ES bat 0: Fire: u. . > oe j Fe A ..- \ vr n ‘+ ” . As ’ a fi ... 2 ’ Ä ’ Ei A Pr Pr naar je „ EN.Y, Academy EOfiScience; JAHRESHEFTE des Vereins für vaterländische Naturkunde ın Dr Württemberg. Im Auftrag der Redaktionskommission: Prof. Dr. Eb. Fraas, Prof. Dr. C. Hell, Prof. Dr. ©. Kirchner, Oberstudienrat Dr. K. Lampert, Prof. Dr. A. Schmidt herausgegeben von Kustos J. Eichler. ACHTUNDFÜNFZIGSTER JAHRGANG. Mit 8 Tafeln und 1 Beilage. Stuttgart. Carl Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann). 1902. Inhalt. I. Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und die Sammlungen des Vereins. Bericht über die 56. Hauptversammlung am 23. Juni 1901 zu Rottweil. S. VII. Klunzinger: Statistik der Vereinsmitglieder nach Öberämtern und Berufsarten,. S. XII. Wahl des Vorstandes und des Ausschusses. 8. XV. Verzeichnis der Zugänge zu den Vereinssammlungen während des Jahres 1901 (mit Bemerkungen der Konservatoren). A. Zoologische Sammlung. S. XIX. B. Botanische Sammlung. S. XXV. C. Mineralogisch-palaeontologische Sammlung, S. XXX. D. Bibliothek. S. XXXI. Rechnungsabschluss für das Vereinsjahr 1. Juli 1900/1901. S. XLIX. Veränderungen im Mitgliederbestand, S. L. Nekrolog: Prof. Dr. med. G. Veesenmeyer. Von C. B. Klunzinger. S. LI. II. Sitzungsberichte. Hauptversammlung zu Rottweil. S. LVII. Allgemeine Winterversammlung in Stuttgart. S. LIX. Wissenschaftliche Abende in Stuttgart. S. LXV. Besichtigung des Ingenieurlaboratoriums in Berg. S. LXVILI. Oberschwäbischer Zweigverein für vaterländische Naturkunde: Hauptversammlung zu Aulendorf. S. CII, Exkursion nach der Ringgen- burg. S. CI. Schwarzwälder Zweigverein für vaterländische Naturkunde: Versammlung zu Tübingen. S. CIH. Dieudonn&: Über die Pest. 8. LXII, Eichler: Vorlage von pflanzlichen Bildungsabweichungen. S. LXXI. Fraas: Aus dem Lande der Dinosaurier. (Titel) S. CIH. -— — Geologische Streifzüge durch die Prairien und Felsengebirge Nordamerikas. S. LXV. — — Über den Yellowstonepark. 8. LX. Haag: Vorlage einer Encrinus-Krone aus dem Dolomit des oberen Muschel- kalks. S. LIX. — — Über das Diluvium in Rottweils Umgebung. (Titel) $. LIX. IV Inhalt. Häcker: Die Schmuckfarben der Vögel. S. LXIX. — — Über Befruchtung und Vererbung. S. CIV. Hesse, O.: Ein chinologischer Exkurs. (Titel) S. LXXXVI. Hesse, R.: Über die Orientierung fliegender Insekten. 8. CV. Hüeber: Apus cancriformis ScHÄFFER. S. LVII. Kirchner: Fruchtbildung ohne Befruchtung. S. LXXXIV. Klunzinger: Das Vorkommen der Mauereidechse (Lacerta muralis) in Stutt- gart. S. LXXXV. — — Über sein Leben als Naturforscher am Roten Meer. (Titel) S. LIX. Koken: Über einen neuen Ichthyosaurus. S. CIV. — — Über Mierolestes und Triglyphus. 3. CV. Lampert: Die Hamburger Verhandlungen über die gegenwärtige Lage des bio- logischen Unterrichts an höheren Schulen. S. LXXH. [Dazu Graner S. LXXX, Haas S. LXXXI, Klunzinger S. LXXXIL, Krimmel S. LXXX, Kull S. LXXXI, Rettich S. LXXXI, v. Schmid S. LXXIX, Schmidt S. LXXIX, Sussdorf S. LXXX, Vosseler S. LXXXI. — — Vorlage von Abbildungen von Ocapia Johnstoni SCLATER, S. LXXXV. — — Zur Verbreitung deutscher Strudelwürmer. S. C. Lange: Über das Vorkommen von Amalia gracilis bei Tübingen u. a. 8. CV. v. Linden: Die Zeichnung der Tiere. S. LXH. Regelmann: Vorlage der Bauhin’schen Karte von Boll. S. LXXXVI. Sauer: Das Steinkohlenvorkommen von Berghaupten-Diersburg im Schwarzwald. S. XCIV. Scheuerle: Unechte Bastardbildung. S. LIX. Schmidt: Ein wichtiges Ergebnis der wissenschaftlichen Luftfahrten. S. XCVI. Schütze: Die Stübel’sche Vulkantheorie. S. LXXXVIL [Dazu Fraas S. XCIIL, Hundeshagen S. XCII, Sauer S. XCII.] Vosseler: Vorlage eines neotenischen Molches und von Fliegenlarven aus einer menschlichen Harnblase. S. CI. Winkler: Über Teilbefruchtung (Merogonie). S. CIV.” Wülfing: Vorlage von Schwarzwälder Stufen von Zinkblende und silberhaltigem Bleiglanz. S. LIX. Zoller: Die im Bezirk Rottweil vorkommenden kleinen Süsswassertiere. (Titel.) S. LVII. III. Original-Abhandlungen und Mitteilungen. Brezina, A. und Cohen, E.: Über ein Meteoreisen von Mukerop, Bezirk Gibeon, Grossnamaland. Mit Taf. VI. 8. 292. Buchner, Otto: Einige ergänzende Bemerkungen über Gehäuseabnormitäten bei unseren Landschnecken. Mit Taf. I. S. 77. Cohen, E. s, Brezina, A. und Cohen, E. Dietlen: Nachtrag zu „Julus cfr. antiquus und sonstige Funde aus dem Böt- tinger Sprudelkalk“. S. 83. Haag, F.: Bemerkungen zum Diluvium in Rottweils Umgebung. 8.1. Hesse, O.: Ein chinologischer Exkurs. S. 309, Inhalt. V Hüeber, Theodor: Synopsis der deutschen Blindwanzen (Hemiptera hetero- ptera, Fam. Capsidae). VII. Teil. S. 86. Jooss, Carlo: Beiträge zur Schneckenfauna des Steinheimer Obermioeäns. S. 303. Kirchner, O.: Das Cosmarium des Feuersees in Stuttgart. S. 346. Kirchner, 0©.: Mitteilungen über Bestäubungseinrichtungen der Blüten. 3. Mit- teilung. 8. 8. Klunzinger, C. B.: Geschichte des grünen Feuersees in Stuttgart. S. 338. — — Über das Vorkommen von Apus cancriformis ScHÄFFER in Württemberg. S. 348. — — Über den Blautopf bei Blaubeuren. S. 352. -- — Über die physikalischen, chemischen und biologischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer: Nachtrag. S. 369. -- — Über parasitische Fliegenmaden an einer Kröte. 8. 371. Lörcher, Otto: Beitrag zur Kenntnis des Rhäts in Schwaben. S, 147. Regelmann, C.: Naturkunde und Topographie in Württemberg vor 300 Jahren. S. 68. Reis, Otto M.: Das Ligament der Bivalven. Mit Taf. I—V. S. 177, v. Schweizerbarth, Elise: Über das Vorkommen der Mauereidechse an dem Kriegsberg in Stuttgart. S. 307, Vosseler, J.: Über einige Insektenpilze. Mit Taf. VII—-VII. S. 380. Kommissionsberichte. Bericht der Kommission für die pflanzengeographische Durchforschung Württem- bergs. S. 390. Schmidt, A.: Bericht der Erdbebenkommission über die vom 1. März 1901 bis 1. März 1902 in Württemberg und Hohenzollern beobachteten Erd- beben. S. 389. Beilage. Schütze, E.: Verzeichnis der mineralogischen, geologischen, urgeschichtlichen und hydrologischen Litteratur von Württemberg, Hohenzollern und den angrenzenden Gebieten. I. Die Litteratur von 1901 nebst Nachträgen und Zusätzen zu Eck’s Litteraturverzeichnis. AL Ei I. Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und die Sammlungen des Vereins. Bericht über die sechsundfünfzigste Hauptversammlung am 23. Juni 1901 in Rottweil. Von Prof. Dr. Klunzinger. Die vorjährige Hauptversammlung in Gmünd hatte beschlossen, der an den Verein ergangenen Einladung seiner Rottweiler Mitglieder, die nächste Jahresversammlung in Rottweil abzuhalten, Folge zu geben, den Tag aber aus verschiedenen Gründen vorderhand noch unbestimmt zu lassen. Einem von der Versammlung des Schwarz- wälder Zweigvereins am 21. Dezember in Tübingen ausgehenden Wunsche entsprechend wurde dann später vom Ausschuss als Tag der Hauptversammlung der auf einen Sonntag fallende 23. Juni fest- gesetzt. Der Besuch von den entfernteren Teilen des Landes, auch von Tübingen, liess allerdings trotz der günstigen Zugsverbindungen zu wünschen übrig; um so zahlreicher fanden sich die Mitglieder und Freunde unseres Vereines aus Rottweil und Umgegend ein, so dass die Zahl der Teilnehmer an den Verhandlungen, abgesehen von den zur Beteiligung eingeladenen Schülern der oberen Klassen des Gymnasiums und der Realschule der Stadt, gegen 80 betrug. Die schon Tags zuvor eingetroffenen Gäste wurden am Abend des 22. Juni in der „Liederhalle“ freundlichst begrüsst und empfangen. Die Versammlung fand in dem vom Rektorat gütigst über- lassenen, schön geschmückten, geräumigen Physiksaal des Kgl. Gym- nasiums statt, während in einem Schulzimmer gegenüber eine vor- treffliche Ausstellung naturwissenschaftlicher Gegenstände zu sehen war. Gegen 20 Aussteller aus Stadt und Umgegend hatten sich dabei beteiligt. Davon erwähnen wir: Eine reiche Sammlung getrockneter, seltener Pflanzen aus der Umgebung von Rottweil (und Biberach), ausgestellt von Prof. Eggler; RT Meeresalgen von Helgoland, worunter sich einige riesige Tange be- fanden, und Süsswasseralgen mit den vergrösserten Abbildungen da- neben, ausgestellt von Apotheker Sautermeister; eine Sammlung von Moosen, ausgestellt von Kaufmann Schneider aus Oberndorf; einen Strauss frischer Pflanzen, den Dr. Eitel aus Spaichingen gebracht und den Naturfreunden zur Verfügung gestellt hatte, und schliess- lich eine Anzahl frischer Weiden mit ihren Formen und Bastarden, die Lehrer Scheuerle aus Frittlingen in seinem „Salicetum“* mit be- kannter Liebe und Sorgfalt erzieht. Einen schönen Anblick gewährte die exotische Schmetterlings- sammlung von Verwaltungsaktuar Wagner, neben der Stadtbau- meister Haug die Schmetterlinge der Rottweiler Gegend tadellos präpariert aufgestellt hatte. Ein Raupennest der verheerenden Ge- spinstmotte (Hyponomeuta evonymella) mit dem feinen Gespinst hatte Fabrikant Gross aufgestellt, einheimische Schlangen der naturhistorische Verein in Spaichingen. Niedere Wasser- tiere aus der Umgegend waren, gesammelt von Prof. Zoller und Apotheker Sautermeister, in Schalen lebend zu sehen, ebenso das Geisselwesen Euglena viridis, die Ursache der grünen Farbe vieler unserer Gewässer, das Prof. Klunzinger mitgebracht hatte. Sie konnten unter den aufgestellten Mikroskopen betrachtet werden, ebenso wie die mikroskopischen Präparate von kleinen Krusta- ceen der Rottweiler Fauna, die Prof. Zoller angefertigt hatte. Zahlreich waren konservierte Exemplare des ansehnlichen Apus caneriformis aufgestellt, der vor einigen Jahren von Zahnarzt Irion bei Rottweil wieder aufgefunden worden war. Dekorationsstücke bildeten verschiedene ausgestopfte Vögel aus der Realschule, vom Jagd-undFischereiklub und von Dr. Etter, sowie Rehgeweihe von ebendemselben, ferner ein Büffelschädel und besonders der aus- gestopfte Kopf eines jungen Elches, den Herr Geh. Kommerzienrat v. Duttenhofer in seiner russischen Besitzung selbst erlegt hat. Die geognostischen Verhältnisse der Umgegend von Rottweil lernte man kennen aus einer Auswahl von Mineralien, Gesteins- proben und Petrefakten aus den Sammlungen des Gymnasiums und der des naturhistorischen Vereins in Spaichingen; bemerkenswert waren besonders auch Versteinerungen aus dem Nusplinger Schiefer und aus Zimmern ob. R., die Präsident a. D. Dr. v. Lang, und solche aus dem Stubensandstein, die Dr. Eitel in Spaichingen aus- gestellt hatten. Eine interessante, in Ausstellungen nicht sehr gewöhnliche De- monstration bot Apotheker Sautermeister, indem er den Nachweis von Kohlenoxydvergiftung im Blut im Vergleich zu dem Sauer- stoffblut durch die Absorptionslinien im Spektrum mittels des Apparates von SORBIBROWNING vor Augen führte. Derselbe Aussteller zeigte auch im Polarisationsmikroskop allerlei Präparate, wie Gesteinsschliffe und Quer- und Längsschnitte von 36 deutschen Holzarten. | Mittags 1 Uhr begannen die Verhandlungen. Prof. Dr. Klun- zinger eröffnete die Versammlung als erster Vorstand mit folgender Ansprache: „Hochgeehrte Festversammlung! Ich eröffne hiermit die 56. Hauptversammlung des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, die erste im 20. Jahr- hundert, die zweite in Rottweil: die erstmalige Versammlung in Rottweil fand am 24. Juni des Jahres 1870 statt, wenige Wochen vor der Kriegserklärung vom 19. Juli; die Teilnehmer waren alle wohl noch ahnungslos bezüglich der Dinge, die da kommen sollten. Unter den heute hier Anwesenden dürften nicht viele bei dieser Ver- sammlung gewesen sein, jedenfalls aber machte unser Rottweiler Senior, Herr Landgerichtspräsident Dr. v. Lang, die damalige Tagung mit. Wir bedauern lebhaft, dass er durch Krankheit verhindert ist, unserer heutigen Versammlung, auf die er sich so sehr gefreut, an- zuwohnen!. Auch unser rühriger Geschäftsführer, Apotheker Sauter- meister, hat damals schon mitgethan. Der Verein zählte zu jener Zeit nur 433 Mitglieder, jetzt hat er 840. Noch immer aber ist die runde Zahl 1000 nicht erreicht. 1870 wurde Rottweil als Ver- sammlungsort ausersehen, da die obere Neckarthalbahn nicht lange vorher (1868) eröffnet war. Heute liegt Rottweil dem Centrum des Landes noch näher, durch die guten Zugsverbindungen; sie ist eine Art Vorstadt von Stuttgart geworden und in 2'/a Stunden von dort aus erreichbar. Rottweil wurde auch ausersehen als Hauptort des Schwarzwalds, wir wollten hier in Gemeinschaft mit unserem „Schwarz- wälder Zweigverein“ tagen und dessen Verbindung mit dem Landesverein kräftigen. Vor allem aber sind wir hierher gekommen, auf die freundliche Einladung der Rottweiler Vereinsmitglieder; wir sehen alle, welche Mühe sich die Geschäftsführer Herr Prof. Zoller und Apotheker Sautermeister und die anderen Herren des Lokalcomites gegeben haben, ihren Gästen eine festliche Stätte zu bereiten und sie mit einer reichen Ausstellung zu erfreuen. ! Demselben wurde im Laufe des Tages von der Versammlung eine Be- grüssung zugeschickt. BT, 5 Möge die heutige Tagung den Wert und das Ansehen unseres Vereins nach innen und aussen heben, und auch dauernde Spuren für die Pflege der Naturwissenschaften im ganzen Schwarzwaldgau, be- sonders aber in der alten Reichs- und Gerichtsstadt Rottweil hinter- lassen !“ | | Darauf begrüsste Herr Stadtschultheiss Glükher die Versamm- lung im Namen der Stadt mit folgenden Worten: „Hochansehnliche Versammlung! Es ist mir eine ehrenvolle Auf- gabe, namens der alten Stadt Rottweil die Generalversammlung des Vereins für vaterländische Naturkunde hier begrüssen zu dürfen; es gereicht mir zur hohen Freude, eine so stattliche Anzahl von Männern hier zu sehen, deren Namen in der wissenschaftlichen Welt einen so guten Klang haben. In dem Gebiete gelegen, in dem Schwarzwald und schwäbische Alb sich verschwestern, bietet unsere Stadt in ihrer trotzigen Lage, mit ihrer malerischen Umgebung und ihren vielen Erinnerungen an längst entschwundene Tage nicht nur dem Geschichts- und Natur- freund reiche Ausbeute, auch der Naturforscher wird hier Befriedi- gung finden. Unsere Flora und Fauna, wie auch unsere unorganische Welt bietet so manches Eigenartige, und es haben hier stets Männer gelebt, welche mit Liebe und Sachkenntnis speciell unsere Verhält- nisse erforscht haben, und diese Männer sind glücklicherweise auch heute nicht ausgestorben. Meine Herren, erhabene Ziele sind es, die der Verein für vater- ländische Naturkunde sich gesetzt hat: Die Kenntnis der Natur zu erweitern und zu vertiefen und ihre Schätze uns nutzbar zu machen. Möge die heutige Versammlung dazu beitragen, diesen edlen Zweck zu fördern, möge die Schönheit und Grösse der Natur immer reiner und heller erstrahlen, nicht nur in den Augen der Forscher, sondern auch in weiteren Kreisen, denen die Natur noch ein unverstandenes Rätsel ist. Indem ich Sie nochmals herzlich willkommen heisse, wünsche ich den Verhandlungen einen guten Verlauf.“ Der erste Geschäftsführer, Prof. Zoller, wies sodann in seiner Ansprache darauf hin, wie die vorjährige Versammlung des Schwarz- wälder Zweigvereins in Rottweil die Anregung gegeben habe zu der Einladung, auch die Hauptversammlung einmal wieder daselbst ab- zuhalten, und wie ein gewisser Mut und Zähigkeit dazu gehört haben, das durchzuführen; es sei aber über Erwarten gut gegangen. Wenn die hiesige Gegend auch keine besonderen Merkwürdigkeiten zeige, Bi: A so seien doch die geologischen Formationen so gedrängt bei einander und so gut erschlossen, dass man in wenigen Stunden durch die ganze Trias- und Juraformation gelangen könne, während das Eschach- thal reich an botanischen Schätzen sei. Die Ausstellung zeige, dass auch hier fleissig gesammelt und geforscht werde. Der heutige Be- such württ. Naturforscher werde weitere Anregung geben. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Klunzinger, verliest sodann den Rechenschaftsbericht für das Vereinsjahr 1900/1901. „Im abgelaufenen Vereinsjahr (24. Juni 1900 bis 23. Juni 1901, dem 57. Jahrgang) haben keinerlei für unseren Verein einschneidende Ereignisse und Veränderungen stattgefunden. Nichtsdestoweniger war das Vereinsleben ein sehr reges und steht keinem der früheren Jahrgänge nach. Es äusserte sich vor allem in den Versammlungen, hauptsächlich der Zweigvereine, des ÖOberschwäbischen und des Schwarzwälder, sowie auch der Stuttgarter Vereinsmitglieder, deren „wissenschaftliche Abende“ recht vieles boten. Die Berichte über diese Versammlungen finden Sie als „Sitzungsberichte“ in den diesjährigen Jahresheften, und zwar meist eingehender als bisher be- handelt, zumeist als Eigenberichte, mit der Unterschrift des Vor- tragenden. Ausflüge wurden gemacht vom Oberschwäbischen Zweig- verein nach Memmingen und von den Stuttgarter Vereinsmitgliedern nach Hohenheim, zum erstenmal als Familienausflug. Von seiten des Landesvereins wurde ausser der Jahresversamm- lung in Gmünd eine ausserordentliche Sitzung am 21. März 1901 in Stuttgart gehalten, wo unser berühmter Landsmann, Geh. Hofrat Dr. Birz aus Tokio, einen hochinteressanten Vortrag über die „körper- lichen Eigenschaften der Ostasiaten“ hielt, zu dem auch die befreun- deten Vereine: der ärztliche, anthropologische und der Bezirksverein deutscher Chemiker geladen waren. Der Vortragssaal des Kgl. Landes- gewerbemuseums wurde hierzu in liberalster Weise von der leitenden Behörde unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Zu allen derartigen Veranstaltungen des Vereins sind selbstverständlich die Vereins- mitglieder des ganzen Landes eingeladen. Eine neue Mitgliedskarte ist von unserem eifrigen Mitglied, Tiermaler Alb. Kull in Stuttgart, gezeichnet und dargebracht worden; sie wurde mit Dank und Freude entgegengenommen. Der heurige 57. Jahrgang der Jahreshefte ist leider sehr verspätet in die Hände der Mitglieder gekommen; der Grund liegt in der späten Einsendung der Arbeiten. Ein regelmässigeres Er- — XI — scheinen soll in Zukunft dadurch erreicht werden, dass die Hefte, wenn möglich, in zwei Teilen erscheinen, das erste schon gegen Dezember, sobald genügend Material vorliegt. Die Autoren sind daher gebeten, schon jetzt ihre Arbeiten vorzubereiten, es wer- den so wesentlich Vorteile erlangt, insbesondere auch für die Autoren selbst. Unser diesjähriges Jahresheft bietet wieder zahlreiche und zum Teil sehr wertvolle Originalarbeiten, unter denen wir besonders die Polhöhen- und Längenbestimmungen von Prof. Hammer und die Schweremessungen von Prof. Koch erwähnen; die Benützung unserer Jahreshefte für diese Veröffentlichungen ist für den Verein von be- sonderer Bedeutung. An der vom 1. bis 3. April 1901 in Stuttgart abgehaltenen Tagung der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft hat der Verein auf besondere Einladung in einer guten Zahl seiner Mitglieder teilgenommen, und hat der Vereinsvorstand als Vereins- gabe die zu der im diesjährigen Jahresheft veröffentlichten Arbeit von Herm. Müller: Das Klima von Calw nach 100jährigen Be- obachtungen gehörige Taf. IV! in der 1. Sitzung überreicht. Die Vereinssammlung hat auch in diesem Jahre zahlreiche Vermehrung erhalten durch Einsendung von Naturgegenständen, ebenso die Vereinsbibliothek durch Gaben von Schriften. Die Herren Geber werden hier nach altem Brauch öffentlich benannt (s. unten Verzeichnis der Zugänge zu den Vereinssammlungen). Die Vereins- bibliothek steht jetzt im Austausch mit 214 wissenschaftlichen Ge- sellschaften. Der von dem Rechnungsführer, Herrn Dr. Beck, für 1899/1900 1. Juli vorgelegte, in den diesjährigen Jahresheften gedruckte Rech- nungsabschluss hat dank der energischen und ökonomischen Führung des Rechnungsführers und dank der billigeren Einrichtung der Herausgabe der Jahreshefte in eigenem Betrieb, besorgt durch Herrn Kustos Eichler, wesentlich günstigere Resultate als in den letzten Jahren gezeigt, das Vereinsvermögen hat sogar, im Gegensatz zu den Fehlbeträgen der letzten Jahre, einen kleinen Zuwachs er- fahren. Der vorläufige Rechnungsabschluss am 17. Juni d. J. für das Jahr 1900/1901 ergiebt, soweit das bei den noch nicht eingegangenen ‘ Darstellung der Monatsmittel der Temperatur in einigen warmen, mitt- leren und kalten Jahren des 19. Jahrhunderts in Calw. — X — Geldern zu berechnen möglich ist, nach den Ermittelungen unseres Rechnungsführers, Herrn Dr. Beck, ein Plus von 310 Mk. 65 Pf. In den eben herausgekommenen Jahresheften finden Sie auch wieder eine Mitgliederliste, möglichst berichtigt nach dem neuesten Stand. Um Berichtigung von seiten der Mitglieder durch Einsenden an den Herausgeber oder Kassier wird dringend gebeten. Von den verstorbenen Mitgliedern unseres Vereins, die sich um den letzteren und um die Wissenschaft überhaupt besondere Ver- dienste erworben haben, sind zu nennen: 1. Forstdirektor a. D. v. Tscherning, der mehrere und wert- volle Abhandlungen in unseren Jahresheften veröffentlicht hat. 2. Prof. Dr. v. Ahles, seit 1866 Professor der Botanik an der Technischen Hochschule (Polytechnische Schule) in Stuttgart. Er war in früheren Jahren ein eifriges und thätiges Mitglied unseres Vereins, auch langjähriges Ausschussmitglied, und hat hier gar manchen seiner durch Humor gewürzten Vorträge gehalten. Er war längere Zeit Konservator der Pflanzensammlung des Vereins und auch bei der Gründung der „wissenschaftlichen Abende“ in Stutt- gart war er beteiligt. 3. Prof. Dr. Kloos, Professor der Geologie und Mineralogie in Braunschweig, früher Privatdozent an der Technischen Hochschule in Stuttgart. Derselbe war früher, solange er in Stuttgart war, ein eifriger und thätiger Teilnehmer an den „wissenschaftlichen Abenden“, an deren Begründung er eifrigst mitgewirkt hatte; er ist bis zu seinem Tode dem Vereine treu geblieben. 4. Der langjährige Direktor an der Tierärztlichen Hochschule Fricker; er war seit 1851 Mitglied unseres Vereins und somit das zweitälteste Mitglied überhaupt. Endlich 5. Freiherr Schenk v. Stauffenberg auf Risstissen, der bekannte, auf vielen Gebieten der Wissenschaft wohl bewanderte Politiker, seit 1875 Mitglied des Vereins. (Die Versammlung erhebt sich zum ehrenden Andenken an die Verstorbenen.) Im Anschluss an diesen Jahresbericht gab Prof. Dr. Klunzinger eine Statistik und Gruppierung der Vereinsmitglieder nach Oberämtern und Berufs- arten, mit Zugrundelegung der neuesten Mitgliederliste, wie sie im letzten Jahresheft gedruckt ist. „Trocken sind die Zahlen, lebendig und beseelt werden sie, wenn man sie, einer militärischen Truppe gleich, in verschiedenen Stellungen Be... und Formationen aufstellt und aufmarschieren lässt. So habe ich auch die Mit- gliederliste unseres Vereins gruppiert und formiert. Das wird Ihnen einen Blick in die Verhältnisse unseres Vereins gewähren, wie ihn keine noch so wortreiche Schilderung geben kann. Auch dürfte eine solche Statistik nicht ohne einen ge- wissen kulturgeschichtlichen Wert sein, indem sie einigermassen zeigt, wie gross und in welchen Kreisen das Interesse für die Naturwissenschaften zur Zeit in un- serem Lande verbreitet ist.“ A. Zahl der Vereinsmitglieder nach Orten bezw. Oberämtern. 1. Stuttgart (Stadt). . . . . re 0. 258 2. Heilbronn (Oberamt) . 2... un IR PEEEE 44 3. Tübingen : . . . 2 :4eslimst „uw Fila. RER 39 A. Gmünd... “> 0 ie0 ro pbenle Ede 31 5, Bayenshurg . - - usage Fr 29 BEN. „oe un em 5 21 7. Stuttgart, Amtsöberamt . .: ..... 2 2 95 is 21 (Darunter: Hohenheim 11, Feuerbach 5, Plieningen 3.) 8.:Waldsee sent. Kuh sep 0 ES Mas 20 (mit Schussenried [8] und Aulendorf [7]). 9, Heidenheim . ... .. 2ep 2 u...» jene an A 19 10. Urach! 2 2,000. 000 2 18 ELDER WERTE NED nn. RE IRRUNG. ENT 3 a - 15 18; Biberach" „PD UN.P e 2PLTRESENEE 15 13. Göppingen, Esslingen, Reutlingen, Freudenstadt, Wangen je 13 14.:Nagold. . sinnlasih he er. a 12 15. Cannstatt, Ehzken dern ee ee a 10 16, Kirchbems, Saulgau Je - . ... .. =» =» » - 0 olEaE 9 17. Ellwangen, Nürtingen, N Tettnang e : 2225 8 18. Ludwigsburg, Neuenbürg, Tuttlingen je -. . . . 2... 7 19x Hall. 351.10... 1,0. tan ZUEARUUNND >. AU E 6 20. Geislingen, Leonberg, Öhringen, Spaichingen je... . . b) 21. Aalen, Balingen, Blaubeuren, Crailsheim, Riedlingen je . 4 22, Brackenheim, Marbach, Münsingen, Neckarsulm, Oberndorf, Rottenburg, Schorndorf, Sulz, Vaihingen, Weinsberg je . 3 23. Besigheim, Böblingen, Gerabronn, Herrenberg, Maulbronn, Neresheim;: Waiblmgen je: 1... 2 114 1.9... 2 24. Backnang, Künzelsau, Mergentheim, Welzheim je. - . . 1 25: Horb. Gaildorf. : - ..»... 4 fc Mm u 0 (Ausser, Württemberg . . - .. .. .... eo. 38) B. Zahl der Mitglieder nach Berufsarten. 1. Lehrer an Hoch- und Mittelschulen, einschliesslich der Be- amten an wissenschaftlichen Sammlungen: a) an Gymnasien, Realschulen, Baugewerkeschule. . 102 b)..„i.der Universität "Tübingen... * -.!» ». 1. .0um 12 ‘ Während der Hauptversammlung traten noch 20 Mitglieder dem Verein bei, so dass Rottweil mit einer Gesamtzahl von 35 Mitgliedern nunmehr an vierter Stelle steht. c) an der Akademie in Hohenheim . . .. 2... 10 d) „ „ Technischen Hochschule in Stuttgart .. 9 e) „ „ Naturaliensammlung (Nat.-Kabinet) in Stutt- BEN Re OR, KON Do 8 f) „ „ Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart . . 7 BEL Ar FEN a 7 155 Degen Br a Se an a ST 7 An 2) 1 Fr BEE AR BE Ze 146 3. Kaufleute, willen, BUCHRERGERFIDERMIIE ENT 2 2 BIST a 8 RE. ARTEL, BE: Ele ER 7 BrAselloker. 2 a Te a De 50 6. Privatleute (ohne nähere Berufsangabe) . . ...... 47 7. Pfarrer (REES BERBRER. IE a2 5 nen) Munster 35 8. Techniker (insbesondere Bauingenieure), Optiker, Xylo- Frapheh, GBSNGENZ SION BONiNSTREEILST 25, 35 9. Volksschullehrer (siehe hierzu noch die Vereine unter No. 23) 34 a ee a Fe Er er er AR Er 19 11. Verschiedene Staatsbeamte in und ausser Dienst .. .. 17 Ba bersharkanle 2.2): ar ce Ar 15 er ar DE ARD DARFST BEN EETTER 13 14. Angehörige des Militärstandes (meist z. D. und a. D.). 13 Be PTasnabesnte ran re ET er HM 8 8 BE EEERGERSBERRIBEE €: a oo Ne u ae nn ee 6 SEE 2 sa en Ale FHldi al dan le ip An hub Lahn er LEE 6 5 3 2 3 I 2 a a Le BES Ne be a ar A Ar: 23. Vereine und Korporationen (besonders Lehrervereine für Naintkunde); = .- :& “Wi: sea ah ae 22 Hierzu kommen als Hospitanten: Obergymnasiasten . . . 3 Wahl des Vorstands und des Ausschusses. Durch Zuruf wurden wiedergewählt: als erster Vorstand: Prof. Dr. Klunzinger- Stuttgart, als zweiter Vorstand: Oberstudienrat Dr. Lampert- Stuttgart. Im Ausschuss verbleiben die für die Vereinsjahre 1900/1902 gewählten Herren: Dr. phil. ©. Beck-Stuttgart, Präsident A. v. Dorrer-Stuttgart, Direktor Prof. Dr. Sussdorf- Stuttgart, — XV — Prof. Dr. A. Schmidt- Stuttgart, Prof. Dr. J. Vosseler- Stuttgart. Neugewählt wurden von der Versammlung in Rottweil für die Vereinsjahre 1901/1903: Prof. Dr. C. Hell- Stuttgart, Prof. Dr. ©. Kirchner-Hohenheim, Geh. Hofrat Prof. Dr. O. Schmidt- Stuttgart, Sanitätsrat Dr. W. Steudel-Stuttgart, Prof. Dr. v. Grützner- Tübingen. Da nun auch von der Versammlung der im vorigen Jahre in Gmünd satzungsgemäss verlesene Antrag des Ausschusses: in $ 11 der Vereinssatzungen dem Satz lin. 3: „Ausserdem gehören demselben die Kustoden der Samm- lungen an“ anzufügen: „sowie die Vorstände der Zweigvereine" einstimmig angenommen wurde, so gehören dem Ausschuss ausser dem Kustoden für die zoologische Sammlung: Oberstudienrat Dr. Lampert, für die mineralogisch-palaeontologische Sammlung: Prof. Dr.;E. Eraas, für die botanische Sammlung: Kustos J. Eichler, von jetzt an auch die derzeitigen Vorstände des Schwarzwälder Zweigvereins: Prof. Dr. Koken-Tübingen, bezw. seit 21. XUI. 1901 Prof. Dr. Blochmann- Tübingen. und des Oberschwäbischen Zweigvereins: Direktor Dr. Kreuser-Schussenried, und nach dessen Rücktritt (s. S. CIID) Fabrikant Fr. Krauss-Ravens- burg an. Vom Ausschuss wurden wiedergewählt als Schriftführer: Prof. Dr. A. Schmidt, Prot. Dr Bi Maas; als Bibliothekar: Kustos J. Eichler; als Rechnungsführer (Kassier): Dr. ©. Beck. — XVII — als Rechnungsprüfer: Hofrat Ch. Clessler- Stuttgart. Die Redaktionskommission besteht aus den Herren: Prof. Dr. E. Fraas (Mineralogie, Geologie und Palae- ontologie), Prof. Dr. C. Hell (Chemie), Prof. Dr. O. Kirchner (Botanik), Prof. Dr. A. Schmidt (Physik), Oberstudienrat Dr. Lampert (Zoologie). Zum korrespondierenden Mitglied wurde von der Ver- sammlung einstimmig ernannt: Geh. Hofrat Dr. Erwin Bälz, Pro- fessor an der kaiserl. Universität Tokio, Japan. Als Ort für die Hauptversammlung 1902 wurde auf Einladung des persönlich anwesenden Stadtschultheissen Müller aus Biberach im Namen der Stadt und des Oberschwäbischen Zweigvereins die Stadt Biberach bestimmt, und als Tag der 24. Juni. Endlich wurde der Antrag des Ausschusses verkündet: Die Hauptversammlung wolle den Namen des Vereins umändern in „Verein für Naturkunde in Württemberg“. Über diesen Antrag hat satzungsgemäss erst die nächste Haupt- versammlung zu beraten und zu beschliessen. Nach Beendigung des geschäftlichen Teils begannen gegen zwei Uhr die Vorträge und Mitteilungen, wofür die anfangs spär- lichen Meldungen sich in den letzten Tagen und Stunden so mehrten, dass einige wesentlich gekürzt werden bezw. ausfallen mussten. Es sprachen die Herren: Prof. Zoller (Rottweil) über die im Bezirk Rottweil vor- kommenden kleineren Süsswassertiere; Öberstabsarzt a. D. Dr. Hüeber (Ulm) über Apus cancri- formis; Rektor Haag (Tübingen) über einen Encrinus aus dem Dolomit des oberen Muschelkalks von Zimmern bei Rott- weil; über das Diluvium in Rottweils Umgebung; Prof. Dr. Klunzinger (Stuttgart) über sein Leben als Natur- forscher am Roten Meer; Lehrer Scheuerlie (Frittlingen) über unechte Bastard- bildung (Pseudo-Hybridation) ; Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. b —. RYMl' = Prof. Dr. Wülfing (Hohenheim) über Erzfunde im sogen. Schauinsland im Schwarzwald. Ein Vortrag von Prof. Dr. Hesse (Tübingen) über einfachste Sehorgane musste leider der knappen Zeit wegen ausfallen. Näheres siehe in „Sitzungsberichte“ S. LVIN. Etwas nach vier Uhr wurden die Verhandlungen geschlossen mit den Worten des Dankes von seiten des Vorsitzenden an alle, die zum Gelingen der Tagung beigetragen haben: vor allem an die Geschäftsführer Prof. Zoller und Apotheker Sautermeister, die Stadtgemeinde mit ihrem Stadtvorstand, die Aussteller und die Vor- tragenden. Grosse Freude erregte es, dass sich noch während der Versammlung 20 Herren aus Rottweil und Schwenningen als Mit- glieder zum Verein meldeten, nachdem vorher schon die Zahl der dortigen Mitglieder von 5 auf 15 gestiegen war. Sodann begann das Mittagessen im Wilden Mann mit 49 Teil- nehmern. Den ersten Toast brachte der Vorstand, Prof. Klunzinger, auf den hohen Schutzherrn des Vereins, Se. Maj. König Wilhelm II., aus; das zweite Hoch, vom Schriftführer, Prof. Dr. A. Schmidt aus Stuttgart, ausgebracht, galt der Stadt Rottweil mit ihrem Schutz- heiligen „Orpheus“ ; einen dritten Trinkspruch widmete der zweite Geschäftsführer, Apotheker Sautermeister, dem Verein und seinem Vorstand, worauf sich noch ein humoristisches Redegefecht zwischen Apotheker Sautermeister und Lehrer Scheuerle entwickelte, das die gute Laune zum Ausdruck kommen liess, in der sich die Festteilnehmer befanden. — Nun wurde auf Einladung des Geh. Kommerzienrats v. Duttenhofer dessen Sektkellerei besichtigt. Hier kam auch die Chemie und Physik, für die heute keine Zeit übrig geblieben war, zur Geltung, insbesondere die praktische Gärungs- chemie, indem Önolog Kellermann das Verfahren der Schaumwein- herstellung genau erklärte und vorführte.e Sodann wurde noch im Beisein des Gastgebers ein Trunk gethan, der die Probe der Be- kömmlichkeit bestens bestand. Den milden Abend brachte man im Freien in der „Altstadt“ zu, bis die Züge die meisten Auswärtigen entführten. Ein anderer kleiner Teil machte am Montag einen trotz des Regens gelungenen botanischen und geognostischen Ausflug auf den Heuberg. FUN li se = Verzeichnis der Zugänge zu den Vereins-Samm- lungen während des Jahres 1901. (Mit Bemerkungen der Konservatoren.) A. Zoologische Sammlung. (Konservator: Oberstudienrat Dr. Lampert.) Säugetiere. Orocidura leucodon Boxar., Feldspitzmaus, Giengen a. d. Brenz (Sihler). Dasselbe, Wasserwerk bei Berg (Vosseler). Vesperugo pipistrellus K. u. Br., Zwergfledermaus, Stuttgart (Vosseler). Mus musculus L. var. isabellina, Hausmaus, isabellfarbene Abart, Stutt- gart (Präparator Jäger). Schädel von Vulpes alopex L., Friedrichshafen (Schuhmacher). Das Exemplar ist bemerkenswert durch zwei überzählige Schneide- zähne im Oberkiefer. Vögel. Ciconia alba L., weisser Storch, jung, Plochingen (Hopf). Reptilien. Lacerta muralis Laur., Mauereidechse, von den Kriegsbergen bei Stutt- gart (E. v. Schweizerbarth). a4 Re var. flavorubriventris Br., ebendaher (Klunzinger). Über das interessante Vorkommen dieser westlichen Form an genanntem Fundort siehe den Artikel von Frau v. Schweizer- barth in diesem Jahresheft S. 307. Amphibien. Triton cristatus Laur., grosser Kammmolch, Hohreusch bei Winnenden (Zeller). / Triton alpestris Laur., Alpenmolch, ebendaher (Zeller). En ” 9, mit Kiemen, neotenisch. r 5 neotenisch gefangen, legte in der Zeit vom 23. Mai bis zum 25. Juni 183 Eier. Über die interessanten Funde der neotenischen Tritonen vergl. Zeller, E.: „Zur Neotenie der Tritonen‘‘ in diesen Jahresheften, 55. Jahrg. 1899, S. 23. Triton taeniatus Laur., kleiner Wassermolch, Hohreusch bei Winnenden (Zeller). Rana temporaria L., Grasfrosch, schwärzliche Varietät, Klosterreichen- bach OA. Freudenstadt (Steudel). kana temporaria L., eine Entwickelungsreihe von Kaulquappen aus dem Aalkistensee bei Maulbronn (Klunzinger). Material zu der Publikation von Prof. Dr. Klunzinger: „Über Zwergrassen bei Fischen und bei Felchen insbesondere‘‘ in diesen Jahresheften, 56. Jahrg. 1900, S. 519. bh* Fische. Chondrostoma nasus L. var. Nase, Neckar bei Heilbronn (Wild). Thymallus vulgaris Nırs., Äsche, Lauter im Glattthal (Steichele). Barbus fluviatilis Ac., Barbe, Abnormität, Bärensee bei Stuttgart (K. Hofjagdamt). Coregonus fera JuR. var. major Kız., Sandfelchen, Bodensee, Untersee bei Reichenau (Klunzinger). Oyprinus carpio L., Karpfen, Aalkistensee bei Maulbronn (Ocker). Das Exemplar zeigt in sehr schöner Weise die Pockenkrank- heit, als deren Erreger Dr. Hofer einen zur Klasse der Sporozoen gehörigen Organismus, Myxobolus cyprini Horer, erkannt hat; der Parasit findet sich nicht, wie zu vermuten, in den weisslichen Flecken der Haut, die das äussere Zeichen der Pockenkrankheit bilden, sondern in den inneren Organen, besonders in den Nieren, ausserdem in der Leber und Milz. Vergl. Hofer, Die Krank- heiten unserer Fische. Allgemeine Fischerei-Zeitung 1902, No. 2. Anlässlich der Fischereiausstellung des Württembergischen Lan- desfischereivereins, welche im Sommer 1901 in Cannstatt stattfand, hatte eine Anzahl der Herren Aussteller die grosse Freundlichkeit, dem K. Naturalienkabinet geschenkweise eine Sammlung von Fischen zu überlassen, welche in der vaterländischen Sammlung Aufstellung gefunden hat. Es sei mir gestattet, den Herren Gebern auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Bei der Auswahl der Fische wurden besonders die verschie- denen Altersstufen berücksichtigt und hauptsächlich auch die ein- geführten Nutzfische herangezogen. Den folgenden Listen sind einige kurze Angaben über die Ein- führung fremder Nutzfische beigefügt; im übrigen sei hier auf folgende Litteratur verwiesen, der auch die einzelnen Angaben entnommen sind: Die Förderung der Fischzucht durch den Staat Württemberg. Festgabe für die Mitglieder des IV. Deutschen Fischereitages in Friedrichshafen von der K. Centralstelle für die Landwirtschaft. Pfarrer Pressel: Weist der Versuch, fremde Nutzfischarten in Württemberg einzubürgern, geringe Erfolge auf? In Allgemeine Fischerei-Zeitung, 25. Jahrgang 1900, Pfarrer Pressel: Die Fischzucht im Kleinbetrieb. Stuttgart. Eug. Ulmer. 1902. Trutta fario Sıee., Bachforelle: diesjährig (lsömmerig), in Teichen gezogen (Jos. Hofer-Oberndorf); — ljährig (2sömmerig), desgl. (Freih. W. v. Gültlingen-Berneck, Gebr. Geywitz-Altenstadt, H. Böcking-Schernbach, D. Störk-Wagenhausen); — 2jährig (3sömmerig), desgl. (H. Böcking-Schernbach, Jos. Hofer-Obern- dorf, Fischereiverein Horb); — 3- oder mehrjährig, desgl. (Jos. Hofer-Oberndorf); — 1jährig (2sömmerig), in fliessen- dem Wasser gezogen (Obf. Kurz-Zwiefalten). — IHR — Trutta fario Sıes. var. scotica, Schottische (oder Lochleven-) Forelle: diesjährig (lsömmerig), in Teichen gezogen (Jos. Hofer-Obern- dorf); — 2jährig (3sömmerig), desgl. (Jos. Hofer und M. Stoll in Oberndorf). Salmo irridens GızB., Regenbogenforelle: diesjährig (lsömmerig), in Teichen gezogen {K. Döbele-Hoheneck, A. Hess-Höchstberg, K. Hof- jagdamt); — ljährig (2sömmerig), desgl. (Freih. W. v. Gült- lingen-Berneck, Jos. Hofer und M. Stoll in Oberndort); — 2jährig (3sömmerig), desg]. (A. Hess-Höchstberg); — mehrjährig, desgl. (v. Duttenhofer-Rottweil). Die Heimat der Regenbogenforelle ist der gebirgige Teil Kali- forniens. Ihren Namen verdankt sie bekanntlich dem breiten, in allen Regenbogenfarben schillernden Streifen, welcher vom Kopf bis zur Schwanzwurzel in gerader Richtung verläuft, während ihr die roten Punkte unserer Bachforelle fehlen. In Württemberg wurde sie 1886 eingeführt und findet sich heute im Gebiet des oberen, mittleren und unteren Neckars, des Kochers, der Jagst, Glatt, Brettach, Sulm, Lauter, Murr, Nagold, Tauber, Fils, Glems u. s. w. Salmo fontinalis Mırcuiwv, Bachsaibling: diesjährig (lsömmerig), in Teichen gezogen (Freih. W. v. Gültlingen-Berneck, Gebr. Braun- Maienfels, Jos. Hofer und M. Stoll in Oberndorf); — 1ljährig (2sömmerig), desgl. (Jos. Hofer und M. Stoll in Oberndorf, Freih. W. v. Gültlingen- Berneck); — mehrjährig, desgl. (Freih. W. v. Gültlingen-Berneck). Die Heimat des Bachsaiblings ist der Osten von Nord- amerika, wo er östlich von den Rocky mountains sowohl Bäche als Flüsse und Seen bewohnt. In Württemberg seit 1836 ein- geführt, findet sich der Fisch heute in folgenden Gewässern: Kinziggebiet, Murggebiet, Nagoldgebiet, Neckargebiet (Erms, Lauter, Rems, Enz, Leimbach), Kochergebiet, Jagst, Tauber, Donaugebiet (Brenz, Aach), Illergebiet, Bodenseegebiet. Salmo hucho L., Huchen: diesjährig (lsömmerig), Donau bei Ulm (Fischereiverein Ulm). Cyprinus carpio L., Karpfen (Spiegelkarpfen): diesjährig (lsömmerig), in Teichen gezogen (Gebr. Braun-Maienfels, H. Vogler-Ravensburg). Idus melanotus HEcKEL var. orfus L., Goldorfe: diesjährig (1sömmerig), in Teichen gezogen (H.. Vogler-Ravensburg). Von diesem Zierfisch wurden seit 1890 einer grösseren Anzahl Württemberger Teichbesitzer kleine Stämme abgegeben und auch Exemplare in die Neckarhäfen von Heilbronn eingesetzt. „Ver- anlassung hierzu war das Bestreben, einen Zierfisch zu besitzen, der an Stelle der Goldkarausche, des sogen. Goldfisches, treten kann und in den stehenden und fliessenden Gewässern nicht schadet, indem die Goldorfe sich im Gegensatz zu der in württem- bergischen Karpfenteichen leider sehr verbreiteten Goldkarausche mit Karpfen nicht verbastardiert, ausserdem rasch wächst, ein beträchtliches Gewicht erreicht und somit auch als Speisefisch — XXI — dienen kann. Dazu kommt, dass die Goldorfe erheblich frucht- barer ist, schon von frühester Jugend an ihre hübsche Färbung besitzt und ihren Besitzer dadurch erfreut, dass sie mehr als irgend eine andere Fischart, besonders bei Sonnenschein, an der Oberfläche des Wassers spielt.“ (Förderung der Fischzucht durch den Staat Württemberg.) Tinca vulgaris Cuv., Schleihe: dies- und ljährig (l- und 2sömmerig), in Teichen gezogen, Solitude (K. Hofjagdamt); — ljährig (2söm- merig), desgl. (Fr. Uhl-Mönchsroth); — mehrjährig, desgl. (Gebr. Braun-Maienfels), Solitude (K. Hofjagdamt). Lucioperca sandra Cuv., Zander: ljährig (2sömmerig), in Teichen ge- . zogen, Solitude (K. Hofjagdamt); — 2jährig (3sömmerig), desgl., Solitude (K. Hofjagdamt); — 3jährig (4sömmerig), desgl., Soli- tude (K. Hofjagdamt); — 4jährig (Dsömmerig), desgl., Solitude, Pfaffensee (K. Hofjagdamt). Das Verbreitungsgebiet des Zanders liegt im Nordosten und Südosten Europas. Im Rheingebiet ist er ursprünglich selten und fehlte ganz im Rhein-Weser- und Emsgebiet; hier ist er erst durch die Bemühungen des deutschen Fischereivereins eingeführt worden. Nach Württemberg kam die erste Zanderspende, wobei wir den Angaben in der erwähnten Publikation der Centralstelle für Land- wirtschaft folgen, 1886. Seit dieser Zeit sind Millionen von Zandern in Württemberg eingesetzt worden und erfreulicherweise auch im Land selbst Brutanstalten erstanden. Der Zander, dessen Wert immer mehr Anerkennung fand, ist heute ein Bewohner des Bodensee-, Donau-, Tauber- und Neckargebietes in einer grossen Anzahl von Flüssen. Aus mancherlei Kontroversen in den Fach- zeitschriften ist bekannt, wie sehr die Einbürgerung des Zanders im Bodensee bezweifelt wurde. Heute ist die Frage längst ent- schieden. Auch unsere Sammlung weist Beweisstücke hierfür auf. Im Januar 1887 erhielt die Sammlung von Herrn Friedrich Lanz in Friedrichshafen einen Zander von 1 kg 660 g Gewicht; die jedenfalls auf Grund von Angaben von Lanz im Katalog der Vereinssammlung beigefügte Bemerkung: ‚‚von den 1882 und 1884 eingeworfenen Zandern‘ beweist, dass schon vor 1886 pri- vatim Zander im Bodensee eingesetzt wurden. Ein besonders grosses Exemplar hat die Sammlung seitdem, 1896, durch Langen- stein in Friedrichshafen erhalten; es war 85 cm lang und 20 cm hoch. Wie vortrefflich der Zander bei günstigen Bedingungen fort- zukommen vermag, beweisen die im Sommer 1901 im See des Solitudeparks gefangenen prächtigen Exemplare; ihre Grosseltern waren im Jahre 1896 einsömmerig eingesetzt worden. Mollusken. 