 91. Pedalion mirum Hupson. Dieses merkwürdige Rota- torıum fand ich im September 1892 im Rohracker See in grösserer Anzahl, im September 1893 auch im unteren Anlagensee bei Stutt- gart, hier jedoch nur spärlich. Die kurzen Cilien, welche auf der Spitze der beiden dorsalen Hinterleibsfortsätze sitzen, zeigten bei den von mir näher unter- suchten Exemplaren fortwährende Bewegungen, ausserdem fand ich an der Basis dieser Fortsätze eine deutlich fimmernde Stelle. Eine kontraktile Blase konnte ich so wenig als Hupsow sehen. Die weiblichen Sommereier hingen dem Tier meist in der Zweizahl an. Stuttgart, im Dezember 1893. BI Verzeichnis der Litteratur, auf welche in der vorstehenden Abhandlung Bezug genommen ist. Corn, F., Bemerkungen über Räderthiere. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. IX p. 284 ff. (1858); Bd. XII p. 197 ff. (1863). EHRENBERG, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Leip- zig 1838. Eyrerrn, B., Die einfachsten Lebensformen des Thier- und Pflanzenreichs. Braunschweig 1885. Hupson, C. T. and P. H. Gosse, The Rotifera or Wheel-Animalcules, London 1889. Janson, Orro, Versuch einer Übersicht über die Rotatorienfamilie der Philodinäen. Abhandlungen des naturwiss. Vereins zu Bremen. Bd. XII. 1893. LAUTERBORN, ROBERT, Beiträge zur Rotatorienfauna des Rheins und seiner Altwasser. Zoolog. Jahrbücher. Bd. VII. Abt. f. System. p. 254 ff. 1893. Leypig, F., Über den Bau und die systematische Stellung der Räder- thiere. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. VI p. 1 ff. 1854. Mecznıkow, E., Apsilus lentiformis, ein Räderthier. Zeitschr. f. wiss. - Zoologie. Bd. XVI. p. 346 (1866). Prater, L., Beiträge zur Naturgeschichte der Rotatorien. Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. XIX (neue Folge Bd. XII) p. 1 ft. (1886), RousseLer, C. F., On Conochilus unicornis and Euchlanis parva. Journ. Quekett Mier. Club. Bd. IV p. 367 ff. 1892. — —, On Floscularia pelagica etc. Journ. Roy. Micr. Soc. p. 444 ff. 1893. WIERZEJSKI, A. und O. ZacHArıAs, Neue Rotatorien des Süsswassers. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. LVI p. 236 ff. 1893. ZACHARIAS, O., Forschungsberichte aus der Biolog. Station zu Plön. I. Teil. 1893. Erklärung der Tafeln. Tafel II. Fig. 1. Rhinops orbiculodiseus Tuorre. Lateralansicht. rf Längsfalten des Rumpfs; 7 chitinöse Leiste; di Dorsaltaster. 2. — —. Ventralansicht. lt Lateraltaster. 3. Proales caudata nov. sp. Lateralansicht. (Vergrösserung 350.) „ 4 — —. Lateralansicht. Tier etwas zusammengekrümmt. 5. Diglena dromius GLascott. Lateralansicht. lt Lateraltaster. 6. — —. Dorsalansicht. 7. Mastigocerca lophoessa Gosse. Dorsalansicht. stz Stirnzapfen; dt Dorsal- taster; nb Nackenbeutel; lt Lateraltaster; cd kontraktile Blase; oe Oeso- phagus (derselbe ist hier eingezeichnet, obwohl er durch den Nacken- beutel verdeckt wird und nur bei tieferer Einstellung sichtbar ist). 8. — —. Ventralansicht. kb! Klebblase. ra . ? Bipalpus triacanthus BERGENDAL. Lateralansicht. dt Dorsaltaster; SHIRT 18: 14. : = 16: ER a . Mastigocerca lophoessa Gosse. Lateralansicht des Hinterendes, um den Ansatz der beiden Fussgriffel zu zeigen. . Mastigocerca setifera LAUTERBORN. Lateralansicht. 7t (linksseitiger) Lateraltaster. Tafel IH. . ? Coelopus brachiurus Gosse. Lateralansicht. Stephanops emarginatus nov. sp. Ventralansicht. lt Lateraltaster. — —. Ventralansicht. —- —. Lateralansicht (Räderorgane ganz eingezogen). — —. Optischer Querschnitt in der Höhe des Dorsaltasters (nach einem toten Tier). fd Fussdrüse. — —. Sommerei. Optischer Querschnitt. — —. Sommerei. Optischer Längsschnitt. Vergrösserung (mit Ausnahme von Fig. 3) durchweg 240 fach. Sämtliche Abbildungen sind mit Hilfe des Asse’schen Zeichenapparats entworfen. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894, 5 Ueber die Verbreitung der Mollusken in Württemberg. Von Mittelschullehrer Geyer in Neckarthailfingen. Litteratur. Im folgenden haben wir zunächst die uns bekannt gewordenen Arbeiten, welche auf die württembergische Molluskenfauna Bezug nehmen, chronologisch geordnet zusammengestellt. 1762, SCHLOTTERBECK, PHIL. JAK., Stadtphysikus zu Esslingen, bildet im 5. Bande der Acta helvetica phys.-math.-bot.-med. 12 Arten ab. 1788. RösLer, G. F., Prof. am Gymnasium zu Stuttgart: Beyträge zur Naturgeschichte des Herzogthums Wirtemberg (s. Vitrella). 1813. WERFER: Versuch einer medicinischen Topographie von Gmünd (18 Arten, worunter irrtümlich Neritina flwviatilis). 1818. Kıees, Jom.: Diss. inaug. zoologica sistens characteristicen et descriptiones testaceorum circa Tubingam indigenorum (68 Arten, wovon mindestens 9 unrichtig, vergl. v. MArTEns, dies. Jahresh. 1865. p. 178—180). 1820, ScHÜBLER, Gustav, in MEMmMINGER’s Beschreibung von Württem- berg ein Verzeichniss württ. Mollusken hauptsächlich nach Kıerzs; wenig verändert in der 2. Auflage desselben Werks. 1822. v. Martens, Gror@: Bemerkungen auf einer Reise nach Ulm. Corr.-Bl. des landw. Vereins (H. villosa bei Ulm entdeckt). 1826. Derselbe: Schilderung der schwäb. Alb in Hertha Bd. VI. 1830. Derselbe: Über Württembergs Fauna. Corr.-Bl. des landw. Ver- eins p. 165—177. Auf Grund eigener Beobachtungen und derer fleissiger Sammler, wie des Kanzleirats Benz von Stuttgart, des Hospitalverwalters BREITENBACH in Mergentheim, des Oberamts- richters Fuchs in Ehingen und später in Mergentheim, des Lehrers Vorz in Stuttgart, der Apotheker Ducke in Roth und später in Wolfegg und VAuer in Schussenried führt MARTENS 100 Arten auf, von welchen 10 abzuziehen sind. 1 1834. PLIENINGER, Tu., in der Beschreibung von Stuttgart für die Naturforscherversammlung p. 59 einige minder gemeine Arten genannt. 1834. v. SECKENDORF, Graf, im Corr.-Bl. des landw. Vereins p. 19 eine kleine Nachlese zu obigem Verzeichnis. 1841. 1846. 1849, 1853. 1855. 1863. 1864. 1865. 1865. 1867. 1868. 1869. 1869. 1871. NT ee v. MARTENS, GEORG, in der 3. Auflage von MxemmInGer’s Be- schreibung von Württemberg 110 Arten. v. SECKENDORF, Graf: Die lebenden Land- und Süsswassermollusken Württembergs, dies. Jahresh. II p. 3—59 (113 Arten). MAnDELsLoH, Graf: Übersicht der Fauna der Gegend von Ulm, dies. Jahresh. V. p. 139 (23 Molluskenarten aufgezählt). GÜNTHER, Dr. A.: Beiträge zur Fauna Württembergs, dies. Jahresh. IX. p. 224 (Anod. piscinalis Rossm., Lim. ampla Hrım. vom Bodensee). v. Martens, Dr. En.: Über die Verbreitung der europ. Land- und Süsswassergasteropoden, dies. Jahresh. XI. p. 129—272. v. Kuxr, Oberstudienrat Dr., in „Das Königreich Württemberg“ p. 300—303 die Weichthiere (115 Arten). Qurnstept, Dr. F. A.: Geologische Ausflüge in Schwaben (Tü- bingen 1864) p. 203 Nonnenbrunnen zu ÖOfterdingen, p. 228 Falkensteiner Höhle. v. Marress, Dr. Ev.: Über die Molluskenfauna Württembergs, dies. Jahresh. XXI. p. 178—217. Inhalt: I. Zur Geschichte der Kenntnis der württ. Mollusken. — II. Die württ. Nacktschnecken (Vorkommen, Synonymie und äusserliche Charakterisierung von 9 Arten). — III. Zusätze zu dem früheren Verzeichnis von SECKENDORF betreffs der Artbestimmung der Conchylien, 7 Arten neu hinzukommend. — IV. Aufzählung der württ. Mollusken, 115 Arten, mit Angabe der hydrographischen sowohl als der geognostischen Gebiete des Landes, in welchen sie bis jetzt be- obachtet. — V. Verbreitung der einzelnen Arten (Schwarzwald 17 Land- 3 Wassermoll., Muschelkalk 57 Land- 29 Wassermoll., Keuper und Lias 60 Land- 30 Wassermoll., Alb 52 Land- 20 Wassermoll., Oberschwaben 41 Land- 28 Wassermoll.). v. MARTENS, Dr. GEoRG: Die Bänder der Hain- und Gartenschnecke, dies. Jahresh. XXI. p. 218—226. v. Leyvie, Dr. Fr.: Fauna Tübingens in der Oberamtsbeschrei- bung p. 67—72; wertvolle eigene Beobachtungen, neu eingeführt Limax brunneus Drar. — laevis MÜLL. Krauss, Prof. Dr.: Tichogonia (= Dreissena) polymorpha Rossm. von Kaufmann Dravrz im Hafenbassin von Heilbronn entdeckt, dies. Jahresh. XXIV. p. 44 ff. v. Martens, Dr. Ep.: Einige seltene Molluskenarten aus Württem- berg, dies. Jahresh. XXV. p. 223 f.; Cl. filograna wieder auf- genommen; Hyal. radiata Aun. neu eingeführt. Derselbe: Zur Literatur der Mollusken Deutschlands, Nachrichts- blatt d. deutsch. mal. Ges. 1869. p. 98—100 Neckargebiet. v. Leypie, Dr. Fr.: Beiträge und Bemerkungen zur württ. Fauna, ! Herr Prof. Dr. Ep. v. Martens in Berlin gestattete uns, Einsicht von seinem Exemplar der SECKENDORF’schen Arbeit zu nehmen, in welcher der um die württ. Weichtierkunde hochverdiente Forscher handschriftliche Notizen über die Verbreitung der dort beschriebenen Arten eingetragen hat. Wir sagen für diese seltene Güte auch an dieser Stelle unseren aufrichtigen Dank. 5* 1873. 1874. 1876. 1876. ER FE III. Schnecken, IV. Muscheln, dies. Jahresh. XXVII. p. 210— 242. Nacktschnecken vollständig vorgelegt; Ergänzungen zur Fauna Tübingens, Sph. rivicolum LEAcH bei Heilbronn von Dr. E. ZELLER in Winnenthal entdeckt; über Schneckengehäuse im Geniste des Neckars. AN, WIEDERSHEIM, Dr. R.: Beiträge zur Kenntniss der württ. Höhlen- fauna, Verh. d. Würzburger phys.-med. Gesellschaft, n. F. IV. Bd.; erstmals beschrieben und abgebildet Ancylus Sandbergeri aus der Zwiefalter und Hydrobia (= Vitrella) Quenstedti aus der Falken- steiner Höhle. . Mister, Dr. K.: Die Schalthiere des Bodensees, Schriften f. Ge- schichte des Bodensees und seiner Umgebung, 4. Heft. . Fries, Sısmunn: Die Falkensteiner Höhle, ihre Fauna und Flora, dies. Jahresh. XXX. p. 122—139, IV. Mollusken (Hydrobia vitrea — Vitr. Quenstedti). . Cressin, S.: Zur Molluskenfauna der Torfmoore, dies. Jahresh. XXX. p. 164—168 (Lindenweiher bei Essendorf). . Derselbe: Beiträge zur Molluskenfauna der oberbayrischen Seen. Bodensee. Corr.-Bl. d. zool.-mineral. Vereins in Regensburg 1874. No. 8. . WeisuAxp, Dr. D. F.: Eine deutsche Oionella (lubrica var. Pfeifferi), nebst einem Verzeichniss der auf der schwäb. Alb um Hohen- wittlingen lebenden Weichthiere, Nachrichtsblatt d. deutsch. mal. Ges. 1874. p. 41 ff. (in die nachfolgend citierte Arbeit desselben Verfassers aufgenommen). WESTERLUND, C.A.: Malakologische Studien, Kritiken und Notizen, Malakozoologische Blätter f. 1874. p. 133: „Dr. Küster hatte 3 Exemplare einer Pupa aus Mergentheim... (folgt die Be- schreibung) ... P. Küsteriana.“ v. Leypıs, Dr. Fr.: Die Hautdecke und Schale der Gasteropoden nebst einer Übersicht der einheimischen Limacinen, Archiv £. Naturgeschichte, 42. Jahrg. I. Band (Ergänzungen zur Fauna Tübingens, erstmals beschrieben Limax gracilis). WeınLAnD, Dr. D. F.: Zur Weichthierfauna der schwäb. Alb, dies. Jahresh. XXXII. p. 234—358; die wertvollste Lokalfauna Württembergs; die kleinen Clausilien, bis dahin als obtusa Pr. — rugosa auct. — nigricans Puut. angegeben, sind geschieden ; neu eingeführt: Hyal. pura, Hel. edentula, Cl. ceruciata, Pupa edentula. . Cressın, S.: Die Mollusken der Tiefenfauna unserer Alpenseen, Malakoz. Blätter f. 1877. p. 159 ff. . ÖBERNDORFER, R.: Helix tenuilabris Br. auf der rauhen Alb lebend, Nachrichtsblatt d. deutsch. mal. Ges. 1877. p. 21. . Börteer, Dr. O.: Zur Molluskenfauna des Nordabfalls der deutschen Alpen, Nachrichtsblatt d. deutsch. mal. Ges. 1879. p. 89—91. (Die von DeseenreLp bei Eisenbach gesammelten Schnecken von Börtger revidiert; in einer Fussnote (Il. cory- nodes erstmals aus Württemberg erwähnt.) 1879. 1879. 1879. 1880. 1880. 1880. 1882, 1882, 1883. 1883. 1884, 1885. 1885, 1886. 1890. 1891. 1892, 1893. I ICON NL Eimer, Prof. Dr.: Über das Variiren einiger Thierarten, dies. Jahreshb. XXXV. p. 48 f. (Arion empiricorum). Derselbe: Über fadenspinnende Schnecken, dies. Jahresh. XXXV. p. 50—52. v. Krauss, Dr. F.: Beiträge zur Fauna Württembergs: 6. Über das Zahlenverhältniss in der Waldach angeschwemmter Conchylien, dies. Jahresh. XXXV. p. 349— 5351. v. DEGENFELD-SCHONBURG, Kurr Graf: Nachtrag zur Mollusken- .fauna des Nordabfalls der deutschen Alpen, Nachrichtsblatt d. deutsch. mal. Ges. 1880. p. 12 £. Derselbe: Zur Molluskenfauna der schwäb. Alb, ebendaselbst p. 13—15 (Pupa Sterri v. VoırH, Ol. corynodes). Fries, Dr. S.: Nachricht über neue Untersuchungen der Falken- steiner Höhle: d) Hydrobia vitrea (— Vitrella) var. Quenstedti, dies. Jahresh. XXXVI. p. 113 £. Cuessin, S.: Monographie des Genus Vitrella Cress., Malakoz. Blätter f. 1882. p. 110 £. v. Krauss, Oberstudienrat Dr., in „Das Königreich Württem- berg“ , I. Band p. 503—508 Mollusca Cuv., 158 Arten (vergl. übrigens die Schlussbemerkung dieser Arbeit). WEINLAND, Dr. D. F.: Zwei neue Vitrellen, Nachrichtsblatt 1883. p. 79 f. (Vitr. Olessini et Kraussü, aufgenommen in die folgende Arbeit). Derselbe: Zur Molluskenfauna von württ. Franken, dies. Jahresh. XXXIX. p. 112—127 (ausser den beiden Vitrellen neu ein- geführt: Pupa Heldi, Hel. granulata, Pis. supinum, 2 Varietäten). Krımmer, Prof. Dr.: Über Zimax variegatus Drar., dies. Jahresh. RI D...326. Derselbe: Über die in Württemberg lebenden Arten des Mollusken- genus Trichia Hrrm., BÖcKLEN’s math.-naturw. Mitteilungen II. Derselbe: Über die in Württemberg lebenden Clausilien, Beilage zum Programm der Realanstalt Reutlingen (Litteraturverzeichnis, Bestimmungstabellen, Beschreibung und Vergleichung der Arten, Angabe ihrer Verbreitung, Abbildungen). SCHLICHTER, Dr. H.: Einiges über Anodonta mutabilis im Feder- see, dies. Jahresh. XLII. p. 348 ff. (die Farbe der Kiemen bietet ein gutes Merkmal zur Erkennung und Unterscheidung der Varie- täten). Geyer, Mittelschullehrer: Die Schaltiere zwischen dem Schön- buch und der Alb, dies. Jahresh. XLVI. p. 49—73; neu ein- geführt: Pis. obtusale C. Pr., pallidum Jen., pulchellum Jen. und etliche Varietäten. Bucaxer, O.: Beiträge zur Kenntnis des Baues der einheimischen Planorbiden, dies. Jahresh. XLVII. p. 35—118. Mönse, J.: Zur Molluskenfauna im Oberamt Saulgau, dies. Jahresh. XLVIII. p. 119—134 (Nacktschnecken ausführlich be- handelt; Muscheln nicht berücksichtigt). GEyER, Mittelschullehrer: Einige neue Molluskenfundorte, dies. EN Jahresh. IL. p. 128—136: Pupa Heldi im Neckargenist, (0. cory- nodes, Anod. mut. var. swevica KoBELT, Pis. nitidum Jen. 1893. KrımMmEL, Prof. Dr. O.: Fauna Reutlingens in der Oberamts- beschreibung; Mollusken p. 88—93. Von den seit dem Jahre 1824 vom stat.-top. Bureau heraus- gegebenen Oberamtsbeschreibungen enthalten ausser den beiden schon genannten die nachfolgenden Notizen malakozoologischen Inhalts: Böblingen 1850, Stuttgart Amt 1851, Besigheim 1853, Stuttgart Stadt 1856, Laupheim 1856, Vaihingen 1856, Ludwigsburg 1859, Weinsberg 1862, Sulz 1863, Marbach 1866, Oberndorf 1868, Gmünd 1870, Maulbronn 1870, Backnang 1871, Neresheim 1872, Bracken- heim 1873, Tuttlingen 1879, Mergentheim 1880, Neckarsulm 1881 (Neritina fluviatilis, Unio pictorum) und Ehingen 1893. Leider erwecken manche Misstrauen in ihre Zuverlässigkeit (in einigen nur deutsche Namen, in den meisten die wissenschaftlichen ohne Autor, Mangel an Ordnung, nachweisbar falsche Angaben), dass wir uns genötigt sehen, ihre Angaben entweder zu übergehen oder Stellung gegen sie zu nehmen. Auch wo wir uns auf sie berufen, über- lassen wir ihren Autoren die Verantwortung. Weiterhin werden nachstehende Werke citiert werden, die sich mit den angrenzenden Gebieten beschäftigen oder direkte Angaben über württembergische Vorkommnisse machen: BAcHMANN, O.: Die Mollusken der Umgebung Landsbergs a. L., Pro- gramm der Ackerbauschule zu Landsberg a. L. pro 1883/84. Cvessin, S.: Deutsche Exkursionsmolluskenfauna,, 2. Auflage, Nürn- berg 1884. Derselbe: Die Molluskenfauna Österreich-Ungarns und der Schweiz, Nürnberg 1887. Derselbe: Studien über die deutschen Species des Genus Anodonta Cuv., Corr.-Bl. d. zool.-mineral. Vereins in Regensburg 1872 No. 6, 7. Derselbe: Über Missbildungen der Mollusken und ihrer Gehäuse, 22. Jahresber. d. naturf. Vereins in Augsburg. KoseEut, Dr. W.: Fauna der nassauischen Mollusken, Wiesbaden 1871. LeHmAnn, F. X.: Einführung in die Molluskenfauna d. Grossh. Baden, Karlsruhe 1884. v. Martens, Prof. Dr. E.: Die Weich- und Schaltiere, Leipzig und Prag 1883. Derselbe: Die lebenden Mollusken in den Kantonen Appenzell und St. Gallen, Jahresber. d. St. Gallischen naturw. Gesellschaft 1889/90. RossmÄssLer, E. A.: Iconographie der Land- und Süsswassermollusken, Dresden und Leipzig 1835—59, 3 Bände in 18 Heften, fort- gesetzt von Dr. W. Kozevr. In Heft II p. 14 Fig. 742 Uni consentaneus Zeu. (= ater Nıus.) nach einem Exemplar aus der Bottwar abgebildet. Neue Folge IV. Band p. 99 Fig. 715 Anodonta suevica KoBELT nach einem Exemplar aus der Aich bei Grözingen. NEN SEIBERT, H.: Massenhaftes Vorkommen der Dreissena polymorpha v. BEn. im Neckar bei Eberbach, Nachrichtsblatt d. deutsch. mal. Ges. 1869, p. 101 E STERKI, Dr. V.: Zwischen Jura und Schwarzwald, Nachrichtsblatt d. deutsch. mal. Ges. 1881. p. 33—42. Einleitung. Seitdem E. v. MARTENS seine Arbeit über die Molluskenfauna Württembergs in diesen Jahresheften niedergelegt hat, haben sich unsere Kenntnisse von der Verbreitung der einheimischen Weich- tiere stätig erweitert. Ein Blick in das vorausgestellte Litteratur- verzeichnis zeigt, welche Gebiete seither durchforscht worden sind. Durch die Arbeiten von Leypıc, WIEDERSHEIM, MILLER, FRIES und ins- besondere von WEmLAann schlossen sich die Lücken zwischen den früher bekannten Gebieten, und die Einführung neuer Arten war für die Sammler ein Sporn zu eifrigem Suchen, nachdem zugleich durch Cıessm’s Exkursionsfauna das Interesse für die Weichtiere in weitere Kreise getragen und auch dem Liebhaber es möglich gemacht war, sich leichter und selbständiger mit ihnen zu beschäftigen. Gleichzeitig mit dem litterarischen Zuwachs wurde die Samm- lung d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. (abgekürzt: V.-S.) von fleissigen Händen bereichert. Wir geben im folgenden ein Ver- zeichnis der thätigsten Sammler und ihrer Sammelgebiete in alpha- betischer Ordnung: S. Cressin: Blaubeuren, Schelklingen (Cochl. columna, Valv. depressa, Pis. intermedium). Dr. Fricker: Heilbronn. Apotheker PauL GMmELın: Rottenburg. Senatspräsident W. v. GmELIn: Stuttgart, Ravensburg (Daudebardia rufa, Hel. sericea, Cycl. elegans) und Zavel- stein. Dr. RunoLr GmeLm: Zwiefalten. Geyer: Neckarthailfingen, Lias, Albrand. Architekt Herpegen: Lauffen a. N. Revisor Jau- MANN: Eisenbach. Freiherr Dr. Rıcuarp Könıs-WArTHAUSEn: Wart- hausen (Cl. lineolata). Oberstudienrat Dr. F. v. Krauss: an verschie- denen Orten. Prof. Dr. O. KrımmeL: Reutlingen (Limax variegatus). Reallehrer Lörcuer: Heimsheim, Heilbronn, Schorndorf. Dr. Lup- wis: Creglingen. Freiherr v. Martzan in Berlin: Teinach. Lehrer Mancorp: Wiesensteig und einige Orte Oberschwabens. Dr. K. Miır- LER: Essendorf (Valv. alpestris, Byth. alta Cuess.). Kaufmann Her- MANN REICHERT: Nagold (Anspülungen der Waldach und Nagold). Graf G. v. ScHELER: an verschiedenen Orten. Dr. D. F. WeınLanp: Hohenwittlingen, Schönthal. San Dank der Thätigkeit genannter Forscher und Liebhaber können wir heute über einen ansehnlichen Teil unseres Landes blicken, der malakozoologisch durchforscht ist. Immerhin ist es aber nur ein Teil und nicht das ganze Land. Zu bedauern bleibt vor allem, dass wir über die Fauna des Ur- gebirgs und Buntsandsteins im Schwarzwald äusserst dürftig unter- richtet sind. Abgesehen von den Nagold- und Waldachanspülungen, die bei Nagold in ziemlichem Umfang gesammelt wurden, gelangten immer nur vereinzelte, von Touristen und Kurgästen erbeutete Funde an die V.-S., und eine Lokalfauna ist dem Schwarzwald noch nicht erstanden. Ebenso bedauerlich ist's, dass der südwestliche und zugleich höchste Teil der Alb, der Heuberg und die Hardt, bis heute terra incognita in malakozoologischer Hinsicht geblieben sind. Die‘ ge- legentliche Ausbeute, die von Sammlern am Rande der Hochfläche, bei Balingen (Cl. corynodes Herrn, Hel. villosa Drar.) und im Donau- thal (Pupa dolium Drar.) gemacht wurde, lässt eine interessante Molluskenwelt auf jenem Plateau vermuten, dessen Flora schon an subalpine Regionen erinnert. Das dritte nicht durchforschte Gebiet ist das des Keupers nörd- lich der Rems und der unteren Enz. Bezüglich des Keupers sind wir fast ausschliesslich auf die Beobachtungen in der Tübinger, Neckarthailfinger und Stuttgarter Umgebung, im wesentlichen also auf die Schönbuchsgruppe angewiesen, wo die Kalkbänke des unter- sten Lias vielfach den Keuper überlagern; aber gerade über die typischen Keuperhügelgruppen (Strom- und Heuchelberg, Löwen- steiner, Waldenburger, Limpurger Berge etc.) fehlen uns alle Mit- teilungen, die zu einer Vergleichung der Muschelkalk- und Keuper- fauna wünschenswert gewesen wären. Die bis heute durchforschten Gebiete stellen eine breite, das Land von Norden nach Süden durchziehende, zusammenhängende Zone dar, welche sich aus einzelnen, eingehend durchsuchten und gleichmässig verteilten Punkten zusammensetzt. Sie beginnt im Tauberthal mit Creglingen und Mergentheim, zieht sich über Schön- thal an der unteren Jagst nach Heilbronn und Lauffen an den Neckar, dem sie nun aufwärts über Ludwigsburg, Stuttgart, Cannstatt, Neckar- thailfingen, Tübingen und Rottenburg folgt. Vom oberen Neckar setzt sie sich im Lias zwischen Reutlingen und Göppingen nach Süden fort, schreitet über die Alb bei Urach-Hohenwittlingen, Wiesen- steig und Eybach nach Zwiefalten und erreicht das Donauthal, um ei PL sich nun über ganz Oberschwaben — Ulm, Warthausen, Saulgau, Ravensburg — bis ins Allgäu und an den Bodensee zu erstrecken. Neben dem Centrum des Landes, wo der Antrieb zur Durchforschung von der Landeshauptstadt und der Universitätsstadt ausging, erfreut sich Oberschwaben der sorgfältigsten und gleichmässigsten Durch- suchung. Selbst der isolierte Hohentwiel ist nicht vergessen. Westlich von dieser Zone liegen vereinzelte Angaben aus dem Schwarzwald, ferner von Balingen und dem Gäu bei Heimsheim und Böblingen, östlich von Schorndorf, Gmünd, Aalen-Wasseralfingen, Bopfingen und dem Brenzthal vor. Am wertvollsten sind für uns diejenigen Angaben, die sich auf lebend an Ort und Stelle gesammelte Exemplare stützen. Leider aber schlagen noch immer manche Conchyliensammler den bequem- sten Weg ein, um zu einer reichhaltigen Sammlung zu kommen, und bemächtigen sich der oft zu Millionen von hochgehenden Flüssen angeschwemmten, leeren, abgeriebenen und gebleichten Schalen. Wir verkennen keineswegs die Vorteile, welche uns die Anspülungen zur Erforschung der Molluskenfauna bieten; aber wir halten dafür, dass mit dem Einsammeln angespülter Schneckenhäuschen in der Erforschung eines Gebietes nur ein Anfang gemacht ist, von wel- chem noch ein weiter Weg zum Ziele führt. Selbst für die Er- mittelung des blossen Zahlenverhältnisses der Mollusken einer Thal- strecke geben die Anspülungen keine zuverlässige Grundlage. Die Erfahrung zeigt, dass die Hauptmasse des ausgeworfenen Materiales dem der Ausspülungsstelle zunächst gelegenen Teil der Thalsohle entnommen ist und dass Bewohner höher gelegener Orte, wie Heide- und Waldschnecken, auch wenn ihr Wohnplatz in nächster Nähe liegt, zwar nicht fehlen, aber zurücktreten. Sodann sind in An- spülungen sehr spärlich diejenigen Species vertreten, die eine grosse Schale oder eine weite Mündung besitzen, weil ihre Gehäuse sich rasch mit Wasser füllen und dann in den Fluten verschwinden und vom Gerölle zerrieben werden. Die leichten Vitrinenschalen sind beispielsweise auch im Geniste des Neckars nach einer Frühjahrs- überschwemmung, also zu einer Zeit, wo Hunderte leerer Schalen im Gebüsch des Thales liegen, äusserst selten, eben weil das weit- mündige Gehäuse sich alsobald mit Wasser füllt. Dasselbe Schicksal widerfährt den meisten Schalen der Wasserschnecken. Das Tier stirbt im Wasser, die leere Schale füllt sich mit Wasser oder Schlamm und wird von einer Hochflut nicht oder auf eine solch plumpe Weise transportiert, dass die meisten alsbald zertrümmert werden. Dass Ehen. 3. NORA selten lebende Schnecken im Genist verfrachtet werden, hat ebenfalls seinen Grund darin, dass sie schwerer sind als das Wasser. Anspülungen sind demnach nur zur Entscheidung der Frage von der Verbreitung der ihnen am leichtesten zum Opfer fallenden Species, der kleinen Thal- und Wiesenschnecken (H. pulchella, co- stata, hispida, Cochlicopa lubrica, Pupa muscorum, pygmaea, minu- tissima, Carychium minimum) in zuverlässiger Weise zu Grunde zu legen; sie beweisen aber nichts für diejenigen Arten, welche nicht so leicht von den Fluten erfasst und darum seltener ausgeworfen werden. Wenn in der Folge einzelne Arten als gemein im ganzen Lande bezeichnet werden, so haben sie dieses Prädikat vielfach ihrer Häufigkeit in Anschwemmungen zu verdanken; wir. sind aber überzeugt, dass noch manchen anderen dieselbe Verbreitung zukommt; sie ist uns aber zur Zeit nicht bekannt, weil die Flüsse uns die Be- weise nicht so bequem in die Hände gespielt haben. Obwohl in der Mehrzahl der Fälle angeschwemmte Mollusken- gehäuse keinen grossen Weg zurückgelegt haben, finden sich doch immerhin auch solche darunter, deren Heimat wir in entfernteren Regionen zu suchen haben und die wir darum nicht für die Zone der Fundstelle in Anspruch nehmen dürfen. Für unsere vorliegende Aufgabe sind von Wert die Anspülungen der oberschwäbischen Flüsse, der Albflüsschen der Donauseite und der Tauber, weil sich der Lauf dieser Gewässer nur in einer Zone bewegt. Auch der Auswurf der Jagst bei Schönthal stammt zweifellos nur aus dem Muschelkalk. Bedauerlicherweise sind aber die vielfach gesammelten Anschwem- mungen des Neckars, die bei Rottenburg, Neckarthailfingen und Cannstatt abgelagert wurden, nicht unverdächtige Zeugen, wenn man auch bei Rottenburg zunächst an den dort zu Ende gehenden Muschelkalk und bei Neckarthailfingen an den Keuper denken wollte. Aber die Alb und der Lias sind zu nahe, um nicht auch Beiträge geben zu können. Dasselbe ist der Fall bei den so reich in der V.-S. vertretenen Anspülungen der Nagold und Waldach, welche möglicherweise aus dem Buntsandstein und Muschelkalk zusammen- gesetzt sein können. Ziehen wir den Umstand noch in Rechnung, dass grosse, leicht in die Augen fallende Tiere dem Sammler eher in die Hände kom- men als kleine, die absichtlich gesucht sein wollen, so werden wir die Angaben über Häufigkeit oder Seltenheit auf ihren thatsäch- lichen Wert zurückzuführen wissen. So ist den Wassermollusken, ERS EN für welche eine besondere Fangausrüstung und schliesslich auch einige Erfahrung erforderlich ist, weit weniger Aufmerksamkeit ge- schenkt worden als den Landschnecken. Dass endlich den Nackt- schnecken weniger Beachtung als den beschalten zu teil wird, be- weist, dass bis heute noch die Conchyliologie mehr Liebhaber findet als die Malakozoologie. I. Die Verbreitung der Landmollusken im allgemeinen. Eine Verteilung der Mollusken unseres Landes nach Fluss- gebieten, wie es früher schon versucht wurde, hat wegen ihrer Ein- fachheit für den ersten Anblick etwas Bestechendes; allein bei näherem Eingehen finden wir, wie hierdurch geschlossene, von der Natur geschaffene Zonen zerrissen werden, in welchen eine unver- kennbare Einheit und Gleichartigkeit des Molluskenlebens zum Aus- druck kommt, während das von einem Flussgebiet nicht gesagt wer- den kann. Gerade die beiden malakozoologisch scharf charakterisier- ten Gebiete der Alb und Oberschwabens müssten folgerichtig je zwei Flussgebieten zugewiesen werden. Selbst bei Wassermollusken führt die Zuteilung zu einem bestimmten Flussgebiet zu keinem Resultat, da der Bewegungsgrad des Wassers weit mehr von Einfluss auf die Molluskenbevölkerung ist, als die geographische Zugehörigkeit eines Wasserbehälters. Zur Frage, von welchem Einfluss die Meereshöhe auf das Mol- luskenleben sei, lassen sich zur Zeit aus unserem Lande nur geringe Beiträge bringen. Wenn wir das Schema C. Kezer’s (Verbreitung der Tierwelt im Hochgebirge) auf unser Gebiet anwenden, fällt das- selbe in die Thal- (bis 650 m) und untere Waldregion (bis 1200 m)'; es liesse sich also schon ein kleiner Unterschied vermuten; allein gerade die höchsten Regionen des Schwarzwaldes sind, wie schon bemerkt, bis heute von den Malakozoologen ganz vernachlässigt worden, so dass uns von dem Punkt, wo der Frage am ehesten nahe getreten werden könnte, keine Beobachtungen vorliegen. Prof. Dr. Eimer (dies. Jahresh. 1879. p. 48 f.) nimmt zwar an, dass bei Arton empiricorum Fer. die Höhe über dem Meer eine Be- deutung für die Färbung des Tieres habe. Er traf nämlich in den höheren Lagen des Schwarzwaldes und der Alb nur ganz dunkle ! Schwarzgrat, höchster Punkt Württ. im Allgäu . . . . . 1118 m. Katzenkopf, höchster Punkt Württ. im Schwarzwald . . . 1151 m. Lemberg bei Gosheim, höchster Punkt Württ. auf der Alb . 1014 m. Ba NL Tiere, dagegen bei thalwärts gerichteter Wanderung immer hellere, je tiefer die Lage ihres Aufenthaltsortes war. Nach Sımror#’s! Unter- suchungen sind die bezeichneten Verhältnisse den Temperaturein- flüssen zuzuschreiben, die also durch die Meereshöhe herbeigeführt sein können. Wemrann (dies. Jahresh. 1876. p. 251) hält dafür, dass die Meeres- höhe in der Tiergeographie viel wichtiger sei als man gewöhnlich hervorhebe, und teilt die Mollusken seines Hohenwittlinger Sammel- gebietes in drei Gruppen: a) eine 34 Arten umfassende Gruppe leicht sich accommodieren- der, auf dem Gebirge und in der Ebene gleich heimischer Arten; b) eine verkümmerte Thalfauna mit 15 Species, die unten im Thal und in der Ebene häufig, auf dem Gebirge nur einzeln oder in kleineren Kolonien, öfters auch in kleinen Formen auftreten, so dass der Albrand auch den Rand ihres Verbreitungsbezirkes dar- stellt; und c) eine specifische Gebirgsfauna, zu welcher 22 Arten gehören, welche auf dem Gebirge ihre vollkommenste Entwickelung erreichen. Uns will scheinen, als ob Weimuann bei dieser Aufstellung die übrigen auf die Verbreitung einwirkenden Verhältnisse nicht genügend gewürdigt hätte. Die Meereshöhe ist nicht der einzige Faktor, der zur Heraus- bildung einer specifischen Gebirgsfauna und weiterhin bei der Ver- breitung der Arten im allgemeinen mitwirkt. Für die Verbreitung der Weichtiere unseres Landes kommen in erster Linie die geologischen Verhältnisse in Betracht. Zunächst ist es die chemische Zusammensetzung einer Formation, im beson- deren Fall der Gehalt an Kalk, welcher auf das Molluskenleben ge- staltend einwirkt. Der Kalk ist für die schalentragenden Mollusken Lebensbedürfnis; das Kalkgebirge wird daher von der grössten Arten- und Individuenzahl bewohnt, und er stattet die einzelnen mit der kräftigsten Schale aus. Gewisse Species, die sogen. kalkstäten Arten, halten sich konsequent an Kalkgebirge, andere haben hier ihre voll- kommenste Entwickelung und verkümmern an anderen Standorten mit der Abnahme des Kalkes (H. arbustorum L.). Doch würden wir das Molluskenleben einseitig beurteilen, wollten wir den Kalkreich- tum als die einzige Ursache der thatsächlichen Bevorzugung der ' Versuch einer Naturgeschichte d. deutsch. Nacktschnecken und ihrer euro- päischen Verwandten. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XLII. Band, 2. Heft 1885 (citiert nach Mönıe). “ Kalkgebirge durch Mollusken annehmen; denn auch in minder kalk- reichen Formationen ersteht eine verhältnismässig reiche Schaltier- fauna, wenn andere Bedingungen gegeben sind. „Wärme und Feuchtigkeit“, sagt E. v. Martens (d. Jahresh. 1855.p. 133), „sind für die Mollusken wesentliche Lebensbedingungen; ihre Abstufungen bilden die wichtigsten Einflüsse, welche die Aussen- welt auf Verbreitung und Begrenzung derselben ausübt. Jede Art verlangt zu ihrem Gedeihen ein bestimmtes Mass von beiden, welches zwischen ziemlich engen Grenzen eingeschlossen ist.“ Auch im engen Rahmen unserer Landesgrenzen lassen sich bestimmte Wärmeeinflüsse auf die Verbreitung der Mollusken nachweisen. Wir meinen neben den durch die Meereshöhe gegebenen im besonderen diejenigen, welche durch das physikalische Verhalten der Formationen und deren orographische Ausgestaltung bedingt sind. Kalkländer absorbieren mehr Wärme als Sandstein- oder Urgebirge; sie bieten für Trocken- heit und Wärme liebende Arten steile Abhänge und kühne Fels- wände den Sonnenstrahlen dar und lassen es daneben nicht an tiefen Schluchten fehlen, in welchen das rasch unter der Oberfläche ver- schwundene Regenwasser wieder ununterbrochen zu Tage kommt und die Umgebung mit dem Grade von Feuchtigkeit erfüllt, welcher für feuchtigkeitsliebende Mollusken Bedürfnis ist. Neben den eigent- lichen Kalkländern kommen in geringerem Masse auch dem Keuper diese Vorzüge zu gute. In auffallendem Gegensatz befindet sich daher der Molluskenreichtum der sonnigen Weinberghalden und der feuchten Schluchten zur Armut des Keuperwaldes. Zuletzt ist auch da ein Molluskenleben zu erwarten, wo ein fördernder Wärmeeinfluss nicht mehr angenommen werden kann und wo der Gehalt an Kalk ein ganz minimaler ist, wenn der Feuchtigkeitsgrad ein beständiger bleibt. Es werden aber dort sowohl kalkstäte als wärmeliebende Mollusken fehlen und nur diejenigen sich finden, welche feuchte und kühle Orte bewohnen (Schwarzwald). Selbst die Lagerungsverhältnisse der Kalkformationen und die Art und Weise ihrer Verwitterung bieten den Mollusken nicht zu unterschätzende und von ihnen ausgenützte Vorteile. An den steilen Felswänden sind zahllose durch die Schichtung und Verwitterung entstandene Ritzen und Spalten, in welche die Schnecken sich zu- rückziehen können, wenn die Wärme beginnen will durch Aus- trocknung schädigend auf sie zu wirken. Nach den Regen des Som- mers rinnt an den warmen Kalkwänden das Wasser ab, und die Schnecken geniessen dort noch die Vorteile einer feuchten Wärme, A a) wenn sie an anderen Orten längst sich vor der Trockenheit zurück- ziehen und ihre Lebensthätigkeiten unterbrechen mussten. Sogar in ihrem Inneren eröffnen die Kalkgebirge den Mollusken neue Wohn- orte. In den zahlreichen Spalten und Höhlen des weissen Jura und des Muschelkalkes sammelt sich das Wasser und bietet den kiemen- atmenden Vitrellen einen Aufenthaltsort, den sie in den massiv ge- schichteten Formationen nicht finden können. Endlich ist die Humusbildung und die Vegetation von Einfluss auf die Verbreitung der Mollusken. Mächtige Humuslager können als trennende Schichte zwischen den Kalk des Untergrundes und die Oberfläche treten, auf welcher die Mollusken ihr Leben zu führen haben. Mit der fortschreitenden Humusbildung wird den Tieren der Kalk stufenweise entzogen, sie verkümmern und sterben endlich ab. Üppiger Pfanzenwuchs ist aber, so lange er nicht durch Humus- bildung kalkentziehend thätig ist, nicht nur in Hinsicht auf die Be- quemlichkeit der Ernährung förderlich, sondern er bietet auch feuchte, vor den Extremen der Witterung schützende Decken im frischen Sommertrieb wie im toten Laub des Winters. Besonders bevorzugt sind von manchen Arten dichte Hecken, lichtes Weidengebüsch an Flussrändern, niedere Krautpflanzen (Nesseln); nicht beliebt ist, zu- meist aus Ernährungsrücksichten, der Nadelholzwald (harzreiche Tan- nen, Moose). Je nach der Zusammenwirkung aller oder einzelner Faktoren bilden sich Unterschiede in der Molluskenfauna des Landes aus welche in bestimmten Gebieten festgehalten werden, soweit diese denselben Verhältnissen unterworfen sind. Damit werden wir zur Aufstellung besonderer Verbreitungsbezirke unseres Landes geführt, die wir Regionen oder Zonen nennen wollen. In „Das Königreich Württemberg 1882“ werden von Krauss nach anderen Vorgängen 4 Gebiete (Schwarzwald, Unterland, Alb, Oberschwaben) für die Mollusken eingehalten, zugleich aber auch die 6 folgenden für die Landschnecken empfohlen, die wir unserer Arbeit zu Grunde legen. Mehr jedoch, als es dort vielleicht be- absichtigt ist, halten wir uns an geognostische Grenzen. 1. Der Schwarzwald, das Gebiet des Urgebirges und bunten ı E. v. Martens stellt (dies. Jahresh. 1865) 5 Gebiete auf, wobei er Lias und Keuper zusammenwirft. Sie hätten vielleicht für uns auch genügt, solange diesen beiden Gebieten die wenigste Beachtung zu teil wird; jedoch hat uns die Rücksicht auf die Zukunft bestimmt, an der von Krauss vorgeschlagenen Sechs- teilung festzuhalten. Be Me Sandsteins, umfasst die höchsten Punkte des Landes. Er ist kalk- arm, kühl, mit den reichsten atmosphärischen Niederschlägen im Lande. Der feuchte Boden, von welchem durchs ganze Jahr ‘das Tannendach die erwärmenden Sonnenstrahlen abhält, ist mit einer dichten Moosdecke überzogen. Mit Ausschluss aller zu vermutenden Species sind 41 Arten aus dem wenig durchforschten Gebiet nach- gewiesen. Es ist aber sicherlich nicht auf Rechnung des Zufalls zu setzen, dass von dieser Zone Nacktschnecken, Vitrinen, Hyalinen und Succineen am vollständigsten genannt werden. Es sind das nicht bloss Arten, welche weniger Kalk bedürfen, weil sie entweder gar keine oder nur eine dünne Schale besitzen, sondern welche auch kühle und feuchte Standorte lieben. Auch unter den Helices sind vorwiegend feuchtigkeitsliebende Arten vertreten. 2. Das Nordland, das Gebiet des Muschelkalkes und der Letten- kohle, vom Neckarursprung an in nördlicher Richtung zuerst als schmaler Streifen das Land durchziehend, im Norden sich zu einer ausgedehnten Ebene erweiternd, mit tief eingeschnittenen Thälern und steilen Thalwänden, die tiefsten und mildesten Gegenden des Landes einschliessend, ein Kalkland mit grösster Abwechselung in der Bepflanzung. Seine Fauna schliesst sich am nächsten derjenigen der Alb an und erfreute sich sorgfältiger Beobachtung; 80 Arten bekannt; Kalk, Wärme und Trockenheit liebende Arten treten in stär- kerer Entwickelung auf (Pupa secale Drar., avenacea Bruc., Cl. par- vula Stun., Patula rupestris Drar., Hel. strigella Drar.) und die Vitrellen haben hier ein zweites Verbreitungsgebiet. Nur aus dem Muschelkalk kennen wir Pupa Küsteriana WesTRL. 3. Das Hügelland, das Gebiet des Keupers, im südlichen Teile eingehend durchforscht, im nördlichen ziemlich unbekannt. Die 72 bis jetzt bekannten Arten beweisen, dass der Kalkgehalt für die Entwickelung schalentragender Mollusken ausreicht; aber die physi- kalischen Vorzüge des Kalkgebirges kommen ihm in weit geringerem Grade zu. Wo auf sandigem Boden Nadelholz vorherrscht, wieder- holen sich die Verhältnisse des Schwarzwaldes im kleinen, insofern die Artenzahl abnimmt und gerne verkümmerte (kleine, dünnbeschalte) Formen auftreten. In den zahlreichen, feuchten Schluchten und an den sonnigen Weinberghalden dagegen herrscht ein ziemlich reiches Leben. Als dem Keuper eigentümlich kennen wir keine Art; Hel. nemoralis L. scheint ihn jedoch zu bevorzugen. 4. Der Fuss der Alb, das Albvorland, das Gebiet des Lias und des braunen Jura, in jeglicher Hinsicht die unselbständigste Zone. Bailey > 0 ler Das schmale, am Fuss der Alb hinziehende Band hat geringe Aus- dehnung, wird in seinen nordöstlichen Teilen als Decke von den Keuperhöhen getragen und steht hydrographisch ganz unter dem Einfluss der Alb. Die Zone ist wie der Keuper negativ durch das Fehlen, bezw. sparsame Auftreten kalkstäter Arten gekennzeichnet und beherbergt wie dieser im Gegensatz zur Alb mehr die feuchtig- keitsliebenden Thalbewohner (Cl. lineolata Hrın, ventricosa Drar. u. a.). Der Kalk, der insbesondere auch in der Verwitterungsschichte zugänglich ist, lässt kräftig beschalte Individuen und selten ver- kümmerte Formen erstehen. Im Ufergebüsch der Flüsschen ist das reichste Leben. Dass vom Lias weniger als vom Keuper — nur 62 Arten — nachgewiesen sind, hat lediglich seine Ursache in dem Umstand, dass ihm von wenigen Sammlern besondere Rücksicht ge- schenkt wurde. 5. Die Alb, das Gebiet des weissen Jura, ein gegen die Lias- treppe jäh abgebrochenes und gegen die Donau sich langsam senken- des Kalkplateau mit allen für die Mollusken in Betracht kommenden Vorzügen: Kalkreichtum, leicht erwärmtes Gestein, sonnenbestrahlte Felsen mit leicht erreichbaren Schlupfwinkeln, sonnige und schattige Abhänge, tiefe, immer feucht erhaltene Schluchten mit üppigem Pflanzenwuchs, nasse Höhlen (Vitrellen), am Steilrand „eine mehr als mittlere Regenhöhe“ (Königr. Württ. 1882. I. Bd. p. 214), mit Kalk im reichsten Masse durchsetzter Humus, Laubholzwaldungen, welche im Frühjahr die Sonne auf den Boden dringen lassen. Der Nordrand und die Mitte der Hochfläche gehören zu den bestbekannten Gebieten. An Reichtum der Arten und Individuen steht die Alb oben an; wir zählen 83 Arten für dieselbe. Der Feuchtigkeitsgrad scheidet zwischen einer Thal- und einer Gebirgsfauna; der Nord- abfall und die allmählich zur Hochfläche sich erhebenden Wände der tief in den Albkörper eindringenden Thäler vermitteln zwischen beiden, weshalb wir auch nicht wie Wemtann nur die Fauna der Hochfläche als Albfauna auffassen, sondern zu ihr auch die Thal- bewohner rechnen, die unter denselben geognostischen Verhältnissen leben. Weıntanv’s verkümmerte Thalfauna (dies. Jahresh. 1876. p. 348) setzt sich hauptsächlich aus feuchtigkeitsliebenden Arten zusammen. Wir kennen 10 Arten derselben (im ganzen bei Wemrann 15) auch vom Schwarzwald. Charakteristisch für die Alb ist der Reichtum an Clausilien, die (mit Ausnahme der fremden Brauniü CHArP.) sie sämtlich bewohnen (vergl. die Schlussbemerkung bei den Olausilien). Ihr eigentümlich ist Pupa dolium Bruc. und Cl. corynodes HrL» und RR RE nahezu auf sie beschränkt filograna ZeuL. Daneben sind die kalk- stäten Pupen und Patula rupestris Drar. volkreich entwickelt. Im allgemeinen kennzeichnen sich die Schnecken der Hochfläche durch feste Schale und gedrungene Gestalt (vergl. die eingestreuten Be- merkungen bei den einzelnen Arten). 6. Oberschwaben, das Tertiär- und Moränegebiet: kalkreicher Untergrund vom Schutt der Alpen überlagert, meist nur geringe, trockene Höhen; die Tiefen feucht und da, wo Thonschichten den reichlichen Regen aufhalten, mit ausgedehnten Torfgründen und zahl- reichen Seen bedeckt, auf sandigem Boden Nadelholzwald, gut durch- forscht, 76 Arten. Die ganze Zone ist ein Teil der den Alpen vor- gelagerten Hochebene. Nicht nur die diluvialen Bildungen, auch die Molluskenfauna weist auf den Zusammenhang mit den Alpen hin, welchen freilich in der Jetztzeit der Einfluss auf unsere Zone abgeschnitten ist. Nur in den südöstlichen Winkel reicht der Nord- abfall des Gebirges noch herein, und längs der Ostgrenze stellt die Iller Beziehungen zu den Alpen her, die in der Verpflanzung der H. villosa Drar. bis hinab in die Donau-Auen ihren Ausdruck ge- funden haben. Auf Oberschwaben beschränkt sind bis heute Daude- bardia rufa FEr., Hel. unidentata Drar., umbrosa Partsch; zu ver- muten ist Ayal. Draparnaldii Beck; charakteristisch ist ferner das stärkere Auftreten von H. sericea Drar., das Zusammenleben von Cl. cana Hei und plicata Drar. mit biplicata Mre., das Zurück- weichen Wärme und Trockenheit liebender Arten, wie der H. stri- gella Drar., der Xerophilen, des Bul. detritus MürL. und der Pupa frumentum Drar. Die Verteilung der Weichtiere durch geognostische, klimatische und Bodenverhältnisse wird in einzelnen Fällen von anderen äusseren Vorgängen durchkreuzt. Flüsse, Tiere und der Mensch verschleppen gelegentlich eine Art in eine fremde Umgebung. Auf die Iller wurde in dieser Beziehung schon hingewiesen. Auch die obere Donau mag zur Verbreitung der H. villosa Drar. in ihrem Thal beigetragen haben, und wahrscheinlich ist der Neckar die Ursache, dass Patula ruderata Stup. nur in seinem Thal verbreitet ist. Von einer Verschleppung durch Vögel sind uns 3 Beobachtungen bekannt geworden, wobei es übrigens zu einem Erfolg nicht kam: WemtAnn (dies. Jahresh. 1876. p. 302) fand im Kropf zweier jungen Tauben, die noch von den alten gefüttert wurden, 12 Schnecken, von welchen eine — Hel. costulata Zeu. (striata Mürr.) — „noch ganz munter“ lebte, obgleich mitgefressene Erbsen schon sehr an- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 6 Bea geschwollen waren. Am 6. März 1875 wurde bei Waldsee eine Anas tatorna L. geschossen, in deren Magen sich Hydrobia stagnalis BASTER, die an den Küsten der Nordsee zu Hause ist, in grosser Anzahl be- fand. Im Mulm der Mauern der Ruine Hohenurach fand Verfasser etliche nicht erwachsene, leere Schalen einer Limnaea, die schwer- lich anders als im Verdauungskanal eines Wasservogels dorthin ge- kommen waren. Wenn solche Dinge, vielleicht in Anspülungen, in die Hände eines Sammlers kommen, können sie leicht zu falschen Schlüssen Veranlassung geben. Der Mensch trägt durch Bahnbau (vergl. Hel. candidula Stu».), Kulturgewächse und die neuestens in Aufnahme gekommene künstliche Fischzucht zur Verbreitung der Mollusken bei. So wurde Ol. Braunii CHarr. mit Reben aus Italien an den Kriegsberg bei Stuttgart ver- schleppt, und Hyal. Draparnaldır Beck gelangte in Stuttgarter Ge- wächshäuser'. Mit Fischen kam Anodonta mutabilis Cı., die im Jugendzustand auf ihnen schmarotzt, nach den eigenen Beobachtungen des Verfassers in einen gänzlich isolierten, neu angelegten Teich bei Grözingen (Nürtingen), wo sie durch mehrere Jahre hindurch prächtig gedieh, mit den Fischen aber wieder verschwand. | Der Grundstock unserer einheimischen Molluskenbevölkerung gehört zur Fauna der waldreichen nördlichen (borealen) Zone, in welcher unter den Landschnecken die braungefärbten Formen des feuchten Bodens und niedriger Gebüsche, unter den Süsswasser- bewohnern die des stehenden Wassers vorherrschen (vergl. E. v. Mar- TENS, Weich- und Schaltiere. p. 224 f.); aber es treten hier im Süden immer mehr neue, den südeuropäischen verwandte, weiss oder bunt gefärbte, dem steinigen Boden, den Bäumen und trockenen Ge- hängen angehörige Arten hinzu. Ungefähr zwei Dritteile unserer Arten sind über den grössten Teil Europas verbreitet, manche sind sogar circumpolar, da’ sie sich auch im nördlichen Asien und in Nord- amerika finden. Ein Drittel hat ein beschränktes Verbreitungsgebiet. Zu den alpinen Arten, deren Verbreitungscentrum in den Alpen liegt, zählen wir (mit Benützung von Cruessm, Deutsche Exk.-Moll.- Fauna zusammengestellt): Vitrina elongata, Helix unidentata, eden- ı Es fällt uns bei einigen Arten mit zusammenhängendem Verbreitungs- gebiet‘ (z. B. H. villosa, candicans) auf, dass sie um Stuttgart isoliert vorkommen sollen. Wenn wir auch in Berechnung ziehen, dass dort mehr als sonstwo ge- sammelt wurde, neigen wir uns doch zu der Ansicht, dass hier, wo der Garten- und Weinbau am ausgedehntesten betrieben wird, eine Einschleppung durch Kulturgewächse noch bei weiteren Arten im Spiele ist. MAN re tula, umbrosa, villosa, Pupa dolium, Ol. corynodes, Limnaea tumida, mucronata, Planorbis deformis, Bythinella alta Cıess., Valwata al- pestris und die Pisidien der Tiefenfauna. Von Vitrina brevis, Buliminus detritus, Pupa frumentum, ave- nacea, secale, Ol. Braunii liegt der Hauptverbreitungsbezirk am Süd- fusse der Alpen. Unter dem mildernden Einfluss des Oceans erstreckt sich das Verbreitungsgebiet mehrerer zur Mittelmeerfauna zählenden Arten durch Westfrankreich bis nach England und Dänemark; ein- zelne, wie Hel. carthusiana MüLL., Bul. quadridens MüLL., Cyclo- stomus elegans MürL., Pomatias septemspiralis Raz. reichen noch ins milde Rheinthal, sind aber dort an der Grenze ihrer Verbreitung angekommen und dehnen sich nicht mehr nach Württemberg aus, Aus ihrem nördlichen Verbreitungsmittelpunkt erstrecken sich zu uns Patula ruderata (Schweden-Norwegen), Hel, tenuilabris (nörd- liches Russland) und anscheinend auch Hel. rubiginosa und Pisi- dium obtusale. Mehr dem Osten gehören an Hel. candicans, Cl. cana und ‚flograna. Endlich haben wir noch einige unserem Gebiet eigentümliche Arten, nämlich die Vitrellen, Pupa Küsteriana und einige lokale Varietäten. Da Württemberg grossenteils Bergland ist, sind hier die Land- schnecken an Arten und Individuen zahlreicher als die Wasser- mollusken, welche in Flach- und Tiefländern überwiegen. Wir stellen zusammen: Land- Wasser- mollusken mollusken Verhältnis Umgegend von Bremen! . . 48 51 100 : 106 Mark Brandenburg! . . . . 58 66 100 : 114 Harz! cn a ee 58 25 100: 43 Baden?) ar .ge 2 257002 51 100 : 50 ‚Württemberg: ‚ 11% SUSAAGAa IEUF en 96 62 100 : 65 nrol® 2... N) a Mikes re 148 63 100: 42 Deutschland > na m en 212 116 100: 43 Paläärktisches Reich! . . . 2000 779 100 :..,39 Die Belege für die folgenden Verbreitungsangaben liegen — soweit wir nicht aus der Litteratur schöpfen — zum weitaus grössten ! Dr. W. Kobelt, eitiert nach E. v. Martens, Weich- und Schal- tiere. p. 223, 2 Nach Lehmann, Einführung ete. ® Nach Clessin, Deutsche Exk.-Moll.-Fauna. aus Teile in der Vereinssammlung', zum kleineren in der des Verfassers. Wenige Angaben — wir heben sie einzeln im Text hervor — ver- danken wir den Einsendungen und schriftlichen Mitteilungen unserer Tauschfreunde. Bei manchen leicht erreichbaren Arten verfügen wir nahezu über ein halbes Hundert Fundortsangaben. Wir fassen jedoch die Angaben unter den Zonen summarisch zusammen und geben nur bei minder häufiger Verbreitung oder da, wo wir frühere Angaben ergänzen oder uns im Gegensatz zu denselben befinden, eine nament- liche Aufzählung der Fundorte in der Hoffnung, damit die Übersicht über die heute bekannte Verbreitung der Arten zu erleichtern. Mehrere Species blicken auf eine lehrreiche Geschichte zurück ; wir konnten’s uns nicht versagen, einige Beispiele zu skizzieren, ver- zichteten aber mit Rücksicht auf den Zweck dieser Arbeit darauf, es immer zu thun. In der Fassung der Arten und Varietäten, sowie in der ganzen äusseren Anordnung schliessen wir uns völlig an Cressm an. Wenn wir, die systematische Aufzählung verlassend, zwischen Land- und Wassermollusken unterscheiden, geschieht das nur mit Rücksicht auf den Zweck unserer Arbeit, welche in erster Linie eine Darstel- lung von der Verbreitung der Arten zu geben versucht, wie dieselbe uns heute bekannt ist. Die neuen Gruppennamen haben wir nur beim Genus Helix angewandt, um die Übersicht über die umfangreichste Gattung zu erleichtern. Sonst haben wir, eben wieder mit Rücksicht auf die Übersichtlichkeit, auf ihre Anwendung verzichtet. Soweit die Beziehungen zur Litteratur es erfordern, fügen wir Synonymen ein. Il. Die Verbreitung der Landmollusken im einzelnen. Daudebardia Harrmann. D. rufa Für., von E. v. Martens mit Bestimmtheit erwartet (dies. Jahresh. 1865. p. 193), von W. v. GmeLm im März 1882 in den Anspülungen der Argen zwischen Oberdorf und Langenargen wirklich gefunden ; in der Bodenseegegend weiter verbreitet (Über- ! Nicht in der V.-8. liegen: Amalia gracilis, Pupa Heldi, Küsteriana, Limnaea mucronata, Vitrella Clessini, Krausü und die Pisidien der Tiefen- fauna. NEN. lingen, Stein, Constanz, Steinach, Bregenz), in Deutschland ver- einzelt. D. brevipes Für. von MARTENS auch erwartet, noch nicht gefunden. Amalia! Moauın-Tanvon. ‘1. Am. marginata Drar. (Limax carinatus Leach bei LEypie, WeEINLAnD und KrınMer). Muschelkalk : Schönthal, Rothenburg a. T. Keuper: Stuttgart, Tübingen. Alb: Achalm, Hohenneuffen, Hohenwittlingen. 2. Am. gracilis Lervvıe, von ihrem Autor auf dem Schloss- Spitz- und Steinberg bei Tübingen und ausserdem im botanischen Garten bei Würzburg gefunden (Leyvis, Hautdecke etc. p. 68), neuer- dings auch von Budapest und Hermannstadt bekannt geworden. Limax Mütter. 1. L. laevis (L. brunneus Drar. bei Levpıs, WEINLAND und KriımmeEr). Schwarzwald: „auf höher gelegenen Stellen“ (LEeumann p. 37), im württembergischen Anteil nicht beobachtet. Muschelkalk: Schön- thal, am Böckinger See. Keuper: Tübingen, Entringer Thälchen, Neckarthailfingen, Feuerbacher Heide, Schorndorf. Lias: Reutlingen. Alb: Hohenwittlingen. Oberschwaben: Saulgau, Warthausen. Nach den genannten Fundorten darf auf eine ziemlich all- gemeine Verbreitung der als selten bezeichneten Art geschlossen werden. 2. L. agrestis L., nach 26 vorliegenden Fundorten und allen sonstigen Angaben gemein im ganzen Lande. 3. L. maximus L. Unter diesem Namen fasst CLessım nach SImRoTH’s Vorgang neuerdings 3 seither selbständig aufgeführte Arten zusammen, zwischen welchen gar kein anatomischer Unterschied und nur ein solcher der Farbe besteht. Es sind das: L. cinereo-niger WoLr, unsere grösste Nacktschnecke, aus allen Gebieten von mehreren Punkten angegeben. L. cinereus Lister. Schwarzwald: Wildbad, Bulbach. Muschel- ! Die stiefmütterliche Behandlung, die den Nacktschnecken von seiten der Faunisten bis heute zu teil geworden ist, zieht sich leider auch in diese Arbeit herein. Wir selbst haben uns mit den schalenlosen Schnecken wenig beschäftigt und hätten sie im Gefühl eigener Unzulänglichkeit in dieser Frage am liebsten übergangen, ‘wenn nicht die Rücksicht auf die Vollständigkeit des Verzeich- nisses uns veranlasst hätte, die einmal geöffneten Quellen zu benützen, um wenig- stens die Fundorte zusammenzustellen. BEIN kalk: Heilbronn, Jagstfeld, Mergentheim (OA.-Beschr.). Keuper: Stuttgart, Tübingen. L. montanus Lexvis (— unicolor Hryn.). Tübingen und Schön- buch, von Leyoıc beobachtet. 4. L. tenellus Nırs. (L. cinctus MürL. — L. cereus Hrın bei Leypis). Muschelkalk : Creglingen, Rothenburg a. T. Keuper: Stuttgart, Tübingen und Bebenhausen. Oberschwaben: Schussenried, Saulgau, Warthausen und Langenargen. 5. L. variegatus Drar., erstmals 1883 von KrımmeL in Reut- lingen beobachtet, seitdem von Stuttgart, Heilbronn und Öhringen nachgewiesen; an allen Orten in Kellern. 6. L. arborum BovcHe-Cantrame (L. marginatus Mürr. bei Levyois). Schwarzwald: nicht im württembergischen, aber im badischen Anteil bei Oppenau (Lenmann p. 36). Muschelkalk: Schönthal, Creg- lingen, Taubergrund bei Rothenburg. Keuper: Bopser bei Stuttgart, Tübingen, Esslingen, Backnang (OA.-Beschr.) als sylvaticus. Lias: Reutlingen. Alb: Hohenwittlingen (die Exemplare der V.-S. von dort sind nach einer Notiz im Katalog junge L. cinereus Lister), Hohen- neuffen, Lichtenstein, Neresheim (OA.-Beschr.). Oberschwaben: Hohen- twiel, 5 Orte im Oberamt Saulgau. var. tigrina Weist. : Kniebis, Wildbad, Liebenzell, Stuttgart, Hohen- wittlingen. var. flava Weit. Hohenwittlingen. Vitrina DrarArnaAuD. Da die Vitrinen nur mit dem Eintritt der feuchten und kühlen Witterung des Spätherbstes an die Oberfläche kommen und während der Wintermonate ihre Entwickelung abschliessen, auch selten in Anschwemmungen abgesetzt werden (s. p. 73), kommen sie dem Sammler weniger zu Gesicht als andere Schnecken. Wir sind da- her bei der Beurteilung ihrer Verbreitung auf eine kleine Zahl von Angaben angewiesen. 1. V. pellucida Mürr. (= beryllina Prrirr.) und 2. V. diaphana Drar. dürften auch auf Buntsandstein zu Hause sein. Sicher ist es indessen nur von diaphana, die Verfasser an der Calwer Steige bei Neu-Bulach antraf, während wir pellucida nur aus den Anspülungen der Nagold kennen. Vom Muschelkalk werden beide sparsam genannt (pellueida: Schönthal, Mergentheim ; AN diaphana: Klein-Ingersheim); wir glauben, dass diaphana, die in den Alpen bis zu 2000 m Höhe aufsteigt, die warme Muschelkalk- ebene nicht liebt. Vom Keuper bis zum Tertiär treffen wir beide Arten gerne zusammen; jedoch scheint an einem und demselben Fundort immer eine Art zu überwiegen. 3. V. brevis F£r. und 4. V. elongata Drar. werden in den früheren Verzeichnissen nicht auseinandergehalten. V. elongata Drar. ist vielfach und zwar nur aus dem Unterland genannt, brevis dagegen gar nicht. E. v. Mar- TENS sagt (dies. Jahresh. 1865. p. 188): „V. elongata Drar. stimmt überein mit Av. Schmipr’s V. brevis von Heidelberg. Ich kann mich aber nicht davon überzeugen, dass es nicht Drararnaup’s elongata sei.” Auch Wemtann (dies. Jahresh. 1876. p. 348) scheint einen Unterschied beider Arten nicht angenommen zu haben, obwohl er der erste war, der die echte elongata vor sich hatte, da er elongata Drar. unter die verkümmerte Thalfauna aufnimmt, die am Albrand die Grenze ihrer Verbreitung erreiche. Erst in „Das Königreich Württemberg 1882“ sind beide Arten nebeneinander genannt, nach- dem, vermutlich durch Cuessin’s Einfluss, ihre Verschiedenheit er- kannt war. V. elongata Drar. ist jedenfalls die seltenste schwäbische Glas- schnecke. Wir kennen sie nur von Ravensburg, Hohenwittlingen und Urach. Die bei Rottenburg angespülten Exemplare stammen sicherlich auch von der Alb. An allen Punkten wurden nur wenige Stücke erbeutet. Als alpine Schnecke scheint sie bei uns nur ge- ringe Verbreitung zu haben. V. brevis setzt mit ihrer Verbreitung da ein, wo elongata ab- schliesst, bei Rottenburg', ist aber zahlreicher als jene aus dem Keuper von Stuttgart und dem Muschelkalk bei Ludwigsburg und Heilbronn in die V.-S. gekommen und lange Zeit als elongata an- gesehen worden. Nach mündlicher Mitteilung sammelte sie Herr Dr. VosseLer auch im Torfmoos am Wildsee (Schwarzwald). Ihre Verbreitung im südwestlichen Deutschland steht ausser Verbindung mit ihrem Hauptverbreitungsbezirk am Südfuss der Alpen. V. Draparnaldii Cuv. vermutet WEINLAND (dies. Jahresh. 1876. p. 265) bei Seeburg gefunden zu haben. Vielleicht könnten seine Funde auf V. elliptica Br. sich beziehen, die nach Cuessın auf Kalksteinformationen lebt. ! Auch Leydig's einziges Exemplar der elongata dürfte — vor dem Jahre 1867 gesehen — zu brevis gehören. RN Hyalina Fürussac. (Helix.) 1. H. cellaria Mürr. und 2. H. nitens Mıcn. sind gleichmässig über alle Gebiete ver- breitet, im Schwarzwald cellaria bei Liebenzell, Zavelstein und Neuenbürg, nitens bei Neuenbürg und Neu-Bulach. Die gewöhn- lichste Art ist nitens, während cellaria immer vereinzelt angetroffen wird. 3. H. Draparnaldii Beck soll nach „Das Königreich Württem- berg 1882“ bei Ochsenhausen ' vorkommen; in der V.-S. ist sie jedoch nur aus Stuttgarter Gewächshäusern, erstmals von Dr. STEUDEL 1880 eingesandt. H. nitidula Drar., eine viel angefochtene Art, wird von WEIN- rAnD von Hohenwittlingen und Schönthal aufgezählt. Nach Cuessın ist diese Art aber auf Norddeutschland beschränkt und erreicht nur die Maingrenze. Im Katalog der V.-S. befindet sich auch die Bemerkung, dass nach Cuexssin’s Entscheidung die von WEINLAND eingesandten mit mitidula bezeichneten Exemplare junge nitens seien. Wir müssen demnach mit der Aufnahme dieser Art zuwarten, bis unanfechtbare Exemplare aus Württemberg vorgelegt werden. 4. H. pura Aıper, eine Seltenheit wie die folgende Art. Schwarzwald: Ziegelbachthal bei Neu-Bulach (angespült), ausser- dem im Nagoldthal angeschwemmt. Muschelkalk: Schönthal; Alb: Urach, Hohenwittlingen; Oberschwaben: Argenanspülungen. 5. H. radiatula AıLper (— striaiula Gray — hammonis STRröN.). Schwarzwald: Teinach, von der Waldach angespült; Alb: Hohen- wittlingen (nicht selten); Oberschwaben: Saulgau, Warthausen, in den Ruinen des Schlosses Montfort bei Langenargen, Schussen- und Argenanschwemmungen. H. petronella Cuare. var. jaccetanica Ber. zählt DEGENFELD (Nach- richtsblatt 1880. p. 13) von Eybach auf. Er meint damit aus- drücklich die von Cuessin zu radiatula gestellte Varietät petronella Charr. Da letztere aber grünlich-glashelle Gehäuse besitzen soll und die DEGENnFELD’schen sämtlich dunkel gefärbt waren — rein weisse seien ihm nie vorgekommen — ist nicht zu erkennen, was DEGENFELD unter seiner petronella gemeint hat. 6. H. cerystallina Mürr., durch Anspülungen aus allen Zonen bekannt geworden, im Geniste gewöhnlich und häufig; im Schwarz- wald: Teinach, Neu-Bulach (von Lehrer Hrrmann gesammelt). 7. H. diaphana Srw. (— hyalina Fer., — contorta Heı») soll ! Über die Möglichkeit ihres Vorkommens in Oberschwaben s. dies. Jahresh. 1893. p. 128 £. LAS ae nach E. v. Martens (dies. Jahresh. 1865. p. 188) in den Anspülungen der Nagold gesammelt worden sein, bei Nagold wurde sie jedoch von REICHERT nicht erbeutet. Aus dem Muschelkalk führt sie WEım- LAnD (dies. Jahresh. 1883. p. 115) als „einzeln im Jagstgeniste“ auf. Bei Reutlingen, Gmünd und im Geniste des Neckars ist sie sehr selten (1893 konnte in grossen Massen des Genistes, das viele Vitrellen brachte, nicht ein einziges Stück gefunden werden) und spärlich in denen der Elsach, woraus wir schliessen, dass die Stücke des Neckargenistes nicht aus dem Terrassenland sondern von der Alb kommen. Alb: Hohenwittlingen, Zwiefalten; Oberschwaben: Schussen- und Argengeniste. 8. H. fulva Mürr., wie die beiden vorhergehenden Arten zu- meist nur aus Anspülungen bekannt, in welchen sie immer, aber nicht gerade häufig anzutreffen ist. Schwarzwald: Ziegelbachschlucht bei Neu-Bulach, ausserdem im Nagold- und Waldachgeniste; Muschel- kalk?: Rottenburg, Mergentheim (OA.-Beschr.); Keuper: Tübingen; Lias: Reutlingen; Alb: Urach, Hohenwittlingen, selten ; Oberschwaben: Saulgau, Warthausen und Argenanspülungen. Von den 8 Arten des Genus Hyalina bewohnen 6 den Schwarz- wald, ein Prozentsatz, den sonst kein Genus erreicht. Zonitoides Lermann. (Helix, Hyalina.) Z. nitida Mürr. (— lucida Drar.) ist, da sie Verfasser auch von Lehrer Herrmann in Neu-Bulach aus der dortigen Ziegelbach- schlucht erhalten hat, nun aus allen Gebieten nachgewiesen. Arion Ferussac. 1. Ar. empiricorum Fer., im ganzen Lande verbreitet; im Schwarzwald häufig schwarz mit rotem Saum, aber auch hellrot (Leyvıis und E. v. Martens), auf der Alb im schönsten Rotgelb (Leyvis). Die Farbenabänderungen wurden lange Zeit als selbständige Arten aufgefasst und selbst Jugendzustände als Species beschrieben. Es fallen daher unter empiricorum FEr.: Ar. rufus L., die roten Tiere. Ar. ater L., schwarzbraune oder schwarze Tiere. Ar. melanocephalus F. Bıc. (Weimtanp, dies. Jahresh. 1876. p. 274), junge Tiere mit schwarzem Kopf und Fühlern. Ar. tenellus MütL., junge, farblose oder weisslichgrüne Tiere, welche mit zunehmendem Alter die Farbe der erwachsenen Tiere BR annehmen; von Leypıc in der Fauna Tübingens als selbständige Art behandelt, in „Hautdecke etc.“ (p. 64 f.) berichtigt. 2. Ar. subfuscus Drar. (= fuscus MürL. bei WEmLAnD). Schwarzwald: Kniebis, Wildbad. Muschelkalk: Sulz, Weilim- dorf, Schönthal, Creglingen. Keuper: Tübingen, Kresbach, im Schön- buch, Stuttgart. Lias: Metzingen, Reutlingen, Unterhausen. Alb: Hohenwittlingen, Nellingen. Oberschwaben: Saulgau, Warthausen. Ar. Bourguignati MABILLE könnte nach Mönıs sich auch in Württem- berg finden; er vermutet sogar, WEINLAND (dies. Jahresh. 1876. p: 276 ff.) habe unter seinen jungen A. hortensis die fragliche Art vor sich gehabt. | 3. Ar. hortensis Für. Schwarzwald: Wildbad. Muschelkalk: Schönthal. Keuper: Stuttgart, Tübingen. Lias: Reutlingen, Aalen. Alb: Hohenwittlingen. Oberschwaben: Saulgau, Warthausen. Patula Her». (Helix.) 1. P. rotundata Mürr., allerorts, auch im Schwarzwald gemein. 2. P. ruderata Stun. gehört nach Cuessıv dem Norden und den höheren Gebirgen an und ist sonst auf isolierte Fundorte be- schränkt. Aus Nassau, Baden, Südbayern wird sie nicht genannt; in Württemberg ist sie vom Neckarthal von Rottenburg an abwärts (Tübingen, Neckarthailfingen, Cannstatt, Ludwigsburg) bis Heilbronn nachgewiesen. Sie lebt nicht wie rotundata unter Steinen sondern am Fusse und in den Rissen alter Weidenbäume, bei Neckarthail- fingen zusammen mit Pupa pusilla MüLı. 3. P. pygmaea Drar., ihrer Kleinheit wegen wenig gesammelt; gewöhnlich dem Flussgeniste entnommen. Schwarzwald: in ein- geschwemmtem Geniste des Entenweihers bei Neu-Bulach; Waldach- geniste. Muschelkalk: Jagstgeniste bei Schönthal ziemlich selten. Keuper und Lias: im Neckarauswurf jederzeit zu treffen, lebend an Steinen und Holzstücken im Thalgebüsch bei Neckarthailfingen. Alb: Hohenwittlingen, Heiligkreuzthal. Oberschwaben: Saulgau, Wart- hausen, Kappel (Mancorp), Schussen- und Argengenist. 4. P. rupestris Drar., an den Felsen der Alb in ihrer ganzen Ausdehnung, am Nord- wie am Südrand, ausserhalb der Weiss- Jurazone aber eine Seltenheit. Keuper: Stuttgart (2 Exemplare in der V.-S.; in den letzten Jahrzehnten nicht beobachtet); Muschel- kalk: Ludwigsburg (2 Exemplare), bei Schönthal nicht, aber. nach Leyois im Taubergrund bei Rothenburg „in grosser Gesellschaft“ PA OB N. (OA.-Beschr. von Tübingen p. 123 f. Fussnote), fernerhin zwischen Schweinfurt und Würzburg. Oberschwaben: an Nagelfluhfelsen der Bodenseegegend häufig, aus dem württembergischen Teil nicht vor- gelegt, auch nicht aus den Argenanspülungen bekannt; aber von Rıch. Könıg-WArTHAusEn von Kalkfelsen bei Isny angegeben (Notizen im Katalog der V.-S.). Helix Line. Gruppe: Acanthinula Beck. Ac. aculeata Mürrn. lebt immer einzeln und ist schwer zu finden. Über ihr Vorkommen nördlich der Alb sind die Nachrichten dürftig. Eine Notiz im Katalog der V.-S. führt mit Berufung auf LupwiıgG das Tauberthal an, aber die Belege hierzu fehlen; das einzige Stück von Rottenburg entstammt dem Geniste; LEypıs erbeutete bei Tübingen nach jahrelangen Bemühungen endlich 1 Stück, ebenso Verfasser in 12 Jahren im Neckargeniste auch nur 1 Exemplar. Der Fundort bei Seckennorr — Waldungen bei Stuttgart — ist in der V.-S. nicht vertreten, womit wir übrigens die Angabe nicht be- zweifeln wollen. Alb: Hohenwittlingen („immer einzeln und schwer zu finden“, dies. Jahresh. 1876. p. 280), Zwiefalten, Heiligkreuz- thal. Oberschwaben: Warthausen, Ravensburg, Schussen- und Argen- anspülungen. Gruppe: Vallonia Rısso. 1. V. pulchella Mürr. und 2. V. costata MürrL. kommen miteinander im ganzen Lande vor. Aus dem Schwarzwald kennen wir sie von der Ziegelbach- schlucht bei Neu-Bulach. Im Neckargeniste steht pulchella der Zahl nach unter allen Schaltieren oben an, costata findet sich in weit ge- ringerer Anzahl. An Orten, wo wir sie lebend sammelten, glaubten wir ein wechselndes Vorherrschen der einen Art über die andere ähnlich wie bei Vitrina pellucida und diaphana bemerkt zu haben. 3. V. tenuilabris Br. ist schon von SECKENDoRF bemerkt worden, wenn er (dies. Jahresh. 1846. p. 14) von „grösseren Exemplaren etc.“ redet. ÜOBERNDORFER entdeckte sie 1877 ım gräflichen Garten in Eybach (Nachrichtsblatt 1877. p. 21 ff. Eyach bei Cressin, Exk.- Moll.-Fauna p. 132 ist ein Druckfehler) und in der Folge fing Graf DEGENFELD das Tier daselbst lebend (Nachrichtsblatt 1878. p. 69 Fussnote und 1880. p. 13). Seitdem wurde die Schnecke zwar nirgends mehr lebend oder leer am Wohnort, aber aus dem Geniste der Wald- ach und Nagold, des Neckars, der Jagst, der Tauber, der Donau EI (OÖBERNDORFER-Günzburg) und der Schussen nachgewiesen. Die Ver- breitung ist demnach eine ziemlich ausgedehnte; aber überall tritt sie äusserst sparsam auf. Gruppe: Trigonostoma FiTZinGEr. Tr. obvoluta Mürr., im ganzen Lande bekannt (Schwarzwald: Wildbad, Neu-Bulach, Zavelstein). Krımmen sagt (OA.-Beschr. von Reutlingen p. 89), obvoluta scheine gegen die Alb hin kleiner zu werden. Wir können das bestätigen mit der Beschränkung, dass zwar nicht Exemplare aus den feuchten Uracher Schluchten, wohl aber solche von den trockenen, höher gelegenen Gehängen der Alb klemer sind als solche aus den Lias- und Keuperthälern. Die Mün- dung der Albstücke hat Neigung Zähne anzusetzen (vergl. dies. Jahresh. 1876. p. 279), und ihre Färbung zeigt nicht das frische Rotbraun der Keuperexemplare sondern eine starke Neigung zu grau- braun. Nach Mönıs (dies. Jahresh. 1892. p. 126) ist obvoluta um Saulgau selten, und ausserdem sind aus dem gutgekannten Ober- schwaben nur 2 Fundorte (Warthausen und Ravensburg) angegeben. Sollte sie wirklich südlich der Donau seltener sein? ' Gruppe: Triodopsis RAFINESQUE. Tr. personata Lam. überall gewöhnlich. Sie wie die vorige Art liebt feuchte Wohnorte, daher sie auch dem Schwarzwald an- gehört (Herrenalb, Neu-Bulach). Petasia bidens CHEmx. von BACHMANN aus Südbayern aufgeführt, hat sich in Oberschwaben noch nicht gezeigt. Gruppe: Fruticicola HEı». 1. Fr. unidentata Drar. (— cobresiana v. Aut., — monodon F£r.) und 2. Fr. edentula Drar. wurden nach Rosswässter’s Vorgang lange Zeit als monodon Fer. oder Kobresiana v. Aut. in eine Art zusammengeworfen, wobei der edentula, wenn sie überhaupt Be- rücksichtigung fand, die Stelle einer Varietät, bei welcher der Zahn noch nicht ausgebildet sei, zugewiesen wurde. Darum wird in den früheren Verzeichnissen immer nur wunidentata genannt, und erst ı Tr. holoserica Gm. wird in der OA.-Beschr. von Mergentheim aufgeführt. Es ist das eine Art, welche nur in den höheren Gebirgen vorkommt. Da sie zwischen personata („personula Lam.“!) und obvoluta steht, ist eine Verwechse- lung mit einer dieser beiden Arten nicht anzunehmen, vielmehr liegt hier ein Versehen des Autors vor. WeEınLanD verschaffte 1876 (dies. Jahresh. 1876. p. 281 ff.) der eden- tula Bürgerrecht. Nach ihm haben Krımwer und die V.-S. beide Arten auseinander gehalten. Fr. unidentata Drar. ist sicher nachgewiesen aus Oberschwaben: Eisenbach, Argenanschwemmungen, Kirchberg, Ulm; von der Alb zwischen Ulm und Blaubeuren (dies. Jahresh. 1876. p. 283), wo CLessin sie sammelte. Die als unidentata in der V.-S. liegenden Stücke von Rottenburg gehören zu edentula; die „schwellenförmige Lippe“ ist bei ihnen stark ausgeprägt, ein kräftiger, deutlich ab- gesetzter Zahn, wie er wnidentata auszeichnet, kam aber bei ihnen nicht zu stande; auch Form und Grösse weisen sie zu edentula. Fr. edentula Drar. ist weiter verbreitet. Von Oberschwaben, wo sie häufig zu sein scheint, reicht sie über die Alb (Zwie- falten, Hohenwittlingen, Seeburger Thal, Wiesensteig-MansoLp) in den Lias bei Reutlingen, Kirchentellinsfurt und Gmünd. Im Keuper- land fand sie Verfasser im Auswurf der Schaich bei Neuenhaus (OA. Nürtingen). Vereinzelt endlich ist die Fundstelle vom Kniebis im Schwarzwald. Auf welche der beiden Arten beziehen sich nun die Angaben vor WEINLAND? SECKENDORF nennt monodon Fir. von Ulm und Denkendorf. Der erstere Punkt ist durch spätere Funde bestätigt worden. Denkendorf möchten wir nicht ablehnen; aber wir glauben, den Fundort für edentula in Anspruch nehmen zu sollen, nachdem wir diese Schnecke bei Neuenhaus, also in derselben Zone gefunden haben. Die Levpie’sche Kobresiana (OA.-Beschr. von Tübingen p. 70) ist nach Krımmer (OA.-Beschr. von Reutlingen p. 90) auch eine edentula, wie das Exemplar der Tübinger Sammlung und die Erfahrungen dieses Autors in der Tübinger Umgebung darthun. Ähn- lich mag der Fall von Brackenheim liegen (monodon OA.-Beschr.), wenn überhaupt diese Angabe zuverlässig ist. Schwieriger ist aber die Frage für die Alb zu entscheiden. E. v. MArTEns giebt (dies. Jahresh. 1865. p. 212) Kobresiana von der Lochen bei Balingen an. Nachdem aber vom Zwiefalter und Seeburger Thal ein zahlreiches Vorkommen der edentula vom weissen Jura bezeugt ist, während Kobresiana von WEINLAND nicht angetroffen wurde, glauben wir nicht fehl zu gehen, wenn wir auch diesen Punkt für edentula in Anspruch nehmen. In der OA.-Beschr. von Neresheim 1872 ist ausdrücklich unideniata, aber ohne Beifügung des Autors genannt; eine Ent- scheidung, ob wirklich die gezahnte oder die zahnlose Form vor- gelegen hat, ist deshalb hier nicht zu treffen. Von Laupheim end- INRONN Aa lich giebt die OA.-Beschr. auch monodon an. Dass hier beide Arten vorkommen können, ist durch die erwiesene Verbreitung beider über Oberschwaben wohl möglich. Wir sind mithin geneigt, eine Ausbreitung der unidentata nur über Oberschwaben anzunehmen, wo sie übrigens auch zu den Seltenheiten gehört. Fr. edentula dagegen, mit unidentata in Ober- schwaben gemischt, reicht über die Alb ins Terrassenland und zum Schwarzwald, ohne dass wir heute in der Lage wären, eine scharfe Nordgrenze ihrer Verbreitung zu ziehen. Bachmann erwähnt sie nicht aus der bayrischen Hochebene, Leumann nicht aus Baden. Nach Cressin geht sie jedoch der Südgrenze Bayerns entlang und findet sich auch südlich des Bodensees im Appenzell (E. v. Martens). 3. Fr. sericea Drar. ist vorzugsweise eine Gebirgsschnecke, die sich aber nicht auf die Alpen und deren Vorland beschränkt, sondern die auch in andern süd- und mitteldeutschen Gebirgen auf- tritt. Ihre Verbreitung in Oberschwaben (Eisenbach, Langenargen und Ravensburg) schliesst sich an die Alpenregion an. Auf der Alb hat sie Wemrannp nicht bemerkt; die in der V.-S. liegenden Exem- plare von Zwiefalten sind unausgewachsene Fr. rufescens P. Ebenso- wenig wurde sericea aus dem Keupergebiet oder den Anschwem- mungen des Neckars bekannt; dagegen scheint sie im Taubergebiet nicht selten zu sein. Sie wurde dort zuerst in unserem Gebiet beobachtet (dies. Jahresh. 1865. p. 189). Neben sericea wurde seither Fr. iberta WEsTRL. als selbständige Art aufgezählt. Nun stellt aber Cuessıv neuerdings die Species- berechtigung derselben in Abrede und zieht sie als „enthaarte Varie- tät“ zu sericea. Sie wird in „Das Königreich Württemberg 1882“ von Mergentheim und Ravensburg angegeben. Eine Untersuchung der Exemplare der V.-S. von beiden Fundorten hat aber ergeben, dass dieselben den Anschwemmungen entstammen, woraus sich ihre Ent- haarung auf überraschend einfache Weise erklärt. Wir sehen uns daher genötigt, sowohl die Ravensburger als auch die Mergentheimer liberta zur sericea typ. zu stellen. Wieder anders verhält sich’s mit den kleinen Fruticicolen, die Verfasser selbst auf dem bekannten Fundplatz für Petrefakten aus dem braunen Jura & an der Ziegelhütte bei Gosheim (OA. Spaichingen) ‘wiederholt lebend sammelte und welche von Herrn Cressin als liberta erkannt wurden (vergl. dies. Jahresh. 1893. p. 129). Sie sind völlig haarlos, bedeutend grösser und festschaliger als sericea und besitzen eine deutliche, weisse Lippe, welche nach aussen durchscheint, wo- Re durch sie sich deutlich von der sericea unterscheidet. Im Habitus gleichen sie weit mehr der Bergform der Fr. rufescens P. als einer sericea, ohne jedoch die erstere in der Grösse zu erreichen und ohne mit ihr gemischt zu sein. Ihre Charaktere entsprechen ganz dem kurzrasigen, sonnigen, aber nicht gerade trockenen Standort. Wir sind überzeugt, dass mit der Unterbringung unserer Gosheimer Schnecke bei liberta bezw. sericea die endgültige Entscheidung nicht getroffen ist. Fr. granulata Auv. wird von WEINLAND (dies. Jahresh. 1883. p. 117) mit einigem Bedenken aus dem Jagstgeniste von Schönthal ange- führt. Es ist dies jedoch nach Cressiv (Exk.-Moll.-F. p. 149) „eine auf England beschränkte eigentümliche Art“. In Deutschland lebt dagegen Fr. rubiginosa ZeL., und WeıntLann selbst erklärt seine granulata für gleichbedeutend mit A. ScHmipr’s rubiginosa. Wie wir aber bei Marrens (dies. Jahresh. 1865. p. 189) lesen, zog A. SCHMIDT zur rubiginosa ZeL. auch die sericea Drar. Die echte rubiginosa Zeu. wurde bis jetzt vorherrschend in der norddeutschen Ebene gefunden, im Süden nur bei Rain am Lech. Da sie sehr feuchte Orte liebt, ist ihre Verbreitung über die deutschen Ebenen, sowie ihr Fehlen im gebirgigen Teile wohl zu verstehen (sie würde ein ähnliches Verhalten wie Petasia bidens CH. zeigen); aber das ganz vereinzelte Auftreten im Muschelkalk würde uns nötigen, einen weiteren Verbreitungskreis anzunehmen, wofür bis heute alle wei- teren Unterstützungen fehlen. Übrigens lässt sich eine sichere Bestimmung der rubiginosa nur durch die Untersuchung der Pfeile erreichen, welche bei angeschwemmten Exemplaren nicht mehr aus- zuführen war. Vielleicht fällt die Schönthaler yranulata unter sericea, die im Muschelkalk zu Hause ist. 4. Fr. hispida L., nach V. pulchella die zahlreichste Helix- Art der Anspülungen, in allen Zonen gemein (Schwarzwald: Zavel- stein, Neu-Bulach, Freudenstadt). Nicht immer stimmen die Formen der verschiedenen Fundorte überein; als leicht unterscheidbare Form heben wir die Varietät concinna JEFFR. von Wildbad, Zavelstein und Freudenstadt im Schwarzwald, Gosheim im braunen und Urach im weissen Jura hervor. Fr. coelata Stun. reicht nahe an die Grenzen des Landes (Günz- burg, Dillingen, Donauwörth, ausserdem in der Schweiz) und dürfte sich vielleicht noch in Oberschwaben (Illergebiet) finden. 5. Fr. rufescens Penn. (= circinata Stun.), vielgestaltig, be- wohnt den Schwarzwald nicht und scheint auch im Muschelkalk keine grosse Verbreitung zu haben (Horb, Enzthal bei Bietigheim, Schönthal selten, von Mergentheim nicht genannt); dagegen ist sie vom Keuper an in den übrigen Zonen allgemein verbreitet. Die BREAR:S. Färbung wechselt zwischen rotbraun, hell hornfarben und weisslich. In den Keuperschluchten des Schönbuchs kommen nur rotbraune Schalen mit schwarzem Tier vor; am Uracher Wasserfall sind rot- braune selten, aber alle Grade von hell-hornfarben bis zum Albino vertreten; von Oberschwaben sahen wir nur braune. Behaarte Exem- plare trafen wir bei Grossbettlingen und Neuffen; WEImLAnD nennt solche von Hohenwittlingen var. Olessini. Die Behaarung ist aber eine sehr hinfällige. Von den fünf Varietäten, welche Cressın der typica beigesellt, kommt zuerst montana Stun. in Betracht. Sie liegt in der V.-S. von mehreren Punkten der Alb und Oberschwabens, und man findet es ganz natürlich, auf die kleinen, hochgewundenen Exemplare, die wir immer finden, wenn wir aus den Thälern der Alb die trockenen Abhänge hinansteigen, den Stuper’schen Namen anzuwenden. Allein so, wie ULEssIn die var. montana Stun. begrenzt, passen unsere Berg- formen nicht in ihren Rahmen. Sie stimmen nur in der Form, sind aber weder von brauner Farbe noch durchscheinend (sondern fest- schalig) noch in der Jugend fein wollig behaart. Auch wenn man den Mangel der Behaarung mit der Hinfälligkeit derselben erklären wollte, spricht die ganze Beschaffenheit der festen Schale gegen die Annahme, dass sie je einmal bestanden hätte. Zudem lebt die echte montana Stun. in feuchten Wäldern, wo behaarte Schnecken zu suchen sind, nicht wie unsere kleine rufescens an den trockenen Abhängen der Alb. Cressın, dem Verfasser von mehreren Alborten die fragliche Form vorlegte, erklärte sie für eine Bergform der echten rufescens. Es ist also eine Standortsform, die so allseitig durch Übergänge mit der normalen verbunden ist, dass wir eine Grenz- linie nicht zu ziehen vermögen!. Die Varietät danubialis Cuess. ist, wie der Name andeutet, eine auf das Donauthal von Ulm an abwärts beschränkte Form, welcher Formen von da und dort im Lande ähnlich sein mögen. 6. Fr. umbrosa Parrsch hat ihre Verbreitung in den Alpen ‘ Für den Faunisten hat es einen besonderen Reiz, den Lokalformen nach- zugehen; aber er überzeugt sich auch bald, dass es nicht möglich ist, sie alle bei benannten Varietäten unterzubringen. Gerade die kleinen Fruticicolen, wie sericea, hispida, rufescens, zeigen eine starke Neigung in viele, durch lokale Verhältnisse bedingte Nebenformen sich aufzulösen, welche sich untereinander und mit anderen Arten berühren, dass eine klare Umgrenzung der Arten schwierig wird und Verwechselungen nur zu leicht entstehen, zumal, wenn unausgewachsene oder abgeriebene, leere Schalen vorliegen. ra 7 DER und in der Hochebene, welche sich nördlich derselben ausdehnt, ist demgemäss nur in Oberschwaben zu suchen (Biberach, Warthausen, Altshausen, Tettnang, Ravensburg). 7. Fr. villosa Drar. wird durch Gebirgsflüsse aus ihrer Heimat in den Alpen in deren Vorländer hinausgeführt und hat sich an den Ufern derselben angesiedelt. Ihr Verbreitungsgebiet in Württemberg zerfällt in zwei Bezirke. Der erste hat seine Basis im Allgäu (Adelegg, Eisenbach, Isny, Wangen, Wolfegg) und dehnt sich längs der lller bis ins Donauthal bei Ulm aus. Der andere folgt dem Jurazug vom Randen (Nach- richtsblatt 1881. p. 33 ff.), überschreitet die Donau auf der Strecke Tuttlingen-Sigmaringen (die Schnecke kommt in der ganzen Thal- strecke vor) und erreicht die südöstliche Alb (Balinger Gegend, Zwie- falten) und Saulgau im nördlichen Oberschwaben. Ob er im Süden mit der Alpenheimat der Schnecke in Verbindung steht, vermögen wir nicht zu entscheiden, ist aber anzunehmen; ebensowenig liegen uns Nachrichten darüber vor, ob das Donauthal im Norden beide Bezirke verbindet, zwischen welchen ein der Schussen- und Riss- linie folgender Gürtel liegt, in welchem die Schnecke fehlt. Von der mittleren und nördlichen Alb ist Fr. vellosa nicht bekannt ge- worden, dagegen wird sie von einigen isolierten Punkten (Sulz, OA.-Beschr., Böblingen, OA.-Beschr., Stuttgart, V.-S., Creglingen, V.-S., Mergentheim, OA.-Beschr.) genannt. Falls sich die Angabe von Sulz bestätigt, ist dieser Punkt mit der Verbreitung der Schnecke im Südosten der Alb in Verbindung zu bringen. Zu den Funden aus der Stuttgarter Gegend, welche in der V.-S. liegen, hat sich m den letzten drei Jahrzehnten kein neuer gesellt; wir vermuten hier eine Einschleppung durch Ziersträucher. Fraglicher noch ist der Fall von Creglingen. In der V.-S. liegen von dort drei junge Exemplare, die möglicherweise zu villosa gehören, uns aber, wenn wir die Ähnlichkeit junger behaarter Fruticicolen in Betracht ziehen, nicht nötigen, sie für villosa zu halten. Wenn kein besseres Beweismaterial vorgebracht wird, müssen wir das Vorkommen der vıllosa im Tauberthal bezweifeln, zumal dasselbe einen auffallend isolierten Standort einer Schnecke darstellen würde, deren Spuren sich sonst leicht verfolgen lassen. 8. Fr. strigella Drar. liebt warme, trockene Abhänge auf kalkreichem Boden und meidet darum den Schwarzwald und Ober- schwaben mit seltener Beharrlichkeit. Im Muschelkalk und weissen Jura ist sie ziemlich verbreitet, in der ersten Zone mehr als in der Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 7 Bu zweiten; im Keuper und Lias beschränkt sie sich auf einzelne Punkte (Weinsberg-SEckENnDoRF, Wasseralfingen, Tübingen). 9. Fr. fruticum Mürr. soll nach „Das Königreich Württemberg 1882* dem Schwarzwald fehlen; eigene Erfahrungen nötigen uns, diese Angabe zu berichtigen; wir fanden nämlich im Sommer 1892 diese Schnecke in leeren und lebenden weissschaligen Stücken an der Steige von der Station Teinach nach Neu-Bulach, also auf Bunt- sandstein. Sonst ist die Verbreitung der F'r. fruticum eine allge- meine, aber keine gleichmässige.. Nur die weisse Varietät findet sich überall, auf der Hochfläche der Alb jedoch seltener als in den Thälern. Die roten Gehäuse sind im allgemeinen weniger häufig als die weissen und fehlen der Alb gänzlich. In der geringsten Anzahl endlich treten gebänderte Gehäuse auf, die wiederum der Alb durchaus fehlen, sogar im Lias bei Reutlingen nicht anzutreffen sind. Im Gebüsch des oberen Neckarthales sind gebänderte Indi- viduen nicht gerade selten, und entsprechend dem zahlreicheren Auf- treten der weissen Varietät kommt auch ihr ein Band öfter zu als den roten Gehäusen. Das Band entspricht dem dritten Band der Tacheen, mithin dem Rücken des Tieres, der bei den Fruticicolen gerne durch einen hellen Streifen in der Schale markiert ist. Treff- lich stimmt die gebänderte fruticum im Weidengebüsch zur bänder- reichen 7. hortensis, in deren Gesellschaft sie lebt. 10. Fr. incarnata Mürr. reicht vom Schwarzwald (Wildbad, Neu-Bulach) in gleicher Häufigkeit über alle Formationen, hat im Keuper schöne fleischrote, im weissen Jura manchmal hellere und kleinere Schalen; von Warthausen und Ravensburg stammen schmutzig- bräunliche. Gruppe: Chilotrema Lracn. Ch. lapieida L., obwohl eine echte Steinschnecke, doch im ganzen Lande gemein (Schwarzwald: Neu-Bulach, Zavelstein, Calw, Hirsau, Neuenbürg, Wildbad). Gruppe: Arionta LracH. Ar. arbustorum L. ist eine der gemeinsten Arten, da sie nieht bloss in allen Gebieten gleichmässig verbreitet ist sondern auch offene Wiesen, feuchtes Gebüsch, dichten Wald, tiefe Schluchten und trockene Anhöhen bewohnt. Dabei bleiben aber weder die Tiere an Grösse und Färbung — sie sind bald heller bald dunkler — noch die Gehäuse sich gleich. Die letzteren ändern nach Grösse, Form, Festigkeit, Färbung und Bänderung in lückenlosen Stufenleitern ab. RR A 07 Naeh Die extremen Formen werden als Varietäten herausgehoben; es kommt aber manchen nicht einmal die Bedeutung einer Lokalform zu. Als var. minor (Autor?) liegen die kleinsten Gehäuse von Heimsheim, Heilbronn und Wiesensteig in der V.-S. Sie lassen die Bergform (alpestris Preirr.) vermuten, wie sie in manchen Thä- lern der Alpen vorkommt. Unsere kleinen Gehäuse stellen aber die- selbe nicht dar. Wir lassen es dahingestellt, ob minor die Form magerer Standorte ist, fügen jedoch bei, dass sich ebensolche kleine Gehäuse auch im feuchten Neckargebüsch finden, wo die wohl- beleibten normalen Formen zeigen, dass hier kein Nahrungsmangel herrscht. Var. depressa HELn ist eine gute Lokalform, welche durch ihre Form die Verwandtschaft der Art mit den Campylaeen darthut. Sie wird von ÜLessın vom Untersberg und Festungsberg bei Salzburg angegeben. Am letzteren Ort lernte sie Verfasser selbst kennen und überzeugte sich, dass unsere mit depressa bezeichneten nieder- gedrückten Exemplare nicht mit der salzburgischen depressa über- einstimmen sondern lediglich abnorm gestaltete Individuen sind, welche sich zuweilen unter den normalen finden. Ganz ähnlich liegt der Fall bei der var. frochoidalis Rorr. Sie tritt zwar häufiger auf als die vorige Form, ist aber stets mit nor- malen Gehäusen gemischt. Eine Gehäuseverletzung ist nicht die Ursache der subskalaren Formen, es scheint sich vielmehr um Ab- weichungen zu handeln, die in der individuellen Veranlagung der Tiere ihren Grund haben. Auch bei anderen Arten begegnen wir einzelnen Individuen, welche durch höheres Gewinde sich vor den anderen auszeichnen; bei arbustorum kommen sie allerdings am häufigsten vor. Var. diaphana (Autor?) stammt vom Schwarzwald und vom Keuper des Spiegelberger Thales. Sie ist durch ein glänzend dunkel- braunes, dünnes und durchscheinendes Gehäuse ausgezeichnet und an schattigen, feuchten Stellen auf kalkarmem Boden entstanden, daher gerne im Schwarzwald und im Keuper da, wo im dichten Laubwald die sich alljährlich anhäufende Menge abfallender Blätter eine dichte Humusschichte bildet, welche den Schnecken den Zu- gang zum kalkhaltigen Boden verwehrt. Das Gegenstück zur diaphana ist die var. straminea (Autor ?). Es werden darunter solche gebänderte oder bänderlose Gehäuse ver- standen, die auf strohgelber Grundfarbe braun gesprenkelt sind. Sie gehören den lichten und kalkreichen Standorten an. Unsere Er- 7* — 10 :— fahrungen im Neckarthal decken sich vollständig mit den Beobach- tungen WEmLAND’s (dies. Jahresh. 1876. p. 289), wonach „die grösseren und hochgetürmten und dunkleren mehr dem Wald (und Gebüsch), die kleineren plattgedrückten, helleren, besonders die mit strohgelber Grundfarbe braun gesprenkelten und mit einer sehr ausgesprochenen Binde gezierten, und die einfärbig strohgelben mehr den Wiesen angehören“. Gruppe Xerophila Heın'!. 1. X. ericetorum Mir:., einfarbig weiss oder gebändert, durchs ganze Land verbreitet (Schwarzwald: Neu-Bulach). Die schönsten Exemplare stammen vom Hohentwiel. 2. X. candiecans ZieeL. (— obvia ZiesL.) gehört dem Osten Europas an, während erzicetorum sich im Westen ausdehnt. Die Ost- grenze der ericetorum geht durch Bayern, aber die Westgrenze der candicans greift über jene über weit nach Württemberg herein, dass unser Gebiet zum grossen Teil in die Zone fällt, in welcher beide Arten zusammenleben. Üressın zieht dieser Zone enge Grenzen, in- dem er candicans schon an der Linie Bodensee-Iler-Ulm-Blaubeuren- Nördlingen ihre Westgrenze erreichen lässt und ihr Vorkommen bei Schussenried und Eybach als vereinzelte, vorgeschobene Posten be- trachtet. Nach den uns vorliegenden Fundorten sehen wir uns ge- nötigt, der Zone eine grössere Breite einzuräumen. Ein sicher verbürgter Fundort der candıcans liegt bei Ramsen (Kanton Schaffhausen), von wo Verfasser eine grosse Anzahl Exem- plare erhielt. Leumann und STERKI geben zwar candicans aus dem südlichen Baden nicht an; aber unter den „diversen Formen“, die STERKI „zwischen Jura und Schwarzwald“ (Nachrichtsblatt 1881. p. 33 ff.) gefunden hat, könnte auch candicans stecken. Sodann liegen uns zwar keine candicans vom Hohentwiel vor, aber E. v. MaAr- TENS bemerkt in seinen Notizen zu SECKENDORF ausdrücklich bei eri- cetorum „Hohentwiel mit obvia“ und bei obvia nennt er wieder den Hohentwiel, und zwar scheint er selbst dort gesammelt zu haben. ! Die OA.-Beschreibung von Mergentheim führt 2 Arten auf, cespitum Drar. und neglecta Drar., welche in diese Gruppe fallen. Beide gehören zur Mittelmeerfauna. Wenn ericetorum Mürr. nicht auch dort aufgezählt wäre, könnte man an sie und candicans ZıesL. denken, da beide Namen von Autoren auch schon für diese beiden Arten angewandt wurden. So handelt es sich aber wahrscheinlich um bestimmte Grössen- oder Bänderabänderungen der ericetorum. Für uns genügt der Hinweis, dass cespitum und neglecta weder in Württemberg noch im übrigen Deutschland vorkommen. u N Weiterhin mehren sich nun die Fundorte: Tuttlingen, Salmendingen, Mössingen, Rottenburg, Saulgau, Schussenried, Einsingen, Wiesen- steig, Geislingen, Eybach, Mösselberg, Steinheim, Neresheim, Gmün- der Gegend (mehrfach von SCHELER gesammelt), Wasseralfingen und Ipf. Merkwürdigerweise fehlt candicans im südlichen Oberschwaben, aber es steht fest, dass sie sich im nördlichen Oberschwaben und auf dem weissen Jura in seiner ganzen Ausdehnung findet. Sogar in den Lias steigt sie herab; ja endlich trat sie schon im Keuper auf dem Bopser bei Stuttgart auf, wie Funde aus dem Jahre 1865 von ‘dort darthun. Das Muschelkalkgebiet ist ausschliesslich für ericetorum vorbehalten. 3. X. candidula Stun. schliesst sich in ihrer Verbreitung an ericetorum an. Sie findet sich ziemlich allgemein da, wo die trockenen und warmen Heiden, die sie liebt, nicht gar zu mager sind, also häufiger in den Niederungen als auf dem Gebirge. Gestreifte und rein weisse Gehäuse finden sich stets gemischt, doch sind die ersteren immer in der Überzahl. Sie fehlt, wie die folgende Art, dem Schwarz- wald, tritt auch im Keuper gegen den Muschelkalk wieder zurück (Tübingen, Neckarthailfingen auf Kiesboden, Stuttgart) und geht dann geschlossen bis zur Donaulinie. Zwar giebt sie Mönıc (dies. Jahresh. 1892. p. 127) auch vom Bahndamm bei Mieterkingen und Saulgau an; aber gerade diese Örtlichkeiten legen die Vermutung einer Ver- schleppung durch Kies zur Bahnbeschotterung nahe, wie das bei Xerophilen schon mancherorts beobachtet worden ist. Ausserdem kennen wir candidula aus Oberschwaben nur noch vom Hohentwiel. Cressm sagt (Deutsche Exk.-Moll.-Fauna p. 195), sie finde sich nicht auf Tertiärsand. Dürfte aber das Fehlen der trockene, warme Standorte liebenden Schnecke in Oberschwaben nicht mehr noch auf Rechnung des feuchten Klimas zu setzen sen? Man vergleiche, dass von den Xerophilen nur ericetorum aus der Seegegend, nicht aber aus dem Allgäu bekannt geworden ist, während doch Öber- schwaben zu den am gleichmässigsten durchforschten Gebieten ge- hört; man vergleiche ferner, dass der Standortsgenosse der Xero- philen, der .Bul. detritus Mürr., auch nur an einem Punkt Oberschwa- bens vorkommt und selbst in den Weinbergen der „milden Seegegend* fehlt; und man ziehe endlich in Betracht, dass auch Pupa frumen- tum, die Heideschnecke unter den Pupen, nur eben auch bei Mieter- kingen und Saulgau wie unsere candidula vorkommt, und man wird obiger Frage die Berechtigung nicht absprechen können. Die Aus- nahme, dass die Xerophilen und der Buliminus am Hohentwiel vor- —; WE — kommen, bestätigt eben die Regel; denn neben seinem, dem übrigen Oberschwaben fremden Gestein zeichnet er sich durch freie, sonnige Abhänge aus. 4. X. striata MürL. (= costulata ZiEsL.) war Zu SECKENDORF’S Zeiten noch eine grosse Seltenheit, weil sie bloss von der Wald- hauser Höhe bei Tübingen bekannt war; seitdem haben sich aber ihre Fundorte vermehrt. Wir dürfen die Schnecke heute dem Keuper, Lias, Jura und Tertiär zuweisen. Sie liebt die magersten Abhänge, gehört daher mehr dem Gebirge an und lebt selten mit candıdula zusammen (bei Münsingen, dies. Jahresh. 1876. p. 302). Aus dem Muschelkalkgebiet ist sie nicht angezeigt. Die einzige diesbezügliche Angabe in der OA.-Beschr. von Mergentheim glauben wir auf Ver- wechselung .mit candidula zurückführen zu sollen, da diese dort nicht genannt ist, aber in der V.-S. sich von Mergentheim vorfindet. Dagegen ist dre Aufnahme in die Neresheimer Fauna berechtigt, wenn WEInLAanD die striata „da und dort auf der Alb“ (dies. Jahresh. 1876. p. 302) angetroffen hat. In Oberschwaben können wir die Spur der Schnecke bis nach Waldsee verfolgen, aber nicht mehr ins Allgäu und an den Bodensee. Gruppe: Tachea Lach. 1. T. hortensis Mörr. und 2. T. nemoralis L. sind 2 allgemein verbreitete Arten, die auch dem Schwarzwald nicht fremd sind. Übereinstimmend wird von allen Beobachtern hortensis für die häufigere Art erklärt. Aus dem Gebüsch des oberen Neckarthales kennt Verfasser nur hortensis; nemoralis ist erst in den Schönbuchwäldern und an der Alb wieder zu treffen. In den Weinbergen und Wäldern um Stuttgart scheint nemoralis jedoch häufiger zu sein; sie tritt dort aber nie so zahl- reich auf wie hortensis in den Neckarauen. Die Mannigfaltigkeit in der Färbung und Bänderung beider Arten ist bekannt. Es würde aber den Rahmen dieser Arbeit übersteigen, wollten wir auf die Ver- breitung einzelner Bändervarietäten und das Verhältnis derselben untereinander des Näheren eingehen. Nur das soll hervorgehoben sein, dass hortensis im Neckarthal, im Thal bei Urach, ferner bei Schönthal und Saulgau vorherrschend in gelber, im Hochwald auf der Alb bei Urach vorherrschend in rötlicher Farbe auftritt (var. fa- gorum Weist.). Umgekehrt herrscht bei nemoralis um Urach die gelbe (Wemtann), sonst die rötliche Grundfarbe vor (Mönıs und WeEın- van). Im Neckarthal sind einfärbige hortensis viel häufiger als ge- — 13 — bänderte, und unter den letzteren überwiegt die Normalzahl von 5 Bändern. Noch ist ein Wort über die Färbung des Mundsaumes bei hortensis zu sagen. Die charakteristische weisse Lippe erhält zu- weilen einen rosenroten Anflug, der sich an gewissen Standorten bis zu einem völlig bräunlichen Mundsaum entwickelt und dann die var. fusco-labiata Kresı. darstellt. Wie Wemrann (dies. Jahresh. 1383. p. 120) bemerkt, zeigt jedoch der Mundsaum dieser Varietät „nie die sattbraunschwarze Tinte von 7. nemoralis“. E. v. MARTENS sagt (Weich- und Schaltiere p. 128), der braune Mundsaum komme bei hortensis nur roten Exemplaren zu. Es stimmt das mit den Beobachtungen Wemranp’s im Storchenwald bei Schönthal und den Wahrnehmungen des Verfassers im Walde bei Magstadt überein (dies. Jahresh. 1893. p. 130 f.). An beiden Orten lebt die var. fusco- labiata mit der einfärbig roten nemoralis zusammen. Wenn man die Varietät als einen Bastard von hortensis und nemoralis ansehen will, widerspricht dem an den genannten Orten der Augenschein nicht. Anders aber liegt der Fall im Neckarthal. Hier kommen, bei Tübingen und Neckarthailfingen, rosarot bis bräunlich gelippte hortensis auch mit sattgelber Gehäusefarbe vor. Bastardbildung ist aber ausgeschlossen, weil nemoralis ganz fehlt. Ähnliche Exemplare hat die V.-S. von Ludwigsburg, Stuttgart, Eisenbach, Ravensburg und Hohentwiel. Warum im Walde bei Schönthal und Magstadt der gefärbte Mundsaum fast ausschliesslich an roten (WEmtann fand nur ein gelbes), im Neckarthal dagegen vorwiegend an gelben Ge- häusen auftritt, erklärt sich aus dem Umstand, dass gelbe Gehäuse im Flussgebüsch, rote im Wald vorherrschen. In Grösse und Form zeigen hortensis und nemoralis grössere Beständigkeit als arbustorum. Die Neigung, die Windungen in die Höhe zu ziehen, die bei arbustorum nicht selten wahrgenommen wird, ist bei den Tacheen eine grosse Seltenheit (var. turrita). Gruppe: Helicogena Rısso. H. pomatia L. kennt man im ganzen Lande. Sie ist das einzige Weichtier, das in Schwaben für die Volkswirtschaft in Be- tracht kommt. Es werden nicht bloss winters da und dort „Deckel- schnecken“ von Kindern gesammelt und an Händler verkauft, sondern während des Sommers auf der Münsinger und Ulmer Alb, sowie in der Gegend von Reutlingen, Nürtingen und Kirchheim grosse Mengen von Schnecken in sog. „Schneckengärten“ zusammengetragen, dort — 14 — mit Kohlblättern, Salat u. dergl. gemästet und nach erfolgter Ein- deckelung nach Paris geliefert Dem Schreiber dieses steht seit einer Reihe von Jahren ein solcher Schneckengarten zur Beobachtung offen, und er hat nachgerade alle die Formen erhalten, in welchen pomatia in der Umgebung vorkommt: Ungebänderte, einfärbig stroh- gelbe Gehäuse (var. radiata), gebänderte, sehr grosse (var. grandis), auffallend kleine (var. parva), hochgewundene mit geschlossenem Nabel (Gesneri Harım.), flachgewundene mit offenem Nabel (rustica Harrm.) und Übergänge, linksgewundene (var. sinistrorsa), Albinos und durch Verletzung entstandene Abnormitäten (Skalariden, doppelter Mundsaum u. a.). Aber gerade in solchen Schneckengärten kann man sich überzeugen, dass all den genannten Formen die Berech- tigung, als Varietäten hervorgehoben zu werden, nicht zukommt. Buliminus EurEngere. (Bulimus.) 1. B. detritus Mürr.! (— Bulimus radiatus Bruce.) wird von Cressin als sehr kalkbedürftige Art bezeichnet, die dem Jurazug und Muschelkalkgebiet folge, dem Buntsandsteingebiet der Vorgesen da- gegen fehle. Auch aus dem württembergischen Buntsandsteingebiet giebt sie Krauss in „Das Königreich Württemberg“ nicht an. Wir kennen sie aber ebensowohl aus den Kalk- als aus Sandsteingebieten. In den ersteren ist sie zwar häufiger, insbesondere auf der Alb, fehlt aber im Keuper nicht (Stuttgart, Buoch, Kleebronn) und ist von Martzan auf der Wilhelmshöhe bei Teinach auf buntem Sandstein gesammelt worden. Auf braunem Jura lebt sie bei Gosheim und Beuren (Nürt.). LEHMANN schreibt (Einführung etc. p. 71), B. detritus steige nicht höher als die Reben gedeihen. In den Weingegenden des Unterlandes mag das auch zutreffen, und ihr spärliches Vorkommen in Oberschwaben (nur an der Erolzheimer Kapelle und am Hohen- twiel), sowie das Fehlen auf grossen Strecken Niederschwabens (auf der Filder, OA.-Beschr.) spricht dafür; allein ihre Häufigkeit selbst in den rauhen Teilen der Alb {Dreifaltigkeitsberg, Winterlingen, Mägerkingen, Hohenwittlingen) zeigt, dass das Zusammenleben ı Bul. detritus ist die einzige württembergische Schnecke, welche vom Volksmund einen Namen erhalten hat; sie wird an vielen Orten der Alb „Märzen- schnecke“ genannt, weil man im März ihre leeren Schalen allerorts findet; vergl. dies. Jahresh. 1876. p. 304. — 1 — der- Schnecke mit dem Weinstock nur ein zufälliges und von der Schnecke nicht gesuchtes ist. Die Rebe und die Schnecke fordern sonnige, trockene Bergabhänge und meiden die feuchten Niederungen und winterlichen Halden. Im Muschelkalk- und Keuperland finden beide an den Thalwänden und Bergabhängen ihre Ansprüche er- füllt; während aber mit zunehmender Erhebung in rauhere Regionen der Weinstock bald die Grenze seiner Verbreitung erreicht, findet die Schnecke auch noch über der Weingrenze Wärme und Sonnen- schein genug zu ihrem Gedeihen. 2. B. tridens Mürr. (= Pupa tridens Drar.), obwohl schon lange bekannt und von vielen Orten angegeben, immer noch eine Seltenheit. Da die Schnecke nur bei sehr nassem und warmem Wetter zum Vorschein kommt, wurden vielfach nur leere Gehäuse gesammelt. Muschelkalk : Ludwigsburg, Mergentheim, Rottenburg angespült. Keuper: Stuttgart, Tübingen „im Herbst 1867 in toten Exemplaren an einem Raine in der Nähe des Neckarsteges gefunden“ (dies. Jahresh. 1871. p. 234), in den Neckaranspülungen äusserst selten. Alb: Zwiefalten, Scheer, Ehingen; Neresheim, OA.-Beschr. Oberschwaben: Dellmensingen (Laupheim) nach Mancoı». B. tridens gehört zu den südlichen Arten, erstreckt sich aber in Deutschland weit nach Norden. 3. B. montanus Drar. und 4. B. obscurus Mürr. breiten sich vom bunten Sandstein bei Teinach, obscurus vom 960 m ü. d. M. gelegenen Ruhesten OA. Freudenstadt über alle Formationen und Höhen bis zu den All- gäuer Alpen aus. Cochlicopa Rısso. (Zua, Achatina, Cionella.) C. lubrieca Miörr. ist über das ganze Land verbreitet (Schwarz- wald: Teinach, Ziegelbachschlucht bei Neu-Bulach). C©. columna Cyess. vom Russenschloss bei Blaubeuren wird neuerdings von ihrem Autor als Varietät von lubrica behandelt, und ©. lubrica var. Pfeifferi Weit. von Hohenwittlingen (dies. Jahresh. 1876. p. 306 ff.) von ÜLessin für eine skalare Abnormität der typischen Form gehalten. Caecilianella Rısso. (Cochlicopa, Achatina, Cionella.) C. acicula Mürr. ist in Württemberg nur einmal von Wem- LAND: lebend, sonst nur in leeren Gehäusen gefunden worden. Vom re Schwarzwald und Keuper sind uns keine sicheren Angaben bekannt geworden; im Muschelkalk, weissen Jura und Tertiär scheint sie allgemein verbreitet zu sein (Neckar- Jagst- Tauber- Blau- und Schussengeniste, Saulgau, Kappel bei Ravensburg nach Manson»). Pupa Drararnaun. 1. P. frumentum Drir. ist mit muscorum in den Faunen- verzeichnissen am häufigsten genannt; wir zweifeln jedoch, ob sie immer sicher von den beiden nachfolgenden Arten unterschieden wurde, da SECKENDORF (dies. Jahresh. 1846. p. 29) sie als „beson- ders häufig an Albfelsen“ vorkommend bezeichnet und auch E. v. Martens (dies. Jahresh. 1865. p. 211) sie eine „Begleiterin der avena“ nennt, was weder nach WEINLAnD’s noch nach unseren eige- nen Beobachtungen zutrifft. Sie ist eine Bodenschnecke, die gerne auf steinigen Abhängen im Grase und an Steinen lebt, und am Fusse der Felsen nur dann angetroffen wird, wenn diese sich aus dem trockenen Rasen und nicht aus dem feuchten Wald erheben. Sie steigt aber nicht wie ihre Genossinnen an den Felsen auf. Im Schwarzwald fehlt sie; aus Oberschwaben ist sie nur von Saulgau und Mieterkingen bekannt. Obwohl sie WeısLano um Hohen- wittlingen nicht antraf, ist sie vom weissen Jura sicher von Pappelau, Geislingen, Eybach, dem Kohlberg, Ehingen, dem Blauthal, Fridin- gen a. D. nachgewiesen. Aus dem Liasland kennt sie Verfasser von Grossbettlingen und Nürtingen, und vom Keuper geben sie E. v. Mar- TENS bei Fellbach, SECKENDORF von Stuttgart und dem Wunnenstein an. Im Muschelkalkgebiet hat sie eine weite Verbreitung. 2. P. avenacea Bruc. (= avena Drar.) und 3. P. secale Drar. decken sich nahezu in ihrem Verbreitungs- gebiet. Sie bewohnen den eigentlichen Schwarzwald nicht, wenn auch avenacea auf Hohen-Nagold (Muschelkalk) sich findet, und sind in Oberschwaben selten (avenacea bei Kappel nach MancoLn, secale bei Ravensburg angespült). Die Liasterrassen und den Keuper meiden sie zwar nicht (avenacea in den Felsengärten bei Besigheim, secale bei Stuttgart, OA.-Beschr., beide Arten bei Boll), halten sich aber nur sparsam dort auf und bevorzugen sichtlich die beiden Kalk- gebiete.. Auf der Alb hält sich secale vorzugsweise an Bäume, avenacea gesellig an Felsen. 4. P. dolium Drar., kalkstät, eine Seltenheit. Muschelkalk: Ludwigsburg, Niedernau, dorther wahrscheinlich auch die wenigen Exemplare der Neckaranspülungen; im weissen Jura: Tuttlingen und —- MM — Fridingen. Sonst wird sie nirgends erwähnt, scheint sich über die Alb auch nicht weit auszudehnen, da sie WEINLAND „nirgends begegnet* ist. 5. P. doliolum Brvc. hat sich ausserhalb des Weissjuragebietes (Rosenstein, Eybach, Urach, Zwiefalten) nicht finden lassen; die Exemplare der V.-S. von Rottenburg sind angeschwemmt. 6. P. muscorum L., sowie 7. P. minutissima Harım. (= cylindrica Fer.) und 8. P. pygmaea Drar. werden immer von den Flüssen ge- bracht, durch welche ihre Verbreitung nahezu über das ganze Ge- biet sich nachweisen lässt. Waldach und Nagold führen sie herbei; aber einen verbürgten Fundort aus dem Buntsandstein kennen wir für alle 3 bis heute nicht. P. minutissima findet sich in den An- schwemmungen in geringerer Anzahl und ist von wenigeren Fund- orten angegeben als die beiden anderen. Aus Oberschwaben kennt man sie nur aus den Anspülungen der Schussen, während muscorum und pygmaea auch sonst südlich der Donau vorkommen. Die verlängerte Form der muscorum, var. elongata ÜCuess., wird einzeln vom Neckargeniste gebracht. P. pygmaea var. elongata Cuess. (dies. Jahresh. 1890. p. 57) aus dem Neckargeniste fällt sofort durch ihre Gestalt — 6—7 Windungen — auf, hinter welcher man gar keine pygmaea vermutet. . P. Sterri v. Vortu wird von DEGENFELD (Nachrichtsblatt 1880. p. 14) aus Eybach als neu für Württemberg genannt. Sonst findet sich keine Nachricht über diese Art. Wir möchten sie gleichwohl nicht ablehnen, weil sie im fränkischen Jura verbreitet ist und wegen ihrer Ähnlichkeit mit muscorum leicht bisher hätte übersehen werden können. 9. P. edentula Drar. gehört zu den weniger bekannten Arten. Sie wurde erst von WEILAND (dies. Jahresh. 1876. p. 315 f.) in die württembergische Fauna eingeführt und scheint, aus den Anspülungen zu schliessen, selten zu sein. Sie fehlt dem Schwarzwald und fast möchte es scheinen, auch dem Muschelkalk, da sie weder aus der Taubergegend noch auch vom Jagstgeniste angegeben ist. Von Rotten- burg liegt ein frisches Exemplar in der V.-S.; von Tübingen führt sie LEyvıc an, leere Gehäuse sammelte Wemrann bei Hohenwittlingen, KrınmeL an der Blaulache bei Tübingen, Verfasser im Neckargeniste; lebend trafen wir sie im Seeburger Thal an Krautpflanzen vereinzelt aufgestiegen und an der Steige von Beuren nach Erkenbrechtsweiler (weisser Jura) an jungen Eschenstämmen in ziemlicher Anzahl. Von Oberschwaben wird nur Ravensburg und Kappel (am Gehrenberg- MancoLp) angegeben. — 18 — 10. P. antivertigo Drar. (— septemdentata Fer.), spärlich zur Beobachtung gekommen: Waldachanspülungen, „ungemein häufig“ im Geniste der Jagst, Stuttgart, Neckarthailfingen (lebend auf nassen Wiesen), Reutlingen, Hohenwittlingen, Schussengenist. 11. P. pusilla MürL. (= vertigo Drar.), nächst pygmaea die bestgekannte Art der Vertigo-Gruppe; vom Muschelkalk an aufwärts aus allen Formationen bekannt, aber nirgends gemein, auch in den Neckaranspülungen sparsam. 12. P. angustior JErFR., spärlich beobachtet: Waldach-, Neckar- und Autmuthanspülungen, Wiesensteig, Zwiefalten, Ravensburg und Kappel. Sie dürfte im ganzen Lande eine Seltenheit sein. 13. P. Heldi Cress., von WEMLAND im Geniste der Jagst, vom Verfasser in dem des Neckars in wenigen Exemplaren gefunden. Cuessin vermutet, sie lebe im schwäbischen Jurazug. 14. P. Küsteriana WesterL. wurde von WESTERLUND unter den Pupen Dr. Küsrer’s aus Mergentheim in drei Stücken entdeckt und beschrieben. Sonst findet sich nirgends eine Nachricht über sie, auch Cıessın hat sie nicht in seine Exk.-Moll.-Fauna aufgenommen. Unsere Kenntnis von der Verbreitung der Pupen ist eine sehr lückenhafte, da die Gattung sehr kleine Arten einschliesst, die lebend schwer zu finden sind. Immerhin kann gesagt werden, dass die Pupen mehr als die Clausilien den Kalkgebieten den Vorzug geben, und zwar nicht nur die eigentlichen Felsenschnecken des Genus, sondern auch die Bewohner der feuchten Wiesen. Balea Bripeavx. B. perversa L. (= fragilis Drar.) fehlt zwar dem badischen Urgebirge und Ka nicht (Allerheiligen, Höllenthal, Eber- bach a. N.), ist aber zur Zeit aus dem württembergischen Schwarz- wald nicht bekannt, überhaupt nur von ganz vereinzelten Fundorten angegeben: Gundelsheim, Pfedelbach bei Öhringen (im Mulm einer abgehauenen Linde, wo Lehrer Hrusach mindestens 50 Exemplare erbeutete), Solitude, Uracher Wasserfall und Hohenwittlingen (von fleissigen Sammlern unter vielen Tausenden von Clausilien nur vier leere Stücke gefunden), Hohentwiel. Clausilia Drararnaun. 1. Cl. laminata Mont. (= bidens Drar.) kommt nach LEHMANN (Einführung etc. p. 88) im ganzen badischen Schwarzwaldgebiet vor. Für den württembergischen Teil können wir dasselbe nicht sagen; — 19 — nur aus dem Nagoldthal ist sie in Anspülungen bekannt. Sonst fehlt sie aber nirgends im Lande und ist insbesondere auch im Keuper- und Liasgebiet, freilich sparsamer als im Jura zu Hause. 2. Cl. orthostoma Menk£ (= taeniata Zeu.), seltener als la- minata, zu SECKENDORF's Zeiten nur von Altshausen bekannt, heute aus allen Zonen nachgewiesen, auch vom Buntsandstein (Ruine Zavel- stein) und Keuper (Schorndorf, Hardt bei Nürtingen). 3. Cl. itala v. Marr. var. Braunii Cuarp. wurde mit italieni- schen Reben an den Kriegsberg bei Stuttgart verpflanzt und erstmals von Buchhändler Bonz 1868 und wiederholt 1877 von Buchner und 1889 von ScHELER noch dort gefunden. Auf dieselbe Weise kam sie nach Weinheim a. d. Bergstrasse. Die Heimat der Art ist Italien, über welches sie sich bis zum Südabhang der Alpen verbreitet. 4. Cl. biplieata Mont. (= similis Rossm.), die gemeinste Art des Genus, ziemlich gleiehmässig über alle Gebiete verbreitet (Schwarz- wald: Zavelstein, Teinach, Neu-Bulach, Liebenzell, Neuenbürg), in Ober- schwaben etwas zurücktretend und durch die beiden folgenden ersetzt. 5. Cl. plicata Drar. scheint ihr Hauptverbreitungsgebiet in Oberschwaben zu haben; dort ist sie nach Fundorten und Individuen am zahlreichsten. Im Jura tritt sie gegen biplicata sehr zurück (Eybach, auf dem Aalbuch und Härdtfeld (nach Lörcher, s. KrımmE, Programm p. 11), zwischen Steinheim und Bartholomä, Urach) und wird im Keuper nur bei Schorndorf angetroffen. Auch die Oberamts- Beschreibung von Brackenheim führt diese Schnecke neben sımilıs auf, mit welcher sie äusserlich die meiste Ähnlichkeit hat. 6. Cl. cana Herrn ist eine jüngst bekannt gewordene Art. Sie wurde zuerst von Mancorp 1879 von Kappel OA. Ravensburg und von Wiesensteig der V.-S. übergeben. In Oberschwaben scheint sie mit plicata der gemeinen biplicata das Gebiet streitig zu machen. Am Albrand ist sie (am Rossberg, um Urach und Neuffen) vom Ver- fasser viel gesammelt worden; ebenso trafen wir sie bei Beuron ım Donauthal, und die V.-S. besitzt sie vom Dobelthal bei Zwiefalten. Im Terrassenland nördlich von der Alb hat sie sich noch nicht gezeigt. 7. Cl. dubia Drar. (mit erueiata zusammen als obtusa Prr. bei SeckEnDorF und in den OA.-Beschr., nigricans Purr. bei MARTENS und Leypis) wurde wie cruciata 1876 von Weitann klargestellt und ist seitdem aus allen Landesteilen in die V.-S. gekommen. Im Schwarzwald vertritt sie mit biplicata das Genus. Cl. bidentata STRÖM. — nigricans Puurt., in Baden weit verbreitet, ist aus unserem Gebiet noch nicht bekannt geworden. — 10 — 8. Cl. eruciata Stun." (s. dubia) dürfte weiter verbreitet sein als bis heute bekannt geworden ist. Wir kennen sie zwar mit Ausnahme des Schwarzwalds und des Keupers aus allen Gebieten, aber von wenigen vereinzelten Punkten, die uns kein Bild von der thatsächlichen Verbreitung geben. Es sind das Schönthal, Creglingen, Reutlingen, Beuren (Nürtingen), Urach, Hohenwittlingen, Ravensburg, Kappel, Eisenbach. 9. Cl. parvula Srup., längst bekannt, weit verbreitet (Lias: Reutlingen; Keuper: Schorndorf, Plochingen, Neckarthailfingen), im weissen Jura und Muschelkalk häufig. 10. Cl. ventricosa Drar., an Individuen nirgends so reich wie die vorige Art oder laminata und biplicata. Sie liebt als Boden- schnecke feuchte und kühle Orte, woraus es sich erklärt, dass Weirann (dies. Jahresh. 1876. p. 321) ihr auf der Alb „nicht be- gegnet“ ist und dass wir sie aus dem weissen Jura nur vom Uracher Wasserfall, vom Donauthal bei Sigmaringen und von Zwiefalten kennen, von Fundorten, welche den angegebenen Bedingungen entsprechen. In den Thälern am Fuss der Alb dürfte sie sich überall finden. Lias: Reutlingen, Grossbettlingen, Nürtingen, Weilheim, Wasser- alfingen; Keuper: Neckarthailfingen, Schorndorf, Maulbronn; im Muschelkalkgebiet und im südlichen Oberschwaben nicht selten. 11. Cl. lineolata Her» fehlt dem Muschelkalk, weist aber sonst eine ähnliche Verbreitung auf wie die ihr an Gestalt und Lebens- weise nahestehende ventricosa. Ihr scheinen auch die von Clausilien so bevorzugten Albthäler nicht zu gefallen. Ein die Feuchtigkeit zurückhaltender Boden ist für sie Bedürfnis, und solchen findet sie in den trockenen Kalkländern weniger als in Oberschwaben und im Vorlande der Alb, daher ihr Fehlen im Muschelkalk und ihre Selten-: heit im weissen Jura. Bekannte Fundorte: Stuttgart, Schorndorf, Neckarthailfingen (im Keuper und Lias), Reutlingen, Urach (sehr selten), Sigmaringen, Ebenweiler bei Saulgau, am Gehrenberg bei Ravensburg, Eisenbach. 12. Cl. plicatula Drar. reicht von Nagold über alle Gebiete bis ins Allgäu. 13. Cl. filograna Zırer. wird zuerst 1841 in der 3. Aufl. von MEMMINGER s Beschreibung des Königreichs Württemberg ohne Fund- ! Die Art wird gar zu leicht mit dubia oder plicatula verwechselt. So sind die von Lörcher im Hofwald bei Schorndorf gesammelten und in der V.-S. niedergelegten Exemplare keine eruciata sondern plicatula mit runder Mündung (bei erueiata länglich eiförmig) und deutlich gefälteltem Interlamellar. — 11 — ortsangabe erwähnt. SECKENDORF (dies. Jahresh. 1846. p. 27 f.) sagt fünf Jahre später, sie lebe „im Moos an Kalkfelsen bei Urach‘. E. v. Martens bestreitet aber (dies. Jahresh. 1865. p. 190) 1865 ihr Vorkommen in Württemberg und erst 1869 (dies. Jahresh. 1869. p. 223) nimmt er sie wieder auf, nachdem ihn Ar. Braun auf ihr Vorkommen am Mösselberg bei Donzdorf aufmerksam gemacht hatte, und nach- dem es ihm selbst geglückt war, sie „an bemoosten Stellen der Albfelsen“ am Reussenstein bei Wiesensteig zu finden. In der Folge beschrieb sie 1876 Weıstann (dies. Jahresh. 1876. p. 325) von Hohen- wittlingen, und DEGENFELD zählte sie 1880 (Nachrichtsblatt 1880. p. 14) unter den Eybacher Mollusken auf. In „Das Königreich Württem- berg 1882° endlich wird jilograna mit Berufung auf WEIMLAND von Esslingen aufgeführt, Exemplare sind jedoch von letzterem Ort nicht in der V.-S. An all den genannten Punkten ist filograna ein seltenes Schneck- chen. Nur an dem von KrımmeL (Programm p. 18) angegebenen Uracher Wasserfall lebt sie in grösserer Anzahl. Von allen Clausilien liebt sie am meisten die Verborgenheit. Ihre Verbreitung stellt sich als eine Insel dar, die sich längs des Nordabhangs der Alb vom Mösselberg nach Urach zieht. Zwei weitere kleine Inseln werden von den Fundorten bei Esslingen und Kappel (Ravensburg) gebildet, wo sie nach MancoLp auch vorkommen soll. Ähnlich ist ihre Verbreitung im übrigen Deutschland, wo sie wenige, bestimmt abgegrenzte Gebiete inne hat. Die Basis der Ver- breitung liegt im Nordrande der Alpen bis nach Siebenbürgen. Unser oberschwäbischer Fundort hängt nicht mit derselben zusammen, da filograna der Nordostschweiz fehlt. 14. Cl. corynodes Hero ist die zuletzt in die V.-S. gekommene württembergische Clausilie. Sie ist nur aus dem weissen Jura von der Balinger Gegend (Lochen, am Weg von Laufen nach Thieringen, an der Steige von Ebingen nach Messstetten) bekannt (vergl. dies. Jahresh. 1893. p. 134 £.). Von den 14 württembergischen Clausilien scheidet Braunü als Fremdling aus; von den übrigen sind orthostoma, biplicata und dubia über alle Zonen verbreitet, die erstere ist aber die seltenere. Vom Muschelkalk bis zum Tertiär reichen laminata, eruciata, parvula, ventricosa, plicatula und wahrscheinlich auch plicata, während lineolata und filograna erst vom Keuper an nachgewiesen sind. Cl. cana ist im weissen Jura und im Tertiär, corynodes nur im Jura verbreitet. Der weisse Jura ist mithin von allen Arten bewohnt, von ala ventricosa und lineolata freilich nur sehr spärlich. An Individuenzahl übertrifft vorab der bewaldete Nordabhang alle anderen Gebiete. Ihm am nächsten stehen in dieser Beziehung das Albvorland und Ober- schwaben, während der Muschelkalk ihn nur mit parvula erreichen dürfte. In solchen Mengen wie parvula zuweilen an Albfelsen, lami- nata, biplicata, dubia und plicatula an Bäumen in den nördlichen Alb- thälern zu finden ist, traf Verfasser nur plicata am Bodensee. Die Clausilien gehören mit Pupa avenacea und secale recht eigentlich zur Albfauna. Sie sind für die Alb ebenso charakteristisch wie T. hortensis fürs Neckargebüsch oder Z7'-nemoralis für die Stuttgarter Weinberge. Die Albexemplare zeichnen sich vielfach durch eine abgesprungene Epidermis aus, welche der Schale ein graues, verwittertes Ansehen giebt. Sodann sind sie festschaliger als die Clausilien der Lias- und Keupergegenden. Die letzteren haben frischere Farben, stärkeren Glanz und dünnere, oft durchscheinende Schale, ohne die kräftige weisse Lippe der Alb-Clausilien. Am deutlichsten sind die Unter- schiede an laminata und dubia wahrzunehmen. Cl. dubia vom Neckar- thal hat mit einer solchen vom Schwarzwald grössere Ähnlichkeit als mit einer Älblerin. CI. parvula des Keupers ist vielfach grösser als die der Jurafelsen, umgekehrt dubia des Albabhangs grösser und kräftiger als solche von den Weidenstämmen des Neckarthals. Suceinea DRrAPARNAUD. 1. S. putris L. (= amphibia Drar.) und 2. S. oblonga Drar. sind aus dem ganzen Gebiete bekannt, die erstere gemein, die letztere wahrscheinlich nur wegen ihrer Kleinheit und ihres Verborgenseins weniger bemerkt, aber sowohl am Wasser als an trockenen Orten anzutreffen. Mitunter steigt oblonga an Bäumen auf und ist dann mit Schmutz bedeckt, der sich im Versteck der Schnecke an die Schale angeheftet hat. Schwarz- waldfundorte für putris sind Wildbad und Neu-Bulach, für oblonga Neu-Bulach. 3. 8. Pfeifferi Rossm. teilt mit den beiden anderen Arten des Genus das Verbreitungsgebiet, ist aber vom Buntsandstein nicht be- kannt. Sie wird sich wohl noch dort finden, da sie Leumann auch aus dem badischen Schwarzwald anführt. In der Gestalt zeigen sich bei unseren Bernsteinschnecken mannigfache Verschiedenheiten. Man kann versuchen, die Formen unter den Baupon’schen Varietäten unterzubringen. Herr Cuessin hatte die Güte, unsere Neckarthailfinger Formen zu bestimmen und —_ UI — fand hierbei zu putris die var. Charpyi Baun., zu Pfeifferi var. recta Baup., zu oblonga var. elongata Cuess.; ausserdem giebt er in seiner Exk.-Moll.-Fauna p. 341 zur putris var. Charpentieri Dumont et Morr. auch Vaihingen (welches?) aus Württemberg an. Wir glauben, dass den Baunon’schen Varietäten keine grosse Bedeutung zukommt; wenn schon die Grenzen zwischen putris und Pfeifferi nicht scharf zu ziehen sind (vergl. dies. Jahresh. 1865. p. 188), wie sollen dann die Varietäten, unter welchen häufig Altersstufen im Spiele sind, auseinander zu halten sein? Nur bezüglich der oblonga var. elongata Cress. möchten wir eine Ausnahme machen. Sie ist nicht bloss um ein Bedeutendes grösser und kräftiger als die Zypica, sondern sie fand sich auch in ziemlicher Anzahl gesellig an sandigen Ufer- stellen des Neckars, wo nur diese Form in gleichalterigen Exem- plaren zu finden war, während die Normalform immer einzeln in allen Altersstufen da und dort im Gebüsch anzutreffen ist. Carychium Mürter. C. minimum Mirr., zahlreich in allen Anspülungen. An feuchten Orten, wie Ufern, lebt sie immer in grosser Anzahl an Steinen und Holzstückchen, und es fällt nicht schwer, lebende Exem- plare zu erhalten. Cyelostomus MoxtroRT. C. elegans Mürr. gehört dem Süden und Westen Europas an, findet sich entlang des Rheinthales an vielen Punkten. Der nächste Fundort ist Meersburg am Bodensee. Von dort mag das leere Ge- häuse stammen, das W. v. GmeLın im Bodenseeauswurf bei Friedrichs- hafen fand. ‘ Pomatias septemspiralis Raz. findet sich im Wutachthal, erreicht die Grenzen Württembergs jedoch nicht. Acme Hartmann. (Pupula, Carychium.) Von den kleinen Acmeen besitzt Württemberg 2 Arten, die glatte polita und die gestrichelte lineata. SECKENDORF (dies. Jahresh. 1846. p. 33) redet nur von der letzteren (Pupula lineata Fer.), und auch E. v. Martens (dies. Jahresh. 1865. p. 202) führt nur eine Jusca Mont. — lineata Drar. an. Es unterliegt aber darum keinem Zweifel, dass beide Autoren auch die polita mit einbegriffen haben, nicht nur deshalb, weil sie eben nur eine Art haben, sondern viel- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1894. 8 Ze m, mehr darum, weil polita die gewöhnlichere Species ist. Beide Arten sind wenig bekannt und zumeist aus Anspülungen nachgewiesen. 1. A. polita Harrm. wurde gesammelt in den Anspülungen der Waldach, der Nagold, des Neckars und der Schussen, ferner bei Urach, Hohenwittlingen, Zwiefalten und Mieterkingen bei Saul- gau. Am Uracher Wasserfall kann sie bei einiger Sorgfalt lebend im Mulm alter Bäume gefunden werden. Im Geniste der Uracher Bäche ist sie gewöhnlich, seltener in dem des Neckars, woraus wir schliessen, dass sie an der Alb verbreiteter ist als im Terrassenland nördlich derselben. 2. A. lineata Drar.' findet sich im Geniste des Neckars äusserst selten, häufiger in dem der Schussen. Andere Fundorte kennen wir bis heute nicht, da wir die Angaben SECKENDORF's und Martens’ (Ehingen, Wiesensteig, Stuttgart, Markelsheim und Mergent- heim) für polita in Anspruch zu nehmen geneigt sind. A. lineata wurde bis jetzt nördlich des Mains nicht gefunden; in den An- schwemmungen bei Stein a. Rh. ist sie häufiger als polıta. Ihr Verbreitungsgebiet reicht weiter nach Süden als das der vorher- gehenden Art. Ill. Die Verbreitung der Wassermollusken im allgemeinen. Unsere für die Landmollusken zweckmässige Zoneneinteilung können wir für die Weichtiere des Wassers nur zum Teil festhalten. Wassertiere sind an ihr Element gebunden, und ihre Verbreitung ist von der Verteilung des Wassers abhängig. Da aber auch Wasser- behälter von der geringsten Ausdehnung, wie einzelne Tümpel, schmale und seichte Wiesengräben oder Feldbrunnen, auch wenn sie während kurzer Perioden eintrocknen, von Mollusken bewohnt werden, so ist ihre Verbreitung doch eine allgemeinere, als man auf den ersten Blick vermuten möchte. Wenn zwischen Meeres- und Süsswassermollusken die chemische Beschaffenheit des Wassers die Grenzlinie zieht, so greift in die letzteren die mechanische Bewegung des Wassers scheidend ein. Weitaus der grösste Teil unserer Wassermollusken ist nur befähigt, entweder im stehenden oder in fliessendem Wasser zu wohnen. ı Mündlichen Mitteilungen des Herrn Dr. K. Flach in Aschaffenburg zu- folge, der die tertiären Arten des Genus Acme zum Gegenstand einer Unter- suchung gemacht hat (Ber. d. Wetterau. Gesellsch. f. d. ges. Naturk. zu Hanau, 1887-1889), dürfte unsere lineata die sublineata ANnDR. sein, — 15 — Wir erhalten demnach zwei Gruppen: eine des stehenden Wassers, Teichschnecken und Teichmuscheln, und eine des fliessenden Wassers, Flussschnecken und Flussmuscheln. Nur wenige Arten vermögen es, den verschiedenen Bewegungsgraden sich anzupassen, nicht ohne indes solchergestalt sich zu verändern, dass die veränderten Lebens- bedingungen schon in der äusseren Gestalt zum Ausdruck kommen (vergl. die Flussformen der Anodonten). Die grössere Hälfte unserer einheimischen Arten (Limnaea, Physa, Planorbis, Anodonta) hält sich an stehende Wasser, und nur eine beschränkte Artenzahl (Ancy- lus, Neritina, Unio) bewohnt die Flüsse. Wir haben demnach die zahlreichste und dichteste Molluskenbevölkerung da zu suchen, wo die Bedingungen zu stehenden Gewässern gegeben sind (Oberschwaben). Aber auch den Flussbewohnern weist die Bewegung des Wassers ihre Wohnplätze an. Unsere Alb- Keuper- und Schwarzwaldflüsse, ferner der Neckar in seiner oberen Hälfte haben ein sehr starkes Gefäll und führen dementsprechend grosse Mengen groben Gerölls, dass den Mollusken eine Ansiedelung nahezu unmöglich gemacht ist und nur die dickschalige Unio batavus sich ständig dort aufzuhalten vermag. Erst im ruhigen Unterlauf des Neckars, ferner in der Donau und in den gemächlich in zahllosen Windungen dahinschlängelnden Muschelkalkflüssen (Enz, Kocher, Jagst, Tauber) finden die Schal- tiere wieder annähernd dieselben Verhältnisse wie in den stehenden Gewässern und siedeln sich demzufolge auch dort in grösserer Arten- zahl an. Aber auch dort meiden sie die Strömung und ziehen sich in die stillen Buchten mit ihrem ruhigen Wirbel, ihren Sand- und Schlammbänken zurück. Mithin haben wir erst wieder im Norden unseres Landes eine Molluskenbevölkerung zu suchen, die an Dichtig- keit derjenigen Oberschwabens am nächsten steht, ohne sie indes zu erreichen. Ausgleichend zwischen der Zone des starken Gefälls und der des ruhigen Unterlaufs treten in der ersteren die Altwasser an die Stelle der ruhigen Buchten und beherbergen eine Molluskenbevölke- rung, die in ihrem Reichtum sich auffallend von der des mollusken- armen Flusses unterscheidet. Neben der mechanischen Bewegung ist die chemische Beschaffen- heit des Wassers von grossem Einfluss auf seine Weichtierbevölkerung. Beobachtungen über die Gestaltung des Molluskenlebens in salz- oder eisenhaltigem Wasser liegen aus unserem Gebiet nicht vor; ebensowenig sind wir über die Fauna derjenigen Gewässer unter- . richtet, in welchen Kalkarmut der Quellformationen als nächstliegende 8*+ —".116 — Ursache etwaiger Abänderungen angenommen werden müsste. In bezug auf den Kalkgehalt dürften sich übrigens bei unseren Flüssen nördlich der Donau keine solchen Unterschiede ergeben, die in der Molluskenbevölkerung zum Ausdruck kämen. Von einschneidender Wichtigkeit sind für das Gedeihen der Weichtiere des süssen Wassers diejenigen chemischen Veränderungen ihres Lebenselementes, welche durch seine Bewegung und durch den Einfluss der Wasserpflanzen hervorgerufen werden. Im fliessenden Wasser bleibt infolge der sich stets erneuernden Berührung mit der Atmosphäre der Kohlensäure- gehalt gleich, und die Uferpflanzen vermögen nicht, die Zusammen- setzung des Wassers zu ändern. Anders in stehenden Gewässern. Dort machen sich grosse Unterschiede bemerkbar, wenn durch Zu- fluss von Quellwasser und durch Abfluss die schädlichen Einflüsse der Sumpf- und Wasserpflanzen gehoben werden, oder wenn im völlig stagnierenden Teich die Wasserpflanzen die Oberherrschaft gewinnen. Am schlimmsten gestalten sich für die Weichtiere die Verhältnisse in solchen Behältern, wo der Zufluss frischen Wassers fehlt. Dort gelangen die Wasserpflanzen so zur Macht, dass sie das Weichtier- leben schwer schädigen und endlich gar unmöglich machen. Sie halten nicht bloss das Licht ab und erzeugen jährlich so viel Humus, dass eine Versumpfung und schliessliche Vertrocknung des Wasser- behälters eintreten muss, sondern sie mischen dem Wasser mit ihrer Zersetzung so viel Humussäure bei, dass die Tiere nicht mehr im stande sind, beim Ernährungsprozess die Säuren vom Kalk zu schei- den. Unter diesem Einfluss werden die Tiere krank, und die Krankheit drückt sich in der Grösse, Gestalt, Stärke und Farbe der Schale aus. Diesbezügliche Beobachtungen lassen sich im seen- und moor- reichen Oberschwaben, aber auch an den Altwassern des Neckars machen. Wird beispielsweise ein Seitenarm eines Flusses bei Re- gulierungen vom Hauptbett abgetrennt und den Angriffen der Pflanzen- welt überliefert, so verschwinden zunächst die Unionen, die Anodon- ten erhalten eine düstere Farbe, werden dünnschaliger, bilden sich in die verlängerten Formen mit engen Jahreszuwachsstreifen um, die Wirbel werden angefressen, das Perlmutter fleckig, in den Tieren treten Schmarotzer auf, die Vermehrung nimmt ab und hört endlich ganz auf. „Die Umwandlung der Formen hält gleichen Schritt mit der Umwandlung der Altwasser“ (Cressın, Studien ete.). Am längsten halten es Limnaea stagnalis L., Planorbis carinatus in der var. dubius Hrım., Bythinia tentaculata L., Sphaerium corneum L. und Calyeulina lacustris MüLL. aus. Die Schalen der Schnecken sind — 17 — im letzten Stadium der Umwandlung über und über mit Algen be- deckt. Wir haben hier eine ganz ähnliche Erscheinung wie bei Land- schnecken im feuchten, dunkeln, humusreichen Hochwald (vergl. Arionta arbustorum var. diaphana). Wie dort sind auch hier die krankhaften umgebildeten Formen als selbständige Arten und Varie- täten beschrieben worden. Wir zählen zu solchen aus Württem- berg: Limnaea stagnalis var. turgida MEnkE, L. palustris var. turri- cula Heıv, Planorbis carinatus var. dubius Hrrm., Anodonta mutabilis var. cellensis SCHROET., var. rostrata Kor., Unio pictorum var. ro- strata Mich. Für die Verbreitung der Wassermollusken kommt als dritter Punkt der Umstand in Betracht, dass einzelne Species Wasserbehälter von bestimmten Dimensionen bevorzugen, während andere in dieser Beziehung keine Ansprüche machen. Insbesondere sind es kleine Schnecken wie Limnaea truncatula MüLL., peregra Mürr., Physa hypnorum L., Planorbis rotundatus Por. und die Pisidien, welche vorzugsweise kleine Behälter bewohnen. Ihnen ist daher eine weitere Verbreitung möglich als den Arten, welche grösserer Wassermengen bedürfen. Es sei uns gestattet, für die Wassermollusken die nachfolgenden 6 Zonen vorzuschlagen, die sich zum Teil mit den Landschnecken- zonen decken: 1. Der Schwarzwald, wenig bekannt, arm, auch die Hochseen aus bis jetzt nicht bekannten Gründen molluskenleer; 12 Arten. 2. Das untere Neckar- und Taubergebiet (Nord-Unterland), das Gebiet der ruhigen Flüsse, das sich mit dem nördlichen Muschel- kalkgebiet deckt. In diese Zone fällt der Neckar von der Enz- mündung an, die untere Enz, der untere Kocher, die Jagst von Crailsheim an und die Tauber. Ihr eigentümlich sind: Neritina flu- viabilis L., Unio tumidus PuL., Sphaerium rivicolum Leach, Dreis- sena polymorpha Par. Sie ist das südliche Grenzgebiet einer durch Mittel- und Norddeutschland sich erstreckenden Fluss- und Seen- zone, mit welcher sie durch den Rhein (Neckar) und Main verbun- den ist; 40 Arten. 3. Das obere Neckargebiet, das Gebiet des starken Flussgefälls das ungefähr das Keuper- Lias- und südliche Muschelkalkgebiet um- fasst. In den Flüssen selbst ist das Geschiebe derart in der Über- macht, dass nur die Unio batavus Lam. in ihren mannigfachen Formen und in kleinen Bächen der Ancylus fluviatilis MürL. zu den stän- digen Bewohnern zählen können, während die anderen Arten sich — 18 — mehr in die Altwasser zurückgezogen haben, wo sie vielfach ver- kümmern; 38 Arten. 4. Die Alb. Wie ein Grenzwall schiebt sich die Wasserscheide am Nordwestrand des Plateaus zwischen die beiden von Wasser- mollusken bewohnten Gebiete, die wir als oberschwäbisches und niederschwäbisches bezeichnen können. Jede Verbindung ist auf der ganzen Linie von der Prim und Elta an bis zur Brenz unterbrochen. Die Hochfläche selbst ist höchstens von einigen Limnaeen (peregra und Zruncatula) und Pisidien bewohnt; in den Thälern aber, ins- besondere in denen der langsam fliessenden Donauzuflüsse, nimmt die Wasserfauna zu. Am tiefsten lässt das Brenzthal die Wasser- mollusken aus dem Donauthal in die Alb eindringen und die Wasser- scheide nahezu erreichen. Aber erst im Thal der Wörnitz und der Eger gelingt es den Wassermollusken aus der bayrischen Hoch- ebene, den Jura durchsetzend, an den Nordfuss unserer Alb zu kom- men (Vw. vera v. Frrıo. bei Bopfingen). Der Alb eigentümlich sind die frischen, kalkhaltigen Quellen, zu welchen der Ancylus fluviatilis aufsteigt, und die Wasserhöhlen, in welchen die Vitrellen ihre weiteste Verbreitung haben dürften; 29 Arten. 5. Oberschwaben, das Gebiet der träg fliessenden Bäche, der stehenden Gewässer aller Art und der Torfmoore, mit der dichtesten Wassermolluskenbevölkerung. Heimat der Amphipeplea glutinosa Mürr., Valvata alpestris Br., Bythinella alta Cuess. und der zahl- reichen Umbildungen anderer Arten, welche sich als Lokal- und Krankheitsformen erweisen, die sich in den alle Übergänge von dem mit Quellwasser versorgten Weiher (z. B. Lindenweiher bei Unter- essendorf) bis zum trockenen Torfmoor darstellenden Wasserbehältern erzeugen; 40 Arten. 6. Der Bodensee, die Zone der Alpenseen, Heimat der um- gebildeten Seeformen und der Tiefenfauna; 17 Arten. Die in der Schweiz gelegenen Seen einschliesslich des Boden- sees sind durch Dr. F. A. ForeL in Morges einer systematischen Untersuchung mit dem Schleppnetz unterzogen worden. Diese hat das merkwürdige Ergebnis geliefert, dass in den grössten Tiefen noch Mollusken leben, welche dort ein kümmerliches Dasein führen. ForEL teilt die Fauna der Seen in eine Uferfauna, eine pelagische Fauna und eine Tiefenfauna. Die Tiere der Uferfauna halten sich an der Oberfläche des Wassers bis zu einer Tiefe von 4—D m auf.. Von Mollusken rechnen — 119 — wir hierzu aus dem Bodensee: Limnaea stagnalis var. bodamica CLess., L. tumida Hrrm., L. mucronata He var. rosea GarL., L. palustris var. flavida Cuess., Planorbis deformis Hrrm., Valvata antiqua Sow., Anodonta mutabilis var. lacustrina Cuess. Sie schliessen sich enge an die Fauna der übrigen Gewässer des Landes an und sind meist nur eigentümliche Varietäten. Die Seeformen der Uferfauna zeichnen sich bei den Limnaeen durch weissliche Tiere, kleine, feste, nahezu schneeweisse Schalen mit kurzem Gewinde und grosser Neigung zu Missbildungen aus, bei den Valvaten durch verlängertes Gewinde und feste Schale, bei den Anodonten durch verkürzte Gestalt, geringere Aufgeblasenheit und dicke Schale. Sie bilden sich jedoch nur an solchen Uferstellen, wo die eigentümlichen Verhältnisse des Sees zur vollen Wirkung kommen: hoher, sich gleichbleibender Kalkgehalt, sandiger Grund mit wenig Wasserpflanzen, kräftiger Wellenschlag, welcher die Tiere nötigt, sich an Steinen oder im Schlamme fest- zuhalten, Wechsel der Temperatur nach den Jahreszeiten und des Wasserstandes um 2—35 m zwischen Sommer und Winter. Die Lim- naeen werden von den Wogen gezwungen, sich an Steinen oder am Boden festzusaugen und sich auf möglichst kurzen Raum zusammen- zuziehen; dieses Verhältnis bedingt die Verkürzung ihres Gehäuses. Die Valvaten dagegen, die auf dem Schlamm leben, müssen sich strecken und in den Schlamm eingraben, wenn sie Halt gewinnen wollen; hierdurch wird eine Verlängerung des Gehäuses veranlasst als Folge desselben Kampfes gegen den Wellenschlag. In demselben Grade, ın welchem die Verhältnisse der Seeufer denen anderer ober- schwäbischer Seen sich nähern, gleichen auch die Mollusken der Bodenseeufer denjenigen genannter Gewässer. In ruhigen, bewach- senen und abgeschlossenen Buchten leben solche Formen, welche den normalen nahestehen. Sie rechnen wir nicht zu den Seeformen. Auch sind selbstverständlich diejenigen typischen Formen auszuschei- den, welche von Zuflüssen in den See geführt werden (Ancylus, Physa, Unio). Die Mollusken der Uferzone sind schwer lebend zu bekommen; leere Schalen werden von den Wogen in Menge aus- geworfen und manchmal in langen Dünen abgesetzt. Zur pelagischen Fauna stellen die Mollusken keine Vertreter. Die Tiefenfauna umfasst die Tiere, welche auf dem Seeboden in Tiefen von 20—25 m an bei starkem Wasserdruck in geringer aber gleichmässiger Temperatur, ohne Licht in unbewegtem Wasser bei spärlich gebotener Nahrung leben. Nach Cressın (Moll.-F. für Östr.-Ung. p. 768 ff.) sind bis heute aus sämtlichen Alpenseen, ein- — 20 — schliesslich der oberbayrischen, 23 Arten bekannt geworden. Sie zeichnen sich durch geringe Grösse, eigentümliche Gestalt und grosse Dünnschaligkeit aus. Auf den Bodensee entfallen nur 3 Arten aus dem Genus Pisidium: P. profundum Cı., Foreli Cı., demissum Cr. IV. Die Verbreitung der Wassermollusken im einzelnen. A. Schnecken. Limnaea Lamark. 1. L. stagnalis L. ist überall zu finden, wo die Teiche gross genug zu ihrer Aufnahme sind. In Oberschwaben hat sie ihre dichteste Verbreitung, findet sich aber auch regelmässig in den Alt- wassern und Teichen Niederschwabens. Alb: Zwiefalten, Neresheim OA.-Beschr. ; Schwarzwald: auf Granit bei Röthenberg — E. v. MARTENS. Sie ist die zäheste der grossen Limnaeen, hält’s noch in den faulsten Altwassern aus, erleidet aber darum auch die mannigfaltigsten Ab- änderungen. Die aus Württemberg bekannt gewordenen „Varietäten“ sind folgende: var. producta Coup., längste Form, Gewinde sehr schlank, erst der letzte Umgang mehr aufgeblasen und winklig: Federsee, Wolfegg. var. angulosa ÜCuess., festschalig, Gewinde verkürzt, Umgänge stark gewölbt; die Form kalkreicher Gewässer: Ludwigsburg, Münchingen, Heilbronn, Waldmannshofen, Ulm, Leutkirch. var. ampliata Cuess., dünnschalig, Gewinde sehr spitz, letzter Umgang sehr erweitert, nicht winklig: Heilbronn, Waldsee, Federsee, Oberessendorf, Leutkirch. var. turgida MEnkE, dünnschalig, Gewinde kurz, spitz kegelförmig, Mündung eiförmig; die Form stagnierender Altwasser des Neckars, welche dem Aussterben der Art vorangeht: Tübingen, Neckarthailfingen, Pfauhausen. var. bodamica Cuess., fest, dickschalig, Gewinde ungewöhnlich zu- sammengeschoben, die beiden letzten Umgänge bauchiger, un- regelmässig gewinkelte und verbogene Mündung; charakte- ristische Bodenseeform. 2. L. auricularia Drar. schliesst sich in ihrer Verbreitung an die vorige Art an; wir haben jedoch vom Schwarzwald keine Nachricht über sie; auf der Alb bei Zwiefalten und Heidenheim. In den Altwassern des oberen Neckars ist sie eine Rarität; sie fehlt — 21 — gänzlich den geschlossenen, völlig stagnierenden Altlachen und findet sich nur spärlich und in kleinen Exemplaren in solchen, die frischen Zufluss haben. Gegen die Versumpfung ihres Wohnorts ist sie viel empfindlicher als stagnalıs. Es mag das mit eine Ursache davon sein, dass wir aus unserem Gebiet wenigstens keine Varietäten kennen. Im Bodensee freilich finden sich Limnaeen in grosser Menge, die als abweichende Formen der auricularia erscheinen. Sie werden aber von Cıessın unter ampla Harım. und tumida Herrn als selb- ständige Species aufgestellt. Die typische auricularia ist selten im Bodensee und zeigt grosse Neigung zu Abänderungen. Vielleicht ist zu. auricularia die var. angulata Harrm. des Bodensees zu stellen, sofern dieselbe mit contracta KoBELT identisch ist. 3. L. ampla Harru. tritt vereinzelt auf. Ihr Vorkommen bei Heilbronn zwar steht mit der Verbreitung der Art am Rhein in Verbindung; dagegen wird sie aus Oberschwaben nur von der Donau bei Ehingen und vom Bleichergraben bei Ulm angegeben ', wogegen sie BAcHMann aus Südbayern nicht nennt. Im Bodensee leben Formen, die zu ampla gezogen werden; doch scheint die iypica gegen die var. Monardi Harrm. und Hartmanni CHarp. zurückzutreten. 4. L. tumida Her ist eine typische Bodenseeschnecke, die sich sonst nur im Starnberger See findet. Im Kampfe mit dem Wogenschlag nimmt sie unregelmässige Gestalten an. Es bleibt übrigens bei vielen Bodensee-Limnaeen zweifelhaft, bei welcher Art sie unterzubringen sind. Die Grenzen sind durch Nebenformen und Missbildungen derart verwischt, dass es vielfach der subjektiven Laune überlassen bleibt, wie das gesammelte Material auf die zahl- reichen, oft ineinander übergreifenden Varietäten verteilt werden will ?. iı Leydig führt Z. ampla auch in der Fauna Tübingens auf. Wir selbst haben im obern Neckarthal keine Spur von ihr bemerkt und ihr sonstiges Ver- halten spricht nicht für das Vorkommen daselbst; da aber Leydig die ovata, die überall im Neckarthal gemein ist, nicht nennt, vermuten wir, er habe ovata für auricularia und auricularia für ampla angesehen. In der von ihm bezeich- neten Blaulache lebt thatsächlich auricularia. 2 Zur Charakterisierung der Bodensee-Limnaeen setzen wir aus den brief- lichen Mitteilungen eines eifrigen Sammlers, der Jahrzehnte lang an den Ufern des Untersees sammelte, unseres Tauschfreundes, des leider inzwischen verstorbenen B. Schenk in Stein a. Rh., folgende Stelle hierher: „Hat man nur wenige Exemplare in Händen, so fällt es nicht schwer, das eine oder andere Stück genau zu bezeichnen; hat man aber viele, so geht es schon schwieriger, da die Formen ineinander übergehen. Ich habe z. B. L. bodamica, die von einer lagotis oder auch auricularia kaum zu trennen sind. Noch schwieriger geht es bei L. auri- — 12 — 5. L. mucronata Her» ist in der typischen Form aus dem Bodensee bis jetzt nicht bekannt geworden; dagegen lebt im See die var. rosea GaLLenst. Am württembergischen Ufer wurde auch sie, wie es scheint, noch nicht gefunden, doch sammelte sie Ver- fasser am Südufer bei Arbon. 6. L. ovata Lam. gehört dem ganzen Gebiete an, selbst dem Schwarzwald (Wildbad, Teinach) und den Quellgebieten der Alb- füsschen. Sie liebt frischen Wasserfluss und bewohnt daher gerne Wiesenbäche oder frische Teiche, meidet die eigentlichen Moore und die faulen Altlachen. In Grösse und Form ist sie sehr veränderlich ; aus unserem Gebiet ist jedoch nur die var. patula Da Costa von Unterkirchberg bekannt geworden. Im Bodensee ist ovata durch mucronata vertreten; die var. Huminensis Cuess. findet sich übrigens auch bei Stein a. Rh. im Seeauswurf. 7. L. peregra Mürr. fehlt in keiner Zone (Schwarzwald: Schön- münzach, Oberthal, Neubulach; Alb: Steinheim, Hengen, Münsingen, Berghülen), hält sich an Gräben, Tümpel und Torfmoore, auch wenn diese zeitweise austrocknen. Wie alle Limnaeen nehmen sie die Farbe ihrer Umgebung an. Die Exemplare der Alb sind bauchig, gross und festschalig, die der Torfmoore klein und dünnschalig. Vom Kienleswald bei Stuttgart stammt die var. elongata Cuess. Im Bodensee- auswurf finden sich zuweilen kleine, festschalige L. peregra; doch zweifelt Cressin noch, ob die Art ım See selbst lebt. 8. L. palustris Mörr. wird auffallenderweise aus dem unteren Neckargebiet nur von Heilbronn angegeben. Aus dem inneren Schwarz- wald ist sie nicht bekannt, dagegen aus dem Nagoldthal (Thalmühle). Die Alb hat sie bei Winterlingen, im Blauthal, Heidenheim, Itzel- berger See und Neresheim. WemtrAann (dies. Jahresh. 1876. p. 332) sagt zwar, sie scheine nie auf Gebirgen zu leben und selbst bei Urach sei es ihr noch zu kalt. Wir besitzen sie jedoch zahlreich aus einem Ermsaltwasser, in welchem Wemrann selbst andere Wasser- cularia, ampla, tumida, mucronata. Bei jedem neuen Zuwachs stellen sich auch neue Formen ein, so dass man unwillkürlich fragen möchte: Welcher von den Autoren hat recht? Nach meiner Ansicht könnte man die Bodenseeformen unter einem Namen zusammenwerfen, ähnlich wie bei den Anodonten und nur die Formen auseinanderhalten. Was mich hierzu bestimmt, bezieht sich nicht nur auf Form und Grösse, sondern vielmehr auf die verschiedene Stellung der Spindel und die Drehung derselben. Schon bei L. bodamica kann man ganz verschiedene Drehungen der Spindel beobachten, welche Erscheinung dem Gehäuse ganz andere Merkmale aufprägt.“ Se schnecken sammelte '. In Oberschwaben lebt sie in mehreren Formen, Nächst stagnalis ist palustris unsere veränderlichste Schlammschnecke. Wir zählen aus unserem Gebiet folgende Varietäten auf: var. corvus GMEL., sehr gross, dickschalig, meist gitterförmig ge- rippt; Form frischer Teiche; nur in Oberschwaben: Federsee, Lindenweiher bei Essendorf, Ebenweiler bei Saulgau, Schussen- mündung; im Bodensee nur zugeschwemmt. var. Zurricula He, klein, spitzes, turmförmiges Gewinde, dünn- schalig; nach Cuessın Form der Torfmoore, aus Oberschwaben nicht angegeben; in einem moorigen Graben bei Neckar- thailfingen. var. fusca C. Preirrer, mittlere Grösse, dünn, durchscheinend; Form kleiner Gräben mit langsam fliessendem Wasser: Tübingen, Neckarthailfingen, Mieterkingen bei Saulgau. var. flavida Cuess., ziemlich klein, sehr starkschalig, Gewinde ver- kürzt; Bodensee. Hierher gehört auch var. peregriformis MiLLER aus dem Bodensee. 9. L. truncatula MürL. (Limnaeus minutus Drar.), im ganzen Lande verbreitet (Schwarzwald: Neubulach). Sie wohnt am gernsten an Quellen, sodann in Wassergräben, Pfützen und Teichrändern, auch wenn dort die Gefahr des Eintrocknens droht, nie aber in faulen Altwassern, und wie es scheint, auch nicht in Torfinooren. Im Bodensee ist sie vereinzelt anzutreffen und wird dort ziemlich gross und festschalig. Auffallend grosse, bis 11 mm lange Exem- plare von Hohenwittlingen nennt Wertann var. Wiltlingensis (dies. Jahresh. 1876. p. 330 ff.). Amphipeplea Nırson. A. glutinosa Mürr. gehört dem Nordwesten Europas an und geht in Deutschland südlich bis zur Donau. Allenthalben ist sie ! Wasserschnecken sind in ihren Wohnorten viel unbeständiger als Land- schnecken, weil sie den Wirkungen der Trockenheit wie des Hochwassers aus- gesetzt sind, welche die Tiere an einem Ort rasch verschwinden, am andern ebenso schnell wieder erstehen lassen können. Daher sind an manchen Orten auch nur unausgewachsene Exemplare, Glieder einer jungen Kolonie, zu finden, und dieses Verhalten hat schon Veranlassung gegeben, dass nichterwachsene Individuen als Varietäten aufgestellt wurden, wozu die Limnaeen wie der Ancylus deshalb gerne verleiten, weil bei ihnen die Form der Mündung, sowie die Gestalt und Lage der Gehäusespitze und ihr Verhältnis zu den übrigen Teilen des Ge- häuses auf den verschiedenen Altersstufen verschieden ist und am Mundsaum selten erkannt werden kann, ob die Tiere ausgewachsen sind oder nicht. — 14 — eine Seltenheit. Sie wurde im Württemberg im Jahre 1859 im Gögglinger Ried von GuTEkunsT gefunden, seitdem aber hat sich ihre Spur wieder verloren. Cressin fand sie bei Dillingen und Regensburg. Physa Drararnaun. Ph. fontinalis L. liebt Quellen, ruhige aber frische Bäche, klare Altwasser und Teiche. Im Bodensee fehlt sie, breitet sich aber über Oberschwaben aus und bewohnt selbst kalte Quellen und Altwasser der Albflüsschen (Aachquelle bei Zwiefalten, Blau, Erms- altwasser bei Urach). Im Unterland ist sie seltener (Rottenburg, Ammer, Buchenbachthal bei Winnenden, Mergentheim, Brackenheim OA.-Beschr.), da das äusserst zarte Schneckchen die Flüsse und stagnierenden Altwasser meidet. Aplexa Fremmme. A. hypnorum L. Zieht, entgegen der vorigen Art, moorige Orte, wie Gräben, einsame Waldtümpel und Altwasser vor, doch dürfen. letztere nicht faul sein. Im Bodensee lebt sie nicht, wird aber manchmal eingeschwemmt; in Ober- und Niederschwaben nicht selten, gern mit L. peregra zusammen, jedoch nicht so gemein wie die Limnaeen; auf der südlichen Alb bei Hundersingen ; im Schwarz- wald nicht. Planorbis Guerrraro. Die Planorben haben in unserem Gebiet nicht dieselbe all- gemeine und dichte Verbreitung wie die Limnaeen. Sie fehlen den Gebirgen, auf welchen die Limnaeen wenigstens noch mit 3 Arten vertreten sind. Vom Schwarzwald ist nur Pl. albus MürL. von Neu- Bulach nachgewiesen (rotundatus und contortus auch im Geniste der Waldach), und von der Hochfläche der Alb nennt Wemrann keine Tellerschnecke. In den Thälern der Alb ist das freilich anders. Die starken, teichähnlichen Quellen und der langsame Lauf der meisten Flüsschen der Donauseite gewähren auch etlichen Planorben Aufenthalt. So nennt E. v. Martens aus dem Blauthal Pl. margı- natus und contortus, von Zwiefalten marginatus, carinatus und albus, von Winterlingen carinatus und rotundatus. Cuessn führt von Schelk- lingen Pl. marginatus var. submarginatus Jan. auf und WEINLAND ' Die V.-S. besitzt aus der Aachquelle bei Zwiefalten:. Limnaea ovata, Physa fontinalis, Planorbis contortus, von Zwiefalten ohne nähere Angabe L. truncatula, von der Zwiefalter Höhle Anc. fluviatilis var. Sandbergeri WIEDERSH. — 15 — vom Ermsthal Pl. contortus und spirorbis MüLL. — rotundatus Poir. Die OA.-Beschr. von Neresheim endlich giebt Pl. marginatus Drar. an. Es wird anzunehmen sein, dass die Schnecken nicht immer in den Quellen und Flüssen selbst leben, sondern auch kleine Altwasser und korrespondierende Gräben, wie sie sich im oberen Erms- und Brenzthal finden, bewohnen. Von allen Planorben liebt contortus am meisten die Quellen; carinatus und marginatus beanspruchen wärmere und bewachsenere Orte. Im Bodensee verschwinden die Planorben nahezu neben den zahllosen Limnaeen. Von den grösseren Arten gehört nur carinatus dem See selbst an, von den kleineren ist deformis ihm eigentüm- lich; alle anderen meiden das stark bewegte Wasser. Pl. corneus L. hat sein hauptsächlichstes Verbreitungsgebiet im Tiefland, geht aber im Rheinthal aufwärts bis Breisach und hält in Mitteldeutschland ungefähr die Mainlinie ein. In Württemberg wollte ihn Kıees in der Tübinger Gegend und am Uracher Wasser- fall gesehen haben. Seine Angaben erhielten sich in der Litteratur lange, bis E. v. Marrens 1865 die Kuees’schen Irrtümer als solche nachwies. Im neuesten Verzeichnis in „Das Königreich Württem- berg 1882“ fehlt corneus; möglich ist es aber immerhin, dass er unserer Fauna angehört, welcher er vom Rheinthal aus könnte zu- geführt worden sein. Es lässt sich aber von keinem Punkt nach- weisen, weil gerade diese Schnecke bei Besitzern von Aquarien in hoher Gunst steht und von ihnen geflissentlich an mehreren Punkten ausgesetzt wurde, wo sie sich zum Teil bis heute erhalten hat (Tümpel bei Tübingen, Teich im botanischen Garten in Tübingen, Tümpel auf der Stelle bei Stuttgart, Teich bei Öffingen OA. Cann- statt, bei Heilbronn). Möglich, aber nicht erwiesen, ist die Ur- sprünglichkeit seines Vorkommens in einem Teich bei Maulbronn (E. v. Martens) — Beziehungen zum Rheinthal — und bei Mergent- heim (V.-S.) — Beziehungen zum Mainthal. 1. Pl. marginatus Drar. wird in den OA.-Beschr. mehrfach, die folgende Art jedoch nur einmal (Laupheim) genannt. Es dürfen aber daraus keine Schlüsse auf die Verbreitung beider Arten gezogen werden, vielmehr ist es ein Beweis dafür, dass beide oft verwechselt werden, wozu ihre Ähnlichkeit und der Umstand beiträgt, dass carinatus den Kiel nicht immer in der gleichen Lage festhält sondern denselben gegen die Unterseite rückt (var. dubius Harrm.), wodurch er sich dem marginatus nähert. Pl. marginatus Drar. fehlt dem Bodensee (allenfalls am Ufer gefundene Stücke sind eingeschwemmt), ist aber in ganz Ober- schwaben bis in den Unterlauf der Albflüsschen verbreitet. Im oberen Nekcargebiet tritt er nach den Beobachtungen des Verfassers gegen —. 226. — carinatus zurück und kommt erst wieder von Cannstatt an zur Geltung. Von Schönthal giebt ihn WeEmrann an; von der Tauber- gegend wird er nicht genannt. var. submarginatus Jan.: Schelklingen, Schwenningen. 2. Pl. carinatus Mürr., allgemein verbreitet, hält sich mit L. stagnalis in den Altwassern de Neckars am längsten Im Sammel- gebiet des Verfassers ist er die gemeinste Wasserschnecke, da er neben den Altwassern auch Gräben und Teiche bevölkert. Er ver- liert aber in den humus- und pflanzenreichen Behältern die nor- male Gestalt und tritt m der für Torfmoore charakteristischen var. dubius Harrm. auf. Diesem Umstand mag es zuzuschreiben sein, dass Levpig in der Fauna Tübingens carinatus nicht und nur margr- natus aufführt. Den letzteren trafen wir aber zwischen Tübingen und Plochingen nirgends in seiner typischen Form, wie sie in Ober- schwaben häufig ist. Wir fanden entweder den carınatus typ. oder die var. dubius. Selbst unsere Exemplare von der Blaulache bei Tübingen (dem Leyvie’schen Fundort) hat Herr Cressın als carinatus typ. bezeichnet. Exemplare aus Aich-Altwassern bei Neuenhaus be- stimmte derselbe Autor als echte marginatus ; aber auch sie haben nicht den typischen marginatus-Charakter, sondern rücken den Kiel von der platten Unterseite ein wenig gegen die Mitte und erhalten dadurch eine höhere, spitzere Mündung, als es bei reinen marginatus-Formen der Fall ist. 3. Pl. vortex L., weit seltener als beide vorhergehende Arten, selbst aus Oberschwaben spärlich angegeben: „am Bodensee“ v. SEcK; Warthausen, Buchau, in der Westernach, Erbach, Ulm; südliche Alb: Blauthal, Langenau. Aus dem oberen Neckargebiet erwähnt ihn Leyvıs von Tübingen, und von Rottenburg liegt er in der V.-S8.; wir haben jedoch unterhalb Tübingen noch keine Spur von vortex an- getroffen. Aus dem Schönbuch nennt ihn G. v. Martens 1830; ob er noch dort lebt, vermögen wir nicht anzugeben. Ein Fundort, lange Zeit bei Degerloch bestand, ist, soviel wir wissen, eingegangen. Unterland: Besigheim, Lauffen, Mergentheim. var. nummulus Hewn: Thalfingen bei Ulm, Cwessıv (Exk.-Moll.- Fauna p. 414). Pl. vortieulus Tr., var. charteus Hzıo wird von Cressın (Exk.- Moll.-Fauna p. 415) als „am häufigsten in Südbayern“ aufgeführt und unter den Mollusken der Torfmoore genannt (Pl. acies, dies. Jahresh. 1874. p. 165); aus dem württ. Oberschwaben ist er jedoch nicht bekannt. u af 4. Pl. rotundatus Poir. (— leucostoma Mich. — spirorbis SLAVIK, in den Verzeichnissen als Pl. spirorbis L. u. MüLLer aufgeführt, welcher nur in Norddeutschland vorkommt), bewohnt gerne seichte, bewachsene Gräben. Wenn er in solchen vom Wasser verlassen wird, schützt er sich durch einen weissen Deckel, mit welchem er die Mündung des Gehäuses verschliesst. Nach den Beobachtungen des Verfassers und nach den bekannten Fundorten ist er im Neckar- gebiet, wo er westwärts bis Nagold, südlich bis ins Seeburger Thal reicht, häufiger als in Oberschwaben, obwohl er zu den Schnecken der Torfmoore zählt. Auch im Tauber- und Jagstthal lebt er. 5. Pl. contortus L. liebt nur solche stehende Gewässer, welche frischen Zufluss haben, zeigt aber eine ziemlich gleichmässige und dichte Verbreitung in allen Gebieten. Er erreicht die Nagoldlinie und dringt in den Albthälern in die Quellregion (Ermsaltwasser ober- halb Urach, Blau bei Gerhausen, Aachquelle bei Zwiefalten). Weın- LAND und Mönıg trafen ihn in fliessendem Wasser; er verschmäht aber auch die Torfmoore Oberschwabens nicht. Eine durch geringere Anzahl aber grössere Breite der Win- dungen sich auszeichnende Form aus dem Jagstgeniste nennt WEn- LAND var. spondyloides. 6. Pl. albus Mürr. ist die einzige Tellerschnecke, die sich lebend auch im oberen Neckar findet. Sie hält sich an ruhigen Stellen gerne an Grasbüschen auf. Am häufigsten jedoch bewohnt sie stehendes Wasser, wenn es durch Zu- und Abfluss Bewegung hat. Von Nagold und Neu-Bulach geht sie ostwärts durch ganz Niederschwaben, das sie, wenn aus der Zahl der Fundorte ein Schluss zulässig ist, dichter bewohnt als Oberschwaben. var. lemniscatus Harrm. ist „nur aus einem Graben von Schelk- lingen“ bekannt (Cressm, Exk.-Moll.-Fauna p. 422). 7. Pl. deformis Harrm., eine an albus sich anschliessende sog. gute Art, gehört zur eigenartigen Fauna der grossen Seen am Nord- fusse der Alpen (Bodensee). Im Kampfe mit den Wogen erleiden die Schalen mancherlei Missbildungen. 8. Pl. glaber Jerrr. (— laevis MürL. — regularis Harte. — gyrorbis bei SECKENDORF 1834) ist in ganz Deutschland eine Selten- heit. Aus dem Süden nennt ihn Bachmann von Landsberg a. L., LeHnmann von 3 badischen Orten. Sein Vorkommen in Württemberg steht ausser Zusammenhang mit diesen Punkten. Er wurde von Hartmann im längst eingegangenen Spitalsee bei Stuttgart gefunden — 1383 — und 1866 von G. v. Martens der V.-S. von Münster bei Cannstatt übergeben. Es sind übrigens nicht vollendete Gehäuse. Pl. Rossmaessleri Ausrsw. führt LeamAann auch von Donaueschingen an; in unserem Gebiet ist er nicht beobachtet worden. 9. Pl. crista L. hält sich an Pflanzen stehender Gewässer. Es werden zu ihm von Cressın (Exk.-Moll.-Fauna p. 428 f.) sowohl die glatte var. nautileus L. (= imbricatus Drar.) als auch die ge- rippte var. cristatus Drar. (= imbricatus Müur.) gestellt und von der letzteren noch die Subvarietät spinulosus Cuess. mit scharf eckigem Kiel und Wulstrippen unterschieden. Trotz der wenigen Angaben aus unserem Gebiet über den winzigen Planorben ist doch die Synonymie schon so verwirrt, dass heute nicht mehr entschieden werden kann, welche Form die Autoren mit ihren Namen bezeichnen wollten. Wir berücksichtigen darum nur die Funde, auf welche die Cressiv’sche Nomenklatur angewendet ist und nennen: crista L.: Stuttgart, Heilbronn, Neckargenist bei Neckarthailfingen. nautileus L.: Stuttgart, Zipfelbach- und Buchenbachthal bei Winnenden. spinulosus Cuess.: Leutkirch, am Bodensee. SECKENDORF (dies. Jahresh. 1846. p. 37) giebt für seine beiden unter unsere crista L. fallenden Arten die Stuttgarter Umgebung und das Bodenseeufer an. Miırter (Schaltiere des Bodensees p. 7 f£.) fand seinen nautileus auch bei Essendorf. Pl. erista L. ist in Ober- schwaben wohl häufiger als die wenigen Funde bis heute vermuten lassen; er entgeht dem Sammler leicht, wenn nicht mit einem feinen Drahtsieb auf ihn Jagd gemacht wird. Bacumann hat die var. nau- tileus L. ziemlich häufig bei Landsberg a. L. gefunden. Zur eigent- lichen Bodenseefauna gehört er schwerlich, wohl aber kann er ruhige Lachen am Seeufer bewohnen. 10. Pl. complanatus L. (— fontanus Licar.) wird in den Ober- amts-Beschreibungen gar nicht genannt; wir vermuten, er sei von nitidus nicht unterschieden worden. Er liebt stehende, stark be- wachsene Altwasser, gehört nach Cressıw zur Fauna der Torfmoore, wurde aber in Oberschwaben nur in Anschwemmungen bei Langen- argen gefunden. Zwischen Tübingen und Plochingen findet er sich zahlreich in Altwassern, wird auch vom Geniste des Neckars gebracht; dagegen fand Verfasser, entgegen den Angaben Leyvie’s, der nur den nitidus aufzählt, diesen im Neckarthal nicht. Die Seckennorr’schen Fundorte in der Nähe Stuttgarts sind für diese, sowie für die vorher- gehende und nachfolgende Artinzwischen eingegangen; aber complanatus — 1299 — liegt vor vom Buchenbacherhofsee bei Winnenden, von Lauffen a. N., Mergentheim, einem Teich bei Plieningen und den Waldachanspü- lungen. 11. Pl. nitidus Mürr. soll in den Torfmooren selten sein. Er ist aus dem südlichen Oberschwaben nicht bekannt geworden, im nördlichen: Essendorf, Westernach (Mancorp), Saulgau und Scheer; aus dem oberen Neckargebiet: Rottenburg, Tübingen (Levvic). Gegen Norden häufen sich die Fundortsangaben, dass wir eine Verbreitung durch das ganze Niederschwaben annehmen dürfen. Pl. nitidus scheint nicht mit complanatus zusammenzuleben. Ancylus GEorrkor. 1. Anc. fluviatilis Mürr. ist ein charakteristischer Bewohner der kleinen, muntern Bäche, in welchen er manchmal volkreiche Kolonien bildet. Mit den Steinen, auf welchen er festsitzt, wird er von grösseren Fluten gewaltsam entführt, wobei er in den meisten Fällen seine Existenz einbüsst. Es gelingt uns daher selten, ihn länger als ein Jahr an einem und demselben Punkt beobachten zu können. Da er auch den grösseren Flussläufen angehört und anderer- seits Quellen, ja selbst Brunnentröge und Höhlen bewohnt, ist seine Verbreitung eine ziemlich allgemeine. Es dürfte nördlich der Donau kein Bächlein geben, in welchem er nicht irgend einmal auftritt. Er dringt in die Bergländer ein (Ziegelbach bei Neu-Bulach auf Bunt- sandstein) und steigt zu den Quellen auf (Fils- und Kocherursprung, Blautopf, Zwiefalter Höhle). Südlich der Donau nimmt die Zahl der Fundorte ab. Die Schnecke liebt offenbar das träge Moorwasser nicht. BacHmann hat sie bei Landsberg a. L. auch nicht gefunden. In den Bodensee wird sie eingeschwemmt. Grösse und Gestalt der Schnecke, die Lage der Gehäusespitze sind mannigfachen Veränderungen unterworfen, und dieser Umstand hat zur Aufstellung von Varietäten Veranlassung gegeben. Aus Württemberg zählen wir auf: var. gibbosum Boure.: Aichthal OA. Nürtingen; var. costatum F&r.: Eybach, Unter-Essendorf; var. Sandbergeri W1IEDERSHEIM: Zwiefalter Höhle; nach Cressiv (Exk.-Moll.-Fauna p. 439) eine unentwickelte Form des Ane. Ruviatilis typ., wogegen zu sagen ist, dass die Exemplare der V.-S. völlig erwachsen sind. 2. Anc. lacustris L. (= Acrolowus lacustris L.) hält sich an stehende Gewässer, wo er an Steinen, am gernsten jedoch an Pflanzen- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ,. 1894. 9 — R0 -— stengeln festsitzt. ‚Er gelangt daher beim Abstreifen der Wasser- pflanzen selten in das Drahtsieb, und die leeren Schalen gehen rasch im Schlamme verloren. Nur wer Sumpfpflanzen mit den Wurzel- stöcken auszieht, wird ihn an denselben finden. Schwarzwald: Entenweiher bei Neu-Bulach. Unteres Neckar- gebiet: Heilbronn, Schönthal, Mergentheim. Oberes Neckargebiet: Altwasser bei Tübingen und Neckarthailfingen, Bärensee, Öffinger Teich, Dachensee bei Weilimdorf, Rutesheim, Buchenbacherhofsee bei Winnenden. Alb: Heidenheim (SEckEnDoRF). Oberschwaben: Ulm, Altshausen, Schweigfurter See. Valvata Mütter. Die Valvaten lieben ruhiges Wasser, finden sich daher in Seen und Teichen, Gräben und langsam fliessenden Bächen. V. piscinalis und cristata haben grössere Verbreitung. die anderen sind auf kleine Gebiete beschränkt. 1. V. piscinalis Mörr., in der Zone der ruhig fliessenden Ge- wässer nicht selten (im Neckar vielleicht von Cannstatt, sicher von Mundelsheim an, bei Ludwigsburg, Enz bei Vaihingen, Jagst bei Schönthal gemein, Tauber); im oberen Gebiet bei Rottenburg, Tü- bingen, in der Schwippe bei Dagersheim (Verfasser traf sie am oberen Neckar nirgends, auch nicht im Auswurf des Flusses). Alb: Zwie- falten; Oberschwaben selten (Warthausen, Biberach, Wolfegg), da sie keine Torfschnecke ist, aber nach Cressıv und MirLer der Torf- bildung vorausging und sich zu Tausenden fossil im sandig-lehmigen Grund der Torfmoore findet. Auch im Kalktuff des Seeburger Thales sammelte sie Verfasser, also an einem Ort, wo sie heutzutage nicht mehr lebt. 2. V. alpestris Brauner bewohnt die innerhalb der Alpen ge- legenen Seen in Südbayern und Tirol und findet sich ausserdem „in dem das Quellwasser ableitenden Graben des Lindenrieds bei Unter- essendorf* (Cuessın, Exk.-Moll.-Fauna p. 456). | 3. V. antiqua Sow. (= contorta MEnkE) ist die Seeform der piscinalis. Sie findet sich in den grossen Seen der Voralpen- und in den Seen der norddeutschen Ebene und unterscheidet sich von piscinalis durch eine sehr feste Schale und das turmförmige Ge- winde. Im Bodensee sind die Gehäuse bald niederer, wie bei p2s- cinalis, bald höher, die letzteren in der Mehrzahl. Lebende Exemplare sind im See höchst selten oder nie gesammelt worden. Ähnliche turm- förmige Valvaten besitzt die V.-S. von Mundelsheim und Creglingen, u also aus fliessendem Wasser. Wir sind aber geneigt, bei solchen Einzelfunden eher an Abnormitäten als an eine andere Art zu denken, die sich unter abnormen Verhältnissen leicht bilden können. 4. V. depressa C. Pr. lebt in schlammigen Gräben und ist in den Tiefländern zu Hause. In der norddeutschen Ebene ist sie jedoch selten; dagegen giebt Leumanw aus dem Rheinthal von Kon- stanz abwärts acht Fundorte an. In Württemberg hat sie Cessin bei Schelklingen und Blaubeuren entdeckt. Seitdem ist sie nicht mehr beobachtet worden. V. macrostoma STEENB., eine nordische Art, bei Günzburg a. D. gefunden, hat sich in Württemberg noch nicht gezeigt. 5. V. eristata Mürr., ein kleines, scheibenförmiges Schneck- lein, einem Planorbis ähnlich, liebt ausschliesslich stehendes, zum Teil sumpfiges Wasser. Mehr ihre Kleinheit als ihre Seltenheit ist die Ursache, dass wir nur wenige Notizen über sie vorfinden. Aus der nördlichen Zone liegt nur die Angabe SECKENDoRF’s von Weikers- heim und die der Oberamts-Beschreibung von Brackenheim vor. Die Würm hat sie bei Weilderstadt. Im oberen Neckarthal ist sie in den Altwassern von Tübingen bis Cannstatt gewöhnlich, in manchen Gräben sehr zahlreich, im Geniste regelmässig. WemtLann bemerkte sie im Thal bei Urach; auch die Oberamts-Beschreibung von Neres- heim führt sie, wohl mit Recht, an. Als Bewohnerin der Torfmoore findet sich eristata in Oberschwaben an mehreren Orten, fehlt aber dem Bodensee. V. minuta Drar. wird von LEHMANN aus dem Bodensee-Auswurf genannt. Die Art ist aber vielfach angefochten; Cressın vermutet jugendliche Gehäuse anderer Species darunter. Vivipara Lamark. (Paludina Lam.) V. vera v. Frrıp. (= Paludina viwipara Rossm.), eine Bewoh- nerin sumpfiger, schlammiger Gewässer. Ihre Verbreitung erstreckt sich über den grössten Teil Deutschlands. Im Rheinthal geht sie aufwärts bis Kehl (Leumann) und in Bayern ist sie nach CLessin sehr häufig und findet sich in allen Voralpenseen bis zum Tegernsee; sie fehlt jedoch dem grössten Teile Württembergs, einschliesslich der Bodenseegegend, und dem südlichen Baden. Unsere schwäbischen Fundorte liegen sämtlich an der Ost- und Nordgrenze des Landes und bilden die Grenzlinie der Verbreitung gegen den gebirgigen Teil des Innern. Von Obersulmetingen bei Laupheim, dem südlichsten 9* — 132 — bekannten Fundort, geht eine ununterbrochene Linie der Dürnach und Westernach entlang ins Donauthal nach Erbach und Ulm, über Elchingen und Langenau ins Brenzthal bis Schnaitheim. Nun ist die Linie eine kurze Strecke unterbrochen, um sich an der Eger bei Nördlingen und an der Sechta bei Sechtenhausen (Bopfingen) wieder anzuknüpfen. Diese Linie stellt die Grenze der Verbreitung in der bayrischen Hochebene dar. Auf eine isolierte Verbreitungsinsel lassen die Fundorte von Rothenburg und Mergentheim a. d. Tauber schliessen, weil die Schnecke nach Leyvıs ım Mainthale erst ab Hanau sich findet. Dagegen dürfte unser neuester Fundort Heil- bronn (Lehrer FREUDENBERGER) an die Verbreitung in der Rheinebene sich anschliessen. Die nahe verwandte V. fasciata Müur., welche laut Cuessın im Rheine erst von Boppard abwärts vorkommt, fand Verfasser in einem Altwasser des Rheins bei Mannheim. Die Exemplare wurden von Herrn Cressın bestimmt. Unsere Heilbronner stimmen nun mit den Mannheimern durchweg überein (Gewinde höher, Umgänge weniger gewölbt, Nabel nahezu ganz verdeckt), unterscheiden sich aber von der fasciata Norddeutschlands durch bedeutendere Grösse. Herr Prof. E. v. Marrens, der sie in der Sammlung des Verfassers sah, war geneigt, sie zu /asciata zu stellen, wogegen Herr CLEssin sie für vera erklärte. Wir lassen die Sache einstweilen dahin- gestellt und wollen nur konstatieren, dass die Heilbronner Paludinen sich deutlich von denen anderer württembergischer Fundorte unter- scheiden. Bythinia Grar. B. tentaculata L. (= Paludina impura Füer.), die häufigste der gedeckelten Wasserschnecken, bewohnt sumpfige Altwasser, Teiche und Gräben, aber auch langsam fliessende Flüsse (Main). Sie wider- steht in stagnierenden Wassern so lange als L. stagnalis den schäd- lichen Einflüssen der Humussäure. In Nieder- und Oberschwaben, sowie im Bodensee ist sie gemein, der südlichen Alb gehört sie bei Winterlingen und im Brenzthal an. Der Schwarzwald hat sie nicht. B. ventricosa Gray (= Troscheli PaAscH) gehört der norddeutschen Ebene an und erreicht bei Frankfurt a. M. ihre Südgrenze. In Württemberg werden zuweilen hohe Gehäuse mit stark gewölbten Umgängen gefunden, welche durch Mittelstufen mit tentaculata ver- bunden sind und als Standortsformen derselben sich erweisen. Sie treten vorzugsweise in der Torfzone auf. Bythinella Mogquın-Tanoon. B. alta Cress. (Moll.-Fauna Östr.-Ung. p. 647 f.; = B. Schmidtüi CHARP., s. CLgssin, Deutsche Exk.-Fauna p. 484 f.), einzige württem- bergische Art des mit sieben Species über Deutschland verbreiteten Genus, in Nordtirol, den bayrischen Alpen und dem tertiären Vor- lande derselben verbreitet (in der Umgebung von Landsberg a. L. „massenhaft“ [Bachmann p. 27]); im östlichen Oberschwaben: Leut- ®kirch, Andrazhofen, Schussengenist, Lindenweiher bei Essendorf, Krummbachquellen bei Ochsenhausen. Hält sich an klare, kalk- haltige Quellen. B. Dunkeri Frrup. reicht im badischen Schwarzwald nahe an die württembergische Grenze (Rippoldsau, Allerheiligen, Oppenau), ohne diesseits derselben gefunden worden zu sein. Vitrella Cressm. (Hydrobia.) Unter diesem Namen hat Cressm kleine, zarte, glashelle Schneck- lein von den Hydrobien getrennt. Nach den bei V. Quenstedti ge- machten Erfahrungen nimmt man an, dass es blinde Höhlenbewohner sind, die in den nassen Klüften und Höhlen der Kalkformationen leben und artenweise auf einzelne, engbegrenzte Lokalitäten verteilt und beschränkt sind. In Württemberg scheinen mehrere Arten zu wohnen; aber bis heute sind nur vier derselben beschrieben und nur eine ist lebend an Ort und Stelle beobachtet worden. Die älteste Nachricht über eine Vitrella in Württemberg stammt von RösLer (l. Heft p. 224) aus dem Jahre 1788: „Zu Ofterdingen prudelt der Nonnenbrunn am Begräbnisplatz beständig eine Menge Schnecklein von allerley Gestalt in die Höhe, die aber wieder auf den Grund fallen.“ Durch diese Notiz veranlasst sah (@UuENSTEDT (Geol. Ausflüge p. 203) nach der Sache und hielt die Schnecklein für „durchsichtige Schalen von der lebenden Paludina thermalis“. Die Schalen sind jedoch alle leer und besagtes Schnecklein lebt in warmen Quellen Italiens (San Giuliano bei Pisa, Abano bei Padua, E. v. Martens, dies. Jahresh. 1855. p. 138). Cressın erklärte unsere Ofterdinger Schnecklein in brieflichen Mitteilungen an Prof. KrımmEL, der sie ihm zusandte, für eine noch nicht beschriebene Vtirella, und wir ersuchten ihn, die Art zu beschreiben und in die Fauna ein- zuführen. 1. V. pellucida Benz taucht 1834 in einem von SECKENDORF gegebenen Verzeichnis (Corr.-Bl. d. landw. Ver.) erstmals als Palu- dina pellueida auf. Sie war im Neckargeniste dem scharfen Auge ihres Autors nicht entgangen und wurde in der Folge in den Ver- zeichnissen als Paludina nitida Menke, Hydrobia vitrea Drar. und — 14 — Bythinella pellucida Bz. aus dem Geniste des Neckars von Cannstatt angegeben. Cressm hat den Benz’schen Namen wiederhergestellt und die Hydrobia vitrea wegen der Unsicherheit ihrer Diagnose aus unserem Gebiete verbannt. V. pellucida Bz. findet sich im Geniste des Neckars, der Elsach bei Urach, der Waldach, der Nagold und der Tauber, scheint sich also thatsächlich auf die Kalkgebiete zu beschränken. : 2. V. Quenstedti WırnersnH., der Zeit nach die dritte unserer Vitrellen, wurde von Quenstepr (Geol. Ausflüge p. 228) 1864 in der Falkensteiner Höhle bei Urach entdeckt („auf den im Bache zer- streuten Steinen kriecht Littorinella acuta (Hydrobia vitrea) herum, welche uns an den Nonnenbrunnen erinnert“). Durch seine Be- obachtungen ermuntert, wurden in der Folge mehrere Exkursionen in die Höhle unternommen und das Tier lebend hervorgebracht. Leyoig stellte die Schnecke zu Hydrobia vitrea, zu welcher auch die Vitrellen des Neckargenistes gerechnet wurden. WIEDERSHEIM er- kannte ihre Verschiedenheit von den letzteren und benannte sie nach ihrem Entdecker, womit Frıes und Weıstann übereinstimmen. Auch ausserhalb der Höhle wird die Schnecke zuweilen lebend an Steinen (Studiosus Brancher 1869) oder Blättern (Fries 1877) ım Abfluss oder in leeren Schalen im Geniste der Elsach gefunden. Das Schnecklein scheint jedoch nicht auf die Falkensteiner Höhle beschränkt zu sein. QuEnsteot brachte junge Exemplare aus dem vom Wasser durchströmten Goldloch bei Schlattstall OA. Kirch- heim, WEINLAND (dies. Jahresh. 1876. p. 339 ff.) sammelte in einer Quelle im Seeburger Thal leere Gehäuse „einer Aydrobia, die offenbar der Falkensteiner so nahe steht, dass wir sie für dieselbe Art er- klären müssen“, und Verfasser entnahm dem Geniste des Uracher Wasserfallbaches ebenfalls leere Schalen, die Cressm für V. Quen- stedti erklärte. Auch im Neckargeniste befinden sich ähnliche Formen, und wenn schliesslich das „dubiöse* Stück der V.-S. von Zwiefalten sich als wirkliche Quenstedti herausstellt, wäre für diese Schnecke eine grössere Verbreitung in den Albhöhlen anzunehmen. 3. V. Clessini Weınt. wurde von ihrem Autor leer in 5 und 4. V. Kraussii Weist. nur gar in einem Exemplar im Aus- wurf der Jagst 1882 erbeutet. | Verfasser dieses bemühte sich seit Jahren, die Vitrellen der Neckaranspülungen zu sammeln, und nach den neuesten brieflichen Mitteilungen Herrn Oressw’s, dem das Material vorgelegt wurde, befinden sich neben den bekannten auch neue, nicht beschriebene — 15 — Species darunter. Wir haben Herrn Crzssın ersucht, sie zu benennen und zu beschreiben, können sie aber noch nicht in vorliegendes Verzeichnis aufnehmen. Von nichtwürttembergischen Vitrellen liegt der Fundort der Pürk- haueri Cuessin, welche im Auswurf der Schandtauber bei Rothen- burg gefunden wurde, unseren Grenzen am nächsten. Neritina Lamark. | N. fluviatilis L. ist über den grössten Teil Europas verbreitet, fehlt aber dem Gebiet des Oberrheins und dem der oberen Donau. Im letzteren Strom wird sie durch zwei andere Arten ersetzt. Auf zwei Wegen überschreitet sie die Grenzen Württembergs. Im Rhein geht sie aufwärts bis Mannheim und zieht sich sodann in den Neckar über Heidelberg, Heilbronn und Lauffen bis zum Enzeinfluss. In der Enz findet sie sich bei Bietigheim und Vaihingen (OA.-Beschr.). Vom Neckar hat sie auch der Kocher bei Kochendorf erhalten. Der andere Weg ist die Main- und Tauberlinie. Im Main ist sie sehr häufig, und von ihm hat sie die Tauber erhalten, in welcher sie sich noch bei Mergentheim findet. Interessant wäre es zu untersuchen, wie weit sie in den Flüssen emporsteigt. Sie bevorzugt sichtlich die grösseren und ruhigen Gewässer und meidet die grobes Geschiebe führenden, ihr Bett stätig verändernden Bergflüsse. Es sind darum alle Angaben, wonach sie sich in kleinen Albflüsschen finden soll („in Nicro et in rivo prope Unterhausen“ Krees, bei Gmünd nach WERFER, im Oberamt Neresheim nach der OA.-Beschr.) abzulehnen. B. Muscheln. Die Kenntnis unserer einheimischen Muscheln nimmt mit ihrer Grösse ab. Während sich bei Anodonten und Unionen die Fundorts- angaben zu Dutzenden aneinanderreihen, sind wir bei den Pisidien auf einzelne, in den letzten Jahrzehnten bekannt gewordene Punkte angewiesen. Die Mannigfaltigkeit der Formen und die Unsicherheit der Grenzen, die bei den Limnaeen schon Schwierigkeiten macht, wird bei den Muscheln zur Kalamität. Nur wenige Formen lassen sich sicher begrenzen und bieten einen festen Halt; die Mehrzahl schwankt und berührt sich gegenseitig so nahe, dass die Bestimmung schwierig wird und oftmals zweifelhaft bleibt. Hierin gleichen die grossen Anodonten den winzigen Pisidien. Die Zweischaler sind darum von Liebhabern und Sammlern viel weniger bevorzugt als die Schnecken, und die Forscher tragen mit der Benennung der — Bb6 — zahllosen Varietäten nicht gerade dazu bei, sie dem Dilettanten ge- niessbarer zu machen. Anodonta Cuvikr. Gestützt auf direkte Beobachtungen bezüglich der Formumwande- lungen bei zunehmendem Alter und Versetzung in andere Wohnorte hat Cressm alle aus Deutschland beschriebenen Species in 2 Arten zusammengefasst, die sich beide auch in Württemberg finden. 1. A. mutabilis Cress. umfasst heute die früher aus Württem- berg beschriebenen Arten: A. cellensis SCHRoET., cygnea L., inter- media Lau., ponderosa Preır., rostrata Kox., anatina Drar., pisci- nalis Nırs., lacustrina Cuess., oviformis Cuess. etc. Alle diese Ano- donten sind Lokalformen, unter den jeweiligen Verhältnissen des Wohnortes entstanden. Da jedes Gewässer eine Welt für sich mit eigenartigen Verhältnissen ist, wirkt jedes auch in seiner Weise auf die Gestaltung der Muscheln ein und prägt ihnen bestimmte Charaktere auf, die sie von den Tieren anderer Behälter unterscheiden. Es müsste als die grösste Seltenheit betrachtet werden, wenn 2 Anodonten verschiedener Wohnorte sich völlig gleichen würden. Wollten wir in der Arten- und Varietätenmacherei konsequent sein, so müssten wir für jeden Standort eine solche aufstellen. Mit Anlehnung an Ciessin (Studien über die deutschen Species des Genus Anodonta) gruppieren wir die Formen wie folgt: a) var. cygnea L. in stehendem Wasser mit erdigem Schlamm- grunde: Monreposweiher bei Ludwigsburg, alter Feuersee bei Stuttgart, Teich beim Schatten (Stuttgart), Böblinger See, Federsee, Rösslesweiher Weingarten u. a. In den Altwassern des Neckars selten. Zu cygnea gehört A. intermedia C. Pr. b) var. cellensis SCHROETER in stehendem Wasser mit erdigem Schlamm und wenig Pflanzenhumus; die bekannteste Form, in Teichen, Weihern, Altwassern und trägen Wasserläufen, nament- lich in Oberschwaben gewöhnlich. Zu cellensis gehört A. ponde- rosa GC. Pr. c) var. rostrata Kor. in stehenden Wassern mit reichlicher Humus- schlammschichte: Altwasser der Aich bei Grözingen, der Donau bei Munderkingen, bei Warthausen u. a. O. | d) var. piscinalis L. in ruhigen Buchten grösserer kalkreicher Flüsse mit erdigem Bodenschlamm: Heilbronn, Biberach. e) var. anatina L. in kleinen Bächen und Flüsschen mit erdig- schlammigem Grunde: Aich, Flossgasse bei Berg, Lein, Jagst, — 137 — Tauber. Zum Formenkreis der anatina gehört A. swevica KogeLr aus der Aich bei Grözingen. f) var. lacustrina Cuess. in den Alpenseen mit sehr kalkschlammi- gem Grund: Bodensee. Unter diese Form fällt A. oviformis Cress. und A. callosa Hrıp, welche vom Bodensee genannt werden. „Diese Formen sind sämtlich mehr oder weniger durch Über- gänge verbunden, und nur die extremsten jeweiligen Abänderungen geben die Typen dieser benannten Formen, denen ich nicht einmal das Recht, als Varietäten betrachtet zu werden, zuerkennen kann, weil ihnen das Moment der Beständigkeit völlig abgeht (Cressm, Studien etc.).“ 2. A. complanata ZırsL. wird neben mutabılis als selbständige Species beibehalten. Sie bewohnt langsam fliessende Gewässer, die Donau von Munderkingen abwärts, die Westernach, Riss und Jagst. Ähnliche Muscheln aus dem Bodensee dürften zu lacustrina CL. zu stellen sein. Unio PuıLıppson. Die Unionen geben an Veränderlichkeit den Anodonten wenig nach. In unserem Lande haben wir jedoch weniger Gelegenheit uns damit abzumühen, weil die beiden ersten Arten mehr den ruhigen Flussläufen angehören, also in unserem an starkfallenden Flüssen reichen Gebiet nicht so zur Entwickelung kommen wie etwa in Norddeutschland oder wie die dritte Art sie thatsächlich auch in Schwaben zeigt. 1. U. pictorum L., die Malermuschel, dringt im Neckar- und Donaugebiet ins Land ein, ohne jedoch in beiden weit aufzusteigen. Im Neckar selbst geht sie, wenn den OA.-Beschr. zu trauen ist, etwa bis Marbach, in der Enz bis Vaihingen. In der Jagst findet sie sich von Crailsheim an, und im Kocher mag sie ebensoweit ver- breitet sein. Die Angabe der OA.-Beschr. von Mergentheim, wo- nach die Malermuschel auch in der Tauber vorkommen soll, mag den Thatsachen entsprechen, da noch eine andere im Main ver- breitete Muschel auch dort vorkommt. Im Norden Württembergs deckt sich die Verbreitung der pictorum nahezu mit der der N. flu- viatılis. In der Donau ist pietorum von Rottenacker an nachgewiesen, von den Zuflüssen haben sie die Westernach und Roth. Dass sie auch in der Egge bei Neresheim sich finden soll, wie die OA.-Beschr. will, bezweifeln wir. var. rostrata: Donau bei Rottenacker, Jagst bei Möckmühl. 2. U. tumidus Pair. fehlt dem Donau- und Bodenseegebiet gänzlich. Sie findet sich im Neckar bei Heilbronn, im Kocher bei Sindringen, sowie in der unteren Jagst. Im Main ist sie häufiger als pictorum. 3. U. batavus Lam. ist die gemeinste schwäbische Flussmuschel und fehlt nur dem Bodensee. In den Keuperbächen steigt sie bis zu den Quellen empor (Lein bei Welzheim); aber in den Albflüsschen scheint ihr das nicht zu gelingen. Die Ursache liegt wohl darin, dass die ersteren geringeres Gefäll haben und von Strecke zu Strecke immer wieder ruhige Windungen bilden, in welchen sich Sand- und Schlammbänke zur Ansiedelung der Muscheln absetzen. Leider liegen über die Albflüsschen wenige Beobachtungen vor (Zwiefalten, Stein- lach, Eiach bei Balingen, Autmuth bei Grossbettlingen), um daraus schliessen zu können, wie weit die Muscheln emporsteigen und ob neben dem groben Geschiebe auch die Temperatur des Wassers von Einfluss auf die Verbreitung ist; aber das zeigt die Erfahrung, dass die Muscheln sehr anspruchslos sind und mit der seichtesten Sand- und Schlammbank vorlieb nehmen, wenn es ihnen kaum möglich ist, sich einzubohren. Durch Hochwasser werden sie dann leicht entführt und nicht selten genötigt, unter veränderten äusseren Be- dingungen das Leben fortzusetzen. Unter diesen Umständen sind Verkümmerungen und Umformungen der Schale keine Seltenheit. Von den zahlreichen beschriebenen, unter batavus fallenden Formen heben wir hervor: a) var. ater Nırs. aus trägen, sumpfigen, kalkarmen Bächen: Plan- bach bei Magstadt, Oberschwaben häufig. Zu ater wird ge- stellt: U. crassus Rossm., U. consentaneus Zeu., U. reniformis Rossm. von Alberweiler bei Biberach. b) var. erassus Rerz. (= crassus Nıvson): in der Roth bei Finster- roth, Kocher bei Sindringen. c) var. amnicus ZıesL., die Form kleiner Bäche: Roth bei Finster- roth, Lein bei Welzheim. Sphaerium Scor. (Cyclas.) Von den 9 deutschen Species dieses Genus sind bis jetzt nur 2 aus Württemberg bekannt geworden: 1. Sph. rivicolum Lrach lebt im sandigen Grunde grösserer Flüsse und Seen: Tauber bei Mergentheim, Heilbronner Winterhafen, — 19. — am letzteren Orte in solcher Grösse und Schönheit, wie wir sie aus Norddeutschland nicht bekommen haben. 2. Sph. corneum L. ist die gewöhnliche Kugelmuschel des Unter- und Oberlandes, welche im Bodenschlamm stehender Ge- wässer eingegraben lebt. In den sumpfigen, verwachsenen Altwassern des oberen Neckarthales ist sie häufig. Grösse und Farbe wechseln nach der Beschaffenheit des Wassers und Schlammes (hellgelb, grau und braun). Eine kleine kugelige, aufgeblasene Form, var. nucleus Stun. findet sich gern auf Torfboden (im Bodensee — ÜLessin, in moorigen Gräben im Aichthal bei Neuenhaus). Die typische Form gehört auch der Alb an (Itzelberger See, Zwiefalten, Winterlingen). Sph. duplicatum Cuess. wird von ihrem Autor auch im Bodense® vermutet. Calyculina Cressw. (Cyclas.) C. lacustris Mürr. (— Cyclas calyculata Drar.) bewohnt die- selben Orte wie die vorige Art, ja noch seichtere und faulere Tümpel als diese; sie fehlt darum nirgends (Schwarzwald: Weiher bei Alt- Bulach in Menge; Alb: Steinheim, Berghülen). In den Altwassern des oberen Neckarthales findet sich die var: Stein A. ScHM. Pisidium C. Preirrer!. Zwei Arten, amnicum und fossarinum, erfreuten sich bis jetzt einer allgemeinen Beobachtung. Die erstere ist leicht kenntlich, formbeständig, gut abgegrenzt, daher den auf sie bezüglichen An- gaben am ehesten zu trauen. Bei fossarınum, die ihr Autor neuer- dings mit 5 Varietäten ausgestattet hat, sind wir im Zweifel, ob wir allen Angaben Glauben schenken dürfen, ob nicht unter diese Firma alles gestellt wurde, was bei amnicum nicht unterzubringen war. Wie schon früher, heben wir nochmals hervor, dass alle von uns selbst neu eingeführten Arten von Herrn Cressiıv in Ochsenfurt bestimmt worden sind. 1. P. amnicum Mürn. (— obliquum C. Pr.), im Sande und Schlamme der Bäche, Flüsse und offenen Altwasser von mehreren Punkten Nieder- und Oberschwabens (Alb: Berghülen) nachgewiesen. i Mit dem Genus Pisidium kommen wir auf ein Gebiet, auf welchem der Zukunft die Hauptaufgabe vorbehalten ist. Es ist leicht möglich, dass eine spätere Zeit die eine oder andere der nachstehend aufgeführten Arten wieder bei Seite legt. Da wir’s uns aber zur Aufgabe gemacht haben, den gegenwärtigen Stand zur Darstellung zu bringen, registrieren wir, was bis heute bekannt geworden ist: — WW — 2. P. supinum A. Scnm.: Jagstschlick bei Schönthal, Weıx- zanp 1883. 3. P. henslowianum Suerrr., in Oberschwaben: Rissschlick bei Warthausen (erstmals von R. Könıs-WArtHAusen), Ziegelweiher bei Ochsenhausen. 4. P. intermedium Gass., 1832 von CLessin in einem Strassen- graben bei Schelklingen entdeckt; Wiesengraben bei Unterensingen. 5. P. rivulare Cress.: Bach bei Friedrichshafen, 1882 von Cressin entdeckt; Rissschlick bei Warthausen. 6. P. fossarinum Cıess. (— fontinale C. Pr. — casertanum Moa.-T.), gemeinste Art, im Sammelgebiet des Verfassers an 19 ein- zelnen Punkten, zumeist in kleinen Wiesengräben, immer in grosser Anzahl gesammelt. Jeder Fundort drückt den Müschelchen, ähnlich wie bei An. mutabilis CL., seinen Stempel auf. Schöne grosse und aufgeblasene Exemplare entstammen einem Feldbrunnen. Nach den bekannten Fundorten im ganzen Lande verbreitet; Schwarzwald: im Forbach bei Freudenstadt, im Ziegelbachthal bei Neu-Bulach. 7. P. pallidum Jerrr., im Kohlweiher bei Ochsenhausen von Forstassistent Reuss 1888, in demselben Jahre vom Verfasser im Holzteich der Neckarthailfinger Papierfabrik und in einem Teich bei Walddorf (Tüb.) entdeckt. P. ovatum Cuvess. im badischen Schwarzwald bei Schapbach. 8. P. obtusale C. Pr., erstmals 1888 vom Verfasser an 3 Punk- ten der Neckarthailfinger Umgebung gefunden. 9. P. pusillum Guwerm: Merklingen (Leonberg), Aldingen bei Entringen, Neckarthailfingen, Schlaitdorf, Falkensteiner Höhle, Hengen bei Urach („Artbestimmung nicht ganz im reinen“, WEINLAND, dies. Jahresh. 1876. p. 344). 10. P. pulchellum Jenyns: offenes Altwasser bei Neckarhausen (Nürtingen), 1888 vom Verfasser. 11. P. nitidum Jenyns: Rissschlick bei Warthausen, Altwasser bei Neckarthailfingen. 12. P. milium Herv: Rissschlick bei Warthausen, Altwasser bei Neckarthailfingen und Neckarhausen, Wiesengraben bei Köngen, Teich bei Plieningen, Entenweiher bei Neu-Bulach. Hieran schliessen sich 3 Arten, welche der Tiefenfauna an- gehören und bis jetzt in äusserst geringer Anzahl von ForkL ge- sammelt und von ÜUrzssın bestimmt worden sind: 13. P. profundum Crxess.: Bodensee (Untersee, Zellersee) in 20 m Tiefe. — 141 — 14. P. Foreli Cıess.: Bodensee und ausserdem noch im Genfer See bei 25 m Tiefe. 15. P. demissum Cwzss.: Bodensee, Untersee bei 25 m Tiefe. Dreissena BeneDen. (Tichogonia.) Dr. polymorpha Pırr. ist in der württembergischen Mollusken- welt ein neuer Gast. Aus ihrer Heimat im Südosten Europas wurde die Muschel, die sich mit ihrem Byssus an feste Gegenstände an- haftet, durch die Schiffahrt über einen grossen Teil Europas ver- breitet. Vom Rhein, wo sie sich nach KoseLt „in Unmasse“ findet, kam sie in den Neckar und wurde dort erstmals 1867 ım Hafen- bassin von Heilbronn entdeckt. Nach neueren Mitteilungen von Lehrer FREUDENBERGER ist sie dort selten; sie kommt aber fluss- abwärts an mehreren Stellen vor. Schlussbemerkung: In „Das Königreich Württemberg 1882“ werden aufgezählt: Landschnecken 99 (nicht 98, wie dort angegeben), Wasserschnecken 37, Muscheln 18 (die Zahl 23 wird dort durch Einzelzählung der Varietäten von An. mutabılis Cu. erreicht), zu- sammen 154 Arten. Davon scheidet aus Hel. granulata Aıv., in den Rang von Varietäten treten: Limax cinereus List., montanus Leyo., Hel. liberta Wester., Oochl. columna Cuess., Anc. Sandbergeri WIEDERSH., dass als thatsächlicher Bestand 148 Species verbleiben. Nach unserer Zusammenstellung treten hinzu: Limazx variegatus Drap., Ol. corynodes Hrn, Limnaea mucronata Hrn, Planorbis de- formis Harrm., Pis. pallidum JErFR., obtusale C. Pr., pulchellum Jen., profundum Crn., Foreli Cı., demissum Cı., wodurch sich die Ge- samtzahl von 158 Arten ergiebt. Synopsis der deutschen Blindwanzen (Hemiptera heteroptera, Fam. Capsidae). Von Dr. Theodor Hüeber, Oberstabsarzt in Ulm. Vorrede. Die Familie der Blindwanzen (Capsiden, Phytocoriden) ist unter den 14 (deutschen) Familien der Hemiptera heteroptera die grösste, über ein Dritteil der Gesamtheit umfassende; sie bildet wiederum für sich gleichsam ein abgeschlossenes, scharf umschriebenes Ganze, welches dementsprechend auch im Lauf der Jahre seitens verschiedener Schriftsteller (L. R. Meyer, KırschBaum, OÖ. M. REUTER) eine gesonderte Bearbeitung fand. Müssen doch diese zarten, farbenreichen , auf Pflanzen und Sträuchern lebenden, gerade in unserem gemässigten Klima besonders zahlreichen Tiere die Aufmerksamkeit jedes Natur- freundes in hervorragendem Masse auf sich ziehen, zumal ihre Lebens- weise und Entwickelungsgeschichte noch so viele dunkle, der Auf- klärung bedürftige Kapitel aufzuweisen hat. Die hiermit dem Druck übergebene synoptische Bearbeitung der in unserem deutschen Vaterlande lebenden Arten dieser inter- essanten Insektengruppe schliesst sich an die von mir in den Jahres- heften des Vereins für Mathematik und Naturwissenschaften in Ulm, II.—V. Jahrgang, erschienene Fauna Germanica, Hemiptera hetero- ptera!, an (allerdings in veränderter Form und erweitertem Umfange), weshalb ich auch der laufenden Nummer dieser Synopsis jene der Fauna Germanica (in Klammern) beisetze. — Die wohl in den an- stossenden Nachbarländern, aber auf deutschem Boden selbst bis jetzt noch nicht gefundenen Arten werde ich, wie schon in der Fauna Germanica ohne Nummer, bloss mit * versehen, an betreffender Stelle » 1. Heft (S. 1—144), 1891: Pentatomides, Coreides, Berytides. — 2. Heft (S. 145—290), 1892: Lygaeides. — 3. Heft (S. 291—520), 1893: Tingidides, Phymatides, Aradides, Hebrides, Hydrometrides, Reduvides, Saldides, Cimicides. — 143 — anführen, da die Möglichkeit des späteren Auffindens derselben auf deutschem Gebiet keineswegs ausgeschlossen erscheint. — Was die Anführung der Fundorte betrifft, so konnte ich mich, nach reiflicher Überlegung, nicht entschliessen, die bisherige, allerdings etwas breite, mehrfache Wiederholungen mit sich bringende Weise zu verlassen, und zwar sowohl in Berücksichtigung des vaterländischen deutschen Zweckes dieser Arbeit, als auch in der Erwägung, dass gerade durch diese gesonderte Wiedergabe der Erfahrungen und Beobachtungen kundiger Naturforscher und Sammler die bisher so wenig bekannte Verbreitung und Lebensweise dieser Tiere um ein gut Stück gefördert werden dürfte. Den Angaben der einzelnen Lokalfaunen liess ich deshalb, wie schon in der Fauna Germanica, die kurzen einschlägigen Mitteilungen der wenigen allgemeinen beschreibenden Werke folgen und zum Schlusse brachte ich dann die vielfach sehr wichtigen Ver- merke hervorragender Forscher unserer Nachbarländer ' (wobei auch das ferne Livland, aber nur durch die Autorität Fror’s, und wegen der Ähnlichkeit seiner Bodenverhältnisse mit jenen des deutschen Nordostens Platz fand). Diese eingehenden Fundortsangaben ge- währen in ihrer Gesamtheit einen bis jetzt allerdings noch unvoll- ständigen Einblick in die geographische Verbreitung dieser Familie über Mitteleuropa. Die Nomenklatur, bezw. Synonymik habe ich, soweit mir möglich, in dieser Synopsis in umfassendstem Massstabe aufgeführt, dank den diesbezüglichen klassischen Arbeiten des Herrn Professor OÖ. M. Reuter in Helsingfors; wenn auch dessen Hemipt. Gymnoc. Europ. gerade diesen Teil der Capsiden noch unbearbeitet lassen, so bot doch ReutEr’s Revisio critica Capsinarum, praecipue Scandi- naviae et Fenniae (1875), sowie seine Revisio synonymica Hetero- pterorum palaearcticorum quae descripserunt auctores vetustiores (1888) genügend Anhalt zur Richtigstellung der bislang so verworrenen Benennunget. — Für die Aufführung der Namen selbst wählte ich diesmal die von DousLas and Scorr (British Hemiptera, 1865) ge- wählte Form, jedoch unter Wegfall der von einzelnen Autoren (KırscHhBaum, FrLor, Thomson etc.) angewandten ternären (Subgenus-) ! Verfasser musste sich bei seiner Arbeit leider auf die in deutscher, eng- lischer, französischer und lateinischer Sprache geschriebenen Werke beschränken, und ist es sehr zu bedauern, dass so viele wertvolle einschlägige neuere Arbeiten in .der wenig verbreiteten dänischen, holländischen, russischen, schwedischen, tschechischen und ungarischen Sprache der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft entzogen sind. — MM — Nomenklatur, letzteres lediglich im Interesse der Vereinfachung und besseren Übersichtlichkeit; die Reihenfolge der Citate selbst ist chronologisch, jedoch insofern modifiziert, als spätere gleichlautende Benennungen sich der jeweils erstgebrauchten direkt anschliessen. — Auch glaubte ich im Sinne der Leser zu handeln, wenn ich bei den älteren Arten die kurzen, scharfen, jetzt allerdings nicht mehr aus- reichenden lateinischen Diagnosen Linn&’s, Fagrıcıs’, FarLen’s, BuR- MEISTER'S, HERRICH-SCHÄFFER’S etc. im Wortlaut wiedergab, ausser der nach der vorhandenen Litteratur und mit den mir zur Verfügung stehenden bescheidenen Hilfsmitteln gegebenen kurzen, gemeinfass- lichen deutschen Beschreibung, welche im Interesse der Sache recht bald durch eine bessere überholt werden möge. — Den allgemeinen Teil, Anatomie, Physiologie, Biologie etc. habe ich mir für den Schluss meiner ohnehin auf mehrere Jahre berechneten Arbeit vor- behalten. — Die Reihenfolge der Aufzählung der einzelnen Arten ist, wie schon in der Fauna Germanica, die absteigende des Purtonx’- schen Katalogs der palaearktischen Fauna (1886), der noch durch keine ein grösseres Gebiet umfassende neuere ähnliche Arbeit über- holt wurde, während ich die Nomenklatur selbst mit den diesbezüg- lichen Arbeiten O. M. Reuter’s thunlichst in Übereinstimmung brachte. Ulm, im Januar 1894. Litteratur. Das vollständigste Litteraturverzeichnis findet sich in ©. M. Reurer’s Synonymischer Revision der von den älteren Autoren (1758—1806) beschriebenen palaearktischen Heteropteren (Helsingfors 1888), S. 37 — 73, Nachtrag S. 385—388. Unter Hinweis hierauf, sowie unter Hinweis auf die bei den einzelnen Arten dieser Synopsis in aus- führlicherer Form, als sonst üblich, namhaft gemachten Werke, kann sich der Verfasser hier auf die Aufzählung der wenigen deutschen Lokalfaunen und jener der anstossenden Länder beschränken. a) Deutschland. [PaAnzer, Faunae Insectorum Germanicae initia, Heft 1—109, 1793 —1823; fortgesetzt von HERRICH-SCHÄFFER, Heft 111-190, 1829— 1844 *.] * Diein![....] aufgeführten Citate beziehen sich auf beschreibende Werke eines abgegrenzten, meist grösseren Gebietes, welche insofern auch „Lokalfaunen in weiterem Sinne“ sind. — 15 — Roser, Verzeichniss in Württemberg vorkommender Hemipteren, Stutt- gart 1838; herausgegeben von Dr. Te. Hürser in den Jahres- heften des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, 47. Jahrgang, 1891, Seite 149—169. ScHouz, Prodromus zu einer Rhynchoten-Fauna von Schlesien in Über- sicht der Arbeiten und Veränderungen der Schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Kultur im Jahre 1846 (Breslau 1847), Seite 104— 164. ASSMAnN, Verzeichniss der bisher in Schlesien aufgefundenen wanzen- artigen Insekten, Hemiptera Lınn&, im 8. Jahrgang, 1854, der Zeitschrift für Entomologie i. A. d. Vereins für schlesische In- sektenkunde zu Breslau, Seite 1—106. KırscHhBAUM, Die Rhynchoten der Gegend von Wiesbaden; 1. Heft: Die Capsinen. Verzeichniss, Bestimmungstabelle, ausführliche Be- schreibung der neuen Arten, aus den Jahrb. des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Heft X; Wiesbaden 1855, Seite 1—189. [FıegerR, Die europäischen Hemiptera (Halbflügler), nach der analytischen Methode bearbeitet, mit 2 lith. Tafeln. Wien 1861.] Kırrzr, Versuch einer Zusammenstellung der Wanzen, welche in Bayern vorkommen (nebst Nachtrag), im 20. bezw. 21. Bericht des Natur- historischen Vereins in Augsburg; 1869 (Seite 65—80) und 1871 (Seite 61—80). BriscHkE, Verzeichniss der Wanzen und Zirpen der Provinz Preussen, im Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig. 1871 (12 Seiten). RappAarz, A., Übersicht der in Mecklenburg bis jetzt beobachteten Wanzen, im Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg, 28. Heft, 1874 (32 Seiten). 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Fünftes Stück), Übersicht der in Schleswig-Holstein bisher von mir be- obachteten Wanzen (Hemiptera heteroptera) in den Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein, Band VIII, Heft 2, 1891 (Seite 220—246). Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894. 10 — 146 — KELLNER, Material zu einer Hemipteren-Fauna Thüringens, herausgegeben von G. BrEDpın in Jahresbericht und Abhandlungen des Natur- wissenschaftlichen Vereins zu Magdeburg, 1892 (17 Seiten). b) Nachbarländer, Meyer, L. R., Verzeichniss der in der Schweiz einheimischen Rhynchoten; erstes Heft: Die Familie der Capsini; mit 7 kolorierten Stein- drucktafeln; Solothurn 1843 (120 Seiten). [Ftor, Dr. G., Die Rhynchoten Livlands; 1. Teil: Rhynchota fronti- rostria Zerr.; Dorpat 1860 (826 Seiten). — Berichtigungen und Zusätze im 2. Teil, 1861, Seite 569—622.] SCHLEICHER, W., Die Rhynchoten der Gegend von Gresten (Nieder- Österreich) in Verhandlungen der zoolog.-botan, Gesellschaft Wien. 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Tafeln).] LETHIERRY, M., Catalogue des H&mipteres du Departement du Nord. Lille 1869 (70 pages). GREDLER, Pater V. M., Rhynchota Tirolensia; Hemiptera heteroptera (Wanzen) in Verhandlungen der zoolog.-botan. Gesellschaft Wien, vorgelegt in der Sitzung vom 5. 1. 1870; — nebst Nachlese zu den Wanzen Tirols vom 2. 12. 1874 (insgesamt 44 Seiten). ScHiöpte, J. C., Fortegnelse over de i Danmark levende Taeger. Natur- historisk Tidsskrift, 3. R. 6. B. 1870, p. 161— 231; nebst 2 Nach- trägen im VI. (p. 399—401) und VII. Band (p. 480—481) ge- nannter Zeitschrift. — Ein weiterer wertvoller Nachtrag hierzu: Nya Tilläg till Prof. Scuiöpre’s Fortegnelse ..... von Prof. O0. M. Reuter in Helsingfors findet sich in F. Meınerr’s »En- tomologiske Meddelelser« des Entomolog. Vereins in Kopenhagen, 1888, I. Band, 3. Heft, Seite 101—113. Kıruıas, Dr. E., Beiträge zu einem Verzeichnisse der Insektenfauna Graubündens; Hemiptera heteroptera im XXII. Jahrgang des Jahresberichts der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens; Chur 1879 (Seite 42—89). FokKER, Dr. A. J. F., Catalogus der in Nederland voorkomende Hemi- ptera, in Tijdschrift voor Entomologie, utgegeven door de Neder- landsche entomologische Vereeniging, 4 p. Bd. 26—29. Graven- hage 1883 —1886. FERRARI, P. M., Rhynchota Tridentina lecta anno 1884, in Annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova, Ser. 2a, Vol. II, 1885 (17 Seiten). DupA, L., Beiträge zur Kenntnis der Hemipteren-Fauna Böhmens in Wien. Entomolog. Zeitg. IV. Band, Heft 2 bis V. Band, Heft 8; 1885 — 1886. DunpA, Lup., Catalogus insectorum Faunae bohemicae. I. Schnabel- kerfe (Heteroptera, Cicadina, Psyllidae). Prag 1892 (26 Seiten). Anatomie, Physiologie, Biologie ‚folgen, wie schon in der Vorrede bemerkt, am Schluss der Arbeit. Zur einstweiligen, oberflächlichen Orientierung des Lesers werde ich jedoch schon hier einzelne kleinere einschlägige Abschnitte aus den Werken bekannter Autoritäten, im Wortlaut, anführen. Man findet alle Glieder dieser Familie auf Wiesen, Feldern und in Gebüschen im Grase, woselbst sie ohne Frage auf andere Kerfe Jagd machen'!; auch auf Schirmblumen sind sie nicht selten; vielleicht saugen sie zugleich die Honigsäfte der Blüten. Sie ziehen die gemässigten Zonen der heissen vor, daher sie in jenen am häufigsten gefunden werden, wenngleich sie auch in dieser nicht fehlen. Bur- MEISTER, 1835. Die (in der Schweiz) so ungemein artenreiche Familie der Blindwanzen (Capsini) ist unstreitig auch diejenige, die sich durch die zartesten und zierlichsten Formen auszeichnet. Als behende, muntere, stets flüchtige Tiere finden wir die Blindwanzen weit und oft in so grosser Individuenzahl verbreitet, dass wir über ihre so verborgene Fortpflanzung wirklich erstaunen müssen. Sie leben vor- züglich an sehr sonnigen, hochbegrasten Hügeln und Waldabhängen, auf blumenreichen Wiesen, in Gärten auf Doldenblumen und niede- rigem Gesträuche, wo sie sowohl die Blütensäfte einsaugen, als auch auf kleinere Insekten beständige Jagd machen. Man findet sie nicht weit über die Hügelregionen hinauf. Zwischen 4—5000 Fuss ü. M. verschwinden die meisten, denn alle lieben eine gemässigte Temperatur. Grosse Hitze ist ihnen ebenfalls nicht zusagend, daher die Tropen- ! La finesse des derniers articles de leurs antennes doit faire supposer, en effet, par analogie, qu’ils sont carnassiers. Amyot et Serville, 1843. 10* — 18 — länder am wenigsten Arten besitzen. Die meisten erscheinen bei uns mit den letzten Maitagen, mindern allmählich von Mitte August an, bis sich endlich in den ersten Novembertagen im Freien gar keine mehr zeigen. L. R. Meyer, 1842. Die früheren Stände der Capsinen sind noch wenig be- kannt, sie weichen oft auffallend von dem ausgebildeten Insekte ab; so ist z. B. die Larve von (. tricolor F. oben mit starken nach der Spitze zu breit gedrückten aufrecht stehenden Borsten bedeckt, während das ausgebildete Insekt oben kaum eine Spur von Haaren zeigt; ähnlich verhält es sich mit der Larve von Ü. marginepunctatus H. S. — _ Von manchen Arten sind die Larven anders gefärbt, z. B. von ©. Filieis L. gelblich-weiss, von CO. albipennis FarL. grün. Fast alle sind viel weicher und saftiger als die Imagines, und lassen sich nicht gut an der Nadel aufbewahren. Von einem grossen Teil der hiesigen Arten kenne ich die früheren Stände sicher; ihre Beschrei- bung muss einer späteren Arbeit vorbehalten bleiben. — Ebensowenig ist die Lebensweise der Capsinen erforscht. Man findet sie an sonnigen, manche auch an schattigen Stellen auf den Blüten und Blättern von niederen Pflanzen und auf den Blättern von Bäumen und Sträuchern, von ersteren werden sie mit dem Streifnetz ab- gestreift, von letzteren in den Regenschirm geklopft. Einige Arten leben nahe an der Erde an den Wurzelblättern der Pflanzen und sind deshalb schwieriger zu erhalten. In den Monaten Juni, Juli und August erscheinen die meisten Arten, während manche bereits im ersten Frühjahr, andere bis tief in den Spätherbst auf ihren Pflanzen vorkommen. Der Mehrzahl nach finden sie sich in grösseren oder kleineren Gesellschaften zusammen, manche auch einzeln. Viele sind fast überall, nach anderen kann man jahrelang suchen, bis man einmal ein Exemplar oder eine kleine Gesellschaft findet. Die Bewegung, Laufen und Fliegen, der grösseren längeren Arten ist im allgemeinen träge, nur bei Berührung und in der Begattungszeit lebendiger, die kleineren uud kürzeren Arten bewegen sich rascher, viele mit verdickten Hinterschenkeln hüpfen und beginnen auch den Flug mit Weghüpfen. — Über die Nahrung der Capsinen fehlt es an ausreichenden Beobachtungen, man findet sie öfters auf Blüten saugend, auch an Blättern scheinen sie zu saugen; so fand Herr Prof. Schenk zu Weilburg Ü. erythrocephalus H. S. auf den Blättern von Althaea rosea Cav., die er durch seine Stiche verunstaltete. Ob sie auch Tiersäfte saugen, worauf ihre nahe Verwandtschaft zu den Reduvinen zu deuten scheint, darüber habe ich selbst keine Er- — 19 — fahrung und ist mir auch keine specielle von anderen gemachte Beobachtung bekannt. Das Eierlegen ist ebenfalls meines Wissens noch nicht beobachtet; die Legescheide deutet darauf hin, dass sie die Eier in Pflanzenteile einsenken. Von vielen Capsinen steht es fest, dass sie als ausgebildetes Insekt überwintern, man findet sie bereits im ersten Frühjahr und auch unter Moos im Winter. Ob dies von allen gilt, oder ob andere als Ei überwintern, muss dahin- gestellt bleiben, das späte Erscheinen des Imago bei vielen Arten scheint jedoch dafür zu sprechen. Dass sie den Winter im Larven- zustand zubringen, ist wenig wahrscheinlich. Die Lebensdauer des ausgebildeten Insekts ist kurz. Wo die Entwickelung der Individuen gleichzeitig stattfindet, verschwinden sie manchmal wenige Wochen nach dem ersten Erscheinen. Wie bei vielen anderen Insekten sind die ersten Exemplare, die man trifft, Männchen; wenn diese längst verschwunden, trifft man noch Weibchen an, das Geschäft des Eier- legens sichert ihnen eine längere Lebensdauer. Zur Nahrung anderer Tiere scheinen die Capsinen wenig zu dienen, nur in Spinnengeweben findet man sie häufig ausgesogen; auf Pflanzen, die von Ameisen besucht sind, trifft man sie selten. Ichneumonen- und Fliegenlarven scheinen wenig in ihrem Körper zu schmarotzen, dagegen habe ich häufig Gordiaceen in ihnen und Milben saugend an ihnen gefunden. — Die Bedeutung der Capsinen für das gesamte Tier- und Pflanzenleben ist jedenfalls eine geringfügige, sie nützen wenig und schaden wenig und scheinen mehr zur Zierde der Schöpfung da zu sein. Kırsch- BAUM, 1855. Diese unsere artenreichste Familie der Frontirostrien kann auch als die schwierigste für die Bestimmung und Beschreibung gelten. Die meisten der hierher gehörigen Tiere sind klein, zart und weich, daher es oft nicht ganz leicht ist, sie in vollkommen wohlerhaltenem Zustande zu fangen, aufzustecken und zu bewahren. — Die hell- grüne Körperfärbung mancher Arten verändert sich nach dem Tode bald ganz, bald nur an einzelnen Stellen und geht in hellgelb über. — Männchen und Weibchen zeigen nicht selten grosse Verschieden- heiten in Färbung und Form, sowie in der Dicke des zweiten Fühler- glieds. Die Decken sind bei den Weibchen häufig verkürzt, bei den Männchen derselben Art vollständig entwickelt und anders gefärbt u. s. w. Bei den meisten Arten sind die Männchen schlanker als die Weibchen und haben längere Decken. — Die Capsinen leben auf Gebüsch und Bäumen, oder im Grase, selten am Boden, an feuchten oder trockenen Stellen; wahrscheinlich nähren sie sıch nach — 10 ° — den Angaben von BukrmEister, Amyor et SERVILLE, SAHLBERG haupt- sächlich vom Fange kleinerer Insekten. Fror, 1860. Über das Vorkommen der Phytocoriden insbesondere muss be- merkt werden, dass nach den Temperaturverhältnissen der Längen- grade Europas — ein und dieselben Arten im Süden mit der früher belebten Natur auch früher, schon im März und April — im mittleren und höher nach Norden in Europa um mehrere Wochen später, erst im Mai und Juni entwickelt erscheinen, weshalb auch die Angabe der Zeit des Auffindens nur in Faunen einzelner Länder bestimmter angegeben werden kann. — Von den physiologischen Erscheinungen ist nur zu bemerken, dass viele der zarten und bleichfarbigen Hemi- ptera im Tode verblassen oder die grünlichen in Gelb, rosig in Grau- gelblich ändern, die gelbliche Färbung nachdunkelt, die bräunlich- gelbe Farbe besonders beim Öligwerden des Tieres in der braunen Nachdunkelung verloren geht, dass die gelbliche oder weissliche Be- haarung, von der Seite besehen, braun erscheint. FiEser, 1861. Eintheilung. Die Hemiptera Lin. (Rhyngota FaApr.) sind Insekten mit unvoll- ständiger Verwandlung‘, mit stechenden und gleichzeitig leckenden Fresswerkzeugen, welch letztere einen Schnabel bilden und nur selten gänzlich fehlen; sie besitzen ein freies und meist grosses Pronotum ?. Reur. Von den Unterabteilungen der Schnabelkerfe: Wanzen, Zirpen, Blattflöhen, Blattläusen, Schildläusen, Tierläusen führen erstere den Namen Heteroptera Larr. (Frontirostria ZETT.); sie besitzen hori- zontale Oberflügel, vollständig ungleichen Verlauf der Nerven an Ober- und Unterflügeln, einen Schnabel, der meist aus dem vorderen ! Insecta ametabola — Tiere, welche keiner vollkommenen Verwandlung (Raupe, Puppe), sondern blossen Häutungen unterliegen, und zwar machen die jungen, dem Ei entschlüpften Halbflügler im allgemeinen drei Häutungen oder Entwiekelungsperioden durch, bevor sie in den Stand des erwachsenen Insekts (= Imago) treten; in der ersten und zweiten Periode heissen sie „Larven“, in der dritten „Puppe“ (oder auch Nymphe); die Flügelansätze sind hier noch durch eine häutige Scheide miteinander verbunden. ? Pronotum = Dorsum prothoraeis, der in der Regel am meisten entwickelte Rückenteil des ersten Brustrings, auch Vorderbruststück genannt, beweglich, unten sehr kurz und schmal, nach den Seiten sich rasch erweiternd, und oben stark entwickelt, den Mittelrücken bis auf das Schildchen (mit Ausnahme der Gattung Myrmecoris) sattelförmig bedeckend. — 1531 — und oberen Teil des Kopfes entspringt und sich nur selten mit seinem Grunde den Vorderhüften nähert; ist dies der Fall, so erscheint er versteckt und haben die Tiere Schwimmbeine. Reur. Die Hemiptera heteroptera (die Halbflügler der Schnabelkerfe — Wanzen) teilen sich wieder in Gymnocerata (Geocores, Geodromica, Landwanzen) und in Cryptocerata (Hydrocores, Hydrodromica, Wasser- wanzen). Eıstere, die Landwanzen, besitzen freistehende (bezw. sichtbare) Fühler, zum mindesten von der Länge des Kopfes, deren Glieder keinerlei seitliche Fortsätze aufweisen, einen aus dem vorderen und oberen Teil des Kopfes entspringenden Schnabel, dessen Wurzel von den Vorderhüften ziemlich weit absteht, und haben niemals Schwimm- beine. ReEUT. Die niederste Stufe im System der Landwanzen und zugleich deren weitaus grösste Familie bilden nun die mit weichem Leib, mit fehlenden Nebenaugen (daher Blindwanzen) und borstenförmi- gen Fühlern (deren zweites Glied öfters verdickt ist) ausgestatteten Capsiden (Astemmites Lar., Capsini Burm., Bicelluli Am. et Serv., Phytocoridae Fırs., Cimicidae p. Reur., Capsides Por., Capsidae Reur.). Ihre Flügeldeckenhaut besitzt zwei ungleiche Zellen, ohne weitere Nerven; bisweilen fehlt sie auch. — Weiterhin ist charakteristisch für diese Familie die von zwei länglichen wulstigen Platten ein- geschlossene Legescheide der Weibchen, sowie eine besondere Bildung an den Halbdecken, nämlich der zwischen Lederhaut und Membran von aussen eingeschobene dreieckige UCuneus (Keil oder Anhang), meist von anderer Substanz und anderer Färbung. — (Der Mangel an Nebenaugen findet sich auch noch bei der Familie Caecigena Am, Serv. [mit der einheimischen Gattung Pyrrhocoris Farı.], doch haben letztere keine Legescheide, — während sich ein Cuneus nur noch bei den Anthocoriden findet, welche letztere jedoch dafür statt der vier- gliederigen Schnabelscheide nur eine solche mit drei Gliedern haben.) Die Zeichnung und Färbung der Blindwanzen ist sehr mannigfaltig, oft nach Geschlechtern verschieden, auch bei ein und derselben Art vielfach wechselnd, weshalb sie nur wenig zu Unterscheidungsmerk- malen verwandt werden kann. Professor ©. M. Reuter in Helsingfors, die erste derzeitige Autorität auf diesem Gebiete, giebt in seiner neuesten klassischen Arbeit (Hemiptera Gymnocerata Europae, 1878, I. Band, Seite 13 ff.) nachfolgende, hier aus dem lateinischen Original verdeutschte Diagnose und Beschreibung: — 12 — Diagnose: Freier, viergliederiger Schnabel; Halbdecken (d. h. Oberflügel), die sich typisch aus Clavus (Nagel, Schlussstück), Corium (Lederhaut), Cuneus (Keil, Anhang) und Membran (Glashaut) zusammen- setzen, wobei der Cuneus einen vollständigen Bruch (d. h. gelenkige Naht) aufweist; zusammengesetzte Mittel- und Hinterbrust; die Männ- chen besitzen zwei Genitalsegmente (Geschlechtsabschnitte, letzte Hinterleibsringe), deren erstes vollständig den Bauchringen gleicht; die Weibchen haben solcher drei, deren erstes nur an der Unterseite sichtbar ist, und die äussere Scheide für den Legestachel bildet, während das zweite und dritte bis auf den Grund gespalten ist. Die Arten dieser Familie leben auf Kräutern oder auf den Blättern von Bäumen und Sträuchern, manchmal auch zwischen den Wurzeln von Pflanzen oder auf Baumstämmen, wobei sie auf kleine Tierchen (wie z. B. Springschwänze und Blattläuse) Jagd machen, oder zumeist den Saft der Gewächse saugen. Beschreibung: Körper mittelgross oder klein, seltener gross, meist weich, langgestreckt — kurz und breit eiförmig, mehr oder weni- ger gewölbt, sehr häufig mit feinem Flaum überzogen, bisweilen haarig oder struppig, oft mit gold- oder silberglänzenden, schuppen- förmigen, sich leicht abstreifenden Härchen bedeckt. — Der Kopf ist meist von mittlerer Grösse, seltener vorgestreckt und länger als breit, meist aber mehr oder weniger geneigt, oft senkrecht und kurz, oft hinten am Scheitel zwischen den Augen mit einem zarten er- habenen Kiel versehen. Die Stirne ist mehr oder weniger gewölbt, oft geneigt; der Kopfschild (Clypeus) ist von der Stimme durch einen mehr oder weniger deutlichen Eindruck geschieden oder geht in dieselbe über, während er an den Seiten durch eine feine, aber stark vertiefte Linie von den Wangen gut abgegrenzt ist; die Wangen sind durch eine vertiefte Linie, welche mit dem Seitenrand des Kopf- schilds einen Winkel bildet und sich zur Fühlergrube hinzieht, in zwei Teile geschieden, deren untere Hälfte „Zügel“ (Lora) genannt wird; Kehle und Mund (Peristomium) liegen in gleicher Ebene, oder erstere steht schief; der Gesichtswinkel (zwischen Peristomium und Seitenrand des Kopfschilds) ist entweder gerade oder spitz. — Die Augen liegen meist am hinteren Scheitelrand und berühren mehr oder weniger den Rand des Pronotum, seltener sind sie von ihm etwas weiter entfernt, äusserst selten gestielt, am hinteren Rand fast immer und am inneren häufig ausgeschweift, während ihr innerer Rand gegen die Spitze zu mehr oder weniger auseinanderweicht, seltener sind sie parallel ge- stellt, oft sind sie deutlich gekörnt. — Nebenaugen sind nur äusserst — 153 — selten zu finden. — Der Schnabel ist frei, entweder gerade oder aus mehr oder weniger winkelig gestellten Gliedern zusammengesetzt, viergliederig. — Die Fühler bestehen aus vier Gliedern und sind meist unterhalb des inneren Augenrandes eingefügt, seltener unterhalb der Spitze der Augen gelegen, meist ist ihr erstes Glied das dickste und das zweite das längste, während die zwei letzten um so feiner und schlanker sind, bisweilen jedoch kommen sie den ersteren an Dicke beinahe gleich, das vierte Glied ist selten länger als das dritte, äusserst selten spindelförmig. — Das Pronotum ist meist trapezförmig, sehr selten schmaler als lang, gegen die Spitze (Kopf) zu fast immer verschmälert, am Grunde ausgeschnitten, abgestutzt oder etwas ab- gerundet, am vorderen Rande meist gerade, oft mit einer ringförmigen Einschnürung an der Spitze versehen, bisweilen auch in der Mitte deutlich ausgehöhlt; die Scheibe (d. h. die Mitte) ist gegen die Spitze meist geneigt und in ihrem hinteren Teile ziemlich gewölbt, vorn mit zwei glatten, oft ziemlich glänzenden, mehr oder weniger abge- grenzten und bisweilen erhöhten Schwielen versehen; hinter diesen zeigt sie manchmal einen Quereinschnitt. — Die Halbdecken (Oberflügel) setzen sich aus Clavus (Nagel), Corium (Lederhaut), Cuneus (Keil) und Membran (Haut) zusammen. Der Clavus, als der dem Schildchen nächste Teil, zeigt oft eine durchlaufende Rippe oder Ader (Nerv); das Corium, der grösste Teil der Halbflügel, besitzt zwei ge- krümmte Nerven, deren innerer oder brachiale, oft nur wenig aus- geprägt, in die Membran ausläuft, ‚dort immer scharf hervortritt und deren grössere Zelle bildet, während der äussere oder cubitale Nerv meist scharf ausgeprägt, selten abgekürzt, an der Spitze oft gegabelt, mit dem äusseren Zweige dieser Gabel nach der postcostalen Ader ausläuft, während sein innerer Zweig sich nach der Membran zu fortsetzt und dort die kleinere Zelle bildet. Das Aussenrandfeld des Coriums (oder das Embolium, d. h. Einsatzstück) ist aussen durch den Costalnerv und innen durch den Postcostalnerv abgegrenzt. Der Cuneus oder dreieckige Endteil des Coriums! liegt vor der Membran und an deren äusserer Seite, ist an seinem Grunde vollständig ab- gebrochen (Nahtverbindung), zieht sich bis zum inneren Rand der Halbdecken, ist scharf abgegrenzt (mit Ausnahme der Gattung Di- placus) und meist mehr oder weniger geneigt. Die Membran zeigt entweder nur eine Zelle (indem der Cubitalnerv des Coriums in diesem ! Von einzelnen Autoren auch „Anhang, appendix oder area apicalis“ genannt. — 154 — Falle abgekürzt ist) oder zwei Grundzellen, welche durch die Cubital- und Brachialader, jedoch nicht durch die äussere Verbindungsader gebildet werden. Die Halbdecken sind oft abgekürzt, ganz leder- artig oder mit mehr oder weniger entfalteter Membran. Die Flügel besitzen eine gegen den vorderen Rand zu verlängerte Zelle, die von der sogenannten Hauptader und Nebenader, aber nicht von der Verbindungsader gebildet wird, wobei die Nebenader oft eine kleine klauenartige Ader, Haken genannt, nach der Scheibe der Zelle zu ausschickt. — Das Mesonotum (der obere oder Rückenteil des mitt- leren Brustrings) ist. selten vollständig frei und unbedeckt, das Schildchen' an seinem Grunde oft vom Hinterrand des Pronotum überdeckt, an seiner Spitze häufig mehr oder weniger gewölbt. Das Pro- stethium (Vorderbrust, unterer Teil des ersten Brustrings) ist kurz, in der Mitte in einen dreieckigen, gewölbten, ebenen oder aus- gehöhlten und gerandeten Fortsatz (Xyphus) ausgezogen. Das Meso- stethium (Mittelbrust) besteht aus dem Mesosternum (dem mittleren Teil) und den Schulterblättern, scapulae (dem beiderseitigen Seiten- teil); das Metastethium, die Hinterbrust, ist aus dem Metasternum (dem mittleren Teil) und den Pleuren (dem seitlichen Teil) zusammen- gesetzt. — Der Hinterleib (Abdomen) ist oben flach mit einem meist zurückgebogenen Connexivum (Seitenrand, der von der Bauchseite auf den Rücken umgeschlagene Verbindungsrandstreif), unterhalb gewölbt, in seinem hinteren Teile bisweilen erweitert oder kugelig und in diesem Falle an seinem Grunde eingeschnürt oder gestielt, aus acht (3) oder neun (9) freien Abschnitten (Segmenten, Ringen) zusammengesetzt, deren sechs erste als Abdominalsegmente anzu- sehen sind. Die letzten Abdominalsegmente des Weibchens. sind entweder sämtlich am Hinterrande gerade und vollständig sichtbar, oder sie sind in ihrer Mitte vom vorhergehenden Segment mehr oder weniger bedeckt; das letzte lässt sich oft nur an den Seiten erkennen, während es in der Mitte meist in ein dreieckiges Läppchen (Squama, Schuppe genannt) ausgezogen ist, das den Grund des Legestachels bedeckt. Die zwei an der Spitze des Hinterleibs gelegenen Genital- segmente des Männchens, deren erstes vollständig den Abdominal- segmenten gleicht, während das grössere zweite das Ende des Hinter- leibs einnimmt, oben wie unten gut sichtbar ist und die alleinige ! Das „Schildchen“ ist der kleine, dreieckige Fortsatz des Mittelrückens (Mesonotum) über den Hinterrücken (Metanotum); es ist von dem (vom Vorder- rücken oder Pronotum) überdeckten Teil des Mittelrückens durch eine meist sichtbare Querfurche getrennt. a Hi Spitze des Körpers bildet; gegen sein Ende ist es etwas verengt und zeigt dortselbst auf seiner oberen Seite eine grosse Öffnung, welche die Genitalhaftzangen, die Afterröhre, die Rute (Penis) und deren Anhänge einschliesst, während es auf seiner unteren Seite mehr oder weniger gewölbt ist. — Das Weibchen hat drei Genital- segmente, deren erstes jedoch nur auf der Unterseite sichtbar ist und aus zwei länglichen Platten besteht, welche nach innen zusammen- stossen, die Spitze des dritten Segments erreichen und die äussere Scheide für den Legestachel bilden; es liegt zwischen den Seiten- lappen des zweiten und dritten Segments in der Mittellinie des Bauches; das zweite wie das dritte Segment ist oben wie unten deutlich erkennbar, unten bis zum Grunde gespalten, wobei es mit jedem seiner Seitenlappen am inneren Rande das erste Segment erreicht; das zweite Segment ist am äussersten Rande jedes Lappens mehr oder weniger gebuchtet und am inneren Winkel der Spitze ab- gerundet. — Die Beine sind meist ziemlich lang, mit länglichen oder verlängerten Hüften, deren vordere von den mittleren weit entfernt sind, während letztere sich den hinteren nähern; die hintersten Schenkelpaare sind meist länger als die übrigen, oft mehr oder weniger verdickt, die Schienen sind meist mit feinen Dornen be- waffnet, die Füsse (Tarsen) dreigliederig und an der Spitze des dritten Gliedes mit zwei Klauen versehen, welche am Grunde oft zahnig erweitert oder manchmal fast gespalten sind und zwischen den Klauen selbst bisweilen zwei schmale borstenförmige, kaum zu erkennende Haftläppchen aufweisen. Übersichtstabellen. Ein sehr eingehender Schlüssel zur Bestimmung seiner 95 euro- päischen Gattungen der Familie der Phytocoriden findet sich in Fıeger’s „Die europäischen Hemiptera“, Wien 1861, Seite 61 bis 77. — Gleichzeitig hat Fror (welcher nur die 5 Gattungen Phytocoris Fırı., Miris Fıpr., Lopus Hann, Capsus Fapr. und Myrmecoris GoRSKI, allerdings mit Untergattungen, aufstellt) in seinen „Rhynchoten Liv- lands“, Dorpat 1860, I. Teil, Seite 410, 419, 448-467 eine ähnliche „Übersicht der 122 livländischen Arten“ gegeben. Reuter bringt in seiner Revisio critica Capsinarum, praecipue Scandinaviae et Fenniae, Helsingfors 1875, als Kapitel X eine Dis- positio systematica Capsinarum Europae (p. 75—77: Conspectus Divisionum und p. 77—101 Conspectus Generum), welche aber von ihm selbst 1883 schon wieder überholt wurde; das Gleiche gilt für — 156 — die Einteilung der Sektion (9) Capsina in 20 Familien von Dovsras and Scorr in „British Hemiptera“, Vol. I, London 1865, p. 27—36. Die in O. M. Reurer’s neuestem Werke: Hemiptera Gymnocerata Europae, Tome troisitme, Helsingfors 1883 (Extrait des „Acta Socie- tatis Scientiarum Fennicae“, Tomus XIV), Seite 564—568 gegebene Einteilung der Familie der Capsidae in 16 Divisionen (darunter sechs ausserdeutsche) ist die gleiche, wie sie Dr. A. Puron (Remiremont) in seinem „Catalogue des H&mipteres de la faune palearetique, troi- sieme edition, Caen 1886“, angenommen hat. Erstere lautet (aus dem lateinischen Original verdeutscht): Unterabteilungen der Familie der Capsiden. A. Halbdecken, auch der makropteren Form, ohne Cuneus, ohne Cuneus-Naht und ohne äusseren Randeinschnitt vor der Spitze. Kopf mit sehr hohen Wangen, Kopfschild (Clypeus) mit der Stirne fast oder ganz zusammenfliessend; Scheitel ohne Längsfurche; Oberlippe länglich-spitz, oft vom Schnabel abstehend. Augen auf der inneren Seite nicht ausgerandet. Schildchen am Grunde meist vollständig frei sichtbar (bei Gryllocoris verdeckt). Flügel mit hakenloser Zelle. Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken kaum oder doch nur wenig entfernt. Grosse, freie, blattförmige, an der Spitze ausgespannte Haftläppchen. Leib oft in der Mitte zusammengeschnürt. B. Pronotum mit ziemlich breiter, doch nicht gewölbter, in der Mitte oft verwischter, ringförmiger Einschnürung an der Spitze. Membran mit einer einzigen eiförmigen Zelle. Schenkel langgestreckt. Genital-Segment des Männchens beiderseits vor der Spitze aus- gerandet, die linke Ausrandung tief, mit unterem, in der Mitte zugespitztem Lappen. XV. Myrmecoraria Reur.! BB. Pronotum ohne Einschnürung an der Spitze. Membran mit..... X. Diplacaria Reur.° AA. Halbdecken äusserst selten ohne Cuneus, in diesem Falle zeigt der Scheitel eine feine längliche Furche. C. Pronotum mit vorne abgestumpften, hinten En und ge- buchteten Seiten..... XVI. Teratodellaria Reur. CC. Pronotum mit überall abgestumpften oder allseitig scharfen und oft gerandeten oder nur vorne scharfen, niemals vorne stumpfen, hinten scharfen Seiten. D. Kopf vorgestreckt oder ganz leicht geneigt, mit geradem oder nur leicht stumpfem Gesichtswinkel, Scheitel mit länglicher Furche, oder zwischen den Augen mit zwei glänzenden, queren, gebogenen, in der Mitte oft zusammenfliessenden Eindrücken. An den Fühlern ist das erste Glied lang, leicht cylindrisch. Das Pronotum zeigt oft, wenigstens vorne, scharfe Seiten, mit oder ohne Einschnürung an der Spitze, in ersterem Falle ist die ringförmige Einschnürung DD. EE. FF. la. jedoch weniger deutlich und sind die Seiten des Pronotum scharf oder gerandet. Halbdecken mit deutlichen Nerven, langem Cuneus, der selten vom Corium nicht abgegrenzt ist; Membran zwei- oder seltener einzellig. Flügel mit hakenloser Zelle. Fortsatz (Xyphus) der Vorderbrust gerandet. Vorderhüften kurz, hintere von den Epipleuren der Halbdecken ziemlich weit entfernt. Beine lang- gestreckt; an den hinteren Füssen (Tarsen) ist das erste Glied viel länger als das zweite und besitzt deutliche, freie, an der Spitze auseinder gezogene Haftläppchen. Das Genital-Segment des Männchens ist an den Seiten beiderseits vor der Spitze aus- gerandet, wobei die linke Ausrandung viel tiefer und der untere Lappen an seinem Ende zugespitzt ist. Der Körper ist in die Länge gezogen. XIV. Miraria Reur.? Der Scheitel zeigt nur selten eine vertiefte Längsfurche oder einen Quereindruck in der Mitte, in diesem Falle hat jedoch das Pro- notum einen sehr scharf ausgeprägten Ring an der Spitze, oder steht der Kopf senkrecht oder merklich stark geneigt, oder zeigt das Pronotum nicht gerandete und nicht zugeschärfte Seiten, oder ist an den Füssen das erste Glied nicht oder nur wenig länger als das zweite. Das Pronotum ist selten an den Seiten gerandet. An den hinteren Tarsen ist das erste Glied nur äusserst selten deutlich länger als das zweite, in diesem Falle hat das Pronotum ungeränderte, stumpfe oder abgerundete Seiten und ist an der Spitze mit einer deutlichen ringförmigen Einschnürung versehen. Der Cuneus der makropteren Form ist immer durch einen Bruch (Naht) getrennt. . Die hinteren Tarsen zeigen ein verdicktes letztes Glied, grosse, breite, vom Grunde ab sehr weit auseinander stehende Haft- läppchen, welche sich den Klauen nähern und nur wenig kürzer als jene sind. Die Halbdecken besitzen eine weit über die Mitte hinausreichende vertiefte Cubital-Ader, die Membran nur eine einzige eiförmige Zelle. Die Flügel haben eine hakenlose Zelle. Der Fortsatz der Vorderbrust ist gerandet. Die hinteren Hüften stehen von den Epipleuren der Halbdecken ziemlich weit ab. Das Pronotum besitzt eine deutliche ringförmige Einschnürung an der Spitze und stumpfe Seiten. Der Kopf steht senkrecht, der Scheitel zeigt keine Furche. Körper ziemlich klein. XIII. Bryocoraria Rkur.? Tarsen mit nicht verdicktem drittem Glied. Halbdecken mit wenig über die Mitte hinaus kräftig eingedrücktem Cubital-Nerv. Mem- bran der makropteren Form zweizellig, wobei die kleinere Zelle bisweilen fast verschwindet. Scheitel ohne Längsfurche. . Der (grünliche) Cuneus zeigt im inneren Winkel einen sehr auf- fallenden kohlschwarzen runden Punkt. Kopf senkrecht, kurz; Stirne gewölbt...... VII. Exaeretaria Reur.® Cuneus nicht grünlich und mit keinem kohlschwarzen Punkt im inneren Grundwinkel. . Pronotum mit sehr deutlicher ringförmiger Einschnürung an der HH. 1. GG. er A Spitze, äusserst selten ohne diese; in diesem Falle ist der sehr feine Endrand vom spitzen Rand des Scheitels überdeckt, sind die hinteren Schienen zusammengedrückt und gekrümmt und zeigen die Halbdecken abwechselnd glänzende und dunkle Flecke. . Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken ziemlich weit entfernt. Haftläppchen gross, frei, gespreizt, mit ausgebreiteter Spitze. Flügelzelle stets ohne Haken. Körper länglich, gross oder mittelgross, selten leicht in die Länge gezogen. Kopf am Scheitel selten gefurcht, Zügel nicht abgesondert. Die Halbdecken zeigen wenigstens einen deutlichen Cubital-Nerv, der meist vor der Spitze des Coriums einen kleinen Nerv gegen den äusseren Rand zu aussendet, der Brachial-Nerv ist oft deutlich zu er- kennen. Der Fortsatz der Vorderbrust ist gerandet. Das Genital- Segment des Männchens ist vor der Spitze zu beiden Seiten aus- gerandet, wobei die linke Ausrandung weit grösser und tiefer, der Endlappen meist zugespitzt ist und auf der Unterseite häufig einen länglichen Kiel zeigt. XII. Capsaria Reur.’ Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken kaum oder nur wenig entfernt. Am Kopfe sind die Zügel deutlich abgeson- dert. Beine lang oder ziemlich lang, Schenkel langgestreckt. Körper ziemlich klein, selten von mittlerer Grösse. . Das Pronotum zeigt eine breite Einschnürung an der Spitze. An den hinteren Tarsen ist das zweite Glied (oft viel) länger als das dritte, die Klauen sind klein oder fast verschwindend, die Haft- läppchen sind mit ihnen vollständig verbunden oder frei, in diesem Falle sind die Klauen jedoch etwas unterhalb ihres Grundes leicht winkelförmig gekrümmt und weiterhin äusserst dünn. Die Flügel- zelle ist stets ohne Haken. V. Dieypharia Rekur.® An den hinteren Tarsen ist das zweite Glied nicht oder nur wenig länger als das dritte, bisweilen ist jedoch das erste weit länger als das zweite, die Klauen sind ziemlich lang, gekrümmt, die Haftläppchen schmal und immer frei. Das Pronotum ist äusserst selten ohne Ring an der Spitze; in diesem Falle besitzt es einen sehr feinen niedergebogenen Rand, der vom zugeschärften Rand des Scheitels überdeckt ist, die Wangen sind hoch, die Augen liegen auf den Winkeln des Pronotum und die hinteren Schienen sind etwas gekrümmt und zusammengedrückt. An den Halbdecken tritt der Brachial-Nerv nicht deutlich hervor. An der Flügelzelle ist der Haken oft sehr deutlich, bisweilen jedoch fehlt er. XI. Pilophoraria Rkur. Pronotum ohne Einschnürung an der Spitze oder doch nur mit einer äusserst zarten, niedrigen, meist gerade nur mit allerfeinstem herabgedrücktem vorderem Rande. . Flügelzelle ohne Haken, äusserst selten mit Haken; in diesem Falle sind die Wangen sehr hoch und ist das Haftläppchen der Klauen frei und gross. Fortsatz der Vorderbrust fast immer ge- randet. Genital-Segment des Männchens auf der hinteren Seite mit meist grosser, eiförmiger Öffnung. L. M. MM. LL. JJ. ‘ Wangen; in diesem Falle ist das Haftläppchen der Klauen mit NN. PP. ER) RT Haftläppchen der Klauen gross, frei. Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken weit oder ziemlich weit entfernt. Kopf breit oder ziemlich breit, mit hohen, selbst sehr hohen Wangen, den Augen an Höhe immer gleich- kommend, die Zügel meist abgegrenzt, der Scheitelrand häufig zugeschärft. Schnabel kräftig, von der Kehle weit abstehend. Augen auseinander weichend, auf der inneren Seite nicht aus- gerandet. Halbdecken, besonders beim Weibchen, mit breiten 'Epipleuren. Hinterschenkel sehr häufig verdickt. Schienen cylin- drisch, oft kräftig. Klauen ziemlich lang, mit freien, gekrümmten, an der Spitze meist deutlich geschlossenen Haftläppchen. Körper oft kräftig, kurz. IX. Laboparia Rxur. ! Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken wenig ent- fernt, selten weiter abstehend, in welchem Falle die Wangen nicht hoch sind. Kopf selten breit, Wangen selten hoch, in welchem Falle das Pronotum eine die Seiten überragende Querrinne zeigt, Zügel nur selten deutlich. Fiügel immer ohne Haken in der Zelle. "Augen von der Seite gesehen eiförmig oder länglich-nierenförmig. Schenkel ziemlich selten verdickt. Schienen niemals punktiert, meist schlank. Haftläppchen frei, gross, an der Spitze deutlich sich schliessend. Körper meist länglich. IV. Cyllocoraria Reur. !! Haftläppchen der Klauen breit, aber mit...,. VI. Cremnorrhinaria Reur.! Flügelzelle mit deutlichem Haken. Der Kopf hat selten hohe 2 letzteren selbst grösstenteils oder vollständig verwachsen. Die Zügel sind deutlich abgesondert. . Kopf sehr breit, senkrecht. Augen sehr gross, am inneren Rande gebuchtet, hinten rückwärts geneigt und auf den Vorderwinkeln des Pronotum liegend..... VI. Boopidocoraria Reur. '? Augen niemals auf den vorderen Winkeln des Pronotum liegend, Pronotum nicht eingedrückt-punktiert. . Schnabel kurz, seine zwei letzten Glieder gegen die gemeinsame Gliederung hin erweitert, zusammengenommen dem zweiten an Länge gleich. Kopfschild stark in die Länge gezogen...... II. Nasocoraria Rkur. . Schnabel gegen die Spitze hin sich allmählich verdünnend. . Kopfschild meist breit und dick, selten schmal, zusammengedrückt, in welchem Falle der Fortsatz der Vorderbrust ausgehöhlt und 'gerandet ist. Fortsatz der Vorderbrust ziemlich selten flach oder gewölbt, in welchem Falle dann der Kopfschild dick und breit ist. Körper leicht oder stark dunkel, äusserst selten etwas glänzend. II. Oncotylaria Rkur. !? Kopfschild schmal, kielförmig zusammengedrückt oder eingedrückt. Fortsatz der Vorderbrust gewölbt, äusserst selten etwas flach. Körper meist mehr oder weniger glänzend. I. Plagiognatharia Rkur. '® ST a Bemerkungen. l. Von den hierher zählenden 5 palaearktischen Gattungen kommen nur zwei, Pithanus Fırs. und Myrmecoris Gorskı (mit je einer Art), in Deutschland vor. 2. Hierher zählt nur die einzige palaearktische Gattung Diplacus Stau (Myrmecophyes Fır».), von deren drei Arten eine im nördlichen Europa vorkommt, während die beiden anderen in Turkestan leben. Diese Gattung steht der Division Laboparia nahe und unterscheidet sich von ihr dadurch, dass die hinteren Hüften seitlich hoch liegen, die Haftläppchen deutlich auseinander gezogen sind und der Cuneus nicht abgegrenzt ist. 3. Hierher zählen nur die beiden palaearktischen Gattungen Tera- todella Reur. (Frankreich, Senegal) und Camelocapsus Reur. (Griechenland). 4. Die Gruppe Miraria ist fast vollzählig in Deutschland vertreten; sie umfasst die Gattungen Acetropis Fıne., Miris FA. (deren fünf im nachfolgenden aufgeführte Arten von Fırger in die Untergattungen Brachytropis, Miris und Lobostethus zerlegt wurden, während Reuter sie neuerdings in die beiden Gattungen Brachytropis Fızs. und Stenodema Lar. aufteilt), Megaloceraea Fire. (von Fırser in die drei Untergattungen Notostira, Megaloceraea und Trigonotylus zerlegt, welche nach Reuter nunmehr selbständige Gattungen sind), Teratocoris Fızs. und Leptopterna Fırs. (Lopomorphus Deu. Sc., nach Reuter nunmehr Miris FAB. zu heissen). — Die in Reuter’s früheren Arbeiten noch hierher gezogene Art Panthilius Curt. gehört nunmehr zur Gruppe Capsaria. 5. Die Gruppe Bryocoraria enthält nur die 2 palaearktischen Gattungen (mit je einer Art) Monalocoris Danus. und Bryocoris FAuL., beide in Deutschland zu finden. 6. Diese Gruppe enthält nur die 3 nicht in Deutschland lebenden palaearktischen Arten Exaeretus Fıes., Camptotylus Fıws. und Megalo- basis Reur. 7. Die grosse artenreiche Gruppe Capsaria umfasst folgende in Deutschland vertretene Gattungen: Pantilius Curr. (Conometopus FızB.), Lopus Hann, Miridius Fıre., Phytocoris Faun., Alloeonotus Fızs., Calo- coris Fırs. (Deraeocoris Krm., Calocoris et Closterotomus Fırs. mit Sub- genus Homodemus Fıns.), |Pachypterna Fıre.|, Megacoelum Fızs., Pyeno- pterna Fırs., Brachycoleus Fırs., Oncoynathus Fres. (neuerdings Stenotus Jax. genannt), Dichrooscytus Fıes., Plesiocoris Fırs., Lygus Haan (mit den Fırser’schen Untergattungen Zygus und Orthops), Zygimus Fire. (Hadrodema Frw».), Cyphodema Fire. (neuerdings Agnocoris Reurt. ge- heissen), Poeciloseytus Fırs. (mit den Untergattungen Charagochilus FrEB., Systratiotus Den. Sc. oder Polymerus Han. Fırs., Poeeiloscytus Fıns.), Camptobrochis Fırn., Liocoris Fırs., Capsus Aucor. (schon von KırscH- BAUM und neuerdings wiederum von Reuter »Deraeocoris« benannt), [Stethoconus Fıre.), Bothynotus Fırs. (Trichymenus Reur.), Alloeotomus Fıne., Rhopalotomus Fırs. (nach Stau und Revrer nunmehr Capsus FAB. zu nennen). 8. Die Gruppe Dieypharia umfasst nur die +4 palaearktischen (sämtlich auch in Deutschland zu findenden) Gattungen Macrolophus Fırs., Cyrtopeltis Fızs.,. Dieyphus Fıre. (Idolocoris Deu. Sc., Brochjjceroen Fırp.) und Can FıEs, 9. Von den zur Gruppe Pilophoraria zählenden 10 er Gattungen finden sich in Deutschland: Pilophorus Haun (Camaronotus Fıer.), Oremnocephalus Fıes., Systellonotus Fırs., Plagiorhamma FıE»., Eroticoris Deu. et Sc. (Allodapus FıEB.), Omphalonotus Reur. —. Der Haken der Flügelzelle ist bei den Arten der gleichen Gattung (Systello- sotus) bald mehr oder weniger deutlich (thymi, alpinus), bald vollständig fehlend (triguttatus). Reut. 10. Die Gruppe Laboparia umfasst die deutschen Gattungen Hal- tieus Burm. (Astemma Am., Halticocoris Der. et Sc.), Strongylocoris Costa (Stiphrosoma Fır».), Labops Burm. (Orthocephalus FıEs. et Pachytoma Costa) mit der Untergattung Kuryopicoris Reur. 11. Die Gruppe Cyllocoraria umfasst die deutschen Gattungen Cyllocoris Haun, Aetorhinus Fıre. (Blepharidopterus Kou.), Globiceps LArr. (Kelidocoris Kou.), Mecomma Fırs. (Chlamydatus Curt. p.), Oyrtorrhinus Fırs. (Tytthus Fırs., Sphyracephalus Deu.), Orthotylus Free. (Tichorhinus, Pachylops, Litocoris Fıre., Litosoma Deu. et Sc.), Loxops FıEs., Hetero- toma LATR., [Platytomatocoris Rzur.|, Heterocordylus FıEs., Malacocoris Fızs., [Reuteria Pur.]. 12. Die Gruppe Cremnorrhinaria enthält nur die einzige, in Grie- chenland (mit einer Art) vertretene Gattung Cremnorrhinus Reut. 13. Die Gruppe Boopidocoraria enthält gleichfalls nur die einzige Gattung Boopidocoris Reur. (mit einer einzigen Art in Turkestan). 14, Die Gruppe Nasocoraria hat nur die eine Gattung Nasocoris Reur. (mit einer einzigen ausserdeutschen Art). 15. Die Gruppe Oncotylaria umschliesst 25 palaearktische Gat- tungen, von denen sich in Deutschland finden: Onychumenus REur., Eurycolpus Reur., Oncotylus Fıer., | Acrotelus Reur.|, Conostethus FIER., Placochilus Fıre., Hoplomachus Fıes., Tinicephalus Fıe»., Macrocoleus Fızp., Amblytylus FıeB., Macrotylus Fi». 16. Die Gruppe Plagiognatharia enthält 26 palaearktische Gat- tungen, von denen sich in Deutschland finden: Harpocera Curr., .Byrso- ptera Spin. (Malthacus Fır».), Brachyarthrum Fıre., Phylus Hann, ‚Plesio- dema Reur., Psallus Fırs. (Psallus et Apocremnus FıEs.), Atractotomus Fız»., Criocoris Fız»., Plagiognathus Fres., [Atomoscelis Reur.], Chlamy- datus Curt. (Agalliastes Fızr.), Neocoris Deu. et Sc. (Microsynamma Fiz2.), Campylomma eur, Sthenarus Fızs., Megalodactylus FIE». Der Familie der Capsiden schliesst sich an (und wird von einzelnen Autoren noch beigezählt) die Gruppe der Isometopini mit einer auch in Deutschland lebenden Art (Isometopus intrusus H. ScH.). Zur leichteren Übersicht der Gattungen der grossen Familie Capsidae lasse ich hier auch noch die von E. SAUNDERS in seiner Synopsis of British Hemiptera-Heteroptera (from the Transactions of the Entomological Society of London) 1875, p. 254—258 gegebene, Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, aut — 12 — originelle, einfache: und kurze Bestimmungstabelle (aus dem Eing“ lischen verdeutscht) im alla en are I. Kopf in der Mitte gefurcht, oder auf dem Scheitel quer eingedrückt. A. Erstes Tarsalglied viel länger als das zweite. B. Kopf nicht gefurcht, Scheitel eingedrückt BB. Kopf unter der Mitte gefurcht. C. Kopf länger als breit. a. Thoraxgrund abgestutzt, den Grund des Schildchens bedeckend. Schildchen punktiert b. Thoraxgrund ausgerandet, den Grund des Schildehens nicht bedeckend. Schildchen glatt CC. Kopf viel breiter als lang. a. Verlängert, vertieft, glatt . b. Verlängert, nicht vertieft, mit langen Haaren bedeckt . . AA. Erstes Tarsalglied nicht, länger "als db8 ne II. Kopf nicht gefurcht oder quer eingedrückt. A, Brustkorb am vorderen Rande aufgeworfen und abgerundet, oder in einen kurzen kragen- artigen Hals zusammengezogen, oder vorne stark zu sammengezogen und hinten stark. aufgeworfen und. erweitert, am hinteren Ende weit ausgerandet, die Schwielen oft stark vorspringend. B. Brustkorb hinten nicht: stark aufgeworfen, Grund nicht weit ausgerandet. GC. Membran (Glashaut) mit zwei Zellen. D. Seiten des Brustkorbs vorne scharf . D. Seiten des Brustkorbs vorne nicht scharf, E. Hals mehr oder weniger aufgetrieben, Kopf vom Hals nicht durch einen Kiel oder eine auf- geworfene Linie getrennt. F. Membran marmoriert . FF. Membran nicht marmoriert. G. Schnabel über die hinteren Hüften hinausreichend. a. Hintere Schienen lang, fast zweimal so lang als die mittleren b. Hintere Schienen nicht so lang, nieht mehr als anderthalb mal so lang als die hinteren GG. Schnabel nicht über die hinteren Hüften hinaus- reichend. H. Tiere nicht tief punktiert, oder runzelig. a. Zweites Fühlerglied nicht keulenförmig b. Zweites Fühlerglied dick keulenförmig Acetropis. Maris. Megaloceraea. Teratocoris. Leptopterna. Pantilius. Lopus. ‚Phytocoris. Miridius. Oncognathus. Calocoris. Rhopalotomus- HH. . Augen in einiger 163 Tiere tief punktiert, oder runzelig. a. Tiere glatt b. Tiere haarig . ‚Hals nicht aufgetrieben,, Kat kimion pakisle. . Kiel nur nahe am Auge auf jeder Seite sichtbar. a. Fast eirund, drittes und viertes Fühlerglied beinahe aldch b. Fast länglich, viertes Glied =, De er das dritte . Kiel durchaus sichtbar. . Tiere mit goldigglänzenden, leicht abfallenden, zerstreuten Flaumhaaren bedeckt . . Tiere nicht mit goldigem Flaumhaar bedeckt. . Tiere mehr oder weniger flaumhaarig. Scheitel sehr breit Scheitel nicht sehr breit. a. Thorax quer gerunzelt . b. Thorax nicht quer runzelig . . Tiere glatt (kahl) .. Membran mit einer Zelle. a. Drittes und viertes Fühlerglied beinahe gleich b. Drittes Glied deutlich länger als das vierte 3. Thorax hinten stark aufgeworfen; hinterer Rand stark ausgeschweilt. . Erstes Tarsalglied zwei oder dreimal länger als das zweite . yıR } Erstes Tarsalglied nicht ieh länger als das zweite, . Augen beinahe oder ganz den vorderen Thorax- rand berührend. Zweites Fühlerglied länger als das dritte und vierte zusammen. a. Schwielen des Thorax stark vorspringend . b. Schwielen des Thorax nicht vorspringend . Zweites Fühlerglied nicht so lang als das dritte und vierte zusammen. . Fühler etwas stark, Thorax mit langen zer- streuten Haaren . Fühler sehr fein, Thorax nicht Kaarig. . Thorax mit verlängertem Kragen . . Thorax ohne verlängerten Kragen. . Tiere fast ganz grün, Flügel nahezu durchsichtig . Tiere nicht grün, Flügel nicht durchsichtig. a. Flügelzellen ohne hakenartigen Nerv b} Zellen mit hakenartigem Nerv. Entfernung vom vorderen Thoraxrand gelegen. . Tiere nicht grün, Kopf hinter den Augen zu- sammengeschnürt; Augen gross. Capsus. Bothynotus. Liocoris. Dichrooscytus. Poeciloscytus. Hadrodema. Plesiocoris. Lygus. Camptobrochis. Bryocoris. Monalocoris. Pithanus. Globiceps. Oyllocoris. Eroticoris. Campyloneur«. ‚Aetorhinus. Chlamydatus. Byrsoptera. 11* EAN IMERE a. Hintere Schenkel. gerinnt . b. Hintere Schenkel nicht gerinnt i EE. Tiere grün, Kopf hinter den Augen nicht 2 ZUu- sammengeschnürt ; Augen klein AA. Thorax an seinem vorderen Rand ieh) Ef geworfen oder gerundet, noch in einen kurzen kragenartigen Hals zusammengeschnürt, noch vorne stark verengt und hinten erweitert, am hinteren Ende ausgerandet. B. Augen nicht fast den vorderen Thoraxrand be- rührend . BB. Augen fast oder vollständig den vorderen Rand berührend. G. Hintere Schienen mehr oder weniger gekrümmt "und abgeflacht 2 CC, Hintere Schienen nicht gekrümmt und abgeflacht. D. Flügelzellen ohne hakenartigen Nerv. E. Scheitel des Kopfes den vorderen Thoraxrand bedeckend oder hinten verlängert und mehr oder weniger abgerundet. E.* Kurz und stark, nicht bedeckt mit gelbem oder weissem schuppenartigem Flaumhaar. a. Fühler sehr lang und dünn, fast zweimal so lang als der Körper b. Fühler nicht lang und dünn. . E*E.* Mehr oder weniger in die Länge gestrackt, schwarz, mit kurzen gelben oder weisslichen schüppenatligen Härchen bedeckt . . EE. Kopf den vorderen Thoraxrand nicht bedeckend, noch hinten verlängert. F. Zweites Fühlerglied nicht sehr erweitert und abgeflacht. G. Insekt mit kurzen, leicht abfallenden, goldgelben oder weisslichen Härchen bedeckt a . Insekt nicht mit kurzen, abfallenden, gold- gelben oder weisslichen Härchen bedeckt. a. Zweites Fühlerglied sehr lang, anderthalbmal so lang als das dritte und vierte zusammen b. Zweites Fühlerglied fast nicht so lang als das dritte und vierte zusammen genommen FF. Zweites Fühlerglied stark erweitert und abgeflacht DD. Flügelzellen mit hakenartigem Nerv. E. Körper matt und dunkel. F. Schienen schwarz gesprenkelt FF. Schienen nicht gesprenkelt. G. Tier mehr oder weniger dicht behaart; Haare grösstenteils schwarz. H. Augen nicht sehr klein, Raum zwischen den 2 {ep} Suystellonotus. .. Dicyphus. Maerolophus. Malacocoris. Pilophorus. Halticus. Stiphrosoma. Heterocordylus. Orthocephalus. Loxops. Orthotylus. ' Heterotoma. Anotherops. — 16 — Augen nicht so weit als die doppelte Augen- breite, seitlicher Thoraxrand nicht scharf. -_ AAN: ‘a. Fühler dürchaus ziömlich stark . . . . , Hoplomachns. ‘ 'b. Fühler an der Spitze sehr dünn . . . Macroeoleus. “ HH. Augen sehr klein, Scheitel viel breiter als die doppelte Augenbreite, Seitenränder des Thorax ; mehr oder weniger scharf. . . . Amblytylus. GG. Tiere ohne schwarze Haare, sehr fein und röpel- . mässig beflaumt. a. Kopf quer über die Augen nicht ganz so breit als der Thoraxgrund . . .. Oncotylus. b. Kopf quer über die Augen so breit oder heir nahe so breit als der Thoraxgrund . . . Conostethus. EE. Körper mehr oder weniger glänzend. F. Zweites Fühlerglied kürzer als das dritte . . Harpocera. FF. Zweites Fühlerglied länger als das dritte. G. Schienen mit blassen Dornen. a. Verlängert, flach; Flügeldecken parallelseitig Phylus. X b. Nicht verlängert, flach und parallelseitig , Plesiodema. . GG. Schienen mit schwarzen Dornen. H. Flügeldecken mit kurzem, abfallendem, schuppen- artigem, blassem Flaumhaar bedeckt. a. Zweites Fühlerglied stark verdickt . . . . Atractotomus. :: .« b. Zweites Fühlerglied nicht verdickt . . . . Psallus. HH. Halbdecken ohne kurze, abfallende, schuppen- _ artige Härchen; Flaum gewöhnlich grau und anlegend !"::: . GA ARPERUE SEIN Dlagiognuihze! Systematische Aufzählung, Beschreibung, Synonymik mit Litteraturnachweis und Fundorte nebst Lebens- weise der deutschen Blindwanzen (Capsides). Div. Myrmecoraria. Übersicht der Gattungen (nach ReEuTER). - Kehle lang. Zügel abgesondert. Kopf an der Spitze zusammen- gedrückt. Mittelrücken vollständig frei (unbedeckt). Hinterleib ei- förmig gewölbt oder leicht kugelig, an seinem Grunde stark ein- geschnürt: Myrmecoris GoRskı. Kehle kurz. Zügel nicht neh Kopf an. der Spitze nicht zusammengedrückt. Schildchen freiliegend. Hinterleib an seinem Grunde nicht zusammengeschnürt. Kopf fast senkrecht. Körper in die Länge gezögen: Pithanus Fırr. | Eu — 166 — Pithanus Fire. Langgestreckt, dunkel, fast kahl, dimorph. — Kopf gross, von vorne senkrecht, von der Seite gesehen fast kugelig. — Augen gross, kugelig, vorstehend, an das Pronotum anstossend. — Fühler kürzer als der Körper, erstes Glied kurz, stark, cylindrisch, die übrigen fadenförmig. — Schnabel reicht fast bis zum ersten Abdominal- segment. — Pronotum lang, gleichbreit, trapezoidal, horizontal, vorne (bei der brachyteren Form auch hinten) eingeschnürt, in der Mitte gewölbt, sein Hinterrand ausgeschnitten. — Schildchen gross, drei- eckig, etwas gewölbt, am Grunde fast so breit als der hintere Pro- notumrand. — Halbdecken der makropteren Form etwas länger als der Hinterleib, Cuneus kaum angedeutet, Membran mit einer Zelle; bei der brachypteren Form stark verkürzt, ohne Cuneus und Mem- bran, kaum ein Drittel so lang als der Hinterleib, beim Männchen am Ende gerundet, beim Weibchen an der Spitze breit abgestutzt. — Hinterleib gewölbt, mit aufgebogenen Seitenrändern. — Beine schlank, Tarsen lang, das erste Glied so lang als das zweite und dritte zusammen. 1 (397) Maerkeli H. Sch. Schwarz; erstes Fühlerglied (mit Ausnahme seines dunklen Grundes) sowie Rand der Halbdecken breit gelblichweiss; Beine gelb- rot; Corium pechfarben, Membran bräunlich. Bei der brachypteren Form ist der Clavus gerunzelt und das Corium am vorderen Rande blassgelb. — Beide Formen unterscheiden sich — abgesehen von den Flügeln — auch noch durch verschiedenen Bau des Thorax von einander. Das Weibchen der brachypteren Form unterscheidet sich vom Männchen weiterhin noch durch gelbbraune Randung von Hinter- leib und Bauchgrund. — Von der makropteren Form giebt es nur Weibehen. — 4!1/,—5!/, mm lang (Weibchen meist etwas länger). Capsus Maerkelii Herrıcn-ScHÄrrer, Wanz. Ins. 1839, IV, p. 78, Fig. 406 (forma macroptera). — Kırschgaum, Rhynchoten Wiesbadens, 1855, p. 44, 28. — Fror, Rhynchoten Livlands, 1860, I, p. 513, 26. Capsus flavolimbatus Bonrman, Gotlands Ins. Faun. in Vet. Ak. Handl. 1849, p. 252 (forma macroptera 9). Oyllecoris vittatus Danueom, Vet. Akad. Handl. 1850, p. 205 (forma macroptera). Pithanus Maerkelii Fırser, Criter. z. gen. Theilg. d. Phytocor. 1859, p. 16, Tab. 6, Fig. 13. — Europ. Hemipt. 1861, p. 239. — DousLas and Scorr, Brit. Hemipt. 1865, p. 281, 1 und plate X, — 191 — fig. 3. — Reuter, Revis. crit. Caps. 1875, p. 103, 1. —. Saunners, Synops. of Brit. Hemipt. Heteropt. 1875, p. 278, 1. — Puton, Cat. 1886, p. 45, 1. — Arkınson, Cat. of the Capsidae (in Journal of the Asiatic Society of Bengal, Caleutta, Vol. LVII, Part II), 1889, p. 30. | Thüringen : Bei Gotha, im Georgenthaler Revier, auf Gras nicht selten. Kerıner-Beeppin. Bei Erfurt gefunden von Herrn Frank. — Bayern: Bei Bamberg an Gräsern feuchter Wiesen. Funk. — Elsass: Foröt de Vendenheim; bords de la Bruche; 6—7; pas rare dans les herbes et sur les buissons. ‘Reıger-Puron. — Nassau: Männchen und Weibchen bei Wiesbaden und Mombach, auf Feldern von niederen Pflanzen gestreift, mit abgekürzten Halbdecken häufig; mit voll- ständigen Halbdecken erhielt ich erst ein Weibchen; 6—-8. Kırsch- Baum. — Schleswig-Holstein: Häufig im Grase und auf Sumpfboden ; von der langflügeligen Form (flavolimbatus Bon.) habe ich erst ein Stück gefangen. Wüsrtxer. — Mecklenburg: Von Mitte Juni bis Mitte August an Gräsern, namentlich in den Barnstorfer Tannen (bei Rostock) nicht selten; unter allen gefangenen Stücken fand sich nur ein ge- flügeltes, und zwar ein Weibchen. Ranparz. — Provinz Preussen. BRISCHKEE. Eine sehr ausgezeichnete von Herrn Kantor Märker in .der sächsischen Schweiz entdeckte Art, welche unter die Abteilung mit abgeschnürtem Halse gehört. HERRICH-SCHÄFFER. An Gräsern auf feuchten Wiesen in Deutschland, Frankreich, der Schweiz und in Schweden. FIEBER. Forma Macroptera rara. — Europa praecipue borealis. REUTER. [Schweiz: Auf feuchten Wiesen an Gras, bisher selten erbeutet und noch nie mit entwickelten Flügeldecken.... FREY-GESSNER. — Tirol: Auf Sträuchern im Sarnthale, sonst an Gräsern feuchter Wiesen; um Innichen von 4—5000° s. m. GRrepLEer. — Böhmen: An Feld- rainen und Waldrändern, im Grase, selten; nur brachyptere Exem- plare ... 6—7. Dupa. — Livland: Ziemlich selten, auf Wiesen, an Gräben, 6 und 7. Fror.] Myrmecoris Gorskı. Körper dunkel, glatt, Jänglich gestreckt, in der Mitte ein- geschnürt, ameisenähnlich, dimorph. — Kopf 'sehr gross, länglich dreieckig, fast senkrecht, breiter als das Pronotum, länger als mit den Augen breit. — Augen kugelig, etwas vorstehend, an das Pro- notum stossend. — Schnabel bis zu den Hinterhüften reichend. _ Pronotum gewölbt, an der Spitze breiter als am Grunde, daselbst ABEN ‚ausgeschweift. — Mittelrücken vollständig frei, 'hoch:gewölbt, durch eine tiefe sattelförmige Einschnürung vom Pronotum ‚getrennt, und wie dieses, jedoch nach hinten, sich verbreiternd.‘— Hinterleib- beim: @ eiförmig, beim d kugelig, erstes. Abdominalsegment: stielförmig' ver- schmälert, dabei jedoch überall gleich breit, (gestielter Hinterleib). — Fühler. schlank, von Körperlänge, erstes Glied viel kürzer als der Kopf, fast in = Mitte zwischen Augen und Spitze des Kopfschilds eingefügt; zweites Glied gegen die Spitze. zu leicht verdickt. — Halbdeeken bei beiden Geschlechtern meist stark verkümmert (wobei dann die Flügel fehlen), seltener entwickelt und dann ‚länger als der Hinterleib; Membran bloss mit einer deutlichen Zelle. — Beine in die Länge gezogen, schlank, aber kräftig; Hüften stark kegelförmig verlängert, fast walzig, hintere Hüften weit nach aussen Bördckt- Hinterschenkel länger als die vorderen, etwas verdickt; Schienen leicht bedornt; erstes Tarsalglied so lanse wie die Be folgenden zusammen; Haftläppchen gross, entfaltet. 5 2 (398) gracilis SanLe. Aeneo-niger, subopacus, laevis; abdomine basi constricte, nitido: antennis pedibusque piceis; hemielytris fuscis, pellucidis, fasciis dua- bus latis albis, apice membranae sordide albido. Long. 2/, lin. R. F. SanLsire. es Dunkel erzfarben, schwarzbraun, unbehaart. — Kopf so lang wie Pronotum mit Mesonotum bis zum Deckenansatz. — Augen schwarz oder braunrot. — Der gestielte Hinterleib glänzend, 'an seinen vorderen Abschnitten weiss gerandet. — Die weit unter den Augen eingelenkten Fühler sind etwa von Körperlänge — (bei den 9 etwas länger) — und ungleich gefärbt: das erste Glied ist hell- gelb, das zweite bräunlich mit schwarzer Spitze, das dritte und vierte dunkel. — Die Beine zeigen pechbraune Schenkel, hellere Schienen und braune Fussglieder, deren erstes mehr oder weniger gelb- lich ist. — Das Weibchen hat breitere Stirne. — M.4, W. 5?/, mm lang: Bei der makropteren Form (3 9) überragen die Halbdecken den Hinterleib; ihre Färbung ist sehr wechselnd, braun mit weissen Flecken und Be — Das Pronotum hat zwei starke Einschnü- rungen, an der Spitze und am Grunde; das grosse, in der Mitte etwas gewölbte Mesonotum ist vorne so breit wie En Pronotum an seinem Grunde, hinten (wo die Halbdecken ansetzen) fast breiter als Kopf samt Augen. Die brachyptere Form (2 9) hat sehr kurze, am Ende ab- gerundete Halbdecken (ohne Differenzierung in Clavus, Corium und — ,1697 — Cuneus) mit einem einzigen erhabenen Längsnerv; dieselben sind in der Mitte dunkel, am Rande weiss. — Die Einschnürung an der Spitze des Pronotum (Vorderrücken) ist nur schwach angedeutet. Der Mittel- rücken (Mesonotum) ist in seiner Mitte höckerig gewölbt und an seiner grössten Breite immer noch etwas schmaler, als das Pronotum (REuTEr). Reuter unterscheidet überdies (Öfv. Finsk. Vet. Soc. Förh. XXI, 1879, p. 174—175) eine var. rufuscula und eine var. fusca. Die Beschreibung (Myrmecoris gracilis) Fırser’s bezieht sich auf erstere, jene KırschBaum’s auf die var. fusca. Globiceps gracılis F. SAHLBERG, Monograph.: Geoc.: Fenn. 1848, p. 123, 1. — Boneman, Nya Svenska Hemipt. in K. Vet. Akad. Handl. Stockh. 1852, p. 70, 26 (mit entwickelten Decken). ', Myrmecoris agilis Gorskı, Anal. ad entomogr. Röss. 1852, R p- 168, 1. — Steim, Berlin. ae Monatschr. XIV, 424, tab. III, 72 8. ee is Iithuanica Gorskı, Anal. ad entomogr. Röss. 1852, 1p107, tab: 17001. . Myrmecoris gracilis KırschBaum, Rhynchot. Wiesbadens, 1855, p. 41, 23 und p. 108, 23. — Flor. Rhynchot. Livlands, 1860, 1, p. 636, 1. — Fıirser, Europ. Hemipt. 1861, p. 239, 1. — Reuter, Revis. .critic. Caps. 1875, p. 102, 1. — Puton, Cat. 1886, p. 45, 1. — Arkınson, Cat. of the Capsidae, 1889, p. 31. Bei Berlin nach Erıcnsov und Steıw. — Elsass: Pris un M. macroptere en fauchant sur un chemin herbeux de la for&t de Wal- bourg, 6. 1874. Reiser. — Nassau: Ein Männchen und eine Larve auf einer Blösse des Mombacher Kiefernwaldes gefangen am 7. 7. 1853 und am 22. 7. 1854. Kırscupaum. — Mecklenburg: bei Mark- grafenheide auf lichten Waldstellen im Grase mehrfach gefunden zu Ende des Juli und anfangs ih auch ein völlig geflügeltes Männ- chen. Ruapparz. In Finnland (SauLsers), Lithauen a, Österreich ei Föp- sTER), in Baden (Kırscasaum). Fieser (1861). [Schweiz: Dieses in der That zierliche Tierchen kam ne Oktober (1869?) beim Durchsuchen eines Juniperus-Busches am Fusse des Calanda bei Untervaz in einem einzigen Exemplar in meine Hände. Frry-Gessner. — Böhmen: 1885 fand ich diese Art in einem vollständig geflügelten Exemplare in einem Holzschlage bei Warten- berg, 12. 7; sonst auch von Prag angegeben. Dupa. — Livland: Auf trockenen Wiesen, selten; 6, 7 und 8. Fror.]. (Fortsetzung folgt.) Naturwissenschaftlicher Jahresbericht 1891. Zusammengestellt. von Dr. Frh. Richard Koenig-Warthausen. An diesem siebenten Berichte haben sich wieder betheiligt die Herrn Lehrer. ALLmEnningEr (Stockheim bei Brackenheim), Oberförster FrisoLın (Bietigheim), Forstrath Hernesen (Leonberg), Dr. Hopr (Plochingen), Fabrikant Link (Heilbronn), Oberförster NaczL (Rotten- burg a. N.), Oberförster TuEURER (jetzt in Sulz a. N.), Oberförster Imnor (Wolfegg), Oberförster Wenpeustem (Kisslegg), Oberförster Frank (Schussenried), Oberförster Prost (Weissenau), Pfarrer Dr. Propsr (Essendorf), Freiherr von ULm-Ersach (Erbach). In Wegfall sind ge- kommen Herr Öberförster VÖLTER, welcher von Ochsenhausen als Hofkameralverwalter nach Waiblingen versetzt wurde und seine vor- zugsweise für die forstliche Versuchstation Giessen gemachten Be- obachtungen mit d. J. 1890 abgeschlossen hat, sowie Herr Badearzt Dr. Wurm in Teinach, welcher aus persönlichen Gründen * die Corre- spondenz mir gekündigt hat. Neu hinzugekommen ist Herr Lehrer G. STETTNER, welcher aus Vaihingen a. Enz berichtet und am An- fang und Schluss des Jahres auch Emiges von Tempelhof (Crails- heim) und’ Öhringen beigetragen hat. Mittheilungen von der K. Hofjagd sind auch diessmal Herrn Hofjägermeister Freiherrn voN NEURATH, sowie vereinzelte Notizen Freiherrn von FREYBERG-EISEN- BERG in Allmendingen und Graf Reurrser von Weyt in Achstetten zu verdanken. Für Warthausen haben das Meiste geleistet meine Tochter ErisagerH (jetzt in Folge ihrer Verheiratung aus der Heimat * Herr Dr. W. schreibt mir 8. Juli 1892, „meine Abstimmung in der Abgeordnetenkammer bezüglich der Frauenfrage halte ihn ab, ferner zu correspondiren.“ Indem ich von, der Petitionscommission einstimmig gefasste, recht harmlose Anträge als deren gewählter Berichterstatter und Vorstand ver- trat, habe ich lediglich eine ständische Pflicht erfüllt (vergl. Comm.-Bericht v. 6. April u. Sitzungsprotocoll v. 30. April 1891). Dass der schätzbare Corre- spondent dem Verein sich entzogen 'hat, ist:also nicht meine Schuld. rd geschieden) und mein Sohn Fritz ; ausserdem hat Herr Oekonom AnGELE auf den Risshöfen sich, wie meist, betheiligt. Lesefrüchte aus der Tagesliteratur haben ebenfalls wieder Verwendung gefunden. Vögel. 1) Haliaötos albicilla Savıon. L., Seeadler. Ein Weibchen, vom Schnabel bis zur Schwanzspitze 94 cm. lang, 2,10 m. klafternd, wurde von Baron Um 24. Februar an der Donau, Markung Donaurieden (Ehingen), geschossen; dasselbe hatte sich schon einige Wochen in der Gegend aufgehalten. Ein anderes Expl. war 1862 auf der benachbarten Markung Ersingen erlegt worden. 2) Pandion haliaetos Savıcn. L., Flussadler. 14. April schoss Baron M. Süsskınp bei Schwendi (Laupheim) 1 Expl. mit 1'/, m. Spannweite im Wald von einer Eiche herab; der Vogel liess einen halbgefressenen Fisch fallen. 16. October strich 1 St. über das Aachthal bei Kisslegse. 3) Circaötos gallicus Vıriu. Gm., Schlangenadler. 23. October Nachm. 53 U. flog 1 St. in südwestlicher Richtung an Westernbach (Öhringen) vorüber. 1840 bei Dietenheim a. Iller (Laupheim) geschossen. Brutvogel in Rheinbayern und bei Heidelberg. 4) Buteo vulgarıs Bcust., Mäusebussard. Warthausen: 4. März zeigten sie sich sehr lebhaft und 15. d. M. machte ein Paar am Windberg seine „Hochzeitsflüge“ ; einzelne waren 50. November noch da, 4 St. giengen in Pfahleisen. Weissenau: trotz der Decimirung im Vorjahr zahlreich brütend; erster Ruf 1. Februar; 20. Januar trug ein Bussard eine Krähe in den Fängen, die ihm, aufgescheucht, entfiel. Plochingen: 10. Juli fangen Knaben am Neckarufer einen völlig Hüggen jungen Bussard. Rottenburg: 25. Februar mehrere über dem Derendinger Wald kreisend; 3. August wurde im Martinsberg 1 Expl. mit weisser Brust and Unterseite geschossen. Heilbronn: 30. April brütend. 5) Milvus regalis Brıss., Königsgabelweih. Warthausen: 29. September im Röhrwanger Ried; noch am 30. October hielt sich 1 St. in der Höfner Halde auf. Erstmals be- obachtet Schussenried: 7. März, Erbach 14. März (6 St. auf der Schussliste), Plochingen 5. März, Rottenburg 4. März, Rutesheim (Leonberg) 27. März, Bietigheim 23. März. . .:: WE — 6) Milvus ater ‚Cuv.: Gm.,;' Schwarzer Milan. Schussenrie di 25. ‚Febr uar Be 7) Hhmolr ior Echis aoebes Br 22 Bauintalk. Warthausen: 24. August 1 St. beim Schloss Sperlinge jagend, Tags darauf'ein Paar über der Höfner Halde, 29. September im Röhr- wanger Ried, 16. October bei Langenschemmern geschossen. 8) Oerchneis tinnunculus Bor L., Thurmfalk. Warthausen: keiner hat überwintert; 11. März angekommen; 14. März im Wäldchen bei den Risshöfen bis zur Dunkelheit sich neckend; 3. Mai 4 Eier aus einer Kopfweide im Thal, 11. Mai ein Paar ım Windberg über der Sandgrube. Weissenau: Ruf vom 1. April an, offenbar im Zunehmen; 2 Nester in der Langerget auf übergehaltenen Föhren, eines im Hüttenberg, auch ein Gelege von Grünkraut. Erbach: 7 St. in der Schussliste. Heilbronn: 12. April bauend. 9) Astur palumbarius Bkıss., Hühnerhabicht. Warthausen: 4 St. gefangen; 27. August stösst einer im Springbrunnen unseres Gartens auf eine zahme Wildente, beide kommen unter Wasser, er wird verjagt, sie bleibt dauernd lahm ; 2 St. wurden den Sommer über auf den Risshöfen erlegt. Weissenan: erstmals rufend 3. März im „Falkenstand“ und bei Oberzell; das Weibchen wurde vom Horst, der nur ein Junges enthielt, abgeschos- sen. Rottenburg: beobachtet 28. Februar. Heilbronn: auf dem 10000 Morgen grossen Jagdbezirk befindet sich seit 12 Jahren auf einer hohen, starken Buche ein Horst, der etwa 5 Mal in dieser Zeit benutzt wurde, indem er geschont, die Insassen aber. jedesmal weggeschossen wurden; nach mehrjähriger Pause wurde er heuer wieder besetzt, am 5. Mai das Weibchen (Spannweite 106 cem.), andern Tags das Männchen (98 cm.), welches weiter gebrütet hatte, erlegt; im Horst waren 2 schwach bebrütete Eier. Auf einer Treibjagd bei Eybach (Geislingen) wurde 24. November ein Habicht gefehlt, ‘der einen Eichelheher in den Fängen trug. Für 2 Habichte wurde 1890/91 auf K. Hofjagd Schussgeld bezahlt. 10) Astur nisus Lac. L., Sperber. Warthausen: 9 St. geschossen, dabei 20. u. 28. December ein im Schlossgarten sich aufhaltendes Paar. Weissenau: an zwei Stellen sind Bruten ausgekommen und 2 Junge erlegt worden; diese N De kamen 1./3. August zahlreich vor. Erbach: 10 St. in der Schuss- liste. Plochingen: 28. Mai auf einer Buche des Schurwalds ein Horst mit 5 frischen Eiern. Für 37 „Sperber und Bussarde“ gab 1890/91 das K. Hofjägermeisteramt Erlegungs-Prämien. 11) Strix flammea L., Schleiereule. Warthausen: 2. Mai rufend; 11. Juni Abends 10 U. fliegt eine um’s Schloss und lässt sich an einem vergitterten Thurmfenster nieder. Weissenau: wie im Vorjahr Anfangs März öfter bei den Gebäuden der Domäne Rehlen beobachtet. 12) Syrnium aluco Savıcn. L., Waldkauz. Weissenau: ruft ım Februar ım Mariathal-Wäldchen. Plo- chingen: 26. Januar Abends bei Mondschein rufend. 15) Athene noctua BoıE Rerz, Steinkauz. Warthausen: ruft 23. Februar im Schlossgarten. Weissenau: wurde in der Nähe der Mariathaler Kapelle öfters gehört; ein durch seine „Malproprete* in der Weissenauer Kirche lästig gewordenes Exemplar musste dort sein Leben lassen. Plochingen: 9. März bei warmem Wetter erster Paarungsruf. 14) Bubo maxzımus Sıze., Uhu. Im April wurden aus einem Horst bei Sulz 3 Junge genommen und nach Ulm verkauft. 15) Otus vulgaris Fıew., Waldohreule. Warthausen: erstmals im Schlossgartenwäldchen rufend 22. Februar, ebenso sehr stark 15. December bei gelindem Wetter — bei Uhenfels (Urach) 15.—21. April bei hellem Tag, was meist Witterungswechsel anzeigt —. Am 1. Juli, also ausserordentlich verspätet, wurde mir ein Vogel noch im Dunenkleid überbracht, den Kinder beim Beerensuchen im Fichtenhochwald am Boden gefunden hatten. Ich zog ihn auf und machte ihn zu meinem Schlafzimmer- genossen. Sobald er flugbar war, wurde er Nachts in einem kleinen Käfig bewahrt, den ihm der Diener in der ersten Morgenfrühe zu öffnen pflegte. Dauerte die Haft zu lange, oder war er besonders: heiter, so liess er seine Stimme, meist gedämpft, hören. Zuerst setzte er sich dann auf die Brüstung eines mein Bett umgebenden Verschlags, wo er eine Menge Verbeugungen gegen mich und die U komischsten Capriolen machte; von hier gieng er. auf meine weiche Bettdecke, wo unter Wirkung dieses elastischen Podiums die sonder- barsten Grotesktänze regelmässig aufgeführt wurden, bis er sein bereitgestelltes Frühstück aus der Hand empfieng; nachher sass er oft noch stundenlang auf dem Kopfstück meiner Bettlade, sich ab und zu herabbeugend, um meinem Athem zu lauschen oder mir die Haare zu krauen; wurde ihm meine Morgenruhe zu lang, so begab er sich auf den Waschtisch, wo er im halbgefüllten Waschbecken „Wasser trat“, auch einen Badeschwamm ganz klein zerbissen hat, von dem er behufs der „Gewöllbildung“ Theile verschluckte. Sem grösstes Interesse erregte stets das Plätschern von Wasser; wenn ich solches eingoss, mich wusch u. s. w., trat er stets beobachtend nächst zur Stelle, womöglich um sich auf den Rand der Gefässe zu setzen. Manchmal hat er mich auch damit überrascht, dass er übrige Mäuse unter meinen Effekten aufbewahrte. Immanuels (er hörte auf den Ruf „Immo“) Aufenthalt den Tag über war auf der Höhe eines geöffneten Kleiderschranks oder der Zimmerthüre oder auf der Lehne eines Stuhls, die bei Sonnenschein mit einem auf- gespannten Regenschirm überschattet wurde. Da an diesen fixen Plätzen stets Papierbögen unterlegt waren, kamen Verunreinigungen des Zimmers kaum vor. Unter Tags trug ich öfter den Vogel auf. der Schulter durch’s Haus oder in den Garten, nur Abends machte er leise Flüge im Zimmer. Bei einem solchen gerieth er hinter einen schweren Kasten und wurde bei seiner Befreiung schwer verletzt. In einem Kistchen liegend, wurde er noch mehrere Tage gewaltsam gefüttert, am Morgen des 29. September starb er in meiner Hand mit einem Blick, den nur der Thierfreund versteht, und unter einem furchtbaren Aufschrei. Dieser Unfall hat mich so tief ergriffen, wie einst der jähe Tod eines Wachtelkönigs, der auf dem Schreibtisch den Zügen meiner Feder folgte und auf meinem Kopfkissen zu über- nachten pflegte. Wie sehr die Thierseele, wenn richtig behandelt, dem Menschen sich anschliesst, begreifen Oberflächlichkeit und Spott freilich nicht. Weissenau: hat im Rehlenwald gebrütet. 16) Otus.brachyotus Cuv. Forst., Sumpfohreule. Warthausen: noch 28. December 1 St. im Ried, das drei- mal hinter einander im hohen Gras aufgegangen wurde. Bei Ach- stetten waren in der ersten Juni-Woche über 26 St. (soviele konnten gezählt werden) im Wäldchen „Urspring“. Weissenau: im Herbst beim Treibjagen wurden 2 St. aufgegangen. Be 17) Jynz torquilla L., Wendehals. '--Warthausen: 30. April im Garten rufend. Weissenau: hier, bei Oberzell und beim Karrerhof vom 25. April an und noch im Juni rufend. Als Ankunftstage im April sind angegeben, 14.: Heilbronn; 15.: Leonberg und Bietigheim; 16.: Stockheim und Plochingen, hier erst vereinzelt, 19. in der Mehrzahl. Stutt- gart 21. April allgemeines Rufen. 18) Gecinus viridis Bois L., Grünspecht. | Weissenau: auch heuer häufig, ruft schon Ende Januar: lebhaft im Schlossgarten von Stuttgart 10. März*.. 19) Gecinus canus Bois Gw., Grauspecht. Er vertritt bei Bietigheim den vorigen, ist auch bei Wart- hausen, wo er früher übersehen wurde, nicht eben selten. 20) Dryocopus martius Bow L., Schwarzspecht. Weissenau: nicht mehr so selten wie früher, im Herbst Junge aller Orts, lautes Rufen 21. October. Rottenburg: selten; 17. März im Bühlerwald. Fehlt bei Bietigheim. 21) Picus major L., Grosser Buntspecht. Warthausen: 31. Januar trommelnd im Gartenwäldchen wie zur Paarungszeit; ein in diesem Monat am Futterbrett eines Fensters im obersten Stockwerk anfliegendes Männchen hatte braune Unter- seite; ebendort auch in mehreren Exemplaren im December. Weis- senau: nicht selten, hat mehrere Bruten ausgebracht, ruft noch 22. October. Bietigheim häufig, wo auch P. medius L. beob- achtet wurde. 22) Pieus minor L., Kleiner Buntspecht. Plochingen: 17. März erstmals trommelnd. Ist bei Weissenau ausgeblieben. 23) Cuculus canorus L., Kuckuck. Erstmals rufend verzeichnet nach der Zeitfolge im April, 12.: Stuttgart (Solitude); 14.: Bietigheim (häufig) und Heilbronn; * Das Berliner Tagebl. berichtet aus Glienick bei Zossen, dass in den strengen Wintertagen ein Specht einen Bienenkorb angehauen und allmälig 86 @% Waben mit den erstarrten Bienen verzehrt habe; der Berichterstatter führt es nicht mit dem üblichen Verdammungsurtheil des Übelthäters, sondern als einen Beleg für die grosse Nothlage der Vögel an. Da der Grünspecht Winters gerne Ameisenhaufen plündert, dürfte die Notiz auf ihn zu beziehen sein. — 16 — 15.: Weissenau (nicht häufig) und Stockheim; 17.: Leonberg; 19.: Wangen O.A. Cannstatt; 20.: Schussenried und Rotten- burg; 21.: Plochingen; 23.: Kisslegg; 24.; Erbach; 26.; Warthausen (Windberg), wo 30. Mai ein Kuckuck noch Abends nach 8'/, U. rief; 30.: Essendorf. 24) Alcedo ispida L., Eisvogel. Warthausen: 28. December 2 St. an der Riss. Weissenau: sehr selten geworden, zuweilen noch am Grenzbach. Plochingen: an Neckar und Fils mehrere Paare. Bietigheim: früher häufig, jetzt selten. Sulz: ab und zu am Neckar, aber nicht häufig. 25) Upupa epops L., Wiedehopf. Warthausen: vom 24. August an, wo der erste bei der Höfner Halde gesehen wurde, waren bis 1. September fast täglich 1—3 St., mehr als jemals sonst und oft auf 5 Schritte aushaltend, meist an den Waldrändern oder auf Waldwegen anzutreffen. Weis- senau: angekommen 10. April, doch ist das Brüten zweifelhaft, da der Ruf nur einige Zeit lang zu hören war. Schussenried: 14. April erster im Ried. Erbach: 24. April erstmals bemerkt. Plochingen: wird immer seltener, weil viele hohle Nistbäume ge- fallen sind. Leonberg: gehört 4. Mai. Bietigheim: Ankunft 15., Stockheim: 24. April. 26) Caprimulgus europaeus L., Ziegenmelker. Rottenburg: 10. April im Bühlerwald und im September im Martinsberg beobachtet. 27) Cypselus apus luuc., Mauersegler. Warthausen: („Rauchschwalbe“) angekommen 22. April die 2 ersten im Thal; 21. Juni 2 fr. Eier aus einem Staarenhaus; 9. August fliegt mir einer in’s Zimmer, am 22. d.M. sind sie noch da. Kisslegg: 2. Mai’ erstmals beobachtet. Weissenau: An- kunft weniger Exemplare 16. Mai, Abzug aller vor 15. August. Schussenried: eingetroffen 4. Mai. Erbach: 28. April („Steurl“). Plochingen: 1. Mai über Nacht alle angekommen. Leonberg: 10. Mai. Vaihingen: der Abzug fand vor 13. August statt. Stock- heim: 2.Mai. Bietigheim: Ankunft 12. April, Wegzug 24. August, Nachzügler bis 12. September. Heilbronn: 20. April fliegend be- obachtet. — 11 — 28) Chelidon urbica Bo L., Hausschwalbe. Warthausen: 29. März (!) 1 St. an der Riss, Tags darauf mehrere beim Bahnhof. Weissenau: 1./3. Mai spärlich angekom- men. Schussenried: 7. April erste Hausschwalbe. Plochingen: 27. April zahlreich angekommen, 28. September erste Aufbruchsver- sammlung; scheint sich wieder mehr einbürgern zu wollen. Rotten- burg: Ankunft 25. April, Abzug 18. September. Vaihingen: 5. August fliegt die zweite Brut aus; in einem Nest sind Junge mit bräunlicher Kehle*, an die nächste Art erinnernd. Stockheim: erste 14., dann 23. April. Heilbronn: 10. April unter der nach- folgenden Art fliegend. Öhringen: 28. September waren die Haus- schwalben völlig verschwunden, am 4. Oktober aber wieder in Menge da. 29) Chelidon riparia BoıE L., Uferschwalbe. “Warthausen: 1. April (!) 