49 Arten in zahlreichen Exemplaren von Oberlehrer Geyer- Stuttgart im Auftrag des Kgl. Naturalienkabinets gesammelt. Vitrina diaphana Drar., Gerabronn. elongata Drar., Schlattstall. ’ — XXU — Vitrina pellucida MüLı., Gerabronn. Hyalina cellaria MüLL, ° ,„ und Wangen i. A. si nitens MıcH., Wangen i. A. 5 pura AuDEr., Schlattstall. r radiatula ALDEr., Jagstanspülung bei Möckmühl. = erystallina MürL., Wangen i. A., Schlattstall und Gerabronn. Br diaphana STUD., 2 » „ und Schlattstall. „ Fulva Mürı., „ 3 > > nitida MÜLL., R iin Kirchbergi aid; Helix aculeata Müı., Schlattstall. „ personata Lam., Wangen i. A. ,„ tenwilabris Braun, Gerabronn und Scheer a. D. „ edentula Drar., Schlattstall. „„ sericea Drar., Gerabronn und Wangen i. A. „ hispida L., Jagstanspülung bei Möckmühl. „ rufescens Pexn., Kirchberg a. J. „ fruticum Mvur., Wangen i. A. „ incarnata MÜLL., 5 on „ ericeiorum Müun:, _,, Er „ arbustorum L., „» sn „ hortensis MüÜLL., _ »n „ nemoralis L., „ von pomatia L., forma parva, Wangen i. A. Ferussacia (Cochlicopa) lubrica MüuL., Wangen i. A. und Scheer a. D. Caecilianella acicula MÜLL., en Pupa muscorum L., SERIE: und Scheer a. D. „ edentula Drar., Schlattstall. „ Pygmaea Drap., % Scheer a. D., Gerabronn und Kirchberg. „ substriata JEFFR., Schlattstall. Neu für Württemberg. „ antivertigo Drar., ” pusilla MüLL., 5 und Gerabronn. Clausilia biplicata Morz., var. albescens, Schlattstall. 0, dubia Drar., Basbramm. » ‚Rlograna EN Schlattstall. is lineolata HELD., Gerabronn. Acicula (Acme) polita Harrm., Gerabronn, Schlattstall und Neckargeniste bei Horb. = lineata Harım., Wangen i. A., Neckargeniste bei Eyach und Horb. Planorbis albus DrAr., Gerabronn. ” rotundatus Mürı., Gerabronn. ® contortus L., Kirchberg a. J. jr crista L., var. nautileus L., Gerabronn. nitidus MÜLL., u; Valvata cristata MÜLL., Anodonta cygnea L., var. anatina L., Jagst 4 Möckmühl und Langenburg. Unio batavus LAm., Eckertsbach. Pisidium Barslikchün Srer., Kirchberg a. J. und Jagstanspülung bei Möckmühl. — XV — Pisidium henslowianum Smer. (unbestimmte Art), Jagstanspülung bei Möckmühll. Helix pomatia L., forma turrita Prr., Wangen i. A., gesammelt und ge- schenkt von Carlos Jooss-Stuttgart. Unio batavus Lam. in zwei Exemplaren aus der Steinlach bei Tübingen (Vosseler). Anodonta cygnea L. in 20 Exemplaren aus dem Aalkistensee bei Maul- bronn (Fischer, Lampert, Vosseler). Helix Des Fre diaphana Bcan., | ER Wildbad Kae. „Aue re ae i | stein (O.-Med.-Rat Zeller.) „ lapiceida pomatia L. in verschiedenen Abnormitäten (forma grandis, de- formatio suta) aus der Umgegend von Münsingen (Waldschütz Schenz). ” Insekten. Lepidoptera. Argynnis paphia L., kalbierter Zwitter, rechts d, links 9 = var. valesina Esp., Solitude; Kauf. er paphia L. var. valesina Esp., Solitude; Kauf. Satyrus semele L., d, mit verkümmertem linken Vorderflügel, Solitude; Kauf. Sesia tipuliformis L., Stuttgart (Gärtner Geisel). Bembecia hylaeiformis Lacr., Stuttgart (Fischer). Apamea testacea W. V., Stuttgart (Vosseler). Larentia psittacata W. V., Stuttgart (Vosseler). Mimikry mit Baumrinde. Gnophria rubricollis L., Raupen und Puppen, Wurzach (Dir. Waldraff). Pieris napi L. var. napaeae Esp., Stuttgart (O. Menner). Epinephele hyperanthus L. var. arete Müun., Stuttgart (O. Menner). Coleoptera. Stenus bipustulatus T#., Stuttgart (Vosseler). Metoecus paradoxus L., ur (Fischer). Orthoptera. Tettix subulatus L., Stuttgart (Vosseler). Stenobothrus parallelus Jerr., Degerloch (Vosseler). Gomphocerus rufus L., 5 3 Meconema varium FApr., Stuttgart " Diptera. Bombylius major, Stuttgart (Oberbaurat Freiherr v. Seeger). Larven von Anthomyia scalaris Me., canicularis Me., A. sp. und Teicho- myza fusca aus einer menschlichen Blase, Stuttgart (Dr. Rosenfeld). Larven von Lucilia bufonivora Mox., Solitude und Wasserfälle bei Hes- lach (Klunzinger). Vergl. hierzu die Arbeit von Prof. Klunzinger in diesen Jahresheften S. 371. Hymenoptera. Vespa crabro L., d, Stuttgart (Vosseler). Kruster. Apus cancriformis SCHÄFFER, krebsförmiger Kiefenfus. Tümpel bei Kornthal 21. 8. 1901 (Fischer, Frau v. Schweizerbarth); eben- daselbst 28. 8. 1901 (Lampert, Vosseler). Branchipus stagnalis L. ebenda und zur selben Zeit gesammelt. Beide Kruster in grösster Anzahl vorhanden. Würmer. Oysticercus cellulosae Rup. aus dem Gehirn von Menschen, leg. Dr. Seeger (Zeller). Distomum squamula Diesıng aus dem Dünndarm von Foetorius putorius (Zeller). R ferox Zen., intest. Ciconia alba L. (Zeller). ” crassicolle Ruv., intest. Salamandra maculosa und atra (Zeller). R trigonocephalum Run., intest. Foetorius putorius L. (Zeller). “ naja Run., intest. Tropidonotus natrix L. (Zeller). Rhynchodesmus terrestris Mürn., Landplanarie, Kaltenthal bei Stuttgart (Zeller). Plankton. Vom Ebnisee (Vosseler). Hierzu kommen noch mehrere Aufsammlungen von Landarthro- poden und Süsswasserplankton von Dr. Lampert und Fischer, auf deren nähere Aufzählung aus Gründen der Raumersparnis verzichtet sei. Es sei an alle Vereinsmitglieder die Bitte gerichtet, der Vereins- sammlung gedenken zu wollen; erwünscht sind Aufsammlungen niederer Tiere, wobei dieselben nicht sortiert zu sein brauchen. Von Vögeln besonders die Sänger, aber nur bestens präpariert oder ganz frisch ge- schickt, von Säugetieren die Fledermäuse und Spitzmäuse, besonders vom Schwarzwald und von der Alb. L. B. Botanische Sammlung. (Konservator: Kustos J. Eichler.) Pflanzen für das Herbarium bezw. zur Bestimmung und späteren Einverleibung ins Herbarium wurden eingesandt von den Herren: Bader, Apotheker in Lauffen a. N. Bossler, Schullehrer in Pfullingen. Bretzler, Schullehrer in Mengen. Dietz, Dr., Rektor in Hall. Finckh, Dr., Hofrat in Stuttgart. Himmelein, Schullehrer in Rommelshausen. John, Apotheker in Tübingen. — XIX — King, Pfarrverweser in Lippach (früher in Arnach). Knöringer, Pharmazeut in Neckarthailfingen. Koch, Forstmeister in Ellwangen. Lauffer, Seminaroberlehrer in Esslingen. Merz, Handelsschüler in Stuttgart. Obermeyer, Schullehrer in Stuttgart-Gablenberg. Öffner, Reallehrer in Stuttgart. Reuss, Oberförster in Ochsenhausen. Rieber, Professor in Ehingen. Schaaf, Schullehrer in Kirchberg a. J. Schlenker, Pfarrer in Waldmannshofen. Schupp, Fürstl. Hofgärtner in Wolfegg. Witzig, Postschaffner a. D. in Stuttgart. Wurm, Dr., Hofrat in Teinach. I. Kryptogamen. Pilze. Merulius serpens Tove, Stuttgart (Offner). e tremellosus SCHRADER, Urach (Obermeyer). Polyporus caesius 6 Lorch OA. Welzheim (Obermeyer). % Fragilis Fr., 5 R r applanatus FrR., f. merismoides CorpA, Hepsisau OA. Kirch- | heim (Witzig). Agaricus connatus Fr., Stuttgart (Obermsyer). Lentinus adhaerens Az. u. Schw., Lorch OA. Welzheim (Obermeyer). Flechten. Eine Anzahl von Cladonien aus der Umgebung von Schramberg, gesammelt von Herrn Lehrer J. Merk in Schramberg (Eichler): Cladonia rangiferina (L.) Horrm. f. vulgaris SCHAER., — un- cialis (L.) Fr., — gracilis (L.) Coim. f. chordalis FuLk., — — f. chor- dalis-tubaeformis (WALLR.), — — f. aspera-ceratostelis (WALLR.), — — f. aspera-tubaeformis (WALLR.), — degenerans FL. f. aplotea AcH., — — f, trachyna AcHa., — pysidata (L.) Fr. f. chlorophaea Fır., — — f. neglecta (FLK.) SCHAER., — — f. neglecta-epiphylla (AcH.), — fim- briata (L.) Fr. f. chordalis AcH., — — f. radiata (ScHREB.), — — f. tubaeformis Horrm., — — tubaeformis-prolifera (FLk.), — cornuta (L.) Acn. f. arbusculaeformis Wauır., — — f. capreolata (FLk.), — — f. subcornuta (NyL.), — ochrochlora SCHAER. f. nana (FLr.), — — f. simplex MERK., — coccifera (L.) ScHAER. f. communis Tu. Fr., — — f. pleurota (FLk.) ScHaer., — deformis (L.) Horrm., — digitata (L.) Horrn. f. söimplex WAaLLrR., — — f. tubaeformis MERK., — — tubae- formis-prolifera (WALLR.), — macilenta (EurH.) Horrm. f. filiformis ReLH., — — f. polydactyla FLx., — uncinata HorFrm., — squamosa Horrwm. f. asperella (Fır.), — — f. frondosa (NyL.), — — f. lactea Fık., — furcata (Hups.) Fr. f. crispata (AcH#.) FLk., — — f. erispatella (Fuk.), — — racemosa-regalis (Fw.), — — f. racemosa-polyphylla (FLK.), — — f. subulata (L.) FLK., — rangiformis Horrn. Eine Sammlung von Flechten aus der Umgebung von Ehingen: kamalina pollinaria (Wesır.) Acn. f. minor Arxoup, Justingen OA. Mün- singen, — XXV0 — Parmelia revoluta FLx., Ehingen und Allmendingen, f lithotea Ach. f. sciastrella Nyu., Weisel OA. Ehingen, ” olivacea a. glabra var. subaurifera NyL., Büchele b. Ehingen, A Acetabulum (Necx.) Dup., Justingen OA. Münsingen, diffusa (We».) Tu. Fr., ee OA. Ulm, Be medians (Nxu.), Allmendingen OA. Ehingen, „ Pulverulenta (ScHREe.) Nyı. f. farrea Ehnigen, Ri stellaris b. aipolia Act., Justingen OA. Münsingen, caesia (Horrm.) Nvr., an Iychnea (Acnm.) Ta. Fkr., Berkach OA. Een Gyalolechia aurelia (Horrm.) Ker., > Acarospora glaucocarpa f. depauper en Kpr., Schelklingen OA. Blaubeuren, Rinodina polyspora TH. Fr., Berkach OA. Ehingen, Callopisma citrinum Horrm. ‚(Ziegelform), Schelklingen OA. Blaubeuren, 35 citrinellum Fr., Altsteusslingen OA. Ehingen, _ Lecania syringea (AcH.) Ts. Fr., Ehingen, Lecanora pallida «. angulosa (SCHREB.) Nyr., Ehingen, 3 conizaea (AcH.) NyYL., Ri effusa PERS. 1% Secoliga diluta PERS. 5 Pertusaria coccodes (Ac#.) T#. Fr., Justingen OA. Münsingen, Bacidia muscorum (Sw.) Arn., Ehingen, Bilimbia Naegelii (Hzpr.) Anzı, ,, Biatorina nigroclavata Nyu. f. lenticularis ArxoLp, Allmendingen, Lecidea olivacea Horrm. v. achrista SOMFT., Muschenwang OA. Blaubeuren, Opegrapha rufescens Pers. f. subocellata ActH., Ehingen, Lithoicea glaucina ArnoLp, Allmendingen und Schelklingen. (Rieber.) Moose. ah Eine Sammlung von Moosen aus der Umgegend von Biberach (Finckh). Farne. Aspidium lobatum Swarrz, Thumlingen OA. Freudenstadt (Mahler). II. Phanerogamen und Gefässkryptogamen. Elymus europaeus L., Pfullingen OA. Reutlingen (Bossler). Carex tomentosa L., iR Pi a nr »» humilis LexsseR, A „, wumbrosa Host, Reutlingen und Pedllingen R „ hirta L., Pfullingen OA. Reutlingen Juncus compressus Jacqumn, Pfullingen OA. Reutlingei (Bossler). Platanthera chlorantha Cusrer, Finsterlohr OA. Mergentheim (Himmelein). Ulmus effusa WıuLodenow, Lauffen OA. Besigheim (Bader). Thesium pratense EurHArt, Pfullingen OA. Reutlingen (Bossler). Silene dichotoma EnrHArt, Waldmannshofen OA. Mergentheim (Schlenker). Dianthus barbatus L., verschleppt im Wald auf dem Mädchenfelsen bei Pfullingen OA. Reutlingen (Bossler). ‚ — XXVH — Sagina nodosa Fexzu, Schwenningen OA. Rottweil (Lauffer). Corydalis ochroleuca Koch, verwildert in einem Grasgarten zu Waldmannshofen OA. Mergentheim (Schlenker). NB. Diese am Südfuss der Alpen einheimische Pflanze wurde nach Er- kundigung und gütiger Mitteilung des Herrn Einsenders vermutlich schon vor Jahren nach Göppingen eingebracht und angesiedelt; von dort wurde sie wohl zunächst in den Pfarrgarten von Klein-Eislingen und weiterhin nach verschiedenen anderen Orten, insbesondere Creglingen, Winnenden, Gmünd, Erdmannshofen, verpflanzt, wo sie sich in Grasgärten und an (Gartenmauern stellenweise zu einem üppigen und unverwüstlichen Unkraut entwickelt hat. E Corydalis solida Smir#, Rindelbach OA. Ellwangen (Koch). Lepidium Draba L., Reutlingen (Bossler). Sedum Aizoon L., verwildert am Friedensberg bei Hall (Diez). NB. Die Ansiedelung dieser in Sibirien heimischen Zierpflanze an dem angegebenen Ort scheint Mitteilungen des Herrn Einsenders zufolge schon vor längerer Zeit stattgefunden zu haben. E. Ribes alpinum L., Willmandingen OA. Reutlingen (Bossler). Rosa gallica L., Pfullingen n se H „ micrantha SMITH, “ N er B Trifolium fragiferum L., ,, hr >“ S F hybridum L., Me Polygala serpyllacea a er oA. weldes en R comosa SCHKUHR, Pfullingen OA. Reutlingen (Bossler). Euphorbia strieta L., Rhus typhina L., ae He Kirhbie a. Jäost (Schaaf). Epilobium Dodınakı Vırvars, Mengen OA. Saulgau (Bretzler). s Fleischeri nen Mengen OA. Saulgau (Bretzler). NB. Diese in den Flussgeröllen der nördlichen Alpenthäler häufige und von da vermutlich eingeschleppte Art (die von. manchen Autoren als Varietät der vorigen angesehen wird), wurde nach Mitteilung des Herrn Einsenders von diesem schon seit dem Jahre 1887 an ihrem Standort, einer Moränenkiesgrube, beobachtet und hat sich seither dort stark vermehrt. E. Lycopsis arvensis L., Pfullingen OA. Reutlingen (Bossler). Solanum rostratum DunaAL, verschleppt bei Neckarthailfingen OA. Nür- tingen (Knöringer). NB. Diese Nachtschattenart wurde vom Herrn Einsender am 17. September 1901 in der Nähe des Bahnhofs von Neckarthail- fingen auf gepflastertem Boden, und zwar in einem, im Beginn der Blüte stehenden Exemplar gesammelt und zur Bestimmung ein- geschickt. Da die Pflanze, die gerade vor einem Jahrzehnt, 1891, zum erstenmal in Deutschland, und zwar am Hafen von Mann- heim, beobachtet (gesammelt, jedoch nicht weiter beachtet wurde sie zum erstenmal 1885 oder 1886 an der Nahe bei Kreuznach!), seither jedoch öfters und in verschiedenen Gegenden aufgefunden wurde, seiner Zeit zu lebhaften Befürchtungen für die heimische Landwirtschaft Veranlassung gegeben hat, so mögen hier einige = AR — Bemerkungen Platz finden, die im wesentlichen aus zwei Aufsätzen von P. Ascherson (,Zwei Nachtschattenarten des nordameri- kanischen Prairiegebiets als Adventivpflanzen in Europa.‘‘ Natur- wiss. Wochenschrift. IX. Bd. 1894. S. 17 ff., und ‚Nachrichten über Solanum rostratum Dunau aus dem Jahre 1894“, ebda. X. Bd. 1895. S. 177), in denen sich auch weitere Litteraturangaben finden, geschöpft sind. — Die stattliche, bis 1 m hohe, krautige Pflanze ist nahe verwandt mit dem als Zierpflanze in unseren Gärten befindlichen, hier und da in Europa auch verwildert vor- kommenden Solanum heterodoxum DunAL, von dem sie sich wesentlich nur durch lebhaft gelbe Blüten und durch den Besatz mit Sternhaaren unterscheidet. Im übrigen ist sie wie dieses ausgezeichnet durch die zygomorphe Blumenkrone mit völlig freien, . ungleichen Antheren, von denen 4 gleich lang sind, während die 5., auf- bezw. einwärtsgekrümmte die letzteren fast um das Dop- pelte überragt, und in Verbindung mit einer eigentümlichen Doppel- wendigkeit der Blüten recht bemerkenswerte Bestäubungsverhält- nisse bedingt. Die ganze Pflanze, besonders der Stengel und der Kelch, sind mit nadelförmigen, gelblichen Stacheln dicht be- setzt, so dass eine intimere Berührung für Menschen und Tiere sicherlich höchst unangenehm wirkt. Die Heimat dieses Stachel- krautes, dem die Amerikaner den bezeichnenden Namen ‚Buffalo fur‘ = ‚„Büffelklette‘‘ gegeben haben, bilden die Prairien der westlichen Vereinigten Staaten von N.-Mexiko bis Nebraska, wo es stellenweise gemein ist und weite Strecken bedeckt. In neuerer Zeit hat jedoch die Pflanze ihr Gebiet wesentlich erweitert und sich in rascher Wanderung nach Westen bis zum Mississippi-Thal ausgebreitet, überall als eines der schlimmsten und gefürchtetsten Unkräuter auftretend. Es war daher, als die Pflanze im Jahre 1891 und besonders im Jahre 1893, wohl infolge der gesteigerten Einfuhr nordamerikanischen Getreides, gleichzeitig in mehreren Gebieten Mitteleuropas, insbesondere im Oberrheingebiet, im nieder- rheinisch-westfälischen Industriebezirk, an einigen Nord- und Ost- seehäfen, aber auch in Thüringen, in den Vogesen und im Schweizer Jura, auftrat, die Befürchtung wohl berechtigt, sie möchte sich in gleicher Eigenschaft auch in Deutschland einbürgern und die Zahl der zweifelhaften Erwerbungen nordamerikanischen Ursprungs, mit denen die deutsche Landwirtschaft im Laufe des vorigen Jahr- hunderts mehrfach gestraft worden ist, wiederum vermehren. Er- schwerend fiel noch ins Gewicht, dass Solanum rostratum die ur- sprüngliche Nährpflanze des gefürchteten Coloradokäfers ( Doryphora decemlineata) ist, der von ihr erst bei der Berührung mit der menschlichen Kultur auf die Kartoffelfelder überging und durch ungeheure Vermehrung, Gefrässigkeit und Lebenszähigkeit auch in Deutschland vor drei Jahrzehnten grossen Schrecken hervorrief. Glücklicherweise haben sich die Befürchtungen jedoch nicht er- füllt, da der neue Ankömmling nach den bisherigen Beobachtungen infolge der kühlen und feuchten Herbste bei uns nicht in der — MI — Lage ist, seine Samen gehörig auszureifen und sich auf diese Weise eine dauernde Ansiedelung und grössere Verbreitung zu sichern, so dass das wiederholte Auftreten in unserem Gebiet mit grösster Wahrscheinlichkeit auf jedesmalige neue Einschleppung von Amerika zurückzuführen ist. So wird auch das oben ge- meldete erstmalige Auftreten der Pflanze auf württembergischem Boden nicht etwa durch eine Wanderung neckaraufwärts von Mannheim her, wo sie allerdings mehrere Jahre hintereinander an verschiedenen Plätzen beobachtet wurde, sondern durch An- nahme direkter Einführung mit amerikanischem Getreide zu er- klären sein. E. Euphrasia stricta Host, Schwenningen OA. Rottweil (Lauffer). Aster salicifolius ScCHOLLER, Tübingen-Lustnau (John). Xanthium spinosum L., Esslingen (Lauffer). Matricaria discoidea DG,, M% Centaurea solstitialis L., en OA. Nürtingen (Knöringer). Bildungsabweichungen etc. Fichtenzapfen (Picea excelsa Lısk) von 21,4 cm Länge, Teinach (Wurm). Zwei Oberkohlraben (Brassica oleracea gongyloides L.) mit Kohlräbchen in den Blattwinkeln der Mutterknolle, Wolfegg (Schupp). Die grössere dieser Riesenkohlraben hatte frisch bei einem Durchmesser von 0,13 m der Hauptknolle und von ca. 0,5 m der 25 Seitenknollen ein Gewicht von ca. 1,625 kg. Sarothamnus scoparius KocH, verbändert, Ochsenhausen (Reuss). Picris hieracioides L., verbändert, Leonberg (Merz). Plantago major L. mit vergrünter Blütenähre, Esslingen (Lauffer). C. Mineralogisch-palaeontologische Sammlung. (Konservator: Prof. Dr. E. Fraas.) Als Geschenke: a) Mineralien: Citrin von Rio do Sul, von Herrn Prof. Huber. b) Gesteine: Gneiss mit Spiegel (Überschiebung) von Berghaupten, von Herrn Prof. Dr. A. Sauer, Stuttgart; Kugelgranit von Fonni (Sardinien), von Herrn Regierungsbaumeister Dittus, Kisslegg; Stylolithenbildung im Muschelkalk, von Herrn Oberstabsarzt Dr. Dietlen, Ulm. c) Petrefakten: Schädel von Simosaurus Gaillardoti Mry., Unterkiefer von Plagiosternum granulosum E. Fr. aus dem Hauptmuschelhalk von Crailsheim, von Herrn Hofrat R. Blezinger, Crailsheim; — RRXXI — Unterkiefer von Nothosaurus Andriani Mey. aus der Lettenkohle von Hoheneck, Wirbel ven Belodon und Metopias aus dem Keuper- mergel von Stuttgart, Wirbel von Plesiosaurus sp. aus Braun-Jura & von Wasseralfingen, Microbatia ornati Quexst. aus Braun-Jura [© von Pfullingen, Zahn von Machimosaurus und Gaumenplatte von Gyrodus sp. aus Weiss-Jura Ü von Schnaitheim, von Herrn Dr. OÖ. Fritz, Nürnberg; Pholadomya prima QuENnsT. und Nautilus striatus Sow. aus Lias & von Vaihingen a. F., von Herrn Erich Göz, Nürtingen; Wirbel von Ichthyosaurus amalthei Quenst. aus Lias d von Reutlingen, von Herrn Dr. H. Zwiesele, Stuttgart; Wirbel von Ichthyosaurus amalthei QuExst. aus Lias d von Kirchheim u. T. und cfr. Rhizostomites n. sp. aus dem Braun-Jura $ von Weil- heim u. T., von Herrn Hausvater Thumm, Kirchheim u. T.; Littorina clathrata Dese., Lima exaltata Tera., L. Fischeri Tera., L. tuberculata , Terq., Cardinia sp., Ampullaria angulata DesH., Patella Dunkeri TerqQ. aus dem unteren Lias von Hettingen, Ammonites Wrighti Buckm. aus dem unteren Dogger von Differ- dingen, Isastrea Bernhardi aus dem mittleren Dogger von Dieden- hofen, von Herrn Dr. C. Beck, Stuttgart; Ammonites arenatus QuEnst. aus dem Braun-Jura y von Eningen, von Herrn Pfarrer K. Gussmann, Eningen u. A.; Ammonites Thoro Orren aus Weiss-Jura [Ü von Giengen a. Br., von Herrn Forstamtsassessor Kuttler, Zöschingen; Carychium suevicum SANDB. aus dem Miocän von Steinheim, Helix numu- lina C. Meyrr und H. Zellii KuLeın aus dem Obermiocän von Mör- singen, Pupa ulmensis SAnDe. aus dem Untermiocän von Thal- fingen, Zahn von Anchitherium sp. und Ulna von Palaeomeryx aus dem Obermiocän des Randecker Maars, von Herrn Carlo Jooss, Stuttgart. D. Bibliothek. (Bibliothekar: Kustos J. Eichler.) Zuwachs vom 1. Januar bis 31. Dezember 1901. a. Durch Geschenk und Kauf: Durch Schenkung von Büchern etc. haben sich folgende Mitglieder und Freunde des Vereins um denselben verdient gemacht: Fraas, Prof. Dr. E., Konservator, Stuttgart. Franck, Dr. J., Stabsarzt a. D., Stuttgart. Hesse, Hofrat Dr. O., Fabrikdirektor, Feuerbach. Klunzinger, Dr. C. B., Hochschulprofessor a. D., Stuttgart. Krauss, Friedr., Fabrikant, Ravensburg. = Ban Lutz, Dr. K. G., Schullehrer, Stuttgart. Miller, Dr. K., Professor, Stuttgart. Naturwissenschaftlicher Verein zu Hamburg. Niedenzu, Dr. F., Lyceal-Professor, Braunsberg. Oberrheinischer geologischer Verein. Pilgrim, Dr. L., Professor, Cannstatt. Regelmann, Chr., Vermessungsoberinspektor, Stuttgart. Schips, K., Pfarrer, Schloss Neresheim. Spindler, E., Hofoptikus, Stuttgart. Wundt, G., Baurat, Stuttgart. K. Württ. Kultministerium. K. Württ. Ministerium des Innern, Abteilung für den Strassen- und Wasserbau. Zeller, Dr. E., Obermedizinalrat a. D., Stuttgart. = I. Zeitschriften, Gesellschaftsschriften etc. „Aus der Heimat.‘ Organ des Deutschen Lehrervereins für Natur- kunde. Herausgegeben von Dr. K. G. Lutz. 14. Jahrg. 1901. (Lutz.) Oberrheinischer geologischer Verein. Bericht über die 34. Ver- sammlung zu Diedenhofen am 10. April 1901. (Oberrh. geol. Verein.) Der Zoologische Garten. Jahrg. 42 (1901). Diese Jahreshefte, Jahrg. 46—55, 1886—1899. (Spindler.) II. Schriften allgemein naturwissenschaftlichen Inhalts. Klunzinger, C. B., Über die physikalischen, chemischen und bio- logischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer. (Sep.-Abdr. aus diesen Jahresh. Jahrg. 1901.) (Klunzinger.) III. Zoologie, Anatomie. Baer, Dr. K.E. von, Beiträge zur Kenntnis der niederen Tiere. (7 Ab- handl. mit 6 Kupfertafeln aus Acta der Kais. Leop.-Karol. Akad. d. Naturw. Vol. 13. (1824—1826.) 4°. (Zeller.) Batsch, Joh. G. Karl, Naturgeschichte der Bandwurmgattung über- haupt und ihrer Arten insbesondere. Mit 5 Taf. Halle 1786. 8°, (Zeller.) Baur, Albert, Beiträge zur Naturgeschichte der Synapta digitata. 3 Abhandl. Mit 8 Taf. (Bes.-Abdr. Bd. XXXI- der Verh. der Kais. Leop.-Karol. Akad.) Dresden 1864. 4°. (Zeller.) van Beneden, Recherches sur la composition et la signification de l’oeuf. Mit 12 Tab. Me&m. de l’Acad. R. de Belgique. Tome XXXIV. 4°, (Zeller.) — Memoire sur les vers intestinaux. Mit 27 Taf. (Suppl&ment aux Cptes. rendus des söances de l’Acad. des Sc. Paris. Tome II.) 4°. (Zeller.) — und Hesse, C. E., Recherches sur les Bdellodes (Hirudinees) et les Tr&matodes marins. Mit 15 Tab., kol. Me&m. de l’Acad. R. de Belgique. Tome XXXIV. 4°. (Zeller.) — XXX — Bergmann, Karl, Zur Kenntnis des Tarsus der Wiederkäuer und paarzehigen Pachydermen. Rostock 1859. Mit 1 Taf. Folio. (Zeller.) Bilhuber, J.F., Sammlung von Beobachtungen über die sogen. Egel- krankheit unter dem Rindvieh und den Schafen. Tübingen 1791. Kl. 8°. (Zeller.) Bloch, Dr. M., Abhandlung von der Erzeugung der Eingeweidewürmer und den Mitteln wider dieselben. Mit 10 Kupfertafeln. Berlin 1782. 4°. (Zeller.) Blumberg, C., Über den Bau des Amphistoma conicum. Inaug.-Diss. Mit 1 Taf. Dorpat 1871. 4°. (Zeller.) Braun, Dr. M., Zwei neue Bandwürmer. Mit 1 Taf. Arbeiten a. d. zool.-zoot. Institut Würzburg. Bd. IV. (Zeller.) Bremser, Dr. Joh. Gottfr., Über lebende Würmer im lebenden Menschen. Mit 4 Taf. Wien 1819. 4°, (Zeller.) — lIcones Helminthum systema Rudolphii entozoologicum illustrantes. 18 Taf. Wien 1824. Folio. (Zeller.) Brera, B. L., Medizinisch-praktische Vorlesungen über die vornehm- sten Eingeweidewürmer des menschlichen lebenden Körpers und die sogen. Wurmkrankheiten. Übersetzung von F. A. Weber. Mit 5 Kupfertafeln. Leipzig 1803. 4°. (Zeller.) Bumiller, Joh., Das menschliche Femur nebst Beiträgen zur Kennt- nis der Affenformen. Augsburg (o. J.). [1899.] (Franck.) Burmeister, H., Distomum globiporum Run. Mit 1 Taf. (Zeller.) Carus, C. G., Beobachtung über einen merkwürdigen schöngefärbten Eingeweidewurm, Leucochloridium paradoxum n. sp., und dessen parasitische Erzeugung in einer Landschnecke, Suceinea amphibia Drar., Helix putris Linx. (Acta Akad. Leop.-Karol. XVII, 1. 1834.) Mit 1 Taf. (Zeller.) Claus, Dr. C., Beobachtungen über die Organisation und Fortpflanzung von Leptodera appendiculata. Mit 3 Taf. (Schriften d. Ges. z. Bef. d. ges. Naturw. z. Marburg. Supplem.-Heft III.) Marburg- Leipzig 1869. 4°. (Zeller.) Cobbold, T. Spencer, Synopsis of the Distomidae. (Journ. of the proc. of the Linnean Soc. of London. 1859.) 8°. (Zeller.) Configliachi, Pietro e Rusconi, Mauro, Del Proteo anguino di Laurenti Monografia. Mit 4 Kupfertafeln. Pavia 1819. Folio. (Zeller.) Creplin, Dr. F. C. H., Endozoologische Beiträge. (Über Taenia denti- culata Run. und T. expansa Run.) (Aus Archiv f. Naturgesch. VIII. Jahrg. 1842. X. Jahrg. 1844. S. 112 ff.) (Zeller.) — Filariae et Monostomi speciem novam in Balaena rostrata repertam describit Dr. F.C.H.C. (Acta Akad. Leop.-Karol. XIV, 2.) Mit 1 Taf. (Zeller.) — Observationes de Entozois. Pars I c. tab. Greifswald 1825. 8°. (Zeller.) — Novae observationes de Entozois. Mit 2 Taf. Berlin 1829. 8°. (Zeller.) — Monostomum Faba Bremseri. 1839. (Zeller.) Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. C — RN = Diesing, C. M., Revision der Prothelminthen. (Sep.-Abdr. aus dem 52. u. 53. Bd. [Jahrg. 1866] der Sitzungsber. der math.-naturw. Kl. der kais. Akad. der Wiss. zu Wien.) 8°. (Zeller.) — Über eine naturgemässe Verteilung der Cephalocotyleen. (Ebda. Bd. XIII Heft 2.) 8°. (Zeller.) — Monographie der Gattungen Amphistoma und Diplodiscus. Mit 2 Kupfer- und 1 Steindrucktafel. 4°. (Zeller.) — Monographie der Gattung Tristoma. (Acta Akad. Leop.-Karol. XVIII, p. 1.) 4°. (Zeller) _ — Helminthologische Beiträge. Ebda. XVIII, 1. 4°, (Zeller.) — 19 Arten von Trematoden. Mit 3 Taf. (Denkschr. k. k. Akad. Wien. Bd. X. 1855.) 4°. (Zeller.) — Revision der Myzhelminthen (Sep.-Abdr. aus Sitzungsber. der math.- naturw. Kl. der kais. Akad. zu Wien. Bd. XXXII—XXXV) und Revision der Cercarieen. (Ebda. Bd. XV und XXXI.) (Zeller.) Ehrenberg, C.G., Über die Formbeständigkeit und den Entwickelungs- kreis der organischen Formen. (Sitzungsber. Akad. Wiss. Berlin.) Berlin 1852. 8°. (Zeller.) Eimer, Th., Über die ei- oder kugelförmigen sogen. Psorospermien der Wirbeltiere. Mit 1 Taf. Würzburg 1870. 8°. (Zeller.) Engelmann, Th. W., Über Entwickelung und Fortpflanzung von In- fusorien. Mit 2 Taf. (Sep.-Abdr. Morpholog. Jahrbuch Bd. I, 1875.) (Zeller.) Ercolani, G., Nuove richerche sulla storia genetica dei Trematodi. Mit 3 Tab. (Mem. Accad. d. Sc. dell’ Istituto di Bologna, ser. 4, Tomo II. 1881.) 4°. (Zeller.) Eschricht, Dr. F., Anatomisch-physiologische Untersuchungen über die Bothryocephalen. Mit 3 Kupfertafeln. (Acta Akad. Leop.- Karol. d. Naturf. Vol. XIX. Suppl. IL.) 4°. (Zeller.) Filippi, Ph. de, M&moire pour servir ä& l’histoire genetique des Tr&ematodes. Mit 5 Taf. (M&m. de l’Acad. d. Sc. de Turin, s£r. II, t. XV, XVI, XVIH. Turin 1854—1857.) 4°. (Zeller.) Frauenfeld, Georg Ritter von, Das Vorkommen des Parasitismus im Tier- und Pflanzenreiche. Wien 1864. 8°, (Zeller.) Gastaldi, B., Degli Elminthi in genere e di alcuni nuovi in specie. Mit 2 Tab. Turin 1854. (Zeller.) Goeze, J. A. E., Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweidewürmer tierischer Körper. Mit 44 Kupfertafeln. Blankenburg 1782. 4°. (Zeller.) ; — und Zeder, J. G. H., Erster Nachtrag zur Naturgeschichte der Eingeweidewürmer. Mit 6 Kupfertafeln. Leipzig 1800. 4°. (Zeller.) Gudden, B., Beiträge zur Lehre von den durch Parasiten bedingten Hautkrankheiten. Mit 3 Tab. Stuttgart 1855. 8°. (Zeller.) Hannover, Adolph, Jagttagelser over Indkapslede Indvoldsorme hos Fröen. Mit 2 Tafeln. (K. Danske Ved. Selsk. Skr. 5 R. 7 Bd.) Kopenhagen 1864. 4°. (Zeller.) Heckert, G., Zur Naturgeschichte des Leucochloridium paradoxum. (Sep.-Abdr. Zool. Anz. No. 259. 1887.) 8°. (Zeller.) - — MAXV — Hering, Ed., Übersicht der Eingeweidewürmer und Hautparasiten. (Jahres. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 1872.) 8°. (Zeller.) Küchenmeister, Fr., Die in und an dem Körper des lebenden Menschen vorkommenden Parasiten. Leipzig 1855. 8°. (Zeller.) Laurer, F., Disquisitiones anatomicae de Amphistomo conico. Inaug.- Diss. Greifswald 1830. 4°, (Zeller.) La ValetteS. George, Adolphus lib. baro de, Symbolae ad Trema- todum Evolutionis Historiam. Mit 2 Taf. (Inaug.-Diss.) Berlin 1855. 4°. (Zeller.) Leuckart, F. S., Zoologische Bruchstücke: III. Helminthologische Beiträge. I. Monographie des Bothriocephalus. Mit 2 Kupfer- tafeln. Helmstädt 1819. 4°. (Zeller.) Leuckart, Rudolf, Die Blasenbandwürmer und ihre Entwickelung. Mit 3 Tafeln. Giessen 1856. 4°. (Zeller.) — Untersuchungen über Trichina spiralis. Mit 2 Taf. Leipzig-Heidelberg 1860. 4°. (Zeller.) — Bau und Entwickelungsgeschichte der Pentastomen nach Unter- suchungen, besonders von P. taenioides und P. denticulatum. Mit 6 Taf. Leipzig-Heidelberg 1860. 4°. (Zeller.) — Archigetes Sieboldi, eine geschlechtsreife Cestodenamme. (Zeitschr. f. wiss. Zool. XXX. Bd. 1878.) 8°, (Zeller.) — Über die Lebensgeschichte der sogen. Anguillula stercoralis und deren Beziehungen zu der sogen. A. intestinalis. (Abdr. a. d. Be- richten d. math.-phys. Kl. d. k. Sächs. Ges. d. Wiss. 1882.) (Zeller.) — Zur Entwickelungsgeschichte des Leberegels. Mit 1 Taf. (Archiv f. Naturgesch. XLVIII. Jahrg. 1882.) 8°. (Zeller.) — Über die Entwickelung der Sphaerularia bombi. (Sep. Zool. Anz. 1885.) 8°. (Zeller.) v. Linstow, Über die Entwickelungsgeschichte und die Anatomie von Gordius tolosanus Dvs. (— subbifureus v. SıesoLn.) (Sep.-Abdr. a. d. Archiv f. mikroskop. Anatomie Bd. XXXIV.) (Zeller.) — Bemerkungen über Mermis. Mit 1 Taf. (Sep. ebendaher Bd. XXXIV.) 8°.. — Weitere Beobachtungen an Gordius tolosanus und Mermis. Mit 1 Taf. (Sep. ebendaher Bd. XXXVIL) 8°. (Zeller.) — Helminthologische Studien. Mit 1 Taf. (Archiv für Naturgesch. Bd. XXXXVIII Jahrg. 1882.) (Zeller.) — Helminthologisches. Mit 1 Taf. (Ebda. Jahrg. 1888.) 8°. (Zeller.) — Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte von Nematoxys ornatus DuJ. Mit 1 Taf. (Sep. Jenaisch. Zeitschr. f. Naturw. XXIII. Bd. N. F. XV.) (Zeller.) | — Beobachtungen an bekannten und neuen Nematoden und Trema- toden. Mit 3 Taf. (Aus Archiv f. Naturgesch. Jahrg. LI. 1885.) (Zeller.) — Helminthologische Untersuchungen. (Zeller.) : Lorenz, Ludw., Über die Organisation der Gattungen Axine und Miero- cotyle. Mit 3 Taf. Wien 1878. 8°. (Zeller.) e* — RI — Lütken, Forvandlingerne i Dyreriget (Tidsskrift for populaere Frem- stillinger af Naturvidenskaben, Anden Raekke, 3 u. 4. Bd.) Kopen- hagen 1861—62. 8°. (Zeller.) Mehlis, E., Observationes anatomicas de Distomate hepatico et lanceolato ad Entozoorum humani corporis historiam naturalem illustrandam seripsit Dr. Ed. Mehlis. Mit 1 Taf. Göttingen 1825. 4°. (Zeller.) Miescher, F., Beschreibung und Untersuchung des Monostoma bijugum. Basel 1838. 4°. (Zeller.) Molin, Raff.,, Nuovi Myzelmintha. Mit Taf. I—IU. (Aus Sitz.-Ber. d. math.-naturwiss. Klasse d. Kais. Akad. d. Wissensch. z. Wien. XXXVI. 1859.) (Zeller.) Morren, Ch., Quelques remargues sur l’anatomie de l’Ascaride lom- bricoide. Mit 1 Taf. (Aus Bull. de l’acad. R. de Bruxelles. Tome V.) (Zeller.) Moulini&, J. J., De la reproduction chez les Tr&matodes Endo- Parasites. Mit 7 Taf. (M&m. de l’institut de Geneve. Tome II. 1856.) 4°. (Zeller.) Mulder, G. J., Commentatio de Entozois. Trajectum (Utrecht) 1823. 8°. (Zeller.) Müller, Joh., Über Synapta digitata und die Erzeugung von Schnecken und Holothurien. Mit 10 Kupfertafeln. Berlin 1852. Folio. (Zeller.) Nitzsch, Ch. L., Über Amphistomum und Holostomum. (Aus Ersch und Grub, Allg. Encyklopädie d. W. u. K. Bd. III.) (Zeller.) — Beitrag zur Infusorienkunde oder Naturbeschreibung der Zerkarien und Bazillarien. Mit 6 Kupfertafeln. Halle 1817. 8°, (Zeller.) Nordmann, A. v., Mikrographische Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Tiere. 1. und 2. Heft mit je 10 Kupfertafeln. Berlin 1832. 4°. (Zeller.) Pagenstecher, H.A., Trematodenlarven und Trematoden. Mit 6 Taf. kol. Heidelberg 1857. 4°. (Zeller.) Paulson, Otto, Zur Anatomie von Diplozoon paradoxum. Mit 1 Taf. (Mö&m. acad. imp. d. sc. St. P&tersbourg. VII. Ser. Tome IV No. 5.) St. Petersburg 1862. 4°. (Zeller.) Perty, D. M., Über den Parasitismus in der organischen Natur. Berlin 1869. 8°. (Zeller.) Schmidt, Ed. Osk., Über den Bandwurm der Frösche (Taenia dispar) und die geschlechtslose Fortpflanzung seiner : Proglottiden. Mit 2 Taf. Berlin 1855. 8°. (Zeller.) Schneider, Anton, Monographie der Nematoden. Mit 28 Taf. und 130 Holzschnitten. Berlin, Reimer, 1866. gr. 8°. (Zeller.) Seitaro, Gotö, Studies on the ectoparasitic Trematodes of Japan. Mit 27 Tab. kol. (Journ. Se. coll., Imp. Univ., Tokyo. Vol. VII.) 4°. (Zeller.) Siebold, C. Th. E. v., Über die Band- und Blasenwürmer nebst einer Einleitung über die Entstehung der Eingeweidewürmer. Leipzig 1854. 8°. (Zeller.) — XXXVUI — Siebold, C. Th. E. v., Beiträge zur Naturgeschichte der Mermithen. (Aus Zeitschr. f. wiss. Zool. von Siebold und Kölliker. V. Bd. 1853.) 8°. (Zeller.) Sommer, Ferd., Die Anatomie des Leberegels (Distomum hepaticum). Mit 6 Taf. Leipzig 1880. 8°. (Zeller.) — und Landois, L., Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer. 1. Heft: Über den Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothriocephalus latus Breuser. Mit 5 Taf. Leipzig 1872. 8°. (Zeller.) Spallanzani’s Versuche über die Erzeugung der Tiere und Pflanzen. Aus d. Französ. von Dr. Chr. Fr. Michaelis. I. Abt. Leipzig 1786. 8°. (Zeller.) Spencer, Cobbold, Synopsis of the Distomidae (Journ. of the pro- ceedings of the Linnean society, London.) (Zeller.) Steenstrup, J., Untersuchungen über das Vorkommen des Her- maphroditismus in der Natur; nebst Atlas. Aus dem Dänischen von C. F. Hornschuch. Mit 2 Taf. Greifswald 1845 u. 1846. (Zeller.) — Über den Generationswechsel oder die Fortpflanzung und Ent- wickelung durch abwechselnde Generationen übersetzt von C. H. Lorenzen. Kopenhagen 1842. 8°. (Zeller.) — Über die Lebensweise und über die systematische Stellung einiger Amphibien Dänemarks. (Vortrag i. d. 24. Vers. Deutscher Naturf. und Ärzte in Kiel.) 4°. (Zeller.) Stieda, Dr. L., Über den angeblichen inneren Zusammenhang der Männlicheh und weiblichen Organe bei den Trematoden. (Reichert’s und du Bois-Reymond’s Archiv. 1871.) 8°. (Zeller.) — Beiträge zur Anatomie der Plattwürmer. Mit 1 Taf. (Archiv f. Anat. u. Phys. 1867.) 8°. (Zeller.) — Über den Bau von Polystomum integerrimum. Mit 1 Taf. a | f. Anat. u. Phys. 1870.) 8°, (Zeller.) Taschenberg, E. O., Beiträge zur Kenntnis ektoparasitischer mariner rare Mit 2 Taf. (Abh. Naturf. Ges. Halle. Bd. XIV, 3. 1879.) 4°. (Zeller.) Thaer, Albert, De Polystomo appendiculato. (Inaug.-Diss.) Mit 3 Taf. Berlin 1851. (Zeller.) Thon, D., Helmintha. (Allg. Eneykl. d. W. u. K. 2. Sekt. V. Bd.) (Zeller.) Treutler, F. A., Observationes pathologico-anatomicae auctarium ad Helminthologiam humani corporis continentes. 0. 4 tab. col. Lipsiae 1793. 4°. (Zeller.) Virchow, R., Die Lehre von den Trichinen. 3. Aufl. Berlin 1866. 8°, (Zeller.) Vogt, Carl M., Die Herkunft der Eingeweidewürmer des Menschen. Basel 1878. 8°, (Zeller.) Völtzkow, A., Aspidogaster limacoides (Sep. a. d. Arbeiten a. d. zool.-zoot. Institut in Würzburg.) (Zeller.) Wagener, G. R., Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Ein- geweidewürmer. Mit 37 Taf. Haarlem 1857. 4°. (Zeller.) — XXX. — Wagener, G. R., Die Entwickelung der Cestoden. Mit 22 Taf. kol. Bonn 1855. 4°, (Zeller.) -— Helminthologische Bemerkungen aus einem Sendschreiben an C. Th. v. Siebold. Mit 2 Taf. (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. IX. 1857.) 8°. (Zeller.) — Enthelminthieca No. V u. VI. Mit 2 Taf. 1858. (Zeller.) — Über Gyrodactylus elegans v. Norpmann. Mit 2 Taf. (Archiv £. Anat. u. Phys. 1860.) (Zeller.) Walter, H., Helminthologische Studien. Mit 1 Taf. (Ber. d. Offen- bacher Vereins für Naturkunde. 1862.) 8°, (Zeller.) Wede, C., Anatomische Beobachtungen über Trematoden. 8°. (Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. zu Wien, math.-naturw. Kl. XXVI, Bd. 1857.) (Zeller.) Willemoes-Suhm, Über das Vorkommen der Rictularia plagiostoma Wepr. Mit 1 Taf. (S.-A. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXIIL.) (Zeller.) — Über einige Trematoden und Nemathelminthen. Mit 3 Taf. Leipzig 1870. 8°, (Zeller.) Wolff, ©. J. B., Das Riechorgan der Biene etc. Mit S Taf. (Nova Acta. L. C. Acad. d. Nat. Bd. XXXVIIL) Dresden 1875. 4°, (Zeller.) . Zeder, J. G. 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Lutz. 1900. „ 5: Mittelsamige und Haufenfrüchtige, Centrospermae und Poly- carpicae. Von Ernst H. L. Krause. ‚1901. „ 9: Hülsenfrüchte (Leguminosae). Myrten (Myrtiflorae). Heiden (Bicornes). Primeln (Primulinae). Von Ernst H.L. Krause. 1901. (K. G. Lutz.) V. Mineralogie, Geologie, Palaeontologie. Benecke, E. W., Überblick über die palaeontologische Gliederung der Eisenerzformation in Deutsch-Lothringen und Luxemburg. (Sep.- Abdr. Mitt. geol. Landesamt von Elsass-Lothringen. Bd. V. 1901.) (Oberrhein. geol. Verein.) —ı RRXMX. — v. Branco, W. und Fraas, E.: Das vulkanische Ries bei Nördlingen in seiner Bedeutung für Fragen der allgemeinen Geologie. Mit 2 Tafeln. Berlin 1901. 4°. (Abh. der K. Akademie d. Wiss. zu Berlin. 1901.) ' (Fraas.) — — Beweis für die Richtigkeit unserer Erklärung des vulkanischen Ries bei Nördlingen. (Sep.-Abdr. Sitzber. der K. Akademie d. Wiss. zu Berlin. 1901.) (Fraas.) Credner, H., Die voigtländischen Erdbebenschwärme während des Juli und des August 1900. (Sep.-Abdr. Ber. d. K. sächs. Ges. d. Wiss. 14. XI. 1900.) (Fraas.) Krauss, Friedr., Die Eiszeit und die Theorien über die Ursachen der- selben. Ravensburg (o. J.) [1900.] (Krauss.) Miller, K., Zum Alter des Sylvanakalkes. (Sep.-Abdr. Centralbl. £. Min. etc. 1901, No. 5.) (Miller.) van Werveke,L., Profile zur Gliederung des reichsländischen Lias und Doggers und Anleitung zu einigen geologischen Ausflügen in den lothringisch-Juxemburgischen Jura. (Sep.-Abdr. Mitt. geol. Landes- amt von Elsass-Lothringen Bd. V. 1901.) (Oberrhein. geol. Verein.) VII. Chemie, Physik, Mathematik, Astronomie und Meteorologie. Hammer, E., Astronomisches Nivellement durch Württemberg etwa entlang dem Meridian 9° 4° östlich von Greenwich. Stuttgart 1901. (K. württ. Kultministerium.) Pilgrim, Ludwig, Einige Aufgaben der Wellen- und Farbenlehre des Lichts. Cannstatt 1901. 4°. (Beil. z. Programm der Realanstalt in Cannstatt.) (Pilgrim.) IX. Schriften verschiedenen Inhalts. Regelmann, C., Trigonometrische und barometrische Höhenbestim- mungen in Württemberg, bezogen auf den einheitlichen Deutschen Normalnullpunkt. Neckarkreis: Heft 7. Oberamtsbezirk Heilbronn. Stuttgart 1901. 8°. (Regelmann.) Schips, K., Führer über das Härdtsfeld. Stuttgart 1901. 8°. (Schips.) Über die gegenwärtige Lage des biologischen Unterrichts an höheren Schulen. Jena 1901. 8°. (Naturwiss. Verein in Hamburg.) Verwaltungsbericht der K. Ministerialabteilung für den Strassen- und Wasserbau für die Rechnungsjahre 1897/98 und 1898/99. II. Abt.: Wasserbauwesen. Mit 50 Beilagen. Stuttgart 1901. 4°. (K. württ. ‘ Ministerium des Innern, Abt. für den Strassen- und Wasserbau.) b. Durch Austausch unserer Jahreshefte!: American association for the advancement of science: Pro- ceedings of the 49 meeting held at New York (N. Y.), June 1899. ! In dem Verzeichnis sind sämtliche Gesellschaften u. s. w. angeführt, mit denen der Verein Schriftenaustausch unterhält. Von den Gesellschaften, hinter deren Namen sich keine Angaben finden, sind dem Verein während des Jahres 1901 keine Tauschschriften zugegangen. American geographical society (New York): Bulletins Vol. XXXIII, 1901. Amiens. Societ@ Linneenne du nord de la France. Amsterdam. K. Akademie van wetenschappen: Jaarboek voor 1900. — Verhandelingen (Natuurkunde) 1. sectie: deel VII. No. 6—7; 2. sectie: deel VII. No. 4—6. — Verslagen van de gewone Ver- gaderingen deel IX, 1900—1901. Asiatic society of Bengal (Calcutta). Augsburg. Naturwiss. Verein für Schwaben und Neuburg. Badischer botanischer Verein (Freiburg): Mitteilungen No. 169174, Baltimore. Johns Hopkins University. Memoirs of the biological laboratory vol. IV, 5. Bamberg. Naturforschender Verein: Berichte Bd. 18 (1901). Basel. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen Bd. XIII u. XIV; — Namenverzeichnis und Sachregister der Bde. VI—XII (1901); — Rütimeyer, L., Gesammelte kleine Schriften allgemeinen In- halts aus d. Gebiete der Naturwissenschaft. Nebst einer auto- biographischen Skizze. Hrsg. von H. G. Stehlin. Bd. I, II. Basel 1898. 