1 St. über der Riss bei Sturm und Schneegestöber (— 2° Rr.). Plochingen: nistete früher in ein- zelnen Paaren in Ufermauern an der Fils, wurde aber heuer nicht beobachtet. r 30) Hirundo rustica L., Rauchschwalbe. Warthausen: die ersten an der Riss unweit der Risshöfe 12. April. Kisslegg: angekommen 9. April. Weissenau: An- kunft 5. April, Abzug 16. September, wobei jedoch noch viele bis in den October zurückblieben. Plochingen: 8. April in der Mehr- zahl angekommen, 18. Juni überall ausgeflogene Junge. Stutt- gart: Ankunft im Königsbad 20. April, 14 Tage später als im Vor- jahr. Vaihingen: 23. Juli wurden Junge erster Brut auf Bäumen gefüttert (bei Tempelhof O.A. Crailsheim 1890 erste Beobachtung 16. April). Bietigheim: Ankunft 30. Mai, Wegzug 24. August. Heilbronn: 9. April erste fliegende Rauchschwalbe, Tags darauf mehrere. Sulz: 23. April erste. Öhringen: 28. September letzte gesehen. Von Sontheim a. Br. berichtet das Ulmer Tagbl., dass auf dem Schwarzenwanger Hof noch sehr verspätet, 29. August, auf der „oberen“ Stube ein Schwalbennest mit 5 frischen Eiern auf der Wanduhr sich befand, wo das Weibchen eifrig brütete. Ohne Artangabe ist verzeichnet: Ankunft der Schwalben 6. April am Bodensee und in Neckarrems (Waiblingen), 12. April in * Auch Naumann erwähnt, dass bei Jungen Kinn und Kehle manchmal roströthlich gefärbt seien. Jahreshefte d, Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1894, 12 — 118 — Erbach, 21. m Essendorf; bei Wolfegg sammelten sich die Schwalben 22. und 27. September zum Abzug, doch wurden noch 26. October 2 St. auf dem Zug gesehen. 3l) Muscicapa grisola L., Grauer Fliegenfänger. Warthausen: erst 20. Mai gesehen; 1. Juni unter einem Gartenhausdach ein Nest mit Jungen; weitere Junge 17. Juni; 24. Juni ein Nest mit brütendem Vogel in einem Aprikosenspalier. Weissenau: heuer nicht häufig. Plochingen: 3. und 4. Mai angekommen. Vaihingen: 25. Juni ausgeflogene Junge. 32) Muscicapa atricapilla Gum., Schwarzrückiger Fliegenfänger. Warthausen: 27. April ein Männchen am „Annenweiher“. Plochingen: 24. April 2 St. auf dem Zug in Dr. Horr’s Garten. 33) Lanius excubitor L., Grosser Grauwürger. Warthausen: 1 St. 21. Januar in einer Kultur. Weissenau; im allgemeinen selten; 2 Gelege mit je 5 Eiern. Vaihingen: 10. Juli flog eine Brut aus. Bietigheim: frecher Räuber das ganze Jahr. Heilbronn: 12. April bauend. Sulz: ziemlich häufig. 34) Enneoctonus collurio Bo L., Neuntödter. Warthausen: 29. Mai mehrere an den Forellengruben. Weis- senau: „seine Schlachtbank wird öfters gefunden“. Plochingen: 5. Mai in Mehrzahl angetroffen. Sulz: gemein. 35) Enneoctonus rufus Bois Brıss., Rothköpfiger Würger, Kisslegg: 19. April gesehen. Weissenau: nicht seltener Brut- vogel. Vaihingen: ziemlich selten; ausfliegende Junge 2. August. 36) Regulus ignicapillus Ca. L. Brum., Feuerköpfiges Goldhähnchen. Weissenau: die häufigere Art und das ganze Jahr überall. 37) Meeistura caudata Leu. L., Schwanzmeise. Warthausen: 31. Februar bereits paarweise getrennt; 4. April (nach heftigem Unwetter) lag ein fast ausgebautes Nest herabgerissen im Schlossgartenwäldchen. Weissenau: heuer merkwürdig selten und nur ein einziges Mal bemerkt. Reutlingen: 27. September auffallend grosser Flug. a I 38) Parus major L., Kohlmeise. Warthausen: Nest m einem Mauerloch am Schloss (goth. Fenster) 18. Juni mit Jungen; 27. Juni ausgeflogene Junge. Weis- senau: häufig am Futterbrett. Plochingen: 28. Januar bei Thau- wetter erster Frühlingsruf. Rottenburg: 18. Mai 10 junge Spiegel- meisen in einem in einer Mauer angebrachten Nest, von wo sie alle an einem Tag ausflogen. Bietigheim: eine Kohlmeise ist jetzt im dritten Jahr ständiger Gast in Berichterstatters Speisekammer und nächtigt Winters daselbst. Vaihingen: 14. Juni ausgeflogene Junge, 5. Juli halbgewachsene in einem Mauerloch, die 12. d. M. ausgeflogen waren. Bei stetiger Abnahme der Gelegenheit in Baum- höhlen zu nisten, werden Mauerlöcher offenbar immer mehr gewählt, wenn nicht durch Nistkästen nachgeholfen wird. 39) Parus palustris L., Sumpfmeise. Warthausen: weitaus die häufigste am Futterbrett, ebenso in Weissenau. Heilbronn: 24. Mai im Nest fütternd. Über die Blaumeise (P. coeruleus L.) ist nichts notirt und über die Tannen- und Haubenmeise (P. ater und cristatus L.) nur von Weissenau bemerkt, dass sie dort selten vorkommen. 40) Sitta europaea L., Spechtmeise. Warthausen: 21. Februar rufend; 1. Mai im untern Garten in einem Mauerloch und im Wäldchen im Astloch einer Linde nistend. Weissenau: rufend 16. Februar; brütete in mehreren Paaren in den Mariathaler Rosskastanien und Eichen. Plochingen: 27. Fe- bruar erster, 8. März allgemeiner Paarungsruf. 41) Certhia familiaris L., Baumläufer. Weissenau: verlassenes Nest mit 6 Eiern in der Saatschul- hütte. Plochingen: 27. Februar Frühlingsruf. Bietigheim: häufig auch Winters. 42) Troglodytes parvulus Vırıvı. Ken., Zaunkönig. Warthausen: 22. Juni im „obern Garten“ flügge Junge, von denen sich eines mit der Hand ergreifen liess. Weissenau: zahl- reiche Bruten mit 7—9 Jungen sind ausgekommen. Bietigheim: Sommers und Winters häufig. 43) Cinclus aquaticus Bceust., Wasseramsel. Warthausen: 28. December 2 St. an der Riss. Weissenau: . kam im Winter später und spärlicher an die Schussen, im Sommer 12* a Keen nicht sichtbar. Plochingen: schon seit mehreren Jahren ein Paar am Neckar zwischen Altbach und Zell. Sulz: ziemlich häufig an Neckar und Glatt. 44) Turdus viscivorus L., Misteldrossel. Warthausen: 10. März ein grosser Flug im Wald, überhaupt zahlreich angekommen. Wolfegg: „Zierlinge“ sind häufig vorhanden und singen 18. April. Kisslegg: erster Gesang 22. Februar. Weis- senau: schon 3. März singend, zahlreiche Junge gegen Ende April. 45) Turdus pilaris L., Wachholderdrossel. Warthausen: 16. Februar ein Männchen, das sich schon mehrere Tage ganz allein auf den Wiesen bei den Risshöfen auf- gehalten hatte, erlegt; 11. März eine Familie von 4—5 St. in den Föhren des Rieds und wieder im Röhrwanger Ried 28. December ein vereinzeltes Exemplar. Weissenau: seit Jahren fehlen grosse Flüge, nur vereinzelte Vögel wurden gesehen. Erbach: 10. Februar „Krammetsvögel“. Rottenburg: singt 25. Februar. Heilbronn: 20. December bei 8° Kälte 8 Stück. 46) Turdus iliacus L., Rothdrossel. Warthausen: 30. November wurde an der Landstrasse unter der Höfner Halde ein verletzter Nachzügler, weil er nicht mehr gut fliegen konnte, geschossen. 47) Turdus musicus L., Singdrossel. Warthausen: „dichtet“ 6. März, 2 Tage später voller Ge- sang. Wolfegg: trotz rauhem Wetter beginnen die „Trosteln“, die heuer seltener sind als sonst, 18. April zu singen; 30. Mai aus- geflogene Junge. Kisslegg: erster Drosselschlag 7. März. Weis- senau: Ankunft und Gesang 17. März; in gehauenem Reisig wurden verschiedene Bruten, meist mit 2 Eiern, zerstört. Schussenried: 28. Februar erster Gesang. „An der Iller“ angekommen 5. Februar als dem bekannten „Drosseltag“. Plochingen: 9. März erstmals gehört; 31. März waren bei Schneegestöber alle Vorhölzer und die in der Nähe von Wäldern gelegenen Obstgärten voll von Singdros- seln, die also noch auf dem Zuge waren. Stockheim: 27. Fe- bruar und 4. März je ein Flug. Vaihingen: ein Paar brütete noch 9. Juli. Sulz: singt 3. März. — 181° — 48) Turdus merula L., Schwarzdrossel. Warthausen: 20. Januar und dann noch öfter fliegt eine Amsel am Küchenfenster des oberen Stocks zur Fütterung an; erst- mals singend 1. März; das Paar, welches meist in derselben T’huja nistet, brütete dort 28. April und machte 27. Mai eine zweite Brut in demselben Nest! 12. Mai flügge Junge im Schlossgarten- wäldchen. Weissenau: allgemeiner Gesang vom 20. März an; ist hier ein häufiger Wald-, nicht aber Garten-Brutvogel. Plochingen: erster Gesang 26. Februar. Stuttgart: singt 24. Februar; 3. No- vember beobachtete ich dort im Schlossgarten ein geschecktes Männ- chen mit weissem grossem Fleck im Nacken und mehreren weissen Schwingen; die grosse Menge hier vorhanden gewesener Amseln hat auffallend abgenommen. Bietigheim: singt erstmals 1. März. Stockheim: 12. März ein Paar, aber noch kein Gesang. Heil- bronn: 27. März! Nest mit 4 Eiern 2 m. hoch auf einer Thuja. 49) Turdus torgquatus L., Ringdrossel. Warthausen: 14. April sah Gutspächter Mork auf nächste Nähe eine „Amsel mit weissem Brustfleck“; über die Hiehergehörig- keit kann kaum ein Zweifel bestehen; mit Bestimmtheit erinnere ich mich, dass etwa um’s Jahr 1860 ein ganzer Flug Ringamseln durch die hiesigen Berghalden zog, eine Notiz kann ich aber nicht mehr finden. Kisslegg: 22. April im Röthseer Moos (während der Spiel- hahnbalz) ein auf einer Birke singendes Exemplar genau beobachtet. — Das Vorkommen auf dem Schwarzwald (Dr. Wurw) ist in den Be- richten 1887, 89 und 90 erwähnt. Lanpgeck führt sie 1829 von Tübingen und October 1852 von Mergentheim als gesellschaftlich erschienen an; der f Oberförster v. DEscHLER hat sie wiederholt in Oberschwaben eingesammelt. Hzveuın (handschr. Not.), welcher Daten von Königsbronn, Schnaitheim, Öberkochen und Schönaich notirt hat, schoss im Juli 1844 ein junges Männchen auf dem Hirschkopf (Kniebis) und nimmt an, dass sie dort gar nicht selten brüte. Diess ist um so wahrscheinlicher, als sie in der subalpinen Region der benachbarten Schweiz häufig und auch in andern deutschen Gebirgs- wäldern (z. B. Riesengebirge) brütet; man braucht also nicht immer gleich bloss an skandinavische Wintergäste zu denken. 50) Ruticilla tithys Scor., Hausrothschwanz. Warthausen: 26. März erster; 10. Juni flügge Junge im Futterhaus des Damwilds und eben ausgeflogene von einem Nest N a am Treibhaus; 29. August singend wie im Frühling, 15. September noch im Garten. Kisslegg: erste Beobachtung 6. April; Weis- senau: Ankunft des „Kirchensängers“ pünktlich am 19. März; das erste Nest stand auf einem Seitenaltar, dasjenige der zweiten Brut auf einem Säulenkapitäl. Schussenried: erster 2. April. Erbach: 10. April. Plochingen: 9. März bei warmem Wetter mit S.W.- Wind erster Hausrothschwanz, 19. d. M. noch immer spärlich, 25. allgemein; 27. Mai Ausflug der ersten Brut, 10. Juni lebhaftes Schreien der zweiten, 28. Juli letzter Ausflug von Jungen. Rotten- burg: 18. April notirt; ebenso Stockheim. Leonberg: an- gekommen 20. März, Bietigheim: 7. April. Vaihingen: 2. Juni ausgeflogene Junge; solche letzter Brut werden 2. August auch auf Bäumen gefüttert. Heilbronn: 18. März erstmals singend. Reut- lingen: 16. October sind noch viele da, 20. d. M. wurde der letzte gesehen. Sulz: angekommen 2. April. 51) Ruticilla phoenicurus Brum. L., Feldrothschwanz. Warthausen: 20. April ein gepaartes Paar auf Obstbäumen beim Thiergarten; 15. und 30. September und 13 October je 1 St. im Thiergarten, am Rand des Boschachwalds und im Schlossgarten, 28. November (!) noch ein Männchen an der Riss. Weissenau: heuer häufig in den Gärten; eine der Bruten mit 6 Eiern gieng ın einer Baustelle (Neubau) zu Grund. Plochingen: 19. April in Mehrzahl angekommen und überall singend. Vaihingen: 3. Juni flügge Junge in einer Mauer. Bietigheim: 20. April notirt. Heilbronn: 12. März angekommen. 92) Erythacus rubecula Cuv. L., Rothkehlchen. Warthausen: 6. und 14. März je 1 St. in der Schlosshalde und im kleinen Gehölz vom Ried; 16. Juli ausgeflogene Junge. Wolf- egg: 16. und 17. März je 1 St. hier und bei der Waldburg, 13. und 15. September je ein Paar im Wald. Weissenau: Gesang 17. März, den ganzen Winter in den Waldungen bei Albersfeld. Schussen- ried: erstmals gesehen 16. März, singt 3. April. Erbach: 20. März. Plochingen: 28. März bei Schnee erstes Rothkehlchen im Garten. Stockheim: 18. April. Sulz: ziemlich häufig, 2 St. wurden über den Winter gesehen. 53) Cyanecula swecica Brum. L., Blaukehlchen. Bietigheim: sehr selten. Heilbronn: 14. April am Neckar. le 54) Luscinia minor Cu. L. Brum., Nachtigal. Stockheim: angekommen 27. April. Bietigheim: erster Gesang 26. April. Heilbronn: schlägt am Neckarufer bei Wimpfen 7. Mai. 55) Sazicola oenanthe Beust. L., Grauer Steinschmätzer. Kisslegg: gesehen 19. April. Stockheim: 13. April. Vaihin- gen: 5. Juni fligge Junge in einer Mauer. 56) Pratincola rubetra Ken. L., Braunkehlchen. Warthausen: 28. April erstmals im Thal gesehen, 23. Mai ein Paar. Kisslegg: „Wiesenschmätzer“ 2. Mai erstmals gesehen. Weissenau: in den Wiesen gegen Ravensburg häufiger Brutvogel, leider gehen auch in den früh gemähten Grasgärten alljährlich Bruten verloren, so heuer ein Nest mit 6 Eiern. Plochingen: 21. April überall; 29. Juni auf einer Wiese Nest mit 6 Eiern (wohl verlassen). 57) Accentor modularis Bcust. L., Braunelle. Warthausen: 20. Mai in einem Bux-Busch ein Nest, mit 4 Jungen, welche 29. d. M. ausgeflogen waren; 4. Juni ein weiteres mit 4 Eiern in einem Jasmin-Busch beim Lindengang. 58) Sylvia hortensis Latn., Gartengrasmücke. Wolfegg: („grosse Grasmücke“) 10. Mai zwei Paare. Kiss- legg: singt 19. Mai. Weissenau: hat nicht selten in den Gärten gebrütet. Erbach: 10. Mai angekommen. Plochingen: 29. April erstmals im Garten singend. Vaihingen: 11. Juli wurden aus- genommene Junge von den Alten im Käfig gefüttert. | 59) Sylvia cinerea LartHu. Brıss., Dorngrasmücke. Warthausen: 23. Mai ein Nest mit 5 Eiern im Ried in einer kleinen, nur 4 Fuss hohen einzelstehenden Fichte in der Weise 2 Fuss hoch angebracht, dass die Zweige zwar dasselbe tragen, aber ausserdem noch 5—7 in das Bäumchen eingewachsene Rohrstengel durch die Nestränder gehen. 60) Sylvia atricapilla Lara, Schwarzkopf. Warthausen: 25. Mai je ein Nest mit brütendem Vogel in der Buchenhecke und einem Jasmin-Busch des „oberen Gartens“; 11. Juni zwei Nester noch leer im Wäldchen in Jasmin und Hol- lunder, im letzteren 16. d. M. ein Ei; singt lebhaft 16. September — 14 — und 25. d.M. noch zur Stelle. Wolfegg: singend ein erster 23. April, 1. Mai allgemein da. Weissenau: der verbreitetste Sänger in Garten und Wald; mehrere Spätbruten im Juli, eine noch 16. August. Schussenried: 9. Mai erster Gesang. Essendorf: 1. Mai ge- hört. Erbach: 2. Mai. Plochingen: 22. April erstmals singend. Rottenburg: ebenso 27. April. Stuttgart: 22. April. Stock- heim: desgl. 25. April. Heilbronn: 8. April. 61) Sylvia curruca Larn., Klappergrasmücke. Warthausen: 23. Mai im Ried Nest mit 2 Eiern in einer nur 1'/, Fuss hohen, im dichtesten Rohrdickicht stehenden, ver- krüppelten Fichte; 8. Juni Nest mit 4 Jungen in den Zweigen einer immergrünen Kübelpflanze (Viburnum tinus .L.). Plochingen: 23. April über Nacht allgemein angekommen. Vaihingen: 30. Mai flogen Junge aus; 18. Juni ein angefangenes Nest in einem Rosenstock. 62) Phyllopneuste sibilatrix Becusr., Waldlaubsänger. Weissenau: nicht selten, singt Anfangs Mai. Plochingen: 8. Mai in allen Wäldern zu hören. , 63) Phyllopneuste trochilus M. L., Fitislaubsänger. Wolfegg: „Fittiche“ 23. April. Plochingen: 15. April erstmals, 19. allgemein singend, 26. September an schönem, warmem Herbsttag noch immer in den Weiden am Neckar zu hören. 64) Phyllopneuste rufa M. Lare., Weidenlaubsänger. Wolfegg: „Weidenzinschen“ 23. April. Weissenau: von Ende März an singend am Fabrikkanal. Plochingen: 23. März erstmals gehört. 65) Hypolais icterina VırirL., Bastardnachtigal. Warthausen: ist 7. Mai da; 4. Juni Nest im Jasmin am Linden-Bogengang des „oberen Gartens“. Weissenau: nicht häufig in den Gärten bei Ravensburg, eine Brut im „Weiherstobel“. Plo- chingen: in diesem Jahr auffallend häufig, 2. und 3.—11. Mai zuerst vereinzelt, dann in Mehrzahl angekommen. 66) Calamoherpe turdoides Mex., Drosselrohrsänger. Weissenau: als nicht zu übersehender Neuling durch seinen Ruf bemerklich am Escner’schen Fabrikkanal, an der Schussen in der Nähe des Ravensburger Badplatzes und auf dem Mariathal- — 185 — Weiher. Schussenried: rätscht 1. Mai erstmals auf dem Olz- reuter See. 67) Calamoherpe arundinacea BoıE Gm., Teichrohrsänger. Weissenau: fleissiger Nachtsänger in den Altwassern der Schussen. Schussenried: lässt sich erstmals 28. April hören. Plochingen: erst 16. Mai am Neckar eingetroffen. 68) Motacilla alba L., Weisse Bachstelze. Warthausen: 24. Februar zahlreich angekommen, 7. März erstmals oben beim Schloss, nachdem es aber am 19. März wieder völlig Winter geworden war und am 28. im Garten Bahn geschleift werden musste, litten neben den Lerchen und Staaren die Bach- stelzen besonders noth und am 30. waren ganze Schaaren jener Zugvögel am Rissufer und an offenen Stellen der Wiesen. 24. Mai Nest mit 4 bebrüteten Eiern in einem Loch der Felsenmauer im „untern Garten“; 9. Juni ein solches mit schon ziemlich grossen Jungen ganz niedrig in einer Fensterlucke und innen vom Gewölb aus frei zu beobachten; 2. August ausgeflogene Junge im Treibhaus; 8. August unter dem Dach des andern Eckthurms ein Nest, aus dem ein Junges todt auf den Umgang (Balcon) fällt; 14. October grosser Flug auf den Sturzäckern bei Mettenberg. Ankunft nach der Zeit- folge, 23. Februar: Bietigheim; 25. Febr.: Weissenau (in Menge; sitzen gerne auf dem in der Schussen treibenden Holz und lassen sich von den Wellen schaukeln); im März, 6.: Plochingen (Tags darauf bei warmem Westwind allgemein); 7.: Kisslegg und Schussenried; 9.: Leonberg; 10.: Erbach und Sulz _(im Neckarthal); 12.: Stoekheim. Von Rottenburg (ein Paar am Bühlerbach) sind sie erst 2. April und von Wolfegg 17. April ver- zeichnet. Heilbronn: 21. Mai ausgeflogene Junge. 69) Motacilla boarula Prnw., Gebirgsbachstelze. Weissenau: Ankunft unmittelbar nach der vorigen, aber neuerdings immer nur in spärlicher Anzahl und alsbald wieder ver- schwindend. Bietigheim: blieb den ganzen Winter. Sulz: an- gekommen 3. März. 70) Anthus pratensis Bcust., Wiesenpieper. Warthausen: wie immer nistend im Röhrwanger Ried; im November und December je am 28. noch 1 St. an der Riss. Weis- senau: zur Zugzeit einige grössere Flüge, später noch einige am Fabrikkanal. el, 71) Anthus arboreus Bcust., Baumpieper. Warthausen: 29. Mai Nest mit 5 bebrüteten, besonders dunkeln Eiern in der Waldschlucht zwischen dem Windberg und den Feldern vor dem Kohlweiher. Weissenau: nicht selten; brütet ım Liebenhofer Moos*. Plochingen: 21. April an schönem warmem Frühlingstag in Mehrzahl angekommen. 72) Alauda arvensis L., Feldlerche. Ankunft und erster Gesang nach der Zeitfolge. 17. Februar: Weissenau (5 St., Gesang 2. März); 18. Febr.: Rottenburg; 20. Febr.: Schussenried (Gesang 26.); 23. Febr.: Kisslegg, Plochingen (singend erst am 26.), Stockheim, Bietigheim, Sulz; 24. Febr.: Tempelhof (Crailsheim); 25. Febr.: Erbach; 26. Febr.: Essendorf; 27. Febr.: Warthausen (voller Gesang 11. März); 2. März: Wolfegg (Flüge; 18. d. M. ebenso bei Haid- gau); 5. März: Heilbronn (Gesang). Bei Warthausen waren 30. März die Lerchen bei hohem Schnee in Menge an freieren Stellen des Wiesenthals und am 31. d.M. bei Plochingen während Schnee- gestöber grosse Flüge zusammengeschaart; dort waren 6. November immer noch Lerchen im Felde. 75) Alauda arborea L., Haidelerche. Stockheim: angekommen erst 13. April. 74) @alerita cristata Bois L., Haubenlerche. Weissenau: gehört unbedingt zur Fauna des Güterbahnhofs Ravensburg; den ganzen Winter dort und auf allen Zufahrtsstrassen häufig. Stuttgart: von Anfang Januar bis über den Februar hinaus zahlreich in den Strassen der Stadt. Reutlingen: erste am 20. December. 75) Emberiza (COynchramus Br.) miliaria L., Grauammer. Plochingen: singt 8. März. Heilbronn: desgl. 7. März. 76) Emberiza citrinella L., Goldammer. Warthausen: 23. Februar lebhaft smgend; 11. Mai Nest mit 4 Eiern in der Hecke beim Annenweiher. 10. August verspätet brütend auf 4 Eiern in einem Hainbuchen-Stockausschlag beim Ring- wall „Fritzenburg“. 28. December Hunderte an der Riss. Weis- * Ob nicht die vorhergehende Art? — IST lassenes Nest mit 5 Eiern im Juni in den Jungfernreben eines Gartens. Schussenried: 20. Februar erster Gesang. Plochingen: erstes „Stimmen“ 18. Februar, vollkommener und allgemeiner Gesang 21..d:.M: 77) Emberiza (Schoenicola Br.) schoeniclus L., Rohrammer. Warthausen: 14. März und 23. Mai je ein’ Männchen an der Riss beobachtet, 26. März häufig im Ried; ist gar nicht selten. 78) Loxia curvirostra L., Fichtenkreuzschnabel. Weissenau: seit zwei Jahren sehr selten geworden, weil kein Fichtensamen gewachsen ist. Sulz: sehr häufig und in grossen Flügen. 79) Coccothraustes vulgaris ParL., Kirschkernbeisser. Warthausen: ist von der Kirschenzeit an bis Ende August durch besondere Häufigkeit, namentlich im Schlossgarten, aufgefallen. Hat heuer bei Bietigheim (vergl. Ber. 1887) gefehlt. 80) Pyrrhula rubicilla Paur., Gimpel. Weissenau: war den Winter über häufig, doch scheinen an den seitherigen Brutstellen keine Junge ausgebracht worden zu sein. Plochingen: stellt sich 12. November erstmals in des Bericht- erstatters Garten als Wintergast ein. 81) Chlorospiza chloris Br. L., Grünling. Warthausen: singt 21. Februar. Verlassenes Nest mit 3 Eiern (ein viertes lag am Boden) 21. Mai in einem grossen und dichten Lebensbaum (Thuja gigantea Nurr.); 28. December 1 St. ım Oeko- nomiehof unter Spatzen und Goldammern. Weissenau: im Winter in den Gärten bemerkt, lockte im Frühjahr häufiger als sonst. Plo- chingen: 7. März erster Frühlingsgesang, 7. November in Flügen umherstreichend. Stockheim: 10. April bemerkt. Bietigheim: die zwei Paare, die sonst an den Thujasamen giengen, sind aus- geblieben. 82) Cannabina sanguinea Lanne., Hänfling. Weissenau: ein Paar hat in den jungen Fichten der Langerget 4 Junge aufgebracht. Plochingen: 17. März erstmals singend. Stockheim: 13. April notirt. == Mes 83) Serinus hortulanus Kcn., Girlitz. In den Gärten von Esslingen häufig, seit einigen Jahren aus der nächsten Umgebung von Plochingen verschwunden; wurde heuer auch bei Weissenau nicht beobachtet. Heilbronn: 19. April singend. 84) Chrysomitris spinus BoıE L., Zeisig. Weissenau: den Winter über häufig, gewöhnlich in mit an- deren Finkenarten gemischten Flügen, gerne auf Erlen und Birken. — Etwa wie im ganzen Land! “ 85) Acanthis carduelis Beust. L., Stieglitz. Warthausen: überall auffallend zahlreich; 15. September häufig im „untern Garten“, oft 10 St. (2 Familien) gemeinsam herumstreichend, gleichzeitig grössere Flüge im Thal. Weissenau: wiederum nicht seltener Brutvogel in der Mariathaler Allee; das im vorigen Jahr genannte Distelfinkenpaar, welches im Weissenauer Forsthaus ein Mauerloch bewohnte, hat dort abermals zwei! Bruten ausgebracht und Berichterstatter protestirt gegen den (1890) angedeuteten Verdacht, es könne eine Verwechslung mit dem grauen Fliegenfänger vorliegen“. Plochingen: 23. April erstmals fleissig singend. Vaihingen: 26. Juni späte Erstbrut aus einem in Thuja eingebauten Nest ausfliegend; 23. Juni zweites Nest auf Cornus mas fertig; 24. Juli werden ausgeflogene Junge auf einem Baum gefüttert. 86) Fringilla coelebs L., Buchfink. Warthausen: schlägt 25. Februar; 30. Mai fast ausgebautes Nest auf einer Weide im Thiergarten; 27. Juni ausgeflogene Junge; 24. August schlägt ein Fink voll wie im Frühling. Kisslegg: schlägt 23. Februar. Weissenau: ebenso; Junge im Nest bis Mitte Juni. Schussenried: 26. Februar erster Finkenschlag. Plochingen: 23. Februar erster, ganz leiser Schlag, Tags darauf schon häufiger und vollkommener, 26. d. M. allgemein; 27. Mai Ausflug junger Finken. Vaihingen: 25. Mai ausfliegende Junge; 21. Juni Nest mit Eiern. Leonberg: 25. Februar erster Gesang. * Jedenfalls liegt aber ein doppeltes Curiosum vor: 1) dass ein Frei-Baum- nister ein Höhlennister geworden ist und dass 2) für eine zweite Brut die Nist- stelle nicht gewechselt wurde, was nur bei ausschliesslichen Höhlennistern Regel ist und wofür das oben bei der Schwarzdrossel angeführte Beispiel allein an- gezogen werden könnte, das aber in meiner halbhundertjährigen Erfahrung einzig dasteht. — 189 — Bietigheim: desgl. 10. Februar. Heilbronn: desgl. 23. Februar; 8. Mai ausgeflogene Junge. Sulz: schlägt 3. März. 87) Fringilla montifringilla L., Bergfink. Warthausen: vom 20. Januar an 8—12 St. am Futterbrett in der obersten Etage. Weissenau: Ende April einige Flüge bei Oberzell. Bei Wain (Laupheim) waren sie schon im December 1890. 88) Passer montanus Barıss. L., Feldsperling. Warthausen: 18. Mai Junge in einem Zwetschgenbaum am Annenweiher; 18. Juni Nest ganz niedrig in einem uralten Obst- spalier des „oberen Garten“, wo 27. d. M. die Jungen ausflogen. 89) Passer domesticus Brıss. L., Haussperling. Weissenau: Eier wurden aus Bachstelzennestern und aus einem Mauerseglernest 2 St. genommen, die sehr gestreckt waren; Vaihingen: 7. Juli noch 4 Eier in einem Nest. 90) Sturnus vulgaris L., Staar. Warthausen: 20. Februar grosser Flug im Rissthal, Tags darauf bei Langenschemmern und Obersulmetingen mehrere, 23. d. M. erstmals 7 St. Abends 4 U. schwatzend auf einer Pappel im Schloss- garten, 24. ein Flug von etwa 200 St. am offenen Wasser im Thal. 2. März war Streit mit den Sperlingen um die Brutkästen und im Thal suchen sie (neben dem offenen Boden) Stellen mit sulzigem Überschwemmungseis anf, um fortwährend hineinzupicken — offenbar nach eingefrorenen Insekten. 14. März: vor Beginn der Dämmerung bis zu eingetretener Dunkelheit zählt mein Sohn Frırz im Ried neunundsechzig verschiedene Staarenflüge von etwa 30 bis über 300 Stück, alle ganz genau dieselbe Strasse gegen NNO. einhaltend; etwa hundert Schritt von seinem Stand entfernt fällt gegen die Hälfte im kleinen Riedwäldehen zum Nachtquartier ein und macht einen Spektakel genau wie das Tosen eines nahen starken Wasserfalls. 12. Mai bauen noch jüngere Paare. 4. Juni erster allgemeiner Aus- flug, 17. Juni sowohl eben ausgeflogene als noch ganz kleine Junge und noch brütende Alte, 28. Juni noch letzte Junge im Nest. 30. No- vember noch ein Flug von etwa 30 St. an der Riss beim Bahnhof. Wenn bei Warthausen schon am 8. April ein „Pirol“ gehört wurde und von Stockheim neben richtigem Datum sogar der 25. Februar als Ankunftstermin für diesen notirt ist, so bezieht sich dieser öfter vorkom- mende Irrthum auf die Gewohnheit der Staare, gerade jenes „Flöten“ ION besonders gerne nachzuahmen. Der Ruf des Bussards und Eichel- hehers, das „Wuchteln“ der Kiebitze, Klappern des Storchs, Enten- geschnatter, Wachtelschlag, Wetzen von Sensen u. s. w. ist häufig zu hören; im September imitirte einer täuschend den Ruf des Käutz- chens, den er, wie die Beobachterin meint, wohl in „schlaflosen Nächten“ gehört hatte; ein anderer Staar ahmte genau nach, wie eine Dame ihren Spitzerhunden zu pfeifen pflegt. Wolfegg: 12. Februar erster Flug, dann wieder 23. d. M., am 20. mehrere im Ort Wassers, 18. März bei Haidgau in grösseren Flügen; 12. October wieder ge- sammelt, am 18. d. M. noch zahlreich da. Kisslegg: Ankunft 21. Februar bei 10° Kälte. Weissenau: angekommen 20. Febr., in Ravensburg 8 St. schon am vorhergehenden Tag; zum Theil zwei Bruten; grosse Flüge im Juli im „Raupenwald“, offenbar Puppen der Nonne verzehrend ; Abreise 24. October. Schussenried: 20. Febr. (— 6.9° C.) erste Staaren. Essendorf: angekommen 23. Febr. ; im September waren sie nicht so zahlreich wie in den vorhergehen- den Jahren, hielten sich aber ziemlich lang; noch am 23. October mögen es etwa ein Tausend gewesen sein, aber am folgenden Tage nur noch ein Hundert. An der Iller waren sie 9. Febr. bereits da, hatten aber 12. und 13. Febr. bei heftigem Schneesturm, als das Thermometer von + 6—12° auf — 1’ Rr. gesunken war, gleich den Drosseln viel zu leiden. Erbach: 23. Febr. Im „untern Brenz- thal“ Ankunft 26. Januar. Münsingen und Marbach: 1. März. Plochingen: 18. Februar kleine Flüge auf den Feldern, 23. d. M. Staare auf vielen Häusern; 7. Mai schauen die Jungen aus dem Neste, 18. Mai schreien sie überall in diesen, 2. Juni theilweiser, 4. d. M. allgemeiner Ausflug der ersten Brut; auffallend wenig zweite Bruten, von denen die ersten Jungen 8. Juli im Neste schreien. Rottenburg: 22. Febr. angekommen. Sulz: desgl. 18. Febr. Tempelhof (Crailsheim): 25. Januar 1 Staar, eigentliche Ankunft 21. Februar. Vaihingen: 5. Juni fliegen Junge aus. Stockheim: 21. Februar erster, Tags darauf 2 Paare. Leonberg: 22. März. Bietigheim: Ankunft 20. Februar, Wegzug 15 October. Heil- bronn: ein Staar singt 22. Februar auf dem Götzenthurm, 24. und 25. Febr. Flüge von 30 und 100 St. im Feld bei der Stadt; 8. Mai ausgeflogene Junge: 20. December bei 8° Kälte 3 St. in Gesellschaft von Krammetsvögeln. Öhringen: 25. October die letzten gesehen. 91) Oriolus galbula L., Pirol. Warthausen: flötet 28. Mai. Weissenau: eine Zunahme ist bemerkbar, ruft 4. Mai an mehreren Stellen. Schussenried: ne erste Goldamsel 12. Mai. Erbach: 10. Mai. Plochingen: 6. Mai Stockheim:4. Mai. Leonberg: 14.Mai. Bietigheim: 28. Mai häufig. Rottenburg: 5. Mai im „Weilerhag*, wo gebrütet wurde, und 10. d. M. singend im Wald von Schönaich. 92) Garrulus glandarius Brıss., Eichelheher. - Warthausen: 27. Februar etwa zweihundert Stück beisammen in der Schlosshalde; abgeschossen wurden überhaupt 2 St. Weis- senau: häufig und nicht ungestört gelassen, obgleich der hübsche, lustige Vogel einige Berücksichtigung verdient. Plochingen: 27. Juni: Knaben haben halbflügge Junge ausgenommen. 93) Pica caudata K. u. Br., Elster. Weissenau: im ganzen Jahr nur eine einzige gehört als wahre Seltenheit. Erbach: 3 St. auf der Schussliste. 94) Corvus corone L., Rabenkrähe. Warthausen: im Januar gieng eine Krähe in eine für Marder gestellte Hohlfalle. In den letzten April- oder ersten Maitagen (erst 12. Mai abgeliefert) wurde im Ried ein Gelege von 4 röthlichen Rabenkräheneiern ausgenommen, vollständige Erythriten, ähnlich den stets rothen Eiern einer südafrikanischen Krähe, und wie ich solche, trotz Jedermanns Zweifel, auch für unsere Arten schon längst für möglich gehalten hatte. 23. Mai nächst der Riss zwei Nester, das erste mit nur 2 Eiern als vollzähligem, nachgelegtem Satz, das andere auf einer Kopfweide hart am Fluss und nur 4 Fuss über Wasser mit 5 fast flüggen Jungen; um diese Zeit hatten viele schon aus- geflogene Junge, andere, die wohl das späte Frühjahr abgewartet hatten, erst bebrütete Eier. Weissenau: trotz der durch Vogel- schutz- und landwirthschaftliche Vereine, neuestens auch durch die K. Forstdirection wesentlich verminderten persönlichen Sicherheit be- finden sie sich noch immer recht wohl. Erbach: 33 St. auf der Schussliste.e Plochingen: 25. Februar bereits in Paare abgeson- dert, 29. Mai függe Junge. Auf K. Hofjagd wurden die Fänge von 344 „Raben, Elstern und Hehern“ honorirt. 95) Corvus cornix L., Nebelkrähe. Weissenau: im Winter nur je 1 St. hier und bei Öberzell gesehen. Vaihingen: seit 29. October treiben sich 2 St. umher. a 96) (orvus frugilegus L. Warthausen: unter 21. Januar als sehr zahlreich vorhanden notirt, Wolfegg: 20. September erste grosse Schaar. Plochingen: 10. November auf den Feldern grosse Flüge. Leonberg: bis in den März und dann wieder vom October an vorhanden. Vaihingen: 6. December eine grössere Schaar, vorher nur vereinzelt. 97) Corvus (Lycos Bow) monedula L., Dohle. Wolfegg: 20. September ziehen die Dohlen ab. Weissenau: Sie wanderten nach gemachter Brut aus den nach der Reparatur (vergl. 1890) wieder bezogenen Thürmen der Kirche aus, um erst im Spätjahr wieder zu kommen; ihre Zahl hat sich vermindert, die alten Nist-Buchen im „Dohlenkopf“ haben aber wieder zahlreiche Bruten beherbergt. Plochingen: 22. Mai halten drei Dohlen auf dem Kirchthurm Umschau, wo alle Rüstlöcher von Mauerseglern be- reits besetzt sind. 98) Colwmba palumbus L., Ringeltaube. Warthausen: 10. März 3 St. beobachtet, ebenso 14. März Abends 9 St. im kleinen Ried-Gehölz, welche noch nicht riefen; 22. April rufend im Schlossgartenwäldchen, wo auch in anderen Jahren gebrütet wurde; 12. October noch 5 St.; geschossen nur 1 St. Wolfegg: 22. October noch 2 St. auf dem Abzug. Kiss- legg: 7. März angekommen. Schussenried: erster Ruf 28. Fe- bruar. Essendorf: 10. März gehört. Weissenau: ruft 7. März; nicht häufig. Erbach: angekommen 24. Februar; 3 St. auf der Schussliste. Plochingen: 25. Februar erste gesehen. Rotten- burg: 22. Febr. erstmals beobachtet, 9. März rufend im „Abtswald*. Stockheim: 24. Februar 7 Stück. Leonberg: 15. März. Bie- tigheim: „grosse Nasttaube“ angekommen 20. Februar. 99) Columba oenas L., Hohltaube. Warthausen: 1 Expl. ruft bis 6'/, U. Abends 14. März im kleinen Gehölz am Röhrwanger Ried. Vaihingen: 24. August weit entfernt vom Walde im Getreide Nahrung suchend. Sulz: an- gekommen 2. März. 100) Turtur auritus Gm., Turteltaube. Weissenau: rief einige Male im Juni und wurde zur Zeit der Hühnerjagd vereinzelt angetroffen. Plochingen: 9. Mai erst- mals ein Stück im Felde. Stockheim: angekommen 21. April. Leonberg: 6. Mai beobachtet. Bietigheim: erster Ruf 28. April. — 193 — 101) Teirao urogallus L., Auerhahn. Neuweiler (Calw): 9. April erster, 13 & schwer, im Staats- wald Schachenkopf erlegt. Zavelstein: 18. April ein erstes Stück geschossen. 102) Tetrao (Lyrurus Sw.) tetriz L., Birkhuhn. Über das Vorkommen von Birkwild in Oberschwaben schreibt Oberförster Progst: In den Ständen bei Leutkirch, im Fetzach- und Winnismoos hält sich Standwild, welches sich zwar nicht eigentlich vermehrt — wohl der Überzahl der Hahnen wegen — aber auch nicht zurückgeht. Das Vorkommen im Röthseer Moos scheint haupt- sächlich auf das Abstreichen. überzähliger Hähne aus obigen Ständen zurückzuführen zu sein. Kisslegg: Spielhahn-Falzzeit im Röthsee- Moos vom 10. April bis 15. Mai, anfangs nur vereinzelt, Ende April und Anfangs Mai bis zu 10 St. bei einander. Stockheim: Anfang April wurden (man wusste den Fall sich nicht zu erklären) zwei Spielhahnen von Forstwächter BECKER angetroffen. | 103) Tetrao bonasia L., Haselhuhn. Allmendingen (Ehingen): 4. November wurde auf freiherr- lich von Freygere’scher Treibjagd ein alter Hahn (ganz vereinzelt gekommen) geschossen; kommt dort nur spärlich vor. Kilchberg (Tübingen): eine Henne wurde im dortigen Wald 14. November er- legt (Oberf. NagEL). Stockheim: selten und in letzter Zeit nicht vorgekommen. 104) Perdix cinerea L., Rephuhn. Warthausen: 13. März wurden im Röhrwanger Ried drei Paare zufällig aufgegangen; in den Abschusslisten 41 Stück. Weis- senau: mittelmässiges Jahr mit wenigen grösseren Ketten; ab- geschossen 81 Stück. Schussenried: ganz schlechte Hühnerjagd wit nur 30 St. im ganzen Revier. Erbach: auf der Abschussliste nur 9 St. — im Vorjahr 90 St. Plochingen vergl. beim Fuchs. Vaihingen: 27. Juni Nest mit 18 stark bebrüteten Eiern. Auf K. Hofjagd im Verwaltungsjahr 1890/91 erlegt 183 Stück. 105) Coturnix communis Bonw., Wachtel. Warthausen: 3 St. im Herbst geschossen. Wolfegg: noch am 24. October wurde in einem Waldschlag 1 St. geschossen. Weis- senau: eine Wachtel schlug 1. Mai, geschossen wurde keine. Schussenried: Wachtelschlag 21. Mai, keine erlegt. Erbach: 10 St. auf der Schussliste 1891/82. Plochingen: 12. Mai auf Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ, 1894. 13 — 14 — dem Pfauhauser Feld eine schlagende Wachtel, sonst eine grosse Seltenheit. Vaihingen: nur einige wenige im Vorsommer gehört. Auf K. Hofjagd 1890/91 geschossen 15 St. Vom Fasan, Phasianus colchicus L., liegen keine Beobach- tungen aus dem freien Zustand vor. Von einer Jagd in der K. Fa- sanerie Härdtle am 3. December ist ein Abschuss von 31 Hahnen gemeldet; im Ganzen verzeichnet das Abschuss-Register der K. Hof- jagd 1890/91 106 Stück. 106) Orex pratensis Bcust., Wachtelkönis. Warthausen: 12. Mai Mittags erstmals gehört, soll aber schon seit einer Woche da sein; 24. Mai rufen 3 Männchen gleich- zeitig auf den Risswiesen und sind über den Juni häufig zu hören; auch noch am 1. October ist das Schnarren zu vernehmen. Weis- senau: wenig häufig, nur einer liess sich über die Brutzeit ver- nehmen; 1 St. geschossen bei Liebenau. Erbach: 2 St. geschossen (im Vorjahr 5 St.). Plochingen: ein schönes Männchen hat sich 5. Mai in die Küche einer Wirthschaft verflogen und wurde dort gefangen; 13. Mai in Mehrzahl angekommen. 107) Rallus aquwaticus L., Wasserralle. Plochingen: 10. Januar (— 19° C.) wurde ein schönes Exem- plar in einem Graben gefangen. 108) Gallinula chloropus Latn., Grünfüssiges Teichhuhn. Warthausen: 28. August: ein junger Vogel ist noch nicht ganz vermausert. Weissenau: als Seltenheit im December an der Schussen:; seit Jahren nicht mehr beobachtet“. 109) Fulica atra L., Schwarzes Wasserhuhn. Kisslegg: erstmals gesehen 3. April und eines geschossen auf dem Zellersee; in grosser Anzahl alljährlich besonders auf dem Grossweiher und Holzmühle-Weiher. Weissenau: auf dem Häckler- weiher stark verfolgt wegen seiner Unverträglichkeit mit den Enten; dort und auf dem Rösler-Weiher stets sehr häufig. Schussenried: angekommen 12. März. Wiblingen: 13. März in einem Donau- Altwasser geschossen (Gf. CH. DEGENFELD). * ]st sonst gar nicht selten und pflegt vom October bis Ende März fort- zuziehen; das ganz ausnahmsweise Vorkommen im December (Ber. 1890) ist auch von Warthausen — 6. Dec. — beglaubigt. a 110) Vanellus cerıstatus Mey., Kiebitz. Warthausen: 1. März nur 1 St. im Ried angetroffen, 13. d.M. 3 Paare gleichzeitig und 26. 8 St. bestätigt; 23. Mai (also nach gemachter Brut) waren Kiebitze ziemlich häufig dort anzutreffen ; etwa ein Duzend stiess auf eine eben flügge, im Schilf sitzende Rabenkrähe. Kisslegg: angekommen 13. März. Weissenau: 23. Februar 1 St. gesehen; selten. Schussenried: 4. März erster Kiebitz. Erbach: 9. März. Plochingen: 28. Februar kleine Flüge auf den Neckar-Wiesen umherstreichend. Göppingen: zwi- schen hier und Uhingen zählte ich 27. März nächst dem Bahndamm auf einem Sturzacker 23 Kiebitze ım Vorüberfahren. Leonberg: angekommen 2. März. Tempelhof (Brackenheim): 24. Februar An- kunft von 12 Kiebitzen. Heilbronn: 7. Februar Flug von 40 Kie- bitzen. 111) Totanus fuscus Bcust., Dunkelbrauner Wasserläufer. Am Schmiechener See bei Allmendingen (Ehingen) schoss Baron ALBRECHT FREYBERG am 29. August einen jungen weiblichen Vogel, der als dort noch nicht vorhanden, an die vat. Vereinssamm- lung geschenkt wurde. 112) Totanus ylareola Bcnst., Waldwasserläufer. Im September wurde bei Weissenau mitten im Wald aus dem „Schnatterweiher“ 1 St. aufgegangen. 113) Totanus ochropws Bcensr., Punktirter Wasserläufer. Im Röhrwanger Ried bei Warthausen umfliegt 1 St. am 23. Mai meinen Sohn Frırz wiederholt und beständig rufend zugleich mit Kiebitzen; da die Vögel sonst scheu sind, befand sich jener wahr- scheinlich in der Nähe des Nests; 29. November 1 St. an der Riss. 114) Actitis hypoleucos Iris. L., Fluss-Uferläufer. Plochingen: vom 2. April an am Neckarufer bei Deizisau ein einzelnes Exemplar mehrere Tage lang beobachtet. 115) Tringa einelus L., Alpenstrandläufer. Warthausen: 1 St. geschossen an der Riss bei Langen- schemmern von meinem Sohn Hans 13. September. 116) Scolopax rusticola L., Waldschnepfe. Warthausen: 28. Mai Abends 8'/, U. 1 St. im „Windberg“ streichend; 24. September 1 St. im Birkenharter Wald aufgegangen; 13* — 196 — 15. October waren bei einer Treibjagd 4 St. im Äpfinger Wald; 31. October wurde die einzig angetroffene bei einem Treiben im Boschach geschossen. Wolfegg: von Anfang October bis 21. No- vember wurden mehr als im Vorjahr angetroffen und 10 St. gelegent- lich der Herbstjagden geschossen; der März brachte keine einzige. Kisslegg: über das Frühjahr wurde keine einzige Schnepfe im ganzen Revier gesehen oder gehört, dagegen war der Rückstrich ım Herbst, besonders im October so ergiebig wie noch nie. Weis- senau: Ankunft 7. März; der Strich kommt erst m Gang am 3. April und ist am 8. beendigt; geschossen 5 St.; im Herbst spärlich, letzte 21. November gesehen. Erbach: es wurden nur zwei Frühlings- schnepfen 4. und 6. April gesehen; in der Schussliste 1891/92 9 St. (im Vorjahr 4 St... Ulm: 11. März 1 St. bei Donaustetten ge- schossen, 15. März 1 St bei Wiblingen gesehen (Gf. DEGENFELD). Allmendingen: 4. November 4 St. im Treiben. Münsingen: noch in der ersten Decemberwoche 1 St. bei Buttenhausen geschos- sen. Plochingen: 2. März erste gehört, 7. März erste auf dem Schurwald geschossen (im Ganzen nur 3 St.); 26. August todtes Expl. neben der Eisenbahn nach Altbach, wohl am Telegraphendraht verunglückt. Stuttgart: erste Schnepfe am 10. März, 18. und 19. d. M. je 1 St. bei Gerlingen und bei der Fasanerie Härdtle ge- schossen; 8 St. 1890/91 auf K. Hofjagd erlegt. Rottenburg: 2. März wurde im „Rammert“ die erste gesehen, 4. April im Bühler Wald eine falzende geschossen; der Strich war ganz schlecht, erst im October wurden sie bei den Treibjagden öfter angetroffen. Höpfig- heim (Marbach): 4. November 2 St. geschossen. Bietigheim: erste 5. März, Zug bis zum 24. d. M. Von der Hohenzollern’schen Grenze wird gemeldet, dass bei Haigerloch 2 Schnepfen am 16. April geschossen wurden. In Dalmatien war der Schnepfenstrich ein grossartig günstiger; nach der N. Fr. Pr. wurden an einem einzigen Tag mehr als 3000 St. in Zara zu Markt gebracht und das Paar mit 50 kr. gehandelt. 117) Gallinago scolopacina Bp., Heerschnepfe. Warthausen: 16. Februar 4 St. an der Riss; 11. März sind schon einzelne Bekassinen im Ried angekommen, da mehr vorhanden sind als überwintert haben; 14. März erstmals in der Abenddämme- rung sehr lebhaft meckernd; 27. Mai nicht gerade zahlreich brütend; 29. September nur noch 4—5 St. aufgegangen, so dass die Mehr- zahl bereits abgezogen zu sein scheint; 30. November 1 St. und —sT, — 28. December 2 St. an der Riss bemerkt; geschossen 10 St. Kiss- legg: meckert 7. April im Bucher Moos. Erbach: war den ganzen Winter da; geschossen 11 St. Nur 2 St. auf K. Hofjagd. 118) Numenius arquwata Larn., Grosser Brachvogel. Warthausen: 28. März ein Paar im Ried bei Langenschem- mern; 3. Mai fliegt 1 St. von N. nach S. über das Schloss. Wolf- egg: 21. und 24. September je 5 und 8'St. („Griel oder grosser Regenpfeifer*) auf dem Abzug beobachtet. Kisslegg: Ankunft 29. März; alle Jahre hier paarweise im Aachthal. Weissenau: im Grenzbachthal 16. März angekommen, worauf sofort der Balz- gesang begann und wo ein Paar gebrütet hat. Die Jagstzeitung berichtet 14. August, jüngst habe der Jagd- pächter von Röhlingen (Ellwangen) einen Brachvogel, „auch Him- melsgeis genannt“, geschossen; der jetzt ausgebälgt zu sehende seltene Vogel habe seine Heimath in der „Tundra“. Diese Tundra dürfte wohl in Schwaben und nicht in Sibirien liegen! 119) Ardea cinerea L., Fischreiher. Warthausen: 19.—21. Januar 1 St. hart am Dorf bei den Gemeinde-Gemüsländern am Schindelbach; seit Winteranfang stets einige wenige an der Riss, so 16. Februar und 12. März je 2 St., 23. Mai 3 St., 28. December 2 St.; geschossen im Risshöfener Wäld- chen 1 St. Weissenau: nur ein einziges Mal im Winter an der Schussen gesehen. Erbach: abgeschossen im Reiherwald „Ersinger Hölzle“ 22 St. (in den 3 Vorjahren zusammen 99 St.). Rotten- burg: den Winter über nicht gesehen, erst wieder 23. Februar 3 Stück; haben seither wieder im Stadtwald „Weiherdamm“ ge- brütet. Nach Mittheilungen, welche im Mai gelegentlich der Plenar- versammlung des oberschwäb. Fischereivereins gemacht wurden, sind in den letzten 3 Jahren in Württemberg 796 Fischreiher erlegt wor- den und sind hievon in Oberschwaben 222 St. mit 333 Mk. prämirt worden. 120) Ardeola minuta Brıss. L., Zwergrohrdommel. Schussenried: 25. April angekommen am Nistplatz. 121) Ciconia alba Brıss., Weisser Storch. Warthausen: 28. Februar Nachm. 3 U. kam der erste, 11. März um die gleiche Tageszeit der zweite auf dem Schloss an; 3. Mai waren kleine Junge im Nest, von denen ein verendetes, schon ag faul, 20. Mai herabgeworfen wurde; 17. August übernachteten noch 2 (wohl die Eltern) auf dem Dach und dann letztmals am 19. d. M. Ravensburg: angekommen 6. März: hat auf dem Frauenthorthurm 3 Junge ausgebracht. Buchau: Ankunft 6. März. Ehingen: 27. Februar früh 73 U. zog eine Schaar von mindestens 20 Störchen über die Stadt weg dem Unterland zu; 2. April zog der Storch auf dem Dachfirst des Hirschwirthshauses auf. Erbach: angekommen auf dem Schlossnest 18. März. Kirchheim u. T.: 8. März; Störche erscheinen in der Gegend um Plochingen immer seltener. Rotten- burg: Ankunft in der Stadt 7. März, Abzug 6. August; ausgebrütet wurden 3 Junge. Ludwigsburg: 30. Juli gegen 7 U. Abends flogen bei Hoheneck etwa 90 St. in westlicher Richtung. Leon- berg: angekommen 27. März. Bietigheim: Ankunft 12. März, Wegzug 20. Juli, ein Nachzügler 1. August. Vaihingen: 31. Juli flogen zur Mittagszeit 24 St. über die Stadt. Eine Zeitungscorrespon- denz „vom Zabergäu, 26. April“ erzählt aus Pfaffenhofen: Ende März kam ein Storchenpaar an, von dem der eine der Vögel so er- mattet war, dass er vom Dach fiel; der Schullehrer nahm sich seiner an, man fütterte ihn mit „Spätzlen“ und trug ihn auf die Wiese, wo er von seinem Kameraden Besuch und auch Futter erhielt; Abends wurde er wieder abgeholt und als er wieder genügend ge- kräftigt ist, marschiert er täglich mit seinem Pfleger und von den Schulkindern begleitet zurück in die Lehrerswohnung. 122) Cygnus olor Brıss. L., Höckerschwan. Essendorf: Schwäne stellten sich im März häufig und in Mehrzahl — wohl von Waldsee stammend — auf dem Lindenweiher ein, jedoch ohne zu halten. Laupheim (laut drei Zeitungscorre- spondenzen): am 9. Januar ist ein „höchst seltenes Jagdglück“ den dortigen „Nimroden“ zu Theil geworden, indem, auf Meldung eines Fuhrmanns, der Jagdpächter mit seinen „Genossen“ an ein Altwasser auszog und 5 prächtige Schwäne, die Mutter mit 4 theilweise noch das graue Gefieder tragenden Jungen (also die ganze Familie!) er- legte. Seit 5. Februar sind wieder 4 weitere Prachtexemplare dort beobachtet, die aber scheuer als die früheren sind, so dass es den Jägern schwer gelingen wird, sie zu erlegen. — Seit Jahren hofft man, den Schwan ebenso wie im nordöstlichen Deutschland (Spree- Gebiet u. s. w.) auf unseren oberschwäbischen Gewässern halbzahm einzubürgern, so oft aber Junge entflohen oder mit ungeknickten Flügeln (vergl. Ber. 1887) freigegeben sind, beeilen sich die ver- — N. 199 schiedenen Schiesser eine „Jagdbeute“ zu machen, die (abgesehen *vom pekuniären Vortheil durch die Dunen) kaum waidmännischer ist als das Schiessen von Hausgänsen. Solange der Schwan nicht in unsere Vogelschutz-Verordnung aufgenommen wird, ist jede Hoft- nung, ihn anzusiedeln, aufzugeben. Vergl. auch das bereits 1890 (Schussenried) Gesagte. Dass auch der wilde, d. h. der Singschwan, Ü. musteus Bcust. vorkommt, ist gleich sicher wie selten. Wir haben auch solche Fälle, sobald sie mit Bestimmtheit behauptet wurden, unbedingt und unangezweifelt registrirt. Zu letzteren gehört auch sicher die Notiz in den freiherrl. v. Urm’schen Jagdacten, dass dort an der Donau im Januar 1871 ein Schwarm von 23 Schwänen erschien. Solange aber der Schütze nicht sicher ist, sollte er sich gerade so besinnen, wie er erwägen muss, ob er Gänse und Enten zahm oder wild vor sich habe. : 123) Anser segetum Gm., Saatgans. 11. Januar bei Esslingen 2 St. geschossen. 13. Januar 1 St. bei Söflingen (Ulm) aus einer der Schaaren erlegt, die um diese Zeit sich mehrmals an den Ufern der Blau niederliessen. 23. Fe- bruar Mittags passiren nordwärts über Mittelbiberach 23 Wild- gänse und ebendort eine überfliegende Schaar in der Nacht vom 24./25. Februar. Bei Leutkirch flogen 17. November in Bahnschlitten- form etwa 25 St. laut rufend südwärts, wohl dieselbe Gesellschaft, die Tags zuvor Oberzell passirt hatte. 124) Anser cinereus Mey., Graugans. Vom 1. Februar an hielt sich etwa 14 Tage lang ein einzelnes, durch seine ganz bedeutende Grösse auffallendes Stück bei Langen- schemmern auf, das am 7. von meinem Sohn Frırz angeschossen wurde, aber auch in den nächsten Tagen nicht zu erlangen war. Ob acht Gänse, welche 3. März bei Aulendorf nächst dem Eisen- bahndamm sassen, zu dieser, nur familienweise wandernden Art oder zur vorigen gehörten, bleibt dahingestellt. 125) Querquedula circia SterH., Knäckente. Warthausen: 24. Februar 3 St. ganz vertraut an der Riss; weitere ununterschiedene befinden sich zwischen den „Halbenten“ der nächsten Nummer. Weissenau: heuer ausgeblieben. 126) Querquedula crecca Sıerm., Krieckente. Warthausen: 11. März gegen vierzig Halbenten an der Riss, immer 2 bis 12 St. beisammen; ein Paar Krieckenten hielt sich nur 50 Schritte von den Risshöfen mitten unter den Hausenten auf; am 13. März waren nur noch 13 St. da, 24. September überhaupt keine mehr zu sehen; geschossen 6 St. Weissenau: ist zur Zugzeit sehr selten gewesen. Erbach: 25 „Halbenten“ auf der Schussliste. 127) Anas boschas L., Stockente. Warthausen: den ganzen Winter 90/91 schlechte Enten- jagd, weil die Riss nur an einigen starken Strömungsstellen eisfrei war; zu Anfang des Februar waren bei Thauwetter Enten in Menge da, die aber 9. d. M. mit wiederbeginnender Kälte verschwanden; 11. März waren schon verschiedene, 13. d. M. alle gepaart und in den eben erst aufgethauten Torfstichen; 23. Mai 4 Paare im Ried aufgegangen; alle scheinen. Junge zu haben; im Juli und August waren über 30 St. auf der Riss; 4. September war bei einem alten wilden Entrich das Prachtkleid fast vollendet, während es bei einem jungen gezähmten noch nicht begonnen hatte; 10. September fallen 36 St. bei Oberwarthausen weit entfernt vom Wasser im Haberfeld ein; 24. September nur noch 4 St. im Ried aufgegangen, 28. No- vember über 100 St. an der Riss, 28. December 31 St. abgezählt; Abschuss 18 St. — Von den im Vorjahr aufgezogenen Wildenten hat ein Paar, noch ehe es sein erstes Lebensjahr vollendet hatte, ım Thiergarten am Bergabhang hart unter den Schlossfenstern unter einem alten Reisighaufen ein Nest gehabt, welches am 9. Mai fertig war; wenn man der brütenden Ente aus der Ferne rief, antwortete sie durch vergnügtes Schnattern und kam hervor, um das gewohnte Weissbrod entgegen zu nehmen, nicht ohne zuvor die Eier sorgfältig bedeckt zu haben; am 1. Juni Nachm. 2 U. brachte sie 3 eben aus- gekrochene Junge auf einen der Springbrunnen, 3 weitere Eier waren unbefruchtet. Ein anderes Paar hatte auf dem Annenweiher im Holz- kasten des „Stempfels“ genistet, zog aber 24. Juni unverrichteter Dinge über den Wirthschaftshof wieder herein, vor dem Gartenthor Einlass begehrend; die 9 Eier waren sämmtlich faul. Die jetzt aus zehn Köpfen bestehende Gesellschaft hat uns den Sommer über viel Freude gemacht; sie frassen aus der Hand und wenn man im Garten Thee trank, liefen sie unter den Stühlen bettelnd herum, wie sie auch um die Essenszeit sich unter den Fenstern des Speisesaals auf- stellten, um Brodabfälle zu erhalten. —: 201 — Weissenau: über die starke Kälte eine Zeit lang häufig an der Schussen, wo Bruten nie beobachtet werden; mehrere solche sind am Grenzbach ausgekommen. Erbach: 63 St. auf der Schuss- liste 1891/92. Auf K. Hofjagd wurden 1890/91 20 Wildenten ge- schossen. 128) Dafila acuta LcH. L., Spiessente. Weissenau: ein Flug von etwa 32 Stück, dabei sehr schön gefärbte Erpel, hielt sich im März 2 Tage lang an der Schussen und auf den Feldern auf. 129) Mareca penelops SterH. Aupr., Pfeifente. Warthausen: 11. März 4 St. an der Riss. 130) Clangula glaucion Boız, Schellente. Warthausen: 24. Februar 4 St., dabei ein Entrich, an der Riss, wohl länger sich aufhaltend, da auch 1. März dieselben notirt worden sind. 131) Mergus meryanser L., Grosser Säger. Warthausen: verschiedene, darunter 2 schöne alte Männ- chen, hielten sich längere Zeit auf der Riss auf: schon 31. Januar wurde 1 St. bei Ummendorf geschossen; 11. März waren 3 St. nur 200 Schritte von den Risshöfen unter den zahmen Enten; 12. März strichen zwei, nachdem Tags zuvor 1 St. schwer angeschossen wor- den war, Langenschemmern zu und wurden am folgenden Tag ver- geblich gesucht; am 14. März waren wieder 4 St. da, dabei auch das angeschossene, welches durch Schwimmen und Tauchen sich der Verfolgung gewandt zu entziehen wusste; auch 28. März und Anfangs April wurden sie wieder gesehen. Weissenau: sehr selten, nur zwei ausgefärbte Exemplare im Winter gesehen. 132) Mergus serrator L., Mittlerer Säger. Weissenau: vom December 1890 an häufig über den ganzen Winter, aber lauter noch unausgefärbte Exemplare; mehrere erlegt. — Am 16. März wurden 3 männliche Säger an der untern Argen (Kisslegg) gesehen, doch kann nicht angegeben werden, ob sie zu dieser oder zur vorhergehenden Art gehörten. 133) Mergus albellus L., Weisser Säger. Schussenried: zahlreich, auch mit schön ausgefärbten Ex- emplaren, Winters in der Zunahme begriffen. — 202 — 134) Puffinus Kuhlii Bom (Procellaria cinerea KuuL), Grauer Puffin. e Am 29. October wurde ein Weibchen dieses so seltenen Sturm- vogels auf dem Güterbahnhof in Stuttgart gefangen, kam in den Besitz von Dr. Graf M. vox ZEPPELIN und wurde, da es sich nicht lebend erhalten liess, der vaterl. Ver.-Sammlung geschenkt. 135) Larus ridibundus L., Lachmöve. Kisslegg: erste gesehen 4. April; früher vielfach brütend auf dem Argensee und Wuhrweiher bei Kisslegg, jetzt nur noch alle Tage vom Rohrsee herstreichend, um im Aachthal und auf den Feldern Nahrung zu suchen. Weissenau: Ende März angekommen; zahlreich auf dem Häcklerweiher, sollen aber auch auf einigen klei- neren’ Weihern bei Grünkraut und Waldburg genistet haben. Er- bach: 16. April erstmals gesehen. 136) Podicipes minor Larn., Flusstaucher. Bei Warthausen wie jeden Winter an offenen Stellen der Riss nicht selten bemerkt. Säugethiere. 1) Cervus elaphus L., Edelhirsch. Friedrichshafen: im Seewald wurde 14. Januar ein Thier im Gewicht von 100 kgr. erlegt. In den Schussregistern der K. Hof- jagd befinden sich 58 St., nehmlich 22 Hirsche und Spiesser, 23 Thiere, 8 Kälber*. Vereinzelte Zeitungsberichte über die Schön- buch-Jagden übergehen wir als unvollständig. 2) Capreolus pygargus Bu. Pırr., Reh. Warthausen: 17. Mai ein Rehkitz im Birkenharter Wald: 30. Mai mehrere Kitze ziehen mit Gaisen auf Äsung; geschossen auf eigener und gepachteter Jagd 10 Böcke. Kisslegg: 27. Mai erstes Kitz der Mutter folgend; Blattzeit 16. Juli bis 13. August, im allgemeinen flau. Weissenau: erstes Kitz 8. Mai, Brunft 3. August auf dem Höhepunkt, Abwerfen begann 6. December; in der Staats- jagd wurden geschossen 11 Böcke und 1 Gais; soviel bekannt ge- * An eigentlichem Parkwild wurde abgeschossen: Damwild 165 St. (59 Böcke, 52 Gaisen, 54 Kitze), Axiswild 9 St., Schwarzwild 84 St. (19 Keiler, 15 Bachen, 55 Frischlinge) und 13 Wildschafe. Ein Damhirsch von 100 # Gewicht wurde um 20. Januar im Bottwarthal (Kleinaspach- Gronau) geschossen. ea worden, wurden auf der Bauernjagd von Ettenkirch neben 8 Böcken zehn Gaisen und Kitze geschossen; Durchschnittsgewicht in der Staatsjagd 14,5 kg. Schussenried: erstes Kitz 4. Mai: ab- geschossen 25 Böcke und 8 Gaisen, aufgebrochen im Gesammt- gewicht von 538 kg. Erbach: Abschuss 10 Böcke (im Vorjahr 22 St.). Auf gräfl. Sranıon’scher Jagd bei Stadion wurden auf einer Treibjagd um 1. November 4 Böcke und 4(!) Gaisen geschossen, auf der Stadtmarkung von Ehingen 2 starke Böcke 21. November. Auf K. Hofjagd wurden (in Folge Zugangs der oberländer Jagden) 45 Rehe geschossen. In Ludwigsburg verirrte sich, wohl aus dem Osterholz kommend, 10. August ein Sechserbock in das Weich- bild der Stadt und wurde in einem eingefriedigten Garten an der Aspergerstrasse gefangen. Aus dem „Taubergrund“ wird be- richtet, dass bei der diesjährigen Bruntt besonders starke Kämpfe zwischen den Rehböcken stattfanden, deren man 2 St. in Folge er- haltener Verletzungen verendet gefunden habe; der Grund hiefür wird darin gesucht, dass in der ganzen offenen Jagdzeit von October bis Januar nach ‘badischem Jagdgesetz die Gaisen erlegt werden dürfen und an der Landesgrenze im Verhältniss zu den Böcken viel zu viele Gaisen abgeschossen werden. „Von der bayrischen Grenze“ wird geschrieben, dass im Wald von Steinbach (Hall) am 23. Juli eine Rehgais mit schönem normalen Geweih geschossen wurde und nach Hall zum Ausstopfen kam. Das Revieramt Tuttlingen schrieb einen Wildpret-Akkord für anfallende circa 30 St. Rehwild (ausschliess- lich Hut Hohentwiel) im Mai aus. 3) Capella rupicapra K. und Br., Gemse. Im frhrl. v. Enzpere’schen Revier Bronnen bei Friedingen a. D. (Tuttlingen) wurde am 13. August ein Gemsbock, unaufgebrochen 85 ® schwer, auf der höchsten Felsenspitze über der Petershöhle mit der Kugel erlegt; der ausgestopfte Kopf befindet sich in der Geweihsammlung des Frh. v. EnzBEr6-MüHLHEIMm; unzweifelhaft war das Thier vom schwarzen Grat nach dem Donauthal gekommen. 4) Lepus timidus L., Feldhase. Warthausen: 9. Mai wurden in einer Grasbodenvertiefung drei ganz frisch gesetzte junge Hasen (zweiter Satz!) gefunden; geschossen 78 St. Weissenau: in der Regiejagd wurden 65 St., auf einem Areal von 2000 Ha. Gemeindejagd 130 St. erlegt; mittleres Hasenjahr. Schussenried: geschossen 93 St. Stadion: Anf. a0 November 30 St. in einer Wald-Treibjagd, Ehingen: 21. November 18 St. geschossen. Achstetten (Laupheim): im Februar haben Hasen in einer Nacht 50 junge Apfelbäume geschält. Erbach: nur 33 St. (im Vorjahr 187 St.). Auf K. Hofjagd wurden 517 Hasen erlegt, von denen am 16. December 104 St. auf Ditzinger Feldmarkung zur Strecke kamen. Fellbach: der Hasenbestand ist heuer ein auffallend geringer; bei der grossen hier und auf Rom- melshauser Markung 28. December abgehaltenen Treibjagd konnten nur 17 St. zur Strecke gebracht werden; bei der in der vorher- gehenden Woche auf Schmidener Markung stattgehabten Jagd war das Ergebniss noch geringer. Vaihingen: die hier 18. December abgehaltene Jagd auf der Feldmarkung lieferte 135 Hasen. Lauf- fen a. N.: bei den heurigen Feldjagden wurden auf der Dorfmarkung links der Zaber 223, auf der Stadtmarkung 40 Hasen geschossen. Niederstetten (Gerabronn): während heuer die Jagden in ganz Franken und im Hohenlohe’schen sehr schlecht ausfielen, konnte das von den fürstl. HouEnLonr-JassTBer6’schen nicht gesagt werden, da beim Treibjagen am 9. December 125 Hasen zur Strecke kamen, wobei einer der Schützen allein 24 Stück und hievon die Hälfte in einem Triebe schoss. 5) Sciurus vulgaris L., Eichhorn. Warthausen: vier halbgewachsene Junge krochen 11. Mai in einem Staarenhaus aus und ein; 15. September wurde im Garten ein erst kaum halbgewachsener Spätling geschossen; dass sich die Eichhörnchen („Eichkatz“) auch von Stachelbeeren, unreifen Ross- kastanien und den Kernen unreifer Äpfel nähren, wurde heuer erst- mals beobachtet; sonst zernagen sie besonders gerne süsse Birnen, um zum Kernhaus zu gelangen; geschossen 9 Stück. 6) Myoxus glis Schrer. L., Siebenschläfer. Warthausen: am 19. Mai wurde unter dem „Wasserthurm“ ein Paar grauer Haselmäuse noch im vollen Winterschlaf ausgegraben; zur'Zeit der Aprikosenreife hausen sie nächtlich übel in den Spalieren. 7) Arvicola glareolus Lac. Schrer., Waldwühlmaus. Warthausen: 19. März 3 stark halbwüchsige Junge aus einem in einem lockeren Composthaufen befindlichen Nest. 8) Arvicola arvalis Lac. Pırr., Feldmaus. Nach Zeitungsnachrichten hausen sie — 29. Juli — im Donau- ried bei Erisdorf (Riedlingen) gar übel; durch Schulknaben wurden ae in kurzer Zeit, aus der Gemeindekasse mit 1 9% pro St. vergütet, etwa 4000 St. in Fallen gefangen. In der benachbarten Gemeinde Neufra sei dagegen mit gutem Erfolg Gift angewendet worden; bekannt ist, welche Wirkung dieses auf ihre natürlichen Feinde hat. Bei Plie- ningen (Stuttgart) wurden bis Anfang October 35,604 St. in den Kleeäckern und im Brachfeld gefangen. 9) Meles taxzus SCHREB., Dachs. Warthausen: 1 St. erlegt. Tettnang: eine Zeitungscorre- spondenz vom 5. April nennt einen dortigen Maurermeister einen „gewaltigen Nimrod“ und rühmt ihm nach, dass er den schnee- reichen Winter vortrefflich ausgenutzt und im dortigen wie in den angrenzenden Jagdbezirken allein in der Saison 1890/91 107 St. Wild erbeutet habe, dabei auch neben anderem Raubzeug sechzehn ge- grabene Dächse*. Weissenau: in zwanzig Jahren wurden nie weniger als heuer, nehmlich in der Staatsjagd und in sieben Ge- meindejagden zusammen 2 St. erlegt. Schussenried: 4 Dächse im Jagdjahr erhalten. Rottenburg: im Staatswald Bühlerwald wurden 3 St., 20. September, 3. und 27. October je einer gefangen. Erst in neuester Zeit hat der Dachs seine Schonzeit in Württemberg eingebüsst aus Rücksicht für die Weingegenden (als Liebhaber von Weintrauben und halbreifen Maiskolben), vielleicht auch weil in steileren Lagen auf der Alb die Klage besteht, dass er bei Nahrungs- mangel das unreife Getreide aussauge. Zu läugnen ist ferner nicht, dass er den Eiern der erdnistenden Vögel nachspürt, weshalb er bei Fasanerien und da nicht geduldet werden kann, wo z. B. Auer- und Birkwild gehegt wird. Bedauerlich bleibt aber, dass einzelnen Ge- genden zulieb, für welche ja Ausnahmebestimmungen getroffen wer- den konnten, der „gemüthliche Grimmbart“ überall, also auch da proseribirt ist, wo es dessen gar nicht bedurfte. 10) Canis vulpes L., Fuchs. Warthausen: ein Fuchs mit drei Läufen wird 23. März Mittags 12 U. in einem Hühnerstall zu Birkendorf todtgeschlagen ; * Der ächte, biblische Nimrod war ebenfalls ein „gewaltiger Jäger vor dem Herrn“ und hat sich, noch ehe es ein „Handwerk mit goldenem Boden“ gab, auch als Maurermeister bewährt, indem er Babylon erbaute. Bei einem zeitlichen Zwischenraum von mehr als 3000 Jahren können Vergleiche zwischen „Einst und Jetzt“ nicht weiter gezogen werden. Zu NSUON. 11. März liegt nahe bei 2 Stockenten im Ried ein Fuchs auf der Lauer im völlig nassen Schilf eines Torflochs, obgleich hiefür trockene Schilfstellen genügend vorhanden waren; 26. Juli wurde 200 Schritt vom hiesigen Stationsgebäude ein heuriger Fuchs todt aufgefunden, der offenbar vom Abendschnellzug überfahren war; geschossen 7 Stück. Tettnang: 37 Füchse 1890/91 von dem beim Dachs Genannten erlegt. Weissenau: 20 St. geschossen, sonst häufig die doppelte Anzahl, also schlechtes Fuchsjahr. Schussenried: desgleichen 23 St. Stadion: 8. Mai; in den gräflichen Waldungen bei Mundel- dingen wurden kürzlich beim Fuchsgraben in 5 Bauen 30 Füchse, darunter 5 alte, erbeutet; die meisten der meist 14 Tage alten Jungen kamen lebend in die Hände der Jäger und mehrere wurden von Thierfreunden zur Aufzucht übernommen. Erbach: 25 St. auf der Jagdliste 1890/91. Plochingen: ein Jagdpächter in Deizisau schoss 10. Juni auf dem Abend-Anstand eine Füchsin mit starkem Gesäuge, welche sieben junge Rephühner ım Rachen trug. Von der K. Hofjagd sind nur 10 Sommerfüchse (des Schussgelds wegen) registrirt. Steinreinach (Waiblingen): schon am 6. April wurden 6 junge Füchse in einem Bau ausgehoben. Winnende:: 9. October wurde bei der Station Neustadt ein Fuchs von der Eisenbahn über- fahren. 11) Felis catus L., Wildkatze. Auf der K. Hofjagd wurden im Jagdjahr 1890/91 2 St. ge- schossen. Im Januar erlegte der Jagdpächter in Hausen a. 2. (Brackenheim) auf dem Heidelberg bei Heuchelberg einen Kuder von 14 @ und 1 m Länge. Unter 14. April wird von Schmidhausen (Marbach) berichtet, dass Bauer KÜBLER in einer der letzten Nächte im Hühnerstalle grossen Lärm hörte, dort eine riesige Wildkatze antraf, die sich in die hellerleuchtete Stube flüchtete und hier nicht. ohne viele Mühe von dem beherzten Mann getödtet wurde. Ein weiteres Exemplar wurde 17. April von Baron GAISBERG auf seinem Gut Schöckingen (Leonberg) geschossen. Von der Hauskatze (F. domestica Brıss.) sind in Wart- hausen 7 St., theilweise durch unvorsichtiges Betreten von Marder- fallen, unnatürlichen Todes verstorben. Auf den K. Hofjagden wurden, namentlich bei der Fasanerie, 47 St. beseitigt. Weitere Daten fehlen — wohl nur aus bescheidener Zurückhaltung. „In Reutlingen sieht man fast mehr Katzen als Vögel,“ schreibt meine seit dem Herbst dorthin übersiedelte Tochter. ON. — 12) Lutra vulgaris Erxr., Fischotter. Warthausen: um Weihnachten 1890 war der Eisdecke wegen der letzte Otter, ein fast schwarzes Männchen (19 @), aus unserem Fischereibereich fortgezogen und wurde südlich von Biberach ge- fangen, am 23. Mai waren aber wieder zahlreiche Ausstiege an der Riss; eine Familie scheint also wieder eingewandert zu sein. Weis- senau: im Eisen gefangen 2 St. und zur Sommerszeit bei Hoch- wasser gefunden 3 Milehotter. Erbach: im laufenden Jagdjahr wurde kein, in den beiden vorangehenden je 1 Otter erlegt. Rotten- burg: ist in viel grösserer Anzahl vorhanden, als gewöhnlich an- genommen wird; im Neckar zwischen Bühl und Tübingen wurde 13. und 29. December je 1 St. gefangen. In den letzten drei Jahren wurden in Württemberg 557 Fischotter erlegt; hievon kommen auf Oberschwaben 146 St. mit einer Prämie von 730 Mk. 13) Mustela putorius L., Iltis. Warthausen: 2 St. beim Schloss gefangen. Am 14. Juni wurde auf den Risshöfen nächst einer in einen Holzschuppen gehen- den kleinen Öffnung ein halbgewachsener Hase angefressen gefunden und mit diesem Köder noch am gleichen Abend ein Iltis in der Hohlfalle gefangen; nach einigen Tagen hörte man im Schuppen unter Reisigbüscheln rattenartig pfeifen und fand dort die 3 Jungen in der Grösse starker Wiese. Tettnang: 3 St. Weissenau: 5 St. erlegt, darunter ein Eindringling im Hühnerstall, der Nachts den ganzen Hof in Aufruhr brachte und mit Hilfe eines herbei- geholten Forstwächters und dessen scharfem Dachshund dingfest ge- maeht wurde. Erbach: 3 St. 14) Mustela martes Gm. Beıss., Edelmarder. Warthausen: 12. Mai Junge in einer hohlen Eiche des Boschach-Walds. Tettnang: 3 St. Weissenau: im Ganzen 2 St. Ein sehr starker mit schönstem kastanienbraunen Pelz wurde todt gefunden und hatte kleine Pasten (wohl Strychnin) im Magen. Schussenried: 1 St. Rottenburg: am 1. April bei Neuschnee wurde ein Edelmarder in einem Eichhornnest geschossen, in welchem zugleich 2 noch blinde, 2—83 Tage alte Junge waren; im Bühler- wald wurden 15., 18., 24. Januar und 12. December je 1 St. in der Prügelfalle gefangen. 15) Mustela foina Gm. Brıss., Hausmarder. Warthausen: 1 St. erlegt. Weissenau: desgl. 3St. Er- bach: 1 St. Rottenburg: ist selten; 17. December 1 St. in einer Scheune in Bühl im Schwanenhals gefangen. 16) Mustela erminea L., Hermelin-Wiesel. Erbach: 6 St. auf der Schussliste (in den 3 vorhergehenden Jahren zusammen 15 St.). Für die K. Hofjagd (vorzugsweise Fa- sanerie) sind Wiesel, Iltis und Marder mit 15 St. zusammengefasst, 17) Erinaceus europaeus L., Igel. Warthausen: 30. November Mittags bei 2° Rr. Kälte läuft noch ein Igel in einer Buchendickung bei Birkendorf. | 18) Synotus barbastellus Daus. (Schrk».), Breitohrige Fledermaus. Ein männliches Expl. von der Emichsburg bei Ludwigsburg (Gf. G. v. SCHELER). Über „Amphibien“ ist so gut wie nichts notirt. Saurier. Warthausen: ersteZauneidechse (Lacerta agdis Worr) sonnt sich 14. März in den Felsenparthien des „untern Gar- tens“. Vaihingen: die Zaun- und die Mauer-Eidechsen (L. mwralis MErR.) waren zwar am 28. September verschwunden, doch wurde von der ersteren noch am 1. October ein frisch aus- geschlüpftes Junges gefunden. Batrachier. Schussenried: 29. April erstes Quacken der Frösche. Um hier die Lücke auszufüllen, mögen die i. J. 1890 bei Tempelhof O.A. Crailsheim von Herrn STETTNER gemachten Auf- zeichnungen um so eher eine Stelle noch finden, als dessen weiterer Bericht für damals zu spät eintraf. Erste Lacerta agilis Worr 29. März. Erste L. vivipara Jacq. 27. März; letztere ist sehr häufig und ändert vielfach ab (auch var. nigra Wour); gleich in den ersten Frühlingstagen wurde ein Expl. mit rosenrother Färbung des Bauchs gefangen, die aber andern Tags sich in Ledergelb verwandelt hatte (Verstimmung oder Furcht). Angwis fragilis L. (Blindschleiche) nicht häufig. Tropido- notus natrix Eıcaw. L. (Ringelnatter) selten. Coronella laevis Merr. (Schlingnatter) wohl nur auf Muschelkalk im Jagstthal. Rana esculenta I. (Wasserfrosch) minder häufig als anderwärts. Rana fusca Rösı. (gem. Grasfrosch) 27, März laichend. Hyla arborea 209: ScHLEG. (Laubfrosch) 28. März wieder sichtbar. Erstes Quacken der Frösche 19. April, welches Beobachter der von ihm noch nicht auf- gefundenen Kreuzkröte, Bufo calamita Laur.*, zuschreibt, weil nach L£yvıc diese und nicht der Wasserfrosch so zeitig rufe. Bufo vulgaris Laur. (gem. Erdkröte) legt 4. April ihre Eier ab. Sala- mandra maculosa Laur. ganz selten. Triton taeniatus SCHNEID. und 7. ceristatus Laur. zeigen sich 29. März, letzterer nur vereinzelt vorkommend. Ein Männchen von Triton alpestris Laur. erschien ungewöhnlich bald, am 13. März, als das Eis noch nicht völlig geschmolzen war, am Ufer eines Weihers; sonst selten. Bei den Fischen ist abermals der Aal, Anguilla vulgaris FLenm., von Orten zu nennen, an denen er erst in Folge künstlicher Ein- bürgerung vorkommt. Weingarten (Corresp. v. 16. August): nach dem strengen Winter waren im Buchsee bei Blitzenreute beinahe sämmtliche Fische erfroren vorgefunden worden, darunter eine Menge Aale, von deren Vorkommen im dortigen Schussengebiet man keine Ahnung gehabt hatte; im benachbarten Schreckensee wurde im August ein vierpfündiger Aal mit der Angel gefangen. Erlenmoos (Biberach), der kleine, in die Roth fliessende Bach von Edenbachen ist reich an Forellen; als hier Anfangs August ein Fischer nach solchen mit den Händen suchte, bekam er einen pfündigen Aal. Im Federsee bei Buchau, wo die eingesetzten treffllich gedeihen, wurde Anfangs Juli ein 90 cm. langes Exemplar im Kanal gefangen. Ulm: im August wurden in den Altwassern der Donau 33 St., darunter recht schöne Exemplare gefangen. Eine absonderliche Historie erzählt nach der Königsberger Allg. Zeitung das Berliner Tageblatt (No. 446, 4. Sept. 91): Ein Guts- und Fischereibesitzer in Patersort (Kr. Heiligenbeil, Ostpreussen) habe nenlich auf seinem hart am Haff gelegenen Erbsenfeld unter einem der geschnittenen Erbsenhäufchen etwas rascheln gehört und statt der vermutheten Mäuse 10—12 Aale, welche er im ersten Schrecken für Schlangen hielt, beim Erbsenschmaus ertappt; ebenso sei es am zweiten Häufchen ergangen; 2 Aale seien erlegt und nachher ge- öffnet worden, wo bei jedem 18—25 halbdurchbissene Erbsen ge- funden worden seien. Das Tagebl. fügt bei, für den Glauben, dass der Aal Erbsenfelder auf die Schoten abweide, seien schon viele * In meinen Notizen ist diese Art von Augsburg, Memmingen, Waldsee, Kirchheim u. T., Tübingen, Waiblingen verzeichnet; nach ihr, besonders in Ober- schwaben noch weiter zu fahnden, wäre sehr verdienstlich. K. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ,. 1894. 14 — 20 — Beispiele, aber nie wissenschaftliche Beweise beigebracht worden, es solle deshalb auch dieser Fall nur zu weiterer Anregung dienen, da das Landen der Aale möglicher Weise „kein freiwilliges“ gewesen sei. Der Hecht, Esox lueius L., laichte bei Weissenau Mitte März in allen Gewässern; er steigt dabei in ganz kleine Bäche auf- wärts; in der Schussen selten, im Grenzbach nur in der Nähe des Ursprungs. Der erste Hecht, 5 kg. schwer, geht 20. Februar (— 6,9° C.) an die Angel. Karpfen, Üyprinus carpio L. Im Flappachweiher bei Weis- senau gewährte es 18.—26. Juni einen merkwürdigen Anblick, zahlreiche, sehr starke Laichkarpfen am seichten Südrand die Rücken aus dem Wasser strecken zu sehen, wo sie Vormittags 9—10'/, U. durch ihr Schlagen ein Getöse wie fernes Kleingewehrfeuer ver- ursachten; am 8. Juli wurde mittelst einer Reuse im Federseekanal bei Buchau ein Karpfen von 1m. Länge und 14 & Gewicht ge- fangen. Die Nase, Chondrostoma nasus Ac., kam bei Weissenau Anfangs April in grossen Zügen aus der untern Schussen bis zur Einmündung des Grenzbachs; seit drei Jahren kommt sie nur ganz spärlich wegen Abschluss der Schussen durch das unübersteigbare Wehr bei Brochenzell. Vom Blaufelehen, Coregonus Wartmanni Brocn, wurden Ende November und Anfangs December bei Langenargen täglich bis 900 St. gefangen und von den ausgestreiften Eiern über 2 Mil- lionen künstlich befruchtet nach Friedrichshafen abgeliefert. Von der Bachforelle, Trutta Nırs., Salmo fario L. (Salar Ausonii Var.) wurden (Corresp. „vom schwarzen Grat“) etwa 4 Centner am 28. und 29. September beim Ausfischen des obern Theils des Aachflüsschens unweit Isny gefangen; ebenso forellenreich ist dort die Argen. Bei Weissenau ist sie der eigentliche Bewohner des als rasches Bergwasser fliessenden Grenzbachs, in welchem die „Gold- forelle* (mit lachsgelbem Fleisch) und die Äsche nicht vorkommen. Am 30. September giengen 5 Centner Forellen vom obern Filsthal über Heilbronn nach Heidelberg; ähnliche Lieferungen vor Beginn der Schonzeit (10. October) gehen gleichzeitig auch von Cannstatt nach Mainz. Über zwei „Riesenforellen“ aus alter Zeit hat Herr Forstrath Pritzexmayer im Staatsanzeiger (Februar) Nachricht ge- geben. In Heiligkreuzthal befindet sich die Abbildung einer Forelle, welche folgende Maasse zeigt: ganze Länge 123 cm., Kopflänge 25 em., Rachenweite 8,5 cm., Breite des Kopfs 16 cm., hinter den —r2lE — Kiemen 17,4 em., Mitte des Leibs 22 cm., vor der Schwanzflosse 8,3 cm. Nach der theilweise abgebröckelten Inschrift wurde sie vom Reichserbtruchsess JoHANN JAcoB von WaALpBURG, Graf zu Zeil (1602—1674) den Cisterzienserinnen von Heiligkreuzthal verehrt und am Gründonnerstag 1668 (?) vom gesammten Convent verspeist; „hat ohne Ingewaid gewogen 28 %#°. Der Name des Weihers, aus dem sie stammte, ist unleserlich geworden, Alles stimmt aber dafür, dass es derjenige von Hauerz (Leutkirch) war; dort fliessen viele klare Quellen zusammen und wegen der unter den Nagelfluefelsen Schutz findenden prächtigen Forellen wird der Weiher noch jetzt in altherkömmlicher Weise „auf die Karwoche gefischt“. Ein zweites Bild auf dem Rathause zu Riedlingen stellt eine Forelle mit fol- genden Maassen dar: ganze Länge 113 cm., Kopflänge 28 cm., Rachenweite 15 cm., Breite des Kopfs 17 cm., hinter den Kiemen 22 cm., zwischen den Brustflossen 24 cm., vor der Schwanzflosse 22 cm. Die Beischrift lautet: „Anno 1738 den 21. April ist diese Forell, so 23 pf. gewogen, von einem Knaben mit 12 Jahr auf der Mangbruggen gefangen worden.“ In die Donau wird der Fisch wohl aus dem Biberbach gekommen sein, der heute noch sehr starke Forellen enthält. Über Inseeten liegt Folgendes vor. Schmetterlinge. Erste Bärenraupe (Ühelonia caja L.) 26. Januar bei Tempelhof. Pfauenauge (Vanessa io F. L.) erstmals fliegend Schussenried 28. Februar (— 6° C.), Wart- hausen 6. und 13. März, Heilbronn 12. März. Citronenfalter (Gonoptery& rhamnı Len. L.) desgl. Rottenburg 7., Heilbronn 12. und Schussenried 16. März. Kleiner Fuchs (Vanessa urticae F. L.) Warthausen 13. März; bei Vaihingen flog dieser neben verschiedenen Eulen (auch Fliegen und Rossmistkäfern) noch 5. December beı warmem Wetter. Über die Nonne (Liparis s. Psi- lura monacha L.) liegen wiederum massenhaft Berichte vor, aus denen nur Einiges angeführt werden soll. Das ganze Oberland war heuer von ihr erfüllt und es wird nicht ein einziger grösserer Waldcomplex gefehlt haben, in welchem nicht wenigstens einige Raupen und Pup- pen gefunden wurden oder einige Schmetterlinge vom 16. Juli bis 10. August geflogen wären. Selbst im Schlossgarten von Wart- hausen sassen, obgleich in nächster Nähe ein Schaden nicht statt- gefunden hat, ein Paar Schmetterlinge an den Stämmen der Obst- bäume. Ein eigentlicher Schaden war glücklicher Weise nirgends 14* — 22 — mehr wahrzunehmen und die Erfahrung, dass die Nonne nach einer oder höchstens zwei Massenvermehrungen auf lange Zeit wieder ver- schwindet, scheint sich wiederum bewährt zu haben, wenigstens ist es trotz vieler Raupen zu einem eigentlichen Kahlfrass nicht mehr gekommen. Im Revier Weingarten wurde im April, als mit Ein- tritt wärmerer Tage das Ausschlüpfen der Eier bevorstand und um 20. d. M. auch einzelne Räupchen sich bereits gezeigt hatten, in den Staatswaldungen sofort mit Raupengräben, Leimstangen und Leimringen vorgesorgt; die dort in Folge von vorjährigem Kahlfrass durch ein halbes Tausend Holzhauer niedergelegten 60—100 Jahre alten Fichtenbestände sind im Juli auf mindestens 95 000 Festmeter geschätzt. In den fürstl. Warpsurc-Zeir’schen Forsten wurden über 100 000 Schmetterlinge vertilgt und besonders an einem Platz, wo sehr viele Puppen waren, stellte sich eine Unmasse von Staaren ein, die mit ausserordentlicher Praecision alle Bäume absuchten (Fst. WaLpeure-Zeit). Nach norddeutschen Beobachtungen frisst: vor- zugsweise der graue Fliegenfänger grosse und kleine Raupen sowie die kleineren (männlichen) Falter im Fluge; die Meisen verzehren nur unausgewachsene Räupchen, mit Vorliebe aber die Puppen und auch Schmetterlinge; Singdrosseln fangen ebenfalls letztere in Menge und die Finken verschmähen die Raupen nicht. Der Fichten- Nestwickler („Tortrix hereyniana“) hat sich laut Zeitungsnach- richt vom 5. November in einigen Forsten des Bezirks Freuden- stadt als verdächtiger Gast eingestellt und wenn die Befürchtungen auch übertrieben sein werden, so ist er doch kein zu unterschätzen- der Feind namentlich der jüngeren Bestände. Käfer: bei Warthausen, wo in Folge der vielen Staaren der Maikäfer (Melolontha vulgaris L.) eigentlich eine Seltenheit ist, flogen seit 10. Mai eine Unmasse; durch die Vögel und auch durch die schlechte Witterung giengen sie aber sehr schnell zu Grund; in den Bergen von Obereschach und Grünkraut (Ra- vensburg) waren Mitte Mai die Maikäfer zahlreich und haben auf beschränktem Raum Eichen und Buchen gehörig entlaubt; bei Schus- senried wurde der erste am 28. April fliegend beobachtet, in grös- serer Zahl 9. Mai; bei Bietigheim wurden nur 2—3 St. bemerkt, obgleich seit Juli in den Saatschulen, auf dem Feld und besonders in Kartoffeläckern verheerender Frass auftrat. Ebendort nistet sich seit den Schneebrüchen und Windwürfen der Fichtenrüsselkäfer (Cureulio pini L.) ein und fängt an, in den Fichtenkulturen lästig zu werden. — 213 — Erster Grillen-Gesang fand statt bei Schussenried am 18. Mai („Pfingsten im Schnee“). Unmittelbar nach Schneeabgang waren im Staatswald Eggen bei der Waldburg sehr zahlreiche Ansammlungen vom Schneefloh (Podura nivalis L.) auf den vom Schneewasser noch feuchten Rändern kleiner Pfützen und auf nassen darin liegenden Ästehen, kennbar schon aus einiger Ent- fernung durch das violette Aussehen des Ganzen (Oberf. Progsr). Die ersten Bienen flogen in Warthausen am 13. und 14. März, in Tempelhof kamen 18. März die ersten mit „Höschen“, in Folge der warmen Witterung flogen bei Vaihingen noch am 5. December Bienen mitten im freien Feld. Im Juli waren bei Warthausen zahl- lose Wespen mit Nestern unter dem Boden, bei Vaihingen suchten sie in Masse den ganzen October hindurch Harz an Lebens- bäumen (wohl Folge des schlechten Weinertrags). Erscheinungen in der Pflanzenwelt. Warthausen: es blühen schon im März: 3. Bellis peren- nis L.; 5. Eranthis hyemalis Sauıse.; 7. Tussilago farfara L.; 8. Primula elatior L., Hepatica triloba Cham, Daphne mezereum L. (rothe Knospen); 11. Oolchicum autumnale L.! 14. Galanthus ni- valis L., Leucojum vernum L.; 15. Mercurialis perennis L., Anemone nemorosa L., Viola odorata L.; 19. Corylus avellana L., Cornus mas L. Erst als es mit 20. April wieder wirklicher Frühling wurde, erschienen Schlüsselblumen, Veilchen und Schuppenwurz (Lathraea squamarta L.) wieder, wie sonst zu Anfang des Monats. Die Reps- blüthe begann ‚10. Mai; 9.—20. Mai wurden in der Schlosshalde und im Windberg nur 95 Morcheln, im Schlossgarten eine einzige gefunden. Schussenried: es begannen im März an sehr warmen Stellen zu blühen: 8. Schneeglöckchen; 11. Huflattich und Gänseblüm- chen; 30. Seidelbast; im April: 15. Enzian (Gentiana verna L.); 19. Waldanemone; 30. Erlen und Aspen (allgemein); im Mai: 8. Kir- schen; 9. Schwarzdorn (Prunus spinosa L.); 13. Gartenspaliere und Reineclauden; 22. Rosskastanie. Es begannen zu grünen im Mai: 1. Lärchen; 3. Birken; 5. unterständige Roth- und Weissbuchen (Fagus sylvatica L. und Carpinus betulus L.); 14. frühe Eichen; 22. Fichten. Rottenburg: erster blühender Seidelbast 9. März. Tempelhof: es begannen zu blühen: 12. März Milzkraut (Ohrysosplenium alternifolium L.), 17. März Haselstrauch und Erle (Alnus glutinosa Gärtn.), 26. März Seidelbast. — 214 — Vaihingen: es blühen 6. April graue Weide (Salıx incana ScHrnKk.) und Zitterpappel, 18. April Schwarzdorn, 22. April Stachel- beeren, 24. Mai Carex praecox Jacg. und auf der Eselsburg Eschen- wurz (Dictamnus fraxinella Pers.) bis zum 21. Juni. Roggen blühte 18. Juni, Dinkel 26. Juni, Gerste 1. Juli, Haber 9. Juli; die erste Traubenblüthe trat 29. Juni ein. Erste Früchte: 17. Juni Kir- schen, 19. Juni Erdbeeren, 23. Juni Heidelbeeren, 4. Juli Johannis- beeren, 9. Juli Himbeeren, 17. Juli Frühkartoffeln, 4. August Früh- birnen und einige Pflaumen, 13. August erste blaugefärbte Wein- trauben, 26. October Beginn der Weinlese; Beginn der Erndte von Roggen 28. Juli, Wintergerste 30. Juli, Dinkel 8. August, Haber 20. August. Nachgeblüht haben in Folge der warmen Witterung um 5. December: Bellis perennis L., Achillea millefolium L., Cam- panula rotundifolia L., Taraxacum offieinale Wiss., Centaurea sca- biosa L., Scabiosa columbaria L., Calendula arvensis L., Capsella bursa pastoris L., Erodium eicutarium L’Herır., Sherardia arvensisL., Senecio vulgaris L., Linaria spuria MirL., Veronica Tournefortü Gm. und hederaefolia L., Lamium album L., purpureum L. und macu- latum. L., Mercurialis annua L. Nach Zeitungsnachrichten ist noch beizufügen: Im Wäldchen bei Hofen (Cannstatt) stand Seilla bifolia L. 9. April in voller Blüthe. Auf der Schweineburg bei Isny war die Blüthe von Orocus vernus L. erst 16. April, später als je, entwickelt; unter 19. April ist sowohl von der Solitude (Stuttgart) als vom Zavelstein erst der Beginn der COrocus-Blüthe gemeldet. Im Remsthal standen die Kirschbäume 1. Mai in schönster Blüthe, die ersten reifen Früchte kamen 2. Juni zum Verkauf. Witterung. Das Jahr begann wie das vorige geendet hatte, mit trockenem, starkem Frost. Stuttgart hatte in der Neujahrsnacht 8—9° Rr., am 1. Januar 9—10” Rr. Kälte; am 5. hatte sich bei Kisslegg die Tem- peratur bei SW.-Schneesturm bis auf 47,5° C. erhoben, sank aber in der nächsten Nacht auf —19° C.; am 17. wurden in Stuttgart je nach den Lagen —26 und 30° C. abgelesen, im Jagstthale sogar — 35° C.; am 18. hatte Warthausen als Minimum — 17'/,° Rr., Isny — 21° C.; aus anderen Landestheilen ist vom 17.—18. eine Kälte von 10—22° C., aus Crailsheim von 24° Rr. gemeldet. Um diese Zeit war der Rhein (Emmerich, Mainz) überfroren, ebenso der Hafen von Lübeck, ein Theil der Ostsee u. s. w. Seine, Rhone und Garonne — ‚215. — waren schon vor 12. zugefroren, der Tajo um den 20. Der Hafen von Lindau überfror am 14., der Bodensee in weiterer Ausdehnung bei Friedrichshafen am 18., bei Überlingen am 21. Der Züricher See war am 20. vom Eis geschlossen. Am 5. und 6. waren bei Warthausen starke Schneefälle und hier am 14. der Schnee knietief, ebenso in den Thälern der Roth und Rottum, bei Oberndorf, auf der Alb (Blaubeuren und Münsingen) und in den meisten Theilen des Landes, theilweise mit Schneetreiben und Verkehrsstörungen. Durch Schneestürme herbeigeführte Störungen im Verkehr wurden auch von auswärts in Menge gemeldet, so 7. und 8. aus Lübeck, Köln, Cassel, vom Harz, 13.—21. aus Bayern, Westfalen, Braunschweig, Schlesien, Österreich, ‚Ungarn, Galizien, Italien u. s. w. Überhaupt hatten die südlichen Länder einen unerhört strengen Winter. Turin hatte schon Mitte des Monats — 10°, in Mantua und Ancona lag der Schnee metertief, in Sicilien waren viele Dörfer des Innenlands durch Schnee- massen abgesperrt, das ligurische Meer und die Lagunen von Venedig waren vereist, in Spezia erıfror eine Schildwache; auch in Paris er- froren Menschen; in Portugal (Oporto) fiel seit 1856 erstmals wieder Schnee; in Algerien (Tlemcen, 13. Jan.) wurde eine Abtheilung Mili- tär auf dem Marsch so eingeschneit, dass man Rettungsmannschaft aufbieten musste. Im Gegensatz zu diesen niedern Temperatur- Erscheinungen hatte das nordische insulare Island einen völlig schnee- und eisfreien, so milden Winter (nur Nebel und Regen) gehabt, wie die ältesten Leute eines solchen sich nicht erinnerten. Gegen Ende Januar trat bei uns mildere Witterung em; vom 20. war schon das Fallen des Barometers aus Hamburg nebst Westwinden und Regen im Nordseegebiet gemeldet und gleichzeitig trat in Grossbritannien vollständiges Thauwetter ein. Vom 24. ist dieses auch aus Wart- hausen notirt, wo übrigens am 26. wieder Frost eintrat; am Über- linger See hatte schon am 21. ein Witterungsumschlag stattgefunden und Nordwestwind die junge Eisdecke wieder weggefegt; am 28. war Thauwetter in Plochingen. Der Februar war anfangs meist noch ziemlich mild, nachher trat wieder grössere Kälte und erst allmälig eine Abnahme von dieser ein. Am 7. waren Morgens 7 U. bei Fried- richshafen noch 10° C. Kälte, der Hafen von Bregenz war überfroren bei einer See-Temperatur (bis zu 5 m. Tiefe) von nicht mehr als —-2,4° GC. Am 11. war in Warthausen Kälte von 13° Rr. und. am 13. wieder Schlittenbahn (in Leutkirch im Ganzen über hundert Tage!); am nehmlichen Tag Abends 5 U. entlud sich während star- kem Schneesturm ein Gewitter über Heidenheim; dieses Schnee- a gestöber herrschte gleichzeitig in Stuttgart, wo am 14. die Kälte von 6—8 auf 9—11° Rr. stieg. Vom 12.—13. sind auch Schnee- stürme aus Braunschweig, Ostpreussen und Esthland gemeldet, ebenso aus den Abruzzen und von Sicilien bei einer Kälte von 10° in Padua; aus Mittelitalien (Rom—Potenza) ist ähnliches erst unter dem 22. berichtet, wie auch furchtbares Winterwetter mit 10—15 Fuss tiefem Schnee erst mit Monatsschluss aus Griechenland und der Türkei angezeigt ist. Thauwetter trat in Oberschwaben (Warthausen) am 16. ein, wo am 28. wieder Frost war; am 23. wird von Friedrichs- hafen geschrieben, dass trotz der Nachtfröste viel Schmelzwasser dem See zufliesse. Bei Schussenried war bis 17. zwölf Tage lang völlig wolkenloser Himmel, am 28. eine Minimaltemperatur von — 3,6 bis —9,6° C. Der März begann im ganzen Land sehr mild und ohne Niederschläge. Am 1. und 2. war in Warthausen wirkliches Thauwetter, am 3. dichter Nebel und der Schnee gieng mit Macht, im Thal nur noch sulzige Eisfelder hinterlassend; an diesem Tag kamen bei Heidenheim, „2 Meter tief brausend“, die Schmelzwasser (der Wedel); am 4. war der Bregenzer Hafen noch unzugänglich, auf der fränkischen Hochebene stand gleichzeitig der Thermometer zwischen 4 6 und —- 2°, nachdem in der vorhergehenden Nacht eine leichte Schneedecke sich gebildet hatte. Vom 6.—10. war es sehr mild, fast heiss bei Südwestwind, am 16.—18. wahres Frühlings- wetter. Von da ab trat ein Rückschlag ein, welcher „weisse Ostern“ brachte. Vom 23.—28. war im Oberland noch Wechsel von Sonnen- schein, Sturm und Schnee, von nun an blieb er aber fusshoch und höher liegen; am 26. Nachmittags fiel bei Stuttgart (Solitude) nach einem Südsturm 12 em hoher Schnee, wobei die Temperatur von —- 9° auf Null fiel; im Allgäu begann der tiefe Neuschnee am Oster- fest (29.), bei Ebingen am Gründonnerstag (26.); weitere Berichte liegen zahlreich vor, auch aus den Nachbarländern (Bayern, Baden), theilweise — wie auch im Harz — mit Verkehrsstörungen. Im vollen Winterkleid nahm der Monat Abschied: während man im Ober- land und auf der Alb Schnee schäufeln und Bahn schleifen musste, brachte. am 31. das über das ganze Land sich verbreitende Gestöber in Stuttgart bei —1 bis 2° Rr. Schnee in allen Strassen. Der April war ziemlich normal, anfangs kühl; am 3. regnete es in Stuttgart, am 4. war Schneegestöber in Warthausen, am 6. auf der Ehinger Alb heftiges Gewitter, wobei ein Mädchen bei Emerkingen vom Blitz erschlagen wurde. Wenn auch im ersten Drittel, abgesehen von höchsten Lagen, auf dem Schwarzwald, der Alb und im Allgäu die —.. 217 — Niederschläge in Schnee übergiengen, so trat doch selbst in den mildesten Lagen vom 18. an wieder Schnee und ziemliche Kälte ein; am 19. hatten wir Schneegestöber, vom 20. ab war es schön, am 30. hatte Stuttgart — 20° Rr. im Schatten (Nachts 4 13-—14° Rr.). Am 1. Mai war in Warthausen ein wahrer Frühlingstag, dann wurde es wieder kühler und vom 9.—15. trat wieder Wärme ein; mit dieser traten die ersten Gewitter am 9. und zahlreich am 10. auf, meist als leichte Gewitterregen, in Freudenstadt und am östlichen Bodensee mit einigem Hagel, der in den Oberämtern Crailsheim (Öl- haus) und Hall (Eckartshausen) an der Obstblüthe schadete. Am 17. und 18. (Pfingsten) kühlte es stark ab mit Reif, in Ulm und Schloss Zeil mit — 2°; vom 20.—26. war es wieder warm und gewitterig. Hagelschlag war am 23. bei Dürrenmettstetten (Sulz) und Wiesenstetten (Horb); am 25. gieng ein schweres Wetter mit Sturm und Hagel über das Illerthal, wo der Blitz bei Unter- dettingen und Kellmünz in Telegraphenstangen und Strassenbäume schlug; ein heftiges Gewitter zog am 26. mit Sturm und Hagel über Warthausen-Biberach, wobei in Goppertshofen eine Kuh im Stall er- schlagen wurde und besonders in Bergerhausen Hagelschaden ent- stand. Der Juni war vorherrschend regnerisch und gewitterreich. Ein furchtbares Gewitter mit zahlreichen Einschlägen zog in der Nacht vom 2. auf 3. in mehreren Zügen von SW. gegen NO. durch Oberschwaben, um 9 U. 20 Abends beim Hohentwiel beginnend, in Warthausen um Mitternacht, um 3 U. früh auf der Ulmer Alb endi- gend, mit Nachzüglern bis Heidenheim und Herbrechtingen; betroffen wurden besonders Biberach, Aulendorf, Ravensburg, Buchau, Saulgau, das Allgäu, die Ulmer Alb, die Gegend um Reutlingen, und ein Theil des Schwarzwalds; bei Waldsee entzündete der Blitz in der Gemeinde Schindelbach ein Bauernhaus, wobei 2 Pferde, 12 Rinder und alles Kleinvieh verbrannten. Am 3. fiel Hagel bei Salzstetten (Horb) und Oberthalheim (Nagold). Am 6. zog ein Hagelwetter, theilweise mit hühnereigrossen Eisklumpen durch die Oberämter Münsingen, Ehingen, Laupheim, von Öberdischingen über das Donauried nach Dellmen- singen und Stetten, über das Roth-Thal gegen die lller. 6. und 7. entluden sich heftige Hagelwetter vom Thurgau her über das Allgäu; Dächer wurden abgedeckt, Bäume entwurzelt, bei Wangen fielen Körner so gross wie Taubeneier; in Saulgau lag der Hagel wie Schnee. Das am 8. auch bei Warthausen niedergegangene Unwetter kam aus dem Oberamt Saulgau (Riedhausen) und zog sich in nord- östlicher Richtung über den Biberacher und Laupheimer Bezirk; als — 218 — an den Winterfrüchten durch den Hagel bedeutend geschädigt sind ausser 13 Orten in den Oberämtern Saulgau und Laupheim für den Bezirk Biberach die Gemeinden Langenschemmern, Röhrwangen, Birkenhart, Reute und Stafflangen angegeben. Schaden durch Hagel entstand auch am 25. im Oberamt Tübingen (Hagelloch) und durch Wolkenbruch auf der Markung Binsdorf bei Sulz. Die Temperatur war anfänglich bis auf wenige Grade über dem Gefrierpunkt ge- sunken, erst 19.—27. folgte schwüles Wetter, das sich trotz der fortdauernden Gewitter erhielt; die letzten Monatstage, 27.—30., brachten tropische‘ Hitze ohne Niederschläge. Die 2 ersten Tage des Juli waren wie die letzten des vorigen Monats tropisch-heiss; am 3. Nachmittags entlud sich im Oberland ein schweres Gewitter mit Wirbelsturm, wolkenbruchartigem Regen und stellenweise grosse Eisklumpen bildendem Hagel; Ahlen (Biberach), Hausen, Oggels- beuren, Willenhofen (Riedlingen); Ruppertshofen wurden besonders betroffen, der Winterösch ganz oder theilweise vernichtet, Fenster und Dachziegel zertrümmert, Lerchen, Krähen und Mäuse auf dem Feld erschlagen. Am 4. waren heftige Regengüsse im Allgäu; im Übrigen war das Wetter sehr veränderlich, zuerst kühl, später wärmer mit wenigen Sommertagen in der zweiten und dritten vollen Woche. Der August war nur mässig warm mit mehr kleineren Regen. Hagel fiel am 1. bei Kirchheim u. T. und Heidenheim, am 6. bei Hessig- heim (Besigheim) und Mundelsheim (Marbach); am 15. und 18. waren Sommertage; vom 25. an hörten die Niederschläge auf und trat Er- wärmung ein, doch war bei Saulgau (— 3° Rr.) und Warthausen eben damals starker Nachtreif, wie auch im Oberengadin am 5. Schnee gefallen war. Im Gegensatz hiezu herrschte in der Mitte des Monats in Newyork und an der ganzen Ostküste der Ver. Staaten eine furchtbare Hitze (97° Fahrenh.) mit zahlreichen Todesfällen an Sonnenstich. Ein Meteor wurde am 31. bei Ellwangen beobachtet und soll bei Jagstzell auf dem Hof Rennecker Mühle niedergefallen sein. Der September war vorwiegend warm und trocken; auf den 3. fällt noch ein Hagelwetter, das von Spaichingen über Rottweil, Balingen, Rottenburg, Tübingen bis in die Oberämter Esslingen, Cannstatt, Waiblingen, Schorndorf sich erstreckte; auch Tags darauf war Hagel in Langnau bei Tettnang und im O.A. Backnang, am 5. Regen in Oberschwaben, besonders im Allgäu. Fröste traten am 25. und 26. nur in rauheren Lagen (Urach „Reif mit Gefrierpunkt morgens 6 U.“) ein; Kempten hatte am 22. nur noch 5° Wärme und war damals im bayr. Gebirge starker Schneefall. In Warthausen lg war's am 25. recht kühl, am 26. klar und heiter, am 27. Platzregen; auch bei Stuttgart („Volksfest“) hatte der 26. herrlichstes Herbst- wetter mit 13—14° Rr. Wärme. Der October war schön und be- ständig, so dass die Weinlese erst in der vorletzten Woche über- haupt begann; am 28. und 29. traten bei starker Abkühlung die ersten, leichten Schneefälle ein. Der November brachte mässig kühles Wetter mit einiger Feuchtigkeit, vom 10. ab war es sogar recht mild, dabei regnerisch und trüb; Stuttgart hatte an diesem Tage statt seither 5—6° Rr. Kälte, ebensoviel Wärme; bis zum 16. war es bei Warthausen meist warm, schneelos, aber sehr stürmisch, vom 21. an nach leichten Nachtfrösten morgens neblig; im letzten Drittel fiel Schnee: am 22. trat bei mildem Wetter Winterlandschaft bei Münsingen ein, am 27. war bei fortwährendem Schneesturm das ganze Allgäu beschneit. Im Süden stellte sich der Winter früher und besonders heftig ein: bei eisiger Bora melden (via Triest 3. Nov.) Venedig, Mailand, Turin, Parma ungewöhnliche Kälte; bei Florenz, Turin und Vicenza (— 5°) schneite es heftig, in den Abruzzen seit 8l. October mit halbmeterhohem Schnee, während in Sicilien noch heftige Gewitter und Hagelschläge herrschten. In Dalmatien blieben Fuhrleute im Schnee stecken und verloren durch Erfrieren Pferde. Der December war bis in’s zweite Drittel mild, aber meist stürmisch; vom 19.—21., mit rund 11° Rr. Kälte, ist für Warthausen Dauer- Schnee notirt, im Unterland begann das endgiltig winterliche Wetter einen Tag früher, mit Aufheiterung an den beiden nächsten Tagen; auf der Alb giengen schon am 18. die Postschlitten mit Vorspann; um eben diese Zeit trat ein ganz kurzer Witterungsumschlag ein, bald aber gieng das Thermometer von —5 wieder auf — 5° Rr. und am 21., als dem kältesten Tag, auf — 11—14° herunter. Mild war's dagegen gleichzeitig in Skandinavien mit 1—6° Wärme. Schnee- und Eisbahn dauerten in Warthausen bis zum 28., dann war bis zum Jahresschluss Thauwetter mit Regen und heftigen Stürmen. Ueber Ammonoideen mit „anormaler Wohn- kammer“. Von Dr. J. F. Pompeckj. Mit Taf. IV und 4 Abbildungen. Zu den verschiedensten Zeiten des Bestehens und Blühens der zahlreichen Ammonoideengeschlechter begegnen uns Formengruppen mit abweichender Gestaltung ihrer Wohnkammer. Während die Mehr- zahl der Ammoniten, besser Ammonoideen — abgesehen von ihren ersten [?embryonalen] Windungen — bis zum Vorderende der Wohn- kammer, dem Mundsaume, in gesetzmässiger Weise in bezug auf Höhe und Breite der Windungen wächst, finden wir eine grosse Reihe von Formen und Formengruppen, bei welchen die Wohnkammer eine Gestalt besitzt, die sich nicht mit der deckt, welche die Wohn- kammer haben würde, wenn der Ammonit bis zu seinem Mundrande nach den Massverhältnissen der inneren Windungen gewachsen wäre. Man hat derartige abweichend gestaltete Wohnkammern in der Am- monitenlitteratur mit den verschiedensten Bezeichnungen aufgeführt; man nannte sie: „abgeschnürt, abgeändert, ausgeschnürt, evolvierend, geknickt, egredierend, knieförmig, contracted, scaphitoid.“ Wenn ich diese von verschiedenen Autoren, wie v. Hauer, Haug, Hyatt, E. v. Mossısovics, MunIER-CHALMAS, NEUMAYR, (UENSTEDT, WAAGEN, v. ZitTEL u. a. m. gebrauchten verschiedenen Bezeichnungen gegen die „anormale Wohnkammer“ vertausche, so geschieht dieses im Inter- esse der Einheitlichkeit und Zweckmässigkeit für die Diskussion der an die Erscheinung der anormalen Wohnkammern anzuknüpfenden Fragen, ohne das Treffende der für die einzelnen Fälle gebrauchten Bezeichnungen verkennen zu wollen. „Anormal“ sind diese Wohn- kammern gegenüber den inneren Windungen und gegenüber den- jenigen Ammoniten, welche bis zum Mundrande gleichmässig an Höhe resp. Breite zunehmen; Norm sind sie anderseits für diejenigen Arten und Gruppen, denen sie nach unseren Erfunden eigen sind. — 21 — Ausser für Zwecke der Systematik ist den Ammonoideen mit anormaler Wohnkammer von den Ammonitenforschern bisher nur wenig und nur vereinzeltes Interesse entgegengebracht worden; und doch beanspruchen sie Interesse in vollstem Masse nicht allein um ihrer eigenartigen Erscheinung willen, sondern mehr noch darum, weil sie wohl berechtigt sind, -für Fragen der Stammes- geschichte der Ammonoideen wichtige Aufschlüsse zu geben und damit zugleich auch in die Reihe der Beweisführungen für die Stetigkeit der Entwickelung und Umbildung von Organismenreihen nach be- stimmten Richtungen hin einzutreten. Die nachfolgenden Untersuchungen bezwecken nun zunächst eine Zusammenstellung derjenigen Gattungen und Gruppen, bei wel- chen anormale Wohnkammern vorkommen, zugleich eine Beschrei- bung der verschiedenen Formen dieser Wohnkammern. Des weiteren sollen diejenigen Fragen daran geknüpft und untersucht werden, zu welchen diese anormalen Wohnkammerbildungen auffordern: Über die Beziehungen derselben zum gekammerten Teile der Ammonoideen- schale und über die Bildung anormaler Wohnkammern überhaupt, über ihre Bedeutung für das Tier, über ihr Auftreten an den ein- zelnen Ästen und Zweigen des grossen Ammonoideenstammes und über ihren klassifikatorischen Wert. Für wenig andere Fragen dürfte Prof. J. F. Brare’s! Wort: „Ammonites, at present, form the happy hunting ground of theorists“ so voll gelten, wie für die hier zu behandelnden; und ob eine an- nehmbare Lösung derselben angebahnt ist, möge das Urteil der verehrten Fachgelehrten ergeben. Für die Diskussion der Formverschiedenheiten zwischen der anor- malen Wohnkammer und dem gekammerten Kerne ist es praktisch, sich die Seitenansicht eines Ammoniten auf die Windungsebene projeziert zu denken; der Verlauf des Nabels (Nabellinie) und der Aussenseite (Aussen- linie) ergeben neben den Dickenverhältnissen die Formveränderung. Mit besonderer Freude nehme ich hier Veranlassung, den besten Dank auszusprechen für das vielfache Interesse und die reiche För- derung, welche mir für diese Arbeit entgegengebracht wurde teils durch wertvolle Mitteilungen, teils dadurch, dass mir Gelegenheit gegeben wurde, Studien an Ammonitenmaterial anzustellen. Beson- ders danke ich den Herren: Prof. Dr. Branco in Tübingen, Prof. Dr. ı J.F. Blake: On the bases of the classification of Ammonites. Proceed. of the Geologists’ Association. 1893. p. 24. — BD — G. H. Tu. Eimer in Tübingen, Pfarrer Dr. Ensen in Eislingen, Ober- studienrat Prof. Dr. O. Fraas und Dr. Ep. Fraas in Stuttgart, Pfarrer Gussmann in Eningen, Dr. E. Haus in Paris, Dr. O. JaEREL in Berlin, Buchhändler Ev. Koch in Stuttgart, Oberbergrat Dr. Epm. Mossisovics Edlen von Mojsvär in Wien, L. v. Surser in München, Geheimrat Prof. Dr. K. A. v. ZırteL in München. ir Die Gattungen und Gruppen der Ammonoideen mit „anor- maler Wohnkammer“, Adrianites (GEMMELLARO. Einzelne Arten der carbonischen Gattung Adrianites zeigen in der vorderen Hälfte der Wohnkammer das Bestreben, aus der Spirale herauszugehen und die Röhre etwas zu strecken. Besonders deutlich zeigt dieses Verhalten Adr. isomorphus Gemm.! Das Vorderende der Wohnkammer wird etwas niedriger, während zugleich die Nabellinie im letzten Teile der Windung der bisher innegehaltenen Spirale gegenüber etwas gestreckt erscheint. Popanoceras Hyarr [inel. Stacheoceras GEMMELLARO ?]. Bei Popanoceras kommen neben ganz regelmässig gewachsenen Arten vereinzelt solche mit Formveränderungen der Wohnkammer vor derart, dass der vordere Teil der Wohnkammer fast gerade gestreckt erscheint; typisch zeigt dieses Pop. Vernewilli E. v. Moss.? aus der arktischen Trias. Bis nahezu zwei Drittel ihrer Länge nimmt die Wohnkammer schnell an Höhe zu, wobei sich die Aussenseite der- selben etwas zuschärft. Im letzten Drittel wird die Wohnkammer schnell niedriger und auf ihrer Aussenseite breiter. Die Nabellinie weicht in diesem letzten Wohnkammerteile von der bisherigen regel- mässigen Spirale ab und verläuft bis zum Mundrande etwa in der Richtung des Windungsradius, dabei ungefähr die halbe Höhe des vorletzten Umganges erreichend. Der vordere Teil der Wohnkammer erscheint infolge dieser Ausbildung ziemlich gerade gestreckt. ı Gemmellaro: La fauna dei calcari con Fusulin«, Appendice 1888. p. 14. Taf. B Fig. 5. ? Gemmellaro, l. e. p. 12 und Neues Jahrb. f. Min. ete. 1890. Bd. II. p. 149. ® E. v. Mojsisovics: Arktische Triasfaunen. M&m. d. l’Acad. d. St. Pe- tersbourg. Bd. XXXIII. p. 69. Taf. 15 Fig. 8, 9. E. v. Mossısovics (l. c. p. 66) macht darauf aufmerksam, dass diese Wohnkammerveränderung bei einigen Gruppen der Arcesten und Lobiten wiederkäme; wir werden ihr in ähnlicher, mehr oder weniger ausgeprägter Weise auch bei einer Reihe anderer Gattungen, bei Halorites, Oppelia, Oecoptychius begegnen. Popanoceras geht vom Kohlenkalk bis in die norische Stufe !, Pararcestes E. v. Mossısovics”. (Gruppe der Arcestes sublabiati und carinatı.) [Vergl. E. v. Mossısovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 94—98, Taf. 55, 56.] Während die inneren Windungen einen offenen Nabel besitzen, ist der des Wohnkammerumganges callös verschlossen?®. Vor der Mündung ist der Aussenteil der Wohnkammer stark abgeplattet und z. T. auch stark verbreitert, so dass er, wie bei Pararc. Zitteli E. v. Moss. *, trapezförmig mit der grösseren Parallelen auf der Aussen- seite erscheint. Dieser Verbreiterung der Aussenseite in der Mün- dungsregion geht bei einigen Formen (z. B. Pararc. Sturi E. v. Moss. °, ! Die Stufenbezeichnung der ausserdeutschen Trias ist nach den neuen Arbeiten von E. v. Mojsisovics angewendet worden. ® Mojsisovics teilt neuerdings (Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. II. p. 785 ff.) die Gattung Arcestes in 3 Gattungen: Proarcestes, Pararcestes und Arcestes s. str. Proarcestes umfasst die Gruppen der Arc. Bramantei, extra- labiati, bicarinati, subumbilicati, also diejenigen seither (nach Abtrennung von Oladiscites, Sphingites, Joannites) zu Arcestes gerechneten Formen, deren Wohn- kammer den inneren Kernen analog gebildet ist. Die Proarcestiden treten im Muschelkalk auf und erlöschen in den obersten Schichten der juvavischen Stufe. Zu Pararcestes werden die Gruppen der Arc. sublabiati und carinati ver- einigt: Die Wohnkammer stimmt nicht mit den inneren Kernen überein, Varices auf den Kernen und der Wohnkammer. Muschelkalk (carinati), mittelkarnisch (sublabiati). Arcestes s. str. umfasst die Gruppen der Arc. coloni, intuslabiati und galeati. Die Wohnkammer weicht von der Form der inneren Kerne ab; die Varices sind nur auf die Kerne beschränkt, auf der Wohnkammer fehlen sie. Einen isolierten Typus aus der Schicht mit Lobites ellipticus erhebt Moj- sisovics zu einer vierten Gattung Ptycharcestes (Piycharc. rugosus E. v. MoJs.) ohne Formveränderung der Wohnkammer. 3 Wenigstens ist es so bei den Sublabiaten; — bei den Carinaten (Arc. cari- natus v. Hau. und angustus v. Hav.) aus dem Muschelkalk Bosniens ist wohl auch der Nabel des Wohnkammerumganges offen. * E. v. Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. Taf. 56 Fig. 1a, 2b. ° Ibidem Taf. 56 Fig. 4b. acutus E. v. Moss.') in der ersten Hälfte der Wohnkammerlänge eine bedeutende Zuschärfung der Aussenseite voran, die bei Parare. acutus durchaus an die der Arc. galeati erinnert. Von eigentümlicher Form ist Pararc. genuflexus E. v. Moss.” Die Wohnkammer erleidet dort in ihrem letzten Drittel eine fast rechtwinkelige Knickung, wodurch eine gewisse Ähnlichkeit mit manchen Scaphiten hervorgerufen wird. Pararcestes tritt im Muschelkalk auf und dann wieder in den Schichten mit Lobites ellipticus in der mittelkamischen Stufe, wo die Gattung erlischt. Arcestes s. str. [Suess] E. v. Mossısovics. Gruppe der Arcestes coloni, intuslabiati, galeati E. v. Mossısovics. [Vergl. E. v. Mossısovıcs, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 101—142.] Die Gruppe der Arcestes coloni weist die geringsten Form- veränderungen der Wohnkammer auf. Bei den meisten Formen be- schränken sich dieselben auf callösen Nabelverschluss (wodurch ja keine bedeutende Raumänderung des Schalenvolumens bedingt wird) und auf ein Breiterwerden der Aussenseite der Wohnkammer in der Nähe des Mundteiles. Daneben kommen dann auch Formen wie Arc. opertus E. v. Moss.” vor, welche auf dem mittleren Teile der Wohnkammer eine Neigung zur Zuschärfung der Aussenseite zeigen, wodurch eine Annäherung in der Form an die Gruppe der Galeaten und einzelne Arten der Intuslabiaten (Arc. ooides E. v. Moss.) er- zielt wird. Bemerkenswert erscheint bei Arc. perioleus E. v. Moss. *, Arc. conjungens E. v. Moss.°, Arc. pachystomus E. v. Moss.° das Auftreten einer breiten mehr oder weniger tiefen Einsenkung auf den Flanken der Wohnkammer. Diese Einsenkung befindet sich in der unteren Hälfte der Windungshöhe und läuft der Aussenlinie parallel; bei Proarc. subumbilicatus Bronx sp.‘ kommt eine analoge Einsenkung vor [vergl. die Längsfurche bei Harpoceraten?]. In der Gruppe der Arc. intuslabiati sind Formveränderungen der verschiedensten Art zu konstatieren. Zunächst ist der grossen Mehrzahl der herzuzählenden Arten gemeinsam der callöse Verschluss des Nabels auf der Wohnkammerwindung von Schalenexemplaren, n e Ihidem Taf. 56 Fig. 5. 5 Ibidem Taf. 52 Fig. 7. } p. 97. Taf. 50 Fig. 8. iR Da er Ba. I. Taf. 55 Fig. 1. ELLE 44.86)... A DE Taf. 52 Fig. 4, 6. — 2 — während der Nabel der inneren Windungen offen ist (vergl. hier E. v. Mossısovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. Taf. 44 Fig. 7, innerer Kern von Arc. intuslabiatus mit offenem Nabel, und Taf. 43 Fig. 1 Wohnkammerexemplar derselben Art). Gegenüber dem inneren Kerne ist die Wohnkammer auch in ihrer Richtung etwas verändert, indem die Aussenlinie des Ammoniten mit Beginn der Wohnkammer eine Knickung erleidet (vergl. Arc. bicornis v. Hav. sp.!, Arc. nannodes E. v. Moss.?, Arc. sp. indet.°?). Diese Knickung ist meistens nur sehr gering ausgeprägt, und bei Exemplaren mit Mundrand ist sie infolge der mehr als einen Umgang messenden Wohnkammer äusserlich kaum wahrnehmbar. Im vorderen Teile der Wohnkammer macht sich bei einer grossen Anzahl von Formen eine Verbreiterung der Aussenseite be- merkbar, ähnlich wie bei der Gruppe der Arcestes coloni. Diese Verbreiterung wird bei einzelnen Arten so bedeutend, dass die Windung hier dicker ist als in der Nabelgegend, so bei Arc. platystomus E. v. Moss.*. Verbunden mit dieser Verbreiterung ist oft eine be- deutende Erhöhung des Windungsquerschnittes®”. Daneben kommen aber auch Formen vor, bei denen die Aussenseite des vorderen Wohn- kammerteiles nicht verbreitert ist: Arc. intuslabiatus E. v. Moss. °, Arc. monocerus' u. a. m. Wie bei der Gruppe der Arc. coloni durch Arc. opertus eine Anlehnung an die Gruppe der Galeati erzielt wurde, so finden wir auch in der. Gruppe der Intuslabiaten Formen, welche eine Zuschärfung der Aussenseite der Wohnkammer aufweisen, verbunden mit bedeutendem Anwachsen der Windungshöhe, nament- lich im mittleren Teile der Wohnkammerlänge; so bei Arc. ooides E. v. Moss.® (cf. Taf. IV Fig. 11), megalosomus E. v. Moss. °, pseudoyaleatus E. v. Moss. '°; letztere Art zeigt in ihrer äusseren Form vollkommenste Ähnlichkeit mit Arc. gigantogaleatus E. v. Moss. Von Interesse ist es, dass die ältesten karnischen Arten dieser Gruppe‘ Arc. bicornis v. Hau. sp., Richthofeni E. v. Moss., decipiens E. v. Moss., nur ganz geringe Wohnkammerabänderungen aufweisen, während die jüngeren juvavischen Arten grössere Änderungen erleiden. Die juvavische Gruppe der Arc. galeati zeigt durchgängig gegen- ! Tbidem Taf. 47 Fig. 6. ° Ibidem Taf. 43 Fig. 1. ABRN.. ae N), 1, erdan. re Be nt, ee ES ERRABRE IM Ne al: 2 ab TAB: Be „ 48 „ 1bbeiAre. ae A cylindroides. Jahreshefta A, Vereins {. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894. 15 — 26 — über den kugeligen inneren Kernen Wohnkammerwindungen, deren Aussenseite zugeschärft ist, z. T. so stark, dass die Aussenseite fast schneidend erscheint (cf. Arc. gigantogaleatus E. v. Moss. )). Die Gattung Arcestes s. str. beginnt in der kamischen Stufe und erlischt in der juvavischen. Lobites E. v. MoyJsisovics. Die zur Gattung Lobites gehörenden Arten lassen sich nach der Art und Weise der Formveränderungen, welche ihre Wohnkammern erleiden, in zwei grosse Formenkreise trennen. Dem ersten derselben gehören an die ; Gruppe des Lobites pisum Münst. sp. e „ Zobites ellipticus v. HAUER sp. und eine Anzahl der von v. Mossısovics im Gebirge um Hallstatt (I. Abt. Bd. I) beschriebenen isolierten Lobitentypen; den zweiten bilden die Gruppe des Lobites monilis LAuBE sp. und . „ Zobites Naso E. v. Moss. Bei beiden Kreisen beträgt die Wohnkammer etwas mehr als einen Umgang. Die Formveränderungen der Wohnkammern bei dem ersten Kreise sind die folgenden: Bald nach Beginn der Wohnkammer ändert sich der Windungsquerschnitt, die Windungshöhe nimmt schneller zu und der Aussenteil der Windung wird etwas zugeschärft. Im letzten Drittel wird dann die Wohnkammer wieder niedriger, die Aussenseite wird breiter. Die Schale erhält dadurch einen stumpf elliptischen Umriss. Die Nabellinie erfährt dabei auch wesentliche Veränderungen ihrer Richtung. Die inneren Kerne sind bei allen Formen sehr enggenabelt. Am Wohnkammerumgange bleibt der Nabel entweder gleich enge, oder er wird callös verschlossen. Doch nicht für den ganzen Wohnkammerumgang ist dieses Verhalten der Nabellinie gleichbleibend: im letzten Teile der Wohnkammer, dort wo sie anfängt, niedriger und breiter zu werden, verlässt die Nabel- linie die bisher innegehaltene Richtung und verläuft entweder in einem sehr flachen Bogen oder einer fast geraden Linie bis zum Mundrande. Sie legt sich dabei in fast radialer Richtung auf den vorletzten Umgang, z. T. bis über die Hälfte der Höhe desselben hinaus. Es ist dieses eine Art der Formänderung der Wohnkammer, wie sie uns in ganz ähnlicher Weise wieder bei Halorites begegnet. ı Ibidem Taf. 34, 35. en Eine der Arten aus der Gruppe des Lob. ellipticus, Lob. Waageni E. v. Moss.!, erinnert in ihren Umrissen bereits an den zweiten der oben unterschiedenen Kreise, indem nämlich hier ein zweimaliges Anwachsen und Vermindern der Wohnkammerhöhe stattfindet, das erste in dem Anfangsteile der Wohnkammer. Im zweiten Kreise (Gruppen des Lob. monilis und Naso) treten Formänderungen gleich mit Beginn der Wohnkammer ein: Die Wohnkammer beginnt mit einem mehr oder minder hohen Wulste, vor demselben nimmt sie (etwas weniger als !/ı Umgang lang) sehr schnell an Höhe zu; die Aussenseite bildet hier eine breite wenig gewölbte Fläche, am Ende dieser Fläche knickt die Wohnkammer stark um, wobei sie dann etwas niedriger wird. Im letzten Drittel folgt dann häufig eine breite tiefe Einschnürung, vor welcher die Wohnkammer dann meistens noch mehr oder weniger stark auf- gebläht ist, um gegen den Mundsaum wieder enger zu werden und so eine „Kapuze“ zu bilden, welche vor oder hinter dem Knie der Wohnkammer endigt. Die Nabellinie erleidet im letzten Drittel der Wohnkammer die analoge Richtungsänderung, wie bei den Gruppen des Lob. pisum und elliptieus. Zur besseren Erläuterung der Formänderungen des zweiten Lobitenkreises gebe ich (cf. Taf. IV Fig. 1, 2) die Zeichnung eines Umrisses von Lob. Laubei E. v. Moss.” und eines Medianschnittes von Lob. Suessi E. v. Moss.? Die zuletzt besprochenen Wohnkammer- formen erinnern durch ihre Kniebildung an Homerites, auch lässt sich z. T. eine gewisse Formähnlichkeit mit der im Callovien vor- kommenden Gattung Oecoptychius nicht verkennen. Die Lobiten erscheinen zuerst im indischen Muschelkalk, dann kommen sie vereinzelt in der norischen Stufe vor; sie blühen in der karnischen Stufe und hier besonders in der Zone des Lob. ellipticus. Jünger als karnischen Alters scheinen keine Lobiten bekannt zu sein. Didymites E. v. Mossısovics*. Gruppe des Amm. globus QUENSTEDT. Die kleine, isoliert dastehende Gattung Didymites, welche un- vermittelt in der mittleren Abteilung der juvavischen Stufe auftritt und in derselben auch bereits wieder erlischt, zeigt im letzten Teile ı Ibidem I. Abt. Bd. I. p. 164. ® Tbidem Taf. 69 Fig. 26. Taf. 69 Fig. 9. ER p. 151— 154. Taf. 59, 60. art I 0 10a. 2 15* — 228 — der Wohnkammer eine geringe Formänderung: der enge Nabel wird etwas weiter, indem die Nabellinie hier von der engen bisher inne- gehaltenen Spirale abweicht und bis zum Mundrande einer weiteren Spirale folgt. Die Wohnkammer wird dadurch in ihrem vorderen Teile etwas niederer. Halorites E. v. MoJsısovics. (Vergl.1893. E. v. Mossısovics: Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. IT. p. 11 #f. und 1879. E. v. Mossısovics: Vorläufige Übersicht der Ammonitengattungen der mediterranen und juvavischen Triasprovinz. Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt. p. 136.) Die einen ganzen Umgang einnehmende Wohnkammer weicht sehr erheblich von den inneren gekammerten Kernen ab. Diese letzteren werden gebildet von niedrigen, stark umfassenden Win- dungen, welche nur einen engen Nabel offen lassen. Mit Beginn der Wohnkammer tritt eine wesentliche Änderung der Wachstums- verhältnisse ein: die Windung nimmt bis etwa zur Hälfte ihrer Länge schnell an Höhe zu, wobei sie sich zugleich nach der Aussen- seite zu sehr stark verjüngt. Der Windungsquerschnitt zeigt in !/, der Wohnkammerlänge die Form eines Keiles, dessen grösste Breite im Nabel des Ammoniten liegt, zur Mündung hin wird die Wohn- kammer wieder niedriger und in der Aussenregion breiter. Die Breite der Aussenseite ist nahe der Mündung wenig geringer als in der Nabelgegend. Die Aussenlinie der Wohnkammer eines Halorites ver- läuft nicht in- einem Spiralenteile, sondern in einer kurzen Ellipse. Die Windungshöhe unterliegt im Bereiche des letzten Umganges (der Wohnkammer) ganz bedeutenden Änderungen; ich mass folgende Höhen der Wohnkammer bei: am Beginn in der Mitte am Ende Hal. Ramsaueri QuEnsT. sp.. . . 45 mm 60 mm 50 mm « 4 A BR ee bran SODRN. De ve 46 „ nr RRBTAERN: MOB. 0 8 Ra, 29 20:7 „» ‚superbus E.'v:;Mossaut. „e.cdley, ba, BIER . .Didonse Bi, v2 MoJaa. uam ln, bi, 42, „ catenatus v. Buch sp, . ... 39 „ Dan 807; Der Nabel ist bei den inneren Windungen eng aber offen; mit Beginn der Wohnkammer wird er in den meisten Fällen callös ver- schlossen und macht sich nur als ganz schwache Vertiefung bemerk- bar. Von dieser aus legt sich die Nabellinie (aber erst in der zweiten Hälfte der Wohnkammer) entweder in einem ganz flachen Bogen (fast gerade) auf den vorhergehenden Umgang in beinahe radialer — 229 — Richtung und reicht beinahe bis zu '/, oder gar '/, der Höhe des- selben hinauf, wodurch der letzte Teil der Wohnkammer gestreckt erscheint, wie bei Hal. Ramsaueri Quenst. sp.', Hal. Didonis E. v. Moss.?, Hal. Canavari E. v. Moss.”; — oder die Nabellinie verläuft, nachdem sie den engen Nabel verlassen hat, im Bereiche der zweiten Hälfte der Wohnkammer in gewölbterem Bogen, wie bei Hal. Barrandei E. v. Moss.*, Hal. mitis E. v. Moss.°, Hal. su- perbus E. v. Moss.°, Hal. swavis!. Eine eigenartige Stellung nimmt Hal. semiplicatus v. Hau. sp.” ein durch den ausserordentlich weiten Nabel der letzten Windung; die Nabellinie verläuft hier in einer sehr viel weiteren Spirale als im Bereiche der inneren Windungen. Neben Formen mit anormaler Wohnkammer konstatierte MoJ- sısovics aber auch solche mit Wohnkammern von ganz normaler Ausbildung, die in ihrer Form nicht von den inneren Kernen ab- wichen, wie Hal. Oapellini E. v. Moss.” und Hoffi!'; — es sind das Formen von ganz besonderem Interesse, deren weiter unten noch Erwähnung gethan werden soll. Die Haloriten beschränken sich ganz auf die juvavische Stufe der alpinen Trias. Als Untergattung schliesst Mossısovics an Halorites zwei kleinere Gruppen unter den Namen: Jovites (Typus: Jov. dacus E. v. Moss. '') und Homerites (Typus: Hom. semiglobosus v. Hau. sp.'?). Jovites ähnelt in seiner ganzen äusseren Form den Haloriten und die Umgestaltungen der Wohnkammer, welche wir bei Halorites kennen lernten, wiederholen sich in ganz analoger Weise bei Jovites. Die Kerne sind kugelig; die Wohnkammer nimmt schnell an Höhe ! E. v. Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. H. p. 32. Tal. 76. Fig. 1, Tal.’ 77 wie. 1. 2 Ibidem p. 38. Taf. 76 Fig. 2. 5 Ibidem p. 40. Taf. 76 Fig. 1. RENT, a0: NOm Sa TERND, ER RER KERIREATPE >05 irHe STE RER „aan, „1241; 18 s v. Hauer, Neue Cephalopoden a. d. Marmorsch. v. Hallstatt u. Aussee in Haidinger’s Naturw. Abhdl. II. 1850. p. 20. Taf. VI Fig. 6—8, und: Mojsisovies, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. II. p. 45. Taf. 77 Fig. 2. ° E. v. Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. II. p. 27, Taf. 86 Fig. 4. 10 Ibidem p. 29. Taf. 79 Fig. 2. 12 [bidem p. (13, 14, 57 ff.) 57. RU, „..(da, 14,749 58.) 49. Tat. 89 Fig. 1. Taf. 84 Fig. 1—6. a zu, ihre Aussenseite wird schärfer: gegen die Mündung wird die Wohnkammer wieder niedriger und auf der Aussenseite breiter, die Breitenzunahme der Aussenseite ist jedoch nicht so bedeutend wie bei Halorites. Jovites dacus erleidet im Bereiche der Wohnkammer folgende Höhenänderungen: am Beginn in der Mitte am Ende 25 mm 35 mm 27 mm aa 30” tr, 20 , LI u; 23.4; 192%, 205.5 25. 198% Jov. bosnensis 17 ,„! 302, DAR“ Der Nabel der inneren Windungen ist sehr eng, im Wohn- kammerumgange wird er geschlossen. Nach einer Wohnkammerlänge von etwa '/, Umgang wird der Nabel plötzlich sehr weit; in der zweiten Hälfte der Länge der Wohnkammer lässt diese einen grossen Teil der vorhergehenden Windung sehen. Die Nabellinie verläuft in stark gebogenem Haken; im letzten Drittel der Wohnkammer ist der Bogen der Nabellinie flach. Jovites tritt in den mittleren Schichten der karnischen Stufe auf und reicht bis in die unterste Abteilung der juvavischen Stufe. Bei Homerites” tritt mit Beginn der (einen Umgang ein- nehmenden) Wohnkammer eine ganz plötzliche Höhenzunahme der Windung ein; die Höhe nimmt innerhalb einer ganz kurzen Strecke bis beinahe um das Zweifache ihres Betrages zu. Die Aussenseite der Windung steigt in ziemlich steilgerichteter Fläche plötzlich an. Der Punkt der grössten Höhenzunahme ist noch besonders durch zwei grosse hohle Dornen bezeichnet, welche sich vor die Wohn- kammermündung stellen und diese zum Teil verdecken. Die Win- dung bildet hier ein ziemlich scharfes Knie, von dem aus die Höhe stetig bis zum Mundrande abnimmt. Die Breite der Windung bleibt ungefähr gleich, infolgedessen muss der Wohnkammerumgang weniger umfassend sein als die Umgänge des Kernes. Der bis zum Beginn der Wohnkammer sehr enge Nabel wird in der letzten Windungs- hälfte weiter, die Nabellinie verläuft in breiterem facherem Bogen. Mit der Änderung der Wachstumsverhältnisse bei Beginn der Wohnkammer erleidet Homerites auch eine sehr wesentliche Ände- rung der Skulptur: die schwach skulpierten Windungen erhalten plötzlich sehr kräftige Rippen, welche auf der Aussenseite durch einen Kiel unterbrochen werden, neben dem kräftige hohle Dorne ! Ibidem p. 52. Taf. 83 Fig. 2. ® Ibidem Taf. 89 Fig. 1, 3, 4, 7. — 231 — stehen. Auch bei Halorites und Jovites ist eine Änderung der Skulptur mit Beginn der Wohnkammer zu beobachten, keineswegs aber in so krasser Weise wie hier. Homerites ist auf die Zone des Tropites subbullatus im oberen Teile der karnischen Stufe beschränkt. Isulcites E. v. Mossısovics. (Vergl. 1893. E. v. Mossısovics: Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 64—73.) Die kleine nur durch etwa 10 Arten vertretene Gattung Isuleites weist in bezug auf Wohnkammerabweichungen die interessantesten Unterschiede auf. Wir können nach diesen 4 Gruppen aufstellen: 1. Wohnkammer ohne jede Formänderung: Isulc. nov. f. indet. (E.\w.Mors.) !. 2. In der zweiten Hälfte der Wohnkammer geht die Nabellinie aus der bisherigen engen Spirale heraus und verläuft in flacherem Bogen. Die Nabelerweiterung ist nur gering. Die Aussenlinie weicht nicht vom regelmässigen Verlaufe ab: Isulc. Baltzeri E. v. Mo»s., Isulc. Petrarcae E. v. Moss., Isulc. Wiereri E. v. Moss. 3. Mit Beginn der Wohnkammer tritt eime (nicht besonders grosse) Erweiterung des Nabels ein: die Nabellinie bildet einen flacheren Bogen. Die Aussenlinie ändert ihre Richtung nicht: Isulc. Hauerinus StoL. sp., Isule. Heimi E. v. Moss., Isulc. subdecrescens E. v. Moss. 4. Bereits auf dem letzten Ende des gekammerten Teiles findet eine Erweiterung des Nabels statt, und geht auf den Wohnkammerteil über. Der Nabel der inneren Kerne ist sehr eng; der plötzlich er- weiterte Nabel der Wohnkammer ist nach einer neuen sehr viel weiteren Spirale gebaut; die Aussenlinie bleibt ungeändert: Isule. decrescens v. Hav. sp., Isule. obolinus v. Dirrm. sp. Es wäre von Interesse, wenn diese verschiedenen Gruppen in regelmässiger Weise geologisch verteilt wären; das ist aber nicht der Fall. Die älteste bekannte Form, Isulc. Hauerinus StoL. sp. aus dem Muschelkalke Indiens, zeigt bereits eine bedeutende Form- ‚änderung der Wohnkammer, während der einzige nicht formändernde Vertreter dieser Gattung erst in den mittleren Schichten der karnischen Stufe gefunden ist. Die anderen Arten mit grösserer und geringerer Abänderung der Wohnkammerform kommen miteinander gleich- zeitig vor. 1 E-v.\Mojsisovieszl. ec. p. 70. Taf. SZ/EIgnT. Zeitliche Verteilung: Im Muschelkalk Indiens (1 Art), dann von den mittleren Schichten der karnischen Stufe bis in die unteren der juvavischen. Juvavites E. v. Mossısovics mit den Untergattungen: Anatomites und Dimorphites. [Vergl. E. v. Mossısovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. II. p. 74—152.] Häufig kommt bei den jetzt von v. Mossısovics zu Juvavites gestellten Arten eine geringe Formveränderung der Wohnkammer vor. Diese geht derart vor sich, dass die Nabellinie des Wohn- kammerumganges nicht gemäss der Spirale der inneren Umgänge weiterwächst, sondern sich an die Nabellinie des vorletzten Um- ganges anlehnt. Hierdurch wird eine Verengung des Nabels, der übrigens auch schon auf den inneren Umgängen als enge zu be- zeichnen ist, bedingt, so bei Juvav. continuus E. v. Moss.!, Ehrlichi v. Hav.?, subinterruptus E. v. Moss.” Der Querschnitt der Windung ändert sich im Bereich der Wohnkammer im allgemeinen nicht; seltene Ausnahmen bilden hier Juvav. Chamissoi E. v. Moss.* und Halavatsi E. v. Moss.” Bei dem ersteren wird die Aussenseite der Wohnkammer gegenüber derjenigen der inneren Windungen ‚stark verbreitert und abgeflacht; bei Juwav. Halavatsı tritt das Umgekehrte ein. Juvav. Chamissoi ist besonders bemerkenswert durch das Auf- treten von an die Parabelohren der Perisphincten erinnernden Rand- knoten an der Aussenseite. Juvavites tritt in den mittleren Schichten der karnischen Stufe auf und scheint vor Ende der juvavischen Stufe auszusterben. Tropites E. v. MoJsısovics mit den Untergattungen: Anatropites, Paulotropites, Paratropites und Microtropites. [Vergl. E. v. Mossısovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. II. p. 184—263.] Die ausgezeichnete Bearbeitung dieser Gattung mit ihren Unter- gattungen durch E. v. Mossısovics lehrt uns bei einer sehr grossen Anzahl von Arten Formveränderungen der Wohnkammer resp. der letzten Windung kennen, welche neben z. T. nahe verwandten Formen ! Ibidem p. 77. Taf. 89 Fig. 12. ® Ibidem p. 79. Taf. 89 Fig. 11. 3 Jbidem p. 90. Taf. 89 Fig. 13. Taf. 90 Fig. 3. Diese beiden Figuren ergeben sehr gut den Unterschied zwischen dem Nabel des gekammerten Kernes und dem der Wohnkammerwindung. * Ibidem p. 94. Taf. 87 Fig. 2. 5 Ibidem p. 99. Taf. 129 Fig. 22, A existieren, bei denen keine Wachstumsänderungen der Wohnkammer nachzuweisen sind. Eine dieser Untergattungen, Paratropites (Typen: Paratrop. Phöbus v. Dırım. sp.' und Paratrop. Saturnus v. Dirrtm. sp.?, enthält nur Arten, bei denen die Wohnkammer durchaus regelmässig nach Art der vorgehenden gekammerten Windungen gestaltet ist. Die Mehrzahl der zu Z’ropites s. str. und zu den anderen Unter- gattungen zu zählenden Arten zeigt anormale Wohnkammern; doch kommen auch hier Arten von ganz regelmässigem Wohnkammerbau vor, wie Trop. Payeri E. v. Moss.°, Trop. Keili E. v. Moss.*, Trop. Wodani E. v. Moss.?, Anatrop. Hauchecorni E. v. Moss. ® Die übrigen Arten zeigen Änderungen der Wohnkammerform in verschiedener Ausdehnung und verschiedenem Betrage. Bei Trop. Ausoniüi E. v. Moss.” und Trop. singularis E. v. Mo,s.® beginnt die Formänderung der Wohnkammer erst in der vorderen Hälfte derselben ; bei den Paulotropiten (Paulotrop. Janus v. Dirrm. sp.) ist sie nur in geringem Masse vorhanden, während sie bei Trop. Schafhäutli z. B. zu ganz bedeutenden Unterschieden zwischen dem vorletzten und letzten Umgange führt. Die Art der Formänderung ist bei allen durch dieselbe aus- gezeichneten Tropiten wesentlich die gleiche: Im Bereiche der Wohn- kammer (die bis nahezu 1'/a Umgänge betragen kann) findet ein Gleichbleiben oder eine stetige langsame Abnahme der Windungs- dicke statt, womit ein schnelleres Wachsen der Windungshöhe ver- bunden ist. Die Aussenlinie der Wohnkammer verläuft dem schnelleren Höhenwachstum der Wohnkammer entsprechend in einer etwas weiteren Spirale als die der inneren Kerne. Die Nabellinie verläuft dabei an der Wohnkammer in weiterer Spirale als bisher, wodurch ein grösserer oder geringerer Teil des vorhergehenden Umganges unbedeckt bleibt. Bei den Paulotropiten und Anatropiten weicht die Nabelspirale der Wohnkammer nur wenig von der der inneren Kerne ab; bei Tropites s. str. kann dieses Verhältnis so steigen, dass, wie bei Trop. Schafhäutli, das Vorderende der Wohnkammer kaum !Jı des vorletzten Umganges bedeckt. Taf. IV Fig. 12 wiederhole ich ein Diagramm durch Trop. subbullatus v. Hau. sp. nach E. v. MoJsısovics ı Ibid. p. 239. Taf. 116 Fig. 11—14. ° Ibid. p. 226. Taf. 127 Fig. 14, 15. 3.34% 19,.240.:2, 18612029, I Aare Bun. 2.090,7., E Bla ad: a 313, Ela 22025: IB RAIE, ol nldlas 21012. 5 231: 9, leue se TERN n 2 e,) (l. ce. Taf. 106 Fig. 7); es zeigt dieses besonders gut die Veränderungen der Höhe und Breite des Wohnkammerumganges gegenüber den Windungen des gekammerten Kernes. Bemerkenswert ist dabei auch die Änderung des Nabelbandes: während dasselbe auf den Kern- windungen eine gleichmässig geneigte Trichterfläche beschreibt, wird es auf der Schlusswindung immer steiler und niederer. Eine eigenartige Formänderung erleidet die Wohnkammer von Microtrop. Lepsiusi E. v. Moss.!: In der zweiten Hälfte der Wohn- kammer stellen sich kräftige Marginalknoten ein, welche einen eigen- tümlich eckigen Windungsquerschnitt bedingen. Die grösste Mehrzahl der Tropiten ist karnischen Alters, doch gehen vereinzelte Nachkommen auch in die juvavische Stufe hinüber. Die Arten mit regulär gewachsener Wohnkammer sind alle kami- schen Alters. Canavarı? beschreibt unter dem Namen Trop. ultratriasicus ein Vorkommnis aus dem unteren Lias von La Spezia. Auf Grund einschneidender Sculpturverhältnisse soll diese Art als Typus einer neuen von Tropites als Pseudotropites zu trennenden Gattung zu be- trachten sein, deren Charakterisierung durch Herrn WÄHNER in Aus- sicht gestellt ist ?. Styrites E. v. Mossısovics. [Vergl. 1893. E. v. Mo,ssısovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. D. p. 264—282. Taf. 120, 121, 129.] Unter dem Namen Styrites fasst E. v. Mossısovics eine Reihe von Arten aus der karnischen Stufe zusammen, welche den von Dirrmar’schen Arten Amm. signatus, niger, vermetus* verwandt sind. Der äusseren Form nach erinnern diese Arten lebhaft an die Oxy- noten des unteren Lias. Nach E. v. Mossiısovics gehört Styrites trotz der sehr einfachen ganzrandigen (elydonitischen) Loben zu demselben Stamme wie Tropites. Die häufig vorkommenden Formveränderungen der Wohnkammer sind ganz die gleichen, wie wir sie bei den Cymbiten des Lias kennen lernen werden: Die Windungsbreite bleibt im Bereiche der °/a bis 1 Umgang messenden Wohnkammer in den meisten Fällen dieselbe. ! Ibidem p. 259. Taf. 119 Fig. 9, 10. 2 Palaeontographica. Bd. XXIX. p. 184. Taf. VO Fig. 1—5. > E. v. Mojsisovics, l. c. p. 186. *v. Dittmar, Fauna der Hallstätter Kalke; Benecke’s Beiträge Bd. I. p. 364, 365. Taf. 15 Fig. 8, 9, 16—21. a Während die Aussenlinie der Wohnkammer dabei in regelmässiger Spirale bis zu Ende weiter wächst, wird die Nabellinie gezwungen — soweit sie der Wohnkammer angehört —, einer weiteren Spirale zu folgen, als im Bereich des gekammerten Teiles der Schale; die Wohnkammer wird dadurch gegen das Ende hin relativ niedriger. Z. T. beginnen die Formveränderungen der Wohnkammer erst ın der zweiten Hälfte derselben (Styr. Wiesneri, Häckeli etc.), z. T. tritt die Formänderung bereits mit Beginn der Wohnkammer ein (Styr. aberrans, subniger ete.). Der vordere Teil der so veränderten Wohnkammer zeigt dann häufig auch das Auftreten einer etwas deutlicheren Skulptur: Die feinen Anwachsstreifen der fast glatten inneren Windungen machen mehr oder weniger kräftigen Rippen Platz. Neben Arten, deren Wohnkammer anormal wird, tritt aber auch eine Reihe anderer Arten auf, welche eine in durchaus regel- mässiger Spirale gebaute Wohnkammer besitzen (Styr. Ferdinandi, Sappho, Carolus, altus, vermetus). Verbreitung: Styrites tritt unvermittelt in den mittleren Schichten der karnischen Stufe auf und stirbt in der Zone des Tropites subbullatus bereits aus. Miltites E. v. Mossısovics. [Vergl. 1893. E. v. Mossısovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 334—345.] Die Miltiten erinnern in ihrer Form an gewisse Arten der Juva- viten. Wohnkammeränderungen sind nur bei einer Art, Milt. Hölder: E. v. Moss. ! in geringer Ausdehnung beobachtet worden. Der Wohn- kammerumgang wird in seinem vorderen Teile auf den Flanken wie auf der Aussenseite flacher, die Wohnkammer erhält dadurch einen mehr oblongen Querschnitt gegenüber dem kurzelliptischen der inneren Umgänge. Milt. Hölderi gehört, wie fast alle Miltiten, der kami- schen Stufe, der Schicht mit Lobites ellipticus an: nur zwei Arten gehen in höhere Schichten hinauf: Melt. Fuchsi E. v. Moss. kommt in der Zone des Tropites subbulatus, Milt. Pauli in der Zone des Sagenites Giebeli (unterstes Juvavisch) vor. Haidingerites E. v. Mossısovics. [Vergl. 1893. E. v. Mossısovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. D. p- 393—394. Taf. 119 Fig. 15.] Haidingerites, durch die einzige Art Haid. acutinodis Fr. v. HAuER sp. repräsentiert, zeigt in der zweiten Hälfte des Wohnkammer- ı! E. v. Mojsisovics, l. c. p. 336. Taf. 126 Fig. 4. — 2356 — umganges ein geringes Weiterwerden des Nabels; die Aussenlinie bleibt der bisher verfolgten Spirale treu. Haidingerites steht den Celtiten nahe. Vorkommen: karnische Stufe, Schichte mit Lobites elliptieus. Pinacoceras E. v. Mossiısovics. Nur zwei Arten dieser Gattung zeigen eine anormale Wohn- kammer. Es sind das: Pinaec. Layeri Fr. v. Hauer sp.! und » Imperator Fr. v. Hauer sp.? Pinac. Layeri, welches eine isolierte Stellung neben den von E. v. Mossısovics unterschiedenen Pinacoceraten-Reihen einnimmt, hat einen sehr enggenabelten Kern. Auf der Wohnkammer wird der Nabel sehr weit, indem die Nabellinie hier plötzlich in eine neue gegenüber der der inneren Windungen sehr weite Spirale über- geht, während die Aussenlinie der Wohnkammer in der bisher ver- folgten Spirale weiter wächst, so dass der Wohnkammerumgang auf diese Weise sehr niedrig wird. E. v. Mossisovics (l. ec. p. 42) sagt von dieser Ausbildung, dass sie an die senile Degeneration der Kreide- cephalopoden erinnere und wohl als ein Analogon derselben zu be- trachten sein dürfe. Ganz ähnliches Verhalten der Nabellinie wie bei Pinac. Layeri treffen wir wieder bei einigen Isuleiten (Isule. decrescens, semi- plicatus), ferner z. B. bei Oppelia Renggeri (Taf. IV Fig. 6) und Morphoceras dimorphum v’ORB. sp. Die eigentümliche gewellte Aus- bildung der Aussenseite erinnert an Harpoc. Gümbeli Orr. sp. Pinac. Layeri gehört der karnischen Stufe an. Bei der von Fr. v. Hauer gegebenen Abbildung von Pinae. Im- perator folgt der Nabel auf dem Wohnkammerumgange einer etwas weiteren Spirale als auf den inneren Windungen; doch ist diese Nabelerweiterung keineswegs so erheblich wie bei Pinac. Layeri. Pinac. Imperator bildet das jüngste (juvavische) Glied der Reihe des Pinac. Imperator (E. v. Moss.). ! Fr. v. Hauer, Neue Cephalopoden aus dem roten Marmor von Aussee, Haidinger’s Naturw. Abhandl. Bd. I. p. 269. Taf. 9 Fig. 1—3 und E. v. Moj- sisovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 63. Taf. 23 Fig. 1—6. ?2 Fr. v. Hauer, Neue Cephalopoden aus den Marmorschichten von Hall- statt und Aussee. Haidinger’s Naturw. Abhandl. Bd. III. p. 21. Taf. 6 Fig. 1—3. a Ptychites E. v. Mossısovics. Bei Ptychites sind nur wenige Arten mit geringem Grade von Anormalität der Wohnkammer beobachtet worden. Die Wohnkammer wird anormal, indem gegen das Vorderende der Wohnkammer die Schale derselben am Nabelteile callös verdickt wird. Äusserlich, an Schalenexemplaren, ist dabei keine Formänderung zu beobachten; an Steinkernen aber sieht man die Wohnkammer gegen vorne hin infolge der Schalenverdickung am Nabel niederer werden. Besonders deutlich zeigen diese Wohnkammerverengerung: Ptych. acutus E. v. Moss. (aus der Gruppe der Ptych. flexuosi), „ . «volwens E. v. Moss.” ( „ „ eusomus BEYR. sp.? ( r £ 5 » megalodisci), ER 2 2 „ rugiferi). Ptychites ist wesentlich auf den Muschelkalk beschränkt; nur zwei Arten: Pfych. noricus und angusto-umbilicatus, gehören der norischen Stufe des alpinen Keupers an. Es ist bemerkenswert, dass die mit anormaler Wohnkammer ausgestatteten Ptychiten auf den Muschelkalk beschränkt sind und dass die beiden jüngsten Pty- chiten einer Gruppe angehören, in welcher bisher keine Formen mit anormaler Wohnkammer gefunden sind, nämlich der Gruppe der Ptychites subflexuosi. Macroscaphites BayLr. Die schon von Quexstepr* betonten nahen Beziehungen von Macroscaphites Ywani D’ORB. sp. zu Lytoceras recticostatum D’ORB. Sp. haben in neuerer Zeit durch Uruis? derart Bestätigung gefunden, dass man die Macroscaphiten als eine in besonderer Mutationsrich- tung ausgebildete Abzweigung des Recticostatenstammes der Lyto- ceraten ansprechen muss. Charakteristisch für die Macroscaphiten ist das Verhalten der Wohnkammer gegenüber den gekammerten Windungen (cf. Taf. IV Fig. 10). Diese letzteren sind sehr evolut, stehen aber noch durchaus miteinander im Kontakt. Mit Beginn der Wohnkammer löst sich die Schale von der bisherigen Spirale und wird gerade gestreckt. An der Ablösungsstelle bildet der gestreckte Teil ı! E.v. Mojsisovics, Die Cephalopoden der mediterranen Triasprovinz Taf. 65 Fig. 1 (p. 263). ® E.v.Mojsisovics, l.c. Taf. 76. ® E.v.Mojsisovics,l.c. Taf. 69. * Quenstedt, Die Cephalopoden. p. 275. 5 V. Uhlig, Die Cephalopodenfauna der Wernsdorfer Schichten. Denk- schriften der Wiener Akademie. Bd. 46. p. 201—209. — 238 — einen stumpfen Winkel mit dem letzten Ende der Spirale. Später biegt die Röhre um und wächst wieder nach dem gekammerten Schalen- teile zu, so einen Haken mit parallelen Armen bildend. An der Winkelungsstelle (nach der Loslösung von der Spirale) zeichnet Unric! eine Rippe, welche zwei andere vorhergehende gegen die Aussenseite hin abschneidet und überdeckt. Es scheint das darauf zurückzuführen zu sein, dass in dem gestreckten Teile der Schale auf der Innen- seite das Wachsen beschleunigt werden musste. Ausser Macroscaph. Ywani v’ORB. sp. werden uns durch Unis noch andere durchaus analog gebaute Arten bekannt, die den Be- weis liefern, dass die durch Macroscaph. Ywani vertretene Muta- tionsrichtung häufiger eintrat: Macroscaph. binodosus Unuis ?, Macro- scaph. Fallauxi Hon.? Macroscaphites ist auf das obere Neocom (Barremien) be- schränkt. Cymbites Neumayr, als Untergattung von Agassiceras Hyarr. Gruppe des Ammonites globosus (QUENSTEDT. 3 „ Agassiceras globosum Hauc. Neumayr* nannte die Globosen des unteren und mittleren Lias eine selbständige Gattung unter dem Namen Cymbites, und zwar auf Grund der gegen den Mundsaum hin sich verengenden (aus- geschnürten) Wohnkammer. Dieses Merkmal einer anormalen Wohn- kammer zeigt von allen hierher zu zählenden Formen am deutlichsten Oymbites centriglobus OPPEL sp.” aus der Zone des Amalth. margaritatus. Der Ammonit überschreitet einen grössten Durchmesser von 15 mm selten. Bis zum Beginn der einen halben Umgang einnehmenden Wohnkammer wächst er ın breiten, niedermündigen, stark umfassenden Windungen, welche einen engen Nabel von regelmässiger Spirale offen lassen. Nach Beginn der Wohnkammer nimmt die Windung stetig an Breite ab, während die Windungshöhe im Bereiche der Wohnkammer ungefähr gleich bleibt; die Aussenlinie weicht kaum von der regelmässigen Spirale ab. Die Breite der Windung am Mundrande ist ziemlich genau die "VW. Uhlig,l.e'Tal9 Hg: ? V. Uhlig,l. c. p. 207. Taf. 9 Fig. 7. :s V. Uhlig, l. c. p.. 208. Taf. 10 Fig. 5. * Neumayr, Über unvermittelt auftretende Cephalopodentypen ete. Jahrb, d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1878. p. 64. ° Oppel, Palaeont. Mitteil. p. 140. — a gleiche wie die des vorhergehenden Umganges an der korrespon- dierenden Stelle. Dadurch, dass die Wohnkammer nach vorne zu sich verschmälert, wird der Nabel weiter. Der Wohnkammerteil der letzten Windung umfasst die vorhergehende Windung sehr viel we- niger, als das bei den inneren Umgängen der Fall ist. Die Nabel- linie verläuft vom Beginn der Wohnkammer ab in einem ziemlich flachen Bogen, der dem gewölbten Stiele einer 6 gleicht (cf. Taf. IV Fig. 3). Die Verminderung der Windungsbreite im Bereich der kurzen Wohnkammer von nur '/, Umgang Länge ist bei der kleinen Form recht bedeutend; sie beträgt durchschnittlich 20 °/, der Anfangsbreite der Wohnkammer. Die mit diesem COymb. centriglobus Opr. verwandten Formen sind mit Sicherheit nur aus dem mitteleuropäischen Jura bekannt (eine von GEYER! aus den Hierlatzschichten als Cymb. globosus be- schriebene Form will Haus nicht als zu dieser Gattung gehörend anerkennen). Oymb. centriglobus ist wohl das Endglied dieser Reihe, welcher folgende Formen zuzuzählen sind ?: Cymbites laevigatus Dumortier sp. — Zone der Schloth. angulata, ß globosus & QUENSTEDT sp.” — Lias a, { berardi Dumortier sp. — Zone des Oxynot. oxynotum, h globosus ß QuENSTEDT Sp. — ,„ , 5 a a globosus 7 QuEnstept sp.” — Mittlerer Lias 7, N centriglobus Orreu sp.* — Zone des Amalth. margaritatus. Bei der ältesten Form, Oymb. laevigatus Dum. sp. aus der An- gulatenzone, ist von einer Veränderung der Wohnkammerform, resp. von einem Weiterwerden des Nabels noch sehr wenig zu bemerken. Deutlicher ist es bereits bei Oymb. globosus ß und 7 QuENnsT.: die Wohnkammer nimmt an Breite nicht zu, sie bleibt vom Hinterende bis zum Mundrande gleich breit; dadurch wird ein geringes Weiter- werden des Nabels bewirkt. Haus ist geneigt, diese globosen Liasformen als einen Zweig ! Geyer, Cephalopoden d. Hierlatz. Abhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1886. p. 45. ?7. T. nach Haug, Über die Polymorphidae. N. Jahrb. f. Min. ete. Beil.-Bd. II. p. 99, 100. ® Quenstedt, Ammoniten p. 108. Taf. 13 Fig. 31. * Quenstedt, ibidem p. 179. Taf. 22 Fig. 46 u. Taf. 42 Fig. 39; Jura p. 103. Taf. 18 Fig. 3, 4. 5 Quenstedt, ibidem p. 366. Taf. 42 Fig. 38; Jura p. 135. Taf. 16 Fig. 15. % Vergl. Quenstedt, Ammoniten p. 366 ff. Taf. 42 Fig. 29, 30, 32—36. —. 240 — der Gattung Agassiceras Hyarr zu betrachten, der sich von Ag. laevi- gatum Sow. sp. (nicht —= Cymb. laevigatum Dun. sp.) abtrennen soll. Es erscheint das durchaus zulässig, da namentlich in bezug auf Loben- bau, Skulptur und Länge der Wohnkammer keine fundamentalen Unterschiede herrschen. Weiter zurück dürfte man dann die Vor- fahren dieser Cymbiten in den Psiloceraten zu suchen haben. Jedenfalls ist es im vorliegenden Falle gestattet, die eben be- sprochenen Formen unter dem Namen Cymbites (Untergattung von Agassiceras Hyarr) zusammenzufassen, da sie höchst wahrscheinlich eine zusammenhängende Reihe einheitlichen Ursprunges bilden. Für eine solche einheitliche Reihe, welche nur einer Wurzel entsprossen ist und die sich im Laufe der Entwickelung ein bestimmtes, allmäh- lich immer kräftiger sich ausprägendes Merkmal herausbildet, ist ein Sammel- (Gattungs- oder Untergattungs-) Name durchaus angebracht. Oppelia Wauacen, K. A. v. ZITEL. Flexuosen v. Buch, (QUENSTEDT. Denticulaten QUENSTEDT. Im Bereiche der vom Bajocien bis zum Tithon verbreiteten Gattung Oppelia (im Sinne K. A. v. Zırzer’s) stellte Waagen! im Jahre 1869 für eine Reihe kleiner Formen die Gruppe des Amm. genicularis auf, welche er unter dem Namen Oekotraustes als eine dritte Untergattung von Harpoceras neben Harpoceras s. str. und Oppelia unterschied. Als Charakteristikum dieser” Formengruppe wird ausser dem Ohren tragenden Mundrande bezeichnet: „— — — Wohnkammer von der Spirale abweichend, ein Knie bildend.“ Wie unten auseinandergesetzt werden soll, ist es unthunlich, Oekotraustes als gesonderte Untergattung aufzufassen. WaaAcen stellte die folgenden Formen hierher: Opp. genicularis Waac. — Zone des Steph. Humphriesianum, oder... „ Park. Parkinsoni, „ subfusca Waac. — ,„ „ Terebr.digona od.lagenalis, „ serrigera Waac. — „ tonjungens K. May. sp. — „ Baugieri v’ORB. sp.” — ” n ” n Macroceph.macrocephalus, Pelt. athleta. » ” ı W. Waagen, Die Formenreihe des Ammonites subradiatus, in Benecke: Geogn -Palaeont. Beitr. Bd. II. p. 227 u. 251. 2 A. Baugieri v’OrB. wird neuerdings von Munier-Chalmas zum Typus einer Gattung Horioceras erhoben, während A. Renggeri Opr. als Typus einer Gattung Creniceras aufgestellt wird; cf. Munier-Chalmas, Sur la — 41 — K. A. v. Zimmer! zählt dann ferner noch dazu: Opp. audax OPPrEn sp. — Zone des Pelt. athleta, „ Renggeri Opren sp.? —' „ „Card. Lamberti, „ erenata Brue. sp. — , „ Pelttransversarium, „ dentata Rem. sp. er SOmpSrlenmilobnrns ( „ n.sp.indet. cf. macrotelaNzum.) — „ „ 4Aspid. acanthicum, „ macrotela OPPEL sp.? — Tithon. Der ganzen Reihe dieser Formen ist das Bestreben eigen, mehr oder weniger bald nach dem Beginn der Wohnkammer in der Nabel- linie aus der bis dahin innegehaltenen Spirale herauszugehen; ver- bunden ist damit das Bestreben, den vorderen Teil der Wohnkammer niederzudrücken. Bei dem Anfangsgliede der Waaczn’schen Reihe, bei Opp. genicularis, ist die Abweichung der Nabellinie von dem regelmässig spiralen Verlaufe noch äusserst gering, so dass es schwer ist, diese Art von Jugendexemplaren der ihr gleichalterigen Opp. subradiata Sow. sp., welche vielleicht ihre Mutter- oder Schwester- form repräsentiert, zu unterscheiden. Die folgenden Formen: Opp. serrigera, subfusca, conjungens und auch Baugieri zeigen das un- regelmässige Wohnkammerwachstum in deutlichem Masse. Es geht hier mehr die Nabellinie etwas aus der bisher innegehaltenen Richtung heraus und bildet einen flacheren Bogen, so dass der Nabel rasch weiter wird. Die Aussenlinie der — etwa !/, bis °/a Umgang be- tragenden — Wohnkammer folgt ungefähr bis zur Hälfte der Aus- dehnung dem regelmässig spiralen Laufe, danach wird die Windungs- höhe vermindert, wodurch eine schwache knieartige Beugung der Wohnkammer hervorgerufen wird. Besonders deutlich zeigt diese Verhältnisse Waagen’s Abbildung von Opp. conjungens*. Hier aber direkt von einem Knie oder einer Knickung zu sprechen, wäre etwas viel gesagt, der Übergang zu dem anormal gestalteten Teile der Wohnkammer ist zu sanft dazu. Mit dieser Unregelmässig- keit in den Windungsverhältnissen ist zugleich eine eigentümliche Änderung der Skulpturverhältnisse verbunden. Bis zum letzten Um- gange zeigen die Arten von Opp. genicularis bis conjungens Sichel- possibilit& d’admettre un dimorphisme sexuel chez les Ammonitides. Bull. d. 1. soc. geol. d. 1. France. 1892. p. CLXXL ! v. Zittel, Handbuch der Palaeontologie. Bd. I. 2. p. 462. 2 Siehe Anmerkung 2 auf S. 240. ° v. Zittel, Cephalopoden der Stramberger Schichten. p. 87. Taf. 15 Fig. 7. * W. Waagen, l. ce. Taf. 20 Fig. 5. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1894. 16 — 42 — rippen, welche nicht besonders stark sind. In der Nähe der Wohn- kammer und auf dem ersten Teile derselben endigen die Rippen zu beiden Seiten der Mittellinie in mehr oder weniger deutlichen Knoten; plötzlich wird nun die Wohnkammer fast ganz glatt, die Skulptur verliert sich beinahe vollkommen, bei den älteren Formen erst nahe vor dem Mundrande, bei den jüngeren (siehe Opp. conjungens !) etwa schon nach der ersten Hälfte der Wohnkammer oder noch früher. Diese plötzliche Änderung der Skulptur zeigt auch Opp. Baugieri v’OrB. sp. (— Amm. bidentatus Quexsı.) aus dem Ornaten- thone (Lamberti-Zone), so dass, trotzdem bis jetzt keine Bindeglieder zwischen dieser Form und den erstgenannten nachgewiesen sind, dieselbe doch wohl sicher nahe mit denselben verwandt ist. Die vordere Hälfte der Wohnkammer erscheint bei Opp. Baugieri fast gerade gestreckt. Die anderen oben genannten Arten, Opp., audax, Renggeri, crenata, dentata und auch macrotela bilden eine analoge Reihe, wie die Formen der Genicularis-Reihe. Rippen sind kaum vorhanden. Die Aussenseite ist bis zum letzten Umgange mit einem feinen Kiele verziert. Auf der letzten Windung, resp. auf der Wohnkammer allein, löst sich der Kiel in eine Reihe scharfer längs gestellter Zähne auf, die in grösserer oder geringerer Entfernung vom Mundrande wieder verschwinden; alsdann ist die Wohnkammer auf der Aussenseite einfach breit gerundet. Die Wohnkammer zeigt die Tendenz, aus der bisher verfolgten Spirale herauszugehen. Aber auch hier ist es zunächst mehr nur die Nabellinie, welche von der Spirale abweicht und einen etwas gestreckten Bogen bildet; die Wohnkammer wird dadurch in ihrem vorderen Teile niedermündiger. Die Aussenlinie der Wohnkammer behält die Spirale bei, nur die Nabellinie weicht (und zwar gleich oder bald nach Beginn der Wohnkammer) von dem bisher innegehaltenen Verlaufe ab; sie wächst entweder im Be- ! Buckman, Inferior Oolite Ammonites (Palaeontograph. Society. 1888, Taf. XX Fig. 13—17) bildet Oekotraustes conjungens K. MayEr aus der Parkin- soni-Zone (!) von Bradford Abbas, Dorset, ab, wo die Skulptur auf dem vorderen Teile der Wohnkammer nicht in demselben Masse schwindet, wie es Waagen’s eitierte Abbildung zeigt; es erweisen das namentlich besonders deutlich Fig. 15 und 17 bei Buckman. Ausserdem ist auch die Knotung auf dem hinteren Teile der Wohnkammer nicht so grob, wie Waagen sie darstellt. Es scheint Buckman’s Art mehr Beziehungen zu Waagen’s Opp. serrigera zu haben, als zu Opp. conjungens. Oekotraustes rugosus BuckMaN (l. c. Taf. XXI Fig. 1, 2), ebenfalls aus der Parkinsoni-Zone von East Coker bei Yoevil, Somerset, scheint auch nahe verwandt mit Opp. serrigera Waac. zu sein. — 245 — reiche der Wohnkammer plötzlich in einer von der früheren engen Spirale verschiedenen sehr viel weiteren fort (vergl. Opp. Renggeri Taf. IV Fig. 6), oder sie nähert sich, in mehr oder weniger flachem Bogen verlaufend, der Aussenseite der Wohnkammer, so dass diese in ihrem vorderen Teile niederer ist als hinten. Bei Opp. macrotela Oppeu sp. kommt noch dazu, dass die Wohnkammer nach etwa !/s Umgang infolge besonders schneller Höhenzunahme, der dann wieder schnelle Abnahme des Höhenwachstums folgt, eine kräftige Knickung erleidet; sie ist hier gut doppelt so hoch als bei ihrem Beginn. Bei der Mündung ist sie dann wieder kaum höher als am Anfange (vergl. Taf. IV Fig. 7). Opp. macrotela erinnert so durch ihre äussere Form lebhaft an Oecoptychius refractus Ren. sp. Die Wohnkammer dieser Art zeigt neben kräftigen Zähnen der Aussenseite in der Gegend des Knies faltenartige Rippen in der äusseren Hälfte der Windung. Die tithonischen Arten, Opp. pstlosoma Zırr.* und Opp. collegialis Zıtt.?, stehen wahrscheinlich dieser zweiten Reihe, die man füglich als die der Opp. audax oder Renggeri bezeichnen dürfte, sehr nahe. Opp. psilosoma zeigt wenigstens in der äusseren Form und besonders in bezug auf den Bogen, welchen die Nabellinie bildet, die grösste Ähnlichkeit mit Opp. Renggeri (die Zähne der Aussenseite sind bei Opp. psilosoma zu feinen Knötchen geworden); während Opp. colle- gialis in der Wohnkammer mehr die refractus-ähnliche Knickung der Opp. macrotela erleidet. Opp. distorta Bux.” aus dem unteren Oxford von Czenstochau zeigt eine ganz analoge Form der Knickung wie Opp. collegialis. Vielleicht dürfte auch Opp. lophota Opreu sp. * aus der Transversarius-Zone hierher zu zählen sein, deren Nabel- linie wie die von Opp. Renggeri nach dem Beginn der Wohnkammer in einem weiteren Bogen verläuft. Eine weitere Reihe nahe zusammengehörender Formen aus dem Kreise der Oppelien zeigt das Merkmal der anormalen Wohnkammer; es ist die von K. A. v. ZırreL? unterschiedene Formenreihe des Amm. lingulatus Quenst. mit den Arten: ! v.Zittel, Die Fauna der älteren Cephalopoden führenden Tithonbildungen. p: 64. Taf. 4 Fig. 16. ? v. Zittel, ibidem p. 65. Taf. 4 Fig. 17, 18. 3 Gejza Bukowski, Über die Jurabildungen von Czenstochau in Polen. Beitr. zur Palaeont. Österreich-Ungarns und des Orients. 1887. Bd. V. p. 119, Taf. XXV Fig. 4-6. * Oppel, Palaeont. Mittheil. p. 201. Taf. 53 Fig. 3, 4. ° v. Zittel, Handbuch der Palaeontologie. Bd. I. 2. p. 463. 16* — 24 — Opp. auritula OPrEL sp. Zone des Pelt. athleta, „ stenorhynchus ÖPPEL sp. "0 . Pelt. transversarium, „ subelausa OPPEL sp. a E y „ "imbata OPPEL sp. » ». Opp. tenuilobata, „ paucirugata Bux. Unteres Oxford und den von QUENSTEDT beschriebenen verschiedenen Varietäten des Amm. lingulatus (JuEnst. !, von denen Orrzr einzelne unter besonderen Namen, Amm. Strombeckı, Amm. nudatus ete. erwähnt, deren Dis- kussion hier aber überflüssig wäre. In meist sehr geringem Masse kann man bei diesen Arten beobachten, dass die Nabellinie in der äusseren Hälfte der Wohnkammer etwas von der Spirale abweicht, so dass der Nabel hier etwas weiter wird. Ebenso geht auch die Aussenlinie der Wohnkammer ein wenig aus der Spirale heraus; es nähert sich die Aussenlinie in der zweiten Hälfte der Wohnkammer der Nabellinie, so dass die Windungshöhe hier geringer ist, als sie bei regelmässigem Wachstum sein würde. Doch nicht nur bei Formengruppen wie bei den eben auf- geführten, welche je in sich durch gleichartige Entwickelung, Skulptur und Mündungsform (alle genannten tragen z. B. seitliche Ohren) als zusammengehörig erschemen, kommen anormale Wohnkammern vor. Dieselben finden sich auch bei Arten, die durch ihre ganze Entwicke- lung und Ausbildung als zu anderen Formengruppen gehörend sich erweisen, welche sonst vollkommen regelmässiges Wohnkammer- wachstum zeigen. Ich erinnere hier insbesondere an Opp. semiformis OrrEL sp.” aus dem Tithon von Rogoznik, Volano u. s. w. Opp. semiformis hat eine Wohnkammer von einer Länge zwischen !/2 und »/a Umgang; der Mundrand ist vollkommen der des Tenuilobaten- resp. Flexuosentypus, ohne seitliche Ohren. Nach der letzten Scheide- wand ist die Wohnkammer bis zu etwa '/s ihrer Länge in ihrer Aussenlinie stark über die regelmässige Spirale hinausgezogen, so dass sie hier ein stumpfes Knie bildet. Neumayr® hat durch Opp. Darwini Neun. die bereits von K. A. v. Zırıen betonte Verwandt- schaft der Opp. semiformis mit Opp. tenwilobata als sicher erwiesen. Derartige Beispiele, an denen man den Übergang von Formen mit durchaus regelmässiger zu solchen mit anormaler Wohnkammer deut- lich erkennen kann, sind für die Diskussion der Frage nach dem ' Quenstedt, Ammoniten Taf. 92 Fig. 29—49, 53. ® v. Zittel, Fauna der älteren Cephalopoden führenden Tithonbildungen. p. 58. Taf. 4 Fig. 7, 8. °’ Neumayr, Fauna der Schichten mit Aspidoceras acanthicum. p. 165. — 245 — Werte und der Bedeutung der anormalen Wohnkammern von ausser- ordentlichem Interesse. Übergangsformen in einer Reihe wie Opp. tenuilobata — Darwini — semiformis bekräftigen dann auch wohl einen Schluss, wie ihn Waagen in einer späteren Arbeit! und K. A. v. ZırteL (l. c. p. 58) über die generische Trennung solcher Formen mit anormaler Wohnkammer von denen mit regelmässig gewachsener, machten. Beide Forscher wollen Oekotraustes nicht mehr als selb- ständige Untergattung von Oppelia abtrennen, sondern nur als eine besondere Sektion dieser Gattung. Es wird immer schwierig sein, scharfe Grenzen zu ziehen, und gerade bei Grenzformen dürften die Ansichten der verschiedenen Autoren sich am ehesten widersprechen. Genügt ein einzelnes sich durch mehrere Formen fortpflanzendes und fortbildendes Merkmal zur Abtrennung neuer Gattungen oder Untergattungen, so muss man wohl den Schnitt da führen, wo dieses Merkmal sich zum ersten Male sicher nachweisen lässt. Wendete man diesen Satz auf die zu Oppelia im weitesten Sinne zu zählenden Arten an, so bekäme man aber wohl in einer Gruppe eine Untergattung, welche die durch anormale Wohnkammern ausgezeichneten Formen zusammenfasste, welche sich an verschiedenen Stellen des Oppelien- stammes abzweigten:: Wir bekämen eine neue polyphyletische Gattung. Solche Scheidungen vorzunehmen, ist im Sinne einer richtigen Erkenntnis der Stammes- und Entwickelungsgeschichte nicht zu ver- teidigen. Es erscheint auch aus anderen als dem hier berührten Grunde folgerichtig, die bisher als Oekotraustes zusammengefassten Arten nicht von Oppelia zu trennen’. Ausser der oben hervorgehobenen Opp. semiformis begegnen wir noch anderen Oppelien mit anormaler Wohnkammer, welche bis heute, wenigstens nach dem veröffentlichten Materiale, sehwer in direkte Verbindung mit den bisher unterschiedenen Oppelienreihen zu bringen sind. Es sind das Formen wie Opp. anar OPPpEL sp. und Opp. Gessneri OrrzL sp.* aus der Transversarius-Zone. Die eine dieser Formen, Opp. anar, nennt OpreL geradezu als durch ein „scaphitenartiges Gehäuse“ ausgezeichnet. So erheblich sind nun ı Waagen, Über die Ansatzstelle des Haftmuskels bei Nautilus etc. Palaeontographica. Bd. XVII. p. 241. 2 Buckman hält in seiner Monographie der „Inferior Oolite Ammonites“ an der Trennung der Oekotraustes-Formen von Oppelia fest. cf. Palaeontogra- phical Society. 1888. Taf. XX Fig. 13—17. Taf. XXI Fig. 1, 2. Taf. A Fig. 9. ® Oppel, Palaeont. Mittheil. p. 207. Taf. 55 Fig. 1. * Oppel, ibidem p. 208. Taf. 54 Fig. 2. Na die Abweichungen vom regelmässigen Wachstum nicht: man kann hier ganz allein ein Weiterwerden des Nabels konstatieren (bei Opp. anar erheblich weniger als bei Opp. Gessneri), indem die Nabellinie im Bereich der Wohnkammer einer weiteren Spirale folgt. Bukowski lehrt uns in seiner Opp. minax! eine interessante Form aus dem unteren Oxford von Ozenstochau kennen, bei der die Wohnkammer ausgewachsener Exemplare anormal ausgebildet ist, indem gegen Ende der Wohnkammer eine Erweiterung des Nabels eintritt. Haploceras ZITTEL. Unter den Haploceraten fällt Hapl. Cadomense Derr. sp.” aus dem mittleren Dogger durch seine abweichende Gestalt auf. Die Wohnkammer ist in ihrer letzten Hälfte stark niedergedrückt, nimmt in der Nähe der Mündung jedoch wieder etwas an Höhe zu; da- durch erscheint die Aussenlinie des Ammoniten geknickt. Hapl. Pillai May. sp. aus dem Callovien zeigt eine in der vorderen Hälfte etwas niedergedrückte Wohnkammer. Die Gruppe des Hapl. carachtheis ZEUSCHN. zeigt in ihrem vor- deren Wohnkammerteile ziemlich bedeutende Abweichungen gegen die vorhergehenden Windungsteile: auf der Aussenseite der Windung stellen sich mehr oder weniger zahlreiche und kräftige wulstförmige Ausbuchtungen der Schale ein, ohne dass jedoch das Windungs- verhältnis dadurch geändert würde. Hammatoceras Hvar. Die Gruppe des Hamm. fallax Ben. sp. unterscheidet sich von den nächststehenden Arten, namentlich der Insignis-Gruppe, durch eine Wohnkammer, welche nach vorne zu wenig oder gar nicht an Breite zunimmt. Am deutlichsten ist das bei Hamm. fallax? selbst der Fall, weniger ausgeprägt findet sich dieses Verhältnis bei den von Vater aus den Oolithen vom Cap San Vigilio beschriebenen Arten Hamm. tenax Vat., Hamm. sagax Vat., Hamm. pertinax Vat. und Hamm. pugnax Nat. ! Gejza Bukowski, I. c. p. 105. Taf. XXV Fig. 1. ® d’Orbigny, Paleontologie frangaise. Terr. jur. I. Taf. 129 Fig. 4—6, und Steinmann und Döderlein, Elemente der Palaeontologie. p. 429. Fig. 522. » Vadek, Fauna der Oolithe von Cap S. Vigilio. Abhandl. d. k. k. geol, Reichsanstalt. 1886. p. 93. Taf. 15 Fig. 1, 8, und Benecke, Trias und Jura in den Sidalpen. Benecke’s Palaeont. Beiträge. Bd. I. p. 171. Taf. 6 Fig. 1. — 41 — Diese Gruppe von Hammatoceraten erinnert durch ihre Wohn- kammerbildung in gewissem Sinne an die Sphaeroceraten resp. an Morphoceras (vergl. Morph. dimorphum v’Ore.!). Sutnertia K. A. v. ZiTTEL. (Typus: Sutneria platynotus REın. sp.) Die Arten dieser kleinen Gattung zeichnen sich dadurch aus, dass das Vorderende der etwa '/, Umgang messenden Wohnkammer gegen den übrigen Wohnkammerteil mehr oder weniger scharf ge- knickt erscheint. Die grösste Höhe der Wohnkammer liegt in die- sem Knie. Sutneria ist auf die Zenuilobatus-Zone des weissen Jura be- schränkt. Oecoptychius NEUMAYR. Mit der Zone der Oppelia aspidoides OrreL sp. beginnt eine kleine Reihe von Ammoniten, welche sich durch eine ganz besonders bizarr gestaltete Wohnkammer mit ein- oder auch zweimaliger, mehr oder weniger scharfer Knickung auszeichnen. (Die Länge der Wohn- kammer beträgt °/, bis einen Umgang.) Neumayr? schlug für diese Formengruppe den Namen Oecoptychius vor. Die mir bekannt ge- wordenen Vertreter derselben sind: Oecopt. subrugosus OPP. sp. ? Zone der Oppelia aspidoides, 2 refractusmacrocephai — , „ Macroceph. macrocepha- QueEnsT. ? lus, S vefractus REm. sp. — $„ „ Cosm. Jason, „ Christoli Braun. sp.° — Oberes Callovien. Es sind das immer kleine Formen, welche einen grössten Durch- messer von 25 — höchstens 30 mm — kaum überschreiten. Nehmen ı d’Orbigny, Pal&ontologie francaise. Terr. jur. I. p. 410. Taf. 141. 2 Neumayr, Über unvermittelt auftretende Cephalopodentypen ete. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1878. p. 68. Nach Neumayr tritt Oecoptychius bereits in der Zone der Parkinsonia ferruginea auf. ° Von Laufen bei Balingen, Württemberg. Münchener Sammlung. * Vergl. Quenstedt, Ammoniten p. 762—767. Taf. 86 Fig. 37—52. Bei Amm. refractus aus der Zone des Cosm. Jason wird man mehrere Formen zu unterscheiden haben, welche durch verschiedenartige Ausbildung der Knickung und Skulpturunterschiede charakterisiert sind. ° J. Beaudouin, M&moire sur le terrain kelloway-oxfordien du Chätillo- nais. Bull. soc. g&ol. France. Ser. II. Bd. VIII. 1851. p. 596. Taf. X Fig. 1, 2. — 2143 — wir Oecopt. refractus Rei. sp. als Typus dieser Gruppe, so können wir betreffs der Wachstumsveränderungen folgendes beobachten: bis zu etwa 12 mm Durchmesser, d. i. bis zum Beginn der Wohn- kammer, wächst der Ammonit durchaus regelmässig in breiten, ge- wölbten, stark umfassenden Windungen, welche nur einen sehr engen Nabel offen lassen. Mit dem Beginn der Wohnkammer ändert sich die Form des Gehäuses, wie es am besten wohl durch die Skizze (Taf. TV Fig. 4) erläutert wird (die punktierte Linie giebt den Verlauf einer regelmässig wachsenden Wohnkammer an). Die Aussenseite wächst sehr viel schneller als bisher, wodurch häufigere Zweiteilung der Rippen und mehrfach sogar Vierteilung bedingt wird; — auf dem gekammerten Teile kommt nur Zweiteilung der Rippen vor, und auch diese hier seltener als auf der Wohnkammer. Die Aussenlinie der Wohnkammer verläuft zunächst gestreckt, etwa als tangentiale Fort- setzung der Spirale des gekammerten Teiles; plötzlich, nach einem, etwa !/, Umgang entsprechenden Wachstum, biegt sie in scharfem Knie um. Die Windungshöhe beträgt hier das Doppelte derjenigen am Anfange der Wohnkammer. Nach dem Knie verläuft die Aussen- linie in ungefähr der gleichen Streckung wie vor demselben. Die Windungshöhe verringert sich und die Wohnkammer endigt nach etwa °/, Umgang in der eigentümlich gestalteten Mündung mit „Ka- puze“ und den grossen gestielten Seitenohren. Die Mündung um- fasst den vorhergehenden Umgang nur sehr wenig, doch bleibt die letzte Windung noch durchaus im Kontakt mit der nächst älteren. Vor der Mündung liegt eine breite Einschnürung. In der Richtung auf das Knie gesehen giebt der Ammonit das Bild eines ziemlich scharfen Kegels. Der bis zum Beginn der Wohnkammer offene Nabel wird im Bereich der letzteren fast ganz verdeckt, indem die Nabellinie im ersten Drittel der Wohnkammer nicht dem schnellen Wachsen der Aussenseite folgt, sondern plötzlich an der dem Knie korrespon- dierenden Stelle aus der bis dahin eingehaltenen regelmässigen Spirale umbiegt und gegen das Centrum des Nabels sich wendet. Im zweiten und dritten Drittel beschreibt die Nabellinie einen flachen, gegen die Aussenseite der Wohnkammer konkaven Bogen. Bei Oecopt. subrugosus OPEL sp. und Oecopt. refractus macro- cephali QuENnST. sp. ist das Knie stumpf. Oecopt. Christoli BEaup. Sp. zeigt zweifache Knickung der Wohnkammer: einmal eine scharfe, dem Knie bei Oecopt. refractus ganz entsprechende; die zweite einen halben Umgang später, ein stumpfes breites Knie bildend. Die Nabel- — 249 — linie beschreibt im Verlaufe des letzten Umganges ungefähr ein schief- winkeliges Dreieck. K. A. v. ZırteL! stellt Oecoptychius als Untergattung zu Stepha- noceras. Die äussere Form eines Oecopt. refractus bis zum Beginn der Wohnkammer erinnert durchaus an Stephanoceraten, ebenso der breite erste Seitensattel der reduzierten Lobenlinie. Die Seitenohren des eigenartigen Mundrandes erinnern ebenfalls an die der Stephano- ceraten. Die auf der Aussenseite eingesenkte Furche und die Art der Rippenspaltung weisen mehr auf Parkinsonia hin, in deren Ver- wandtschaft auch Quenstepr? den Oecopt. refractus stellte. Hyarr? findet keine Anklänge an Parkinsonia. Ob Oecopt. Ohristoli Beau». sp. in der That mit den Refractus-Formen und mit Oecopt. subrugosus Orr. sp. in nahem verwandtschaftlichem Verhältnisse steht, scheint anzuzweifeln zu sein. Der Mundrand ohne seitliche Ohren, ohne „Kapuze“ spricht dagegen, ferner das Fehlen der Medianfurche; über den Verlauf der Lobenlinie giebt die mir nur zu Gebote stehende Beschreibung Brauvovin’s zu wenig Aufschluss. Sphaeroceras BayLE. Bullaten QUENSTEDT. Bayıe stellte 1878* für diejenigen Stephanoceraten, deren Wohn- kammer in ihrer Form nicht mit den inneren Windungen überein- stimmt, die Gattung Sphaeroceras auf. Als Typen dieser Gattung bildete BayLe Sphaeroceras Brongniarti Sow. sp., Gervillei D’ORB. sp. nud contractum Sow. sp. (=? Sauzei vV’ORB. sp.) ab. DouviLr£? teilte später eine Reihe von Formen, welche durch periodische Einschnü- rungen ausgezeichnet sind, unter dem Namen Morphoceras von Sphaeroceras ab. Letztere Gattung umfasst in ihrer jetzigen Be- grenzung eine grosse Anzahl von Arten, die von der Sowerbyi-Zone aus bis in die Oxfordthone des weissen Jura hineingehen. ! v. Zittel, Handbuch der Palaeontologie. Bd. I. 2. p. 470. :2 Quenstedt, Cephalopoden p. 151. ® Hyatt, Genetie relations of Stephanoceras. Proceed. of the Boston Soc. of Nat. Hist. Bd. XVIII. 1876. p. 400. * cf. Bayle, Explication de la carte geologique de la France. Bd. IV. Taf. 53. 5 Douville&, Note sur l’Ammonites pseudo-anceps et sur la forme de son ouverture. Bull. d. 1. soc. g&ol. d. 1. France. Ser. III. Bd. VIII. p. 242 („Genre Morphoceras“). Die Veränderungen, welche diese Arten in bezug auf ihre Wohn- kammer erleiden, sind durchaus analoger Art und — in der geo- logischen Altersfolge aufsteigend — beobachten wir, dass die ältesten Arten Formänderungen nur am Vorderende der fast einen Umgang messenden Wohnkammer erleiden, dass diese Formänderungen bei den folgenden jüngeren Arten immer weiter rückwärts Platz greifen und schliesslich bei den jüngsten Arten auf die ganze Wohnkammer ausgedehnt sind und in verstärktem Masse sich ausprägen. Es bilden diese Sphäroceraten wohl mit die vorzüglichste Reihe, an welcher man das Fortschreiten von Formänderungen studieren kann. Bei Stephanoceras Brocchi Sow. sp.', wohl der Stammform der meisten zu Sphaeroceras gezählten Arten, ist von einer Abänderung der Wohnkammerform kaum schon etwas zu bemerken. Hyarr? er- wähnt direkt, dass Steph. Brocchi keine anormale Wohnkammer besitze. Bei der nächststehenden Sphäroceratenform, Sphaer. menis- cus Waag. sp.”, macht sich eine Formänderung der Wohnkammer derart bemerkbar, dass die Windungsbreite im vorderen Teile der Wohnkammer nicht zunimmt, dadurch wird die Nabellinie ein wenig aus der bisher verfolgten Spirale gelenkt, der Nabel wird etwas weiter. Bei den folgenden Arten: Sphaer. polyschides WaaG. sp.*, evolvens Waas. sp.*, polymerus Waas. sp.*, Gervillei D’ORB. sp.*, multiforme GorıscHE sp.?, Giebeli GoTTscHE sp.°, greift diese Ab- änderung allmählich bis zum Beginn der Wohnkammer zurück, so dass hier die Erweiterung des Nabels durch Übergang ‘der Nabellinie in eine etwas weitere Spirale früher eintritt und grösser wird; z. T. nimmt die Wohnkammer dieser Arten stetig etwas (aber nur sehr wenig) an Breite ab, wie bei Sphaer. polymerus Waac. sp. Das Abnehmen der Wohnkammerbreite nach vorne zu ist ein gleichbleibendes Merkmal für die Arten: Sphaer. Brongniarti Sow. sp. ', ! Waagen, Zone des Amm. Sowerbyi. Benecke’s Palaeont. Beiträge. Ba. I. p. 601. ® Hyatt, Genetie relations of Stephanoceras. Proceed. Boston Soc. Nat. Hist. 1876. Bd. XVII. p. 392. 3 und * Waagen, l. ec. p. 602—605. 5 Gottsche, Jurassische Versteinerungen aus der Argentinischen Cor- dillere. p. 13, 14. Taf. II Fig. 5—8. Taf. III Fig. 1. (Beitr. z. Geol. u. Pal. d. Argent. Republ. von A. Stelzner. Palaeont. Teil. III.) 6 Gottsche, Il. c. p. 15. Taf. IV Fig. 1. ? Waagen, 1. c.p. 602, und d’Orbigny, Pal£ont. francaise. Terr. jur. I. Taf. 140 Fig. 3—8. — 201 — Ymir Oper. sp.!, Bombur Opr. sp.?, bullatum v’Or». sp.?, microstoma D’ORR. sp.*, submicrostoma GoTTscHE?, globuliforme Geum.°, Devani GROSSOUVRE sp. ', insociale Bux.® Die Breitenverringerung kann so bedeutend werden, dass die Breite der Wohnkammer an dem Mün- dungsteile etwa nur die Hälfte der Breite am Wohnkammeranfange (grösste Breite überhaupt) beträgt, wie es bei Sphaer. Devausi GRoSSOoUVRE sp. der Fall ist. Mit dieser Breitenabnahme ist bei den letztgenannten Arten eine Zunahme der Windungshöhe verbunden. Der Taf. IV Fig. 9 wiedergegebene Querschnitt durch ein Sphaer. microstoma D’ÖRB. sp. zeigt die bei dieser Art vorkommende Breiten- verminderung und Höhenzunahme im Bereiche der Wohnkammer in ausgezeichnet deutlicher Weise. Die Veränderungen in betreff der Richtung der Nabellinie sind bei diesen Arten infolge der starken Breitenabnahme der Wohnkammer sehr bedeutende. Während der Nabel der inneren Windungen in enger Spirale gebaut ist, wird derselbe im Bereiche der Wohnkammer, z. T. von der Wohnkammerwindung verdeckt (der elliptische Nabel bei Sphaer. bullatum!). Im weiteren Verlauf (der vorderen Hälfte ! Oppel, Palaeont. Mittheil. p. 150, und Kudernatzsch, Ammoniten von Swinitza. Abhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt Wien. Bd. I. p. 12. Taf. II. Fig. 1, 2. 2O0ppel,!. 6.241050. Taf;48 Rio »3, ® d’Orbigny, Paleontologie francaise. Terr. jur. I. p. 412. Taf. 142 Fiort, 2 * d’Orbigny, 1. c. p. 413. Taf. 142 Fig. 3, 4. Es wäre hier zu be- merken, dass die von Quenstedt, Ammoniten p. 865. Taf. 93 Fig. 62, beschrie- bene und abgebildete Art Amm. microstoma impressae — Amm. Chapuisi Opr. kein Sphaeroceras ist und nur in seiner äusseren Form an Sphaer. mierostoma D’ÖRB, sp. erinnert. Die Quenstedt’sche Art aus dem Impressathon des Weissen Jura « ist durchaus ein Morphoceras, wie die periodischen Einschnürungen und die allerdings nur schwach angedeutete Furche in der Medianlinie der Aussen- seite ergeben. »Gottsche,kserp: 415. Tafz III Rio, 6 Gemmellaro, Cefalopodi della Zona con Steph. macrocephalum della Rocca chi parra presso Calatafimi. Taf. III Fig. 5. ’ Grossouvre, Sur le callovien de l’Ouest de la France et sa faune. Bull. d. l. soe. g&ol. d. 1. France. Ser. III. Bd. 19. p. 261. Taf. 9 Fig. 6, und Uhlig, Über die Fauna des rothen Kellowaykalkes der penninischen Klippe Babierzöwka. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1881. p. 393. Taf. 7 Fig. 7 (Steph. n. f. ef. Brongniarti Sow.). 8 Gejza Bukowski, Jurabildungen von Czenstochau, in Mojsisovics und Neumayr, Beiträge zur Palaeontologie Österreich-Ungarns und des Orients. Bd. V. p. 125. Taf. 26 Fig. 14. — 22 — der Wohnkammer entsprechend) wird der Nabel plötzlich sehr stark erweitert, so dass er, wie bei Sphaer. microstoma, submicerostoma, Bombur, Ymir, insociale, in einer neuen, sehr viel weiteren Spirale verläuft. Z. T. wird die Richtung der Nabellinie in noch anderer Weise beeinflusst, wie bei Sphaer. Brongnvarti und bullatum. Bei diesen Arten ist die Wohnkammer im mittleren Teile fast gerade gestreckt, im vordersten Teile wieder der Spirale der inneren Win- dungen mehr zugebogen. Diese Richtungsänderungen macht die Nabellinie mit, so dass das ganze Tier auf diese Weise ein scaphiten- ähnliches Aussehen erhält. In besonders vorzüglicher Weise zeigt dieses das von WaAGEn ! aus dem Jura von Kutch abgebildete Exemplar eines Sphaer. bullatum, dessen Umrisszeichnung ich auf Taf. IV Fig. 8 wiederhole. In gleicher Weise wie Sphaer. microstoma ändert das durch seine besonders kräftig ausgebildete Skulptur ziemlich isoliert da- stehende Sphaer. Sauzei vD’OrB. sp.” seine Wohnkammer ab. Die- selbe nimmt nach vorne zu etwas an Breite ab, die Nabellinie wird dadurch in eine weitere Spirale gedrängt. Hyarr giebt p. 366 seiner oben citierten Studien über die ge- netischen Beziehungen der Stephanoceraten eine Stammtafel dieser Formen. Die durch anormale Wohnkammer ausgezeichneten Arten bilden im wesentlichen zwei Äste dieses Stammbaumes (dessen Einzel- heiten wohl nicht unerheblicher Revision bedürfen): der eine be- schränkt sich auf Sphaer. Sauzei, der andere umfasst die von Sphaer. Brocchi abzuleitenden Arten (die im vorstehenden diskutierten). Sphaer. Sauzei leitet Hyarr von dem ganz analog skulpierten Sphaer. Braikenridgi Sow. sp.” ab. Die anderen Formen werden von der unsicheren Sowergy’schen Art Stephanoceras contractum abgeleitet. Sowohl Steph. contractum und damit Steph. Brocchi als auch Braiken- ridgi sollen im Steph._subcoronatum OPrEL sp. (= Amm. coronatus- oolithieus Quensteor®) ihre Stammform haben. Wäre dem so — und es scheint eine solche Ableitung mit dem palaeontologischen Materiale vereinbar — so wäre Steph. contractum und das durchaus regel- mässig gewachsene Steph. Braikenridgi gleichen Ursprungs. Nicht mehr wäre es streng genommen Steph. Brocchi und noch weniger ı Waagen, Jurassic Fauna of Kutch. Palaeontologia Indica. I. 1. p. 129. Taf. 32 Fie. 1. 2 d’Orbigny, Pal&ontologie frangaise. Terr. jur. I. p. 407. Taf. 139. s d’Orbigny, l. c. p. 400. Taf. 135 Fig. 3—5. * Vergl. Quenstedt, Ammoniten p. 548. Taf. 67 Fig. 8. N er die von ihm abzuleitenden Arten (Sphäroceraten) mit anormaler Wohnkammer einerseits und Sphaer. Sauzei anderseits, sondern hier liegen dann zwei verschiedene Variationsrichtungen — allerdings mit Konvergenzerscheinungen (Wohnkammerabänderung) — vor. Während in den von Steph. Brocchi abzuleitenden Arten der Charakter der scharf- gerippten und geknoteten Stephanoceraten aus der Humphriesianus- und blagdeni-Gruppe ziemlich schnell fast ganz erlischt, bleibt der- selbe bei Sphaer. Sauzei in voller Stärke erhalten. Die erstere Gruppe nähert sich durch ihre Skulptur und auch durch den Typus ihrer Lobenlinie immer mehr den Macrocephaliten, welche mit dem grössten Teile der Sphäroceraten wohl in Steph. Brocchi Sow. sp. wurzeln. Gemäss der heute sich so ausserordentlich breit machen- den Tendenz, die Gattungen immer mehr zu zersplittern, könnte Sphaer. Sauzei D'ORB. sp. vielleicht ‘als Typus einer besonderen Gattung gelten, wenn überhaupt die Erscheinung einer anormalen Wohnkammer als generisches Trennungsmittel angesehen werden darf. Anderseits dürfte man wohl Sphaer. Sauzei mit gleichem ‚; Rechte, wie man die mit geringer Formveränderung ausgestatteten Macrocephaliten nicht von Macrocephalus trennt, diese Art wieder der Gattung Stephanoceras als aberrantes Glied des Humphriesianus- Typus anreihen. Für die übrigen hierher gestellten Arten scheint die Zusammenfassung unter einem besonderen Namen gerechtfertigt, da diese Arten ausser der anormalen Wohnkammer eine Ausbildung der Skulptur und des Lobenbaues haben, welche sie wesentlich von Stephanoceras s. str. trennt. Morphoceras Douvık'. Einzelne Arten dieser Douvırı#’schen Gattung zeigen nicht un- erhebliche Formverschiedenheiten zwischen Wohnkammer und ge- kammertem Teile. Besonders ist dies der Fall bei Morph. dimorphum D’ORB. sp.” und Morph. Chapuisi Orr. sp. (= Amm. microstoma impressae (QUENSTEDT?). Die inneren Kerne dieser Arten sind sehr engnabelig, dick aufgebläht. Mit Beginn der Wohnkammer geht der Nabel plötzlich in eine sehr weite Spirale über, wobei die Wohn- kammer sowohl an Höhe als Breite gleich bleibt; sie nimmt also Douvill&, Note sur l’Ammonites pseudo-anceps et sur la forme de son ouverture. — Genre Morphoceras. Bull. d. 1. soc. geol. d. 1. France. Ser. II. Bd. VIII. p. 239, 242. ® d’Orbigny, Paleontologie francaise. Terr. jur. I. p. 410. Taf. 141. ® Quenstedt, Ammoniten d. Schwäb. Jura. p. 865. Taf. 93 Fig. 62—65. — 24 — eine bedeutend andere Form an, als diejenige wäre, wenn sie nach den Massverhältnissen der inneren Spirale weiter gewachsen wäre. Die auf den Steinkernen dieser Arten vorkommenden Ein- schnürungen gaben Hyarr' Veranlassung, an die Wohnkammerbildung bei diesen Arten eine theoretisierende Erörterung zu knüpfen, welche weiter unten, im zweiten Teile besprochen werden soll. Bemerkenswert sind die von DovvıL& beschriebenen riesigen Ohren, welche die Mundöffnung von Morph. pseudo-anceps Douv. bis auf fünf Öffnungen ganz verschliessen. Douvirık knüpfte an diese Ausbildung des Mundrandes interessante Bemerkungen über die Lage des Pseudoanceps-Tieres in der Schale und über die Beziehungen zu Argonauta. Morphoceras geht vom mittleren braunen Jura bis in den unteren weissen, ist aber nur durch wenige Arten und relativ wenige Individuen vertreten. Macrocephalites v. SUTNER. Macrocephalen von Buch, QUENSTEDT. STEINMANN” nennt als Unterscheidungsmerkmal von Macrocepha- hites gegen Sphaeroceras die bei ersterer Gattung stets „regelmässig eingerollte Wohnkammer“. Gerade bei den Macrocephaliten gehören erhaltene Wohnkammern zu den Seltenheiten ; doch eben diese Selten- heiten zeigen oft Arten, deren Wohnkammer nicht regelmässig ge- wachsen ist. WaaGen bildet aus dem Jura von Kutch eine ganze Reihe solcher Arten ab: Macroceph. macrocephalus SCHLOTH. Sp., tumidus Rein. sp., polyphemus Waac., transiens Waac.” Tornquıst * bildet einen Macroceph. panganensis aus Ostafrika ab, der ganz ausser- ordentlich deutlich eine Formveränderung der Wohnkammer zeigt. Ferner kann man an der erhaltenen „Spurlinie“ vieler Exemplare von Macroceph. macrocephalus konstatieren, dass diese Art nicht bis zum Mundrande regelmässig gewachsen ist. Die Abweichung vom regelmässigen Wachstum ist derart, dass im Bereiche der Wohn- kammer der Nabel mehr oder weniger erheblich erweitert wird, wo- ! Hyatt, Genetic relations of Stephanoceras. Proceed. Boston Soc. Nat. Hist. Bd. XVIII. p. 396. ®? Steinmann u. Döderlein, Elemente der Palaeontologie. p. 439. > Waagen, Jurassic Fauna of Kutch. Palaeontologia Indica. I. 1. Taf. 25 Fig. 1a. Taf. 26 Fig. 1a. Taf. 29 Fig. 1a. Taf. 32 Fig. 1a. * Tornquist, Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru. Jahrb. d. Hamb, wiss. Anstalten. X. 2. p. 11. Taf. 2. — 285° — mit ein Abnehmen der Windungshöhe nach der Mündung hin zu- sammenhängt. Tornguıst betont, dass durch dieses Verhalten der Macrocephaliten der Gattungsunterschied zwischen Macrocephalites und Sphaeroceras recht problematisch würde. Nahe stehen Maero- cephalites und Sphaeroceras einander entschieden, und wie bei Sphaero- ceras hervorgehoben wurde, erinnert auch die Skulptur und Loben- linie der Macrocephaliten an die der jüngeren Sphäroceraten, doch ist bei letzteren die Tendenz zur Verschmälerung des vorderen Wohn- kammerteiles sehr viel mehr ausgesprochen. Hyarr' leitet die Macro- cephaliten von Steph. contractum Sow. sp. (von Waagen als zweifel- hafte Art bezeichnet) ab. Vielleicht dürfte man die Macrocephaliten aber auch als eine von Steph. Brocchi abzuleitende Reihe auffassen, bei welcher die Neigung zu Wohnkammerabänderungen weniger stark ausgebildet wird als bei den Sphaeroceras-Formen. Scaphites PARKINSoN. Bis zur letzten Sutur wächst das Gehäuse eines Scaphiten durchaus regelmässig mit engem Nabel. Nach der letzten Sutur wird das Gehäuse (die Wohnkammer) ein Stück weit gestreckt, die Nabellinie verläuft in gerader Richtung, wobei der Nabel z. T., wie bei Scaph. inflatus Röm.? und Scaph. spiniger Schtür.”, ein wenig verdeckt wird. Nach längerer oder kürzerer Streckung biegt die Wohnkammer dann wieder in Form eines Hakens um, die Mündung gegen den spiral gewundenen Schalenteil kehrend. Die Streckung des ersten Wohnkammerteiles kann so bedeutend werden, dass, wie bei Scaph. auritus Schtür.*, eine Form erzielt wird, welche sehr an die eines Macroscaphiten erinnert; anderseits kann diese Streckung so gering werden, wie sie SCHLÜTER bei einem Exemplare des Scaph. constrictus Sow.? zeichnet, dass die Mündung dient an den Spiralteil des Gehäuses gelegt wird, wodurch eine Annäherung an die Taf. IV Fig. 8 wiedergegebene Zeichnung eines Sphaeroceras bullatum erzielt wird. Ausser der Streckung der Wohnkammer erfährt dieselbe aber auch Volumerweiterungen verschiedener Art, z. B. bei Scaph. Geinitzi D’ORR. ®, wo die Wohnkammer unverhältnismässig nach vorne zu an ! Hyatt, Genetic relations of Stephanoceras. Proceed. Boston Soc. Nat, Hist. Bd. XVII p. 366, ? Schlüter, Cephalopoden der oberen deutschen Kreide. Palaeonto- graphica. Bd. XXI. Taf. 24 Fig. 1. ® ITbidem Taf. 25 Fig. 1. 5 Ibidem Taf. 28 Fig. 7. ae 2 Erg 6 23) ;.1118, 2 n 1 Breite zunimmt, oder bei Scaph. gibbus Scktür.!, wo die Wohn- kammer in ihrem gestreckten Teil sehr hoch und dicker ist, als an ihrem Beginn und Ende. Gegen die Mündung hin verringert sich überhaupt bei den Scaphiten im allgemeinen sowohl die Höhe als die Dicke der Windung. Die Stammformen der Scaphiten glaubt man in Ölcostephanus oder Holcodiscus sehen zu dürfen. Scaphites gehört der mittleren und oberen Kreide an. In den vorgeführten Gruppen und Einzelformen der Ammo- noideen mit anormaler Wohnkammer lässt sich ein bestimmtes Prinzip erkennen, welches mit dem Prinzipe in Einklang steht, dass Ver- änderungen irgendwelcher Art am Ammonoideengehäuse zuerst am Vorderende, Mundrande, einer geologisch älteren Art auftreten und bei den folgenden geologisch jüngeren Arten immer weiter auf der letzten Windung und auf den Windungen überhaupt zurückgreifen. Bei den, wie es scheint, ältesten Ammonoideen mit anormaler Wohn- kammer, bei Adrianites und Popanoceras , greift die Formverände- rung der Wohnkammer nur am Vorderende derselben Platz; bei den jüngsten, Macroscaphites und Scaphites, ist die ganze Wohnkammer formverändert. Ferner kann man bei einzelnen Reihen verwandter Arten mit anormaler Wohnkammer konstatieren, dass Übergänge der Formveränderungen von solchen, welche nur am Vorderende der Wohnkammer sich abspielen, bis zu solchen, welche die ganze Wohn- kammer in Anspruch nehmen, stattfinden; ich erinnere an Isuleites der Trias und Sphaeroceras des Jura. Zwar gelingt es, wie bei /sul- cites, nicht immer, festzustellen, dass die älteste bekannte Form der betreffenden Gattung oder Gruppe die geringste oder noch gar keine Formveränderung aufweist und dass bei den folgenden jüngeren Arten die Formveränderungen in grösserem Masse sich einstellen, wie man dieses z. B. bei Sphaeroceras durchaus kann. Aber wie man in einer Ammonitengattung häufig verschiedene Reihen sich kon- vergent entwickelnder Formen nachweisen kann, so wird man auch das zeitliche Nebeneinanderbestehen von Arten mit verschieden ab- geänderten Wohnkammerformen in einer Gattung auf Konvergenz- erscheinungen verschieden alter Entwickelungsreihen derselben Gat- tung zurückführen können. Bei den Triasammoniten namentlich ist _ das Verwandtschaftsverhältnis, der Zusammenhang mit palaeozoischen Ammonoideen noch in sehr wenigen Fällen direkt nachgewiesen; und die Stammesgeschichte der vielen in der alpinen Trias unver- ! ITbidem Taf. 26 Fig. 6—8. —.. 281. — mittelt auftretenden Ammonoideengeschlechter weist noch sehr grosse Lücken auf. Werden diese Lücken ganz überbrückt sein, und wird man die Verwandtschaftsverhältnisse der einzelnen Formen in den verschiedenen Ammonitengattungen festgestellt haben, so wird es sich wohl zweifellos sicher erweisen, dass man für jede Ammoniten- art mit irgendwie formveränderter Wohnkammer einen Vorfahr mit analoger Formveränderung in geringerem Masse nachweisen oder wenigstens sicher vermuten kann. Die vorstehenden Zusammenstellungen ergeben!, dass man in einzelnen Gattungen, wie Pinacoceras, Ptychites, Haploceras, Oppelia, Hammatoceras neben einer überwiegenden Anzahl von regelmässig gewachsenen Arten eine geringe Zahl von solchen mit formveränderter Wohnkammer findet; dass ferner in anderen Gattungen, wie Halo- rites, Isuleites, T’ropites, Styrites das umgekehrte Verhältnis stattfindet. Ferner geht aus den obigen Zusammenstellungen hervor, dass die palaeozoischen Ammonoideen nur ganz vereinzelt Formverände- rungen der Wohnkammer erleiden, dass in dieser Beziehung eine starke Häufung in der oberen Trias stattfindet, bevor eine sehr grosse Zahl artenreicher Gattungen plötzlich vor Einbruch der Jurazeit nach unserer heutigen Kenntnis der Lebewesen der Vorwelt spurlos ver- schwindet. Häufiger treten dann Ammoniten mit anormaler Wohn- kammer wieder im mittleren Jura und der Kreide auf, wo sie neben regelmässig gewachsenen Gruppen und den sogenannten „Krüppel- formen“ oder „ammonitischen Nebenformen“ existieren. Mit der Bildung „anormaler“ Wohnkammer treten häufig auch Änderungen der Skulptur in verschiedener Hinsicht auf und in ge- wissem Sinne könnte man wohl auch Ammoniten, deren Wohnkam- mern besondere Skulpturerscheinungen zeigen, ohne die Form der Wohnkammer zu ändern, als durch „anormale“ Wohnkammer aus- gezeichnet nennen. Ich beschränkte mich hier aber nur auf die- jenigen Ammoniten mit „anormaler“ Wohnkammer, deren Wohn- kammer Form-Volumveränderungen aufweist, da ich gedenke, über die Skulpturveränderungen in einer anderen Arbeit berichten zu können. ‘ Eine absolute Vollständigkeit dieser Zusammenstellungen war bei den mir zu Gebote stehenden Mitteln kaum zu erreichen; doch glaube ich wenigstens ie wichtigsten und interessantesten Gruppen behandelt zu haben. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 17 II. Beziehungen der „anormalen Wohnkammer“ zu dem regel- mässig gebauten gekammerten Teil der Ammonoideenschale. Im Vorhergehenden wurden die Gattungen und Gruppen zu- sammengestellt, welche sich durch anormale Wohnkammer aus- zeichnen; zugleich lernten wir die verschiedenen Formen solcher Wohnkammern kennen. Unter der Überlegung, dass das Ammoniten- tier in jedem Zeitabschnitte seines Lebens eine vordere grösste Kammer, die Wohnkammer, besessen haben muss, nötigen die „anor- malen“ Wohnkammern uns ein ganz besonderes Interesse ab. Sie wei- sen zunächst auf die Frage: „Wie I war diejenige Wohnkammer be- J schaffen, welche der uns jetzt durch das Fossil als letzte überlieferten voranging? Wie waren überhaupt die früheren Wohnkammern be- schaffen ?“ Um einer Lösung dieser Fra- gen näher zu kommen, ist es zu- nächst notwendig, die Beziehungen des Tierkörpers zur Schale ins Auge da. Fig. 1a. Haftpand von Nautilus Pompilius L. am Körper des Tieres, = M Haftmuskel mit dem nach der Rücken- zu fassen. Das Material unserer seite gerichteten schmalen Fortsatze, : v Vordergrenze des Haftbandes, palaeontologischen Sammlungen r Hintergrenze des Haftbandes. /J Verdickte Linie auf dem Eingeweidesack (siehe Text). J Medianlinie der Rücken- (Innen-) Seite. 4 Medianlinie der Bauch- (Aussen-) Seite Fig. 1b. Abdruck des Haftbandes auf der Schale von Nautilus Pompilius L., die dem Vorderrande parallele Streifung zeigend. (Die Buchstaben v, r, J, Ahaben dieselbe Bedeutung giebt uns hier ausserordentlich we- nig direkte Aufschlüsse. Dass die äussere Schale des Ammonitentieres ein Produkt des Mantels ist, er- scheint zweifellos. Durch die Unter- wie in Fig. 1a.) suchungen von W. WaugEn! ist es als ebenso feststehend anzunehmen, dass das Ammonitentier in seiner Schale auf ganz gleiche Weise befestigt war, wie das des Nautilus. Nautilus wird im hinteren Teile der Schale festgehalten durch zwei kräftige Haftmuskeln, von denen ausgehend ein Haftband sich ringsum an der inneren Schalenwand des Tieres festlegt. Die hin-, tere Grenze dieses Haftbandes fällt zusammen mit der Lobenlinie, d.h. mit der Grenze des Septums gegen die innere Wand der Schale. ı W. Waagen, Über die Ansatzstelle des Haftmuskels bei Nautilus etc, Palaeontographica. Bd. XVII. p. 185 ff. — 259 — Das Haftband markiert sich an dem Körper des Tieres, wie die nebenstehende Skizze zeigt. Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Prof. EımEr war es mir möglich, ein Exemplar von Nautilus Pompilius L. des Tübinger Zoologischen Institutes zu untersuchen, dasselbe zeigt folgendes: Die vordere Grenze des Haftbandes wird z. T. gebildet durch die vordere Grenze der nierenförmigen Haftmuskeln. Gegen die Aussen- (Bauch-) Seite des Tieres senkt sich diese Vordergrenze von den Haftmuskeln aus hinter die traubigen Venenanhänge, welche hinter den grossen Nidamentaldrüsen liegen; sie bildet hier einen flachen gegen vorn offenen Bogen, der in seinem mittleren Teil wieder schwach gegen vorn gewölbt erscheint. (Der Mantel ist hier, d.h. von den Nidamentaldrüsen bis zur Haftbandgrenze auf der Ven- tralseite des Tieres nicht mehr so dick, wie vor den Nidamental-, drüsen, er bildet hier eine durchsichtige dünne Haut.) Die vordere Grenze des Haftbandes auf der Innen- (Rücken-) Seite des Tieres verläuft in der bekannten, in der Zeichnung wiedergegebenen Weise. Parallel dem Vorderrande des Haftbandes auf der Aussenseite des Tieres zieht sich von den Haftmuskeln aus eine fadenförmige Ver- dickung (f... f m Fig. la) des zarten Eingeweidesackes hin. Diese Verdickung entspricht der Grenze einer häutigen dünnen Scheide- wand im Tierkörper, welche den Eingeweidesack gegen den Vorder- - teil der Körperhöhle abschliesst. Den Haftmuskeln und dem Raume zwischen der Vordergrenze des Haftbandes und der Scheidewand- linie ff entspricht an der Innenseite der Schale des Nautilus der Conchylionlinbelag des „Annulus“. Weiter rückwärts folgt dann eine zweite linienförmige Verdickung des dünnen Eingeweidesackes, welche in ihrem Verlaufe vollkommen der Lobenlinie oder Sutur, der Grenze zwischen Septum und Röhre, entspricht. Auf der Rückenseite des Tieres ist das Haftband viel schmaler; es fehlt hier die Fortsetzung der Linie ff. Das Haftband erscheint hier als aus Fortsätzen der Haft- muskeln entstanden, die in der Medianebene zusammengewachsen sind. Dass der Körper des Nautilus im Bereich des ganzen eben be- schriebenen Bandes fest an die Schale geschmiegt war, erscheint notwendig, da sonst die gesetzmässig vor sich gehende, gleichartige Ausbildung der aufeinanderfolgenden Suturen nicht zu erklären wäre. Ausser durch das Haftband ist das Tier des Nautilus in seinem vorderen Teile, allerdings weniger fest, an die Schale durch den Mantelrand geheftet. Man findet den Mundrand der Schale mit einem feinen Streifen brauner, organischer Masse bedeckt, welche darauf Ul7s — 260 — hindeutet, dass das Tier bei Lebzeiten hier mit seinem Mantelrande an die Schale geklebt war. Bei den Spiritusexemplaren unserer Samm- lungen ist diese Verbindung immer gelöst. Der Vorderrand des Mantels zeigt eine tiefe Rinne, die durch eine feine Mittellamelle in zwei Teile gespalten ist, wie dies im Querschnitt die neben- BRD stehende Figur erläutert. Dieser Vorderrand des Mantels sonderte Schalensubstanz ab, wenigstens die äussere cn den vo Porzellanschicht der Schale, welche durch ihre dem ee ;Mundrande parallel gehenden Anwachsstreifen eine solche ne? a Entstehung unleugbar macht. Ob auch die innere, Perl- ee mutterschicht, vom Mantelrande abgesondert wurde oder ob an deren Bildung die Mantelfläche arbeitete, ist nicht sicher; die Perlmutterschicht zeigt keine deutlichen Anwachsstreifen. Ferner wird Schalensubstanz noch von dem Eingeweidesack hinter dem Haftbande abgesondert, die Septen. Der auf der Rückenseite des Tieres liegende, gerundet blattförmige Mantellappen zeigt einen einfachen Rand ohne Rinne und Längssaum. Für die Ammoniten muss man eine ganz analoge Befestigung des Tieresin derSchaleannehmen, wie bei Nautilus. OprEL! ent- deckte an Oppelia steraspis im lithographischen Schiefer von Solnhofen bei Exemplaren mit Wohnkammer eine eigentümlich geschwungene fadenförmige Linie, welche WaaGen als dem Vorder- rande desHaftbandes analog deu- tete und nach Nautilus ergänzte. Fig. 3. Oppelia steraspie Opp. sp. nach ÖOppel. j Palaeont. Mitteil. Taf. 69 Fig. 2. Gegen diese Deutung erhebt Die Linie mm wurde von Waagen als Vorder- © r grenze des Haftbandes gedeutet uud nach Ana- JAEKEL ? Widerspruch. Nament- logie von Nautilus ergänzt (punktierter Teil in der . . . Nähe des Mundrandes). Die punktierten Pfeile lich ist es die Ausdehnung der geben die ungefähre Richtung an, in welcher ein 4% . Zurückziehen des Tieres in die Schale vor sich Linie, welche z. T. ausserordent- gehen musste, ; lich nahe an den Mund, ander- ‘ Oppel, Palaeont. Mittheil. p. 251. Taf. 69 Fig. 1, 2. ® Jaekel, Über einen Ceratiten aus dem Schaumkalk von Rüdersdorf und über gewisse als Haftring gedeutete Eindrücke bei Cephalopoden. N. Jahrb. £. Min. etc. 1889. Bd. II. p. 30. seits gegen die Aussenseite hin sehr nahe an den Sipho und das letzte Septum geht (vergl. Fig. 3), welche JaEkEL gegen WaAGEN’s Deutung sprechen lässt. Weiter wendet JAEREL ein, dass es ihm wahrscheinlich sei, dass der Haftring überhaupt derartig erhabene Leisten [d. h. Leisten am Vorderrande des Haftbandes auf der Innenseite der Schale] resp. vertiefte Furchen |Abdrücke der Leisten auf Steinkernen] nicht hervorgerufen habe. Gegen diesen letzteren Punkt ist folgendes anzuführen: Man beobachtet an Schalen des recenten Nautilus bei günstigem Erhaltungs- zustande den Vorderrand des Haftbandes in Form einer erhabenen verdickten Linie; richtiger gesagt, den Vorderrand des Conchyliolin- belages. In sehr deutlicher Weise zeigt diese Linie eine mir vor- liegende Schale von Nautilus Pompilius L. aus der Sammlung des Tübinger geologischen Institutes. Würde diese Schale unter günstigen Bedingungen mit Sedimentstoffen erfüllt, würde sie fossil, so würde man auf dem Steinkerne der Wohnkammer den Vorderrand des Haftbandes sicher als fadenförmigen Eindruck beobachten können. Die Möglichkeit, den Vorderrand des Haftbandes bei fossilen Indi- viduen zu finden, erscheint durchaus vorhanden. Dass man die von Orrer beobachtete Linie bei Opp. steraspis als Vorderrand des Haftbandes deuten darf, und dass die von Waagen ! gegebene Ergänzung richtig ist, macht die folgende Überlegung sehr wahrscheinlich: Nöruıg ?* beschreibt und zeichnet aus dem Hinter- ende der gerade gestreckten Wohnkammer von Lituites lituus MoNTE. einen als Haftband zu deutenden Abdruck. Der Vorderrand dieses Haftbandes ist an zwei Stellen (den Haftmuskeln des Nautilus ent- sprechend) nur ganz wenig vorgezogen; der Querschnitt der Wohn- kammer ist nahezu kreisförmig. Mossısovics? beschreibt und zeichnet bei Nautilus eugyrus eine als Vorderrand des Haftbandes gedeutete furchenförmige Linie auf dem Steinkerne der Wohnkammer. Diese Linie ist der Lage der Haftmuskeln entsprechend auf den Flanken in einen gegen vorne stark konvexen Bogen ausgezogen. Nautilus eugyrusistsehrevolut, die Windungen sind wenig höher als breit. (Vergl. auch den Haftband- eindruck (?) bei Nautilus superbus E. v. Mossısovics 1. c. Taf. 4 Fig. 3.) ! Waagen,l. c. Taf. 40 Fig. 4. ® Nötling, Über Lituites lituus Mont. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1882. Taf. 11 Fig. 5. ® E. v. Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 16. Taf. 6 Fig. 6a. — 22 — Bei dem recenten Nautilus Pompilius ist der Vorderrand des Haftmuskels sehr stark nach vorne gezogen. Nautilus Pompilius ist viel involuter als Nautilus eugyrus und noch viel mehr als Litwites lıtuus. Bei der wenigst involuten Form Litwites lituus ist der Vorderrand des Haftbandes an der den Haftmuskeln entsprechenden Stelle sehr wenig von einem Ringe abweichend; bei der involuteren Nautilidenform des Nautilus eugyrus wird der Vorderrand des Haft- bandes ziemlich kräftig vorgezogen und damit die Vordergrenze der Haftmuskeln weiter nach vorne verlegt; bei der stark involuten Form des Nautilus Pompilius ist dieses am extremsten der Fall. Übertragen wir diese Verhältnisse auf die Ammoniten, so erscheint es erklärlich, dass bei der sehr involuten Oppelia steraspis der Vorderrand der Haftmuskeln weit gegen die Mündung vorgeschoben war, dass man mithin WaaAGen’s Deutung anerkennen muss. Bei weniger involuten Ammonoideen wird der Vorderrand der Haftmuskeln sehr wahrschein- lich weniger weit nach vorne vorgestreckt sein, und bei stabförmigen wie Daculites wird das Haftband wohl in Form eines Ringes analog wie bei Litwites lituus ausgebildet gewesen sein. Die Haftmuskeln und das Haftband dienen dazu, das Tier in der Schale festzuhalten; sie dienen aber auch weiter dazu, das Tier nach dem Hinterende der Wohnkammer zu in die Schale zurück- zuziehen, d. h. sie dienen jenen Muskelzügen als Stützpunkt, welche das Zurückziehen des Tieres in die Schale bewirken. In der Wohn- kammer eines Orthoceren oder eines Lituus, die gerade gestreckt ist, wurde das Tier zweifellos auf allen Seiten gleichartig zurück- gezogen. In den Wohnkammern spiral aufgerollter Cephalopoden ist die Rückenseite des Tieres kürzer als die Ventralseite, und je schneller das Höhenwachstum der Windungen der betreffenden Arten ist, um so grösser sind die Längenunterschiede beider Seiten des Tierkörpers. Bei einem gerade gestreckten Nautiloiden musste das Zurückziehen des Körpers parallel der Längsrichtung desselben, also in gerader Linie vor sich gehen, ebenso auch bei gerade gestreckten Ammonoideen. Bei spiralig eingerollten Tieren dieser Gruppen ging das Zurückziehen wohl in Richtung der in Fig. 3 in die Wohnkammer von Opp. steraspis eingezeichneten Pfeile vor sich. Nach den übereinstimmenden Untersuchungen von KEFERSTEIN ! und Waagen? rückt das Tier des Nautilus langsam in der Schale vor. ! Bronn'’s Klassen und Ordnungen Bd. III. Abt. 2. p. 1343. 2 Waagen, Über die Ansatzstelle des Haftmuskels bei Nautilus und den Ammoniten. Palaeontographica. Bd. XVII. p. 186. — 263 — Es wird wahrscheinlich nach vorne gedrängt dadurch, dass es an dem Hinterende seines Körpers Gase absondert, die den Körper des Tieres, welcher durch das Haftband dicht an die Schale geschmiegt ist, langsam vorschieben. Beweis für dieses langsame Vorrücken des Tieres geben die auf dem Eindruck des Haftbandes an der Schale sichtbaren dichtstehenden Parallelstreifen, welche dem Vorderrande des Haftmuskels resp. -bandes parallel gerichtet sind. (Siehe Text- figur 1b.) Die von Stermmann (Elemente der Palaeontologie Fig. 397 B p. 349) gegebene Zeichnung zeigt diese Verhältnisse nicht ganz deut- lich, weshalb ich oben den Abdruck des Haftbandes eines Nautrlus wiedergegeben habe. Wie für Nautilus ein langsames stetiges Vorrücken in der Schale als erwiesen zu betrachten ist, so muss man ein gleichartiges Vor- rücken auch bei den Ammonoideen annehmen. Von Zeit zu Zeit muss das Vorrücken durch Ruhepausen unterbrochen worden sein, während welcher Zeit die Rückseite des Eingeweidesackes die Septen absonderte. Unabhängig von diesen Ruhepausen traten wohl noch andere in grösseren Zwischenräumen ein. Wenn nämlich die Ein- schnürungen auf den Steinkernen (Varices, Paulostome nach Mos- sısovics !) wirklich Stellen alter Mündungen sind, so muss jedes Paulostom einem grösseren Ruhestadium entsprechen. Es scheint ausserdem die Schnelligkeit des Fortwachsens der Schale, resp. des Vorrückens des Tieres bei allen Arten nicht gleichmässig gewesen zu sein. Mossısovics beobachtete an Schalen von Arcestes intuslabiatus?, dass die Anwachsstreifen zwischen je zwei Paulostomen anfangs, d. h. nach dem älteren Paulostom dichter stehen und feiner sind, und dass sie je näher dem folgenden jüngeren Paulostom um so stärker werden und sich in grösseren Distanzen finden. Mossisovics schliesst daraus, dass das Tier zwischen je zwei Paulostomen, welche Ruhe- pausen im Wachstum bedeuten, Perioden verschieden intensiven Wachstums besass. Die Schalen verschiedener Arcestiden, die ich zu beobachten Gelegenheit hatte, zeigten übereinstimmend diese Differenz der Entfernungen der Anwachsstreifen. Eigentümlich ist weiter dann, dass Paulostome häufig nur auf den gekammerten Kernen (z. B. bei Arcestes s. str. nach Mossısovics’ neuester Fassung), ja oft nur auf den ältesten Windungen gekammerter Kerne vorkommen (z. B. bei der Formenreihe des Phylloceras Loscombi und vielen iv, Mojsisovies, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 75. ® v. Mojsisovies, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. p. 113 Taf. 44 Fig. 7a, b. — 264 — anderen), dass also vielleicht während des Baues der Wohnkammer, resp. auch schon viel früher, keine grösseren Ruhepausen gemacht wurden. Ein stetiges, langsames Vorrücken des Tieres in der Schale und gleichmässiges Fortbauen der Schale am Mundrande erscheint selbstverständlich bei denjenigen Ammonoideen, deren Schale bis zum Mundrande in bezug auf die Höhe und die Breite in gleich- mässiger Weise wächst. Nicht so selbstverständlich erscheint diese Annahme bei den Ammonoideengruppen, deren Wohnkammer in ihrem vorderen Teile verengt ist, resp. bei allen Formen, deren Wohnkammer eine andere Gestalt besitzt, als dieselbe bei gleichmässigem Fortwachsen sein würde, wie es bei Tropites, Halorites, Cymbites, Sphaeroceras, Oeco- ptychius, gewissen Oppelien, bei allen im ersten Teile diskutierten Gruppen der Fall ist. Nehmen wir an, dass ein Tropites subbullatus in seiner Wohn- kammer, wie wir sie jetzt häufig genug finden, stetig weiter vor- rückte, vorne immer weiter noch Schale anbaute, neue Septen ab- sonderte, so würden allmählich die neu entstehenden Umgänge immer schmäler werden, sie müssten in Verfolg der aberrierenden Nabellinie sich mit der Zeit von den früheren Umgängen ablösen. Denken wir uns ein Oecoptychius refractus in gleichem Sinne weiter wachsend, so würden wir Formen ganz abenteuerlicher Art erhalten. Derartige Formen hat man nicht gefunden. Man findet vielmehr immer nur Formen, welche eine Wohnkammer zeigen, die stetsin dem Sinne von dem gekammerten Teil der Schale abweicht, wie es im vorhergehenden Abschnitte bei den einzelnen Gruppen geschildert ist. Und zwar findet man derartige gleiche Abweichungen im Bereiche einer Art beilndividuen der ver- schiedensten Grösse. Unter dieser Rücksicht und im Hinblicke darauf, dass das Ammonitentier zu jeder Zeit seiner Lebensdauer eine Wohnkammer besessen haben muss, liegt die Annahme sehr nahe, dass bei den Ammoniten mit anormaler Wohnkammer diese zu jeder Zeit der Lebensdauer des Ammoniten eine Form hatte wie diejenige, welche uns heute bei den einzelnen Gruppen als in ihrer Gestalt nicht mit dem gekammerten Teile der Windungen übereinstimmend vorliegt. Es wäre dann die vorletzte und alle vorangehenden Wohnkammern der bei den einzelnen Arten bekannten „Wohnkammer“ gleich ge- staltet. Nimmt man dieses an, so ist ein stetiges Fortwachsen des Tieres in seiner Schale nicht möglich; das Tier muss vielmehr seine — 265 — Wohnkammer ganz oder zum Teil resorbieren, ein Stück weit auf dem vorhergehenden Umgange vorrücken und eine neue Wohn- kammer bauen. Es sind nun in der That Stimmen laut geworden, welche ein solches Vorrücken des Tieres, verbunden mit Resorption der Wohn- kammerschale, bei Ammoniten mit anormaler Wohnkammer befür- worten: In Hyarr's Arbeiten ' wird an verschiedenen Stellen eine solche Ansicht ausgesprochen. Auch bei Barranpe? finden wir die Ansicht wenigstens teil- weiser Resorption ausgesprochen für die Nautiloideen mit vorne verengter Wohnkammer, resp. für Formen, deren Wohnkammer durch die eigenartige Ausbildung der Mündung fast geschlossen wird, wie für die Phragmoceraten, Gomphoceraten, Hercoceras mirum°. Prüfen wir die Daten, welche das Material unserer Sammlungen uns für die Lösung dieser Frage an die Hand giebt, so finden wir allerdings eine Menge von Erscheinungen, welche auf Resorption der Wohnkammer oder eines Teiles derselben hindeuten können. Nehmen wir z. B. einen Oecoptychius refractus, so finden wir die letzte Sutur stets auch bei verschieden grossen Individuen in gleicher Lage gegen- über dem Knie und gegenüber dem Mundrande (bei s in Fig. 4 Taf. IV). Die letzte Sutur kann einmal um 1 mm weiter nach vorne oder zurück liegen, nie aber findet man sie so weit vorgerückt, dass sie in der Beugung des Knies läge: nie findet man die letzte Sutur so weit zurückliegend, dass der Mundrand in der Kniebeugung läge. Niemalsferner hatman Exemplare von Oecopt. refractus gefunden, deren Wohnkammer anders als in der be- kannten geknieten Form gestaltet, resp. in regulärer Spirale gewachsen wäre. Formänderungen in dem Masse, wie sie die geknickte Wohnkammer eines Oecopt. refractus für den Tier- körper gegenüber der Form der gekammerten Schale zeigt (die punk- tierte Linie in Fig. 4 Taf. IV giebt den Verlauf der Aussenlinie einer ! Hyatt, Genesis of the Arietidae. Smithsonian Contributions to Know- ledge. 1889. p. 32, und: Genetice relations of Stephanoceras. Proceed. of Boston Soc. Nat. Hist. Bd. XVIII. p. 395, 396. ® Barrande, Systeme Silurien. Bd. II. Text IV. p. 139, 141, 1233. ® Zu beachten ist hier, dass Koken (Die Vorwelt und ihre Entwickelungs- geschichte. p. 431) für die Gomphoceraten mit ihrer schlitzförmigen Mündung annimmt, dass bei ihnen der Kopf ausserhalb des Gehäuses lag. Für die uns hier beschäftigenden Fragen ist es gleichgültig, ob das Tier vorne mit dem Kopfe oder gewissermasseu mit den Schultern (wenn dieser Vergleich erlaubt ist) gegen eine feste Wand stösst. — 266 — regulär gewachsenen Wohnkammer dieser Species an), hat man bei Tieren in einem so vorgeschrittenen Alter, wie es das der Refractus- Formen mit Wohnkammer doch repräsentiert, nie beobachtet. Diese Formveränderungen sind bei Oecopt. refractus sehr bedeutend und spielen sich (falls das Tier die Wohnkammer nicht resorbierte) in einem Lebensalter ab, welches jedenfalls bereits weit von dem Embryonalstadium — der Zeit der grössten Plasticität des Individuums — entfernt war; sie mussten beginnen, als der Mundrand des Tieres etwa an der Stelle der jetzt als letzten überlieferten Sutur lag. Wie liesse sich eine solehe Wohnkammerbildung, wie sie Oecopt. refractus zeigt, leichter erklären, als durch Resorption der Wohnkammer?. Das Tier resorbierte seine Wohnkammer, rutschte um einen kleinen Betrag auf dem vor- letzten Umgang nach vorne, baute eine neue, der früheren analoge Wohnkammer, ein neues Septum. Hyarr! plaidiert bei Oecopt. re- fractus und analogen Arten mit anormaler Wohnkammer unumwun- den für eine solche sich immer wiederholende Resorption der Wohn- kammerschale und für ein immer sich wiederholendes Neuaufbauen derselben; er sagt: „These species rebuilt a living chamber at each arrest of growth, which was eccentric having a flatter curvature, and being smaller than the included whorl. This living chamber was also resorbed at each period of renewed growth, as in Scaphites.“ Untersuchen wir Scaphiten, Sphäroceraten, Tropitiden, die sämt- lichen Gruppen von Ammonoideen mit anormaler Wohnkammer. Wir finden bei den einzelnen Arten stets die letzte Sutur gegenüber den Formveränderungen der Wohnkammer in gleicher Lage, auch bei sehr verschiedener Grösse der einzelnen Individuen. [In der beigegebenen Taf. IV bei s an sämtlichen Figuren. | Gerade die verschiedene Grösse der einzelnen Individuen der- selben Art mit ganz übereinstimmender Formveränderung der Wohn- kammer ist es, welche zu dem Schlusse der teilweisen oder ganzen Resorption der Wohnkammerschale geführt hat. Barranpe?” beob- achtete bei einzelnen Arten der Phragmoceraten, Gomphoceraten und bei Hercoceras mirum ganze Serien der verschiedensten Grösse, welche stets in gleicher, der Art charakteristischer Weise gebildete Wohn- kammerverengerungen am Mundrande zeigten. BARRANDE zog daraus ! Hyatt, Genesis of the Arietidae. p. 32. ? Barrande, Systöme Silurien. Bd. I. Text IV. p. 139, 141, 1233. — 261 — den Schluss der teilweisen Resorption der Wohnkammer, da er die kleineren Individuen für Jugendexemplare hielt. Gesza Bukowskı! lehrt uns aus dem Oxford von ÜÖzenstochau Individuen verschiedenster Grösse seiner Oppelia distorta kennen, welche alle eine in gleicher Weise ausgebildete gekniete Wohnkammer haben. Bukowskı schliesst daraus: „Nimmt man nun wirklich an, dass die kleinen Stücke unausgewachsene Individuen vorstellen, was im ersten Augenblick wohl ganz natürlich erscheint, so erklärt man unter einem die erwähnten Veränderungen, von denen zunächst die Knickung der Wohnkammer in Betracht kommt, für Merkmale, die vom Alter der Individuen ganz unabhängig zur Ausbildung ge- langen. Um sich aber das weitere Wachstum vorstellen zu können, muss man dann zur Annahme einer teilweisen Resorption der Wohn- kammer, der hier die ganze vordere geknickte Hälfte anheimfiele, greifen .... Ein Fall aber, in dem die Wohnkammer bis zur Hälfte resorbiert würde, ist bis jetzt meines Wissens nicht bekannt. Die Möglichkeit einer so weit zurückgehenden Resorption müsste bei Oppelia distorta entschieden zugegeben werden, falls man die kleinen Exemplare als Jugendformen auffassen wollte.“ E. v. Mossisovics? beschreibt Formen des T’ropites discobullatus, welche in ihrer Grösse (Durchmesser) bis zu 30 mm differieren. Bei Sphaeroceras bullatum »’OrB. kann man die verschiedensten Grössenverhältnisse beobachten. Im Durchschnitt erreichen die Indi- viduen eine Grösse von 80—90 mm, doch kommen Schwankungen von 70—120 mm, ja bis zu mehr als 300 mm Durchmesser vor; wobei jedoch bei kleineren Individuen die Zerschlitzung der letzten Sutur nicht mehr den Charakter von Jugendformen trägt. Analog schwanken die Masse bei manchen anderen mit anormaler Wohn- kammer ausgerüsteten Arten. Sind die kleinen Individuen nun Jugendexemplare, und da man die letzte Sutur sowohl bei kleinen als bei grossen Exemplaren in derselben Lage gegenüber den Formänderungen der Wohnkammer findet, erscheint eine solche Annahme ja von vornherein gerecht- fertigt, so können diese Formen nur weiterwachsen, indem sie die Wohnkammer ganz oder teilweise resorbieren. Eine andere Überlegung kann ebenfalls zu dem Schlusse führen, ! @ejza Bukowski, Über die Jurabildungen von Czenstochau in Polen. Beiträge zur Palaeontologie Österreich-Ungarns und des Orients. Bd. V. p. 121. 2 E. v. Mojsisovies, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. II. p. 212. Taf. 102 Fig. 7, 8. Taf. 104. Taf. 105 Fig. 2, 3, 4, 7. [2 Be MaBB. \eE dass die anormalen Wohnkammern resorbiert würden. Nimmt man an, dass die Wohnkammer nicht resorbiert würde, so erleidet der Tierkörper sehr erhebliche Formveränderungen. Bereits bei Be- sprechung des Oecopt. refractus wurde darauf hingewiesen; ein Blick auf Taf. IV Fig. 4 ruft diese Verhältnisse nochmals zurück. In neben- stehender Skizze (Fig. 4A und B) habe ich schematisch die Wohn- kammer und einen Teil der vorletzten Windung eines Sphaer. bullatum aufgerollt, die Rücken-(Innen-)Seite also unverhältnismässig gereckt, und mir dieselbe auf eine Ebene senkrecht zur Symmetrieebene des Tieres projeziert gedacht. Die ganz ausgezogenen Linien geben das \ Fig. 4. Schematische Darstellung der Wohnkammer und eines Teiles der letzten Windung von Sphaeroceras bullatum d’Orb. sp. (vergl. Text). an der Schale Beobachtete, die punktierten Linien Hypothetisches wieder. Jetzt ist uns eine Wohnkammer überliefert, welche von dem letzten Septum a bis zum Mundrande a, geht. |Die Zeichnung giebt die Verhältnisse der Wohnkammer nicht ganz richtig wieder, da die Höhe der Wohnkammer sich nicht in gleicher Weise wie die Breite derselben nach vorne zu verändert. Die Höhenzunahme nach der Mündung hin ist aber viel geringer als die Verminderung der Breite, doch immerhin kommt die Skizze den faktischen Ver- hältnissen ziemlich nahe.] Würde die Wohnkammer eines Sphaer. bullatum nicht resorbiert, so müsste die der jetzt fossil überlieferten — 269 — Wohnkammer aa, vorangehende bb, gewesen sein, sie müsste vom vorletzten Septum b etwa bis b, gereicht haben. Die nächstzurück- liegende müsste cc, gewesen sein, und so fort bis mm,. Bei der Wohnkammer mm,, welche in ihrer Form beinahe das umgekehrte Bild der Wohnkammer aa, bietet (Fig. 4 B), stellte sich — unter der Annahme, dass keine Resorption einträte — die Formverände- rung am Mundrande, dem Vorderende des Tierkörpers ein, welcher auf diese Weise dauernd umgestaltet wird. Bei der folgenden Wohn- kammer wurde das Vorderende des Tieres wieder mehr verengt,' eine etwas weiter hinten liegende Partie des Tierkörpers wurde verbrei- tert. So geht das fort, bis schliesslich die letzte Wohnkammer aa, vorne am engsten, hinten am weitesten ist. In noch krasserem Lichte erscheinen die 'Formveränderungen eines Sphaer. bullatum, wenn man sich dasselbe nach Art der regelmässig wachsenden Ammo- noideen ausgebildet denkt und die einem solchen Wachstum ent- sprechende Wohnkammer konstruiert. Dieselbe würde in der Skizze Fig. 4 A der Ausdehnung a, &, y% entsprechen. Konstruiert man eine regelmässig gewachsene Wohnkammer für Sphaer. microstoma, Trop. subbulatus, so würde dieselbe in den Taf. IV Fig. 9 und 12 wiedergegebenen Querschnitten den in diesen Figuren punktierten Linien entsprechen. Taf. IV Fig. 5 giebt die verschiedenen Mundrandquerschnitte, welche das Tier des Oecopt. refraetus bei s, a, b (Taf. IV Fig. 4) aufweist, wenn es seine Wohn- kammer nicht resorbiert. Derartige Formveränderungen, wie die eben geschilderten — und zwar in relativ spätem Alter der Individuen — sind bei Tieren meines Wissens und, soviel ich danach Erkundigungen einzuziehen vermochte, nicht beobachtet worden '. Die Formveränderung beginnt bei Sphaer. bullatum (immer unter der Voraussetzung, dass keine Resorption der Wohnkammer stattfände) am Ende des vorletzten Umganges;; sie spielt sich also ab in einem Zeitraume, der zum Bau eines Umganges er- forderlich ist. Sie tritt ein zu einer Zeit, in welcher das Tier in bezug auf die Ausbildung der Lobenlinie (abermals etwa einen Umgang ! Die bei Foraminiferen beobachteten Formveränderungen sind mit denen der Ammoniten mit anormalen Wohnkammern nicht übereinstimmend. Bei Fora- miniferen kommt es vor, dass eine oder einige Kammern anders gebaut sind, als die Mehrzahl derselben. Doch hier wird immer nur ein Teil des die ganze Schale erfüllenden Sarcodekörpers in eine andere Form gezwängt, während bei den viel höher organisierten Ammonoideen mit anormaler Wohnkammer häufig der ganze Körper seine Form ändern müsste. — 270 — zurück) und die Skulptur in den weitaus meisten Fällen nicht mehr den Charakter einer Jugendform trug. Die Formveränderungen der Wohnkammer, das Fehlen von Individuen derselben Art, welche Übergangsstadien vom Eintritt der Veränderung an bis zu deren Vollen- dung zeigen, die verschiedene Grösse von Individuen derselben Art mit ganz gleich formveränderten Wohnkammern legen den Schluss nahe, dass die Ammoniten mit anormaler Wohnkammer zu ihrem Weiterwachsen Resorption eines Teiles oder der ganzen Wohnkammer vornahmen. NResorptionen von geringerem Umfange müssten auch bei Ammoniten stattgehabt haben, deren Mundrand Ohren trug. Wie BARRANDE für die mit so ausserordentlich verengten Mündungen ver- sehenen Phragmoceraten und Gomphoceraten eine Resorption des vorderen Teiles der Schale annahm, so kann man ein Weiterwachsen eines Perisphinecten mit Ohren, eines Stephanoceras Braikenridgi, eines Morphoceras pseudoanceps nur dann sich möglich denken, wenn die Ohren resorbiert wurden — falls die Ohren auch den Mundrand der Jugendstadien schmückten. |Ja es wird allgemein angenommen, dass Arten mit Ohren dieselben gegen das Alter hin oft wieder ver- lören; eine Annahme, welche wohl noch erst sicherer Begründung bedarf.]| Ob die Formveränderung der Wohnkammer auf den vorderen Teil derselben beschränkt ist, oder ob sie über die ganze Wohn- kammer ausgedehnt ist, ist für die Frage der Resorptionserscheinungen im Prinzip vollkommen gleichwertig. Hat man nun überhaupt faktische Beweise, dass Resorptionen der Schale oder von Schalenteilen bei Ammoniten vorkommen? Lorenz TEıssEeYRE! erklärt die „Parabellinien“ von Perisphincten, von denen ihm aus dem Rjäsan’schen Ornatenthone Exemplare vor- lagen, welche diese Bildungen in ausgezeichnetem Masse zeigen, als Grenzen der jeweilig vorgenommenen teilweisen Resorption des Mund- randes. Die Abstände solcher Parabellinien stimmen ziemlich genau mit den Abständen von Septen überein, welche etwa um Wohnkammer- länge von den einzelnen Parabellinien zurückliegen. Auffallend und von TEISSEYRE als gravierend für die Resorptionshypothese benutzt ist das Verhalten der Skulptur an diesen Parabellinien. Es kommt nämlich vor, dass die Rippenteile vor der Parabellinie mit denen ı Teisseyre, Üephalopodenfauna der ÖOrmatenthone im Gouvernement Rjäsan (Russland). Sitzber. Akad. Wien. 1883. I. p. 608—624, und Teisseyre, Über die systematische Bedeutung der sogenannten Parabeln bei Perisphincten, N. Jahrb. f. Min. ete. Beil.-Bd. VI. p. 570—643. az. hinter derselben nicht korrespondieren. Resorbierte das Tier einen Teil des Mundrandes (zurück bis zu der als Parabellinie überlieferten Bildung), baute es dann wieder Schalensubstanz an, so brauchten die in den Ausbuchtungen vor und hinter der Parabellinie liegenden Rippenteile nicht zusammenzufallen. Man findet nun neben Parabel- linien Einschnürungen! (z. B. bei Per. curvicosta Opr., suleiferus Opr.), welche in ihrem Verhalten vollkommen mit denen übereinstimmen, welche wir vor dem heute als letztem überlieferten Mundrande eines Perisphincten mit Ohren kennen. Diese Einschnürungen finden sich in grösseren Abständen als die Parabellmien. Die Einschnü- rungen sind nicht von Parabellinien-ähnlichen Gebilden (etwaigen Resorptionsresten) begleitet. Einschnürungen auf Steinkernen erklärt Mossısovics als Paulostome, als Schalenverdickungen von in gewissen Abständen stehengebliebenen Mundrändern, von Mundrändern also, welche grössere Ruhepausen im Wachsen der Schale und des Tieres repräsentieren. Neben diesen Ruhepausen im Wachsen der Schale würden die Parabellinien zunächst weitere Pausen bedeuten, und zwar Pausen, in welchen die Septen abgesondert wurden. Nach Mossısovics? sind stark kontrahierte Peristome (also wohl auch Peri- stome mit Schalenverdickungen und Ohren wie bei den Perisphincten) Kriterien für ausgewachsene Individuen. Man hätte demnach im Leben eines Ammoniten Ruhepausen dreierlei Art zu konstatieren: 1) Bildung der Septen (begleitet von Parabellinienbildung bei Peri- sphinceten), 2) Bildung der Paulostome, 3) die letzte Pause, während welcher das Peristom gebildet wurde und das Tier am Ende seines Wachstums angelangt war. Abgesehen von der letzten Ruhepause würden die beiden ersteren Ruhepausen anderer Art bedeuten oder auch Beweis geben für zwei verschieden weit sich erstreckende Re- sorptionsarten der Mundrandteile, falls der Mundrand eines Peri- sphincten zu jeder Zeit dem uns jetzt als letzten überlieferten gleich gebildet war. Übrigens giebt es ja auch eine grosse Menge von Ammoniten, welche keine Einschnürungen auf den Steinkernen tragen, welche also Mundränder ohne Schalenverdickungen hatten. ! Das Vorkommen von Einschnürungen bei einer mit durchaus anormaler Wohnkammer ausgestatteten Art: Morphoceras dimorphum D’ORB. sp., veranlasst selbst einen der Verteidiger von Resorptionen der Wohnkammer, Hyatt, grös- sere Resorptionen wenigstens bei dieser Art zu leugnen. [Genetie relations of Stephanoceras p. 374: „The presence of the furrows also shows, that the living chamber was never absorbed to any great extent..... =] ®? v. Mojsisovics, Arktische Triasfaunen. M&m. de l’Acad. des sciences de St. Petersbourg. Bd. XXXIH. p. 23. ID N Wie dem auch sei, jedenfalls ist es schwer zu erklären, wie die Re- sorption auch nur eines Teiles des Mundrandes vor sich gegangen sein soll. Dasselbe Organ, der Mantel, resp. der Mantelrand, sonderte einmal Schalensubstanz ab, ein zweites Mal zerstörte es wieder die ausgeschiedene Substanz, zwängte sich ein Stück rückwärts, um wieder in Kontakt mit dem Schalenrande zu gelangen und weitere Schalensubstanz abzulagern? Resorptionen kennt man bei einigen Schnecken (Conus), bei welchen ein Teil der Spindelmasse resorbiert wird, um weiter vorne an einem anderen Teile der Schale wieder abgelagert zu werden. Bei Cypraeen wird auch angenommen, dass ein Teil der sehr stark verdickten Mundöffnung resorbiert wird, um ein Weiterwachsen des Tieres zu ermöglichen; thatsächlich be- obachtet ist aber auch hier die Resorption nicht. Ungezwungen liessen sich die Parabellinien wohl auch als wirk- liche Mundränder erklären, welche in Form der Parabellinie aus- gebildet waren und welche von den mit Ohren versehenen (letzten) Mundrändern der Perisphineten ziemlich weit abwichen. Eine end- gültige Erklärung hierfür müsste das Verhalten der Anwachsstreifen geben. Sind die Parabellinien faktische Mundränder, nicht Resorp- tionsgrenzen, so müssen die Anwachsstreifen ihnen parallel gehen. Die Anwachsstreifen müssten dann die Rippen kreuzen, was übrigens bei Rippenspaltungen eo ipso z. T. der Fall sein muss. Das mir zu Gebote stehende Material liess eine Untersuchung nach dieser Hin- sicht nicht zu: ich konnte fast nur Steinkerne untersuchen, die wenigen Schalenexemplare ergaben kein Resultat. Bei der Schale von Argonauta, die nur aus Porzellansubstanz besteht, kreuzen sich Anwachsstreifen und Rippen immer. Wie bereits gesagt, kann man die Parabellinien ungezwungen als wirkliche Mundränder ohne Resorptionserscheinungen erklären; und Resorptionserscheinungen sind bei Ammoniten wohl überhaupt nicht sicher nachzuweisen. In dieser Beziehung war es mir von besonderer Freude, von Herrn E. v. Mossısovics in einem vom 13. Fe- bruar 1894 datierten Briefe eine mit der meinen harmonierende An- sicht ausgesprochen zu finden: „.... dass ich Ihre Ansicht über die Unzulässigkeit der Annahme einer Resorption der Mundränder und deranormalen Wohnkammern voll- ständig teile.“ Giebt es nın Beweise, welche gegen die Resorption der Wohn- kammer oder eines Teiles derselben sprechen? Diese Frage darf wohl mit einem zweifellosen Ja beantwortet werden. — 213 — Bei Ammoniten, deren Mundrand keine Einschnürungen, keine Schalenverdickungen zeigt, und welche bis zum Ende der Röhre durchaus regelmässig gewachsen sind, brauchte keine Resorption vor- genommen zu werden. Ja man hat sogar ganz direkt Beweise dafür, dass bei gewissen Ammoniten keine Resorption stattfand. Neumayrk' beschrieb ein Lytoceras immane, welches stehengebliebene Mund- ränder zeigte, Mundränder von Trompetenform, ähnlich wie sie die Nautilidenform des Gyroceras alatum aufweist. Das Stehenbleiben solcher Mundränder spricht entschieden gegen Resorption. Die Schalenausbesserungen im gekammerten Teile der Schale, wie eine solche in sehr schöner Weise mir bei Phylloceras disputabile Zırr.? vorlag, beweisen auch, dass wenigstens bei Ammoniten mit regel- mässigem Wohnkammerwachstum keine Resorption der Schale statt- fand. Eine Ausbesserung derart konnte nur vorgenommen werden, solange dieser Windungsteil Wohnkammer war. Die neue Schalen- substanz ist von innen aus gegen den Bruchrand der Schale an- geheftet, nicht etwa von der Aussenseite her, wie es der Fall sein müsste, wenn das Tier die Ausbesserung dieser Bruchstelle vor- genommen hätte, als hier bereits Septen abgesondert waren. Ebenso sprechen auch Unregelmässigkeiten der Schale, welche durch Mantel- randverletzungen hervorgerufen sind und sich nicht nur über die Wohnkammer hinziehen, sondern auch auf dem gekammerten Teile vorkommen, gegen Resorption der Wohnkammer. Ich konnte derartige Narben von Mantelrandverletzungen bei mehreren Exemplaren von S'phaer. Gervillei, einer Form mit anormaler Wohnkammer, beobachten. Würde ein Ammonit mit anormaler Wohnkammer seine Wohn-, kammer ganz oder teilweise resorbieren und dann eine neue bauen, wie es Hyarr annimmt, so müsste man Resorptionsgrenzen bei diesen Arten konstatieren können. Bei dem Vorgange der Resorption müssten - Rippen und Knoten in verschiedener Weise zerstört, oder z. T. zer- stört werden. Baute nun das Tier seine neue Wohnkammerschale, nachdem es die alte resorbiert hatte, so brauchten die neu ab- geschiedenen Rippen und Knoten nicht mit den alten stehen ge- bliebenen zu verschmelzen; sie müssten vielmehr von diesen ab- weichen und so deutliche Grenzen der Resorption überliefern. Es ! Neumayr, Über die Mundöffnung von Lytoceras immane Orr. Bei- träge zur Palaeontologie Österreich-Ungarns und des Orients. Bd. III. p. 101—103. Tal. ax. ® Pompeckj, Beiträge zu einer Revision der Ammoniten des schwäbi- schen Jura. Lief. I. Taf. II Fig. 3. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 18 — 274 — ist solches aber bei keinem Oecoptychius, Scaphites, Sphaeroceras oder anderen Ammoniten mit anormaler Wohnkammer zu beobachten. Die Litteratur über Ammoniten giebt keinen Anhalt hierfür (selbst Hyarr nicht). Bukowsk1 (]. c. p. 121) steht, „da irgendwelche positive Anhaltspunkte fehlen, ob ein solcher Vorgang (Resorption mindestens der halben Wohn- kammer bei Oppelia distorta Bur.) hätte stattfinden können,“ von der Diskussion der Frage, ob anormale Wohnkammern resorbiert würden, ab. Es ist schwer zu erklären, wie z. B. ein Oecopt. refractus, wenn er seine geknickte anormale Wohnkammer resorbiert hat, ein Stück weit auf dem vorhergehenden Umgange nach vorne rutschen und dann eine neue Wohnkammer bauen soll? Wie würde das Tier mit dem gekammerten Teile der Schale in Konnex bleiben? Durch den Sipho allein? Es ist kaum denkbar, dass auf diese Weise das Tier stets in der Symmetrieebene weiter gewachsen wäre, wie es in der That der Fall ist. Ausserdem müsste das Tier dann, wenn die alte Schale zerstört war, sehr leicht zu Grunde gehen. Aller- dings sind Wohnkammerexemplare, wie überhaupt bei Ammoniten, so auch bei denen mit anormaler Wohnkammer, relativ selten, und man könnte sagen, gerade dieses seltene Vorkommen von Wohn- kammerexemplaren spräche dafür, dass die betreffenden Tiere zu Grunde gegangen wären in einer Zeit, als die alte Schale resorbiert und die neue noch nicht gebaut war. Aber für diese Argumentation fehlen die Nachweise von Resorptionsgrenzen (vergl. oben). Geradezu unmöglich wird die Annahme, dass das Ammoniten- tier seine Schale resorbierte, etwas nach vorne rutschte und dann eine neue Schale baute, bei den Scaphiten, deren Wohnkammer z. T. von der Spiralschale abgelöst ist, oder bei einem Macroscaphites, wo die ganze Wohnkammer von der Spirale abweicht. (Nebenbei gesagt, lassen sich auf dem spiralen, gekammerten Teile eines Maero- scaphites Paulostome konstatieren.) Wie sollte das Tier eines sol- chen Scaphiten, eines Macroscaphiten mit dem Spiralteile in Ver- bindung geblieben sein? Wie sollte das Tier ferner, nach der Resorption seiner Wohnkammerschale, nackt, ohne Stütze, so regel- mässig seine Form bis zur Absonderung der neuen Wohnkammer- schale bewahren, wie wir sie z. B. bei der Wohnkammer von Macroscaph. Ywani stets überliefert finden? Und doch kennt man nur Wohnkammern von Scaphiten und Macroscaphiten, welche bei derselben Art stets in gleicher Weise vom gekammerten Schalenteile abweichen. Die bei vielen trachyostraken, aber auch bei leiostraken Am- MAD... moniten beobachteten Ausbuchtungen des Mundrandes in der Nähe des Nabels werden vielfach so gedeutet, dass hier ein Armpaar sich aus der Wohnkammer hinaus über die äussere Schale legte. Die von Dov- viıLL& beschriebene Mundform des Morphoceras pseudoanceps, die Mün- dungen der mit Ohren versehenen Ammoniten überhaupt, lassen diese Deutung erklärlich erscheinen. Selbst wenn aber das Tier während der Resorptionszeit der Schale durch Arme (ähnlich wie bei Argo- nauta) mit dem Spiralteil der Schale in Verbindung gehalten wurde, so war es doch während dieser Zeit ausserordentlich wenig gegen Verletzungen geschützt und musste sehr leicht zu Grunde gehen. Resorptionserscheinungen sind bei Ammoniten überhaupt nicht nachgewiesen. Ammoniten, welche bis zur Mündung regelmässig wachsen, haben keine Resorption nötig. Bei ganz oder teilweise stabförmig gebauten Ammoniten, welche auch im gestreckten Teil der Schale Scheidewände tragen, gehört Resorption der Wohnkammer einfach zu den Unmöglichkeiten. Es giebt an Ammoniten alte Mundränder, welche keine Resorptionserscheinungen zeigen. Die Ausbesserungen von Schalenbrüchen, welche sich im jetzt gekammer- ten Teile der Schale finden, konnten nur bestehen bleiben, wenn keine Resorptionder Wohnkammer statt- ' Für die Erscheinung, dass man Wohnkammern verhältnismässig selten erhalten findet, genügt die Erklärung, dass die Wohnkammerschale eines zu Grunde gegangenen Tieres überhaupt weniger widerstandsfähig sein musste, als der mit Stützwänden (den Septen) versehene gekammerte Schalenteil. Bei der Beschreibung des Lytoceras immane erwähnt Neumayr einen vorderen ver- drückten Teil der Wohnkammer. Neumayr glaubt diese Verdrückung so er- klären zu können, dass dieser Teil noch nicht vollkommen verkalkt war, infolge- dessen durch auflastenden Druck leichter zerstört werden konnte. Es ist da wohl die folgende Erklärung anzunehmen: Der Ammonit baute beim Weiterwachsen zunächst nur eine gewisse Strecke die Porzellanschicht weiter, erst dann lagerte er von der Mantelfläche gegen die Innenseite Perlmuttersubstanz ab [letztere zeigt bei Nautilus keine Anwachsstreifung, sondern sie ist glatt). Wurde das Tier getötet, bevor die innere Schalensubstanz abgelagert war, so konnte der neu- gebaute Wohnkammerteil leicht zerstört werden. Aus dem schwäbischen Ornaten- thon liegt mir eine grosse Menge von Exemplaren des Oecoptychius refractus vor, welche nur die Hälfte der Wohnkammer erhalten zeigen; z. T. ist die vordere Hälfte derselben noch in verdrücktem Zustande erhalten, z. T. aber fehlt sie ganz und der unregelmässige Bruchrand der erhaltenen halben Wohnkammer (meistens Steinkerne) beweist, dass die hintere Hälfte widerstandsfähiger war; vielleicht also waren nur erst im hinteren Teile der Wohnkammer bei diesen Exemplaren beide Schalenschichten abgesondert. 23% — ib — fand. Aus diesen Sätzen ist der Schluss berechtigt, dassauch dieAmmonitenmitanormalen Wohnkammern diese Wohnkammern nicht resorbierten. Von ganz besonderem Interesse und die Ansicht von Resorp- tionen der Wohnkammer schlagend widerlegend, sind nun zwei Exem- plare von Ammoniten, welche von E. v. Mossısovics und Bukowskı beschrieben wurden: Arcestes bicornis v. HAuER sp.' und Oppelia minax Bukowsk1?. Beide Exemplare repräsentieren Jugendformen von Arten, welche wir als mit anormalen Wohnkammern ausgestattet kennen. Beide Exemplare aber zeigen Wohnkammern und zwar ganz regelmässig gebaute Wohnkammern. Es sind dieses, soweit ich weiss, die beiden einzigen Fälle, in denen man mit Wohnkammern ausgestattete Jugendformen von Arten mit „anormaler Wohnkammer“ kennt. Die Zugehörigkeit beider Exemplare zu den betreffenden Arten erscheint zweifellos, und bei dem genannten Exemplar von Oppelia minax hebt Bukowskı noch besonders hervor, dass die Skulptur dieser Wohn- kammer durchaus mit derjenigen grösserer gekammerter Kerne über- einstimmt. Die Wohnkammer grösserer Exemplare ist gegen vorne verengt, mit erweitertem Nabel versehen und trägt eine abweichende Skulptur. Bukowskı schliesst aus dem Vorkommen einer nicht ver- änderten Wohnkammer bei Opp. minax: „Dieser Umstand deutet nun mit Bestimmtheit darauf hin, dass die an grossen Exemplaren beschriebenen Veränderungen nicht als Charaktere der Wohnkammer aufzufassen sind — denn dann müssten sie bei verschiedenalterigen Individuen in gleicher Weise auftreten — sondern dass ihr Auftreten an ein bestimmtes Alterstadium gebunden ist.“ Wie die beiden angeführten Exemplare von Arc. bicornis und Opp. minax lehren, können Individuen verschiedener Altersstadien mit Wohnkammer überliefert werden. Bei Ammoniten mit „anormaler Wohnkammer“ haben dann die Jugendstadien eine anders gestaltete ı E. v. Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. I. Taf. 47 Fig. 4a—c. Fig. 4c ist, wie Herr v. Mojsisovics mir mitzuteilen die Güte hatte, durch ein Versehen des Zeichners so gezeichnet worden, als ob die Wohn- kammer nach vorne zu verschmälert würde. Es ist das nicht der Fall, die Wohnkammer wächst vielmehr bis zum Mundrande ganz regelmässig an Höhe und Breite weiter; vergl. damit Fig. 5 u. 6. ? Gejza Bukowski, Über die Jurabildungen von Czenstochau in Polen. Beiträge zur Palaeontologie Österreich-Ungarns und des Orients. Bd. V. p. 107. ll Wohnkammer als die meist fossil überlieferte der erwachsenen Individuen. Die Parabellinien der Perisphincten konnte man als alte Mund- ränder deuten, welche in ihrer Form von den mit Ohren geschmückten abweichen. Die Anwachsstreifen der Schale eines Ammoniten müssen aber notgedrungen auch jeweils einen nur ganz vorübergehend exi- stierenden Mundrand bedeuten. Es herrscht im allgemeinen die Ansicht, dass Ammoniten mit Mundrandohren dieselben gegen das Alter hin resorbieren. Der Ansicht vermag ich mich nicht anzuschliessen, da man dann an der Schale Resorptionsgrenzen finden müsste, was nicht der Fall ist (siehe oben). Ich glaube vielmehr, dass ein mit Ohren ausgestatteter Mundrand auf ein ausgewachsenes Individuum deutet. Waagen! bildet zwei Stücke von Harpoceras opalınum von Saskale in Galizien mit Mundrand ab; beide sind gleich gross; das eine trägt Ohren, das andere nicht. Bei diesem letzteren nun verläuft der Mundrand wie die Anwachsstreifen auf der ganzen Schale; bei dem ersteren ändert sich naturgemäss die Richtung der Anwachsstreifen in der Nähe des Mundrandes und der Ohren; doch nur wenig auf der Windung zurück verlaufen die Anwachsstreifen in regelmässiger Weise. Auch Waacen erklärt das Vorkommen und Fehlen von Ohren am Mundrande von Harp. opalinum so, dass das Tier nur bis zu einem gewissen Stadium Ohren trug, sie dann resorbierte und nicht mehr baute, falls nicht individuelle Verschiedenheiten die Heraus- bildung von Ohren bedingten. (Die naheliegende Frage nach sexuellen Unterschieden bringt Waagen nicht mit den Ohren in Beziehung.) Ich glaube nun auch den Schluss für gerechtfertigt zu halten, dass Harp. opalınum (Fig. 6 bei WAAGEn) ohne Ohren ein Individuum repräsentiert, welches starb, ohne die Schale bis zu der Form der ganz erwachsenen ausgebaut zu haben, während Harp. opalinum (Fig. 7 bei Waagen) ein vollkommen ausgewachsenes Individuum re- präsentiert ?. Die regelmässig ausgebildeten Wohnkammern der genannten beiden Exemplare von Arc. bicornis und Opp. minax beweisen, dass die Wohnkammer bei diesen Arten zu verschiedenen Zeiten verschieden gestaltet waren; sie beweisen ferner, dass Resorptionen der ! Waagen, Über die Ansatzstelle des Haftmuskels bei Nautilus und den Ammoniten. Palaeontographica. Bd. XVII. p. 195. Taf. 40 Fig. 6, 7. ?2 Die beiden Waagen’schen Abbildungen zeigen übrigens in bezug auf Wohnkammerlänge und Nabelweite sehr erhebliche Differenzen. —. 278 Wohnkammern bei diesen Arten nicht vorkamen. Was aber von Arc. bicornis und Opp. minax gilt, darf man auch getrost auf die übrigen „Ammonoideen mit anorma- ler Wohnkammer“ übertragen und schliessen, es giebt keine Resorption der anormalen Wohnkammern. Da man ferner keine als Resorptionsgrenzen zu deutende Bildungen bei Ammoniten kennt, so ist die Frage nach Resorptionserscheinungen überhaupt zu ver- neinen. Für die Ammoniten mit anormalen Wohnkammern ist dann noch weiter zu schliessen: Die der letzten überlieferten anormalen Wohnkammer vorangehenden Wohnkam- mern waren von dieser abweichend gestaltet. Weiter geht aus dem Gesagten hervor, dass man in den Be- schreibungen von Art- oder Gattungscharakteren streng genommen nicht sagen darf: „Die Wohnkammer ist in der und der Weise gegen die Spirale des gekammerten Gehäuseteiles verändert“, sondern dass man hierbei betonen müsste: „Die letzte Wohnkammer, oder die Wohnkammer eines ausgewachsenen Tieres u. s. w.“ II. Über die Bedeutung der „anormalen Wohnkammern“ der Ammonoideen. Es ist darauf hingewiesen worden, dass man bei derselben Art von Ammoniten mit anormaler Wohnkammer Individuen der ver- schiedensten Grösse kennt, welche die Formveränderung der anormalen -Wohnkammer stets in gleicher für die betreffende Art charakte- ristischer Weise zeigen, z. B. bei Sphaer. bullatum v’OrB. sp., Trop. discobullatus E. v. Moss., Opp. distorta Bur., Morphoc. dimorphum v’ORB. sp. und bei vielen anderen. Durch die beiden Exemplare von Arc. bicornis v. Hav. sp. und Opp. minax Bu. ist es erwiesen, dass die Jugendstadien eine von der als formverändert überlieferten Wohnkammer abweichend gebaute, der regelmässigen Spirale ent- sprechende Wohnkammer besassen. Da ferner überhaupt Wohn- kammern nicht resorbiert wurden, wie Resorptionserscheinungen an den Schalen von Ammoniten mit Sicherheit durchaus nicht nachweisbar sind, so ist der Schluss berechtigt, dass anormale Wohn- kammern ausgewachsene Individuen repräsentieren, selbst wenn die Grössenverhältnisse von Individuen oe derselben Art sehr verschiedene sind'!. Wie ist nun diese Grössenverschiedenheit ausgewachsener Individuen derselben Art zu erklären. Gesza Burowskı sagt bei der bereits citierten Diskussion seiner Opp. distorta, dass man die verschiedene Grösse gleich formveränderter Exemplare zunächst als auf sexuellen Unterschieden beruhend deuten könne. Gegen diese Deutung erhebt aber der Autor selbst Wider- spruch, indem er anführt, dass in den Grössenunterschieden keine Konstanz besteht, sondern dass man zwischen den grössten und kleinsten Individuen derselben Art alle möglichen Übergänge findet. Das Gleiche kann man bei sämtlichen anderen Ammonitenformen beobachten. Die Grössenverhältnisse übersteigen, wie oben an- geführt, das Mass, welches wir bei heute lebenden Arten beob- achten. Wenigstens kommen Grössendifferenzen von solchem Um- fange nicht an den heute in gleicher Gegend unter gleichen Be- dingungen lebenden Arten vor. Gleiche Lebensbedingungen aber existierten im Meer der Macrocephalenzone wohl im ganzen schwä- bischen Jura, wo die Sphaer. bullatum abgelagert wurden, und doch findet man an einem Fundorte, Laufen bei Balingen, Individuen sehr verschiedener Grösse. Gleiche Lebensbedingungen mussten auch im Jurameere bei Czenstochau existieren zu der Zeit, als dort die Oxfordthone abgelagert wurden, in welchen wir heute die sehr ver- schieden grossen Individuen von Opp. distorta Bur. nebeneinander finden. WartHer? plaidiert nun, indem er die Ammoniten in bezug auf ihre Bedeutung als Leitfossilien bespricht, dass dort, wo wir heute Gehäuse von Ammoniten finden, das Ammonitentier gar nicht gelebt zu haben braucht. Man findet Schalen von Nautilus und Spirula heute an allen Küsten des Indischen Oceans verbreitet, in sehr viel grösserer Verbreitung als die Tiere selbst (was namentlich von Spirula gilt). Diese Erscheinung ist darauf zurückzuführen, dass die Schalen nach dem Tode und nach der Verwesung der Tiere als specifisch sehr leicht von Meeresströmungen sehr weit fortgeführt und auf diese Weise weit verbreitet werden können. So gelangen die Nautilus- ! Unter dem Umstande, dass verschieden grosse Individuen ausgewachsen sein können, gewinnt Quenstedt’s so oft wiederholter Schluss: „Die kleine Scheibe ist bereits ausgewachsen, denn sie hat eine Wohnkammer,“ viel an Be- rechtigung. Allerdings können auch Wohnkammern nicht ausgewachsener In- dividuen fossil überliefert werden, doch scheint das wohl nicht als besonders häufig anzunehmen zu sein, wie die grosse Seltenheit normal gebauter fossiler Wohnkammern der sog. Ammoniten mit anormaler Wohnkammer beweist. ? Walther, Die Lebensweise der Meerestiere. p. 509—516. — 280 — Schalen in grossen Mengen an die Küsten und werden dort allmählich zerstört. Dringt in die Luftkammern einer Nautilus-Schale Wasser, bevor dieselbe an eine Küste geworfen wird, so muss sie zu Boden sinken, und sie wird in die Möglichkeit kommen fossil zu werden, wie so die zahlreichen Nautilidenschalen uns fossil überliefert sind. Nach dem Tode und der Verwesung des Ammonitentieres musste auch die Ammonitenschale planktonisch werden. Meeresströmungen können sich sehr weit erstrecken; sie streifen Gebiete verschiedener Lebensbedingungen. Unter verschiedenen Lebens- bedingungen an verschiedenen Orten erreicht dieselbe Art verschiedene Grösse!. Dieselbe Meeresströmung kann also Individuen derselben Art (oder deren Schalen) von verschiedenen Lebensbezirken, unter verschiedenen Bedingungen entwickelt, daher von verschiedener Grösse und unter Umständen auch von etwas abweichender Skulptur nach einem und demselben Orte transportieren. Die gleich grossen Schalen der aus einem Bezirke stammenden Tiere können aber auch an ver- schiedenen Stellen zu Boden gesunken sein, je nachdem, ob früher oder später durch irgendwelchen Grund Wasser in die Luftkammern drang und so die Schalen zum Sinken brachte. Auf die Herkunft von verschiedenen Lokalitäten also — meine ich — und nicht etwa auf Geschlechtsunterschiede sind die heute zusammengefundenen ver- schieden grossen Schalen derselben Art zurückzuführen. Auf diesen Umstand wird man dann auch unter Berücksichtigung des früher Gesagten das Faktum zurückführen können, dass man kleinere ohrentragende Individuen derselben Art unter Umständen neben grösseren ohrenlosen findet. Die Eigenbewegung der Ammoniten überhaupt dürfte keine besonders grosse gewesen sein. Formen mit zugeschärfter Aus- senseite mögen sich allerdings wohl durch kräftige Trichter- kontraktionen mit einem gewissen Grade von Schnelligkeit selb- ständig fortbewegt haben. Formen mit breiter Aussenseite und niedrigen Windungen konnten kaum sehr geschickte Schwimmer sein. Bei einem Sphaer. bullatum musste die breite Aussenseite geradezu einem Trichterstosse entgegenwirken. Bei einem Scaphiten, welcher infolge der Lage und Richtung seiner Wohnkammer mit nach oben gekehrten Luftkammern schwimmen müsste, würde eine - Trichterkontraktion und Wasserausstossen geradezu zu einer Art von ! Interessante Daten hierüber enthält die Arbeit von ©. Semper, Über die Wachstumsbedingungen von Lymnaeus stagnalis. Verhandl. d. Phys. med. Gesellsch. Würzburg. N. F. Bd. IV. p. 50 ff. ERS 2 Radschlagen führen. Ein Cochloceras, ein Turrilites mit schnecken- förmig gewundenem Gehäuse konnte kaum ein eleganter Schwim- mer sein. Hyarr! und nach ihm Warrker (l. c. p. 515) nahmen an, dass wohl ein Teil der Ammoniten (namentlich die mit ver- engten Mündungen versehenen, die mit anormalen Wohnkammern und die ammonitischen Nebenformen) benthonisch am Grunde des Meeres lebten, resp. sich an im Meere schwimmenden Pflanzen an- hefteten. Und WALTHER sagt wohl mit Recht, dass die Ammoniten- tiere selbständig nicht grosse Wanderungen unternehmen konnten, ohne ihre Artcharaktere zu verändern. Ob man die Ammoniten mit Recht allgemein als „pelagische Schwimmer“ ansprechen darf, wie es heute oft geschieht, dürfte als sehr zweifelhaft erscheinen. Wahr- scheinlich nur durch Verfrachtung der Schalen ist es zu erklären, dass wir z. B. Stephanoceras bullatum v»’OrB. in Cutch in Indien, in Europa, in den Anden Boliviens, in ganz gleicher Weise wiederfinden. Es werden natürlich auch Armoniten dort, wo sie lebten, fossil gefunden werden; doch eine Entscheidung für jeden einzelnen Fall, ob der Ammonit dort, wo er gefunden wird, lebte, oder ob seine Schale an diese Stelle hin verfrachtet worden, dürfte sehr schwer zu geben sein. Schon durch Bukowskı? wurden die Ammoniten mit anormalen Wohnkammern in bezug auf die Sexualfrage gestreift, und Bukowski verneint, dass die verschieden grossen Individuen von Opp. distorta [deren verschiedene Grösse an einer Lokalität vorhin erklärt wurde] auf Geschlechtsunterschiede zurückzuführen seien. Munıer-CHaLmas® widmet neuerdings der Sexualfrage unter be- sonderer Berücksichtigung der Ammoniten mit anormalen Wohnkammern eine kleine interessante Arbeit. Er vereinigt in dieser Arbeit unter dem Namen „scaphitoide Formen“ Ammoniten mit folgenden Merkmalen: 1) Letzte Windung mehr oder weniger geknickt (refracte) ; 2) Mundöffnung mit Ohren oder Seitenlappen (apophyses jugales) ; 3) Grösse relativ gering; 4) plötzlicher Stillstand in der Entwickelung der Scheidewände. ! Hyatt, Genesis of the Arietidae. p. 29. 2 Gejza Bukowski, Über die Jurabildungen von Czenstochau in Polen. Beitr. zur Palaeontologie Österreich-Ungarns u. d. Orients. Bd. V. p. 121, 122. ® Munier-Chalmas, Sur la possibilit& d’admettre un dimorphisme sexuel chez les Ammonitides. C. R. des seances d. 1. soc. g&ol. d. 1. France. Dec. 1892. DE-CLRX ft, Es sind das also unter gewisser Beschränkung von 2), 3) und 4) die Ammoniten mit „anormalen Wohnkammern“. MunIER-CHALMAS zählt zu seinen scaphitoiden Formen die Gattungen: Oecotraustes }, Oecoptychius, Sutneria, Cadomoceras nov. gen. (Typus: Cad. Cado- mense Derr., also Haploceras Zırr.), Horioceras nov. gen. (Typus: Hor. Baugieri v’Ore., also Oppelia), Creniceras nov. gen. (Typus: Oren. Renggeri Orr., also auch Oppelia). Bezugnehmend darauf, dass bei lebenden Cephalopoden, z. B. bei Argonauta, die Männchen viel kleiner sind als die Weibchen, und ferner unter bezug auf einen Aus- spruch QuEnsTepT’s nennt MunIEr-OHALMmAs diese kleinen scaphitoiden Formen mit „apophyses jugales“ Männchen, denen er grössere, regel- mässig gewachsene ohne Ohren oder Seitenlappen als Weibchen gegenüberstellt. Quenstept? erwähnt von Amm. deltafalcatus wie von Amm. opalinus, dass es Formen mit und ohne Ohren gäbe, dass gerade grössere Formen manchmal keine Ohren trügen und dass in diesem verschiedenen Verhalten vielleicht sexuelle Unterschiede zu suchen wären. Die Grösse allein ist als kein Kriterium für das Ausgewachsen- Sein eines Individuums zu betrachten. Die z. T. etwas grösseren ohrenlosen Individuen (es giebt deren auch genug kleine), kann man wohl auch als nicht ausgewachsen bezeichnen (vergl. oben), so dass hier die Frage nach Geschlechtsunterschieden keine absolut sichere Lösung erfährt. MvnIER-OHALMAS stellt nun, wie gesagt, den ohrentragenden scaphitoiden Formen (Männchen) grössere ohrenlose als Weibchen gegenüber. Es wäre ja möglich, dass dieser Schluss bei einzelnen Formen richtig wäre, welche in ihrer Skulptur und in ihrem ganzen Verhalten nahe Beziehungen zueinander zeigen, wie Oecotraustes [Oppelia] genicularis Wang. (m?) und Oppelia subradiata Sow. (w°), Oecotraustes [Oppelia] stenorhynchus Orr. (m) und Oppelia Arolica Orr. (w). Die Gegenüberstellung von Horioceras [Oppelia] Baugieri v’OreB. (m) und Distichoceras* |Oppelia] bipartitum Zier. (w) dürfte aber sehr anzuzweifeln sein, da die Skulptur beider und auch die Ausbildung der Aussenseite wesentliche Unterschiede zeigen. So stellt Munıer-Cnarmas noch eine ganze Reihe anderer Formen als ' Oecotraustes ist mit Oppelia zu vereinigen. ? Quenstedt, Ammoniten des Schwäbischen Jura. p. 560. ° (m) = Männchen, (w) = Weibchen im Sinne Munier-Chalmas'. * Opp. bipartita Zıer. erhebt Munier-Chalmas zum Typus einer neuen Gattung Distichoceras. os, männlich und weiblich einander gegenüber, wobei die männlichen Individuen andere erste (Gattungs-) Namen erhalten als die weib- lichen, ein Vorgang, welcher wohl kaum Billigung finden dürfte. Wollte man auch Munıer-CHALmAs’ Ansicht gelten lassen, so müsste man doch in allen scaphitoiden Formen männliche Indi- viduen sehen; dann aber dürfte es sehr schwer sein, überall die entsprechenden Weibchen zu finden. Wo sind die Weibchen für Oecopt. refractus? Soviel ich weiss, kennt man keine grössere regelmässig gewachsene Form ohne Ohren, welche mit Oecopt. re- fraetus in Einklang zu bringen wäre. Wo finden wir die Weibchen für Sphaeroceras, Sutneria, Cymbites u. a. m.? Wie gestaltet sich dieses Verhältnis bei den Scaphiten selbst? Wo sind analoge Ge- schlechtsunterschiede bei den Lytoceraten, Phylloceraten, Arieten, Amaltheen, bei denen Ohrenbildungen ebensowenig wie geknickte oder auch nur verengerte Mündungen bekannt sind? Wie verhalten sich ferner die triadischen Ammoniten in dieser Beziehung, welche z. B. in den kleinen Lobiten durchaus scaphitoide Formen enthalten, ohne jede Ohrenbildung, und für welche absolut keine grösseren, ungeknickten Formen als Weibchen zu finden sind; ferner die Arcestiden, Tropitiden, Ceratitiden? Soviel mir bekannt, sind bei triadischen Ammoniten überhaupt keine Ohrenbildungen gefunden; und die Zahl der Triasammoniten ist doch nach Arten und Individuen keine geringe, und von nicht wenigen sind die Mund- ränder bekannt. Ist auch der Schnitt zwischen Trias und Jura für die Ammoniten ein ganz ausserordentlich scharfer, so finden sich doch, wie namentlich das neue grosse Werk von E. v. Mossısovics über die Hallstätter trachyostraken Ammoniten zeigt, eine geradezu erdrückende Menge von Konvergenzerscheinungen in bezug auf Form und Skulptur zwischen Trias- und Juraammoniten. Existieren Geschlechtsunter- schiede überhaupt, welche sich durch eine ganz bestimmte Form des Gehäuses, namentlich der letzten Wohn- kammer, bemerkbar machen, so dürften dieselben wohl bei allen Ammoniten und daher auch bei denen der Trias zu finden sein. Von vornherein könnte man vielleicht vermuten, dass die „anor- malen“ Wohnkammern mit der Geschlechtsfrage in Einklang zu bringen wären, und es schien zunächst naheliegend, die Formverän- derungen der Wohnkammern als Anpassungen zum Zwecke günstiger Bruträume für weibliche Individuen zu deuten. Dann aber ständen wir gerade vor der umgekehrten Frage wie vorhin, und wir müssten dieselbe in analoger Weise beantworten wie oben. BEN Ne Es erscheint wohl durchaus unthunlich, die anor- malen Wohnkammern mit der Sexualfrage der Ammo- niten überhauptin Verbindung zu bringen. Eine allgemein gültige Lösung der Sexualfrage bei den Ammoniten dürfte — wenn sie überhaupt möglich ist — eine sehr schwierige sein, da die ver- schiedene Grösse der Individuen, Skulpturunterschiede, Formverände- rungen, der Aptychus stets auch Deutungen in anderem Sinne zulassen. Die sogenannten „ammonitischen Nebenformen*“ der Kreide, Crioceras, Ancyloceras, Toxoceras, Hamites, Hamnulina, Ptychoceras, Baculites, Turrilites, Heteroceras deutet man am häufigsten als krankhafte, als „Krüppelformen“. WÜRTENBERGER! erklärte z. B. die losen Umgänge eines Crioceras entstanden aus dem Bestreben, die Umgänge von der Berührung mit den Ventralstacheln der inneren Umgänge zu lösen. Diese ammonitischen Nebenformen sind nach ihrer Skulptur und ihren Loben als nahe verwandt mit einzelnen durchaus in regelmässiger Spirale gewachsenen Ammoniten erkannt worden. Seit es Amos P. Brown? gelungen ist, für Baculites einen Schalenanfang von wenigen Umgängen in regelmässiger geschlossener Spirale zu entdecken, ist es zweifellos, dass man alle Nebenformen wird auf regelmässig gewachsene Ammoniten zurückführen können. Die Ammoniten mit anormaler Wohnkammer stehen ohne Zweifel in nahem Zusammenhange mit den Krüppelformen der Kreide. Sphaer. bullatum (Taf. IV Fig. 8) zeigt vollkommen einen Scaphiten, bei dem die Wohnkammer sich noch nicht von der Spirale gelöst hat. Die nahen Beziehungen von Macroscaph. Ywani zu dem regel- mässig gewachsenen Zyt. (Costidiscus) rectecostatum einerseits und zu den Hamiten anderseits legen den Schluss nahe, dass die Hamu- linen, Hamiten und Ptychoceraten, bei welchen sich auf dem ge- streckten Gehäuseteil Kammerscheidewände finden?®, mit Zytoceras durch Formen verbunden waren, welche ein dem Macroscaph. Ywani entsprechendes Stadium (in welchem die Wohnkammer allein von ‘ Würtenberger, Studien über die Stammesgeschichte der Ammoniten. p. 104 ff. ® AmosP. Brown, On the young of Baculites compressus Say. Proceed. Acad. Nat. Sciences Philadelphia. 1891. p. 159, und: The development of the shell in the coiled stage of Baculites compressus Say. Ibidem 1892. p. 136—141. - Taf. 9. ° Diese Formen, deren Wohnkammer durchaus der eines Macroscaph. Ywani entspricht, und welche von einem ganz analog organisierten Tiere be- wohnt gewesen sein mussten, sprechen entschieden auch gegen eine Resorption der Wohnkammer. — 2595 — der Spirale gelöst war) repräsentierten. Anderseits wurde z. B. bei den Sphäroceraten beobachtet, dass die geologisch älteren Formen eine geringere Veränderung der (letzten) Wohnkammer zeigen, als die geologisch jüngeren. Hieraus ist die Überlegung gerechtfertigt, dass auch der Form eines Macroscaph. Ywani eine andere voraus- ging, bei welcher die Wohnkammer wohl noch z. T. in der Spirale des gekammerten Teiles gewachsen war. Wir kennen diese Zwischen- form noch nicht. Aber wie wir für eine ganze Reihe anderer Ab- . leitungen der Zwischenformen bis jetzt entbehren, ohne deren Richtig- keit oder Wahrscheinlichkeit in Zweifel zu ziehen, so dürfen wir auch hier einen analogen Schluss ziehen. STEINMANN ! sieht in den „ammonitischen Nebenformen“ das Bestreben des Ammonitentieres ausgedrückt, die Schale nach Art einer Argonauta vom Körper loszulösen. Die Schale soll dabei aber nicht vollkommen abgestossen werden, sondern sie wird ihrer Ver- wendbarkeit als Eibehälter wegen durch Rückenarme festgehalten, welche sich an Rauhigkeiten der Schale (Rippen und Knoten) fest- legen. Die Ähnlichkeit der Schalen von Argonauta-Arten mit ge- wissen ähnlich skulpierten Scaphitenschalen liess (trotz der funda- mentalen Unterschiede zwischen den Schalen von Argonauta und Ammoniten) STEINMANN den erstmalig von Surss gezogenen Schluss, dass Argonauta mit den Ammoniten in naher verwandtschaftlicher Beziehung stände, weiter ausdehnen und verteidigen. Koken? hat einige angreifbare Punkte der Srteınmann’schen Schlussfolgerungen bereits einer Diskussion unterzogen. Ein definitives Urteil in dieser Frage zu fällen, sind wir heute schon wohl kaum im stande. An ein Bestreben des Tieres, sich aus der Schale zwecks „freierer Bewegung“ — wie STEINMANN sagt — zu lösen, an ein Bestreben, die Schale zu einem blossen Eibehälter umzugestalten, kann män nur schwer denken. Ein solches Bestreben hätte dann zu den verschiedensten Zeiten in Anspruch genommen sein müssen, z. T. nur von einzelnen Gruppen derselben Gattung, und schliesslich nur bei den Scaphiten und den Krüppelformen hätte es zu einer Annäherung an Erfolg geführt. [Ob übrigens die Schale eines Turrilites, Heteroceras, CÖrioceras einen praktischen Eibehälter ge- liefert hätte?] Existierte das Bestreben, die Schale zu einem Ei- ! Steinmann, Vorläufige Mitteilung über die Organisation der Ammo- niten. Naturw. Ges. Freiburg. 1888. p. 31—47, und: Elemente der Palaeonto- logie. p. 452—454. ® Koken, Die Vorwelt und ihre Entwickelungsgeschichte. 1893. p. 342—347. a8 behälter umzugestalten, so würde man weiter argumentieren müssen, dass dann schliesslich alle Ammonitenschalen nur Weibchen an- gehörten, was anzunehmen wir a priori nicht berechtigt sind. Wäre in den ammonitischen Nebenformen, und damit auch in den Ammoniten mit „anormaler“ Wohnkammer das Bestreben zu sehen, eine Loslösung des Tieres von der Schale zu erreichen, so wäre es eigentümlich, dass dieses Bestreben z. B. bei den Phyllo- ceraten und Amaltheiden, welche doch eine ganz ausserordentlich lange Vegetationsperiode . durchlebten, welche von der Trias aus- gehend noch in der oberen Kreide mit den Scaphiten zusammen vorkommen, nicht zum Ausdruck gelangt; dass diesem Bestreben schon bei carbonischen Formen (Adrianites) Folge gegeben wird, während viele triadische Stämme (Ceratitiden, Cladisciten) und jurassisch-cretacische Gattungen (Perisphinctes, Harpoceras, Des- moceras, Pachydiscus, Artetites u. a. m.) dieses Bestreben nie zeigen ; dass ferner oft nur einzelne Äste einer Gattung, und nicht einmal immer die geologisch jüngsten, von diesem Bestreben ergriffen werden. Als die natürlichste Erklärung für das Phänomen der „anormalen Wohnkammern“ und für die damit verbundenen Änderungen der Körperform eines Ammoniten ist wohl die zu nehmen, dass „anor- male“ Wohnkammern senile Charaktere repräsentieren. Hyarr' spricht sich z. T. in dieser Hinsicht aus und auch E. v. Mossısovics huldigt derselben, wenn er bei Besprechung der Haloriten sagt”: „Doch kommen auch noch Formen vor (Halorites Capellinii und Halorites Hoffi), bei welchen die Wohnkammerwindung von den gekammerten Umgängen nicht abweicht, und dürften diese seltenen Arten als solche anzusehen sein, welche die altertümlichen Charaktere der zunächst vorausgehenden Stammform noch bewahrt haben. Denn die Ab- änderung des Wohnkammerumganges im altersreifen Zustande ist offenbar als ein erst spät erworbenes seniles Merkmal anzusehen, welches bei Halorites ebenso wie in vielen analogen Fällen (Arcestes, Lobites, Didymites, Popanoceras, Tropites) dem Gattungstode unmittelbar vorangeht.“ Wie E. v. Mossısovics hier für die Triasammoniten schliesst, so hatte ich mir den analogen Schluss bereits für die Jura- und Kreide- ammoniten mit „anormaler“ Wohnkammer herausgebildet, und ich war ausserordentlich erfreut, durch eine Autorität wie E. v. MosJsısovics ! Hyatt, Genesis of the Arietidae. p. 28. ? E. v. Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt. I. Abt. Bd. II. p. 13. — 287 — meine Ansicht bestätigt zu wissen. In gewissem Sinne aber ist die Ansicht E. v. Mossısovics’ zu modifizieren: Die „anormalen“ Wohn- kammern gehen nicht immer dem Tode der ganzen Gattung voran, sondern oft nur dem Tode gewisser Reihen einer Gattung. Neben den Oppelien mit anormaler Wohnkammer im Tithon kommen Arten mit regelmässiger Wohnkammer vor. Das formveränderte Pinacoceras Layeri v. Hav. sp. bildet zwar das letzte, jüngste Glied einer sonst regelmässig wachsenden Formenrreihe, aber gleichalterig sind auch viele Pinacoceraten anderer Reihen mit ganz normalgewachsenen Wohnkammern. Haploceras cadomense DEFR. sp. mit anormaler Wohn- kammer ist älter als eine sehr grosse Anzahl regelmässig gewachsener Haploceren. Bei /sulcites leben Arten mit anormaler Wohnkammer neben solchen mit normal gebauter. Bei den ältesten Ammoniten mit anormaler Wohnkammer, bei Adrianites und Popanoceras, sind nur vereinzelte Arten in bezug auf ihre Wohnkammer formverändert, und die Formveränderung be- schränkt sich auf den vorderen Teil der Wohnkammer. Bei jüngeren derartigen Gruppen beginnt die Formveränderung auch am Vorderende der Wohnkammer, greift aber im Laufe der geologischen Entwicke- lung immer weiter zurück (vergl. Sphaeroceras). Während wir bis jetzt keine Nachkommen von Popanoceras Verneuilli E. v. Moss. kennen, wo also das erworbene Merkmal nicht vererbt wird, kennen wir solche z. B. von Sphaeroceras meniscus Waac. (bis zu Sphaeroceras bullatum v»’OrB.), bei welchen dieses Merkmal nicht nur vererbt, sondern bis zu einer gewissen Grenze weiter ausgebildet wird. Die Vererbung seniler Eigenschaften muss zu einer Degene- rierung des Stammes führen, ohne immer ein Erlöschen desselben zu bedingen. Die degenerierten Nachkommen einer Art können noch immer fortpflanzungs- und fortbildungsfähig sein, wenn sie sich einer mit ihrer Degeneration im Einklange stehenden Lebensweise anzu- passen Gelegenheit haben. Sämtliche regelmässig gewachsenen Am- moniten kann man sich mit mehr oder minder grosser Lokomotions- fähigkeit ausgestattet denken; sie werden, wenn vielleicht auch nicht besonders schnell, durch Ausstossen von Wasser aus dem Trichter geschwommen sein. Ein regelmässig gebautes /ytoceras, Stephanoceras, Olcostephanus konnte sich jedenfalls selbstthätig durch Schwimmen fortbewegen, die von ihnen abzuleitenden degenerierten Formen: Macroscaphites, Oecoptychius, Scaphites konnten sich wohl kaum mehr durch selbständiges Schwimmen fortbewegen, sie werden viel- leicht auf dem Meeresboden kriechend oder an Meerespflanzen ge- heftet gelebt haben. Vermochten sie sich diesen Lebensbedingungen günstig anzupassen, so konnten sie ihre senilen Merkmale vererben und weiter fortbilden und konnten so zur Bildung von Nebenformen führen, vermochten sie dieses nicht, so mussten sie erlöschen. Den Grund des Degenerierens kennen wir nicht; ob er wohl allein in langem Bestehen desselben Stammes lag, oder in der Veränderung von Existenzbedingungen im Lebensgebiete gewisser Reihen eines Stammes? Gegen die Ansicht, dass in Ammoniten mit „anormaler Wohn- kammer“ senile Charaktere und degenerierte Typen ausgebildet sind, spricht es nicht, dass einzelne Gruppen und Gattungen ohne Anzeichen eines solchen Degenerierens erlöschen, wie die Phyllo- ceraten und Amaltheiden am Ende der Kreidezeit. Die Gattung Nautilus lebt vom Silur bis in die Jetztzeit, ohne dass die Schale Merkzeichen der Degeneration trüge. Dass am Ende der Kreidezeit auch die Lebensfähigkeit aller Ammoniten erlischt, ist nicht anzu- nehmen. Würden in den dem Kreidemeere folgenden Meeren Be- dingungen existiert haben, welchen sich die Ammonitengruppen an- zupassen vermocht hätten, so würden dieselben wohl nicht so plötz- lich erloschen sein. Zwischen den Ammoniten der Trias und denen der Jura- Kreidezeit existieren, wie ein blosses Durchblättern der Tafeln von E. v. Mossısovics’ neuestem Bande seines „Gebirge um Hallstatt“ lehrt, ausserordentlich viele Konvergenzen in bezug auf die Form und die Skulptur der Ammonitengehäuse: Wir finden in triadischen Ammoniten (abgesehen von der Lobenlinie und dem Mundrande) voll- kommen die Formen von Oxynoten, Amaltheen, Arieten, Stephano- ceraten wieder. Es kann daher nicht Wunder nehmen, dass wir auch andere Erscheinungen in konvergenter Ausbildung antreffen, so die senilen Merkmale bei: Lobites der Trias — Oecoptychius des braunen Jura — Oppelia macrotela des Tithon; Tropites der Trias — Sphaeroceras des braunen Jura; Sphaeroceras — Scaphites u. a. m. Die Ammoniten mit „anormaler Wohnkammer“ stehen in nahem Zu- sammenhange mit den sog. Krüppelformen der Kreide, welchen wir z. T. in ganz analoger Form bereits in der Trias und im Jura be- gegnen: Rhabdoceras (Trias) — Baculina (Jura) — Baculites (Kreide) ; Cochloceras (Trias) — Twurrilites (Kreide); in ähnlichem Formver- ' Ob man die Fox-hill-group mit ihren wenigen Ammonitenformen der Kreide oder dem Tertiär zuzählen soll, ist für das Phänomen, dass mit Ende der Kreidezeit die grosse Masse der Ammoniten plötzlich erlischt, bedeutungslos. — 289 — hältnis stehen die aufgelösten Spiralen von COrioceras (Jura, Kreide) zu den nur zum geringsten Teile gelösten von Choristoceras (Trias). Wenn die „anormalen“* Wohnkammern der Ammoniten als senile Merkmale aufzufassen sind — und diese Deutung kann nur auf den denkbar geringsten Widerspruch stossen — so muss der. Schluss gerechtfertigt erscheinen, dass diejenigen Ammonitengattungen oder -gruppen, bei welchen solche Bildungen vorkommen, sich von Ammo- nitenstämmen mit bereits langer Vegetationsperiode ableiten. Dieser Schluss ist für die Jura-Kreide-Ammoniten leicht bestätigt. Dadurch, dass wir in der Trias Gattungen von Ammoniten mit „anormaler“ Wohnkammer plötzlich auftauchen sehen, wird dieser Schluss nicht umgestossen, da wir über die Vorfahren solcher Gattungen (wie Lobites, Didymites und anderer) aus vortriadischer Zeit noch nicht genügend unterrichtet sind. Schliesslich wäre noch der klassifikatorische Wert der „anor- malen Wohnkammern“ zu beleuchten: derselbe ist, wie aus den Zusammenstellungen im ersten Teile hervorgeht, ein sehr geringer. Formen mit „anormaler Wohnkammer“ kommen neben solchen mit normaler in derselben Gattung vor. Im allgemeinen wird man daher die anormale Wohnkammer nicht zu Klassifikationszwecken benutzen können; nur wenn sie einer ganzen Gruppe von Formen derselben Gattung neben bestimmten anderen Unterscheidungsmerkmalen zu- kommt, wird dieselbe als untergeordneteres Merkmal zu benutzen sein. Als’ wesentlichste Resultate aus den vorangehenden Über- legungen gelten folgende Sätze: 1) Die Bildung „anormaler“ Wohnkammern ist nicht mit Resorp- tionserscheinungen verbunden; Resorptionserscheinungen sind an den Ammonitenschalen überhaupt nicht nachzuweisen. 2) Ein Ammonit mit „anormaler“ Wohnkammer ist fast aus- nahmslos als vollkommen ausgewachsen zu betrachten. 3) Der „anormalen“ Wohnkammer gehen weniger veränderte Wohnkammern voraus und schliesslich in den Jugendstadien solche, die in vollkommen regelmässiger Spirale gewachsen sind; man darf ! Anderseits dürften wohl kaum von Ammoniten mit „anormaler“ Wohn- kammer Reihen mit normal gewachsenen letzten Wohnkammern abzuleiten sein. Es scheint wenig überzeugend, wenn Buckman die Polymorphiten mit regelmässig gewachsenen Wohnkammern von Oymbites globosus, einer Form mit „anormaler“ Wohnkammer, ableitet. ef. Buckman, Inferior Oolite Ammonites. p. 283. Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 19 — . 290 — daher bei der Beschreibung von Ammoniten nicht eigentlich von einer „anormalen Wohnkammer“ sprechen, sondern von einer anormalen letzten Wohnkammer des ausgewachsenen Individuums. 4) Die „anormalen“ Wohnkammern der Ammoniten sind nicht auf sexuelle Unterschiede zurückzuführen. 5) Die „anormalen“ Wohnkammern und die mit denselben zu- sammenhängenden Formveränderungen des Ammonitentieres sind: als senile Charaktere aufzufassen. eone 10. . Arcestes ooides E. v. Moss. 12. Tafelerklärung, Bei allen Figuren bezeichnet s die Lage der letzten Sutur. . Lobites pygmaeus E. v. Moss. . Lobites Suessi E. v. Moss. Schnitt durch die Windungsebene. . Cymbites centriglobus OPP. sp. . Oecoptychius refractus Rein. sp.; die punktierte Linie giebt die Wohn- kammerform bei regelmässigem Wachstum wieder. — —, Windungsquerschnitte; unter s, a, b sind die Querschnitte bei s, a, b in Fig. 4 wiedergegeben. Oppelia Renggeri Orr. sp.; der vordere Teil der Wohnkammer fehlt. . Oppelia macrotela OPP. sp. . Sphaeroceras bullatum D’ÜRB. Sp. Siphaeroceras microstoma D’ORB. sp. Querschnitt; der gekammerte Teil ist schraffiert; die punktierte Linie giebt den Verlauf der Wohnkammer wieder, wenn dieselbe regelmässig gewachsen wäre. : Macroscaphites Ywani D’ÖRB. Sp. Tropites subbullatus Fr. v. Hauer sp. Querschnitt; der gekammerte Teil ist schraffiert; die punktierte Linie giebt die Ausdehnung einer regel- mässig gewachsenen Wohnkammer wieder. Beiträge zur Pilzflora von Württemberg. 1. Von ©. Kirchner und J. Eichler. Unter den einheimischen Botanikern und Freunden der Botanik wurde schon seit längerer Zeit das Bedürfnis empfunden, eine Zu- sammenstellung der in Württemberg bisher beobachteten Pilze zu besitzen. Besonders seitdem Verzeichnisse der württembergischen Moose ! und Algen? veröffentlicht worden sind, und auch mit der Bekanntgebung der einheimischen Flechtenflora ein erfreulicher An- fang gemacht wurde, ist jene Lücke in unserer Kenntnis der ein- heimischen Kryptogamen immer empfindlicher geworden, eine Lücke allerdings, deren Ausfüllung mit besonderen Schwierigkeiten ver- bunden ist. Denn das Einsammeln und Untersuchen, namentlich auch das Präparieren der Pilze, ist im Vergleiche zu den Blüten- pflanzen und auch zu anderen Kryptogamenabteilungen mit vielen Umständlichkeiten und Unbequemlichkeiten verbunden, die Litteratur, welche zum Bestimmen der Pilze erforderlich ist, vielfach schwer zugänglich und kostspielig, zum Teil auch, soweit sie neuere Werke betrifft, nicht ausreichend oder wenig übersichtlich, und die Folge dieser misslichen Umstände ist, dass das Bestimmen bei manchen Pilzabteilungen, namentlich für den Anfänger, viele Schwierigkeiten bietet, welche manchen von dem eingehenderen Studium einer der interessantesten Pflanzengruppen abschrecken. Dem entsprechend ist 1G. v. Martens, Die Laubmoose Württembergs. Diese Jahreshefte 18. Jahrg. 1862. — F. Hegelmaier, Zusammenstellung der im Gebiete des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg beobachteten Muscineen. l. e. 29. Jahrg. 1873 und 40. Jahrg. 1884. — L. Herter, Beiträge zur Moos- flora Württembergs. 1. c. 43. Jahrg. 1887. ? 0. Kirchner, Beiträge zur Algenflora von Württemberg. 1. c. 36. Jahrg. 1880. — Ders., Nachträge zur Algenflora von Württemberg. 1. c. 44. Jahrg. 1888. ®° X. Rieber, Beiträge zur Kenntnis der Lichenenflora Württembergs und Hohenzollerns. 1. c. 47. Jahrg. 1891 u. 48. Jahrg. 1892. 19* — 232 — auch die Zahl der Pilzkenner in Württemberg keine besonders grosse, und das Material, welches sich in öffentlichen und privaten Samm- lungen befindet, ziemlich beschränkt. Nichtsdestoweniger sollte bei der Herausgabe des 50. Jahrganges unserer Vereinsschrift wenig- stens der Versuch gemacht werden, das bisher gesammelte, aber zerstreute und nicht öffentlich bekannt gewordene Material zusammen- zustellen und dadurch eine gesicherte Grundlage für eine spätere Bearbeitung der württembergischen Pilzflora zu gewinnen. Obwohl wir in unseren Bestrebungen, das bereits Vorhandene zu sammeln, von verschiedenen Seiten, wie weiter unten ausführlicher erwähnt ist, in dankenswertester Weise unterstützt wurden, so stellte sich doch in demselben Masse, als uns die Nachrichten über Pilzfunde in Württemberg zugingen, zugleich immer deutlicher heraus, dass das vorliegende Beobachtungsmaterial sich sehr ungleichmässig auf die einzelnen Pilzabteilungen verteilt, derart, dass für einige der letzteren die Nachrichten noch zu spärlich flossen, um eine Ver- öffentlichung derselben zu rechtfertigen, und man an eine Darstellung der ganzen württembergischen Pilzflora füglich noch nicht gehen kann. Zugleich wurde von verschiedenen Sammlern, die sich gern einer eingehenderen Erforschung der einheimischen Pilze widmen würden, mit Recht darüber Klage geführt, dass die Hilfsmittel zum Bestimmen der Pilze so schwer zugänglich, zum Teil auch nicht zuverlässig genug seien. Aus diesen Gründen hielten wir es für zweckmässig, den an- fänglichen Plan dahin abzuändern, dass wir nicht nur eine Aufzählung von Namen und Standorten geben, sondern damit Übersichten und Schlüssel zum Bestimmen der Arten verbinden wollten, und zwar solche nun nicht allein für die in Württemberg bereits aufgefundenen, sondern auch für diejenigen Pilze, welche, ohne bisher konstatiert zu sein, voraussichtlich im Lande vorkommen werden. Natürlich musste bei diesem Plane der Umfang der ganzen Bearbeitung, wenn die Übersichten zum Bestimmen der Arten ausreichend sein und ihren Zweck erfüllen sollten, sich wesentlich vergrössern, und dieser Umstand wiederum, im Zusammenhange mit der oben erwähnten ungleichmässigen Durcharbeitung der einzelnen Abteilungen, machte es notwendig, vorläufig von der Bearbeitung der gesamten Pilzflora abzusehen. Dieselbe soll nun vielmehr in einzelnen, aufeinander- folgenden Abschnitten abgehandelt werden, welche der Reihe nach in diesen Jahresheften erscheinen werden. Durch eine solche Ver- teilung der Arbeit auf mehrere Jahre wird der Vorteil erreicht, dass’ — 2209, — noch einige Zeit dafür gewonnen wird, um den bisher von den Beobachtern noch weniger berücksichtigten Abteilungen der Pilze eine eingehendere Aufmerksamkeit zuzuwenden, und ferner, dass sich bei Gelegenheit der Herausgabe der künftigen Abschnitte Nach- träge zu den früheren leicht anfügen lassen. Auf diese Weise hoffen wir einerseits den einheimischen Pilzsammlern ein bequemes Hilfs- mittel zum Bestimmen darzubieten, anderseits zur weiteren Erfor- schung der Pilze anzuregen. Unter den gegebenen Umständen lag es am nächsten, die Dar- ‘ stellung mit den höheren Pilzen zu beginnen, weil diese verhältnis- mässig am besten bekannt, und von zahlreichen Beobachtern berück- sichtigt worden sind, daher das über sie uns vorliegende Material schon jetzt ansehnlich genug und zur Veröffentlichung geeignet ist. Demnach wird die Bearbeitung zunächst die Basidiomyceten, und zwar deren höchst entwickelte Abteilung, die Gasteromyceten, um- fassen; daran schliessen sich in dem hier veröffentlichten Abschnitt die Hymenomyceten, von denen jedoch mit Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden Raum nur die grosse Familie der Agaricaceen aufgenommen werden konnte. Die nächste, hoffentlich schon in einem Jahre fertig gestellte Veröffentlichung wird den Schluss der Hymenomyceten und die Tremellineen bringen, später sollen der Reihe nach die Uredineen, Ustilagineen, Ascomyceten, Phycomyceten und die sogenannten unvollkommenen Pilze folgen. Es liegt nicht im Plane dieser Zusammenstellung, hier eine Darstellung des neuesten Standpunktes der Pilzsystematik zu geben; um so weniger, als auch die ausgezeichneten Arbeiten BrereLp’s über die Entwickelungs- geschichte der Pilze doch noch nicht zu einem endgültigen Ergeb- nisse in Bezug auf die Ausgestaltung des Systemes geführt haben. Wir halten uns vielmehr an die ältere, bekannte Gruppierung der Pilze, wie sie auch in dem grossen Werke von SaccArno angenommen ist, und verweisen diejenigen, welche sich für die neueren systema- tischen Bestrebungen interessieren, auf die Darstellung von v. TAver'. Bei der vorliegenden Bearbeitung haben sich die beiden Ver- fasser derart in die Arbeit geteilt, dass der eine (KırcHner) die Aus- arbeitung des systematischen Teiles übernahm, während der andere (EicHLER) die Angaben über Vorkommen und Verbreitung sammelte. Die systematische Bearbeitung stützt sich vornehmlich auf die vor- treffliche Pilzflora von Schlesien von J. SCHROETER ?; ausserdem wurden ı Vergleichende Morphologie der Pilze. Jena 1892. ® Kryptogamenflora von Schlesien. 