8°, Batavia s. Nederlandsch Indie. Bayerische bot. Ges. zur Erforschung der heimischen Flora (München). Bayerisches K. Oberbergamt, geognostische Abteilung (München): Geognostische Jahreshefte Bd. XIII, 1900. Belgique. Acad&mie R. des sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique (Brüssel): Bull. de la classe des sciences 1899 u. 1900. — Annuaires anndes 66 (1900) u. 67 (1901). — Soci6te entomologique (Brüssel): Annales T. XLIV (1900). — Mömoires T. VIII (1901). — Soeiete geologique (Liege): Annales T. XXV?, Lief. 1; XXVI, 4; XXVIH, 1—3. — Societ@E R. malacologique (Brüssel): Annales T. XXXIV: Bull. Bogen 9—11, m&m. Bogen 2; T. XXXV (1900). Bergen’s Museum: Aarbog for 1900 Heft 2 u. 1901, Heft 1. — Aars- beretung for 1900. — Sars, G. O.: an account of the Crustacea of Norway. Vol. III, 9—10, und Vol. IV, 1, 2. — Meeresfauna von Bergen, red. von Dr. A. Appellöf, Heft 1 (1901). Berlin. K. Akademie der Wissenschaften: Physikalische Abhandlungen aus den Jahren 1899 u. 1900. — Sitzungsberichte 1901, No. 1—53. — Entomologischer Verein: Berliner entomolog. Zeitschr. Bd. XLVI Het 13: — K. geologische Landesanstalt und Bergakademie: Jahrbuch 1899. — Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsber. Jahrg. 1900. — s. auch Brandenburg und Deutsche geol. Geselischaft. Bern. KNaturforschende Gesellschaft: Mitteilungen a. d. Jahren 1398, 1899 u. 1900 (No. 1451—1499). — s. auch Schweiz. Bodensee. Verein für Geschichte des B. u. seiner Umgebung (Lindau): Schriften Heft 30 (1901). Bologna. R. Accad. d. scienze dell’ Istituto di Bologna. > AMER >= Bonn. Naturhistorischer Verein d. preuss. Rheinlande etc.: Verhand- lungen Jahrg. 57. — Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte Jahrg. 1900. Bordeaux. Soc. des sciences physiques et naturelles: M&moires 5. Ser. T. V, 2. — Observations pluviometriques 1899/1900. — Proces verbaux des seances 1899/1900. Boston. American Academy of arts and sciences: Proceedings Vol. XXXVI, 9—29; Vol. XXXVHO, 1—3. — Society of natural history: Memoirs Vol. V, 6—7. — ÖOccasional papers IV, Vol. I part 3. — Proceedings Vol. XXIX, No. 9— 14. Brandenburg. Botanischer Verein für die Provinz B. (Berlin): Ver- handlungen Jahrg. 42 für 1900. Braunschweig. _Verein für Naturwissenschaft. Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen Bd. XV, 3 und Bd. RVIR.1. Breslau s. Schlesien. Brünn. Naturforschender Verein: Verhandlungen Bd. XXXVII, 1899. — Ber. d. meteorolog. Komm. Bd. XVIII, 1898. Brüssel s. Belgique. Budapest s. Ungarn. Buenos Aires. Museo nacional: Comunicaciones Vol. I, 8, 9. Buffalo society of natural sciences: Bull. Vol. VII, 1. Ca&än s. Normandie. | Calcutta s. Asiatic Soc. of Bengal. California. Academy of sciences (San Francisco): Proceedings: Botany Vol. I, 10 u. II, 1, 2; Geology Vol. I, 7—9; Math.-Phys. Vol. I, 5—7; Zoology Vol. II, 1—6. — Occasional papers VII. Cambridge. Museum of comparative zoology at Harvard College: Annual reports for 1899/1900 und for 1900/1901. — Bulletins Vol. XXXVI, 7—8; XXXVI, 3; XXXVII, 1—4; XXX, 1. — Memoirs Vol. XXV, 1. Canada. The Canadian Institute (Toronto): Transactions No. 13 (Vol. VII, 1). — Proceedings, New series, Vol. II, 4 (No. 10). — Geological and natural history survey (Ottawa): John Maconn, Catalogue of Canadian birds. Part I. 1900. 8°. _ — Royal Society (Ottawa): Proc. and Trans. for 1900 (2 ser. Vol. VI). Cape of Good Hope. Geological commission of the colony of the C. o. G. H.:(Cape Town). Cape Town s. Cape of Good Hope. Cassel. Verein für Naturkunde: Bericht XLVI für 1900/1901. Catania. Accademia Gioenia di sc. nat.: Atti, ser. 4a Vol. 13 (Anno 77, 1900). — Bulletino, nuova ser. fasc. 64—70. Cherbourg. Societ& nationale des sciences nat. et math.: M&moires tome XXXI (4 ser. Vol. I), 1898/1900. 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Pollichia, ein naturwiss. Verein der Rheinpfalz: Mitteilungen 13—15. Edinburgh. Geological society: Transactions Vol. VIII, 1. — R. physical society: Proceedings Vol. XIV, 3. — Royal Society. Elberfeld. Naturwissenschaftlicher Verein. Erlangen. Physikalisch-medizinische Societät: Sitzungsber. H. 32. 1900. Firenze s. Italia. France. Societe geologique (Paris): Bull. 3 ser. Vol. XXVI, 6; Vol. XXVIH, 3, 4, 7, 8. — Societ& zoologique (Paris): Bulletins Tome XXV, 1900. Frankfurt a. M. Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Be- richt von 1901. Freiburg i. Br. Naturforschende Gesellschaft: Berichte Bd. XI, 3. — s. auch Badischer botan. Verein. Gen&ve. Conservatoire et Jardin Botanique (Herbier Delessert). — Soc. de physique et d’hist. naturelle: Memoires tome XXXII, 2. Genova. Museo civico di storia naturale: Annali ser. 2° Vol. XX (1899/1901). — Indice generale sistematico delle 2 prime serie (Vol. I, 18370—XL, 1900). Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Glasgow. Natural history society. Görlitz. Naturforschende Gesellschaft: Ahle hei Bd. 23 (1901). Graubünden. Naturforschende Gesellschaft (Chur). Greifswald. Naturw. Verein von Neu-Vorpommern und Rügen: Mit- teilungen, 32. Jahrg. 1900. Halifax. Nova Scotian Institute of Science: Proc. and Trans., 2 ser. Vol. III, 2 (old series Vol. X, 2). Halle. Verein für Erdkunde: Mitteilungen Jahrg. 1901. — Kais. Leopoldinisch-Carolinische Akademie d. Naturforscher: Leopol- dina Bd. XXXVIH, 1901. a. FI Halle. Naturw. Verein für Sachsen und Thüringen: Zeitschrift für Naturwissenschaften Bd. 73 Heft 3—6; Bd. 74 Heft 1—2. Hamburg. Naturw. Verein: Abhandlungen aus dem Gebiete der Natur- wissenschaften Bd. XVI, 2. — Verhandlungen 3. Folge, Bd. VII. — Verein für naturw. Unterhaltung: Verhandlungen Bd. XI (1901). — Wissenschaftl. Anstalten: Jahrbuch Jahrg. XVII, 13899; Beihefte 1—4. Hanau. Wetterauische Gesellschaft für die gesamte Naturkunde. Hannover. Naturhistorische Gesellschaft: Jahresber. 435 u. 49 für 1897/98 u. 1898/99. Harlem. Fondation de P. Teyler van der Hulst: Archives du Musee Teyler, Ser. 2. Vol. VII, 3. — Societe hollandaise des sciences: Archives n&erlandaises des sciences exactes et naturelles, Ser. 2 Tome IV, 2—5; Tome V; Tome VI. — Oeuvres completes de Christian Huygens Tome IX (Correspon- dance 1685— 1690). Havre s. Normandie. Heidelberg. Naturhist.-medizin. Verein: Verhandl. N. F. Bd. VI, 4, 5. Helsingfors. Societas pro fauna et flora Fennica. Hermannstadt. Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften: Verhandlungen und Mitteilungen Bd. 50 Jahrg. 1900. Hohenheim. Kgl. Württ. landwirtschaftliche Akademie: Programm zur 83. Jahresfeier 1901. — Jahresbericht für die Zeit 1. April 1900 bis 31. März 1901. Iglo s. Ungarn. Innsbruck. Naturw.-medizin. Ver.: Berichte Bd. XXVI Jahrg. 1900/1901. Italia. R. comitato geologico (Roma): Bollettino, anno XXXI (4. Ser. No. I) 3—4; anno XXXII (4. Ser. No. II) 1—2. — Societä entomologica (Firenze): Bollettino, anno XXXIII (1900) 1—2. Jurjew s. Dorpat. Kansas. The Kansas University (Lawrence): Quarterly Vol. IX, 3 -4; / Vol. X, 1—.2. Karlsruhe. Naturwissenschaftlicher Verein: Verhandlungen Bd. 14. Kiel s. Schleswig-Holstein. Kiel-Helgoland. Kommission zur wissenschaftl. Untersuchung der deutschen Meere: Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen, N. F. Bd IV, Abteilung Helgoland Heft 2; Bd. V, 2, Abteilung Kiel. Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften Jahr- gang 41, 1900. Landshut. Botanischer Verein: Bericht 16, 1898 —1900. Lausanne. Societ& Vaudoise des sciences naturelles: Bulletins, 4 ser. Vol. XXXVI No. 138; Vol. XXXVII No. 139—142, Lawrence s. Kansas. Leiden. Nederlandsche Dierkundige Vereeniging: Tijdschrift ser. 2, Deel VII, 1. Leipzig. Naturforschende Gesellschaft: Sitzungsberichte Jahrg. 26 —27, - 1899/1900. Liege. Sociöts royale des sciences: M&moires, 3 ser. Vol. III (1901). — s. auch Belgique. — XLV — Lindau s. Bodensee. Linz. Museum Francisco-Carolinum: Bericht 59. — Beiträge zur Landeskunde Lfg. 53. — Verein für Naturkunde in Österreich ob Enns: Jahresbericht No. 30. Lisboa s. Portugal. London. dGeological Society: Quarterly Journal Vol. LVII. — Geo- logical Literature added to the G. S. library during 1900. — Linnean Society: Journal, a) Botany Vol. XXV, No. 242—243. b) Zoology Vol. XXVII No. 181—183. — Proceedings Jahrg. 1900/1901. — Zoological Society: Proceedings for 1900 No. 4; 1901 Vol. I, 1—2. — Transactions Vol. XV, 5—7; Vol. XVI, 1—2. Lund. Universitas Lundensis. Luxemburg. Institut R. grand-ducal (section des sciences naturelles et mathematiques): Publications t. XXVI (1901). — Societe de Botanique du Grand-duche de L.: Recueil des m&moires et des travaux publi&s par la soc. No. XIV: 1897—1899. — Verein Luxemburger Naturfreunde „Fauna“: Fauna Jahrg. X, 1900. Lyon. 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XXVIII, 1900. — s. auch Württemberg. Sydney s. New South Wales. — BEN Tokio. College of science, Imperial University, Japan: Journal Voll. XII, 4; XV, 1—3. — Calendar for 1900/1901. Torino. R. Accademia delle scienze: Atti Vol. XXXV, 1900/1901. — — ÖOsservazioni meteor. 1900, Toronto s. Canada. Trieste. Societa Adriatica di scienze naturali. Tromsö. Museum: Aarsberetning for 1898, 1599, 1900. — Aarshefter Vol. 21/22, 1898/1899; Vol. 23, 1900. Tübingen. K. Universitätsbibliothek: Universitätsschriften a. d. J. 1900/1901. — 13 Dissertationen der naturwissenschaftlichen Fa- kultät. Ulm. Verein für Mathematik und Naturwissenschaften Ungarische geologische Gesellschaft und k. ungarische geologische Anstalt (Budapest): Földtani Közlöny Bd. XXX, 8—12; Bd. XXXI, 1—4. — Jahresbericht der k. ung. geol. Anstalt für 1898. — Mitteilungen aus dem Jahrbuch der k. ung. geol. Anstalt. Bd. XII, 3—5. — Ungarischer Karpathen-Verein (Iglö): Jahrbuch (Deutsche Ausgabe), Jahrg. XXVIII, 1901. United States (o. N. Am.). Commission of Fish and Fisheries (Washington): Bulletins of the U. S. Fish Commission. Vol. XIX, 1899. — Commissioners report fol. 1899, part XXV. — Department of Agriculture (Washington): North American Fauna No. 16, 20, 21. — Bull. of the division of biol. survey No. 14. — Report of the Secretary 1900. — Yearbook 1900. — Department ofthe Interior (Geological survey) (Washington): Annual fenort Wol. AX -for ‚1848/1899 parts 2, 3, 4, 5517: VolsRıl for 1899/1900 parts 1, 6 and 6 continued. — Monographs Voll. XXXIX u. XL. — Bulletins No. 163—176. — Preliminary report on Cape Nome Gold region Alaska (1900). Upsala. Geological Institution of the university: Bulletin No. 9 (Vol. V, 1), 1900. — Regia Societas scientiarum upsaliensis: Nova Acta ser. 3. Vol. XIX, 1900. Vietoria. Public library, Museums and National Gallery. Washington. Smithsonian Institution: Annual reports of the Board of Regents 1898 u. 1899. —- Annual reports of the U. 8. National Museum 1897 part II, 1898, 1899. — Bulletin of the U. S. National Museum No 47 part IV (mit Atlas). — Special Bulletin Vol. IV, 1. — Proceedings Vol. 22. — Smithsonian miscellaneous collections Vol. 41 No. 1253 u. 1258. — s. auch United States. Wellington s. New Zealand. Wernigerode. Naturw. Verein des Harzes. Westfälischer Provinzial-Verein für Wissenschaft und Kunst (Münster). Wien. Kaiserl. Akademie der Wissenschaften, math.-naturw. Klasse: Sitzungsberichte Bd. 108 u. 109. — AN Wien. K.K. geologische Reichsanstalt: Jahrbuch 50 (1900) No. 2—4. — Verhandlungen 1901 No. 1—16. — Abhandlungen Bd. XVI, 1. — K. K. naturhistorisches Hofmuseum. — K.K. zoologisch-botanische Gesellschaft: Verhandlungen Bd. LI. — Verein zur Verbreitung naturw. Kenntnisse: Schriften Bd. 41, 1900/1901. Wiesbaden s. Nassau. Winterthur. Naturwiss. Gesellschaft. Württemberg. K. statistisches Landesamt (Stuttgart): Württ. Jahr- bücher für Statistik und Landeskunde Jahrg. 1900. Heft I—II. — Beschreibung des OA. Heilbronn, Teil I (1901). — Geo- gnostische Specialkarte von Württemberg 1: 50000: Atlasblatt Göppingen, neu bearb. von Prof. Dr. E. Fraas 1901 und Be- gleitworte. — Deutsches meteorologisches Jahrbuch, Abt. Würt- temberg, Jahrg. 1899. — Geologische Specialkarte der Umgegend von Kochendorf, bearb. von Prof. Dr. E. Koken (Stuttgart 1900). — Württembergischer Schwarzwaldverein (Stuttgart): ‚Aus dem Schwarz- wald“ Jahrg. IX, 1901. — Karte des Württ. Schwarzwaldvereins 1: 50000. Blatt 3 (Wildbad-Calw) und 4 (Freudenstadt). Würzburg. Physikalisch-medizinische Gesellschaft. Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahresschrift Jahrg. 45 Heft 3—4; Jahrg. 46 Heft 1—2. — Neujahrsblatt No. 103 auf das Jahr 1901. — s. auch Schweiz. Zwickau. Verein für Naturkunde. Ferner gingen dem Verein folgende Gesellschaftsschriften zu: Buenos Aires. Deutsche akademische Vereinigung. Veröffentlichungen Bal, 4A, 9. Chicago. John Crerar library: Annual report for 1900. Dresden. Genossenschaft „Flora“, Gesellschaft für Botanik und Gartenbau: Sber. u. Abh. N. F. 4. Jahrg. 1899—1900, Krefeld. Verein für Naturkunde: Jber. für 1900—1901. Maryland. Geological survey (Baltimore): Allegapy county (1900). Mit „Physical Atlas of Maryland‘‘. — Maryland and its natural resources. Baltimore 1901. 8°. (Official publication o. d. M. Com- missioners Pan-american exposition.) — Eocene (1901). Mexico. Instituto geologico de M.: Boletin No. 14 (1900). Palo alto. Leland Stanford junior university: Contributions to Biology from the Hopkins Seaside Laboratory. No. XXIHHI—XXVI. Roma. Societä Romana di Antropologia: Atti Vol. VII fasc. 2 (1900). — XIX -—- Der Rechnungs-Abschluss für das Vereinsjahr 1. Juli 1900/1901 stellt sich folgendermassen: Einnahmen: ae EP IDON N . 2. . 630CM Zinsen aus den Kapitalien . . . Re ER TRRBEN DE I STR Verloste Stuttgarter Stadtobligation ET. VERS S DEINEN Mitgliederbeiträge (durch Grüninger) . . . ...... 4391 „, E darin ae 12153 55 yes Sa 507 4, ee Wahreakerte UIBBERUTA N TRADE BETEN, Erdbebenkarten . . She Sala Tuba, ed u ER She HK Gelieferte Eutabedset: NER RUERRUER TEURER, BEER DISHHN. 6790 M. Ausgaben: Vermehrung der Bibliothek. . . PISTEN SER ERS, 50 M. Buchdrucker- und BRehUIn as ET A 3922. „, Porti, Schreibmaterialien, Expedition der Dasfeek 460° -,, Dchalte, Saalmiete, Träne EIN, VERMITTELTEN FREIE RER Bes eoprapttsche BR CONTTEETEA ICH RN 0 WDR IPA IUEN, 33°, LESE SS EL eurer rag Arber Der Sea dern Das se N Zu Bernchenlkdmm Aaron: #4 50 NEBEN SEI ER ER 51% Steuer, Bankierkosten . . . de Anschaffung von einem 1000er Württemberg Hypol thekenbankpfandbrief. . . . . FIR A NPORP 6153 M. Einnahnien‘. x 0,0. "Mopwlldi>070nME Be Ausgaben '. . . »Hewlloh 30864581 .,1 02 5; Kassenstand am 1. Juli 1901 637 M. 34 Pf. Vermögensberechnung. Bapitalien‘ nach! Nennwert 2 N ERRNTV IS ER LODM. Bee enlvas ta N 23 u a KERNE SIEHE BE GrPAr 18737 M. Das Vermögen betrug am 1. Juli 1900. . . . . 18250 „ somit Zunahme gegen das letzte Jahr. . 507 M. 75 71 Der Vereinskassier: Dr. C. Beck. Die vorstehende Rechnung wurde geprüft und für richtig erfunden von Hofrat Dr. C. Finckh (an Stelle des erkrankten Rechnungsprüfers Hofrat Ch. Clessler). Jahreshefte d, Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, BB, ı ya Veränderungen im Mitgliederbestand. Im Vereinsjahre 1899/1900 betrug die Mitgliederzahl . . 840 Bis zum 1. Januar 1902 traten dem Verein folgende 69 Mit- glieder bei: Albrecht, Lehrer, Lauffen OA. Rottweil. Appenzeller, Dr. med., Arzt, Reutlingen. Barth, Revieramtsassistent, Pfalzgrafenweiler. Braumüller, Brauereibesitzer, Schwenningen. Braun, K., Dr., Apotheker, Stuttgart. Breunlin, Oberreallehrer, Schwenningen. v. Dedekind, Major a. D., Rottweil. Dietmann, Professor, Esslingen. Döser, Oberreallehrer, Rottweil. v. Duttenhofer, Geh. Kommerzienrat, Rottweil. Ebe, Forstamtsassistent, Rottweil. Eggler, Professor am Gymnasium Rottweil. Eytel, Dr. med., Oberamtswundarzt, Spaichingen. Fischer, Professor, Rottweil. v. Fischer-Weikersthal, Bezirkskommandeur, Rottweil. Frank, Oberreallehrer, Esslingen. Fruwirth, Professor, Hohenheim. Geck, Erwin, Dr., Hilfslehrer, Stuttgart. Geiger, Paul, Cand. rer. nat., Tübingen. Geiselhart, Professor, Rottweil. Glükher, Stadtschultheiss, Rottweil. Gross, Wilh., Dr., Professor, Geislingen. Gross, Fabrikant, Rottweil. Grundler, Professor, Rottweil. Hainlen, Ad., Dr. med., Geislingen. Haug, Stadtbaumeister, Rottweil. Heinz, Rektor, Schwenningen. Henzler, Maschineninspektor, Rottweil. Hiller, Stadtpfarrer, Rottweil. Höring, Oberstaatsanwalt, Rottweil. Hornberger, Landwirtschaftsinspektor, Rottweil. Jooss, Karl, Stuttgart. Kapp, Eugen, Apotheker, Königsbronn. Keller, Oberreallehrer, Rottweil. Kick, Lehrer, Biberach. Koch, Karl, Professor, Cannstatt. Krauss, B., Apotheker, Esslingen. Lörcher, Otto, Cand. rer. nat., Cannstatt. Mayer, Adolf, Apotheker, Tübingen. Mayer, Professor, Esslingen. Mayer, L., Dr., Gymnasialrektor a. D., Tübingen. Mohl, Emil, Dr., Chemiker, Uhingen. EEE Übertrag . . 42 Reichelt, K., Professor, Oberlehrer an der Grossh. Obstbau- schule in Friedberg (Hessen). Rottweil, K. Gymnasium. Rueff, Salineninspektor, Rottenmünster. Ruf, Oberreallehrer, Rottweil. Russ, Dr. med., Oberamtsarzt, Rottweil. Schäfle, Oberreallehrer, Rottweil. Schleicher, Revieramtsverweser, Rottweil. Schmidt, Rektor der Realanstalt Rottweil. Schöll, Hilfslehrer an der Realanstalt Esslingen. Sigel, Albert, Dr. phil., Apotheker, Stuttgart. Sigel, Pfarrer, Pfalzgrafenweiler. Singer, A., Postpraktikant, Langenau. Späth, Dr., Stadtpfarrer, Biberach. Spiess, Franz Xaver, Enzlesmühle OA. Leutkirch. Stoller, J., Dr., Professor, Stuttgart. Strauss, Oberreallehrer, Spaichingen. Ströhlin, Karl, Hauptmann, Stuttgart. Tscherning, Aug., Dr. rer. nat., Apotheker, Wien. Urach, Verein für Natur- und Altertumskunde. Visino, Dr. med., Arzt, Schussenried. Wagner, M., Professoratsverweser, Rottweil. Wallensteiner, Chemiker, Rottweil. Warth, Alfred, Professor, Kornthal. Welte, Professor, Rottweil. Widmayer, Wilhelm, Kassier, Stuttgart. Winkler, Hauptlehrer, Schwenningen. Zabergäuverein (Sitz in Brackenheim). 69 Übertrag 909 Hiervon ab die 43 ausgetretenen und gestorbenen Mitglieder: v. Ahles, Professor Dr., Stuttgart. T Amann, Fabrikant, Bönnigheim. Autenrieth, G., Kunsthändler, Stuttgart. Bär, M., Dr., Tierarzt, Stuttgart. Bauer, Dr. med., Tübingen. f Bauer, K., Unterlehrer, Schwaigern. Eberhardt, W., Lehrer, Dettingen. T Engert, J., Pfarrer, Kehlen. Finckh, Paul, Nagold. Fricker, A., Dr., Sanitätsrat, Heilbronn. Fricker, Direktor der Tierärztlichen Hochschule, Stuttgart. = Göbel, G., Kaufmann, Reutlingen. Göppingen, Lehrerverein für Naturkunde. Gross, Apotheker, Bietigheim. d* — LI — Übertrag . . 14 Härle, Karl, Aulendorf. Holzapfel, Dr. med., Arzt, Tübingen. Jäger, Dr., Oberamtsarzt, Ulm. Kast, Christian, Postrevisor, Stuttgart. T Kloos, Dr., Professor, Braunschweig. 7 v. König, Ferdinand, Freiherr, Fachsenfeld. Lutz, Dr., Sanitätsrat, Göppingen. Mack, Heinr., Fabrikant, Ulm. Mayer, Öberförster, Dornstetten. v. Marval, Neuchätel. Muth, Fr., Dr., Apotheker, Stuttgart. Paulus, Dr., Oberstudienrat a. D., Stuttgart. Pfleiderer, Dr. med., Arzt, Bondorf. Reiniger, Rektor, Reutlingen. 7 Rühl, Fr., Pfarrer, Thaining in Oberbayern. 7 Schenk von Stauffenberg, Risstissen. Schlichter, H., Dr. phil., London. f Schmidt, O., Direktor, Stuttgart. Schumann, Pfarrer a. D., Stuttgart. Sixt, Theodor, Fabrikant, Cannstatt. v. Sick, Dr., Obermedizinalrat, Stuttgart. T Siegle, Dr. med., Hofrat, Stuttgart. Stahlecker, Revisor, Stuttgart. Straub, Oberförster a. D., Plieningen. 7 v. Tscherning, Dr., Oberforstrat, Tübingen. Ungerer, A., Chemiker, Passau. Wenz, Rud., Dr., Sanitätsrat, Cannstatt. Winker, Professor, Gmünd. Wolf, Richard, Regierungsbaumeister, Stuttgart. —— 45 866 Mitgliederbestand am 1. Januar 1902 . . . . .. . 866 Mitglieder, gegenüber dem letzten Jahre mit . . . 2....2.....840 e verbleibt eine Zunahme von... . -.. „....21. „ı. 1726 Sutskedern: SEN > y Professor Dr. med. G. Veesenmeyer. Ein Lebensabriss und Nachruf. Von Prof. Dr. ©. B. Klunzinger. Durch die Vielseitigkeit seiner Studien und Bestrebungen ist der am 22. Oktober 1901 in Ulm im 87. Lebensjahre dahingegangene Professor a. D. Dr. med. Gustav VERSENNEYER auch in unsere Kreise gezogen worden, und es hat unser Verein für vaterl. Naturkunde nicht nur den Verlust eines seiner ältesten Angehörigen (Mitglied seit 1854) zu betrauern, sondern auch den eines Mitglieds, das sich um den Verein sehr wesentliche Verdienste erworben hat. Seine Forschungen lagen, namentlich in späteren Jahren, mehr auf geschichtlichem Gebiet; insbesondere schrieb er über seine Vater- stadt Ulm auf Grund von Urkunden, wie aus den Verhandlungen des „Kunst- und Altertumsvereins für Ulm und Oberschwaben“ und aus den „Ulmer Münsterblättern“ zu ersehen ist. Auch hat er zahl- reiche biographische und pädagogische Notizen und Abhandlungen veröffentlicht!. Seinen Namen verzeichnet das Register der Ober- amtsbeschreibung von Ulm von 1897 10 Mal: für Geschichte und Naturgeschichte?. In früheren Zeiten waren es aber mehr natur- geschichtliche Studien die ihn fesselten, wozu ihn Neigung, Beobachtungen auf Reisen und sein Amt als Lehrer der Natur- geschichte am Gymnasium in Ulm veranlassten. Zum Verständnis der Thätigkeit und des Charakters des viel- seitigen Mannes ist vor allem notwendig die Kenntnis seines Lebens- ganges”. | „GusTav VEESENMEYER ist am 4. Oktober 1814 in Ulm geboren als Sohn des dortigen Gymnasialprofessors D. theol. GEoRG VEESEN- ! s. Allgemeine deutsche Biographie und Schmid's en des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens. 2 Unter anderem findet man in dieser Oberamtsbeschreibung auch eine Sammlung von seiner Hand aus dem Wortschatz der Ulmer. I. S. 439—445. 3 Ich folge dabei der bereits veröffentlichten Darstellung des Herrn Rektors Neuffer, Vorstand des Realgymnasiums und der Realanstalt in Ulm, der in den „Jahresheften des Vereins für Mathematik und Naturwissenschaften in Ulm“ 1901 einen „Nachruf an Prof. Dr. G. Veesenmeyer“ veröffentlicht hat und die biographischen Angaben auf Grund von eigenhändigen hinterlassenen Auf- zeichnungen Veesenmeyer’s machen konnte. — IV — MEYER, eines angesehenen kirchengeschichtlichen Schriftstellers’. Nach- dem er das Gymnasium seiner Vaterstadt durchlaufen hatte, studierte er vom Herbst 1833 bis Frühjahr 1837 an den Universitäten Tübingen und Halle Theologie, ausserdem in Tübingen während eines weiteren Halbjahrs Naturwissenschaften. Hierauf fand er Verwendung im praktischen Kirchendienst als Vikar an verschiedenen Orten der Ulmer Gegend. Im Jahre 1838 wurde er Hofmeister in Kassel, von wo aus er mit seinen beiden Zöglingen die Universität Heidelberg bezog. Hier benützte er die sich bietende Gelegenheit zur Erweite- rung seiner wissenschaftlichen Ausbildung, studierte Medizin, löste 1841 die von der medizinischen Fakultät gestellte Preisaufgabe, er- stand das Fakultätsexamen und erwarb sich am 11. August 1842 den Grad eines Doktors der Medizin, Chirurgie und Geburtshilfe. In den beiden folgenden Jahren treffen wir ihn in England und Irland und in Paris, wo er seine Studien fortsetzte. Im Herbst 1844 nach Württemberg zurückgekehrt fand er vorübergehend Verwendung als stellvertretender Lehrer an dem Gymnasium und dem „höheren Töchterinstitut“ seiner Vaterstadt. _ Doch schon nach einem Jahre wurde er von dem russischen Fürsten CHuowanskı als Hausarzt und Hofmeister seines Sohnes an- gestellt. Er begleitete den Fürsten nach Dresden, an den Rhein, nach Holland und zuletzt nach Russland. Um hier den ärztlichen Beruf ausüben zu können, erstand er die russische Staatsprüfung in allen Fächern der Medizin. Als Arzt scheint er nicht bloss das Vertrauen seines Fürsten, sondern auch, besonders während einer Üholera- epidemie, das der bäuerlichen Bevölkerung in reichem Maasse ge- nossen zu haben. Gegen Ende seines siebenjährigen Aufenthalts in Russland machte er in Begleitung des Prof. Dr. C. Kraus aus Kasan eine botanische Reise in die Steppen um das Kaspische Meer. Mit reichen Errungenschaften an Kenntnis fremder Sprachen und Völker, wie an Naturwissen, kam er im Jahre 1852 in die Heimat zurück. Hier wurde er, zunächst unständig, nach einigen Jahren ständig, als Professor an der Realanstalt in Ulm angestellt. Auch erhielt er einen Lehrauftrag für Naturgeschichte (damals noch an den höheren Klassen) an dem Gymnasium, für Französisch und Englisch an der gewerblichen Fortbildungsschule u. s. w. Über drei | Jahrzehnte hat er als Lehrer an den Schulanstalten seiner Vater- stadt eine segensreiche Thätigkeit entfaltet und war auch sonst in ! Über dessen Schriften siehe im Register zur Oberamtsbeschreibung von Ulm 1897. BENENTE verdienstlicher Weise thätig: im Ulmer Verein für Mathematik und Naturwissenschaften, im Kunst- und Altertumsverein für Ulm und Oberschwaben, als Stadtbibliothekar, Pfarrgemeinderat, beim Münster- baucomite und war wiederholt Abgeordneter zur evangelischen Landessynode. Kurze Zeit nach seiner dauernden Anstellung als Professor hatte er sich mit Soruie Börten, Tochter des Kameralverwalters in Esslingen, verheiratet, aus welcher Ehe zwei Söhne entsprossten. Im Jahre 1885 nötigte ihn ein langwieriges und schmerzhaftes Leiden um seine Versetzung in den Ruhestand nachzusuchen. Nach seiner Wiedergenesung begann für ihn jetzt recht erst ein rastloses Arbeiten und Forschen, er hatte, wie er scherzhaft bemerkte, „jetzt keine Ferien mehr“. In einem Alter von mehr als 87 Jahren entschlief er sanft nach kurzem Kranksein.“ Eine kleine, anspruchslose Erscheinung, war er in Wissen, Er- fahrung und Leistung von seltener Vielseitigkeit: er war Theo- loge und Mediziner, Naturforscher, Geschichts- und Altertumsforscher, Kenner der alten und neuen Sprachen, Lehrer und Schriftsteller. Für uns kommen zunächst in Betracht seine Leistungen für den Ver- ein und die Naturwissenschaften. a) Botanisches. 1. 1854 schrieb er „Die Vegetationsverhältnisse an der mitt- leren Wolga, mit einem Verzeichnis der 1847—1851 gesammelten phanerogamen Pflanzen“, erschienen in den von der Kaiser]. russischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen „Beiträgen zur Pflanzen- kunde des russischen Reichs“. St. Petersburg 1854, 116 8. (Ein Sonderabdruck befindet sich in der Bibliothek unseres Vereins.) 2. 1856 schrieb er in unseren Jahresheften XII, S. 55—59 über das „Herbarium Hırroxnymus Harper’s aus dem Ende des 16. Jahr- hunderts“. 3. 1853: „Über die Steppen im Südosten Russlands“, ein Vor- trag. (Befindet sich wohl in der Ulmer Stadtbibliothek.) 4. Auf der Generalversammlung unseres Vereins in Ulm 1868 sprach er „Über die Pilze und Schwämme der Umgegend von Ulm“. Die kurze allgemeine Darlegung ist gedruckt in unseren Jahresheften von 1869, Jahrgang XXV, S. 24. Bei jener Versamm- lung übergab V. auch ein „Verzeichnis der Hymenomyceten der Um- gegend von Ulm“ an die Vereinsleitung, es kam aber nicht zum Druck. Erst 1894 wurde ein solches in den Akten des Oberschwäbi- schen Zweigvereins auf Nachfrage von Kırcaner und EicHLER wieder —. IM — aufgefunden, und in deren „Beiträgen zur Pilzflora von Württem- berg“ in unseren Jahresheften von 1894 und 1896 (Band 50 und 52) benützt!. Es sind hier 151 Hymenomyceten beschrieben, welche der Verfasser V. teils allein, teils in Gemeinschaft mit seinem Freunde, dem einstigen Oberamtsarzt Dr. Desensy in Ulm, in der Umgegend von Ulm gesammelt und namentlich auch auf ihre Geniessbarkeit untersucht hat. Diese Arbeit wird hier gerühmt als „ausserordent- lich fleissig durchgearbeitet und mit zahlreichen Beobachtungen des Verfassers ausgerüstet“. b. Zoologisches. Ende der 50er Jahre beschäftigte sich V. eingehend mit unseren einheimischen Fischen, besonders denen der Donau, wovon er über 20 Arten zusammenbrachte und unserer Vereinssammlung über- gab; eine besondere Zierde derselben, teils wegen Schönheit der Exemplare (in Weingeist), teils wegen Seltenheit einiger derselben, die nur ein gewiegter Kenner herausfindet und bemerkt: so die Bastarde Alburnus dolabratus und Chondrostoma rysela, eine Varietät von Ühondrostoma nasus mit auffallend grossen Schuppen, als „Spiegelnase“ , Leueiscus virgo oder Frauenfisch, endlich @obio uranoscopus, eine auffallend schlanke Gresslingart, von Acassız 1828 in der Isar entdeckt, von Sırsorn als „Steingressling“ vom Fisch- markt in München beschrieben und im Juni 1881 von V. in Ulm entdeckt, seitdem nicht wieder von dort gesammelt. Diese Donaufische sind von dem Verfasser dieses in seiner Arbeit über die Fische in Württemberg (unsere Jahreshefte 1881) aufgeführt, mit besonderer Erwähnung V.’s bei den einzelnen Arten. Nur Gobio uranoscopus wurde erst nach dem Druck dieser Arbeit entdeckt und diese Entdeckung daher nicht weiter bekannt ge- macht. Über den Frauenfisch hat V. selbst eine Arbeit veröffentlicht. Seine Beschäftigung mit unseren einheimischen Fischen ver- anlasste ihn, eine Sammlung, von Schlundzähnen der Cypriniden an- zulegen, und eine solche befand sich in seiner Hinterlassenschaft. In Russland hat er auch den Insekten, namentlich den Käfern, seine Aufmerksamkeit zugewendet und eine „neue Art entdeckt“, wie mir sein Sohn K. V., Stadtpfarrer in Winnenden, schreibt, doch scheint er darüber nichts veröffentlicht zu haben. Seine zoologischen Is, unsere Jahreshefte 1894, S. 299 u. 300. In der Ulmer Flora war V. überhaupt ganz zu Hause. — Von Russland brachte er ein grosses Herbarium mit, das einen mächtigen Kasten füllte und in seiner Hinterlassenschaft sich befand, AU. > Schriften finden sich in unseren Jahresheften. Die Themata sind alle bei Gelegenheit der Generalversammlungen des Vereins vorher mündlich vorgetragen worden: 1. Der Frauenfisch (Leuciscus virgo Heck.) in der Donau. 1859, XV, Jahrgang, S. 47—51. 2. Über die Grundeln (Cobitis fossilis und taenia L.). XIX, 1863, S. 52—54 (aus dem Göklinger Ried). 3. Vorkommen des Distelfalters. XIX, S. 109 (kurze Bemerkung über Massenzüge dieses Falters bei Odessa). So hat auch unser Verein allen Grund, dem Entschlafenen ein treues Andenken zu bewahren. Il. Sitzungsberichte, 1. Hauptversammlung in Rottweil am 23. Juni 1901". Den 1. Vortrag hielt Professor Zoller (Rottweil) über „die im Bezirk Rottweil vorkommenden kleinen Süsswasser- tiere‘, die Redner zum grossen Teil lebend ausgestellt hatte. (Ein Bericht über diesen Vortrag liegt nicht vor.) Sodann sprach Oberstabsarzt a. D. Dr. Hüeber (Ulm) über „Apus cancriformis SCHÄFFER“, den bekannten „krebsartigen Kiefenfuss“ aus der Ordnung der Phyllopoden oder Blattfüsserkrebse. Nach Erzählung der Entdeckung dieses merkwürdigen Tieres durch den Regensburger Pfarrer SCHÄFFER im Jahre 1756 und der erst 100 Jahre später erfolgten Auffindung des äusserst seltenen Männchens, nach kurzem Hinweis auf die fragliche Verwandtschaft der Art mit den Tri- lobiten, bezw. mit dem Molukkenkrebs (Limulus) und auf seine ge- wöhnliche Fortpflanzung durch Parthenogenesis gab der Vortragende eine Beschreibung des ansehnlichen, mit den Schwanzborsten fast finger- langen Tieres an der Hand einer LruckArr-NırscHe’schen Wandtafel. Eigentümlich und sehr unregelmässig ist das Vorkommen dieses Wesens: manchmal erscheint es massenhaft in Pfützen, Gräben und Regenbächen, um mit dem Eintrocknen derselben wieder zu verschwin- den, so dass Jahrzehnte vergehen können, bis es wieder am gleichen Orte erscheint. An anderen Orten ist es überhaupt äusserst selten, so dass selbst manche Zoologen von Fach noch keinen lebenden Apus zu Gesicht bekamen. Für Rottweil hat das Tierchen besonderes Interesse, weil es zu den wenigen Orten gehört, wo sein Vorkommen konstatiert wurde. Vor einigen Jahren entdeckte es Zahnarzt Irıov etwa Mitte Juni in einem mit schmutzigem Wasser gefüllten Graben an der Strasse nach Balingen. Der Vortragende, Dr. Hüeber, damals gerade dienstlich in Rottweil verweilend, hatte Gelegenheit, ein noch lebendes Exemplar in dem Aquarium des Oberamtsarztes zu besichtigen. Die meisten der heute ausgestellten konservierten Exemplare stammen aus jener Zeit; seitdem ist das Tier nicht mehr in Rottweil gefunden worden. (Klunzinger.) " Den Bericht über die Hauptversammlung s. S. XII. N Rektor Haag (Tübingen) legte der Versammlung eine Encrinus- Krone aus dem Dolomit des oberen Muschelkalks bei Zimmern ob Rottweil vor, die leider schlecht erhalten ist, so dass die Species nicht bestimmt werden kann. Professor Eck erblickt in diesem Fund einen Beweis für seine Anschauung, dass die Dolomite des oberen Muschelkalks mehr dem Hauptmuschelkalk verwandt sind als den Dolo- miten der oberen Lettenkohle, welchen sie, äusserlich betrachtet, zum Verwechseln ähnlich sind. Eck fügt hinzu, da, wo ein Enerinus vor- komme, pflegen gewöhnlich noch mehr zu liegen. Redner hat sich ver- geblich nach weiteren Exemplaren umgeschaut, möchte aber den Rott- weiler Sammlern raten, die Sache nicht aus dem Auge zu verlieren und fleissig in den Dolomiten von Zimmern zu sammeln, die seit v. ALBERTI'S Zeiten gute Ausbeute geliefert haben. (Haag.) Ferner sprach derselbe Redner über „das Diluvium in Rott- weils Umgebung‘. (Der Vortrag findet sich mit einem Nachtrag abgedruckt in der III. Abt. dieses Jahreshefts S. 1.) Sodann erzählte Prof. Dr. Klunzinger (Stuttgart) einiges über „sein Leben als Naturforscher am Roten Meer‘ während eines Sjährigen Aufenthalts (1864—69. und 1872—75) in Koseir, indem er die Veranlassung, seine Vorstudien und Ausrüstung, den Studien- plan und das mit grossem Eifer und Erfolg betriebene Sammeln und Konservieren der Meerestiere schilderte. (Redner beabsichtigt seinen Vortrag in erweiterter Form in einem der nächsten Jahreshefte zu ver- öffentlichen.) Lehrer Scheuerle (Frittlingen) machte einige Mitteilungen über die von ihm ausgestellten Weiden und sprach dann über „unechte Bastardbildung (Pseudo-Hybridation)‘“, indem er einige Fälle schil- derte, in denen Blumen von bestimmter Färbung, z. B. weisse Tulpen, weisse Nelken, infolge von Befruchtung durch den Pollen andersfarbiger Varietäten derselben Art eine nachträgliche Veränderung der Farbe ihrer Blütenblätter erfuhren. Zum Schluss zeigte Prof. Dr. Wülfing (Hohenheim) prächtige Schwarzwälder Stufen von Zinkblende und silberhaltigem Bleiglanz nebst begleitenden Mineralien, wie Schwerspat, Eisenkies, Dolomit und Kalkspat vor und knüpfte daran einige Bemerkungen über die Art des Vorkommens und den Bergbau am Schauinsland westlich von Freiburg i. B., wie er gegenwärtig von der Gewerkschaft ‚Schwarz- wälder Erzbergwerke‘ in grösserem Umfang betrieben wird. 2. Allgemeine Winterversammlung in Stuttgart am 27. Dezember 1901. Auf Anregung des Vereinsvorstandes, Prof. Dr. Klunzinger, hatte der Ausschuss in seiner Sitzung vom 31. Oktober 1901 beschlossen, dem schon mehrfach kundgegebenen Wunsche nach einer öfteren Zu- sammenkunft der Vereinsmitglieder zum Zweck wissenschaftlicher Unter- haltung und Belehrung, sowie als Ersatz für die früheren Wintervorträge en 4. ee = dadurch Rechnung zu tragen, dass er neben der im Sommer statt- findenden Hauptversammlung eine allgemeine Winterversammlung mit allgemein verständlichen Vorträgen veranstaltete. Die Vereinsmitglieder von Stadt und Land und ihre Damen wurden daher durch besondere Anzeigen auf den 27. Dezember nach Stuttgart eingeladen, wo die Ver- sammlung, verbunden mit einer Ausstellung naturwissenschaftlicher Gegenstände, im Vortragssaal des Landesgewerbemuseums stattfinden sollte. Trotz mannigfacher Bedenken, die sich an die Wahl des Tages knüpften, fanden sich zu der Versammlung sehr zahlreich Vereins- mitglieder aus nah und fern ein, und nahm dieselbe einen durchaus befriedigenden Verlauf. Die in dem Vortragssaal angeordnete Ausstellung naturwissen- schaftlicher Gegenstände, welche diesmal fast ausschliesslich von den drei naturgeschichtlichen Instituten der Technischen Hochschule veranstaltet wurde, zeigte, welche Schätze an Lehrmitteln und an wissen- schaftlichen Gegenständen hier angesammelt sind. Die botanische Samm- lung (Prof. Dr. Fünfstück) bot schöne Gelatinemodelle, künstliche Blumen, merkwürdiges „Wundholz‘‘, Hölzer mit Holzwürmern und eine Anzahl erst kürzlich von Prof. Dr. Göbel in München erworbener For- malinpräparate meist biologisch interessanter Gegenstände. Die zoo- logische Sammlung (Prof. Dr. Häcker und Klunzinger) hatte zoo- tomische Präparate ausgestellt, von Dr. Dewrrz und dessen Schwester im Jahre 1880 verfertigt, die unerreichten Vorbilder der jetzt überall nachgemachten, im Handel zu habenden Präparate. Es waren ferner auf- gestellt und mit Erklärungen versehen: die deutschen Batrachier, die Ana- tomie des männlichen und weiblichen Aales, Modelle von Dr. Tuıto für gewisse mechanische Einrichtungen, wie Sperrgelenke, Schubkurbeln im Tierreich, Insektenkästen mit Beispielen von Mimikry, Insektenmetamor- phosen u. s. w. Die mineralogische Sammlung (Professor Dr. Sauer) hatte neuere Instrumente zur Untersuchung von Gesteinen geliefert, nämlich: 1. ein grosses Fuzss’sches Polarisationsmikroskop mit gemein- sam drehbaren Nikols und allen Einrichtungen für mikroskopisch- optische Gesteinsuntersuchung, 2. ein mittleres petrographisches Mikro- skop mit besonders grossem Sehfeld und trichterförmigem Aufsatz mit Kassette zur Mikrophotographie, 3. ein binokulares Mikroskop für Unter- suchung im auffallenden Lichte, 4. eine WestruAau’sche Wage zur Be- stimmung des specifischen Gewichts von Mineralsplittern in schwerer Schwebflüssigkeit. Ausserdem hatte noch Herr Carlo Jooss aus Stutt- gart interessante Petrefakten aus dem Steinheimer Tertiär ausgestellt. Um 11 Uhr vormittags eröffnete der 1. Vereinsvorstand, Prof. Dr. Klunzinger, die Versammlung mit einer Ansprache, worin er die Gründe für die Veranstaltung der Zusammenkunft darlegte. Den 1. Vortrag hielt Prof. Dr. Fraas über den Yellowstone- park, dessen Besuch dem Redner nach seinen im vorhergegangenen Sommer unternommenen strapazenreichen geologischen Forschungsreisen in dem „wilden Westen‘ Nordamerikas als Erholung gedient hatte, wo es auch nichts mehr zu entdecken giebt. Seit 1872 ist diese Gegend, so gross als Württemberg ohne Oberschwaben, unter den Schutz der — LXAI — nordamerikanischen Regierung gestellt, zur Erholung und Erhaltung von Pflanzen und Tieren, zum Schutz gegen deren drohendes Aussterben, besonders der Büffel. Daher strengste Bewachung durch herumstreifende Wächter und peinliches Verbot des Jagens und Sammelns bis auf das Mitnehmen eines Hammers hinaus. Geologisch bildet dieser ‚„National- park‘ das Centrum eines ungeheuren Vulkangebiets. Die Haupt- ausbrüche geschahen in der Tertiärzeit, und nach langen Intervallen erfolgten neue Eruptionen bis in die Jetztzeit: es sind andesitische Gesteine mit Lipariten und Obsidianen in ungeheurer Mächtigkeit, welche tuffartige Gesteine durchsetzen. Als Nachwirkungen dieser Vulkane in dem noch nicht vollständig erkalteten Gebiet treten die in Zahl, Mannig- faltigkeit und Grossartigkeit einzig dastehenden heissen Quellen, Sinter- bildungen, Schlammvulkane, Mofetten und Solfataren und namentlich die Geisirs auf: periodisch aufwallende Wassersäulen bis 150—250’ Höhe und alle 4, 10, 60 Minuten, mitunter auch nur alle 5—6 Jahre wiederkehrend. Die im Innern herrschende Hitze ist zwar nicht mehr im stande, Steine und Lava auszuwerfen, wohl aber die in die unter- irdischen Hohlräume von oben einsickernden Tages- und Grundwasser in Dampf zu verwandeln, welcher nach Erreichung einer gewissen Span- nung die darüber stehenden Wassersäulen austreibt, was sich in für jeden Fall bestimmten Zwischenräumen wiederholt. Während des Vortrags wurde diese Erscheinung in gelungener Weise experimentell vorgeführt. Die Rundreise im Park geht von der Sinnabar-Eisenbahnstation im Norden des Parks aus; man fährt in sehr bequemen Gesellschafts- wagen und auf guten Wegen zunächst zum grossartigen Mammuth-spring- Hotel mit 400 Zimmern, dann zu den hot springs (heissen Quellen), deren Wasser ein unbeschreibliches Farbenspiel zeigt und grossartige Sinterterrassen erzeugt, deren Ursache dieselbe ist wie beim Karlsbader Sprudel: Auflösen des Kalks und Kiesels in der heissen Tiefe und Niederschlag beim Erkalten. Weiter geht’s hinauf auf das Hoch- plateau bis 2300 m, um diese Zeit (26. Juni) noch grösstenteils von Schnee bedeckt; wo dieser weg ist, spriessen sofort, wie in unseren Alpen, herriiche Blumen hervor. Vorüber an einem von Bibern ge- bildeten Stausee mit Biberburgen nach dem glasartig funkelnden Ob- sidian-cliff und zu dem Gebiet der Geisirs, worunter einer ein stunden- weit hörbares Getöse macht. Aus dem Yellowstone-See, der die Grösse des Bodensees hat und von Inseln und Wäldern durchsetzt ist, fliesst der Yellowstone-Fluss als breiter Strom aus. Im See ist es erlaubt, Fische mit der Angel zu fangen; sie können in den heissen Quellen und Geisirs des Ufers sofort gesotten und dann gegessen werden. Weiterhin stürzt der Fluss in eine enge, 340—450 m tiefe Schlucht, das grosse Caüon, hinab: ein Schauspiel, „als ob ein Regenbogen zur Erde niedergefallen und in Stücke zerbrochen wäre‘, Am Rand der Schlucht das Calon-Hotel. Die Nachtlager werden in der Regel in schönen Hotels zugebracht; solche pflegen nachts von Bären (Baribals) besucht zu werden, welche die in der Nähe aufgestapelten verbrauchten Konservebüchsen ablecken und dann von den Gästen gefahrlos beobachtet werden können. (Klunzinger.) — BAU. — Nach einer Mittagspause hielt Dr. Maria Gräfin v. Linden, Assistentin am zoologischen Institut in Bonn, einen Vortrag über ‚die Zeichnung der Tiere‘. Bei den älteren Naturforschern finden wir oft peinlich genaue Beschreibungen von Farben und Zeichnungen, aber ohne Aufklärung über deren ursächlichen Zusammenhang; so galt die Beschäftigung damit bald als Spielerei, man legte nur den inneren Merkmalen Wert bei. Erst Darwın erkannte die Bedeutung der Zeich- nung und Färbung als Beleg für die natürliche und künstliche Zucht- wahl, die Beschäftigung damit wurde wieder modern. Nach ihm und noch mehr seinen Nachfolgern (WArtacE, Weısmann) sollen die Tiere die Fähigkeit besitzen, nach den verschiedensten Richtungen ab- zuändern, so dass der Natur eine reiche Auswahl zu Gebote stehe, um das jeweils Nützliche zur Entwickelung zu bringen und zu erhalten. Wäre das richtig, so müssten wir darauf verzichten, das endlose Ge- wirre von Zeichnungen zu enträtseln. Im Gegensatz hierzu kam Pro- fessor Eımer in Tübingen, der Lehrer der Vortragenden, zur Über- zeugung, dass die Zeichnung nur nach wenigen bestimmten Rich- tungen abändere (was er später Orthogenesis nannte), und gesetz- mässig sich umbilde. Diese Zeichnungen zeigen bestimmte Regeln und Gesetze in der Anordnung, die scheinbar verwirrtesten Muster z. B. auf dem Flügel eines Schmetterlings können auf einen oder einige Haupttypen zurückgeführt werden. Dies ist massgebend für die Ent- stehung der Zeichnung und damit auch die der Arten, der Blutsverwandt- schaft. Daher entspricht die Zeichnung auch den Forderungen des biogenetischen Grundgesetzes (Parallelgehen der Einzel- und Stammes- entwickelung). Diese Stufen in der Anordnung der Zeichnung sind: Längsstreifung, Fleckung, Querstreifung, endlich Einfärbig- keit. Erstere ist als die ursprünglichste anzusehen, da sie charakte- ristisch ist sowohl für die systematisch tiefer stehenden Arten, als für die Jugend höher entwickelter Formen: so bei Wirbeltieren und Wirbel- losen. Am schönsten lässt sich dies darthun bei den Zibetkatzen (Viverriden), zum Teil auch bei anderen Raubtieren; unter den Huftieren bei Schwein und Tapir mit längsgestreiftem Jugendkleid, während die Pferdearten gefleckt, quergestreift oder einfarbig sind; bei Schwein und Tapir fällt das Zwischenstadium mit Querstreifung und Fleckung aus, sie werden im Alter einfärbig: eine sprungweise Um- bildung. Das obige Gesetz bestätigt sich besonders schön auch bei Raub- vögeln: Jugendkleid braun mit dunklen Längsspritzern, die sich zu Längslinien ordnen, Alterskleid quergestreift; ferner bei unseren Wasser- molchen. Hier findet man auch ein weiteres Gesetz: die Männchen zeigen im Verhältnis zu den Weibchen eine höhere Stufe der Zeich- nung, z. B. die männlichen Raubvögel zeigen Querstreifung mit grauer Grundfarbe, die weiblichen Längsstreifung mit brauner Grundfarbe, ähn- lich dem Jugendkleid: ‚männliche Präponderanz‘‘ nach EımEr, „die Männchen machen die Mode“. Und noch ein Gesetz: das der wellen- förmigen Verbreitung der Zeichnung über den Körper, von hinten nach vorn und vom Rücken nach dem Bauch fortschreitend: daher oft — BR — vorn am Kopf und Hals noch Längsstreifen, am Rumpf Längsflecken, am Schwanz Querstreifung, z. B. bei Zibetkatzen. Dieselben Regeln gelten auch bei den Wirbellosen, soweit sie untersucht sind, bei Weichtieren, Würmern und besonders bei Schmetter- lingen; bei letzteren bilden 11 Längslinien das Grundschema, wie bei unseren Segelfaltern. Durch Verschmelzung, Verkürzung und Auflösung in Flecken, Verbindung durch Querstreifen oder gänzliches Schwinden der Binden entstehen gefleckte, quergezeichnete oder einfarbige Formen u.s. w. Sehr interessant ist auch, -zu verfolgen, wie die Gestalt der Flügel die Zeichnung beeinflussen kann: so bilden sich die sogen. „Blattschmetterlinge‘ aus, die einem dürren Blatte täuschend ähn- lich sind und als Hauptstützen für die Zuchtwahl angeführt werden. SoKOLowskY betrachtet, wenigstens bei den Säugetieren, die drei Hauptformen der Zeichnung als Anpassung an die wechselnden Vege- tationsformen auf der Erde, bestimmt durch den Aufenthaltsort: Längsstreifung für die am Boden lebenden Tiere, Fleckung für das Baumleben, Querstreifung für das Leben im Rohr oder in Steppen. Eımer führte dasselbe früher zurück auf die Aufeinanderfolge von mono- kotyledonischer und später dikotyledonischer Vegetation in den geo- logischen Erdperioden. Aber diese Verhältnisse sind nicht überall nach- zuweisen. Daher wurde EımeEr veranlasst, mehr und mehr konstitutionelle Ursachen in den Vordergrund zu stellen. Dr. ZENnek und andere forschten auf Eımer’s Veranlassung den Bedingungen nach, unter denen Farbstoffablagerungen auf der äusseren Haut hervorgerufen werden; sie fanden, dass die Farbstoffe den Blutbahnen folgen und an der Körper- oberfläche den dort verlaufenden Längsstämmen als Längsstreifen folgen, so wenigstens in der Jugend. ARNoLD GRAF zeigte, dass hierbei auch die Verteilung der Muskelbündel von Einfluss ist; die Pigment- zellen wandern durch die Anziehungskraft des Sauerstoffs der Luft in den Zwischenräumen der Muskelbündel gegen die Oberfläche. Endlich ist neuerdings, besonders von STAnDruss, der Einfluss von Wärme und Kälte auf die Verteilung des Pigments, besonders bei Schmetterlingen, nachgewiesen worden, man hat sogar ganz neue Muster künstlich er- zeugt. All dies beweist die Entwickelung der Zeichnung durch kon- stitutionelle Ursachen und die Ohnmacht der Naturzüchtung hierbei. (Klunzinger.) Den 3. Vortrag „über die Pest‘ hielt Dr. Dieudonne&, Stabs- arzt und Privatdocent in Würzburg, ein Stuttgarter. Früher zum Ge- sundheitsamt kommandiert, wurde Vortragender 1897 als Begleiter des Geheimrats KocH# nach Bombay berufen, und hatte so Gelegenheit, die Pest gründlich zu studieren und zu beobachten. Nach einer kurzen ge- schichtlichen Einleitung über die Justinianische Pest und den ‚‚schwarzen Tod‘‘, der ein Viertel der damaligen Bevölkerung Europas hinraffte, wurde gezeigt, dass es jetzt 3 endemische Pestherde giebt: Die Abhänge des Himalaya, die Westküste von Afrika, und ein neuent- deckter in Ostafrika. Die Pest in Hongkong 1894 und in Bombay 1896 wurden mit dem modernen Rüstzeug der Wissenschaft genaue? unter- — my > sucht; dort entdeckte der Japaner Kırasaro den Pestbacillus, hier wurde die Biologie und pathologische Anatomie studiert. Der Pest- bacillus ist leicht von anderen Bacillen zu unterscheiden und zu züchten, er ist glücklicherweise wenig widerstandsfähig: gegen Trockenheit, die ihn in einer Woche zum Absterben bringt, gegen Sonnenlicht: die indische Sonne tötet ihn in !/2 Stunde (daher oft Abdecken eines Hauses zur Desinfektion genügt) und gegen unsere ge- wöhnlichen Desinfektionsmittel. Länger, ca. '/g Monat, hält er sich in halbfeuchtem Zustand, was wegen der Verschleppung wichtig ist; niedere Temperatur kann ihm nichts anhaben, daher erfahrungsgemäss die Pest in der Hitze des Tropensommers aufhört, im Winter aber wiederkommt. Dieser Pestbacillus ist sicher als Erreger der Pest nach- gewiesen, er findet sich in enormen Mengen im Blut und in den Lymph- drüsen der Pestkranken. Das Krankheitsbild ist ein dreifaches: 1. Drüsen- oder Bu- bonenpest: Beginn mit hohem Fieber, Eintreten von Delirien mit Neigung zum Fliehen, der Kranke macht den Eindruck eines Trunkenen. Währenddessen bildet sich eine Drüsengeschwulst (Bubo), in der Leisten-, selten in der Achsel- und Halsgegend, von ungemeiner Empfindlichkeit. Von hier aus erfolgt bei 95°/o der Kranken Blutvergiftung mit töd- lichem Ausgang. Oder, in günstigeren Fällen, Vereiterung mit Ab- sterben der Bacillen in der Geschwulst; wer den dritten Tag überlebt, hat Aussicht auf Genesung. In 12 Stunden kann man gesund, krank und tot sein. 2. Lungenpest: Diese, erst seit 1896 studiert, ver- läuft unter dem Bilde einer gewöhnlichen Lungenentzündung; nur im Auswurf sind grosse Mengen von Pestbacillen nachzuweisen. Dadurch grosse Gefahr der Ansteckung durch Atmen und Husten des Kranken, wie die bekannten Fälle in Wien, wo Dr. MÜLLER starb, zeigen. Der „schwarze Tod‘‘ trat nach den vorliegenden Berichten unter dieser Form auf. 3. Hautpest: Es bilden sich erst Karbunkel, dann Drüsen- schwellung und Blutvergiftung. Die Haupteingangspforte der Pest ist nach den Erfahrungen in Bombay die Haut; es genügen schon ganz kleine Verletzungen derselben, die meist vom Fuss ausgehen: daher besonders die barfüssig gehenden Eingeborenen solchen ausgesetzt sind, während die Europäer dagegen geschützt sind, und eher Achseldrüsen- schwellungen bekommen. Die Verbreitung der Pest geschieht nicht durch Wasser und Luft, sondern durch die Menschen und deren Verkehr. Die Pest ist eine Krankheit des Schmutzes und Elends; sie herrschte in Bombay fast ausschliesslich in den dicht bewohnten, licht- und luftlosen Woh- nungen der Eingeborenen, die Quartiere der Europäer und Parsen blieben verschont; auch in den luftigen Pestspitälern kommen keine neuen Infektionen mehr vor. Die Verbreitung erfolgt langsam schleichend, von Haus zu Haus; dafür ist die Krankheit aber auch schwer wieder zu vertilgen, sie bildet endemische Herde, so in Bombay seit 4—5 Jahren. Bei der Verbreitung kommen hauptsächlich Ratten und Mäuse in Betracht; man hat in einer Woche in Bombay 10000 tote Ratten ge- funden ‚* bei deren Untersuchung sich Pest ergab. Die Erscheinungen ie TR sind dieselben wie beim Menschen: Drüsenschwellungen, Anhäufung von Bacillen im Blut, Fluchtdelirien oder Trunkenheit: die Tiere kriechen aus ihren Löchern, verlieren die Furcht vor den Menschen und fallen nach einigen Sprüngen tot um. Sie sind ungeheuer empfindlich gegen Infektion im Gegensatz zu den Geiern, welche die Leichen auffressen, Die Verbreitung geschieht um so rascher, als die Tiere die kranken und toten ihrer Art aufzufressen pflegen. All das wissen die Ein- geborenen genau, und fliehen, wenn die Ratten sterben. Auch in Be- schreibungen und Gemälden, z. B. von Poussıv aus dem Mittelalter, spielen die kranken Ratten eine Rolle. So bringen die Ratten die Krankheit von Ort zu Ort, aber auch nach der Ferne mittels des Ge- treides; so fand man in Hamburg und Bremen tote pestinfizierte Ratten bei Löschung einer Ladung, was glücklicherweise der Kapitän zeitig meldete. Bei Bekämpfung der Pest ist besonders wichtig eine rasche Diagnose, daher behördliche Massregeln: Ausbildung eines Stabes von Pestforschern, Pestlaboratorien, Anzeigepflicht, Desinfizierung der Gerätschaften. Ausserdem: Schutzimpfung, entweder mit ab- getöteter Pestkultur, was bei 7 °/o auf 6—8 Monate schützt, aber nicht absolut, daher sie sich nicht als Zwangsmassenimpfung eignet, sondern nur für besonders Gefährdete, wie Ärzte, Krankenwärter und das Des- infektionspersonal. Oder passive Tnninneiiig mit Serum: ähnlich wie bei der Diphtherie; der Schutz dauert 1—2 Wochen, ist aber noch nicht ganz sicher gestellt. In Indien wurden solche Massregeln mit Strenge durchgeführt, fanden aber unter der Bevölkerung grossen Widerstand, und hatten sogar Volksaufstände zur Folge. Nach dem Schluss des Vortrags wurden denselben beleuchtende Lichtbilder vorgeführt. Auch bei den beiden anderen Vorträgen dienten Wandtafeln und Photographien zur Erläuterung. Ein gemein- schaftliches Mittagsmahl im Hotel Viktoria beschloss die nach jeder Richtung hin befriedigende Versammlung. (Klunzinger.) 3. Wissenschaftliche Abende des Vereins in Stuttgart. Sitzung am 12. Oktober 1901. Prof. Dr. Cranz als Vorsitzender eröffnete die Versammlung, be- grüsste die Anwesenden und ordnete die üblichen Neuwahlen an. Einstimmig wurde O.-Stud.-Rat Dr. Lampert zum ersten, Prof. Dr. Behrend-Hohenheim zum zweiten Vorstand, Prof. Dr. Vosseler zum Schriftführer gewählt. Sodann ergriff Prof. Dr. E. Fraas das Wort zu einem Vortrag über „Geologische Streifzüge durch die Prärien und Felsen- gebirge Nordamerikas‘. Durch das Entgegenkommen der ameri- kanischen Kollegen erfüllte sich ein seit langen Jahren gehegter Wunsch des Redners, das Land der riesigsten Bewohner der Erde, der fabel- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, e haft grossen Dinosaurier, in den Felsengebirgen zu besuchen und in verhältnismässig sehr kurzer Zeit Vieles und Wichtiges zu sehen, da überall alles aufs beste vorbereitet war. Die erste Zeit wurde dem Besuch der Städte New York, New Haven, Princeton, Washington, Ann Arbor, Chicago und Lawrence Kans. und namentlich auch deren wissen- schaftlichen Instituten gewidmet. Die Schätze an amerikanischen Fossilien, insbesondere an Überresten von Vertebraten, sind geradezu betäubend gross, und wir bewundern ebenso diesen Reichtum der einzelnen ‘ Sammlungen, wie die z. T. prachtvolle und instruktive Aufstellung. In ersterer Hinsicht dürfte wohl das Pipoty-Museum in New Haven (Aufsammlungen von MarsH), in letzterer das American Museum in New York (Kurator OsBorn) an die Spitze zu stellen sein. In raschem Fluge ging es nach Westen, in die Staaten Colorado und Wyoming. Denver, die Königin der Prärien, in prachtvoller Lage am Fusse des Felsengebirges gelegen, bildete den Ausgangspunkt für den ersten Abschnitt der Reise, welcher dem Studium des amerikanischen Jura galt. Grundverschieden vom Osten ist die Landschaft hier im Westen. Dort üppiges Kulturland und Wald, hier endlose Prärien mit allen ihren Schrecknissen. In unendlicher Gleichmässigkeit dehnen sich vor dem Auge die baumlosen Grasländer, Prärien, mit ihren blaugrün- lichen und braunen Tönen, mit ihrem welligen Gelände aus, die Kultur des Ostens hört auf. Stundenlang rast der Zug durch die öden Ge- filde, bis endlich in der Ferne der Schneegipfel des Pikes Peak, eine der höchsten Spitzen des Felsengebirges, auftaucht. In früherer Zeit war er der Wegweiser für die müde durch die wasserlosen Prärien schleichenden Wagenzüge der Auswanderer und ‚„Pikes Peak buss‘, d. h. den Peak erreichen oder untergehen war die Losung. Wasser- mangel und enorme Temperaturschwankungen sind charakteristisch für diese Gegenden, welche infolgedessen kontinentalen Wüstencharakter tragen. Von Denver aus begannen die Exkursionen in den amerikanischen Jura, von welchem bis jetzt im wesentlichen nur palaeontologische Funde bekannt waren, vor allen eine Reihe mannigfaltiger Dinosaurier, welche sich mit den europäischen nur schwer in Parallele stellen lassen. Auch Ammoniten und Belemniten kommen dort vor, die ohne den Versuch einer Identifizierung mit europäischen Arten besondere Namen erhielten. Das Studium des Jura führte Redner durch das ganze Felsengebirge, von Colorado bis Utah und ebenso nach Norden in die Laramie-Ebenen von Wyoming. Der amerikanische Jura ist weniger mächtig als bei uns, höchstens 200—250 m, seine Gehänge entbehren der Pflanzen- decke; desto klarer treten die Aufschlüsse hervor, seine horizontale Ausdehnung ist ganz ungeheuer. Überhaupt ist Amerika geologisch weitläufig, darum etwas langweilig. Ein Profil erstreckt sich ohne Änderung 200—300 Meilen weit; Einzelprofile müssen deshalb an mög- lichst weit voneinander entfernten Stellen verglichen werden. Die Untersuchungen derselben fanden auf einer etwa Paris—Petersburg an Länge gleichkommenden Strecke statt. Die Juraformation ist in Amerika sehr gleichartig, ihr äusserer Anblick erinnert an unseren Keuper. Ausser — MW — den Riesensauriern enthält sie nur wenige indifferente Süsswassermuscheln; ihre Unterlage bildete ein roter triasischer Sandstein (New red sand- stone), auf den lichte Sandsteine und bunte Mergel folgen, welche ihrer- seits wieder von obercretacischem Dakotasandstein überlagert sind. Die Schichten werden als Jura bezeichnet und stellen Süsswasser- bezw. Landbildungen dieser Formation vor. Einen sicheren mit unseren Schichten vergleichbaren Horizont fand Redner zuerst in Wyoming aus- gebildet; derselbe ist der Lamperti-Zone unseres schwäbischen obersten Braunjura [, d.i. unteres Oxfordien, gleichzusetzen, während die Süss- wasserbildungen als die Vertreter unseres Weissjura anzusehen sind. Die Dinosaurier waren teils Pflanzen-, teils Fleischfresser. Die ersteren hatten einen kleinen Kopf und bewegten sich langsam kriechend (Brontosaurus), die Räuber dagegen hatten grössere Schädel mit fürchter- lichem Gebiss und bewegten sich trotz ihrer immensen Dimensionen springend wie ein Känguruh. Oftmals findet man durch Zähne verletzte und wieder geheilte Knochen der Herbivoren als Zeugen der Angriffe der Carnivoren, die in jenen Zeiten die einzigen Raubtiere waren. (Von den Ausmaassen des Körpers und seiner Teile eines solchen Riesen bietet die Abbildung eines Oberschenkels von 2 m Länge und 3 Ctr. Gewicht eine Vorstellung.) Trotz der Massigkeit aller Knochenüberreste ist die Gewinnung derselben eine ungemein mühevolle und kostspielige. Alle Knochen sind brüchig-bröcklig, müssen in situ mit bindenden und erhärtenden Mitteln behandelt, zum Transport in Gips eingegossen und in frische, beim Trocknen sich stramm zusammenziehende Kuhhäute eingenäht werden. Die Reste eines Tieres füllen so 90 Kisten, deren Transport zur Bahn eine ganze Wagenkarawane erfordert, so dass ein Exemplar in New York auf mehr als 100000 Mk. zu stehen kommt. Im Caüon des Green River entdeckte der Vortragende selbst einen Riesensaurier. An einer Anzahl vortrefflicher Abbildungen wurde die Eigenart dieser bis 2000 m tief eingeschnittenen, teils Hunderte von Metern steil abfallende Wände zeigenden, teils wieder von Terrassen unterbrochenen Erosionen geschildert. Wetter und Wind erzeugen die seltsamsten Figuren aus dem Gestein: Pilzfelsen, Tische, Nadeln, Wackelsteine. Auf der Rückreise nach Denver und Laramie wurde ein 2400 m hohes Hochplateau mit zahlreichen niederen Höhenzügen überschritten, dessen fast endlose Ausdehnung ein wehmütiges Gefühl der Verlassen- heit erzeugt. Trotzdem ist die Prärie keineswegs unbelebt, im Gegen- teil recht lebhaft und interessant. Allenthalben tummeln sich die murmeltierähnlichen, drolligen Präriehunde (Cercomys Ludovicianus) vor ihren unterirdischen Bauten, welche sie nicht selten mit zwei seltsamen Kameraden, einem Kauz und der Klapperschlange, teilen; Herden der prächtigen Antilocapra, Fasanen, Rudel des Präriewolfes unterbrechen angenehm die Monotonie der Landschaft. Der zweite Teil der Reise führte aus dem Jura nach dem ameri- kanischen Oligocän in den Badlands Süddakotas. Dort findet man die Ahnenreihe der Pferde, die Vorläufer der kamelähnlichen Tiere, der Dickhäuter und Fleischfresser. Tausende fossiler Schildkröten liegen e* — IX — Brotlaiben gleich herum. Man erkennt, dass Amerika nicht nur nicht der neueste, sondern vielmehr der älteste Kontinent ist. Während bei uns alles vom Meere bedeckt war, fand dort auf dem Lande eine lang- same, aber stetige Entwickelung der Landtiere statt. Das seltsame und wichtigste Tier in diesen Gegenden ist das Khinoceros-ähnliche Titanotherium wit zwei seitlich stehenden Hörnern. Mit den Herren HArcHEr und DArron wurde das sonst verschlossene Gebiet der Sioux- Reservation besucht, überall zerrissen , zerfetzt, einen trostlosen, dem Namen Badlands vollkommen gerecht werdenden Eindruck weckend. Überall zeugen Nadeln, Zinken, Tische, Geröll und Steine von der enormen Denudation des öden, vegetationslosen Landes. Verschlimmert wurde der Eindruck durch Beschwerden und Widerwärtigkeiten aller Art, vor allem durch das Wetter. Zahllose Gewitter von enormer Aus- giebigkeit durchweichten in dem sonst so wasserarmen Gebiet Weg und Steg, und hinderten das Durchqueren der hochanschwellenden Flüsse. Dazu wurde die Nahrung knapp, die Pferde matt. Drei Wochen dauerte der Aufenthalt in diesen trostlosen Gegenden und mühsam suchte die Kolonne das Fort Pierre zu erreichen. Nachdem aber in 6 Tagen anstrengend- sten Lebens von 200 bis zum Fort zurückzulegenden Meilen erst 70 überwunden waren, zog es die Expedition vor, zu einem Depot zurück- zukehren. Auch dort war Überschwemmung. Der Versuch, zur Heim- kehr den Fluss zu Pferd zu durchreiten, war der Schwemmsande wegen lebensgefährlich und musste mehrmals wiederholt werden. Mit unend- licher Mühe wurde endlich die nächste Bahnlinie erreicht, welche zurück nach den Black Hills führte. Der dritte Teil der Reise war nach all den Strapazen und Ent- behrungen mehr eine Erholungstour und hatte den bekannten Yellow- stone-Park zum Ziel, ein seiner eigenartigen vulkanischen Erscheinungen, seiner heissen Quellen und Geysirs wegen berühmtes, als Nationalpark bezeichnetes, ausgedehntes Gebiet. Von den verschiedenen Äusserungen und der Art der Wirkung der Geysirs entwarf der Redner ein lebhaftes, durch Photographien unterstütztes Bild. Die Rückkehr der an Erfolgen so ungemein reichen Reise fand über die grossen Seen, Buffalo, Niagara nach New York statt. (Fraas.) Zum Schluss des mit grösstem Beifall aufgenommenen Vortrags verwies Prof. Fraas auf die dem Naturalienkabinet von Amerika geschenkten grossartigen Fussknochen von Dinosauriern. Der Vor- sitzende dankte dem Redner für den ebenso genuss- als lehrreichen Abend, beglückwünschte ihn zur gesunden Heimkehr und dankte dem früheren Vorsitzenden Prof. Dr. Cranz für seine vielen Bemühungen während seiner Vorstandschaft bei den wissenschaftlichen Abenden. Besichtigung des Ingenieurlaboratoriums der Tech- nischen Hochschule zu Stuttgart am 3. November 1901. Durch Vermittelung des Vereinsvorstands war den Vereinsmit- gliedern die seltene, leider nicht sehr ausgiebig benützte Gelegenheit — IR — geboten, das Ingenieurlaboratorium der Technischen Hochschule in der Vorstadt Berg zu besichtigen, wobei Baudirektor v. Bach, dessen eigenstes Werk die Anstalt ist, in liebenswürdigster Weise selbst den Führer machte. In einem einleitenden kurzen Vortrag im Hörsaal gab derselbe, an der Hand einer neuestens erschienenen, von ihm verfassten Schrift, die jedem der Anwesenden überreicht wurde, eine Erklärung der Räume und der darin befindlichen Maschinen, mit Angabe der Zwecke und Aufgaben derselben. Diese bestehen, abgesehen von der Herbei- schaffung von Wasser zur Speisung der Kessel aus dem ganz in der Nähe vorbeifliessenden Neckar, nicht in Erfüllung einer bestimmten, mechanischen Arbeit, die ganze Anlage dient vielmehr zum Lernen für die Studierenden, zur experimentellen Prüfung der Leistungen der Maschinen unter wechselnden Verhältnissen, zur Erkenntnis der normalen oder auch fehlerhaften Funktionierung der Teile. Sodann wurden die einzelnen Räume und die in Thätigkeit gesetzten Maschinen besichtigt, wobei ausser dem führenden Direktor auch eine Anzahl Assistenten und Studierender bereit war, Auskunft zu erteilen. Die Mannigfaltigkeit der Untersuchungsgelegenheiten und die ausserordentlich lehrreiche und zweckmässige Einrichtung der ganzen Anlage, nicht zum mindesten auch die fast salonmässige Sauberkeit in allen Arbeitsräumen erregten bei den Besuchern ein lebhaftes Interesse und erfüllten sie mit Bewunde- rung für die Leistungen der Ingenieurwissenschaft, insbesondere des Schöpfers der besichtigten Anstalt. Zum Schluss sprach der Vereins- vorstand dem Baudirektor v. Bach warme Worte des Dankes aus für seine nicht geringe Mühewaltung, Führung und Belehrung über eine eigenartige Welt von Organismen, welche dem Menschen unbedingt zu gehorchen haben. Sitzung am 14. November 1901. Oberstudienrat Lampert eröffnet den Abend mit einem kurzen Nachruf für das am 22. Oktober a. c. in Ulm gestorbene langjährige Vereinsmitglied Prof. Dr. G. Veesenmeyer, indem er mit warmen Worten die Verdienste des Verstorbenen um den Verein und um die Wissenschaft hervorhob. ($S. auch Nekrolog $. LIII.) — Professor Dr. Häcker sprach hierauf über „die Schmuckfarben der Vögel“. Einleitend schildert Redner zunächst den Bau der Feder und die Ver- schiedenheiten der Farben. Demnach lassen sich zwei Farbengruppen unterscheiden: solche, welche durch einen echten Farbstoff hervorgerufen werden, und solche, welche auf rein physikalischem Wege entstehen. Zu jenen zählen die echten Pigmentfarben (gelb und rot), zu diesen die sogen. Strukturfarben (blau und grün, sowie alle die glänzenden Metallfarben). Unter den Pigmenten trennt man die meist körnig ab- gelagerten dunkeln, braunen bis schwarzen Stoffe von den fetthaltigen, diffus verteilten, gelben und roten, und bezeichnet jene als Melanine, diese als Lipochrome. Während die Natur und Verteilung der diesen zwei Abteilungen angehörigen Pigmente verhältnismässig leicht zu er- forschen ist, ist das Zustandekommen der Strukturfarben erst unvoll- — ERS — kommen erklärt. Diesen, speciell der Entstehung der blauen Farben, hat der Vortragende eine Reihe von eingehenden, durch physikalische Experimente erweiterten Untersuchungen gewidmet. Die meisten Farben haben ihren hauptsächlichsten Sitz in den Fiedern erster und zweiter Ordnung der Feder, auch die Strukturfarben. Für gewöhnlich zeigt der Durchschnitt einer Fieder eine dichte hornige Rinde, welche ein lockeres, grossmaschiges Mark umschliesst. An der Oberseite des rund- lichen Durchschnittes verdickt sich die Rinde, an den Seiten entspringen die Fiedern 2. Ordnung. Die blaue Feder aber hat eine andere Struktur: der Querschnitt ihrer Fiedern ist abgeplattet, in den Markzellen be- obachtet man eine Differenzierung in zwei Formen, solche mit dicker Wand ohne Pigment (Kästchenzellen) und solche mit dünner Wand und viel körnigem Pigment (Pigmentzellen). Die Wand der Kästchenzellen ist von zahlreichen feinsten Kanälchen durchsetzt, die, mit Luft erfüllt, und vielleicht verzweigt, mit dem kleinen Innenraum kommunizieren. Durch die Beschaffenheit dieser Zellen werden eigenartige Lichtbrechungs- verhältnisse geschaffen, auf welchen in erster Linie die Entstehung der blauen Farbe beruht. Der Brechungsindex der Substanz der Kästchen- zellen beträgt 1,52; verdrängt man die Luft des Zellraums und der Kanälchen durch ein stärker oder schwächer lichtbrechendes Medium, so kann die blaue Farbe modifiziert, unter dem Einfluss eines Stoffes gleicher Lichtbrechung aber vernichtet werden. Sie entsteht nur im reflektierten Licht, weicht im durchfallenden der komplementären gelben. Die Kästchenzellen stellen danach ein durchsichtiges optisches Medium dar, welches von andern, gleichfalls durchsichtigen, aber verschieden dichten Körpern von sehr kleinen Dimensionen durchsetzt ist. RAYLEIGH zeigte, dass in einer solchen Kombination vorzugsweise die blauen Strahlen reflektiert werden. Nicht unwesentlich ist dabei ein dunkler, durch die Lage pigmentreicher Markzellen gegebener Untergrund. Blau tritt nur auf, wenn die Bedingungen gegeben sind, und kann, weil auf besonderen Struktureigentümlichkeiten beruhend, sehr veränderlich sein. Am allgemeinsten ist es in den Gruppen der Racken, Eisvögel, Papa- geien, Rabenvögel, Tanagras, Drosseln und Schreivögel anzutreffen, fehlt dagegen mit seltenen Ausnahmen in den Abteilungen der Spechte, Trogons, Paradiesvögel und Fruchttauben. In vielen Fällen ist der Bau der Fiedern erster Ordnung der Entstehung der blauen Farbe un- günstig, z. B. wenn dieselbe oberseits schmalkantig statt abgeplattet ist; in solchen Fällen kann die Einrichtung in die Fiedern zweiter Ord- nung verlegt werden. Nur ganz ausnahmsweise liegt der Blau- (wie auch der Grün-)färbung ein echtes Pigment zu Grunde. Wie die Blau- färbung, so kommt auch die Grünfärbung wesentlich durch die Struktur der Feder zu stande in Verbindung mit gelbem Lipochrom. Die Ein- richtung ist aber weniger vollkommen, deshalb als eine stammes- geschichtlich niedere anzusehen. Die gegenseitige Stellung der Schmuck- farben scheint zunächst regellos zu sein. Es sind aber doch bestimmte Regeln nachzuweisen. Zunächst sind wir berechtigt, die komplizierteren Farben als vorgeschrittenere zu betrachten und die der erwachsenen Männchen als die höher entwickelten, dementsprechend die übrigen IRRE Farben als stammesgeschichtlich älter anzusprechen. Als ursprünglichste Farben können die schon bei niederen Vögeln und Embryonen auf- tretenden Melanine gelten (zum Teil als sympathische, mit der Um- gebung übereinstimmende Färbung). Bei tropischen Vögeln dürfte vor- wiegend in der Rinde der Fiedern abgelagertes Gelb hinzugekommen sein, durch welche Kombination das so oft als Schutzfärbung dienende Grün entstand. Tritt die braune Farbe der Melanine nun zurück, so bleibt reines Gelb übrig, aus dem mit der höheren Entwickelung Orange und Rot hervorgehen. Rot kann auf Gelb auftreten, nie aber umgekehrt, findet sich häufig am Kopf als dem bevorzugten Träger der als Art- erkennungsmale dienenden Abzeichen oder an anderen eindrucksvollen Stellen (Bürzel, Schwanz). Dasselbe gilt auch für Blau, das entweder auf brauner Farbe oder aus grüner nach Zurückdrängung des Gelb entsteht. Die höchstentwickelte Strukturfarbe nimmt also ebenso wie die höchste Pigmentfarbe eine Prädilektionsstellung ein. Die übrigen Farben folgen oft (Papageien) in der Reihenfolge der Spektraltöne nach rückwärts über den Körper. Zum Ausgangspunkt eines Stammbaums der Farben würden die braunen Melanine dienen, aus denen einerseits schwarz, anderseits weiss abzuleiten ist. Weiterhin geht davon die Farbenreihe grün, gelb, orange und rot in der oben angedeuteten Weise aus. Aus dem Grün, wie auch aus der einfach melanistischen Färbung heraus kann unter dem Einfluss besonderer Strukturen die blaue Farbe mit ihren zahlreichen Abtönungen entstehen. Auch im Schmucke der Vögel herrscht somit keine Regellosigkeit, er steht vielmehr unter der Herrschaft historischer und struktureller Bedingungen. (Vosseler-Häcker.) In der sich anschliessenden Erörterung glaubt Vosseler die grüne Farbe als Kombination einer Pigment- und einer Strukturfarbe höher stellen zu müssen als die einfache Strukturfarbe blau. — Dr. Hundeshagen führt als lösliche Farbstoffe der Federn das Turacin ‘ und das grüne Turacoverdin an. — Schliesslich bemerkt Prof. Häcker, dass ausnahmsweise sowohl blau als grün als gelöste Pigmente auf- treten können. Kustos Eichler legte der Versammlung einige der Vereins- sammlung in neuerer Zeit zugegangene pflanzliche Bildungsabweichungen vor. Neben einer aus Ravensburg von Präzeptor MaAG stammenden, starke Verbreiterung (,Verbänderung‘‘) des Blütenschaftes zeigenden Kaiserkrone (Fritillaria imperialis L.), die an ihrer Spitze einen präch- tigen Strauss von ca. 70 wohlentwickelten Blüten trug, und dem Bilde zweier aus dem fürstl. Hofgarten zu Wolfegg stammenden, von Hof- gärtner Schurp gestifteten ungewöhnlich grossen blauen Oberkohlraben, deren Seitentriebe ebenfalls zu eigrossen Kohlraben umgewandelt waren, knüpfte der Vortragende seine Erörterungen besonders an zwei in natura und im Bild vorgelegte weisse Sylvanertrauben und einen italienischen Lederapfel, die aus Stuttgarter Gärten stammten. Die Trauben zeigten die auffallende Erscheinung, dass ein Teil der Beeren vollständig, andere dagegen nur teilweise, aber in scharf begrenzten Kugelsektoren blau gefärbt waren, und auch der Apfel zeigte auf seiner — LAXI — braunen Schale einen vom Stiel zur Blume verlaufenden schmalen, etwas erhöhten Streifen mit der Streiflingsfärbung (etwa einer Luike). Der- artige Erscheinungen, die sich gelegentlich auch bei anderen Früchten, z. B. Orangen finden, hat man wohl aus Analogie zu gewissen an- deren thatsächlich auf Kreuzung verschiedenfarbiger Rassen beruhen- den Farbenübertragungen auf Samen, auf Kreuzbefruchtung zurückzu- führen versucht, indem man vermutete, dass die die gescheckten Früchte hervorbringenden Blüten durch den Pollen einer etwa in der Nachbarschaft stehenden fremden Rasse befruchtet werden, der jene eingelagerte Farbe zukommt. (Die durch diesen ‚fremden Besuch‘ her- vorgerufenen Veränderungen an der mütterlichen Pflanze hat man als Gastgeschenk angesehen und den gekennzeichneten Teilen den Namen „Xenien‘‘ gegeben.) Diese Annahme setzt voraus, dass der die Be- fruchtung ausführende Pollenschlauch einen Einfluss nicht nur auf die Eizelle, sondern auch auf die den Embryosack umgebenden Gewebe ausübt, was ein gewisses Analogon haben würde, in der von den Tier- züchtern vielfach behaupteten, aber keineswegs sicher erwiesenen Tele- gonie, das ist Beeinflussung eines rassereinen Muttertieres durch eine (ge- wöhnlich erstmalige) Befruchtung von einer fremden Rasse in der Art, dass die späteren Nachkommen der Mutter, auch wenn sie mit einem ihr rassegleichen Vater erzeugt wurden, Spuren jener fremden Rasse an sich tragen. Die Schwierigkeit, einen solchen Einfluss der Pollen- schläuche auf die Mutterpflanze zu erklären, der Umstand, dass trotz der in der Natur gewiss häufig eintretenden Befruchtung zwischen ver- schiedenfarbigen Rassen, die Xenienbildung im obigen Sinn relativ - selten auftritt und auch durch künstlich vorgenommene Kreuzbefruch- tung nicht mit Sicherheit hervorgebracht werden kann, sowie auch das Fehlen von einer bestimmten Regelmässigkeit im Auftreten und in der Verteilung der Farben bei partieller Färbung führen zu dem Schluss, dass die vorgezeigten Xenien wohl nicht auf Kreuzung verschieden- farbiger Rassen zurückzuführen seien, eher vielleicht als Rückschlags- bildungen aufgefasst werden dürfen. (Eichler.) Sitzung am 12. Dezember 1901. Auf Anregung von Prof. Dr. Klunzinger gelangte eine Frage von allgemeiner und gerade gegenwärtig mehr als je wieder brennend gewordener Bedeutung zur Verhandlung, nämlich die über die gegen- wärtige Lage des biologischen Unterrichts an höheren Schulen. Das Thema war auf der 73. Versammlung deutscher Natur- forscher und Ärzte in Hamburg am 25. September durch eine Anzahl der berufensten Vertreter der Schule und der biologischen Fächer von den verschiedensten Seiten beleuchtet worden. An Stelle des plötzlich erkrankten Prof. Dr. Klunzinger, der es übernommen hatte, über die Hamburger Verhandlungen ausführlich zu berichten, gab Oberstudien- rat Dr. Lampert ein gedrängtes Referat über die in Hamburg vor- getragenen Gesichtspunkte, über die zur Begründung derselben an- — ER ’— geführten Thatsachen, sowie über die zur Annahme gelangten 9 Thesen. Einleitend bemerkte der Redner, dass die Verhandlungen in Hamburg im wesentlichen nur die norddeutschen Schulen zum Gegenstand hatten, während von Süddeutschland (Bayern) nur ein Redner das Wort er- griffen habe; in mancher Hinsicht liegen die entsprechenden Verhält- nisse in Württemberg anders. Auf den Inhalt der Hamburger Vorträge übergehend, bemerkte der Referent, dass aus den 3 oberen Klassen der preussischen höheren Schulen der biologische Unterricht seit 1879 gänzlich verschwunden sei, infolge des sogen. Lippstädter Falles, der zunächst gegen Prof. H. MüLLEr gerichtet, eine dreitägige, sehr leb- hafte Erörterung im preussischen Abgeordnetenhause nach sich zog mit dem Ergebnis, dass zunächst die Descendenzlehre als Unterrichtsgegen- stand verboten, hernach aber der ganze biologische Unterricht aus den oberen Klassen entfernt wurde, und dass diesem Vorgehen sich auch die an die preussischen Gymnasien angeschlossenen Anstalten nicht entziehen konnten. Hat nun die biologische Wissenschaft es irgend- wie verdient, als Aschenbrödel behandelt zu werden ? Einstimmig wurde in Hamburg diese Frage mit ‚‚Nein‘‘ beantwortet, und ebenso ein- stimmig hervorgehoben, dass sie in ethischer, formaler und logischer Beziehung eine notwendige Ergänzung und ein Gegengewicht gegen die mehr abstrakten Fächer bilde. Unbedingt sei es vorzuziehen, der Schüler höre unter Betonung des hypothetischen Charakters des Dar- winismus eine objektive Darstellung dieser Lehre, die unstreitig zu den bedeutendsten Gedanken des vergangenen Jahrhunderts zähle, als dass er sich ohne Anleitung populären Darstellungen anvertraue, die an Stelle der Fragezeichen kritischer Prüfung nur Ausrufezeichen der be- dingungslosen Zustimmung zu setzen vermögen. Gegenwärtig wird. das Gebiet der Biologie gerade dann nicht mehr gelehrt, wenn der Geist die besondere Reife dafür erlangt hat; durch diesen Mangel verkümmert der Jugend die Fähigkeit, zu beobachten; es entsteht eine beklagens- werte Gleichgültigkeit gegen die Natur. Als induktive Wissenschaft besitzt die Biologie für den Unterricht so grossen Wert, als manche andere Disziplin, und gehört unbedingt in die Schule; der Einwand, dass sie ab und zu Hypothesen verlange, ist hinfällig, da es ohne Hypothesen in Mathematik, Physik und Chemie auch nicht abgehe. Der ganze Kampf gegen den biologischen Unterricht in der Schule wendet sich eigentlich gegen die Descendenztheorie. Die Gefahr eines Konflikts mit der Religion ist unbedeutend und leicht zu vermeiden, wie ein solcher ja auch in der Geschichtsstunde vermieden werden muss. (Lampert.) [Da wohl angenommen werden darf, dass diejenigen Mitglieder unseres Vereins, die bisher keine Gelegenheit hatten, sich mit dem In- halt der „Hamburger Thesen‘ und ihrer Begründung bekannt zu machen, gern von denselben Kenntnis nehmen werden, so möge es gestattet sein, im folgenden unter Zugrundelegung des Vortrags, den Prof. Klun- zinger vorbereitet hatte, aber zu halten verhindert war, sowohl die Thesen als auch eine Zusammenfassung der von den verschiedenen Hamburger. Rednern (Oberlehrer Dr. Anusorx-Hamburg, Geheimrat Prof. = TEN Dr. Reınke-Kiel, Geheimrat Prof. Dr. WArpeyer-Berlin, Prof. Dr. HeiInckE- Helgoland, Prof. Dr. R. HrrrwıG-München, Prof. Dr. C. Cuux-Leipzig) zur Begründung derselben geltend gemachten Ansichten wiederzugeben. I. „Die Biologie ist eine Erfahrungswissenschaft, die zwar bis zur jeweiligen Grenze des sicheren Naturerkennens geht, aber die- selbe nicht überschreitet. Für metaphysische Spekulationen hat die Biologie als solche keine Verantwortung und die Schule keine Ver- wendung.“ Ad I. Den Hauptgegenstand für den naturwissenschaftlichen Unter- richt in den höheren Klassen (nachdem die Beschreibung einzelner Tier- und Pflanzenarten in den niederen Klassen vorausgegangen ist) bilden biologische Thatsachen; also Bau und Funktion, Lebensäusserungen und Lebensbeziehungen von Tieren und Pflanzen. Zum Schluss ist aber unumgänglich eine Erklärung derselben mit Hilfe einer kurzen Darlegung der Lehre von Darwın, unter ausdrücklicher Hervorhebung derselben als Hypothese, wie auch im Unterricht über Astronomie die Kayt-LarptAacr’sche Hypothese, in dem über Licht und Elektricität die „Wellentheorie‘‘ unerlässlich ist. Man darf sich nicht dagegen verstecken. Diese Lehre ist noch nicht abgeschlossen, und es bleiben noch Rätsel genug übrig. Zum näheren Eingehen hat man freilich bei der Masse des thatsächlichen Stoffes gar keine Zeit. II. „In formaler Hinsicht bildet der naturwissenschaftliche Unter- richt eine notwendige Ergänzung der abstrakten Lehrfächer. Im besonderen lehrt die Biologie die sonst so vernachlässigte Kunst desBeobachtensankonkreten, durch den Lebensprozess ständigem Wechsel unterworfenen Gegenständen und schreitet, wie die Physik und Chemie, induktiv von der Beobachtung der Eigenschaften und Vor- gänge zur logischen Begriffsbildung vor.‘ Ad II. Die abstrakten Lehrfächer: Sprache und Mathematik, dienen zur Beherrschung des Ausdrucks und der Gedanken (Sprechen und Denken gehören zusammen), sie sind besonders geeignet zur An- wendung der Denkgesetze (Logik), wobei aber die Beherrschung der Form der Worte nicht zu einem Urteil über die Sache verführen soll. Bisher wurde dies abstrakte Denken und das Gedächtnis einseitig ge- übt. Als Gegengewicht dient die Biologie mit Übung des Beobachtens und der Anschauung, wobei zur Gewinnung des Formensinns auch das Zeichnen herbeizuziehen ist, während gleichzeitig Übung in der Beschreibung und, zur Beobachtung in der freien Natur, Exkursionen nötig sind. Die Biologie trägt aber auch wesentlich zur logischen Bildung bei durch die induktive Methode: schrittweise fortschreitendes Nachdenken von der Beobachtung der Eigenschaften und Vorgänge an zur Begriffsbildung, Einreihung ins System („bestimmen“); sodann durch Nachforschen nach den näheren und weiteren Ursachen, z. B. über die Vorgänge des Wachstums einer Pflanze, ihr Höher- und Dickerwerden, die Einwirkung der Schwerkraft dabei. Die Biologie leistet so kaum weniger als Physik und Chemie. Zur Besprechung kommen dabei ganz alltägliche Dinge. III. „Sachlich hat der naturgeschichtliche Unterricht die Aufgabe, die heranwachsende Jugend mit den wesentlichsten Formen der organi- — BXV - schen Welt bekannt zu machen, die Erscheinungen des Lebens in ihrer Mannigfaltigkeit zu erörtern, die Beziehungen der Organismen zur un- organischen Natur, zu einander und zum Menschen darzulegen und einen Überblick über die wichtigsten Perioden der Erdgeschichte zu geben. Besonderer Berücksichtigung bedarf auf der Grundlage der gewonnenen biologischen Kenntnisse die Lehre von der Einrichtung des menschlichen Körpers und der Funktion seiner Organe, einschliesslich der wichtigsten Punkte aus der allgemeinen Gesundheitslehre.