3. Bd. 1. Hälfte. Breslau 1889. ame 294 we / besonders E. Frıes!, Saccarvo ? und Winter ? benützt, welch letzterer übrigens, was, die Hymenomyceten betrifft, lediglich die von Fries aufgestellten Beschreibungen, und nicht immer ganz korrekt, ins Deutsche übersetzt hat; auch Saccarno, seiner Vollständigkeit wegen nicht zu entbehren, stützt sich durchaus auf Fries. Hinsichtlich der Begrenzung und Benennung der Gattungen haben wir uns, mit gering- fügigen Ausnahmen (z. B. Russuliopsis, Agaricus subgen. Pleurotus, Amanitopsis) ganz an SCHROETER angeschlossen, und auch die Merk- male der Arten sind, soweit letztere bei SCHROETER behandelt werden, ihm in der Hauptsache entnommen. Dagegen schien es für unsere nächstliegenden Zwecke nicht praktisch, auch der ScHrorteEr’schen . Nomenklatur der Arten zu folgen, deren Berechtigung übrigens durch- aus anerkannt wird. Da aber in den verbreitetsten und umfassendsten Pilzfloren die ältere, auf Fries zurückgehende Benennungsweise bei- behalten ist, so folgten wir der Bequemlichkeit halber diesem Bei- spiele; Synonyme sind deshalb auch nicht angeführt. Neu ist an der vorliegenden systematischen Bearbeitung die Art und Weise, wie die wichtigsten, beim Bestimmen zu berücksichtigenden Merkmale in Form von Schlüsseln, sowohl zur Auffindung der Gattungen wie auch innerhalb derselben zur Auffindung der Arten, streng dichotomisch angeordnet sind, so dass, wie wir hoffen, durch diese Einrichtung das Bestimmen auch der schwierigeren Formen wesentlich erleichtert werden dürfte. Auf blosse Schlüssel jedoch, welche lediglich zu den Namen der Arten führen, wie sie sich in dem sehr brauchbaren Buche von Costantın und Durour* finden, konnten und wollten wir uns nicht beschränken, sondern es ist jeder Species auch noch eine kurze Beschreibung, eime Art Diagnose, beigegeben, welche dazu dienen soll, beim Bestimmen der Art eine gewisse Sicherheit dafür zu geben, dass die Benützung des Schlüssels zu einem richtigen Resultate geführt hat, und welche ferner für diejenigen Fälle er forderlich ist, wo zur Bestimmung Arten vorliegen, die in unserer Zusammenstellung noch gar nicht aufgenommen worden sind. Auf- nahme fanden ausser den für Württemberg bereits konstatierten Arten auch solche, deren Vorkommen in Württemberg sich mit einiger ! Hymenomycetes Europaei. Upsala 1874. ® Sylloge fungorum omnium hucusque cognitorum. Vol. V—VII. Padua 1887 —88,. ® Rabenhorst's Kryptogamenflora von Deutschland ete. 2. Aufl. Bd. 1. Leipzig 1884. * Costantin et Dufour, Nouvelle flore des champignons. (Paris 1891.) —_— 298 — Wahrscheinlichkeit erwarten lässt; es wird kaum vermeidlich sein, dass dabei Versehen untergelaufen sind, indem bald unnötigerweise die Aufnahme einer Art erfolgte, bald eine Art späterhin vermisst werden wird, die sich doch bei uns vorfindet. Bei der Spärlichkeit der. Nachrichten indessen, welche selbst über die Verbreitung der deutschen Pilze vorliegen!, werden wohl derartige Irrtümer auf eine milde Beurteilung rechnen dürfen. Wenn oben von einer Erleichterung des Bestimmens der Pilz- arten durch Anwendung der Schlüssel gesprochen wurde, so soll damit keineswegs gesagt sein, dass das Bestimmen, etwa der Agarica- ceen, dadurch leicht geworden sei. Dasselbe wird vielmehr immer schwierig bleiben und nur dann zum erwünschten Ziele führen, wenn die Exemplare reichlich und in gutem Entwickelungszustande ge- sammelt und in frischem Zustande sorgfältig untersucht werden; ungenügende Exemplare von Pilzen lassen sich ebensowenig be- stimmen wie höhere Pflanzen, welche die charakteristischen Blüten- und Fruchtorgane nicht aufweisen. Dass auch bei den Pilzen die An- legung einer Sammlung von getrockneten Exemplaren das Erkennen und Bestimmen ebenso erleichtert wie bei anderen Pflanzen, ist selbstverständlich; nur ist es bekanntlich gerade bei den höheren und besonders bei den fleischigen Pilzen sehr schwierig und um- ständlich, an den Herbarexemplaren die zum Bestimmen nötigen Merkmale in einem erkennbaren Zustande zu erhalten. Seit einiger Zeit kennt man jedoch Präparationsmethoden für fleischige Pilze, welche diesen Übelstand bei sorgfältiger Anwendung wenig oder gar nicht an sich haben, und es gestatten, solche Pilze in ähnlicher Weise wie andere Pflanzen für das Herbar herzurichten. Da vielleicht manchem Sammler damit ein Dienst erwiesen werdeh kann, so soll hier das Wesentlichste über das Einsammeln und Präparieren der schwieriger zu konservierenden Pilze, insbesondere der fleischigen Basidiomyceten, mitgeteilt werden. Von den übrigen, namentlich den mikroskopisch kleinen Pilzen, ist in dieser Hinsicht nichts Besonderes zu erwähnen; sie werden in der Regel mit ihrem Substrat getrocknet, wenn nötig leicht gepresst und in Papierkapseln aufbewahrt. Fleischige Pilze, von denen später Präparate für das Herbar angefertigt werden sollen, müssen schon beim Einsammeln mit be- sonderer Sorgfalt behandelt werden. Man sammle reichliche, voll- ! Winter giebt a. a. O. so gut wie gar keine speciellen Standorte an. — 296 — ständige und gut entwickelte Exemplare auf verschiedenen Ent- wickelungsstufen weder bei zu nassem noch zu trockenem Wetter und schliesse beschädigte, namentlich aber von Insektenlarven an- gegriffene Exemplare aus. Alsdann bringe man sie in der Botanisier- büchse mit feuchtem Moos, allenfalls auch in weichem Papier ver- packt so unter, dass sie sich gegenseitig nicht drücken, und nament- lich Rand und Unterseite des Hutes, sowie etwa vorhandene Ringe und Schleier besonders geschützt sind; ein Teil der Exemplare einer Art kann so zerschnitten werden, dass der Stiel an seinem oberen Ende vom Hute getrennt und der Hut halbiert wir. Man sammle nie mehr Material ein, als man sogleich, womöglich am gleichen Tage, zu Hause verarbeiten kann. Kann das Präparieren nicht so- gleich begonnen, oder nicht vollständig beendet werden, so lassen sich die Pilze 1—2 Tage frisch erhalten, wenn man sie nebeneinander auf Papier legt und feuchtes Moos lose darüber ausbreitet. Das An- fertigen der unten beschriebenen Sporenpräparate darf jedoch un- bedingt nicht auf den folgenden Tag aufgeschoben werden. Das Präparieren der Pilze fürs Herbar bezieht sich 1. auf die Anfertigung von Längsschnitten und Habitusbildern, 2. auf diejenige von Sporen-Präparaten. Die erstere Präparationsmethode hat den Zweck, Form, Farbe und überhaupt die zum Bestimmen notwendigen Merkmale des Pilzes möglichst unverändert zu erhalten. Man bereitet sich dazu zunächst einen Vorrat von starkem, weissem Schreibpapier, das mit einer Gelatineschicht überzogen wird; dies geschieht, indem man 1 Teil feine, weisse Gelatine in 5 Teilen heissen Wassers auflöst, die noch warme Lösung mit einem Pinsel dick auf das Papier streicht und dieses trocknen lässt. Zweckmässig ist es, der Gelatinelösung etwas feines weisses arabisches Gummi zuzusetzen. Zur Anfertigung der Längs- schnitte schneidet man mit einem dünnen, scharfen, nicht breiten Messer den ganzen Pilz der Länge nach in zwei Hälften durch und nimmt dann von der Schnittfläche einen ganzen, zusammenhängen- den, '/a—1l mm dicken Längsschnitt ab, der u. a. auch den Zu- sammenhang des Hymeniums mit Hut und Stiel deutlich zeigen muss. Für die Habitusbilder wird der Stiel unterhalb des Hutes abgeschnitten, längs halbiert und von der Hälfte das Fleisch von innen her so. entfernt, dass man nur die dünne, hautartige Aussenschicht mit allen daran etwa haftenden Schuppen, Fasern etc. übrig behält. Ähnlich wird der Hut behandelt; auch er wird halbiert und das Hymenium und Fleisch bis auf die äussere Schicht weggenommen. — 297 — Zu dieser Behandlung des Hutes und Stieles bedient man sich am besten eines kürzeren, scharfen Messers mit abgerundeter Spitze. Sowohl die Längsschnitte wie die Hut- und Stielpräparate werden sofort nach ihrer Anfertigung auf Stücken oder ganzen Bögen des Gelatinepapieres ausgebreitet, auf dessen mit Gelatine überzogener Seite sie anhaften, wenn das Gelatinepapier vor dem Auflegen da- durch angefeuchtet wird, dass man es mit der Rückseite eine Zeit lang auf eine Wasseroberfläche legt. Man lässt nun die Präparate trocknen, indem man das beschickte Gelatinepapier entweder, mit Reissbrettnägeln auf einer Unterlage befestigt, frei liegen lässt, oder es, mit ca. 25 kg belastet, presst. Man muss sich davon überzeugen, dass die Präparate überall an der Gelatineschicht festhaften, da ab- stehende Teile verschrumpfen. Nachdem die Präparate trocken ge- worden sind, schneidet man Längsschnitte, Stiele und Hüte aus, setzt die letzteren beiden, nachdem man sie der ursprünglichen natürlichen Form entsprechend etwas zurechtgeschnitten hat, zu- sammen, und klebt alles auf einen Bogen, am besten von weissem Kartonpapier, auf. Wenn man Material genug hat, so fertigt man von jeder Species eine Anzahl solcher Präparate an, welche den verschiedenen Entwickelungszuständen des Pilzes entsprechen. Die Sporenpräparate erhält man, indem man den Hut des Pilzes scharf vom oberen Ende des Stieles abschneidet und mit der Unter- seite auf eine geeignete Unterlage lest, so dass die Sporen vom Hymenium aus auf diese ausfallen. Man kann dazu nur Hüte ver- wenden, die weder zu jung noch zu alt sind, sondern eben gerade die reifen Sporen fallen lassen; manche Arten produzieren nur spär- lich Sporen, so dass man die Hüte längere Zeit liegen lassen muss, bis eine genügende Menge Sporenstaub ausgefallen ist, andere geben so viel, dass man von demselben Hut hintereinander mehrere Prä- parate machen kann. Als Unterlage für die Hüte verwendet man bei solchen Arten, welche gefärbte Sporen haben, weisses Schreib- papier, bei den weisssporigen am besten schwarzes Tapetenpapier. Beim Auflegen und namentlich dem späteren Abnehmen der Hüte ist besondere Sorgfalt nötig: das Auflegen muss so erfolgen, dass das Hymenium sich überall dicht über der Unterlage befindet, dann deckt man, besonders wenn der Hut längere Zeit liegen bleiben muss, eine Glasglocke darüber, und das Abnehmen des Hutes muss so vorsichtig erfolgen, dass die Anordnung des ausgefallenen Sporen- staubes dabei nicht verändert wird; häufig lässt sich dies dadurch erreichen, dass man den Hut mit einer Nadel anspiesst und so ab- — 298 — hebt. Auf diese Weise erhält man auf der Unterlage ein. in: der Farbe der Sporen ausgeführtes Gegenbild von der Struktur der Hut- unterseite. Dieses Sporenbild muss zum Zwecke der Aufbewahrung fixiert werden. Als Fixierflüssigkeit verwendet man zweckmässig eine Lösung von 2 Teilen sorgfältig gereinigtem Mastix in 20 Teilen ab- solutem (oder mindestens 95°/,igem) Alkohol und 10 Teilen Äther. Diese Flüssigkeit lässt man die mit den Sporenpräparaten versehenen Unter- lagen durchziehen, indem man sie entweder auf der Rückseite auf- streicht, oder die Unterlagen, nachdem man alle vier Ränder in die Höhe gebogen hat, so auf der Fixierflüssigkeit schwimmen lässt, dass dieselbe nur von der Rückseite her eindringt. Nachher lässt man die fixierten Sporenpräparate trocknen und klebt sie schliesslich auf die Kartonbögen, welche die übrigen von derselben Species an- gefertigten Präparate enthalten. Die mit der Zeit zunehmende Fertigkeit in dieser Präparier- methode lehrt noch mancherlei Kunstgriffe, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann; wer sich eingehender dafür inter- essiert, der sei auf die Abhandlung von G. HErRPELL! verwiesen, welcher die vorstehende Anleitung mit einigen von uns seit längerer Zeit erprobten Abänderungen entnommen ist. Die Quellen, aus denen die in der folgenden Zusammenstellung enthaltenen Standortsangaben geschöpft werden konnten, laufen, so- weit sie in der auf Württemberg sich beziehenden floristischen Litte- ratur enthalten sind, nur sehr spärlich. In den älteren Werken von Bavnm ?, LeoroLp®”, GmeLn* und KErNER?, sowie in einigen anderen älteren Beiträgen zur Naturgeschichte Württembergs, finden sich zwar auch kurze Angaben und Beschreibungen von einer Anzahl ! Das Präparieren und Einlegen der Hutpilze für das Herbarium. 2. Ausg. Berlin (Friedländer & Sohn) 1888. s ®2 Joh. Bauhin, Ein new Badbuch oder Historische Beschreibung des Wunder-Brunnen und Heylsamen Bads bei Boll. 4. Buch. Stuttgart 1602. 3» Joh. Dietrich Leopold, Deliciae sylvestres florae Ulmensis oder Ver- zeichnusz deren Gewächsen, welche um desz H. Röm. Reichs Freye Stadt Ulm . ungepflantzt zu wachsen pflegen. Ulm 1728. * Joh. F. Gmelin, Enumeratio stirpium Agro Tubingensi indigenarum. Tübingen 1772. 5 Joh. Simon Kerner, Giftige und essbare Schwämme, welche sowohl im Herzogthum Wirtemberg als auch im übrigen Teutschland wild wachsen. Stuttgart 1786. — Ders., Flora Stuttgardiensis. Stuttgart 1786. — 299° — der im württembergischen Gebiet vorkommenden Schwämme, doch sind einmal diese Beschreibungen zum Teil so allgemein und mehr- deutig gehalten, dass nicht immer die vom Autor gemeinte Art mit Sicherheit aus ihnen erkannt werden kann. AÄnderseits fehlen den Angaben der sicher zu erkennenden Arten vielfach die genaueren Fundortsangaben, so dass im ganzen jene ältere Litteratur für die vorliegende Zusammenstellung nur teilweise und mit allem Vorbehalt Berücksichtigung finden konnte. Erst der um die Kenntnis der württembergischen Flora so hochverdiente Kanzleirat Dr. GEoRG v. Martens wandte sich mit dem ihn charakterisierenden grossen Eifer auch dem Studium der heimi- schen, insbesondere der Stuttgarter Pilzflora zu, dessen Ergebnisse zusammen mit den Funden einiger anderen Sammler zum Teil in dem 3., 7. und 13. Band der Korrespondenzblätter des württem- bergischen landwirtschaftlichen Vereins in den Jahren 1823, 1825 und 1828 bekannt gegeben wurden. Gleichzeitig legte v. MARTENS einen Zettelkatalog an, in welchem in der Folge nicht nur seine eigenen Funde, sondern auch zahlreiche Mitteilungen seiner bota- nischen Freunde, sowie die Fundangaben, welche in den auf Würt- temberg sich beziehenden Publikationen veröffentlicht wurden, ge- wissenhafte und genaue Aufnahme fanden. Dieser in den Besitz unseres Vereins übergegangene Zettelkatalog bildet eine der wich- tigsten und ergiebigsten Quellen für unsere Fundortsangaben. Eine zweite Quelle, aus der wir schöpfen konnten, bietet sich in den floristischen Abschnitten mehrerer württembergischer Ober- amtsbeschreibungen, sowie in einigen botanischen Aufsätzen und Notizen in diesen Jahresheften. Von den ersteren sind es besonders die Beschreibungen der Oberämter Rottweil (1875) und Spai- chingen (1876), in welchen Herr Pfarrer SAUTERMEISTER in Schör- zingen, sowie die der Öberämter Crailsheim (1884), Ellwangen (1886) und Reutlingen (1893), für welche die Herren Apotheker BLEZINGER in Crailsheim, Prof. Dr. Kurrz in Ellwangen und Apotheker KıAcHeL in Reutlingen u. a. die in jenen Oberämtern beobachteten Pilze zusammengestellt haben. Eine weitere Pilzzusammenstellung, die leider nicht veröffentlicht worden ist, obwohl sie schon am 24. Juni 1868 der 23. Generalversammlung unseres Vereins in Ulm im Manuskript vorgelegt worden war, hat Herrn Prof. Dr. VEESEN- Is. diese Jahreshefte Jahrg. 25. 1869. p. 24 ff. Veesenmeyer, Die Pilze und Schwämme der Umgegend von Ulm. SL MEYER in Ulm zum Verfasser. In dieser ausserordentlich sorgfältig durchgearbeiteten, mit zahlreichen Beobachtungen des Verf. aus- gestatteten Pilzflora, die bei den Akten des oberschwäbischen Zweig- vereins unseres Vereins für vaterländische Naturkunde aufbewahrt wird und uns von dessen Vorstand, dem Freiherrn Dr. Rıc#arp Könıc- WARTHAUSEN, in dankenswertester Weise zur Verfügung gestellt wurde, werden 151 Hymenomyceten beschrieben, die der Verf. teils allein, teils in Gemeinschaft mit seinem Freund, dem weiland Oberarzt Dr. Desensy in Ulm in der Umgegend von Ulm gesammelt und nament- lich auch auf ihre Geniessbarkeit geprüft hat. Zu dem bisher bezeichneten Material gesellte sich nun im Laufe des letzten Winters infolge einer durch Cirkuläre und durch eine Notiz in der naturwissenschaftlichen Zeitschrift „Aus der Heimat“ bekannt gegebenen Aufforderung eine Reihe von Verzeichnissen, in welchen uns die im Nachstehenden genannten Herren die Resultate ihrer oft langjährigen Pilzstudien in liebenswürdigster Weise zur Ver- fügung stellten. Lehrer ALLMENDINGER in Stockheim OA. Brackenheim sammelte in diesem Oberamt, besonders am Heuchelberg; Prof. DURRETSCH in Reutlingen sammelte in der nächsten Umgebung von Reutlingen und seine Standortsangaben ergänzen wesentlich das ohne nähere Stand- ortsangabe aufgestellte Pilzverzeichnis in der Reutlinger Oberamts- beschreibung; Oberpräzeptor a. D. Dr. GEssLER in Stuttgart sammelte in der weiteren Umgebung von Stuttgart; Apotheker Haas in Ulm sammelte um Ulm; ebenso Reallehrer Hıuc in Ulm; Hüttenwerks- Inspektor a. D. Hanse, früher in Wasseralfingen, jetzt in Aalen lebend, sammelte in dem durch diese beiden Orte bezeichneten Ge- biet; Schullehrer Hermann in Neu-Bulach OA. Calw und Schullehrer Hess in Stuttgart-Karlsvorstadt sammelten in der Umgebung ihrer Wohnorte ; Oberförster Koch in Liebenzell OA. Calw beobachtete im Schwarzwald, wie auch im Albgebiet; Freiherr Dr. Rıcnarn Könıs- WArTHAUSEN auf Schloss Warthausen OA. Biberach sammelte und beobachtete hauptsächlich in der Umgebung des letzteren, jedoch auch noch an verschiedenen anderen Orten der Oberämter Biberach und Laupheim; Prof. Dr. Kurrz in Ellwangen sammelte im OA. Ell- wangen, besonders um Ellwangen selbst; Lehrer Gortrrıep MAIER in Kollwangen OA. Calw sammelte in diesem Oberamt, sowie bei Seissen im OA. Blaubeuren; Dr. MicnaLowskı, Assistent an der K. Samen- prüfungsanstalt in Hohenheim, sammelte in der Umgebung von Stutt- gart und Hohenheim ; Schullehrer ÖBERMEYER in Gablenberg bei Stutt- — 301. — gart sammelte im Welzheimer Wald bei Vorder-Steinenberg OA. Gail- dorf; Kollaborator Orrner in Wildbald sammelte :im Schwarzwald, sowie in verschiedenen Gegenden des Unterlandes ; Forstrat PrizEx- MAYER in Blaubeuren sammelte hier sowohl wie im Schönbuch; Ober- reallehrer Rıeger in Ludwigsburg sammelte hauptsächlich um Hoch- dorf im OA. Vaihingen, um Stuttgart und um Trillfingen in Hohen- zollern; Pfarrer SAUTERMEISTER in Schörzingen sammelte vornehmlich in der Gegend von Hausen am Thann OA. Rottweil, Weilen u. d. Rinnen und 'Schörzingen ım OA. Spaichingen; Pfarrer STEUDEL in Maienfels OA. Weinsberg sammelte in der Gegend zwischen Weins- berg und Neustadt a. Kocher, später im Mainhardter Wald, in den Löwensteiner und Waldenburger Bergen; Hofrat Dr. Wurm in Teinach OA. Calw schliesslich sammelte in der Umgebung dieses Badeorts. Zu den Verzeichnissen dieser Herren gesellen sich noch die Beobach- tungen der Verff., sowie die Angaben, die den Herbarien der K. Aka- demie in Hohenheim, sowie unseres Vereines entnommen werden konnten. Indem wir nun allen den oben genannten Herren für die Bereitwilligkeit, mit der sie uns ihre Fundlisten zur Verfügung stell- ten, unseren besten Dank aussprechen, wollen wir der Hoffnung Ausdruck geben, dass ihr Beispiel im Interesse der heimischen Natur- kunde recht eifrige Nachahmung finden möchte. Bei der Schwierigkeit der Pilzkonservierung und der meistens damit verbundenen Unmöglichkeit einer nachträglichen Kontrolle der Bestimmungen, müssen wir natürlich die Verantwortung für die Rich- tigkeit der letzteren den Herren Einsendern selbst überlassen, wes- halb wir unseren Fundortsangaben die Namen ihrer Einsender in zum Teil abgekürzter Form beifügen werden. Was die Anordnung der Fundorte anbetrifft, so schliessen wir uns der bekannten pflanzengeographischen Einteilung Württembergs an, wonach I das Unterland, das hügelige Gebiet des Muschelkalkes, Keupers und Lias, II das Schwarzwald- oder Buntsandsteingebiet, III das Gebiet der schwäbischen Alb, d.h. des braunen und weissen Jura, und IV das Tertiär- und Moränengebiet des Oberlandes be- zeichnen. Zu unserem Bedauern sind die Angaben aus dem letzteren Gebiet noch überaus spärlich, doch hoffen und wünschen wir, dass es uns durch zahlreiche Einsendungen seitens der oberländischen Pilzfreunde ermöglicht wird, diesem Übelstand in den geplanten Nachträgen abzuhelfen. Auch hoffen wir, dass es uns durch weitere Einsendungen aus allen Teilen des Landes gelingen möge, einen allgemeinen Überblick über die Verbreitung und die Häufigkeit der — 302.1 — bereits aufgeführten, wie der noch etwa aufzufimdenden Arten zu gewinnen, den wir aus den vorliegenden Angaben zu abstrahieren bis jetzt absichtlich unterlassen haben. Schliesslich mag im Hinblick darauf, dass in der vorhandenen Litteratur, wie in den uns zu- gesandten Verzeichnissen, mit wenigen Ausnahmen fast nur die Gastero- myceten und Hymenomyceten, allenfalls auch noch die Tremellaceen Berücksichtigung gefunden haben, nochmals darauf hingewiesen wer- den, dass eine eingehendere Berücksichtigung der übrigen Familien und Ordnungen, wie namentlich der Uredinen etc. und der grossen Ordnung der Ascomyceten, sehr erwünscht wäre. Erklärung der Abkürzungen von Beobachternamen, die inden Klammern hinter den Standortsangaben an- gewendet sind. ALLM. = AÄLLMENDINGER, P., Lehrer in Stockheim OA. Brackenheim. BL. == Bieziseer, R., Apotheker in Crailsheim. D. == Durkersch, Professor in Reutlingen. Des. = Desensv, Dr., weiland Oberarzt in Ulm. EL. — Eıcuzer, J., Assistent.am K. Nat.-Kab., Stuttgart. H: — Hanse, A., Hüttenwerks-Inspektor a. D., Aalen. Hm. == Hermann, J., Schullehrer in Neu-Bulach OA. Calw. Kz. == Kurtz, Dr. R., Professor in Ellwangen. M. —= v. Martens, Dr. G., weiland Kanzleirat in Stuttgart. Mı. == Micn#anowskı, Dr. J., Assistent an der K. Samenprüfungs- anstalt in Hohenheim. Mr. == Maier, GoTTFRIED, Lehrer in Ober-Kollwangen OA. Calw. OÖ. = ÖFFNER, Kollaborator in Wildbad. ÖBMR. — ÜBERMEYER, Schullehrer in Gablenberg bei Stuttgart. OK. == Kirchner, Dr. O., Professor an der landwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim. Rıe. == RiEBER, XAvErR, Öberreallehrer in Ludwigsburg. RKW. = Könıg-WARTHAUSEN, Dr. RicHArp, Freiherr auf Warthausen, SM. - = SAUTERMEISTER, Pfarrer in Schörzingen OA. Spaichingen. St. == Streuner, Pfarrer in Maienfels OA. Weinsberg. 'p == VEESENMEYER, Dr., Prof. a. D. in Ulm. — 3038 — I. Ordn. Basidiomycetes. Pilze mit reichlich entwickelten Hyphen, welche sich vielfach verzweigen, durch Querscheidewände sich teilen, und sich zu grösse- ren Fruchtkörpern verflechten. An den Enden ihrer letzten Ver- zweigungen gliedern sich die sporenerzeugenden Zellen (Basidien) ab, welche meist zu einer Fruchtschicht (Hymenium) zusammengestellt sind. Die Basidien teilen sich entweder vor der Sporenbildung in (meist 4) Teilbasidien, oder sie bleiben ungeteilt. Im ersteren Falle sprosst aus jeder Teilbasidie ein Sporenträger (Sterigma), im letzteren Falle aus dem Scheitel der Basidie eine Mehrzahl von Sterigmen (2, 4, seltener 6 oder 8), an deren Enden je eine Spore abgeschnürt wird. ‚Sporen meist einzellig. Übersicht der Unterordnungen. il Fruchtkörper bis zur Sporenreife oder noch länger derartig ge- schlossen, dass das Hymenium in seinem Innern eingeschlossen bleibt 1. Gasteromycetes. JI. Fruchtkörper das Hymenium an seiner Oberfläche tragend. A. Fruchtkörper nicht gallertartig, Basidien einzellig, keulenförmig- cylindrisch, am Scheitel 4 (seltener 2, 6 oder 8) Sporen auf ebensovielen Sterigmen hervorbringend . . 2. Hymenomycetes. B. Fruchtkörper in der Regel gallertig oder knorpelig, Basidien kugelig oder elliptisch, in 4 Teilbasidien sich teilend, deren jede ein Sterigma mit einer Spore hervorbringt 3. T’remellineae. I. Unterordn. Gasteromycetes. Fruchtkörper fleischig, später meist erhärtend, lederartig, bis zur Sporenreife oder noch länger geschlossen, und aussen von einer mehr oder weniger festen Hülle (Peridium) umgeben, im Innern die Frucht- schicht (Gleba) enthaltend. Die Hülle zerreisst früher oder später in einer regelmässigen oder unregelmässigen Weise. Die Gleba wird aus Hyphengeflechten zusammengesetzt, welche gewundene Gänge oder abgegrenzte Kammern bilden, die an den Wänden von dem Hymenium überzogen sind. Letzteres besteht aus keulenförmigen Basidien, an deren Scheitel auf kurzen Sterigmen 2—8 Sporen ge- bildet werden. Häufig entwickelt sich nach der Ausbildung der Basidien und Sporen im Innern der Fruchtkörper ein System haar- artiger Fäden (Capillitium). — 304 — Übersicht der Familien. I. Fruchtkörper nur bis zur Sporenreife geschlossen, von einer fleischigen Haut eingehüllt und zu dieser Zeit kugelig oder eiförmig; Hymenium auf. einem fleischigen Fruchtträger stehend, der am Grunde von der zerrissenen Hülle umgeben bleibt. A. Fruchtträger als besonderer Gewebskörper entwickelt, auch bei der Sporenreife mit der Gleba verbunden . . . 1. Phallaceae. B. Fruchtträger nicht gesondert entwickelt, als quellbare Schicht die innere Haut der Hülle emportreibend; Gleba bei der Reife frei, beim Aufspringen der Hülle fortgeschleudert 2. Sphaerobolaceae. II. Fruchtkörper bis über die Sporenreife hinaus geschlossen bleibend; Hülle später regelmässig oder unregelmässig zerreissend oder all- mählich verfaulend. A. Fruchtkörper bei der Reife trocken, lederig. a. Fruchtkörper bei der Sporenreife und nachher mit reichlichem, haarartigem Capillitium erfüllt. «@. Fruchtkörper auf gesondertem, streckbarem Stiele 3. Tylostomaceae. ß. Fruchtkörper ohne gesonderten Stiel (aber oft mit sterilem, fast stielförmigem Grunde) . . . . . 4. Lycoperdaceae. b. Fruchtkörper bei der Reife ohne haarartiges Capillitium. &. Fruchtkörper rundlich; Kammern der jungen Fruchtkörper mit Basidien tragenden Fruchtknäueln ausgefüllt 5. Sclerodermaceae. ß. Fruchtkörper bei der Reife becherförmig mit weiter Mün- dung; Kammern gesondert, von starker Hülle umgeben, an der Innenwand von einem zusammenhängenden Hymenium glatt überzogen . . . 2... 6. Nidulariacene. 3. Fruchtkörper bei der Reife Heischig) später faulend, von laby- rinthförmig gewundenen Gängen durchzogen, deren Wandungen von einem zusammenhängenden Hymenium bekleidet sind 7. Hymenogastraceae. 1. Fam. Phallaceae. Fruchtkörper vor der Reife rundlich, von einer fleischigen Hülle eingeschlossen, welche bei der Reife durchbrochen wird und als häutige Scheide zurückbleibt; Fruchtträger aus Gewebsplatten ge- bildet, welche sich bei der Reife strecken und die Gleba empor- heben; Gleba aus gewundenen, labyrinthförmigen Gängen und Kam- mern bestehend, an dem Fruchtträger in verschiedener Weise an- geheftet; Hymenium aus keuligen Basidien gebildet, welche schnell zerfliessen; Sporen am Scheitel der Basidien auf (meist 6— ar Ste- rigmen ahescchnleh, sale Übersicht der Gattungen. I. Fruchtträger stielförmig, die Gleba an der Spitze tragend. A. Gleba hutförmig, nur an der Spitze mit dem Stiele verwachsen 1. Phallus Mıca. B. Gleba die Spitze des Stieles überziehend . 2. Mautinus Fr. II. Fruchtträger netzförmig, die Gleba einschliessend 3. COlathrus MıcH. 1. Gatt. Phallus Miıcn. . Hülle des Fruchtkörpers einfach, fleischig-häutig, als Scheide den Stiel am Grunde umgebend; Fruchtträger stielförmig, aus losem, maschenförmigem Gewebe gebildet, hohl, ohne Schleier; Gleba hut- förmig, nur an der Spitze mit dem Stiele verwachsen. Ph. impudicus L. Junge Fruchtkörper unterirdisch, eiförmig, 5—6 cm lang; Hülle fleischig-lederartig, schmutzigweiss; Stiel meist 10 bis 15 cm lang, 2—4 cm dick, weiss, hohl, schwammig-netzig; Hut frei, fingerhutförmig, schmutzig-weisslich, aussen mit zellenartig verbunde- nen Leisten, anfangs von dunkel-olivengrünem Sporenschleim überzogen, der später abtropft. Soll giftig sein; verbreitet einen ekelhaften Gestank. In Gärten und Wäldern; Juni—September. — I. Bei Brackenheim selten (Auın.); am Stromberg (KARRER); um Stuttgart bei der Karlsvorstadt und am Hasenberg gegen die Solitüde (Hzss, RıE.); um Hohenheim, Riedenberg und Möhringen a. F. (OK., Mr.); im Schönbuch bei Waldhausen (KArrEr); Walden- burg OA. Öhringen (Sr.); Mainhardt mehrfach (GrÄTER); Ellwangen (Kz.); Vor- der-Steinenberg (OBMr.); Schorndorf (Er). I. Am Binders-Wegle bei Wildbad regelmässig; Hirsau (KochH); O.-Kollwangen nicht häufig (Mr.); Teinach selten (Wurum); Nagold (Duverxoy); Alpirsbach (Dr. KöstLis). II. Kapfenburg OA. Neresheim vereinzelt (Koc#); Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen selten (D.); im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen, bei Hausen a. Thann und i. Wald beim Sonthof OA. Rottweil nicht selten (Sm.). IV. Um Warthausen vereinzelt, doch nicht selten; häufiger im Röhrwanger Moos OA. Biberach (RKW.); Buchau (Trorr). 2. Gatt. Mutinus Fr. Gleba das obere Ende des stielförmigen Fruchtträgers direkt überziehend ; sonst wie Phallus. M. caninus Fr. Stiel dünn, bis 15 cm lang, nebst der Hülle gelblichweiss, Gleba 3—4 cm lang, spitz fingerhutförmig, fleischfarben oder lebhaft rot, kahl, seitlich von dem olivenfarbenen Sporenschleim überzogen. An faulen Baumstümpfen, besonders Haselstöcken. 3. Gatt. Clathrus Mich. Fruchtkörper anfangs kugelig, mit weisslicher Hülle; Frucht- träger aus netzig verbundenen, cylindrischen oder zusammengedrückten Stäben bestehend, die Gleba einschliessend. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 20 — 506 — ©. cancellatus L. Fruchtkörper verkehrt-eiförmig, bis 12 cm hoch; Fruchtträger gitterartig, scharlachrot, orangefarben, gelb oder weisslich, seine Stäbe auf der Innenseite rauh, blass; Sporenmasse grau. In Laubwäldern und Gebüschen. — I. Wurde einmal im September 1851 in der Wilhelma bei Cannstatt unter Mimosen gefunden, die mit den Kübeln in den Grasboden eingegraben waren (Krauss). 2. Fam. Sphaerobolaceae. Fruchtkörper in der Jugend kugelig oder eiförmig, geschlossen, von einer fleischig-häutigen Hülle umgeben, im Innern von der Gleba, welche eine kugelige Masse bildet, ausgefüllt; mittlere Schicht der Hülle bei der Fruchtreife stark aufquellend, dadurch die innere Schicht hervorwölbend und die Gleba fortschleudernd; Basidien keulenförmig, meist 6—8sporig. 4. Gatt. Sphaerobolus Tone. Einzige Gattung. S. stellatus Tone. Fruchtkörper in der Jugend kugelig, 1'/, bis 2 mm dick, orangegelb, aussen weissfleckig, mit 5—8 Lappen sternförmig zerreissend ; innere Hülle weisslich, bei der Reife halb- kugelig nach oben gewölbt; Gleba kugelig, bräunlich. Auf faulendem Holz und Stengeln in Gärten und Wäldern ; Juli—Novem- ber. — III. Schörzingen selten (Sm.). 3. Fam. Tylostomaceae. Fruchtkörper rundlich, auf einem besonderen Stiele, der sich vom Fruchtkörper deutlich absetzt und sich bei der Reife streckt; Gleba ohne Kammern oder Gänge, von locker verflochtenen Hyphen- knäueln erfüllt, deren Äste am Ende die eylindrischen, 4sporigen Basidien tragen; Capillitium haarförmig, reichlich entwickelt. 5. Gatt. Tylostoma Pers. Hülle doppelt; die äussere vertrocknend, häutig-fetzig abfallend, die innere derbhäutig; Capillitium ein zusammenhängendes Netzwerk bildend, mit der Hülle verwachsen; Sporen kugelig. I. Mündung der inneren Hülle warzen- oder röhrenförmig, mit scharf umgrenzter, kreisförmiger Öffnung. T. mammosum (Mıcn.). Fruchtkörper kugelig, 6—12 mm dick, auf einem 3—6 em langen, 2—3 mm dicken, cylindrischen, hohlen, bräunlichen oder gelblichen Stiele; innere Hülle häutig, zäh, dünn, weisslich oder ockerfarben, mit einer Mündung am Scheitel; Oapil- litium und Sporenmasse lehmfarben. Auf Heideplätzen, Dämmen, zwischen Moos und kurzem Gras; Oktober bis März. — I. Stuttgart am Hasenberg (Rıe.); Tübingen (Frırz, KENMLER);, Gmünd (M.); Trillfingen häufig (Rıe.). III. Am Fusse des Wenzelsteins bei Hausen a. Thann OA. Rottweil (Sm.). II. Mündung der inneren Hülle glatt, gewimpert. T. fimbriatum (Fr.). Fruchtkörper kugelig, bräunlich; Stiel ockerbraun, innen weisslich, voll; sonst wie 7. mammosum. Auf Sandboden ; Oktober— März. 4. Fam. Lycoperdaceae. Fruchtkörper abgerundet, kugelig, ei- oder keulenförmig, in der Jugend fleischig, im Alter mit dünner, papierartiger Hülle, im Innern mit stark entwickeltem Capillitium erfüllt; Hülle doppelt: die äussere verschiedenartig entwickelt, die innere bei der Reife papierartig, zäh, an der Spitze aufreissend; Gleba von sehr kleinen Kammern gebildet, deren Innenwände von dem Hymenium überzogen sind; Basidien keulenförmig, 4—8 sporig. Übersicht der Gattungen. I. Äussere Hülle mit der inneren verwachsen, nicht aufspringend; Basidien mit 4 Sterigmen. A. Basis des Fruchtkörpers unfruchtbar, von dickem, schwammigem Gewebe, meist stielartig . . . . . . . 6. ZLycoperdon Tourn. B. An der Basis des Fruchtkörpers in der Regel gar kein unfrucht- bares Gewebe, seltener ein schwach ausgebildetes, nicht stiel- artiges vorhanden. a. Hülle dickfleischig oder warzig, brüchig . 7. Globaria QuEL. b. Hülle bei der Reife papierartig, glatt. . 3. Bovista PERS. II. Äussere Hülle von der inneren durch eine später verschwindende Gallertschieht getrennt, sternförmig aufreissend, am Grunde mit der inneren fest verbunden; Basidien mit 6—8 Sterigmen 9. Geaster MıcH. 6. Gatt. Lycoperdon Touzn. Fruchtkörper kugelig oder keulenförmig, im unteren Teile un- fruchtbar und bei der Reife dort stielartig zusammengezogen; Hülle doppelt: die äussere anfangs fleischig, später brüchig, Platten, Warzen oder Stacheln bildend, die innere zuletzt papierartig, zäh; Gleba kleinkammerig, Basidien mit 4 Sterigmen, bald zerfliessend; Capil- litium bei dem reifen Pilze reich entwickelt, aus gesonderten, meist verzweigten Fasern ohne deutlichen Hauptstamm bestehend; Sporen kugelig. I. Fruchtkörper bei der Reife mit einer kleinen, runden Mündung am Scheitel. 20* — '308° — A. Capillitium und Sporenmasse bei der Reife olivenbraun oder gelbbraun. a. Oberer Teil des Fruchtkörpers fast hutförmig, von dem stiel- förmigen unfruchtbaren Teile scharf abgegrenzt. L. saccatum Fl. dan. Fruchtbarer Teil des Fruchtkörpers breit, meist niedergedrückt, unten eingezogen, 4—6 cm breit, 4 cm lang, unfruchtbarer bis 6 cm lang, 2—3 cm dick; äussere Hülle körnig-stachelig, anfangs weiss, später braun, mit rundlicher Mündung; Capillitium und Sporenpulver olivenbraun, Sporen mit kurzen, feinen Stielchen und punktierter Membran. Auf Wiesen, an Waldrändern ; August— November. — IV. Im Röhrwanger- Ried und bei den Risshöfen OA. Biberach (RKW.). b. Oberer Teil des Fruchtkörpers kugelig, oder allmählich in den unteren, unfruchtbaren übergehend. «@. Aussere Hülle oben feinkörnig, unten grobkörnig. L. piriforme ScHarrr. Fruchtkörper meist büschelig wachsend, birn- oder eiförmig, 2—4 cm lang, 1'/,—2'/, cm dick, nach unten verdünnt, am Grunde mit weissem, strangförmigem Wurzelgeflecht; äussere Hülle anfangs ockerfarben, oben meist kastanienbraun, später braun; innere Hülle zäh, braun, mit fast warzenförmiger Mündung; Sporen und Capillitium hell olivenbraun. In Wäldern, besonders auf und an Baumstümpfen; August—November. — I. Stuttgart mehrfach (M., Rıe.); Tübingen (M.); Mergentheim (Fuchs); Vorder- Steinenberg und am Haspelhauser See OA. Gaildorf (Osmr., KEMMLER); Kirchheim OA. Sulz (Er.); Trillfingen (Rır.). I. Wildbad (O.); Bulach (Hu.). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm (Haas); Riedlingen (BALLUF). ß. Äussere Hülle warzig oder stachelig. i Die unfruchtbare Basis des Fruchtkörpers ragt als kurzes Säulchen in die Gleba hinein. * Äussere Hülle zuletzt grau oder graubraun; Fortsatz der unfruchtbaren Basis kegelförmig. L. gemmatum Bartsch. Fruchtkörper verschieden gestaltet, meist im oberen Teile rundlich, im unteren cylindrisch, am Grunde gefaltet, 2—5 cm lang, 2—3 cm dick; äussere Hülle weiss, bald in stumpfe Warzen oder dicke, gebrechliche Stacheln zerfallend, später graubräunlich; innere Hülle braun, mit fast warzenförmiger Mündung; Capillitium und Sporen olivenbraun. — Im jungen Zustand essbar, aber sehr schnell vergänglich. Auf Triften und Heideplätzen, in Wäldern; Juni—November. — I. Hoch- dorf (Rıe.); Stuttgart (Rır., Hess); Hohenheim nicht selten (OK.); Mainhardter Wald (Sr.); OA. Crailsheim (Br.); Ellwangen (Kz.); Vorder-Steinenberg (OBMR.) ; u VELEN N Trillfingen (Rıe.). II. Liebenzell (Koch); Bulach (Hm.); Altensteig (O.). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm (Haas); Wart- hausen (RKW.). Man unterscheidet folgende, vielfach ineinander übergehende Formen: var. excipuliforme Scor. Fruchtkörper rundlich, mit ver- längertem, am Grunde etwas faltigem Stiele, und zerstreuten, fast stachelartigen Warzen, bis 16 cm lang. In Wäldern, auf Waldwiesen und Triften. — I. Stuttgart (M.); Bühler- thann OA. Ellwangen. II. Calw (Dr. Schütz). var. perlatum Pers. Fruchtkörper niedergedrückt rundlich, mit cylindrischem, rauhem Stiele; Warzen gross, stachelspitzig, von kleineren Warzen umgeben, beim Abfallen fast fünfeckige Felder zurücklassend. In Laubwäldern. — I. Stuttgart mehrfach (M.); Tübingen (ScHÜBLER); Senzenberg OA. Ellwangen (KrmamLer). II. Calw (Dr. Schütz). var. echinatum Pers. Fruchtkörper kreiselförmig, kurz ge- stielt, mit dicken, abstehenden Stacheln bedeckt, braun. In Wäldern. — I. Mainhardter Wald häufig (Sr.); Vorder-Steinenberg (Osmr.); Trillfingen (Rıe.). II. Bulach (Hwm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Hausen a. Thann OA. Rottweil selten (Sı.). var. furfuraceum Fr. Fruchtkörper kreiselförmig, oliven- bräunlich oder grau, von kleinen, verschwindenden Warzen kleüg, selten kleinstachelig. Auf Grasplätzen, moosigen Triften. var. papillatum SCHAEFF. Fruchtkörper fast kugelig, sitzend, papillös und kleiig-bestäubt, weisslich oder grau. Auf unfruchtbaren, sandigen Triften. ** Äussere Hülle braun; Fortsatz der unfruchtbaren Basis verkehrt-eiförmig. L. granulatum Warzr. Fruchtkörper fast kugelig, häutig, gebrechlich, am Grunde zusammengeschnürt und faltig, mit klein- warziger, rauher Hülle; Sporen aschgrau-olivenbraun. Auf schattigen Heideplätzen. — I. Winzenweiler OA. Gaildorf (KEMNLER). if Die unfruchtbare Basis des Fruchtkörpers ohne Fort- satz in der Gleba. L. fuscum Bon. Fruchtkörper klein, birnförmig oder verkehrt- kegelig, in der Jugend weissgelb, oben dicht mit zusammengesetzten Stacheln bedeckt, welche bald abfallen und körnige Flocken hinter- lassen, später gelbgrün, zuletzt gelbbraun, rauh, mit runder oder kleinklappiger Mündung; Capillitium und Sporen gelbbraun. In Wäldern. — I. Stuttgart (REIHLEN) J* — 310 — B. Capillitium und Sporenmasse bei der Reife schokoladenbraun oder rötlichbraun. a. Äussere Hülle mit sehr kleinen, bleibenden Stacheln dicht besetzt. L. velatum Vırr. Fruchtkörper kugelig, kreiselförmig oder birnförmig, schmutzig gelbbraun, mit kleiner Mündung; Capillitium rot, Sporenmasse grünlichgelb, später braunrot. In schattigen Buchenwäldern, zwischen abgefallenen Blättern. — III. Schör- zingen nur im Nadelwald Aspen (Sm.). b. Äussere Hülle mit grossen Stacheln besetzt. @&. Fruchtkörper in der Jugend cylindrisch; Stacheln von klei- neren Stachelchen umgeben, später abfallend. L. constellatum Fr. Fruchtkörper später verkehrt-eiförmig, bis 2!/, cm dick; äussere Hülle dauerhaft, nach dem Abfallen der Stacheln braun gefeldert; Capillitium und Sporen rotbraun. in schattigen Wäldern, Hecken und Gebüschen. — I. Stackenhofer Wald bei Ohringen (O.). ß. Fruchtkörper in der Jugend rundlich; Stacheln gekrümmt, büschelig gestellt, bleibend, auf einem bräunlichen Filz stehend. L. hirtum Pers. Fruchtkörper ei- oder kreiselförmig, 2'/, bis 4 cm lang, 2—3 cm digk; äussere Hülle in 2—4 mm lange, an- fangs ockerfarbene, später dunkelbraune Stacheln zerfallend; Capil- litium und Sporen dunkel-schokoladenbraun. In Wäldern; August— Oktober. — III. Schörzingen (Sn.). II. Der obere Teil der Hülle zerfällt bei der Reife vollständig, sodass der Fruchtkörper zuletzt becherförmig wird. A. Der untere unfruchtbare Teil des Fruchtkörpers geht allmählich in die Gleba über. L. caelatum Bunt. Fruchtkörper cylindrisch-sackförmig, oben etwas dicker, 8S—16 em lang, 5—10 cm dick, am Grunde ohne Wurzel- fasern; Hülle oben breitfelderig-schuppig, unten feinkörnig, anfangs weisslich, mit kleinen Stachelchen, später gelblich; Capillitium spär- lich, nebst den Sporen olivenbraun. Auf Wiesen und Weideplätzen; September—November. — I. Stuttgart (KERNER, M., Hess); Kleinhohenheim (Mr.); Tübingen (GmELın, ScHüßLER); Mer- gentheim (Fuchs); Mainhardter Wald (Sr.); Westhausen OA. Ellwangen (Koch); Vorder-Steinenberg (OpMr.); Gmünd (WErFER). II. Bulach (Hm.). III. Aalen- Wasseralfingen gemein (H.); Bad Boll (Bau#m); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm (Haas); Riedlingen (BaLuur); Warthausen (RKW.); Ravensburg (BEıGEL). B. Der untere unfruchtbare Teil des Fruchtkörpers ist von der Gleba durch eine deutliche Grenzlinie geschieden. a. Fruchtkörper ei- oder birnförmig. — 3ll — L. hiemale But. Fruchtkörper bis 12 cm lang, unten 6 cm, oben 9—10 cm dick, anfangs weisslich, später grau oder ‚gelblich, am Grunde mit weit verbreiteten Wurzelfasern; Hülle anfangs mit stacheligen Warzen, später ziemlich glatt; Capillitium und Sporen braun. Dem L. caelatum sehr ähnlich und wahrscheinlich damit verwechselt. Auf Grasplätzen, Weiden, an Dämmen und Hügeln. b. Fruchtkörper keulig, mit fast kugeligem oberen Teile. L. uteriforme Burr. Fruchtkörper 10—20 cm lang, oben 5—10 cm dick, unten fast stielförmig, 3—6 cm dick; Hülle anfangs weisslich oder ockerfarben, kleiig oder körnig warzig; Capillitium und Sporen dunkel olivenbraun oder umbrabraun. In Laubwäldern und Gebüschen; September, Oktober. — I. Bopser bei Stuttgart (REIHLEn); Hohenheim (OK.). 7. Gatt. G@lobaria QuEL. Fruchtkörper kugelig oder eiförmig, ganz aus sporenbildendem Gewebe bestehend, oder nur am Grunde mit emer flachen, weich- flockigen, unfruchtbaren Schicht; äussere Hülle häutig oder feinkörnig, meist in Fetzen abfallend; Capillitiumfasern mässig reichlich ver- zweigt, ohne deutliches Stammstück; sonst wie Lycoperdon. I. Innere Hülle bei der Reife in der oberen Hälfte unregelmässig zerfallend. G. Bovista (L.). Fruchtkörper fast kugelig, meist 15—30 cm im Durchmesser; äussere Hülle anfangs weiss, weich, sehr gebrech- lich, fast glatt, später ockerfarben; kein unfruchtbares Gewebe am Grunde des Fruchtkörpers vorhanden; Capillitium und Sporen gelb- lich olivenbraun. In Gärten, auf Ackern; Mai, Juni und September, Oktober. — I. Stuttgart mehrfach (M., Krauss, Rre.); Plieningen (OK.); Esslingen (GRÄTER); Mergentheim (Fuc#s); Mainhardt ziemlich häufig (GRÄTER); OA. Crailsheim (Br.); Ellwangen (Kz.); Vorder-Steinenberg (Osur.); Trillfingen (Rıe.). II. Teinach nicht häufig (Wurn); Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen gemein (H.); Hausen a. Thann OA. Rottweil häufig; Schörzingen seltener (Sw.). IV. Ulm (Haas); Biberach und Warthausen (RKW.). II. Innere Hülle mit kleiner, runder Mündung am Scheitel sich öffnend. @G. pusilla (BarscH). Fruchtkörper kugelig oder eiförmig, 1—2 cm im Durchmesser; äussere Hülle kleiig-Hockig, am Scheitel manchmal gefeldert, anfangs weiss, später gelbbraun; am Grunde des Fruchtkörpers eine dünne, unfruchtbare Schicht; Capillitium und Sporen gelblich-olivenbraun. Auf Heideplätzen, an Waldrändern; September— November. — I. OA. Crails- heim (Br.). —. 312 — 8. Gatt. Bovista Pers. Fruchtkörper kugelig, ungestielt; Hülle doppelt: die äussere in der Jugend fleischig, glatt, trocken papierartig, in Fetzen zer- reissend und abfallend, die innere dünn- und zähhäutig, am Scheitel sich öffnend; Inneres vollständig von Sporen und Capillitium aus- gefüllt (ohne unfruchtbare Basis); Capillitiumfasern fast sternförmig, mit kurzem, dickem Mittelstück, von welchem dichotom verzweigte, spitze Äste entspringen; Basidien mit 4 langen, fadenförmigen Sterig- men; Sporen kugelig, mit dem Stiele abfallend. I. Innere Hülle bei der Reife schwarzbraun, mit rundlicher, gezähnter Mündung. b.nigrescens Pers. Fruchtkörper kugelig oder etwas nieder- gedrückt, 3—5 cm dick; äussere Hülle anfangs weiss, glatt, später in Fetzen abfallend; innere Hülle anfangs gelbbraun, glänzend, glatt; Capillitium und Sporen purpurbraun, später umbrabraun. Auf Wiesen, Triften, Heideplätzen; September—November. — I. Main- hardter Wald häufig (Sr.); Vorder-Steinenberg (Ogur.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen selten (Sm.). IV. Ulm häufig (Haas); Riedlingen (BALLuF); Warthausen (RKW.). II. Innere Hülle bei der Reife blaugrau. A. Mündung der inneren Hülle klein, rund; äussere Hülle später grösstenteils abfallend. Bb. plumbea Pers. Fruchtkörper kugelig, 1'/,—2 cm im Durchmesser; äussere Hülle anfangs weiss, glatt, später am Scheitel gefeldert; Gleba bei der Reife dunkelbraun. Auf Wiesen, Triften, Heideplätzen; Juli—November. — I. Hochdorf (RıE.); Stuttgart (M., Hess); Hohenheim und Ihinger Hof bei Weilderstadt (OK.); Vorder- Steinenberg (OBuR.); Trillfingen (RıE.), II. Schwann und Conweiler OA. Neuen- bürg (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen häufig (Sm.); am Schaf- berg und an den Lochen (Rır.). IV. Ulm häufig (Haas). B. Mündung der inneren Hülle unregelmässig; äussere Hülle bleibend. B. tunicata Fr. Fruchtkörper kugelig, 1—2 cm im Durch- messer; äussere Hülle weiss, zerfallend oder vertrocknend; innere Hülle dünn, biegsam, glatt, aussen von einer bräunlichen oder weissen Membran überzogen; Gleba dunkel-olivenbraun. Auf Grasplätzen und Triften, 9. Gatt. Geaster. Fruchtkörper anfangs unterirdisch, rundlich, geschlossen, mit doppelter Hülle, die äussere und die innere am Grunde fest mit- einander verbunden, im übrigen durch eine gallertartige Schicht ge- — 313 — trennt; äussere Hülle bei der Reife vom Scheitel her sternförmig aufspringend und in spitze, zurückgeschlagene Lappen geteilt; innere Hülle gestielt oder sitzend, am Scheitel mit einer regelmässigen oder unregelmässigen Mündung; Gleba kleinkammerig; Basidien mit 6—8 Sterigmen; Sporen kugelig. I. Innere Hülle am Scheitel unregelmässig oder sternförmig zerreissend, ohne ausgebildete Mündung. G. hygrometricus Fr. Fruchtkörper 1'/;—2'/, em im Durch- messer; äussere Hülle sehr dick, fast korkartig, in ”—10 spitze, bis zum Grunde reichende Lappen zerreissend, trocken eingerollt, feucht ausgebreitet, aussen grau, innen schmutzigbraun, rissig; innere Hülle kugelig, 1—2 cm breit, sitzend, grau oder braun, am Scheitel mit einer kleinen, flachen, unregelmässig gezähnten Öffnung aufreissend ; Capillitium und Sporen umbrabraun. In Wäldern, besonders Nadelwäldern ; August—November. — I. Stuttgart (M., GEssSLER, Hess); Wangen OA. Cannstatt (GEsSLER); Weinsberg im Jäger- hauswald (Reuss); Vorder-Steinenberg (OBMr.); Schorndorf (FıscHBAch); in den Waldungen um die sog. Winterlauter OA. Backnang (CALwer); Trillfingen (Rır.). II. O.-Kollwangen nicht häufig (Mr.); Bulach gegen Schönbronn (Hn.). III. Aalen- Wasseralfingen selten (H.); Reutlingen am Gaisbühl (D.); Schörzingen (Sm.). II. Innere Hülle mit einer kegelförmigen Mündung am Scheitel. A. Mündung scharf abgegrenzt, mit tiefen, der Länge nach ver- laufenden Furchen oder Falten. a. Basis der Mündung von einer abgegrenzten Scheibe umgeben; innere Hülle gestielt. G. Bryantii Berk. Äussere Hülle bis zur Mitte oder darüber in 6—10 Lappen geteilt, dickhäutig, zurückgewölbt, ausgebreitet bis 8 cm breit, aussen schmutzigweisslich, innen grau oder bräun- lich; innere Hülle kugelig, am Grunde mit emer halsbandförmigen Falte, welcher die Spitze des Stieles umgiebt, dunkel blaugrau; Mündung lang, tief faltig-gefurcht; Stiel eylindrisch, weisslich oder bräunlich, 3—4 mm lang, am Grunde von einer häutigen Scheide umgeben, die später verschwindet; Capillitium und Sporen braun. In Nadeiwäldern, unter Gebüsch; August— November. b. Basis der Mündung nicht von einer Scheibe umgeben; innere Hülle sitzend. G. striatus DC. Äussere Hülle häutig-lederig, in 6—8 Lappen gespalten, ausgebreitet bis 4 cm breit, aussen weisslich, innen braun oder rötlichbraun; innere Hülle kugelig oder elliptisch, graubraun oder braun, mit tief gefurchter Mündung; Capillitium und Sporen braun. In Wäldern, auf Heideplätzen. — I. Degerlocher Exerzierplatz (Rau). III. Aalen-Wasseralfingen oft zahlreich (H.). — 3l4 — B. Mündung an der Spitze gewimpert oder gezähnt, im übrigen glatt. a. Basis der Mündung von einer abgegrenzten Scheibe umgeben. @. Innere Hülle gestielt. T Aussere Hülle papierartig dünn, 4lappig. G. fornicatus (Hups.). Äussere Hülle in zwei Schichten gespalten, von denen die äussere der Unterlage anliegt, die innere sich in 4 Lappen teilt, welche sich bei der Reife senkrecht nach unten biegen und die innere Hülle emporheßen; innere Hülle auf einem kurzen, cylindrischen, weissen Stiele, von diesem durch eine scharfe Kante getrennt, meist eiförmig, 8-12 mm dick, grau oder bräunlich; Mündung faserig, hellgelblich; Capillitium und Sporen umbrabraun. In Nadelwäldern. — I. Stuttgart mehrfach (M., GESSLER, Rır.); Echter- dinger Höhe (OK.); Vorder-Steinenberg (OBMr.); in der Klause bei Oberndorf (KöstLisn). II. Calw (Scaürz); Schönbronn OA. Nagold (Hm.). III. Weilen u. d. Rinnen und Schörzingen OA. Spaichingen (Sm.). IV. Ulm im Eselswald (Haas). 7r Äussere Hülle dickfleischig, 5—10 lappig. G. limbatus Fr. Äussere Hülle nach unten gebogen oder ausgebreitet, bis 15 cm breit, innen rotbraun, rissig, aussen ocker- farben oder weisslich; innere Hülle kugelig, 3—4 cm dick, auf kurzem, dickem, braunem Stiele, braun, glatt; Mündung am Grunde von einem blassen Hofe umgeben, faserig gewimpert, klein ; Capillitium und Sporen umbrabraun. In Wäldern und Gebüschen ; September—November. P. Innere Hülle sitzend. Äussere Hülle bis zur Mitte in 5—6 Lappen gespalten. G.rufescens Pers. Äussere Hülle dick, fast lederartig, später zurückgerollt, innen rotbraun, glatt; innere Hülle kugelig oder breit eiförmig, glatt, blassbraun, mit gezähnelter Mündung; Capillitium und Sporen dunkelbraun. In Nadelwäldern. — I. Kilchberg OA. Tübingen (SchügLer). III. Hülen OA. Neresheim (Koch); Hausen a. Thann OA. Rottweil, am Plettenberg OA. Spaichingen (Sm.). IV. Ulm im Eselswald (Hıas); Warthausen (RKW.); Unter- balzheim OA. Laupheim (KENMLER). 7r Äussere Hülle bis zum Grunde in 5—8 gleiche Lappen gespalten. G.mammosus Cuev. Äussere Hülle derb, sehr hygroskopisch, bis 11 em breit, innen kastanienbraun, glatt, aussen silberweiss; innere Hülle kugelig, niedergedrückt, gelblichweiss oder blassgelb, mit gewimperter Mündung; Capillitium und Sporen rotbraun. In Wäldern und Heiden. b. Mündung an der Basis ohne abgegrenzte Scheibe. G. fimbriatus Fr. Äussere Hülle anfangs fleischig, bis zur Mitte in 6—15 oft ungleiche Lappen gespalten, nach aussen gerollt oder ausgebreitet, 3—6 cm breit, papierartig häutig, innen hellbraun, aussen weisslich; innere Hülle kugelig, 1—1'/, cm breit, ockerfarben oder hellbraun ; Mündung etwas vorstehend, seidenfaserig ; Capillitium und Sporen lehmbraun. In Laub- und Nadelwäldern; August— Oktober. 5. Fam. Sclerodermaceae. Fruchtkörper rundlich, oft mit stielartigem, unfruchtbarem Grunde; Hülle dick, einfach; Gleba in rundliche Kammern geteilt, deren Wände (Trama) bei der Reife erhärten, in faserige Schollen zerfallen, als derbes Gerüst oder als geschlossene, rundliche, ab- gesonderte Haut ausdauern; Basidialhyphen büschelig verzweigt, das ganze Innere der Kammern ausfüllend, später zerfliessend. Übersicht der Gattungen. I. Das Innere des reifen Pilzes keine bestimmte Kammerung mehr zeigend, mit Sporenstaub und Gewebsfetzen erfüllt 10. Scleroderma Pers. II. Das Innere des reifen Pilzes in rundliche Kammern geteilt. A. Kammern verschmolzen, durch ein festes Gerüst begrenzt 11. Melanogaster Cva. B. Kammern in getrennte, rundliche Körperchen gesondert, welche von einer festen Hülle umschlossen werden und, dicht neben- einander liegend, das Innere des reifen Pilzes ausfüllen 12. Polysaccum DC. 10. Gatt. Sceleroderma Pers. Hülle dick, lederartig oder korkig, anfangs weiss, später schwarz werdend; Gleba kleinkammerig; Trama bei der Reife vertrocknend und in einzelne Fasern oder Fetzen zerfallend, welche zwischen die Sporenmasse eingebettet sind; Sporen kugelig, mit dicker, schwarz- brauner Membran. I. Fruchtkörper knollenförmig, am Grunde nicht stielartig verjüngt. S’vulgare Hornem. Fruchtkörper meist 3—6 cm dick; Hülle korkig, 2—3 mm dick, aussen fast glatt oder warzig gefeldert, schmutzig lederbraun, im oberen Teile meist rissig aufspringend; Innenmasse anfangs weiss, später von der Mitte an schiefergrau, zuletzt schwarz werdend, bei der Reife aus schwarzem Sporenstaube und graubraunen Flocken bestehend. Schmeckt unangenehm und ist giftig. — 3l6 — Auf Weideplätzen, Waldblössen, an Wegen, in Wäldern; Juli—November. — 1. Am Bopser bei Stuttgart (M., Er); zwischen Edelmannshof und Kloster Schönthal OA. Neckarsulm (KEmaMLEr); Vorder-Steinenberg (Osur.). II. Um Wild- bad häufig (O.). III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.). IV. Warthausen mehr- fach (RKW.). II. Fruchtkörper rundlich, am Grunde stielartig verjüngt. A. Hülle häutig, zuletzt weich, lochförmig oder unregelmässig auf- reissend. S. Bovista Fr. Fruchtkörper meist 3—5 cm dick, mit cylin- drisch verschmälertem Grunde; Hülle bräunlich gefeldert oder körnig; Innenmasse bei der Reife grau, mit untermischten gelblichen Flocken. In Wäldern und Gebüschen; Juli—November. — I. Im groben Sandboden am Bopser bei Stuttgart (M.). III. Hausen a. Thann und Schörzingen nicht häufig (Sm.). . B. Hülle dick, fast holzig, am Scheitel mit weiter Mündung auf- brechend, zuletzt becherförmig. S. verrucosum (Burr.). Fruchtkörper 3—8 cm dick, mit stielartig verdünntem Grunde; Hülle bräunlich mit lebhaft gelber Beimischung, oben mit breiten, dicken, gefelderten Schuppen; Sporen- masse graubraun, von gelben Fasern durchzogen. In Wäldern, besonders auf sandigem Boden: August— November. — 1. Mainhardt (GrÄTER); Ellwangen (Kz.). 11. Gatt. Melanogaster Coa. Fruchtkörper rundlich, höckerig, unterirdisch lebend, stiellos, oft auf der Oberfläche mit wurzelartigen Mycelsträngen überzogen; Hülle festfleischig, ohne scharfe Grenze in die Gleba übergehend; Gleba mit rundlichen Kammern; Trama fest, ein zusammenhängendes Gerüst bildend; Basidien tragende Hyphenknäuel die Kammern voll- ständig ausfüllend, bei der Reife zerfliessend; Sporen mit schwarz- brauner Membran. I. Hülle aussen fein wollig, fast glatt, von weitläufigen Mycelsträngen überzogen. M. ambiguus (Vırr.). Fruchtkörper 2—4 cm dick, anfangs olivenbraun, später dunkel lederbraun; Hülle weichfleischig; Trama weich, ihre Kammern ungleich gross, anfangs von gallertartiger Masse ausgefüllt, später im Innern von den Sporen schwarz gefärbt: Sporen fast citronenförmig, mit undurchsichtiger Membran. Geruch nach Zwiebeln. In Wäldern und Gebüschen, am Grunde alter Stämme, 2—6 cm unter der Oberfläche; Juli—Oktober. — 37 — II. Hülle aussen filzig, mit wenigen Mycelsträngen. M. variegatus (Vır.). Fruchtkörper höckerig, meist 3—6 cm dick, anfangs ockerfarben oder gelblich, später gelbbraun; Hülle weich; Trama anfangs weisslich, später gelb, zuletzt braun; Kammern klein; Sporenmasse zuletzt schwarz, die Innenwände der Kammern überziehend; Sporen elliptisch, mit durchscheinender Membran. Ge- ruch nach Juchten. In Wäldern und Gebüschen, unterirdisch; August, September. 12. Gatt. Polysaccum.DEC. Fruchtkörper rundlich oder knollenförmig, am Grunde mit einem in wurzelartige Mycelstränge auslaufenden Stiele; Hülle im oberen Teile sehr dünn, durch unfruchtbare, gekammerte Partien der Gleba verstärkt, brüchig; Gleba mit zahlreichen, rundlichen Kammern, die von den fruchttragenden Hyphenknäueln ausgefüllt sind und bei der Reife in zahlreiche Körperchen (Sporangiolen) zerfallen, welche von einer festen Haut umschlossen und mit dem Sporenstaub angefüllt sind; Sporen kugelig, mit brauner, warziger Membran, I. Fruchtkörper kurz gestielt. P. Pisocarpium Fr. Fruchtkörper kugelig oder nieren- förmig, 3—6 cm lang und dick, mit 1—2 cm dickem Stiele; Hülle gelbbraun oder rotbraun, in der oberen Hälfte zerfallend; Innenmasse anfangs schwammig, weiss oder gelblich, bald erhärtend, braun, und in eine grosse Anzahl linsenartiger, meist vieleckiger, rostbrauner oder gelblicher, dünnhäutiger, schwach filziger Sporangiolen zerfallend; Sporenpulver kastanienbraun. In Wäldern, auf Heiden, auf sandigem Boden; Juli—November. II. Fruchtkörper lang gestielt. P. crassipes DC. Fruchtkörper keulenförmig, 1—30 cm lang, oben 2—11 cm dick, Stiel 2—7 cm dick, unten grubig und in mehrere dicke, wukeelariike Äste auslaufend; Hülle anfangs ocker- farben, später braun, im oberen Teile zerfallend; Sporangiolen un- gleich gross, gelb, später braun; Sporenpulver kastanienbraun. In Wäldern, auf Sandplätzen; Juni—November. 6. Fam. Nidulariaceae. Fruchtkörper anfangs rundlich oder keulenförmig; Hülle leder- artig, im Innern linsenförmige, durch eine Haut abgegrenzte Kammern (Sporangiolen) einschliessend, bei der Reife am Scheitel aufspringend und zuletzt becher- oder schüsselförmig gestaltet; Hymenium_ die Innenfläche der Sporangiolen flach überziehend; Basidien mit vier Sterigmen; Sporen elliptisch, mit glatter, farbloser Membran. Übersicht der Gattungen. I. Sporangiolen frei. . . 1.2.0213. NMiaların Busse II. Sporangiolen durch einen Strang an die Hülle befestigt. A. Hülle innen und aussen gleichartig, an dem Scheitel mit einem später zerfallenden Deckel, ausserdem ohne Schleier 14. Orueibulum Tour. B. Hülle mit verschiedenartiger Aussen- und Innenschicht, am Schei- tel mit centraler Mündung sich öffnend, anfangs noch von einem dünnhäutigen Schleier geschlossen . . . . 15. Cyathus HAur. 13. Gatt. Nidularia Bu. Fruchtkörper anfangs fast kugelig; Hülle aus einer gleichartigen ziemlich dünnen, filzigen Haut bestehend, am Scheitel unregelmässig oder mit einem filzigen Deckel aufspringend, zuletzt schüsselförmig; Sporangiolen zahlreich, anfangs in gallertartigen Schleim eingebettet, später frei, nicht an die Hülle angeheftet. N. conflwens Fr. u. Norpu. Fruchtkörper gesellig beieinander- stehend, zuweilen fast zusammenfliessend, 6—7 mm breit, 5—5 mm hoch; Hülle zottig-filzig, schmutzig-weisslich oder gelblichgrau, am Scheitel kreisförmig mit einem ziemlich regelmässigen Deckel sich öffnend; Sporangiolen scheibenförmig, anfangs weiss, später glänzend kastanienbraun, 1—2 mm breit. - In Wäldern, auf Holzsplittern und abgefallenen Zweigen; September, Oktober. 14. Gatt. Crwcibulum Tur. Fruchtkörper anfangs fast kugelig, später kurz cylindrisch; Hülle lederartig-filzig, am Scheitel mit einem kreisförmigen, scharf abgegrenzten, kleiig-schuppigen Deckel, welcher später zerfällt, hierauf topfförmig, innen und aussen von gleichem Gefüge, an der Mündung nicht gesäumt; Sporangiolen linsenförmig, durch einen Strang an die Innenseite der Hülle befestigt. ©. vulgare Tut. Fruchtkörper sitzend, 5—8 mm hoch, 5 bis 7 mm diek; Hülle lederartig, anfangs filzig, später glatt, ockerfarben, mit kreisförmigem Deckel, später mit scharfem Rande; Sporangiolen 1'!/;,—2 mm breit, weisslich oder hell ockerfarben. Auf abgefallenen Zweigen, Holzstückchen, Pfählen, Balken, Kräuterstengeln ; Juli—November. — I. Stuttgart (M.); Hohenheim (OK.); Kilchberg OA. Tübingen (SCHÜBLER); Untersontheim (Kemmter); Lorch (Hormann); Trillfingen (RıE.). II. Wildbad (O.); Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Hausen a. Thann, Schörzingen nicht selten (Sm.). IV. Warthausen (RKW.). — 2019. 15. Gatt. Oyathus Haır. Fruchtkörper anfangs eylindrisch oder kugelig; Hülle lederartig, mit verschiedener Aussen- und Innenschicht, am Scheitel mit einer centralen Mündung sich öffnend, anfangs von einem dünnhäutigen, weisslichen Schleier geschlossen, zuletzt becherförmig geöffnet, mit scharfer, deutlicher Berandung; Sporangiolen wie bei Crucibulum. I. Fruchtkörper zuletzt kreiselförmig. A. Hülle aussen blass ockerfarben oder grau, innen glatt, mit weiter, später wellig zurückgeschlagener Mündung. ©. Olla (BarscH). Fruchtkörper 10—14 mm hoch, 6—10 mm dick; Hülle lederartig, aussen filzig, zuletzt glatt, innen glänzend, bleigrau oder bräunlich; Sporangiolen 2—3 mm breit, bis 1 mm dick, linsenförmig, grau, glänzend. An faulendem Holze, Brettern, Pfählen, auch auf dem Boden, in Gärten und auf Äckern; Juli—November. — I. Stuttgart (M.); Esslingen (Sporkr); Tübingen und Waldhausen (ScHÜüßBLER, KEMMLER); Braunsbach OA. Künzelsau (ScHULTHEISS); Crailsheim (Br.); Ellwangen (RırucegB); Mainhardt (GRÄTER); Vorder-Steinenberg (OBMR.); Untersontheim (KEmMLEr); Trillfingen (RıE.). II. Wild- bad (O.); Bulach (Hu.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). IV. Warthausen (RKW.). B. Hülle aussen braun, innen gestreift, mit scharfem, zottig be- haartem Rande. ©. striatus (Huns.). Fruchtkörper 10—16 mm hoch, 8—10 mm dick, aussen rostbraun bis umbrabraun, zottig-filzig, innen bleigrau, glänzend; Sporangiolen becherförmig eingedrückt, ca. 2 mm breit, weisslich. Auf Holzstücken, Zweigen, Laub, auch auf dem Boden, in Gärten und Wäldern; Juli—November. — I. Stuttgart mehrfach (SONTHEIMER, M., Cross, Krauss, Hess); Hohenheim im botanischen Garten (Mr.); Tübingen (ScHüßLer); Braunsbach OA. Künzelsau (ScHuLTHEıss); Maienfels OA. Weinsberg (Sr.); Vorder-Steinenberg (OBMmr.); Crailsheim (Br.); Trillfingen (Rır.). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Hausen a. Thann selten, Schörzingen (Sm.). IV. Warthausen (RKW.). ll. Fruchtkörper zuletzt halbkugelig. C©. seutellaris Rıu. Fruchtkörper anfangs kugelig, später geöffnet, 4—5 mm im Durchmesser, mit schwach und ungleich gekerbtem Rande, aussen bis über die Mitte graufilzig, am Rande kahl; Sporangiolen weisslich, später schwärzlich. In Wäldern, auf faulenden Holzsplittern und abgefallenen Zweigen; Sep- tember, Oktober, } 7. Fam. Hymenogastraceae. Fruchtkörper fleischig, nicht erhärtend und nicht aufspringend, zuletzt faulend, rundlich, knollenförmig, stiellos; Hülle dünnhäutig oder fleischig, selten derbhäutig oder fehlend; Gleba von labyrinth- förmig gewundenen, anastomosierenden Gängen durchsetzt, deren Innenwand von dem Hymenium überzogen wird; Basidien mit 2, 4 oder mehr Sterigmen. — Meist ganz oder zum Teil unterirdisch lebende Pilze. { Übersicht der Gattungen. I. Hülle fehlt, Gänge an der Oberfläche frei mündend 16. Gautieria VITT. II. Hülle vorhanden, den ganzen Fruchtkörper hautartig umschliessend. A. Fruchtkörper am Grunde, oft auch an der Oberfläche mit wurzel- artigen Mycelsträngen. a. Hülle dünn, mit der Gleba verwachsen, nicht abziehbar 17. Rhizopogon Fr. b. Hülle derbhäutig, leicht ablösbar . 18. Hysterangium Vırr. B. Fruchtkörper ganz ohne wurzelartige Mycelstränge. a. Basidien mit 2 Sterigmen; Sporen elliptisch, spindel- oder citronenförmig. . . 2.19. Hymenogaster VITT. b. Basidien mit 4 Slerigmen. U Sneiyen kugelig. @. Membran der Sporen farblos . 20. Hydrangium WALLR. P. Membran der Sporen gelb oder braun 21. Octaviania VIr. 16. Gatt. Gautieria Vım. Fruchtkörper knollig, von einem weichen, flockigen Mycel um- geben, Oberfläche mit vielen eingesenkten Gruben versehen, welche sich in die Gänge der Gleba fortsetzen; Hülle nicht deutlich zu unterscheiden; Gleba fleischig, von labyrinthartigen Höhlungen durch- zogen; Basidien dicht stehend, mit 2 Sterigmen; Sporen elliptisch- spindelförmig, mit dicker, bräunlicher Membran. G.morchellaeformis Vırr. Fruchtkörper bis wallnussgross, rötlichbraun, am Grunde mit reich verzweigtem, weisslichem Mycel; Kammern der Gleba gross, rötlichbraun, ihre Wände mit Hohlräumen, von weisslicher Zwischensubstanz venenförmig durchzogen; Sporen bräunlich, mit längsgestreifter Membran. Geruch nach Dietamnus albus. Unterirdisch in Eichenwäldern. — III. Im Wald beim Sonthof und im Eckwald bei Schörzingen selten (Sı.). 17. Gatt. Rhizopogon Fr. Fruchtkörper knollig, am Grunde und meist auch an der Ober- fläche mit wurzelartigen, dicken Mycelsträngen; Hülle häutig oder fast lederartig, von der Gleba nicht als bestimmte Haut gesondert; Gleba Nleischig, von feinen, gewundenen Gängen durchzogen, später zerfliessend; Basidien mit 6--8 Sterigmen; Sporen elliptisch-spindel- förmig, mit glatter, hellgelblicher Membran. — 21 — I. Fruchtkörper mit zahlreichen Mycelfasern bedeckt, mit dicker, fast lederartiger Hülle. Rh. luteolus Fr. Fruchtkörper unregelmässig rundlich, 2 bis 6 cm im Durchmesser; Hülle anfangs weiss, später gelblich, zuletzt olivenbraun; Gleba anfangs weiss, später schmutzig-olivengrau. Geruch bei der Reife knoblauchartig. In sandigen Wäldern, auf Heiden, mit dem Scheitel aus dem Boden ragend; Juli—Oktober. — I. Vorder-Steinenberg (OBuR.). II. Fruchtkörper mit dünner Hülle, am Grunde mit einem dicken Mycel- strange, sonst mit spärlichen Fasern bedeckt. Rh. rubescens Tun. Fruchtkörper unregelmässig rundlich, 1—5 cm im Durchmesser; Hülle anfangs weiss, an der Luft und bei Berührung rötlich werdend, zuletzt gelblich oder olivenbraun ; Gleba anfangs weiss, später gelbbraun oder schmutzig-olivengrün, zuletzt ganz zerfliessend. Geruch schwach knoblauchartig. In Wäldern, an Wegen, halb aus dem Boden hervorragend; Juni— Oktober. — IH. Am Meistern bei Wildbad (O.). IV. Im Schwedenwäldle bei Ulm (Haas). 18. Gatt. Hysterangium Vmr. Fruchtkörper rundlich, am Grunde mit starken, wurzelartigen Mycelsträngen; Hülle dickhäutig, scharf abgegrenzt, von der Gleba leicht ablöslich; Gleba zäh, elastisch; Basidien mit 6—8 Sterigmen ; Sporen elliptisch-spindelförmig, mit glatter, hellgelblicher Membran. H. clathroides Vırr. Fruchtkörper* '/;—3 cm dick; Hülle glatt, anfangs schneeweiss, später oft gelblich; Gleba fast knorpelig, zäh, anfangs weiss, später schmutzig graugrün oder olivenbraun. Geruch schwach rettigartig. In Wäldern, gewöhnlich gesellig dicht unter der Erdoberfläche; Mai, Juni. — II. Im jungen Fichtenwald beim Sonthof OA. Rottweil nicht selten (Sm.). 19. Gatt. Hymenogaster Vir. Fruchtkörper fleischig, meist leicht zerfliessend, rundlich; Hülle dünn, feinfaserig, von der Gleba nicht deutlich trennbar; Gleba von feinen gewundenen Gängen durchsetzt; Basidien mit 2 Sterigmen; Sporen elliptisch, ei-, spindel- oder citronenförmig, mit fester, gelb- brauner oder brauner Membran. I. Gleba durchweg von Gängen durchzogen, ohne unfruchtbares Polster am Grunde. A. Hülle weiss, später gelblich und bräunlich. H. Klotzschii Tur. Fruchtkörper gebrechlich, rundlich, /,—1'/s em diek; Hülle zart, seidenfaserig; Gleba anfangs weisslich, Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ, 1394. 21 — 32 — später rostbräunlich, weich; Sporen elliptisch, am Scheitel stumpf oder mit flacher Spitze, mit rostbrauner, feinwarziger oder glatter Membran. Geruch schwach knoblauchartig. In Laubwäldern und auf Gartenerde, anfangs unterirdisch, später hervor- tretend ; September—November. — I. Am Bopser bei Stuttgart selten (M.); Vorder- Steinenberg (Opmr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). B. Hülle ceitronengelb, später schwärzlichrot. H. eitrinus Vırr. Fruchtkörper rundlich, meist gefurcht und höckerig, 2—4 cm dick; Hülle ziemlich dick, seidenglänzend; Gleba derb, mit anfangs gelbgrünen, dann citronengelben, zuletzt schwärz- lichen Kammerwänden; Sporen elliptisch, zugespitzt, mit runzeliger, undurchsichtiger, brauner Membran. Geruch stark moschusartig. In feuchten und schattigen \äldern. — I. Am Bopser bei Stuttgart (M.). II. Gleba am Grunde mit einem polsterförmigen unfruchtbaren Gewebe. H. tener Berk. Fruchtkörper rundlich, '/,—2 cm dick; Hülle zart, weiss, glänzend; Gleba anfangs weiss, später gelblich oder ockerfarben; Sporen citronenförmig, mit gelbbrauner Membran. In schattigen Laubwäldern ; Juni—September. 20. Gatt. Hydrangium WAaLLR. Fruchtkörper fleischig, rundlich; Hülle sehr zart, nicht genau von der Gleba unterscheidbar; Gleba fleischig, ganz von labyrinth- förmig gwundenen Gängen Bubansse: Basidien mit 4 Sterigmen; Sporen kugelig, mit farbloser Meier H. carneum Warır. Fruchtkörper 1—2 cm im Durchmesser; Hülle seidenfaserig, weiss; Gleba fleischrot oder hell rosenrot; Sporen mit feinstacheliger Membran. Geruchlos. In Heiden und auf Gartenerde in Gewächshäusern; Oktober— März. 21. Gatt. Octaviania Vır. Fruchtkörper fleischig, rundlich ; Hülle häutig oder flockig, meist leicht von der Gleba abzuziehen; Gleba fleischig, von gewundenen Gängen durchzogen, oft mit unfruchtbarem Grunde; Basidien mit 4 Sterigmen; Sporen kugelig, mit gelber oder brauner Membran. O0. asterosperma \ırr. Fruchtkörper rundlich, 1—2'/, cm dick; Hülle dünnhäutig, abziehbar, spinnwebig-filzig, anfangs weiss, beim Eintrocknen schmutzigbraun oder schwärzlich werdend; Gleba am Grunde mit einer unfruchtbaren Scheibe, anfangs weiss, später schwarz werdend; Sporenstaub zimtbraun, Sporen mit einem Stiel- ® oe OL Ba chen und gelluibuanner, dicht stachelig-warziger Membran. Geruch angenehm. In Laubwäldern, nahe unter der Bodenoberfläche; September. II. Unterordn. Hymenomycetes. Fruchtkörper häutig, fleischig, leder- oder holzartig, aus Ver- flechtung vielfach verzweigter Hyphen zusammengesetzt; Basidien an den Enden der Hyphenzweige gebildet, einzellig, keulenförmig- cylindrisch, mehr oder weniger dichtstehend, am Scheitel mit meist 4 (seltener 2, 6 oder 8) auf gleicher Höhe entspringenden Sterigmen, auf deren Enden die einfachen Sporen gebildet werden; das Hyme- nıum überzieht bestimmte Teile des Fruchtkörpers als eine zusammen- hängende Haut, welche zur Zeit der Sporenbildung frei liegt. Übersicht der Familien. I. Fruchtkörper fest, aus dicht verflochtenen Hyphen gebildet, häutig, fleischig, lederig oder holzig; Hymenium aus dicht aneinander- gefügten Zellen bestehend, einen bestimmten Teil des Fruchtkörpers (Hymenophorum) überziehend. A. Hymenophorum charakteristische Blätter, Falten, Röhren, Stacheln oder Warzen bildend. a. Hymenophorum deutlich ausgebildete Blätter (Lamellen) bil- dend, die unter sich frei sind, oder doch nur am Grunde anastomosieren . . .. .. 1. Agaricaceae, b. Hymenophorum keine Lamellen an @. Hymenophorum Falten oder niedrige Blätter bildend, die mehrfach dichotom verzweigt sind . . 2. Cantharellaceae. £. Hymenophorum Stacheln, Warzen, Röhren oder gewundene Gänge bildend. T Hymenophorum deutliche Warzen, Stacheln oder kurze, sägezahnartige Platten bildend, welche aussen von dem Hymenium überzogen sind. . . . . . 3. Hydnaceae. 71T Hymenophorum entweder regelmässige Röhren bildend, welche innen von dem Hymenium überzogen sind, oder Falten, oder blattartige Vorsprünge, die ganz oder doch teilweise zu wabenartigen Zellen oder labyrinthförmig gewundenen Gängen verbunden sind . 4. Polyporaceae. B. Hymenophorum glatt, schwach warzig oder runzelig. a. Fruchtkörper aufrecht, keulenförmig, oder ästig verzweigt, mit meist stielrunden, seltener abgeflachten Ästen; Substanz fleischig . . A ER Olavariacese. b. Fruchtkörper dach ausgebreitet oder flach abstehend, a aufrecht, trichterförmig oder in Platten oder Äste ee: den beiden letzteren Fällen aber von leder- oder hokshidet Beschaffenheit. . .:. 2.2 ..02.2 02.206, Thelephoraceae. 2l* — 324 — II. Fruchtkörper schimmelartig, oder als Haut einem im Innern von Pflanzen lebenden Mycel entspringend. A. Fruchtkörper schimmel- oder spinnwebartig, aus locker verfloch- tenen Hyphen bestehend; Basidien locker nebeneinander stehend 7. Hypochnaceae. B. Mycel parasitisch im Innern von lebenden Pflanzengeweben wach- send; Fruchtschicht nur aus den frei aus der Öberhaut der Nährpflanze hervorbrechenden Basidien gebildet 8. Exobasidiaceae. 1. Fam. Agaricaceae. Fruchtkörper fleischig, seltener häutig oder lederartig, meist schirmförmig, mit mittelständigem Stiel und regelmässigem Schirm („Hut“), seltener mit seitenständigem Stiel, oder stiellos, an einem Punkte angeheftet; Fruchtschicht deutlich ausgebildete Blätter („La- mellen“) bildend, welche strahlig, meist unter sich frei und von ver- schiedener Länge, von der Spitze des Stieles nach dem Rande des Hutes verlaufen. Übersicht der Gruppen. I. Lamellen an der Ansatzstelle des Stieles nicht durch anastomosie- rende Querleisten verbunden. A. Hülle des Fruchtkörpers (in der Jugend) doppelt: die äussere (Volva) wird bei der Streckung des Stieles durchbrochen, wobei sie am Grunde des Stieles als »Scheide«, auf der Oberfläche des Hutes in Form von ablöslichen Fetzen oder Warzen erkenn- bar bleibt. ,..hnessji« auloiab.! ern) Dina es B. Aussere Hülle des Fruchtkörpers fehlend. a. Lamellen zur Zeit der Sporenreife nicht zerfliessend, sondern einen verschiedenartig gefärbten Sporenstaub entlassend. a@. Lamellen fleischig-häutig oder häutig-lederartig. j Hut, wie der ganze Fruchtkörper, bei Verletzung einen milchigen (weiss, gelb oder rotgelb gefärbten) Saft ent- lassend. ; . Anl nounsi werrmimanlele En jr Fruchtkörper nicht milchend!. * Fruchtkörper fleischig, später faulend. $ Lamellen leicht (mit knisterndem Geräusch) zer- brechbar; Sporen mit starker, stacheliger Membran 3. BRussuleae. SS Lamellen weniger leicht zerbrechlich; Membran der Sporen glatt oder rauh, selten stachelig 4. Agariceae. ** Fruchtkörper bei der Reife zäh oder lederig, später vertrocknend, nicht faulend . . . . 5. Marasmieae. ! Bei einigen Arten von Agaricus (Untergattung Mycena) und Cortinarius enthalten der Stiel und auch die Lamellen Milchsaft. — 35 — ß. Lamellen dick und et fast wachsartig, entfernt stehena'. u „4 .2...6. Hygrophoreae. b. Lamellen bei der sale in eine dunkle a sich auf- losend. u 27. eece . Coprineae. II. Lamellen häutig, sich leicht vom " Fruchtfleische anee, am Stiel- ‚ansatz (oder an der Anheftungsstelle des Hutes) mehr er weniger änastomosierena u. te ae. RR BORN Bamillere: 1. Gruppe. Amaniteae. Fruchtkörper regelmässig, fleischig, faulend, in der Jugend von einer gemeinsamen häutigen Hülle um- schlossen, welche später zerreisst und dann in Form von Flocken oder Fetzen auf dem Hute und als Scheide am Grunde des Stieles zurückbleibt; Lamellen häutig; Sporenpulver weiss oder gefärbt. SIPOTENPULVELF WEISSE „han en er ae vw Ar Amanzoa. PERS. Sporenpulver rostbraun . . . nem rr2. Rozites KARSTEN. Sporenpulver rostrot oder Meieneot REIT 2, VoWanıa KR. 1. Gatt. Amanita Pers. Fruchtkörper fleischig, in der Jugend von einer gemeinschaft- lichen, fleischig-häutigen Hülle überzogen, welche später zerreisst und dann teils als filzig-warziger loser Überzug auf der Hutoberfläche, teils als mehr oder weniger mit dem Stiele verwachsene Scheide am Grunde des Stieles zurückbleibt; Hut vom Stiele scharf getrennt; Stiel central, meist mit einem häutigen Ringe; Lamellen häutig, weich, mit scharfer Schneide, in zwei Schichten spaltbar; Sporen- pulver weiss, Sporen rundlich oder elliptisch, mit dicker, glatter, farbloser Membran. Die Arten wachsen auf dem Boden. I. Stiel ohne Ring, mit diekhäutiger, lockerer Scheide. A. Hut trocken; Stiel röhrig, ohne Spur eines Ringes. A.vaginata (Burr.). Gemeinschaftliche Hülle dick und fest; Hut 6—10 cm breit, seidenglänzend, grau, braun, weiss oder gelb, anfangs mit weissen, wolligen Fetzen besetzt, die sich bald ablösen, Rand furchig gestreift; Stiel gebrechlich, bis 20 cm lang, weisslich, Hlockig-schuppig; Lamellen weiss. In Laub- und Nadelwäldern; Juli—Oktober. — I. Im Kesselwald bei Stockheim (Arın.); Freudenthal (O.); im Pulverdinger- und Hemminger-Wald bei Hochdorf (Rıe.); Stuttgart (M.); Möhringen (Mr.); Hohenheim (OK.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (OBır.); Trillfingen (Rır.). I. Breitenberg OA. Calw selten (Mr.); Teinach (V.). III. Aalen-Wasseralfingen „im Frühjahr, spär- lich“ (H.); im Wald über der Nebelhöhle (Schüster); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm, im ganzen selten (V.); Warthausen (RKW.). Kommt in folgenden Farbenvarietäten vor: — 326 — var. alba Fr. Ganz weiss, meist klein und zart. I. Hochdorf (Rır.); Möhringen (Mr.). IV. Ulm, im Jahre 1866 häufiger (V.). var. plumbea (SchHÄrr.). Hut, Schuppen des Stieles und Innen- seite der Scheide grau; oft sehr kräftig. var. badia (ScHärr.). Hut, Stielschuppen und Innenseite der Scheide braun. var. fulva (ScuÄrr.). Hut ete. orangefarben-bräunlich. I. Klein-Hohenheim (Mr.). II. Wildbad (O.). B. Hut klebrig; Stiel anfangs voll, später hohl werdend, mit An- deutung eines Ringes. A. strangulata (Fr.). Hut S—11 cm breit, kastanienbraun, am Rande gefurcht, mit breiten Fetzen dicht bedeckt; Stiel 10 cm und darüber lang; sonst wie A. vaginata. In Wäldern. — III. Schörzingen (Sn.). II. Stiel mit einem deutlichen, herabhängenden Ringe A. Scheide mit dem Grunde des Stieles verwachsen und daher un- deutlich, in Schuppen oder Warzen zerfallend; Hut mit Schup- pen oder Warzen besetzt. a. Lamellen an der Spitze des Stieles strichförmig herablaufend; Stiel voll. &. Hutfleisch und Lamellen unveränderlich weiss. A. spissa (Fr.). Hut festfleischig, 4—8 cm breit, umbra- oder graubraun, mit sehr kleinen, angewachsenen, fast mehligen, grauen Warzen, Rand glatt; Stiel kegelförmig verdünnt, 6—15 cm lang, 1—2 cm dick, weiss, schuppig, mit ganzem Ringe, am Grunde mit kugeliger, niedergedrückter, schuppiger Knolle. In Wäldern; August— Oktober. — III. Schörzingen (Sı.). ß. Hutfleisch bei Verletzungen und Lamellen später rötlich werdend. A. rubescens Pers. Hut 8—14 cm breit, schmutzig-rosenrot, fleischrot oder braunrötlich, verblassend, mit ungleichen, mehligen oder spitzen Warzen; Stiel nach oben verdünnt, 6—11 cm lang, kleinschuppig, anfangs weiss, später rötlich, am Grunde mit einer schuppigen Knolle; Lamellen anfangs weiss. Geschmack mild mit kratzendem Nachgeschmack ; geruchlos. — Gilt als verdächtig, ohne dass giftige Eigenschaften an ihm nachgewiesen wären. Ändert ab: var. circinata Pers. Hut flach, rotbraun, mit dichten, festen, konzentrisch gestellten Warzen. In Wäldern und Gebüschen ; Juli—November. — I. Am Heuchelberg sehr häufig (Arım., O.); am Stromberg (O.); Hochdorf (Rıe.); Stuttgart häufig (M., O., Hess, Rır.); um Hohenheim (Mr.); Echterdingen (OK.); Kirchberg OA. Sulz (Eı.); Naar Öhringen, Weinsberg (O.); Ellrichshausen (Br.); OA. Ellwangen (Kz.); Vorder- Steinenberg (Osur.). II. Wildbad, Altensteig (O.); Bulach (Hm.). III. Aalen- Wasseralfingen selten (H.); Schörzingen häufig (Sm.). IV. Ulm vereinzelt (V., Haas). b. Lamellen hinten abgerundet, nicht herablaufend; Stiel an- fangs voll, später hohl. A. aspera (Fr.). Hut 4—6 cm breit, olivenfarben oder grau- braun, von dichtstehenden, schmutzigweissen Warzen reich besetzt, Rand glatt, Fleisch unter der Oberhaut braun werdend; Stiel nach oben verdünnt, 6—8 cm lang, mit abstehendem Ringe und schuppiger Knolle; Lamellen weiss. In lichten Waldungen; September, Oktober. — I. Stuttgart am Bopser (M.); um Tübingen selten (ScHÜBLER); Vorder-Steinenberg (OBMR.). B. Scheide deutlich, mit dem Grunde des Stieles verwachsen oder frei. a. Scheide mit dem knolligen Grunde des Stieles lose verwach- sen, oben scharf berandet, aber nicht frei hervortretend; Hut mit zahlreichen Warzen besetzt. @. Hut rot, mit unter der Oberhaut orangegelbem Fleische. A. muscaria (L.). Hut dickfleischig, 8—20 cm breit, scharlach- rot mit weissen oder gelblichen, dicken, später abfallenden Warzen besetzt; Stiel 6—25 em lang, 1—2 cm dick, weiss, mit hängendem, weissem, oben gestreiftem Ringe, am Grunde mit einer kugeligen oder eiförmigen, ringförmig berandeten und schuppigen Knolle; Lamellen weiss, an der Spitze des Stieles streifig herablaufend. Ge- schmack- und geruchlos. — Sehr giftig. In Wäldern und auf Waldwiesen; Juli, Oktober, November. — Häufig in I—IV. Mitgeteilt wurden folgende Standortsangaben: I. Heuchelberg (Auın.); Hochdorf (Rır.); Stuttgart (M., Hess, Rır., Er); Vaihingen a. F. (BıLHUBER); Hohenheim (Mr., OK.); Tübingen (GmELIN, ScHÜBLER); Mergentheim (Fuchs); Mainhardter Wald (GrÄTER, Sr.); OA. Crailsheim (Br.); Welzheimer Wald (OBMR., Er.); OA. Ellwangen (Kz.); Trillfingen (Rıe.). II. Überall häufig (O., Koch); Teinach (Wurm); Bulach (Hm.); O.-Kollwangen (Mr.); Nagold (ZELLER). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.); Blaubeuren (WIDENMANN); Ulm, besonders im Eselswald gegen Merklingen (Leororp, V., Haas); OA. Ehingen (Gaus). IV. Warthausen (RKW.); Ravensburg (BEIGEL). P. Hut nicht rot, mit weissem Fleische. j Stiel cylindrisch, mit glockigem Ringe. A. excelsa (Fr.). Hut 6—10 cm breit, glänzend gelb, mit mehligen, leicht ablöslichen Warzen besetzt; Stiel 8-10 cm lang, voll, später hohl, weiss, unterhalb des Ringes schwach schuppig, am Grunde mit einer cylindrischen, gerandeten, schuppigen Knolle; Lamellen weiss. — Giftig. In Nadelwäldern; August, September. — I. Crailsheim, im städtischen Eichwald (Br.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). IV. Warthausen (RKW.). if Stiel nach oben verdünnt, mit schiefem, unregelmässigem Ringe. | A. pantherina (DC.). Hut 6—8 cm breit, braun oder grau- braun, mit ziemlich regelmässig gestellten, kleinen, weissen Warzen besetzt; Stiel 6—8 em lang, 1'/, cm dick, anfangs voll, später hohl, weiss, am Grunde knollig und mit einer abziehbaren Scheide um- geben; Lamellen weiss. — Sehr giftig. In Laub- und Nadelwäldern, August— Oktober. — I. Brackenheim (ALım.); Stuttgart (M., Hess, O.); Riedenberg, Klein-Hohenheim (Mr.); Echterdingen (OK.); Mainhardter Wald (Sr.); Welzheimer Wald (Osur.); Waldthann (BuL.); OA. ElIl- wangen (Kz.); Trillfingen (Rır... II. Bulach (Hm.); O.-Kollwangen (Mr.). III. Aalen-Wasseralfingen selten (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Su.). IV. Ulm nicht selten (V.). b. Scheide mit dem Grunde des Stieles mehr oder weniger ver- wachsen, oben frei hervortretend. &. Fleisch gelblich, Stiel und Lamellen gelb. A. caesarea (Scor.). Hut S—16 cm breit, orangegelb oder rot, mit dicken, weissen Warzen besetzt; Stiel etwas bauchig, 10 bis 16 em lang, 2—3 cm dick, am Grunde mit einer weiten, sackförmigen Scheide. — Einer der besten Speisepilze. In Wäldern, auf Triften und Heiden; Sommer und Herbst. — I. Im Wald bei Schwaigern OA. Brackenheim und auch bei Unter-Deufstetten OA. Crailsheim im Herbst, 1878 beobachtet (Arın.). ß. Fleisch, Stiel und Lamellen weiss. f Lamellen an der Spitze des Stieles streifig herablaufend. A. recutita (Fr.). Hut 8—9 cm breit, weisslichgrau, trocken, glatt, oft von den Resten der Hülle schuppig; Stiel später hohl, nach oben verdünnt, seidig, am Grunde mit enger, angedrückter Scheide, Ring weiss. In Nadelwäldern. — I. Degerloch (O.). ir Lamellen nicht herablaufend. * Stiel am Grunde wenig verdickt, mit inet Scheide. A. porphyria Au». u. Schw. Hut 5—10 cm breit, trübbraun oder purpurbraun, von filzigen Resten der Hülle besetzt oder ganz kahl; Stiel anfangs voll, später hohl, cylindrisch, weiss, mit dünnem, hängendem Ringe; Lamellen weiss. In feuchten Nadelwäldern; September, Oktober. ** Stiel am Grunde knollig, auf dem Scheitel der Knolle mit weiter, häutiger Scheide. A. phalloides (Fr.) (inkl. A. Mappa Fr.). Hut zuletzt fast kegelförmig oder flachgewölbt, 6—8 cm breit, weiss, gelblich oder grünlich, schwach seidenglänzend, im feuchten Zustand etwas klebrig, oft mit Fetzen besetzt, am Rande glatt; Stiel anfangs voll, später an der Spitze hohl, 8—10 cm lang, nach oben etwas verdünnt, weiss, gebrechlich, mit häutigem, gestreiftem Ringe; Lamellen weiss. — Der gefährlichste Giftpilz, der schon oft Todesfälle veranlasst hat. Ändert ab: var. albida SchHrort. Alle Teile weiss. var. grisea SCHROET. Hutoberfläche weiss, in der Mitte grau oder schwärzlich. var. citrina (Pers.). Hutoberfläche und Ring schwefelgelb. var. viridis (Pers.). Hutoberfläche schmutzig gelbgrün, in der Mitte oft olivenbraun, oft leicht gestreift. In Laub-, seltener Nadelwäldern; Juli—November. — I. Brackenheim (Arım.); Stuttgart (M., Er); Möhringen (Mr.); Echterdingen, Ruith (OK.); Main- hardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (OBıur.); OA. Crailsheim (Br.); Lippach (Koch); Trillfingen (Rıe.). II. Teinach und Breitenberg (Hm., Mr.); O.-Kollwangen, Gültlingen (Mr.); Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.); Seissen (Mr.). IV. Ulm nicht häufig (V., Haas); Warthausen (RKW.). 2. Gatt. Rozites Karsten. Hut fleischig, sein Rand anfangs mit dem Stiele durch einen häutigen Schleier vereinigt, der später als Ring am Stiele zurück- bleibt; Sporenpulver rostbraun; Sporen mit hellbrauner, glatter Membran. R. caperata (Pers). Hut 6—12 cm breit, mit grubig ge- furchtem Rande; Oberfläche gelb oder ockerfarben, mit ablöslichen, spreuartigen, weissen Flocken besetzt; Stiel 6—12 cm lang, 1—2 cm dick, voll, weiss, mit grossem, abstehendem, später hängendem, weissem, häutigem Ringe, am Grunde von einer angewachsenen, häutigen, Scheide umgeben; Lamellen lehmfarben, später rostbraun. —. Essbar. In Laub- und Nadelwäldern; August—Oktober. — I. Vorder-Steinenberg (Osımr.). III. Aalen (H.); Schörzingen (Su.). IV. Ulm selten, im Eselswald, an der roten Wand (V.). 3. Gatt. Volvaria Fr. Hut fleischig; Stiel vom Hute scharf getrennt, ohne Ring: Lamellen anfangs weiss, später fleischrot; Sporenpulver rostrot oder fleischrot; Sporen mit rötlichem Inhalt und glatter Membran. I. Oberfläche des Hutes trocken, nicht klebrig. A. Hut mit weissen Fasern oder Schuppen. a V. bombyceina (ScHarrr.). Hut 8—20 cm breit, weiss; Stiel 8—16 cm lang, 8—15 mm dick, voll, glatt, weiss, am Grunde mit einer weiten, wollig-häutigen, weissen Scheide. An Weiden- und Pappelstämmen; Juni, Juli. B. ‚Hut mit schwarzen Fasern. V. volvacea (Burn). Hut 4—6 cm breit, weisslich, mit an- gedrückten schwarzen Fasern; Stiel 3—6 cm lang, voll, glatt, weiss- lich, mit weiter, bräunlicher, häutiger Scheide. Auf Frühbeeten, in lockerem Waldboden; Juli—September. — I. 1825 in | Tübingen auf den Treibbeeten des botanischen Gartens (FRITZ). II. Oberfläche des Hutes schleimig, klebrig. V. speciosa (Fr.). Hut 6—10 cm breit, glatt, weisslich, in der Mitte graubraun: Stiel 10—15 cm lang, 1—3 cm dick, voll, weiss, anfangs wollig, später glatt, mit einer ‘oben unregelmässig zerschlitzten, häutigen Scheide. In Gärten, auf Äckern und Misthaufen; Mai—Juli und September. — I. Brackenheimer Wald (Arın.); Vorder-Steinenberg (Oeur.). IV. Ulm am Weg nach Thalfingen, im Gesellschaftsgarten (V.). 2. Gruppe. Lactarieae. Fruchtkörper regelmässig, fleischig, starr, leicht brüchig, bei Verletzungen einen weissen oder gefärbten Milchsaft ausscheidend ; Lamellen fleischig, von verschiedener Länge, längere und kürzere in regelmässiger Weise wechselnd ; Sporenpulver weiss oder gelb; Sporen mit starker, stacheliger Membran. Sporenpulver weiss oder gelblich . . . . . 4. Lactaria PERS. Sporenpulver lebhaft ockergelb. . . . . . 5. Lactariella SCHROET. 4. Gatt. Lactaria Pers. Sporenpulver rein weiss oder hellgelblich; Membran der Sporen farblos oder sehr hell gelblich. I. Milchsaft gelbrot; Sporenpulver hellgelblich. L. deliciosa (L.). Hut dickfleischg, 3—11 cm breit, mit anfangs scharf eingerolltem, kahlem Rande und glatter, ziegel- oder orangeroter, verblassender, grünlich gezonter Oberfläche ; Stiel von. der Farbe des Hutes, bis 8 cm lang, 1—1'/, em dick, anfangs voll, später hohl; Saft lebhaft rotgelb, beim Eintrocknen grünlich werdend ; Fleisch und Lamellen gelbrot, bei Verletzungen grünlich werdend. Hat einen milden, angenehmen Geschmack und ist ein beliebter Speisepilz. NS In Wäldern, besonders gern in Nadelwäldern und auf Wiesen; Juni—No- vember. — Für gewöhnlich wohl nicht selten; stellenweise häufig. I. Bracken- heimer Wald (Auzm.); Hochdorf (Rıe.); Wälder um Stuttgart und Hohenheim häufig (M., Mr., OK., Er., Rıe., RomBERG); Mainhardter Wald (Sr.); Welzheimer Wald (Osur.); OA. Crailsheim (Br.); OA. Ellwangen (Br.); Schurwald (Eı.); Bebenhausen (GmELın); Trillfingen (RıE... II. Wildbad häufig (O.); Bulach häufig (Hu.); Schönbronn, O.-Kollwangen nicht. häufig (Mr.) [bei Hirsau nicht beobachtet (Koc#)]. III. Aalen vereinzelt (H.); Reutlingen bei der Ölmühle (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm sehr häufig (Haas, V., Des.); Warthausen (RKW.). II. Milchsaft weiss, selten fast farblos. A. Saft nach dem Ausfliessen die Farbe nicht verändernd. a. Oberfläche und Rand des Hutes glatt und kahl. «@. Hut im frischen Zustande schleimig, im trockenen glän- zend; Milchsaft weiss. 7 Hut mit kreisförmigen Zonen. * Lamellen weisslich. $ Hut gelblich, am Rande kahl; Stiel voll. L. zonaria (Burr.). Hut 4—8S cm breit, mit eingerolltem Rande; Stiel kurz, in der Jugend weiss, später gelblich. Geschmak scharf. In Wäldern und Gebüschen; August—Oktober. — I. Brackenheimer Wald (ALLn.). SS Hut graugrün, in der Jugend am Rande flaumig; Stiel später hohl; Lamellen bei Verletzung grau werdend. L. blennia Fr. Hut schmutzig graugrün, oft in der Mitte rötlich, mit konzentrisch angeordneten Flecken, in der Jugend am Rande flaumig, 5—11 cm breit, Stiel 2'/; cm lang, 6—12 mm dick, klebrig, von der Farbe des Hutes. In Laub- und Nadelwäldern. — I. Niederhofen am Heuchelberg (Arı..); Hölzern b. Weinsberg (O.). II. Schörzingen (Sm.). IV. Ulm selten (V.). ** Lamellen gelblich oder gelbrötlich. $ Hut gelblich; Lamellen später verblassend; Stiel später hohl. L.insulsa Fr. Hut genabelt, später trichterförmig, —11 cm breit, schwach gezont; Stiel 3—4 cm hoch, 1—2!/„ cm dick, bleich, oft gelbgrubig; Milch scharf. In schattigen Wäldern ; Juli—September. — I. Hohenheim exot. G.; Rieden- berger Wald (Mı.). III. Aalen im Laubwald nicht selten (H.). IV. Warthausen im Nadelwald (RKW.). SS Hut zimtbraun; Lamellen anfangs weisslich; später gelb-bräunlich; Stiel voll. a L. quwieta Fr. Hut 6—8 cm breit, in der Mitte eingedrückt, zimtbraun, später verblassend, schwach gezont; Stiel 5—8 cm lang, 1—1'/, em dick, rostbraun; Lamellen angewachsen-herablaufend. In Laubwäldern; September, Oktober. — IV. Ulm selten, in Wäldern gegen Holzschwang in Bayern (LEoPoLD, V., DESs.). ff Hut ohne Zonen. * Lamellen weiss bleibend. L. trivialis Fr. Hut 4—8 cm breit, mit eingebogenem, häutigem Rande und dunkel-blaugrauer, später schmutzig-gelber oder schmutzig-rötlichbrauner Oberfläche; Stiel hohl, 4—8 em lang, 1 cm dick, blass; Lamellen dicht stehend. Schmeckt scharf. In Nadelwäldern; September, Oktober. — I. OA. Crailsheim (Br.). III. Schör- zingen (Sm.). IV. Ulm nicht häufig am Eselsberg, im Thalfinger Wald (V.); Warthausen in Wäldern des Hochplateaus (RKW.). ** Lamellen anfangs weisslich, später bräunlichgelb wer- dend. $ Stiel hohl; Hut leberbraun; Lamellen entfernt stehend. L. jecorina Fr. Hut dünnfleischig, 4—6 cm breit, mit ab- wärts gebogenem, scharfem, oft gestreiftem Rande und anfangs schwach klebriger, später runzeliger Oberfläche; Stiel 4—6 cm lang, 6—10 mm dick, leberbraun. In Wäldern, auf Heiden; Juli—Oktober. SS Stiel anfangs voll, später hohl werdend; Lamellen dicht stehend. © Lamellen wenig herablaufend; Hut blass gelblich oder rötlich. L. pallida Pers. Hut 4—8 cm breit, fleischig, am Rande eingerollt; Stiel 4—6 cm lang, 1—2 em dick, von der Farbe des Hutes. Geruchlos; schmeckt zuerst mild, später scharf. In lichten Laubwäldern: September, Oktober. — I. Stockheim im Kessel- wald (Arın.); Stuttgart auf dem Bopser (M.). III. Schörzingen (Sm.). OO Lamellen angewachsen-herablaufend; Hut orange- gelb. L. aurantiaca (Fr. dan.). Hut 2—6 cm breit, dünnfleischig, anfangs klebrig, später glatt; Stiel 3—6 cm hoch, 4—6 cm dick, orangegelb. Geschmack anfangs mild, später scharf. In Laubwäldern; August (September), Oktober. — I. Klein-Hohenheimer Wald (Mr.). P. Oberfläche und Rand des Hutes glatt, trocken, nicht kle- brig, im trockenen Zustande nicht glänzend. Milchsaft trübe, fast farblos, spärlich. L. seriflua (DC.). Hut 2!/,—6 cm breit, in der Mitte meist mit einem spitzen Höcker, am Rande eingerollt, gelblich rot- braun, ohne Zonen; Stiel 3—6 cm lang, 5—6 mm dick, voll, gelblich rotbraun; Lamellen dicht, blass. Geruchlos, von mildem Geschmack. In Wäldern, Gebüschen und Gärten; August—Oktober. — I. Bracken- heimer Wald (Arr..). ii Milchsaft weiss. * Hut weiss; Lamellen sehr dicht stehend, gabelig, zwei- teilig. $ Stiel weiss; Lamellen herablaufend. L. piperata (Scor.) Hut festfleischig, 8—16 cm breit, am Rande anfangs eingerollt, später trichterförmig, mit glatter, trockener Oberfläche ; Stiel fest und voll, 2—6 cm lang, 1'/,—2'/, em dick; Lamellen nach beiden Seiten gleichmässig verschmälert. Schmeckt scharf, riecht angenehm, veilchenartig. — Soll geniessbar sein. In Laub- und Nadelwäldern; Juli—Oktober. — I. Brackenheimer Wald (Arın.); Hochdorf bei Vaihingen a. E. (Rır.); Wälder um Stuttgart und Hohen- heim häufig (M., Mr., OK., Er., Hess.); Rüdern bei Esslingen und Bebenhausen (ScHÜßLER); Kirchberg OA. Sulz (Korter); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder- Steinenberg (OBır.); Leukershausen, Crailsheim (Br.). III. Aalen (H.); Kapfen- burg OA. Neresheim häufig (Koch); Bad Boll (Bavuınus); Reutlingen am Georgen- berg (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm im Spätsommer gemein (LeopoLn, V.); Warthausen in Wäldern des Hochplateaus (RKW.). SS Stiel weiss, oben meist bläulich, später bräunlich werdend; Lamellen nicht herablaufend. L. pargamena (Sw.). Hut 6—12 cm breit, Stiel 6—10 cm lang, 2 cm dick; Lamellen mit gerader Schneide; sonst wie voriger. Schmeckt scharf. In Laubwäldern ; Juli—Oktober. — I. Trillfingen ziemlich häufig (RıEBER). III. Aalen (H.); Schörzingen (Sn.). ** Hut gelblich, braun oder grau. S Milch von scharfem Geschmack. O Stiel anfangs voll, später hohl werdend; Hut schwach gezont. L. pyrogala (Burr.). Hut fleischig, 6—8 cm breit, glatt, aschgrau oder braun; Stiel 4—6 cm lang, 7—11 mm dick, nach unten verdünnt, blass bräunlich; Lamellen ziemlich entfernt stehend, gelblich; Saft reichlich. Auf Wiesen und in Gebüschen; Juni—Oktober. — I. Hohenheim bot. G. (Mr); Echterdinger Höhe (OK.); Vorder-Steinenberg (Osmr.). III. Aalen ver- einzelt (H.). IV. Ulm nicht häufig (V.). — 334 — OO Stiel voll; Hut ungezont. D)] Lamellen entfernt stehend; Stiel ungleich dick. L. flexuosa Fr. Hut festfleischig, 5—15 cm breit, mit herabgebogenem Rande und trockener, später rissiger, fahlgelber oder blass-braunrötlicher Oberfläche; Stiel 3—8 cm lang, 2 cm dick; Lamellen gelblich. In Wäldern, zwischen Moos; August—Oktober. — I. Stockheim im Eich- wald (Arınm.); Stuttgart in den Nadelwaldungen des Hasenbergs (M.). [I] Lamellen dicht stehend, Stiel gleichmässig dick. A Hut gelb, in der Mitte braunrot. L. tithymalina Fr. Hut 5—8 cm breit, glatt; Stiel gelb, 8 cm lang; Lamellen gelblich-Heischfarben. In Laubwäldern ; Herbst. — IV. Ulm selten (V.). AA Hut graubraun, später schwarzbraun. L. plumbea (Buır.). Hut festfleischig, 6—12 cm breit, mit anfangs eingerolltem Rande; Stiel 4—6 cm lang, 1 cm dick, von der Farbe des Hutes oder heller; Lamellen gelblichweiss. In Wäldern, besonders Nadelwäldern ; August— Oktober. — II. Wildbad (O.). SS Milch von mildem Geschmack, höchstens nachträg- lich etwas scharf. O Stiel voll. I] Lamellen dicht stehend, am Stiele herab- laufend. | L. volema (Fr.). Hut festfleischig, 5—10 cm breit, flach ge- wölbt, meist bald in der Mitte niedergedrückt, mit eingerolltem Rande und glatter, im Alter oft rissiger, rotgelber, rötlichbrauner oder gelbbrauner Oberfläche; Stiel 5—12 cm lang, 1—2 cm dick, fest, von der Farbe des Hutes; Lamellen anfangs gelblichweiss, später dunkler; Fleisch blass; Saft reichlich. Riecht im Alter nach Herings- lake; schmeckt mild und angenehm und wird genossen. In Laub- und Nadelwäldern; Juni, Juli und September—November. — I. Hochdorf bei Vaihingen a. E. (Rıw.); Wälder um Hohenheim, nicht selten (Mı., OK.); im Schönbuch (PFızEnwmaAser); Kirchberg OA. Sulz (Eı.); Gleichen OA. Öhringen, Mainhardt (O.); Gross-Erlach (Sr.); Vorder-Steinenberg (OBur.); OA. Ellwangen nicht häufig (Kz.). II. Im Schwarzwald vereinzelt (O.); Bulach (Hm.); Ober-Kollwangen nicht häufig (Mr.). [Bei Hirsau nicht (Kocn).)] III. Aalen (H.); Kapfenburg OA. Neresheim vereinzelt (Koch); Schörzingen (Sm.); Seissen OA. Blau- beuren nicht häufig (Mr.). IV. Ulm (V., Des., Haas); Warthausen (RKW.). NB. Die Unterart ZL. vol. oedematopus Scor. bei Kirchberg OA. Sulz (Er.). [I] Lamellen nicht herablaufend. A Lamellen weiss, später ockergelb. — 335° — L. ichorata (Bartsch). Hut fleischig, starr, uneben, oft ex- centrisch oder geschweift, 5—8 cm breit, gelbbraun mit dunklerer Mitte; Stiel 6—15 em lang, gelbbraun. Ist der L. tithymalina sehr ähnlich. In Wäldern. — II. Wildbad (0.). AA Lamellen anfangs hell gelbrötlich, später rotbraun. :L. camphorata (Burı.). Hut dünnfleischig, 3—6 cm breit, schmutzig rotbraun, oft undeutlich gezont; Stiel 4—6 cm lang, 4—6 mm dick, von der Farbe des Hutes; Fleisch rötlich; Geruch des Pilzes kampferartig, im trockenen Zustande nach Cumarin. Fast nur durch den Geruch von L. subduleis zu unterscheiden. In Wäldern, besonders Nadelwäldern; Juli—Oktober. — I. Oberheimbach OA. Weinsberg (Sr.). OO Stiel anfangs voll, später hohl werdend; Lamellen dicht stehend, nicht herablaufend. [] Lamellen anfangs blassrötlich, später rotbraun, etwas bereift; Fleisch schmutzig rötlichbraun. L. subdulecis (Burr.). Hut dünnfleischig, flach gewölbt, später oft trichterförmig, 3—6 cm breit, mit eingerolltem Rande und schmutzig-rötlichbrauner oder zimtbrauner Oberfläche; Stiel 3—5 cm lang, 6—10 mm dick, blassrötlich. Geruchlos. In Wäldern, besonders Laubwäldern; Juli—November. — I. Niederhofen OA. Brackenheim (Arrım.); Stuttgart am Bopser und im Kräherwald häufig (M.); Möhringer Wald (Mr.); Mergentheim (Fuchs); Vorder-Steinenberg (OBmr.); Mittel- fischach OA. Gaildorf; Ellwangen im Galgenwald häufig (Kz.). II. Wildbad (PLIENINGER, O,.). III. Schörzingen (Sm.). IV. Ulm hier und da (V.). [[] Lamellen blassgelblich, später rötlichgelb. A Hut gelb oder hellbräunlich. L. mitissima Fr. Hut 2,5—6 cm breit, flach gewölbt, später in der Mitte niedergedrückt, mit schwach eingerolltem Rande und orangegelber, hell-rotbrauner oder gelbbrauner Oberfläche; Stiel 6 bis 8 cm lang, ”—9 mm dick, gebrechlich, von der Farbe des Hutes. Geruchlos, von mildem Geschmack. —- Geniessbar. In Laubwäldern und Gebüschen; Juni—November. — I. Stuttgart am Bopser und im Heslacher Wald (M.); Möhringer Wald (Mr.): OA. Crailsheim (Br.). III. Aalen (H.). IV. Ulm vereinzelt (V.). AA Hut graubraun, schwach gestreift. L. obnubila (Lascn). Hut 2'/, cm breit, zerbrechlich; Stiel dünn, blass. In Wäldern. — IV. Ulm im Eselswald (Des.). A b. Oberfläche des Hutes, wenigstens am Rande, filzig oder zottig behaart. &. Oberfläche des Hutes in der Mitte kahl, meist schleimig, am Rande zottig behaart. j Stiel bald hohl werdend; Hut am Rande mit zottigen, weissen Haaren besetzt. L. torminosa (SCHAFEFF.). Hut lockerfleischig, gebrechlich, 3—10 cm breit, mit anfangs eingerolltem Rande, Oberfläche schwach klebrig, hell fleischrot, gelblich oder weisslich, oft mit regelmässigen rötlichen Zonen, doch auch schwach oder gar nicht gezont; Stiel 3—6 cm lang, 1—1'/,; cm dick, gebrechlich, von der Farbe des Hutes; Lamellen weisslich. Schmeckt scharf und gilt für giftig. In Laubwäldern, auf Heideplätzen; Juli—November. — I. Brackenheimer Wald ziemlich häufig (Auın.); zwischen Zuffenhausen und Münchingen häufig (V.); Wälder um Stuttgart und Hohenheim (M., Mr., OK., Rır.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (OBmr.); Goldbach, Mariäkappel, Wildenstein OA. Crailsheim (Br.); OA. Ellwangen (Kz.). 1I. Wildbad (PLieninger, O.). III. Schörzingen (Sm.); Seissen OA. Blaubeuren (Mr.). IV. Ulm häufig (V., Haas); Ravensburg (BEIGEL); Warthausen (1870 gemein) (RKW.). ir Stiel voll. * Stiel und Fleisch weiss; Lamellen zuletzt fleischrot. $ Stiel kurz, nach unten verjüngt. L. pubescens Fr. Hut zähfleischig, 5 cm breit, weisslich oder fleischfarbig, seltener gelblich werdend, ohne Zonen, in der Mitte kahl und glänzend, am Rande faserig-flaumig; Stiel anfangs fleischrot, später weiss. In Laubwäldern, auf moosigen Wiesen. — III. Ulm nicht selten (V., Dks.). SS Stiel aufgedunsen, ungleich dick. L. controversa (Prrs.). Hut dickfleischig, gebrechlich, 8 bis 12 cm breit, mit anfangs eingerolltem, zottig behaartem Rande, Oberfläche anfangs flockig, später klebrig, weisslich, meistens mit blutroten Flecken oder Zonen. Schmeckt scharf. Auf Grasplätzen, in lichten Laubwäldern ; September, Oktober. ** Stiel und Fleisch schmutzig-bräunlich; Lamellen zu- letzt schmutzig-weisslich. L. turpis (Weimm.). Hut festfleischig, hart, 6—20 cm breit, mit eingerolltem, filzigem, anfangs gelbzottigem Rande, Oberfläche anfangs klebrig-schleimig, schmutzig-olivenbraun bis umbrabraun, ohne Zonen; Stiel bis 5 cm lang, 1—2 cm dick, klebrig. In Wäldern, Gebüschen und Gärten; August— Oktober. — I. Heslach (M., Hess) ; Vorder-Steinenberg (Osmr.). III. Aalen (H.). IV. Ulm sehr selten (V., Des.); Ravensburg (BEIGEL). Aa ß. Oberfläche des Hutes trocken, feinschuppig oder filzig, be- sonders am Rande; Lamellen herablaufend. T Lamellen entfernt stehend, breit; Hut weiss. L. vellerea Fr. Hut hartfleischig, später fast holzig-lederig, bald in der Mitte eingedrückt und später schalen- oder trichterförmig, 8—20 cm breit, mit eingebogenem Rande und feinfilziger Oberfläche; Stiel voll, fest, weiss, flaumhaarig, 4—10 cm lang, 2—4 cm dick. Schmeckt scharf. In Laub- und Nadelwäldern ; Juli— November. — I. Stuttgart am Bopser (Er.); Feuerbach (V.); Birkacher Wald (Mr.); Vorder-Steinenberg (Osur.). III. Aalen (H.): Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Warthausen (RKW.). if Lamellen dicht stehend; Hut nicht weiss. * Stiel voll, aussen rauhfaserig. L. glycyosma Fr. Hut fleischig, 4—8 cm breit, mit stark eingerolltem Rande, Oberfläche kleinschuppig, manchmal nur fein seidenhaarig, grau oder graubraun, meist mit violettem Schimmer; Stiel 4—8 cm lang, 1—1'/, cm dick, blass; Lamellen anfangs blass, später ockerfarben. Geruch süsslich, ähnlich dem Perubalsam; Ge- schmack scharf. In Nadelwäldern; Juli—Oktober. — I. Stuttgart am Bopser (M.); Hohen- heim bot. G. (Mr... III. Aalen (H.). ** Stiel später hohl werdend. S Hut hellbraun, verblassend. L. helva Fr. Hut fleischig, gebrechlichh, S—12 cm breit, mit eingerolltem Rande, Oberfläche anfangs seidenhaarig, später flockig- schuppig; Stiel 5—8 cm lang, 1—1'/, cm dick, feinhaarig, blass; Lamellen anfangs weisslich, später ockerfarben. Saft spärlich. Ge- schmack bald mild, bald ziemlich scharf. In Nadelwäldern; Juli—Oktober. — II. Wildbad (0O.). SS Hut rotbraun, schimmernd. L. rufa (Scor.). Hut fleischig, 5—11 cm breit, Rand anfangs eingerollt, filzig, später Nach und scharf, Oberfläche anfangs klein- Hlockig; Stiel 5—8 cm lang, 1—1'/, cm dick, hell rotbraun, am Grunde flaumhaarıg; Lamellen anfangs hellgelblich oder rötlich, später rotbraun. Geschmack sehr scharf und brennend. In Nadelwäldern; Juli—November. — I. Heslach (Hess); Vorder-Steinen- berg (OBMR.); OA. Ellwangen (Kz.); Trillfingen nicht häufig (Rır.). II. Wildbad (O.). II. Aalen (H.); Reutlingen bei der Ölfabrik (D.). IV. Ulm nicht selten (V.). B. Milchsaft anfangs weiss, bald die Farbe ändernd. a. Milchsaft später grau werdend. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 22 8908 L. vieta Fr. Hut dünnfleischig, 5—8 cm breit, mit glattem Rande, Oberfläche in der Jugend schleimig, klebrig, trocken seiden- glänzend, fleischrötlich oder graubraun, ohne Zonen; Stiel bis 10 cm lang, 1 cm dick, hohl, zerbrechlich, weisslich oder bläulich ; Lamellen weisslich, später ockergelb. Geschmack scharf. In Wäldern; August—Oktober. — IV. Ulm selten (V., Des.). b. Milchsaft gelb, rot oder violett werdend. a. Milchsaft schnell gelb werdend. T Oberfläche und Rand des Hutes trocken, kahl, gezont. L. chrysorrhoea Fr. Hut fleischg, 5—10 cm breit, hell fleischrot oder gelblich, mit dunklen rötlichen Zonen; Stiel 6—8 cm lang, 1—1!/, cm dick, weiss; Lamellen blass gelblich oder rötlich. Geschmack sehr scharf. In Laub- und Nadelwäldern; Juli—Oktober. — I. Brackenheimer Wald (Arın.); Hohenheim bot. G. (OK.); Birkacher Wald (Mr); Vorder-Steinenberg (Osnr.). III. Aalen (H.); Ulm nicht selten (V., Des.). if Oberfläche des Hutes anfangs mit klebrigem Schleim überzogen, ohne Zonen. * Hut kahl, rot- oder gelbbraun. L. theiogala (Bur.). Hut dünnfleischig, 3—6 cm breit; Stiel 4—5 cm lang, S—10 mm dick, hohl, von der Farbe des Hutes; Lamellen hellrötlich oder lebhaft gelb. Geschmack anfangs mild, später scharf. In Laubwäldern ; Juli—Oktober. — I. Vorder-Steinenberg im Welzheimer Wald (Osnur.). ** Hut am Rande zottig, gelb. L. scrobiculata (Scor.). Hut festfleischig, 8—15 cm breit, anfangs in der Mitte schleimig-klebrig; Stiel 5—6 em lang, 2—2!/, cm dick, hohl, gelblich, mit eingedrückten grubigen Flecken; Lamellen weisslich. Geschmack scharf. In Wäldern; Juli—Oktober. — I. Hochdorf bei Vaihingen a. E. ziemlich häufig (RıE.); Stuttgart am Bopser (Er.); Klein-Hohenheimer Wald (Mr.); Heslach (Hzss); Kirchberg OA. Sulz (Er.); OA. Crailsheim (Br.); OA. Ellwangen (Kz.); Vorder-Steinenberg (Osımr.). II. Wildbad (O.). III. Aalen vereinzelt (H.); Schör- zingen (Sm.). IV. Ulm (Haas). ß. Milchsaft rot oder violett werdend; Oberfläche und Rand des Hutes kahl. T Milchsaft bald rot werdend; Geschmack scharf. * Oberfläche des Hutes trocken, ohne Zonen. $ Hut hellgelblich oder bräunlich. L. acris (Borr.). Hut festfleischig, 5—8 cm breit, Oberfläche matt, hell ockerfarben oder graubraun, manchmal fast weiss; Stiel a kurz, nach unten verdünnt, blass, später hohl; Lamellen gelblich, später etwas dunkler; Sporenpulver sehr hell gelblich. In Laubwäldern; September, Oktober. — I. Stuttgart am Bopser (M.); Wolfschlugen (ZELLER). III. OA. Spaichingen (Su.). IV. Ravensburg (Bkıckr). SS Hut feuerrot. L. flammeola (Porr.).. Hut dünnfleischig, 3—8 em breit, glatt, mit gelblichem Fleische; Stiel röhrig, 8 cm lang, am Grunde verdünnt, safrangelb, kahl; Lamellen gelb. In Wäldern. — IV. Ulm in dem sehr warmen Herbst 1865 im Göcklinger Wald mehrfach gefunden (Des.). ** Oberfläche des Hutes schleimig-klebrig, schwach gezont. L. lurida (Pers.). Hut fleischig, flach, mit graubrauner Ober- fläche, 6—8 cm breit; Stiel 6—7 cm lang, hohl, blass; Lamellen weisslich. In Wäldern und Gebüschen; August— Oktober. — III. Altenburg bei Reutlingen (O.); OA. Spaichingen (Sm.). if Milchsaft violett werdend; Hut kahl. * Hut trocken, aschgrau mit bräunlichen Zonen. L. violascens (Otto). Hut dünnfleischig, 6—8 cm breit; Stiel bis 6 cm lang, 1 cm breit, voll, blassgrau; Lamellen weisslich; Saft schnell violett werdend. Geschmack mild. In Laubwäldern, auf Waldwiesen ; Juli—Oktober. — I. Vorder-Steinenberg im Welzheimer Wald (Osur.). Ill. Ulm selten (V.). ** Hut mit klebrig-schleimigem Überzuge. L. uvida Fr. Hut fleischig, 4—8 cm breit, schmutzig gelblich, bräunlich, oder schmutzig fleischrot, ohne oder mit schwachen Zonen ; Stiel 3—5 cm lang, nach unten verdünnt, anfangs stark schleimig, voll, später hohl, von der Farbe des Hutes; Lamellen weiss; Saft langsam violett werdend. Geschmack sehr scharf. In feuchten Wäldern; Herbst. — I. Birkacher Wald (Mr). III. Aalen häufig (H.); Feckenhausen OA. Rottweil (Sm.). IV. Ulm selten (V., Dks.). 5. Gatt. Lactariella SCHROETER. Sporenpulver lebhaft ockergelb; Membran der Sporen hellgelb. I. Hut glatt; Milchsaft anfangs weiss, schnell safrangelb werdend; Fleisch gelbbraun. L. fuliginosa (Fr... Hut dünnfleischg, 3—10 cm breit, mit geschweiftem Rande, Oberfläche trocken, lederbraun, anfangs russbraun bereift, ungezont; Stiel bis 7 cm lang, 1 cm dick, von der Farbe des Hutes; Lamellen ziemlich weitläufig, anfangs zimt- farben, später lederbraun. Geschmack mild. 22* — 340 ° — In Laub- und Nadelwäldern; Juni—September. — I. Möhringer Wald (Mı.); Vorder-Steinenberg (Osımr.); Ellwangen unter den Galgenwaldbirken (Kz.). II. Schörzingen (Sm.). IV. Ulm vereinzelt (Des.). II. Hut mit gewundenen Runzeln überzogen; Milchsaft weiss; Fleisch weiss, schwach rötlich werdend. L. lignyota (Fr.). Hut Heischig, in der Mitte spitzhöckerig, 4—6 cm breit, Oberfläche trocken, anfangs samtartig bereift, dunkel- braun; Stiel bis 6 cm lang, 1 cm dick, von der Farbe des Hutes, an der Spitze runzelig gefaltet; Lamellen ziemlich dicht, anfangs weiss, später ockerfarben. Geschmack mild. In Gebirgswäldern ; August— Oktober. — III. Im Wittau bei Weilen u. R., im Wald bei Wellendingen ete. (Sı.). 3. Gruppe. Russwleae. Fruchtkörper grobfleischig, ohne Milchsaft; Lamellen leicht (mit knisterndem Geräusch) zerbrechend, von gleicher oder ungleicher Länge; Sporen mit stachelig-punktierter Membran; sonst wie die Lactarieae. Sporenpulver! weiss'.... 7. uam 22a Or Vussulat PERS. Sporenpulver ockergelb . . . . . 2.7. Russulina SCHROET. 6. Gatt. Russula Pers. Fruchtkörper grobfleischig; Schleier nicht vorhanden; Lamellen dick, gebrechlich; Sporenpulver weiss; Membran der Sporen farblos. I. Lamellen sämtlich von gleicher Länge, selten einzelne kürzere da- zwischen; Hut dünnfleischig, am Rande fast häutig, mit eingeboge- nem, bald gefurchtem Rande und abziehbarer, bei feuchtem Wetter klebriger Oberhaut. A. Lamellen und Stiel reinweiss. a. Stiel später hohl. R. fragilis Fr. Hut sehr dünn und gebrechlich, 3—6 cm breit, mit höckerig gefurchtem Rande, Oberfläche meist purpurrot oder violett, seltener blutrot, blassrot bis weiss; Stiel 2—5 cm lang; !/,—1'/, em dick, selten mit rötlichem Anfluge; Lamellen an den Stiel angeheftet. Geruchlos, sehr scharf schmeckend. — Der R. emetica sehr ähnlich. Auf feuchten Wiesen, in Laubwäldern und an Waldrändern ; Juli—November. — I. OA. Brackenheim häufig (Arım.); Heslach (M., Hess); Riedenberger Wall (Mrı.); Mainhardter Wald (Sr.). II. Wildbad häufig (O.); Ober-Kollwangen häufig (Mr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm zwischen Wiblingen und Gögglingen a. d. Donau (V.). b. Stiel voll. @. Hut mattbraun, mit höckerig gefurchtem Rande. oO — 34l — R. pectinata Fr. Hut starr und gebrechlich, 4—8 cm breit, Fleisch unter der Oberhaut gelblich; Stiel schwammig, gestreift, meist nach unten verdünnt, 4 cm lang; Lamellen frei. Geschmack scharf, Geruch schwach, aber unangenehm. In Wäldern und Gebüschen ; Juli—Oktober. 8. Hut spangrün oder gelbgrün, mit gestreiftem Rande. R. aeruginea Fr. Hut 4—7 cm breit; Stiel 5—6 cm lang; 1—1'/, em dick, fest, glatt; Lamellen locker angeheftet. Ge- schmack mild. In Wäldern; im Herbst. — I. Klein-Hoherheim (Mr.). B. Lamellen grauweiss oder schmutzig-weisslich. a. Hut rot, oft ge uam mit gefurchtem Rande; Stiel weiss oder rötlich. R. emetica Fr. Hut 5—10 em breit, meist blutrot oder purpurrot, oft verblassend und ins rotbraune übergehend; Stiel 6—8 cm lang, 1—1'/, em dick ; Lamellen frei, grauweiss. Geschmack scharf brennend, Geruch ekelhaft. — Gilt für sehr giftig. In Wäldern, auf feuchten Wiesen; Juli—November. — I. Hochdorf OA. Vaihingen im Bauernwald (Rır.); um Stuttgart häufig (KErNER, M., Eı., Rıe.); um Hohenheim, Ruith und Eehterdingen (Mr., OK.); im Schönbuch (ScHÜBLER); Mergentheim (Fuchs); OA. Crailsheim (Br.); OA. Ellwangen (Kz.); Trillfingen (Rıe.). II. Bulach (Hw.); Altensteig (O.). III. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ravensburg (BEısEr). b. Hut gelb, verblassend, mit glattem, später streifigem Rande; Stiel weiss, später grau, netzartig gerunzelt. R. ochroleuca Fr. Hut 5—7 cm breit; Stiel 2—4 cm lang, bis 1 cm dick, schwammig; Lamellen hinten abgerundet, weisslich. Geschmack scharf, Geruch schwach, nicht unangenehm. In Laub- und Nadelwäldern; Juli—Oktober. — II. Wildbad? (O.); III. Schörzingen (Sı.). Il. Lamellen von verschiedener Länge, bisweilen gegabelt. A. Längere und kürzere Lamellen in regelmässiger Weise wechselnd; Hut fleischig, am Rande nicht Bee Stiel voll. a. Stiel weiss. @. Hut braun. R. elephantina Fr. Hut 10—15 cm breit, Oberfläche glatt, lederfarben, am Rande heller; Lamellen schmal, bogenförmig, weiss, im Alter schmutzig gelbfleckig. — Der R. emetica ähnlich. In Wäldern; August— Oktober. — 342 — P. Hut weiss. R. delica Fr. Hut 8—14 cm breit, glatt, etwas glänzend; Stiel 2—6 cm lang, 1'/; cm dick; Lamellen herablaufend, schmal, weiss. Geschmack mild. — Der Lactaria vellerea ähnlich. In Wäldern, besonders Nadelwäldern; August—Oktober. — I. Vorder- Steinenberg im Welzheimer Wald (Our.). II. Schörzingen, Weilen u. d. R. 1875 daselbst sehr verbreitet (Sm.). b. Stiel grau oder bräunlich; Lamellen anfangs weiss, später grau. @. Fleisch grau, beim Zerbrechen unveränderlich. R. adusta Fr. Hut fest, 8-16 cm breit, graubraun; Stiel aufgedunsen, voll; Lamellen schmal, dichtstehend. Geschmack scharf, Geruch schwach. In Wäldern; August—Oktober. — I. Riedenberg (Mr.); Vorder-Steinen- berg (Osmr.). II. Wildbad (O.). (Daselbst auch mit grubig punktiertem Hut und zinnoberroter Färbung variierend.) III. Schörzingen (Sm.). IV. Ulm selten (V.). P. Fleisch weiss, beim Zerbrechen kirschrötlich werdend. R. nigricans Fr. Hut sehr fest, fast holzig, 10—14 cm breit, Oberfläche in der Jugend klebrig, später glatt, oft rissig, an- fangs olivenbraun, später schwärzlich ; Stiel eylindrisch, voll, 6—10 em lang, 2 cm dick, von der Farbe des Hutes; Lamellen weitläufig stehend, bauchig gerundet. Der ganze Pilz wird zuletzt schwarz und ist sehr dauerhaft. In Wäldern und Gebüschen; August—November. — I. Bopser bei Stutt- gart (M.); um Hohenheim und Ruith (Mr., OK.); Mainhardter Wald (Sr.). U. Wild- bad (O.). III. Schörzingen (Sm.). IV. Um Ulm selten (V.). B. Längere und kürzere Lamellen unregelmässig abwechselnd, nicht selten gabelig verzweigt. a. Rand des Hutes dünn, häutig, gestreift. «@. Stiel und Lamellen ledergelblich. R. fellea Fr. Hut 6—8 cm breit, strohgelb oder bräunlich- gelb; Stiel 4—6 cm lang, 12 mm dick, glatt, anfangs voll, später hohl werdend; Lamellen dicht stehend, oft am Grunde gegabelt, sehr schmal. In Buchenwäldern; August— Oktober. ß. Stiel und Lamellen (letztere wenigstens anfangs) rein weiss oder weisslich. Hut aderig, runzelig, mit klebriger Oberfläche. R. vesca Fr. Hut zuletzt trichterförmig, Oberfläche fleisch- rot, in der Mitte dunkler; Stiel voll, netzig gerunzelt; Lamellen dicht stehend. Geschmack mild, Geruch schwach oder fehlend. In Wäldern, besonders Laubwäldern ; August, September. — II. Wildbad (O.). ij Hut glatt, nicht runzelig. * Stiel später hohl; Hut gelbbraun oder schmutzig ockerfarben. R. foetens Pers. Hut in der Mitte dickfleischig, am Rande dünn, höckerig gefurcht, 8—15 cm breit, Oberfläche anfangs klebrig; Stiel 6—12 lang, 3—4 cm dick; Lamellen im Alter bei Verletzung oft bräunlich werdend. Geschmack scharf, Geruch ekelhaft. In Wäldern und Gebüschen ; Juli— Oktober. — I. Hochdorf im Pulverdinger Wald (Rır.); zwischen Bietigheim und Freudenthal (O.); um Hohenheim, Ruith und Echterdingen (Mı., OK.); Eichelberg und Hölzern, OA. Weinsberg (O.); Vorder-Steinenberg (Opmr.). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen viel- fach (H.); Schörzingen (Sm.); Seissen OA. Blaubeuren (Mr.). IV. Ulm am Esels- berg sehr häufig (V., Haas). ** Stiel voll; durchgehende, kürzere und gegabelte La- mellen unregelmässig gemischt. S Oberfläche des Hutes glatt und trocken. R. heterophylla Fr. Hut 4—8 cm breit mit feingestreiftem, bisweilen glattem Rande, olivengrün, graugrün oder ins bräunliche oder rötliche übergehend; Stiel 4—8 cm lang, 1—1'/, cm dick; Lamellen dicht stehend, sehr schmal. Geschmack mild. In Wäldern, besonders Laubwäldern; ‚August—Oktober. — IH. Alten- burger Wald bei Reutlingen (O.). var. galochroa Fr. Hut ganz weiss, oder weiss mit grünlichem Anfluge. SS Oberfläche des Hutes klebrig. R. cyanoxantha Fr. Hut 6—8 cm breit, Oberfläche hell- violett oder purpur-olivengrün, mit abblassender, oft bräunlicher Mitte und bläulichem Rande; Stiel 6—8 cm lang; Lamellen breit. In Wäldern; August—Oktober. — I. Heslach (Hess). II. Wildbad (O.). UI. Schörzingen (Sm.). IV. Ulm (Haas). b. Rand des Hutes ungestreift, aber bisweilen wellig. «@. Hutrand dünn, glatt, anfangs eingebogen; Lamellen zum grössten Teil gegabelt, nach vorn und hinten verschmälert. j Lamellen an der Spitze des Stieles herablaufend, weiss. * Oberfläche des Hutes anfangs feucht, blutrot, am Rande oft heller. R. sangwinea (Burn). Hut 6—8 cm breit, mit scharfem Rande und geglätteter Oberfläche; Stiel 3—5 em lang, fein gestreift, weisslich oder rötlich; Lamellen sehr dicht stehend, schmal. Ge- schmack brennend. In Wäldern ; August—Oktober. — 344 — ** Oberfläche des Hutes glatt, mit seidenartigem Schim- mer, braun bis grün. R. furcata Fr. Hut 5—8 cm breit; Stiel nach unten ver- dünnt, weiss, 4 cm lang, 8-10 mm dick; Lamellen ziemlich dick, gegabelt. Geschmack mild, später bitter. In Wäldern; August— Oktober. — I. Bopser bei Stuttgart (M.). III. Aalen- Wasseralfingen vereinzelt (H.). if Lamellen nicht herablaufend. * Lamellen gelblich, ziemlich gleich lang. R. caerulea Fr. Hut bläulich, in der Mitte rötlich oder bräunlich; Stiel schwammig-voll, fest, weiss. In Wäldern; August. — II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). ** Lamellen weiss; Oberhaut des Hutes klebrig; Stiel weiss, später grau werdend. $ Hut regelmässig, mit geradem Rande, etwas zer- brechlich. R. consobrina Fr. Hut 8 cm breit, braun, olivenfarbig oder grau, mit aschgrauem Fleische; Lamellen dicht, rein weiss. Ge- schmack sehr scharf. In bergigen Nadelwäldern ; September—Oktober. — I. Kirchberg OA. Sulz (Er). III. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.). $$ Hut unregelmässig, mit welligem Rande, fest. R. depallens Fr. Hut 4—8 cm breit, Oberfläche rötlich, bald, besonders in der Mitte, weisslich oder gelblich werdend; La- mellen dicht, weisslich. Geschmack mild. In Wäldern, auf Heiden ; August— Oktober. — Ohne Fundort notiert von M. und 0. ß. Rand des Hutes nie eingerollt, Oberfläche trocken, starr, oft mit Flocken oder Körnchen besetzt; Lamellen nach vorn verbreitert, abgerundet, weiss. T Oberfläche des Hutes glatt. R. rubra Fr. Hut starr, 5—8 cm breit, glänzend, zinnober- rot; Stiel bis 4 cm lang, 1—2 cm dick, weiss, unten rot. Geschmack sehr scharf. — Soll giftig sein. In Wäldern ; August— Oktober. — I. Möhringer und Degerlocher Wald (Mr.). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). IV. Ulm häufig (V.). ff Oberfläche des Hutes rauh, faserig oder flockig. * Oberfläche des Hutes rot. R. lepida Fr. Hut fest, bis 8 cm breit, Oberfläche rosa oder blutrot mit weisslicher Mitte, später verblassend, schwach seiden- N fädig oder rissig-schuppig; Stiel 8 cm lang, 2'/, cm dick, weiss oder rosenrot; Lamellen dichtstehend, dick. Geschmack mild. In Wäldern; August, September. — I. Heslacher und Degerlocher Wald (Hess, O.). ** Oberfläche des Hutes nicht rot. $ Hut spangrün, selten gelbgrün. R. virescens Fr. Hut 8—12 cm breit, Oberfläche bald zer- reissend und flockig oder felderig warzig; Stiel 6—8 cm lang, 1'/, bis 3 cm dick, weiss. — Essbar. In Laubwäldern; Juli—September. — I. Bopser bei Stuttgart (M., Mr, Hess); Mainhardter Wald (Sr.); Welzheimer Wald (Osur.). III. Aalen-Wasser- alfingen vereinzelt (H.). IV. Ulm im Jahre 1865 hin und wieder in gemischtem Laubwald (V.). SS Hut weiss, später ledergelb. R. lactea Fr. Hut 6—8 cm breit, Oberfläche rauh, später rissig; Stiel 3—5 cm lang, 2—3 cm dick; Lamellen dick, entfernt stehend. Geruchlos, schmeckt milde. — Essbar. In Buchenwäldern ; Juli—September. — III. Aalen-Wasseralfingen ver- einzelt (H.); Bermaringen OA. Blaubeuren selten (V.). 7. Gatt. Russulina SCHROETER. Sporenpulver ockergelb; Membran der Sporen hell ockerfarben; sonst wie Russula. I. Lamellen anfangs weiss, später gelblich; Sporenpulver hell ocker- farben. A. Fleisch des Hutes unter der Oberhaut weiss. a. Rand des Hutes gefurcht oder gestreift; Stiel weiss. &. Lamellen weitläufig, breit, zuletzt ockerfarben; Rand des Hutes höckerig, gefurcht. R. integra Fr. (L.). Hut dünnfleischig, 4—12 cm breit, Ober- fläche klebrig, rot, violett, oder ins gelbliche oder bräunliche über- gehend, verblassend; Stiel ca. 4 cm lang, S—15 mm dick, cylindrisch oder keulenförmig, glatt; Lamellen gleich lang, ca. 1 cm breit. Ge- schmack mild. — Essbar. In Wäldern und Gebüschen ; Juli—Oktober. — I. Hochdorf (Rır.); Heslach (Hess); Hohenheim und Klein-Hohenheim (Mr.). III. OA. Spaichingen (Sm.). IV. Ulm im ganzen selten, doch in einzelnen Jahrgängen häufiger (V.). ß. Lamellen dicht stehend, zuletzt gelb; Rand des Hutes höckerig, von Anfang an gestreift. R. nitida (Pzrs.). Hut ziemlich fleischig, 2'/;—5 cm breit, Oberfläche glänzend, meist heller oder dunkler schmutzig-purpurn, — 346 — später gelblich werdend; Stiel 21/,—5 cm lang, 1?/, em dick. Ge- schmack mild, Geruch widerlich. — Essbar. In Wäldern; September, Oktober. — I. Heslach (M.). II. Bulach (Hn.). III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.). b. Rand des Hutes glatt, nicht gestreift. R. cerampelina (ScHarrr.) Hut dickfleischig, mit dickem Rande, 6—10 cm breit, Oberfläche matt, trübpurpurn, in der Mitte dunkler, später verblassend und gelblich werdend ; Stiel 5—”7 cm lang, 1'/,—2 cm dick, keulig, weiss oder rötlich; Lamellen dicht stehend, ca. 1 cm breit. Geschmack mild. — Essbar. In Nadelwäldern; Juli—Oktober. — I. Heslach (Hess). II. Wildbad (O.). B. Fleisch des Hutes unter der Oberhaut gefärbt. a. Fleisch des Hutes citronengelb. R. aurata (Wırn.). Hut fleischig, starr, glänzend, am Rande später gestreift, 6—8 cm breit, citronengelb, orange oder rot, mit klebriger Oberhaut; Stiel bis 8 cm lang, weiss oder citronengelb; Lamellen breit, gleich lang, mit citronengelber Schneide, an den Seiten fast weiss. Geruch angenehm, Geschmack später scharf. In Wäldern und Gebüschen; Oktober. — I. Klein-Hohenheim (Mı.); Vorder- Steinenberg (Osur.). III. Aalen-Wasseralfingen selten (H.); Schörzingen (Sm.). b. Fleisch des Hutes violett. R. grisea (Prrs.). Hut fleischig, fest, S—11 em breit, mit dünnem, häutigem, glattem Rande; Oberfläche olivengrün oder grau- grün, in der Mitte meist dunkler oder gelblich; Stiel 10—14 cm lang, reinweiss; Lamellen meist gleich lang, mit wenigen gegabelten ge- mischt. Geschmack mild. In Laubwäldern und Gebüschen ; Juli—Oktober. II. Lamellen anfangs gelb, später dunkler ockerfarben; Sporenpulver lebhaft ockergelb. A. Stiel hohl, dünn, weiss. R. chamaeleontina (Fr.). Hut zerbrechlich, mit glattem, später schwach gestreiftem Rande; Oberfläche klebrig, rosa, blutrot, purpurn, lila oder gelblich, verblassend; Stiel bis 8 cm lang, gestreift; Lamellen sehr dicht stehend. Geschmack mild. In gemischten Wäldern, besonders unter Nadelhölzern. B. Stiel voll, höchstens im Alter hohl werdend. a. Rand des Hutes glatt. R. lutea (Huos.). Hut dünnfleischig, 3—6 cm breit, Oberfläche klebrig, lebhaft gelb, gewöhnlich in der Mitte dunkler, verblassend; — 41 — Stiel später hohl werdend, 3—4 em lang, 6—8 mm dick, weiss; La- mellen dicht stehend, ca. 5 mm breit. Geschmack mild. — Essbar. In Laubwäldern; August, September. — III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.). b. Rand des Hutes (wenigstens später) gestreift oder gefurcht. &. Stiel und Hutfleisch ockergelb. R.ochracea (Au. u. ScHw.). Hut dünnfleischig, 5—8 cm breit, Rand gefurcht, Oberfläche klebrig, glänzend; Stiel 3—4 cm lang, 1'/, cm dick, schwammig, weich, gestreift; Lamellen ockergelb. Ge- schmack mild, Geruch nach gebratenen Äpfeln. In gemischten Wäldern ; August, September. — II. Am Wildbader Kopf (0.). P. Hutfleisch, und meist auch der Stiel, weiss. 7 Hut gleichmässig gelb, verblassend, ziemlich trocken; Lamellen safrangelb. R. vitellina (Pers.). Hut nur in der Mitte fleischig, 2—4 cm breit, Rand höckerig gestreift; Stiel eylindrisch, 2—3 cm lang, 4—5 mm dick, weiss. In Wäldern ; September— November. if Lamellen später ledergelb oder ockerfarben; Oberfläche des Hutes anfangs klebrig oder schleimig. * Stiel 4—8 cm lang, 1—2 cm dick, glatt. R. alutacea (Prrs.). Hut fleischig, bis 15 cm breit, Rand dünn, später höckerig gestreift, Oberfläche mit abziehbarer Haut, blutrot, purpurn oder rosenrot, verblassend; Stiel weiss oder rötlich, selten gelb; Lamellen später lederfarben. Geschmack mild, angenehm. — Essbar. In Wäldern; August--Oktober. — I. Hochdorf (Rıe.); Stuttgart (Rır.); Hohenheim bot. G. und Birkacher Wald (Mr.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder- Steinenberg (Osur.); Trillfingen (Rır.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.): Schörzingen (Sm.). IV. Ulm selten (V.); Warthausen (RKW.). ** Stiel 2 cm lang, fein gestreift, weiss. R.nauseosa (Prrs.). Hut dünnfleischig, gebrechlich, 3—5 cm breit, Rand dünn, furchig gestreift; Oberfläche schmutzig purpurrot mit dunklerer Mitte, oder fast olivenbraun, später im Umfang ver- blassend, gelblich werdend; Lamellen später schmutzig ockerfarben. Geschmack mild, Geruch unangenehm. In Nadelwäldern ; September, Oktober. 4. Gruppe. Agariceae. Fruchtkörper fleischig, faulend; La- mellen dünn, hautartig, nicht gebrechlich, ein verschieden gefärbtes Sporenpulver entlassend. Nach der Farbe des Sporenpulvers zerfällt die Gruppe in fünf Unterabteilungen. — 348 — l. Sporenpulver weiss, Membran und Inhalt der Sporen farblos. A. Hut mit dem Stiele nicht durch eine Hülle verbunden; Stiel daher ohne Ring. . . . ar Agarics L. B. Rand des Hutes in der Jugend mit dem Stiele durch einen Schleier verbunden, welcher später als (bisweilen hinfälliger) Ring am Stiele zurückbleibt. a. Schleier fein seidenhaarig . . . .....9. Cortinellus Roze. b. Schleier häutig oder häutig- flockig. @. Lamellen am Stiel herablaufend, oder ausgerandet und zahnförmig angeheftet; Membran "der Sporen dünn 10. Armillaria Fr. ß. Lamellen hinten weder herablaufend noch ausgerandet; Membran der Sporen dick. . . . . 11. Zepiota Pers. II. Sporenpulver rostrot oder fleischrot; Inhalt der Sporen rotbraun, Membran farblos oder sehr hell bräunlich; Schleier und Ring nicht vorhanden. A. Sporen eckig oder stachelig . . . . 12. Hyporrhodius Fr. B. Sporen elliptisch oder eiförmig, glatt 13. Rhodosporus SCHROET. III. Sporenpulver trübbraun, gelbbraun oder ockerfarben; Inhalt der Sporen farblos, Membran braun, gelb oder hell ockerfarben. A. Hut und Stiel ohne deutliche Hülle oder Schleier 14. Derminus Fr. B. Hut mit dem Stiele durch eine Hülle verbunden. a. Hülle zart seidenfädig. «&. Sporenpulver rostbraun oder zimtbraun 15. Cortinarius Fr. ß. Sporenpulver trübbraun oder lehmfarben. j Sporen eckig oder stachelig . 16. Astrosporina SCHROET. it Sporen elliptisch oder eiförmig, glatt. 17. Inocybe Fr. b. Hülle häutig oder häutig-flockig, als Schleier am Hutrande oder als Ring am Stiele zurückbleibend. a. Hülle dünnhäutig, zart, nur in der Jugend deutlich; Stiel ohme. Ring,‘ \, ...., 18. Naucoria Fr. p. Hülle dickhäutig oder ae am Stiele als Ring zurück- bleibend 7. .. 7. ne LET PRoholanE IV. Sporenpulver dunkel lea: Meute der Sporen (frisch) vio- lettbraun oder braun. A. Hut ohne Schleier . . . .....20. Pratella Fr. B. Hut mit dem Stiele in der Tugend. durch einen Schleier ver- bunden. a. Schleier seidenfädig, schnell schwindend . 21. Psilocybe Fr. b. Schleier häutig oder häutig-flockig. @. Schleier nur am Hutrande hängend; Stiel ohne Ring 22. Hypholoma Fr. . ß. Schleier als deutlicher Ring am Stiele bleibend 23. Psalliota Fr. V. Sporenpulver tiefschwarz, zuweilen mit violettem Schimmer; Mem- bran der Sporen schwarz und undurchsichtig, dunkelviolett oder dunkelbraun. — na. nen A. Hut ohne Schleier; Stiel ohne Ring. . . 24. Coprinarius Fr. B. Hut in der Jugend mit dem Stiele durch einen Schleier ver- bunden. a. Schleier seidenfädig, zart . . . 25. Üortiniopsis SCHROET. b. Schleier häutig oder häutig-Hockig. &. Schleier sehr flüchtig, nur anfangs am Hutrande zurück- bleibend; Stiel ohne Ring . . . 26. Chalymotta KArst. ß. Schleier am Stiele als Ring zurückbleibend 27. Anellaria Karsr. 8. Gatt, Agaricus.L. Hut mehr oder weniger fleischig, nicht verhärtend; Schleier meist vorhanden; Ring fehlt; Sporenpulver weiss; Sporen mit farb- loser Membran. Übersicht der Untergattungen. I. Hut stiellos oder mit seitenständigem oder excentrischem Stiele a. Pleurotus Fr. II. Hut regelmässig, mit centralem Stiele. A. Lamellen vor dem Ansatz an den Stiel buchtig ausgerandet und dann zahnförmig angeheftet; Schleiernicht vorhanden b. Tricholoma Fr. B. Lamellen hinten nicht buchtig ausgerandet. a. Stiel fleischig, (wenigstens anfangs) voll, allmählich sich in den fleischigen Hut erweiternd . . Ir e.rCOlitocybes Er. b. Stiel dünn, oft knorpelig oder zähe; Hut dünnfleischig oder häutig. a&. Lamellen am Stiele herablaufend; Hut klein, dünn, meist in der Mitte eingedrückt . . . . . d. Omphalia Pers. ß. Lamellen nicht am Stiele herablaufend; Stiel knorpelig. rt Rand des (kleinen) Hutes dem Stiele anliegend, später gerade, meist gestreift; Stiel dünn . e. Mycena Pers. 7r Rand des Hutes anfangs eingerollt; Stiel meist mit feuchter Aussenschicht . . . . . 2... f. COollybia Fr. a. Pleurotus Fr. Hut stiellos und dann heraufgebogen (d.h. die Lamellen sind von der Seite sichtbar), oder mit einem seitlichen oder excentrischen Stiele. Die Arten wachsen meist auf toten Zweigen, altem Holz oder Baumstümpfen, selten auf der Erde. — Vgl. auch 10. Gatt. Armillarıa. I. Hut mit einem seitlichen, oft sehr kurzen oder excentrischen Stiele. A. Stiel excentrisch, bisweilen so stark, dass die schmale Seite des Hutes nur noch durch einen Rand angedeutet ist; Hut fleischig. a. Lamellen am Stiele weit herablaufend; Oberfläche des Hutes glatt; Sporenpulver nur anfangs weiss, später hellviolett, zu- ne hellbräunlich werdend; Stiel kurz, weiss, voll und fest. . Stiel filzig-zottig; Tmeilen ziemlich dicht stehend. —. 330, = A. salignus Pers. Hut gewöhnlich sehr stark excentrisch, 5—15 cm breit, grau oder braun, später ockerfarben, verblassend; Lamellen weiss, später oft gelblich. Geschmack mild, nahe der Ober- fläche und an den Lamellen bitterlich, Geruch schwach aromatisch. — Essbar. An lebenden und abgestorbenen Stämmen von Weiden, Pappeln und an Laubhölzern, meistens in dachziegeligen Rasen wachsend; Oktober—Dezember. — I. Stuttgart zu verschiedenen Malen in den Kgl. Anlagen beobachtet (M.); bei Cannstatt (GEssLerR). IV. Ulm seit 1866 öfters gefunden (V.); Warthausen im Jahre 1868 beobachtet (RKW.). ß. Stiel oben kahl, am Grunde striegelhaarig; Lamellen ziem- lich entfernt stehend. A. ostreatws Jacq. Hut meist sehr stark excentrisch, doch auch fast regelmässig, 6—12 em breit, Rand eingerollt, Oberfläche anfangs gewöhnlich schwarz, später aschgrau oder braun, verblassend; Stiel 2-4 em lang, 1—3 cm dick; Lamellen weiss. Riecht nach frischem Mehle. — Ist ein sehr guter Speisepilz. An lebenden Stämmen, besonders aber an Stümpfen von Laubbäumen, ge- wöhnlich in grossen Rasen wachsend; August—Dezember. — I. Am Hasenberg bei Stuttgart (M., GESSLER); Hohenheim (Mr.); Vorder-Steinenberg selten (OBMR.). II. Wildbad in den Anlagen hinter dem Bahnhotel (O.). III. Am Wege von Deilingen nach Wehingen OA. Spaichingen (Sm.). b. Lamellen nicht am Stiele herablaufend, weiss oder weisslich. &. Hutoberfläche von haarigen, schwärzlichen Schüppchen rauh. A. decorus Fr. Hut dünnfleischig, excentrisch bis fast. regel- mässig, 6—14 cm breit, gelb-olivenfarben oder gelbbraun, Fleisch gelb; Stiel voll, später hohl, 21/,-—7 cm lang, 4—7 mm dick, faserig. An Kieferstämmen. ß. Hutoberfläche, wenigstens später, kahl. T Stiel mehr oder weniger zottig oder filzig. * Hut dünn, durchscheinend. A. fimbriatus Bott. Hut weisslich, am Rande später buchtig- lappig, 8 em breit; Stiel wenig excentrisch, anfangs voll, später zusammengedrückt, derb, 2'/, cm dick, zottig. Riecht nach frischem Mehl. An faulem Buchenholz. ** Hut fest- oder zähfleischig. $ Hut anfangs flockig-bereift, unregelmässig gelappt; Stiel später hohl. A. lignatilis Fr. Hut zäh, 2—6 cm breit, meist weiss, doch auch schwarz oder aschgrau; Stiel unregelmässig gewunden, 6 cm lang, 3—7 mm dick, etwas zottig. Riecht nach frischem Mehl. An morschem Holz, in Rasen wachsend. se SS Hut von Anfang an kahl, feucht; Stiel voll. A. ulmarius Burn. Hut fest, hell ockergelb oder fast weiss- lich, oft fleckig, mitunter gefeldert-rissig, 5—15 cm breit; Stiel wenig excentrisch, nach unten verdickt, 6—8 cm lang, 3 cm dick, weiss, an der Basis oder ganz filzig. Geschmack bitter, Geruch angenehm. — Essbar. An Stämmen lebender Bäume, besonders Rüstern und Pappeln, meist einzeln, selten in kleinen Büscheln ; September— November. ff Stiel aussen kahl. * Hut glatt, blassgelblich. A. craspedius Fr. Hut S—13 cm breit, mit dünnem Rande, gekerbt und gelappt; Stiel mehr oder weniger excentrisch, 2!/, cm lang, ungefähr eben so dick, voll, glatt, blass, innen schwammieg. An Stämmen in Nadelwäldern, rasenweise wachsend. ** Hut schwach runzelig, rötlich, in der Jugend klebrig. A. subpalmatus Fr. Hut weich, 8—11 cm breit, mit ein- gerolltem Rande; Stiel excentrisch, gekrümmt, 2'/,—6 cm lang, 1!/, em dick, weisslich, faserig; Fleisch rot- und weissfleckig. An Stämmen und altem Holz. B. Hut seitlich am Rande mit dem Stiele zusammenhängend. a. Hut dickfleischig, hufförmig; Stiel braunfilzig. A. serotinus ScHrapd. Hut gewölbt, 5—8 cm breit, gelbbraun mit später verschwindendem, dunkelbraunem Filze; Stiel 2 cm lang, dick, gelbbraun mit kleiig-zottigem, kastanienbraunem Filze über- zogen; Lamellen schmal, gelblichweiss. An alten Laubholzstämmen, in Rasen wachsend; August— November. b. Hut dünnfleischig, nieren- oder spatelförmig. a. Lamellen am Stiele herablaufend. 7 Hut seidenhaarig, spatelförmig; Lamellen dick, grau. A. petaloides BurL. Hut 1—3 cm breit, graubraun, im trockenen Zustande weisslich; Stiel 1—3 cm lang, zusammengedrückt, aufrecht, von der Farbe des Hutes, weisszottig. In Wäldern auf dem Boden oder an alten Baumstämmen; Oktober, No- vember. ++ Hut glatt, nierenförmig, durchscheinend ; Lamellen weiss. A. limpidus Fr. Hut flach, 2 cm breit, weiss, nach hinten stielförmig verschmälert, auch dort glatt; Lamellen dicht stehend. An abgestorbenen Stämmen, besonders von Buchen und Eschen. 8. Lamellen am Stiele scharf abgegrenzt; Hut nierenförmig. 7 Lamellen weitläufig, graubraun. — 332 — A. tremulus ScHAEFF. Hut '/,—1'/, cm breit, kahl, grau- braun; Stiel fast cylindrisch, aufsteigend, zottig. Auf der Erde zwischen Moos und Laub; August—Oktober. — I. Heslach- wald bei Plieningen (Mrı.); III. Schörzingen (Sm.). if Lamellen dicht. * Lamellen graubräunlich; Stiel am Grunde striegel- haarig. A. acerosus Fr. Hut häutig, schlaff, am Rande schwach gelappt, 2!/,—6 cm breit, gestreift, grau oder bräunlich, trocken weiss- seidig; Stiel ca. 7” mm lang, oft undeutlich. An faulen Nadeln, morschem Holz, in Sümpfen an Sphagnum. ** Lamellen weisslich; Stiel weiss, kurzschuppig. A. mitis Pers. Hut dünnfleischig, 1—2 cm breit, trocken, glatt, hellgelblich, später weiss; Stiel nach oben verbreitert, zusammen- gedrückt, kurz. Geschmack mild. — Sieht dem Panus styptieus ähnlich. Auf abgefallenen Ästen von Nadelhölzern ; August—November. — I. Öhringen (0.); III. Schörzingen (Sm.). Il. Hut ungestielt, heraufgeschlagen; Lamellen nach einem excentrisch gelegenen Punkt zusammenlaufend. A. Pilz häutig, weiss, grau oder schwärzlich. a. Hut reinweiss, Lamellen weiss. A. perpusillus Fr. Hut sehr zart, 4—10 mm breit, anfangs verkehrt-glockenförmig, später umgewendet ausgebreitet, glatt und kahl; Lamellen ziemlich entfernt von einander. Auf faulendem Holz, abgefallenen Zweigen in Wäldern ; September—No- vember. — I. Möhringer Wald (Mı.). ß. Hut grau oder schwärzlich; Lamellen grau. T Hut sehr zart, kahl. A. striatwlus Pers. Hut fast becherförmig, doch von ver- änderlicher Gestalt, 6—9 mm breit, feucht aschgrau, durchscheinend, gestreift, trocken fast schwarz, runzelig; Lamellen in geringer An- zahl, von einander entfernt. In dachziegeligen Rasen auf faulendem Holze, besonders von Kiefern und Fichten; März, August — November. if Hut ziemlich fest, weisslich bereift. A. applicatus Barscn. Hut anfangs becherförmig, später flach oder am Rande zurückgeschlagen, 4—10 mm breit, dunkel- aschgrau, schwach gestreift, trocken schwärzlich. Auf faulendem Holz und abgefallenen Zweigen von Laubhölzern, besonders Eichen und Weiden; August—Dezember. — III. Donnstetten (KEMMLER); Schör- zingen (SM.). - — 35593 — x B. Hut fleischig. a. Oberfläche des Hutes klebrig oder gallertig. a. Lamellen weisslichgrau. A. mastrucatus Fr. Hut gelappt, 2!/,—10 cm breit, schuppig, mit gallertiger Oberfläche, mäusegrau; Lamellen breit, ziemlich ent- fernt stehend. An umgehauenen Buchenstämmen. ß. Lamellen weisslich, gelblich oder bräunlich. T Lamellen entfernt stehend, kurz, oft unvollständig, weisslich. A. fluxilis Fr. Hut seitlich angewachsen, nierenförmig, 3 cm breit, glatt, blass umbrabraun; Lamellen am Anheftungspunkte zusammenlaufend. Zwischen Moosen an Buchenstämmen. ij Lamellen dicht stehend. * Lamellen anfangs weiss, später gelblich; Oberfläche des Hutes filzig-zottig. A. atro-caeruleus Fr. Hut 2—5 cm breit, Oberfläche knorpelig-gallertig, filzig-zottig, schwarzblau, später schmutzigbraun, mit hellerem Rande. An alten Stämmen und abgefallenen Zweigen von Laubhölzern, besonders Pappeln ; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). ** Lamellen gelblich oder bräunlich; Oberfläche des Hutes glatt. A. algidus Fr. Hut 2—5 cm breit, mit klebriger Ober- fläche, blaugrau, rotbraun oder trübbraun; Lamellen ziemlich breit. Anabgefallenen Birkenzweigen; Oktober, November. — III. Schörzingen (Sm.). b. Oberfläche des Hutes nicht klebrig, mit Flaum oder Filz (wenigstens am Grunde) bedeckt. «&. Hut gelb. A. nidulans Pers. Hut ausgebreitet, fast nierenförmig, 2—5 cm breit, von einem dünnen gelblichen oder weisslichen Filz überzogen; Lamellen lebhaft orangegelb. Rasenweise an alten Baumstümpfen, besonders von Kiefern und Fichten; April— Juli, und September, Oktober. — II. Wildbad (O.). ß. Hut weiss. f Hut dünnfleischig; Lamellen weiss, trocken gelblich. A.septicus Fr. Hut !/,—1'/, cm breit, trocken, feinflaumig. An alten Baumstämmen, abgefallenen Ästen, faulenden Brettern; Juni und September—Dezember. — III. Schörzingen (Sm.). Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 23 — 34 — ij Hut zähfleischig; Lamellen sehr schmal, weiss. A. porrigens Prrs. Hut vorgestreckt, ohrförmig, 3—12 cm lang, am Grunde filzig, am Rande dünn, umgebogen, kahl, oft gelappt. Rasenweise an Fichtenstämmen; September. — II. Wildbad (O.). b. Trieholoma Fr. Hut Nleischig, Schleier nicht vorhanden; Stiel fleischig, in das Hutfleisch übergehend ; Lamellen vor dem An- satze an den Stiel buchtig ausgerandet und dann zahnförmig an- geheftet, I. Oberfläche des Hutes trocken oder feucht, aber nicht klebrig. A. Hut kahl, ohne abziehbare Oberhaut, feucht oder trocken. a. Fleisch wässerig; Hut dünn, gebuckelt; Stiel voll, faserig; Lamellen dünn. @. Lamellen rötlich oder bläulich gefärbt. i Fleisch schmutzig-violett; Rand des Hutes wellig, gestreift. A. sordidus Schum. Hut 4—6 cm breit, anfangs fleisch- rötlich oder schmutzig-hellviolett, später bräunlich werdend; Stiel 4—6 cm lang, '/,—1l cm dick, unten verdickt, von der Farbe des Hutes; Lamellen hinten wenig ausgebuchtet, nicht sehr dicht stehend, anfangs hell rötlich-violett, später schmutzig-bräunlich. In Gärten, an Wegen, gesellig; Oktober—Dezember. ir Fleisch weiss, sich schwach bläuend; Rand des Hutes gerade, nackt. A. urbus Fr. Hut 4 cm breit, schwarzbraun, oft getigert; Stiel 6 cm lang, oben 4—5 mm dick, unten knollenförmig verdickt, gekrümmt; Lamellen sehr dicht stehend, bläulichweiss. In Wäldern auf humosem Boden, auch in hohlen Bäumen. ß. Lamellen weiss oder weisslich, dicht stehend. T Stiel zottig-flockig, hellbräunlich. A. humilis Fr. Hut 4—8 cm breit, anfangs gewölbt, in der Mitte höckerig, später abgeflacht, im feuchten Zustande graubraun, oft staubig-flockig, trocken verblassend; Stiel 2—6 cm lang, '/,—1 cm breit, gebrechlich; Lamellen hinten wenig ausgerandet. Auf Gartenerde und Schutt, selten in Wäldern; Oktober, November. — I. Bothnang an einem Waldbach im Jahre 1825 (M.). 7r Stiel kahl oder faserig. * Stiel glatt, nicht gefurcht. $ Stiel schmutzig-braun, kurz und dick. A.brevipes Burr. Hut anfangs gewölbt, später flach, 4—7 cm breit, im feuchten Zustande braun oder graubraun, trocken ver- blassend, Fleisch braun; Stiel 2—3 cm lang, 1—1'/, em dick, fest; Lamellen schwach ausgerandet, bauchig. In Gärten; Oktober, November. — I. Bopser bei Stuttgart (M., 1858). II. Wildbad (0.). SS Stiel weisslich, schlank. 4. melaleucus Pers. Hut anfangs fach gewölbt, später ausgebreitet, 4—8 cm breit, gebrechlich, im feuchten Zustande meist schwärzlich, trocken verblassend;; Stiel zäh, 5—8 em lang, 4—6 mm dick; Lamellen ausgerandet, bauchig. Auf Grasplätzen, in Wäldern; September—November. — I. Bopser bei Stuttgart (M.); Hohenheim (Mr.). III. Schörzingen (Sm.). ** Stiel gefurcht, nach oben verjüngt. A. grammopodius Burr. Hut anfangs glockig, dann flach ausgebreitet, 8—14 cm breit, rotbraun oder bleigrau, später weiss- lich, Fleisch weiss; Stiel elastisch, fest, ca. 8 cm lang, 1'/, em dick, kahl; Lamellen bogenförmig angewachsen, weiss. In grasigen Wäldern und Gebüschen. — III. Schörzingen (Sm.). b. Fleisch trocken, fest; Stiel voll, am Grunde oft verdickt. «@. Lamellen unveränderlich weiss oder weisslich. T Oberfläche des Hutes gefleckt. * Stiel aussen zartflockig; Rand des Hutes anfangs schwachfizig. A. gambosus Fr. Hut fleischig, 4—9 cm breit, weiss oder hellgelblich, später rissig, Rand oft unregelmässig verbogen; Stiel 4—9 cm lang, 1'/;—2'/, em dick, weiss; Lamellen dicht stehend, weisslich. Geruch nach frischem Mehl, Geschmack angenehm. — Ist ein sehr guter Speisepilz. Auf Grasplätzen; Mai. — I. Hohenheim (Mrı.); Vorder-Steinenberg (OBMR.). III. Schörzingen (Sı.). Die Form a. vernalis = T, pomonae Lexz bei Ulm im Schwedenwäldchen (Dzs.) und im Gögglinger Wald (V.). ** Stiel aussen faserig-streifig; Rand des Hutes glatt und nackt. A. albellus Fr. Hut fieischig, regelmässig, 3—8 cm breit, anfangs weiss, später graubraun, schuppig-gefleckt; Stiel 4—5 cm lang, 1 cm dick, knollig; Lamellen dicht stehend, rein weiss. Ge- ruch schwach. In Laubwäldern; Mai. if Oberfläche des Hutes nicht gefleckt. * Hut weiss, oft mit gelblichem Centrum. A. albuws SCHAEFF. Hut ca. 8 cm breit, trocken; Stiel elastisch, 6—8 cm lang, 8—9 mm dick, ziemlich glatt; Lamellen weiss. Ge- schmack bitter, Geruch angenehm. 23* — 356 — In Laub- und gemischten Wäldern; Herbst. — I. Stockheim im Kessel- wald (Arın.). III. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.). ** Hut braun oder rotbraun. $ Stiel faserig-schuppig, am Grunde schwärzlich. A. arcuatus Bunt. Hut 6—11 cm breit, weich, feucht, rot- braun mit schwärzlicher Mitte, verblassend; Stiel 4—8 cm lang, fest, am Grunde knollig; Lamellen weiss. Auf Wiesen ; September, Oktober. — I. In Wäldern um Stuttgart häufig (M.). SS Stiele zu mehreren aus einer gemeinschaftlichen Knolle entspringend, aussen schwach filzig. A. conglobatus Vmr. Hut 4—10 cm breit, heller oder dunkler bräunlich; Stiele meist miteinander verwachsen, oft ver- zweigt, weisslich; Lamellen weisslich. In Gärten, Höfen, auf Strassen ; Oktober— Dezember. P. Lamellen gefärbt oder nur in der Jugend weisslich, im Alter oder bei Druck sich färbend, dicht stehend. ji Lamellen in der Jugend weiss, später schmutzig-bräunlich; Hut festfleischig. * Hut hellbraun oder grau, mit dunklen Flecken. A. tigrinus ScHarfr. Hut 6—8 cm breit, Stiel 2—4 em lang, 1—2 cm dick, bereift, knollig, weiss. In Nadelwäldern; Oktober. — I. Brackenheim (Arım.); Vorder-Steinenberg (Ogmr.). III. Schörzingen (Sm.). ** Hut weisslich, bisweilen mit hellrötlichem Anfluge, später ockerfarben gefleckt. A. graveolens Prrs. Hut 2'/,—6 cm breit, Rand kahl, ein- gerollt; Stiel 4—6 cm lang, 1—2 cm dick, weisslich; Lamellen sehr dicht und schmal. Geruch und Geschmack wie bei A. gambosus. — Ist ein sehr guter Speisepilz. In Grasgärten, Laubwäldern; Ende April, Mai. — I. Vorder-Steinen- berg (OBMR.). ij Lamellen von Anfang an gefärbt. * Lamellen in der Jugend violett, später bräunlich, dicht stehend. $ Hut dünnfleischig, Rand dünn, eingebogen, kahl. A. nudus Bus. Hut 5—7 cm breit, matt, braunviolett, später verblassend; Stiel eylindrisch, nach unten verdickt, 6—7 cm lang, '/;—1 cm dick, graublau oder weisslich, schwach bestäubt. In Kieferwäldern zuweilen massenhaft; Oktober. — I. Stuttgart (M.). II. Wildbad (PrieninGer, O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sı.). IV. Ulm selten, im Thalfinger Wald, im Eselswald (Dks.). $$ Hut derbfleischig, Rand anfangs eingerollt, schwach filzig. — 391 — A. personatus Fr. Hut 6—16 cm breit, ebenso wie der ganze Pilz im jungen und frischen Zustande, innen und aussen blauviolett, später verblassend und schmutzig-bräunlich; Stiel meist 6—8 cm lang, 1—1'/, cm dick, unten knollig verdickt, aussen faserig. In Wäldern und Gärten, zwischen Gras und Laub; September—November. —— I. Stuttgart (M.); Hohenheim (Mr.). III. Schörzingen (Sm.). ** Lamellen gelblich, rötlich oder bräunlich. $ Oberfläche des Hutes gefleckt oder marmoriert. O Stiel an der Spitze feinschuppig, gelblich. A. acerbus Buzz. Hut fleischig, 8S—11 cm breit, kahl, feucht, gelblichweiss, später rot oder braun getigert, Rand dünn, runzelig- gefurcht; Stiel meist unten angeschwollen; Lamellen blass rötlich. Geruch unangenehm, Geschmack herb. In Laubwäldern ; Oktober. — I. Bopser bei Stuttgart (M.). OO Stiel faserig-streifig. 4A. panaeolus Fr. Hut schwammig, zäh, elastisch, schmutzig- dunkelbraun, von grauen, reifartigen Flecken gescheckt oder marmo- riert; Stiel kurz; Lamellen graubräunlich oder schmutzig-rötlich. Ge- schmack und Geruch nicht unangenehm. Auf grasigen Plätzen. SS Oberfläche des Hutes nicht gefleckt. A. irinus Fr. Hut derbfleischig, 6—12 cm breit, hell fleisch- rötlich, ledergelb oder hell ockerfarben, glatt, oft von feinen, ein- gewachsenen Fasern gestreift, Rand schwach bereift; Stiel 6—9 em lang, 1—1'/, cm dick, weisslich oder von der Farbe des Hutes, faserig, am Grunde wollig; Lamellen blass, ockerfarben. Geschmack angenehm, Geruch stark und lange anhaltend, veilchenartig. Auf Grasplätzen, in Laubwäldern; Oktober, November, — I. Hohenheim bot. G. (Mr., OK.). III. Schörzingen auf einer Wiese (Sm.). B. Hut seidenhaarig oder mit einer festen, fädigen, körnigen oder schuppigen Oberhaut überzogen. a. Oberhaut des Hutes dünn, mit anfangs seidenfaseriger, später kahler Oberfläche. &. Lamellen weiss. T Stiel hohl, gebrechlich, nebst dem Hute fleischrot. A. carneus Burr. Hut schwachfleischig, 2—3 cm breit, Rand zartflockig; Stiel 2—4 cm lang, '/, cm dick; Lamellen dicht stehend, vom Stiele scharf abgegrenzt. In Gebüsch und an Wegrändern zwischen Gras und Moos. — II. Wild- bad (0.). if Stiel voll, meistens hellgrau. BR 2: a A. ionides Bunt. Hut meist 2—5 cm breit, violett, lila oder bräunlich, verblassend, Rand anfangs flockig: Stiel 6—8 cm lang, 4—7 mm dick, nach oben verdünnt. | var. pravus LascHh. Hut, wie der ganze Pilz, rötlichbraun; Stiel später hohl, flockig, nach unten verdünnt; kleiner und zarter als die Hauptform. var. persicolor Fr. Hut pfwsichblütrot, verblassend; Stiel hohl werdend, zäh, glatt, blass. In lichten Wäldern ; Sommer und Herbst. — IV. Ulm im Eselswald (Des., V.). ß. Lamellen gelb oder bräunlich; Stiel voll. 7 Hut mit glatter Oberfläche. * Lamellen schwefelgelb, entfernt stehend, ziemlich breit. A. sulfureus Burr. Hut fleischig, 3—6 cm breit, schwefel- gelb oder gelbbraun, Fleisch schwefelgelb; Stiel cylindrisch, 6—11 cm lang, 5—8 mm dick, schwefelgelb. Geruch widerlich. In Laub- und gemischten Wäldern; September, Oktober. — I. Stuttgart (M., Hess); Riedenberger Wald (Mr.); Vorder-Steinenberg (Osur.). III. Schör- zingen (Sn.). ** Lamellen gelb, dicht stehend, schmal. A. chrysenterus Burt. Hut fleischig, 4—6 cm breit, aussen und innen gelblich; Stiel cylindrisch, 6 cm lang, 4—7 mm dick, am Grunde weisswollig. In Buchenwäldern. — III. Schörzingen (Sm.). ++ Oberfläche des Hutes punktiert-runzelig; Lamellen gelb- lich-lederfarben, verblassend. A. bufonius Pers. Hut fleischig, 2'/, cm breit, schwärzlich- braun, braunpurpurn oder ledergelb; Stiel 8 cm lang, 4 mm dick, schwach flockig. In Nadelwäldern der Gebirge. b. Oberhaut des Hutes körnig-punktiert, flockig oder schuppig. &. Oberhaut dick, körnig-punktiert, später oft kleinschuppig. j Stiel hohl, gebrechlich; Hut schwach fleischig. A. cuneifolius Fr. Hut 1—2!/, cm breit, bald rissig und zerklüftet, braun oder bleigrau, am Rande zerschlitzt, anfangs ein- gerollt und zart-filzig; Stiel 2!/;—4 cm lang, 2—5 mm dick, nach unten verdünnt; Lamellen dicht stehend, weiss, sehr breit, vorn schief abgestutzt. Geruch nach frischem Mehle. Auf grasigen Stellen in Gebirgen. — Ill. Schörzingen (Sm.). ij Stiel voll; Hut festfleischig. * Lamellen dicht stehend, anfangs weisslich, später grau. A.virgatusFr. Hut starr, 6—11 cm breit, aschgrau, von feinen — 1359 — schwarzen Schüppchen gestreift; Stiel bis 10 cm lang, 1—1'!/, cm dick, weiss, gestreift. Geruch schwach, Geschmack brennend. In Nadelwäldern ; September. — III. Schörzingen (S1.). ** Lamellen entfernt stehend, weisslich, bisweilen gelblich. A. saponaceus Fr. Hut 6—8 cm breit, später in kleine Schuppen zerspalten, weisslich oder hellgrau, ins bräunliche oder grünliche übergehend, oft rot gefleckt, Fleisch blassrot werdend; Stiel 6—8 cm lang, ungleich dick, nach unten meist spindelfömig verdünnt, weisslich. Geruch seifenartig. In Wäldern, besonders Nadelwäldern ; September—November. — I. Klein- Hohenheim (Mr.); OA. Crailsheim (Br.). III. Schörzingen (Sm.). P. Oberhaut des Hutes in faserige Schuppen oder Flocken zerschlitzt, Hutrand anfangs eingerollt, filzig oder schuppig. T Stiel weiss oder weisslich, voll. * Lamellen unverändert weiss oder weisslich. $ Hut weiss oder gelblich. © Hut anfangs flockig, später mit braunen oder roten, flockigen Schuppen bedeckt. A. scalpturatus Fr. Hut 6—8 cm breit, weisslich oder gelb; Stiel ungleich dick, 6—8 cm lang, 1'/, cm dick, faserig; Lamellen weiss, später gelblich. In Bergwäldern. — UI. Schörzingen (Sı.). OO Hut anfangs glatt, später seidenfaserig oder fein- schuppig, oft rot oder gelblich gefleckt. A. Columbetta Fr. Hut fleischig, 8—-10 cm breit, seiden- glänzend, weiss, Rand anfangs feinfilzig; Stiel cylindrisch, ”—9 cm lang, 1—1'/, cm dick, faserig-gestreift, glänzend; Lamellen 1 cm breit, weiss. — Ist ein guter Speisepilz. In Laub-, besonders Birkenwäldern ; September, Oktober. — I. OA. Crails- heim (Br.). III. Schörzingen (Sır.). SS Hut braun oder bräunlich. ©. Stiel flockig; Hutrand entfernt gefurcht. A. guttatus SCHAEFF. Hut 8—10 cm breit, zimtbraun oder gelbbraun, Oberhaut flockig, in kleine Körnchen oder Schüppchen zerfallend; Stiel 6—10 cm lang, 8—15 mm dick; Lamellen weiss, mit welliger Schneide. Geruch unangenehem, Geschmack sehr bitter. In Laubwäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sn.). OO Stiel kahl. A. luridus ScHaerr. Hut 6—10 cm breit, am Rande oft geschweift und gelappt, schmutzig-gelbbraun oder olivenbraun, Ober- haut anfangs glatt, später in eingewachsene, fädige Flocken zer- ae spalten; Stiel 6—11 cm lang, 6—11 mm dick; Lamellen weisslich. Geruch nach frischem Mehle. In Wäldern; September, Oktober. — II. Wildbad (0O.). ** Lamellen nur anfangs weiss, später die Farbe ändernd. S Lamellen später grau; Stiel angedrückt-faserig. A. terreus Schaefr. Hut 5—7 em breit, mit feinen oder gröberen haarig-zottigen Schuppen bedeckt, meist grau oder bräun- lich, mit schwärzlichen Schuppen; Stiel 3—8 cm lang, '/,—1'/, cm dick. Geschmack und Geruch schwach, aber unangenehm. var. argyraceus Burr. Hut weisslich mit schwarzen Schuppen ; Lamellen weiss bleibend. var. chrysites Fr. Lamellen später gelblich werdend. In Wäldern und Gebüschen, an Wegrändern; September—November. — I. Brackenheim (Arın.); Hochdorf, Solitude (Rıe.); Stuttgart (M.); Hohenheim, Riedenberg (Mr.); Neuhaus OA. Crailsheim (Br.); Vorder-Steinenberg (OBMR.); Trillfingen (Rıe.). II. Wildbad (Puienineer). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). SS Lamellen später gelblich; Stiel mit wolligen Schüpp- chen. A. impolitus Lasch. Hut 6—10 cm breit, anfangs weiss- lich, mit weicher, abziehbarer Haut, faserig-flockig, später rissig- schuppig, gelblich oder ockerfarben; Stiel 7—10 cm lang, 1'/, cm dick. Geruchlos, Geschmack anfangs salzig, später bitter. In Laubwäldern ; September—November. iT Stiel gefärbt. * Stiel nicht schuppig; Lamellen anfangs weiss, später rotbraun gefleckt; Hut braunrot. A. imbricatus Fr. Hut festfleischig, 5—8 cm breit, ein- gewachsen-kleinschuppig; Stiel 7—9 cm lang, 1—1'/, em dick, rot- bräunlich, oben weiss punktiert. In Nadelwäldern; September—November. — I. Plieningen (Mr.); Trill- fingen (RıE.). II. Wildbad (0.). ** Stiel schuppig oder flockig. $ Lamellen gelblich oder weisslich, mit ganzer Schneide; Fleisch weisslich. A. variegatus Scor. Hut 6—10 cm breit, ebenso wie der Stiel mit flockigen, rötlichen Schüppchen bedeckt. In Wäldern, an alten Baumstümpfen; September. — I. Vorder-Steinen- berg (Opmr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). $$ Lamellen gelb oder rötlichgelb, mit zottiger oder zerfranster Schneide; Fleisch gelb. —Na0l — © Lamellen goldgelb, mit dicker, filzig-zottiger Schneide. A. rutilans ScHarfr. Hut 6—12 cm breit, in der Jugend mit dichtem, purpurrotem Filze bedeckt, später filzig-rotschuppig auf gelbem Grunde; Stiel 6—10 cm lang, gelb mit rötlichem Filze. In Wäldern, an alten Baumstümpfen ; August— November. — I. Bracken- heim (Arım.); Solitude (RıE.); Riedenberg (Mı.); OA. Crailsheim (Br.). II. Wild- bad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). OO Lamellen rötlichgelb, mit weisser, zerfranster Schneide. A. albofimbriatus Troc. Hut 4 cm breit, dunkelbraun, faserig, am Rande schuppig; Stiel 7 cm lang, 8—12 mm dick, in der Mitte purpurn, oben weiss bereift, mit schwarzen Schüppchen besetzt. Geruchlos. In Nadelwäldern. II. Oberhaut des Hutes im frischen Zustande mit einem klebrig-schlei- migen Überzug. A. Lamellen im Alter und bei Verletzung rot oder braun gefleckt. a. Lamellen gelblich, später rotbraun gefleckt. @. Hut glatt und kahl; Stiel voll. A. auwratus Fr. Hut anfangs gelb, dann rötlich; Stiel un- gleich dick, faserig, gelb, etwas gefleckt. Im Ufersand. — IH. Schörzingen (Sn.). ß. Hut kleinschuppig; Stiel hohl. A. flavobrunneus Fr. Hut 4—10 cm breit, braun mit dunklerer Mitte, faserig-gestreift; Stiel 5—10 cm lang, 1—1'/, cm dick, faserig, anfangs klebrig, an der Spitze kahl, bräunlich oder rötlich. Geruch nach frischem Mehle. In Laub-, besonders Birkenwäldern, auf Wiesen; August—November. — I. Trillfingen (Rır.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sn.). b. Lamellen anfangs weiss. @. Hut fieischfarben oder karminrot. 4. Russula Scharfe. Hut 5—8 cm breit, kleinkörnig; Stiel fest und voll, 5—6 cm lang, 1'/,—2 cm dick, rosenrot, an der Spitze kleinschuppig; Lamellen später rotfleckig. Geruch und Ge- schmack angenehm. In Wäldern; September— November. — III. Schörzingen (Su.). IV. Ulm selten (V.). ß. Hut braun oder rotbraun; Lamellen später rotbraun ge- fleckt. T Hut glatt und kahl. — 32 — A. ustalis. Fr. Hut anfangs flach Bauen stumpf, 6—10 cm breit, rotbraun; Stiel 4—8 cm lang, 1'/,—2 cm dick, weiss, an der Spitze kahl, hi; Berührung und im Alter rotbraun. In Laub-und Nadelwäldern ; September—November. — I. Bınckenkisrufar ir Hut faserig oder körnig. * Hut körnig oder tropfenartig gefleckt; A. pessundatus Fr. Hut gewölbt, stumpf, S—10 cm breit, braun oder rotbraun, am Rande heller; Stiel anfangs eiförmig-knollig, von weisslichen Schuppen zottig, später 5—8 cm lang, kahl. Ge- ruch nach frischem Mehle. In Nadelwäldern ; September, Oktober. ** Hut faserig-gestreift, in der Mitte körnig-warzig. A. albobrunneus Psrs. Hut anfangs kegelförmig 'gewölbt, —8 cm breit, rotbraun, Rand oft furchig-gestreift; Stiel 4—8 cm lang, 1—2 cm dick, weisslich, an der Spitze kleinschuppig , später unten rotbraun. In Laub- und Nadelwäldern; September, Oktober. — I. Stockheim a Riedenberg (Mr.). II. Reutlingen nicht selten (D.); Schörzingen (Sm.). B. Lamellen bei Berührung die Farbe nicht verändernd. a. Stiel schwefelgelb oder hellgelb. @. Stiel und Lamellen schwefelgelb. A. eqwestris L. Hut 5—8 cm breit, gelb oder olrkrbekd mit dunklerer Mitte, meist kleinschuppig, selten glatt; Stiel 4—6 cm lang, 1—2 cm dick, feinschuppig; Fleisch gelb: Geruchtäh Ge- schmack angenehm. — Ist ein guter Speisepilz. In Kieferwäldern ; Ende September—November. — I. Stuttgart (M., Hess); um Hohenheim (Mr., OK.); Vorder-Steinenberg (Osur.). II. Wildbad (O.); Hirsau überall häufig (Kocn). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). ß. Stiel hellgelb; Lamellen weisslich. A. fuwcatus Fr. Hut 6—8 cm breit, trübgelb mit dunklerer Mitte, getigert, klebrig; Stiel kleinschuppig oder faserig. Geruchlos, Geschmack fade. Auf sandigem Boden in Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Schör- zingen (SM.). b. Stiel weiss; Lamellen weiss, grau oder gelblich; Hut mit schwarzen Fasern. «&. Lamellen später grau oder gelblich; Stiel cylindrisch, glatt, gestreift. A. portentosus Fr. Hut 6—12 cm breit, grau oder russ- braun, in der Mitte dunkler, mit feinen schwarzen Linien, schleimig- klebrig; Stiel 6—8 em lang, 1—2 cm dick. In Nadelw äldern; September— November. — III. Schörzingen (Snm.). a0 ß. Lamellen weiss ‚bleibend ; Stiel unten bauchig. A. sejunctus Sow. Hut mit stumpfem oder kegelförmigem Höcker, 7—8 cm breit, weisslich, grau, gelb oder gelbbraun, von kräftigen, schwarzen Fasern streifig, schwach klebrig:; Stiel 6—8 cm lang. Geruch schwach, mehlartig. In Nadelwäldern; September—November. — I. Stuttgart (M.); III. Schör- zingen (SM.). c. Clitocybe Fr. Hut mehr oder weniger fleischig, Rand anfangs eingerollt; Stiel fleischig, voll, später oft hohl, aussen faserig, allmählich sich in das Hutfleisch erweiternd : Lamellen nach hinten verschmälert, am Stiel herablaufend, oder spitz angewachsen, nicht buchtig. | I. Hut später in der Mitte tief eingedrückt, meist becher- oder trichter- förmig. | A. Oberfläche des Hutes bereift, seidig oder flockig. a. Hutoberfläche mit bleigrauem Reif bedeckt. A. pruinosus,Fr. Hut fleischig-häutig, dünn, 2—6 cm breit, durchscheinend, braun, dann aschgrau werdend, mitunter schwach schuppig; Stiel voll, 2—6 cm lang, 2—4 mm dick, mit verdicktem, flockigem Grunde, blass; Lamellen etwas herablaufend, dicht stehend, weiss, später schmutzig. Geruchlos. Im Moose in Nadelwäldern ; Herbst. b. Hutoberfläche seidig oder flockig, nicht bereift. @. Stiel hohl. - A. lentiginosus Fr. Hut schwach Aeischig, tief genabelt, von kleinen, kreisförmig gestellten Höckerchen gezont, ockergelb, im feuchten Zustande mit gestreiftem Rande; Stiel gelbbräunlich ; Lamellen weit herablaufend, sehr dicht stehend, weisslich, später gelb. In Nadelwäldern. ß. Stiel voll. 7 Lamellen weiss. * Oberfläche des Hutes mit angewachsenen, feinen, sei- digen Fasern; Lamellen mässig dicht stehend, sehr weit am Stiele herablaufend. A.infundibuliformis SCHAerr. Hut dünnfleischig, 3—8 cm breit, ockerfarben oder hell bräunlich-rötlich, zuweilen fast weiss, Rand eingerollt; Stiel 3—6 cm lang, nach oben verdünnt, von der Farbe des Hutes. Geruch schwach zimtartig. In Wäldern und Gebüschen ; Juli— Oktober. — I. Stuttgart (M.); Trillfingen ziemlich häufig (Rır.). III. Schörzingen (Sm.); IV. Ulm (V.). — 364 — ** Oberfläche des Hutes schuppig; Lamellen entfernt stehend. A. squamulosus Pers. Hut fleischig, 2—4 cm breit, bräun- lich-ledergelb mit kleinen, dunkleren Schuppen ; Stiel nach oben ver- dünnt, 5 cm lang. Geruchlos. In Nadelwäldern; August, September. ir Lamellen, wenigstens später, grau-, gelblich- oder röt- lichweiss, dicht stehend. * Hut sehr gross, hell ledergelb oder fast weisslich. A. maxımus Fr. Wer. Hut 10—35 cm breit, mit ein- gewachsenen Seidenfasern oder kleinen Schuppen besetzt; Stiel 5—10 cm lang, 1—4 cm dick, von der Farbe des Hutes, fädig- gestreift; Lamellen weit herablaufend, anfangs gelblichweiss, später hellrötlich. In Laubwäldern und auf Wiesen ; September, Oktober. — I. Degerloch hinter dem Exerzierplatz (GEssLER); Trillfingen (Rır.) III. Schörzingen (Sx.). ** Hut höchstens 5 cm breit. O Lamellen grauweisslich; Stiel graubraun. A. parilis Fr. Hut in der Mitte niedergedrückt, 2 cm breit, kleinflockig, braun oder graubraun, später verblassend; Stiel 6 cm lang, 4 mm dick, nackt, graubraun; Lamellen weit herablaufend. In Wäldern. (JO Lamellen anfangs reinweiss, später hellgelblich; Stiel rötlichbraun. A. sinopicus Fr, Hut 2'/),—5 cm breit, rötlich-zimtbraun oder fast ziegelrot, verblassend, Oberhaut zerschlitzt, mit kleinen Schüppchen; Stiel 2—4 em lang, 2—4 mm dick; Lamellen herab- laufend. Geruch nach frischem Mehle. Auf Heideplätzen, an Dämmen; Ende April—Juni. B. Oberfläche des Hutes glatt und kahl. a. Hut durchscheinend, mit dünnem, wässerigem Fleische; La- melllen erst später (wenn der Hut trichterförmig geworden ist) am Stiele herablaufend. @. Lamellen dicht stehend. 7 Stiel rötlich, am Grunde verdickt; Lamellen weiss. A. suaveolens Schum. Hut 1'/;—2 cm breit, weisslich mit dunklerer Mitte und gestreiftem Rande; Stiel 2—4 em lang, 5—8 mm dick. Geruch nach Anıs. In Gebirgswäldern, zwischen Moosen; Sommer und Herbst. — II. Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). 365 ı — 7r Stiel weisslich; Lamellen blass. A. brumalis Fr. Hut 2'/, cm breit, bläulich oder weisslich, mit glattem Rande; Stiel 2—6 cm lang, 4 mm dick, kahl oder am Grunde zottig. Geruchlos. Auf Heideplätzen und in Nadelwäldern. — I. Stuttgart am Bopser (M.). ß. Lamellen entfernt stehend. 7 Lamellen anfangs dunkel-bläulichgrau, später weisslich bereift; Stiel kahl, hohl. A. obbatus Fr. Hut schwarzbraun, am Rande später ge- streift; Stiel 4 mm dick, braungrau, silberweiss gestreift. In Nadelwäldern. Tf Lamellen grauweisslich oder bräunlich. * Stiel anfangs voll, später hohl, an der Spitze weiss- faserig. A. expallens Pers. Hut 3—4 cm breit, bräunlich, trocken hell ockerfarben oder weisslich, Rand bald ausgebreitet; Stiel eylin- drisch, 4—5 cm lang, 3—4 mm dick, von der Farbe des Hutes; Lamellen anfangs bräunlich, später hellgrau. In Wäldern und Heiden; Mai und Oktober, November. — III. Schör- zingen (SM.). ** Stiel am Grunde weisszottig. $S Hut am Rande gestreift; Stiel weich, hohl. A. vibecinus Fr. Hut 2-6 cm breit, graubläulich, trocken weisslich, oft seidenartig und gezont; Stiel 6—8 cm lang, 4—7 mm dick; Lamellen grauweisslich. Zwischen Moosen, besonders in Nadelwäldern. SS Hut am Rande nicht gestreift; Stiel zäh, voll. A. cyathıformis Buzz. Hut 4—8 cm breit, im feuchten Zustande schwarzbraun oder graubraun, trocken heller, Rand lange eingerollt; Stiel 5—10 cm lang, 2—5 mm dick, von der Farbe des Hutes; Lamellen schmutzig-graubraun. Auf Wiesen, an Weg- und Waldrändern; Oktober, November. — I. Hohen- heim, Möhringen (Mı.). II. Teinach (Wurm); Bulach (Hn.); Wildbad, Altensteig (O.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schopfloch (Kemnter); Schörzingen (Sn.). b. Hut trockenfleischig; Lamellen am Stiele mehr oder weniger weit herablaufend. @. Hut weiss, bisweilen später sich färbend. T Stiel nach unten verjüngt. A. ericetorum Bu. Hut 2'j, cm breit, zäh und elastisch, schlaff, weiss, trocken glänzend; Stiel voll, 2!/, cm lang, 4—7 mm dick, zäh, kahl: Lamellen wenig herablaufend. An Wegen, auf Triften und Feldern. — 866 — + Stiel nach oben etwas verjüngt. A. Catinus Fr. Hut dünn, schlaff, weiss, später rötlich, endlich gelblich werdend, mit weissem Fleische; Stiel voll, elastisch; Lamellen herablaufeud. Zwischen faulenden Blättern. ß. Hut gelblich, bräunlich oder rötlich. i Lamellen rötlichgelb. A. inversus Scop. Hut fleischig, 4—6 cm breit, rötlichgelb, mit eingerolltem Rande, Fleisch ockerfarben; Stiel 2—5 cm lang, 5—6 mm dick, gelblichrot, voll, später hohl, kahl; Lamellen bogen- förmig, weit herablaufend. Geruchlos. In Nadel- und gemischten Wäldern; September—November. — I. Main- hardter Wald (Sr.). III. Aalen-Wasseralfingen spärlich (H.). if Lamellen weiss oder hellgelb. * Stiel voll bleibend, am Grunde zottig. A. flaceidus Sow. Hut dünnfleischig, schlaff, 4—8 cm breit, rostgelb oder rötlich, verblassend, mit breit umgeschlagenem Rande; Stiel 2—6 em lang, 4—5 mm dick, von der Farbe des Hutes; Lamellen herablaufend, bogenförmig, anfangs weisslich, später gelblich. In Laubwäldern; September, Oktober. — I. Stuttgart mehrfach (M., Hess); Gültlingen OA. Nagold nicht häufig (Mr.); Vorder-Steinenberg (Osmr.). II. Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). ** Stiel später hohl werdend, kahl. 4. gilvus Pers. Hut festfleischig, später nur niedergedrückt, 8—10 cm breit, gelbbraun, häufig heller gefleckt, Fleisch ockerfarben ; Stiel 4—10 cm lang, !/;—1'/, em dick, von der Farbe des Hutes; Lamellen herablaufend, sehr dicht stehend, hell ockerfarben. In Nadelwäldern; August— November. — I. Im Brackenheimer Wald (Arım.); Am Stromberg (O.); um Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.); Reutlingen am Markwasen (D.). II. Hut flach gewölbt oder in der Mitte niedergedrückt, aber auch später nicht trichterförmig werdend. A. Hut in der Mitte dickfleischig, mit stumpfem Höcker, zuletzt etwas niedergedrückt; Lamellen am Stiele ungleich weit herab- laufend. a. Stiel mehr oder weniger hohl. @. Der ganze Pilz weiss. A. connatus Fr. Hut ungleich, 8—10 cm breit, dünn, nackt, feucht; Stiel 8—13 em lang, 1—2 cm dick, glatt; Lamellen schmal, dicht stehend. Die Stiele sind zumehreren am Grunde knollig verwachsen. In feuchten Wäldern, Er P. Hut braun. A. humosus Fr. Hut 2'/, cm breit, kahl; Stiel kaum 2/, cm lang, 4—”7 mm dick, später zusammengedrückt, weisslich, mehrere oder viele am Grunde miteinander verwachsen; Lamellen ziemlich dicht stehend, weisslich. Auf humosem Boden, b, Stiel voll. @. Stiel, auch an seiner Spitze, ganz kahl. A. coffeatus Fr. Hut 6 cm breit, braun, später graubraun, streifig, glatt und glänzend, mit schwarz punktierter Mitte; Stiel elastisch, 8 cm lang, 8—9 mm dick, weisslich: Lamellen dicht stehend, ganzrandig, schmutzig weisslich, In Nadelwäldern, selten in Eichenwäldern. ß. Stiel an seiner Spitze bereift oder feinflockig. j Stiel an der Spitze schwach bereift. A. decastes Fr. Hut 6—8 cm breit, wellig, oft buchtig, glatt und kahl, bläulich oder grau, trocken fast weiss; Stiel 8-10 cm lang, 2'/, cm dick, weiss; Lamellen dicht stehend, etwas wellig, weiss. In Laubwäldern; Spätsommer. — I. Stuttgart (M.). if Stiel an der Spitze feinflockig. * Stiel schmutzig grau oder ockerfarben; Lamellen hell gelblichgrau. A. fumosus Pers. Hut derbfleischig, fast knorpelig, 6—8 cm breit, graubraun, verblassend, schwach seidenhaarig-schuppig, oft ganz glatt; Stiel 6—8 cm lang, 1 cm dick; Lamellen mässig dicht stehend; Stiele oft am Grunde miteinander verwachsen. Geruchlos, Geschmack angenehm. In Laub- und Nadelwäldern. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reut- lingen (D.). “* Stiel weiss; Lamellen graubraun, später schmutzig- weiss. A. amplus Pers. Hut bis 16 cm breit, geschweift, zerbrech- lich, kahl oder gestreift, graubraun, später bläulich, trocken grau; Stiel fast knorpelig, 16 cm lang, 2'/, cm dick; Lamellen oft buchtig, gesägt und kraus. In Nadelwäldern der Gebirge, B. Hut ohne Höcker; Lamellen gar nicht oder nur schwach, und dann gleichmässig, am Stiele herablaufend. a. Hut schwach fleischig, mit wässerigem Fleische, Oberfläche feucht, durchscheinend, glatt, trocken verblassend; Stiel an- fangs voll, später hohl. | a. Lamellen und Stiel weisslich. — 308.7 A. obsoletus Fr. Hut blassgrau oder blassrötlich, trocken gelblichweiss; Stiel elastisch, an der Spitze bereift, am Grunde oft zottig; Lamellen breit, dicht stehend. Geruch schwach nach Anis. In Nadelwäldern, besonders an Wegen. ß. Lamellen graubraun oder grau; Stiel bräunlich oder grau. j Stiel an der Spitze pulverig bereift; Lamellen grau. A. metachrous Fr. Hut 2'/,—4 cm breit, feucht grau oder braun, mit gestreiftem Rande, trocken weisslich; Stiel 4—5 cm lang, 4—5 mm dick, grau oder braun. Geruchlos. In Nadelwäldern; September—November. — I. Stuttgart (M.); I. im Schwarzwald (Duverxoy). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). if Stiel nicht bereift, glatt oder gestreift; Lamellen grau- braun. * Hut am Rande gestreift. A. fragrans Sow. Hut 2—4 cm breit, hell graubraun, trocken weisslich, glänzend; Stiel 2—4 cm lang, 2—4 mm dick, glatt, kahl, von der Farbe des Hutes; Lamellen ziemlich dicht stehend, kurz herablaufend. Geruch fenchelartig. In Wäldern und Gebüschen; September, Oktober. — II. Bulach (Hn.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm selten (V.). ** Hut am Rande nicht gestreift. A. Obolus Fr. Hut 4 cm breit, feucht blaugrau, trocken weisslich; Stiel 6—”7 em lang, 4 mm dick, gleichmässig dick, gestreift, von der Farbe des Hutes; Lamellen dicht stehend, angewachsen. In Nadelwäldern. — III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.). b. Hut ziemlich gleichmässig fleischig, später abgeflacht oder niedergedrückt. @. Stiel hohl oder wenigstens später hohl werdend. T Stiel glatt; Hut mit feinem, weissem, seidenartigem Überzug. A. candicans Prrs. Hut 2—3 cm breit; Stiel 2—4 em lang, 2—5 mm dick, gleichmässig dick, röhrig, weiss, wachsartig glänzend; Lamellen dicht stehend, sehr schmal, weiss. In Wäldern, zwischen Laub; September—November. — I. Stuttgart, Ruith (M.). III. Aalen-Wasseralfingen selten (H.); Reutlingen nicht selten (D.). Tf Stiel am Grunde filzig. * Hut dünnfleischig, kahl. A. pityophilus Fr. Hut 6—8 cm breit, schlaff, mattweiss, im trockenen Zustande schwach glänzend ; Stiel 6—8 cm lang, glatt; Lamellen weiss bleibend. In Nadelwäldern ; September—November. als ** Hut fleischig, am Rande von fädigem Überzuge silber- glänzend. A. phyllophilus Prrs. Hut am Rande häufig geschweift und gelappt, 6—8 cm breit, weiss oder ledergelb; Stiel 6—8 cm lang, anfangs voll, später hohl, weiss, faserig; Lamellen etwas entfernt stehend, weiss, später gelblich. In Wäldern, zwischen Laub; August—November, — I, Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.). pP. Stiel voll. T Hut von weisser oder weisslicher Farbe, glatt. * Lamellen auch später am Stiele nicht herablaufend. A. dealbatus Sow. Hut am Rande oft geschweift, 2—4 cm breit, kahl, weiss, schwach glänzend; Stiel 2'/,—4 cm lang, 4 mm dick, weiss, faserig, an der Spitze schwach bereift; Lamellen dicht, weiss, Auf Triften, Heiden und Äckern; August—Oktober. — I. Feuerbacher Heide bei Stuttgart (Rır.). III. Aalen-Wasseralfingen vielfach (H.). ; Schörzingen (Sm.). ** Lamellen später am Stiele etwas herablaufend. $ Hut trocken; Stiel gleichdick. A. gallinaceus Scor. Hut schwach fleischig, 2!/, cm breit, weiss; Stiel 5 cm lang, glatt, mitunter zart flockig bereift; Lamellen dicht stehend. Geschmack ziemlich scharf. In Weidengebüschen und sonst an humosen, moosigen Stellen. SS Hut feucht, trocken runzelig; Stiel nach unten oft schwach verdickt. A. cerussatus Fr. Hut fleischig, 6—8 cm breit, kahl, matt- weiss; Stiel 6—8 cm lang, bis 1 cm dick, weiss, faserig, unten oft filzig; Lamellen dicht stehend, weiss. Geschmack angenehm. In Wäldern und Gärten; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). TT Hut im frischen Zustand anders gefärbt, als weiss. * Stiel am Grunde mehr oder weniger verdickt; Hut fleischig. $ Stiel aussen glatt. © Hut graubraun; Lamellen schneeweiss. A. comitialis Pers. Hut ca. 6 cm breit, feucht; Stiel 6—8 cm lang, kegelförmig, kahl, von der Farbe des Hutes; Lamellen dicht stehend, etwas herablaufend. In Sümpfen und an feuchten Orten in Gebirgen. — III. Schörzingen (Sı.). OO Hut und Lamellen grünlich. A. odorus Burn. Hut 3—8 cm breit, im frischen Zustande hell spangrün oder graugrün, in der Mitte dunkler, trocken grau, Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 24 \ — 30 — gelblich oder weisslich, kahl, seidenartig gestreift; Stiel 6—8 cm lang, 6—10 mm dick, am Grunde dicker, weisslich oder blassgrün- lich; Lamellen mässig dicht stehend, weisslich oder blassgrünlich, trocken von der Farbe des Hutes, etwas herablaufend. Geruch stark fenchelartig, Geschmack angenehm. In Laub- und Nadelwäldern; August—Oktober. — I. Stuttgart (M., Er., Hess); Birkach (Mr); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder - Steinenberg (OBur.). IH. Wildbad, Höfen OA. Neuenbürg, Altensteig (O.); Bulach (Hm.). III. Aalen- Wasseralfingen nicht häufig (H.); Schörzingen (Sm.); Blaubeuren (V.). IV. Ulm am Eselsberg nicht selten (V.). SS Stiel aussen faserig gestreift. F © Hut braun oder graubraun, kahl. A. clavipes Pers. Hut 3—6 cm breit, weich, am Rande meist weisslich; Stiel 4—8 cm lang, 8 mm dick, nach oben kegelförmig in den Hut erweitert, nach unten keulenförmig auf 1'/,—2 cm ver- dickt, weisslich oder aschgrau; Lamellen weit herablaufend, weiss. Geruch zimtartig, Geschmack angenehm. In Wäldern, besonders Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Aalen- Wasseralfingen (H.). OO Hut aschgrau, anfangs grau bereift. A. nebularis Bartsch. Hut dickfleischig, 6—14 cm breit; Stiel 6—10 cm lang, oben bis 1'/, cm dick, nach unten auf 2'/, cm verdickt, hellgrau; Lamellen bogenförmig, kurz herablaufend, weiss- lich. Geruch nach frischem Mehle, Geschmack angenehm. — Essbar. In Gärten und Wäldern ; September—November. — 1. Stuttgart am Bopser (M., Eı., Hess); Hohenheim (Mr.); Mainhardter Wald (Sr.); OA. Crailsheim (Br.); Vorder-Steinenberg (OBımr.). II. Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen stellen- weise zahlreich (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Söflingen im Klosterwald (V.). ** Stiel nach unten nicht verdickt. $ Stiel cylindrisch, weniger als 1 cm dick. © Lamellen dünn, mehr oder weniger dicht stehend. [] Hut rötlich. A. rivulosus Pers. Hut 2'/, cm und darüber breit, fleisch- farben oder rötlich, kahl, weisslich bereift, im trockenen Zustande weisslich und glatt; Stiel 2'/, em lang, 6—7 mm dick, rötlichweiss; Lamellen breit, ziemlich dicht stehend, rötlichweiss. Geruch angenehm, Geschmack mild. — Der Pilz ist nur bei regnerischem Wetter sicher zu erkennen. 4 An Wegen, auf Ackern. [J[J Hut gelblich oder bräunlich. A Stiel blassgelblich, kahl. A.subalutaceus BarscH. Hut 5—6 cm breit, uneben, schmutzig blassgelb, verblassend; Stiel 2—6 cm lang, 4—7 mm dick, zäh; La- mellen herablaufend, ziemlich entfernt stehend, weisslich. Geruch schwach fenchelartig. In Wäldern, September, Oktober. AAN Stiel bräunlich-ockerfarben, mit weissen Fa- sern, oben oft mit weissen Flecken besetzt. "A. hirneolus Fr. Hut 1—3 cm breit, feucht hellbräunlich, beim Trocknen vom Rande her weisslich werdend, meist mit kon- zentrischen Ringen, trocken weisslich, glänzend; Stiel 2—3 cm lang, 3—4 mm dick; Lamellen etwas herablaufend, ziemlich dicht stehend, weisslich, später ockerfarben. Auf Heiden, Triften, an Wegrändern ; September— November. OO Lamellen dick, entfernt stehend. A. laccatus Scor. Hut fleischg, 2—6 cm breit, rötlich, bräunlich oder violett, trocken verblassend, Rand anfangs eingebogen, später gerade und oft geschweift, Fleisch wässerig, rötlich; Stiel 3—8 cm lang, 3—6 mm dick, grobfaserig, von der Farbe des Hutes; Lamellen angewachsen, fleischrot oder violett. Sehr veränderlich, hauptsächlich in 2 Farbenvarietäten vorkommend. var. rosellus (Barsch). Lamellen fleischrot oder fast rosenrot; Hut und Stiel braunrötlich. Nach Grösse, Ansatz der Lamellen u. s. w. sehr wechselnd. In Gärten, Gebüschen und Wäldern. var. amethystinus (Burr.) Alle Teile violett, Hut und Stiel blasser. In feuchten Wäldern, zwischen Moos. Juni—November. — I. Stockkeim (Arın.); Stuttgart mehrfach (M., Hess); um Hohenheim und Möhringen (Mr); im Mainhardter Wald (Sr.); Vorder- Steinenberg (OsBımr.); Trillfingen hier und da (Re... II. Wildbad (O.); Calw (Schütz); Bulach (Hm.); im Pfaffenwald bei Freudenstadt (M.). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Im OA. Ulm im Gögglinger Wald, im Orlinger Thal, im Klosterwald bei Söflingen (V.). SS Stiel meist nach oben etwas verjüngt, ca. 1 cm dick. A. opiparus Fr. Hut 6—11 cm breit, rosenrot, feischfarben- ledergelb oder gelbbräunlich, anfangs feinflockig, später glatt und glänzend; Stiel kahl; Lamellen dicht stehend, aderig verbunden, weiss. In feuchten Wäldern; September. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). d) Omphalia Pers. Hut dünnfleischig oder fast häutig, in der Mitte oft eingedrückt; Stiel dünn, in den Hut erweitert; Lamellen an der Spitze des Stieles herablaufend. 24* — 32 — I. Hut fast häutig, anfangs glockenförmig, mit geradem, anfangs dem Stiele angedrücktem Rande. A. Hut, Lamellen und Stiel reinweiss. A. integrellus Pers. Hut '/,—1 cm breit, sehr dünnfleischig, durchscheinend, mit gestreiftem Rande; Stiel 2—3 cm lang, sehr zart, glatt, am Grunde zwiebelig verdickt und weisszottig; Lamellen sehr schmal, weit von einander entfernt. Auf feucht liegendem Holze, modernden Baumstümpfen, seltener auf feuchtem Boden, in Gärten und Wäldern; Juli—September. B. Hut und Stiel nicht weiss, a. Lamellen gelb, am Grunde aderig miteinander verbunden. A. Campanella Barsch. Hut ',—1'/, cm breit, wässerig, am Rande gestreift, rötlich- oder bräunlichgelb; Stiel 2—6 cm lang, 1 mm dick, zäh, gelbbraun, am Grunde mit gelbbraunen, zottigen Haaren. In feuchten Wäldern an modernden Nadelholzstämmen, herdenweise; April bis Juli und September—November. — III. Schörzingen (Sm.); IV. Ulm im Esels- wald (Haas). b. Lamellen weiss oder weisslich; Stiel borstenförmig. &. Stiel am Grunde weissflaumig; Hut graubraun. A. setipes Fr. Hut '/,—1 cm breit, später trichterförmig, am Rande gestreift; Stiel 3—5 cm lang, 0,5—1 mm dick, gebrech- lich, graubraun, nach oben zu oft bläulich; Lamellen weiss, weit herablaufend. In Gärten und Wäldern, zwischen Gras und Moos; Juli— Oktober. ß. Stiel am Grunde nicht flaumig; Hut orangegelb. A. Fibula Buzz. Hut später niedergedrückt, oft trichter- förmig, meist 2—8 mm breit, mit gestreiftem Rande; Stiel 2—4 cm lang, gelblich oder bräunlich, oft mit violettbrauner Spitze; Lamellen in der Mitte am breitesten, fast dreieckig, weisslich. Auf Grasplätzen und Heiden, in Gärten, an Waldrändern ; Juli— Oktober. — I. Stuttgart (M.); Vorder-Steinenberg (OBmr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (8=.). II. Hut von Anfang an ausgebreitet, mit anfangs umgebogenem Rande. A. Lamellen breit, sehr entfernt von einander stehend. a. Lamellen orangegelb, anfangs rosenrot schimmernd. 4A. tricolor At», u. Schw. Hut häutig, zäh, 5—9 mm breit, glatt, gelblich oder ockerfarben, später weisslich; Stiel 1—3 cm lang, 0,5 mm dick, voll, zäh, gelblich, unten meist bräunlich oder schwärz- lich, bereift. Auf schattigen Grasplätzen, an Wegrändern; Juli—Oktober. — 813 — b. Lamellen weiss oder weisslich. a. Stiel voll, am Grunde mit striegelig-strahligen Haaren be- setzt; Hut und Lamellen reinweiss. A. stellatus Fr. Hut häutig, durchscheinend, 1—1'/, cm breit, glatt, mit gestreiftem Rande; Stiel glatt, weiss, oben zuweilen gelblich, 2—3 cm lang. Auf faulendem Holz; August. ß. Stiel schwach röhrig, am Grunde feinhaarig. A. umbelliferus L. Hut dünnfleischig, 1—3 cm breit, feucht strahlig gestreift, trocken glatt, schwach seidenfaserig, weisslich, gelblich oder hell gelbbraun, Rand gekerbt; Stiel 1—3 em lang, 2—3 mm dick, weisslich oder gelblich; Lamellen weisslich. An Wegrändern, auf Heiden, in Sümpfen, in feuchten Wäldern; Juli bis November. — I. Tübingen (GmeLis). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). B. Lamellen schmal, bogenförmig. a. Lamellen mässig entfernt von einander stehend. @. Stiel oberwärts kleinschuppig. A. sphagnicola Berk. Hut zäh, trichterförmig, 21/;—4 cm breit, zart gestreift und kleinschuppig, schmutzig ockergelb, feucht, aber nicht klebrig; Stiel röhrig, 2!/;—6 cm lang, 2—3 mm dick; Lamellen schmutzig-ockergelb. Zwischen Torfmoosen. ß. Stiel kahl und glatt. T Hut kahl oder seidenhaarig. * Lamellen graubraun. A. rusticus Fr. Hut 6—11 mm breit, mit wässerigem Fleische, feucht gestreift, trocken glatt, anfangs dunkelbraun, später weisslich oder bräunlich; Stiel 2?/, cm lang, 1 mm dick, anfangs voll, grau- braun; Lamellen dick, weit herablaufend. Auf Heiden, unbebauten Orten; Mai— Oktober. ** Lamellen anfangs rötlich, später gelblich. A. pyxidatus Burr. Hut häutig, bald trichterförmig, mit wässerigem Fleische, 1—-2 em breit, strahlig gestreift, hell rötlich- braun, trocken verblassend, seidenhaarig; Stiel bis 3 cm lang, an- fangs voll, später röhrig, von der Farbe des Hutes. An Wegen, auf Triften. — III. Schörzingen (Sx.). ij Hut flockig. * Hut und Stiel grau. A. Epichysium Pers. Hut häutig, bald trichterförmig, 1—5 em breit, feucht gestreift, räuchgrau, trocken blass, flockig-schuppig ; a Stiel 2—3 cm lang, röhrig; Lamellen kurz und gerade herablaufend, weisslichgrau. Auf feucht liegendem Holze, in Sümpfen zwischen Sphagnum ; September bis November. \ ** Hut und Stiel gelb. A. chrysophyllus Fr. Hut häutig-Heischig, 3—5 cm breit, schwach flockig, gelbbraun, trocken ledergelb; Stiel röhrig, 2—6 cm lang; Lamellen weit herablaufend, goldgelb. An faulendem Nadelholz; September—November. — II. Wildbad (O.). b. Lamellen sehr dicht stehend, schmal. &. Hut nicht trichterförmig werdend, mit geschweiftem Rande. A. hydrogrammus Fr. Hut schwach häutig, durchscheinend, 6 cm breit, kahl, bläulich, trocken weisslich; Stiel 6—8 cm lang, röhrig, kahl, am Grunde wurzelnd und behaart, weisslich; Lamellen weisslich. Zwischen faulenden Buchenblättern. — I. Stuttgart (M.). pP. Hut später trichterförmig; Lamellen weit herablaufend. T Stiel rein weiss, nach unten verdickt, schwach zottig. 4A. scyphoides Fr. Hut fast häutig, trocken brüchig, 1'/, bis 2 cm breit, glatt, rein weiss, seidenglänzend; Stiel 1—2 cm lang, voll; Lamellen weiss. Auf Heiden und Triften, zwischen Moos; September, Oktober. TT Stiel cylindrisch, graubraun, an der Spitze mit weissen Längsfasern. A. umbilicatus ScHAEFF. Hut häutig-Heischig, 3 cm breit, mit wässerigem Fleische, glatt und kahl, feucht grau oder braun, trocken weisslich oder gelblich; Stiel 2—4 cm lang; Lamellen weisslich. In Wäldern, am Grunde alter Stämme und auf feuchtem Boden. — I. Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). e) Mycena Pers. Hut häutig oder dünnfleischig, am Rande meist gestreift; Rand anfangs dem Stiele anliegend, später gerade; Stiel dünn, knorpelig; Lamellen am Stiele angeheftet, manchmal mit einem Zahne herablaufend. I. Stiel und Lamellen bei Verletzungen einen weissen oder gefärbten Milchsaft entlassend. A. Milchsaft milchweiss. A. galopus Pers. Hut häutig-Heischig, 1—2 cm breit, grau oder schwärzlich, seltener grau-ockerfarben oder weisslich mit brauner Mitte, am Rande gestreift; Stiel 5—8 cm lang, 2—3 mm dick, grau oder schwärzlich, am Grunde weisszottig; Lamellen weiss oder hellgrau. ea In Wäldern zwischen Moos; August— November. — I. Vorder-Steinenberg (Osımr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen nicht selten (D.); Schör- zingen (Sm.). B. Milchsaft rot oder gelb. a. Lamellen hellrötlich, mit rotbrauner Schneide. A. sanguwinolentus Aus. u. Schw. Hut häutig, 1/,—1'/, cm breit, bräunlich oder schmutzig-rötlich, gestreift, Rand anfangs blut- rot; Stiel 6—11 cm lang, 1—2 mm dick, blass rotbraun, glatt, am Grunde zottig; Saft blass schmutzig-rot. In Wäldern, zwischen Moos; August— Oktober. — I. Hölzern OA. Weins- berg (O). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.). b. Lamellen einfarbig, weiss oder weisslich. «@. Milchsaft rötlichgelb; Lamellen weiss. 4. crocatus Schrav. Hut häutig, 1—2!/, cm breit, schwach gestreift, olivenfarbig, aschgrau oder weiss; Stiel 8—14 cm lang, 2—3 mm dick, rotgelb, am Grunde zottig. Zwischen faulenden Buchenblättern. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). P. Milchsaft dunkelrot; Lamellen weisslich. j Rand des Hutes gezähnelt, glatt. A. haematopus Pers. Hut häutig-Neischig, 1—2'/, cm breit, anfangs weisslich, später rötlich; Stiel röhrig, 3—6 cm lang, 2—3 mm dick, rötlich, weissstaubig, am Grunde zottig. An faulenden Baumstämmen; August, September. — I. Hölzern OA. Weinsberg (O.). II. Wildbad (O.). TT Rand des Hutes ganz, gestreift. A. crwentus Fr. Hut häutig, 6—9 mm breit, braunrötlich ; Stiel fest, 6—8 cm lang, kahl, am Grunde zottig, wurzelnd. Am Boden in feuchten Nadelwäldern ; Herbst. II. Stiel und Lamellen ohne Milchsaft. A. Stiel am Grunde einer runden Scheibe aufsitzend oder knollig verdickt und von striegeligen oder stacheligen Haaren umgeben. a. Stiel einer Scheibe aufsitzend. &. Hut dicht mit kleiigen Körnchen besetzt. A. tenerrimus Beck. Hut sehr dünn, 2—4 mm breit, rein weiss; Stiel haardünn, 2'/, cm lang, röhrig, gebogen, aus einem kleinen, flaumigen Scheibchen entspringend. Auf Kieferzapfen, Holzstückchen u. s. w. ß. Hut schwach behaart. A. stylobates Pers. “Hut 4—8 mm breit, weiss, grau oder bräunlich, mit dunklerer Mitte und gestreiftem Rande; Stiel 2—6 cm a on lang, 1 mm dick, weisslich oder bräunlich, einer strahlig gestreiften, 2—3 mm breiten Scheibe aufsitzend; Lamellen weiss. In Wäldern, auf faulendem Laube; Juli—Oktober. b. Stiel am Grunde knollig und mit strahligen striegeligen Haaren besetzt; Hut durchscheinend. «&. Hut orange- oder rosenrot. A. pterigenus Fr. Hut 2—7 mm breit, am Scheitel schwach kleiig, sonst kahl und glatt; Stiel haarförmig, rötlich, kahl; Lamellen breit, mit rosenroter Schneide. Auf faulenden Farnblättern; Oktober. ß. Der ganze Fruchtkörper weiss. A. echinipes Lasch. Hut 3—5 mm breit, gestreift; Stiel 1—2 cm lang, '/, mm dick, gebrechlich, kahl; Lamellen schmal. Auf abgefallenen Zweigen, Nadeln etc.; September, Oktober. B. Stiel am Grunde, weder knollig noch einer Scheibe aufsitzend. a. Stiel mit einem klebrigen Überzuge. a. Stiel, auch am Grunde, ganz kahl. A. roridus Fr. Hut 4—7 mm breit, gefurcht, trocken weiss oder gelblich; Stiel 2!/, cm lang, haardünn; Lamellen entfernt stehend, rein weiss. Auf faulenden Blättern, Stengeln u. dergl. in höheren Gebirgen; Sommer bis Herbst. ß. Stiel am Grunde zottig oder striegelhaarig. T Hut lebhaft citronengelb. 4. eitrinellus Pers. Hut 4—7.mm breit, gestreift; Stiel 2—3 cm lang, '/, mm dick, gelb; Lamellen weiss. Auf abgefallenen Nadeln, herdenweise; September, Oktober. — I. Hohen- heim im botanischen Garten (Mı.). III. Schörzingen (Sm.). +r Hut weiss, grau oder braun, mit klebrigem Überzuge. * Stiel grau oder braun. $ Stiel am Grunde zottig behaart. A. vulgaris Pzrs. Hut ziemlich zäh, 1—2 cm breit, grau oder braun, am Rande gestreift; Stiel 3—6 em lang, bis 1 mm dick; Lamellen weiss, etwas herablaufend. | Auf alten Nadeln, abgefallenen Zweigen, zwischen Moos, herdenweise; September—Dezember. — I. Stockheim (Arın.); Vorder-Steinenberg (OBMR.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sn.). SS Stiel am Grunde striegelig weisshaarig. A. Tintinnabulum Fr. Hut dünnfleischig, 1—2 cm breit, graubraun, dunkelbraun oder weisslich mit brauner Mitte, am Rande gestreift; Stiel zäh, 3—8 cm lang, 1I—2 mm dick, braun oder an der Spitze weisslich; Lamellen weiss, später am Grunde oft hell- grau oder rötlich. In dichten Rasen an alten Laubholzstümpfen; Oktober—Dezember. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). ** Stiel weiss, unten gelb. A. epipterygius Scor. Hut zäh, 1—2 cm breit, weiss mit gelber, bräunlicher oder rötlicher Mitte, auch ganz grau oder braun, am Rande gestreift; Stiel 5—10 cm lang, 1—2 mm dick, hohl, zäh; Lamellen weiss oder hellgrau, mit einem Zahn herablaufend. In Laub- und Nadelwäldern zwischen Moos, herdenweise; September bis November. — I. Brackenheim (Arın.); Stuttgart (M.); Birkach (Mr.); Vorder- Steinenberg (Opmr.). II. Wildbad (PLieninser, O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). b. Stiel aussen trocken oder feucht, aber nicht klehrig. «. Lamellen weisslich oder hell gefärbt, mit dunklerer Schneide. T Lamellen hinten durch Queradern verbunden, mit ge- kerbter oder gezähnter Schneide. * Lamellen hell graurötlich mit schwarzpurpurnem Rande. A. balanınus Berk. Hut 4—6 cm breit, im feuchten Zu- stande gestreift, bläulich- oder rötlich-aschgrau, trocken glatt, fleisch- rötlich; Stiel hornartig, 4—8 cm lang, 4—7 mm dick, weisslich, von rötlichen Fasern streifig, an der Spitze flockig-schuppig, am Grunde zottig oder wurzelnd. In schattigen, feuchten Laubwäldern. ”* Lamellen anfangs trübviolett, später bräunlich, mit schwarzviolettem Rande. A. pelianthinus Fr. Hut 2—6 cm breit, wässerig, schmutzig- weisslich oder rötlich mit zerstreuten violetten, später braunvioletten Fasern, am Rande gestreift; Stiel 5—8 cm lang, 3—5 mm dick, hohl, gebrechlich, schmutzigweiss mit violettbraunen Fasern. Zwischen altem Laub in Wäldern; September, Oktober. ij Lamellen hinten nicht queraderig, mit ganzer Schneide. * Schneide der Lamellen flockig. ' A. marginellus Pers. Hut schwach fleischig, glockig, mit glattem Buckel, 6—9 mm breit, anfangs blassbraun, später verschie- denfarbig, bläulich-fHockig, zart gestreift; Stiel 4 cm lang, 2—3 mm dick, mit filzig wurzelndem, schwach knolligem Grunde, bläulich- flockig; Lamellen weisslich, mit rötlicher oder bläulicher Schneide. An alten Nadelholzstümpfen; Herbst. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). a ** Schneide der Lamellen nicht flockig. $ Schneide der Lamellen lebhaft safrangelb. A. elegans Pers. Hut fast häutig, 1—1'/, cm breit, grau- blau, graubraun, gegen den Rand gelb oder grünlich, gestreift; Stiel steif, zäh, glatt, 2—6 cm lang, dünn, gelbbraun, am Grunde faserig- flockig. In Nadelwäldern zwischen abgefallenen Nadeln; August— Oktober. — II. Wildbad (O.); III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). SS Schneide der Lamellen rot, grau oder braun. © Stiel gelbbraun, glatt und glänzend. A. avenaceus Fr. Hut stumpf kegelförmig oder glocken- förmig, 1—1'/, cm breit, bis 1 cm hoch, schmutzig gelbhraun, am Rande gestreift; Stiel 5—6 cm lang, 1—2 mm dick, am Grunde weisszottig; Lamellen schmutzig weiss mit brauner Schneide. Zwischen Gras, in Gärten, an Dämmen; September—November. OD Stiel rot, rötlich oder schwärzlich. (_] Lamellen weisslich oder hell rosenrot, mit adunklerer Schneide; Stiel rot oder rötlich. A Hut halbkugelig; Stiel am Grunde weiss- faserig. A. rosellus Fr. Hut 4—5 mm breit, rosenrot, später ver- blassend, gestreift; Stiel 3—5 cm lang, zart, rosenrot; Lamellen weisslich oder hell rosenrot mit dunklerer Schneide. In Nadelwäldern zwischen Moos; Juli—November. — I. Stuttgart (Hess). III. Schörzingen (Sn.). AA Hut glockenförmig; Stiel glatt und kahl. A.rubromargimatus Fr. Hut 2'/, cm breit, weisslich oder blass rötlich, durchscheinend, gestreift; Stiel steif, 2'/,—6 cm lang, von der Farbe des Hutes, glatt und kahl; Lamellen weisslich mit rotbrauner Schneide. An feuchten Stellen auf faulendem Holz, Ästehen ete. — II. Schör- zingen (SM.). [JL] Lamellen grau mit schwarzem Rande; Stiel schwärzlich. A. atromarginatus Lasch. Hut glockig oder kegelförmig, 6—7 cm breit, schwarz oder rötlich-schwarz, gestreift; Stiel 8—11 cm lang, 3—5 mm dick, schwarz gestreift, mit wurzelndem, wolligem Grunde. An faulenden Baumstümpfen. — I. Hohenheim (Mr.). ae ß. Lamellen gleichfarbig oder mit hellerer Schneide. f Stiel sehr leicht zerbrechlich; Hut mit wässerigem Fleische, grau oder bräunlich; Lamellen weisslich, später meist grau oder graubraun werdend, mit gleichfarbiger Schneide. * Stiel am Grunde zottig. A. alealinus Fr. Hut 1—2 cm breit, feucht schwärzlich, grau oder braungrau, am Rande heller, gestreift; Stiel 5—8 cm lang, 1 mm dick, steif, glatt und glänzend, grau oder bräunlich; Lamellen dick, entfernt stehend, am Grunde aderig verbunden, weisslich, später grau. Geruch stark laugenartig. In Wäldern und Gebüschen, an alten Stämmen; Mai—Oktober. — I. Stutt- gart (M.). II. Wildbad (O.). III. Schörzingen (Sn.). ** Stiel am Grunde nicht zottig. S Lamellen dick, entfernt stehend, am Grunde aderig verbunden, grau-bräunlich. A. plicosus Fr. Hut häutig, 1'/,—2 cm breit, faltig gefurcht, oft zerschlitzt, mit schwach fleischigem Buckel, schwarzgrau; Stiel ziemlich kurz, graubraun, glatt und kahl. Auf feuchter, humoser Erde. SS Lamellen am Grunde nicht aderig verbunden, we- nigstens anfangs weisslich; Hut durchscheinend. O Stiel weisslich, feingestreift, glänzend. A. vitreus Fr. Hut häutig, 1—3 cm breit, gestreift, grau oder graubräunlich; Stiel 6—12 cm lang, 1—2 mm dick, am Grunde faserig; Lamellen entfernt stehend, weisslich. In Waldsümpfen, zwischen Moos. OO Stiel grau, glatt. A. metatus Fr. Hut häutig-Heischig, 1—1'/, cm breit, grau oder bräunlich, am Rande heller; Stiel —6 cm lang, 2 mm dick, am Grunde weissfaserig; Lamellen weisslich, später grau. Geruch schwach laugenartig. Auf Grasplätzen, an Wegen, in Gärten und Wäldern; September, Oktober. if Stiel mehr oder weniger zäh. * Stiel sehr dünn, am Grunde weder wurzelnd noch haarig; Hut sehr zart, bis 5 mm breit. $ Hut nicht gefurcht; Stiel weiss, oft an der Spitze bräunlich. A. capillaris Schaum. Hut meist 1—2 mm breit, weiss; Stiel haarförmig, schlafl, 1—2'/, cm lang; Lamellen sehr entfernt stehend, schmal, bogig, weiss. Zwischen abgefallenem Laube, herdenweise; Oktober— April. — IH. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sn.). a — SS Hut gefurcht; Stiel grau oder bräunlich, bereift. A. corticola Pers. Hut durchscheinend, 2—5 mm breit, rot- braun, grau oder weisslich; Stiel bis 2 cm lang, '/, cm dick; La- mellen entfernt stehend, breit, weisslich. An lebenden Stämmen von Laubhölzern, herdenweise; Oktober— Dezember, März, April. — I. Hohenheim (Mr.); Vorder-Steinenberg (Osumr.). II. Wildbad- Calmbach (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). ** Stiel kräftiger, oft am Grunde wurzelnd. S Stiel fadenförmig, schlaff, ziemlich zäh, am Grunde wurzelnd; Schneide der Lamellen von derselben Farbe oder heller als die Fläche. () Lamellen am Grunde ringförmig verbunden. A. collariatus Fr. Hut 1—1'/, cm breit, kahl, gestreift, braun, hell graubräunlich oder verblassend; Stiel 2!/, cm lang, 2 mm dick, zäh, kahl, fein gestreift, glänzend ; Lamellen dicht stehend, weiss- lich oder hellrötlich. In Wäldern an grasigen Stellen. X Lamellen am Grunde nicht ringförmig verwachsen. [] Stiel am Grunde in einen langen, gedrehten, wurzelartigen Fortsatz ausgehend. A. amictus Fr. Hut '/,—1'/, cm breit, grau oder blaugrau; Stiel 4—9 cm lang, zäh, zartflaumig, grau oder weisslich; Lamellen dicht stehend, grau mit blasser Schneide. An alten Baumstümpfen ; September, Oktober. I] Stiel am Grunde wurzelnd, aber nicht mit einem auffälligen wurzelartigen Fortsatze. A Stiel am Grunde behaart. + Lamellen rein weiss, entfernt stehend. A. speireus Fr. Hut 4—7 mm breit, matt, gestreift, braun- grau mit dunklerer Mitte; Stiel 6 cm lang, 1 mm dick, zäh, glänzend, oben weiss. } An bemoosten Eichenstämmen. —-- Lamellen weiss, später grau werdend, ziemlich dicht stehend. A. filipes Buzz. Hut '/,—1'/, cm breit, grau, braungrau oder ockerfarben, gestreift; Stiel 4—8 em lang, weisslich oder bräunlich. In Wäldern, zwischen Moos und faulem Laube, zwischen letzterem mit dem wurzelartigen, anliegenden Grunde oft weithin ziehend; Mai—November. — I. Stockheim (Arın.); Stuttgart (M.); Hohenheim (Mr.); Mainhardter Wald (Sr.). II. Wildbad (Prienineer). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). — 3831 — AA Stiel am Grunde nicht behaart. —- Hut orangerot. A. Acicula ScHhagrr. Hut 2—5 mm breit, am Rande gestreift; Stiel borstenförmig, zäh, 4—6 cm lang, gelb, glänzend; Lamellen anfangs weiss, später gelb mit weisser Schneide. Zwischen faulenden Blättern und Ästchen; Mai, Juni und September, Oktober. — I. Hohenheim (Mr.). III. Schörzingen (Sm.). IV. Ulm, Gögglingen selten (V.). -++ Hut nicht orangerot, meist graubraun. %X. Lamellen an den Stiel breit an- gewachsen. A. debilis Fr. Hut 4—7 mm breit, gestreift, weisslich, später graubraun, trocken runzelig; Stiel 5—10 cm lang, faserig; Lamellen weisslich. In Wäldern, zwischen Moos und abgefallenen Blättern; September—No- vember. 9. Lamellen am Stiele verschmälert an- gewachsen oder fast frei. a. Stiel weiss, kurz. A. supinus Fr. Hut 4—5 mm breit, gestreift, graubräunlich mit dunklerer Mitte; Stiel 2'/;, cm lang, gekrümmt, kahl; Lamellen fast frei, bauchig, weiss. An Baumstämmen. b. Stiel bläulich, lang. A. vitilis Fr. Hut 6—9 mm breit, mit schwach fleischiger, oft verschwindender Papille, feucht, tiefgefurcht, braunbläulich, hell graubräunlich, später verblassend; Stiel 8—16 cm lang, kahl und glänzend; Lamellen verschmälert angewachsen, hell graubräunlich. An feuchten Orten zwischen abgefallenen Blättern. SS Stiel aufrecht, nicht schlaft. O Stiel zäh, am Grunde wurzelnd, striegelig be- haart; Hut zäh, meist mit wässerigem Fleische. [_] Lamellen am Grunde aderig verbunden. - A Hut grau oder graubraun, runzelig gestreift. — Lamellen weisslich-aschgrau, mitunter mit gesägter Schneide. A.rugosus Fr. Hut dünnfleischig, zäh, trocken, von erhabenen Runzeln uneben, in der Mitte gestreift, aschgrau, verblassend; Stiel kurz und ziemlich dick, glatt und kahl; Lamellen bogig angewachsen, hakig. An und in der Nähe von Laubholzstämmen. — III. Schörzingen (Sm.) 1. Lamellen weiss oder blass fleischfarben. A.galericulatus Scor. Hut dünnfleischig, mit stumpfem Höcker, meist 2—4 cm breit, grau oder graubraun, oft mit dunklerer Mitte, zuweilen auch weisslich; Stiel fest und zäh, 6—10 cm lang, 3 bis 4 mm dick, glatt, kahl, glänzend, grau oder bräunlich, oben meist heller; Lamellen mit einem Zahne herablaufend, weiss oder blass fleischfarben. An lebenden und abgestorbenen Laubholzstämmen; Mai—Dezember. — Il. Am Heuchelberg (Aurm.); Stuttgart (M., Er); Hohenheim, Degerloch (Mr.); Mainhardt (GRAETER); OA. Crailsheim (Br.). II. Wildbad (PLieniseer, O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm nicht eben häufig (Des., V.). AA Hut zimt- oder kastanienbraun, mit samt- artig weicher Oberfläche. A. cohaerens Pers. Hut dünnfleischig mit schwachem Höcker, 3—4 cm breit; Stiel 8—10 cm lang, glatt und glänzend, kahl, oben blass, unten kastanienbraun, gewöhnlich mehrere durch eine weisse, faserige Haut büschelig verbunden; Lamellen frei, hellgelblich, ver- blassend. In Wäldern zwischen Laub; August— Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). [1] Lamellen am Grunde nicht aderig verbunden. A Hutanfangs kugelig, auf abwärts gekrümm- tem Stiele nickend. A. inclinatus Fr. Hut 2—3 cm breit, braun, am Rande ge- - streift; Stiel meist sehr zäh, faserig, gedreht, an der Spitze unter- brochen gestreift, weisslich oder bräunlich, faserig bereift; Lamellen dicht stehend, weich, weiss, am Grunde blaugrau. In dichten Rasen an alten Stämmen; September, Oktober. AA Hut anfangs nicht herabgeneigt. A. polygrammus BurL. Hut mit stumpfem Höcker, 2—4 cm breit, am Rande runzelig gestreift, meist aschgrau oder bräunlich, auch schmutzig gelblich; Stiel aufrecht, 6—10 cm lang, unten meist 3—5 mm breit, grau oder bräunlich, mit vertieften Längsstreifen ; Lamellen weisslich, hell fleischrot oder grau. An alten Laubholzstümpfen; August—November. — I. Klein-Hohenheim (Mı.); Vorder-Steinenberg (Osmr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm im Wald gegen Lehr (V.). OO Stiel mässig zäh, am Grunde kahl oder zottig. Hut häutig oder dünnfleischig; Lamellen von unveränderlicher Farbe, mit weisslicher Schneide: [] Stiel am Grunde zottig oder wollig. A Hut häutig, rein weiss oder gelblich. — Hut milchweiss, Lamellen dicht stehend, Stiel ziemlich zähe. A. lacteus Pers. Hut '/),—1'/, cm breit, feucht gestreift; Stiel 4—8 cm lang, 2 mm breit, kahl, weiss; Lamellen schmal, weiss. In Nadelwäldern auf dem Boden, an Zweigen und Nadeln; Mai, Juni und September, Oktober. — II. Wildbad (O.). III. Schörzingen (Sm.). ++ Hut weiss oder gelblich, Stiel ge- brechlich. %. Hut in der Mitte gestreift. A. gypseus Fr. Hut 1'/—2'/, cm breit) durchscheinend weiss mit gelblicher Mitte, seltener ganz gelblich; Stiel 6—8 cm lang, nach oben verdünnt, kahl, weiss; Lamellen vorn breiter, weiss. An Stämmen, in dichten Rasen. 3. Hut derganzen Länge nach gestreift. A. lineatus Buzz. Hut !/,—1'/, em breit, weiss oder gelblich; Stiel bis 6 cm lang, zart, glatt, weiss oder gelblich; Lamellen ent- fernt stehend, bauchig, weiss. Zwischen Gras und Moos herdenweise, in Gebüsch, an Waldrändern etec.; August— November. AA Hut dünnfleischig, rötlich oder bräunlich, selten weisslich. — Stiel faserig, fein gestreift, ziemlich gebrechlich. A. Zephyrus Fr. Hut 2—3 cm breit, gebrechlich, weiss mit rötlicher oder bräunlicher Mitte, häufig bräunlich gefleckt; Stiel 4—6 em lang, 2—3 mm dick, steif aufrecht, weisslich oder rötlich; Lamellen weiss, am Grunde undeutlich aderig verbunden. Geruchlos. In Laub- und Nadelwäldern, herdenweise am Boden; September, Oktober. —+-- Stiel kahl, oft gedreht, röhrig, zäh. A. purus Pers. Hut 2'/,—5 cm breit, meist hell rosenrot oder hell violett, doch auch weiss oder in der Mitte rotbräunlich; Stiel 6—11 cm lang, 3—4 mm dick, nach oben meist verdünnt, von der Farbe des Hutes; Lamellen breit, dick, etwas entfernt stehend, am Grunde durch Querfalten verbunden, von der Farbe des Hutes. Geruch rettigartig; Geschmack angenehm. — Der Pilz ist, auch roh, geniessbar. In Wäldern, herdenweise auf altem Laub; August— November. — I. Stutt- gart, Degerloch (M.); Hohenheim und Umgegend häufig (Mr); Hölzern (0.). II. Wildbad (O.). II. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Reutlingen (D.); Schör- zingen (SM.). — 384 — [] Stiel glatt, auch am Grunde kahl. A Stiel gelb, glänzend. A. luteoalbus Bowr. Hut häutig, 6—8 mm breit, schwach gestreift, trocken glänzend, gelb; Stiel 3—6 em lang; Lamellen weiss. In Nadelwäldern zwischen Moos und Nadeln; September. — I, Stockheim (Arım.). II. Wildbad (O.). III. Schörzingen (Sm.). AA Stiel weiss. — Hut gelb oder weiss. A. flavoalbus Fr. Hut fast häutig, 6—12 mm breit, glatt; Stiel 2—5 cm lang, 1 mm dick, durchscheinend, an der Spitze be- reift; Lamellen entfernt stehend, weiss. Zwischen Moos und Gras, an Waldrändern, Wegen, Heideplätzen; August bis Oktober. — II. Wildbad (O.). III. Schörzingen (Snm.). —+-+- Hut rosenrot (selten grünlich, gelblich oder weiss). A. Adonis Burn. Hut häutig-fleischig, /;—1 cm breit, glatt und kahl; Stiel 6—9 cm lang, fadenförmig; Lamellen weiss oder rosenrot. Auf Moos in sumpfigen Wäldern; Oktober, November. — III. Im Wittau und im Eggernwald bei Schörzingen nicht häufig (Sm.). f. Collybia Fr. Hut dünnfleischig, mit anfangs eingerolltem Rande; Stiel knorpelig, trocken, gewöhnlich mit feuchter Aussen- schicht; Lamellen frei oder am Stiele angeheftet, nur selten vor dem Ansatz bogenförmig ausgerandet. I. Lamellen aschgrau, Fleisch wässerig, A. Lamellen sehr breit, ziemlich entfernt stehend, a. Stiel an der Spitze fein weisskleiig und faserig, am Grunde glatt. A. murinus Bartsch. Hut meist 11/;—3 cm breit, im feuchten Zustande trübgrau und matt, trocken schmutziggrau, feinschuppig oder runzelig; Stiel 4—6 cm lang, 2—4 mm dick, hohl, von der Farbe des Hutes; Lamellen dick, mit welliger Schneide. In Wäldern zwischen Moos und Gras; September, Oktober. b. Stiel am Grunde weisszottig, aussen faserig. A. elusilis Fr. Hut 1—2 cm breit, fast bräunlich, am Rande gestreift, trocken hellgrau, glatt; Stiel 3—8 em lang, 11/,—2 mm dick, graubräunlich; Lamellen dick, mit welliger Schneide, Auf Sphagnum; Mai, Juni. —u3833 B. Lamellen dicht stehend, ziemlich schmal. a. Stiel voll. A. atratus Fr. Hut 1—2!/, cm breit, pechschwarz, glänzend, trocken braun; Stiel 2—3 cm lang, 2—4 mm dick, zähe, glatt und kahl, braun. Auf trockenem Boden, zwischen Gras, Heidekraut ete.; September, Oktober. b. Stiel hohl. a. Stiel in eine spindelförmige, zottige Wurzel übergehend. A. rancidus Fr. Hut zäh, 4—10 cm breit, glatt, etwas klebrig, schwarzgrau mit seidenartigem weisslichem Reif; Stiel steif, 6 bis. 18 cm lang, 4—5 mm dick, aschgrau; Lamellen frei. Geruch nach ranzigem Mehl. In Laub- und Nadelwäldern. — III. Schörzingen (Sm.). ß. Stiel mit einer kurzen oder ohne Wurzel. i Lamellen am Stiele angeheftet; Stiel am Grunde weiss- zottig. A. ambustus Fr. Hut 1—3 cm breit, glatt und kahl, grau- braun oder fast schwärzlich, trocken heller, runzelig; Stiel 2—4 cm lang, 1—2 mm dick, graubraun bis schwärzlich, an der Spitze weiss- kleiig; Lamellen anfangs weiss, später graubraun, bisweilen etwas herablaufend (dann kann der Pilz leicht für eine Clitocybe gehalten werden). In Wäldern auf Brandstellen zwischen Holzkohle; September—November. it Lamellen vom Stiele frei; Stiel seidig-faserig. A. plexipes Fr. Hut 2'/,—6 cm breit, schwach runzelig und gestreift, kahl, anfangs schwärzlich mit weisslichem Rande, später russfarbig-bläulich; Stiel ca. 8 em lang, 2—5 mm dick, mit ab- gebissen-wurzelndem Grunde; Lamellen anfangs weiss, dann grün- lichgrau. In Buchenwäldern; September, Oktober. — I. Stuttgart (M.). II. Lamellen weiss oder gefärbt, aber nicht grau. A. Stiel glatt und kahl. a. Lamellen dicht stehend, meist schmal. &. Stiel voll; Hut orangerot. A. Clavus L. Hut 4—9 mm breit, glatt; Stiel fadenförmig, steif, 2'/, cm lang, weiss; Lamellen angeheftet, später sich ablösend und frei, weiss. An Astchen, Stengeln; August— Oktober. — I. Stuttgart (M.). III. Boll (Bauvumus); Lautern OA. Blaubeuren (V.). * ß. Stiel hohl. j Stiel fadenförmig, weisslich. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 25 =. 886 A. ocellatus Fr. Hut 8—10 mm breit, glockenförmig, weisslich, mit gelblichem oder bräunlichem Höcker, Rand zuweilen gekerbt; Stiel zäh, 2—3 cm lang, unten meist gelblich oder bräun- lich, am Grunde wurzelnd; Lamellen weiss. An abgefallenen Astchen, Graswurzeln etc.; Juli—Oktober. ff Stiel kräftig, rotbraun, gelblich oder weisslich. * Stiel am Grunde filzig. A. acervatus Fr. Hut mit stumpfem Höcker, d4—6 cm breit, kahl, feucht hellrötlich, in der Mitte dunkler, am Rande ge- streift, trocken weiss; Stiel 4—10 em lang, 2—3 mm dick, rotbraun; Lamellen frei, weisslich oder hell fleischrötlich. In feuchten Wäldern, haufenweise; Juni, September, Oktober. — II. Wild- bad (O.). III. Reutlingen (D.). ** Stiel am Grunde nicht filzig. $S Hut gebuckelt, rotbraun, etwas klebrig. A. extuberans Fr. Hut mit schwach umgebogenem Rande; Stiel schlank, steif, gleich dick, am Grunde wurzelnd; Lamellen fast frei, weiss. Auf dem Boden und an Baumstämmen. — U. Wildbad (O.). $$ Hut stumpf oder etwas niedergedrückt. © Hut wässerig, durchscheinend. A. aquosus BurLL. Hut 2—3 cm breit, kahl, am Rande ge- streift, anfangs schmutzig-gelblich, dann weisslich; Stiel 2—4 cm lang, 3 mm dick, rot-gelbbraun, am Grunde faserig, Lamellen frei, steif, weiss oder blass. Auf Grasplätzen und in Wäldern ; Spätsommer. — I. Stuttgart (M.); Hohen- heim (Mr.). OO Hut nicht durchscheinend. A. dryophilus Bun. Hut 21/,—6 cm breit, weisslich-ocker- farben oder bräunlich, oft mit dunklerer Mitte, trocken verblassend; Stiel 4—8 cm lang, 2—5 mm dick, gerade oder gebogen, gleich- mässig dick oder nach unten verdickt, weisslich, hellgelb oder nach unten braunrötlich oder braun, am Grunde faserig-wurzelnd ; Lamellen frei, weisslich oder gelblich. — Geniessbar. Auf Grasplätzen, Heiden, in Wäldern; Mai—Oktober. — I. Schwaigern (Arın.); Stuttgart (M.); Hohenheim (OK., Mr.); II. Wildbad (O.); Bulach (Hn.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sn.). b. Lamellen ziemlich entfernt stehend, breit. &. Stiel am Grunde in einen langen, wurzelartigen, zottigen Strang auslaufend. A. tenacellus Prrs. Hut sehr flach gewölbt, später eben, 1—1'/, cm breit, glatt und trocken, grau oder braun, meist mit — 381 — dunklerer Mitte; Stiel 6—10 cm lang, 1 mm dick, zäh, röhrig, glänzend, gelblich oder bräunlich, nach oben heller, nach unten dunkler; Lamellen rein weiss. — Geniessbar. In Kieferwäldern, herdenweise; Mai—November. — III. Aalen-Wasser- alfıngen (H.). ß. Stiel am Grunde kurz oder gar nicht wurzelnd. f Hut ockergelb oder bräunlich; Lamellen angeheftet. A. esculentus Wurr. Hut sehr flach gewölbt, später eben, 1—2 cm breit, glatt; Stiel 2—3 cm lang, 1—2 mm dick, röhrig, zäh, wurzelnd, gelblich oder bräunlich, nach unten dunkler; Lamellen weisslich. Geschmack bitter, Geruch mehlartig. — Geniessbar. An Wald- und Wegrändern, auf Wiesen ; Mai— Oktober. — I. Stuttgart (M.); Mergentheim (Fuchs). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schörzingen (Sm.); Ulm im Eselswald gegen Lehr, auch bei Böfingen (LeopoLp, A. GEoReEI, V.). Tf Hut weiss oder gelblichweiss; Lamellen frei. 4. eollinus Scor. Hut anfangs glockenförmig, dann aus- gebreitet, gebuckelt, 2—3 cm breit, kahl, im feuchten Zustande schwach klebrig; Stiel 8—11 cm lang, 2—4 mm dick, blass; La- mellen weiss. Zwischen Gras an Hügeln, Wegrändern; Sommer und Herbst. — I. Stutt- gart (M.); III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.). B. Stiel aussen nicht kahl und glatt. a. Stiel mit kleiiger, flockiger oder haariger Bekleidung. @. Stiel aus einem Sklerotium entspringend, welches sich auf faulenden Blätterpilzen ausbildet; Lamellen dicht stehend. 7 Stiel mit zahlreichen, köpfchentragenden Seitenästchen besetzt. | A. racemosus Pers. Hut gewölbt, genabelt, 4—6 mm breit, graufilzig; Stiel 6—-11 cm lang, am Grunde mit einem schwarzen Sklerotium ; Lamellen weiss. Auf faulenden Blätterpilzen. — III. Rathshausen OA. Spaichingen (Sm.). TT Stiel einfach, flockig oder faserig. * Stiel am Grunde haarig, aus einem schwarzen Skle- rotium entspringend. A. tuberosus Buri. Hut flach, 3—12 mm breit, glatt, weiss- lich oder hellbräunlich gefleckt, trocken weiss und seidenglänzend ; Stiel schlaff, 2—5 cm lang, 1 mm dick, hohl, weisslich oder hell- bräunlich, mit spinnwebiger Bekleidung; Sklerotium 2—8 mm lang, 1—3 mm breit, oft an den Enden zugespitzt; Lamellen weisslich. Auf faulenden Blätterpilzen, besonders Lactaria und Russula;, August bis November. — I. Stuttgart (M.); Ruith (OK.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (SM.). 25* 388 — ** Stiel am Grunde mit striegeligen, stacheligen Zotten, aus einem gelblichen Sklerotium entspringend. A. eirrhatus Schum. Hut flach, 2—8 mm breit, weiss, in der Mitte oft mit einem gelblichen Höcker, kahl; Stiel schlaff, 2—53 cm lang, 1 mm dick, weiss, schwach faserig; Sklerotium rundlich, höckerig, 1—3 mm breit; Lamellen weisslich. Auf verfaulten Blätterpilzen, besonders Hypholoma fasciculare; August bis November. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). ß. Stiel nicht aus einem Sklerotium entspringend. T Lamellen sehr dicht stehend, schmal. * Stiel oben weiss-pulverig, am Grunde mit verlängerter, kahler Wurzel. A. myosurus Fr. Hut 1'/, cm breit, glatt und kahl, rot oder rotbraun ; Stiel 2?/, cm lang, röhrig, rötlich; Lamellen frei, weiss. In Nadelwäldern der Gebirge. ** Stiel nicht in eine verlängerte Wurzel übergehend. S Stiel mit weisslicher, fädig-Nockiger Bekleidung. A. conigenus Pers. Hut '/,—2'/; cm breit, ockerfarben oder bräunlichgelb, glatt, kahl; Stiel feinröhrig, 3—4 cm lang, 1—2 mm dick, gelblich oder rötlichbraun, am Grunde wurzelnd; Lamellen weiss- lich oder hell ockerfarben. In Wäldern an Kiefer- und Fichtenzapfen; September—November. — 1I. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). SS Stiel überall weisszottig. A. confluwens Pers. Hut 2—3 cm breit, wässerig, feucht rötlichbraun, trocken weisslich; Stiel 4—10 cm lang, 3—5 mm dick, röhrig, rotbraun, meist mehrere am Grunde durch em filziges Ge- webe vereinigt; Lamellen frei, weisslich. Geruch angenehm. In Nadelwäldern ; September—November. III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). g4 if Lamellen breit, ziemlich entfernt stehend. * Hut mit faserigen Schuppen. 4A. stipitarius Fr. Hut zäh, trocken, 2—10 mm breit, weisslich mit bräunlichen, meist konzentrisch gestellten Schuppen; Stiel 2—3 cm lang, dünn, zäh, kastanienbraun, haarig-faserig; La- mellen weiss. | Auf Graswurzeln und Stengeln an Wegrändern, Heideplätzen etc. ** Hut glatt und kahl, feucht klebrig. A. velutipes Curtis. Hut fleischig, 2'/,—8 em breit, honig- gelb, in der Mitte meist kastanienbraun;; Stiel voll, fest, zäh, 6—9 cm — 889 — lang, 4—6 mm dick, an der Spitze gelblich, kahl, nach unten kastanien- braun, am Grunde schwärzlich, dicht samthaarig; Lamellen gelblich. An abgestorbenen oder lebenden Stämmen von Laubhölzern, oft am Grunde in Rhizomorpha-artige Stränge übergehend ; September— Februar. -—- I. Stuttgart (M., Fischer); Degerloch (GessLer); Hohenheim und Birkach (Mr.); Vorder- Steinenberg (Opmr.); Gmünd (Frırz). I. Calw (Schütz). III. Aalen-Wasser- alfingen (H.); Schörzingen (Su.). IV. Thalfingen (V.); Warthausen (RKW.). b. Stiel kräftig, aussen mit furchiger oder faseriger Längsstrei- fung; Hut fleischig. &. Lamellen weniger als 5 mm breit, dicht stehend, weiss. f Stiel eylindrisch oder in der Mitte bauchig. * Hut schwärzlich, später verblassend. A. stridulus Fr. Hut weich, ‘durchscheinend, glatt, 8 cm breit; Stiel eylindrisch, ziemlich röhrig, steif, zerbrechlich, graubraun, faserig-streifig. Auf dem Boden. ** Hut weisslich, später rötlichbraun werdend. A. maculatus Ar». u. Schw. Hut fest, mit breitem Höcker, am Rande geschweift, schwach filzig, 6—11 cm breit; Stiel 8—12 cm lang, S—12 mm dick, cylindrisch oder in der Mitte bauchig, weisslich. In feuchten Nadelwäldern, zwischen Moos; September—November. — ilI. Schörzingen selten (Sım.). if Stiel nach oben verjüngt. * Stiel kegelförmig; Lamellen mit gekerbter Schneide. A. butyraceus Burst. Hut 4—8 cm breit, wässerig, feucht hell ockerfarben mit brauner Mitte, oder braunrot, fettglänzend, am Rande gestreift, trocken weisslich; Stiel 4—8 cm lang, unten bis 1!/, cm, oben '/; em dick, entweder oben weisslich, unten hellbraun, oder ganz rotbraun, mit dichten Längsstreifen. In Laub- und Nadelwäldern, herdenweise; September— November. — I. Stuttgart (M.). II. Wildbad in der Eiselsklinge häufig (O.). III. Aalen-Wasser- alfıngen selten (H.); Schörzingen nicht selten (Sı.). ** Stiel nach oben verjüngt, aber an der Spitze wieder verdickt; Lamellen ganzrandig. 4. phaeopodius Burr. Hut 6—8 cm breit, etwas gestreift, feucht braun, fast schwärzlich, mit bräunlichem Fleische; Stiel 6—8 cm lang, schwarzbraun. In Wäldern. — Ill. Schörzingen (Sn.). ß. Lamellen mindestens 5 mm breit. i Lamellen dicht stehend, 1—2 cm breit. == DIE RI A. platyphyllus Pers. Hut stumpf, 6—12 cm breit, grau oder graubraun, glatt, später faserig; Stiel 8—12 cm lang, 1—1'/, em dick, voll, gleichmässig dick, weisslich, gestreift; Lamellen weiss. Am Grunde alter Baumstümpfe in feuchten Wäldern; Juni—September. — III. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.); Schörzingen häufig (Sm.). if Lamellen entfernt stehend. * Hut mit kurzen, braunen, filzig-samtigen Härchen ‘dicht besetzt. A. longipes Bus. Hut mit stumpfem Höcker, 3—5 cm breit, schwach längsrunzelig, hellbraun; Stiel 8—12 cm lang, 4—5 mm dick, voll und fest, am Grunde schief wurzelnd, leder- oder kastanien- braun, längsstreifig und mit braunen, filzigen Härchen besetzt; La- mellen rein weiss. : In Laubwäldern, besonders unter Eichen; August—Oktober. — II. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). ** Hut kahl; Stiel in eine lange, spindelförmige Wurzel übergehend. $ Hut klebrig, mit strahligen Runzeln. A. radicatus Reın. Hut 4—6 cm breit, rehbraun oder grau- braun; Stiel 8—-12 cm lang, 4—5 mm dick, steif, glatt und kahl, oben weiss, nach unten bräunlich, später mit gedrehten Längsfasern; Lamellen weiss. In Wäldern, besonders Laubwäldern, am Grunde alter Bäume, einzeln; Juli—Oktober. — I. Hochdorf OA. Vaihingen (Rıe.); Stuttgart (M., Eı., RıE.); Riedenberg (Mr.); Kirchberg OA. Sulz (Eı.); Hölzern OA. Weinsberg (O.); Crails- heim (Br.); Vorder-Steinenberg (Osmr.); Gmünd (Frirz); Trillfingen (Rır.). II. Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). SS Hut glatt, später rissig. A. fusipes Burn. Hut am Rande geschweift, Bi 10 cm breit, rotbraun, weisslich oder ockerfarben, meist braun gefleckt; Stiel 6—12 cm lang, in der Mitte meist bauchig, 1’/;—2 cm dick, hell- . braun oder rotbraun, längsstreifig; Lamellen dick und zäh, am nie durch Queradern verbunden, weisslich, später hell rotbraun gefleckt, mit welliger Schneide. Am Grunde alter Laubhölzer, einzeln oder in kleinen Rasen; Juli—Sep- tember. — I. Am Hasenberg bei Stuttgart (Rır.); Degerloch (Mr.); Trillfingen (Rır.). II. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Im Eselswald bei Ulm nicht häufig (V.). 9, Gatt. Cortinellus Roze. Hut fleischig, Rand anfangs mit dem Stiele durch einen fädıgen Schleier vereinigt, welcher nach der Entfaltung des Hutes als fase- riger Ring zurückbleibt, später verschwindet; sonst wie Agarieus. I. Hut rotbraun, mit filzigen Schuppen. C. vaccinus (Pers.). Hut dünn, 2—6 cm breit, trocken, am Rande eingerollt, filzig; Stiel cylindrisch, hohl, 6—10 cm lang, 1 bis 1!/, cm dick, rotbraun, mit Fasern und Fäden überzogen; Lamellen entfernt stehend, weisslich, später schmutzig rot gefleckt. In Nadelwäldern; August—Oktober. — I. Stuttgart (M.); Klein-Hohen- heim (Mr.); Vorder-Steinenberg (Ogımr.). III. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt N 5 Reutlingen bei der Ölfabrik (D.); Schörzingen (Sı.). II. Hut braun, faserig-schuppig. C. tristis (Fr.). Hut zuletzt gebuckelt, 11/,—2'/s em breit; Stiel röhrig, eylindrisch, 2'/, mm dick, flockig-schuppig; Lamellen ziemlich entfernt stehend, weiss, später aschgrau. — Dem Agaricus terreus ähnlich. In Hecken und Gebüschen. 10. Gatt. Armillarıia Fr. Hut fleischig, Rand in der Jugend durch einen häutigen oder flockigen Schleier mit dem Stiele vereinigt, welcher später als häu- tiger oder schuppiger Ring mehr oder weniger lange zurückbleibt; Lamellen herablaufend, oder ausgerandet und zahnförmig angeheftet; Sporenpulver weiss, Sporen mit farbloser, dünner, glatter Membran. I. Lamellen am Stiele herablaufend. A. Stiel excentrisch, fast randständig. a. Stiel kurz, weisslich, feinschuppig. A. dryina (Pers.). Hut fest und derbfleischig, fast halb- kreisförmig, 5—8 cm breit, weisslich, mit hellbräunlichen, gefelderten Schüppchen; Stiel 2—4 cm lang, 1—1'/, cm dick, fast holzig, hori- zontal oder aufwärts gekrümmt, mit zerschlitztem, flüchtigem Ringe; Lamellen schmal, weiss. An alten Eichenstämmen und bearbeitetem Eichenholze ; Herbst. —- III. Aalen- Wasseralfingen (H.). b. Stiel lang, weiss, faserig gestreift. A. corticata (Fr.). Hut dickfleischig, meist 4—10, aber auch bis 20 cm breit, hellbraun oder fast weisslich, anfangs feinfilzig, später flockig-schuppig, Rand stark eingerollt; Stiel 4—10 cm lang, 1—2 cm dick, voll, fest, unten oft in einen wurzelartigen Strang auslaufend, mit einem flüchtigen, häutigen Ringe; Lamellen unten anastomosierend, weiss. An lebenden und abgestorbenen Pappelstämmen ; September, Oktober. ug s B. Stiel central. a. Hut fleischig, dünn; Stiel mit einem einfachen Ring. «&. Hut honiggelb oder bräunlich. A. mellea (Van). Hut zäh, 6—18 cm breit, mit haarig- zottigen, anfangs gelblichen, später bräunlichen bis schwärzlichen Schuppen, Rand gestreift; Stiel schwammig, voll, 6—20 cm lang, 1—1'/, em dick, am Grunde meist verdickt, blass, fleischfarben, gelblich oder nach unten olivenbraun, mit einem weiten, weissen, flockig-häutigen Ringe; Lamellen weisslich, später fleischfarben oder bräunlich gefleckt. — Essbar. Das Mycel bildet bei Abschluss vom Licht wurzelartige, aussen schwärzlich berindete Stränge (Rhizomorpha), welche sich an Baum- stümpfen zwischen Rinde und Holz oft weit verbreiten; an lebenden Bäumen bilden sie auch flächen- oder fächerartige Ausbreitungen. Die feinen Myceläste können in lebende Zellen der Stämme eindringen und werden dadurch verschiedenen Bäumen, besonders Nadelhölzern, sehr schädlich. In dichten Rasen am Grunde alter Baumstämme und Stümpfe ; September bis November. — I. Am Heuchelberg häufig (Arıu.); Hochdorf (Rıe.); Stuttgart fäufig (M., Rır., Er., Hess); um Hohenheim und Degerloch stellenweise massen- haft (OK., Mr.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (Osur.); Crailsheim (Br.); Ellwangen (Kz.); Trillfingen (Rır.). II. Wildbad häufig (PLieninger, O.); Ober-Kollwangen (Mr.); Bulach (Hw.); Altensteig (O.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen häufig (Sw.); um Blaubeuren häufig (PFIZENMAYER, Mr.); im Lauterthal (V.). IV. Ulm im Eselswald häufig (V., Haas); Gögglingen (Haas). ß. Hut weisslich. A. rhagadiosa (Fr.). Hut 6—8 cm breit, steif, feucht, in der Mitte mit angedrückten dunkleren Schuppen bedeckt, am Rande glatt; Stiel voll, 2—5 cm lang, 1'/, cm dick, eylindrisch, mit dünnem, schmalem, zurückgekrümmtem Ringe, unterhalb desselben bräunlich; Lamellen breit, weisslich. Geruch unangenehm. An Stämmen, einzeln oder in Rasen. b. Hut dick, hart; Stiel mit einem doppelten Ring. A. imperialis Fr. Hut 11—16 cm breit, 6—8 cm dick, dunkelbraun, mit angedrückten, dunkleren Schuppen, am Rande fase- rig-schuppig; Stiel voll, 11—14 cm lang, 4cm dick, vom unteren Ringe ab schuppig; Lamellen weiss. Geruchlos. In trockenen Nadelwäldern zwischen abgefallenen Nadeln. — III. Schör- zingen nicht selten (Snm.). II. Lamellen vor dem Ansatz an den fleischigen Stiel ausgerandet, nicht herablaufend. A. Stiel am Grunde knollig. a. Hut rot; Stiel rotfaserig. 4. phoenicea (Fr.). Hut kahl, klebrig, purpur- oder ziegel- rot; Stiel am Grunde mit unberandeter Knolle, nach oben verjüngt, mit zartem, vergänglichem Ringe; Lamellen rein weiss. In feuchten Wäldern. — III. Schörzingen nur im Wittau (Sm.). b. Hut bräunlich; Stiel weissfaserig. A. bulbigera (Aı». u. Schw.) Hut 5—8 cm breit, glatt, hell rötlichbraun, graubraun oder ockerfarben, anfangs von den Resten des Schleiers flockig-weissfaserig, später kahl; Stiel 4—6 cm lang, l cm dick, weisslich, faserig, mit einem flockigen, später verschwin- denden Ringe, am Grunde mit einer scharf abgesetzten Knolle; Lamellen weisslich. In Laub- und Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Reutlingen in dem Walde bei der Olfabrik (D.); Schörzingen nicht selten (Sm.). B. Stiel am Grunde ohne Knolle. a. Hut kahl, am Rande faserig. A. robusta (Ars. u. Scaw.). Hut mit breitem Höcker, 6 bis 12 cm breit, gelbbraun, rotbraun oder kastanienbraun mit weisslichem Rande; Stiel voll und fest, 3 cm lang, oben bis 2'/; em dick, nach unten etwas verjüngt, über der Mitte mit einem grossen flockigen Ringe, darüber weiss, darunter mit rötlichen oder bräunlichen Fasern besetzt; Lamellen weisslich. In Kieferwäldern, herdenweise; September, Oktober. — I. Stockheim, Brackenheim (Arra.). III. Schörzingen nicht selten (Sa.). b. Hut schuppig oder rissig; Stiel schuppig. @. Ring unvollkommen, nur durch einen Schuppenkreis an- gedeutet. A. luteovirens (Atz. u. Schw.). Hut hart, 5—”7 cm breit, strohgelb, im Alter fast schmutzig grünlich, rissig-schuppig, am Rande filzig; Stiel voll und fest, 2'/, cm lang, oben 2 cm dick, nach unten verjüngt, weiss, unten mit sparrigen Schuppen; Lamellen schmal, weisslich, später gelblich. In sandigen Nadelwaldungen ; September, Oktober. — I. Im Brackenheimer Wald (Arın.). £. Ring deutlich. Hut weisslich, mit dunklen Schuppen. A. ramentacea (Burr.). Hut 4—6 cm breit, mit graubraunen oder schwärzlichen haarigen Schuppen besetzt; Stiel 5—6 cm lang, Ah 1 eye 6—9 mm dick, voll, weisslich, mit einem schmalen, weisslichen, ab- stehenden, flockigen Ringe, unten mit graubraunen Schuppen; La- mellen anfangs weisslich, später grau. Geruch unangenehm. Auf Grasplätzen, in Wäldern; August—Oktober. — I. Trillfingen im Eich- wald zahlreich (Rıe.). II. Wildbad in der Eiselsklinge (O.). iT Hut lebhaft orangerot, mit eingewachsenen Schüppchen. A. aurantia (ScHArrr.). Hut 4—8 cm breit; Stiel voll, 4—6 cm lang, '/;—1 cm dick, mit einem schuppigen Ringe, darunter mit groben, filzigen, konzentrisch gestellten, orangefarbenen Schuppen besetzt, oben weiss; Lamellen weiss. In Nadelwäldern; Oktober, November. — I. Trillfingen sehr häufig in den Bergnadelwäldern (Rır.). III. Aalen-Wasseraltingen vereinzelt (H.); Schörzingen sehr verbreitet (Sm.). NB. Der bei Schörzingen vorkommende Pilz hat einen starken widrigen Geruch. 11. Gatt. Lepiota Pers. Hut fleischig; Rand in der Jugend mit dem Stiele durch einen häutigen Schleier vereinigt; Stiel mit einem häutigen oder schuppigen Ringe; Lamellen hinten meist frei oder angeheftet; Sporenpulver weiss; Sporenmembran dick. I. Oberfläche des Hutes mit klebrigem Schleim überzogen. A. Stiel voll, fest. L. mucida (Schran.). Hut dünnfleischig, 3—10 cm breit, meist weiss, bisweilen grau oder bräunlich; Stiel 4—8 cm lang, bis 5 mm dick, am Grunde verdickt, mit einem breiten, häutigen, weissen Ringe, oberhalb desselben weiss, unterhalb mit dem Hute gleichfarbig; La- mellen sehr entfernt, weiss. Geruch fischartig. An alten Laubholzstöcken ; September— November. — I. Solitude bei Stutt- gart (Rır.); Degerlocher Exerzierplatz (O.). II. Wildbad (O.). III. Boll (BauHm nach M.); zwischen Hausen am Thann, Rathshausen (Sm.). B. Stiel röhrig, zart. a. Rand des Hutes glatt. L. delicata Fr. Hut sehr dünnfleischig, zart, gebrechlich, 2—3 cm breit, glatt, gelblich oder rötlich; Stiel 3—6 em lang, 2—3 mm dick, in der Mitte mit einem weichen, wollig-flockigen, später verschwindenden Ringe, darüber glatt, darunter mit wollig- “ seidigen, rosenroten, später gelblichen Flocken besetzt. In Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Aalen - Wasseralfingen selten (H.). — 395 — b. Rand des Hutes gewimpert. L. illinita Fr. Hut dünnfleischig, 6—S8 cm breit, weiss oder gelblich, kahl, meist am Rande gestreift; Stiel 8 cm lang, 4—7 mm dick, ceylindrisch, mit undeutlichem Ringe. Auf Heiden, Triften, Waldwiesen. — III. Schörzingen. (Sm.). II. Oberfläche des Hutes weder schleimig noch klebrig. A. Haut des Hutes glatt (vergl. auch ZL. erminea und L. cristata). L. mesomorpha (BurL.). Hut sehr dünnfleischig, 2—3 cm breit, gelblich oder ockerfarben; Stiel dünn, 3—4 cm lang, 2 mm dick, röhrig, glatt, weisslich, rötlich oder gelblich, mit häutigem, dauerhaftem Ringe; Lamellen frei, weiss. Auf Grasplätzen; August, September. — I. Adolzfurt OA. Öhringen (O.). B. Oberfläche des Hutes körnig, warzig oder schuppig. a. Hut körnig oder warzig; Stiel mit einem angehefteten, später schuppigen Ringe. Fleisch, besonders des Stieles, gelb. L. amianthina (Scor.). Hut kömig-kleiig, ockerfarben, 2—4cm breit; Stiel schlank, 5—6 cm lang, 2—3 mm dick, unterhalb des Ringes kleinschuppig; Lamellen dicht stehend, angewachsen, anfangs weiss, später gelblich. In Wäldern, auf Heiden, zwischen Moos; September— Dezember. — I. Stutt- gart gegen die Solitude (Rıe.). Il. Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen selten (H.); Schörzingen (Sn.). if Fleisch und Lamellen weiss. * Stiel voll; Hut 6—10 cm breit. L. cinnabarina Fr. Hut fleischig, stumpf, körnig-kleüg, zinnoberrot; Stiel etwas knollig, unterhalb des häutig-schuppigen Ringes rotschuppig; Lamellen frei. Geschmack mild. In Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sn.). ** Stiel später hohl werdend; Hut höchstens 6 cm breit. $ Hut körmnig-kleiig, rotbraun, später graubraun. L. granulosa (Barscn). Hut dünnfleischig, 2—4 cm breit; Stiel eylindrisch, 3—8 cm lang, 2—8 mm dick, unterhalb des Ringes kleinschuppig; Lamellen leicht angeheftet. In Wäldern zwischen Moos ; September, Oktober. — I. Brackenheim (ArLn.) ; Hochdorf OA. Vaihingen (Rır.); Stuttgart mehrfach (M., RıE.); Riedenberg (Mır.); Trillfingen (Rır.). II. Wildbad (O.); Schönbronn OA. Nagold (Hm.). III. Aalen- Wasseralfingen mehrfach (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sn.). SS Hut mit körnigen Schüppchen bedeckt, nebst dem Stiele fleischrot oder weisslich. L. Carcharias Pers. Hut fleischig, 3—6 cm breit; Stiel etwas knollig, 4—7 cm lang, 4—7 mm dick, unterhalb des Ringes ei kleinschuppig; Lamellen dicht stehend, angeheftet. Geruch und Geschmack unangenehm. Auf Heiden, in Wäldern, zwischen Moos; September—November. — II. Wildbad (O.). III. Im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen selten (Sm.). ß. Oberhaut des Hutes fockig oder schuppig. j Lamellen etwas vom Stiele abstehend, hinten abgerundet; Stiel mit einem nicht beweglichen Ringe. * Ring bleibend, herabhängend; Hut mit spitzen oder sparrigen Schuppen besetzt. L. Friesii (Lascn). Hut 10—15 cm breit, zimtbraun bis trüb kastanienbraun, filzig-flockig, in der Mitte mit Schuppen, am Rande mit Zotten besetzt; Stiel 10—14 cm lang, 1—2 cm dick, mit breitem, häutigem Ringe, darunter dicht schuppig. Geruch scharf, rettigartig. var. acutesquamosa (Weınwm.). Kleiner, mit gelbbraunem, anfangs flockigem, später mit aufrechten, spitzen Schuppen bedecktem Hut und hinfälligem Ringe. Auf Grasplätzen; Oktober, November. — III. Im Eggerwald bei Schör- zingen (SM.). ** Ring hinfällig; Hut floekig oder feinschuppig. S Stiel zuletzt kahl. © Hut weiss, am Rande seidig-zerfasert. L. erminea (Fr.). Hut bis 6 cm breit, anfangs glatt, später nach dem Rande zu fein seidenfaserig; Stiel röhrig, cylindrisch, zer- brechlichh 3—6 cm lang, 3—6 mm dick, weiss, kahl werdend. Auf Grasplätzen, in Gärten; August, September. — I. Hohenheim, Plie- ningen (Mr.). (X) Hut weisslich mit bräunlicher Mitte. L. eristata (Bour.). Hut 2—4 cm breit, anfangs fast glatt, später mit anliegenden oder abstehenden braunen Schüppchen be- setzt; Stiel 4—5 cm lang, 2—3'/, mm dick, ceylindrisch, röhrig, weisslich oder rötlich, seiden-faserig, mit einem abstehenden Ringe; Lamellen dicht, frei. Geruch unangenehm, rettigartig. Auf Grasplätzen, in Gärten; Juli—September. — I. Stuttgart (M.); Hohen- heim, Möhringen (Mı.). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.); Reutlingen (D.). SS Stiel mit flockigen Schüppchen besetzt. () Schuppen des Hutes und Stieles gelblich oder braun. L. clypeolaria (Burr.). Hut 6—8 cm breit, weisslich, mit anfangs zusammenhängendem, später in mehr oder weniger an- Re gedrückte, flockige Schuppen zerfallendem Überzuge; Stiel 5—8 cm lang, 3—4 mm dick, mit einem flockigen, hängenden Ringe. In Wäldern und Gebüschen; August— Oktober. — I. Stuttgart am Bopser und an der Dornhalde (M., Rıe.); Crailsheim (Br.); Trillfingen (Rır.). III. Schör- zingen (Sn.). OO Schuppen des Hutes und Stieles schwärzlich. L. felina (Pers.). Kleiner als vorige; Stiel am Grunde knollig, mit kleinem, aber deutlichem Ringe und punktförmigen, braunen, später schwarz werdenden Schüppchen. In Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen selten (Sn.). ff Stiel hohl mit einem beweglichen, meist dicken und dauer- haften Ringe; Lamellen frei, vom Stiele durch einen feinen, fast knorpeligen Ring getrennt; Hut mit braunen Schuppen besetzt. $S Ring dünn, flockig, später verschwindend. L. gracilenta (Kromen.). Hut weiss, mit fleckenförmigen braunen Schuppen, 14 cm breit; Stiel etwas knollig, bis 25 cm lang. Der L. procera ähnlich, aber schlanker. In Wäldern, an Waldrändern, auf Wiesen und Feldern; Oktober, November. — I. Zwischen Neuhütten und Bärenbronn OA. Weinsberg (Sr.); Vorder-Steinen- berg (Ogmr.). II. Wildbad (O.); Ober-Kollwangen selten (Mr.); Bulach nicht häufig (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen selten (H.). SS Ring bleibend, häutig, fest. © Ring am Rande zerschlitzt. L. rhacodes (\ımr.). Hut bis 10 cm breit, graubraun, in der Mitte meist lebhaft braun, mit dünner, in grosse, anliegende Schuppen zerreissender Oberhaut; Stiel 10—15 cm lang, 1—1'/, cm dick, am Grunde mit einer grossen, dicken Knolle, schmutzig-weiss- lich, aussen glatt. Geruch unangenehm. In Wäldern und Gärten; August, September. — III. Aalen-Wasseralfingen nicht häufig (H.). OO Ring dick, ganzrandig. [|] Stiel braunschuppig, mit graubraunem Ringe. L. procera (Scor.). Hut in der Mitte mit stumpfem Höcker, 10—25 cm breit, weisslich oder graubraun, in der Mitte meist dunkler, mit einer in faserig-zottige Schuppen zerreissenden Oberhaut; Stiel 10—30 cm lang, cylindrisch, am Grunde knollig. Geruch und Geschmack angenehm; das Fleisch läuft bei Verletzungen rötlich an. — Geniessbar. In lichten Wäldern, auf Triften und Weiden; August— Oktober. — I. Hoch- dorf OA. Vaihingen im Schlossgarten (Rır.); in den Wäldern um Stuttgart und — 398 — Hohenheim nicht selten (M., OK., Mı., Er, Rıe., Hess); Mainhardter Wald (GRÄTER, Sr.); Crailsheim (Br.); Ellwangen (Kz.); Vorder-Steinenberg (OpmRr.); Trillfingen häufig Exemplare von 50 cm Höhe (Rır.). II. Wildbad selten (O.); Calw (Dr. Schütz); Ober-Kollwangen an der Strasse nach Agenbach selten (Mr.); Teinach nicht häufig (Wurm); Bulach häufig (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Metzingen und Kalte Herberge OA. Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.); Seissen OA. Blaubeuren (Mr.). IV. Ulm häufig im Eselswald, im ver- brannten Gehäu, im Gögglinger Wald (V., Haas); Warthausen (RKW.). IL] Stiel und Ring weisslich. L. excoriata (Scharrr.). Hut mit undeutlichem Höcker, 4—13 cm breit, weisslich, in der Mitte oft bräunlich, mit dünner, besonders am Rande in kleine Schuppen zerfallender Oberhaut; Stiel 6—10 cm lang, '/),—1 cm dick, ceylindrisch. — Geniessbar. Auf Ackern und Triften; September, Oktober. — I. Hohenheim, Möhringen (OK., Mr.); Mainhardter Wald häufiger als L. procera (Sr.); Vorder-Steinenberg (Ogmr.). II. Bulach (Hm.). III. Reutlingen auf Wiesen der Achalm (D.); Schör- zingen häufig (Sm.). IV. Warthausen (RKW.). 12. Gatt. Hyporrhodius (Fr.) Schrorr. Hut mehr oder weniger fleischig; Sporenpulver fleischrot oder rostrot; Sporen eckig oder stachelig, meist mit farbloser Membran. I. Lamellen am Stiele herablaufend; Stiel dünn, knorpelig, allmählich sich in den Hut erweiternd; Hut dünnfleischig, mit anfangs um- gebogenem Rande. A. Lamellen gezähnelt; Hut in der Mitte schwarz-schuppig. H. Atrides (Lascn). Hut fast häutig, später in der Mitte trichterförmig eingedrückt, 2—3 cm breit, graubräunlich, seiden- glänzend, am Rande gestreift; Stiel röhrig, 4—5 em lang, 2—3 mm dick, von der Farbe des Hutes, oben schwarzschuppig; Lamellen fleischrot mit schwarzem Rande. In feuchten Waldungen; August, September. B. Lamellen ganzrandig; Hut glatt oder seidenfaserig. a. Lamellen entfernt stehend, grau-fleischrot. H. griseorubellus (Lascn). Hut genabelt, 2—4 cm breit, graubraun, gestreift, trocken grau, seiden-faserig, oft zerschlitzt; Stiel voll, im Alter ziemlich hohl, 2—4 cm lang, 2—4 mm dick, grau, an der Spitze schwach flockig. In schattigen Wäldern, besonders unter Haselsträuchern. b. Lamellen dicht stehend, weisslich, später fleischrot. H. politus (Prrs.). Hut schwach genabelt, 2—5 cm breit, kahl, durchscheinend, grau oder gelbgrau, am Rande gestreift, trocken — 39. — stark glänzend; Stiel hohl, 6—8 cm lang, 2—6 mm dick, von der Farbe des Hutes, glänzend, an der Spitze schwach bereift. In Buchenwäldern; Herbst. IH. Lamellen nicht am Stiele herablaufend. A. Rand des Hutes anfangs dem Stiele angedrückt, nicht eingebogen, bei dem ausgebreiteten Hute von Anfang an gerade; Stiel dünn; Hut dünnfleischig, gebrechlich. a. Lamellen anfangs weiss oder weisslich, später oft rötlich oder fieischrot. &. Hut durchscheinend; Lamellen zuletzt rosa. H. hirtipes (Fl. dam). Hut kegelig-glockig, stumpf, fein gestreift, zerbrechlich, bräunlich; Stiel schlank, zerbrechlich, von der Farbe des Hutes, unten behaart; Lamellen vom Stiele frei, ver- kehrt-eiförmig. Geruchlos. In Nadelwäldern. 9. Hut nicht durchscheinend; Lamellen weisslich. T Stiel an der Spitze mehlig; Hut am Rande flockig. H. verecundus (Fr.). Hut glockig, mit etwas gebuckelter Mitte, rötlich, am Rande zart gestreift; Stiel ziemlich fest, blass; Lamellen am Stiele angewachsen, entfernt stehend, bauchig. An grasigen Orten auf dem Boden, herdenweise. if Stiel und Hut kahl. * Hut mit schwarzbraunen Furchen; Lamellen entfernt stebend. H. cocles (Fr.). Hut anfangs kapuzenförmig, mit rauher, genabelter Mitte, 6— 14 mm breit, umbrabraun, glänzend; Stiel dünn, bläulich ; Lamellen breit, weissrötlich, anfangs angewachsen, später frei. Auf nacktem, feuchtem Boden in Wäldern. ** Hut gestreift; Lamellen ziemlich dicht stehend. H, exilis (Fr.). Hut kegelförmig, später ausgebreitet, 1'/, cm breit, graublau, in lila übergehend, mit dunklerer Mitte; Stiel 2—3 cm lang, 1—2 mm dick, fadenförmig, zäb, grünlich-graublau; Lamellen angeheftet, weisslich. An feuchten grasigen Stellen, zwischen faulenden Blättern etc. b. Lamellen anfangs nicht weiss. a. Lamellen anfangs hell gelblich, später fleischrötlich. T Stiel röhrig, sehr gebrechlich. H. cetratus (Fr.). Hut anfangs glockig, wässerig, kahl, 2—6 cm breit, hellgelblich oder lehmfarben, mit gestreiftem, ge- kerbtem Rande; Stiel 6—12 cm lang, 1—2 mm dick, glatt, kahl, gelblich; Lamellen angeheftet, schmal. In Wäldern zwischen Moos; September, Oktober. if Stiel wenigstens anfangs voll. * Stiel gebrechlich, später hohl, anfangs feinflockig; La- mellen entfernt stehend. H. icterinus (Fr.). Hut anfangs glockig, 1—2!/, cm breit, anfangs grünlichgelb, wässerig, später schwefelgelb oder blass stroh- gelb, feucht am Rande gestreift; Stiel 2—4'/, cm lang, 1—2 mm dick, gelblich oder bräunlich, oben heller; Lamellen angeheftet, später frei. In Gebüschen zwischen Gras; Juli, August. ** Stiel voll, an der Spitze bereift; Lamellen dicht stehend. H. pleopodius (Burı.). Hut anfangs kegelförmig, 1—2 cm breit, etwas gebuckelt, glatt, gelblich, glänzend; Stiel straff, weiss- gelblich, glänzend, 2—4 cm lang; Lamellen fast frei. Auf Weiden, Grasplätzen, gesellig. ß. Lamellen grau, später rot bestäubt. j Stiel kahl, an der Spitze weiss bestäubt. H. mammosus (L.). Hut mit spitzem Höcker, 1—3 cm breit, kahl, feucht umbra- oder lederbraun, am Rande gestreift, trocken ockergelb, seidenglänzend; Stiel 6—9 cm lang, 1—2 mm dick, grau- braun, glänzend. Geruch angenehm, wie Calycanthus floridus. Auf Wiesen, in Gebüschen ; August— Oktober. — I. Geddelsbach OA. Öhringen auf einer Waldwiese (O.). ii Stiei seidenartig faserig, gestreift. H. pascuus (Pers... Hut sehr gebrechlich, 1—4 cm breit, wässerig, feucht bräunlich, am Rande gestreift, trocken graubraun, seidenglänzend; Stiel 6—8 cm lang, 1—3 mm dick, gebrechlich ; Lamellen fast frei, vorn sehr breit. Auf Wiesen, in Wäldern; Juli—November. — I. Lindelberg OA. Öhringen (0.); Mainhardter Wald häufig (Sr.); Vorder-Steinenberg (Osur.). II. Aalen- Wasseralfingen (H.); Reutlingen nicht selten (D.); Schörzingen (Sm.). B. Rand des Hutes anfangs eingebogen. a. Hut dünnfleischig; Stiel dünn, mit knorpeliger Aussenschicht, vom Hute abgesetzt. «@. Hut am Rande gestreift; Lamellen hell graubraun. H. asprellus (Fr.). Hut anfangs halbkugelig, 3—5 cm breit, wässerig, feucht rauchbraun, leicht faserig-schuppig oder glatt, in der Mitte fast zottig-schuppig, trocken gelbbraun, seidenglänzend; Stiel 3—6 em lang, 2—3 mm dick, steif, gebrechlich, röhrig, grau oder braun; Lamellen angewachsen, hinten am breitesten, mit welliger Schneide. Auf Wiesen und Triften; August—Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). — 401 — ß. Hut nicht gestreift. T Lamellen anfangs blau, graublau oder violett; Hut mehr oder weniger schuppig. * Stiel röhrig; Lamellen mit gesägter Schneide. H. serrulatus (Fr.). Hut 1—2 cm breit, anfangs blauschwarz, später rauchbraun, schwach schuppig; Stiel 2—-6 cm lang, glatt, blauschwarz, oben schwarz punktiert; Lamellen angewachsen, anfangs blaugrau, später fleischrötlich bestäubt, mit schwarzer Schneide. Auf Wiesen zwischen Moos; September, Oktober. — I. Auf dem Bopser bei Stuttgart vereinzelt (M.). ** Stiel voll; Lamellen ganzrandig. $ Hut kleinschuppig; Lamellen hinten ausgerandet. H. chalybaeus (Pers... Hut 2—5 cm breit, anfangs blau- schwärzlich, später blauviolett, Fleisch blauschwarz, wässerig; Stiel 4—6 cm lang, 2—3 mm dick, glatt, violett, blau oder schwarzblau, nach unten heller und meist weissfilzig; Lamellen anfangs lebhaft blau, später graublau. Auf Waldwiesen, zwischen Gras und Moos; August—Oktober. — I. Geddels- bach OA. Öhringen (0.). IV. Ulm ziemlich selten, hinter der Wilhelmsburg und am Glacis der Wilhelmsfeste (V.). SS Hut faserig-schuppig; Lamellen hinten nicht aus- gerandet. H. euchrous (Pers... Hut meist wässerig, 2—4 cm breit, anfangs blau, später violettbräunlich, Fleisch von derselben Farbe; Stiel 3—4 cm lang, 2—3 mm dick, zäh, violett; Lamellen violett, später fleischrot bestäubt. In feuchten Wäldern, an alten Erlen- und Haselstämmen; September, Oktober. — III. Aalen-Wasseralfingen selten (H.). if Lamellen weisslich oder grau, später rötlich. * Lamellen grau. H. anatinus (Lascnh.. Hut mit breitem Höcker, 3—5 cm breit, graubraun, runzelig, schuppig, am Rande faserig, zuletzt oft zerschlitzt; Stiel 3—5 cm lang, 2—4 mm dick, bläulich, anfangs bereift, später flockig-schuppig, oben glatt, nicht punktiert, am Grunde weissfilzig; Lamellen dicht stehend, breit. Auf Weiden und Wiesen; August— Oktober. — I. Hohenheim und Klein- Hohenheim (Mr.). ”* Lamellen weisslich. S Stiel röhrig, glatt, an der Spitze nicht punktiert. H.lampropus (Fr.). Hut zuletzt in der Mitte niedergedrückt, 1—3 cm breit, anfangs flockig, später schuppig, mäusegrau oder Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894, 26 — 42 — stahlblau, später bräunlich; Stiel 2—3 em lang, 1—5 mm dick, stahlblau-violett; Lamellen angewachsen, bauchig. Auf Triften und Wiesen; Juli—September. — III. Am Hochberg und Wochenberg bei Schörzingen (Sm.). ; SS Stiel voll, oberwärts schwarz punktiert. O Hut faserig-schuppig, in der Mitte zottig. H. placidus (Fr.). Hut später stumpf, 2?/, em breit, grau- bräunlich oder bläulich; Stiel 4 em lang, kahl, schwarzblau, an der Spitze weiss bereift; Lamellen angeheftet, breit. An alten Buchenstämmen ; Herbst. OO Hut kahl, mit eingewachsenen Fasern bedeckt. H. aethiops (Fr.). Hut niedergedrückt, glänzend, anfangs schwarz, dann russfarbig; Stiel dünn, kahl, braunschwärzlich. An grasigen, sonnigen Orten. b. Hut fleischig; Stiel faserig oder fleischig, allmählich in den Hut übergehend; Lamellen hinten ausgerandet, zahnförmig am Stiele angeheftet. «. Hutoberfläche haarig oder schuppig; Hut dünnfleischig. T Hut weiss. H. sericellus (Fr... Hut 1—2 cm breit, Rand geschweift, Oberfläche seidenhaarig, später kleinschuppig; Stiel 1'/,—3 cm lang, 1—2 mm dick, röhrig, faserig, weisslich; Lamellen ziemlich entfernt stehend, weiss, später rot bestäubt. An Wegen und Grabenrändern, zwischen Gras und Moos; August, Sep- tember. — I. Am Hasenberg bei Stuttgart (M.). ij Hut nicht weiss, flockig-schuppig. * Stiel voll, faserig-mehlig. H. dichrous (Prrs.) Hut gebuckelt, 8—14 mm breit, violett mit rotbraunem Nabel, später bläulich-grau; Stiel 3—4 cm lang, 2—3 mm dick, blau; Lamellen dicht stehend, rötlichgrau. In Wäldern, auf Grasplätzen. ** Stiel hohl, flockig-faserig. $ Lamellen rauchgrau. H. jubatus (Fr.). Hut gebuckelt, 21/,—5 cm breit, bräun- lich; Stiel eylindrisch, 5 cm lang, 4 mm dick, steif bräunlich-faserig; Lamellen dicht stehend, bauchig. Auf trockenen und feuchten moosigen Wiesen. SS Lamellen weisslich. H. griseocyaneus (Fr.). Hut stumpf, 2'/, cm breit, grau, ins lilafarbige übergehend; Stiel bis 8 em lang, 4—”7 mm dick, anfangs weisslich, später bläulich. Zwischen Gras und Moos; August, September. — III. Schörzingen (Sm.). A030 ß. Hutoberfläche glatt, höchstens faserig. f Hut dünn, durchscheinend, trocken seidenglänzend. * Lamellen graubräunlich. H.sericeus (Burr.). Hut 2?/, cm breit und darüber, umbrabraun, mit geschweiftem, fein gestreiftem Rande; Stiel röhrig, 2'/),—6 cm lang, 2—4 mm dick, faserig; Lamellen ziemlich entfernt stehend. Geruch nach frischem Mehl. — Ist dem H. pascuus sehr ähnlich. Auf Wiesen nach Regenfällen. — I. Auf Grasplätzen bei Hohenheim häufig (Mr.). ** Tamellen weisslich. $ Stiel hohl; Lamellen ganzrandig. H. rhodopolius (Fr.). Hut 5—15 cm breit, grau oder hell- bräunlich, faserig, am Rande feingestreift, trocken ockerfarben; Stiel 5—15 cm lang, 6—12 mm dick, kahl, reinweiss, seidenglänzend. Geruch nach frischem Mehl. In Gebüschen, Wäldern und Gärten, herdenweise; Juli—Oktober. — I. Am Bopser bei Stuttgart (M.). III. Im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen häufig (Sm.). IV. Ulm im Eselswald (Des.); Böfingen (V.). SS Stiel voll; Lamellen mit kleingesägter Schneide. H. clypeatus (L.).. Hut 5—10 cm breit, graubraun, glatt, trocken grau, dunkler gefleckt und gestreift; Stiel ”—10 cm lang, mit flockigem Mark erfüllt, nach unten verdünnt, aussen faserig, blass. Auf Schuttplätzen, in Gärten, auf Wiesen; Mai, Juni und September. — II. Schörzingen im Grasgarten beim Pfarrhaus (Sı.). Tr Hut nicht durchscheinend, mit kahler, feuchter oder klebriger Oberfläche. * Stiel hohl. S Stiel kahl, nach oben verjüngt. H. ardosiacus (Burr.). Hut stumpf, 4—6 cm breit, feucht, anfangs schwärzlich, dann bläulich-braun, endlich aschgrau; Stiel 6—8 cm lang, 4—7 mm dick, stahlblau, am Grunde weiss; La- mellen gedrängt stehend, bauchig, weiss- oder graurötlich. Geruchlos. An feuchten Stellen auf Wiesen, in Nadelwäldern. SS Stiel faserig, am Grunde verdickt. H. helodes (Fr... Hut schwach gebuckelt, 3—6 cm breit, bläulich-purpurn oder braungrau, oft gefleckt, später verblassend ; Stiel 6—11 cm lang, 6—7 mm dick, blass; Lamellen ziemlich ent- fernt stehend, anfangs weiss, dann fleischrot. Geruch mehlartig. In schattigen Wäldern, auf Moorwiesen ; Herbst. ** Stiel voll. S Hut kegelförmig oder glockig; Stiel bläulich. 26* — ‚404. — O© Hut glockenförmig; Lamellen angeheftet. H. Bloxami (Berk.). Hut festfleischig, glatt, feucht, rötlich- blau; Stiel nach oben verjüngt, von der Farbe des Hutes; Lamellen breit, rötlich. Auf sonnigen Triften. — III. Oberhohenberg bei Schörzingen sehr selten (Sm.) OO Hut kegelförmig; Lamellen frei. H. pleropicus (Brırzeım.). Hut kahl, hellblau; Stiel cylin- drisch, gedreht, von derselben Farbe; Lamellen rosenrot, frei. In Wäldern. SS Hut später flach ausgebreitet; Stiel weiss; Lamellen anfangs weiss oder weisslich, später fleischfarben. © Hut eingewachsen-faserig, bläulich-braun. H.lividus (Burt.). Hut festfleischig, S—12 cm breit, trocken; Stiel 6—8 cm lang, 2—3 cm dick, innen mit schwammigem Marke erfüllt, aussen kahl, an der Spitze bereift; Lamellen breit, ziemlich entfernt stehend. Riecht nach frischem Mehle, soll aber sehr giftig sein. In lichten Wäldern, besonders Laubwäldern,; August, September. OO Hut glatt und kahl. [] Hut weisslich. A Hut ausgeschweift; Stiel dick, faserig. H. sinuatus (Fr.). Hut festfleischig, 16 cm und mehr breit, weissgelblich; Stiel kompakt, 8—16 cm hoch, 2'/,—3 em dick; Lamellen sehr breit, dicht stehend. Geruch und Geschmack an- genehm. — Gilt für giftig. In Laubwäldern; August, September. — I. Hohenheim am Friedhof (Mı.). AA Hut nicht ausgeschweift; Stiel dünn, etwas gestreift. H. prunuloides (Fr.). Hut fleischig, später gebuckelt, 21/,—6 cm breit, schwach klebrig, weisslich, gelblich oder hell-asch- grau; Stiel 8 cm lang, 4—”7 mm dick, von ungleicher Dicke, kahl; Lamellen bauchig. Riecht nach frischem Mehl. Auf Grasplätzen, zwischen Moos, einzeln wachsend. — III. Schörzingen (Sm.). [I] Hut graubraun. H. porphyrophaeus (Fr.). Hut schwach fleischig, ge- schweift, oft eingeschnitten-gelappt, später verblassend; Stiel 8 cm lang, nach oben verjüngt, faserig, glanzlos, rötlich-graubraun; La- mellen später graurötlich. Auf Wiesen. — III. Bei Schörzingen und beim Sonthof nicht selten (Sm.). — 405° — 13. Gatt. Rhodosporws SCHROET. Hut fleischig; Sporen kugelig, elliptisch oder eiförmig, mit farbloser oder sehr hell bräunlicher Membran ; sonst wie Hyporrhodius. I. Stiel fleischig, allmählich in den Hut übergehend; Lamellen am Stiele herablaufend. A. Stiel und Lamellen graubraun. Rh. popinalis (Fr.). Hut schwach fleischig, 2'1,—6 cm breit, schlaff, uneben, etwas geschweift, kahl, gelbgrau oder asch- grau, Fleisch graubräunlich; Stiel voll, eylindrisch, 2'/,—6 cm lang, 4—5 mm dick, nackt; Lamellen dicht stehend. Geruch nach frischem Mehle. — Geniessbar. An grasigen Orten. B. Stiel und Lamellen (anfangs) weisslich. a. Hut dünnfleischig, wässerig, etwas durchscheinend. Rh. mundulus (Lasch). Hut später in der Mitte etwas ein- gedrückt, 2!/;—D5D cm breit, Oberfläche grau, trocken rein weiss, seidenglänzend, mit eingewachsenen Fäden; Stiel 21/,—6 em lang, 3—4 mm dick, voll, weisslich, faserig-flzig; Lamellen später hell- gelblich, zuletzt roströtlich. Geruchlos; Geschmack bitter. In Wäldern und Gebüschen, zwischen Laub; August, September. b. Hut mehr oder weniger dickfleischig. Rh. Prunulus (Scor.) (incl. Rh. Orcella Burr.). Hut bald niedergedrückt, zuletzt meist trichterförmig, 4—11 cm breit, oft wellig und gelappt, Oberfläche weiss oder hellgrau, weich seiden- artig, zuweilen gefleckt und mit schwacher, dunklerer Zone, Fleisch weiss, weich; Stiel voll, manchmal etwas excentrisch, 3—6 cm lang, 9—12 mm dick, am Grunde meist zottig; Lamellen dicht stehend, später fleischrot; Sporen spindelförmig, mit 3 tiefen Längsfurchen. Geruch nach frischem Mehl, Geschmack angenehm. — Ist ein guter Speisepilz. In Wäldern und auf Wiesen, oft gesellig; Juli—Oktober. — I. Bracken- heim (Arın.); Stuttgart mehrfach (M., Er., Hess); Hohenheim, Möhringen (Mr.); Öhringen (O.); Mainhardter Wald ziemlich häufig (Sr.) ; Vorder-Steinenberg (OBMR.); Ellwangen (Kz.). II. Altensteig (O.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Um Ulm nicht selten: im Eselswald (Dks.), im Thalfinger- holz, im Klosterholz bei Söflingen (V.); Ermingen OA. Blaubeuren (V.). II. Stiel vom Hute scharf abgesetzt; Lamellen hinten abgerundet, frei. A. Oberfläche des Hutes nackt und kahl. a. Hut gelb, mit gestreiftem Rande; Stiel voll. Kh.leoninus (ScHAerr.). Hut dünnfleischig, 3—6 cm breit; =, 406 — Stiel 6—10 cm lang, 5—8 mm dick, gebrechlich, weisslich oder gelblich, kahl, gestreift; Lamellen anfangs hellgelblich, später fleischrot. In Wäldern, einzeln an alten Baumstümpfen; Juli—Oktober. — I. Klein- Hohenheim (Mr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). IV. Ulm nicht selten (Des., V.). b. Hut umbrabraun, netzaderig; Stiel röhrig. Rh.phlebophorus (Dırm.). Hut schwachfleischig, 1—6 cm breit; Stiel meist gekrümmt, 8 cm und darüber lang, 6—9 mm dick, kahl, glänzend, weiss; Lamellen rötlichweiss. An faulen Baumstümpfen; Sommer und Herbst. B. Oberfläche des Hutes bereift, faserig oder flockig. a. Hut bereift. Rh. nanus (Prrs.).. Hut meist 2—3 cm breit, umbrabraun, runzelig, grauflockig bereift; Stiel meist 3—6 cm lang, 3—4 mm dick, voll, gestreift, weiss oder gelblich; Lamellen anfangs weisslich, später fleischrot. An alten Baumstämmen und Baumstümpfen; August, September. — II. Wildbad am Kohlenweiler bei’s Hannesa Hütte (O.). III. Schörzingen (Sm.). b. Hut faserig oder flockig. ..@. Stiel reinweiss, glatt und glänzend. Rh. pellitus (Prrs.). Hut glatt, trocken, seidig-zottig, 3 bis 6 cm breit, weiss; Stiel voll, 4-—-6 cm lang, 6—7 mm dick; Lamellen ziemlich breit, anfangs weisslich, später fleischrot. An Baumstämmen, unter Buchen und Haseln; August, September. ß. Stiel schuppig oder faserig, nicht rein weiss. Hut anfangs zottig; Stiel schuppig, graubraun. Rh. umbrosus (Prrs.). Hut fleischig, grubig-runzelig, 4—9 cm breit, umbrabraun, mit gewimpertem Rande; Stiel voll, gekrümmt, 3—6 cm hoch, 5—9 mm dick; Lamellen dunkelgrau mit gewimperter Schneide. An Stämmen von Laub- und Nadelhölzern. if Hut anfangs glatt, später faserig oder feinschuppig; Stiel weiss mit schwarzen Fasern. Rh. cervinwus (ScHARFF.). Hut fleischig, 6—10 cm breit, leder- braun oder graubraun, Rand gerade, meist gestreift; Stiel 6—10 cm ang, 1—1’/, em dick; Lamellen sehr dicht stehend, anfangs weisslich, später fleischrot. var. rigens Pers. Hut aschgrau mit schwarzen Streifen und Schüppchen; Stiel kahl, etwas glänzend. | An und neben alten Laubholzstümpfen ; Mai—Oktober. — I. Nordheim a. N. bei der Sägmühle, woselbst auch die var. rigens Pers. zahlreich vorkommt (O.); Hohenheim und Klein-Hohenheim (Mr.); Vorder-Steinenberg (Opmr.). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.), IV. Ulm selten im Eselswald (V.). — 407 — 14. Gatt.e. Derminus Fr. Hut frei, bei der Reife ohne merklichen Schleier; Stiel ohne Ring, bisweilen fehlend; Sporenpulver rostbraun oder gelbbraun, Sporen elliptisch oder eiförmig. ‚I. Stiel excentrisch, seitenständig oder fehlend. A. Oberfläche des Hutes glatt und kahl. a. Hut weich, wässerig. «@. Hut zerbrechlich, weisslich. D. applanatus (Pers.). Hut schwach fleischig, nieren- oder keilförmig, flach, 2'/, cm breit, in einen sehr kurzen, weissfilzigen Stiel übergehend; Lamellen gedrängt stehend, anfangs weisslich, dann hell-zimtbraun. An faulenden Bäumen. — I. Stuttgart (Hess). ß. Hut gallertig, grau oder gelbbraun. D. mollis (ScuAerr.). Hut ei- oder nierenförmig, schlaff, oft wellig-gelappt, 2—8 cm breit, meist sitzend, seltener mit kurzem Stiele; Lamellen dicht stehend, anfangs weisslich, dann wässerig- zimtbraun. | An alten Baumstümpfen; Mai, Juni und September, Oktober. — IH. In einem Wald bei Hausen am Thann, sowie am Hochberg bei Schörzingen, selten (Sn.)- b. Hut fleischig. D. alveolus (Lascn). Hut gewölbt, breit verkehrt-eiförmig, 2—6 cm breit, mit verschmälerter, zottiger Basis sitzend, bräunlich- ockergelb, oft mit grünlichem Rande, trocken gelb oder blass-ocker- farben; Lamellen bräunlichgelb. ' An Buchenstämmen; Sommer und Herbst. B. Oberfläche des Hutes haarig oder filzig. a. Hut ungestielt. D. pezizoides (N. v. E.).. Hut dünn, 2—3 mm breit, an- fangs becherförmig, dann zurückgeschlagen, mehlig und schwach filzig, olivenbraun; Lamellen ziemlich entfernt stehend, anfangs oliven- braun, später gelbbraun. An morschem Holzwerk. b. Hut mit einem zottigen Stiele. «@. Hut weiss. D. variabilis (Pers). Hut dünnfleischig, anfangs nieren- förmig, später zurückgeschlagen, weich, '/,—2 cm breit, Rand an- fangs eingerollt, Oberfläche filzig; Stiel sehr kurz; Lamellen entfernt stehend, anfangs weisslich, dann rostbraun. — 408 — Auf abgefallenen Ästen, abgestorbenen Kräuterstengeln und Laub; Mai, Juni und September—Dezember. — I. Auf dem Bopser bei Stuttgart (DUvERNoY nach M.). III. Bei Hausen am Thann, am Hochberg und bei Schörzingen selten (Sm.). ) ß. Hut graubraun oder rötlichgrau. T Hut zottig; Stiel am Grunde mit schimmelartigen Fasern. D, byssisedus (Pers.). Hut schwach fleischig, 1 cm breit, anfangs umgebogen, dann horizontal, nierenförmig, graubraun, ver- blassend; Stiel kurz, gekrümmt; Lamellen herablaufend, weisslich- aschgrau, später rostrot bestäubt. An faulenden Baumstümpfen, TT Hut seidenhaarig-filzig; Stiel am Grunde ohne Fasern, D. depluens (BarscH). Hut ei- oder nierenförmig, abstehend, 1—4 cm breit, weiss, später bräunlich; Stiel kurz; Lamellen an- fangs grau, später rostbraun. Auf der Erde in Wäldern, an Wegrändern ; August—November. — III. Donn- stetten (KEMMLER). II. Stiel central. A. Rand des Hutes anfangs gerade, nicht eingebogen, manchmal mit einem fein-seidenhaarigen, schon vor dem Entfalten des Hutes verschwindenden Schleier; Hut fast häutig, gebrechlich, kegelig-glockenförmig, durchscheinend; Stiel zart, röhrig, ge- brechlich. a. Hut gestreift, kahl; Stiel dünn, biegsam; Lamellen ziemlich entfernt stehend, etwas gezähnelt, @. Stiel an der Spitze mehlig bereift, am Grunde zottig. D. Hypnorum (SchHrk.). Hut '/,—1'/, cm breit, Oberfläche honiggelb oder gelbbraun, im trockenen Zustande ockerfarben; Stiel 2—8 cm lang, 1—1'/, mm dick, honiggelb; Lamellen angeheftet, breit, anfangs blass, später zimtbraun. var. Bryorum Pers. Grösser, Hut zimtbraun, mit fast horniger Papille. var. Sphagnorum Prrs. Stiel bis 14 cm lang, braun, faserig; Hut 2—2'/, cm breit. var. rubiginosus (Prrs.). Stiel über 6 cm lang, ziemlich zäh, rostrot, glatt. var. mniophilus (Lascnh). Hut 2—2'/, cm breit, gelbbraun; Stiel 6—8 cm lang, faserig, ockergelb. Zwischen Moos und Gras auf Wiesen und in Wäldern; Juli—November. — I. Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schörzingen (Sm.). Die Varietät sphagnorum Pers. in II auf der Rohmisswiese bei Wildbad (0.). — 409 — ß- Stiel glatt, biegsam. D. vittaeformis (Fr... Hut 6—11 mm breit, mit breiter, glatter Mitte, rostbraun; Stiel 4 cm lang, 1 mm dick, rostrot; La- mellen schmal, anfangs weisslich, später zimtbraun. Zwischen Moos und Gras. b. Hut glatt, meist gestreift, im trockenen Zustande flocki g Stiel straff, Lamellen ziemlich dicht stehend. a. Lamellen sehr schmal, linealisch, D. lateritius (Fr... Hut 2—3'!/, cm breit, ockerbraun, am Rande dicht gestreift; Stiel steif aufrecht, 6—8 cm lang, 2—3 mm dick, gebrechlich, ockerbraun, weiss bereift, trocken gestreift, am Grunde verdickt, weissfilzig; Lamellen dunkel rostbraun. Zwischen Laub, herdenweise; Oktober. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.); OA. Spaichingen (Sm.). ß. Lamellen breit, bauchig. T Stiel am Grunde in einen wurzelartigen Fortsatz über- gehend. * Wurzelartiger Fortsatz kurz; Stiel faserig gestreift. D. Rabenhorstii (Fr.). Hut zuletzt ausgebreitet, genabelt, 1—2 cm breit, olivenfarbig, am Rande durchsichtig gestreift und oft zerschlitzt; Stiel 6—-11 cm lang, 3 mm dick, hell bräunlich, am Grunde flockig; Lamellen sehr lange weiss bleibend, dann braunrot. Auf feuchten Waldplätzen. — II. Wildbad (O.). ** Wurzelartiger Fortsatz lang; Stiel seidig glänzend. D. confertus (Borr... Hut 2 cm breit, gestreift, braun, verblassend; Stiel 2 em lang, 2 mm dick, weiss, nackt; Lamellen weiss, bald bräunlichgelb werdend. Auf Grasplätzen, Gartenland, Mistbeeten; Sommer und Herbst. — III. Bei Ehrenstein OA. Ulm auf lehmigem Boden (V.). jr Stiel am Grunde ohne wurzelartigen Fortsatz. * Hut mit spitzem Scheitel. D. spiculus (LascH). Hut anfangs kugelig, 8—16 mm breit, gestreift, ockerbraun, trocken heller; Stiel 4—6 cm lang, 1 mm dick, faserig, braun, an der Spitze weissflockig; Lamellen ziemlich dick, gelblich-zimtbraun. An alten Kieferstöcken, herdenweise; September, Oktober. ** Hut mit abgerundetem Scheitel. $ Hut dunkel-rostbraun ; Lamellen frei. D. ovalis (Fr.). Hut 2'/, cm breit, ei-glockenförmig; Stiel steif, 11 cm lang, gestreift, von der Farbe des Hutes; Lamellen sehr breit, rostbraun. — 410 — Auf gedüngtem Boden, feuchter Erde. — II. Wildbad häufig auf dem Ab- raum der Strassen an Strassenrainen (0.). $$ Hut bräunlichgelb ; Lamellen dem Stiele angewachsen. D. tener (Scuarrr.). Hut 1—3 cm breit, später glocken- förmig, am Rande fast häutig und gestreift; Stiel straff, gebrechlich, 6—11 cm lang, 1—1'/, mm dick, von der Farbe des Hutes, schwach glänzend; Lamellen zimtbraun. Auf Misthaufen, an Wegen, in Gärten und Wäldern. — I. Im Kräher- wald bei Stuttgart (M.); Hohenheim (Mr.). B. Rand des Hutes anfangs eingebogen; Hut dünn- oder dickfleischig. a. Stiel ziemlich fest, knorpelig, mit fester äusserer Rinde. «&. Lamellen braun, mit weisslicher Schneide. T Oberfläche des Hutes klebrig; Stiel röhrig. D. Myosotis (Fr... Hut dünnfleischig, flach gewölbt, 2 bis 2!/, cm breit, anfangs grünlichbraun, dann gelblich; Stiel 8 cm lang, 4—5 mm dick, faserig oder schuppig, blass; Lamellen ziemlich entfernt, dunkel-rostbraun, mit weisser, gesägter Schneide. An feuchten Orten, besonders in Buchenwäldern; Sommer und Herbst. TT Oberfläche des Hutes filzig-runzelig; Stiel voll. D. rimulincola (Lascn). Hut halbkugelig, später in der Mitte niedergedrückt, '/;—1l cm breit, zimtbraun; Stiel 1 cm lang, l mm dick, meist gekrümmt, braun, am Grunde weissfilzig; Lamellen entfernt stehend, zimtbraun mit heller Schneide. An Baumrinden, besonders von Äpfelbäumen, gesellig hervorbrechend und fast horizontal abstehend ; Oktober, November, auch Februar. ß. Lamellen mit gleichfarbiger Schneide; Oberfläche des Hutes kahl. Stiel mit Mark erfüllt. D. pediades (Fr.). Hut halbkugelig, später flach, 1'/),—4 cm breit, dünnfleischig, glatt, glänzend, gelblich-ockerfarben ; Stiel 4 bis 6 cm lang, zäh, am Grunde verdickt, gelblich; Lamellen breit, bauchig, anfangs ockerfarben, später kastanienbraun. Geruch und Geschmack nach frischen Gurken. — Wird in Suppen genossen. - An Wegen auf gedüngtem Boden, in Gärten, auf Wiesen; Juni—Oktober. — I. Hohenheim (Mr.). III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.); Schörzingen (Sm.). if Stiel röhrig oder später hohl werdend. * Lamellen vom Stiele frei oder fast frei. $ Stiel schwarzviolett, mit verdickter, hohler Spitze. D. Cucumis (Pers.). Hut schwach fleischig, 2—4 cm breit, dunkel-purpurbraun mit gelbem Rande, von feinem Reif bedeckt; — 41 — Stiel 3—6 cm lang, 3 mm dick, fest, fein bereift; Lamellen bauchig, anfangs weisslich, später nankingelb oder fast fleischrot. Geruch gurkenartig. In Wäldern zwischen Moos und Nadeln; September—November. SS Stiel gelb. D. hilaris (Fr.). Hut dünnfleischig, 2'/,—3 cm breit, glatt, glänzend, etwas klebrig, bräunlichgelb, mit gelbem Fleische; Stiel 2'/,—5 cm lang, straff, gebrechlich, glänzend; Lamellen bauchig, hell rostbraun. Auf der Erde in Nadelwäldern. — I. Stuttgart in der Dornhalde (M.). ** Tamellen am Stiele angewachsen. S Lamellen dicht stehend. © Lamellen honiggelb, gezähnelt. D. melinoides (Burr.). Hut schwach fleischig, stumpf ge- buckelt, 1'/ cm breit, glatt, gelbbraun; Stiel 4 cm lang, ziemlich dick, oberwärts bereift, gelb, am Grunde weiss; Lamellen oblong. Auf sonnigen Hügeln zwischen Gras. OO Lamellen rostbraun oder zimtbraun, ganzrandig. [_] Hut durchscheinend; Lamellen linealisch. D. tabacinus (Fr.). Hut ziemlich fleischig, 6—10 mm breit, zimtbraun, glatt; Stiel 5—10 cm lang, glatt, dunkelbraun; Lamellen anfangs gelblich, später rostbraun. An Wegen rasenweise. [1] Hut nicht durchscheinend, schwach klebrig; Lamellen breit, anfangs blass. A Hut schwach fleischig; Stiel röhrig. %. Stiel blass-rostbraun, im Inneren von einem freien, röhrigen Strang durch- zogen. D. semiorbicularıs (Burn... Hut 21/),—6 cm breit, später rissig, gelbbraun; Stiel schlank, 8—11 cm lang, 2—3 mm dick, zäh, glänzend; Lamellen zuletzt rostbraun. Steht dem D. pediades sehr nahe. An Wegrändern, auf Weiden. B. Stiel eitronengelb, röhrig. D. pustolus (Fr). Hut 6—7 mm breit, gelbbraun, glänzend; Stiel fadenförmig, 2—3 cm lang, etwas klebrig, glänzend; Lamellen zuletzt zimtbraun. Auf der Erde zwischen Moosen. — 412 — AA Hut fleischig; Stiel anfangs voll, später hohl. D. vervacti (Fr.). Hut flach gewölbt oder gebuckelt, 2—3 cm breit, gelb, trocken glänzend; Stiel 2—4 cm lang, 4—7 mm dick, bald nach unten, bald nach oben verjüngt, steif, kahl, weisslich; Lamellen bauchig, rostbraun. Auf fetten Wiesen und Brachäckern. — III. Am Wochenberg bei Schör- zingen einmal (1880) ziemlich reichlich gefunden (Sm.). SS Lamellen ziemlich entfernt stehend. Ö& Stiel rostbraun, oben heller, in der unteren Hälfte mit weissen, faserigen Schüppchen. D. badipes (Fr.). Hut etwas häutig, glockig gewölbt, 8 bis 14 mm breit, gelb rostfarbig, mit durchscheinend gestreiftem Buckel; Stiel 6—8 cm lang, 2—3 mm dick; Lamellen bauchig, gelbbraun. In Nadelwäldern an feuchten Stellen. OO Stiel kahl; Hut durchscheinend. [] Hut rostbraun, am Rande gestreift. D.temulentus (Fr.). Hut glockig, dann gewölbt, 1—2!/, cm breit; Stiel ”—8 cm lang, 2—3 mm dick, zäh, weisslich, dann rostbraun, an der Spitze bereift; Lamellen anfangs fahlgelb, dann umbrabraun. Auf grasigen Bergen. [I] Hut wachsgelb, trocken ockergelb. D. cerodes (Fr.). Hut flach gewölbt, stumpf, 1—2'/, cm breit, glatt; Stiel 2—3 cm lang, 2 mm dick, gelb, am Grunde rostbraun; Lamellen zimtbraun. Auf dem Boden in Nadelwäldern; Oktober, November. b. Stiel fleischig-faserig, fest. a. Hut dünnfleischig; Lamellen dem Stiele angewachsen, gelb- lich; Fleisch gelb oder braun. j Stiel voll, furchig gestreift. D. sapineus (Fr.). Hut festfleischig, 4—10 cm breit, fein- schuppig, später rissig, gelbbraun, in der Mitte fast orangefarben; Stiel 4—6 em lang, 6—12 mm dick, gelb, auf Druck braun werdend; Lamellen breit, goldgelb, später zimtbraun. — Riecht stark. An faulenden Fichten- und Tannenstämmen; September—November. — II. Am Meistern bei Wildbad (O.). - if Stiel hohl; Hut schwach fleischig. * Hut rotbraun oder zimtbraun, Fleisch hellbräunlich, D. picreus (Pers.). Hut 2—4 cm breit, glatt und kahl, im feuchten Zustande fein gestreift; Stiel 6—8 cm lang, 2—5 mm dick, — 43 — schwach zusammengedrückt, nach oben verjüngt, anfangs staubig, unten braunfaserig; Lamellen dicht stehend, anfangs gelb, später rostfarben. Auf faulenden Baumstümpfen und Holz, auch auf dem Boden; August bis Oktober. — I. Stuttgart mehrfach (M., Hess). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.). IV. In der Friedrichsau bei Ulm (M.). ** Hut goldgelb oder orange, Fleisch gelb. D. Liguiritiae (Prrs.). Hut 2!/,—8 cm breit, später schlaff und am Rande gestreift, kahl, feucht; Stiel 6 cm lang, —7 mm dick, faserig, gestreift, anfangs weiss-seidig, bräunlichgelb, mit zotti- gem, verdicktem Grunde; Lamellen dicht stehend, breit, goldgelb, dann zimtbraun. Geruch säuerlich, Geschmack erst süss, dann bitter. An alten Nadelholzstämmen. ß. Hut fleischig, Fleisch weisslich. T Oberfläche des Hutes seidenhaarig-faserig, trocken. D. sambueinus (Fr.). Hut fest, 4—7 cm breit, weiss, später gelblich; Stiel voll, 2!/,—5 cm lang, 1—2 cm dick, weiss, kahl, gestreift; Lamellen dicht stehend, bauchig, weisslich, später braun bestäubt mit weisser Schneide. In Nadelwäldern ; Juli—September. Tf Oberfläche des Hutes kahl, oft etwas klebrig. * Stiel flockig-schuppig. D. erustuliniformis (Burr.). Hut 4—6 cm breit, blass oder gelblich lederfarben, in der Mitte meist rotbräunlich; Stiel 5—8 cm lang, 4—6 mm dick, unten verdickt, weiss; Lamellen dicht stehend, hinten abgerundet, anfangs weisslich, später wässerig-zimtbraun, in der Jugend häufig Wassertropfen ausscheidend. Geruch rettigartig, Geschmack schärflich, dann etwas bitter. Wechselt sehr in der Grösse und in der Dicke des Hutfleisches. — Gilt für giftig, jedoch wohl mit Unrecht. In Wäldern und Gebüschen, zwischen Gras und Moos; September—No- vember. — I. Stackenhofer Wald bei Ohringen (O.); Crailsheim (Br.). III. Aalen- Wasseralfingen mehrfach (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Im Eselswald bei Ulm zuweilen sehr häufig (V.). ** Stiel faserig oder glatt. $ Stiel zuletzt gelbbräunlich; Hut klebrig. D. longicaudus (Pzrs.). Hut 2—4 cm breit, weisslich, thon- farben oder gelblich; Stiel ziemlich hohl, zerbrechlich, 6—11 cm lang, 4—9 mm dick, etwas faserig, anfangs weiss, an der Spitze bereift; Lamellen fein gesägt, weiss, dann bräunlichgelb. In lichten, trockenen Wäldern; Herbst. — 44 — SS Stiel voll, weiss; Hut schwach klebrig. (© Lamellen anfangs weiss, dann fleischfarben, zu- letzt rostbraun. D.truncatus (ScHArrE.). Hut wellig gebogen, 6—8 cm breit, blassrot oder isabellfarben, mit blasserem Rande; Stiel 1'/;—2?/, cm lang, 8—11 mm dick, leicht bereift. In Laubwäldern und Hecken; Sommer—Herbst. — III. Aalen-Wasser- alfıngen (H.). OO Lamellen anfangs blass, dann rostbraun mit dunklerer Schneide. D. lugens (Junen.). Hut 4—8 cm breit, braun, verblassend; Stengel 5—9 cm lang, 5—10 mm dick, glänzend, faserig-streifig, an der Spitze mehlig; Lamellen fein gekerbt und harztropfig punktiert. In Wäldern. 15. Gatt. Cortinarius Fr. Hut mehr oder weniger fleischig, sein Rand in der Jugend mit dem Stiele durch einen seidenfädigen Schleier verbunden, der auch nach dem Entfalten des Hutes am Stiele als mehr oder weniger verbreitete Ringbekleidung zurückbleibt; Lamellen vortretend, an der Schneide kahl; Sporenpulver zimtbraun oder kastanienbraun; Sporen kugelig, elliptisch oder eiförmig. Die Arten wachsen fast ausschliess- lich in Laub- und Nadelwäldern auf dem Boden. I. Oberfläche des Hutes feucht oder trocken, aber nicht mit klebrigem Schleime überzogen. A. Hut mit feuchtem, wässerigem Fleische, kahl oder mit anliegen- den, weissen Fasern bedeckt. a. Hut dünnfleischig, mit durchscheinender Oberfläche, beim Trocknen die Farbe ändernd; Stiel kahl. a. Hut fast häutig, anfangs kegelförmig, später ausgebreitet, mit einem Buckel in der Mitte und geradem Rande; Stiel dünn, cylindrisch oder nach unten verdünnt. T Stiel weiss. * Lamellen am Stiele nur wenig angeheftet, dicht stehend. O. leucopus (Prrs.). Hut 2—3 cm breit, glatt, kahl, feucht gelbbraun, trocken ledergelb, glänzend; Stiel 2—-5 cm lang, 4—6 mm dick, eylindrisch, anfangs voll, später hohl; Lamellen anfangs blass ockerfarben, später zimtbraun. In Kieferwäldern ; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sx.). ** T,amellen am Stiele etwas herablaufend, entfernt stehend. ©. rigens (Pers.). Hut 5—7 cm breit, glatt und kahl, blass- gelblich, glanzlos; Stiel 6—8 em lang, 7—9 mm dick, knorpelig, steif, — 45 — wurzelnd, nach unten etwas verdünnt; Lamellen breit, thonfarben, später dunkel zimtbraun. In Nadelwäldern. jr Stiel nicht weiss. * Stiel gelblich oder bräunlich. $ Stiel bauchig. C. obtusus Fr. Hut 2'/),—5 cm breit, mit gestreiftem Rande, Oberfläche gelbbraun, glänzend, trocken ockerfarbig, faserig zerschlitzt, in der Jugend mit angedrückten weissen Fasern, später kahl; Stiel 5 cm lang, 4—6. mm dick, hohl, weich, angedrückt-faserig, blass ockerfarben; Lamellen zimtbraun, mit weissflockiger Schneide. Ge- ruch stark und unangenehm. In Nadelwäldern; August— Oktober. — III. Schörzingen (Sı.). SS Stiel nicht bauchig. © Hut gestreift. [] Hut mit spitzem Höcker. C. acutus (Pers). Hut 1—2 cm breit, gelbbraun, trocken hell ockerfarben, fast weisslich ; Stiel 6—10 cm lang, 2—3 mm dick, hell ockerfarben, verblassend, hohl, gebogen, mit flüchtigem, weissem Schleier; Lamellen ziemlich dicht stehend, schmal, ockerfarben. In Laub- und Nadelwäldern, zwischen Moos; August— Oktober. — III. Schör- zingen (SM.). EL] Hut mit stumpfem Höcker. O. detonsus Fr. Hut 4—6 cm breit, kahl, scherbenfarbig oder gelblich; Stiel anfangs voll, später hohl, nach oben verjüngt, 8—11 cm lang, 6-8 mm dick, kahl, blass gelblich; Lamellen ziem- lich entfernt stehend, anfangs gelblich, später dunkler. In Wäldern zwischen Moos. OO Hut nicht gestreift. [] Hut mit dunkler gefärbtem Höcker; Stiel hohl. O. fasciatus Fr. Hut 1—2 cm breit, kahl, braun, mit braun- schwarzem, spitzem Höcker, trocken strohgelb, seidenglänzend; Stiel 5—8 cm lang, 2—3 mm dick, gebogen, grobfaserig, spaltbar, kahl, blass bräunlich; Lamellen zimtbraun. In Nadelwäldern ; September, Oktober. OT] Hut mit gleichfarbigem Höcker; Stiel voll. O. saniosus Fr. Hut 2—3 cm breit, gelbbraun, trocken braun, glänzend, Rand glatt, später oft faserig zerschlitzt; Stiel 4—8 cm lang, 3—5 mm dick, blassgelblich, mit gelblichem, flüchtigem Schleier; Lamellen bauchig, anfangs ockerfarben, später zimtbraun. Geruchlos. Auf Wiesen und Waldboden; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sı.). — 46 — ** Stiel rötlich oder violett; Hut mit dunklerem Buckel. S Stiel anfangs voll, später hohl, bläulich, nach oben violett. OÖ. erythrinus Fr. Hut ziemlich fleischig, glatt und kahl, braunrot, trocken gelblich, 2'/,—4 cm breit; Stiel eylindrisch, 5 bis 8cm lang, 4—5 mm dick, mit weissem, faserigem Schleier; La- mellen ziemlich entfernt stehend, blass zimtbraun. In Wäldern. — II. Schörzingen (Sm.). SS Stiel röhrig, mit rotbräunlichem Fleische und dicht anliegender, weisser, feinfädiger Bekleidung, fast violett erscheinend, seidenschimmernd. O. decipiens (Pers.). Hut dünnfleischig, 2—3 cm breit, trüb- braun, trocken scherbenbraun; Stiel 9—11 cm lang, 2—4 mm dick, cylindrisch; Lamellen dicht stehend, blass rotbraun, später zimtbraun. Auf Heideplätzen, in Wäldern, an feuchten Stellen; September—November. — I. Auf dem Bopser bei Stuttgart (Cuoss); am Spitzberg bei Tübingen (GMELI) ; Mergentheim (Fuc#s). III. Aalen-Wasseralfingen gemein (H.). ß. Hut ziemlich dickfleischig, mit anfangs eingebogenem Rande; Stiel dick, nach unten verdickt. f Stiel und Schleier weiss. * Rand des Hutes mit einer ca. 1 mm hohen, herauf- gebogenen Erhöhung. C. duracinus Fr. Hut dünn, steif, höckerig, hell scherben- farbig; Stiel voll, steif, ungleich dick, wurzelnd, kahl; Lamellen ziemlich dicht stehend, wässerig zimtbraun. In Laub- und Nadelwäldern. ** Rand des ausgebreiteten Hutes eben. S Stiel, wenigstens später, hohl. O Stiel eylindrisch, gewunden; Lamellen durch Druck blutrot werdend. C. tortwosus Fr. Hut zerbrechlich, 3—5 cm breit, glatt und glänzend, rostbraun, trocken verblassend; Stiel 5—10 em lang, 5 bis 8 mm dick, silberweiss, in der Jugend an der Spitze violett; Lamellen dicht stehend, gelbbraun. An feuchten Stellen in Nadelwäldern. — III. Schörzingen (Sım.). OO Stiel am Grunde verdickt; Lamellen nicht rot werdend. ©. dilutus (Pers.). Hut 3—6 cm breit, anfangs faserig, später glatt und kahl, gelbbraun oder rotbraun, verblassend; Stiel 5—8 cm lang, 7—9 mm dick, anfangs voll, weich; Lamellen dicht stehend, anfangs ockerfarben, später zimtbraun. In Wäldern; September, Oktober. SR a SS Stiel voll. © Lamellenziemlich entferntstehend; Stielschmutzig- weiss. C. subferrugineus (BarscHh). Hut 3—5 cm breit, glatt, scherbengelb, braun werdend, mit etwas wässerigem Fleisch; Stiel fest, 4—7 cm lang, 1—1'/, cm dick, mit vergänglichem Schleier; Lamellen anfangs trübbraun, später rostbraun. Geruch und Geschmack unangenehm. In Laubwäldern ; Juli—Oktober. — III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.); Schörzingen (Sm.). XD Lamellen dicht stehend. [_] Stiel eylindrisch. ©. damascenus Fr. Hut dünn, 8 cm breit, kahl, zimtbraun; Stiel 8cm lang, 1’/, cm dick, elastisch; Lamellen matt, zimtbraun. Auf Grasplätzen. [_[] Stiel nach unten verdickt. A Stiel mit weisser, fädiger Bekleidung. ©. armeniacus (Scharrr.) Hut mit breitem, flachem Buckel, 5—1l1 cm breit, gelblich zimtbraun, glatt, glänzend, trocken hell ledergelb; Stiel 5—8 cm lang, nach oben kegelförmig verdünnt, 1—2 cm breit, steif, innen weich; Lamellen anfangs ockerfarben, später zimtbraun. In Nadelwäldern; Juli—September. — I. Am Bopser bei Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.). IV. Grimmelfingen OA. Ulm ver- einzelt (V.). AA Stiel mit rostbraun werdenden Fasern und später rostbraunem Schleier. 0. firmus Fr. Hut glatt, bräunlich ockerfarben, mit festem, weissem Fleisch, 3—5 em breit; Stiel 4—6 cm lang, fast knollig, faserig-streifig; Lamellen anfangs rostfarben, später zimtbraun. In Laubwäldern; Herbst. — I. Stuttgart (M.). if Stiel bräunlich oder violett. * Stiel bräunlich; Lamellen braun. C.uraceus Fr. Hut 2'),—5 cm breit, glatt und kahl, feucht umbrabraun, trocken ledergelb, faserig zerschlitzt, Fleisch braun ; Stiel ziemlich hohl, weich, cylindrisch, faserig, gestreift, anfangs braun, später schwärzlich, an der Spitze olivenfarben, nackt; La- mellen sehr breit, mit anfangs weisslicher Schneide. In Nadelwäldern. ** Stiel violett; Lamellen anfangs violett oder rot. $ Fleisch des Hutes braunviolett; Stiel hohl. Jahreshefte d, Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ, 1894. Dr, — 48 — ©. castaneus (Burr.). Hut 3—5 cm breit, mit verbogenem Rande, dunkel kastanienbraun mit violettem Schimmer, trocken dunkelbraun; Stiel 6—8 cm lang, 6—8 mm dick, cylindrisch, ge- brechlich, aussen faserig, braunviolett, seidenglänzend; Lamellen braunviolett, später zimtbraun. In Laub- und Nadelwäldern; September, Oktober. — I. Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen gemein (H.); Schörzingen (SM.). SS Fleisch des Hutes bläulich-weiss; Stiel voll. CO. saturninus Fr. Hut 5—14 cm breit, kahl, dunkelbraun, verblassend, am Rande mit weissem, fädigem Schleier; Stiel 5—8 cm lang, 1'/, cm dick, schwammig, nach unten verdickt, glatt, violett; Lamellen anfangs purpurn, später wässerig rostbraun. An grasigen, feuchten Stellen, in Gebüschen. — III. Schörzingen (Sm.). b. Stiel an der Spitze mit einem Schleier, unterhalb desselben beringt oder flockig. a. Lamellen dünn, ziemlich dicht stehend; Stiel aussen fast knorpelig. T Stiel hellbraun ; Hut braun. * Hut glatt und glänzend, in der Jugend am Rande mit weissen, seidigen, anliegenden Fäden. C©. rigidus (Scor.), Hut 2—2!/, cm breit, anfangs kegel- förmig, später glockig; Stiel 4 cm lang, dünn, anfangs voll, später hohl, mit schuppiger und anliegend ringförmiger, weisser Bekleidung; Lamellen breit, rostfarbig, später zimtbraun. In Gärten und Gebüsch, zwischen Gras und Moosen; August— Oktober. ** Hut mit dicht stehenden, anfangs aufgerichteten, später angedrückten Fasern besetzt, Rand anfangs mit weissen, seidenartigen Haaren. ©. hemitrichus (Pers). Hut flach gewölbt, gebuckelt, 2'/, bis 8 cm breit, feucht braun, trocken abblassend; Stiel 4—-8 cm lang, 4—7 mm dick, cylindrisch, später hohl, mit weissflockiger, ringförmi- ger Bekleidung; Lamellen breit, anfangs lehmfarben, später zimtbraun. In Wäldern und Gebüschen, zwischen Gras und Moos; August— Oktober. ff Stiel rostbraun, violett oder weisslich. * Stiel weisslich, mit weissem Ringe, sonst kahl. C. triformis Fr. Hut fleischig mit dünnem Rande, faserig, später glatt, glanzlos, gelblichbraun, trocken schmutzig ledergelb; Stiel voll, keulenförmig, 8 cm lang, 1'/, em dick, zerbrechlich; La- mellen honiggelb, später blass zimtbraun. In Laubwäldern — a ** Stiel nicht weisslich. $ Stiel rostbraun. (©) Stiel hohl. C. iliopodius (BurL.). Hut verschieden gestaltet, 2—7 cm breit, anfangs grauseidig, später kahl, gelblich, rissig; Stiel eylindrisch, 4—11 cm lang, 2—5 mm dick, mit blassem, glattem Schleier, am Grunde faserig-streifig oder schuppig, oben nackt; Lamellen blass, später dunkel zimtbraun. Geschmack beissend, Geruch unangenehm. In Laubwäldern; Oktober. — III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.). OO Stiel voll. L) Stiel nach oben verjüngt, ohne deutlichen Ring, schuppig. C. psammocephalus (Bur.). Hut 2'/, cm breit, gelb-zimt- braun, kleiig-schuppig; Stiel 2—3 cm lang, an der Spitze nackt und glatt; Lamellen dunkelbraun. In Nadelwäldern. [1] Stiel cylindrisch, faserig, mit weisser, ring- förmiger, bald verschwindender Bekleidung, ©. incisus (Pers.). Hut anfangs kegelförmig, 2—3 cm breit, feucht glatt, rostbraun, trocken rissig-kleinschuppig, am Rande oft zerschlitzt, ockerfarben ; Stiel meist 3—4, doch auch bis 12 cm lang, 2—3 mm dick; Lamellen anfangs ziımtbraun, später rostbraun. In Wäldern und Gebüschen, herdenweise; Juli—November. SS Stiel an der Spitze violett; Hut graufaserig. ©) Lamellen schmal, anfangs olivenfarbig. ©. Flabellum (Fr... Hut mit stumpfem Höcker, 2—4 cm breit, olivenbraun, verblassend; Stiel später hohl werdend, 8 cm lang, 4—5 mm dick, flockig-schuppig, blass, mit weissem, oft fehlendem Ringe; Lamellen aderig verbunden, zuletzt rostbraun. In feuchten Wäldern. OO Lamellen breit, anfangs dunkel-braunviolett. Ö. flexipes (Pers.). Hut mit spitzem Höcker, 1—2 cm breit, violett oder zimtbraun, trocken verblassend; Stiel 8—11 cm lang, 3—4 mm dick, voll, verbogen, faserig-schuppig, mit weisser, ring- förmiger Bekleidung; Lamellen zuletzt zimtbraun mit weisslicher Schneide. In Wäldern zwischen Moos; August— Oktober. — I. Wald bei Wellen- dingen OA. Rottweil auf Keuper (S=.). ö. Lamellen mehr oder weniger entfernt stehend, sehr breit, ziemlich dick; Stiel schwammig oder faserig. 27* ma. j Stiel und Schleier weiss. * Hut anfangs mit weissen, wolligen Schuppen bedeckt, später glatt; Stiel mit bleibendem Ringe. O. laniger Fr. Hut fest, 3—8 cm breit, goldgelb; Stiel weiss, ziemlich cylindrisch, kräftig; Lamellen bräunlichgelb, glänzend. In Nadelwäldern der Gebirge. — III. Schörzingen (Sm.). ** Hut glatt oder am Rande seidenhaarig; Stiel mit einem schnell vergänglichen Ringe. c bivelus Fr. Hut fleischig, 5—14 cm breit, scherbengelb, oft dunkler gefleckt; Stiel voll, unten fast knollig, schwammig-feischig, bald kürzer, bald länger, schmutzigweiss, innen hellrostbraun, unten mit flockigem Überzug; Lamellen gelb-zimtbraun. In moosigen Wäldern, besonders unter Birken. — I. Am Heuchelberg bei Stockheim (Arrm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). iT Stiel gefärbt, Schleier weiss oder gefärbt. * Lamellen, wenigstens anfangs, violett; Stiel violett, meist mit hellviolettem Schleier und weissem Ringe. S Stiel mit einer Scheide am Grunde und mit deut- lichem Ringe. C. torvus Fr. Hut fleischig, ca. 3 cm breit, hell scherben- farbig, mit grauen Schüppchen und Fasern, später durchlöchert, kahl; Stiel anfangs knollig, dann cylindrisch, 8—14 cm lang, 1—2'/,;, cm dick, mit weissem Ring und an der Spitze mit violettem Schleier ; Lamellen dick, anfangs purpurbraun, dann zimtbraun. In Buchenwäldern. SS Stiel am Grunde ohne Scheide. () Stiel am Grunde nicht verdickt. C©. evernius Fr. Hut fleischig-häutig, anfangs kegelförmig- glockig, 5—11 cm breit, kahl, purpurbraun, trocken graugelb, im Alter faserig-zerschlitzt; Stiel 8—16 cm lang, 1'/, cm dick, weich, mit weisser, schuppiger, ringförmiger Bekleidung; Lamellen purpur- violett. An feuchten Stellen in Bergwäldern. OO Stiel am Grunde verdickt. U] Stiel kurz, blassviolett, mit weissem Schleier. OÖ. impennis Fr. Hut fleischig, starr, glatt, anfangs umbra- braun, später scherben- oder ziegelfarbig, verblassend; Stiel voll, 5 cm lang, 1'/, em diek, faserig, gürtelförmig beringt; Lamellen dick, violett, dann purpurn, zuletzt zimtbraun. In Nadelwäldern. — 421 — 7 Stiel lang, innen und aussen dunkelviolett. C. seutulatus Fr. Hut dünnfleischig, 2—5 cm breit, purpur- braun, später verblassend, fast graugelb und etwas schuppig; Stiel voll, fest, 8-14 cm lang, 6—9 mm dick; Lamellen purpurviolett mit weisslicher Schneide, später zimtbraun. Geruch nach Rettig. An feuchten Stellen in Buchenwäldern. ** Jamellen braun, rotbraun oder gelbbraun; Stiel gelb- lich, bräunlich oder rötlich mit gleichfarbigem Schleier. $ Stiel röhrig. © Hut schwach gewölbt, mit undeutlichem Höcker. O. helvelloides Fr. Hut dünnfleischig, 1—2'/, cm breit, rostbraun, feucht schwach gestreift, im Alter rissig; Stiel 5—14 cm lang, 2—5 mm dick, seidenhaarig-faserig, gelblich mit gelblichem Ringe; Lamellen anfangs violettbraun, später zimtbraun,, mit weiss- flockiger Schneide. An nassen Stellen in Gebüschen. OO Hut kegelförmig-ausgebreitet, mit spitzem Höcker. ©. gentilis Fr. Hut ziemlich fleischig, 1—3 cm breit, anfangs glatt und kahl, rötlich-zimtbraun, trocken gelb, seidenglänzend, im Alter rissig eingeschnitten; Stiel bis 8 cm lang, 4 mm dick, cylın- drisch, von der Farbe des Hutes, mit schuppigem, anliegendem, selbem Ringe; Lamellen sehr weitläufig stehend, gelblich, später zimtbraun. In Laub- und Nadelwäldern ; Juli—November. SS Stiel voll. () Stiel nach unten verdünnt. [_] Hutdünnfleischig, anfangs kegelförmig-glockig. GC. hinnuleus (Sow.). Hut 3—4 cm breit, rötlich-zimtbraun oder gelbbraun, im Alter rissig durchbohrt; Stiel steif, 2—11 cm lang, 5—7 mm dick, mit weisser, seidenartiger, oben ringförmiger, blasser Bekleidung; Lamellen rötlichbraun, später zimtbraun. In Wäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). [L]J Hut ziemlich fleischig, anfangs gewölbt. C©. helvolus (Burn... Hut 2—8 cm breit, am Rande anfangs meist eingeknickt, rostfarben, im Alter rissig; Stiel 5—12 cm lang, 1—2 em dick, in der unteren Hälfte mit glatter, weisser, seiden- fädiger Bekleidung, die oben durch einen rostbraunen Ring begrenzt wird, innen und aussen dunkel-rostbraun; Lamellen dunkelbraun, später zimtbraun. In Wäldern; September, Oktober. — I. Brackenheimer Wald (Aurn.). III. Schörzingen (Snm.). — 42 — (X) Stiel nach oben verdünnt oder am Grunde ver- N dickt. (| Stiel mit ringförmiger, hellbräunlicher Be- kleidung. C. brunneus (Pers.). Hut fleischig, bis 8 cm breit, feucht umbrabraun, trocken schmutzig-ledergelb, gegen den Rand faserig, fast kahl; Stiel bis 11 cm lang, bräunlich, weissstreifig; Lamellen anfangs purpurbraun, später zimtbraun. An feuchten Waldstellen, besonders in Nadelwäldern ; Juli—November. — III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.); Schörzingen (Sm.). LJL] Stiel hell rötlichbraun, mit 1—4 lebhaft zin- noberroten, anliegend faserigen Gürteln. C©. armillatus Fr. Hut fleischig, 5—15 cm breit, anfangs glatt, bald eingewachsen-fädig und schuppig, zerschlitzt, rötlich- scherbenbraun; Stiel 8-16 cm lang, 7—9 mm dick, fest, faserig; Lamellen anfangs blassbraun, später zimtbraun. In Nadelwäldern, zwischen Moos; Juli—Oktober. — III. Aalen-Wasser- alfingen mehrfach (H.). B. Hut mit mehr oder weniger dickem, trockenem Fleische; Schleier einfach; Stiel ohne Andeutung eines Ringes. a. Hut dünnfleischig, mit seidig-zottiger, später kahler Ober- fläche; Stiel am Grunde nicht verdickt, aussen fester als innen. «&. Hut und Stiel blutrot, letzterer mit rotem Safte. O0. sanguwineus (Wuur.). Hut 2—3 cm breit, eingewachsen- seidenfädig oder kleinschuppig; Stiel anfangs voll, später hohl, schlank, mit blutrotem Schleier; Lamellen dichtstehend, dunkel-blutrot, später zimtbraun. In Nadelwäldern; Juli—Oktober. — I. Riedenberger Wäldchen (M.ı.). II. Am Meistern bei Wildbad (O.). III. Schörzingen (Sm.). ß. Stiel nicht blutrot, ohne gefärbten Saft. j Stiel anfangs voll, später hohl. * Hut und Stiel gelb. OÖ. cinnamomeus (L.). Hut 2—8 cm breit, von eingewachsenen Fasern seidenhaarig oder kleinschuppig ; Stiel 5—8 cm lang, 5—9 mm dick, grobfaserig; Fleisch des ganzen Pilzes gelb; Lamellen dicht stehend, gelb, rotgelb oder blutrot, später zimtbraun. In Wäldern, zwischen Moos; Juli—November. — I. Um Stuttgart mehr-. fach (M., Hess); im Schönbuch (SchüßLer); Mergentheim (Fuchs); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (Osmr.). II. Wildbad (PLieninGer, O.); Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Donnstetten (KEMMLER); Schörzingen (Sm.). IV. Um Ulm häufig, im Eselswald (M., V.); Wurzacher Ried (VALET). — 425 — ** Hut und Stiel weiss. C. decumbens (Prrs.). Hut fleischig, 2—4 cm breit, seiden- glänzend, mit faseriger Oberhaut, später gelblich, glatt; Stiel 5—6 em lang, dick, am Grunde niederliegend, glatt; Lamellen dicht stehend, anfangs hell ockerfarben, später zimtbraun. In Nadelwäldern, zwischen Moos; September, Oktober. if Stiel voll. * Lamellen anfangs violett. C. anomalus Fr. Hut dünnfleischig, 3—11 cm breit, grau- braun oder rötlich, von verschwindenden Fasern anfangs schuppig; Stiel 8—12 cm lang, nach oben verdünnt, hellviolett, verblassend, faserig-schuppig; Lamellen dicht stehend, später zimtbraun. In Laubwäldern, zwischen Moos; September, Oktober. — III. Schör- zingen (SM.). ** Lamellen anfangs nicht violett. S Stiel weiss; Lamellen anfangs und Hut weisslich. C. ochroleucus (SCHAEFF.). Hut fleischig, 3—6 cm breit, glatt und kahl; Stiel bis 8 cm lang, 5—10 mm dick, fest, bauchig; Lamellen dicht stehend, später thonfarbig-ockergelb. In Wäldern. SS Stiel braun oder orangegelb; Hut gebrechlich. © Lamellen anfangs olivenbraun. C.raphanoides (Pzrs.). Hut 2—5 cm breit, Oberfläche von eingewachsenen Fasern seidenhaarig-filzig, anfangs olivenbraun, ver- blassend; Stiel 5—8 cm lang, 5—8 mm dick, aussen fädig, etwas heller als der Hut, innen gelb; Schleier olivenbraun; Lamellen ziemlich dicht stehend, später zimtbraun. Geruch rettigartig, Geschmack scharf. In schattigen Wäldern; September, Oktober. — II. Wildbad (O.). XO Lamellen anfangs rotgelb. C©. cinnabarinus Fr. Hut 4—6 cm breit, mit welligem Rande, Oberfläche seidig-fockig, glänzend, lebhaft orange- bis zinnober- rot, Fleisch rötlich ; Stiel 6—8 cm lang, 8$—12 mm dick, zäh, faserig, seidenglänzend, von der Farbe des Hutes, wie auch der Schleier; Lamellen etwas weitläufig stehend, breit, mit welliger Schneide, später zimtbraun. In Buchenwäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). b. Hut fieischig, schuppig oder faserig; Stiel fleischig, dick, meist am Grunde verdickt. &@. Hut braun, gelb oder rot. T Stiel eylindrisch, nach unten nicht verdickt. — 424 — ©. bolaris (Pers.). Hut dünnfleischig, 2—8 cm breit, weiss- lich mit angedrückten, safrangelben und roten, haarigen Schüppchen, zuletzt rot; Fleisch fest, weiss, rot werdend; Stiel 4—8 em lang, 5—11 mm dick, voll, später hohl, von der Farbe des Hutes, schuppig, an der Spitze kahl; Lamellen anfangs hellbräunlich, später zimtbraun. In Laubwäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). if Stiel nach unten mehr oder weniger verdickt. * Stiel am Grunde knollig. $ Lamellen hinten flockig miteinander verbunden. C. callisteus Fr. Hut fleischig, 5—6 cm breit, mit ein- gebogenem Rande, gelbbraun, glatt und kahl, oder kleinschuppig, mit gelblich-weissem Fleische; Stiel 8—11 em lang, oben 6—9 mm, am Grunde 2!/, cm dick, aussen und innen bräunlichgelb, faserig; Lamellen gelbbraun. In Nadelwäldern. — III. Schörzingen (Sm.). SS Lamellen nicht flockig verbunden. O Stiel unten braunfilzig. ©. sublanatus (Sow.). Hut 8 cm breit, ledergelb oder oliven- braun, später rostbraun, mit eingewachsenen, haarıgen Schüppchen ; Stiel 8 cm lang, unten bis 3 cm dick, oben glatt, blass, bisweilen blassviolett; Lamellen olivenbraun-gelblich. Geruch nach Rettig. In schattigen Nadelwäldern; September, Oktober. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arım.). OO Stiel unten mit zinnoberroten Fasern besetzt. ©. Bulliardi (Pers). Hut 5—6 cm breit, meist kahl, oft auch kleinschuppig oder faserig, rötlich; Stiel 5—11 cm lang, 13 mm dick, oben kahl, weiss, rot werdend ; Lamellen breit, anfangs purpurn, später rostbraun. In Buchenwäldern; August—Oktober. — I. Stuttgart (Hess). III. Am Lichtenstein (V.); Schörzingen (Sı.). ** Stiel mehr oder weniger keulig. $ Lamellen anfangs blass violett, später zimtbraun. C. pholideus Fr. Hut 4—8 cm breit, hirschbraun, in der Mitte dunkler, mit kleinen, sparrig abstehenden, striegelhaarig-zottigen, trübbraunen Schuppen ziemlich dicht besetzt; Stiel 5—10 cm lang, bis 10 mm dick, voll, oben kahl, weisslich oder violett, unten kastanien- braun, mit dicker, trübbrauner, filziger, in sparrige Schuppen und Gürtel zerrissener Umhüllung. In Birken- und Tannenwäldern ; September, Oktober. SS Lamellen gelblich zimtbraun. men o C©. avenatus (Pzrs.). Hut gelblich-bräunlich, flockig-schuppig ; Stiel bis über die Mitte braunschuppig, oben blass; sonst wie voriger. In Gebirgswäldern. ß. Hut, wenigstens in der Jugend lila, violett oder blau. * Lamellen anfangs gelb oder bräunlich; Hut anfangs mit lilafarbigen oder violetten Haaren besetzt. * Stiel innen und aussen weiss. C. argentatus (Pers). Hut 4—10 cm breit, anfangs am Rande mit violetten Seidenhaaren, bald kahl, silberglänzend, später grau; Stiel knollig, kurz, später ‚meist verlängert, bis 10 cm lang, 1'/, cm dick, glatt; Lamellen anfangs blassbräunlich, später zimt- braun, mit gesägter Schneide. In Wäldern ; September, Oktober. — IV. Ulm nicht häufig: im verbrannten Gehäu, im Eselswald (V.). ** Stie] aussen hellviolett, innen bräunlichgelb. C. traganus Fr. Hut 8 cm breit, anfangs mit lilafarbigen Fasern bedeckt, dann kahl und entfärbt, später aussen und innen gelblich; Stiel knollig, schwammig, ca. 10 cm lang; Lamellen dick, entfernt stehend, bräunlichgelb. In bergigen Nadelwäldern; September. — I. Kirchberg OA. Sulz (Eı.); Öhringen (0.); Vorder-Steinenberg (Osur.); Ellwangen (Kz.); Trillfingen häufig (Rıe.). I. Wildbad, Altensteig (O.); an der Calwer Halde bei Bulach (Hx.). IH. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.); Reutlingen bei der Olfabrik (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm im Eselswald (Haas). if Lamellen anfangs violett, blau oder rot. * Hut dunkelviolett. O©. violaceus (L.). Hut 6—15 cm breit, zottig-schuppig ; Stiel unten knoilig, 10—12 cm lang, zottig-schuppig, dunkelviolett, trocken fast schwarz; Fleisch violett; Lamellen dunkelviolett, später zimtbraun. Geruchlos. In Laub- und Nadelwäldern; August— Oktober. — I. Brackenheim (Arın.); Stuttgart selten (M.); auf dem Burgberg bei Crailsheim (Br.); Vorder-Steinen- berg (Opur.). II. Wildbad (O.). III. Auf dem Markwasen bei Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Im Eselswald bei Ulm, im Klosterwald bei Söflingen (V.). ** Hut anfangs hellviolett oder lila. S Lamellen anfangs violett oder bläulich. O& Stiel mit blutrotem Safte. O©. cyanites Fr. Hut 6—7 cm breit, seidig-glatt, blass-blau, später kahl, bläulich-braun; Stiel knollig, glatt, blau, innen blutrot, 5—8 em lang, l'cm dick; Lamellen lebhaft blau, später bisweilen aschgrau. In feuchten Wäldern, besonders unter Buchen. — III. Schörzingen- (Sm.). — 426 — OO Stiel nicht mit gefärbtem Safte. [] Lamellen lebhaft blau, später purpurn. C. camphoratus Fr. Hut 5—11 cm breit, anfangs lila, seidig, später kahl und entfärbt, in der Mitte gelblich; Stiel knollig, 5—14 cm lang, ebenso wie der Schleier bläulich; Lamellen dicht stehend. In Nadelwäldern der Gebirge. — III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.). [I] Lamellen anfangs violett, später zimtbraun, mit gesägter Schneide. C. alboviolaceus (Prrs.). Hut 4—10 cm breit, anfangs hellviolett, später weisslich, von eingewachsenen Fasern seidenhaarig; Stiel knollig, keulenförmig, 5—15 cm lang, 1'/;—3 em dick, anfangs hellviolett, später weisslich, mit angedrückter, weisslicher, gürtel- förmiger Bekleidung, oben kahl; Fleisch bläulich-weiss, später bräunlich. In Laub- und Nadelwäldern; August— Oktober. — I. Am Heuchelberg bei Stockheim (Arım.); Stuttgart mehrfach (M., Rır.); Mainhardter Wald (Sr.). II. Wildbad am Leonhardsweg (O.). III. Aalen-Wasseralfingen nicht häufig (H.). IV. Ulm nicht selten, Gögglingen (V.). SS Lamellen anfangs rot oder rötlich. () Stiel schwammig, weich, innen weisslich. ©. malachius Fr. Hut 5—il cm breit, anfangs blasslila, dann entfärbt, scherbenfarbig, in der Jugend weissfaserig, später kahl; Stiel knollig, ca. 5 cm lang, bläulich; Lamellen dicht stehend, anfangs blasspurpurn, später zimtbraun. In Nadelwäldern der Gebirge. OD Stiel fest, trocken, innen schmutzig-bräunlich. O©. cinereoviolaceus Fr. Hut 5—8 cm breit, anfangs hell- violett, später hell graubraun, zuletzt braun, in der Jugend seiden- haarig, später rissig-schuppig; Stiel knollig, keulenförmig, 5—7 cm lang, anfangs violett, später graubraun; Lamellen ziemlich entfernt stehend, purpurbraun, später zimtbraun. In Laubwäldern; Juli—Oktober. — I. Stuttgart vereinzelt (M., Hess); im Schönbuch bei Bebenhausen (KARRER); Crailsheim (Br.). III. Aalen-Wasser- alfingen mehrfach (H.). IV. Ulm: im Eselswald, im Klosterwald bei Söflingen (V.). II. Oberfläche des Hutes, wenigstens in der Jugend, mit klebrigem Schleime überzogen. A. Stiel und Schleier klebrig-schleimig. a. Stiel glatt, trocken firnisartig glänzend. &. Stiel ziemlich eylindrisch; Lamellen anfangs nicht weiss. f Lamellen anfangs hellviolett, später hell-rostbraun. C. delibutus Fr. Hut 2'/,—6 cm breit, schleimig, trocken glänzend, hellgelb oder gelbbraun; Stiel 5—7 cm lang, bis 1 cm — 427 — dick, oben anfangs hellviolett, unterhalb des fädigen Schleiers weiss, mit hellgelbem Schleim überzogen; Lamellen mässig dicht stehend, mit gesägter Schneide. In Wäldern, zwischen Moos; September, Oktober. — III. Schörzingen (S1.). if Lamellen anfangs hell-ockerfarben, später zimtbraun. C. vibratilis Fr. Hut 2—6 cm breit, lebhaft gelbbraun, stark klebrig, trocken gelb, glänzend; Stiel voll, weich, 5—11 cm lang, weiss, oben kahl, unten mit farblosem Schleimüberzuge; La- mellen ziemlich dicht stehend. In Wäldern, besonders Nadelwäldern; Juli—November. — I. Bopserwald bei Stuttgart (M.). III. Schörzingen (Sm.). ß. Stiel keulenförmig; Lamellen anfangs weiss. CO. nitidus Fr. Hut 5—10 cm breit, klebrig, trocken oft gefurcht, ledergelb mit dunklerer Mitte, selten weiss; Fleisch weiss; Stiel 4—8 cm lang, 1 em dick, weiss, oben weiss-mehlig, unten anfangs schleimig; Lamellen dicht stehend, später thonfarben, zuletzt zimt- braun. In Laubwäldern; September, Oktober. — I. Stuttgart selten: bei den Heslacher Sandgruben und im Kräherwald (M.). III. Aalen-Wasseralfingen sehr selten (H.). b. Stiel mit flockig-schuppiger Hülle, welche anfangs von Schleim überzogen ist, später anliegende Schuppen oder Gürtel bildet. @. Stiel gelbbräunlich; Lamellen weiss gefranst. O©. alutipes (Lascn). Hut 5—8 cm breit, sehr klebrig, kahl oder faserig, gelbbraun oder blass kastanienbraun; Stiel 5—8 cm lang, 8—11 mm dick, unten von einer weissen, klebrigen Haut be- kleidet und von ihr ringförmig gerandet; Schleier rostrot; Lamellen ziemlich entfernt stehend, breit, gelbbraun. In Wäldern; Herbst. ß. Stiel weiss oder bläulich. T Lamellen am Grunde aderig verbunden, sehr breit, run- zelig, rostbraun. O. elatior Fr. Hut anfangs cylindrisch, dann ausgebreitet, 5—8 cm breit, in der Mitte fleischig und glatt, am Rande häutig und gefaltet-runzelig, sehr verschiedenfarbig (bläulich, braun, leder- gelb, schwarzbraun, violettbraun, grau, weiss); Stiel weich, nach beiden Enden verdünnt, 10—20 em lang, 1—2 cm dick, weiss oder violett. In Wäldern; Spätsommer und Herbst. — I. Vorder-Steinenberg (OBMR.). III. Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.). a 1 if Lamellen am Grunde nicht aderig verbunden, anfangs thonfarbig oder hellviolett. * Stiel nach unten verdünnt. C. mucifluus Fr. Hut ziemlich Heischig, später meist herauf- geschlagen und geschweift, mit gestreiftem Rande, anfangs bläulich- thonfarben, später ledergelb; Stiel weich, weiss oder bläulich; La- mellen thonfarbig, dann zimtbraun. Geruch angenehm. In Nadelwäldern. ** Stiel eylindrisch. C. collinitus (Pers.). Hut fleischig, 5—11 cm breit, gelb- braun oder lederbraun, am Rande dünn, oft längsrunzelig, trocken glänzend; Stiel meist 10—20 cm lang, S—10 mm dick, voll, ober- halb des weissen, fädigen Schleiers kahl, weiss oder violett, unter- halb desselben mit stark schleimigem Überzuge, fleischigen Schuppen und Gürteln, trocken glänzend, mit hellbräunlichen, anliegenden Flocken und Gürteln; Lamellen anfangs hellviolett, dann thonfarben, zuletzt rostbraun. In Wäldern; August— Oktober. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Aurn.); Stuttgart vereinzelt (M., Hxss); Hohenheim (Mı.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (Ogmr.). II. Zwischen Calmbach und Höfen (O.). III. Golds- höfe OA. Aalen (H.). IV. Ulm hier und da (V.). var. mucosus (Burr.). Stiel glatt; Lamellen anfangs weisslich. In Nadelwäldern. — IH. bei Wildbad (O.). IV. bei Ulm (V.). B. Stiel fest, trocken. a. Schleier stark entwickelt, bei jungen Exemplaren vom Hut- yande einerseits nach der Spitze des Stieles, anderseits nach dem unteren Teile desselben ausgespannt und nach der Ent- faltung des Hutes oft als seidenfädige Ringbekleidung herab- hängend; Hut dickfleischig; Stiel cylindrisch oder nach unten verdickt. @. Lamellen anfangs gelb, gelblich oder braun. T Lamellen anfangs gelblichweiss. * Stiel eylindrisch, rein weiss. O.turmalis Fr. Hut 10 em breit, glatt, anfangs vom Schleier flockig-seidenhaarig, bald kahl und nackt, glänzend ockergelb; Stiel anfangs wollig, später nackt, 8—16 cm lang, Schleier faserig, ring- förmig, ziemlich dauerhaft; Lamellen dicht stehend, schwach gesägt, anfangs weisslich, dann thonfarbig. In Buchenwäldern, meist scharenweise. — III. Schörzingen (Sm.). ** Stiel keulenförmig, weiss, mit mehreren schuppigen, gelbbraunen Ringen. aan ©. triumphans Fr. Hut 10 cm breit, gelb, glatt, anfangs mit dunkleren, angedrückten Schuppen bedeckt; Stiel voll, 10 cm lang, 2—4 cm dick, Schleier herabhängend, mitunter ringförmig; Lamellen dichtstehend, ganzrandig, blass thonfarbig. In grasigen, feuchten Wäldern. — III. Schörzingen (Sm.). ir Lamellen gelb, braun oder bräunlich. * Lamellen anfangs schwefelgelb, später thonfarbig- zimtbraun. OÖ. percomis Fr. Hut 5—8 cm breit, glatt: und kahl, gelb- lich; Stiel voll, aus keuligem Grunde verjüngt, gelblich, mit an- gedrückten dunkleren Fasern, oberhalb des Schleiers bereift, innen schwefelgelb. In Nadelwäldern. — III. Schörzingen (Sm.). ** Lamellen anfangs trüb-olivenbraun. $ Stiel weisslich oder hellgrau; Lamellen mässig dicht stehend. (0) Lamellen mit ganzer, gerader Schneide. O©. subtortus (Prrs.). Hut 3—8 cm breit, kahl, glatt, später runzelig, ledergelb, verblassend; Fleisch weich, blass; Stiel 5—11 cm _ lang, 1'/, cm breit, knollig, etwas gedreht, blass, an der Spitze hohl; Lamellen sehr breit, gefleckt, trüb olivenbräunlich. In schattigen Tannenwäldern; August, September. CO Lamellen mit stark wellig-gesägter Schneide. C. anfractus Fr. Hut 4—8 cm breit, mit meist eingeknick- tem und geschweiftem Rande, Oberfläche trüb olivenbraun, in der Mitte oft gelblichbraun, oft flockig und mit eingewachsenen Fasern am Rande; Stiel voll, 5—9 cm lang, 1—2 cm dick, weisslich, an- gedrückt seidenfaserig, oben violett; Lamellen trüb olivenbraun, später zimtbraun. In Laubwäldern ; September, Oktober. — II. Schörzingen (Sm.). SS Stiel gelblichbraun, oben meist bräunlichviolett; Lamellen dicht stehend. C. infractus (Pers... Hut 6—9 cm breit, mit anfangs ein- geknicktem Rande, Oberfläche anfangs gleichmässig trüb olivenbraun mit eingewachsenen Fasern, später gelblich, in der Nähe des Randes mit einer dunkleren Zone; Stiel voll, 5—7 cm lang, 1—1'/, cm breit, keulenförmig, angedrückt-faserig; Lamellen trüb olivenbraun, mit ganzer, leicht welliger Schneide. In Laubwäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). — . 430, — ß. Lamellen anfangs violett oder rot. T Lamellen später zimtbraun. * Lamellen anfangs purpurn; Fleisch weiss. C. varıus (SCHAEFF.). Hut 6 cm breit, glatt. am Rande mit faserigen Anhängseln, rostfarbig-gelbbraun; Stiel voll, kegelförmig, 3—7 cm lang, oben 1 cm, unten 2—3 cm dick, angedrückt flockig, weisslich. In Nadelwäldern. — I. Hochdorf OA. Vaihingen, Stuttgart, Trillfingen (Rır.). II. Schörzingen (Sa.). ** Lamellen anfangs bläulich-violett; Fleisch bläulich- weiss; Stiel anfangs violett, dann weisslich. $ Hut anfangs grau-bläulichviolett, später gelblich- kastanienbraun, angedrückt-seidenhaarig. ©. largus (Buxe.). Hut 11—16 cm breit; Stiel voll, 8-14 cm lang, 2—2!/, cm dick, anfangs mit hängendem, seidenfaserigem Schleier, bei Druck oft blutrot werdend; Lamellen mässig dicht stehend. In Laub- und Nadelwäldern ; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). $$ Hut rotbraun, mit filzigem, violettem Rande. ©. variicolor (Prrs.). Hut 8—18 cm breit; Stiel fest, voll, . 5—7 cm lang, 2'/;, cm dick, anfangs filzig; Lamellen dicht stehend. In Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). IV. Im Eselswald bei Ulm häufig (V.). ir Lamellen später verblassend. * Stiel violett, später weisslich. O. cyanopus (Secr.). Hut 5—8 cm breit, glatt, ledergelb, mit kahlem Rande; Stiel voll, schwammig, 5—8 cm lang, 1'/, cm dick, oberhalb des zarten, herabhängenden Schleiers nackt, am Grunde mit grosser Knolle; Lamellen breit, ziemlich dicht stehend, violett, dann verblassend. In Laubwäldern. — III. Schörzingen (Sm.). ** Stiel gelblich, mit mehreren unterbrochenen, häutig- schuppigen, gelblichen Gürteln. ©. claricolor Fr. Hut 4—”7 cm breit, lebhaft gelb, in der Mitte gelbbräunlich, kahl; Stiel voll, 7—9 cm lang, 1 cm dick, unten schwach verdickt; Lamellen dicht stehend, anfangs hell violett, später blass bräunlich, mit gesägter, weisser Schneide. In Laubwäldern ; September, Oktober. b. Schleier einfach, anfangs zwischen dem Hutrande und der Spitze oder dem Grunde des Stieles ausgespannt. —.451. — a. Schleier zart, zwischen Hutrand und Stiel ausgespannt; Hut dünnfleischig; Stiel am Grunde nicht knollig verdickt. Lamellen anfangs weisslich, breit. * Hut gelblich-ockerfarben, feinfaserig. Ö©. emollitus Fr. Hut 8—10 cm breit, mit dünnem, ein- gebogenem Rande; Stiel voll, kaum 5 cm lang, 1'/, cm dick, weiss oder gelblich, oft zusammengedrückt, faserig; Lamellen ziemlich ent- fernt stehend, anfangs weiss, später ockergelb. In Buchenwäldern, an grasigen Stellen. ** Hut bräunlich-ockerfarben, später fiockig. ©. decoloratus Fr. Hut 5—11 cm breit, glatt, später ver- blassend; Stiel bis 8 cm lang, 1 cm dick, faserig gestreift, oben weiss, am Grunde bisweilen gelblich; Lamellen ziemlich dicht stehend, anfangs weiss oder hellbläulich, später lehmfarben, zuletzt zimtbraun. In Wäldern ; September, Oktober. it Lamellen anfangs hellviolett oder purpurn. * Fleisch weiss, beim Zerbrechen pupurrot werdend. C. porphyropus (Arz. u. Schw.). Hut 4—8 cm breit, grau- bläulich, später braun; Stiel 5—10 em lang, 5—8 mm dick, faserig, anfangs voll, später hohl, unten schwach verdickt, blass; Lamellen anfangs purpurviolett, später blass thonfarben, zuletzt zimtbraun. In Birken- und Nadelholzwäldern; September, Oktober. ** Fleisch weiss, die Farbe nicht ändernd. $ Hut hell blauviolett. 0. eroceocaeruleus (Pers.). Hut wässerig, 3—6 cm breit, glatt; Stiel 6—-10 em lang, 5—8 mm dick, verbogen, hohl, gebrech- lich, weisslich, mit bald vergänglichem, weissem, fädigem Schleier ; Lamellen anfangs hellviolett, später safrangelblich, zuletzt thonfarben. In Laubwäldern. zwischen Moos; September. — III. Schörzingen (Sm.). $S$ Hut gelb. C©. deeolorans (Pzrs.). Hut 3—6 cm breit, glatt und kahl; Stiel 6—8 cm lang, 4—”7 mm dick, gleichmässig dick, glatt, weiss, mit fädigem, lange ausdauerndem Schleier; Lamellen anfangs rötlich, später zimtbraun. In Wäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). ß. Stiel fest und voll, unten mit einer scharf abgesetzten, meist berandeten Knolle; Schleier anfangs zwischen Hut- rand und dem Rande der Knolle ausgespannt; Hut fleischig. j Stiel, wenigstens in der Jugend, bläulich, blau oder grün. * Lamellen ziemlich entfernt stehend, oft kraus. — 432 —- C. prasinus (SCHAEFF.). Hut gleich dick, mit umgebogenem Rande, 2—8 cm breit, grau-gelbbraun oder spangrün, selten gelblich, schuppig und flockig, Fleisch weiss; Stiel kurz, aussen und innen, ebenso wie der Schleier, blassgrünlich; Lamellen gelb-olivenfarbig, nach hinten dunkler. In Buchenwäldern. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sım.). ** Lamellen mehr oder weniger dicht stehend. $ Lamellen anfangs blau oder bläulich. © Fleisch weiss, unveränderlich. OÖ. caerulescens (ScHArrr.). Hut 6—10 cm breit, glatt, thonfarbig oder bräunlichgelb, bisweilen in der Jugend blau, später weisslich; Stiel mit berandeter Knolle, 8 cm lang, 1—2 cm dick, nach oben verdünnt, nackt, blau, dann weisslich; Lamellen anfangs blau, später purpurn, zuletzt zimtbraun. : In Laubwäldern; September, Oktober. — I. Vorder-Steinenberg (OBMR.); III. Aalen-Wasseralfingen mehrfach (H.) ; Donnstetten (KEMMLER) ; Schörzingen (Sm.). (X) Fleisch, wenigstens in der Jugend, blau oder bläulich. [] Fleisch blau; Lamellen anfangs blau, später lehmfarben, durch Druck purpurn werdend. OÖ. purpurascens Fr. Hut 8—14 cm breit, am Rande oft geschweift, anfangs kastanienbraun, später gelblich-olivenbraun, mit dunklen Flecken, am Rande oft mit einer dunkleren Zone; Stiel aufgedunsen, 6—8 cm lang, anfangs bläulich, faserig, am Grunde mit einer berandeten, später verschwindenden Knolle. var. subpurpurascens (BarscH). Hut dünn, verblassend ; Stiel bläulichweiss, mit wenig berandeter Knolle; Fleisch bei Ver- letzungen purpurn werdend. In Wäldern ; September, Oktober. [I] Fleisch anfangs bläulich, später gelb; La- mellen nicht purpurn werdend. O. glaucopus (SCHAEFF.). Hut 5—14 cm breit, ‚anfangs oliven- braun, später gelbbraun, in der Nähe des Randes oft mit einer er- höhten, dunkleren Zone, später faserig oder flockig-schuppig; Stiel anfangs kurz, später verlängert, S—11 cm lang, 2—3 cm dick, ge- streift, anfangs bläulich, später gelblich, mit berandeter Knolle; Lamellen breit, anfangs blau, dann lehmfarben, zuletzt zimtbraun. In Wäldern und Hecken; September, Oktober. — I. Stuttgart einzeln (M.); Mainhardter Wald häufig (Sr.) ; Vorder-Steinenberg (Osmr.). III. Schörzingen (Sm.). SS Lamellen purpurn oder olivenfarbig. (©) Hut dunkel-graubraun, trocken verblassend. — 433 — C. scaurus Fr. Hut 5—8 cm breit, mit dünnem, zuletzt ge- streiftem Rande; Stiel 5—10 cm lang, nach oben verdünnt und dort bis 1 cm dick, am Grunde mit berandeter Knolle, grünlich oder bläulich; Lamellen schmal, anfangs olivenbraun oder purpurn, später zimtbraun. Geruch- und geschmacklos. In Wäldern; September. — III. Aalen-Wasseralfingen einzeln (H.); OA. Spaichingen (Sm.). OO Hut hell oder lebhaft rotbraun. [_] Lamellen anfangs olivenbraun. O©. rufoolivaceus (Pers.). Hut bis 11 cm breit, kahl, rot- braun, trocken glänzend zimtbraun; Stiel 6—8 cm lang, cylindrisch, am Grunde mit schwach berandeter Knolle, anfangs grünlich, später gelblich, an der Spitze meist violett. Auf Heiden und in Kieferwäldern; August— Oktober. [I] Lamellen anfangs purpurn. C. argquatus Fr. Hut dünn, 5—6 cm breit, glatt, in der Mitte hell kastanienbraun, am Rande gelblich; Stiel 5—6 cm lang, aussen und innen hell bläulich, am Grunde mit einer kegelförmigen, unten spitzen Knolle. In Wäldern; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sn.). if Stiel gelb, gelblich oder gelblichweiss. * Lamellen blau. C. Pansa Fr. Hut festfleischig, am Rande eingebogen und geschweift, in der Jugend am Rande gelbfilzig, sonst kahl, bräunlich- gelb, mit eingewachsenen Schuppen besetzt, Fleisch weiss; Stiel eylindrisch, unten berandet, nebst dem Schleier gelb. In Laub- und Nadelwäldern. — IH. Schörzingen (Sm.). ** Tamellen anfangs gelb oder weisslich. S Lamellen am Rande gesägt. © Lamellen dottergelb, später olivenbraun, zuletzt zimtbraun; Fleisch weiss, gelb werdend. C. elegantior Fr. Hut festfleischig, 8 cm breit, glatt und kahl, gelbbraun, zuweilen gefleckt, Rand anfangs eingeknickt; Stiel derb, weisslich, später gelb, mit berandeter Knolle. In schattigen Wäldern; September, Oktober. — I. Stuttgart (Hess); III. Schörzingen (Sm.). OO Lamellen anfangs weisslich, später lehmfarben, zuletzt zimtbraun; Fleisch weiss. : CO. multiformis Fr. Hut 6—10 cm breit, glatt, weisslich, gelblich oder lehmfarben, anfangs oft mit weissem, fädigem Überzuge Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 28 — 44 — bekleidet, Rand dünn, anfangs eingebogen; Stiel 5—11 cm lang, 1—1'/, em dick, nach oben etwas verdünnt, mit schwach berandeter Knolle, weisslich oder gelblich, faserig. In Wäldern; August— Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). SS Lamellen ganzrandig. & Stiel weisslich. C. turbinatus (BurL.). Hut später niedergedrückt, 4—8 cm breit, glatt und kahl, grünlich oder olivenbraun, trocken gelb; Stiel cylindrisch, 5—8 cm lang, 1—1'/, cm dick, glänzend, am Grunde mit kreiselförmiger, berandeter Knolle; Lamellen anfangs hellgelblich, später zimtbraun. In Wäldern, besonders unter Buchen; August— Oktober. — I. Stockheim OA. Brackenheim (ArLın.); Stuttgart am Bopser und am Hasenberg (M.). III. Boll (Bavam nach M.). OO Stiel gelb. [] Hut gleichmässig goldgelb. ©. fulgens (Pers.). Hut dickfleischig, 5—8 cm breit, seiden- faserig, zuweilen schuppig; Stiel cylindrisch, +—8 cm lang, 1—1'/, cm dick, wollig-feinfaserig, gelb, unten mit sehr breiter, flacher Knolle; Lamellen lebhaft gelb, später zimtbraun. In Laub- und Nadelwäldern; September, Oktober. — I. OA. Crailsheim (Br.). II. Schörzingen (Sn.). IL] Hut am Rande anders gefärbt, als in der Mitte. A Hut rostrot, mit bläulichem Rande. CO. orichalceus (BarscH). Hut 8 cm breit, kahl, später rissig- schuppig; Stiel eylindrisch, 5—8 cm lang, 1'/, cm dick, ziemlich nackt oder klebrig-faserig, gelblich, unten mit niedergedrückter Knolle; Lamellen anfangs grünlichgelb. In Nadelwäldern. — III. Schörzingen (Sn.). AA Hut gelbbraun, mit orangegelbem Rande. O. fulmineus Fr. Hut festfleischig, 8 cm breit, mit rost- braunen, angedrückten Schuppen bedeckt, glänzend; Stiel gedunsen, 8—10 cm lang, 1 cm dick, gelb, nackt, an der Spitze weissfaserig, unten mit einer dicken Knolle; Lamellen anfangs rein gelb. In Laubwäldern. — III. Aalen-Wasseralfingen zahlreich (H.). 16. Gatt. Astrosporina SCHROET. Hut frei oder nur in der Jugend durch einen zarten, spinn- webigen Schleier mit dem Stiele verbunden; Stiel fest, ohne Ring; Sporenpulver mattbraun, Sporen eckig oder sternförmig, strahlig. — 45 — I. Oberfläche des Hutes trocken, faserig oder schuppig. A. Stiel flaumig, faserig oder glatt. a. Stiel am Grunde mit knolligem Wulst. A. praetervisa (Quer... Hut fleischg, 3—4 cm breit, gelblich-ockerfarben, grobfaserig, bald längsrissig gestreift; Stiel 5 bis 6 em lang, 5—6 mm dick, weisslich, später gelblich, seidenglänzend, oben fein-kleiig; Lamellen dicht stehend, mit einem Zahn angeheftet, anfangs grau, später braun; Sporenpulver lehmfarben, Sporen stern- förmig. In Wäldern und auf Triften; Juli—Oktober. b. Stiel am Grunde nicht knollig. @. Stiel weissflaumig; Lamellen nicht wellig; Fruchtkörper klein. A. scabella (Fr.). Hut dünnfleischig, '/,—1'/, cm breit, Oberfläche rötlichbraun, anfangs durch dichte, zottige, filzige Fäden fast weisslich, später weiss, schuppig, schwach gezont, mit kahlem braunem Scheitel; Stiel 1—2 cm lang, 1 mm dick, fest und voll, hell braunrot, am Grunde weisszottig; Lamellen anfangs hell gelblich, später gelbbraun; Sporenpulver lehmfarben, Sporen eckig. In Laubwäldern; August, September. ß. Stiel faserig; Hut gebrechlich; Fruchtkörper ansehnlich. T Stiel seidig-faserig, kräftig; Lamellen mit gerader Schneide; Hut faserig. A. fastigiata (SCHAEFF.). Hut dünnfleischig, kegelig-glocken- förmig, längsfaserig und rissig, gelbbraun; Stiel voll, diek, etwas gedreht, blass-bräunlich; Lamellen anfangs gelb, später olivenbraun. An grasigen Stellen in Wäldern. — I. Stackenhofer Wald bei Öhringen (0.); Vorder-Steinenberg (Osur.). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen vielfach (H.); Schörzingen (Sm.). iT Stiel grobfaserig, gebrechlich; Lamellen mit welliger Schneide; Hut sparrig-schuppig. A. relicina (Fr.). Hut fleischig, 5—7 cm breit, Oberfläche trübbraun, weichfaserig; Stiel 4—7 cm lang, 6—10 mm dick, voll, trübbraun; Lamellen anfangs blass, später trübbraun; Sporen stern- förmig. In Nadelwäldern, an sumpfigen Stellen; Juli— Oktober. B. Stiel schwach schuppig. A. lanugınosa (Burr.). Hut dünnfleischig, 1—2 cm breit, umbrabraun, später heller, mit sparrig abstehenden, später nieder- gedrückten Schuppen; Stiel voll, 2—4 cm lang, 1—1'/, mm dick, 28* — 4356 — bräunlich, oben weiss bereift; Lamellen anfangs blass lehmfarben, später zimtbraun; Sporen stachelig. In Laubwäldern ; Juli—September. — I. Klein-Hohenheim (Mr.). III. Schör- zingen (SM.). II. Oberfläche des Hutes glatt, anfangs klebrig-schleimig. A. Tricholoma (Arte. u. Schw.). Hut dünnfleischig, 1—3 cm breit, anfangs schwach klebrig, trocken seidenglänzend, weisslich, haarig, am Rande striegelhaarig; Stiel 2—3 cm lang, 2 mm dick, voll, rötlichbraun, weissfaserig, oben kleinschuppig; Lamellen lehm- farben, später rostbraun; Sporen stumpfeckig. In Wäldern zwischen Laub und Moos; August—November. 17. Gatt. Inocybe Fr. Hut Jleischig;; Stiel fest; Hutrand und Stiel anfangs durch einen spinnwebenfädigen Schleier vereinigt; Lamellen angeheftet oder frei; Sporenpulver trübbraun, Sporen elliptisch oder eiförmig, mit brauner, glatter Membran. I. Oberfläche des Hutes glatt, im feuchten Zustande klebrig. A. Stiel voll, weiss. I. fastibilis (Fr.). Hut dickfleischig, 2!/,—8 cm breit, mit anfangs eingebogenem Rande, Oberfläche kahl, weisslich oder leder- gelb; Stiel 6—12 cm lang, 4—15 mm dick, faserig-schuppig, am Grunde knollig, mit später verschwindendem Schleier; Lamellen ent- fernt stehend, anfangs weisslich, später lehmfarben, zuletzt zimt- braun mit weisser Schneide. Geruch und Geschmack stark rettig- artig. Ist von Derminus cerustuliniformis fast nur durch den Schleier verschieden. — Gilt für giftig. In Wäldern und Gebüschen ; August— Oktober. — I. Hasenberg bei Stutt- gart gegen den Schatten (Rır.) ; Hohenheim (OK.); OA. Crailsheim (Br.). III. Schör- zingen (Sm.). IV. Ulm vor dem neuen Thor im Jahre 1868 einmal gefunden (V.). B. Stiel, wenigstens später, hohl, nicht rein weiss. a. Lamellen mässig dicht stehend, mit weisser Schneide. I. versipellis (Fr.). Hut 21/,—6 cm breit, anfangs kegel- förmig-glockig, gelbbraun, am Rande anliegend seidenfaserig-schuppig; Stiel 3—6 em lang, 3—5 mm dick, anfangs voll, später hohl, gelblichweiss, faserig, nach unten und im Innern braun; Lamellen anfangs weisslich, später hellbraun. In Hecken und auf Wiesen; Mai, Juni. b. Lamellen dicht stehend, mit gleichfarbiger Schneide. &. Hut anfangs kegelförmig, gelblich, mit kastanienbrauner Mitte. — 437 — I. mesophaea (Fr.). Hut schwach fleischig, 2!/, cm breit, fast nackt, selten um den Rand faserig; Stiel röhrig, zäh, 6—8 cm lang, 2—5 mm dick, cylindrisch, anfangs weisslich, dann rostbraun, an der Spitze bereift, mit vergänglichem Schleier; Lamellen thon- farbig-rostbraun. In Nadelwäldern, auf Triften. ß. Hut anfangs flach gewölbt, blassgelb mit dunklerer Mitte, von klebrigen Papillen punktiert. J. punctata (Fr.). Hut fleischig, 2—6 cm breit, am Rande seidenhaarig, später kahl; Stiel hohl, 6—11 cm lang, 4--9 mm dick, cylindrisch, mit faserigem Schleier, blass, an der Spitze weiss bereift, später bräunlich; Lamellen schmal, anfangs blass, später kastanien- braun. » In Wäldern; August— Oktober. II. Oberfläche des Hutes trocken, faserig, später seidenhaarig, rissig oder schuppig. A. Lamellen mit gleichfarbiger Schneide. a. Stiel bald hohl werdend. I. dulcamara (As. u. Schw... Hut dünnfleischig, mit stumpfem Höcker, 2—3 cm breit, haarig-schuppig, trübbraun, Fleisch gelblichweiss; Stiel dünn, faserig und schuppig, bräunlich, an der Spitze oft blassviolett, kleiig bestäubt; Lamellen anfangs blass, später trübbraun. Geschmack schwach nach Süssholz. In Wäldern ; Juni—September. b. Stiel voll. @. Stiel violettbräunlich, mit weisszottigem Grunde. I. obscura (Prrs.). Hut schwach fleischig, anfangs glocken- förmig, 2 cm breit, längsfaserig, in der Mitte schuppig, anfangs blau, dann braun; Stiel 8 cm lang, 4—5 mm dick, faserig; Lamellen anfangs olivenfarben, dann braun. In Nadelwäldern, an feuchten Stellen. ß. Stiel weiss oder weisslich. Lamellen anfangs weisslich. * Lamellen am Stiele hakig angewachsen. J. destricta Fr. Hut fleischig, anfangs glockenförmig, rissig, faserig, später zerschlitzt-schuppig, blassrötlich; Stiel faserig, gestreift, kahl, rötlichweiss; Lamellen später grau-zimtbraun. Geruch un- angenehm. In Nadelwäldern. — H. Wildbad (O.). — 435 — ** Lamellen vom Stiele frei. I. lucifuga Fr. Hut schwach fleischig, 2'/, em breit, an- gedrückt-faserig oder schuppig, braun oder olivenfarben, verblassend; Stiel fest, cylindrisch, 6—8 cm dick, kahl, an der Spitze schwach bereift; Lamellen später olivenfarbig. Geruch stark. In Nadelwäldern. i1 Lamellen anfangs graubraun, später rostbraun. I. scabra (Mvsırer). Hut fleischig, 4 cm breit, anfangs kegelförmig, trübbraun, mit angedrückten, faserigen Schuppen; Stiel 4 cm lang, 6—9 mm dick, cylindrisch, seidenfaserig, weiss. In Wäldern; September, Oktober. B, Lamellen zuletzt trübbraun oder zimtbraun, mit weisser oder weisslicher Schneide; Stiel voll. a. Lamellen anfangs weisslich. &. Stiel braun, innen rötlich. I. lacera (Fr... Hut dünnfleischig, 2—3 cm breit, trüb- ockerfarben oder braun, mit dichten, filzigen, später sparrig abstehen- den Schuppen; Schleier weissfädig; Stiel 3—5 em lang, 2—4 mm dick; Lamellen breit, später trübbraun. In Wäldern, an Wegen, auf Heiden; Juni— Oktober. ß. Stiel weiss oder weisslich. i Fleisch bei Verletzungen blutrot werdend. I. piriodora (Prrs.). Hut 4—7 cm breit, anfangs braun, später blass-ockerfarben, angedrückt faserig-schuppig; Schleier weiss, fein seidenhaarig; Stiel 5—6 cm lang, 6—12 mm dick, fest; La- mellen später trübbraun. Geruch nach Äpfeln oder Veilchen. In Wäldern, Juli—September. — I. Hölzern OA. Weinsberg (OFFNER). ir Fleisch die Farbe nicht verändernd. * Lamellen mit welligem Rande. I. corydalina QueL. Hut 5 cm breit, weisslich, längsfaserig, mit glänzendem, grünlichem Höcker; Stiel gebrechlich, am Grunde verdickt, gestreift, weisslich, bereift; Lamellen zuletzt hellbraun. Geruch nach Corydalis. In schattigen Wäldern — III. In den Nadelwäldern bei Schörzingen (Sm.). ** Lamellen mit geradem Rande. I. geophylla (Sow.). Hut 2—4 cm breit, seidenglänzend, mit anliegenden seidenartigen Fasern, in der Jugend meist mit weissem, seidenhaarigem Schleier, hellviolett, weiss oder bräunlich ; Stiel 4&—6 em lang, 2—4 mm dick, weiss oder von der Farbe des — 439 — Hutes, seidenglänzend, an der Spitze mehlig; Lamellen später schmutzig-lehmfarben. Geruch erdartig. In Wäldern und Gebüschen; Juli—Oktober. — I. Am Bopser bei Stutt- gart (M.); Hohenheim im botanischen Garten (Mr.); Vorder-Steinenberg (OBMR.). II. Am alten Calmbacher Weg bei Wildbad (O.); Bulach (Hm.). III. Aalen- Wasseralfingen auf Waldwegen (H.); Schörzingen (Sn.). b. Lamellen anfangs hell-bräunlich. «@. Hut seidig-faserig, lederbraun, später eingedrückt, grob- faserig, zwischen den braunen Fasern gelblichweiss. I. rimosa (BurL.). Hut 3—6 cm breit, mit scharfem, geradem, später oft rissig-gelapptem Rande; Stiel 2—6 cm lang, 3—5 mm dick, kahl, weisslich oder gelblich, oben weisskleiig, am Grunde oft knollig verdickt; Lamellen vom Stiele frei, anfangs hell graubraun, später trübbraun. Geruch laugenartig. In Gärten, an Wegen, in Gebüsch; Juni—Oktober. — I. Hohenheim (Mr). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Snm.). ß. Hut ockerfarben, angedrückt-faserig, in der Mitte schwach schuppig. J. deglubens (Fr.). Hut dünnfleischig, 2—3 cm breit; Stiel eylindrisch, 3—5 cm lang, 4—6 mm dick, innen weiss, aussen blass, später dunkler, faserig, oben fein weissflaumig punktiert; Lamellen am Stiele angeheftet, schmutzig-lehmfarben, später zimtbraun. In Wäldern, zwischen Moos; August, September. 18. Gatt. Naucoria Fr. Hut regelmässig, mehr oder weniger fleischig:; Hutrand vor der Entfaltung des Hutes mit dem Stiele durch einen fädig-häutigen Schleier verbunden, welcher später schnell verschwindet; Stiel ohne Ring; Sporenpulver braun oder ockerfarben; Sporen elliptisch oder eiförmig, mit gelbbrauner oder sehr hell gelblicher Membran. I. Stiel zart, gebrechlich; Hut dünnfleischig, Hutrand gerade, durch einen zarthäutigen Schleier anfangs mit dem Stiele verbunden. N. mycenopsis (Fr.). Hut fast häutig, bis zur Mitte fein gestreift, in der Mitte glatt, 6—20 mm breit, am Rande anfangs weissfaserig, Oberfläche gelblich ockerfarben; Stiel 6—11 cm lang, ca. 1 mm dick, faserig streifig, gelblich, mit weissen, seidigen Fäden bekleidet; Lamellen bauchig, ziemlich weitläufig stehend, anfangs weisslich, später blass-ockerfarben. Auf feuchten Wiesen und Heiden; September, Oktober. — M / — II. Stiel zäh, fest. A. Hut dünnfleischig oder fast häutig; Rand mit flüchtigem Schleier; Stiel dünn. a. Lamellen etwas am Stiele herablaufend, nach hinten am brei- testen, dreieckig. «@. Hut glatt und kahl. N. inquilina (Fr). Hut 1—2 cm breit, schwach klebrig, fast glänzend, gelbbraun mit dunklerer Mitte, am Rande fein ge- streift, trocken gelbbraun; Stiel 2—4 cm lang, 1—2 mm dick, röhrig, kastanienbraun, weissflockig; Lamellen ziemlich entfernt stehend, anfangs ockerfarben, später zimtbraun. Auf faulendem Holz, Ästchen, auch auf der Erde; in Gewächshäusern. P. Hut faserig oder feinschuppig. T Stiel glänzend braun, an der Spitze bereift; Hut am Rande gestreift. N. pellucida (Burr.). Hut anfangs keseiönnig; dann Be 1'/, em breit, ockergelb, am Rande seidenhaarig-schuppig; Stiel 3—4 cm lang, 2—3 mm dick, nach oben verdünnt; Lamellen hellbraun. An Wegen zwischen Buchenblättern. if Stiel fockig ‚oder schuppig; Hut nicht gestreift. * Hut gelblichbraun, von blassen Flocken seidig. N. paludosa (Fr.). Hut anfangs kegelförmig, dann gewölbt, 1'/, em breit; Stiel röhrig, gebogen, 4—8 cm lang, 2—3 mm dick, kleinflockig, ockergelb; Lamellen dicht stehend, Bee ockergelb. In Sphagnum-Sümpfen. ** Hut rostbraun, mit konzentrischen, gelblichweissen, haarigen Schüppchen besetzt. N. furfuracea (Pers). Hut 1—2!/, cm breit, anfangs glockenförmig, später abgeflacht; Stiel 2—5 cm lang, 2 mm dick, anfangs voll, später hohl, rostbraun, im unteren Teil mit weissen, haarigen Schuppen besetzt; Lamellen dicht stehend, rostbraun mit weisser Schneide. In Wäldern, an Wegen, auf Grasplätzen, meist herdenweise; Mai—Dezember. — I. Nordheim OA. Brackenheim (O.); Stuttgart (M.); Hohenheim mehrfach (Mr.). III. Schörzingen (Sm.). b. Lamellen am Stiele nicht herablaufend. a. Lamellen ziemlich weitläufig stehend. T Stiel angedrückt-faserig, später kahl. N. escharoides (Fr.). Hut anfangs kegelförmig, dann aus- gebreitet, 1'/, cm breit, kleinschuppig-kleiig, weisslich-ledergelb, später in der Mitte bräunlich; Stiel röhrig, gebogen, 2'/a cm lang, — 441 — von der Farbe des Hutes; Lamellen bauchig, blass-thonfarbig oder zimtbraun. In feuchten Wäldern, an grasigen Plätzen. — III. Aalen-Wasseralfingen zahlreich (H.). if Stiel rauh oder mit Schüppchen besetzt. * Hut mit feinen, filzigen Härchen besetzt. N. graminicola (N. v. E.). Hut gewölbt, 2—6 mm breit, gelb- braun, trocken ockerfarben; Stiel fadenförmig, zäh, ca. 2 cm lang, rauh, bräunlich; Lamellen blass-ockerfarben. An Grashalmen u. dergl. ** Hut mit sparrigen Schuppen besetzt. N. carpophila (Fr.). Hut 4—10 mm breit, ockerfarben, trocken, fast weisslich, schimmernd; Stiel 3—4 cm lang, 1 mm dick, unten etwas verdickt, gebogen, ockerfarben, mit gleichfarbigen Schüppchen besetzt; Lamellen hell-ockergelb. An alten Laub- und Fruchthüllen von Buchen; Mai—September. ß. Lamellen dicht stehend, hellbraun mit weisslicher Schneide. Hut blassgelb. N. sobria (Fr.). Hut 2!/, cm breit, klebrig, etwas seiden- haarig; Stiel schwach röhrig, 4 cm lang, 2 mm dick, faserig, am Grunde bräunlich, weissflockig. In feuchten Hecken und Gebüschen. if Hut zimtbraun, am Rande gestreitt. N. conspersa (Pzrs.). Hut 1—2!/, cm breit, glatt, trocken ockerfarben, fein kleiig-schuppig; Stiel 4-5 cm lang, 2—2'/, mm dick, röhrig, ockerfarben-bräunlich, aussen weissfaserig, oben kleiig- schuppig; Lamellen ockerfarben. In feuchten Wäldern und Gebüschen; Juni, Juli und September, Oktober. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). B. Hut fleischig; Rand anfangs eingerollt, in der Jugend durch einen häutig-fädigen Schleier mit dem Stiele vereinigt, eine Zeit lang von den Resten des Schleiers gefranst; Stiel faserig-fleischig. a. Oberfläche des Hutes kahl, mit schleimigem Überzuge, trocken glänzend; Schleier fädig-häutig; Lamellen am Stiele an- gewachsen. a. Stiel flockig oder schuppig; Lamellen mit weisser Schneide, i Lamellen schmal, anfangs lehmfarben, später kastanien- braun. N. carbonaria (Fr... Hut 1!/,—2'/, cm breit, braungelb oder rötlichgelb, mit schleimig-klebrigem Überzuge; Fleisch gelb; — 42 — Stiel 1'1/,—2!/, cm lang, 1'/,—2 mm dick, hohl, gelbbraun, flockig- schuppig. In Wäldern auf Brandstellen zwischen Holzkohle; Juli—Oktober. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). iT Lamellen breit, hell-ockerfarben, später zimtbraun. N.lenta (Pers.). Hut 2--8 cm breit, weisslich, seltener ocker- oder lehmfarben, anfangs mit feinen, abfallenden Schuppen, später kahl, mit stark schleimigem Überzuge; Stiel 5—-8 cm lang, 3—8 mm dick, anfangs voll, später hohl, schuppig, von der Farbe des Hutes. In Laubwäldern; Oktober, November. ß. Stiel faserig; Lamellen mit gleichfarbiger Schneide. T Stiel gelb, hohl. N. spumosa (Fr.). Hut 4—6 cm breit, gelb, in der Mitte gelbbraun oder rotbraun, mit klebrig-schleimigem Überzuge; Fleisch grünlichgelb; Stiel 6—11 cm lang, 4—5 mm dick, zuletzt schmutzig- bräunlich; Lamellen gelb, später rostbraun. Auf Waldplätzen, an Wegen und Gräben in Nadelwäldern, herdenweise ; Ok- tober, November. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arın.); Möhringen a.F. (Mı.). if Stiel weisslich, voll. N. lubrica (Pers.). Hut 5—11 cm breit, zimtbraun mit gelb- brauner, schuppig gefleckter Mitte; Fleisch weiss; Stiel 6—11 cm lang, 6—11 mm dick ; Lamellen breit, anfangs blass, später ockerbraun. An alten Stämmen, im Gras; September, Oktober. b. Oberfläche des Hutes kahl, feucht, kaum klebrig. @. Stiel voll, nach unten spindelförmig verjüngt, wurzelnd. N. Fusws (BarscH). Hut 3—6 cm breit, glatt, blass-scherben- gelb, mit anhängendem Schleier; Fleisch gelblich; Stiel fest, faserig- gestreift, von der Farbe des Hutes; Lamellen etwas herablaufend, anfangs blass, später gelb-rostfarben. In Wäldern, besonders Nadelwäldern, auf dem Boden und an Holz; Herbst. — I. Am Heuchelberg bei Schwaigern (ALm.). ß. Stiel später hohl werdend. T Fleisch gelb, bei Verletzung schwarz werdend. N. astragalina (Fr.). Hut 2'/,—6 cm breit, goldgelb mit rötlichem Schimmer, am Rande und in der Mitte mit ziegelroten Flecken, Rand anfangs seidenhaarig; Stiel 5—11 cm lang, 4—7 mm dick, gebogen, nach unten verjüngt, faserig-schuppig, von der Farbe des Hutes; Lamellen dicht stehend, blassgelb, später rostbraun. Ge- schmack bitter. An Kieferstümpfen, rasenweise; September, Oktober. — 43 — TT Fleisch gelb, die Farbe nicht verändernd. * Lamellen anfangs weisslich, dann gelb, zuletzt rost- braun. N. flavida (ScHarrr.). Hut 2'/,—6 cm breit, kahl, gelb; Stiel 7 cm lang, 4—12 mm dick, cylindrisch oder nach unten dicker oder dünner, gelb, später rostbraun, faserig. Geschmack bitter. An alten Nadelholzstümpfen, meist rasenweise ; September. — I. Stuttgart (M.); OA. Crailsheim (Br.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schörzingen (Sm.). ** Tamellen anfangs hellgelblich, später rostbraun. N. alnicola (Fr... Hut 2—6 cm breit, schwefelgelb oder grünlichgelb, später oft in der Mitte rostbraun, oft mit feinen, faserigen Schuppen; Stiel 6—10 cm lang, 6—10 mm dick, ziemlich cylin- drisch, anfangs schwefelgelb, später unten rostbraun, faserig. Ge- schmack bitter. An abgestorbenen und noch lebenden Laubholzstämmen, oft büschelig; September— November. 19. Gatt. Pholiota Fr. Hut mehr oder weniger dickfleischig, anfangs mit dem Stiele durch einen häutigen Schleier verbunden, welcher am Stiele als ab- stehender, häutiger oder häutig-schuppiger Ring zurückbleibt ; Sporen- pulver braun, Sporen elliptisch oder eiförmig, mit rostbrauner oder gelbbrauner Membran. I. Hut kahl, später bisweilen rissig. A. Stiel voll und fest. a. Stiel aussen faserig; Lamellen angewachsen. Ph. dura (Borr.). Hut 5—12 cm breit, kahl, später felderig- rissig, mit glattem Rande, gelbbraun; Stiel meist kurz, 12 mm dick, nach oben etwas verdickt und mehlig, mit etwas zerschlitztem Ringe; Lamellen bauchig, anfangs blass, dann rostbraun. Auf Garten- und Ackerland ; Sommer und Herbst. — I. Stuttgart (Hess); Hohenheim (Mr.); Hölzern OA. Weinsberg (O.). b. Stiel unter dem Ringe sparrig-schuppig; Lamellen frei. Ph. radicosa (Burr.). Hut 6—10 cm breit, in der Jugend schleimig, später glatt, glänzend, weisslich, in der Mitte meist hell- braun, oft gefleckt; Stiel 6—12 cm lang, bauchig. 1—2 cm dick, weiss, nach unten in eine lange, spindelförmige Wurzel auslaufend, mit abstehendem, weissem, dickhäutigem Ringe; Lamellen anfangs blassbraun, später rötlichbraun, mit weisser Schneide. Geruch fenchelartig. Am Grunde alter Baumstümpfe; Juli—Oktober. — II. Wildbad nicht häufig (O.). III. Im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen (Sm.). RR B. Stiel röhrig oder anfangs voll, später bohl werdend. a. Stiel und Fleisch weiss. Ph. praecox (Pers.). Hut 3—6 cm breit, glatt, weiss, in der Mitte zuweilen gelblich oder bräunlich ; Stiel cylindrisch, 5—8 cm lang, 4—8 mm dick, anfangs voll, später hohl, anfangs flockig, später kahl, mit weissem, häutigem Ringe; Lamellen anfangs weisslich, später dunkelbraun mit weisser Schneide. Geruch nach frischem Mehl; Geschmack angenehm. Auf Grasplätzen, in Gärten; Mai—Juli. — I. Hohenheim (Mr.). II. Wild- bad (O.); Bulach (Hw.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm (V.). b. Stiel braun oder bräunlich; Fleisch wässerig. «@. Hut dünnfleischig, am Rande gestreift. T Stiel faserig, am Grunde weissfilzig, mit dünnhäutigem Ringe. Ph. marginata (Barscn). Hut 3—-5 cm breit, feucht dunkel- zimtbraun, trocken ockerfarben; Stiel hohl, 3—6 cm lang, 2—5 mm dick, hellbraun ; Lamellen dicht stehend, schmal, anfangs ockerfarben, später zimtbraun. — Der Ph. mutabilis ähnlich. An alten Nadelholzstöcken ; September, Oktober. — III. Schörzingen (Sm.). Tf Stiel seidig-faserig, gebrechlich, mit weissem, häutigem Ringe. * Stiel röhrig, rostbraun. Ph. blattaria (Fr.). Hut 1—2'/, cm breit, feucht rostbraun mit dicht gestreiftem Rande, trocken lederbraun, glatt; Stiel 3—6 cm lang, 1—3 mm dick, mit weissem Ringe ; Lamellen dicht stehend, schmal, anfangs ockerfarben, später rostbraun, mit weisser Schneide. In Wäldern und Gärten, zwischen Gras und Moos; Juli—September. ** Stiel anfangs voll, hellbraun, später und bei Berüh- rung trübbraun. Ph. erebia (Fr.). Hut 3—5 cm breit, feucht schwach klebrig, umbrabraun mit dunklerer Mitte, trocken trüb-ockerfarben, runzelig; Stiel 3—6 cm lang, 3—5 mm dick, mit weisslichem Ringe; Lamellen etwas entfernt stehend, anfangs hellbraun, später trübbraun, mit hellerer Schneide. In Wäldern und Gebüschen, auf blosser Erde; August, September. 8. Hut dicker fleischig, am Rande nicht gestreift. Y Stiel röhrig, aussen faserig, Ph. pumila (Fr.). Hut 6—9 mm breit, gelblich ; Stiel 2—4 em was lang, 2—3 mm dick, mit gürtelförmigem, ziemlich vergänglichem Ringe; Lamellen dicht stehend, breit, blass-gelblich. In Gebüschen, auf moosigen Triften. — III. Schörzingen (Sm.). + Stiel anfangs voll, unterhalb des Ringes sparrig-schuppig. Ph. mutabilis (ScHArrr.). Hut 5—7 cm breit, feucht zimt- braun, am Rande dünn, kahl, trocken ockerfarben; Stiel 6—10 cm lang, 4—8 mm dick, faserig, mit einem häutigen, bräunlichen, ab- stehenden Ringe, zimtbraun, nach unten schwärzlichbraun ; Lamellen dicht stehend, am Stiele etwas herablaufend, anfangs hellbraun, später rostbraun. — Ist ein guter Speisepilz. An alten Laubholzstöcken, meist in grossen Büscheln wachsend; Juli bis November. — Im ganzen Gebiet häufig. I. Stuttgart (M., Hess, Er.); Hohen- heim (OK., Mr.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (Osmr.); OA. Crails- heim (Br.); Ellwangen (Kz.). II. Wildbad (O.); Bulach (Hnm.); Ober-Kollwangen (Mr.). II. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.); Seissen OA. Blau- beuren (Mr.). IV. Ulm (V.); Warthausen (RKW.). Il. Hut schuppig oder fädig. A. Hut mit schleimigem Überzuge. Ph. adiposa (Fr.). Hut dickfleischig, 6—20 cm breit, gold- gelb, mit sparrig abstehenden, dunkleren, später abfallenden Schuppen; Stiel 9—18 cm lang, 2—3 cm dick, voll, gelb, schuppig, klebrig; Lamellen breit, anfangs gelb, später rostbraun. — Essbar. An lebenden und frischgefällten Stämmen, rasenweise; Juli—Oktober. — I. Öhringen (0.). II. Wildbad (0.). B. Hut mit trockener oder kaum klebriger Oberfläche. a. Stiel schuppig. a. Stiel anfangs voll, später hohl werdend. i Hut schuppig oder körnig; Lamellen anfangs gelb. * Hut dünnfleischig, gelb, mit rostbraunen Schüppchen. Ph. muricata Fr. Hut 2—6 cm breit, trocken; Stiel 2—6 cm lang, 2—4 mm dick, mit vergänglichem Ringe, dicht faserig und schuppig; Lamellen breit und dünn. An alten Buchenstümpfen; Sommer und Herbst. ** Hut fleischig, gelbbraun, mit schwefelgelben Schuppen. Ph. flammans (Fr.). Hut 4—8 cm breit, trocken; Stiel 8 cm lang, 4—”7 mm dick, sparrig-schuppig, gelb, mit gelbem, ganz- randigem Ringe; Lamellen dicht stehend. An alten Nadelholzstämmen ; September. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). 17 Hut angedrückt faserig-seidenhaarig; Lamellen anfangs blassgelb. — 446 — Ph.terrigena Fr. Hut festfleischig, 4—8 cm breit, schmutzig- gelb; Stiel 6 cm lang, 6—13 mm dick, faserig und mit warzen- förmigen, rostbraunen Schuppen bedeckt; Schleier teils als Ring am Stiele, teils am Hutrande hängend; Lamellen später olivenfarbig- rostbraun. Auf humosem Waldboden. — I. Trillingen ziemlich häufig (RıE.). III. Im Eckwald bei Schörzingen (Sm.). ß. Stiel voll und fest. j Hut mit weisslichen, wollig-flockigen Schuppen; Stiel weiss. Ph. destrwens (Broxpeav). Hut mit dickem, festem, weissem Fleische, 6—10 cm breit, trocken, weisslich oder gelblich; Stiel bis 10 cm lang, 2—3 cm dick, grobschuppig, mit schuppig-häutigem Ringe; Lamellen anfangs blass, später kastanienbraun. Geruchlos. An lebenden und gefällten Pappelstämmen; September— Dezember. if Hut mit bräunlichen Schuppen; Stiel gelb. * Hut trocken, mit sparrig abstehenden Schuppen dicht besetzt. Ph. squwarrosa (Mürzer). Hut fleischig, 6--10 cm breit, trocken, blassstrohgelb mit dicken, dunkleren Schuppen ; Stiel8—-12 cm lang, 1—1'/, cm dick, zäh, mit schuppigem Ringe, darunter sparrig- schuppig; Lamellen anfangs blass-grünlichbraun, später umbrabraun. Geruch unangenehm. An Laubhölzern, auf Stämmen oder in der Nähe derselben, meist haufen- weise; September—November. — I. Stuttgart vielfach (Mı., RıE.); Hohenheim häufig (OK., Mr.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (OBımr.); Ellrichs- ° hausen und Rechenberg OA. Crailsheim (Br.); Stetten im Remsthal (Er); Gmünd (Fritz). III. Aalen-Wasseralfingen vielfach (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Wart- hausen (RKW.). var, reflexa SCHAErF. Hut dünn, mit spitzem Höcker, haarig- schuppig; Stiel hohl werdend, lang; Ring oft häutig. Am Grunde von Eichen in schattigen Wäldern. — III. bei Schörzingen (Sı.). var. verruculosa Lasch. Hut fest, stumpf, gelb, dicht mit zimtbraunen Schuppen und Papillen bedeckt; Stiel zottig-schuppig. An Ahornstämmen. var. Mülleri Fr. Hut stumpf, blass, angedrückt-schuppig, feucht; Lamellen bräunlich. An Buchenstänmen. ** Hut schwach klebrig, mit angedrückten, faserigen Schuppen. Ph. auwrivella (Barscn). Hut fleischig, 6—10 cm breit, gold- gelb oder braungelb, mit dunkleren Schuppen; Fleisch gelb; Stiel — MM 1— 6—9 cm lang, 1—2 cm dick, gelb, mit ziemlich dauerhaftem, ab- stehendem Ringe, darunter angedrückt-schuppig; Lamellen anfangs hellgelblich, zuletzt rostbraun. Geruchlos. An lebenden Stämmen von Weiden und andern Laubhölzern, meist einzeln. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arrn.); Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). var. filamentosa (ScHAEFF.) Hut dünn, braungelb, mit an- gewachsenen Schuppen; Ring flockig-strahlend. An Nadelholzstümpfen; September, Oktober. b. Stiel glatt oder faserig. @. Stiel voll. T Stiel ziemlich cylindrisch, glatt; Lamellen bauchig. Ph. aurea (Prrs.). Hut fleischig, 5—10 cm breit, goldgelb, mit etwas dunklerer Mitte, fast filzig oder kleinschuppig; Fleisch weiss, gelb werdend; Stiel 10—15 em lang, 2—3 cm dick, blass- gelb, mit abstehendem, strahlig gestreiftem Ringe; Lamellen anfangs hellgelb, später zimtbraun. Auf Heiden und Grasplätzen; August—Oktober. — I. Stuttgart (M., v. Roser); bei Roseck im Schönbuch (ScHÜBLER). TT Stiel bauchig, am Grunde wurzelnd, oben mehlig; La- mellen schmal. Ph. spectabilis Fr. Hut festfleischg, 6—15 cm breit, mit seidenartigen Fasern oder Schuppen bedeckt, gelbbraun oder goldgelb, mit schwefelgelbem Fleische; Stiel 5—10 cm lang, 2—3 cm dick, oberhalb des oft kleinschuppigen Ringes mehlig; Lamellen dicht stehend, gelb, später rostbraun. Geschmack scharf bitter. Am Grunde von alten Bäumen, besonders Eichen. ß. Stiel mehr oder weniger hohl, dünn, gekrümmt. T Stiel am Grunde knollig; Lamellen mit kleingesägter Schneide. Ph. tuberculosa (ScHArrr.). Hut fleischig, 2'/,—6 cm breit, gelbbraun, angedrückt-schuppig; Stiel 2—4 cm lang, 4—7 mm dick, faserig, gelb, mit vergänglichem Ringe; Lamellen gelblich, später blass zimtbraun. An Laubholzstümpfen; Sommer und Herbst. — I. Stuttgart im Kräher- wald (M.); Hohenheim (Mr.). if Stiel am Grunde nicht verdickt; Lamellen mit ganzer, meist flockiger Schneide. Ph. curvipes (Aue. u. Schw.). Hut dünnfleischig, gebrech- lich, 4—6 cm breit, lebhaft gelb, mit angedrückten, flockigen Schuppen — 48 — bedeckt; Stiel 3—4 em lang, 2—4 mm dick, zäh, gelb, faserig, mit einem flockigen, strahligen Ringe; Lamellen breit, anfangs gelblich, später zimtbraun. In Gärten und Hainen, auf Ästchen, Holzsplittern u. dergl.; August bis Oktober. 20. Gatt. Pratella Fr. Hut frei, in der Jugend nicht durch einen Schleier mit dem Stiele verbunden; Sporenpulver dunkelbraun oder violettbraun. I. Stiel etwas knorpelig, röhrig, gebrechlich; Hut anfangs mit geradem, dem Stiele angedrücktem Rande. A. Stiel glänzend weiss; Hut gestreift, anfangs kegelig-glocken- förmig. a. Lamellen braun. P. spadiceogrisea (ScHarrr.). Hut ziemlich häutig, kahl, anfangs kastanienbraun, dann graubräunlich, 6 cm breit; Stiel 5—9 cm lang, 3—6 mm dick, an der Spitze verjüngt und gestreift; Lamellen angeheftet, ziemlich dicht stehend, schmal. Am Grunde alter Bäume in Wäldern und an Wegen; Sommer und Herbst. — I. Stuttgart (M.). II. Aalen-Wasseralfingen vielfach (H.). b. Lamellen purpur-grau. P. gyroflexa (Fr... Hut häutig, gebrechlich, 10—12 mm breit, graubraun mit rötlicher Mitte, kahl; Stiel 6 cm lang, 2 mm dick, schlank, gebogen ; Lamellen angeheftet, dicht stehend. An Böschungen, Hohlwegen, in Wäldern; September, Oktober. B. Stiel blass, weisslich; Hut runzelig, anfangs glockig. P. obtusata (Fr.). Hut etwas häutig, 2 cm breit, kahl, durchfeuchtet, umbrabraun, trocken blass; Stiel eylindrisch, am Grunde gekrümmt, 6—8 cm lang, 2—5 mm dick, glatt und kahl; Lamellen angewachsen, ziemlich entfernt stehend, blass umbrabraun. An alten Baumstümpfen, besonders von Eichen; September, Oktober. — II. Wildbad (O.). II. Stiel röhrig, steif oder zäh; Hut anfangs mit eingebogenem Rande. A. Hut bläulich-weisslich. P. cernua (Fl. dan.). Hut ziemlich fleischig, 1—3 cm breit, kahl, durchfeuchtet, trocken runzelig; Stiel 3—6 cm lang, 2—3 mm dick, weiss, kahl, an der Spitze leicht bereift; Lamellen anfangs weisslichgrau, dann schwarzbraun. In Wäldern an Baumstümpfen und auf dem Boden. — II. Wildbad in den Anlagen am Bahnhof (O.). —' 449 — B. Hut braun. P. spadicea (Scharrr.). Hut fleischig, 6—11 cm breit, glatt und kahl, durchfeuchtet; Stiel zäh, knorpelig, 3—11 cm lang, 3 bis 5 mm dick, blass, kahl; Lamellen abgerundet angeheftet, dicht stehend, anfangs weisslich, später rötlichbraun. Am Grunde von Stämmen und zwischen Gras, rasenweise; September bis November. — I. Im Kesselwald bei Stockheim (Arın.). 21. Gatt. Pstilocybe Fr. Hutrand vor dem Entfalten des Hutes mit dem Stiele durch einen sehr zarten, spinnwebartig seidenfädigen Schleier verbunden, welcher bald verschwindet; sonst wie Pratella. I. Stiel zerbrechlich, weiss oder weisslich; Hut häutig. A. Stiel seidig, aus verdicktem, wurzelndem Grunde verjüngt. P, microrrhiza (Lascnh). Hut 2—2!/, cm breit, anfangs am Rande mit zartem, flockigem Schleier, später mit weichen, glän- zenden Körnchen bedeckt, zerbrechlich, ockergelb oder rotbraun, trocken blass; Stiel 5—7 em lang, 2—4 mm dick; Lamellen schmal, dicht stehend, anfangs blass, dann schwärzlichbraun. Auf fettem Boden, Wiesen; Sommer und Herbst. — III. Aalen-Wasser- alfingen vielfach (H.). B. Stiel filzig oder zottig behaart. a. Hut gestreift; Lamellen anfangs weiss. P. gossypina (Burr.). Hut 8 cm breit, anfangs filzig, später glatt, ockergelb-thonfarbig; Stiel weisslich, filzig; Lamellen bauchig, später schwarzbraun. In Wäldern, an Ästchen und auf dem Boden. -- I. Hohenheim im botanischen Garten, am Königssträssle bei Klein-Hohenheim, im Möhringer Wald (Mr.). b. Hut nicht gestreift; Lamellen anfangs graubraun. P. pennata (Fr.). Hut gebrechlich, 1—2 cm breit, mit an- fangs eingebogenem Rande, der mit weissen, anfangs sich zum Stiele hinziehenden Fasern besetzt ist; Oberfläche graubraun, später ocker- farben, anfangs mit faserigen Schüppchen besetzt, später kahl; Stiel 1'1/,—2!/, em lang, 1—2 mm dick, gebrechlich, silbergrau oder hell bräunlich, zottig, oben pulverig; Lamellen später umbrabraun mit weisser Schneide. In Wäldern auf Brandstellen, zwischen und auf Holzkohle; August bis Oktober. Jahreshefte d. Vereins £, vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 29 — 450 — II. Stiel biegsam, gelb oder bräunlich; Hut ziemlich fJleischig. A. Hut, auch am Rande, glatt. P. coprophila (Burr.). Hut 2—4 cm breit, rotbraun, trocken lederfarben, am Rande manchmal fädig befranst; Stiel 4—8 cm lang, 2—3 mm dick, hellbräunlich, anfangs flockig, später glatt, an der Spitze bereift; Lamellen etwas herablaufend, anfangs schmutzig gelblich, später schwarzbraun. Auf Mist und gedüngten Wiesen; September, Oktober. — I. Hohenheim mehrfach (Mr.). II. Wildbad. B. Rand des Hutes gestreift. a. Hut schwarzrot oder purpurbraun; Lamellen etwas am Stiele herablaufend. P. atrorufa (ScHArrr.). Hut kahl, 8—18 mm breit, mit fein gestreiftem Rande; Stiel röhrig, bis 6 cm lang, schlank, cylin- drisch, blass-kastanienbraun; Lamellen breit, umbrabraun. In Wäldern und auf Heiden. b. Hut rotbraun, frisch mit klebrigem Überzuge; Lamellen mit breitem Grunde angewachsen, später herablaufend. P. bullacea (Bvrn.). Hut 1'/,—2'/, cm breit, Rand anfangs mit feinen weissen Fäden und Flocken; Stiel 3—4 cm lang, 1 bis 3 mm dick, bräunlich, faserig, hohl; Lamellen dicht stehend, breit, dreieckig, anfangs gelbbraun, später violett-schwärzlich. Auf Mist, an Wegen, zwischen Gras; Mai—Oktober. 22. Gatt. Hypholoma Fr. Hut fleischig, Rand anfangs mit dem Stiele durch einen häu- tigen Schleier verbunden, welcher beim Entfalten des Hutes zerreisst und eine Zeitlang als häutiger, filziger Besatz am Hutrande zurück- bleibt; Stiel ohne Ring; Sporenpulver dunkelbraun oder purpurbraun. I. Hutoberfläche und Fleisch weisslich oder bräunlich; Stiel hohl, ge- brechlich, weiss. A. Hutoberfläche von Anfang an kahl. a. Lamellen anfangs weiss, später braun, mit weisser Schneide. H. stipatum (Pers). Hut anfangs eiförmig, später aus- gebreitet, 5—8 cm breit, sehr zerbrechlich, Rand anfangs anliegend, mit weissem, häutigem Schleier, der später vollständig verschwindet, Oberfläche anfangs weiss, flockig-schimmernd, später bräunlich oder rötlich, gefaltet und längsrunzelig; Stiel 6—8 cm lang, unten 3 bis 5 mm dick, nach oben verdünnt; Lamellen dicht stehend. In Gärten, zwischen Gras, am Grunde von Baumstümpfen, auch in Ge- wächshäusern; Mai— August. — 451 — b. Lamellen anfangs violett, dann zimtbraun. H. Candolleanum (Fr.). Hut anfangs glockig, später aus- gebreitet, 5—11 cm breit, kahl, wässerig, anfangs kastanienbraun, dann weisslich mit ockergelbem Scheitel; Stiel 8 cm lang, 3 bis 5 mm dick, am Grunde schwach verdickt; Lamellen dicht stehend. In Laubwäldern und Gebüschen, auf dem Boden; Sommer und Herbst. B. Hut anfangs, wenigstens am Rande, flockig oder feinschuppig. a. Stiel aussen faserig; Lamellen anfangs grau, dunkler gefleckt. H. cascum (Fr... Hut 3—5 cm breit, weisslich, grau oder bräunlich, gerunzelt, mit feinen Flocken oder Schuppen besetzt, später kahl, Rand in der Jugend mit weissem Schleier; Stiel bis 12 cm lang, 5—6 mm dick; Lamellen angeheftet, brüchig, zuletzt schwarzbraun. In Nadelwäldern ; September, Oktober. — I. Auf dem Birkensee im Schön- buch (KARRER). b. Stiel glatt; Lamellen anfangs hell-rötlichbraun. H.appendiculatum (Burr.). Hut 4—9 cm breit, am Rande in der Jugend durch einen weissen, häutigen Schleier mit dem Stiele vereinigt und dort anfangs weiss faserig-schuppig, später glatt, Ober- fläche anfangs hell ockerfarben, oft mit dunklerer Mitte, später grau- braun; Stiel 10—11 em lang, 5—8 mm dick, gebogen; Lamellen angewachsen, zuletzt dunkel purpurbraun. Variiert sehr in der Grösse und in der Dicke und Anheftungsweise der Lamellen. In dichten Rasen am Grunde von Bäumen und Baumstümpfen; Juni bis Oktober. II. Hutoberfläche und Stiel gelb. A. Fleisch weiss. H. capnoides (Fr.). Hut 2!/,—8 cm breit, kahl, gelb oder bräunlichgelb; Schleier purpurrot; Stiel eylindrisch, 5—8 cm lang, 4—-9 mm dick, seidenartig glatt, hellgelb, unten bräunlich; Lamellen breit, graubraun, später purpurn. In Nadelwäldern. — III. Schörzingen (Sm.). B. Fleisch gelb. a. Stiel hohl oder später hohl werdend. a. Stiel anfangs voll, bräunlichgelb. H. elaeodes (Pau). Hut 5—6 cm breit, trocken, glatt, rot- gelb oder ledergelb, glanzlos; Stiel 5 cm lang, cylindrisch, faserig, gebogen; Lamellen dicht stehend, dünn, anfangs grün, später oliven- farben. Geruch bitterlich. An Stämmen und auf dem Boden, rasenweise wachsend. — II. Wildbad (0.). 29* — 42 °— ß- Stiel hohl, gelb oder gelblichweiss. f Schleier gelb; Lamellen anfangs schwefelgelb , später grünlich; Hut schwefelgelb. H. fasciculare (Hups.). Hut meist 3—5 cm breit, mit dünnem, gelbfaserigem Rande, glatt, in der Mitte meist dunkler gefärbt; Stiel 5—15 cm lang, 4—6 mm dick, gelb, faserig, am Grunde oft zottig; Lamellen schmal, zuletzt schwärzlich. Geschmack bitter, An Baumstümpfen, auch am Boden, in dichten Büscheln wachsend; Mai bis November. Wohl überall häufig in Gärten, Feld und Wald. — I. OA. Bracken- heim häufig (Arınm.); Hochdorf OA. Vaihigen (RıE.); um Stuttgart und Hohen- heim häufig (M., Hess, Er., Rır., OK., Mr.); im Schönbuch (SchüBLEer); Main- hardter Wald (Sr.); Welzheimer Wald (Osur.); OA. Crailsheim (Br.); Ellwangen (Kz.); Trillfingen (Rır.). II. Wildbad (O.); Teinach zuweilen (Wuru); Ober- Kollwangen häufig (Mr.); Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen verbreitet (H.); Boll (Bavnm); Donnstetten (Kemmer); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Um Ulm häufig (Leororo, V., Haas); im Bofinger Wald (V.). if Schleier weiss; Lamellen anfangs weisslich-gelb, später grau; Hut blassgelb. H. epixanthum (Paur). Hut 3—8 cm breit, glatt, schwach seidenhaarig, später kahl; Stiel 5—8 cm lang, 6—9 mm dick, cy- lindrisch, flockig-faserig, gelblichweiss, unten bräunlich, an der Spitze bereift. An Baumstämmen. — III. Schörzingen (Sm.). b. Stiel voll. &. Hut dünnfleischig, am Rande von den Resten des Schleiers dicht weiss seidenhaarig. H. dispersum (Fr.). Hut 2—3 cm breit, mit dünnem Rande und glatter, gelber oder rötlichgelber Oberfläche; Stiel steif aufrecht, 3—4 cm lang, 2—2'/, mm dick, bräunlich, mit weissen, seiden- artigen Fasern dicht überzogen; Lamellen anfangs blass strohgelb, später rotbraun mit heller Schneide. In Nadelwäldern, an abgefallenen Nadeln und Ästchen; Oktober. — II. Wildbad (O.). III. Schörzingen (Sm.). ß. Hut dickfleischig, mit anfangs eingebogenem Rande, dort mit hellgelben, faserigen Schuppen; später kahl. H, sublateritium (Fr.). Hut 5—8 cm breit, glatt, trocken, gelb, in der Mitte rotgelb; Schleier und Fleisch hellgelb; Stiel 8 bis 15 cm lang, 8--12 mm dick, gelblich, nach unten meist verdünnt und bräunlich; Lamellen anfangs weisslich oder graugelb, später olivenbraun. — Soll geniessbar sein. — 453 — An Baumstämmen und in deren Nähe, büschelig oder einzeln; Juli bis November. — I. Hochdorf, Solitude (RıE.); um Stuttgart vielfach (M., Er., Rır.); Hohenheim (Mr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm häufig (V.). 23: Gatt. Psallvota Fr. Hut fleischig, sein Rand in der Jugend durch einen häutigen Schleier mit dem Stiele verbunden; Stiel nach der Entfaltung des Hutes oberhalb der Mitte mit einem häutigen oder häutig-schuppigen Ringe, der aus dem Reste des abgerissenen Schleiers besteht; Sporenpulver dunkelbraun oder purpurbraun. I. Lamellen nach hinten nicht oder wenig verschmälert, an den Stiel angewachsen ; Stiel allmählich in den Hut übergehend. A. Stiel, wenigstens anfangs, voll; auf Mist wachsende Arten. a. Stiel lang, innen mit gefächertem Marke. P. stercoraria (Fr.). Hut bis 4 cm breit, glatt und kahl, gelb oder mit etwas grünlichem Anflug; Stiel 8 cm und mehr lang, mit weissem, abstehendem Ringe, darunter flockig, glatt, etwas klebrig, weisslich; Lamellen breit angewachsen, anfangs blass, später umbra-. oder olivenbraun. Auf Mist, an Wegen, in Wäldern; September, Oktober. — I. Neipperg: OA. Brackenheim (O.). III. Schörzingen (Sm.). b. Stiel kurz, anfangs voll, später hohl. P. merdaria (Fr... Hut 3—4 cm breit, kahl, wässerig, blass-zimtbraun, später am Rande gestreift; Stiel zäh, meist ca. 2!/, cm lang, blass, flockig, später glatt, mit einem zarten Ringe; Lamellen anfangs gelblich, dann umbrabraun. Auf vertrocknetem Mist. B. Stiel hohl; die Arten wachsen nicht auf Mist. a. Hut mit dickem, spangrünem Schleim bedeckt. P. aeruginosa (Curr.). Hut 3—11 cm breit, nach Ablösung des Schleimüberzuges gelblich; Stiel eylindrisch, 5—10 cm lang, 6—10 mm dick, blaugrün, mit einem abstehenden, schuppig-häutigen Ringe, darunter schuppig oder fädig, anfangs schleimig; Lamellen breit angewachsen, purpurbraun. In Gärten, Gebüschen, an Waldrändern, in feuchten Wäldern; September bis Dezember. — I. Im OA. Brackenheim häufig (Arım.); Stuttgart mehrfach (M., Hess); um Hohenheim nicht selten (Mr.); Trillfingen selten (Rır.). II. Wild- bad (O.). Schörzingen (SM.). b. Hutoberfläche etwas klebrig. «@. Hut und Stiel glatt. — 454 — P. melanosperma (BurL.). Hut 3—5 cm breit, gelb, ver- blassend; Stiel cylindrisch, 3—5 cm lang, 3—5 mm dick, glatt, weiss, mit weissem, häutigem Ringe; Lamellen angeheftet, anfangs blass-violett, später schwarzbraun. Auf gedüngten Wiesen, in Gärten, auf Feldern; Juli—Oktober. — I. Möh- ringen a. F. (Mr.). II. Schörzingen (Sm.). P. Hut und Stiel schuppig. P. sgquamosa (Prrs.). Hut 3—6 cm breit, gelb mit dunklerer Mitte, trocken glänzend, mit sparsamen, dunkleren, angedrückten Schuppen; Stiel 8-11 cm lang, 4—6 mm dick, gebogen, etwas röhrig, zäh, gelbbräunlich, mit einem vergänglichen, häutigen Ringe, darüber fein weiss-flaumig, darunter fädig-schuppig; Lamellen aus- gerandet, angeheftet, grünlichgelb, später rotbraun mit weisser Schneide. | In ‘Wäldern, auf abgefallenen Zweigen ; September, Oktober. II. Lamellen hinten abgerundet, vom Stiele frei; Stiel vom Hute scharf gesondert. A. Stiel voll; Hut fleischig. a. Lamellen anfangs aschgrau, später braun. P. pratensis (ScHArrr.). Hut 5—6 cm breit, glatt oder klein-schuppig, weisslich-aschgrau; Stiel 4—8 cm lang, 1 cm dick, am Grunde verdickt, kahl, mit vergänglichem Ringe, weiss; La- mellen schmal, scharf. — Geniessbar. Auf Wiesen, an Wegen, auch in Laubwäldern; Frühjahr bis Herbst. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). IV. Warthausen (RKW.). b. Lamellen anfangs weiss, schmutzigweiss oder rosenrot. a. Hut und Stiel gelblich; Lamellen gezähnelt. P. flavescens Gısı. Hut 5—”7 cm breit, glatt, kahl und glänzend, anfangs weisslich, dann bräunlichgelb, Fleisch weiss; Stiel nach oben verdünnt, unten knollig, weiss oder gelblich, innen markig- voll, mit häutigem, innen gelbem, flüchtigem Ringe; Lamellen schmutzigbraun. In Nadelwäldern; Herbst. — III. Schörzingen (S1.). .ß. Hut weiss oder bräunlich; Stiel weiss; Lamellen ganzrandig. P. campestris (L.). Hut dickfleischig, anfangs fast kugelig oder halbkugelig, später flach gewölbt, 6—15 cm breit, weiss oder bräunlich, seidenhaarig, flockig oder kleinschuppig, trocken; Fleisch weiss, weich, bei Verletzung rötlich werdend; Stiel 6—8 cm lang, 1—2 cm dick, nach unten schwach verdickt, weiss, in der Mitte mit einem dicken, häutigen, weissen Ringe; Lamellen dicht stehend, — 455 — anfangs rosenrot, später schwarzbraun. — Einer der vorzüglichsten Speisepilze (Champignon), der auch bisweilen kultiviert wird. Auf Triften, Exerzierplätzen, in Gärten, besonders an mit Pferdemist ge- düngten Stellen; Juni—Oktober. — Verbreitet, aber nirgends sehr häufig. I. Heilbronn (OK.); Nordhausen OA. Brackenheim (O.); Hochdorf OA. Vaihingen (RıE.); Stuttgart mehrfach, besonders auf dem Degerlocher Exerzierplatz und auf der Feuerbacher Heide (M., Mr., Rır., Hzss, Er.) ; Hohenheim mehrfach (OK.), Echter- dingen (Mr.); um Tübingen bei Waldhausen, Roseck, Hirschau (ScCHÜBLER, GMELIN); Mergentheim (Fuchs); Lindelberg bei Öhringen (O.); im OA. Crailsheim nicht häufig, im städtischen Eichwald, bei Gründelhardt (Br.); im OA. Ellwangen bei Ellwangen und Tannenburg (Kz., KEMmMLER); Mainhardt (GrÄTER); im Main- hardter Wald nicht häufig (Sr.); Vorder-Steinenberg und überhaupt im Welz- heimer Wald (Opur.); Gschwend (Er.); Trillfingen im Eichwald (Rır.). II. Hirsau selten (KocaH); um Teinach selten, am meisten noch auf der ans Heckengäu an- grenzenden Markung Liebelsberg (Wurm). III. Kapfenburg OA. Neresheim (Koch); Aalen-Wasseralfingen vereinzelt (H.); Zell OA. Kirchheim (BavzHın); Reutlingen beim Wackerstein (D.); Schörzingen (Sm.); Pfronstetten OA. Münsingen (PrizkEx- MAYER). IV. Ulm: in der Friedrichsau, im Eselswald, bei Möhringen (V., Haas); bei Sötlingen (LeoroLp); Ringingen OA. Blaubeuren, Heiliskreuzthal OA. Ried- lingen (PFIzENMAYER); Warthausen, Heggbach, Langenschemmern, Königshofen im OA. Biberach, Laupheim und Schönebürg im OA. Laupheim (RKW.); Ravens- burg (BEIGEL). var. silvicola Vırr. Hut glatt, glänzend, weiss; Stiel ver- längert, schwach knollig, mit ungeteiltem Ringe; Fleisch fast un- veränderlich; Lamellen anfangs weisslich. In Wäldern. — I. Riedenberger Wäldchen (M.ı.). var. praticola Vırr. Hut rotschuppig, mit bald rötlich werden- dem Fleisch. Auf Weiden und Triften. — I. Hohenheim am langen See (Mr.). II. Wild- bad-Windhof am Strassenrain (O.); Bulach (Hn.). var. vaporaria KromsH. Hut gelblich werdend, faserig-schup- pig; Lamellen schmutzig fleischfarben; Ring breit, hängend, ungeteilt. Auf Gerberlohe. — I. Solitude, Hohenheim (OK., Mr.). II. Wildbad bei der Gasfabrik (O.). IV. Warthausen und Königshofen im OA. Biberach, Wald- see (RKW.). | B. Stiel hohl. a. Hut dünnfleischig, mit rötlichen Schuppen bedeckt. P. rubella Gww. Hut 4—5 cm breit, stumpf, mit einem Höcker; Fleisch weiss, nur in der Mitte des Hutes braun; Stiel weisslich, glatt und nackt, dünn, 5 cm lang, unten mit einer kugeligen Knolle; Lamellen anfangs weisslich, dann braunrötlich. In Gebüschen. — III. Im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen OA. Rottweil (Sı.)- — 456 — b. Hut fleischig, schuppig, faserig oder kahl. @. Hut braun-faserig oder -schuppig. P. silvatica (Scharrr.). Hut ziemlich dünnfleischig, 6 bis 8 cm breit, weisslich, in der Mitte mit einem braunen Höcker; Stiel 6—10 cm lang, bis 1 cm dick, cylindrisch, weiss, mit einem dünnen, häutigen Ringe; Lamellen schmal, anfangs rötlich, später dunkelbraun. — Essbar. In Laub- und Nadelwäldern; September, Oktober. — I. Eichelberg OA. Weinsberg (O.); Stollenhof und Oberheimbach OA. Weinsberg (Sr.). III. Aalen- Wasseralfingen vereinzelt (H.); Reutlingen am Georgenberg nicht häufig (D.). IV. Ulm selten (V.); Warthausen nicht häufig (RKW.). f. Hut weiss, glatt oder kleinschuppig. j Hut anfangs kugelig; Ring zurückgebogen, am Rande wieder aufsteigend. P. cretacea (Fr.). Hut fleischig, rein weiss, anfangs seiden- artig glatt, später kleinschuppig oder faserig, 5—10 cm breit; Fleisch weich; Stiel glatt, nach oben verjüngt, mit breitem, blei- bendem Ringe; Lamellen ziemlich entfernt stehend, vorn breiter, anfangs weiss, dann fleischrot, zuletzt braun-schwärzlich. — Ge- niessbhar. Auf fetten Grasplätzen. — IV. Ulm selten (V.); Warthausen, Heggbach (RKW.). TT Hut anfangs cylindrisch-kegelförmig, mit abgeflachtem Scheitel; Ring hängend, dick, aus einer doppelten Lage bestehend. P. arvensis (SCHAEFF.). Hut fleischig, 8—15 cm breit, an- fangs flockig, kleiig, später kahl, weiss, durch Berührung meist gelb werdend; Fleisch weiss, unveränderlich; Stiel 5—14 cm lang, 2—3 cm dick, nach unten meist verdickt; Lamellen anfangs weiss- lich, später rötlich, zuletzt schwarzbraun. — Geniessbar, aber weniger wohlschmeckend als der Champignon. Auf Wiesen, in Wäldern und Gärten; August bis Oktober. — I. Hohen- heim, Möhringen a. F. (Mı.); Mainhardter Wald (Sr.). III. Kapfenburg OA. Neresheim nicht häufig (Kocn); Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Im Ulmer Gebiet nicht selten, besonders bei Möhringen, jedoch immer in kleinen Exemplaren (V.). 24. Gatt. (oprinarius Fr. Hut ohne Schleier, bei vollendeter Entfaltung frei vom Stiele; Stiel ohne Ring; Sporenpulver schwarz, Sporen mit schwarzer, dunkel- brauner oder violetter Membran. — 457 — I. Hut dünn und gebrechlich; Stiel gebrechlich, dünn, hohl. A. Stiel schlaff, gebogen, an der Spitze (wenigstens in der Jugend) bereift oder kleiig. a. Hut von Anfang an kahl. C. subtilis (Fr.). Hut häutig, glockenförmig, 6—7 mm breit und hoch, durchscheinend, bräunlichgelb, gestreift, im trockenen Zu- stande glatt, weisslich ; Stiel fadenförmig, glatt, 3—4 cm lang, weiss- lich; Lamellen grauschwarz mit weisslicher Schneide. Auf Mist, besonders in feuchten Wäldern. — I. Hohenheim (Mı.). b. Hut wenigstens anfangs kleiig. «&. Hut sehr dünnhäutig, am Rande furchig gestreift. CO. disseminatus (Pers.). Hut ei- oder glockenförmig, 1—2 cm breit, schnell vergänglich, hell ockerfarben, später grau, anfangs mit weissen, kleiigen Flocken besetzt, später kahl; Stiel 4—5 cm lang, l mm dick, anfangs etwas kleiig, später glatt, weiss; Lamellen lineal, anfangs weiss, später grau, zuletzt schwarz. In Masse am Grunde von Baumstämmen, auch auf Garten- und Wald- land; Mai—November. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arım.); OA. Crails- heim (Br.); Hohenheim (Mr.). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen häufig (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm an Pappeln beim Schützenhause häufig (V.). ß. Hut fast häutig, fein gestreift. ©. atomatus (Fr.). Hut glockenförmig, stumpf, 1—2!/, cm breit, feucht blaugrau, trocken rötlichweiss, mit glänzenden Körnchen kleiig bestäubt; Stiel 5—6 em lang, oben staubig-kleinschuppig, weiss ; - Lamellen bauchig, grau, später schwarz. Auf Grasplätzen, an Wegen; Juli—September. — III. Schörzingen (Sm.). B. Stiel steif und gerade, oben nicht kleiig. a. Stiel am Grunde zottig. O©. gracilis (Prrs.). Hut kegelförmig, 2—3 cm breit, feucht grau, trocken weisslich, oft mit rötlichem Anfluge, glatt; Stiel 8S—10 cm lang, 1—2 mm dick, weisslich; Lamellen am Stiele sehr breit an- gewachsen, gerade, grau mit rötlicher oder weisslicher Schneide, später schwarz. In Gärten, auf Äckern, an Wegen; Juni—November. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arım.). II. Am Wege von Freudenstadt nach Rippoldsau (M.). b. Stiel ganz glatt. @. Hut rötlich, mit gestreiftem Rande. C©. hydrophorus (Burr.). Hut glockig, dann ausgebreitet, 2—3 cm breit, kahl; Stiel 2 mm dick, weiss, oben betaut; Lamellen am Stiele angewachsen, schmal lineal, bläulich-schwärzlich. In Gärten, auf Waldtriften. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arın.). — 458 — P. Hut gelbbräunlich, glatt. C. conopileus (Fr.). Hut glockig oder kegelförmig, 3—6 cm breit, durchfeuchtet; Stiel 10—16 cm lang, 2—4 mm dick, röhrig, weiss; Lamellen aufsteigend, mit schmalem Grunde angeheftet, 2 cm breit, anfangs grau, später schwarz. In Gärten, zwischen Gras und Laub; August—November. II. Hut ziemlich fleischig, nicht gebrechlich; Stiel steif, zäh, von einer zähen Rinde überzogen. A. Stiel hohl. C. callosus (Fr.). Hut kegelig-glockenförmig, glatt und kahl, trocken, weisslich, gelblich oder bläulich, 1'/,—2 cm breit; Stiel 5—8 cm lang, 1—2 mm dick, oft gebogen, kahl, blass; Lamellen bauchig, russfarbig-schwarz. An grasigen Wegrändern. B. Stiel voll, höchstens später hohl werdend. a. Hut kegelförmig, zugespitzt. «&. Hut braunrötlich, am Rande mit einer schwärzlichen Zone. C. acuminatus (Fr.). Hut 2 cm breit und hoch, glatt und glänzend, in der Jugend mit gekerbtem Rande; Stiel 2'/, cm lang, dünn, bereift, weisslich, nach unten braun, mit verdicktem Grunde; Lamellen dicht stehend, bauchig, schwarz werdend. Auf schattigen Grasplätzen, Weiden, an Wegen, auf Mist; Herbst. ß. Hut gelb oder olivenbräunlich. O0. semilanceatus (Fr.). Hut mit warzenförmigem Scheitel, 1—2 cm breit und hoch, frisch klebrig, trocken glänzend, fein ge- streift; Stiel 6—10 cm lang, 1—2 mm dick, gebogen, hell grau- braun, schwach faserig; Lamellen angeheftet, aufsteigend, gelb, später schwärzlich. An Wegen und auf gedüngten Wiesen; September, Oktober. — III. Schör- zingen (SM.). b. Hut glockenförmig oder halbkugelig, oft später sich aus- breitend. a. Lamellen rauchgrau, dunkler gefleckt. C. fimicola (Fr.). Hut 1—2!/, cm breit, kahl, glanzlos, graugelb oder gelbbraun, am Rande mit einer dunkler braunen Zone; Stiel 4—8 cm lang, blass, oben weiss bereift; Lamellen bauchig, am Stiele angewachsen. Auf Mist, Grasplätzen, Weiden; Juli—Oktober. — I. Nordheim OA. Bracken- heim bei der Sägmühle (O.); Birkach (Mı.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). — 459 — pP. Lamellen anfangs gelblich oder bräunlich, zuletzt dunkel mit weisser Schneide. Sporenpulver schwarz mit braunem Schimmer; Lamellen zuletzt schwarzbraun. ©. foenisecii (Pers.). Hut zuletzt flach ausgebreitet, 1'/, bis 2 cm breit, graubraun, später trüb rötlichbraun; Stiel 4—5 cm lang, 2 mm dick, anfangs rötlich, seidenglänzend, oben feinkleiig; Lamellen bauchig, nach hinten verschmälert. Auf Wiesen und an Wegen; Juni—August. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sı.). if Sporenpulver und Lamellen zuletzt schwarz. * Stiel später hohl werdend. ©. diehrous (Pers.). Hut 1—2 cm breit, zuletzt ausgebreitet, feucht etwas klebrig, kastanienbraun, trocken glänzend, lederbraun ; Stiel 3—4 cm lang, 1 mm dick, blassbräunlich, weissfaserig; Lamellen hinten sehr breit, angewachsen, anfangs blassbräunlich. Auf feuchten Sandplätzen und Heiden zwischen Moos, herdenweise; Mai bis November. ** Stiel voll bleibend. C. ericaeus (Pers.). Hut 2—4 cm breit, zuletzt flach ge- wölbt, rötlich-ockerfarben, trocken glänzend; Stiel 5—6 cm lang, 2—4 mm dick, ockerfarben, schwach seidenhaarig, oben weissflaumig ; Lamellen angeheftet, anfangs hellgelblich, später schwarz bestäubt, mit welliger Schneide. Auf nassen Wiesen und Heideplätzen; August— Oktober. 25. Gatt. Cortintiopsis SCHROET. Hut fleischig, in der Jugend mit dem Stiele durch einen spinn- webefädigen Schleier verbunden, der eine Zeit lang als fädiger Ring am Stiele zurückbleibt; Sporenpulver schwarz, Membran der Sporen schwarzbraun, fast undurchsichtig. I. Schleier gelbbraun. C©. pyrotricha (Hoınsk.). Hut anfangs kegelförmig, dann halbkugelig, ”—8 cm breit, feurig-gelbbraun, mit gelbbraunen, zu- weilen schuppenartig gebüschelten, angedrückten Fasern dicht be- deckt; Stiel 6—8 cm lang, 1'/, cm dick, gelbbraun, oft sparrig- schuppig; Lamellen blass, später bräunlich. Am Grunde von Baumstämmen in Laub- und Nadelwäldern. — III. Schör- zingen (Sı.). U. Schleier weiss; Schneide der Lamellen in der Jugend mit Wasser- tröpfchen besetzt. — 460 — A. Hut mit derbem, rötlichem Fleische. ©. lacrimabunda (Fr... Hut gewölbt, 5—8 cm breit, haarig-schuppig, anfangs weiss, später bräunlich; Stiel 4—8 cm lang, 6—9 mm dick, von der Farbe des Hutes, faserig-schuppig, am Grunde verdickt; Lamellen anfangs rostgelblich, später purpurbraun. In Laubwäldern an Stämmen und auf dem Boden; Herbst. — I. Geddels- bach OA. Weinsberg (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). B. Hutfleisch dünn, gelblich. C. velutina (Pers). Hut anfangs glockig-eiförmig, 5—8 cm breit, haarig-schuppig, kastanienbraun; Stiel steif aufrecht, 4—8 cm lang, 4-8 mm dick, schmutzigbraun, faserig-schuppig; Lamellen anfangs rotbräunlich, später schwarz. In Wäldern, Gebüschen und Gärten, auf Wegen; Juli—Oktober. — I. Bei Degerloch (M.). III. Schörzingen (Sı.). 26. Gatt. Chalymotta Karsten. Hut dünnfleischig, Rand anfangs mit dem Stiele durch einen häutigen Schleier verbunden, welcher bald verschwindet, und nach der Entfaltung des Hutes nur eine Zeit lang am Hutrande als filziger Besatz zurückbleibt; Stiel zäh, ohne Ring; Sporenpulver schwarz, Membran der Sporen schwarz. I. Stiel rötlichbraun, mit pulveriger, weisslicher Bekleidung; Lamellen am Stiele angeheftet. Ch. campanulata (L.). Hut glockenförmig, 1'/,—2'/, em breit und hoch, glatt und kahl, trocken glänzend, grau oder bräun- lich; Stiel 6—10 cm lang; 2—3 mm dick, oben gestreift; Lamellen nach hinten verschmälert, anfangs grau, gefleckt, später schwarz, ‘ mit weisser Schneide. Auf Mist, gedüngten Wiesen, in Gärten, an Wegen; Mai—November. — I. Auf dem grossen Wöhrt bei Tübingen (M.); OA. Crailsheim (Br... I. Wild- bad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). II. Stiel hellbräunlich, glatt, an der Spitze weiss bereift; Lamellen am Stiele mit breitem Grunde angewachsen. Oh. papilionacea (Burr.). Hut anfangs halbkugelig, später ausgebreitet, 2—5 em breit, graubraun, glatt und kahl, trocken rissig-schuppig; Stiel 6—8 cm lang, 2—5 mm dick; Lamellen grau- braun fleckig, später schwarz, mit weisser Schneide. Auf Mist und gedüngtem Boden, in Gärten und auf Äckern; Juni bis Oktober. — I. Am Bopser bei Stuttgart (M.); Adolzfurth OA. Ohringen (0.). III. Schörzingen (S=.). — ‚461 — 27. Gatt. Anellaria Karsten. Hut dünnfleischig, ziemlich zäh, am Rande anfangs mit dem Stiele durch einen häutigen Schleier verbunden; Stiel mit einem häutigen Ringe; Sporenpulver schwarz, Sporen mit schwarzbrauner oder dunkelvioletter Membran. I. Stiel gebrechlich, mit undeutlichem Ringe, nicht klebrig. A. fimiputris (Burr.). Hut kegelförmig, später ausgebreitet, glatt, klebrig, schwarzgrau, trocken bläulich, 2!/,—6 cm breit; Stiel 5—11 cm lang, 1 mm dick, hell bräunlich, mit einer ringförmigen Zone; Lamellen breit, bläulich-schwaız. Auf Mist und gedüngtem Boden; Sommer und Herbst. II. Stiel zäh, mit einem abstehenden Ringe, unterhalb desselben klebrig. A. Lamellen am Stiele angeheftet, ziemlich dicht stehend. A. separata (L.).. Hut glockenförmig, 2—3 cm breit und hoch, hell gelblich oder bräunlich, mit klebrigem Schleim überzogen, trocken glänzend; Stiel 5—11 cm lang, 2 mm dick, am Grunde verdickt; Lamellen hellbräunlich, grau gefleckt, später schwarz mit weisser Schneide. Auf Kuhmist auf Weiden; September, Oktober. — II. Wildbad _(O.). B. Lamellen am Stiele breit angewachsen, ziemlich entfernt stehend. A. semiglobata (BarscnH). Hut anfangs fast kugelig, später halbkugelig, 1'/;—2'/, cm breit und hoch, gelb, mit schleimigem Überzuge, trocken glänzend; Stiel 5—8 cm lang, 2 mm dick, röhrig; Lamellen hell gelbbraun, später schwärzlich, mit weisser Schneide. Auf Mist und gedüngtem Boden; Mai—November. — I. Hohenheim auf den Versuchsfeldern (Mr.). III. Bad Boll (Baunm); Schörzingen (Sn.). 5. Gruppe. Marasmieae. Fruchtkörper von zäher, leder- artiger oder fast holziger Substanz, vertrocknend und beim Anfeuchten die ursprüngliche Gestalt wieder annehmend, daher sehr dauerhaft; Lamellen zähe; Sporenpulver weiss, Sporen mit farbloser, glatter, dünner Membran. Übersicht der Gattungen, I. Lamellen bei der Reife der ie nach gespalten und ihre Hälften nach aussen gerollt . . ... 2 2.28. Schizophyllum Fr. I. Lamellen einfach. A. Hut dickfleischig, allmählich in den Stiel übergehend, meist seitlich gestielt oder unregelmässig. a. Schneide der Lamellen gesägt oder zerschlitzt 29. Lentinus Fr. b. Schneide der Lamellen ganzrandig, glatt . 30. Panus Fr. B. Hut dünn, vom Stiele deutlich abgesetzt, regelmässig 31. Marasmius Fr, — 462 — 28. Gatt. Schizophyllum Fr. Fruchtkörper lederartig, zäh; Hut dünn, stiellos; Lamellen leder- artig, von verschiedener Länge, lange und kurze in regelmässiger Weise wechselnd, bei der Reife von der Schneide aus nach dem Ansatz in zwei Platten gespalten, welche sich nach aussen umrollen. S. commune Fr. Hut dünn, 1—4 cm lang und breit, an einem Punkte angeheftet, mit dünnem, anfangs umgebogenem, später welligem und zerschlitztem Rande, Oberfläche filzig, weiss, später zottig und grau; Lamellen fächerförmig gestellt, anfangs grau, später violettbraun. An lebenden und frisch gefällten Laubholzstämmen, gewöhnlich rasenweise; das ganze Jahr hindurch. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arın.); Hohenheim (OK.). II. Schörzingen (Sm.). 29. Gatt. Lentinus Fr. Fruchtkörper zäh, beim Eintrocknen holz- oder lederartig werdend; Hut in den Stiel übergehend, unregelmässig, mit seitlichem oder excentrischem Stiele oder ungestielt; Lamellen lederartig zäh, mit gesägter oder zerschlitzt-gezähnter Schneide. I. Hut stiellos, nierenförmig. L. flabelliformis (Borr.). Hut flach, 5—8 cm breit, dünn, zäh, mit gekerbt-gewimpertem, zuletzt krausem Rande, Oberfläche glatt, blassbraun; Lamellen breit, blass. An Baumstümpfen. II. Hut mit deutlichem Stiel. A. Oberfläche des Hutes glatt und kahl. L. suffrutescens (Bror.). Hut anfangs gewölbt, später trichterförmig, unregelmässig, anfangs blass, später braun werdend; Stiel verlängert, verholzend, glatt; Lamellen zerschlitzt, blass gelblich. An Holzwerk in Kellern, meist in einer monströsen Form, geweihartig verzweigt, mit scharfen, bräunlichen Spitzen, B. Oberfiäche des Hutes pulverig, warzig oder schuppig. a. Stiel hohl, glatt, anfangs klebrig; Oberfläche des Hutes an- fangs klebrig, später pulverig. L. adhaerens (Ar. u. Schw.). Hut anfangs gewölbt, später flach, zuletzt trichterförmig, 2—4 cm breit, grubig-runzelig, schmutzig- weiss oder bräunlich; Stiel excentrisch oder fast central, blass bräunlich ; Lamellen weiss, mit dünner zerschlitzter Schneide. An alten Baumstämmen, besonders Tannen; März, April. — III. Schör- zingen (SM.). — 465 — b. Stiel voll; Oberfläche des Hutes schuppig. @. Stiel gefurcht; Hut sehr unregelmässig. L. cochleatus (Pers.). Fruchtkörper gewöhnlich büschelig, oft untereinander verwachsen; Hut schlaff, trichterförmig, halbiert und dütenförmig zusammengerollt, 4—8 cm breit und hoch, Ober- fläche warzig-schuppig, hell gelblich oder schmutzig rötlich; Stiel excentrisch oder seitlich, 2—6 cm lang, rötlich; Lamellen weisslich, später schmutzig rötlich, mit gesägter Schneide. ‘An alten Stämmen, Asten und Wurzelstümpfen; Juli— Oktober. — I. Stutt- gart (M.). ß. Stiel filzig oder schuppig; Rand des Hutes anfangs ein- gerollt. T Hut anfangs zähfleischig, ziemlich dick. L. lepideus Fr. Hut S—15 cm breit, verschieden gestaltet, anfangs gewölbt, später in der Mitte niedergedrückt, Oberfläche ockerfarben oder weisslich, in dunklere Schuppen zerreissend ; Stiel 2—10 cm lang, bis 2 cm dick, excentrisch oder fast central, aussen filzig-schuppig, wurzelnd; Lamellen weiss oder gelblich. An Kieferstümpfen, Balken und Pfählen; Juni—Oktober. — III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sı.). * ij Hut lederartig, dünn. * Stiel dünn, schuppig. L. tigrinus (Burr.). Hut kreisrund, zuletzt trichterförmig, 4—12 cm breit, Oberfläche weiss, mit eingewachsenen, haarigen, schwärzlichen oder bräunlichen Schuppen; Stiel fast central, 4 bis 8 cm lang, '/, em dick, weiss; Lamellen schmal, weiss oder gelblich. Am Grunde alter Baumstümpfe, auch an lebenden Stämmen, besonders von Weiden und Pappeln; Juni, Juli und Oktober. — I. Stuttgart (M.); Tübingen (DUVERNOY). ** Stiel kurz, etwas seidenhaarig, am Grunde kleinschuppig. L. Dunalii (DC.). Hut verschieden geformt, 5 cm breit, blass, mit fleckenförmigen, angedrückten, später verschwindenden Schuppen; Stiel 2!/, em lang, 6 mm dick ; Lamellen dicht stehend, blass. Vorkommen wie bei L. tigrinus. 30. Gatt. Panus Fr. Schneide der Lamellen glatt, ganzrandig; sonst wie Lentinus. I. Hut ungestielt, heraufgebogen. P. violaceofulvus (BarscH). Hut dünn, wässerig, anfangs becherförmig, später ausgebreitet, "/, cm breit, oben bereift, am Grunde weissfilzig; Lamellen bauchig, netzaderig, blass violett. An Nadelholz. — 464 — II. Hut gestielt. A. Stiel seitenständig; Lamellen am Stiele scharf abgegrenzt. P. stypticus (Burr.). Hut nieren- oder halbkreisförmig, 1 bis 3 cm breit, mit anfangs eingerolltem, später geschweiftem, oft krausem Rande, ockerfarben, später verblassend, Oberfläche anfangs glatt, später kleiig-schuppig zerreissend; Stiel bis 1 cm lang, glatt; La- mellen dünn, dichtstehend, schmal, zimtbraun. — Geschmack zu- sammenziehend, später brennend. An Laubholzstümpfen, gewöhnlich in grösseren Haufen; fast das ganze Jahr hindurch. — I. Stockheim und Güglingen OA. Brackenheim (Arın.); Hoch- dorf bei Vaihingen a. E. (Rır.); Stuttgart häufig (M., Rız., GESSLER); Birkach (OK.); Vorder-Steinenberg (Osır.); Crailsheim (Br.); Trillfingen (Rır.). II. Wildbad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Su.). IV. Ulm (Des.). B. Stiel excentrisch, kurz; Hut unregelmässig; Lamellen am Stiele herablaufend. a. Oberfläche des Hutes und Stiel rauh behaart. P. rudis Fr. Hut verschieden gestaltet, oft fächerförmig, buchtig, mit büscheligen Haaren besetzt, rötlichgelb; Stiel sehr kurz, zuletzt undeutlich; Lamellen dicht stehend, schmal, hell holzfarben. An Laub- und Nadelholzstämmen, rasenförmig. b. Hut glatt oder im Alter kleinschuppig. &. Stiel grauviolett oder hell rötlichbraun, filzig. P. torulosus (Pers.). Hut flach trichterförmig oder halb- kreisförmig, 5—8 cm breit, glatt, kahl und trocken, anfangs hell fleischfarbig, später ockerfarben, Fleisch weiss; Stiel 2—3 cm lang, 1—1'/, cm dick; Lamellen anfangs hell fleischfarbig, später ledergelb. An Birkenstümpfen ; Juni—November. — IV. Ulm selten (V.). ß. Stiel weisslich, am Grunde filzig. P. conchatus (Burr.). Hut dünn, 4—8 cm breit, zimtbraun, verblassend, zuletzt kleinschuppig; Stiel sehr kurz; Lamellen anfangs fleischrötlich, später ockerfarben. An Stämmen und Zweigen von Zitterpappeln, rasenweise; Sommer—Herbst, 31. Gatt. Marasmius Fr. Fruchtkörper zäh, trocken, nicht faulend, sondern vertrocknend und beim Anfeuchten wieder auflebend; Hut regelmässig, dünn, lederartig und von anderer Beschaffenheit als der knorpelige oder hornartige Stiel; Lamellen zäh, dünn, entfernt stehend, mit scharfer, ganzer Schneide, I. Stiel hornartig zäh; Hut mit seinem Rande anfangs dem Stiele an- liegend, nicht eingerollt. — 465 — A. Stiel sehr dünn, fadenförmig, direkt aus der Unterlage ent- springend, am Grunde oft von borstigen, wurzelartigen Strängen umgeben; Hut häutig, dünn, flach ausgebreitet. a. Stiel samtig oder behaart; Hut weiss oder weisslich, kahl. «&. Lamellen ziemlich dicht stehend; Stiel schwarzbraun. M. perforans (Horrm.). Hut ziemlich flach, runzelig, 3-15 mm breit; Stiel 3—4 cm lang, 0,5 mm dick, mit samtartig abstehen- den, kurzen Härchen besetzt; Lamellen an den Stiel angewachsen, weisslich. Geruch unangenehm. Auf abgefallenen Nadeln von Fichten und Tannen, seltener Kiefern; das ganze Jahr hindurch. — I. Stuttgart (M.); Tübingen (GmELin). II. Im Schwarz- wald häufig (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); im Wittau bei Schörzingen häufig (Sm.). # ß. Lamellen entfernt stehend. 7 Stiel oben weiss, unten kastanienbraun. M. epiphylius Fr. Hut 7—11 mm breit, faltig-runzelig; Stiel 3—4 cm lang, 0,5 mm dick, sehr fein samtig; Lamellen sehr entfernt und schmal, bisweilen fast fehlend. Auf abgefallenen Blättern, besonders von Eichen; Juli—November. — I. Am Bopser bei Stuttgart (M.). III. Bei Weilen u. d. Rinnen OA. Spaichingen selten (Sı.). if Stiel rötlich, flockig, später kahl. M. saccharinus (Barscn). Hut gewölbt, mit schwach papillen- förmiger Mitte, gefurcht und gefaltet; Lamellen sehr entfernt. Auf abgefallenen Blättern, Stielen u. dergl. — I. Am Heuchelberg (O.). b. Stiel kahl, glänzend. @. Stiel rot. M. splachnoides (Hornx.). Hut zuletzt genabelt, gestreift, 8—9 mm breit; Stiel ca. 2'/, cm lang; Lamellen dicht stehend, weiss. Dem M. perforans ähnlich, aber geruchlos. Auf Blättern und Nadeln. ß. Stiel schwarz oder schwärzlich. j Lamellen von ungleicher Länge, an den Stiel angewachsen. M. androsaceus (L.).. Hut 5—12 mm breit, gestreift oder runzelig, rötlichbraun, seltener weisslich; Stiel 2—5 cm lang, schwärzlich; Lamellen von der Farbe des Hutes oder etwas heller. Auf altem Laub, Nadeln und Ästchen; fast das ganze Jahr hindurch. — I. Am Heuchelberg (O.); Stuttgart (M.); Klein-Hohenheim (Mr); Tannenburg OA. Ellwangen (Kemuter); Trillfingen (RıE.). II. Calw (Dr. Schütz). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen verbreitet (Sm.). IV. Ulm im Eselswald, im verbrannten Gehäu (V.). Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 30 — 466 — TT Lamellen von gleicher Länge, hinten in eine Röhre ver- wachsen, welche scheidenförmig den Stiel umgiebt. * Hut weisslich oder blass gelblich. M. Rotula (Scor.). Hut regelmässig strahlig gefaltet, 5—15 mm breit; Stiel 3—6 cm lang, 0,4 mm dick, unten schwarz, nach oben braun, an der Spitze weiss. An abgefallenen Zweigen und Blättern, auf lebenden Stämmen; Juli bis Oktober. — I. Solitude bei Stuttgart (RıE.); um Stuttgart (M.); Hohenheim, Echterdinger Höhe (OK.) ; Riedenberg (Mr.); Braunsbach OA. Künzelsau (ScHuLT- HEISS); Mainhardt (GRÄTER); Vorder-Steinenberg (Osur.); Gmünd (Fritz); Trill- fingen häufig (Rıe.). II. Wildbad (O.); Bulach (Hu.); auf der Hornisgrinde (M.) III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen und beim Sonthof OA. Spaichingen nicht selten (Sm.). IV. Riedlingen (BALLüur). ** Hut hell rötlichgelb. M. graminum (Lie... Hut 3—6 mm breit, kahl und trocken, geringelt; Stiel ganz schwarzbraun oder an der Spitze blass. Zwischen Gras; Juli, August. B. Stiel steif, wurzelnd oder aus einem verbreiterten Mycel ent- springend; Hut glockenförmig oder gewölbt. a. Fruchtkörper ansehnlich, stark nach Knoblauch riechend. M. alliaceus (Jaca.). Hut zäh, dünnfleischig, glockig, 2—4 em breit, eben oder unregelmässig gefurcht, hellbräunlich, verblassend; Stiel 8—10 cm lang, unten 2 mm dick, nach oben etwas verdünnt, schwarz, fein samthaarig, mit nacktem, wurzelartigem Grunde; Lamellen vom Stiele frei, anfangs bräunlich, später weisslich. In Laubwäldern, zwischen abgefallenen Blättern und Zweigen; Juli bis Oktober. — I. Stuttgart (M.); Mergentheim (Fucas). II. Wildbad (O.); um Teinach nicht selten (Wurm). b. Fruchtkörper klein, geruchlos. @. Stiel schwarz, zuletzt 'an der Spitze zerschlitzt. M.schizopus (Secr.). Hut anfangs gewölbt, 15—1S mm breit, milchweiss, mit gestreiftem, kleinschuppigem Rande; Stiel 2!/, cm lang; Lamellen dünn, weisslichgelb. > Auf faulendem Moos in Sümpfen, P. Stiel weisslich oder rötlich. M. torgquatus Fr. Hut glockig, weiss, faltig-gefurcht; Stiel mit knollig verdicktem, dunkler gefärbtem Grunde; Lamellen dick, entfernt stehend, weiss. Auf Blättern und Stielen. II. Hut zäh-fleischig, in der Jugend am Rande eingerollt; Stiel knorpelig. A. Stiel kurz, nicht wurzelnd, direkt aus der Unterlage hervor- brechend ; Lamellen am Stiele angewachsen. — 467 — a. Stiel kahl und glänzend, am Grunde nicht verdickt. M. scorodonius Fr. Hut dünnfleischg, 1—2 cm breit, glatt, trocken runzelig, weisslich, fleischfarben oder bräunlich; Stiel 2—4 cm lang, 1 mm dick, röhrig, zäh, dunkel-rotbraun, nach oben heller; Lamellen mässig dicht stehend, kraus, weisslich. Geruch und Geschmack nach Knoblauch; wird deshalb als Gewürz verwendet. Auf Heiden, trockenen Hügeln, an Waldrändern; Juni—Oktober. — I. Hölzern OA. Weinsberg (O.); Vorder-Steinenberg (OBımr.). III. Im Wittau bei Weilen u. d. Rinnen nicht selten (Sm.). IV. Ulm selten (V.). b. Stiel samtig oder bereift. @. Stiel voll, am Grunde etwas knollig. T Hut durchscheinend, rein weiss. M. candidus (Borr.). Hut kahl, zuletzt furchig-runzelig, 6 bis 8 mm breit; Stiel 1 cm lang, 0,5 mm dick, weisslich, unten rötlich- braun, fein bereift; Lamellen entfernt stehend, weiss. An abgestorbenen Ästchen u. dergl.; August, September. ij Hut nicht durchscheinend, weisslich oder gelblich. * Lamellen ziemlich dicht stehend, schmal, weiss. M. ramealis (Burr.). Hut dünnfleischig, gerunzelt, 5—10 mm breit, weisslich mit rötlicher oder bräunlicher Mitte, Rand meist ge- streift; Stiel 1—2 cm lang, kaum 1 mm dick, weisslich, unten bräunlich oder rötlich, mit kleiigen Schüppchen besetzt. An abgestorbenen Zweigen von Laub- und Nadelhölzern, gewöhnlich herden- weise; Juni—Oktober. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arın.); Trillfingen auf faulendem Brombeergestrüpp (RıE.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen im Nadelwald Aspen (Sm.). IV. Im Eselswald bei Ulm (V.). ** Lamellen entfernt stehend, breit, blass. M. amadelphus (Burr.). Hut fleischig-häutig, 6—8 mm breit, schwach bereift, am Rande gestreift, hellgelblich mit dunklerer Mitte; Stiel 1—2 cm lang, blass, meist nach unten kastanienbraun, schwach mehlig. An abgefallenen Ästen; Juni—Oktober. ß. Stiel röhrig, mit flockigem Grunde. M. foetidus (Sow.). Hut ca. 1 cm breit, streifig gefurcht, durchscheinend, gelbbraun oder rötlich, schwach bereift; Stiel samtig-bereift, 2'/, cm lang, kastanienbraun; Lamellen entfernt stehend, rötlich-gelblich. Geruch unangenehm. An faulenden Zweigen. — II. Calmbacher Schlosskopf (O.). B. Stiel schlank; Lamellen sich leicht vom Hute ablösend, später vom Stiele frei. 30* — 468 — a. Stiel anfangs voll, später oft hohl, aber dann innen faserig, aussen knorpelig, von abwischbarem Flaum bedeckt. @. Stiel am Grunde stärker wollig oder striegelhaarig. j Stiel am Grunde weisszottig. M. urens (Burr.). Hut 3—6 cm breit, kahl und glatt, schwach glänzend, später runzelig oder rissig, meist blassgelblich; Stiel 10 bis 14 cm lang, schwach bauchig, faserig, voll, steif, blass, von weissen Flocken mehlig; Lamellen blassgelblich, später braun, entfernt stehend. Geschmack scharf. In Wäldern, rasenweise; Juli. — II. Wildbad (O.). if Stiel am Grunde gelb- oder rotfilzig. * Grund des Stieles mit purpurnem Filze bekleidet. M. mulleus Fr. Hut 1—2'/, cm breit, braungelb, ins ocker- gelbe übergehend; Stiel zusammengedrückt, 3—4 cm lang, 4 mm dick, braun, nach oben heller, unten in eine spindelförmige, glatte Wurzel übergehend ; Lamellen dicht stehend, eitronengelb. Geruch- los; Geschmack milde. Rasenförmig an Stämmen von Acer, Syringa u.a. ** Grund des Stieles mit dickem, gelbem Filze bedeckt. M. peronatus (Borr.). Hut fast lederig, 3—6 cm breit, ledergelb oder bräunlich, am Rande gestreift, kahl, trocken runzelig; Stiel 5—8 cm hoch, 3—4 mm dick, voll, gelblich, mit einem gelblich- weissen, fädigen Überzug bekleidet; Lamellen anfangs gelb, später bräunlich. Geschmack brennend. In Wäldern, zwischen Laub; Juli—Oktober. — I. Möhringen a. F. (Mr.). II. Wildbad (Ö.). II. Hausen a. Th. OA. Rottweil, Wehingen und Schörzingen OA. Spaichingen (Sm.). ß. Stiel am Grunde wenig oder gar nicht wollig. j Stiel mit dünnem, zottigem Filz überzogen, am Grunde nackt. M. oreades (Borr.). Hut dünnfleischig, zähe, 3—6 cm breit, Rand gestreift, Oberfläche glatt, trocken, ledergelb oder hellbräunlich, verblassend; Stiel 4—8 cm lang, 3—4 mm dick, von der Farbe des Hutes; Lamellen entfernt stehend, gelblich. Riecht nelkenartig und wird als Gewürz zu Suppen und Saucen benützt. Auf Grasplätzen und Triften, an Wegen; Mai—November. — I. Auf dem Bopser bei Stuttgart (M.); Hohenheim häufig (Mr.). II. Teinach häufig (Wurm); Bulach (Ha.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen und bei Sonthof OA. Rottweil (Sm.). IV. Im OA. Ulm nicht selten, besonders im Orlingerthal (V.). if Stiel auch am Grunde flaumig, später hohl. * Hut rein weiss, beim Vertrocknen braunrötlich werdend. — 269 — M. fuscescens Schroert. Hut 1'/,—2 cm breit, glatt, Rand dünn, später furchig gestreift; Stiel 4—5 cm lang, 1'/,—2 mm dick, weisslich, nach unten bräunlich, überall mit sehr zartem Flaum über- zogen; Lamellen entfernt stehend, weiss, beim Vertrocknen schmutzig- violett, später dunkelbraun werdend. Geruch schwach nelkenartig. In Laub- und Nadelwäldern ; Juli—September. ** Hut schmutzig-gelb. M. porreus Fr. Hut schlaff, 1'/;—2'/, em breit, gestreift; Stiel nach beiden Enden verdickt, 5—8 cm lang, 4—6 mm dick, braunrot, am Grunde wenig wollig; Lamellen gelblich, später ver- blassend. Riecht nach Knoblauch. In Wäldern, zwischen abgefallenen Blättern; Herbst. b. Stiel knorpelig, wurzelnd, röhrig, im Innern ohne Fasern. a. Stiel überall filzig. M. achyropus (Pers.). Hut zäh, 2—2'/, cm breit, kahl, ocker- farben, verblassend, trocken runzelig, Rand eingerollt; Stiel gerade, starr, 6—12 cm lang, 1'/;—2 mm dick, hell rötlichbraun, weiss- filzig; Lamellen dicht stehend, gelblichweiss. Geruch sehr schwach nelkenartig. Auf altem Laub, besonders an Eichen und Buchen, in dichten Büscheln wachsend ; Juli—September. ß. Stiel am Grunde wollig, oben kahl oder sehr fein behaart. y Hut fast häutig, zäh; Pilz mit starkem Knoblauchgeruche. M. prasiosmus Fr. Hut 1'/,—2'/, cm breit, runzelig, weiss- lich, in der Mitte oft dunkler ; Stiel 5—8 cm lang, bis 2 mm dick, oben blass, unten rötlichbraun und schwach filzig; Lamellen gelblichweiss. In Wäldern, zwischen Laub; September, Oktober. TT Hut dünnfleischig; Pilz geruchlos. * Oberfläche des Hutes zart flaumig. M. erythropus (Pers.). Hut 1'/,—-2'/, em breit, anfangs mit scharf eingebogenem Rande, gelbbraun oder fast kastanienbraun, ver- blassend; Stiel 4—6 cm lang, 1—2 mm dick, hornartig zäh, innen mit zartem Filz ausgekleidet, trocken gedreht und sehr stark ge- streift, glänzend, rotbraun, nach oben heller; Lamellen ziemlich ent- fernt stehend, anfangs weiss, dann bräunlich. In Wäldern, zwischen Blättern; August, September. — III. Am Pletten- berg bei Schörzingen, beim Sonthof OA. Rottweil (Sm.). ** Oberfläche des Hutes kahl. $ Hut anfangs hell rötlichbraun, weisslich werdend. M. terginus Fr. Hut 1—3 cm breit, glänzend, Rand ge- — 40 — furcht; Stiel 5—8 cm lang, oben kahl und glänzend, blass, unten rötlich, weisszottig; Lamellen ziemlich dicht stehend, blass. Zwischen abgefallenen Blättern; August, September. SS Hut schwarzpurpurn, später verblassend. M. fuscopurpwreus (Pers... Hut 1—2!/, cm breit; Stiel 2—8 cm lang, schwarzpurpurn, am Grunde rostrot-striegelig; Lamellen entfernt stehend, rötlich. Zwischen Buchenblättern; Mai. — III. Auf dem Hochberg bei Schör- zingen (Sm.). 6. Gruppe. Hygrophoreae. Lamellen von verschiedenartiger Länge, kürzere und längere in regelmässiger Weise miteinander wechselnd, oft weit von einander abstehend, sehr dick, fleischig, fast wachsartig. Übersicht der Gattungen. I. Sporenpulver schwarz . . . 2. 2...2..2...92. Gomphidius ER. II. Sporenpulver weiss. A. Parasitisch auf Hutpilzen wachsend . . . . 33. Nyectalis Fr. B. Nicht parasitisch auf Hutpilzen. a. Fruchtkörper obne Schleier . . . . 34. Hygrophorus Fr. b. Fruchtkörper mit dem Stiele anfangs durch einen schleimigen Schleier verbunden. . . . 2.2.2... 35. Zimacium Fr. 32. Gatt. Gomphidius Fr. Fruchtkörper fleischig; Stiel allmählich in den Hut übergehend, anfangs mit demselben durch einen spinnwebartigen und schleimigen Schleier verbunden, welcher am Stiele eine Zeit lang als flüchtiger Ring zurückbleibt; Lamellen dick, weitläufig stehend, herablaufend, weich, spaltbar; Sporenpulver schwarz, Sporen gross, spindelförmig, mit glatter, dicker, dunkelbrauner Membran. I. Fleisch des ganzen Pilzes, sowie die jungen Lamellen weisslich. A. Oberfläche des Hutes schmutzig-grau; Stiel am Grunde gelb. G. glutinosus (ScHArrr.). Hut anfangs flach gewölbt, 5—14 cm breit, mit schleimiger Oberfläche; Stiel 5—9 cm lang, 1—1'/, cm dick, oben weisslich, oberhalb der Mitte mit einem anliegenden, schleimig-seidenhaarigen Ringe; Lamellen anfangs weisslich, bald grau, zuletzt schwarz. In Wäldern, besonders Nadelwäldern und Gebüschen, auf Grasplätzen; Juli—November. — I. Um Stuttgart mehrfach (M., Hess); im Degerlocher Wald (OK.); Mainhardter Wald (Sr.);. Vorder-Steinenberg (Osmr.); Ellwangen (Kz.). U. Wildbad (O.); Ober-Kollwangen nicht häufig (Mr.); Bulach (Hm.); Alten- — 41 — steig (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm, be- sonders im Eselswald sehr häufig (V.); Warthausen (RKW.). B. Oberfläche des Hutes rosenrot; Stiel am Grunde rot. G. roseus Fr. Hut bis 6 cm breit, mit schleimiger Ober- fläche; Stiel bis 6 cm lang, 1—1'/, em dick, weiss, im oberen Drittel mit einem flüchtigen, weissen, spinnwebigen Ringe; sonst wie der vorige. In Nadelwäldern, zwischen Moos; Juli—Oktober. — II. Wildbad im Meisternwald (O.). II. Fleisch des Pilzes rötlich-gelbbraun; Lamellen anfangs purpurbraun. @. viscidus (L.). Hut anfangs fast kegelförmig, 5—11 cm breit, Oberfläche braunrot, mit klebrigem Überzuge, Stiel bis 10 cm lang, 2 cm dick, nach unten verdünnt, gelbbraun, oben mit einem flocki- gen, schnell verschwindenden Ringe; Lamellen zuletzt dunkelbraun. In Wäldern, zwischen Moos; August—November. — I. Hochdorf bei Vaihingen a. E. (RırE.); um Stuttgart häufig (M., Rıe., Hess); Riedenberg und Klein-Hohenheim (Mr.); im Mainhardter Wald (Sr.); Trilifingen (RıE.). I. Wild- bad häufig (O.). Aalen-Wasseralfingen oft zahlreich (H.); Schörzingen (SM.); Seissen OA. Blaubeuren selten (Mr.). IV. Mähringen OA. Ulm (V.). 39. Gatt. Nyttalıs Er. Fruchtkörper fleischig; Lamellen weit von einander entfernt, dick und fleischig, mit dicker, breiter Schneide. Ausser den ge- wöhnlichen Basidiosporen werden meistens braune, dickwandige so- genannte Chlamydosporen gebildet; wenn dies reichlich der Fall ist, so bleiben die Pilze klein, und sehen gestielten Gasteromyceten sehr ähnlich. — Die einheimischen Arten sind Parasiten auf Hutpilzen. I. Hut grau; Stiel röhrig, flockig-seidenhaarig. N. parasitica (Buur.). Hut anfangs kegelförmig, später flach, 1'/,—2'/, em breit, mit schwach eingebogenem Rande, anfangs bereift; Stiel 1—3 cm lang, grau oder weisslich; Lamellen weiss- lich, später bräunlich, gewunden und anastomosierend; Chlamydo- sporen gewöhnlich auf den Lamellen hervortretend, ein braunes Pulver bildend. ; Auf Russula adusta, delica, foetens; September—November. — III. Bei Weilen u. d. Rinnen OA. Spaichingen in manchen Jahren sehr häufig (Sm.). II. Hut weisslich; Stiel voll, weiss bereift. N. asterophora Fr. Hut selten gut entwickelt, halbkugelig oder kugelig, 1—2 cm breit, mit flockiger Oberhaut; Stiel später bräunlich, 1—2!/, cm lang, 2 mm dick; Lamellen schmutziggrau ; — 412 — Chlamydosporen ein braunes Pulver bildend, meist den ganzen Hut erfüllend. Auf Russula- und Lactaria-Arten; September— November. 34. Gatt. Hygrophorus Fr. Fruchtkörper fleischig; Stiel allmählich in den Hut übergehend ; Hut frei, ohne Schleier; Lamellen fleischig, dick, weit von einander abstehend, nicht spaltbar; Sporenpulver weiss, Sporen elliptisch oder eiförmig, mit farbloser, glatter Membran. I. Fruchtkörper weich, saftig, zerbrechlich ; Oberfläche des Hutes im feuchten Zustande klebrig, trocken glänzend, selten fockig-schuppig; Stiel hohl, rauh; Lamellen fast wachsartig, weich. A. Lamellen an den Stiel lose angeheftet oder mit schmalem Grunde angewachsen, nicht herablaufend. a. Alle Teile des Fruchtkörpers bei Verletzung schwarz werdend. H. conicus (Scor.). Hut kegelförmig, 2—4 cm breit und hoch, spitz, seidenglänzend, mit später geschweiftem und oft ein- geschnittenem Rande, Oberfläche und Fleisch dunkel goldgelb; Stiel bis 9 cm lang, 3—5 mm dick, steif, oft gedreht, grobfaserig, gelb; Lamellen vorn viel breiter, weisslich oder gelblich. Auf Wiesen und Grasplätzen ; Juni— November. — I. Stockheim OA. Bracken- heim (Arrn.); um Stuttgart vereinzelt (M.); Hohenheim (Mr.); Plieningen, zwischen Weidach und Echterdingen, Waldenbuch (OK.); Mainhardter Wald vereinzelt (Sr.); Vorder-Steinenberg (Opmr.). I. Wildbad (O.); Ober-Kollwangen, an der Strasse nach Breitenberg häufig (Mr.); Bulach (Hw.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.); am Lichtenstein (V.). IV. Bei Haslach im OA. Ulm (V.). b. Fruchtkörper sich nicht schwärzend. a. Lamellen weiss, später bläulichgrau. i Hut graubraun; Stiel weisslich oder gelblich. H. nitratus (Pers.). Hut glockenförmig, später ausgebreitet, 2—6 cm breit, Oberfläche anfangs klebrig, später trocken, rissig- schuppig ; Stiel 5—9 cm lang, 9—11 mm dick, glatt; Lamellen schwach wellig. — Geruch stark nach Beln bike Säure. Auf Waldwiesen; August— Oktober. — III. Öberhohenberg OA. Spaichingen selten (S=.). if Hut und Stiel RL, H.ungwinosus Fr. Hut glockenförmig, 2—5 cm breit, glatt, klebrig; Stiel 5 em lang, 6—7 mm dick, ungleich dick, schwach zusammengedrückt; Lamellen nicht wellig. In feuchten Wäldern. — II. Oberhohenberg OA. Spaichingen selten (Sm.). ß. Lamellen anfangs hellgelb, lebhaft gelb oder hellrot. — 43 — T Rand des Hutes gestreift, Oberfläche schleimig-klebrig; Stiel klebrig. * Oberfläche des Hutes mit grünlichem Schleim überzogen. H. psittacinus (ScHArrr.). Hut 1—2!/, cm breit, weisslich oder gelblich, trocken wachsgelb, glänzend; Stiel 4—5 cm lang, bis 2 cm dick, schleimig, von der Farbe des Hutes; Lamellen nach hinten verschmälert, hell dottergelb, häufig zum Teil grünlich. Auf Triften, Wiesen und Heiden; September, Oktober. — I. Hohenheim (Mı.) ; Bitzfeld OA. Weinsberg (O.); Vorder-Steinenberg (Osmr.); Trillfingen (Rır.). I. Wildbad (O.); Bulach (Hm.). III. Aalen- Wasseralfingen stellenweise (H.); Schörzingen (Sm.). ** Oberfläche des Hutes gelb oder scharlachrot. H. chlorophanus (Fr.). Hut 2—3 cm breit; Stiel 6—9 cm lang, 6—7 mm dick, glatt, glänzend ; Lamellen bauchig, weisslichgelb. Auf Grasplätzen, zwischen Moos; August— Oktober. ij Rand des Hutes nicht gestreift, eingebogen und ge- schweift, Oberfläche schwach oder gar nicht klebrig. * Hut mit eingewachsenen Fasern; Stiel weiss. H. calyptraeformis Berk. Hut spitz-kegelförmig, 2—3 cm hoch, 2 cm breit, anfangs rosenrot, dann verblassend; Stiel 2—3 cm lang, etwas gestreift; Lamellen schmal, nach hinten verschmälert, anfangs rötlich, später verblassend. Auf Weiden und in Wäldern. — III. Schörzingen selten, nur auf den Wiesen unter dem Buchwald (Sn.). ** Hut glatt; Stiel gelb oder rötlich. S Hutoberfläche goldgelb. H. obrusseus (Fr.). Hut flach-kegelförmig gewölbt, 5 bis 10 cm breit, glänzend; Stiel 6—15 cm lang, '/),—1 cm dick, gelb; Lamellen bauchig, ausgerandet, lebhaft gelb mit hellerer Schneide. Auf Wiesen und Heideplätzen; September—November. — I. Klein-Hohen- heimer Wald (Mı.); Hölzern OA. Weinsberg (0.). SS Hutoberfläche scharlach- oder blutrot, verblassend. H. puniceus (Fr.). Hut anfangs glockenförmig, später aus- gebreitet, 5—12 cm breit; Stiel bauchig, anfangs voll, später hohl, bis 6 cm lang, bis 1’/, cm dick, gestreift, gelblich oder rotgelb, am Grunde weiss; Lamellen bauchig, am Grunde aderig verbunden, gelb, später rötlich. Auf Wiesen und Heideplätzen, an Waldrändern; September, Oktober. — II. Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sn.). B. Lamellen am Stiele herablaufend. a. Hutoberfläche trocken, nicht klebrig. — 414 — H. miniatus Fr. Hut anfangs halbkugelig, später aus- gebreitet, 1—2 cm breit, glatt oder feinschuppig, zinnoberrot, ver- blassend; Stiel 3—5 cm lang, 2—3 mm dick, cylindrisch, hochgelb oder rot; Lamellen gelb oder gelbrot. Im Laubwald, auf Gras- und Heideplätzen ; Juli—Oktober. — I. Solitude bei Stuttgart (Rır.); Klein-Hohenheimer Park (Mr.); OA. Crailsheim (Br.), Trill- fingen (Rır.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); OA. Spaichingen (Sı.). b. Hutoberfläche mehr oder weniger klebrig. «&. Hut scharlachret, verblassend; Lamellen am Grunde aderig verbunden. H. coccineus Fr. Hut halbkugelig, später fach, 2—7 cm breit; Stiel 5 cm lang, 3—8 mm dick, zusammengedrückt, oben scharlachrot, unten gelb; Lamellen anfangs gelbrot, später oben purpurrot, in der Mitte gelb, an der Schneide grau. Auf Wiesen, Triften, in Sümpfen; August—November. — I. Hohenheim (Mr.); Mainhardter Wald vereinzelt (Sr.); Vorder-Steinenberg (Osmr.). II. Ober- Kollwangen an der Strasse nach Breitenberg häufig (Mr.). III. Aalen-Wasser- alfingen (H.); Schörzingen (Sn.). ß. Hut gelb, gelblich oder bräunlich; Lamellen am Grunde nicht aderig verbunden. i Hut und Stiel gelbbraun. H. laetus (Prrs.). Hut flach gewölbt, 1—2'i, cm breit, ziemlich glatt, schwach glänzend; Stiel eylindrisch, 5—8 cm lang, an der Spitze oft dunkler; Lamellen weisslich, rötlich oder grau- bräunlich. Auf moosigen Wiesen. — II. Schörzingen (Sı.). if Hut und Stiel gelb oder hellgelb. * Hutrand faltig gestreift. H. vitellinus Fr. Hut 1!/,—2 cm breit, gebuckelt, citron- gelb, trocken weiss werdend, glatt; Stiel 4—6 cm lang, 1!,—2 mm dick, hellgelb; Lamellen dottergelb. Auf Grasplätzen; September, Oktober. ** Hutrand fein gestreift. H. ceraceus (Wvrr.). Hut 1—3 cm breit, wachsgelb, glän- zend, nicht ausbleichend; Stiel 2—4 cm lang, 1'/,—4 mm dick, glatt, gelb; Lamellen fast dreieckig, gelblich. In Wäldern und Gebüschen, auf Grasplätzen ; August—Oktober. — I. Hoch- dorf bei Vaihingen a. E., Trillfingen (Rır.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen (SM.). II. Fruchtkörper fleischig, trocken ziemlich zäh und fest; Oberfläche des Hutes nicht klebrig, trocken matt, nicht glänzend; Stiel zäh; Lamellen bogig, von etwas zäher, derber Substanz. rl A. Lamellen am Stiele angeheftet oder nur mit einem Zähnchen herablaufend. a. Hut gefurcht, mit dicken, ‚angedrückten Schuppen besetzt; Stiel voll. H. ovinus (Burr.). Hut anfangs kegelförmig, dann aus- gebreitet, gebuckelt, 2—5 cm breit, rauchgrau oder bräunlich; Stiel glatt, 2—4 cm lang, bis 1 cm dick, grau; Lamellen bogig angeheftet, mit einem Zahne herablaufend, am Grunde aderig verbunden, an- fangs grau, später bräunlich. In Nadelwäldern; September, Oktober. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). b. Hut glatt; Stiel hohl. H. streptopus Fr. Hut anfangs: glockenförmig, dann aus- ‚gebreitet, aschgrau-weisslich, in der Mitte bisweilen braun; Stiel kahl, etwas gewunden, 5—8 cm lang, 6—11 mm dick, weiss; La- mellen buchtig angewachsen, dünn, weiss. In Nadelwäldern der Gebirge, auf Wiesen. — III. Schörzingen auf Wiesen unter dem Buchwald (Sn.). B. Lamellen am Stiele lang herablaufend. a. Fruchtkörper weiss. @. Stiel hohl. H. niveus (Scor.). Hut anfangs glockenförmig, später flach, 2—3 cm breit, mit gestreiftem, oft wellig gebogenem Rande, Ober- fläche in der Jugend feucht, später trocken, glatt; Stiel bis 6 cm lang, 2—4 mm dick, kegelförmig in den Hut erweitert; Lamellen dünn. Auf Wiesen und Triften; September—November. — I. Mainhardter Wald (St.); Vorder-Steinenberg (Ogur.). II. Wildbad auf Wiesen bei der Kälbermühle (0.). II. Aalen-Wasseralfingen vielfach (H.); Schörzingen (Sm.). ß. Stiel voll. H. virgineus (Wvurr.). Hut anfangs gewölbt, oft gebuckelt, später flach, 2—6 cm breit, Oberfläche in der Jugend feucht, später trocken, felderig rissig und etwas flockig; Stiel bis 6 cm lang, bis l cm dick, in den Hut erweitert; Lamellen dick. Auf Wiesen, Triften, Heideplätzen; Juli und September—November. — I. Auf dem Bopser bei Stuttgart (M.). II. Wildbad (O.); Bulach (Hn.). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm im Ried häufig (V.). b. Fruchtkörper nicht weiss. &. Lamellen dichotom, aderig verbunden. H.velutinus Borsz. Hut flach gewölbt, später niedergedrückt, feucht glatt, trocken flockig-schuppig, bräunlichgelb mit dunklerer Mitte; Stiel nach unten verdickt, gestreift, faserig-schuppig, bräunlich; Lamellen dick, orangegelb. — 416 — In feuchten, schattigen, moosigen Wäldern. — III. Beim Schafteich des Hochbergs OA. Spaichingen (Sm.). ß. Lamellen einfach, nicht aderig verbunden. T Stiel aussen kleinschuppig-faserig; Hut, auch am Rande, gleichmässig fleischig. H. nemoreus (Lascn). Hut in der Mitte -gebuckelt, 5—8 cm breit, angedrückt-faserig, orangefarben ; Stiel voll, fest, 5—8 cm lang, 1—1'/, cm dick, in den Hut erweitert, orangegelb; Lamellen hellgelb. In lichten Wäldern; September, Oktober. — II. Wildbader Kopf (0.). TT Stiel aussen glatt; Rand des Hutes dünn. * Hutrand gerade; Stiel gelblich. H. pratensis (Pers.). Hut anfangs gewölbt, später kreisel- förmig, 3—11 cm breit, trocken, ockerfarben oder hell gelblich, zuletzt faltig-rissig,; Stiel 2—12 cm lang, bis über 1 cm dick, oben verdickt, voll, von der Farbe des Hutes; Lamellen gelblich oder weisslich. Auf Wiesen und Triften; September—November. — I. Stuttgart (M.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen am Markwasen (D.); Schörzingen (Sı.). ** Hutrand anfangs eingebogen; Stiel grau. H. caprinus (Scor.). Hut anfangs gebuckelt, später aus- gebreitet, 8—15 cm breit, faserig-gestreift, graubraun oder schwärz- lich, am Rande oft heller; Stiel 8-10 cm lang, bis über 1 cm dick, kreiselförmig in den Hut erweitert; Lamellen weiss. In Wäldern, besonders Nadelwäldern ; September—November. — II. Wild- bad (0.). III. Schörzingen (Sm.). 35. Gatt. Limacium Fr. Hut mit dem Stiele anfangs durch einen schleimigen, selten schleimig-spinnwebfädigen Schleier verbunden, welcher nach Ent- faltung des Hutes am Stiele als flüchtiger Ring erscheint; sonst wie Hygrophorus. I. Hut weiss oder gelblichweiss. A. Stiel unten und Oberfläche des Hutes mit schleimigem Überzuge. a. Hut und Stiel rein weiss. L. eburneum (Burr.). Hut 3—8 cm breit, mit anfangs ein- gerolltem Rande; Stiel cylindrisch, oft gebogen, 5—12 cm lang, !/,—1 cm dick, bis über die Mitte mit schleimigem Überzuge, darüber trocken, mit weissen Punkten und Schuppen besetzt; Lamellen herab- laufend, elfenbeinweiss. Geschmack mild. — Essbar. In Laub- und Nadelwäldern ; August— Oktober. — I. Brackenheim (Auın.); Stuttgart häufig (M., O., Hess); Möhringen (Mı.); Birkach (OK.); zwischen — A — Maienfels und Mainhardt selten (Srt.); Vorder-Steinenberg (OsBmrR.); OA. Crails- heim (Br.). II. Wildbad 1851 (PLienineer). [NB. Im Schwarzwald nicht ge- funden (O.).] III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen im Gaisbühl (D.); Schörzingen (Sm.); am Jungfernstein bei Seissen OA. Blaubeuren häufig (Mr.). IV. Ulm im Eselswald (M., V.); bei Mähringen und Thalfingen (V.). b. Hutrand anfangs und oberer Teil des Stieles gelbflockig. L. chrysodon (BatscH). Hut 2—10 cm breit, mit anfangs eingerolltem Rande; Stiel cylindrisch, bis 10 cm lang, '/,—1 cm dick, unten mit schleimigem Überzuge, darüber trocken, weiss, gelbflockig. In Laubwäldern zwischen Laub; September, Oktober. — I. Stuttgart (M., Hess); Schörzingen (Sm.). B. Stiel nicht schleimig; Hutoberfläche trocken oder klebrig. a. Stiel am Grunde verdünnt. «&. Hut glatt und kahl. L. penarium Fr. Hut gelblichweiss; Stiel 4—5 cm lang, 1'/e em dick, fest, am Grunde spindelförmig verdünnt, punktiert, rauh, von der Farbe des Hutes; Lamellen blass gelblich. Ge- schmack mild. In Wäldern, besonders Buchenwäldern ; September, Oktober. — III. Aalen- Wasseralfingen (H.). ß. Hut klebrig, anfangs am Rande flaumig. L. melizeum (Fr.). Hut mit dünnem, anfangs eingerolltem Rande, hellgelb; Stiel weich, hellgelb, an der Spitze mit weissen, schuppigen Punkten. In Laubwäldern. — III. Eggernwald bei Schörzingen selten (Sm.). b. Stiel am Grunde nicht verdünnt. @. Rand des Hutes nackt; Stiel ohne Ring. L. Cossus (Sow.). Hut 3—4 cm breit, glatt, klebrig, weiss- lich, später gelblich werdend; Stiel 6—7 cm lang, 2—7 mm dick, oben kleiig und punktiert. Geruch unangenehm, den Raupen des Weidenbohrers ähnlich. In Wäldern, besonders Nadelwäldern. — III. Aalen-Wasseralfingen (H.). ß. Rand des Hutes flockig; Stiel mit ringförmigem Schleier. L. ligatum (Fr.). Hut 2—6 cm breit, glatt, klebrig, weiss, später oft gelblich werdend, mitunter rötlich gefleckt; Stiel 8 cm lang, 3—4 cm dick, faserig, oben nackt. In Nadelwäldern. — III. Schörzingen (Sm.). II. Hut anders gefärbt, als weiss oder gelblichweiss. A. Hut rot oder rötlich. a. Stiel aussen und Fleisch weiss. — 43 — L. pudorinum (Fr.). Hut 5—12 cm breit, glatt und kahl, klebrig, fleischfarbig, mitunter gelb gefleckt; Stiel 5—12 cm lang, 1'/, em dick, fest, nach oben verdünnt, von weissen Punkten rauh; Lamellen rein weiss. In Nadelwäldern der Gebirge. — III. Schörzingen häufig (Sx.). b. Stiel rot oder rötlich ; Fleisch rötlich werdend. @. Stiel weiss, aussen rotfaserig und rot punktiert. L. erubescens (Fr.). Hut 3—8 cm breit, mit anfangs stark eingerolltem, klebrigem, später schwach filzigem Rande, Oberfläche anfangs weiss, sehr bald purpurrot werdend, frisch schleimig; Stiel 3—8 cm lang, 1—2 cm dick; Lamellen scharf vom Stiele abgesetzt, anfangs weiss, später mit roten Punkten und Flecken. In schattigen Wäldern, meist herdenweise; August— Oktober. — I. Trill- fingen a. d. Heder (Rır.). III. Schörzingen (Sm.). ß. Stiel rot, von purpurbraunen Fasern gestreift oder netzig. L. capreolarium (Karcher.). Hut bald trocken werdend, purpurrot, von dunkleren Fasern streifig, in der Mitte schuppig punktiert; Lamellen purpurn, später zimtbraun. In Nadelwäldern. — III. Um Schörzingen nicht selten (Sm.). B. Hut bräunlich, gelb, grau oder bläulich. a. Stiel weiss, doch oft mit anders gefärbten Fasern, Flocken u. ä. besetzt. @. Stiel rein weiss. T Lamellen rein weiss. * Stiel flockig-schuppig, mit schwachen flockigen Ringen oberhalb der Mitte. L. fuscoalbum (Lascn). Hut flach gewölbt, stumpf ge- buckelt, später leicht niedergedrückt, 3—6 cm breit, mit anfangs eingerolltem weissflockigem Rande, Oberfläche anfangs schleimig, braun, später grau; Stiel 5—8 cm lang, 6—12 mm dick. In Nadelwäldern zwischen Moos; September, Oktober. — III. Schör- zingen (SM.). ** Stiel faserig gestreift, oben von körnigen Schüpp- chen rauh. L. agathosmum (Fr.). Hut anfangs gewölbt, später flach, 3—7 cm breit, mit anfangs eingerolltem, filzigem, bald kahlem Rande, Oberfläche schleimig, graubraun, in der Mitte warzig punktiert; - Stiel 6—9 cm lang, 7—12 mm dick. Geruch angenehm, anisartig. In Nadelwäldern zwischen Moos; September, Oktober. — II. Wildbad (0.). III. Schörzingen (Sm.). if Lamellen anfangs weiss, später gelblich. — 49 — L. nitidum Fr. Hut anfangs halbkugelig, später flach, 2!/,—5 cm breit, klebrig, gelb; Stiel 4—10 cm lang, bis 1 cm dick, oben trocken, kahl, unten klebrig. In Wäldern; September—November. — I. Feckenhausen OA. Rottweil beim Jungbronnen (Su.). III. Am Oberhohenberg bei Schörzingen (Sn.). ß. Stiel weiss, mit anders gefärbten Fasern, Punkten, Schup- pen oder Schleimüberzügen. T Stiel mit schwarzen Fasern oder Punkten. * Stiel von schwarzen Punkten rauh. L. pustulatum (Pers.). Hut dünnfleischig, 3—6 cm breit, klebrig, graubraun, flockig oder fädig-gestreift, in der Mitte braun, rissig, warzig; Stiel 3—8 cm lang, 2—7 mm dick; una rein weiss oder später hellgrau. In Nadelwäldern, auf Heideplätzen; September, Oktober. — III. Schör- zingen (Sn.). ** Stiel oben rein weiss, unten schwarzfaserig. L. tephroleuwcum (Prrs.). Hut in der Mitte fleischig, am Rande dünn, 2—3 cm breit, schleimig, angedrückt-fädig, schuppig, grau, in der Mitte braun; Stiel 5—8 cm lang, 5—7 mm dick; La- mellen rein weiss. An feuchten Stellen in gebirgigen Nadelwäldern. — III. Aalen-Wasser- alfingen (H.); Schörzingen (Sn.). ij Stiel mit braunem Schleime oder braunflockig. * Stiel nach unten verdickt; Lamellen weisslichgrau. L. limacinum (Scor.). Hut gewölbt, später verflacht, 2'/, bis 5 cm breit, braun oder graubraun, am Rande blasser, kahl, mit dickem Schleim überzogen; Stiel 5—8 cm lang, !/;—1 cm dick, an der Spitze weiss und kahl, sonst mit braungelben Faserschuppen besetzt, unten klebrig. In Wäldern und Gebüschen; Spätsommer und Herbst. — I. Stockheim ‚OA. Brackenheim (Arın.). ** Stiel eylindrisch; Lamellen rein weiss. L. olivaceoalbum (Fr... Hut anfangs halbkugelig oder eichelförmig, später flach mit einem Höcker, 2!/,—5 cm breit, dunkel olivenbraun, schwärzlich gestreift, anfangs mit klebrigem, braunem Schleime überzogen; Stiel 3—10 cm lang, bis 1 cm dick, oberhalb der Mitte mit einem vergänglichen, schleimig-faserigen Ringe, dar- unter von braunem Schleime klebrig, darüber glatt. In Nadelwäldern, zwischen Moos; September, Oktober. -- II. Wildbad an der Eberhardssteige (O.). III. Schörzingen (Sm). b. Stiel gelb oder gelblich; Hut dünnfleischig. — 480 — a. Lamellen dottergelb; Hut anfangs mit dickem, oliven- grünem Schleim überzogen. L. hypothejum (Fr.). Hut 3—6 cm breit, gelb oder rötlich- gelb; Stiel 5—10 cm lang, 4—”7 mm dick, dottergelb, in der Jugend mit einem flüchtigen, schleimig-fädigen Ringe, darunter schleimig, oft braunschuppig. In Nadelwäldern, auf Heideplätzen; Oktober, November. — I. Bracken- heim (Arım.). III. Schörzingen (Sm.). ß. Lamellen anfangs weiss, später blassgelblich; Hut klebrig. L. discoideum (Pers.). Hut 2!/,—5 cm breit, blass gelb- braun, mit dunklerer Mitte; Stiel 5—6 cm lang, 5—6 mm dick, blassgelb, flockig, unten klebrig, oben weiss punktiert. In Nadelwäldern, zwischen Moos; September, Oktober. — IH. Schör- zingen (SM.). 7. Gruppe. Coprineae. Fruchtkörper weichfleischig, gestielt; Lamellen von verschiedener Länge, in regelmässiger Weise wech- selnd, später, wie meistens auch der Hut, zerfliessend. Sporenflüssigkeit schwarz . . 2... 36. Coprinus PERs. Sporenflüssigkeit braun . . » .... 37. Bolbitius FR. 36. Gatt. Coprinus Pers. Sporenflüssigkeit schwarz; Membran der Sporen undurchsichtig schwarz, oder durchscheinend, purpurbraun oder olivenbraun, glatt. I. Hut in der Jugend mit seinem Rande dem Stiele anliegend, ohne besonderen Schleier; Stiel des entfalteten Pilzes ohne deutlichen Ring. A. Oberfläche des Hutes kahl. a. Hut ockerfarben; Lamellen anfangs weiss. O0. congregatus (Bu). Hut anfangs cylindrisch, dann glockenförmig, 2—4 cm breit, klebrig, mit feingestreiftem , später ‚ eingeschnittenem Rande; Stiel 1—1'/, cm lang, 3—6 mm dick, röhrig, kahl; Lamellen zuletzt schwärzlich, lineal. Auf dem Boden und an Baumstümpfen an Wegen; Herbst. — I. Main- hardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (Oeımr.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). b. Hut bläulich graubraun; Lamellen anfangs schmutzig gelb. ©. deliquescens (BuuL.). Hut anfangs eiförmig, dann glocken- förmig ausgebreitet, 8—11 cm breit, breit gestreift, am Scheitel warzig, kahl; Stiel 8—11 cm lang, 5—8 mm dick, hohl, rein weiss; Lamellen lineal, zuletzt schwarz. In Wäldern, an Stämmen und zwischen faulenden Blättern; Herbst. — I. Brackenheimer Wald (Arım.). IV. Ulm am Eselsberg, im ganzen nicht häufig (V.). — 431 — B. Oberfläche des Hutes kleiig, filzig oder schuppig. a. Hutoberfläche in der Mitte kleiig bestäubt, später oft kahl. &. Lamellen einem die Spitze des Stieles umgebenden Ringe angewachsen. ©. plicatilis (Curr.). Hut dünnhäutig, 1—2!/, cm breit, gefurcht-gefaltet, nur am Scheitel anfangs schwach bereift, später kahl, ockerfarben, später grau mit brauner Mitte; Stiel steif auf- recht, 2—8 em lang, 1—1'/, mm dick, röhrig, glatt, kahl, weisslich; Lamellen entfernt stehend, anfangs weiss, später schwärzlich mit weisser Schneide, meist nicht zerfliessend. An Wegrändern und Wiesen; Juni und September, Oktober. — I. Stutt- gart (Hess); Hohenheim (OK.); Trillfingen (Rır.). III. Schörziugen (S1.). ö. An der Spitze des Stieles kein Lamellenring. jf Lamellen am Stiele angeheftet oder angewachsen. * Stiel am Grunde von einem strahligen, zottigen, gelb- braunen Filz umgeben. ©. radians (Desm.). Hut dünnfleischig, 3—4 cm breit, mit gestreiftem Rande, graubraun, anfangs kleiig bestäubt, in der Mitte mit stumpfem, gelbbraunem, fleischigem Nabel; Stiel röhrig, 5—8 cm lang, 2—3 mm dick, weiss; Lamellen anfangs weisslich, zuletzt schwarz. Das unfruchtbare Mycel (Ozonium) bildet weit verbreitete, filzig-zottige Überzüge von gelbbrauner bis rotgelber Farbe. An alten Baumstämmen, in Kellern und Gruben; Juli—September. ** Stiel auch am Grunde nicht filzig; Hut sehr zart. $S Hut anfangs weisslich, später ockerfarben, mit dunk- lerer Mitte. C. ephemerus (Bun). Hut 1'/;—2 cm breit, mit zuletzt zerschlitztem Rande und gebuckelter, kleiig bestäubter Mitte; Stiel bis 7 cm lang, 2—3 mm dick, glatt und kahl, röhrig, weisslich, am Grunde mit einer schwachen, wulstförmigen Verdickung; Lamellen anfangs weiss, später braun, zuletzt schwaız. Auf gedüngtem Boden, Mist, in Wäldern zwischen Laub; Mai, Juni und September, Oktober. — I. Stuttgart (M.). IV. Ulm in Gewächshäusern (V.). SS Hut graubraun mit dunklerer Mitte. O.domesticus (Pzrs.). Hut zuletzt fach ausgebreitet, 3—5 cm breit, mit meist umgeschlagenem Rande, gefurcht, kleiig-schuppig; Stiel 5—8 cm lang, 4—7 mm dick, nach oben verdünnt, weiss, an- gedrückt-seidig; Lamellen sehr schmal, anfangs weiss, später hell- rötlich, zuletzt braunschwarz. In Gärten, auf Weideplätzen; Mai, Juni und September, Oktober. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arım.); Hohenheim im botanischen Garten (Mr.). II. Wildbad (O.). Jahreshefte d. Vereins £, vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, sl — 4182 — ir Lamellen vom Stiele frei. * Lamellen anfangs rosenrot. O. truncorum (SCHAEFF.). Hut häutig, anfangs fast kugelig, zuletzt ausgebreitet, 2—4 cm breit, mit gestreiftem, zuletzt zer- schlitztem Rande, Oberfläche ockerfarben, mit rostbrauner Mitte, an- fangs dick kleiig bestäubt; Stiel 8—12 cm lang, röhrig, weiss, glatt, Lamellen schnell schwarz werdend. Rasenweise auf und in alten Baumstämmen; Juni, Juli. — I. Hochdorf OA. Vaihingen a. E. im Schlossgarten (Rır.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.). IV. Ulm selten (V.). ** Lamellen anfangs weisslich, sehr dicht stehend. ©. micaceus (Burr.). Hut dünnfleischig, anfangs ceylindrisch- eiförmig, zuletzt kegelförmig, 3—5 cm breit, mit ungleichem, bogi- gem, gefurchtem, zuletzt zerschlitztem Rande, Oberfläche ockerfarben mit rostbrauner Mitte, anfangs mit glänzenden, kleiigen, weissen Körnchen bestreut; Stiel 5—12 em lang, 3—5 mm dick, hohl, glatt, weiss, glänzend; Lamellen später braun, zuletzt schwarz mit weisser Schneide. Am Grunde alter Stämme, in Gärten, Wäldern, meist in dichten Rasen hervorbrechend; Juni—Oktober. — I. Stuttgart (M.); Hohenheim mehrfach (Mı.); Mainhardter Wald (Sr.); Vorder-Steinenberg (Osur.); Trillfingen (Rır.). II. Wild- bad (O.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sn.). IV. Ulm nicht selten (V.). b. Hut anfangs mit einem dichten Filze überzogen, der später in weichhaarige Schuppen zerfällt. «@. Hut zuletzt ausgebreitet. T Stiel feinhaarig oder fast kahl. Ö©.radiatus (Borr.). Hut häutig, anfangs eiförmig, 0,5—3 cm breit, mit gestreiftem Rande, Oberfläche mit dichtem, anfangs weis- sem, mehlig-kleiigem, später grauem, zottig-kleiig-schuppigem Über- zuge; Stiel zart, fadenförmig, meist 3—8 em lang, 1—1'/, mm dick, weiss, fast durchscheinend; Lamellen schmal, anfangs grau, später schwarz. Der Pilz bildet häufig schwarze, kugelige Skle- rotien von 1—3 mm Durchmesser. Auf Mist; das ganze Jahr hindurch. — I. Stuttgart (M.); Hohenheim auf Pferdemist kultiviert (OK.). if Stiel wollig-schuppig, weiss. * Stiel oben kahl und glatt, unten weissflaumig und schuppig. C. niveus (Prrs.). Hut anfangs eiförmig, 2—3 cm breit, an- fangs mit einem weissen, pulverig- oder zottig-schuppigen Überzuge usa dicht besetzt; Stiel gebrechlich, röhrig, ”—10 cm lang, am Grunde 2—6 mm dick. Der Pilz bildet häufig unregelmässig höckerige, graue Sklerotien von 3—15 mm Länge. Auf Kuh- und Pferdemist; das ganze Jahr hindurch. — I. Hohenheim in den Schlossanlagen (Mı.). ** Stiel ganz wollig-schuppig. C. lagopus (Fr.). Hut anfangs cylindrisch-eiförmig, 2—3 cm breit, mit strahlig gestreiftem Rande, weisslich, weisszottig, mit grau- brauner Mitte; Stiel sehr gebrechlich, röhrig. In Wäldern zwischen Laub, auf Mist; Mai—November. — I. Hohenheim im Eschenwäldchen (M1.). ß. Hut zuletzt kegelförmig. 7 Stiel eylindrisch, hohl, aussen samtartig behaart. C. tomentosus (Burn... Hut anfangs cylindrisch, gestreift, filzig, später längsrissig, 3—4 em hoch; Stiel 5—8 cm lang, 5—7 mm dick; Lamellen schwarzbraun. Auf gedüngtem Boden, in Gärten. — II. Wildbad (0.). if Stiel hohl, mit verdicktem, vollem Grunde, aussen klein- schuppig. ©. fimetarius (L.). Hut anfangs keulenförmig, 2'/,—5 em breit, mit furchig gestreiftem, zuletzt zerschlitztem Rande, Oberfläche anfangs überall mit flockigen, sparrig abstehenden Schuppen bedeckt, später nackt, grau, in der Mitte bräunlich; Stiel 5—8 cm lang, 6—8 mm dick, rein weiss; Lamellen schwarz. Auf Mist und gedüngtem Boden; Mai—Oktober. — I. Stockheim OA. Bracken- heim (Arın.); Hochdorf OA. Vaihingen a. E. (Rır.); Trillfingen (Rır.). II. Bulach (Hm.). II. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.). IV. Ulm (V.); Wart- hausen (RKW.). II. Hut mit dem Stiele anfangs durch einen Schleier vereinigt; Stiel mit einem Ringe versehen. A. Hut sehr dünnhäutig, Rand zuletzt umgebogen, nicht zerschlitzt. C. ephemeroides (Burr.). Hut sehr zart, später glocken- förmig, 1—2 cm breit, mit zuletzt eingerolltem Rande, Oberfläche anfangs mit kleiigen Schüppchen besetzt, weisslich oder in der Mitte gelblich, später grau; Stiel sehr zart, 3—5 cm lang, hohl, kahl, weisslich, in der Mitte mit einem zarten, beweglichen, weissen Ringe. Auf Mist; April— Oktober. B. Hut fleischig, Rand zuletzt zerschlitzt. a. Oberfläche des Hutes graubraun; Ring hinfällig. @. Stiel hohl, schmutzig weiss, oben braunrot; Ring un- deutlich. 3l* — 484 — Ö. fuscescens (SCHAEFF.). Hut anfangs eiförmig, zuletzt aus- gebreitet, 5—8 cm breit, in der Jugend mehlig bereift, graubräun- lich mit glatter oder rissig-schuppiger, rötlicher Mitte; Stiel ge- brechlich, 6—12 cm lang, 5—10 mm dick, ceylindrisch; Lamellen schwarzbraun. An Baumstümpfen und am Grunde alter Bäume, in dichten Büscheln; Sommer. — I. Solitude bei Stuttgart (Rır.). II. Wildbad (O.). III. Aalen- Wasseralfingen (H.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm selten (V.). ß. Stiel fast voll, weiss. C. atramentarius (Burr.). Hut anfangs eiförmig, zuletzt kegelförmig ausgebreitet, 5—11 cm breit, mit welligem Rande, Ober- fläche graubraun, feinhaarig, in der Mitte mit eingewachsenen kleiigen Schuppen; Stiel 10—18 cm lang, 1—1'/, em dick, glatt, mit einem faserigen, vergänglichen Ringe; Lamellen erst weiss, dann von der Schneide aus braun und zuletzt schwarz werdend. Am Grunde alter Stämme, auf düngerreichem Gartenboden, gewöhnlich in dichten Haufen ; Juli—November. — I. Stuttgart mehrfach (M., Hess, OK.) ; Hohen- heim im exotischen Garten (Mı.); Vorder-Steinenberg (Ogmr.). II. Bulach (Hn.). III. Aalen-Wasseralfingen (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm (V.); Warthausen (RKW.). b. Oberfläche des Hutes weiss, schuppig; Stiel am Grunde knollig verdickt. «@. Hut anfangs eiförmig, rein weiss. C. ovatus (ScHAEFF.). Hut dünnflischig, bis 8 cm breit, mit dicken, dachziegelförmigen, konzentrischen Schuppen besetzt; Stiel 8—11 cm lang, kleinflockig, nach oben kahl, mit einem vergäng- lichen Ringe; Lamellen anfangs weiss, später von der Schneide her braun, zuletzt schwarz werdend. In Gärten, auf Wiesen. — I. Stuttgart am Zahnradbahnhof, Hohenheim beim Karlshof und auf dem Maiereifeld, Echterdingen (OK.); Vorder-Steinenberg (Ogmr.). I. Wildbad (O.). II. Aalen-Wasseralfingen vielfach (H.). IV. Ulm hin und wieder (V.). ß. Hut anfangs cylindrisch, schmutzig weisslich. ©. comatus (Fl. dan... Hut fleischig, bis 10 em hoch, mit dicken, sparrig abstehenden Schuppen besetzt, später zerschlitzt; Stiel bis 16 cm lang, 1'/, cm dick, ziemlich fest, weiss, faserig, mit einem beweglichen, ziemlich dauerhaften Ringe; Lamellen anfangs weiss, später von der Schneide her rosenrot, zuletzt schwarz werdend. — In der Jugend essbar. Auf Wiesen, Grasplätzen, in Gärten; September—Novmeber. — I. Klein- Gartach OA. Brackenheim (Arım.); Stuttgart und Degerloch (M., Hxss); Hohen- —. 485. — heim (OK.); Gültlingen OA. Nagold an der Strasse nach Stammheim selten (Mr.); im Mainhardter Wald (Sr.); an der Strasse von Gaildorf nach Gschwend (Haas); OA. Crailsheim (Br.). I. Wildbad (O.); Teinach häufig (Wuru); Bulach (Hx.). III. Aalen-Wasseralfingen vielfach (H.); Reutlingen (D.); Schörzingen (Sm.). IV. Ulm (V.); Warthausen (RKW.). 37. Gatt. Bolbitius Fr. Fruchtkörper in allen Teilen zart und gebrechlich, schnell ver- gänglich; Hut dünnhäutig; Lamellen wässerig, dünn ; Sporenflüssig- keit braun; Sporen elliptisch oder eiförmig, mit brauner, glatter Membran. I. Stiel weiss. A. Stiel glatt, glänzend. B. conocephalus (Bu..). Hut kegelförmig, lehmbraun, trocken weisslich, mit gestreiftem Rande und glatter, schwach klebriger Mitte; Stiel bis 12 cm lang, röhrig, ziemlich zähe; Lamellen vom Stiele frei, anfangs blass bräunlich, später rostbraun. Auf gedüngten Grasplätzen, an Waldrändern ; Juli—September. B. Stiel weissschuppig. B. vitellinus (Pzrs.). Hut anfangs eiförmig, dann aus- gebreitet, 5—6 cm breit, dottergelb, klebrig, anfangs glatt, später am Rande gefurcht und gespalten; Stiel 5—8 cm lang, 4—7 mm dick, röhrig; Lamellen locker angeheftet, schmutziggelb. Auf Äckern auf Pferdemist. — II. Wildbad 1890 (O.). IH. Am West- abhang des Oberhohenbergs bei Schörzingen im Jahre 1881 (Sım.). li. Stiel gelb oder gelblich. A. Hut kastanienbraun. B. hydrophilus (Burr.). Hut anfangs gewölbt, 4 cm breit, runzelig, mit glatter Mitte; Stiel 5 cm lang, 2—4 mm dick, röhrig, angedrückt-faserig, an der Spitze schwach pulverig; Lamellen an- geheftet, dunkel zimtbraun. An Baumstämmen, zwischen Laub, in Rasen wachsend. — III. Schör- zingen (SM.). B. Hut gelb. a. Lamellen anfangs gelblich, dann blass zimtbraun. B. fragilis (L.).. Hut 1—2 cm breit, klebrig, gelb, ver- blassend, in der Mitte schwach gebuckelt, am Rande gestreift; Stiel 8 cm lang, nackt und kahl, gelb. An Wegen, auf Äckern. — I. Hohenheim am langen See (Mı.). b. Lamellen anfangs blass, später purpur- oder rötlichbraun. — 486° B. titubans (BurL.). Hut 2—3 cm breit, sehr schnell ver- gänglich, in der Mitte gelb, klebrig, am Rande anfangs weisslich, später bräunlich, gestreift, zuletzt zerschlitzt; Stiel 6—14 cm lang, 2-—-4 mm dick, gebrechlich, hohl, glatt, gelblich. Auf gedüngten Wiesen, an Waldrändern und Wegen, auf Kuhmist; Juni bis August. — I. Stuttgart an der neuen Weinsteige 1827 (M.). 8. Gruppe. Paxilleae. Fruchtkörper derbfleischig; Lamellen häutig, sich leicht von dem Fruchtfleisch ablösend, leicht in zwei Platten spaltbar, am Ansatz des Stieles, häufig auch an ihrem Grunde mehr oder weniger anastomosierend. 38. Gatt. Paxillus Fr. Lamellen am Stiele herablaufend; Sporenpulver braun; Sporen elliptisch oder elliptisch-spindelförmig, mit dicker, brauner, glatter Membran. I. Stiel mittelständig. P. involutus (BarscH). Hut fleischig, 6—12 cm breit, mit eingerolltem, filzig-zottigem, oft furchig gestreiftem Rande, Ober- fläche glatt, ockerbraun, in der Mitte oft schleimig; Stiel voll, 5—8 cm lang, 1—2!/, cm dick, kahl, blassgelb; Lamellen anfangs hell ockerbraun, später rostbraun; Sporenpulver lebhaft gelbbraun. In Wäldern, Gebüschen und Gärten, meist herdenweise; Juli—November. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arım.); Stuttgart (M., Hess); Hohenheim und im Möhringer Wald (Mı.); Vorder-Steinenberg (OsBmr.). I. Im Schwarzwald sehr häufig (O.); Ober-Kollwangen (Mr.); Bulach (Hm.). III. Aalen-Wasser- alfingen (H.); Schörzingen im Wittau selten (Sm.). IV. Ulm (V.). II. Stiel excentrisch, seitlich oder fehlend. A. Stiel fehlend, doch der Hut oft an der Seite stielartig zusammen- gezogen. P. panwoides Fr. Hut dünnfleischig, fächerförmig, trichter- förmig hängend, oder kreisförmig, 2—6 cm breit, anfangs weisslich und feinfilzig, später glatt, ockerfarben, bräunlich; Lamellen excen- trisch ausstrahlend, vielfach dichotom verzweigt, stark gekräuselt, am Grunde vielfach durch Querleisten verbunden, anfangs weiss, später dottergelb, zuletzt bräunlich; Sporenpulver ockerbraun. Am Grunde alter Kieferstäimme; August—Oktober. Auch in Kellern, Holz- ställen und Bergwerken. B. Stiel aussen mit dichtem, schwarzbraunem, zottigem Filz über- zogen. — 4917 0° — P. atrotomentosus (BarscH). Hut derbfleischig, spatel- förmig oder excentrisch, einseitig vorgestreckt, 5—12 cm breit, mit eingerolltem, filzigem Rande, anfangs samthaarig, später kahl, körnig- rissig, rostbraun; Stiel bis 5 cm lang, 1—2 cm dick, am Grunde wurzelartig verlängert; Lamellen gelblich, am Grunde anastomosierend; Sporenpulver lehmfarben. Am Grunde alter Kieferstämme; August—November. — I. Stockheim OA. Brackenheim (Arım.); Stuttgart (M., Hess); Riedenberg (Mr.); Echterdingen (OK.); zwischen Mainhardt und Murrhardt, Ober-Heimbach (Sr.); Vorder-Steinen- berg (Osur.); OA. Crailsheim (Br.); Ellwangen (Kz.). II. Um Wildbad häufig (0.). UI. Aalen-Wasseralfingen (H.); Schörzingen nicht selten (Sm.); am Kyrenlei bei Seissen OA. Blaubeuren (Mr.). IV. Ulm im Schwedenwäldchen, Thalfingen (V.). Alphabetisches Verzeichnis der im Vorstehenden aufgeführten Gattungen und Arten. [Die Gattungen sind in grossen Buchstaben, die seither in Württemberg beobachteten Arten in gewöhnlicher Schrift, die übrigen Arten cursiv gedruckt.] acerbus BuLL. 357. agathosmum (Fr.) 478, applanatus (PErs.) 407. acerosus FR. 352. albellus FR. 355. applicatus BartscH 352, acervatus FR. 386. albobrunneus PERS. 362. | aquosus BurL. 386. achyropus (PERS.) 469. albofimbriatus Tros. 361. | arcuatus Buur, 356. Acicula ScHAEFF. 381. alboviolaceus (PERSs.) 426. ardosiacus (BuLL.) 403. acris (BoLT.) 338. albus ScHAEFF. 355. ı argentatus (PErs.) 425. acuminatus (FR.) 458. alcalinus Fr. 379. | armeniacus (SCHAEFF.)417. acutus (PErs.) 415. algidus Fr. 353. | ARMILLARIA Fr. 348. adhaerens (A. u. S.) 462. | alliaceus (Jacq.) 466. 1.7391. adiposa (Fr.) 445. alnicola (Fr.) 443. | armillatus Fr. 422. Adonis BunL. 384. alutacea (PERS.) 347. arquatus FR. 433. adusta Fr. 342. alutipes (LascH) 427. | arvensis (SCHAEFF.) 456. aeruginea FR. 341. alveolus (LascH) 407. aspera (Fr.) 327. aeruginosa (ÜURT.) 453. amadelphus (BuLL.) 467. | asprellus (FR.) 400. aethiops (Fr.) 402. AMANITA Pers. 325. asterophora Fr. 471. AGARICUS L. 348, 349. | ambiguus (Vırr.) 316. asterosperma VITT. 322. subgen.CLITOCYBEFR. | ambustus Fr. 385. astragalina (Fr.) 442. 349, 363. amianthina Karst. 395. | ASTROSPORINA „ COLLYBIA Fr. | amictus Fr. 380. SCHROET. 348. 434, 349, 384. amplus Pers. 367. atomatus (FR.) 457. „ MYCENA Pers. | anatinus (Lasca) 401. atramentarius (BuLr.) 484. 349, 374. androsaceus (L.) 465. atratus FR. 385. »„ OMPHALIA ANELLARIA Karsr.349. | Atrides (LascH) 398. Pers. 349, 371. 461. atro-caeruleus Fr. 353. „ PLEUROTUS anfractus Fr. 429. atrorufa (SCHAEFF.) 450. FR. 349. anomalus Fr. 425. atromarginatusLascH 378. TRICHOLOMA | appendiculatum (BuLL.) | atrotomentosus (BATsch) Fr. 349. 354. 451. 7, 7487. aurantia (SCHAEFF.) 394. aurantiaca (Fl. dan.) 332. aurata (WITH.)(Russ.) 346. auratus Fr. (Ag.) 361. aurea (PERS.) 447. aurivella (Bartsch) 446. var. filamentosa (SCHAEFF.) 447. avenaceus FR. 378. avenatus (PERS.) 425. badipes (Fr.) 412. balaninus BEcK. 377. bivelus Fr. 420. blattaria (Fr.) 444, blennia Fr. 331. Bloxami (BERK.) 404. bolaris (PErs.) 424, BOLBITIUS Fr. 480, 485. bombycina (SCHAEFF.) 330. BOVISTA Pers. 307, 312. Bovista FR. (Sclerod.) 316. Bovista (L.) (Lycop.) 311. brevipes Burr. 354. brumalis Fr. 365. brunneus (PErs.) 422, Bryantii BERK. 313. bufonius PERS. 358. bulbigera (ALp. u. ScHw.) 393. bullacea (BurL.) 450. Bulliardi Pers. 424, butyraceus BuLL. 389. byssisedus (Pers.) 408. caelatum Bvrr. 310. caerulea Fr. 344. caerulescens (SCHAEFF.) 432. caesarea (ScoP.) 328. callisteus Fr. 424. callosus (Fr.) 458. calyptraeformis BErK. 473. Campanella BarscH 372. campanulata (L.) 460. campestris (L.) 454. var. praticola Vırr. 455. silvicola Vırr. 455. vaporaria KROoMmB. 455. camphorata (Burr.) (Lac- taria) 335. camphoratus Fr. (Cortina- rius) 426. cancellatus L. 306. candicans Pers. 368. candidus (Bout.) 467. Candolleanum (Fr.) 451. caninus Fr. 305. caperata (PErs.) 329. capillaris Schum. 379. capnoides (Fr.) 451. n n 488 —- capreolarium (KALCHBR.) 478. caprinus (Scop.) 476, carbonaria (Fr.) 441. Uarcharias PERS. 395. carneum WALLR. 322. carneus BuLL. 357. carpophila (Fr.) 441. cascum (Fr.) 451. castaneus (Burr.) 418. Catinus FR. 366. ceraceus (WUuLF.) 474. cernua (Fl. dan.) 448. cerodes (FR.) 412. cerussatus FR. 369. cervinus (SCHAFFF.) var. rigens (PErs.) 406. cetratus (Fr.) 399. chalybaeus (Pers.) 401. CHALYMOTTA Karsr. 349. 460. chamaeleontina (FR.) 346. chlorophanus (FR.) 473. chrysenterus BurL. 358. chrysodon (Bartsch) 477. chrysophyllus Fr. 374. chrysorrhoea Fr. 338. cinnabarina Fr. (Lepiota) cinnabarinus FR. (Corti- nar.) 425. cinnamomeus (L.) 422. cirrhatus ScHum. 388. citrinellus Pers. 376, eitrinus Vırr. 322. claricolor FR. 430. elathroides Vırr. 321. CLATHRUS Micn. 305. clavipes Pers. 370. Clavus L. 385. CLITOCYBE FR. 363. clusilis Fr. 384. elypeatus (L.) 403. clypeolaria (BuLL.) 396. eoceineus Fr. 474. cochleatus (PErs.) 463. Cocles (FR.) 399. coffeatus Fr. 367. cohaerens PERS. 382. collariatus FR. 380. collinitus (PErs.) 428, collinus Scop. 387, COLLYBIA Fr. 349, 384. Columbetta Fr. 359. comatus (Fl. dan.) 484, eomitialis Pers. 369. commune Fr. 462, conchatus (BuLL.) 464. confertus (Borr.) 409. 349, confluens FR. u. NORDH. (Nidularia) 318. confluens Pers. (Coll.) 388. conglobatus VırT. 356. congregatus (BuLL.) 480. conicus (Scop.) 472. conigenus PERS. 388, connatus FR. 366. conocephalus (BuLL.) 485. conopileus (Fr.) 458. consobrina FR. 344. conspersa (PErs.) 441. constellatum Fr. 310. controversa (PERS.) 336, COPRINARIUS Fr. 349, 456. COPRINUS Pers. 480. coprophila (BuLL.) 450. corticata KARSTEN. 391. corticola PERS. 380. En Fr. 348, 14. CORTINELLUSRozE.348, 3%. CORTINIOPSIS ScHRoET. 349, 459. corydalina QuEL. 438. Cossus (Sow.) 477. craspedius FR. 351. crassipes DU. 317. cretacea (Fr.) 456. cristata (BoLT.) 396. crocatus SCHRAD. 375. croceocaeruleus(PERs.)431, CRUCIBULUM Teur. 318. cruentus Fr. 375. erustuliniformis (Burr.) 413. Cucumis (PErs.) 410. cuneifolius Fr. 358. curvipes (A. u. Sch.) 447, eyanites Fr. 425. cyanopus (SEcR.) 430. cyanoxantha Fr. 343. cyathiformis BuLL. 365. CYATHUS Harı. 318,319. damascenus Fr. 417. dealbatus Sow. 369. debilis Fr. 381. decastes Fr. 367. decipiens (PERs.) 416. decolorans (PeErs.) 431. decoloratus Fr. 431. decorus Fr. 350. decumbens (PERSs.) 423. deglubens (Fr.) 439. delibutus Fr. 426. delica (VAıtL.) 342, delicata Fr. 394. deliciosa (L.) 330. deliquescens (Buzr.) 480. depallens Fr. 344. depluens (BartscH) 408. DERMINUS Fr. 348, 407. destrieta Fr. 437. destruens (BRONDEAU) 446. detonsus Fr. 415. dichrous (PERS.) (Hypor- rhod.) 402. dichrous (PERS.) (Copri- narius) 459. dilutus (PErs.) 416. discoideum (PERSs.) 480, dispersum (FR.) 452. disseminatus (PERs.) 457. domesticus (PERS.) 481. dryina KARSTEN. 391. äryophilus Buzz. 386. dulcamara (ALB. u. SCHW.) 437. Dunalii (DC.) 463. dura (Bour.) 443. duracınus Fr. 416, eburneum (Burr.) 476. echinipes LascH. 376, elaeodes (PauL.) 451. elatior Fr. 427. elegans PErs. 378. elegantior FR. 433. elephantina FR. 341. emetica Fr. 341. emollitus Fr. 431. ephemeroides (BuLL.) 483. ephemerus (Burr.) 481. Epichysium Pers. 373, epiphyllus Fr. 465. epipterygius Scop. 377. epixanthum (Paur.) 452, equestris L. 362. erebia (FR.) 444. ericaceus (PERS.) 459. ericetorum BuLL. 365. erminea (FR.) 396. erubescens (FR.) 478. erythrinus Fr. 416, erythropus (PErs.) 469. escharoides (FR.) 440. esculentus WULF 387. euchrous (PERrs.) 401. evernius FR. 420. excelsa (Fr.) 327. excoriata (SCHAEFF.) 398. exilis (FR.) 399. expallens PErs. 365. extuberans Fr. 386. fasciatus Fr. 415, fasciculare (Huns.) 452, fastibilis (FR.) 436, fastigiata (SCHAEFF.) 435. felina (Pers.) 397, 489 fellea FR. 342. Fibula Buzz. 372. | filipes Buzz. 380. Jimbriatum (Fr.) (Lycoper- | don) 307. fimbriatus Borr. (Ag.)350. fimbriatus Fr. (Geaster) 315. fimetarius (L.) 483. fimicola (Fr.) 458. fimiputris (BurL.) 461. firmus Fr. 417. flabelliformis (Bourt.) 462. Flabellum (Fr.) 419. flaceidus Sow. 366. flammans (Fr.) 445. flammeola (Porr) 339. flavescens GiLr. 454, flavida (ScHAEFF.) 443. flavo-albus Fr. 384, flavo-brunneus Fr. 361. flexipes (PErs.) 419. fiexuosa Fr. 334. fluxilis FR. 353. | foenisecii (PErs.) 459. foetens PERS. 343. foetidus (Sow.) 467. fornicatus (Huns.) 314. fragilis Fr. (Russ.) 340. fragilis (L.) (Bolbit.) 485. fragrans Sow. 368. Friesii LascH. 396. var. acutesquamosa (Weımn.) 396. fucatus Fr. 362. fulgens (Pers.) 434. fuliginosa (FR.) 339. fulmineus Fr. 434. fumosus PERS. 367, furcata Fr. 344. furfuracea (PErs.) 440, fuscescens (SCHAEFF.) (Co- prinus) 484, fuscescens SCHROET. (Ma- rasmius) 469. fuscoalbum (LascH) 478, fuscopurpureus(PErs.)470. fuscum Bon. 309. fusipes Burr. 3%. Fusus (BatscH) 442. galerieulatus Scop. 382. gallinaceus ScoP. 369. galopus PERS. 374. gambosus Fr. 355. a. vernalis 355. GAUTIERA Vırr. 320. GEASTER Mich. 307, 312. gemmatum Bartsch 308. var. echinatum Pers. 309. var. excipuliforme Scor. „ furfuraceum FR. „ papillatumSCHAEFF. 309 = perlatum PERS. 309. gentilis Fr. 421. | geophylla (Sow.) 438, givus PERS. 366. ı glaucopus (SCHAEFF.) 432, ı GLOBARIA Quezı.307,311. glutinosus (SCHAEFF.) 470. | glyeyosma Fr. 337. GOMPHIDIUS Fr. 470. gossypina (BuLr.) 449. gracilenta (KroMBH.) 397. gracilis (PErs.) 457. graminicola (N. v.E.) 441. graminum (Liss.) 466. grammopodius BuLr. 355. granulatum WALLR. 309, granulosa Bartsch 39. graveolens PERS. 356. grisea (PErs.) 346. griseocyaneus (FR.) 402. griseorubellus (LAScH) 398. guttatus SCHAEFF. 359, gypseus FR. 383. gyroflexa (Fr.) 448. haematopus PERS. 375. helodes (Fr.) 403. helva Fr. 337. helvelloides Fr. 421. helvolus (Burr.) 421. hemitrichus (Pers.) 418. heterophylla Fr. 343, var. galochroa Fr. 343. hiemale Bu. 311. hilaris (Fr.) 411. hinnuleus (Sow.) 421. hirneolus FR. 371. hirtipes (Fl. dan.) 399. hirtum Pers. 310. humilis Fr. 354. humosus FR. 367. HYDRANGIUM WALLR. 320, 322, hydrogrammus FR. 374. hydrophilus (BuLr.) 485. hydrophorus (BurL.) 457, hygrometricus FR. 313. HYGROPHORUS FR. 470, 472. HYMENOGASTER Viırr. 320, 321. HYPHOLOMA Fr. 348, 450. Hypnorum (ScHRK.). var. Bryorum PERS. 408. var. mniophilus (Lasch) 8. „ rubiginosus (PERS.) 408. „ Sphagnorum PERS. 408. HYPORRHODIUS (Fkr.) ScHROET. 348, 398. hypothejum (Fr.) 480. HYSTERANGIUM Viırr. 320, 321. ichorata (BATScH) 335. iclerinus (FR.) 400. iliopodius (Bur.) 419. illinita Fr. 395. imbricatus Fr. 360. impennis Fr. 420. imperialis Fr. 392. impolitus LascH 360. impudicus L. 305. incisus (Pers.) 419. inclinatus Fr. 382. infractus (Pers.) 429. infundibuliformis SCHAEFF. 363. INOCYBE Fr. 348, 436. inquilina (Fr.) 440. insulsa Fr. 331. integra (L.) 345. integrellus Prrs. 572, inversus Scop. 366. involutus (Bartsch) 486. ionides BuLL. 358. var. persicolor FR. 358. „ Ppravus LascH 358. irinus FR. 397. jecorina FR. 332. jubatus (Fr.) 402. Klotzschii Tur. 321. laccatus Scop. 371. var. amethystina (BULL.) 371. „ rosella(BatscH)371. lacera (Fr.) 438. lacrimabundus (Fr.) 460. LACTARIA Pers. 330. LACTARIELLA ScHroEr. 330, 339. lactea Fr. (Lact.) 345. lacteus Pers. (Ag.) 383. laetus -(Pers.) 474. lagopus (Fr.) 483. lampropus (Fr.) 401. laniger Fr. 420. lanuginosa (Burr.) 435. largus (Buxg.) 430. lateritius (Fr.) 409. lenta (Prrs.) 442. lentiginosus Fr. 363. LENTINUS Fr. 461, 462. 490 leoninus (SCHAEFF.) 405. lepida Fr. 344. lepideus Fr. 463. LEPIOTA Pers. 348, 394, leucopus (Pers.) 414. ligatum (Fr.) 477. lignatilis FR. 350. lignyota (Fr.) 340. limacinum (Scop.) 479, LIMACIUM Fr. 470, 476. limbatus Fr. 314. limpidus Fr. 351. lineatus BuLL. 383. Liquiritiae (Pers.) 413. liwidus Bu. 404. longieaudus (Pers.) +13. longipes Burn. 390. lubrica (Pers.) 442. lucifuga Fr. 438. lugens (JunsnH.) 414. lurida (Pers.) (Lact.) 339. luridus ScHaEFF. (Ag.) 359. lutea (Hups.) 346. luteoalbus Bour. 384. luteolus Fr. 321. luteovirens (ALB. u. SCHW.) 393. LYCOPERDON 307. maculatus ALB. u. ScHw. 389. mammosum (Mıca.) (Tylo- stoma) 306. mammosusÜHEV. (Geaster) 314. mammosus (L.) (Hyporrho- dius) 400. (Mappa Fr.) 328. MARASMIUS FR. 461, 464. marginata (Barscn) 444. marginellus Pers. 377. mastrucatus FR. 353. maximus FL. Wert. 364. melaleucus PERS. 355. MELANOGASTER Coa. 315, 316. melanosperma (Buur.) 454. melinoides (Buur.) 411. melizeum (Fr.) 477. mellea (VaHL.) 392. merdaria (FRr.) 453. ToURn. mesomorpha (BurL.) 395. | mesophaea (Fr.) 437. metachrous FR. 368. metatus Fr. 379. micaceus (Burr.) 482. mierorrhiza (LascH) 449. miniatus Fr. 474, mitis Pers. 352. mitissima FR. 335. mollis (SCHAEFF.) 407. morchellaeformisVırr.320. mucida (ScHRAD.) 394. mucifluus Fr. 428. mucosus (BuLr.) 428. mulleus FR. 468. multiformis Fr. 433. mundulus (LascH) 405. muricata FR. 445. murinus BATScH 384. muscaria (L.) 327. mutabilis (SCHAEFF.) 445. MUTINUS Fr. 305. MYCENA Pers. 349, 374. mycenopsis (FrR.) 439. Myosotis (Fr.) 410. myosurus FR. 388. nanus (PErs.) 406. NAUCORIA Fr. 348, 439. nauseosa (PERS.) 347. nebularis BarscH 370. nemoreus (LascH) 476. nidulans PERS. 353. NIDULARIA Borr. 318. nigrescens PERS. 312. nigricans Fr. 342. nitida (Pers.) (Russ.) 345. nitidum Fr. (Lim.) 479. nitidus Fr. (Cortin.) 427. nitratus (PErs.) 472. niveus (PERrSs.) (Copr.) 482. niveus (Scop.) (Hygr.) 475. nudus Burr. 356. NYCTALIS Fr. 470, 471. obbatus Fr. 365. obnubila (LascH) 335. Obolus FR. 368. obrusseus (Fr.) 473. obscura (PErs.) 437. obsoletus Fr. 368. obtusata (FRr.) 448. obtusus Fr. 415. ocellatus Fr. 386. ochracea (ALB. u. ScHWw.) 347. ochroleuca Fr. (Russ.) 341. ochroleucus (SCHAEFF.) (Cortinar.) 423. OCTAVIANIA Vırr. 320, 322. odorus Bu. 369. olivaceoalbum (Fr.) 479. Olla (Bartsch) 319. OMPHALIA Pers. 349, Ju opiparus Fr. 371. oreades (Borr.) 468. orichalceus (Bartsch) 434. ostreatus Jacq. 350. | ovalis (Fr.) 409, ovatus (SCHAEFF.) 484. ovinus (Burr.) 475, pallida PERS. 332. paludosa (Fr.) 440. panaeolus FR. 357. panuoides FR. 486. Pansa Fr. 433. pantherina (DÜ.) 328. PANUS Fk. 461, 463. papilionacea (Burr.) 460. parasitica (Burr.) 471. pargamena (Sw.) 333. partlis FR. 364. pascuus (PeErs.) 400. PAXILLUS Fr. 486. pectinata Fr. 341. pediades (Fr.) 410. pelianthinus FR. 377. pellitus (PErRs.) 406. penarium Fr. 477. pennata (Fr.) 449. percomis FR. 429. perforans (Horrm.) 465. peronatus Fr. 468. perpusillus Fr. 352. personatus Fr. (Ag.) 357. personatus (BoLr.) (Maras- mius) 468. pessundatus Fr. 362. petalordes BuLL. 351. pezizoides (N. v. E.) 407. phaeopodius BurL. 389. phalloides Fr. 328. var. albida SCHROET. 529, „ eirina (PeErs.) 329. var.grisea SCHROET. 329. „ viridis (PERS.) 329. PHALLUS Micn. 305. phlebophorus (Diru.) 406. phoenicea (FRr.) 393. pholideus FR. 424, PHOLIOTA Fr. 348, 443. phyllophilus PErs. 369. piereus (PERSs.) 412. piperata (ScoP.) 333. piriforme SCHAEFF. 308. piriodora (PErRSs.) 438. Pisocarpium Fr. 317. pityophilus Fr. 368. placidus (Fr.) 402. platyphyllus Prrs. 390. pleopodius (Burr.) 400. pleropieus (BRITZELM.)404. PLEUROTUS Fr. 349. plexipes FR. 385. plieatilis (Curr.) 481. plicosus FR. 379. plumbea(Bvrr.)(Lact.) 334. plumbea Pers. (Bov.) 312, politus PERS. 398. 491 POLYSACCUM DC. 315, | 317. polygrammus BurrL. 382. (pomonae Lenz) 355. popinalis (Fr.) 405. porphyria ALB. u. SCHW. 328. porphyrophaeus (Fr.) 404. porphyropus(ALB.U.SCHW.) | 431 porreus Fr. 469. porrigens PERs. 354. portentosus FR. 362. praecox (Pers.) 444. praetervisa (QuEL.) 435. prasinus (SCHAEFF.) 432. prasiosmus FR. 469. PRATELLA Fr. 348, 448. pratensis (Pers.) (Hygro- phorus) 476. pratensis (SCHAEFF.) (Psal- liota) 454. procera (Scop.) 397. pruinosus FR. 363. prunuloides (Fr.) 404. Prunulus (Scop.) 405. PSALLIOTA Fr. 348, 453. psammocephalus (BuLL.) 419. PSILOCYBE FR. 348, 449, psittacinus (SCHAEFF.) 473. pterigenus FR. 376. pubescens Fr. 336. pudorinum (Fr.) 478. pumila (Fr.) 444. punctata (Fr.) 437. puniceus (FR.) 473. purpurascens Fr. 432. purus PERS. 383. pusilla (Bartsch) 311. pusiolus (Fr.) 411. pustulatum (PeErs.) 479. pyrogala (Burr.) 333. pyrotricha (HoLask.) 459. pyxidatus BuLL. 373. quieta FR. 332. Rabenhorstii (FR.) 409. racemosus PERS. 387. radıans (Desm.) 481. radiatus (BoLr.) 482. radicatus RELH. 3%. radicosa (BuLL.) 443. ramealis (BuLr.) 467. ramentacea (BuLL.) 393. rancidus FR. 385. recutita (FR.) 328. relicina (Fr.) 435. rhacodes (Vırr.) 397. rhagadiosa (FR.) 392. rhaphanoides (PErs.) 423. RHIZOPOGON FR. 320. rhodopolius (Fr.) 403. RHODOSPORUS ScHROET. 348, 405. rigens (Pers.) 414. rigidus Scop. 418. rimosa (Burr.) 439. rimulincola (LascH) 410. rivulosus PERS. 370. robusta (ALB.u.ScHw.) 393. roridus FR. 376. rosellus Fr. 378. roseus Fr. 471. Rotula (Scop.) 466. ROZITES Karsten 325, 329. rubella Gi. 455. rubescens PERS. 326. var. circinata PERS. rubescens Tur. 321. rubra Fr. 344. rubromarginatus Fr. 378. rudis FR. 464. rufa (Scop.) 337, rufescens PERS. 314. rufoolivaceus (PErs.) 433. rugosus Fr. 381. RUSSULA Pers. 340. Russula ScHAEFF. 361. RUSSULINA ScHRoErT.340, 345. rusticus FR. 373. rutilans SCHAEFF. 361. saceatum Fl. dan. 308. saccharinus (BarscH) 466. salignus PERS. 350. sambucinus (FR.) 413. sanguinea (BurL.) (Rus- sula) 343. sanguineus (WULF.) (Corti- narius) 422. sanguinolentus Schw. 375. saniosus Fr. 415. sapineus (Fr.) 412. Saponaceus Fr. 359. saturninus Fr. 418. scabella (FR.) 435. scabra (MÜLLER) 438. scalpturatus FR. 359. scaurus Fr. 433. SCHIZOPHYLLUM Fk. 461, 362. schizopus (SECcR.) 466. SCLERODERMA Pers. 315. scorodonius FR. 467. scrobieulata (Scop.) 338. scutellaris RTH. 319. scutulatus Fr. 421. ALB u. scyphoides Fr. 374. sejuncetus Sow. 363. semiglobata (Bartsch) 461. semilanceatus (FR.) 458. semiorbicularis _(BULL.) 411. ; separata (L.) 461. septicus Fr. 353. sericellus (FR.) 402. sericeus (BuLL.) 403. seriflua (DC.) 333. serotinus SCHRAD. 351. serrulatus (Fr.) 401. setipes FR. 372. silvatica (SCHAEFF.) 456. sinopicus FR. 364. sinuatus (FR.) 404. sobria (Fr.) 441. sordidus ScHun. 354. spadiceogrisea (SCHAEFF.) 448, spadicea (SCHAEFF.) 449, speciosa (FR.) 330. spectabilis Fr. 447. speireus FR. 380. SPHAEROBOLUS TopE 306. sphagnicola BEcK 373. spieulus (LascH) 409. spissa (Fr.) 326. splachnoides (Horn.) 465. spumosa (Fr.) 442, squamosa (PERSs.) 454. squamulosus PERS. 564. squarrosa (MÜLLER) 446. var. Mülleri Fr. 446. „ reflexa SCHAEFF. 446. „ verruculosa LascH 446. stellatus Fr. (Agar.) 373. stellatus TopE (Sphaero- bolus) 306. stercoraria (FR.) 453. stipatum (Pers.) 450. stipitarius FR. 388. strangulata (Fr.) 326. streptopus Fr. 475. striatulus PERS. 352. striatus DC. (Geaster) 313. striatus (Hups.) (Cyathus) 319. stridulus FR. 389. stylobates Pers. 375, stypticus (Bur.) 464. suaveolens Scuum. 364. subalutaceus Batsca 371. subduleis (Burr.) 335. subferrugineus (BaArsch) 417. sublanatus (Sow.) 424, sublateritium (Fr.) 452. N subpalmatus Fr. 351. subtilis (Fr.) 457. subtortus (PErs.) 429, suffrutescens (Bror.) 462. sulfureus Burr. 358. supinus FR. 381. tabacinus (Fr.) 411. temulentus (Fr.) 412. tenacellus PERS. 386. tener BERK. (Hymenoga- ster) 322. tener (SCHAEFF.) (Dermi- nus) 410. tenerrimus BEcK. 375. tephroleucum (PErs.) 479. terginus Fr. 469. terreus SCHAEFF. 560. var. argyraceus BULL. 360 „ ehrysites Fr. 360. terrigena FR. 446. theiogala (BuLr.) 338. tigrinus (Burr.) (Lentinus) 463. tigrinusSCHAEFF.(Ag.)356. Tintinnabulum Fr. 376. tithymalina Fr. 334. titubans (Burr.) 486. tomentosus (BuLL.) 483. torminosa (SCHAEFF.) 336. torquatus Fr. 466. tortuosus Fr. 416. torulosus (PErs.) 464. torvus FR. 420. traganus Fr. 425. tremulus ScHAEFF. 352. Tricholoma (AL». u.SCHW.) 436. TRICHOLOMA Fr. 349, 354. tricolor ALB. u. SCHW. 372, triformis Fr. 418. tristis (Fr.) 391. triumphans Fr. 429. trivialis Fr. 332. truncatus (SCHAEFF.) 414. truncorum (SCHAEFF.) 482. tuberculosa(SCHAEFF.) 447. tuberosus BurL. 387. tunicata FR. 312. turbinatus (Burr.) 434. turmalis Fr. 428. turpis (WEInM.) 336. TYLOSTOMA Pers. 306. ulmarius BuuL. 351. umbelliferus L. 373. umbilicatus SCHAEFF. 374. umbrosus (PERS.) 406. unguinosus Fr. 472. uraceus Fr. 417. | urbus Fr. 354. ı urens (Burr.) 468. ustalis Fr. 362. uteriforme Burr. 311. uvida FR. 339, vaceinus (PERS.) 391. vaginata (BuLL.) 325. var. alba Fr. 326. „ badia(ScHAFFF.)326,. „ fulva(ScHAErFF.)326, „ plumbea (SCHAEFF.) 326 variabilis (Pers.) 407. variegatus Scop. (Ag.) 360. variegatus(V ırr.)(Melano- gaster) 317. varlicolor (PERs.) 430. varius (SCHAEFF.) 430. velatum Vırr. 310. vellerea Fr. 337. velutinus Borsz. (Hygro- phorus) 475. velutinus (PERs.) (Corti- niopsis) 460. velutipes Currıs 388. verecundus (FR.) 399. verrucosum (BuLr.) 316. versipellis (FR.) 436. vervacti (Fr.) 412. vesca FR. 342. vibecinus FR. 365. vibratilis Fr. 427. vieta Fr. 338. violaceo-fulvus (BATSCH). 463. violaceus (L.) 425. violascens (OrTTo) 339. virescens Fr. 345. virgatus FR. 358. virgineus (WuLr) 475. viscidus (L.) 471. vitellina(PErs.)(Russ.)347. vitellinus Fr. (Hygropho- rus) 474, vitellinus (Pers.) (Bolbi- tius) 485. vitilis Fr. 381. vitreus FR. 379. vittaeformis (Fr.) 409. volema (FR.) 334. volema oedematopus ScoP. 334. volvacea (BuLL.) 330. VOLVARIA Fr. 325, 329. vulgare Hornem. (Sclero- derma) 315. vulgare Tour. (Crucibulum) 318 | vulgaris Pers, (Agar.) 376. xerampelina (SCHAEFF.) 346. Zephyrus FR. 383. zonaria (BurL.) 331. Die Hautbedeckung von Ichthyosaurus. Von Prof. Dr. E. Fraas. Mit Taf. V. Auf der Generalversammlung unseres Vereines in Sigmaringen ! 1892 hatte ich Gelegenheit genommen, einen damals soeben für das Kgl. Naturalienkabinet erworbenen Fund von JIchthyosaurus mit Hautbedeckung in Wort und Bild vorzuführen. Kurze Zeit später habe ich über dasselbe Stück eine briefliche Notiz? veröffentlicht und so diesen schönen Fund allgemein bekannt gemacht. Das In- teresse an diesem Stücke war ein so ausserordentliches, dass meine kurze Notiz bald eine ganze Litteratur in wissenschaftlichen und populären Zeitschriften des In- und Auslandes hervorrief. Viel Neues habe ich dem früher schon Gesagten nicht hinzuzufügen, aber ich halte es doch für meine Pflicht, von diesem — ich möchte fast sagen — populär gewordenen Stücke eine genaue und genügende Abbildung zu geben. Die Abbildung (Taf. V) wurde auf photogra- phischem Wege direkt nach dem Originale hergestellt, da ich diese Herstellungsweise, gerade in einem solchen Falle, wo die Phantasie des Zeichners doch immer etwas mehr hineinlegen könnte, als in Natur vorhanden ist, jeder anderen vorziehen zu müssen glaubte. In der That zeigt das wohlgelungene photographische Bild auch alle Einzelheiten in klarer und deutlicher Weise, kann man doch z. B. ganz gut die zarten Fältchen auf der Haut an der Vorderflosse oder die verkalkten Sehnen, welche die Rückenflosse tragen, wiedererkennen. Was mir aber die Hauptsache an dieser Darstellung ist, ist der Um- stand, dass der Beschauer ein unbedingt wahres Bild von dem Stücke vor sich hat, genau so, wie es in der Natur vorliegt. Die Abbil- dung zeigt das Stück in '/, natürlicher Grösse. Auf den ersten Blick erkennen wir an dem Skelette, dass es sich um eine der gewöhnlichen Ichthyosaurus-Arten — Ichthyosaurus quadriscissus Qu. — und um die weitaus häufigste Lage des Tieres, auf der Seite, handelt. Die so oft zu beobachtende Abbiegung und Verwerfung der Wirbelsäule in der Mitte des Rückens und am Schwanze fehlt auch hier nicht. Im übrigen zeigt das Skelett nichts Ausser- gewöhnliches und unterscheidet sich in der Erhaltung in keiner Weise von den vielen Hunderten, die sich allmählich in den Museen an- ! Diese Jahreshefte 49. Jahrg. 1893. S. XXXIX. ®2 N. Jahrb. f. Min. etc. 1892. Bd. II. S. 87, — 494 — gesammelt haben. Die Länge des Skelettes beträgt 1,10 m und es kann somit das Tier als ein ziemlich kleines Exemplar bezeichnet werden, da die beobachteten Grössenverhältnisse von Ichthyosaurus quadriscissus zwischen 0,52 und 3,55 m schwanken. Das Auffallende und Neue an diesem Funde liegt darin, dass ausser dem Skelette noch Bestandteile der Haut und des Fleisches in ihrer natürlichen Lage erhalten sind, und zwar in solcher Menge, dass sie auf das deutlichste die Umrisse des Körpers zur Anschauung bringen. An sich sind die Beobachtungen von Weichteilen an Ich- thyosauriern nichts Neues und es finden sich hierüber schon zahl- reiche Notizen in der Litteratur', aber noch nie war es zuvor ge- lungen, die hautigen und fleischigen Überreste in solchem Umfange blosszulegen. Es ist dies eine überaus mühsame Arbeit, da die Weich- teile nur als eine sehr dünne schwarze Haut erhalten sind, welche nur zu leicht bei dem Präparieren des Skelettes übersehen wird. Es unter- liegt auch keinem Zweifel, dass ein grosser Teil der früher präparierten Stücke die Hautbekleidung hatte, ebenso wie Herr Havrr in Holzmaden späterhin an die Museen Stücke mit Haut wird liefern können, voraus- gesetzt, dass sich die langwierige und mühevolle Arbeit bezahlt macht. So dünn auch die Schichte der erhaltenen organischen Substanz ist, so gelingt es doch mit einiger Vorsicht, mikroskopische Präparate anzufertigen, die geignet sind, uns Aufschluss über die Natur der erhaltenen Substanz zu geben. Ich habe derartige Präparate bereits früher in unseren Jahresheften (44. Jahrg. 1888. p. 293, Taf. 7 Fig. 2—4) beschrieben und abgebildet und habe mich damals dahin ausgesprochen, dass es sich vielfach um Überreste einer stark pig- mentierten Haut handle. Weitere Studien, teils von meiner Seite, besonders aber von O. Reıs in München, liessen es später wahr- scheinlich erscheinen, dass es sich in den meisten Fällen nur um stark zerstörte Muskelsubstanz handle. Diesen Standpunkt vertritt namentlich OÖ. Reıs? in einer hochinteressanten Arbeit, in welcher ı W. Buckland, Deseription of Ichthyosaurus. Bridgewater Treatise Vol. XI. 1836- p. 22. — R. Owen, Trans. of Geolog. Soc. Ser. U. Vol. VI. Bd. 1. 1841. p. 199. Taf. 20; — Monograph. on the fossil Reptilia on the liassie for- mations 1881. (Mon. Pal. Soc. pl. III. Taf. 28 Fig. 3.) — E. Fraas, diese Jahreshefte 44. Jahrg. 1888. p. 280. Taf. 7; — Bericht über die XXI. Vers. des oberrhein. geol. Ver. 1888. p. 31. — R. Lydekker, An Ichthyosaurian Paddle. Geol. Mag. Dec. III. Vol. VI. 1889. p. 388. — E. Fraas, Die Ichthyosaurier der süddeutschen Trias- und Juraablagerungen. Tübingen 1891. p. 31; — Die oben eitierten Notizen über das vorliegende Exemplar. ®? OÖ. Reis, Untersuchungen über die Petrifizierung der Muskulatur. Archiv f. mikroskop. Anatomie. Bd. XLI. p. 492—584. Mit 3 Taf. — 495 — er sich auf das eingehendste mit allen Erhaltungszuständen fossil erhaltener Muskulatur beschäftigt; er sucht darin nachzuweisen, dass die mikroskopischen Bilder, welche ich teils für Pigmentzellen der Haut, teils für Homnzellen erklärte, nur die Querschnitte von Muskel- fasern seien. In der That lässt sich auch eine gewisse Ähnlichkeit mit den von ihm abgebildeten Präparaten, die ohne Zweifel als Querschnitte von Muskelfasern gedeutet werden müssen, nicht verkennen. Ich habe natürlich auch von dem neuen Exemplare von Ichthyosaurus eine An- zahl mikroskopischer Präparate gemacht, die z. T. recht gut gelangen, mich aber nur von der Richtigkeit meiner ersten 1888 ausgeführten Ansicht überzeugen konnten. Es liegt bei den neuen Ichthyosaurus- Funden entschieden ein anderer Erhaltungszustand vor, als bei den von Rkıs untersuchten Solnhofener Fischen und auch ein anderer als bei unseren liassischen Loligineen!. Während bei diesen die er- haltene organische Substanz zweifellos von der Muskulatur herrührt, zeigt sie bei unseren Ichthyosauriern ganz typische Strukturbilder, welche nur auf Hautzellen bezogen werden können. Die Muskel- substanz ist hier und da noch als lichte, leicht gestreifte Masse zu erkennen, die Hauptmasse aber bildet eine dunkle, scheinbar körnige Lage. An einem der Präparate ist nun gerade diese Lage sehr gut aufgelöst, und lässt auf das deutlichste die einzelnen Pigmentzellen mit ihren Umrandungen erkennen; in jeder Zelle liegt ein rundlicher, dunkel gefärbter Pigmentfleck, und Dr. VosseLer, der in histologischen Untersuchungen ein geübtes Auge hat, spricht sogar einen häufig vorhandenen lichteren Punkt innerhalb des Pigmentfleckes als Kern der Pigmentzelle an. Jedenfalls ist die Übereinstimmung dieser Bilder mit denjenigen aus der stark pigmentierten Haut von Sala- mandern und Schlangen eine so grosse, dass jede andere Deutung sehr gesucht erscheinen müsste. Für den Histologen von besonderem Interesse erscheinen einzelne Gruppierungen kleiner Zellen um eine grosse, welche mein zoologischer Gewährsmann, Dr. VossELEr, als Hautdrüsenbildungen ansieht. Gerne hätte ich genauere histologische Untersuchungen über die einzelnen morphologisch so deutlich aus- geprägten Organe, die Rückenflosse, die verkalkten Sehnen, die Sub- stanzen am Schwanz und Becken ete. gemacht, aber hierzu erwies sich der Erhaltungszustand als zu ungünstig, da alle die scheinbar solideren. Massen so von Schwefelkies durchsetzt sind, dass jedes mikro- skopische Bild verschwindet; nur die zarten schwarzen Lagen lassen sich unter dem Mikroskop auflösen und zeigen dann immer Hautstrukturen. ı Vergl. E. Fraas, Loliginites Zitteli. Diese Jahreshefte 45. Jahrg. 1889. S. 217. Taf. 5. — 496 — Die nächste Zeit bringt jedenfalls so reiches diesbezügliches Material, dass auch von anderer Seite diese so interessanten palaeo- histologischen Untersuchungen aufgenommen und fortgeführt werden können, so dass wir auch noch über die Histologie der Gewebe von Ichthyosaurus Aufschluss erwarten dürfen. Wir kehren von dieser mikroskopischen Abschweifung zurück zu dem morphologischen Befund der Weichteile, soweit ihn unser Exemplar aufweist. Der erste Blick auf unsere Abbildung zeigt uns, dass die Ichthyosaurier mit grossen Hautanhängen auf dem Rücken versehen waren, die ohne Zweifel als Flossen zu deuten sind. Auf dem Rücken fällt die grosse, 0,12 m hohe Rückenflosse auf, welche nahezu ein gleichseitiges Dreieck bildet. Die Fleischmasse ist hier fast vollständig durch Schwefelkies ersetzt, von welchem sich beim Präparieren der Schiefer leicht abheben liess. An der Basis der Rückenflosse sieht man zahlreiche starke Sehnen, die vielleicht ver- kalkt waren und als Flossenträger dienten. Für den Erhaltungszustand unserer schwäbischen Exemplare ist die fast regelmässig sich wieder- holende Störung der Wirbelsäule unterhalb der Flosse charakteristisch, eine Erscheinung, die offenbar auf die Bewegung dieses Hautlappens bei dem verwesenden Tiere im bewegten Wasser zurückzuführen ist. Hinter der Rückenflosse folgen nun mehrere grössere Haut- lappen, die am meisten an die analogen Hautkämme unserer Wasser- salamander oder mancher Eidechsenarten erinnern. Die 3 vorderen dieser Lappen sind gut erhalten und lassen einen unteren, offenbar nur fleischigen Teil erkennen, von welchem sich der obere scharf abhebt. Dieser letztere gleicht am meisten in der Erhaltung den glänzenden dünnen Schulpen der Loliginiten und rührt vielleicht von einem festeren mit Hornsubstanz bekleideten Dorne her, der auf dem Hautlappen aufsass. Das grösste Interesse von den Hautgebilden nimmt der Schwanz in Anspruch, der als grosse, 0,24 m spannende Ruderflosse erscheint. Wird man auch auf den ersten Anblick zu einer Vergleichung mit den heterocerken Fischflossen verleitet, so zeigt doch ein genaueres Studium, dass immerhin grosse Unterschiede vorliegen. Während nämlich bei der heterocerken Fischflosse die Wirbelsäule stets nach oben abbiegt, sich auch gewöhnlich nicht in der Flosse selbst fortsetzt, sehen wir bei Ichthyosaurus den einzig dastehenden Fall, dass die Wirbelsäule im unteren Flügel der Flosse bis in die äusserste Ecke verläuft. Dorro! wurde durch diesen Befund zu einer interes- ! L.Dollo, Sur l’origine de la nageoire caudale des Ichthyosaures. Bull. d. 1. soe. Belge de G&ologie, Pal&ontologie ete. T. 6. M&moires 1892. p. 1-8. N santen Notiz über die Homologien und die Natur der verschiedenen Schwanzflossen veranlasst, wobei die ganz gesonderte Stellung der Ichthyosaurus-Flosse besonders deutlich hervorgeht. Bekanntlich haben sehr viele Reptilien einen Hautkamm auf dem Rücken, niemals aber auf dem Bauche. Durch die Anpassung an das Wasser wurden nun bei Ichthyosaurus von den ursprünglich gleichmässigen Hautlappen seiner Ahnen zwei Lappen besonders ausgebildet zu einer Rücken- und. einer Schwanzflosse, während die übrigen als der schon er- wähnte Rückenkamm persistierten. Die Schwanzflosse geht also aus einem dorsalen Hautlappen hervor und die Wirbelsäule wird dem- entsprechend nach unten abgebogen, im Unterschied von der Schwanz- flosse der Fische, welche von den ventralen Teilen des ursprünglichen Hautkammes gebildet wird und bei welchen dementsprechend die Wirbelsäule nach oben abgebogen wird. So bieten also auch die Weichteile einen neuen Beweis für die Abstammung der Ichthyosaurier von landlebenden Reptilien. , Auf der Bauchseite sehen wir bei unserem Exemplare zunächst die fleischige Umhüllung der vorderen und hinteren Paddeln, welche genau den schon bekannten Verhältnissen an früheren Funden ent- spricht. Besonders gut ist die Haut an der vorderen Paddel er- halten, wo auch auf unserer Abbildung die zarten Hautfältchen zu beobachten sind. Die Region des Beckens scheint ganz besonders fleischig ge- wesen zu sein, denn hier finden sich dicke, leider wegen der Im- prägnierung mit Schwefelkies für eine histologische Untersuchung unbrauchbare Überreste von Weichteilen. Was dieselben darstellen ist nur schwer zu erkennen, doch möchte ich sie am ehesten für muskulöse Verstärkungen des Afters und Gebärsackes halten, der bei der viviparen Natur und der grossen Fruchtbarkeit der Ichthyo- saurer — hat man doch schon sieben ausgebildete Embryonen in einem Exemplare gefunden — ganz besonderer Einrichtungen be- durfte. Auch der Gedanke an einen freilich sehr stark ausgebildeten Penis liegt nahe, wie wir ihn z. B. bei den Meersäugetieren finden. Die nächste Zeit wird sicherlich Aufschluss über viele noch dunkle Punkte geben, denn an Material fehlt es nicht; in München wurde eine prachtvolle Schwanzflosse von fast 1 m Spannweite aus den lithographischen Schiefern von Solnhofen erworben, das Berliner Museum besitzt ein grosses Exemplar von Holzmaden mit schön er- haltenem Schwanze und bereits wird ein neues Stück von Haurr in Holz- maden präpariert, das alle früheren an Schönheit übertreffen soll. Jahreshefte d. Vereins f, vater], Naturkunde in Württ. 1894, 32 Erdbeben-Kommission. Erdbebenberichteaus Württemberg und Hohenzollern. Zusammengestellt von Prof. Dr. A. Schmidt und Inspektor ©. Regelmann. A. Nachträge aus früheren Jahren, ergänzt nach dem Verzeichnis der mineralogischen etc. Litteratur von Baden, Württemberg und Hohenzollern von Hrmriıch Eck, Nachträge und 1. Fortsetzung, Heidelberg 1893, I. Ergänzungsband zum I. Bande der Mitteilungen der grossherzoglich badischen Geo- logischen Landesanstalt. 1. Vom schwarzen Grat, 21. Januar 1891. Gestern früh 3 Uhr 25 Minuten wurde hier oben eine merkwürdige Feuer- erscheinung am südwestlichen Himmel wahrgenommen, welche sich in der Zeit von gegen 3 Sekunden nach dem nordöstlichen Himmels- striche fortpflanzte. Begleitet war diese Lichterscheinung von einer ziemlich heftigen Erderschütterung. Bemerkenswert ist, dass dieses Phänomen bei vollkommen klarem Himmel und einer Lufttemperatur von — 13,5° C. wahrnehmbar war. (Neues Tagblatt, 23. Jan. 1891, No. 18 S. 2—3.) 2. Kisslegg, 24. Januar 1891. Gestern abend 11® 12° war hier ein gut bemerklicher Erdstoss zu verspüren. Er hatte die Richtung WO. und dauerte ungefähr 3 Sekunden, während welcher Zeit sich ein Klirren der Fenster und ein fernes Rollen hören liess. Unmittelbar nachher erhob sich der vorher leichte Wind viel stärker. (Schwäb. Kronik, 26. Jan. 1891, No. 20, Abendblatt S. 165.) 3. Gammertingen. Im Laufe des Samstag (11. April 1891) nachmittags zwischen 12 und 1 Uhr wurde hier ein bedeutender Erdstoss wahrgenommen, derselbe machte sich hauptsächlich in der innern Stadt bemerkbar, während die Bewohner der sogenannten — vll Stelle und der Vorstadt wenig davon verspürten. In vielen Häusern hörte man die Fenster klirren und es war, als ob auf den Bühnen etwas umgefallen wäre, was viele Leute veranlasste, nachzusehen. (Schwarzw. Bote, 18. April 1891, No. 104.) 4. Hohenstadt (OA. Aalen), 21. November 1891. Gestern abend kurz vor 64 Uhr wurde hier von verschiedener Seite ein ziemlich starker, einige Sekunden andauernder Erdstoss verspürt, der sich dem Anschein nach in der Richtung des Kocherthals hin- zog; auch in Wöllstein wurde die gleiche Beobachtung wahr- genommen. (Deutsches Volksblatt, 24. Nov. 1891, No. 266.) Diesem Erdstoss war am 17. November, abends etwa 64 Uhr, ein Erdstoss in Baden (Freiburg im Breisgau und Umgegend, Staufen, Schallstadt, Wolfenweiler und St. Georgen) vorangegangen. 5. Waldenburg, 24. Juni 1892. Gestern abend, 84 Uhr bis Mitternacht, orkanartiger Sturm, während dessen ein paarmal Erd- stösse verspürt wurden (?). (Neckarzeitung, 26. Juni 1892, No. 147.) 6. Für den 1. August 1892 hat Prof. Dr. v. Eck Zeitungs- nachrichten über die Wahrnehmung des Erdbebens an folgenden württembergischen Orten gesammelt, welche in unserer Karte des vor- jährigen Berichtes fehlen: Mochenwangen, Odershofen, Laim- nau, Karsen, Kanzach, Unlingen, Daugendorf. Über die nach Zeitungsberichten erschütterten Orte Biberach und Langen- argen hat die Erdbebenkommission direkte Berichte eingeholt, dieselben fielen verneinend aus. Indessen lässt sich der Bericht aus Biberach auch als ablehnend statt als verneinend auffassen, während der Bericht aus Langenargen bestimmt verneinend ist. B. Ergänzungen zum Erdbeben vom 1. August 189, betreffend die Beobachtungen ausserhalb Württembergs und Hohen- zollerns nach der bei A. genannten Quelle und nach dem Berichte von Dr. J. Frün in Zürich: „Die Erdbeben der Schweiz im Jahre 1892, nach den von der schweizerischen Erdbebenkommission gesammelten Berichten.“ Nach von Eck gesammelten Zeitungsberichten sind folgende weitere Orte erschüttert: Lindau, Donaueschingen, mittleres Wutachthal, Titisee, Waldshut, Eisenbach (nicht er- schüttert das untere Wiesenthal), Rheineck, Wiesenstetten, Wellenberg, Schleitheim, Wildegg, Schloss Mühlberg, Gagelshofen, Lippoldsweiler, Weggis, Thun, Langnau, Bern, Genf. 32* — 500 — Dr. Früs, dem ausser den Berichten der schweizerischen Erd- bebenkommission, den Mitteilungen der schweizerischen meteorolo- gischen Centralanstalt und unserem württembergischen Berichte auch die Originalberichte des Grossherzoglich badischen Centralbüreaus für Meteorologie und Hydrographie vorlagen, giebt als Grenzorte des Erschütterungsgebiets im badischen Schwarzwald anschliessend an den östlichsten württembergischen Punkt Reinerzau folgende: Wolfach, Gutach, Prechthal, Elzach, Triberg, Furt- wangen, Gütenbach, St. Märgen, Glashütte, Breitnau, Weilersbach, Oberriedt, Horben, Sölden, Trutpert, Rothbuck, Obermünsterthal, Schönau, Tegernau (Wiesen- thal), Brennet bei Säckingen am Rhein. Im Südosten und Süden des Gebiets sind die Grenzorte: Bregenz, Feldkirch, Davos- Laret, Andeer, Ilanz, Viznau, Luzern, Flühli, Schüpf- heim im Entlebuch, Bern, Biel, Seewen (in Solothurn). Aus Basel und Umgebung fehlen Mitteilungen. Von dem gesamten von Dr. Frün zu 30 000 km? geschätzten Gebiete fallen 2 in die Schweiz. „Die Zone grösster Intensität, Grad V, vielleicht noch VI,“ (vergl. die Intensitätsskala in den Jahresheften für 1893 S. 255) „umfasst das Wutachthal, Schaffhausen, das badische Höhgau und einen Teil des Nordflügels der Appenzellischen Antiklinale.“ „Die graphische Darstellung sämtlicher Stoss- richtungen ergiebt keinerlei Beziehungen zu einem Erdbebenherd. Im allgemeinen sind 2 Gruppen von Stossrichtungen erkennbar: solche parallel und solche quer zum geologischen und topographischen Streichen der Erhebungen, ohne dass es möglich wäre, ein wirkliches Vorherrschen der einen oder andern Gruppe auf einem grossen Ge- biete zu erkennen.“ „Längs des SO.-Randes des Jura treten NO.—SW. oder umgekehrt entschieden häufig auf und die zahlreichen Berichte aus der Südostabdachung des Schwarzwalds lassen entschieden ein Vorherrschen von N.—S. oder umgekehrt erkennen.“ Über die Stosszeiten sagt Dr. Frür: „Die 290 schweizerischen Erdbebenberichte enthalten 249 Zeit- angaben mit verschiedenen unbestimmten Bezeichnungen. Indessen beziehen sich 187 — 75°/, auf die Zeit von 44 45° bis Dh (5b 15/ —5h 30° mitteleurop. Zeit) und es fallen 31 Angaben auf 4% 58%, 39 auf 44 59° und 83 auf 5b.“ Die besten der Angaben lauten auf 4h 59°, der Beamte der Züricher Sternwarte giebt 4 58° 58” + 1. „Ich war etwa eine Minute vor dem Stosse erwacht, fühlte hierauf sehr deutlich die Erschütterung des Hauses, hörte das Knarren von 5 Thüren und Möbeln, das Erklingen von Glasgegenständen und sah dann, überzeugt, dass ein Erdbeben stattgefunden, nach meiner Uhr. Sie zeigte 5" 0‘ 15° und nach meiner Schätzung hat der Stoss etwa 6—8” vorher stattgefunden, also auf 2—3‘ genau um 5R 0° 8° Uhr- zeit, und da die Korrektion der Uhr auf Berner Zeit —1’ 10 be- trug, so wäre der Moment des Stosses auf 4h 58° 58° + 1° mitteleurop. Zeit Bern anzusetzen.“ Durch Vergleichung der besten Zeitangaben, besonders der wertvollen astronomischen Bestimmung des Herrn Pfarrers Engert in Kehlen (5R 29° 5%—15’ mitteleurop. Zeit gleich 4h 59° 5“ — 15° Bernerzeit), kommt Dr. Früu zu dem Schlusse, den auch unsere württembergischen Zeitberichte für sich allein ergeben, dass das Beben innerhalb der ganzen Fläche, dem Molassethal zwischen Jura und Alpen, gleichzeitig eingetreten sei und zwar um 4% 59 an zwei um 80 km SW.-—NO. getrennten Orten Zürich und Kehlen. Angesichts der grossen Zahl gerade der besten Berichte: (Märstetten, Diessenhofen, Weinfelden, Felben, Bürglen, Müllheim, Dussnang, Frauenfeld, Münchweilen, Erlen, alle im Thur- gau; ferner Thal in St. Gallen doppelt; ferner Heiden, Walzen- hausen, Zürich doppelt, Rykon bei Winterthur, Winterthur, Töss, Andelfingen; ferner Schaffhausen, Hallau, Schleit- heim, Lohn, Thayngen; femer Erlinsbach, Aarau, Halden- stein; ferner Kehlen, Wasserburg, Aulendorf, Rottweil, Sigmaringen, Buchau und noch Fützen in Baden), welche alle um weniger als 1 Minute von 5 29° abweichen, ist dieser Schluss gewiss gerechtfertigt. Wir schliessen aus der annähernden Gleich- zeitigkeit des Eintritts an weit entfernten Orten auf eine beträcht- liche Herdtiefe, durch welche eine sehr grosse, nur bei der Ver- breitung auf Tausende von Kilometern bestimmbare Fortpflanzungs- . geschwindigkeit bedingt ist. Die diesmal bestätigte Harmonie der guten Zeitangaben, d. h. derjenigen, welche auf eine Genauigkeit unter einer Minute Anspruch erheben, berechtigt uns, auch in solchen Fällen, wo diese Übereinstimmung nicht stattfindet, die Ursache der Verschiedenheit der guten Zeitangaben in der Sache und nicht in der Unvollkommenheit der Beobachtungen zu suchen. | C. Bericht für das Jahr: März 1893—März 1894. .1. Hechingen, 30. August 1893. In verflossener Nacht etwa um 31 Uhr wurde hier ein ziemlich starkes Erdbeben beobachtet; die Bewegung ging von Osten nach Westen. (Schwäb. Kronik 31. Aug., Mittagsblatt.) — 502 — 2. Freudenstadt, 2. Januar 1894. In verschiedenen Orten des Oberamts, wie Dornstetten und Dietersweiler, wurde wie in der Oberamtsstadt in der Nacht vom 29./30. Dezember vorigen Jahres ein kurzes, aber ziemlich heftiges Erdbeben verspürt. Dem Grenzer wird von hier geschrieben: In der Nacht vom 29./30. Dezem- ber vorigen Jahres, 1 Minute vor 1 Uhr, wurde hier ein ziemlich starker wirbelnder Erdstoss von unten nach oben verspürt, so dass Mauern, Möbel u. s. w. ins Wanken gerieten. Von verschiedenen Leuten der Stadt wurde dieses Naturereignis beobachtet. Ein anderer teilt mit, dass die Erschütterung seines Hauses keine geringe gewesen sei; die Waschgeschirre klirrten laut auf dem steinernen Waschtisch. (Schwäh. Kronik, 3. Jan., Mittagsblatt.) Die von der Erdbebenkommission durch die freundliche Ver- mittelung des Herrn Forstmeisters NAsEL in Freudenstadt und des Herrn Öberlehrers Vorz in Dornstetten eingezogenen Erkundigungen ergaben: Die Erschütterung wurde wahrgenommen im Greebiet des Murgthals in Freudenstadt und Reichenbach, in der Um- gebung des Glattthales in Grünthal, Hallwangen, Aach, Dornstetten, Dietersweiler, Glatten, Schopfloch, Dett- lingen, Ober-und Unteriflingen, Unterbrändi. Die Zeit- angaben sind etwas verschieden. Für Freudenstadt giebt der Be- obachter der meteorologischen Station, Herr Lehrer KümmicH : 3 Minuten vor 1 Uhr in der Nacht vom 29./30. Dezember nach Telegraphenuhr, aber nicht nach eigener Beobachtung, sondern nach eingezogener Erkundigung. Dagegen giebt Herr Reallehrer BrüstLe nach eigener Beobachtung 1 Minute vor 1 Uhr als Zeit der Stadtuhr, die nach seiner Angabe der Telegraphenuhr 5 Minuten vorging, also 12h 54‘. Für Dornstetten giebt Herr Oberlehrer Vorz: 1 Uhr, einige Sekunden nach dem Schlagen. „Die Kirchenuhr geht so ziemlich nach der Bahn- uhr, eher einige Minuten früher.“ Für Reichenbach giebt Herr Ober- förster Prizenmaıer 1% 10° nachts. „Die Uhr geht nach der Tele- graphenuhr.*“ In Dornstetten wurde noch ein zweiter schwächerer Stoss morgens 4 Uhr verspürt. Die Erschütterung bestand nach den meisten Berichten in einem einzigen Stoss von 1, höchstens 14 Sekunden Dauer, Richtung von unten nach oben. Ein Beobachter in Dormstetten giebt als Stossrichtung etwa OSO.—WSW. In Freudenstadt wurde ein rollendes Geräusch wahrgenommen, dem Stoss vorangehend und nachfolgend, aber so, dass alles zusammen nur 1—2 Sekunden währte. Auch ın Dornstetten vernahm man ein 2—3 Sekunden vorausgehendes unter- — 505 — irdisches Rollen, das mit dem Stosse abschloss. In Reichenbach wurde die Erschütterung als etwa 20 Sekunden währendes wellen- förmiges Schwanken wahrgenommen. Während die meisten Be- obachtungsorte nach Herrn Oberlehrer Vorz auf Wellenmergel liegen oder nahe an denselben grenzen, liegt das Forsthaus von Reichenbach im Murgthal auf unterem Buntsandstein ganz nahe dem Grundgebirge. Die Stärke der Erschütterung dürfte in Reichenbach den Grad II nicht überschreiten, in Freudenstadt vom Grade IN (Zittern der Möbel, des Wassers im Glas), an den meisten anderen Orten III—IV. In Aach ist wohl der Grad IV voll erreicht. Dort fiel in einem Zimmer etwas von der Decke ab, in einem Hause stand die Werkstatt- thüre am anderen Morgen offen, in einem anderen wurde die Haus- thüre und die Thüre an einer Kammer geöffnet, in einem dritten Hause fiel eine Arzneiflasche von einem Simsen auf den Boden. In Grünthal fiel die untere Verzierung eines Regulators ab, in Glatten öffnete sich eine nicht gut schliessende Thür, verschiedene Vieh- besitzer fanden sich veranlasst, in den Ställen nachzusehen. Möglicherweise wurde die Erschütterung von dem im Tübinger geologischen Institut aufgestellten Seismometer angezeigt. Herr Dr. Pompeck) von dort berichtet, dass in den Weihnachtstagen wäh- rend seiner Abwesenheit eine Verschiebung der Marken des Hori- zontalpendelapparats stattgefunden habe. Die mitgeteilten kleinen Beträge lassen auf eine horizontale, ungefähr ostwestliche Boden- bewegung von 1 mm schliessen. Über die geologischen Verhältnisse des Erschüt- terungsgebietes spricht sich Herr Inspektor REGELMANN folgender- massen aus: Das Schüttergebiet des Erdbebens vom 30. Dezember 1893 be- schränkt sich merkwürdigerweise ganz genau auf die scharf ab- gegrenzte, tief eingesunkene Schwarzwald-Scholle (Dornstetter-Scholle), welche das Quellengebiet der Glatt bildet. Zwei beinahe parallel laufende, etwa 8 km von einander entfernte Spalten bilden die scharfen Grenzen dieses Einbruchs und der Erschütterung. Die eine Spalte zieht in nordwestlicher Richtung von Dornhan über Wälde und Lossburg ins Forbachthal bei Freudenstadt; die andere gegen- überliegende Spalte ist durch den Bahnbau an der Eckhalde beı Schopfloch besonders schön aufgeschlossen worden und verläuft eben- falls in der Richtung gegen Nordwest über Hallwangen nach dem Glattbrunnen. hin. Im Westen und teilweise auch im Osten ragen die bewaldeten Hochflächen des Buntsandsteins bis zu 100 m über — 504 — das Senkungsfeld, welches meist von Muschelkalkschichten gebildet wird. Die Nordgrenze der Dornstetter-Scholle bildet das Murgthal bei Baiersbronn und Reichenbach; die Südgrenze wird etwa auf der _ Linie Dornhan- Bettenhausen-Glatt-Neckarhausen-Dettingen liegen. Eigenartig ist der Bau dieser Scholle; als feste Grundlage dient ihr das Schichtensystem des Buntsandsteins, welches vollständig aus- gebildet und etwa 230 m mächtig ist. Diese 22 km lange und im Mittel 9 km breite, also etwa 200 qkm umfassende Riesenplatte bildet aber keine Ebene, sondern eine Mulde, weil sie durch noch- maliges weiteres Einsinken, dem Glattthal nach, nochmals geborsten ist. Ausserdem fällt die ganze Mulde stark gegen Südost ein; das Hangende des Buntsandsteins liegt auf dem Hirschkopf ob Baiers- bronn 825 m, an der Dobelbachmündung bei Hopfau aber nur noch 431 m. Im Norden der Platte sind die Muschelkalkschichten ganz weggewaschen, in der Nähe von Dornstetten lagern auf derselben isolierte Partien des Wellengebirges und erst im Süden findet sich die ganze Muschelkalkformation 210 m mächtig aufgeschichtet. In der Richtung der westlich und östlich die Platte begren- zenden Spalten, vielfach dieselben ausfüllend, laufen im Buntsand- stein. auf grossen Strecken Schwerspatgänge mit Brauneisen- stein. Zwischen den beiden angeführten Spalten, etwa in der Mitte derselben, treten bei Wittlensweiler und Grünthal noch mehrere mit den Verwerfungsspalten annähernd parallel laufende Spatgänge im Buntsandstein auf und um das Dorf Aach herum verzeichnet die geognostische Specialkarte sogar 6 derartige Gänge. Die Gänge streichen alle in der Richtung hora 8—10:; d. h. im Durchschnitt N. 45° W. oder Südost-Nordwest. In diesem Spaltensystem, und zwar, wie es scheint, in der Glattthalstrecke Grünthal-Leinstetten, hat in der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember 1893 die Spannung der gebirgsbildenden Kräfte durch einen kräftigen Einzelstoss ihre Auslösung gefunden. Bemer- kenswert ist noch, dass gerade in dem Dorf Aach allein der Grad IV der Erschütterung sich zeigte, an der Stelle, wo, wie gesagt, die grösste Häufung der Schwerspatspalten sich findet. Man könnte zwar versucht sein, an einen Zusammensturz im nahen Muschelkalk zu denken, das ist aber nach den Beobachtungen entschieden nicht der Fall, die Bewegung erfolgte ohne Zweifel in der Buntsandstein- platte und tiefer. Seit alter Zeit ist bekannt, dass gerade die Ge- gend um Dornstetten ungewöhnlich häufig Erderschütterungen er- leidet. Dieses Senkungsfeld scheint noch immer nicht völlig zur Ruhe gekommen zu sein. Schwabens 125 Vulkan-Embryonen und deren tufi- erfüllte Ausbruchsröhren; das grösste Maargebiet der Erde. Von Prof. Dr. W. Branco in Tübingen. Mit Tafel VI. VII und 115 Figuren im Text. Teil L Vorwort. Wohl in keinem anderen Lande der Erde besteht ein so grosser Kreis von Freunden der Geologie, wie in dem Lande Württemberg. Ich habe daher geglaubt, diese Arbeit, soweit es anging, auch für solche verständlich schreiben zu sollen, welche nicht geologische Fachleute sind. Dieser Umstand wird es erklären, wenn ich einzelne Dinge in ausführlicherer Weise behandelt habe, als das anderenfalls geschehen wäre. Der Fachmann wird das leicht überschlagen können, dem Nichtfachmanne wird es zum besseren Verständnisse dienen. Es soll auf den nächstfolgenden Seiten gezeigt werden, dass und warum unser vulkanisches Gebiet von Urach einen geologischen Schatz ersten Ranges darstellt. In gerechter Würdigung dieses Umstandes hat Seine Excellenz der Staatsminister des Kirchen- und Schulwesens, Herr Dr. von Sarwey mir bereitwillig die erbetenen Mittel gewährt, um durch Bohrung gewisse Punkte erhellen zu können, welche bezüglich ihrer Lagerung unentzifferbar dunkel waren. Es sei mir daher gestattet, an dieser Stelle Seiner Excellenz meinen ehrerbietigsten Dank öffentlich aussprechen zu dürfen für die grosse Förderung, welche meiner Arbeit dadurch zu teil wurde; ohne diese Bohrungen würden gerade diejenigen Punkte, welche infolge ihrer mangelhaften Aufschlüsse einer anderen Deutung ausgesetzt waren, die wissenschaftliche Bedeutung unseres Gebietes verringert haben. In gleicher Weise möchte ich verbindlichsten Dank abstatten: dem Direktor des statistischen Landesamtes, Herrn v. ZELLER, dessen freundliches Entgegenkommen die Herstellung der dieser Arbeit bei- gegebenen grossen geologischen Karte so wesentlich erleichterte. Ferner Herrn Bergrat-Direktor Dr. v. Baur, welcher in liebenswürdigster Weise mir Mitteilungen über das Bohrloch bei Neuffen zukommen liess. Endlich Herrn Prof. Dr. EBERHARD FraAs, dessen Skirzenbuik ich die vier landschaftlichen Bilder unserer Tuffberge entnehmen durfte. Kurze Erklärung der Verhältnisse. Da diese Arbeit in zwei Teilen erscheinen wird, deren erster nur gewisse, für dieselbe nötige Vorfragen behandelt und eine Be- schreibung des in Rede stehenden Gebietes sowie der einzelnen vulkanischen Punkte giebt, so erweist es sich für das Verständnis des Lesers als nötig, diesem ersten Teile eine kurze Erläuterung voranzuschicken, in welcher das Bedeutungsvolle, Merkwürdige unseres vulkanischen Gebietes klargelegt wird. An und für sich, also im weiteren Sinne, ist freilich eine jede Naturerscheinung merkwürdig und wunderbar; und nur dadurch, dass sie alltäglich wird, sinkt sie in unserer Vorstellung herab, verliert in unseren Augen das Überraschende und damit auch in unserem Sprachgebrauche die Berechtigung, jene Beiworte zu führen. Wenn ich daher die im folgenden beschriebenen vulkanischen Erscheinungen der schwäbischen Alb als „merkwürdige“ bezeichne, so habe ich selbstverständlich nicht jenen weiteren Sinn des Wortes im Auge. Ich will vielmehr dieses Beiwort ganz im Sinne unseres Sprachgebrauches verstanden wissen; denn das überaus Eigenartige, welches in der Vulkangruppe von Urach zu Tage tritt und von SCHÜBLER!, QuENSTEDT? und DEFFNER? mit dem Ausdrucke „rätselhaft“ bezeichnet wurde, verdient mit vollem Rechte mindestens das Bei- wort merkwürdg. Nur an ganz wenigen, vereinzelten Orten der Erde* kennt man bisher ähnliche Bildungen wie in unserer Gruppe von Urach. Aber allein dieses letztere Gebiet ist durch seine Aufschlüsse im stande, das Dunkel, welches jene umgab, zu erhellen. So finden diese vulkanischen Verhältnisse der schwäbischen Alb bisher auf Erden wenig ihresgleichen; fast als ein Unikum stehen sie da. Trotzdem hat man, abgesehen von der doch geringen Zahl einheimischer Geologen, bisher in der ganzen übrigen wissenschaft- lichen Welt keine Ahnung von dem Dasein dieses geo- ! Württembergische Jahrbücher von Memminger. 1824. S. 366. ® Begleitworte zu Blatt Tübingen. S. 15. Geologische Ausflüge in Schwa- ben. 2. Ausgabe. S. 85. ® Begleitworte zu Blatt Kirchheim. 1872. * s, später „Tuffe in gangförmiger Lagerung an anderen Orten der Erde“. logischen Schatzes in unserem Lande. In keinem einzigen der zahlreichen Lehrbücher der Geologie wird unseres vulkanischen Gebietes bei Urach überhaupt nur Erwähnung gethan. Bei der geologischen Aufnahme des württembergischen Landes hatten zwei unvergessliche Männer ihr Arbeitsfeld in diesem vul- kanischen Gebiete. Beide ruhen nun schon in dem Schosse des von ihnen durchforschten heimatlichen Bodens. Der eine von ihnen, QuENSTEDT, war bis an sein Lebensende durch seine weltbekannten Arbeiten völlig anderer Art gefesselt, so dass ihm wenig Zeit blieb, den vulkanischen Dingen sein Augenmerk näher zuzuwenden. DErFNER aber, der zweite, wurde mitten im Schaffen hinweggerufen, bevor er an eine zusammenfassende Bearbeitung der ihn fesselnden vulkanischen Bildungen und eine eingehendere Erklärung derselben denken konnte. Eine Schwierigkeit mochte wohl auch darin liegen, dass bei der geologischen Landesaufnahme auf Quexstepr’s Anteil vier der betreffenden vulkanischen Atlasblätter kamen, auf DEFFNER’'s ein fünftes. So hatte keiner der beiden die Gesamtheit aller vul- kanischen Punkte aufzunehmen; und es mochte zunächst nicht gut angehen, wenn DErrnxer auf Quensteor's Gebiet hinübergegriffen hätte. Auf solche Weise kam es, dass nur in den Begleitworten der betreffenden Atlasblätter über diese Dinge berichtet wurde, wo sie der geologischen Welt mehr oder weniger unbekannt blieben. Ich sagte, dass nur an vereinzelten, wenigen Orten der Erde bisher Ähnliches wie in unserem schwäbischen Gebiete beobachtet worden sei. Es mag Gleiches auch noch an einigen weiteren Orten der Erde, wenn auch nicht beobachtbar, so doch vorhanden sein; nämlich da, wo sich Maäre befinden. Aber. unser schwäbisches Ge- biet ist wohl allein auf Erden im stande, den Schlüssel zu liefern für das Verständnis dieser Dinge; den Schlüssel, welcher die Tuffgänge im Carbon Schottlands, vielleicht auch die diamantführenden Tuffgänge Südafrikas in Verbindung bringt mit einstigen, längst zerstörten Maaren. Ganz allein in unserem schwäbischen Vulkangebiete hat bisher die Natur diese Bildungen entschleiert, indem sie bei ihrer Thätigkeit, die Alb von der Erdoberfläche abzurasieren, jetzt gerade bis in die Mitte desjenigen Teils der Alb vorgedrungen ist, welcher durch diese Gebilde in so hohem Masse sich auszeichnet. Auf solche Weise sind die letzteren zum Teil, nämlich oben auf der Alb, noch un- verletzt vorhanden und damit verschleiert; zum anderen Teil aber, nämlich am Steilabfalle der Alb, ihrer Länge nach aufgeschnitten ; ! s. später „Das Geschichtliche‘. — 508° — und zum dritten Teil, nämlich im nördlichen Vorlande der Alb, durch mannigfache quere und schräge Schnitte in den verschiedensten Höhenlagen über ihrer Wurzel abrasiert und dann bald mehr, bald weniger aus ihrer Umgebung herausgearbeitet. Durch diese Um- stände aber sind sie in den beiden letzten grösseren Teilen unseres Gebietes ihres Schleiers beraubt. Worin liegt nun dieses Merkwürdige, durch welches unser Vulkangebiet gegenüber fast allen anderen bis- her näher bekannten der Erde in so hohem Masse aus- gezeichnet ist? Nicht etwa handelt es sich um grossartige Erscheinungen, um, gewaltige räumliche Ausdehnung der zu Tage geförderten Massen; im Gegenteil, ich sagte ja, dass unsere Vulkane bereits in einem embryonalen Entwickelungsstadium ausgelöscht wurden. Auch nicht in der Beschaffenheit der Basalte oder in dem Vorkommen seltener Mineralien ist es zu suchen; denn erstere treten ganz in den Hintergrund, und von letzteren erscheinen nur die gewöhnlichsten. Das Merkwürdige liegt vielmehr in den Lagerungsver- hältnissen unserer vulkanischen Tuffe ; in der Gestalt der von letzteren erfüllten Ausbruchskanäle, welche keineswegs Spalten sind; in der Erkenntnis, dass die embryonalen Vulkane wohl überall auf Erden so beschaffene Röhren besitzen werden; in der gewaltigen Zahl solcher Bildungen in unserem Gebiete. In Kürze will ich das erklären: Die Stellen, an welchen vulkanische Massen aus dem Innern der Erde einst emporgedrungen sind und noch empordringen, sind ausserordentlich zahlreich. In vielen Fällen trat nur geschmolzener Gesteinsbrei in Spalten oder unterirdische Hohlräume und erstarrte in denselben, ohne die Erdoberfläche zu erreichen. In zahlreichen anderen Fällen quoll der Schmelzfluss bis an die Erdoberfläche, floss über und baute im Laufe längerer Zeiten auf dieser mehr oder weniger hohe Vulkanberge auf. Wenn dann diese vulkanische Thätigkeit erlosch, so erstarrte der Schmelzfluss in den Ausbruchskanälen. Die Fälle, in welchen wir diese letzteren beobachten können, zeigen sich daher stets, wie bei den ersteren Fällen, erfüllt mit festem, erstarıtem vulkanischem Gesteine. Die ausgeschleuderten losen Aschen und Lapilli dagegen liegen oben auf der Erdoberfläche. | Diesen zahllosen Fällen gegenüber giebt es nur sehr vereinzelte Orte, an welchen diese vulkanische Thätigkeit bereits in einem embryonalen Stadium erstickte: es blieb bei der Anfangsbildung, bei — 2.09. — einem Maare. D. h. nur der Ausbruchskanal war gebildet, nur ein wenig lose Asche und Lapilli wurden ausgeworfen. Von keinem einzigen dieser Maarkanäle ist, soviel ich weiss, bisher die Füllmasse bekannt. Unsere vulkanische Gruppe von Urach lehrt uns nun ein solches Maargebiet kennen, in welchem auf verhältnismässig kleinem Raume nicht weniger als 125 solcher embryonalen Vulkanbildungen liegen. GiLBErrT! giebt die Zahl aller bisher auf Erden bekannten Maare mit 50 an. Ist diese Zahl richtig, so sehen wir in Schwaben auf einem nur 20 Quadratmeilen grossen Gebiete in unseren 125°, teils erhaltenen, teils zer- störten Maaren mehr als zweimal so viel Maare, als bisher auf der ganzen Erde zusammengenommen be- kannt sind! Aber auch wenn jene Zahl eine etwas zu niedrige sein sollte — das geht doch zweifellos aus dem Gesagten hervor, dass unser schwäbisches vul- kanisches Maargebiet gegenüber allen anderen ein erdrückendes Übergewicht besitzt, dass es eine einzig- artige Sonderstellung auf Erden einnimmt. Aber auch in einer zweiten Hinsicht gilt das, wenn möglich in noch höherem Masse. Zum ersten Male über- haupt auf Erden, soweit mir geologische Litteratur darüber bekannt ist, lernen wir die Füllmasse der Aus- bruchskanäle von Maaren kennen. Wir sehen, dassin denselben nicht feste Gesteinsmasse, wie sonst fast überall auf Erden, sondern lose Aschen und Tuffe lagern. Eine Thatsache, welche nicht leicht zu erklären ist. Derartige tufferfüllte Röhren kennt man bisher nur in Schottland häufiger, sonst nur ganz vereinzelt, in Verbindung mit Maaren aber noch gar nicht. Wir können weiter in unserem Gebiete diese Tuff- säulen bis in die grosse Tiefe von etwa 5-—800 Meter hinab verfolgen. Wir haben hier eine Erosionsreihe dieser Gänge vor Augen, wie sie schöner und lehr- reicher nicht gedacht werden kann. Alle Übergänge sind vorhanden, von dem noch fast völlig erhaltenen ! The moon’s face. Philosophical society of Washington, Bulletin Vol. 12. 1893. S. 241—292. Taf. 3. ® Die Zahl von 125 ist eine ungefähre; es werden jedoch eher mehr als weniger Maare vorhanden gewesen sein. — 50 — Maarkessel an: durch den leicht verletzten, den ganz abgetragenen Kessel, den soeben aus dem Neben- gestein den Kopf heraussteckenden Tuffgang des Maars, bis hinab zu dem aus Hunderten von Metern Tiefe herausgearbeiteten Gange und seinem Basalt- kerne. Noch an keinem einzigen anderen Maare der Erde war aber, meines Wissens, bisher Derartiges be- obachtet worden. Dieses Verhalten unserer Maare wirft nun auch ein Licht auf die anderen Maare der Erde und macht es höchst wahrscheinlich, dass auch bei diesen die Ausbruchskanäle bis in grosse Tiefe hinab meist mit Tuff anstatt mit fester Lava erfüllt sein werden. Keine einzige Beobachtung liegt bisher aus diesen anderen Maargebieten vor, welche uns darüber Aufschluss gäbe. Doch nicht genug daran. Das geologisch Über- reiche unseres Gebietes lehrt uns auch einige ganz vereinzelte Ausnahmen kennen, in welchen diese Aus- bruchsröhren der Maare durch Basalt erfüllt sind. Auch das höchste geologische Alter werden wir unter fast allen bisher bekannten Maargebieten für das unsere in Anspruch nehmen dürfen; denn seine Entstehung fällt in diemittelmiocäne Epoche. Infolge dieses hohen Alters sind unsere Maare und ihre Gänge so stark erodiert; während die anderen, weiljugendlicher, noch unversehrt bleiben konnten. Diese in unserem Gebiete gewonnene Erkenntnis legt uns weiter die zweifellos zu bejahende Frage nahe, ob nicht zu allen Zeiten Maare, bezw. derartige tuff- erfüllte Röhren sich gebildet haben werden. Ob also nicht geologisch noch sehr viel ältere Maare, daher bis zu sehr viel grösserer Tiefe abgetragene Ausbruchs- kanäle derselben, bestehen. Ob nicht die tufferfüllten Röhren, welche man in Schottland im Carbon kennt, auf uralte einstige Maare zurückzuführen sind. Von höchstem allgemein geologischem Interesse ist ferner die Erkenntnis, welche wir hinsichtlich der Gestalt der Ausbruchskanäle in unserem Gebiete ge- winnen. Wir finden fast ausnahmslos nicht etwa Spalten, sondern röhrenförmige Kanäle runden oder — 941° ovalen Querschnittes. Die 20 []Meilen umfassende Gesteinsplatte des vulkanischen Gebietes ist wie ein Sieb durchlöchert; also nicht etwa wie eine gänzlich zertrümmerte Platte von Brüchen, Spalten und Ver- werfungen durchzogen! Diese in unserem Gebiete gewonnene Thatsache giebt uns Anhaltspunkte für die Beantwortung der allgemein geologisch so wichtigen Frage nach der Art und Weise, in welcher die Ausbruchskanäle ent- stehen. Gegenüber den bisherigen Anschauungen scheint es— doch wird erst eine spätere Arbeit hierin völlige Sicherheit geben — als wenn die vulkanischen Massen doch im stande sind, sich ganz unabhängig von Spaltenbildungen, also Brüchen der Erdrinde, röhrenförmige Kanäle durch die Erdrinde vermittelst Explosionen auszublasen. Die Tuffe unseres Gebietes sind Breccien, ein wirres Gemenge von vulkanischer Asche und eckigen Bruchstücken aller derjenigen festen Gesteine der Erdrinde, welche bei der Bildung des Ausbruchskanales durchbrochen wurden. Aus der Natur dieser Gesteins- stücke können wir nun ferner eine Anzahl von Schlüssen ziehen, welche, wenn auch nicht mehr von allgemein geologischem Interesse, so doch von solchem für das württembergische Land sind. So gewährt uns die Be- schaffenheit unserer Tuffe einen unwiderleglichen Beweis für die einstige Ausdehnung der Alb, des Weis- sen Jura, überansehnliche Landesteile Württembergs, in welchen gegenwärtig auch nicht der kleinste Über- rest der Alb anstehend mehr vorhanden ist. Sie beweist uns ebenso sicher, dass die Kreide- formation in diesen Landesteilen über dem Weissen Jura niemals zur Ablagerung gelangt sein kann. Sie lässt uns die Zeit, welche für die Abtragung dieses grossen einstigen Teiles der Alb erforderlich war — wenn auch nicht dem absoluten, so doch dem relativen Masse nach — erkennen. Sie gewährt uns endlich einen, bei der grossen Zahl der Ausbruchspunkte wohl sicher zu nennen- den Aufschluss über die Formationen und Gesteine, — 512 — welche unter diesen Landesteilen in der Tiefe verborgen liegen. Auf solche Weise stellt unser äusserlich so sehr unscheinbares schwäbisches Vulkangebiet trotzdem einen geologischen Schatz ersten Ranges dar von all gemein geologischem wie von speciell württembergischem Interesse. Einen Schatz, für welchen das im Titel ge- wählte Beiwort „merkwürdig“ vollste Berechtigung besitzt. Die schwäbische Alb und ihre ehemalige Ausdehnung. Ihr Aufbau. Verschiedene Entstehung ihres NW.- und ihres SO.-Randes. Der SO.-Rand durch Bruch entstanden; von OEYNHAUSEN, GÜMBEL, BENECKE. Zeit der Bildung dieser Verwerfung. Sprunghöhe derselben. Ausdehnung der ab- gesunkenen Albtafel gegen S. Der NW.-Rand. Erklärungsversuche seiner Entstehung von E. Schwarz, Graf MANDELSLOH, QUENSTEDT, Dorn. Der NW.-Rand ist lediglich durch Abtragung und Untergrabung entstanden. Die Abtragung erfolgt in senkrechten, nicht wagerechten, Schnitten und in mehreren Stufen. Die e-Mulden. Bei der Abtragung entstehen Halbinseln, Sporne, Insel- berge. Schnelle Beseitigung der niedergebrochenen Massen. Der Alb-Trauf. Der Zusammensturz und die Fortschaffung des Zusammengestürzten halten gleichen Schritt. Jura-Versenkung von Langenbrücken. Einstige Ausdehnung der Alb bis dorthin. Beweise für das Verschwinden von Schichten auf diesem Gebiete. Die Frage, ob die Trias- und Jura-Schichten auch den heutigen Schwarzwald über- deckten. Thatsachen, welche dafür sprechen. Erfunde von Öberem Bunt- sandstein, Muschelkalk, Lias, Braun- und Weiss-Jura auf der Höhe. Schätzende Berechnung der Möglichkeit, dass diese Decke gegenwärtig gänzlich abgetragen worden sein kann. REGELMANN’s Nachweis, dass Trias und Jura zum Schwarz- wald hin weniger mächtig werden. Das vulkanische Gebiet von Urach, dessen Betrachtung den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildet, liegt z. T. oben auf der Hochfläche der Alb, z. T. auf dem gegen NW. gekehrten Steilabfalle derselben, z. T. auf ihrem nördlichen Vorlande. Wir müssen daher zuvörderst unseren Blick diesen Gegenden zuwenden; denn die Art und Weise ihres geognostischen Aufbaues ist auf das engste ver- knüpft mit der Art und Weise, in welcher die Alb abgetragen wird; und diese wiederum steht im Zusammenhange mit der so sehr ver- schiedenartigen äusseren Erscheinungsweise, also den Erosionsformen, unserer vulkanischen Bildungen. Das Tafelgebirge der Alb ist, wie allbekannt, aufgebaut aus ziemlich wagerechten, schwach nach SO. geneigten Schichten des Weissen und Braunen Jura. Oben auf der Hochfläche der Alb steht — 513 — daher oft auf weite Erstreckung hin eine und dieselbe Schicht an. Am NW.-Steilabfalle dagegen steigt man schnell über sämtliche Schichtenköpfe des Weiss-Jura hinab. Die Böschung bildet oben, namentlich da, wo d und & hart am Rande anstehen, eine völlig senkrechte Mauer. Auch weiter nach der Tiefe hin ist die Böschung immer noch eine sehr steile. Erst wenn man beim Abstieg in die Thone des Oberen Braun-Jura gelangt ist, welche den Fuss und die Vorhügel der Alb bilden, wird sie milder. Unter diesen streicht dann der Untere Braun-Jura zu. Tage aus, der sich noch weiter gegen N. ausdehnt und bei seiner ebenfalls vorwiegend thonigen Beschaffenheit breite, sanft gerundete Höhenzüge bildet, in welchen die Gewässer leicht sich einschneiden. Noch weiter gegen N. tritt unter dem Braun-Jura der Lias zu Tage, ebenfalls vorwiegend thonig. Am weitesten nach N. aber greift der Lias &, welcher sich, wie LEoroLp v. Buc# treffend sich | VulkanischeTuffe SüdrandderAlb a Fer N a a) 2.0. malen BurgLiebenau: ie en. De ul „lasa/ NAAR Mutschelkalk Snenillicherbunchaheie NordnachSud, a bis Oberschwaben Fig.a. ausdrückte, einem weiten Teppiche gleich über grosse Strecken aus- breitet. Auf solche Weise greift der Lias sogar auf das linke Neckar- ufer hinüber, während der Braune und Weisse Jura auf das rechte Ufer und südlichere Gegenden beschränkt sind. In diesen Schichten treten unsere Tuffgänge auf, dieselben senk- recht durchbohrend. Versetzen wir uns nun, dem Gange unserer Betrachtung vorgreifend, in die rückwärts liegende mittelmiocäne Epoche. Da finden wir alle jene, heut nur noch am Albrande über- einandergetürmten Schichten des Lias, Braunen und Weissen Jura weit nach N. vorgeschoben: mindestens bis in eine Linie, welche über die Gegenden des heutigen Stuttgart verläuft. In diese mächtige, weit ausgedehnte Platte übereinanderliegender Schichten wird, auf einem Gebiete von etwa 20 []Meilen, die gewaltige Zahl von 125 senkrechten röhrenförmigen Kanälen rundlichen Querschnittes durch Jahreshefte d, Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1894. 33 — 5li — vulkanische explodierende Gase ausgeblasen. Das dicke System von Platten wird wie ein Sieb durchlöchert, wie mit einem gewaltigen Locheisen an 125 verschiedenen Stellen durchstossen!. Bei dem Ausbruche füllen sich diese Röhren mit Tuff und dem zerschmetterten durchbohrten Gesteine. — Ich kehre zurück zur Gegenwart und zu der Alb. Trotz der geringen Neigung der Schichten gegen SO. macht sich diese doch über die Breite der Alb hinüber recht bemerk- lich. Derselbe Weiss-Jura d, welcher am NW.-Rande südlich von Reutlingen auf dem Wackerstein 800 m über dem Meeresspiegel liegt, findet sich am SO.-Rande wieder in der Sohle des Donauthales bei Beuron in 630 m Tiefe; er ist also um 150 m gefallen?. Inwie- weit dieser Betrag lediglich durch das Einfallen erzielt wird, ob der- selbe nicht z. T. auch durch streichende Verwerfungen erzeugt ist, das entzieht sich freilich der Beurteilung. ReceLmann® hat nach- gewiesen, dass sich im Streichen der Alb drei Zonen verschiedenen Einfallens beobachten lassen, welche, wenn auch nicht stark ver- schieden, so doch auf im Streichen, also von SW. nach NO., ver- laufende Brüche oder wenigstens Knickungen schliessen lassen. Die nördliche Zone umfasst ein gewisses Gebiet vom NW.-Rände an albeinwärts. Hier herrscht ungefähr wagerechte Lagerung. Dann kommt ein mittlerer Streifen, welcher schwaches Einfallen nach SO. besitzt. Endlich nahe dem SO.-Rande der Alb ein südlicher Streifen, in welchem dieses selbe Fallen unter stärkeren Graden stattfindet. Darauf folgt, wie wir sehen werden, eine grosse streichende Ver- werfung: ein Bruchrand, südlich von welchem die ehemalige Fort- setzung der Alb in die Tiefe sank. Um einen genaueren Einblick in diese Verhältnisse zu gestatten gebe ich die Worte Resermann’s* wieder. Derselbe äussert sich in folgender Weise: „Wir erkennen daraus ohne Mühe, dass der betrachtete Teil ! Locheisen ist das, einen hohlen Cylinder bildende Werkzeug, mit welchem die Sattler runde Löcher in lederne Riemen stossen. 2 Engel, Geognostischer Wegweiser durch Württemberg. Stuttgart 1883. S. 73. Vergl. auch S. 177 unten. % Beschreibung des OA. Reutlingen. 1893. S. 5. pp: * Trigonometrische Höhenbestimmungen und Notizen über den Gebirgsbau für die Atlasblätter Ehingen, Laupheim und Riedlingen. Im Auftrag des statistisch- topographischen Bureaus zum Zweck der Herstellung der geognostischen Special- karte des Landes aufgenommen von Trigonometer Regelmann und berechnet. von Prof. H. Gross, 1877. — 5) — des Albkörpers in drei dem Streichen parallele Zonen zerfällt, in eine nördliche Randzone, eine Mittelzone und eine südliche Rand- zone, welche letztere auch als Ansatzrand der Tertiärgesteine be- zeichnet werden könnte. Die nördliche Randzone stimmt im Streichen vielfach überein mit der Mittelzone, während sie in betreff des Schichten- falles ganz entgegengesetzte Verhältnisse zeigt. Statt eines Einfallens gegen SO. (mit 0,75°/,) findet man in der nördlichen Randzone ein Schichtengefälle gegen NW. (mit 0,61 °/,) oder horizontale Lage- rung. Die Breite der Nordzone erreicht in unserem Gebiet das Maximum im ganzen Albzug, nämlich 12 km. Deshalb greifen auch die gegen N. abfliessenden Uracher Thäler so weit herein in das Massiv. Unsere Mittelzone ist gegeben durch die Beimerstetter- Platte (pars), die Heroldstätter-Platte, die Münsinger-Platte und die GrünerFels » Buchberg. Kniung. Donau. 805". Ber". 730M- 30oM. Nördliche Zone. Miltelzone. ; SüdlicheZone. 0-052% gegenNord, 093% gegensüd. 241%gegenSüd. == u —_ — Zn, 12Kil. 26Ki J=Jura T-Terliär a-b =Meeresfläche Fig.b. Höhe :Länge = 1:25,000 Inneringer-Platte. Das mittlere Streichen ergiebt sich mit Berück- sichtigung des Areals der einzelnen Platten zu N. 36° O. und das mittlere Fallen zu 0,98 °/, gegen SO. Bemerkenswert ist es, dass zwei Platten genau mit dem Generalstreichen übereinstimmen mit 51 und 52° östlicher Abweichung vom Meridian, während die beiden anderen sich nur 28 und 29° von der N.-Richtung entfernen. Dies deutet auf zwei verschiedenalterige, wohl unterscheidbare Störungen im Schichtenbau. Die mittlere Breite der Mittelzone beträgt 14 km. Die südliche Randzone, der Ansatzrand für die tertiären Gebilde, ist gegeben durch den südlichen Teil der Beimerstetter- Platte, die Erminger-Platte, die Hochsträss-Platte und die Platten des Landgerichts und Teutschbuchs. Die mittlere Richtung des Streichens ist hier N. 47° O. und der mittlere Schichtenfall beträgt 2,36 °/, gegen SO. Die mittlere Breite dieser Zone, soweit sie über Tag der Untersuchung zugänglich ist, ist auf 9 km anzunehmen.“ REGELMANN stellt diese Verhältnisse in dem obigen Bilde dar. 33* — 5l6 — Aber nicht nur das. ResGELMAnN hebt auch als Erfolg seiner Messungen hervor!, dass das Juramassiv überhaupt aus einer ganzen Anzahl verschiedenartig geneigter Platten besteht. Die Unterschiede im Fallen derselben sind nun allerdings keine sehr bedeutenden. Wir werden uns daher im grossen und ganzen die Alb vorstellen können als eine gewaltige, etwas gegen SO geneigte Platte, wie letzteres Fig. a zeigt. Dieselbe Abbildung und die diesem Kapitel eingeheftete Karte (Taf. VI) lassen uns erkennen, wie die vom Weissen Jura, vom Braunen Jura und vom Lias bedeckten Gebiete drei parallele Streifen bilden, deren nördlichster derjenige des Lias ist. Alle Schichten des Jurasystems erstreckten sich indessen früher nicht nur weiter nach Norden, über den Neckar hinaus, sondern auch weiter nach Süden, südwärts von der Donau; alle nahmen also viel grössere Flächenräume ein, als das heute der Fall ist. Diesem Überschusse, diesem Plus der früheren Zeiten gegenüber dem Heute, ist jedoch im Norden und Süden ein verschiedenes Los zu teil geworden. Das frühere Plus im N. ist weggewaschen, abrasiert, thatsächlich verschwunden. Dasjenige im S. dagegen, jenseits der Donau, ist offenbar noch vorhanden und nur unseren Augen entschwunden, weil in die Tiefe versenkt. NW.- und SO.-Rand der Alb sind also wesentlich verschiedenartiger Ent- stehung. So zeigt uns die Alb als Gebirgserhebung einen Januskopf. Nähert man sich derselben von S. her, so hat man in ihr einen Horst vor sich, eine stehengebliebene Scholle der Erdrinde, deren südliche Verlängerung abgebrochen und in die Tiefe versunken ist. Indem dann diese Versenkung aber wieder mit tertiären und quartären Ab- lagerungen bedeckt und aufgefüllt wurde (Fig. a), ragt die Alb, der Horst, hier im S. meist nicht viel über die wieder eingeebnete Ver- senkung empor. Nähert man sich ihr dagegen von N. her, so er- scheint der NW.-Rand auf seiner ganzen Längserstreckung wie eine gewaltige, hoch aufragende Mauer. Teils nämlich sind die bedeutend- sten Erhebungen der Alb über den Meeresspiegel gerade diesem Rande genähert; teils haben sich hier der Neckar und sonstige Erosion so tief in die weichen Schichten des Braunen Jura und Lias ein- gefressen, dass auch dadurch die Höhe des Steilrandes eine be- deutendere wird. Auch bezüglich des ersten Beginnes ihrer Entstehung scheinen ! Ebenda. S. 137 No. 1. a. der NW.- und der SO.-Rand der Alb von einander unterschieden zu sein. Wenn, wie mehr als wahrscheinlich, das Kreidesystem in Württem- berg, wenigstens auf der Alb und nördlich derselben, nirgends zur Ablagerung gelangt ist, so muss das einst von der Alb bedeckte Gebiet bereits mit dem Ende der Jurazeit Festland geworden sein. Es hat daher wahrscheinlich gleich damals, oder doch bald nach jener Zeit, mit der Erosion überhaupt auch die Herausbildung des NW.-Randes der Alb begonnen; natürlich in einer Gegend, welche sehr viel weiter gegen N. lag, als die heutige Linie des NW ..-Randes. Anders dagegen der SO.-Rand, welcher, wie wir sehen werden, erst in tertiärer Zeit durch Bruch sich zu bilden begann. Wir wollen uns zunächst diesem letzteren zuwenden. Der SO.-Rand der Alb. Wohl mehr ahnend als klar der wirklichen Sachlage be- wusst, ist bereits 1825 durch v. OrvnHausen solches angedeutet worden. Nachdem er den steilen, oft fast senkrechten, an 600 Fuss hohen NW.-Rand der schwäbischen Alb besprochen hat, wendet er sich mit folgenden Worten zu dem SO.-Rande: „Der der Donau zugekehrte südöstliche Abfall dieses Gebirges da- gegen ist so ungemein sanft, dass er nur als hohe Gebirgsebene erscheint, und dass sogar, von dieser Seite gesehen, die Alb das Ansehen eines Gebirges verliert. Nur selten tritt der Jurakalkstein auf das rechte Ufer der Donau herüber, wie an dem hohen Bussen bei Riedlingen!, er verbirgt sich hier in der Regel unter der grossen Geröllablagerung, diesich weitnach Bayern hinein verbreitet. Im Jahre 1870 hat dann GüwseL dargethan, dass es sich bei diesem SO.-Rande der Alb um eine Bruchlinie, eine grosse streichende Verwerfung handle, deren Richtung etwa von SW. nach NO. ge- richtet ist. Nördlich derselben blieb die Alb stehen, senkte sich dabei jedoch ein wenig (Fig. a) gegen den Bruchrand. Südlich der- selben sank die Alb in die Tiefe °. ' Ist in Wirklichkeit tertiärer Süsswasserkalk. ° Umrisse zu einer orohydrographischen und geognostischen Schilderung von Lothringen, dem Elsass, Schwaben und den Gegenden zu beiden Seiten des Mittelrheins. Hertha, Zeitschr. f. Erd-, Völker- u. Staatenkunde von Berg- haus, Stuttgart und Tübingen bei Cotta. 1825. Bd. I. S. 445, ° Der Riesvulkan. Sitzungsberichte der K. bayr. Akademie der Wissen- schaften. München 1870. Bd. I. S. 175, und Bavaria Bd. II. Buch 9. S. 3, 5. — 518 — Dieser Abbruch der früheren, südlichen Fortsetzung unserer Alb erfolgte übrigens höchst wahrscheinlich nicht längs nur einer einzigen Spalte. Es werden vielmehr deren mehrere, parallele auf- gerissen sein, so dass zwischen diesen das in die Tiefe sinkende Gebiet stufen- oder treppenförmig herniederbrach. Allerdings ent- ziehen sich diese Spalten im Bereiche der oberschwäbisch-bayrischen Hochebene völlig der Beobachtung, da das abgesunkene Juragebiet hier von tertiären und diluvialen Gesteinsmassen bedeckt, aufgefüllt und wieder eingeebnet wurde. Aber oben auf der Ulmer Alb, hart am SO.-Rande derselben, lässt sich deutlich das Vorhandensein treppenförmigen Abbruches erkennen, wie das O. Fraas! hervor- hob. Dort liegt z. B. der Massenkalk des Weiss-Jura & im N., bei Scharenstetten und bei Luizhausen in einer Meereshöhe von 2462 bezw. 2316 Fuss. Bereits 5—10 km südlich von jenen Punkten, bei Temmenhausen, Tomerdingen und Wippingen, finden wir dieselben Schichten in 2180, bezw. 2177 und 2203 Fuss Höhe. Eine ebensolche Stufe ist in der Gegend zwischen Bollingen, Albeck und Bernstatt zu erkennen; hier tritt Weiss-Jura e nur in 2000 bis 1300 Fuss Höhe auf. Schliesslich sieht man dasselbe Gestein, wie- derum etwa 10 km mehr gegen S., bei Ulm in nur 16—1700 Fuss Meereshöhe. Das sind für ein und dieselben Schichten Höhenunterschiede von 7—800 Fuss, welche sich auf der kurzen Strecke von etwa 15—20 km ergeben! Diese Erscheinung ist aber oben auf der Alb durchaus nicht etwa der ganzen südlichen Randzone eigen. Vielmehr fehlt, nach freundlicher Mitteilung von Herrn REGELMAnN, ein solcher treppen- förmiger Abbruch derselben an anderen Orten. Auch Benecke kam, von anderen Erwägungen ausgehend, zu gleichem Ergebnisse wie GümgeL. Beide Autoren? stimmen ferner darin überein, dass die Spaltenbildung, welcher dieser Rand sein Dasein verdankt, erst nach der cretaceischen Epoche stattfand. In den östlich der schwäbischen Alb gelegenen Gegenden, auf der frän- kischen Alb, ist zwar zur Zeit der Unteren Kreide gleichfalls eine Festlandsperiode gewesen. Allein mit Beginn der cenomanen Zeit ! Begleitworte zu Blatt Ulm. S. 15. ? Benecke, Über die Trias von Elsass-Lothringen und Luxemburg. Ab- handlungen zur geolog. Specialkarte von Elsass-Lothringen Bd. I, Heft 4. 1877. S. 821 u. 822, und Gümbel, Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb, Kassel, Th. Fischer, 1891. S. 642. — 519 — brach das Kreidemeer über den östlichen und südöstlichen Teil der fränkischen Alb herein, so dass wir hier, von Kelheim und Regens- burg im 8. bis nach Amberg im N., auf dem Weiss-Jura die Schichten der Oberen Kreide liegend finden. Nun zeigt sich aber diese selbe Kreide auch südlich von Regensburg bei Eggmühl, im Gebiete der in die Tiefe gesunkenen Tafelhälfte der Alb. Hier schaut sie aus der tertiären Hülle in tiefen Thaleinschnitten heraus. Mit dem unter ihr liegenden Weiss-Jura ist hier also auch die Kreide abgebrochen und längs jener Spalte abgesunken. Es kann daher die Spalten- bildung erst nach Ablagerung jener Kreideschichten sich vollzogen haben. Freilich hat dieser Nachweis zunächst nur Gültigkeit für das Gebiet der bayrischen Hochebene. Offenbar aber ist dieser grosse, quer durch die, früher so viel grössere Albtafel hindurch- setzende Bruch im W. und ©. einheitlicher Entstehung; und ebenso wird das Absinken der südlichen Tafel gleichzeitig im O. und W. erfolgt sein. Wir werden daher mit Recht den von GünßEL ge- zogenen Schluss auf die Zeit der Entstehung jener Bruchlmie auch für das schwäbische Gebiet gelten lassen dürfen. Der Abbruch scheint, wie O. Fraas will, erfolgt zu sein in alttertiärer Zeit. Es sind nämlich auf der schwäbischen Alb die tertiären Schichten, welche auf der so zerbrochenen Weiss-Juratafel bei Ulm liegen, durchaus nicht mit zerklüftet. Auch haben ihr Streichen und Fallen nichts mit denen des unterliegenden Weiss-Jura gemein; sie lagerten sich daher erst nach dem Zerbrechen und Absinken des letzteren auf demselben ab. Da nun diese Tertiärschichten mittleren Tertiäralters sind, so müsste nach jenen Beebachtungen der Abbruch in der älteren Tertiärzeit erfolgt sein. Bis zu welcher Tiefe der abgebrochene südliche Teil der Albtafel nun hinabgetaucht ist, lässt sich nicht angeben, da eine Tiefbohrung bisher fehlt, welche bis auf den Weissen Jura nieder- setzte. Das gilt sowohl von dem bayrischen Anteile an der Hoch- ebene südlich der Donau, als auch von dem württembergischen. In letzterem hat man das Bohrloch von Ochsenhausen!, durch welches ! Der Güte des Direktors des Bergrates in Württemberg, Herrn Dr. v. Bauer, verdanke ich die folgende Mitteilung über die Ergebnisse des Bohrloches in Öchsenhausen OA. Biberach. Von O bis etwa 250 m hinab wurde die Süsswasser- molasse durchsunken. Dann begann die Meeresmolasse. Zuerst zeigte sich eine Lage „Albstein“ und unter diesem Baltringer Sandstein mit Haifischzähnen, der in etwa 275 m Tiefe lag. Darauf kamen bis zu etwa 465 m feine, versteinerungs- leere Sande, welche also 190 m Mächtigkeit besassen. Unter diesen begann die untere Süsswassermolasse, welche bis zu 735 m Tiefe bunte versteinerungsleere Sande lieferte. In letzteren wurde das Bohren aufgegeben. — 520 ° — man Braunkohlen zu finden hoffte, bis zu 738 m niedergebracht, ohne jedoch damit die tertiären Schichten zu durchsinken. Weiter gegen W., bei Eglisau am Rhein, hat man dagegen mit 1250 Fuss das dortige Tertiär durchbohrt und soll unter demselben Bohnerze und Weiss-Juraschichten gefunden haben. So wissen wir also nur, dass bei Ochsenhausen in der Nähe von Biberach die versenkte Juraplatte mindestens über 740 m tief abgesunken sein muss. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dagegen kann man die Frage beantworten, wie weit sich die Albtafel einst südwärts er- streckte, wie weit also der abgesunkene Weiss-Jura in der Tiefe nach S. hin reicht. Es hat nämlich Gümsen! gezeigt, dass es not- wendig sei, das einstige Dasein eines aus Urgebirge bestehenden Landrückens anzunehmen, welcher, den heutigen Nordrand der Alpen in gewisser Entfernung im N. begleitend, quer durch die ober- schwäbisch-südbayrische Hochebene strich. Die Gründe für eine solche Annahme sind mehrfacher Natur. Sie liegen zunächst in den starken Unterschieden, welche bekanntlich in Gesteinsbeschaffenheit, Lagerung, Gliederung und Versteinerungs- führung zwischen gleichnamigen, speciell jurassischen, alpinen Ab- lagerungen und ausseralpinen des fränkisch-schwäbischen Gebietes herrschen, obwohl beide Gebiete hart aneinander grenzen. Diese Unterschiede erklären sich jedenfalls ungezwungener durch die An- nahme eines einstigen, die Meere hüben und drüben trennenden Landrückens, als durch diejenige trennender Meeresströmungen oder lediglich klimatischer Verschiedenheiten. Den zweiten Grund findet GümseL in der steilen Lagerung und teilweisen Überkippung der den Alpen im N. vorgelagerten Schichten eocänen und miocänen Alters. Diese steil aufgerichteten Randschichten erstrecken sich von den Alpen aus nach N. fast bis in die Mitte der bayrisch-oberschwäbischen Hochebene. Da dieselben nur durch einen seitlich wirkenden Druck in dieser Weise aufgerichtet werden konnten, welcher von den süd- lich gelegenen Alpen her wirkte, so bedurfte es eines im N. ge- legenen Widerlagers, an welchem sie sich stauen und in Falten legen konnten. Dieses Widerlager aber kann nur in einem damals vor- handen gewesenen, gewissermassen in der Tiefe wurzelnden Rücken von Urgebirgsgesteinen bestanden haben. Auf das frühere Vorhan- densein eines solchen deutet drittens auch die Zusammensetzung " Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb S. 3 u. 642, — 521 gewisser Flyschkonglomerate, deren Gesteinsbruchstücke den Central- alpen fremd sind, also von einem nun verschwundenen Gebirgsteile herrühren müssen. In analoger Weise wird ja auch für das schwei- zerische Tertiärbecken das frühere Dasein eines aus kıystallinen Ge- steinen bestandenen Rückens im N. der Alpen gefolgert, indem näm- lich die sogenannte bunte Nagelflue z. T. aus roten Graniten und Porphyren besteht, welche jetzt dort nicht mehr in den Alpen be- kannt sind!. Bis an diesen notwendig vorauszusetzenden Urgebirgsrücken, welcher hier im S. das Ufer des schwäbisch-fränkischen Jurameeres bildete, muss sich also die zuoberst aus Weiss-Jura bestehende Alb- tafel früher erstreckt haben. Als dann die letztere ungefähr längs der heutigen Donaulinie in tertiärer Zeit zerriss, da sank nicht nur die südliche Tafelhälfte in die Tiefe, sondern auch jene aus alt- krystallinen Gesteinen gebildete Gebirgskette hatte dasselbe Schicksal. Dann wurde die Versenkung mit tertiären Meeres- und Süsswasser- schichten, zuletzt mit den diluvialen Gletscherbildungen zugeschüttet. Der NW.-Rand der Alb. Schon 1790 hat WECckERLIN ? mindestens indirekt ausgesprochen, dass die Alb sich einst weiter gegen N. ausgedehnt hat. Er sagt nämlich von dem der Alb vorgelagerten, inselförmigen Weiss-Jura- berge der Achalm bei Reutlingen: „Dem ungeachtet ist es wahr- scheinlich, dass er in den frühesten Zeiten mit dem (Alb) Alpen- gebürge zusammenhieng, von dem er nur durch das schmale Thal, in dem Eningen liegt, getrennt ist...... Dies Alles lässt muthmassen, dass einst eine grosse Überschwemmung das Thal gebildet und die hohe Achalm von den Alpen (Alb) getrennt habe.“ Dann hat im Jahre 1832 Epvarnp Schwarz betont, dass die Alb sich früher nach N. hin über einen weiteren Raum ausgebreitet habe, als das jetzt der Fall ist. Zum Beweise dessen führt er eben- falls die vereinzelten Vorposten an, welche, wie der Kugelberg bei Bronnweiler, der Rechberg und der Hohenstaufen, in einer bis zu 1'/, Meilen steigenden Entfernung vor dem jetzigen NW.-Rande der Alb liegen und doch Weiss-Jura auf ihren Gipfeln führen °®. ! Carl Vogt, Lehrbuch der Geologie. Vierte Aufl. Braunschweig 1879. Bd. I. S. 663. 2 Achalm und Mezingen unter Urach. Tübingen 1790 bei Fues. S. 19. ® Reine natürliche Geographie von Württemberg. Stuttgart 1832, S. 157. BR Die Ursache der beinahe senkrechten Abbrechung des Gebirges, welche er einer steilen Meeresküste so täuschend ähnlich fand, hat Schwarz in der Wirkung des Wassers gesucht. Freilich nicht, wie es wirklich der Fall, in der langsam wirkenden der atmosphärischen Niederschläge, sondern, zufolge der mit gewaltigen Fluten freigebig umspringenden Weise seiner Zeit, in einer grossen Wasserflut. Durch eine solche erklärt er den steilen Abbruch der Alb und das allmäh- liche Zurückweichen des NW.-Randes derselben. Aus einem anderen Grunde, nämlich aus dem Auftreten der Weiss-Jurabrocken in den vulkanischen Tuffen des nördlichen Vor- landes der Alb, schloss dann 1834 Graf ManpersLoH, dass einstmals der dortige Lias und Braun-Jura von dem Weissen Jura bedeckt gewesen sein, dass also die Alb sich bis in jene Gegenden erstreckt haben müsse. Die Vorstellung jedoch, welche sich MANDELSLOH von der Art und Weise des Verschwindens dieses Weissen Jura bildete, war — ebenfalls entsprechend den Vorstellungen seiner Zeit — eine umständliche und unklare: Eine grosse streichende, also SW.—NO. ziehende, Verwerfung und basaltische Erhebungen hätten zunächst die Alb gehoben und so ihren nordwestlichen Steilabfall erzeugt, während das nördliche Vorland derselben unter Wasser blieb. Dann hätten entsetzliche Seestürme und eine Meeresströmung von un- geheurer Gewalt den Weissen Jura von diesem noch unter dem Meeresspiegel befindlichen Verlande abgefegt!. Aus demselben Auftreten der Weiss-Jurabrocken in unseren vulkanischen Tuffen folgerte dann 1856 GutgBErL£r? die frühere weitere Ausdehnung der Alb gegen N. N Am Schlusse seines weltbekannten Buches über den schwäbi- schen Jura? widmet auch QuEnstEpT unseren Basalttuffen eine Be- sprechung und sagt dabei in bezug auf den NW.-Rand der Alb: „Um die jungen Kalkgebirge in den Tuffen zu erklären, scheint es fast notgedrungen, anzunehmen, dass der Rand des Weissen Jura früher weiter über den Braunen Jura hinübergriff. Eine Urschwemme, begleitet von vulkanischen Erscheinungen, zerriss den Gebirgsrand, führte die weicheren Schichten fort, und liess stellenweis die här- teren jüngeren Bänke auf den Kegelbergen des Braunen Jura.“ Also auch Wasserfluten, wie das eben frühere Anschauung mit sich brachte. ! Memoire sur la constitution g&ologique de l’Albe du Wurtemberg. Stutt- gart 1834. S. 4, 5, 38. ®2 Neues Jahrbuch f. Min., Geöl. u. Pal. 1856. S. 24—27. ® Der Jura. Tübingen 1858. S. 813—8S17. ua Eine sehr abweichende Ansicht ' über die Entstehung des NW.- Steilabfalles der schwäbischen Alb hat Dorn geäussert. Er macht darauf aufmerksam, dass östlich einer Linie, welche ungefähr mit dem Laufe des Neckars zusammenfällt, Steinsalz, Gyps und Anhydrit in den triassischen Schichten noch heute vorhanden seien, während sie westlich dieser Linie entweder ganz fehlen oder doch nur schwach angedeutet sind; aber in der Art, dass kein Zweifel über ihr früheres Vorhandensein daselbst bestehen kann. Diese leicht auflöslichen Gesteine sind, so schliesst Dorn, vor der Fortführung durch Wasser um so mehr geschützt, je tiefer sie liegen, und um so weniger, zu je höherer Lage sie ansteigen. Da sie nun westlich der genannten Linie „durch die Schwarzwaldhebung gehoben worden sind“, während sie östlich derselben bereits „in einer Linie ins Meeresniveau ein- tauchen, welche mit dem Steilrand unserer Alb nahezu zusammen- fällt“, so sind sie hier, östlich, noch erhalten, dort, westlich, bereits nahezu aufgelöst und weggeführt. Infolgedessen ist, nach Dorn, die Lagerung der über den leichtlöslichen Gesteinen folgenden Schich- ten nach dem Schwarzwald zu eine gestörte, östlich vom Neckar aber eine noch ungestörte. „Der Rand unserer Alb und ihr Steil- abfall gegen NW. bezeichnet die Grenze des unerschütterten Funda- ments unserer Alb durch die vollständig erhaltenen Steinsalzlager der Trias, während westlich von der Alb die gänzliche oder teilweise Auslaugung der auflöslichen Teile der Trias die ganze Gegend ihrer Fundamente beraubt, den oben genannten Lagerungsstörungen, Sen- kungen und Zusammenbrüchen, eben dadurch aber beschleunigter Wegwaschung preisgegeben hat.“ Dorn lässt also, wenn ich recht verstehe, den Steilrand der Alb dadurch entstehen, dass unter der schützenden Alb keine che- mische Auflösung stattgefunden hat, im Vorlande solche aber erfolgte. Wäre dies die wirkliche Ursache, dann müsste, da der Steil- rand der Alb eine ganz bestimmte Linie bildet, auch die Grenze zwischen dem Gebiete ohne chemische Auflösung und demjenigen mit solcher ebenfalls eine ganz bestimmte Linie bilden; sie müsste ebenso lang sein wie dieser, also den ganzen schwäbisch-fränkischen Jura begleiten, soweit dieser nur einen Steilabfall bildet; sie müsste füglich doch auch mit dem Verlaufe dieses Steilrandes zusammenfallen. Es müsste aber auch, wenn dies die richtige Ursache wäre, im Vorlande der Alb, ebenso wie auf dieser selbst, die ganze juras- ı Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 35. 1883. S. 645—647. — 524 — sische Schichtenreihe bis hinauf zum Weiss-Jura einschliesslich vor- handen sein; nur dass sich hier alles in tieferem Niveau als auf der Alb befände, da ja die triassische Unterlage infolge von Aus- laugung sich gesetzt haben soll. Es wäre eine einfache Versenkung des Vorlandes der Alb. Ich sehe keinen Grund ein, warum hier der Weiss-Jura durch Erosion abgetragen sein sollte, auf der Alb aber nicht. Gegenüber diesen verschiedenen Ansichten müssen wir nun daran festhalten, dass der NW.-Rand der Alb lediglich durch die abtragende, untergrabende Thätigkeit der Atmosphärilien in der fol- genden Weise gebildet wurde: Da die Alb aus ziemlich horizontal liegenden Schichten aufgebaut ist, deren unterer Teil: Lias, Brauner und Unterer Weisser Jura, wenigstens «@ und y, vorherrschend aus weicheren Gesteinen besteht, deren oberer Teil dagegen durch härtere Gesteine der höheren Weiss-Jurastufen gebildet wird, so hat sich hier im Norden diejenige Denudationsform vollzogen, welche zur Er- zeugung von Tafelbergen führt. Die harte Decke kalkiger Gesteine setzt der direkten Abnagung, Auflösung und Fortführung durch Ge- wässer einen unvergleichlich viel stärkeren Widerstand entgegen, als das bei den unter dieser Decke zu Tage tretenden weicheren Ge- steinen der Fall ist. Sie schützt die letzteren daher in ähnlicher Weise, wie ein aufgespannter Regenschirm seinen Träger deckt und verhindert ihre Zerstörung. Nur an dem gegen NW. gekehrten Steilabfalle der Alb, an welchem die weicheren Schichten bei ihrer wagerechten Lagerung schutzlos zu Tage ausstreichen, fallen sie den Angriffen der Atmosphärilien anheim, werden von ihnen schnell zerstört und fortgeführt. Damit aber wird hier am Steilabfalle den harten Schich- ten der Weiss-Juradecke Schritt für Schritt ihre Unterlage entzogen; und nun bricht diese im selben Masse nieder. So wird die harte widerstandsfähige Decke dennoch schnell überwältigt, zertrümmert und den Abhang hinabgestürzt. Dort liegt sie dann am Fusse der Alb in wirrem Durcheinander und wird ebenfalls, wie wir bald sehen werden, schneller fortgeführt, als man glauben sollte. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass die Alb im allgemeinen nicht etwa wagerecht, also schichtenweise von oben nach unten, abgetragen wird; etwa wie wenn ich von einem Stosse wagerecht übereinander liegender Bretter zuerst das oberste derselben fortnehme, dann das zweite,’ das dritte u. s. w., bis zuletzt nur noch das un- terste vorhanden ist. Nicht durch solche wagerechten Schnitte, nicht durch schichtenweises Wegnagen wird die Alb immer mehr und mehr in ihrer Höhe verringert, bis sie schliesslich abgetragen ist. Sondern - — 925 — durch senkrechte Schnitte, wie wenn bei einem aus verschiedenen Schichten bestehenden flachen Kuchen mit dem Messer Stück für Stück abgeschnitten wird. So wird die horizontale Ausdehnung der Alb immer kleiner und kleiner; aber die Höhe derselben bleibt bis zum letzten Augenblicke, in welchem das letzte Stück dahin- sinken wird, ungefähr wenigstens, dieselbe. Das ist im grossen betrachtet der Vorgang, durch welchen die Alb abgetragen wird. Er liegt begründet in ihrer Natur als Tafel- gebirge. Wir werden indessen die soeben gewonnene Vorstellung noch ein wenig weiter ausführen müssen. Wenn alle weichen Schichten des ganzen Jurasystemes unten und alle harten oben lägen, dann würde das Zurückweichen des NW.-Steilabfalles der Alb stets je durch einen einzigen gewaltigen, von oben bis unten geführten Schnitt erzeugt werden. Das erstere ist aber nicht der Fall; die harten und weichen Schichten wechseln mehrmals miteinander ab. Lias und Braun-Jura sind wesentlich thonig, enthalten aber auch härtere Schichten. Daher entstehen hier mehrere Schnitte, mehrere Stufen. Auch im Weiss-Jura sind « und y thonig-weich, #, 6, &, I hart; nur letzteres bisweilen auch thonig. Es leuchtet daher ein, dass der NW.-Abfall der Alb nicht in einer einzigen, riesig hohen Stufe nieder- brechen kann, sondern dass er durch diesen Wechsel zwischen Hart und Weich in mehreren Stufen niederbrechen muss. Nicht ein ein- ziger von oben bis ganz nach unten gehender Schnitt findet jedes- mal statt, sondern mehrere kleinere Schnitte. Daher bildet denn auch die Hochfläche der Alb nicht eine ein- zige Ebene, sondern eine zwei- bis dreistufige Fläche, wie das Fig. a auf S. 513 anzeigt. Das weiche « und harte $ geben die erste Stufe, welche durch einen senkrechten Schnitt ‘abgetragen wird. Weiter albeinwärts, gegen S., folgt die zweite Stufe durch das weiche y und harte Ö gebildet. Auch diese Stufe wird durch ihre beson- deren senkrechten Schnitte abgetragen. Bisweilen liegen alle vier Schichten noch hart am NW.-Rande übereinander; dann fallen natür- lich alle vier durch einen einzigen Schnitt. Sogar noch & kann sich hierbei anschliessen. Oft aber bilden e und £ wiederum eine Stufe für sich, welche erst abermals weiter albeinwärts erscheint. Hier ist freilich nicht jener Gegensatz zwischen unteren weichen und oberen harten Schichten vorhanden; sondern umgekehrt ist & stets ! Selbstverständlich wird auch die Höhe der Alb ein wenig verringert, indem die harten Kalke sich auflösen. Aber dieser Vorgang spielt gegenüber jenem anderen nur eine kaum nennenswerte Rolle. — 526 — felsenhart und £ zwar ebenfalls oft hart, bisweilen aber thoniger. Auch pflegt {© keineswegs stets dem & auf-, sondern vielmehr oft angelagert zu sein, indem es die Tiefe von Buchten ausfüllt, welche zwischen den Höhen von & liegen. In diesen Fällen stehen Höhe und Bucht zueinander in ähnlicher Beziehung, wie bei den Koralleninseln Atoll und Lagune; oder & und { wie der Korallenkalk und die in der Lagune abgelagerten Schichten. Indessen darf man sich nicht regel- mässige Atolle, also nicht ringförmige &-Riffe vorstellen ; das findet nur hier und da statt. Vielfach bildet & vielmehr ausgedehnte Flächen auf der Alb, in welche ganz unregelmässige (-Becken eingesenkt sind. Von eigentlichen Atolls könnte man also nur hier und da reden; im übrigen aber nur von einer ausgedehnten, nach beliebigen Richtungen wuchernden Riffbildung, welche zahlreiche Lagunen in sich einschloss. Nur an einer Anzahl von Stellen freilich lässt sich aus den Versteinerungen auch beweisen, dass & wirklich durch Korallenriffe gebildet ist. In den meisten Fällen aber besteht e aus körnigem Kalk oder Dolomit ohne jede Spur von Versteinerungen. E. Enger hat seit Jahren diese Auffassung vertreten und neuer- dings! zusammenfassend auseinandergesetzt. Abgesehen von den wirklich jüngeren [-Schichten, welche, wie die Oolithe der Gegend von Heidenheim, £ überlagern, stellen & und £ also gleichalterige Bildungen, Facies, dar. & wird durch die felsigen, massigen Gesteine gebildet, welche nach EngEL aus meist umgewandelten Schwamm- oder Korallenriffen hervorgegangen sind. { bildet die geschichteten, an jene Riffe angelagerten gleichzeitigen Sedimente. Es liegt nahe, zur Stütze der von EnGEL vertretenen Ansicht die Verhältnisse Südtirols anzuführen, dessen berühmte Dolomite nach den Untersuchungen von von RicHTHoFEN und Mossisovics Ja ebenfalls vielfach als Korallenriffe betrachtet werden. Ganz wie dort die Wengener und Cassianer Schichten dem unteren Teile des Schlern- dolomites gleichalterig sind, wie dort beide nur verschiedene Facies bilden, so auch unser { und & Und wie dort der Dolomit nur wenig organische Reste noch erkennen lässt, so meist auch unser &, das zudem gleichfalls oft dolomitisch ist. Es hat sich aber schon 1873 namentlich Gümser ? gegen solche Ansicht ausgesprochen. Kürzlich sind dann gleichzeitig zwei Arbeiten ! Diese Jahreshefte 1893. S. XXV—XXXIX. ® Sitzungsber. K. bayer. Akad. d. Wissensch. München. 1873. S, 13—88. ae erschienen, in welchen die Riffnatur der Dolomite entschieden in Abrede gestellt wird. Das ist einmal geschehen durch A. Rotupuerz'. Derselbe giebt allerdings zu, dass die fraglichen Kalk- und Dolomit- massen der oberen alpinen Trias vorwiegend organogenen Ursprunges sind und dass sie sich in seichteren Meeresteilen gebildet haben. Aber gerade die Korallen haben nach ihm dabei keine besonders hervorragende Rolle gespielt. Während nun der Schlerndolomit nur sehr wenige Spuren von Korallen zeigt, sind die wenig mächtigen Dolomitplatten der ihn direkt überlagernden Raibler Schichten geradezu aus Korallen zu- sammengesetzt. Hier hat also die Dolomitisierung des Gesteines die Korallen nicht im mindesten verwischt. Ist das aber der Fall, dann könnten, so schliesst RoT#PLEeTz, auch die Korallen nicht in dem hart darunter liegenden Schlerndolomit verwischt worden sein. Wo wir daher in diesem keine Korallen finden, da wird er auch nie- mals solche besessen haben. Auch Miss Marıa Ocırvıe ? bekämpft jene Anschauung und kommt zu dem gleichen Ergebnisse, dass der Schlerndolomit nie ein Korallen- riff gewesen sei. Ganz wie in West-Indien und im asiatisch-austra- lischen Archipel die Korallenriffe auf untermeerischen Rücken wachsen, welche dicht neben tiefen Senkungsfeldern liegen, so seien auch in der Raibler Zeit in seichtem Wasser, also auf ebensolchen Untiefen, ausgedehnte Korallenbänke entstanden. Riffähnliche Aufragungen der Dolomite seien z. T. auch Folgen von Verwerfungen. Sind diese Anschauungen nun richtig, dann wird damit auch unserer Anschauung — dass Weiss-Jura & stets auf ehemalige Schwamm- und Korallenriffe zurückzuführen sei, obgleich wir doch meist keine Versteinerungen in demselben erblicken — jedenfalls die Stütze eines sehr gewichtigen Analogons entzogen. Wie in den Süd- tyroler Alpen, so werden wir auch hier die Frage stellen müssen, warum denn & an verschiedenen Orten so gut erhaltene Versteine- rungen, speciell Korallen, führt, während es an den meisten Orten versteinerungsleer ist; warum also hier jede Spur der vorausgesetzten ehemaligen Korallen oder Schwämme verwischt wurde, während das nahebei nicht geschah. Trotzdem aber werden wir an der Riffnatur von & noch festhalten können. ! Ein geologischer Querschnitt durch die Ost-Alpen. Stuttgart 1894. Schweizerbart. S. 45—68. ® Coral in the Dolomites. Geological Magazine, Jan. and Febr. 1894. No. 355—356. Dec. IV. Vol. I. S. 1—22. — 58 — Ich kehre nach dieser Abschweifung zu dem Vorgange der Abtragung zurück. Wir haben gesehen, wie wir unsere Anschau- ungen in dieser Hinsicht dahin lenken müssen, dass wir uns ein, nicht in einer, sondern in mehreren Stufen erfolgendes Zusammen- brechen des NW.-Albrandes vorstellen. In gleicher Weise wäre es auch nicht statthaft, wenn man aus dem Gesagten folgern wollte, dass der NW.-Rand der Alb in schnurgerader Linie zurückwiche. Zahlreiche Thalbildungen schneiden senkrecht in diesen Rand ein und zerfransen denselben. Zwischen je zweien dieser Thäler liegt ein Vorsprung der Hochfläche, eine Halbinsel. Selbstverständlich erfolgt die Abtragung der Alb durch senkrechte Schnitte nicht nur vorm an der nordwärts gerichteten Stirn dieser Halbinseln, sondern auch von den Thälern aus, auf der rechten und linken Seite der- selben. Auf solche Weise müssen die Thäler immer breiter, die zwischen ihnen liegenden Halbinseln immer schmaler werden. Schliess- lich sinkt die Breite dieser letzteren zu einem mindesten Mass herab. Aus der rundlichen Halbinsel ist dann ein langer, schmaler, grat- förmiger Ausläufer, ein Sporn geworden. In unserem vulkanischen Gebiete lässt die Karte drei solcher Halbinseln erkennen und drei solcher Sporne: im O. derjenige, welcher die Teckburg trägt; im W. der, welcher mit dem vulkanischen Jusiberg endet; endlich der kleine des Ursulaberges südlich von Eningen. Infolge dieser schmalen gratförmigen Gestalt der Sporne bieten dieselben mehr Angriffspunkte dar, müssen daher schneller durch senkrechte Schnitte abgetragen werden, als die breiten Halb- inseln. Daher finden wir die Sporne in obigen Beispielen nur noch aus Weiss-Jura « und £, also der untersten obiger drei Abtragungs- stufen aufgebaut; höchstens an einer kleinen Stelle noch etwas y oder d tragend. Wogegen sich die dicht hinter ihnen befindliche Halbinsel, welcher sie entspringen, noch bis zu d und & hin auftürmt. Endlich aber wird dem Sporne auch das « und £ geraubt: die Alb ist verschwunden, unter ihr ist der weiche thonige Braun- Jura freigelegt und der gratförmige Sporn fliesst nun zu einem breit- gerundeten Höhenzuge auseinander. Wie aber vorher auf dem « und 8 des Spornes noch hier und da etwas y oder d aufragte, so jetzt auf dem Oberen Braun-Jura-Thon noch hier und da eine Insel von Weiss « und 8. So bilden sich die gleich Vorposten dem NW.- Rande vorgelagerten vereinzelten Weiss-Jura-Berge. Auf dem Gebiete unserer Karte die Achalm bei Reutlingen, der Kugelberg bei Bronn- weiler. zu sad Ist solch inselförmiger Vorberg aus einer solchen Stelle des Spornes entstanden, welche nur noch aus « oder auch £ aufgebaut war, so kann natürlich der Berg auch nur « oder noch £ aufweisen. Das zeigt die Achalm. Hat er sich dagegen aus einer Stelle des Spornes gebildet, an welcher sich noch ein Rest von y und Ö auf- türmte, so kommt es zu so eigenartigen Erscheinungen wie beim Kugelberg bei Bronnweiler. Der zeigt über dem Oberen Braun-Jura anstehend noch etwas Weiss-Jura «, trägt aber auf seinem Gipfel viel lose grosse Blöcke auch von £ und d. Deswegen hatte man ihn im Verdachte, im Innern vulkanischer Natur zu sein. Ich glaube das aber nicht, sehe vielmehr in jenen grossen #- und d-Blöcken die letzten Reste dieser harten Schichten, während die weichen mergeligen des « und y bereits mehr oder weniger ganz verschwunden sind. Beim Zusammenbruche dieser Albstufen muss ja das harte Gestein sich stets am Fusse der Alb ansammeln. Nicht nur auf die geschilderte Weise, von vorn, rechts und links, vollziehen sich die Angriffe auf die Alb, sondern die halb- inselförmigen Ausläufer derselben werden auch hinterrücks angegriffen, indem sich hier abermals Thäler einschneiden. Diese laufen nun nicht wie jene ersteren senkrecht zum nordöstlichen Streichen der Alb, sondern parallel mit demselben und sie schicken abermals Nebenthäler aus, die sich einfressen. Besonders schön zeigt sich das im oberen Filsthale, welches jedoch östlich vom Gebiete unserer Karte, bereits ausserhalb derselben liegt. Auf unserem Gebiete finden wir solches südlich der Erkenbrechtsweiler Halbinsel. Diese wird auf die genannte Weise hinterrücks von der Albfläche abgeschnürt durch das Thal der Elsach und das. Schlattstatter Thal. Schon reichen sich die oberen Spitzen dieser beiden Thäler am Heiden- graben, südlich Grabenstetten, die Hände und sägen nun mit ver- einten Kräften die Halbinsel von der Alb ab. Bei solchem Vorgehen wird natürlich die Angriffsfläche mehr als verzehnfacht. Nicht nur von vorn, sondern von allen Seiten dringen die abtragenden Kräfte auf die Alb ein und machen sie zusammenstürzend. Dadurch erklärt sich das verhältnismässig schnelle Abrasieren derselben. Was wird nun aus dem Abgetragenen? Zunächst stürzt die ganze ungeheure Kalkmasse von oben herab und liegt nun am Fusse der Halbinsel, des Spornes, der Insel. Zunächst hat also die Masse nur den Platz gewechselt. So sollte man meinen, dass, wenn die Alb einst bis Stuttgart oder gar bis an den Rhein gereicht hat, Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 34 — 530 — das ganze Gebiet noch jetzt mit Kalkmassen überschüttet sein müsste. Gewiss wäre das wenigstens hier und da der Fall, wenn die Alb aus Quarziten anstatt aus Kalken bestände. Aber es sind nur Kalke; und es ist eine ganz überraschende Erscheinung, wie übermässig schnell diese ungeheufe Weiss-Juramasse verschwindet. Nirgends auf der ganzen obigen Fläche bis an den Rhein hin finden sich Kalksteine; nicht auch nur das Vorland bis an den Neckar hin trägt diese Hülle von Kalk; sondern nur der nächste Fuss der Alb besitzt dieselbe. Den „Albtrauf“ nennt der Schwabe mit treffend gewählter Bezeichnung die Gegend hart am Fusse der Alb. Auf den Feldern zeigt nur dieser Albtrauf die herabgestürzten Kalksteme. In den Bach- und Flussbetten dagegen finden sie sich sehr viel weiter nördlich vor. Diese eigenartige Erscheinung beleuchtet aufs klarste die geringe Widerstandsfähigkeit der Gesteine, aus welchen die Alb aufgebaut ist. Die mergelig-thonigen Schichten von «@, demnächst auch von y, zerfallen in kürzester Zeit zu Ackerboden, verschwinden also in ihrer Eigenschaft als festes Gestein sofort oder bald nachdem sie beim Absturz am Fusse der Alb angelangt sind. In den Äckern am Fusse machen sich daher wesentlich nur die harten $-, d- und &-Kalke! bemerklich. Aber diese Kalke zertrüämmern bereits beim Absturze in viele kleinere Stücke. Dadurch wird die Angriffsfläche für die Atmosphärilien und Pflanzenwurzeln ganz ungemein vervielfacht. Schnell werden sie angefressen, aufgelöst und fortgeführt. Und so, immer kleiner und kleiner werdend, verschwinden sie ungefähr in demselben Masse, in dem sie von oben herabfallen. Dass dem so ist, ergiebt sich einfach durch indirekten Beweis. Wäre das Ver- hältnis ein anderes, ginge die chemische Auflösung der Kalksteine auf den Äckern nicht ungefähr ebenso schnell vor sich wie die mechanische Zertrümmerung der Alb, dann müsste sich das Trtimmer- material bereits seit langen Zeiten als ausgedehnte Schuttmasse im Vorlande der Alb angehäuft haben; denn auch dieses Vorland war ja einst mit der Alb bedeckt. Da das nun nicht der Fall ist, da die Kalktrümmer der Alb auf den Äckern wesentlich nur im Alb- trauf liegen, so folgt mithin? dass das durch die mechanische Zer- trümmerung der Alb erzeugte und an den Fuss derselben abgestürzte harte Gesteinsmaterial ungefähr in demselben Schritte wesentlich durch chemische Auflösung wieder abgeführt wird, in dem es sich von oben —_ ! x ist nahe dem NW.