‘ Ad III. In den unteren Klassen ist zu geben eine Beschrei- bung der Pflanzen und Tiere nach ihren äusseren Charakteren, unter Bezugnahme auf ihr Vorkommen und ihre Lebensweise, aber nicht zu trocken, systematisch. In den oberen Klassen (nach vorausgegangener Kenntnis in Physik und Chemie) die Lehre vom Bau und Funktion der Organsysteme,, unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse beim Menschen, womöglich auch mit vergleichender Betrachtung. Als Grundlage hat zu dienen die Erläuterung des Begriffs der Zelle, mit Erörterungen über die einzelligen Wesen, mit Hinweis auf deren Be- deutung als Erreger infektiöser Erkrankungen. Ferner eingehende Dar- legung der Unterschiede zwischen Tier und Pflanze (und der Mineralien), des chemischen Aufbaues und des Stoffwechsels, der Lehre von der tierischen Bewegung. Weiterhin: die Wechselbeziehung zwischen Tieren und Pflanzen, Einfluss der äusseren Existenzbedingungen, die Anpassung, z. B. Schutzfärbung; kurz die „Ökologie“, überall mit Beispielen klar zu machen. Dies leitet auf die geographische Ver- breitung der Organismen und die Palaeontologie (die Elemente der Mineralogie als bekannt vorausgesetzt). Im Anschluss daran etwa auch noch die Prähistorie mit Ethnologie, auch die wichtigsten Regeln der Hygiene könnten (nach WALperer) bei der Anatomie und Physiologie des Menschen hereingezogen werden. Ja, nach Cuux wäre auch noch die Lehre von der Zeugung und Befruchtung, mit Parthenogenesis, Generationswechsel, Polymorphismus, Entwickelung vom Ei an und später zu besprechen, und bei der Brutpflege die socialen Instinkte und Gemeinschaften der Insekten. Ein so umfangreiches Gebiet könnte freilich nur kaleidoskopisch, in allgemeinen Umrissen hier vorgeführt werden, wobei man den Einwand, dass hierbei nur die Halbwisserei gefördert werde, erheben könnte. Aber dies gilt von den meisten Fächern der Schule, welche keine Fachmänner ausbilden, sondern nur die Leute einführen und an- regen sollen. Überall aber ist nötig Belebung des Unterrichts durch An- schauung: lebende Objekte oder Präparate, wenigstens aber Modelle und Abbildungen, besonders auch Exkursionen. So erhalten die Schüler einen Schatz von Erfahrungen und Anregungen, besser als eine Menge von auswendig gelernten Regeln, Zahlen und Formeln. Endlich als Abschluss käme die Lehre von Darwıx: die von der Descendenz, wie von der Selektion, um das Gelernte begreiflich zu machen, zu erklären. IV. „In ethischer Beziehung weckt der biologische Unterricht — LXXVI — die Achtung vor den Gebilden der organischen Welt, das Empfinden der Schönheit und Vollkommenheit des Naturganzen, und wird so zu einer Quelle reinsten, von den praktischen Interessen des Lebens un- berührten Lebensgenusses. Gleichzeitig führt die Beschäftigung mit den Erscheinungen der lebenden Natur zur Einsicht von der Unvollkommen- heit menschlichen Wissens und somit zu innerer Bescheidenheit.‘ Ad IV. Die Veranlassung zur Abschaffung des biologischen Unter- richts in den höheren Klassen war die Furcht vor dem Darwinismus, Materialismus und Atheismus. Die Verhältnisse haben sich aber gegen früher sehr geändert: 1. wird der Darwinismus nicht mehr als so allein seligmachend anerkannt, insbesondere die Selektionslehre.. Man hat auch andere Ursachen der Umänderung organischer Wesen, als die natürliche Züchtung, aufgefunden (s. Eimer, NägeLr, FuEiscH- MANN), auch gesteht man jetzt mehr und mehr ein, dass man die Lebensvorgänge nicht allein mechanisch erklären kann. 2. Diese Theorien aber müssen vorgeführt werden, da sie bis jetzt die Haupt- möglichkeit bieten, die Lebensvorgänge dem Verständnis zugänglicher za machen. Wo sie gegen die orthodoxe Tradition verstossen, hat man sich mit ihnen abzufinden, nicht aber sie totzuschweigen. Sonst verfallen die Schüler, die sich interessieren, auf die in anderer Richtung extremen Schriften der Epigonen Darwın’s und die frivole Tageslitteratur. Nach Darwın selbst hat seine Lehre mit Religion gar nichts zu thun. So dürfte man auch keine Weltgeschichte lehren, weil manches darin gegen die Tradition spricht, oder Handlungen der Kirche, wie Grausam- keiten z. B. gegen Ketzer, offen dargelegt werden; keine Chemie, weil sie mit der Lehre von der Transsubstantiation (Verwandlung der Hostie in den Leib Gottes) unvereinbar ist; keine Astronomie, weil die Sonne nicht zum Stillstand gebracht werden kann, wie nach der Geschichte von Josua; keine Geologie, weil sie gegen die Genesis Mosis verstösst. 3. WALDEYER führt noch ein neues Moment an: Die realistische Vor- bildung, die hauptsächlich auf den mechanischen Wissenschaften, Physik und Chemie, beruht und der humanistischen den Rang abzulaufen droht, hat zur Folge die rücksichtslose Ausbeutung der uns dienstbar ge- machten Naturkräfte, was dann auch auf den Menschen und unsere Mitgeschöpfe, die Tiere, übertragen wird, vielfach mit Zurückdrängung idealer Auffassungen und Bestrebungen. Im Gegensatz dazu bringt die Biologie wieder ein Element der Veredelung und Verfeinerung unserer Kultur und Erziehung, ein ethisches Moment herein: Achtung und Bewunderung der Natur, durch Hineinblicken ‚in die Werkstätten der organischen Natur, ästhetischen Naturgenuss, und dieser auf Ver- ständnis beruhende Naturgenuss ist mehr wert als alle Genüsse des Städters, der deshalb auch, besonders die Jugend, das Bedürfnis hat, so oft als möglich hinauszuschweifen in die freie Natur, dadurch ein Abziehen vom materialistischen Leben und Ausbildung eines Idealis- mus, welcher gleichbedeutend ist mit Religiosität, in seinem praktischen Wert für allgemeine Anschauungsweise geeignet, religiöses Empfinden zu erwirken. | Zugleich lehrt die Biologie Bescheidenheit durch die Erkennt- — ELXXV — nis der Unvollkommenheit unseres Wissens, sowie Achtung unserer Mitgeschöpfe, die Tiere, die wir als gleichberechtigt mit uns in ihrer Existenz betrachten müssen: jedes Tier ist für sich da, der alte, hochmütige, anthropozentrische Standpunkt ist als überwunden zu betrachten. 4. Die Biologie bekämpft Aber- und Wunderglauben, welche jetzt gerade unter den sogen. Gebildeten wieder mehr als je im Schwange sind und immer ein Zeichen des Sinkens der geistigen und sittlichen Kraft eines Volkes sind. Insbesondere gilt dies auch in medizinischen Dingen: Kurpfuscherei. Kenntnis des Organismus lässt solches nicht aufkommen. V. „Eine solche Kenntnis der organischen Welt muss als not- wendiger Bestandteil einer zeitgemässen allgemeinen Bildung be- trachtet werden: sie kommt nicht etwa nur dem künftigen Naturforscher und Arzt zu gute, dem sie den Eintritt in sein Fachstudium erleichtert, sondern sie ist in gleichem Maasse für diejenigen Abiturienten der höheren Schulen von Wichtigkeit, denen ihr späterer Beruf keinen direkten Anlass zum Studium der Natur bietet.‘ Ad V. Die sogen. ‚„Gebildeten“ zeigen (nach HEINcKE) meist eine geradezu verblüffende Unwissenheit über die einfachsten That- sachen und Vorgänge der organischen Welt, (nach REıskeE) keine Ahnung von dem, was eine Zelle ist, von den Vorgängen des Stoffwechsels, der Ernährung, des Wachstums und der Fortpflanzung, noch weniger von den Verrichtungen unseres eigenen Körpers, der organischen Wechsel- wirkung und der Entwickelung. Die Folge davon ist Geringschätzung der aussermenschlichen Lebewelt, selbst Apathie gegen die Natur überhaupt (Cuux). Immer wieder begegnet man dem alten (anthropo- centrischen und teleologischen) Standpunkt mit der Frage: wozu nützt ein Geschöpf dem Menschen, man begreift nicht, dass es um seiner selbst willen da ist, weil es seine Bedingungen findet; es muss leben. Schon eher begreift man, dass z. B. ein Krebschen mittelbar als Nah- rung für die Fische, die wir essen, dient. Dazu kommt wegen rasch fortschreitender Entwickelung der Technik und der physischen Wissen- schaften die Vorstellung, dass die Bedingungen des menschlichen Lebens in der unorganischen Welt liegen und in der spezifisch menschlichen Intelligenz. Man träumt schon von synthetischer Bereitung unserer Nahrungsmittel aus unorganischen Stoffen, also rein chemisch, und doch ist die Hauptthätigkeit des Menschen die, Leben zu schaffen: darauf beruht Ackerbau, Viehzucht, Anbau von Kulturgewächsen und deren technische Verarbeitung. Am meisten verkannt wird die Be- deutung der Pflanzen und Tiere von dem Grossstädter, dem ‚Träger der modernen Kultur‘, er wird von der lebenden Natur mehr und mehr entfremdet. | Diese allgemeine, auch die organische Natur umfassende Bildung in der Schule brauchen nicht bloss die künftigen Naturforscher und Ärzte, sondern jedermann, besonders solche, welche später keine Gelegenheit mehr haben, sich darin weiter zu bilden, wie Juristen. Ebenso nötig ist sie für Künstler: die Natur ist nicht bloss Lehrerin des Wahren, sondern auch Meisterin der Kunst, welche die natürliche — ma Brücke bildet zwischen der alten ästhetisch-litterarischen Geistesrichtung und den jungen Naturwissenschaften. VI. „Der gegenwärtige naturgeschichtliche Unterricht kann dieses Ziel nicht erreichen, weil er von der Oberstufe ausgeschlossen ist, und weil die Lehre von den Lebensvorgängen und den Beziehungen der Organismen zur umgebenden Welt erfahrungsgemäss nur von Schülern reiferen Alters verstanden wird, denen die physikalischen und chemi- schen Grundlehren bereits bekannt sind.“ Ad VI. Der eigentliche naturgeschichtliche Unterricht, die Lehre von den Lebensvorgängen, wird den Schülern gerade dann entzogen, wenn sie anfangen, reif zu werden, d. h. für den Zusammenhang der - Natur das rechte Verständnis und für den Naturgenuss das erste Empfin- den zu zeigen. Dies verursacht eine ungeheuere Schädigung des Unter- richts, der dadurch verkürzt, zusammengedrängt und so minderwertig wird, das Gelernte wird bald spurlos dem Gedächtnis entschwinden: ebenso wie wenn man die alten Sprachen auf die unteren Klassen be- schränken wollte. VII „Aus diesen Gründen ist es dringend notwendig, dass der biologische Unterricht an den höheren Lehranstalten — mit etwa zwei Stunden wöchentlich — durch alle Klassen geführt werde, wie es früher am Realgymnasium der Fall war.‘ Ad VII. Notwendig ist hierbei auch (Herrwıc), dass der Unter- richt von im Fach geprüften Lehrern gegeben werde, welche die be- treffenden Fächer nicht nur nebenbei oder überhaupt nicht studiert haben. VIII. „Am Realgymnasium und an der Oberrealschule dürfte sich die erforderliche Zeit voraussichtlich durch eine geeignete Verteilung der für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht vorgesehenen Stundenzahl, eventuell durch Abgabe einer sprachlichen Stunde ge- winnen lassen.‘ Ad VIII. Der Hinweis eines der bei der Versammlung Anwesenden (Schuldirektor Dr. ScHorten), dass eine Erhöhung der wöchentlichen Stundenzahl unmöglich sei und positive Vorschläge in dieser Richtung gemacht werden sollten, wurde als eine schultechnische Frage in zweite Linie gestellt, da es sich vorderhand nur um Anerkennung des Be- dürfnisses handle. IX. ‚Der jetzt bestehende Mangel geeigneter Lehrkräfte wird ver- schwinden, sobald sich den Studierenden die Aussicht eröffnet, die für Oberklassen erworbene Facultas docendi in den beschreibenden Naturwissenschaften in ihrem späteren Lehramte auch wirklich aus- nützen zu können.“ Ad IX. In Bayern wird (nach Herrwıc) das Hauptgewicht auf Chemie gelegt, auch wo dies Nebenfach ist, wie bei den Kandi- daten der beschreibenden Naturwissenschaften. Letztere spielen im Lehrplan der bayrischen Schulen eine sehr untergeordnete Rolle, so dass es sich nicht lohnt, Lehrer darauf anzustellen. Diese finden keinen genügenden und befriedigenden Wirkungskreis: auch sie machen daher alle noch ein Nachexamen in Chemie und studieren daraufhin von An- fang an. Die Folgen sind Rückwirkung auf die Lehrthätigkeit der be- — ERBAR — treffenden Universitätsprofessoren: für speciellere Lehrfächer, wie für Systematik, Biologie und Faunistik fehlen die Hörer. ] In der sich anschliessenden Erörterung führte Prof. Dr. A. Schmidt aus, dass auch am K. Realgymnasium zu Stuttgart der von der Ham- burger Versammlung getadelte Zustand bestehe, nämlich dass der Unter- richt in Botanik und Zoologie nur im Unter- und Mittelgymnasium, bis zur VI. Klasse einschliesslich, mit 1—2 Wochenstunden gegeben werde. Es sei das eine vom Begründer dieses ‚mathematischen Gym- nasiums“ wohl erwogene Einrichtung. Das in den ersten Schuljahren geweckte Interesse arbeite bei allen regsamen Schülern von selbst fort und gebe eine andere Geistesrichtung als bei der Verlegung dieser Fächer nur in die Oberklassen. In diesen seien die Naturwissenschaften durch Chemie, Physik, Mineralogie und Geologie vertreten. Gerade das letztere Fach biete Gelegenheit, die Abiturienten mit den Problemen der Abstammungslehre bekannt zu machen, der man im Realgymnasium nicht ausweiche. Redner unterscheidet zweierlei Unterrichtsfächer, solche, die unbedingt der Schule allein zufallen, alte Sprachen, Grammatik der neuen Sprachen, Mathematik, und solche Fächer, zu welchen die Schule mehr nur den Anstoss und die Grundlage zu geben hat und für welche die Familie, die Lektüre, das Leben die Fortsetzung geben müssen. Die letzteren seien im Lehrplan mit einer viel kleineren Stundenzahl bedacht, als ihrem Bildungswert entspreche. Das sei am auffallendsten bei der Religion, es finde statt bei der Weltgeschichte, bei der Litteratur- geschichte, leider auch bei der Geographie, welcher der Redner noch vor der Naturgeschichte eine stärkere Vertretung im Lehrplane gönnen möchte. Zu den Fächern zweiter Art sei auch die Naturgeschichte zu rechnen. Weihnachtslitteratur, Spaziergänge, Schulausflüge sorgen für die Weiterbildung der Jugend. Der Lehrplan einer Schule bilde einen wohlerwogenen Kompromiss zwischen den Anforderungen von den ver- schiedensten Seiten, so auch der Kunstgeschichte, der Stenographie u. a., einen Ausgleich, in welchem den Fächern ersterer Art, den vorzugsweise gymnasialen Bildungsfächern, je nach dem besondern Charakter der Schule, das reichlichste Mass zuzumessen sei. Er, Redner, sei der An- sicht, dass im Unterricht des Realgymnasiums die Naturgeschichte mit 1—2 Stunden wöchentlich in den Klassen I—VI genügend bedacht sei. (A. Schmidt.) Prälat Dr. R. v. Schmid betont, dass Naturforschung und posi- tives Christentum in keinen Konflikt zu kommen brauchen; das trete erst dann ein, wenn sie ihre Grenzen überschreiten. Die Descendenz- lehre ist die Richtschnur für alles Forschen trotz ihres Hypothesen- charakters; es ist aber vorerst noch alles im Fluss und diese Erwägung verhindere ihn, Stellung zu der Frage zu nehmen, ebenso auch die der Überbürdung der Schüler. Auch an den Lehrer werden vermehrte An- sprüche gestellt. Eine Gefahr bilden viele populäre Lehrbücher, die mit der Behauptung von zweifelhaften Thatsachen oft Angriffe aufs Christentum verbinden; er könne sich allerdings nicht verhehlen, dass oft von seiten einseitiger Theologen ebenso grosse Gefahren drohen. Von seinem Standpunkt aus halte er die Frage des biologischen Unter- — LXIXX — richts noch nicht für spruchreif. — Prof. Dr. Sussdorf, Direktor der Tierärztlichen Hochschule, wünscht für die Studierenden ein gewisses Mass biologischer Vorbildung. Innerhalb des biologischen Unterrichts giebt es ja so viele Zweige, dass man gar nicht ausschliesslich bei der Descendenzlehre zu beharren braucht, auch Gewebelehre. und Entwicke- lungsgeschichte müssen durchaus nicht notwendig dem Schulplan ein- gefügt werden. — An den württembergischen 10klassigen Realanstalten (8) wird nach Prof. Dr. Krimmel naturwissenschaftlicher Unterricht in 2 Wochenstunden erteilt, ausserdem in den niederen Klassen. Die Vorschriften für denselben sind sehr weit gefasst und lassen vielen Spielraum. Kleinliche Eingriffe sind an den Mittelschulen ausgeschlossen ; wegen seiner Anschauung wird kein Lehrer gemassregelt. Taktlosig- keiten müssen selbstverständlich vermieden werden. Trotz der günstigen Verhältnisse könnte noch manches geändert werden; so sollte der Lehrer für Naturgeschichte zugleich Chemie lehren, dann liessen sich die Vor- schläge Direktor Sussporr’s leichter durchführen. (Vosseler.) Oberforstrat Dr. Graner glaubt einen in der bisherigen Dis- kussion noch nicht hervorgetretenen Gesichtspunkt berühren zu sollen, der für die Frage der Einfügung des biologischen Lehrstoffs in den Unterrichtslehrplan der höheren Schulen nicht ohne Bedeutung sein dürfte. Dieselbe stehe nämlich in innigem Zusammenhang mit der all- gemeinen Frage der Ordnung des Berechtigungswesens und der Schul- reform überhaupt. Redner gesteht, dass er der neuesten Entwickelung dieser Frage mit gemischten Gefühlen gegenüberstehe. Zwar wolle er der von den Anhängern der Schulreform als Ziel aufgestellten Forderung der Gleichberechtigung der drei höheren Schulgattungen, nachdem ge- wichtige Autoritäten für diese Lösung sich ausgesprochen haben, nicht entgegentreten, wenn er auch glaube, dass der Stein der Weisen hier- mit noch nicht gefunden sei, zumal im Hinblick auf das fragwürdige Mittel der Ergänzungsprüfungen. Für einen entschiedenen Rückschritt und für einen bedauerlichen Irrweg müsste er es aber halten, wenn aus der Anerkennung der Gleichberechtigung der höheren Schulgattungen nunmehr, wie man es vielfach zu hören bekomme, die Folgerung ab- geleitet werde, dass an den überkommenen Besonderheiten der einzelnen Schulgattungen jetzt unter allen Umständen starr festgehalten werden müsse. Gerade dann, wenn der Grundsatz der Gleichberechtigung zum Durchbruch gelange, gerade dann, wenn der werdende Mediziner, der künftige Jurist nicht mehr bloss aus dem humanistischen Gymnasium, sondern ebenso aus dem Realgymnasium und aus der Oberrealschule hervorgehen könne, entstehe mit innerer Notwendigkeit und mit logischer Folgerichtigkeit das Bedürfnis, dass die drei Schulgattungen sich gegen- seitig immer mehr nähern, nicht aber, dass die eine gegen die andere sich völlig abschliesse. Das Bedürfnis einer Reform liege aber auf keinem Gebiet so unzweifelhaft vor als auf demjenigen des gymnasialen Unterrichts, und es wäre höchst bedauerlich, wenn dieselbe durch die neueste Wendung der Berechtigungsfrage zum Stillstand gebracht würde. Redner verkennt in keiner Weise den hohen formalen Bildungswert des altsprachlichen Unterrichtsstoffs; allein es müsse hier unbedingt ein = IRRE —- gewisses Mass gehalten werden, um den Forderungen der Neuzeit Rech- nung zu tragen und für Einfügung des realistischen Lehrstoffs Raum zu schaffen; nur wenn dies geschehe, könne der sonst unvermeidlichen Entfremdung zwischen Schule und Leben vorgebeugt werden. Der ge- eignetste Unterrichtsstoff sei nun eben das Gebiet der beschreibenden Naturwissenschaften, also der biologische Lehrstoff, und zwar möchte Redner weniger auf Anatomie und Physiologie, wie Direktor SUSSDORF, als in erster Linie auf systematische Botanik und specielle Zoologie das Schwergewicht legen. Diese Fächer dürfen aber nicht mit einem stiefmütterlichen Plätzchen in den unteren Klassen abgefunden werden, sondern sie müssen im reiferen Alter, an der oberen Abteilung, eine Pflegestätte finden. Ein höchst wichtiger Gesichtspunkt gehe endlich dahin, dass die Jugend mit Freudigkeit, mit Lust und Liebe an den ihr dargebotenen Lehrstoff herantrete. Die Empfänglichkeit der Jugend für die Herrlichkeiten der Natur sei aber eine unendlich grössere als beispielsweise die Freude an der Lektüre des alten Cicero. Wie sehr jene Dinge von philologischer Seite noch vernachlässigt werden, dafür könne er ein drastisches Beispiel anführen. Ein ihm befreundeter her- vorragender Philologe habe einmal auf einem Gang im Walde allen Ernstes die Frage an ihn gerichtet, ob es denn wirklich wahr sei, dass aus einer Eichel ein Eichbaum hervorgehe! Das lasse tief blicken. So stehe er denn ganz und voll auf dem Boden der Thesen des Ham- burger Naturforschertags. Die Bewegung dürfe aber unter keinen Um- ständen bei den Realanstalten Halt machen, sondern müsse unbedingt auf das Gymnasium übergreifen. (Graner.) Im weiteren Verlauf der Besprechung erinnert Prof. Dr. Haas daran, dass am Stuttgarter humanistischen Gymnasium der biologische Unterricht an den oberen Klassen bis 1891 unter JÄGER, KöstLuıs, LeuzE auf hoher Stufe stand; erst der neue Lehrplan von 1891 wies Zoologie und Botanik den vier untersten Klassen zu und behielt nur Mineralogie für die 10. Klasse. Wenn in den Stundenplan der 9. Klasse, die am wenigsten belastet ist, die Naturgeschichte wieder aufgenommen würde, so könnte das humanistische Gymnasium durch einen auf Physik und Chemie aufgebauten biologischen Unterricht den Forderungen der deutschen Naturforscher hinreichend Genüge leisten. Im Realgymnasium wäre dies nach A. Schmidt wegen der Überfülle der Stunden und der starken Ausdehnung des Lateinischen ausgeschlossen; die Schule brauche nicht alles so weit zu treiben, als es fürs Leben nötig ist. Dagegen macht Prof. Rettich geltend, dass das preuss. humanistische Gymnasium 62 Stunden für Latein vorgesehen habe, das Realgymnasium in Stuttgart aber 74!/2, Prof. Dr. Vosseler, dass die Mathematik daselbst in einem für einen ganz bedeutenden Prozentsatz der Schüler das Bedürfnis des Lebens übersteigenden Maasse gelehrt werde. — Als allgemeine Grundlage für die Kunst verlangt Maler Kull den Unterricht in der Naturgeschichte; das Empfinden der feinen Formen in der Natur gehe Hand in Hand mit dem Verständnis für dieselbe; nur dadurch könne Extravaganzen im Stil, wie wir sie heute sehen (Maccaronistil), entgegengewirkt werden. Als Gegengewicht gegen an- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. f — IXXXUI — dere Fächer empfehle sich eine Vereinigung des Natur- und Zeichen- unterrichtes. (Vosseler.) Prof. Dr. Klunzinger erlaubt sich, da er wegen Erkrankung in der Sitzung nicht zum Worte kam, als Referent in der Sache hier nach- träglich seine Ansicht darzulegen, unter Hinweis auf eine in der neuen Zeitschrift „Natur und Schule‘ 1902 von ihm gegebene „Darstellung der württembergischen Verhältnisse‘. Im allgemeinen stehe ich auf dem Standpunkt der Hamburger Thesen, glaube aber, dass in These VII zu viel verlangt wird, wenn der biologische Unterricht durch alle Klassen geführt werden soll: „das Bessere ist des Guten Feind‘; auch gehen meiner Ansicht nach manche Wünsche, wie die von CHuun und WALDEYER in der Hamburger Versammlung geäusserten, zu weit, z. B. Einbeziehung.der Gewebelehre, Entwickelungsgeschichte, oder gar der Anthropologie, Ethnologie, Ur- geschichte und Hygiene, der vergleichenden Anatomie. Schon in den Grundzügen würden solche zu viel Zeit in Anspruch nehmen, solange nicht These VII erfüllt ist. Die beschreibende Naturgeschichte kann in den unteren und mitt- leren Klassen gegeben und durchgeführt werden, wie es jetzt geschieht, und lässt sich dem Begriffsvermögen der verschiedenen Altersklassen anpassen, auch wohl in Verbindung mit teleologischen Erklärungen im Stil des „Warum und Weil“ von Utz. Aber darauf darf sich der Unterricht nicht beschränken. Die Biologie im weiteren Sinn, d.h. die Lehre von den Lebewesen (Tieren und Pflanzen) ist heutzutage nicht mehr bloss eine beschreibende, sondern, wie die Physik, auch eine „erklärende‘, welche überall nach den Ursachen forscht, Unbekanntes auf Bekanntes zurückzuführen sucht. Insbesondere gehört zu dieser Biologie auch die Physiologie (die Kenntnis von den Verrichtungen) und die Ökologie (Stellung der Lebewesen im Haushalt der Natur und zu den Naturkräften). Diese Biologie im allgemeinen Sinn aber kann erst in den höheren Klassen verstanden werden, sie setzt Kennt- nisse in Chemie und Physik und überhaupt eine gewisse geistige, philosophisch-logische Reife voraus. Der biologische Unterricht bedarf dringend einer Ergänzung in den höheren Klassen in diesem Sinn. Wie weit dieser Unterricht gehen und sich vertiefen darf, hängt von der Zahl der Stunden ab, die man ihm einräumt. Nach dem in meinem oben erwähnten Aufsatz über die württembergischen Verhältnisse be- züglich des biologischen Unterrichts' und nach den Erfahrungen der Lehrer der Naturgeschichte in den oberen Realschulklassen genügt ein zweistündiger Unterricht in einem Jahr, z. B. in Klasse IX: in unseren Realschulen ist dies Ideal nahezu verwirklicht. Was hier möglich ist, kann auch in den Gymnasien (Realgymnasien und humanistischen) erreicht werden, wenn die Einsicht, dass die Bio- logie im obigen Sinn zu den Elementen der allgemeinen Bildung gehört, durchgedrungen ist: was der nächste Zweck der Hamburger Agi- ! Darin ist auch die Art der Behandlung des biologischen Unterrichts in einer Oberrealschule nach den Angaben eines erfahrenen Fachmanns im einzelnen ausgeführt. _ ES. — tation ist und erst erkämpft werden muss. Wie es in dieser Beziehung bei unseren sogen. Gebildeten, von den Frauen bis zu den höchsten Staatsbeamten hinauf, steht, das haben in jener Hamburger Versamm- lung die Redner, wie HEInckE, CHun drastisch geschildert. Diese not- wendige allgemeine Bildung muss aber schon in den Mittelschulen bei- gebracht werden, auf der Hochschule nimmt von Anfang an das Fach- studium alle Zeit in Anspruch, und für die Fächer der sogen. allgemeinen Bildung: Kunst, Philosophie, Geschichte, Naturgeschichte bleibt selten etwas übrig. Am meisten treiben noch die Theologen (Stiftler) in ihrem Wissensdrang Naturgeschichte, am wenigsten die Juristen und Ver- waltungsbeamten. Die Techniker beschränken sich meist auf Physik, Chemie und Geologie (Vorstaatsprüfung). Die Mediziner pflegen sie, weil sie darin geprüft werden; für diese wäre ein biologischer Unter- richt im Gymnasium am wenigsten nötig, Vorkenntnisse darin thäten ihnen aber auch recht gute Dienste. Dass, wie A. Schuipt bemerkte, der Unterricht in Naturgeschichte in den niederen Klassen genüge und die Familie, die Lektüre, das Leben die Fortsetzung geben müsse, ge- hört zu den frommen Wünschen. Diese Fortsetzung geschieht that- sächlich nur bei einer kleinen Minderzahl, bei Vorhandensein einer natürlichen inneren Neigung oder besonderen Pflege von aussen, und ausserdem ist sie auch meistens nicht möglich, weil es dem Einzelnen an Anschauung und Lehrmitteln fehlt. Ein richtiger höherer biologi- scher Unterricht ist erfahrungsgemäss ausserordentlich geeignet, die Jugend im richtigen Alter zu fesseln und zu begeistern. Ohne die Grundlage der Descendenzlehre und selbst der von der natürlichen Zuchtwahl nach Darwın kommt man freilich nicht dabei aus, sie muss als Hypothese! dargestellt werden, wie die Physik ihre Theorien nicht entbehren kann: das ‚Wesen‘ der Elektricität und des Lichts ist kaum klarer als das des Lebens. Um nun aber die Zeit für den biologischen Unterricht zu ge- winnen, muss man eben den alten klassischen Sprachzopf, der aus dem sogen. humanistischen Zeitalter herrührt, wo er auch berechtigt war, etwas beschneiden: weniger Lateinisch, Griechisch und Grammatik, wohl auch etwas weniger Mathematik, dafür aber mehr Litteraturgeschichte in griechischen und lateinischen Klassikern und namentlich ein etymo- logischer Kursus” mit Zugrundelegung der Elemente der griechi- schen Sprache zum Verständnis der Kunstausdrücke in den Wissen- schaften, auch in Realschulen, und endlich Biologie. Ich hoffe mit Herrn Dr. Graner, dass das neue Berechtigungswesen die Schularten nicht noch mehr trennt, sondern näher führt und dadurch in allen auch die Biologie mehr zu ihrem Rechte kommt. Eine Hauptsache ist freilich noch die Art der Behandlung des Unterrichts, die Auswahl des Lehrers. Es muss ein Stamm gut ! Dass der Darwinismus mit der Religion sich verträgt, zeigt das Buch des strenggläubigen Drummond: Naturgesetz in der Geisteswelt. 2 Ich habe einen solchen empfohlen in meinem Vortrag „Ueber Sprachsünden in der Zoologie“ im internationalen Zoologenkongress in Berlin, August 1901. f* — LAXV — naturwissenschaftlich ausgebildeter Fachlehrer vorhanden sein, und das wird bei uns durch die neue Prüfungsordnung von 1899 bald erreicht sein. (Klunzinger.) Sitzung am 9. Januar 1902. Prof. Dr. ©. Kirchner (Hohenheim) sprach über „Frucht- bildung ohne Befruchtung‘. Angeregt durch das Verhalten einer Varietät der Mispel, die trotz des Mangels weiblicher Organe samenlose Früchte mit Fruchtfleisch erzeugt, trat der Redner dieser Erscheinung näher. Angaben über Frucht und Samenbildung ohne Einwirkung des Pollens sind schon alt. Etwa um die Mitte des vergangenen Jahr- hunderts hat C. Fr. GÄRTNER aus Calw die älteren Angaben kritisiert und bestritten, manche davon erscheinen aber jetzt in neuem Licht. Findet der gesetzmässige Befruchtungsvorgang nicht statt, so verderben die weiblichen Organe; ist die Bestäubung mangelhaft, dringen die Pollenschläuche nicht bis zum Eiapparat vor, so bildet sich kein Embryo, oft keine Same, ab und zu aber eine taube Frucht. Solche unvoll- kommene Befruchtungen sind häufig; samenlose Äpfel, Birnen, Orangen, Trauben und Bananen sind darauf zurückzuführen. Man glaubte, dass in diesen Fällen die Wirkung von, wenn auch nicht immer von der- selben Art herrührenden Pollenschläuchen nötig sei, um einen Wachs- tumsreiz auszuüben, etwa wie bei der Gallenbildung. Das Beispiel der Mispel widerspricht jedoch dieser Annahme, denn dort entsteht die samenlose Scheinfrucht ohne Bestäubung; das Fruchtfleisch wird aller- dings wie bei der Feige von der Blütenachse erzeugt. Davon zu trennen sind die Fälle, wo aus dem Gynäceum selbst Fruchtbildungen ohne vorhergehende Bestäubung hervorgehen. GÄRTNER fasst diese als „Fruchtungsvermögen“ zusammen und führt sowohl von zwei- als auch einhäusigen selbst zwitterblütigen Pflanzen Beispiele dafür an. Nach GÄRTNER sind die Merkmale des Fruchtungsvermögens taube, d. h. samenlose oder mit embryolosen Samen versehene Früchte. Entgegen- gesetzte Beobachtungen wären auf unbeachtete wirkliche Bestäubung zurückzuführen, die entweder durch Windtransport des Pollens oder durch Ausbildung von Zwitterblüten oder männlichen Blüten zwischen den weiblichen ermöglicht wurde. Dennoch liegen auch Angaben über Bildung keimfähiger Samen ohne Befruchtung vor (Hopfen, Mercurialis annua, Hanf), die aber nicht ganz einwandfrei sind. Zur Entscheidung der Frage stellte der Vortragende eine Reihe von Versuchen mit .Dryonia dioica, Gurken, Melonen und Kürbissen an, welche zum Teil die Mög- lichkeit des Fruchtungsvermögens bewiesen, zum Teil noch kein ganz positives Ergebnis lieferten und noch weiter ausgeführt werden sollen, wobei auch die Frage, ob parthenogenetische Entwickelung, d. h. Weiter- entwickelung der Eizelle ohne Befruchtung vorkommen kann, in Be- tracht zu ziehen ist. Nachdem früher als Parthenogenese angesehene Fälle auf andere Weise erklärt worden sind, z. B. die Art der Fort- pflanzung einer nur in weiblichen Exemplaren in Europa gezogenen australischen Euphorbiacee durch scheinbar regelrecht ausgebildete, = MIEENNN keimende Samen auf ungeschlechtliche Bildung des Keimlings aus Zellen des Nucellus zurückgeführt wurde, hat man neuerdings auch Fälle echter Parthenogenese nachzuweisen vermocht (Gnaphalium alpinum, einige Alchemilla-Arten). Die Ergebnisse bei Alchemilla sind deshalb besonders überraschend, weil dort männliche Organe in verschiedener Verteilung vorkommen; der Pollen ist aber, weil nicht keimend, zur Befruchtung unfähig. Mit der Schilderung der bei der echten Parthenogenese sich abspielenden Vorgänge schloss der Redner seinen mit ungeteiltem Bei- fall aufgenommenen Vortrag. (Vosseler.) In der Diskussion weist Prof. Dr. Häcker darauf hin, dass stammesgeschichtlich die Fruchtbildung Folge der Befruchtung sei, sich weiterhin aber davon unabhängig machen könne. Als analoges Bei- spiel sieht er die Ausbildung der Scrotaltasche in den Fällen an, wo die Einwanderung der Testikeln unterbleibt. Sodann legte O.-St.-Rat Dr. Lampert Abbildungen eines in Centralafrika, im Gebiet des oberen Kongo, erst vor kurzem entdeckten, höchst eigenartigen Säugetieres, der Ocapia Johnstoni SCLATER, vor und schilderte dessen wesentlichste Eigenschaften, darauf hinweisend, dass seltsamerweise dieses grosse Tier der Wissenschaft so lange verborgen bleiben konnte. An diese Mitteilung knüpfte Prof. Dr. Fraas einige Bemerkungen an. Aus dem bis jetzt bekannt Gewordenen schliesst er, dass das Okapi eine Reliktenform sei und sich den früher auch über Asien und Europa verbreiteten Vorläufern der heutigen Giraffen aus dem jüngeren Tertiär anschliesse. Diese Formen weisen auf eine Ver- wandtschaft mit den Hirschen, speciell mit dem Elch, hin, mit dem sie auch noch zuweilen die schaufelförmigen Geweihe und die gedrungene Form gemeinsam haben. Aus dem Tertiär von Pikermi, Samos, Siwalik Hills (Indien) sind uns zahlreiche Arten hekannt, von dem schlanken Helladotherium, dem das Okapi am meisten gleichsieht, bis zu den schwer gebauten Riesenformen Samotherium und Siwatherium. Wir müssen immer darauf gefasst sein, solche isolierte Reliktenformen zu entdecken, welche die Vorläufer mit den recenten Formen verbinden. (Vosseler.) Prof. Dr. Klunzinger machte sodann eine Mitteilung über das Vorkommen der Mauereidechse (Lacerta muralis) in Stuttgart. Schon 1883 hat Redner in unseren Jahresheften S. 108 „Einiges über die Mauereidechse in Württemberg‘‘ veröffentlicht. Das wärmeliebende Tierchen lebt hauptsächlich in den Mittelmeerländern, in Deutschland nur im Rheinthal und dessen Nebenthälern. So ist es auch in unser Land gekommen, in das Thal des Neckars und seiner Zuflüsse: Kocher, Jagst, Enz, Nagold, aber nur bis zu einer gewissen Grenze und mehr an gewissen Stellen. So nur im unteren Neckarthal bis in die Gegend von Marbach (Hoheneck), während es im mittleren Neckar, von Stutt- gart bis Tübingen und Rottenburg, fehlte. Dagegen fand man es wieder bei Horb, Rottweil und Spaichingen. 1874 wurden von Prof. Dr. G. JÄcEer 12 Prachtexemplare, aus Wildberg a. d. Nagold von Revierförster v. BIBERSTEIN bezogen, in den Kriegsbergen ausgesetzt, dem wärmsten Gelände um Stuttgart. Es — IXXXV — wurde bisher nichts mehr davon gefunden!. Neuerdings (Sommer 1901) hat nun Frau Oberst v. SCHWEIZERBARTH in Stuttgart solche Mauer- eidechsen wieder aufgefunden, und zwar in denselben Kriegsbergen und von genau derselben Färbung: die Männchen mit mennigrotem Bauch und lasurblauen Flecken an der Seite. Redner hat an den bezeichneten Stellen auch sofort eine Menge derselben an Weinbergmauern an sonnigen Oktobertagen gesehen und einige (Männchen und Junge) ge- fangen und der Vereinssammlung übergeben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dies die Nachkommen der 1874 ausgesetzten Exemplare sind und nur seither unbeachtet blieben. Da- für spricht die genau der Wildberger Lokalform entsprechende Färbung, während nach Leyvıc die sonst in Württemberg vorkommenden Formen einfacher gefärbt sind, ohne mennigroten Bauch und ohne auffallende blaue Seitenflecken. Doch müsste noch genau nachgesucht werden, ob nicht eine Einwanderung vom Neckar her stattgefunden hat. Von einer späteren nochmaligen Aussetzung ist nichts bekannt. (Vergl. unten Abt. III S. 307.) (Klunzinger.) In Tübingen war die Mauereidechse von Prof. Eımer ausgesetzt worden, verschwand aber wieder. An diese Bemerkung knüpft Vosseler bei der Besprechung die Mitteilung an, dass in Eımer’s Garten auf dem Schlossberg, sowie in dessen Umgebung im Sommer 1891, also eine Reihe von Jahren nach der letzten Aussetzung, das Tier noch vorhanden war, während die ebenfalls ausgesetzte Smaragdeidechse sich nicht gehalten hatte. Durch einen glücklichen Fund war Oberinspektor Regelmann in der Lage, die sehr seltene, zum Baunin’schen Werke gehörige Karte von Boll zeigen zu können, die, als Landschaftsbild in Holz- schnitt hergestellt, einen Beleg für die Thätigkeit Jomann Baunın’s auf dem Gebiet der Topographie unseres Landes liefert. Wohl infolge der Schwierigkeit der Herstellung fehlt die Karte gewöhnlich in dem berühmten Werk ‚New Badbuch und historische Beschreibung des Wunderbrunnens und heilsamen Bads zu Boll“, Ausgabe von 1602, In diesem Jahr feiert sie ihr 300jähriges Jubiläum. (Näheres siehe unten Abt. III S. 68 ff.) Sitzung am 13. Februar 1902. Nachdem Prof. Dr. Klunzinger zu Beginn der Sitzung dem Andenken des kurz zuvor verstorbenen Vereinsmitglieds, Baudirektor v. HÄner, einige Worte gewidmet hatte, gab Hofrat Dr. O. Hesse (Feuerbach) in einem „chinologischen Exkurs“ einen Überblick über die Geschichte, Gewinnung und Produktion der Chinarinde, sowie ! Nachträglich ist zu berichtigen, dass schon 1887 und 1888 Ober- forstrat Dr. v. Nördlinger die Lacerta muralis in den Kriegsbergen bei Stuttgart, sowie auch in Tübingen, in den Weinbergen der sogen. Pfalzhalde, gefunden hat, wie eine kurze Bemerkung in diesen Jahresheften 1890 S. 302 besagt. — LXXXVI — über die aus ihnen gewonnenen chemischen Präparate. (Den ausführ- lichen Vortrag siehe unten Abt. III S. 309.) Sitzung am 13. März 1902. Herr Dr. E,. Schütze berichtet über ‚die Stüger’sche Vulkan- theorie‘. Auf Grund des tektonischen Aufbaues teilte K. v. SEEBAcH die Vulkane ein in geschichtete oder Stratovulkane und in homogene oder massige Vulkane. Die ersteren bestehen aus wechsel- lagernden Schichten von Tuffen, Aschen und Laven. Unter massigen oder homogenen Vulkanen versteht man glockenförmige Kegel, kuppen- förmige Hügel oder domförmige Pics, sowie Decken eruptiven Ursprungs, deren Gesteinsmaterial ziemlich gleichartige petrographische Beschaffen- heit und einheitliche Struktur besitzt, denen ein Krater fehlt und deren ursprünglicher Eruptionskanal durch eine solide Gesteinsmasse ge- schlossen ist. Über die Entstehung der Vulkane sind eine ganze Reihe von Hypothesen und Theorien aufgestellt. In den ersten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts herrschte in der Vulkanologie die Er- hebungstheorie, die von L. v. Buch, A. v. HumsoLpr, E. pe BrAv- MONT und Durk£noy begründet resp. weiter ausgebaut und vertreten wurde. Nach dieser Theorie sollen die Vulkanberge durch eine blasen- förmige Auftreibung des Bodens oder, mit anderen Worten, durch eine Erhebung vorher horizontaler Schichten um eine Vertikalachse herum entstanden sein. Später jedoch wurde diese Theorie aufgegeben und durch die von Lyeıt und P. ScroprE verfochtene Aufschüttungstheorie ersetzt. Nach dieser Theorie bilden sich die Vulkanberge dadurch, dass die ausgeworfenen Massen sich beim Niederfallen um die Mündung des Auswurfskanals herum zu einem Kegel anhäufen. Durch das Studium der Tektonik und der Verbreitung der Vulkan- berge gelangte man später zu der noch herrschenden Spaltentheorie. Man nimmt an, dass das Magma infolge des hohen Druckes im Erd- innern verfestigt ist. Sobald der Druck durch eine in grosse Tiefe hinabreichende Spaltenbildung vermindert oder aufgehoben wird, ver- flüssigt sich das Magma und wird eruptionsfähig. Daher finden sich die Vulkane auch meist in Reihen auf Bruchzonen angeordnet; be- sonders günstig für das Emporkommen der glutflüssigen Lava waren die Kreuzungspunkte von Spalten oder Spaltenzügen. In neuerer Zeit ist nun von A. STÜBEL eine andere Theorie über den Vulkanismus aufgestellt, deren wichtigste Punkte in nachstehendem kurz geschildert werden sollen. Ein volles Jahrzehnt verwendeten STÜBEL und Reıs darauf, die Vulkane von Südamerika näher kennen zu lernen und zu erforschen. Schätze an Beobachtungsmaterial, an Erfahrung und Gesteinen haben sie gesammelt und mit herübergebracht über den Ocean. Die Summe der reichen Erfahrungen und Beobachtungen wurde dann in dem in- — LIRXVI — haltsschweren Werke von A. StüBEL, ‚Die Vulkanberge von Ecuador, geologisch-topographisch aufgenommen. Berlin 1897“, niedergelegt. So wichtig und interessant nun aber auch die Beschreibungen der ein- zelnen Vulkane sind, so drängt es uns doch in noch höherem Grade, die allgemeine Anschauung des Verfassers über den Vulkanismus kennen zu lernen. Während v. SEEBACH eine Einteilung der Vulkane in homogene und Stratovulkane nach dem tektonischen Aufbau schuf, eine Einteilung, die sich noch bis in unsere Zeit gehalten hat, so tritt SrüBEL dem gegenüber und verwirft diese Einteilung. Er ist der Ansicht, dass das genetische Moment in den Vordergrund gestellt werden muss und dass hierauf die Vulkaneintheilung basieren muss. Demgemäss unterscheidet STÜBEL monogene und polygene Vulkanberge. Monogene Vulkane sind solche, die ihre Entstehung einem einmaligen Ausbruch verdanken. Das soll aber nicht etwa so zu verstehen sein, als ob ein monogener Vulkan in einem oder einigen Tagen oder Jahren aufgeschüttet sein muss, nein, es kann zwar in einem Tage geschehen, aber es können dazu auch Jahrhunderte, sogar Jahrtausende gehören. Wesentlich ist vielmehr die Entstehung des Berges aus einem Guss insofern, als der Aufbau desselben vollendet wurde, bevor die Erkaltung und Er- starrung seiner Masse weit genug vorgeschritten waren, um die Beweg- lichkeit derselben ganz zu hemmen. Ein monogener Vulkanberg ist also entweder durch Übereinander-Wegfliessen immer wieder nachdringender Schmelzmassen oder durch Einpressen des aufsteigenden Magmas in die noch weiche Masse oder durch beides entstanden. Die Beschaffenheit des Materials ist dabei gleichgültig; denn wenn auch der monogene Vulkan vorwiegend ein homogener, nur aus festem Gesteine bestehender ist, so kann er doch auch ein Stratovulkan sein. Ebenso ist das Vor- handensein eines Kraters hier nebensächlich; ein solcher kann ganz fehlen. Auch die Gesteinsbeschaffenheit eines monogenen Vulkans braucht keineswegs eine durch und durch gleichartige zu sein, wie man viel- leicht fordern wollte; vielmehr kann sehr wohl durch den verschiedenen Verlauf des Erkaltungsprozesses eine verschiedenartige Struktur, und durch abweichende Beschaffenheit in den verschiedenen Teilen des Magmas auch eine verschiedene mineralogische Zusammensetzung der Gesteine eines und desselben monogenen Vulkans erzeugt werden. Gegenüber den monogenen stellt Srügen die polygenen Vulkane. Die polygenen Vulkanberge sind im Gegensatz zu den monogenen durch allmähliche, intermittierende Thätigkeit aufgeschüttet. Hier ist daher das Vorhandensein eines Kraters Notwendigkeit, denn es muss eine ! Später erschienen noch: A. Stübel, Ein Wort über den Sitz, der vul- kanischen Kräfte in der Gegenwart. Leipzig 1901. — A. Stübel, Uber die Verbreitung der hauptsächlichsten Eruptionscentren und der sie kennzeichnenden Vulkanberge in Südamerika. Petermann’s Geogr. Mitteil. 1902, Heft 1. — A. Dannenberg, Die vulkanischen Erscheinungen im Lichte der Stübel’schen Theorie. Naturwissensch. Rundschau. XVI. Jahrg. No. 1—3. 