-Rande der Alb selten. — aba N her erneuert. So kann es nie zu einer Ansammlung desselben kommen. Kämen im Weissen oder Braunen Jura nur einige Schichten recht harter, kieseliger Gesteine vor, gewiss würden sich Reste der- selben über das ganze Vorland zerstreut, vielleicht noch bis hin nach Langenbrücken finden. Da diese aber durchaus fehlen, so konnte dieses merkwürdige spurlose Verschwinden mächtiger Ge- steinsmassen bereits so nahe bei der Alb erfolgen. . Auch am Südrande der Alb, nur in entgegengesetzter Richtung, von S. gegen N. voranschreitend, würde sich dieses Rückweichen des Albrandes genau im gleichen Schritte vollziehen, wenn hier gleichfalls als Unterlage der harten Weiss-Juradecke die leicht zerstörbaren, weicheren Gesteine des Schwarzen und Braunen Jura zu Tage träten. Das ist jedoch nicht der Fall, sie liegen infolge der grossen streichenden Verwerfung begraben in der Tiefe; der Süd- rand entblösst nur die Schichtenköpfe des, im allgemeinen harten Weissen Jura. So kann also dieser nur unvergleichlich viel lang- samer abbröckeln und gegen Norden zurückweichen. Als Gesamtergebnis dieser Betrachtungen finden wir nun das folgende: die Gebirgserhebung der schwäbischen Alb wird ganz wesentlich nicht durch wagerechte, sondern durch senkrechte Schnitte abgetragen. Auf solche Weise verringert sich wohl die horizontale Ausdehnung der Alb mehr und mehr, nicht aber ihre Höhe; letztere bleibt vielmehr ziemlich unverändert dieselbe bis hin auf das letzte Stück. Der NW.-Rand der Alb ist also in stetem Rückwärtsschreiten begriffen. Dieser Vor- gang vollziehtsich deshalb verhältnismässig so schnell, weil die senkrechte Abtragung den NW.-Rand nicht nur von vorn her angreift, sondern vermittelst Thal- bildungen gleichzeitig auch von den Seiten her und von hinten. Bei diesem Vorgange werden Halbinseln, Sporne, Inseln vom NW.-Rande abgeschnürt, bis auch diese verschwinden. Sehr bemerkenswerter Weise findet am Fusse der Alb keine Anhäufung des ungeheuren Trümmermateriales statt, welches durch den Zusam- menbruch entsteht. Die Wegschaffung desselben vollzieht sich also fast in demselben Schritte, in wel- chem die Alb zusammenbricht. Das ist nur erklärlich durch die leichte Löslichkeit des Kalkes im Wasser im Vereine mit seiner sehr starken Zertrümmerung. 34* — 532 — Unendlich viel langsamer als der NW.-Rand weicht der SO.-Rand zurück. Aus der obigen Erkenntnis, dass der Nordrand nicht stillsteht, sondern immer weiter gegen Süden rückwärts schreitet, folgt zwingend die Thatsache, dass er in früherer Zeit weiter im Norden gelegen haben muss als heute, dass also die Alb einstmals viel breiter! gewesen ist. Aber auch aus der Steilheit und Höhe dieses nörd- lichen Absturzes geht das hervor; denn schwerlich werden die einst im Meere abgelagerten Albgesteine ursprünglich an der Küste in so jähem, bis zu 200 Meter hohem Absturze geendet haben wie sie das heute thun. Sie müssen sich vielmehr? an die Nordküste des Jurameeres sanft abgelagert haben. Wo diese Küste lag, wie weit also die Schichten des Schwarzen, Braunen und Weissen Jura sich ursprünglich nach Norden hin ausdehnten, das lässt sich nicht fest- stellen. Es ist jedoch gar nicht unmöglich, dass diese Küste recht sehr weit nach Norden bezw. Nordwesten vorgeschoben war. Wahr- scheinlich schon zur Zeit des obersten Jura — dessen jüngste Schichten in Schwaben ebenso fehlen, wie diejenigen des ganzen Kreidesystems und im Norden der Alb auch die des marinen Tertiär — wurde das jurassische Meeresbecken trocken gelegt und es begannen nun die Atmosphärilien an der Wiederabtragung dieser Schichten zu arbeiten, wobei sich die allmähliche Herausbildung des Steil- abfalles an dem NW.-Rande vollzog. Ist die oben genannte Zeit der Trockenlegung jener Landesteile richtig, dann hat das Zurück- weichen des nördlichen Albrandes bereits an dem Ende der Jura- periode, also vor ungemein langen Zeiten begonnen und ohne Unter- brechung bis auf die Jetztzeit fortgedauert. Der NW.-Rand muss daher früher sehr viel weiter nach Norden gelegen haben, als das heute der Fall ist. Vermutlich reichten sogar die jurassischen Ablagerungen bis in die Gegend, in welcher sich — wohl erst seit cretaceisch- tertiärer Zeit — der heutige Schwarzwald und Odenwald als Gebirge erheben. Vielleicht auch bedeckten sie gar das Gebiet dieser jetzigen Gebirge, wenigstens das des Schwarzwaldes ; jedenfalls aber hingen sie wohl in der Lücke zwischen beiden Gebirgserhebungen, in welcher noch heute ein kleiner jurassischer Rest erhalten geblieben ist in der Gegend von Langenbrücken, mit dem westlicher gelegenen Jura- meere zusammen°. Wir wollen diese Frage etwas näher beleuchten. ! Senkrecht von Nordrand zu Südrand gemessen. ® Natürlich die Korallenriffe des e unter ihnen ausgenommen. ® Deffner und Fraas, Die Juraversenkung von Langenbrücken. Neues Jahrbuch f£. Min., Geol. u. Pal. 1859. S. 1. Die Jura-Versenkung von Langenbrücken. Am Östrande der Rhemebene, etwa halbwegs zwischen Heidelberg und Karlsruhe, liegt inmitten eines ausgedehnten Gebietes von Muschel- kalk und Keuperschichten auf letzteren ein Fetzen jurassischer Ab- lagerungen; ganz isoliert, abgeschnitten von der Verbindung mit anderen Schichten seines Alters, weit und breit der einzige jurassische. DEFFNER und Fraas haben dieses überaus wichtige Vorkommen näher untersucht. Auf dem Umkreise von etwa einer geographischen Meile findet sich dort im einer Meereshöhe von 370—600 Fuss ein grosser Teil derselben jurassischen Schichten wieder, welche in Schwaben eine Meereshöhe von 1600-2000 Fuss einnehmen. Die Übereinstimmung der einzelnen Schichten hier wie dort geht oft bis ins einzelnste. Es kann daher gar nicht bezweifelt werden, dass — wie DErFNER und O. Fraas zuerst aussprachen — diese Schichten in einem und demselben zusammenhängenden Meere abgelagert worden sind, welches sich ununterbrochen von den Gegenden unseres heutigen schwäbischen Jura und der Alb bis nach Langenbrücken hin ausdehnte. Ununterbrochen also müssen sich von der Alb bis nach Langenbrücken hin einst auch die in diesem Meere abgelagerten Juraschichten erstreckt haben. Wenn es nun befremdlich scheinen sollte, dass alle diese ver- bindenden Ablagerungen jetzt verschwunden sind, während noch bei Langenbrücken — in einer geraden Entfernung von etwa 80 km von der Alb — ein kleiner Rest derselben vorhanden ist, so liegt letzteres lediglich darin, dass der Jura von Langenbrücken durch eine Versenkung in die Tiefe diesem Schicksale, gleichfalls abgetragen zu werden, bisher noch entronnen ist. Gegenwärtig kennen wir anstehend bei Langenbrücken die ganze Schichtenreihe des Lias und des Braun-Jura & und ß. Dieser letztere zeigt über seinen sandigen Thonen eine etwa 18 Fuss mäch- tige Sandsteinablagerung, ganz wie solche auch in den nordöstlichen Teilen des schwäbischen Jura entwickelt ist, während sie in den südwestlichen fehlt und durch Thone vertreten ist. Auch der Braune Jura y war sicher noch vorhanden, wie aus seinen Leitversteinerungen hervorgeht, welche am Gehänge, auf dem £, gefunden werden. In- wieweit aber noch höhere Schichten, auch Weisser Jura, einst bei Langenbrücken anstanden oder noch jetzt in der Tiefe anstehen, das entzieht sich bisher unserer sicheren Kenntnis. Bronn setzt auf S. 35 der genannten Abhandlung von DErFner und FraAs in einer Anmerkung hinzu: „In den Weinbergen unterhalb Wiesloch —ı 984 — werden viele Versteinerungen aus höheren Juraschichten gefunden; sicher sind diese tiefer vorhanden!“ Lassen wir das indessen als unsicher bei Seite. . Als nun um das Ende der Jurazeit diese Ablagerungen des Jurameeres aus der Wasserbedeckung desselben hervortauchten, be- gann auch sofort ihre Abtragung durch die Atmosphärilien. Diese dauerte also mindestens seit dem Beginne der Kreidezeit bis zum heutigen Tage. Wie sich sicher nachweisen lässt, war zu miocäner Zeit bei Langenbrücken diese Abtragung aller höheren Schichten bis etwa auf den Braun-Jura 7 hinab bereits erfolgt. Es liegen näm- lich auf dem Braunen Jura untermiocäne Landschneckenkalke, welche erst zur Ablagerung gelangen konnten, als sich durch den Einsturz dieser Juramasse auf derselben eine Wasseransammlung in der Ver- senkung bilden konnte. In der älteren Tertiärzeit also erfolgte der Einsturz in die Tiefe, durch welchen dieser kleine Jurafetzen bis zum heutigen Tage der Abtragung entgehen konnte, während alle verbindenden Ablagerungen zwischen ihnen und den Gegenden des heutigen schwäbischen Jura, weil nicht versenkt, derselben zum Opfer fielen. Nur noch bei Heilbronn auf den Löwensteiner Bergen hat sich in einigen 50 km Entfernung von Langenbrücken, aber auch ebensoweit nördlich vom heutigen Albrande! ein Rest von Lias erhalten. Aus dem Gesagten folgen zwei verschiedene Dinge: Einmal wird es höchst wahrscheinlich, dass ursprünglich bei Langenbrücken — also auch auf der ganzen Strecke zwischen dieser Örtlichkeit und den Gegenden des heutigen schwäbischen Jura — noch höhere Braun-Juraschichten als 7 und ebenso auch der Weisse Jura angestanden haben. Wir haben ja oben gesehen,‘ dass in eocäner oder altmiocäner Epoche bei Langenbrücken — wenigstens an den Stellen, an welchen eine Überlagerung durch miocäne Land- schneckenkalke stattfindet — die oberste Schicht durch Braun- Jura y gebildet wurde. Wir haben dann weiter gesehen, dass die Trockenlegung der Juraschichten, also ihre Abtragung, bereits mit Beginn der Kreidezeit erfolgte. Wenn nun dort durch die lange Zeit der Kreide und des Eocän hindurch die Abtragung bis auf den Braun-Jura y hinab greifen konnte, so muss doch bei Beginn dieser. langen Erosionsperiode, bei Beginn der Kreidezeit, noch eine mäch- tige Schichtenreihe über dem y gelegen haben. Denn hätte diese nicht den Braun-Jura $ bezw. y zugedeckt, wäre letzterer schon bei Beginn der Erosionsperiode die oberste =. 580: —- Schicht gewesen, dann würde in dem langen Zeitraume von der Kreideepoche an bis zum Miocän sicher dieser Untere Braüne Jura, vermutlich auch noch der ganze Lias abgetragen sein. Gerade also der Umstand, dass bei Langenbrücken die oberste Schicht heute, bezw. zu miocäner Zeit, durch jenen Braun-Jura 5 oder y gebildet wurde, liefert uns den Beweis, dass derselbe früher noch durch viele jüngere Schichten zugedeckt und vor Abtragung geschützt gewesen sein muss. Es ist das genau derselbe und der ebenso berechtigte Schluss wie derjenige, welcher sich auf das einstige Vorhandensein jüngerer Schichten auf dem Schwarzwalde bezieht. Wir werden denselben noch zu besprechen haben. Gerade weil auf letzterem die jüngste Ablagerung heute durch die untere Hälfte des Buntsandsteines gebildet wird, folgt mit zwingender Notwendigkeit, dass dieser Untere Buntsandstein früher noch durch viele jüngere Schichten bedeckt gewesen sein muss, deren Abtragung ihn bisher vor dem Abgetragenwerden schützte'!. Auf solche Weise ist es also mehr als wahrscheinlich, dass bei Langenbrücken von der Kreidezeit an bis zum Beginne der miocänen alle jüngeren Jura-Schichten bis hinab auf den Unteren Braunen abgetragen wurden; und mehr als wahrschemlich, dass auf dem Landstriche zwischen Langenbrücken und den heutigen Gegenden des schwäbischen Jura, von der Kreidezeit an bis auf den heutigen Tag, überhaupt alle Jura- und Liasschichten abgetragen wurden. Nur bei Heilbronn liegt, wie oben gesagt, noch ein Fetzen übrig gebliebenen Lias. Diese grosse Wahrscheinlichkeit findet aber weiter noch eine sehr grosse Stütze in dem durch eine frühere Arbeit von mir mit völliger Sicherheit geführten Nachweise *, dass zu der mittelmiocänen Zeit der vulkanischen Ausbrüche unseres Gebietes der Untere Weisse Jura, die Alb, sich noch bis mindestens in die Gegenden des heutigen Stuttgart hin erstreckte; und dass seit dieser Zeit die Alb um die Strecke von etwa 23 km abgetragen wurde’. Ein anderer schöner Beweis für das Verschwinden ganzer Ab- lagerungen von der Oberfläche unserer nördlichen Landesteile wird ." Vergl. Benecke, welcher diese Verhältnisse ausführlich darlegt in: „Über die Trias in Elsass-Lothringen und Luxemburg.“ Strassburg 1877, bei R. Schultz. S. 794—825. ® Ein neuer Tertiär-Vulkan nahe bei Stuttgart. Universitäts-Programm. Tübingen 1892. ° Vergl. später in dieser Arbeit „Das Alter der vulkanischen Ausbrüche“. a durch EBERHARD Fraas erbracht!. In einer breiten Zone um die Frankenhöhe herum — also im NO. Württembergs, nahe bayrischem Gebiete — liegen auf und in dem Verwitterungslehmboden der Lettenkohle zahlreiche Feuersteine. Dieselben entstammen, wie sich durch ihr analoges Vorkommen im Mainhardter Wald bei Franken- berg und im Eisbachthal zweifellos erweisen lässt, den obersten Horizonten des Stubensandsteines und der darüber liegenden Knollen- mergel. In diesen harten, der Verwitterung trotzenden Feuersteinen sehen wir also die letzten Reste der ganzen Keuperformation, welche in der genannten Gegend einst über der Lettenkohle lag und dann abgetragen wurde. Die Entfernung des jetzigen Keuperrandes von dieser Gegend beträgt bis zu 20 km; so dass also dieser Keuper- rand seit jener Zeit um 20 km zurückgewichen ist. In gleicher Weise sind die Quarzsande mit Quarzknollen, quarzitischen Stein- mergelstücken und Schilfsandsteinbrocken, welche auf der Höhe von Wallhausen bis Reubach liegen, nur der letzte Rest des einst dort angestandenen gesamten Schichtensystems des Stubensandsteines, der Keupermergel und des Schilfsandsteines. Das sind zweifellose Beweise der Abtragung in unserem Lande. Wir sehen daher mit Recht in der Alb einen Tafelberg gewaltigsten _ Umfanges, dessen NW.-Rand seit ungemein langen Zeiten stetig nach S. zurückgewichen ist. Er hat auf solche Weise vorübergehend seinen jetzigen Verlauf erlangt. Da aber diese Art der Abtragung unaufhörlich weiter fortdauert, so muss der NW.-Rand der Alb schliess- lich nur noch einen schmalen, von SW. nach NO. verlaufenden Grat darstellen. Auch dieser muss endlich herabstürzen auf die weichere Unterlage, und die Alb wird dann von der Erdoberfläche verschwunden sein. An Stelle der wasserarmen Alb mit ihrem zum Teil rauhen Klima und ihrem aus Kalkstein hervorgegangenen, teilweise ärmlichen Boden, wird sich ein welliges Gelände ausdehnen, bestehend aus den vielfach fruchtbareren und wasserreicheren Schichten des Lias. Ein Land von niedrigerer Erhebung über dem Meeresspiegel, also milderen Klimas?. Wie dieses Land aussehen wird, das lässt sich im allgemeinen genau sagen: Ganz ähnlich dem heutigen, nördlichen Vorlande der Alb, welches von Liasschichten gebildet ist; denn auch ! Begleitworte zur geogn. Specialkarte von Württemberg. Atlasblätter Mergentheim, Niederstetten, Künzelsau, Kirchberg. Stuttgart 1892. S. 25. Ferner Quenstedt, Begleitworte zum Atlasblatt Hall. 1880. S. 35. ? Natürlich vorausgesetzt, dass sich bis dahin das Klima der ganzen Erde nicht verändert hat. an dessen Stelle befand sich ja einstmals die Alb. Auch wann dieses Ereignis eingetreten sein wird, das lässt sich, wie später in dieser Arbeit gezeigt werden soll, aus dem kleinen Vulkanschlunde bei Scharnhausen erkennen. Langsam also weicht der Nordrand der Alb gegen Süden zurück; langsam wird das unter der Alb lagernde Schichtensystem des Lias auf solche Weise an das Tageslicht ge- zogen und freigelegt; langsam tritt hier im Norden an die Stelle der hoch aufragenden Alb niedriges liasisches Hügelland. Wir haben bisher immer nur denjenigen Landstrich im Auge gehabt, welcher sich von dem Ausgangspunkte unserer Betrachtung, Langenbrücken, über die Gegenden von Stuttgart (Scharnhausen) weiter an die Alb, also in südöstlicher Richtung hinzieht. Für diese ist gewiss der einstige ununterbrochene Zusammenhang des Jura- meeres, also auch seiner Ablagerungen durch die Beschaffenheit des Tuffes bei Scharnhausen und aller anderen vulkanischen Tuffe unseres Gebietes erwiesen. Wie breit dieser Meeresteil war — wer wollte das sagen. Nun ist aber weitergehend auch die Anschauung vertreten worden, dass das ganze Gebiet, welches heute vom Schwarzwald, dem Rheinthal und den Vogesen eingenommen wird, früher durch jüngere Trias und durch Jurabildungen bedeckt gewesen sei. Freilich ist von den letzteren anstehend jetzt nichts mehr auf jenen Gebirgen zu finden; nur Buntsandstein erscheint noch auf denselben. Wollte man nun aber auf diese negative Thatsache hin annehmen, dass es früher nur bis zur Ablagerung von Buntsandstein gekommen sei, dass also die jüngere Trias und der Jura niemals dort vorhanden gewesen wären, so würde man damit fast jegliche Erosion auf Schwarzwald und Vogesen leugnen. Je höher ein Gebirge aufragt, desto grösser werden, unter sonst gleichen Verhältnissen, auch die Niederschlagsmengen und der Frost, desto grösser also die Erosion sein. Wenn man nun heute oben auf diesen Gebirgen vereinzelte Fetzen von Buntsandstein findet, so wird man fragen müssen, wie denn diese sich während der ungeheuren Zeiträume, welche seit der Buntsandsteinperiode verflossen sind, hätten erhalten können, wenn sie nicht durch eine mächtige Decke jüngerer Schichten geschützt gewesen wären. Falls wirklich in jenen Gebieten nur noch Bunt- sandstein abgelagert worden wäre und dieselben seit jener Zeit dann ein Festland gebildet hätten, dann wäre sicher längst auch der letzte Rest von Buntsandstein dort oben verschwunden. Diese Ver- hältnisse sind zuerst von LAspEykes, dann von Lepsivs, später eingehend A cr von BEnEckE' in das rechte Licht gestellt worden. Wenn wir sehen, dass das Wasser sich Thäler von 1000 m Tiefe in diesen Gebirgen ausgefurcht hat, dann werden wir nicht annehmen können, dass sich ein vielfach so weicher Sandstein, wie der Buntsandstein es ist, zudem von nur einigen Hundert Meter Mächtigkeit, dort auf den Höhen erhalten habe. Da er nun aber, wenn auch nur in Fetzen, noch vorhanden ist, so folgt, dass er durch eine Decke geschützt gewesen sein muss, welche vor ihm abgetragen wurde. Freilich ist von anderer Seite, SANDBERGER,. Knop, BLATZ, neuer- dings auch durch oe LArrArRENT eine solche Auffassung scharf be- kämpft worden’. Diese Geologen teilen die von ELiE DE BEAUMoNT aufgestellte Ansicht, dass Schwarzwald und Vogesen bereits nach Ablagerung der älteren Hälfte des Buntsandsteins, des Vogesen- sandsteines, aus dem Triasmeere hervorzutauchen begannen. In diesem Falle hätten sich natürlich weder die jüngere Trias noch der Jura auf ihrem Gebiete niederschlagen können. Indessen die von * ersteren Geologen gegen die BEeaumont'sche Ansicht geltend gemachten Gründe, welche neuerdings noch durch STEIMANN® eine weitere Stütze gefunden haben, sprechen mehr für jene erstere Auffassung. Zwar sucht pe LAPPARENT seiner festen Überzeugung von der Unmöglichkeit, dass einst die ganze Juraformation noch auf dem Schwarzwald- Vogesengebiete gelagert haben könne, mehr Nachdruck zu geben, indem er sagt, es sei schwer zu erklären, wie eine solche Behaup- tung der Feder eines Geologen entschlüpfen könne. Allein solche Aussprüche beweisen gar nichts. Es ist ganz auffallend, wie sehr eine solche Vorstellung, dass das Gebiet der heutigen Schwarzwald-Vogesen von Trias- und Jura- schichten bedeckt gewesen sein könnte, von vielen als zu kühn be- trachtet wird, welche es durchaus nicht bezweifeln, dass ehemals die Alb über Stuttgart hinaus bis nach Langenbrücken hin sich er- streckt hat. Das ist ein Widerspruch. Ist letzteres glaubhaft, und es ist gewiss thatsächlich richtig, dann ist es doch genau ebenso glaubhaft und möglich, dass das Jurameer sich auch über die Ge- genden der heutigen Schwarzwald-Vogesen ausgebreitet hatte. Warum soll denn dieses Meer sich nur nach Nordwesten und nicht ebenso auch nach Westen hin ausgedehnt haben’? 1 Über die Trias in Elsass-Lothringen und Luxemburg. Abhandl. z. geol. Specialkarte v. Elsass-Lothringen. Bd. I. Heft 4. 1877. S. 794 pp. 2 Bulletin soc. g&ol. France. 1887. 3. serie, t. XV. 8. 215—238 u. 240. ® Zur Entstehung des Schwarzwaldes. Ber. d. naturf. Ges. zu Freiburg i. B. 3d. III. 1888. S. 45—56. Taf. 5; ferner Bd. IV. 1889. S. 1—32. tn ee ee De = Da Das Schwierige in letzterer Vorstellung liegt offenbar zunächst in der Vorstellung, dass es sich hier eben um Gebirge handle. Wenn letztere zur Trias- und Jurazeit schon bestanden, dann wird selbstverständlich das Meer sich nicht über dieselben erstreckt haben können. Solange also jemand dieser Anschauung huldigt, muss er auch jeden Gedanken daran verwerfen, dass die Schichten dieser Formationen einst über diesem Gebiete ausgebreitet gewesen sein könnten. Sowie aber jemand überhaupt zugiebt, dass, wie eine ganze Reihe von Geologen sich darzuthun bemüht, die Schwarzwald- Vogesen erst seit Kreide- und Tertiärzeit aus der Massenbedeckung auftauchten, dann muss er auch zugeben, dass dort Trias- und Jura- schichten abgelagert waren. Es ist ja nicht notwendig anzunehmen, dass vor tertiärer Zeit noch ausnahmslos das ganze Gebiet der heutigen Schwarzwald- Vogesen unter dem Meeresspiegel gelegen habe. Einzelne Inseln mögen schon vorher aus dem Meere aufgetaucht sein. Aber Inseln gestatten, dass zwischen ihnen Meeresarme hindurchgehen. Was ist denn auch so sehr kühn und absonderlich an der Annahme, dass diese Gebirge erst seit cretacisch-tertiärer Zeit aus dem Wasser sich erhoben hätten? Ist es doch durch das Auftreten alt- tertiärer Schichten in ansehnlichen Höhen der Alpen zweifellos bewiesen, dass das mächtige Alpengebirge erst seit tertiärer Zeit entstanden ist; wenn auch einzelne Teile desselben schon lange vorher als Inseln aufgetaucht sein werden. Gilt doch Gleiches vom Himalaja und anderen gewaltigen Gebirgen. Und nun sollte das, was bei so riesigen Gebirgen thatsächlich der Fall ist, bei den so viel niedrigeren Schwarzwald-Vogesen unmöglich sein? Wer zweifelt daran, dass die in der nördlichen und die in der südlichen Zone der Alpen gelegenen alpinen Kreide-, Jura- u. s. w. Schichten, wenn auch hier und da durch Inseln getrennt, doch im grossen und ganzen einst über die Alpen zusammenhingen;; dass sie also in den Centralalpen, in denen sie heute fehlen, einst vorhanden waren und später nur abgetragen sind? Ist das aber dort der Fall, warum sollen denn bei den Schwarzwald-Vogesen nicht ebenfalls die im Westen und die im Osten gelegenen Jura- und Triasschichten zusammengehangen haben können ? Man sieht, dass nicht der mindeste Grund dafür vorhanden ist, eine solche Annahme als an und für sich unglaublich zu ver- werfen. Man kann höchstens sagen, dass man die Beweise dafür erst abwarten wolle. Suchen wir solche: Hem hat aus dem Inhalte des Reussthales berechnet, dass = DANN > dieser Fluss bereits 230 Kubikkilometer Gesteinsmasse aus den Alpen herausgeschafft und entfernt hat, wozu nach dem Massstabe seiner heutigen Arbeitsleistung etwa 1151 000 Jahre nötig gewesen sein würden. Ebenso hat er schätzend berechnet, dass von dem ganzen Alpengebirge jetzt bereits ungefähr die Hälfte abgetragen sein mag. Diese gewaltige Arbeitsleistung würde also etwa seit tertiärer Zeit geschehen sein. In Nordamerika hat sich seit Beginn der pliocänen Epoche der Rio Colorado sein bis 2000 m tiefes Schluchten- system eingegraben. Was bedeuten gegen solche Leistungen der Erosion denn unsere Trias- und Juraschichten, welche von den Schwarzwald-Vogesen abgetragen sem sollen ? In welcher Weise thatsächlich in kurzer Zeit Schichten am Schwarzwald entfernt wurden, geht z. B. aus den folgenden That- sachen hervor: der Neckar führt heute in der Tübinger Gegend Gerölle von Muschelkalk und Buntsandstein. Auch die alten Fluss- kiese, welche bei Tübingen bis zu 100 Fuss Höhe über dem Neckar- thal liegen, enthalten noch beiderlei Gesteine. Wenn wir dagegen bei Rottenburg, etwas oberhalb Tübingen, die noch älteren Fluss- kiese untersuchen, welche bis zu 300 Fuss Höhe über dem Neckar ansteigen, so zeigt sich, dass diese nur aus Muschelkalk bestehen; der Buntsandstein fehlt ihnen noch '!. Was sagt uns diese Thatsache? Wenn wir erwägen, dass diese alten Flussterrassen diluvialen Alters sind, höchstens die ganz oben auf den Plateaus gelegenen bereits jüngstpliocänen Alters (s. später), so lehrt sie uns das Folgende: Während der älteren diluvialen oder vielleicht jüngstpliocänen Epoche gab es eine Zeit, während welcher der Neckar sich von 300 m über seiner heutigen Thalsohle bis auf 100 m über derselben einschnitt. In dieser ganzen Zeit flossen von Rotten- burg an aufwärts der Neckar und seine Nebenflüsse nur im Muschelkalkgebiet. Daher nur solche Gerölle in den Flusskiesen. Als sich dann der Neckar bis auf 100 m über seiner heutigen Thalsohle eingeschnitten hatte, war durch die Nebenflüsse der Muschelkalk so weit abgetragen, dass der darunterliegende Bunt- sandstein freigelegt und angegriffen werden konnte. Daher von da ab Muschelkalk- und Buntsandsteingerölle. Die anderen Schwarzwaldflüsse aber haben seit jener Zeit Ent- ! Begleitworte zu Blatt Tübingen. S. 14. — 5Ml — sprechendes geleistet; ganz Analoges finden wir in den Hochterrassen der Enz, also auf den dieselbe begleitenden Höhen. Wie ©. Fraas zeigt!, liegen dort bis zu 335 Fuss Höhe über dem heutigen Enz- spiegel und bis zu 12000 Fuss von seinem heutigen Laufe entfernt massenhaft Schwarzwaldgerölle, bestehend aus Quarz, Jaspis, Horn- stein, hartem Sandstein. Nie aber findet sich in ihnen Granit, wie das jetzt der Fall ist. Daraus können wir abermals folgern: Als die Enz in diluvialer, höchstens jüngstpliocäner Zeit noch 335 Fuss weniger tief eingeschnitten war als heutzutage, war im Quellgebiete derselben noch nir- gends die krystalline Unterlage, der Granit frei- gelegt. Ein weiterer Beweis liest in dem Folgenden: ELie DE BEAUMoNT hatte gemeint — und die seiner Ansicht waren hielten daran fest — dass auf den Schwarzwald-Vogesen nur der Vogesensandstein, also die ältere Abteilung dieser Formation liege; dass dagegen der obere Buntsandstein nicht mehr auf, sondern nur am Fusse die- ser Gebirge vorkomme. Daraus eben schloss er auf eine Hebung der letzteren nach Ablauf der Zeit des Vogesensandsteimes. Nun zeigt aber BEnEcKE (l. c. S. 8312—823), dass erstere Annahme falsch ist, dass auch Oberer Buntsandstein in bedeutender Höhenlage dort vorkomme. Zwar nur in vereinzelten Fetzen, aber auf einem aus- gedehnten Gebiete. Diese Fetzen sind natürlich nur die Reste einer einst zusammenhängend gewesenen Decke. Damit ist also zunächst einmal bewiesen, dass auch der Öbere Buntsandstein, dessen Fehlen auf diesem Gebirge man früher allgemein als sicher annahm, auf demselben einst ausgebreitet war. Vom Keuper hat man bisher noch keine Spuren auf den Höhen jener Gebirge gefunden. Bei der weichen Beschaffenheit seiner leicht zerfallenden Gesteine ist das kein Wunder. Anders aber steht es mit dem Muschelkalk, dem Lias, dem Braunen und Weissen Jura. Zunächst hat Stemmann bei Alpirsbach im Schwarzwald in einer Meereshöhe von 1000 m eine Breccie? beschrieben, deren Gesteine dem Muschelkalk, Lias und Dogger angehören und bis hinauf zum ! Blatt Stuttgart. S. 14. ® Ber. d. Naturforscher-Ges. zu Freib. i. B. Bd. 4. S. 1. Herr Landes- geologe Dr. Sauer in Heidelberg machte mich in einer Zuschrift darauf auf- merksam, dass das in Rede stehende Gestein von Alpirsbach kein Konglomerat, sondern eine echte Breccie sei. Braunen Jura & (Hauptrogenstein) reichen. Das Vorkommen dieser Gesteine aber, und im solcher Höhe auf dem Schwarzwalde, mitten im Gneissgebiete, lässt sich nur durch die Annahme erklären, dass zur Zeit der Bildung dieser Breccie über dem Gneiss ausser anderen auch noch die Schichten des Muschelkalkes, Lias und Braun-Jura dort oben in der Nähe anstanden. Damit aber ist durch STEIMANN das direkt bewiesen, was DE LAPPARENT für unmöglich hält. Zweitens sind dann von Bedeutung für die Frage, ob ehemals eine Decke von Juraschichten sich über die Schwarzwald-Vogesen- Gebirge ausgebreitet hatte, die Beobachtungen, welche auf links- rheinischer Seite durch SCHUMACHER und VAN WERVERE gemacht wurden!. In den kiesigen Pliocänablagerungen von Laubach bei Märzweiler und von Wilwisheim auf Blatt Zabern haben dieselben je eine Knolle von Chalcedon gefunden, welche aus abwechselnd weisslich und blaugrau gefärbten Schalen besteht. Mit den gerade im Pliocän so überaus häufigen Chalcedon-Knauern aus dem Muschelkalk sind diese beiden, bisher einzigen Funde kaum zu verwechseln. Dagegen weisen letztere eine ausserordentliche Ähnlichkeit mit den Chalcedon-Knollen auf, welche im Corallien des Schweizer und Pfirter Jura liegen. Es müssen daher diese beiden Vorkommen im Pliocän des Unter- elsass wohl aus zerstörten einstigen Schichten des Weissen Jura herrühren. Die Heimat dieser Schichten aber wird man nicht etwa in süd- licher gelegenen Gebieten des Jura und der Schweiz suchen dürfen, in welchem Falle ja diese Erfunde für unsere Frage belanglos werden würden. Man hat nämlich, wie ScHumAcHER hervorhebt, im Pliocän des Unterelsass bisher noch keinerlei Gesteine nachweisen können, deren Ursprung in den Alpen oder im Jura zu suchen wäre. Alle Verhältnisse weisen vielmehr darauf hin, dass zur Pliocänzeit das Gefälle in der jetzigen oberrheinischen Tiefebene ein umgekehrtes war wie heute, dass es also von N. nach S. ging. Wir werden daher auch für diese beiden Chalcedon-Knollen keine südliche Abstammung annehmen dürfen, dieselben vielmehr zurückführen müssen auf Schichten des Weissen Jura, welche einst die Vogesen bedeckt haben und deren einzige, oftmals umgelagerte Reste nun jene widerstandsfähigsten Knauern bilden. ! Schumacher, Über Ergebnisse der Aufnahmen auf Blatt Zabern, in Mitteilungen der geologischen Landesanstalt von Elsass-Lothringen. Bd. IV. Heft 2. 1893. S. XXVII—XXVII. Ferner Erläuterungen zur geologischen Übersichtskarte des westlichen Deutsch-Lothringen. Strassburg 1887. S. 74— 75. DA In noch sichererer Weise aber wird eine solche Anschauung bewiesen durch die hoch oben auf der Hochfläche von Lothringen erfolgten Funde von Quarzit-Knauern, in welchen sich Versteinerungen des Weissen Jura befinden. Man sieht also, dass ausserdem Oberen Buntsand- stein auch Stücke von Muschelkalk, Lias, Braunem und Weissem Jura sich auf der Höhe dieser Gebirge ge- fundenhaben. Die Ansicht, dass Schwarzwald-Vogesen einst eine’Decke von jüngeren Trias- und von Jura- gesteinen trugen, ist mithin durchausnicht mehr eine rein theoretische. Es giebt vielmehr gewisse That- sachen, welche sich überhaupt nur mit Hilfe dieser Anschauung erklären lassen. Mögen diese Thatsachen auch auf materiell nicht grossen Erfunden beruhen; sie sind doch vorhanden. Wir wollen nun weiter zusehen, ob eine solche Anschauung nicht auch durch schätzungsweise Berechnung gestützt werden kann. In dieser Arbeit wird bewiesen, dass der ganze Lias, Braun- und Weiss- Jura sich ehemals über das ganze Vorland der Alb, mindestens bis in die Gegenden des heutigen Stuttgart erstreckt haben, in welchen heute der Keuper zu Tage ansteht. Die durch- schnittliche Mächtigkeit dieser drei Stufen, beträgt in der Gegend von Urach etwa 630, diejenige des davon Abgetragenen 450 m!. Unter der wohl zulässigen Voraussetzung, dass dieselbe sich bis in die Gegend von Stuttgart nicht verringerte, kann man also auf Grund dieser Arbeit sagen: In unserem erosions- ! Die Mächtigkeit des Lias beträgt in unserem vulkanischen Gebiete von Urach nach den Angaben der Autoren ungefähr 70 m, diejenige des Braun-Jura 180; nach dem Bohrloche bei Neuffen müssen sogar « und £ allein 220 m be- tragen, so dass sich 280 m für den ganzen Braun-Jura ergeben würden. Diejenige des Weiss-Jura « und 8 130; y 60; d 50; &e und £ 60. Das ergiebt für den ganzen Jura dieser Gegenden ungefähr 550 bezw. 650 m. Für die nördlichsten, Stuttgart genäherten Gegenden von Scharnhausen No. 124, in dessen aus oberem Keuper zu Tage tretenden Tuffe nur Weiss-Jura « und 3 mit Sicherheit nach- gewiesen werden konnten, würde das eine Mächtigkeit des Abgetragenen — Lias, Braun-Jura, Weiss-Jura « und # — von nur 380 bezw. 480 m geben. Auch auf dem rechten Neckarufer findet sich bei einigen der aus Lias zu Tage tretenden Tuffen nur Weiss-Jura « und 3; sehr bald aber gesellen sich dann bei den aus unterstem Braun-Jura hervortretenden Tuffen y, d und e hinzu. Man wird also die Mächtigkeit des seit den Ausbrüchen Abgetragenen auf rund 450 m schätzen können. al schwachen Unterlande sind rund 450 m mächtige Schichten seit jener mittelmiocänen Zeitauf die weite Entfernung von mindestens 23 km fast spurlos ab- getragen worden. Dem gegenüber behaupten nun die Gegner, dassin den so vielerosionskräftigeren Schwarz- wald-Vogesen seit der Oberen Buntsandsteinzeit, also in ungeheuer viel längeren Zeiträumen, die erodieren- den Kräfte nichts weiter geleistet haben sollen, als einen Teil der unteren Abteilung des Buntsandsteins zu entfernen! Das ist selbstverständlich undenkbar. Wir wollen daher einmal berechnen, wie mächtig wohl das Schichtensystem gewesen ist, welches bei unserer Annahme vom Schwarzwalde abgetragen worden sein müsste. Freilich ergiebt sich hier die grosse Schwierigkeit, dass die Trias- und Juraschichten am Schwarzwaldrande von S. gegen N. und O. hin an Mächtigkeit zunehmen, wie auf den nächsten Seiten gezeigt werden wird. Ich kann daher nur mittlere Zahlen nehmen und berechne für die obere Hälfte des Buntsandsteins 200 m. Für den Muschelkalk 210 m, Keuper 130 m, Lias 80 m, Braun- Jura 220 m, Weiss-Jura 300 m. Das giebt im ganzen 1140 m für die ganze Jura- und Trias-Formation abzüglich der unteren Hälfte des Buntsandsteines. Wenn also seit mittelmiocäner Zeit in dem regenarmen, daher erosionsschwachen württembergischen Unterlande 450 m abgetragen wurden, so ist die Annahme doch wahrlich nicht zu kühn, dass von dem regenreichen, daher erosionsstarken Schwarzwalde jene 1140 m, also etwa 2'/,mal so viel, zudem während des sehr viel längeren Zeitraumes, Kreide- und Tertiärzeit, weggewaschen wurden. Aber das ist nicht nur denkbar, sondern das lässt sich auch durch Zahlen wahrscheinlich machen. Man beachte zunächst den ungemein grossen Unterschied, welcher in der Regenmenge zwischen dem Schwarzwalde und dem nördlichen Vorlande der Alb, bezw. dem ganzen württembergischen Unterlande, besteht. Stuttgart, welches allerdings der trockenste Ort Württembergs ist, hat in den Jahren 1866—1875 eine durchschnittliche Regenmenge von nur 622 mm, Freudenstadt auf dem Schwarzwald dagegen von 1661 mm. Wenn die Regenmenge von Stuttgart = 100 gesetzt wird, so erhalten wir die folgenden Verhältniszahlen ': ! Das Königreich Württemberg I. S. 204. — 545 — StuLtgärk area ran abi ge el Tübingen ERTEILT A El | Mergentheim‘. 30 Wels len. 404 Unterland: LIENDLONTN TE ee En Sa “| Ührmeen I MEER EUGEN TINTE NET SER WEBER RN RI er SZENEN Dstdass) des Calw ya a rer en2Br (iBehwärzwaldes: Freudenstadt REN — ee) ee Regenreichste Teile des Schwarzwaldes — 290'J S Der Schwarzwald hat also 2'/,—ömal so viel Niederschläge als das Unterland, auf welchem unsere Juraschichten sicher einst vorhanden waren und sicher weggewaschen wurden. Folglich muss die Erosion, so weit sie durch Wasser bedingt ist, auf dem Schwarz- walde 2!/,—3mal so stark wie im Unterlande sein. Es ist freilich die Erosion noch weiter bedingt durch Ver- witterung, und diese wird, abgesehen vom Wasser und seinen ge- lösten Stoffen, durch Kälte, Pfanzenwurzeln und niederste Lebewesen hervorgerufen ?. ! Auf dem badischen Schwarzwald, westlich von Freudenstadt, und im südlichen Teile steigt die Regenmenge auf 1800 mm und mehr. Jahresbericht des Centralbureaus für Meteorologie und Hydrographie im Grossherzogtum Baden. Karlsruhe, bei Braun. ? Diese Rolle, welche niederste Lebewesen bei der Verwitterung spielen, kannte man bisher bei dem Vorgange der Verwitterung noch nicht. Die betreffenden Untersuchungen von Muntz verdienen das höchste Interesse, weil sie uns einen ganz neuen Faktor bei der Verwitterung kennen lehren. Durch die eigentümlichen Wurzelknöllchen der Leguminosen angeregt, hatte man bisher das Dasein nitrifizierender kleinster Lebewesen nur in diesen Knöllchen, dann auch in der Ackererde nachgewiesen. Man hatte auf solche Weise festgestellt, dass der Stickstoff der Atmosphäre, welcher nach früherer Anschauung gar nicht von den Pflanzen nutzbar gemacht werden konnte, doch mit Hilfe dieser kleinsten, den Pflanzen angehörigen Lebewesen von den Leguminosen ausgenützt wird. Muntz hat nun aber nachgewiesen, dass solche nitrifizierende Organismen ganz allgemein auf und in den feinen Poren von Gesteinen vorkommen. Also nicht nur an solchen Orten, an welchen sich bereits Erde gebildet hat, sondern auch auf hohen Gebiegen mit nackten Felsmassen. Ein treffliches Beispiel bietet im Berner Oberlande das Faulhorn, dessen Name ja von dem eigenartigen Zer- fallen des Gesteines herrührt. Hier finden sich diese mikroskopischen Lebewesen nicht nur an der Oberfläche, sondern sie dringen auch infolge ihrer geringen Grösse auf den zahllosen feinen Spalten tief in das Gestein ein und befördern so durch ihre Thätigkeit den Zerfall desselben. Ob dieser Erfolg bedingt wird durch die Absonderung eines Sekretes, also durch chemische Vorgänge, oder durch mehr mechanische, oder durch beides zusammen — in beiderlei Weise wirken ja auch die Wurzeln niederer Pflanzen — das ist noch unsicher. Thatsache ist, dass diese mikroskopischen Organismen wegen ihrer geringen Grösse in die feinsten Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 35 — 546 — Nun tritt die Thätigkeit der beiden letzteren Faktoren gegen- über derjenigen des Wassers und des Temperaturwechsels wohl bei der Erosion stark in den Hintergrund; und unter letzteren beiden ist der Hauptfaktor jedenfalls das Wasser im Verein mit der in ihm gelösten Kohlensäure, welches also chemisch und mechanisch wirkt. Wenn nun diese Wassermenge auf dem Schwarzwald 21/,—3mal so gross ist wie im Unterlande, so wird auch seine denudierende und erodierende Wirkung dort 2'/,—3mal so gross sein wie hier. Alsoeinund dasselbe Schichtensystem wird auf dem Schwarzwalde etwa 21a —3mal so schnell verschwinden müssen, wieim Unter- lande. In ganz derselben Zeit, in welcher in letzterem die 450 m mächtigen Schichten des Jura abgetragen wurden, musste daher auf ersterem ein 1140—1350 m mächtiges System vernichtet werden können. Natürlich gleiche Gesteinsbeschaffenheit und Folge vorausgesetzt. Es handelt sich aber nur um 1140. Zudem ist jene Abtragung im Unterlande Spalten und Poren der Gesteine, also weit besser in das Innere derselben ein- dringen können, als den Pflanzenwurzeln das möglich ist. Thatsache ist ferner, dass diese Organismen der Luft ihren Bedarf an Kohlenstoff und Stickstoff ent- nehmen, und diese Stoffe dann nach ihrem Absterben auf und namentlich im Innern der Gesteine hinterlassen. Auf solche Weise erzeugen sie Humus, welcher dann weiter, zunächst anderen niederen Pflanzen den Aufenthalt ermöglicht. Es er- klärt sich auf diese Weise die bisher nie genügend beantwortete Frage, durch welches Mittel denn eigentlich auf den nackten Felsen die erstmalige Ansiedelung niederer Pflanzen ermöglicht wird. Denn diese können ja ihren Stickstoffbedarf nicht aus der Atmosphäre decken, finden denselben auch keineswegs ohne weiteres etwa in den durch Einwirkung kohlensäurehaltigen Wassers zersetzten Feld- späten u. S. w. Den thatsächlichen Beweis, dass die nitrifizierenden Lebewesen stets in abgebröckelten Gesteinsmassen vorhanden sind, lieferte Muntz, indem er solche Gesteinsstückchen in sterilisierten Röhren sammelte und in einem geeigneten Medium aussäete. In jedem Falle trat dann Nitrifikation ein. In den verschieden- artigsten Gesteinen, Graniten, Porphyren, Gneissen, Glimmerschiefern, vulkanischen Gesteinen, Kalken, Sandsteinen, und aus den verschiedensten Gegenden, Alpen, Pyrenäen, Auvergne, Vogesen — überall fand sich dasselbe Ergebnis. Unterhalb 0° sind die Lebensfunktionen derselben, wie Verf. im Vereine mit Schlesing zeigte, aufgehoben. Ihre Thätigkeit ist also auf die wärmere Jahreszeit beschränkt. Aber sie sterben im Winter nicht ab, sie wurden sogar unter dem Eise von Gletschern gefunden. So schliesst daher der Verf., dass der allmähliche Zerfall der Gesteins- massen zu einem ansehnlichen Teile durch die Thätigkeit dieser Organismen be- dingt wird. Comptes rendus hebdom. Paris. Jahrg. 1890. T. 110. S. 1370—72. — 41 — erst seit mittelmiocäner Epoche geschehen, wogegen für diejenige auf dem Schwarzwalde ja wesentlich längere Zeit, seit dem Ende der Jura-Epoche, zu Gebote steht!. Die Annahme, dass die Erosion auf dem Schwarzwalde diese Arbeit geleistet haben soll, ist mithin gewiss keine zu kühne. Eine weitere Unterstützung der Annahme, dass der Schwarz- wald in triassischer und jurassischer Zeit noch unter dem Meeres- spiegel lag, könnte man aus den Untersuchungen REGELMAnN’s über die Mächtigkeit, das Streichen und Fallen der Schichten in der Alb ableiten wollen. Dieselben geben uns ein so genaues Bild von diesen Verhältnissen, wie dasselbe nur der Trigonometer, nicht aber der Geolog bei der Kartierungsarbeit liefern kann. . REGELMANN weist nach, dass in der Nähe des Schwarzwaldes fast alle Schichten des Trias- und Jura-Systems gegen N. und ©. an Mächtigkeit zunehmen; nur der Lias schwillt nicht gegen O. und der Braun-Jura nicht gegen N. an. Wie stark diese Zunahme in der genannten Richtung ist, lassen die am Schwarzwaldrande von S. nach N. geordneten Zahlen der folgenden Tabellen zunächst für den Buntsandstein erkennen ?. Die Mächtigkeit der Buntsandsteinformation im ganzen beträgt: Im Dorf Schleitheim, Kanton Schaffhausen (ganze Format.) nach m SCHALE) Re a aan a RE Erle N ON 1178 In der Gegend von Waldshut (ganze Format.) (nach Dr. G. SckızL) 15 Bei der Schattenmühle im Wutachthal (ganze Format) ...... 29 Im Wutachthal bei der Stalleckerbrücke (ganze Format.). .. .. . 35 Auf „Hohe Mark“, 2 km westlich von Mistelbrunn (nur ält. Bunts.) (c.) 26 Auf der Hohen Warte, 3 km westlich von Herzogenweiler (nur ält. PEENESSJACH DAUER 2 a REN ra MOO LE A NE a en 24 % Am Rehlewald, südlich von St. Georgen (nur ält. Bunts.) (e.). ... 386 N Am Kappenzipfel bei Wolterdingen (ganze Format.) (c.) » » »... 46 ı Eine Schwierigkeit ergäbe sich in folgendem: Wenn der Schwarzwald erst seit oligocäner Epoche über dem Wasserspiegel erschien, so müsste natürlich auch die ganze Kreide-Formation und das Eocän dort abgelagert worden sein. Das giebt dann allerdings eine so grosse Mächtigkeit des seit oligocäner Zeit Abgetragenen, dass man eher ein Sträuben gegen solche Annahme begreift. Wenn dagegen der Schwarzwald, wie die angrenzenden Gebiete überhaupt, schon am Ende der Jura-Periode trocken gelegt wurden, dann vermindert sich die Masse des Abzutragenden und vermehrt sich die Länge der Zeit. ® Trigonometrische Höhenbestimmungen und Notizen über den Gebirgsbau für die Atlasblätter Friedingen, Hohentwiel, Schwenningen und Tuttlingen. Im Auftrag des statistisch-topographischen Bureaus zum Zweck der Herstellung der geognostischen Specialkarte des Landes aufgenommen und berechnet von Trigono- meter Regelmann. 1877. S. 39 pp. 30* — 548 — Unter dem Thannhörnle bei Pfaffenweiler (ganze Format.) (c.) - ». 37 g Unter der Stadt Villingen (ganze Format.) (C.) . -» -. 2... 68 Unter dem Fohrenwald bei Mönchweiler (nur ält. Bunts.) (c.)-. . .». . 70 1 Unter dem Dorfe Kappel bei Eschachthal (ganze Format.) (c.) . . . 101 Im Bohrloch am Bergwald bei Dunningen (ganze Format.) . . . . . 142 Im Bohrloch bei Oberndorf (ganze Format.) . . » » .». » 2.2.2... 159 |, Bei.Weinaeh! (ganze Format.) ;;=N.- 1." wirt Kehle Va ee 335 7 Im Bohrloch bei Dürrmenz-Mühlacker . . 2.222.220. 446 N Hierzu nun sagt REGELMANN: „Diese ’Mächtigkeitsangaben sind das Resultat-direkter Messung, soweit sie kein besonderes Zeichen haben, während die mit (c) bezeichneten Masse aus der Projektion von Höhenpunkten des Sandsteinplateau auf die sorgfältig konstruierte Grenzfläche gegen das Grundgebirge gewonnen worden sind.“ „Aus diesen Angaben ergiebt sich eine regelmässige Zunahme der Mächtigkeit gegen O. und N. An der westlichen Randlinie des Blattes Schwenningen finden wir eine mittlere Mächtigkeit von nur 3l m, während sie 10 km östlich, im Meridian von Villingen, schon 71 m beträgt und zwar so, dass die Mächtigkeit der letzteren Linie entlang, vom südlichen Kartenrande mit 46 m ansteigt auf 101 m am nördlichen Rand des Blattes. Da die Erscheinung der Mächtigkeits- zunahme nicht nur bei den Komplexen stattfindet, welche der Erosion preisgegeben sind, sondern auch unter der jüngeren Schichtenbedeckung fortsetzt, so deutet sie mit aller Entschiedenheit auf die ursprüngliche Ablagerungsweise zurück. Die langsame Erhebung der krystallinischen Centralmasse, welche wir heute Schwarzwald nennen, musste schon während der Ablagerung des Buntsandsteins so weit gediehen sein, dass die Feldbergmasse, soweit sie heute höher als 1200 m liest, wenigstens als flaches Festland sich über die Fluten des Buntsand- steinmeeres erhoben hatte. Die Ablagerung der Sandschichten er- folgte dann naturgemäss weniger stark an den flach abfallenden Ufern, als in den grösseren Tiefen im O. und N. Das nahe Fest- land wird auch angedeutet durch den Fund eines Labyrinthodonrestes, des Trematosaurus Fürstenbergianus H. v. MEYER, im Kieselsandstein von Herzogenweiler.“ In gleicher Weise haben wir für den Keuper eine starke Zu- nahme der Mächtigkeit von S. nach N. Die ietztere beträgt näm- lich in der Gegend von Schleäitheim am’ Baudan'®: » a... uni, Aar ai 59m S Schwenningen We rare 129742 | Balingen "und Hark AH u RI 12 ,„ + Löwenstein ti DA AN 366 „ N — 49 — Im Lias erfolgt gleichfalls, wenigstens von den Lägern an bis zum Zollern, diese Zunahme. Hier beträgt die Mächtigkeit in der Gegend von Schwenningen und Tuttlingen . . -» 2... 57m S Monzueschingen Basına a Sreagrden, N lkalsns 1 Spaichämert „ei See a RL Eder Ah 68 ,„ 4 Balingen 40 Se Br Der 2 ae 1064. N . Von da an gegen NO. scheinen die Liasschichten allerdings an Dicke abzunehmen. Der Untere und Mittlere Braune Jura besitzt nur eine geringe Anschwellung seiner Mächtigkeit gegen N. hin; der Obere lässt in den Parkinsoni-Schichten sogar ein umgekehrtes Wachstum, gegen S., bemerken. Im Weiss-Jura aber haben wir wieder in der Gegend von Tutthngen-Friedngen. 2 N 72a 280 m S Balingen-Ebingen a ae le ala 415 „ N Auf solche Weise gelangt REGELMANN zu dem folgenden Gesamt- ergebnisse: „Das Fundamentalgesetz für die Ablagerungen am Ostrand des Schwarzwaldes ist also während der ganzen mesozoischen Periode dasselbe geblieben. Sämtliche Flötzbildungen vom Bunt- sandstein biszumoberenJurakeilengegenden Schwarz- wald hin aus und schwelleninnördlicherundöstlicher Richtung an.“ i Es kommt nun darauf an, welche Deutung wir dieser bemerkens- werten Thatsache geben. REGELMAnN sieht in dem Auskeilen aller Schichten gegen den Schwarzwald hin den Beweis, dass hier zur Zeit von deren Ablagerung bereits Festland war. Allein man könnte gerade den entgegengesetzten Schluss ziehen und sagen, dass es in der Richtung des Schwarzwaldes in die hohe See hinausging. Die folgende Überlegung wird das erläutern. Bei dieser lassen wir besser die Kalke zunächst ausser acht, da Kalksteine sich sowohl nahe der Küste als auch ferner von derselben niederschlagen können; und weil auch Kalksteine sowohl durch chemischen Niederschlag als auch durch mechanischen Absatz aus Wasser hervorzugehen vermögen. Halten wir uns daher nur an die Thone und Sandsteine, welche ja eine sehr grosse Rolle in diesen Ablagerungen der Trias und des Jura spielen. Thone und Sande entstehen einmal an der Küste, indem die letztere von der Brandung zerschlagen wird. Zweitens aber werden sie durch die Flüsse in das Meer hinausgeschoben. So lagert sich also ein grösster Teil derselben nahe am Ufer ab; ein kleinerer wird noch weiter in die See hinaus verfrachtet, bis auch er sich absetzt. Endlich aber hat sich das Wasser seiner Bürde entledigt und ist klar geworden. In die Tiefsee hinein werden weder Thon noch Sand geschoben, das ist durch die neueren Tiefseeuntersuchungen zweifellos sicher gestellt, welche von Murk£ey und Rexarn an Bord des Challenger gemacht wurden. Bei solchem Vorgange bleibt natürlich in der Nähe des Fest- landes der meiste Sand und Thon liegen; d. h. die Ablagerung wird in der Zeiteinheit hier am mächtigsten. Weiter von der Küste ent- fernt wird sie bei geringerer Zuführung von Material schon weniger mächtig. Endlich ganz fern von der Küste hört das völlig auf. Es findet also ein Auskeilen der Sand- und Thonschichten gerade see- wärts statt; nicht aber beginnen sie an der Küste geringmächtig, um seewärts mehr und mehr anzuschwellen. Wäre letztere Annahme richtig, dann müsste sich ja mit weiterer Entfernung vom Festlande die Masse des ins Meer geschobenen Sandes und Thones, also die Mächtigkeit der Schichten, mehr und mehr steigern! Das ergäbe doch eine offenbare Unmöglichkeit. Es wäre genau dasselbe, als wenn ich behaupten wollte, dass mit wachsender Entfernung von einer Licht- oder Wärmequelle Licht und Wärme immer stärker werden müssten. Aus dem von REGELMANN in so schöner Weise gelieferten Nach- weise, dass fast alle Glieder des Trias- und Jurasystems bei der Annäherung an den heutigen Schwarzwald geringmächtiger werden, könnte man daher wohl folgern, dass es in dieser Richtung in die offene See hinausging; dass also der Schwarzwald in triassischer und jurassischer Zeit noch unter dem Spiegel des Meeres lag. Wären hier bereits ein Festland oder Inseln gewesen, so würde gewiss die Mächtigkeit der Schichten in der Nähe dieser eine grössere’sein, als mehr nach Norden und Osten. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass die Gegenden des heutigen Schwarzwaldes damals notwendig Tiefsee gewesen seien. Es dreht sich ja hierbei nicht um die Frage, ob tief oder flach, sondern ob nahe oder fern von der Quelle der Sedimente, d. h. der Küste. Die See kann an der Küste viel tiefer sein als das offene Meer; wie wir denn auch die grössten Meeres- tiefen gerade in der Nähe der Kontinente kennen. Das Gebiet des heutigen Schwarzwaldes könnte also sehr wohl damals bereits weniger tief gewesen sein und damit sein Auftauchen gewissermassen schon vorbereitet haben. — 5l — So unbestreitbar richtig der obige Schluss im allgemeinen sein muss, so besteht doch gerade im württembergischen Lande eine andere Thatsache, welche durchaus zu gunsten der von REGELMANN gezogenen Folgerung zu sprechen scheint. REGELMANN! zeigt näm- lich, dass am SO.-Rande der Alb sich alle Tertiärschichten auf der Juraplatte, also dem zweifellosen einstigen Ufer, auskeilen, dagegen nach der Mitte des oberschwäbischen Beckens hin sehr beträchtlich anschwellen. Wie soll dieser Widerspruch zwischen der obigen, allgemein geltenden Thatsache und dieser besonderen erklärt werden, durch ‚ welche die erstere offenbare Einschränkungen erfährt? Zunächst wird das Gefälle des Meeresbodens hier seinen Einfluss ausüben. Wenn das Meer, bezw. das Süsswasserbecken, nahe der Küste flach ist und mit der Entfernung von der letzteren allmählich tiefer wird, dann muss natürlich notgedrungen die Mächtigkeit der Sinkstoffe beckeneinwärts mehr und mehr zunehmen; denn in dem flachen Küstenstriche finden ja keine mächtigen Absätze Raum. Dieser Fall mag zu tertiärer Zeit südlich der Donau geherrscht haben. Da- her die Zunahme der Schichtenmächtigkeit beckeneinwärts, welche von REGELMANN nicht nur für die Meeres-, sondern auch für die obere wie untere Süsswassermolasse nachgewiesen wurde. Aber dieser Fall muss bei einem ausgedehnteren Wasserbecken seine Grenze haben. Er kann nur beschränkt sein auf eine gewisse Zone, welche die Küste begleitet; denn andernfalls müsste die Mächtigkeit nach der Tiefe der Hochsee hin ins Ungeheuerliche an- wachsen. Sodann kann aber die obige allgemeine Regel, dass in der Nähe der Küste die meisten Sinkstoffe sich ablagern, in das Gegen- teil verkehrt werden durch Meeresströmungen. Wenn diese der Küste entlang ziehen, so können sie die an dieser durch Brandung erzeugten oder durch Flüsse hinausgeschafften Sinkstoffe wegfegen. Auch in diesem Falle muss an der Küste ein geringmächtiges Schichten- system entstehen; in der Gegend aber, in welcher die Strömung ihre Gewalt über die Sinkstoffe verliert, ein entsprechend mächtiges. Aber auch noch durch eine dritte Ursache kann die obige all- gemeine Regel verwischt werden. Wenn nämlich bei einer Ablagerung die Mächtigkeit bestimmt wird: beckeneinwärts durch Bohrungen, ! Trigonometrische Höhenbestimmungen. Ehingen, Laupheim, Riedlingen. 1877. S. 125—137. ee nahe der Küste durch direkte Messungen am Ausgehenden. Das Ausgehende wird ausgelaugt und abgetragen; daher erscheint es nach Verlauf eines gewissen Zeitraumes in viel geringerer Mächtigkeit, als in welcher es ursprünglich abgelagert war. Es täuscht uns also! Dagegen das unter Bedeckung anderer Schichten Gehaltene bewahrt seine ursprüngliche Mächtigkeit. Auf solche Weise erklären sich die Unterschiede, welche ein und dieselbe Anhydritgruppe des Muschel- kalkes zeigt, wenn man ihre Mächtigkeit im Ausgehenden oder durch Bohrungen feststellt. Auf z. T. wenigstens ähnliche Weise lässt es sich vielleicht auch erklären, dass der Untere Braun-Jura im Bohr- loche zu Neuffen fast noch einmal so mächtig erbohrt worden ist, als er, nach Bestimmungen im Ausgehenden, sein soll?. Wenden wirnundasErgebnisdieser Betrachtungen auf unseren vorliegenden Fallan, so zeigt sich, dass wir allein aus dem Ab- bezw. Zunehmen der Mächtig- keit eines Schichtensystemsnach einer gewissenRich- tung hin keine sicheren, unumstösslichen Schlüsse hinsichtlich der ehemaligen Lage des Festlandes bezw. der offenen See ziehen können; wirbedürfen dazunoch anderer Beobachtungen. Es lässt sich mithin nicht sicher entscheiden, ob das Auskeilen der Trias- und Juraschichten zum Schwarzwalde hin, wie REGELMANN will, einZeichen dafür ist, dass hier das Festland lag, oder, wie ich geltend machte, dafür, dass es in dieser Richtung in die offene See hinausging. Schlüsse, weiche sich aus den Fremdgesteinen in unseren Tuffen auf die Alb ziehen lassen. Aufbau der Alb zur Zeit der Ausbrüche im vulkanischen Gebiete. Relative Ge- schwindigkeit, mit welcher der NW.-Rand der Alb gegen SO. zurückweicht. Verhältnismässige Länge der Zeiträume, während welcher die Alb sich von dem Rheinthale an bis in ihre jetzige Linie zurückzog und während welcher sie schliesslich ganz verschwunden sein wird. Das Kreidesystem war in Württem- berg niemals über dem Jura abgelagert. Das Steinkohlensystem fehlt in der Tiefe, Wie ich bereits im vorhergehenden Abschnitte auf gewisse spätere Ergebnisse dieser Arbeit mich stützen musste, so sei es gestattet, auch hier zunächst noch einmal das durch die Untersuchung erst zu er- ! Vergl. später am Schlusse des Abschnittes: „Versuch einer Kritik über die auffallend starke Wärmezunahme im Bohrloch zu Neuffen. Prüfung des Bohrregisters.“ u langende, auf S. 506—513 bereits kurz geschilderte, Verhalten unseres vulkanischen Gebietes vorwegzunehmen: Röhrenförmige Kanäle entstanden durch Gasexplosionen zu mittelmiocäner Zeit und füllten sich gleichzeitig ausser mit vulka- nischer Asche auch noch mit zahllosen Stücken der durchbrochenen Gesteinsschichten. Gleichviel, ob diese Tufigänge oben aus Weiss- Jura, im Vorlande aber aus Braun-Jura oder aus Lias oder gar aus Oberem Keuper (Scharnhausen No. 124) zu Tage treten, stets ent- halten sie, neben Vertretern tieferer Schichten, massenhafte Weiss- Jurabrocken. Mithin muss sich, wie wir ja bereits folgerten, die Alb zur Zeit der Ausbrüche über dieses ganze vulkanische Gebiet bis in die Gegenden von Stuttgart hin ausgedehnt haben. Bei einigen der am weitesten gegen N. vorgeschobenen Aus- bruchspunkte fanden sich aber keine Bruchstücke höherer Weiss- Juraschichten, sondern nur solche von Weiss-Jura « und f. Das ist der Fall bei Scharnhausen No. 124, Sulzhalde No. 117, Authmuthbölle No. 115, Kräuterbuckel bei Raidwangen No. 116. Es scheint also, dass damals in diesem nördlichsten Teile ein Teil der Alb sich be- fand, welcher nur noch aus Weiss-Jura «und f gebildet wurde; also dieselbe unterste Stufe der Alb (S. 513 Fig. a), welche ja auch heute vielfach am NW.-Rande derselben durch die in senk- rechten Schnitten wirkende Abtragung bereits freigelegt ist. Dicht neben diesem Gebiete aber stand damals auch nochdie zweite Stufe der Alb bis zu d und z hinauf an; denn wir finden den Weiss-Jura «—d und z. T. auch & im Tuffe der folgenden Gänge: Kraftrain No. 76 d und &; Geigersbühl No. 113 d und s; Bettenhard bei Linsenhofen No. 96 d und e&. Dagegen nur Weiss- Jura @—0d, nicht aber auch g, fanden sich in folgenden Gängen: Bölle bei Reudern No. 90 und 91; Kräuterbühl No. 92; Käppele No. 88. Es versteht sich von selbst, dass jeder neue Fund derartige Angaben umstossen kann; namentlich lege ich auf den Unterschied, ob nur Stücke bis d oder auch solche von & vorhanden sind, kein Gewicht, da die beiderseitigen Gesteine sich bisweilen schwer aus- einander halten lassen. Wichtiger dagegen scheint das Nichtauffinden von 7, d, & in den oben genannten Punkten; um so mehr als auch schon DEFFNER darauf aufmerksam machte!. Wir werden daraus ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 29. No. 20. — 554 — wohl mit Recht den obigen Schluss ziehen dürfen. Trotzdem aber brauchen wir nicht als sichergestellt anzunehmen, dass höhere Weiss- Jurastufen nur im S., SO. und SW. von dieser «, ß-Gegend an- standen. Es ist ebensowohl möglich, dass das auch direkt östlich und westlich neben derselben der Fall war; das lässt sich gar nicht entscheiden. Ebensowenig richtig wäre es, wenn man daraus, dass Scharn- hausen No. 124 der nördlichste Punkt ist, an welchem wir jetzt diese Reste der Alb zufällig nachweisen können !, schliessen wollte, dass sich zur Zeit des Ausbruches bei Scharnhausen die Alb nur bis in jene Gegenden erstreckt haben könne. Erwiesen ist nur, dass sie sich damals mindestens bis in die Umgebung des heutigen Stuttgart ausgedehnt hat und dass der Ausbruch damals oben auf der dort befindlichen Alb stattfand. Ob sich aber die Alb nicht etwa noch weit über Stuttgart hinaus gegen Norden hin erstreckte oder ob sie in jener Zeit doch schon so weit nach Süden zurück- gewichen war, dass in der Gegend von Stuttgart wirklich bereits ihr Nordrand lag — das bleibt durch diese Untersuchungen völlig unentschieden. Nur die Entdeckung eines neuen, noch weiter gegen Norden geschobenen Vulkanvorkommens könnte über diese Punkte Licht verbreiten. Da sich nun nichts ganz Genaues über die Lage des Nord- randes der Alb zur Zeit jenes Vulkanausbruches ermitteln lässt, so können auch alle Betrachtungen über die Schnelligkeit, mit welcher der Nordrand gegen Süden zurückweicht, nur einen angenäherten Wert besitzen. Indessen ein mindestes Mass der Rückzugsschnel- ligkeit lässt sich doch mit ziemlicher Schärfe feststellen: Bei Scharnhausen zwar kann man bezüglich der Zeit des Aus- bruches nichts ermitteln. Ist derselbe aber, wie doch mehr als wahrscheinlich, gleichalterig mit den anderen 127 der Vulkangruppe von Urach, so hat er sich in der mittelmiocänen Zeit ereignet. Wir werden daher sagen dürfen: Seit der mittelmiocänen Epoche ist der Nordrand der Alb mindestens von der Stuttgarter Gegend aus bis in dieLinie zurückgewichen, welche erheute, vor- übergehend, einnimmt. Wiederum „mindestens“; denn falls er damals noch weit über ! Das Folgende ist im wesentlichen ein Wiederabdruck aus meiner Arbeit: Ein neuer Tertiär-Vulkan bei Stuttgart. Tübingen 1892. Universitäts-Programm S. 49—68. — 55 — ß Stuttgart gegen Norden hinaus reichte, so ist seine Rückzugsgeschwin- digkeit natürlich eine entsprechend grössere gewesen. Nun beträgt die ungefähre! Entfernung des Vulkanpunktes bei Scharnhausen von dem Nordrande der Alb, bis an die Weissjuralinie und senkrecht zum Streichen der Alb gemessen, etwa 23 km. Wir können daher mit Sicherheit behaupten: Seit der mittelmiocänen Periode ist der Nordrand der Alb mindestens um ungefähr 23km nach Süden zu- rückgewichen; d.h. ein 23 km breiter Streifen der Alb ist seit jener Zeit abgetragen worden. Das aber giebt uns einen weiteren Anhaltspunkt zur Beurteilung der Länge der Zeit, welche höchstens noch verfliessen kann, bis der Nordrand der Alb gänzlich bis an den heutigen Südrand zurück- gewichen, d. h. bis die ganze Alb vom Erdboden verschwunden sein wird. Die Breite der Alb, also die senkrechte Entfernung des Nord- randes vom Südrande der Weissjuralinie”?, beträgt ungefähr 38 km, das ist etwas mehr als 1'/,mal jene Strecke von 23 km. Mithin werden wir sagen dürfen: Die ganze Alb wird vom Erdboden verschwunden sein spätestens! nach Ablauf eines Zeitraumes, wel- cher etwas mehr als 1!/,mal so lang ist wie derjenige, welcher das Jetzt von der mittleren Miocänzeit trennt. Aber auch umgekehrt, in längstvergangene Zeiten können wir zurückschliessen: Bei Langenbrücken, zwischen Schwarzwald und Odenwald, wurden durch O. Fraas und Derrner* mitten im trias- sischen Gebiete Reste der Juraformation nachgewiesen (S. 533). Diese liefern uns, wie Frass und DEFFNER zuerst aussprachen’°, den Beweis, dass einstmals der schwäbische Jura bis dorthin sich er- streckte, vermutlich aber auch noch über die Gegend von Langen- brücken hinaus zusammenling mit den Juraablagerungen im Rhein- thale und so vielleicht auch in Frankreich. Dieser Jura von Langen- brücken ist in gerader Linie von Scharnhausen 67 km weit entfernt. Das ist nur 6 km mehr, als Scharnhausen vom Südrande der Alb ! Natürlich „ungefähr“, da ja der Nordrand aus- und einspringende Winkel bildet. Es ist hier ein Mittel genommen. 2 Zwischen der oberen Weiss-Jura-Kante im Norden und im Süden gemessen. > Zu allen Zeiten gleiche Rückzugs-Geschwindigkeiten vorausgesetzt. * Die Juraversenkung von Langenbrücken. Neues Jahrbuch f. Min., Geol. wm. Bal. 1859..841: 5 Ebenda. S. 526. — 556 — entfernt liegt; und nur 2°/,„ mal, oder rund noch nicht 3mal so viel, als die Entfernung Scharnhausens von dem heutigen Nordrande der Alb! beträgt. Wiederum werden wir daher schliessen dürfen: Das Zurückweichen des Nordrandes der Alb von Langenbrücken bis nach Scharnhausen ist erfolgt in einem Zeitraum, der höchstens 3mal so lang gewesen sein kann wie derjenige, welcher die mittlere Miocän- zeit von dem Jetzt trennt. Alle diese im Vorhergehenden angegebenen Zeiträume können, stets gleiche Rückzugsgeschwindigkeit vorausgesetzt, nicht grösser sein als angegeben, sondern nur kleiner. Letzteres in dem Falle, dass zur Zeit des Ausbruches der Nordrand der Alb nicht bei Scharn- hausen, sondern noch weiter nördlich lag; wodurch ja die Rückzugs- geschwindigkeit sich als eine grössere ergeben würde. Die beiliegende Karte (Taf. VI) mit ihren 5 querüber laufenden Linien ist bestimmt, diese Verhältnisse zu erläutern und zu zeigen, wo sich jeweilig der Nordrand der Alb befunden hat; natürlich wieder zu allen Zeiten gleiche Rückzugsgeschwindigkeit vorausgesetzt. Linie 1 giebt uns den „heutigen durchschnittlichen Verlauf der Weiss-Jurakante am Nordratde der Alb. Linie 2, welche durch Scharnhausen, Schorndorf, Horb, Obern- dorf, St. Blasien geht, zeigt den südlichsten Verlauf des Nordrandes zur Zeit der Eruption; noch weiter südlich kann derselbe damals nicht gelegen haben, sondern höchstens weiter nördlich. Die Linie fällt bereits weit hinein in den Schwarzwald! Wir dürfen also schliessen : Wenn je der schwäbische Jura auch über dem Ge- biete des heutigen Schwarzwaldes abgelagert war, so hat er zur Zeit desAusbruches bei Scharnhausen noch weithineinin denselben, mindestens bis zu dem jetzigen St. Blasien hin gereicht. Ich sage aber „wenn“; denn dass er das wirklich gethan hat, das ist ja nicht sicher bewiesen. Die Gründe, welche für eine solche Möglichkeit sprechen, sind im vorigen Kapitel dargelegt worden. Der Abstand der Linien 1 und 2 drückt selbstredend aus die hier gewählte Zeiteinheit: den Zeitraum von der mittelmiocänen Zeit. bis zum Jetzt. Die Linien 3, 4, 5 sind in diesem selben Abstande von ein- ı Weiss-Jura-Kante. EST — DB517 — ander gezogen. Sie zeigen den jedesmaligen Verlauf der Weiss-Jura- kante des Nordrandes der Alb in immer älteren Zeiten; und zwar in Zwischenräumen, welche dem 1-, 2- und 3öfachen der Zeiteinheit entsprechen. Es verläuft Linie 3 ungefähr über Kirchberg, Marbach, Lud- wigsburg, Wolfach, östlich Freiburg ı. B. Linie 4 geht etwa über Niederstetten, Heilbronn, Maulbronn und dann bereits am W.-Abhange des Schwarzwaldes und ins Rhein- thal hinein, über die Hornisgrinde und den Kaiserstuhl. Linie 5, welche die Juraversenkung bei Langenbrücken schneidet, greift weit über das Rheinthal bis auf das linke Rheinufer hinüber, nördlich von Karlsruhe und Strassburg '. Die durch den jedesmaligen Abstand je zweier dieser D Linien ausgedrückte Zeiteinheit ist der Zeitraum, welcher die mittelmiocäne Epoche von dem Heute trennt. Die absolute Länge dieser Zeit ist uns verborgen; aber wir sind doch im stande, uns auf die folgende Weise wenigstens eine dunkle Vorstellung davon zu machen, um was für Zeiträume es sich dabei handeln könnte. Der Nordrand der Alb weicht aus denselben Gründen gegen Süden zurück, aus welchen der Niagarafall rückwärts schreitet; denn auch in dem Gebiete des letzteren finden wir einen Schichtenbau, bestehend oben aus harten, unten aus weichen Schichten. Durch die Gewalt des niederstürzenden Wassers werden die weichen Ge- steine unten ausgehöhlt und dadurch die oberen harten unterwaschen, bis sie endlich hinabstürzen. Der Niagarafall schreitet, wie an- gegeben zu werden pflegt, auf solche Weise jährlich um etwa ';, m zurück. Genau durch denselben Wechsel zwischen den unteren weichen und den oberen harten Gesteinen wird das Rückwärtsschreiten des Nordabhanges der Alb verursacht. Angenommen nun dieses erfolgte ebenso schnell wie dasjenige des Niagarafalles, so würde, da die Entfernung des Nordrandes der Alb von Scharnhausen 23 km be- trägt, diese Strecke in 69000 Jahren zurückgelegt worden sein. Das Heute würde also in diesem Falle von dem Mittelmiocän 69000 Jahre entfernt liegen. Nun ist es aber klar, dass der Niagarafall, bei welchem das 1 Es versteht sich doch wohl von selbst, dass diese Linien nur mit einem gewissen Masse von Wahrscheinlichkeit zeigen sollen, wie der Verlauf des Nord- randes gewesen sein mag und dass sie nicht angeben sollen, dass er so gewesen sein muss. — 558° — Gestein durch die Gewalt der unablässig niederstürzenden Wasser- massen zusammenbricht, ganz unvergleichlich viel schneller rückwärts schreiten muss als der Nordabhang der Alb, welcher nur infolge der sanft fallenden atmosphärischen Niederschläge zusammenbricht!. Es muss also auch der Zeitraum, während welchem der Nordrand der Alb um 23 km gegen Süden zurückwich, ganz unvergleichlich viel länger gedauert haben als 69 000 Jahre. Über diese Erkenntnis hinaus ist alles Weitere aber nur be- liebige Vermutung. Man kann sich ein zehnmal langsameres Rück- wärtsschreiten als beim Niagarafalle denken, wobei dann jener Zeit- raum 690 000 Jahre betragen würde. Es ist auch sicher mehr als wahrscheinlich, dass ein solcher Zeitraum der Wahrheit viel näher kommen würde, als jener von nur 69000 Jahren. Aber, wie ge- sagt, es könnte sich nur um unsicheres Herumtasten handeln, wenn man Zahlen angeben wollte Ich hebe letzteres durch gesperrten Druck hervor, da derselbe, früher bereits von mir genau ebenso bedingungsweise gemachte Ausspruch von anderen so ausgelegt worden ist, als habe ich eine sichere Angabe gemacht. Dieselbe Art der Schlussfolgerung, welche wir auf die bisher behandelten Fragen angewendet haben, wird sich nun auch auf die folgende Frage übertragen lassen: Die jüngsten Schichten des Jura und das ganze Kreidesystem fehlen bekanntlich heute in Württemberg. Nun entsteht die Frage: Sind alle diese Schichten, den Weissen Jura überlagernd, einst vor- handen gewesen und später erst wieder fortgewaschen worden ? Oder sind sie überhaupt nie zur Ablagerung gelangt? Bereits Derrner? kam auf Grund seiner Berechnungen über die Mächtigkeit der Gesteinsschichten, welche in etwa 500000 Jahren abgetragen werden können, zu dem Schlusse, dass auf der Alb mög- licherweise einst noch Schichten jüngerer Formationen abgelagert gewesen sein könnten. Später schloss er allerdings aus dem Fehlen von Kreidegesteinen in den Tuffen, dass diese Formation auf der Alb nicht abgelagert worden sei°. ! Allerdings die in den Nordrand eingeschnittenen Flussthäler eilen diesem langsamen Rückwärtsschreiten voran, indem hier die Gewalt des bergab strömen- - den Wassers die Alb schneller zum Zusammenbruche veranlasst, als das an den übrigen Stellen der Fall ist. 2 Die Lagerungsverhältnisse zwischen Schönbuch und Schurwald. Diese Jahresh. 1861. S. 202. ® Begleitworte zu Blatt Kirchheim. Zuge, Auch O. Fraas ist der Ansicht, dass das Kreidesystem einst in Württemberg vorhanden gewesen und später wieder weggewaschen worden sei, einmal näher getreten!. Spätere Erwägungen aber haben, wie ich einer schriftlichen Äusserung des verehrten Forschers ent- nehmen darf, denselben schon seit längerer Zeit zu einer gegen- teiligen Kuklerkans gebracht. Da nun aber diese älteren Anschauungen sich auf einen sehr einleuchtenden Grund stützten und da ich zugleich den ganz direkten Beweis erbringen zu können glaube, dass trotz dieses scheinbar zwingenden Grundes die jüngsten Juraablagerungen und die Kreide niemals auf der Alb abgelagert gewesen sein können, so möchte ich doch diese Frage im folgenden einer Besprechung unterziehen: Nehmen wir einmal an, dass Württemberg bereits zur Zeit der jüngsten Juraschichten”? trocken gelegt wurde, so dass also letztere und das ganze Kreidesystem gar nicht mehr zur Ablagerung kamen. In diesem Falle müssen die abtragenden Kräfte, die Denudation, be- reits seit Ende der Juraperiode, also seit sehr, sehr langer Zeit oben auf der Alb gewirkt haben. Mit Recht werden wir daher gegenüber solcher Annahme die Fragen aufwerfen müssen: „Was ist denn nun während dieses gewaltig langen Zeitraumes oben auf der Alb ab- getragen worden? Noch heute werden dort die obersten Schichten durch den Weissen Jura & und £ gebildet; und auch damals bereits sollen dies die obersten Schichten gewesen sein?* Damit werden wir geradenwegs zu der Antwort gedrängt, dass während dieser un- geheuren Zeiträume von der Höhe der Alb so gut wie gar nichts abgetragen worden sei. Diese Antwort aber klingt durchaus un- wahrscheinlich; denn wir wissen ja, dass allerorten auf Erden in einem solchen Zeitraume mächtige Schichtenreihen spurlos weggewa- schen werden. Es wird daher viel wahrscheinlicher sein, dass, da heute auf der Höhe der Alb Weisser Jura & und [ die obersten Schichten bilden, einst über ihnen noch das ganze Kreidesystem ab- gelagert war und dass dieses erst im Laufe der Zeiten der Denu- dation zum Opfer gefallen ist. Trotz dieser Wahrscheinlichkeit aber haben wir, so scheint mir, den sicheren Beweis dafür, dass die Kreide dort oben nie gelegen haben kann. Offenbar ist das Mass der Abtragung an verschiedenen Orten der Erde innerhalb eimer und derselben Zeit ein sehr verschieden ! Geognostische Beschreibung von Württemberg, Baden und Hohenzollern. 1882. S. 140. ® Jünger als Z des Weissen Jura. 000 grosses. Abgesehen von der grösseren oder geringeren Widerstands- fähigkeit der Gesteine, welche hierbei eine sehr grosse Rolle spielt, kommt auch die Erhebung über den Meeresspiegel, oder allgemeiner ausgedrückt, das Klima in Betracht. In einer und derselben Zeit und unter demselben Breitengrade wird dieselbe Gesteinsreihe, welche in niedriger Höhenlage nur wenig abgetragen ist, in bedeutender Höhe über dem Meeresspiegel bereits verschwunden sein; denn hier, im hohen Gebirge, sind die zerstörenden Kräfte, die atmosphärischen Niederschläge und der Frost, viel bedeutendere, wie das von NEU- MAYR weiter ausgeführt worden ist!. Bei derselben Meereshöhe im Gebirge wird aber weiter auch noch die Lage des Gebirgsabhanges von grossem Einflusse auf die Schnelligkeit der Abtragung sein können. Ein Abhang, wie z. B. der südliche des Himalaja, gegen welchen jährlich während vieler Monate feuchte Monsunwinde anprallen, wird infolge der hier grossen Niederschlagsmengen viel schneller erodiert werden, als der entgegengesetzte, im Beispiele nördliche, an welchem die so ihres Feuchtigkeitsgehaltes beraubten Winde im trockenen Zustande herniedersteigen. Nun trifft es zu, dass die Weiss-Jurakalke recht hart sind. Es trifft auch zu, dass die Alb in keine grosse Meereshöhe aufragt, dass also auch die Niederschlagsmenge auf der Alb eine viel geringere ist, als z. B. auf dem Schwarzwald und den Alpen’. Indessen eine so überzeugende Kraft besitzen diese Verhältnisse doch nicht, um die Annahme einleuchtend zu machen, dass seit dem Ende der jurassischen Zeit oben von der Höhe der Alb kaum Nennens- wertes abgetragen sein sollte. Allein es giebt andere Gründe, welche überzeugender wirken. Schon Neumayr” hebt hervor, wie das Auftreten von Korallenriffen im oberen schwäbischen Jura dafür spreche, dass das Jurameer um diese Zeit bereits flach geworden sei. Die Riffkorallentiere leben be- kanntlich nur bis hinab zu einer, 20 Faden nicht übersteigenden Tiefe unter dem Meeresspiegel; und da nun die jurassischen e-Riffe der Alb sich zu keiner sehr grossen Höhe über der d-Fläche erheben, so kann das Meer an den betreffenden Stellen auch nicht tiefer ge- wesen sein als diese Höhe der Riffe — 20 Faden. Diese geringe ‘ Erdgeschichte I. S. 144. ? Die Regenhöhe beträgt auf der Alb bei Heidenheim 712 mm; bei Schopf- loch als Maximum 1115 mm. Dagegen auf dem Schwarzwald bei Freudenstadt 1661 mm. Das Königreich Württemberg I. S. 237. 3 Erdgeschichte II. S. 317 u. 318. au. 90h Tiefe des Meeres zur Zeit des oberen Jura aber deutet darauf hin, dass dasselbe sich in jener Zeit bereits zum Rückzuge aus dem heu- tigen Schwaben anschickte, so dass letzteres zur Kreidezeit dann trocken las. Ich möchte indessen doch sehr viel weniger Gewicht auf das bisher Erwähnte legen als auf zwei andere Gründe. Einmal nämlich sehen wir in unzweideutigster Weise, dass noch heute die Alb nicht schichtenweise von oben nach unten, sondern dass sie von vorn nach hinten abgetragen wird (S. 524—531); also wie ein flacher Kuchen, welcher nicht durch horizontal erfolgendes, schichtenweises Wegschneiden immer niedriger, sondern durch senk- rechtes Abschneiden von Stücken immer kleiner an Umfang wird, aber bis zum letzten Reste hin doch stets gleiche Höhe behält. In ganz gleicher Weise wirkt die Denudation bei der Alb, nur dass hier allerdings auch die Höhe im Laufe langer Zeiten immerhin um ein Geringes abgenommen haben wird. Wenn wir daher durch die Annahme, dass die Alb bereits seit der jüngsten Jurazeit trocken gelegen hätte, zu der so wunderbar klingenden Folgerung gedrängt wurden, dass dann ja während der langen Zeiträume nur eine sehr geringe Abtragung der Höhe der Alb stattgefunden hätte, so ergiebt sich, dass diese Folgerung in der That das Richtige trifft. Daraus folgt indessen durchaus nicht, dass gar keine Denudation stattgefunden habe. Im Gegenteil; seit jener Zeit sind ja, wie wir sahen, mächtige Strecken der Alb spur- los verschwunden. Aber die Denudation hat eben in senkrechter Richtung, nicht in horizontaler gewirkt. So bleibt es allerdings richtig, dass seit jener Zeit von der Höhe der Alb wenig abgetragen wurde, dagegen von der horizontalen Ausdehnung verlor sie sehr viel. Doch noch durch eine zweite Thatsache wird das einstige Fehlen der Kreideschichten auf der Alb bewiesen. Wiederum sind es nämlich die Vulkane der Alb, welche auch in diesem Falle die Beweise in ihrem Schlunde dafür zu haben scheinen, dass jüngere Juraschichten, als die auf der Alb vorkommenden, und dass Kreide- schichten hier niemals abgelagert sein können. Eine jede der von den vulkanischen Massen durchbrochenen Formationen hat uns ge- wissermassen ein Erinnerungszeichen, ein Andenken in dem Vulkan- schlunde hinterlassen, und zwar in Gestalt von ihr angehörigen Ge- steinsbruchstücken. Wie wir nun aus dem Vorhandensein von Braun- und Weiss- Jurastücken im Schlunde unserer Ausbruchskanäle mit vollster Sicher- Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 36 2 heit darauf schliessen können, dass diese Schichten dort einst vor- handen waren; wie wir umgekehrt aus dem, am Schlusse dieses Ab- schnittes zu besprechenden, überali auf der Alb bemerkbaren Fehlen carbonischer Gesteinsstücke auf das Fehlen des Steinkohlensystems in der Tiefe schliessen können — so können wir auch daraus, dass weder in den Tuffen der Gruppe von Urach, noch im Ries, noch im Höhgau, noch in der Uracher Gruppe jemals ein Bruchstück jüngstjurassischer und creta- ceischer Gesteine in den Tuffen beobachtet worden ist, mıt Sicherheit darauf schliessen, dass anallen den genannten Orten — mindestens seit der mittelmiocänen, der Ausbruchszeit — keine Ablagerungen des jüngsten Jura und des Kreidesystems vorhanden gewesen sind. Man wird hiergegen nicht etwa einwenden dürfen, dass diese Kreidebrocken jetzt eben bereits verschwunden seien, weil sie nur in dem oberen, nun längst abgetragenen Teile der Tuffmassen ge- steckt hätten. Das ist nicht recht stichhaltig; denn wie tief solche Brocken in den Schlund hinabfallen, sehen wir ja bei Scharnhausen, dessen Tuff jetzt aus Oberem Keuper herausschaut, während doch Brocken der ganzen fortgewaschenen Gesteinsreihe bis in den Weissen Jura hinauf noch in ihm stecken. So müssten also auch jetzt noch, wenigstens hier und da, Kreidebrocken in den Tuffen der Alb sitzen, wenn sie überhaupt damals vorhanden gewesen wären. Aber noch eine zweite Einwendung kann man machen. Man wird zugeben, dass zwar zur Zeit der vulkanischen Ausbrüche die jüngsten Juraschichten und das Kreidesystem nicht mehr auf der Alb vorhanden waren; dass sie aber doch in früherer Zeit dort oben angestanden hätten und den abtragenden Kräften bereits zum Opfer gefallen wären, bevor jene Ausbrüche sich ereigneten. Auch diese zweite Einwendung scheint mir unstatthaft, da sie zu einem höchst auffallenden Widerspruche führen würde. Nehmen wir nämlich an, dass das Kreidesystem früher über dem Weissen Jura abgelagert war, dann müsste von Ende der Kreide-, das ist von -Anfang der Tertiärzeit, bis zur mittelmiocänen Periode dieser ganze mächtige eretaceische und jüngstjurassische Schichtenkomplex bis auf den Weissen Jura £ hinab weggewaschen worden sein. Mit vollstem Rechte aber würden wir in solchem Falle auch erwarten dürfen, dass von der mittelmiocänen Epoche bis zum heutigen Tage ein ent- sprechend mächtiger weiterer Schichtenkomplex abgetragen werden musste: das ganze Jurasystem müsste dann weggewaschen worden sein. N Bde Da nun aber dieses Jurasystem jetzt noch fast so vollzählig vorhanden ist, wie zur Zeit der Ausbrüche, so werden wir weiter mit Sicherheit schliessen dürfen: Dass auch vor dermittleren Miocänzeit, also über- haupt niemals, das Kreidesystem auf dem Gebiete der heutigen Alb vorhanden gewesen ist. Ist das nun aber richtig, so haben die vulkanischen Massen von Urach auch ganz im allgemeinen für die Geologie den Beweis geliefert: Dass bei geeigneter Gesteinsbeschaffenheit, näm- lich harter oben und weicher unten, sowie bei hori- zontaler Lagerung eine horizontal wirkende, also die Höhe vermindernde Denudation so geringfügig zu wer- den vermag, dass sieselbstinso gewaltigen Zeiträumen recht wirkungslos bleibt. Allerdings pflegt man aus den Schuttmassen, welche die Flüsse mit sich führen, das Mass der jährlichen Abtragung der Höhe der Gebirge zu berechnen. So kommt denn auch, auf Grund bestimmter Zahlenangaben, DErFner' dahin, dass zur Abtragung einer Schichte von 300 Fuss Mächtigkeit nötig sind: im Stromgebiete des Neckar 500000 Jahre, 5 r „ Ganges 540000 „ Hierbei sind nur die mechanisch fortgeführten, nicht auch die chemisch gelösten Stoffe berücksichtigt, weil letztere je nach der Gesteinsart eine sehr wechselnde Grösse bilden. In dem Sonderfalle des Neckar würde in 500000 Jahren, bei Mitberücksichtigung der chemisch gelösten Stoffe, eine um '/,, dickere Schicht fortgeführt werden, also anstatt jener 300 Fuss deren 333. Indessen ist es eben, wie wir ja sahen, nicht in allen Fällen nötig, dass die vom Flusse dem Gebirge entführte Schuttmasse die Höhe des gesamten Quellgebietes des Flusses in ziemlich gleich- mässiger Weise um einen entsprechenden Betrag erniedrigen muss. Wenn nämlich Plateaubildung, horizontale Lagerung und harte Ge- steine an der Oberfläche des Plateaus vorhanden sind, dann wird die durch die Flüsse fortgeführte Schuttmasse wesentlich nur dem Inhalt des Thalraumes entsprechen. Die Thäler werden mehr und mehr ausgefurcht und vergrössert, die Thalgehänge liefern ihren ! Die Lagerungsverhältnisse zwischen Schönbuch und Schurwald. Diese Jahresh. 1861. S. 198 ff. 36* 7 Beitrag zu dem Schutt. Dadurch wird das Plateau mehr und mehr an räumlicher, seitlicher Ausdehnung beschränkt, aber es verliert nur wenig, und auch dies nur sehr langsam, von seiner Höhe. Dass dem so sein kann, davon liefert uns eben die Alb den Beweis. Zwar wird man abermals dagegen das Folgende geltend machen können: Die Oberfläche der Alb türmt sich an vielen Stellen in 2—3 Stufen übereinander auf. Die unterste Stufe wird gebildet durch den Weissen Jura & und ß, dergestalt, dass # die erste Platte bildet. Die zweite durch y und d; die dritte, kleinste durch e und £. Nun kann man mit Sicherheit sagen, dass diese drei Stufen, da wo sie vorhanden sind, nichts Ursprüngliches, sondern bereits eine De- nudationsform sind. Dergestalt, dass sich auf der jetzt durch den Weissen Jura # gebildeten Ebene in früherer Zeit direkt die höheren Weissjurastufen y und d erhoben '!. Ist das richtig, dann hat durch deren Abtragung allerdings die Alb an gewissen Stellen ein ent- sprechendes Mass von Höhe eingebüsst. Aber diese Art der Ab- tragung ist eben doch keineswegs etwa eine wagerecht, Schicht für Schicht abtragende, sondern genau dieselbe senkrecht wirkende, durch welche die ganze Alb allmählich abrasiert wird; wie sich das in dem schematischen Profil a auf S. 513 deutlich ausspricht. Wie wir auf solche Weise die Vulkane der Alb zu Zeugen da- für anrufen können, dass einst cretaceische Schichten dort nicht vor- handen waren, so können wir auch ihr Zeugnis verwerten zur Ent- scheidung der Frage, ob in der Tiefe etwa schon an verschiedenen Stellen des Landes das leider vergeblich gesuchte Steinkohlensystem lagert. Es gleichen ja die zahlreichen vulkanischen Vorkommnisse der Alb ebensovielen Bohrlöchern, welche die Natur kostenlos für den Staat niedergebracht hat. Am NO.-Ende der schwäbischen Alb, im Ries; am SW.-Ende derselben, im Hegau; in der Mitte der Alb, bei Urach — in allen drei Gegenden förderten uns diese von der Natur gestossenen Bohrlöcher teils Gneiss und Granit, teils rotliegende, triadische und jurassische Gesteine zu Tage. Nicht der leiseste Rest aber eines Gesteines wurde bisher in ihnen gefunden, welches uns die Anwesenheit carbonischer Schichten -in der Tiefe angedeutet hätte. Heute würde es unter selchen Umständen des, freilich schon vor langer Zeit gestossenen, Bohrloches auf Steinkohlen bei Neuffen nicht mehr bedurft haben: Wären wirklich Glieder des ' Im allgemeinen wenigstens; denn Korallenbauten natürlich dehnen sich nicht notwendig als zusammenhängende Schicht über so weite Strecken hin aus, wie das z. B. £ thut. — 565 — Carbonsystems in der Tiefe der dortigen Gegend entwickelt, wohl würden an irgend einer der zahlreichen vulkanischen Ausbruchsstellen der Alb irgendwelche Gesteinsstücke des Carbon herausgeschleudert worden sein; da ja doch vielfach solche Gesteine dort zu Tage ge- fördert wurden, welche bei normaler Schichtenfolge unter dem Carbon liegen, Granit und Gneiss. Wir dürfen daher auch den letzten Schluss ziehen: Das Steinkohlensystem ist in den Albgegenden bis an den Neckar hin in der Tiefe nicht vorhanden. Das unterirdische Gebiet der schwäbischen Alb. Wir haben in den vorhergehenden Abschnitten den oberirdischen Teil des Gebietes besprochen, auf welchem sich die vulkanischen Erscheinungen Schwabens abspielten. Nun wollen wir einen Blick auf den in der Tiefe verborgenen Teil desselben werfen, soweit uns das die gegenwärtige Erkenntnis gestattet. In den vulkanischen Gebieten des Hegau, des Ries und, wie wir sehen werden, auch in demjenigen von Urach ist durch die Vulkanausbrüche eine zahllose Menge von Bruchstücken der durch- bohrten Gesteinsschichten zu Tage gefördert worden. Aus der Natur dieser, bezw. aus ihrem Nichtvorkommen, können wir wohl mit gutem Grunde auf die in der Tiefe vorhandenen und fehlenden Schichten der ganzen Formationsreihe schliessen. Das Untergrundsbild, welches an diesen drei Gebieten die Natur zu unserer Kenntnis gebracht hat, erfährt eine Erweiterung durch das weit im Norden der Alb, im Unterlande gestossene Bohr- loch von Ingelfingen am Kocher. Mit Hilfe der dort gewonnenen Aufschlüsse können wir uns nun von einem grösseren Teile unseres Landes eine Vorstellung über die in der Tiefe herrschenden Ver- hältnisse machen. Leider reicht das im Süden der Alb bei Ochsen- hausen niedergebrachte (S. 519-—520) Bohrloch nicht weit genug hinab, um auch hier Anhaltspunkte zu gewähren. In dem Bohrloch bei Ingelfingen am Kocher! hat man unter dem Buntsandstein in 407 m Tiefe den 27 m mächtigen Zech- stein und das 292 m mächtige Rotliegende durchbohrt. Dann kam man mit 726 m Tiefe in Schieferschichten, welche mit Kalkstein- lagen wechselten und dem Culm oder, Devon angehören mögen. 0. Fraas, Vergleichendes Schichtenprofil in den Bohrlöchern Dürrmenz- Mühlacker und Ingelfingen. Diese Jahresh. 1859. S. 326—345. Mit 815 m Tiefe wurde in diesen das Bohren aufgegeben. Dass man bei weiterer Fortsetzung schliesslich den Gneiss und Granit erreicht haben würde, ist ja selbstverständlich; es frägt sich nur, ob auch silurische Schichten und solche des Glimmerschiefers dort in der Tiefe anstehen. In gerader Richtung ist dieser Punkt nur 73 km von dem süd- östlich gelegenen vulkanischen Rieskessel entfernt. Hier fehlt aber, wie wir aus dem Auftreten bezw. Fehlen der betreffenden Gesteine in den Tuffen schliessen können, über dem Gmneiss und Granit bereits die ganze Schichtenreihe von jenen Oulm- oder Devon- schiefern an, durch das Rotliegende und Zechstein, die ganze Untere und Mittlere Trias bis hin zum Keuper: dieser liegt dort also wohl direkt auf Granit und Gneiss und über ihm folgen die Schichten der Juraformation. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Granit des Ries von den ältesten Zeiten an bis gegen die Keuperepoche hin sich in Gestalt einer Insel oder eines Festlandes über den Spiegel des Meeres erhob; und möglich, dass diese in direktem Zusammen- hange standen mit dem uralten Granitfestlande Böhmens, dessen westlichste Ecke im bayrischen Walde nur 122 km von Nördlingen im Ries entfernt liegt. Erst von der Zeit des Keupers an versank diese Granitmasse mehr und mehr, bis sie schliesslich im Ries durch den vulkanischen Ausbruch wieder an die Oberfläche geführt wurde. Gehen wir nun von Ingelfingen aus ebenfalls etwa 73 km weit nach Süden, so stossen wir auf das zweite vulkanische Gebiet, das- jenige der Gruppe von Urach. Auch hier können wir aus dem Vorkommen bezw. Fehlen der durchbrochenen Gesteine in den zahl- reichen Tuffmassen den Aufbau des Untergrundes erkennen. Wie im Ries erscheinen als Ältestes zahlreiche altkrystalline Massen- gesteine, wesentlich pinitführende Granite; ganz vereinzelt auch ein Diorit. Sodann, jedoch sehr viel seltener, Gneiss. Bemerkenswert ist hierbei, dass das ganz dieselben Gneissvarietäten sind, wie sie im Ries in der Tiefe anstehen’. Über diesem Urgebirge fehlen jedenfalls ebenso wie im Ries Silur, Devon und Carbon. Dagegen finden sich nach Derrner’s Zeugnis Stücke des Rotliegenden und des Buntsandsteins. Es wird daher das Urgebirge hier in der Tiefe ! y, Dechen, Sitzungsber. d. niederrhein. Ges. Bonn. 1880. Jahrg. 37. S. 37—39. — Gümbel, Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb. Kassel 1891. 8. 197 pp. — O0. Fraas und Deffner, Begleitworte zu Blatt Bopfingen und Ellenberg. S. 9 pp. ? Gümbel,l.c. 8. 209. — 561. — von dem Permischen System überlagert. Auf dieses folgt das unterste Glied der Trias, der Buntsandstein. Anders ist es mit dem Muschel- kalk. Nur zwei vereinzelte Funde desselben sind bisher aus den Tuffen zu verzeichnen. An der Sulzhalde und am Kräuterbuckel, südwestlich von Raidwangen. Beide Punkte liegen, bei Absehen von dem nördlichsten Vorposten Scharnhausen, ganz im Norden unseres Vulkangebietes. Wir können daher wohl annehmen, dass der im Norden zu Tage anstehende Muschelkalk hier ganz nahe dem rechten Neckarufer seine südlichste Grenze findet und unter dem ganzen übrigen Vulkangebiete in der Tiefe nicht mehr ansteht; wie er denn auch weiter gegen Nordosten, unter dem Ries, eben- falls fehlt. Dagegen sind nun die Thone und Sandsteine des Keupers, sowie die verschiedenen Schichten des Lias, des Braunen und Weissen Jura in den Tuffen vertreten; ganz wie im Ries der Fall. Endlich tritt uns, 172 km von Ingelfingen in südwestlicher Richtung entfernt, das dritte vulkanische Gebiet im Hegau entgegen. Auch dieses verrät durch die seinen Tuffen beigemengten durch- brochenen Gesteine die Natur dieser letzteren. Allein hier fehlen leider bisher genauere Aufsammlungen, welche gerade die von tiefer liegenden Schichten stammenden und selteneren Auswürflinge fest- gestellt hätten. Die verschiedenen Schichten der Juraformation, sowie Gmeiss und Granit sind sichergestellt. Aber das Zwischen- liegende ist unsicher. Auch vox FrırscH führt vom Hegau nur auf: Granit, Gneiss, Jurakalk, Sandstein (z. T. quarzitisch, jurassisch oder triassisch?), Molasse!. Da der Sandstein zum Teil quarzitisch ist, so wird er vermutlich triassischen Alters sein. Bei der Nähe dieser Schichten im Schwarzwalde ist das Vorkommen derselben in der Tiefe eigentlich selbstverständlich. Über tiefere Ablagerungen aber können wir nichts aussagen. Fassen wir nun das Gesagte in Form einer vergleichenden Tabelle zusammen, so lehren uns unsere Vulkangebiete im Hegau, bei Urach, im Ries, sowie das Bohrloch zu Ingelfingen, einen Aufbau des unterirdischen Schwa- bens kennen, wie er sich in dem untenstehenden Profile kund- giebt. Aus demselben ergiebt sich, wie das altkıystalline Gestein unter der Gegend des Ries ein Gebirge bildet, wie sich dasselbe ! Notizen über geologische Verhältnisse im Hegau. Neues Jahrbuch f£. Min., Geol. u. Pal. 1865. S. 668—670. — 568 — sowohl nach NW. hin unter der Gegend von Ingelfingen, als auch nach SW. hin unter der Gegend von Urach abdacht bezw. erniedrigt, und wie dasselbe endlich noch weiter gegen SW. unter der Gegend des Hegau sich entweder wohl ebenso verhält wie bei Urach oder noch weiter abdacht, falls etwa noch ältere Schichten zwischen Trias und Gmneiss liegen sollten. N Te ee Ingelfingen Ries Urach Hegau Weisser Jura Brauner Jura Lias Keuper vermutlich Muschelkalk . Buntsandstein ern ag : vermutlich Granit Buntsandstein Zechstein Rn Rotliegendes und Rotliegendes % Carbon oder Devon Gneiss ? Granit und Greiss ———————— Granit und Gneiss Granit und Gneiss Einige in neuerer Zeit beobachtete Veränderungen der Höhenlage in unserem vulkanischen Gebiete. Im Anschluss an die vorhergehende Betrachtung der Alb, als des Gebirges, in welchem die zu besprechenden vulkanischen Er- scheinungen sich vollzogen, möchte ich noch aufmerksam machen auf einige Veränderungen der Höhenlage, welche in diesem Gebiete seit dem vorigen Jahrhundert beobachtet wurden, wenn sie auch mit vulkanischen Kräften in keinerlei Beziehung stehen. Die im Gebiete des Weiss-Jura stattgefundenen Erdfälle sind im Kalkgebirge eine zu häufige Erscheinung, als dass dieselben hier aufgeführt zu werden verdienten. Wohl aber möchte ich den fol- genden Einsturz erwähnen, weil er sich im Liasgebiete vollzog. ÜHr. Fr. SartLer! berichtet nämlich über einen Erdfall, welcher sich zwischen der Stadt Kirchheim u. T. und dem Dorfe Ötlingen, neben der Poststrasse, infolge eines Erdbebens gebildet hat. Als dieses am 18. Mai 1737, nachts 12 Uhr, erfolgte, versank auf der ı Topographische Geschichte des Herzogthum’s Würtemberg. Stuttgart 1784. S. 387. — 569 — Mitte des „Laienberges“ ein mit Reben bepflanzter Platz, und zwar am oberen Ende 30, am unteren 6 Fuss tief, so dass hier ein schlammiger Pfuhl entstand. Gleichzeitig wurde auf den unten am Berge gelegenen Wiesen, welche „Vorlaien“ genannt werden, ein 60 Schritte langes und 30 breites Stück Feld, mit vielen Bäumen bestanden, in die Höhe getrieben, so dass es nun einen bis 18 Fuss hohen Hügel bildete. Die Poststrasse zwischen beiden Orten verläuft durch die breite Weitung des Lauterthales, welches mit Lehm und Schottermassen zugedeckt ist, die auf Unterem Lias aufliegen, welcher auch die Thalgehänge bildet. Dieser wird hier wiederum vom Keuper unter- lagert. Es handelt sich also wesentlich um thonige Schichten; denn ob unter dem Keuper in dieser Gegend noch Muschelkalk liegt, ist, da letzteres fast überall in unseren Tuffen fehlt!, doch fraglich. Aber selbst wenn hier noch Muschelkalk in der Tiefe läge, so ist das doch in ziemlich ansehnlicher Tiefe der Fall; und unser Muschel- kalkgebiet ist zudem gar nicht durch solche Erdfälle ausgezeichnet wie dasjenige des Weiss-Jura. Und doch möchte man ‚bei einem räumlich so wenig ausgedehnten Senkungsgebiete eher an Auslaugung von Schichten als an Spaltenbildung denken. Weiter berichtet dann SarıLer* nach dem Stadtphysikus Monr in Göppingen über eine andere, ebenfalls im Bereiche unseres vul- kanischen Gebietes gemachte Beobachtung solcher Art. Der Schau- platz ist hier das östlich angrenzende Blatt Göppingen. Monr er- zählt, dass man im Jahre 1733 in dem Pfarrhause zu Lothenberg kaum die Spitze des Kirchturms zu Faurndau (Blatt Göppingen) ge- sehen habe. Später, 1752, aber sei bereits die ganze Hälfte desselben sichtbar geworden. Jetzt, 1867, sieht man ihn bereits bis zum Dach der Kirche ®. Nun liegt Faurndau im Thale der Fils, deren Gehänge hier durch Obersten Keuper und Unteren Lias gebildet werden. Lothen- berg findet sich südöstlich, nahe Gammelshausen, am Fusse der Alb auf Braun-Jura 5. Zwischen beiden Orten dehnt sich mithin die ganze Lias und Untere Braun-Jurafläche aus. Es muss daher inner- halb dieses Striches eine Senkung erfolgt sein derart, dass der den Blick beschränkende höchste Punkt zwischen Faurndau und Lothen- berg niedriger wurde. Hier ist als Ursache der Senkung wohl eine Is. später „Die Fremdgesteine in den Tuffen“. ® Ebenda. S. 141. > Quenstedt, Begleitworte zu Blatt Göppingen. S. 6. u Auslaugung ebenso gut denkbar wie eine Spaltenbildung. Wie stark namentlich unsere Braun-Juraschichten über Tage ausgelaugt werden, geht aufs deutlichste aus dem Unterschiede hervor, welcher in den Angaben über die Mächtigkeit desselben besteht. Im Bohrloche zu Neuffen hat man für « und £% die doppelte Mächtigkeit wirklich erbohrt, welche gemeinhin nach Messungen im Ausgehenden an- gegeben werden. Dass man übrigens bei derartigen Erscheinungen nicht immer ohne weiteres auf Hebungen und Senkungen des Grund und Bodens schliessen darf, scheint aus folgendem dritten Falle von Niveau- veränderung hervorzugehen. QuEnstEoT ? berichtet über diesen, welcher sich ebenfalls auf Blatt Göppingen vollzog, wie folgt: „Kam man vor 20 Jahren, erzählt HıLpengrAanp, den Fussweg von Dürnau nach Gruibingen auf die Thalebene vom Weissen & (zwischen Kornberg und Silenwang), so sah man vom Dorfe Gruibingen nichts; jetzt sieht man gleich beim Eintritt den grössten Teil der Häuser. Davon sei links der Augsberg und rechts der Mädlesberg (nördlich der Ölmühle) schuld; jener wurde durch Feldbau und Verwitterung etwas erniedrigt, dieser an seinem östlichen Gehänge durch Ab- waschungen verschmälert.“ Ob diese Erklärung die richtige ist, vermag ich nicht zu be- urteilen. Durch das Niederlegen einer Waldung oder durch eine Abrutschung kann selbstverständlich in kurzer Zeit eine derartige Veränderung bewirkt werden. Inwieweit das aber schon binnen 20 Jahren durch Ackerbau, Verwitterung und Abwaschung ermöglicht werden kann, dürfte nicht leicht zu entscheiden sein. Dürnau liegt auf Braun-Jura «& am Fusse der Alb, nahe westlich des oben, im zweiten Beispiele genannten Lothenberg, Gruibingen dagegen oben auf der Alb. Der Weg dorthin verläuft im Weiss-Jura «. Wenn nun auch nicht in unser vulkanisches Gebiet gehörig, so möchte ich doch anhangsweise eines anderen Falles von Niveau- Veränderung im Schwarzwaldgebiete Erwähnung thun, welche in der Beschreibung des Oberamtes Freudenstadt? eitiert wird: „In seiner im Jahr 1784 herausgegebenen topographischen Geschichte von Württemberg pag. 229 führt SarrLer an, dass der Weg zwischen Dornstetten und Freudenstadt durch eine verborgene Naturwirkung um 16 Fuss niedriger geworden sei, indem man vor ' s, später „Die Temperaturzunahme im Bohrloche zu Neuffen“. 4 Bepleitworte zu Blatt Göppingen. >. 6. 8 1858. S. 217. Ze N 40 Jahren auf diesem Wege nur das Kirchturmdach zu Dornstetten gesehen, jezo aber nicht nur bemeldtes Dach. sondern auch noch den Turm und dessen steinernen Umgang, mithin 16 Fuss weiter heruntersehen könne. Überdies will man seit jener Zeit wahr- genommen haben, dass das zwischenliegende Terrain (Aacher Berg) niedriger und vom Turme in Dornstetten noch mehr sichtbar geworden sel... Ferner verspürt man in Dornstetten und dessen nächster Umgebung nicht selten Erdstösse, während man zu gleicher Zeit m anderer Gegend nichts von solchen wahrnimmt.“ Diese Nachricht zerfällt in zwei Teile. Wenn dieselben, wie wohl nicht zu bezweifeln, richtig sind, so kann es sich in der That nur um eine Senkung des zwischen beiden Orten gelegenen Gebietes handeln. SATTLER vermeidet, ob aus Zufall oder aus richtigem Takt- gefühl, die zweite noch mögliche Erklärung dieser Erscheinung, dass nämlich entweder das Gebiet von Dornstetten oder dasjenige von Freudenstadt sich gehoben habe. Auch hente würde man jedenfalls eine Senkung als das Natürlichere annehmen. Freudenstadt liegt im Gebiete des Buntsandstein ; Dornstetten und der oben genannte Aacher Berg, zwischen Aach und Dornstetten, in demjenigen des Wellendolomites. Ob nun die Senkung infolge von Spaltenbildung oder durch Auslaugung von Gesteinsschichten hervorgerufen wurde, in jedem Falle dürfte es sich wohl nur um den Teil des Weges handeln, welcher im Wellendolomit verläuft, also um den Aacher Berg. Das Niedrigerwerden dieses letzteren wird auch in dem zweiten Teile obiger Mitteilung ausdrücklich be- tont, so dass es sich ebenso im ersten nur um den Aacher Berg handeln dürfte. War die Alb einst vergletschert? Gründe für eine solche Annahme; DEFFNER, O. Fraas. Ablagerungen, welche für Moränen gehalten werden, ohne dass die Gesteinsblöcke Glättung und Schrammung zeigen: im Elsass, DAUBREE, SCHUMACHER ; ım südlichen Baden, STEINMANN. Bedenken gegen eine etwaige Übertragung solcher Auffassung auf die Alb. Für die Frage nach der Entstehungsart der vulkanischen Tuffe unseres Gebietes von Urach ist von grosser Wichtigkeit die Beant- wortung der Vorfrage, ob sich während der Eiszeit Gletscher auf der Alb befunden haben, welche bei der Bildung der Tuffbreecien mitgewirkt haben könnten. DErFNER hat zuerst einer solchen Auffassung gehuldigt. Er hat die Überschiebungen bei Bopfingen am Ries durch die Wirksamkeit — 52 — von Gletschern erklärt; und zwar wie die folgenden Worte zeigen, in ganz bestimmter, überzeugter Weise!: „Hier bleibt nichts anderes übrig, als der Transport durch Gletscher, man mag sich drehen und winden wie man will. Mit diesem äussersten, nach Westen vorgeschobenen Punktum der erra- tischen Bildungen schliessen wir deshalb auch am besten die Reihe unserer Beweismittel für die frühere Existenz von Riesgletschern.“ ... „Was uns ermutigt, trotzdem den gewagten Schritt (nämlich zu der Annahme von Gletschern) zu thun, das ist, dass wir im Be- sitze einer reichen Fülle von Thatsachen nach vieljährigen vergeb- lichen Bestrebungen, dieselben auf anderem Wege zu erklären, durch überwältigende Gründe endlich auf dem jetzt eingeschlagenen ge- führt oder, besser gesagt, auf ihm bestärkt worden sind. Denn schon im Jahre 1863 hat Frass auf die grosse Übereinstimmung mit Gletschererscheinungen aufmerksam gemacht, und nur der Mangel eines Hochgebirges und die Nähe des vulkanischen Rieses liessen die Erklärung immer wieder auf dem Wege des Vulkanismus suchen. Erst eine lange Zeit reifte die Überzeugung, dass dieser Weg für sich allein nicht ausreiche und durch Gletscher ergänzt werden müsse.“ Aber nicht etwa nur für den in die Alb eingesenkten Ries- kessel, sondern auch für unser vulkanisches Gebiet von Urach hat DEFFNER in ebenso bestimmter Weise die Mitwirkung von Gletschern geltend gemacht”. Ja, er hat sogar weit hinaus in das Vorland der Alb, pis nach Heilbronn hin, Gletscherbildungen erkennen zu müssen geglaubt. Er sagt nämlich: „Noch andere Stellen des Nordabhanges der schwäbischen Alb zeigen erratische Erscheinungen, so nament- lich in dem vulkanischen Gebiet zwischen Boll und Pfullingen. Den Nachweis, dass auch dort alle Anzeichen dafür sprechen, dass Gletscher die vulkanischen Auswürflinge mit dem anderen Gesteinsschutt zusammengeschoben und in jenen sonst unerklärbaren Schutthügeln aufgehäuft haben, sowie von erratischen Bildungen zwischen Cann- statt und Heilbronn muss ich mir für einen anderen Ort vorbehalten.“ In einer zwei Jahre später erfolgten Veröffentlichung scheint DEFFNER allerdings nicht mehr so völlig sicher in dieser Ansicht zu sein; er schwankt, ob unsere Tuffschuttmassen durch Eis oder durch Wasser zusammengefegt seien. Hinsichtlich des vulkanischen Ge- bietes von Urach’? erklärt er nämlich: „Ob Gletscher, oder besondere ' Deffner, Der Buchberg von Bopfingen. Diese Jahresh. 1870. S. 133 u. 134. ? Ebenda. S. 133 Anm. ® Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 40 unten. — 573 — grosse Fluten mitgewirkt haben, entzieht sich noch jeder sicheren Begründung.“ Freilich bezüglich des Ries und der Gegend zwischen Cannstatt und Heilbronn gilt das nicht. Hier scheint er seine Ansicht voll aufrecht erhalten zu haben; wenigstens finde ich nirgends eine gegenteilige Äusserung. Diese Annahme, dass einst die Alb vergletschert gewesen sei, wird nun allerdings sehr nahe gelegt durch das Verhalten des be- nachbarten Schwarzwaldes. Der südliche Teil desselben war bis zu einer Meereshöhe von 800 m hinab mit einer zusammenhängenden Eiskappe bedeckt. Einzelne Gletscher aber erstreckten sich von dieser aus bis in das Rheinthal hinab (s. später darüber mehr), bis in eine Meereshöhe von 250 m! Da nun die schwäbische Alb sich an den Schwarzwald lehnt, bis zu 7, 8, 900 m aufsteigt und ein- zelne Meereshöhen sogar bis über 1000 m besitzt, so ist der Ge- danke an eine Vergletscherung der Alb nicht nur nicht ein unmög- licher, sondern geradezu ein sehr naheliegender. Aber noch mehr. In neuester Zeit hat Lersıus mitgeteilt, dass CueLws und Kremm auch im Odenwald und Spessart an zahlreichen Punkten Reste von Grundmoränen aus der Haupteiszeit! gefunden haben, welche sogar bis zu nur 150 m Meereshöhe hinabsteigen?. Unter solchen Um- ständen begreift man schwer, dass die Alb nicht gleichfalls mit Eis bedeckt gewesen sein sollte. Diesem naheliegenden Gedanken hat dann ausser DEFFNER auch OÖ. Fraas Ausdruck gegeben und eine Vergletscherung der Alb an- genommen°. O. Fraas hatte aber auch andere, ganz direkte Anhalts- punkte für eine solche Annahme; denn von den südlich gelegenen Alpen her schoben sich die Gletscher nicht nur über das Gebiet der Bayrisch-Oberschwäbischen Tiefebene, sondern es finden sich auch Reste ihrer Moränen auf der Alb. Die Gegend um Sigmaringen war sicher einst vergletschert. Das wird bewiesen durch die geglätteten und geritzten z. T. alpinen, also erratischen Gesteine, besonders nördlich der Stadt in der Gegend des Hammers*. Wie bei Sigmaringen, so finden sich dann auch weiter nord- ı Es ist die mittlere der drei angenommenen gemeint. ° Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1893. S. 446, ° Geognostische Beschreibung von Württemberg, Baden und Hohenzollern. S. 183 u. 186. * Begleitworte zu den Blättern Tuttlingen, Fridingen, Schwenningen. 1881. S. 32, — 54 — östlich auf den der Donau nahe gelegenen Gegenden von Ehingen und Ulm! alpine Geschiebe. Bemerkenswert ist ferner das viel weiter nach N. auf der Alb sich erstreckende Vorkommen von weissen, roten, gelben und grauen Quarzgeröllen in der Umgegend von Blaubeuren. Dieselben sind so massenhaft, dass, wie QuENSTEDT sagt, nach einem Regen die Felder den Anblick aufgepflügter Kartoffeläcker darbieten. Mehr südlich haben sie etwa die Grösse einer Faust; weiter nördlich, im NO. von Blaubeuren bei Bermaringen, sinken sie bis zu Haselnussgrösse und darunter herab. Natürlich kann es sich bei diesen gerollten Ge- steinen nicht mehr um Moränen handeln. Wohl aber könnten in denselben immerhin die Reste durch das Wasser umgearbeiteter Moränen, also fluvio-glaciale Schotter (s. später) vorliegen. Eine solche Annahme stösst indessen auf die Schwierigkeit, dass wir in diesem Falle doch wohl nicht nur Quarze, sondern verschiedenartige erratische Gesteine erwarten dürften. Es wird daher wahrschein- licher sein, dass wir hier jungtertiäre Gerölle vor uns haben. Viel- leicht die an Ort und Stelle gebliebenen Überreste zerstörter Schichten, welche hier auf dem Jura und anderen Tertiärschichten auflagerten. Der Grimmelfinger Meeressand hat freilich nur Quarzkömer von Hagelkorngrösse ; das schliesst jedoch nicht aus, dass nicht an anderen Orten grössere Quarzgerölle abgelagert sein konnten. Sehen wir nun aber auch von diesen letzteren Vorkommen ab, so bleibt doch die Thatsache zu Recht bestehen, dass, allerdings nur auf’dem Südrande der Alb, alpine, also erratische Gesteine liegen. Der Südrand wurde also noch von den alpinen Gletschern erreicht; weiter nach Norden hin drangen dieselben jedoch nicht. Nun braucht aber eine Vergletscherung der Alb ja nicht not- wendig von den Alpen ausgegangen zu sein; oder wenn sie doch von dorther kamen, so konnten die alpinen Gletscher abgewehrt worden sein durch eine Vergletscherung, welche aus anderer Richtung heranquoll. Der nächstliegende Gedanke ist der an den benachbarten Schwarz- wald. Wenn sich von dort her die Gletscher über die Alb schoben, so musste durch diese von W. nach O. gerichtete Gletscherströmung das weitere Vordringen jener, von den südlich gelegenen Alpen gegen Norden gerichteten Strömung bezw. Schiebung abgeschnitten und unmöglich gemacht werden. Freilich würde man in solchem Falle erwarten dürfen, dass schwarzwäldische erratische Gesteine ! Begleitworte zu Blatt Blaubeuren. S. 20. -r U o' auf der Alb lägen und das ist nicht der Fall. Wollte man nun annehmen, dass die schwarzwäldischen wie alpinen Moränen gänz- lich zu fiuvio-glacialen Schottermassen umgearbeitet worden seien, so müsste man diese finden. Es zeigen sich aber nirgends Fluss- geröllablagerungen, welche altkrystallinie Gesteine enthalten. Mit- hin kann auch vom Schwarzwalde her keine Vergletscherung der Alb ausgegangen sein. Es bleibt daher als drittes die Möglichkeit, dass die Alb ihr eigenes Vergletscherungsgebiet, eine eigene Eiskappe besessen hätte. So dass dann die von diesem ausstrahlende Strömung sowohl die ‘von den Alpen, als auch die von dem Schwarzwalde herkommenden Moränen von der Alb abgewehrt hätte. Das Fehlen von erratischen Gesteinsmassen, welche entweder den Alpen oder dem Schwarz- walde entstammen, ist mithin noch keineswegs ein entscheidender Beweis gegen eine ehemalige Vergletscherung der schwäbischen Alb. Besass diese letztere ihr eigenes kleines Feld von Inlandeis, so dürfen wir in dessen Moränen nur Weiss-Jurakalke, dann etwas Bohnerz und allenfalls tertiäres Material erwarten; also nur solche Gesteine, welche an der Oberfläche der Alb anstanden. Man sieht, dass die Erscheinungsweise solcher Moränen ausser- ordentlich ähnlich sein müsste den Schuttmassen, welche sich ohne Mitwirkung von Eis noch heute auf der Alb und an ihrem Fusse bilden: Einfache Schuttmassen von Jurakalk; also Moränen, welche durchaus anders aussehen als solche mit altkrystallinen Gesteinen, wie es so vielfach bei typischen der Fall ist. Man wird freilich sagen können, dass in solchem Falle die Kalke ja geglättet und geschrammt sein müssten. ° Allein auch dieses Merkmal ist kein durchaus not- wendiges Erfordernis: Ganz sicher ist es das nicht, solange es sich um Öberflächen- moränen handelt; denn bei diesen bleiben die Gesteinsstücke un- verletzt, ungeglättet und ungeschrammt. Aber auch selbst bei Untergrundsmoränen könnte wohl, wenn der Transport nur ein kurzer ist und wenn das Gestein zudem, wie bei unseren Weiss-Jurakalken thatsächlich der Fall, leicht verwittert, eine solche geringfügige Glättung und Schrammung wieder durch Verwitterung verwischt worden sein. Gerade aus unseren Nachbarländern, dem Elsass und Baden, dringen Nachrichten zu uns, in welchen Ablagerungen für Mcränen erklärt werden, deren Gesteinsstücke einer solchen Glättung und Schrammung entbehren. Es ergiebt sich also, dass aus mehrfachen Gründen die Frage, ae ob die Alb einst vergletschert war, keineswegs so leicht zu ver- neinen ist, wie sie es sein würde, wenn man als conditio sine qua non für solche Vergletscherung fordern dürfte: Glättung und Schrammung der Gesteine, alpine oder schwarzwäldische Abstammung dieser letzteren. Weder die eine noch die andere dieser Bedingungen ist auf der Alb erfüllt; aber diese negative Eigenschaft allein beweist noch nicht völlig sicher gegen eine Vergletscherung. Da nun für die Beantwortung der Frage nach der Entstehung unserer Tuffbreccien diejenige dieser eiszeitlichen Frage von Be- deutung ist, so werden wir uns noch etwas eingehender mit der letzteren beschäftigen müssen. Im Elsass sind solche thonig-sandigen Ablagerungen mit un- geschrammten Blöcken namentlich bei Epfig schon 1852 von Dausr&e ! als Teile von Endmoränen gedeutet worden; und auch heute noch haben die neueren Untersuchungen der reichsländischen Geologen, wie SCHUMACHER ? hervorhebt, zu keiner anderen Anschauung geführt. Besonders bemerkenswert sind diese Bildungen noch dadurch, dass sie in innigem Verbande mit oberpliocänen Flusskiesen auftreten, also Beweis davon geben, dass sich — ihre Moränennatur als sicher an- genommen — zum erstenmale eiszeitliche Zustände im Elsass bereits in der Öberpliocän-Epoche zeigen. Aber auch für Baden kommt STEINMANN, wie wir sogleich sehen werden, dahin, Ablagerungen ohne Glättung und Schrammung der Gesteine für Grundmoränen zu erklären. Der südliche Schwarzwald ist in diluvialer Zeit mit einem zu- sammenhängenden Inlandeise bedeckt gewesen, welches sich von der höchsten, fast 1500 m betragenden Meereshöhe bis in eine solche von 800 und 700 m hinabzog?. Allerorten finden sich in diesem Gebiete teils einzelne Blöcke, teils Moränen, teils gerundete, ge- glättete Felsen, so dass die allgemeine Vereisung dieses Gebietes zweifellos ist. Auch der Titisee und der Schluchsee sind durch solche Moränen abgesperrt, welche bei letzterem eine Höhe von 30 m besitzen. Gleiches hat Sauer für den Glaswaldsee und Elbachsee nachgewiesen®, Gleich den Fingern einer gespreizten Hand zogen ! Description g&ol. et mineral. du depart. du Bas-Rlin. S. 239—244. Ich eitiere nach Schumacher. a. ? Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1892, $. 831. ® Steinmann, Die Moränen am Ausgange des Wehra-Thales. Separat- abzug. Bericht üb. d. 25. Vers. d. oberrhein. geol. Vereins. S. 4. — Platz, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XXXXI. 1890. S. 595—597. * Globus. Bd. 65. No. 13. Zirkusseen im mittleren Schwarzwald. — DEU — sich aber von dieser Eiskappe aus einzelne Gletscher durch die Thäler bis in eine Meereshöhe von 400, 350, selbst 200 m hinab. Untersucht man nun, wie STEINMANN” zeigt, die aus mesozoischen und tertiären Schichten gebildeten Gehänge dieser Thäler an den Vorbergen des oberrheinischen Gebietes, so zeigt sich, dass das an- stehende Schichtgestein auf dem unteren Teile dieser Gehänge nicht selten verhüllt wird durch eine Lage von Schutt, dessen Bestand- teile — Kalke, Mergel, Thone — meist den höheren Lagen desselben Berges entstammen. Der Gedanke, dass man hier Gehängeschutt vor sich habe, ist sehr naheliegend. Es fällt jedoch auf, dass diesen Schuttmassen nicht selten eine deckenartige Ausbreitung zukommt, dass eine solche Decke auch auf sanft geneigten Gehängen auflagert und dass diese Masse im Anschnitt eine deutlich ausgesprochene Knet- struktur besitzt, indem weiche und harte Gesteinsstücke fest gepackt und wirr durcheinander gemischt liegen. Zumeist ist diese Decke unter einem Überzuge von Lösslehm verborgen. STEINMANN ist nun der Ansicht, dass hier nicht Gehängeschutt, sondern Grundmoränen von Gletschern, das Analogon von Lokal- moränen, vorliegen. Da der Transport dieser Gesteinstrümmer durch das Eis von dem oberen Teile der Gehänge bis zum unteren nur ein kurzdauernder war und da harte krystalline Gesteine fehlen, so konnte, nach STEINMAnN, weder eine Rundung der Ecken und Kanten, noch ein Glattschleifen der Flächen und ein Schrammen der letzteren eriolgen. Die Form solcher Gesteinsstücke kann daher von derjenigen der Gehängeschuttstücke nicht wesentlich abweichen. Der Unter- schied zwischen beiderlei Bildungen darf daher’lediglich in der decken- artigen Ausbreitung und der Knetstruktur der als Lokalmoräne auf- gefassten Schuttmasse gesucht werden. In anderen Fällen hält Steımmann, selbst bei dem Fehlen aller und jeglicher Moränen, das einstige Dasein von Gletschern bereits dann für erwiesen, wenn die zu Tage ausstreichenden Schichten des Anstehenden auf eine Tiefe von einigen Metern eine Umbiegung und Stauchung erkennen lassen, welche nur durch die Einwirkung der Last des darüber hingleitenden Gletschers zu erklären seien. Das sind Aufiassungen, welche, wenn sie das Richtige getroffen haben sollten, von weittragender Bedeutung sein müssen, denn wir verlassen damit den Boden der gewohnten Anschauungen. Wir ° Uber die Ergebnisse der neueren Forschungen im Pleistocän des Rhein- thales. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1892. S. 542 u. 543. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894, 37 — 518 — gründen nun den Nachweis einstiger Vergletscherung nicht mehr allein, wie bisher, auf Anzeichen sehr handgreiflicher Natur — zweifel- lose Moränen, Abrundung, Glättung und Schrammung ihrer Gesteine — sondern auch auf solche von sehr subtiler Art, bei welchen letzteren eine Verwechselung viel leichter möglich wird, da diese Ablagerungen dem Gehängeschutt zum Verwechseln ähnlich sehen. Es kann mir nicht beikommen über diese Frage, soweit sie jene von STEINMAnN untersuchten oberrheinischen Verhältnisse be- trifft, irgend ein Urteil fällen zu wollen. Der Standpunkt STEINMANN’s wirft aber seinen Schatten auch hinüber auf unsere schwäbischen Verhältnisse. Es muss nun die Frage entstehen, ob auch auf der Alb und in unserem vulkanischen Gebiete von Urach, trotz des Fehlens jener handgreiflichen Merkmale, eine einstige Vergletsche- rung jetzt noch kurzweg verneint werden darf. Oder ob nicht aus dem etwaigen Vorhandensein jener subtileren Merkmale doch auf eine frühere Vereisung geschlossen werden kann; ob das, was wir für Gehängeschutt halten, nicht auch Moräne sein könnte. Ich möchte da zuvörderst hervorheben, dass mir an der Schluss- folgerung STEINMAnN’s eines nicht recht verständlich ist: STEINMANN meint, dass die von ihm als lokale Grundmoränen gedeuteten Schutt- massen unter dem Eise nur von dem oberen Teile der Gehänge nach dem unteren hinabgeschoben worden seien. Damit ist angenommen, dass das Eis von der Höhe des Gehänges zur Tiefe desselben sich hinabbewegt habe, dass also die Bewegungsrichtung des Eises un- gefähr senkrecht, aber doch nur etwas schräg zur Längsausdehnung des Thales erfolgte. Man stelle sich nun einen Gletscherstrom vor, welcher ein Thal bis an die oberen Teile seiner Gehänge ganz erfüllt. Die Be- wegungsrichtung dieses thalabwärts fliessenden Gletschers ist hier natürlich parallel dem Thale. Es wird daher auch an beiden Gehängen des Thales die dort entstehende Grundmoräne ungefähr parallel der Achse des Thales fortbewegt, vom oberen Anfange desselben bis hinab zu seiner Mündung, bezw. bis zum Ende des Gletschers. Die Grund- moräne legt also keinen kurzen, sondern einen weiten Weg zurück, die am oberen Ende des Thales anstehenden Gesteine werden bis an das untere Ende desselben verfrachtet. Nicht aber werden die Gesteinsstücke etwa rechtwinkelig zu dieser Richtung, nur von dem höheren Teile eines und desselben Berges zu seinem tieferen hinab- geschoben und bleiben dort liegen. Selbstverständlich ist sehr gut denkbar, dass bei dem thal- BER lo Eee abwärts erfolgenden Gleiten des Gletschers die von den höheren Teilen der Gehänge mitgeführten Gesteinsstücke nicht genau parallel der Thalachse am Gehänge entlang geschoben werden. Man wird vielmehr annehmen dürfen, dass sie unter dem Eise in etwas schräger Richtung, ganz allmählich am Gehänge in immer tiefere Lage ge- raten, bis sie zuletzt auf den Thalboden kommen und auf diesem dann weitergeschoben werden. Wenn also in einem stark abwärts ziehenden Thale das das- selbe ganz erfüllende Eis in strömender Bewegung nach abwärts begriffen ist, so wird auch die unter dem Eise auf der Thalsohle und auf beiden Thalgehängen fortgewälzte Grundmoräne in derselben Richtung unausgesetzt bewegt werden. Es wird daher zur Bildung einer Lokalmoräne — also einer Grundmoräne, welcher in nächster Nähe ihres Ursprungsortes gleich wieder liegen bleibt — im all- gemeinen nicht kommen können. Jedenfalls wird sich eine solche Lokalmoräne nur lokal, nur da zu bilden vermögen, wo irgend ein Hindernis ihr Fortgeschobenwerden verhindert, oder wo überhaupt, augenblicklich oder länger dauernd, das Ende des Gletschers sich befindet. Wie aber an den sanft geneigten Thalgehängen die Grund- moräne auf weite Erstreckung hin wie eine Decke ohne solche Ur- sachen liegen bleiben sollte, während sich das Eis stetig über sie hinweg thalabwärts fortschiebt und zugleich auf dem Thalboden die Moräne weiter fortgeschoben wird, das ist mir nicht recht erklärlich. Wird aber die auf dem Thalboden fortgeschobene Grundmoräne in ihren Gesteinsstücken geglättet und geschrammt, so muss das auch bei der am Gehänge fortbewegten der Fall sein; das Gesteinsmaterial kann hier nicht liegen bleiben. Ich wiederhole, dass damit kein Urteil über jene von STEINMANN untersuchten Ablagerungen gefällt sein soll. Es mögen das Moränen sein. STEINMANN stützt ja sein Urteil auch noch auf die Packung der Masse und die Beschaffenheit des Untergrundes. In dem von mir untersuchten Gebiete jedoch möchte ich eine solche Folgerung nicht zulassen. Wir haben oben auf der Alb eine mehr oder weniger mächtige Decke von Lehm, in welcher Weiss-Jurastücke liegen. Wenn die Alb vergletschert gewesen wäre, müsste dies die Grund- moräne sein. Ich glaube indessen, man wird diese Bildung nur als Verwitterungsboden der Alb auffassen dürfen. Dass in diluvialer Zeit, in welcher die Jahrestemperatur, nach Prxck, etwa 5°C. niedriger war als heute, sehr viel Schnee und Eis auf der Alb gelegen haben muss, ist selbstverständlich. Zweifellos hat diese jährlich lange 30H liegenbleibende Schneedecke, bezw. ihr Schmelzwasser, die Verwitte- rung des Kalkes sehr beschleunigt. Zweifellos hat sie also einen grossen Anteil an der Bildung dieser z. T. ganz ansehnlichen Ver- witterungskrume. Ohne die kalte Diluvialzeit würde letztere ver- mutlich bei weitem nicht so mächtig sein, wie sie es ist. Ich gebe auch zu, dass bei der leichten Auflösbarkeit der Weiss-Jurakalke eine einst vorhanden gewesene Glättung und Schrammung ganz ver- schwunden sein könnte. Aber die Packung dieser Lehmdecke mit ihren Steinen macht mir — soweit ich dieselbe in einigen Anschnitten beobachten konnte — nicht den Eindruck der festen Packung einer Grundmoräne. Die Frage muss indessen gewiss sorgfältig erwogen werden. Fernere Bahnbauten werden neue Aufschlüsse im dieser Decke geben. Einstweilen aber kann ich mich von ihrer Moränen- Natur nicht überzeugen. Das Ergebnis dieser Betrachtungen lässt sich also dahin zu- sammenfassen: Ablagerungen, welche sicher als Moränen betrachtet werden könnten, haben sich bisher in un- serem vulkanischen Gebiete und überhauptaufder Alb — abgesehen von ihrem S.-Rande — nicht nachweisen lassen. Wir müssen jedoch die Frage nach einer Vergletscherung der Alb noch nach einer anderen Seite hin im Erwägung ziehen. Es ist denkbar, dass einstmals wirklich solche aus Weiss-Jurakalk bestehen- den Moränen vorhanden waren; dass diese aber durch Flüsse in „Auvioglaciale“ Schottermassen umgearbeitet worden wären. Wir müssen daher unsere Frage von dieser Seite aus noch weiter be- trachten. Nun ist aber weiter auch die Folgerung einer früheren Aus- dehnung der Alb gegen Norden, wie sie sich aus unseren vulkanischen Tuffen ergiebt, auf das innigste verbunden mit gewissen Fragen, welche sich auf eben diese Flussschotter und ihr Alter beziehen. Muss man nämlich gelten lassen, dass noch zu mittelmiocäner Zeit der Vulkanausbrüche die Alb sich bis gegen Stuttgart hin ausdehnte, so darf das Verhalten der Flussschotter in dem betreffenden Gebiete einer solchen Folgerung natürlich nicht widersprechen. Wir sind daher gezwungen, auch um dieser Frage nach der ehemaligen Aus- dehnung der Alb willen, jenen Verhältnissen näher zu treten. Zu dem Zwecke aber scheint es notwendig, weiter auszuholen, um zu- nächst zu ergründen, ob die Schottermassen, welche auf den, den Neckar begleitenden Höhen liegen, diluvialen oder pliocänen Alters sind. —,., 881 , — Jungpliocäne und diluviale Flussschotter im allgemeinen. Mehrfache Vergletscherungen. Deckenschotter, Hochterrassenschotter, Nieder- terrassenschotter. Frühere Auffassung aller Flussschotter als diluvial. Als plioeänen Alters erkannte Flussschotter: von Frıtsch in Thüringen; von KoENEN in Norddeutschland ; FONTANNES, DELAFOND bei Lyon; SCHUMACHER, VAN WER- VEKE, ANDREAE im Elsass; nu Pasquier in der Schweiz. Fluvioglaciale Schotter Pexer’s. Beziehungen der drei Schottermassen zu drei Vergletsche- rungen. Anwendung dieser Verhältnisse auf die Alb. Die meteorischen Niederschläge und die fliessenden Gewässer sind, wie PESCHEL einmal sagt, die riesigen Kehrbesen, mit welchen die Erde sich rein fegt von ihrem Verwitterungsschutte; und die grossen Süss- und Salzwasserbecken sind die gewaltigen Müllgruben, in welche hinein dieser Schutt gefegt wird. Solange ein Fluss diese ihm auferlegte Arbeit leisten kann, benutzt er den auf seinem Boden vorwärts gewälzten Schutt als Schleifmaterial und schleift und gräbt mit demselben sein Bett immer tiefer aus. Sowie aber diese ihm auferlegte Arbeit seine Kräfte über- steigt — sei es, weil durch seine Nebenflüsse zu grosse Mengen von Schutt in sein Bett hinabgefegt werden, sei es, weil seine Wassermasse und sein Gefälle sich verringert haben — so lässt er den Schutt in seinem Bette liegen, füllt also das vorher ausgefurchte Thal mit Kies- und Schottermassen allmählich wieder auf. Dem ist stets so gewesen. Aber gerade in der jüngstvergangenen diluvialen Zeit haben offenbar diese beiden entgegengesetzten Thätig- keiten der Flüsse ganz besonders stark miteinander abgewechselt. Die Ursache dieser Erscheinung liegt in der mehrfachen Vergletsche- rung, welche während dieser Epoche eintrat. Dass nicht eine einzige, sondern mindestens zwei, vielleicht sogar drei, solcher Vergletsche- rungen in dieser Zeit stattfanden, ist völlig sicher gestellt; ebenso auch, dass diese beiden bezw. diese drei Perioden durch eine, bezw. zwei wärmere Interglacialzeiten von einander getrennt waren. Strittig kann nur die Ausdehnung sein, welche man diesem Begriffe mehrfacher Vergletscherungen beilegt. Die Einen sind der Ansicht, dass wirklich zwei bezw. drei Eiszeiten sich einstellten, welche ge- trennt waren durch eine, bezw. zwei, interglaciale Epochen, in denen die vereisten Gebiete mehr oder weniger ganz frei vom Eise wurden. Die Anderen meinen, dass nur eine einzige Eiszeit stattgefunden habe; dass aber ein- bezw. zweimal ein starkes Zurückgehen der Gletscher sich einstellte. Ein Oscillieren der Gletscher im sehr grossen Massstabe, wie wir es im kleineren auch heute sehen; also BR ein Abschmelzen des peripherischen Teiles der Eiskappen zwar über grosse Gebiete, bei welchem aber die centrale Hauptmasse derselben doch unverrückt liegen blieb. Beide Ansichten sind nur dem Grade nach verschieden. Einst- weilen scheint mir für viele einst vergletschert gewesene Gebiete nur bewiesen ein starkes Schwanken, also weites Vordringen, weites Zurückgehen der Gletscherstirnen, bezw. der peripherischen Teile der Inlandeismassen. Dass dieses Zurückweichen wirklich bis zum fast gänzlichen Verschwinden des Eises sich gesteigert habe, ist möglich. Aber bewiesen ist es erst dann, wenn nicht nur im peri- pherischen Teile, sondern über das ganze einst vergletschert ge- wesene Gebiet zwei bezw. drei Grundmoränen, getrennt durch Zwischenschichten, in der Weise nachgewiesen sind, dass eine jede der zwei bezw. drei Grundmoränen gleich einer einzigen bestimmten Schicht sich über das ganze Gebiet hin ausdehnt. Bis dieser Beweis für die Mehrzahl aller vergletschert ge- wesenen grossen Gebiete geführt ist, erscheint es daher passender, nur von zwei bezw. drei Vergletscherungen als von ebensovielen Eiszeiten zu sprechen. Wie dem nun aber auch sei, der Wechsel zwischen diesem Vor- wärts- und Rückwärtsgehen der Gletscher, zwischen diesem Fest- legen der meteorischen Wasser in Form von Schnee und Eis und dem Freiwerden derselben in Gestalt von Wasser, musste in der diluvialen Epoche einen entsprechenden Wechsel in dem Wasser- reichtum der Flüsse, also auch in ihrer ausgrabenden Thätigkeit hervor- rufen. Während der Interglacialzeiten, während des Abschmelzens der Gletscher konnten die wasserreichen Flüsse die ihnen auferlegte Arbeit leisten, die Schuttmassen fortschaffen, ja ihre Thäler sogar ansehnlich vertiefen. Während der Vergletscherungszeiten mussten die wasserarm gewordenen Flüsse die Schuttmassen in ihrem Bette liegen lassen, die Thäler also wieder auffüllen. Man stelle sich das heutige Neckarthal in der Gegend unseres vulkanischen Gebietes vor, also zwischen Plochingen und Tübingen. Dasselbe besitzt eine ansehnliche Breite; in dieser ist seine Thal- sohle allerorten dick mit Flussschotter bedeckt, unter welchem der Keuper liegt. Käme jetzt eine wasserreichere Periode, so würde der Neckar sein Bett stark vertiefen. Er würde zunächst eine tief in den Keuper eingeschnittene Schlucht bilden. Zu beiden Seiten würden nun die Kiesmassen dieser letzteren in den Fluss hinabstürzen. Durch Unterwaschen von seiten des letzteren, sowie durch Ver- 3 ae witterung und Regengüsse würden die beiden Wände dieser Schlucht immer weiter auseinander rücken. Die neue, tiefer gelegte, im Keuper ausgefurchte Thalsohle, welche anfangs nur schmal war, würde immer breiter werden. Endlich würde fast die ganze Kies- masse, welche heute die Sohle des Neckarthales bedeckt, vom Flusse fortgeschafft worden sein. Nur hier und da würde an den Gehängen des breiten Thales auf dem Keuper ein kleiner Rest von Schotter liegen; natürlich allerorten in derselben Höhe und zugleich auch in derjenigen, in welcher er sich heute befindet. So würde man aus diesen Fetzen von Schotter, welche hier und da am Gehänge in gleicher Höhe liegen und Terrassen bilden würden, sich die ehe- malige, heutige, höher gelegene Thalsohle im Geiste wieder her- stellen können. Nun kennen wir in SW.-Deutschland nicht nur eine einzige derartige alte Thalsohle der Flüsse, sondern deren drei, welche in verschiedener Höhenlage übereinander auftreten: Die Schottermassen in und dicht über der heutigen Thalsohle, den Niederterrassenschotter. Diejenigen in bedeutenderer Höhe am Gehänge, den Hochterrassen- schotter. Endlich hoch oben auf den Plateaus, auf den Höhen, welche die Flüsse begleiten und oftmals weit von ihrem jetzigen Laufe entfernt, landeinwärts, deckenartig sich ausbreitend, den Deckenschotter, wie PEnck ihn nannte. Gewöhnlich pflegte man alle diese alten Schottermassen dem Diluvium zuzurechnen, ohne indessen in den ganz überwiegend meisten Fällen sichere Beweise dafür zu haben, dass eine solche Annahme auch wirklich richtig sei. Srtoppanı und Desor haben allerdings schon 1875 die Glacial- formation in die pliocäne Periode verweisen wollen'!. Allein diese Anschauung fand keinen Anklang. Dann suchte Renevier für die Südschweiz? darzuthun, dass wenigstens der Beginn der Eisentwicke- lung noch in die pliocäne Zeit gefallen sei, so dass die ältesten Flussschotter, unter den Moränen, noch dem Pliocän zuzurechnen seien. Vor etwa einem Jahrzehnt gelang es dann K. v. Fritsch? zu zeigen, dass 40—50 m über dem heutigen Thalboden der zahmen Gera in Thüringen alte Flussgerölle liegen, welche infolge ihrer ! Vergl. die Litteratur bei Penck, Die Vergletscherung der deutschen Alpen. Gekrönte Preisschrift. Leipzig bei Barth, 1882. S. 273. ® Bulletin soc. g&ol. France. 3. serie. t. IV. 1875—1876. S. 187. ® Das Pliocän im Thalgebiete der zahmen Gera in Thüringen. Jahrbuch d. K. preuss. geol. Landesanstalt u. Bergakademie. 1884. S. 394 u. 399. — 54 — palaeontologischen Einschlüsse nicht dem Diluvium, sondern dem Pliocän zugerechnet werden müssen. Ferner hob v. Frırsch hervor, wie genügende Anhaltspunkte vorhanden seien, dass auch die ehe- mals für diluvial angesehenen Schotterbildungen bei Fulda für plio- cänen Alters zu erachten wären, denn sie führen Mastodon-Reste. Dasselbe aber gilt, nach demselben Autor, auch noch von vielen anderen sogenannten diluvialen Schotter- und Thonablagerungen Thüringens, welche alle ebenfalls in das Pliocän zu stellen seien. Ist das nun der Fall, gehören Flussgerölle, welche in jenen Gegenden nur 40—50 m über der heutigen Thalsohle liegen, bereits dem Pliocän an, dann müssen wir schliessen, dass die Vertiefung der Thäler während der auf das Pliocän folgenden diluvialen und alluvialen Zeiten dort keine sehr nennenswerten Fortschritte mehr gemacht hat. Auf einem ähnlichen Wege gelangte, in dem von ihm unter- suchten norddeutschen Gebiete, v. Korxen! gleichfalls zu dem Er- gebnisse, dass die Flüsse der Eiszeit bereits annähernd in demselben Niveau geflossen sein müssen, in welchem sie sich jetzt befinden. Es treten nämlich dort die Reste diluvialer Tiere, wie Mammut, Rhinoceros u. s. w., abgesehen von ihrer Lagerung in Spalten und Klüften, ausschliesslich in Geröllschichten der Thalsohle auf. Daher muss die heutige Thalsohle auch zu diluvialer Zeit bereits einmal Thalsohle gewesen sein; d. h. die Flussbetten können sich seit diluvialer Zeit auch in diesen Gegenden nicht nennenswert vertieft haben. Nun finden sich aber an zahlreiehen anderen Orten alte Schotter- terrassen, welche von den Flüssen einst abgesetzt wurden, in recht bedeutender Höhe über den jetzigen Thälern an den Gehängen und auf den Plateaus. Man pflegte auch diesen ganz alten Geröllmassen ohne weiteres ein diluviales Alter zuzuschreiben, freilich ohne direkten Beweis dafür zu haben. Sind jedoch wirklich die Flussthäler in den genannten Gebieten seit diluvialer Zeit nicht merklich vertieft worden, so müssen wohl jene alten Terrassen, welche in anderen Gegenden oft mehrere hundert Fuss über der heutigen Thalsohle liegen, eben- falls vordiluvialen Alters sein?. v. KoEnEN weist daher diese alten ! Beitrag zur Kenntnis von Dislokationen. Jahrbuch d. K. preuss. geol, Landesanstalt u. Bergakademie. 1887. S. 460, und Über das Alter der Schotter- terrassen. Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1891. Bd. I. S. 107 u. 108. 2 Natürlich gilt das nur von denen, welche lediglich durch die einschneidende Thätigkeit der Flüsse und nicht etwa durch Verwerfungen ihre jetzige hohe Lage erhalten haben. —. 589, — hochgelegenen Schotterablagerungen allgemein dem Pliocän zu. Es ist auch in der That nicht einzusehen, warum uns die pliocänen Flüsse, welche doch sicher bestanden haben, nicht ebenso gut wie die diluvialen Flüsse Geröllmassen hinterlassen haben sollten. Nach älterer Auffassung kannte man solche gar nicht, da alle Schotter- terrassen für diluvial angesprochen wurden. Im südlichen Rhönethal hat Fontawses die Flussschotter in drei Stufen gegliedert: Alluvions des plateaux, alluvions des terrasses, alluvions anciennes des vallees. Die erstgenannten alluvions des plateaux führen Reste von Mastodon arvernensis und Elephas meri- dionalis, sind also sicher, wie. Foxtanses darthat, jungpliocänen Alters'. Auch Deraroxnp kommt für das Gebiet nördlich von Lyon zu ganz demselben Ergebnisse ?. Nicht minder ist auch im Unter-Elsass neuerdings ein Teil der bisher als diluvial betrachteten Flussschotter, Sande und Thone als dem Ober-Plioeän angehörig durch ScHumAcHEr?, VAN WERVERE und ANDREAE erkannt worden. Äusserlich machen sich diese Sande und Gerölle durch ihre helle Farbe kenntlich, welche sich selbst bei be- deutender Mächtigkeit durch die ganze Ablagerung hindurchzieht: Ein Beweis, dass diese Entfärbung nicht durch von oben her eingedrungene Umwandlungen erklärt werden kann. Bleichsande nennt man sie deshalb. Diese pliocänen Flussschotter treten zwar in ihrer oberfläch- lichen Verbreitung gegen die diluvialen Kiese und Sande zurück, sie sind aber, wie SCHUMACHER ausführt, an sehr zahlreichen einzelnen Punkten nachgewiesen worden, stellenweise bis an den Rand der Rheinebene herantretend. Sie mögen noch jetzt unter der diluvialen Decke, von welcher sie verhüllt sind, eine weite Verbreitung besitzen. Früher kam ihnen gewiss eine solche zu, sie haben auch wahr- scheinlich die Rheinniederung bedeckt. ! Bulletin soc. g&ol. France. 3. serie. t. XIII. 1885. Paris. S. 59 pp. 2 Ebenda. t. XV. 1887. S. 79. ® Schumacher, Die Bildung und der Aufbau des oberrheinischen Tiet- landes. Mitteil. d. Komm. f. d. geol. Landesuntersuchung v. Elsass-Lothringen. 1890. Bd. II. S. 183—401. — Schumacher, Über die Gliederung der pliocänen und pleistocänen Ablagerungen im Elsass. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1892. Bd. XXXXIV. 8. 828—838. — van Werveke, Über das Pliocän des Unter- Elsass. Mitteil. d. geol. Landesanstalt v. Elsass-Lothringen. 1892. Bd. II. S. 139 --157. — Andreae, Ein Beitrag zur Kenntnis des Elsässer Tertiärs. Abhandl. z. geol. Specialkarte v. Elsass-Lothringen. 1884. Bd. II. S. 320 u. 321. — Andreae und van Werveke, Erläuterungen zu Blatt Weissenburg. 1892. S. 67—72. Citiert nach Schumacher. sah Der Gedanke liegt nahe, sie mit dem ebenfalls für pliocän ge- haltenen Deckenschotter der Schweiz und der schwäbisch-bayrischen Hochebene in Parallele zu stellen, welche sich aus der Schweiz nordwärts bis in den Sundgau hinein verbreiten. Um so näher sogar liegt dieser Gedanke, als auch dieser Deckenschotter sich entfärbt hat, indem seine Feldspäte kaolinisiert sind und er des Kalkgehaltes beraubt ist. Trotzdem aber ist SCHUMACHER der Ansicht, dass die pliocänen Bleichsande des Unter-Elsass älter sind als der Deckenschotter und dass letzterer gleichalterig ist mit dem, was man als ältestes Diluvium im Unter-Elsass bisher auffasst. Erweist sich daher das pliocäne Alter des Deckenschotters als wirklich zu Recht bestehend, dann wird man später auch jene ältesten „Diluvial“-Schotter des Unter- Elsass in das Pliocän stellen müssen. In neuester Zeit ist ferner eine Arbeit von pu PAsquIER er- schienen, welche gleichfalls zu dem Ergebnisse gelangt, dass die ältesten Flussschotter der Nordschweiz dem Pliocän angehören. Diese schweizerischen Flussschotter sind deswegen besonders merkenswert, weil sie auf das engste mit den einstigen Gletscher- erscheinungen dieses Landes verknüpft sind. Da nun auch für Württemberg die weitere Frage einer einstigen Vergletscherung der Alb wegen ihrer Beziehung zu der engeren Frage einer Mitwirkung der Gletscher bei Ablagerung unserer vulkanischen Tuffe ins Auge gefasst werden musste; da ferner das Gebiet der Schweiz dem un- serigen verhältnismässig nahe gelegen ist; da sodann auch in dem ebenfalls uns benachbarten südlichen Baden STEINMAnN an nu Pas- quier’s Untersuchungen anknüpft und ebenso E. Fraas für Nord- Württemberg auf dieselben Bezug nimmt; da endlich Penck schon vor Du Pasauier für Oberbayern, in neuester Zeit auch für Ober- schwaben, zu Anschauungen gelangte, welche sich mit denjenigen des letzteren decken, so ist behufs sorgfältiger Prüfung der Frage, ob Gletscher bei der Bildung unserer Tuffbreccien überhaupt mit- wirken konnten, zunächst eine genauere Erörterung dieser Verhält- nisse erforderlich. Eine umfassende Darlegung der Verknüpfung von Moränen und Flussschottern und eine vorzügliche Übersicht über die Entwickelung unserer diesbezüglichen Anschauungen gab Pexck'. Er zeigte, wie ! Die Vergletscherung der deutschen Alpen. Gekrönte Preisschrift. Leipzig bei Barth, 1882. S. 129 pp. u a bereits 1844 Branchet!' zum ersten Male mit voller Bestimmtheit die Ansicht geäussert habe, dass in den Alpen Geröllablagerungen und Moränen zu einander in Beziehung stehen. „Moränen und ge- schichtete Ablagerungen bilden ein einheitliches Ganze, sie beide zusammen bauen die Glacialformation auf,“ das ist die Erklärung, zu welcher Penck gelangt. Er nennt daher derartige Flusskiese „fuvioglaciale“ Schotter. In dem von ihm untersuchten Gebiete der deutschen Alpen und ihres nördlichen Vorlandes unterscheidet PEnck ausser den in den Flussthälern, bezw. an deren Gehängen, auftretenden zwei ver- schiedenen Kies- oder Schotterterrassen noch einen „Deckenschotter“, wie er die sonst als „diluviale oder löcherige Nagelfluh“ bezeichneten Flusskiese nennt. Dieser Deckenschotter bildet in dem nördlichen Vorlande der Alpen eine zwischen Iller und Lech sogar bis an die Donau sich ausbreitende weite Decke, in welchen die Flüsse ihre Betten gegraben haben. Dieselbe ist eine echte Flussbildung; ent- standen dadurch, dass die den Alpen entströmenden Flüsse unablässig ihre Betten verlegten und ihre Schottermassen auf solche Weise weithin ausgossen. Da dieser Deckenschotter, ganz ebenso wie die Terrassenschotter, erratisches Material führt, so ist er nach Prxck (l. c. S. 303) gleich- falls eine echte Glacial-Flussanschwemmung und dient als Beweis dafür, dass vor und während seiner Ablagerung bereits eine älteste Vergletscherung bestand. Nach Pernck’s früherer Auffassung ist der Deckenschotter jedoch noch diluvialen Alters, wogegen pu PAsquiEr ihn für die Nordschweiz in das Pliocän verweist. Welcher Art sind nun die Beziehungen dieser fluvioglacialen Schotter zur Eiszeit? Nach den Untersuchungen von PEnck und nu Pasqvier haben wir in Österreich, Bayern und der Nordschweiz die Beweise für drei aufeinanderfolgende Vergletscherungen. Hand in Hand mit dem thal- abwärts erfolgenden Vordringen des Eises ging natürlich stets auch ein solches grosser Gesteinsmassen, der Moränen. Durch die jedes- maligen Schmelzwasser wurde dann dieser Moränenschutt dreimal thalabwärts geschwemmt, dabei gerollt, seiner polierten und gekritzten Oberfläche beraubt, und in den Thälern abgesetzt. So erhalten wir aufeinanderfolgend den Decken-, den Hochterrassen-, den Nieder- terrassenschotter. Ein jeder dieser drei Flussschotter ist die Folge 1 Terrain erratique alluvien du bassin du Leman. Lausanne 1844. S. 8. Ich eitiere nach Penck S. 271. 1088. einer der drei Vergletscherungen. Wie nach pu Pasquier die älteste dieser letzteren schon oberpliocänen Alters sein soll, so wäre das auch der aus deren Moränen hervorgegangene Deckenschotter, die löcherige Nagelfluh. Die beiden anderen Vergletscherungen, also auch die beiden aus deren Moränen hervorgegangenen Schotter, sind dilavial. In solcher Weise sind die Flussthäler dreimal hintereinander während der drei Vergletscherungen durch Schottermassen angefüllt geworden. In den zwischen jenen drei Vergletscherungen liegenden beiden Interglacialzeiten und in der postglacialen Epoche haben wir dagegen drei Perioden der Wiederausfurchung dieser Thäler; denn wenn die Gletscher sich zurückziehend abschmolzen, also immer weniger Moränenzufuhr erfolgte, während gleichzeitig immer mehr Schmelzwasser entstand, mussten diese Schmelzwasser, welche vor- her ablagernd, auffüllend gewirkt hatten, nunmehr nach ihrer Ver- mehrung wieder eine abtragende, ausfurchende Thätigkeit entfalten. Es scheint, als wenn die älteste Intraglaciale- bezw. Erosionszeit viel länger dauerte, als die zweite. Im allgemeinen waren dieselben Thalläufe, welche wir heute besitzen, bereits zur, wie pu Pasavier will, pliocänen Zeit der ersten Vergletscherung vorhanden, so dass Auffüllung und Wiederausfurchung je dreimal immer wieder in denselben Thalrinnen erfolgte. Nur aus- nahmsweise brach das Schmelzwasser sich hier und da ausserhalb des alten, mit Schotter erfüllten Flusslaufes eine Bahn. Aber die Tiefe dieser Thalrinnen war nicht stets dieselbe. Zur Zeit der ältesten Vergletscherung stand die Ausfurchung der Alpenthäler noch weit hinter ihrer heutigen Tiefe zurück, wie das aus den Gesteinsarten des Deckenschotters hervorgeht. Im Rheinthale lag die Thalsohle möglicherweise 80—100 m höher als jetzt. Wie tief die Thäler waren, welche dann die zweite Vereisung antraf, ist fraglich. Es scheint indessen, dass sie auch damals bereits ziemlich tiefe Rinnen bildeten. Dieselben wurden nun etwa 100 m hoch mit Schotter angefüllt. Zur Zeit der letzten Vereisung waren jedenfalls die grossen Thäler der Nordschweiz bereits ebenso tief wie heute; so dass also die jetzigen Gewässer sich erst bis zur Thalsohle dieser früheren durch deren Schotterausfüllung hindurch eingeschnitten haben. Indem nun bei diesem dreimaligen Einschneiden und Ausgraben immer Fetzen der bisherigen Schotterausfüllung an den Thalgehängen bezw. oben auf den Bergen liegen blieben, erhielten wir übereinander in dreifach verschiedener Höhenlage den Decken-, Hoch- und Nieder- terrassenschotter. ge Nachdem wir das Obige vorausgeschickt haben, wird es nun leichter sein, das im folgenden zu beschreibende Verhalten dieser drei Schottermassen zu verstehen. Eine bemerkenswerte Eigentümlichkeit der Niederterrassen in der Nordschweiz ist es, dass in der Regel die grössten Gerölle nur wenig, 1—3 m, unter der Oberfläche der Terrasse liegen; in den unteren Teilen der letzteren finden sich dagegen vorwiegend kleine Gerölle!. Auch im Diluvium der Thäler des Schwarzwaldes lässt sich nach Schw? das gleiche Verhalten erkennen. Verfolgt man nun diesen Niederterrassenschotter thalaufwärts, so beginnt mit der Annäherung an die Moränen der letzten Vereisung, aus denen er hervorging, in dem Schotter, und zwar in seinen höchsten Lagen, zunächst eine Beimengung von Gesteinen geringerer Abrollung. Der Prozentsatz dieser mehr eckigen Stücke nimmt bei noch weiterer Annäherung zu; und etwa 3—6 km unterhalb der Moräne stellt sich eine wahre Blockfacies der Schotter ein, indem mitten im groben Kiese kleine erratische Blöcke und scharfkantige Geschiebe auftreten. Aber selbst noch recht nahe unterhalb der Moränen wird man sich doch vergeblich bemühen, gekritzte Geschiebe im Terrassenschotter zu finden. Dieses Merkmal der Abstammung aus der Moräne wird also sehr schnell im Flusse abgerieben ®, wie das auch Prxck hervor- hebt \(l..e: 8.132). Ganz nahe an der Moräne endlich geht die Oberfläche dieses Niederterrassenschotters durch einen etwas steiler geneigten „Über- gangskegel“ in die Moräne über, so dass sich hier eine scharfe Grenze zwischen der letzteren, rein glacialen und der ersteren fluvioglacialen gar nicht mehr ziehen läst. Dieser Niederterrassenschotter gehört also der letzten Vereisung an. Mindestens gilt das von seinen höheren Lagen, denn seine unteren Schichten unterteufen noch die Moräne. Während die geschilderte Niederterrasse eine ebene Oberfläche darbietet, ist das bei der in höherem Niveau befindlichen Hochterrasse nicht der Fall. Die Oberfläche dieser letzteren ist vielmehr uneben, sie besitzt Erhöhungen und Vertiefungen. Da sie ferner mit Gletscher- schutt, einer Grundmoräne, bedeckt ist, so wird klar, dass jene Un- ebenheiten erst nach ihrer Bildung und zwar dadurch entstanden, ! L&on du Pasquier, Über die fluvioglacialen Ablagerungen der Nord- schweiz. S. 24. Bern 1891. Beiträge z. geol. Karte d. Schweiz. ® Geologische Beschreibung der Umgebung von Waldshut. S. 23. Karls- ruhe 1866. ® Ebenda. S. 25. —. 590. — dass sich ein Gletscher über ihre Oberfläche fortbewegte. Ein drittes Merkmal bildet sodann der Löss bezw. Lösslehm, welcher seinerseits wieder über dieser Moräne liegt. So haben wir denn: von oben nach unten auf diesen Hochterrassen das folgende Profil: Lösslehm, Grundmoräne der vorletzten Vereisung, Hochterrassenschotter. Auch im südlichen Baden giebt Srtemmann' eine ähnliche La- gerung an. Da nun diese Grundmoräne der vorletzten Vereisung angehört, so folgt, dass der unter ihr liegende Hochterrassenschotter älter als diese sein muss, zum Teil ist er ihr auch gleichalterig, da er aus ihren Moränen hervorgegangen ist. Vorher sahen wir, dass der Niederterrassenschotter gleichalterig (bezw. zum Teil etwas älter) mit der letzten Vereisung ist. Mithin ist der höher liegende Hoch- terrassenschotter älter als der tieferliegende Niederterrassenschotter. Es liegt also nicht etwa die höhere Terrasse auf der niederen, sondern die niederere ist in die höhere eingesenkt. In dem in Rede stehenden Hochterrassenschotter der Nord- schweiz wurden bisher noch keine organischen Reste gefunden. Dagegen zeigten sich im Niederterrassenschotter Elephas primigenius und Bos primigenius. Nun giebt es, wie wir sahen, ausser dem Nieder- und dem in höherer Lage befindlichen Hochterrassenschotter noch eine dritte, in abermals höherer Lage auftretende Schottermasse: die löcherige Nagelfluh, der Deckenschotter Prncr’s. Trotz ihres anderen Namens, ihrer deckenartigen Ausbreitung, ihrer häufig infolge des höheren Alters zerfressenen und hohl gewordenen Gerölle und ihrer nicht seltenen Cementierung ist diese Nagelfluh doch, wie Penck zeigte, in ganz gleicher Weise ein Flussschotter wie jene beiden; und zwar ebenfalls ein fluvioglacialer, weil er auch erratische Gesteine führt. In der Schweiz erklärte man den Deckenschotter bisher all- gemein für diluvialen Alters und meinte wohl, dass er seitlich von den Gletschern, auf Bergrücken sich gebildet habe. Da derselbe an vielen Stellen von Moränen der vorletzten Vereisung überlagert wird, so muss er zum Teil bereits beim Vorrücken der Gletscher dieser . vorletzten Vereisung vorhanden gewesen sein. Da er aber selbst ! Die Moränen am Ausgange des Wehrathals. Bericht üb. d. 25. Vers. d. oberrhein. geol. Vereins zu Basel. Separatabdruck S. 3 und Profil. — 9dlı auch gekritzte Geschiebe und grosse erratische Blöcke enthält, welche auf eine grosse Nähe von Gletschern zur Zeit seiner Bildung deuten, so meint pu Pasquier, dass wir hier den Beweis einer vorvorletzten dritten Vergletscherung vor uns haben. Ganz dieselben Verhältnisse also, welche in dem östlicher gelegenen Teile der Alpen und ihres Vorlandes Prxnck zur Annahme einer dreifachen Vergletscherung be- wogen, walten auch im Vorlande der westlicheren Alpen vor. Für die Bestimmung des Alters dieses Deckenschotters fehlt, ganz wie beim Hochterrassenschotter, jeglicher palaeontologische An- haltspunkt. Der einzige Umstand, dass SchirL im Deckenschotter Helix hispida fand, beweist nur, dass derselbe nicht älter als pliocän sein kann. Lediglich die Vergleichung mit benachbarten Bildungen, welche in dieser Beziehung mehr begünstigt sind, vermag uns An- haltspunkte für die Beurteilung des Alters zu geben. Oberbayern lässt uns im Stiche, da hier gleichfalls keine or- ganischen Reste im Deckenschotter gefunden worden sind. Wohl aber ist das im Rhönethal der Fall. In der Umgegend von Lyon werden nach Fontannes! und Deraronn ? gleichfalls drei verschiedene, terrassenbildende Schottermassen unterschieden. Die älteste der- selben, die Alluvion des plateaux, enthält bei Lyon Elephas meri- dionalis und Mastodon arvernensis. Es scheint, dass sie gleichalterig ist mit den höchsten Terrassen, welche Drraronp im Rhönethal unterscheidet. Diese sind in die blauen Mergel des Oberpliocän eingesenkt und führen gleichfalls Mastodon arvernensis. Es handelt sich hier also um oberpliocäne Bildungen und wenn der Decken- schotter mit diesen gleichalterig ist, wie das pu Pasquier will, so gehört er gleichfalls dem Oberpliocän an. Demzufolge fiele dann auch die ihm gleichalterige oder zum Teil schon vorhergegangene älteste der drei Vergletscherungen in diese Zeit. Auch die Armut an Sernifitgesteinen im Deckenschotter, welche letztere in den jüngeren Schottern sehr häufig sind, spricht dafür, dass die Ablagerung des- selben in ziemlich ferne Zeit zurückreicht. Wir haben damit die Verhältnisse dieser drei fluvioglacialen Schottermassen betrachtet. Für eine etwaige Nutzanwendung dieser Dinge auf die schwäbischen Verhältnisse ist es nun aber nötig, ganz genau alle Eigenschaften zu kennen, durch welche ein solcher glacialer Flusskies gegenüber allen anderen nicht glacialen ausgezeichnet ist, ! Bulletin soc. g&ol. France. t. XIII. 1884. S. 59. 2 Ebenda. t. XV. 1886. S. 65. ago durch welche er also seine Abstammung aus Moränen sicher verrät. Gesteinsmassen, welche sicher als Moränen erkennbar wären, fehlen, wie wir sahen, in unserem vulkanischen Gebiete von Urach und seiner Umgebung. Nun wäre es ja aber denkbar, dass früher in demselben vorhanden gewesene Moränen später gänzlich zerstört und ihr Gesteinsmaterial zu solchen fluvioglacialen Schottermassen um- gelagert worden wären; so dass wir aus dem jetzigen Vorhanden- sein dieser letzteren auf das einstige jener ersteren zurückschliessen könnten. Nach pu PasqauiEer „sind die physischen Merkmale eines Glacial- schotters, die jede Alluvion besitzen muss, welche als fluvioglacial gedeutet wird,“ die folgenden: 1) Zunächst ist es die Wechsellagerung von Schotter und Mo- räne in den der letzteren zunächst liegenden Teilen des Schotters. Ein derartiges Merkmal fehlt allen Flusskiesen unserer Gegend durchaus, denn es sind eben keine Moränen vorhanden. 2) Beim Hoch- und Niederterrassenschotter findet eine Zunahme der Grösse der Gerölle nach oben hin statt. Dieses Merkmal, welches nach nu PasQuier „charakteristisch“ für Auvioglaciale Kiese ist, scheint bei unseren Schottern nicht nur nicht vorhanden zu sein, sondern eher in das Gegenteil umzuschlagen. DErFrwer berichtet z. B. über Grabungen im Neckarthale bei Esslingen, welche ergaben, dass die Grösse der Gerölle im Flusskiese gerade in den untersten Schichten eine sehr viel bedeutendere als in den oberen war!. Die Rollsteine erreichten am Boden der Ablagerung Centnerschwere, wie solche den heutigen Neckargeröllen dieser Gegend gar nicht mehr zukommt. Ganz dieselben Verhältnisse zeigten sich beim Bau der Eisenbahn- brücke über die Lauter bei Wendlingen. 3) Wichtiger ist das Auftreten von übermässig grossen eckigen Blöcken mitten in einem Kiese von geringer Korngrösse. Es ist mir nichts von derartigen Vorkommnissen in unserem schwäbischen Gebiete bekannt; auch in den Begleitworten zu den einzelnen Blättern finde ich nichts Derartiges hervorgehoben. Ich muss es daher da- hingestellt sein lassen, ob dieses Merkmal sich in unserem Gebiete finden könnte. 4) Entscheidend für die glaciale Natur eines Flusskieses ist aber nur das erratische Vorkommen von Geschieben. D. h., ent- scheidend ist allein das Auftreten von Gesteinen, welche an ihre ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. 3. 46. sn jetzige Stelle nur gelangt sein können, nachdem sie einen Höhen- rücken oder ein Wasserbecken überschritten hatten; oder das Vor- kommen von so weichen Gesteinen, welche an ihre jetzige Lager- stätte durch einen langen Wassertransport gar nicht gelangen konnten, ohne zu Sand und Schlamm zerrieben zu sein. Gerade dieses, nach pu Pasquier einzig entscheidende Merkmal aber versagt vollständig, wenn wir unsere Schottermassen daraufhin prüfen. Zunächst ein- mal fehlen Gesteine solcher Art, welche über trennende Höhenrücken oder Wasserbecken verfrachtet sein könnten. Unsere Schotter führen nur Jurakalke, Muschelkalk und Buntsandstein, und für das Auf- treten dieser giebt es allerorten eine Erklärung einfach durch den Wassertransport. Das Fehlen dieses wichtigsten Merkmales aber ist in unserem Sonderfalle nicht entscheidend, weil bei uns die Verhältnisse viel schwieriger liegen wie in der Schweiz. Du Pasquier hat ein Land vor Augen, in welchem, wie in den Alpen, durch die Verschiedenartigkeit der Gesteine leicht die Fremdlingsnatur derselben in einem bestimmten Ge- biete nachzuweisen ist. Wir haben eine eintönige Hochfläche, die Alb, welche infolge wagerechter Schichten- lage und Tafelbergbildung nur aus Weiss-Jurakalken besteht. Wie soll man da entscheiden, ob ein Stück dieses Kalkes, welches auf dem Ostende der Alb liegt, aus nächster Nähe oder von dem weit entfernten Westende derselben herstammt? Oder wie soll man im Vorlande der Alb einem Weiss-Juragerölle ansehen, welchem Ende der Hochfläche es entnommen ist? Man sieht, die Prüfung führt zu keiner Entschei- dung, welche durchaus endgültig zweifellos genannt werden könnte. Am Schlusse des vorigen Kapitels er- gab sich, dass als solche erkennbare Moränen oben auf derAlbnichtvorhanden sind!. Am Schlusse dieses findet sich, dass das Dasein etwaiger umgearbeiteter Moränen, fluvioglacialer Schotter, sich nirgends ver- rät. Eine ehemalige Vergletscherung der Alb wird damit noch weniger wahrscheinlich. Aber eine zweifellose Gewissheit lässt sich bisher nicht erzielen; denn wenn die Alb ihre eigene Eiskappe besessen hätte, wenn also die Grundmoräne dieser lediglich aus Weiss-Jurakalk gebildet worden wäre, dann könnte ! Natürlich abgesehen vom 8.-Rande. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1394. 38 ER >> diese Grundmoräne, nun zersetzt, dem Verwitterungsboden der Alb ähnlich sehen und die aus dieser hervorgegangenen fluvioglacialen Schotter könnten gewöhnlichen Flussschottern völlig gleichen. Ein entscheidendes Merkmal aber giebt es doch, welches freilich sehr mühsam in seiner Anwendung ist. Die Oberfläche der Alb wird durch Kalke verschiedener Weiss-Jurastufen gebildet. Ist sie nur von Verwitterungsboden bedeckt, so darf z. B. auf # nur -Kalk im Lehm liegen; auf { nur [-Kalk u. s. w., soweit solche Stücke nicht etwa von umliegenden Höhen herabgerollt sein können. Ist dagegen eine Grundmoräne vorhanden, so müssen z. B. auf £ auch Kalkstücke von y, d, &, { liegen und umgekehrt. Mir ist solch Verhalten nicht bekannt. Sind die ältesten Flussablagerungen des Neckars in unserem Gebiete pliocänen Alters? Höhen, bis zu welchen in Württemberg alte Flussablagerungen über die heutige Thalsohle ansteigen. Höhen, bis zu welchen diluviale Tierreste in diesen Ab- lagerungen gefunden wurden. Wahrscheinlicher sind die höchstgelegenen Neckar- schotter in unserem Gebiete, zwischen Plochingen und Horb, diluvial. Gegen- seitiges Längenverhältnis der Zeiträume Mittelmiocän + Pliocän zu Diluvium — Alluvium, geschlossen aus der Rückzugslinie des NW.-Randes der Alb. Im vorhergehenden Abschnitte haben wir gesehen, dass es an einer ganzen Anzahl von Orten — in Norddeutschland, Thüringen, Elsass, Schweiz, Frankreich — Flussschotter giebt, welche früher für diluvial gehalten wurden, jetzt aber als jungpliocän erkannt worden sind. Für die Beurteilung der zu mittelmiocäner Epoche noch stattgefundenen Ausdehnung der Alb über den Neckar hinüber ist es nun wünschenswert festzustellen, ob auch die ältesten Schotter auf den, den Neckar begleitenden Liashöhen ebenfalls noch jüngst- pliocänen Alters sind. Ist nämlich letzteres der Fall, dann ist damit der Beweis geliefert, dass in der jüngstpliocänen Epoche die Alb bereits von diesen Neckarhöhen abgewaschen war. Wir würden damit einen Anhaltspunkt gewinnen für die verhältnismässige Länge der beiden Zeiträume, welche lagen zwischen der mittelmiocänen bis zur jüngstpliocänen Epoche und zwischen der letzteren bis zum Heute. Denn es müsste ja der gegen SO. zurückweichende nordwestliche Steilrand der Alb in diesem Falle in dem ersten der beiden Zeit- abschnitte von der Stuttgarter Gegend bis südlich vom Neckar zurückgewichen sein; und’ in dem zweiten Zeitabschnitte von da bis zum heutigen Verlaufe desselben. Der erstere Zeitraum müsste — 1595 — mithin ein längerer sein als der letztere, da erstere Strecke länger ist als letztere. Wir wollen zunächst feststellen, bis zu welchen Höhen sich alte Flussablagerungen des Neckars und seiner Nebenflüsse über deren heutiger Thalsohle erheben. Wie in zahlreichen anderen Gegenden, so finden wir auch in Schwaben diese Bildungen in der Weise entwickelt, dass die Schotter- massen häufig von Lehm bedeckt werden. Auf vielen Höhen längs des Neckars sind auf solche Weise die Gerölle ganz unter der Lehm- decke verborgen!. Der Lehm kann fehlen; wo er aber vorhanden ist, da liegt er stets über, nie unter dem Schotter. Auch der Schotter kann unter dem Lehm fehlen; dann liegt der Lehm auf älterem Gebirge. Verfolgen wir nun die Höhenlage der Schotter beim Neckar und einigen Nebenflüssen desselben, so ergiebt sich das folgende Bild: Auf Blatt Tuttlingen, westlich von Denkingen, liegt auf den „Hohenberg“ genannten Feldern eine grosse Menge von Geröllen, welche dem Jura, Muschelkalk und Buntsandstein angehören ?. Dieser Flussschotter, welcher also ganz so zusammengesetzt ist wie der heutige Neckarkies, liegt etwa 270 Fuss über dem Spiegel der Prim, welche oberhalb Rottweil in den jugendlichen Neckar mündet. Auf den Höhen um Rottenburg, oberhalb Tübingen, sind die alten Flussschotter durch ein thonig-sandiges Bindemittel zu einer Art Nagelfluh verbunden, welche jähe Felswände bildet. Sie liegen gegen 300 Fuss über dem-heutigen Wasserspiegel und sind dadurch gekennzeichnet, dass der Buntsandstein unter den Geröllen noch fehlt. Anders verhalten sich die tiefer gelagerten Schotter, wie z. B. im Salzgarten, südöstlich von Tübingen. Diese nur bis zu 100 Fuss über dem heutigen Spiegel liegenden Flussablagerungen bestehen, ganz wie der heutige dortige Neckarkies, vorherrschend aus Muschel- kalk mit Buntsandstein ’°. Am Galgenberge bei Tübingen findet man die alten Gerölle der in den Neckar fliessenden Steinlach in 200 Fuss Höhe über dem heutigen Wasserspiegel. Unterhalb Tübingen, bei Unterboihingen *, fliesst die Kirchheimer Lauter in den Neckar. Die ganze linke Seite dieses Lauterbaches ı Vergl. OÖ. Fraas, Begleitworte zu Blatt Stuttgart. S. 14. 2 Begleitworte zu den Blättern Tuttlingen, Fridingen, Schwenningen. 1881. S. 33. ® Begleitworte zu Blatt Tübingen. 1865. S. 14. * Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 45. — 896 ı — ist mit alten Kiesablagerungen überschüttet, welche sich bis zu 200 Fuss Höhe über das Lauterthal hinaufziehen. Ebenso finden sich in jener Gegend auf den den Neckar begleitenden Höhen alte Flussgerölle gegen 200 Fuss über der jetzigen Thalsohle. Lauter und Neckar scheinen einst über die Hochfläche von Köngen direkt nach Oberesslingen geflossen zu sein; denn alte Kiese derselben liegen dort oben, bis zu 270 Fuss über der Thalsohle des Neckars. Noch weiter abwärts, in der Nähe von Plochingen, gehen nach DeErrner alte Weiss-Jurageröllmassen des Neckars bis auf die Höhe des Schurwaldes'!; das wären sogar etwa 5—600 Fuss Höhe über der Thalsohle! Südlich von Plochingen fällt die Fils in den Neckar. An den Gehängen dieser Fils ziehen sich alte Flussschotter östlich von Göppingen und nördlich vom Stadtbach bis gegen 100 Fuss Höhe hinauf und im Steinigterrain, südwestlich Salach, steigen sie 136 Fuss über den nahen Filsspiegei an? Abermals weiter stromabwärts finden sich? über dem Neckarbette alte Flusskiese am Rosenstein in 80 Fuss, auf dem Freiberg bei Mühlhausen in 189 Fuss, am Wiesenhäuser Hof in 208 Fuss Höhe. Auf den die Enz begleitenden Höhen reichen sie bis in eine Höhe von 335 Fuss an anderen Orten bis 400 Fuss über den Enzspiegel hinauf‘. Noch weiter Neckar- abwärts, am Schrambügel bei Gundelsheim, liegen alte Flusssande, die sich in das badische Gebiet hinein fortsetzen bis zu 450 Fuss Höhe über dem Neckarspiegel. Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergiebt sich, dass im Gebiete des Neckars alte Flussablagerungen sich bis zu 150 und mehr Meter Höhe über der jetzigen Thalsohle finden. Es ist nun weiter unsere Aufgabe, festzustellen, bis in welche Höhe über der heutigen Thalsohle sich in diesen alten Flussbildungen Reste diluvialer Tiere finden. Schon im Jahre 1851 giebt Jäger eine stattliche Reihe von Fundorten diluvialer Säugetiere an, welche sich in den Flussablage- rungen des Neckars gefunden haben und äussert sich über diese etwa in der folgenden Weise: „Das Flussgebiet des Neckars wird begleitet von seinem Ur- ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 44. ® Begleitworte zu Blatt Göppingen. S. 15. ° Begleitworte zu Blatt Stuttgart. S. 14. * Begleitworte zu Blatt Stuttgart. S. 14, zu Blatt Besigheim und Maul- bronn. 8. 20. Nas Ne sprunge an durch eine stattliche Reihe von Fundorten diluvialer Säugetiere: Schwenningen, Rottenburg, Tübingen, Reutlingen, Geis- lingen, Weilheim, Oberensingen, Untertürkheim, Cannstatt, Stuttgart, Münster, Waiblingen, Plüderhausen, Beutelsbach, Schorndorf, Marbach, Mundelsheim, Bietigheim, Heilbronn, Weinsberg, Schwäbisch-Hall, Steinkirchen, Hohenlohe-Kirchberg a. d. Jagst.“ Ganz vorwiegend fanden sich an diesen Orten Reste von Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Bos primigenius und Equus'. Die Zahl dieser Fundorte ist allmählich noch erweitert worden. Allein da man überhaupt erst in neuerer Zeit eine Gliederung der diluvialen Flussablagerungen vorgenommen hat, so fehlen hier, wie auch in anderen Ländern, bei diluvialen Tierresten meistens genaue Angaben über die Höhe innerhalb der Ablagerungen, in welcher diese Reste gefunden wurden. Wir können dies daher nur bei einem klemen Teile derselben feststellen. Ich will in der Gegend von Tübingen beginnen. Dort liegen alte Flussschotter selbst bis zu 100 m (Rottenburg) über der heutigen Thalsohle. Die Reste diluvialer Tiere aber sind nicht in ersteren gefunden worden, sondern mehr in der letzteren. So spricht QuEN- stept? von den Backenzähnen des Elephas primigenius, welche „zu- weilen von Badenden im Kiese des Neckarbettes, auf das trefflichste erhalten, gefunden werden“. An anderer Stelle spricht sich Qurnx- stept? über diese Verhältnisse auf Blatt Tübingen etwas eingehender mit folgenden Worten aus: „Diluvium mit Mammutsknochen findet sich mehr in den Thälern, als Kies und Lehm...“ Ganz unten, „da we die Flut den Boden schürfte, nicht selten noch ganz in den Keuper versenkt“, liegen die ältesten Mammutknochen; dann kommen sie aber auch in höheren Schichten (nämlich des Schot- ters)... vor, selbst im Bette des Neckars wurde ein prachtvoller Zahn gefunden“ (bei Rottenburg, 1 Stunde oberhalb Tübingen). Aus dem Gesagten folgt als zweifellos, dass diese Reste bei Tübingen im Schotter der Thalsohle liegen, dass also der Neckar in diluvialer Zeit bereits zu derselben Tiefe das Thal ausgegraben hatte, in wel- chem er heute fliesst. Möglicherweise besass er in diluvialer Zeit ı Jäger, Über die Fundorte fossiler Überreste von Säugetieren. Diese Jahresh. Bd. VII. 1851. S. 176. ? Das mineralogische und geogmostische Institut der Universität Tübingen. Tübingen bei Laupp 1889. S. 5. ® Begleitworte zu Blatt Tübingen. 1865. 8.14. _ * Der Keuper bildet bei Tübingen den Thalboden. — 598 — sogar schon ein etwas tieferes Thal als heute!. Derrner berichtet nämlich, dass man beim Ausheben des Wasserkanales der Baum- wollspinnerei zu Esslingen überall eine 1'/,—3 m mächtige Kies- schicht antraf. In dieser fand man Gerölle bis zu Centnerschwere, also von einer Grösse, wie sie der Neckar heute dort nie mehr schiebt. Diese 1'/,,—3 m mächtige Kiesschicht ist also wohl schon in der Diluvialzeit vom Neckar dort abgelagert worden; und der heutige Fluss hat sie noch nicht aus seinem Thale entfernt. Gehen wir nun von Tübingen aus stromaufwärts bis nahe an die Quelle des Neckar, so ergiebt sich hier Gleiches. Wiederum wurden in der Sohle des Neckarthales, dicht unterhalb Schwenningen, im Flusskiese Reste von Eleph. primigenius, Rhinoe. tichorhinus etc. gefunden ?. Wenden wir uns umgekehrt von Tübingen aus stromabwärts, so kommen wir an die berühmte Fundstelle bei Cannstatt. Hier wurden Reste diluvialer Säuger, besonders des Mammut, in überaus grosser Zahl gefunden; z. T. im Schotter, vor allem aber im Lehm. Im letzteren? fand man sie in einer Tiefe von 10—18, selbst auch bis 28 Fuss, unter der Oberfläche desselben. In liebenswürdiger Weise gab mir Herr Kollege E. Fraas die folgende nähere Auskunft in Bezug auf Funde, welche er selbst an Ort und Stelle zu beobachten Gelegenheit hatte. Derselbe fand bei Cannstatt Zähne im typischen Hochterrassenschotter, und zwar an der Ziegelei von Münster, 50 m über dem Spiegel des Neckars*, am Sulzerrain 40 m°. Eine grosse Ausbeute an Mammut, Rhinoceros, Bos primigenius u. s. w. ergab sich am Bahneinschnitte oberhalb der Uffkirche im Lehm, an dessen Sohle ein kleines Kieslager auftritt; die Höhe über der Thalsohle betrug hier 20—40 m. Die zahlreichen diluvialen Knochen und Zähne, welche 1860 bei Stuttgart ausgegraben wurden’, fanden sich dagegen, nicht wie dort mitten im Lehm, sondern unter demselben in dem aus Keuper ' Begleitworte zu Blatt Kirchheim u. T. S. 46. ? Begleitworte zu den Blättern Tuttlingen, Fridingen, Schwenningen. 1881. S. 32. s Jäger, Über die Fundorte von fossilen Säugetieren. Diese Jahresh. Bd. VII. 1851. S. 169. Ferner OÖ. Fraas, Die Mammut-Ausgrabungen zu Cann- statt im Jahre 1700. Ebenda. Bd. XVII. 1861. S. 112. * Meereshöhe 260 m; Spiegel des Neckars 210 m. ° Meereshöhe 250 m; Spiegel des Neckars 209 m. ® Meereshöhe 230—250 m; Spiegel des Neckars 208 m. ” Begleitworte zu Blatt Stuttgart. S. 12. — 599 — bestehenden Gehängeschutt, welcher dem Keuper auflagert. Schon im Jahre 1845 berichtet v. SEYFFER über solche Erfunde auf dem Rosenstein bei Stuttgart. Dort liegen, wie er sagt, diluviale Schichten auf dem Keuper, welche dessen Mulden ausfüllen. Nicht nur in diesen, sondern auch im Thale selbst hat man diluviale Schnecken und Mammutreste gefunden. Gleichfalls im Lehm bezw. Löss fanden sich Reste von Elephas primigenius, Cervus megaceros etc. in der Gegend von Heilbronn, Lauffen, Bietigheim?. Es sind das Gebiete, in welchen der Lehm eine ungemein grosse, bis 50 Fuss erreichende Mächtigkeit besitzt. Derselbe lagert dort in der Regel auf Geröllen, bisweilen auch un- mittelbar auf dem triassischen Grundgebirge. Herr E. Frass fand sie bei Bietigheim, der nach Cannstatt und Stuttgart nächstreichen Fundstätte, unten im Bette der Enz; bei Heilbronn im Hochterrassen- schotter bis zu 45 m über dem Neckarspiegel. Ähnliches folgt aus der dem unten Vermerkten entnommenen Angabe, dass eine Kies- grube an der Landstrasse von Heilbronn nach Schwaigern den Backen- zahn von Elephas primigenius lieferte?. Diese Kiesgrube kann nur in dem Schottergebiete zu suchen sein, welches sich auf dem linken Thalgehänge des Neckars befindet und etwa 25—30 m über der heutigen Thalsohle liegt. Mit diesen verhältnismässig geringen Angaben endet die Zahl der Fundorte diluvialer Säuger, über deren Lagerung ich genauere Auskunft beschaffen konnte. Fassen wir das Gesagte zusammen, so erhalten wir das folgende Bild: Reste diluvialer Tiere fanden sich bei Schwenningen im Schotter, in der Thalsohle. Tübingen im Schotter, in der Thalsohle. Cannstatt im Hochterrassenschotter und Lehm, 20—50 m über der Thalsohle. Stuttgart im Gehängeschutt des Keupers unter dem Lehm. Bietigheim im Schotter, in: der Thalsohle. Heilbronn im Hochterrassenschotter, bis 45 m über der Thalsohle. An allen genannten Fundorten, von welchen die Höhenlage diluvialer Reste genau festgestellt werden konnte, ergab sich mithin deren Lagerung teils in der Thalsohle, teils in der Hochterrasse bis zu 50 m über ! v. Seyffer, Beschreibung des Diluviums im Thale von Stuttgart und Cannstatt. Diese Jahresh. Bd. I. 1845. S. 196. ? Begleitworte zu den Blättern Besigheim und Maulbronn. 1865. S. 21. ® Begleitworte zu den Blättern Besigheim und Maulbronn. 1861. S. 21. — DW. NE - letzterer. Aus den sehr viel höher gelegenen Fluss- ablagerungen, welche sich bis zu mehr als 150 m über dem Neckarspiegel erheben, sind dagegen keine Reste bisher bekannt geworden. Ganz kurz möchte ich ähnliche Verhältnisse der Donau ein- schalten. Östlich von Tuttlingen wird beim Häuserbau ein lehmiger Formsand, dem Diluviallehm angehörig, aufgeschlossen, welcher vor- züglich erhaltene Zähne und Knochen von Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Equus, Bos, Cervus ete. enthält!. Tuttlingen aber liegt in der Thalsohle des Donauthales. Bei Hausen an der Donau wurden im Kalktuff Fussknochen eines Elefanten gefunden?. Auch 3 km stromaufwärts, bei Langen- brunn im Donauthale, ergab sich eine stattliche Anzahl diluvialer Säuger — Mammut, KRöhinoceros, Rentier, Murmeltier, Hamster u. s. w. — im Kalktuff?. Dieser sehr harte, diluviale Kalktuff hat sich in einer kleinen Seitenschlucht des Donauthales abgesetzt und liegt hier nur wenige Meter über der Thalsohle des Flusses. Also auch für die Donau in ihrem obersten Laufe ergiebt sich, dass zu jenem Abschnitte der Diluvial- zeit, in welcher das Mammut hier lebte, das Flussthal bereits ebenso tief ausgefurcht war wie heute. Ich lasse jedoch diese Verhältnisse der Donau unberücksichtigt und verweile nur bei den, den Neckar betreffenden, oben aufgeführten Thatsachen. Aus diesen letzteren lässt sich zunächst der Schluss mit voller Sicherheit ziehen, dass das Neckar- thal in dem Zeitabschnitte der Diluvialepoche, wäh- rend dessen Mammut, Rhinoceros, Wildpferdu.s. w. an seinen Ufern lebten, bereits ebenso tief ausgefurcht war wie heute. Ich spreche absichtlich nur von einem Teile der Diluvialzeit, nicht von der ganzen; denn durch nichts ist es bewiesen, dass jene Tiere während der ganzen Dauer jener Periode in unseren Gegenden gelebt haben. Es ist im Gegenteil sogar wahrscheinlicher, dass sie nur in dem klimatisch mildesten Abschnitte derselben un- serem Lande angehörten. Dies aber ist die Interglacialzeit, die Peri- ode zwischen beiden Vergletscherungen. Oder wenn man von drei ! Begleitworte zu den Blättern Tuttlingen, Fridingen, Schwenningen. 1884. S. 32, ? Begleitworte zu den Blättern Tuttlingen, Fridingen, Schwenningen. 1881. S. 32. »’ Jäger, Diese Jahresh. 1853, S. 130 und Anm. — 608. — Vergletscherungen reden will, die Periode zwischen der letzten und vorletzten derselben. Auch wenn auf der Alb und ihrem nördlichen Vorlande keine Gletscher gewesen sind, so muss doch das Klima dieses Landstriches durch dasjenige der angrenzenden vereisten Länder in Mitleidenschaft gezogen worden sein, so dass auch in ersterem die Interglacialzeit eine mildere war. Wenn damit nun das Richtige getroffen wäre, so würden wir schliessen dürfen: Während dieser Interglacialzeit hat der Neckar sein Bett um mindestens 50 m ausgefurcht. Das wurde ermöglicht dadurch, dass in dieser milderen Zeit viele Schmelzwasser vom Schwarzwald herab kamen und weil zugleich weniger Regen in Form von Schnee und Eis in Gletschern festgelegt wurden. Nach dieser Interglacialzeit aber, also während der letzten Ver- gletscherung, fand das Gegenteil statt. Der Neckar füllte daher das bereits gegrabene Thal wieder, bis zu unbekannter Höhe, mit den Schottermassen zu, welche er nun nicht mehr stromabwärts fort- schaffen konnte. Das muss notwendig so gewesen sein; denn wenn er sein Thal nicht wieder aufgefüllt hätte, so würden wir vor der ganz unannehmbaren Thatsache stehen, dass die Tiefe des Neckar- thales seit jener Zeit des Mammut und Rhinoceros bis auf den heu- tigen Tag unverändert geblieben wäre. Solch Stillstand während einer so langen Zeit aber ist kaum denkbar. Fortschritt oder Rückschritt muss herrschen; der Fluss muss also nach der Inter- glacialzeit, d. h. während der letzten Vereisung, zunächst wieder wasserarm, erosionsschwach geworden sein und seinen Thal- boden erhöht haben. Mit Beginn der Jetztzeit fing dann wie- der eine stärkere Erosionsthätigkeit an; er vertiefte aufs neue sein Bett. Wenn wir nun auf solche Weise das Schicksal des Neckar- thales von jener Zeit des Mammut an vorwärts bis zum heutigen Tage hin verfolgt haben, so werden wir von jener Zeit an auch umgekehrt nach rückwärts blicken müssen. Die Knochen der diluvialen Tiere sind in den alten Neckarablagerungen wohl nur bis hinauf zu 50 m Höhe über dem heutigen Wasserspiegel gefunden worden. Bis zu 150 m aber gehen diese Ablagerungen in die Höhe. In welche Epoche reichen letztere also hinauf? Zweifellos wird ein Teil dieser höher gelegenen Neckarschotter der älteren Diluvial- zeit, vor der interglacialen, angehören. Aber gilt das auch für die Höchstgelegenen oder gehen diese bis in die jüngstpliocäne Periode zurück ? — 602 — In eingehender Weise hat neuerdings EBERHARD Fraas! die diluvialen Verhältnisse im Norden unseres Landes, namentlich im Hinblick auf etwaige fluvioglaciale Ablagerungen besprochen. Zwar finden sich auf den in der Anmerkung genannten, bereits früher von anderer Hand fertiggestellten Kartenblättern für gewisse dieser Bil- dungen die Bezeichnungen „Moränenschutt“ und „Altmoräne“. Allein E. Fraas weist nach, dass das einstige Dasein von Gletschern in diesen Gegenden entschieden zu verneinen ist. Es handelt sich hier nur um Verwitterungsprodukte und Gehängeschutt. Dagegen werden nun aber von ihm gewisse Schottermassen auf den Höhen westlich von Gundelsheim, welche in 150 m Höhe über dem heutigen Neckarspiegel liegen (S. 596), in Parallele mit dem Deckenschotter von Oberschwaben und der Schweiz gestellt und ihnen ein jüngstpliocänes Alter zugesprochen. Thatsache ist, dass ebenso wie im Deckenschotter der genannten Gegenden, so auch in diesen fraglichen Schottern niemals Reste fossiler Tiere gefunden wurden. Ein diluviales Alter kann man daher für dieselben nicht erweisen. Ein pliocänes freilich auch nicht. Wenn man jedoch in Erwägung zieht, dass in verschiedenen Gegenden (S. 583—586) für solche ältesten Flussablagerungen die Zugehörigkeit zum jüngsten Pliocän direkt dargethan ist, so spricht vielleicht ein gewisses Mass von Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch die alten Schotter auf den Höhen westlich von Gundelsheim diesem Zeitalter angehören könnten. Wenden wir unseren Blick nun auf die ältesten Schotter, welche in der Gegend unseres vulkanischen Gebietes, in der Linie zwischen Plochingen und Horb, also am NW.-Rande der Alb, die Höhen des Neckarthales krönen, so zeigt sich zunächst, dass diese nicht bis zu 150 m Höhe über den heutigen Wasserspiegel hinauf- reichen. Wir finden sie hier höchstens bis zu etwa 100 m. Gewiss kann diese um 50 m geringere Höhenlage nicht ent- scheidend für ein geringeres Alter gegenüber demjenigen der Schotter westlich von Gundelsheim sein. Bei so weiter Entfernung von ein- ander könnte trotz verschiedener Höhenlage Gleichalterigkeit derselben herrschen; und das um so mehr, als jene Ablagerungen bei Gundels- heim gar nicht von unserem Neckar gebildet sein können (s. später). Aber trotzdem wird die geringere Höhenlage auf der Linie Plochingen- ‘ Begleitworte zur geologischen Specialkarte von Württemberg. 1. Atlas- blätter Mergentheim, Niederstetten, Künzelsau, Kirchberg. S. 24—26. Stuttgart 1892. 2. Atlasblätter Neckarsulm, Öhringen, Ober-Kessbach. 8. 20—23. Stutt- gart 1892. —. 03 — Horb doch immer noch eher für ein geringeres Alter sprechen. Ich möchte es daher nicht wagen, für unsere in Frage stehenden Bil- dungen ein jungpliocänes Alter in Anspruch zu nehmen bevor das nicht bewiesen ist, muss sie daher als altdiluvial betrachten. Wir haben für Oberschwaben, die Bayrische Hochebene, die Schweiz und das Elsass noch keinerlei zwingenden Beweis, dass der Deckenschotter wirklich pliocänen Alters ist. Auch Lersıus ', welcher die auf den Plateaus von Rheinhessen auftretenden Geröllmassen mit dem Deckenschotter gleichstellt — sie liegen 130 m über dem Spiegel der Nahe, 190 über dem des Rheines — beansprucht für dieselben noch ein altdiluviales Alter, Prnck selbst scheint erstere keines- wegs für pliocän zu halten. So wird es die Vorsicht gebieten, einst- weilen auch für unsere höchsten Neckarschotter zwischen Plochingen und Horb noch bei solcher diluvialen Deutung zu verharren. Machen wir nun die Nutzanwendung dieser Verhältnisse auf das Rückzugsgebiet der Alb. In mittelmiocäner Zeit, während unserer vulkanischen Ausbrüche, befand sich der NW.- Rand der Alb noch mindestens in der Gegend von Scharnhausen N. 124 bei Stuttgart. Sind nun jene Schotter auf den den Neckar begleitenden Höhen alt- diluvial, so muss am Ende der Tertiärzeit die Alb auf ihrem Rückzuge bereits das Neckarthal überschritten gehabt haben. Von den 23 km Weges? hat der NW.-Rand der Alb daher mindestens ungefähr 13—14 km zurück- gelegt während der mittel- und obermiocänen und pliocänen Epoche, und höchstens ungefähr noch 9—8 km während der diluvialen und alluvialen®. Diese beiden Zahlen 13!/,:8'/, geben uns daher, selbstverständlich nur ganz ungefähr, das Verhältnis der Längen jener beiden Zeitabschnitte. Sollten dagegen die Schotter auf den den Neckar begleitenden Höhen doch bereits der jüngsten Pliocän- zeit angehören, so würde sich dieses Verhältnis nur ein wenig zu gunsten des ersteren Zeitabschnittes verschieben. Wenn der NW.- Rand der Alb auf seinem Rückzuge bereits zu Jjüngstpliocäner Epoche, ! Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1893. S. 548. ?2 Von Scharnhausen No. 124 bis an den heutigen Albrand sind es etwa 23 km. ® Hierbei ist also angenommen, dass am Ende der Pliocänzeit der Steil- rand der Alb zwar schon auf dem rechten Neckarufer, aber doch noch nahe dem Flusse sich hinzog; daher „mindestens“. S. den nächsten Absatz. a kurz vor Beginn der diluvialen, den Neckar überschritten hätte, so würde dann die mittel- und die obermiocäne — unter- und mittel- pliocäne Zeitdauer sich zu der oberpliocänen — diluvialen und allu- vialen ganz ungefähr verhalten wie 13'/, : 8'/,. Es ist jedoch ge- zeigt worden, dass kein Grund vorliegt, die höchstgelegenen Schotter des Neckars in unserem Gebiete in das Pliocän zu stellen, dass sie also wahrscheinlicher dem Diluvium zuzurechnen sind. Wie dem nun auch sei, jenes Verhältnis von 13!/, : 8'/, ist dasjenige, welches mindestens stattfinden muss. Möglicherweise war ja zu der Zeit, in welcher die fraglichen Schotter auf den den Neckar begleitenden Höhen abgelagert wurden, der Steilrand der Alb nicht mehr, wie bei obigen Verhältniszahlen angenommen, nahe dem Neckar, sondern schon weit südlich desselben zurückgewichen. In diesem, sehr viel wahrscheinlicheren Falle würde sich das Ver- hältnis noch mehr zu gunsten der ersteren Zeitperiode: Mittel- und Obermiocän —- Pliocän verschieben, diese würde noch länger gegen- über dem Diluvium und Alluvium werden. Wahrscheinlicher ist das darum, weil die fraglichen, den Neckar begleitenden Schotter in unserem Gebiete zwischen Plochingen und Tübingen auf Oberem Keuper und Unterem Lias abgelagert wurden. Das deutet darauf hin, dass der Steilrand der Alb damals bereits weit gegen Süden zurückgewichen war. Hätte er sich nämlich noch nahe dem Neckar auf dessen rechten Ufer befunden, so würden die Schotter auf Braun- Jura liegen, weil dann letzterer, welcher ja überall die Vorstufe zum Weiss-Jura bildet, nahe dem Neckar noch nicht vom Lias abgetragen gewesen wäre. So geht also aus der Auflagerung der Schotter zwischen Plochingen und Tübingen auf Un- terem Lias und Oberem Keuper hervor, dass der Zeit- raum des Mittel- und Obermiocän — Pliocän gegen- über dem des Diluvium — Alluvium noch um ein gutes Stück grösser sein mag, als 13'/, gegenüber 8'/,. Andere hydrographische Verhältnisse in diluvialer bezw. pliocäner Zeit. In Württemberg, E. Fraas. In der Rheinebene, E. SCHUMACHER. Wir haben gesehen, dass die Alb sich ehemals weit nach Norden hin erstreckte, dass unsere jurassischen Ablagerungen sich bis an das Rheinthal, mindestens in der Gegend von Langenbrücken, hin ausdehnten. Unter solchen Umständen muss auch der ehemalige Lauf des Neckars sich in anderer Umgebung dahingezogen haben. — 605 — Heute fliesst derselbe! nur im nördlichen Vorlande der Alb; nirgends durchströmt er, wie das bei der Donau zum Teil der Fall ıst, die Alb selbst ihrer Länge nach. Auf dem ersten Teile seines Laufes verfolgt er im allgemeinen eine SN.-Richtung. Bei Horb biegt er im scharfen Winkel ostwärts um und fliesst nun im allgemeinen von SW. nach NO.; auf dieser Strecke ungefähr parallel dem nordwestlichen Albrande und ungefähr auch parallel der Donau. Bei Plochingen verlässt er plötzlich auch diese Richtung und wendet sich scharf nach NW., um dann von Cannstatt aus im grossen und ganzen von S. nach N. zu fliessen. Bei Eberbach findet abermals eine scharfe Knickung statt und nun strömt er ungefähr von O. nach W., um bei Mannheim in den Rhein zu münden. In jüngstpliocäner Zeit noch ist das anders gewesen. Der Unterlauf des Flusses war damals ein anderer, wie aus Beobachtungen von E. Fraas? hervorgeht. Die ältesten Flussablagerungen der nördlichen Landesteile Württembergs, welche auf den Höhen westlich von Gundelsheim® am Neckar auftreten, werden von E. Fraas in Parallele gestellt mit dem Deckenschotter, welchen wir im Vorher- gehenden (S. 587) betrachtet haben; er weist ihnen demzufolge ein pliocänes Alter zu. Diese mehr als 5 m mächtigen alten Fluss- absätze führen im untersten Horizonte Gerölle. Über diesen folgt dann die Hauptmasse in Gestalt von Quarzsanden mit Geröllen von Buntsandstein und Muschelkalk und Schmitzen feuerfesten Thones. Der Sand ist offenbar auch nur aus zerstörtem Buntsandstein hervor- gegangen. Es ergiebt sich also die bemerkenswerte Thatsache, dass in allen diesen hochgelegenen Flussablagerungen des unteren Neckar- thales von Neckarelz abwärts, sich nur Gerölle von Buntsandstein und Muschelkalk, nicht aber auch solche des Jura finden. Sie sind also anders als die heutigen Neckarschotter beschaffen. Ganz anders dagegen verhalten sich die in tieferem Niveau liegenden jüngeren Terrassenschotter; sie finden sich auf den Ge- hängen, welche den Neckar und seine Nebenflüsse begleiten, sowie in den Thälern derselben. Diese jüngeren Bildungen führen nur wenig Buntsandstein, dafür aber neben reichlichem Muschelkalk auch ts. die dieser Arbeit eingeheftete Karte auf S. 556, Taf. VI. ?2 Begleitworte zu den Atlasblättern Neckarsulm, Öhringen, Ober-Kessbach. Ss. 20—23; Begleitworte zu den Atlasblättern Mergentheim, Niederstetten, Künzelsau, Kirchberg. S. 24—26. Stuttgart 1892. ®? Ungefähr halbwegs zwischen Heilbronn und Eberbach, an welch letzterem Orte der Neckar scharf nach W. umbiegt. .. voDar > viel Juragerölle; sie sind also schon ganz wie die heutigen Neckarschotter. Das diluviale Alter derselben ist erwiesen durch die bei Frankenbach und Heilbronn in ihnen gefundenen Reste von Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Bos priscus, Bos bra- chyceros, Cervus elaphus, Equus caballus. Mit Recht folgert daher E. Fraas aus diesem verschiedenen Verhalten der beiderseitigen Schotter, dass in der jüngstpliocänen Epoche, in welcher sich die ersterwähnten, als Äquivalent des Decken- schotters aufgefassten, oben auf den Höhen gelegenen Flussablage- rungen bildeten, die hydrographischen Verhältnisse im Unterlande noch andere gewesen sein müssen wie heute. Da sich noch keine Juragerölle in ihnen finden, so kann dort auch noch kein aus der Alb kommendes Gewässer, also kein Neckar geflossen sein. Dadurch aber wird auch sehr wahrscheinlich, dass ebenfalls die Buntsandstein- und Mu- schelkalkgerölle dieser Ablagerungen nicht dem fern- und südlich liegen- den Schwarzwald entstammen, sondern dem näher gelegenen Odenwald. Der Neckar muss mithin bereits südlich von Neckarelz in jüngstpliocäner Zeit nach Westen hin umgelenkt haben, um so auf kürzerem Wege dem Rheine zuzufliessen. Aber auch der Rhein, also ein, wie heute der Fall, von S. nach N. strömender Fluss, scheint in pliocäner Zeit ebenfalls noch nicht bestanden zu haben. Vielmehr scheint damals das Gefälle in der Rheinebene gerade umgekehrt von N. nach S. gegangen zu sein. Es wird das von Schumacher! in der folgenden Weise begründet: Wenn in pliocäner Epoche bereits ein Rheinstrom im heutigen Sinne bestanden hätte, so müssten in den von ihm abgesetzten pliocänen Schottern solche Gesteine liegen, welche von S. her, aus den Alpen herbeigeschafft wären. Derartige Gerölle südlicher Abkunft fehlen aber gänzlich. Das elsässische Pliocän, welches die Rheinebene füllt, besteht vielmehr nur aus solchen Gesteinen, die im Elsass anstehen, sowie aus Quarziten, welche von N., vermutlich dem Taunus stammen können. Es haben also der Schwarzwald und die Vogesen, sowie deren nördliche Fortsetzungen und wohl auch der Taunus dieses Material geliefert; d. h. dasselbe ist nicht von S. nach N. wie heute, sondern umgekehrt von N. nach S. verfrachtet worden. Wir haben also im württembergischen Unterlande in hydrographischer Hinsicht ganz dieselbe Erschei- nung wie im Elsass. Hier wie dort in jetziger und in ı Über die Gliederung der pliocänen und pleistocänen Ablagerungen im Elsass. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1892. S. 830, HUN, — diluvialer Zeit ein Strömen, eine Verfrachtung der Ge- steine aus südlichen Gegenden in nördliche; hier aus Alb und Schwarzwald, dort aus den Alpen. Dagegen in pliocäner Zeit hier wie dort ein Strömen, eine Ver- frachtung mehr von N. nach S., hier aus dem Odenwald, dort aus dem Taunus. Versuch einer Kritik der Beobachtungen über die auffallend starke Wärmezunahme in dem im vulkanischen Gebiete von Urach gelegenen Bohrloche zu Neuffen. Die Angaben über die Wärmezunahme im Bohrloche zu Neuffen übertreffen alle anderen derartigen Angaben. Prüfung, ob das in dieser Arbeit untersuchte Geothermometer wirklich das von MANDELSLOH oder DEGEN im Bohrloch zu Neuffen benutzte ist. Prüfung der Berechnung MAnnELsLoH’s; dieselbe ist etwas irrtümlich. Beschreibung und Abbildung des Neuffener Geothermometers. Besprechung der Einflüsse, welche fehlererzeugend ‚bei den Messungen gewirkt haben könnten: Wärme von der Bohrarbeit, Wasser, Wärmeleitung der Ge- steine. Prüfung der Temperaturangaben MAnxpeLsLoH’s. Letzterer giebt in der Tiefe von 100 Fuss eine zu hohe Temperatur an; das ist kein Beweis gegen die Zuverlässigkeit seiner Beobachtungen, wie durch Analoges in Speren- berg sich erkennen lässt. Fehlerquellen, welche unrichtige Temperaturangaben erzeugt haben könnten: Luftdruck, Zersetzung von Eisenkies, zu kurze Dauer der Versuche. Prüfung des Geothermometers: Tropfengrösse, Lumen der Queck- silberröhre. Wahrscheinlichkeitsgründe, welche für die Richtigkeit der Mes- sungen MANDELSLOH’s sprechen: Kontrollemessungen DEGEN’s; Regelmässigkeit der Temperaturzunahme; starkes Anwachsen der Temperatur im Bohrloche zu Sulz, zu Monte Massi. Unsere Unkenntnis von der Wärmezunahme im all- gemeinen. Ergebnis der Untersuchung. Ganz wie unser vulkanisches Gebiet von Urach bisher ein Unikum auf Erden bildet — wenigstens gilt das hinsichtlich der überaus grossen Zahl seiner Maare — so ist auch das in diesem Gebiete vor 50 Jahren bei Neuffen gestossene Bohrloch hinsichtlich seiner nach der Tiefe hin beobachteten Wärmezunahme ein einzigartiges. Nirgends auf Erden hat man ein gleich starkes Anwachsen der Temperatur beobachtet. Sind diese Beobachtungen richtig? Besteht irgendwelcher Zusammenhang zwischen der angeblich so gewaltigen Wärmezunahme und dem Vulkanismus, welcher hier bereits in mittel- miocäner Zeit seine zahlreichen embryonalen Bildungen schuf? Was und wie viel überhaupt lässt sich an diesen vor langer Zeit an- gestellten Beobachtungen noch kritisch als falsch, als richtig oder als möglich feststellen? Mit Gewalt drängen sich diese Fragen bei einer Bearbeitung unseres vulkanischen Gebietes von Urach in den Vordergrund. Eine solche Bearbeitung würde mir nicht er- — 608 — schöpfend zu sein scheinen, wenn nicht zugleich auch eine Kritik dieser ganz absonderlichen Beobachtungen zu Neuffen versucht würde. „Versucht“; dass die Kritik hier zu keinem sicher entscheidenden Ergebnisse zu gelangen vermag, ist nicht meine Schuld. Diese letztere liegt vor allem daran, dass diese Beobachtungen bereits vor 50 Jahren gemacht wurden, so dass keiner der Augenzeugen mehr lebt. Man wird einwenden können, dass, wenn doch kein endgültiges Urteil zu erzielen sei, man besser die Sache ganz auf sich beruhen lassen solle. Ich bin nicht solcher Ansicht, meine vielmehr, dass eine auf der ganzen Erde so einzigartige Beobachtung, wie die bei Neuffen, eine kritische Untersuchung unter allen Umständen nicht nur ver- dient, sondern geradezu erfordert. Unmöglich kann es einer solchen einzigartigen Beobachtung gegenüber der richtige Standpunkt sein, dieselbe nur zu verneinen und, ohne jede Untersuchung, für gänzlich verkehrt zu erklären. Es muss einmal der Versuch gemacht werden — so weit das heute, nach mehr als 50 Jahren, eben noch möglich ist — festzustellen, ob und welche Anhaltspunkte wir für solchen vernichtenden Zweifel haben und welche Gründe umgekehrt etwa für die Beobachtungen sprechen könnten. Es ist dann aber wenigstens festgestellt, was sich zur Zeit feststellen liess; und niemand kann wissen, ob dies nicht später einmal die Grundlage für eine erneute Untersuchung zu werden vermag. Die Besprechung dieser Verhältnisse hat aber ausser ihrem all- gemein geologischen Interesse noch ein engeres württembergisches ; insofern, als aus dem Bohrregister, welches sich vollkommen klar deuten lässt, eine Mächtigkeit des Unteren Braun-Jura unter Tage ergiebt, welche die Angaben der über Tage beobachteten sehr weit übertrifft. In der langen Kette der Bohrlöcher, Brunnen und Bergwerke, welche auf die nach der Tiefe hin erfolgende Wärmezunahme der Erde untersucht wurden, steht das Bohrloch zu Neuffen als das äusserste Glied an dem einen Ende der Reihe, also als ein Unikum da. Nach den dort angestellten Messungen der Temperatur zeigt näm- lich Neuffen die kleinste geothermische Tiefenstufe, oder mit anderen Worten die grösste Wärmezunahme beim Eindringen in die Tiefen der Erde, welche unter normalen Verhältnissen bisher beobachtet wurden. ! Als „normale“ Verhältnisse wollen wir hier solche bezeichnen, unter welchen die Wärmezunahme nicht durch ausnahmsweise Wirkungen — wie etwa aufsteigende heisse Quellen oder aufgestiegene, geschmolzene Gesteinsmassen — um ein hohes Mass gesteigert wird. 1609 — Das Bohrloch wurde einst gestossen in der Absicht, Kohlen zu suchen; dass solche mit höchster Wahrschemlichkeit dort nicht zu finden sein würden, konnte man damals noch nicht wissen. Der Beginn des Bohrens fiel in das Jahr 1832; dasselbe führte aber zu keinem endgültigen Ergebnis, da das Bohrloch im Jahre 1839 infolge Festklemmen des Löffels und Gestängebrüchen aufgegeben werden musste. Man hatte damit eine Tiefe von 1186 württembergische Fuss — 1045 Pariser Fuss = 340 m erreicht‘. Die Temperatur- bestimmungen erfolgten durch den damaligen Kreisforstrat Graf v. MAnDELSLoH, welcher sich in hohem Masse für Geologie interessierte und seiner Zeit „unstreitig der erste Kenner schwäbischer Schichten“ war, wie OÖ. Fraas in seinem warmen, dem Verstorbenen gewidmeten Nachrufe bezeugt ?. Ich gebe zunächst die in oben angeführter Abhandlung von MaAnpELSLOH veröffentlichte Masstabelle und seine aus derselben ge- zogenen Schlüsse wieder. Tiefe des Temperatur nach Celsius Tag und Stunde der Be . ‚der Bohr- Beötächtine nach des ge- |des vorbei- lochquelle württemb.| der Luft | messenen |fliessenden Ben Fussen | Punktes | Baches AusHinee 1839. 27. Febr. 8!/, Uhr morgens 100 — 1,8 10,8 4,0 6,8 27. Febr. 9°/, Uhr morgens 200 1,0 —+-13,7 26. Febr. 1 Uhr mittags . 300 2,5 —-16,5 7,0 10. April 4 Uhr nachm. . 400 +90 18,4 27. Febr. 12!/, Uhr mittags 500 440 —- 20,4 26. Febr. 3 Uhr nachm. . 600 +25 23,5 —-5,0 47,0 27. Febr. 2°/, Uhr nachm. . 700 4,0 + 25,4 27. Febr. 4°/, Uhr nachnm. . 800 + 3,0 27,8 10. April 6!/, Uhr abends . 900 8,0 31,2 11. April 6'/, Uhr morgens | 1000 —4,0 33,5 | Thermometer war ‚12 Std. im Bohrloch. 11. April 3 Uhr nachn. . 1080 +80 436,3 | 11. April 11°/, Uhr vorm. . | 1180 —+6,4 — 38,7 | 296,2 ! Graf Fr. v. Mandelsloh, Beobachtungen über die Zunahme der Erd- wärme in dem 1186‘ württemb. tiefen Bohrloche zu Neuffen, angestellt mit dem Magnus’schen Geothermometer. Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal., von Leon- hard und Bronn. 1844. S. 440 —443, ® Diese Jahresh. 1871. S. 28—33. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894. 39 OU „Hiernach kommen auf 100 Fuss württemb. + 3,28° C. und auf 1°C. Wärmezunahme 30,49 Fuss par. (ein bei so beträchtlicher Tiefe alle sonst bekannten weit übertreffendes Resultat).“ Aus diesen Worten des Grafen v. MAnDELSLoH ergiebt sich also, dass im Bohrloche zu Neuffen die geothermische Tiefenstufe ! 30,49 Pa- riser Fuss oder 9,9 m betragen würde. Ein Vergleich dieser Zahl mit denjenigen, welche in anderen Bohrlöchern erlangt sind, lässt sich für die Leser dieser Jahreshefte leicht ermöglichen; denn Braun und Wartz führen in ihren Beobach- tungen über die Zunahme der Erdtemperatur im Bohrloch zu Sulz am Neckar?, die von dem Comite& der British Association zur Unter- suchung der Tiefentemperaturen 1882 zusammengestellten® Werte der Tiefenstufe tabellarisch auf. Wenn wir uns hier zum schnelleren Verständnis nur einige Extreme dieser Zahlenwerte vor Augen führen wollen, so ergiebt sich: 1. Eine ausnahmsweise langsame Wärmezunahme fand statt in dem Wasserwerk zu Liverpool mit 71,3 m geothermischer Tiefenstufe. Bergwerk zu Przibram PR 610) u: s 2. Eine ausnahmsweise schnelle Wärmezunahme fand at bei den folgenden vier Örtlichkeiten: Tiefenstufe Slitt Mine, Weardele, Northumberland . . . . . . 1865 m Carrickfergus, Salzbergwerk, Irland 1. Schacht . . 21,95 „ 5 b Be ID. an a South Balgray, Bohrloch, Glasgow”. „|. “au ze Vergleichen wir nun diese vier bereits sehr kleinen geother- mischen Tiefenstufen mit derjenigen von Neuffen, welche nach Graf v. ManperstoH nur 9,9 m beträgt, so finden wir, dass selbst bei der oben anstehenden Slitt Mine der Betrag der Tiefenstufe immer noch fast doppelt so gross ist wie bei Neuffen. Hierbei aber haben wir übrigens nicht einmal völlig Gleichwertiges gegenüber- gestellt; denn in Bergwerken wird durch Wetterführang, Gruben- lichter und Menschen die eigentliche Temperatur beeinflusst; auch in Tunnels und Brunnen herrschen ähnliche bezw. doch andere Verhältnisse als in einem Bohrloche. Stellt man daher nur die in 'd. h. diejenige Zahl von Fussen bezw. Metern, um welche man durch- schnittlich hinabsteigen muss, um eine Temperaturerhöhung von 1° C. zu erhalten. ® Diese Jahresh. 1892. Separatabdruck S. 6. ° Nature 1882. Vol. 26. S. 590. — si — Bohrlöchern gewonnenen Erfahrungen sich gegenüber, so erhält man, worauf Braun und Waıtz aufmerksam machen, als Grenzen für die Tiefenstufe 22 und 58 m. Hier ist der niedrigste Betrag derselben mehr als doppelt so gross, wie ihn MAnpeston bei Neuffen ermittelte. So ergiebt sichalso, dass nach Graf Manperston’s Tempe- raturbestimmungen, das Bohrloch zu Neuffen ganz einzig dastehende Verhältnisse aufweist: Nirgends finden wir — soweit bisherige Erfahrung reicht — auf Erden unter „nor- malen“ Verhältnissen! eine ähnlich kleine geothermische Tiefenstufe, d. h. eine ähnlich grosse Wärmezunahme wie dort. Letztere über- trifft sogar noch diejenige von Monte Massi in Toskana, woselbst die geothermische Tiefenstufe auf 13 m ermittelt wurde (s. später). Die Aufnahme, welche diese Untersuchungen Manperstor’s fanden, war, wie es scheint, von vornherein eine ungünstige. Nur QUENSTEDT und Daupr£e erkannten dieselben rückhaltlos an. Ersterer sucht die Ursache dieser auffallenden Erscheinung in der Nähe des unter- irdischen Schmelzherdes?, dessen Dasein durch die zahlreichen Aus- bruchsstellen der Vulkangruppe von Urach verraten wird. Auch Daupr£E® hegt eine solche Ansicht. Er führt aus, dass in der Zer- setzung des allerdings reichlich vorhandenen Schwefelkieses nicht die Ursache dieser bedeutenden Wärmezunahme liegen könne; man dürfe eine solche vielmehr nur in der Annahme finden, dass die in tertiärer Zeit in der Umgegend von Neuffen ausgebrochenen Schmelz- massen in der Tiefe immer noch einen genügenden Vorrat an Wärme besässen, um die auffallend hohen Temperaturen in dem Bohrloche zu erzeugen. Diese zustimmenden Urteile blieben indessen sehr vereinzelt; denn wie wäre es sonst zu erklären, dass das Bohrloch von Neuffen, anstatt in allen über dieses Gebiet handelnden Arbeiten als das am höchsten berühmte hingestellt zu werden, bald ganz in die Ver- gessenheit hinabsank. Sicher liegt der Grund dieser auffallenden Erscheinung in dem Misstrauen, mit welchem man die so bei Neuffen ausgeführten Tempe- raturbeobachtungen betrachtete. Wurden dieselben doch angestellt von einem Forstmanne, welcher trotz seines hohen Interesses für die Geologie nicht genügend physikalisch geschult sein mochte. Wurden doch ferner die Ergebnisse seiner Messungen von ihm nur in einem ! s. Anm. auf S. 608. ® Klar und Wahr. Tübingen bei Laupp. S. 112 und Anm. 9 auf S. 118. ® Comptes rendus hebdom. Ac. d. sc. Paris 1845. t. XXI. S. 1335—1336. 39* — 6bl2 — auffallend kurzen, kaum drei Oktavseiten umfassenden Berichte ver- öffentlicht; während gerade das ganz Absonderliche dieser Ergeb- nisse ein entsprechend ausführliches Eingehen auf die angewendete Methode der Messung und die Beschaffenheit des benutzten Instru- mentes gebieterisch gefordert hatte. Wurden doch endlich diese Messungen bereits vor mehr als 50 Jahren angestellt; also zu einer Zeit, in welcher wohl die Feinheit des gebrauchten Geothermometers noch nicht die wünschenswerte gewesen sein mochte. Es konnte die Tropfengrösse des Instrumentes eine zu bedeutende gewesen sein. Dasselbe konnte infolge mangelhafter Konstruktion durch den mit der Tiefe wachsenden Druck zu falschen Angaben veranlasst worden sein. Die Quecksilberröhre konnte an verschiedenen Stellen einen verschiedenen Durchmesser besessen haben und anderes mehr. Über solche Fragen mochte noch jetzt eine Untersuchung des vom Grafen MAnDELSLOH benutzten Thermometers genügende Aus- kunft geben und damit eventuell eine Korrektur seiner Messungen ermöglichen können. Freilich stand auf der anderen Seite von vorn- herein fest, dass man über das etwaige Hineinspielen gewisser anderer Fehlerquellen jetzt nicht mehr Klarheit erlangen konnte; so dass dann ein unantastbar sicheres Ergebnis überhaupt nicht zu erlangen war. Ich will gleich an dieser Stelle hervorheben, dass ich die vor- liegende Untersuchung unternahm in der vorgefassten, allgemein ver- breiteten Meinung, dass Manperston’s Temperaturbestimmungen im Bohrloche zu Neuffen in höchstem Masse falsche Ergebnisse geliefert hätten; und in der Hoffnung, dass es mir gelingen werde, die Ur- sachen dieser Fehler wenigstens zum Teil nachzuweisen. Diese Hoff- nung wurde jedoch nicht erfüllt. Die Untersuchung hat vielmehr keinen Anhalt dafür gegeben, dass jene Ansicht sicher begrün- det sei. Zunächst handelte es sich natürlich um die Frage, ob und wo eines der bei den Temperaturbestimmungen zu Neuffen benutzten Geothermometer noch zu finden war. Graf MAnDELS- roH hat ein solches benutzt; aber auch Bergrat DesEn hat andere, gleich konstruierte angewendet, und beide haben, wie ersterer an- führt, fast genau übereinstimmende Messungen erhalten. Bei der Wichtigkeit dieser Frage wird man es entschuldigen müssen, wenn der Versuch dieses Identitätsnachweises etwas umständlich ausfällt. Eines ist sicher: Nicht nur das Bohrloch wurde auf Staats- kosten gestossen, sondern auch die Temperaturbeobachtungen müssen —. 0lBl durch den Grafen MaAnpELsLoH im Auftrage des Staates, also auf Kosten des letzteren erfolgt sein. Es ıst daher wohl als selbstverständlich anzunehmen, dass nicht der Graf ManpeLstLon das Geothermometer bezahlt haben wird, son- dern der Staat; dass also das Instrument nach dem Gebrauche vom Grafen wieder an den Staat zurückgegeben wurde. Dasselbe musste sich mithin heute in dem Besitze einer der Königlichen Anstalten in Stuttgart befinden. Demzufolge wandte ich mich zunächst an Herrn Bergratdirektor Dr. v. Baur. Seiner freundlichen Mitteilung verdankte ich den Bescheid, dass das Königliche Oberbergamt nicht im Besitze des Thermometers sei, dass letzteres aber im physikali- schen Institute der technischen Hochschule zu Stuttgart liegen könne. Es sei nämlich der mit dem Grafen Manpeston bei den Temperatur- bestimmungen des Bohrloches beschäftigte Bergrat DEGEN seiner Zeit Lehrer für Physik und Chemie bei der damaligen polytechnischen Schule gewesen. In der That hatte der jetzige Vorstand des physi- kalischen Institutes der letzteren, Herr Kollege KocH, die Liebens- würdigkeit, mir mitzuteilen, dass sich in der ihm unterstellten Samm- lung ein einziges Geothermometer, nach Macnus, befinde; und festzustellen, dass dasselbe in der folgenden Weise inventarisiert ist: Es steht im alten Inventar unter F. 27, im neuen unter D. b. 25 und führt in letzterem die Bemerkung: „Geothermometer nach Mac- nus. Gekauft 18383—39 für 25 Mk. 71 Pf.“ ! Unter solchen Umständen lässt sich zwar weder aus dem In- venturvermerk noch aus sonst einer schriftlichen Aufzeichnung der direkte Beweis erbringen, dass dieses in der technischen Hochschule zu Stuttgart befindliche Instrument wirklich das im Bohrloche zu Neuffen einst benutzt gewesene ist. Trotzdem aber ist die Wahr- scheinlichkeit, dass dem so sei, eine überaus grosse, wie aus den folgenden sechs ’verschiedenartigen Gründen hervorgeht: Erstens befindet sich in Stuttgart in den beiden Königlichen Anstalten, in welchen das in Frage stehende Instrument liegen könnte, nur ein einziges Geothermometer, und dieses ist ein Macnus’sches, wie ein solches von Manpetston benutzt wurde. Sodann ist dieses einzige derartige Instrument gerade in der- selben Zeit gekauft worden, in welchem das Bohrloch fertig gestellt und seine Temperatur bestimmt wurde. Ein zufälliges, unbeabsich- tigtes Zusammentreffen dieser Verhältnisse ist nun aber im höchsten ! Aus Gulden umgerechnet, da eine Neuschrift des Inventars vorliegt. — 614 — Grade unwahrscheinlich. Offenbar hat vielmehr der bei den Tempe- raturbeobachtungen beteiligte Bergrat DEsEn im Jahre 1838/39 das Thermometer aus Mitteln des ihm unterstellten Institutes gekauft, um es im Jahre 1839 bei diesen Beobachtungen zu verwenden. Sehr viel unwahrscheinlicher wäre daher die Annahme, dass trotz des Vorhandenseins dieses Thermometers im Polytechnikum und trotz der Teilnahme Descen’s, Graf MAnpELSLoH sich aus eigenen Mitteln ein anderes Macnus’sches Geothermometer gekauft habe. Zu einer solchen Handlungsweise fehlt jeder vernünftige Grund. In dritter Linie ist auffällig der Umstand, dass überhaupt von dem physikalischen Institute des damaligem Polytechnikum ein Geo- thermometer gekauft wurde. Im Jahre 1838 würde wohl schwerlich von diesem Institute ein solches Instrument angeschafft worden sein, wenn man nicht die Absicht gehabt hätte, dasselbe zu praktischen Zwecken anzuwenden. Vor allem spricht aber für die Identität ein zufälliger Umstand. MaAnDELSLoH schreibt: „Der Versuch, das Geo-Thermometer an einem Seile mit angehängtem Gewichte in das Bohrloch zu senken, war wegen des grossen Widerstandes, welchen der Schlamm entgegen- setzte, nicht ausführbar; das Instrument wurde daher in einer ver- schlossenen Kapsel in die Fang-Scheere gestellt...“ Nun befindet sich das im physikalischen Institute zu Stuttgart aufbewahrte Geo- thermometer gleichfalls in einer auffallend starken Kapsel von Eisen! Das kann unmöglich zufällig sein; denn welcher Vorstand eines physi- kalischen Institutes liesse für ein einziges seiner Thermometer eine Kapsel, und noch dazu eine so überaus starke eiserne Kapsel, an- fertigen, nur um es auf diese Weise besser vor dem Zerbrechen im Schranke zu bewahren? Das wäre unsinnig; denn solange das In- strument im verschlossenen Schranke liegt, zerbricht es sicher nicht, bedarf also keines Schutzes. Zerbrechen kann solch Instituts-Thermo- meter nur, wenn es in der Vorlesung gezeigt oder im Institute zu Experimenten benützt wird; gerade hierbei aber kann man es nicht in der Kapsel belassen. Eine solche feste eiserne Hülle ist also bei jedem derartigen Instituts-Thermometer zweck- und sinnlos. Einen Zweck und Sinn kann sie nur in dem einzigen Falle besitzen, dass das Instrument ausserhalb des Institutes, und zwar in der Kapsel benutzt werden sollte. Ein solcher Gebrauch aber ist nur in einem Bohrloche denkbar. Nun hat man damals in Württemberg die Tem- peratur bei keinem anderen Bohrloche bestimmt, als in dem von Neuffen. Also ist es dort benutzt worden. — 615 — Doch noch weiteres spricht hierfür. An der unteren, langen Röhrenhälfte der schweren eisernen Kapsel! befindet sich jederseits angelötet eine ringförmige Öse, welche aus starkem Eisen besteht. Dieselbe beweist auf das Unwiderleglichste, dass man die Kapsel irgendwo, nämlich am Gestänge im Bohrloche, unabreissbar stark befestigen wollte, weil der in dem unverrohrten Bohrloche zu Neuffen angehäufte Bohrschlamm so starken Widerstand entgegensetzte, dass Derartiges nötig wurde. Endlich aber ist geltend zu machen, dass offenbar dieses Thermo- meter nicht etwa in einer Kapsel steckt, welche ursprünglich für ein anderes, später zerbrochenes angefertigt wurde. Vielmehr passt unser Thermometer mit seinem dasselbe unten schützenden, vor- springenden Fusse von Messing gerade genau in diese eiserne Röhre hinein, so dass es in dieser festliegt. Letztere ist also gewiss für dieses Thermometer angefertigt worden. Mir scheint diese Kapsel allein schon so sicher die Identität unseres Instrumentes mit dem im Bohrloche zu Neuffen gebrauchten darzuthun, dass kaum ein Zweifel daran bestehen kann. Noch ein letzter Grund spricht indes hierfür. Ich erwähne denselben zuletzt, weil sich an ihn der einzige Grund anschliesst, welcher dagegen sprechen könnte. Manperstor schreibt: „Die Wärme- messungen wurden mit dem Macnus’schen Geo-Thermometer an- gestellt; dabei war jedoch die Skala in umgekehrter Ordnung an- gebracht, indem das Thermometer bei Null-Temperatur gefüllt und die Beobachtungen bei kaltem Wetter angestellt wurden. Die Skala enthielt von Null an bis an das Gefäss herab 26° Celsius; ein Grad nahm 5 Pariser Linien ein und war in Zehentheils-Grade abgetheilt.“ Diese Schilderung passt z. T. genau auf das mir zur Verfügung stehende Instrument. Auch hier zählt die Skala umgekehrt, von oben nach unten; auch hier ist sie in nur 26 Grade und nach Cer- sıus eingeteilt. Beides ist entschieden bemerkenswert: Zunächst die Einteilung in nur 26 Grade, während doch sonst die Macnus’schen Geothermometer 40—50 Grade zu enthalten pflegen?. Sodann die ! Dieselbe besitzt die Gestalt eines Pennals, wie man dieselben in der Schule zum Aufbewahren der Federn, Bleistifte und Griffel benutzt. Sie besteht also aus einer unteren langen Röhre, über welche eine kürzere als Deckel über- geschoben wird. ? Vergl. Dunker, Über die Benutzung tiefer Bohrlöcher zur Ermittelung der Erdtemperatur. Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preuss. Staate. Bd. XX. Berlin 1872. S. 208. — Ferner Poggendorf’s Annalen der Physik und Chemie. Bd. LXXXXVII u. CXVI — 616 — Anwendung von Celsiusgraden, während doch damals, in den dreis- siger Jahren, diejenige nach R£aumur in Deutschland noch ganz all- gemein war. Soweit also nicht nur Übereinstimmung in nebensäch- lichen, sondern sogar Übereinstimmung in auffälligen, abweichen- den Dingen. | Nun aber das Abweichende: Bei meinem Instrumente ist die Skala unterhalb des 26. Grades noch weiter eingeteilt, sie geht noch bis 28 Grad!. Aber (vergl. Abbildung S. 622) dafür beginnt sie oben nicht mit Null, sondern gleich mit 2 Grad. Es sind also in Wirklichkeit, ganz wie MANDELSLOH angiebt, nur 26 Grad-Abteilungen vorhanden. Der auffallende Umstand, dass dieses Instrument oben mit 2° anstatt mit 0° beginnt, erklärt sich sehr einfach in folgender Weise: Die Teilstriche sind in ein aus Messing bestehendes Lineal eingegra- ben, auf welchem die gläserne Quecksilberröhre aufliegt. Ursprüng- lich war dieses Lineal etwas länger, als das heute der Fall ist; es besass oben noch zwei weitere Grade, so dass diese hier mit Null begannen. Ursprünglich war dieses Lineal also in 28 Grade ein- geteilt. Dasselbe mit der auf ihm liegenden gläsernen Quecksilber- röhre ist nun, wie häufig an Thermometern der Fall, zum Schutz in eine weitere Glasröhre geschoben. Diese letztere verjüngt sich am oberen Ende, so dass hier der die Skala tragende Messingstab beim Einschieben sich als zu breit erwies. Er musste daher an dieser Stelle, d. h. über dem 2. Grade, abgeschnitten werden, und man ersetzte dieses Stück durch einen schmaleren Messingstab, wel- cher jenem durch eine Zunge eingefügt wurde. Daher fehlen jetzt die Zahlen von zwei bis Null. Offenbar hat MAnDELSLOH nun beim Messen die 2 einfach als Null gelesen u. s. w., bis schliesslich 28 gleich 26 wurde; das war ja völlig gleichgültig. Dass aber Man- DELSLOH, dessen ganzer Bericht nur 3 Oktavseiten umfasst und sich über viele hierbei wissenswerte Dinge gar nicht ausspricht, die obige umständliche Beschreibung und Erklärung nicht erst gegeben hat, ist sehr leicht zu verstehen. Er wäre durch diese Umständlichkeit nur schwerer zu verstehen gewesen. So ergiebt sich also auch trotz dieses äusserlichen Unterschiedes im Wesen völligste Übereinstim- mung, nämlich Einteilung in 26 Grade. Es bleibt daher nur der nun zu betrachtende Umstand übrig, ! Man erkennt in dem, den Fuss des Thermometers schützenden Messing- stiefel verborgen sogar noch zwei weitere Teilstriche, also 29 Grade. Aber an diesem kann der Stand des Quecksilbers gar nicht mehr beobachtet werden, da er in der Tiefe des Stiefels steckt. — 617 — als der einzige, aus welchem man auf einen wirklichen Unterschied beider Instrumente schliessen und somit Bedenken gegen ihre Iden- tität fassen könnte: Wie Manperston angiebt, hatte bei seinem In- strumente ein Grad die Länge von 5 Pariser Linien = 11,30 mm und war in Zehntelgrade geteilt. Auf dem mir vorliegenden Thermo- meter aber besitzt jeder Grad eine Länge von nur etwa 8mm und ist nur in halbe Grade geteilt '. . Wäre dieser eine Umstand nicht, so würde bei der erdrücken- den Fülle von Gründen, welche für die Identität beider Geothermo- meter sprechen, auch nicht der leiseste Zweifel an derselben ob- walten. Nun stellt sich aber mit all diesen Gründen der eine ein- zige in Gegensatz. Ich vermag jedoch nicht anzuerkennen, dass dieser letztere entscheidend sein sollte. ManperstLon hat bei den wenigen, aufs äusserste einfachen Berechnungen, welche er giebt, sich verrechnet (s. später), was doch für eine gewisse Flüchtigkeit der Bearbeitung spricht. Ich kann ferner nachweisen (s. später), dass MAnDeLsLoH sich entschieden irrt, wenn er sagt, dass er zum Ablesen der Temperatur erst von 1000 Fuss Tiefe an das Geo- thermometer mit dem Normalthermometer zusammen in das Wasser- bad gestellt habe. Auch hier also wiederum Flüchtigkeit oder besser Vergesslichkeit. Letztere aber ist nicht nur erklärlich, sondern sogar von vornherein zu erwarten: Verflossen doch vom Tage der Mes- sung 1839 an bis zu dem der Veröffentlichung der Messungen 1844 nicht weniger als 5 Jahre! Erwägt man nun ferner noch, dass MANDELSLOH zur Zeit der Veröffentlichung in Ulm lebte, während das von ihm benutzte Thermometer wohl längst wieder in Stuttgart lag, so wird man es wohl für sehr möglich halten müssen, dass eine Verwechselung in der Erinnerung sich eingeschliehen hat. Diese Annahme könnte immer noch etwas Befremdendes haben, wenn es unmöglich wäre, eine Ursache zu finden, aus welcher diese Verwechselung entstand. Aber die Ursache springt im Gegenteil ganz klar in die Augen. Sie liegt einfach darin, dass des Grafen handschriftliche Aufzeichnungen aus dem Jahre 1839 wirklich die Temperaturen im Bohrloche bis auf Zehntelgrade angaben, wie dies ja aus seiner Tabelle (s. S. 609) hervorgeht. Dieser Umstand war es, welcher ihn verleitete, im Jahre 1844 zu glauben, das 1839 benützte Geothermometer sei in Zehntelgrade geteilt gewesen. Das !ı Ein alter Pariser Fuss hat 12 Zoll zu 12 Linien; also 144 Linien sind — 325 mm; das giebt für 5 Linien 11,30 mm. Rechnet man dagegen, was auch vorkam, 1 alt. Par. Fuss zu 12” & 10‘, so ergeben 5 Linien 13,50 mm. — able aber, was ihn fünf Jahre früher bewogen hatte bis auf Zehntelgrade aufzuzeichnen, lag sicher nicht in der Einteilung seines noch jetzt vorhandenen Geothermometers, welches nur halbe Grade aufweist, sondern in nicht weniger als drei verschiedenen Umständen, welche ihn mehr oder weniger geradezu in eine Zwangslage versetzten. Der erste derselben ist darin begründet, dass MANDELSLOH ausser den Tiefentemperaturen in seiner Tabelle gleichzeitig noch die Temperaturen der Luft, des vorbeifliessenden Baches und der aus dem Bohrloche fliessenden Quelle aufführt. Diese letzteren drei Temperaturbestimmungen geben — was an sich ganz überflüssig ist — die Grade bis auf Zehntel (s. S. 609) wieder. Der Grund liegt offenbar nur darin, dass man die Temperaturen mit dem in Zehntelgrade geteilten Normalthermometer mass, welches man zur Bestimmung der Tiefentemperatur des Geothermometers im Wasser- bade von Stuttgart aus mitgenommen hatte. Es würde nun geradezu lächerlich gewirkt haben, wenn man die ziemlich gleichgültigen Luft-, Bach- und Quelltemperaturen so überaus genau bis auf Zehntelgrade angegeben hätte; diejenige der Bohrlochtemperatur aber, auf die es gerade ankam, weniger genau, nur bis auf halbe Grade. Man war daher einfach moralisch gezwungen, auch letztere bis auf Zehntel- grade anzugeben. Der zweite Grund, welcher zu einer solchen Handlungsweise drängte, ist in der Grösse bezw. Länge des von MaAnpeLsLoH be- nützten Geothermometers zu suchen. Ein Grad hat an demselben die Länge von nicht weniger als 8 mm. Er ist durch einen Teil- strich nur in 2 halbe Grade geteilt. Jeder derselben zwingt daher bei seiner verhältnismässig bedeutenden Länge von 4 mm! den Beobachter, mindestens nach Viertel- und Achtelgraden schätzungs- weise abzulesen. Da er aber bei den übrigen Messungen Zehntel- grade gab, so musste er auch hier statt Achtel Zehntel geben. Doch noch ein dritter Grund lag vor, welcher auf MAnDELSLOH den völlig unwiderstehlichen Zwang ausübte, an seinem nur in halbe Grade geteilten Geothermometer doch Zehntelgrade schätzen zu müssen. Fr bestimmte nämlich in den bedeutenderen Tiefen die ! Auf unseren gewöhnlichen Stubenthermometern ist 1° oft nur 1 mm lang, also Smal kürzer als bei unserem Geothermometer. Nun kann bei unseren Stuben- thermometern jedermann noch leicht halbe und Drittelgrade unterscheiden. Mana würde also hiernach bei jenem Geothermometer Sechzehntel- bis Vierundzwanzigstel- Grade leicht unterscheiden können. Wenn daher Mandelsloh Zehntel-Grade an demselben schätzte, so ist das eine leichte Sache. —. 0198 — Temperatur nicht etwa direkt an seinem Geothermometer, sondern im Wasserbade durch das Normalthermometer. Dieses aber war ja in Zehntelgrade geteilt. Für die bedeutenderen Tiefen liegt also die Sache so, dass er die Temperatur hier wirklich in Zehntelgraden vom Normalthermometer ablas. Daraus ergab sich nun für ihn die gar nicht zu umgehende Notwendigkeit, auch für die geringeren Tiefen, welche er direkt am Geothermometer ablas (s. später), die Temperatur in Zehntelgraden anzugeben. Man sieht also, dass MAanpeLstLoH gar nicht einmal bei allen, sondern nur bei den geringeren Tiefen in die Lage kam, in Zehnteln schätzen zu müssen. Erwägt man nun auf der einen Seite die ausserordentliche Kürze der Mitteilung des Grafen über diese Ver- hältnisse, so würde man es auch hier verstehen, wenn er sich wiederum in diesem Falle nicht in die obigen langen und lang- weiligen Auseinandersetzungen eingelassen, sondern kurzweg gesagt hätte: „das Thermometer war in Zehntelgrade geteilt.“ Erwägt man dagegen auf der anderen Seite den Umstand, dass nicht weniger als 5 Jahre vom Tage der Messungen bis zu dem der Veröffent- lichung derselben verflossen, so wird man es auch begreiflich finden, dass der Graf, in Anbetracht seiner auf Zehntelgrade lautenden Auf- zeichnungen, wirklich des Glaubens gewesen sein mag, das vor 5 Jahren von ıhm benutzte Geothermometer sei in dieser Weise eingeteilt gewesen. Nach dem Gesagten halte ich es trotz jenes Unter- schiedes für sehr wahrscheinlich, dass das mir vor- liegende Thermometer wirklich das vom Grafen Mar- peLsLor im Bohrloche benutzt gewesene ist. Sollte das aber’doch nicht! der Eall«sein, dann ist. das.mir:vor- liegende sicher das von Bergrat Decen bei diesen Tem- peraturuntersuchungen benutzt gewesene Da nun ManpeLstLoH ausdrücklich erwähnt, dass Deeen’s Messungen bis auf kleine Unterschiede mit den seinigen übereinstimmten, so ist es für unsere Untersuchung nicht so sehr wesentlich, ob wir dieses oder jenes Thermometer vor uns haben. Bevor ich nun zu einer Darlegung der durch die Untersuchung dieses Instrumentes gewonnenen Ergebnisse schreite, wollen wir uns zuvor zu einer Prüfung der vom Grafen Mandelsloh angestellten Berechnung wenden: Auf Grund seiner oben abgedruckten Temperaturmessungen giebt derselbe die Berechnung der Wärmezunahme mit den folgenden — 20 — Worten: „Hienach kommen auf 100 Fuss württemb. + 3,28° C. und auf 1° C. Wärmezunahme 30,49 Pariser Fuss (ein bei so be- trächtlicher Tiefe alle sonst bekannten weit übertreffendes Resultat).“ Mit leichter Mühe kann man sich nun davon überzeugen, dass diese Berechnung ebenso viele Fehler enthält als sie Angaben macht. Nach dem unten Angegebenen! sind 100 Fuss württemb. gleich rund 88 Pariser Fuss. Daraus folgt erstens, dass auf 1° C. Wärmezunahme nicht, wie ManpeLstoH sagt, 30,49, sondern sogar nur 26,88 Pariser Fuss kommen würden, so dass hiernach die geothermische Tiefenstufe also noch kleiner sein würde als derselbe berechnet. Doch dieser Rechenfehler hat für uns keine Bedeutung, da überhaupt schon die Grundzahl, aus welcher jene obige falsche abgeleitet wurde — nämlich 3,28° C. auf je 100 Fuss württemb. — unrichtig ist. MAnpELsLoH hat diesen Wert von 3,28° C. ersichtlich durch den folgenden Gedankengang erlangt: „Wenn in 1180 Fuss Tiefe 38,7°C. herrschen, so kommen auf je 100 dieser 1180 Fuss immer 228rr0.° Das ist aber ganz unzulässig; denn MAnpeLsLoH geht hierbei von der Erdoberfläche aus und nimmt auf derselben zudem noch ganz willkürlich die Temperatur von 0° an. Man will ja nur die der Erde eigene Wärme messen. Der Einfluss der Sonnenwärme aber reicht, in unseren Breiten, bis hinab in eine Tiefe von etwa 20 m oder rund 70 württemb. Fuss. In dieser Tiefe herrscht unver- änderlich eine Temperatur, welche sehr annähernd dem Jahresmittel des Ortes an der Erdoberfläche gleicht. Nur von dieser Tiefe an und nur von dieser Temperatur aus darf man bekanntlich die nach dem Erdinnern zu stattfindende Wärmezunahme berechnen. Wie nun später dargelegt werden wird, muss mit 70 Fuss württemb. bei Neuffen eine unveränderliche Temperatur von ungefähr 8,33° C. herrschen. Legt man diese Temperatur der Berechnung zu Grunde, so findet sich auf je 100 Fuss württemb. nicht, wie MAnDELSLOR sagt, eine durchschnittliche Zunahme von 3,28° C., sondern nur von 2,74° C., und das ergiebt eine Wärmezunahme von 1° C. nicht bereits auf je 26,83 Pariser Fuss, wie aus Mawperston’s Berechnung folgt, sondern erst auf je 32,11 Pariser Fuss. ı 1 Meter — 3,078 Pariser Fuss = 3,491 württemb. Fuss. u AGSR Will man dagegen nicht das obige durch Analogieschlüsse gefundene wahrscheinliche Jahresmittel von Neuffen in 70 Fuss Tiefe zu Grunde legen, sondern von der nächstbenachbarten 100 Fusstiefe und der Temperatur ausgehen, welche MAnpELSLoH in derselben durch Messung bestimmte, so erhalten wir das folgende, natürlich ziemlich ähnliche Ergebnis. Da nach dieser Messung in 100 Fuss württemb. Tiefe 10,8° C. gefunden wurden, und in 1180 Fuss 38,7° C., so er- giebt sich für den Tiefenunterschied von 1080 Fuss eine Zunahme von 27,9°C. Das macht dann auf je 100 Fuss württemb. ein durch- schnittliches Anwachsen von 2,58° C., somit auf je 38,8 württemb. — 34,1 Pariser Fuss eine Wärmezunahme von 1° C. Fassen wir nun diese beiden Ergebnisse zusammen, so folgt, je nachdem wir die erste bezw. die zweite Art der Berichtigung anwenden wollen: Bei den im Jahre 1839 erfolgten Tem- peraturbestimmungen hat MaxpeLston sich nicht nur ver- rechnet, sondern auch zudem eine ganz unzulässige Methode der Berechnung angewendet. Es darf daher die Wärmezunahme im Bohrloch zu Neuffen nicht, wie ManpeLsLon meinte, auf 3,28°C. pro 100 Fuss württemb. angegeben werden, sondern nur auf 2,74 bezw. 2,58° C. Daraus folgt weiter, dass eine Wärmezunahme von 1°C. nicht bereits auf je 26,83 Pariser Fuss kommt, sondern erst auf je 32,11 bezw. 34,10 Pariser Fuss, das macht 10,4 bezw. 11,1 m. Nach den 1839 erfolgten Messungen ist also die Wärmezunahme nicht ganz so gross, oder mit anderen Worten, die geothermische Tiefenstufe nicht ganz so klein, wie ManpeLsLoH berechnete. Indessen trotz dieser Herabminderung der Wärmezunahme, welche sich auf solche Weise nach jenen Messungen für das Bohr- loch bei Neuffen ergiebt, ist die Zunahme immer noch eine so grosse, wie sie unter normalen Verhältnissen von keinem anderen Orte der Erde bisher nachgewiesen wurde; denn selbst das Bohr- loch vom Monte Massi in der Toskanischen Maremme (s. später) hat eine geothermische Tiefenstufe von 13 m, welche die von Neuffen immer noch um rund 2 m übertrifft. Es musste daher trotzdem der Argwohn bestehen bleiben, dass bei den Temperaturbestimmungen zu Neuffen irgendwelche und zwar sehr starke Fehlerquellen ihren störenden Einfluss geltend gemacht hätten. Zum besseren Verständnis ist es nötig, zunächst eine Beschrei- bung und Abbildung des von Mandelsloh gebrauchten Geo- — 622 — thermometers zu geben, welches sich jetzt in der Sammlung des physikalischen Institutes der technischen Hochschule zu Stuttgart befindet. Gewisse Wiederholungen des bereits auf S. 615 Gesagten sind hierbei unvermeidlich. Das Thermometer besteht aus einer oben i Bun BB gel: 1 Ih el "ll 1 al BE ‚I au | 1 a 1 a I HH) a8 u offenen Glasröhre, in deren unterer Erweiterung sich das Quecksilber befindet. Das obere, offene Ende der Röhre ist zu einer Spitze ausgezogen, so dass hier das in der Tiefe durch Erwärmung sich ausdehnende Quecksilber als eine Säule von geringem Durchmesser austreten und hinabfallen konnte. Diese Glasröhre liegt auf einem Mes- singstabe, welcher auf der Rückseite den Namen „Kinzel- bach. Stuttgart“ trägt, während auf der Vorderseite „Celsius“ eingegraben ist. Dieser Stab ist in 26 Grade Celsius geteilt; jeder Grad nimmt eine Länge von 8 mm ein und ist wieder in halbe Grade geteilt. Die Zahlen der Grade sind in umgekehrter Ordnung angebracht: Oben liegt der Nullpunkt und von da an zählen die Grade nach abwärts, so dass über der mit Quecksilber erfüllten Weitung der Röhre der 26. Grad liegt. Bereits oben (S. 616) ist auseinandergesetzt worden, warum diese 26 Grade nicht von 0—26, sondern von 2—28 zählen. Die gläserne Quecksilberröhre wie der Messingstab liegen in einer runden, oben geschlossenen Schutzröhre von Glas, welche unten offen ist und hier in einen aus Messing bestehenden Fuss eingekittet wurde. Das oben aus der Quecksilberröhre austretende Metall sammelte sich daher, was jedoch unwesentlich ist, unten in diesem Fusse an. Dieser letztere ist von einem runden Loch durch- bohrt, so dass Wasser und Luft in das Innere des Thermo- meters eindringen konnten, Wenn dieses Thermometer in die Tiefe hinabgelassen werden sollte, so wurde es in eine gleichfalls noch vor- handene Schutzröhre oder Kapsel von starkem Eisen ge- than, so in die Fangschere gestellt, und mit dem ganzen Bohrgestänge in die Tiefe hinabgelassen. Auch diese Schutzröhre ist von zwei Löchern durchbohrt, so dass Wasser und Luft in die- selbe eindringen und durch das Loch des Messingfusses in das Innere des Thermometers treten konnten. Die Gestalt und Beschaffenheit dieses Geothermometers stimmt 023 fast ganz genau mit derjenigen überein, welche Macnus! abbildet und beschreibt. Nur das Glasgefäss, welches zur Aufnahme des oben austretenden Quecksilbers dienen soll und von MaAcnus seinem Instrumente später? hinzugefügt wurde, fehlt. Auch darin findet eine kleine Abweichung statt, dass bei MAcnus der Nullstrich unten, bei unserem Geothermometer aber oben ist. Die Temperaturmessungen mit diesem Thermometer wurden von ManpELSLOH auf zwei verschiedene Weisen angestellt”. Man konnte entweder das Geothermometer zusammen mit einem Normal- thermometer in ein Wasserbad stellen und letzeres so lange erwärmen, bis das Quecksilber eben wieder am oberen Ende ausfliessen wollte. Las man in diesem Augenblicke die Temperatur an dem Normal- thermometer ab, so hatte man die Temperatur, welche in der be- treffenden Tiefe geherrscht hatte. Diese sicherste Art der Temperatur- bestimmung — weil sie von gewissen Fehlern der gläsernen Queck- silberröhre unabhängig macht — hat MANDELSLoH nur bei den grösseren Tiefen angewendet (s. später). Für die geringeren Tiefen benutzte er dagegen eine umständlichere Art und Weise: Er setzte das Thermometer über Tage in Schnee mit Nulltemperatur und füllte es hier mit Quecksilber. Nachdem nun in der Tiefe ein Teil des letzteren ausgeflossen war, wurde das heraufgeholte Instrument über Tage abermals in Schnee mit Nulltemperatur gebracht. Jetzt konnte man direkt an der Skala des Geothermometers die Temperatur der betreffenden Tiefe ablesen. Nach dieser Bescheibung des Geothermometers wende ich mich zu der Besprechung der äusseren Einflüsse, welche bei den Messungen schädlich, d.h. fehlererzeugend auf dieses Instru- ment eingewirkt haben können. ! Annalen der Physik und Chemie. 1831. Bd. XXII (LXXXXVIM). S. 136. ars HssFiesil,z2,H3: ? Ebenda. 1837. Bd. X. S. 142. > Wenn das Instrument in die Tiefe hinabgelassen wird, so steigt die Quecksilbersäule infolge der Wärme in die Höhe; und es fliesst am oberen offenen Ende so viel Quecksilber aus, als der Wärme entspricht. Bei den Messungen zu Neuffen kam das Geothermometer, da dieselben bei kalter Jahreszeit erfolgten, nach dem Aufziehen in allen Fällen über Tage in niedrigere Temperatur, als solche in der betreffenden Tiefe geherrscht hatte; die Quecksilbersäule zog sich also stets von der oberen Öffnung zurück. Das hätte natürlich auch umgekehrt sein können. Wenn z. B. in der Tiefe bei 100 Fuss 10° C. geherrscht hätten, oben aber die Lufttemperatur im Sommer 20° Ö. gewesen wäre, dann würde oben noch mehr Quecksilber ausgeflossen sein. Aber dieser Fall trat nie ein, wie die Tabelle auf S. 609 zeigt. — 64 — Zuvörderst werden wir zu prüfen haben, ob die auffallende Höhe der beobachteten Temperaturen etwa dadurch hervorgerufen sein könnte, dass noch Wärme von der Bohrarbeit im Bohrloche steckte. Der Betrag derselben kann gar nicht unbedeutend sein, wie aus den von DunkEr veröffentlichten Beobachtungen im Bohr- loche zu Sperenberg hervorgeht'!. Dort ergaben die in 2800 bis 3300 Fuss Tiefe auf je 100 Fuss bald nach dem Bohren gemachten Messungen stets eine um 2—2,8° R. höhere Temperatur, als die /,—"/;s Jahr später wiederholten Messungen! Das Verhältnis für die durch Bohrarbeit erzeugte Wärmemenge stellt sich jedoch noch weit günstiger als aus diesen Zahlen hervorgeht; denn die späteren Messungen erfolgten nicht in derselben, sondern in einer jedesmal um 50 Fuss grösseren Tiefe. So hatte man z. B. in 3000 Fuss Tiefe anfänglich eine um 2,7° R. höhere Temperatur gemessen, als später in 3050 Fuss Tiefe; in 3100 eine um 2,8° R. höhere, als später in 3150 u. s. w. Würde man später in derselben, und nicht in einer 50 Fuss grösseren Tiefe gemessen haben als bald nach dem Bohren, so hätte man natürlich noch wesentlich bedeutendere Temperaturunterschiede gefunden. Von einem derartigen Einflusse sind die Beobachtungen zu Neuffen zweifellos ganz frei gewesen; denn das Niederbringen des nur 1186 württembergische Fuss tiefen Loches dauerte nicht weniger als 6 Jahre. Einmal wurde die Arbeit sogar auf ein ganzes Jahr eingestellt. Im April 1839 wurde das Bohrloch aufgegeben, und in der Zeit zwischen Februar und April 1839 geschahen die Temperatur- bestimmungen. Letztere also vollzogen sich zu einer Zeit, in welcher man das Bohren bereits fast ganz beendet bezw. aufgegeben hatte. Aber selbst wenn man noch während dieses Zeitraumes etwas ge- bohrt haben sollte, so konnte es sich doch nur noch um die aller- letzten erbohrten Teufen handeln. In diesen aber zeigt sich die Wärmezunahme keineswegs als eine bedeutendere; sie ist im Gegen- teil etwas geringer als in den Teufen von 800—1100 Fuss. Es ist also ganz unmöglich, dass in Wärme umgesetzte Bohrarbeit hier eine Rolle spielen konnte. Ein wenig anders liegt die Sache hinsichtlich der folgenden Verhältnisse: Da das Bohrloch nicht verrohrt war, so erfolgten häu- fige Nachstürze. Der so erzeugte Schlamm leistete Widerstand beim ! Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preuss. Staate. Bd. XX. 1872. S. 221 u. 216. — 65 — Messen. Infolgedessen konnte das Geothermometer nicht einfach an einem Seil mit Hilfe eines angehängten Gewichtes hinabgelassen werden, sondern musste, in seiner verschlossenen Kapsel, in die Fangschere gestellt und so mit dem ganzen Bohrgestänge durch den Schlamm hinabgeführt werden. Zweifellos muss theoretisch infolge der dadurch entstandenen Reibung etwas Wärme erzeugt worden sein. Wie gross die Menge derselben war, entzieht sich einer sicheren Schätzung. Aber man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man diese durch das Durchstossen des Bohrschlammes erzeugte Wärme für so minimal betrachtet, dass ihr die ganz ausser- gewöhnliche Wärmezunahme im Bohrloche nur zu einem verschwin- dend kleinen Teile zugeschrieben werden könnte. Jedenfalls hat man bei dem tiefsten bisher bekannten Bohrloche, dem von Schladebach, diesen Einfluss nicht gefürchtet; denn um die schädliche Einwirkung der Wassercirkulation zu hemmen, hat man dort sogar künstlich den oberen Teil des Bohrloches, mit Hilfe eines in der Tiefe angebrachten Pfropfens, durch eine 426 m lange Säule von Lettenschlamm an- gefüllt. Ein weiterer naheliegender Gedanke ist der, dass etwa die das Bohrloch füllenden Wasser einen starken Einfluss auf die Ver- schleierung der wahren Wärme ausgeübt haben könnten. Bezüglich der Frage nach der Möglichkeit eines solchen Einflusses ist zwar behauptet worden, das Gestein, welches die im Bohrloche stehende Wassersäule einschliesst, sei unendlich gross gegenüber dieser Wasser- masse; die Temperatur des Gesteines könne mithin durch diejenige des Wassers nicht verändert werden. Demgegenüber aber macht F. Henxrıcm? mit Recht geltend, dass das Wasser im Bohrloche sich unausgesetzt in strömender Bewegung befindet, mithin unausgesetzt in der Tiefe dem Gesteine Wärme entführt und diese an die oberen Teufen abgiebt. Wie ungemein gross der Einfluss dieser Verhältnisse sein kann, geht aus den Versuchen in dem Bohrloche zu Sperenberg hervor. In 3390 Fuss Tiefe erhielt man eine Temperatur von 36,6° R., sowie die Wasserströmung eine Zeitlang aufgehoben war. Liess man dieselbe dagegen wieder in Kraft treten, so zeigte das Thermometer nur 33,6° R. Jene 36,6’ R. geben die wirklich dieser Tiefe zukommende Wärme: die 33,6’ R. zeigen die Verschleierung derselben unter dem ! Vergl. Braun und Waitzl.c. 8. 3. 2 Neues Jahrbuch £. Min., Geol. u. Pal. 1888. Bd. I. S. 181. Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 40 —.26 — abkühlenden Einflusse des Wassers. Letzteres hat also einen Unter- schied von 3° R. = 3,75° C. erzeugt! Was nun das Bohrloch zu Neuffen anbetrifft, so war hier wohl sicher das Wasser nicht abgesperrt; denn man wird in damaliger Zeit schwerlich an solche Vorsichtsmassregeln gedacht haben. Allein, ein Auf- und Abströmen des Wassers war hier jedenfalls bis zu einem gewissen Grade gehindert, da das Bohrloch durch nachgestürzte Massen litt. Immerhin wird ein gewisser Einfluss des Wassers sich geltend gemacht haben; aber nur in der Weise, dass die Temperatur der tieferen Schichten etwas erniedrigt, diejenige der höheren etwas erhöht wurde. Es dürfte nämlich die Annahme völlig auszuschliessen sein, dass etwa eine aus der Tiefe aufsteigende warme Quelle zu Neuffen angebohrt worden sein könnte, auf welche die grosse Wärmezunahme zurückzuführen sei. Derartiges hätte MAnpELSLoH gewiss mitgeteilt, denn er berichtet Gegenteiliges: Dass in 77 Fuss Tiefe eine kalte Quelle angebohrt wurde, welche während der ganzen Jahre des Bohrens ununterbrochen floss. Dieselbe war offenbar flachen Ur- sprunges; denn sie richtete sich, wie er sagt, stets nach der Tem- peratur der Atmosphäre. Nur diese Quelle kann Einfluss auf die Temperatur im Bohrloche gehabt haben. Nun wurden die Be- stimmungen in demselben vom 26. Februar bis zum 11. April 1839 vorgenommen; am 26. Februar hatte die Quelle 7°C. Sie kann also den ganzen Winter über das Bohrloch in der Tiefe nur etwas abgekühlt haben. Unmöglich lässt sich daher die hohe Temperatur des Bohrloches zu Neuffen auf die Ein- wirkung von Wasser zurückführen. Des weiteren haben wir zu prüfen, ob etwa in dem Bohrloche sich grössere Massen von Eisen befanden, dessen gute Wärmeleitung einen Einfluss auf die Messungen ausüben konnte. Wir sahen jedoch bereits, dass das Bohrloch nicht verrohrt war, so dass auch von dieser Seite keine störende Einwirkung vorausgesetzt werden darf. Anders aber lagen die Dinge in bezug auf das Gestänge. In- dem, wie Manperston berichtet, das in einer eisernen Kapsel befind- liche Geothermometer an dem Gestänge befestigt und mit diesem hinabgelassen wurde, musste notwendig durch diese, von unten bis an die Oberfläche reichende Eisenmasse, eine Ausgleichung der Temperaturen in den verschiedenen Tiefen angebahnt werden. Bis zu welchem Grade eine solche zu Neuffen erfolgte, entzieht sich genauer Berechnung. Eine Vergleichung der entsprechenden Er- — 27 — fahrungen bei Schladebach ergiebt einen Anhaltspunkt nur bezüglich der Verröhrung. Dort stellten sich in einer und derselben Tiefe Unterschiede der Temperatur bis zu 0,9° R. heraus, je nachdem man diese in der Tiefe liess oder entfernte; während aber in beiden Fällen das Gestänge in dem Bohrloche verblieb. Es ergiebt sich also in dieser Beziehung ganz dasselbe, was für die Wasserbewegung gilt: Den grösseren Teufen wird durch die eiserne Leitung etwas Wärme entzogen, den oberen Teilen dagegen etwas höhere Temperatur zugeführt. Die Einwirkung des eisernen Gestänges im Bohr- loche zu Neuffen kann mithin nur darin bestanden haben, dass die Temperatur in der Tiefe etwas erniedrigt, in der Höhe etwas erhöht wurde. Da jedoch das Ge- stänge nicht wie eine Verröhrung dauernd im Bohrloche steckte, so wird sein Einfluss ein sehr geringfügiger gewesen sein. Bezüglich der verschiedenen Wärmeleitung der durchbohrten Schichten verweise ich auf das Bohrprofil (s. später). Aus demselben geht hervor, dass vorwiegend thonige Gesteine durchsunken wurden. Von einem sehr grellen Wechsel in der Gesteinsbeschaffenheit wird man hier nicht sprechen dürfen; jedenfalls kann man ihm nicht die so grosse Wärmezunahme aufbürden, welche ManpeLsLon be- obachtet hat. In einem gewissen Zusammenhange mit den im Vorhergehenden besprochenen Verhältnissen der Wärmeausgleichung im Bohrloche durch Wasser, Verröhrung und Gestänge steht die folgende Er- scheinung. Wenn man eine Prüfung der Temperaturangaben in den verschiedenen Tiefen zu Neuffen auf die Frage hin veranstaltet, ob etwa irgend eine der angegebenen Temperaturen ganz besonders verdächtig und falsch zu sein scheint, so wird man ein solches be- sonderes Misstrauen gleich gegenüber der ersten Messung in 100 Fuss Tiefe hegen müssen. In einer Tiefe von ungefähr 20 m oder 70 Fuss württemb. herrscht in unseren Breiten, also sicher doch auch bei Neuffen, die _ unveränderliche Temperatur, welche dem Jahresmittel des betreffenden Ortes an der Erdoberfläche nahezu entspricht. Dieses Jahresmittel ist nun zwar von Neuffen nicht bekannt. Es lässt sich aber sehr annähernd berechnen aus den Jahresmitteln anderer Orte, welche ich den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landes- 40* — 628 — kunde entnehme'. Es haben als 50jähriges Mittel die beiden fol- genden Orte, welche in der Umgegend von Neuffen liegen, und zwar Kirchheim in 322 m Meereshöhe 8,83° C. Schopfloch „ 77O m z 6,61° C. Aus dem Vergleiche der Jahresmittel aller württembergischen meteorologischen Stationen und ihrer Meereshöhe ergiebt sich nun, dass für das ganze Land im Durchschnitt auf eine Erhebung von je 100 m über den Meeresspiegel eine Wärmeabnahme von 0,73° C. erfolgt. Im besonderen aber folgt aus der Vergleichung der Höhen und Durchschnittstemperaturen von Kirchheim und Schopfloch, dass hier auf eine Erhebung von je 100 m nur eine Wärmeabnahme von 0,50° C. erfolgt. Beide Stationen sind in bezug auf ihr Jahresmittel normal, d. h. ihre lokale Abweichung der beobachteten mittleren Wärme von der berechneten ist nur eine geringfügige zu nennen, da sie den Betrag von 0,2°C. nicht übersteigt. Wir werden daher die Angaben dieser beiden normalen und Neuffen zugleich nahe- liegenden Stationen der Berechnung des Jahresmittels von Neuffen zu Grunde legen können. Die Zunahme der Wärme, welche durch südlichere Lage bedingt ist, werden wir hier ausser acht lassen können, da dieselbe auf 1° südlicherer Lage nur 0,40° C. beträgt und alle drei Orte ziemlich auf demselben Breitengrade liegen. Kirchheim hat 322, die Mündung des Bohrloches bei Neuffen etwa 420 m Meereshöhe. Neuffen liegt also rund 100 m höher als Kirchheim, muss mithin ein um 0,50° C. niedrigeres Jahresmittel haben. Da nun Kirchheim ein solches von 8,830 C. besitzt, so muss ‘bei Neuffen das Jahresmittel ungefähr 8,33° C. betragen. Höher wird der Betrag auf keinen Fall sein, denn das nicht weit entfernte Tübingen mit 325, also fast um 100 m geringerer Meereshöhe, hat auch nur 8,36° C.? Bei Neuffen muss mithin in der Zone der unveränderlichen Temperatur, d. h. in einer Tiefe von mindestens 70 Fuss württemb., eine Wärme von 8,33° C. herrschen. Aus dieser Zahl lässt sich nun leicht die Temperatur annähernd berechnen, welche in der Tiefe von 100 württemb. Fuss höchstens angetroffen werden dürfte. Durchschnittlich beträgt, nach den Messungen MANDELSLOH’s berechnet (S. 621), die Temperaturzunahme bei Neuffen auf 38,8 württemb. Fuss 1° C. Das ergiebt für 30 Fuss 0,77° C. Rechnet ' Jahrgang 1880. S. 4, 6, 9. 2 Wobei freilich die Lage im offenen Neckarthale etwas herabziehend wirken wird. — ub29 man diese 0,77° zu jenen 8,33° C. in 70 Fuss Tiefe hinzu, so ergiebt sich für die 100 Fusstiefe eine Temperatur von 9,10° C., während ManpersLon 10,8° C. gemessen hat. Nun wird es freilich billig sein, für das zu berechnende An- wachsen der Temperatur von 70 zu 100 Fuss Tiefe nicht auf der obigen durchschnittlichen Zunahme als allein möglich zu be- harren, sondern auch als möglich eines der höchsten Masse von Wärmezunahme zu Grunde zu legen, von welchen ManperstLon be- richtet. Ein solches ergiebt sich z. B. zwischen 500 und 600 Fuss mit 3,1° C. Daraus berechnet sich auf 30 Fuss ein Anwachsen um 0,93° C. Zählt man diese zu jenen 8,33° C. in 70 Fuss Tiefe hinzu, so folgt für die 100 Fusstiefe eine Temperatur von 9,26° C. gegenüber den 10,8° C. nach MANDELSLOH. Aus obiger Darlegung ergiebt sich also, dass die Temperatur in 100 württemb. Fuss Tiefe nur 9,10 bezw. 9,26° C. betragen kann, während Maxperston 10,8° C. ge- messen hatte. Es ist mithin Manperston’s Messung in der 100 Fusstiefe mit grösster Wahrscheinlichkeit um 1,7 bezw. 1,5° C. höher als der Wirklichkeit entsprochen wird. Die Ursache dieser Erscheinung kann eine verschiedene sein. Sie kann einmal in einer fehlerhaften Beschaffenheit des Thermo- meters liegen. Wir werden indessen sehen, dass das von MANDELSLOH gebrauchte Instrument gerade in seinem oberen Teile fast ge- nau mit dem Normalthermometer übereinstimmt. Erst im mittleren und unteren Teile weicht es von demselben ab. Nun handelt es sich bei der 100 Fusstiefe mit 10,8° C. nur um diese oberen und obersten mittleren Teile des Thermometers, also um eine Strecke desselben, welche ziemlich richtig ist. Wie dem aber auch sei, jedenfalls machen sie nur zu geringe, nicht aber zu hohe Tem- peraturangaben. Da nun Manperstonm nach unserer Überlegung in der 100 Fusstiefe gerade umgekehrt eine um 1,5—1,7° C. zu hohe Temperatur gefunden hat als der Wirklichkeit entspricht, so kann die Ursache davon nicht in der Beschaffenheit des Geothermo- meters gefunden werden. Liegt nun die Ursache dieser Erscheinung nicht an dem In- strumente selbst, so wird sie zunächst in dem Einflusse des Wassers gesucht werden müssen. In jedem Bohrloche, in welchem das Wasser eine auf- und abströmende Bewegung annehmen kann, muss dasselbe die Wärme, welche es in den grösseren Tiefen annimmt, =. 030 — zum Teil in den oberen wieder abgeben (s. S. 626). Nachdem daher das Wasser jahrelang derartig auf die Wände eines tiefen Bohrloches eingewirkt hat, wird es die Temperatur der unteren Teufen um einen gewissen Betrag erniedrigt, diejenige der oberen um einen ent- sprechenden erhöht haben. Mithin muss auch in der 20 Meter- tiefe, der Zone der unveränderlichen Temperatur, eine höhere Temperatur gefunden werden, als eigentlich entsprechend dem Jahresmittel des Ortes dort herrschen darf, wie das HrnoricH ! aus- geführt hat. In Sperenberg hat sich (s. S. 625) in dieser Beziehung ganz dieselbe Erscheinung wie zu Neuffen gezeigt. Nun will freilich Dunker? dieselbe als eine Folge der wärmeleitenden Eigenschaft der Verröhrung erklären, welche bis zu 444 Fuss hinabreichte, sowie dadurch, dass drei Verröhrungen ineinander steckten, in deren Zwischenräumen das Wasser noch ungehinderter auf- und abströmen konnte, als zwischen nur einer Röhre und dem Gestein. Es wird gewiss, wie DunkeEr will, auch die Verröhrung jene Erscheinung mit hervorgerufen haben; aber zum anderen Teile wird dieselbe sicher auch durch das Wasser an sich bewirkt worden sein. Thatsache ist, dass in Sperenberg schon in 50 preuss. Fuss Tiefe eine Tem- peratur von 12,33° C. herrscht, welche das in ungefähr dieser Tiefe theoretisch geforderte Jahresmittel um 3,35° C. übertrifft. Wogegen bei Neuffen sogar in 100 württemb. Fuss Tiefe nur 10,8% ©. ge- funden wurden, und in der Zone der unveränderlichen Temperatur die Wärme nur um 1,5—1.7° C. höher war als sie sein durfte. Es ist mithin sogar bei den mit grösster Vorsicht und in neuerer Zeit angestellten Beobachtungen bei Sperenberg in der Zone der unveränderlichen Tempe- ratur eine Wärme gefunden, welche dasdortige Jahres- mittel noch bei weitem stärker übertrifft, als das bei Neuffen der Fall war. Durch diesen analogen Vorgang zu Sperenberg wird mithin die scheinbar falsche Beobach- tung Manpersioms zu Neuffen durchaus gerechtfertigt. Ein gerade auf diesen nachweisbaren Widerspruch ge- gründeter Zweifel an der Richtigkeit seiner Beobach- tungen überhaupt, ist daher völlig unstatthaft. Un- ! Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preuss. Staate. Bd. XXV. S. 61. — Ferner Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1888. I. S. 182. ? Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1879. S. 116 pp., und Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preuss. Staate. Bd. XX. 5. 211. — 631 — gezwungen erklärt sich auch, dass, in der ungefähren Zone der un- veränderlichen Temperatur, zu Sperenberg die Wärme um 3,35° C., zu Neuffen dagegen nur um 1,5—1,7° C. höher gefunden wurde, als sie theoretisch sein durfte. Bei Sperenberg kommt zu der Wasser- wirkung, wie oben angeführt, noch der im selben Sinne wirkende wärmeausgleichende Einfluss der Verröhrung hinzu; wodurch sich der Erfolg bis auf 3,35° C. vergrössert. Bei Neuffen dagegen fehlte die Verröhrung ganz; nur das eiserne Gestänge (s. S. 627) wirkte wärmeausgleichend und eine Auf- und Abströmung des Wassers war bis zu einem gewissen Grade gedämpft durch die nachgestürzten Massen. Infolgedessen zu Neuffen nur der kaum halb so grosse Fehler von 1,5 —1,7° C. HexpricH ist der Ansicht, dass das besprochene Verhalten des Sperenberger Bohrloches nicht etwa eine Ausnahme bilde, sondern dass es eine ganz allgemeine Regel verrate, welche sich in allen tiefen Bohrlöchern erkennen lassen müsse. Stets werde hier in der Zone der unveränderlichen Temperatur die Wärme um einen grös- seren oder geringeren Betrag höher sein, als nach dem Jahresmittel zu erwarten wäre. Sollte sich diese Ansicht bestätigen, so würde darin, dass auch die Messungen zu Neuffen diese selbe Regelwidrigkeit zeigen, wie diejenigen anderer Bohr- löcher, gerade ein Beweis für die Genauigkeit von Maxperstom’s Untersuchungen liegen. Wenden wir uns nun zu der Frage, wie sich unser Thermo- meter dem Luftdruck gegenüber verhalten haben muss. Bevor ich das Thermometer sah, hatte sich der Gedanke aufgedrängt, das mit steigender Tiefe im Bohrloche stattfindende Anwachsen des Luft- druckes möchte die Ursache von zu hohen Temperaturangaben des Thermometers gewesen sein, indem die gläserne Quecksilberröhre mehr und mehr zusammengedrückt wurde. Das wäre die einfachste Lösung der Frage nach der Ursache der so hohen Wärmezunahme gewesen. Nun war in der That unser Geothermometer nicht gegen den Druck geschützt, obgleich es in einer schweren eisernen Kapsel lag. Denn nicht nur befand sich in dieser Kapsel ein grosses Loch, sondern es war auch der Messingfuss der das Thermometer in sich bergenden Schutz-Glasröhre von 2 Löchern durchbohrt. Der Druck konnte also durchaus auf die gläserne Quecksilberröhre wirken und diese mehr und mehr zusammenpressen. Da dieselbe jedoch oben offen war, so äusserte sich der Druck in gleicher Weise auch auf das Quecksilber. Indem dieses nun aber in höherem Masse kom- HN primiert wird als Glas', so folgt, dass der Einfluss des mit der Tiefe wachsenden Luftdruckes aufunser Geothermo- meter auch hier wieder niemals eine zu hohe Tempe- raturangabe desselben bewirkenkonnte, sondern höch- stens eine etwas zu niedrige. In fünfter Linie war es denkbar, dass eine Erhöhung der nor- malen Erdtemperatur bei Neuffen durch chemische Prozesse, im be- sonderen durch Zersetzung von Eisenkies erfolgte. Im allgemeinen freilich ist die Menge dieses Minerals in den durchbohrten Schichten - wohl eine verhältnismässig so geringe, dass die durch die Zersetzung desselben erzeugte Wärmemenge mehr nur eine theoretische als prak- tische Bedeutung haben möchte. Im besonderen aber findet sich eine ziemlich bedeutende Anreicherung dieses Minerals im Lias &, ö, y und £, also in denjenigen Schichten, welche von 800—1100 Fuss Tiefe durchbohrt worden sein müssen; wie sich das aus der Deutung des Bohrprofils am Ende dieses Kapitels mit Sicherheit er- giebt. Sehen wir nun zu, ob etwa in diesen Tiefen sich eine höhere Wärmezunahme bemerkbar macht, so erhalten wir ein scheinbar schlagendes Ergebnis. Aus der Tabelle auf S. 609 ergeben sich nämlich die folgenden Steigerungen der Temperatur: auf 100 Fuss Durchschnitt berechnet auf 100 Fuss Von 100— 200 Fuss Tiefe um 2,9% ©. „. 200— 300 „ x SSOAL n 300 — 409 n » ” 530 C. 17a: „ 409— 500 „ 5 20,0. 9,90 C. 2,430 C. „. 500— 600 „ i nal! „. 600— 700 „ ?: BR EA, „ 700— 800 „ 4 . Bar°U: | „ 800-- 900 „ & „BEE | „900-1000 „ s HB CET 3,5010; 3:07048, | „ 1000--1080 „ N MER OR | | „ 1080—1180 2,49 0. Die mit einer Klammer versehenen Tiefen sind diejenigen, in welchen verhältnismässig grössere Mengen von Eisenkies liegen müs- sen. Da der letztere auf diese 300 Fuss aber in verschiedenem Masse verteilt ist, so werden wir aus den drei Zahlen der Tempe- : Über den Betrag und den von Magnus für denselben aufgestellten Ausdruck desselben vergl. Annalen der Physik und Chemie. Bd. XXII (der ganzen Folge 98.). 1831. S. 147, und bei Dunker in Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preuss. Staate. Bd. XX. 1872. Berlin. S. 230. — 693° — ratursteigerung in diesen Tiefen das Mittel nehmen müssen, um besser die Frage entscheiden zu können, ob die Steigerung auf diese 300 Fuss eine höhere ist oder nicht. Das Mittel aus den drei eingeklammerten Temperaturzahlen würde 2,83 ergeben. Allein diese Zahl gestattet keinen richtigen Vergleich, da von 1000—1080 Fuss Tiefe die Stei- gerung um 2,8° C. ja nicht auf 100, sondern bereits auf SO Fuss eintritt. Berechnen wir daher diese Steigerung auf 100 Fuss, so würde sich von 1000—1100 Fuss Tiefe eine solche von 3,5° C. ergeben. Setzen wir nun letztere Zahl an Stelle der 2,8° C., so findet sich als Mittel der Temperatursteigerung zwischen 800 und 1100 Fuss Tiefe ein Betrag von 3,07° ©. für jede 100 Fuss. Das ist in der That ganz auffallend; denn bei Absehen von der aus 500 zu 600 Fuss Tiefe eintretenden Steigerung um 3,1° C. finden wir im ganzen Bohrloche nirgends ein so starkes Anwachsen der Temperatur wie hier! Nehmen wir den Durchschnitt aller anderen Steigerungen — von 100—800 und von 1080—1180 Fuss — so ergeben sich nur 2,43° C. für jede 100 Fuss Tiefe. Dem gegenüber stehen jene 3,07° C.; so dass sich also von 800—1100 Fuss Tiefe ein Mehr der Temperatursteigerung von 0,65° C. für jede 100 Fuss heraus- stell. Wir werden also zu dem Schlusse gedrängt: Die durch grösseren Reichtum an Eisenkies ausgezeichneten Tie- fen zwischen 800 und 1100 Fuss lassen nach MAnDELSLoH’s Messungen gleichzeitig das grösste Mass von Tempe- ratursteigerungerkennen, und zwar ein Mehr von 0,64°C. für je 100 Fuss Tiefe. Weiteres verraten uns natürlich diese Zahlen nicht. Die Vor- stellung eines ursächlichen Zusammenhanges beider Dinge liegt aber sehr nahe: Dass nämlich der Schwefelkies, bezw. seine Zersetzung diese höhere Wärmesteigerung veranlasst habe. So bemerkenswert und einleuchtend nun aber dieses Ergebnis auch zu sein scheint — es lässt sich doch zeigen, dass dasselbe möglicherweise nur ein trügerisches ist. Es wird nämlich später nachgewiesen werden, dass durch diejenige Methode der Temperatur- bestimmung, welche in den Tiefen von 100—900 Fuss einschliesslich befolgt wurde, zu niedrige Temperaturangaben erzielt werden muss- ten; die Ursache liegt in der fehlerhaften Beschaffenheit der gläsernen Quecksilberröhre. Wogegen man durch die von 1000 Fuss Tiefe an befolgte Methode der Messung richtige Zahlen erhielt. Nun hatte sich die durchschnittliche Temperaturzunahme in — 654 — den Tiefen von 100—800 Fuss einschliesslich für je 100 Fuss auf 2,43° C. ergeben. Ist diese Zahl aber zu niedrig, dann nähert sie sich der höheren von 3,07° C. für die grösseren Teufen von 800 bis 1080 Fuss. Infolgedessen ist diese Eisenkies-reichere Schichtenreihe nicht durch eine so viel grössere Wärme- zunahme gegenüber der Eisenkies-armen ausgezeich- net, wie das vorher den Anschein hatte. Immerhinaber mag ihr ein kleines Mehr zukommen. Ein letzter Punkt, welcher hier erwähnt werden muss, ist die ausserordentlich kurze Dauer der Versuche Die Betrachtung der Tabelle auf S. 609 lehrt, dass am 26. Februar um 1 Uhr nach- mittags in 300 und schon um 3 Uhr in 600 Fuss Tiefe die Tem- peratur bestimmt wurde. Ebenso wurde am 27. Februar um 8"/,, 93/,, 12'/,, 2°/, und 4°/, Uhr in 100, 200, 500, 700 und 800 Fuss Tiefe gemessen. Dann am 10. April um 4 und 6'/,; Uhr in 409 und 900 Fuss, am 11. April um 6%/,, 11?/, und 3 Uhr in 1000, 1180 und 1080 Fuss Tiefe. Man sieht aus diesen Angaben, dass das Thermometer fast stets nur verhältnismässig kurze Zeit in der jedesmaligen Tiefe ge- blieben sein kann; und ManpeLsLoH bemerkt auch selbst: „Das Geo- thermometer blieb zum wenigsten 1, öfters 2—3 Stunden in dem Bohrloche.*“ Nur am 11. April morgens 6'/, Uhr war das Thermo- meter vom Abend vorher, also 12 Stunden lang, ım Bohrloch bei 1000 Fuss Tiefe gewesen. Sehen wir aber von dieser einen Messung ab, so war die dem Quecksilber bewilligte Zeit, die Temperatur der betreffenden Tiefe anzunehmen, eine zum Teil so geringe, dass man wohl schliessen darf: Bei dem zum Teil sehr kurzen Aufenthalte des Thermometers in einzelnen Tiefen wird dasselbe hier eher eine, um einKleines zu niedrige als eine ganz ge- nügend hohe, richtige Temperatur angezeigt haben. Wir haben damit die äusseren Umstände betrachtet, welche das wahre Bild der Wärmezunahme bei Neuffen verschleiern konnten. Wir wollen uns nun einer Prüfung des Geothermometers selbst zuwenden, um zu sehen, ob und welche Mangelhaftigkeiten desselben die Veranlassung zu falschen Temperaturangaben von seiten dieses Instrumentes gewesen sein könnten. Zunächst war zu untersuchen, ob die Tropfengrösse des von ManpeLsLon bezw. DEGEN gebrauchten Geothermometers etwa eine absonderlich grosse ist, so dass durch diesen Fehler bei den Messungen — 65° — der Temperatur grobe Beirrungen erzeugt worden sein könnten. Wie schwierig es ist, die obere, offene Spitze des Geothermometers bis zu höchster Feinheit auszuziehen, geht daraus hervor, dass selbst bei den von Braun und Waız bei Sulz benutzten Instrumenten, welche erst vor kurzem und mit ganz besonderer Sorgfalt her- gestellt wurden, die Grösse des abfallenden Quecksilbertropfens immer noch einen Wert von 0,20 und 0,46° C. besass! Feiner konnten selbst diese Geothermometer nicht gemacht werden (l. c. 8. 9). Es liess sich daher annehmen, das in alten Zeiten hergestellte Instrument werde ganz bedeutend weniger fein sein. Zu dem Zwecke wurde unser Geothermometer zugleich mit einem Normalthermometer in ein Wasserbad gestellt und letzteres mehr und mehr erwärmt. Es zeigte sich nun in der That, dass die Tropfengrösse des Instrumentes eine viel grössere ist, denn sie be- trägt durchschnittlich 2,1° C. gegenüber jenen 0,20—0,46° C.! Dieser Mangel unseres Geothermometers ist jedoch immer noch nicht ganz so gross wie das bei den zu Schladebach benutzten der Fall war, wo er bis zu 2°’ R. betrug. Vor allem aber lässt eine einfache Überlegung erkennen, dass dieser Fehler zwar im stande ist, eine unrichtige Temperaturangabe hervorzurufen, aber stets nur eine zu niedrige, nie eine zu hohe. Man stelle sich vor, dass das Geothermometer in die Tiefe hinabgelassen wird, dass die Quecksilbersäule nun in seiner Glas- röhre in die Höhe steigt und aus der oberen Öffnung derselben soeben herauszuquellen beginnen will. Von diesem Augenblicke an muss bei unserem Instrumente die Wärme noch weiter um volle 2,1°C. steigen, bis der allmählich herausquellende Tropfen so gross geworden ist, dass er unter alleiniger Wirkung seiner Schwere ab- fallen kann. Wird jetzt, sowie dieses eingetreten ist, das Thermo- meter emporgezogen, so muss es die in der betreffenden Tiefe herrschende Temperatur ganz genau angeben. Der genannte Fall wird aber selten eintreten.. Es ist vielmehr überwiegend wahrscheinlicher, dass die in der betreffenden Tiefe herrschende Temperatur nur hinreicht, um den Tropfen zum Teil hervortreten zu lassen. In dieser herausgequollenen Lage verbleibt jetzt das Quecksilber, so lange das Thermometer ruhig im Bohrloche hängt. Sowie das Instrument aber dann in die Höhe gezogen und dadurch erschüttert wird, können zwei Fälle eintreten. ! Herr Kollege Braun hatte die Liebenswürdigkeit, im physikalischen Institute zu Tübingen die Bestimmung auszuführen. — 656 — War der Tropfen bereits zum grösseren Teile seines vollen Umfanges hervorgequollen, so wird er infolge der Erschütterung zum Abfallen gebracht werden. Auch in diesem Falle noch wird das Thermometer, oben angelangt, die richtige Temperatur erkennen lassen, denn es fehlt ja nun genau ebensoviel Quecksilber in der Röhre, als der Temperatur entsprechend herausgequollen war. Nun kann aber sehr leicht auch der andere Fall eintreten, dass die in der betreffenden Tiefe herrschende Temperatur gerade nur hinreicht, um einen kleineren Teil des vollen Tropfens hervor- treten zu machen. Dieser Teil mag so gross sein, dass er bei unserem Instrumente z. B. !/, oder ?/,° C. entspricht. Wird jetzt das Thermometer in die Höhe gezogen, so ist die Erschütterung nicht stark genug, um diesen kleinen Tropfen zum Abfallen zu bringen. Er bleibt zunächst hängen. In den oberen, weniger warmen Teufen zieht das Quecksilber sich aber zusammen und das bereits Herausgequollene tritt wieder in die Röhre zurück. Bestimmt man nun an dem Thermometer die Temperatur der betreffenden Tiefe, so zeigt dasselbe letztere notgedrungen um !/, oder °/,° C. zuniedrig an. Es ergiebt sich also, dass das von MAnDELSLoH benutzte Instru- ınent in dieser Hinsicht zwar für ganz feine Temperaturbestimmungen nicht recht geeignet war; dass aber dieser Einfluss der zu bedeutenden Tropfengrösse unseres Geothermometers niemals eine zu hohe Temperaturangabe desselben be- wirken konnte, sondern höchstens einmal eine zu niedrige. Eine weitere Fehlerquelle, durch welche zu hohe Temperatur- angaben hätten erzeugt sein können, lag möglicherweise darin, dass die das Quecksilber enthaltende Glasröhre von ungleichem Quer- schnitte war. Zu dem Zwecke wurde unser Geothermometer zu- gleich mit einem Normalthermometer in ein Gefäss mit Wasser von 6° C. Anfangstemperatur gestellt und dieses dann, durch Zugiessen wärmeren Wassers unter stetem Umrühren, auf höhere Temperaturen gebracht. Es zeigten hierbei die beiden Thermometer gleichzeitig folgende Temperaturen: Normalthermometer Geothermometer! GRaz. 28,25 C. 11,90 C, 23,3° C. 16,6° C. 19,15° C. 22,1° C. 14,75° C. Au. 100. 10.7°.1Q, 32,4° C. 6,25° C. ' Bei dem Geothermometer lief die Zählung der Grade von oben nach unten, also umgekehrt wie beim Normalthermometer. DNB In Wirklichkeit wurden nicht nur die obigen wenigen Tempera- turen beider Instrumente miteinander verglichen, sondern die Ver- gleichung erfolgte ungefähr Grad für Grad, bei mehr als 50 ver- schiedenen Temperaturen. Auch nicht ein einziges Mal zeigte sich hierbei Übereinstimmung zwischen beiden Instrumenten, sondern das Geothermometer wich fast stets im selben Sinne vor dem Normal- thermometer ab. Es war daher genügend, aus den beiden langen Zahlenreihen nur einige Haltepunkte herauszugreifen und hier neben- einander zu stellen. Berechnen wir bei diesen die jedesmaligen Unterschiede von Messung zu Messung, so finden wir ein Steigen der Temperatur bei dem Normalthermometer Geothermometer 1 2umHanG. um 4,95° C. 2.0. IHN, 3m \78,5RG, AAN, A250 NUEWEIIE, 5 5,30 C. AH Es sind also im ganzen: 26,4° des Normalthermometers — 22° des Geothermometers; also im Durchschnitt 1° des Geothermometers — 1,2° des Normalinstrumentes. Eine Vergleichung der beiderseitigen Zahlen er- giebt mithin, dass auf der Skala des Geothermometers die Teilstriche ohne Ausnahme zu weit voneinander entfernt gezogen wurden, dass hier die Grade also grösser sind als am Normalthermometer. Daraus folgt aber, dass in den unteren Teufen bis zu mindestens 900 Fuss württembergisch, in welchen ManperLsLoHn die Temperaturen direkt am Geothermometer ablas, die Temperaturen von dem letzteren zuniedrigangegeben wurden. Also auch hier wieder nicht etwa ein Fehler, welcher zu hohe Temperaturangaben hervorrief, so dass man durch ihn die auffallend hohe Wärmezunahme erklären könnte, sondern im Gegenteil ein Fehler, welcher uns die von ManperstoH beobachteten, so sehr hohen Temperaturen, wenigstens in den geringeren Teufen, immer noch als zu niedrig erscheinen macht. An Stelle der Aufklärung nur noch grössere Verdunkelung als Folge der Unter- suchung! Denn das Ergebnis derselbenistebenso über- raschend wie unglaubwürdig; und doch findet es in dem später zu Zeigenden eine Stütze. — 658 — Es wird an obiger Tabelle auffallen, dass ın derselben die Vergleichung der beiden Thermometer nicht weiter fortgeführt wurde, sondern bei 6,25° ©. des Geothermometers stehen blieb. Die Ur- sache liegt darin, dass gegenwärtig oberhalb des 6. Teilstriches ein feiner Belag von oxydiertem Quecksilber sehr fest an der inneren Glaswand der Quecksilberröhre haftete, welcher sich, trotz wieder- holten Austreibens des Metalles durch Wärme nicht ausstossen liess. Derselbe hinderte in ersichtlicher Weise die Beweglichkeit der Queck- silbersäule, machte aber vor allem ihre Angaben ungenau, da er die Röhre verengerte. Infolgedessen musste natürlich die Gradeinteilung des Geothermometers, welche sich bis an diese Stelle als zu gross für dasselbe erwies — indem beispielsweise (Nro. 2) 4,15° — 5,3° des Normalthermometers waren — nun in geringerem Masse diesen Fehler zeigen. Auf solche Weise erklärte es sich denn wohl, dass an dieser Stelle des Geothermometers dieses fast genau mit dem Normalinstrumente übereinstimmt. Es stieg nämlich! das Normalthermometer von 30,2° C. auf 35,6° C., also um 5,4° C.; Geothermometer BRENNT ER ee So stellt sich, wie gesagt, jetzt das Instrument dar. Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass auch damals bereits, als MANDELSLOH dasselbe benutzte, die Röhre an dieser Stelle durch oxydiertes Queck- silber verunreinigt war. Das wird sich gewiss erst im Laufe der Jahrzehnte herausgebildet haben, während welcher die Metallsäule an diesem ihrem oberen Ende stets mit der Luft in Berührung stand. Wir werden wohl eher annehmen dürfen, dass zu MANDELSLoR’s Zeiten? die Gradeinteilung des Geothermometers auch zwischen 7 und 2° zu gross für die zugehörige Quecksilberröhre war, ganz wie das zwischen 28 und 7° der Fall ist. Anders dagegen verhält sich der obere Teil der gläsernen Queck- silberröhre, von 2° an aufwärts bis zur offenen Spitze. Da eine Ein- teilung des Messingstabes an diesem oberen Ende nicht vorhanden war, so habe ich dieselbe vollzogen und nachträglich oberflächlich Teilstriche ganzer Grade eingeritzt. Es liessen sich über dem obersten Teilstrich von 2° noch 9 weitere machen, welche ich von ' Bei einem früher vorgenommenen Versuche, bei welchem noch ein Tropfen Quecksilber mehr im Geothermometer vorhanden war! Daher setzt die vorige Tabelle, welche mit 32,4° C. = 6,25 des Geothermometers aufhörte, hier bereits mit 30,2° ©. = 7,2 des Geothermometers ein. * Der oberste Teilstrich am Geothermometer ist bei 2°, da 0" abgeschnitten wurde. $. 616 und 622. es 2 bis OÖ und dann von — 1 bis — 7 bezeichne; bei — 7,5 liegt die starke Krümmung der Röhre zum Ausflusse hin. In diesem Teile der Röhre, über 2°, befand sich keinerlei oxydiertes Quecksilber; trotzdem aber zeigte sich, dass hier die Grade des Geothermometers mit denen des Normalinstrumentes ebenfalls beinahe übereinstimmten. Es stieg nämlich! das Normalthermometer Geothermometer von 57° 2:2D auf 59 0,1 62 — 3,0 64,2 —H54 66 — 17,5 n Das giebt auf Seiten des Normalinstrumentes 9, des Geothermo- meters 9,7 Grade. In Anbetracht des Umstandes, dass bei — 7,5 das Quecksilber bereits in der Biegung zum Ausflusse hin stand, in welcher sich die Röhre verengert, welche auch das Metall weniger leicht beweglich macht, kann man wohl annehmen, dass die Grade zwischen — 2 und — 7 denen des Normalinstrumentes gleich sind. Es be- fanden sich daher über dem obersten Teilstriche, von welchem ab ManperstoH zählte, nämlich oberhalb 2°, noch 9 weitere bis an den Beginn der Biegung zum Ausflusse; dazu vielleicht noch ein halber bis zum Ausflusse selbst, so dass über dem obersten Teilstrich bei 2° noch eine Quecksilbersäule im Werte von 9,5° C. stand. Das musste MAnperstLoH natürlich bekannt sein. Während MAnDELSLoH in den oberen Teufen die Tiefentemperatur direkt am Geothermometer ablas, so befolgte er in den grösseren Teufen eine andere Methode. Hier stellte er das Geothermometer in em Wasserbad zusammen mit dem Normalthermometer und las an letzterem die Temperaturen ab. Dabei war es völlig gleichgültig, ob das Geothermometer zu grosse oder zu kleine, oder ungleich grosse Grade besass oder nicht; dasselbe brauchte hierzu ja gar keine Gradeinteilung zu haben. Es werden daher die Temperatur- angaben Manperston’s, welche er für die grösseren Teufen giebt, die zuverlässigeren sein. Nun ist es in hohem Masse bemerkenswert, dass in diesen grösseren Teufen von SOO Fuss an, wie die Tabelle auf S. 609 lehrt, diese besser beglaubigte Wärmezunahme eine stärkere ist, als in den ge- ! Nachdem abermals viel Quecksilber zur, vergeblichen, Reinigung der Röhre ausgetrieben war; daher hier die so viel höheren Grade des Normalthermometers als vorher. — 640 ° — ringeren Teufen. Wenn wir daher oben die ganz unglaublich klingende Thatsache fanden (S. 637), dass in den geringeren Teufen die Wärme- zunahme noch grösser gewesen sein muss, als MANDELSLoH sie fand — so erhält dies eine Stütze dadurch, dass ja in den grösseren Teufen die Zunahme sich durch besser beglaubigte Messungen in der That als eine die geringeren Tiefen übertreffende herausstellt. Unter solchen Umständen wird es aber immerhin besser sein, die weniger genauen Messungen in den geringeren Teufen ganz auszu- schliessen, anstatt den Versuch zu machen, sie aus der Untersuchung des Geothermometers heraus verbessern zu wollen. Wir werden uns vorsichtigerweise auf die besser gewährleisteten Messungen in den grösseren Tiefen beschränken. Es ist daher von grosser Wichtig- keit zu wissen, welches denn diese geringeren und grösseren Teufen sind, in denen MAnpELSLoH jene beiden ungleichwertigen Methoden der Temperaturbestimmung angewendet hat. Scheinbar ist das ganz klar: MAnpeLsLoH sagt, dass „die Grade nach 900 Fuss Tiefe nicht mehr (am Geothermometer) abgelesen werden konnten“ ; weil nämlich so viel Quecksilber infolge der hier so grossen Wärme ausgelaufen war, dass nach dem Einstellen in Schnee das Metall sich in den Behälter zurückzog. Es wurde daher „nach den Messungen von dieser Tiefe an das Geothermometer zugleich mit einem anderen Thermometer in ein Gefäss mit Wasser gethan....