1901. — Die oben citierte Arbeit ist von Branco im N. Jahrb. f. Min. 1898, I. Bd. S. 468—475, referiert; ferner vergl. Branco, Neue Beweise für die Unabhängigkeit der Vul- kane von präexistierenden Spalten. N. Jahrb. f. Min. 1898. I, S. 175—186. — LXAXXRX — Öffnung bestehen, durch welche successiv die Massen herausbefördert werden. Die Grundform beider Arten vulkanischer Baue ist die eines Kegel- berges, der in beiden Fällen kleinste bis grösste Dimensionen erreichen kann. Während die polygene Entstehungsweise nur Kegelberge auf- schütten kann, so kann dagegen die monogene Entstehungsweise ausser Kegeln auch andersgeformte Berge erzeugen. Jeder polygene Berg hat als monogener begonnen. Ist dieser ursprünglich monogene Bau sehr klein, so wird er bei späteren Ausbrüchen verschüttet und dem Auge entzogen. Andernfalls lässt er sich in dem polygenen Bau bisweilen noch erkennen. Die von StüßEL und Reıs erforschten Vulkane in Ecuador waren fast alle monogener Entstehung. Diese Thatsache erklärt sich nach StüBEn vermutlich dadurch, dass es den vulkanischen Kräften leichter zu fallen scheint, neben einen schon vorhandenen Vulkan einen neuen aufzuwerfen, als einen erloschenen wieder in Thätigkeit zu bringen. Ferner ist diese Thatsache nach StÜüßBEL’s Ansicht ein Beweis dafür, dass die vulkanischen Kräfte an Intensität verloren haben, denn jene Vulkane Ecuadors entstanden schon vor sehr langer Zeit. Um eine breitere Unterlage für seine Hypothese über die Ursache des Eruptionsphänomens zu gewinnen, zieht STÜBEL zwei andere vul- kanische Gebiete zum Vergleich herbei. Der ausgeflossene Lava- strom kann, nach Stürer’s Ansicht, ganz ebenso wieder einen Vulkan erzeugen, wie das Innere der Erde; der Teil kann somit dieselbe Wirkung hervorbringen als das Ganze. Hierfür liefert der Jorullo in Mexiko ein ausgezeichnetes Beispiel. Der plateauartige, 3 km Durchmesser besitzende, steil abfallende Berg entstand 1759 aus einem in der Tiefe befindlichen Schmelzherde. Die hunderte kleiner Eruptionskegel, Hornitos genannt, welche sich auf der Oberfläche dieses Plateaus erheben, wurden hervorgebracht durch Ausbrüche aus im Innern der ausgeflossenen Lava befindlichen und Hüssig gebliebenen Schmelzherden. Wir haben also einen Herd älterer Ordnung in der Tiefe und einen Herd jüngerer Ordnung über der Erd- oberfläche zu unterscheiden. Beide brauchen in keinerlei Verbindung zu stehen. Dieselben Erscheinungen lassen sich auf Island und im Vulkan- gebiet des Diret-el-Tulul in Nordsyrien beobachten. Das letztere ist ein etwa 1000 qkm grosses Lavaplateau, auf welches ebenfalls zahl- reiche Eruptionskegel aufgesetzt sind, die bis 200 m Höhe erreichen. An dieses Vulkangebiet schliesst sich ein zweites an, der Hauran, der ebenfalls über das Wirken der vulkanischen Kräfte wichtige Finger- zeige zu geben vermag. Der Hauran erhebt sich etwa 1000 m über die Steinwüste und ist 50 km breit und 80 km lang. Die vielen, ihm aufgesetzten sekundären Eruptionskegel erreichen eine Höhe bis zu 100 m; unter ihnen zeichnet sich der Dschebel-el-Kul&b besonders aus. Er besitzt die doppelte Höhe und an der Spitze einen kleinen Krater. Ein ganz normaler Lavastrom von 5 km Länge und 1—2 km Breite ist nicht dem Krater, sondern dem Fusse entflossen. Aus diesen Betrachtungen zieht SrügeL den Schluss, dass wir es bei dem Hervorbrechen feurig-füssiger Gesteinsmassen nicht mit einer Kraft zu thun haben, die ausserhalb derselben liegt und das Magma im Kraterschachte emportreibt, sondern mit einer solchen, deren Ur- sache und Trägerin das Magma selbst ist. Die Ursache der Eruption wird nach Srüsen durch zwei Faktoren bedingt: erstens durch die Volumvermehrung, welche das Magma bei der Abkühlung erleidet, und zweitens durch den Gasgehalt im Magma. STtÜBEL nimmt an, indem er sich dabei auf Versuche von TörLer (Bestimmung der Volumenveränderung beim Schmelzen für eine Anzahl von Elementen. Annalen d. Physik u. Chemie N. F. 53. Bd. 1894) und Beobachtungen in Schmelzöfen stützt, dass die Gesteine beim Übergang aus dem flüssigen in den festen Zustand nicht eine Volumenverminderung, sondern -Vermehrung erleiden. Die Vulkanberge bekunden also, dass ihr Material den Überschuss des Magmas darstellt, für dessen Bewebans es im vulkanischen Herde infolge von Erstarrüng eines Teiles an Raum mangelt. Neben der bleibenden Volumenvermeh- rung des Magmas beim Erstarren wirkt auch der Gasgehalt vor- übergehend als Ursache der Eruption, teils mechanisch durch seine Ausdehnung, teils chemisch und physikalisch. Dass der Gasgehalt des Magmas wirklich als lokomotorische Kraft mitwirken soll, wird nach StÜügeL durch die Mondkratere erwiesen, deren Entstehung er sich so erklärt: Wie eine Flüssigkeit infolge starker Gasentwickelung aufwallt und überfliesst, so floss auf dem Monde der Schmelzfluss an vielen Tausenden von Stellen über und überdeckte weite Strecken. Indem er nach Entweichen der Gase wieder an Volumen verlor und in den Schlund zurücksank, bildete seine Oberfläche dann die tiefgelegene Innenebene der Mondkratere. Der Kraterwall aber be- steht nicht aus losen Auswurfsmassen, sondern aus dem beim Über- fliessen erstarrten Schmelzflusse. Der Kraterinhalt entspricht daher dem Quantum der ausgeflossenen Lava plus der Volumenverminderung, welche dieselbe durch Entweichen der Gase erlitt. Bei der Einheit der Welt muss nun aber das Verhalten des Mondes auch beweiskräftig für das der Erde sein. Mithin ist die vulkanische Kraft eine Erkal- tungserscheinung der flüssigen Materie in lokalisierten Herden, nicht aber erzeugt durch den Druck der sich zusammen- ziehenden Erdrinde auf den centralen Herd. Da es sehr wahrscheinlich ist, dass nicht der ganze Inhalt irgend eines Herdes auf einmal erstarrt, sondern immer nur je ein Teil desselben, so erklärt sich die Perio- dieität der Eruptionen. Die Intensität eines Ausbruches hängt daher ab von der Grösse des Schmelzherdes. Weiter kommt nun SrtüBen auf die Erstarrungskruste der Erde zu sprechen. Die Auffassung, dass die erste Erstarrungsfläche der Erde als Basis für alle späteren Ablagerungen zu betrachten sei, dass die Sedimente also in letzter Linie aus der Umarbeitung dieser hervorgegangen seien, hält der Verfasser nicht für haltbar. ‚Was denn,“ so fragt er, „hat sich zugetragen während des unermesslich langen Zeitraums, welcher zwischen dem Erscheinen der Erstarrungskruste und — MR = demjenigen des organischen Lebens lag?“ Offenbar war das ein un- endlicher Zeitraum heftigster vulkanischer Ausbrüche, welche jedoch keine Vulkanberge ähnlich denen der Jetztzeit, sondern weite Über- flutungen und Kratere wie auf dem Monde erzeugten. Auf solche Weise wurde allmählich die ganze Erdoberfläche wieder und immer wieder von Schmelzmassen überflutet, wohl keine Stelle blieb unbedeckt, so dass die Erstarrungskruste, überall von mächtigen Lavamassen verdeckt, den Angriffen des später sich bildenden Wassers entzogen wurde. Diese Massen werden zur Unterscheidung von der Erstarrungskruste als „Panzerung‘ oder „Panzer‘ bezeichnet. Dieser Panzer wurde aus dem centralen Herde der Erde er- zeugt, also aus dem tiefgelegenen Herde I. Ordnung. Wie aber auf dem Jorullo die Hunderte der Hornitos aus einem hochgelegenen Herde jüngerer Ordnung hervorgingen, welcher in der ausgeflossenen Lava, also über der Erdoberfläche, noch flüssig blieb, so finden sich auch jetzt noch in der so gewaltig mächtigen Panzerung isolierte Schmelzherde II. Ordnung. Diese, flach gelegen, erzeugten und erzeugen die Vulkanberge; und wiederum aus den Hornitos eines dieser Berge entspringen dann sogar Herde III. Ordnung, welche sich in der ausgeflossenen Lava befinden. Wir haben also zu unterscheiden Schmelzherde I., II. und III. Ord- nung. Derjenige I. Ordnung ist das Erdinnere; diejenigen II. und III. Ordnung entstammen ursprünglich diesem I. Ordnung, liegen aber höher, in der Panzerung, in Form isolierter Schmelzbecken, bezw. noch über dieser in der ausgeflossenen Lava des Vulkans. Von diesen beiden müssen mithin diejenigen II. Ordnung bereits viele Millionen Jahre alt sein, denn sie wurden ja aus der Tiefe heraufbefördert, bevor orga- nisches Leben auf der Erde bestand. Diejenigen III. Ordnung dagegen sind jünger und jüngsten Datums, denn sie bildeten und bilden sich während der Entstehung der Vulkane in deren Lavamassen; ihr Material entstammt den Herden II. Ordnung. Die lokalisierten Herde (II. und III. Ordnung) fasst StüseL unter der Bezeichnung „peripherische Herde‘ zusammen. Dass sich in der heute ausfliessenden Lava derartige Schmelzherde lange Zeit erhalten und Ausbrüche erzeugen, beweisen die Hornitos. Fraglich kann es nur sein, ob sich in der Panzerung diese Schmelzherde durch so viele Jahrmillionen hindurch, bis ins Tertiär und die Jetztzeit hinein, erhalten konnten, oder ob sie nicht längst ihre Wärme verloren haben und erstarrt sein müssen. Diesen Einwurf verneint StüBEL mit dem Hinweis auf die schlechte Wärmeleitung der- Gesteine und die Dicke der Panzerung. Mit den peripherischen Schmelzherden bringt SrüsgeL dann auch die Erdbeben in Verbindung. Damit wird er allerdings auf Wider- stand stossen, indem er die tektonischen Beben ganz ausschliesst. Schliesslich wendet sich STÜBEL noch gegen die Auffassung, nach welcher vulkanische Ausbrüche nur mit Hilfe präexistierender Spalten zu stande kommen können. Auch die Vulkane in Südamerika, deren reihenförmige Anordnung man immer mit als Beweis für die Spalten- == MO. ee theorie heranzog, liegen, wie StÜüBEL darzulegen versucht (Petermann’s Geogr. Mitteil. 1902, 1. Heft), nicht etwa parallel der Cordilleren, son- dern sie sind in Vulkanbezirken angeordnet. Es lassen sich vier grosse, durch breite, vulkanfreie Zwischenräume getrennte Vulkangebiete unter- scheiden. Wenn auch diese Theorie bei vielen Geologen auf Widerstand stossen wird, so müssen wir jedoch StüBEL das grosse Verdienst zu- erkennen, neues Leben in die Vulkanologie gebracht, die Fachgelehrten zur Diskussion herausgefordert und zu weiteren Beobachtungen und Studien über den Vulkanismus angeregt zu haben. (Schütze.) Prof. Dr. A. Sauer bemerkt hierzu: Die Vulkantheorie StügEr’s gründet sich auf die Annahme, dass sich das glutflüssige vulkanische Magma bei der Erstarrung ausdehne. Im Widerspruche hiermit stehen folgende Thatsachen: l. Schnell erstarrter glasiger Basalt hat ein niedrigeres specifisches Gewicht als langsam erstarrter, krystalliner (Experiment BıscHor’s). 2. Alle bekannten Tiefengesteine, also gerade die unter den von STÜBEL angenommenen Bedingungen langsam erstarrten, besonders die Granite, zeichnen sich durch eine ausgesprochen drusige Struktur, also Schwindung bei der Erstarrung, aus. 3. In vielen halbkrystallin ausgebildeten Gesteinsgläsern lassen sich optisch deutliche Spannungserscheinungen um die krystallinischen Ausscheidungen nachweisen, also Substanzverdichtungen beim Krystal- linischwerden. Zu den Konsequenzen der Srtüger’schen Vulkantheorie gehört auch die völlige Unabhängigkeit der vulkanischen Eruptionen von den grossen tektonischen Spaltensystemen; im Widerspruche hiermit lehrt die Ver- teilung der recenten Vulkane das Gegenteil — die fast ausschliessliche Verknüpfung mit den grossen Kontinentalspalten und das äusserst seltene Auftreten im Innern der Kontinente. Wo z. B. bei gewissen tertiären Vulkanen ein solcher nachweisbarer Zusammenhang fehlt, sind vulka- nische Explosivwirkungen anzunehmen, die aber nur hervorgerufen gedacht werden können durch ein plötzliches Zusammentreffen von mächtigen Grundwasserergüssen mit dem im Aufsteigen begriffenen vul- kanischen Magma. Die nach Srüser’s Vorstellung magmatisch ein- geschlossenen Gase vermögen unseres Erachtens bei ihrer Ausscheidung wohl Auftreibungen der Erdrinde verursachen, aber keine Explosionen und Durchschlagsröhren (wie z. B. in der Alb). Auch ist auf viele der recenten, in Begleitung von grossen Mengen von Wasserdampf explo- sionsartig sich äussernden Vulkaneruptionen zu verweisen (Krakatau). (Sauer.) Prof. Dr. E. Fraas bemerkt, dass alle von Prof. SAuER vor- gebrachten Einwände schliesslich doch auch im Sinne der Srügen’schen Theorie gedeutet werden können. Es gelte, Material zu sammeln, be- fruchtend wirke eine Theorie jedenfalls. Dr. F. Hundeshagen äussert vom physikalisch-chemischen Standpunkte Bedenken gegen die der Srüszn’schen Theorie zu Grunde liegende Voraussetzung, dass das glutflüssige Magma beim Erstarren — AN — sich ausdehne.. Wenn auch das Wasser, sowie Wismuth und einige andere Metalle im festen Aggregatzustande eine geringere Dichte be- sitzen als im geschmolzenen Zustande, so ist doch sicher das Gegen- teil der Fall bei den Silikatgemischen, aus denen die vulkanischen Ge- steine in der Hauptsache bestehen. — Vortragender hat an einer Reihe von Glasflüssen verschiedenartigster Zusammensetzung die Dichtigkeits- änderungen beim Übergang aus dem flüssigen in den starren Zustand studiert und bei allen übereinstimmend gefunden; dass mit der Ab- kühlung und Erstarrung eine bedeutende Volumverminderung, also Zu- nahme der Dichte, verbunden ist, die relativ um so bedeutender wird, je langsamer die Abkühlung erfolgt. So fand der Vortragende zwischen sehr plötzlich abgekühlten und durch äusserst langsame Abkühlung er- starrten Schmelzflüssen Dichtigkeitsunterschiede bis zu über 1 Prozent, in dem Sinne, dass das allmählich erstarrte Glas stets grössere Dichte besass als das plötzlich erstarrte Glas gleicher Art. Weit grösser sind nun die Unterschiede zwischen der Dichte der geschmolzenen Glas- flüsse und der — rascher oder langsamer, amorph oder krystallinisch — erstarrten Massen, was zwar nicht durch direkte Messungen fest- gestellt wurde, sich aber mit Sicherheit aus bestimmten Erscheinungen schliessen lässt: Untersinken von Glasbrocken im geschmolzenen Glase gleicher Zusammensetzung; Einwölbung der Oberfläche des im Schmelz- gefäss langsam erstarrenden Glases, nebst Bildung klaffender Risse; Vakuolenbildung der Glasthränen ete.. — Aus diesen Verhältnissen, die zweifellos auch auf die natürlichen Silikatgemische der vulkanischen Gesteine Anwendung finden (schon G. Bıscuhor hat, wie hier nach- träglich bemerkt sei, für den Basalt den Nachweis geliefert, dass die geschmolzene Lava thatsächlich eine geringere Dichte besitzt als das feste Gestein; auch haben sowohl THouLET wie DeviLLE beim Schmelzen vieler Silikate eine Ausdehnung von etwa 10 Prozent. beobachtet!), ergiebt sich die Unrichtigkeit der Anschauung Srügev’s, zugleich aber auch eine viel einfachere und ungezwungenere Erklärung der Erschei- nungen des Vulkanismus: Die primäre Erstarrungskruste des Erdballes (oder anderer Welt- körper), durch Zonen verschiedener Plasticität in die glutflüssige Masse des Innern übergehend, hat sich vor dem Auftreten der ersten vulka- nischen Wirkungen durch sehr allmähliche Abkühlung so weit verdichtet, als es ihr die beschränkte Kompressibilität des flüssigen Kerns gestattet, und befindet sich, in dem Bestreben, sich auf das ihrer Temperatur entsprechende Minimalvolumen zurückzuziehen, im Zustande äusserster negativer Spannung (Dehnung), welche im Augenblick der Überschrei- tung der Elasticitätsgrenze zur Zerreissung des starren Panzers führt, der sich in einzelne, durch klaffende Risse voneinander getrennte Schollen auflöst. Infolge ihres höheren specifischen Gewichtes sinken nun diese Schollen in das darunterliegende Magma ein, bis ihre Ränder sich be- rühren oder — im Falle gestörter Lagerung der Schollen — Zonen von gleicher specifischer Dichte erreicht sind. Das Magma selbst wird währenddem durch die Spalten hervorgepresst und ergiesst sich über die den Spalten benachbarten Gebiete, bis Gleichgewicht hergestellt ist. — XCN — Durch die mit der Zerreissung des Panzers verbundene Aufhebung der elastischen Spannung wird eine plötzliche Druckverminderung hervor- gerufen, welche einerseits zu einer Erniedrigung des Schmelzpunktes der von den Schollen belasteten Massen und weitergehender Verflüssigung derselben führt, anderseits die Entbindung der im Magma unter Druck gelösten oder occludierten Gase begünstigt, die zugleich durch den Übergang aus Horizonten höheren Druckes (in einer Tiefe von 10000 m würde z. B., wenn man für die hier in Frage kommenden äusseren Zonen des glutflüssigen Magmas eine Dichte von nur 2,5 annimmt, schon ein „magmatostatischer‘‘ Druck von ca. 2500 Atmosphären herrschen) in Horizonte niederen Druckes frei werden und sich schliesslich nahe der Oberfläche explosionsartig entladen. Ähnliche Wirkungen wieder- holen sich wohl in kleinerem Massstabe in den oberflächlichen Ergüssen und führen so zu sekundären etc. vulkanischen Bildungen. Durch diese Darstellung dürften wenigstens die fundamentalsten Erscheinungen des Vulkanismus vor beginnender Mitwirkung des Wassers, insbesondere der — allerdings von StÜBEL geleugnete — Zusammen- hang der Vulkansysteme mit den Kontinentalspalten, eine einigermassen natürliche Erklärung finden. (Hundeshagen.) Als zweiter Redner sprach dann Prof. Dr. A. Sauer über „Das Steinkohlenvorkommen von Berghaupten-Diersburg im Schwarzwald‘. Zu den geologisch merkwürdigsten Bildungen des mittleren Schwarzwaldes gehört ohne Zweifel die in der Nähe des unteren Kinzigthales auftretende Steinkohlenablagerung von Berghaupten-Diers- burg, welche zugleich in wirtschaftlicher Beziehung für das abbau- würdiger Steinkohlenkomplexe entbehrende südwestliche Deutschland volle Beachtung verdient. Als eine schmale, kaum 250 m breite, aber bis 3 km lange Zone streicht es, von Granit und Gneiss zu beiden Seiten begrenzt, an der Oberfläche aus und setzt mit fast senkrechtem Einfallen in unbekannte Tiefen hinab. Es bildet also eine steile, mög- licherweise nach unten sich erbreiternde Einklemmung zwischen dem Urgebirge, die tektonisch in verschiedenster Weise gedeutet wurde, so von C. F. Naumann als schollenförmiger Einschluss im eruptiven Granit, von Prarz als Versenkung in einer bei der Eruption der Porphyre gebildeten Spalte, von Lupwıc als konkordante Einfaltung zwischen Granit und Gneiss. Auch mit Bezug auf die Altersbestimmung gingen die Ansichten der Geologen auseinander; mehrfach entschied man sich für die untere Stufe des Karbon, für Kulm, bis H. B. Gemıerz auf Grund exakter floristischer Bestimmungen das mittelkarbonische Alter (genauer untere Stufe des Oberkarbon, Waldenburger Schichten) für die Bildung von Berghaupten-Diersburg feststellte und dies durch H. v. Eck’s sorgfältige Kritik der palaeophytologischen Angaben und neuere Bestimmungen bestätigt wurde. Doch bedurfte das tek- tonische Verhalten noch weiterer Aufklärung, zumal mit der bisher für wahrscheinlich gehaltenen einfachen Einfaltung die palaeontologische Altersfeststellung insofern nicht ganz in Einklang zu bringen war, als ja die grosse intrakarbonische mitteleuropäische Gebirgsauffaltung sich bereits vor Ablagerung des Oberkarbon vollzogen hatte, also älter — BON — war als letzteres. Neuere Aufschlüsse, die der Vortragende, dank dem Entgegenkommen der Grubenverwaltung, in den letzten Jahren ge- nauer untersuchen konnte, haben diesen scheinbaren Widerspruch zwischen Alter und Lagerung beseitigt und mit voller Evidenz dargethan, dass der Verband zwischen dem Diersburg-Berghauptener Karbon und dem angrenzenden Grundgebirge nicht auf einer einfachen Einfaltung beruht, sondern dass eine beiderseits von Verwerfungen abgeschnittene in den oberen Teilen in ihren Grenzflächen sich nähernde Einklemmung vor- liegt. Allem Anschein nach kombiniert sich mit Absenkung der Scholle gewissermaassen Überschiebung des Grundgebirges, indem beide die Scholle gegen das Grundgebirge begrenzende Dislokationsflächen bei annähernd gleichem westsüdwestlich-ostnordöstlichen Verlaufe steil bis sehr steil in Westnordwest einfallen, aber mit verschiedenem Winkel, die südliche steiler, die nördliche flacher und wie die neueren Auf- schlüsse an drei Punkten haben erkennen lassen, von spiegelglatt aus- gebildeten Harnischen mit haarscharf sich abhebender Grenze dargestellt werden. Für die Beurteilung des wirtschaftlichen Wertes dieser mäch- tigen Karbonscholie ist es natürlich wichtig, den genauen Verlauf der Grenzflächen, d. h. ihr Einfallen nach der Tiefe zu kennen bezw. fest- zustellen. In dieser Hinsicht ist es überaus bemerkenswert, dass der neue, im Felde Grossherzog Friedrich auf der zweiten Sohle von Ge- birgsgrenze zu Gebirgsgrenze getriebene Querschlag eine deutliche Di- vergenz der Grenzflächen des Kohlengebirges nach unten erkennen lässt, während auch ältere Beobachtungen in den anderen Grubenfeldern keine Anzeichen darbieten, die auf ein schnelles Auskeilen der Karbonscholle nach der Tiefe zu deuten wären. Was nun die Orientierung der Schich- ten, der Kohlensandsteine und der in diese eingeschlossenen Flöze be- trifft, die vorwiegend aus anthracitischer Kohle bestehen, so richtet diese sich annähernd nach der äusseren Begrenzung der Scholle, was sich ungezwungen durch Schleppung und Umbiegung bei der Einklem- mung und Überschiebung erklären lässt, dagegen wäre bei eventueli grösserer Verbreitung der Scholle nach der Tiefe dort eine ruhigere Lagerung zu erwarten. In den oberen Regionen der Einklemmung sind dagegen die Flöze infolge der durchgreifender dynamischen Einwirkungen in Teilstücke zerrissen, verschoben, von Ruscheln begrenzt und in linsen- förmige Massen zerlegt. Auffallend ist die z. T. sehr bedeutende Mächtig- keit die im sogen. Haupttrum von Hagenbach in einigen Horizonten auf ca. 10 m festgestellt wurde. Der in früherer Zeit in drei geson- derten Feldern vor sich gehende Abbau — in Diersburg, Hagenbach, Berghaupten — beschränkt sich gegenwärtig auf Berghaupten; er er- reicht hier bislang nur eine Tiefe von 120 m, in Hagenbach dagegen 370 m, ist also immer noch weit entfernt davon, ein Koblentiefbau genannt zu werden. Neuere Schürfungen haben die Ausdehnung des Karbon um mehr als 1 km nach Nordosten hin, bis in die Nähe des Kinzigthales, darthun können, wo also noch ganz unverritztes Feld liegt, während es am südwestlichen Ende bei Diersburg unter dem Buntsand- stein und Oberrotliegenden verschwindet und damit zugleich das prä- triadische Alter seiner Einklemmung beweist. Eine wirtschaftlich ratio- — NT — gesprochen labile Lagerung. Hierbei bestehen regionale Unterschiede, welche darauf hinweisen, dass die Luftfeuchtigkeit auf die Temperatur- abnahme nach oben einen wesentlich temperierenden Einfluss ausübt. Für die atlantische Küste ist der durchschnittliche Gradient 1,05°, für die obere Seenregion 1,16°, für den Centralwesten 1,24° und für die centrale Mississippiwasserscheide 1,69°. Unwillkürlich denkt man bei diesen auffallenden Zahlen an jene für Nordamerika ebenfalls charak- teristischen Einsturzbewegungen der labil gelagerten Schichten, die ge- fürchteten Tornados. Immerhin stellen aber die Drachenbeobachtungen nur Beobachtungen bei Tage und zur warmen Tageszeit dar, also zur Zeit der Erwärmung des Bodens durch die Sonne, anderseits aber fallen die Zeiten ganz ruhiger Luft wieder aus, weil zur Erhebung der Drachen mindestens 5 m Windgeschwindigkeit erforderlich sind, labile Zustände bei bewegter Luft sind aber weniger zu erwarten. In grösseren Höhen wird die Tagesschwankung der Temperatur fortschreitend kleiner und so reicht auch die labile Lagerung bei den amerikanischen Drachen- versuchen im Mittel nicht über 600 m hinauf. Das Mittel vom Boden bis 1000 m Höhe giebt einen Gradienten von — 0,73° C. Anders stellen sich die Verhältnisse in Europa. In dem hervor- ragenden, vor 1'/» Jahren erschienenen Werke: ‚Wissenschaftliche Luft- fahrten, ausgeführt vom Deutschen Verein zur Förderung der Luftschiff- fahrt in Berlin,‘ giebt im 3. Bande A. Bersox eine genaue Bearbeitung der 75 Luftfahrten bezüglich der Lufttemperatur. Die durchschnittlich beobachteten Temperaturgradienten pro 100 m betragen zwischen O0 und 1000 m Höhe: im Winter — 0,04°, Frühjahr — 0,49, Sommer — 0,71, Herbst — 0,48, also im Jahresmittel —0,43°. Zwischen 1000 und 2000 m Höhe ist das Mittel — 0,49°, zwischen 2000 und 3000 m sind es —0,52°, von da bis 4000 m — 0,53%, bis 5000 m — 0,64°, bis 6000 m —0,70°. Die Mittel in allen Höhen entsprechen also einer stabilen Lagerung der Luftschichten. Was aber schon auffallend er- scheinen muss, das ist ein deutliches Anwachsen des negativen Tem- peraturgradienten mit der Höhe, ein Anwachsen, welches auch bei noch grösseren - Höhen sich fortsetzt. Einige der Luftfahrten übersteigen 8000 m und der mittlere Gradient nähert sich zusehends dem Werte — 0,99 des indifferenten Gleichgewichts. Das sind nun aber nur die Mittel aus teils stabileu, teils auch labilen Lagerungen. In Höhen von 7000 bis über 8000 m halten die Fälle des beobachteten labilen Gleich- gewichts denen des stabilen annähernd die Wage. Diese Tendenz zur Ausbildung labiler Gleichgewichtslagen in sehr grossen Höhen über dem Boden erscheint mir als das weitaus wichtigste aller Ergebnisse der wissenschaftlichen Luftfahrten, sie ist auch durch die Beobachtungen mit Registrierballons mehrfach bestätigt. So ver- zeichnet TEISSERENc DE Borr am 15. Oktober 1898 für die ganze Höhen- schicht 6500— 7500 m einen Gradienten von — 1,5°. BErson unter- scheidet dreierlei Gruppen labiler Schichtenlagerung, wobei er nur die- jenigen Fälle berücksichtigt, bei welchen auf mindestens 250 m Aus- dehnung die indifferente Lagerung überschritten ist. Die 1. Gruppe bildet zahlreiche Einlagerungen, oft mehrere bei demselben Aufstieg SI RO — beobachtet, bei 18—20 der 75 Fahrten, die 3. Gruppe umfasst solche Fahrten, wo auf eine grosse vertikale Erstreckung von der Erdober- fläche an labiles Gleichgewicht herrschte. Bei 7 Aufstiegen reichte es bis über 1000 m hinaus, bei der Fahrt No. 30 bis 2500 m Höhe. Die wichtigste Gruppe aber ist die 2. Gruppe Berson’s, wo bei einer Anzahl sehr hoher Fahrten im allerobersten Teile der Fahrt labiles Gleich- gewicht angetroffen wurde. Etwa 16 Fahrten erreichten volle 5000 m. Von diesen zeigen 9 in den höchsten Schichten eine Überschreitung des Grenzwertes von —0,99° pro 100 m. Bei No. 72 trat in der ganzen Schicht von 6800—8300 m keine stabile Schichtenlagerung mehr ein. Zu allen Jahreszeiten, besonders aber im Herbst, der Zeit der grössten Beruhigung der Atmosphäre, zeigt sich diese Neigung der hohen Atmosphärenschichten zur Ausbildung labiler Schichtenlagerung. Weder die tägliche Temperaturschwankung der Erdoberfläche in- folge der Einstrahlung bei Tag, der Ausstrahlung bei Nacht, reicht in jene Höhen hinauf, denn dieser Einfluss geht nicht über 2000, höchstens 3000 m, noch bieten in jenen eisigen, fast wasserfreien Regionen die Kondensationen des Wasserdampfs einen etwaigen Erklärungsgrund für die Entstehung labiler Lagerung bei klarem Himmel, selbst die Gegen- sätze der Luftelektricität, denen man vielleicht Schuld geben wollte, verschwinden mehr und mehr mit der Höhe. In diesem hohen atmo- sphärischen Laboratorium muss eine ganz besondere Naturkraft rein und ungestört zum Ausdruck kommen, um eine solche labile Schichtung, eine solche stetige Erneuerung der Vorbereitung von Einstürzen und Umlagerungen der Luftschichten hervorzubringen; denn ein labiler Dauer- zustand, wie ein solcher z. B. Wochen hindurch über Norddeutschland, Nordfrankreich und Grossbritannien im Herbst 1898 geherrscht haben muss, ist ohne fortgesetzte Thätigkeit der ihn erneuernden Kraft nicht denkbar. Vor jetzt gerade 8 Jahren habe ich Ihnen an dieser Stelle einen Vortrag gehalten über ‚‚die Selbstmischung der atmosphärischen Luft, eine Beschränkung des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie‘‘. Trotz- dem ich damals von den jetzt bekannten Thatsachen keine Ahnung hatte, vielmehr der Ansicht war, die Temperaturabnahme, welche in den unteren Schichten etwa 1° auf 140 m beträgt, verringere sich mit wachsender Höhe (für Höhen über 9000 m dürfte dies auch jetzt zu- treffen), so war ich doch der theoretischen Überzeugung, die sich mir heute noch mehr befestigt hat, dass in unserer Atmosphäre infolge der molekularen Bewegungen ein Wärmestrom von oben nach unten ver- laufe, von der kälteren Höhe zur wärmeren Tiefe, solange die Tem- peraturabnahme weniger als 1° auf 73 m oder 1,4° auf 100 m betrage. Was ich damals auch nicht wusste, ist die geschichtliche That- sache, dass die von mir vertretene Anschauung schon während der Jahre 13868—1878 in den Berichten der Wiener Akademie und in der eng- lischen Zeitschrift Nature vertreten, bekämpft und widerlegt wurde, aber, wie ich vor jetzt 3 Jahren in GrrLann’s Beiträgen zur Geophysik nachzuweisen im stande war, widerlegt durch eine Art von mathe- matischem Trugschluss, durch eine unberechtigte Anwendung der für u; unendlich Kleines gültigen mathematischen Regeln. Der frühere Ver- treter dieser Ansicht, nach welcher die Schwere in den Atmosphären der Himmelskörper Wärme von oben nach unten führt, LoscHmipr in Wien, hat bereits die Konsequenzen dieses Vorgangs für unsere physi- kalische Weltanschauung gezogen. Der Pessimismus, nach welchem das Klima unserer Erde einer fortschreitenden Verschlechterung unterliegt, bis der letzte Eskimo bei seiner Thranlampe am Aquator der Erde er- friert, hat keine Berechtigung. Unsere Sonne erhält für die ausgestrahlte Wärme fortlaufend Ersatz durch die Wärme, welche in den Weltraum- gasen durch die Wirkung der Gravitation nach den Massenmittelpunkten hingeleitet wird, so dass die Temperatur eines Öentralkörpers nur ab- hängt von der Grösse seiner Masse. Statt allmählich durch Strahlung zu erkalten, muss umgekehrt die Sonne ihre Temperatur im selben Verhältnis erhöhen, in welchem ihre Masse durch einstürzende Körper wächst, weil das Temperaturgefäll von aussen nach innen um so stärker wird, je grösser die Massenanziehung. Ob dasselbe Gesetz der durch die Schwere bewirkten Temperatur- zunahme nach unten nicht bloss für die gasförmigen Hüllen der Himmels- körper, sondern etwa auch für die feste Erdkruste gilt, wie Loschmipr gleichfalls angenommen hat, wage ich nicht zu entscheiden. Die kleinsten Teilchen unserer Felsen sind nicht in derselben Weise einer fortgesetzten Selbstmischung und Wanderung durcheinander unterworfen, wie die kleinsten Teilchen eines Gases, welche, Projektilen vergleichbar, ihre Geschwindigkeit mit der Höhe verändern. Vielleicht kann das physi- kalische Experiment einmal die letztere Frage entscheiden, vielleicht wegen des erheblich grösseren Temperaturgradienten, der zu erwarten wäre, mit geringerer Schwierigkeit, als dies bei einem Versuch mit Gasen in hohen Röhren der Fall war, den der Physiker HAnsEmAnn im Jahre 1874 angestellt hat. Das damalige Ergebnis war zu unsicher, sprach aber doch eher für als gegen die Loschmipr’sche Ansicht, welche nunmehr durch die hochwichtige meteorologische Thatsache, die wir kennen gelernt haben, eine kräftige Stütze erhalten hat. (A. Schmidt.) Sodann sprach Oberstudienrat Dr. Lampert über „Zur Ver- breitung deutscher Strudelwürmer“. Nach einer kurzen Schilderung des Baues und der Lebensverhältnisse der Süsswasser- planarien griff der Redner drei, gerade durch verschiedene Verteilung besonders ausgezeichnete Arten aus der einheimischen Fauna heraus. Am weitesten verbreitet ist Planaria gonocephala ; sie kommt in ganz Europa, selbst in Japan vor. Beschränkter in ihrem Vorkommen ist Polycelis nigra, während Planaria alpina ausser in ihrer Heimat, den Alpen, ge- wöhnlich nur in den höheren Lagen der mitteldeutschen Gebirge an- getroffen wird. In Württemberg bewohnt sie ganz vereinzelte Stellen der Schwarzwaldbäche, wo sie der Redner nur zweimal antraf. Nach den wertvollen Beobachtungen von Voıgr schliessen sich die drei Arten nahezu aus; Pl. alpina lebt stets im Quellgebiet der Bäche, weiter unten folgt Polycelis, später Pl. gonocephala. An den Grenzen sind zwei aufeinanderfolgende Arten nicht selten gemischt. Beruht dieses Ver- NE halten auch zweifellos z. T. auf den Temperaturverhältnissen der Ge- wässer — Pl. alpina erträgt nur bis 12° C. —, so spielen doch offenbar auch noch andere Faktoren bei dieser lokalen Trennung eine Rolle. Eine direkte gegenseitige Vernichtung scheint nach Voısr’s Unter- suchungen ausgeschlossen zu sein. An einem für Pl. alpina ganz un- gewöhnlichen Fundorte, einem aus dem Löss eines Wiesenthales in Franken entspringenden Bächlein, beobachtete der Vortragende ebenfalls die angegebene Reihenfolge des Auftretens und die Abhängigkeit der Arten von der Temperatur des Wassers. Obwohl die beiden gewöhn- licheren Formen weniger kälteliebend sind, besonders Pl. gonocephala, so scheinen sie sich doch allmählich an kälteres Wasser gewöhnen und gegen die Quellen vordringen zu können. Jedenfalls war Pl. alpina ehedem viel weiter verbreitet als jetzt; sie muss als eine Reliktenform aus der Eiszeit angesehen werden. Dafür spricht auch die Art der Fortpflanzung. Neben der geschlechtlichen durch Eicocons kommt bei den Süsswasserplanarien eine ungeschlechtliche Vermehrung durch Tei- lung vor. Während nun P/. gonocephala nur im Sommer Eier ablegt, findet dieser Vorgang bei P!. alpina nur im Winter statt. Im wärmeren Wasser, z. B. bei Bonn, vermehrt sie sich überhaupt nur durch Teilung, ebenso an der Südseite der Rhön und des Taunus; an der Nordseite dieser Gebirge dagegen tritt geschlechtliche Fortpflanzung auf. Es ver- hält sich also diese Art wie andere nordische Tiere, z. B. die Salmo- niden unter den Fischen, von denen der grössere Teil nordischer Ab- stammung ist, demgemäss Winters laicht. Zum Schluss ermunterte der Redner zum eingehenderen Studium dieser bis jetzt wenig beachteten Tiergruppe und gab Anweisung, wie die Arten am besten zu konser- vieren sind. . (Vosseler.) Prof. Dr. Vosseler zeigte sodann ein durch Direktor v. Zeller überbrachtes neotenisches Exemplar eines unserer gewöhnlichen Molche, Triton taeniatus, vor, das, obwohl noch vollständig Larvenform, also auch mit Kiemen versehen, doch geschlechtsreif ist, und führte die Ur- sachen dieser seltenen Entwickelungshemmung an. Das Tier stammt aus einem tiefen Tümpel bei Winnenden, von wo die Vereinssammlung schon früher durch Direktor v. Zeller neotenische Individuen von drei der häufiger in Württemberg vorkommenden Molcharten erhielt. Ein weiteres, besonders für die anwesenden Ärzte interessantes Präparat erhielt die Vereinssammlung durch Dr. Rosenfeld. Es besteht in ‚einer grossen Anzahl von Larven, welche vier Arten von Fliegen an- gehören (Anthomyia scalaris, canicularis, A. spec. und Teichomyza fusca). Alle diese Larven waren aus der menschlichen Harnblase entleert worden. Ist die Angabe der damit behafteten Person richtig, so würde einer der seltensten Fälle der Infektion eines Menschen mit Fliegenlarven vorliegen, sowohl nach der Art des Vorkommens bezw. Aufenthaltsortes, als auch nach der Zahl der zusammen als Parasiten beobachteten Species. (Vosseler.) u One 4. Oberschwäbischer Zweigverein für vaterländische Natur- kunde. Exkursion nach der Ringgenburg am 9. Juni 1901. Der Einladung des Vorsitzenden, Direktor Dr. Kreuser, zur Teilnahme an der Exkursion leisteten 11 Mitglieder mit 4 Damen Folge, welche sich um 3 Uhr auf dem Ravensburger Bahnhofe zusammenfanden und sich in das auf der Westseite, in halber Anhöhe gelegene Senner- bad begaben, um einen Überblick auf die landschaftlichen Reize der vieltürmigen alten Reichsstadt und die eigentümlichen geognostischen Verhältnisse der Gegend zu gewinnen. Bei der nun beginnenden Wan- derung funktionierten Prof. Bökeler und Öberreallehrer Haug als kundige Führer. Die sehenswerte Höllschlucht mit den für die Anlage von Bierkellern sehr geeigneten unteren Gesimssanden und den oberen quarzigen leicht erodierbaren gelben (Pfo-) Sanden der oberen Süss- wassermolasse wurden von unten bis oben durchzogen und nebenher mancher botanische Fund gemacht. Nach Erreichung der Strasse in Plateauhöhe kam man vorbei an Okatreute um 11 Uhr in den hoch- gelegenen Ort Schmalegg, um alsbald wieder in den tiefen Tobel der Ringgenburg hinabzusteigen und nach Wiedererreichung des Plateaus der Ringgenburg in prächtigem Hochwalde an dem Hofe Schmucker vorbei mächtigen Erdwällen zuzueilen. Letztere schliessen die zwischen den tief eingerissenen Tertiärtobeln befindlichen Höhenrücken quer ab, auf diese Weise ihren Erbauern, den Alemannen, ein.gegen Überfälle gesichertes Lager von grosser Ausdehnung bietend. Bei Wiederüber- schreiten des Ringgenburgtobels gegen das ebenfalls durch Erdwälle be- festigte Vorderschmalegg wurden hübsche botanische Funde gemacht: Orchideen, Platanthera und besonders schöne Cypripedilum Calceolus. Der weitere schattenlose Rückmarsch über die Meckenhöfe gab Ge- legenheit zu beobachten, wie wenige Spuren die Vergletscherung III auf dem westlich von Ravensburg gelegenen Plateau. hinterlassen hat. Nach unbedeutendem Irrwege im Höllwald langte man um 2!/2 Uhr in Ravensburg an, um im „Hotel Hildenbrand‘‘ sich in wohlverdienter Weise bei gutem Mittagsmahl nach dem heissen Gange zu stärken. Der Vorsitzende gab während diesem kund, dass der Verein nunmehr beim Amtsgericht Biberach eingetragen sei, ferner, dass er dem korrespon- dierenden Mitglied Prof. Dr. Leypıc-Bonn anlässlich dessen 80jährigen Geburtsfestes die Gratulation des Vereins dargebracht und darauf ein freundliches Dankschreiben erhalten habe; dann sprach er den Führern der Exkursion den Dank der daran beteiligten Mitglieder aus und schloss mit einem Hoch auf die Damen. Es folgte dann von 5—7'/2 Uhr ein Gang zum Flattbachweiher, vorbei an den Kiesgruben und unter Be- sichtigung des Privatgartens von Oberreallehrer Haus mit seinen geo- gnostischen Pyramiden aus Gesteinen des Schwarzwalds (prachtvoller Porphyrgranit), des schwäbischen Unterlands und der Alb von der Trias bis zum weissen Jura und des Hegaus mit Basalten, Phonolithen mit Natrolith. Zum Schlusse wurde noch ein Stündchen in geselliger Ver- einigung auf der Veitsburg verbracht. (Dittus.) Ba 1 22. Hauptversammlung zu Aulendorf am 2. Februar 1902. An der Hauptversammlung, die wie gewöhnlich im „Löwen“ statt- fand, beteiligten sich 43 Mitglieder. Einem Teil der im Allgäu wohnen- den Mitglieder war der Besuch durch die infolge grosser Schnee- verwehungen eingetretenen Bahnbetriebsunterbrechungen unmöglich ge- macht, und so musste insbesondere auch der von Herrn Reg.-Baumeister Dittus-Kisslegg zu erstattende Jahres- und Kassenbericht, sowie ein von demselben angekündigter geognostischer Vortrag ausfallen. Um 4!/a Uhr wurde die Versammlung durch den Vorsitzenden Direktor Dr. Kreuser- Schussenried eröffnet, welcher Grüsse von Prof. Dr. Leypıc-Würzburg, Prof. WEIGELIN-Stuttgart, Pfarrer Dr. EnGer- Eislingen u. a. übermittelte, und Abschiedsworte anlässlich seiner Amts- niederlegung wegen Übersiedelung nach Winnenthal an den Verein richtete. Fabrikant Fr. Krauss-Ravensburg sprach den Dank des Vereins aus für 5jährige Mühewaltung bei der Leitung des Vereins, ebenso Prof. Dr. Fraas-Stuttgart im Namen des Hauptvereins. Dr. Kreuser dankte für die ihm ausgesprochenen Änerkennungsworte und Glückwünsche. Sodann hielt Prof. Dr. Fraas einen Vortrag: „Aus dem Lande der Dinosaurier‘, in welchem er seine Beobachtungen und Erleb- nisse auf einer im Vorjahre ausgeführten Reise nach dem Westl. Nord- amerika schilderte (vergl. oben S. LX und LXV). Nach einer Pause kam der mit der Stadt Biberach abgeschlossene Vertrag über Aufstellung der Vereinssammlung im oberschwäbischen Museum dorten zur Verhandlung, der nach einigen Änderungen ein- stimmig angenommen wird. Hierauf wurde vom Vorsitzenden auf die am 24. Juni (Johannisfeiertag) in Biberach stattfindende Haupt- versammlung des Hauptvereins hingewiesen und dazu eingeladen. Bei der nun folgenden Vorstandswahl wurde auf Vorschlag von Stadtschultheiss Müller-Biberach das seitherige Ausschussmitglied Fabrikant Fr. Krauss-Ravensburg gewählt, welcher die Wahl annahm. Auch der Schriftführer und Kassier, sowie die anderen Ausschuss- mitglieder wurden wieder gewählt, wobei Öberförster Wölfle von Schussenried neu eintrat. Hofgärtner Schupp von Wolfegg zeigte dann eine grössere Sammlung Ericaceen vor und Dekan Knapp -Ravens- burg widmete dem scheidenden Vorsitzenden Medizinalrat Dr. Kreuser poetische Abschiedsworte. Nach Schluss der Sitzung erfreute Prof. Dr. Fraas die Anwesenden durch Mitteilung von Reiseerlebnissen und Einzelheiten aus Süd-Dakota in den Badlands als Fortsetzung seines Vortrages. r (Dittus.) 5. Schwarzwälder Zweigverein für vaterländische Naturkunde. | Versammlung zu Tübingen am 21. Dezember 1901. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Koken-Tübingen, eröffnete die im Hörsaal des Zoologischen Instituts stattfindende Versammlung mit einer Begrüssung der zahlreich erschienenen Mitglieder und Freunde des — DV Vereins. Er überbrachte eine Einladung zu der am 27. Dezember in Stuttgart abzuhaltenden Winterversammlung des Hauptvereins und schlug zum Vorsitzenden des Zweigvereins für das kommende Vereins- jahr Prof. Dr. Blochmann vor, der die Wahl dankend annahm. Als erster Redner machte Prof. Dr. Häcker-Stuttgart Mit- teillungen über Befruchtung und Vererbung. Seit der Ent- deckung O0. Hrrrwig’s wissen wir, dass der Befruchtungsvorgang bei den Vielzelligen in der Vereinigung der Eizelle und Samenzelle und der Verbindung ihrer Kerne bestehe. Diesem Vorgang kommt zweifellos eine doppelte Bedeutung zu: es wird durch den Reiz, den die ein- dringende Samenzelle ausübt, die Eientwickelung ausgelöst, und zweitens werden zwei Vererbungstendenzen, eine vom Vater und eine von der Mutter herrührende, miteinander vermischt. Als substantieller Träger dieser Vererbungstendenzen nimmt man die Kernsubstanz, speciell das „Chromatin‘‘ der Kerne an. Nach dem bisherigen Stand der Kennt- nisse glaubte man bei der Befruchtung eine vollständige Verschmelzung der beiden Geschlechtskerne als typisch betrachten zu müssen. Dem Redner gelang es indessen bei gewissen Krebstieren (Copepoden) zu zeigen, dass diese Vereinigung keine innige ist, dass vielmehr eine Selbständigkeit oder Autonomie der väterlichen und mütterlichen Kern- substanz vom befruchteten Ei durch die ganze Entwickelung hin- durch bis zur Entstehung der Fortpflanzungszellen vorliegt; und diese Erscheinung dürfte, wie aus der Litteratur hervorgeht, eine weite Verbreitung bei Tieren und Pflanzen haben. Es werden durch diese Beobachtungen verschiedene Vererbungserscheinungen, namentlich die bei den Bastardierungsversuchen von CoRRENsS gemachten Befunde, ver- ständlich gemacht, wie sie denn auch eine Stütze für die WEısmann’sche Vererbungslehre bilden. (Häcker.) Im Anschlusse hieran berichtete Dr. Winkler-Tübingen über den derzeitigen Stand der Untersuchungen über Teilbefruchtung (Merogonie). Die Brüder Hrrrwis, BovErı und Yves DerAce haben durch Experimente an den Eiern von Seeigeln und einigen anderen Tierarten festgestellt, dass kerınlose Teilstücke reifer Eier, die von Samenfäden befruchtet werden, sich in normaler Weise entwickeln. WınKkLer hat nun das gleiche Verhalten bei den Eizellen eines Tanges, der Oystosira barbata, nachgewiesen. Also ist auch hier der Eikern nicht nötig zur Entwickelungsfähigkeit. Anderseits sind auch vom Sperma nur bestimmte Substanzen notwendig, da sich eine Entwicke- lung des reifen Eies auch ergiebt, wenn man Spermaextrakt ohne jedes lebende Samentierchen darauf einwirken lässt. Und nach den Versuchen von Low wird die Entwickelung reifer Seeigeleier auch durch den Zusatz von Magnesiumsalzlösungen von bestimmter Konzentration zum Seewasser ausgelöst. Ob es sich hierbei um chemische oder osmotische Vorgänge handelt, ist vorläufig noch nicht zu entscheiden. Prof. Dr. Koken-Tübingen berichtete über ein vor kurzem ge- fundenes Exemplar eines Ichthyosaurus mit enormem, spiessartig ver- längertem Oberkiefer. Durch diesen Fund ist die Existenz einer Art mit derartig unzweckmässig verlängertem Oberkiefer, dessen Länge sich SUNON zu der des Unterkiefers verhält wie 3:1, definitiv festgestellt. — Ferner sprach Prof. Dr. Koken die Vermutung aus, dass die fossilen Arten Microlestes und Triglyphus zu vereinigen sein möchten, da beide Arten nur nach wenigen erhaltenen Zähnen aufgestellt sind, die voll- kommen als Ober- und Unterkieferzähne der gleichen Art zu einander passen würden. Ob es sich dabei um einen Säuger oder um ein Reptil mit hochentwickelten Zähnen handelt, muss noch dahingestellt bleiben. — Weiter sprach noch Prof. Dr. R. Hesse - Tübingen über die Orien- tierung fliegender Insekten. Schwärme von Mücken und an- deren Fluginsekten halten sich oft wie festgebannt an einer bestimmten Stelle des Raums, besonders gern um hochragende Gegenstände, Bäume oder Türme, oder über Wegen oder sonst abweichend gefärbten Boden- strecken, und lassen sich auch durch leichten Windzug nicht von dem gewählten Platz vertreiben. Dass auch einzelne Insekten oft mit er- staunlicher Hartnäckigkeit immer wieder an dieselbe Stelle zurückkehren, ist ja bekannt. Welcher Sinn den Insekten, insbesondere auch den zum Stock heimkehrenden Bienen, diese genaue Orientierung gestattet und welchen Anteil das Gesicht daran hat, ist zur Zeit noch nicht auf- geklärt. — Auch in der sich an den Vortrag anschliessenden Diskussion wurden hierüber die verschiedensten Ansichten geäussert. Schliesslich gab Dr. Lange-Tübingen interessante Mitteilungen über das Vorkommen einer seltenen Nacktschnecke, Amalia gracilis, in der Umgegend von Tübingen, und über seine Resultate bei der Züch- tung von Dyticus marginalis aus den Larven. Er sprach ferner über ältere zoologische Bilderwerke, unter denen neben dem klassischen Werke RösEn’s von ROSENHOF auch die Kupferstiche HorrnAceEn’s (16. Jahr- hundert) einen hohen Wert besitzen. Eine ausgestellte Sammlung solcher Kupferstiche wurde mit grossem Interesse besichtigt, ebenso wie die zahlreichen vom Zoologischen Institut aufgestellten neuen Fischpräparate. An den wissenschaftlichen Teil der Tagung schloss sich ein ge- meinsames Mittagessen im „Lamm“, nach welchem ein Teil der Gäste unter Führung von Prof. Koken das neuerbaute geologische Institut besichtigte, um dann später noch eine kleine Exkursion auf die erste Anhöhe vor Waldhausen auszuführen, wo Prof. Koken im Hangenden eines Stubensandsteinbruches eine prächtig erhaltene Moräne vorzeigte. Die Lokalität liegt etwa 400 m über dem Meere, also etwa 80 m über . der heutigen Thalsohle des Neckars und der Ammer, und zeigt statt- liche eckige Quadern von allerlei Gesteinen (Lettenkohle, Keuper, Lias), in bunter Mischung in feinem Grus und Sand eingebettet. % ‚a e 080 5 PEIC, ml a: n iR r NL ac beide zo RB. na Rh N 1 gay SCH r lu NE REN CH dan B 90 EUER 1er N af „ag 2, “rt > 4 R&B + A al „ir N or Wi ri vi . { 135 3 a M- ‚ [i ” ! “ # < u we a Bi / Er j A ECHAE £ AN Br ' or 117 IE Peer . dan WW R a nd, a usa ae WRRIETNT (u } hi arbeit al will ur) ANEn. 1 Ö Pe er as Hola Moll aaia ano Ta N; a4 bene ug 9 aAoA at 0% lie NEmE, a ort Alu olkıan: Hlagkım Fa re Biere olasrncl N Sr NET url, ORlk, ‚Aryahl ru ne a DO, ‚ Ar aa zuh ie. bus, # Aufl ‚ah dealer “), msi | A MR “ . es Beyre! u BETH er u N Be Bu j A, Pr | NnıFz DET EN ro IIl. Original-Abhandlungen und Mitteilungen. Bemerkungen zum Diluvium in Rottweils Umgebung. Von F, Haag (Tübingen)!. Mehrere in den letzten Jahren erschienene Arbeiten über das Diluvium tragen Wesentliches zum Verständnis dieser jüngsten geo- logischen Bildung bei. Eine dieser Arbeiten ist allen Mitgliedern unseres Vereins bekannt; sie ist im vorigen Jahre in den Vereins- heften erschienen und heisst „Beitrag zur Bestimmung der früheren Ausdehnung der Flussthäler der schwäbischen Alb“ von Bauinspektor GucenHan. Bei seinen hydrotechnischen Untersuchungen hat G. be- merkt, dass die meisten Thäler der linksseitigen Donaunebenflüsse, die sich bis zur heutigen europäischen Wasserscheide erstrecken, an dieser Scheide wie abgeschnitten, als sogen. Thalstumpen, ohne Thalabschluss endigen. | In nächster Nähe haben wir einen solchen offenen Thal- einschnitt; es ist dies die Einsenkung zwischen Lemberg und Heu- berg, in welcher das Beerathal als offenes Thal beginnt. Die schwächeren Einsenkungen im Profil des Heubergs bezeichnen den Beginn von der Donau zuführenden Trockenthälern, Stellen, an denen die Wasserscheide bis zum Steilrand herantritt. Man kommt hier unwillkürlich zu dem Schluss, dass diese Thäler, wie auch das tief- eingeschnittene Beerathal, weiter westlich begonnen haben mögen zu einer Zeit, als die Alb in dieser Richtung vorgeschoben war. Eine grössere Ausdehnung der Alb gegen den Schwarzwald hin hat schon Derrner für wahrscheinlich gehalten, Branco und STEINMAnNN haben Beweise dafür erbracht. Der erstere hat in der ı Vortrag bei der Generalversammlung in Rottweil am 23. Juni 1901. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 3 Man ser Röhre eines tertiären Vulkans (Embryos) Stücke von weissem Jura entdeckt, der letztere in einer Höhe von 1020 m ın der Nähe des Feldbergs Juranagelfluhe gefunden. Es soll hier ein uns näher liegender Punkt eingehender besprochen werden. Auf der Wasser- scheide zwischen Ebingen und Lautlingen hat die Bahnlinie über 11 m tiefen Kies angeschnitten. Den Betatrümmern sind Epsilonmar- more und rötliche Deltastücke beigemengt, welche an den anstossenden Gehängen nicht anstehen. Der alte Fraas hat in der Balinger Ober- amtsbeschreibung angenommen, dass der Kies durch Schmiecha auf- wärts geschobenes Gletschereis abgelagert sei. Wir nehmen jetzt mit GuGENnHAN an, dass der Kies durch Wasser angeschwemmt ist, welches dem heutigen Eyachlauf entgegen von Balingen her der Donau zufliessend die von der Eisenbahn angeschnittenen Geschiebe an ihre jetzige Stelle gebracht hat. Auffallend bleibt immerhin die grosse Mächtigkeit der Aufsehüttung. Eine ähnliche von 6 m Mächtig- keit finden wir in 950 m Höhe ganz in der Nähe des Steilabfalls, da wo die Steige von Balgheim auf den Dreifaltigkeitsberg das Birenthal erreicht. Tierreste aus diesen Kiesen, auf welche ich die Herren von Spaichingen aufzumerken bitte, wären von grosser Be- deutung. Im Jahre 1899 hat Prnck in den Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees seine Gedanken über die Thalgeschichte unserer Flüsse ausführlich dargelegt. Die alten Flüsse, welche in nahezu parallelen Thälern der südöstlichen Abdachung der Alb folgten, nannte er „Folgeflüsse“. Sie mündeten in das schwäbisch-bayrische Miocänmeer und nach dessen Rückzug in die Donau. Die alte Jura- decke ist grösstenteils zerstört. In den zwischen Schwarzwald und Alb ausgeschnittenen Niederungen bildeten sich „Schichtflüsse“. Ein solcher ist die Brigach von Villingen bis Donaueschingen. Westlich von ihr ziehen sich wieder echte Folgethäler an der Abdachung des Schwarzwaldes herab, die Penck mit den tieferen Thälern des Alb- durchbruches verknüpfen möchte. So erblickt er im oberen Brigach- thal die Wurzel der Elta, in der Eschach die Wurzel des entwurzelten Faulenbachs. Zur Zeit als diese alten Folgeflüsse zu fliessen be- gannen, war die Baar mit ihren niederen Wasserscheiden noch nicht vorhanden und dies ist der Grund, warum die Donau die Alb durch- bricht, anstatt dem Neckar oder der Wutach zuzufliessen. Die Ur- sache der Ablenkung der Eschach zum Neckar sucht Penck im Ein- bruch der mittelrheinischen Tiefebene. Die Zuflüsse des Rheines erhielten ein grosses Gefälle und bohrten ihre Wurzeln weiter und a weiter in die südwestdeutsche Stufenlandschaft hinein. Im alten Eschachfaulenbachthal bildete sich als „Gegenfluss“ die Prim und der Faulenbach zeigt jetzt noch ein über seine Verhältnisse grosses Thal; „er pendelt hin und her, wie ein abgemagerter Körper in einem weiten Gewande.“ Penck und GuGEnHAN decken sich in ihren Grundgedanken; beide erkennen im Faulenbachthal das untere Ende eines ehemaligen Flusses von grossem Einzugsgebiet. 90 m über der Prim, 690 m über dem Meer, liegen bei Denkingen Schwarzwald- gerölle, die lange schon die Aufmerksamkeit der Geologen beansprucht haben. Neuerdings nimmt Prnck Veranlassung, diese Gerölle mit den über dem rechten Ufer der Eschach bis zu 740 m Höhe liegenden Schottern in Verbindung zu bringen, um damit einen Beweis für die Existenz des alten Folgeflusses Eschach-Faulenbach zu liefern. Die grosse Höhe über der Prim und der Verwitterungsgrad haben mich veranlasst, die Denkinger Gerölle den ältesten Diluvialbildungen zu- zurechnen; ich habe bei meinen früheren Untersuchungen der Ver- mutung Raum gegeben, dass sie von Wurmlingen her an ihre jetzige Stelle gelangt seien, da dort Schwarzwaldgerölle liegen, habe auch in einer Zuschrift an Pznck angedeutet, dass die Donau infolge einer Stauung durch Gletschereis emst über Spaichingen in den Neckar geflossen sei; ist ja doch längst bekannt, dass der Rheingletscher bei Sigmaringen sich über die Donau hinaus erstreckt hat (s. Nachtrag). Diese Vermutung wird bei Koken zur Gewissheit, wenn er schreibt: „Zweifellos ist bei Sigmaringen das Donauthal einst durch den Rheingletscher gesperrt gewesen. Der Fluss musste dadurch geradezu gezwungen werden, mindestens einen Teil seines Wassers über Spaichingen zum Neckar zu senden.“ (Beiträge zur Kenntnis des schwäb. Diluviums. N. Jahrk. £. Min. u. Geol. Beil.-Bd. 1901. 8153.) | Schon bei den ältesten Diluvialgebilden habe ich geglaubt, insofern ein gegen Norden gerichtetes Gefäll annehmen zu müssen, als sie westlich von Rottweil nicht über 700 m hinaufreichen, da- gegen weiter südlich bei den Hinterhölzern und beim Wildenstein bis zu 740 m hinaufgehen. Damit würden wir uns in Überein- stimmung mit Koken befinden, der den Satz aufstellt, das Vorhanden- sein der Thäler in ungefähr ihrer jetzigen Tiefe werde schon zu Beginn der Diluvialzeit als Thatsache gelten können. Durch meine Beobachtung wird wahrscheinlich, dass die erste Anlage des Neckar- thals in den Beginn der Diluvialzeit fällt; von seiner Vertiefung wird im folgenden die Rede sein. 1* ee Für die vorherrschend aus Jura bestehende zweite Zone habe ich ein deutlich gegen Norden gerichtetes Gefäll nachgewiesen. Ihr westlicher Rand lässt sich vom Schopfelenbühl (711 m) über die Höhen links vom Neckar bei Deisslingen (670 m), bei Rottweil 655 m bis zum Hohenstein verfolgen. Rechts vom Neckar ist sie grössten- teils zerstört. Zweifellos gehören aber Jurageschiebe hierher, die in der Nähe der Schwedenschanze in 600 m Höhe liegen. In dieser zweiten Zone habe ich Granite, Gneise und Porphyre gefunden, die nicht aus dem Gebiete des Neckars stammen; die Porphyre von Königsfeld finden sich erst in der dritten Zone; der von SCHALCH im oberen Fischbachthal nachgewiesene Granit ist anderer Art, als manche dieser Granite. Diese Schwarzwaldgesteine können also nur aus dem Donauthal stammen. Im Neckarthal zwischen Kunstmühle und Viadukt ist eine Stelle, an welcher nur 20 m über dem Neckar Juranagelfluhe liegt; die tiefe Lage dieser noch an vielen anderen Stellen der zweiten Zone gefundenen Nagelfluhe macht es wahr- scheinlich, dass die Gerölle dieser Zone 9D m Höhe über der da- maligen Thalsohle des Neckareinschnitts bei einer Breite von mehreren Kilometern erreichten. Das vorhandene Thal war eben beim Ein- bruch der Donau zu schmal. Die Stauung der Gewässer führte zu enormen Kiesablagerungen. Wir befinden uns hier wiederum in Übereinstimmung mit Koken, für welchen wie für Branco die hoch- gelegenen Schotter kein Massstab für die seither erfolgte Vertiefung der Thalsohle, sondern für den Umfang einer früheren Auffüllung sind. Infolge der Stauung wurden aber auch noch Nebenthäler der Donau wie das Eltathal bis über 700 m mit Geröllen angefüllt. Hier liegen auf der Höhe der Strasse von Tuttlingen nach Thalheim am Fuss des Konzenbergs Jurabreccien in 716 m Höhe. In den Thälern oberhalb Donaueschingen findet man ungeheure Mengen von Schottern in 730 m Höhe. Ich bin überzeugt, dass zu einer gewissen Zeit die oberste Donau ihren Weg über Dürrheim und Schwenningen gefunden hat. Nur so erklärt sich das breite Thal und die That- sache, dass hier Schwarzwaldgesteine gefunden werden. Auf dem Schopfelenbühl kommen dann in 710 m Höhe von den Vorbergen des Lupfen herab Schotter von Lias und Braunjura (Grus) mit Quarz- geröllen, bei Dauchingen Buntsandstein und Porphyr. Wenn hier zweifellos der Zusammenhang mit den Jurageschieben der zweiten Zone (bei Rottweil 650 m) nachgewiesen ist, so wissen wir also, dass die Schotter und Gerölle des Schopfelenbühls der Hochterrasse zuzurechnen sind. Die obere Grenze dieser Terrasse hat ein Gefälle — 9) a von nur !/a°/o; es liegt nahe, hier an einen Gletscher zu denken. Die enorme Masse der Gerölle kann aber auch durch Stauung und ihr Gefälle durch wiederholte Stauungen erklärt werden (s. Nachtrag). Vor unserem inneren Auge entrollt sich nun ein wechselvolles Bild von dem Zustand der hiesigen Gegend in der Diluvialzeit. Zwar wissen wir nicht mit Sicherheit zu sagen, ob zu Beginn dieser Zeit die in ruhiger Thätigkeit verharrenden Folgeflüsse Prncr’s an der Arbeit waren, das Land nach der Donau zu entwässern, oder ob nicht schon damals die Wasser durch den Neckar gen Norden geführt worden sind. Jedenfalls war zu Beginn der Diluvialzeit die Stettener Höhe durch das Schichtthal der Eschach vom Schwarzwald abgetrennt. In der grossen Eiszeit wurde die Donau zuerst über Spaichingen, dann auch über Schwenningen dem Neckar zugedrängt. ‘Der enge Thaleinschnitt vermag die Menge der beigeführten Schotter und Gerölle nicht zu fassen; besonders schmal ist die Pforte beim Hohenstein. Bei Rottweil werden die Kiesmassen bis zu einer Höhe von 650 m, bei Tuttlingen über 700 m, bei Donaueschingen in noch grösserer Höhe übereinandergeschüttet. In der Umgebung kalk- haltiger Quellen werden sie zu Nagelfluhen verkittet. Die vom Jungbrunnen und Neukirch herabfliessenden Bäche finden ihren alten Weg zum Neckar versperrt, sie fliessen über das Harthaus dem Neckar zu. Der Knollenbach, vielleicht auch die Prim, vereinigen sich zeitweilig mit ihnen. Vom Schwarzwald her dringt ein Gletscher durchs Eschachthal bis Rottweil, ein breites Thal in die Geröllaufschüttung grabend. Mit der ungeheueren Masse der Schotter und Gerölle wird auf- geräumt, sobald nach dem Rückzug des Rheingletschers die Donau in der Interglacialzeit ihren alten Lauf wieder findet, also der Nach- schub von Geröllen aus dem Donauthal aufhört. Nachtrag. Tuttlingen liegt in 645 m Höhe. Ersteigt man eine der über 800 m sich erhebenden Höhen, die das Donauthal in Tuttlingens Umgebung bekränzen, so findet man unten im Juraschotter ziemlich häufig gerundete Schwarzwaldgesteine (Quarz, dunkle Hornsteine, Buntsandstein), seltener kantengerundete oder auch völlig gerundete Stücke von Basalt bis zu 2 dm Durchmesser, die vom Wartenberg bei Geisingen kommen. Diese Geschiebe ziehen sich auch noch bis auf 4 km Entfernung von der Donau in Seitenthäler hinein. In re 700 m Höhe findet man nur noch Juraschutt. An mehreren Stellen in der Höhe S0O0O m und darüber liegen wieder Schwarzwaldgerölle, so am Fussweg von Tuttlingen nach dem Konzenberg. Wo bei den Steinen der Landesgrenze die Höhe 860 m erreicht wird, findet man Quarzgerölle, gebleichte Buntsandsteine mit Verwitterungsrinde, Quarz- grus und wenig Jura, abwärts gegen den Konzenberg noch ver- einzelte Quarzgerölle im Jura. Östlich von Wurmlingen gehen am Fuss des Kapfs die Schwarz- waldgerölle bis 680 m, am Hang des Bergs erscheinen Quarzgerölle bei 800 m, oben (839 m) habe ich keine gefunden. Ich habe nun früher geglaubt, die Denkinger Gerölle mit den oberen Geröllen bei Tuttlingen-Wurmlingen verbinden zu müssen, um ein mir notwendig scheinendes Gefälle zu bekommen. Wenn aber die Donau vor ihrem Einbruch in das Neckargebiet eine Wasser- scheide von 690 m Höhe zu überwinden hatte, so standen die Denkinger Gerölle mit der unteren Geröllzone bei Wurmlingen-Tutt- lingen in Zusammenhang und gehören also nicht zu den ältesten Diluvialgebilden, wie die obere Zone, sondern zur Hochterrasse (s. 'Koken a. a. O. S. 152 u. 153). Zwischen Frittlingen und dem Eichhoferwald durchbricht die Prim eine Schwelle von ungefähr 690 m Höhe. Wir erhalten viel- leicht ein richtiges Bild durch die Annahme, dass die am Nordfuss der Schwelle fliessende, vom Fuss des Hohenbergs herkommende Starzel schon zu Beginn der Diluvialzeit dem Neckar zugeflossen sei, während die Wasserscheide gegen die Donau durch diese Schwelle gebildet wurde. Bemerkt mag noch werden, dass die Schwarzwaldschotter im obersten Aitrachthal auf der Wasserscheide gegen die Wutach in 705 m Höhe liegen. Ohne Zweifel könnte die Wutach durch die Stauung der Donau zur Veränderung ihres Weges veranlasst worden sein, dann aber sind jene Schotter zur nämlichen Zeit abgelagert worden und zeigen eine schwache Steigung. Eine stärkere macht sich im Eltathal geltend, wo, wie schon bemerkt‘, zu Breccien zu- sammengebackene, wenig transportierte Juraschotter in der Höhe 716 m gefunden werden. Sei es nun Folge allmählichen Steigens, oder einer etwa durch reichliche Zufuhr von Juraschutt zwischen Donaueschingen und Tuttlingen eingetretenen Stauung, sicher ist, dass die Schotter bei Donaueschingen die Höhe 720—730 m, bei Villingen nach Schauch 730—750 m erreichen. Auch bei Schwenningen und Dauchingen trifft man Schwarz- Ar waldgeschiebe in 720—730 m Höhe. Die zu überwindende Schwelle mag sich von Dauchingen gegen Trossingen erstreckt haben; ihren Nordfuss bespülte die Steppach. Zur Erklärung der hier bestehenden eigenartigen Verhältnisse kann man annehmen, dass sich erst hei Überwindung der Schwelle der Thaleinschnitt westlich vom Schopfelen- bühl gebildet habe, oder dass die Schwelle vom schmalen Neckarthal an der nämlichen Stelle schon durchschnitten gewesen sei. Jedenfalls wurde der schmale Einschnitt durch die von der Donau herbei- geführten ungeheuren Schottermassen ausgefüllt; wie schon bemerkt, kam von den Vorbergen des Lupfen Lias und Braunjura. Ein bei Dürrheim gefundenes gerundetes Stück Basalt scheint darauf hin- zudeuten, dass auch vom Wartenberg her Schotter gebracht worden sind. Nach Aufschüttung der Schotter hat sich das Wasser am Fuss der leicht zu erodierenden Keuperstufe östlich vom Schopfelenbühl einen neuen Weg nach Deisslingen ausgearbeitet. Nach Wegräumung der Schotter hat es östlich Dauchingen sein altes Bett, bezw. den alten Unterlauf der Steppach wieder gefunden. Mitteilungen über die Bestäubungseinrichtungen der Blüten. Von Prof. Dr. ©. Kirchner. 3. Mitteilung (Schluss) '. 71. Primula spectabilis Trart. Auch diese Primula-Art, welche von mir am 10. Juni 1897 auf dem Monte Baldo untersucht wurde, schliesst sich der grossen Mehrzahl der heterostylen Arten dieser Gattung an. Der 8 mm lange Kelch umschliesst eine Kron- röhre von 10 mm Länge und 2'/g mm Dicke, der Kronsaum hat einen Durchmesser von ca. 25 mm und besteht aus 12!/g mm langen Zipfeln, die am vorderen Ende 10 mm breit sind. Die schöne rot- violette Farbe des Saumes geht am Schlunde in eine weissliche über. In der von mir beobachteten langgriffeligen Form steht die Narbe ca. 10 mm hoch über dem Blütengrunde im Eingang zur Kronröhre, die Antheren sitzen um 6—”7 mm tiefer. 72. Androsace lactea L. (Knurs, Handbuch II, 2, S. 307 £.). Hinsichtlich der Blüteneinrichtung der Androsace-Arten, von denen mehrere durch H. MüLLer, Kerner, BRriquer und den Verfasser unter- sucht worden sind, liegen sowohl über Vorkommen von Heterostylie wie über Vorhandensein von Nektar einander widersprechende An- gaben vor. Kerner (Pflanzenleben II?, S. 275) erwähnt die Gattung Aretia, ohne die Species näher zu bezeichnen’, als heterostyl, doch wird diese Angabe von keinem der späteren Beobachter bestätigt. Die Ausscheidung von Nektar, welche von H. Mürzer für die von ihm untersuchten Arten A. septentrionalis L., A. Chamaejasme Host, A. obtusifolia Aur., A. glacialis Hoprz, A. helvetica Gaup., A. imbri- ! Vergl. diese Jahreshefte Jahrg. 1900. Bd. 56 S. 347—384 und Jahrg. 1901, Bd. 57 S. 1—42. 2 Kerner kann bei dieser Angabe die heterostyle Aretia (Gregoria, Douglasia) Vitaliana L. nicht im Auge gehabt haben, da er auch die Gattung Gregoria unter den heterostylen aufführt. Er cata Hoppe und A. pubescens DC. nicht erwähnt wird, giebt Kerner als bei den Androsace-Arten vorhanden an, wogegen wiederum BRIQuET sie bezweifelt, da er weder bei A. lactea L. noch bei A. villosa L. sich von ihrem Vorhandensein überzeugen konnte. Indessen hat schon VaucHer (Histoire physiologique des plantes d’Europe. t. II, p. 733) die Nektarabsonderung beobachtet und auch ich kann sie für A. obtusifolia Aun., A. villosa L., A. Haus- manni Ley. und A. lactea L. bestätigen. Die -Blüteneinrichtung der letztgenannten Art ist von BriQuer kurz beschrieben worden; sie stimmt, wie ich an Pflanzen des Hohenheimer botanischen Gartens am 20. April 1893 und in Sünpermann’s Garten in Lindau am 3. Juni 1900 beobachtete, im wesentlichen mit derjenigen der verwandten Arten überein. Die Blüten sind homogam mit unvermeidlich ein- tretender spontaner Selbstbestäubung. Der aufrecht stehende Kelch ist grün und von einer trichterförmig-glockigen Gestalt, mit einer ca. 3 mm langen Röhre und 5 spitzen, 2 mm langen Zähnen. Die Krone besitzt eine grünlichgelbe, 2!/g mm lange und eben so weite Röhre, welche an ihrem oberen Ende durch eine Einschnürung so zusammengezogen ist, dass ihr Eingang nur einen Durchmesser von kaum 1 mm zeigt. Dieser Eingang ist von 5, ein Fünfeck mit abgestumpften Ecken bildenden glatten gelben Wülsten umgeben. Der Kronsaum ist milchweiss mit gelbem Schlunde, an eben auf- gegangenen Blüten beckenförmig hohl und von einem Durchmesser von ca. 10 mm, aber während des Blühens wächst er noch etwas heran und breitet sich fast flach aus, so dass schliesslich der obere Krondurchmesser etwa 15 mm beträgt. Unmittelbar hinter dem Ein- gang in die Kronröhre stehen die 5 gelben Antheren, welche während der ersten Zeit des Blühens sich mit ihren Spitzen unmittelbar über der Narbe schräg zusammenneigen und nach innen aufspringen, so dass immer ein Teil des Pollens auf die bereits entwickelte Narbe herabfallen muss. Später ziehen sich die Antheren, nachdem sie verwelkt sind, unter den vorspringenden Rand des Einganges der Kronröhre zurück und geben dadurch den Weg zur Narbe frei. Hierdurch ist in älteren Blüten bei stattfindendem Insektenbesuch Fremdbestäubung begünstigt. Im Blütengrunde steht ein verkehrt- halbkugeliger Fruchtknoten von grüner Farbe und 1 mm Höhe, der auf seiner oberen, abgeflachten Seite kleine, dort abgesonderte Nektartröpfchen trägt; auf ihm ist ein weisser, 1 mm langer Griffel eingefügt, der mit einer gelblichen Narbe von der Form einer flachen runden Scheibe endigt. a 73. Androsace villosa L. (Knura a. a. O.). Saftmal und Saftdecke dieser Art hat schon SPRENGEL (Das entdeckte Geheimnis, S. 101) beschrieben; über die sonstige Blüteneinrichtung äussert sich Briquer, dass sie ganz mit der von A. lactea übereinstimme; nur sei die Krone etwas grösser, zeige anfangs eine fleischrote Färbung rings um den Eingang in die Kronröhre und werde im Alter voll- ständig weiss. Einige Einzelnheiten lassen sich nach meinen Beob- achtungen im Hohenheimer botanischen Garten (16. April 1893) und in SÜNDERMANN’s Garten (3. Juni 1900) den Angaben von BRrigquEr und von J. MacLeop noch hinzufügen. Der Blütenstand ähnelt wegen des dichten Beisammenstehens der kurz gestielten Blüten sehr dem von A. Chamaejasme. Der 5 mm lange, fast halbkugelige Kelch ist an seiner Aussenseite weisszottig und hat eine 3 mm lange Röhre. Die Grösse der Krone variiert etwas ‘auf verschiedenen Stöcken, so dass der Durchmesser des aus 5 eiförmigen Zipfeln ge- bildeten Saumes 7—10 mm beträgt; an den von mir untersuchten Exemplaren war der Schlund anfangs goldgelb, an älteren Blüten aber pfirsichblütrot gefärbt. Der kaum 1 mm weite kreisrunde, von 5 Schwielen umgebene Blüteneingang führt in die eiförmige gelbe Kronröhre, deren Länge 4 mm und deren Weite in mittlerer Höhe 21/8 mm beträgt; der Eingang ist durch die nach innen zusammen- neigenden 5 Antheren, welche auf kurzen Filamenten etwas ober- halb der Mitte der Kronröhre eingefügt sind, verschlossen. Die nach innen aufspringenden Antheren umgeben dicht die gleichzeitig mit ihnen geschlechtsreife, auf einem 1 mm langen Griffel stehende Narbe, so dass auch bei dieser Art spontane Selbstbestäubung un- vermeidlich eintreten muss. Der verkehrt-kegelförmige Fruchtknoten ist auf seiner oberen Fläche etwas vertieft und sondert hier bei hellem Wetter kleine, aber deutlich erkennbare Nektartröpfchen ab. 74. Androsace mazxima L. Bei dieser Art, die ich im Hohenheimer botanischen Garten am 25. Juli 1900 untersuchte, sind die Blüten sehr unscheinbar, weil die kleine weisse Krone von dem auffallend grossen grünen, sich ausbreitenden Kelch überragt wird. Die hellgrünliche, 2 mm lange, an ihrem Grunde auf einen Durchmesser von 2 mm fast kugelig aufgeblasene und nach oben allmählich verengte Kronröhre bietet am Schlunde eine Öffnung von nur etwa °/ı mm Durchmesser dar; diese ist abgerundet-Deckig, ohne merkliche Schwielen. Der Kronsaum hat am Schlunde eine gelbliche Färbung, seine 5 weissen Zipfel sind 1'/2 mm lang, richten sich aber so in die Höhe, dass der obere Durchmesser der Krone 22 Em; ai nur 2 mm beträgt. Der grüne kugelige, oben abgeflachte Frucht- knoten hat eine Höhe von 1 mm, der auf ihm stehende Griffel ist sarmt der kopfigen Narbe '/s mm lang; die Staubblätter sind so tief eingefügt, dass ihre gelben Antheren über der Narbe zusammen- neigen und bei der Homogamie der Blüten spontane Selbstbestäubung veranlassen müssen. Nektarabsonderung habe ich bei dieser Art nicht mit Sicherheit wahrnehmen können. 75. Androsace Hausmanni Leyg. Die Blüten stehen bei dieser Art, welche ich im SünpErmann’schen Garten in Lindau am 3. Juni 1900 untersuchte, wie bei allen Arten der Untergattung Aretia, einzeln an den Zweigen. Im übrigen stimmen sie in ihrer Emrichtung mit ihren andern Gattungsgenossen überein. Der trichter- förmige hellgrüne, aussen mit weissen Sternhaaren besetzte Kelch hat eine 3 mm lange Röhre und 2 mm lange Zipfel. Die Krone besteht aus einer gelblichen, 3 mm langen, 2 mm weiten, oben zu- sammengeschnürten Röhre und einem sich fach auf einen Durch- messer von 5'/a—6'!/s mm ausbreitenden Saume von weisser Farbe mit gelbem Schlund, dessen °/ı mm weiter Eingang von 5 Schwielen umgeben wird. Die gegenseitige Stellung der Geschlechtsorgane ist dieselbe wie bei A. lactea, der grüne Fruchtknoten ist 1 mm hoch, der dünne Griffel 1’/’» mm lang; auf der oberen Fläche des Frucht- knotens waren kleine Nektartröpfehen deutlich zu erkennen. 76. Cortusa Matthioli L. (Knum II, 2, S. 321). Von Kerner wurde die Protogynie der Blüten, sowie deren auch von Hanseımg (Physiologische und phykophytologische Untersuchungen, S. 100) erwähnte gamotropische Bewegung beobachtet. Diese kurzen Angaben fanden ihre Bestätigung durch die Untersuchung der Blüten- einrichtung, welche ich an Pflanzen des Hohenheimer botanischen Gartens am 3. und 4. Mai 1894 vornahm. Die zu Dolden angeord- neten Blüten stellen zur Blütezeit herabhängende, mit der Öffnung nach unten gewendete Glöckchen dar. Der schmutzigrot überlaufene Kelch hat eine 3 mm lange und ungefähr eben so weite Röhre, die sich gegen die 4 mm langen spitzen Zipfel hin ein wenig erweitert. Die blaurote Krone besitzt eine glockenförmige Gestalt mit 7 mm langer, am Saume 6—7 mm weiter Röhre, deren unterer, innerhalb der Kelchröhre steckender Teil aussen grünlich gefärbt ist und in- wendig eine weisse, nach unten in gelbgrün übergehende Farbe zeigt; am Ende läuft die Krone in 5 stumpfe, etwas nach aussen gebogene Zipfel von 5 mm Länge aus, die an ihrem Grunde 4 mm breit sind. Wenn im Knospenzustande die Krone erst ungefähr auf die Hälfte a. Se ihrer Länge herangewachsen ist, so ragt bereits der Griffel mit an- scheinend vollkommen entwickelter Narbe aus dem Blüteneingang hervor. Während alsdann die Krone weiter wächst, streckt sich auch der Griffel, so dass er vor dem völligen Aufblühen etwa 2 mm weit aus der Krone hervorragt und die an seinem Ende stehende grüne kopfige Narbe darbietet. Der feste cylindrische Griffel ist S mm lang, °/ı mm dick, geht von dem 2!/s mm hohen hellgrünen Fruchtknoten aus, welcher im Grunde der Blüte steht, und streckt sich zwischen den 5 ihn dicht umgebenden gelben Antheren hindurch. Diese werden von 2'/s mm langen Filamenten getragen, welche sich nach der Spitze in unterwärts weisse, nach oben hin blau gefärbte Konnektive verlängern. Die Filamente liegen seitlich nicht nur fest aneinander, sondern sind sogar zu einer Röhre miteinander ver- wachsen, welche der Krone dicht über deren Basis eingefügt ist. Die Antheren haben eine Länge von 3 mm, sind gegen ihren Gipfel zugespitzt und liegen seitlich so dicht aneinander, dass sie zusammen einen Hohlkegel bilden, welcher den roten, um 4 mm daraus her- vorragenden Griffel dicht umgiebt; die Antheren Öffnen sich nach dem Innern des Hohlkegels und entlassen hellgelben lockeren Pollen. Zum Blütengrund führt kein anderer Zugang als der durch Aus- einanderdrängen der Antheren sich ergebende: zwängt ein Insekt seinen Rüssel zwischen den Antheren und dem steifen Griffel hin- durch, so muss Pollen aus dem geöffneten Antherenkegel auf das Insekt herabfallen, welches vorher schon mit der Narbe in Berührung gekommen ist. Die ganze Einrichtung stellt sich danach als die einer Bienenblume mit Streukegeleinrichtung dar, wobei jedoch das Vorhandensein von Nektar, den ich in den Blüten nicht wahrnehmen konnte, noch dahingestellt bleiben muss. 77. Lysimachia nemorum L. (Knurms II, 2, 8. 304). Die Lysimachia-Arten gelten für - Pollenblumen, obgleich verschiedene mehr oder weniger bestimmte Angaben über Nektarabsonderung in den Blüten vorliegen. So sagt VAucHEr (a. a. O. III, p. 724) von L. Ephemerum und L. dubia, es werde in ihren Blüten Honigsaft von einem Napf ausgeschieden, der mit den an ihrem Grunde ver- wachsenen Staubfäden besetzt sei; bei ZL. strieta, intermedia und atropurpurea werde dieser Napf durch honigabsondernde Drüsen im Innern der Krone ersetzt; L. vulgaris besitze im Blütengrund einen nektarabsondernden, mit den Basen der verwachsenen Staubfäden besetzten und mit klebrigen Drüsen bedeckten Napf; auch bei L. punctata, quadrifolia, eiliata, hybrida und verticillata trage der _ Baße: * e Grund der Krone einen drüsigen Napf, über dessen Rand sich die Staubfäden vereinigten. G. Bonnier giebt (Extr. des Ann. d. sc. nat. Botan. VI, 8. 1879. p. 140) an, dass bei L. vulgaris Nektar vom Fruchtknoten ausgeschieden werde und durch die Spaltöffnungen der Epidermis hervortrete. Nicht bestimmt äussert sich CH. ROBERTSON über die Nektarabsonderung; er sagt einmal (Bot. Gazette. 1893. p. 47): „Über das Vorhandensein von Nektar bei (der Untergattung) Steironema bin ich nicht sicher, aber die Besuche von d Bienen scheinen solchen anzuzeigen, obgleich diese Insekten auch vergeblich nach ihm suchen können;“ und weiter bei der Besprechung von L. ciliata L. (Bot. Gazette. 1895. p. 106): „In den meisten Fällen fehlt Nektar oder ist in einer für gewöhnliche Hilfsmittel unmerk- lichen Menge vorhanden, aber die Besuche von d Bienen scheinen seine Anwesenheit anzuzeigen.“ Unter diesen Umständen war es mir von grossem Interesse, am frühen Morgen des 5. Juni 1900 auf dem Pfänder bei Bregenz bei sehr heiterem Wetter deutlich Nektar- absonderung in den Blüten von L. nemorum L. feststellen zu können. Die goldgelben Kronen breiteten sich auf einen Durchmesser von 13 mm flach aus und ein unebener wulstiger Ring, welcher vom Grunde der Krone gebildet wird und sich rings um die Basis des grünen Fruchtknotens legt, war von winzigen Nektartröpfchen be- deckt. Spätere Untersuchungen an Pflanzen der Hohenheimer Um- gebung führten indessen nicht zu einer zweifellosen Feststellung von Nektarabsonderung; eine solche scheint demnach nur unter besonders günstigen Umständen und offenbar nicht häufig stattzufinden. Die Blüten, deren nächtliches Schliessen schon VAucHER (a. a. O.) er- wähnt, waren in der hiesigen Gegend nicht selten 4zählig. 18. Lysimachia ciliata L. (Knuru I, 2, S. 304). Die Blüten stehen auf ziemlich langen Stielen einzeln in den Blattachseln und sind ungefähr senkrecht orientiert. Die hellgrünen Kelchblätter schlagen sich nach hinten zurück, die gelbe, mit unmerklichen dunkleren Adern gezeichnete Krone breitet sich fast flach auf einen Durchmesser von 22—25 mm auseinander. Der Rand der Kron- zipfel ist oberwärts fransig gesägt, der unterste Teil der Kronröhre, auf welchem die Staubblätter eingefügt sind, bildet einen schmalen, fleischig angeschwollenen Ring, der den Fruchtknoten umgiebt; er ist bei einigen Exemplaren hellgelb, bei anderen fleischrot gefärbt, glänzt wie lackiert, sondert aber keinen Nektar ab. Oberhalb dieses Ringes ist die Basis der Krone mit Einschluss der unteren Teile ihrer Zipfel mit gelben kugeligen Drüsen besetzt, wie solche auch Ei Dr bei anderen Lysimachia-Arten vorkommen und gewöhnlich als An- lockungsmittel für Insekten gedeutet werden, obwohl ihre Rolle, wie Cu. RoßErtTson (a. a. O.) mit Recht betont, noch sehr zweifel- haft ist. Zwischen den 5 aufrecht stehenden Staubblättern, deren hellgelbe Filamente mit eben solchen Drüsen besetzt sind, befinden sich 5 zähnchenförmige, ebenfalls drüsentragende Staubblattrudimente. Der Fruchtknoten selbst ist dagegen glatt und nicht, wie KERNER angiebt, mit Wärzchen besetzt. Die vollständigen Staubblätter sind 7 mm lang und tragen hellgelbe, am Scheitel schwärzliche Antheren, welche sich später mit ihrer aufgesprungenen Seite konvex nach oben biegen. Auf dem 1!/e mm hohen grünen Fruchtknoten steht ein 4 mm, bei manchen Exemplaren auch nur 3 mm langer gerader Griffel mit endständiger kleiner Narbe. Wie die von CH. ROBERTSON beobachteten, so waren auch die im Hohenheimer botanischen Garten (26. Juli 1896) untersuchten Blüten schwach protogynisch, doch kann beim Aufspringen der Antheren spontane Selbstbestäubung leicht erfolgen; nachdem sie sich geöffnet und umgewendet haben, werden sie von der Narbe überragt. RoBERTson erwähnt, dass die Blüten in Nordamerika von 3 Macropis-Arten besucht werden. 79. Lysimachia punctata L. Über die Bestäubungseinrich- tung dieser Art liegt nur die Angabe von Derrmo (Ult. osserv. II, 2. p. 212, 321) vor, dass die nektarlosen Blüten in Toskana nur oder fast ausschliesslich von einer Bienenart Macropis labiata besucht werden. Der Bau der Narbe wird von W. J. BEHRENS (Unter- suchungen über den anat. Bau des Griffels und der Narbe. 1875. S. 34) beschrieben. Die Blüteneinrichtung ist, wie die Untersuchung der im Hohenheimer botanischen Garten gezogenen Pflanzen am 30. Juli und 2. August 1895 ergab, der von Z. eiliata sehr ähnlich, Der Kelch besteht aus 5 grünen, 10 mm langen und 1'/e mm breiten Zipfeln. Die Krone ist goldgelb, im Grunde rotbraun gefärbt, in- wendig und am Rande der Zipfel mit gelben Drüsen besetzt, sie hat eine 2 mm lange Röhre und 5 etwa 15 mm lange, an den Enden etwas gedrehte und zugespitzte Zipfel, die sich glockig nur so weit auseinander legen, dass der obere Blütendurchmesser ca. 15 mm be- trägt. Die 5 Staubblätter sind 6 mm lang und stehen ziemlich auf- recht, ihre gelben mit Drüsen besetzten Filamente sind am Grunde auf eine Höhe von 2 mm zu einer den Fruchtknoten umgebenden Röhre verwachsen. Der Fruchtknoten ist ca. 1!/g mm hoch und trägt einen fadenförmigen Griffel, auf dessen Spitze die Narbe ein wenig oberhalb der Antheren steht, dergestalt, dass spontane Selbst- EU ne bestäubung nicht leicht eintreten kann. Die Blüten sind schwach protogynisch, indem bei ihrem Aufgehen sogleich die Narbe ent- “ wickelt ist, die Antheren sich aber noch nicht geöffnet haben. Schon vor der vollständigen Ausbreitung der Krone beginnen jedoch die Antheren an ihrer Innenseite mit 2 Längsspalten von der Spitze . her aufzureissen. Anfangs stehen die Antheren aufrecht auf den Filamenten und bedecken sich auf ihrer Innenseite mit gelbem zu- sammenhaftendem Pollen, später legen sie sich fast horizontal und wenden die aufgesprungene Seite nach oben. Nektar war in den Blüten nicht aufzufinden. 80. Lysimachia thyrsiflora L. (Knurmm II, 2, S. 304). Die Protogynie der Blüten wurde zuerst durch Warnimne festgestellt; sie ist, wie die Untersuchung der Pflanzen im Hohenheimer botanischen Garten am 7. Juni 1898 ergab, sehr stark ausgeprägt. Die goldgelben Blüten sind zu gedrängten kopfähnlichen langgestielten Trauben in den Blattachseln angeordnet und entlassen einen schwachen, aber eigentümlichen (käferartigen) Duft. Wenn im Knospenzustande die Kronzipfel und die Staubblätter erst die Länge des Kelches besitzen, so ragt bereits der grünlichgelbe Griffel 3 mm weit mitten aus der Blüte hervor und trägt an seiner Spitze die entwickelte Narbe. Später strecken sich zuerst die Staubblätter, nachher die Kronzipfel, und endlich öffnet sich die Krone trichterförmig und die Antheren springen an ihren Seiten auf. Da in diesem Zustande die Staub- blätter ungefähr die Länge des Pistilles haben, so kann bei der ziem- lich horizontalen oder schwach aufwärts gerichteten Lage der Blüten spontane Selbstbestäubung durch Herabfallen von Pollen auf die langlebige Narbe stattfinden, obgleich die Antheren von der Narbe entfernt sind. Der Kelch ist bis fast auf seinen Grund in 6—8 schmale hellgrüne, an der Spitze rot überlaufene Zipfel zerteilt, und auch die Krone zeigt eben so viele 6 mm lange, 1'/g mm breite Abschnitte, welche goldgelb gefärbt und gegen die Spitze auf der Innen- und Aussenseite mit roten Punkten geziert sind. Die 5—8 Staubblätter sind ? mm lang, ihre Filamente gelb, die Antheren goldgelb. Der kugelige Fruchtknoten hat 1 mm im Durchmesser, ist hellgrün und mit roten halbkugeligen Wärzchen besetzt. Nektar konnte in den Blüten nicht aufgefunden werden. 81. Asterolinum stellatum Lx. u. Hrrse. Die im September 1900 im Hohenheimer botanischen Garten beobachteten Pflanzen, welche aus Samen des Turiner botanischen Gartens gezogen waren, blühten hier immer, auch an den wärmsten und sonnigsten Tagen, ee ausschliesslich kleistogam. Die 5 grünen Kelchblätter bleiben knospen- artig geschlossen, und die Krone ist so stark reduziert, dass ihre weisslichen Lappen nur etwa die halbe Länge des kleinen kugeligen grünen Fruchtknotens besitzen. Auf letzterem befindet sich ein Griffel, der auf seinem oberen Ende die Narbe trägt; um ihn herum stehen 5 Staubblätter, deren goldgelbe Antheren um und über die Narbe zusammenneigen und diese beim Aufspringen mit Pollen be- legen. Nach der Befruchtung verlängert sich der Blütenstiel und biegt sich, während die geschlossene Blüte anfangs schräg nach auf- wärts gerichtet in der Blattachsel stand, bogenförmig abwärts, -die Kelchblätter breiten sich auseinander und zwischen ihnen erscheint die kugelige Kapsel, von der die übrigen verwelkten Blütenteile früh- zeitig abfallen. 