“ (Vergl. S. 618.) Nach diesen Worten MaAnpELSLoH’s wäre also bis zu 900 Fuss Tiefe einschliesslich die oben geschilderte erste Methode von ihm angewendet worden, welche, wie wir sahen, zu niedrige Tempera- turen ergab. Von 1000 Fuss Tiefe einschliesslich an wäre dagegen jene zweite Methode befolgt worden, welche richtige Temperatur- bestimmungen lieferte. Bezüglich dieser Angabe herrscht jedoch nicht völlige Klarheit. Zunächst möchte man zwar glauben, das sei doch der Fall; und es habe sich offenbar ein Gedächtnisfehler eingeschlichen, als MAnpELSLoH erst volle fünf Jahre nach den Messungen das Ergebnis derselben veröffentlichte. Nach seiner eigenen Angabe war ja sein Geothermo- meter, wie ich das bestätigen kann, nur in 26 Grade geteilt. Bereits in 800 Fuss Tiefe aber giebt er 27,8° C. an und in 900 Fuss gar 31,2° C. Man sollte also meinen, diese Zahlen könne MANDELSLOH auf seinem Geothermometer gar nicht abgelesen haben, denn es besass dieselben gar nicht. Nur am Normalthermometer könnten sie von ihm ab- gelesen worden sein. Folglich könne ManpestoH jene erstere Methode der Wärmebestimmung, welche zu niedrige Angaben machte, nur — 641 — bis zu 700 Fuss Tiefe einschliesslich angewendet haben; jene zweite, welche richtige Angaben erzeugte, dagegen von 800 Fuss Tiefe an. Eine Bestätigung dieses Schlusses finden wir auch in der That- sache, dass von 100 bis 700 Fuss die Wärmezunahme eine andere, geringere ist und von 800 Fuss an eine grössere wird (vergl. Tabelle auf S. 609); wenn man von der letzten Bestimmung in 1180. Fuss Tiefe absieht. So sicher begründet nun diese Schlussfolgerung auch zu sein scheint, wir dürfen derselben doch nicht vertrauen. MANDELSLOH hatte ja in seinem Instrumente über dessen oberstem Teilstriche noch eine Länge der Quecksilberröhre, welche (S. 639) wir auf einen Wert von 9—9!/,° C. festgestellt haben. Füllte er daher sein Instrument bei 0° im Schnee bis an die Ausflussöffnung hin mit Quecksilber, so standen ihm 26 — 9'/, Grade = 35!/,° C. zur Ver- fügung, welche er direkt ablesen konnte. Da nun in 1000 Fuss Tiefe erst 33,5° C. herrschten, so hätte er sogar hier noch direkt ablesen gekonnt, wenn er gewollt hätte. Es ist daher Manperstom’s Angabe, dass er bis zu 900 Fuss Tiefe incl. die Temperatur direkt am Geo- thermometer abgelesen habe, obgleich scheinbar un- möglich, doch möglich und daher wohl richtig. Da nun, wie wir sahen, die Temperaturangaben dieses Instrumentes nicht richtige, zu niedrige waren, so ist es richtiger, auf jede Verbesserung derselben Verzicht zu leisten und sie lieber ganz beiseite zu lassen; da- gegen nur die letzten drei Temperaturbestimmungen von 1000 Fuss Tiefe an zur Grundlage zu nehmen, welche mit dem Normalthermometer erfolgten. Nehmen wir daher wieder die Ausgangstiefe von 70 Fuss wärtt. und in dieser die Ausgangstemperatur von 8,33° C., wie wir sie auf 5. 628 berechneten, und sehen nun von allen Angaben zwischen dieser Tiefe und der von 900 Fuss einschliesslich ab. Es ergiebt sich dann ein Anwachsen der Wärme von 70 bis zu 1000 Fuss um 25,17° C., was auf je 100 Fuss 2,70° C. ausmacht. Jedenfalls wird man der in 1000 Fuss Tiefe beobachteten Temperatur eine besondere Wichtigkeit deswegen einräumen müssen, weil in dieser Tiefe das Thermometer 12 Stunden lang verharrte, während es in den anderen Teufen nur mehr oder weniger kurze Zeit blieb. Ganz ähnliche Zahlen erhalten wir, wenn wir die Temperaturen der beiden letzten untersuchten Teufen zu Grunde legen, wie das die folgende Tabelle zeigt. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 41 — 2 — Bei alleiniger Zugrundelegung der beiden Temperaturen in 70 Fuss (berechnet) und der beobachteten von 1000 Fuss württemb. Tiefe erhält man auf je 100 Fuss . 2,70° ©. 1080 , : ET RUE N Don Fi, a a 1180. N 2 © Das ergiebt im Durchschnitt auf je 100 Fuss 2,73° C. oder eine Wärmezunahme von 1°C. auf je 36,5 Fuss württ. — 10,46 m. Die geothermische Tiefenstufe beträgt also 10,46 m, wenn wir das Mittel aus den 3 letzten Beobachtungen in 1000—1180 Fuss Tiefe nehmen, welche eine grössere Ge- währ für Richtigkeit leisten als die anderen, da bei ihnen die Tem- peraturen am Normalthermometer abgelesen wurden. Es giebt nun noch mehrere Wahrscheinlichkeitsgründe, welche für die Richtigkeit der Beobachtungen Mandelsloh’s sprechen. Zunächst gehören hierher die Kontrollmessungen D£ekx’s. MANDELSLOH berichtet nämlich, dass gleichzeitig mit seinen am Macnus’schen Geothermometer angestellten Messungen auch solche von dem Bergrat Desen mit Hilfe anderer, oben offener Thermometer ausgeführt worden seien. Weiteres über diese anderen Instrumente wird nicht gesagt. Vielleicht haben sie nur in einfachen, oben offenen Glasröhren ohne weitere Teilung bestanden, denn ManpeLstLoH be- richtet, dass Degen an denselben die Temperatur der Tiefe nur auf die, wie wir sahen, zuverlässigere Methode bestimmte, indem er sie mit einem Normalthermometer in ein Wasserbad stellte‘. Nun hebt MAnpELSLoH hervor, dass seine Messungen mit denen DEgzn’s ziemlich übereinstimmten. Ob Decken alle Tiefen mit gemessen hat oder nur einige, welches letztere wahrscheinlicher sein dürfte, das wird sich nie feststellen lassen. Jedenfalls aber muss die nahe Über- einstimmung der beiderseitigen Temperaturbestim- mungen, selbst wenn DescEn nur in einer einzigen ı Hierzu genügt eine einfache Glasröhre, so dass es keiner besonderen Gradeinteilung der Röhren des Geothermometers bedarf. Wäre eine solche vor- handen gewesen, so würde Degen gewiss die Temperatur der geringeren Teufen, wie Mandelsloh, auf jene früher besprochene andere Art und Weise be- stimmt und am Geothermometer direkt abgelesen haben. Offenbar sind doch diese Methoden von Degen, welcher Lehrer der Physik und Chemie war, dem Grafen Mandelsloh mitgeteilt worden, nicht aber umgekehrt ihm von dem Grafen. Wie also der letztere mass, so würde ersterer auch gemessen haben, wenn sein Instrument, die einfache Glasröhre, das erlaubt hätte. — 43 — grösseren Tiefe gemessen hätte, entschieden für die Richtigkeit der Messungen Manperston’s sprechen. In zweiter Linie giebt uns die verhältnismässige Regel- mässigkeit des Anwachsens der Temperatur bei Neuffen, ob- gleich die Beobachtungen an verschiedenen Tagen und bei Hin- und Herspringen in den Tiefen gemacht wurden, einen Wahrscheinlich- keitsbeweis für die Richtigkeit der Messungen Manpeıstor’s. Ich will sogleich erklären, was ich meine. Man wolle nur vorher auf- merksam in der Tabelle auf S. 609 die Daten der Tage, an welchen gemessen wurde, nacheinander lesen und damit die Reihenfolge der Tiefen, in welchen gemessen wurde, vergleichen. Bei Betrachtung dieser Tabelle fällt, wie gesagt, auf, ein ge- wisses Springen in den Tagen, an welchen gemessen wurde. So schiebt sich der 10. April zwischen den 26. und 27. Februar und der 26. Februar kommt erst nach dem 27. Das hat jedoch offenbar nichts anderes zu bedeuten, als dass man die Zahl der Messungen später noch vervollständigen wollte. Am 26. Februar hatte man begonnen und erst bei 300, dann bei 600 Fuss Tiefe gemessen. Darauf besann man sich, dass das zu wenig Beobachtungen wären und holte darum am 27. Februar die Messung bei 100 und 200 Fuss Tiefe nach; und gar erst 1'/, Monate später, am 10. April, that man das auch bei 400 Fuss Tiefe. Auch am 11. April hatte man zu- nächst gleich in 1180 und erst am Nachmittag in 1080 Fuss Tiefe die Temperatur bestimmt. Dieses Umherspringen der Daten, welches auf den ersten Blick wohl den Eindruck des Unordentlichen in den Aufzeichnungen Man- DELSLOH’s erweckt, darf daher keineswegs einen dauernden Zweifel in die Zuverlässigkeit derselben erregen. Im Gegenteil, es scheint mir, als wenn wir dadurch eine Art von Probe für die Richtigkeit derselben erhielten: Man hatte z. B. am 26. Februar in 300, dann in 600 Fuss Tiefe beobachtet. Angenommen nun, durch irgendwelche Nach- lässigkeit oder einen Fehler sei die mit 16,5° C. in 300 Fuss an- gegebene Temperatur falsch, zu niedrig bestimmt worden. Sofort würde sich das verraten an der Temperaturzahl, welche man am nächsten Tage für 100 und 200 Fuss Tiefe mit 10,8 und 13,7° C. erhielt, denn in diesem Falle würden die Temperaturen in 200 und 300 Fuss Tiefe von einander durch einen zu kleinen Betrag unter- 1 409 wie die genauere Zahl lautet. 41,* —,.644, — schieden sein, also ein auffallend geringes Anwachsen der Wärme andeuten. Das ist aber nicht der Fall. Angenommen nun, das Gegenteil hätte stattgefunden: in 300 Fuss hätte man am 26. Februar mit 16,5° die Temperatur fehlerhaft zu hoch bestimmt. In diesem Falle wäre am 27. Februar die Temperaturzahl in 200 Fuss Tiefe durch einen auffallend grossen Sprung von der am vorigen Tage bei 300 Fuss beob- achteten geschieden sein. Als man aber dann nach fast 2 Monaten die Wärme in 409 Fuss Tiefe bestimmte, hätte der Temperatur- sprung von 300 auf 409 Fuss ein auffallend kleiner gewesen sein müssen. Von dem allem aber findet sich nichts besonders Auffallendes, Das Wachstum der Temperatur (s. S. 609) zeigt natürlich nicht für jede 100 Fuss denselben Betrag, sondern, wie stets der Fall, Un- regelmässigkeiten. Aber letztere sind nicht grösser als sie sich bei anderen Bohrlöchern ergeben haben, deren in neuerer Zeit erfolgte Temperaturmessungen ganz unbezweifelt dastehen. Es scheint mir daher in dem verhältnismässig gleichartig zu nennenden Anwachsen der Temperatur — welches an 4 verschiedenen Tagen und in einem Zeitraum von fast 2 Monaten, in buntem Durcheinander der Reihenfolge der Tiefen, festgestellt wurde — ein Beweis für die Zuverlässigkeit der Beobachtungen MaAnperston’s zu liegen. Des weiteren erfolgt eine derartige Fürsprache zu gunsten von Manperston’s Beobachtungen durch die Temperaturbestimmungen in dem Bohrloche bei Sulz, welche Braun und Warz (S. 610) veranstaltet haben. Diese, von sachkundigster Seite erst in neuester Zeit mit allen Vorsichtsmassregeln und mit solchen Geothermometern vollzogenen Messungen, welche noch wesentlich feiner waren als die selbst bei Schladebach gebrauchten, werden sicherlich von niemandem bekrittelt werden. Nun haben diese Messungen bei Sulz eine geo- thermische Tiefenstufe von 24 m ergeben. Das bedeutet ein so bedeutendes Anwachsen der Wärme, wie wir es noch etwas grösser bisher nur erst in einem einzigen Bohrloche kennen, nämlich bei South Balgray, Glasgow, wo die geothermische Tiefenstufe 22,49 m beträgt. Allein hier handelt es sich nur um ein Bohrloch von geringer Tiefe, 160 m. Vergleichen wir dagegen völlig Gleichwertiges, nämlich das 710 m tiefe Bohrloch von Sulz mit anderen, welche auch über 500 m Tiefe besitzen, so erhält das Sulzer Bohrloch sofort eine ganz — 645 — aussergewöhnliche Stellung. In so tiefen Bohrlöchern ' schwankt der Wert der Tiefenstufe zwischen 32 und 35 m. Hier weist Sulz eine ungemein viel grössere Temperaturzunahme auf (24 m), als selbst bei den günstigsten (32 m) der Fall ist. Wir haben also in den völlig einwandsfreien Be- obachtungen von Sulz ein zweites in Schwaben ge- legenes Bohrloch, in welchem die Wärmezunahme fast ebenso gross ist, wie bei dem in dieser Hinsicht am meisten ausgezeichneten Bohrloche der ganzen Erde (24 m gegen 22,49 m der Tiefenstufe); in welchem aber die Wärmezunahme sogar noch ganz bedeutend grösser ist als bei irgend einem anderen, wenn man nur ent- sprechend tiefe Bohrlöcher der Erde vergleicht, näm- lich 24 m gegen 32 m der Tiefenstufe. Will man freilich auch Bergwerke u. s. w. im den Vergleich hineinziehen, so steht Sulz nicht mehr auf solcher Höhe da, wie die Angaben auf S. 610 zeigen. Sulz liegt in nichtvulkanischem Gebiete, in Luftlinie nur 60 km von Neuffen entfernt, welches dagegen inmitten eines einstigen vul- kanischen Gebietes gelegen isst. Was nun von Sulz gilt, das müsste doch mindestens auch von Neuffen gelten können. Es wird daher durch das Verhalten bei Sulz auch eine besonders starke Wärmezunahme bei Neuffen von vornherein möglich und wahrscheinlich; so dass dann die alles bekannte Mass weit übersteigende Zunahme bei Neuffen uns wenigstens nicht ganz unvorbereitet treffen, uns nicht mehr so wunderbar und auffallend erscheinen kann, wie das ohne diese neueren Beobachtungen bei Sulz noch bis vor kurzem der Fall sein musste. Freilich ist damit noch keine Erklärung dafür geliefert, dass bei Neuffen die Tiefenstufe 10,46 m betragen soll, während sie bei Sulz doch immerhin nur 24 m, also über das Doppelte, ausmacht. Ob hier diese ehemals vulkanische Thätigkeit bei Neuffen mit hineinspielen kann? Ich komme am Schlusse noch darauf zurück. Ein dritter Wahrscheinlichkeitsgrund, welcher für die Mög- lichkeit der Richtigkeit von Manperstor’s Messungen spricht, ist das fast gleiche Verhalten der Wärme in der Grube von Monte Massi bei Grosseto in der Toskanischen Maremma. Hier ‘ Warum Beobachtungen in Bergwerken, Brunnen und Tunnels nicht zum genauen Vergleiche sich eignen, ist oben auseinandergesetzt worden. — 646 — bleibe ich freilich nicht folgerecht, indem ich jetzt eine Grube zum Vergleiche mit einem Bohrloche heranziehe. Indessen ist diese Grube fast wie unser Bohrloch, von denjenigen Fehlerquellen frei, mit welchen die Temperaturbeobachtungen in anderen Gruben behaftet zu sein pflegen. Trotzdem haben wir bei Monte Massi eine ganz ungeheure Wärmezunahme, welche nächst Neuffen die grösste ist, die bisher auf Erden beobachtet wurde; und zugleich von einem Betrage, welcher dem bei Neuffen überaus nahesteht. Die Tiefenstufe misst hier nämlich 13 m gegenüber den 10,46 m bei Neuffen !. Man könnte nun vielleicht einwenden wollen, dass dieses in Italien, im Lande des Vulkanismus wohl erklärlich sei, wobei man damit irgend eine Vorstellung von der grösseren Nähe der Schmelz- massen unter der Oberfläche Italiens bekennen würde. Indessen sind wir bei Neuffen ebensogut mitten in einem vulkanischen, wenn freilich längst erloschenen Gebiete. Ja, wir sind es bei Neuffen in viel höherem Grade als bei Grosseto; denn jene italienische Grube liest nur ganz im allgemeinen in einem vulkanischen Lande, durch- aus aber nicht zugleich in einer vulkanischen Gegend, wie das doch bei Neuffen der Fall ist. Auch die Annahme, dass bei Monte Massi irgendwelche ausser- gewöhnlichen Verhältnisse bestimmend auf die Wärmezunahme ein- wirken könnten, ist hinfällig. Pır.a?, welcher uns über diese Grube berichtet, hebt ausdrücklich hervor, dass an die Einwirkung heisser Quellen, wie irgend einer anderen abnormen Veranlassung gar nicht zu denken sei. Ebenso wenig kann das kleine Kohlenflötz der Grube die Ursache der hohen Wärmezunahme sein, denn dasselbe befindet sich in den oberen Teufen der Grube. Die unteren durchfahren dagegen nur Thone und Sandsteine, welche frei von Schwefelkies sind. Die ganze Grube ist ausserordentlich trocken. Es arbeiteten damals stets nur 2 Mann mit einer Lampe in dem Schachte, die von diesen erzeugte Wärme kann also keine Rolle gespielt haben. Völlig auszuschliessen ist in gleicher Weise bei Monte Massi ! Die Tiefe der Grube ist 348 m. Die dort herrschende Temperatur 41,70 C. Das Jahresmittel jener Gegend ist etwa 16° ©. Rechnet man, dass dieses erst in 20 m- Tiefe unabänderlich herrscht, so erhält man sogar nur 12,37 m als geothermische Tiefenstufe statt jener 13 m. Allein es mag in Italien die Zone der unveränderlichen Temperatur in geringerer Tiefe als 20 m liegen, Befände. sie sich in 10 ım Tiefe, so wäre die geothermische Tiefenstufe sogar etwas über 13 m gross, nämlich 13,15 m. ®2 Comptes rendus hebdomadaires des sCances. Ac. d. sc. Paris 1843. t. XVI. Ss. 1319—1327. — 641 — der Gedanke an irrtümliche, zu hohe Wärmeangaben. Einmal handelt es sich hier nicht um ein Bohrloch, sondern um einen Schacht, in welchen die Beobachter hineinstiegen und an gewöhnlichen guten Thermometern die Temperatur direkt ablesen konnten. Sodann sprechen die körperlichen Empfindungen, von welchen PırrAa berichtet, für die grosse Wärme der Grube. Endlich aber bürgt auch der Name Buxsen’s, welcher nach Pırra’s Ausfahren einfuhr und die Temperatur von dessen in der Tiefe zurückgelassenen Thermometer ablas, für die völlige Richtigkeit dieser Beobachtungen. Nur die Einwirkung des Druckes scheint mir bei diesen Messungen unbeachtet geblieben zu sein. Möglicherweise war das Instrument indessen auf irgend eine Weise gegen denselben geschützt. Vergleicht man nun die Tiefen, so zeigt sich, dass an beiden Orten fast genau dieselbe Tiefe erreicht ist, denn das Bohrloch von Neuffen misst 340 m, der Schacht bei Monte Massi 348 m. Aller- dings reicht der letztere rund 300 m unter den Meeresspiegel hinab, während das Tiefste des Bohrloches bei Neuffen noch 80 m über dem Meeresspiegel verbleibt. Allein diese Unterschiede sind nicht starke zu nennen. Unmöglich kann man daher auf Grund dieser, 300 m unter dem Meeresspiegel befindlichen Lage bei Monte Massi die hohe Wärmezunahme dort erklärlich finden wollen. Wäre diese Tiefenlage dort die Ursache der letzteren, dann müsste überall die Wärmezunahme sich ungeheuer schnell nach der Tiefe hin verstärken, was nicht der Fall ist. Sehen wiralso, dass beiMonte Massi unter ganz nor- malen (s. S. 609 Anm.) Verhältnissen eine so bedeutende Wärmezunahme stattfindet, so werden wiresnichtvon vornherein als durchaus unmöglich erklären dürfen, dass an irgend einem anderen Orte, also bei Neuffen, Gleiches der Fallseinkönnte. Warum solldasin Schwa- ben von vornherein ganzunmöglich und ganz undenkbar sein, was in Toskana unbestreitbar ist? Ich komme nun zu einem letzten Grunde, welcher für die Mög- lichkeit spricht, dass die Messungen MAnpeLsLon’s richtig sein können, bezw. gegen die Behauptung, dass dieselben notwendig ganz falsch sein müssten: Unsere Unkenntnis von der Wärmezunahme im allgemeinen auf Erden. Was kennen wir denn in dieser Beziehung von der Erde? Wir haben auf unserer ungeheuer grossen Kugel eine verschwindend kleine Zahl von Stellen auf ihre Wärmezunahme untersucht. Trotz dieser so geringen Zahl haben die verschiedenen — 6485 — Örtlichkeiten aber bereits geradezu verwirrend wechselnde Antworten auf die Frage nach dem Betrage der Wärmezunahme erteilt. Es mag ein Teil dieser Verschiedenheiten auf das Obwalten abnormer Verhältnisse zurückzuführen sein, durch welche die Wärme- zunahme hier besonders gross, dort besonders klein erscheint. Für die übrigen, einwandfreien Örtlichkeiten bleibt aber trotzdem noch ein genügend grosses Mass von Verschiedenheit in der Wärmezunahme übrig. Aus diesen allen nun das Mittel nehmen und erklären wollen: „Die Wärmezunahme hat im Mittel auf Erden den und den Be- trag“ — das erscheint mir bisher noch ganz unzulässig. Nur dann, wenn die Erdrinde überall gleich dick ist, oder mit anderen Worten, wenn der Herd der Schmelzmassen überall gleich weit von der Erd- oberfläche entfernt liegt, nur dann wird die Wärmezunahme nach der Tiefe hin überall an den verschiedensten Orten der Erde eine bestimmte, gleiche sein können!. Das aber scheint mir ganz un- möglich zu sein. Es sprechen vielmehr dringende Gründe dafür, dass die Dicke der Erdrinde an verschiedenen Orten eine sehr ver- schiedene sein muss. Wollen wir nämlich der gewöhnlichen Annahme folgen und an- erkennen, dass die geothermische Tiefenstufe auf Erden durchschnitt- lich und rund 100 Par. Fuss oder 33 m beträgt und dass die Wärme proportional der Tiefe steigt, dann haben wir erst in etwa 8 geo- graphischen Meilen Tiefe diejenige Temperatur erreicht, bei welcher die Gesteine? schmelzen können; 1800—1900° C. etwa. Die Erd- rinde müsste mithin nach dieser Annahme überall ungefähr 8 Meilen dick sein; die von der Erdoberfläche an bis auf die Zone der Schmelz- temperatur hinabsetzenden Spalten müssten etwa 8 Meilen tief sein; die in die Höhe zu hebende Lavasäule, welche auf diesen Spalten aufsteigt, müsste 8 Meilen lang sein. Es ist nun erstens schon recht schwer einzusehen, durch welche Kraft dieses ungeheuerliche Gewicht emer 8 Meilen langen Lava- säule gehoben werden sollte. Die Spannkraft der im Schmelzflusse enthaltenen Gase würde sicher hierzu nicht ausreichen. Die blosse Ausdehnung der, in der Spalte vom Drucke be- freiten, -fHüssigen oder dadurch erst flüssig werdenden, Massen wird gleichfalls unmöglich eine so riesige sein können, dass mittels ihrer die Schmelzmasse sich um 8 Meilen nach der Höhe hin ausdehnen könnte. ! Abgesehen von den Unterschieden, welche durch den Einfluss chemischer Prozesse, des Wassers u. s. w. hervorgerufen werden können. ? Bei 1 Atmosphärendruck allerdings und in undurchwässertem Zustande. — 649 — Die Hauptrolle bei der Hebung dieses ungeheuerlichen Gewichtes würde daher der Erdrinde zugeschrieben werden müssen, welche sich, nach der Vorstellung einiger, infolge der Abkühlung zusammen- ziehen und, auf das Erdinnere drückend, dasselbe in den Spalten emporpressen soll. Da aber das Erdinnere heisser als die Erdrinde ist, so muss ersteres ebensogut oder in noch höherem Grade Wärme verlieren als letztere. Vielmehr also das Erdinnere als die Erdrinde zieht sich durch Abkühlung zusammen. Es ist daher gar nicht ein- zusehen, wie die Erdrinde durch ihre Zusammenziehung den Schmelz- fluss in den Spalten in die Höhe drücken sollte. Höchstens könnte von den in die Tiefe absinkenden Schollen der Rinde ein solcher Druck ausgeübt werden. Wenn nun viertens die allgemein verbreitete Anschauung richtig ist, dass in der Erdrinde, als einem Kugelgewölbe, ein gewaltiger Gewölbedruck herrscht, welcher sich als horizontal, also seitlich wirkender Schub äussert — dann kann auch eine sich öffnende Spalte von 8 Meilen Tiefe kaum offen erhalten bleiben. Sie wird vielmehr durch den Seitenschub schnell wieder zugedrückt werden, wodurch den Schmelzmassen ja ein Aufsteigen zur Unmöglichkeit gemacht würde. So sprechen also nicht nur das Gewicht der zu hebenden Schmelzmassen, sondern auch die notwendige Offenhaltung der Spal- ten, auf welchen jene emporsteigen, dafür, dass die Erdrinde an den Stätten vulkanischer Thätigkeit wesentlich weniger als 8 Meilen dick sein muss. Denn wenn auch die Schmelztemperatur der Gesteine durch Beimengung von Wasser zum Gesteinsdusse etwas erniedrigt werden mag, so dass schon in etwas weniger als S Meilen Tiefe diese Schmelztemperatur herrscht, so dürfte auch diese etwas mindere Dicke der Erdrinde in Anbetracht jener Umstände immer noch zu hoch sein. Je weniger dick die Erdrinde, desto leichter erklärlich werden uns die Vorgänge der Vulkanausbrüche; je dicker jene, desto schwerer verständlich diese. Da nun an verschiedenen nicht vulkanischen Orten durch Bohrlöcher sich eine so langsame Wärmezunahme er- geben hat, dass wir dort auf eine Dicke der Erdrinde von etwa 8 Meilen schliessen müssen!, so wird es wahrscheinlich, dass ! Wenn das Erdinnere infolge des starken auf ihm lastenden Druckes trotz der Schmelztemperatur nicht flüssig, sondern fest sein sollte, dann würde aller- dings der Gegensatz zwischen der festen Erdrinde und dem flüssigen Erdinnern in dem Sinne, in welchem man ihn gewöhnlich anwendet, allerdings schwinden. Indessen kann man den Begriff der Erdrinde mit einer leichten Veränderung — ,650 — indenvulkanischen Gegenden die Erdrinde viel weniger dick, also die Wärmezunahme viel stärker sein muss; denn beides geht ja notwendig Hand in Hand. Ist dieser Schluss aber gerechtfertigt, dann steht auch der Möglichkeit nichts entgegen, dass in dem, wenn auch nur ehemaligen, tertiären Vulkangebiete bei Neuffen die Erdrinde auch heute noch weniger dick, daher die Wärmezunahme grösser als an anderen nicht vulkanischen Gebieten sein könnte. Ich habe anfänglich eine derartige Erklärung für die Verhält- nisse im Neuffener Bohrloche als gar nicht erst erwägenswert be- trachtet: Teils weil ich mich, gleich fast allen anderen, für berech- tigt hielt, ohne weitere Prüfung die Beobachtungen MANDELSLoR’s für gänzlich falsch zu erklären; teils, weil die tertiäre Zeit der Ausbrüche in der dortigen Gegend bereits so lange hinter uns liegt. Nachdem mir nun aber unter meinen Händen ein jeder einzelne der Gründe zerronnen ist, auf welche ich das Irrtümliche der Messungen Man- DELSLOH’s zurückführen zu können glaubte, nachdem sich weiter noch eine Reihe von Gründen ergab, welche die Richtigkeit jener Beobachtungen mehr oder weniger als möglich erscheinen lassen, so werde ich geradezu gewaltsam von meinem früheren völlig zwei- felnden Standpunkte verdrängt. Trotzdem freilich kann ich mich auch jetzt noch nicht entschliessen, mit voller Überzeugung das für genau richtigzu halten, was ManpeLston's Untersuchungen beiNeuffen ergeben; es mögen dennoch Fehlerquellen vorhanden gewesen sein, welche sich jetzt, nach mehr als 50 Jahren, der Beurteilung entziehen. Immerhin ist aber durch vorliegende Untersuchung dargethan worden, dass man bis jetzt keinen fassbaren Grund hat, die Messungen Manperstow’s als hochgradig fehler- hafte zu betrachten und damit ganz zu verwerfen. Es ist vielmehr wahrscheinlicher geworden, dass wirklich beiNeuffen, ähnlich wie bei Sulz, einebemerkenswert starke oder noch wesentlich stärkere Temperaturzunahme stattfindet. Wir sind hiermit am Schlusse dieses Teiles unserer Unter- nach wie vor anwenden. Es würde dann in den Bereich der Erdrinde die äussere ürdschale fallen bis hinab in die Tiefe, in welcher Schmelztemperatur herrscht und Schmelzfluss sich sofort dann bildet, sowie der hohe Druck durch Bildung einer Spalte aufgehoben wird. 6.0 suchung angelangt. Die notwendig gewesene Breite macht eine kurze Zusammenfassung der erlangten Ergebnisse wünschens- wert, welche ich im folgenden gebe: Die alles bekannte Mass übersteigende Wärmezunahme im Bohr- loche zu Neuffen musste notwendig die Vermutung aufdrängen, dass das hierbei benutzte Geothermometer, infolge äusserer Einwirkungen oder eigener Fehler, in allen Tiefen bedeutend höhere Temperaturen angezeigt habe, als wirklich und normaler Weise dort vorhanden waren. Diese Vermutung hat sich nicht bestätigt. Es zeigten sich die folgenden, z. T. überraschenden, Ergebnisse: 1. Das in der technischen Hochschule zu Stuttgart aufbewahrte Geothermometer nach Macnus ist mit einer an völlige Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit das vom Grafen MAnDELSLoH oder vom Bergrat Desen im Bohrloche zu Neuffen benutzte Instrument. 2. Graf Manperston hat sich bei seinen Temperaturbestimmungen nicht nur etwas verrechnet, sondern auch eine ganz unzulässige Me- thode der Berechnung der geothermischen Tiefenstufe angewendet. Nach Beseitigung dieser Fehler ergiebt sich, dass die Wärmezunahme in Wirklichkeit doch etwas geringer ist, als Manpeıston fand (S. 620), immerhin aber noch höher, als an irgend einem anderen Orte. 3. Unmöglich kann bei Neuffen noch in Wärme umgesetzte Bohrarbeit vorhanden gewesen sein, welche erhöhend auf die Tem- peratur des Bohrloches eingewirkt hätte. Dagegen könnte diese letztere, jedoch nur ganz minimal, dadurch erhöht worden sein, dass beim Messen eine starke Reibung des Thermometers an dem Bohr- schlamme stattfand, welcher sich in dem Bohrloche befand (S. 626). 4. Da zu Neuffen offenbar keinerlei warme oder gar heisse Quelle angebohrt worden ist, so kann die grosse Wärmezunahme daselbst nicht auf den Einfluss heissen Wassers zurückgeführt wer- den. Es ist vielmehr umgekehrt nur eine kalte Quelle von ober- flächlicher Herkunft angebohrt worden, welche ununterbrochen aus- floss. Die Wirkung derselben kann folglich nur dahin sich geäussert haben, dass das Bohrloch, besonders in den grösseren Teufen, durch dieses Wasser etwas abgekühlt wurde. 5. Da das Geothermometer an dem eisernen Gestänge in die Tiefe hinabgelassen wurde, so konnte durch diesen guten Wärme- leiter in der Tiefe die Temperatur etwas erniedrigt, in den oberen Teufen etwas erhöht werden. Indessen blieb das Gestänge nicht lange genug in dem Bohrloche, um beim Messen eine nennenswerte Temperaturverschiebung zu erzeugen. Eine Verröhrung des Bohr- — 62 — Igches, welche in dieser Beziehung stärker gewirkt hätte, fehlte (S. 626). 6. Die Temperatur, welche Manperston für die 100 Fuss Tiefe angiebt, kann unmöglich die normal einer solchen Tiefe zukommende sein; sie ist um 1,50-—1,70° C. zu hoch. Es handelt sich hier jedoch um eine auch in anderen Bohrlöchern zu beobachtende Er- scheinung; so dass dieser Umstand nicht gegen, sondern eher für die Sorgfältigkeit von ManpersLom’s Messungen spricht (S. 628). t. Der im Bohrloche mit der Tiefe wachsende Druck konnte bei der Beschaffenheit des Geothermometers ins Innere desselben hineinwirken, nicht aber zu hohe, sondern eher etwas zu niedrige Temperaturangaben des Instrumentes bewirken, da Quecksilber stärker comprimiert wird als Glas (S. 631). 8. Die Zersetzung des in gewissen Schichten reichlich vor- handenen Eisenkieses hat scheinbar die Temperatur dieser Tiefen recht bemerkbar über das Normale hinaus erhöht. In Wirklichkeit aber dürfte das nur in viel geringerem Grade der Fall gewesen sein, als das scheint (S. 632). 9. Die grosse Kürze der Zeit, während welcher das Geothermo- meter in fast allen Tiefen der dort herrschenden Wärme ausgesetzt wurde, wird eher eine etwas zu niedrige, als eine genau richtige Angabe der Temperatur bewirkt haben (S. 634). 10. Die sehr bedeutende Tropfengrösse des Geothermometers kann nur den Erfolg gehabt haben, dass dasselbe bisweilen wiederum niedrigere Temperaturen anzeigte, als in Wirklichkeit vorhanden waren (S. 655). 11. Die m den geringeren Teufen angewendete Methode der Wärmebestimmung im Verein mit der zu grossen Gradeinteilung des Geothermometers haben bewirkt, dass die Temperaturangaben des- selben in den geringeren Teufen wiederum niedriger ausfielen, als der Wirklichkeit entsprach (S. 637). 12. Die in den grösseren Teufen angewendete Methode der Wärmebestimmung wurde durch die Mängel des Geothermometers nicht beeinflusst. Sie lieferte also richtigere Ergebnisse. Auf Grund dieser beziffert sich die geothermische Tiefenstufe zu Neuffen auf 10,46 m (8. 642). 13. Die folgenden Wahrscheinlichkeitsgründe sprechen wenigstens für die Möglichkeit, dass die Messungen Maxpeston’s nicht so sehr weit von dem Thatsächlichen abzuirren brauchen, wie man meinte: a) Die Kontrollmessungen Decrx’s (S. 642). b) Die verhältnismässige Regelmässigkeit, welche sich im An- wachsen der Temperatur ergiebt, obgleich man die letztere nicht in der richtigen Aufeinanderfolge der Tiefen, sondern hinauf- und hinabspringend bestimmte (S. 643). c) Die verhältnismässig hohe Wärmezunahme in einem anderen Bohrloche Schwabens, bei Sulz. d) Die fast ebenso grosse Wärmezunahme im Schachte von Monte Massi in Toskana. e) Unsere ungenügende Kenntnis dieser Verhältnisse auf der Erde. 14. Während die obigen Wahrscheinlichkeitsgründe es bereits denkbar machen, dass Manpeston’s Beobachtungen wirklich richtig sein könnten, hat auch die obige Untersuchung gar keinen fassbaren Grund gegeben, welcher uns berechtigte, dieselben ohne Weiteres für gänzlich falsch zu erklären. Im Gegenteil haben wir gesehen, wie verschiedene Gründe dafür sprechen, dass die Wärme sogar noch etwas höher gewesen sein möchte, als beobachtet wurde. Da aber trotzdem heute, nach mehr als 50 Jahren, sich vielleicht doch noch irgend eine Fehlerquelle unserer Kenntnis entzieht, so werden wir aus der vorliegenden Untersuchung doch nicht den Schluss ziehen dürfen, dass die Wärmezunahme genau so gewesen sein muss, wie MAnDELStOH dieselbe angiebt; sondern nur, dass sie wahrscheinlich doch eine wesentlich höhere war, als dem vermeintlichen Durch- schnittsbetrage der geothermischen Tiefenstufe in Bohrlöchern von 32—38 m entspricht. Warum aber ist das der Fall? Besteht ein Zusammenhang zwischen dieser starken Wärmezunahme und dem ehemaligen Vor- handensein vulkanischer Kräfte in demselben’? Noch lange Jahre, nachdem ein Lavastrom geflossen ist, be- wahrt er oft unter seiner Erstarrungskruste eine hohe Temperatur. Das ist Thatsache. Können wir letztere verallgemeinern und er- weitern? Dass unter unserem vulkanischen Gebiete die Erdrinde viel dünner als an anderen Orten gewesen sein, dass der Schmelz- fluss sich hier der Erdoberfläche stark genähert haben muss, das ist in hohem Masse wahrscheinlich, wie in dieser Arbeit dargelegt wird. Können wir daher sagen: Die mindestens 20 [| | Meilen grosse Masse von Schmelzfluss, welche in unserem Gebiete zu mittelmiocäner Zeit aus der Tiefe bis verhältnismässig nahe an die Erdoberfläche gedrungen war, ist immer noch nicht völlig erkaltet und übt immer noch einen gewissen Einfluss auf die, mit der Annäherung an die- selbe stattfindende Wärmezunahme aus? Die Dicke der über dieser — 654 — Schmelzmasse liegenden Erdrinde, welche doch gegenüber derjenigen der Erstarrungskruste eines Lavastromes übergewaltig ist, und der Umfang der Masse des in die Höhe gerückten Schmelzflusses könnten beide vereint im stande gewesen sein, solches zu bewirken? Prüfung des Bohrregisters im Bohrloch zu Neuffen hin- sichtlich der gewaltigen Mächtigkeit des Unteren Braun-Jura. Alle Stufen des Lias sind deutlich zu erkennen; sie besitzen im allgemeinen die Mächtigkeit, welche ihnen in dieser Gegend nach Messungen über Tage zu- erteilt wird. Der Braun-Jura « + £ hat dagegen im Bohrloche fast noch einmal so grosse Mächtigkeit ergeben, als ihm nach Messungen über Tage dort zuerkannt wird. Der Erklärungsversuch dieser Erscheinung, Verwerfung mit Überschiebung, ist unmöglich; ein Irrtum oder Betrug beim Bohren sind gleichfalls ausgeschlossen. Der Untere Braun-Jura muss also wirklich eine etwa doppelt so grosse Mächtigkeit besitzen, wie man ihm nach Messungen über Tage zuerteilt. Ähnliche Verhältnisse im Lias # ergaben sich bei einer Brunnenbohrung nahe Reutlingen. Es ist bereits im vorhergehenden Abschnitte gesagt worden, dass die vom Grafen MAnDELSLoH angestellte Untersuchung über das Bohrloch zu Neuffen, inmitten unseres vulkanischen Gebietes, nach zweifacher Richtung hin zu höchst auffallenden, daher angezweifelten Ergebnissen geführt hat. Einmal lag dieses in der grossen Wärme- zunahme; zweitens aber in dem Bohrregister selbst. Im vorigen Jahre ist von seiten der Königlichen Oberbergdirektion der bereits in Vergessenheit geratene Punkt, an welchem bei Neuffen das Bohr- loch vor nunmehr 53 Jahren niedergebracht wurde, wieder fest- gestellt und durch einen Stein gekennzeichnet worden. Danach ergiebt sich die Lage des Bohrloches wie folgt: Verlässt man Neuffen auf der nach Kohlberg, gegen W., führen- den Strasse, so zweigt sich bei den letzten dortigen Häusern der Stadt ein nach SW. zum Jushof ziehender Weg ab. Folgt man letzterem, so trifft man nach wenigen Schritten links am Wege eine mit einem Zaun umgebene, kleine Gänsebucht. In dieser befindet sich der betreffende Steine Wenn man bisher im Unklaren darüber sein konnte, genau in welcher Schicht das Bohrloch einst angesetzt worden -war, so ergiebt sich nun, dass das im Oberen Braun-Jura £ geschah. Die Meereshöhe beträgt dort etwa 420 m. Über die in den verschiedenen Teufen erbohrten Versteinerungen wird uns nichts weiter mitgeteilt, als dass aus 600 Fuss württemb. — 172 m Tiefe „Brut von Ammonites opalinus“ zu Tage gefördert wurde. Trotzdem aber giebt die Gesteinsbeschaffenheit bestimmter Ir Schichten des Keuper, Lias und Unteren Braun-Jura eine ganz sichere Handhabe, um in das lange, unklar scheinende Bohrregister, dessen Deutung in der Litteratur bisher nicht erfolgte, eine ganze Anzahl von Haltepunkten zu bringen. Ich gebe im folgenden dieses Register wieder, welches mir Herr Bergrat-Direktor Dr. von BAUER auf meine Bitte freundlichst zur Verfügung stellte, und setze neben einzelne Nummern desselben die griechischen Buchstaben der Schichten, wel- chen diese Nummern meiner Ansicht nach angehören. Daran werde ich eine kurze Begründung der versuchten Parallelisierung schliessen und bemerke, dass die Bestimmung der Mächtigkeit, welche den einzelnen Abteilungen in der Gegend von Neuffen über Tage zu- kommt, teils den Begleitworten DErrxer’s zu Blatt Kirchheim u. T. und den bekannten Werken von FrAaAs und EnGEL entnommen ist, teils aber freundlichst von Herrn Dr. Pompzcky vollzogen wurde. Die Deutung des Bohrregisters ergiebt sich nun wie folgt: Bohrregister | 1. Liasschiefer 126’ 6” Braun-Jura 2. Desgleichen mit Kalkstein und Sandstein wechselnd 84° 9% ß | | 3. Desgleichen 83° 10“ 4. Liasschiefer 313° 5° 2 | 5. Liaskalk mit Schiefer wechselnd 39° 7 6. Harte Kalkfiöze und darauf dunkler Schiefer 32° 11“ | 7. Liasschiefer 75° 6° - Lias 1a 8. Liaskalk 17° 6” € 9. Schwarzer, sehr bituminöser Schiefer 30° 4 f | 10. Kalk und Schiefer wechselnd 35° 2 d | 11. Liasschiefer 42° 6“ 12. Schiefer und Liaskalk 16‘ | 13. Lichtgrauer Liaskalk 11’ 2” 2 | 14. Sehr fester Liaskalk 18° 11“ 15. Liaskalk 7° 11” ß 16. Weicher Schiefer 156° 8° 17. Ziemlich schwarzer, etwas sandiger Schiefer 9 6 18. Liaskalk mit grauen, sandigen Schichten wechselnd 5° 3 19. Sandiger Liaskalk 4° 10° « 20. Weicher Schiefer mit Kalk abwechselnd 11° 21. Liaskalk und Sandstein, wechselnd 12° 3 22. Schiefer mit weisslichem Kalk wechselnd 7° | 23. Grauer Sandstein 9° 2% Bonebed- 24. Sandstein, sehr harter 16° 10° Sandstein 25. (Bei 1206° 3° Tiefe) Sandige Liasschichten 3° 9 — 656 — Da die Schwierigkeit, welche dieses Bohrprofil darbietet, gerade den oberen Teufen desselben innewohnt, so ergiebt sich die Deutung desselben in leichterer und ungezwungenerer Weise, wenn wir mit den untersten erbohrten Schichten beginnen und von diesen aus aufwärts steigen. Zunächst treten uns in der grössten Tiefe, in Nr. 25 und 24, graue, zum Teil sehr harte Sandsteine entgegen. Wenn auch MAnDeELSs- rou! dieselben noch als Lias-Sandsteine bezeichnet und hervorhebt, dass der Keuper nicht erbohrt wurde, so werden wir dieselben doch an dieser Stelle und in Anbetracht ihrer Mächtigkeit von 16 Fuss nur als obersten Keuper, als Bonebed-Sandstein deuten dürfen; zu- mal, da sie noch von anderen sandigen Schichten unterteuft und von wieder anderen, gewiss liassischen, überlagert werden. Auch No. 23 ist als grauer Sandstein angegeben. Klammert man sich an den Wortlaut, so könnte ein reiner Sandstein an dieser Stelle auch nur zum Bonebed-Sandstein gestellt werden. Allein es kann hier ebensogut ein etwas sandiger Kalk vorgelegen haben, wie ihn die Zone des A. planorbis, die Psilonoten-Schichten, bisweilen besitzen können. Dieselben haben nur die geringe Mächtigkeit bis zu 7 Fuss und das Bohrregister giebt auch nur deren 9 an. Vielleicht wäre daher auch No. 22 noch hierher zu rechnen. Von No. 21—17 zeigt sich uns dann ein System von Sand- steinen und Kalken, welches um so besser auf den höheren Lias « mit seinen Angulaten-Sandsteinen passt, als dasselbe von einer mächtigen Bildung „weicher Schiefer“ in No. 16 überlagert wird, bei welcher man sogleich an die $-Thone denken muss. Nun hat der übrige Lias « über Tage in jenen Gegenden noch eine Mächtig- keit von etwa 63 Fuss württemb., während die Schichten des Profils No. 21-17 rund nur 42 Fuss angeben, eine Übereinstimmung, welche freilich zu wünschen übrig lässt. Allein es mögen wohl von den nun folgenden „weichen Schiefern“ des Bohrregisters die untersten 20—21 Fuss noch zum obersten Lias « gehören, welcher ja in seinen Arieten-Schichten und den Ölschiefern des Pentacrinus tubereulatus auch thonige Schichten führt. Vom Bohrmeister wird schwerlich eine jede Kalkbank genau ausgeschieden worden sein. No. 16, die weichen Schiefer, werden wir sofort als die Turneri- Thone, den Lias 8, wieder erkennen. Ihre Mächtigkeit freilich be- ı Leonhard, Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1844. S. 440445, — $. diese Arbeit S. 607. = OH reitet einige Schwierigkeit; denn sie beträgt, nach Abzug jener obigen ungefähr 20 Fuss, immer noch 156 Fuss, während diese $#-Thone über Tage anstehend nur deren 105 mächtig sein sollen. Das Bohr- profil giebt also für diese Thone eine rund 30 Fuss zu grosse Mächtig- keit an. Ich komme am Schlusse darauf zurück. No. 15—12 incl. sind wesentlich Kalke mit einer Gesamt- mächtigkeit von rund 54 Fuss. Bei No. 13 wird ausdrücklich die hellgraue Farbe des Kalkes hervorgehoben. Bei den anderen Nummern nicht: aber man bedenke, dass diese Gesteine aus der Tiefe herauf- kamen, also im feuchten Zustande, welcher die lichtgraue Farbe dunkler macht. Wer wird hier nicht sofort an Lias y denken, wenn er von lichtgrauen Kalken (No. 13) über dunklen Thonen (£) liegt. Die Gesamtmächtigkeit ist, wie gesagt, 53 Fuss. In jener Gegend hat y über Tage 60—70 Fuss, so dass wir, erstere Zahl als in diesem Falle richtig angenommen, mit einer Übereinstimmung bis auf 6 Fuss sehr zufrieden sein können. Darüber folgen in No. 11 nun 42 Fuss Schiefer. Das sind offenbar die dunklen Thone des Lias d; wogegen über diesen in No. 10 wieder Kalke und Schiefer mit 35 Fuss Mächtigkeit liegen. Vergegenwärtigt man sich hierbei, dass im Lias d die Folge der Gesteine über Tage derart ist, dass über den 70 Fuss Amaltheen- thonen noch 4 Fuss Kalke mit Thonen im Wechsel folgen, so hat man in-No. 11 und 10 des Bohrloches diese Reihenfolge vor sich. Auch die Mächtigkeit stimmt fast ganz genau; denn jenen 74 Fuss des über Tage anstehenden d jener Gegend stehen die 77 Fuss von No. 11 und 10 gegenüber. ’ No. 9 ‚giebt uns schwarzen, sehr bituminösen Schiefer an, welchen ohne Zaudern ein jeder als Posidonomyen-Schiefer deuten wird. Derselbe besitzt im Bohrloch 30 Fuss Mächtigkeit; über Tage und in jener Gegend wurde diese zu 21—28 Fuss bestimmt. Letztere Zahl stimmt fast genau mit derjenigen des Bohrloches! Wenn man über diesen bituminösen Schiefern in No. 8 nun 17 Fuss Liaskalk erbohrt findet und bedenkt, dass die Kalke und Mergel der Jurensis-Schichten dort über Tage bis zu 21 Fuss Mächtigkeit besitzen, so kann schwerlich ein Zweifel darüber bleiben, dass wir hier m No. 8 den Lias £ vor uns haben. Diese Deutung aber wird eine um so überzeugendere, als darüber mit No. 7 die Schiefer, d. h. die dunklen Schieferletten beginnen, in welchen man notgedrungen den Braunen Jura « erkennen muss. Überblicken wir die auf solche Weise mitdemLias Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 42 — 658 — in Parallele gestellten Nummern 23—8 inel., so lassen sich diese der Reihe nach auf alle Stufen von «a bis £ hinauf ohne jeden Zwangunterbringen. Auch die Mäch- tigkeit der einzelnen Glieder stimmt; soweit solche Übereinstimmung sich überhaupt genauer erwarten lässt, da das Bohrprofil sicher nicht absolut genaue petrographische Angaben machen wird. Nur die %-Thone sind um etwa 30 Fuss mächtiger, als sieüber Tage, nach Derrner's Angaben, sein sollen. Vergleichen wir zum Schlusse dann noch die Gesamtmächtigkeit des Lias, so beträgt diese in jener Gegend über Tage 350 Fuss, während das Bohrregister 395 Fuss angiebt. DieseAb- weichung wird sich dahin erklären, dass einmal die ö-Thone über Tage doch mächtiger sind, als DerrnER bestimmte!. Zweitensaber giebt das Bohrloch dieMäch- tigkeit der durchsunkenen Schichten nicht genau an, da diese nicht genau horizontal liegen, sondern ein wenig nach SO. fallen. Auf solche Weise muss sich beim Bohren eine etwas höhere Zahl ergeben als sie dem Lias wirklich zukommt. Gegenüber dieser schönen Übereinstimmung im Lias verhält sich der Braune Jura aufs äusserste abweichend. Freilich gilt das nur bezüglich seiner Mächtigkeit; denn in der Gesteinsbeschaffen- heit kann kein Zweifel obwalten. In No. 7—1 führt uns das Bohrregister ein System von Thonen vor Augen, welche sicher dem Unteren Braun-Jura angehören. Diesen Thonen sind laut Bohrregister in der unteren Abteilung, in No. 6 und 5, hier und da Kalke eingeschaltet, welche sich sehr gut durch die im Braun-Jura « auftretenden Kalkbänkchen, Nagelkalke und kalkigen Knauern erklären lassen. Ebenso weisen in der oberen Ab- teilung, in No. 3 und 2, die den Schiefern eingeschalteten Sand- steine mit Sicherheit auf Braun-Jura $# hin. So haben wir also die ersten 7 Nummern des Bohrregisters petrographisch vorzüglich gekenn- zeichnet; und ihre Gleichstellung mit Braun-Jura « und £ unterliegt um so ‘weniger einem Zweifel, als ja # nahe beim Bohrloche ansteht und « in weiterer Entfernung von demselben, gegen N., unter £ zu Tage ausstreicht. So sicher das nun auch zu sein scheint, so rätselhaft wird ı S, darüber am Schluss. — 659 — doch dieser ganze obere Teil des Bohrprofils, wenn wir die Mächtig- keit desselben ins Auge fassen. Dieselbe beträgt für No. 7—1 rund 791 Fuss württemb. oder 226 m. Das aber ist eine ungemein viel höhere Zahl, als für die Mächtigkeit des über Tage anstehenden Unteren Braunen Jura angegeben wird. Freilich lauten diese An- gaben sehr verschieden (S. 661 Anm. 1). Derrner giebt für « in jener Gegend SO—92 m Mächtigkeit an; für # konnte er sie nicht allein bestimmen. Herr Dr. Pomrecky mass dieselbe an der Falken- berger Steige' auf 25 m. Das macht für « und 8 105—117 m. Die fast gleiche Mächtigkeit erlangte Herr Dr. Pomrzcky auf dem Wege von Neuffen, wo £ ansteht, bis nördlich von Frickenhausen, wo Lias £ ansteht. Hier fand sich auf der 5 km langen Strecke, in Berücksichtigung der Höhenunterschiede hier und dort, eine Gesamtmächtigkeit des Braun-Jura «+ P--Lias Ü von 112 m. Zieht man 6 m für den obersten Lias ab, so bleiben 106 m für den Unteren Braunen Jura, also eine angenähert sehr gleiche Zahl wie die obige, an der Falkenberger Steige erlangte, von 105—117 m. EnceL freilich giebt für & 109—112 m, für # etwa 25-30 m an so dass für «+ $ sich 135—140 m ergeben würden, gegenüber jenen 105—117 m von DErFNER. Wie dem nun aber auch sei: Die im Bohrloche nach- gewiesene Mächtigkeit desUnteren Braun-Jura von 226m übertrifft diejenige, welche für denringsumüber Tage anstehendenBraun-Jura@--f angegeben wird— je nach derAngabe — ummehralsdieHälfte biszumDoppelten. Wie sollen wir diese ganz absonderliche Thatsache erklären? Der nächstliegende Gedanke ist der, dass das Bohrregister falsche Angaben macht. Aus betrügerischen Gründen könnten dieselben nun kaum entstanden sein, da man in damaliger Zeit und in un- bekanntem Gebirge die Arbeit sicher im Tagelohn ausführen liess und nicht pro laufenden Fuss bezahlte. Eine höhere Angabe, als solche der Wahrheit entsprach, hätte also für die Bohrenden gar keinen Zweck gehabt. Zweitens aber ist gar nicht einzusehen, warum die Angaben des Bohrregisters gerade nur im Braunen Jura falsche sein sollten; denn im Lias sind sie, wie oben gezeigt, sicher richtige. Drittens endlich ist das Bohrloch bei den Temperatur- bestimmungen später noch einmal nachgemessen worden, so dass die angegebene Gesamttiefe zweifellos erreicht wurde. ı Weg von Metzingen nach Kohlberg. N — 6909 — Zur Erklärung dieser höchst merkwürdigen Erscheinung, dass Braun-Jura « und £ im Bohrloche bis zu noch einmal ‘so mächtig sind wie sie über Tage dicht daneben sein sollen, können zwei ver- schiedene Wege führen. Der erste wird eine mit Überschiebung verknüpfte Verwerfung benutzen. Längs eines schräg, vielleicht unter 45° einfallenden Bruches müsste das ganze Gebirge, vom Braun-Jura $ bis hinab zum Oberen Keuper, unter den Braun-Jura « gerutscht sein, wie dies aus der folgenden Zeichnung hervorgeht. Auf solche Weise, oder doch jedenfalls durch eine Verwerfung, wird in der Oberamts- beschreibung von Nürtin- gen, Stuttgart 1848. S. 25, Bohrloch die auffallende Mächtigkeit des Unteren Braun-Jura im Bohrloche von Neuffen er- klärt. Von vornherein spricht indessen gegen eine der- artige Annahme der Um- stand, dass sich dann im Bohrprofile die Schichten £, a, 8, @ wiederholen müss- ten; d. h. in der thonigen er £ Ablagerung müssten einge- Oh.Keuipen { schaltet sein von oben nach F IQ. od. unten: Sandige, kalkige, sandige, kalkige Schichten. Das aber ist nicht der Fall. Das Register giebt vielmehr nur einmal an: oben sandige, unten kalkige Zwischenschichten. Daraus allein schon wird es wahrschein- lich, dass hier keine Verwerfung, sondern die regelrechte Schichten- folge vorliegt. Geben wir nun aber einmal zu, dass doch eine Verwerfung stattfände. Das „Zuviel“, welches im Bohrloche angegeben wird, beziffert sich auf 86—113 m. Die abgesunkene Scholle müsste sich also um diesen Betrag, senkrecht gemessen, gesenkt haben; es müsste daher auf ihr ein 86—113 m mächtiges Schichtensystem höheren Juras liegen. Da nun Braun-Jura y, d, e, { zusammen in jener Gegend nach Fraas nur etwa 65 m, nach EnGEeL gegen 60 —b55 m, nach Derrner an 95 m mächtig sind, so müssten, um =) 66, ı — die 113 m voll zu machen, vom Weiss-Jura « noch bis zu 48 m hinzukommen !. Wäre also eine Verwerfung in dieser Gegend vor- handen, so müsste sie entweder durch eine 68—119 m messende Vertiefungoder dadurch gekennzeichnetsein, dass Braun-Jura { bezüglich der Weisse Jura «@ dicht neben Braun-Jura £ sich in derselben Höhenlage be- fände. Von alledem ist aber nichts zu sehen. Es liegt mithin keine Verwerfung vor. Lässt sich nun die auffallende Thatsache, dass der Untere Braun-Jura im Bohrloche ungefähr doppelt so mächtig ist, als er m dieser Gegend über Tage sein soll, nicht durch eine Verwerfung er- klären, dann bleibt nichts anderes übrig, als die Mächtigkeitsangabe im Bohrprofil für richtig zu halten. Daraus würde natürlich folgen, dass die Angaben über die Mächtigkeit des über Tage Anstehenden unrichtige wären; und zwar weil sie entweder gar nicht, oder in nicht richtiger Weise das Fallen der Schichten berücksichtigt; haben. Die Mächtigkeit der einzelnen Lias-Stufen lässt sich im all- gemeinen, da sie keine grosse zu sein pflegt, im unserem Gebiete an einem und demselben Aufschlusse direkt messen. Hier im Lias stimmten daher auch die Angaben über die Mächtigkeit des über Tage Anstehenden mit denen des Bohrregisters überein; nur die Thone des Lias £ sind in letzterem mächtiger, als sie über Tage sein sollen. Anders als beim Lias liegt die Sache aber beim Unteren Braun- Jura. Hier stimmt die Mächtigkeit gar nicht, und wiederum sind es Thone, zudem solche von grosser Mächtigkeit; also dasselbe Gestein, bei welchem auch im Lias $ keine Übereinstimmung statt- findet. Sollte das nicht, zum Teile wenigstens, daran liegen, dass man für eine bedeutendere Thonablagerung die Mächtigkeit nicht so leicht an einem und demselben Aufschlusse bestimmen kann, weil 1 Die Angaben über die Mächtigkeit des über Tage anstehenden höheren Braun-Jura lauten sehr verschieden. ©. Fraas giebt auf S. 104 pp an: Zwischen der Gegend von Balingen und der Fils messen y etwa 28, d gegen 17 m. Dazu e und £ in der Kirchheimer Gegend an 20 m. Das ergiebt die obigen 65 m. Engel giebt auf S. 122 und 133 folgendes an: Braun-Jura « 109—112 m. Dazu # mit 25—30 m, so dass « 4 £# ungefähr — 135—140 m sein würden. Da nun der ganze Braun-Jura bei Reutlingen 200 m misst, so kämen auf y bis Z ungefähr 60—65 m. — Nach Deffner endlich ist, auf S. 16, #—y 120 m in jener Gegend mächtig. Da für # etwa 25 m abgehen, so würden für „—{ 95 m übrig bleiben, d. i. fast die Hälfte mehr als O. Fraas angiebt. — 692 — senkrechte Wände in der vollen Mächtigkeit fehlen! oder unersteigbar sind. Man muss daher hier den Höhenunterschied zwischen der oberen und unteren Grenze der mächtigen Thonablagerung des Unteren Braun-Jura meist an zwei oft weit voneinander gelegenen Punkten bestimmen, um die Mächtigkeit zu erhalten. Wäre nun die Lagerung völlig wagerecht, so würde auch das zu einem richtigen Ergebnisse führen. Sie ist aber sicher nicht völlig wagerecht; im allgemeinen findet ein Fallen nach SO. statt. Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, dieses Fallen in den Thonen richtig zu messen. Das ist fast eine Unmöglichkeit; man ist daher gezwungen, das Fallen zu schätzen. Je nachdem man nun gar keinen oder einen mehr oder weniger schwachen Fallwinkel annimmt, erhält man natürlich auf einer längeren Strecke ganz verschiedene Mächtigkeiten für den Unteren Braun-Jura. Daher erklären sich wohl auch die so sehr verschie- denen Angaben in dieser Beziehung (vergl. Anm. auf S. 661). Herr Dr. Pomrecky hat mit dem Aneroid-Barometer, wie S. 659 angeführt, auf der 5 km langen,N.—S. laufenden Linie von Neuffen nach Fricken- hausen den Höhenunterschied zwischen den obersten Schichten des Braun-Jura # und den untersten des « zu 106 m bestimmt. Sowie man nun hierzu ein Fallen der Schichten von noch nicht 2° nach S. annimmt, erhält man für diese 5 km lange Linie bereits ungefähr das Doppelte jener Zahl an Mächtigkeit für «+ £; also etwa das, was das Bohrprofil angiebt, indem es «+ £ zu 226 m feststellte. Natürlich würde dann auch diese Angabe des Bohrprofils ein wenig zu hoch sein, da in diesem Falle nicht genau wagerechte, sondern mit 2° geneigte Schichten durchbohrt wären, weshalb jene Zahl von 226 um ein Geringes verkürzt werden müsste. Das hat indessen bei nur 2°” mehr eine theoretische als praktische Bedeutung. Herr Inspektor REGELMAnN vom statistischen Landesamt teilte mir auf meine Anfrage bezüglich der Schichtenmächtigkeit freund- lichst mit, dass er &erade in der Gegend von Neuffen keine Messungen der Mächtigkeit habe vornehmen können; dass aber Bestimmungen des Fallwinkels nirgends unsicherer seien, als im Albtrauf, wo so viele Aufbiegungen der Schichten sich einstellen. Ist dem nun so, dann müssen, so scheint mir, natürlich die Angaben über die Mächtig- keit der im Albtrauf über Tage anstehenden Ablagerungen notwendig _ ungenaue sein, auch wenn ausdrücklich von dem Autor erwähnt ! Die Thone werden leicht von herabgefallenen Massen überdeckt. — 6635 — wird, dass von ihm das Fallen berücksichtigt „worden sei. Daher erklärt sich denn auch der Widerspruch in diesen Angaben (S. 661 Anm.), nach welchen Braun-Jura —{ in unserer Gegend auf 65 und auch auf 95 m angegeben werden. Herr REGELMAnN hebt ausser- dem noch als wahrscheimlich hervor, dass die über Tage anstehenden Thone des Unteren Braun-Jura, weil ausgelaugt, weniger mächtig sein werden als die geschützt lagernden. Unter solchen Umständen scheinen mir irgend- welche Zweifel, welche man gegen die bei Neuffen erbohrte sehr grosse Mächtigkeit des Braun-Jura « und £ von 226 m hegt, nicht gerechtfertigt. Das wird nun durch einen weiteren Grund unterstützt. REGEL- MANN! hat nachgewiesen, dass die Mächtigkeit der Trias- und Jura- schichten am Schwarzwalde von S. an gegen N. und O. hin mehr und mehr zunimmt. Es messen nämlich nach ihm Brauner Jura «. In Betznau an der Aare (Dr. Sturz. Lägern S. 13). . . 45,0 m Bei Oberbaldingen (VoGELGESANG, Beitr. Heft XXX S. 105) 780 „ An der Kalbweidsteig bei Thalheim. . . . .. 2... 13.008 Am Holzloch, Der Aldıngen 2.2... 20 2 ua 76,8 „ Am Klippenwald bei Denkingen . . .».... 2... 93% Ans ans Ratzensteiretbein@osheime. r an. 2 Be ZAARDE TER Brauner Jura £. An den Lägern (Dr. Sturz. Lägern Taf. I Prof. 6)... 198m An der Kalbweidsteige bei Thalheim . . . ...... 45,9 „ Am Stauffenberg bei Spaichingen . . » » 2. 22.2... h 51,345, An, der, AU SJbENGoSsKeIme. 0 re a u. 50,5 „ An. der Katzensteiee bei Gosbeim. . . . 2.0. oe. 48,4 „ Unter solchen Umständen ist es sehr wohl denkbar, dass diese Schichtenmächtigkeit nach NO. hin in höherem Masse anschwillt als man vermeinte. Auch bezüglich der Thone des Lias £ hatten wir gesehen, dass das Bohrprofil eine wesentlich grössere Mächtig- keit ergiebt als die Angaben der verschiedenen Autoren. Offenbar trifft auch hier die Angabe des Bohrregisters das Richtige, wie das völlig sicher durch einen analogen Fall bewiesen wird, dessen Mit- teilung ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Schuster in Pforzheim verdanke. Am Cementofen, unterhalb der Schieferöl-Fabrik Reutlingen, hatte man ein Brunnenbohrloch im Lias y angesetzt. Diese Mergel ! Regelmann, Trigonometrische Höhenbestimmungen für die Atlasblätter Fridingen, Hohentwiel, Schwenningen und Tuttlingen. 1877. Stuttgart. S. 52. — 6644 — wurden in normaler Mächtigkeit durchteuft. Aber die Turneri-Thone zeigten sich wider Erwarten so mächtig, dass man die Bohrung ein- stellte, ohne die Grenze von Lias $ und «@, welche meist Wasser bringt, erreicht zu haben. Auch hier also ganz dasselbe Verhalten wie in den Unteren Braun-Jura-Thonen. Zusammenfassung. Aus unserer Darlegung ergiebt sich zunächst, dass sich alle durchsunkenen Schichten in ungezwungener Weise wie folgt deuten lassen. Das Bohrloch endigt im obersten Keupersandstein. Der ganze Lias ist, z. T. Zone für Zone, jedenfalls aber in den Abteilungen von «&—{ hinauf, unverkennbar; auch ist er in der einer jeden Abteilung ungefähr zukommenden Mächtigkeit durch- sunken. Nur die #-Thone werden im Bohrprofile wesentlich mächtiger angegeben als dies über Tage anstehend der Fall sein soll. Vom Braunen Jura sind petrographisch deutlich die Stufen « und £# im Bohrprofile zu erkennen. Aber auch hier wieder ist die Mächtigkeit dieser Thonbildungen viel grösser, etwa doppelt so gross, als sie nach den Angaben der Schriftsteller bei den über Tage anstehenden Massen sein soll. Hier wie dort sind es also Thone, welche im Bohrprofil viel mächtiger sind als sie über Tage angeh- lich sein sollen. Die Ursache dieser Erscheinung mag z. T. in der Auslaugung und Verrutschung der zu Tage ausstreichenden Thonmassen liegen. Zum andern Teil aber liegt sie gewiss in ungenauer Messung über Tage, weil untere und obere Grenze desselben an voneinander ent- fernten Punkten anstehen und man den Fallwinkel nicht genau an- geben kann. Weder durch eine Verwerfung noch durch einen Irrtum oder Betrug der Bohrenden kann sie erklärt werden. Folglich müssen der Untere Braun-Jura und Lias £ wirklich in unserer Gegend die grosse Mächtigkeit besitzen, welche das Bohrprofil angiebt. Die vier vulkanischen Gebiete der schwäbisch-fränkischen Alb. Die Basalte am N.-Ende derselben. Ries. Hegau. Gruppe von Urach. Ver- gleichung: dieser vier Gebiete. Zwischen dem SO.-Rande des altkrystallinen Schwarzwald- gebirges und dem W.-Rande des gleichfalls aus altkrystallinen Ge- steinen bestehenden bayrischen Waldgebirges bei Regensburg zieht sich auf mehr als 300 km Länge in südwestlich-nordöstlicher Richtung das schwäbisch-fränkische Jura- oder Albgebirge dahin. Dann biegt — 665 — es in fast rechtem Winkel um und streicht nun auf einer Erstreckung von etwa 150 km am W.-Rande des urgebirgigen Massivs von Böhmen in NNW.-Richtung bis in die Gegenden von Coburg. Gegenüber dieser ansehnlichen Länge steht nur eine verhältnismässig geringe Breite von durchschnittlich vielleicht 50 km. Die höchsten Höhen steigen bis zu mehr als 1000 m über den Meeresspiegel an. Dieser jurassische Gebirgszug ist in bezug auf seinen geo- logischen Aufbau ein zusammengehöriges Ganze. Es lassen sich in demselben jedoch geographisch drei Abschnitte unterscheiden: Die fränkische Alb, von dem N.-Ende desselben in der Gegend des Thü- ringer Waldes bis zu der knieförmigen Umbiegung bei Regensburg. Sodann das Altmühl-Juragebirge, wie GümsEL! die Strecke benennt, welche von diesem Knie bis an den kesselförmigen Einsturz bei Nördlingen zieht. Beide Teile und zugleich auch die grösste Hälfte dieses Kessels gehören zu Bayern. Endlich die schwäbische oder rauhe Alb, welche von da bis zum Schwarzwald und an dessen Ost- rande entlang südwärts ‚bis in die Gegend von Schaffhausen am Rhein zieht. In vier verschiedenen Gegenden ist dieses schwäbisch-fränkische Juragebirge der Schauplatz vulkanischer Thätigkeit gewesen. Nahe dem Nordende der fränkischen Alb liegt an zwei getrennten Punkten das eine Gebiet, zugleich das unbedeutendste. Die drei anderen Vulkangebiete gehören der schwäbischen Alb an. Zwei derselben treten auf an den beiden entgegengesetzten Enden derselben, dem süd- westlichen und dem nordöstlichen, im Hegau und im Ries bei Nörd- lingen. In beiden Fällen sind kreisähnliche Stücke aus der Hoch- tläche der Alb herausgebrochen und haben sich gesenkt. Aus diesen Kesselbrüchen ıst dann auf Spalten das geschmolzene Eruptivgestein emporgedrungen. Das dritte Gebiet liegt ungefähr halbwegs zwischen diesen beiden, in der weiteren Umgebung von Urach. Dieses letztere Gebiet bildet den Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Wir werden daher, um die Eigenheiten, sowie die mit jenen übereinstimmenden Merkmale desselben erkennen zu können, die anderen drei Gebiete uns in ihren wesentlichen Eigenschaften vor Augen führen müssen. Wir beginnen mit dem nordöstlichsten Gebiete. Da, wo die fränkische Alb nahezu ihr nördliches Ende erreicht hat, liegen vereinzelt zwei vulkanische Punkte, an welchen Nephelin- ! Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb. Kassel. Th. Fischer. 1891. S. 18. — 666 — Basalte den Tiefen der Erde entquollen sind. Der eine derselben findet sich in der Nähe von Culmbach, wo am Patersberg und bei Wernstein zwei Kuppen dieses Eruptivgesteines aus Braun- Jura « zu Tage treten. Hier sind die Thone des letzteren im Kon- takt in eine porzellanjaspisähnliche Masse verwandelt!. Der zweite Punkt tritt auf südwestlich von jenem, bei Oberleinleiter un- weit Heiligenstadt”; hier bildet ein ganz typischer Nephelin-Basalt einen die Weiss-Juraschichten durchsetzenden Gang. Während die vom Basalte eingeschlossenen zahlreichen Weiss-Jura-Brocken meist stark verändert sind, zeigen doch die Schwammkalke, in welchen der Gang aufsetzt, keine bemerkenswerte Umwandlung. Mit diesen zwei vereinzelt gelegenen kleinen Vorkommen hat hier, im Norden des schwäbisch-fränkischen Juragebirges, sich die Thätigkeit der vulkanischen Kräfte begnüst. Diese beiden nörd- lichsten Aufbruchsstellen sind aber nicht nur äusserlich durch einen weiten Raum von dem nächstgelegenen jener drei anderen grösseren Gebiete, dem Ries bei Nördlingen, getrennt, sondern sie sind gegen- über jenen auch durch das Fehlen jeglicher ausgeworfenen Urgebirgs- gesteine und der Tuffe gekennzeichnet. Einem anderen vulkanischen Herde als jene scheinen sie anzugehören. Das Ries bei Nördlingen ist ein etwa 20 km im Durchmesser haltender, 100 m tiefer, kesselförmiger Einbruch im Weissen Jura. Die Umrandung des Kessels zeigt die abgebrochenen Schichtenköpfe dieses Gesteins und zugleich ein nach allen Himmelsgegenden ge- richtetes Einfallen der hier aus ihrer Lage gebrachten Schichten. Nur am N.- und NW.-Rande wird dieselbe auch durch Schichten des Braunen Jura und Lias, sogar des Keupers gebildet”. Das Innere dieses weiten Kessels ist ausgefüllt mit tertiären Süsswasser- schichten, vulkanischen Tuffen und anstehendem altkrystallinem Gestein. Ein zusammenhängendes festes Eruptivgestein tertiären Alters besteht im Ries nicht. Man hielt allerdings früher das am Wenne- ! W. Gümbel, Geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges mit dem Frankenwalde und dem westlichen Vorlande. Gotha. Perthes. 1879. S. 254. — Ferner Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb. Kassel. Th. Fischer, 1891. S. 139, 566 u. 641. ? Gümbel, Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb. 1891. S. 459 u. 641. — Ferner Leppla und Schwager, Der Nephelin-Basalt von Ober- leinleiter. Geogn. Jahresh. I. Jahrg. 1888. 5. 65—74. > Giimbel, Geognostische Beschreibung der fränkischen Alb. S. 197 pp. — 667 — berg auftretende, dichte, schwärzliche Ganggestein für jungeruptiv. Aber dasselbe ist nach TuüracH und Günmger eine altkrystalline Gang- bildung, welche in dem Granit des Wennebergs aufsetzt. Dieses Gestein gehört zu den Kersantiten und ähnelt am meisten dem sogenannten Aschaffit des Spessarter Urgebirges!. Ebensowenig ist der angebliche Trachytgang bei Polsingen, von welchem in „Das Königreich Württemberg?“ die Rede ist, ein anstehendes Gestein. Dieses Vorkommen besteht vielmehr nur aus massenhaft angehäuften Bomben, wie GümgeL darthut®. Es lassen mithin die heute sicht- baren Erzeugnisse des tertiären Ries-Vulkanes nur lose Massen er- kennen: Bomben, Schlacken und Aschen. Die ersteren sind durch ein Gesteinsglas gebildet, in welchem Mikrolithe, Quarzkörnchen, Feldspat und gefrittete Stückchen alt- krystalliner Gesteine liegen. Der Tuff besteht aus einer hellgrauen, porösen Grundmasse, welche nach Art der vulkanischen Aschen aus einer zerstäubten Glaslava hervorgegangen ist; denn sie lässt unter dem Mikroskope teils undurchsichtige erdige, teils durchscheinend glasige Teilchen erkennen. In dieser Masse liegen nun eingebettet: kleine Brocken schlackigen, blasigen, vulkanischen Glases, grössere Schlacken und Bomben, Kıystalle von Orthoklas, Plagioklas und Glimmer; als Neubildungen Tridymit, Kalkspat, zeolithische und andere Zersetzungsmassen. Kennzeichnend ist, dass Bimsstein, Augit, Olivin oder andere Mineralien fehlen, welche doch sonst gewöhnlich die Gemengteile des Basaltes bilden. Der Schmelzfluss war vielmehr ein liparitischer. Auch jene obigen Mineralien dürften nicht der zu Asche zerstiebten Lava angehören, sondern den zerfallenen Ur- gebirgsgesteinen. Diese letzteren finden sich in zahlreichen, scharfkantigen bis kopfgrossen Stücken im Tuff, oft in solcher Menge, dass breccien- artige Trümmermassen entstehen. GünmßeL führt an, dass viele der- selben durch Hitze und spätere Umwandlung in so hohem Masse verändert sind, dass man nicht mehr sicher auf ihren ursprünglichen Zustand schliessen könne. Sie sind zum Teil gefrittet, ihre Gemeng- teile geschmolzen und verglast, wozu dann noch Umwandlung durch Verwitterung getreten ist. Diese Urgebirgsgesteine gehören dem Granit, Gneiss, Hornblendegneiss, Diorit und auch dem Urkalk an. ! Gümbel, Geognostische Beschreibung der fränkischen Alh. Kassel. 1891. Ss. 205 u. 230—232. ? Stuttgart. 1882. S. 390. ® Ebenda. S. 234. — ‚668 — Es sind ganz dieselben Arten, welche auch in den Auswürflingen unserer Tuffe der Gruppe von Urach erscheinen. In gleicher Weise fehlen auch hier wie dort die beiden jüngsten Schichtgesteine des Urgebirges: Glimmerschiefer und Thonschiefer. Ausser den Urgebirgsgesteinen finden sich jedoch im Tuffe noch zahlreiche Einschlüsse der durchbrochenen Sedimentgesteine. Am häufigsten ist Jurakalk, seltener sind Schiefer aus Braunem Jura und Lias; zuweilen finden sich Keuperthone; ältere Schichtgesteine fehlen. Unter diesen sedimentären Fremdgestemen sind namentlich die Weiss-Jurakalke verändert: teils sind sie äusserlich krystallinisch geworden, teils in eine specksteinartige Masse verwandelt; teils aber sind sie ganz unverändert; dazu haben sie bald schwärzliche, bald rötliche Färbung angenommen. Die thonigen und mergeligen Gesteine des Jura sind häufig in Porzellanjaspis verwandelt, haben Kohlensäure dabei verloren und andere. Färbung erhalten. Die Entstehung des Rieskessels stellt sich Gümgen in der fol- genden Weise vor: Ursprünglich befand sich an seiner Stelle die Juradecke der Alb. Bei einem Vulkanausbruch wurde dieselbe zersprengt. Bomben und Tuffe wurden ursprünglich in gewaltiger Menge ausgeworfen, sind jedoch heute zum grossen Teil wieder weggewaschen. Diese Tuffe sind also nur aus einem einzigen Schlunde zu Tage gefördert worden; sie sind ihrer Unterlage aufgelagert, bilden mithin keine Ausfüllung von Spalten. Gleichzeitig wurden ganze mächtige Stücke des Urgebirges hochgehoben (nicht ausgeworfen), so dass sie nun neben normal gelagerten Weiss-Juraschichten im selben Niveau wie diese anstehen. Nur durch Hebung, nicht durch Senkung kann man nach GümßEL diese Lagerungsverhältnisse er- klären. Schliesslich erfolgte ein Einbruch des Centrums und dadurch die Entstehung des Rieskessels. Derselbe vergrösserte sich dadurch, dass die durch die Explosionen zerspaltenen und unterhöhlten Rand- sesteine des Kessels nachbrachen. So hatte sich eine maarartige Vertiefung gebildet, in welcher sich die Gewässer zu einem See aufstauten. In diesem bildeten sich tertiäre und später quartäre Ab- lagerungen, bis zuletzt nach Durchsägung der Umrandung das Wasser wieder abfloss. Was nun endlich das Alter dieses vulkanischen Ausbruches im Ries anbetrifft, so ergiebt sich dasselbe aus demjenigen der ältesten Tertiärschichten, welche sich nach dem Ausbruche über den Tuffen abgelagert haben. Dieselben werden durch die Kalke —. 1669) = mit Helix sylvana und anderen jungmiocänen Schichten gebildet, so dass die Entstehung des Einsturzkessels und der Vulkanausbruch in demselben zur Zeit des Mittel- oder Untermiocän erfolgt sein müssen. | Dieser Einsturzkessel des Ries ist nun aber in jenem Teile der Alb keineswegs eine ganz vereinzelte Erscheinung; vielmehr haben sich an einer ganzen Anzahl benachbarter Stellen ebenfalls Senkungs- und Umwälzungsvorgänge vollzogen. Ganz wie der Ries- kessel, so treten auch diese mitten in den ungestörten, fast wage- rechten Weiss-Juraschichten der Alb auf; auch sind sie ebenso wie das Ries und das Becken von Steinheim zum Teil gekenn- zeichnet durch Schuttmassen aus zertrümmertem Weiss-Jura, in welchen sogar hier und da auch Fetzen von Keuper und Granit liegen !. Dahin gehört zunächst das am weitesten vom Ries entfernt liegende Einsturzbecken von Steinheim, welches durch seine Fauna so bekannt geworden ist. Dasselbe liegt über 30 km südwestlich vom Rande des Ries. Näher dem letzteren, ıhn im N. und W. umgebend, finden wir dann drei weitere grosse Senkungsfelder: Bei Wassertrüdingen im N., in dessen Mitte sich der grosse Jurastock des Hesselberges er- halten hat; sodann im W. das mindestens 4 [ ]Meilen grosse Sen- kungsgebiet zwischen Ellenberg und Bopfingen; ferner dasjenige von Neresheim. Endlich treten in einer noch näheren Zone um den Rieskessel abermals andere derartige kleinere Gebiete auf, welche entweder direkt abgesunken, oder doch wenigstens durch völlig zerrüttete Schichten gekennzeichnet sind. „Umwälzungssporaden“ haben O. Fraas und DEFFNER sie genannt. Weit entfernt vom Ries, am SW. Ende der schwäbischen Alb, treffen wir ein gleichgeartetes kesselförmiges Einbruchsfeld, das des Hegau’. Dasselbe liest östlich Schaffhausen, nahe der schweizerischen Grenze. Sein Umriss ist rundlich viereckig; der grösste Durchmesser gegen 18 km, also nicht viel hinter demjenigen des Ries zurück- stehend. Von N. her fällt der abgebrochene Jura treppenförmig in ! Deffner und OÖ. Fraas, Begleitworte zu Blatt Bopfingen und Ellen- berg. S. 22. ? So, und nicht Höhgau, ist nach freundlicher Mitteilung des Herrn Pfarrer Dr. Engel die übliche Schreibweise; im Mittelalter schon lautete sie Hegöw. — 2,000, das Innere des Senkungsfeldes ab; südwärts aber, gegen den Boden- see, ist es geöffnet. Wie im Ries, so quollen auch hier vulkanische Massen aus der Tiefe empor; aber in unvergleichlich viel gross- artigerem Massstabe. Sind dort nur Tuffe vorhanden, so finden wir hier neben ansehnlichen Tuffablagerungen auch Basalt und Phonolith. Ein Kranz von Torfmooren umgürtet diese vulkanischen Massen und grenzt sie gegen den stehengebliebenen Jura, die Wand des Ein- bruchskessels, ab. So erhebt sich mitten aus dem Kessel eine Gruppe von kegel- förmigen Bergen und Hügeln, bestehend aus jenen Eruptivgesteinen, ihren Tuffen, aber auch aus Oberer Süsswasser-Molasse!. Die vulkanische Thätigkeit setzt sich jedoch noch ausserhalb dieses Einsturzkessels nach N. hin fort. Aber ohne dass es dabei zu einer Versenkung gekommen wäre, sind hier die vulkanischen Gesteine einfach durchgebrochen. Direkt im N. jenes Einsturzkessels liegen der Hohe Höwen und der Howenegg. Etwas im NW. schon der Neuhöwen. Endlich noch weiter gegen NW. gerückt der Stein- röhren und der Wartenberg; letzterer schon auf dem linken Donau- ufer und, gegenüber jenen aus Weiss-Jura aufsteigenden, im Braun- Juragebiete gelegen. Die W.-Hälfte des Hegau ist basaltisch, die O.-Hälfte phono- lithisch. Die Basalte? sind nach GruBEnmAnn’s Untersuchungen sämt- lich Melilith-Basalte. Dass derjenige des Wartenberges bei Geisingen gleichfalls ein Melilith-Basalt ist, wies schon STELZxwer? nach. Da- durch ergiebt sich eine grosse Übereinstimmung mit unserem Vulkan- gebiete von Urach, welches gleichfalls vorwiegend Melilith-Basalte geliefert hat, soweit Basalte hier überhaupt vorhanden sind. Phono- lithe fehlen in unserem Gebiete gänzlich. Noch verbreiteter jedoch als diese festen Eruptivgesteine sind im Hegau die losen Massen, welche teils Basalt-, teils Phonolith- Tuffe geliefert haben. Ehemals bildeten dieselben eine weite, aller- dings sehr verschieden dicke Decke, welche sich nach OÖ. Fraas über die ganze Oberfläche zwischen Donau und Rhein ausgebreitet hatte; noch heute finden wir am Schienerberg bei Stein am Rhein den Tuff. . Jetzt freilich ist diese Decke durch die Erosion in eine An- zahl von Bergen und vereinzelten Vorkommen zerschnitten. Die Lagerung dieser Tuffe ist die gewöhnliche, welche man ergl. OÖ. Fraas, Begleitworte zu Blatt Hohentwiel. Grubenmann, Die Basalte des Hegaus. Dissert. Zürich 1886. 39 5. 1 V 3u17; ® Neues Jahrbuch f. Min,, Geol. u. Pal. 1883. Beil.-Bd. II. S. 402. — EZ bei den von echten Vulkanen ausgeworfenen Aschenmassen findet: Sie sind bei dem Ausbruche ausgeworfen und der damaligen Erd- oberfläche aufgelagert worden. Nirgends kennt man sie, wie m unserer Gruppe von Urach, als Ausfüllungsmasse von Spalten, also ein- oder durchgreifend gelagert. Die Hegauer Tuffe wurden offenbar an einer Anzahl von Punkten zu mächtigen hohen Aschenkegeln, mit dem Krater am Gipfel aufgehäuft, wie wir sie bei den meisten thätigen Vulkanen kennen. Der basaltische bezw. phonolithische Schmelzfluss aber floss nicht in Gestalt von Lavaströmen oben an der Krateröffnung aus; denn wir kennen keine solchen in diesem Gebiete. Er erstarrte vielmehr im Innern der Aschenkegel, ohne ım diesen bis zum Gipfel aufzusteigen. Notwendigerweise muss er den die Aschenkegel durchbohrenden Ausbruchskanal in seinem unteren Teile zu einem weiten Hohlraum vergrössert haben, was bei der lockeren Beschaffenheit der Asche eine leichte Aufgabe für ihn war. So bildete er eine Ausfüllung dieses glockenförmigen Hohlraumes und nach seinem Erstarren einen Ausguss desselben. Indem dann die Aschenkegel allmählich abgetragen wurden, kamen diese Stein- kerne der Hohlräume zu Tage und ragen nun als Basalt- oder Phonolithkegel auf. Die senkrechten Wände, mit welchen die letzteren heute bis zu mehr als 200 m Höhe aufragen, liefern, wie O. Fraas hervorhebt, den Beweis dafür, dass wirklich solche in Hohlräumen erstarrte Schmelzkuchen vorliegen, dass dieselben sich also nicht frei an (der Erdoberfläche aufgetürmt haben. Denn ein noch so zäh- flüssiges Gestein wird im letzteren Falle sich doch immer nur zu einem flacheren Kuchen aufbauen können. Es mögen daher noch hier und da solche festen Kerne in den dortigen Aschenbergen ver- borgen liegen. Auf solche Weise umgeben die Tuffe des Hegaus teils mantel- förmig die Basalt- und Phonolithmassen, teils bilden sie vereinzelte, durch die Erosion abgeschnittene Hügel in der Nähe dieser Berge. Dagegen treffen wir sie niemals als Ausfüllungsmasse schmaler Gang- räume wie in unserem Gebiete der Fall!. Wie in den Tuffen des Ries und der Gruppe von Urach, so finden sich auch in denen des Hegau zahlreiche Stücke der durch- brochenen Gebirgsarten: Grauer Gneiss und grauer Granit mit schwarzem Glimmer, auch mit Hornblende, teils auch fleischroter ! Schill, Die Basalte und ihre Sturzwälle im Höhgau. Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1857. S. 36. — 12 — feinkörniger Granit, wie beide vom südlichen Schwarzwald, nicht aber aus den Alpen bekannt sind. Von sedimentären Gesteinen waltet der Weisse Jura, namentlich die {-Kalke und die Marmore, vor. Seltener ist festes Gestein aus Braunem Jura und Lias. Das- selbe gilt wohl in noch höherem Masse von Triasgesteinen. Dagegen sind Bruchstücke aus palaeozoischen Schichten unbekannt. Diese Trümmer sind bald scharfkantig und eckig, bald kugelig und ab- gerundet, je nachdem sie beim Auswurfe sich aneinander rieben oder nicht. Die Stücke von Gneiss und Granit besitzen stets eine rauhe Oberfläche und sind bröckelig; die aus dem Tuffe herausgewitterten zerfallen leicht, wodurch sie sich sofort von den fast unzerstörbaren glacialen Geschieben unterscheiden. Hinsichtlich der Frage nach dem geologischen Alter dieser vulkanischen Gesteine ergiebt sich, dass die vulkanischen Tuffe des Hegau! auf der Oberen Süsswassermolasse mit Unio flabellatus auf- liegen; sie sind jedoch auch mit den Sedimenten derselben vermengt. Am Hohentwiel fand sich in den Tuffen nach O. Fra1s Helix sylvana, welche nach SAnDBERGER Helix moguntina zu nennen wäre. Danach wären die Tuffe obermiocänen Alters?. Ungefähr in der Mitte zwischen diesen beiden letzteren Vulkan- gebieten des Hegau und des Ries liegt nun in der weiteren Um- gebung von Urach ein viertes Gebiet einstiger Thätigkeit der unter- irdischen Kräfte. Ich will dasselbe mit dem Namen „vulkanische Gruppe von Urach“ bezeichnen. „Vulkangruppe“ darf man dasselbe durchaus nicht nennen, denn es birgt, trotz seiner 125 Aufbruch- stellen, nicht einen einzigen ehemaligen Vulkan; sondern nur Vulkan- Embryonen, Maare und deren, fast stets mit Tuff, ausnahmsweise auch hier und da mit Basalt, erfüllte Ausbruchskanäle. Dieses Gebiet soll freilich erst den Gegenstand der vorliegenden «Untersuchung bilden. Es mag jedoch gestattet sein, wenn ich, die Ergebnisse derselben vorwegnehmend, schon an dieser Stelle den Vergleich durchführe. Vergleich der Gruppe von Urach mit den drei anderen Vulkangebieten der fränkisch-schwäbischen Alb. Die zuerst erwähnten basaltischen Vorkommen am N.-Ende der fränkischen Alb sind durch das alleinige Auftreten fester Eruptiv- 10. Fraas, Begleitworte zu Blatt Hohentwiel. 8. 5. ? s. später „Das Alter der Tuffe“. — 63 — gesteine, also durch das Fehlen der für die drei anderen so kenn- zeichnenden Tuffbreccien mit ihren Fremdgesteinen, von jenen so unterschieden, dass wir von ihnen ganz absehen können. Es kommen daher bei dem Vergleiche mit dem unserigen nur die beiden anderen Gebiete in Betracht. Am stärksten drängt sich dem Beobachter auf die überein- stıimmende Beschaffenheit der Tuffe. In allen drei Gebieten bestehen nämlich diese Tuffe nicht aus reinen Aschenmassen, sondern aus Tuffbreecien; sie sind also ausgezeichnet durch zahllose Einschlüsse von, der vulkanischen Asche fremden Gesteinen. Diese gehören solchen Gesteinsarten an, welche von dem Ausbruchskanale durch- brochen wurden. Andere, etwa von aussen in den Tuff gekommene, durch Wasser oder Eis, fehlen. In allen drei Gebieten sind in gleicher Weise die Stücke der obersten Schichtenreihe, des Weiss-Jura, am häufigsten. Danach diejenigen der tieferen Juraschichten. Auch diejenigen des Urgebirges sind ziemlich häufig vorhanden. Dagegen sind ältere Schichten, wie Keuper, Buntsandstein (Rotliegendes ?), selten vertreten und die ältesten, nämlich Carbon, Devon, Silur und Cambrium, Thonschiefer, Glimmerschiefer, ganz fehlend. Auch wenn wir die Natur der ausgeworfenen krystallinen Ur- gebirgsarten vergleichen, so findet sich bemerkenswerterweise Über- einstimmung zwischen dem Ries und unserem Gebiete. Hier wie dort erscheinen ganz dieselben Arten dieser Gesteine. Diese Eigen- schaft, sowie das Fehlen ältester, versteinerungsführender Formations- glieder unter den Auswürflingen lässt daher auf einen, bis auf die noch zu erwähnenden Unterschiede, gleichartigen Bau des Unter- grundes dieses Teiles der schwäbischen Alb schliessen. Im äussersten SW. derselben, im Hegau, treten unter den urgebirgigen Auswürf- lingen solche des südlichen Schwarzwaldes auf. Des fernern zeigt sich dann Übereinstimmung in der gleichen Art der Umwandlung, welche unter den im Tuffe eingeschlossenen Gesteinen die Weiss-Jurakalke erlitten haben: Ein Teil derselben ist rot geworden, ein anderer Teil schwärzlich, ein dritter krystalli- nisch. Es ist das sehr erklärlich, da es sich in allen Fällen einmal um ganz dieselben Kalke eines und desselben Gebirgszuges handelt und zweitens um ähnliche, verhältnismässig niedrige Temperatur- grade, wie sie ausgeworfenen Aschen zukommen; Temperaturgrade, welche weit hinter denjenigen zurückstehen, welche von dem zusammenhängenden, den Basalt erzeugenden Schmelzflusse aus- gestrahlt werden. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1394, 43 —. 614 — Gegenüber diesen, allen drei Gebieten fast gänzlich gemein- samen Eigenschaften, steht jedoch eine grössere Zahl solcher, in welchen mehr oder weniger Verschiedenartiges sich kundgiebt. Was zunächst das Alter dieser Ausbrüche anbetrifft, so ergiebt sich für diejenigen des Gebietes von Urach wohl, dass sie ein wenig älter sind als jene beiden. Sie gehören der mittelmiocänen Epoche an!. Sodann mag sich anschliessen der Ausbruch im Ries, während diejenigen des Hegaus nach SANDBERGER”? wiederum etwas jünger sein sollen als diejenigen im Ries bei Nördlingen. Es enthalten nämlich die Phonolithtuffe z. B. am Hohenkrähen im Hegau Pflanzen des Öninger Kalkschiefers, also der jüngsten Abteilung der Oberen Süss- wassermolasse. Dagegen werden im Ries, z. B. bei Schmähingen, vulkanische Schlackenmassen von dem Rieskalk überlagert, welcher zugleich auch, wie am Wenneberg, Brocken dieser vulkanischen Ge- steine einschliesst. Letztere sind mithin älter als der Rieskalk. Dieser aber wird bei Trendel, unweit Öttingen, noch überlagert von anderen Schichten und erst in letzteren kommen Helix sylvana KLEın und andere sehr bezeichnende Arten der Sylvana-Kalke vor, welche das kalkige Äquivalent der Oberen Süsswassermolasse bilden. Der Rieskalk muss mithin den unter der Oberen Süsswassermolasse liegen- den Ablagerungen gleichalterig sein, d. h. einerseits den über der Meeresmolasse liegenden, dunkelroten Süsswassermergeln mit Tudor« Larteti, anderseits den brackischen Kirchberger Schichten. Fassen wir sodann die Tektonik der zu vergleichenden vul- kanischen Gebiete ins Auge, so finden wir, dass Ries sowohl als auch das Hegau durch die Bildung eines grossen Kesselbruches gekennzeichnet sind, während ein solcher der Vulkangruppe von Urach entschieden fehlt. Ob wirklich, wie Derrner? vermutet, ein 100 m tiefer Einbruch auch bei der letzteren vorhanden ist, kann nur durch eine Kartierung auf Grund von Karten mit Höhenkurven wirklich entschieden werden. Bejahendenfalles könnte der Einbruch von Urach aber kein Kesselbruch sein, denn das würde sich auch ohne eine derartige topographische Karte erkennen lassen. Es könnte sich höchstens um einen Einbruch von unregelmässiger Umgrenzung handeln. Die Schwierigkeit des Erkennens liegt bei Urach eben darin, dass der angebliche Einbruch eine ganz gewaltige Ausdehnung is, später „Das Alter der vulkanischen Ausbrüche bei Urach‘. 2 Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1874. S. 172—174 und 1884. Bd. 1. Ss. 76—78. ® Blatt Kirchheim, Begleitworte. S. 5. Er et besitzen würde, welche man gar nicht von einem Punkte aus zu überblicken vermag. Derselbe soll sich nämlich erstrecken über das verhältnismässig sehr grosse Gebiet, dessen Südgrenze verläuft zwischen der Münsinger Hardt im Osten und den östlich Erpfingen gelegenen Höhen im Westen, während es sich nordwärts bis an den Neckar erstrecken und bei Plochingen seinen tiefsten Punkt erreichen soll. Das ergäbe also ein Einsturzgebiet von etwa 20 km ostwest- licher und 35 km südwest-nordöstlicher Erstreckung, bei welcher Umgrenzung noch gar nicht einmal alle Ausbruchspunkte in dieses angebliche Senkungsgebiet fallen würden. Übrigens hat bereits, lange vor DErFner, Graf MANDELSLOHE in seinem Profile durch die Alb eine derartige Versenkung angedeutet. In zweiter Linie zeigt sich ein Unterschied darin, dass wir im Ries nur eine einzige Aufbruchsstelle, wie Gümger darthut, zu sehen haben. Wogegen das Gebiet des Hegau bereits durch eine Mehr- heit, dasjenige von Urach dagegen durch eine erdrückende Vielheit von Aufbruchsstellen gekennzeichnet ist. Immerhin zeigt sich aber in dieser Beziehung doch noch eher eine Annäherung unseres Ge- bietes an dasjenige des Hegau wie an dasjenige des Ries. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass im Ries ganze Schollen des Urgebirges in die Höhe gehoben wurden, so dass sie jetzt neben dem Weiss-Jura zu Tage anstehen. Eine derartige Erscheinung fehlt bei der Vulkangruppe von Urach ebenso wie im Hegau. Auch in dieser negativen Eigenschaft zeigen letztere beide Gebiete also mehr Übereinstimmung. Ferner sehen wir, dass die ausgeworfenen Stücke der Urgebirgs- gesteine, welche im Tuffe liegen, im Ries scharfkantig sind, während sie bei der Gruppe von Urach wie auch im Hegau oft teils ein wenig kugelähnlich abgerundet, teils mit angeschliffenen Flächen er- scheinen. Letztere Eigenschaften deuten darauf hin, dass die be- treffenden Stücke in unserem Gebiete und im Hegau in höherem Masse Spielbälle der Auswurfskraft gewesen sind, als das im Ries der Fall war. Was sodann die ausgeworfenen Sedimentärgesteine anbetrifft, so sind im Ries ältere als Keuper gar nicht vorhanden. In der Gruppe von Urach dagegen finden sich, freilich seltene, Ge- steine, welche dem Muschelkalk, sodann aller Wahrscheinlichkeit nach auch dem Buntsandstein und dem Rotliegenden zugeschrieben werden müssen. Ganz sicher findet sich Buntsandstein im Hegau. ! Memoire sur la constitution g&ologique de l’Albe du Wurtemberg. Stutt-- gart 1834. Taf. I fig. 1. 43 * —. 616 — Des weiteren fehlen im Tuffe des Ries Augit, Olivin und andere den Basalt kennzeichnende Mineralien, während dieselben in den Tuffen unserer Gebiete und denjenigen des Hegau auftreten. Damit im Zusammenhange steht ein abermaliger Unterschied. Im Ries finden wir nur trachytische Tuffe, in unserem Gebiete nur basaltische, im Hegau basaltische und phonolithische. Dazu von festen Eruptivgesteinen: Im Ries kein einziges‘. In unserem Gebiete vor- wiegend Melilith-, daneben aber auch Nephelin- (und Feldspath-)Basalte ; aber alle spielen eine untergeordnete Rolle, an Zahl wie an Masse sind sie gering gegenüber den Tuffen; im Hegau dagegen nur Melılith- Basalte, dazu Phonolithe, aber nun nicht von untergeordneter Be- deutung, sondern zu mächtigen Bergen sich erhebend. Immerhin aber bilden doch unser Gebiet von Urach und dasjenige des Hegau zusammen das wichtigste Eruptivgebiet für Melilith-Basalte, wie STRENG hervorhebt. Endlich und vor allem der Hauptunterschied, durch welchen unser Gebiet sich schroff gegen die beiden anderen, aber auch gegen die meisten Vulkangebiete der Erde überhaupt abhebt: Im Hegau echte Vulkanbildung über der Erdoberfläche, bei welcher es zwar nicht bis zum Ergusse von Lavaströmen kam, bei welcher jedoch die subaörisch ausgeworfenen Tuffe und die in ihnen erstarrten Kuchen von Basalt und Phonolith sich regelrecht der Erdoberfläche auflagerten. Auch im Ries regelrechte Auflagerung der Tuffe auf die Erdoberfläche, oder aber, da wo Einlagerung derselben statt- findet, doch keineswegs etwa eine primäre und dann in Ausbruchs- röhren rundlichen Querschnittes, sondern eine sekundäre, indem nicht in Röhren, sondern in Spalten beim Ausbruche Tuffe von oben her hineinfielen bezw. eingespült wurden. In unserem Gebiete dagegen nur embryonale Vulkanbildung, Maare, bei welcher die Tuffe nur die Ausbruchskanäle erfüllen, bei welcher sie also in die Erdrinde in Gangform eingelagert sind, nicht derselben aufgelagert wurden. Das vulkanische Gebiet von Urach. Allgemeiner Überblick über dasselbe. Geschichtliches. Einteilung des Stoffes. I. Beschreibung der einzelnen Tuff-Maare und Maar-Tuffgänge, a) Die auf der Hochfläche der Alb gelegenen. b) Die am Steilabfall der Alb gelegenen. c) Die im Vorlande der Alb gelegenen. ! Das Wenneberg-Gestein ist ein alter Kersantit (s. S. 667). — eb > I. Beschreibung der basalttuffartigen Gebilde. III. Die Basalte. IV. Beschreibung der 3 Basalt-Maare. V. Beschreibung der anderen Basaltgänge. a) Basaltgänge ganz oder fast ohne Tuff. b) Die in den Maar-Tuffgängen aufsetzenden Basaltgänge. c) Fragliche Basaltgänge. VI. Ehemalige heisse Quellen im vulkanischen Gebiete. Tuff-Maare nenne ich diejenigen Maare, deren Ausbruchskanal bis zu an- sehnlicher Tiefe hinab mit Tuffbreccie erfüllt ist. Basalt-Maare sind dann diejenigen, deren Ausbruchskanal bis oben hin mit Basalt erfüllt ist, so dass hier der Tuff ganz fehlt. Maar-Tuffgänge nenne ich diejenigen tufferfüllten Ausbruchskanäle meist rundlichen Querschnittes einstiger Maare, bei welchen der Maarkessel, und mehr oder weniger auch das obere Ende der Tuffsäule, bereits abgetragen sind. Maar-Basaltgänge sind dann 1. die basalterfüllten Ausbruchskanäle meist rundlichen Querschnittes ehemaliger Maare, bei welchen in gleicher Weise Maar- kessel und oberer Teil des Ganges bereits zerstört sind. 2. Die Basaltgänge, welche in den Maar-Tuffgängen aufsetzen. Die ersteren unterscheiden sich daher von den letzteren nur dadurch, dass bei 1. der Kanal nur von Basalt erfüllt ist, bei 2. von Tuff und Basalt. Es leuchtet ein, dass, je tiefer hinab wir im Gange dringen, desto mehr der Basalt vorherrschen muss, bis zuletzt nur noch Basalt und gar kein Tuff mehr die Röhre erfüllt (s. den Schluss von „Die Denudations- reihe der Maare“), so dass dann die Form 2 in die Form 1 übergeht. Allgemeiner Überblick. Halbwegs zwischen den beiden Vulkangebieten des Ries und des Hegau liegt in der weiteren Umgebung von Urach das vulkanische Gebiet, welches den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildet. Dasselbe dehnt sich aus über einen Flächenraum von ungefähr 20 Quadratmeilen. Vom Gaisbühl im SW. bis zum Aichelberg im NO.; und von Apfelstetten im S. bis nach Scharnhausen bei Stuttgart im N. Auf diesem Gebiete findet sich an nicht weniger denn 121 verschiedenen Stellen vulkanischer Tufl. Wogegen an nur 12 bezw. 13 Orten zugleich mit dem Tuffe auch Basalt erscheint und letzterer ausserdem noch an 6 bezw. 7 Orten ohne Tuffbegleitung allein für sich auftritt. Diese vulkanischen Gesteine erscheinen zum Teile oben auf der Alb, also im Gebiete des Weissen Jura. Zum anderen Teile aber treten sie auf in dem der Alb nördlich vorliegenden Landstriche, im Vorlande der Alb. Hier liegen sie im Gebiete des Braunen und Schwarzen Jura. An dem nördlichsten Punkte, bei Scharnhausen, sogar bereits in dem des Oberen Keupers. So ergeben sich 38 Vor- kommen oben auf der Alb; 35 bezw. 36 am Steilabfalle derselben; EB endlich 54 im Vorlande, welchen sich dann noch 5 weitere basalttuff- artige Gebilde anreihen; im ganzen also 133 Vorkommen. Mit diesem Gegensatze zwischen ihrem Auftreten oben auf der Alb und unten im Vorlande geht genau parallel ein Gegensatz in der äusseren Erscheinungsweise dieser vulkanischen Tuffmassen. Oben auf der Hochfläche der Alb ragen sie fast nirgends über das umgebende Gelände hervor. Sie liegen im Gegenteil entweder in derselben Ebene mit diesem, oder — und das ist die Regel — sie sind in dieselbe etwas eingesenkt, finden sich also am Boden von Vertiefungen, welche in die Hochfläche eingesenkt sind. Sehr häufig sind sie hier unter der Ackerkrume verborgen; hier und da liegen unter dieser auch noch Süsswassergebilde über dem Tuff. Es handelt sich eben um Maare, in deren Kesseln sich über dem Tuff noch Süsswasserbildungen abgesetzt haben können. Umgekehrt erscheinen unsere Tuffe im nördlichen Vorlande der Alb fast immer in Gestalt höherer oder niedrigerer Berge, welche meistens die für vulkanische Gesteine so kennzeichnende Kegelform besitzen, jedoch hierbei bisweilen ein wenig langgestreckt, wulst- förmig sind. Diese weithin kenntlichen Kegel werden im Lande als „Bühle“ bezeichnet; und, wenn sie kleiner sind, im Diminutiv als „Bölle*'. Namentlich die am weitesten gegen Norden vorge- schobenen dieser vulkanischen Massen sinken zu solchen kleinen Böllen hinab; ja, es giebt hier deren einzelne, welche gar nicht über die Erdoberfläche emporragen. Der Regel nach besteht nun aber solch ein Bühl oder Kegelberg keineswegs etwa ganz aus Tufl. Vielmehr pflegt nur die Spitze bezw. der obere Teil des Kegels durch vulkanisches Gestein gebildet zu sein; der untere Teil dagegen durch Braun-Jura oder Lias-Schichten. Bei solchem Gegensatze in der äusseren Erscheinungsweise muss mit Notwendigkeit der Beobachter anfänglich auch zu entgegen- gesetzten Vorstellungen über die Entstehungsweise dieser zahlreichen vulkanischen Punkte gelangen, je nachdem derselbe von N. oder von S. her bei der Untersuchung seinen Weg nimmt. Wer von N, her unser vulkanisches Gebiet betritt, und nun zuerst bei Scharnhausen nahe Stuttgart, dann auf dem rechten Neckarufer die dem Flusse nähergelegenen Punkte beobachtet, welche z. T. ganz eingeebnet sind, z. T. nur als kleine Bölle emporragen — der wird ohne wei- teres alle diese zahlreichen Vorkommen vulkanischen Tuffes als ! Der Ausdruck lautet auch in der Singularform „das Bölle“. — 6719 — Erosionsreste auffassen, als übrig gebliebene Fetzen einer einstigen, über diese Gegenden ausgebreiteten, weiten Tuffdecke.. Er wird also glauben, eine ganz gewöhnliche, dem Geologen alltägliche Er- scheinung zu sehen, und es kaum der Mühe wert halten, derselben weiter nachzuforschen und bis zur Alb vorzudringen. Ganz anders aber derjenige, welcher von der Alb her seine Beobachtungen beginnt; welcher auf deren Hochfläche die_kessel- förmigen, mit Tuff erfüllten Maare sieht, und nun an dem fast senk- recht abfallenden Steilrande der Alb vor den herrlichen Anschnitten dieser Maare und ihrer in die Tiefe niedersetzenden Kanäle steht, die mit genau demselben eigenartig beschaffenen Tuffe erfüllt sind, welchen er weiter im Norden, im Vorlande der Alb, in Gestalt von Bühlen, Böllen oder eingeebneten Vorkommen findet. Wenn dieser Beobachter mit der am Steilrande gewonnenen Erkenntnis von dem Dasein dieser ganz merkwürdigen Tuffgangröhren nun in das Vorland der Alb herniedersteigt, und jetzt die dortigen aus Tuff bestehenden Berge und Hügel erblickt, so wird ihn von Anfang an die Vorstellung von der Einheit all dieser Erscheinungen be- herrschen. Die hochaufragenden Bühle, die kleinen Bölle, selbst die eingeebneten Stellen im Vorlande, er wird geneigt sein, sie gleich- falls nur für in die Tiefe niedersetzende Tuffgänge anzusehen, deren Köpfe aus ihrer Jurahülle herausgeschält und dann mehr und mehr wieder abgetragen wurden. Freilich von der Vorstellung, dem Glauben, dass dem so sei, bis zu der festen Überzeugung, dass dem wirklich so ist, liegt ein weiter und an Zweifeln reicher Weg. Warum sollte auch nicht beides möglich sein, warum sollte denn nicht nur ein Teil der im Vorlande der Alb gelegenen zahlreichen Tuffmassen wirklich Gänge, also eingelagerte Massen, ein anderer Teil aber Erosionsreste einer einstigen Tuffdecke, also aufgelagerte Massen bilden? Oder warum sollten hier nicht auch echte Vulkane gewesen sein, welche zwar nicht Lavaströme erzeugten, wohl aber Aschenkegel auf der Erd- oberfläche aufschütteten, die uns heute als Bühle anschauen ? Zuvörderst ist gar kein Grund vorhanden, dass dem nicht auch so sein könnte. Waınt doch auch Quenstept vor der Auffassung, „als läge unter jedem (Tuff) Buckel ein Ausbruchsloch“ '!. Stellt sie doch Mönt ofienbar als aufgeschüttete Aschenkegel echter Vulkane hin, wenn er? von unsern Tuffen sagt: „Hier existieren noch die ! Geologische Ausflüge in Schwaben. 2. Aufl. S. 89. ° 19.--22. Bericht des Vereins für Naturkunde zu Kassel. 1876. S. 20. — 680 — Eruptionsaschenkegel mit Basaltgängen“ und! „Der überwiegend grösste Teil (der Tuffe bei Urach) zeigt nur Aufschüttungsaschen- massen“. Sehen wir doch endlich in dem analogen (s. später) schottischen Vulkangebiete, dass nur ein Teil der Tuffkegel aus Gängen besteht, ein anderer aber aus Erosionsresten einer aufgelager- ten Tuffdecke. Freilich haben schon vor langen Jahren Schwarz, Bous und GUTBERLET (s. unten: „Geschichtliches“) die Gangnatur einzelner dieser Tuffvorkommen erkannt. Und später hat dann DErrner mit treffendem Taktgefühl alle diese Bühle und Bölle als Tuffgänge an- gesprochen ?, indem er den Analogieschluss machte von den am Steilrand der Alb angeschnittenen Tuffgängen auf diese Bühle. Aber das Taktgefühl kann uns in wissenschaftlichen Dingen sehr irreführen;; jedenfalls ist es zum mindesten kein Beweis, welcher andere, der Sache Fernerstehende, zwingend zu überzeugen vermag. Zumal gegenüber einer Erscheinung von solcher Seltenheit auf Erden, aus diesem Grunde also von solcher wissenschaftlichen Bedeutung, bedarf es direkter Beweise in jedem der zahlreichen Einzelfälle. Auch musste erst die Art und Weise der Entstehung dieser „rätselhaften“ Bildungen, wie SCHÜBLER, QUENSTEDT und DEFFNER sie bezeichneten, erklärt, ihre Bedeutung als Reste einstiger Maare hingestellt und ihre Vergleichung mit anderen Gebieten durchgeführt werden. So war denn für mich mit meinem Glauben und der per- sönlichen Überzeugung, dass wirklich überall nur Gänge vor- lägen, noch nichts entschieden. Ein jeder Punkt musste sorgfältig auf seine Lagerungs- und sonstigen Verhältnisse hin untersucht werden, um diese Frage zu entscheiden. Die Beschreibung eines jeden einzelnen Punktes musste daher eine kleine selbständige und durch eine Profilzeichnung unterstützte Arbeit bilden, in welcher die Verhältnisse dargelegt und die Frage für ihn allen beantwortet wurde. Wiederholungen waren hierbei unvermeidlich. Daher erklärt es sich, dass die vorliegende Abhandlung einen Umfang gewann, welchen ich bei Beginn derselben nicht ahnen konnte. War das bei dem ersten Teile derselben der Fall, welcher die Untersuchung und Beschreibung der einzelnen Tufivorkommen enthält, so trat dasselbe abermals ein bei dem zweiten Teile. Hier galt es, die Entstehungsweise unserer merkwürdigen Tuffmassen ! Diese Jahresh. 1874. S. 241. * Begleitworte zu Blatt Kirchheim u. T. S. 19 pp. — el klarzulegen und die Fragen zu entscheiden, ob Wasser oder Eis bei ihrer Bildung mit im Spiele waren; und das liess sich wieder ohne die Beantwortung von Hilfsfragen nicht bewerkstelligen. Bevor wir unser Gebiet von Urach in jeder einzelnen seiner 128 vulkanischen Aufbruchsstellen kennen lernen, wollen wir eine kurze geschichtliche Einleitung geben. Geschichtliches über das vulkanische Gebiet von Urach. Schon im vorigen Jahrhundert hat RösLer! über unsere Basalte geschrieben und dem einen Aufsatz von Bergrat WIEDENMAnN? bei- gefügt. Im Jahre 1802 entdeckte der kurfürstliche Forstgeometer NÖRDLINGER den Basalt des Sternberges °. Ausführlichere Nachrichten aber, namentlich auch über unsere eigenartigen Tuffe, haben wir erst in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts erhalten. Im Jahre 1824 finden wir einen Aufsatz von Bou£*, in welchem uns bereits eine Anzahl vulkanischer Punkte, bei Urach, Hohen- wittlingen, Owen, Gächingen, Geisingen und den Eisenrüttel namhaft gemacht wird. Auch die vulkanischen Erscheinungen im Ries bei Nördlingen waren ıhm bekannt. Von den Tuffen auf der Alb sagt er: „Diese Gesteine trennen sich zum Teil in kugelige und eckige Massen, zum Teil in unregelmässige Schichten, und sie scheinen Gangräume oder Spalten, die kurz, aber oft ziemlich weit sind, aus- zufüllen. Es ist sehr schwer, sie lange zu verfolgen; oft sieht man bloss Haufen von tuffartigem Stoff, bedeckt mit Thon und Damm- erde, und die Stelle, wo sie sich an den Jurakalk anschliessen, ist verborgen.“ Mit diesen Worten ist sehr treffend bereits das Ver- halten der Tuffe gekennzeichnet. Eine Erweiterung der Kenntnis dieser vulkanischen Gegend haben wir aber im selben Jahre SchügLer? zu danken, indem der- ! Beiträge zur Naturg. des Herzogthums Wirtemberg. 1790. Heft 2. S. 214, 2 Zusatz zu S. 216. Heft II. S. 63—68. > Denkschriften der vaterl. Ges. d. Ärzte u. Naturf. Schwabens. Ba. I. Tübingen 1805. * Note sur les depöts tertiaires et basaltiques de la partie du Wirtemberg et de la Baviere, au nord du Danube. Annales des sciences naturelles. Paris 1824. Mai. Durch Schübler übersetzt ins Deutsche findet sich der Aufsatz im Korrespondenzblatt des württemb. landwirtsch. Vereins. 1826. Bd. IX. S. 33—46. ° Der Karfenbühl bei Dettingen unter Urach, ein Basalttuff-Felsen von magnetischer Polarität. Württembergische Jahrbücher f. vaterl. Geschichte, Geo- graphie, Statistik und Topographie. Herausgereben von Memminger. 1824. — 632 — selbe 19 verschiedene Vorkommen aufzählt. Auch SchüsLer hob das Eigenartige der Lagerungsweise dieser vulkanischen Massen hervor: Teils liegen sie, so sagt er, in gangartigen Spalten des Jurakalkes, teils bedecken sie’ den Abhang der Berge, „aus welchen sie seitwärts herausgebrochen zu sein scheinen“ ; zuweilen bilden sie einzeln kegel- förmige Berge, nicht selten aber bedecken sie auch als formloser Schutt nur die Oberfläche, ohne dass sich ein bestimmtes Lagerungs- verhältnis zu den angrenzenden Schichten erkennen lässt. Der Tuff hat oft das Aussehen, als wenn es sich um eine breiartig erweicht gewesene Masse handle, in welcher die zahlreichen Bruchstücke verschiedener Gebirgsarten fortgeführt worden wären. SCHÜBLER waıf den Gedanken hin, ob nicht auch ein Teil der im Albkörper bereits vorhandenen Höhlen sich bei den Ausbrüchen mit Tuff angefüllt haben könne, während ein anderer Teil in Spalten und Hohlräumen zur Ablagerung kam, welche sich erst im Gefolge des Vulkanismus bildeten. Nachdem SchügLer 1824 bereits 22 vulkanische Punkte kennen gelehrt hatte, gab er 1830 abermals Kunde von der Entdeckung 11 weiterer!. Dann finden sich bei Schwarz ? 1832 Mitteilungen über unser vulkanisches Gebiet. Auf S. 123 erwähnt er desselben als einer Gruppe erloschener Vulkane, von welchen der Sternberg noch den Krater aufweise. Auf S. 147—150 findet sich die richtige Erkenntnis ausgesprochen, dass die Tuffe Spaltenausfüllungen bilden. Im Jahre 1834 erschien dann vom Grafen von MANDELSLOH eine Arbeit über den Aufbau der Alb. Auf dem derselben beigefügten Profile findet sich eine ganze Anzahl vulkanischer Punkte in unserem Gebiete eingetragen. Einen höchst eigentümlichen Eindruck macht Stuttgart und Tübingen. Heft I. S. 163—170. — Ferner in Leonhard, Zeitschr. f. Mineralogie. 1825. Teil I. S. 154—156, 235—236. — Sodann Über die Höhlen der Würtembergischen Alb, in Verbindung mit Beobachtungen über die Basalt- formation dieser Gebirgskette. Ebenda S. 328—386. — Im „Hesperus“. 1825. No. 191 u. 192 S. 762—763, 767—768 erschien ebenfalls von Schübler ein Aufsatz über die Basalte und Tuffe der schwäbischen Alb. — Auch in dem natur- historischen Anhang zu Gustav Schwab, Die Neckarseite der schwäbischen Alb. Stuttgart 1823. S. 303, wird der Basalte durch Schübler Erwähnung gethan. ! Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. von Leonhard. 1830. Jahrg. 1. S. 78—79. 2 Reine natürliche Geographie von Württemberg, erläutert an einem geo- graphisch-geognostischen Durchschnitte durch das ganze Land. Stuttgart bei Ebner, 1832. es, dass diese Arbeit, obgleich vorgetragen auf der Versammlung Deutscher Naturforscher in Stuttgart, doch in französischer Sprache geschrieben ist!. Gott sei Dank ein Zeichen einer vergangenen Zeit. Nur kurz giebt auch Heut? einige Nachrichten über vulkanische Gesteine und Punkte der Gruppe von Urach. Eine ausführlichere Untersuchung unseres vulkanischen Gebietes erfolgte indessen erst mit der geologischen Landesaufnahme Würt- tembergs, deren erstes Blatt, Tübingen, 1865 erschien. Dieses enthielt bereits einzelne vulkanische Punkte, nämlich die am meisten westlich gelegenen unseres Gebietes. Die beiden nach Osten hin anschliessenden Blätter — Urach, erschienen 1869, und Blaubeuren, erschienen 1872 — förderten dann eine grosse Anzahl neuer, meist oben auf der Alb gelegener vulkanischer Stellen zu Tage. Diesen ging jedoch voraus im Jahre 1867 das Blatt Göppingen, den äussersten Osten unseres vulkanischen Gebietes umfassend. Alle diese Blätter sind von J. HıLpEngrann aufgenommen unter Kontrolle von QuEN- stept. Dieser letztere verfasste die Begleitworte und spricht hierbei über die vulkanischen Punkte?. Auch‘ in den beiden 1861 und 1864 erschienenen, untenstehenden Werken giebt Quenstepr Nachricht von denselben. Zu jenen 4 Blättern der Karte, auf welchen vulkanische Er- scheinungen auftreten, gesellt sich noch ein fünftes, Kirchheim unter Teck. Dieses wurde durch DErrner aufgenommen und 1872 voll- endet. Hier findet sich eine grosse Anzahl vulkanischer Punkte, welche zum überwiegend grössten Teile im Vorlande der Alb liegen. DErFner hat am ausführlichsten und mit ausgesprochener Liebe über diese interessanten Erscheinungen geschrieben und seine trefflichen Beobachtungen in den Begleitworten zu Blatt Kirchheim u. T., S. 19—42, niedergelegt. Die Granite in den Tuffen behandelte er in einem besonderen kleinen Aufsatze’. Von einzelnen Vorkommen ist später das Randecker Maar durch ! Mömoire sur la constitution g&ologique de l’Albe du Wurtemberg; avec des profiles de cette chaine. Lu & la r&union des naturalistes allemands & Stutt- gart, au mois de Novembre 1834. ? Die geognostischen Verhältnisse Württembergs. Stuttgart 1550. S. 11—14. 3 Blatt Tübingen. S. 15; Blatt Urach. S. 11—17; Blatt Göppingen. S. 14—15; Blatt Blaubeuren S. 17. * Epochen der Natur. S. 177, und in Geologische Ausflüge in Schwaben. S. 84—89. 5 Diese Jahresh. 1873. Bd. XXIX. S. 121—130. a lo Be Enpriss beschrieben worden!. Sodann durch Branco der Basalt- tuffgang bei Scharnhausen ? und einige andere neue Punkte°?. Ausser den im vorhergehenden genannten Arbeiten finden sich ferner kurze Bemerkungen über unsere vulkanischen Erscheinungen auch in den Oberamtsbeschreibungen. So in der Beschreibung des OA. Reut- lingen 1893 S. 39 und 40; ferner in derjenigen des OA. Nürtingen 1848 S. 30—33. Sodann aus dem Jahre 1842 in der Beschreibung des OA. Kirchheim u. T. S. 34—35. Des weiteren von 1831 in der des OA. Urach S. 39—40. Endlich von 1825 in der des OA. Münsingen S. 5l. Ganz kurze Erwähnung findet unser vul- kanisches Gebiet auch in dem, gleichfalls von dem statistischen Landesamte herausgegebenen Werke „Das Königreich Württemberg“ 1882 Bd. I S. 391. Gleiches findet statt in den Werken von OÖ. Fraas, „Geognostische Beschreibung von Württemberg, Baden und Hohenzollern“, S. 62, und EngeL, „Geognostischer Wegweiser durch Württemberg“, S. 11 u. 247. Die mikroskopische Beschaffenheit einzelner Tuffe und Basalte unseres Gebietes ist gleichfalls in mehreren Arbeiten teils berührt, teils ausführlicher besprochen worden. PEncKk, AnGER und Enpriss haben eine Anzahl unserer Tuffe untersucht. ZiRKEL”? untersuchte mehrere unserer Basalte, die sich jedoch z. T. nicht mehr gut identifizieren lassen, da ihm auch Stücke mit nicht genauer Fundortsangabe zugingen. Zahlreichere Basalte unseres Gebietes hat Mönt mikroskopisch untersucht ®. Auch StELzZsEr ” untersuchte mikroskopisch einige unserer ! Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1889. Bd. XXXXI. S. 83—126. ?° Universitätsprogramm der Universität Tübingen. 1892. 68 S. 1 Karte. ® Neue Beobachtungen über die Natur der vulkanischen Tuffgänge in der schwäbischen Alb und ihrem nördlichen Vorlande. Diese Jahresh. 1893. 3:1. * Über Palagonit- und Basalttuffe. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1879. Bd. XXXI. S. 504—577. — Tschermak’s min. Mittheilungen 1875. S. 169. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1889. Bd. XLI. S. 103 und Anm. 2, S. 116. ° Untersuchungen über die mikroskopische Zusammensetzung der Basalt- gesteine. 1870. ° Diese Jahresh. Bd. XXX. 1874. S. 238 und Neues Jahrbuch f. Min. Geol. u. Pal. 1874. S. 926. Taf. 11 fig. 9a. ‘ Über Melilith und Melilith-Basalte. Neues Jahrbuch £. Min., Geol. u. Pal. Beil.-Bd. II. 1883. S. 383, 384, 399, 400, — 65 — Basalte. Ebenso haben dann E. Fraas! und Enpriss? den Basalt vom Gaisbühl und bei Grabenstetten mikroskopisch untersucht. Einteilung des Stoffes. Bei der grossen Anzahl der in unserem Gebiete auftretenden vulkanischen Ausbruchsstellen, welche sich auf 127 beläuft, ergab sich die Notwendigkeit, dieselben in irgend einer bestimmten Weise zu gruppieren, um die ungefügige Masse in einzelne Abteilungen zu gliedern. Es würde vielleicht dem Fernerstehenden als eine natürliche Forderung erscheinen, dass alle auf einer und derselben Spalte liegen- den Ausbruchspunkte zu je einer Gruppe zusammenzufassen wären. In der That würde auf solche Weise ein innerer Zusammenhang dieser Bildungen sich ergeben. Allein, ein solcher lässt sich erstens in unserem Gebiete nicht erweisen. Es ist natürlich sehr leicht, unter einer so bedeutenden Zahl von Punkten je mehrere derselben durch gerade Linien zu verbinden und dann zu sagen, sie lägen auf einer Spalte. Aber eine solche Behauptung hätte gar keinen Wert, wenn nicht auch das Dasein dieser Spalte durch die Lagerungs- verhältnisse erwiesen würde. Das ıst nun durchaus nicht möglich gewesen. Ja es scheint, und das ist der zweite Grund, als wenn derartig lange Spalten bei uns gar nicht beständen. Sie sind viel- leicht in grösserer Tiefe vorhanden, machen sich aber nicht bis an die Erdoberfläche hin geltend. So dass es sich denn um eine grosse Zahl selbständiger, von einander ganz unabhängiger, röhrenförmiger Durchbohrungen der Erdrinde, wenigstens in deren oberen Schichten, handelt. (S. später: „Sind die 127 Durchbruchskanäle selbständige Durchbohrungen ®°) So erschien denn als passendster Einteilungsgrund das Mass der Abtragung, welche die einzelnen Vorkommen bisher erlitten haben; und dies um so mehr, als die in solcher Art aufgestellten Gruppen erklärlicherweise auch eine geographische Zusammengehörig- keit besitzen. Auf solche Weise ergiebt sich die folgende Dreiteilung des Stoffes: I. Die auf der Hochfläche der Alb gelegenen3Ba- salt- und 55 Tuff-Maare. No. 1—38. Hier zeigt sich vorerst noch das geringste Mass von Abtragung; daher sind die Aufschlüsse nur ! s. diese Jahresh. 1893. Bd. XLIX. Sonderabdruck S. 8. Anm. ?® Bericht üb. d. 26. Versammlung d. oberrhein. geol, Vereins. 1893. 6 8. —iB8b: —= mangelhafte. Anderseits hat aber die Abtragung doch schon lange genug gewährt, um auch die äussere Erscheinungsweise der Maar- kessel mehr oder weniger zu verändern und zu verwischen. So bieten die hierher gehörigen Vorkommen im allgemeinen am wenigsten Bemerkenswertes. Ich beginne mit den im O. gelegenen und gehe von da nach W. Atlasblätter Blaubeuren, Urach, Kirchheim, 38 vul- kanische Punkte. II. Die 32 am Steilabfalle der Alb aufgeschlossenen Tuff-Maare und die tufferfüllten, in die Tiefe nieder- setzenden Ausbruchskanäle derselben. No. 39—70. Im Gegensatze zu jenen sind die in diesem Gebiete liegenden Aufschlüsse vorzüglich und höchst bemerkenswert. Die weitere Gliederung der grossen hierher gehörigen Gruppe ergiebt sich in der folgenden Weise: Der Rand der Alb verläuft in ideeller Linie von SW. nach NO. In diesen Rand ist, ungefähr rechtwinkelig, eine Anzahl von Wasserläufen eingeschnitten, welche alle in ideeller Linie im SO. auf- bezw. an der Alb entspringen und nach NW. in den Neckar fliessen. Durch diese wird der NW.-Rand der Alb in eine Anzahl von Halbinseln zerfasert, welche nach N. vorspringen. Auch hier beginnen wir bei der östlichsten Halbinsel; fangen auch bei der Besprechung der einzelnen Punkte stets im SO. einer jeden Halbinsel an und gehen dann um die Nordspitze derselben herum und von da nach SW. Wir haben daher hier die folgende Gliederung: 0. Ha. Die 8 am Steilrande der Randecker Halbinsel, zwischen | Lindach und Lauter, aufgeschlossenen Maar-Tuffgänge. | No. 39—46. | IIb. Die 17 am Steilrande der Erkenbrechtsweiler Halbinsel, | zwischen Lauter und Erms, aufgeschlossenen Maar-Tuff- gänge. No. 47—63. | IIc. Die 7 am Steilrande der St. Johann-Halbinsel, zwischen | Erms und Echaz, aufgeschlossenen Maar-Tuffgänge. No. 64 N: — 70. IN. Die 54 im Vorlande der Alb auftretenden Maar- Tuffgänge. Die Aufschlüsse sind hier wieder weniger gut, zum Teil ganz mangelhaft. Demnach liess sich bei einem Teile derselben durch Untersuchung der Lagerungsverhältnisse, bei einem anderen durch Bohrungen, der Nachweis von der Gangnatur der Tuffe er- bringen. Auch hier wieder beginnen wir im O. und gehen von da nach W. Da sich hier noch eine weitere Zahl von Wasser- läufen einschaltet, so wird das Gelände, statt jener drei Abtei- W. en lungen, in 7 geteilt. Auf solche Weise ergeben sich die folgenden Gruppen: A. Auf dem rechten Neckarufer. OÖ. 1]Ila. Das zwischen dem Butzbach und der Lindach gelegene Ge- | biet mit 6 vulkanischen Punkten. No. 71—X6. Blätter | Göppingen und Kirchheim u. T. IIlb. Das zwischen der Lindach und der Kirchheimer Lauter gelegene Gebiet mit 11 vulkanischen Punkten. No. 77 —87. Blatt Kirchheim u. T. IIIc. Das zwischen der Kirchheimer Lauter und dem Tiefenbach gelegene Gebiet mit 5 vulkanischen Punkten. No. 88—92. Blatt Kirchheim u. T. IIid. Das zwischen dem Tiefenbach und der Steinach gelegene Gebiet mit 4 vulkanischen Punkten. No. 93—96. Blatt Kirchheim u. T. Ille. Das zwischen der Steinach und der Erms gelegene Ge- biet mit 22 vulkanischen Punkten. No. 97—118. Blatt Kirchheim u. T. IIlf. Das zwischen der Erms und der Echaz gelegene Gebiet mit 2 vulkanischen Punkten. No. 119—120. Blatt Urach. IIIg. Das zwischen der Echaz und der Wiesaz gelegene Gebiet 2 mit 3 vulkanischen Punkten. No. 121—123. Blatt W. Tübingen. B. Auf dem linken Neckarufer. IIIh. Das vereinzelt im N. gelegene Vorkommen bei Scharn- hausen südöstlich von Stuttgart. No. 124. Blatt Kirch- heim u. T. Beschreibung der einzeinen Tuff-Maare und Maar-Tuffgänge. I. Die 35 auf der Hochfläche der Alb gelegenen Tuff- Maare und 3 Basalt-Maare. Fast ausnahmslos kommt allen, oben auf der Hochfläche der Alb gelegenen Maaren ein höchst unscheinbares Äussere zu; eine Eigenschaft, durch welche sich dieselben von typischen Maaren anderer Gegenden unvorteilhaft unterscheiden. Ich werde später auseinandersetzen, dass diese Abweichung von dem Typischen min- destens zum Teil durch das verhältnismässig hohe Alter unserer Maare bedingt ist. Infolge dieses letzteren hat die bereits seit langen =. 088 Zeiten wirkende Erosion den unserigen gegenüber anderen, jüngeren nicht nur den einzigartigen Vorzug des Aufschlusses der in die Tiefe hinabsetzenden Kanäle verliehen; sondern zugleich auch den Nachteil, dass die äussere Umwallung der Mündungen der Maare an der Erd- oberfläche, die schöne regelmässige Kesselform, bereits mehr oder weniger angefressen, eingeschnitten oder gar völlig abgetragen worden ist. Auf solche Weise ist die für typische Maare so kennzeichnende kessel- oder trichterförmige Vertiefung auf der Alb häufig gar nicht mehr erhalten, weil das Loch eingeebnet wurde, oder sie hat doch einen unregelmässigen Umriss erlangt. Wer diese in vielen Fällen gänzliche Zerstörung der äusseren, typischen Maargestalt, des Maarkessels, nicht kennt oder berück- sichtigt, wer vielmehr an unsere Maare auf der Hochfläche der Alb herantritt mit der vorgefassten Meinung, dass ein Maar immer leicht an seinem Trichter erkennbar, d. h. jung sein müsse, der wird natür- lich einen grossen Teil der in diesem ersten Abschnitte als „Maare“ beschriebenen Tuffvorkommen gar nicht als Maare gelten lassen wollen. Es wird nun aber in dieser Arbeit gezeigt werden, dass eine solche vorgefasste Meinung eine falsche sein würde. Wie ein jeder Punkt der Erdoberfläche, so verändert natürlich auch ein Maar im Laufe der Zeiten durch die Erosion seine Gestalt, bis zuletzt der Explosionstrichter ganz verschwindet. Damit aber hört das Maar nicht auf, ein solches zu sein: denn der Trichter ist nur etwas Äusser- liches. Das Wesentliche des Maaresliegt vielmehr darin, dass es ein bereits indem embryonalen Entwickelungs- zustande erloschener Vulkan ist. Dass aber die hier durchgeführte Auffassung aller unserer Tuff- vorkommen als Maare, auch wenn sie eine ganz ebene Bodengestal- tung besitzen, eine richtige ist, das geht mit zweifelloser Sicherheit z. B. aus dem Verhalten des Maares von Sirchingen (No. 23) hervor. Nicht die Spur einer Kesselbildung ist hier mehr vorhanden. Aber die über dem Tuff erbohrten tertiären Süsswasserschichten be- weisen unwiderleglich, dass hier einst ein Süsswasserbecken, also ein Maar vorhanden war; denn ohne den Kessel desselben hätte sich ja das Wasser nicht zu einem See ansammeln können. Indem wir nun auf der Hochfläche der Alb sämt- liche Übergänge von dem noch typischen Maartrichter (Randecker Maar) bis zu völlig eingeebneten, abra- sierten, verschwundenen Trichtern bezw. Kesseln be- sitzen, ergiebt sich die völlige Unmöglichkeit, dem a ren einen Teil derselben noch den Namen „Maar“ zu be- lassen, dem anderen aber zu verweigern. Wo sollte man die Grenze ziehen? Ich benenne daher alle diese Vorkommen auf der Hochfläche der Alb mit diesem Namen; gleichviel ob ihr Kessel noch typisch, frisch erhalten, ob er zerfressen, ob er ganz abrasiert ist. Anders dagegen die an dem Steilabfalle der Alb und in dem Vorlande der letzteren auftretenden Tuffmassen. In allen diesen liegt uns bereits die in der verschiedensten Weise angeschnittene und aufgeschlossene Tuff-Ausfüllungsmasse der in die Tiefe nieder- setzenden Ausbruchskanäle unserer Maare vor. Hier rede ich daher nicht mehr von Maaren, sondern von Maar-Tuffgängen. Da sich, ganz wie in anderen Maargebieten, auf dem Boden auch unserer Maarkessel Wasser ansammelte, so findet sich der den Grund des Kessels bildende Tuff hier und da bedeckt durch die Ab- sätze dieser Seen. Die in den betreffenden Süsswasserschichten ge- fundenen Versteinerungen beweisen das mittelmiocäne Alter derselben. Jetzt zeigt sich nirgends mehr ein Wasserbecken auf dem Grunde eines unserer Albmaare. Ausser diesen Süsswasserschichten findet sich aber auch bisweilen noch Schutt und Thon von jüngerem geo- logischem Alter auf dem Tuffe: das Ergebnis der Einebnung der Trichterwandung. Durch diese beiden Umstände wurde der Tuff nicht selten mit fremden Gesteinsmassen bedeckt und verhüllt, so dass sich sein Dasein dann nur durch die, auf der meist so wasserarmen Alb stets auffallende Wasserführung dieser Tuffstellen verrät. In- folge letzterer Eigenschaft siedelten sich an diesen Orten vielfach die Menschen an. Auf bezw. in der Mehrzahl der Maare finden wir daher ein Dorf, dessen Gebäude und Strassen nun abermals dazu beitragen, den Tuff zu verhüllen und den Überblick über die jedes- malige Bildung zu erschweren. So konnte man sich von dem Vor- handensein des Tuffes oft nur durch Brunnengrabungen überzeugen. Es ist infolgedessen erklärlich, dass in vielen oder gar den meisten Fällen die räumliche Ausdehnung der betreffenden Tuffflecke auf der Alb durch die geologische Karte von Württemberg nicht in genau richtiger Umgrenzung wiedergegeben wird. Man hat im allgemeinen — es handelt sich wesentlich um die von QuENnSTEnT aufgenommenen Blätter Urach und Blaubeuren — rundliche Tuffflecke eingezeichnet, welchen meist eine der Grösse des Dorfes auf der Karte entsprechende Ausdehnung gegeben wurde. Eine genaue richtige Darstellung der Umgrenzung dieser Flecke, so wünschenswert eine solche auch wäre, Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 44 — 60 — ar würde von mir einen unverhältnismässigen Zeitaufwand erfordert haben, würde auch z. T. ohne Bohrungen überhaupt nicht ausführ- bar gewesen sein. Ich habe daher in der beiliegenden Karte diesen auf der Hochfläche der Alb gelegenen Tuffflecken gegenüber fast auf jede kartographische Verbesserung Verzicht ge- leistet und dieselben ebenso wiedergegeben, wie sie auf den Blättern Urach und Blaubeuren dargestellt sind. Aus dem oben Ausgeführten geht hervor, dass sich über viele dieser oben auf der Alb gelegenen Maare nicht viel sagen lässt. Ganz anders verhalten sich dagegen diejenigen Maare, welche hart am Steilabfalle der Alb liegen. Hier sind die in die Tiefe niedersetzenden, mit Tuff erfüllten Kanäle derselben vorzüglich auf- geschlossen, wie wir das wohl sonst nirgends wiederfinden. Der Maarkessel dagegen ist auch hier meist zerstört. Eine ungemein lehrreiche Ausnahme von dieser Regel bildet jedoch das Maar von Randeck oder Ochsenwang No. 39. Bei diesem ist nicht nur der Kessel erhalten, sondern auch der in die Tiefe hinabführende Kanal durch den Steilabfall angeschnitten und auf solche Weise seine aus Tuff und Basalt bestehende Füllmasse aufgeschlossen. Es ist hier aber auch drittens die Überlagerung dieser Füllmasse durch die Süss- wasserschichten zu beobachten, welche in dem zu tertiärer Zeit in einen See verwandelten Kessel abgesetzt wurden. Auf solche Weise liefert uns das Randecker Maar den Schlüssel zu der Erkenntnis aller übrigen Tuffbildungen unseres Gebietes. Ich beginne bei der Schilderung der einzelnen Punkte im OÖ. unseres Gebietes und gehe von da nach W. la. Die auf der Hochfläche des Blattes Blaubeuren gelegenen Maare. 1. Das Tuff-Maar von Laichingen. Die langen Zeiträume, welche seit der Entstehung dieses Maares verstrichen sind, haben die äussere Erscheinungsweise des- selben zum grössten Teile verwischt. Von dem einstigen Kessel, welcher sich hier befunden haben mag, ist wohl nur noch im W. eine Andeutung oder ein Rest erhalten. Wer aus dieser Himmels- richtung, also von Feldstetten her, sich dem Dorfe Laichingen nähert, steigt zunächst, bei Betreten desselben, bergab. Hier senkt sich also der Weisse Jura & in die Tiefe hinab, und hier lässt sich wohl der Rand des einstigen Kessels noch erkennen, denn an dieser Stelle hat man vulkanischen Tuff mit Versteinerungen erbohrt. — 69. — Von anstehendem Tuffe ist in Laichingen gar nichts zu sehen. Es wird das aber sehr erklärlich dadurch, dass sich auf dem Boden dieses Maares einst in tertiärer Zeit ein Süsswasserbecken befand, dessen Absätze den Tuff überdeckten und ihrerseits wieder von herabgespülten Massen überlagert wurden. Allein schon dieses frühere Dasein einer Wasseransammlung zu tertiärer Zeit mitten im Gebiete des damals sicher auch bereits wasserarmen Weiss-Jura & spricht für das Auftreten vulkanischen Tuffes in der Tiefe. Die gleiche Beweiskraft kommt der weiteren Thatsache zu, dass man auch heute im Dorfe durch Brunnen Wasser erlangen kann. Endlich aber hebt Quenstepr' hervor, dass in einer lehmigen Masse einzelne Blättehen schwarzen Glimmers, Körner von Magneteisen und zeisig- grüne Stückchen einer weichen, serpentinösen Substanz gefunden wurden, welche ohne Zweifel aus zersetztem Olivin hervorgegangen ist. „Auch war man beim Brunnenabteufen schon ganz oberflächlich darauf (d. h. auf den Tuff) gekommen.“ Auch Granitstücke fanden sich. Es kann mithin keinem Zweifel unterliegen, dass bei Laichingen vulkanischer Tuff in der Tiefe vorhanden ist. Nun könnte ja frei- lich dieser Tufffleck lediglich ein Erosionsrest einer Decke sein, welche ‚sich hier einst über die Alb ausgebreitet hatte. Es brauchte immer- hin noch kein Maar vorzuliegen. Allein wir sahen, dass über dem Tuffe Süsswasserschichten auftreten, welche doch nur in einem ent- sprechenden Becken sich bilden konnten. Der Tuff muss also auf dem Boden eines früher einmal vorhanden gewesenen Maarkessels anstehen, d. h. er bildet die Füllmasse des in die Tiefe niedersetzen- den Ausbruchskanales eines Maares. Bereits die Betrachtung dieses ersten der hier geschilderten Maare zeigt, wie ausserordentlich verwischt die Züge derselben in- folge ihres hohen Alters oben auf der Alb sein können. Wenn nicht vor 20 Jahren von dem jetzigen Direktor Herrn Dr. Koch in Zwie- falten die aus einem Brunnen und dem Keller eines Hauses zu Tage geförderten Verstemerungen vom Acker aufgelesen worden wären, wüsste niemand etwas von dem Dasein des Tertiär an dieser Stelle. Nach freundlicher Mitteilung des genannten Herrn stand bezw. steht der Pumpbrunnen in einem Grasgarten nördlich der nach Feldstetten führenden Strasse; er gehört zu einem der oben an der „Staine“ (Strassennamen) gelegenen letzten Häuser Laichingens. Höchst bemerkenswert ist das Vorkommen von Erbsensteinen ! Begleitworte zu Blatt Blaubeuren. S. 18. 44* — 62 — bei Laichingen, deren Kugeln denjenigen von Karlsbad nicht nach- stehen; nur mit dem Umstande, dass sie nicht so dicht gedrängt aneinander liegen, da sie in eine Grundmasse eingebettet sind. QuEn- stept fand Quarzkörner, kleine Granitstückchen und zu zeisiggrünem Serpentin verwitterten Olivin in den Erbsensteinkugeln eingeschlossen. Die betreffende Örtlichkeit, von welcher diese Erbsensteine her- rühren, befindet sich nun aber, ebenfalls nach freundlicher Mitteilung des Herrn Direktor Dr. Koch, ziemlich weit ab von dem oben er- wähnten Pumpbrunnen, nämlich bei der eine Viertelstunde von Lai- chingen in nordöstlicher Richtung entfernten Ziegelhütte. Ob die Tuffablagerung im Dorfe sich bis zu dieser Stelle hinzieht, ist natür- lich ohne Bohrungen nicht zu entscheiden. Nötig wäre eine solche Annahme nicht. Auch bei Böttingen (No. 2) trat die heisse Quelle nicht aus dem Tuff zu Tage, sondern lag von demselben getrennt. Ebenso könnte das hier sein, und die von den Kugeln eingeschlos- senen kleinen Tuffkörnchen könnten, ohne dass der Tuff bei der Ziegelhütte anstand, durch Wind oder Wasser in die dortige heisse Quelle geführt worden sein. 2. Das Tuff-Maar von Böttingen. In südöstlicher Richtung von Laichingen, etwa 13 km entfernt, finden sich bei und zwischen Böttingen und Magolsheim nahe bei- einander drei vulkanische Punkte. Wir beginnen mit dem im Dorfe Böttingen gelegenen. Hier müssen dieselben thermalen Verhältnisse obgewaltet haben wie bei Laichingen, denn wir finden auch hier ähnliche Kalkabsätze heisser Quellen. Obgleich daher die Vorkommen No. 5, 6, 7 sich näher bei Laichingen befinden, werden wir doch die Besprechung von Böttingen und seinen benachbarten Vorkommen am besten sogleich hinter die von Laichingen anzureihen haben. Das Dasein des Tuffes lässt sich hier leichter feststellen, denn er tritt deutlich zu Tage. Am östlichen Ende des Dorfes steht er in der Dorfstrasse an, auch sind die Häuser hier zum Teil im Tuff fundamentiert. Orographisch stellt sich diese Örtlichkeit dar als ein ziemlich deutlich erkennbares kleines Becken, welches in den Weissen Jura & eingesenkt und mit Tuff erfüllt ist. Es dürfte daher an der Eigen- schaft als Maar kein Zweifel erhoben werden. Ganz nahe diesem Maare, doch ohne direkte Berührung mit demselben, liegt uun die Örtlichkeit, an welcher früher gleichfalls, wie bei Laichingen (No. 1), eine vermutlich heisse Quelle aufgestiegen a 012 = sein muss. Nördlich vom Dorfe wird nämlich der Weisse Jura : am SW.-Abhange des Sternenberges von einer 15—20 Fuss breiten Spalte durchsetzt, welche einst diese Therme barg und von ihren Absätzen erfüllt wurde. Die Spalte verläuft von O. nach W., doch ist sie bogenförmig gekrümmt mit nach S. gerichteter Öffnung des Bogens, Die Ausfüllungsmasse dieser Spalte besteht aus einem Marmor von auffallend schöner Färbung und Zeichnung, indem zahlreiche feinere und gröbere blutrote Schichten mit weissen abwechseln. Auf dem Querbruche zeigt sich nicht selten ein welliges Verhalten dieser Schichten. Es ist erklärlich, dass dieses herrliche Gestein schon in älterer Zeit ausgebeutet und zur Ausschmückung der königlichen Schlösser in Stuttgart verwendet wurde. Schon GvErHArD hörte 1763, wie QuENSTEDT anführt, in Stuttgart von dem Böttinger Marmor!. Bis in eine Tiefe von 30 Fuss hinab wurde dieser Marmor einst ab- gebaut. Jetzt sind die Gruben aber längst auflässig. Zahlreiche Stücke des Gesteines finden sich jedoch noch im Dorfe selbst als Strassenpflaster und in den Mauern verwendet. Auch am W.-Ende des Dorfes, ausserhalb desselben, liegt in der Nähe des abgebauten Marmorganges”? noch eine grosse Anzahl von Stücken umher. Trotz- dem dieselben gewiss zu den seinerzeit als zu wenig schön beiseite geworfenen gehören mögen, so überraschen sie doch noch durch ihre Schönheit. Bisweilen zeigt sich an diesen bereits angewitterten Stücken eine faserige Struktur, welche ganz an diejenige angewitterter Belemniten-Scheiden erinnert. ; Hervorzuheben ist, dass das Gestein, wie schon QuENSTEDT be- obachtete, nicht aus Aragonit, sondern aus Kalkspat besteht. Mörr ist der Ansicht, dass der Böttinger Marmor aus Umwandlung von Jurakalk hervorgegangen sei. „Jurakalkfelsen sind in den prächtigsten bunten Marmor verändert, so dass das Residenzpalais in Stuttgart seinen Schmuck aus vaterländischem Material beschaffen konnte °.“ Mit diesen Worten kann von Mört, nur der Böttinger Marmor gemeint sein. Aber diese vermeintliche Umwandlung des anstehenden Jura- kalkes in bunten Marmor ist entweder eine irrtümliche Auffassung oder eine falsche Ausdrucksweise Mönr’s. Die lagenweise Anordnung der verschiedenen Marmorschichten beweist zweifellos, dass es sich hier um einen Absatz aus wässeriger Lösung handelt; und nur das kann fraglich sein, ob die Quelle heiss oder kalt war. ! Mem. Acad. roy. 1763. S. 228. Citiert nach Quenstedt. ® Hart nördlich der von Böttingen nach Münsingen führenden Strasse. - ® Diese Jahresh. 1874. Jahrg. 30. S. 242. — 64 — 2 3. Der Tuffgang südöstlich von Böttingen. Wenn man Böttingen auf der nach Magolsheim, gegen O., führen- den Strasse verlässt, so zweigt sich bald rechts ein Feldweg ab, welcher auf Mehrstetten zuläuft. Etwa einen Kilometer von Böttingen entfernt zeigt sich westlich desselben am N.-Abhange eines Hügels im Acker eine etwas vertiefte und zugleich hellgefärbte Stelle. Diese hellgelbe Farbe entsteht, wie sich deutlich erkennen lässt, dadurch, dass hier der Weisse Jura & von einem schmalen, durch Verwitterung entfärbten Tuffgange durchsetzt wird. Die Vertiefung aber ist offenbar künstlich hervorgerufen, indem der Gang an dieser Stelle früher einmal abgebaut wurde. Es zeigt sich nämlich, dass derselbe schöngefärbte Marmor, welcher nördlich von Böttingen (S. 693) als Absatz einer heissen Quelle entstand, sich auch auf dieser Stelle bildete; denn auch hier findet sich eine ganze Anzahl von Marmorstücken umbherliegend, welchen der Abbau gegolten haben muss. Während jedoch bei Böt- tingen der Marmorgang im Weissen Jura, also getrennt von dem Tuffe, aufsetzt, scheint er hier in dem Tuffgange selbst zu liegen". Der Verlauf des Tuffganges lässt sich fast einen Kilometer weit verfolgen. Zunächst macht er sich auf dem Acker in Form einer leichten grabenförmigen Einsenkung bemerkbar. Später aber wird er, wenn auch nicht in sehr deutlicher Weise, von der zwischen Magolsheim und Böttingen verlaufenden Strasse angeschnitten. Auf solche Weise ergiebt sich der für unser Vulkangebiet sehr seltene Fall, dass hier ein schmaler, etwa °/, km langer, anscheinend saiger den Weiss-Jura & durch- setzender Tuffgang vorliegt; denn in fast allen übrigen Fällen findet sich der Tuff als Ausfüllung von Kanälen oder Röhren rund- lichen oder ovalen Querschnittes. Es ist sogar nicht unmöglich, dass hier zwei verschiedene, parallele Gänge vorhanden sind. An der oben erwähnten, von Magols- heim nach Böttingen führenden Strasse wird nämlich zuerst, wenn man von Magolsheim kommt, ein etwa 29 Schritt breiter Tuffgang angeschnitten. Späterhin, etwas mehr gegen Böttingen zu, macht sich jedoch abermals Tuff in einer Breite von 8—20 Schritten im Strassengraben bemerkbar. Leider ist der Tuff so stark zersetzt ' Völlige Sicherheit ist, da der Aufschluss eingeebnet wurde, nicht darüber zu erlangen, ob der Marmorgang nur neben oder, wie es scheint, im Tuffgange auftritt. 0 — und die Grabenböschung war zur Zeit so wenig frisch angeschnitten, dass sich die Frage, ob ein oder zwei Gänge vorliegen, nicht ent- scheiden liess. Ich möchte jedoch ausdrücklich bemerken, dass ich auch frischen Tuff gefunden habe, und zwar an dem oben erwähnten S.-Ende des Ganges, an welchem der Marmor auftritt. Ein Zweifel an dem Vorhandensein von Tuff, welcher bei dem hohen Grade von Zersetzung wohl entstehen könnte, ist daher ausgeschlossen. Als besonders erwähnenswert ist ein Stück Glimmerschiefer zu betrachten, welches ich im Acker gleichfalls an dem genannten S.-Ende des Ganges fand. Wenn dasselbe, wie doch hier oben auf der Alb sehr wahrscheinlich, dem Tuffe entstammt, so ist das als ziemliche Seltenheit zu erwähnen. In Feldstetten fand sich gleich- falls dieses Gestein. Auch nicht näher bestimmbare, auffallende dunkle, anscheinend durch die Hitze umgewandelte Gesteinsstücke liegen an diesem durch das Auftreten von Marmor ausgezeichneten S.-Ende des Tuffganges. 4. Das Tuff-Maar von Magolsheim. Über dieses Tuffvorkommen lässt sich wenig sagen. Die Karte giebt an, dass die protestantische Kirche und ihre Umgebung auf Tuffunterlage stehen. Es lässt sich jedoch nirgends anstehender Tuff erkennen. Auch aus den Gräbern des der Kirche benachbarten Kirch- hofes war nur Kalkschutt zu Tage gefördert. Ebensowenig kann man aus der Oberflächengestaltung das Vorhandensein von Tuff er- schliessen. Die Kirche steht nämlich nicht etwa in einem Kessel, sondern gerade umgekehrt auf einem Hügel. Dieser fällt nach S. ziemlich steil ab, nach N. aber hängt er derart mit dem dort an- stehenden Weiss-Jura g zusammen, dass man ihn nur für einen nach S. vorspringenden Sporn der Juramasse halten möchte. Trotzdem aber scheint in Magolsheim Tuff vorhanden zu sein, also ein Maar vorzuliegen, dessen kesselförmige Vertiefung bereits ganz verschwunden ist; teils durch Abtragung, teils indem Kalkschutt auf dem Tuffe angehäuft wurde. Der Gründe für eine solche Annahme sind mehrere. Einmal fand sich! schwarzer Glimmer, welcher hier oben im Gebiete des Weiss-Jura & zweifellos auf das Vorhandensein von Tuff hindeutet. Sodann erwähnt QuENnSTEDT „eigentümliche Kalkstücke, worunter einige echtem rauchgrauem Muschelkalk gleichen“. Es ist das aber, meiner vielfach wiederholten Erfahrung nach, sicher kein Muschelkalk ! Begleitworte zu Blatt Blaubeuren. S. 19. — 6% — gewesen, sondern ein durch die Hitze des Tuffes rauchgrau gebrannter Weiss-Jurakalk, wie er an zahllosen Stellen in unseren Tuffen auftritt (s. „Metamorphismus“). Ferner hat HırpEnsranp im Schutte eines alten Brunnens Reste von Helix gefunden, welche auf das Vorhandensein von Süsswasserschichten unter dem recenten Kalkschutte schliessen lassen. Solche Süsswasserbecken konnten sich aber auf dieser wasser- armen Alb wesentlich nur in Maaren bilden. Endlich besitzt Magols- heim Quellbrunnen, was wiederum nur durch das Vorhandensein von Tuff in der Tiefe erklärbar ist, da das Dorf im Gebiete des Weiss- Jura & liegt. Es ergiebt sich aus diesem Beispiele von Magols- heim recht schlagend der grosse Unterschied zwischen der äusseren Erscheinungsweise typischer, d. h. geo- logisch noch junger Maare und derjenigen ganz un- erkenntlich gewordener, d.h. geologisch alter, wie sie vielfach auf der Alb erscheinen. 5. Das Tuff-Maar von Feldstetten. Ungefähr 5 km südwestlich von Laichingen liegt das Dorf Feld- stetten; dessen westlicher Teil soll, nach Blatt Blaubeuren der geo- logischen Karte, auf vulkanischem Tuffe stehen. Im N., S. und W. des Dorfes erheben sich Höhen des Weiss-Jura &, während das Dorf selbst auf d liegt. Diese &-Höhen liegen aber im weiten Umkreise um das letztere herum und gehören wohl nicht zu dem einstigen Maarrande. Nur nach W. steigt das Gelände des Dorfes direkt an zu der dort gelegenen &-Höhe. Von einer Maarkesselbildung ist also nichts Deutliches mehr zu erkennen. Es ist auch nirgends an- stehender Tuff zu finden. Neuere Brunnen, bezw. deren Auswurf, sind nicht vorhanden, da Feldstetten sich an die Albwasserversorgung angeschlossen hat. Was aber die alten Brunnen anbetrifft, so gab mir ein beim Brunnengraben in früheren Zeiten beschäftigt gewesener alter Mann den Bescheid, dass hierbei nie etwas anderes als Kalk- schutt zu Tage gefördert worden sei. Zum Glück führt jedoch Quex- sTepr! an, dass beim Häuserbau und Brunnengraben kleine Stücke von Granit, Gneiss und Glimmerschiefer gefunden wurden, wie sie in unseren Tuffen liegen. Auch dass überhaupt Quellbrunnen hier mitten im wasserarmen Weiss-Jura d mit Erfolg angelegt werden konnten, ist ein weiterer Beweis für das Vorhandensein von Tuff in der Tiefe. ı Begleitworte zu Blatt Blaubeuren. S. 19. — 60 6. Das Tuff-Maar von Donnstetten. In der nordwestlichsten Ecke des Blattes Blaubeuren, etwa 7 km Luftlinie nordwestlich von Feldstetten liegt das Dorf Donn- stetten. Dasselbe ist erbaut in einem der grössten Maarkessel der Alb, welches eingesenkt ist in den Weiss-Jura &. Infolge dieses grossen Umfanges nimmt die Dorfstelle nur einen kleinen Teil des recht gut erhaltenen Kessels ein. Der Umriss der Einsenkung ist nach den umgebenden Bergen natürlich leicht zu erkennen. Ob aber diese ganze Senke, in der Ausdehnung, welche die geognostische Karte angiebt, wirklich mit Tuff erfüllt ist, ob also das Maar so gross ist und zugleich den dort angegebenen unregelmässigen Um- riss besitzt, das vermag ich nicht zu sagen. Durch Bohrungen wäre das leicht festzustellen. Es würde dabei auch zu untersuchen sein, ob etwa das Tuffvorkommen am Leisgebronn, welches in etwa 1 km Entfernung westlich von Donnstetten liegt (s. No. 7), gleich- falls noch in ununterbrochenem Zusammenhange mit diesem Donn- stetter Maare steht. Jedenfalls liegt ersteres noch in derselben Senke wie letzteres. Wäre das der Fall, dann würde das ohnehin schon sehr grosse Maar von Donnstetten eine noch viel bedeutendere Ausdehnung besitzen. Zugleich aber würde es auch einen noch viel unregelmässigeren Umriss erhalten; ein Umstand, welcher eher gegen als für die Richtigkeit einer solchen Annahme sprechen dürfte. Östlich von Donnstetten steht zweifellos Tuff an. Dicht bei dem dort im Jahre 1892 am Rande des Maares, im Weissen Jura &, neu angelegten Bierkeller „Zum Löwen“ wird der Tuff beim Pflügen aus dem Acker heraufgeholt und findet sich dann abgelesen am Rande desselben. Auch im Westende des Dorfes! fand sich Tuff. Da die Brunnen im Dorfe nur etwa 15 Fuss tief sind, so dürfte der Tuff allerorten in geringer Tiefe auftreten, oder direckt unter der Ackerkrume zu Tage ausstreichen. Nahe der, in der Anmerkung unten erwähnten Brandstelle, da wo die Bierbrauerei „Zum Löwen“ steht, fanden sich in 6 Fuss Tiefe alte Scherben und mächtige, unten zugespitzte Eichenholz- stämme in den Boden gerammt. Man darf aber nicht jeden alten Pfahl unbedenklich für die Reste eines Pfahlbaues ansehen. Wenn in der, geologisch so jungen Pfahlbautenzeit hier ein See bestand, dann müsste in der Diluvial- und Tertiärzeit um so mehr noch ein See vorhanden gewesen sein, denn die wasserhaltende Tuffunterlage ! An der Brandstelle der Häuser von G. Hummel und Ant. Pechtles. Zug bestand ja zu allen Zeiten. In diesem Falle aber müssten tertiäre Süsswasserschichten auf dem Tuffe liegen, von welchen man jedoch bisher noch nichts gefunden hat. Quenstept berichtet: „Donnstetten hat zwischen Tuffen einen ausgezeichneten sehr harten zähen Basalt mit Olivin eingesprengt.“ Er zeichnet auch Bs. in die Karte ein. Soll das nur so viel heissen, als dass einzelne Auswürflinge von Basalt im Tuffe liegen? An- stehender Basalt pflegt sich, infolge seiner grösseren Härte, stets in Form einer Hervorragung aus dem Tuffe zu erheben. Davon aber ist nirgends etwas zu sehen. Ebensowenig fand ich lose Stücke. Auch die im Dorfe eingezogenen Erkundigungen nach dem Vorhanden- sein von Basalt wurden mit steter und entschiedener Verneinung beantwortet. Der Albbewohner aber weiss sehr gut Weiss-Jurakalk, vulkanischen Tuff und Basalt zu unterscheiden. - Ich stehe daher vor einem Rätsel. 7. Der Tuff am Leisgebronn, westlich von Donnstetten. Blatt Blaubeuren der geologischen Karte giebt westlich von Donnstetten noch einen zweiten Tufffleck an, welcher einen sehr viel kleineren Umriss besitzt als der unter No. 6 besprochene. Dieser kleine Tufffleck scheint jedoch an einer falschen Stelle eingezeichnet zu sein; zum mindesten konnte ich an derselben im Acker keinerlei Spur von Tuff finden. Wohl aber tritt ein ausserordentlich fester, heller Tuff weiter westlich auf, am Fusse des Ostabhanges des „Leis- gebronn“ genannten Berges ?. Diese Stelle liegt noch in der grossen unregelmässigen Donn- stetter Mulde, am Westrande derselben. Es wäre daher denkbar, dass dieses Vorkommen mit dem von Donnstetten in ununterbrochenem Zusammenhange (s. unter No. 6) stehen könnte. Dann hätten wir hier den NW.-Rand desselben. - Zwingend ist indessen eine solche Annahme durchaus nicht. Wir finden auch in anderen Fällen auf der Alb grössere, unregelmässig umrissene Senken, bei welchen offen- bar nur ein Teil mit Tuff erfüllt ist; das ist z. B. bei Zainingen (s. No. 8) der Fall. ! Im S. von Donnstetten am „Hasenhäusle“ hat man römische Münzen von Vespasianus gefunden. ® Wohl aus „Leisebronn“ entstanden. Man findet diese etwa 1 km von Donnstetten entfernte Stelle, wenn man, von Donnstetten aus auf der nach NW. führenden Strasse marschierend, an der zweiten Brücke links den Chausseegraben überschreitet, dann den rechts abgehenden Landweg und später abermals den rechts zum Berge emporführenden Feldweg verfolgt. ae Wenn nun dieser Tuff am Leisgebronn auch nicht mit dem von Donnstetten zusammenhängen, sondern ein selbständiges Vor- kommen bilden sollte, so wird man dasselbe, nach Analogie mit allen anderen Vorkommen, dennoch wohl als eine Maarbildung auf- zufassen haben; obgleich freilich die äussere Gestaltung dieser Ge- gend — der Tuff tritt am Fusse des Berges hervor — heute nicht mehr den Umriss eines selbständigen Maares erkennen lässt. 8. Das Tuff-Maar von Zainingen. In 4 km Luftlinie Entfernung, südsüdwestlich von Donnstetten liegt das Maar von Zainingen; genau auf der Grenze zwischen Blatt Blaubeuren und Urach, von welcher es durchschnitten wird. Die Oberflächengestaltung ist die folgende: Zainingen liegt in einem engen runden Kessel, welcher in den Weiss-Jura &e 30—60 Fuss tief eingesenkt ist. Dieser Kessel öffnet sich jedoch in seiner ganzen Breite nach Osten in eine grosse, mit Diluvium ausgefüllte Senke von. unregelmässiger Gestalt, welche mit dem einstigen Maare nichts gemein hat. Dadurch wird der Eindruck des Maarförmigen wieder etwas verwischt. Von Tuff ist freilich nirgends etwas zu sehen. Auch waren neue Brunnen und Keller, welche Aufschluss hätten geben können, zur Zeit nicht angelegt. Über den Auswurf der alten aber konnte ich ebensowenig im Dorfe eine Auskunft erhalten, wie (QUENSTEDT eine solche giebt. Trotzdem muss man auf das Vorhandensein von Tuff schliessen: Zainingen besitzt nämlich, im wasserarmen Weiss- Jura &, Brunnen, welche in 26—28 Fuss Tiefe reichlich Wasser geben. Ferner giebt es im Dorfe vier grosse Wasserbecken, sogenannte „Hülben“. Nun könnte ja dieser Wasserreichtum auch dadurch hervorgerufen werden, dass hier im Innern eines, aus & bestehenden Korallenriffes das thonige { abgelagert wäre. Allein der Kessel, ın welchem Zainingen liegt, ist so eng, dass man hier viel weniger an ein ringförmiges Korallenriff, ein Atoll, denken möchte, als an einen in 2 eingesprengten Explosionskrater, ein Maar, dessen Tuff die wasserhaltende Kraft besitzt. Ib. Die auf der Hochfläche von Blatt Urach gelegenen Maare. 9. Das Tuff-Maar von Böhringen. Ebenfalls im Gebiete des Weiss-Jura & liegt, 2'/;, km nord- westlich von Zainingen (No. 8), das Dorf Böhringen. Wenn man den auf der Karte mit Tufffarbe bezeichneten Fleck ins Auge fasst, — 70 — so zeigt sich keinerlei an ein typisches Maar erinnernde Kesselbildung. Man müsste einen sehr grossen Umkreis machen, um aus den um- gebenden e-Höhen einen Kessel zu konstruieren.‘ Dieser grosse Kessel ist aber gar nicht mit Tuff erfüllt, mithin kein Explosions-, sondern nur ein Erosionsbecken. Tuff tritt nur in einem kleinen Teile des- selben: auf, und bei der Entstehung dieses grossen Erosionsbeckens ist wohl auch der frühere, ursprüngliche Maarkessel bezw. die Weiss- Jura &-Masse, in welche er eingesenkt war, mit abgetragen worden. Das Dorf liegt uneben: Der nördliche Teil desselben befindet sich in höherer Lage. Hier finden sich jedoch nur Dachbrunnen !, es ist mithin in diesem Teile des Dorfes vermutlich kein Tuff vor- handen, obgleich die Karte solchen ebenfalls angiebt. In dem anderen, tiefer gelegenen Teile dagegen befinden sich Quellbrunnen , deren Vorhandensein ohne weiteres für dasjenige von Tuff spricht. Das vulkanische Gestein ist indessen auch anstehend nach- gewiesen worden. Beim Bau des dem Bauer Mırı gehörigen Hauses kam Tuff zum Vorschein. Ebenso fand er sich bereits in 3 Fuss Tiefe bei der Anlage eines vor 6 Jahren gemachten, 16 Fuss tiefen Brunnens, nahe diesem Hause. In den „im Grund“ genannten Wiesen, östlich der Kirche sollte, wie mir im Dorfe berichtet wurde, gleich- falls Tuff vorkommen. Die dort umherliegenden Tuffsticke waren indessen sicher nur hinausgefahren. Es befinden sich aber diese Wiesen in einer zwischen dem Dorfe und dem Hardtenberg auf- tretenden Senke, so dass nach der Bodengestaltung dort wohl Tuff vorhanden sein könnte. 10. Das Tuff-Maar am Mönchberge. Ungefähr 2 km südwestlich von Böhringen, westlich vom Mönch- berge, befindet sich eine leichte Bodensenke im Oberen Weiss-Jura. An der nordwestlichen Umgrenzung derselben macht sich ein kleiner Steilrand bemerkbar. Dort liegt vielleicht ein Überrest des alten Maarkesselrandes vor. Doch finden sich nahe demselben in der Senke zwei kleine Erdfälle, welche zur Vorsicht mahnen, da möglicher- weise auch jener Steilrand ebenfalls auf einen solchen und nicht auf ein Maar zurückgeführt werden muss. ! Das auf die Dächer niederfallende Regenwasser wird in rings um das Dach geführten Blechrinnen aufgefangen und aus diesen durch lange Blechröhren in eine am Hause gelegene Cisterne geleitet; daher „Dachbrunnen*. Solche Dachbrunnen werden natürlich nur dort angelegt, wo sich im Boden kein Brunnen- wasser findet. — 701 — Quenstept berichtet, dass der Pflug in dieser sumpfigen Senke vulkanischen Tuff heraufhole. Ich konnte nichts davon bemerken, vielleicht weil ein Teil der Vertiefung jetzt nicht mehr beackert, sondern als Weidenkultur angelegt ist. Allerdings liegen einige Stücke harten Tuffes hier und da in kleinen Steinhaufen. In letzteren finden sich aber auch Ziegelsteine. Da diese nun ganz sicher durch den Dungwagen auf die Felder gelangt sind, so wäre es möglich, dass auch der von mir gesammelte Tuff denselben Ursprung hätte. Der Ackerboden jener Senke ist verdächtig dunkel, ihm sind auch nur wenige kleine Kalkstücke beigemengt; von tuffigen Bestandteilen aber ist nichts in ihm zu finden. Allein das beweist nichts gegen das Vorhandensein von Tuff in der Tiefe, da in die Senke von den höhergelegenen Stellen her unablässig Verwitterungsboden des Weiss- Jura gespült wird. 11. Das Tuff-Maar von Grabenstetten. Während die bisher betrachteten Maare im Weissen Jura & auftreten, liegt das etwa 6 km in nordwestlicher Richtung von Böhringen (No. 9) entfernte Maar von Grabenstetten im {. Nichts aber deutet heute mehr darauf hin, dass hier einst eine, einem Kessel ähnliche Bildung bestanden haben könnte. Vielmehr dehnt sich das Dorf, welches auf Tuffuntergrund erbaut ist, auf einer von S. und O., weniger auch von W. her ansteigenden Fläche aus, welche in gleicher Ebene mit dem Weiss-Jura { liegt. War einst also über- haupt ein Kessel in den letzteren eingesprengt, dann sind diese oberen Schichten des Ü und zugleich der in ihnen ausgehöhlte Kessel voll- ständig abgetragen worden. Warum aber sollte das auch nicht geschehen sein seit mittelmiocäner Zeit! In den Kellern des Dorfes, soweit solche neuerdings angelegt wurden, steht nur gelber Lehm mit Weiss-Jurablöcken an. Der grosse Quellbrunnen im Dorfe ist bereits 1807 gegraben worden, von dem Auswurfe desselben mithin nichts mehr vorhanden. Man findet aber auch noch andere Quellbrunnen im Dorfe, so dass das Dasein von Tuff wahrscheinlich wird; denn das hier anstehende [ ist nicht so thonig, dass man ihm die Entstehung von Quellen zu- schreiben könnte. Ausserdem liegen im Dorfe vereinzelte grössere Tuffstücke, welche jedenfalls aus der Tiefe dieses Ortes stammen und wohl beweisen, dass man früher wirklich dieses vulkanische Gestein hier gefunden hat. Auch lässt die aus dem Jahre 1848 stammende Oberamts- — 702 — beschreibung von Nürtingen S. 32 No. 11 erkennen, dass damals noch im Dorfe anstehender Tuff sichtbar war. Dass in früheren Zeiten Basalttuff beim Graben von Brunnen verschiedentlich gefunden wurde, geht auch mit Sicherheit aus den Be- merkungen hervor, welche SchüßLer! bereits 1824 veröffentlichte. Auch er bringt bereits die auffallende Thatsache, dass Grabenstetten, obgleich auf der wasserarmen Alb, doch sieben wasserreiche Brunnen besitzt, mit dem Tuff in Zusammenhang. Über den westlich von Grabenstetten aufsetzenden Basaltgang siehe im Abschnitt „Basalte“ unter No. 5. 12. Das Tuff-Maar oder der Tuffgang von Hülben. Das Dorf Hülben liegt 3'/; km fast nördlich von Urach und 41), km westlich von Grabenstetten (No. 11) auf einer Weiss-Jura e- Fläche. Keinerlei Einsenkung deutet das Vorhandensein eines Maares an. Das würde, in Anbetracht der Abtragung, welche die Kessel unserer Maare zum grossen Teil erlitten haben, nicht gegen das frühere Dasein eines solchen sprechen. Gewisse Gründe deuten in- dessen die Möglichkeit an, dass hier vielleicht ein nur von O. nach W. langgestreckter Tuffgang vorliegen könnte. Zunächst fällt nämlich auf, dass an den meisten Stellen im Dorfe nur Dachtraufenbrunnen vorhanden sind. Ein Umstand, welcher mit Sicherheit darauf hindeutet, dass an diesen Stellen im Unter- erunde nicht Tuff, sondern Weisser Jura ansteht. Es ist daher die Ausdehnung des Tuffes über das ganze Dorf, wie ihn die geologische Karte angiebt, vermutlich nicht richtig. Dass jedoch der Tuff nicht überall fehlt, wird durch das Vorhandensein einiger Quellbrunnen bewiesen. Da nun weiter, wie QuEnstept anführt, westlich vom Dorfe gleichfalls einmal Tuff erschürft worden sein soll, und da auch zugleich östlich desselben, auf dem Fusswege ins Kaltenthal, wie er anführt, Schuttmassen liegen, welche des Zusammenhanges mit Tuff verdächtig sind, so macht dieses Verhalten den Eindruck, als wenn das Vulkanische in allen drei Punkten zusammenhänge. Dann aber hätten wir eine von O. nach W. langgestreckte, tuff- erfüllte Spalte, eine überaus seltene Erscheinung in unserem Vulkan- gebiete (s. später), dessen Spalten meist einen rundlichen Querschnitt besitzen. Ich habe übrigens die im O. liegenden Schuttmassen, ' Württembergische Jahrbiicher von Memminger. 1824. S. 371. No. 10. ? S. die Anm. auf S. 700. deren QUENSTEDT gedenkt, des Vulkanismus nicht für verdächtig gehalten, sage daher Obiges mit grösster Reserve. Die geologische Karte von Württemberg giebt aber auch im O0. von Hülben ausserdem noch Basalt an. In den Begleitworten zu Blatt Urach thut freilich Quenstent, welcher alle andern Basalt- punkte einzeln aufzählt, desselben keinerlei Erwähnung. Das ist schon auffallend. Auch lauteten alle Auskünfte, welche ich im Dorfe erhielt, in dieser Beziehung verneinend. Ebensowenig vermochte ich selbst etwas von Basalt an dieser Stelle zu finden. Es ist daher einstweilen wahrscheinlicher, dass hier der Basalt nur infolge einer Verwechselung eingezeichnet wurde: ebenso wie der Tuff am Heng- brunnen (No. 18) irrtümlich an eine ganz falsche Stelle der Karte kam. 13. Das Tuff-Maar von Hengen. Genau südlich von Grabenstetten liegt in 5 km Entfernung das Dorf Hengen, gleichfalls im Gebiete des Weiss-Jura [. Hier findet sich deutlich noch eine Vertiefung, der Maarkessel, ausgesprochen und in diesem das Dorf erbaut. Derselbe besitzt indessen keinen rings geschlossenen Rand mehr, denn an der südöstlichen Umwallung ist derselbe durch ein tiefes, nach SO. ziehendes Abflussthal, das Haigerloch, unterbrochen und zerschnitten. Die vielen kleinen Wasseradern dieses Kessels, welche zum Teil in Dohlen aus den Kellern der Häuser kommen, haben dasselbe wohl entstehen gemacht. Der Anstieg aus der Tiefe des Kessels zur Höhe ist sanft, da durch die langdauernde Erosion oben mehr und mehr abgeschwemmt und in die Tiefe hinabgeführt wird. Doch findet sich, nach Aussage der Dorfbewohner, allerorten unter einer Schicht schwarzen Bodens von nur 2—5 Fuss Tiefe bereits der Tuff. Es sind daher die Quell- brunnen des Dorfes auch nur etwa 15 Fuss tief. 14. Das Tuff-Maar von Wittlingen. Ähnlich wie das soeben besprochene Maar von Hengen ist das etwas über 2 km nach SW. entfernte Maar von Wittlingen im Ge- biete des Weiss-Jura (© und in einem Kessel gelegen. In gleicher Weise ist auch die Wandung desselben durch ein nach W. ziehendes Abflussthal zerschnitten. Ja, die Thalbildung hat hier sogar bereits in die gegenüberliegende östliche Kesselwand eingeschnitten, indem sie weiter bergaufwärts voranschritt. Dergestalt macht der Maar- kessel gar nicht mehr den Eindruck eines solchen, sondern erscheint nur noch als längliche Ausbauchung inmitten emer Thalrinne. a a Am nordöstlichen Ende des Dorfes, da wo in die obere, von W. nach O. ziehende Dorfstrasse die nach N. auf das Feld hinaus- "führende einmündet, steht an den Häusern vulkanischer Tuff an. Die Stelle liegt nahe nördlich der Kirche, hart am Rande des Maar- kessels. An anderen Stellen verrät das Vorhandensein von Brunnen im Dorfe, selbst hoch oben nahe dem Kesselrande, das Dasein des Tuffes in der Tiefe. Wie sich in verhältnismässig kurzer Zeit das Schicksal und die äussere Erscheinungsweise dieses Maares, sowie diejenigen des benachbarten von Hengen gestalten werden, das zeigen uns die beiden anderen, westwärts dieser zwei Orte gelegenen Maare; nämlich das- jenige an der Steige von Hengen nach Urach (No. 62) und das jenige an der Steige von Wittlingen in das Ermsthal (No. 63). Jetzt hat die breite Thalbildung diese beiden letzteren Maare, bezüglich ihren in die Tiefe führenden, mit Tuff erfüllten Kanal, nicht nur oben, also horizontal, sondern auch an den Seiten, vertikal, an- geschnitten und aufgeschlossen. Vor, geologisch gesprochen, ver- hältnismässig kurzer Zeit jedoch haben auch diese beiden Maare noch oben auf der Hochfläche gelegen. Damals waren sie noch unangeschnitten und darum als Tuffvorkommen nur an ihrem Wasser- reichtum zu erkennen, wie so manche andere. Da diese beiden Maare indessen bereits am Steilabfalle der Alb auftreten, so fordert der eingeschlagene Gang der Betrachtung, dass ihre Besprechung erst später erfolgt. 15. Das Tuff-Maar südlich von Hengen. Die geologische Karte von Württemberg zeigt 1'/, km östlich von Wittlingen und ebensoweit südlich von Hengen einen sehr grossen Tuffleck. Die Lage und Gestaltung desselben lässt sich aus der punktierten Umrisslinie auf untenstehender Skizze erkennen: Ein grosser, westlicher Hauptfleck, dem im O. eine kleinere Ausbuchtung entspringt. Ein Vergleich desselben mit der wirklichen Ausdehnung der Tuffmasse lehrt indessen, dass der Hauptfleck an einer Stelle eingezeichnet ist, an welcher gar nicht Tuff, sondern Weiss-Jura an- steht. -Nur die östliche Ausbuchtung liegt wirklich da, wo Tuff ist. Dagegen dehnt sich nun dieser letztere umgekehrt noch weit nach SO. hin aus, während dort die geologische Karte von Württemberg Weiss-Jura angiebt. So ergiebt sich das unten folgende, von Herrn Dr. Pompeery aufgenommene Bild unseres Tuffvorkommens, bei welchem durch die Kreuze die Punkte angedeutet werden, an denen a das vulkanische Gestein sich nachweisen liess. Wie man sieht, ist das besonders der Fall zu beiden Seiten des tief eingeschnittenen Thales ', durch welches das von Hengen nach S. ziehende Haigerloch- thal mit rechtwinkeliger Umbiegung in das Fischbachthal mündet. Hier lässt sich der Tuff an der linken Thalseite (NO.) nur bis an den dort verlaufenden Weg hinauf nachweisen. Oben folgt Tannen- kultur und Weiss-Juraschutt, welche alles verschleiern. Auf der rechten Thalseite (SW.) dagegen kann man das vulkanische Gestein bis auf die Höhe hinauf verfolgen. Oben kommen dann schwarze Erde mit Weiss-Jurabrocken des & und [; dass unter diesen jedoch auch noch Tuff ansteht, beweisen weiter abwärts mehrere durch Kreuze gekennzeichnete Punkte. Ob er dagegen bis in das Thal 2 hinabsetzt, ist fraglich. So ergiebt sich eine Ausdehnung des Vor- kommens von etwa 0,66 km Länge und Breite. Dieses Maar macht einen völlig anderen Eindruck wie dasjenige von Wittlingen (No. 14). Ist letzteres im offenen Felde gelegen und mit einem Dorfe besetzt, so finden wir dieses in völliger Ab- geschiedenheit, zudem der Überblick durch die Bewaldung gehindert. Auf solche Weise erscheinen beide ganz unähnlich. Aber das ist nur Schein. In Wirklichkeit stellen beide zwei dicht aufeinander- folgende Entwickelungsstadien in der Zerstörung des Maarkessels dar. Hier wie dort ein Kessel, welcher querüber von einer Thal- bildung durchfurcht wird, so dass die Kesselwandung an zwei entgegen- gesetzten Seiten durchsägt ist. Im Wittlinger Maar schneidet dieses Thal noch nicht tief genug in den Tuff ein, um diesen zu entblössen ; bei dem vorliegenden Maare ist das bereits der Fall. Das ist der einzige Unterschied zwischen beiden. Am besten findet man unser Maar, indem man nicht von Wittlingen, sondern von Hengen aus den Weg antritt. Wenn man dort in dem Haigerlochthale abwärts wandert, erreicht man bei der Einmündung desselben in das Thal 1 den Tuft. Von hohem Interesse ist es, dass von Herrn Dr. PompeckyY und von Präparator Kocher Süsswasserschnecken in diesem Tuffe gefunden wurden. An dem auf der linken Thalseite verlaufenden Wege 1 steht allerorten der graue Tuff von gewöhnlichem Aussehen an. Nur an der in obiger Zeichnung mit „Schnecken“ bezeichneten Stelle gelang es, unter dem Rasen einen Block anders aussehenden gelben Tuffes hervorzuholen, in welchem die Versteinerungen sassen. (S. später „Das Alter der Tuffe“.) ! Die Leute nennen es auch Hundeloch. Jahreshefte d. Vereins f, vaterl, Naturkunde in Württ, 1394, 45 oO 2% N. u» < Ninsenberg “Ausz Zdehnung. x ’ des Maars ! nachder. x N Maar süddl.von Hen gen Fig.t. NW. Linsenberg —_—= > Wasserriss I Se deigerloch = Thal Rz ischbach.. Re Ihal ee = ei tree: = Immer sProfil im Maar südl. von Hengen Fig.2 N.O; ’ { Y ; WEG WelSchult. 6; ArAle a 2'es Profilim südlichen Teil desMaares v.Hengen Fig3. oc Man befindet sich an dieser Stelle unten im Thale, während das gewöhnliche, versteinerungslose, vulkanische Gestein, ‚wie das Profil SW.—NO. Fig. 3 zeigt, sich bis auf die Höhe hinauf erstreckt, Es war daher mehr als wahrscheinlich, dass es sich nur um ein ver- stürztes Stück handeln konnte, welches sich im anstehenden Zu- stande einst hoch oben befand. Wie bei der Betrachtung des Rand- ecker Maares (No. 39) dargethan wird, können sich die im Wasser geschichteten und eventuell versteinerungsführenden Tuffe unseres Gebietes nur in den obersten Horizonten der Tuffsäulen befinden, von welchen die Ausbruchskanäle erfüllt werden. Im vorliegenden Falle ist das Thal 1 überhaupt erst später in diese Tuffsäule ein- gefurcht worden. Wie sollte also inmitten und in der Tiefe dieser aus gewöhnlichem grauen Tuffe bestehenden Tuffsäule sich jener gelbe versteinerungsführende abgesetzt haben können? Das ist ganz undenkbar. Oben auf der Höhe müssen irgendwo diese wenig mächtigen versteinerungsführenden Schichten angestanden haben. Von dort aus wird mit der Thalbildung das Stück in die Tiefe ge- langt sein. Wäre dem nicht so, dann müsste ja an diesem Wege nicht nur an dieser einen Stelle, sondern auch an den anderen zahl- reichen Aufschlusspunkten versteinerungsführender Tuff anstehen. Wenn wir nun sahen, dass erstens der vulkanische Tuff sich von der Höhe des Berges bis auf die heutige Thalsohle hinabzieht und dass zweitens schneckenführende Schichten auftreten, so werden wir mit Sicherheit schliessen dürfen: Hier ist das einstige Vorhanden- sein eines Maares erwiesen, dessen Kessel jetzt zerstört, dessen in die Tiefe führender tufferfüllter Ausbruchskanal jetzt angeschnitten und von einem Thale durchfurcht vor uns liegt. Wie man sieht, fällt dieses Maar bereits etwas aus dem Rahmen der oben auf der Alb liegenden und höchst mangelhaft aufgeschlos- senen Maare heraus und bildet den Übergang zu den am Steilrande der Alb deutlich angeschnittenen. 16. Das Tuffvorkommen im Hardtburren. Von Wittlingen aus nach SO. findet sich an der Spitze eines von N. nach S. ziehenden Querthälchens des Ermsthales eine Senke, in welcher Quexstenr auf der Karte Tuff angiebt. Die Örtlichkeit ! In Profil 3 sind die östliche und westliche Grenze des Tuffes gegen den Weiss-Jura nur punktiert und mit ? angegeben. Der Tuff dehnt sich offenbar noch weiter, besonders nach NO. bergaufwärts, aus; doch liess sich das z. Z. nicht nachweisen. 45* a heisst „im Hardtbrunnen“ und liegt etwa 1'/, km von Wittlingen entfernt. Ich fand anstehend dort keinen Tuff, QuEnsteot erwähnt auch in der Beschreibung von Blatt Urach diese Stelle nicht. Ich vermag daher nichts Näheres auszusagen. 17. Das Tuff-Maar von Gruorn. Das Dorf Gruorm liegt etwa 5 km ostsüdöstlich von Wittlingen (No. 14) im Gebiete des Weiss-Jura 2 Wenn auch an eine im & liegende £-Mulde grenzend, so ist das Dorf doch keineswegs in einer Senke gelegen. Vielmehr steht der nördliche Teil desselben auf einer kleinen, entschieden aus Weiss-Jura & bestehenden Anhöhe. Der auf der Karte dort eingezeichnete Tuff ist also entschieden nicht vorhanden. Der südliche Teil des Dorfes dagegen dacht sich nach S. ab. Hier könnte Tuff anstehen, denn dieser Teil besitzt, im Gegensatz zu dem nördlichen, Quellbrunnen, welche 20—28 Fuss tief sind und stets Wasser haben. Die eingegangenen Erkundigungen ergaben freilich nur die Auskunft, dass Lettenboden in der Tiefe anstehe. Quensteor berichtet indessen mit wenigen Worten von Gruorn, dass im Dorfe Tuff vorhanden sei. Wir stehen mithin sicher auch hier auf dem Boden eines ehemaligen Maares, dessen Kessel jetzt völlig abgetragen ist. 18. Das Tuff-Maar am Hengbrunnen, nördlich von Gruorn. (Quenstevot erwähnt kurz „im Hengbrunn am Wege (von Gruom) nach Aglishardt einen mit viel Epsilongestein gemischten Basalttuff“. Er zeichnet auf der Karte diese Stelle dort ein, wo der nach Aglishardt führende Weg sich anschickt, in das hart süd- lich dieses Dorfes gelegene, tiefeingeschnittene Katzenthal hinabzu- steigen. In dieser Örtlichkeit steht indessen ganz sicher nirgends Tuff an; vielmehr schneidet der Weg überall deutlich in den Weiss- Jura & ein, Bei der Einzeichnung muss daher eine Verwechselung entstanden sein. Dieselbe lässt sich um so leichter lösen, als sich der Hengbrunn gar nicht an dieser Stelle, nahe Aglishardt, son- dern viel näher an Gruorn heran befindet. Etwa 1 km nördlich von letzterem Orte zieht sich, hart am Wege nach Aglishardt be- ginnend, ein breites flaches Thal nach O., welches in das Katzen- thal mündet. In dieser flachen Senke liegt der Hengbrunn. Das Erscheinen von Wasser hier im & ist bereits verdächtig. Aber wie so oft in Senken, so ist auch in dieser von den Rändern her der Ver- witterungsboden des Weiss-Jura in dieselbe hinabgespült und verhüllt — 109 — das wirklich Anstehende. Dennoch liess N jan di sich nahe an dem genannten Wege von Gruorn nach Aglishardt, an der mit x be- ba zeichneten Stelle der nebenstehenden Skizze, unter diesem Boden ein solcher von tuf- figer Beschaffenheit erkennen. Auch die Bodengestaltung erinnert hier an den U AST. PERL ZN Überrest eines Maarkessels, dessen west- N licher Rand sich in dem breiten Beginn Gruorn dieses Thales, hart am Wege, noch er- Fig.4 kennen lässt; wogegen der östliche Rand durchbrochen ist, so dass sich der einstige Kessel hier in das Thal öffnet. Wenn man von Urach aus, im Thale der Erms aufwärts wan- dernd, Seeburg erreicht hat und nun seine Schritte auf der nach Münsingen führenden Steige südwärts richtet, so tritt man mit dem Erreichen der Albhochfläche in das Innere der grossen Weiss-Jura £-Mulde ein, in welcher die Stadt Münsingen liegt. Diese Mulde ist eimgesenkt in die aus &-Kalken bestehende Hochfläche. Sicher wird hier { zu & ganz in demselben Verhältnisse stehen, in welchem sich die im Innern eines Atolls abgelagerten Schichten zu dem ringförmigen sie einschliessenden Korallenriffe be- finden. Allein von einem Atoll wird Man hier deswegen nicht reden dürfen, weil die einstigen Korallenriffe, das &, durchaus nicht einen die Lagune umgebenden Ring bilden. Diese &-Korallenriffe sind vielmehr in Gestalt einer weit ausgedehnten Hochfläche entwickelt; und in diese sind einzelne Lagunen, mit [-Schichten ausgepolstert, eingesenkt. So hier die drei von OÖ. nach W. nebeneinander liegenden Ü-Lagunen von Münsingen, Gächingen und Ohnastetten. Die Verhältnisse sind hier also doch wesentlich andere wie bei den Atolls; nicht daher von solchen, sondern nur von Lagunen wird man in diesem Falle reden dürfen. In und um diese Lagunen herum liegt nun eine ganze An- zahl von Maaren: In der Lagune von Münsingen befindet sich ganz am Rande derselben dasjenige von Auingen. Dagegen liegen bereits auf der Höhe des diese Ö-Lagunen umgebenden s-Riffes die drei Maare von Apfelstetten (im S.), vom Hofbrunnen (im N.) und von Dottingen (im W.); dazu die Basaltmasse des Eisen- rüttel (im .W.). Letztere beide treten bereits auf dem schmalen — 10.’ rückenartigen Riffe auf, durch welches die Münsinger Lagune von der Gächinger geschieden wird. Diese letztgenannte weist keine Maare auf; nur auf ihrer nördlichen Riffumwallung liegt dasjenige von Sirchingen. Wohl aber finden sich in der westlich daran gren- zenden £-Lagune von Ohnastetten zwei Maare: dasjenige von Ohna- stetten und ein namenloses. Auf der Höhe des dieselbe im N. be- grenzenden Riffes endlich das Maar von Würtingen. Diese Maare wollen wir jetzt der Reihe nach betrachten. 19. Das Tuff-Maar von Auingen. Dieses Dorf liegt ganz an dem SO.-Rande der Münsinger La- gune, 2 km östlich von Münsingen. Die Karte giebt Basalttuff ım Bereiche des ganzen Dorfes an und QuENnsTEDT sagt nur die kurzen Worte: „Auingen.... hat zwar Wasser im Basalttuff, aber derselbe ist so stark mit jüngeren Jurakalken, hauptsächlich [-Platten, über- laden, dass er selbst dem aufmerksamen Beobachter entgeht.“ Diese Mitteilung stützt sich jedenfalls auf Beobachtungen des Auswurfes damals ausgehobener Brunnen. Anstehend ist nirgends Tuff im Dorfe zu finden; auch macht das O.- und W.-Ende des letzteren ganz den Eindruck, als wenn dasselbe auf anstehendem Weiss-Jura läge, so dass nur der mittlere Teil auf Tuff erbaut wäre. Doch mag das ja, wie Quexsteor’s Worte andeuten, täuschen. Irgend eine kesselartige Vertiefung ist an dieser Stelle nicht zu beobachten. Vielmehr steht die Örtlichkeit nach N. hin mit der grossen [-Lagune in offenem und allseitigem Zusammenhange. Trotz- dem liegt sicher, nach Analogie mit den anderen, auch hier ein einstiges Maar vor, dessen Kessel jetzt gänzlich zerstört ist. 20. Das Tuff-Maar mit dem Hofbrunnen, OÖ. von Seeburg. Wenn man das Randecker Maar No. 39 wegen seiner schönen kesselförmigen Gestalt mit Recht als die Perle in unserem gewal- tigen Gebiete einstiger Maare bezeichnen kann, so möchte man ge- neigt sein, dem hier in Rede stehenden Maare mit dem Hofbrunnen einen ebenso hohen Wert zuzusprechen. Wie jenes, so erscheint uns auch dieses als eine tiefe, wenn auch nicht im gleichen Maasse umfangreiche Einsenkung in die Hochfläche der Alb. Ja, das Maar mit dem Hofbrunnen erscheint durch seine unten spitz zulaufende trichterförmige Gestalt womöglich noch typischer als dasjenige von Randeck, welches mehr kesselförmig gestaltet ist. Und doch ist dieses scheinbar so vollkommene Maar, wenn ich so sagen darf, eine falsche Perle; denn der tiefe Trichter, welchen es uns darbietet, ist nicht seine ursprüngliche Gestalt, sondern nur eine durch spätere Erosion sekundär erworbene. Gegenwärtig ist dieser Erosionstrichter in die aus Weiss-Jura & gebildete Hochfläche eingesenkt. Dass aber der ursprüngliche Trichter — falls er überhaupt vorhanden war, d.h. falls das Maar nicht bis an den oberen Rand mit Tuff erfüllt war — höher lag, dass er also in dem nun abgetragenen Weiss-Jura { ausgesprengt war, dies geht hervor aus zwei verschiedenen Thatsachen. Einmal nämlich finden sich in dem Tuffe, welcher an der 8.- und der O.-Seite des Maares hoch oben fast in gleicher Höhe mit der &-Hochfläche liegt, Stücke von Weiss-Jura £: ein Beweis, dass dieser einst hier vorhanden war. Zweitens aber erfüllt der Tuff nicht nur den Boden des Trich- ters, sondern er zieht sich, wie soeben gesagt, an der S.- und W.-Seite fast bis oben hinauf. Wenn das nun lediglich ein dünnerer Belag von Tuff auf den Wänden des Trichters wäre, so könnte man immer noch glauben, dass dieses doch die ursprüngliche Bildung wäre; denn die Innenwand von Maaren ist nicht selten mit einer Decke solcher Auswurfsmassen belegt. Allein namentlich an der SO.- und O.-Seite ist dieser vermeintliche Belag so dick, dass man notwendig annehmen muss, der Tuff habe den heutigen Trichter ehemals ungefähr bis zu der Höhe der jetzigen Hochfläche vollständig ausgefüllt, und die jetzt auf der S.-, W.- und zum Teil auch N.- Wand lagernden Tuffe seien nur die letzten Reste dieser einstigen Füllmasse. Dass diese Annahme das Richtige trifft, wird aber zweifellos bewiesen durch eine dritte Thatsache. Ausser dem Tuffe findet sich nämlich in diesem Maare auch noch Basalt; und dieser lässt sich an der S.-Seite, weın man dem vom Hofbrunnen herabkommenden kleinen Wasserrisse aufwärts nachgeht, fast bis oben auf die Hoch- fläche hinauf verfolgen. Zwar nicht direkt in Form eines festen Basaltganges, sondern nur in derjenigen loser Stücke. Allein die Grösse derselben gestattet keinen Zweifel darüber, dass es sich hier nicht etwa nur um lose Auswürflinge handelt, sondern dass sie der obersten Endigung der Apophyse eines Basaltganges entstammen, dessen Ausgehendes, wie überall ın unserem Gebiete, in kugelähn- liche Stücke zerfällt. Reicht nun aber ein in dem Tuffe aufsetzender Basaltgang hinauf bis fast zur Höhe der jetzigen Hochfläche, so ist damit auch bewiesen, dass der Tuff hier oben unmöglich der ur- sprüngliche dünne Belag der inneren Trichterwand sein kann, welcher aus den lose ausgeworfenen Aschenmassen sich auf diese Wandung herabsenkte. Es wird vielmehr dadurch bewiesen, dass der Tuff hier oben lediglich der letzte Überrest einer, einst den ganzen jetzigen Hohlraum erfüllenden Tuffsäule ist, in welcher der Basaltgang auf- setzte. „*a/ Hofbrunnen 5. Maar mil demHofbrumnen Fig. 43. ‘ Die beistehenden beiden Fig. 4a und 4b sollen das Gesagte und noch zu Sagende erläutern. Fig. 4a giebt den Grundriss des Trichters und die Punkte, an welchen Tuff und Basalt sich bis auf Ehemalige Hochfläche TEN Ursprünglicher en Se Trichter. NE Bäsall a; Fig. 4b. die Höhe hinaufziehen. Fig. 4b erläutert in einem etwas schematisch gehaltenen Profile das oben Ausgeführte.' Ohne weiteres lässt sich aus Fig. 4a in dem nach N. ziehenden Abflussthale die Ursache erkennen, welche die Entstehung der jetzigen Trichtergestalt erzeugte. Ganz wie beim Randecker Maar No. 39, so wurde auch bei diesem die Wandung des Trichters durch eine Abflussrinne eingekerbt. Diese letztere bildet hier eine sehr tiefe und enge, durch den Weiss-Jura hindurchgefressene Schlucht, welche nach längerem Verlaufe in das Ermsthal mündet. Durch diese wur- den die Tuffmassen so lange aus dem Maare herausgeführt, bis der jetzige trichterförmige Hohlraum aus der Tufffüllung des in die Tiefe führenden Ausbruchskanales ausgehöhlt war. Gegenwärtig allerdings führt diese Abflussrinne nur die geringe Wassermenge ab, welche hoch oben an der S.-Seite, dem sogen. Hof- brunnen, entspringt. Der denselben speisende Quell tritt aus dem Tuff und Basalt zu Tage unter den Wurzeln einer alten Buche. Einstmals aber, als die Abflussrinne noch nicht bestand und der Maartrichter noch ringsum geschlossen war, wird sich in letzterem wohl, wie bei vielen unserer Maare, ein Wasserbecken befunden haben. Es werden wohl auch, mindestens zu diluvialer Zeit, die dasselbe speisenden Niederschläge reichlicher gewesen sein als heute. Vielleicht war gleichzeitig auch die Oberflächengestaltung damals eine solche, dass von weiterer Umgebung her die Tagewasser in dieses Becken flossen. Auf solche Weise wird die grössere Wasser- menge im stande gewesen sein, sich diese tiefe Kerbe in den Rand des Maares und die tiefe, an die Kerbe anschliessende Schlucht aus- zunagen. So wurde nach Zerstörung des Maarkessels in der Tuffsäule eine trichterförmige Vertiefung aus- gehöhlt, welche ganz so aussieht, als sei sie ein echter, ursprünglicher Maartrichter von vollendet typischer Gestalt: Ein falsches Maar. Man erreicht dieses Maar von Urach aus am leichtesten, wenn man im Ermsthale aufwärts bis Seeburg wandert. Dort gabelt sich das Thal, indem links das Fischbachthal mündet, welches zum Maare S. von Hengen No. 15 hinführt. Man folgt daher dem nun bald ganz eng, schluchtartig werdenden Ermsthale aufwärts, an den Thal- mühlen vorbei, gegen Trailfingen zu, bis abermals eine Gabelung eintritt, indem linker Hand ein Thal mündet. In dieses letztere biegt man ein und tritt nach kurzer Wanderung durch das enge, in den Rand des Maares geschnittene Thor in den weiten Trichter desselben ein. 21. Das Tuff-Maar von Dottingen. Auf dem, die Lagunen von Münsingen und Gächingen trennen- den e-Riffe liegt das Dorf Dottingen, 5 km westlich von ersterem — na — Orte. Auch hier giebt die Karte für die ganze Ausdehnung des Dorfes Tuff an. Jedoch liegen die Kirche und die von O. nach W. verlaufende Hauptstrasse entschieden auf Weissem Jura & und nur der südlich daran gelegene Dorfteil auf Tuff. In letzterem aber zeigt sich, im Gegensatze zu manchen anderen unserer bereits eingeebneten Maare, ein schöner Kessel, eingesenkt in Weiss-Jura a. Diese trichterförmige Bildung erstreckt sich nach S. hin noch über den Umfang des Dorfes hinaus. An seiner tiefsten Stelle, am O.-Ende, befindet sich ein laufender Brunnen und ein Wasserbecken (Hülbe), welches stets Wasser enthält. Nach SO. hin ist der Rand des Maarkessels durch einen entwässernden Graben eingekerbt. 22. Das Tuff-Maar von Apfelstetten. Bei Apfelstetten, 5 km südlich von Münsingen, hat die vul- kanische Thätigkeit auf der Alb ihre südlichste Grenze gefunden. Kein anderes Maar liegt so weit gegen S. vorgeschoben wie das- jenige von Apfelstetten. Gleichsam als sollte hier an der S.-Grenze dieser vulkanischen Bildungen noch eine Bestätigung unserer Auffassung derselben als Maare erfolgen, finden wir bei Apfelstetten einen der tiefsten Maar- kessel von allen. Ein enger, an 80 Fuss tiefer Trichter ist ein- gesenkt in den Weiss-Jura e.. Nach SW. hin ist der Rand desselben durch ein Abflussthal durchbrochen, welches in das Heimthal mündet. Tuff ist nirgends anstehend zu finden. Hier kann das nicht überraschen, da der Kessel nach der Bildung desselben sich in ein tertiäres Süsswasserbecken verwandelte, dessen Schichten den Tuff überlagern. Durch Brunnengrabungen sind sie bereits früher geför- dert worden, und auch zur Zeit meiner Anwesenheit waren sie in einem neu angelesten Brunnen ausgehoben. Die Anwesenheit von Tuff unter diesen Süsswasserschichten ist jedoch einmal durch das Vorhandensein von Wasser mitten im Weiss-Jura &, sodann durch Erfunde von Glimmer und Magneteisen nachgewiesen, welche Hır- DENBRAND im Schutte von Kellern und Brunnen fand. 23. Das Tuff-Maar von Sirchingen. Im Norden der Gächinger [-Lagune, 10 km nordwestlich von Münsingen, liegt das Dorf Sirchingen auf Weiss-Jura &. Keinerlei Muldenbildung verrät das Dasein eines einstigen Maares. Der Boden ist etwas wellig, nach NO. hin ein wenig abgedacht. Nirgends sieht man Tuff anstehen. ara — Es haben jedoch die Brunnenschächte, namentlich in der Nähe der Kirche und des Schulhauses, Tuff gefördert. Dabei sind auch, wie QuEnsTEpDT berichtet, tertiäre Süsswasserschnecken zu Tage ge- kommen. Durch diese wird bewiesen, dass an dieser jetzt flachen, eingeebneten, abrasierten Stelle sich früher ein kesselförmiges Maar befand, welches in tertiärer Zeit in ein Süsswasserbecken verwandelt wurde; genau wie bei dem Maare S. von Hengen No. 15 und anderen. Die, Lage des Dorfes Sirchingen ist von Interesse deswegen, weil die europäische Wasserscheide mitten durch dasselbe hindurch- geht. Bei einzelnen Häusern fliessen, wie QuEnsTEpT hervorhebt, die Regenwässer von den beiden Seiten des Daches zur Donau und dem Rhein, zum Schwarzen Meere und zur Nordsee. 24. Das Tuff-Maar von Ohnastetten. Wie bei Sirchingen, so ist auch bei Ohnastetten, 15 km west- nordwestlich von Münsingen, keine Kesselbildung mehr erhalten. Der nördliche Teil des Dorfes liegt hoch; das Gelände schliesst sich hier ganz an die [-Fläche.an. Nach S. hin aber dacht die Dorf- stelle sich ab. Ich habe nichts von anstehendem Tuffe finden können, auch keine losen Stücke im Dorfe gesehen. Quenstenr berichtet jedoch, dass der Basalttuff bei Brunnengrabungen im ganzen süd- lichen Teil des Dorfes nachgewiesen sei, sowie auch, dass das (da- malige) äusserste, gegen Holzelfingen zu gelegene Haus des Dorfes auf Tuff stehe. 25. Das Tuff-Maar von Würtingen. Im NNO. von Ohnastetten liegt, gut 2 km entfernt, das Dorf Würtingen. Dasselbe ist gleichfalls auf dem Boden eines Maares erbaut, welches eingesprengt war in die aus &-Kalk bestehende Nord- wand der Lagune von Öhnastetten. Die einstige Oberflächengestal- tung ist jetzt aber verändert; denn der Boden der heute vorhandenen grossen Vertiefung, welche sich hier im Weiss-Jura & befindet, dürfte schwerlich ganz mit Tuff erfüllt sein. Vielmehr scheint dieselbe durch die Erosion erst später entstanden, oder doch aus einer späteren Erweiterung des ursprünglichen Maarkessels hervorgegangen zu sein. Wie umgestaltend hier die Erosion gewirkt hat, geht auch daraus hervor, dass der Tuff zum Teil in Form eines Buckels emporrast. Er steht in der von S. nach N. laufenden Strasse des Dorfes an. Wäre wirklich die ganze Vertiefung mit Tuff erfüllt, was sich nur ee durch Bohrungen feststellen liesse, so läge hier ein recht grosses Maar vor. 26. Der Tuffpunkt zwischen Würtingen und Ohnastetten. Die Weiss-Jura {-Lagune von Öhnastetten sendet zwischen dieses Dorf und Würtingen einen zungenförmigen Fortsatz hinein, welcher dann in ein nach NW. ziehendes Erosionsthal übergeht. Von anstehendem Tuffe konnte ich hier nichts finden. Auch Quexsteor sagt nur, dass im Untergrunde des Ackers der sogen. Leinhalde „im selben Lehm ein etwas dunkler Thon mit grünlich-grauen, roten und weissen Punkten, verwitterten Kügelchen, aber ohne eine Spur von Bohnerz“ liege. „Grössere steinmarkartige Stücke scheinen nichts als verwitterter Granit zu sein, das Ganze muss wohl zum verwitterten Basalttuff gehören.“ Es ist mithin noch nicht sicher bewiesen, dass wirklich Tuff vorliegt. 27. Der ? Tuffgang zwischen Ohnastetten und Gächingen. In einer Einsenkung zwischen zwei Höhen des &-Kalkes liegt hier eine weite, ebene Ackerfläche, welche in die nördliche Fort- setzung des grabenförmigen Lonsinger Thales mündet. Auch hier ist nichts von Tuff zu sehen. Wie QuEnsteot jedoch angiebt, hatte nördlich von dem berühmten Lonsinger Hungerbrunnen „1857 ein Bauer Lohr- mann von Lonsingen einen 1'/,—2 Fuss dicken Gang von Basalttuff er- schürft, worin der vulkanische Glimmer und braune Bolus ihm falsche Hoffnung auf Erz gab.“ Danach würde dieses Vorkommen ein ganz besonderes Interesse besitzen, weil hier die Ausfüllung einer nur 1'/, bis 2 Fuss mächtigen Spalte mit Tuff vorliegt, welche — nach Ana- logie mit allen unseren anderen Vorkommen — durch einen selb- ständigen Ausbruch sich vollzog. Man wird sich indessen nicht notwendig vorzystellen haben, dass die Spalte eine so geringe Breite überall besessen haben müsse. Es ist vielmehr sehr viel wahrscheinlicher, dass man hier nur das sich auskeilende Ende emes im übrigen sehr viel breiteren Ganges angefahren hat. Vielleicht handelt es sich auch nur um eine Apo- physe, bezw. um die seitlichen Ausläufer eines grossen weiten Kanales, welcher rundlichen Querschnitt besitzt, also gestaltet ist wie die anderen Kanäle unserer Maare. 28, und 29. Die Tuffi-Maare von Gross- und Klein-Engstingen. Wie ausserordentlich schwer es unter Umständen sein kann, das Vorhandensein von Tuff auf der Alb völlig sicher zu erkennen, = RO, davon liefern den besten Beweis die beiden nahe beieinander liegen- den Maare von Gross- und Klein-Engstingen. Neben dem Maare von Apfelstetten (No. 22) sind diese beiden Maare die südlichst gelegenen der Alb. Sie finden sich etwa 17 km westsüdwestlich von Münsingen, nahe dem Beginn des Honauer Thales. In einer grösseren Weiss-Jura d-Fläche tritt hier eine lang- gestreckte, unregelmässig begrenzte Erosions-Senke auf, inmitten deren die beiden Dörfer liegen. Diese Senke hat in ihrer unregelmässigen Gestalt durchaus nichts einem typischen Maare Ähnliches. Man sträubt sich daher gegen die Annahme, diese ganze Niederung sei mit Tuff erfüllt, sei der Boden eines Maares. Man wird vielmehr wiederum, wie bei dem Maar von Würtigen (No. 25) und anderen, zu der Auffassung einer späteren Erweiterung durch die Erosion gedrängt. Die beiden Maar- kessel sind danach, indem die Erosion zunächst ihre Ränder zer- schnitt, zu einem einzigen zusammengeflossen, während sich zugleich ihr Umkreis immer mehr erweiterte. Wie der jetzt begonnene Bau der Bahnstrecke Honau— Münsingen aufschliesst, ist — mindestens die Gegend nordwestlich von Klein- Engstingen und die des Dorfes selbst — mit einer 1—3 Fuss mäch- tigen Schicht schwarzer Erde bedeckt; nördlich des Dorfes wurde auch Bohnerz von der Bahnstrecke durchfahren. Nach den von mir im Dorfe gesammelten Nachrichten sind die Brunnen 15—20 Fuss tief; sie sollen unter jener schwarzen Schicht gelbe Letten mit Stücken von Weiss-Jurasteinen ergeben haben. Genau dieselbe Aus- kunft erhielt ich in Gross-Engstingen, in welchem die Brunnen auf 12—14 Fuss Tiefe angegeben werden. Tuff wollte niemand ge- funden haben. Man möchte danach annehmen, dass diese Niederung von einer mindestens bis zu 20 Fuss mächtigen Lehmmasse mit Weiss-Jura- brocken bedeckt ist, auf welcher sich später ein alluvialer schwarzer Boden bildete. Diese Senke ist sumpfig; daher erklärt sich der schwarze Boden, welcher zuoberst liegt; namentlich wird sie das in prähistorischer Zeit gewesen sein. Der bis zu 20 Fuss mächtige Lehm mit Weiss-Jurabrocken unter dieser schwarzen Erde ist wohl nur aus dem Verwitterungsschutt hervorgegangen, welcher bei der Abtragung der Kesselränder von diesen in den Kessel hinabgespült wurde. Das Vorhandensein einer sumpfigen und quelligen Gegend spricht hier im Gebiete des Weiss-Jura Öd allein schon für das Dasein des —. N18 — Tuffes unter dem Lehm, freilich könnte immerhin eine sehr mächtige Lehmdecke auch das Entstehen von Quellen begünstigen. Es ist daher von entscheidender Wichtigkeit, dass bereits ScHÜBLER die ver- witterten Erdmassen geschlämmt und dabei Glimmer, Tuffbrocken und zersetzte Granitstücke gefunden hat. Dieselben befinden sich in der Tübinger Sammlung und weisen zweifellos auf Tuff hin. Man vermag jedoch nicht zu erkennen, ob es sich hierbei um Auswurfsmassen von Brunnen handelt, welche sich unterhalb des gelben Lehmes fanden; oder ob letzterer gar nicht überall unter der schwarzen Erde liegt, so dass die betreffende untersuchte schwarze Erde schon an der Oberfläche das Verwitterungsprodukt des Tuffes darstellen würde. Wie dem auch sei, das Vorhandensein von Tuff in der Tiefe ist durch jene Schlämmanalyse ScHüBLEr’s erwiesen. In Klein-Engstingen befindet sich eine kohlensaure Quelle. Ic. Die auf der Hochfläche von Blatt Kirchheim u. T. gelegenen Maare. Die Hochfläche der Alb ragt im Bereiche des Blattes Kirch- heim u. T. nur in die südöstlichste Ecke mit zwei Ausläufern bezw. Halbinseln hinein. Die eine, zwischen dem Neuffener Steinachthale im W. und dem Kirchheimer Lauterthale im O., trägt drei Maare: zwei bei Erkenbrechtsweiler und eines westsüdwestlich von diesem Orte. Die andere Halbinsel zwischen dem genannten Kirchheimer Lauterthale im W. und dem Lindachthale im O. bietet uns fünf bezw. sechs Maare; bei der Diepoldsburg und dem Engelhof. So- dann ein Punkt südöstlich des letzteren; ferner bei der Teckburg, in der Torfgrube und endlich das bekannteste von allen, das grosse Randecker Maar. In diesem Abschnitte sollen jedoch nur die vier letztgenannten besprochen werden; die beiden erstgenannten dagegen im nächsten Abschnitte unter den „am Steilrande der Alb auf- geschlossenen“. 30. und 31. Die beiden Tuff-Maare bei Erkenbrechtsweiler. Ungefähr 8 km nordnordöstlich von Urach liegt, ganz nahe dem dortigen Nordrande der Alb, auf Weiss-Jura d das Dorf Erken- brechtsweiler. Auf Blatt Kirchheim der geognostischen Karte von Württemberg sind nun im Dorfe zwei langgestreckte, von NW. nach SO. streichende Tuffgänge eingezeichnet. Auch deutet DEFFNER in den Begleitworten! an, dass sich genau im Streichen dieser Gänge südostwärts eine Fortsetzung derselben in Form einer langgestreckten ! Auf S. 30 unter No. 25 und 8. 33 unter No. 29. NE Senke oben auf der Hochfläche bemerkbar mache!, welche auf die Tuffnadel des Conradsfelsen zulaufe. Wir würden auf solche Weise eine mit Tuff erfüllte schmale Spalte von 2'/,—3°/, km Länge erhalten, wie das Fig. 5 anzeigt. Ich kann mich weder mit der ersteren noch mit der letzteren Auffassung befreunden. Bezüglich der ersteren glaube ich, dass Drrrner hier ebenso irrtümlicherweise langgestreckte Spalten an- genommen, also Gänge konstruiert hat, wie er das beim Engelhof und der Diepoldsburg (No. 40 und 41), sowie bei Gutenberg (No. 42—45) mit Unrecht gethan hat. Derartig lange schmale Gänge von Tuff kommen in unserem Gebiete bemerkenswerter Weise nur als grösste Ausnahme vor”. Es handelt sich vielmehr fast stets nur um Gänge von rundlichem oder elliptischem Querschnitt, welche aber natürlich bei schrägem Anschnitte länger gestreckt zu sein scheinen. Meiner Ansicht nach liegen uns bei Erkenbrechtsweiler zwei derartige Gänge von elliptischem Querschnitte vor, d. h. die in die Tiefe führenden Kanäle zweier Maare, deren Kessel bereits zum grössten Teile abgetragen sind. Als solche habe ich dieselben denn auch in die dieser Arbeit beigegebene Karte eingezeichnet. 30. Das Tuff-Maar im Dorfe Erkenbrechtsweiler. Nähert man sich Erkenbrechtsweiler von NO. her auf der von Beuren bezw. Owen dorthin führenden Strasse, so hat man gleich bei den ersten Häusern nicht etwa einen von NW. nach SO. ziehen- den langen Gang vor sich, sondern ein kleines, flaches, ovales Becken, welches gerade umgekehrt ein wenig von NNO. nach SSW. gestreckt ist. Infolge der die Aussicht hindernden Häuser, ist das natürlich erst nach einigem Absuchen zu erkennen. Allein man kann die Umgrenzung dieses Beckens verfolgen an den dasselbe umgürtenden niedrigen Höhen von Weiss-Jura d, in welchen das Becken eingesenkt ist. Letzteres stellt sich also dar als der letzte Überrest eines einst tieferen Maarkessels. Ein Teil der Umwallung verläuft parallel mit der Hauptdorfstrasse. Hart hinter den an der nordwestlichen Seite derselben stehenden Häusern ist sie zu erkennen und lässt sich bis an die rechtwinkelig nach NW. abbiegende zweite Dorfstrasse verfolgen. Auf der linken, südöstlichen Seite der Hauptdorfstrasse tritt die ! Zwischen Hardt im O. und Nellenbühl im W. verlaufend. ? So südöstlich von Böttingen No. 3. Vergl. auch bei Hülben No. 12 und bei Ohnastetten No. 27, bei welchen beiden Orten möglicherweise Derartiges auf- ‘ treten könnte. Z7 D > GG ul, ED /j 7 5; Y IH Ss ZI N; tan Zn hr (fr WER 2 WEHT; * [7 SV Hardt —, Nellenbtikl , ZZ 2, HE 67 _— 6 77 N N S= EAN; N IQ II 7,0 TI (una N Sterrrenh Diebeiden GängebeiBrKenbrechlsweiler Vergrö js.Karlenbild. d. geolog.K.v. Witrrttemberg Fig.>. RI N Brunneg“ / 5 Pin, Sn A117 a ErKenbrechlsweiler ”,2 2 Nellenkuhl a BE ft LLTTTES SUN, IRRE.) > Berghau Diebeiden Maarebei ErKenbrechtsweiler Fig.6. I hit, 7 Sterrenberg — Weiss-Jura-Umrandung weiter von den Häusern zurück und wird dort zugleich noch niedriger. Doch lässt sie sich bis zur Vereinigung mit jener nordwestlichen Umrandung verfolgen, wie das aus der folgenden Fig. 6 ersichtlich ist, welcher zum Vergleich das Bild der geologischen Karte von Württemberg in Fig. 5 gegenüber- gestellt ist. Es fragt sich nun, ob sich die Erfüllung dieses Beckens mit Tuff erweisen lässt. Gleich bei den äussersten Häusern ist dies möglich. Nach den im Dorfe von mir eingezogenen Nachrichten hat sich in den Kellern der ersten drei Häuser an der SO.-Seite der Strasse Tuff gefunden‘. Auf der gegenüberliegenden, nordwest- lichen Seite der Strasse hat sich der Tuff in den Kellern der ersten vier Häuser gefunden. Auf einer Längserstreckung von 150 Schritt lässt sich also das vulkanische Gestein zu beiden Seiten der Strasse verfolgen. Ob nun auch noch weiter gegen SW., im Innern des Beckens, Tuff ansteht, konnte ich nicht erfahren?. Nach der Ober- flächengestaltung aber ist das wahrscheinlich. 31. Das Tuff-Maar nördlich des Dorfes Erkenbrechtsweiler. Wenn man, von Beuren auf der Chaussee kommend, das Dorf Erkenbrechtsweiler betreten hat und auf der Dorfstrasse gegen SW. weiter wandert, so biegt, nahe der Kirche, rechts eine zweite Dorf- strasse ab. Verfolgt man diese bis an die Wasserhülbe, d. h. bis an den Punkt, an welchem diese Strasse anzusteigen beginnt, so führt hier rechts ein Weg nach NO. ab. Derselbe geht tief ein- geschnitten, stark bergab zu einer Quelle und weiter abwärts. Auf der ganzen Strecke von der Wasserhülbe bis hinab zu der Quelle durchschneidet dieser Weg den Tuff; d. h. er läuft mitten durch den Maarkessel, welcher wie der im Dorfe gelegene etwas lang- gestreckt ist und zwar fast von S. nach N. Was nun die Umrandung dieses Maarkessels anbelangt, so macht sich dieselbe im SW., S. und O. sehr deutlich bemerkbar in Gestalt der Weiss-Jura d-Höhen, welche sich ostwärts bis zum Dorfe hinziehen, auf solche Weise dieses Maar von dem im Dorfe ge- ! Bei Hausmann erstes Haus, Karl Dietrich zweites Haus, nochmals Karl Dietrich drittes Haus. ® Hinter Karl Dietrich, also im vierten Hause an der SO.-Seite der Dort- strasse, soll Bohnerz im Keller gefunden sein. Da Bohnerz sehr häufig in den Tuffen vorkommt, so wäre dies noch durchaus kein Beweis gegen das Vorhanden- sein von Tuff. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 46 m ee legenen trennend. Auch auf der W.-Seite findet sich anfänglich” noch Weiss-Jura als Umrandung des Maares. Weiterhin aber fehlt eine solche aus dem Grunde, weil hier das Maar bereits am Steil- abfalle der Alb liegt, also von diesem, bezw. von dem von Beuren heraufziehenden Thale seitlich angeschnitten wird. Von Schichtung habe ich hier nichts im Tuffe bemerken können. DErFNER erwähnt jedoch einer solchen; sie mag also hier und da vorhanden sein. Da wir uns hier in dem obersten Niveau des in die Tiefe hinabsetzenden mit Tuff erfüllten Kanales befinden, d. h. auf dem Boden des Maarkessels, so wäre es leicht erklärlich, wenn hier einige Tuffschichten auftreten sollten. Die Maare waren, mindestens zum Teil, in späterer Zeit mit Wasser erfüllt, welches den von den Rändern des Kessels hinabgespülten Tuff auf dem Boden desselben zu Schichten ausbreitete. | Dass nun dieses Maar nach O. hin von dem ersteren im Dorfe durch Weissen Jura getrennt ist, das unterliegt keinem Zweifel. Da- gegen bin ich nicht völlig im Klaren über die Begrenzung desselben an seinem schmalen S.-Ende. Ich vermag auf der mit Häusern besetzten Dorfstrasse und in den hinter diesen, nach W. hin liegen- den Gärten und Feldern nicht sicher zu erkennen, ob der Tuff hier über die Dorfstrasse hinübersetzt, oder wie ich es zeichnete, vor derselben schon endigt. Ohne Bohren wird man hier nicht zu einer sicheren Entscheidung gelangen. Ebensowenig wie ich nach dem Gesagten in diesen beiden Tufi- vorkommen langgestreckte Gänge erblicken kann, ebensowenig ver- mag ich auch Derrner’s Auffassung zu teilen, dass sich diese Gang- spalte gegen SO. als Einsenkung in der Hochfläche bemerkbar mache und auf den Conradsfels weisend fortsetze. Wie die Schattierung auf den obigen Fig. 5 und 6 zeigt, sind zwei in Bogen gekrümmte Thalfurchen vorhanden: die eme am „Sand“ beginnend und von W. nach O. laufend. Die andere nördlich vom Hardtwalde beginnend und gleichfalls, wie jene erstere, in das Thal mündend, welches zwischen Hardt und Sterrenberg spitz in die Hochfläche einschneidet. Die eine wie die andere dieser Thalfurchen sind meines Erachtens nach nur Erosionsbildungen. Wäre namentlich die letztere, welche Derrner im Auge hat, der oberflächliche Ausdruck einer Spalte, dann müsste sich eine solche Spaltenbildung, bezw. ein gegen die Spalte ! Wenn man nämlich bei der Wasser-Hülbe in jenen, das Maar durch- schneidenden Weg einbiegt. ; SL SRTIS EIS stattfindendes Einfallen der Schichten, dort erkennen lassen, wo diese Spalte vom Steilabfalle senkrecht angeschnitten ist. Das müsste also der Fall sein da, wo jene beiden obigen Thalfurchen in das erwähnte, keilförmig in die Hochfläche einschneidende Thal münden. In dieses letztere führt ein Fussweg hinab. Deutlich lassen die Auf- schlüsse an demselben erkennen, dass es sich weder um eine Bruch- linie mit Senkung des einen Flügels handelt; noch um eine solche, welcher von beiden Seiten her die Schichten zufallen (wie wohl D£Errner meinte); noch gar um eine mit Tuff ausgefüllte Spalte. Deutlich müsste man das am Steilrand erkennen können, denn die Spalte müsste hier ausstreichen. Es liest also sicher nur eine durch Wasser ausgefurchte Erosionsrinne vor, nicht aber eine Spalte. Keine dieser Erosionsrinnen setzt auch bis ins Dorf fort, d.h. bis an den dortigen Tuff. Von der letztgenannten zweigt sich aller- dings, ungefähr da, wo sie nach Norden umgebogen ist, eine zum Dorfe führende weitere Erosionsrinne ab. Allein dieselbe erreicht das Dorf gar nicht, sondern endet an der, das Maar dort im S. begrenzenden Weiss-Jura-Umrandung. 32. Das Tuff-Maar an der Viehweide, westlich von Erkenbrechts- weiler. Die geologische Karte von Württemberg verzeichnet an der hier in Rede stehenden Örtlichkeit keinen Tuff. Herr Oberamtsarzt Dr. KAmer£er machte mich jedoch auf dieselbe aufmerksam und sprach die wohl gerechtfertigte Vermutung aus, dass hier Tuff anstehen dürfte. Augenschemlich handelt es sich denn auch um ein Maar, dessen Umwallung fast ringsherum sehr gut erhalten ist. Der be- treffende Punkt liegt an dem von Hülben nach Hohen-Urach, hart am Steilabfalle der Alb hinführenden Fusswege; nahe südlich von dem Triangulationssteine und gut 2 km westsüdwestlich von Graben- stetten. Dort findet sich eine beckenförmige Vertiefung, welche etwa 25 Fuss in den Weiss-Jura d eingesenkt ist, während der Durch- messer 150—180 Schritt beträgt. An der tiefsten Stelle des horizon- talen Becken-Bodens befindet sich abermals eine 30 Schritt breite und 50 Schritt lange Vertiefung, in welcher stets Wasser steht. Die folgende Fig. 7 giebt ein Bild dieser Verhältnisse. Der horizontale Thalboden und die verhältnismässig nicht be- deutende Höhe der Ränder des Beckens erzeugen eine Bildung, welche einem typischen Maartrichter allerdings nicht gleicht. Allein die Ränder sind an vielen unserer Maare sogar gänzlich abgetragen; 46 * NEUN EL ihre geringe Höhe darf also nicht befremden. Der horizontale Thal- boden ist die natürliche Folge der in den Kessel hineingespülten Massen, welche ihn auffüllten. Das Vorhandensein von Wasser aber hier im wasserarmen d ist ein sicherer Beweis für das Dasein des Tuffes in der Tiefe, mithin für die Maarnatur dieses Beckens. Das- selbe steht bereits ganz nahe an dem senkrechten Steilabfalle der = en Quierschnitt durch das Maar zwi schen. Hohen-Neuffen u. Hülben Fig. 7. Alb. Nur noch ein kurzer geologischer Zeitraum und der in die Tiefe führende Ausbruchskanal wird mit seimer Tufffüllung ange- schnitten sein. Gegenwärtig ist nirgends der Tuff zu sehen. 33. Das Tuff-Maar südöstlich vom Engelhof. Gerade östlich von Unter-Lenningen liegt oben auf Weiss-Jura d der Engelhof. Geht man von letzterem auf der nach Ober-Lenningen südwärts führenden Strasse, so gelangt man bereits nach wenigen Minuten noch vor dem Walde an eine Senke, welche von OSO. nach WNW. streichend, den Weg schneidet. In dieser Senke steht unter der Ackerkrume,: östlich dieses Weges, Tuff an. Nach der Ober- flächengestaltung sollte man meinen, dass die ganze Senke von Tuff erfüllt sei, dass man also einen in der genannten Richtung streichen- den Gang von vielleicht '/, km Länge vor sich habe. Indessen ist es sehr fraglich, ob diese breite Rinne in ihrer ganzen Erstreckung Tuff in der Tiefe birgt, oder ob nicht vielmehr Tuff nur am oberen, östlichen Ende auftritt. Dergestalt, dass wir hier ein kleines Maar vor uns hätten, dessen Ränder noch auf der O.-, N.- und S8.-Seite erhalten sind, während der W.-Rand durch Erosion zerstört wurde. Auf der W.-Seite würde dann der Boden des Maarkessels in diese Erosionsfurche übergehen. Ich habe auf der beigegebenen Karte die Dinge in dieser Art dargestellt, also nur ein rundes Maar ein- gezeichnet. Anstehender Tuff findet sich bis jetzt nur am östlichen — 725 — Ende desselben. Die geologische Karte von Württemberg kennt dieses Vorkommen noch nicht. Ich wurde durch den Besitzer des Engelhofes auf dasselbe aufmerksam gemacht. 34. Das ehemalige Tuff-Maar bei der Teckburg. Der Randecker Plateau-Halbinsel entspringt ein langer, nach NW. gerichteter, spornförmiger Ausläufer; ein Analogon desjenigen, welcher an seinem N.-Ende ein anderes einstiges Maar, den heutigen vulkanischen Jusiberg (No. 55), trägt. In genau derselben Weise wie dort, so haben wir nun auch hier am N.-Ende des Spornes eine vulkanische Masse. Am Jusiberg jedoch ist diese bereits an die äusserste Spitze desselben gerückt. Sie hängt daher nur noch an der Rückseite mit diesem zusammen und ist an den drei anderen Seiten bereits aus dem Körper des Weiss-Jura herausgeschält. Hier bei der Teck dagegen ist die vulkanische Masse noch nicht völlig bis an die Spitze des Spornes vorgerückt; sie liegt daher noch rings von dem, wenn auch bereits ganz schmal gewordenen Körper der Alb umschlossen. In, geologisch gesprochen, kurzer Zeit wird aber auch hier der Sporn so weit abgetragen sein, dass der ihn durch- bohrende Tuffgang vorn und an den Seiten freigelegt ist. Dann wird der einzige Unterschied zwischen diesem Gange und dem des Jusi nur noch ein sehr unwesentlicher sein: derjenige der Grösse. Ein Mittelglied zwischen diesen beiden Stadien der Herausschälung ist das Randecker Maar, bei welcher erst die eine nach aussen gelegene Seite entblösst ist, während es mit den drei anderen noch im Körper der Alb steckt. Allerdings ist hier die äussere Ähnlichkeit mit jenen beiden keine so-schlagende, weil das Randecker Maar nicht an der Spitze eines schmalen, sondern an der eines wesentlich breiteren Ausläufers der Alb gelegen ist. Dem inneren Wesen nach aber ist die Sache ganz dieselbe. Ich habe diese Vergleichung der beiden Vorkommen mit dem- jenigen bei der Teckburg der Betrachtung des letzteren vorangeschickt, um dem Leser gleich die richtige Vorstellung von dem Kern der Sache zu geben. Das ist wünschenswert, da unser vulkanisches Vorkommen doch infolge des geringeren Betrages seiner Heraus- schälung aus der Alb so ganz anders aussieht als der Jusiberg und infolge der Abtragung seines Maarkessels auch so ganz anders als das Randecker Maar. Keine Vertiefung wie bei diesem ist vorhanden, sondern umgekehrt eine Erhöhung. Während die Randecker Halbinsel in ihrem südlichen Teile noch —. 020 — Weiss-Jura & und { trägt, ist der nördliche nur noch mit d bedeckt. Auf dem dieser Halbinsel entspringenden, nach N. vorgerückten Sporn ist aber auch bereits der Mittlere Weiss-Jura, bis auf einen kleinen von der Teckburg gekrönten Überrest verschwunden. Nur « und £ beteiligen sich noch am Aufbau desselben. Wenn man diese Höhe der alten Teckburg verlässt und nach Norden hinabsteigt, so gelangt man schnell durch y in das obere 3, welches hart an dem nach Bissingen führenden Wege in wagerechten Schichten ansteht. Wir folgen diesem Wege jedoch nicht, sondern überschreiten den gegen Owen führenden Weg, welcher quer über den Sporn, also von O. nach W. an der Schutzhütte vorbeiläuft. Sofort steigt jenseits dieses Weges abermals der Rücken des Spornes an, um einen in SN.-Richtung langgestreckten Wulst zu bilden. An Stelle des Buchenwaldes, der uns bisher begleitete, tritt plötzlich Nadelholz: ein sicheres Zeichen, dass der Untergrund ein anderer ae! Querschnitt durch den Teck-Sporn, Fig. 2. geworden ist, dass hier also Tuff ansteht, wenn derselbe auch durch Weiss-Juraschutt verhüllt ist. Ein eigentlicher Aufschluss fehlt; es zeigen sich jedoch Fuchs- löcher. Das ist ebenfalls verdächtig, da diese natürlich in dem harten #-Kalk, in dessen Niveau wir uns hier befinden, nicht ge- graben sein könnten. Untersucht man daher den Auswurf, so findet sich denn auch zu Tage geförderter Tuff. Nun beachte man die folgende Lagerung: Wir stehen oben auf einem verhältnismässig schmalen Wulst und finden anstehenden Tuff. Zur Rechten wie zur Linken in etwas tieferem Niveau haben wir aber anstehenden Weiss-Jura 5, welcher die Flanken des Wulstes bildet, wie das der obige ostwestliche Querschnitt zeigt. Wie soll man eine solche Lagerung deuten? Der Tuff könnte dem 8 aufgelagert sein. Aber welche Kraft sollte ihn hier oben auf den schmalen Grat gebracht haben und wann soll das geschehen sein? Wasser oder Eis können das, wie wir sahen, nicht gethan haben. Es könnte also höchstens der Aschenauswurf eines benach- barten Vulkanes, des Randecker Maares, vorliegen. Dieser erfolgte zu mittelmiocäner Zeit. In dieser Zeit aber waren sicher von dieser vorderen Spitze des Spornes das d und y noch nicht abgetragen, denn noch heute erheben sich beide Stufen hart hinter dem Tuffe im Süden desselben. Zur Zeit des Ausbruches erstreckten sie sich also zweifelsohne weiter nach Norden. Wäre mithin damals der Tuff vom Randecker Maar her auf diese Stelle geworfen worden, so müsste er auf d liegen, nicht aber auf dem damals noch gar nicht freigelegten £. Obgleich sich also nichts Näheres als das Gesagte über die Lagerung unserer Tuffmasse beobachten lässt, genügt dies doch um festzustellen, dass eine Auflagerung des Tuffes unmöglich stattfinden kann. Ist dem aber so, dann bleibt nur Einlagerung übrig: Wir haben also einen Tuffgang vor uns, welcher die Alb senkrecht durchsetzt und mit seinem Kopfe in Gestalt eines etwas über seine Umgebung erhabenen Wulstes aus ß herausschaut. Aber ich sprach in der Überschrift von einem Maare bei der Teckburg. Von einem typischen Maare ist nun allerdings hier nicht das Mindeste zu sehen, denn alle Eigen- schaften, durch welche ein solches gekennzeichnet ist, fehlen. Und doch war sicher einst an dieser Stelle ein Maar, der Kessel eingesprengt in y und 6, vielleicht auch &. Dieser Kessel ist jetzt völlig abgetragen, nun ragt der tufferfüllte Ausbruchskanal bereits als Eı- höhung in die Luft. Darin liegt das sehr Bemerkens- werte dieses sonst so völlig unscheinbaren, aufschluss- losen Vorkommens. Läge dasselbe unten im Vorlande der Alb, so würde ich wenig Aufhebens von demselben machen. Dort finden wir in grosser An- zahl derartige Tuffgänge, welche wulst- oder kegelförmig emporragen und einst oben, als dort die Alb noch stand, auf dem Boden eines Maarkessels mündeten. Aber hier oben auf der Alb finden wir der Regel nach noch Vertiefungen: Entweder wohlerhaltene Maarkessel wie den von Randeck, oder halbzerstörte mit durchfurchten Kessel- wandungen, oder auch ganz abgetragene bezw. eingeebnete Kessel. Aber das gehört zu den grossen Seltenheiten auf der Alb, dass nun nicht nur die Kesselwandung ' völlig abgetragen ist, sondern dass auch das Nebengestein des Maarganges bereits abgeschält wird, so — 1728 — dass der Kopf desselben herausschaut. Den Beginn eimes solchen Vorganges sehen wir allerdings auch in den Maaren von Würtingen und Böhringen (No. 25 und 9). Dort bildet der Tuff ebenfalls bereits, wenn auch nur von einer Seite her, eine kleine Erhöhung. Aber diese Verhältnisse sind doch dort mehr verschleiert, weil ein Dorf die Stelle deckt. Ich kehre zu dem durch die Fuchslöcher verursachten Auf- schlusse in unserem Tuffgange zurück. An dieser Stelle, nahe dem nach Owen führenden Querwege, ist sicher Tuff vorhanden. Wie gross aber die Ausdehnung desselben nach N. hin ist, das entzieht sich der Beobachtung. Dichter Wald deckt den Kamm, dichter Weiss-Juraschutt bedeckt den Boden desselben. Liegt überall unter diesem Schutte Tuff, dann muss der Querschnitt des Ganges ein stark ovaler sein. DEFFNER zeichnet denn auch hier einen lang- gestreckten Tuffgang ein und zwar auf Grund des Schuttwalles. Teck-Thurm ' Tu S. ——— Be : = F2>0b.Br). ET a in a er re Se me Zn _ TecKvon Weilheim aus Fig.9 Allein dieser letztere könnte sehr wohl nur ein Erosionsrest des einst hier über dem £ angestandenen y und Ö sein; es braucht keines- wegs daher unter der ganzen Erstreckung des Schuttwalles verborgen zu liegen. Nach Analogie mit unseren anderen Tuffgängen ist das auch gar nicht wahrscheinlich. Ich habe daher in dem hier eingeschalteten Profil angenommen, dass unser Tuffgang nicht so weit nach N. veicht; das entbehrt jedoch der sicheren Begründung und ist An- nahme. Hervorzuheben ist, dass DEFFNER in diesem Tuffe Zirkon ge- funden hat. Um das soeben beschriebene Teckmaar herum liegen noch weitere vulkanische Vorkommen. Man möchte dieselben gern im Zusammenhange mit jenem abhandeln, da sie ihm so nahe liegen. Das ist aber nicht statthaft, da wir hier nur von den oben auf der Hochfläche der Alb gelegenen Maaren sprechen. Bereits das obige Vorkommen bei der Teckburg fällt infolge von Erosion derart aus le ne dem Rahmen dessen, was man Maar nennt, heraus, dass ich mir damit helfen musste, dasselbe als „ehemaliges“ Maar zu bezeichnen. 35. Das Tuff-Maar der Torfgrube bei Ochsenwang. Von dem bekannten Randecker Maar nur durch einen Rücken von Weiss-Jura d getrennt, liegt im S. desselben die „Torfgrube“. Es ist das ein ziemlich ausgedehntes Torfmoor, welches sich in einer Einsenkung gebildet hat. Das Dasein eines Torfmoores auf der Wasser durchlassenden Hochfläche, während gerade ein undurch- lassender Untergrund die Bedingung für das Entstehen des Moores war, muss den Verdacht nahelegen, dass unter dem Torfe vulka- nischer Tuff ansteht. Schon DeErrner bemerkt, dass das dicht be- nachbarte Randecker Maar sich heute genau ebenso in Gestalt eines in flacher Einsenkung gelegenen Torfmoores darstellen würde, wenn in den Rand desselben nicht ein tiefes entwässerndes Erosionsthal eingeschnitten wäre. Dieses verhinderte die allmähliche Auffüllung des Maarkessels durch hinabgespülten Gesteinsschutt und seine Um- wandlung in ein Torfmoor, indem es in gleichem Masse die hinab- gespülten Schuttmassen wieder entfernte und zugleich das Becken entwässerte. In neuerer Zeit hat dann Enorıss auch? nachgewiesen, dass im mittleren Teile des Beckens unter dem Torfe ein Thon ansteht, welcher Magnetit und Glimmer enthält und wohl aus der Zersetzung vulkanischen Tuffes hervorgegangen ist. An verschiedenen anderen Stellen fand Enpriss zweifellosen Tuff”. In dem nördlichen Teile des Beckens hat sich eine Anzahl von Erdfällen gebildet, welche jetzt die Entwässerung des Moores besorgen. Im südlichen Teile geschieht dies durch den Tiefenbach. Beide Teile sind durch einen flachen Rücken voneinander getrennt. Derselbe ist jedoch späterer Entstehung, da unter demselben gleichfalls jener Thon ansteht, so dass wir das Ganze als eine einzige zusammengehörige Einsenkung auffassen müssen. Denkbar wäre es nun ja allerdings, dass der in der Tiefe der ‘ Die vier anderen Vorkommen möchte ich aus praktischen Gründen nicht auseinanderziehen, obgleich zwei derselben entschieden noch am Steilrande der Alb liegen, die beiden anderen jedoch, Hohenbohl und Götzenbrühl, bereits mehr im Vorlande derselben. Ich will sie daher alle unter den im Vorlande der Alb gelegenen abhandeln. ?” Geologie des Randecker Maars und des Schopflocher Riedes. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 41. 1889. S. 83—126. ® Seine Ejektions-Breceie. „Torfgrube“ liegende Tuff bei dem Ausbruche des Randecker Maares . von diesem aus dorthin geschleudert worden wäre. In diesem Falle würde in der „Torfgrube“ keine selbständige Ausbruchsstelle, kein Maar vorliegen. Allein das Dasein einer kesselförmigen Einsenkung, in welcher hier unter dem Torfe der aus Tuff entstandene Thon liegt, macht es von vornherein ungleich wahrscheinlicher, dass wir hier vor einem selbständigen Ausbruchspunkte stehen; wie denn ja auch in vielen anderen Fällen in unserem Gebiete zwei Maare ebenso dicht oder noch näher beieinander liegen. 36. Das Basalt-Maar des Dietenbühl. 37. Das Basalt-Maar des Sternbergs. 38. Das Basalt-Maar des Eisenrüttel. Diese drei ehemaligen Maare sind auf der Hochfläche der Alb gelegen, gehören daher in diese Gruppe I. Da jedoch ihr Ausbruchs- kanal nicht, wie bei allen anderen unserer Maare, mit Tuff, sondern mit Basalt erfüllt ist, so erfolgt ihre Betrachtung besser erst im Verein mit allen anderen Basaltvorkommen. Die, welche unser vulkanisches Gebiet kennen, werden über- rascht sein, wenn ich diese Basalte als ehemalige Maare anspreche. Auch ich habe anfänglich gar nicht daran gedacht. Dann, als sich mir die Vorstellung davon aufdrängte, habe ich mich gegen dieselbe gesträubt, weil ich den Eisenrüttel vor Augen hatte, dessen Basalt- masse nicht im geringsten an ein Maar erinnert. Schliesslich bin ich durch die Logik gezwungen worden, einzusehen, dass es sich hier ebenfalls nur um Maare handelt. Das, was Quenstepnr am Dieten- bühl und Sternberg als Vulkankratere betrachtet, ist nichts Anderes als ein Maar. Am FEisenrüttel aber ist dieser Maarkessel bereits abgetragen, wie das ähnlich bei vielen unserer Tuff-Maare der Fall ist. Die nähere Begründung dieser unabweisbaren Auffassung wird bei der Besprechung der basaltischen Vorkommen erfolgen. U. Die 32 am Steilabfalle und in den Thälern der Alb liegenden, daher aufgeschlossenen Tuff-Maare, bezw. in die Tiefe niedersetzenden Tuffkanäle derselben. Wie bereits früher hervorgehoben, liegt in diesen durch den Steilabfall der Alb angeschnittenen Maaren, bezw. in die Tiefe nieder-. setzenden mit Tuff ‚erfüllten Kanälen derselben, der Schlüssel zur richtigen Deutung der Lagerungsverhältnisse aller unserer Tuffvor- kommen. Vor allen anderen gebührt in dieser Beziehung die Krone dem Randecker Maar. Hier ist die sonst meist zerstörte oder ein- geebnete Kesselbildung nahezu völlig erhalten; es ist ferner der mit Tuff und auch mit Basalt erfüllte Kanal gut aufgeschlossen; sodann kann man den Kontakt der Füllmasse des Kanals mit dem Weiss- Jura sehen: endlich lässt sich vorzüglich die Überlagerung dieser Füllmasse durch die Süsswasserschichten beobachten, welche sich in tertiärer Zeit auf dem Boden des in einen See verwandelten Maar- kessels niederschlugen. Ich beginne daher mit diesem Maare. Vorauszuschicken ist jedoch noch eine Erklärung des Gebietes, welches hier unter dem Begriffe „Steilrand“ zusammengefasst wird. Streng genommen bildet nur der Weisse Jura an der Alb einen Steilrand. Es dürften daher eigentlich nur die im Weiss-Jura an- geschnittenen Tuffkanäle- hier betrachtet werden. Nun reihen sich aber nicht selten an einen solchen Tuffgang, welcher an dem eigent- lichen Weiss-Jura-Steilabfalle angeschnitten ist, in geringer Entfer- nung weitere Tuffgänge an, welche hart am Fusse des eigentlichen Steilrandes, aber schon im Braunen Jura, liegen. Der Versuch, diese dann in einem besonderen Abschnitte zu betrachten, führte daher zu Unnatur; denn es ist unnatürlich z. B. die dicht um die Teck- burg gelegenen Punkte, No. 84, 85, 86, 87, in zwei verschiedenen Abschnitten zu behandeln, also auseinanderzureissen, nur darum, weil sie teils im Weissen, teils schon im Braunen Jura auftreten. Es ist daher hier unter „Steilrand“ nicht nur der eigentliche Steilabfall, sondern auch der aus Braun- Jura gebildete schräg abgeböschte Fuss desselben zu verstehen, soweit sich derselbe in nächster Nähe des ersteren befindet. Alle übrigen, etwas weiter entfernt gelegenen, im Braun-Jura und Lias aufsetzenden Tuffkanäle dagegen werden dann in einem dritten Abschnitte als die „im Vorlande der Alb“ liegenden behandelt werden. Man wird gegen eine solche Gruppierung nicht einwenden dürfen, dass dann unter den „am Steilrande“ gelegenen solche, welche als Bühle aus dem Braun-Jura kegelförmig aufragen, dicht neben solchen behandelt werden, welche, im Weiss-Jura, sich gerade entgegengesetzt, vertieft, verhalten; dass also entgegengesetzte äussere Erscheinungsweisen unserer Tuffgänge dann in einer Abtei- lung zusammengefasst werden. Einmal nämlich ist dieser Gegensatz kein ausnahmsloser: So bildet z. B. der Conradsfels (No. 47), welcher aus Weiss-Jura aufragt, durchaus eine hohe spitze Nadel und keine Vertiefung; während umgekehrt der im Braun-Jura y auf- a re setzende Gang des Götzenbrühl (No. 87) sich kaum durch eine kleine Erhöhung verrät. Zweitens aber wird gerade durch solche Nebeneinanderstellung der benachbarten, unter verschiedener Gestalt im Weiss- und im Braun-Jura aufsetzenden Gänge klar, dass die auffallenden Unterschiede, welche ihre äussere Erscheinungsweise der Regel nach zeigt, nur durch Erosion bedingt sind. Ich gliedere diese am Steilabfalle der Alb liegenden Punkte ihrer Lage nach in drei weitere Abteilungen. Es entspringen näm- lich dem NW.-Rande der Alb in unserem vulkanischen Gebiete drei Halbinseln, welche durch tief nm den NW.-Rand einschneidende Thäler erzeugt und von einander getrennt werden. Dies sind von OÖ. nach W.: Die Randecker Halbinsel, zwischen der Lindach im ©. und der Kirchheimer Lauter im W. gelegen. Zweitens die Erken- brechtsweiler Halbinsel, zwischen der Kirchheimer Lauter und der Erms gelegen. Drittens die St. Johann-Halbinsel, zwischen der Erms und der Echaz. Ich betrachte hier als Halbinsel nicht nur den kleinen gerundeten Vorsprung, sondern das ganze durch die genannten Flüsse herausgeschnittene Stück. In dieser Weise rechne ich als zur Randecker Halbinsel gehörig auch alle im Lauterthale bis ober- halb Gutenberg gelegenen Vorkommen. Ebenso betrachte ich als Erkenbrechtsweiler Halbinsel das ganze Gebiet, welches zwischen dem ebengenannten Gutenberg an der oberen Lauter und Seeburg an der oberen Erms liegt. Es gehören also hierher auch alle östlich und südlich von Urach am Steilabfalle in den Nebenthälern der Erms aufgeschlossenen Punkte. Iia. Die am Steilabfalle und in den Thälern der Alb, auf und an der Randecker Halbinsel gelegenen, daher aufgeschlossenen Tuff-Maare bezw. Maar-Tuffgänge. Ich beginne bei der Schilderung der einzelnen Punkte im 0. der Halbinsel, gehe von da um die N.-Spitze derselben herum und dann auf ihrer W.-Seite gegen S. 39. Das Tuff-Maar von Randeck oder Ochsenwang. Hart am N.-Rande dieser durch Lindach und Lauter heraus- geschnittenen Halbinsel liegt das grösste unserer Maare, zugleich aber auch dasjenige, welches trotz hohen Alters wohl das jugend- lichste Aussehen bewahrt hat, daher den Anblick eines typischen Maares gewährt. Die Ursache dieser Erscheinung mag vielleicht mit durch die besonders grosse Tiefe dieses Maarkessels bedingt sein. Zum überwiegend grösseren Teile aber liegt sie in dem bereits bei ag Besprechung der „Torfgrube“, No. 35, hervorgehobenen Umstande, dass in die hart am Steilabfalle der Alb gelegene Nordwand des Kessels ein sehr tiefes Thal, dasjenige des Zipfelbaches, eingeschnitten ist. Dasselbe zieht sich nach dem nördlich am Fusse der Alb liegenden Dorfe Hepsisau hinab und bildet das Thor, durch welches der Kessel entwässert und zugleich von den in ihn hinabgespülten Schuttmassen reingefegt wurde. Andernfalls würden letztere den- selben mehr und mehr angefüllt haben und die auf seinem Boden anstehenden Tertiärgesteine verhüllen. Das Maar ist 60—80 m tief in die hier wesentlich aus Weiss- Jura d gebildete Hochfläche eingesenkt!'. Der Umriss ist ein kreis- ähnlicher, der Durchmesser etwa 1000 m. Hart am Östrande des Maares liegt das Gut Randeck; in einiger Entfernung vom Westrande das Dorf Ochsenwang. Beide Namen sind zur Bezeichnung des Maares gebräuchlich. Erst nach Veröffentlichung der Arbeit von Enoriss ist ein Weg neu angelegt worden, welcher durch seine vorzüglichen Aufschlüsse einen völlig klaren Einblick in die Lagerungsverhältnisse gewährt. Durch denselben wird das Maar von Randeck nun zum Schlüssel für das Verständnis aller anderen unserer Tuffbildungen. Dieser Weg zerfällt in zwei Teile: Der erste wird durch die neue Steige gebildet, welche von dem am Fusse der Alb gelegenen Dorfe Hepsisau hinauf in das Maar führt. Derselbe tritt in den Kessel des letzteren ein durch die tiefe Scharte, welche sich der denselben entwässernde Zipfelbach in die nördliche Wand des letzteren gesägt hat. Sowie er diesen Engpass durchlaufen hat, beginnt sein zweiter Teil, indem er sich in grossem, nach Osten geöffnetem Bogen durch den Boden des Maarkessels hindurchzieht, um bei dem Guts- hofe Randeck oben auf der Hochfläche der Alb zu münden. Ausser diesem neuen Wege giebt es noch einen alten, steileren, kürzeren, welcher gleichfalls seine Aufschlüsse darbietet. Wir wollen nun zunächst diesem neuen Wege von Hepsisau aufwärts folgen, seine Aufschlüsse kennen lernen und dann aus dem Verhalten dieser uns ein Bild über den Aufbau der Schichten bilden, welche das Maar und den in die Tiefe führenden Kanal desselben * Endriss giebt, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XXXXI. S. 85, nur 60 m, S. 114 dagegen 80 m Tiefe an. Die Berge, welche die Kesselwand bilden, sind verschieden hoch; daher wohl die abweichenden Angaben. Deffner giebt sogar nur 30—40 m Tiefe an. Ze al erfüllen. Man vergegenwärtige sich also, dass dieser Weg zunächst das Nebengestein, den äusseren Mantel des in die Tiefe hinabsetzenden, tufferfüllten Ausbruchskanales anschneidet, dann in diesem letzteren eindringt und endlich auf seiner Oberfläche dahinläuft. Wenn man, Hepsisau verlassend, auf der neuen Steige aufwärts wandert, so zieht sich diese zunächst durch das Gebiet des Braunen Jura, welcher jedoch meist durch herabgestürzten Weiss-Jura-Schutt verhüllt wird. Weiter aufwärts schneidet sie die Schichten des Weiss-Jura « an, der hier unten noch die mantelförmige Umhüllung des in die Tiefe setzenden, Tuff erfüllten Kanales bildet. Wiederum aufwärts steigend, gelangt man an eine Stelle, an welcher die scheinbar wagerechten, in Wirklichkeit wohl etwas nach Süden, in den Berg hineinfallenden Schichten des Weissen Jura « senkrecht abgeschnitten an vulkanischem Tuff absetzen: Hier stehen wir vor dem haarscharf aufgeschlossenen Kontakte zwischen dem in die Tiefe niedersetzenden, mit Tuff erfüllten Kanale des Maares und seiner Wandung, dem Weiss-Jura « (No. 1 in der auf S. 737 stehenden Fig. 11). Von nun an tritt die Steige aus dem Mantel des tufferfüllten Kanales heraus und in diesen letzteren hinein; von irgendwelcher Kontakt- metamorphose ist hier nichts zu bemerken; vielleicht deshalb, weil « vorwiegend thonig-mergelig ist und keine harten Kalke enthält. Dieser Aufschluss befindet sich bereits nahe vor der Stelle, an welcher die bisher am Steilabfalle der Alb entlang führende neue Steige in den Engpass des in die Kesselwandung eingeschnittenen Zipfelbach- Thales einbiegt. Wir steigen nun auf der Strasse weiter bergauf, wobei wir zu unserer Linken stets von einem langen Anschnitte begleitet werden. Dieser zeigt in stetem Wechsel vulkanischen Tuff und riesige ver- stürzte Weiss-Jura-Massen: Eine Erscheinung, welche wir an zahl- reichen Orten an der Ober- und Aussenfläche unserer Tuffberge beobachten können. Hier sind mächtige Fetzen der Wandung des den Weiss-Jura durchbohrenden Kanales auf den Tuff gefallen und z. T. in denselben eingesunken. Von Schichtung zeigt sich keine Spur im Tuffe. Endlich — kurz, bevor diese neue Steige sich mit der alten, von Hepsisau aus geradenwegs in der Schlucht des Zipfelbaches aufwärts führenden schneidet — bietet das fortlaufende Profil zu unserer Linken einen neuen Kontakt (Punkt 2 in Fig. 11): Wir sehen an der senkrechten Wand unten im Niveau der — led. > Strasse noch den bisherigen harten ungeschichteten Tuff. Darüber folgen ein geschichteter weicher Tuff von etwa 6 Fuss und dann ein geschichteter härterer Tuff, vonetwa 21), Fuss Dicke, in welchem dünneLagen von thonigem Brauneisenstein liegen. Endlich über diesem liegen tertiäre Süsswasserschichten, und zwar Dysodil, ungefähr 4 Fuss mächtig. Zuoberst folst Lehm. Die Schichten fallen nach SSO., d.h. in das Innere des Kessels hinein. In genau der gleichen Weise findet sich, wie Enprıss nachwies, bei Punkt 10 jenseits des Zipfelbaches ebenfalls Dysodil und unter diesem geschichteter Tuff. Wir haben also bis hierher von oben nach unten eine Lagerungsfolge von Süsswasserschichten, geschichtetem Tuff, massi- gem Tuff. Hiermit endet der erste Teil der neuen Steige. Bevor wir nun aber den zweiten Teil derselben betreten, welcher durch den Maar- kessel führt, müssen wir kurz noch die alte Steige betrachten, welche direkter von Hepsisau hinaufgeht, nämlich in der Schlucht des Zipfel- baches. Diese letztere schneidet natürlich tiefer als jene neue Steige in die Seele des tufferfüllten Kanales ein und steht im Begriffe, einen indem massigen Tuffgange aufsetzenden Basalt- gang freizulegen. Wir werden sehen, dass dies von sehr grosser Wichtigkeit ist. Schon Derrwer kannte diesen Basalt!. Da neuer- dings Enprıss? dem gegenüber hervorhebt, dass er das, trotz eifrigen Suchens, bisher nicht habe bestätigen können, so scheint es angezeigt, die Stelle näher zu kennzeichnen. Wenn man die alte, im Zipfelbach- Thale gerade aufwärtsführende Steige verfolgt, so schneidet diese gerade unterhalb der Stelle, an welcher oben die neue in den Eng- pass tritt, in den äusseren Umfang der Basaltmasse, bezw. des Basalt- ganges ein (Punkt 3 der Fig. 11). Derselbe ist hier freilich zer- setzt, so dass das feste basaltische Gestein nur in einer ganzen Anzahl von losen Stücken auftritt. Die Grösse dieser Basaltstücke und die verhältnismässige Frische des Gesteines machen es höchst unwahrscheinlich, dass wir hier nur Auswürflinge von Basalt vor uns haben, welche dem Tuffe eingebettet sind und sich in weiter Entfernung von einem erst in grosser Tiefe folgenden Basaltkerne befinden. Derartige Auswürflinge von Basalt- ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 31. ? Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XXXX1. S. 124. Nachträge. — 76 — stücken sind in unseren Tuffen der Gruppe von Urach einmal über- haupt sehr selten und zweitens dann immer nur sehr klein. Jene Merkmale deuten daher mit Sicherheit darauf hin, dass hier in nächster Nähe in dem Tuffe ein Basaltgang aufsetzt. Das aber ist von höchster Wichtigkeit. Wir kennen zwar im Vor- lande der Alb eine ganze Zahl von Basaltgängen im Tuffe. Die Gang- natur dieser Tuffmasse ist aber doch immerhin erst jedesmal zu beweisen. Hier, beim Randecker Maare, haben wir dagegen einen durch den Steil- abfall angeschnittenen, zweifellosen Tuffgang vor uns. Indem nun in diesem ein Basaltgang auftritt, wird der ebenso zweifellose Beweis geliefert, dass dieser Tuff nicht von anderer Stelle her durch Wasser oder Eis von oben her in den Kanal hinabgeschoben sein kann, sondern dass der Tuff von unten her in der Röhre selbst ent- standen sein muss. Nur noch der vierte Tuffgang an der Gutenberger Steige No. 45 liefert uns, am Steil- abfalle, den gleichen Beweis. Wir kehren nach dieser Abschweifung zu unserer neuen Steige zurück, welche wir an der Stelle verlassen hatten, an welcher sie den Engpass des durchsägten Maarrandes durchlaufen hat und nun in das Innere, den Boden des Maares eintritt. Das ist ihr zweiter Teil. Sowie die Strasse den Bach überschritten hat, zeigen sich nahe beieinander zu unserer Rechten 5 grössere und kleinere Auf- schlüsse, welche durch den einschneidenden Weg hervorgerufen werden (No. 4 in Fig. 11). Sie lassen eine braungelbe Masse er- kennen, welche wohl zersetztem Tuffe ihre Entstehung verdankt. Hier und da finden sich in derselben eingeschlossene Stücke geradlinig geschichteten Tuffes. Namentlich in dem einen, grossen dieser Auf- schlüsse ist aber auch in der ganzen Masse eine leise Schichtung angedeutet, welche durch das Ganze verläuft; jedoch nicht gerad- linig, sondern stark gebogen und wellig. Man erhält den Eindruck, als wenn die ganze Masse vorwärts gequollen und gestaut wäre: Offenbar die Folge von Verrutschungen. Wir haben abgerutschte Massen vor uns. Denn der ganze randliche Teil der im Maare be- findlichen Massen ist wohl langsam nach der Mitte des Kessels, der Tiefe zu, abgeglitten. Daher auch an anderen Stellen dieses Randes ein starkes Einfallen der Schichten bemerkbar ist. In dem letzten dieser 5 Aufschlusspunkte (bei 5) zeigt sich abermals Dysodil, welchem wir }a bereits kurz vor dem Eintritte in den Kessel begegnet waren (bei 2). Während er aber dort den —ı dsl — geschichteten Tuff überlagerte, wird er hier seinerseits von einem zu gelber Wacke zersetzten ungeschichteten Tuffe überlagert. Offenbar handelt es sich auch in diesem Falle wieder um eine Tuffmasse, welche früher auf dem inneren Abhange des Maar-Kessels lag und dann später, nach Ablagerung der Papierkohle, über diese in das Innere des Beckens hinab vorrückte. Sicher wird auch hier unter dem Dysodil derselbe geschichtete Tuff liegen, welchen wir an den oben erwähnten Punkten 2 und 10 fanden. Allein die Strasse N. Hepsisau 4 ZB... h al geschicht.Tuff ‚über. ll “0 lagertv.Dysodil 3 KAAREN . SU WG 8 Dysodil N Dysodil . % N 5 < I © S 1 z S @ SS mut Wy;: 77 ", Ungefähre SKizze des Randecker Maars mil dem neuen We ge Fig. fl. schneidet an dieser Stelle nicht tief genug ein, um das Liegende der Papierkohle aufzuschliessen. Wiederum finden wir dann bei der weiteren Verfolgung der sanft bergauf führenden Strasse den Dysodil noch an zwei weiteren Punkten durch letztere angeschnitten (bei 6). Es ist sicher dieselbe Schicht, welche wir bereits vorher trafen, aber sie liegt hier in einem höheren Niveau, denn wir sind etwas bergauf gestiegen: Ein Beweis dafür, dass die Schichten in dem Maarkessel mulden- 47 Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. — 738 — förmig gelagert sind. Aber, sie sind das nicht mfolge ursprünglicher Lagerung, sondern infolge ihres späteren Abgleitens nach dem tiefer gelegenen Inneren des Kessels zu, welches sich mehr und mehr ver- tiefte, weil der Zipfelbach dasselbe durchfurchte. So finden wir denn hier den Dysodil unter 40—50° in den Kessel hineinfallend. Es zeigen sich nun aber in dieser Gegend noch weitere Süss- wasserbildungen, welche über dem Dysodil liegen: Sehr weiche mer- gelige oder dolomitische, bisweilen auch härtere Schichten; dazu auch kieselige. Doch sind dieselben ganz mangelhaft aufgeschlossen. Noch weiter aufwärts (bei 7), nahe dem Brunnen, steht dann am Wege wieder eine dunkelbraune, weiche Gesteinsmasse, die man für vulkanischen Tuff halten möchte. Freilich ist derselbe ganz zer- setzt; jedoch lässt der Glimmer wohl keinen Zweifel darüber, dass sie mindestens zum Teil aus Tuff hervorgegangen ist; zum andern Teil mag auch Verwitterungsboden des Weiss-Jura beigemengt sein. In dieser Masse tritt eine etwa 1 Fuss mächtige, feinschichtige, kie- selige Bank auf, welche bereits vorher an verschiedenen Aufschlüssen dieses Weges erschien und, ebenfalls infolge von Verrutschung, in das Innere des Maares hineinfällt. Bemerkenswert ist es, dass in dieser Gegend die auf dem inneren Abhange des Maarkessels liegenden Kalkblöcke des Weiss- Jura & von geflammten Schnüren aus Kieselsäure durchzogen werden, was wohl nicht ursprüngliche, sondern spätere Bildung ist. Ob her- vorgerufen bei dem Ausbruche oder erst durch das Süsswasser, aus welchem sich ja kieselige Schichten absetzten, das ist nicht sicher zu entscheiden. Wahrscheinlicher ist das erstere. Jedenfalls ist die rote Färbung, welche man bisweilen an den Weiss-Jura-Kalkstücken hier bemerkt, ganz wie das an zahllosen anderen Punkten unseres Gebietes der Fall, eine Folge des Vulkanismus. Am Gutshofe von Randeck angelangt, kehren wir von hier aus auf der direkt nördlich durch das Maar verlaufenden alten Steige zurück. An dieser treffen wir bei Punkt 8, unweit vom Eingange in den Kessel die Stelle, an welcher man einst eine Fabrik errichtet hatte, um aus der Papierkohle Öl zu gewinnen. In dem angrenzenden Walde zeigt sich in einem Wasserrisse dieser Dysodil ziemlich mächtig auf- geschlossen. Ebenso finden wir ihn auch bei Punkt 9 am Bache, wo sich auch kieselige und mergelige Schiefer finden. Wenn wir so in dem eigentlichen Maarkessel bisher nur zer- setzte Tuffmassen getroffen haben, so finden wir zwei sehr gute Auf- schlüsse in unzersetztem Tuffe an dem südwestlichen Rande des — 9% — Maares. In diesem letzteren haben sich dort nahe beieinander zwei Wasserrisse eingeschnitten (bei 11). Wir sehen hier massigen Tuff mit zahlreichen Kalkeinschlüssen und über diesem feinen geschich- teten Tuff. Also ganz wie beim Eingange in den Kessel bei Punkt 2. Freilich tritt an der Seite des einen der Wasserrisse eine Partie ge- schichteten Tuffes auch tiefer gelegen auf. Dieselbe dürfte aber, obgleich nicht stark geneigt, doch wohl durch Senkung in diese tiefe Lage gekommen sein, indem sie unterwaschen wurde. Bildet man sich nun aus den verschiedenen Aufschlüssen, welche wir kennen gelernt haben, ein Profil, das dieselben alle zusammen- fasst, so ergiebt sich wohl von oben nach unten das folgende: Ringsum am inneren Gehänge des Kessels teils herabgespülter Lehm mit Juraschutt, teils gelbe Wacke aus zersetztem Tuffe, welcher gleichfalls vom Gehänge herabgespült wurde bezw. allmählich hinab- rutschte. Bald liest in dem welligen Gelände des Kesselinnern die eine, bald die andere dieser beiden Bildungen zu oberst. Darunter folgen dann die mergeligen und kieseligen Schichten, welche jedoch nicht an allen Orten zur Ablagerung gekommen zu sein scheinen. Zugleich die Papierkohle, aufgeschlossen bei Punkt 209.061.8.1092 10: Unter letzterer finden wir, allerdings nur bei Punkt 2, 10 und 11 aufgeschlossen, geschichteten, vulkanischen Tuff, und unter diesem die gewöhnliche massige Tuffausfüllung des in die Tiefe setzenden Kanales, wie sie allen vulkanischen Vorkommen der Gruppe von Urach eigen ist. Im Innern dieser Ausfüllungsmasse steckt dann ein Basaltgang, welcher nur die Apophyse eines grösseren Basalt- kerns ist, der seinerseits in noch grösserer Tiefe schliesslich den Kanal ganz allein erfüllen wird. Die Lagerungsfolge in dem Ausbruchskanale des Randecker Maares ist also von oben nach unten die folgende: 1. Quartäre Bildungen, teils Lehm, teils jüngere abgerutschte Massen. 2. Süsswasserbildungen. 3. Geschichteter Tuff. 4. Massiger Tuff. 5. Basaltgang im Tuff. Dieses am Randecker Maare erlangte Profil bildet, wie gesagt, den Schlüssel für das Verständnis aller unserer übrigen Tuffbildungen. Wir können demselben für die Untersuchung derselben die folgenden Lehren entnehmen. 47* — 7140 ° — 1. In der Regel fehlt unseren Tuffmassen ein geschichteter Tuff ganz, nur massiger erscheint. Das ist sehr erklärlich. Wenn wir alle diese Tuffgänge als Ausfüllung von in die Tiefe setzenden Ausbruchs- kanälen einstiger Maare auffassen, so wird sicher ein grosser Teil dieser Maare in tertiärer Zeit sich in Wasserbecken verwandelt haben. In diesen setzten sich Süsswasserbildungen ab. Mit der Abtragung der Alb, d.h. des Weiss-Jura, wurden auch die Maarkessel und die in ihnen liegenden Süsswasserschichten zerstört. Überall daher, wo der obere Teil der Tuffsäule bereits abgetragen ist, müssen Süss- wasserschichten und im Wasser geschichtete Tuffe fehlen. Dies ist bei unseren im Vorlande der Alb gelegenen Tuffvorkommen that- sächlich der Fall. Ausnahmsweise tritt wohl auch hier, und in einem tiefen Niveau der Tuffsäule, noch geschichteter Tuff auf, wie z. B. am Fusse des Jusiberges. Das ist aber dann subaörischer, also nicht im Wasser geschichteter Tuff; oder es handelt sich um verstürzte Stücke. 2. Da also, wo wir geschichteten Tuff in unserem Gebiete finden, sind wir, bei Absehen von letzterer Ausnahme, immer in den oberen Teilen des Tuffganges, also nahe unter dem einstigen, nun abgetragenen Maarkessel. 3. Es darf uns nicht wundern, dass die Tuffvorkommen, welche oben auf der Alb liegen, meistens das Dasein des Tuffes nur durch ihren Wasserreichtum auf der wasserarmen Hochfläche verraten. Die Abrutsch- und Abspülmassen, welche den Boden der einstigen Maare allmählich bedeckten, verhüllen den Tuff und etwaige Süss- wasserschichten. Besonders ist das in der Mitte der einstigen Maar- kessel der Fall. Hart am Rande derselben finden wir dagegen nicht selten etwas anstehenden Tuff; hier ist er freigelegt, indem jene Massen dort abgespült werden und nach der Mitte hin vorrücken. So ist es auch beim Randecker Maare (Punkt 11 der Fig. 11). 4. Da ferner, wo wir so grosse Massen von Weiss-Jura-Kalk im Tuffe finden, oder wo dieselben gar allein für sich auf dem Tufte liegen, werden wir uns an der Aussen- oder Oberfläche einer in die Tiefe hinabsetzenden Tuffsäule befinden. Wenigstens wird das im allgemeinen die Regel sein. Ausnahmsweise können wohl auch ein- mal grosse Weiss-Jurablöcke während des Ausbruches in die Tiefe des Kanales gestürzt und dann, was das Wesentliche ist, nicht zum Spielball der Explosionen geworden, sondern unzerkleinert liegen ge- blieben sein. In diesem Falle finden sich grosse Blöcke in tiefen Lagen und im Innern der Tuffsäule. — 4 — 5. Das Randecker Maar lehrt uns endlich, dass bei einem Maare ein in die Tiefe niederführender Ausbruchskanal vorhanden ist, dass dieser durch massigen Tuff bezw. Tuffbreccie erfüllt wird, dass in der Tiefe endlich ein Punkt kommt, an welchem Basalt erscheint. In den oberen Teilen der Tuffsäule nur als Gang im Tuffe aufsetzend, wird sich die Mächtigkeit des Ganges nach der Tiefe zu allmählich ver- stärken, bis endlich der Tuff ganz verdrängt wird und nur Basalt herrscht. In seiner Arbeit über das Randecker Maar zeichnet Enpriss an Stelle eines solchen breiten Kanales am Boden des Maares nur fein zerklüftete Weiss-Juramassen. Das entspricht jedenfalls nicht dem Thatsächlichen'. 6. Über das, aus den im Randecker Maare gefundenen Tertiär- versteinerungen sich ergebende tertiäre Alter dieses wie auch der anderen unserer Maare wird später gesprochen werden. Wenn so das Randecker Maar uns das Vergangenheitsbild un- serer zahlreichen anderen, schon mehr oder weniger zerstörten Maare darstellt, so sehen wir umgekehrt in letzteren das Zukunftsbild des Randecker Maares. Wenneinstin, geologisch gesprochen, nicht ferner Zeit die jetzt bereits begonnene Herausschälung des in die Tiefe niedersetzenden, tufferfüllten Kanales des Randecker Maares vollendet und damit der Kessel an der Tagesfläche verschwunden sein wird, so wird sich an dieser Stelle ein vollständiges Analogon des Jusiberges erheben: Gleich diesem ein Tuffberg von ganz gewaltigem Umfange, gleich diesem von einem oder mehreren Basaltgängen durchzogen, gleich die- sem auf dem Gipfel einzelne Schollen geschichteten Tuffes tragend. 40. und 41. Die beiden Tuff-Maare bei der Diepoldsburg und dem Engelhof. Am Rande derselben Plateauhalbinsel, auf welcher sich das soeben besprochene Randecker Maar befindet, liegen, etwas 2'/, km westsüdwestlich von letzterem, nahe beieinander zwei Maare: bei der Diepoldsburg und dem Engelhofe. Auf der geologischen Karte Württembergs sind dieselben in Gestalt eines von SW. nach NO. streichenden, langgestreckten Ganges, bezw. zweier Hälften eines Ganges eingezeichnet, wie das aus Fig. 12 ersichtlich ist. In gleicher ! Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XXXXI. S. 88, 121: Taf. 10. fig. 1,3, 4. a Weise aber wie ich die beiden, in die geologische Karte Württem- bergs als langgestreckte Gänge eingetragenen Vorkommen bei Erken- brechtsweiler, No. 30 und 31, nicht als solche erkennen kann, sondern als Maare betrachten muss — kann ich auch in den beiden jetzt zu besprechenden Vorkommen nur zwei Maare, bezw. zwei in die Tiefe niedersetzende, mit Tuff erfüllte Kanäle derselben von rund- lichem Querschnitte sehen. Als solche sind sie daher auf der dieser Arbeit beigegebenen Karte eingetragen. Von jenen beiden Maaren bei Erkenbrechtsweiler befindet sich das im Dorfe gelegene (No. 30) noch ganz auf der Hochfläche der Alb; es ist also noch ringsum von seinem Nebengestein, dem Weiss- Juramantel, umhüllt. An das andere (No. 31) dagegen ist der Steil- rand der Alb bereits so weit herangerückt, dass er dasselbe auf einem kleineren Teile seines westlichen Umfanges senkrecht anschneidet. Dieses Maar steckt also auf seiner nach der Hochfläche hin gelegenen Seite noch ganz in dem Weiss-Juramantel drinnen und nur auf emem Teile seiner nach dem Steilrande zu gelegenen Seite ist dieser Mantel bereits durch die Erosion entfernt worden. Noch einen Schritt weiter ist die Freilegung der hier beschrie- benen beiden Maare gediehen: Nur noch mit der Hälfte ihres Um- fanges stecken sie im Körper der Alb. Auf der anderen Hälfte ihres Umfanges ist die letztere dagegen, gleich einer Schale vom Apfel, bereits durch die Erosion abgeschält worden, so dass hier, im NW., die beiden in die Tiefe hinabsetzenden, mit Tuff eıfüllten Kanäle blossgelegt sind. | : Aber nicht genug daran. Diese beiden Tuffgänge sind nicht nur ihres Weiss-Juramantels an einer Seite beraubt, sondern die Erosion hat sich hier auch bereits in das Innere, fast bis in die centrale Axe der beiden Tuffcylinder hineingefressen. Es hat sich in jede dieser zwei senkrechten, durch ein schmales Stück der Alb getrennten gewaltigen Tuffsäulen ein Thal eingeschnitten, welches uns die Seele desselben aufschliesst. Ich gehe nun zur Beschreibung dieser beiden Maare über. 40. Das Maar bei der Diepoldsburg. Wenn man bei Brucken im Kirchheimer Lauterthale sich nach OÖ. wendet, um die Hochfläche der Alb zu ersteigen, so gelangt man zunächst im „Sattelbogen*“ auf die Höhe des Unteren Weiss-Jura. Verfolgt man dann den hierauf auf die eigentliche Hochfläche süd- östlich führenden Weg zum Engelhof, so gelangt man aus dem Weiss-Jura y an das westliche Ende des Maares bei der Diepolds- burg, bezw. des in die Tiefe hinabsetzenden, mit Tuff erfüllten Kanales desselben. Dieser wird hier von der Steige in der Art an- geschnitten, dass nicht nur der Tuff, sondern auch der denselben im W. begrenzende Weiss-Jura y aufgeschlossen werden. Man sieht also den Kontakt zwischen dem Eruptiv- und seinem Nebengestein fast ganz scharf, und glaubt zunächst, wie das DErFner auch in die geologische Karte einzeichnete, einen von NO. nach SW. streichenden Gang zu durchschneiden. Bei der weiteren Verfolgung dieser Steige erreicht man dann die Stelle, an welcher dieselbe scharf nach SW. umbiegt. Hier lässt Derrner den Tuff endigen. Verlässt man aber hier die Steige und wendet sich östlich, bergauf durch den Wald, der Diepoldsburg zu, so findet man bald, dass der Tuff sich auf diesem Wege viel weiter gegen 0. fortsetzt, als das auf Blatt Kirchheim der geologischen Karte von Württemberg angegeben ist. Fast soweit wie der Wald sich in der dortigen Senke bergan zieht, reicht auch ringsum der Tuff, der an verschiedenen Stellen ansteht. Erst wenn man auf das, zum Diepoldsburger Hof gehörige freie Feld hinaustritt, welches zum kleinen Kirchhofe hinaufzieht, beginnt Weiss-Jura d. Hatte man nun anfänglich an der Steige, wie DEFFNER, die Vorstellung gewonnen, dass ein nach SW. streichender Tuffgang vor- liege, so erhält man hier umgekehrt den Eindruck, als wenn der Gang fast rechtwinkelig, dazu von W. nach O., striche. Es ist das eben ganz dieselbe trügerische Erscheinung, welche sich bei der Untersuchung fast aller dieser am Steilabfalle der Alb angeschnittenen Tuffgänge wiederholt: Man beobachtet den Kontakt derselben mit dem Weiss-Jura erst an der einen, dann an anderen Stellen ihres Umfanges und jedesmal ist man geneigt, einen lang- gestreckten, in bestimmter Richtung streichenden Gang zu sehen. Dessen Streichungsrichtung aber erscheint uns bei jeder Beobachtung immer wieder als eine andere, bis wir uns schliesslich überzeugen, dass wir gar keine Streichungsrichtung feststellen können, weil es sich um einen Gang von angenähert kreisrundem Umfange bezw. Querschnitte handelt. So verhält sich denn die Sache offenbar auch bei diesem Vorkommen und es ergiebt sich das Bild, wie es die hinten beigegebene Karte und die hier folgende Fig. 13 erkennen lassen. Wir haben also westlich von der Diepoldsburg ein Maar, bezw. den in die Tiefe hinabsetzenden, mit Tuff erfüllten Kanal desselben, — 14 — welcher auf der N.-, O.- und S.-Seite noch im Körper der Alb sitzt, während dieser Weiss-Juramantel an der W.-Seite bereits durch die Hochfläche der geol.K WE \ Die3MaarebeiDiepgyu.Engelk. Fig. 13. Erosion abgeschält ist. Indem sich nun an dieser W.-Seite zugleich auch ein tiefes Thal senkrecht in diesen Tuffeylinder eingesägt hat, ist derselbe bis in sein Innerstes hinein aufgeschlossen worden. Den — 145 — klarsten Einblick gewinnt man, wenn man von der Weiss-Jura d-Zunge aus, auf welcher die Ruine steht, in den Kessel hinabblickt. Wenn man dann weiter von dem Bogen der Strasse aus in die tiefe, nach W. geöffnete Schlucht hinuntersteigt, so sieht man auch dort unten den Tuff: Deutlichster Beweis dafür, dass es sich um einen in die Tiefe hinabsetzenden Tuffgang handelt, denn er steht hoch oben an der Strasse und tief unten in dieser Schlucht an. Wenn wir nun die Lagerung des Tuffes ins Auge fassen wollen, so bietet uns die Steige einen vorzüglichen Einblick. Wir sehen hier geschichteten Tuff anstehen, welcher in etwa südwestlicher Richtung mit 25° einfällt. Sein Fallen ist also vom Rande des Maares ab in die, durch Erosion tief ausgehöhlte Seele der Tuffsäule hinein- gerichtet. Unter diesem gelben geschichteten Tuffe aber liegt grüner ungeschichteter. Derselbe beginnt bereits etwas über dem Niveau der Strasse und setzt mit eben solcher massigen Beschaffenheit wohl auch in die Tiefe hinab. An dieser Auffassung werden wir auch nicht irre werden dürfen, wenn wir unten in der Schlucht geschich- teten Tuff zwischen den Wurzeln eines Baumes finden. Scheinbar ist derselbe anstehend:; in Wirklichkeit aber wird es sich nur um einen verstürzten Felsen handeln, welcher von oben herabrutschte. Bei dem in den Kessel hineingerichteten Fallen konnte das um so leichter geschehen; doch würde auch bei wagerechter Lagerung sich ganz dasselbe ereignet haben können. Leider fehlen unten im Kessel ganz sicher entscheidende Aufschlüsse. Genau wie beim Randecker Maare (No. 39) finden wir also auch hier eine Tuffsäule von höchst wahrscheinlich massiger Be- schaffenheit, im oberen Teile der Säule jedoch geschichteten Tuff. Haben wir mit dieser übereinstimmenden Lagerung beider Vorkommen nun auch übereinstimmende Entstehungsweise hier wir dort? Die Be- antwortung dieser Frage bietet ziemliche Schwierigkeiten dar, weil die Verhältnisse hier verwickelter werden dadurch, dass in dem ge- schichteten Tuffe Einschlüsse von ungeschichtetem liegen. Wir kommen bald auf diese Thatsache zu sprechen. Eine Schichtung im Tuffe, wie wir sie hier auf verhältnismässig nur kurze Entfernung zu beobachten vermögen, kann auf zwei ver- schiedenen Wegen zu stande kommen; sie kann wässeriger oder sub- aörischer Natur sein. Untersucht man die zahlreichen Einschlüsse von Weiss-Jurakalk im Tuffe, welche bis zu d und & hinaufgehen, so findet sich nie ein gerolltes Stück unter denselben. Stets sind dieselben eckig und treten in derselben Form im geschichteten wie im massigen Tuffe auf. Diese eckige Beschaffenheit wird man vielleicht als einen sicheren Beweis gegen ihre Ablagerung im Wasser be- trachten wollen. Das geht aber nicht an; denn wie sollen denn in einem kleinen Maarsee, dessen Spiegel sogar vor dem Winde ge- schützt ist, diese Kalkstücke rund gerollt werden, zumal sie nur den kurzen Weg von den inneren Abhängen des Kessels bis auf den Boden desselben zurückzulegen haben? Aus dieser Beschaffenheit der Einschlüsse im Tuff lässt sich also weder die suba@rische noch die subaquatische Entstehungsweise der Ablagerung erkennen. Ebensowenig aber ist das aus der Neigung der Schichten möglich. Diese fallen mit 25° in das Innere des Kessels hinein. Da nun in unserer ganzen Alb die Schichtenlage nur wenig von der Horizontalen abweicht, würde man vielleicht aus jener starken Nei- sung der Tuffschichten auf Absatz aus der Luft schliessen wollen ; denn derartige subaörische Schichten erhalten je nach ihrer Unter- lage, auf welche sie fallen, eine mehr oder weniger grosse Neigung. indessen auch das ist kein sicherer Anhaltspunkt. Diese Schichten können sehr gut ursprünglich im Wasser wagerecht abgesetzt worden sein und erst durch Verrutschung ihre geneigte Lage angenommen haben. Der Aufschluss befindet sich nämlich hart an dem steilen Abhange des tiefen Thales, welches sich in die Seele der Tuffsäule hineingefressen hat. Das Herausgraben desselben konnte natürlich leicht Senkungen am Abhange erzeugen. Bezeichnenderweise fallen die Schichten auch in das Innere des Kessels bezw. Tuffganges hinein. Auch aus der Ausdehnung der Schichten lässt sich kein Schluss auf ihre Entstehung ziehen. Subaörische Schichtung ist unregel- mässiger, sie hält nicht auf so weite Erstreckung an. Unser Profil ist aber nicht hinreichend ausgedehnt, um das zu entscheiden. Ein völlig sicheres Urteil würde sich fällen lassen, wenn wir, wie beim Randecker Maare u. a., Süsswasserversteinerungen in oder über dem Tuffe fänden. Bisher fand sich Derartiges jedoch nicht. Wiederum aber wird man diesen negativen Umstand nicht als einen sicheren Beweis gegen Absatz aus Wasser betrachten dürfen. So bleiben die Dinge hier zunächst unentschieden und werden auch nicht klarer durch den folgenden Umstand: Es liegen nämlich in dem geschichteten gelben Tuffe eingebettet ausser den Weiss- Jurabrocken auch ebenso eckige des unterlagernden, also älteren, grünen, massigen Tuffes. Diese Erscheinung des Einschlusses älterer Tuffstücke in jünge- rem, welche sich an mehreren Orten bei unseren Tuffen wiederholt, — WM — kann auf zwei verschiedene Weisen erklärt werden. Entweder nimmt man an, anfänglich sei der in die Tiefe führende Kanal nur mit dem festen grünen Tuffe erfüllt gewesen. Nachdem dieser bereits erhärtet war, also nach geraumer Zeit, erfolgte aus demselben Kanale aber- mals ein Ausbruch loser Massen. Indem diese aus der Luft herab- fielen, setzten sie sich in unregelmässigen, je nach ihrer Unterlage schräg geneigten Schichten subaörisch ab. Bei diesem späteren Aus- bruche wurden aber auch Stücke des bereits erhärteten älteren, grün- lichen Tuffes ausgeworfen, welche nun in jenen Schichten liegen. Bei der anderen Annahme einer Mithilfe des Wassers könnten wir das Auftreten jener grünen Stücke nur schwerer und in der fol- senden Weise erklären. Anfänglich war nicht nur der Kanal mit grünem, massigem Tuffe erfüllt, sondern auch die Wände des Kessels waren mit solchem bedeckt. Diese letzteren Massen wurden nun allmählich in das den Kessel erfüllende Wasserbecken hinabgespült und in diesem geschichtet. Hier zersetzten sich die loseren Taff- massen etwas und verloren dabei ihre grüne Farbe; wogegen die grösseren, festen Stücke die letztere behielten und nun als grün- gefärbter Eimschluss in gelben Schichten liegen. Entschieden ist eine solche Erklärungsweise aber eine gezwun- gene zu nennen. Zunächst wird man fragen, wie denn auf die innere Kesselwand Tuffstücke von so fester Beschaffenheit gelangen konnten. Bei einem Auswurfe loser Asche, wie er hier stattfand, konnten doch nur lose Massen auf der Kesselwand abgelagert werden. Diese hätten nun zuvörderst zu festem, grünem Tuffgesteine cementiert geworden sein müssen. Erst dann hätten Bruchstücke desselben auf den Boden des Kessels hinabgesendet werden können. Zu einem solchen Fest- werden aber gehört lange Zeit. Man sollte daher meinen, dass die ganze lose Masse bereits von der Kesselwand hinab gewaschen wor- den sein müsste, bevor sie überhaupt erhärten konnte. Klar entschieden wird die Sache, wie ich schon hervorhob, nicht. Ein wenig aber senkt sich das Zünglein der Wage doch zu gunsten zweier zeitlich aufeinanderfolgender Ausbrüche. 41. Das Tuff-Maar bei dem Engelhof. Unweit und südlich des soeben beschriebenen Maares bei der Diepoldsburg, also kaum 3 km südwestlich von dem Randecker Maar, liegt der Engelhof. Ich habe bereits oben (S. 742) dargelegt, warum ich den auf der geologischen Karte von Württemberg, Blatt Kirch- heim, hier eingetragenen langgestreckten Tuffgang nicht anerkennen — 148 — kann; vielmehr in diesem Vorkommen ebenfalls ein Maar, also einen Tuffkanal von rundlichem Querschnitte, sehen muss. Dieses Maar befindet sich hart westlich des Engelhofes. Im N. und ©. steckt dasselbe, bezw. sein in die Tiefe hinabführender Tuffkanal, noch im Körper der Alb, die hier zuoberst aus Weiss- Jura d besteht. An der W.- und S.-Seite dagegen ist die Alb be- reits weggebrochen, so dass hier der Kanal entblösst ist. Da zudem auch hier, wie bei dem vorher betrachteten Diepoldsburger Maare, ein Thal sich in die Füllmasse des Kanales eingefressen hat, so ist letztere auch bis in ihre Seele hinein aufgeschlossen. Hierbei ist sie nun zum Teil bereits abgetragen und verschwunden. Auch liegt kein so schöner Anschnitt vor, wie der bei dem Diepoldsburger Maar künstlich durch die Steige bewirkte. Vom Engelhofe aus führen drei Fusswege an dem Steilabfalle der Alb hinab nach Unter-Lenningen. Der eine, insoweit bequemere, als er in Schlangenlinien hinabführt, zeigt fast ausschliesslich Kalk- schuttmassen des mittleren Weiss-Jura. Diese überschütten natürlich nicht nur hier, sondern auch an anderen Stellen von oben her den Tuff und entziehen ihn so der Beobachtung. Besser verhält sich der alte, unbequemere Fussweg, welcher fast in gerader Richtung an dem steilen Abhange hinabläuft. Dieser schliesst in einem Einschnitte den Tuff auf und lässt erkennen, dass letzterer etwa 50 Fuss unterhalb der oberen Kante des Steilrandes beginnt; oder anders ausgedrückt, dass die Tuff-Füllmasse des Aus- bruchskanales aus der Tiefe hinaufragt bis in eine Höhe, welche etwa 40 oder 50 Fuss unterhalb jener Kante liegt. Es sind also entweder bereits die obersten 50 Fuss dieser Tuffsäule abgetragen, so dass hier die Weiss-Jurawandung derselben blossgelegt ist; oder aber die Tuffsäule hat nie höher hinaufgereicht, so dass wir hier den noch 50 Fuss tiefen Rest des einst tieferen Maarkessels erblicken. Ob an dem genannten Einschnitte der Tuff Schichtung besitzt, wie das in dem oberen Horizonte des Maares bei der Diepoldsburg der Fall ist, lässt sich hier nicht entscheiden. Jedenfalls zeigt sich keine Schichtung an einem zweiten, weiter abwärts gelegenen Auf- schlusse. Bald unterhalb der Stelle nämlich, an welcher dieser selbe steile, gerade Fussweg in einen Fahrweg mündet. steht ein harter Tuff in Form einer gratförmigen Erhöhung an, welcher entschieden massige Lagerung besitzt. Weiter in die Tiefe hinab lässt sich hier der Tuff nicht verfolgen, da alles mit den von dem Steilrande ab- gebrochenen Kalkschuttmassen überdeckt ist. — 7149 — Nun besteht aber noch ein dritter, “wohl kaum mehr in Ge- brauch befindlicher, z. T. schlecht zu begehender Abstieg, welcher weiter nördlich, nahe dem S.-Rande des Himmelreiches beginnt und sehr steil über Schuttmassen und durch Wasserrisse hinabführt. Sein Beginn oben im Walde ist durch einen auf dem Acker liegenden Steinhaufen verdeckt. Auch an diesem Wege zeigt sich mehrfach anstehender Tuff. Wir haben also beim Hinabsteigen in den Aus- bruchskanal sowohl an der S.-, als auch an der N.-Seite desselben Tuff gefunden. So schwer es nun auch ist, an den steil in die Tiefe gehenden Gehängen und bei der an den meisten Stellen herrschenden Ver- deckung des Tuffes durch Weiss-Juraschuttmassen zu einem deut- lichen Bilde zu gelangen — wenn man Zeit genug zur Untersuchung verwendet und die Analogie mit unseren anderen Tuffen in Betracht zieht, so wird man auch hier zu dem Schlusse gelangen, dass nicht, wie die geologische Karte von Württemberg es darstellt, ein lang- gestreckter, NO.—SW. streichender Gang vorliegt, sondern wie bei der Diepoldsburg ein saigerer Tuffgang ungefähr rundlichen Quer- schnittes; d. h. der in die Tiefe hinab setzende, tufferfüllte Aus- bruchskanal eines einstigen Maares. In diesen beiden ganz nahegelegenen Maaren bei der Diepolds- burg und dem Engelhofe haben wir ein Analogon zu dem Zwil- lingspaare, welches sich bei Metzingen als Metzinger Weinberg (No. 102) und Hofbühl (No. 1053) erhebt. Nur durch den Grad der Abtragung sind beide Paare geschieden, indem das erstere noch im Weiss-Jura steckt, letzteres bereits auf unterem Braun-Jura sich erhebt. Wie die beigegebene Karte erkennen lässt, sind die beiden Maare bei der Diepoldsburg und dem Engelhof durch eine schmale, nach Westen vorspringende Weiss-Jura-Zunge von einander getrennt. Man nennt sie „das Himmelreich“. DeErrser — welcher ja an Stelle dieser Maare zwei langgestreckte, SW.—NO. streichende Tuffgänge einzeichnet — sagt nun!: diese Zunge „ist aber in der Linie zwischen beiden Gängen muldenartig eingesunken und zeigt den inneren Zusammenhang beider Tuffbildungen. Hiernach füllen sie eine im Körper des weissen Jura entstandene Spalte aus, welche auf beiden Abhängen von der Seite durch Abwitterung entblösst wurde, über das Himmelreicher Feld weg aber noch beide Seitenflügel er- ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 32, — 750 — halten hat.“ Ich wiederhole zum besseren Verständnis hier die Fig. 12, eine Abbildung des Derrner’schen Kartenbildes. Aus den angeführten Worten Derrxer’s erhellt, wie derselbe die Vorstellung gehabt hat, dass die Himmelreich-Zunge gewisser- massen tunnelförmig durchbohrt und dass diese Durchbohrung mit Tuff erfüllt sei. Dieser sollte dann die Verbindung der beiden, nord- östlich bis südwestlich des Himmelreiches anstehenden Tuffmassen unterirdisch herstellen. Der Ausdruck „tunnelförmig“ giebt freilich nicht genau das wieder, was DEFFNEr im Sinne hatte. Er ist zu- nächst nur gewählt, um die Veranschaulichung bei dem Lesen zu erleichtern. In Wirklichkeit stellt sich DErrser vermutlich eine lange, Iyı (ul IM ltr, NHL IT 177 MN, o 6 )) DU j A, 7 1 17 In 2) Dispoldähung, k NUN % ö DER = Gang beim Enngelhof,vergrBild di. geol.K VW. Fig.12. SW.--NO. streichende Spalte vor, welche nördlich und südlich des Himmelreiches, also an ihrem vorderen und hinteren Ende, oben offen war, d. h. zu Tage ausstreicht, welche dagegen in ihrem mitt- leren Teile, bei der Durchquerung der Himmelreich-Zunge, nicht bis zu Tage ausstreicht, sondern oben geschlossen blieb und sich hier auf ihrem unterirdischen Verlauf hier nur als Einsenkung, als Bruch- linie kennzeichnet. An und für sich würde eine solche Vorstellung nichts so Auf- fallendes an sich tragen; denn warum sollte eine Spalte nicht an der Erdoberfläche hier in stärkerem, dort in schwächerem Masse klaffen. Das wäre noch zu erklären. Schwer aber lässt sich die — 151 — Frage beantworten, auf welche Weise dann später der Tuff in diesen mittelsten unterirdischen Teil der angenommenen Spalte gelangt sein soll. Wir sehen, dass unsere Tuffe nicht etwa von oben her als wässeriger Brei in den Ausbruchskanal hineingeschwemmt wurden, sondern dass die Ausfüllung des letzteren von unten her erfolgte. Wir sehen ferner, dass diese tuffige Füllmasse Bruchstücke sehr hoher Weiss-Jura-Schichten enthält, und diese können doch nur dann in den Tuff gelangt sein, wenn der Kanal die betreffenden Schichten auch wirklich durchbohrt hat, nicht aber, wenn sie über ihm ge- schlossen blieben. Diese Umstände machen es daher ganz unwahr- scheinlich, dass solche nicht bis an die Oberfläche klaffenden Spalten in unserem Gebiete bestanden oder wenigstens sich mit Tuff gefüllt haben. Im vorliegenden Falle aber handelt es sich einmal um gar keine solche langgestreckte Spalte, sondern, wie ich oben gezeigt habe, um zwei von einander getrennte Kanäle rundlichen Querschnittes. Zweitens aber ist eine Senke, welche die Himmelreich-Zunge überqueren und in der Verbindungslinie dieser beiden liegen soll, gar nicht recht zu erkennen. Wenn man eine solche aber doch sehen will, so läuft sie gar nicht über die Himmelreich-Zunge, sondern östlich von der- selben auf der Hochfläche; sie würde daher auch nicht in der Ver- bindungslinie beider Kanäle bezw. Maare liegen. Es ist jedoch sehr fraglich, ob diese Senke — wie allerdings beim obersten Gange an der Gutenberger Steige der Fall (No. 45) — wirklich eine Bruchstelle ist. Sie kann ebensowohl nur durch Erosion hervorgerufen sein. Wer will indessen, wenn das Schichtenfallen durch Ackerboden überall unkenntlich gemacht ist, mit Sicherheit entscheiden, ob nicht etwa einer solchen Erosionsrinne doch eine Bruchlinie zu Grunde liegt. In dem frisch ausgegrabenen Keller der Scheune des Engelhofes steht an der Rückwand jedenfalls nicht Tuff, sondern Weiss-Jura an. Unter dessen Kalkschichten zeigt sich dort eine Thonschicht, welcher letzteren wohl auch der Brunnen seine Entstehung verdankt. Das Auftreten einer solchen Thonschicht im Gebiete des Weiss-Jura d überrascht, man meint im y zu sein. 42. 43. 44. 45. Die drei oder vier Tuff-Maare bezw. Maar-Tuff- gänge an der Gutenberger Steige bei Schopfloch. Am oberen Ende des Lauter- oder Lenninger Thales beginnt bei dem etwa 4'/g km südlich vom Randecker Maare gelegenen Dorfe Gutenberg die neue Steige, welche hinauf auf die Alb nach Schopf- loch führt. Diese breite Fahrstrasse schneidet nicht weniger als — m — vier nahe beieinander liegende Tuffgänge an, welche saiger den Körper der Alb durchsetzen und nun von der Tagesoberfläche durch senkrechte, zugleich aber auch durch wagerechte oder schräge Schnitte aufgeschlossen werden. Doch nicht genug daran. Es ist auch der zweite dieser Gänge, indem ein ansehnliches Nebenthal in seine breite Gangmasse hinein ausgefurcht wurde, bis in sein Innerstes aufgeschlossen worden. Rings an seinem Umfange ist so der Kontakt mit dem Weiss-Jura, in dessen Körper er eingesenkt ist, zu erkennen; wenngleich zwar die Kontaktlinie selbst durch Weiss-Jura-Schutt überdeckt ist. Auch der vierte dieser Gänge ist gleichfalls nicht nur am Steilabfalle und durch die Strasse senkrecht angeschnitten, sondern auch durch die Tagesoberfläche in einem ungefähr wagerechten Schnitte oben an seiner Mündung auf der Hochfläche der Alb blossgelegt. In beiden Fällen liegen die im die Tiefe hinabsetzenden tufferfüllten Kanäle zweier zweifellosen Maare vor. Indem der erste, unterste dieser vier Gänge noch im Weissen Jura « auftritt, während der zweite und dritte im £, der vierte, oberste, im d angeschnitten werden, lassen sich diese aufgeschlossenen Tuffgänge hier an einer und derselben Steige ganz nahe beieinander durch alle Stufen des unteren und mittleren Weiss-Jura hindurch verfolgen. Auf solche Weise bieten uns diese Gänge an der Gutenberger Steige ganz besonders vorzügliche Ein- blicke in die Beschaffenheit des in die Tiefe führenden Kanales unserer Maare. Wie die beiden Maare von Erkenbrechtsweiler (No. 30 u. 31) und die soeben besprochenen von der Diepoldsburg und dem Engel- hofe (No. 40 u. 41) von Derrxer als langgestreckte Gänge aufgefasst wurden, so ist das auch bei den hier zu schildernden drei bezw. vier Vorkommen der Fall. Auch hier zeichnet DEFFNER vier von NO. nach SW. streichende, spaltenförmige langgestreckte Gänge (Fig. 16). Es lässt sich jedoch, wie in jenen Fällen so auch in diesen, der Erweis erbringen, dass Derrxer’s Auffassung nicht die richtige ist. Viel- mehr liegen auch hier die in die Tiefe hinabsetzenden tufferfüllten Ausbruchskanäle einstiger Maare vor uns, welche einen mehr rund- lichen, ovalen oder unregelmässigen Querschnitt besitzen. 42. Der erste Maar-Tuffgang an der Gutenberger Steige. Dieser erste Gang ist zu Derrner’s Zeit, als die Steige noch neu war, in deren Anschnitte vermutlich noch gut entblösst gewesen, Jetzt ist derselbe jedoch so mit Rasen bewachsen, dass man nichts mehr vom vulkanischen Gestein erkennen kann. Nur durch eine rinnenartige Einsenkung, welche an dem steilen Gehänge in die Höhe läuft, verrät sich sein Dasein. Der Gang befindet sich nicht weit oberhalb des Dorfes Gutenberg, gerade da, wo die Strasse eine kleine Biegung macht. Fig. 14 giebt ein Bild desselben. Die Steige durchschneidet den Gang in einer ungefähren Breite von 30 Schritten. Vor und hinter dem Gange, also westlich und östlich desselben, steht Weisser Jura an, und zwar im Niveau der Strasse noch oberstes «, bald darüber 5. Ein haarscharfer Kontakt zwischen Kalk und Tuff ist an diesem Gange nicht mehr zu erkennen, weil, wie gesagt, der letztere völlig mit Rasen bewachsen ist. Ich komme bei Besprechung des zweiten Ganges noch auf diesen ersten — IBM Nuzz Wa Zu et = EEE DHL W777 GA: st Gang a.d.Gutenberger Steige Fig.14 zurück, da beide möglicherweise miteinander in Verbindung stehen könnten. Doch ist es ebensogut möglich, dass die Hauptmasse dieses Ganges westwärts von dem hier besprochenen Aufschlusse, also im Thale liegt, woselbst der Tuff durch Alluvium verhüllt sein würde. In diesem Falle ergäbe sich ganz dasselbe Bild, wie ich für Gang 3 No. 44 ın Fig. 16 als leicht möglich angedeutet habe. Wir hätten dann im Thale einen grösseren Gang von rundlichem Querschnitte und von diesem nach NO. ausstrahlend einen kleinen, spaltenförmi- gen Fortsatz. Dieser letztere, ebenfalls tufferfüllt, würde es dann sein, welcher sich uns nun als Gang 1 darbietet (vergl. S. 759, 761 das über Gang 3 Gesagte und S. 754 Fig. 16). 43. Der zweite Me en un an der@utenberger teige. Nur eine kurze Strecke oberhalb des soeben besprochenen ersten Ganges wird von der Steige abermals ein Gang angeschnitten. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 48 — 4 — Während sich bis an jenen ersten heran die Strasse noch im obersten Weiss-Jura & befand, verläuft sie hier bereits ganz im #. Man sieht auf der Kopie der Derrner’schen Karte wie auf der von mir gegebenen Skizze (Fig. 15 u. 16), dass in das hier etwa W.—0O. ziehende, obere Lenninger Thal ein N.—S. verlaufendes, kurzes Nebenthal einmündet, welches tief in den die Steige begleitenden Steilabfall einschneidet. Um dieses Nebenthales willen ist die Steige gezwungen, gleichfalls einen Haken zu schlagen, dessen Spitze nach N. liegt. Durch diesen Umstand ist der glückliche Fall herbeigeführt, dass der Gang von der Steige zweimal, und zwar in fast rechtwinkelig aufeinanderstehenden Richtungen angeschnitten worden ist. Zu- nächst durchfährt sie denselben in westöstlicher Richtung in einer Breite von 56 Schritt. Sowie die Strasse nun aber im rechten Winkel nach N. umbiegt, schneidet sie ihn sehr bald abermals, nun in nordöstlicher Richtung an. AN] Passhöhe re!) ke) a 2a U "g 0. > N yS: 0 Se ML „a: . We = Page) — I te Tre\V sim uiylV EN AU Nun = ulllyyyy In \\ \\ AN RUNIN 1] ill. fe) ‚Sal AN AN ‚ulah un NL) RR KÜN 0. NINAL N ee a SIWAHR Uyp.202 an Zus een SIR Bye = mern "NBr \ — .__.> =, SIT Y/ Sense Ser og a = I en ı —— S. Gutenberger Steige 1,2,5, 4!" Gang Fig 16. Doch noch mehr: Dieses Nebenthal, welches auf obigen Karten- bildern durch die hakenförmig nach N. ausbiegende Steige angedeutet ist, hört nicht etwa an der Spitze dieses Strassenhakens auf. Es hat sich vielmehr, in der Verlängerung der Spitze desselben nach N., durch den ganzen Tuffgang hindurch gefressen. Sowie wir daher in dieses Nebenthal eintreten, welches keine horizontale, aufgeschüttete Sohle besitzt, sondern nur in den Tuff eingekerbt ist, steigen zur Rechten wie zur Linken und gerade aus im Hintergrunde steile, aus — 55. = Tuff bestehende Gehänge an. Haben wir diese aber erklommen, so stösst man rings umher an die senkrecht aufragenden Felsen des Weissen Jura d. Der folgende Schnitt, von NW. nach SO. durch dieses Nebenthal gelegt, soll das erläutern. m ul A ———— I | ln ı | | | > | SchniltvonNW-S0 durch den 2lr Gang Fig.17 Wir wollen diese Verhältnisse nun etwas näher betrachten. Stellen wir uns auf der Steige, den Blick nach N., dem Gange zu- gerichtet, auf, so sehen wir rechts (östlich) und links (westlich) von dem Gange die horizontalen Bänke des anstehenden Weissen Jura ß, WW Ih f) 7. N AM) ii), hr 4 .g 7/4 HN BT EI den nf VE ZWEHTE PIZI—__ ___ ——Gutenberger Steige 2'"Gangan derGutenberger Sleige Fig.13. welche bis auf das Niveau der Strasse hinabreichen. Rechts wie links sind diese Bänke senkrecht scharf abgeschnitten und die 56 Schritt breite Spalte im Jurakalk ist mit vulkanischem Tuff aus- gefüllt, welcher mit Brocken von Weissem Jura und anderen Jura- gesteinen wie durchspickt ist. 48* — 6 — Auf der linken, westlichen, Seite ist der Kontakt zwischen Kalk und Tuff nicht völlig haarscharf zu beobachten; wohl aber ist das auf der rechten Seite der Fall. Hier zeigt sich der weisse Kalk auf eine ungefähre Breite von '/; Fuss ganz schwarz gebrannt; eine Kontakt-Metamosphose, welche sich auch in anderen Fällen in unserem Gebiete beobachten lässt. Auch mitten im Tuff liegt, nahe dem linken Salbande, ein grösserer Block von Weiss-Jura, welcher in gleicher Weise verändert ist. Andere kleinere Kalkstücke im Tuff haben teils dieselbe Umwandlung erlitten, teils sind sie mit Beibehaltung ihrer Farbe halb zu einem marmorartigen Gesteine geworden. Würde nun nicht zufällig das vorher erwähnte, N.—S. ziehende Nebenthal in das nördliche, also gegen S. abfallende Gehänge des Lenninger Thales eingeschnitten sein, so würden wir von diesem Tuffgange nichts mehr zu sehen bekommen als diesen westöstlichen Anschnitt. Wir würden einen aus der senkrechten Jurawand heraus- tretenden, langspaltenförmigen Gang von ganz bestimmter Streich- richtung vor uns zu sehen glauben, also derselben Täuschung unter- liegen, wie sie uns bei so manchen dieser Gänge von rundlichem Querschnitte bereitet wird. Indessen die Strasse biegt links, nordwärts um und schneidet nun abermals in diese Tuffmasse ein. Das mit & bezeichnete Stück von anstehendem Weiss-Jura £ ist mithin der letzte Rest des den Aus- bruchskanal an dieser Stelle begrenzenden Juramantels. Auch das westlich gelegene, diesen zweiten Gang von dem ersten trennende Stück von Weiss-Jura $, auf der Zeichnung bei y%, ist ein zweiter derartiger Mantelrest. Möglicherweise dringt, wie wir bald sehen werden, auch dieser zweite nicht tief in die Tuffmasse ein; bildet also nicht eine völlig trennende Scheidewand zwischen beiden, sondern gewissermassen nur einen in dem Tuffe steckenden begrenzten Keil. Verfolgen wir jetzt den Fussweg, welcher von der Spitze des Hakens der Steige aus sich in dem Grunde des tief eingekerbten Nebenthales nach NO. in die Höhe zieht. Zu beiden Seiten steigen die als Äcker benutzten Abhänge des letzteren steil an; sie sind durch die Thätigkeit der Gewässer, namentlich auf der O.-Seite, wiederum mehrfach eingekerbt. Wir sind hier also mitten in die Seele des grossen Ganges eingetreten; denn soweit wir nun auch diese Gehänge untersuchen und soweit wir im Nebenthale bergauf nach N. vordringen, überall finden wir Tufl. An einer Stelle des östlichen Gehänges bildet derselbe aufragende Felsen ähnlich wie — 7 — unten an der Steige. Erklimmen wir diesen Punkt und steigen nun weiter an dem immer steiler und schwieriger werdenden, oben mit Gebüsch bedeckten Hang in die Höhe, so stehen wir schliesslich am Fusse der unersteiglichen, senkrecht aufragenden Mauer von Weissem Jura d. Zwar lässt sich der Tuff nicht mehr bis hart an diese Stelle verfolgen, denn begreiflicherweise ist der steile Hang hier oben mit dem von der Kalksteinwand abbröckelnden Kalkschutt übergossen. Aber es kann gar keinem Zweifel unterliegen, dass unter dieser Schuttdecke der Tuff bis hart an die senkrecht aufsteigende Kalkmauer herantritt. Hier ist also im Osten die Grenze des Ganges. Gleiche Verhältnisse treffen wir nun aber, wenn wir das west- liche Gehänge dieses Nebenthales erklimmen oder wenn wir, weiter nach N. vorschreitend, uns dem oberen Anfange desselben nähern. Überall Tuff, der jedoch mit der Annäherung an die das ganze Neben- thal umgürtende, senkrecht aufragende Mauer unter der Schuttdecke verschwindet, welche von dieser Mauer ausgehend den Fuss derselben als Schutthalde begleitet. Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergiebt sich also das Folgende: Wir stehen in einem von N. nach S. hinabziehenden Neben- thale des Lenninger Thales, welches vom Niveau des Weissen Jura d an bis in das unterste & hinabreicht. Wenn wir den das Thal in der Tiefe erfüllenden Tuff hinausschaffen könnten, so würden wir sehen, dass die Weiss-Jurawände des Thales nicht nur oben im Jd senkrecht hinabsetzen, sondern auch bis in unbekannte Tiefen. Mit anderen Worten: Wir stehen mitten in der Achse eines senkrecht in die Tiefe hinabsetzenden, tufferfüllten Ausbruchskanales, welcher die Alb durchbohrt. Nur an der S.- und SO.-Seite ist die Wand dieses Kanales durch die Bildung des Lenninger Thales und seines Nebenthales eingerissen worden, so dass wir nun von dorther in das Innere der Ausbruchsröhre eintreten können. In die tuffige Füllmasse gruben sich später die Gewässer ihren " Nahe bei dieser Stelle, etwas nördlich, ist die Wand durch eine Scharte unterbrochen, durch welche sich eine mit losem Schutt bedeckte „Schurre“ vom Thalboden an bis hinauf auf die Höhe von d zieht. Man könnte meinen, dass diese Scharte daher käme, dass der Tuffgang hier in seiner Fortsetzung hinauf- ziehe. Allein dem scheint nicht so zu sein; ich fand wenigstens nirgends eine Spur von Tuff, nur losen Kalkschutt in der Scharte. Dieselbe ist offenbar eben- falls nur ein in die senkrechte Mauer durch das Wasser eingesägter Riss. — 158 — Weg, entfernten die oberen Teile derselben und schnitten tief in dieselbe ein, so dass sie in ihrem Innersten aufgeschlossen vor uns liegt. Da diese Tuffmasse bis in die heutige Thalsohle hinabsetzt, welche letztere noch keinen horizontalen, aufgeschütteten, alluvialen Boden besitzt, sondern nach unten keilförmig in den Tuff einschnei- det (Fig. 17), also noch in weiterhin fortschreitender Vertiefung be- griffen ist, so leuchtet ein, dass der Tuff auch noch weiterhin in unbekannte Tiefe hinabsetzen muss. Zweifellos ist die Ausfüllungsmasse dieses Thales nur die Fort- setzung des Tufiganges, welcher von der Steige, wie vorher bespro- chen, angeschnitten wird; denn der Zusammenhang beider lässt sich Schritt für Schritt verfolgen. Nun beträgt aber die Breite des Tuff- ganges an der Steige nur 56 Schritt, während die Breite der nördlich davon liegenden, das Nebenthal erfüllenden Tuffmasse eine wesentlich breitere ist. Eine genaue Zahl kann ich für letztere nicht angeben, da ein Abschreiten quer über das tief eingeschnittene Thal unmöglich ist und ein Abmessen auf der Karte bei der Beschaffenheit der topographischen Grundlage, welche der Höhenkurven ermangelt, kein verwertbares Ergebnis hat. Ich kann daher nur schätzen, dass die grösste Breite der Tuffmasse im Nebenthale bedeutender ist als die Breite derselben, also des Ganges, an der Steige. Dieser Tuffgang dehnt sich jedoch noch weiter, nach W. hin aus. Wenn man nämlich an der Spitze des Hakens der Steige auf den Äckern des westlichen Gehänges dieses Nebenthales links bergauf steigt, so zeigt sich in einiger Höhe, dass hier gleichfalls eine Schlucht eingegraben ist. Dieselbe zieht später von ihrer Passhöhe oben im Walde nach W. wieder hinab. Ein von Gutenberg nach Schopfloch führender Fussweg'! geht in derselben empor. An diesem Wege selbst, wie im Walde neben demselben, steht nun abermals Tuff an. Sicher ist letzterer in Verbindung mit der vorher besprochenen Haupttuffmasse, welche das Nebenthal erfüllt; d. h. er ist nichts anderes, als eine nach W. vorspringende Ausbuchtung der letzteren und diese Ausbuchtung zieht sich nahe bis an die Passhöhe hinauf. Der Querschnitt des in die Tiefe niedersetzenden tufferfüllten Ausbruchskanales ist bei diesem Maare mithin nicht rund, sondern ein unregelmässigerer gewesen, wie das Fig. 16 erkennen lässt. Die Verhältnisse liegen aber möglicherweise noch verwickelter. ! Derselbe beginnt an der Steige bald hinter Gutenberg noch westlich des ersten Ganges. — 159 — Ich sagte auf S. 753, dass Gang 1 sich durch eine rinnenartige, am Gehänge emporlaufende Einsenkung kennzeichne. Schaut man nun von jener Passhöhe, nachdem man etwas gegen S. durch den Wald vorgedrungen ist, bis man freien Ausblick in das Lenninger Thal erhält, in letzteres hinab, so sieht man jene Rinnen sich weit höher am Gehänge hinaufziehen, als das unten von der Steige aus der Fall zu sein schien. Das kann wohl nichts anderes bedeuten, als dass der Tuffgang selbst sich dort emporzieht. Es wird daher nicht unmöglich, dass derselbe auch bis in die Gegend der Passhöhe zieht, dass er mit anderen Worten mit der dortigen, in der Schlucht anstehenden Ausbuchtung unserer Haupttuffmasse in Verbindung steht. Freilich ist hier oben im Walde, wie auf den Äckern, die sich in das Lenninger Thal nach S. hinab- ziehen, nichts von Tuff zu sehen. Überall nur Weiss-Jura-Blöcke und Schutt. Allein es ist eine ganz allgemeine Erscheinung, dass unsere Tuffmassen eine oft alles verhüllende Kappe von Weiss-Jura- Schutt tragen. Das ist selbst draussen im Vorlande der Alb häufig der Fall; geschweige denn hier dicht am Steilabfalle derselben, so- zusagen in der Traufe ihres Steinregens. Besteht nun, was nicht ganz unmöglich ist, diese Verbin- dung von Gang 1 mit der westwärts ziehenden Ausbuchtung des Ganges 2!, dann würden in Wirklichkeit beide Gänge nur einen einzigen Ausbruchskanal von noch unregelmässigerem Querschnitte bilden, wie sich das aus obiger Zeichnung ergiebt. Es träte dann der zwischen beiden liegende Berg (mit ? bezeichnet, an der Steige bei y an- - geschnitten) wie eine grosse Insel im Tuffe auf. Zweifellos besteht der Fuss dieses Berges, bei y an der Steige, sowie wohl auch die O.-Seite desselben * aus anstehendem Weiss-Jura. Aber der grössere Theil des Berges ist möglicherweise doch aus Tuff gebildet, welcher nur durch eine Schuttkappe verhüllt wird. In einer solchen können ja so riesige Juramassen hängen, dass man sie für anstehend halten möchte. In diesem Falle würde der mit y bezeichnete Theil des Juramantels nur einem kleinen Keile gleich in die Tufffüllung eines einzigen grossen Ausbruchskanales eindringen. Fassen wir nun das Gesagte zusammen, so ergiebt sich, dass bei dem vulkanischen Ausbruche an dieser Stelle in dem Körper ! Diese Verbindung würde also von Gang 1 aus gegen NNO. ziehen, über die Stelle, auf welcher in Fig. 16 keine Tuffsignatur eingezeichnet ist. ° Um diese Ostseite läuft der von Gutenberg nach Schopfloch führende Fussweg herum und entblösst dort, wohl anstehenden, Weiss-Jura. ze der Alb ein senkrechter Kanalausgeblasen wurde, wel- cher nicht einfach einen ovalen oder rundlichen, son- dern einen unregelmässig umrandeten Querschnitt be- sitzt. Von demim Querschnitte länglich ovalen Haupt- kanale, welcheretwa SW.—NO. streicht, gehteinenach W. gerichtete Ausbuchtung aus. Es ist nicht ganz aus- geschlossen, dass letztere an ihrem W.-Ende abermals nach SW. umbiegen und hier mit Gang 1 zusammenhängen könnte. Wäre das der Fall, dann hätten wir hier einen grossen Ausbruchskanal unregel- mässig rundlichen Querschnittes, welcher nach SW. zwei Spalten, Gang 1 und Gang 2 an der Steige, ausschickt, die dann vermutlich bald sich auskeilten. Doch ist der Zusammenhang mit Gang 1 sehr fraglich und nicht recht einleuchtend. Im W., N. und NO. steckt dieser mächtige senkrechte Tufigang noch in seinem Nebengestein drinnen. Im S. und SO. ist dieser Mantel bereits durch die Thalbildung teilweise abgeschält worden. Nur noch die mit x und % bezeichneten Stellen sind an dieser Seite Reste des Mantels. Das Nebenthal, welches durch die ganze Aus- dehnung der Hauptmasse des Ganges sich hindurchgegraben hat, erschliesst uns das Innere desselben vollständig. Die Tuffmasse ist ungeschichtet. Jetzt erfüllt sie z. T. nur noch die tieferen Teile des Kanales. Früher wird sie höher in letzterem hinauf gereicht haben, bis nahe an die Oberfläche der Alb, wie das bei Gang 4 (No. 45) der Fall ist. Dort wird der Kanalals Maarkessel gemündet haben. 44. Der dritte Maar-Tuffgang an der Gutenberger Steige. Wenn schon der erste dieser Gänge, infolge seiner Berasung, sich vielleicht übersehen lässt, so gilt das bei dem dritten derselben in sehr wesentlich höherem Maasse, denn er besitzt nur eine ganz geringe Breite von 7 Schritten und ist zudem völlig bewachsen. Von Tuff ist nichts zu sehen, nur eine senkrecht stehende Lücke zwischen wagerechten Kalken des Weiss-Jura #. Der Gang wird von der Steige an der Stelle geschnitten, an welcher dieselbe soeben das oben besprochene Nebenthal verlassen hat und nun aus der nord- südlichen Richtung in eine nach SO. gehende umbiegt. DErFNER zeichnet (Fig. 15) auch hier einen langgestreckten, nördlich bis an den Weissen Jura d reichenden Gang ein. So viel ich aber bei mehrfachem Besuche erkennen konnte, beruht das jedenfalls nicht auf Beobachtung von seiten DErrner’s, sondern ist nur Konstruktion. — 61 — Klimmt man nämlich an dieser Stelle an dem sehr steilen Abhang nach N. in die Höhe, so findet sich überall nur Schutt von Weiss-Jura-Gestein, nirgends aber Tuff. Man kann daher unmöglich entscheiden, ob der von der Steige angeschnittene schmale Tuffgang sich überhaupt nach N. bezw. NO. fortsetzt oder ob er hier bereits sein Ende findet. Da sich nun am Gehänge weder eine gratförmige Erhöhung noch eine rinnenförmige Vertiefung hinaufzieht, so will mir scheinen, dass er sich nicht viel weiter nach N. ausdehnt, son- dern dass wir an dieser Stelle bereits vor dem Ende des Ganges stehen. Ich denke mir, dass, wie aufS. 765 in Fig. 16 bei 3 AU) WW E> m. 77 7 vB W. 5: THLLIN Ha \ Er ZN AN > NY. . klar nz re sit u = D ZHRTARRERHRERN \utl AN IN FALL ETRRETÄRTERRNNERN N _ 5. Gutenberger Steige. VergröfsKartenbild d. geolog. K.v. Württemberg. Fig.ß. angedeutet ist, sich der eigentliche Gang in dem jetzt durch das Lenninger Thal eingenommenen Raume be- fand. Indem das Thal sich ausfurchte, rasierte es ihn ebenso wie seinen Weiss-Jura-Mantel bis hinab auf das Niveau des Weiss-Jura 5 ab und deckte mit seinem Alluvium die in weitere Tiefe gehende Fortsetzung desselben zu. Wenn man nämlich die Böschung der Steige an dieser Stelle untersucht, so ist zwar von Tuff nichts zu finden, aber man sieht auf ziemlich weitem Umkreise hier schlech- teren Graswuchs als an den übrigen Teilen der Böschung. Das deutet darauf, dass hier Tuff vorhanden ist, sich also ins Thal hinein —. A102 = ausdehnt. Ob er aber wirklich auch ansteht, das ist nicht sicher, denn Böschungen von Kunststrassen sind oft mit absichtlich beim Bau herabgestürztem fremdem Materiale überschüttet. Wie weit sich dieser Gang nach S., im Gebiete des heutigen Lenninger Thales etwa ausdehnt und welchen Querschnitt er besitzt, entzieht sich unter solchen Umständen jeder sicheren Beurteilung. Nur eines ist wohl sicher, dass dieser 3. Gang nicht, wie DEFFNER meint, eine Fortsetzung des sogleich zu besprechenden 4. Ganges oben an der Steige bildet, in der Art, dass hier eine mehr als 1,25 km lange Spalte vorliegen würde!'. Einmal nämlich ist mir das Auf- treten so langer und zugleich mit Tuff gefüllter Spalten nach meinen Erfahrungen in unserem Gebiete fraglich. Zweitens lässt sich über- haupt eine Streichungsrichtung für den dritten Gang gar nicht an- geben; man kann daher auch nicht feststellen, ob er in derselben südwestlichen Richtung streicht, wie DEFFNER sie dem vierten Gange giebt. Des weiteren streicht aber dieser letztere gar nicht in dieser Richtung, sondern, wenn man bei ihm von einer solchen reden will, in südlicher. Er weist daher in seiner nördlichen Ver- längerung gar nicht auf diesen dritten Gang hin, son- dern höchstens aufdenersten, wie aus Fig. 16 ersichtlich ist. 45. Der vierte Maar-Tuffgang, bezw. Tuffmaar, an der Guten- berger Steige. Wir folgen der Gutenberger Steige vom dritten Gange an weiter aufwärts und biegen, an der Spitze des Lenninger Thales, mit ihr in scharfem Winkel um. Abgesehen von einigen flachen Biegungen verläuft die Strasse geradeaus in westlicher Richtung. Endlich er- folgt eine etwa rechtwinkelige Biegung nach S., also nach links, weil die Steige hier ein kleines Nebenthal zu umfahren hat, welches nach N. in das Lenninger Thal hinabläuft. Dasselbe ist von oben bis unten in dem hier in Rede stehenden vierten Tuffgange aus- gegraben. Die Steige selbst durchschneidet nun wagerecht den Gang und schliesst ihn vorzüglich auf, wobei sich ein Durchmesser des- selben, in gerader Richtung gemessen, von etwa 100 Schritten er- giebt. Haarscharf sind beide Salbänder des Ganges und die Kon- taktlinie desselben mit dem Juragestein bis zu 5—-10 Fuss Höhe über der Strasse zu erkennen. Über wie unter diesem durch die neue Steige verursachten senkrechten Anschnitte ist jedoch das Ge- ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 33. eg hänge bewaldet, so dass hier der Kontakt nicht mehr so scharf, immerhin aber doch an verschiedenen Stellen gut erkennbar ist. Ich komme am Schlusse noch auf diesen durch die Steige erzeugten Anschnitt des Ganges zurück. Vorerst wollen wir aber den Gang nach aufwärts und dann nach abwärts verfolgen, um eine klare Auffassung seiner Gestalt, Grösse und Länge zu gewinnen. Da, wo die Steige, mitten im Gange, wieder einen Knick macht, um die Spitze des nach N. hinabziehenden Nebenthales zu umfahren, führt im Zickzack links ein Fussweg am Gehänge hinauf. Wir folgen ihm und halten uns dabei südwärts. Bald erkennen wir trotz dichter Bewaldung, dass wir in einem Kessel stehen und über Passhöhe N Summe ! II RR: oO 1b red Thal 2 RUN N lılı ul He: jlı ID bus RS 0. NN AKHNIR Hu‘ ne N N N NH = NT Gräben. — Gutenberger Steige 125,4!" Gang Fig.te. die unebene Oberfläche des Tuffganges dahingehen, welcher seinen Boden bildet. Wir befinden uns auf dem Boden eines Maares, dessen Wände hier aus Weiss-Jura d, weiter oben aus { gebildet sind. Nach allen Seiten steigt die Kesselwand steil in die Höhe zur Hoch- fläche, welche aus Weiss-Jura [ besteht. Nur an der N.-Seite, da wo wir von der Steige aus in den Kessel eintraten, und dann am ganzen nördlichen Gehänge hinab bis nahe in das Lenniger Thal, ist die Kesselwand durch die Erosion beseitigt. ! ge fehlt anscheinend völlig zwischen d und. Ein treff- licher Beweis dafür, dass e aus umgewandelten Korallenkalken besteht; denn diese brauchen sich natürlich nicht an allen Orten gebildet zu haben, können also fehlen. — 174 — Der jetzige Boden dieses Kessels ist übrigens nicht mehr deı ursprüngliche des Maares, sondern bereits durch die Erosion vertieft, indem der Tuff ausgefurcht wurde. Es hat nämlich ursprünglich die Tufffüllung offenbar bis in das jetzige Niveau der Albhochfläche hinaufgereicht, so dass der eigentliche Explosionstrichter, falls er vorhanden war, bereits abgetragen wurde. Man kann sich leicht davon an der W.-Seite und SW.-Ecke des Maares überzeugen; dort steigt der Waldboden, und damit der Tuff, wie man an den umher- liegenden Tuffstücken erkennt, noch heute bis zur Höhe der an- erenzenden, aus Weiss-Jura bestehenden Felder an. Wenn daher die Oberfläche dieser Tuffsäule in der Mitte vertieft und kesselförmig ausgehöhlt ist, so ist das eine Wirkung der Erosion. Der eigentliche echte Maarkessel lag höher und besteht nicht mehr; der jetzige dagegen ist nur ein scheinbarer. Trotzdem aber ist die Analogie dieses Tuffganges mit anderen zweifelloser Maare, wie z. B. des- jenigen von Randeck (No. 39), so schlagend, dass wir sicher über- zeugt sein können, hier vor einer gleichen Bildung zu stehen. An der soeben besprochenen SW.-Ecke unserer Tuffmasse bietet sich eine überaus bemerkenswerte Erscheinung dar. Hat man nämlich, den oben erwähnten Fussweg durch den Kessel verfolgend, den S.-Rand des letzteren erklommen und ist damit aus dem Walde in das Freie getreten, so sieht man sich oben auf der Hochfläche der Alb angelangt. Der Tuff ist damit verschwunden und allerorten ist hier oben der Weisse Jura [ als anstehend zu erkennen. Unter anderem ist letzterer auch aufgeschlossen in der östlichen Hälfte des Grabens, welcher auf der Fig. 16 als solcher bezeichnet ist. Geht man in diesem Graben von O. nach W. weiter, so tritt auf einer Erstreckung von 90 Schritt an der nach S. gerichteten Böschung an zwei Stellen der Tuff anscheinend unter der Juradecke zu Tage. An der jenseitigen Böschung fehlt der Tuff bereits; wir stehen hier also an der Grenze zwischen Tuff und Weiss-Jura. Auf der oben angeführten Fig. 16 habe ich den Tuff bis an diesen Graben heran als zusammenhängende Masse gezeichnet, weil das Tuffband an der Grabenböschung zu schmal für die Darstellung wäre. - In Wirklichkeit aber ist der im Maare liegende mit Wald bewachsene Tuff von diesem im freien Felde am Grabenrande er- scheinenden durch einen schmalen Streifen Weiss-Juragebietes ge- trennt. Offenbar hängen jedoch beide Tuffmassen unterirdisch zusammen. Es entsteht daher die Frage, ob der beide Vorkommen trennende Weiss-Jurastreifen anstehend ist oder nicht. So leicht das Anstehen =. 5) — sich ostwärts dieser Stelle bejahen lässt, so schwierig ist doch hier über dem Tuffe die Entscheidung darüber. Bald möchte man sicher meinen, die über dem Tuffe liegende Masse von Weiss-Jura {© sei auch hier anstehend; bald möchte man in ihr nur eine abgerutschte oder zerrüttete Masse sehen. Diese Frage ist im höchsten Grade für unsere Tuff- bildungen von Interesse: Auf der einen Seite eine Lagerung, bei welcher der Tuff unter anstehendem Weiss-Jura aufträte. Bei einem echten Eruptivgange, dessen. geschmolzene flüssige Masse in eine Spalte hineingepresst wird, wäre das freilich eine all- tägliche Erscheinung. Anders liegt die Sache jedoch hier, wo es sich um lose ausgeworfene Aschenmassen und zerschmetterte Sedimentärgesteine handelt. Dass solche in einen oben offenen Kraterkessel, aus dem sie herausgeschleudert werden, wieder zurück- fallen und denselben allmählich anfüllen, ist sehr erklärlich. Wie aber kämen sie hier z. T. unter die Weiss-Juradecke ? Wäre letztere wirklich anstehend, dann wäre diese Stelle der sicherste Beweis dafür, dass unsere Tuffmassen sich selbst den Kanal durch die Jura- u. s. w. Schichten gebohrt haben, und dass nicht etwa zuerst durch Senkung ein Kanal entstanden ist, bevor die Tuffe herausgeschleudert wurden. Der Regel nach wäre die Durch- bohrung dann bis an die Tagesfläche erfolgt. Ausnahmsweise aber, wie hier, wäre noch die obere Weiss-Juradecke überall oder nur an einer Stelle unversehrt geblieben; so dass die Füllung des Kanales mit Tuff in einer oben noch gänzlich oder doch z. T. geschlossenen Röhre erfolste. Denkbar ist das ja vollkommen. Aber doch sträubt man sich gegen eine solche Annahme. Warum, so wird man mit Recht fragen, sollten denn bei dem Ausbruche Gase und Tuffmassen nicht im stande gewesen sein, diese Weiss-Juradecke von nur wenigen Fuss Dicke zu durchbrechen wenn sie doch im stande waren, sich einen so langen Kanal zu bohren? Allerdings könnte man ja darauf hinweisen, dass — wie oben und auch an anderen Orten verschiedentlich be- tont — auf der Hochfläche der Alb die früheren Maarkessel jetzt zum grösseren Teile verschwunden sind; d. h. dass seit den Aus- brüchen ein der einstigen Tiefe dieser Kessel entsprechend mächtiger Schichtenkomplex des Weissen Jura abgetragen worden ist. Es wäre also zur Zeit dieses Ausbruches an der Gutenberger Steige die an der SW.-Ecke auf dem Tuffe liegende Weiss-Juradecke, falls sie eben anstehend ist, nicht nur einige Fuss, sondern etwas mehr mächtig —— 100, — gewesen. Aber was will das sagen gegenüber der Thatsache, dass diese Ausbruchskanäle viele tausend Fuss dicke Gesteinsmassen durch- bohren. Wenn die Gase die ungeheure Bohrarbeit durch diese mäch- tigen Gesteinsreihen leisten konnten, dann werden sie doch nicht vor der obersten derselben Halt gemacht haben, gleichviel ob die- selbe nur einige oder einige hundert Fuss Dicke besass. Unter solcher Überlegung scheint es mir doch immer noch einleuchtender, dass die auf dem Tuffe liegenden Weiss-Jurastücke nicht anstehen, sondern nur Schutt sind. Auch noch in einer weiteren Beziehung zeigen sich bei diesem Maare bemerkenswerte Verhältnisse: Fast ausnahmslos fehlen bei unseren Maaren und Tufigängen der Gruppe von Urach gestörte Lagerungsverhältnisse. Die durchbrochenen Schichten des Jura- systems haben fast überall ihre nahezu horizontale Lage bewahrt. Hier jedoch zeigt sich eine starke Störung der Lagerung. Unten freilich, da wo die Steige den Gang anschneidet, ist nichts Derartiges zu sehen. Folgt man dann aber dieser Fahrstrasse, welche sich nun um den Berg herumwindet, weiter bergauf erst in süd- westlicher, dann in südöstlicher Richtung, so zeigt sich auf der letzteren Strecke eine Störung in der horizontalen Lagerung der Weiss-Juraschichten. Allerdings befinden wir uns an dieser Stelle oben hart am Steilabfalle, an welchem leicht eine Abrutschung erfolgt sein könnte. Allein, wenn die Störung durch eine solche erfolgt wäre, so würden die Schichten ungefähr nach W., also im Sinne des Bergabhanges geneigt sein. Die Schichten fallen aber umgekehrt, ungefähr östlich, in den Berg hinein gerade gegen den Maarkessel hin, wie das der Pfeil in Fig. 16 auf S. 763 andeutet, während die punktierte Linie die Bruchlinie andeuten soll, bis an welche heran das starke Fallen sich bemerkbar macht. Der durch die Steige geschaffene, dieselbe begleitende Aufschluss lässt einen Fallwinkel erkennen, welcher zwischen 10 und 35° wechselt. Auch die Neigung der Oberfläche der dort an der Strasse liegenden Felder zeigt, dass hier eine grosse, nach ©. gesenkte Platte vorliegt, wie Fig. 19 erläutert. Wenn nun auf solche Weise hier in deutlichster Form als Aus- nahme eine Lagerungsstörung, ein Absinken des westlich von dem Maarkessel gelegenen Gebietes zu diesem hin erfolgt ist, so ist doch zu betonen, dass dieses gestörte Gebiet nicht bis an den Rand des Maares bezw. Ganges heranreicht. Die Bruchlinie fällt nicht mit dem westlichen Maarrande zusammen, sondern läuft westlich in einiger Entfernung von demselben, wie Fig. 19 erläutert. Die Durchbohrung der Erdrinde ist hier also nicht in der Bruchlinie bezw. Spalte, sondern neben derselben er- folgt, als wenn sie mit der Bildung des Bruches nichts zu thun habe. Letzterer könnte ja später entstanden sein. GufenbergerSleige4"GangvS.herbeiX gesehen Fig.19. Die Kontaktmetamorphose, welche von dem in die Tiefe niedersetzenden Tuffgange ausgeht, lässt sich da, wo er von der Steige geschnitten wird, vorzüglich beobachten. Sie ist an beiden Salbändern eine verschiedene. Nähert man sich, auf der Strasse von unten heraufkommend, dem östlichen Salbande, so kommt man zunächst, bevor man den Gang erreicht, an eine Stelle, an welcher der Weisse Jura d dunkelziegelrote Farbe zeigt und roter, keuper- ähnlicher Thon in einer Spalte liegt. Thon wie Färbung sind hier aber entstanden aus der Zersetzung des Kalkes durch Tagewässer. Man glaubt ein Zwischenstadium in der Entstehung des Bohnerzes vor sich zu haben, mit dem Kontakt steht diese Umwandlung jeden- falls in keinerlei Zusammenhang. Dagegen zeigen sich ungefähr 10 Schritte vor dem Gange im Weissen Jurakalk unregelmässige rote Flecken, welche man wohl als Hitzewirkung betrachten möchte, denn die mitten in den Tuffen liegenden Kalkstücke sind ja sehr häufig rotgefärbt. Merkwürdiger- weise lässt sich aber dann hart am Kontakt nichts von einer weiteren Metamorphose beobachten. Anders liegen die Dinge am oberen westlichen Salbande. Hier ist der weisse Kalk im Kontakt auf '/,—1 Fuss Breite dunkel rauch- grau geworden; ganz wie wir das schon öfters z. B. bei dem zweiten Gange (S. 756) sahen und wie es auch bei zahlreichen, im Tuffe eingeschlossenen Kalkstücken der Fall ist. Auch im Nebenthale, also abwärts von dieser Stelle, erkennt man das dunkle Kontakt- band neben dem Tuffe. EN US Dicht am oberen westlichen Salbande tritt an der Steige noch eine weitere bemerkenswerte Thatsache: Es liegt hier ein grosser Block von Basalt im Tuffe. Dass es sich etwa nur um einen ausgeworfenen Basaltblock handeln könnte, halte ich bei der Grösse desselben für ganz ausgeschlossen. Es finden sich auch nirgends sonst in unseren Tuffen grosse Blöcke von Basalt, ohne dass dieser letztere in ihnen nahebei anstände. Wir haben hier natürlich noch nicht den erstarrten grossen Basaltkuchen, welcher ‘einst diesen Ausbruch veranlasste, vor uns. Dieser ruht in vermutlich sehr grosser Tiefe, denn wir finden ja die Kanäle, von welchen unser vulkanisches Gebiet durchbohrt ist, vom Weissen Jura an durch den Braunen und Schwarzen Jura hindurch bis auf den Keuper hinab mit Tuff erfüllt; und niemand vermag zu sagen, wie tief noch weiter diese tuffige Füllmasse reichen mag, bis wir auf den Urheber derselben, den Basalt stossen würden. Das also, was wir hier hoch oben im Niveau des Weiss-Jura d vor uns haben, ist nichts anderes als die oberste Spitze, die Apophyse eines Basaltganges, welcher, wie in manchen anderen unserer Tuff- massen hoch in dem Tuffgange aufsteigt und sich, wie ehem meist, in Stücke oder Kugeln auflöst. Ein weiteres Nachgraben ist an dieser Stelle leider eine Un- möglichkeit, da die Steige hier hart am Steilabfalle in den Felsen einschneidet und kein Raum für einen Schurf bleibt. Der Block, welchen ich anfangs ganz unverletzt im Tuffe liegend fand, ist bei wiederholtem Besuche, anscheinend auch durch andere, bereits zer- kleinert und wird schliesslich wohl ganz verschwinden, da die umher- liegenden Basaltstücke die Aufmerksamkeit auf ıhn richten. Es ist daher günstig, dass sich Basaltstücke auch in dem nach N. hinab- ziehenden, im Tuffe ausgefurchten Nebenthale finden. Hier setzt jedenfalls dieser Basaltgang in die Tiefe. Dieser Nachweis eines Basaltganges in einer der am Steilabfalle der Alb aufgeschlossenen Tuffmassen ist sehr wichtig. Wir finden ja nicht selten Basaltgänge in denjenigen unserer Tuffmassen, welche im Vorlande der Alb auftreten. Aber bei all diesen Vorkommen muss die Gangnatur des Tuffes erst durch sorgsame Untersuchung nachgewiesen werden. Gerade in den am Steilabfalle der Alb auftretenden Tuffmassen, deren Gangnatur durch den vorzüglichen Anschnitt, welchen der Steilabfall erzeugt, über jedem Zweifel steht, sind aber Basalt- gänge äusserst selten. Bisher kannten wir erst in = len — einem einzigen derselben einen solchen. Es ist das der in die Tiefe hinabsetzende Tuffgang des Randecker Maares (No. 39. Zum zweiten Male nun lässt sich hier ein Basaltgang nachweisen. Dadurch wird auch hier der unumstössliche Beweis geliefert, dass der Tuff unmöglich von oben her durch Wasser oder Eis in die Spalte hinabgeschoben sein kann, sondern dass der Tuff in die Röhre durch einen Ausbruch von unten herauf befördert wurde. Vom Weiss-Jura { an, oben auf der Hochfläche, bis hinab in das Niveau von ungefähr £ lässt sich dieser Tuff als saigerer Gang in dem steilen Nebenthale verfolgen, welches im vulkanischen Ge- steine ausgefurcht, nach N. in das Lenninger Thal hinabzieht. Der Basaltgang in dem Tuffgange steigt bis in das Niveau von d hinauf. Wie weit der Tuff im Nebenthale, also am Gehänge hinabsetzt, ist nicht festzustellen. Der Fuss des letzteren ist mit Rasen be- wachsen, daher kann man nicht sehen, ob dort bereits der Gang aufhört und bereits der Weiss-Juramantel desselben ansteht. In diesem Falle dürfte, Fig. 16, der Tuffgang nicht bis in das Lenninger Thal hinab gezeichnet werden, sondern von demselben noch durch ein Weiss-Juraband getrennt sein. 46. Der Maar-Tuffgang am Rossbühl bei Brucken, südöstlich von Owen. Halbwegs zwischen Owen und Unter-Lenningen liegt das Dorf Brucken, bei welchem ein klemes Nebenthälchen von ©. her kom- mend in die Lauter mündet. In diesem Nebenthälchen giebt die geognostische Karte Württembergs ein grosses Tuffvorkommen von gerundet dreieckigem Umrisse an. Derrner bemerkt über dasselbe nur das Folgende: „Auch am Rossbühl liegt östlich von Brucken eine Tuffpartie, von der sich vorläufig nichts weiter bestimmen lässt.“ So viel nun ohne zu schürfen erkennbar ist, besitzt dieses Tuffvorkommen doch eine viel weniger grosse Ausdehnung, als auf der geognostischen Karte von Württemberg. Es scheint sich viel- mehr auf den im folgenden beschriebenen Gang zu beschränken, so dass ich in der hier beigegebenen Karte das Bild entsprechend ge- - ändert habe. Wenn man von Brucken aus in dem Nebenthälchen aufwärts wandert, so muss man bei der Brücke die Thalsohle verlassen und dem Wege folgen, welcher sich rechts etwas bergauf am Thal- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. ‘ 49 gehänge nach OSO. dahinzieht. An Stelle des von der Karte bereits an dieser Stelle angegebenen Tuffes findet man jedoch hier zunächst nur Braunen Jura. Viel weiter aufwärts erst springt da, wo rechter Hand der Wald beginnt, eine kleine grat- oder buckelförmige Er- höhung aus dem Abhange hervor, welche sich an letzterem hinab- zieht. Dieser Buckel besteht aus Basalttuff, ist jedoch mit Rasen bedeckt. Aufgeschlossen ist derselbe daher nur in sehr mangelhafter Weise. Immerhin aber verraten bereits an dem Wege, auf welchem man hier steht, da wo derselbe den Grat zu schneiden beginnt, einige Tuffstücke das Vorhandensein dieses vulkanischen Gesteines. Ich konnte jedoch auch auf dem berasten Gehänge des Buckels an dem Auswurfe frisch angelegter Obstbaumlöcher sicher erkennen, dass der Buckel aus Tuff besteht. Das Emporragen desselben aus seiner Umgebung erklärt sich durch die grössere Härte des vulkanischen Gesteins gegenüber der weichen Beschaffenheit der Thone des Oberen Braun-Jura, in welchen derselbe als Gang aufsetzt. An der Südseite des Tuffganges findet man diese Thone oben am Walde zweifellos anstehend. Aber, wie schon oben gesagt, auch an der Nordseite desselben dürfte auf den Wiesen, welche dort vor dem Walde liegen, sicher auch derselbe Obere Braun-Jura, nicht aber Tuff anstehen. Bei Feststellung der Gestalt dieses Ganges ist zunächst in Betracht zu ziehen, dass sich derselbe an dem Bergabhange hinab- zieht, dass also die Oberfläche des letzteren den Gang schräg, von hinten-oben nach vorn-unten durchschneidet. Dadurch muss natürlich der Gang länger gestreckt erscheinen, als in Wirklichkeit der Fall ist; und da der Abhang nach O. fällt, so scheint auch dieser Gang von W. nach 0. zu streichen. Es ist mir aber, nach Analogie mit unseren anderen Tufigängen, doch wahrscheinlicher, dass hier nicht die Ausfüllung einer gestreckten Spalte, sondern diejenige eines Kanales von rundlichem oder doch nur elliptischem Querschnitte vorliegt, so dass sich dieser Gang unseren anderen als gleichartig anreihen würde, d. h. er wäre auch nur der in die Tiefe setzende Kanal eines einstigen Maares. Da auch dieser Tuff, wie stets der Fall, Weiss-Jurabrocken enthält, so muss zur Zeit seines Ausbruches sich an dieser Stelle noch die Alb ausgedehnt haben. Das Seitenthälchen, in welchem wir uns befinden, kann daher damals noch nicht ausgefurcht gewesen sein. Wir gelangen mithin hier zu einem ganz analogen Ergebnisse wie bezüglich N des Lenninger Hauptthales, in welches dieses Seiten- thälchen mündet; denn dass auch an Stelle dieses Hauptthales zur Zeit des Ausbruches noch die Hochfläche der Alb bis hinauf zum Weiss-Jura & sich ausdehnte, wird uns die Untersuchung des Tuffes vom Sulzburgberge zeigen (No. 48). I!b. Die am Steilabfalle und in den Thälern der Alb, auf und an der Erkenbrechtsweiler Halbinsel gelegenen, daher aufgeschlossenen Tuff- Maare bezw. Maar-Tuffgänge. Es ist eingangs erklärt worden, dass ich als „Erkenbrechts- weiler Halbinsel“ das ganze Gebiet verstehen will, welches zwischen Lauter und Erms liegt, und zwar rechne ich von Gutenberg an der oberen Lauter und von Seeburg an der oberen Erms an. Die Linie des Steilabfalles dieser Halbinsel wird nun dadurch verlängert, dass östlich und südlich von Urach die Elsach mit ihren Nebenbächen, sodann der Wittlinger Bach und der Riedheimer Bach mehr oder weniger tief den Rand der Hochfläche der Alb zerfransen. Auch in diesen Thälern finden sich Maare und Tuffgänge angeschnitten. Ich teile daher die Vorkommen am Steilrande dieser Halbinsel behufs besseren Auffindens derselben auf der Karte in zwei Abteilungen: 1. die zwischen Gutenberg und Urach, 2. die südlich und östlich von Urach auftretenden Tuffe. 1. Die am Steilabfalle der Erkenbrechtsweiler Halb- insel zwischen Gutenberg und Urach liegenden Punkte. Ich beginne bei der Beschreibung der einzelnen Punkte im oberen Lauterthale auf dem linken Ufer desselben, gehe dann nach N., dann um die N.-Spitze der Halbinsel herum und wieder am W.- ‘ Abhange der letzteren im Ermsthale gegen S. 47. Der Maar-Tuffgang des Conrads-Felsens. Drei Kilometer südlich von dem sogleich zu besprechenden Tuffgange des Sulzburg-Berges (No. 48) bei Unter-Lenningen befindet sich der Tuffgang des Conrads-Felsens.. Schon der Name „Felsen“ deutet an, dass wir hier nicht einen kegelförmigen Berg, sondern einen senkrecht aufragenden, und zwar unersteiglichen Tufffelsen vor uns haben. Die mit Kalktuff erfüllte Thalsohle des Lenninger Thales ist hier bis auf die Grenze zwischem Weissem und Braunem Jura ein- geschnitten. Steil erhebt sich auf dem linken Ufer des Lauterbaches das Thalgehänge, in seinem obersten Teile von der senkrechten Mauer 49* — '. 172. — des Weiss-Jura d gekrönt, welcher an dieser Stelle die Hochfläche bildet. Hart am Fusse dieses letzteren, senkrechten Absturzes, also hoch oben aus oberstem y, wächst dort mitten im Walde ein weit- hin sichtbarer, hoher, nadelförmiger Fels von düsterer Farbe empor, das dunkle Gestein wie durchspickt mit weissen Kalkbrocken. Sowie man den Fuss des Thalgehänges erreicht hat und nun den, das letztere bedeckenden Wald betritt, stellt sich dem Be- obachter ein Anblick dar, wie er sich bei keinem anderen unserer doch so zahlreichen Tuffvorkommen ergiebt. In einer Breite von etwa 150 Schritten, der Breite der Nadel ganz ungefähr entspre- chend, zieht sich vom Fusse derselben ein Felsenmeer riesiger Tuff- blöcke bis in das Thal hinab. Der gewaltige Umfang dieser Blöcke, sowie das vollständige Fehlen kleineren Tuffschuttes, sind ein spre- chender Beweis für die Härte des Gesteines, welches trotz des Sturzes in die grosse Tiefe nicht zerschmetterte. An diesem Beispiele wird recht deutlich die zuerst so überraschende Thatsache erläutert, dass ein von Natur so weiches Gestein wie vulkanischer Tuff in unserem Gebiete durch nachträgliche Cementierung eine solche Härte erlangt hat, dass es nun widerstandsfähiger selbst als der harte Weiss-Jura geworden ist. Doch dürfen wir freilich nicht ausser acht lassen, dass bei diesem letzteren in der Wechsellagerung harter Schichten- abteilungen mit weichen die Hauptursache der verhältnismässig so schnellen Zerstörung der Weiss-Jurabildungen ist. Es ist ganz auf- fallend, wie hier beim Conrads-Felsen die grossen Blöcke fast nur aus Tuff bestehen, während die Kalkblöcke beim Absturze in die Tiefe zerschmetterten und den feineren Gesteinsschutt bilden, auf welchem jene liegen. Folgt man diesem Felsenmeere aufwärts, so ergiebt sich am Fusse der Nadel eine Grenze des Vordringens, da das Gehänge hier schwer ersteiglich wird. Es lässt sich daher auch die Dicke der Tuft- masse, von NO. nach SW., nicht abschreiten. Die Breite derselben, von SO. nach NW., beträgt etwa 150 Schritte an der Grundfläche. Diese letztere Ausdehnung mag wohl die etwas längere sein, so dass sich ein vermutlich elliptischer Querschnitt der Felsnadel er- geben würde. Beim Anblicke dieser hochaufragenden Gesteinssäule wird jeder Gedanke daran verstummen müssen, dass hier der Erosionsrest einer durch Wasser oder Eis hoch oben an den Steilabfall angelagerten Masse vorliegen könnte. Die einzige einleuchtende Erklärung ist die, dass dieselbe im Steilabfalle wurzelt, demselben gangförmig ein- —- 793 — gelagert ist. Die den Abhang bis an seinen Fuss bedeckenden Blöcke könnten dann weiter zu der Annahme verleiten, dass sich dieser Tuffgang im aufgeschlossenen Zustande bis an den Fuss des Ge- hänges hinab zöge, also durch letzteres sehr schräg von oben- hinten nach unten-vorn durchschnitten würde. Derartige An- schnitte kommen ja vielfach in unserem Gebiete vor, wie z. B. bei dem obersten Gange an der Gutenberger Steige (No. 45), welcher sich gleichfalls am Steilabfalle aus Weiss-Jura £ bis an ° das £# hinabzieht. Wäre das hier der Fall, dann würde man jedoch an dem steilen Gehänge ausser den DW. N.O. Lenninger grossen Tuffblöcken auch Thal anstehenden Tuff finden. Überall zeigt sich jedoch nur Weiss-Juraschutt. Es liegtdaherim CGonrads-Felsen ein saigerer Tuff- gang vor, dessen Kopf an der Grenze zwischen Weiss- Jura y und d am Steilabfalle der Alb zu Tage tritt und früher gewiss auch am Boden eines, nun zerstörten Maarkessels mündete. Während der Korrektur erhalte ich von Herrn Fabrikant Jon. Binper am Markt in Ebingen die freundliche Mitteilung, dass der- selbe auch Basalt im Tufte des Conrads-Felsens gefunden hat. Es wäre das ein weiterer Beweis dafür, dass dieser Tuff an Ort und Stelle ausgebrochen ist. lsens 48. Der Maar-Tuffgang des Sulzburg-Berges. Das Thal des Lauterbaches, auch Lenninger Thal genannt, ist mit ungefähr nordsüdlichem Verlaufe tief in den Nordrand der schwä- bischen Alb eingeschnitten. In der Mitte des Thales, bei dem Dorfe Unter-Lenningen, erhebt sich steil aus der Thalsohle, gleich einer Insel, ein länglicher, ungefähr SO.—NW. streichender Berg, welcher von den Trümmern der Sulzburg gekrönt ist. Dieser Berg ist eine bisher durch die Erosion noch nicht beseitigte Masse, also ein stehen- gebliebener Überrest des früheren Thalinhaltes. Stehengeblieben, weil sein Gestein, vulkanischer Tuff, trotzdem es an der Oberfläche zu Sand zerfällt, in geringer Tiefe bereits fester ist als die Jura- schichten, welche dasselbe einst mantelförmig umhüllten. Die geologische Karte von Württemberg giebt an, dass der Fuss des Sulzburg-Berges ringsum aus Oberem Braun-Jura besteht und dass nur der Gipfel mit Tuff gekrönt ist. An der nach Unter- Lenningen hin gelegenen Seite ist sogar an der Grundfläche der Erhebung noch Braun-Jura y eingezeichnet. Das ist wohl aber nur Konstruktion auf Grund von Beobachtungen, welche an anderen Stellen gemacht wurden, und hier kaum zutreffend. Besteigt man nämlich den Berg auf dem gewöhnlichen Wege, vom östlich ge- legenen Dorfe aus, so sieht man zuerst am Bache Flussschotter auf- geschlossen. Beim Anstiege findet sich über diesem dann aber nicht Braun-Jura y, sondern wider Erwarten bereits Tuffboden auf den Sulzburg N.0. ER, De =: Br S- s. 0. ha | ee Fig. 21. = Äckern; denn die Böschung des Bergfusses ist hier eine so flache, dass man Jura vermuten möchte. Weiter hinauf folgt dann steilere Böschung, welche ganz sicher bis zum Gipfel hinauf durch anstehen- den Tuff gebildet wird. Es scheint mir nun, dass es sich im ersteren Falle nicht um von oben abgerutschte Tuffmassen handle, sondern dass letztere auch auf dem flacher abfallenden Fusse des Berges dem Dorfe zu wirklich anstehen. Doch habe ich sie immerhin mit ? bezeichnet. Auf der entgegengesetzten Seite des Berges, der südwestlichen, an welcher der Sulzburg-Hof steht, fehlt dieser schwach geböschte Fuss, weil auf dieser Flanke des inselförmigen Berges das Thal viel weniger tief eingeschnitten ist. Hier reicht der steile Abfall des ganz aus anstehendem Tuffe gebildeten Hügels bis in die Thalsohle hinab. Wenn letztere auch mit alluvialer Bildung eingeebnet sein ae mag, so wird doch auf ihrem Grunde Oberer Braun-Jura anstehen, wie das DEFFNER in der geologischen Karte Württembergs einzeichnete. Ich habe daher in obenstehender Skizze dies als thatsächlich an- genommen. Dagegen habe ich in letzterer auf dem nach Unter- Lenningen zu gelegenen Gehänge den Tuff bis an das Lauterthal hinabgeführt, weil ich das auf dem oben geschilderten Wege be- obachtete. Daher beginnt in meiner Skizze der Braun-Jura hier erst unter der Thalsohle, während er nach Angabe der Karte bereits weiter bergaufwärts eingezeichnet werden müsste, etwa da, wo ich die punktierte Linie mit dem Fragezeichen angegeben habe. Es ist das übrigens etwas ganz Nebensächliches, das auf die Deutung der Lagerungsverhältnisse keinen Einfluss hat. Die Lagerungsverhältnisse des Tuffes treten bei dem Mangel an entscheidenden Anschnitten, in welchen man den Kontakt zwischen Tuff- und Jurabildungen beobachten könnte, nicht so klar vor Augen. Kein Geolog, welcher, ohne unsere Tuffgangbildungen zu kennen, vor diesen Tuffberg träte, würde denselben zunächst als einen Gang auffassen, welcher, im Braun-Jura aufsetzend, seinen Kopf hoch aus der Umhüllung desselben herausstreckt. Er würde das um so weniger thun, als der Tuff an seiner Oberfläche locker, grandig ist, also gar nicht den Eindruck grösserer Widerstandsfähigkeit macht, welche ihn befähigte, einen Berg zu bilden. Die Deutung der Entstehungsweise des Sulzburg-Berges würde also zunächst darauf-hinauslaufen, dass man denselben entweder als den Erosionsrest einer grösseren Tuffdecke auffasste, welche einst- mals das Lauterhal erfüllte; oder dass man ihn als entstanden be- trachtete durch einen gerade nur an dieser Stelle vor sich gegangenen subaörischen Aschenausbruch, infolgedessen hier auf der heutigen Thalsohle ein Berg aufgeschüttet wurde. Die letztere Annahme erweist sich nun durch die Beschaffen- heit des Tuffes sogleich als unhaltbar: Die Thalsohle liegt bereits im Niveau des Braun-Jura; der Tuff enthält jedoch zahllose Weiss- Jurabrocken. Dort wo er ausbrach, muss daher auch dieses oberste Glied der Juraformation angestanden haben. Eine subaärische Auf- schüttung des Berges auf dem heutigen Thalboden ist mithin un- denkbar. Es bliebe daher nur jene erstere Annahme möglich, nach wel- ! Das ist jedoch, nach Analogie mit zahlreichen anderen unserer Tuft- vorkommen, sicher auch hier nur äusserlich der Fall; im Innern wird auch dieser Tuff sehr fest sein. — 116 — cher unser Berg der Erosionsrest einer einst grösseren, das Thal er- füllenden Decke wäre, deren Material an irgend einer anderen Stelle zu Tage gefördert wurde. Diese Möglichkeit ist indessen bereits durch die Erkenntnis ausgeschlossen, dass weder Wasser noch Eis unsere Tuffe verfrachtet haben kann (s. später). Wie soll nun dieser Tuff an die Stelle des heutigen Sulzburgberges gelangt sein, da er doch, wenn an anderer Stelle ausgebrochen, nur an einer hoch oben auf der Alb gelegenen entstanden sein könnte? Er enthält nämlich Weiss-Jurastücke bis hinauf zum d, muss also an einer d-Stelle ent- standen sein. Wir müssen daher zu einer anderen Erklärung greifen. Zu einer solchen werden wir indessen auch noch durch einen anderen Grund gedrängt: In dem Tuffberge’ setzt nämlich ein Basalt- gang auf. Natürlich könnte dieser letztere ja in eine, das Thal erfüllende grosse Tuffdecke eingedrungen sein. Indessen wäre es doch ein höchst unwahrscheinliches Zusammentreffen, dass bei der gänzlichen, spurlosen Abtragung dieser ausgedehnten Decke aus dem Thale gerade nur an derjenigen Stelle Tuff erhalten geblieben wäre, _ an welcher ein kleiner Basaltgang sich befand; denn der Sulzburg- berg ist das einzige Tuffvorkommen, welches sich in der Sohle des Lauterthales befindet. Unvergleichlich viel wahrscheinlicher ist es daher, dass an der- selben Stelle, an welcher der Basalt ausbrach, auch der Tuff zu Tage gefördert wurde. Nun sahen wir jedoch, dass die zahllosen Weiss-Jurabrocken einen subaörischen Ausbruch auf der heutigen aus Braun-Jura bestehenden Thalsohle undenkbar machen. Folglich bleibt nur die eine Möglichkeit übrig, dass der Ausbruch sich an dieser Stelle ereignete, als das heutige Lauter- thal noch gar nicht bestand, sondern sich noch die Alb bis zum Weiss-Jura d hinauf ausdehnte. Hierbei wurde der Ausbruchskanal, welcher ungefähr elliptischen Querschnitt besass, mit der Tuffbreccie angefüllt, während zugleich, oder etwas später, auch zusammenhängende Basaltmasse in letztere eindrang. Wir haben also auch hier einen Tuff- gang vor uns. Offenbar hat Drrrwer, welcher übrigens die Gangnatur dieses Tuffvorkommens auch bereits vermutete, diesen Basalt noch nicht gekannt, denn anderenfalls würde er desselben zweifellos Erwähnung gethan haben, da er die verhältnismässig seltenen Basaltvorkommen unserer Gegend sämtlich aufzählt. Auch heute noch ist dieser Basalt- gang übrigens nicht aufgeschlossen. Er beginnt vielmehr erst durch am die Erosion aus der ihn umhüllenden Tuffmasse herausgeschält zu werden, so dass er vorerst nur den Kopf ein wenig aus derselben herausstreckt. Dass es sich etwa nur um lose Blöcke von Basalt im Tuffe handeln könnte, ist bei der Grösse derselben ganz aus- geschlossen. Selbst wenn das aber der Fall wäre, so würde doch bereits die Anwesenheit so grosser Basaltblöcke für einen an Ort und Stelle erfolgten Ausbruch sprechen. Es liegt indes sicher hier das Ausgehende eines den Tuff durchsetzenden Basaltganges vor, welcher an zwei Stellen aus dem Tuffe herausschaut. Dieser Gang dürfte eine mindeste Breite von 15 Schritt besitzen und den Abbau zur Strassenbeschotterung vielleicht später einmal lohnen. Die be- treffende Örtlichkeit befindet sich auf dem steilen SW.-Abhange des Berges, gerade oberhalb des an seinem Fusse gelegenen Sulzburghofes. Bei der Musterung der sedimentären Gesteinsarten, welche oben auf dem aus Tuff bestehenden Bergrücken liegen oder in der Burg vermauert sind, ergiebt sich, dass dieselben nur zum Teil aus dem Tuffe herrühren, zum anderen Teile aber auf den Berg hinauf- gebracht sind. Was die in der Sulzburg vermauerten Weiss-Jura- steine anbetrifft, so muss mindestens ein Teil derselben an Ort und Stelle dem Tufie entnommen sein, da die betreffenden Stücke die- selbe rote, durch den Vulkanismus hervorgerufene Färbung zeigen, wie sie vielfach an den Weiss-Jurabrocken unserer Tuffe zu beob- achten ist. Zum anderen Teil aber mögen diese Steine auch zum Bau von ferner Stelle her auf den Hügel gebracht worden sein. Sicher gilt das natürlich von den im Mauerwerk sitzenden bezw. aus diesem zu Boden gefallenen Kalktuffsteinen, welche nur unten in der Thalsohle anstehen. Sicher aber auch von den umherliegen- den Platten des Posidonomyenschiefers, mit welchen das Dach dieser Burg, wie mancher anderer in diesen Landesteilen, einst gedeckt war. Eigentliche Aufschlüsse im Tuffe, mit Ausnahme des sogleich zu erwähnenden, fehlen am Berge. Doch sind die Beschafienheit des Tuffes und seine Bestandteile in den Äckern und Weinbergen, namentlich der SW.-Seite des Berges, sehr gut zu erkennen. An dieser selben Seite liegt am Fusse des Berges der Sulzburghof. Der Besitzer des letzteren hat nahe dem S.-Ende des Berges in neuerer Zeit einen Steinbruch eröffnet, in welchem Weiss-Jurakalk gebrochen wird, dessen mächtige Klötze an dieser Stelle vor dem spärlichen Tuffe vorwalten. Es ist das entweder eine schon bei dem Ausbruche oben auf der Alb losgebrochene und in den Schlund hinabgestürzte Masse, oder es ist ein Rest des ehemaligen Weiss-Juramantels unseres Ganges, welcher bei der Erosion bisher übrig blieb, an der Aussen- seite der Tuffmasse allmählich in ein tieferes Niveau rutschte und dort auf dem Tuffe liegen blieb. Die Lage nicht im, sondern auf dem Tuffe macht letztere Deutung entschieden wahrscheinlicher. 49. Der Maar-Tuffgang des Bölle bei Owen. Fast genau unter denselben Verhältnissen, unter welchen der Tuffgang des soeben besprochenen Sulzburgberges (No. 48) auftritt, erscheint, nur 2 km nordöstlich von diesem, ein weiteres Tuft- vorkommen. Dasselbe bildet einen kleinen Hügel, welcher, ganz wie dort, sich aus Oberem Braun-Jura am Fusse der Alb erhebt. Er ist unter dem Namen des „Bölle bei Owen“ bekannt. Bei der geringen Grösse desselben könnte leicht der Zweifel entstehen, ob wirklich hier ein selbständiger Ausbruchspunkt vor- liegt, ob man nicht vielmehr einen Erosionsrest vor sich habe. Allein genau wie bei dem Sulzburgberge wird auch hier durch das Auf- setzen eines Basaltganges im Tuff ganz zweifellos erwiesen, dass letzterer durch einen an Ort und Stelle erfolgten Ausbruch erzeugt und in der Ausbruchsröhre abgelagert worden ist. Schaut bei der Sulzburg dieser Basaltgang vorerst nur mit seinem Kopfe aus dem Tuffe heraus, so ist er am Bölle bei Owen jetzt bereits in seiner ganzen Längserstreckung abgebaut, so dass nun statt seiner eine mächtige, mit senkrechten Wänden klaffende Spalte 16 m tief den Tuffhügel durchfurcht. Dieser Basaltgang streicht von OÖ. nach W. in einer Länge von etwa 30 m und besitzt eine grösste Breite von 6 m. Letztere be- findet sich in der Mitte, denn vorn und hinten keilt er sich aus. Der Abbau geschah anfangs der siebziger Jahre durch Herrn Che- miker Carı Krauss in Ehingen a. Donau!, dessen freundlichen brief- lichen Mitteilungen ich die folgenden Angaben entnehme: „Während an anderen Orten, z. B. am Kraftrain, der Basalt so allmählich in den Tuff überging, dass man eine scharfe Grenze zwischen beiden schwer ziehen konnte, waren hier beide Gesteine scharf aneinander abgeschnitten. Der Basalt war in etwa fünfeckige Säulen abgesondert, welche wagerecht querüber lagen; sie standen also senkrecht zu den saigeren Wänden der Spalte. Auch ein Zer- fallen der Säulen in Kugeln war hier und da zu bemerken. Nach der Tiefe hin zog sich der Gang mehr zusammen. Da das sowohl ı Diese Jahresh. 1880. S. 74 u. 7. rg — der Breite als auch der Länge nach der Fall war, so machte es den Eindruck, als wenn der längliche Gang in der Tiefe in einem mehr rundlichen Kanal übergehe. Auffallend war die Verschiedenheit, welche der Basalt an verschiedenen Stellen zeigte. Das zu Tage austretende Gestein war dunkel und ausserordentlich hart und zähe. Nach unten wurde es allmählich heller und weniger fest. Die Ursache daran lag in dem fein eingesprengten, aus der Zersetzung hervorgegangenen Zeolith. Dieser wurde nach unten hin immer reichlicher, so dass die Eignung des Gesteins zu Strassenmaterial schliesslich ganz auf- hörte.“ Während also sonst der Regel nach ein Gestein in der Tiefe frischer und härter wird, dagegen nahe der Tagesfläche sich stärker zersetzt zeigt, war das hier umgekehrt der Fall. Am Eingange in die tiefe Schlucht, welche nun nach Abbauen des Basaltganges zurückgeblieben ist, bemerkt man, dass der letztere eine kleine Apophyse in den Tuff hineingeschickt hat. Dieselbe be- findet sich nördlich von dem Gange. Auch an den senkrechten Tuffwänden, in welchen noch hier und da kleinere Basaltstücke haften, sieht man, wie der flüssige Gesteinsbrei in die Tuffwände hinein- gewürgt und gepresst worden ist. Beide Gesteine sind leicht dadurch zu unterscheiden, dass der Basalt feinkörnig ist, während der Tuff grosse weisse Flecken besitzt, welche von dem eingeschlossenen Weiss-Jura-Kalk herrühren. Am Salbande ist nämlich der Tuff sehr hartgebrannt und oft von kleinen Hohlräumen durchschwärmt. Diese mit weissem, strahligem Zeolith ausgekleideten Drusenräume des Tuffes sind zugleich auch die Fundstätte der schönsten Kalkspat- krystalle, welche je in Württemberg gefunden wurden. Sie zeichnen sich durch ihre meist wasserklare Farbe aus, sowie durch eine grosse Anzahl von Flächen. Lruze gab eine Beschreibung derselben. So- dann findet sich im Tuff des Bölle bei Owen sehr häufig Magnesia- glimmer; derselbe mag jedoch, wie LevzeE anführt, z. T. durch Ver- witterung von Hornblende und Augitkrystallen entstanden sein. Von Granit fand ich nichts. Leuzse erwähnt eines Stückes, welches jedoch nach Beschreibung des Besitzers „ziemlich verändert aussehe‘“, also vielleicht fraglicher Natur ist. i Diese Jahresh. 1880. Jahrg. 36. S. 74—83 und 1882. Jahrg. 38. S. 95 pp- Vergl. auch Werner, Über die Varietäten des Kalkspats in Württemberg. Ebenda 1867. Jahrg. 23. S. 129, wo bereits der Kalkspäte von Bölle bei Owen Erwähnung geschieht. El 50. Der Maar-Tuffgang im Alte Reuter an der Chaussee von Beuren nach Owen. Am Fusse des nördlichsten Zipfels der Erkenbrechtsweiler Halb- insel stecken zwei Tuffgänge ihre Köpfe aus Oberem Braun-Jura heraus: Das soeben beschriebene Bölle bei Owen No. 49 und der jetzt zu besprechende im „Alte Reuter“, welcher ungefähr 2 km westlich von jenem liest. Der Punkt befindet sich an der Stelle, an welcher von der, Owen und Beuren verbindenden Strasse sich die Steige nach Erkenbrechtsweiler abzweigt. Hier zieht sich an dem schrägen Abhange ein etwa 225 Schritte breites Band von Tuff hinab, welches eine nur geringe Erhebung inmitten der Thone des Oberen Braunen Jura bildet. Diese letzteren sind von der Alb her, an deren Fusse sie liegen, unter einer dichten 0. WISS Zend d S=0hBE = 120 Sr älrasey: Tuffgangim,alten Reuter" Fig.262. Schutthülle verdeckt. Infolgedessen ist der Kontakt zwischen dem Jura und dem vulkanischen Gesteine an der oberen Grenze des letzteren, zum Weiss-Jura « hin, ganz verwischt. Auch an der Ostseite ist er nicht scharf zu erkennen. Anders jedoch auf der Westseite; auf dieser zieht ein kleiner Wasserriss in gerader Linie an der Grenze beider Bildungen den Abhang hinab, so dass man links vom Wasserrisse das sedimentäre, rechts das vulkanische Ge- stein aufgeschlossen findet. Der Verlauf dieser Kontaktlinie ist ein fast nordsüdlicher. Der Tuff erstreckt sich an dem Abhange nicht nur bis an die Chaussee von Beuren nach Owen, sondern er überschreitet die- selbe auch im Osten, so dass er sich hier jenseits, nördlich der- selben noch fortsetzt und bis in die Thalsohle hinabreicht. Auf- fallend ist es, dass hier unten, bei &, so sehr viel grosse Weiss- Jura-Blöcke bis zu d hinauf im Tuffe sitzen. Ganz dasselbe findet oben, auf dem Gipfel bei y, an der Grenze zum anstehenden Weiss- Jura statt, wo man sie freilich nur auf dem Tuffe liegen sieht, da letzterer selbst dort nicht aufgeschlossen ist. Dagegen fehlen sie auf dem eigentlichen Abhange, an welchem der Tuff mehrfach und in grösserem Masse angeschnitten wird; denn hier liegen fast nur ganz kleine Kalkstücke in dem vulkanischen Gesteine. Das ist nun sehr erklärlich, wenn man bedenkt, dass hier ein senkrecht in die Tiefe niedersetzender Tuffgang vorliegt, welcher durch die Erdober- fläche, den schrägen Abhang des Albfusses, schräg von hinten-oben nach vorn-unten durchgeschnitten wird. Es sind daher hier am Abhange oben, unten und an den Seiten der Schuttmantel und die äusseren Lagen des Ganges durchschnitten, dagegen in der Mitte des Abhanges die inneren Lagen, die Seele desselben. Nun ist in manchen Fällen in unserem Gebiete der Tuff aussen, gegen das Salband hin und an seiner Oberfläche reicher an grösserem Weiss-Jura-Schutt, als im Inneren, da von der Wand des Eruptionskanales wohl abgebrochene grosse Stücke leichter in diese äusseren Lagen gelangen konnten. Vor allem aber sind die Tuffmassen in der Regel mit einem Schuttmantel aus Weiss-Jura-Kalk umhüllt, welcher aus den Erosionsresten der den Tuff zunächst umgebenden Weiss-Jura- Wand hervorgegangen ist. So erklärt sich jene Thatsache leicht. Von besonders zu erwähnenden fremden Einschlüssen im Tuffe sind zu nennen: granitische Gesteine, jedoch nur in kleinen Stücken: sodann roter Keuperthon und ein fraglicher Sandstein, der vielleicht dem Buntsandstein entstammt. Die Weiss-Jura-Stücke gehen hinauf bis zum d, welches auch heute noch oben auf der Alb am Rande derselben, also ganz nahe diesem Punkte ansteht. Der Beweis für die Gangnatur dieses Tuffvorkommens ist in seiner Gestaltung und Lagerung begründet. Wenn dasselbe in Form eines starken Buckels sich auf dem Abhange der Alb erhöbe, dann könnte man den Tuff wohl für angeschwemmt, also auf dem Jura- gesteine aufgelagert halten. Das ist aber nicht der Fall. Die Tuff- masse erhebt sich namentlich da, wo sie an den Braun-Jura grenzt, nur wenig über diesen, liegt also mit dem übrigen, aus Jura be- stehenden Bergabhange fast in einer Ebene. In dieser Ebene nun sind an der Westseite Tuff und Jurathon durch eine schnurgerade, am Abhange hinablaufende Linie getrennt, wie das Fig. 26a zeigt. Das spricht entschieden für eine gangförmige Lagerung; denn bei a eo Auflagerung des Tuffes auf dem Jurathon würde diese Grenze mehr in unregelmässiger Linie verlaufen. Wirhabenalso auch hier einen Tuffgang, welcher aus dem Oberen Braun-Jura seinen Kopf herausstreckt und von dem Bergabhange schräg von oben-hinten nach unten-vorn durchschnitten wird. Nach Analogie mit den anderen hat er wohl ebenfalls einst auf dem Boden eines Maarkessels gemündet. öl. Der Maar-Tuffgang an der Steige von Beuren nach Erken- brechtsweiler. Wenn man Beuren verlässt, um mittels dieser Strasse nach Erkenbrechtsweiler zu gehen, so benutzt man zunächst die nach Owen führende Chaussee. Man erreicht bald den in No. 50 beschriebenen Tuffgang im „Alte Reuter“, welcher am Fusse der Alb aufsetzt. Hier zweigt sich die nach Erkenbrechtsweiler führende Steige von Fl x en ) teigev.Beurren-ErKenbrechlsweiler Fig.22. jener ab. Folgt man derselben bergauf bis m das Niveau des Obersten Weiss-Jura &, so findet. sich durch die Steige in einer Breite von 9 Schritten aufgeschlossen abermals ein Tuffgang. Es braucht das, wie zum Schlusse gezeigt werden wird, jedoch durchaus nicht die wirkliche Breite, der Durchmesser des Ganges zu sein. Von dem nördlichsten der beiden Maare oben auf der Hochfläche bei Erken- brechtsweiler No. 31 liegt dieser Tuffgang in Luftlinie noch nicht 1 km weit entfernt. Ich gebe hier das Profil desselben. In horizontaler Schichtung sieht man hier den Weiss-Jura « am Steilabfalle der Alb anstehen und denselben durchsetzt von einer senkrecht stehenden Spalte, welche mit Tuff erfüllt ist. Namentlich die nördliche Kontaktlinie beider Gesteinsarten ist haarscharf auf- _ geschlossen; nicht ganz im selben Masse auch die südliche. Der Gang scheint zwar nach SW. zu streichen. Allein es ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass bei den am Steil- abfalle aufgeschlossenen Tuffgängen die Streichungsrichtung immer — 193 — wieder eine andere zu sein scheint, je nach der Seite, an welcher sie angeschnitten sind. Es kommt das daher, dass diese Gänge nicht Ausfüllungsmassen von langgestreckten Spalten sind, welche eine bestimmte Streichrichtung haben, sondern von Kanälen rund- lichen Querschnittes, welchen eine solche überhaupt nicht zukommt. Von welcher Seite diese nun auch durch eine Strasse oder einen Bergabhang angeschnitten werden mögen, stets wird in dem Be- obachter die Empfindung geweckt, dass hier ein spaltenförmiger, aus dem Abhange heraustretender Gang vorliege, welcher, wo der Be- obachter auch stehe, gerade auf ihn zu streicht. Es kommt das daher, weil man an einen Gang im allgemeinen immer mit der vor- gefassten Meinung herantritt, dass er langgestreckt sein müsse. Im vorliegenden Falle vermag ich nun nicht mit voller Sicher- heit darzuthun, dass unser Gang ebenfalls einer bestimmten Streich- richtung entbehrt, dass er einen rundlichen Querschnitt besitzt. Er müsste zu dem Zwecke auch an seiner Innen-, nach der Alb hın gelegenen Seite, also ringsum aufgeschlossen sein. Nach Analogie mit fast allen anderen Vorkommen unseres Gebietes aber bin ich davon überzeugt, dass hier ebenfalls ein solcher Kanal vorliegt. Hervorzuheben ist zunächst, dass sich am Salband keinerlei Kontaktwirkung beobachten lässt, wie doch sonst so häufig der Fall. Sodann, dass hier ziemlich viel Hornblende im Tuffe liegt, während sonst lose Krystalle mehr zu den Seltenheiten in unserem Gebiete gehören. Endlich drittens, dass eckige Weiss-Jura-Stücke bis zu Kopfgrösse dem Tuffe eingebettet sind. An und für sich ist das ja etwas Alltägliches für unser vulkanisches Gestein. Allein bei dem anscheinend kleinen Durchmesser des Ganges ist diese Thatsache bemerkenswert; denn je geringer der Durchmesser einer solchen kanalförmigen Röhre, desto befremdender wird uns die in unserem Gebiete nicht zu umgehende Vorstellung, dass aus der Spalte ein selbständiger Ausbruch erfolgte, welcher dieselbe gleichzeitig mit Tuff und zertrümmertem Sedimentgestein ausfüllte. Ich habe jedoch bereits oben darauf hingewiesen, dass, wenn dieser Gang von der Strasse nur in einer Breite von 9 Schritten angeschnitten wird, dieses doch keineswegs sein wirklicher Durch- messer zu sein braucht. Denkt man sich einen kanalförmigen sai- geren Gang von kreisrundem Querschnitt, welcher im Körper der Alb steckt und von deren Steilabfalle nun senkrecht geschnitten wird, so kann unter allen senkrechten Schnitten nur derjenige seinen wirklichen Durchmesser verraten, welcher gerade durch die Vertikal- Ne achse des Ganges hindurchgeht. Je mehr dagegen der Schnitt sich einem tangentialen nähert, desto weniger breit wird der Aufschluss, desto geringer scheint daher dem Beobachter, welcher dies nicht erwägt, der Durchmesser des Ganges zu sein. Vielleicht ist auch bei dem hier in Rede stehenden Gange der Durchmesser viel grösser als 9 Schritte. 52. und 53. Die beiden Maar-Tuffgänge an der Steige von Neuffen nach Hülben und Urach. In ganz ähnlicher Weise wie der soeben besprochene Gang an der Steige von Beuren nach Erkenbrechtsweiler werden durch die von Neuffen nach Hülben führende Steige zwei solcher Gänge angeschnitten. Während aber bei ersterem der Anschnitt an einer Steige v.NeuffennachHülben ‚UnlererGang . Fig. 23. tieferen Stelle der senkrechten Röhre erfolgt, nämlich im Niveau des obersten Weiss-Jura «, findet er hier an einer höheren Stelle derselben, in demjenigen des obersten y statt. | | I | | | | L IN \ N I Steigev.Neuffen nachHilben.ObererGang Fig.24. Beide Gänge liegen noch nicht '/, km von einander entfernt. Der untere, nördliche, wird in einer Breite von 150—200 Schritten, der obere, südliche, in einer solchen von etwa 130—150 Schritten! ı Nur geschätzt, da man nicht über das Nebenthal hinüberschreiten Kann. — 75 — von der Steige angeschnitten. Am letzteren ist die nördliche Kon- taktlinie gegen den Weiss-Jura 7 ganz scharf zu erkennen, die süd- liche dagegen nicht so deutlich. Bei dem unteren Gange ist um- gekehrt der südliche Kontakt scharf, der nördliche nicht. Von Kontaktmetamorphose ist auch hier nichts zu bemerken. Wie bei dem vorher in No. 51 besprochenen Gange (s. S. 783) hat man auch hier infolge derselben vorgefassten Meinung zuerst die Empfindung, als wenn die beiden Gänge von O. nach W. streichen. Dann glaubt man wieder zu sehen, wie sie nach SW. bezw. NW. streichen; ganz je nach der Stellung, in welcher man sich dem Gange gegenüber befindet. Es zieht nämlich bei dem nördlichen der beiden Gänge ein in der Tuffmasse desselben beginnen- des Seitenthälchen des Neuffener Thales nach SW. hinab, dagegen bei dem südlichen nach NW. Daher unwillkürlich die, aber sicher falsche Vorstellung zweier langgestreckter Gänge, welche in diesen beiden Richtungen streichen. Doch noch eine zweite falsche Vorstellung hinsichtlich der La- gerung des Tuffes drängt sich auf. Dass zwar von Auflage- Tuffgange andersSteige rung desselben auf dem Weiss- 2 ig 3 IE g Jura keine Rede sein kann, ist v.Neuffen nach FLiDen völlig klar. Aber man könnte Fig.26. beide Gänge in der folgenden Weise für die Endpunkte eines und desselben Ganges erklären wollen. Die vorstehende Zeichnung giebt den Situationsplan der beiden Gänge. Wie man aus demselben ersieht, macht die zwischen ihnen verlaufende Steige einen nach Westen konvexen Bogen. Da nun aber auch der Steilabfall der Alb, an welchem diese Steige entlang läuft, diese Ausbauchung besitzt, so kann man von einem der Gänge aus den andern nicht sehen. Es drängt sich daher der Gedanke auf, dass man nur einen einzigen, ungefähr N.—S. streichenden lang- gestreckten Gang vor sich habe, wie das die punktierte Linie an- deutet. Dessen vorderes und hinteres Ende wäre dann durch die Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 50 ie beiden Einbiegungen bezw. Winkel der Steige angeschnitten, während der ganze mittlere Teil des Ganges noch im Körper der Alb steckte. Wäre nun diese Annahme richtig, so müsste dieser ganze mitt- lere Teil des Ganges am Steilabfalle oben zu Tage ausstreichen, Das ist jedoch nicht der Fall; überall da, wo der Tuff zu Tage treten müsste, steht Weiss-Jura ö an. Ich sage, der letztere steht an; denn wenn das Gehänge über dem Anschnitte, also der Kopf des Ganges, wie ja so oft der Fall, mit Kalkschutt bedeckt wäre, so könnte es leicht sein, dass der am Gehänge zu Tage austretende Gang von den Schuttmassen verhüllt würde. Das ist aber hier nicht der Fall; überall ist anstehendes Gestein, und zum Überflusse läuft auch noch die alte Steige mitten zwischen beiden vermeint- ENH Oberer Gang. Fig.25. lichen Endpunkten des Ganges hindurch in die Höhe und geht dann auf der Linie weiter, in welcher der Gang streichen müsste. Überall aber nur anstehendes d statt des erwarteten Tuffes.. Zudem befindet man sich auf dieser alten Steige, wenn man sie bis an den oberen, südlichen, der beiden Gänge verfolgt, schliesslich hinter demselben, d. h. östlich von ihm, albeinwärts. Auch hier im Osten anstehendes d, hart daneben der Tuff, wie das die obenstehende Zeichnung zeigt. Es kann mithin gar keinem Zweifel unterworfen sein, dass hier wirklich zwei senkrecht in die Tiefe hinab- setzende röhrenförmige Tuffgänge vorliegen, welche einst auf dem Boden zweier Maarkessel oben auf der Alb mündeten; denn noch zeigt sich in der Höhe ein Teil der aus Weiss-Jura Ö gebildeten Umrahmung derselben. — 117 — Wenn man sich auf der oben erwähnten alten Steige zwischen beiden Gängen aufwärts begiebt, so sieht man hier, dass der Weiss- Jura Öd z. T. etwas zerrüttet ist, so dass senkrechte Spalten in den- selben eingerissen sind, welche sich anscheinend mit hineingestürzten &-Felsen erfüllten. Wahrscheinlicher ist das nur zersetztes d. Auch sind das d und ebenso diese e-Felsen dort gerötet, wie das in den Tuffen oft der Fall ist. Das ist nun sehr bemerkenswert! Die Gänge zeigen unten an der Steige im Kontakte keinerlei Umwandlung oder Fär- bung des anstehenden Kalkes. Hier oben dagegen, an einer Stelle, die nicht ganz hart im Kontakte, sondern nur sehr nahe am Tuffe liegt, zeigt sich rote Farbe des anstehenden Kalkes. Das könnte man als Beweis dafür auffassen, dass in diesem Falle die Rötung nicht durch die Hitze des Tuffes, sondern durch aufsteigende heisse Dämpfe entstanden sei, welche den etwas zerrütteten Kalk durch- strömten. Indessen könnte ebenso die Hitze vom Tuffe ausgehend in den zerrütteten Kalk eingedrungen sein. Der Unterschied ist überhaupt kein grosser, es mag auch beides zusammengewirkt haben. In beiden Gängen findet man im Tuffe nur kleinere Weiss- Jura-Stücke und auch nicht so zahlreiche wie an vielen anderen Punkten. Beide haben einen grauen, ziemlich weichen, ungeschich- teten Tuff. 54. Der Maar-Tuffgang St. Theodor. Der Erkenbrechtsweiler Halbinsel entspringt im NW. ein langer gratförmiger Sporn von gewundenem Verlaufe und geringerer Höhe. Während auf dem eigentlichen Körper der Halbinsel sich der Weisse Jura bis zum Öd und & hinauf aufbaut, ist die First dieses Spornes nur noch mit Unterem Weiss-Jura gedeckt. Wie ein Reitersporn in dem zackigen Rade ausläuft, so endet auch dieser Sporn an seiner Spitze mit dem dreizackigen, gewaltigen vulkanischen Jusiberge. Der N.-Flanke des Spornes aber ist noch ein weiterer ganz kleiner Vulkanberg vorgelagert, welcher St. Theodor genannt wird. Der- selbe liegt somit östlich vom Jusi, in etwa 0,75 km Entfernung von demselben. Dieser kleine, ein wenig in der SW.—NO.-Richtung langgezo- gene Bühl erhebt sich aus Oberem Braun-Jura. Der ganze Hügel ist mit Rasen überzogen, eigentliche Aufschlüsse fehlen. An der Nordseite aber, da, wo der am Fusse des Berges gelegene Acker an den Absturz der hier vorgelagerten Terrasse anstösst, kam in einem Baumloche zweifelloser Tuff zu Tage. Mithin besteht nicht nur der 50* u BON eigentliche Bühl, sondern auch diese, seinem Nordfuss umgebende Terrasse aus Tuff. Die folgende Abbildung giebt den Bühl von der Neuffen-Metzinger Strasse, also von Norden aus gesehen. Am Nordende des Bühls liegen einige mächtige Weiss-Jura- Blöcke, dem ö angehörig; doch fand sich auch & vertreten, während der nahebei gelegene Ausläufer der Alb nur durch « und £ gebildet wird und lediglich an einem einzigen kleinen Punkte noch einen Aufsatz von y trägt. Der Kontakt zwischen Tuff und Jurathon lässt sich bei der Berasung des ganzen Hügels nicht in scharfer Linie erkennen; un- gefähr aber ist das doch an einigen Stellen der Fall. Eine solche befindet sich z. B. an dem Nordende. Dort besteht der Absturz der Terrasse noch aus Tuff, während in geringer Entfernung von dem Fusse derselben im Acker der Thonboden des Oberen Braun- Jura erscheint. Fig.21a Aus der Lagerung konnte, bei dem Fehlen von Aufschlüssen, unmöglich die Frage entschieden werden, ob hier ein Gang oder eine aufgelagerte Tuffmasse vorliegt. Ich liess daher an dem oben ge- nannten Punkte des Nordendes, in dem der Terrasse vorgelagerten Acker hart am Fusse derselben, bohren. Das Bohrloch stand bis auf 31/, m im Tuffe; unter diesem aber wurde Braun-Jura-Thon zu Tage gefördert. Wir sind daher an dieser Stelle hart am Salbande des Ganges. Dort haben wir unter den 3'/, m Tuff entweder einen grossen aus Jurathon bestehenden Einschluss im Tuffe erbohrt, wie solche ja nahe dem Salbande besonders oft vorkommen. Oder wir haben direkt in das Nebengestein, in die Wandung des Ausbruchs- kanals gebohrt, welche hier nicht glatt abgeschnitten, sondern etwas uneben war. Unhaltbar ist jedenfalls die Annahme, dass das Bohr- loch auf einer Tuffmasse angesetzt wurde, welche von oben her auf den Braun-Jura abgerutscht wäre. In diesem Falle hätten wir den letzteren dicht unter der Oberfläche erbohrt haben müssen, nicht aber erst in 3'/, m Tiefe. — 189 — Die Analogie mit fast hundert anderen Tuffgängen giebt wohl die Gewähr dafür, dass wir auch hier einen Gang und nicht eine aufgelagerte Masse vor uns haben. 55. Der Maar-Tuffgang des Jusi-Berges. Die Erckenbrechtsweiler Halbinsel entsendet nach NW. hin einen langen gewundenen Ausläufer, an dessen äusserstem Ende die drei- spitzig umgrenzte Tuffmasse des Jusi sitzt wie ein dreizackiges Rad an einem langen Sporne. Die Halbinsel selbst baut sich bis zum d und & hin auf. Dieser gratförmige Fortsatz aber besteht nur noch aus @ und f; an einer einzigen Stelle auch noch aus etwas y. Der Jusi bildet gegenwärtig die grösste Tuffmasse in unserem vulkanischen Gebiete. Dereinst freilich wird ihr wohl diejenige des Randecker Maares (No. 39) an Umfang gleichkommen; wenn näm- lich bei diesem erst die in die Tiefe niedersetzende Tufffüllung des Ausbruchskanales, wie bei dem Jusi jetzt schon der Fall, ringsum freigelegt sein wird. Dieses Randecker Maar ist gleichfalls bereits, wenn auch nicht an die Spitze eines Spornes, so doch an den äussersten Rand einer Albhalbinsel gerückt. Es wird daher die Herausschälung seiner mächtigen, in die Tiefe niedersetzenden Tuffsäule in, geologisch ge- sprochen, kurzer Zeit sich vollzogen haben. Ganz wie heute beim Jusi wird dann der jetzt noch an der Tagesfläche befindliche Explosions- krater verschwunden und die jetzt noch im Körper der Alb steckende Tuffsäule in einen freistehenden, oben abgerundeten oder zugespitzten hohen Berg von gewaltigem Umfange umgewandelt sein. Ganz wie heute schon beim Jusi wird dieser Tuffberg des früheren Randecker Maares dann von einem oder mehreren Basaltgängen durchzogen sein. Ganz wie heute beim Jusi werden sich dann auf dem Gipfel des aus ungeschichtetem Tuffe bestehenden Randecker Berges Fetzen geschichteten Tuffes befinden. Ganz wie heute beim Jusi werden dann auch auf dem Rücken oder an der Flanke des gewaltigen Randecker Tuffberges zunächst noch so grosse Fetzen von Weiss- Jurakalk liegen, dass sie wie anstehende Massen aussehen. Ganz also wie heute der Jusi, so wird auch dieser grosse Randecker Tuf- berg dann den Eindruck hervorrufen, als bilde er nicht einen in die Tiefe hinabsetzenden, durch einen subterranen Ausbruch erfüllten Tuftgang riesigen Umfanges, welcher entstand als sich hier noch die Alb erhob — sondern als bilde er eine auf den Oberen Braun-Jura aufgesetzte, also demselben aufgelagerte Masse, welche hier durch el SU einen subaörischen Ausbruch aufgeschüttet wurde, zu einer Zeit, in der bereits die ganze Gegend bis auf den Oberen Braun-Jura hinab erodiert war. Ich habe mit Absicht diese langatmige Parallele zwischen dem Zukunftsbilde des Randecker Maares und dem gegenwärtigen des Jusiberges gezogen und dieselbe an den Beginn der Beschreibung des letzteren gestellt. Es soll auf diese Weise der Leser sogleich in die richtige Anschauung versetzt werden, dass der Jusiberg genau ebenso ein Tuffgang ist wie alle anderen unserer Tuffberge oder Bühle, und dass er sich von denselben lediglich durch seine gewal- tige Grösse und dreieckige Gestalt unterscheidet; dass er ferner ehemals genau ebenso auf dem Boden eines Maarkessels mündete, wie derjenige des Randecker Maares noch heute. Gerade diese Grösse und Gestalt sind es nämlich, welche den Beschauer zunächst vor einer solchen Auffassung zurückschrecken machen und ihn dazu antreiben, in dem Jusiberge einen jener auf der Erdoberfläche aufgeschütteten, subaörisch gebildeten Aschenkegel zu sehen, wie sie uns in fast allen Vulkangebieten der Erde entgegen- treten. Das ist jedoch zweifellos eine irrtümliche Auffassung, darum nämlich, weil, solange wir ihr folgen, gewisse Lagerungsverhältnisse, sowie die auf Flanke und Rücken gelagerten riesigen Fetzen von Weiss-Jura, endlich die geschichteten Tuffe teils schwer, teils unlös- bare Rätsel bilden. Diese lösen sich aber sofort und in leichtester Weise bei jener anderen Auffassung, dass der Jusiberg der Tuffgang eines zerstörten Maares ist. Die gewaltige Tuffmasse des Jusiberges erhebt sich bis zu ungefähr 150 m über die an seinem Fusse anstehenden Schichten des Oberen Braun-Jura. Es ist dies etwa die Mächtigkeit, welche der Weiss-Jura « und # zusammen besitzen. Der Jusiberg ragt also jetzt noch ungefähr bis in das Niveau des obersten £ auf, und es steht in der That auch an der SO.-Seite des Jusiberges auf der Firste des Weiss-Juraspornes das obere # in derselben Höhe an, wie sie dem Gipfel des Jusi zukommt: Geht man daher über den Grat des Spornes auf den Jusi, so bleibt man, aus Weiss-Jura £ in Tuffgebiet kommend, fast in demselben Niveau. Es ist nötig dies vorauszuschicken, denn es leuchtet nun sofort ein, dass die riesigen Schollen von Weiss-Jura d und auch &, welche oben auf dem Gipfel und auf den Flanken des Tuffberges, namentlich an dem NW.- und dem S.-Arme liegen, unmöglich als Reste anstehender Massen auf- = 91 = gefasst werden dürfen, denn sie befinden sich unterhalb des ihnen im Anstehen zukommenden Niveaus. Da noch heute oben auf dem Jusi geschichtete Tuffe anstehen, ferner diese im Wasser geschichteten Tuffe, wie wir beim Randecker Maare No. 39 sahen, nur auf dem obersten Ende der massigen Tuff- säule sich bilden können — so kann die Tuffsäule des Jusiberges seit ihrer Entstehung noch nicht wesentlich durch Abtragung er- niedrigt worden sein. Da wiederum diese geschichteten Tuffe auf dem Jusi etwa im Niveau des Weiss-Jura $# zu y liegen, so muss der Maarkessel, auf dessen Boden sie sich niederschlugen, durch & und d hinab bis in dieses Niveau gereicht haben. Derrner giebt auf Blatt Kirchheim der geognostischen Karte an, dass am Nordfusse des Jusiberges über dem Oberen Braun-Jura gegenwärtig auch noch Weiss-Jura @ anstehe'. Es würde auf solche Weise durch das Kartenbild sehr deutlich vor Augen geführt, dass der Jusiberg wirklich ein aus dem Körper der Alb herausgeschälter Tuffgang ist, denn er wäre dann nicht nur an seiner SO.-Seite, da wo er mit dem Sporne zusammenhängt, sondern auch an der dieser gegenüberliegenden Nordfront von Unterem Weiss-Jura eingehüllt, d.h. es wären an diesen beiden Stellen noch Reste des Nebengesteines, der Wand des Kanales erhalten. Doch muss man sich hierbei ver- gegenwärtigen, dass an der SO.-Seite diese Weiss-Jurawand des Kanales aus «@ und £ besteht, also noch bis zur vollen Höhe der Tuffausfüllung des letzteren hinaufreicht, während sie an der Nord- front, nur noch durch unterstes « gebildet wäre, lediglich den Fuss des Tuffberges umkleidend. Ich vermag mich jedoch nicht davon zu überzeugen, dass an der N.-Flanke des Jusi Weiss-Jura « wirklich noch ansteht. Im Niveau des «@ liegen dort bereits Blöcke von d und massenhafter Kalkschutt, alles abgerutscht, also nicht mehr anstehend. Ich gebe daher das folgende Profil (Fig. 27) nach meiner Auffassung, zeichne also anstehend am Fusse der N.-Flanke des Jusi nur Oberen Braun-Jura. Ob DerFnErR in einem Aufschlusse das & wirklich gefunden oder ob er es nur konstruiert hat, giebt er nicht an. Wenn nun aber auch noch etwas Weiss-Jura « über dem Braun-Jura anstehen sollte, so würde sich doch der Typus des Auf- schlusses nur unwesentlich dadurch ändern. Nach wie vor würde er in die Gruppe gehören, bei welchen, wie am Kraftrain (No. 76), ! Begleitworte. S. 21. — 792 — der Tuffgang nur noch an der Rückseite im Jura bezw. Lias steckt, an den drei übrigen Seiten aber bereits aus demselben heraus- geschält ist. Die Frage, ob « im N. ansteht oder nicht, hat, wie man sieht, nur scheinbar eine Bedeutung, nämlich nur für die karto- graphische Darstellung, weil bei dieser der Weisse Jura durch andere Farbe als der Braune ausgezeichnet ist und somit bei DEFFNER am Nordrande des Jusi ganz auffallend hervortritt, in meiner Karte aber nicht. In Wirklichkeit ist diese Frage eine völlig gleichgültige, wie auch durch das farblose obige Profil erhellt. Während unsere Tuffgänge der Gruppe von Urach fast aus- nahmslos einen ungefähr kreisrunden oder ovalen Querschnitt besitzen, ist derjenige des Jusi nach Derrner’s Aufnahme durch einen ganz auffallend dreieckig gestalteten ausgezeichnet, wie der Grundriss in Fig. 29 erkennen lässt. DEFFNER sagt in bezug darauf: „Ganz deutlich — = ——ly "q Bası ng°.0 = ER ea u Senn 2 Gh? w ERDX EHEN VRR Ra: h —— Ib.Br]. Jusiv.d. Strafse Neuffen-Kohlberg aus Fig.27. erkennt man in diesem Grundriss des Jusiberges die einfachste Form, in welcher eine Fläche von einem von unten wirkenden Stosse ge- sprengt wird.“ Diese Vorstellung erinnert an die Lehre von den Erhebungskratern, welche annahm, dass an dem Orte eines Vulkan- ausbruches zunächst eine blasenförmige Auftreibung der Erdrinde erfolge, veranlasst durch die einen Ausweg suchenden vulkanischen Massen. So stellt sich wohl auch Derrner vor, dass beim Jusi durch einen Stoss die Erdrinde hochgehoben und dabei nach drei von diesem Punkte ausstrahlenden Richtungen zerplatzt sei. Mit Recht aber nimmt wohl die Geologie jetzt an, dass die vulkanischen Massen nicht die Kraft haben! die ganze Erdrinde ! Bei den Lakkolithen, welche hiervon eine Ausnahme bilden sollen, lässt sich die Entstehung der unterirdischen Hohlräume, in welche ihr Schmelzfluss eindrang, indessen auch auf gebirgsbildende Kräfte zurückführen. Durch letztere, — :.7193 — in solcher Weise hochzuheben und zu zerbrechen, sondern dass sie nur da einen Ausweg aus der Tiefe finden, wo die Erdrinde durch gebirgsbildende Kräfte bereits zerbrochen ist. Diese Spalten werden dann von den vulkanischen Massen und Gasen an den Linien, in welchen diese in der Spalte aufsteigen, zu Röhren oder Kanälen erweitert. Es wird in anderen Fällen auch die Spalte vielleicht gar nicht bis an die Erdoberfläche fortsetzen, so dass sich die Gase dann den Rest ihres Weges bis an die Oberfläche hin ganz allein ausblasen, wie. das in unserem Gebiete der Fall zu sein scheint. Weder dort noch hier kommt es aber dabei zu einer Hochhebung der Erdrinde. Ist dieser Standpunkt der richtige, dann werden wir jene Derrner’sche Auffassung nicht gelten lassen dürfen; und es ergeben sich dann für uns zwei Möglichkeiten, den eigentümlich dreieckigen Grundriss der Tuffmasse des Jusiberges zu erklären. Entweder nehmen wir an, dass sich der Querschnitt der Röhre, in welcher der Tuff des Jusiberges in die Tiefe hinabsetzt, nicht mit dem Grundrisse des aus dem Tuffeylinder entstandenen Basalt- berges an der Erdoberfläche deckt. Es könnte der erstere wie ge- wöhnlich ungefähr kreisrund und oval sein. Bei der Herausarbeitung der Bergform aus dem diese Röhre erfüllenden Tuffeylinder wäre aber der Tuff nach drei Richtungen hin abgerutscht und abgespült. Wir würden dann in den drei Armen des Jusiberges drei Schutt- halden zu sehen haben. Dieser Erklärungsversuch wäre entschieden zu verwerfen. Die Erscheinungsweise des Tuffes in den drei Armen ist durchaus nicht die einer Schutthalde, sondern diejenige einer anstehenden Masse. An vielen Orten ist auch der Schuttmantel auf dem Tuffe ausserdem sehr gut ausgebildet, welcher unsere anstehenden Tuffe bedeckt. Hat man diese Annahme daher zu verwerfen, so bliebe die andere, dass an der betreffenden Stelle sich zwei Spalten bildeten, — nicht durch die Explosion der Gase, sondern durch gebirgs- bildende Kräfte, also vorher — eine westöstliche und eine nord- südliche, welche in Form eines lateinischen grossen T durchkreuzten. Durch Erweiterung namentlich der senkrechten, d. h. nordsüdlichen, Spalte wäre dann von den explodierenden Gasen ein Kanal aus- geblasen worden. Der Kanal würde drei eckige oder spaltenförmige nicht durch vulkanische, wären dann die den Eruptivkuchen bedeckenden Schichten um diesen herum gewölbt worden. Das ist die durch Suzss begründete Auffassung; andere führen die Entstehung der die Lakkolithen bergenden Hohlräume auf die Thätigkeit des Schmelzflusses zurück. Ausbauchungen — die drei Arme — besitzen, welche sich bei dem Ausbruche ebenso mit Tuff füllten wie der eigentliche Kanal selbst. Die folgende Abbildung soll das ungefähr veranschaulichen. Ich muss gestehen, dass mich auch diese Erklärung nicht recht befriedigt. Die Annahme zweier sich durchkreuzenden Spalten ist freilich durchaus einleuchtend. Aber man möchte doch annehmen, dass diese nicht einen nur so sehr kurzen Verlauf haben, dass sie sich weiter fortsetzen müssten. Das ist aber nicht der Fall. Ich weiss indessen keine andere Deutung. Ich würde die Annahme bevorzugen, dass hier der Ausbruchskanal zufällig durch eine Höhle dreieckigen Querschnittes hindurchgesetzt wäre, welche sich mit Tuff erfüllt hätte — wenn wir uns ganz im Niveau des Weiss-Jura be- fänden. Allem der Fuss des Jusi erhebt sich aus dem thonigen Oberen Braun-Jura, in dem es sicher N keine Höhlen giebt; darüber folgt dann erst der bis 100 m mächtige Weiss- Jura «&, welcher mit seinen Thonen und weichen Mergeln auch nicht zur Höhlen- bildung geschickt ist. Somit bleibt nichts anderes übrig, als die Annahme von Spalten. Mag dem nun sein wie ihm wolle, jedenfalls liefert dieser auffallende drei- S eckige Grundriss des Jusiberges einen Fig.28 Beweis dafür, dass es sich bei demselben \ um eine subterran entstandene Bildung, um die Ausfüllung eines Hohlraumes, nicht aber um einen auf dem Oberen Braun-Jura aufgeschütteten subaörisch gebildeten Vulkankegel handelt; denn ein Berg letzterer Entstehungsweise wird einen rundlichen oder auch unregelmässigen Umriss besitzen, nicht leicht aber einen so regelmässig dreieckigen. Betrachten wir die Gestalt und Beschaffenheit des Jusi-Berges etwas näher. Wir können, wie erwähnt, drei Arme unterscheiden, welche sich vom Hauptkörper des Berges nach NW., O. und S. er- strecken. Dieselben sind niedriger als der mittlere Teil des Jusi und bilden drei verhältnismässig schmale steil abfallende Rücken. Der nordwestliche dieser Arme wird noch in besonderer Weise da- durch von dem Körper des Berges abgeschnürt, dass sich ein tiefes Erosionsthal, das Raupenthal, in letzteren eingefurcht hat. Dasselbe zieht ungefähr von dem Mittelpunkte des Jusi aus hinab nach NW., —ı 132 — begrenzt den in derselben Richtung vorspringenden Arm an seiner nach SW. fallenden Flanke und schnürt ihn auf solche Weise bis in das Herz des Berges hinein von letzterem ab. Die Wirkung dieser drei so weit hinausspringenden Arme ist es, dass die drei Stirnen oder Flanken des Berges, welche nach N., W. und SO. abfallen, überaus lang bezw. breit sind. So erscheint die Tuffmasse des Jusi noch weit kolossaler als sie es in Wirklich- keit ihrem Rauminhalte nach bereits ist. Die Flanken des Jusi fallen fast überall äusserst steil ab; auch auf solche Weise die, geologisch gesprochen, erst kürzlich erfolgte Umwandlung des senkrecht stehenden Tuffganges in einen heraus- geschälten Berg verratend. Doch betrifft diese- Steilheit nur den eigentlichen vulkanischen etwa 150 m hohen Teil des Berges, welcher 12354 NSW, N Biöfsen 4 “ Hi ik MEERE — Steinbruch _ Em, Raupenthal._- RE 02 ———g EL NE Bruch Schih .- Ge SE tungzeigend = NN no. BR NN URN bereits zum grössten Teile aus seiner sedimentären Hülle heraus- gearbeitet ist. Der Fuss des Jusi dagegen, welcher noch völlig in der aus Thonen des Oberen Braun-Jura bestehenden Hülle steckt, hat die diesen gewöhnlich zukommende weit geringere Böschung. Auch die Flanken aber sind, wie schon erwähnt, noch teilweise verhüllt. An dem mittleren Teile der nach SO. gerichteten Flanke durch anstehenden Weiss-Jura « und £. Es ist das die bereits oben erwähnte Stelle, an welcher der Jusi noch mit der Alb zusammen- hängt; an welcher also noch die Wand des die Alb durchbohrenden vulkanischen Ausbruchskanales erhalten ist. Dass aber auch an anderen Seiten noch vor kurzem eine solche Umhüllung vorhanden war, das geht aus den massenhaften Resten derselben hervor, welche noch heute an manchen Stellen auf dem Tuffe liegen und den für =. 196, — unsere Tuffe so kennzeichnenden Schuttmantel bilden. Das ist zu- nächst an der nördlichen Flanke der Fall, wo über den Thonen des Oberen Braun-Jura Felsen von Weiss-Jura d liegen. Anscheinend fallen sie ganz steil nach S., aber das könnte täuschen, da es sich um massige Felsen handelt. Derartige Blöcke schauen auch weiter bergaufwärts aus dem steilen mit Rasen bewachsenen Nordabhange heraus. Der Boden ist überall schwarz, nicht etwa wie Tuff-, sondern wie Verwitterungsboden von Weiss-Jura e Auf einer ziemlichen Strecke ist so die Nord-Flanke des Jusi bis zur halben Höhe hinauf durch Schuttmassen des Weissen Jura bedeckt. Besonders auf der östlichen Hälfte der Nordflanke sind diese letzteren aber bereits ab- gespült, so dass hier der unter ihnen anstehende Tuff schon am Fusse des Berges zu Tage tritt. Derselbe steht hier auch noch weit bergaufwärts an; und nur oben auf dem Kamme des Ostarmes ist er wieder mit dem Mantel aus Weiss-Juraschutt verhüllt, wie über- haupt die ganze ausgedehnte Gipfelfläche zum grössten Teile. Auch auf der Westflanke hängen solche Schuttmassen an mehreren Stellen. So am NW.-Arme an der Chaussee und an dem kleinen Steinbruche, welcher südlich von dem in den Berg einschneidenden Raupenthale und östlich von Vorderweiler-Kappishäusern oberhalb der dortigen Äcker liegt; in Fig. 29 als „Bruch“ bezeichnet. Alle diese Weiss-Juramassen stehen entschieden nicht mehr an; aber sie liegen doch auf dem Tuffe, ungefähr noch nahe der Stelle, an bezw. über welcher sie einstmals angestanden haben. Im allgemeinen liegen sie, weil hinabgerutscht, alle in tieferem Niveau als ihnen anstehend zukam. Auf solche Weise tritt der Tuff besonders zu Tage auf dem grössten Teile der W.-Flanke. Dann am östlichen Teile der N.-Flanke, sowie an dem dieser gegenüberliegenden Bergabhange der nach 8. gerichteten Flanke des O.-Armes, an welcher man ihn im Walde allerorten beobachten kann. Oben auf der Höhe findet man ihn am oberen Anfange des Raupenthales an dessen S.-Abhange. Wenn nun im vorhergehenden die Gründe und Analogien dar- gelegt wurden, welche darthun, dass wir im Tuffe des Jusi-Berges durchaus nur genau dasselbe zu sehen haben wie in den übrigen Tuft- vorkommen unseres Gebietes, nämlich Tuffgänge, und zwar Eruptions- kanäle früherer Maare, so muss diese Ansicht auch noch gegenüber denjenigen Erscheinungen am Jusi verteidigt werden, welche gegen eine solche Auslegung zu sprechen scheinen. Dieselben beziehen sich auf das Vorkommen wirklicher oder vermeintlicher Schichtung, — 191 — welche sich hier und da in der ungeheuren Tuffmasse bemerkbar macht. Hier sind vor allem zu erwähnen die geschichteten Bänke harten Tuffes, welche auf der auf S. 795 eingefügten Umriss-Skizze des Jusi (Fig. 29) mit a bezeichnet sind. Die diesem Tuffe ein- gebackenen Kalkstücke sind nur klein gegenüber den grossen, welche unten im ungeschichteten Tuffe liegen. Diese Bänke ziehen sich am Nordostrande des Raupenthales dahin, allerdings hier nur mangelhaft aufgeschlossen. Sie treten dann besonders deutlich hart am Nordrande des Jusi, da wo sein NW.-Arm entspringt, in Gestalt von Klippen auf. Sie erscheinen ferner auch weiter nach O. am schwer zugänglichen nördlichen Steil- abfalle des Berges. Das Fallen dieser Schichten ist durch Pfeile angedeutet, soweit das eben genauer bestimmbar ist. Man sieht, Jusiv.N.aus. Fig.30. dass dieselben von allen Seiten ungefähr in den Berg hineinfallen ; der Fallwinkel beträgt bis zu 17°, ist aber auch geringer. Vergegenwärtigt man sich die Verhältnisse im Randecker Maar (5. 737 No. 39), so ergiebt sich eine schlagende Analogie. Dort fallen die Süsswasserschichten von allen Seiten in das Innere des Maarkessels hinein. Jedenfalls wird das auch bei den unter den- selben liegenden Tuffschichten der Fall sein; diese sind dort nur weniger häufig aufgeschlossen. Hier, beim Jusi, fehlen die ver- steinerungsführenden Süsswasserschichten über dem geschichteten Tuffe. Vielleicht sind sie überhaupt nie abgelagert worden. Vielleicht auch sind sie bereits von diesen, jetzt am Rande des Berges frei- gelegten Tuffschichten wieder atgewaschen und nur noch weiter bergeinwärts unter der den Berg bedeckenden Schuttkappe verborgen. Sie sind also, vorsichtig gesprochen, nicht zu sehen. Aber die Tuff- schichten verhalten sich hier ganz so wie dort die Süsswasser- schichten: Sie liegen am obersten Ende der sonst massigen Tuff- — 198 — säule und fallen in den Berg hinein. Diese Analogie beweist wohl schlagend, dass es sich beim Jusi ebenfalls um ein einstiges Maar handelt; nur dass hier der Maarkessel bereits zerstört ist. Die Mächtigkeit dieser harten Tuffschichten ist eine bedeutende. An der Hauptstelle, da wo der NW.-Arm des Jusi dem Berge ent- springt, hat die dort anstehende Klippe etwa 2 m Mächtigkeit. Aber Spuren von zu Tage ausstreichenden Schichtenköpfen lassen sich von dort aus noch weiter aufwärts zum Gipfel hin verfolgen. Ich schätze daher die Gesamtmächtigkeit dieser harten Tuffschichten auf etwa 10 m. Was dann über den obersten derselben liegt, entzieht sich leider der Beobachtung. Man mag bis zur höchsten Stelle des Berges etwa noch 8 m steigen. Aus dem berasten Boden schauen nur Kalkblöcke heraus. Vielleicht besitzt die Kalkschuttdecke hier diese Mächtigkeit, vielleicht auch folgen noch andere Schichten bevor diese beginnt. Wie dem auch sei: Das Auftreten dieser hoch oben am Berge gelegenen Schichten wird uns keinerlei Schwierigkeiten bereiten, da es analog demjenigen des Randecker Maares ist. Anders verhält es sich mit anderen, in tieferer Lage am Berge auftretenden Tuffschichten. Dieselben zeigen sich mitten an dem steilen, gegen SW. fallenden Gehänge desselben Raupenthales, an dessen oberer Kante wir zuerst jene harten Tuffschichten trafen. Zur besseren Orientierung muss ich hier das Folgende voraus- schicken: Wenn man, auf der Chaussee von Metzingen nach Kohlberg wandernd, die Spitze des NW.-Armes des Jusi erreicht hat, so steht man vor der Mündung des Raupenthales. An dem nach SW. fallenden Gehänge desselben liegen hintereinander vier grosse Entblössungen; Stellen, an welchen der Rasen entfernt und das Gestein blossgelegt ist! 8.795 Fig. 29 No.1,2,3,4. Die vorderste und grösste derselben zeigt massigen Tuff, besonders aber die mächtige Weiss-Juraschutt- hülle des Berges. Wandern wir im Raupenthale aufwärts, so folgt bald eine zweite kleinere Stelle, an welcher der Berg wund ist. Hier ist wesentlich nur Tuff entblösst. Dieser ist ebenfalls nur un- geschichtet. Zwar zeigt er ganz steil im Sinne des Bergabhanges einfallende Absonderungen, welche leise einer Schichtung ähnlich sind, aber das ist zweifelsohne nur Absonderungserscheinung. Noch weiter thalaufwärts findet sich eine dritte Entblössung des Tuffes. Klimmen wir an dieser in die Höhe, so macht das Gestein durchaus einen massigen Eindruck. Indessen erscheint dann — 199 — in einer gewissen Höhe eine dünne Bank hellen Tufies, welche an- scheinend ein wenig nach N., also in den Berg hineinfällt. Darüber folgt dann wieder Tuff, welcher ganz massig erscheint, bis in grösserer Höhe abermals offenbare Schichtung auftritt. Man sieht hier mit scharf abgeschnittener Grenze übereinanderliegend oben ein Gestein, welches wesentlich aus eckigen kleinen Stücken von Kalkschutt besteht. Darunter ein anderes, aus feinerem Kalkschutt und aus Tuff gebildet. Das Fallen ist mit nur wenigen Graden nach S. gerichtet, immer aber noch etwas stärker als bei der zuerst erwähnten, tiefer gelegenen hellen Bank. Vielleicht geht es auch nach SW. oder nach SO., das ist nicht zu entscheiden. Hinter dieser grossen Blösse des Berges folgt nun an derselben Wand des Raupenthales noch weiter thalaufwärts eine vierte. Auch hier zeigen sich, ziemlich hoch oben, ganz leise feine Schichten, welche aber sehr viel stärker nach S. fallen. Fragen wir uns nun, welche Deutung wir dieser, an den beiden letzteren Wundstellen des Berges auftretenden Erscheinung geben müssen, so ist das wohl mit ziemlicher Sicherheit zu entscheiden. Meiner Ansicht nach liegt hier keine im Wasserbecken des früheren Maarsees gebildete Schichtung vor, wie das bei den oben auf dem Berge anstehenden harten Schichten der Fall ist. Ich halte dieselbe vielmehr für eine subaerische, gebildet durch das Niederfallen des Tuffes aus der Luft. Dem Tuffgange des Jusi liegt ein Ausbruchs- kanal zu Grunde, welcher fast einen Kilometer Durchmesser besitzt, wenn wir von der Spitze eines Armes bis zur Mitte der gegenüber- liegenden Seite messen. In einem Schlote von solch riesiger Weite müssen natürlich ganz dieselben Erscheinungen auftreten können wie bei einem über der Erdoberfläche sich aufschüttenden Vulkan- kegel. Es muss beim Niederfallen der emporgeschleuderten Massen aus der Luft zu einer unregelmässigen Schichtung kommen können, welche bald ganz fehlt, bald auftritt; welche bald dahin, bald dorthin und bald mit schwächerem, bald mit stärkerem Winkel fällt. In einem Kanale von fast 1 km Durchmesser ist durchaus Platz dafür, dass sich in ihm an gewissen Stellen die emporgeschleuderten Massen ganz ungestört absetzen, während an einer anderen Stelle aus dem offenbleibenden Auswurfskanale immer neue Massen emporgeschleu- dert werden. In einem so weiten Kanale kann sich auf dem Grunde desselben die Tuffmasse fast in derselben Art und Weise und in derselben Gestalt aufbauen, wie das der Aschenkegel eines Vulkans bei offener Erdoberfläche thut. Ganz dieselbe Erscheinung zeigt sich —z a0 — in den offenbar völlig analogen Tuffgängen von Mittel-Schottland, wie später in dem vergleichenden Abschnitte dargelegt werden wird. Zweifellose Schichtung findet sich dann weiter noch in einem kleinen Bruche östlich von Kappishäusern, am Fusse des Jusiberges. Auf obiger Fig. 29 ist derselbe bezeichnet mit „Bruch, Schichtung- zeigend*. Die Schichten fallen hier mit etwa 55—60° nach O. oder NO. jedenfalls in den Berg hinein, denn der Bruch liegt an der SW.-Flanke des Berges. Auch das ist sicherlich keine durch Wasser hervorgebrachte Erscheinung, sondern eine Schichtung, wie sie ent- stehen kann dadurch, dass lose Massen nach und nach ausgeworfen werden und niederfallen. Also eine subaörische Schichtung wie in den obigen Fällen. Man bedenke nur, dass in diesem ganzen vulkanischen Gebiete, ja in ganz Schwaben, die Juraschichten nahezu wagerecht liegen. Nirgends sind sie steil aufgerichtet. Wären nun die im Tuffe des Jusi auftretenden Schichten im Wasser abgesetzt, so würde das ur- sprünglich in wagerechter Lage geschehen sein müssen. Welche Kraft aber sollte gerade diese Tuffschichten später in eine, zudem innerhalb desselben Schichtenkomplexes, hier mehr, dort weniger geneigte Stellung gebracht haben, während sie die dicht daneben liegenden Juraschichten unverändert liess ? Die gebirgsbildende Kraft kann das nicht gewesen sein; sie würde nicht dicht beieinander Liegendes so ungleich behandelt haben. Höchstens könnte die Schwerkraft als Ursache gedacht werden, indem nämlich ein sich Setzen der in dem weiten Kanale des Jusi lose aufgeschütteten Massen erfolgte. Dabei mussten natürlich auch etwaige im Wasser abgelagerte Schichten bald mehr, bald weniger, bald nach dahin, bald nach dorthin geneigt werden. Vielleicht kann man bei den hoch oben auf dem Berge liegenden, wohl sicher im Wasser abgesetzten Schichten das in den Berg hinein erfolgende Fallen auf solche Weise erklären. Vielleicht aber ist es nur, wie beim Randecker Maar wohl der Fall, durch das von der Kesselwand nach dem Kesselinnern zu erfolgende Abrutschen der Tuffmassen entstanden; welches letztere hervorgerufen wurde durch die infolge fortschreitender Erosion immer zunehmende Vertiefung des Kessel- innern !. ! Beim Randecker Maar entwässert ein Bach, welcher die Wandung durch- sägt hat, das Innere des Kessels, verhindert so die Ansammlung von Schutt und fegte wohl auch von dem bereits in tertiärer Zeit Angesammelten hinaus, auf solche Weise den Kessel vertiefend. — 801 — Wenn nun auch die Neigung der hier in Rede stehenden, fraglichen Schichten kein unüberwindliches Hindernis gegen die Annahme einer Ablagerung aus Wasser bilden kann, so ist doch das vereinzelte Auftreten der Schichten inmitten einer anscheinend massigen Ab- lagerung ein Beweis gegen die Richtigkeit solcher Annahme. Erfolgte wirklich eine Ablagerung aus Wasser, so musste sich Schicht über Schicht legen, also überall, nicht aber nur hier und da Schichtung eintreten. Darum eben halte ich die oben auf dem Berge auf- tretenden harten Tuffschichten für im Wasser des Maarsees abgesetzt, weil dort Schicht auf Schicht folgt; die auf halber Höhe und unten liegenden aber nicht. Ich komme nun zu einem letzten Punkte, an welchem die Schichtung Schwierigkeiten bereiten könnte. Östlich von Vorder- weiler-Kappishäusern liegt die, auf S. 795 in Fig. 29 als „Steinbruch“ bezeichnete Örtlichkeit. Man hat dort Weiss-Jurakalke gebrochen, welche die Hülle der Tuffmasse bilden. Aus genanntem Bruche berichtet 1872 Derrner über Schichtung und eine Lage erbsengrosser Bachgerölle. Dieser kleine Bruch ist flach, also wenig ausgebeutet, daher jetzt wenig oder gar nicht verändert seit der Zeit, in welcher ihn Derrser besuchte. Das Profil, welches die Hinterwand jetzt darbietet, muss so ziemlich auch das damalige sein. Es ist von oben bis unten das folgende: Oben: Weiss-Jurablöcke und Schutt. Mitte: Feinkörniger Tuff mit kleinen, halberbsengrossen Weiss-Jurasteinchen. Unten: Grobkörnigerer Tuff mit vielen grösseren Weiss-Jura- e brocken. Die beiden Grenzen zwischen diesen drei Lagen sind nicht eben, sondern — selbst auf dem kleinen Raume dieses kleinen Steinbruches — wellig und zwar sehr stark ineinandergreifend mit Aus- und Einbuchtungen. Zweifellos ist diese Aufeinanderfolge also nur das Ergebnis des Hermniederfallens aus der Luft, nicht aber des Absatzes aus Wasser, sonst fänden sich ebene Schichtflächen. Es könnte sich daher höchstens um die Frage handeln, ob die in der Mitte liegende feinkörnige Tufflage etwa im Wasser ge- schichtet sei. Ich kann jedoch keine Schichten in demselben er- kennen. Die kleinen erbsengrossen Weiss-Jurastückchen, welche sie enthält, kann ich auch nicht für Bachgerölle halten. Sie sind durch das Auf- und Abgeschleudertwerden beim Ausbruche etwas gerundet. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. öl Ze Damit will ich aber durchaus nicht ein Urteil gegen das von DErFneR Gesehene fällen, sondern im Gegenteil aus dem Gegensatze unserer beiderseitigen Beobachtungen das Folgende schliessen: Wenn DEFFNER vor etwa 20 Jahren in diesem Steinbruche Schichtung und Bachgerölle sehen konnte, und wenn dann heute, wo der kleine Bruch noch fast ganz unverändert daliegt, im höchsten Falle nur ein wenig in den Berg hinein vertieft ist — wenn also heute davon nicht das Geringste mehr sichtbar ist, so ist es zweifellos, dass das, was DEFFNER sah, nur eine ganz lokale Erscheinung gewesen sein kann. Wäre der Tuff des Jusi oder selbst nur dieser eine Teil seiner Masse im Wasser abgelagert worden, so müssten Schichtung und Gerölle auch heute noch ebenso wie vor 20 Jahren hier zu sehen sein. Das letztere ist nicht der Fall, folglich auch nicht das erstere. Es kann sich mithin hier höchstens um die Wirkung eines kleinen, einmal ganz vorübergehend thätig gewesenen Wässerchens handeln, welches an einer ganz kleinen Stelle von vielleicht einigen Quadrat- fuss oder Meter Ausdehnung etwas Schichtung erzeugt und einige Gerölle abgelagert hat. Wann und wie das geschah, darüber hätte nur DErFnerR eine Erklärung versucht haben können, welcher die Sachen vor Augen hatte. Von irgend einem jetzigen Beobachter, welcher nichts daran mehr sehen kann, wird man keine Aufklärung fordern dürfen. Wie sich nun aber diese Sache auch verhalten möge, jedenfalls wird eine Erscheinung von, gegenüber der riesigen Masse des Jusi so winziger räumlicher Ausdehnung unmöglich die Anschauungen umwerfen können, welche wir auf das Verhalten der ganzen übrigen, millionenfach grösseren Masse des Berges gegründet haben. Dieser selbe Bruch zeigt noch eine weitere Erscheinung, welche ich erwähnen will, da sie irrtümlicherweise auf die Einwirkung eines Gletschers zurückgeführt werden könnte. Unter anderem finden sich dort im Tuffe auch Stücke von gelbem Bohnerzthon. Einige dieser Fetzen nun zeigen stark glänzende, zum Teil mit Riefen ver- sthene Schlifflächen. Es wäre ganz verfehlt, wollte man aus diesen letzteren folgern, dass man sich einer Grundmoräne gegenüber befände. In solchem Falle wäre zu erwarten, dass auch die zahllosen härteren Gesteinsstücke, namentlich von Jurakalk, derartig glatt geschliffen wären. Das ist aber keineswegs der Fall, vielmehr handelt es sich hier um Rutschflächen, hervorgebracht durch Bewegung und gegen- seitige Reibung einzelner Gesteinsstücke und Thonfetzen aneinander, wie solche bei dem allmählichen Sichsetzen derartiger Breccien- anhäufungen leicht entstehen können. Wie leicht gerade Thone eine solche Glättung annehmen können, wird recht schlagend durch die ihrer Entstehung nach so viel umstrittenen Argille scagliose Ober- Italiens bewiesen. Dieselben bestehen aus zahllosen kleinen Linsen von Thon, deren jede, offenbar durch Reibung an den anderen, wie ANDREAE ' hervorhebt, eine glänzende Oberfläche erlangt hat. Auch die Bearbeitung z. B. eines Stückes unserer Ornatenthone mit Finger- nagel oder Messer ergiebt sofort glatte Flächen. Der Tuff des Jusiberges stellt, ganz wie dies die Regel in unserem Gebiete, eine Breccie dar. Zahllose eckige Trümmer aller durchbrochenen Gesteine liegen im Tuffe eingebettet. Allen voran an Zahl wohl diejenigen des Weissen Jura, von Stücken geringster bis zu bedeutender Grösse. Doch ist hierbei stets zu bedenken, dass alles Weiss-Juragestein infolge seiner helleren Farbe sich mehr dem Auge aufdrängt als die dunkleren Gesteine des Braun-Jura und Lias; zudem sind die vielfach thonigen Schichten dieser beiden letzteren Stufen wohl oft in kleinste Stückchen zerschmettert und daher nicht bemerkbar. Ferner finden sich Stücke von bunten Mergeln, die wohl sicher dem Keuper angehören. Seltener sind Reste von Buntsandstein und solche thonige, rote, die man dem Rotliegenden zuschreiben möchte, ferner Gneiss und Granit. Ich führe diese Beschaffenheit und Zusammensetzung des Tuffes beim Jusi ganz besonders an, um zu zeigen, dass er sich völlig ebenso verhält wie der Tuff, welchen wir in zweifellos gangförmiger Lagerung in unserem Gebiete finden. Von Wichtigkeit sind die Basaltgänge, welche im Tuffe des Jusiberges aufsetzen. Sie sind einer der Beweise dafür, dass diese Tuffmasse hier an Ort und Stelle durch einen Ausbruch ent- standen sein muss, dass sie unmöglich durch Wasser oder Eis oder durch die Luft von einer anderen Ausbruchsstelle her zu dieser hin verfrachtet worden sein kann. Aus der nach S. gerichteten Flanke des Ostarmes tritt der erste dieser Gänge zu Tage. Die betreffende Stelle ist schwer zu finden, wenn man von der Höhe des Jusi aus dieselbe sucht. Man muss dann durch den dichten niedrigen Wald, welcher den Ostarm bedeckt, sich hindurchwinden, hat keine Übersicht, wo man sich befindet und muss zudem das sehr steile, durch Tuff gebildete Ge- hänge hinabsteigen. Es ist daher besser, den Fuss des Jusiberges ! Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1893. Bd. II. S. 168. 51* — 804 — zu umschreiten, also im den im Niveau des Oberen Braun-Jura liegenden Feldern zu gehen. Sobald man dann das steil aufragende Ende des Ostarmes umgangen hat, findet man bald an der oberen Grenze der Felder, da wo der Wald nun einsetzt, den Basalt an einer Stelle, an welcher ein Obst- und ein Hopfengarten zusammen- stossen. Freilich liegen dort nur Basaltstücke umher; es ist jedoch zweifellos, dass diese lediglich die obersten Teile eines hier im Tuffe aufsetzenden Ganges sind. Dahingegen befinden sich auf dem Westabhange mehrere Basalt- gänge, welche in ihrer ganzen Höhe aufgeschlossen, aber so tief wie möglich bereits abgebaut sind, so dass auch hier wieder, wie beim Bölle bei Owen, tiefe klaffende Spalten, welche den Bergabhang durchfurchen, von senkrechten Wänden schwarzen Tuffes begleitet werden. Der am meisten nach Süden gelegene dieser Gänge verläuft oben quer über den Südarm des Jusi von OSO. nach WNW., so dass er gewissermassen diesen Arm vom Berge abschneidet. Weiter nördlich und noch höher hinauf ist ein zweiter, fast S.—N. streichen- der Gang ebenfalls abgebaut, ebenso ein dritter, welcher fast W.—O., also nahezu rechtwinkelig zu jenem streichend, in dieser selben Gegend am Bergabhange hinabläuft. Übrigens ist das Streichen gar nicht genau anzugeben, da das- selbe auf einige Erstreckung hin bereits wechselt. Es ist das nichts Auffallendes, denn wir befinden uns hier im Ausgehenden der Gänge, in ihren äussersten Endigungen und Ausläufern, welche gerade dort- hin sich ergossen, wo die beliebig in dem losen Tuffe aufreissenden Spalten ihnen. das Empordringen ermöglichten. Die Mächtigkeit der Gänge schwankt; sie steigt bis zu etwa 6 m. In den oberen Teilen zerfällt der Basalt in unregelmässige kleine Stücke; in grösserer Teufe ist er querüber in Säulen zerklüftet. Basalt wie Tuff zeigen in den Klüften oft eine weisse zeolithige Masse. Im Kontakt mit dem Basalt ist häufig der Tuff hier wie an anderen Orten hart gebrannt. Er hat auch z. T. hellere Farbe er- halten und weisse Kalkstücke in ihm sind gerötet worden. Endlich ist er am Salband hier und da plattig abgesondert, so dass die Platten senkrecht stehen, d. h. parallel dem saigeren Basaltgange. Indessen sind diese Änderungen nicht überall gleichbleibender Art, sie können auch fehlen. Das ist ebenfalls leicht erklärlich, da die Basaltgänge in ihren obersten Ausläufern immer dünner werden, weniger Masse besitzen, also weniger Wärme bringen. So ist z. B. der Tuff in einem fast die Gipfelhöhe des Berges erreichenden Bruche — 805 — im Kontakt mit dem hier schmalen Basaltgange gerade umgekehrt weich und mulmig geworden, was freilich sehr möglicherweise erst später sich herausgebildet hat. Dadurch hat dort das Wasser eine kleine Rinne zwischen Basalt und Tuff bilden können. In diesem selben Bruche liegen ganz oben, etwas in den Tuff eingesenkt, riesige Fetzen von Weiss-Jura d und g, wogegen an dem nahebei befindlichen Weiss-Jura-Sporn, welcher den Jusi mit der Alb verbindet, nur $ noch ansteht. Man sieht hier sehr deutlich, dass diese, höheren Juraschichten angehörigen Fetzen und Blöcke als eine den ganzen Berg bedeckende Kappe oben auf dem Tuffe liegen. Diese Kappe aber ist entschieden nur der letzte Erosionsrest der zur Zeit des Ausbruches hier oben angestandenen d- und s-Schichten, welche sich wegen ihrer Härte bis jetzt erhielten. Keineswegs hin- gegen sind das durch den Ausbruch hoch in die Luft geworfene und dann niedergestürzte Massen. Das bereits mehrfach erwähnte Raupenthal ist fast auf seinem ganzen Verlaufe in die Tuffmasse des Jusi eingegraben. Ein glück- licher Zufall hat es aber gefügt, dass der unterste Teil des Thales kurz vor seiner Mündung in die sw. Metzingen - Kohlberger Chaussee aus dem reinen ZEN: DR: des Raupen- /. Tuffgebiete heraustritt und Inales auf der Grenze zwischen i diesem und dem Oberen Braun-Jura dahinläuft. Diese Lagerungsverhält- FigSt. nisse am unteren Ende des Raupenthales sind von grösstem Werte für die Entscheidung der Frage, ob die Tuffmasse des Jusiberges der Kopf eines in die Tiefe hinabsetzenden senkrechten Ganges oder ob sie durch einen sub- aörischen Ausbruch auf dem Oberen Braun-Jura aufgeschüttet sei. Wenn wir uns an dieser Stelle auf der von Metzingen nach Kohlberg führenden Chaussee aufstellen, das Gesicht in die Mündung des Raupenthales hineingerichtet, so bietet sich uns das folgende Bild: Zur Rechten, d. h. gegen SO., Oberer Braun-Jura, welcher etwa 5 m hoch über der Thalsohle ansteigt, zur Linken, gegen NO., die Tuffmasse des NW.-Armes des Jusi, bis in die Thalsohle hinab- steigend. Diese letztere hat nur geringe Breite. Wo in ihr die HELFEN. y 2 See rO 0. UN ee —— Ole 70.08 o°o°. ER REN. Zur BOOT ANNE SN == BUG Grenze ist, in welcher Tuff und Braun-Jura zusammenstossen, lässt sich nicht scharf erkennen; denn von dem Jusi her wird bei Regen- güssen stets Tuffschutt über diese untere Thalsohle herabgeschwemmt. Wo die Grenze ganz genau liegen mag, ob auf der südlichen oder nördlichen Seite oder in der Mitte des Thales, das ist bei der geringen Breite desselben völlig bedeutungslos. Thatsache ist, dass dieses Thal erst später ausgefurcht wurde; dass also vor der Aus- grabung desselben hier der Obere Braun-Jura bis an den Tuff heran- trat. Die punktierten Linien auf obiger Zeichnung sollen diesen früheren Zustand andeuten. Da nun der Jura sich jetzt 5 m hoch über die Thalsohle erhebt, so folgt, dass der Tuff mindestens 5 m tief unter das Niveau des Jura hinab in die Tiefe setzt. Schon dadurch ist bewiesen, dass der Tuff des Jusı dem Braun- Jura nicht aufgelagert sein kann; denn sonst müsste natürlich zur Linken, an der Nordseite der Thalmündung, der Braun-Jura unter dem Tuffe 5 m mächtig anstehen, der Tuff dürfte hier nicht mehr bis in die Thalsohle hinabsetzen. Um nun aber jeden Zweifel abzuschneiden, liess ich auch noch in. der Thalsohle bohren. Die Stelle befindet sich in dem den Acker der Thalsohle im Norden begrenzenden Graben, ganz nahe der Chaussee. Das erste Bohrloch ergab 2 m Tuff, dann kam ein offen- bar grosser Kalkblock, so dass wir das Bohrloch aufgaben, nachdem ein weiterer Meter Kalk gefördert war. Ein zweites Bohrloch, etwas weiter abwärts, ergab ebenfalls 2 m Tuff und danach 6 m Weiss- Jura-Schutt. Es handelte sich auch hier also um eine grosse von dem Tuffe eingeschlossene Kalkmasse. Vielleicht waren wir hart am Salbande des Tuffganges, welches ja bisweilen durch grössere in den Kanal hinabgestürzte Kalkmassen ausgezeichnet ist. Dieselben mischen sich dann später, nach Herauswitterung des Tuffganges, dem diesen letzteren auf allen Seiten einhüllenden Schuttmantel bei, welcher wesentlich ein Erosionsrest des Nebengesteins ist. Wie dem auch sei, der Weiss-Jura-Schutt gehört zum Tuff- gange und nicht zum Braun-Jura. Wir hatten mithin 3 m tief im Tuffgange gebohrt. Dazu kommen die 5 m, um welche sich der Obere Braun-Jura über die Thalsohle erhebt. Das ergiebt zusammen 13 m. Um diesen Betrag ist das Hinabsetzen des Tuffes in die Tiefe hart neben dem Oberen Braun-Jura festgestellt. Von Auflagerung des ersteren auf letzterem kann mithin keine Rede sein. | So ergiebt sich denn aus all unseren Darlegungen das Folgende: Der Tuff des Jusiberges kann weder durch Wasser — 807 — noch durch Eis an seine jetzige Stelle verfrachtet, er muss vielmehr direkt an dieser durch einen Ausbruch entstanden sein. Das wird bewiesen durch die in ihm auftretenden Basaltgänge Die Schichtung, welche sich an den tieferen Stellen zeigt, ist durch Nieder- fallen der Massen aus der Luft entstanden. Die oben auf dem Gipfel befindlichen harten Tuffschichten da- gegen haben sich in dem einstigen Maarsee abgesetzt. Der Tuff des Jusiberges kann ferner nicht durch einen subaörischen Ausbruch auf der heutigen Ober- fläche desOÖberen Braun-Jura aufgeschüttet sein. Das wird bewiesen durch die Lagerungsverhältnisse und die Ergebnisse des Bohrens in der Mündung des Raupen- thales. Der Tuff ist bis auf 13m unter das Niveau des nahebei anstehenden Oberen Braun-Jura hinab ver- folgt. Er ist also dem letzteren nicht aufgelagert, der Jusi ist nicht der Aschenkegel eines Vulkans. Er ist vielmehr dem Jura eingelagert, bildet also einen in die Tiefe senkrecht hinabsetzenden Tuffgang, und zwar den mächtigsten Tuffgang unseres Gebietes, welchem nur noch derjenige des Randecker Maares nahekommt. Dieser Tuffgang, von fast 1 km grösstem Durchmesser, mündete einst oben auf der Hochfläche der Alb auf dem Boden eines Maarkessels. So ist der Jusiberg das Zukunftsbild des Randecker Maares und letzteres das Vergangenheitsbild des ersteren. STELZNER! berichtet, dass der Basalt des Jusi einen homogenen Vulkan bilde. Das ist nicht der Fall; derselbe tritt, wie wir sahen, nur in Gangform im Tuffe auf. STELZNER hat offenbar die Begleit- worte DErFNer’s zu Blatt Kirchheim falsch verstanden. 56. Der Maar-Tuffgang auf dem Blohm. Südöstlich von Dettingen im Ermsthale mündet das von O. nach W. verlaufende Wachterthal in ersteres ein. Der Rand der Hülbener Hochfläche, welcher Elzenberg genannt wird, begleitet das- selbe im S. Der nordwestlichsten Spitze dieses Elzenberges ist am Fusse, im Niveau des Oberen Braun-Jura, ein Hügel vorgelagert. Von dem Gehänge der Alb ist er nur durch einen sanften Einschnitt getrennt, erhebt sich hier also nur ganz wenig. Nach den anderen ! Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. Beil.-Bd. II. 1883. S. 402. BT Seiten aber fällt er stärker ab, so dass er von NW. aus betrachtet einen Hügel bildet. Derselbe führt den Namen „Auf dem Blohm“. Die geologische Karte von Württemberg giebt hier nur eine basalttuffähnliche Bildung an; ich habe aber Tuff eingezeichnet, wie denn auch (Quenstepr schon in den Begleitworten desselben Erwäh- nung thut. Oben, nahe dem Gipfel, steht das vulkanische Gestein bereits unter der Krume an und wird an mehreren Stellen durch die Hacke und den Pflug zu Tage gefördert. Dasselbe ist am N.- Abhange der Fall. An den übrigen Stellen aber findet man nur lockeren, dunklen, mit Weiss-Jurastücken gemengten Ackerboden, welcher nichts von Tuff erkennen lässt, vermutlich weil er dem Weiss-Juraschuttmantel des Tuffes entstammt. 5 EN Elzenberg EIS SE AN Schutt- We zZ ern en mantel Pe = — =— 00h BEISZI— | | I ll A.d.Blohm v. Wher gesehen Fig.32. Dass nämlich diese Weiss-Jurastücke dem zerfallenen Tufte, oder wahrscheinlicher den Resten seines einstigen dickeren Schutt- mantels angehören, nicht aber in neuerer Zeit von oben abgestürzt sind, geht unwiderleglich aus folgendem hervor: Oberhalb des Tuff- hügels bildet Oberer Braun-Jura noch auf weite Erstreckung hin das Gehänge am Fusse des Steilabfalles'. Wäre nun das Weiss- Juragestein, welches auf dem Tuffe liegt, neuerdings erst vom Steil- abfall abgestürzt, so müsste diese grosse Braun-Jurafläche oberhalb des Tuffhügels noch viel mehr dadurch bedeckt worden sein, als der Tuffhügel selbst. Es fehlt ihr aber an dieser Stelle eine solche Schuttdecke gänzlich. Also ist jener Kalk auf dem Blohmhügel Eigentum des Tuffes, d. h. er verrät, dass, soweit er sich ausdehnt, ! Die geologische Karte von Württemberg giebt hier fälschlich schon Weiss-Jura an. >03 — in der Tiefe Tuff anstehen muss. An der NO.-Seite des Hügels liegt eine verwachsene Grube, in welcher früher wohl Kalksteine ge- brochen sein mögen. Ich halte die Gangnatur dieses Tuffvorkommens nach Analogie mit anderen für zweifellos, wenn auch Basalt oder Aufschlüsse fehlen, welche das direkt beweisen. 57. Der Maar-Tufifgang im buckleten Teiche. Von Urach nach Dettingen führt ausser der im Thale laufenden Fahrstrasse auch auf dem rechten Ufer der Erms ein oben am Wald- rande dahinziehender Weg. Dieser führt in der „im buckleten Teiche“ genannten Gegend an zwei vulkanischen Punkten vor- NNO_ SssW bei: Dem später beschrie- benen Basalte No. 127 und dem hier zu besprechen den Tuffe. Doch liegt letz- terer nicht, wie ersterer, hart an diesem Wege, son- dern bergaufwärts im Walde, so dass man ihn vom Wege aus nicht sehen kann. Die Stelle lässt sich in folgender Weise finden: Stellt man sich an dem Basaltsteinbruche No. 127 auf und geht etwa 800 Tuffgang im bucklefen Teich Fig.33. Schritt auf jenem Wege südwärts, nach Urach zu, so zieht sich hier zur Linken eine Thalkerbe an dem Gehänge hinab. In diese biegt man ein und steigt am linken Gehänge bergauf. Nahe der Kante, weiche die nach 8. gerichtete Fläche dieser Thalkerbe mit der nach SW. fallenden Fläche des Ermsthalgehänges bildet, zeigt sich, aber noch auf ersterer Fläche, Basalttuff. Über demselben steht Weiss-Jura $ an; unter ihm, an der Strasse, scheint & anzustehen. Das ist jedoch wohl nur abgerutschte Masse; in Wirklichkeit dürfte noch Oberer Braun-Jura hier sein Lager haben. Bei der Mächtig- keit von « wird man daher annehmen dürfen, dass der Tuffgang noch in dieser Schicht, nicht im £, austritt. Das folgende von Herrn Dr. Pomreck) aufgenommene Profil giebt ein Bild dieser Verhältnisse. — 810 — Die Länge des Tuffvorkommens beträgt etwa 20 Schritt; das ist also parallel mit dem Abhange geschritten. Die Breite dagegen lässt sich nicht feststellen, da es so sehr steil bergauf geht. Leider erschwert der dichte Wald den Überblick. Es lässt sich jedoch fest- stellen, dass dieser Tuff unter ganz denselben Verhältnissen auftritt wie der Conradsfelsen. Nur mit dem Unterschiede, dass letzterer als hochaufragende Nadel aus dem Steilabfalle emporwächst, während dieser Gang im Buckleten nur einen Wulst von geringfügiger Er- hebung bildet. Er liegt also mit dem steilen Gehänge fast in einer Ebene, wird daher von der Oberfläche ebenso steil durchschnitten wie die Juraschichten am Gehänge. Das ist bemerkenswert. Während zahlreiche unserer Tuffmassen so widerstandsfähig sind, dass sie selbst aus harten Weiss-Juraschichten als Erhöhung emporragen, wie das vor allem vom Conradsfelsen gilt, vermag die hier in Rede stehende Tuffmasse sich nicht einmal dem weichen Weiss-Jura « gegenüber zur Geltung zu bringen, obgleich sie selbst ganz felsig- hart ist! Bei anderen unserer Vorkommen gar wird der Tuff noch schneller erodiert als das Sedimentgestein und erscheint dann rinnen- förmig vertieft. Man findet kein rechtes Gesetz in so wechselndem, unregelmässigem Verhalten. Die Beobachtung ist, wie gesagt, erschwert, da das Gehänge so sehr steil und dicht bewaldet ist. Doch sieht man überall den felsigen Tuff anstehen, so dass seine Gangnatur keinem Zweifel unter- woıfen sein kann. An Anlagerung hier oben an dem steilen Ge- hänge ist nicht zu denken. Wenn man den hochaufragenden Conrads- fels glatt am steilen Gehänge abrasieren könnte, würde man das Bild dieses Ganges erhalten. 2. Die am Steilabfalle der Erkenbrechtsweiler Halb- insel östlich und südlich von Urach liegenden Punkte. Unter den neun hier zu besprechenden Maaren und Tuffgängen sind zwei bisher noch nicht bekannt gewesen. Wir verdanken ihre Entdeckung dem unermüdlichen Eifer des Herrn Lehrer ZWwiESELE, früher in Urach, jetzt in Reutlingen. Es sind das die Gänge No. 58 im Elsachthale und No. 59 im Mohrenteiche. Beide sind daher in die geologische Karte von Württemberg noch nicht ein- gezeichnet. 58. Der Maar-Tuffgang im Elsachthale bei Urach. Von Urach aus führt in NO.-Richtung die im Thale der Elsach entlang laufende Strasse nach Grabenstetten. Parallel mit dieser — el Strasse zieht sich am rechten, nördlichen Thalgehänge, welches unten aus Weiss-Jura #, oben aus y besteht, in mässiger Höhe desselben ein Fussweg dahin. Derselbe durchschneidet die am Gehänge sich hinaufziehenden Felder, hält sich also noch unterhalb des grossen Waldes, welcher den oberen Teil des Gehänges überall deckt. Dieser Weg durchquert den in Rede stehenden neuen Tuffgang. Wenn man, von Urach kommend und von der Hauptstrasse nach Grabenstetten links abzweigend, diesen Weg betritt, so findet sich der Aufschluss kurz bevor der Weg nach links in das Enten- thal umbiegt, welches, von N. herabziehend, in das Elsachthal mündet. Genau da, wo das unterhalb des Weges liegende kleine Tannen- wäldchen aufhört. S R z & =WPZZ Thalsohle derElsach Gang amElsach-Thalebei Urach v.vorn gesehen ga Verfolgt man dieses sehr deutlich aufgeschlossene Vorkommen von jenem Wege aus nach aufwärts, so lässt es sich im Acker bis an die untere Grenze des grossen Waldes erkennen. Folgt man ihm nach abwärts, so ist es hier allerdings mit Luzerne bestanden, so dass von dem Boden fast nichts zu erkennen ist. Allein die Ober- flächengestaltung sowie die Kontaktwirkung des Ganges verraten auch hier mit zweifelloser Sicherheit das Dasein des Tuffes bis in die Sohle des Elsachthales hinab. Einmal nämlich bildet hier der sich am Gehänge hinabziehende Tuffgang eine seichte, rinnenförmige Vertiefung, welche in das aus Weiss-Jura # und y bestehende Gehänge eingefurcht ist, wie das nur noch an wenigen anderen Orten bei unseren Tuffgängen der Fall ist!. Zweitens aber kann man das linke, nach W. gekehrte ! Weiter aufwärts tritt dann umgekehrt der Gang in Form eines abgerun- deten flachen Grates hervor. — 832 °— Salband des Ganges fast haarscharf am Bergabhange, von der Sohle des Elsachthales an bis oben zum Waldrande hinauf, verfolgen. Es sind nämlich hier der schneeweisse 5- und der hellgraue y-Kalk durch die Hitze in ein dunkel rauchgraues Gestein verwandelt worden; eine Kontaktmetamorphose, wie sie bei unseren Tuffgängen sehr ge- wöhnlich ist. Während sich dieselbe aber der Regel nach nur !/a bis 1 Fuss weit in das Innere des Kalkes hinein zu erstrecken pflegt, so erreicht bemerkenswerter Weise dieses dunkelgraue, den Gang am ganzen Bergabhange begleitende Band hier die Breite von einigen Schritten! Dass sich wirklich die Kontaktmetamorphose so weit in den Kalk hinein erstreckt, und die schwarzen Stücke nicht etwa nur verschleppt sind, ist oben am Waldrande erkennbar, wo der Kalk fast zu Tage ansteht. Am übrigen Gehänge dagegen ist er in Ackerboden verwandelt, welcher von seinen Stücken erfüllt ist; hier lässt es sich nicht direkt beweisen, dass die Stücke des dunkelgebrannten Bandes nicht doch etwa über einen grösseren Raum verschleppt sein könnten. Aber das ist sicher auch hier nicht der Fall. Auf- fallenderweise findet sich am rechten, östlichen Salbande keinerlei Kontaktmetamorphose. Indessen auch diese Erscheinung ist nur eine Wiederholung desjenigen, was auch bei anderen unserer Tuffgänge vorkommt und sich leicht erklären lässt. Die Beschaffenheit des Tuffes ist ganz dieselbe wie bei allen anderen unserer Vorkommen. Die in demselben auftretenden zahl- reichen Brocken von Jura-Gestein scheinen nur bis zum Weiss-Jura y hinaufzugehen. Doch ist das unsicher, da jeder neue Erfund noch jüngere Stücke an das Licht bringen kann. Sowohl die Bestimmung des Streichens, als auch diejenige der Breite des Ganges können hier leicht Veranlassung zu irrtümlichen Schlüssen geben. Der Gang scheint nach OSO. zu streichen und er scheint sich nach der Tiefe hin schnell zu verjüngen. Beides ist aber in Wirklichkeit nicht der Fall, wie folgende Darlegung zeigen wird. Die Breite des Ganges beträgt oben am Walde ungefähr! 90 Schritt, unten im Elsach-Thale aber nur noch 60. Der Gang scheint sich also nach der Tiefe hin stark zu verjüngen. Indessen wird das doch nur auf Schein beruhen, wie aus der folgenden Über- legung hervorgeht. Ein schräger Bergabhang, in welchem ein Tuffgang saiger aufsetzt, ! Da man hier über einen flach abgerundeten Grat hinüber abschreitet, so ist die Breite des Ganges nicht ganz genau anzugeben. schneidet den letzteren in einem schrägen Schnitte, welcher von oben- hinten nach unten-vorn durch den Gang geführt ist. Beträgt die Neigung des steilen Bergabhanges etwa 30°, so weicht der durch den Gang geführte Schnitt also um 30° von einem Querschnitte, um 60° von einem Längsschnitte ab. Wäre der Bergabhang senkrecht, hätten wir mithin einen Längsschnitt durch den Gang, so würde durch eine Breite oben von 90 Schritt, unten nur von 60 Schritt, eine zweifellose Verjüngung des Ganges nach unten bewiesen werden. Nun ist der Schnitt aber sehr schräg von oben-hinten nach unten- vorn geführt. Der Gang hat also oben-hinten 90, unten-vorn 60 Schritt Breite, d. h. er ist hinten, mehr bergeinwärts, breiter als vorn; er verjüngt sich also nur nach vorn, wahrscheinlich aber gar nicht nach unten. Offenbar handelt es sich also auch hier, wie in anderen Punkten unseres Gebietes, bei diesem von Tuff erfüllten Hohlraume nicht um een eh (r Be = —60— a nn N Fa Baer! Idealer a Wirkliches Profil GangimElsach-Thale.Fig. 35. eine weithin fortsetzende schmale Spalte, sondern um einen Gang von gerundet viereckigem, oder kreisrundem, oder eiförmigem Quer- schnitte, wie das Fig. 35 klarlegen soll. Die noch im Berge steckende hintere, kleinere Hälfte des saigeren Ganges ist durch von oben herabgefallenen Schutt und den Wald verdeckt. Nur die vordere Hälfte desselben ist bisher angeschnitten. Man sieht aus solcher Darlegung, dass auch das Bestimmen einer Streichrichtung ganz vergeblich sein muss. Ein Gang streicht eben, wenn er runden Querschnitt hat, stets scheinbar auf den Beschauer zu. Wie dem auch sei, jedenfalls handelt es sich nicht etwa um eine dem Gehänge angelagerte Masse. Aus dem Gesagten geht also hervor, dass auch hier wieder ein mit vulkanischem Tuff erfüllter Gang vorliegt, welcherim Weiss-Jura y und d angeschnitten ist und in die Tiefe niedersetzt und welcher oben auf — 814 — der Hochfläche, als das Thal noch nicht ausgefurcht war, einst in einen Maarkessel mündete. 59. Der Maar-Tuffgang am Mohrenteich bei Urach. Wenn man von Urach aus im Thale der Erms gegen S. nach Münsingen zu wandert, so zeigt sich das Thal auf beiden Seiten begleitet von sehr steil ansteigenden Höhen des Weissen Jura. Auf der linken östlichen Seite fangen dieselben mit dem Hochberg an. In die Masse dieses letzteren beginnt sich ein breites Thal ein- zufressen, welches wie mit drei gespreizten Fingern mit einer nörd- lichen, mittleren und südlichen Spitze oben im Weiss-Jura &, d. h. auf der Hochfläche des Hochberges einsetzt. Dieses Thal mündet in das Hauptthal der Elsach. Die südliche seiner drei Spitzen, welche von O. nach W. hinabzieht, wird „am Mohrenteich“ genannt. Hier befindet sich der in Rede stehende Tuffgang. Da das steile Thalgehänge überall mit dichtem Walde bedeckt ist, so ist der in demselben aufsetzende Gang nicht leicht zu finden. Man thut daher gut, dem im folgenden beschriebenen Fusswege zu folgen, welcher am Gehänge bergauf geht. Bald, nachdem man, von Urach aus im Thale der Erms auf- wärts schreitend, die sogenannte Röslerburg hinter sich gelassen hat, zweigt sich links ein Fussweg ab. Dieser führt, an dem steilen Gehänge scharf ansteigend, im Zickzack hinauf bis an die Grenze zwischen Weiss-Jura 7 und d. Hier mündet der Weg in einen anderen neuangelegten ein, welcher in diesem Niveau ziemlich wage- recht am Gehänge entlang führt und so das „am Mohrenteich“ genannte Querthal, welches sich hier befindet, umfährt. Sobald man diesen Horizontalweg erreicht hat, folgt man demselben nach rechts. Genau an der Stelle, an welcher der Weg die Spitze des Mohren- teich-Thales umfährt, an welcher er also aus seiner SO.-Richtung scharf in eine südwestliche umbiegt, schneidet er auf die Erstreckung von 80 Schritt diesen bisher unbekannten Tuffgang an. Die Grenze zwischen dem Tuff und dem mittleren Weiss-Jura, in welchem derselbe aufsetzt, ist ziemlich scharf zu erkennen, da der Weisse Jura d rechts und links vom Gange in senkrechter Mauer aufragt; mit anderen Worten, da der Gang senkrecht in diese ö-Mauer eingeschnitten, eingelassen ist. Von Kontaktmetamorphose ist nichts zu beobachten. Klimmt man nun auf dem sehr steil ansteigenden Tuffgestein in die Höhe, um zu erforschen, wie weit dieser Gang durch den — 85 — Bergabhang hindurchstreicht und ob er sich bis auf den Gipfel des Berges hinauf verfolgen lässt, so zeigt sich mit Sicherheit, dass letzteres nicht der Fall ıst. Oben stösst man in der Fortsetzung des Ganges plötzlich auf Weissen Jura, d. h. der Gang geht hier nicht weiter, sondern er endigt. Aber er keilt sich an seinem Ende nicht etwa aus, d. h. dem Gange liegt nicht etwa eine schmale, schnitt- oder schlitzförmige Spalte zu Grunde, sondern der Gang setzt mit ungefähr seiner vollen Breite von 80 Schritt, vermutlich in gerundeter Linie, scharf an dem Schichtgestein ab. Das Wort „scharf“ ist hier oben nicht ganz wörtlich zu nehmen, da die von der Höhe herabgestürzten Kalksteinbrocken die Grenze hier und da verwischen. Wiederum also haben wir auch hier nicht eine schmale Spalte, bei welcher’ sich ein deutlich ausgesprochenes Streichen an- UISWE Gang imMohrenteich Thale Fig.36. geben liesse, sondern einen mehr kanalförmigen Gang von etwa gerundet viereckigem Umrisse vor uns. Auch nach abwärts lässt sich der Tuff an dem steil abfallenden Gehänge bis auf den Boden des Mohrenteich-Thales hinab verfolgen. Nun ist das letztere ersichtlich kein altes Thal, sondern ein noch im Einschneiden begriffenes Querthälchen, welches sich erst in der Jetztzeit in das Gehänge eingesägt hat und noch weiter einsägt; denn es hat keinen horizontalen Thalboden, sondern der Thalraum gleicht noch einem mit der Schneide nach unten gekehrten Keile. Abgesehen daher von den oben geschilderten Lagerungsverhältnissen, welche die Gangnatur des Tuffes zweifellos darthun, wird auch durch dieses Thal die Annahme zu einer ganz unmöglichen, dass der Tuff in tertiärer oder diluvialer Zeit etwa hier an das Gehänge angelagert worden sein könnte, dass sein heutiges Vorkommen also den letzten, — „el Oo noch am Gehänge klebenden Rest einer einst hier auf dem ge- schichteten Gebirge abgesetzten Tuffmasse bilden könnte: Das Thälchen schneidet sich ersichtlich erst in neuerer Zeit ein, es ist also in diluvialer oder gar tertiärer Zeit noch gar nicht oder doch erst in seinen ersten Anfängen vorhanden gewesen. An seiner Stelle befand sich vielmehr eine jetzt durch die Ausfurchung des Thälchens entfernte Weiss-Jura-Masse. Der Tuff konnte mithin in diluvialer oder tertiärer Zeit gar nicht an das erst in der Jetztzeit entstandene Gehänge angelagert worden sein. Der Tuff hätte höchstens oben auf jener Weiss-Jura-Fläche abgesetzt worden sein können. Wenn nun aber trotzdem jetzt der Tuff bis auf den heutigen Boden des Thälchens hinabsetzt, welcher bis zu seiner jetzigen Tiefe sicher erst in allerneuester Zeit eingeschnitten wurde, so giebt es nur eine Erklärung dafür: Der Tuff setzt hier als Gang in die Tiefe hinab. Wie häufig sich ein Gewässer an der Grenze zweier verschiedener Gesteinsarten einschneidet, da, wo diese aneinander absetzen, so frisst sich auch hier das Thal gerade im Kontakt zwischen dem Tuff und dem Nebengestein ein, in welchem ersterer aufsetzt, dem Weissen Jura. Zu je grösserer Tiefe daher das Thal sich einschneiden wird, in desto grösserer Tiefe hinab wird auch der Tuff stets entblösst werden. - Auch in diesem Falle ist mithin durch die Lage- rungsverhältnisse nachgewiesen worden, dass wir hier einen in die Tiefe niedersetzenden Gang vulkanischen Tuffes von röhrenförmiger Gestalt vor uns haben. 60. 61. 62. Die Maar-Tuffgänge in dem Zittelstadt-Thale. Wenn man von Urach aus im Elsachthale etwa °/, km weit gegen O. aufwärts gegangen ist, mündet zur Rechten der kleine, die „Zittelstadt“ durchfliessende Bach, welcher von SO. herabkommt. In dem breiten Thale desselben verläuft die von Urach nach Böhringen auf die Alb hinaufführende Ulmer Steige. An dieser sind auf einer Erstreckung von noch nicht 1 km zwei Tuffgänge aufgeschlossen, von welchen der östlichst gelegene noch in unverkennbarster Weise uns als einstiges Maar entgegentritt. Während diese beiden Gänge auf dem rechten Ufer des Baches anstehen, findet sich auf dem linken Ufer desselben ein bisher noch nicht in der Litteratur bekannter Basaltgang No. 126, welcher später unter den Basalten besprochen werden wird. — 817 — 60. Der westliche der beiden Maar-Tuffgänge an der Ulmer Steige von Urach nach Böhringen. Das tief in die Hochfläche der Alb eingegrabene Zittelstadt- thal wird da, wo es in das Elsachthal mündet, im SW. von dem Hochberge, im NO. von dem Ulmereberstettenberge begleitet. Die Hochfläche beider Berge besteht aus Weiss-Jura &, während das Thal an seiner Mündung bis in das £ hinab eingeschnitten ist. Wenn man nun, von dieser Mündung aus, der Ulmer Steige etwa 800 Schritte weit aufwärts gefolgt ist, so trifft man einen von der Strasse aufgeschlossenen, saigeren Tuffgang, dessen Breite etwa 25 Schritte betragen mag. Der östliche Kontakt mit dem Weiss- Jura ist durch Abrutschmassen und Berasung undeutlich geworden, so dass sich die Mächtigkeit des Ganges nicht genau feststellen lässt. Der westliche Kontakt dagegen ist schärfer und durch eine ganz auffallend starke Metamorphose ausgezeichnet. Während sonst in unserem Gebiete die Tuffgänge, falls über- haupt, nur 1—2 Fuss weit umwandelnd auf ihr Nebengestein zu wirken pflegen, so ist hier der Weiss-Jura y etwa 10 Schritt weit in sein Inneres hinein schwarz gebrannt. Namentlich in dem kleinen Chausseegraben, in welchem der anstehende Kalk angeschnitten ist, kann man das deutlich erkennen. Durch Lagerung wie durch Kon- taktwirkung lässt sich daher hier die Gangnatur dieser Tuffmasse zweifellos erweisen. Die Ausdehnung des kontakt-metamorphen Ban- des spricht dafür, dass dieser Gang eine viel grössere Mächtigkeit als nur 25 Schritte besitzt. Der Anschnitt geht offenbar hier nicht durch den Mittelpunkt dieses Ganges von vermutlich rundlichem Querschnitte, sondern er verläuft beinahe tangential, schneidet also nur einen kleinen Kreisbogen ab. So erscheint der Gang nur wenig mächtig, während er in Wirklichkeit wohl, entsprechend der starken von ihm ausgeübten Kontaktmetamorphose, mächtiger sein wird. | Die geologische Karte von Württemberg giebt diesen Gang an einer falschen Stelle an, nämlich viel zu weit östlich gerückt. Seine wahre Lage ist etwa 800 Schritt von der Mündung der Ulmer Steige in das Elsachthal entfernt und 1240 Schritt von dem später zu be- sprechenden östlichen grossen Gange (No. 62). Ich habe ihn in dieser Lage in der beiliegenden Karte eingezeichnet, während er ın der geologischen Karte von Württemberg gerade umgekehrt dem erwähnten grossen Gange näher gerückt ist. Das würde kaum der Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 52 — 838 — Erwähnung an dieser Stelle wert sein, wenn wir nicht in Erwägung ziehen müssten, ob nicht etwa dieser Gang zu dem sogleich m No. 61 zu besprechenden bei Ulmereberstetten in Beziehung stehen könnte. Diese Beziehung aber wird ganz unverständlich, solange der Gang an einer falschen Stelle eingezeichnet ist. In Wirklichkeit liegen eben beide Vorkommen nicht das eine '/, km östlich vom anderen, sondern beide in einer und derselben Linie übereinander (vergl. Fig. 37, S. 819). 61. Der Maar-Tuffgang bei Ulmereberstetten. Dieses Tuffvorkommen befindet sich fast senkrecht über dem vorigen, hoch oben am Steilabfalle der Alb beinahe in gleicher Höhe mit der Hochfläche; im Niveau des Weiss-Jura d und e. Dort ragt an einer fast unersteiglichen Stelle ein breit nadelförmiger Tufffelsen in die Höhe; ein verkleinertes Abbild des Conrads-Felsens (siehe No. 47, Fig. 20), welcher gleichfalls hoch oben am Gehänge neben dem senkrechten Absturze der d-Mauer in die Höhe wächst. Von dem mit Äckern bedeckten, an das Elsachthal herangehenden Fusse des Ulmereberstettenberges aus führt ein schwieriger Fussweg in die Höhe und dann unterhalb der Nadel vorbei. Bis zu einer grossen Buche kann man noch gut emporklimmen, die Nadel selbst aber be- ginnt erst etwas höher hinauf. Weder von hier oben noch von der Steige unten kann man je das andere dieser beiden Vorkommen erblicken. Zu dem Zwecke muss man über das Zittelstadtthal hinübergehen, auf die linke Seite desselben, da, wo der Basaltgang No. 125 in der beiliegenden Karte eingezeichnet ist. Von dort aus erblickt man beide Vorkommen fast senkrecht übereinander; das eine unten nahe dem Niveau des Thal- bodens, das andere oben fast in demjenigen der Hochfläche und beide auch zugleich mit dem Basaltgange fast in einer und derselben Linie liegend. Genau aber liegen diese drei Punkte nicht in einer Linie. Vielmehr, wenn man von dem Basaltgange zu dem oben bei _Ulmereberstetten gelegenen hinüberzielt, so fällt der Gang No. 60 unten an der Steige rechts aus dieser Linie heraus, wie Fig. 37 zeigt. Ein solches Verhalten spricht nun zunächst gegen die unwill- kürlich sich aufdrängende Vorstellung, dass alle drei Vorkommen nur Teile eines einzigen gestreckten, plattenförmigen Ganges seien, welcher dann '/, km lang wäre. Man ist eben so sehr gewöhnt, — 819 — Gangmassen in langhinziehenden Spalten zu finden, dass man auch in unserem Gebiete Derartiges bald hier, bald da zu sehen vermeint. Ich habe indessen gezeigt, dass die in der geologischen Karte von Württemberg in solcher Form eingezeichneten Gänge No. 30 und 31 bei Erkenbrechtsweiler und No. 42, 43, 44, 45 an der Guten- berger Steige nicht plattenförmige Massen darstellen; dass nur in überaus seltenen Fällen derartige Gänge bei uns erscheinen. Es ıst daher von vornherein bereits unwahrscheinlich, dass dieser fast nie bei uns vorkommende Fall hier eintreten sollte. Natür- lich ist das kein Beweis, aber es dient doch zur Unterstützung der Thatsache, dass von den drei hier in Rede stehenden Gängen der Gang No. 61 aus der ge- raden Linie der beiden ande- N. ren herausfälltl. Lägen also Y% wirklich alle drei in einer langhinziehenden Spalte, so müsste man annehmen, dass diese im Bogen verliefe. Auch das ist nicht unmöglich, aber FE Fhlhn doch nicht wahrscheinlich. 7 u, Wenn wir auf solche N 4125 2 2% Mei, Weise nicht alle drei Gänge j n S. in einer Spalte unterbringen : Die 5Gängeim Ziltelsladt Thale mögen, so bliebe immer noch Figs7z die Frage, obnicht doch wenig- stens zwei derselben einem einzigen Gange angehören könnten, zunächst etwa die beiden Tuffgänge. Ich kann diese Frage nicht mit Sicherheit entscheiden. Es käme auf eime genaue Untersuchung des zwischen beiden befind- lichen, schwer zu begehenden Steilabfalies an. Man müsste sehen, ob auf diesem auch in der Verbindungslinie beider Tuff zu Tage träte. Die losen Schuttmassen verhindern indessen einen genauen Einblick. Schliesslich wäre es aber auch noch möglich, dass der Bäsalt- gang No. 125 unten auf dem linken Ufer und der Tuffgang ‚No. 61 unten an der Steige auf dem rechten Ufer Teile eines und desselben Ganges von rundlichem Querschnitte wären. Die Achse dieses Ganges würde dann in der Thalsohle des Zittelstadtthales liegen; im ähn- licher Weise, wie wir für den dritten Gang an der Gutenberger Steige No. 44, S. 754, Fig. 16 die Möglichkeit ins‘ Auge fassen 52* — 320 — müssen, dass seine Hauptmasse im Lenninger Thale läge. Dort ebenso zugedeckt von dem Alluvium desselben, wie hier von dem Alluvium des Zittelstadtthales. Mir würde eine solche Annahme noch eher einleuchten als jene vorige. Es ergäbe sich dann das obige Bild. Am wahrschemlichsten jedoch ist es mir, dass wir hier drei getrennte, aber benachbarte Durchbohrungen der Alb, bezw. Tuff- gänge, vor uns haben, welche einst oben auf der Alb in drei Maar- kesseln mündeten. Solcher Zwillings- und Drillingsgänge, bezw. Maare giebt es noch mehrere in unserem Gebiete. Auch in der Eifel finden sich deren. 62. Der östliche der Maar-Tuffgänge an der Ulmer Steige. Mehr als einen halben Kilometer östlich von dem unter No. 60 besprochenen Gange liegt an derselben von Urach nach Böhringen führenden Steige ein im Weiss-Jura 7 und d aufsetzender, senk- rechter Tuffgang von ganz gewaltigem, an 660 m betragendem Durch- messer. Die starke Schleife, welche die Steige an dieser Stelle macht, führt mitten durch die Seele dieses Ganges. Derselbe wird daher nicht nur seitlich von der Strasse angeschnitten, wie die meisten anderen unserer Gänge, sondern er ist auch in seinem Innersten auf- geschlossen, wie Fig. 38 zeigt. Es sei gleich vorausgeschickt, dass die Beschaffenheit des Tuffes im Innern dieselbe ist, wie in den äus- seren Teilen desselben. Man vergegenwärtige sich, dass die Steige auf dem rechten Ufer des Zittelstadtbaches in ziemlicher Höhe dahinzieht. Es wird daher der Gang von der Strasse ebenfalls in dieser Höhe über dem Thalboden angeschnitten. Nun lässt sich aber der Tuff auch unten in dem Niveau der Thalsohle als anstehend erkennen. Ebenso kann man ihn von dort aus aufwärts am Gehänge des Berges, welcher den Aussichtspunkt trägt, erkennen. Die Tuffmasse ist also zu an- sehnlicher Mächtigkeit herausgegraben. Wie in vielen Fällen die Thalbildung von der Grenzfläche zweier verschiedenartiger Gesteine sich vollzieht, so läuft auch hier das Zittelstadt-Thal an der S.-Grenze unseres Tuffganges entlang, denn jenseits des Thales, am linken Gehänge desselben, steht Weiss-Jura an. Von der S.-Seite des Ganges ist also hier durch die Thalbildung bereits die Weiss-Jurahülle desselben bis auf die Thalsohle hinab abgeschält. An den anderen Seiten dagegen steckt der Gang noch im Gebirge, wie Fig. 38 zeigt. Von diesem Zittelstadt-Thale zweigt sich, nach O. hin, ein kleines Seitenthälchen ab, welches sich in engel die Seele der Tuffmasse eingesägt hat. Dasselbe ist die Veranlassung der scharfen Biegung, welche die Steige bei X zu machen hat, um die Spitze dieses Seitenthälchens zu umfahren. In der Gabel zwischen letzterem und dem Zittelstadt-Thale liegt ein durch beide Thalbil- dungen herausgeschnittener Berg. Ich will ihn den Aussichtspunkt- berg nennen, da er oben an dem Knick der Steige, von welchem aus er einen herrlichen Blick thalabwärts gewährt, Bänke trägt. In Fig. 38 ist diese Stelle durch einen Punkt bezeichnet. Wenn man nun, in der Sohle des Zittelstadt-Thales aufwärts wandernd, an die W.-Spitze des Aussichtspunktberges kommt, so sieht man, dass hier der Mantel von Weiss-Jura 7 noch den unteren Teil des Gehänges bildet, während weiter aufwärts der Tuff schon aus diesem Mantel herausschaut. Geht man aber in der Thalsohle weiter nach O., so kommt man schliesslich an einen Punkt, an welchem dieser Mantel bis auf die Thalsohle hinab abgeschält ist, so dass hier der Tuff vom Gipfel des Berges bis in letztere hinab- setzt. Noch weiter östlich steht dann in der Thalsohle wieder Weiss- Jura y und höher hinauf d an, wie das die folgende Abbildung zeigt: Ba ie EN rn ee 0 2,28 —— 2 Se td. SI vu N— — Sieigev. Urach; Tui [2 N“ VS nach Hengen-\ aD AEUNZ- —— MW ref J; Aussichtspunkt : 0 WI tontnal 27720 S/PRAgNZ er I ER EEE sladı UNS} art = Is Gesch. Tuff 3 Alschler = = 5. Maara.d.Steigev.Urach-Hengen .Vergröfs. Kartenkild. Fig.38. So stehen also im W. wie im O. des Tuffes, von der Thalsohle an am Gehänge hinauf, Schichten des Mittleren Weiss-Jura an, und zwischen diesen zieht sich von oben bis ins Thal ein Tuffstreifen hinab, welcher sich, was recht selten ist, nicht als Erhöhung, son- dern als Einsenkung markiert. Im Thale ist derselbe 270 Schritt breit; oben ist er viel breiter, da hier der Weiss-Juramantel im W. bereits weiter abgeschält ist. Dieser Tuffstreifen ist, wie häufig der Fall, mit Tannen an- geschont. Jetzt, wo dieselben noch jung sind, lässt sich am Ge- hänge eine Stelle erkennen, an welcher deutliche Schichtung des Tuffes auftritt, bei X in Fig. 38. Dieselbe fällt ungefähr nordwärts in den Berg hinein, wie das auch an anderen Orten der Fall ist, wie z. B. am Jusiberg (S. 798 No. 55). Grobkörniger Tuff liegt zwischen feinkörnigem. Zur Erklärung dieser Thatsache muss man bedenken, dass man sich hier bereits in hohem Niveau, Weiss-Jura y—06, befindet, d. h. verhältnismässig nahe dem oberen Ende des Tuffcylinders bezw. nahe dem Boden des früheren Maartrichters. Das Randecker Maar (No. 39) aber lehrte uns kennen, dass und warum in diesem Niveau geschich- teter Tuff erscheinen kann (S. 735 pp.). Ich vermag bei Mangel an Aufschlüssen nicht sicher zu entscheiden, ob diese Schichtung sich bis in die allerobersten Lagen des Tuffeylinders fortsetzt, oder ob hier wieder ungeschichtete Massen auftreten, wie mir das eher der Fall zu sein scheint. Geht die Schichtung bis oben hin, dann kann man sicher annehmen, dass hier im Maarkessel ein See vorhanden war, aus welchem sich die Schichten absetzten. Werden dagegen diese Schichten von massigem Tuffe auch überlagert, denn unter ihnen liegt selbstverständlich ein solcher, dann muss die Schichtung eine subaörisch entstandene sein, wie z. B. am Fusse des Jusi No. 55 S. 800 der Fall ist. Für solche Auffassung spricht auch die Neigung der Schichten und ihr Fallen in den Berg hinein. Eine subaärische Schichtung erklärt sich aber auch leicht, wenn man den grossen Durchmesser dieses Ausbruchskanales bedenkt, welcher ungefähr 660 m betragt. Auch könnte für subaörische Schichtung noch das Folgende sprechen: Begiebt man sich nämlich aus der Thalsohle oben auf die Steige und zwar an die östliche Grenze der Tuffmasse, so hat man hier in höherem Niveau als dem bisher in Rede gestandenen einen schönen Anschnitt des Tuffes durch die Strasse. Der Punkt liegt gerade an einer Biegung der letzteren. Wir sehen ungeschichteten Tuff mit sehr grossen und auch kleinen Weiss-Jurastücken. Die oberste Lage ist ziemlich frei von solchen, und über dieser in gerader Linie abgeschnitten lagert ein dichtes Haufwerk von Weiss-Jura- blöcken, welche in spärlichen Tuff eingebettet liegen. Diese Ver- hältnisse rufen den Gedanken an Schichtung wach. Sicher freilich lässt sich auch hier die Frage nicht entscheiden. Wenn das aber nicht Verstürzung, sondern ursprüngliche Schichtung ist, so möchte — 823 — ich hier nur an subaörische Schichtung denken. Wir befinden uns zwar in den obersten Lagen des Tuffceylinders. Wäre aber Wasser im Spiele gewesen, so müssten alle grossen Blöcke unten liegen, anstatt durch die Masse verstreut zu sein. Das zu oberst auftretende Hauf- werk von Blöcken ist indessen wohl nur ein abgestürzter Teil der gewöhnlichen Schuttkappe, welche sich auf fast allen unseren Tuffen findet. Ist das nun der Fall, dann ist die wagerecht verlaufende Grenze zwischen dieser Masse und der unter ihr liegenden nicht Folge irgendwelcher Schichtung, sondern Zufall infolge von Abrut- schung. In solchem Falle aber bleibt von Schichtung-ähnlichem recht wenig übrig. An den anderen Stellen in dem Niveau der Steige scheint nur massiger Tuff aufzutreten. Es wird daher wohl auch hier solches der Fall sein. Fassen wir nun das Gesagte zusammen, so ergiebt sich für diesen Tuffgang hinsichtlich seiner Entstehung das Folgende. Die im W. wie im OÖ. der Tuffmasse deutlich verfolgbare Kontaktlinie zwischen Tuff und Weiss-Jura, dazu das Hinabsetzen des Tuffes bisin die augenblickliche Thal- sohle, machen es zweifellos, dass hier wirklich ein in der Tiefe wurzelnder, gewaltiger, saigerer Tuffgang von etwa 660 m Durchmesser aufsetzt: Der Ausbruchs- kanaleinesfrüheren Maares, dessen Explosionsöffnung vor kurzem erst abgetragen wurde. So sehen wir in diesem Gange das Zukunftsbild des kaum 2 km ostwärts auf der Hochfläche gelegenen Hengener Maares (No. 13 S. 703). Sobald die Thalbildung, welche ja stets bergaufwärts voran- schreitet, bis über die Gegend von Hengen hinaufgegriffen haben wird, muss uns dieses dann zerstörte Maar im seinem nun auf- geschlossenen, tufferfüllten Ausbruchskanale einen ganz analogen Anblick gewähren, wie der in Rede stehende Gang. Umgekehrt also giebt uns das Hengener Maar das vergangene Bild dieses Ganges. 63. Der Maar-Tuffgang an der Wittlinger Steige. Genau ebenso wie der soeben besprochene Tuffgang, so ist auch dieser nun zu beschreibende nur der tufferfülite, in die Tiefe niedersetzende Kanal eines Maares, dessen Explosionskrater erst vor kurzem verwischt worden sein kann. Genau auch ebenso, wie der im vorigen besprochene, am Steilabfalle aufsetzende Gang das Zu- kunftsbild des östlich von ihm oben auf der Hochfläche gelegenen Hengener Maares No. 13 ist, so ist dieser am Steilabfalle aufsetzende — 84 — Gang die nächste Phase im Zukunftsbilde des oben auf der Hoch- fläche nahebei östlich gelegenen Wittlinger Maares No. 14. Genau ebenso weiter, wie der im vorigen besprochene Tuffgang an seiner S.-Seite durch eine Thalbildung angeschnitten und seiner Weiss-Jura- hülle beraubt ist, während er mit der N.-Seite noch in dem Körper der Alb steckt, so verhält sich auch dieser Gang an der Wittlinger Steige. Ebenso endlich, wie sich dort lokale Schichtung im Tuffe zeigt, so scheint auch hier eine solche vorhanden zu sein. So zeigen sich die mannigfachsten Parallelen zwischen diesen beiden einstigen Maaren, bezüglich ihren tuffertüllten Ausbruchskanälen. Wenn man von Urach aus im Ermsthale aufwärts gegen SO. wandert, so trifft man in 3 km Entfernung von genannter Stadt auf die Mündung des von O. herabkommenden Föhrenbach-Thales. In letzterem zieht sich die nach Wittlingen oben auf die Alb hinauf- führende Steige am linken Gehänge entlang. Durch diese Strasse wird der in Rede stehende Gang aufgeschlossen. Es geschieht das an mehreren Stellen; zwischen diesen ist der anstehende Tuff aber durch abgerutschte Massen verdeckt. Mönt lässt sich dadurch täu- schen und spricht von drei verschiedenen Gängen. Es handelt sich jedoch gewiss nur um einen einzigen Tuffgang von etwa 330 m O.—W. Durchmesser. Als solcher wird er auch von QuENnsTepr auf Blatt Urach dargestellt, wenngleich dies aus den Begleitworten (S. 15 No. 18), in denen er von einem 40 Schritte breiten Tuffgange spricht, nicht klar hervorgeht. Da wo man, der Steige aufwärts folgend, zum ersten Male auf diesen Tuff trifft, wird derselbe in einer Breite von 54 Schritten angeschnitten. Die Kontaktlinie mit dem Weissen Jura ist hier ziem- lich genau zu erkennen, jedoch nicht haarscharf. Nach aufwärts, am Gehänge in die Höhe, ist der Tuff schwer zu verfolgen, da dort alles mit Buchenwald bedeckt ist. Sicher jedoch zeigt sich an der Steige, also am westlichsten, d. h. tiefsten Teile des Ganges, der Tuff noch ungeschichtet. Nun folgt auf eine Länge von 52 Schritten Weiss-Jura-Über- schüttung, aus welcher der Tuff dann abermals hervortaucht. Dass diese Tuffmasse nicht etwa ein besonderer Gang ist, sondern mit der vorigen zusammenhängt, dass beide also nicht durch anstehenden Weiss-Jura wirklich, sondern nur durch abgerutschte Massen schein-. bar getrennt werden — das geht daraus hervor, dass inmitten der sie trennenden Weiss-Juraschuttmasse etwas Tuff hervorschaut. Auch hier ist der Tuff noch ungeschichtet, es liegen aber Stücke geschich- — 25 — teten Tuffes in dem massigen drinnen. Abermals folgt dann, wenn wir weiter steigen, Verschüttung bis der Tuff zum dritten Male wieder angeschnitten wird, um nun bis an die Spitze der sich im scharfen Winkel knickenden Steige anzuhalten. Hier ist in den höheren Teilen wirkliche Schichtung vorhanden, der Tuff auch zum Teil feinkörniger als an der ersterwähnten, westlichsten Stelle. Damit hat nun die Steige, welche sich in nach N. geöffnetem Halbkreis biegt, diesen grossen Tuffgang im W., S. und O. umfahren. An diesen drei Seiten ist er also durch die Thalbildung seines Weiss- Juramantels beraubt. An der N.-Seite steckt er dagegen noch in dem Albkörper. Wie wir an der W.-Seite den Kontakt mit dem Weiss-Jura erkennen konnten, so lässt sich derselbe auch hier an der O.-Seite noch schärfer unterscheiden. Es verläuft nämlich hier ein, von der Steige aus am Tuffgehänge aufwärtsführender Weg; und an diesem ist kurz vor dem spitzen Knick, welchen die Steige macht, der Kontakt sichtbar. Eine Metamorphose fehlt hier wie dort. Betrachten wir die Oberfläche, also den Horizontalschnitt, dieses grossen Tuffganges, so ist dieselbe nicht eben, sondern durch die Erosion sehr wellig gestaltet. Im W., da wo wir unsere Beobach- tungen begannen, ist die Oberfläche vertieft. Im O., wo wir endeten, bildet der Tuff einen hohen Kegel, dessen Gipfel mit Stücken von Weiss-Jura £ überschüttet ist, so dass er im selben Niveau liegt wie die hier aus © bestehende Hochfläche. Indem die Steige sich anschickt den Tuffgang an der O.-Seite zu umfahren, biegt sie selbst aus der ONO.-Richtung nach N. um. Ungefähr von dieser Biegung an steht nun der Tuff nicht mehr wie bisher, lediglich auf dem rechten, nördlichen Thalgehänge an, auf welchem die Steige entlang läuft, sondern er greift jetzt auch auf die andere Thalseite hinüber und zeigt sich hierbei bis auf die Thal- sohle hin anstehend. Nun ist dieses Thal aber hier oben eine enge, ganz junge Schlucht, welche noch in steter Vertiefung begriffen ist und in Ge- stalt einer Einkerbung erscheint. Das Niedersetzen des Tuffes bis in diese gegenwärtige kerbenförmige Thalsohle, sowie der deutlich sichtbare Kontakt desselben im O. wie im W. mit dem Weiss-Jura machen es mithin auch hier zweifellos, dass ein in die Tiefe hinabsetzender Tuffgang vorliegt, welcher einst oben auf dem Boden des jetzt zerstörten Explosionskraters, eines Maar- — 2 — kessels gemündet hat. Auch weiter thalabwärts, noch unterhalb der genannten Umbiegung der Steige nach N., steht der Tuff an einer Stelle bis in die tief unten gelegene Thalsohle hinab an. Ich sagte, dass der Tuff auch auf die andere, jetzt östliche Thalseite hinübergreift. Dort ist in demselben ein kleiner Stein- bruch eröffnet, in welchem Markungs- und Pflastersteine aus der harten Masse hergestellt wurden. Es scheint auch hier Schichtung vorhanden zu sein. Da aber zur Zeit grosse Massen herabgestürzt sind und den Aufschluss verschüttet haben, so lässt sich das nicht sicher entscheiden. Wie bei dem vorher betrachteten Gange (No. 62) haben wir also auch hier die seltene Erscheinung einer Schichtung des Tuffes. Aber wir finden dieselbe, wie hervorgehoben, nur in den höheren Teilen des saigeren Ganges. Da, wo wir denselben zuerst an- geschnitten fanden, in seinen tieferen Teilen, ist er noch durchaus massig. Weiter hinauf fanden sich dann in dem immer noch massigen Tuffe einige etwa .kopfgrosse Stücke geschichteten Tuffes als Ein- sprenglinge, wohl umgrenzt. Also bei einem späteren Ausbruche von dem oben liegenden Schichttuffe abgerissen und in die Tiefe gestürzt. Oder ohne solchen Ausbruch einfach bei der Abtragung von oben abgerutscht und von ebenfalls abgerutschtem massigem Tuffe eingeschlossen. Auch das ist möglich. Wir befinden uns hier ja hart neben der Thalfurche. Mit dem allmählichen Einschneiden derselben aber mussten an ihrem Gehänge, dasselbe besteht ja aus ° Tuff an dieser Stelle, auch Verrutschungen eintreten. Eine solche Auffassung ist vielleicht die richtigere. Die im oberen Teile der Tuffsäule sich findende Schichtung des Tuffes bietet weder hier noch beim Gange (No. 62) etwas Über- vaschendes. Dieselbe könnte subaerischer Entstehung sein, was bei einer Röhre von so weitem Durchmesser leicht möglich ist. Sie könnte aber auch in einem einstigen Maarsee erfolgt sein; ebenfalls eine durchaus mögliche Annahme, da wir uns hier nahe dem oberen Ende der Tuffsäule im Oberen Weiss-Jura befinden. Es dürfte daher die letztere Annahme die wahrscheinlichere sein. In dem Tuffe fand ich Basaltkügelchen mit Olivinkern. Es mögen daher auch weiter abwärts im Thale, ausgewaschen aus dem Tuffe, etwas grössere Stücke ausgeworfenen Basaltes früher gefunden worden sein. Diese Frage hat nämlich ein Interesse dadurch, dass in ihnen nach Röster der älteste Basalt vorliegen soll, welcher in Württemberg als solcher erkannt wurde'!. Grössere Stücke von Basalt liessen sich indessen jetzt in dem Thale nicht finden. Ilc. Die am Steilabfalle und in den Thälern der Alb, an der St. Johann- Halbinsel gelegenen Tuff-Maare bezw. Maar-Tuffgänge. Die Zahl derselben ist eine geringere als bei den anderen Halbinseln. Auch die Aufschlüsse sind nicht so gut wie dort. Ich beginne hier im oberen Ermsthale auf dem linken Ufer desselben, gehe bei der Beschreibung der betreffenden Punkte dann nach N., um die N.-Spitze der Halbinsel herum, und dann am W.-Abhange der letzteren gegen 8. 64. Der Maar-Tuffgang im Riedheimer Thale. Wir wandern im Ermsthale noch weiter über das soeben be- sprochene Wittlinger Thal hinaus, gegen S. Etwa 1'/; km vor EIER ei ee .usttrun nenn... Gang imRietheimerThal Fig.39. Seeburg gelangen wir an die Mündung eines kleinen, engen Neben- thales, welches in das linke Gehänge des Ermsthales eingeschnitten ist und südwärts nach Riedheim zu hinaufzieht. Biegen wir in dieses ein und steigen in ihm bergauf, so kommen wir bald an eine Stelle, an welcher sich sowohl am östlichen wie am westlichen Weiss-Juragehänge, also zur Rechten wie zur Linken des Wandernden, eine leichte Senke bemerkbar macht. Namentlich zur Linken ist dieselbe tiefer in den Weiss-Jura d eingegraben ; die Felsen desselben hören, wie die obige Abbildung erkennen lässt, scharf abgeschnitten ! Beiträge zur Naturgeschichte des Herzogthums Württemberg. 1790, Heft 2. S. 214. S. auch in dieser Arbeit später „Die Basalte*. — 88 — auf und hart neben denselben liegt vulkanischer Tuff in dem Ein- schnitt drinnen. Zwar ist letzterer hier oben zwischen den Felsen mit Juraschutt bedeckt; etwas weiter unten jedoch, sowie in der Thalsohle ist er deutlich aufgeschlossen. Der N.-Kontakt ist, wie gesagt, ganz scharf, der südliche verwischter. Nun ist auch dieses Thal vorerst nur eine einfache, keilförmig zugeschärfte Kerbe im Gehänge (Fig. 40), welche sich noch fort- während vertieft. Es ist daher ganz undenkbar, dass der Tuff in früheren Zeiten hier angeschwemmt oder durch Eis hergeschoben sein sollte; denn in diesen früheren Zeiten bestand das Thal, minde- stens in seiner heutigen Tiefe, überhaupt noch gar nicht. Tuffgang im Riedheimer Thale Fig 40 Da der Tuff bis in dieses unfertige Thalhinabsetzt und zugleich seine Einlagerung im Weiss-Jura, mit deutlichem Kontakt wenigstensaneiner Seite, erkenn- bar ist, so liegt sicher ein Tuffgang vor. Die Breite, oder besser gesagt der Durchmesser, des letzteren beträgt ungefähr 30 Schritte; denn es handelt sich ersichtlich nicht um einen lang hinstreichenden, plattenförmigen Gang, sondern um einen solchen von rundlichem, richtiger elliptischem Umrisse. Nur scheint mir der längere Durchmesser nicht von N.—S. zu laufen, wie auf Blatt Urach der geognostischen Karte Württembergs ein- gezeichnet wurde, sondern mehr von W.—O. Bei der jetzigen Öberflächengestaltung macht dieser Gang in noch höherem Masse den Eindruck grösserer Länge in westöstlicher Richtung als der Wirklichkeit entspricht. Das ist aber nur Schein, da derselbe von der Oberfläche nicht durch einen einzigen und wagerechten Schnitt, sondern durch zwei schräge, von oben-aussen nach der Mitte- unten zu laufende angeschnitten wird (vergl. Fig. 40). Das kerben- — 829 — förmige Thal, in welchem wir uns befinden, verläuft nämlich diesmal nicht, wie sonst häufig, an der Kontaktfläche zwischen Jura und Tuff, sondern fast mitten durch die Seele des senkrecht stehenden Ganges. Der im Thale stehende Beobachter sieht daher nicht nur an einer einzigen Seite im Gehänge einen schrägen Schnitt durch den Gang, sondern er sieht zu seiner Rechten wie zu seiner Linken je einen solchen, auf ihn zu laufenden schrägen Schnitt, wie die obenstehende Figur zeigt. Da die Tuffmasse im vorliegenden Falle weicher ist als der Weiss-Jurakalk, in welchem sie als Gang aufsetzt, so bildet sie im Gehänge die obenerwähnte, in dasselbe eingesenkte Vertiefung, Auf dem westlichen Thalgehänge dürfte sich letztere etwas höher bergauf ziehen, d. h. der Tuffgang erstreckt sich von der Thalmitte aus etwas weiter gegen W., als gegen O. Hier auf dem östlichen Gehänge ist das Ende der Senke und damit des Tuffganges bald durch Weiss-Juramassen gekennzeichnet, die in der Streichungs- richtung plötzlich an die Stelle des Tuffes treten. 65. Der Maar-Tuffgang des Karpfenbühl. Gerade südlich von Dettingen im Ermsthale liegt die steil abfallende N.-Spitze der St. Johann-Halbinsel, etwa 1 km von diesem Orte entfernt. Weiss-Jura d und & bilden die Hochfläche der Halb- insel. Dem Fusse dieser ihrer N.-Spitze vorgelagert erhebt sich aus oberstem Braun-Jura ein weithin sichtbarer, wenn auch kleiner, steilabfallender, kegelförmiger Berg, der Karpfenbühl'. Dieser Karpfenbühl besteht aus festem ungeschichtetem Tuffe, welcher auf dem Gipfel in nackten Felsen ansteht. Grosse Weiss- Jurablöcke fehlen hier im Tuffe; es treten wesentlich nur solche bis zu Kopfgrösse in ihm auf; sie reichen bis d. Betrachtet man den Tuffberg von W. oder O. her, so sieht man, dass derselbe im S., da wo er sich an den Steilabfall der Alb lehnt, von diesem durch eine Einsattelung abgeschnürt ist. Dieselbe verdankt ihre Entstehung der weichen Beschaffenheit der Weiss- Jura a-Mergel, welche hier anstehen, vielfach auch von oben ab- gerutscht auf Oberem Braun-Jura in Hügeln liegen. Diesen Mergeln entspringt eine Quelle. » Das Wort Karpfenbühl klingt ganz sinnlos; es ist entstanden aus Cal- varienbühl. Ed. Schwarz, Reine natürliche Geographie von Würtemberg. Stuttgart 1832. S. 148. — 830 ° — Während der Karpfenbühl hier im S. keine grosse Höhe be- sitzt, fällt er im N. merklich tiefer hinab. Deutlich lässt sich dort erkennen, dass der Tuff sich bis an und noch etwas jenseits des Weges hinabzieht, welcher an dem Fusse des Bühls vorbeiläuft. Dort im N. grenzt der Tuff an oberen Braun-Jura, im S. dagegen an Weiss-Jura @. Auch nach O. und W. hin stellt sich bald der den Tuffgang umhüllende Braun-Juramantel ein. Es liegt uns also ein Tuffberg von ungefähr kreisförmigem Querschnitte vor, welcher sich auf oberem Braun-Jura erhebt, im S. jedoch an Weiss-Jura « anlehnt. Wie man sieht, sind die Anschnitte nicht derart, dass man in zweifelloser Deutlichkeit einen in die Tiefe hinabsetzenden Tuffgang mit körperlichen Augen erkennen kann. N. | | | | = Abgerutsch nn ii I, II Karpichkuhlane 02 Fig.4i. Wenn das nun aber auch nicht möglich ist, so kann doch vor dem geistigen Auge diese Tuffmasse in keinem anderen Lichte erscheinen als alle jene anderen, deren Gangnatur sich zweifellos ersehen lässt. Eine von oben abgestürzte Masse kann es nicht sein. Zwar wäre ihre Grösse kein unbedingtes Hindernis für eine solche Annahme. Aber dann müsste weiter oben am Steilabfalle doch ein gewaltiger Tuffgang aufsetzen, was nicht der Fall ist. Eine durch Eis oder Wasser zur Diluvialzeit angeschwemmte Masse kann es gleichfalls unmöglich sein, wie wir in einem späteren Abschnitte sehen werden. So bleibt nichts anderes übrig, als die Annahme, dass wir den mauerartig emporragenden Kopf eines in die Tiefe niedersetzenden Ganges vor uns haben, die verkleinerte Wiederholung des Conrads- felsens (No. 47). — 81 — Der Tuff des Karpfenbühl ist entschieden massig. Allerdings sieht man am SO.-Abhange, gewissermassen an seiner Rückseite, übereinander zwei etwas geneigt nach O. verlaufende glatte Fugen. Sie schliessen eine ungefähr 1'/, m dicke Bank ein, welche auch nicht eine Andeutung von weiterer Schichtung zeigt. Ferner hören diese Fugen sowohl nach der einen als auch nach der anderen Seite hin auf, haben also nur einen verhältnismässig kurzen Verlauf. Endlich dürften sie nicht ganz parallel verlaufen; und die obere ist zudem weniger ausgedehnt als die untere. So sehr sie daher auch das Auge auf sich ziehen mögen, man darf in ihnen doch nur eine plattenförmige Absonderung sehen, wie solche ja manchmal bei Eruptivgesteinen in viel häufigerer Wiederholung ausgebildet ist. Die Beschaffenheit des Tuffes ist bemerkenswert. Er hat zwar die gewöhnliche Breccienstruktur unserer Tuffe, ist aber dadurch ausgezeichnet, dass er an dem ganzen Vorkommen sehr stark oolithisch ausgebildet ist. Die Körner sind bisweilen so gross wie Erbsen, der Regel nach aber sehr viel kleiner und enthalten dann sehr häufig im Innern einen gelben, weil eisenhaltigen Kern. Dadurch bekommen viele Stellen des Tuffes ein gelbpunktiertes Aussehen. Grössere gelbe Massen lassen erkennen, dass diese Flecke aus Olivin hervor- gegangen sind. Solche chondritische Struktur zeigt sich une bei unseren Tuffen, hier aber ganz besonders deutlich. An der N.-Seite des Karpfenbühl findet sich an zwei Stellen ein Tuff von besonders dichter Beschaffenheit, so dass man irre wird, ob man auch noch Tuff und nicht schon die äusserste Spitze einer Apophyse von Basalt im zersetzten Zustande vor sich habe. Doch muss man das Gestein immer noch als Tuff ansprechen. Auch z. B. am obersten Gange der Gutenberger Steige No. 45 findet sich Gleiches. Vielleicht liegt der Basalt hier nur in geringer Tiefe. Im Jahre 1824 hat SchügLer beim Karpfenbühl an der steilen Südwand einen so starken polaren Magnetismus beobachtet, dass der N.-Pol der Magnetnadel anstatt nach N. gegen S. zeigte. Jeden- falls kann das nur an einer ganz bestimmten, seitdem weggebrochenen und verschwundenen Stelle des Tufffelsens gewesen sein, welche viel Magneteisen enthielt, denn weder QuEnsTEepT noch ich haben diese Beobachtung bestätigen können. 66. Das Tuffvorkommen südöstlich neben dem Karpfenbühl. Ganz nahe dem Karpfenbühl und etwa auf gleicher Höhe mit seinem Fusse liegt südöstlich von ersterem ein kleiner Hügel. : Der- — 8532 — selbe trägt eine Kappe, die aus abgerutschten Mergeln des Weiss- Jura & besteht. An den Seiten des Hügels bringen Maulwürfe Tuff aus der Tiefe herauf. Kleine feste Stücke dagegen, welche umher- liegen, dürften dem Karpfenbühl entstammen. Ich glaube nicht, dass es sich bei diesem ganzen, wenn auch kleinen Hügel um eine abgestürzte Masse handeln kann. Vom Karpfenbühl liegt sie doch, trotz der Nähe, für solche Annahme zu weit entfernt, und oben am Steilabfalle der Alb ist kein Tuff bekannt, von dem sie herrühren könnte. Es scheint daher auch hier ein selbständiger kleiner Gang vorzuliegen. 67. Der Maar-Tuffgang am Pfaubrunnen. Während das soeben erwähnte kleine Tuffvorkommen südöstlich vom Karpfenbühl liegt, findet sich das hier zu besprechende in west- südwestlicher Richtung etwa °/, km von demselben entfernt. Wie der Tuff des Karpfenbühl, so tritt auch dieser an der Grenze zwischen Oberem Braun-Jura und Unterem Weiss-Jura auf, hart am N.-Fusse der Alb. Etwas oberhalb des Pfaubrunnens, wie die Karte sagt, oder des Saubrunnens, wie er im Munde der Leute heisst, liegt die be- treffende Örtlichkeit. Es beginnt hier, vielleicht bezeichnenderweise, der Wasserriss, welcher nach NW. hinabzieht; denn die Tuffe führen Wasser, freilich die Jurathone ebenfalls. Gleich oberhalb dieser Stelle zieht sich die untere Grenze des den Steilabfall bedeckenden Waldes dahin. Darauf folgt nach abwärts ein Streifen berasten Geländes, unterhalb dieses liegen dann die Äcker. € Auf letzteren findet man zwar zahlreiche Weiss-Jurastücke, sie sind jedoch nur herabgerollt, denn Pflug und Hacke holen überall aus dem Untergrunde Braun-Jurathon hervor. Dagegen zeigt sich oben, bereits im Walde, eine kleine Bodenanschwellung, 50 Schritte breit. Hier steht Tuff an; derselbe wird in dem Graben aufgeschlossen, welcher auf der Grenze zwischen Wald und berastem Gelände verläuft, Die Lagerungsverhältnisse sind verschleiert. Nach Analogie mit so zahlreichen anderen Vorkommen aber liegt gewiss auch ein Tuffgang vor. 68. Der Maar-Tuffgang am Bürzlenberge bei Eningen. Etwa 1 km östlich von Eningen, welches auf Mittlerem Braun- Jura liegt, ragt mauerförmig der nach W. gekehrte Steilabfall der St. Johann-Halbinsel der Alb empor. Deren Hochfläche wird hier — en — durch Weiss-Jura d gebildet. Eine ganze Anzahl von Thalrinnen bezw. Wasserläufen schneidet in diese Mauer ein, dieselbe in einzelne Lappen zerteilend. Zu letzteren gehören auch die beiden Lappen des Drachenberges und Buchreins, welche fingerförmig nach W. vor- springen. Das zwischen ihnen eingeschnittene Thal hat mindestens in seinem oberen, uns hier allein interessierenden Teile, die Gestalt einer Kerbe. Es besitzt also keinerlei horizontalen, aufgeschütteten Thalboden, schneidet sich mithin noch immer tiefer ein. Am rechten Ufer dieses Thales nun und zugleich am S.-Fusse des nördlichsten der beiden Lappen findet sich ein bereits ScHÜüBLER bekannt gewesenes Vorkommen von Basalttuff. Dasselbe wird als die Sandgrube am Bürzlen oder Bützlesberge bezeichnet. Die gegen- wärtige Gestaltung desselben ist die folgende: Stellt man sich im Thale gerade gegenüber diesem Vorkommen auf, so dass man nach N. schaut, so sieht man, dass dasselbe kugel- knopfförmig aus dem S.-Abhange der Alb hervorspringt; genau so wie der Lichtenstein No. 71 und andere unserer Tuffe. Man glaubt eine an den Abhang angelagerte Masse vor sich zu sehen, in Wirk- lichkeit aber ist es ein Tuffgang rundlichen Querschnittes, welcher den Jura senkrecht durchsetzt (Fig. 43). Die untenstehende Skizze erläutert, auf welche Weise das Knopfförmige entstanden ist: Die Tuffmasse, welche scheinbar an den aus Unterem Weiss-Jura gebildeten Bergabhang nur angelagert ist, lag ursprünglich mit letzterem in einer Ebene. Indem nun aber die Gewässer sich rechts und links von dem Tuffe in der Kontakt- fläche zwischen diesem und dem Weiss-Jura eingefressen haben, bildete sich rechts (östlich) em bis jetzt noch weniger tiefes, links (westlich) ein verhältnismässig grösseres Thal. Wäre nun der Tuff nur angelagert, so würde die Erosion bald die hinter ihm stehende Bergwand entblössen: Wir hätten also erstens eine kugelknopfförmige Masse, welche in der vorderen Hälfte aus Tuff, in der hinteren aus Weiss-Jura besteht. Zweitens aber könnte der Tuff nur vor, ausserhalb der Grenze der früheren Bergwand liegen (Fig. 42). Setzt indessen hier ein Gang rundlichen Quer- schnittes senkrecht durch den Weiss-Jura, so besteht erstens der Kugelknopf vorn und hinten aus Tuff und zweitens liegt er innerhalb der Grenze der früheren Bergwand (Fig. 43). Letzteres ist hier der Fall, folglich haben wir einen Gang vor uns. An der westlichen Seite der Tuffmasse hat die Thalbildung tiefer in den Bergabhang hineingegriffen und eine breite Höhlung Jahreshefte d. Vereins f. vater]. Naturkunde in Württ, 1894, 53 — 834 — ausgefressen, durch welche nun die Kontaktfläche zwischen Tuff und Weiss-Jura an dieser Seite zerstört ist. An der östlichen Seite ist das in viel geringerem Masse der Fall. Man sieht hier, aus dem Gehängeschutt emportauchend, an verschiedenen Stellen die hori- zontalen Schichten des anstehenden Unteren Weiss-Jura bis nahe an den Tuff herantreten. Es bedürfte nur eines Schurfes, um so- gleich den Kontakt freizulegen. Ich sagte oben, dass das den Bützlenberg im S. begrenzende Thal keine wagerechte Sohle besitze, sondern noch in weiterer Ver- tiefung begriffen sei. Seine gegenwärtige Tiefe ist daher das Werk der Jetztzeit. Nun geht der Tuff anstehend bis in diese jetzige Thalsohle hinab. Er kann mithin nicht in diluvialer Epoche durch Wasser oder Eis an den damaligen Bergabhang angelagert worden I. EN NO di DE ee 5. Tuffgangam Bülzlesberg, zugleich : Verhalleneiner angelagerten Tuffmasse Verhalfeneiner eingelagerien Tuffmasse >) Fig.42 sein; denn das Thal hat sich seit jener Zeit vertieft und seine Sohle müsste in diesem Falle in die Unterlage des Tuffes, den Weiss- Jura @, eingeschnitten sein, während der Tuff hoch oben am Ge- hänge kleben würde. Da letzteres nicht der Fall ist, keine Unter- lage des Tuffes zum Vorschein kommt, vielmehr der Tuff bis in die Sohle hinabsetzt, so kann derselbe auch aus diesem Grunde nur in Form eines saigeren Ganges gelagert sein. Aus dem oben geschilderten Verhalten der kugel- knopfförmigen Tuffmasse, sowie aus dem Hinabsetzen derselben bis in die gegenwärtige Thalsohle geht daher mit Sicherheit hervor, dass auch hier am Bützlenberge ein senkrecht in die Tiefe hinab- setzender Tuffgang vorliegt. Derselbe besitzt rund- lichen Querschnitt mit einem Durchmesser von etwa 200 Schritt. Der ihm zu Grunde liegende Ausbruchs- kanal mündete sicher einst als Maar oben auf aaa der, an dieser Stelle nun abgetragenen Hochfläche der Alb. Wenn man an dem steilen, berasten Abhange der Tuffmasse in die Höhe klımmt, so findet man auf dem oberen Teile viel Kalk- schutt liegen, welcher z. T. stark gerötet ist (Fig. 44). Dass man sich hier noch im Tuffgebiete befindet, welches nur durch diese Blockhülle verdeckt ist, geht daraus hervor, dass sich inmitten der Kalksteine Glimmer zeigt, sowie dass seitlich am Berge, nach Westen hin, in demselben Niveau Tuff blossgelegt ist. Noch weiter berg- aufwärts stehen dagegen Schichten des Weissen Jura £ und später von y an. | Die rote Farbe ist metamorph, z. T. durch die Hitze des Tuffes; aber das gilt nur von den mässig geröteten Stücken. Dieselben — -— —— = wöuffelsen Sn erölhet Bützlesberg Fig. 44. finden sich auch in den Schurren, welche westlich vom Tuffe im Weiss-Jura niedergehen. Die intensiv rotgefärbten und z. T. schon zu ebensolcher roter Erde zerfallenden verdanken diese Umwandlung offenbar einem Zersetzungsprozesse durch die Atmosphärilien. Ganz dieselben zwei Arten der Umwandlung kann man am obersten Gange an der Gutenberger Steige No. 45 beobachten, nur dass die starke Rötung durch Zersetzung dort in einer Spalte vor sich geht, während sie am Bützlenberg an der Tagesfläche erfolgt. Diese Erscheinung erinnert lebhaft an die Bildung der Terra rossa, jenes ebenso feuer- roten Verwitterungsbodens südeuropäischer Kalke, denn der Eindruck ist ganz derselbe. Es drängt sich aber in gleicher Weise auch die Vorstellung auf, dass die Bildung der Bohnerze mit einem derartigen Verwitterungsvorgange in Verbindung stehen möchte. Die Kalkstücke des Weiss-Jura, welche sich auf und in dem Tuffe des Bützlenberges finden, verweisen bis auf die &-Stufe hinauf. Diese muss mithin früher einmal hier angestanden haben, während 53* 890 jetzt die nächstgelegene Hochfläche der Alb nur noch durch d ge- krönt ist und & erst weiter landeinwärts sich auf dieser erhebt. Im Tuffe selbst liegen vorwiegend kleinere Kalkstücke; die zahlreichen grossen an der Oberfläche des Berges gehören wohl wesentlich dem Schuttmantel dieses Tuffes an. An Auswürflingen ist der Tuff des Bützlenberges gegenüber den meisten unserer anderen Vorkommen ganz ausnahmsweise reich. Hornblende und Magnesia-Glimmer sind sehr häufig. Nicht im selben Masse der Augit. Dazu gesellen sich rundliche Stücke von Basalt, die jedoch sicher nicht im Wasser gerollt sind, wie QuEnstepr wohl andeuten will!, sondern ihrer Eigenschaft als Spielball bei dem Aus- bruche die ungefähre Abrundung verdanken. Man möchte, da solche Basaltstücke nicht häufig in unseren Tuffen vorkommen, daraus schliessen, dass der Basaltkern in nicht grosser Tiefe unter der Erd- oberfläche liegt. Granit ist selten; wir holten ein Stückchen aus dem Tuffe heraus. Herr Pfarrer Gussvann in Eningen besitzt ein etwas grösseres, welches durch die Grösse, in welcher seine Gemeng- teile, namentlich der helle Glimmer, auftreten, an Pegmatit mahnt. Doch ist es wohl nicht ganz ausgeschlossen, dass dieses nicht von Herrn Gussmann selbst gefundene Stück vom benachbarten Rangen- bergle stammen könnte, welcher massenhaft Granit führt. Eine Schichtung ist nirgends im Tuffe zu sehen. Wohl aber macht sich eine unregelmässige Absonderung, teils im Sinne des steilen Bergabhanges, teils auch in anderen Richtungen bemerklich. 69. Der Maar-Tuffgang des Kugelbergle am Ursulaberg. Südlich von Eningen bildet der Ursulaberg einen bereits fast ganz durch die Erosion von der Alb abgeschnürten, spornförmigen Vorsprung der St. Johann-Halbinsel. Dem Fusse dieses Ursulaberges ist an dem steilen SW.-Abfalle das Kugelbergle vorgelagert, dessen Name schon ohne weitere Beschreibung sein kugelknopfförmiges Hervorspringen aus dem Gehänge in das Echazthal hinein andeutet. Wie die vier im vorhergehenden beschriebenen Tuffvorkommen, so erscheint auch dieses etwa an der Grenze zwischen Oberem Braun- Jura und Unterem Weiss-Jura. Die Art des Auftretens ist genau wie bei dem Karpfenbühl. Ganz wie dieser, so ist auch das Kugelbergle im Echazthal von dem Unteren Weiss-Jura, an den er sich mit dem tücken lehnt, durch eine Einsenkung geschieden, welche noch nicht i Begleitworte zu Blatt Urach S. 13. No. 2. — 387 — bis auf den Oberen Braun-Jura hindurch eingeschnitten ist, wogegen sich an der entgegengesetzten, hier SW.-Seite, der Tuff tief hinab- zieht. Nur darin weichen beide Vorkommen oberflächlich ab, dass der Tuff am Karpfenbühl auf dem Gipfel frei zu Tage tritt. Dagegen WIRZ Ursulaberg W.SW. „Echaz-Thal Kalktuff ist er hier mit der gewohnten Kappe von Weiss-Jura-Schutt, bis zu ö hinauf reichen seine Stücke, bedeckt, welche sich nach allen Seiten Echaz-Thal xAufschlufspunkte Kurgelbergle amUrsulaberg v.W.her Fig.46. wie ein Überguss hinabzieht. Unter dieser tritt der vulkanische Tuff nur an der W.- und NW.-Seite an einer Anzahl von Punk- ten zu Tage, welche in untenstehender Fig. 46 mit X bezeich- net sind. An der W.- bezw. SW.-Seite steht er übrigens bis an — 88 — den dort vorüberführenden Weg hinab an, und jedenfalls auch noch bis in die nicht viel tiefer gelegene, mit Kalktuff erfüllte Thal- sohle hinab. Wenn man Fig. 45 betrachtet, so fällt sogleich die Ähnlichkeit der Lagerungsverhältnisse mit denen des Egelsberges No. 79 und an- derer auf. Wie dort, so finden wir auch hier den Tuff nur an der Bachseite sich tief bis in die Thalsohle hinabziehend. An der NW.-Seite dagegen steht am Kugelbergle, wie dort, der Braun-Jura in sehr viel höherem Niveau an. Es liegt also hier wie in anderen Fällen ein in die Tiefe hinabsetzender Tuffgang vor, dessen Ausbruchsröhrenwand an der Thalseite ganz tief durch die Thalbildungabgeschält ist, während sie an den anderen Seiten sich noch in ihren unteren Tei- len erhalten hat. So lange man das nicht erkannt hat, wird man in solchen Fällen einen Juraberg vor sich zu sehen glauben, dessen Oberfläche durch einen schrägen, von hinten-oben nach vorn-unten geführten Erosionsschnitt beseitigt und durch Tuff ersetzt wurde. Man hält daher diesen Tuff für aufgelagert auf die schräge Oberfläche des Jura. So verhält sich die Sache z. B. beim Egelsberg No. 79, beim Georgenberg No. 121, beim Metzinger Weinberg No. 102, beim Kräu- terbühl No. 92, bei dem Bühl SW. von Frickenhausen No. 97. Selbstverständlich ist bei jedem derselben die Erscheinung ein wenig anders; der Typus aber ist stets derselbe. 70. Der Maar-Tuffgang am Burgstein. Scheinbar ganz ähnlich wie das Vorkommen des Kugelbergle am Ursulaberg No. 69 ist dasjenige gestaltet, welches durch die Steige von Unterhausen nach Holzelfingen angeschnitten wird. Hier wie dort ein aus dem Steilabfall herausspringender kugelknopfförmiger Berg, welcher an der Rückseite gewissermassen aus dem Steilabfall herauswächst. Während aber dort dieser Kegel bereits ganz aus Tuff, bezw. aus der Weiss-Jura-Schuttkappe desselben besteht, während also dort der Tuffgang bis auf die Anwachsstelle bereits mehr oder weniger von seinem Weiss-Jura-Mantel befreit, aus demselben heraus- geschält wurde, ist hier der Kegel ausser der Anwachsstelle im W. auch an seiner N.- und O.-Seite aus anstehendem Weiss-Jura auf- gebaut, und nur an der SO.-Flanke erscheint der Tuff, bezw. dessen Schuttdecke. Er bildet also einen erst an einer Seite angeschnittenen Gang. So sind die Ähnlichkeiten in der Gestalt und dem Auftreten = 8a > beider nur äusserlicher Natur. Auch ist das Vorkommen am Ursula- berge in höherem Masse kugelknopfförmig hervorspringend. Folgt man der Holzelfinger Steige von Unterhausen an aufwärts, so windet man sich mit derselben um die W.-, N.-, dann O.-Seite desjenigen Berges herum, dessen Gipfel der Burgstein genannt wird. Die Steige schneidet hierbei Weiss-Jura «, dann anscheinend wenig mächtiges £ an. Im letzteren Horizonte umfährt sie den am Fusse des Burgsteins gegen O. hinausspringenden kugelknopfförmigen Berg. Da, wo sie zu der SO.-Seite desselben scharf umbiegt, tritt sie in y ein. Sofort aber hört dieses, senkrecht ziemlich geradlinig ab- geschnitten, auf und eine aus &- und d-Blöcken bestehende Schutt- masse erscheint (Fig. 47). Diese lässt sich ungefähr 200 Schritte weit an der Strasse verfolgen, um dann ebenso plötzlich wieder den fast wagerechten y-Schichten das Feld zu räumen. Also ein an der a el Ben (MAR My I du Hi : vi f i “ Inf u 5 Ha an iu I > N = se KO Holzelfinger Steige Fig 47. SO.-Flanke sich herabwälzender Schuttstrom von 200 Schritt Breite zwischen zwei senkrecht abgeschnittenen Weiss-Jura-y-Mauern. Dieser Schuttstrom ist nichts anderes als der Schuttmantel des Tuffganges. Die Steige läuft hier hoch über der Thalsohle, welche bis in das « einschneidet, an dem sehr steilen, dicht bewaldeten Gehänge entlang. Könnte man an letzterem abwärts bis in das Thal hinunter die Verhältnisse genauer erkennen, so würde man sehen, wie der Schuttstrom sich in derselben Breite bis in die Thalsohle hinabzieht, eingefasst rechts und links von den Mauern des Weiss-Jura $ und «. Diesen Schuttstrom durchschneidet nun die sanft bergan stei- gende Strasse und enthüllt dabei an mehreren Stellen, freilich in wenig merklicher Weise, den unter demselben verborgenen Tuff. In letzterem, dessen Dasein an der Böschung durch Nachgraben mit vollster Sicherheit festgestellt wurde, lagen Stücke eines roten, weicheren, thonigen, glimmerreichen Gesteines. Ob dem Buntsand- stein angehörig ? ua Es kann nach dem Gesagten keinem Zweifel unter- liegen, dass wir auch hier einen senkrecht in die Tiefe niedersetzenden Tuffgang vor uns haben, welcher den Weiss-Jura durchbohrt und an seiner SO.-Seite von dem Steilabfalle angeschnitten wird, während er an den anderen Seiten noch im Körper der Alb steckt. II. Die 53 am Fusse und im Vorlande der Alb gelegenen Maar-Tuffgänge. No. 71—124. Während die oben auf der Hochfläche der Alb gelegenen 38 Maare nur im Gebiete des Weiss-Jura erscheinen, während dann weiter die 32 am Steilabfalle der Alb befindlichen teils oben in dem Niveau des Weiss-Jura, teils bereits unten in demjenigen des Braun- Jura zu Tage treten, erheben sich die 53 nun zu betrachtenden, dem Vorlande der Alb angehörigen aus Braunem Jura, aus Lias und bei dem nördlichsten von allen sogar aus Keuper-Gebiet. Wie in jeder der beiden vorhergehenden Abteilungen, so be- ginnen wir auch hier die Betrachtung mit den im O. gelegenen Punkten und gehen von da nach W. weiter. Wie ich ferner die in der vorhergehenden Abteilung besprochenen, am Steilabfalle der Alb auftretenden Tuffgänge in drei geographische Gebietsabschnitte gebracht habe, welche durch Fluss- bezw. Bachläufe getrennt sind, so teile ich nun die im Vorlande auftretenden in ganz entsprechende Gruppen wie dort; denn die den Steilrand zerschneidenden, dem Neckar zu- fliessenden Bäche durchfurchen ja auch das diesem vorgelagerte Gebiet. Indem sich jedoch in letzterem noch neue Wasserläufe ein- schalten, ergeben sich gegenüber den drei Gebietsabschnitten dort hier im Vorlande deren sieben, nämlich die folgenden von O. nach W.: A. Auf dem rechten Neckarufer. O. 1Illa. Das zwischen dem Butzbach und der Lindach gelegene Ge- | biet mit 6 vulkanischen Punkten. No. 71—76. Blätter | Göppingen und Kirchheim u. T. IIlb. Das zwischen der Lindach und der Kirchheimer Lauter gelegene Gebiet mit 11 vulkanischen Punkten. No. 77 —87. Blatt Kirchheim u. T. IIIc. Das zwischen der Kirchheimer Lauter und dem Tiefenbach gelegene Gebiet mit 5 vulkanischen Punkten. No. 88—92. Blatt Kirchheim u. T. ei Ges: s“ — 84l — O0. Illd. Das zwischen dem Tiefenbach und der Steinach gelegene Gebiet mit 4 vulkanischen Punkten. No. 93—96. Blatt Kirchheim u. T. ' Ile. Das zwischen der Steinach und der Erms gelegene Ge- | biet mit 22 vulkanischen Punkten. No. 97—118. Blatt Kirchheim u. T. IIlf. Das zwischen der Erms und der Echaz gelegene Gebiet mit 2 vulkanischen Punkten. No. 119—120. Blatt Urach. IIIg. Das zwischen der Echaz und der Wiesaz gelegene Gebiet X mit 3 vulkanischen Punkten. No. 121—123. Blatt W. Tübingen. B. Auf dem linken Neckarufer. IIIh. Das vereinzelt im N. gelegene Vorkommen bei Scharn- hausen südöstlich von Stuttgart. No. 124. Blatt Kirch- heim u. T. Illa. Die am Fusse und im Vorlande der Alb, zwischen dem Butzbach und der Lindach gelegenen Maar-Tuffgänge. Von den in diesem Abschnitt des Geländes auftretenden 5 vulka- nischen Massen gehören 5 dem Blatt Göppingen an. Es sind das in von S. nach N. verlaufender Reihenfolge: Der Lichtenstein und der Gang an der Sonnenhalde, beide bei Neidlingen; der Punkt am Dobelwasen; der Aichelberg mit 2 Gängen. Zu diesen gesellt sich als sechster: der Kraftrain, im NW. von jenen bereits auf Blatt Kirchheim u. T. gelegen. 71. Der Maar-Tuffgang des Lichtenstein bei Neidlingen. An der westlichen Grenze des Blattes Göppingen verläuft in NW.-Richtung der Lindach-Bach, welcher dann bei Weilheim auf das Blatt Kirchheim übertritt. Nördlich von dem im Thale der Lindach liegenden Dorfe Neidlingen wird das rechte Thalgehänge durch Braun- Jura @ und £ gebildet. Aus diesem Gehänge springt ein kegelförmiger Berg hervor, gleich einem Kugelknopfe in das Thal hineinragend. Er heisst der Lichtenberg'!. Derselbe besteht aus vulkanischem Tuff * Ich entnehme einer freundlichen Zuschrift des Herrn Pfarrer Dr. Engel, dass dieser Name in der That der offizielle des Berges ist. Danach ist also die von manchen Arbeitern gebrauchte Bezeichnung „Buzzenberg“, welche von mir in einer früheren Arbeit (diese Jahresh. 1893. Sonderabdruck. S. 17, Anm.) angewendet wurde, zu streichen. — 42 — und ist auf der geognostischen Karte in Gestalt eines grossen drei- eckigen Fleckes eingezeichnet. Die genauere Untersuchung dieses Vorkommens ergiebt jedoch, dass es sich hier in Wirklichkeit um zwei von einander getrennte Vorkom- men handelt, von welchen namentlich das später zu besprechende, nörd- licher gelegene, sehr viel kleinere in ausgezeichneter Weise das gang- förmige Auftreten des Tuffes im Braunen Jura $ sofort erkennen lässt. Anders liegen die Verhältnisse bei dem Lichtenberg. Die so sehr viel grössere Masse desselben und sein Aufbau aus Tuff und Braunem Jura bedingen zunächst eine Begehung des ganzen Berges, bevor man über die Lagerung ins Klare kommt. Dann aber zeigt sich auch hier mit zweifelloser Sicherheit, dass der aus Tuff be- stehende Teil des Lichtenberges nichts anderes ist, als ein mächtiger, in die Tiefe niedersetzender Gang rundlichen Querschnittes. Zum besseren Verständnis der Lagerungsweise dieser Lichten- berger Tuffmasse wollen wir unsere Aufstellung nehmen auf der am Fusse derselben entlang führenden Weilheim-Neidlinger Strasse. Diese verläuft nicht neben, sondern in der wagerechten Thalsohle, so dass wir, dem Berge gegenüberstehend, von demselben durch einen Streifen Alluviums getrennt sind. Es ergiebt sich hier das in der folgenden Fig. 48 dargestellte Bild, auf welchem auch der nachher zu besprechende kleine Gang eingezeichnet ist. Die Gesamtmasse des Berges bildet einen Kegel, welcher aus dem Gehänge heraus dem Beschauer entgegenspringt, so dass rechts und links von demselben das aus Unterem Braunen Jura bestehende Thalgehänge zurücktritt. Auf der rechten südlichen, wie linken nörd- lichen Seite ist der Kegel je durch ein an dem Gehänge sich hinab- ziehendes Thal begrenzt. Keineswegs nun besteht die ganze, zwischen diesen beiden Thälern liegende Bergmasse aus Tuff, wie das die geologische Karte von Württemberg angiebt. Vielmehr wird der rechte, südliche Ab- hang des Berges, bis hinauf zu bedeutender Höhe, durch Braun-Jura « und ß gebildet. In derselben Deutlichkeit zeigen sich aber auch auf dem linken, nördlichen Abhange die Thone des Braun-Jura «. Das darüber folgende £ ist hier, am Bergabhange selbst, nicht mehr vorhanden. Es steht erst an dem, durch die Herausschälung des Lichtenberges jetzt in den Hintergrund gerückten 'Thalgehänge an. Der ganze mittlere Teil der Bergmasse, welcher sich zwischen diesen links und rechts platzgreifenden Jurabildungen befindet, besteht da- gegen aus Tuff. — 8345 — Es lässt sich also ein breiter Streifen Tuff vom Gipfel an, wel- cher die gewöhnliche Kappe von Weiss-Juraschutt trägt, bis fast hinab in die wagerechte Thalsohle verfolgen. Rechts wie links wird dieser Streifen in ziemlich gerader Linie von Thonboden des Braun- Jura eingefasst. Auch orographisch bringt sich das härtere Tuffgestein gegenüber den dasselbe auf beiden Seiten flan- kierenden weicheren Thonen zur Geltung: Es bildet nämlich der Tuff einen etwas erhöhten, breit abgestumpften Grat, welcher am Berggehänge gegen SW. hinabzieht. Eine solche Lagerung lässt sich ungezwungen nur als gang- förmiges Vorkommen deuten, wenn auch Aufschlüsse fehlen und nur der Ackerboden uns leiten kann. Völlig unstatthaft ist die Annahme, dass etwa der Tuff hier an das aus Unterem Braun-Jura aufgebaute Gehänge des Lindachthales an- gelagert sei. Diese Annahme wäre nur dann überhaupt ernsthaft in Erwägung zu ziehen, wenn der ganze, knopfförmig aus dem Ge- hänge vorspringende Berg, also auch seine rechte und linke Flanke, von oben bis unten aus Tuff be- ständen. Diese Flanken bestehen aber in ihrem unteren Teile aus Braun-Jura. Eher dagegen könnte auch hier, wie z. B. am Egelsberg, No. 79, und in anderen Fällen, eingeworfen werden, dass der Tuff an der unteren Bergflanke gar nicht m Wirklichkeit anstehe, sondern nur von oben her in grossen Massen hinabgerutscht sei und so die unter seiner Decke anstehenden Jura- thone verhülle. Da der Berg mit Weingärten bedeckt ist, so fehlt es natürlich Fig. 48. Thalsohle derLindach Lichtenstein v.d.Neidlinger Straus gesehen (v.SW.ker) — 844 — gerade auf diesem kostbaren Gelände an grösseren Aufschlüssen, welche diese Frage sicher entscheiden könnten. Allein bereits die Anlage der Weinberge bedingt eine so tiefe Umarbeitung des Erd- reichs, dass ein etwa unter dem Tuff anstehender Jurathon gewiss, wenigstens hier und da, an die Oberfläche gebracht worden wäre. Sodann aber lässt sich auch hier, wie beim Egelsberg, ein solcher Einwurf mit der Frage entkräften, warum denn der Tuff gerade nur nach dieser einen, dem Beschauer zugewendeten, Seite abgerutscht sei; warum er nicht auch die anderen Flanken des Berges über- schüttet habe, wenn er doch durch seine Schwere und durch Regen hinabgespült sei. Noch ein weiteres Bedenken könnte geltend gemacht werden: Ich sagte oben, dass der Tuff vom Gipfel „fast“ bis an die Thal- sohle hinabreicht. Dem Beschauer wird in der Natur dies Verhältnis sofort klar aus der Verwertung des Bodens: Soweit der Tuff sich hinabzieht, sind Weingärten auf demselben angelegt. Diese letzteren aber erreichen nicht ganz die Thalsohle, indem sich der Thon der letzteren und das auf ihm betriebene Ackerland noch einige Meter am Abhange hinaufziehen. Ist nun dieses Tuffvorkommen ein gangförmiges, so würde man einwerfen können, dass der Tuff in diesem Falle nicht nur ganz bis in die Thalsohle hinab, sondern auch noch über dieselbe hinweg- setzen müsse, das Thal durchquerend. Gegen einen solchen Einwurf ist zunächst geltend zu machen, dass der Thalboden eine horizontale Ebene bildet, d. h. mit Alluvium bedeckt ist, so dass ein das Thal etwa durchsetzender Gang überhaupt von den alluvialen Bildungen zugedeckt sein müsste, also gar nicht sichtbar wäre. Zweitens aber würde dieser Einwurf von der irrigen Vorstellung ausgehen, dass der in Rede stehende Tuffgang ein langgestreckter, plattenförmiger Gang mit deutlich ausgesprochener Streichrichtung sei. Das ist jedoch bei unseren Gängen nur ganz ausnahmsweise der Fall. Dieselben besitzen im Gegenteil meistens einen mehr oder weniger kreisähnlichen Querschnitt, denn sie sind nichts anderes als die mit Tuff erfüllten, in die Tiefe hinabsetzenden, stielförmigen Kanäle von Maaren. Ein solcher Kanalgang besitzt aber gar keine Streichungsrichtung, d. h. keine vorherrschende Längserstreckung. Nur wenn er ovalen Querschnitt hat, ist eine solche etwas ausgebildet. Abgesehen von seinem Niedersetzen in die Tiefe hört er also nach allen Richtungen hin, nach welchen man ihn verfolgt, bald auf, so dass man überall bald auf sein Nebengestein stösst. — 845 — Zweifellos liegt auch in dem Tuff des Lichtenberges ein der- artiger Kanalgang von ungefähr rundlichem Umrisse vor uns. Dieser Gang nun reicht gar nicht bis an den im Alluvium stehenden Be- schauer heran, er reicht auch nicht einmal bis an den Beginn der wagerechten Thalsohle hin. Er endet vielmehr noch im untersten Teile des Thalgehänges, bevor letzteres in das Alluvium übergeht. Die schräge, auf den Beschauer zulaufende Fläche des Thalgehänges ist die Schnittfläche, durch welche der säulenförmige Gang schräg von hinten-oben nach vorn-unten durchgeschnitten wird. Daher kommt es, dass der den Gang umgebende Mantel von Braun-Jura- gestein in den verschiedenen Himmelsrichtungen in ganz verschie- denem Masse durch die Erosion abgeschält ist. Am höchsten hinauf ragt derselbe an der dem Beschauer abgewendeten, östlichen Seite des Ganges, also da, wo letzterer sich an das Thalgehänge lehnt. SW. N.O. Hier steckt der Gang noch im Gestein. Hier ist also der Mantel noch bis hoch in den Braunen Jura $ hinauf erhalten. Schon stärker abgetragen ist er auf der rechten, südlichen Seite und noch mehr auf der linken, nördlichen; hier besteht der Mantel nur noch aus Braun-Jura @; das £ ist schon abgeschält. Am stärksten hat aber erklärlicherweise die Abtragung auf der dem Beschauer zugewendeten, westlichen Seite des Ganges gewirkt, denn das ist die Thalseite. Hier geht die Schnittfläche des Ganges fast bis auf die Thalsohle hernieder, soweit eben der Gang sich hier bis auf den Beschauer zu erstreckt. Da der Gang nun nicht ganz bis an den Beginn der Thalsohle sich ausdehnt, so muss natürlich hier vorn der Jurathon sich noch eine kleine Strecke weit bergauf ziehen. Diese Verhältnisse werden durch das obige, zu dem in Fig. 48 gegebenen recht- winkelig stehende Profil No. 49 erläutert. Es bleibt nachdem Gesagtenalseinzige ungezwun- gene Deutung derLagerungsverhältnisse nur diejenige, — 346 — dass der Tuff am Lichtenstein ein in die Tiefe nieder- setzender Tuffgang rundlichen Querschnittes ist; und dass der Ausbruch stattfand zu einer Zeit, in welcher sich hier noch die Alb befand. Die grosse, aus Weiss-Jurablöcken bestehende Kappe des Tuff- berges, welche d- und &-Gestein führt, das sich hier etwa im Niveau der Ornatenthone befindet, während es zur Zeit des Ausbruches doch offenbar in dem ihm zukommenden, so viel höheren Niveau anstand — diese Kappe beweist, dass hier einst die Alb stand. (uEnsTEDT hebt auch das Auftreten von [-Platten hervor, so dass also in jener Zeit auch diese höchste Stufe hier noch angestanden haben russ. Auch durch die im Tuffe selbst liegenden Kalkstücke wird natürlich das ehemalige Vorhandensein der Alb an dieser Stelle dargethan. 72. Der Maar-Tuffgang an der Sonnenhalde. Der soeben besprochene Lichtenberg wird im N. durch einen kleinen Wasserriss begrenzt, welcher von seinem Anfang bis zum Ende im Unteren Braun-Jura ausgefurcht ist. Auch wenn man diesen Wasserriss überschreitet, dann steht hier, nördlich des Lichtenberges, am Gehänge des Lindachthales überall Unterer Braun-Jura an, nicht aber, wie die geologische Karte von Württemberg angiebt, Tuff. Erst weiterhin tritt ein zweiter, gegenüber der grossen Tuffmasse des Lichtenberges ganz kleiner Tuffgang auf, welcher aber in vor- züglıcher Weise angeschnitten ist. Derselbe ist bereits auf der Fig. 48 S. 845 links vom Lichtenberge zu erkennen und unten in Fig. 50 grösser dargestellt!. Die betreffende Stelle befindet sich nördlich nahe dem Lichten- berge. Der untere Teil des Thalgehänges ist dort mit Weinbergen bedeckt, der obere mit Wald. Da nun, wo oben die Weinberge aufhören und der Wald beginnt, befindet sich der Aufschluss. Man sieht die Schichten des Braun-Jura # in horizontaler Lagerung und diese senkrecht durchsetzt von einem 30 Schritte breiten Tuffgange. Der Kontakt lässt sich an beiden Salbändern mit völligster Schärfe erkennen. Von einer durch Hitze bewirkten Umwandlung des Braunen Jura ist nichts zu sehen. Die dunklere Färbung und weichere Be- ! Die Zeichnung Fig. 50 ist leider nicht recht klar. Sie soll einen, auf den Beschauer schräg zulaufenden Bergabhang darstellen, durch welchen der saigere Tuffgang ovalen Querschnittes schräg von hinten — oben nach unten — vorn durchschnitten wird. Daher die radiale Schattierung des Abhanges. Der obere Teil des Profiles dagegen, am Waldrande, ist senkrecht aufgeschlossen. a schaffenheit, welche der letztere im Kontakte besitzt, dürfen wohl nur der Einwirkung des Wassers zugeschrieben werden, welches sich auf dieser, senkrecht in die Tiefe setzenden Grenze beider Gesteins- arten hinabzog. Der Thon würde durch Hitze im Gegenteil gehärtet worden sein müssen. Auf dieselbe Ursache möchte ich auch die an beiden Salbändern sich einstellende Zersetzung des Tuffes selbst in eine thonige, schmierige Masse zurückführen. Obgleich nun die Lagerung hier eine so zweifellose ist, dass niemand die Gangnatur dieses Tuffes bestreiten könnte, so liess ich doch am Salbande den Tuff mit der Hacke aus dem Gangraum Zi Mt Mm “ Ss en wg = HH 1» Al Hl 2-2 en D Ey er all EU Ahr (Muin klang A Air ns m Sa N Lv RUN = ü HN; au DR, N h: sh “A hi." A = ll halde AN Fig.50. herausarbeiten. Es ergab sich, wie nicht anders zu erwarten war, dass der Tuff sich wirklich in das Berginnere hineinzieht. Der Gang ist an jener Stelle, an welcher er aufgeschlossen und angeschnitten ist, 30 Schritt breit. Verfolgt man denselben aber in seinem Verlaufe thalabwärts in den Weinbergen, so findet man, dass er allmählich schmäler wird. Wenn auch nicht mehr aufgeschlossen, so kann man ihn doch an der Beschaffenheit des Ackerbodens genau erkennen und vom Braun-Jura-Boden unterscheiden. Stets kommt man, wenn man den Gang hier in der Horizontale am Thalgehänge überquert, aus Braun-Jura-Boden durch Tuffacker hindurch und dann wieder in Braun-Jura-Boden. Innerhalb des untersten Weinberges hört der Gang aber auf; am oberen Ende desselben misst er noch — 43 — 12—15 Schritt in der Breite, dann verschwindet er. Es liegt also nicht etwa eine sich auskeilende langgestreckte Spalte vor, sondern der Gang endet breit, stumpf; d. h. auch hier haben wir einen tuff- erfüllten Ausbruchskanal rundlichen Querschnittes.. Wie weit sich der Gang in entgegengesetzter Richtung bergaufwärts in den Wald hinaufzieht, konnte ich nicht feststellen. Weit wird er sich kaum mehr ausdehnen. Es zeigt sich mithin bei diesem kleinen Gange ganz dieselbe Erscheinung, wie bei dem so bedeutend viel grösseren des nahe be- nachbarten Lichtenberges: Beide werden durch das Gehänge des Lindachthales schräg angeschnitten, beide setzen nicht nur nicht durch das Lindachthal hindurch, sondern endigen noch innerhalb des Thalgehänges; beide sind also nicht lang hinstreichende, platten- förmige Gänge, nicht Ausfüllungen von Spalten, sondern von Röhren oder Kanälen. | Auch in diesem Falle also ist durch die Lagerungs- verhältnisse sicher dargethan, dass ein in die Tiefe hinabsetzender Gang vulkanischen Tuffes vorliegt, welcher jetzt im Unteren Braun-Jura f erscheint. Da dieser Tuff aber Weiss-Jura-Brocken führt, so ist auch hier wieder bewiesen, dass sich zur Zeit des Ausbruches die Alb noch an dieser Stelle befunden haben muss. 73. Das Tuffvorkommen nahe dem Dobelwasen, östlich von Weilheim. Genau nördlich vom Lichtenberge, in einer Entfernung von ungefähr 3 km, liegt an der Westgrenze des Blattes Göppingen ein weiteres Vorkommen vulkanischen Tuffes. Dasselbe findet sich hier ebenfalls im Braun-Jura « und wird in der Sektionsbeschreibung des Blattes Göppingen mit einigen Worten erwähnt. Auch ich ver- mag über dasselbe nichts auszusagen, da dieses Vorkommen völlig eingeebnet ist, vor allem aber, weil es in gleicher Weise wie das umgebende Braun-Jura-Gelände als mit alten Obstbäumen bestandene Wiese benutzt wird. Der dichte Rasen, von welchem zudem seit langen Zeiten sorgfältig alle Steine abgelesen worden sind, verhindert jegliche Erkenntnis des unterliegenden Gesteines. Am sichersten erreicht man den Punkt, wenn man Weilheim auf der nach Zell führenden Strasse verlässt und bald darauf bei der Ziegelei dem nach Osten sich abzweigenden Wege folgt. Derselbe leitet bis zu dem Vorkommen hin. ee 9Aun 14. 75. Die beiden Maar-Tuffgänge des Aichelberges. Der Aichelberg erhebt sich, 3 km in nordöstlicher Richtung von Weilheim entfernt, als ein länglicher, von Süden nach Norden ge- streckter, zweihöckeriger Bergrücken bis zu 605 m Meereshöhe. Am Nordende desselben liegt auf halber Höhe das Dorf Aichelbereg. Wie in vielen anderen Fällen, so besteht auch hier der Fuss des Berges, aber nicht bis zur Höhe des Dorfes hinauf, aus Unterem Braun-Jura; die obere Hälfte des Bergrückens dagegen aus Tuff, welcher jedoch an vielen Stellen eine Kappe mächtiger Schuttmassen von Weiss-Jura trägt. Wie in vielen anderen Fällen ist daher auch hier zunächst die Frage offen, ob ein in die Tiefe hinabsetzender Tuffgang vorliegt, welcher den Braun-Jura durchsetzt, oder ob wir nur eine dem letzteren aufgelagerte Tuffmasse vor uns haben; ge- nauer ausgedrückt, ob wir zwei Tuffgänge bezw. zwei aufgelagerte Tuffmassen vor uns haben. Die geologische Karte von Württem- berg giebt allerdings nur ein einziges grosses Tuffvorkommen an, ganz wie beim Bölle bei Reudern (No. 90, 91). Genau aber wie dort in dem Berge zwei getrennte Tuffgänge stecken, so ist das auch hier der Fall. Wir beginnen unsere Untersuchung am nördlichen Ende des Berges, an welchem sich hart hinter und über dem Dorfe ein Stein- bruch befindet. Bei dem Äufstiege durch das Dorf hinauf zu dem Bruche zeigt sich noch hinter einem der letzten Häuser anstehender Braun-Jura. Gleich darüber öffnet sich der grosse Bruch, in welchem Weiss-Jura-Blöcke gewonnen werden. Die ganze Giebelseite des Bergrückens bis oben zur Höhe hinauf ist hier geöffnet. Wir sehen ein gewaltiges Haufwerk dicht auf- und ineinander gepackter Weiss- Jura-Blöcke, teils von riesiger Grösse, teils feinerer Schutt zwischen diesen, so dass keinerlei leere Zwischenräume übrig bleiben. Die meisten der grösseren gehören dem y und d an; «@ ist vor- handen, jedoch weil weich meistens in kleinen Stücken; ob auch & vertreten ist, war zur Zeit nicht zu entscheiden. Das Gestein, selbst von «, ist vielfach so hart, dass man dasselbe für verändert halten möchte. Ein oolithisches, dunkles Gestein gehört wohl dem « an, es ist ähnlich wie bei der Lochen. Gerötete Stücke fehlen ganz. Sicher ist diese wirre Schuttmasse nicht etwa einst bei dem Ausbruche aus anstehendem Zustande hochgeblasen worden und dann hier niedergestürzt. Vielmehr ist das Ganze nur ein Überrest der Wandung der Ausbruchsröhre, also des Weiss-Jura-Mantels, welcher früher hier hoch über diesem Niveau — denn wir befinden uns ın Jahreshefte d. Vereins £. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 54 — 50 — demjenigen des Braun-Jura « — den Tuffgang umgab und nun all- mählich mit der Abtragung des letzteren in immer niedrigere Lage hinabsank. An verschiedenen Stellen ist dieser Mantel fadenscheinig ge- worden, so dass der Tuff hier herausschauen kann. Das ist z. B. der Fall oben in der Höhe des Steinbruchs, woselbst ein grosser Block roten Bohnerzthones in demselben liegt. Auch weiter unten am Steinbruch, auf der Westkante desselben, erscheint etwas Tuft, vielleicht nur von oben abgerutscht. Dann aber finden wir ihn an- geschnitten an der Westflanke des Berges, und zwar an der dort wagerecht den Berg umlaufenden und das Dorf durchziehenden Fahr- strasse. Im Dorfe selbst ist das der Fall hinter dem Hause No. 33 und dem daneben liegenden Wirtshause zum Lamm. Die 2 Tuffgänge des Aichel gr V. ; When Fig.5t. Ich habe bereits erwähnt, dass der langgestreckte Rücken des Berges zweispitzig ist, wie das Fig. 51 zeigt. Der vordere niedrigere nördliche Gipfel ist nämlich durch eine tiefe Einkerbung von dem höheren längeren südlichen geschieden. In dieser Senke steht auf dem Rücken des Berges Braun-Jura # an, während dicht nördlich, in dem alten Wallgraben, im selben Niveau vulkanischer Tuff auf- geschlossen ist und dieser sich auch südlich sehr bald einstellt. Wenn man nun von diesem Sattel aus auf der Ostflanke oder auf der Westflanke in das Dorf hinabsteigt, so zeigt sich hier wie dort Braun- Jura, während nördlich wie südlich davon an beiden Flanken Tuff ansteht. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass in Wirklichkeit nicht, wie die Karte von Württemberg angiebt, ein, sondern dass zwei Tuffgänge vorhanden sind, ein kleinerer nördlicher und ein grösserer südlicher, welche durch eine schmale Scheidewand von — 851 — Braun-Jura getrennt werden. Also genau dieselben Verhältnisse wie beim Doppelgange des Altenberg No. 93 und Engelberg No. 94 und anderen Gangpaaren unseres Gebietes‘. Wandern wir nun auf dem Kamme entlang, so finden wir oben vorwiegend den Weiss-Jura-Schuttmantel, in welchem einige ganz absonderlich grosse Kalkschollen liegen. Vor allem gilt letzteres von der Westflanke des nördlichen Ganges, auf welcher neben dem oben erwähnten Wallgraben ein solcher Riesenblock herausragt. Wie aber am Nordende des Aichelberges ein grosser Steinbruch diesen Mantel anschneidet, so ist das auch an dem Südende des Berges der Fall. Hier findet man vier z. T. verlassene Stembrüche in ver- schiedener Höhenlage. Die einen zeigen vorwiegend die Kalkhblöcke des Schuttmantels, die anderen vorwiegend den Tuff. Besondere Beachtung verdienen die beiden tiefstgelegenen dieser Brüche. Der grössere, obere derselben führt nämlich ausser grossen Blöcken von Weiss-Jura auch an einer Stelle ein Haufwerk kleiner Kalksteine, welche bei oberflächlicher Betrachtung wie Gerölle eines Baches erscheinen. Bei näherem Zusehen aber erweisen sie sich doch nicht entsprechend gerundet, sondern es sind Flächen ange- schliffen und auch Eindrücke vorhanden. Letztere sind wohl auf dieselbe Weise entstanden wie die Eindrücke in Geröllen der schwei- zerischen Nagelfluhe, nämlich durch die auflösende Thätigkeit des Wassers in der Ablagerung. Dieser Umstand könnte daher nichts gegen eine ursprüngliche Rollung derselben im Wasser beweisen. Wohl aber gilt das von den angeschliffenen Flächen und der mangel- haften Rundung der vermeintlichen Gerölle. Die ganze Gestalt dieser Kalksteinchen erinnert an diejenige der Granite in unseren Tuffen, welche ebenfalls durch den langen Weg, den sie beim Auswurf zurücklegten, rundlich werden und welche hierbei gleichfalls bisweilen Flächen erhalten. Rechnet man nun hinzu, dass diese Steinchen keineswegs eine Schicht bilden, sondern nur auf einem Haufen zu- sammenliegen, so wird man in denselben nichts anderes erkennen wollen, als einen Auswurf. An dem tiefstgelegenen dieser vier Brüche, gerade an der Ecke, an welcher der Weg in denselben hineinführt, liegt ganz feiner Aschentuff über grobkörnigerem. Ich halte das aber ebenfalls nicht für eine Ablagerung aus Wasser, sondern für subaörische Schichtung, entstanden an einer kleinen Stelle in dem grossen Kanale. 's. später „Paarweise Maare und Maar-Tuffgänge*. 54* — 852 — Ziemlich hart unterhalb dieses untersten Bruches steht Braun- Jura « an. Hier ist also der Mantel des Tuffganges noch erhalten. Folgt man abwärts dem Fahrwege, welcher dort von O. nach W. verläuft und später an der W.-Flanke des Berges nach Aichelberg führt, so lässt sich ein scharfer Kontakt zwischen dem Thon des Unteren Braun-Jura und dem Tuff in gerader Linie aus der oberen Wegschlinge in die tiefere hinein verfolgen, wie Fig. 52 zeigt. Derartiges Auftreten lässt sich unmöglich durch An- oder Auflagerung erklären, sondern nur durch gangförmige Lagerung. Aus Obigem ergiebt sich mithin, dass sich früher die Alb über diese Gegenden ausdehnte, dass durch vulkanische Ausbrüche hier nebeneinander zwei senk- “ recht stehende Tuffgänge er- zeugt wurden. Der nördliche mehr von rundem, der südliche mehr von ovalem Querschnitte; beide aber dicht nebeneinander liegend, nur. getrennt‘ durch ein schmales Band von Braun- Jura #. Ob diese beiden Gänge sich in der Tiefe zu einem einzigen vereinigen? Das wäre ja möglich. In diesem Falle würden dieselben nicht genau senkrecht stehen, sondern nach oben hin divergieren, also oben auf der Alb zur Zeit, als diese sich hier noch ausdehnte, weiter von einander entfernt gewesen sein als heute der Braun-Jura & und £. Aichelberg, stidl. Ende. Fig.52. 76. Der Maar-Tuffgang des Kraftrain. Das unbedeutende vulkanische Vorkommen am Kraftrain hat doch für die Erkenntnis der Entstehung unserer Tuffe einen be- sonderen Wert, weil es mit einem Basaltgange vergesellschaftet ist. Nächst der Tuffmasse bei Scharnhausen (No. 124) ist diejenige des Kraftrain der am meisten nach N. vorgeschobene unserer vulkanischen Punkte, Sie liegt auf kaum 8 km südlicherer Breite als jene und zwar im Gebiete des mittleren Lias, ungefähr 8 km nordöstlich von Kirchheim u. T., ganz nahe an der von dort nach Schlierbach führenden Strasse. In dieser Gegend hat ein kleiner Bach sein Bett in die liassischen Schichten gegraben, vom £ bis in das d, y hinab einschneidend. Das rechte Thalgehänge dieses Baches bildet eine Steilwand. Schein- — 855 — bar angelagert an letztere liegt dort eine Tuffmasse, kugelknopf- förmig aus dem Gehänge in das Thal hinein vorspringend. Sie ragt, 32 m hoch, von der Thalsohle bis auf die Höhe der Lias &-Fläche empor. Dort oben ist sie von letzterer nicht durch eine Einsenkung abgeschnürt, sondern ihre Oberfläche geht in diejenige des Lias ohne Unterbrechung über. Die Breite an der Basis beträgt etwa 200 Schritt. Ein Steinbruch schliesst das Innere dieser Tuffmasse in ihrer ganzen Mächtigkeit von der Thalsohle bis zur Höhe auf und zeigt den gewöhnlichen massigen Tuff. Die Hinterwand des Bruches ist fast senkrecht und wäre unersteiglich, wenn nicht der von oben herab- geschwemmte Verwitterungsboden des Oberen Lias einen Schutt- kegel an der Wand aufbaute. So kann man die Tuffwand in der Nähe untersuchen. Zahllose Weiss-Jurastücke sitzen in dem vul- kanischen Gesteine. Gerötete fehlen; dafür aber sind viele eigen- tümlich gehärtete und innen krystallinisch gewordene vorhanden, entschieden in grösserer Anzahl, als fast an allen anderen Orten. Selbst das Kiesel d — oben liegt ein grosser Block desselben — macht den Eindruck, als sei es noch weiter durch die Hitze ver- kieselt oder doch gehärtet, wie beim Randecker Maar (No. 39). Zuckerförmiger Kalk hat wohl ursprünglich diese Beschaffenheit, gehört also wohl der &-Stufe an. Das ist hervorzuheben, denn den nördlichst gelegenen Punkten fehlt meist das &. Die anderwärts so zahlreichen Stücke des Braun-Jura sind seltener. Auch Keuper, Granit und Bohnerz fand ich nicht. Indessen will das gar nichts sagen; die Wand ist altersgeschwärzt und von dem ganzen Gange ist doch nur ein winziger Teil seiner Höhe aufgeschlossen. Auch das ist hervorzuheben, dass oben auf dem Gipfel keine grossen Weiss- Jurablöcke umherliegen. Aber diese können längst abgelesen und zu Strassenmaterial verwendet sein. Von Mineralien ist eine grössere Glimmerplatte erwähnenswert. Ganz unten links im Bruche steht ein völlig oolithischer Tuff an, welcher sich von dem anderen ge- wöhnlichen stark unterscheidet. Der Kontakt mit dem Lias ist schwer zu erkennen. Einmal ist der ganze Hügel mit Tannen angeschont. Zweitens springt er kugelknopfförmig aus dem Gehänge heraus, er ist also zu beiden Seiten bereits frei, nicht mehr von Lias flankiert. Dadurch erweckt er eben den Anschein, als sei er an das Gehänge angelagert. Eine solche Annahme würde auch nicht durch die Thatsache widerlegt werden, dass man oben auf der Höhe den Kontakt ungefähr erkennen kann: Von dem vorderen Rande des Bruches aus geht man etwa _— 854 — 30 Schritte weit östlich in den Wald hinein; dann hört plötzlich der Tuffboden auf und Lias & beginnt. Dieses Verhalten stimmt sowohl mit Anlagerung an den Lias wie auch mit durchgreifender Lagerung durch denselben überein. Trotzdem lässt sich darthun, dass es sich hier um letztere handelt. Zunächst ist hier hervorzuheben, dass der Tuff bis in die Thalsohle hinabsetzt. Da die Herausarbeitung zu deren jetziger Tiefe sicher erst jüngeren Datums ist, so muss ein in alter Zeit hier angelagerter Tuff auch auf der alten Thalsohle, d. h. einer höher gelegenen, damals noch weniger tief eingeschnitten gewesenen, ge- legen haben. Die heutige Thalsohle dagegen dürfte er gar nicht berühren. Es müsste vielmehr am heutigen Profil des Thalgehänges unter dem Tuffe seine liassische Unterlage angeschnitten sein. Das ist aber nicht der Fall. Der Tuff reicht bis in die Thalsohle hinab. | Basalt H Fig oa: Kraftrain VWherges) Er wird auch zu jeder späteren Zeit immer noch bis auf die jedes- malige, tiefer und tiefer gerückte Thalsohle niedergehen, weil er eben als senkrechter Gang an dieser Stelle hinabsetzt. Unwiderleglich wird das aber bewiesen durch das Auftreten eines Basaltganges in diesem Tuffgange. Der Abbau desselben miss- lang, da er zu tief lag, erst nahe der Thalsohle erschien. Jetzt ist freilich, bis auf die im Wege liegenden Stücke, nichts mehr von ihm zu sehen, da die herabgespülten Massen den Boden des Stein- bruches bedeckt haben. So ergiebt sich also: Das Hinabsetzen des Tuffes bis in die heutige Thalsohle, sowie das Auftreten eines Basaltganges in dieser Tuffmasse beweisen unwider- leglich, dass hier ein in die Tiefe niedersetzender, saigerer Tuffgang vorliegt. Aus den im Tuffe ein- — 85 ° — geschlossenen Stücken des Weiss-Jura, welche bis zum & hinaufreichen, geht dann ferner hervor, dass sich hier zur Zeit des Ausbruches noch die Alb erhob. Illb. Die im Vorlande der Alb, zwischen der Lindach und der Kirch- heimer Lauter gelegenen Maar-Tuffgänge. In diesem Abschnitte des Geländes liegen vier Punkte west- lich von Weilheim: Die Limburg, der Egelsberg, der Dachsbühl und das neue Vorkommen am Ehnisbach. Sodann finden sich drei Punkte südlich von Bissingen: Der Nabel, ein ganz nahe bei diesem an der Steige nach Ochsenwangen liegender Gang, endlich der Hahnen- kamm. Dieser letztere ist zwar dem Steilabfalle der Alb bereits so nahe gerückt, dass er eher bei dieser Abteilung abgehandelt werden müsste. Die nahe Lage zu jenen beiden macht jedoch seine Be- sprechung an dieser Stelle wünschenswert. Eine dritte Gruppe von vulkanischen Punkten bilden die um den N.-Fuss der Teck gelegenen Götzenbrühl, Hohenbohl, auf dem Bürgli und ein namenloses am O.-Abhange der Teck. Sie sind freilich alle der Teck so nahe ge- rückt, dass man sie mit dieser zusammenfassen möchte. Das geht jedoch nicht an, da nur der Teckgang oben auf der Alb liegt. Ich musste daher diese von jenem trennen. Obgleich auch hier die beiden erstgenannten mehr im Vorlande, die beiden letztgenannten noch am Steilabfall der Alb liegen, behandle ich alle vier doch hier in derselben Abteilung. Die Gruppe westlich von Weilheim. Limburg; Dachsbühl; Egelsberg; das Vorkommen am Ehnisbach. 77. Der Maar-Tuffgang der Limburg. Als ein von allen Seiten freistehender Kegel erhebt sich 1 km südlich von Weilheim der Berg, welcher einst die Limburg trug. Über die ihn umgebende Ebene, etwa 220 m hoch emporragend, besitzt er eine Meereshöhe von 597 m. Wie in so vielen Fällen in unserem Gebiete, so ist auch der Sockel des Limburgberges, bis zu mehr als seiner halben Höhe hinauf, aus sedimentären Schichten gebildet, so dass nur ungefähr die letzten 70 m vulkanischen Ge- steines sind. Während aber bei den im benachbarten Egelsberg No. 79 und Dachsbühl No. 78 nur Braun-Jura « den Sockel des Berges bildet, baut sich der letztere hier aus dem ganzen «, $ und 7 — 856 — auf!. Auf diesem an Höhe und Umfang bedeutenden Unterbau liegt dann eine Tuffkappe von ovalem Umriss, die lange Achse von SW. nach NO. gerichtet. Um diese Tuffmasse kennen zu lernen besteigt man am besten den Berg mittels des Weges, welcher sich von der Fahrstrasse Weilheim-Bissingen abzweigt. Dieser an der NW.-Seite des Kegels steil aufsteigende Weg geht über den sedimentären Sockel hinauf. Ungefähr im Niveau der vulkanischen Kappe angekommen, endet der Weg und mündet in einen zweiten ein, welcher in ungefähr wagerechter Lage an der W.-, S.- und O.-Seite den Berg umkreist. Dieser neue Horizontalweg schneidet weiterhin an einer ganzen Anzahl von Stellen in den Tuff ein und schliesst letzteren vorzüg- lich und auf weite Erstreckung hin auf. Wir folgen diesem Wege. Dass wir uns wirklich schon im Niveau des Tuffes befinden, könnte man zunächst bezweifeln; denn fast auf der ganzen W.-Seite finden wir nur Mergel des Weiss-Jura « angeschnitten, welche ganz den Eindruck erwecken, als seien sie anstehend. Das kann aber nicht sein; denn wir sind noch nicht in seinem Niveau; auch hatte bereits das oberste Ende jenes ersteren steilen Weges in tieferer Lage in den Tuff eingeschnitten, welcher Hornblende und schlackıges Magneteisen führt. Offenbar also handelt es sich hier nur um den Schuttmantel von Weiss-Jura, welcher den Tuff verhüllt. In diesem liegen ja oft riesige Fetzen von Weiss- Jura-Gestein, unter Umständen auch ganze herabgerutschte Massen, welche dann wie anstehend erscheinen. Dass dem wirklich so ist, lehren auch die gelben Stücke von Weiss-Jura &, welche mitten in diesen «-Mergeln oder gar unter denselben liegen. Weiterhin am Südende des Berges treffen wir dann über dem Weiss-Jura-Schutt Stücke gelben Thones. Dieselben erinnern wohl etwas an Bohnerz, Thon, führen aber kein Bohnerz; sie scheinen aus zersetztem Weiss- Jura & hervorgegangen zu sein. An anderen Stellen finden sich Fetzen echten Bohnerz-Thones. Ich meine nun keineswegs, dass diese ungeheuren Schuttmassen, welche uns hier den Tuffkern verhüllen, einst bei dem Ausbruche in die Höhe geschleudert wurden und dann zerschmettert hinab- stürzten. Ich habe vielmehr absichtlich den Ausdruck „abgerutscht“ gebraucht; denn wir stehen vor der einstigen Weiss-Jura-Wand des ! Das y ist nicht deutlich aufgeschlossen, sondern von oben her über- schüttet. — 8571 — Tuffganges, welche nicht beim Ausbruche, sondern erst in jüngster Zeit in sich zusammengebrochen ist. Man stelle sich nur vor, dass dieser Tuffgang einst mitten in der Alb steckte. Letztere wurde mehr und mehr von dem Gange abgeschält. Zuletzt umgab sie nur noch als eine dünne Mauer! den Gang, und begann nun einzustürzen. Teilweise fielen die Massen nach aussen und wurden am Bergabhange zu Thale gespült. Teilweise fielen sie auf die Tuffmasse, an welche sie sich ja lehnten. So kommt es, dass ganze zusammenhängende Partien jetzt wie anstehend auf dem Tuffe liegen können, aber doch nicht mehr anstehen. In gleicher Weise sind die oben auf dem. Gipfel liegenden Blöcke von Weiss-Jura & nicht emporgeschleudertes, sondern nur herabgerutschtes, abgebrochenes Material. Kehren wir nun zu unserem Horizontalwege zurück. Da, wo sich derselbe bald zur Ostseite des Berges herumbiegen will, liegt mitten in der Jura-Trümmermasse ein Fetzen wohlgeschichteten Tuffes, etwa 4 Köpfe gross. Das erklärt sich leicht: Der Schutt- mantel ist hier bereits sehr dünn geworden, der Tuff liegt also schon dicht unter seiner Oberfläche. Auch unterhalb unseres Weges, in etwas tieferem Niveau, schaut hier und da der Tuff heraus aus dieser Hülle. Noch weiter hin am Wege ist dann die dünne Hülle durch den Weg ganz zerschnitten worden, so dass wir nun am anstehenden Tuffe entlang gehen. Auch hier treffen wir, wie z. B. am Hohbohl (No. 86), Götzenbrühl (No. 87) und anderen, inmitten dieses massigen Tuffes nicht nur die gewöhnlichen Fremdgesteine, sondern auch Einschlüsse eines anderen Tuffes, welcher grau und körnig ist. Dieser letztere ist mithin älter, als der ihn einschliessende. Er muss auch bereits verfestigt gewesen sein, als er von dem jüngeren Tuffe ein- geschlossen wurde; denn anderenfalls wäre er beim Emporgeworfen- werden auseinandergefallen. Es handelt sich mithin in diesem, wie in allen derartigen, allerdings seltenen Fällen in unserem Gebiete um zwei zeitlich ver- schiedene Ausbrüche aus einem und demselben Kanale. Keineswegs dagegen ist eine solche Annahme nötig zur Er- klärung des oben erwähnten geschichteten Tuffeinschlusses in dem ! Selbstverständlich ist dieser Vorgang nicht in der oben geschilderten Regelmässigkeit vor sich gegangen. Die Mauer des Ganges, bezw. die denselben zunächst umgebenden Enden der Juraschichten, werden an einer Seite früher, an der anderen später diesem Schicksal unterworfen geworden sein. — 858 — den Tuff bedeckenden Mantel von Weiss-Jura-Schutt. Letzterer ist niemals emporgeschleudert worden, wie das oben dargelegt wurde. Er besteht vielmehr aus den Resten einer eingefallenen Wand, welche dann allmählich auf dem Tuffe abwärts rutschten. Daher ist es sehr erklärlich, wenn in diesen Schutt einige Tuffstücke gerieten, welche ebenfalls abrutschten. Dass der Tuff in diesem Falle ge- schichtet ist, hat für eine solche Erklärung keine Bedeutung. Wohl aber ist die Schichtung bemerkenswert deshalb, weil wir aus ihr er- sehen, dass sich einst an dieser Stelle, als die Alb hier noch stand, hoch oben ein Maar befand, dessen Kessel sich in einen Maarsee verwandelt hatte. In diese selbe Reihe von Erscheinungen gehört auch der von DEFFNErR erwähnte Umstand, dass man zwischen den verstürzten Weiss-Jurafelsen fossile Reste von Wiederkäuern gefunden habe: Cervus elaphus, Cervus capreolus, Bos, Capra. Ob DErrner mit dem Worte „fossil“ andeuten will, dass dieselben diluvialen Alters seien, geht aus seiner kurzen Bemerkung nicht hervor. Ebenso sagt er bei dem zweiten derartigen Funde am Grafenberg! auch nur „ein fossiles gewöhnliches Hirschgeweih“. Alluviale Tierreste werden nicht als fossil bezeichnet; also muss man folgern, dass DEFFNER sie für diluvial ansieht, um so mehr, als er vom Grafenberg berichtet, dass das Hirschgeweih in diluvialem Lehm eingebettet gewesen sei. Nach freundlicher Mitteilung des Herrn Kollegen E. Fraas sind diese in Stuttgart aufbewahrten Reste aber nicht diluvial, sondern ganz jugendlichen Alters. Die Frage ist übrigens für den vorliegenden Fall bedeutungslos, insofern als ebensogut zur diluvialen wie zur alluvialen Zeit diese Tiere oben auf der Alb, als diese sich damals hier ausdehnte, verendet und ihre Knochen dann später in die immer mehr thalwärts abrutschenden Schuttmassen geraten sein können. Noch weiterhin zeigt sich dann an der Südostseite des Berges Tuff aufgeschlossen; ebenso findet man ihn an der Nordseite, nur ist er hier stärker mit Weiss-Jura gemengt. Graf Manpeston führt an, dass in dem Tuffe Granit gefunden worden sei; jedenfalls gehört er hier zu den seltenen Erfunden. Aber dieser Tuff ist eben noch sehr wenig aufgeschlossen. Wer kann sagen, wie sich der im Innern des Berges befindliche Tuff in dieser Beziehung verhält? Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergiebt die Untersuchung ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 27 und 28. — 859 — der Lagerungsverhältnisse keinen zwingenden Beweis dafür, dass hier ein Tuffgang vorliegt. Wer letzteres nicht glauben mag, der kann annehmen, dass der Tuff dem Braun-Jura aufgelagert sei. Nun kann aber, wie später gezeigt werden wird, von Anschwemmung durch Wasser oder Eis keine Rede sein. Man dürfte also nur annehmen, dass der Tuff des Limburgberges subaörisch aufgeschüttet sei, also den gewöhnlichen Aschenkegel eines echten Vulkanes darstelle. Die Gründe, welche indessen auch gegen eine solche Auf- fassung sprechen, sind die folgenden: Zunächst lässt es sich hierbei nicht erklären, auf welche Weise der Tuff zu der mantelförmigen Einhüllung durch den Schutt gekommen ist. Wie und durch welche Kraft soll sich denn rings um den auf Braun-Jura y-Gebiet subaärisch aufgeschütteten Aschenkegel eines Vulkanes ein derartiger dicker Überguss von Weiss-Juraschutt herumgelegt haben? Woher soll dieser Überguss, dieser Mantel, genommen und gekommen sein? Zu welcher Zeit soll er sich um den Tuff gelegt haben? Warum hüllt er nur den Tuff ein, nicht auch den Braun-Jurasockel des Berges? Wer diese Fragen nicht beantworten kann — und es kann sie niemand beantworten — der darf auch nicht annehmen, dass hier der aufgelagerte Aschenkegel eines Vulkanes vorliege. Vielleicht könnte man denken, der Schuttmantel sei nur eine oberflächlich gelegene An- reicherung der Weiss-Jurabrocken, welche als Einschlüsse im Tuff liegen. An der Oberfläche des Berges sei der feine, aschige Tuff herabgespült worden, so dass schliesslich nur die von ihm ein- geschlossenen Kalkstücke übrig blieben. Eine solche Erklärung klingt einleuchtend und doch ist sie unhaltbar. In dem Tuffe ist keineswegs nur Weiss-Jura, sondern auch viel Braun-Jura u. s. w. eingeschlossen. Warum hätte sich denn in dem Mantel nur der erstere, nicht aber auch der letztere angereichert? Braun-Jura aber fehlt gänzlich in dem Mantel. Zwei- tens finden sich so gewaltige zusammenhängende Weiss-Juramassen, wie sie in dem Mantel liegen, gar nicht im Tuffe drinnen; sie können daher nicht aus letzterem durch Anreicherung herstammen. Für diesen Weiss-Juramantel — so wie er beschaffen ist und wie er nur die tuffige obere, nicht aber auch die jurassische untere Hälfte des Berges umhüllt — giebt es nur eine einzige Erklärung: Er ist der letzte Rest der Weiss-Juraschichten, welche einst einen sie durchsetzenden Gang umgaben, ebenso wie ein Fabrikschornstein den ihn durchbohrenden Kanal umgiebt, also der letzte Rest der Wände eines Ausbruchskanales (vergl. später bei der Limburg — 860 — No. 77). Aus diesem Vorhandensein des Mantels und dessen Entstehungsweise. folgt also, dass der Tuff des Limburgberges der Kopf eines Tuffganges ist, welcher in die Tiefe hinabsetzt und an Ort und Stelle durch einen Ausbruch entstand; zu einer Zeit, als hier noch die Alb sich ausdehnte. Dass einst ein Maarkessel an dieser Stelle in die Alb eingesprengt war, geht aus den gefundenen Stücken geschichteten Tuffes hervor. Diese sind einst in den Maarsee abgesetzt wor- den. Es mögen vielleicht auf dem Gipfel desselben unter der Weiss-Jurakappe noch weitere Reste dieser Schichten sowie anderer tertiärer Süsswasserschichten verborgen liegen, falls diese nicht bereits gänzlich abgespült sind. 78. Der Maar-Tuffgang des Dachsbühl bei Weilheim. Dieser vulkanische Bühl, nicht zu verwechseln mit dem gleich- namigen Dachsbühl bei Metzingen, liegt etwa 2 km westlich von der soeben beschriebenen Limburg. Das Gelände in dieser ganzen Gegend ist eben. Seine Unterlage besteht aus Braun-Jura «&; die- selbe ist aber verhüllt durch Flusskiese, welche eine weithin aus- gedehnte Decke bilden. Aus diesem Gelände erhebt sich der Dachsbühl als kleiner Kegel von rundlichem Querschnitte. Sein Sockel besteht, wie in so vielen Fällen, aus Braun-Jura, hier &; erst die obere Hälfte wird also durch Tuff gebildet. Ein deutlicher Aufschluss in letzterem fehlt; in den Weinbergen ist jedoch der Tuffboden deutlich zu er- kennen. ! Die Beobachtung der Lagerungsverhältnisse giebt keine sichere Entscheidung der Frage, ob auch hier ein in die Tiefe setzender Tufigang vorliegt. Das, was man von diesen Verhältnissen sieht, könnte schliesslich ebensogut dahin gedeutet werden, dass auf dem , Braun-Juraberge eine Tuffmasse aufgelagert ist. Allein die Grösse der auf dem Gipfel befindlichen Weiss-Jurablöcke — dieselben liegen meist in dem mit Bäumen bestandenen Striche — spricht entschieden dafür, dass auch hier ein selbständiger Ausbruchspunkt vorliegt, dass also ein aus der Tiefe heraufkommender Tuffigang seinen Kopf aus dem Braun-Jura herausstreckt. In früheren Zeiten war sicher die Zahl der Blöcke eine weit grössere; sie werden hier, wie an anderen Stellen, der Kultur des Landes gewichen sein. Diese Blöcke gehören aber dem Weiss-Juramantel an, durch welchen unsere Tuffbreccien vor allen anderen ähnlich gearteten in einzig dastehender Weise ausgezeichnet sind. 79. Der Maar-Tuffgang des Egelsberg bei Weilheim. Ungefähr 1'/, km nördlich von diesem Dachsbühl und doppelt so weit nordwestlich von der Limburg No. 77 findet sich ein dritter vulkanischer Bühl, der Egelsberg. Auch hier wieder besteht der Sockel desselben aus Braun-Jura @. Während indessen beim Dachs- bühl (S. 860 No. 78) der Tuff nur in Gestalt einer auf diesen Sockel aufgesetzten runden Kappe auftritt, zieht er sich am Egelsberg an der SSW.-Seite auch noch vom Gipfel bis in die Thalsohle hinab. Infolgedessen haben wir ein ganz verschiedenes Bild, je nach der Seite, von welcher wir den Berg betrachten. Nähert man sich demselben von O. her, so muss man fast bis zum Gipfel über Braun- Jura « gehen, und nur an der Spitze zeigt sich etwas Tuff, wie das die folgende Abbildung 55 andeutet. Die über den unteren Teil Egelsbergv.Ögeschen Fig.2- des Tuffganges gelegte, horizontale Jura-Schraffierung tritt leider in der Abbildung nicht gut hervor. Man sieht aber doch, dass nur der Gipfel des Berges von derselben freigehalten worden ist. Da nun zudem hier oben keine grossen Weiss-Jurablöcke liegen, so fasst man ernstlich die Frage ins Auge, ob nicht diese Tuffmasse nur der Erosionsrest einer einst weithin ausgedehnten Tuffablagerung sein möchte, von welcher der soeben besprochene Dachsbühl No. 78 ein zweiter Überrest wäre, einer Decke, welche vielleicht von dem grossen Ausbruchskanale der Limburg No. 77 ehemals ausgeschleu- dert sein möchte. Wenn man sich die Dinge, ohne die vorgefasste Meinung, dass durchaus nur Tuffgänge vorliegen müssen, zu prüfen bemüht, so wird man immer wieder die Möglichkeit ins Auge fassen, dass doch bei uns die Sachlage ebenso sein könnte, wie sie in fast — 862 — jedem anderen vulkanischen Gebiete der Erde, so weit solche bisher daraufhin erforscht sind, sein würde, dass also einfache Auflagerung des Tuffes stattfindet, dass Erosionsreste vorliegen. Allein ein solcher Gedanke wird auch hier wieder verdrängt, sowie uns durch weitere Untersuchung des Berges das auffallende Verhalten des Tuffes an der entgegengesetzten, südwestlichen: Seite klar geworden ist. Dasselbe wird dem Beobachter am besten vor SW. —! } 4, 5 = a: E 2 hen ade I =. Too Egelsberg v.N.W(amBache) hergesehen Fig.56. Augen geführt, wenn er dem Wege folgt, welcher etwa in halber Höhe des Berges wagerecht um denselben verläuft. Derselbe ist in Fig. 55 und 56 angegeben. Wenn wir von O. her aufsteigend, Fig. 55, ’ - Sam — = = > = = BerTziE ee EEE Be 1 Eye een Zee Eaelsbergq v.d.geschen i Fi. 37 3 diesen Weg erreicht haben, so finden wir ihn noch mitten im Braun- Jura liegend. Gehen wir nun auf demselben rechts um den Berg, so setzt an der NW.-Flanke des letzteren der Tuff bereits bis an den Weg hinab. Weiterhin geht der Tuff sogar über diesen hinaus, Genau dasselbe Verhalten zeigt sich an der S.-Flanke, wenn wir, anstatt nach rechts, nach links um den Berg gegangen wären, nur dass der Weg hier fehlt. Stehen wir dann endlich auf der nach SSW. gerichteten Flanke, so können wir hier den Tuff vom Gipfel — 863 — an bis hinab auf die Thalsohle verfolgen, wie das aus Fig. 57 er- sichtlich wird. Wir sehen hier einen Streifen Tuff an der Bergflanke hinab- laufen, welcher rechts und links von Braun-Jura flankiert wird; ganz ähnlich also, wie wir das bei dem Lichtenstein bereits fanden S. 845 No. 71 und Fig. 49 S. 845. Wie ist eine solche Lagerung zu erklären? Dass etwa der Tuff bereits zur mittelmiocänen Epoche der Ausbrüche, also von An- fang an derartig auf dem Braun-Jura & gelagert sein könnte, ist von vornherein auszuschliessen; denn das würde eine Verneinung jeglicher Erosion seit der tertiären Zeit des Ausbruches in diesem weicheren Jurathongelände bedeuten. Unmöglich kann bereits damals die Oberflächengestaltung dieselbe wie heute gewesen sein, kann damals schon der heutige Braun-Jurasockel des Berges einen Berg gebildet haben, auf welchem dann der Tuff schräg aufgelagert wurde. Unmöglich kann das an der SSW.-Seite heute vorbeifliessende Wind- bächle damals bereits bestanden oder gar sich bis in den weichen Obern Lias eingeschnitten haben. Es müssen also zur Zeit des Aus- bruches hier höhere Juraschichten angestanden haben. Damit aber fällt die Annahme, dass wir es hier mit einer ursprünglichen, also zu miocäner Zeit erfolgten Auflagerung des Tuffes auf dem Braun- Jura zu thun haben könnten. Ist das unmöglich, so könnte immer noch an eine spätere Auf- lagerung des Tuffes gedacht werden. In diluvialer Zeit, nachdem in dieser Gegend bereits der Braun-Jura « blossgelegt worden wäre, könnte eine grosse Decke von Tuff, durch Wasser angeschwemmt, über die ganze Gegend ausgebreitet worden sein. Späterhin wäre die Herausarbeitung der heutigen Erhöhungen und Vertiefungen er- folgt, die Decke wäre grösstenteils wieder abgeschwemmt, nur auf dem Egelsbühl wäre sie noch liegen geblieben. Und nun mit dem immer tiefer werdenden Einschneiden des Windbächle würde allmäh- lich der Tuff vom Gipfel an der Bergflanke hinabgespült worden sein, welche zum Bache hin abfällt. Wäre das die richtige Erklärung, so würde man mit Recht fragen müssen, warum denn der Tuff immer nur an einer einzigen Flanke von oben herabrieselte. Der Berg wurde doch nicht nur an der Bachseite, sondern auf allen Seiten aus dem ebenen Gelände herausgeschnitten, so dass er sich jetzt als freistehender Bühl erhebt. Warum denn wurde der Tuff nicht auch an seinen anderen Flanken herabgewaschen? Von allen Seiten wurde bei Herausarbeitung des Ba Berges der weiche Braun-Jura, die vermeintliche Unterlage des Tuffes, abgespült. Also musste auch auf allen Seiten der seiner Unterlage auf solche Weise beraubte Tuff nachsinken, genau wie das bei der Abtragung der Alb S. 529 der Fall ist. Auch dort brechen die harten, ihrer Unterlage beraubten Weiss-Jurakalke doch nicht nur an einer Seite nieder, sondern an allen Seiten, an welchen ihnen die Unterlage entzogen wird. Da nun weder der eine noch der andere unserer Erklärungs- versuche sich als statthaft. erweist, so bleibt als einzige Möglichkeit nur die übrig, dass die vermeintlich dem Braun-Jura aufgelagerte Tuffkappe denselben als Gang durchsetzt, dass aber dieser Gang nicht einen rein kreisförmigen Querschnitt besitzt, sondern einen solchen, welcher nach SSW. hin sich ein wenig spornförmig ver- längert. Diese Verlängerung wird von der SSW.-Flanke des Berges schräg von oben am Gipfel nach unten am Fusse durchschnitten ; daher der an dieser Flanke herablaufende, jederseits von Braun-Jura begleitete Tuffstreifen. In der Natur macht diese Verlängerung, da sie von der Bergoberfläche in so schräger Richtung durchschnitten wird, einen bedeutenderen Eindruck, als sie in Wirklichkeit, also bei wage- rechtem Querschnitte, besitzt. Auf der hier beigegebenen Karte ist das, so gut es bei dem hierfür etwas zu kleinen Massstab ging, dargestellt. Man wird sich nach dem Gesagten vorzustellen haben, dass bei dem Ausblasen dieses Kanales von sonst rundlichem Querschnitte eine kleine schmälere Erweiterung desselben nach der SSW.-Seite hin erfolgte. Sei es, dass die Gase selbst dies bewirkten, sei es, dass ein bereits vorhandener, in dieser Richtung streichender kleiner Hohlraum bezw. Spalte bereits vorhanden war. In letzterem Falle ist es sehr gut denkbar, dass der Querschnitt des Kanales gerade nur in seinem heutigen Niveau diese spornförmige Verlängerung be- sitzt, dass er dagegen in höherem oder tieferem Niveau kreisrund oder abermals anders gestaltet sein würde. Ich habe, um mich endgültig zu überzeugen, dass wirklich die Dinge so liegen, noch nachträglich dort bohren lassen. Das Bohr- loch wurde an der SSW.-Seite am unteren Ende der spornförmigen Verlängerung etwa 3 m über der Thalsohle angesetzt. Letztere ist hier etwa 140 Schritte breit; ungefähr gleich weit von den beiden Grenzen entfernt stand das Bohrloch. Dasselbe ergab '/, m Weiss- Juraschutt, danach noch 7 m Tuff. Wir waren also im vulkanischen Gesteine 7!/, m unter die Oberfläche des daneben anstehenden Braun- Jura gekommen. — 865 — Es ist somit zweifellos, dass wir am Egelsberg einen in die Tiefe hinabsetzenden Tuffgang vor uns haben; dessen Querschnitt ist nicht ganz kreisrund, sondern etwas oval, bezw. nach einer Seite hin etwas ausgezogen. 80. Das neue Tuffvorkommen am Ehnisbach bei Weilheim. Etwa halbwegs zwischen dem soeben beschriebenen Egelsberg und der Limburg fand sich beim Absuchen des Geländes noch ein weiterer, auf der geologischen Karte von Württemberg nicht ver- zeichneter Tuffpunkt. Derselbe liegt nördlich und nahe der alten, von Weilheim nach Bissingen führenden Strasse, kurz bevor sie den Ehnisbach überschreitet. Der letztere schneidet dort in das Gelände ein, so dass auf seiner Rechten ein höher gelegenes Ufer entsteht. Braun-Jura «@ steht dort an. Inmitten desselben zeigte sich aber beim Graben von Baumlöchern Tuff, an einer Stelle, welche im S. begrenzt wird durch ein kleines, in den Ehnisbach mündendes Quer- thälchen. Die Erscheinungsweise ist eine ganz ähnliche wie beim Käppele No. 89: Inmitten des Braun-Jura ein als Erhöhung kaum oder gar nicht sich auszeichnender kleiner Tufffleck. Am Käppele wurde die Gangnatur durch Bohren erwiesen. Jedenfalls liegt auch hier ein kleiner in die Tiefe hinabsetzender Tuffgang vor, aber ohne Bohrloch ist das nicht mit zweifelloser Sicherheit festzustellen. Die Gruppe südlich von Bissingen. Nabel; an der Steige nach Ochsenwang; Hahnenkamm. 8. Der Maar-Tuffgang des Nabel. Wir folgen, um diesen Punkt zu finden, der Strasse, welche von Bissingen nach Ochsenwang führt. Bevor diese den Wald be- tritt, welcher hier den N.-Abhang der Alb bedeckt, und damit ihre Steigung beginnt, findet sich westwärts derselben in geringer Ent- fernung ein Hügel. Derselbe wird als Nabel bezeichnet und trägt Weinreben. Sein Sockel besteht aus Braun-Jura @. Auf dem Gipfel jedoch findet sich Tuff, und dieser lässt sich von dort aus in den Äckern ostwärts ziemlich nahe bis an die obengenannte Strasse ver- folgen. Der Umriss dieses Tuffvorkommens ist daher em wenig von OÖ. nach W. gestreckt. Grosse Blöcke von Weiss-Jura fehlen. Der endgültige Beweis dafür, dass auch hier der Tuff gang- förmig gelagert ist, würde sich nur durch Bohren erbringen lassen. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894, 55 — 866 — Nach Analogie mit so sehr vielen anderen unserer Tuffvorkommen, bei welchen die Gangnatur durch Lagerung, Basalt oder Bohren erwiesen ist, zweifle ich nicht daran, dass auch hier ein Gang besteht. 82. Der Maar-Tuffgang im Walde an der Steige von Bissingen nach Ochsenwang. Die geognostische Karte von Württemberg giebt dieses Vor- kommen als einen kleinen Fleck von rundlichem Umrisse an, welcher sich gerade da befindet, wo die von Bissingen nach Ochsenwang führende Strasse den den NackBissingen Nordabhang der Alb be- deckenden Wald betritt und damit zu steigen be- ginnt. Der Tuff zeigt sich jedoch als an der Biegung, in welcher die bis dahin N.—S. laufende Steige ihre Richtung nach SW. ändert. Hier an dieser Biegung ist er ebenso deutlich auf- geschlossen, wie unten beim Eintritt in den Wald an der kleinen Brücke. In der Verbindung zwischen beiden Punkten dagegen lässt sich das vulkanische Gestein nicht sicher nach- S weisen, da der Waldboden Ganga.d.SteigeBissingen-Ochsenwangen Schwierigkeiten bereitet. Far38. Es wäre daher möglich, Anstatt Br. J. « lies £. dass hier zwei verschiedene ganz kleine Gänge auf- treten. Mir scheint jedoch, als wenn beide Punkte in Verbindung ständen, so dass nur ein einziger Gang mit einem von S. nach N. etwas gestreckten Querschnitte vorliegen würde. Diese Auffassung habe ich in der hier beigegebenen Karte und in Fig. 58 zum Aus- drucke gebracht. Die Verhältnisse, unter welchen der Tuff in dieser Gegend auftritt, sind die folgenden: Da, wo die Strasse den Wald betritt, überschreitet sie einen kleinen Bach. Im Bette des letzteren sieht man anstehenden Tuff, — 867 — welcher sich nach W. hin ungefähr 30 Schritte weit verfolgen lässt. Darauf steht Thon des Unteren Braun-Jura an. So geringwertig daher auch der Aufschluss erscheint, so lässt er doch ganz sicher die Gangnatur des vulkanischen Gesteines erkennen. Die Kreuze in Fig. 58 bedeuten anstehenden Tuff. Die Lagerungsverhältnisse des zweiten Aufschlusspunktes lassen sich besser darthun, wenn wir in entgegengesetzter Richtung gehen, also von der Alb herabkommen, weil sich nur nach dieser Seite hin ein ganz scharfer Kontakt findet. Bevor man, auf solche Weise bergab steigend, in die Nähe der oben erwähnten Biegung der Steige kommt, sieht man im südlichen Strassengraben, d. h. zur Rechten, Thone des Unteren Braun-Jura aufgeschlossen!'. Plötzlich hören dieselben, geradlinig abgeschnitten, auf und statt ihrer steht nun Tuff im Strassengraben an. Im linken, nördlichen Strassengraben tritt dieser Wechsel im Gestein nicht zu gleicher Zeit auf; die Jura- thone ziehen sich vielmehr noch eine kleine Strecke weiter berg- abwärts, bevor sich der Tuff an ihre Stelle setzt. Nach dem Gesagten ist es klar, dass hier im Braun-Jura ein Tuffgang aufsetzt, welcher die Strasse nicht rechtwinkelig, sondern schräg durchschneidet. Die obige Abbildung erläutert das Gesagte und zeigt, dass an eine An- oder Auflagerung des Tuffes an bezw. auf dem Braun-Jura hier gar nicht gedacht werden kann. Verfolgen wir nun diesen Tuff an der Steige abwärts, so lässt er sich im rechten Strassengraben bis hin an den Knick beobachten, in welchem die von W. herkommende Strasse nun nach N. um- biegt. In dieser nach N. gerichteten Fortsetzung sieht man ihn anfangs im linken Graben wieder. Dann wird letzterer zu flach und im Walde macht der Waldboden ein Erkennen unsicher. Gleichviel nun, ob beide Aufschlusspunkte 'nur einem Gange angehören oder zwei verschiedenen, hier wie dort ist doch durch die Lagerung die Gangnatur des Tuffes zweifel- los dargethan. 83. Der Maar-Tuffgang des Hahnenkamm. Von dem soeben genannten Gange aus steigen wir auf der von Bissingen nach Ochsenwang führenden Strasse in SW.-Richtung weiter ' Auf der geologischen Karte von Württemberg ist hier » verzeichnet. Dieser Thon macht jedoch den ganzen Eindruck, als wenn er noch zu & gehörte, daher spreche ich oben von „Unterem“ Braun-Jura. In der obigen Fig. 58 steht irrtümlicherweise « anstatt £. b5* — 868 — aufwärts. Bald kommen wir an einen Punkt, an welchem sich zu unserer Rechten, nördlich, ein kegelförmiger Hügel erhebt. Seine Meereshöhe beträgt 599 m. Die Erhebung über der Strasse aber ist keine sehr nennenswerte. Da jedoch diese Strasse am nord- westlichen Steilabhange entlang läuft, so liegt auch jener Kegel an demselben. Er fällt daher nach NW. hin tief ab, bezw. er macht, von N. her betrachtet, einen ganz stattlichen Eindruck. Dieser Kegel wird Hahnenkamm genannt. Er erhebt sich auf Mittlerem Braun- Jura und gehört nach dem Gesagten zu dem Typus unserer vul- kanischen Kegelberge, welche aus irgend einem Thalgehänge wie ein Kugelknopf herausspringen und von dem Gehänge bereits durch eine leichte Einkerbung abgeschnürt sind (vergl. Fig. 45, 46). Dieser Kegel ist dicht bewaldet. Grosse Weiss-Juraklötze schauen aus dem Waldboden heraus, auch das seltene L ist hier vertreten. Diese Gesteine könnte man als Zeugen eines einstigen Bergsturzes auffassen. Allein jetzt ist auf dem ihm benachbarten Teile der Randecker Halbinsel kein (? & und) © mehr anstehend vor- handen. Der Bergsturz müsste also zu einer Zeit geschehen sein, in welcher das noch der Fall war. Zu dieser Zeit lag der N.-Abhang der Alb gewiss noch viel weiter nördlich. Ein Kegel, welcher durch einen damals vor sich gegangenen Bergsturz erzeugt wäre, könnte daher heute nicht mehr hart am Steilabhange liegen, sondern müsste bereits von diesem ganz losgetrennt, vereinzelt aus dem Vorlande aufragen. Ist mithin die Erklärung dieser Gesteinsmassen durch einen Bergsturz eine sehr unwahrscheimliche, so bleibt nur die Annahme übrig, dass wir hier vor dem aus Weiss-Jura gebildeten Schuttmantel eines Tuffganges stehen. Ich selbst habe kein vulkanisches Gestein gefunden; indes der Wald hindert jetzt die Beobachtung und DEFFNER hat vor zwei Jahrzehnten noch Tuff erkennen können. Tuff liegt also vor. Da derselbe aber von dem Schuttmantel be- deckt und umhüllt ist, welcher unsere Tuffgänge in so eigenartiger Weise kennzeichnet, so können wir wohl mit Sicherheit den Analogieschluss machen, dass auch hier gangförmige Lagerung des Tuffes stattfindet. Die Gruppe am NW.-Fuss der Teck. Auf dem Bürgli; das Vorkommen am O.-Abhange der Teck; der Hohenbohl; der Götzenbrühl. 84. Der Maar-Tuffgang auf dem Bürgli, nahe der Teckbure. Der Randecker Plateau-Halbinsel entspringt ein nach NW. ge- richteter Sporn. Derselbe trug einst auf seiner höchsten Stelle die —. 208. — Burg Teck. Vor dieser, gegen N., liegt ein Tuffgang, welchen wir, da er noch oben auf der Hochfläche zu Tage tritt, an anderer Stelle besprochen haben, No. 34. Von diesem Tuffgange aus wandern wir nun auf dem nach Bissingen führenden Wege gegen N.; an der Spitze des Spornes angelangt, steigen wir am N.-Abhange desselben hinab. Der Wald hört auf, etwas weiter abwärts auch der Weisse Jura. Das Gehänge ist nın mit Rasen bedeckt. Unser Weg umkreist einen kleinen Buckel, „auf dem Bürgli“ genannt. Dichte Kalkschuttmassen be- decken denselben. Aber der um seinen Fuss sich windende Weg durchschneidet an der NW.-Flanke diesen Schuttmantel und entblösst den darunter verborgenen Tuff. In der auf S. 728, bereits dem Teck- sange gewidmeten Abbildung ist auch das Profil des Bürglibuckels mit aufgenommen. Offenbar handelt es sich auch hier um einen in die Tiefe setzenden Tuffgang, welcher einst oben in einen Maar- kessel mündete. Aber der Aufschluss ist nicht gut genug, um das mit völligster Sicherheit aussprechen zu können. Wie man sieht, lehnt sich das Vorkommeu mit der Rückseite im S. an den Weiss-Jurasporn. Auf den anderen Seiten fällt es frei ab; hier ist der Tuff bereits aus dem Jura herausgeschält und nur noch von seinem Weiss-Juraschuttmantel verhüllt. Also im kleinsten eine Wiederholung dessen, was in grossem Massstabe bei dem Jusi No. 55 der Fall ist. 85. Das Tuffvorkommen am Ostfusse des Teck-Spornes. Über dieses Vorkommen ist wenig zu sagen. Man findet an der auf der Karte verzeichneten Stelle Tuf. Im Walde, an dem steilen Gehänge, bei dem alles verhüllenden Waldboden und Weiss- Juraschutte ist nichts Genaues über die Lagerungsverhältnisse dieser Masse anzugeben. 86. Der Maar-Tuffgang des Hohenbohl am Teck-Sporn. Auch am NW.-Fusse des die Teckburg tragenden Spornes hat vulkanische Thätigkeit angesetzt. Hart vor dem Steilabfalle, also von demselben bereits durch eine Einkerbung abgeschnürt, erhebt sich auf Oberem Braun-Jura ein stattlicher Tuffberg. Es ist der Hohenbohl oder Hohbohl, mit 601 m Meereshöhe und etwa 230 m Erhebung über der benachbarten Thalsohle der Kirchheimer Lauter. Der Grundriss des Berges ist ein von S. nach N. gestrecktes Oval. Die Gestalt ist nicht die gewöhnliche kegelförmige unserer Vulkan- —e 08 — bühle; statt des spitzen Gipfels sehen wir vielmehr einen ebenen langgestreckten Rücken. Bereits der bedeutende Inhalt dieser Masse spricht dafür, dass es sich um einen selbständigen Ausbruchspunkt handelt. Des wei- teren wird das bestätigt durch die Grösse der Weiss-Jurablöcke, welche wir in dem Tuffe selbst, besonders aber in dem Schuttmantel des Tuffes finden. So grosse Blöcke sind entschieden nicht von einem anderen entfernten Orte aus his hierher geschleudert worden; wenn aber, dann wären sie in zahllose Stücke zerschmettert, während diese unverletzt sind. Vor allem jedoch giebt uns den sicheren Be- weis dafür das Auftreten des Basaltganges im Tuffe. Derselbe ist an der S.- und SW.-Seite in einer Anzahl von Steinbrüchen auf- geschlossen; wegen seiner schräg in den Berg hineinfallenden Stel- lung musste jedoch sein Abbau wieder eingestellt werden. So ergiebt sich denn das folgende Profil: Die Aufschlüsse beginnen, wenn man von Owen her sich dem Hohenbohl nähert, am SW.-Ende desselben mit einem jetzt ver- lassenen unteren Bruche, in welchem früher ebenfalls Basalt ge- wonnen oder gesucht worden ist; denn um des Tuffes willen wird man einen so grossen Aufschluss kaum hergestellt haben. Durch den herniederrieselnden Tuff und den von oben herabgeschütteten Basalt muss indessen die Stelle, an welcher der Basalt eventuell. lag, ganz verdeckt worden sein; jedenfalls ist er jetzt nicht zu finden. Gleiches ist ja z. B. beim Kraftrain No. 76 auch der Fall. Über diesem unteren Bruche liegen nebeneinander vier obere, ungefähr in einer und derselben Horizontalen; nur der letzte ist etwas höher gelegen. Ihre Reihe wird eröffnet durch einen, ober- halb des vorher genannten unteren gelegenen Bruch; an diesen reihen sich die anderen nach S. hin an. In allen wird ein und derselbe, schräg in den Berg fallende Basaltgang abgebaut. Eine ganze Anzahl von Schürfen dagegen, welche sich an der S.- und SO.-Seite hinziehen, hat keinen weiteren Basalt aufzudecken ver- mocht. Das, was man abgebaut hat, ist nur das Ausgehende des Ganges gewesen. Dasselbe besitzt eine zwischen !/,—4 m schwan- kende- Mächtigkeit. Vermutlich wird dieselbe in grösserer Tiefe zu- nehmen; aber da der Gang schräg in den Berg hinemfällt, so war bald der Abraum nicht mehr zu bewältigen; in unserem an harten Steinen so armen Lande immerhin eine bedauerliche Thatsache. Der Basalt ist in grosse, unregelmässige Stücke abgesondeit, welche am Salband jedoch wesentlich kleiner werden. In allen vier Brüchen ist der Kontakt desselben mit dem Tuffe sehr deutlich auf- geschlossen. In ziemlich übereinstimmender Weise ist der Tuff ver- 5.5.0. Honbohl NNW N, H BE N Dh ..2 2. 4, == ( = = E WDHR, - U Rn . . MY, dh 3 og -LD-ER H er Bi a % Gözenkbrühl ändert. Einmal ist er schiefrig geworden, dergestalt, dass die Schie- ferung parallel dem Gange streicht und fällt. Zwischen die einzelnen Platten dieser Schieferung hat sich, wie in anderen Fällen, weisse, wohl zeolithische Masse abgesetzt. Sodann hat der dem Basalte nächstgelegene Tuff überall eine dunkelgrüne Farbe angenommen, während er sonst gelb ist. Auf eine Mächtigkeit von 0,3 m etwa besitzt sie eine bröckliche Beschaffenheit, weiter in den Tuff. hinein wird sie fester. Dieser grüne Tuff geht dann allmählich in festen gelben Tuff über und dieser wieder in weichen gelben. Die folgende Fig. 60 soll diese Verhältnisse vor Augen führen. W Bruca.d.SWSeite. Hohbohl Fig.60. In früherer Zeit war eine Stelle aufgeschlossen, an welcher der etwa 1'!/, m mächtige Tuff von zwei Basaltapophysen eingeschlossen N war. Auf solche Weise zwischen zwei Feuer genommen, hatte er sich, wie DEFFNER berichtet, „zu einer rotbraunen, zackig schwam- migen lavaartigen Masse aufgebläht, welche ebenso zäh als hart jede Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Tuff verloren hat“. Die Beschaffenheit des unveränderten Tuffes ist die gewöhn- liche, massige. Er ist unregelmässig abgesondert und verwittert hier und da in kugelähnliche Stücke, wie wir das bisweilen bei unseren Tuffen sehen können. Die Farbe ist gelb. Eingebettet liegen Weiss- Jurastücke bis zu d hinauf, während oben auf dem Gipfel im Schutt- mantel auch & auftritt. Bemerkenswert sind unter den im Tuffe eingeschlossenen Gesteinen auch Stücke eines anderen blaugrauen, sehr viel festeren Tuffes, welcher ebenfalls Weiss-Jurabrocken führt. Dieser letztere Tuff muss mithin bereits verfestigt gewesen sein — vielleicht wie beim Götzenbrühl No. 87 durch den Basalt — als er bei einem späteren Ausbruche abermals, nun in Stücken, ausgeworfen und dann eingeschlossen wurde. An dem benachbarten Götzenbrühl, No. 87, an der Limburg, No. 77, an der Wittlinger Steige No. 63 finden wir ganz dieselbe Erscheinung. Die Grösse der Weiss-Jurablöcke im Schuttmantel und das Aufsetzen eines Basaltganges im Tuffe be- weisen, wie oben dargethan, dass wir auch hier einen selbständigen Ausbruchspunkt und einen in die Tiefe hinabsetzenden Tuffgang vor uns haben. Derselbe ent- stand, als sich die Alb bis hinauf zu Weiss-Jura dunde noch über diese Stelle hin ausdehnte. 87. Der Maar-Tuffgang des Götzenbrühl vor dem Teck-Sporn. In geringer Entfernung von dem soeben besprochenen Hohen- bohl liegt in nordwestlicher Richtung die vierte und letzte der die Teck umgebenden vulkanischen Massen. Das ist der Götzenbrühl oder Gotzimbrühl, wie er verschieden von den Leuten genannt wird: Nur eine geringwertige Bodenanschwellung, wenn man sich ihm von der Rückseite, dem Hohenbohl aus, nähert; ein richtiger, kleiner Bühl dagegen, wenn man ihn von der nördlichen, vorderen Seite aus betrachtet. Dort bildet er an dem Abhange des Mittleren und Unteren Braun-Jura einen kleinen, kugelknopfförmigen Vorsprung, wie das so häufig bei unseren Tuffbergen der Fall ist, der Umfang des- selben ist jedoch wesentlich geringer als beim Hohenbohl. S. Fig. 59. In neuester Zeit hat man dieses vulkanische Vorkommen, um den Basaltkern desselben zu gewinnen, durch einen verhältnismässig — la. grossartigen Aufschluss bis in das Innerste hinein geöffnet. Es dürfte daher eine eingehendere Betrachtung dieses Aufschlusses angezeigt erscheinen, da uns dieselbe viel des Interessanten und schwer zu Erklärenden, zugleich aber einen Anhaltspunkt für die Beurteilung der inneren Beschaffenheit anderer Tuffvorkommen in unserem Ge- biete giebt. Bevor der Aufschluss geschaffen war, bildete dieser vulkanische Punkt ein ganz unbedeutend aussehendes Vorkommen, von derselben äusseren Erscheinung, welche manchen unserer kleinen unansehnlich auftretenden Tuffmassen zukommt. Ich nenne als Beispiel das Vor- kommen „auf dem Blohm“ (S. 808 No. 56). Von der Vorderseite aus betrachtet ein kleiner Hügel, von der Rückseite aus eine kaum nennenswerte Erhebung. Oben auf dem Gipfel an einer oder einigen kleinen Stellen durch den Pflug ein Paar Bröckchen Tuff herauf- geholt. Im übrigen eine den Tuff verhüllende Decke von Weiss- Juraschutt, oberflächlich in Ackerboden oder Grasfläche verwandelt und den ganzen Hügel überziehend. So etwa, ganz wie auf dem Blohm, wird bisher der Anblick des Götzenbrühl gewesen sein; nur mit dem Unterschiede, dass auch etwas Basalt den Kopf aus dem rasenbedeckten Gelände herausstreckte. In diesen Hügel hat man nun vor zwei Jahren von N. her einen tiefen etwa 2 m breiten Durchstich getrieben, welcher oben zu Tage ausstreicht und mit senkrechten Wänden 13 m tief hinab- reicht. Diese beiden Wände gewähren uns einen der lehrreichsten Aufschlüsse, welche wir beiunsern Bühlen finden können. Zunächst durchschneidet der Durchstich den Schuttmantel. Wir finden daher zu beiden Seiten am Eingange ein wüstes Haufwerk riesiger Weiss-Jurablöcke, hier und da etwas Tuff einschliessend. Das ist der Rest der einstigen äusseren Weiss-Jura- wand dieses Tuffgangs. Dringt man dann in den Einschnitt weiter nach innen vor, so sieht man inmitten des Tuffes vereinzelt ebenso riesige Blöcke. Dieselben reichen bis zur d-Stufe hinauf; fraglich ist &. Sie sind z. T. verändert: dunkel, grau, gehärtet, splitterig geworden. Zu diesen gesellt sich, an der O.-Wand unten angeschnitten, ein gewaltiger Fetzen von rotem und bläulichem Keuperthon, etwa 3 m lang und ebenso breit. Fast dicht über ihm liegt ein halb so grosser Weiss-Jurablock. Auch hoch oben an der W.-Wand zeigt sich ein grosser Fetzen roten Keuperthones. Der Tuff selbst neigt hier und da ein wenig zu kugelschaliger Absonderung. Ganz wie beim Hohenbohl No. 86, der Limburg No. 77, — 814 — an der Wittlinger Steige No. 63, so liegen auch hier eingebettet in dem Tuffe Stücke eines andern Tuffes, welcher bereits verfestigt ge- wesen sein muss, als er in Stücken losgerissen und bei dem neuen SI Eingang Gözenkrühl Profil descurch denTuffin denBasallkera gelriebenen Weges Fig 62 Ausbruche eingeschlossen wurde. Diese Stücke zeigen einen aus- nehmend harten dunklen Stoff, welcher gleichfalls Weis-Jurabrocken Eingang indie ——N— u RRREN x ‚harterTuff m — — — 208 NN; BT, EHRE /) h Gözenbriihl Fig. 6l. in sich einschliesst. Diese Verhältnisse sind sehr schwer auf wirklich überzeugende Weise zu erklären. In hohem Masse erstaunlich ist es nämlich, dass wir bei noch — IN — weiterem Vordringen in dem Durchschnitte diesen selben harten dunklen Tuff anstehend finden; und zwar in Gestalt einer von oben nach unten hinabsetzenden, also auf 13 m Höhe aufgeschlossenen Masse, welche gangartig ım Innern des weicheren Tuffes aufsetzt und ziemlich senkrecht an demselben abschneidet. Gehen wir abermals weiter in das Innere des Berges hinein, so treffen wir den Basaltkern desselben. Sofort wird die Vorstellung entstehen, dass die dunkle Farbe und Härte des soeben besprochenen Tuffes nur eine Kontaktwirkung dieses Basaltes sei. Allein so ein- fach sie scheint, eine solche Vorstellung ist doch keineswegs wider- spruchslos. Wäre dem nämlich so, dann müsste man doch erwarten, dass der Basaltkern auf allen Seiten mantelförmig von diesem harten Tuffe umgeben wäre. Das ist jedoch keineswegs der Fall, soweit sich das bei dem heutigen Zustande des Aufschlusses im S. und W. mit ziemlicher Sicherheit beobachten lässt. Der feste dunkle Tuff tritt nämlich, wie es scheint, nur an der vorerwähnten einen Stelle auf, welche zufällig von dem Durchstiche getroffen wurde. Betrachten wir daher diese Farbe und Härtung als eine Kontaktwirkung, so müssen wir zugeben, dass letztere in solcher Weise von dem Basalte anscheinend nur an einer einzigen Stelle ausgeübt wurde. Das aber ist wenig glaublich, denn es handelt sich nicht etwa um eine schmale Basaltapophyse, welcher überhaupt nur eine geringe Wärmewirkung zugekommen wäre, sondern im Gegenteil um einen dicken Basaltkern von etwa 15 m Durchmesser, welcher wohl nach allen Seiten hin die gleiche und grosse Wirkung ausüben konnte. Zudem finden wir ja Stücke dieses harten, inneren Tuffes als Ein- schlüsse in dem weichen, äusseren. Es muss daher notwendig der erstere bereits vorhanden und erhärtet gewesen sein, bevor der letztere entstand. Läge nun eine Kontaktwirkung vor, dann müsste aber gerade umgekehrt der weiche Tuff der zuerst entstandene sein, und erst dann könnte sein innerer, nahe dem Basalt gelegener Teil sich umgewandelt haben. Jene Einschlüsse des harten im weichen beweisen aber, dass der Vorgang der Entstehung unmöglich ein solcher gewesen sein kann. Bei so widerspruchsvollen Schlussfolgerungen werden wir zu- nächst also an der unumstösslichen Thatsache festhalten müssen, dass der innere, harte, graue Tuff — da er sich als Einschluss im äusseren, weichen findet — durch einen älteren Ausbruch erzeugt wurde und dass erst später der äussere, weichere, gelbe durch einen zweiten Ausbruch entstand. — 810° — Warum wurde nun der ältere so hart und andersfarbig? Hier ergiebt sich die Möglichkeit, beide Gegensätze zu vereinigen. Solange wir uns den Basalt erst bei dem zweiten Ausbruche emporsteigend denken, können wir nicht gut die Entstehung der Härte und Dunkel- farbigkeit jenes Tuffes als eine Kontaktwirkung des Basaltes be- trachten; denn bei eben diesem zweiten Ausbruche wurden ja sogleich harte, dunkle Stücke dieses Basaltes ausgeworfen und dem äusseren Tuffe beigemengt. Er kann also nicht erst bei dem zweiten Aus- bruche hart geworden sein. Sowie wir aber annehmen, dass der Basalt schon bei dem ersten Ausbruche bis zu dieser Stelle emporgequollen sei, dann steht der Annahme, dass er diese erhärtende Kontaktwirkung ausübte, nichts im Wege, und wir haben dann nur das Auffallende dabei mit in den Kauf zu nehmen, dass der Basalt nicht nach allen Seiten hin dieselbe Metamorphose erzeugte. Das aber darf wohl um so weniger stören, als in der That auch an anderen Stellen im Götzenbrühl sich Zeugen einer wenn auch weniger bemerkbaren Kontaktwirkung erkennen lassen. Ganz wie am Hohenbohl nämlich so ist auch hier & N. /)) 7 EI, ZUR IERN) Er 5 : DH) ll Sciefer. Tuff i.Contacim.Bas. verändert, amS.Ende | des Gözenbrühl. Fiq.63. der Tuff nahe am Basalt in kleine Stücke zerklüftet und schieferig geworden. Warum soll nun nicht die Metamorphose nach verschie- denen Seiten hin eine verschiedene sein können? Wir sehen ja solches auch in den Kontakthöfen der Tuffe unseres Gebietes. Doch auch der folgende Grund macht die Annahme einer durch Kontaktwirkung erzeugten Härtung und Dunkelfärbung des inneren Tuffes nicht unwahrscheinlich. Nehmen wir die Kontaktwirkung an, so können, da diese in kürzester Zeit den Tuff verändert, die beiden Ausbrüche sehr bald nacheinander erfolgt sein. Das aber ist bei so kurz dauerndem vulkanischen Dasein, wie es offenbar unseren Vulkan-Embryonen zukam, sehr wahrscheinlich. Verwerfen wir die Kontaktwirkung, so muss zwischen den beiden Ausbrüchen der ee lange Zeitraum verstrichen sein, welcher nötig war, um durch Einwirkung von Sickerwässern den ursprünglich weichen Tuff zu einem so harten umzugestalten. Einem so langen Zwischenraume würde nun in einem echten Vulkangebiete, in welchem sich grosse Vulkanberge aufbauen, nicht das mindeste Bedenken gegenüber stehen. In unserem Falle aber handelt es sich um jene ungemein viel seltenere Form des Vulkanismus, bei welcher derselbe, nur ein kurzes Eintagsleben fristend, schon als Embryo wieder erstickt. Hier ist die Annahme, dass an einer und derselben Stelle zwei Ausbrüche durch langen Zwischenraum getrennt gewesen sein sollten, eine weniger wahrscheinliche. Scheinen auf solche Weise alle Zweifel und Schwierigkeiten glücklich beseitigt zu sein, so stellen sich dieselben an einer aber- mals anderen Stelle sofort wieder her. Nahe dem äusseren Ein- gange, an der östlichen Wand des Durchstiches, finden wir nämlich denselben vorher erwähnten harten, dunklen Tuff im weicheren gelben. Aber nicht als Einschluss, wie an den anderen Stellen, sondern, auf allerdings nur kurze Erstreckung, in Gestalt einer schichtähnlichen, etwa '/, Fuss dicken Lage, welche sich etwas gebogen durch den weicheren Tuff hindurchzieht. Da jede Spur von Schichtung des letzteren fehlt, da auch der Verlauf der harten Lage ein gebogener ist, so kann man an Ablagerung im Wasser nicht denken. Die harte Lage bildet also sicher keine Schicht. Ich vermag diese Er- scheinung nicht recht zu erklären. Sollte hier ein langer Fladen des harten Tuffes bei dem zweiten Ausbruche ausgeworfen und nun schichtähnlich in dem jüngeren Tuffe beim Niederfallen ab- gesetzt sein? Fügt man nun zu dieser stutzig machenden Erscheinung noch den Anblick hinzu, welchen die beiden senkrecht angeschnittenen Wände darbieten, so steigt in unserer Vorstellung ein völlig anderes Bild und der Gedanke an einen ganz anderen Erklärungsversuch empor. Beide Wände zeigen, bis zu 17 m Höhe angeschnitten, eine festgepackte, durcheinander geschobene , gewälzte und gewürgte Masse, welche uns an die Grundmoräne eines Gletschers mahnt. Fällt zudem der Blick auf den grossen, halb aus der W.-Wand her- vorragenden Weiss-Jurablock, welcher etwas gerundet erscheint — den einzigen, welchen ich in allen unseren zahlreichen Tuffmassen derartig beschaffen sah — so möchte man in diesem ein weiteres Zeichen von Gletscherwirkung sehen. Wäre nun wirklich ein Gletscher hier mit im Spiele gewesen, eo so liesse sich die obige, erstere Erscheinung am allerleichtesten er- klären. Wir hätten dann nur einen einzigen Ausbruch von Tuff und Basalt. Hierbei verfestigte der Basalt den Tuff. Ein zweiter Aus- bruch aber erfolgte gar nicht. Vielmehr kamen zu diluvialer Zeit Gletscher und schoben von anderer Stelle her die weichere, gelbe Tuffbreccie an diese Stelle. Hierbei gerieten Stücke des dunkel- gebrannten harten Tuffes in den hellen, weicheren. Auf solche Weise würden sich diese Einschlüsse am ein- fachsten erklären, denn zwei verschiedene Ausbrüche haben bei einem solchen vulkanischen Eintagsdasein etwas schwerer Glaub- liches. Und doch kann nur letztere Erklärung gelten. Die beiden Ausbrüche mögen sich schnell gefolgt haben; die Verfestigung des Tuffes durch den Basalt konnte schnell erfolgt sein, so dass der zweite Ausbruch vom ersteren nur durch eine kurze Spanne Zeit getrennt war. Eine Eiswirkung kann nämlich unmöglich stattgefunden haben. Ich kann hier nicht die zahlreichen Gründe wiederholen, welche jeden Gedanken, dass unsere Tuffbreecien Moränen sein könnten, verbannen müssen (s. später). Warum sollte denn auch nicht auf zwei verschie- denen Wegen zwar nicht völlig Gleiches, so doch sehr Ähnliches erzeugt werden können? Haben wir ja z. B. im Löss ebenfalls ein Gestein, welches in fast gleicher Beschaffenheit sowohl durch Wind als auch durch Wasser erzeugt worden ist!. Finden wir doch auch in der organischen Welt, dass ganz übereinstimmende Eigenschaften des Knochenbaues von ganz verschiedenen, gar nicht näher ver- wandten Tieren völlig unabhängig von einander erworben worden sind. Zarte Vögel und jene ungeschlachteten, nicht fliegenden Dino- saurier mit pneumatischen Knochen! Auch hier also auf verschiedenen Wegen eine Eızielung gleicher Eigenschaften. Daher darf es uns nicht beirren, wenn unsere schwäbische Vulkangruppe ! Der durch Wind zusammengefeste Löss erhält nach v. Richthofen in China eine Struktur dadurch, dass er von Pflanzenwurzeln, bezw. nach ihrer Verwesung von deren Hohlräumen, durchzogen ist. Das wäre der einzige Unter- schied -gegenüber dem Wasserlöss oder Seelöss. Aber findet sich solche Struktur überall bei dem Windlöss? Notwendig ist das offenbar nicht; denn wenn auch in wasserarmem Steppenklima eine Grasvegetation sich immer wieder auf, der jeweiligen Oberfläche des Lösses ansiedeln kann, so wird doch im ganz dürren Wüstenklima — in welchem ebensogut Löss zusammengeweht werden kann wie in der Steppe — eine solche Vegetation unmöglich werden. Hier kann also der Windlöss jene Wurzelstruktur gar nicht erwerben. en in ihren verunglückten Versuchen, Vulkane zu bil- den, Gesteinsmassen erzeugte, welche den Gletscher- moränen ähnlich sind, jedoch auf ganz andere Weise entstanden. Aus dem oben Dargestellten ergiebt sich, dass der Götzenbrühl, trotz seiner grossen Nähe zum Hohen- bohl, ein selbständiger Ausbruchspunkt ist; dass der Tuff als Gang in die Tiefe niedersetzt; dass endlich zur Zeit des Ausbruches sich hier die Alb bis hinauf zum d und e befand. Ilic. Die im Vorlande der Alb, zwischen der Lauter und dem Tiefen- bach gelegenen Maar-Tuffgänge. 88. 89. Die beiden Maar-Tuffgänge am Käppele, südwestlich von Dettingen. Im SW. von Dettingen an der Kirchheimer Lauter liegen Höhen- züge, welche dem Braun-Jura « und £ angehören. Leicht konnten sich in die meist thonigen Schichten die Gewässer einschneiden, jene Höhen in Lappen und Zungen zerfasernd. Auf einem dieser Züge, welcher mit breitem, sanft gerundetem Rücken auf Dettingen zuläuft, erscheinen zwei Tuffvorkommen. Keines derselben bildet eine nenneswerte Bodenerhebung, durch welche es sich markierte. 88. Der Maar-Tuffgang nordöstlich am Käppele. Hier liegt der Tuff oben auf dem breitgewölbten Braun-Jura ß-Rücken; auf diesem bildet er eine vielleicht 2'/,;, m hohe, flache Anschwellung von 110 und 133 Schritten Durchmesser. Der von Dettingen zum Käppele hinaufführende Fahrweg durchschneidet diesen kleinen Punkt. Rings um denselben besteht der Ackerboden aus thonigen £-Schichten. Wenn irgendwo, so könnte man hier glauben, dass man nur den letzten Rest einer dem Jura aufgelagerten, einst weit verbreiteten, dann abgeschwemm- ten Tuffdecke vor sich habe. Allein bereits die seichte Grube, aus welcher der zersetzte Tuff zur. Weinbergsdüngung gewonnen wird, lässt vermuten, dass der Tuff nicht etwa nur einen zarten Anflug auf dem Sedimentgesteine bildet. Dies bestätigte sich mit vollster Sicherheit durch ein Bohrloch, wel- ches am tiefsten Punkte der Grube angesetzt wurde. Die Stelle war 2,80 m tief in das Tuffvorkommen eingesenkt, so dass man ers I — sich ungefähr mit dem ringsum anstehenden Braun-Jura in derselben Höhenlage befand. Wäre der Tuff nun lediglich aufgelagert gewesen, so hätte beim Bohren sogleich das Schichtgebirge getroffen werden müssen. Es wurde jedoch noch weitere 3,60 m tief Tuff erbohrt. Folglich liegt auch hier —also an dem Punkte un- seres vulkanischen Gebietes, an welchem man das am Höhe sw desKäppele T’halsohle en, > GangamsS.Akhang desKäppele amkKäppele Fig.64. ehesten bezweifeln möchte — ganz zweifellos ein sai- gerer Tuffgang vor. Zur Zeit des Ausbruches dehnte sich die Alb bis in diese Gegenden aus, denn der Tuff ent- hält viel Weiss-Jurabrocken, &—d; darunter solche, welche in glitzernden Marmor verwandelt sind. 89. Der Maar-Tuffgang am Südabhange des Käppele. An dem Abhange, welcher sich von der „Käppele“ genannten Höhe nach S. in das Thal hinabzieht, zeigt sich in den Äckern aber- mals Tuff. Derselbe wurde früher einmal versuchsweise zur Strassen- beschotterung gewonnen, erwies sich aber in der Tiefe doch als zu wenig fest. Auf solche Weise ist, nach Aussage dortiger Leute, eine etwa 3 m tiefe Grube im vulkanischen Gesteine niedergebracht worden. Allein schon dieser Umstand beweist, dass der Tuff mindestens doch 3 m tief senkrecht hinabsetzen muss. Nun zieht sich aber das vulkanische Gestein auch bis zum Walde in das Thal hinab. Das letztere beginnt erst in jener Gegend und hat dort noch keine horizontale Sohle, sondern ist noch eine einfache Kerbe. In den weichen Thonen des Unteren Braun-Jura sind derartige Thäler natür- lich keine jetzt bereits abgeschlossene Bildung, sie sind vielmehr —.881 noch in steter Vertiefung begriffen; das Thal bestand also zu miocäner Zeit noch gar nicht. Wenn daher der mittelmiocäne Tuff bis in die heutige Sohle dieses Thales hinabreicht, so ist das ein zweifelloser Beweis dafür, dass hier abermals ein saigerer Tuff- gang vorliegt. Die auf voriger Seite stehende Fig. 64 soll ein Bild dieser Verhältnisse geben. Da unausgesetzt von dem Gipfel des Käppele Verwitterungs- lehm an den Flanken hinabgespült wird, so verhüllt diese Lehm- decke das wirklich Anstehende an vielen Stellen. Es lässt sich daher der Umfang des Ganges nicht genau feststellen. 90. 91. Die beiden Maar-Tuffgänge des Bölle bei Reudern. Halbwegs zwischen Dettingen und Nürtingen liegt das Dorf Reudern. Nahe bei demselben, im SW., erhebt sich mit breiter Grundfläche eine Höhe, deren Gipfelfläche aus Braun-Jura & besteht. Die geologische Karte von Württemberg giebt hier, ganz wie beim Aichelberg (No. 74), ein ausgedehntes Tuffvorkommen an. Das ist jedoch hier wie dort nicht richtig. Vielmehr handelt es sich auch hier um zwei kleine Tuffgänge, welche durch anstehenden Braun- Jura « von einander getrennt werden. Ein von NO. nach SW. verlaufender Landweg schneidet beide Punkte, wie die folgende Fig. 65 zeigt. 90. Der östliche Maar-Tuffgang am Bölle bei Reudern. Dieses Vorkommen ist an der Strasse 30 Schritte lang und 55 Schritte breit, letzteres also senkrecht zur Strasse gemessen. Rings um diesen Tufffleck steht «-Thon an. Da das vulkanische Gestein früher wohl einmal ausgebeutet worden ist, um Weinberge zu düngen, so entstand hier eine flache Vertiefung. Deutlich steht rings um diese der Jurathon an; und zwar im O., S. und W. sogar in einem bedeutend höheren Niveau; denn dasselbe erhebt sich da, wo der Braune Jura seine höchste Stelle erreicht, ”—8 m über dem Tuff: deutlichster Beweis dafür, dass das vulkanische Gestein hier in die Tiefe niedersetzt. Die Grenze zwischen Tuff und Jura ist ziemlich scharf zu erkennen; die dort erbaute Kelter steht grössten- teils auf ersterem, nur wenig auf letzterem. Ein Zweifler könnte freilich immer noch behaupten wollen, dass der Tuff in einer Vertiefung der bereits uneben gewesenen Ober- fläche des a-Thones angeschwemmt oder auf irgend eine andere Weise abgelagert worden sei. Darum war es ein glücklicher Zufall, Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 56 — 82 — dass zur Zeit meines Besuches dort eine Anzahl tiefer Löcher zum Pflanzen von Obstbäumen ausgegraben wurde. 14 derselben lagen im Braun-Jura, 6 dagegen im Tuff. Da dieselben etwa 1,3 m tief waren, so konnte man den Tuff noch weiter um diesen Betrag in die Tiefe hinab verfolgen. Um aber ganz sicher zu gehen, liess ich auch noch bohren. Das N.: östt. Tuff Bohrloch zeigte bis in 4,70 m Tiefe hinein un- verändert vulkanisches Ge- stein. Dazu kämen noch jene oben erwähnten 7 bis 8 m. Es kann mithin gar SH keinem Zweifel unter- Bölle bei Reudern liegen, dass auch Fig.65. hier ein senkrechtin die Tiefe hinabsetzen- der Tuffgang auftritt. Derselbe besitzt einen ab- gerundet viereckigen Querschnitt von nur 30 und 53 Schritten Seitenlänge; es handelt sich also um eine recht enge Röhre, welche sich trotz dieser Eigenschaft beim Ausbruche mit Tuff erfüllen konnte. In dem einen der Baumlöcher fand sich ein grosser Block von Weiss-Jura «@; sonst treten dort nur solche von mittlerer und geringer Grösse auf. 91. Der westliche Maar-Tuffgang auf dem Bölle bei Reudern. Von demselben Wege wie das östliche Vorkommen wird auch dieses durchschnitten. Wie dort, so ist auch hier der Umfang ein rundlicher und zugleich von nur geringer Grösse, Fig. 65. Längs der Strasse ergeben sich 30 Schritt, senkrecht dazu 48; also fast dieselben Zahlen wie bei dem östlichen Gange. Wie dort, so ist auch hier der Tuff ausgebeutet worden, so dass eine flache Grube entstand. Namentlich an der östlichen Wand derselben ist das schnurgerade Abschneiden des Tuffes am Braun-Jura «-Thon deut- lich zu erkennen. Der Tuff ist dort hart am Kontakt etwa 1,50 m tief ausgegraben, so dass auf längere Erstreckung der Jurathon sich als eine ebenso hohe senkrechte Wand der im vulkanischen Gestein angelegten Grube erhebt. Auch hier liess ich aber noch bohren. Es wurde an der tiefsten Stelle der Grube angesetzt und gleichfalls 4,70 m tief niedergegangen, — Ba — so dass wir im ganzen reichlich 6 m tief unter die Oberfläche des daneben anstehenden Braun-Jura gelangten. Es zeigte sich nur Tuff. Mithin liegt auch hier ein senkrecht in die Tiefe gehender Tuffgangvor, welcherrundlichen Umriss und geringen Durchmesser besitzt. Zur Zeit des Ausbruches erstreckte sich die Alb, mindestens bis hinauf zum 6, in die Gegend von Reudern. Die Weiss-Jura-Stücke des Tuffes liessen das Vorhandensein von d, anscheinend noch sicher, erkennen. Dagegen fehlte &e, was hervorzuheben ist, da dieses negative Merkmal auch einigen anderen der nördlichen Vorposten unserer Vulkane zukommt. Ausserdem fanden sich im Tuffe von bemerkenswerteren Gesteinen Stuben- sandstein, fraglicher Keuper-Thon, Bohnerz-Thon und Granit. Eine Kontaktmetamorphose fehlt hier wie dort. Zwar ist hier der Jurathon nahe dem Tuffe etwas eisenhaltig gelblich geworden ; allein das ist wohl mehr auf die Einwirkung der im Kontakte ein- dringenden Gewässer als auf diejenige der vulkanischen Hitze zu schreiben. So ergiebt sich also für das Bölle bei Reudern das folgende Bild: E Häuschen SW. : Tufföstlich. N Keller Bölle hei Reudernv. S.W.her(Slrafse Nürtingen-N eurffen) Fig.66. 92. Der Maar-Tuffgang am Kräuterbühlim Tiefenbachthale, SO. von Nürtingen. Gerade südlich von den soeben beschriebenen beiden Tuffgängen am Bölle bei Reudern liegt in kaum 2 km Entfernung abermals ein Vorkommen vulkanischen Tuffes. Dasselbe befindet sich hart an der von Nürtingen aus im Tiefenbachthale hinaufziehenden Fahr- strasse, Das Thal ist dort in den Unteren Braun-Jura eingeschnitten. Aus dem bewaldeten Thalgehänge springt einem Kugelknopfe gleich ein Berg in das Thal hinein, welcher jedoch an der Rückseite bereits durch eine tiefe Erosionskerbe vom Thalgehänge abgeschnürt ist. Der Gipfel des gleichfalls dicht bewaldeten Kegels ist von einer alten 56* Zah > Schanze, einem kreisförmigen Wallgraben, gekrönt. Dieselbe ist vorn, nach SW., geschlossen, hinten, im NO., aber offen. Von einer Ruine, wie die Karte angiebt, ist nichts oder doch nichts mehr zu sehen. Erklimmt man diesen Bühl von der Strassenseite her, so zeigt sich an seinem Fusse noch etwas Jura-Thon. Dann aber aufwärts, soweit der Waldboden das Schanze eben zu erkennen erlaubt, vulkanischer Tuff bis zum Gipfel hinauf. Dort hat der Befestigungsgraben einen n AUSB IGFEE, —> guten Aufschluss geschaf- Kräulerbiihl imTiefenhachlhal v. S.her fen, welcher jetzt freilich gesehen, bewachsen ist. Deutlich Fig.69. kann man jedoch sehen, dass der hintere Teil des Grabens, da wo die Schanze. offen ist, bereits wieder den Braun- Jura-Thon durchfährt. Hier ist der Kontakt; und zwar lässt er sich auf beiden Schenkeln des kreisförmigen Grabens erkennen, so dass man ihn in gerader Linie verfolgen kann. Fs ergiebt sich daher das folgende Bild in Fig. 67. Wir finden also dieses Tuffvorkommen durch Braun-Jura & begrenzt: unten nahe der Thal- sohle im SW. und oben auf dem Gipfel im NO. Auch auf den beiden anderen Flanken des Bühls lässt sich die Kontaktlinie ziemlich gut verfolgen, soweit dies eben der Wald- boden gestattet. Namentlich ist das auf der nach NW. hin ab- fallenden Flanke der Fall. Stellt man sich wieder auf die von Nür- tingen aus im Tiefenbachthale nach Owen hinführenden Strasse und richtet den Blick auf den Kräuterbühl, so sieht man linker Hand am Berge einen Graben, welcher vom Gipfel aus auf den Beschauer zu läuft. Links, also nördlich dieses Grabens, besteht der Berg- abhang auf eine Erstreckung von 165 Schritt längs der Strasse aus Braun-Jura @; südlich dagegen auf eine Erstreckung von 100 Schritt aus Tuff, wie das die folgende Abbildung in Fig. 68 zeigt. Fig.67. _ 8 Der Graben läuft also auf der Kontaktlinie zwischen dem vul- kanischen und sedimentären Gesteine entlang. Eine so scharfe Kontaktlinie spricht entschieden gegen die Annahme, dass ersteres an letzteres angelagert sei; denn in diesem Falle müsste ein sehr steil, nahezu senkrecht abgestochener Berg aus Braun-Jura-Thon vorhanden gewesen sein, an dessen steile Böschung der von anderer Stelle her verfrachtete Tuff angelagert wurde. Ein derartiges Ver- halten ist vielmehr ungezwungen nur durch die Annahme zu er- klären, dass hier ein Tuffgang von etwa 100 Schritten Durchmesser im Braun-Jura aufsetzt. An der entgegengesetzten nach S. fallenden Flanke des Berges lässt sich die Grenze nicht so scharf verfolgen; immerhin aber bietet sich auch hier ungefähr das obige Bild, Fig. 68, welches den Kräuterbühl dar- stellt, gesehen von den ostwärts der Strasse gelegenen Ackern aus. Thalsohle des Tiefenbaches Auch hier wieder be- Kräuterbiihl steht der östliche Teil Fig.68. des Bühls aus Braun- Jura, der westliche aus Tuff. Wir haben also ein ganz ähnliches Verhalten wie am Lichtenstein (S. 843 u. 845, No. 71). Um aber allen etwaigen Zweifeln über die Gangnatur den Boden zu entziehen, liess ich auch hier bohren, und zwar an der nach der Strasse zu gelegenen Seite. Hart an der Strasse bezw. Thalsohle konnte das nicht geschehen, weil hier der Braun- Juramantel des Ganges sich noch etwa 1!/), m hoch hinauf- zieht. Es wurde daher das Bohrloch in entsprechender Höhe im Walde angesetzt und 6,50 m tief niedergebracht. Dasselbe förderte nur Tuff zu Tage und reichte etwa 1 m tief unter die Thalsohle hinab. Es stellt mithin auch der Kräuterbühl einen Tuffgang dar, welcher im Braun-Jura « aufsetzt. Der nördliche und der östliche Abhang des Berges bestehen noch aus «-Thon. Nach S. und W. dagegen ist der Tuff fast bis in die Thalsohle hinab entblösst, in- dem der Juramantel hier bereits durch die Erosion entfernt wurde. Ganz bis in die Thalsohle hinab kann sich der Tuff deswegen nicht ziehen, weil der Gang nicht bis an die Strasse sich erstreckt, mit- — 886 — hin hier am Fusse des Berges noch ein winziger Rest des Juramantels erhalten ist; wiederum genau wie bei dem Lichtenstein. Der Tuff ist der gewöhnliche, doch zeigen sich keine grossen Stücke des Weiss-Jura. Ein einziges 4—6 Köpfe grosses Stück von ö lag oben auf dem Gipfel. Jüngere Schichten, also &, waren an- scheinend nicht vertreten; es ist das hervorzuheben, da dieses nega- tive Merkmal bei mehreren der nördlichst gelegenen Tuffgänge zu- trifft. Von sonstigen erwähnenswerten Stücken fanden sich Bonebed, Sandstein, Bohnerz und ein Stückchen Granit. Bei dem Fehlen jeglichen Aufschlusses und der Bewaldung des Bodens sind indessen von vornherein in dieser Hinsicht nur ärmliche Funde zu erwarten. Durch Lagerung und Bohrung ist mithin erwiesen, dass in dem Kräuterbühl ein Tuffgang vorliegt. Jetzt setzt derselbe im Braun-Jura & auf. Dass aber zur Zeit des Ausbruches sich an dieser Stelle noch die Alb bis mindestens hinauf zum Weiss-Jura d erhob, wird durch die dem Tuffe beigemengten Gesteinsstücke bewiesen. Illd. Die im Vorlande der Alb, zwischen dem Tiefenbach und der Steinach gelegenen Maar-Tuffgänge. 93. 9. Die beiden Maar-Tuffgänge des Engelberges und des Altenberges bei Beuren. Ungefähr 1 km nördlich von Beuren erhebt sich ein Doppel- kegel. Der südlichere wird Altenberg, der nördlichere Engelberg genannt. Dieser letztere, etwas höher als der andere, ragt 562 m hoch empor. Der Fuss beider Berge besteht aus Thonen des Oberen Braun-Jura. Auf diesen beiden Sockeln liegt je ein ovaler, hoch auf- ragender Wulst, welcher ungefähr in nordsüdlicher Richtung lang- gestreckt ist. Dieselben sind mit Rasen bedeckt und werden ge- bildet durch Schuttmassen von Weiss-Juragesteinen. Oben auf den Gipfeln, besonders am S.-Ende des Altenberges, liegen riesige Blöcke derselben, d und & angehörig. Alle Weiss-Jurakalke erwiesen sich als hellfarbig, nur ein einziges gerötetes Stück fand sich. Auch mehrere Stückchen von Stubensandstein las ich auf. Das könnte beweisend sein für eruptive Natur dieser Hügel. Aber solch Stück-. chen Sandstein könnte doch aus dem Dorf stammen. Liegen doch auch oben auf dem Gipfel Stücke von Ziegelsteinen. Beide Berge gieichen durchaus manchen unserer Schuttkegel, bei 8 welchen man bisher noch keinerlei Tuff, sondern nur Weiss-Juramassen gefunden hat, die trotzdem aber vulkanisch sind. Gerade südlich dieses Doppelberges, kaum 2 km entfernt, liegt am Fusse der Alb ein derartiger Schuttkegel bei Beuren, No. 129. Die geröteten Kalke desselben und ein Stückchen Granit verraten dort mit Sicherheit, dass es sich nicht einfach um einen Erosionsrest der Alb handelt, sondern um eine vulkanische Bildung: dass wir also den Schuttmantel eines Tuffganges vor uns haben. Aber von Tuff ist nichts zu entdecken. Noch auf ganz demselben Standpunkte der Entwickelung steht bei unserem Doppelkegel der Engelberg, obgleich hier nicht einmal ge- rötete Kalke erscheinen. Auch hier tritt nirgends vulkanisches Gestein unter dem Schuttmantel zu Tage. Engelberg 5 ‚Allenberg ” a N. Engelberg bei Beuren Fig.70. 93. Der Maar-Tuffgang des Altenberg N. von Beuren. Bereits einen kleinen Schritt weiter als bei dem oben ge- nannten Engelberg, ist es bei dem Altenberg gegangen. Hier schaut an der S.-Seite der Tuffkern aus dem dort zufällig dünnen oder zerrissenen Schuttmantel hervor. Die Stelle ist auf oben- stehender Abbildung mit einem Kreuz bezeichnet. Sie ist nur klein, genügt aber vollständig, um jeden Zweifel an dem eruptiven Inhalte dieses Schuttkegels zu bannen, wenn auch nun gerade hier rote Kalke fehlen. Geht man dort an der oberen Grenze des Weinberges entlang, so steht deutlich Thon des Oberen Braun-Jura an. Plötz- lich zeigt sich daneben Tuff, im selben Niveau! Der Braune Jura- Thon bildet also hier einen Mantel um einen Tuffkern. Dieser Mantel ist an der kleinen Stelle durch die Erosion abgeschält, so dass der Kern blossgelegt ist. Der Kopf des letzteren aber ist mit einer dicken Kappe von Weiss-Juraschutt bedeckt, welche alles verhüllt. Obgleichalso derAltenberg genauebenso ein harm- loser Kegel von Weiss-Juraschutt zu sein scheint, wie — 88 — seinihm dicht benachbarter Zwillingsbruder, der Engel- berg; obgleich er das ferner in noch höherem Masse zu seinscheintalsder2kmsüdlich gelegene KegelNo.129, welcher doch wenigstens gerötete Kalke und ein Stück Granit lieferte — so liegt doch im Altenberg ein in die Tiefe setzender Tuffgang vor. Dessen Weiss-Jura- schuttmantel ist zufällig an einer winzigen Stelle zer- rissenundlässtauf solche Weise den Tuffinhalt heraus- treten, welchen zweifellos auch die beiden anderen genannten Berge besitzen. 94. Der Maar-Tuffgang des Engelberg N. von Beuren. Die Analogie spricht mit überwältigender Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch hier ein Tuffgang vorliegt, denn die äussere Er- scheinung ist vollkommen dieselbe wie beim Altenberg. Unhaltbar wäre jedenfalls die Annahme, dass der Engelberg ur- sprünglich zum Altenberg zugehört hätte; dergestalt, dass anfäng- lich nur ein einziger, langgestreckter Schuttwall vorgelegen hätte, welcher nachträglich durch die Erosion in zwei Kegel zerschnitten wäre. Es steht nämlich in dem Einschnitte zwischen beiden Kegeln Oberer Braun-Jura an; derselbe zieht sich auch noch am Fusse beider Kegel in die Höhe. Wenn nun am Altenberg der Tuff nicht an der einen kleinen Stelle zu Tage träte, dann könnte man seine eruptive Natur nicht beweisen. Man könnte ihn daher als einen auf den Braun-Jura auf- gelagerten Erosionsrest der Alb oder als eine durch Bergsturz ab- gerutschte Masse betrachten. In diesem Falle wäre das zu Tage- treten des Oberen Braun-Jura zwischen beiden Kegeln durchaus vereinbar mit der Annahme, dass letztere erst durch die Erosion aus einem einzigen langgezogenen Schuttwalle herausgeschnitten seien. Der Umstand jedoch, dass bei dem Altenberg die eruptive Natur sich darthun lässt, spricht notwendig für diejenige der Engelberg-Masse. Ist das aber der Fall, dann müssen dem Engel- berg und dem Altenberg zwei getrennte Tuffgänge zu Grunde liegen und nicht ein einziger langgestreckter; denn anderenfalls müsste ın dem Sattel zwischen ihnen vulkanischer Tuff, nicht aber Braun-Jura zu Tage treten. So haben wir also mit grösster Wahrscheinlich- keit. dicht nebeneinander zwei Durchbohrungen der Erdrinde; möglich wäre es ja, dass dieselben in geringer Tiefe el bereits in eine einzige übergehen. Aber Gleiches müssten wir dann auch bei anderen nahe beieinander liegenden Punkten annehmen. Wahrscheinlich ist mir das nicht. 95. Der Maar-Tuffgang nördlich von Beuren an der Strasse ins Tiefenbachthal. Ausser dem Altenberg und Engelberg zeigt die geologische Karte von Württemberg im N. von Beuren noch zwei weitere Punkte: Ein Tuffvorkommen und eine tuffähnliche Bildung. Sie liegen 1 und 1'/, km von diesem Orte entfernt. Der südlichere der beiden wird dort als Tuff bezeichnet; er ist jedoch auf der hier beigegebenen Karte von mir gar nicht eingezeichnet worden, weil ich mich von dem Vorhandensein weder des vulkanischen Gesteins noch auch nur tuffähnlicher Bildung überzeugen konnte, No. 6. Der nördlichere dagegen, dort als tuffähnliche Bildung aufgeführt, ist wieder um- gekehrt auf meiner Karte als echte Tuffbildung eingetragen, weil sich hier das vulkanische Gestein nachweisen lässt. Offenbar muss DErrner, welcher Blatt Kirchheim der geolo- gischen Karte aufnahm, hier eine Verwechselung gemacht haben. Sein Text giebt keinen Aufschluss darüber, denn er erwähnt diese beiden Punkte nur mit wenigen Worten. Nachdem er S. 34 von Schutt- breccien gesprochen hat, welche wohl im Innern Tuff bergen mögen, sagt er: „Ebenso...... die beiden Punkte nördlich vonBeuren.“ Ich streiche also den südlichen ganz und zeichne nur den nördlichen ein. Dieser letztere liegt 454 m über dem Meere und bildet einen an der Landstrasse von Beuren ins Tiefenbachthal gelegenen kleinen von OSO. nach WNW. gestreckten Hügel auf Mittlerem Braun-Jura- gebiet. An der Landstrasse befindet sich ein Aufschluss, welcher den Tuff blosslegt. Spricht schon das Dasein einiger grosser Weiss- Jurablöcke für die Selbständigkeit dieses Tuffpunktes als Ausbruchs- stelle, so wird dies noch verstärkt durch .das Auffinden von Basalt- kugeln im Tuffe. Letztere machen es wahrscheinlich, dass in keiner allzugrossen Tiefe in dem Tuffe ein Basaltgang aufsetzt. Wenn sich daher auch durch die Lagerung die Selbständigkeit dieses Ausbruchspunktes nicht darthun lässt, so wird eine solche doch durch obige Gründe sehr wahrscheinlich gemacht. 9%. Der Maar-Tuffgang der „Sandgrube“ im Bettenhard, NO. von Linsenhofen. | Am nördlichen Ende des Dorfes Linsenhofen geht von der nach Nürtingen führenden Chaussee ein Landweg, ich nenne ihn Weg 1, — 1.8077 in östlicher Richtung ab. Derselbe verläuft in dem hier von den Braun-Jurahöhen herabziehenden Thale; jedoch nicht ganz unten in der Thalsohle, sondern in einiger Höhe über derselben auf dem linken Gehänge. Man hat also, wenn man diesem Wege folgt, zur Linken, nördlich, in einiger Tiefe unter sich die Thalsohle, zur Rechten, südlich, dagegen steigt der Abhang in die Höhe. Dieser Weg 1 schneidet zuerst in anstehenden Braun-Jura « ein, bald. darauf in Tuff, und zwar auf einer Erstreckung von 280 Schritten, danach dann abermals in «-Thon. So durchquert OT Z_— i 9,207 a QO (IE nn K 09258 De) ° Sud ? Q «Ta. u nn — 9.0,:0.0:0° 8. —: RO al, ON men o:: PN Se BR 2 3 Chaussee ImBettenhardl Fig.7i. der Weg 1 den Tuffgang und vor wie hinter diesem sein Neben- gestein ungefähr von W. nach OÖ. Der Kontakt zwischen dem ge- schichteten und dem vulkanischen Gestein ist an beiden Seiten sehr genau zu verfolgen. Sowie man auf Weg 1 den Tuff erreicht hat, zweigt sich rechts der Weg 2 ab. Dieser führt am Abhange in die Höhe und verläuft auf dem Kontakt zwischen Jura und Tuff. Diese Linie zieht also in südöstlicher Richtung hinauf; zur Rechten die Wein- berge stehen im Braun-Jura @; zur Linken der mit Rasen bedeckte Abhang im Tuff. Oben auf He Höhe angekommen findet man be- — 81 — reits # über « liegend. Hier lässt sich der. Kontakt sehr scharf weiter verfolgen. Wie mit dem Lineal abgeschnitten hört der Tuff auf; Braun-Jura $ liegt jenseits dieses Striches. Verfolgt man letz- teren, so biegt die Kontaktlinie dann bald in etwa NNO.-Richtung um und läuft in gerader Linie am Abhang wieder hinab; zur Linken Tannenwald im Tuff, zur Rechten berasten «-IThon. So haben wir also am Gehänge hinanlaufend zwei konvergierende Grenzen, welche oben auf der Höhe in einer abgestumpften Spitze zusammentreffen. ‚Es ergiebt sich mithin ein etwas anderes Bild als auf der geologischen Karte von Württemberg. Dort endet die tufferfüllte Spalte plötzlich weit klaffend mit westöstlichem Abbruche, was von vornherein einen unnatür- lichen Eindruck macht. Hier ergiebt sich in Wirk- lichkeit ein ovales Aus- keilen der Spalte, d. h. ein röhrenförmiger Kanal ovalen Querschnittes. Die Abbildungen Fig. 71 und 72 gestatten den Vergleich. Verlassen wir nun dieses südliche Ende des Ganges, um denselben in seiner Fig. 72. nördlichen Ausdehnung kennen zu lernen. Wir steigen vom Wege 1 aus in das Thal hinab. Hier ist die Bachsohle mit von oben herabgeschwemmtem Jura-Thon überdeckt, daher kein Tuff zu sehen. Wenn man aber jenseits des Baches nach N. am Abhange in die Höhe steigt, so wird sehr bald wieder der Tuff er- kennbar; allerdings in den dortigen Weinbergen auch z. T. durch von oben herabgespülten Jura-Thon verhüll. Dadurch wird die Kontaktlinie hier mehr verwischt; namentlich gilt das von dem nördlichen Ende des Ganges, an welchem ich die Grenze nur punk- tiert zeichne. Mir will es scheinen, als ob die geologische Karte von Württemberg den Gang zu langgestreckt wiedergiebt; als ob letzterer also mehr den ungefähr ovalen Querschnitt besitze, wie ich ihn in Fig. 71 zeichne. Er reiht sich auf solche Weise auch vollständig unsern andern Tuffgängen an, wogegen nach jener Dar- stellung das jäh abgebrochene Beginnen und Aufhören einer langen Spalte etwas Unnatürliches hat. Indessen die topographische Karte Kopie der geol. Karte von Württ. — 8192 — lässt ohne Höhenkurven und bei ihrem hierfür zu kleinen Massstabe im Stich. Ich liefere also nur eine flüchtig im Felde gemachte Skizze, welche in den Verhältnissen nicht genau ist. Ein Schnitt von S. nach N. würde das folgende Bild ergeben. N All) ws) = | | Run (Il I STINE | | | | I \ j Sandgrube imBeltenhardl bei Linsenhofen Fig.73. In dem Tuffe fanden sich Weiss-Jurastücke bis hinauf zum eg, teils schwarz, teils rot gebrannt, wie das gewöhnlich der Fall ist. Auch rotgebrannter Sandstein des Braun-Jura % findet sich. Dazu Knollenmergel aus dem Keuper und schwarze glasige Stücke. Ich glaube nicht, dass letztere vulkanisch sind. Solche Gläser, wo sie sich in unserem vulkanischen Gebiete auch finden, sind wohl immer Kunstprodukte. DEFFNER führt an, dass er hier, im Tuffe aufsetzend, den Aus- läufer eines Basaltganges gefunden habe. Auf diese Aussage hin zeichne ich denselben in Fig. 73 ein. Trotz mehrmaligen Besuches dieser Stelle konnte ich nichts von demselben sehen. Aber das beweist nichts. Die äussersten Spitzen solcher Apophysen in unseren Tuffen sind stets ein in Kugeln oder unregelmässige kleinere Stücke zerfallendes Gestein. Es kann daher sehr leicht sein, dass der aus dem Tuffe herausschauende Basaltschutt entfernt wurde, worauf die Stelle sich mit herabrieselndem Tuffe überdeckte. Bei dem 4. Gange oben an der Gutenberger Steige No. 45 wird auf solche Weise auch bald die von mir gefundene Spitze einer Basaltapophyse aus dem Tuffe verschwunden sein, so dass dann, falls dort nicht zufällig noch weiter unten am Abhange Basalt aus dem Tuffe hervorträte, spätere Beobachter an dem Dasein des Basaltes zweifeln könnten. In solcher Weise ist der Basalt am Kraftrain No. 76 schon ganz verschüttet. So mag sich die Sache also auch hier verhalten und es ist nicht der mindeste Grund, an Derrner’s Angabe zu zweifeln. Ganz abgesehen von diesem durch Derrner fest- gestellten, jetzt nicht mehr sichtbaren Basaltgange — 893 — im Tuffelassen die Lagerungsverhältnisse, namentlich an der südlichen Hälfte der Tuffmasse, keinen Zweifel an der Gangnatur derselben übrig. Das Vorkommen von Weiss-Jura sim Tuffe beweist, dass die Alb zur Zeit des Ausbruches hier noch bis zu dieser hohen Stufe hinauf anstand. Das scheint die nördlichste Grenze vonsan dieser Stelle unseres Gebietes gewesen zusein, denn in den weiter nördlich gelegenen Tuffmassen ist Weiss-Jura nur bis d hinauf bekannt. Als Namen für diesen Gang habe ich den von DEFFNER an- gewendeten „Sandgrube im Bettenhard“ gewählt. Ich hörte im Dorfe die Bezeichnungen „Katzengarten“ und „Schwarzer Acker“ für die südlich des Baches gelegene Gegend. Ile. Die im Vorlande der Alb, zwischen Steinach und Erms gelegenen Maar-Tuffgänge. Auf diesem Raume tritt uns eine ganz besonders grosse Zahl vulkanischer Punkte entgegen. Der besseren Übersicht halber wollen wir dieselben daher in eine Anzahl von Gruppen teilen. Wir er- halten auf solche Weise die Gruppe bei Kohlberg, diejenigen bei Metzingen, bei Grafenberg und bei Gross-Bettlingen. Zu diesen ge- sellen sich als vereinzelte Vorkommen dasjenige bei Frickenhausen und dasjenige im Humpfenbachthal. Der Jusiberg, dessen gewaltige Masse alle diese kleineren Punkte weit überragt, sowie der kleine St. Theodor sind bereits bei den am Steilabfalle der Alb auftretenden Gängen besprochen worden. Ich beginne mit dem ersteren der zu- letzt erwähnten Einzelvorkommen. 97. Der Maar-Tuffgang des Burrisbuckel im Egart, SW. von Frickenhausen. Dieses Vorkommen liegt ungefähr 1 km südwestlich von Fricken- hausen, am NW.-Fusse des bewaldeten, aus Braun-Jura & und £ aufgebauten Eichenfürst-Berges. Hier erhebt sich, am Thalrande des dort vorbeifliessenden Lenghardtbaches, aus Braun-Jura «-Gelände ein kreisrunder Bühl, der Burrisbuckel. Ein grosser Bruch erschliesst den Tuff desselben bis in das Innerste hinein, so dass im Hinter- grunde eine senkrechte Tuffwand von etwa 14 m Höhe angeschnitten ist. Es zeigt sich überall nur massiger Tuff, viel grosse Stücke von Weiss-Jura «, £# und d enthaltend. Auch ein Stück zerbröckelnden altkıystallinen Gesteines, sowie 'eine Basaltkugel fanden sich; dazu Stubensandstein und fraglicher roter Keuperthon. $ — 84 — Schichtung ist nirgends vorhanden. Die scheinbaren Spuren einer solchen bestehen aus Absonderungsflächen, welche steil im Sinne des Bergabhanges fallen. Wir können Derartiges häufig bei unseren Tuffen beobachten. Auch eine gewisse Abrundung, welche die ganz kleinen unter den Weiss-Jurabrocken hier oft zeigen, darf nicht auf Einfluss von Wasser gesetzt werden. Das ist nur die Folge davon, dass jene Stückchen die Rolle von Spielbällen während des Aus- h Eichenfürst = ars NEE Burrisbuckel v. 0. I a Fig.74. bruches zu ertragen hatten. Wie sollten im Wasser so viel Stücke des schieferigen Braun-Jurathones sich durchaus unversehrt und eckig erhalten haben? Diese müssten ganz zerrieben worden sein in der imeler Burrisbuckel v.N.her gesel hen Big.zs. Zeit, welche das Wasser gebraucht hätte, um jenen Kalkstückchen die gewisse Abrundung zu verleihen. Abgesehen von den Absonde- rungsflächen im Sinne des Bergabhanges zeigt sich auch hier und da eine Neigung zu polyödrischer Absonderung, wie wir solche gleich- falls z. B. bei Scharnhausen No. 124 und einigen anderen Orten finden. Die Lagerungsverhältnisse sind die folgenden: Der Tuffhügel erhebt sich aus Braun-Jura «-Gelände und lehnt sich mit seiner tückseite, im S., zugleich an den aus & bestehenden Fuss des Eichen- fürst an. Er ist also ein Kugelknopf-artig in das Thal hineinragen- oo. 0 — der Vorsprung des letzteren Berges, wie wir das vielfach bei unseren Tuffen beobachten können. So ergeben sich die beiden folgenden Ansichten, deren eine die Verbindung mit dem Eichenfürst, deren andere die Erscheinung des Bühls rechtwinkelig dazu, also von N. her, giebt. Wie man bei der N.-Ansicht, Fig. 75, beobachten kann, geht vorn, neben dem Steinbruche, der Braun-Jura an der O.-Seite etwas höher am Tuffe hinauf als auf der W.-Seite; er bleibt hier ungefähr 11 m unter dem Gipfel des Bühls. Die andere Ansicht Fig. 74 lässt erkennen, wie dieser selbe Braun-Jurathon, den wir soeben vorn an der O.-Seite fanden, sich nun, je mehr wir uns südwärts dem Eichen- fürst nähern, an der Flanke des Bühls mehr und mehr bergauf zieht, bis er schliesslich oben in den Braun-Jurafuss des Eichenfürst übergeht. Wäre nun der Tuff nur auf einen schrägen Jura-Abhang auf- gelagert, so könnte er hier oben nur eine ganz geringe Mächtigkeit besitzen, und unten, vorn an der O.-Seite der Grube, dürfte er nur un- gefähr 11 m mächtig sein. Man findet ihn aber in der Grube bis zu 14 m Tiefe aufgeschlossen, vom Gipfel an gerechnet. Der Tuff reicht also um etwa 3 m tiefer, als er bei Auflagerung dürfte, hinab; er geht 3 m unter das Niveau des benachbarten Braun-Jura hinab. Mit dem Gedanken einer Auflagerung auf letzterem wäre ein solches Ver- halten nur dann zu vereinen, wenn der Tuff zufällig in einer 3—4 m messenden Vertiefung der Oberfläche des Braun-Jura abgesetzt wäre. Eine solche Annahme hat aber etwas sehr Gezwungenes, und das um so mehr, als wir auch in ziemlich vielen anderen Orten unseres Gebietes immer dieselbe Annahme machen müssten. Um jedoch sicher zu gehen, liess ich im tiefsten Punkte der Grube noch bohren. Bei Auflagerung hätte unter dem Tuffe Jurathon erbohrt werden müssen. Es wurde jedoch bis zu 3,80 m Tiefe hinab nur Tuff gefördert. Folglich waren wir im Tuff um ungefähr 6—7,30 m tiefer als der nahebei an der O.-Seite anstehende Braun-Jura «. Aus dem Gesagten ergiebt sich daher mit Sicher- heit, dass wir auch im Burrisbuckel beiFrickenhausen einen Tuffgang vorunshaben, welcher an Ort und Stelle durch einen Ausbruch entstand, undausseinenbiszum Weiss-Juradhinaufreichenden Einschlüssen folgt, dass sich zur Zeit des Ausbruches die Alb hier befand. Der an der O.- und W.-Seite des Buckels sich südwärts immer höher hinaufziehende Jurathon ist daher nichts anderes als der Mantel, — 896 — welcher den in die Tiefe setzenden Tuffgang umkleidet. Er ist das Nebengestein, nicht aber das Liegende des Tuffes. Die Gruppe bei Kohlberg. Das Häldele.. Das Bölle bei Kohlberg. Der Punkt im Auth- muthbache. Rosenkranzförmig sind dem N.-Fusse des Jusi, in der geringen Entfernung von 1 bis 1'/, km, drei vulkanische Massen vorgelagert, welche das Dorf Kohlberg im N. umgürten. Sie liegen auf einer geraden, von WSW. nach ONO. streichenden Linie. Gegenüber der riesigen Gestalt des Jusi erscheinen sie, in der Natur wie auf der Karte, nur wie Punkte gegenüber einem gewaltigen Flecke. Bei oberflächlicher Beschauung ist man leicht geneigt, diese vier Punkte in ein Abhängigkeitsverhältnis zum Jusi zu bringen, sie als Erosions- reste einer einst um ihn ausgebreitet gewesenen Decke aufzufassen, deren Asche vielleicht vom Jusi ausgeworfen wurde. In der That enthält auch keiner derselben grössere Weiss-Jurablöcke, sondern nur kleine Stücke dieses Gesteins; ganz wie man dies bei Massen, welche der Jusi bis in eine solche Entfernung hin geschleudert hätte, nicht anders erwarten könnte. Wenn irgendwo, so hatte hier die Untersuchung die Aufgabe, Klarheit darüber zu verschaffen, ob dem wirklich so sei oder ob doch selbständige Ausbruchspunkte vorlägen; denn nirgends sonst erschien jene erstere Auffassung, durch das Verhältnis der gegenseitigen Grös- sen und Lagen, so einleuchtend wie hier. Aber auch hier lehrt die Untersuchung in allen drei Fällen, dass eine solche Auffassung falsch ist, dass wir drei selbständige Ausbruchspunkte vor uns haben. Gemäss ihrer so sehr viel kleineren Masse und ihrer dem Jusi gegenüber nördlicheren Lage — denn die Abtragung der Alb schreitet ja von N. nach S. vorwärts — sind diese drei Punkte bereits bis zu grösserer Tiefe abgetragen als der Jusi. Erhebt sich letzterer noch aus Oberem Braun-Jura, so schauen diese bereits aus der ß- und «a-Stufe heraus. . 98. Der Maar-Tuffgang des Häldele, NO. von Kohlberg. Dieses vulkanische Vorkommen ist höchst überraschender Natur. Im NO. von Kohlberg macht sich ein kleiner Berg, das Häldele, bemerkbar, welcher sofort den Verdacht wachruft, dass hier einer unserer vulkanischen Bühle vorliegen möchte. Die Art des Auftretens ist ganz dieselbe wie beim Florian No. 101, Georgenberg No. 121 und —ı 89 anderen: Am vorderen Ende einer nach N. vorspringenden Zunge von Braun-Jura, hier y, erhebt sich auf dieser ein abgerundeter Kegel zu verhältnismässig unbedeutender Höhe. Dagegen fällt er nach den drei anderen Seiten hin in weit grössere Tiefe ab, so dass er von diesen aus betrachtet, einen viel stattlicheren Eindruck hervor- ruft. So verhält sich denn auch das Häldele. Die N.-Seite dieses Berges ist mit Wald bedeckt; die S.-Seite in der unteren Hälfte mit Äckern, in der oberen mit Weinbergen (Fig. 76a). Quer über den Gipfel läuft in der Mittellinie des Berges die Grenze zwischen Wald und Weinberg in Gestalt eines berasten Weges; ich nenne ihn Weg 1. Wie fast stets, so ist auch hier im Walde wenig Genaues zu beobachten, da der Waldboden alles ver- deckt. Das zu Sagende bezieht sich daher auf die mit Weinberg und Acker bedeckte Hälfte, welche sich dem Blicke des auf der Strasse von Neuffen nach Kohlberg Wandernden darbietet. Die Ss.W. Verhältnisse, welche uns hier entgegentreten, sind höchst über- raschende. Man meint, dass der ganze Bühl Tuff zeigen werde. Aber das ist ganz und gar nicht der Fall; er zeigt meistens Jura- thonboden; und doch besteht er aus Tuff. Wir nähern uns dem Häldele von Kohlberg aus, indem wir auf dem über die y-Zunge dahinführenden Wege gehen. Am Ende derselben trennt eine kleine Einsenkung, Fig. 76, die Zunge von dem Kegel des Häldele. Von ferne meint man, dass diese Senke die Grenze zwischen Jura und Tufikegel bilden werde. Allein das ist nicht der Fall, dieselbe schneidet vielmehr aus dem Braun-Jura y in das darunterliegende £ ein; und der jenseitige Anstieg- auf den Bühl führt gleichfalls zunächst noch über anstehenden Jura. Wir gehen nun auf Weg 1 an der Grenze zwischen Wald und Weinberg aufwärts: Wir haben Jurathonboden an einer Stelle aber, in Fig. 76a, mit X bezeichnet, treffen wir etwas Tuff, welcher hier in der Tiefe ansteht, wie durch Nachgraben festgestellt wurde!. Sofort aber ı Die Weinberge werden, wenn sie auf Jura-Boden liegen, soweit das eben angeht, mit vulkanischem Tuffe überdüngt ; wenn sie dagegen, was seltener der Fall, auf Tuffboden liegen, umgekehrt mit Braun-Jura-Thon. Man kann Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 57 898 — stellt sich wieder Jurathonboden ein. Auf den Gipfel hinauf und jenseits weiter hinab hält derselbe an. Aber auch oben auf dem Gipfel zeigte sich beim Nachgraben Tuff unter einer 1—2 Fuss mächtigen Krume von Jurathonboden. Genau das Gleiche gilt von einer dritten Stelle am Abstiege auf diesem Wege, dicht unterhalb des dort am Waldrande stehenden kleinen Häuschens, in einem Hopfengarten. Auch hier, oben Jurathonboden-Krume, darunter Tuff. Zweifellos also besteht der Berg auf diesem Wege aus Tuff, welcher verhüllt ist von jener Krume. Wir steigen nun quer durch den Weinberg an der $.-Seite hinab. Dort durfte ich nicht graben oder bohren. Überall Jura- thonboden und dieser muss dort N mindestens 2—3 Fuss tief sein, a er SÜNDE denn so tief werden ja die Wein- SINN 4 vVr- SIUUNGZZTZ berge umgegraben. Wäre man hier- IIOIUUU ZZ FE erge umgeg ° r BIT = SEITE == bei auf Tuff gestossen, so würde | 2 fele = er an die Oberfläche gebracht == = worden sein. Und doch muss das \N IR Y sh zrnn, NN = Z DS ES vulkanische Gestein auch hier in =G en SE der Tiefe anstehen. Das zeigt sich BE ie weiter unten, an den mit X be- arm Bat een en zeichneten Stellen, im Weinberge === Z>2-FS>SSII und auf dem Acker, welcher S: rechtwinkelig in den Ausschnitt H äldele zwischen oberen und unteren Wein- Fig.7 i berg eingreift. Dieser Acker lässt den Tuff ohne weiteres an seiner Oberfläche erkennen; hier fehlt jene Krume über demselben. Aber ganz nahebei im Weinberge ist sie wieder vorhanden und ein Auf- schluss legte an einer Stelle unter ihr den Tuff frei. Ich beschreibe dieselbe näher mit Hilfe der Fig. 76a. Wie diese Skizze erkennen lässt, kann man einen oberen, breiteren und einen unteren schmaleren Weinberg unterscheiden. Zwischen beiden verläuft ein von OÖ. nach W. ziehender Weg. Hart nördlich desselben wurde soeben der Weinberg rajolt. In dem dabei entstandenen tiefen Graben ergab sich das folgende Profil: Oben daher durch obenaufliegende Gesteinsstücke sehr leicht getäuscht werden. Diese können bei dem Umgraben des Weinberges aus der Tiefe heraufgeholt sein, falls sie dort anstehen; sie können aber auch nur durch jenen Vorgang als Dungmittel hierher gebracht worden sein. a lee) ein 1'/;—2 Fuss mächtiger Thonboden des geologisch älteren Braun- Jura, unten der geologisch jüngere Tuff. Also wieder dasselbe Profil, welches wir bereits an drei verschiedenen anderen Stellen auf Weg 1 fanden. Genau die gleiche Erscheinung aber werden wir bei einigen wenigen anderen unserer Tuiiberge kennen lernen. Am Florian, No. 101, wo ein an der S.-Seite sich offenbar herabziehender Tuffgang an den meisten Stellen unter mächtiger Decke von Jurathonboden ver- borgen liegt. Hier handelt es sich ebenfalls um Weinberge. Sodann am Gaisbühl No. 122. Dort finden wir dieselbe Erscheinung aber im Acker. Der in der Tiefe anstehende Tuff ist ebenfalls durch Jurathonboden fast überall so vollständig verdeckt, dass man nicht ahnen kann, dass er doch in der Tiefe ansteht. Im letzteren Falle, am Gaisbühl, ist die Ursache sicherlich eine natürliche: Südlich dieser Stelle erheben sich Höhen des Unteren Braun-Jura. Von diesen wird der Verwitterungsboden hinabgespült und hat so allmählich über dem Tuff eine mächtige Decke gebildet. Schwieriger schon wird die Sache am Florian. Hier ist es viel schwerer zu erklären, wie von dem noch anstehenden Jura her gerade auf die betreffende Stelle Thonboden herabgespült sein sollte. Hier kommt man eher auf die Vermutung, dass die Überschüttung eine künstliche ist; indem man im Laufe von Jahrhunderten auf den durch Weinbau ausgeraubten Tuffboden allmählich eine Thondecke von solcher Mächtigkeit aufgetragen hat, dass man dieselbe kaum noch für Menschenwerk halten möchte. Was dort, im Ackerfelde, nie geschehen würde, weil es sich nicht bezahlt macht, das mag hier, im wertvollen Weinberge, wohl geschehen. Und wenn das dennoch undenkbar erscheinen sollte, weil die Thondecke so dick ist, so wird es denkbar, wenn man erwägt, dass Jahrhunderte lang Geschlecht auf Geschlecht an dem Auftragen der Erde gearbeitet hat. Wie liegt nun die Sache am Häldele? Das ist ein fast ringsum aus der Verbindung mit dem benachbarten Jura herausgeschnittener Berg. Derselbe kann daher nur selbst andere, tiefer gelegene Punkte mit seiner Verwitterungserde überschütten; er kann aber nicht seiner- seits von anderen Höhen her einen solchen Überguss erhalten. Zwar einstmals hing er ja mit diesen zusammen; aber seit er von diesen durch die Erosion abgeschnitten wurde, ist sicher eine so lange Zeit vergangen, dass aus diesem Stadium her unmöglich sein jetziger Überguss stammen kann. Der wäre seitdem längst in das Thal hinabgespült worden. 57* — 3007 — Unter solchen Umständen bleibt für das Häldele nur die An- nahme übrig, dass hier, wie wohl am Florian, der Jurathonboden in emer bis zu 3 Fuss dicken Decke künstlich im Laufe langer Zeiten über dem Tuff gebreitet wurde. Wir haben ja hier Weinberg vor uns. Fast zur Sicherheit wird solche Annahme dadurch, dass hart daneben, im Acker, der Tuff zu Tage ansteht. Freilich giebt es noch eine dritte Möglichkeit, derartige auf- fallende Erscheinungen in unserem Gebiete zu erklären. Nach dieser ist die Decke von Jurathon der Verwitterungsboden von wirklich dort über dem Tuffe anstehend gewesenen Braun-Juraschichten. Wenn nämlich eine tufferfüllte Spalte nicht bis zu der Tagesfläche aufgerissen wäre, sondern sich nach oben hin bereits im Unteren Braun-Jura ausgekeilt hätte, dann müsste letzterer über dem Tuffe anstehen, und nach seiner fast völligen Abtragung müsste sein letzter Rest als Thondecke auf dem Tuffe liegen. Ich glaube indessen nicht, dass wir zu dieser immerhin gewagten Erklärungsweise greifen sollten. Um nun ganz sicher zu gehen, dass wirklich das Häldele einen in die Tiefe hinabsetzenden Tuffgang bildet, liess ich an der zuletzt besprochenen, mit X bezeichneten Stelle in dem Wege, welcher den oberen Weinberg von dem unteren trennt, bohren. Da west- lich von diesem Punkte und in nicht grosser Entfernung der Braun- Jura ungefähr im selben Niveau ansteht, so liess sich leicht fest- stellen, ob der unter der Jurathondecke liegende Tuff wirklich in die Tiefe setzt oder nur seinerseits wieder anstehendem Jura auf- gelagert ist. Das Bohrloch zeigte bis zu 7 m Tiefe Tuff. Damit waren wir fast ebenso tief unter die Oberfläche des im W. anstehenden Braun-Jura gekommen. Es kann mithin keinem Zweifel unterliegen, dass auch der Tuff des Häldele nicht dem Jura aufgelagert ist, sondern einen denselben durchsetzenden Gang darstellt. Die zahlreichen Kalkbrocken, welche der Tuff einschliesst, beweisen, dass zur Zeit des Aus- bruches sich hier noch die Alb befand. Bezüglich der dem Tuffe beigemengten fremden Gesteine ist hervorzuheben: Das Fehlen grosser Blöcke von Weiss-Jura. Ferner das Auftreten allerdings seltener Stücke von Granit, sowie eines Gesteines, welches einer Arkose des Rotliegenden angehören könnte. Das Fehlen grosser Weiss-Jurablöcke mag ebenso künstlich, nämlich durch Abtragen hervorgerufen sein, wie das Vorhandensein der Jura- thondecke künstlich durch Auftragen erzeugt ist. — MI — 99, Der Maar-Tuffgang des Bölle, N. von Kohlberg. Ist das soeben beschriebene Häldele bereits ein Bühl geringer Grösse, so gilt das von dem hier zu besprechenden, im N. von Kohl- berg gelegenen „Bölle“ in noch viel höherem Grade. Nur wenig macht sich die ebenfalls mit Weinberg bedeckte und ebenfalls auf Braun-Jura $& aufgesetzte Erhebung, soweit sie aus Tuff besteht, überhaupt bemerklich. Auch darin ist das Vorkommen gegenüber jenem noch abgeschwächter, dass der Tuff in noch höherem Masse durch Jurathonboden überdeckt ist, welcher hier von den benach- barten Höhen herabgespült wurde. Man sieht nur Thonboden. So erklärt es sich, dass die geognostische Karte von Würt- temberg hier auf Grund der umherliegenden Weiss-Jurabrocken auch nur tuffähnliche Bildung angiebt. Es ist jedoch sicher Tuff vor- handen, daher auf der hier beigegebenen Karte auch solcher ein- gezeichnet ist. | An der SO.-Seite des Bölle stossen ebenfalls wie beim Häldele ein oberer und ein unterer Weinberg zusammen. Zwischen beiden besteht eine kleine Stufe im Gelände. Am Fusse der Böschung derselben bringt der Maulwurf Tuff herauf. Dort liess ich bohren. Es zeigte sich bis in 1,50 m Tiefe Tuff, unter diesem 2 m Weiss- Juraschutt. Ein zweites Bohrloch ergab 3 m Tuff, dann 2 m Weiss- Juraschutt und unter diesem ein harter Felsen desselben Gesteines. So nahe dem Salbande ist das Auftreten grosser Einschlüsse von Weiss-Jura im Tuffe sehr erklärlich. Da nun der Braune Jura in geringer Entfernung vom Bohrloche in einem 1—2 m tieferen Niveau ansteht, so waren wir mit dem 5 m tiefen Bohrloche 3—4 m unter die Oberfläche des Braun-Jura gekommen: Sicher ein Zeichen, dass der Tuff auch noch tiefer hinabsetzt, wie das ja auch durch den harten Weiss-Jurafelsen auf dem Boden des Bohrloches be- wiesen wird. Mithin liegt auch im Bölle bei Kohlberg ein Tuff gang vor, befand sich auch hier einst die Alb. Die Aus- dehnung des Ganges und der Umriss seines Querschnittes würden sich natürlich, ebenso wie beim Häldele, nur durch sorgfältiges Ab- bohren der ganzen Örtlichkeit feststellen lassen. 100. Der Maar-Tuffgang am Authmuthbache, NW. von Kohlberg. Im W. des Dorfes Kohlberg liegt das tiefeingeschnittene Thal, in welchem der Authmuthbach seinen Verlauf nimmt. Hart an diesem Bache, nordwestlich kaum 1 km von Kohlberg entfernt, liegt an den — 992 — „Heuwiesen“ ein Vorkommen von Basalttuff. Dasselbe gleicht in der Art seines Auftretens vollkommen derjenigen am Scheuerlesbache bei Reutlingen No. 123 und bei Scharnhausen No. 124. Das rechte Thalgehänge besteht an dieser Stelle aus Braun- Jura «. Wie an dasselbe angeklebt erscheint, auf eine Erstreckung von etwa 40 Schritten eine harte Tuffmasse. Dieselbe bildet einen Belag auf dem senkrechten Gehänge von der oberen Kante an bis auf die Thalsohle. Doch ist der Belag selbst nur in seinem oberen Teile senkrecht, im unteren ist die Böschung durch abgespülte Massen verhüllt, zudem mit Gras bewachsen. Es lässt sich daher nicht fest- stellen, ob und wie weit etwa der Tuff sich noch gegen W. in das Thal hinein, dem Bache zu, ausdehnt. Ich habe auf folgender Zeichnung die Grenze zum Braun-Jura « willkürlich am Fusse dieser Böschung gezogen, daher dieselbe nur durch einen punktierten Strich angedeutet. N! min li Ku: Ei] ID, Ill Sun in Gang NW.v.Kohlberg. FigTT 7 amAufhmulhbache Wie bei den Vorkommen von Scharnhausen und am Scheuerles- bach muss sich demjenigen, welcher mit der Eigenart unserer vul- kanischen Verhältnisse nicht vertraut ist, auch hier die Vorstellung bilden, der Tuff sei an das Thalgehänge angelagert; er habe einst das ganze Thal erfüllt, nun liege nur noch ein kleiner Rest des- selben vor. Bei Scharnhausen konnten wir die Unrichtigkeit einer solchen Deutung durch eine Bohrung darthun. Am Scheuerlesbach ergab sie sich aus der Kontaktmetamorphose, welche der heisse Tuff beim Ausbruche auf sein Nebengestein — das Thalgehänge, an welches er scheinbar angelagert ist — ausgeübt hat. Hier am Authmuth- bache folgt sie aus dem Auftreten von Basalt, welcher im Tuffe selbst wie auch in unmittelbarster Nähe der Tuffmasse in der Streichrichtung derselben erscheint. Die folgende Skizze wird das erläutern. —...803 °— Der Authmuthbach macht, wie man sieht, eine fast rechtwinkelige Umbiegung, sowie er die Stelle erreicht hat, an welcher der Tuff am Gehänge beginnt. Gerade bei dieser Umbiegung steht Basalt im Bachbette an. Jetzt ist freilich die anstehende Masse nicht mehr sehr gross. Allein dieselbe ist künst- lich verkleinert worden. Bei der Beobach- tung des Bachbettes fällt nämlich auf, dass Jm Aufimuthbsche weiter abwärts ebenfalls zahlreiche Basalt- Fig.78. stücke ım Bachbette liegen. Teils sind sie klein und dann vielleicht von jener anstehenden Masse allmählich durch das Wasser hierher gebracht. Teils aber sind sie gross und nicht im, sondern am Bachbette liegend. Diese sind zum Schutze des Ufers von den Kohlbergern, im Winter zu Schlitten, hierher gebracht; und zwar sind sie, nach ihrer Aussage, entnommen jener anstehenden Stelle. Aber nicht nur im Bachbette steht der Basalt an, wo er doch immerhin durch eine Erosionslücke von einigen Schritten Breite vom Tuff getrennt ist, sondern auch in dem Tuffe selbst, am senkrechten Absturz desselben sitzt Basalt, wohl eine Apophyse, '/, Fuss breit. Herr Präparator Kocher stellte nun weiter durch Abklopfen des ganzen Bachbettes fest, dass auch oberhalb dieser anstehenden Basaltstelle lose Basaltstücke im Bachbette liegen. Geht man strom- aufwärts, so kommt man an eine Gabelung des Baches, indem ein von S. und ein von SO. herabkommender Arm sich vereinigen. In letzterem Arme liegt kein Basalt, aber in ersterem setzt er sich fort. Das findet statt bis zu der Brücke, auf welche wir später da treffen, wo der von Kohlberg nach Grafenberg führende Weg den Authmuth- bach überschreitet. Von hier an hört der Basalt auf. Nach Aus- sage der Dorfbewohner sind auch hier die grossen dieser Steine bis an die genannte Brücke hin gefahren worden. Ob die kleineren auf andere Weise in das Wasser gelangt sind, vermag ich nicht zu entscheiden, ich glaube es aber nicht. Anfänglich hielt ich es nicht für unmöglich, dass sie von der vierten vulkanischen Stelle herrühren könnten, welche auf der geologischen Karte von Württemberg gerade bei der Brücke als basalttuffähnliche Bildung eingetragen ist. Das ist jedoch unmöglich, denn hier ist weder Basalt noch auch nur Tuff. Diese Stelle muss ganz gestrichen werden. Durch das Auftreten anstehenden Basaltes wird = Sn Mall I ln le bewiesen, dass unser Tuff am Authmuthbache nicht angelagert sein kann, sondern einen Gang bildet und durch einen an Ort und Stelle erfolgten Ausbruch er zeugt wurde. Die ihm beigemengten Kalkstücke ver- raten das damalige Dasein der Alb an dieser Stelle. Auch der Umstand, dass der Tuff in der heutigen Thal- sohle ansteht, spricht ohne weiteres für seine Gang- natur. : Das Thal des Authmuthbaches ist hier oben, nahe der Quelle, sicher keine alte abgeschlossene Bildung. In diluvialer oder gar tertiärer Zeit, in welcher der Tuff, wenn er angelagert wäre, hätte angeschwemmt sein müssen, war daher das Thal noch bei weitem nicht so tief eingegraben wie heute der Fall. Der Tuff dürfte also heute nur hoch oben am Gehänge, da wo sich damals die Thalsohle befand, auftreten. In der heutigen Sohle kann er nur liegen, wenn er einen in die Tiefe setzenden Gang bildet. So wird er zu jeder Zeit in der Thalsohle gelegen haben und liegen. Sowohl damals, als diese sich noch hoch oben befand, als auch dereinst, wenn diese sehr viel tiefer eingegraben sein wird. Die Gruppe östlich von Metzingen. Florian. Dachsbühl. Metzinger Weinberg. Hofbühl. N. vom Hofbühl. Westlich vom Jusiberg und zugleich östlich von Metzingen liegt eine zweite Gruppe vulkanischer Punkte. Im gleichschenkeligen Dreieck verteilt drei grössere Massen: Die N.-Spitze desselben wird eingenommen durch den Florian. An der Basis liegen, in der W.-Spitze der Metzinger Weinberg, in der O.-Spitze der Hofbühl. Von letzterem nach NO. finden sich dann noch 2 weitere, kleinere Punkte. In gerader Linie zwischen Hofbühl und Florian liegt ferner der Dachs- bühl. Endlich abseits von diesem, nördlich der Stadt Metzingen, der Ameisenbühl. 101. Der Maar-Tuffgang des Florianberges. Als ein spitzer, durch seine Höhe weithin sichtbarer Kegel er- hebt sich im NO. von Metzingen der Florianberg. Über die Thal- sohle der Erms ragt er 185 m hoch empor. Über den Meeresspiegel 521 m. Sein Aufbau ist völlig gleich demjenigen des Georgenberges - bei Reutlingen No. 121, sowie des Weinberges No. 102 und Hof- bühls No. 103 bei Metzingen. Wie diese hängt er auf einer Seite, hier der östlichen, mit einem aus Braun-Jura «, # und y bestehenden — 0 — Rücken zusammen. Von O. her betrachtet bildet auch er daher nur eine verhältnismässig geringe Erhebung, wogegen auch er auf der anderen, westlichen Seite gegen 185 m hoch über die Thalsohle der Erms emporragt. Wie der Georgenberg so bildet weiter auch der Florian einen Kugelknopf-förmigen Vorsprung dieses Rückens. Wie bei diesem, so besteht dann auch bei dem Florian der Unterbau, und zugleich die Hauptmasse der Erhebung, aus Braun-Jura « und 3, so dass der vulkanische Tuff bei beiden nur die spitze Kappe des Berges bildet. Wie dort, so zieht sich endlich auch hier dieser Tuff an einer Seite des Kegels weiter hinab als an der entgegengesetzten, an welcher er mit dem erwähnten Braun-Jurarücken zusammenhängt. Um das zu erkennen, besteigen wir den Florian von dieser letzteren, östlichen Seite aus, also von Kohlberg her kommend. So- S.W. N.O. Flortansberg von Osten her geschen Fig.79: bald man dann aus dem Walde herausgetreten ist, folgt man dem zu der Ruhebank sanft aufwärts führenden Wege, den ich als Weg 1 bezeichnen will; Fig. 79. Auf diesem steht bis nahe an die Ruhe- bank heran Braun-Jura y an', welcher sich auch rechts vom Wege an dem berasten Kegel in frisch ausgehobenen Baumlöchern erkennen liess. Weiter gegen N. aber zieht sich der Tuff vom Gipfel aus bis an den Waldrand hinab, d. h. bis an den oben erwähnten Braun- Jurarücken. Hier folgt er daher bereits über $, so dass y fehlt. Das gleiche Verhalten zeigt sich auch an der weiteren N.-Seite, ganz besonders aber unterhalb der Ruhebank. Wiederum wird der mit den eigentümlichen Lagerungsverhält- nissen unserer Tuffe nicht Vertraute, hier, wie beim Georgenberg ! Die geognostische Karte von Württemberg giebt nur 3 hier oben an, es ist jedoch auch y mit den blauen Kalken vorhanden. — 206 — und anderen unserer Tuffkegel, sich die Ansicht bilden, dass der Tuff nur eine Kappe sei, welche auf einem aus Braun-Jura «, $ und y bestehenden Berge aufgesetzt ist. Er wird also meinen, dass Auf- lagerung des Tuffes auf Braun-Jura stattfinde und dass ersterer durch Regenwässer und Abrutschung an einer Seite des Berges weniger tief hinabgeführt worden sei, als an der anderen. Ein entschei- dender Aufschluss fehlt leider. Trotzdem müssen wir jedoch auch hier den Standpunkt fest- halten, dass der Tuff dem Braun-Juraberge eingelagert ist; dass er also den Kern des letzteren bildet, indem er ihn als senkrechter Gang durchsetzt. Dieser säulenförmige Gang ragt oben aus seiner Braun-Jurahülle als eine, durch die Erosion spitz gewordene Kappe hervor. Da nun aber die weiche, thonige Hülle durch die Erosion an der einen, östlichen Seite des Ganges erst weniger tief abgeschält ist, als auf den anderen, so ist an ersterer der Tuff auf die Spitze des Berges beschränkt, zieht sich dagegen an letzteren, weil ein wenig tiefer freigelegt, entsprechend etwas weiter am Berge hinab. Besonders tief ist das, wie wir sehen werden, an der S.-Seite der Fall. Für die Richtigkeit einer solchen Auffassung sprechen ver- schiedene Gründe: Zunächst die Analogie mit den vielen anderen unserer Tuffvorkommen, bei welchen sich die Einlagerung in Gang- form durch Aufschlüsse oder durch das Auftreten von Basaltgängen im Tuffe direkt erweisen lässt. Sodann das Vorhandensein so ge- waltiger Fetzen von Weiss-Jura d, wie sie hier den Gipfel des Berges krönen. Wie sollen diese Riesenblöcke oben auf den vulkanischen Tuff gelangt sein, falls derselbe dem Braun-Jura nur aufgelagert wäre? Der nächstliegende Gedanke müsste bei letzterer Annahme der sein, dass bei dem verhältnismässig gewaltigen Ausbruch, welcher die Tuffmasse des benachbarten Jusiberges, No. 55, erzeugte, die vul- kanische Asche von dort aus bis auf den Gipfel des damals nur aus Braun-Jura bestehenden Florianberges geschleudert wurde. Beide sind in Luftlinie 2 km von einander entfernt. Der Tuff und die in ihm liegenden kleineren Brocken sedimentärer und altkrystalliner Gesteine könnten daher allerdings leicht vom Jusi aus bis auf den Florian geschleudert worden sein. Nun und nimmermehr aber darf man von den Riesenblöcken des Weiss-Jura d annehmen, dass sie eine so weite Reise durch die Luft zurückgelegt haben sollten. Ein- mal, weil ein Vulkanausbruch dazu nicht die Kraft besitzt. Zweitens — MM — aber, weil diese splitterigen Kalke, wenn man das ausnahmsweise doch zugeben wollte, beim Herabfallen durch den ungeheuren Auf- schlag in Atome zerschmettert worden sein müssten. Das ist jedoch nicht im mindesten der Fall gewesen, sie sind so fest wie anstehendes, frisches Gestein. An einen so gewaltsamen Akt darf daher gar nicht gedacht werden. In ihrer Grösse und Festigkeit verhalten sich nun diese Weiss- Jurafetzen des Florianberges genau wie diejenigen auf dem Jusi. Sie müssen also auf den ersteren genau durch denselben Vorgang gelangt sein, wie auf den letzteren. Da der Tuff des Jusi ganz zweifellos (S. 805) einen Tuffgang bildet und auch ebenso zweifellos an Ort und Stelle durch einen aus seiner Röhre erfolgten Ausbruch entstanden ist, so muss das auch vom Florian gelten. Da dann weiter die grossen Blöcke auf dem Jusi nichts anderes sind, als die Reste der nächsten Umgebung des Ganges, welche bei der Abtragung der Alb auf dem Gange liegen blieben, so können sie auch auf den Florian durch keine andere Kraft gelangt sein. Hinsichtlich der Beschaffenheit der Weiss-Jurablöcke auf dem Florian ist zu erwähnen, dass einer derselben rot gefärbt ist, wie das ja häufig in unserem Vulkangebiete stattfindet. Die oben auf dem Gipfel liegenden Stücke von Braun-Jura y sind aber. schwerlich dem Tuffe zugehörig, sondern zum Bau hinaufgetragen; denn in den Zeiten vor der Reformation trug der Florian auf seinem Gipfel eine Kapelle, welche Wallfahrtsort war. Die Beschaffenheit des Tuffes vom Florian entzieht sich fast ganz einer genaueren Beobachtung, da grössere Aufschlüsse fehlen. Der Tuff ist derartig mit einer dichten Decke von Schutt aus Weiss- Jurakalk überzogen, dass Derrner noch sagen konnte. dass der Florian auf seiner Gipfelkappe nirgends Spuren eines vulkanischen Gesteines trägt. Indessen der neu angelegte Fussweg, welcher an der NW.-Seite in zwei Zickzackbiegungen auf den Gipfel hinaufführt', schneidet durch diese Decke hindurch noch etwas in den Tuff ein. Man sieht hier, dass an den betreffenden Stellen diese Hülle gar keine so sehr bedeutende Dicke besitzt; doch könnte das an anderen Stellen sich anders verhalten. Auch in den genannten Einschnitten sind die hier freigelegten obersten Lagen des Tuffes bereits stark zersetzt und mit von oben her eingesickertem Kalkwasser durch- ı Es ist das nicht der Weg, welcher von der mit X bezeichneten Ruhe- bank aus zum Gipfel führt, sondern der an der gegenüberliegenden Bergseite jetzt eröffnete. — 908 — tränkt, dessen Kalkgehalt sich, wie an vielen anderen Stellen unseres Gebietes, im Tuffe ausgeschieden hat. Trotzdem kann aber gar kein Zweifel bestehen, dass unter der Kalkhülle ein Tuffkern steckt. Wenn man. den vulkanischen Gipfel verlassen hat und nun bergab durch die Weinberge schreitet, so findet man allerorten den Thonboden des Unteren Braun-Jura, welcher letztere, wie oben ge- sagt, den Unterbau des Berges bildet. Um so überraschender ist es nun, dass in diesem Jurafusse, und zwar am unteren Teile desselben, sich an zwei verschiedenen Stellen abermals Tuff vorfindet. Diese Örtlichkeiten liegen an der S.-Seite des Florian. Teils zeigt sich hier das vulkanische Gestein an dem Fahrwege, welcher ganz unten an der Basis im Thale entlang führt. Teils tritt es, in etwas höherer Lage, in der zweiten der Hütten zu Tage, welche an dem dort durch die Weinberge aufwärts ziehenden Fusssteige liegen (Fig. 79 bei x). In beiden Fällen entgeht das vulkanische Gestein sehr leicht der Beobachtung, denn überall ist auch dort, wie am Häldele No. 98, die Ackerkrume aus Braun-Jurathon gebildet. An dem Fahrwege war bei mehrmaligen Besuchen daher nichts zu sehen, bis zufällig durch eine Verbesserung desselben der Tuff angeschürft wurde. Bei der gerade über diesem Wege, höher an der Bergflanke gelegenen Hütte ist vollends nichts von letzterem zu erkennen; und erst im Innern der Hütte fand sich der Tuff, aber auch nur ganz versteckt, unter dem Fundament der hinteren Giebelwand. Diese beiden Tuffpunkte treten also im untersten Teile der- selben südlichen Bergflanke in verschiedenen Höhenlagen übereinander auf, mitten im Gebirge des Braun-Jura, welcher ja den Unterbau des Berges bildet. Rechts und links von diesen beiden kleinen Punkten, wie überhaupt im ganzen Unterbau des Florian, finden wir in den Weinbergen anstehenden Braun-Jura.. Auch in der Verbin- dungslinie dieser beiden Punkte untereinander und hinauf zur Tuft- kappe des Berges finden wir denselben Jurathonboden wie dort. Aber, ist das hier auch Verwitterungsboden anstehenden Braun-Juras oder ist er nur durch die Natur über den Tuff geschwemmt bezw. durch Menschen künstlich auf den Tuff getragen? Er muss min- destens 3 Fuss dick sein, denn sonst würde beim Rajolen Tuff herauf- gebracht werden. Bei solcher Dicke würde kein Mensch daran denken, dass dieser Thonboden durch Menschenhand hierher gebracht sein könnte. Allein der Vorgang am Häldele No. 98 hat uns belehrt, dass in der That durch Jahrhunderte lange Kultur solche Lasten auf den Rücken der Weinbauern allmählich auf die steilen Berge ge- EN tragen werden. Gleiches wäre daher auch hier nicht unmöglich. Die Sache könnte jedoch auch noch anders liegen. Vielleicht bilden die beiden Tuffpunkte am Fusse des Florian ein selbständiges Vor- kommen, besitzen einen eigenen Durchbruchskanal. Das könnte ganz gut sein, wir haben auch an anderen Punkten dicht nebeneinander gelegen solche Röhren. Sicher kann ich das nicht entscheiden. Mir scheint jedoch mehr, dass die beiden unteren Punkte mit dem Tuff auf dem Gipfel zusammenhängen. Ganz wie am Egelsberg No. 79 ein Tuffstreifen sich an dem SW.-Bergabhange bis an den Fuss hinabzieht, so scheint mir das hier auch der Fall zu sein. In diesem Falle bildet der Jurathonboden über dem Tuffe nur eine Decke. Eine solche kann, wie beim Gaisbühl No. 122, von anderen Jurahöhen aus herabgespült worden sein. Die Oberflächengestaltung an dieser Stelle des Florian macht eine solche Annahme für ihn nicht sehr wahrscheinlich. Dann bleibt nur übrig, dass der Thonboden künstlich von Menschen auf den zum Weinbau nicht sehr beliebten Tuffboden getragen wurde. Könnte man ein Riesenmesser nehmen und mit gewaltigem, schräg von oben nach unten geführtem Schnitte den Thonboden abschneiden, so würde, glaube ich, der darunter anstehende Tuff freigelegt werden. In solcher Weise habe ich den letzteren auf der hier beigegebenen Karte eingezeichnet. Sicherer Entscheid ist jedoch ohne ein in den Weinbergen erfolgendes Bohren nicht zu erhalten und das wird nicht gestattet. Anstehender Basalt fehlt am Florianberge. Wohl aber finden sich, wenn auch nur vereinzelt, rundliche Stücke von Basalt hoch oben in den Weinbergen. Sie haben etwa die Grösse einer Kinder- faust. Es sind derartige Basaltstücke in unseren Tuffen eine rechte Seltenheit, welche wohl darauf hindeuten dürfte, dass hier in keiner sehr grossen Tiefe fester Basalt im Berge ansteht, als Gang den Tuffgang durchsetzend. Gegenüber diesen vereinzelten Stücken von Basalt steht die massenhafte Zahl von Granitstücken und solchen anderer altkrystal- liner Gesteine, welche am Florian auftreten. Bereits oben bei der Ruhebank finden sich vereinzelte Brocken. Massenhaft aber sind sie unterhalb dieser Bank an der oberen Grenze der Weinberge zu finden, also da, wo die letzteren an den grasbewachsenen Teil des Kegels anstossen. Die Ursache dieser Erscheinung liegt darin, dass die Weinberge 3—4 Fuss tief umgegraben werden, wodurch an der oberen Grenze derselben ein entsprechend tiefer, horizontal verlau- — LU fender Graben bezw. Abstich des dort steilen vulkanischen Kegels übrig bleibt. An diesem steilen Abhange und in dem Graben, auf der ganzen Längsausdehnung derselben, liegen sie, ganz ähnlich wie das bei dem Rangenbergle der Fall ist, in so grosser Zahl, faust- bis haselnussgross eingebettet im noch viel feineren, sandigen Grus, derartig, dass man hier eine Moränenbildung zu sehen vermeint. Nirgends aber nur eine Spur von Glättung und Schrammung oder von Rollung durch Wasser. Vielmehr alle Stücke vorwiegend von ungefähr kugelähnlicher Gestalt, wie solche durch das Spiel der vulkanischen Kräfte entstehen musste. Dass recht grosse Granit- stücke auf dem Florianberge vorgekommen sind, geht aus der Mitteilung eines ungenannten Autors (WECKERLIn) hervor, welcher dort Stücke von 1—1'/, Fuss Durchmesser fand. Nach DErFFNER liegt ein 7 Ctr. schwerer Block eines pinitreichen Granites in Stutt- gart. Der Glimmer dieser Granite gab früher die Veranlassung, dass die Bauern Löcher in die Berge gruben, um nach dem vermeint- lichen Golde zu suchen". WECcKERLIN hielt den Granit, welchen er unten am Berge ge- funden hatte, für anstehend. Indem er dann oben auf dem Berge die grossen Kalkblöcke fand, sah er darin einen Beweis dafür, dass „die Kalk- und Granit-Gebürge aufgesetzt seyen“, wie denn auch „in den Seitenketten der Alpen Thon- und Kalkarten den Granit decken“ °. Schwarz führt unter den Einschlüssen des Tuffes vom Florian auch Muschelkalk an?. Diese Nachricht muss aber wohl für frag- würdig gelten, besonders da der veränderte, dunkelgewordene Weiss- Jurakalk dem rauchgrauen Muschelkalk sehr ähnlich sein kann. Mit Sicherheit hat sich Muschelkalk bisher nur im Tuffe des Kräuter- buckel No. 116 und bei der Sulzhalde gefunden (No. 117). 102. 103. Die Maar-Tuffgänge des Metzinger Weinberges und Hofbühls. Die Stadt Metzingen liegt in dem weiten, ziemlich tief ein- geschnittenen Thale der Erms. Zu beiden Seiten des letzteren be- ! Achalm und Mezingen. Zum Besten einiger durch’s Wasser verunglückter Familien in Mezingen zum Druck gegeben. Tübingen bei L. Fues, 1790. S. 24. — Auch in den Nordabhang der Achalm wurde übrigens einst von einigen Reutlingern ein „beträchtlicher Schacht“ niedergetrieben um Erz zu graben; man gewann aber nur Schwefelkies. Gottl. Fr. Rösler, Beiträge zur Naturgeschichte des Herzogthums Wirtemberg. Tübingen 1790. Heft 2. S. 116. ® Ebenda. S. 23. ® Reine natürliche Geographie von Würtemberg. Stuttgart 1832. S. 150. — 91 — stehen die Gehänge hier noch aus Braun-Jura; in der Thalsohle «, in höherer Lage darüber $# und jüngere Stufen. Das rechte Gehänge ist bei Metzingen durch drei tiefe Querthäler, welche rechtwinkelig in das Ermsthal münden, in zwei Lappen zerschnitten. An der Rück- seite aber hängen beide mit den dortigen Braun-Jurahöhen zusammen. Ganz wie der Florian No. 101, der Georgenberg No. 121 und andere haben sie also den Charakter ansehnlicher Berge nur so lange man sie von der Thalseite aus betrachtet, sinken aber zu geringwertigen Erhöhungen herab, wenn man sich ihnen von der entgegengesetzten Richtung aus nähert; hier von der nordöstlichen. Man nennt sie den Metzinger Weinberg und den Hofbühl. S. Fig. 81 und 80a—.c. Beide Berge besitzen vom Thale aus ansehnliche Höhe; denn der erstere, 487 m ü. d. M., erhebt sich 153 m über der Thalsohle; der letztere, 509 m ü. d. M., sogar um 155 m. Beide zeigen auch Hofbühl Fig.8t. gleichen Aufbau: Der grösste Teil ihrer Höhe wird aus Braun-Jura «, darüber £, in fast wagerechten Schichten gebildet; bei dem Hofbühl tritt noch y hinzu. Die Kuppe aber besteht hier wie dort aus un- geschichtetem vulkanischen Tuff. Dieser bildet in beiden Fällen einen länglichen Aufsatz, welcher am Hofbühl von O. nach W., am Metzinger Weinberg von SO. nach NW. gestreckt ist. Hier wie dort erweckt dies Verhalten den Eindruck, als sei der Tuff dem Jura aufgelagert, als hätten auch beide Tuffmassen einst zusammen- gehangen und seien erst durch die, beide Berge trennende Querthal- bildung zerschnitten worden. In beiden Fällen aber handelt es sich trotzdem nicht um Auf-, sondern um durchgreifende Lagerung; denn hüben wie drüben ist der Tuffaufsatz nur der Kopf eines saigeren Tuffganges von etwa ovalem Querschnitte, welcher aus seiner Braun- Jurahülle oben herausschaut. a U Beide Berge sind vom Fusse bis hinauf an den Beginn des Tuffaufsatzes mit Weinbergen bedeckt. Hier wie dort aber ver- schwinden diese und machen dem Rasen Platz, sowie das vulkanische Gestein beginnt. Nur am Hofbühl steht das oberste Ende der Reben- gärten noch im Tuff. So wird also die Rebe nicht auf letzterem, sondern wesentlich nur auf dem Unteren Braun-Jura gebaut, und nur als Dünger wird der Tuff in die Weinberge getragen. Mehr oder weniger genau dasselbe Verhalten zeigt sich am Florian No. 101 und an verschiedenen anderen Punkten unseres Gebietes. 102. Der Maar-Tuffgang des Metzinger Weinberges. Unsere Auffassung von den Lagerungsverhältnissen dieses Tuff- vorkommens wird sich am besten klären, wenn wir zunächst den schönen Aufschluss an der von Metzingen nach Neuffen führenden Steige vermeiden. Wir wollen uns daher dem Gipfel von der NO.- Seite aus nähern, indem wir auf dem Rücken der aus Braun-Jura & gebildeten Zunge dahingehen, durch welche der Berg nach NO. mit den Jurahöhen zusammenhängt. Über rasenbedeckte, teils aber aufgeschlossene 8-Schichten steigen wir zum Gipfel in die Höhe. Bereits ziemlich nahe dieser letzteren stossen wir erst auf Tuff, welcher nun bis zum Gipfel an- hält. Wir stehen auf dem höchsten Punkte einer fast !/; km langen, aber schmäleren, wulstartigen Tuffmasse. Grössere Blöcke von Weiss- Jura fehlen. Steigen wir nun an der gegenüberliegenden südwest- lichen Seite hinab, so müssen wir länger über Tuff gehen, bis wir auf Braun-Jura £ stossen. Der Tuff zieht sich hier also in ein niedrigeres Niveau hinunter als auf derjenigen unseres Anstieges. Wir erhalten im ganzen den Eindruck, als sei der Tuff dem Rücken eines aus Braun-Jura £ bestehenden Berges aufgelagert worden, dessen Gipfelläche nicht eben, sondern schräg abrasiert war, dergestalt, dass sich dieselbe von O. nach W. neigt. Wir treffen solches auch bei anderen unserer Tuffberge. Die richtige Erklärung dieser Verhältnisse ist aber eine ganz andere. Der Braun-Jura bildet nicht die Unterlage einer Tuffablage- rung, sondern die mantelförmige Hülle eines ihn durchsetzenden senk- rechten Tuffganges. An der Westseite ist nun dieser thonige, weiche Mantel durch die Erosion bereits tiefer an der Gangmasse hinab’ abgeschält und entfernt worden als an der Ostseite. Das ist sehr erklärlich: Von der Ostseite her gesehen bildet ja der Berg nur eine geringere Erhebung; er hängt hier noch mit der ganzen Braun-Jura- — 93 — Gebirgsmasse zusammen, Die Erosion hat hier also nur in geringerem Masse gewirkt. An der Westseite dagegen ist das Ermsthal so tief eingeschnitten, dass der Berg sich gegen 133 m hoch steil aus dem- selben erhebt. Hier hat sich also die Erosion stärker bethätigt, und daher ist hier der Juramantel etwas tiefer hinab abgeschält worden. Genau dasselbe und aus denselben Gründen finden wir beim Georgen- berg No. 121 und anderen. Den Beweis, dass dem wirklich so ist, finden wir an der NW.- Spitze der Tuffmasse. An dieser Spitze zieht die Steige von Metzin- gen nach Neuffen vorbei, einen grossen Haken schlagend und tief einschneidend in den hier steil abfallenden Berg. Eine fast senk- rechte Wand ist auf solche Weise durch Menschenhand geschaffen, die Bergspitze ist hier abgestochen. Da zeigt sich dem Beschauer an dieser Wand zur Rechten und zur Linken anstehender Braun- Jura. In der Mitte aber der in die Tiefe hinabsetzende Tuff, oben breiter, unten an der Strasse aber nur 6 Schritt breit. Die folgende Ansicht wird das erläutern. a Tue DB- I uQ U: &. 5, Rasen. BD, ao) 2 RS) Netingert Weinberg Fig.8 Von Auflagerung ist also keine Rede; der Tuff ist vielmehr dem Braun-Jura eingelagert, er durchsetzt ihn. Nun könnte es auf- fallen, dass hier die beiden Wände des Braun-Jura nicht, wie doch fast überall an unseren guten Aufschlüssen, senkrecht hinabsetzen, eine oben und unten gleich weite, tufferfüllte Spalte zwischen sich lassend, sondern dass sich die Spalte nach unten verjüngt. Das aber erklärt sich leicht durch die Thatsache, dass hier die alleräusserste Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 58 Zaun nordwestliche Spitze der Spalte bezw. Röhre von ovalem Umrisse, also die Auskeilung dieser letzteren, angeschnitten ist. Würden wir einen Durchschnitt durch den Berg etwas mehr nach seiner Mitte hin machen, würden wir die Wand parallel mit sich selbst ein Stück gegen SO. bergeinwärts verschieben können, so würden wir sicher senkrechte Spaltenwände sehen. Hier aber, wo die Röhre sich be- reits fast bis zum Schliessen ihrer Wände ausgekeilt hat, ist der Verlauf der letzteren nicht mehr so glatt und regelmässig. So dicht sind wir an der Schlussstelle der Spalte, dass auf der einen, der Bergseite der Steige, die Röhre und der in ihr liegende Tuff noch angeschnitten werden konnten, während an der anderen, der Aussen- —/ % Weinberghäus. 05] chen M en Fig.80a. seite der Steige, der dort gleichfalls steil hinabsetzende Bergabhang nur noch den unverritzten Braun-Jura entblösst. Noch zwei andere Aufschlüsse giebt es, aus welchen die Gang- natur unwiderleglich hervorgeht. Der eine befindet sich nahe der soeben genannten Stelle, etwas oberhalb derselben. Geht man näm- lich auf der Steige nach Kohlberg ein wenig weiter, so zweigt sich sehr bald rechts ein Weg ab, welcher zu dem neu erbauten Weinbergs- häuschen führt!. An diesem Wege hat man nun nach etwa fünfzig Schritten das in Fig. 80a gegebene Profil vor sich. Wieder sieht man hier, also an dem NW.-Ende des Berges, den in die Tiefe ıi Dasselbe steht über der ersterwähnten Stelle, an welcher der Tuffgang, durch die Steige aufgeschlossen, in die Tiefe setzt. Der dorthin führende Weg zweigt sich spitzwinkelig von der Steige ab. ld hinabsetzenden Tuff, und als dünner Belag auf demselben die Schich- ten des Braun-Jura $#. Könnte man diese abstechen, so käme hinter dem Jurabelage der Tuff zum Vorschein. Der andere Aufschluss liegt an der Ostseite des Berges. Dort sind zwei Thongruben im Braun-Jura $. Die eine, ältere, liegt etwas tiefer und weiter vom Tufigipfel entfernt; die andere, neuere, liegt höher und hart am Tuffe. Die Grube verläuft langgestreckt parallel dem Tuffrücken des Berges. Geht man, von SO. herkommend, in diese letz- tere lang sich hinziehende Grube hinein, so besteht hier die linke Wand der Grube aus Tuff, die rechte aus Braun- Jura #. Hier ist also der Kontakt gerade angeschnitten und der thonige Juramantel des Tuffganges ist vollständig bis auf das vulkanische Gestein abgegraben und fortgeschafft worden. Weiter grubeneinwärts entfernt sich die Grube mehr vom Kontakte, so dass jetzt die rechte und die linke Wand im Braun-Jura £ liegen. In A a > DIN Deu: IF —_ er IT a: 4-!_-DS TAZZ Be Weinberg? Be) — —d SO —— ©: re Bee — ee Tr Ag na er Sk 2-89 as a eg rn a a Sa ge a Be leerer Melzinger Weinberg vomElofhühl aus gesehen Fig.80c. einiger Zeit wird aber auch hier der letztere an der linken Wand bis auf den Tuff abgegraben sein. Dann wird hier der Juramantel auf einer grossen Strecke der Ostseite so tief vom Tuffe abgespült sein, dass das vulkanische Gestein an der Ostflanke des Berges ebenso tief entblösst ist wie an der Westflanke. Die genannten Aufschlüsse beweisen mithin zweifel- 58* 2 ol los, dass auch der Tuff des Metzinger Weinberges einen in die Tiefe setzenden Gang bildet. Der Querschnitt des letzteren ist aber hier nicht so rundlich, sondern etwas stärker in die Länge gestreckt, als meistens in unserem Gebiete der Fall. Länge zu Breite verhalten sich wie 3:1. Von einer Kontaktmetamorphose ist nichts zu bemerken. Die Thone des Jura widerstanden einer solchen hier wie in fast allen anderen Fällen unseres Gebietes. Der Tuff führt neben unveränderten auch rot- sowie grau- gebrannte Weiss-Jurakalke; « und d herrschen vor. Auch Braun- Jurathone, seltener und fraglicher Buntsandstein und Bohnerz-Kugeln finden sich, DEFFNER erwähnt Buntsandstein und Rotliegendes, sowie veränderte granitische Gesteine. 103. Der Maar-Tuffgang des Hofbühl, OÖ, von Metzingen. Während bei dem benachbarten Metzinger Weinberg No. 102 der Tuffgang seinen Kopf aus Braun-Jura # herausstreckt, thut er dies beim Hofbühl z. T. noch aus dem y. An dem SO.-Ende des Bergrückens scheinen sogar noch höhere Braun-Jurathone und selbst solche des Weissen Jura in grossen Fetzen zu liegen. Dort aber handelt es sich um Schichten, welche bereits ihre urprüngliche Lage verändert haben, also nicht mehr anstehen. Sehen wir mithin von diesen ab, so finden wir an der NO.-Seite des Tuffganges den Jura- mantel desselben bis in den Mittleren Braun-Jura hinauf noch vor- handen; an der SW.-Seite dagegen nur noch bis zum #. Der Tuff- gang ist hier also etwas tiefer hinab freigelegt als an der NO.-Seite; ähnlich und aus demselben Grunde wie beim Metzinger Weinberg No. 102. Was den Querschnitt dieses Ganges anbetrifit, so ist er, gleich- falls wie beim Metzinger Weinberg, oval; aber Länge zu Breite ver- halten sich dort wie 3:1, hier nur wie 2:1. Die Längsachse des Ovals streicht dort von SO. nach NW., hier von O. nach W. Oben auf dem Gipfel liegen grosse Weiss-Jurablöcke von Ö und auch e; z. T. sind sie so gewaltig, dass sie unmöglich von dem über 2 km entfernten Jusi herübergeschleudert sein können. Sie beweisen vielmehr, dass der Ausbruchspunkt dieser Tuffmasse in allernächster Nähe liegen muss. Diese Blöcke sind aber sicher über- haupt nicht in die Höhe geschleudert worden, sonst wären sie zer- schmettert. Sie sind vielmehr nur von der Wandung des Ausbruchs- —- IH — kanales abgebrochen, und haben sich auf den Tuff gelegt. Der Ausbruchspunkt kann mithin nur im Hofbühl selbst liegen. Wer sich dagegen sträubt, müsste ihn noch am ehesten drunten im Ermsthale zwischen Hofbühl und Metzinger Weinberg suchen; dergestalt, dass beide die letzten Reste eines einst gewaltig grossen kreisförmigen Kraterwalles wären. Wir kennen in der Geologie ja derartige Überreste einstiger Ringwälle. Diese Vorstellung ist hier aber unanwendbar. Einmal haben wir so riesige Kratere in unserem Gebiete gar nicht. Das wäre freilich nur ein Wahrscheinlichkeitsgrund gegen die obige Vorstellung. Entscheidend ist dagegen, dass am ae Zen 2 2 Veinberg— = | ) | N VL a | Ei I \ | k +] B h | I! | | | | | I) || a d.O.-Ende desMetzinger Fa Weinbergsher gesehen. Fiq.8la. Metzinger Weinberg der Tuff durchaus nicht, wie es bei dem Walle eines richtigen Vulkankraters der Fall sein müsste, dem Braun-Jura aufgelagert ist; sondern er durchsetzt ihn ja gangförmig, wie wir sahen. Der Metzinger Weinberg No. 102 könnte also schon gar nicht der eine Teil dieses angenommenen alten Ringwalles sein. Damit aber fällt auch für den Hofbühl die Vermutung, dass dieser der andere Teil des Walles sei. Es bleibt mithin als Wahrschein- lichstes übrig die Annahme, dass wir auch hier einen in die Tiefe setzenden Tuffgang vor uns haben, wenn sich das auch durch die Lagerung nicht beweisen lässt. Oben auf dem langgestreckten Gipfel des Hofbühl steht aller- orten der Tuff an. Am SO.-Ende zieht sich dieser etwas tiefer hinab als an den anderen Seiten, d. h. der Braun- une 3 ist hier ein wenig mehr abgeschält. — RT An diesem SO.-Ende finden sich nun auch, eine Ausnahme unter unseren Tuffen, rundliche Weiss-Jurakalke, welche wohl Bach- gerölle sein mögen; denn man wird ihre Abrundung nicht wie beim Granit auf das Spiel beim Ausgeworfenwerden schieben dürfen. Das hat nichts Auffälliges. Es mag der Ausbruchskanal sich seiner Zeit gerade an einer solchen Stelle der Albhochfläche geöffnet haben, an welcher eine solche Geröllablagerung sich befand; dann mussten natürlich die Gerölle in den Tuff gelangen. Ob sie wirklich im Tuff liegen, ist bei dem Mangel an Aufschlüssen nicht sicherzustellen, Mir scheinen sie mehr im Weiss-Juraschuttmantel zu liegen. In diesem Falle mag, als sich hier einst ein Maarkessel auf der Hoch- fläche der Alb befand, ein Bach seine Gerölle in den Kessel auf den Tuff geschoben haben. Es mögen auch drittens Gerölle eines unterirdischen Bachlaufes vorliegen, wie letztere im Körper der Alb häufig sind; und diese kamen dann in den Tuff. Mit Sicherheit ist das nicht zu entscheiden. Der Tuff des Hofbühl lieferte von erwähnungswerten Gesteinen eine ganze Anzahl wenn auch kleiner Stücke Granit; dazu mehrere Stücke Stubensandstein, welche in eine trachytähnlich aussehende Masse umgewandelt sind. 104. Der Maar-Tuffgang des Dachsbühl, OÖ. von Metzingen!. In gerader Linie zwischen dem Hofbühl No. 103 im S. und dem Florian No. 101 im N. liegt der Dachsbühl. Es ist das eine im Gebiete des Braun-Jura y auftretende Tuffmasse, welche einen von NO. nach SW. etwas gestreckten Wulst bildet. Der Umriss derselben, oder sagen wir gleich der Querschnitt des Tuffganges, ist: also ein ovaler. Sein äusseres Ansehen ist unscheinbar: Der Hofbühl No. 103, der Metzinger Weinberg No. 102 und der Florian No. 101 sind durch die bis auf den Braun-Jura « hinabgreifende Thalbildung aus dem grossen Juramassiv herausgeschnitten. Sie bilden also stattliche Berge; so dass unwillkürlich auch der Tuff auf ihrem Gipfel, also das Vulkanische an ihnen, uns gross erscheint. Der Tuff des Dachsbühl dagegen liegt inmitten des Juramassivs, also nicht auf einem herausgeschnittenen Berge, und ist daher ein unscheinbarer Hügel. Zudem ist die Tuffmasse auch nicht so aus- gedehnt wie jene. Trotzdem aber ist gerade der Dachsbühl äusserst bemerkenswert, weil er uns einen so guten Aufschluss darbietet. ! Nicht zu verwechseln mit dem Dachsbühl, SW. von Weilheim, No. 78, —.. 919 Man denke sich einen länglichen Hügel, welchen die von Metzingen nach Neuffen führende Strasse, um ihn nicht übersteigen zu müssen, der Länge nach durchfährt. Den ganzen Hügel durch- läuft sie also in einem Einschnitte, welcher tief genug ist, um das folgende Bild zu geben. Wir kommen auf der Strasse von Metzingen, also von SW. her. Zuerst über Braun-Jura #-Gelände. Dann folgt, auf dieses aufgesetzt, die Stufe, welche von dem nun erscheinenden y gebildet wird. Damit beginnt der Einschnitt. Deutlich legt er die wagerecht liegenden y-Schichten bloss. Plötzlich endigen dieselben, senkrecht abgeschnitten; Tuff beginnt. Der Hügel wird im selben Augenblicke höher als bisher, der Einschnitt in denselben also tiefer; denn das vulkanische Gestein, widerstandsfähiger als das geschichtete, bildet nun seinerseits wieder einen kleinen Aufsatz auf der y-Stufe. An Dachsbühl S Steige von Melzin Fir. 82. gen -Kohlkerg der nördlichen Böschung der Strasse erscheint der Tuff hierbei etwas früher als an der gegenüberliegenden südlichen. Die Spalte, welche den Braun-Jura y abschneidet, läuft also nicht rechtwinkelig, sondern schräg über die Strasse. Der Tuff lässt sich nun etwa 185 Schritte weit verfolgen, von welchen 115 auf den durchschnittenen Hügel kommen, während er noch weitere 70 Schritte zwar ansteht, aber weil er keine Erhebung bildet, auch nicht mehr durchschnitten wird. Dicht hinter seinem Ende folgt abermals Braun-Jura y, durch alte Löcher neben der Chaussee aufgeschlossen. So hat man besonders im W., aber doch auch im O. scharfen Kontakt zwischen dem vulkanischen und dem sedimentären Gesteine. In dem Tuffe finden sich, ausser den gewöhnlichen Weiss- Jura-Stücken, auch einzelne von Braun-Jura y; namentlich nahe dem Kontakt mit diesem. Auch darin liegt ein Beweis für die Gangnatur; denn wenn der Tuff nur an das y angeschwemmt oder — 20 — auf dasselbe durch einen Ausbruch des benachbarten Jusi herauf- geworfen wäre, so könnten keine y-Stücke im Tuffe liegen. Es kann danach keinem Zweifel unterliegen, dass auch hier ein in die Tiefe setzender Tuffgang vorliegt und dass letzterer sich an Ort und Stelle bildete. Der Querschnitt des Gangesist oval, seine Längsachse misst 185 Schritte, die Breite ist anscheinend wesentlich geringer. 105. Der Maar-Tuffgang im Hofwald, N. vom Hofbühl. In geringer Entfernung vom Hofbühl No. 103 liegen gegen N. zwei weitere vulkanische Vorkommen in und an dem Walde, welcher sich dort ausdehnt und N. den Namen Hofwald führt. mn Die Lage dieser beiden Punkte ist die folgende, TE in Fig. 83 skizzierte. Der Anblick derselben vom Hofbühl No. 103 aus aber ist der in Fig. 83a wieder- gegebene. Wir haben uns hier nur mit dem im Hofwalde ge- legenen Tuffe zu beschäf- tigen. Derselbe bildeteinen kleinen Bühl, welcher vom Hofbühl oder dem Gange No. 106 aus gesehen rund erscheint. Von W. her betrachtet bemerkt man jedoch, wie aus Fig. 83 ersichtlich, dass derselbe etwas von S. nach N. lang- gestreckt ist. Im Walde selbst ist von Tuff wenig zu bemerken. Doch liegen ausser kleineren Weiss-Jura-Stücken auch einige grosse Blöcke, d und &, dort, welche die Anwesenheit des Tuffes in der Tiefe verraten. Auch das Dasein von Fuchslöchern am W.-Fusse des Bühls zeigt dies an, wenn auch der aus denselben zu Tage geförderte Tuff so zersetzt ist, dass man ihn nicht als solchen gut erkennen kann. Es zieht sich aber un- Hl | —_ N | | UL N —— SW == ET = Bi — gefähr im Kontakte zwischen Tuff und Braun-Jura $ an dem W.-Rande des Waldes ein Weg dahin; dieser schneidet an zwei Stellen den Tuff, wenn auch ebenfalls im zersetzten Zustande, an. An einer weiteren, mehr gegen S. gelegenen Stelle geht der Tuff über den Weg herüber und zeigt sich deutlich in dem oberen Teile des dortigen Weinberges. In Fig. 83a ist der in dem kleineren Gange auftretende Ba- salt aus Versehen nicht mit eingezeichnet. Vergl. Fig. 83. Hofwaldır.Basallkopf vomHofhühl aus gesehen Fig.85a. An dieser W.-Grenze lässt sich der Kontakt ungefähr verfolgen; die Äcker sind thonig, da sie aus Braun-Jura 8 bestehen. Nur da, wo sie sich dem Waldrande nähern, sind sie von dem Bühl her etwas mit Weiss-Jura-Brocken überschüttet, so dass eine scharfe Grenze zwischen Jura und Tuff verwischt wird. An den anderen Seiten ist das, da hier die Kontaktlinie im Walde verläuft, noch schwieriger zu erkennen. Doch zeigt sich an der S.-Grenze, bei xXX in Fig. 83a, gelber Sand, welcher wohl noch dem obersten Braun- Jura 8 angehört, wenn auch die geologische Karte von Württem- berg schon y angiebt. Jedenfalls haben wir auch hier einen Tuffgang, wenn auch die Aufschlüsse das nicht direkt nachweisen lassen. -106. Der Maar-Tuffgang am Hofwald, N. vom Hofbühl. Wie Fig. 83 und 83a zeigen, ist dieser Tuffgang durch einen schmalen Streifen von Braun-Jura $ und y von dem vorher be- sprochenen, im Hofwalde gelegenen, getrennt. Er findet sich an der SO.-Grenze des Hofwaldes, schon im Freien. Trotz seiner geringen Grösse ist dieses Vorkommen wichtig. Einmal sieht man an seinem NW.-Ende den Kontakt zwischen Tuff und Braun-Jura y aufgeschlossen und die blauen Kalke des letzteren auf 2 m etwa dunkel und krystal- linisch geworden. Sodann aber setzt in dem Tuffe ein Basaltgang auf, dessen ganze Masse in kleine und grosse Kugeln zerfällt. Dieser — 2 — Basalt bildet einen kleinen Kopf, der nach SO. hin abfällt. Weg 2 läuft gerade über denselben hinweg. Hinter dem Basalte liegt eine alte Tuffgrube, in welcher der Tuff im Kontakte gehärtet ist. Auf der geologischen Karte von Württemberg liegt dieser Gang im Braun-Jura £ und an dem Wege 3. In Wirklichkeit tritt er im y auf, das auch im O. noch aufgeschlossen ist, und liegt vom Wege entfernt. Dementsprechend habe ich das auf der hier beigegebenen Karte verändert. Dass hier der Tuff gangförmig gelagert ıst, dass er an dieser Stelle entstand und dass sich hier die Alb zur Zeit seines Ausbruches erhob, wird durch Aufschluss, Kontaktmetamorphose, Basaltgang im Tuffe und die zahlreichen Weiss-Jura-Brocken in letzterem erwiesen. 107. Der ? Tuffgang des Ameisenbühl, N. von Metzingen. Dieses Vorkommen liegt am Lindenbach etwas abseits der Gruppe von Metzingen, im NO. derselben, noch nicht 2 km nördlich der genannten Stadt. Es ist nach dem Kraftrain No. 76 das zweite unter allen bisher besprochenen, welches bereits auf Lias-Gebiet auf- tritt. Der niedrige Bühl besteht bis auf den Gipfel aus Thonboden des oberen Lias, und nur auf der Kuppe liegt Weiss-Jura-Schutt. Grosse Blöcke fehlen. Aber das beweist nicht mit Sicherheit gegen die Möglichkeit ihres früheren Vorhandenseins; denn in dem thonigen Gelände wird jedes feste Gestein zur Wegverbesserung benutzt. Diese Schuttstelle ist nur klein. An der O.-Seite zieht sie sich etwas tiefer am Hügel hinab. Gerötete Kalkstückchen sind sehr selten, aber doch vorhanden. DErrxer spricht in den Begleitworten zu Blatt Kirchheim mit einigen Worten von dieser Stelle und sagt, dass hier „schuttiger Basalttuff“ liege. Auf der Karte zeichnet er auch Basalttuff ein. Wenn ich nun solchen auch nicht erkennen konnte, so bin ich doch der festen Überzeugung, dass solcher unter dem Weiss-Jura-Schutt hier ansteht und einen Gang bildet. Ich habe an der noch viel unwahrscheinlicheren, gerade nördlich von ihm bei Klein-Bettlingen in den Hengstäckern befindlichen Stelle No. 112 bohren lassen und dort unter dem Schutte Tuff gefunden. Sicher verhält es sich hier ebenso. Die Gruppe bei Grafenberg. Der Grafenberg. Die drei Gänge im NW., NO. und SO. von ersterem. Der Gang auf den Hengstäckern. Der Grafenberg beherrscht als höchster Punkt die Gegend und auch die oben genannten Vorkommen. Zwei derselben liegen hart — 323 — nördlich am Grafenberg-Kegel, der eine mehr westlich, der andere östlich. Beide besitzen daher auch noch ziemlich hohe Lage, wenn sie auch selbst nur geringwertige Erhöhungen darstellen. Der dritte dagegen, im SO., ist nicht nur weiter entfernt, sondern auch tief unten im Thale gelegen. S. Fig. 84. Grosse Weiss-Jura-Blöcke finden sich nur am eigentlichen Grafenberg-Kegel; auch ist der Umfang von dessen Tuffmasse sehr viel grösser, als bei jenen dreien. Beide Gründe tragen dazu bei, die Vorstellung zu erwecken, dass man im Grafenberg-Kegel das vulkanische Centrum vor sich habe, in den drei anderen Punkten aber nur von diesem ausgeworfene Tuffmassen. Wäre das der Fall, so müssten letztere dem dortigen Braun- Jura @ nur aufgelagert sein. Das aber konnte nur geschehen, wenn zur Zeit des Ausbruches dieses «@ bereits freigelegt war. Nimmt man das an, so behauptet man, dass seit der mittelmiocänen Zeit des Aus- bruches die Erosion in diesen so weichen Thonen des Braun-Jura « ganz stillgestanden habe. Eine solche Behauptung ist ein Unding; mithin kann es sich hier nicht um Auswurfsmassen des Grafenberg-Kegels handeln. Immerhin bliebe noch die Möglichkeit, dass man Tuffmassen vor sich hätte, welche von letzterem erst in jüngster Zeit abgerutscht wären. In diesem Falle wäre ihre Auflagerung auf Braun-Jura « nicht wun- derbar. Dass aber auch dem nicht so ist, wurde wenigstens bei den im NW. und im SO. gelegenen beiden Punkten durch Bohren fest- gestellt. Übrigens liegt auch letzterer Punkt zu weit vom Grafen- berg-Kegel entfernt, um solche Annahme zu gestatten. Was das Fehlen grösserer Weiss-Jura-Blöcke bei den drei kleineren Punkten anbetrifft, so kann dasselbe ursprünglich sein. Ich glaube das aber nicht, meine vielmehr, dass früher auch hier grosse Blöcke vorhanden waren, dass dieselben jedoch längst entfernt wur- den. Teils weil man sie zur Beschotterung der bei nassem Wetter in dem thonigen Braun-Jura grundlos werdenden Strassen benutzte, teils weil sie dem Ackerbau, welcher an diesen drei Stellen getrieben wird, hinderlich waren. Auf dem, schwerer als jene zugänglichen Gipfel des Grafenberg-Kegels dagegen gewinnt man sie erst jetzt, nachdem dort unten keine mehr vorhanden sind. Die geologische Karte von Württemberg giebt die drei im NW., NO. und SO. gelegenen Punkte grösser an, als sie sind. Auch giebt sie nur für den Grafenberg-Kegel vulkanischen Tuff an. Bei den drei anderen Punkten aber lediglich basalttuffähnliche Bildung. Da —uBE N — ich bei allen indessen den Tuff nachweisen konnte, so ist dies auf der hier beigegebenen Karte entsprechend geändert worden. 108. Der Maar-Tuffgang des Grafenberges. Im NO. des Jusi, etwa 3 km entfernt, erhebt sich bei dem gleichnamigen Dorfe der Grafenberg. Derselbe erreicht eine Meeres- höhe von 463 m und überragt um etwa 140 m die im W. gelegene Thalsohle der Erms. Gleich den soeben besprochenen Mitgliedern der Gruppe von Metzingen: Florian No. 101, Metzinger Weinberg No. 102, Hofbühl No. 103, besteht auch hier der Sockel des Berges aus Unterem Braun-Jura.. Nur dass bei jenen, entsprechend ihrer der Alb näheren Lage, noch das % und selbst y im Sockel erscheinen, während hier, bei grösserer Entfernung von der Alb, wesentlich nur noch « und ganz untergeordnet das unterste $ am Aufbau teilnehmen. Wie dort, so trägt dann auch hier der Sockel einen Aufsatz von Basalttuff, welcher etwa 23 m Höhe besitzt und ganz wie eine auf- gelagerte Masse erscheint. An der SW.-Seite befindet sich ein Steinbruch, in welchem die grossen Weiss-Jura-Blöcke abgebaut werden, aus welchen die Hülle dieses Tuffganges, wie so vieler anderer, in unserem Gebiete besteht. Zwischen diesen Kalkmassen tritt hier jedoch der Tuff hervor. In demselben fand sich Granit. Auch an der NW.-Seite befindet sich eine Tuffgrube. Oben, nahe der darüberliegenden Spitze, zeigen sich im Tuffe massenhafte Granite.. An der NO.-Seite liegen aber- mals zwei Gruben, in welchen jedoch wieder vorwiegend Weiss- Jura-Blöcke gebrochen werden. Hier haben wir also abermals die aus Schütt bestehende Hülle des Tuffganges. Die gewaltige Masse und die Grösse dieser Blöcke beweist von vornherein, dass die Tuff- masse des Grafenberges unmöglich vom Jusi aus herübergeschleudert worden sein kann; dieselbe verrät vielmehr, dass wir hier einen selbständigen Ausbruchspunkt vor uns haben. DerrneRr thut! bezüglich dieser Weiss-Jura-Massen eine Äusse- rung, auf Grund deren sich ein Fernstehender leicht eine falsche und ganz andere Vorstellung von den Lagerungsverhältnissen bilden könnte, als ich sie oben gegeben habe. Er sagt: „In den verschiedenen, rings um den Berg angelegten Schürfen zeigt sich beinahe immer, dass zu unterst der abgebauten Strecke ein dicht gepackter Schutt aus grossen Felsklötzen“ des Weiss-Jura liegt. Dieses „zu unterst“ muss die Vorstellung einer Überlagerung er- ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 27. No. 13. — 2 — wecken, derart, dass auf dem Braun-Jura diese Felsbreccie liege und über dieser der Tuff, Das ist aber, falls man sich hierbei wagerecht übereinander liegende Massen denkt, gar nicht der Fall. DEFFNER hätte sagen müssen: „zu äusserst“ ; denn die Felsbreccie bildet eben den äusseren Mantel um den Tuff, und dieser folgt dann bergeinwärts, nachdem ersterer durchbrochen ist. Das meint jedenfalls auch DEFFNER; denn er wendet für den Tuff ganz richtig das Wort „berg- einwärts“ an. Bemerkenswert ist eine andere Beobachtung, welche DEFFNER seinerzeit in dem Steinbruche an der S.-Seite machen konnte: Es folgten nämlich „auf die“ (das soll also wieder heissen „bergeinwärts von der“) Felsenbreccie „fette bläulichweisse Letten, wie sie nur in den tertiären Süsswasserbildungen vorzukommen pflegen, in einer bis zu 0,3 m anschwellenden Lage. An zwei Stellen der NW.-Seite des Berges war das Tuffkonglomerat (ist Breceie, kein Konglomerat) bedeckt von einer 2 dem mächtigen, wohlgeschichteten, in Bänkchen von 1 cm geteilten, feingeschlämmten Tuffschichte.“ Aus diesen Mitteilungen Derrner’s lässt sich mit Sicherheit ableiten, dass hoch oben über dem heutigen Grafenberg sich einst ein Maarkessel und in demselben ein Süsswasserbecken befand, in welchem jene Schichten abgelagert wurden. Jetzt liegen dieselben etwa in der Höhe, welche dem obersten Mittel-Braun-Jura in dieser Gegend zukäme. Gebildet aber haben sie sich einst auf dem Boden des Maarkessels, welcher — wie aus den Weiss-Jura-Blöcken her- vorgeht — sich oben auf der Alb befand. Diese Schichten sind daher jetzt ebenso in die Tiefe abgerutscht wie jene Blöcke. Sie sind dislociert; daher auch ihr steiles Umbiegen aus horizontaler Lage in steil abwärts geneigte, welches DEFFneR beobachtete. Unter solchen Umständen darf es nicht erstaunen, wenn DEFFNER noch 1'/,;, m unter diesen Tuffschichten emen 0,25 m mächtigen Schmitz von humoser Dammerde fand, welche, wie die noch heute den Berg bedeckende, eine Anzahl Granitstückchen enthielt. Wenn die Höhe eines Berges allmählich so stark verringert wird, so können natürlich im kleinen Massstabe durch Überstürzen, Abrutschen und Ineinandergeschobenwerden die wunderlichsten Lagerungsverhältnisse entstehen. So erklärt es sich auch, dass an anderer Stelle sich ein Hirschgeweih im „Diluviallehm“ 3 m tief unter Tage fand. Wer die Hilfe von Gletschern bei der Bildung unserer Tuff- breccien in Anspruch nehmen will, wird ja in diesen Angaben DEFFNER’s einen Beweis für das Wirken des Eises sehen können. Aber man — 9% — bedenke, dass alle diese Beobachtungen nur in der äussersten Hülle, dem Schuttmantel des Tuffganges gemacht wurden, und dass diese Hülle sich stark abwärts bewegt hat vom Niveau der Alb an bis hinab auf dasjenige des Mittleren Braun-Jura.. Dann wird man für diese Verstürzungen nicht die Hilfe des Eises in Anspruch nehmen. Auch ist das von DEFFNER für diluvial gehaltene Hirschgeweih ganz jugend- lichen Alters. Vergl. das auf S. 858 darüber bei der Limburg Gesagte. Einen direkten Beweis durch die Lagerung kann ich nicht erbringen, dass die Tuffmasse des Grafenberges gangförmig in die Tiefe hinabsetzt. Aber durch eine Reihe von Schlüssen kann man das höchst wahrscheinlich machen. Es beweisen nämlich einerseits die ausgeworfenen Granite, anderseits die Grösse der Weiss-Jura-Blöcke einen an Ort und Stelle erfolgten Ausbruch. Indem nun aber nicht nur in der Schutthülle, sondern auch in dem hier ausgebrochenen Tuffe selbst zahlreiche Weiss-Jura-Brocken auftreten, muss notwendig zur Zeit dieses Ausbruches sich noch die Alb an dieser Stelle befunden haben. Das Auf- treten geschichteter Tuffe und Letten endlich beweist, dass sich in der Albhochfläche ein mit Wasser erfüllter Maarkessel befand. So wird denn auch der ungeschichtete Tuff unter diesen Schichten nichts anderes sein als die Ausfüllung eines Ausbruchskanales, also ein Gang, wie das in dem später folgenden Profil Fig. 85 angenommen ist. 109. Der Maar-Tuffgang NW. vom Grafenberg, Ich gebe eine Skizze, welche das gegenseitige Verhältnis dieses Vorkommens zu demjenigen des Grafenberges erläutern soll und zu- gleich ein Profil durch beide. Wie man sieht, liegt am N.-Fusse des eigentlichen Grafenberg- kegels ein weiteres, aber viel kleineres Tuffvorkommen, welches von dem ersteren nur etwa um hundert Schritte getrennt ist. Zwischen beiden steht Braun-Jura # in Gestalt eines schmalen, trennenden Streifens an. Die geologische Karte von Württemberg giebt den Umfang des Tuffes wesentlich grösser an, als derselbe ist; auch ver- zeichnet sie nur tuffähnliche Bildung. Es lässt sich jedoch zweifel- loser Tuff nachweisen. Auch geht an den, vom Dorfe Grafenberg aus in NW.-Richtung auf die Felder führenden Weg der Tuff nur scheinbar heran. Es war nämlich südlich desselben, am Abhange eine Tuff- grube. Aus dieser ist das vulkanisehe Gestein auf den bis an den — 9217 — Weg ziehenden Acker gekommen; doch steht auf diesem Acker in Wirklichkeit Braun-Jura an. Bei der so überaus nahen Lage des Grafenberges könnte man bezweifeln, dass hier wirklich ein zweiter, selbständiger Ausbruchs- kanal vorliegt. In jedem Beobachter wird der nächstliegende Ge- danke dahin gehen, dass es sich entweder nur um den Erosionsrest einer einst mit dem Grafenberg zu- sammengehangenen grösseren Tuff- DB ablagerung oder aber um eine vom Grafenberg abgerutschte Tuffmasse N.109 handle. Es wird indessen durch zwei Bohrlöcher der Beweis geliefert, dass ein solcher Zweifel nicht statt- haft ist. Nahe dem kleinen Kirchhofe, westwärts desselben, zieht sich der Pfarracker zur Höhe hinauf. In — IACI—— ———Z—_ N NEON diesem steht Tuff zu Tage an. An IN N. Brimnen- der oberen Grenze des Pfarrackers S. | liess ich zwei Bohrlöcher stossen. Das Grafenberg.Fig, 84. erste wurde nur 2,80 m tief gemacht und förderte Tuff. Das zweite dagegen erreichte eine Tiefe von 4,50 m im Tuff; dann kam ein harter Weiss-Jurafelsen, so dass wir das Bohren aufgaben, denn dieser war ja ebenfalls ein Bestandteil des Tuffes. Nun liegt unten a a Ser Sec Karel FI am Kirchhof der Untere Braun-Jura etwa 2 m SS Fra Eee tiefer als oben die Mün- Grafenberg dung des Bohrloches, 719.85. so dass dieses mit seinen 4,50 m Tuff noch mehr als 2,50 m unter das Niveau des Jura hinabreicht. Weiter südlich aber, zum Grafenberg hin, steht der Jura hart neben dem Tuffe, sogar in demselben Niveau an, in welchem das Bohrloch angesetzt wurde; so dass dort der Tuff auf mehr als 4,50 m Tiefe unter die Oberfläche des hier anstehenden Braun-Jura £ hinabreicht. Wenn nun der oben ausgesprochene Gedanke an einen Erosions- rest oder eine Abrutschmasse das Richtige träfe, so müsste der Tuff — 13,420, dem Braun-Jura aufgelagert sein. Letzterer müsste sich also dicht unter dem Tuffe erbohren lassen; falls man nicht etwa die willkür- liche Annahme machen wollte, dass der Tuff hier in ein mehr als 4,50 m tiefes Loch im Braun-Jura gerutscht wäre. Da wir nun aber bei allen unseren Bohrlöchern im Tuffe stets tief unter das Niveau des nebenbei anstehenden Braun-Jura oder Lias gekommen sind, so müsste ein Zweifler an der Gangnatur dieser Vorkommen stets behaupten, dass der Tuff in einem zufällig im Schichtgebirge vor- handen gewesenen 4—”7 m tiefen Loche abgelagert worden sei. Bei solcher Verallgemeinerung tritt sofort die Unsinnigkeit einer solchen Annahme vor Augen; sie gilt daher auch von diesem vor- liegenden Falle. Nicht in einem Loche etwa ist der Tuff dem Braun-Jura £ aufgelagert, sondern er durchsetzt ihn. Der Tuff am N.-Fusse des Grafenberges, im Pfarr- acker, ist mithin ebenfalls ein in die Tiefe setzender Gang, entstanden durch einen selbständigen Ausbruch in einem schmalen Kanale, welcher sich ganz nahe dem viel grösseren des Grafenberges seinen Weg durch die Erdrinde gebahnt hatte. Wie am Grafenbergkegel, so fand sich auch an dieser Stelle Granit. 110. Der ? Tuffgang NO. vom Grafenberg. Wie das soeben besprochene Vorkommen, so ist auch dieses auf der geologischen Karte von Württemberg zu gross gezeichnet. Es beginnt nicht etwa, wie dort angegeben, bereits im Dorfe Grafen- berg, sondern erst SO Schritte nördlich von der durch dasselbe führenden Strasse, Fig. 84. Von letzterer aus zieht sich bei X ein Fussweg nach 110 zwischen den Obstgärten dahin. Dieser führt zunächst durch anstehenden Braun-Jura; an der Dorfstrasse stehen zwei Brunnen, 60—80 Fuss tief in diesem. Erst nach etwa 80 Schritten beginnt Tuff, in welchem ebenfalls Granit gefunden wurde. Genaueres über den Umfang dieses Vorkommens lässt sich ohne Bohrungen nicht feststellen, da der Graswuchs der Obstgärten die Ackerkrume verhüllt. Nach Analogie mit den anderen Vor- kommen, bei Grafenberg liegt auch hier höchst wahrscheinlich ein selbständiger Ausbruchspunkt, also ein Tuffgang vor. 111. Der Maar-Tuffgang SO. vom Grafenberg. Da wo die von Nürtingen nach Dorf Grafenberg führende Strasse aus der SW,-Richtung kurz vor dem Dorfe in die westliche umbiegt, findet — 29 — sich südlich der Strasse mitten im Acker abermals ein kleines Tuff- vorkommen. Dasselbe liegt auf dem Gipfel des kleinen, niedrigen Hügels, dessen Anstieg bereits an dieser Strasse beginnt. Der Fuss desselben zeigt rıngs um den ganzen Bühl den Thonboden des Braun-Jura &; nur die Kuppe besteht aus Tuff; also die gewöhnliche Erscheinungsweise unserer Tuffberge im Braun-Juragebiete Fig. 84. Während die beiden soeben besprochenen, in NW. und NO. hart am Grafenberg gelegenen Punkte No. 109 und 110 noch eine hohe Lage besitzen, befindet sich der hier in Rede stehende tief unten im Thale. Wie man in dem Grafenberge anfänglich gern das Ausbruchscentrum dieser um ihn herumliegenden Gruppe sehen möchte, so hat man hier, diesem SO.-Punkte gegenüber, anfänglich auch die Empfindung, dass es sich nur um eine von dem Grafen- berg ausgeworfene Tuffmasse handle. Die Bohrung er- gabindessen auch hier, dass ein selbständiger Ausbruchspunkt vor- liegt. Das auf dem Gipfel angesetzte Bohrloch erschloss bis in 5,50 m Tiefe hinab den Tuff. Da der Braun-Jura ungefähr 1,80 m unterhalb des Gipfels beginnt, so hatten wir den Tuff 3,70 m unter das Niveau des nahebei anstehenden Schicht- gebirges hinab verfolgt. Sicher ein Beweis dafür, dass keine Auf- lagerung, sondern eine durchgreifende stattfindet, wie Fig. 86 zeigt. Ein Aufschluss fehlt, doch lässt sich der Tuff im Ackerboden deutlich von dem Jurathon unterscheiden. Von nennenswerten Fremdgesteinen fanden sich im Tuffe Stubensandstein und vor allem Granit, so dass also jeder dieser 4 Punkte der Grafenberger Gruppe den letzteren geliefert hat. Der Weiss-Jura ist in dem vulkanischen Gesteine nur durch kleine Stücke vertreten, ganz ebenso wie das bei den vorher besprochenen NW.- und NO.-Punkten der Fall ist. Es zeigt also nur der eigentliche Grafenberg grosse Blöcke. Aber, wie schon gesagt, sie mögen einst auch hier vorhanden gewesen, jedoch durch Menschenhand vom Acker beseitigt worden sein. SEID SOFT DS ee Tg ETISETETTO Bu 5.0.v.Grafenherg Fig.86. 112.DerMaar-Tuffgang aufdenHengstäckern, S.vonKleinbettlingen, In geringer Entfernung südlich vom Dorfe Kleinbettlingen ver- zeichnet die geologische Karte von Württemberg ein Basalttuff- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894. 59 — 930 — ähnliches Gebilde. Dasselbe ist auf der hier beigegebenen Karte als echter Basalttuff eingezeichnet, da sich solcher nachweisen liess. Die Stelle liegt 1 km westsüdwestlich von Grafenberg. Von letzterem aus zieht eine durch Braun-Jura « gebildete Zunge westwärts; auf deren vorderer Spitze findet sich der in Rede stehende Punkt. Da diese Zunge sich zugleich auch nach W. hin abdacht, so setzt sie sich weiterhin als Liasrücken fort. Ich betone das; denn infolge dieser Abdachung fliesst der im O. abgeschwemmte Verwitterungs- lehmboden nach W., überdeckt alles und somit auch den Tuff. Auf solche Weise sieht man an der mit Tuff bezeichneten Stelle nur diesen Lehmboden. In demselben liegen freilich kleinere Weiss- Jurastücke, aber die Sache macht doch einen ganz unvulkanischen Eindruck. In der Tiefe stecken jedoch nach Aussage der Leute auch grössere Stücke. Es mag daher sein, dass auch an der Oberfläche früher grosse Blöcke vorhanden waren, die später entfernt wurden. Grafenberg Mb Fig.87. Ohne Bohrung war keine Entscheidung möglich; aber an wel- cher Stelle sollte man in dem lehmigen Jurathonboden das Bohrloch ansetzen? Das musste auf gut Glück geschehen. Nahe dem tri- gonometrischen Signalsteine von 375 m Meereshöhe begannen wir und hatten zufällig gleich die richtige Stelle getroffen. Bis n 7m Tiefe hinab blieben wir im Tuff. Auch hier also offenbar ein in die Tiefe setzender Tuffgang, denn mit jenen 7 m waren wir fast ebenso tief unter das Niveau des in der Nähe wirklich anstehenden Braun-Jura & ge- kommen. Der Durchmesser des Ganges ist, nach den Weiss-Jura- stücken zu schliessen, kein grosser. Die Gruppe nördlich von Grossbettlingen. Der Geigersbühl. Der Punkt nördlich von Grossbettlingen. Das Authmuthbölle. Der Kräuterbuckel. In der Sulzhalde. Der Höslensbühl. Mit dieser Gruppe haben wir die nördlichsten, dem Neckar — 931 — schon ganz nahen Vorposten unserer Vulkane, soweit dieselben zwi- schen Steinach und Erms liegen, erreicht. Nur einer derselben, der Geigersbühl, liegt noch auf Braun-Jura «. Alle anderen finden sich bereits auf Liasgebiet: Einer auf Oberem, die vier anderen auf Un- terem Lias. Die Gesamtzahl aller in unserem ganzen Vulkangebiete aus dem Lias hervortretenden Tuffgänge ist aber eine äusserst ge- ringe. Nur noch der Kraftrain, No. 76, der Ameisenbühl, No. 107, und der Gang im Scheuerlesbache, No. 123, gehören zu dieser kleinen Schar, welche durch so weitgehende Erosion ausgezeichnet ist. Zu ihnen gesellt sich als nördlichster und am tiefsten freigelegter Gang der bei Scharnhausen, No. 124, welcher aus Oberem Keuper her- ausschaut. Diese 5 zu der Gruppe von Grossbettlingen gehörenden Vor- kommen liegen weiter auseinander als diejenigen der Grafenberger Gruppe. Es fehlt ihnen auch ein alle anderen beherrschender, hoher Gipfel, wie das dort der Fall ist. Gewaltige Weiss-Jurablöcke kom- men am Geigersbühl vor; es liegen auch im Tuffe des Authmuth- bölle noch ziemlich grosse Stücke. An den anderen drei Punkten aber sind sie an der Oberfläche nicht vorhanden. Wie bei der Gruppe von Kohlberg (S. 896), handelt es sich hier jedoch um ganz flache, als Ackerland benutzte Vorkommen, von welchen die früher vor- handen gewesenen grossen Steine längst entfernt sein mögen. Ein Einblick in die Tuffmasse selbst ist aber durch die Geringwertigkeit der Aufschlüsse unmöglich gemacht. Infolge des Mangels eines die anderen beherrschenden Punktes drängt sich dem Beobachter hier nicht so der Gedanke an eine cen- trale Ausbruchsstelle auf, wie das bei der Grafenberger Gruppe der Fall sein konnte. Nur zwischen dem Authmuthbölle und dem Kräuter- buckel möchte man anfänglich gern Beziehungen annehmen, sie als eine ursprünglich zusammengehangene Ablagerung auffassen. Auch hier aber ist das unhaltbar. Beide sind, ebenso wie die drei an- deren, selbständige Ausbruchspunkte. 113. Der Maar-Tuffgang des Geigersbühl. Auf der breiten, welligen Fläche des Braun-Jura « erhebt sich nordöstlich von Grossbettlingen ein kleiner, steiler Kegel, der Geigers- bühl. Seine Meereshöhe beträgt 407 m. Der Gipfel liegt noch unterhalb des Niveaus, welches die obersten Schichten des Braun- Jura & in jener Gegend einnehmen. Und dennoch besteht der Kegel nur aus einer festgepackten Masse riesiger Blöcke von Weiss-Jura- 59* — 090 kalk. Vor allem gehören sie dem d und & an; d. h. Schichten, welche anstehend an diesem Punkte mehr als 300 m höher liegen müssten, wenn sie noch vorhanden wären. Nirgends sieht man gerötete oder dunkel gewordene Kalkstücke, wie sie in unseren Tuffen — freilich keineswegs auch in der die- selben bedeckenden Kappe aus Weiss-Juraschutt — liegen. Auch Tuff ist nirgends zu sehen. Ein grosser, im Betriebe befindlicher Bruch baut die Kalkmassen ab und erschliesst den Berg weit hinein in sein Inneres. Man sollte meinen, dass, wenn Tuff im Innern steckte, dieser Bruch durch die Schutthülle hindurch bereits auf den Tuffkern gekommen sein müsste. So scheint der Berg ein Rätsel zu sein. Wir wollen daher die gegenseitigen Lagerungsverhältnisse zwischen seiner Weiss-Jura- schuttmasse und dem Braun-Jura « feststellen. Keineswegs erhebt sich erstere allein für sich auf einer ebenen Fläche des letzteren. Der Braune Jura umgiebt vielmehr die Schuttmasse ringsum mantel- förmig. Freilich ist dieser Mantel an der N.- und NW.-Flanke des Berges schon bis zum Fusse hinab abgeschält worden. An der NO.- Seite dagegen geht er fast bis auf den Gipfel hinauf, bis dicht an ‘den dort befindlichen alten, verlassenen Bruch heran. Der folgende Durchschnitt giebt ein Bild der Sachlage. Al ir Bruch NW | Du u ee Fig. 88. Dass wir bei solchem Verhalten nicht etwa eine dem Braun- Jura « aufgelagerte Kalkmasse vor uns haben können, sondern eine demselben in einem Kanale eingelagerte,, ist völlig zweifellos. An eine Moränenbildung ist also gar nicht zu denken. Die Blöcke sind zudem derart scharfkantig und entbehren so gänzlich jeglicher Glät- tung und Schrammung, dass überhaupt keine Grundmoräne, sondern höchstens eine Oberflächenmoräne vorliegen könnte. Wo wäre dann aber in der Umgegend die weitere Fortsetzung dieser? Bei dem gewaltigen Kubikinhalt der Schuttmasse am Geigersbühl müssten sich doch anderwärts wenigstens noch Reste ihrer früheren Fort- setzung finden. Wie auch sollte der Gletscher seine Moräne gerade in diese, im Braun-Jura klaffende Spalte hineingeschoben haben? Ebensowenig aber dürfen wir annehmen, dass wir vor einer Schuttmasse ständen, welche einstmals zu Thale niederging, als der Rand der Alb sich noch hier befand; also vor einem Bergrutsch. Dann wäre die Schuttmasse ja dem Braun-Jura auch nur aufgelagert und sie ist ihm doch eingelagert, wie wir sahen. Aber ein ver- wandter Vorgang könnte doch stattgefunden haben: Als der Weiss-Jura hier noch anstand, konnte eine Kalkmasse desselben in eine Spalte von oben her hineingestürzt sein, ohne dass ein vulkanischer Ausbruch dazu die Veranlassung gegeben hätte. Wir würden in diesem Falle dem Erfolge nach im kleinsten Mass- stabe eine Wiederholung der Juraversenkung von Langenbrücken haben. Ich meine freilich nicht das längs gerader Spalten erfolgte Absinken einer Erdscholle, wie das bei Langenbrücken der Fall war, sondern nur ein Hineinstürzen von Weiss-Jurablöcken in eine die Alb durchsetzende Spalte oder Röhre; also ein in grossem Masse erfolgtes Abbröckeln von den Seitenwänden der letzteren. Die beider- seitigen Vorgänge sind ganz verschiedener Natur. Der Erfolg aber, den ich betonte, ist bei beiden derselbe. Hier wie dort wird die abgesunkene, bezw. abgestürzte Masse auf lange Zeit den Angriffen der Erosion entzogen; und erst nach langen Zeiträumen, nachdem alles Höherliegende abrasiert worden ist, erscheint das Abgesunkene an der nunmehrigen Tagesfläche, um jetzt erst mit dieser zusammen der Abtragung zu verfallen. So könnte es hier sein. Mir scheint aber solche Erklärung nicht für unseren Fall zu passen. Die Spalte, wie wir sie annahmen, wäre nicht durch vulkanische Kräfte geöffnet, sondern durch gebirgs- bildende. Sie wäre also schmal und länglich; und eine in solche Spalte hineingestürzte Kalkmasse müsste jetzt gleichfalls wohl einen, wenn auch nur kleinen, Längswall bilden. Hier beim Geigersbühl liegen aber eine Kalkmasse und ein Kanal von rundlichem Quer- schnitte vor, also keine Bruchstelle der Erdrinde von langgestrecktem Querschnitte. Die Kalkmasse stellt einen rundlichen Hügel dar, ganz wie unsere zahlreichen vulkanischen Tuffvorkommen das thun. Dieser Umstand spricht zu gunsten der Lösung, dass die Schuttmasse. auf einen unserer gewöhnlichen vulkanischen Aus- bruchskanäle von rundlichem Querschnitte zurückzuführen ist und mit Tuff in Verbindung steht: dass wir in ihr also nur eine unge- — 3 7° — wöhnlich dicke, auf dem Kopfe eines Tuffganges sitzende Kappe von Weiss-Juraschutt zu sehen haben. Unterstützt wird diese Ansicht zunächst dadurch, dass Granite am nordöstlichen Abhange des Geigersbühl gefunden wurden. Schon DEFFNeR! berichtet darüber. Es kam bei „Drainierung der dortigen Waldanlage eine Anzahl merkwürdiger weisser Granite und grüner Pinitgneisse in kleinen Stücken bis höchstens Faustgrösse zu Tage“. Auch jetzt noch waren einige Stücke derselben zu finden. Dieselben lagen im NO. des Bühls, am Rande des Waldes, da, wo dieser an den Acker stösst. Das deutet sicher auf das Vorhandensein von Tuff an dieser Stelle. Freilich ist dieselbe durch einen Streifen Jura- thonbodens von dem Geigersbühl getrennt. Wir haben jedoch vom Gaisbühl No. 122 und den Hengstäckern No. 112 gesehen, wie der Tuff vollständig übergossen werden kann durch Thonmassen, welche von den benachbarten Höhen abgeschlämmt werden. Das wäre auch hier sehr gut möglich, denn die genannte Stelle liegt niedrig genug dazu. Denkbar ist es freilich auch, dass sich ein selbständiger zweiter kleiner Ausbruchspunkt an der genannten Stelle befindet. Wie dem auch sei, nicht nur dieser Punkt, sondern direkt der Gipfel des Geigersbühl verraten uns, dass unter seinem Weiss-Jura- schutte Tuff begraben liegen muss. Dort oben liegt nämlich ein alter bereits zugewachsener Steinbruch. An dessen Rande fanden sich bei genauem Absuchen nun ebenfalls zwei, allerdings nur kleine, Stückchen Granit. Diese sind sicher nicht auf den Berg hinauf- getragen, sondern befinden sich dort auf ursprünglicher Lagerstätte. Vermutlich gilt das auch von den sechs Stückchen Stubensandsteines, welche ich ebenfalls an dieser Stelle sammelte. Doch könnte das schon zweifelhaft sein, denn es fanden sich auch Stücke von Posi- donomyenschiefer sowie Glasscherben. Diese Schiefer rühren ent- weder vom Dache eines Häuschens her, welches hier oben einmal stand, oder sie sind mit dem Dünger hinaufgekommen, falls der Gipfel früher einmal beackert worden sein sollte. Jene Granitstückchen dagegen stammen sicher aus dem alten Bruche, denn sie sind zu selten und nur an vulkanischen Stellen bei uns vorhanden, als dass sie verfrachtet sein könnten. Rechnet man zu dem Granite den rundlichen Umriss der Kalkmasse und ihr mantelförmiges Umfasstwerden durch Braun-Jura, so spricht das alles für das Dasein eines vulkanischen Ausbruchskanales. ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim. S. 29. — 939 — Es ist nach dem Gesagten im höchsten Masse wahrscheinlich, dass der Geigersbühl ebenfalls der _ Kopf eines in die Tiefe hinabsetzenden Tuffganges ist, und dass die bisher allein bekannte Schuttmasse nur eine ungewöhnlich dicke Kappe von Weiss-Juraschutt auf demselben bildet. Betrachtet man die grosse Dicke der Schuttmassen am Jusi No. 55, am Aichelberg No. 74, 75 und anderen unserer Tuffmassen, so wird uns auch am Geigersbühl die Annahme einer grossen Möglichkeit derselben nicht gewagt erscheinen. 114. Der Maar-Tuffgang auf dem Scheidwasen, N. von Grossbettlingen. Auf der geologischen Karte von Württemberg befindet sich nördlich des Dorfes von Grossbettlingen und nordwestlich nahe dem Geigersbühl No. 113 ein grosses basalttuffähnliches Vorkommen ein- gezeichnet. Die Stelle liegt jedoch weiter südlich als dort angegeben, auf dem Scheidwasen. Sie ist kleiner und besteht wirklich aus Basalttuff. Dementsprechend ist auf beiliegender Karte eingetragen worden. Viel lässt sich über diesen Punkt nicht beobachten. Er liegt im Oberen Lias, da wo die von Grossbettlingen aus nach N. führende Strasse das kleine Thal hinter sich gelassen hat. An der Böschung verraten Maulwurfshaufen den Tuff. Auf der westlichen Seite der Strasse findet sich eine kleine Vertiefung; dieselbe macht ganz den Eindruck, als wenn in ihr einstmals Kalksteine gewonnen sein könnten. Ich liess hier bohren, bis auf 7 m hinab blieben wir im Tuff. Da die Oberfläche des umgebenden Oberen Lias nur etwa 1 m tiefer liegt als die Mündung des Bohrloches, so waren wir im Tuff etwa 6 m unter die Liasfläche gekommen. Folglich liegt auch hier ein in die Tiefe hinab- gehender Tuffgang vor, welcher jetzt im Ober-Lias aufsetzt, aber durch einen Vulkanausbruch entstand, als sich hier noch die Alb ausdehnte. 115. Der Maar-Tuffgang des Authmuthbölle. Mit dem soeben besprochenen Tuffgange No. 114 hatten wir, für diese Gruppe von Grossbettlingen, bereits das Gebiet des Unteren Braun-Jura verlassen und waren in dasjenige des Oberen Lias ein- getreten. Hier am Authmuthbölle finden wir den Tuff schon im Mittel- und Unter-Lias, treten also in eine abermals tiefere Stufe der Abtragung unserer Tuffgänge ein. — 86 — Aus dem Liasgebiete der Gegend, in welcher wir uns hier be- finden, ist durch zwei parallele, von NO. nach SW. verlaufende kleine Nebenthäler des Authmuthbaches eine Zunge herausgeschnitten, welche sich folglich auch nach SW. hin erstreckt und am Authmuth- bache endet. Von letzterem aus betrachtet, erscheint dieses Ende als ein echter kegelförmiger Bühl. Der Rücken der Zunge besteht aus Lias y, ihr Unterbau aus £; doch dacht sie sich nach SW. hin etwas ab, indem dort auf ihrem Rücken das y bereits fortgewaschen ist und £ zu Tage tritt. Da, wo die Zunge zum Authmuthbache steil abfällt, ist auf ihrem Rücken plötzlich der Lias verschwunden und vulkanischer Tuff an seine Stelle getreten. Das folgende Profil lässt diese Verhältnisse erkennen. Aultmulkbölle, geschen vonN.W.her (a.d.Bahr.) Fig. 89. Wie man sieht, setzt der Tuff an der SW.-Seite vom Gipfel der Zunge bis in das Niveau der Thalsohle hinab. Doch tritt er nicht bis hart an den Bach heran, denn dieser schneidet bereits in den Unter-Lias ein. Betrachtet man nun dieses Ende der Zunge vom Bache, also SW. her, so hat man, wie oben bemerkt, einen kegelförmigen Berg vor sich. In der Mitte des letzteren zieht sich von oben bis unten der Tuff als breiter Streifen hinab. Rechts und links, d. h. nördlich und südlich von diesen, besteht der Kegel da- gegen aus Lias #. Also ganz derselbe Typus, wie wir ihn z. B. beim Lichtenstein No. 71 und dem Egelsberg No. 79 kennen gelernt haben (Fig. 90). Verfolgen wir die Begrenzungslinie zwischen Tuff und Lias, wie sie uns obige Darstellung anzeigt. Am südlich gekehrten Ab- hange sehen wir, wie die Grenze zwischen beiden in ungefähr ge- rader Richtung bergauf bis zum Gipfel verläuft. Ebenso kann man auch oben auf letzterem sehen, wie der Tuff hier gegen die Lias- — 137— zunge in ziemlich gerader, quer über den Rücken hinweglaufender Linie abschneidet. Dann wendet sich die Grenze an der N.-Seite wieder bergab, jedoch nicht in gerader, sondern in bogiger bezw. winkeliger Linie. Eine derartige Lagerung ist gar nicht anders zu deuten, denn als die eines Tuffganges, welcher hier im Lias $& aufsetzt. Die W.- Grenze desselben ergab sich da, wo die Tuffmasse das Niveau der Thalsohle berührt. Die S.-Grenze zieht am Bergabhang hinauf, die O.-Grenze läuft über den Rücken hinweg, die N.-Grenze wieder am Abhange hinab. Läge eine Anlagerung vor, so würde das Ende der Zunge ganz aus Tuff bestehen. Das ist aber nicht der Fall, er ist vielmehr im N. und S. von Lias £ flankiert. Der Tuff hätte also bei seiner Anschwemmung geradezu zwi- schen zwei senkrechte Liasmauern hineingeschoben werden müssen; das ist ein Unding. Die NW.-Seite der Tuffmasse bietet einen grossen Aufschluss dar. In dem massigen Tuffe liegen ausser zahllosen kleineren Stücken auch recht grosse Blöcke von Weiss-Jura. Die Stufen «, wohl auch ß, sind vorhanden; d und & aber fehlen bemerkenswerter Weise! Bei einer Verfrachtung durch Wasser wären natürlich diese grossen Blöcke zu unterst abgelagert worden; sie liegen aber mitten und oben im Hügel. Unter anderen Fremdgesteinen fand sich auch Granit. Wir haben nach Obigem im Authmuthbölle vor uns einen senkrecht imLias faufsetzenden Tuffgang. Der- selbe wird von der Tagesfläche, dem Bergabhange, schräg, vonoben-hintennach vorn-unten durchschnit- ten. Die Liaswände des Kanales werden durch diesen schrägen Schnitt aber gleichfalls mit getroffen. Es ist daher die N.-Wand noch ganz stehen geblieben; hier beginnt ja die Liaszunge. Die W.-Wand dagegen ist bis auf die Thalsohle hinab weggeschnitten. Die bei- den anderen Wände sind gegen N. noch hoch, gegen S. niedrig. Zur Zeit des Ausbruches befand sich hier die Alb, aber vermutlich nur mit ihrer «- und P-Stufe. — 98 — Der Querschnitt des Ganges ist der gewöhnliche, ein gerundet viereckiger. 116. Der Maar-Tuffgang des Kräuterbuckel oder Buigenbühl, SW. von Raidwangen. Nur durch ein Thal von dem soeben besprochenen Authmuth- bölle No. 115 getrennt, liegt in der geringen Entfernung von !/, km ein ferneres vulkanisches Vorkommen. Während dasjenige des Auth- muthbölle durch den an seinem Fusse dahinfliessenden Authmuth- bach bereits an dieser Bachseite freigelegt ist, steckt dasjenige des Kräuterbuckels noch gänzlich im Lias £ drinnen. Letzterer bildet hier einen breiten, sanft abgedachten Rücken. Auf der höchsten Stelle erhebt sich eine kleine Erhöhung von 70 Schritt Durchmesser und auf dieser befindet sich eine flache Vertiefung, aus welcher ein- mal Tuff oder Kalksteine desselben gewonnen sein müssen. An der Tuffgang am KräuterbuckelbeiRaidwangen Fig.A. Oberfläche ist freilich das vulkanische Gestein derart zu gelber, thoni- ger Masse zersetzt, dass man eben nur erkennen kann, dass es kein Liasthon ist; denn dieser hat ganz andere Beschaffenheit und steht rings um diese rundliche Stelle deutlich an. An der Ost- und Nord- ostseite der letzteren, an welcher jene Vertiefung liest, ist die Grenze gegen den Lias ganz scharf zu erkennen. Derselbe steht dort überall in demselben oder in höherem Niveau als die Oberfläche des Tuffes. An der Westseite dagegen liegt der Lias einige Meter tiefer als das vulkanische Gestein. Im Acker finden sich, anscheinend nur bis zur 8-Stufe hinaufgehend, kleine Stücke von Weiss-Jurakalk; grosse fehlen; früher sind sie vielleicht einmal vorhanden gewesen und zur Wegverbesserung verbraucht. Die Erscheinung dieses Hügels macht durchaus den Eindruck, als wenn auf dem Liasrücken ein kleiner Erosionsrest einer einstigen Tuffdecke liege. Wer die so eigenartigen Lagerungsverhältnisse unserer Tuffe nicht kennt, würde zu keinem anderen Ergebnisse ge- By — langen. Wie sollte man denn voraussetzen können, dass hier ein aus der Tiefe aufsteigender Tuffgang den Kopf heraussteckt? Letzteres ist jedoch der Fall. An der tiefsten Stelle der auf dem Gipfel befindlichen Grube, welche bereits tiefer als die Ober- fläche des Lias liegt, wurde ein Bohrloch angesetzt, welches 5,50 m Tuff ergab. Damit waren wir im ganzen etwa 6—7 m unter die Oberfläche des nahebei anstehenden Lias # gekommen. An Auf- lagerung ist mithin nicht zu denken. Der Kräuterbuckel oder Buigenbühl ist mithin gleichfalls ein in die Tiefe setzender Tuffgang. Jetzt schaut sein Kopf aus Lias $ heraus; zur Zeit des Aus- bruches aber dehnte sich hier die Alb, wohl nur mit ihrer «- und ß-Stufe, aus. Der Querschnitt des Ganges ist ein rundlicher. Im Tuffe ist hervorzuheben das Vorkommen von Granit, sodann rauchgrau gebrannter Weiss-Jurakalke und feuerroten Sand- steins; vor allem aber dasjenige von Trochitenkalk, welcher aus dem Bohrloche gefördert wurde. Nur noch an der Sulzhalde No. 117 finden wir Stücke von Muschelkalk im Tuffe, was für das Auftreten desselben in der Tiefe bedeutungsvoll ist. 117. Der Maar-Tuffgang in der Sulzhalde, SO. von Neckar- thailfingen. Mit diesem Tuffvorkommen sind wir fast dicht an den Neckar gerückt. Es ist durch den Authmuthbach von den beiden letzt- beschriebenen Gängen getrennt. Während diese noch aus Lias £ zu Tage treten, schaut dieser nördlicher gelegene bereits aus dem « heraus. Während jene sich doch noch etwas über die umgebende Liasfläche erheben !, ist dieses bereits völlig eingeebnet. Es bildet keinerlei Erhebung mehr, sondern schmiegt sich nur an das Thal- gehänge an. Das folgende Profil giebt einen Schnitt durch dieses Vorkommen, sowie durch dasjenige des Authmuthbölle. Wir befinden uns hier auf den Höhen, welche das rechte Ufer des Neckar unmittelbar begleiten, bezw. auf der Liasfläche, in welche sich der Lauf des Neckars tief eingeschnitten hat. Das Gelände besteht aus Lias «. Dieser ist mit altem Neckarkies überdeckt und wird seinerseits wieder von Lehm überlagert. Diese ursprünglich ebene Fläche wird durch Thalbildungen, welche in das Neckarthal ! Das Authmuthbölle bildet nur da, wo es von Thalbildung umfurcht ist, einen eigentlichen Hügel. Uber die Fläche seiner Liaszunge dagegen erhebt es sich nur ganz wenig. — 40 ° — münden, in eine Anzahl von breiten Wellen zerschnitten. Eine dieser Thalbildungen kommt hier in Frage; denn am ÖOberlaufe derselben, da, wo sie eine ganz flache, langgestreckte Senke ohne Wasserlauf darstellt, liegt unser Tuffvorkommen in der Sulzhalde. Ein Fahrweg führt aus der Senke am östlichen Gehänge derselben hinauf auf die Sulzhalde 0.8.0. Lehm Autkmulh» Autkmulhkölle Torelefsiers uam EST, S— UN Tuffgänge in derSulzhalde v.beim Aulhmulhkölle Fig.92. Höhe. Da, wo er scharf umbiegt, schneidet er am Thalgehänge in Tuff ein. Die Entblössung ist gering, nur durch den Weg hervor- gerufen; denn der Flussschotter, bezw. auch der Lehm, welche überall auf den Höhen liegen, ziehen sich an den Gehängen der Thal- bildungen hinab und verhüllen so das dort Anstehende. Auf eine Erstreckung von etwa Neckarthal 60 Schritten lässt sich so der Tuff Liebenau: deutlich verfolgen. Wenn man aber im Streichen dieser Strecke weiter südöstlich an dem sanften, flachen Gehänge weiter wandert, so finden Tiehr IN NY Schotter sich auf dem Acker ausser dem Schotter auch die den Tuff kenn- zeichnenden fremden Gesteins- stücke. Hier und da bringt auch der Maulwurf etwas zersetzten ’ iask Tuff an die Oberfläche. Auf mehr In der Sulzhalde als 200 Schritt scheint so am Fig.93. Thalgehänge der Tuff durch seine dünne, herabgewaschene Lehm- und Schotterhülle hindurch, so dass das Vorkommen im ganzen eine mindeste Länge von 260 Schritten besitzt. Die Breite desselben lässt sich nicht angeben, denn der Tuff erscheint, wie gesagt, nur am Gehänge, also in einem ganz schmalen Streifen. Höchst wahrschemlich wird er auch noch unten auf dem Boden der Senke liegen, so dass ein ovaler Umriss des Tufffleckes sich herausstellen würde; mit einem solchen ist er denn auch in der Karte eingezeichnet. Aber der Boden der Senke — 41 — ist mit Lehm bedeckt. welcher von der westwärts gelegenen Höhe herabgespült wird. Dieser verschleiert das Anstehende; es lässt sich daher die Ausdehnung des Tuffes nach Westen, bezw. die Breite des Ganges, nicht angeben. Zur Beurteilung der Verhältnisse dient uns das Folgende: Wir befinden uns hier in dem bereits ganz fiach gewordenen Oberlaufe unserer Thalbildung. Alle Thalbildung aber schreitet mehr und mehr bergaufwärts voran; immer weiter nach der Quelle zu schneiden sich die Wasserläufe ein. Es ist also ihr oberstes Ende, bezw. ihr Anfang, stets des jüngsten Alters. Mithin können auch diese erst flache Senke und ihr Gehänge nur jung alluvialen Alters sein. An diesem Gehänge aber, welches in diluvialer Zeit noch gar nicht bestand, denn das Thal war damals noch gar nicht vorhanden, liegt unser Tuff. Folglich kann letzterer nicht etwa in diluvialer Zeit durch Eis oder Wasser an das Gehänge angeschwemmt worden sein. Noch weniger aber kann er bereits in tertiärer Zeit von einem benachbarten Vulkane, etwa dem Authmuthbölle aus, durch die Luft hierher auf das Gehänge geschleudert worden sein. In alluvialer Zeit endlich gab es weder Vulkanausbrüche, noch Gletscher, noch so grosse Wasserfluten; mithin kann der Tuff auch in dieser jüngsten Zeit nicht erst an den Abhang verfrachtet worden sein. Diese Überlegungen zeigen, dass der Tuff unmöglich an das Gehänge angelagert sein kann. Sein Auftreten am Abhange eines Thalabschnittes jüngster Entstehung, während er selbst älter ist, beweist vielmehr unwiderleglich, dass er früher an dieser Stelle lag als die Senke, dass er also durchgreifende Lagerung besitzt, einen Gang bildet. Um das aber nicht nur durch Schlüsse, sondern auch durch direkte Beobachtung zu beweisen, liess ich im Wegeinschnitte neben der Strasse ein Bohrloch stossen. Dasselbe wurde etwa 4!/, m über dem tiefsten Punkte der Senke angesetzt; leider durfte ich in der Senke selbst nicht bohren. Es ergab auf die Tiefe von 6'/, m stets vulkanischen Tuff. Dieser ist mithin noch auf 2 m unter das Tiefste der Thalsohle hinab verfolgt. Das aber ist nur dann möglich, wenn er einen in die Tiefe hmabsetzenden Gang bilde. Am süd- lichsten Ende des Tuffvorkommens liegt dasselbe bereits fast auf gleicher Höhe mit der Thalsohle, da die Senke hier ganz flach ist. Hier wäre ich mit dem Bohrloche an 5 m unter die Sohle gekommen, ich durfte aber im Acker nicht bohren. Nach dem oben Gesagten gehört dieses Vorkommen in der Sulzhalde ganz demselben Typus an, wie diejenigen am Authmuth- bache No. 100, am Scheuerlesbach No. 123 und bei Scharnhausen No. 124. Wir haben ein geologisch junges Thal, welches in Unteren Braun-Jura, Unteren Lias oder Oberen Keuper einschneidet. An dem einen Gehänge, gewissermassen an dasselbe angeklebt, erscheint Tuff. Dieser letztere ist aber nicht an die Thalwand angelagert, sondern er bildet einen Gang. Von der Thalseite her ist derselbe bereits freigelegt; hier ist das Nebengestein, in welchem der Gang aufsetzte, durch die Thalausfurchung abgeschält. An der Gehängeseite dagegen ist es noch vorhanden. Bei Kohlberg wird diese Gangnatur durch das Auftreten von Basalt erwiesen; im Scheuerlesbache durch Kontakt- metamorphosen; hier in der Sulzhalde durch Bohren. Bei allen zusammen noch durch das Niedersetzen des Tuffes in die Thalsohle, welche weder zu miocäner noch auch zu diluvialer Zeit bereits in ihrer jetzigen Tiefe vorhanden gewesen sein kann. Der Tuff in der Sulzhalde besitzt die gewöhnliche Beschaffen- heit; er ist massig, enthält aber nur kleine Stücke von fremden Gesteinen. Weiss-Jura bildet die Hauptmasse derselben, viele im dunkelgebrannten Zustande; Öd und & dürften bemerkenswerterweise fehlen, & ist wohl sicher vorhanden. Ausser diesen ist erwähnens- wert Keuperthon, Keupersandstein, feuerroter Sandstein wie am Kräuterbuckel No. 116, und vor allem Muschelkalk. Letzterer ist deswegen so wichtig, weil er mit noch einer Ausnahme, des soeben besprochenen Kräuterbuckels No. 116, in keiner anderen unserer so zahlreichen Tuffmassen bisher gefunden worden ist. Schon Derrner hebt dieses Fehlen hervor und sagt, dass in der Sulzhalde „zum erstenmale ein dem Muschelkalk ähnliches Ge- stein in ziemlicher Menge“ sich einstellt. Dieses bedingt Ausgesprochene hat volle Richtigkeit. Es kommt wirklich Muschelkalk hier vor. Nicht nur liegt er in dem Aufschlusse an der Tagesfläche, sondern wir haben ihn auch erbohrt. Das ist hervorzuheben. Denn oben auf der Höhe, bei der Burgstelle von Liebenau, findet man im Fluss- schotter gleichfalls Muschelkalk. Man könnte daher immerhin das am Wege, auf und selbst in dem Tuffe, gefundene Muschelkalkgestein für aus diesem Kiese stammend und nur heruntergefallen halten wollen. Im Bohrloche ist indessen sein Vorkommen keinem Zweifel ausgesetzt. Im dem benachbarten Kräuterbuckel No. 116 zeigte sich in gleicher Weise im Bohrloche Muschel- und zwar dort Trochitenkalk. Da nun dieses Gestein in allen übrigen unserer Tuffe fehlt, an diesen beiden Punkten aber auftritt, so ist es wahrscheinlich, dass in der — Mm 9 — Tiefe unseres Gebietes der Muschelkalk von N. her nur bis in diese Gegend, der Sulzhalde und des benachbarten Kräuterbuckels, zieht, im übrigen aber fehlt. So ergiebt sich durch Lagerung und Bohrung für den Tuff in der Sulzhalde, dass er einen Gang bildet, welcher jetzt ausLias «heraustritt. Als erdurch einen hier erfolgten Ausbruch entstand, befand sich an dieser Stellenoch die Alb. Dieselbe dehnte sich also, mindestens mit ihrer @- und -Stufe, hier bisan dasrechte Neckar- ufer hin aus. In der Tiefe ist hier, nahe dem letzteren, der Muschelkalk noch vorhanden; weitersüdlich dürfte er fehlen. 118. Der Maar-Tuffgang des Höslensbühl im Humpfenthale, S. von Nürtingen. Wie die Gänge in der Sulzhalde No. 117 und im Kräuter- buckel No. 116, so liegt auch der jetzt zu besprechende nahe dem Neckar. Es sind dies die drei diesem Flusse am meisten genäherten Tuffgänge. Wir finden den hier in Rede stehenden am Höslensbühl kaum 1'/, km südlich der Stadt Nürtingen, und 4—5 km nord- östlich von jenen beiden soeben genannten anderen. Der von S. herkommende Humpfenbach gabelt sich an dieser Stelle, so dass er nun zweiarmig dem Neckar zufliesst. In der Gabelungsstelle, d. h. am vordersten Ende der, zwischen beiden Gabelzinken liegenden Liaszunge, befindet sich das Tuffvorkommen. Die Verhältnisse sind also ganz dieselben wie beim Authmuthbölle No. 115; nur dass dort der Aufschluss, entsprechend der grösseren Tiefe des Thal- einschnittes, ein viel grösserer ist. Das folgende Profil giebt eine Anschauung der Sachlage. Man sieht, die Liasfläche ist mit Neckarschotter und Lehm bedeckt, wie in der benachbarten Sulzhalde No. 117; der Humpfen- bach ist in diese Fläche eingeschnitten, ebenso wie das dortige Thal. Das SO.-Gehänge zeigt von oben bis unten aufgeschlossen den Lias £#. An dem NW.-Gehänge klebt etwas Tuff, welcher einen kleinen, in das Thal etwas hineinragenden stumpfen Vorsprung bildet. Rasen bedeckt leider den steilen Abhang, so dass hier wenig zu sehen ist. Nur kleine Granitstücke kann man auf demselben sammeln. Dass sie im Boden sehr zahlreich vorkommen, zeigt ein oben am Abhange gezogener Graben. Welcher Art dieser Boden aber ist, verrät sich erst, sowie wir den steilen Abhang erstiegen haben. Oben — M— auf der sanft gewölbten Fläche nämlich ist der Tuff unverkennbar. In diesem erscheinen ausser dem Granite noch Weiss-Jurakalke, jedoch nur in kleinen Stücken, zum Theil gerötet. Sodann Bonebed-, Stuben- und Schilfsandstein, also fast alle harten Gesteine des Keupers. Keines dieser Stücke war gerollt; ich muss das hervorheben, da von dem auflagernden Flussschotter her sich auch einzelne Gerölle beimischen und man glauben könnte, ich habe diese Bestandteile des Schotters irrtümlicherweise für solche des Tuffes gehalten. Diluv.Lehmmit Nas= == Sun. Höslenshühl Fig.94. Dass auch hier ein in die Tiefe setzender Gang von rundlichem Durchmesser vorliegt, wird durch die Analogie der Verhältnisse mit anderen sicher erwiesenen Gängen unseres Gebietes völlig zweifellos. Der Tuff setzt ja auch bis in die jugendliche Thalsohle hinab. Illf. Die im Vorlande der Alb, zwischen Erms und Echaz gelegenen Maar-Tuffgänge. In diesen Abschnitt des Geländes fällt nur die kleine Zahl von zwei vulkanischen Punkten, welche zudem beide dem Steilabfalle der Alb ganz nahe liegen. Es sind das der Schafbuckel und das Rangenbergle, beide auf Blatt Urach an dessen nordwestlicher Ecke zwischen Neuhausen und Eningen gelegen. Der erstere aus Braun- Jura £, das letztere aus Oberem Braun-Jura zu Tage tretend. Weiter nordwärts gegen den Neckar zu, auf Braun-Jura & und der grossen Liasfläche, ist bisher in diesem Abschnitte des Geländes kein einziges vulkanisches Vorkommen bekannt. Wir sehen mehrfach — in der Sulzhalde No. 117, am Authmuthbache nordwestlich von Kohlberg No. 100, im Scheuerlesbache No. 123, bei Scharnhausen No. 124 — wie sich hier kleine Tuffmassen an die eine Seite eines Thalgehänges anschmiegen und zum Teil von oben her mit herab- gespültem Verwitterungsschutt verhüllt werden. Es ist daher gar nicht unmöglich, dass in diesem mehr gegen den Neckar hin ge- — 45 — legenen Teile unseres Geländeabschnittes noch weitere Tuffvorkommen unter solchen herabgespülten Massen verborgen liegen. 119. Der Maar-Tuffgang des Schafbuckel, SSW. von Neuhausen. Die geologische Karte von Württemberg giebt 2 km südsüd- östlich von Neuhausen ein basalttuffähnliches Vorkommen an; in den Begleitworten findet es keine Erwähnung. An demselben lässt sich jedoch zweifelloser Tuff und zwar an verschiedenen Stellen nachweisen; daher ist der Punkt auf beiliegender Karte entsprechend geändert eingetragen worden. Wenn man von Neuhausen aus den Lauf des Tiefenbaches aufwärts verfolgt, so trifft man in der Nähe der hier in Rede stehenden Gegend auch eine Stelle, an welcher der Bach sich gabelt, an welcher also ein Nebenbach in ihn eimmündet. Nicht an dem Vereinigungs- punkte der beiden Zinken, wie der letztbesprochene Höslens- bühl No. 118, sondern mitten zwischen denselben liegt unser vulkanischer Punkt. Er stellt also einen, von S. nach N. etwas gestreckten Rücken dar, welcher aus der Fläche des Unteren Braun-Jura durch zwei südnördlich fliessende Bäche herausgeschnitten wird. Das Haupt- thal, der Tiefenbach im W., hat sich tiefer, bis auf das « hinab eingegraben; das Nebenthal im O., weniger tief, letzteres bleibt daher im £, Fig. 95. Auf solche Weise fällt der Schafbuckel nach W. hin steil ab, nach ©. hin sanfter. Auf der W.-Seite ist das Neben- gestein des Tuffganges, der Braun-Jura #, bis auf die Thalsohle hinunter abgeschält; der Tuff liegt hier also ganz frei und reicht fast bis auf den jugendlichen Thalboden hinab. Auf der O.-Seite dagegen reicht das Nebengestein noch viel höher am Tuffe in die Höhe. Das obige Profil giebt ein Bild dieser Verhältnisse. Während der Schafbuckel von W. nach O. durchschnitten das obige Bild gewährt, würde ein Schnitt von S. nach N. uns einen etwas langgestreckten, viel sanfter gewölbten Hügel erkennen lassen. Aber nicht die ganze Länge des zwischen den beiden Bächen dort gelegenen Hügels besteht aus Tuff, sondern nur der mittlere Teil; das vordere und hintere Ende dagegen aus Braun-Jura #. Der Gegensatz zwischen dem thonigen Boden des letzteren und dem Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894, 60 — 6 — schüttigen, lockeren des vulkanischen Gesteines lässt die Grenzen beider ziemlich scharf erkennen; nicht nur oben auf dem Rücken ist das der Fall, sondern auch am W.- und O.-Abhange hinab. Es kann nach solcher Lagerungsweise des Tuffes kein Zweifel darüber sein, dass er auch hier.nichteine angelagerteMasse,sonderneine demJuraeingelagerte, ihn senkrecht durchsetzende, bildet. Der Tuff enthält keine grossen Weiss-Jurablöcke, es zeigen sich nur kleinere Stücke, bis d hinauf. Viele derselben sind gerötet. Von anderen Fremdgesteinen sind erwähnenswert: Stubensandstein, roter Keuperthon und ein Stückchen Granit. 120. Der Maar-Tuffgang des Rangenbergle. Ein von W. nach O. langgestreckter vulkanischer Berg erhebt sich nördlich der Stadt Eningen bis zu 588 m Meereshöhe und etwa 70 m über der an seinem Fusse vorbeiführenden Chaussee. Rangenbergle wird er genannt, obgleich ihm bei seinem bedeutenden Umfange dieses Diminutiv viel weniger zukommt als anderen unserer vulkanischen Berge. Dieses Vorkommen liegt auf Oberem Braun-Jura, noch nicht 1 km vom Fusse der Alb entfernt. Wie so häufig, so besteht auch hier nicht etwa der ganze, 70 m hohe Berg aus vulkanischem Ge- steine, sondern der Sockel wird gebildet durch Juraschichten und diese erst tragen einen von W. nach O. langgezogenen Aufsatz von Tuff. Betrachtet man diesen im Profil von N. oder S. her, so er- giebt sich folgendes Bild: Das östliche Ende des Berges erhebt sich schnell zu einer höchsten Spitze. Von dieser aus zieht sich der Rücken nach W. hin in Gestalt eines weniger hohen abgestumpften Grates, welcher grosse Weiss-Jurablöcke trägt. Dieselben gehören dem d und &e an; Stufen, die auch heute noch ganz in der Nähe oben auf der Hochfläche der Alb anstehen. Der jurassische Sockel des Berges wird als Acker benutzt, der Tuffaufsatz liegt unter einer Rasendecke; die Äcker reichen jedoch mit ihrem oberen Ende noch in das vulkanische Gebiet hinein. Das ist insofern von Bedeutung, als dadurch Aufschlüsse im Tuff erzeugt werden, welche sich rings um den ganzen Berg herumziehen. Auf der Grenzlinie zwischen dem festen, rasenbedeckten Gebiete und dem durch Acker gelockerten entsteht nämlich, da letzterer all- mählich abgeschwemmt wird, ein kleiner Steilabfall, ein Anschnitt des Tuffaufsatzes. Mit Hilfe dieses kann man sich an einer ganzen — AMT — Anzahl von Punkten überzeugen, dass das unter dem Rasen und Weiss-Juraschutt verborgene Gestein wirklich überall aus Tuff besteht. Wie so häufig bei unseren, unten aus Jura, oben aus Tuff be- stehenden Bergen, so zieht sich auch hier der Tuff an einer Flanke, in diesem Falle der südlichen, tiefer hinab als an den anderen, den W.- und N.-Flanken. An letzterem liegen daher die Äcker bis an ihr oberes Ende auf Braun-Juraboden, auf der südlichen dagegen mit ihrem oberen Teile auf Tuffgebiet. Auf solche Weise erhält man auch hier, wie z. B. beim Metzinger Weinberg No. 102 und anderen, den Eindruck, als sei ein Juraberg mit schräg abgeschnittener Oberfläche vorhanden gewesen, auf welche schiefe Ebene dann später der Tuff aufgelagert wurde. In Wirklichkeit aber liegt sicher auch hier ein senkrechter Tuffgang vor, dessen Kopf oben aus dem Jura- berge herausschaut und von dessen südlicher Wand der Jura durch die Erosion bereits tiefer abgeschält ist als von den anderen. Der direkte Beweis wäre in diesem Falle nur durch Bohren zu erbringen. Der Umriss dieses Vorkommens, also der Querschnitt des Ganges, ist ein ungefähr ovaler; er scheint mir weniger breit zu sein als auf der geologischen Karte von Württemberg angegeben ist; ich trug ihn dementsprechend verändert in die hier beigefügte Karte ein. Eine genaue Aufnahme aber ist in diesem Falle wie in vielen anderen überhaupt nicht möglich, so lange nicht eine topographische Karte in grösserem Massstabe und mit Höhenkurven zu Gebote steht. Unter den im Tuffe des Rangenbergle erscheinenden Fremd- gesteinen sind besonders hervorzuheben: Keuper, Thon, Schilfsand- stein, Bonebedsandstein, Buntsandstein, vor allem aber altkrystalline Massengesteine, besonders Granit. Diese treten hier in so bedeu- tender Zahl auf, wie das nur noch am Florian No. 101 und dem Höslenbühl No. 118 der Fall ist. Illg. Die im Vorlande der Alb zwischen der Echaz und der Wiesaz gelegenen Maar-Tuffgänge. Auch in diesem Abschnitte des Geländes erscheint, wie im vorigen, nur eine kleine Zahl vulkanischer Vorkommen, nämlich nur eine dreifache: Der Georgenberg und der Gaisbühl, beide etwa 2 km südlich von Reutlingen, liegen noch auf Braun-Juragebiet; der Gang am Scheuerlesbache, 4 km westsüdwestlich von Reutlingen auf Lias #- und y-Gebiet. Mit diesem letzteren Punkte endet die grosse Zahl der Tuffgänge im Vorlande der Alb, welche wir von O. her verfolgt haben. Zwar befindet sich südwestlich von diesen drei Punkten noch 60* _— Mi — die Weiss-Juraschuttmasse des Kugelberges (No. 30 der „basalt- tuffartigen Gebilde“); doch ist mir bei diesem die vulkanische Her- kunft eine sehr fragliche. Alle hier in Rede stehenden Punkte liegen auf Blatt Tübingen. 121. Der Maar-Tuffgang des Georgenberges, S. von Reutlingen, Wie ein Riese neben einem Zwerge, so erheben sich im 8. von Reutlingen, der Alb vorliegend, nebeneinander zwei vulkanische Punkte: Der Georgenberg mit 601 m und der Gaisbühl mit 425 m Meereshöhe; ersterer also um 176 m höher aufragend, dabei un- gemein viel breiter als letzterer, welcher überhaupt nur eine kleine Bodenanschwellung darstellt. Von N. her betrachtet gewährt der Georgenberg einen statt- lichen Anblick, denn sein spitzer Kegel erhebt sich ungefähr 200 m en von =, 5.0.her = Fig.96. * hoch über die Thalfläche der Echaz bei Reutlingen. Wie bei dem Florian No. 101 und anderen Vulkanbergen der Gruppe von Urach, so erweckt auch hier die ausgezeichnete Kegelform die falsche Vor- stellung, dass der ganze Berg aus vulkanischem Gesteine bestände. Das ist aber hier wie dort ein Irrtum, denn hier wie an vielen anderen Punkten unseres Gebietes besteht der ganze breite Sockel des Kegels aus sedimentären Schichten, in diesem Falle Braunem Jura «, ß, y; und nur der obere Teil des Berges, seine Kappe, ist durch Tuff gebildet. Dieser sedimentäre Sockel des Berges ist jedoch durch die Erosion nicht rings herum, nicht an seinem ganzen Umfange heraus- gearbeitet worden. Nach S. vielmehr hängt dieser jurassische Unter- bau mit den dortigen, aus Braun-Jura «, #, y bestehenden Höhen zusammen, wie Fig. 96 zeigt. Der Georgenberg bildet also nur einen — 949 — nach N. vorspringenden, kugelknopfförmigen Sporn dieser Höhen, welcher mit einer spitzen Kappe von Tuff gekrönt ist. Also ganz dieselben Verhältnisse wie beim Florian und anderen. Nähert man sich daher dem Berge von diesen Höhen von S. her, so hat man an Stelle des 200 m hoch aufragenden Kegels nur einen etwa 60 m hohen vor sich. Besteigt man den Berg von dieser S.-Seite her, so liegen an der nach Pfullingen gerichteten östlichen Flanke desselben hart über dem Braun-Jura y Kalke und Mergel von Weiss-Jura «. Dies sind jedoch nicht anstehende, sondern zerrüttete dislocierte Schichten ; denn diese ganze S.-Flanke ist, wie die östliche auch, bis zum Gipfel hinauf von einer aus Weiss-Juragesteinen verschiedener Stufen be- stehenden Schuttdecke überzogen, den Überresten der den Tuffgang umgebenden Alb. Während der Weisse Jura « allein in dieser Ge- gend eine Mächtigkeit von ungefähr 100 m besitzt, finden sich hier auf der nur 60 m betragenden Erhebung über dem Braun-Jura y Reste des Weiss-Jura & bis hinauf zum &!. Nur ganz oben am Gipfel tritt hier der Tuff unter dieser Schuttdecke hervor. Mit völliger Sicherheit ist aber wohl anzunehmen, dass er unter dieser auch im Innern des Kegels liegt. Wenn man an der genannten S.-Seite des Kegels oben auf dem Braun-Jura y steht, so sieht man sowohl auf der östlichen als auch auf der westlichen Seite des Kegels einen Weg um den Berg herumlaufen. Dieser Weg ist bald breiter, bald schmaler, zwar hebt und senkt er sich abwechselnd, aber ganz ungefähr bleibt er doch in diesem selben Niveau des Braun-Jura y. Beginnen wir die Wan- derung auf diesem Wege an der östlichen Seite?, so zeigt sich, dass auch die O.-Flanke des Berges dicht mit Weiss-Juraschutt bedeckt ist, wie das in Fig. 96 angedeutet ist. Sowie wir dagegen auf die N.-Seite des Berges umgebogen sind, so zeigt sich bald anstehender Tuff in der Höhe des Weges über Braun-Jura #. Dasselbe Bild aber erhalten wir beim Weiterwandern auf der W.-Flanke, wie Fig. 97 zeigt. Die Ursache dieser Erscheinung liegt offenbar im folgenden: An der N.- und W.-Seite ist der Georgenberg tief erodiert, seine Flanke senkt sich über 200 m tief bis auf die unteren Schichten des Braun-Jura @ hinab. Es ist daher an dieser Flanke längst die, einst- ! Ein kleiner Aufschluss im Weinberge an der mehr westwärts gelegenen Seite lässt über dem Braun-Jura y noch Thone erkennen, welche vielleicht der nächsthöheren Braun-Jura-Stufe angehören könnten; doch ist das ganz unsicher. ® Hier kommt er von unten herauf. — 950. — mals auch hier vorhanden gewesene, Decke von Weiss-Jura-Schutt durch die tiefe Erosion abgetragen worden, da der Decke die Fuss- stütze genommen wurde, auf der sie auflag. So wurde hier der Tuff an eimer Anzahl von Stellen, mit XX bezeichnet, freigelegt. An den anderen Seiten, namentlich im S. und SO., dagegen ist der Berg noch nicht so tief und steil abfallend herausgearbeitet worden. Braun-Jura y und £ bilden hier noch einen Sockel, auf dem jene Schuttdecke ein Widerlager findet und sich auf solche Weise länger erhalten konnte. So kann man diese Verhältnisse erklären. Möglicher- weise aber könnte sich an dieser N.- und W.-Flanke von Anfang an keine Schuttdecke gebildet haben. S. später den Abschnitt „die Beschaffenheit der Tuffe, der Schuttmantel“. Während der Tuff, bezw. wenigstens die ihn verhüllende Schutt- decke, rings um den Berg vom Gipfel aus ungefähr bis auf das :Q) SEK 7 N N. BEIEHS ER, 8° —RrBark 3323 is En: fe el ee See an .— Niveau von Braun-Jura 7 und oberen # hinabgeht, so zieht sich der Tuff an der NW.-Seite in Gestalt einer Zunge, Fig. 97, tiefer hinab. Auch hier wieder würde man, wie beim Egelsberg No. 79 und ande- ren Fällen, daran denken können, dass der auf den Braun-Jura $ und y lediglich aufgelagerte Tuff an dieser Stelle infolge von Erosion von oben nach unten tiefer hinabgespült worden sei. Ich kann freilich das Unrichtige einer solchen Deutung nicht durch Aufschlüsse erweisen; diese fehlen leider. Nach Analogie mit zahlreichen anderen unserer Tuffvorkommen aber sehe ich in dem Tuffkegel des Georgenberg auch die obere Spitze eines Ganges von rundlichem Querschnitte, welcher im Braun-Jura aufsetzt, also im Innern des Braun-Jura-Berges in die Tiefe niedersetzt, mithin von einem Braun-Jura-Mantel umgürtet wird. An der genannten Stelle, Fig. 97, aber ist dieser Mantel bereits tiefer abgetragen: daher schaut — 9 — hier auch der bis zu grösserer Tiefe freigelegte Tuffgang in Gestalt einer sich hinabziehenden Zunge hervor. Nahe dieser Stelle ist der Tuff abermals an diesem Wege auf- geschlossen. Es zeigt sich hier die bemerkenswerte Erscheinung einer zarten Schichtung des Tuffes. Die letztere ist jedoch an- scheinend weniger durch verschiedene Korngrösse als durch abwech- selnde Färbung hervorgerufen. Es macht das daher weniger den Eindruck, als sei hier Wasser mit im Spiele gewesen, wie man das z. B. bei den dicken Bänken geschichteten, sehr festen Tuffes an- nehmen muss, welche hoch oben auf dem Jusiberge No. 55 anstehen. Die Schichtung erzeugt vielmehr eher die Vorstellung, als sei sie lediglich durch das Niederfallen der Aschenmassen entstanden, welche bei dem Ausbruche in die Luft geschleudert wurden. Dieser Ein- druck wird noch weiter dadurch verstärkt, dass die Schichten nicht etwa horizontal liegen, wie das bei der sonst ungestörten Lagerung ihrer Unterlage, des Braunen Jura, und bei einem Absatze aus Wasser zweifellos der Fall sein müsste. Sie fallen vielmehr mit etwa NNO.-Richtung, also noch in den Berg hinein. Man kennt derartige Schichtung an subaörischen Tuffen ja als häufige Erschei- nung auch bei heutigen Vulkanen; sie zeigt sich übrigens, ebenfalls in den Berg hineinfallend, am Fusse des soeben erwähnten Jusi- berges No. 55, und zwar in dem kleinen, verlassenen Bruche, welcher oberhalb Kappishäuser an der W.-Seite des Berges liegt!. 122. Der Maar-Tuffgang des Gaisbühl, SW. von Reutlingen. Etwas mehr als 1 km westlich von dem soeben besprochenen Georgenberg No. 121 liegt der dort bereits erwähnte zweite vul- kanische Punkt beim Gaisbühlhofe. Hier schaut der Tuff, nicht wie dort, aus Braun-Jura & und y hervor, sondern nur aus unterem «. Da nun zugleich die Tuffmasse nur eine ganz geringe Erhebung bildet, so ist die Höhe des Gaisbühls um 178 m geringer als die- jenige des Georgenberges. Schaut man nun hinüber zu dem nahen hochaufragenden Ge- orgenberg und dann zurück auf dieses armselige Tuffvorkommen, so drängt sich unwillkürlich der Gedanke auf, dass man im Georgen- berg die Ausbruchsstelle zu suchen habe, von welcher einst der Tuff zum heutigen Gaisbühl hinübergeschleudert worden wäre. Auch möchte man eine Unterstützung solcher Auffassung in der Thatsache ' Es ist hier nicht etwa der grosse, weiter nach S. gelegene Bruch ge- meint, welchee sich fast bis an den Gipfel hinaufzieht. —= 392. finden, dass auf dem Georgenberg viel schwere Weiss-Jura-Blöcke liegen, während hier nur kleine Brocken dieses Gesteines im Tuffe stecken. Indessen zwei verschiedene Beweise lassen sich anführen, aus welchen hervorgeht, dass der Gaisbühl einen selbständigen Ausbruchs- punkt bildet. Zunächst sind es die Lagerungsverhältnisse, welche dafür sprechen. Der Hügel besteht nämlich keineswegs ganz aus Tuff, sondern umgekehrt wesentlich aus Braun-Jura @. Nur derjenige Teil des Berges, welcher an den von W. her auf den Hof führenden Weg stösst, zeigt Tuff. Letzterer zieht sich nur bis an den vor dem Hause liegenden Garten heran, wird auch rechts und links wieder von Braun-Jura-Thon flankiert. Wir haben also einen im Braun- Jura aufsetzenden Tuffgang vor uns, wie das untenstehende Skizze erkennen lässt. Auf solche Weise steht von dem kleinen Bauernhofe, welcher auf dem Hügel erbaut ist, der Kuhstall auf Tuff, das nahe dabei liegende Wohnhaus auf Braunem Jura. Bereits durch solche Lagerung wird es uns klar, dass der Tuff hier nicht etwa an eine aus Braun-Jura bestehende Bodenerhebung angelagert oder auf dieselbe aufgelagert sei, sondern dass er in einem den Braunen Jura senkrecht durchsetzenden Ausbruchskanal liege. Dadurch, dass hier, hart am Wege, eine Grube im Tuff eröffnet ist, wird das zur vollsteni Gewissheit; denn sie zeigt uns, dass der Tuff in die Tiefe hinabsetzt. Diese Grube giebt aber noch eine weitere Bestätigung dessen, dass dieses kleine, unscheinbare Vorkommen ein selbständiger Aus- bruchspunkt ist: In dem Tuffe taucht nämlich, aus der Tiefe herauf- kommend, die oberste Spitze eines Basaltganges auf. Man hat ver- sucht, denselben als Strassenmaterial zu gewinnen. Wegen des zu grossen Abraumes ist jedoch der Abbau des Basaltes bald wieder aufgegeben worden. Da nun von den Seiten her der Tuff unablässig in die Grube abbröckelt, so ist bereits jetzt der Basalt fast ganz von demselben verdeckt. Nur noch das zerklüftete und zersetzte Ausgehende des Ganges ragt heraus, so dass vielleicht bald jede sichtbare Spur des Basaltes hier verschwunden sein wird. Mög- ı Herr Professor Dr. Krimmel aus Reutlingen erinnerte sich, dass beim Ausschachten des Kellers dieses Hauses Braun-Jura gefördert worden war; und in der That liessen sich bei einer gemeinsamen Exkursion noch jetzt in dem sogen. vorderen Keller die dunklen Thone desselben als anstehend erkennen. — 953 — licherweise setzt sich der Gang nach S. in den dortigen Acker hinein fort. Das Streichen des anscheinend saiger stehenden, etwa 6—7 Fuss mächtigen Ganges ist ungefähr ein südliches; doch dreht sich die Streichungsrichtung ein wenig. In der Tiefe ist der Basalt so fest, dass er geschossen werden musste. Am Ausgehenden aber zeigt er eine unregelmässige plattenförmige Absonderung, welche gleichfalls saiger steht, so dass die Platten dem Salbande N. parallel verlaufen. Da eg, jedoch eine jede Platte ALL la RN WW = ZI N wiederum vonzahlreichen Quersprüngen durchsetzt wird, so ist das Gestein hier völlig zerklüftet und zerfällt in kleine Stücke. Irgendwelche Kontakt- wirkung auf den Tuff scheint der Basalt hier oben, am schmalen Aus- gehenden des Ganges, nicht ausgeübt zu haben. Durch Lagerung == yon Bräikra-Thon ! wie durch das Auf- & Be treten des Basaltes Bohrleh !==72— in diesem Tuffvor- kommen ist also auch für letzteres der Beweis gelie- fert, dass der Tuff Gaisbeihl an Ort und Stelle Fig3. durch einen Aus- bruch entstanden ist; zu einer Zeit, in welcher sich hier die Alb befand. ; Südlich von dieser Tuffgrube dehnt sich, jenseits des Weges, der zum Gehöft gehörende Acker aus. Derselbe ist thoniger Natur, Juraboden. Wie die obige Skizze aber zeigt', tritt hier an fünf ‘ Bei derselben ist der Gaisbühl nur schematisch als Berg angegeben, nicht mit genauer Wiedergabe des Geländes. verschiedenen, peripherisch um dies Gebiet von Braun-Jurathon ge- legenen Stellen der Tuff zu Tage. Für die Deutung dieser Er- scheinung ist es bemerkenswert, dass diese fünf Stellen sich nicht an beliebigen Orten mitten im thonigen Acker, sondern am äusseren Rande desselben finden; da nämlich, wo die ebene Fläche desselben abfällt zu der klemen Niederung, von welcher sie um- geben ist. Eine solche Lagerung erinnert in auffallender Weise an die- jenige, welche sich häufig in diluvialen Schichten findet. Auch hier zeigt sich an zahlreichen Orten diluvialer Schotter überlagert von Lehm. In der Mitte der ebenen Flächen ist ersterer vollständig unter der Lehmdecke verborgen. Am Rande derselben aber, da wo sie in die Thäler abfallen, tritt allerorten der Schotter, gewisser- massen an der blankgescheuerten Kante, hervor. Genau so ist es hier. Darum musste ich annehmen, dass der Braun-Jurathon auf dem Acker nicht ein Verwitterungsboden dort anstehenden Juras ist, sondern dass er auf dem in der Tiefe an- stehenden Tuffe nur eine Decke von Verwitterungslehm bildet, welche von oben, d. h. den südlich gelegenen Höhen her, abgeschwemmt wurde. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Voraussetzung liess sich leicht durch Bohren bezw. Graben führen. Der betreffende Acker ist von S. nach N. etwa 260 Schritte lang. In der Mitte der Länge wurde an zwei von einander entfernten Stellen gegraben und mit 1'/, bezw. 2 m Tiefe in beiden Fällen unter der Lehmdecke zweifelloser Tuff gefunden. Mithin dehnt sich der Tuff vom Gehöfte des Gaisbühls an über die ganze Länge dieser Ackerfläche aus. Dem- entsprechend habe ich auf der hier beigegebenen Karte nur einen einzigen grossen Tuffgang eingezeichnet; die geologische Karte von Württemberg dagegen giebt drei verschiedene Tuffflecke, getrennt, durch anstehenden Braun-Jura. So ergiebt sich nun, dass unser Tuffgang am Gaisbühl, der so armselig erscheint, in Wirklichkeit emen ganz ansehnlichen Durch- messer besitzt, welcher demjenigen des Georgenberges kaum oder wenig nachsteht; denn auch auf das linke Ufer des dortigen Baches greift der Tuff noch hinüber, wie ein Aufschluss an der Böschung des Grabens erkennen lässt. Fig. 98 deutet auf solche Weise den Umfang des Ganges an, macht aber durchaus nicht den Anspruch, denselben richtig wiederzugeben. Es ist eine flüchtig im Felde gemachte Skizze, die Verhältnisse sind daher ungenau. 0 123. Der Maar-Tuffgang am Scheuerlesbach, W. von Reutlingen. Zwischen Reutlingen und Ohmenhausen, nahe der Schieferöl- fabrik, liegt am Scheuerlesbach ein sehr mangelhaft aufgeschlossenes Tuffvorkommen. Schon QuEnstept thut desselben kurz Erwähnung, indem er sagt, dass durch die von Füchsen aus ihrem Bau herauf- gebrachte Erde das Dasein des Tuffes sich verrate. Auf der geo- gnostischen Karte! ist dementsprechend auch basaltischer Tuff an dieser Stelle angegeben. Man stelle sich ein kleines Bachthal vor. Das linke Gehänge niedrig, flach, mit Feldern bedeckt, aus Unterem Lias bestehend; das rechte höher, steil, bewaldet, aus Unterem und Mittlerem Lias bestehend, welcher jedoch auf einer kurzen Strecke mit vulkanischem Tuffe bedeckt ist. Die Feststellung des wirklichen Lagerungsverhält- nisses ist mit Schwierigkeiten verknüpft, weil dichter Wald den steilen, aus Tuff bestehenden Abhang des Bachthales verhüllt und weil der Tuff zudem noch durch die von oben herabgespülte Ver- witterungserde des Lias verdeckt wird. Es ergiebt sich aber doch das Folgende: Vulkanischer Tuff findet sich nur auf dem rechten, waldbedeck- ten Gehänge. Trotz der Bewaldung lässt sich hier aus der Boden- gestaltung von vornherein genau ersehen, wie weit sich der Tuff am Gehänge entlang zieht. Letzteres ist nämlich steil abfallend, solange es aus Tuff gebildet ist; es wird jedoch sofort flacher, sowie an Stelle des vulkanischen Gesteines der Lias tritt. Dieses sanft Ge- neigte des Thalrandes verrät denn auch schon von weitem, dass auf dem linken Ufer nur Lias ansteht. Da, wo das rechte Thalgehänge frei von Tuff ist (ich meine thalauf- und thalabwärts vom Tuffvorkommen), ist dasselbe in der unteren Hälfte aus Lias 5, in der oberen aus Lias y aufgebaut. Der letztere bildet denn auch oben auf dem Plateau den Acker. Auf einer Erstreckung von etwa 160 Schritt ist nun dieses rechte Ge- hänge, wenn ich so sagen darf, mit einer dicken Kruste vulkanischen Tuffes belegt, welcher durch seine grössere Härte hier die Steilheit des Abfalles bedingt. Der Tuff beginnt thalaufwärts da, wo ein kleiner Wasserriss, etwa senkrecht zum Scheuerlesbach-Thal hinab- ziehend, oben an der Grenze von Plateau und bewaldetem Gehänge einsetzt. Auf der einen Seite dieses Wasserrisses steht Lias an, auf der anderen der Tuff. Dieser letztere ist freilich mangelhaft auf- ! Blatt Tübingen und Begleitworte. S. 15. — 30 or geschlossen, verrät sich jedoch teils durch den Boden, teils und vor allem aber auf seiner ganzen Erstreckung durch eine Reihe von Fuchsbauen, welche im Tuffe angelegt sind und denselben zu Tage fördern !. Thalaufwärts, d. h. nahe jenem Wasserrisse, zieht sich der Tuff von der Thalsohle an bis oben an den Plateaurand, also an der ganzen Höhe des Thalgehänges hinauf. Er bedeckt und verhüllt hier nicht nur den Lias 5%, sondern auch noch den am Gehänge Conlacl-Meta Figq.99. Tuffgang im Scheuerlesbad Fig.100. darüber folgenden Lias y. Weiter thalabwärts jedoch erreicht, wie obige Abbildung zeigt, der Tuff, weil oben abgetragen, nicht mehr das Plateau, so dass nun über ihm am Gehänge seine frühere Unter- ! Sicher hat nicht allein die grössere Weichheit des Tuffes die Tiere ver- anlasst, ihre Baue gerade hier und nicht im Lias anzulegen; denn wie der steile Abhang des Tuffes und der flache des Lias beweisen, ist der Tuff im ganzen härter als der Lias, besonders als Lias 3. Ich vermute vielmehr, dass ebenso die grössere Trockenheit des an seiner Oberfläche zu Grus zerfallenen Tuffes gegenüber den Lias-Thonen die Ursache dieser Erscheinung ist; wenngleich auch der Tuff an seiner Oberfläche zu einem sandartigen Gesteine verwittert, also das Graben begünstigt. a lage, der Lias y freigelegt ist. Dieses / lässt in bemerkenswerter Weise die Einwirkung der vulkanischen Wärme des Tuffes erkennen. Die sonst hellgrauen Mergel sind gehärtet und ganz blauschwarz geworden; die in ihnen vorkommenden Belemniten dagegen sind schneeweiss und zum Teil in krystallinen Kalk verwandelt. Schon QuENSTEDT beobachtete das an dieser Stelle. Wir haben hier also ganz dieselbe Erscheinung im Nebengestein des Tuffes, wie sich die- selbe an den, mitten im Tuffe eingebackenen Kalkstücken von Weiss- Jura bei Scharnhausen No. 124 findet, bei welchen auch der helle Kalk wegen seines Gehaltes an verkohlender organischer Substanz dunkel, die Belemniten aber weiss wurden. Wie sollen nun diese Lagerungsverhältnisse erklärt werden ? In jedem anderen vulkanischen Gebiete würde man entweder meinen, das Thal des Scheuerlesbaches sei einst von einer thalauf- und -ab- wärts verbreiteten Tuffdecke ausgefüllt gewesen, von welcher dieses Vorkommen den letzten übriggebliebenen Erosionsrest bildete. Oder man würde glauben, dass unsere kleine Tuffmasse, so wie sie ist, einst durch den Bach thalabwärts geführt und an dieser Stelle am Gehänge abgelagert worden sei. Allein ganz abgesehen von den zahlreichen Analogien in unserem Gebiete, welche sämtlich für eine gangförmige Lagerung sprechen, ist doch die oben erwähnte Kontakt- metamorphose an der Liaswand ein zweifelloser Beweis für die Gang- natur. Kalter Tuff kann eine solche nicht hervorgebracht haben. Folglich muss er aus dieser Spalte bezw. Röhre ausgeworfen worden sein und noch heiss in derselben sich abgesetzt haben. Der Quer- schnitt dieses Ganges ist ein ovaler. Die Längsausdehnung von SW. nach NO., parallel dem Bache, beträgt 160 Schritt, mehrmals so viel als die Breite. Jetzt ist letztere sehr gering, dieselbe mag aber durch die Thalbildung verringert worden sein. Vielleicht hat sich der Tuff bis an den Scheuerlesbach hin ausgedehnt, steht also in der Thalsohle unter der Wiese noch an. Aber selbst dann ist die Länge wesentlich grösser als die Breite. Sind nun aber die Gangnatur dieser Tuffmasse und ihre Ent- stehung an Ort und Stelle durch einen Ausbruch dargethan, so ist damit auch erwiesen, dass zur Zeit des letzteren einst hier die Alb sich erhob, und dass diese seitdem bis auf den Lias $ und y ab- getragen wurde. Zeuge dessen sind die zahlreichen eckigen Stücke von Weiss-Jurakalk, welche neben anderen Gesteinsbrocken auch in diesem Tuffe liegen. Wir habenalsoin dem Tuffvorkommen am Scheuer- ea lesbach einen in die Tiefe niedersetzenden Gang von Basalttuff vor uns, welcher an Ort und Stelle gebildet wurde, zu einer Zeit, in welcher sich hier noch die Alb ausdehnte. Illh. Der einzige auf dem linken Neckarufer gelegene Maar-Tuffgang. 124. Der Maar-Tuffgang bei Scharnhausen, SO. von Stuttgart. Die geologische Karte von Württemberg verzeichnet vulkanische Massen nur auf dem rechten Ufer des Neckars. Das Auffinden einer solchen auf dem linken Ufer des Flusses, zudem in weit nach N. vorgeschobener Stellung, und der Nachweis der Gangnatur dieses Tuffes müssen daher von ganz besonderem Interesse sein. Zeigt dieser Gang uns doch, dass zur Zeit seiner Entstehung die Alb noch weit auf das linke Ufer des heutigen Neckarflusses hinübergegriffen, dass sie sich mindestens bis in Gegenden erstreckt hatte, welche der heutigen Landeshauptstadt benachbart waren. Das Auffinden dieser so bemerkenswerten Tuffmasse verdanken wir dem vor Jahren in Tübingen studierenden Sohne des ehemaligen Pfarrers WUNDERLICH in Waldenbuch, sowie dem früheren Assistenten an der geologischen Sammlung der landwirtschaftlichen Hochschule zu Hohenheim, Dr. Baur. Als DerFner seinerzeit Blatt Kirchheim u. T. kartierte, in dessen nordwestlichster Ecke dieser neue Punkt abseits von allen andern gelegen ist, war derselbe jedenfalls noch nicht aufgeschlossen; andernfalls würde ihn Derrser natürlich gefunden haben. Die Stelle befindet sich 9 km südöstlich von Stuttgart, dicht bei dem königlichen Gestüt Scharnhausen. Wir befinden uns hier weit vom Fusse der Alb entfernt; Brauner Jura, Oberer und Mitt- lerer Lias, wir haben sie südwärts der Alb zu hinter uns gelassen. Nur noch Lias « deckt das Gelände. Flüsse und Bäche schneiden daher bereits in den Oberen Keuper ein. Das ist auch der Fall bei dem Kerschbach ', welcher in ungefähr westöstlicher Richtung dem Neckar zufliesst, in den er südlich von Esslingen mündet. An dem Bache liegt das Dorf Scharnhausen und am linken Thalgehänge unser Aufschluss; in der Spitze des rechten Winkels, welchen die westwärts nach Hohenheim und die nordwärts nach Ruith laufende Strasse miteinander bilden. Auf der hinten beigegebenen Karte ist dieser Punkt leicht zu übersehen. Derselbe liegt ziemlich in der Ecke links oben. ! Andere sagen Körsch. — 99 — Wie in der Sulzhalde No. 117, auf den Hengstäckern No. 112, bei dem Gaisbühl No. 122 und in anderen Fällen der herabgeschwemmte Schotter oder Braun-Jurathon den Tuff verhüllen und dem Blicke entziehen, so auch breitet hier der von oben herabgeschwemmte Ver- witterungsboden des Lias « einen Schleier über das fragliche Thal- gehänge. Da wo dieser durchsichtig genug ist, kann man bemerken, dass roter Keuperthon durchschimmert. Ungefähr 1'/;, km thal- aufwärts nahe der Mühle ist der Stubensandstein dieser Formation gebrochen und zum Bau des Stalles verwendet worden. Er muss mithin auch bei Scharnhausen in der Thalsohle, und zwar im untersten Niveau des Thalgehänges, liegen, wenn er auch dort ver- hüllt ist. Jedenfalls besteht das Gehänge wesentlich aus den über diesem Sandstein liegenden violetten Knollenmergeln Auch der Bonebed-Sandstein ist über diesem noch entwickelt. Das lehrt ein kleiner Aufschluss in dem königlichen Parke, gerade östlich von der Tuffstelle. Dort. haben wir allerdings den wenig mächtigen Bonebed- Sandstein mit schwachen Spuren eines Bonebeds. Hart darüber den Liaskalk mit Ammonites (Psiloceras) planorbis. Es besteht also sowohl thalaufwärts als auch thalabwärts von unserem Tuffe das Gehänge des Kerschthales aus Oberem Keuper. An dem Gehänge aber liegt der Tuff. Ich gebe das Profil darum so genau, um zu beweisen, dass der in Rede stehende Tuft- punkt — der einzige von allen, welcher bereits aus dem Oberen Keuper zu Tage tritt — auch wirklich im Keuper liegt; denn in der allernächsten Umgebung des Tuffes wird das durch den herab- geschwemmten Liasthon verschleiert. An diesem Gehänge ist eine kleine Grube eröffnet, deren Boden sich ungefähr 3 m über der Sohle des Kerschthales befindet. Dieser Boden liegt mithin hart über dem Niveau des Stubensand- steins im untersten Horizont der Knollenmergel, welche links und rechts in gewisser Entfernung von der Grube anstehen. Die Grube schliesst vulkanischen Tuff auf. Derselbe besitzt ganz die Breecien- struktur unserer anderen mehr südwärts gelegenen Tuffe und gleicht ihnen in jeder Hinsicht vollständig. Bezüglich der in ihm auf- tretenden Fremdgesteine ist hervorzuheben, dass altkrystalline Ge- steine bis jetzt nicht gefunden wurden. Dagegen Stubensandstein, bunte Keupermergel, Lias &, Braun-Jura «&—{, Weiss-Jura « und £. Dass y unter den von mir gesammelten Stücken auch noch ver- treten sein könnte, ist zwar nach den palaeontologischen Erfunden in den fraglichen Kalkstücken nicht unmöglich. Petrographisch — 90 °— aber sind diese letzteren so hart und splitterig, während y der Regel nach thonig ist, dass es sich sicher wohl um #-Kalke an der Grenze von $ zu y handelt. Höhere Weiss-Jurastufen dagegen liessen sich nicht finden!. Ein Teil der Weiss-Jurakalke ist dunkel rauchgrau gebrannt, Belemniten dagegen schneeweiss. Der Tuff ist ungeschichtet; an einer Stelle macht sich Neigung zu kugelförmiger Absonderung bemerkbar. Der Aufschluss hat nur eine geringe WO.-Breite am Thal- gehänge. Es lässt sich jedoch nicht angeben, ob und wie weit der Tuff sich noch westwärts am Gehänge entlang zieht; ostwärts ist das jedenfalls nicht der Fall, denn in seiner Verlängerung schimmert dort der rote Keuperboden hervor. Auch wie tief in den Abhang hinein das vulkanische Gestein sich zieht, ist nicht genau festzu- ILTIINISTETTEITFIIITIIITH Chaussee Zn Bönebed-Sandstein fl le bei Scharnhausen Fig.idt. stellen, da oben darüber der verhüllende abgeschwemmte Liasthon sich findet. Irgendwie bedeutend wird aber weder ersterer noch besonders letzterer Durchmesser sein. Wir finden also nur ein höchst arm- seliges Fleckchen Tuff, angeklebt an das Thalgehänge. Gerade hier ist die Frage nach der Herkunft und der Lage- rung dieses vulkanischen Gesteines wichtiger, als bei unseren an- deren Tuffpunkten; denn die Schlüsse, welche wir hinsichtlich der früheren Ausdehnung der Alb, sowie in anderer Beziehung aus den Tuffen ziehen, erreichen in diesem nördlichsten Vorposten der letz- teren ihren Gipfelpunkt. Liegt hier bei Scharnhausen in diesem kleinen Tuffflecke ein Gang, oder nur eine von anderer Stelle her angeschwemmte Masse vor? Ich habe in obenangeführter Arbeit die Frage nach der gang- förmigen Lagerung bejaht, und darauf eine Reihe von Schlüssen ge- ! Über die palaeontologische Begründung dieser Angaben vergl. S. 31—44 meiner Arbeit: Ein neuer Tertiär-Vulkan nahe bei Stuttgart. Tübingen 1892, Universitätsprogramm. — Hl — gründet. Aber manche haben die Gangnatur bezweifelt, weil derartige Tuffgänge überhaupt so seltene Erscheinungen sind. Nur Bohren vermochte daher den sicheren Entscheid zu bringen. War der Tuff nur angelagert an das Gehänge, so musste ein auf dem Boden der Grube angesetztes Bohrloch sehr bald unter dem vulkanischen Ge- steine den Keuper fassen. Der Boden der Grube liegt etwa 3 m über der Thalsohle.e Das Bohrloch wurde 7 m tief hinabgebracht. Es stand mit seinem Tiefsten daher 4 m unter der Thalsohle, mitten im Niveau des Stubensandsteins. Sowohl der rote Keuperthon als auch der weisse quarzige Stubensandstein sind petrographisch so kennzeichnend, dass man sie selbst bei geschlossenen Augen von unserer vulkanischen Tuffbreccie lediglich durch das Gefühl der Hand unterscheiden könnte. Es ist mithin jeglicher Irrtum aus- geschlossen, wenn ich sage, dass das Bohrloch in jeder der von ihm durchsunkenen Tiefen nie roten Thon, nie Quarzsand, sondern stets nur vulkanischen Tuff und kleine Weiss-Jurastücke zu Tage förderte. Allein schon diese Weiss-Jurabrocken, aus dem Niveau des Stuben- sandsteins in allen Stadien des 7 m tiefen Bohrloches heraufgeholt, müssen jeden Zweifel bannen. Die Lagerung unseres Vorkommens ist mithin ganz dieselbe, wie wir sie am Scheuerlesbache No. 123, am Authmuthbache nord- westlich von Kohlberg No. 100, in der Sulzhalde No. 117, am Kraftrain No. 76 u. a. OÖ. kennen lernten: Ein Bachthal. An das eine Gehänge desselben auf kurze Erstreckung hin angeklebt eine kleine Tuffmasse. Jeder noch unvorbereitet unser Gebiet betretende Geolog wird sie für angelagert, angeschwemmt halten; und doch ist sie ein in die Tiefe setzender Gang. Die Wandung des betreffenden Ausbruchskanales ist an einer Seite durch die Thalbildung abgeschält, so dass hier der Tuff freigelegt wurde. An der anderen Seite, am ' Thalgehänge, steht diese Wandung noch, und hinter ihr der ganze Körper des von dem Kanale durchbohrten Gesteins. Der Beweis aber, dass wirklich ein Gang vorliegt, er wird erbracht: Im Scheuerles- bache durch die Kontaktmetamorphose, welche der Tuff an der stehengebliebenen Wandung des Kanals ausübte. Am Authmuth- bache wie am Kraftrain durch Basaltgänge, welche in der Tuffmasse aufsetzen. In der Sulzhalde und am Kerschbach bei Scharnhausen endlich durch Bohrung. Aus Obigem ergiebt sich mithin mit völligster Sicherheit das Folgende: Bei Scharnhausen liegt ein Tuffgang von ge- tingem Durchmesser vor, welcher im Oberen Keuper Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1894. 61 aufsetzt. Derselbe ist durch einen an Ort und Stelle stattgefundenen Ausbruch entstanden. Dieser letztere ereignete sich zu einer Zeit, in welcher sich die Alb noch mindestens bis in diese, Stuttgart benachbarten Gegenden erstreckte. Die Stufen @ und £ waren auf diesem damaligen Albteile sicher vorhanden; von höheren dagegen liess sich keine Spur nachweisen. Es ist also seit mittelmiocäner Zeit an dieser Stelle eine Schichten- decke von ungefähr 500 m Mächtigkeit abgetragen worden! und mit ihr wurde eine annähernd ähnliche jedoch geringere Höhe dieses Tuffganges abrasiert”, Oben auf der Hochfläche der damaligen Alb mündete dieser Gang auf dem Boden eines Maarkessels. Das letztere können wir wohl nach Analogie mit unseren anderen Maaren annehmen. Basalttuffartige Gebilde. Wir sehen, dass unsere Tuffe sehr häufig von einem aus Weiss- Juraschutt bestehenden Mantel umgeben sind?. Bisweilen freilich ist derselbe bereits ganz durch die Erosion entfernt, so dass der Tuff nun ringsum freigelegt ist. Bisweilen aber ist der Mantel nur erst an drei, an zwei Seiten, oder gar erst an einer Seite des Tuffganges fortgeführt. Wir haben aber auch Fälle, in welchen der noch fast ganz erhaltene Mantel nur einige kleine Löcher oder fadenscheinige Stellen besitzt, aus welchen der Tuff herausschaut, bezw. hindurch- schimmert. Noch ein Schritt weiter und der Mantel verhüllt den Tuff völlig. Kein Mensch vermag dann mit Sicherheit zu sagen, ob unter dem Weiss-Juraschutt wirklich Tuff vorhanden ist oder nicht; denn eine solche Schuttmasse könnte ja auch durch einen Bergsturz ent- ‘ Knollenmergel und Bonebed-Sandstein etwa 20 m; Lias 70 m; Brauner Jura 280 m; Weisser Jura « und # 130 m. s. S. 543 Anm. ® Die Höhe der Tuffsäule muss geringer gewesen sein, als die Höhe dieser Schichten, da in die obersten derselben der Maarkessel eingesprengt war und der Tuffgang nicht diesen, sondern nur den in die Tiefe führenden Ausbruchskanal erfüllte. ° s. später Teil II unter „Die Beschaffenheit der Tuffe. Der Schuttmantel“. — 93 — standen sein. Die beiden dicht nebeneinander liegenden kegel- förmigen Weiss-Juraschuttmassen des Engelberg No. 94 und Alten- berg No. 95 stellen diese beiden letztgenannten Stadien dar. Am Altenberg schimmert bereits an einer Stelle der Tuff durch die Schuttdecke hindurch. Am Engelberg ist noch nichts vom Tuff zu sehen und doch ist er zweifellos gleichfalls vulkanisch, birgt also in seinem Innern Tuff. Auf der geologischen Karte von Württem- berg sind nun solche Schuttmassen, welche verdächtig sind, in ihrem Innern vulkanischen Tuff zu bergen, welche also mit vulkanischen Ereignissen in Verbindung stehen, als „Basalttuffartige Gebilde“ be- zeichnet worden. Es giebt in unserem Gebiete nahezu 30 solcher Punkte. Ich werde dieselben hier der Reihe nach betrachten. Bei einem Teile ist es wohl völlig sicher, dass sie in gar keiner Beziehung zu vulkanischen Tuffen oder Ereignissen stehen, so dass wir dieselben streichen können; ich habe sie daher in die hier beigegebene Karte nicht eingezeichnet. Ein zweiter Teil dieser Schuttmassen steht umgekehrt so zweifellos mit Tuff in Verbindung, dass ich dieselben in die hier beigegebene Karte direkt als Tuff eingezeichnet habe; sie führen daher die laufende Nummer, welche ihnen je nach ihrer Lage zu- kommt. Es sind das No. 56, 69, 70, 85, 92, 99, 105, 109, 110, 111, 112, 114, 119. Auf solche Weise bleibt nur noch ein dritter und kleinster Teil, nämlich 5, dieser Schuttmassen übrig, welche sehr stark ver- dächtig sind, einen Tuffgang zu verhüllen, ohne dass sich jedoch . das vulkanische Gestein direkt beobachten lässt. Ich habe denselben die 5 fortlaufenden Nummern 129—133 gegeben, so dass sie in solcher Weise sich hinter den letzten der Basaltgänge, No. 128, anreihen. Wie aus obiger Darlegung hervorgeht, betrachte ich den zweiten und dritten Teil dieser Schuttmassen, also diejenigen, welche sicher oder höchst wahrscheinlich Tuff in sich bergen, als hervorgerufen durch eine besonders starke Entwickelung des Schuttmantels, bezw. da- durch, dass der letztere überhaupt noch an gar keiner Stelle des fraglichen Hügels abgetragen ist, mithin den Tuff noch überall ver- hüllt. Da nun, wie wir sehen werden!, der Schuttmantel nichts anderes ist als der Erosionsüberrest desjenigen Albteiles, welcher 's. „Die Entstehung des Schuttmantels“ in Teil II. Bt* — 94 — einst zunächst den Tuffgang umgab!, so halte ich auch die hier in Rede stehenden Schuttmassen nur für solche Erosionsreste der Alb in jenem Sinne, nicht aber für zerschmettertes Gestein. Was ich damit sagen will, wird sofort durch den Vergleich klar werden. In der Eifel haben wir ganz ähnliche Tuffbreccien wie in unserem Gebiete. Dort häufen sich nun bisweilen in den vulkanischen Tuffen die Bruchstücke des Sedimentärgebirges so an, dass „leicht eine Täuschung eintreten und der Tuff verkannt werden“ kann, so dass man also von letzteren nichts bemerkt?. Ähnlich so kann auch in unserem Gebiete der Tuff bald weniger, bald mehr, bald sehr viel zerschmettertes Sedimentgestein enthalten. Aber diese Verhältnisse habe ich hier nicht im Auge. Die Schuttmassen, von welchen hier die Rede ist, sind viel- mehr nicht auf solche Weise entstanden, sondern es sind Erosions- reste der Alb. Auf solche Weise bleibt unter den hier zu prüfenden Schutt- massen noch der oben erwähnte erste Teil, welcher sicher zu keinem Tuffgange in irgendwelcher Beziehung steht. Trotzdem aber sind auch diese Schuttmassen ganz wie jene nichts anderes als Reste der Alb. Die Entstehungsweise solcher tuffloser Schutthaufen kann eine doppelte sein. Einmal können Weiss-Juraschuttmassen am Fusse der Alb jederzeit bei der Abtragung derselben (S. 524) entstehen. Letztere vollzieht sich ja nur dadurch, dass dem Weiss-Jura seine thonige Unterlage entzogen wird, so dass das harte Weiss-Juragestein in die Tiefe stürzt. Zweitens aber ist es auch an sich möglich, dass durch Erd- beben so mächtige Bergstürze hervorgerufen sein könnten. Bei dem Erdbeben in Phokis, am 4.—”7. August 1870, brachen nahe der kastalischen Quelle bei Delphi aus der glatten Felswand der Phä- driaden riesige Felsprismen von 3—400 Fuss Höhe und 60—80 Fuss Dicke heraus und schlugen auf das Feld am Fusse der Felswand nieder?. Allerorten lösten sich von den Höhen des Parnassus, des Koraxum, der Kirphis riesige Felsmassen los, welche in Strömen und ! Er ist also nicht etwa beim Ausbruche durchbrochenes, emporgeworfenes und zerschmettertes Gestein. ® H. v. Dechen, Geognostischer Führer zu der Vulkanreihe der Vorder- Eifel. Bonn 1861. S. 252—253; 30 ete. > Jul. Schmidt, Studien über Erdbeben. 2. Ausgabe. Leipzig 1879. S. 124, 128. — 965 — Schutthalden auf die vorliegende Ebene oder in die See hinab- fuhren. Auch das in derselben Provinz 9 Jahre früher erfolgte Beben von Aigion, am 26. Dezember 1861, war durch grosse Fels- stürze ausgezeichnet, welche sich über ein Gebiet von 7 geo- graphischen Meilen Durchmesser erstreckten!. Ebenso führt DEEcke£? an, wie beim südspanischen Beben im Dezember 1885 die Kalk- steintrümmer von Guaro geradezu lawinenartig niedergingen. Ganz gleiche derartige Vorkommnisse müssen sich natürlich bei der Alb ereignen können, sowie deren Steilabfall durch ein stärkeres Erd- beben erschüttert werden würde. Ist das nun der Fall, dann ist es sehr wohl denkbar, dass auch in früherer Zeit durch Erderschütterungen solche Abstürze an der schwäbischen Alb erfolgt sein könnten. Trotzdem aber scheint es mir nicht, dass das in unserem vulkanischen Gebiet von Urach der Fall gewesen wäre. Mindestens ist das, was wir hier von solchen tufflosen Schuttmassen haben, wohl nur das Ergebnis von Bergstürzen, welche bei der Abtragung der Alb sich vollzogen. Es frägt sich nun, auf ‚Grund welcher Merkmale wir unter- scheiden können, ob in unserem Gebiete irgend eine Weiss-Jura- schuttmasse höchst wahrscheinlich nicht mit Tuff in Beziehung steht oder ob das doch der Fall ist. Im allgemeinen wird man bereits in der Form dieser Schutt- massen einen Anhaltspunkt besitzen. Wenn man das Gebiet irgend eines Bergsturzes betrachtet, so bildet dasselbe eine unregelmässige, eine, wenn ich von Steinen so sprechen darf, ausgegossene Masse. Sie ist am Bergabhange hinabgerutscht und dann, wie das Gelände es gestattete, in die Breite auseinandergefahren; oder sie ist mehr auf einem Haufen liegen geblieben; oder endlich, sie ist von senk- recht aufsteigenden Felsen, ohne abzurutschen, direkt in die Tiefe hinabgestürzt und zerschmettert. Im letzteren Falle kann nun freilich ebenfalls eine Kegelgestalt des Haufens, wie bei unseren tuffhaltigen Schuttmassen, entstehen. Wenn auch nicht sofort beim Sturze, so doch mit Hilfe der Erosion. Ebenso entstehen ja auch Kegel durch die Erosion bei rein sedi- mentären Bergen; so die Achalm bei Reutlingen, besonders aber der Kugelberg bei Bronnweiler. Immerhin aber wird eine richtige Kegel- ! Ebenda. S. 82. ® Zur Geologie von Unteritalien. Neues Jahrb. f. Min., Geol. u. Pal. 1891. Bd. Il. S. 324. IB gestalt, in unserem Gebiete wenigstens, den Verdacht wachrufen, dass ein vulkanisches Gebilde vorliegen könne. Unsere Entscheidung wird daher noch durch weitere Umstände gestützt werden müssen. Südlich von Beuren liegt z. B. solch ein verdächtiger kegelförmiger Schuttberg, welcher bis jetzt aber nicht die geringste Spur von Tuff geliefert hat. Trotzdem verraten einige gerötete Kalkstücke und ein gefundenes Stückchen Granit, dass unter dem Kalkschutt Tuff begraben liegt. In anderen Fällen fehlen aber auch diese Anzeichen. Dann kann man nur entweder durch Bohren zum Ziele gelangen und dieses ermöglichte denn auch in einigen Fällen eine Entscheidung zu gunsten vulkanischer Herkunft. Oder durch natürliche Aufschlüsse, in welchen der Tuff direkt angeschnitten wird. Auch solche liessen sich finden, waren übrigens z. T. schon früher bekannt. Auf solche Weise liess sich unter den etwa 30 ba- salttuffartigen Bildungen, welche die geologische Karte von Württemberg verzeichnet, 15—14 als zwei- fellos mit Tuff vergesellschaftet, also als Tuffgänge erkennen. Fünf weitere habe ich als basalttuffartige Massen eingezeichnet, da sie Tuff zu bergen scheinen. Die übrigen dagegen habe ich in der hier beigegebenen Karte nicht eingezeichnet, weil ich dieselben für ein- fache, zu Thale gegangene Schuttmassen halten möchte. Ich wende dieselbe geographische Einteilung für diese Schutt- massen an, welche ich für die Tuffe gewählt habe. I. Schuttmassen am Steilabfall der Randecker Halbinsel. 1. Der Burris oder Heiligenberg im Lenninger Thale. Wenn man, im Lenninger Thale aufwärts wandernd, sich dem Ende, richtiger also dem Anfange desselben nähert, so erhebt sich hart vor Gutenberg am nördlichen Thalrande der aus Weiss-Jura « bis d aufgebaute Krebsstein. Derrner hat auf Blatt Kirchheim u. T. der geologischen Karte von Württemberg am S.-Rande des Krebs- steines einen ziemlich grossen runden basalttuffähnlichen Punkt ein- gezeichnet, und zwar im Weiss-Jura P. Die auf der Karte gemeinte Örtlichkeit ist gar nicht zu verkennen, da die hier von S. nach N. laufende Chaussee gerade auf dieselbe hinweist. Es handelt sich um den dortigen rundlichen Berg, welcher in das Thal hinein aus dem Gehänge hervorspringt. — 9671 — Der sehr steile Abfall des Berges ist mit Feldern, weiter oben mit Wald bedeckt. In den Feldern steht Weiss-Jura $# an; darüber liegt, aber abgestürzt von oben, in Blöcken auch 6. Trotz dreimaligen Besuches dieser Örtlichkeit, des Absuchens ihrer Umgebung und Aufsteigens bis hinauf zur Hochebene war jedoch nicht die mindeste Spur von Tuff zu finden. Auch DerrneEr sagt, wenigstens an einer Stelle', nur der Berg verspreche innerlich einen Tuffkern. Er hat also selbst kein vulkanisches Gestein ge- funden. Da nun zudem am Abhange des Berges anstehender Weiss- Jura £ auftritt, ein eigentlicher Schuttkegel, welcher des Vulkanismus verdächtig wäre, aber trotz abgestürzter d-Blöcke fehlt, so habe ich dieses angebliche Tuffvorkommen in der hier beigegebenen Karte gestrichen. Dieser selbe Berg wird freilich von DErrner? an anderer Stelle nochmals erwähnt. Hier nimmt Derrner, was aber natürlich un- zulässig ist, an, dass Tuff sicher vorhanden sei und benutzt denselben als Glied einer Beweiskette, welche übrigens auch ohne dieses Glied richtig ist. Der von Derrner verwendete Name ist „Kugelbergle“. In Gutenberg hörte ich nur die Namen „Heiligenberg“, auch „Burris“ für denselben. 2. No. 85. Das Vorkommen am O.-Fusse des Teck-Spornes. Die geologische Karte von Württemberg zeichnet hier basalt- tuffähnliche Bildung ein; es ist jedoch Tuff vorhanden. 3. Die Schuttmasse auf dem Teck-Sporn. Unter No. 34 ist der Tuff bei der Teck-Burg beschrieben wor- den. Die geologische Karte von Württemberg zeichnet als nördliche Fortsetzung dieses Vorkommens eine lange, S.—N. streichende basalt- tuffähnliche Masse ein. Ich habe dieselbe fortgelassen, weil die dortigen Schuttmassen sehr wohl tufflose Erosionsreste höherer Weiss-Jura-Schichten sein könnten, ebenso wie ja noch heute auch südlich des Tuffes, auf der die Burgstelle tragenden Höhe, jüngere Weiss-Jura-Massen anstehen. I. Schuttmassen im Vorlande der Alb zwischen Lauter und Tiefenbach. 4. Das Vorkommen von Weiss-Jurablöcken am Bette der Lauter. Nördlich von Owen tritt die, von S. nach N. fliessende Kirch- heimer Lauter nahe an die durch Unteren Braun-Jura gebildeten 1 Begleitworte zu Blatt Kirchheim u. T. S. 34. ® Ebenda. S. 40. —. 968 — Höhen heran. Letztere steigen daher an seiner Linken steil auf, während sich zu seiner Rechten die mit Schotter erfüllte Thalebene ausdehnt. Ungefähr 1 km nördlich des Städtchens, da wo der Bach zuerst sich den Höhen genähert hat, wird letzterer von einem kleinen Wehr durchsetzt. Dicht dabei liegen auf dem linken Ufer einige grosse scharfeckige Blöcke des Weiss-Jura d. Wie dieselben hierhergekommen sind, ist schwer zu sagen. Durch Wasser scheinen sie nicht verfrachtet zu sein, wenigstens zeigen sie keinerlei Einwirkung desselben. D£rrner berichtet, dass dieselben schöne Schliffflächen besässen'; ich vermag jedoch nichts Derartiges zu erkennen, Gletscher waren auch gar nicht vorhanden. Tuff steht im Bachbette nicht an; auch Derrner meint, dass diese Blöcke kaum mit Tuff zusammenhingen. Sind diese Blöcke etwa durch Menschenhand an diese Stelle gebracht, an welcher sich in früheren Zeiten ein vielleicht grösseres Wehr und eine Mühle be- fanden? Es macht mir nämlich den Eindruck, als wenn die Steine sich nicht in natürlicher Lage befänden, sondern zu einem Bau künstlich aneinander gerückt wären. Auf der geologischen Karte von Württemberg sind diese Blöcke mit basalttuffartiger Farbe eingezeichnet. Da mir das unzulässig erschien, so habe ich dieselben auf beiliegender Karte fortgelassen. Auffallenderweise behauptet Quensteopt?”, im Bette der Lauter stehe der Tuff an. Das ist, wie oben gezeigt, ein Irrtum. Veranlasst wurde derselbe vermutlich durch die geognostische Karte, auf welcher D£Errner die Jura-Blöcke mit jener Farbe für basalttuffartige Massen eingezeichnet hat, welche der für echte Basalttuffe gewählten überaus ähnlich ist. Beide sind blau; der echte Tuff hat quere goldene Streifen, die sich leicht verwischen, so dass dann auf einer etwas gebrauchten Karte der Tuff gar nicht von den „basalttuffartigen“ Gebilden sich unterscheidet. 5. No. 92. Der Kräuterbühl, SO. von Nürtingen. Derselbe wird auf der geologischen Karte von Württemberg als basalttuffartige Bildung eingezeichnet. In den Begleitworten ? kennt aber Derrner den Tuff von dieser Örtlichkeit. Dieselbe ist als Tuffgang von mir eingezeichnet und unter No. 92 besprochen worden. ! Begleitworte zu Blatt Kirchheim u. T. S. 34. ? Geologische Ausflüge in Schwaben. 2. Aufl. S. 86. 3 S. 34. No. 36. — 969. ı— il. Schuttmassen zwischen Tiefenbach und Steinach. 6. Das Vorkommen nördlich von Beuren. In die geologische Karte von Württemberg sind nördlich von Beuren ausser den zwei vulkanischen Punkten am Engelberg und Altenberg noch zwei weitere eingezeichnet. Der südlichere, grössere derselben liegt auf oberem Braun-Jura; der nördlichere, kleinere auf y. Zu beiden gelangt man auf dem Güterwege, welcher von Beuren aus in das Tiefenbachthal nördlich verläuft. Beide Punkte sind flache Hügel mit breiter Gipfelfläche. DeErrxer giebt dem südlicheren Basalttuff-Farbe, dem nörd- licheren diejenige basalttuffartiger Bildung. In den Begleitworten zu Blatt Kirchheim! hebt er dagegen diesen Unterschied nicht hervor. Er sagt nur, indem er von Schuttmassen spricht, welche wohl im Inneren Tuff bergen mögen, dahin gehörten „auch die beiden Punkte nördlich von Beuren“. In Wirklichkeit liegt die Sache abermals anders; ich glaube daher, dass hier eine Verwechselung vorliegen muss: Gerade um- gekehrt der nördliche, kleinere, zeigt zweifellosen Tuff; ich habe ihn unter No. 95 beschrieben. Der grössere, südliche dagegen zeigt keinen. Ich musste also umgekehrt einzeichnen wie DEFFNER, habe aber letzteren Punkt überhaupt ganz fortgelassen, da ich nichts des Tuffes Verdächtiges finden konnte. Auf einem Teile der Gipfelfläche sind Weinberg und Baumschule angelegt. Das etwa 1 m tiefe Um- graben hat hierbei nur Jurathon zu Tage gefördert, so dass mir vorderhand keine Berechtigung zum Eintragen des Punktes vorzuliegen schien. Indessen könnte ja an anderer Stelle Tuff unter Jurathon- boden versteckt sein wie beim Gaisbühl No. 122, Florian No. 101, Häldele No. 98. Einige Weiss-Jura-Stücke finden sich und das ist immer bemerkenswert. 7. Der Schuttkegel, SO. von Beuren, No. 129. Kaum einen halben Kilometer von Beuren entfernt erhebt sich am Fusse der Alb aus dem Niveau des Oberen Braun-Jura ein kreis- runder Schuttkegel, welcher nur aus eckigen Stücken und Blöcken des Weissen Jura besteht. Es zeigen sich alle Stufen bis einschliess- lich & Oben auf der nächst benachbarten Alb steht jetzt nur noch d an; erst etwas weiter südlich erscheinen dort zund £. Ein Stein- bruch ist an der S.-Seite eröffnet. 1 S. 34 unter „Schuttbreceien‘“. — 1970 — Wir haben hier also eine zerschmetterte Weiss-Jura-Masse ohne jede Spur von Tuff. Man könnte dieselbe für den Rest eines Berg- sturzes halten, wenn nicht zahlreiche Stücke rot gefärbt wären; doch fehlen bemerkenswerterweise ganz intensiv rote. Ein grosser Fetzen gelben Thones, wie Bohnerzthon aussehend, aber ohne Bohn- erzkörner, steckte an einer Stelle im Kalke. Das beweist gar nichts, denn Bohnerzthon erfüllt Spalten im Weiss-Jura. DEFFNER aber er- wähnt ein Stückchen Granit, welches dort gefunden wurde. Dies im Vereine mit der roten Färbung und jenem Thonfetzen spricht dafür, dass in der Tiefe doch Tuff anstehen mag. Ich zeichne daher diesen Punkt als basalttuffartige Masse ein. IV. Schuttmassen zwischen Steinach und Erms. 8. Das Vorkommen SO. von Neuffen. im SO. von Beuren liegt inmitten des dort sich ausdehnenden weiten Thales eine flache, langgestreckte Erhebung. Dieselbe liegt zum grossen Teil als Gras- und Baumgarten. Aufschlüsse fehlen. Die dortigen Weiss-Jura-Stücke beweisen nichts für den Vulkanis- mus, da so nahe am Albtrauf ihr Vorkommen sehr erklärlich ist. DeErrner berichtet nun aber, dass sich hier nasse Felder befänden. Das war verdächtig. Ich habe jedoch nichts Derartiges wahrnehmen können; freilich war das Jahr 1893 ein sehr trockenes. Indessen möchte ich bei jedem Fehlen weiterer Beweise diese Stelle doch nicht einzeichnen. 9, No. 99. Das Vorkommen auf dem Bölle, N. von Kohlberg. Die geologische Karte von Württemberg giebt hier einen basalt- tuffartigen Fleck an. Ich habe dort Tuff erbohrt und denselben unter No. 99 besprochen. 10. Das Vorkommen W. von Kohlbereg. Auch im W. von Kohlberg giebt die geologische Karte von Württemberg eine basalttuffartige Bildung an. Die Örtlichkeit findet sich unten im Thale des Authmuthbaches, da, wo die von Kohlberg nach Grafenberg gehende Strasse denselben überschreitet. Es liegen allerdings an dieser Stelle auf dem rechten Ufer des Baches hart nördlich der Strasse, am Abhange zu derselben, kleine Stücke von Weiss-Jura-Kalk. Von Tuff selbst ist jedoch nichts zu finden, wie denn auch in die Karte nur basalttuffähnliche Bildung eingezeichnet ist. — 9A — Ich liess daher, um diese Frage zu entscheiden, im Strassen- graben 6 m tief bohren. Zuerst zeigte sich etwas Weiss-Jura-Schutt, darunter aber Braun-Jura-Thon. Es ist hier also kein Tuff vor- handen. Sollte nicht der Kalkschutt von der mit Kalksteinen be- schotterten Fahrstrasse herrühren? Ich habe infolgedessen in der hier beigegebenen Karte diesen Punkt nicht eingetragen. Dass die an der Brücke und im Bachbette weiter abwärts liegenden Basalt- stücke nicht dort anstehen, sondern weiter bachabwärts und von den Kohlbergern nur dorthin gefahren sind, ist unter No. 100 zu ersehen. 11. No. 112. Das Vorkommen auf den Hengstäckern, S. von Klein- bettlingen. Hier habe ich Tuff erbohrt, wie unter No. 112 besprochen ist. Die Stelle ist daher in der dieser Arbeit beigegebenen Karte als Tuff eingezeichnet worden. 12. 13. 14. No. 109. 110. 111. Die Vorkommen NW., NO. SO. von Grafenberg. Diese drei um den Grafenberg liegenden Punkte sind auf der geologischen Karte von Württemberg als basalttuffartige Massen ein- gezeichnet. An allen dreien steht Tuff an, bei No. 109 und 111 habe ich auch seine gangartige Lagerung durch Bohren nachweisen können. 15. No. 114. Das Vorkommen N. von Grossbettlingen. Auch hier konnte ich die von der geologischen Karte von Württemberg angegebene basalttuffähnliche Bildung als Basalttuff nachweisen und einzeichnen. Derselbe ist unter No. 114 besprochen. 16. No. 105. Das VorkommenN. vom Hofbühl. In gleicher Weise ergiebt sich an dieser Örtlichkeit anstatt basalttuffähnlicher Bildung sicherer Tuff. 17. Das Vorkommen auf dem Falkenberg, NO. von Metzingen. Auf der Steige von Metzingen nach Kohlberg giebt die geo- logische Karte von Württemberg abermals basalttuffartige Bildung an. Ich habe dieselbe nicht eingezeichnet, weil ich sie trotz wieder- holten Suchens nicht finden konnte, obgleich die Steige mitten durch den Fleck hindurchgehen soll. Sollten durch den Bau der Strasse früher Kalksteine hierher geschafft worden sein, die nun beseitigt sind? 93 V. Schuttmassen am Fusse der Erkenbrechtsweiler Halbinsel. 18. No. 56. Das Vorkommen auf dem Blohm. Die geologische Karte von Württemberg zeichnet hier basalt- tuffartige Masse ein. Unter No. 56 ist aber gezeigt, dass ein Gang von Basalttuff vorliegt. VI. Schuttmassen am Steilabfalle der St. Johann-Halbinsel. 19. 20. 21. 22. Die vier Schuttmassen südlich vom Karpfenbühl. Die geologische Karte von Württemberg verzeichnet auf Blatt Urach südlich vom Karpfenbühl vier basalttuffartige Massen. Ich habe dieselben auf beiliegender Karte nicht eingezeichnet, da es sich meiner Ansicht nach hier nur um abgestürzte Weiss-Jura-Massen handelt. Dieselben ziehen sich auf ziemlich gleicher Höhe am Fusse des Steilabfalles dahin. Ihre Längsausdehnung ist parallel der dor- tigen Albkante. Nirgends zeigen sich Tuff oder auch nur gerötete Kalke. Das Niveau, in welchem sie sich befinden, ist dasjenige der Thone des Oberen Braun-Jura. Diese letzteren aber sind die Haupt- störenfriede am ganzen Fusse der Alb. Ihnen vor allen anderen Schichten ist es zuzuschreiben, wenn die Alb zusammenbricht; denn diese das Wasser festhaltenden Thonschichten werden unter dessen Einflusse so schlüpferig wie grüne Seife. Daher ist denn überall, wo sie zu Tage ausstreichen, alles verrutscht und das Gelände dadurch hügelig. Sehr mit Recht führt daher das im selben Niveau gerade gegenüberliegende rechte Gehänge des Ermsthales den Namen das „bucklete“, bucklige. Man betrachte nur gerade über diesen vier Schuttmassen oben am Steilabfall die mächtige Entblössung der Wand im Mittleren Weiss-Jura; das ist auch indirekt das Werk dieser Thone; denn sie haben, indem sie thalabwärts rutschten, der Unterlage dieses Mittleren, dem Unteren Weiss-Jura, die Stütze unter dem Leib fortgezogen. So kann ich in unseren vier Schuttmassen nur Bergstürze sehen. Wenn ja an einer Stelle unter ihnen doch Tuff begraben sein sollte, so würde in dem Schutte aber nicht etwa der den Tuffen eigene Schuttmantel vorliegen (s. Teil II unter „Die Beschaffenheit der Tuffe“, der Schuttmantel), welcher aus der nächsten Umgebung der Tuffsäule sein Material bezieht, sondern, ganz wie oben gesagt, wäre der in Rede stehende Schutt dennoch eine von oben auf den Tuff herabgestürzte Masse. ae 23. 24. 25. Die drei Weiss-Jura-Schuttmassen südwestlich von Dettingen im Ermsthale: Der Katzenbuckel No. 130, der Linsen- bühl No. 131, im Egartsgässle No. 132. Die geologische Karte von Württemberg verzeichnet am NW.- Fusse des Rossberges auf der St. Johann-Halbinsel drei basalttuff- ähnliche Bildungen, welche sich in NW.-Richtung auf Neuhausen zu hinziehen. Wir wollen bei der, Neuhausen am nächsten gelegenen, be- ginnen. Die betreffende Stelle liegt auf Braun-Jura $# und y und wird „Steinige Äcker“ genannt. Schon der Name deutet an, dass es sich um keine kegelförmige Erhebung handelt, sondern nur um Weiss-Jura-Schutt. Derselbe enthält u. a. auch s-Kalke, welche ja auch jetzt noch oben auf der Alb am Rossberg anstehen. QuENSTEDT sagt über diese Stelle nichts. Tuff liess sich nirgends finden; doch zeigten sich einzelne gerötete Kalkstücke. Der nächste Punkt dem Rossberge zu heisst „Im Egartsgässle“. Auch dies ist kein eigentlicher Bühl, doch bildet er nach N. hin einen kleinen Abhang, erscheint also von N. her gesehen als kleine Erhöhung. Auch hier liegt Weiss-Jura-Schutt bis & hinauf. Schon QuEnstEept erwähnt rote keuperähnliche Letten von dieser Stelle. Dieselben lassen sich auch jetzt noch an der Grabenböschung finden. Sie können nicht gut anders gedeutet werden denn als Keuper oder gar Rotliegendes. In diesem wie in jenem Falle aber beweisen sie mit völliger Sicherheit, dass diese Schuttmasse nicht durch einen Bergsturz entstanden ist, sondern mit vulkanischen Erscheinungen in Beziehung steht. Der dritte Punkt ist der Linsenbühl, ein grosser langgestreckter Schuttberg, ebenfalls bis & hinauf Stücke führend. Der Linsengraben schliesst an seinem W.-Rande die Thone des Oberen Braun-Jura gut auf. Quensteprt berichtet, dass man an seinem Fusse durch Scharren oder Graben eben jene roten Thone und dunkle Schiefer gefunden habe wie am Egartsgässle. Ich kann trotz wiederholten Besuches nicht über solche Funde berichten. Indessen genügt dieser frühere Fund, um auch den Linsenbühl als vulkanischer Entstehung höchst verdächtig zu erklären. Wenn man nun weiter zum Rossberg hinaufsteigt, kommt man abermals an eine grosse Schuttmasse, Katzenbuckel genannt, welche sich hoch am Abhang hinaufzieht. Schon QuEnstepr! sagt, dass er ! Begleitworte zu Blatt Urach. S. 13 u. 16. —. NE — hier vergeblich nach Tuff gesucht habe; ich hatte damit ebensowenig Erfolg. Aber ScHüßLER muss, wie QuEnstepT anführt, dort Tuff ge- fanden haben, da solcher mit der Bezeichnung „Katzenbuckel“ in der Tübinger Sammlung liegt. Wie man sieht, sind diese Verhältnisse noch nicht geklärt, da uns die Aufschlüsse fehlen. Ich lasse es daher bei der Bezeichnung „basalttuffähnliche Gebilde“. 26. No. 119. Das Vorkommen am Schafbuckel. SSW. von Neuhausen. Hier ist, wie unter No. 119 gezeigt, entschieden ein Tuffgang vorhanden. Ich habe daher anstatt der Basalttuff-artigen Masse, welche die geologische Karte von Württemberg angiebt, echten Tuff eingezeichnet. 27. Der Schuttkegel im Arbachthale bei Eningen. No. 133. Im oberen Teile des Arbachthales, dort, wo dieses bereits bis auf den Oberen Braun-Jura eingeschnitten ist, liegt ein ansehnlicher Schuttkegel. Da sich derselbe zwischen dem Drachenberg im N. und dem Mädchenfels im S., also ganz nahe der Alb befindet, so könnte man leicht glauben, nur herabgestürzte Massen vor sich zu haben. Indessen ist hier das Erscheinen rotgebrannter Weiss-Jura- kalke höchst verdächtig. Allerdings habe ich solche Stücke in sel- tenen Fällen auch an Orten gefunden, an welchen anscheinend sicher kein vulkanischer Tuff und auch kein Hügel auftreten. Allein das sind doch sehr grosse Ausnahmen, die sich dadurch erklären mögen, dass dort einst heisse Gase auf einer Spalte aufstiegen. Dies könnte ja auch hier die Ursache dieser Erscheinung sein, aber die Gestalt des Hügels spricht doch mehr dafür, dass in der Tiefe vulkanischer Tuff vorhanden sein möchte. Bemerkenswert ist es, dass die Kalk- stücke meist von geringerer Grösse sind; bedeutende Blöcke fehlen. Ich habe daher diese Masse ebenfalls als Basalttuff-artige Bildung eingezeichnet. 28. No. 69. Das Kugelbergle am Ursulaberg, S. von Eningen., Quenstepr! führt an, dass er Tuff gefunden habe, zeichnet aber doch nur Basalttuff-artige Masse ein. Ich habe den Punkt unter No. 69 als zweifellosen Tuffgang besprochen und entsprechend in die Karte eingetragen. ! Begleitworte zu Blatt Urach. S. 14 unter No. 4. N. 29. No. 70. Am Burgstein an der Holzelfinger Steige. Auch dieses als basalttuffartige Masse bezeichnete Vorkommen ist sicher ein Gang von Basalttuff und von mir unter No. 70 be- sprochen. 30. Der Kugelberg oder die Altenburg bei Bronnweiler. Auf- Blatt Tübingen der geologischen Karte von Württemberg liegt, dem NW.-Rande der Alb vorgelagert, ein vereinzelter Berg. Sein Fuss besteht aus Thonen des Oberen Braunen Jura, sein Gipfel aus Kalken des Weissen. Auf der hier beigegebenen Karte findet man ihn am äussersten Westrande, an der von Reutlingen aus gegen SW. führenden Strasse. Die Meereshöhe dieses, Kugelberg oder Altenburg genannten Bühls beträgt 596 m. Besteigt man denselben vom Altenburger Hof aus, so gelangt man auf halber Höhe an eine grosse Eiche. Bis über diese hinaus steht Braun-Jura an. Bald darüber liegt rechter Hand ein Graben, in welchem auch noch Braun- Jurathon ansteht, aber auch bereits Mergel des Weissen & erscheinen. Offenbar sind diese nur herabgerutscht. Weiter hinauf folgen dann Kalkblöcke des Weiss-Jura #, y und d; dagegen & fehlt oder ist doch fraglich. Eine Schichtung ist bei diesen nicht zu erkennen. Tuff wurde nie beobachtet. Rot- oder schwarzgebrannter Kalk fehlt gänzlich. Dieser Berg ist von QuENSTEDT nicht als Basalttuff-artige Bil- dung eingezeichnet, sondern als ein Braun-Juraberg, dessen Gipfel alluviale Schuttmassen von Weiss-Jura trägt. Seine Worte stehen damit aber im Widerspruche, denn er sagt!: „Keine Spur von Ba- salttuff dazwischen, und doch hängt die Sache mit dieser rätsel- haften Bildung der Tertiärzeit auf das engste zusammen.“ Ich glaube mich dem nicht anschliessen zu sollen. Vorerst scheint es mir sicherer, anzunehmen, dass hier ein Erosionsrest der Alb vorliegt, ein Zukunftsbild von isolierten Albbergen, wie die Achalm, bei welchen der Weiss-Jura noch ansteht, während hier am Kugelberg nur noch Reste des einst Angestandenen vorliegen. Ich sage, „das scheint“ mir richtiger. Ob sicher? Jedenfalls finden sich auch in Gebieten, welchen Basalttuffe ganz fehlen, die gleichen Erscheinungen, deren Erklärung dieselben Schwierigkeiten bereitet. Auf Blatt Tuttlingen ? liegt oberhalb Eges- ! Begleitworte zu Blatt Tübingen. S. 15 oben. ? Begleitworte zu Blatt Balingen. S. 44. — gibt — heim, nordöstlich von der Oberburg, ein derartiger kleiner Berg, welcher, wie QUENSTEDT sagt, mit seinem kleineren Nebengipfel un- willkürlich an Basalttuffe erinnert. Der Fuss des Berges besteht aus Braunem Jura y und d, und über diesen türmt sich das Hauf- werk von Weiss-Juragesteinen mit zuckerkörnigem Kalk und Marmor auf, welche breccienartig verbunden sind und auf dem Gipfel in grossen Blöcken hervorstehen. Also ähnliche Verhältnisse wie beim Kugelberge und sicher nicht vulkanischer Entstehung. Die Basalte. Dem Umstande, dass Württemberg an festen, zum Bau von Kunststrassen gut geeigneten Gesteinen so arm ist, hat man es zu danken, dass selbst recht kleine Vorkommen von Basalt, an welchen man andernfalls nichtachtend vorüber- gegangen wäre, aufgeschlossen und so der Wissenschaft erschlossen wurden. Die im Alb-, Murg- und Kinzigthale des Schwarzwaldes gewonnenen Granite, die aus dem oberen Enzthale stammenden Aplite, ferner die im Murgthal anstehenden Granite und Gneisse, sowie die bei Schramberg, auf dem Kniebis und bei Freuden- stadt auftretenden Porphyre sind ausser den Basalten die einzigen, welche gutes Material liefern. Dazu kommt das bei Ziegelhausen im Badischen von der Regierung angekaufte Vorkommen von Quarzporphyr, welcher bis Heilbronn ver- schifft und dort zerkleinert wird. Infolge dieses Mangels an festen krystallinen Gesteinen musste bisher sogar von der badischen Gemeinde Dossenheim für etwa 60 000 Mark jährlich Porphyr bezogen werden, welcher besonders zur Unterhaltung der verkehrsreichen Strassen bei Stuttgart diente. Trotzdem konnten 1884 nur 3,44°/, der Kunststrassen des Landes mit diesem harten Geschläg unterhalten werden. Das ergiebt 6,13°, der gesamten, für unsere Strassen jährlich zur Verwendung gelangenden Schottermenge; wogegen diese Zahl in Bayern auf 33, in Baden auf 40, in der Provinz Hannover auf 70 und im Königreich Sachsen gar auf 85°/, steigt. Unter solchen Umständen hat natürlich die Auffindung eines jeden Basalt- ganges ausser dem wissenschaftlichen für unser Land auch ein sehr praktisches Interesse!. Der erste Basalt, „der im Herzogthum Wirtemberg, wo nicht aufgefunden, doch dafür erkannt“ wurde, soll nach RösLer? im ! Leibbrand, Das staatliche Basaltwerk Urach in Württemberg. Berlin, Ernst & Korn, 1889. Fol. 3 Kupfertafeln. — Vergl. ferner unter demselben Titel in Zeitschrift für Bauwesen. Berlin 1889. Jahrg. 39. S. 411—431. ® Beiträge zur Naturgeschichte des Herzogthums Wirtemberg. 17%. Heft 2. S. 214. 7 Vöhrenthale gefunden worden sein. Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Lehrer ZwiEseLE in Reutlingen kann hierunter nur das Thal des südlich von Urach, von Wittlingen aus in die Erms flies- senden Föhrenbaches gemeint sein, welches von den Urachern Föhren- thal oder Faitel genannt wird!. Nun ist aber anstehender Basalt dort nirgends bekannt, sondern nur Basalttuff. Dieser enthält frei- lich kleine Basaltkügelchen, No. 63; es können daher möglicher- weise einmal durch den Bach auch grössere Kugeln aus dem Tuffe heraus- und thalabwärts gespült worden sein, welche dann zu Rös- LeRr’s Kenntnis gelangten?. Auch sagt dieser selbst, dass er nur lose Stücke kenne. Trotz sorgfältigen Absuchens des Faitelthales sind jetzt freilich nirgends derartige Basaltstücke zu finden. Auch Quex- stept?® sagt über diesen angeblichen Basalt: „Doch eigentliche Ba- salte sind nicht da, wie die Alten meinten.“ ! Auf der Karte ist das Thal nicht namhaft gemacht. Rösler’s Be- schreibung aber, dass es „oberhalb Sirchingen“ liege, ist unverständlich. Erstens müsste es höchstens „unterhalb“ heissen, zweitens aber liegt Sirchingen auf der anderen Seite des Ermsthales auf der Hochfläche, so dass die Bezeichnung „unter- halb Wittlingen“ lauten müsste, ?2 Des geschichtlichen Interesses wegen lasse ich Rösler’s Worte hier folgen: „Graulicht-schwarzer dichter Basalt, mit sehr häufig eingemengter Horn- blende und grünlichgelben kleinen Chrysolithkörnern (weit häufiger als bei der ersten Probe), die an der Oberfläche des Stücks, sowie die basaltische Hornblende, in einem gelblichtbraunen Eisenocker aufgelöst worden. Nach einer erhaltenen Nachricht kann man diesen Basalt im sogenannten Faitel, oder Vöhrenthal und Gebirg in beträchtlichen Massen haben. Es fängt nemlich oberhalb der Sirchinger Staig gegenüber der Vöhrenberg an, von wo an das Vöhrenthal ausgeht, und erstreckt sich bis an die Erms bei der Burg Wittlingen, wo man noch dergleichen Steine in Menge findet, die sich in die Tiefe strecken; sowie auch an der Wittlinger Staig. Der eigentliche Mutterfels aber ist noch nicht entdeckt, sondern es sind nur Findlinge oder Geschiebe. Eine andere Nachricht sezt hinzu, dieser Vöhrenthaler Stein liege flözweise, und scheine die Sohle vom Kalkstein zu machen (oder ist dieses etwa obige zulezt angeführte Sandsteinart?). Noch eine andere sagt, dergleichen (demnach Basalt-) Steine finden sich auf Dottinger Markung auf der Alp, auf einem Felde und in dasigem sogenannten Eisenrittel in Menge, und strecken sich in die Tiefe, ohne hervorragende Felsen, woselbst auch obige eingesandte zwote Probe gefunden worden: insonder- heit aber finde sich diese Gebirgsart an der Alpengebirgskette gegen Urach in Menge; und dieses wäre also auf der südwestlichen Seite der Erms, so wie erstere declarirte Basalte sich auf der östlichen Seite finden, und der Basalt wäre also auf der Alp oder am Trauf der Alp gegen Urach zu, zu Hause. Wie in Dottingen und solcher Gegend so leicht Geschiebe diese Fossils ins Vöhrenthal, und zwar nur vornemlich dahin gelangen möchten, ist nicht sehr leicht sich vorzustellen.“ ° Begleitworte zu Blatt Urach. S. 15. No. 18. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1894. 62 — 918 — Die Zahl der Stellen, an welchen man bisher in unserem Gebiete Basalte gefunden hat, beziffert sich auf 18 bezw. 22. Unter diesen befinden sich jedoch nur drei etwas grössere Massen: Der Basalt des Dintenbühl No. 36, des Sternberg No. 37, des Eisenrüttel No. 38. Unter diesen ist die letztgenannte die überwiegend grösste. Alle drei scheinen zugleich auch selbständige Massen darzustellen, d. h. nicht in Gestalt von untergeordneten Basaltgängen in grossen Tuff- gängen aufzusetzen, sondern ganz allein für sich, ohne Begleitung von Tuff, die Ausbruchskanäle zu füllen. Zu diesen selbständigen Basaltgängen gesellen sich dann noch drei kleine: NW. von Graben- stetten No. 126, SO. von Urach No. 125 und halb und halb auch derjenige im Buckleter NW. von Urach, No. 127, bei welchem ein wenig Tuff erscheint. Alle liegen oben auf der Alb bezw. in Thälern, welche in dieselbe einschneiden. Der Rest von 12 bezw. 15 Vorkommen wird gebildet durch Basaltgänge, welche in den Tuffgängen auftreten. Diese liegen teils am Steilabfalle der Alb, meist aber ım Vorlande derselben. Sie sind für unser Gebiet von besonderer Wichtigkeit, weil sie für die be- treffenden Tuffgänge zweifellos darthun, dass der Tuff hier an Ort und Stelle durch einen Ausbruch entstanden sein muss und unmöglich von oben her in dieselbe hinabgespült sein kann. Wir werden zunächst die allgemeinen und die Lagerungsver- hältnisse dieser Basalte zu besprechen haben, bevor wir uns zu ihrer mineralogischen Beschaffenheit wenden. Die drei erstgenannten des Dintenbühl, Sternberg und Eisenrüttel habe ich mit gutem Bedachte der Nummer nach den Tuff-Maaren oben auf der Alb beigefügt und mit No. 36, 37, 38 an das Ende derselben gestellt. Denn meiner Überzeugung nach handelt es sich hier auch nur um einstige Maare, wie an geeigneter Stelle ausgeführt werden wird. Die drei zweitgenannten, kleinen habe ich unter No. 125, 126, 127 dem Ende der Reihe unserer Tuffgänge angefügt. Der eine, W. von Grabenstetten No. 126, ist sicher nie in Beziehung zu einem Maare gestanden, denn er bildet eine schmale Spaltenausfüllung. Die beiden anderen, No. 125 und 127, dagegen scheinen mir eher Maaren zuzugehören, ich kann das jedoch nicht sicher ent- scheiden. Alle übrigen unselbständigen Basaltgänge, welche in Tuffgängen aufsetzen, haben natürlich die Nummer des betreffenden, sie be- herbergenden Tuffganges zu führen. Fraglich ist mir das Dasein von zwei Gängen: bei Donnstetten No. 6 und bei Hülben No. 12, ZI — weil dieselben sich nicht auffinden liessen und auch den Dorf- bewohnern unbekannt waren. Ein dritter, No. 127 beim Hohen- Neuffen, scheint wieder verschüttet zu sein. Die drei Basalt-Maare'. 1. No. 38. Das Basalt-Maar des Eisenrüttel, S. von Urach. 7 km südlich der Stadt Urach finden wir auf der Hochfläche der Alb die umfangreichste Basaltmasse unseres Gebietes. Das ist der seit langem bekannte Eisenrüttel. Bereits 1785 erwähnt ihn RösLer ? und giebt einen Brief des Bergrats WIEDENMANN über den- selben. Die Fremdartigkeit des gegenüber der hellen kalkigen Alb so dunklen Gesteines war die Veranlassung, dass man damals am Eisenrüttel einen bergmännischen Versuch machte, um Erzgänge zu finden, wohl Eisen, daher der Name. Man trieb einen Stollen; ein Versuch, der aber, wie RöstLer wohl humoristisch bemerkt, „nicht ganz günstig gewesen ist, da man Wasser statt Erz erschrotete.“ WIEDEnMANN knüpft an diesen Basalt des Eisenrüttels an, um in dem damals so heftigen Streite über feuerige oder wässerige Entstehung desselben sich für letztere auszusprechen. Wie WERNER die ver- einzelten Basaltkuppen als Erosionsreste eines einstigen, weithin ausgedehnten Basaltlagers auffasste, welches anderen Gesteinen auf- gelagert war, so meinte auch noch WIEDEnMANN, der Basalt des Eisenrüttels durchbohre nicht die Alb, sondern sei nur auf dieselbe aufgesetzt. | Im Jahre 1869 machte Quenstepr? auf diesen Punkt, als das mächtigste Basaltvorkommen im Lande aufmerksam. Derrner be- rechnete dann die abbaubare Menge des auf 7—8 Hektaren an- stehenden Gesteines zu 1—2 Millionen Kubikmeter, während O. Fraas* über die petrographische Beschaffenheit und die Materialprüfungs- anstalt der Technischen Hochschule in Stuttgart über die Festigkeit ı S. 677 findet sich die Erklärung des Ausdruckes. ? Beiträge zur Naturgeschichte des Herzogthums Wirtemberg. 1790. Heft 2. S. 216 und Heft 3. S. 63. 3 Begleitworte zu Blatt Urach. S. 11. * Vergl. Leibbrand, Das staatliche Basaltwerk Urach in Württemberg. Berlin, Ernst & Korn, 1889. Sodann unter demselben Titel in Zeitschr. f. Bau- wesen. Berlin 1889. Jahrgang 39 S. 411—431. Ferner O0. Fraas, Über den Basalt des Eisenrüttels, (diese Jahreshefte Bd. XXXXVI. 1890. S. 32—34) gab eine ganz kurze Beschreibung des von dem staatlichen Basaltwerke Urach be- folgten Verfahrens zur Zerkleinerung der Massen. 62* [ = OO = des Gesteines Untersuchungen anstellten. Nachdem die betreffenden Gutachten befriedigend ausgefallen waren, begann der Staat den Abbau derselben, sowie die Errichtung eines Stampfwerkes, in welchem die gewonnenen Massen für ihren Gebrauch zu Chaussee- zwecken zerkleinert werden. Für das an harten Gesteinen so arme Land war das höchst bedeutungsvoll. Ein Tagebau wurde in dem einen Ende der Basaltmasse er- öffnet von grossem Umfang und 12—13 m Tiefe. Niemand konnte vorher ahnen, dass das Ergebnis an dieser Stelle der Erwartung so wenig entsprechen würde. An den meisten Punkten in diesem Tagebau ist nämlich der Basalt bis zur vollen jetzigen Tiefe des Bruches in eine gelbe thonige Wacke zersetzt, in dieser liegen ver- einzelt, hier mehr, dort weniger zahlreich, grössere und kleinere Basaltblöcke. Es muss daher eine ungeheure Menge von Abraum bewältigt werden. Anscheinend stellt sich in der Tiefe ein festeres Gestein ein. Durch eine gänze Anzahl von Schürfen ist jedoch seiner Zeit an anderen Stellen der Basaltmasse festes Gestein nach- gewiesen worden, so dass der spätere Abbau dort sehr viel günstiger zu werden verspricht. Fig. 107 giebt ein ungefähres Bild der Ausdehnung dieser grössten unserer Basaltmassen. Dasselbe ist nach DEFFNER kopiert, dessen Originalzeichnung Herr Kollege E. Fraas mir freundlichst über- sandte. Nur in der NW.-Ecke habe ich die Ausdehnung etwas ver- kleinert, auch wird der Umriss an der sich nun anschliessenden, gegen SW. schauenden Flanke bezw. Grenzlinie sich bei genauerer Aufnahme ebenfalls noch als ein anderer ergeben, da hier der Weiss- Jura in die Basaltmasse eingreift. Im höchsten Grade überraschend ist es nun aber, wenn man mitten im Basaltgebiete des Eisenrüttel — da, wo ich Weiss- Jura in obige Zeichnung eingeschrieben habe — Kalke des Weissen Jura d findet. Die Stelle liegt hart nordwestlich des grossen Stein- bruches im Walde. Ungefähr parallel mit dem Rande des Waldes bezw. des grossen Steinbruches zieht sich ein schmaler Streifen von Weiss-Jura d dahin, rings umgeben von Basalt. Dass diese Kalke nicht etwa nur aus losen, auf dem Basalte aufliegenden Stücken bestehen, wird bewiesen durch einen tiefen Schurf, welcher weiter westlich gemacht wurde. Ganz zweifellos handelt es sich hier um anstehenden Weiss-Jura, welcher in Gestalt einer schmalen Zunge oder Platte mitten im Basalte steckt, so dass letzterer dadurch in einen NW.- und einen SO.-Teil getrennt wird. Auch die dunkle — es — Färbung, welche dieser Kalk an vielen Stücken besitzt, beweist un- widerleglich, dass nicht etwa eine grosse, später auf den Basalt ge- fallene Kalkscholle vorliegen kann, also ein Analogon des Weiss- Juramantels unserer Tuffberge. Aus der durch die Hitze erlittenen Farbenänderung geht vielmehr hervor, dass der Basalt im heissen Zustande neben dieser riffartigen Kalkmasse aufgestiegen sein muss. Wir müssen daher annehmen, dass diese mindestens bis zu ansehn- licher Tiefe hinab in letzterer wurzelt. N ‚Staalswald- ”A / SS \ | grenze 1 Steinbruch ° Brunnen DER tig 107. Diese Erscheinung ist eine höchst überraschende, da man schwer begreifen kann, wie bei dem Ausblasen eines so grossen Ausbruchskanales eine so schmale Platte von Weiss-Jura scheide- wandartig stehenbleiben konnte, so dass der Kanal in eine NW.- und eine SO.-Hälfte dadurch geteilt wurde. Es ist aber nicht daran zu zweifeln, um so weniger, als dies nicht der einzige derartige Fall in unserem Gebiete ist. Am Aichel- berg z. B. treffen wir gleichfalls hart nebeneinander zwei Tuffgänge, No. 74 und No. 75, welche nur durch eine schmale Scheidewand — 9882 — von Braun-Jura £ getrennt sind. Am Engelberg No. 94 und Altenberg No. 93 haben wir ganz dieselbe Erscheinung, nur dass dort das oberste Glied der Scheidewand jetzt durch Oberen Braun-Jurathon gebildet wird. Der Umriss der Basaltmasse ist, wie Fig. 107 erkennen lässt, ein unregelmässig ovaler; die längste Achse zieht von SO. nach NW. Nähert man sich dem Eisenrüttel von SO. her, so erscheint derselbe in Form einer Erhebung, weil man in einem Thale wandert, wie das Fig. 107 angiebt. Von allen übrigen Seiten her bildet die Basaltmasse jedoch keinen Berg, sondern wird im Gegenteil ringsum von solchen, die aus Weiss-Jura & bestehen, umgeben. Diese letz- teren bilden nun zwar keinen zusammenhängenden Kranz um den Basaltfleck; dieser ist vielmehr durch die Erosion in eine Anzahl verschieden hoher Berge zerschnitten, deren Höhe namentlich im NW. sehr gering ist. Trotzdem aber lässt sich aus denselben der alte, früher einst zusammenhängend gewesene Ringwall, welcher den Basalt umgab, leicht im Geiste wieder herstellen. Wir erhalten somit ganz dasselbe Bild, wie es uns der basaltische Sternberg No. 37 und der basaltische Dintenbühl No. 36 darstellen: Eine Basaltmasse, welche von einem Ringwalle aus Weiss-Jura umgeben wird. Beim Sternberg ist dieser letztere durch ein enges Abflussthal durch- brochen, beim Dintenbühl und dem Eisenrüttel durch ein breites. Mit einem früheren Vulkanberge aber hat der Eisenrüttel ebensowenig etwas zu thun, wie jene beiden. Er ist vielmehr ebenso wie jene und wie alle anderen unserer vulkanischen Punkte ein Maar, dessen Ausbruchsröhre jedoch nicht mit Tuff, sondern mit Basalt erfüllt ist. Ausser der vorher erwähnten Kontaktmetamorphose, welche die im Basalte auftretende kalkige Scheidewand erlitten hat, zeigt sich auch nahe dem chaussierten Waldwege im NW. rauchgrau ge- brannter Kalk. Sehr erwähnenswert ist, was QuEnstept berichtet: „Auf der Höhe (des Eisenrüttel) fanden wir eine Gmeusscholle mit weissem Feldspath und schwarzem Glimmer, worin kleine Rostflecke deutlich roten Granat verraten. Ganz dasselbe prächtige Gestein lag auch auf den Feldern südöstlich vom Übersberge westlich Würtingen. Ob es verschleppte Stücke sind ?“ 2. No. 37. Das Basalt-Maar des Sternberges, S. von Urach. In derselben Gegend der Alb, nur 6 km südwestlich vom Eisen- rüttel, liegt ein zweites, aber viel kleineres Vorkommen von Basalt ! Begleitworte zu Blatt Urach. S. 12. — 282 im Sternberge. Als WıEpDEnmann das Gestein des Eisenrüttel als Basalt erkannte, sprach er zugleich! die Vermutung aus, dass in der Nähe desselben wohl noch andere Basaltvorkommen anstehen möchten. Das veranlasste den kurfürstlichen Forst-Geometer Sm. JutL. NÖRDLINGER zu weiterer Nachforschung, welche dann auch von Erfolg gekrönt war; denn im Jahre 1802 entdeckte er den Basalt des Sternberges bei Offenhausen?, welcher etwa 6 km südwestlich vom Eisenrüttel liegt. NÖRDLINGER hebt die „bei den Alp-Bergen ganz ungewöhnliche Form“ des Sternberges hervor, welcher ein „Crater-ähnliches Ansehen“ besitzt. Auch von QuEnstepr wird das Dasein eines Kraters an dieser Stelle betont. Wir werden indessen sehen, dass man hier doch nur in gewisser Hinsicht von einem solchen sprechen darf. Der Krater eines echten Vulkanes liegt jedenfalls nicht vor, sondern nur ein Maar, ein Explosionskrater, also ein Vulkan-Embryo. Wer von Gomadingen nach dem ehemaligen Kloster Offen- hausen geht, erblickt zu seiner Linken eine ansehnliche, auf breiter Grundfläche sich aufbauende Erhebung. Das ist der unten aus Weiss-Jura d, oben aus & bestehende Sternberg, welcher sich fast 170 m über die d-Fläche erhebt, auf welcher unser Weg verlief. Da diese Erhebung dicht mit Wald bedeckt und wieder in Höhen und Tiefen gegliedert ist, so kann es unter Umständen etwas schwer fallen, die Stelle zu finden, an welcher hier der Basalt auftritt. Die Bodengestaltung ist die folgende: Auf einer der Höhen liegt im Walde ein Ringwall von anstehendem Weiss-Jura &, etwa 150—200 Schritt im Durchmesser haltend. Im Innern desselben befindet sich vertieft ein ebener, mit Tannenwald dicht angeschonter Boden. Das ist der sogenannte Krater. Nach Norden zu ist dieser Wall durch eine Scharte unterbrochen. Dort liegt, hart an dem durch das Innere des Kranzes führenden Wege, eine Vertiefung. Aus dieser entspringt eine Quelle, der Sternenbrunnen, welcher in einem etwas gebogen nach NW. verlaufenden, engen, schluchtartigen Ero- sionsthale abfliesst. Dasselbe wird von steil aufragenden dolomiti- schen Felsen des Weiss-Jura & eingefasst, und ist auf untenstehender Skizze mit „Felsenthor“ bezeichnet. Leider hat der Zeichner unter ! Rösler’s Geographie Württembergs, Beiträge zur Naturgeschichte des Herzogthums Wirtemberg. Heft 2. 1790. S.216. Tübingen, und Heft 3. 1791. S. 63—67. 2 Denkschriften der vaterl. Ges. d. Ärzte und Naturf. Schwabens. Bd. 1. Tübingen 1805. S. 481—488, — 984. — diesem Worte die Bergschraffierung fortgelassen, so dass es fälsch- licherweise scheint, als öffne sich das Felsenthor, in der Zeichnung, nach rechts. Es öffnet sich nach oben in die Schlucht. Durch die dichte Bedeckung mit Tannenwald ist gegenwärtig eine genauere Untersuchung des das Innere des sogenannten Kraters Der genannte Aufschluss am Sternen- erfüllenden Bodens verhindert. brunnen lässt jedoch erkennen, dass an dieser Stelle ein fast ganz zu gelbem Wackethon zersetzter Basalt ansteht; ganz in derselben Weise, wie das beim Eisenrüttel No. 38 in dem grossen Steinbruche der Fall ist. Von Tuff ist hier nichts zu sehen. Es ist daher im höchsten Grade wahrscheinlich, dass auch der ganze übrige Boden = > — weg) WE =-Schlucht nd N‘ en N —oNe II ——, Sternbrunnen SSS === ZZ Basalt - = ZZ IN, RTENNNUNN N 0 H Basallmaar desSternberg. Fig.t102. ZIR Bi e NL EN JA N RN NN x des sogenannten Kraters nur durch solchen zu Thon umgewandelten Als Krater aber — falls man darunter, wie Basalt gebildet wird. das wohl der Fall war, den Krater eines Vulkanberges versteht — ist diese Bildung ganz mit Unrecht bezeichnet worden. Denn wenn auch dieselbe hier allerdings an der Spitze eines Berges liegt, so ist das doch kein vulkanischer, sondern ein aus Weiss-Jura bestehen- der Berg. Zweifellos liegt hier wie beim Eisenrüttel No. 38 und Dintenbühl No. 36 der Kessel eines Maares vor, dessen in die Tiefe führender Ausbruchskanal ausnahmsweise mit Basalt anstatt mit Tuff erfüllt ist. Die geologische Karte von Württemberg giebt nun aber den Basalt nicht nur im Innern dieses Ringwalles, bezw. Maarkessels an, sondern lässt ihn auch das vorher erwähnte gebogen verlaufende ! 5, später „Die Deutung der Basaltmassen‘. — 985 — Abflussthal erfüllen, so dass das Ganze einem geschwänzten Kometen gleicht. Ganz dasselbe findet sich bei der Darstellung des Dinten- bühl No. 36. Allein hier wie dort will mir scheinen, als wenn das Abflussthal zu Unrecht als mit Tuff erfüllt dargestellt wäre; ich habe daher hier wie dort den Basalt nur im Innern des Maarkessels ein- gezeichnet. Allerdings ist der Boden des Abflussthales am Sternberg mit Basaltwacke und Stücken Basaltes bedeckt, und ich habe beim ersten Besuche dieser Örtlichkeit gleichfalls die Empfindung ge- wonnen, dass dieses Thal auf. ziemlich weite Erstreckung bergabwärts einst mit Basalt erfüllt gewesen wäre, dass also ein Basaltgang vor- liege. Indessen bei abermaliger Besichtigung drängte sich doch die Überzeugung auf, dass die in dem engen Thalboden liegenden Basalt- stücke und die Wacke nur von oben her durch das Wasser herab- gespült seien. Vielleicht auch ist in früherer Zeit hier einmal etwas Basalt gewonnen, wodurch seine Stücke thalabwärts verschleppt worden sind. Möglich wäre es indessen ja auch, dass hier wirklich dem Maar ein langer schmaler Gang von Basalt entspränge. 3. No. 36. Das Basalt-Maar des Dintenbühl!, SO. von Urach. Während Eisenrüttel und Sternberg auf dem linken Ufer der Erms gelegen sind, findet sich auf dem rechten abermals ein Vor- kommen von Basalt, der Dintenbühl. Dasselbe liegt etwa 5 km nord- östlich vom Eisenrüttel, nahe dem Dorfe Gruorn, und, wie jene beiden ersteren, oben auf der Hochfläche der Alb. Ganz wie dort, so wird diese letztere auch hier durch Weiss-Jura & gebildet. Nähert man sich von dem östlich gelegenen Dorfe Gruorn aus diesem Berge, so hat man vor sich eine ungefähr 50 m über ihre Umgebung auf- ragende Höhe, welche aus Weiss-Jura & besteht und zum Teil be- waldet ist. Erst wenn man dieselbe erstiegen hat, bemerkt man, dass der Berg im Innern hohl ist. Ein Becken öffnet sich zu un- seren Füssen, in welches die Weiss-Jura-Umrandung etwa 15—17 m tief steil abfällt. Zugleich sieht man, dass der Wall nicht mehr rings geschlossen ist, denn der westliche und nordwestliche Teil des- selben fehlen bereits. Die Länge der noch erhaltenen südlichen Kesselwand misst 350 Schritt, diejenige der östlichen 270. Das ist ein ganz stattlicher Inhalt. Wenn also wirklich, wie sicher anzu- nehmen, der ganze Kessel mit Basalt gefüllt ist, so würde sich hier ! Auf der neuen Kartenausgabe steht Dietenbühl. 80 der Abbau wohl lohnen. Wir haben dann die zweitgrösste Basalt- masse in unserem Lande im Dintenbühl. Wir steigen im den Kessel hinab. Die Sohle desselben bildet eine nach W. sich abdachende Ebene. Dieselbe wird beackert; sie hat thonigen Boden. Ausser vielen Kalkstücken, welche von dem Kesselrande herrühren mögen — die Egge verschleppt sie vom Rande nach der Mitte hin — enthält derselbe auch viele Basaltstücke. Aber nirgends zeigt sich anstehender Basalt. Es lässt sich daher auch nicht mit völliger Sicherheit sagen, ob man Verwitterungsboden von in der Tiefe anstehendem Basalte oder Tuffe unter den Füssen hat. Die mehr thonige, nicht so schüttige Beschaffenheit des Bodens spricht indessen entschieden für Basalt. Besonders grosse Blöcke dieses Gesteines liegen nahe dem SW.-Rande des Kraters im Walde, bei x im untenstehendem Profile. 3 AUTEmRÜrETIET een em ) Basall-MaardesDintenbühl, Profil von AnachB derFig. 104. Fig.103. Dort, beix, steht jedenfalls der Basalt in der Tiefe an. Auch bei y, am N.-Rande, finden sich zahlreiche, aber kleine Stücke. Hierzu darf man wohl ebenfalls in ge- ringerer Tiefe anstehendes Basaltgestein annehmen. . Der Weisse Jura zeigt nirgends Spuren von Kontaktwirkung bis auf ver- einzelte rotgefärbte Kalkstücke, welche sich oben auf dem Walle finden. Wir haben bei Betrachtung des Sternbergs No. 37 gesehen, dass. man dort nicht von einem echten Vulkankrater, sondern nur von einem Maarkessel, einem Explosionskrater sprechen darf. Genau dasselbe aber gilt von dem Dintenbühl; denn dessen Kesselbildung ist lediglich dadurch von derjenigen des Sternberges geschieden, dass sie grösser ist und von einem breiteren Abflussthale durch- brochen wird. =. 31 — Das ist natürlich ein ganz unwesentlicher Unterschied. Ich meine daher, dass wir hier gleichfalls nur ein einstiges Maar vor uns haben, genau so beschaffen wie unsere anderen Maare auf der Alb, und abermals nur mit dem Unterschiede, dass der Kanal des- selben bemerkenswerterweise auch hier mit Basalt anstatt mit Tuff erfüllt ist. Von einem echten Vulkan und dessen Krater kann also auch hier keine Rede sein. Wohl aber sind derartige Vorkommnisse in- teressant, weil sie uns die Maarbildung bereits auf einer etwas höheren Stufe der Entwickelung zum echten Vulkane hin kennen lehren. Bei dem untersten embryonalen Stadium hat sich durch Explosionen ein Kanal rundlichen Querschnittes gebildet, welcher sich mit zerschmettertem, durchbrochenem Gesteine und zerstiebtem Schmelzflusse erfüllt. Die feuerflüssige Masse bleibt noch in der Tiefe. Bei der nächsthöheren Stufe quillt der Schmelzfluss im Kanale in die Höhe, schmilzt vermutlich die denselben erfüllende Asche wie- der ein und erstarrt in der Röhre. Diese beiden Stadien gehören noch der Maarbildung an. Bei dem dritten erst quillt der Schmelzfluss als Lavastrom oben über und baut einen Vulkankegel auf, an dessen Spitze dann ein echter Krater erscheint. STELZNER! erwähnt in seiner Arbeit über die Melilithbasalte, dass die Basalte vom Sternberg und vom Dintenbühl vielleicht nicht anstehend, sondern nur lose Blöcke auf dem Boden kraterförmiger Vertiefungen seien. Das ist ein Missverständnis, welches ihm beim Lesen der Arbeit Mönt’s entstanden zu sein scheint; in beiden Fällen steht der Basalt sicher an. Basaltgänge. a. Basaltgänge ganz oder fast ohne Tuff. 4. No. 125. Der Basaltgang in dem Zittelstadt-Thale bei Urach. Durch Herrn Lehrer ZwieserE wurde ich auf ein in der geo- logischen Karte von Württemberg noch nicht verzeichnetes Basalt- vorkommen aufmerksam gemacht, welches sich ganz nahe westlich der Stadt Urach befindet. Dasselbe tritt am linken Gehänge des Thales auf, welches „die Zittelstadt“ genannt wird. Wenn man vom Elsachthale kommend in dieses letztere einbiegt und nun dem Wege ! Neues Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. Beil.-Bd. II. 1883. S. 402. — 4988 — folgt, welcher sich, wenig über der Thalsohle, dort am linken, süd- lichen Gehänge entlang zieht, so trifft man nach etwa 740 Schritten auf diesen Gang. Derselbe wird in einer mindesten Breite von 10 Schritten durch den Weg aufgeschlossen. Im übrigen ist der Abhang mit Rasen bedeckt und aus Kalkschuttmassen gebildet, welche sich hier dem Fusse des Gehänges vorlagerten, einen in das Thal hinausspringenden Schuttkegel bildend. Ob sich unter diesem etwa noch Basalttuff befindet, entzieht sich jeder Beobachtung. Bereits unter No. 60 und 61 wurde früher dargelegt, dass dieser Basaltgang fast in einer Linie mit den beiden auf der anderen Seite des Zittelstadtthales aufsetzenden Tuffgängen liegt, dass er mög- licherweise derselben Spalte angehört, wie der Gang 61 oder 60. Das ist jedoch nicht sicher zu entscheiden, da beide Vorkommen durch ein mit Alluvium eingeebnetes Thal geschieden sind, welches das etwaige Hinübersetzen der vulkanischen Massen verhüllt. Es ist aber auch gar nicht notwendig, zu einer solchen Annahme zu greifen, da gar nicht selten dicht neben einander, aber ganz unabhängig von einander, sich in unserem Gebiete Ausbruchskanäle finden. So No. 74 und 75, No. 93 und 94, No. 52 und 53. Der Basalt ist völlig zersetzt, braun von Farbe, in kleine Stücke zerbröckelnd, zwischen welchen weisse, wohl zeolithische Zwischen- masse liegt. Die Olivinkörner sind gleichfalls in stark vorgeschrit- tener Zersetzung begriffen. 5. No. 126. Der Basaltgang W. von Grabenstetten. Auf Blatt Urach der geognostischen Karte findet sich nord- westlich von Grabenstetten ein runder Fleck von Basalt eingezeichnet, welcher mitten im Weiss-Jura d liegt. Der nach Neuffen laufende Weg führt an diesen Ort, dessen Zelgenname'! „Egelstein“ lautet. Ein Besuch dieser Stelle lässt nichts Weiteres erkennen, als dass in dem ganz ebenen Acker neben vielen Weiss-Jurabrocken auch vereinzelte kleine Stücke von Basalt umherliegen. Ein Teil der letzteren ist abgesammelt und auf den Landweg geworfen, welcher das Feld durchschneidet. Der betreffende Fleck hat nur einen ganz geringen Umfang und lässt sich nicht weiter verfolgen, so dass man die Spitze einer Basaltkuppe vor sich zu haben meint, welche aus der Tiefe aufragt. An der neuen Strasse von Grabenstetten nach Urach ist nun ! Zelgenname = Flurname. — lee aber neuerdings ein, in der geologischen Karte von Württemberg nicht verzeichneter Basaltgang aufgeschlossen worden, welcher gleich- falls im Weiss-Jura d aufsetzt, eine Mächtigkeit von nur 1 m be- sitzt und nordsüdlich streift. Diese neue Strasse liegt südlich von dem oben genannten Punkte im Acker, und der an ersterer neu aufgeschlossene, S.—N. streichende Gang findet sich wiederum in gerader Linie südlich von jenem Punkte. So wird es höchst wahr- scheinlich, dass es sich bei beiden Vorkommen um einen und den- selben Gang handelt. Die sehr geringe Mächtigkeit dieses letzteren erklärt leicht den Umstand, dass an dem oben genannten Punkte die Basaltstücke nur so vereinzelt im Acker liegen und dass sie auch in der Verbindungslinie leider so selten sind, dass sich an ihrem Conlactwirkung Basallgang bei Grabenstelten Fig. 105. Auftreten die langgestreckte Gangnatur nicht erkennen, sondern nur ahnen lässt. Auch an der alten Strasse, welche, abermals südlich und nahe der neuen, von Grabenstetten nach Urach geht, hat Herr Lehrer ZWIESELE einen Basaltgang gefunden, der möglicherweise wiederum nur die Fortsetzung des soeben geschilderten sein wird. Es ergiebt sich auf solche Weise alsimmerhin wahrscheinlich das Dasein eines mindestens auf550 m Länge verfolgbaren, N.—S. streichenden Basaltganges von geringer Breite. Beachtenswert ist es, dass dieser so geringmächtige Gang an beiden Seiten den Jurakalk in einer Breite von 2 Fuss metamorphosiert hat. Die Art der Umwandlung ist genau dieselbe, welche so sehr häufig durch unsere Tuffgänge ausgeübt wird: Der weisse Kalk ist dunkelgebrannt, indem seine organische Substanz verkohlt wurde. Nicht an diesem Wege, sondern in der obenerwähnten Zelge Egelstein, hat Enprıss! den Basalt untersucht und gefunden, dass ! Bericht über die 26. Versammlung des oberrh. geol. Vereins. 1893. 6 S. — 0 — es sich um einen Feldspatbasalt handelt, während alle anderen unserer Basalte den Melilith-, bezw. Nephelin- (Eisenrüttel-) Basalten angehören. Expriss hat ferner dort auch zwei kleine Stückchen gefunden, welche blasig ausgebildet sind. Auf diese beiden Stückchen gründet er, weil sie blasig sind, die Hypothese, dass hier einst an der Erd- oberfläche ein Basaltlavastrom geflossen sei. Es liegt aber nicht der mindeste Grund vor, einer solchen Annahme beizupflichten. Einmal kennen wir in unserem ganzen Vulkangebiete von Urach nicht einen einzigen oberirdisch geflossenen Lavastrom, sondern nur unterirdische Basaltbildungen, Gänge. Es ist daher von vornherein unwahrschein- lich, dass hier bei Grabenstetten einstmals ein solcher vorhanden gewesen sein solle. Das allein wäre freilich kein Grund, welcher entscheidend sein könnte. Aber zweitens spricht auch die Gering- fügigkeit der beiden kleinen Stückchen gegen eine solche Annahme; man könnte immerhin erwarten, dass doch noch mehr Überreste dieses Stromes zu finden sein würden. Sollte derselbe gerade bis auf diese beiden winzigen Stückchen weggewaschen sein? Drittens sahen wir ja, dass an der Strasse von Grabenstetten nach Urach ein Basaltgang aufsetzt, welcher auf diesen Punkt in Zelge Egel- stein hinzieht und sehr wahrscheinlich mit ihm zusammen nur einen einzigen langen schmalen Gang bildet. Aber auch wenn diese Ver- bindung nicht bestehen sollte, dann würde der Punkt in der Zelge Fgelstein auch nur als Kopf eines in die Tiefe setzenden Ganges von rundlichem oder ovalem Querschnitte aufgefasst werden können; ganz wie unsere anderen Gänge. Nun kann aber, und das ist der ausschlaggebende Grund, keines- wegs nur die Oberfläche eines Lavastromes blasig ausgebildet sein, sondern auch die eines Ganges. Zudem ist es gar nicht nötig, auf Grund dieser beiden Stückchen anzunehmen, dass die ganze Ober- fläche des Ganges blasig war; das braucht nur eine kleine Stelle gewesen zu sein. Als Beleg für blasige Ausbildung von Gängen führe ich nur die beiden folgenden Vorkommen an: Zunächst der in Säulen abgesonderte, daher „Palissaden“ Trapp genannte Lagergang in Nord-Amerika, welcher bei Staten Island beginnt und den Hudson 30 Miles weit hinaufbegleitet. Dieser tritt an zwei Stellen an die Oberfläche und ist dort blasig ausgebildet!. In gleicher Weise haben die beiden Augitkersantitgänge in der bayrischen Pfalz am N.-Ende ! Vergl. das Referat im Neuen Jahrbuch f. Min., Geol. u. Pal. 1893. Bd. I. 8. 337. — 91 — von Kusel und am Pfeffelbache, wie LerrLA berichtet, an mehreren Stellen Blasenräume, ohne dass hier eine Berührung mit der Erd- oberfläche zur Zeit ihrer Entstehung stattfand!. Es handelt sich also in unserem Falle gewiss auch nur um einen Basaltgang, nicht aber einen Lavastrom. 6. No. 127. Der Basaltkopf im Buckleter, NW. von Urach. Ein letztes und sechstes Basaltvorkommen auf Blatt Urach finden wir 3 km nordwestlich der gleichnamigen Stadt, am W.-Fusse des Elgenberges. Im Gegensatze zu den bisher betrachteten, welche im Weiss-Jura aufsetzen, schaut dieses Vorkommen bereits aus Oberem Braun-Jura hervor; es liegt also nicht auf der Hochfläche, sondern wie dasjenige in der Zittelstadt unten im Thale. Wenn man von Urach aus der am Waldrande entlang führenden Strasse folgt, welche auf dem rechten Ermsufer am Gehänge nach Dettingen führt, so hat man zu seiner Rechten den Steilabfall der Alb, zur Linken in einiger Tiefe unter sich die Sohle des Ermsthales. Die Strasse läuft grösstenteils im Niveau der Thone des Oberen Braun-Jura. Aber die Nässe und das Abgespültwerden derselben bedingen es, dass der Weiss-Jura von oben über den Braunen hinab- rutscht und diesen vielfach verdeckt. So entstehen Unebenheiten und daher heisst diese Gegend die bucklete, d. i. bucklige. Zur Rechten des genannten Weges liegen drei vulkanische Vorkommen: Zwei Tuffgänge, No. 56 und 57, und zwischen diesen der hier in Rede stehende Basaltgang. Da wo dieser letztere auftritt, schneidet die Strasse die Braun- Jurathone deutlich an; dieselben bilden auch den steilen Abfall, welcher die Strasse rechts, westlich, begleitet, wie sich deutlich in der Nähe des Basaltes erkennen lässt. Erst oben, auf dem Rücken dieser Stufe im Gelände, liegen dann die Schuttmassen von Weiss- Jura. Da der Basalt in diesem thonigen Gehänge auftritt, so liegt er wohl noch in den obersten Schichten des Braun-Jura und nicht, wie die geologische Karte von Württemberg angiebt, bereits im Weissen. Die Basaltmasse ist nur klein, aber gut aufgeschlossen, da man sie früher abgebaut hat. Die gewonnenen Steine wurden auf dem Wege verfahren, welcher vom Steinbruche aus nach Urach zu in einiger Höhe, parallel mit der von uns vorher benutzten Strasse, ! Ebenda. 1893. Bd. I. S. 135. — a — entlang führt. Von ersterem Wege aus sind natürlich beim Trans- porte Basaltstücke am Abhange herab- und bis an unsere Strasse hingerollt. Ich erwähne das, weil sie in dem bewaldeten Gelände den Eindruck hervorrufen, dass der südlich an den Steinbruch sich anschliessende, thonige Abhang aus anstehendem, wenn auch meist verwittertem Basalt bestände. Das ist nicht der Fall. Das vul- kanische Gestein ist also auf den erwähnten kleinen Steinbruch beschränkt. Der durch die Gewinnung des Basaltes geschaffene, 15 Schritt breite Hohlraum streicht ungefähr nach SO. Derselbe hat jedoch in dieser Streichlinie, welche sich in das Gehänge hinein- zieht, eine so kurze Erstreckung, dass man nicht weiss, ob ein solches Vorkommen nicht besser als Kuppe zu bezeichnen wäre. Mir scheint nicht, als wenn er sich noch weit nach SO. in das Gehänge hinein er- streckte; doch ist dasselbe überall mit Weiss-Juraschutt überdeckt, so dass eine sichere Entscheidung nicht gefällt werden kann. — Wenn man den Steinbruch betritt, . Weg 2 BasaltimBückleten so sieht man zunächst zur Linken Fig.106. den anstehenden Braun-Jura. Derselbe befindet sich hier im Kontakt mit dem allerdings weggebrochenen Basalte, doch kleben von letzterem noch einige Fetzen, die in den Jura eingedrungen waren, an der Thon- wand. Der Thon selbst ist an einigen Stellen entschieden gehärtet. Weiter aufwärts erscheint nun aber im Kontakt mit dem Basalt eine andere Gesteinsmasse. Dieselbe ist parallel der Kontaktfläche schieferig geworden, während der Basalt, welcher ihr anklebt, Ab- sonderung in kleine Kugeln zeigt. Als veränderten Jurathon kann ich diese Masse nicht auffassen ; wie dieser aussieht, beobachtet man ja am Eingange in den Bruch. Ich meine, dass wir hier etwas fem- körmigen Tuff vor uns haben, welcher umgewandelt wurde. Die Zwischenräume zwischen den Schichtchen sind mit weisser zeolithi- scher Masse erfüllt. b. Die in den Maar-Tuffgängen aufsetzenden Basaltgänge. Da diese Basaltgänge bereits bei Besprechung der einzelnen Tuffgänge behandelt wurden, so führe ich dieselben hier nur kurz auf. 7. No. 20. Der Basalt im Tuffgange mit dem Hofbrunnen. 8. No. 45. Der Basalt im Tuffgang 4 an der Gutenberger Steige. — 93- 9. No. 39. Der Basalt im Tufikanale des Randecker Maares. 10. No. 86. Der Basalt im Tuffgange des Hohenbohl. 11. No. 87. Der Basalt im Tuffgange des Götzenbrühl. 12. No. 76. Der Basalt im Tuffgange des Kraftrain. 13. No. 49. Der Basalt im Tuffgange des Bölle bei Owen. 14. No. 96. Der Basalt im Tuffgange im Bettenhard. 15. No. 55. Die Basaltgänge im Tuffgange des Jusi. 16. No. 100. Der Basalt im Tuffgange am Authmuthbache. 17. No. 106. Der Basalt am Hofwald nördlich vom Hofbühl. 18. No. 122. Der Basalt im Tuffgange des Gaisbühl. Fragliche Basaltgänge. 19. No. 6. Der ? Basalt im Tuffgange bei Donnstetten. 20. No. 12. Der ? Basalt bei Hülben. 21. No. 128. Der ? Basaltgang am Hohen-Neuffen. Ein weiterer Basaltgang, von welchem jede Spur verloren ge- gangen zu sein scheint, wird durch ScHüBLER erwähnt. Derselbe sagt! darüber das Folgende: „Am Abhange von Hohen-Neuffen, an der Strasse vom Neuffen nach Grabenstetten, findet sich an der süd- lichen Seite der Strasse, 92 Pariser Schuh unter dem Hohen-Neuffen und 2161 Pariser Schuh über dem Meer, eine schiefe, nur 2 Schuh breite Gebirgsspalte im dichten Jurakalk, welche vollkommen mit schwarzem Basalt ausgefüllt ist, er enthält grünliche Olivinkörner eingewachsen, ist übrigens hier und da mit feinen Adern von fase- rigem Kalkspath durchzogen.“ DEFFNER hat diesen Gang nicht ge- kannt, ich habe ihn gleichfalls nicht finden können. Sein Ausgehen- des muss also wohl jetzt verschüttet sein. Man könnte vielleicht glauben, dass hier der an der Strasse von Urach nach Grabenstetten liegende Basaltgang No. 126 gemeint wäre. Allein das kann nicht der Fall sein, da dieser letztere von ScHüßLER? an anderer Stelle erwähnt wird. Bemerkenswert ist es, dass schon vor SCHÜBLER bereits ScHwArz dies Vorkommen mit den Worten erwähnt: „in der 2° breiten Spalte am Hohen-Neuffen“. ı Württembergische Jahrbücher von Memminger. 1824. S. 364. 2 8. 370. No. 9. ® Reine natürliche Geographie von Württemberg. 1823. S. 149. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ, 1894. 63 — 94 — 22. Der ? Basaltgang im Tuffe des Karpfenbühl. Im Jahre 1832 schon spricht E. Schwarz ' von einem Basalt- vorkommen „unten am Calverbühl“. Ebenso erwähnt Hzun? des- selben. Doch macht es hier den Eindruck, als wenn Heur den ganzen Kegel des Karpfenbühl für Basalt halte. QuenstepT berichtet nichts über das Vorkommen des Basaltes an dieser Stelle. Ich konnte denselben gleichfalls nicht finden; in- dessen will es an zwei Stellen der NW.-Seite scheinen, als wenn hier nicht mehr reiner Tuff, sondern bereits ein Zwischending zwi- schen Basalt und Tuff, wenn auch im veränderten Zustande, vor- liege, wie das ja mehrfach vorkommt, wenn der Basalt sich in ge- ringer Tiefe befindet. Ehemalige heisse Quellen im vulkanischen Gebiete von Urach. Gegenwärtig findet sich auf der Alb keine einzige heisse Quelle. Zur Zeit jener vulkanischen Ausbrüche aber oder bald nachher sind auf der südöstlichen Ecke unseres Gebietes offenbar heisse Quellen aufgestiegen. Es finden sich nämlich, wie bei Beschreibung der folgenden Örtlichkeiten ausführlicher dargelegt wurde, bei 1) Laichingen No. 1: Erbsenstein ; 2) Böttingen No. 2: Bandachatartiger Marmor; 3) SO. von Böttingen No. 3: Bandachatartiger Marmor; 4) Feldstetten No. 5: „Sprudelsteinartige Kalke“ ?; 5) Sirchingen No. 23: Erbsensteine*. Wir haben also an fünf verschiedenen Örtlichkeiten Gesteins- bildungen, welche auf das ehemalige Vorhandensein heisser Quellen hindeuten. Die Erbsensteine wetteifern an Schönheit mit den be- kannten von Karlsbad und die Marmore sind so schön gebändert, dass sie zum Schmucke des Residenzschlosses in Stuttgart verwendet wurden. Da diese Bildungen die Füllmasse von Spalten sind, so ist es nicht unmöglich, dass noch an anderen Orten der Alb in unserem vulkanischen Gebiete unter der Ackerkrume derartiges ver- ! Reine natürliche Geographie von Württemberg. Stuttgart bei Ebner. 1823. S. 149. ? Die geognostischen Verhältnisse Württembergs. Stuttgart 1850: S. 12. ® Nach Quenstedt’s Ausdruck Begleitworte zu Blatt Blaubeuren S. 19. * Quenstedt, Begleitworte zu Blatt Urach. S. 14. —_ 1.999, borgen liegt. Auch im Bereiche des nördlichen Vorlandes der Alb könnten solche Quellen bezw. deren Absätze einstmals vorhanden gewesen sein, welche aber nun, nach Abtragung der Alb, mit dieser abrasiert worden wären. Das ist, wie gesagt, nicht ausgeschlossen, gefunden aber wurde bisher keinerlei Spur. Selbst wenn nun aber diese Quellabsätze auf jene 5 Örtlich- keiten beschränkt sein sollten, so ist das ehemalige Dasein dieser Quellen in unserem Gebiete doch aus einem doppelten Grunde be- merkenswert: Einmal, weil Quellen oben auf der wasserarmen Hoch- fläche der Alb in unserem hier in Rede stehenden Gebiete über- haupt etwas Bemerkenswertes sind; nur im vulkanischen Tuffe sind sie häufig; jene mit Quellabsätzen erfüllten Spalten aber sind z. T. ganz unabhängig vom Tuffe. Sodann zweitens, weil es sich hier wohl jedenfalls um warme Quellen handelt, welche aus der Tiefe emporstiegen, während die jetzt im Tuffe sich sammelnden kalten Quellwässer von der Tagesfläche herrühren. Mit Recht werden wir wohl diese einstigen Thermen unseres Gebietes als eine Folgewirkung des Vulkanismus betrachten dürfen. Eine kohlensäurehaltige kalte Quelle findet sich in unserem Gebiete in Kleinengstingen No. 29; sie tritt also in einem Maar zu Tage. Es ist das der einzige Säuerling, welcher auf der ganzen Alb vorkommt! und bildete bereits im Jahre 1719 den Ge- genstand einer Arbeit des Dr. Arex. Camerarıus?. Auch in einigen Maaren der Eifel, wie dem Laacher Maare, und dem von Wehr, haben wir kohlensaure Quellen. Erläuterung zu den Profilen. Die Profile und Kartenskizzen, mit welchen ich die Beschreibung der einzelnen Tuffvorkommen unterstütze, sind flüchtig im Felde gemachte Zeichnungen. Sie sind daher in den Verhältnissen nicht genau. Die Signaturen dieser Zeichnungen möchte ich an folgender Fig. 74 erläutern. Die Tuffbreccie ist durch eine ent- ! Quenstedt, Begleitworte zu Blatt Urach. S. 25. ® Dissertatio de acidulis Engstingensibus. Tubingae 1719. Citiert nach Quenstedt. a sprechende, das Breccien-artige andeutende Zeichnung wiedergegeben der Jura durch wagerechte Strichelung. Oben am Kopfe dieses Tuffganges ist reine Tuffsignatur ge- zeichnet. Das soll bedeuten, dass hier der Tuff zu Tage ansteht. Bei den tieferen Teilen des Tuffganges ist die wagerechte Jura- Strichelung über den Tuff gelegt. Das soll bedeuten, dass hier das Eichenfürst li | N ! HN (N ni V. 7 ir , Fig.74. vulkanische Gestein, der Gang, durch den ihn mantelförmig um- gebenden Jura verhüllt wird. Es handelt sich also in diesem Falle wie in vielen anderen, um einen Berg, dessen Sockel aus Braun-Jura dessen Gipfel aus Tuff besteht. Da, wo sich der Beweis führen liess, dass dieser Tuff nicht dem Juraberge aufgelagert ist, sondern den- selben als Gang durchsetzt, ist mithin obige Zeichnungsweise an- gewendet worden. Wenn dagegen in einem Profile der Tuff nicht durch Jura- Strichelung überdeckt ist, so bedeutet dies, dass er durch senkrechten, bezw. schrägen Schnitt aufgeschlossen, also nicht mit Jura überdeckt ist; so z. B. Fig. 39: GangimRietheimerThal Fig.39. og Berichtigung zu Teil I. In der Tabelle auf S. 655 ist der den Bonebed-Sandstein vom Lias trennende Strich aus Versehen unter die No. 23 gekommen, während er über derselben gezogen sein müsste, da No. 23, wenn reiner Sandstein, dem Keuper angehört. Auf S. 656 ist das über No. 23 Gesagte dahin zu berichtigen, dass die Zone des A. planorbis in Schwaben wohl nirgends in so sandig-kalkiger Art entwickelt ist, wie das hier, einer mir zugegangenen irrtümlichen Mitteilung zufolge, als möglich angenommen wurde. Berichtigung zu der grossen geologischen Karte. Bei dem Randecker MaarNo. 39 ist die nach N. gerichtete keilförmige Verlängerung des roten Tufffleckes viel zu lang geworden, wodurch ein unnatürliches Bild entsteht. Die auf S. 737 eingeschaltete Fig. 11 gewährt das richtigere Bild, wenn man sich denkt, dass das Innere des Kessels mit roter Farbe angetuscht sei und dass letztere sich in dem Abflussthale hinabzieht nur bis an die Linie, welche durch Punkt 1 gelegt ist. Nördlich dieser Linie beginnt bereits, wie Fig. 11 angiebt, der Weisse Jura. Es ist jedoch auch dieser Fig. 11 gegenüber zu berücksichtigen, dass — wie auf S. 995 in „Erläuterung zu den Profilen“ gesagt wurde — hier nur flüchtig im Felde gemachte Skizzen vorliegen, welche in den Verhältnissen nicht genau sind. Es mag daher auch in Fig. 11 die Ausdehnung des Tuffes gegen N. noch etwas zu weit vorgeschoben sein. Thatsächlich handelt es sich bei dieser nördlichen Verlängerung des roten Tuff- fleckes nur um den, durch die schräg abwärts ziehende Zipfelbach- Schlucht bewirkten Anschnitt des in die Tiefe niedersetzenden, tuff- erfüllten Ausbruchskanales. (Der Schluss der Abhandlung, Teil II und III, folgt im Jahrgange 1895.) Kleinere Mitteilung, Das Kornhuhn. In den Jahresrechnungen der Waldvogtei Tübingen aus dem 17. Jahrhundert finden sich unter dem erlegten Federwild nicht selten „Kornhühner“ aufgeführt, wobei man mehrfach auch der Schreibung „Korrenhühner“ begegnet. Da neben ihnen regelmässig alle übrigen in der Gegend einheimischen jagdbaren Vögel, wie Feldhühner, Wach- teln, Lerchen, Haselhühner, Schnepfen u. s. w. aufgeführt werden, so kann mit jenem Ausdruck nichts anderes als der Wachtel- könig oder Wiesenschnarrer (Orex pratensis) gemeint sein; dabei fällt dann nur der Name „Kornhuhn“ auf, da der Vogel, worauf ja auch schon sein lateinischer und deutscher Name hinweist, ungleich häufiger auf Wiesen als im Getreide (Korn) angetroffen wird. Dieser Umstand einerseits und die mitvorkommende Schreibung „Korren- huhn“ andererseits führten mich auf die Vermutung, dass mit dem Ausdruck „Korn“ ursprünglich wohl etwas anderes als „frumentum, seges“ habe bezeichnet werden wollen. Ich besprach mich über den Gegenstand mehrmals mit den mir befreundeten Herren Professoren Dr. v. Rotu und 7 Dr. Mırner, Lektor der englischen Sprache in Tübingen und eifrigem Jäger. Letzterer teilte mir mit, der englische Name des Vogels sei cornkrake, so dass also die erste Hälfte des Worts mit derjenigen des deutschen Namens übereinkäme, womit freilich für die Deutung selbst nichts gewonnen ist. Von Herrn Professor v. Roru dagegen erhielt ich unterm 24. November 1876 folgende Zuschrift: Ich habe heute dem Kornhuhn etwas nachgespürt. Ich fand in Dierrengach gloss. lat. germ., dass ein Name des Orex matkern ist (in Frıschum, Nıcon. nomenclator, also süddeutsch). Nun erkläre ich das sonderbar aussehende Wort so: mat ist Wiese (Matte), wie in matschreke — Heuschrecke. Kern ziehe ich zu dem alten Wort kerren, korren, kurren, kirren — stridere. Bei Grium T. V. findet man viele Beispiele von der Sau, dem Ross, dem Wagen und der Thüre, die nicht geschmiert sind (wie man ja häufig hört: die Thüre garrt). Also ist ein matkern ein Wiesenschnarrer und ist Dein „Korrenhuhn*“ ein Schnarrhuhn, aber kein Huhn im Korn. Damit wird wohl das Richtige getroffen sein. Te. Bücheranzeigen. Vier Karten zur Naturkunde Württembergs. Heraus- gegeben vom statistischen Landesamt 1891/93. Gleichsam zum 50jährigen Jubiläum unseres Vereins kommt den Freunden der vaterländischen und süddeutschen Naturkunde eine Gabe, die sicher jeden, der sich eingehend damit beschäftigt, hoch erfreuen wird. Es sind die in Farbendruck ausgeführten Hydrographische Übersichtskarte (Preis 1 Mk.), Hydrographische Durchlässigkeitskarte (Preis 23 Mk.#900PR), sowie die neuestens erschienenen Gewässer- und Höhenkarte (Preis 1 Mk. 50 Pf.) und Geognostische Übersichtskarte des Königreichs Württemberg (Preis 2 Mk.), im Massstab 1: 600000 herausgegeben vom Königlich statistischen Landesamt,bearbeitetvonInspektor REGELMANnN. In diesen Karten haben wir gewissermassen das Endresultat vor uns, welches aus den 5Öjährigen Bemühungen um die Erforschung der natürlichen Verhältnisse Schwabens und der benachbarten Landes- teile sich ergeben hat. Also ein Werk auf dem neuesten Stand- punkt des Wissens und mit den trefflichsten Mitteln der karto- graphischen Technik ausgestattet. Was den Karten zunächst besonderen Wert giebt, ist die sichere hypsometrische Grundlage, auf welcher sie mit dem Zahlen- material des statistischen Landesamtes von dem Urheber unseres Höhennetzes, Inspektor REGELMANN, aufgebaut sind. Sämtliche Höhenzahlen und Niveaulinien sind auf den Normal-Nullpunkt der Höhenmessung Deutschlands bezogen, eine Grundlage, die gegen- — 10007 — über dem alten Fussmass (mit den späteren Verwandlungen), das in den verschiedenen Ländern auf ebenso vielen verschiedenen Aus- gangspunkten beruhte, nicht genug geschätzt werden kann und hier zum erstenmal systematisch durchgeführt ist. Da ist nun zunächst die Hydrographische Übersichts- karte, eine wesentlich verbesserte Neuauflage der in REGELMANN’s Arbeit über „Die Flussgebiete Württembergs 1883“ erschienenen Darstellung. In übersichtlicher Weise liegen hier vor uns die sämtlichen Wasserläufe und Seengebiete, erstere in vier Gattungen durch ver- schiedene Breite der blauen Linie hervorgehoben. Die grossen Fluss- systeme sind durch passende Farben unterschieden, die Wasser- scheiden bis zur fünften Ordnung eingezeichnet und mit Höhenzahlen versehen, ebenso die wichtigeren Höhenpunkte des Wasserlaufes selbst. Im Bodenseebecken finden wir die Tiefenkurven im Abstand von 50 zu 50 m als das Resultat der neuesten Tiefenlotungen an- gegeben. Alle meteorologischen, ebenso die Regen- und Pegel- stationen sind eingetragen und die Hauptresultate der Flächenberech- nung für die einzelnen Flussgebiete auf dem Rand der Karte verzeichnet. Die Darstellung ist eine überaus klare, so dass sich auch die kleineren Gewässer mit ihren Einzugsgebieten bis in die Hauptver- zweigungen deutlich verfolgen lassen. Die Hydrographische Durchlässigkeitskarte beruht im wesentlichen auf des Verfassers Studien zu der Arbeit „Die Quell- wasser Württembergs. 1872°. Die Durchlässigkeit der einzelnen Böden ist für landwirtschaft- liche Zwecke, für die Wasserabflussverhältnisse, für die Fortpflanzung der Hochwasser, den Bestand der Quellen und offenen Gewässer von grösster Bedeutung und hatte der Verfasser auf seinen unablässigen Wanderungen zur Herstellung des württembergischen Höhennetzes ausgiebige Gelegenheit zur Beobachtung der Gebirgsschichten in dieser Beziehung. Er teilt die Böden ein in „Undurchlassend‘“, „Mitteldurchlassend“ und „Sehr durchlassend“, wonach sie auch durch verschiedene Schraffierung, zum Dunkeln aufsteigend, unter- schieden sind. Mit Hilfe der Specialkarten sind diese Abteilungen ihrer horizontalen Ausdehnung nach in Gruppen zusammengestellt, deren Wiedergabe und Durcharbeitung als etwas ganz Eigenartiges zu begrüssen ist. Als ein Beispiel der Benützung dieser Angaben sei auf die für das Neckargebiet durchgeführte Berechnung der —' 1001) = Flächen verschiedener Durchlässigkeit nach Prozenten des Gesamt- gebietes, wie sie HonsrLL in seinem „Rheinstrom“ S. 188 wieder- giebt, hingewiesen; die von REGELMANN selbst aufgestellte Tabelle lautet also: Fläche in Kilometer und in Prozent Un- Mittel- Sehr durchlassend durchlassend durchlassend — | gkm | %/, || akm | %, || akm | °% || akm | 9, Oberer Neckar von den Quel- | | lengebieten bis Plochingen | 1545 | 38,6 | 1642 |41,0,| 817 20,4, 4004 | 100 Mittlerer Neckar von Plochin- | | gen bis Besigheim . . .|| 550 ‚34,0 1019 [63,0 49 3,0 || 1618| 100 Enz. 22 .2.20.2.2.2 | 590 [26,5] 1256 |56,5|| 377 |17,0|| 2223| 100 Mittlerer Neckar von Besig- | | | | heim bis Wimpfen zwischen | | Enz und Jagst . . . .|| 151 |22,7|| 491 173,9 23 | 3,41 665 | 100 Gebietsteil Im ganzen | 7778 |55,7| 2152 |15,4 113965 | 100 l Kocher und Jagst . . . .| 968 25,3 2158 |56,4| 700 | 18,3| 3826| 100 Unterer Neckar von Wimpfen | | | bis zum Rhein . . . .|| 231 |14,2) 1212 |74,4) 186 |11,4| 1629| 100 Gesamtgebiet des Neckars .|| 4035 | 28,9 Man sieht, wie überaus fruchtbringend die Diskussion der aus der Karte zu entnehmenden Zahlen gestaltet werden kann und wie die Karten dem Meteorologen, dem Landwirt, dem Wasserbau- ingenieur die wichtigsten Thatsachen zu liefern vermögen. Fügen wir hinzu, dass auf dem Rand der Karte wieder die Regenstationen, Notizen über Pegelstände, Regenhöhe und einschlägiges Material verzeichnet sind, so wird die schöne, überaus reichhaltige Karte als Begleiterin der vorhergehenden gewiss künftig in der Hand jedes Interessenten sein. In rötlich braunem Farbenton bringt nun die Höhenkarte das orometrische Bild unseres Landes zur Anschauung. Dunkel- braun in den Gebirgen des Vorarlberg, an der Mädeler Gabel und dem Säntis beginnend, dacht sich mit immer helleren Tönen das Land zu den Flussgebieten der Iller und Donau ab, erhebt sich von hier in der Farbe wieder zum Steilrand der Alb und verliert sich mit grünlichem Ton in der Kraichgau-Senke und der Ebene des Rheinthals. Alle die wechselvollen Linien der Oberflächengestaltung, die Einbettung des Bodensees, das Massiv des Schwarzwalds, des Odenwaldes, die vorgeschobenen Posten des Frankenjura, alle Einzel- thäler bis in ihre letzten Verzweigungen treten in unserem Bilde 63* — 1002 — trefflich hervor und sind gestützt durch Höhenkurven im Abstand von 100 m, sowie durch eine grosse Anzahl wohlgewählter Höhen- punkte. Daneben finden wir auf dem Rand der Karte Angaben über Gipfelhöhen, Kammhöhen, orometrische Mittelwerte, welche für den badischen Schwarzwald der Arbeit Neumann’s entnommen, für die Alb aber ganz neu berechnet sind. Hierbei möchten wir auf eine neue Einteilung der Alb besonders hinweisen, wie sie aus den Zahlen ReseLmann’s folgt und im Ausland 1893 S. 511 erstmals auf- gestellt ist: sa a2l253|38|=23 Gruppe = = 3# selceızs Bemerkungen =) Se Az AZ m, km |inmü.d.M.| inm |mü.M. IBerandenere 50|ı 8411| 75 66 808 | Begrenzt von Wuttach, Rhein, Donau, Hegau | und Ablach südlich von 2. Badischer Jura .| 90| e2| ız| 45 | 740g Schaffhausen bis zur Aitrachmündung süd- lich von Aitrach und | Donau. 3. Schwäbische Alb. | 119,4 | 892,2 | 8002| 92 , 846|| Begrenzt von Donau, Lau- chert,StarzelundNeckar. 4. Mittlere Alb . .|| 76,8 | 789,7 | 746,5 | 43,2 | 768,1 Begrenzt von Lauchert, Donau, Lauter, Erms, Neckar und Starzel. 5. Rauhe Alb. . „113,6 | 746,7 | 677,9 | 68,8 | 712,3 || Zwischen Erms und Lauter einerseits, Kocher und 6. Härdtfeldu. Junge Brenz andererseits. Pfalz. . . . .| 9| 639| 579| 60 | 609|lZwischen Kocher, Brenz, Donau und Wörnitz. Hier ist in übersichtlichster Weise eine Menge des wertvollsten Zahlenmaterials geboten, das entweder überhaupt zum ersten Male auftritt oder anderwärts nur mühevoll aus vielen Einzelquellen zu- sammengesucht werden muss. Die Gewissenhaftigkeit unseres Be- arbeiters giebt dabei die beste Bürgschaft für die Sichtung und Zuverlässigkeit der Angaben. In gleicher Weise nun zeichnet sich die Geognostische Übersichtskarte durch Klarheit und Reichhaltigkeit aus. Für die Darstellung des Schichtenbaues ist hier die Farbenskala des internationalen Geologenkongresses gewählt, was wir nur loben können, damit auch in diese Verhältnisse einmal Einheit komme. Wie in — 100. — der vorigen Karte die Höhenbildung, so prägt sich hier der Schichten- bau in ganz charakteristischer Weise aus. In der südöstlichen Ecke der Alpenkeuper und Alpenlias des Allgäus mit der vorgelagerten Kreide, in der Mitte des Blattes die südlich eingesunkene Tafel der Alb, die sich unter dem alpinen Schutt der alten Gletscher versteckt, nördlich dann die Hügelzüge der Trias, dann die Ebenen des Löss, die sich zwischen den Massiven des Schwarzwalds und Odenwalds zum Grabenbruch des Rheins und zum Mainlauf hinziehen: alles lichtvoll geordnet, die Verwerfungsspalten, Wasserscheiden, die First- und Tiefenlinien der Hauptgebirgsfalten eingezeichnet, auch sonst mit vielen Einzelheiten ausgestattet, aber ohne jede Überladung, was bei dem Massstab der Karten und der Menge des Gebotenen ein besonderes Meisterstück genannt werden muss. Die Legende der geognostischen Karte giebt die Schichtenfolge nach den neuesten Forschungen: Die Ergussgesteine nach Lossen, Dyas und Buntsandstein nach den grundlegenden Arbeiten von Eck, die übrige Trias, den Jura und die Kreide in der seither üblichen Weise, wobei die Parallelen der alpinen Ausbildung nach GünsEL angegeben sind. Uns Schwaben wird die Beibehaltung der Dreiteilung des Jura nach schwarzem, braunem und weissem noch besonders anmuten. Tertiär und Quartär haben besondere Berücksichtigung und stärkere Gliederung erfahren, was mit Rücksicht auf das viele durch die Wissenschaft neu Erworbene namentlich hinsichtlich der glacialen Ablagerungen nur gebilligt werden kann. Den Schichtentafeln sind die ungefähren mittleren Mächtigkeiten der einzelnen Komplexe bei- gefügt. So haben wir in dieser und den vorhergehenden Karten ein ganzes Kompendium über die äussere und innere Gestaltung unseres vaterländischen Bodens, das in schöner und handlicher Form über tausend Fragen Überblick und Auskunft giebt. Es sind diese Karten Beilagen zur Beschreibung Württembergs und gewissermassen ein Abschluss des Wissens, wie es die topographischen Aufnahmen und in geologischer Beziehung ScHüßLer, Bac#, PauLus, QuENSTEDT und unser Altmeister Fraas geschaffen haben, dazu noch vertieft und in die Anschauungsformen gebracht, wie sie durch die neueste Wissen- schaft festgestellt sind. Dem statistischen Landesamt und dem unermüdlichen Bearbeiter der Karten sagen wir daher für die wertvolle Veröffentlichung allen Dank und können nur wünschen, dass recht viele unserer natur- — 1004 — kundigen Mitglieder sich die Freude verschaffen, diese trefflichen Übersichtskarten zu besitzen, welche um den beigesetzten überaus mässigen Preis durch jede Buchhandlung zu beziehen sind. Wünpr. Dr. R. Brauns. Mineralogie. Sammlung Göschen. No. 29. Stutt- gart 1893. Als einem Mitarbeiter an der Göschen’schen Sammlung steht es mir nicht zu, mich über den Wert und Verdienst dieses Unter- nehmens, in möglichst billiger Ausgabe (80 Pf.) und zugleich in an- schaulicher und gedrängter Form dem Schüler und Studierenden einen Leitfaden an die Hand zu geben, weiter auszulassen und ich beschränke mich daher auf einen kurzen Hinweis auf das neueste naturwissenschaftliche Bändchen. Es behandelt die Mineralogie in der Form und Anordnung, wie es in den grösseren Lehrbüchern der Fall ist, ohne jedoch allzuviel Ansprüche an mathematische, physi- kalische und chemische Vorkenntnisse zu machen. Wie ja der Ver- fasser ganz richtig bemerkt, ist zur wirklichen Kenntnis der Mineralien geradeso wie zum Bestimmen der Versteinerungen in erster Linie eine eigene kleine Sammlung von Mineralien und entsprechenden Modellen (womöglich selbst angefertigte Pappmodelle) notwendig. Erst das Sammeln öffnet den Blick für die Formen, Farben und Ausbildungsart der Krystalle und nur an der Hand einer Sammlung ist es für den Lehrer möglich, mit Erfolg in diesem oft schwierigen Fache zu unterrichten. Wer aber einmal diesen offenen Blick ge- wonnen, für den bildet das kleine Lehrbuch einen vorzüglichen Leit- faden, in welchem er alles Wünschenswerte findet. Der allgemeine Teil behandelt zunächst die Form der Mineralien (Krystallkunde), dann die physikalischen und schliesslich die chemischen Eigenschaften der Mineralkörper. Im speciellen Teil werden sodann alle wich- tigeren Minerale in der jetzt allgemein gebräuchlichen chemischen Anordnung aufgeführt und zwar so, dass von jedem einzelnen Minerale das Krystallsystem (Naumann’sche Bezeichnung), die chemische Formel, Farbe und Härte, Vorkommen und etwaige Verwendung kurz zu- sammengestellt ist. Dr. E. Fraas. rsaclhte, Jahreshefte d. Ver f. vater]. Naturk.in Württemb. 1894. — Abnorme Blatttormen aus mechanischer Ursache 3.4 nalürl. Gröfse Lith, Anstalt von A. Exkstein, Stuttgart | “ 4 he ri _ “ p 1) Eu . f : = N Br Br. = . i B „ 3 Be .. R € u S k ; - L > co L > ” * 6 = i De B = \ - * Er rm ” x Bere 2 E mis | i 1 j u [ Y e „ R i 5 # n 5 Du . „ D * B 3 j > | I R 6 e gr E - „. Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württemb. 1894. Taf. IV. Taf. V. Lichtdruck von Martin Rommel & Co,, Hofkunstanstalt, Stuttgart. Taf.vı. BE em er In WÜRTTEMBERG. | l. Neckarkreis | U. Schwarzwaldkreis | IL Jagstkreis W. Donaukreis In BADEN: | Geosnostische Karte WÖRTTENBERE , BADEN und HOHENZOLLERN. Verhültniss = 1: 1.000.000 . WURTTEMBERG jeckarkrein E. Schweizerbart’sche Verlasshandlung in Stuusart Ir Ar Terilär Gieinchergebiet Bunt. Sandstein Mischelkalk Br.Jura WiJura Tertlä leischergebi = ou DD u BE DI ED 01 R nv | Y ” \ - SB. AMNH LIBRARY JUNI A ff ’ ANNANKENON ’ 3 IUVU IZDOOZ Mi r " a % # 2 + " « Fl = + " u i & Pr %n " A, 23 u ‚h en” Pr ’ n a a % ‘ "3 1 u, hi " s Fr #. # 2 N & ” Ei t ’ i 7 ; h ’ U n = » h N y AN 6 " u: [A N Äiny, } 4 E77 P 02 p | L \ ze 54 v vr jr ir Tr F ) En rs ie ir EN B P fr he ei: a 2 ’ 2 NY ö en > we Br j ® ki 4 . TR 2 ve R A Bi. EWR RT “B Es ” - bon > den nr RE E a EI | "r er u* m ', ie . % j HR Re, “ u Up » e. { 5 N a ee R PR N Pa A “ Eh “ 1% ar “ y" & Ri " & s Pa ae Ds : r " x “ r En ” M PN Mr er ' 2 pr = u ni. m N x / a. « 1% 2) r