82. Plumbago europaea L. In den Umgebungen von Rom, wo diese Pflanze sehr häufig wächst, habe ich im September 1899 und 1901 ihre Blüten mehrfach (Villa Borghese, Aventin, Frascati) untersucht und immer heterostyl dimorph gefunden. F. MüLter führt (Bot. Zeitg. 1868, S. 113) die Gattung Plumbago als dimorph an, doch bezieht sich diese Angabe nur auf brasilianische Arten; von der Dimorphie von P. europaea finde ich nirgends eine Erwähnung. Der grüne Kelch ist cylindrisch, 8 mm lang, 1'/g mm weit, mit Zipfeln von etwa 1 mm Länge; auf der Aussenseite trägt er auf den Längs- kanten kräftige, etwas zurückgeneigte, klebrige Stieldrüsen. Die hohleylindrische Kronröhre ist 10'/„—12 mm lang, reichlich 1 mm dick, purpurn gefärbt mit blasserem Grunde; die 5 Kronzipfel sind bläulich-Ila mit violettem Mittelstreif, 6 mm lang, 3'/g mm breit, am Ende abgerundet und flach so auseinandergebreitet, dass der obere Blütendurchmesser ca. 12 mm beträgt. Im Grunde des Kelches steht der etwa 1 mm hohe grüne Fruchtknoten, der an seiner Spitze allmählich in einen weissen fadenförmigen behaarten, nur im oberen Teile kahlen Griffel übergeht. Der Fruchtknoten steht auf einem schwach entwickelten Discus, welcher Nektartröpfchen, soweit ich beobachtete, in spärlicher Menge aussondert. Der Griffel spaltet sich oben in 5 weisse fadenförmige Narben von 2—3 mm Länge, welche an ihrer inneren — oberen — Seite mit ziemlich langen Härchen besetzt sind. Die 5 Staubblätter sind im Blütengrunde ein- gefügt. Die Blüten sind schwach protogynisch, da die Antheren erst aufplatzen, nachdem der Kronsaum sich ausgebreitet hat, die Narben aber sogleich beim Aufgehen der Knospe. entwickelt sind. — In der langgrifteligen Form haben die Staubblätter eine Länge von 10 bis Rn 11!/ja mm, so dass die weissen Antheren dicht unter dem Blüten- eingang stehen; der Griffel samt dem Fruchtknoten ist 12 mm lang, so dass er mit seinem Ende aus dem engen Blüteneingang hervor- ragt, wo sich nun die 5 Narben weit auseinanderspreizen. Bei der kurzgriffeligen Form sind die Staubblätter 13—13'/s mm lang, ihre hellblauen Antheren treten aus dem Blüteneingang heraus, der Griffel samt dem Fruchtknoten hat eine Länge von 8 mm, und die Narben stehen, da sie sich in der Kronröhre nicht auseinanderbreiten können, aufrecht nebeneinander. Die Geschlechtsorgane nehmen also hier die umgekehrten Höhenstufen ein, wie bei der langgriffeligen Form. Spontane Selbstbestäubung ist, da die Blüten eine schräg nach auf- wärts gerichtete Lage einnehmen, nur in der kurzgriffeligen Form durch Pollenfall möglich. An einem und demselben Pflanzenstock traf ich immer nur einerlei Blütenform an. — Die Blüten, an denen ich keinen Duft wahrnehmen konnte, werden, wie dies schon DELPINO (Ult. osserv. II, 2, p. 198) erwähnt, vorzugsweise von Tagfaltern besucht; ich bemerkte als Besucher eine Pieris-Art (zahlreich), Colias Edusa F., Macroglossa Stellatarum L., Spilothyrus Alceae Esp. und auch Honigbienen, die aber mit ihrem Rüssel den nektarhaltigen Blütengrund nicht erreichen können. 83. Armertia purpurea KocH. Die Blüteneinrichtung‘ dieser Art, welche ich am 29. Juni 1895 ım Wollmatinger Ried bei Kon- stanz untersuchte, stimmt mit derjenigen der auch systematisch sehr nahestehenden A. vulgaris L. (vergl. Kyur# II, 2, S. 326) im wesent- lichen überein. Auch hier bilden die einen schwachen vanilleartigen Duft aushauchenden Blüten einen kopfartigen Blütenstand, sind aber etwas grösser und von einer rosenroten Farbe (nicht dunkelpurpurn, wie es in den Beschreibungen der Art z. B. bei Garckz, Flora von Deutschland. 17. Aufl. S. 502 heisst). Der trichterförmige Kelch hat eine 6 mm lange Röhre und 1 mm lange stachelspitzige Zähne; er ist an seinem Grunde hellgrün gefärbt, oberwärts silberig-trocken- häutig, und hält die durch sehr tiefe Einschnitte voneinander ge- trennten Zipfel der Krone zusammen. Diese hat eine ganz kurze, kaum 1 mm lange Röhre, ihre 5 Zipfel sind 9 mm lang, von einer schmal keilförmigen Gestalt, im oberen hell rosenrot gefärbten Teil 4 mm breit und an der Spitze ausgerandet; sie legen sich trichter- förmig so weit auseinander, dass der obere Durchmesser der Blüte etwa 10 mm beträgt. Im Blütengrunde steht ein mit 5 Längs- furchen versehener, grüner, 1 mm hoher Fruchtknoten, dessen Kar- pelle an der Spitze in 5 fadenförmige weisse Griffel ausgehen, welche Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, + 2 N 6 mm lang sind, auf den untersten 2 mm ihrer Länge wagerecht abstehende Haare tragen und am oberen Ende mit Narbenpapillen besetzt sind. Sie spreizen sich so weit auseinander, dass sie sich am Anfang des Blühens zwischen die Kronabschnitte legen und also mit den vor diesen stehenden, ebenso langen Staubblättern ab- wechseln. Letztere sind in der Kronröhre an 5 orangegelben, drüsig verdickten und Nektar absondernden Stellen derselben ein- gefügt, ihre rosenroten Filamente krümmen sich etwas nach innen und tragen die grünlichgelben Antheren ziemlich wagerecht auf ihrer Spitze, so dass diese ihre aufgesprungene Seite nach oben wenden. Anfangs sind also die gleichzeitig entwickelten Narben und Antheren voneinander entfernt, später aber krümmen sich die Griffel unregel- mässig, wodurch einige Narben gelegentlich mit den noch Pollen enthaltenden Antheren in Berührung kommen. 84. Armeria plantaginea Wırın. Auch diese Art hat nach den im Hohenheimer botanischen Garten (6. Mai 1894) untersuchten Exemplaren im wesentlichen dieselbe Blüteneinrichtung wie A. vul- garis und A. purpurea, und zeigt den für die erstere Art beschrie- benen Platzwechsel der Antheren und Narben deutlicher als A. pur- purea. Der Kelch hat eine grünliche, nach oben silberig-trocken- häutige Röhre von 5 mm Länge und 2 mm lange Zähne; die Zipfel der rosenroten Krone haben dieselbe Gestalt und Lage wie bei A. purpurea, auch die Länge von Griffeln und Staubblättern ist die- selbe. Die rötlichweissen Filamente neigen beim Beginn des Blühens nach innen gegeneinander, und ihre Antheren, welche aufgerichtet sind, haben sich ringsum mit hellgelbem Pollen bedeckt. Die Griffel legen sich anfangs zwischen die Kronabschnitte, später biegen sie sich, indem sie zugleich noch etwas heranwachsen, mit ihren Enden bogig nach innen, die Staubblätter dagegen legen sich an ihnen vor- über nach aussen. Bei diesen Bewegungen der Geschlechtsorgane erfolgt regelmässig spontane Selbstbestäubung. Den Nektar fand ich bei dieser Art nicht im Blütengrunde, sondern den Scheitel des Fruchtknotens bedeckend. Dies steht im Einklange mit der Beobachtung von Knurm an A. maritima Wırnp., während ander- seits J. Mac Leon (Botan. Centralblatt Bd. 29. 1887, S. 151) bei derselben Art solche Nektarien an der Einfügungsstelle der Staub- fäden beobachtet hat, wie ich sie bei A. purpurea sah und wie sie auch A. Scuurz für A. vulgaris beschrieb. Weitere Unter- suchungen müssen noch aufklären, ob dieser Widerspruch in einem Wechsel der Einrichtung für die Nektarabscheidung bei der näm- 2a, we lichen Art oder in einer Verwechselung ähnlicher Arten seinen Grund hat. 85. Frazinus Ornus L. (Knut II, 2, S. 60). VAucHER schreibt (a. a. O. III, p. 379) dieser Art dieselbe Geschlechter- verteilung wie F. excelsior, also das Vorkommen zwitteriger, männ- licher und weiblicher Blüten zu; HiLpEBrann spricht (Geschlechter- verteilung S. 11) von eingeschlechtigen und Zwitterblüten, welche leicht miteinander zu verwechseln seien, weil die Rudimente der Pistille in den männlichen Blüten ziemlich gross und den ausgebil- deten weiblichen Geschlechtsorganen in den Zwitterblüten sehr ähn- ‘ lich seien. Kerner (Pflanzenleben II’, S. 269) erwähnt schein- zwitterige Blüten mit weiblicher Funktion, und Könwe (Deutsche Dendrologie 1893, S. 508) männliche neben den Zwitterblüten. Ich habe sowohl am S. Salvatore bei Lugano (14. Mai 1894) wie auf dem Monte Baldo (1. Juni 1898) nur zweierlei Bäume der Mannaesche, solche mit zwitterigen und solche mit männlichen Blüten, angetroffen, obgleich ich an beiden Orten eine grössere Anzahl von Exemplaren untersucht habe. Beiderlei Blüten bilden grosse reichblütige, weisse Rispen, welche einen Duft entbinden, den KErnER aminoid, aber vom Örataegus-Duft abweichend nennt, und welche nach Derpmo bei Vallombrosa von einer grossen Anzahl von Melolontha farinosa (nach Knutm = Hoplia argentea Popva) eifrig besucht werden. Die Blüten haben 4 weisse, seltener lila gefärbte, 1O mm lange, kaum 1 mm breite Kronblätter, welche am Grunde kaum merklich miteinander verwachsen sind. Die zwitterigen Blütenstände sind grösser und in ihrer Färbung augenfälliger als die männlichen. Sie sind ausgeprägt protogynisch mit langlebigen Narben: bisweilen waren die Antheren aller Blüten des Blütenstandes noch geschlossen, während die Narben geschlechtsreif waren. Die 2 Staubblätter sind 6 mm lang und tragen gelbe, seitlich aufspringende Antheren mit zusammenhaftendem Pollen, das 3 mm lange Pistill ist purpurn überlaufen. Die männlichen Blüten besitzen nur ein ganz kleines Pistillrudiment. An beiderlei Blüten wurde weder Nektarabsonderung noch Insektenbesuch wahr- genommen. 86. Olea europaea L. Die Bestäubungseinrichtung der Blüten des Ölbaumes ist, so viel ich sehen kann, noch niemals genauer untersucht worden; nur VAucHER erwähnt (a.a. ©. III, p. 371), dass die Narbe, ein verbreitertes zweilappiges papillöses Köpfchen, von dem goldgelben Pollen der Antheren bestreut werde. Die Blüten sind (Arco, 7. Juni 1897) zu blattachselständigen, ziemlich reichblütigen, 2* Pe weissen Rispen vereinigt, haben einen ähnlichen, aber schwächeren Duft wie die Rebenblüten, und sind homogam. Der weisslichgrüne Kelch ist 1'/a mm lang, die weisse Krone hat eine etwa 1 mm lange Röhre und 4 Zipfel von 4 mm Länge und 2'/a mm Breite, welche sich bald nach hinten zurückbiegen; der obere Durchmesser der Krone beträgt ungefähr 8 mm. Die Narbe, welche sich auf der Spitze des kurzen Griffels befindet, steht dicht hinter dem Blüten- eingang, die 2 kurzen weissen Filamente sind im Kronsaum ein- gefügt, divergieren etwas, und tragen goldgelbe Antheren, welche sich nach dem Aufspringen ringsum mit Pollen bedecken und, da sie oberhalb der Narbe stehen, durch herabfallenden Pollen spontane Selbstbestäubung veranlassen können. VAucHER macht (a. a. O.) auf die Sterilität einer grossen Anzahl von Blüten aufmerksam, da sich in jedem Blütenstande schliesslich nur wenige Früchte ausbilden. 87. Chlora perfoliataL. (Knumm II, 2, S. 74). Die einzeln stehenden Blüten sind aufgerichtet und haben einen Kelch, der bis auf seinen Grund in 8 pfriemliche, 6—7 mm lange Zipfel zerschnitten ist. Die goldgelbe Krone hat eine 4 mm lange und 2 mm weite Röhre, welche den Fruchtknoten dicht umschliesst; der Saum be- steht aus 8 Zipfeln von 7 mm Länge und 3'!/g mm Breite, welche sich ziemlich flach auseinander legen, so dass der obere Durchmesser der Blüte 15 mm beträgt. Der im Blütengrunde stehende Frucht- knoten ist 3'/’e mm hoch und trägt einen ca. 2 mm langen Griffel mit zweilappiger Narbe. Die 8 goldgelben Staubblätter sind im Schlunde der Krone eingefügt, 7 mm lang, schräg nach auswärts gespreizt; ihre Antheren bedecken sich ringsum mit Pollen und stehen mit ihrem unteren Ende ungefähr in derselben Höhe wie die Narbe. Während die Blüte ausgebreitet ist, sind Antheren und Narbe voneinander entfernt, aber da sich die Blüten nachmittags schliessen und die Narbe gleichzeitig mit den Antheren entwickelt ist, so werden nun beiderlei Geschlechtsorgane miteinander in Be- rührung gebracht und es muss spontane Selbstbestäubung eintreten. Nektar habe ich (Gardone-Riviera am 8. Juni 1897, und Gargnano am Gardasee am 30. Mai 1898) in den Blüten ebensowenig wahr- genommen, wie VAucHER (a. a. ©. II, p. 450). 88. Pleurogyne carinthiaca Griser. Von der Bestäubungs- einrichtung der Blüten ist nur bekannt, dass in ihnen Nektar- absonderung stattfindet, welche nach VaucHzr (a. a. O. III, p. 406) zuerst von Gaupin beobachtet wurde; eine Abbildung der Nektar- schüppchen findet sich bei Gira (EneLer und PrantL, Die natür- ER ERR el lichen Pflanzenfamilien. IV, 2, S. 87). Die Blüten, welche ich auf der Alpe Soricia im Fassathal am 18. August 1891 und an einigen Stellen im 'Avers (Schweiz) am 18.—20. August 1895 untersucht habe, sind homogam, in der Regel fünfzählig, bisweilen nach der 4-Zahl gebaut. Die Krone ist fast bis auf den Grund gespalten und breitet sich, ebenso wie der in lanzettliche Zipfel geteilte Kelch, bei hellem Wetter flach aus; sie ist hellblau mit himmelblauen Adern, auf der Aussenseite dunkelgrün schattiert. Am Grunde eines jeden Kronzipfels befinden sich oberhalb der Einfügungsstelle eines Staubfadens 2 zerschlitzte, dicht beisammen stehende, an ihrem Grunde mit einigen dunkelblauen Punkten gezeichnete Schüppchen, in deren Achsel Nektar abgesondert wird. Mitten in der Blüte steht aufrecht das hellblaue 7”— 10 mm lange vierkantige, oben zugespitzte Pistill, an welchem 2 einander gegenüberliegende Längskanten, die den Verwachsungsstellen der beiden Fruchtblätter entsprechen, von der Basis bis fast zur Spitze mit je einer doppelten Narbenleiste besetzt sind. Die Staubblätter sind 5-—6 mm lang und stehen in der ausgebreiteten Blüte etwas schräg nach auswärts; die Spitze des hellblauen Filamentes ist so am Rücken der Anthere befestigt, dass diese nach aussen hängt. Wenn die Blüte sich geöffnet hat, so sind die Narbenstreifen ausgebildet, die Antheren auf ihrer nach aussen gewandten Seite aufgesprungen und daselbst mit hellgelbem Pollen bedeckt, welcher leicht von selbst in den Blütengrund hinabfällt. Da die Blüten eine horizontale Stellung haben, so kann in diesem Zustande kein Pollen von selbst auf die Narbe gelangen, aber abends schliessen sie sich, und zwar wahrscheinlich zu wiederholten Malen, und hierbei werden die Staubblätter gegen das Pistill gedrückt; an den Rändern der Antheren haftet so viel Pollen, dass etwas davon auf die Narbenstreifen abgesetzt, also spontane Selbstbestäubung vollzogen wird. In den meisten der untersuchten Blüten waren die Narben mit Pollen belegt, doch bemerkte ich als Besucher nur ein- mal (auf der Alpe Soricia) einen kleinen Käfer, der sich an den Nektarschüppchen zu schaffen machte. 89. Nerium- Oleander L. (Ksurm II, 2,S. 71) hat nach Lupwic dieselbe Blüteneinrichtung, welche dieser Forscher für N. odorum Aır. ausführlich beschrieben hat. Bereits SprEnsEL (a. a. O. S. 138) hatte die Blüte, ohne sie in allen Einzelheiten zu untersuchen, als Saft- blume in Anspruch genommen, und VAucHER (a. a. O. III, p. 397) beschreibt sie folgendermassen: „Nerium hat einen fünfspaltigen Kelch, eine trichterförmige Krone, deren aus 5 schrägen Zipfeln bestehender ee Saum an seinem Grunde ebenso viele verbreiterte Anhängsel trägt, welche die Öffnung der Kronröhre umkränzen, einen in eine Scheibe ausgehenden Guiffel . . . . . Öffnet man die Blüte (von N. Oleander),, so findet man auf einem aus 2 cylindrischen behaarten Abteilungen bestehenden Fruchtknoten einen in eine cylindrische Narbe endigenden Griffel, deren Basis ein klebriger Ring ist wie bei Finca; er wird dicht umgeben von den Antheren, deren angeschwollene und ge- bogene Filamente sich nach ihrer Ablösung von der Kronröhre in der Ausdehnung der introrsen, fest zusammenhaftenden Antheren miteinander vereinigen; die Konnektive sind behaarte Fortsätze, welche sich bis zum Gipfel der Blüte in zusammengedrehte und mit- einander verwickelte Grannen verlängern, so dass der Ort der Be- fruchtung sich dem Anblick vollständig entzieht. Wenn man ihn beobachten will, so sieht man, dass die Antheren aus 2 auf der Vorderseite einer knorpeligen Aushöhlung angebrachten Pollenmassen bestehen, dass sie die klebrige Narbe vollkommen verdecken, und dass Honigsaft reichlich von der Basis des Fruchtknotens ausgesondert wird, um bis zu den zusammengedrehten Antherenfortsätzen auf- zusteigen, die er anfeuchtet. In den Annales de Chimie (Juni 1833) ist erwähnt, dass die Blüten des Oleander, wie diejenigen von Apo- cynum, Fliegen fangen und dass das Insekt festgehalten wird, wenn es, um den Honig zu saugen, seinen Rüssel in die Zwischenräume der Antheren steckt, weil der Rüssel durch die klebrige Narben- Hüssigkeit zurückgehalten wird.“ Ich hatte mehrfach Gelegenheit, die Blüten von N. Oleander in Rom (Palatin am 25. September, Campo Verano am 4. Oktober 1899) zu untersuchen. Sie haben einen vanilleartigen Duft. Ihr kleiner rötlicher Kelch ist 6—7 mm lang und fast bis auf den Grund in 5 spitze Zipfel zerspalten, die sich dem Grunde der Kronröhre dicht anlegen. Die Krone besteht aus einer unten engen, oberwärts sich erweiternden Röhre, 5 grossen, den Saum bildenden Zipfeln und einer Nebenkrone. Alle diese Teile sind lebhaft rosenrot (bei einer Abart weiss) gefärbt. Die Kronröhre hat eine Länge von 16—23 mm, davon ist die unterste 10—13 mm lange Strecke hohl- cylindrisch, 3—4 mm dick, und inwendig behaart, dann erweitert sich die Röhre trichterförmig bis zum Blüteneingang, welcher etwa 10 mm im Durchmesser hat, und spaltet sich nun in die 5 Zipfel, welche sich ziemlich flach auf einen oberen Blütendurchmesser von 50—80 mm ausbreiten; sie sind etwas unsymmetrisch nach rechts gedreht, am Rande wellig oder etwas eingeschnitten, 25—40 mm DR ae lang, 15—25 mm breit. Im Schlunde entspringt die Nebenkrone, deren Zipfel in borstenförmig schmale, gerade hervorstehende, ca. 10 mm lange Abschnitte zerschlitzt sind. Der im Grunde des Kelches stehende, 1 mm hohe, behaarte Fruchtknoten trägt einen 11—14 mm langen Griffel, an dessen oberem Ende sich eine weiss gefärbte Verdickung von der Form eines Fadenröllchens befindet, deren seitliche Fläche sehr stark klebrig ist und deren unterer Ring als Narbe fungiert; auf dem oberen Ende dieses Körpers sitzt noch ein kurzes Spitzchen. Die 5 Staubblätter sind in der Kronröhre am Grunde des trichterförmigen Teiles derselben eingefügt und haben (ohne die Anhängsel) eine Länge von 5 mm, wovon die Hälfte auf das weisse Filament kommt. Die Antheren öffnen sich mit 2 seit- lichen Längsspalten, sind auf ihrer Aussenseite behaart und tragen am Grunde ihrer Längshälften je ein kurzes, nach unten gewendetes Spitzchen. An ihrem oberen Ende läuft jede Anthere in ein 13 mm langes fädiges, mit weissen Wollhaaren bedecktes Anhängsel aus; diese 5 Anhängsel sind tauartig in demselben Sinne wie die Drehung der Kronzipfel zusammengedreht. Das Ende des Griffels steht so zwischen den Staubblättern, dass sich die Narbe unmittelbar unterhalb der dicht zusammenneigenden Antheren befindet, und Pollen wohl auf ihre obere Endfläche, aber weder auf die klebrige Seitenfläche noch auf den unteren empfängnisfähigen Ring fallen, spontane Selbst- bestäubung also nicht eintreten kann. Die Bestäubung wird ohne Zweifel in der Weise, wie es Lupwic für N. odorum beschrieben hat, durch Schmetterlinge vermittelt; die römischen Pflanzen hatten nur selten Früchte angesetzt. 90. Convolvulus Cantabrica L. Die duftlosen Blüten, welche ich in der Gegend von Arco am 31. August 1895 und am 29. Mai 1898 untersuchte, sind sehr schwach protogynisch mit regel- mässig stattfindender spontaner Selbstbestäubung. In dem grünen Kelch steht die weit trichterförmig ausgebreitete Krone, deren Durch- messer von 20—30 mm schwankt; sie ist hellrot mit dunkleren, bis gegen den Blütengrund sich hinabziehenden Streifen in der Mitte der Zipfel und mit weissem, unten an der Einfügung der Staub- blätter hellgelbem Grunde. Die 10 mm langen Staubblätter haben weisse Filamente und hellrötliche Antheren, und stehen dicht bei- sammen in der Mitte der Blüte aufwärts in die Höhe. Der weisse behaarte Fruchtknoten steht auf einer orangegelben, Nektar ab- sondernden Unterlage und trägt einen weissen Griffel, welcher sich in zwei 4 mm lange fädige Narben spaltet, deren feinerer Bau von Bi" W. J. Beurens (a. a. O. S. 34) beschrieben worden ist. Bis zur Spaltungsstelle des Griffels hat das Pistill eine Höhe von 5 mm. Die Narben stehen mit ihren Enden zwischen den Antheren, welche zwar an ihrer nach aussen gewendeten Seite aufspringen, aber dennoch durch Berührung des weissen Pollens mit den Narben häufig spontane Selbstbestäubung veranlassen. Im Grunde der Blüte be- finden sich zwischen den Basen der Filamente 5 enge Zugänge zum Nektar. Kurs (II, 2, S. 95) führt als Besucher der Blüten 5 von SCHLETTERER bei Pola beobachtete Apidenarten an. 91. Collomia grandiflora DousL. (Knurmk I, 2, S. 90). Die Blüten, welche ich im Hohenheimer botanischen Garten Ende August und im Herbst 1893 untersuchte, zeigen insofern ein eigen- tümliches Schwanken in der Entwickelungsfolge der Geschlechtsorgane, als sie während der Hauptblütezeit so stark protandrisch sind, dass spontane Selbstbestäubung nicht eintreten kann, wogegen die Herbst- blüten meistens Homogamie und die Möglichkeit spontaner Selbst- bestäubung aufweisen. Die hell rötlichgelb gefärbten Blüten stehen in wagerechter oder aufwärts gerichteter Stellung zu reichblütigen Köpfen vereinigt und sind duftlos. Der weite grüne Kelch ist aussen drüsig-klebrig und hat eine Länge von 9 mm, wovon 5 mm auf seine lanzettlichen Zipfel kommen. Die Krone hat eine enge lang- trichterförmige Röhre von 15 mm Länge, die 1!/;, mm weit ist, an ihrem Grunde sich etwas erweitert, und am oberen Ende trichterig ausläuft, um in den ausgebreiteten 5zipfeligen Saum überzugehen, dessen Zipfel bisweilen untereinander gleichgestaltet und 7 mm lang sind, oft aber an Länge und Breite etwas voneinander abweichen. Im Innern der Krone, und zwar dort, wo der trichterförmige Teil ihrer Röhre beginnt, sind die 5 Staubblätter eingefügt, welche blaue Antheren tragen. Die Staubblätter sind von ungleicher Länge, so dass die Anthere des untersten aus dem Blüteneingang hervortritt, diejenigen der beiden nächst höheren etwa im Blüteneingang stehen und die 2 oberen in der Kronröhre eingeschlossen sind. Im Grunde des Kelches befindet sich ein 1!/. mm langer Fruchtknoten, der an seiner Basis von einem Nektar absondernden Ringe umgeben ist und auf der Spitze einen langen fadenförmigen Griffel trägt. In den protandrischen Sommerblüten hat der Griffel zu der Zeit, wo die Antheren sich eben geöffnet und ringsum mit Pollen bedeckt haben, ungefähr die Länge des längsten Staubblattes, sein Ende kommt zwar häufig mit der einen oder andern Anthere in Berührung, aber seine Narbenäste sind noch nicht ausgebildet. Allmählich wächst en der Griffel weiter, und wenn er alle Staubblätter überragt, so ent- faltet er, unten in der: Krone liegend, die 3 Narbenschenkel. Diese legen sich beim Welken der Krone wieder zusammen, weshalb auch bei deren Abfallen spontane Selbstbestäubung nicht erfolgen kann. — Kleistogame Blüten, deren Bau von Lupwis und von SCHARLOK aus- führlich beschrieben worden ist, sah ich an Pflanzen, welche bei Trillingen in Hohenzollern gesammelt worden waren. 92. Cynoglossum germanicum Jacg. Die Blüteneinrichtung, welche ich im Val Nambron (Südtirol) am 16. August 1896 unter- suchte, stimmt mit der von C. officinale L. (vergl. Knurm II, 2, S. 100) überein. Der grüne, aussen weisswollige Kelch ist 6 mm lang und fast bis auf seinen Grund in 5 Zipfel gespalten. Die Krone hat: eine 3 mm lange und eben so dicke Röhre, ihr schmutzig- rot gefärbter Saum breitet sich beckenförmig auf einen Durchmesser von 9 mm aus, die im Schlunde stehenden 5 sammetigen Hohlschuppen haben eine etwas dunklere Farbe. Oben in der Kronröhre sind ab- wechselnd mit den Hohlschuppen die 5 Antheren auf kurzen Fila- menten derartig eingefügt, dass ihre unteren Enden 2 mm hoch über dem Blüteneingang stehen; sie springen nach innen auf, wobei sie hellgelben Pollen entlassen. Am Ende des nach oben etwas verjüngten Griffels befindet sich die Narbe zwischen den unteren Enden der Antheren, so dass in den ziemlich horizontal oder etwas nach aufwärts gerichteten Blüten bei ihrer Homogamie spontane Selbstbestäubung eintreten muss. Nektar wird von der Unterlage des Fruchtknotens abgesondert. | 93. Cynoglossum pictum Aır. (Knurm II, 2, S. 100). Wie bereits KErNER angiebt, und wie ich an den bei Torbole am Garda- see am 27. August 1896 untersuchten Exemplaren bestätigen konnte, sind die Blüten dieser Art schwach protogynisch. Die 5 Zipfel des grünen, bis auf den Grund gespaltenen Kelches sind aussen mit Borstenhaaren besetzt, 6 mm lang und 4 mm breit. Die Krone zeigt, ähnlich wie bei den Pulmonaria-Arten, einen Farbenwechsel: sie ist anfangs hellrosa gefärbt mit rosenroten Adern und rotvioletten Schlundbuckeln, bald aber wird sie hellblau mit himmelblauen Adern und dunkelblauen Schlundbuckeln. Die Kronröhre ist 2 mm lang und 3 mm weit, der Saum breitet sich beckenförmig aus und hat einen Durchmesser von etwa 12 mm, der Blüteneingang wird bis auf eine enge Öffnung durch die Schlundbuckeln verschlossen, unter- halb deren, mit ihnen abwechselnd, die Antheren stehen. Sie sind hellgelb, neigen mit ihren Spitzen etwas nach innen zusammen, ee springen an ihrer Innenseite auf und entlassen hellgelben Pollen. Das Pistill, dessen Unterlage auch hier Nektar absondert, ist 2!/z mm hoch, die Narbe kommt daher zwischen die Antheren zu stehen und muss, wenn diese sich geöffnet haben, unvermeidlich mit deren Pollen belegt werden. Das Aufspringen der Antheren erfolgt bereits ehe die Umfärbung der Krone beginnt. 94. Eritrichrum nanum ScHran., beobachtet am Piz Forcel- lina im Avers (Schweiz) am 24. August 1895. Der Kelch der einzel- stehenden, aufrechten Blüten ist 3 mm lang und fast bis auf seinen Grund in 5 linealische stumpfe, aussen weisszottige Zipfel gespalten. Der tief himmelblaue Kronsaum ist 5-(ausnahmsweise 6-)spaltig und breitet sich auf einen Durchmesser von 9—12 mm flach aus. Der Schlund ist von niedrigen vorgestülpten Buckeln umgeben, welche anfangs goldgelb, an älteren Blüten aber rosa gefärbt sind; sie be- stehen aus je 2 dicht übereinander stehenden buckelförmigen Hervor- stülpungen, von denen die obere den Röhreneingang begrenzt und so breit ist, dass sie seitlich die beiden benachbarten berührt; der darunter stehende Hohlbuckel hat nur die Hälfte dieser Breite und stösst an die oberen Enden der Antheren an, welche mit den Schlund- buckeln abwechseln. Die weisse Kronröhre ist 3 mm lang, 1! mm weit, cylindrisch mit einer kreisförmigen Einschnürung dicht über ihrer Basis. Ein wenig über der Mitte der Kronröhre sind die sehr kurzen, nach innen geneigten Filamente eingefügt, auf deren Spitze die gelben, an ihrer Innenseite aufspringenden Antheren mit dem Rücken so befestigt sind, dass sie dicht unterhalb des rundlichen, 1 mm weiten Schlundes mit ihren Spitzen zusammenneigen und zwischen sich nur einen engen Durchgang lassen. Im Grunde des Kelches sitzt auf einer gleichmässig ausgebildeten gelben Unterlage, welche Nektar absondert, der 4teilige Fruchtknoten mit einem cylindrischen Griffel und emer kreisförmigen Narbe an dessen Spitze. Die Narbe steht 1'/g mm hoch über dem Blütengrunde, gerade in der Höhe der unteren Antherenenden, so dass spontane Selbst- bestäubung durch Pollenfall unvermeidlich stattfinden muss. Die Blüten sind schwach protogynisch. 95. Myosotis Rehsteineri Wartu. Diese Art, welche am ganzen Bodenseeufer an sandigen Stellen, welche im Sommer vom Wasser überschwemmt sind, vorkommt, und deren Blüteneinrichtung ich in der Umgebung von Bregenz am 12. April 1892 untersuchte, wird gewöhnlich für eine Unterart oder Varietät von M. palustris Wırn. angesehen. Mit dieser stimmt sie auch nicht nur in der all- gemeinen Bestäubungseinrichtung, sondern auch in dem Vorkommen weiblicher Stöcke überein. Die Gynodiöce ist für M. palustris zu- erst von NEıitLREich (Flora von Niederösterreich, 1859. S. 527), dann von J. Mac Leon beobachtet, und von K. Frırsch (Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft Bd. 18, 1900. S. 472—480) aus- führlich beschrieben worden. Die Zwitterblüten von M. Rehsteiwmerv sind homogam und haben eine Krone, deren schön himmelblau ge- färbter Saum sich auf einen Durchmesser von 8—10 mm ausbreitet und wie bei M. palustris lebhaft gegen den goldgelben Schlund absticht; es wurde auch eine Form beobachtet, bei welcher von dem gelben Schlunde aus 10 weisse Streifen sich radial nach dem Rande der Blüte hinzogen. In der 2 mm langen Kronröhre stehen die Antheren unterhalb des Einganges, die Narbe befindet sich in der Höhe des unteren Endes der Antheren. Unter den Zwitterblüten kamen auch 4zählige vor. Die Blüten der weiblichen Stöcke sind bedeutend kleiner als die Zwitterblüten, da ihr dunkler blau gefärbter und verhältnismässig tiefer eingeschnittener Saum im ausgebreiteten Zustande nur 5 mm im Durchmesser hat; die Antheren sind schwäch- lich und verschrumpft und springen nicht auf. 96. Cerinthe maior L. Während die beiden Cerinthe-Arten, deren Blüteneinrichtung von H. MüLter untersucht wurde, homogam sind, zeigte die grossblütige Ü. maior, im Hohenheimer botanischen Garten von mir im Juli 1893 beobachtet, deutliche Protogynie. Der grüne Kelch ist bei dieser Art ca. 25 mm lang und bis auf den Grund in 5 ungleich breite Zipfel zerteilt. Die Krone hat eine bauchig- cylindrische Gestalt mit einem auf der Oberseite der abwärts geneigten Blüten etwas mehr hervortretenden Bauche; ihre Röhre ‘ist 26 bis 27 mm lang, in der Mitte 8 mm weit, und die Zipfel haben eine Länge von 2'/; mm. Am Grunde und auf einer 6—8 mm breiten Zone am Vorderende ist die Krone citronengelb gefärbt, der mittlere Teil purpurschwarz, nach vorn in rot übergehend. Die bei Beginn des Blühens vorgestreckten Kronzipfel schlagen sich später ganz nach aussen zurück, wodurch ein runder Blüteneingang von 4 mm Durchmesser entsteht. Etwa 10 mm vor dem Eingang trennen sich die 5 dicken, 7 mm langen Filamente von der Kronröhre, sie sind gelb, gegen die Spitze rot gefärbt und tragen eben so lange schwarze, auf ihrer Innenseite gelb gefärbte Antheren, die um 3—4 mm aus dem Blüteneingang hervorragen, an ihrer Basis je 2 fädige, kraus gebogene, behaarte Anhängsel tragen und durch dichtes Aneinander- schliessen einen von dem Griffel durchzogenen Streukegel bilden. RA er Der 4teilige Fruchtknoten steht auf einer Unterlage, welche so reich- lichen Nektar absondert, dass er in der Blüte herabläuft und die Innenseite der Krone, sowie die Oberfläche der Filamente benetzt. Schon bevor die Krone aufzugehen beginnt, ragt das Ende des Griffels mit ausgebildeter Narbe um 2—3 mm aus ihr hervor, und auch wenn die Kronzipfel auseinanderweichen, sind die Antheren zunächst noch geschlossen. Aber noch ehe sich die Kronzipfel nach aussen geschlagen haben, springen die Antheren an ihrer Innenseite auf, während zugleich der Griffel sich noch verlängert, so dass er zuletzt reichlich 30 mm lang ist und um 7—8 mm aus der Krone hervorragt; die Narbe steht dann um etwa 4 mm tiefer als die Antheren, von deren weissem Pollen wohl gelegentlich von selbst etwas auf den überstehenden Narbenrand herabfallen kann. Die für grössere Bienen berechnete Bestäubungseinrichtung funktioniert eben so wie bei den übrigen Cerinthe-Arten; ich fand die Blüten von Hummeln besucht. 97. Vitex Agnus castus L. Von der Blüteneinrichtung dieser Art ist mir nur die kurze unzulängliche Beschreibung bekannt, welche VaucHzEr (a. a. O. III, p. 691) liefert und welche durch dessen ab- sonderliche Vorstellung von der Rolle, welche er dem Nektar bei der Vermittelung der Befruchtung zuschreibt, stark beeinträchtigt wird. Am 4. September 1900 fand ich in den Anlagen von Riva am Gardasee zahlreiche blühende Sträucher der in Rede stehenden Verbenacee. Die Scheinquirle, zu welchen die Blüten angeordnet sind, vereinigen sich zu ansehnlichen traubenartigen Blütenständen an den Enden der Zweige; die Stellung der Einzelblüten ist horizontal oder etwas nach aufwärts gerichtet. Der rötliche, mit kurzer grauer Be- haarung versehene Kelch ist samt seinen 5 kurzen Zähnen ca. 3 mm lang und hat eine trichterig-glockige Gestalt. Die hellviolette Krone besitzt eine 6 mm lange, am Grunde weisslich gefärbte Röhre, welche unten, soweit als sie im Kelche steckt, hohleylindrisch ist, sich aber oberwärts trichterförmig erweitert und am Schlunde einen Eingang von 3—4 mm Durchmesser zeigt. Ihr Saum besteht aus 5 Lappen ohne Zeichnung, von denen die 4 oberen unter sich ziemlich gleich und etwa 2 mm lang sind, während der untere lippenförmig ver- grössert, 5 mm lang und ungefähr eben so breit ist; die Richtung dieser Lappen des Saumes wechselt in den verschiedenen Zuständen der Blüte. Aus der Krone ragen die Geschlechtsorgane hervor, und zwar die 4 Staubblätter um 1'/a—2!/g mm weiter als der an seinem Ende in 2 etwas klaffende, untereinander stehende Äste gespaltene a. Griffel. Letzterer geht von der Spitze des im Kelchgrunde stehenden, . 1 mm hohen kugeligen hellgrünen Fruchtknotens aus, hat eine Länge von 6 mm, eine rotviolette Farbe, und trägt am Ende seiner beiden Ästehen je eine weissliche Narbe. In seinem oberen Teile verläuft der Griffel nahe unter der oberen Wand der Kronröhre und seine beiden Narben sind bereits entwickelt, wenn die Blüte aufgeht. Zu beiden Seiten des Griffels verlaufen die 2 oberen Staubblätter, etwas tiefer stehen die 2 unteren, alle 4 mit beim Aufgehen der Blüte noch geschlossenen Antheren: die Blüten sind also protogynisch. Staubfäden und Antheren sind hellviolett gefärbt, letztere tief in zwei Hälften geteilt und in dem Winkel zwischen beiden Hälften mit der etwas abwärts gebogenen Spitze des Filamentes verbunden; auf ihrer nach vorn gewendeten Seite tragen sie die weissen Kügelchen, welche schon VAaucHErR bemerkt und mit den bei den Labiaten häufig vorkommenden verglichen, und welche Derrıno (Ult. osserv. II, 2, p. 147) als Schleimkügelchen, wie sie Sideritis an den Antheren besitzt, bezeichnet hat. Die Antheren springen später mit 2 seit- lichen Längsspalten auf, wobei sie weisslichen Pollen austreten lassen, wenden aber die mit Pollen bedeckte Seite nach vorn. Die Staub- fäden sind 4 mm über dem Grunde in der Kronröhre eingefügt und unterhalb ihrer Einfügung ist die Kronröhre inwendig mit einer reichlichen Behaarung versehen, welche den Zugang zu dem nektar- haltigen Blütengrunde verschliesst. Der Nektar wird von einem sehr kleinen Discus abgesondert, welcher die verengtere Basis des Frucht- knotens umzieht. In jungen Blüten, welche sich noch im weiblichen Zustand befinden, sind die 5 Zipfel der Krone schräg vorgestreckt, so dass die Narbenspitzen mit den Spitzen der oberen Kronzipfel abschneiden; wenn sich aber später die Antheren öffnen, so biegen sich die 4 oberen Kronzipfel mit nach auswärts gerollten Rändern etwas nach hinten zurück, und auch der untere lippenartige Zipfel schlägt sich nach rückwärts, wobei seine Seitenränder sich stark zurücklegen. Die Staubblätter spreizen sich in diesem Zustande etwas weiter auseinander, die Narben sehen’ jetzt noch unverändert und frisch aus, aber die Staubblätter sind so weit von ihnen ent- fernt, dass spontane Selbstbestäubung nicht stattfinden kann. DBe- sucher habe ich an den etwas aromatisch duftenden Blüten nicht bemerkt. 98. Ajuga Ohamaepitys ScHREeB. In seiner allgemeinen Darstellung der Befruchtungseinrichtung bei der Gattung Ajuga giebt VAucHER (a. a. OÖ. III, p. 683) auch einige Notizen, welche sich ins- a: besondere auf A. Chamaepitys beziehen: Die gelben Blüten stehen in 2- oder höchstens 4blütigen Quirlen; die Antheren zeigen anfangs 2 ein- ander parallele, sehr deutliche Abschnitte, nachher verkleben sich deren Ränder an ihren breiteren Flächen miteinander, sie vertiefen sich in ihrer Mitte unmerklich, und endlich wirft sich ihre obere Fläche wie ein Deckel nach hinten, wodurch der Pollen zu Tage tritt; in der Mitte der Unterlippe verläuft eine etwas nektarhaltige Furche, die mit rötlichen Flecken bestreut ist. — Die von mir am 13. August 1896 in der Umgebung von Trient untersuchten Blüten standen auf- recht oder schräg aufwärts gerichtet und zeigten einen Kelch, von dessen 5 Zipfeln der oberste nur halb so lang war wie alle übrigen. Die Krone hat eine (bis zur Ansatzstelle der Unterlippe gemessen) 6 mm lange Röhre, deren unterster, 2'/a mm langer Teil ca. 2 mm weit ist, über dieser Stelle verengt sie sich plötzlich und erweitert sich dann wieder trichterförmig; inwendig ist an der verengten Stelle ein Haarkranz angebracht. Die Oberlippe ist sehr kurz, die Unter- lippe hat eine Länge von 11 mm, ist 3lappig und gerade vorgestreckt, ihre beiden Seitenlappen sind 2 mm lang, fast senkrecht nach vorn gerichtet, nur ein wenig nach aussen gebogen, von gelber Farbe mit je 3 rotbraunen Längslinien; der Mittelzipfel ist $ mm lang, aus schmaler Basis verkehrtherzförmig, an seinem vorderen Ende 8 mm breit. Er ist von seinem Grunde an mit 2 seitlichen, sich in den Blütengrund ziehenden Haarleisten versehen, goldgelb gefärbt mit rotbraunen Punkten in seinem schmalen hinteren Teil. Der im Grunde der Blüte befindliche Fruchtknoten steht auf einer Unterlage, welche Nektar absondert, und trägt den Griffel, der sich innen an der oberen Wand der Krone emporzieht und sich an seinem aus der Krone her- vortretenden Ende in 2 Narbenschenkel spaltet, von denen der obere nach oben, der untere nach unten zurückgerollt ist. Alle 4 Staub- blätter stehen unter der Oberlippe horizontal nebeneinander aus der Blüte hervor, die kürzeren um 4, die längeren um 6 mm. Ihre hell- braunen Antheren öffnen sich an ihrer nach unten gewendeten Seite und entlassen hellbraunen Pollen. Der Griffel, welcher zwischen den Staubfäden verläuft, breitet seine Narbenschenkel zwischen den beiden Antherenpaaren so aus, dass sie unmittelbar hinter den vorderen Antheren stehen, der untere Schenkel aber die hinteren nicht erreicht. Bei der Homogamie der Blüten und der geringen Entfernung der Narben von den Antheren kann wohl spontane Selbstbestäubung häufig eintreten. Nach Kuntz (II, 2, S. 290) beobachtete SCHLETTERER bei Pola 4 Bienenarten als Besucher der Blüten. — In Bezug auf die Grösse‘ der Krone scheinen bei dieser Art bedeutende Schwankungen vorzukommen, denn im Hohenheimer botanischen Garten beobachtete ich eine grossblumige Form mit Kronen bis zu 21 mm Länge, ander- seits eine kleinblumige mit 12 mm langen Kronen; in der Blüten- einrichtung unterschieden sich beide nicht von der mittelgrossen Trientiner Form. 99. Teucerium Botrys L. (Knut II, 2, S. 293). Der auf- geblasene grüne Kelch erweitert sich an seinem Grunde kugelig- sackig, ist 8 mm lang, 4 mm weit und geht in 5 etwa 2 mm lange dreieckige Zähne aus, deren oberer von den seitlichen durch grössere Einschnitte gesondert ist. Die Krone hat eine 5 mm lange, ein wenig nach oben gebogene und seitlich etwas zusammengedrückte Röhre von 2 mm Höhe und kaum 1 mm Breite. Die Oberlippe fehlt ganz, die Unterlippe besteht aus einem hinteren, beckenförmig ver- tieften, und einem schräg nach abwärts gerichteten vorderen Teile. Der hintere Abschnitt ist 4 mm lang, 3 mm breit, seine Seitenränder sind nach aufwärts gebogen und tragen je 1 spitzes Zähnchen; hinter diesen befindet sich eine senkrechte Einfaltung, die sich beim Herab- ziehen der Unterlippe glättet und eine bedeutende Abwärtsbewegung ihres vorderen Teiles gestattet. Dieser besteht aus einem rundlichen konkaven, 5 mm langen und etwas breiteren Mittellappen und aus 2 schmalen spitzen, 2'!/g mm langen, seitwärts abstehenden Seiten-: lappen; vor diesen verschmälert sich der Mittellappen auf 2 mm Breite. Der ganze vordere Teil der Unterlippe ist 8 mm lang, von hell rosenroter Farbe mit weissem, dunkelrot punktiertem Mittelfelde des Mittellappens; im Übergang zum hinteren Abschnitt der Unter- lıppe stehen 2 kurze Zeilen aufrechter Haare. Die beiden längeren Staubblätter ragen an der oberen Seite der Blüte bogenförmig so hervor, dass ihre Antheren ungefähr 2 mm hoch über die Unterlippe in der Gegend von deren Seitenlappen zu stehen kommen; etwas oberhalb dieser Staubblätter verläuft der Griffel, und die Antheren der 2 kürzeren Staubblätter stehen, ebenfalls auf bogig herabgeneigten Filamenten, ca. 3 mm weit hinter denen der längeren Staubblätter. Die Blüten sind protogynisch. Beim Beginn des Blühens sind die bräunlichen Antheren noch geschlossen, der Griffel liegt etwas bogig nach abwärts gekrümmt zwischen den beiden längeren Filamenten und biegt seinen längeren unteren Narbenschenkel, der bereits völlig entwickelt und mit Papillen besetzt ist, zwischen den beiden Antheren der längeren Staubblätter nach abwärts, so dass er in den Blüten- eingang hinabreicht und von Insekten, welche jetzt in die Blüte ein- RE ne: dringen, berührt werden muss. Der kürzere obere Narbenschenkel setzt die Richtung des Griffels fort. Diese gegenseitige Lage behalten die Geschlechtsorgane auch dann noch eine Zeit lang bei, wenn sich die Antheren mit einem an ihrer Unterseite liegenden Längsriss ge- öffnet haben, und in diesem Zustande kann spontane Selbstbestäubung durch Vermittelung der Antheren der längeren Staubblätter wohl stattfinden. Dann aber streckt sich das Vorderende des Griffels gerade und dadurch werden die Narbenschenkel über die Staubblätter ın die Höhe gehoben; der untere, jetzt welk aussehende Narbenschenkel krümmt sich nach hinten, der obere rollt sich nach oben um. Beim Verblühen neigen sich Staubblätter und Griffel abwärts auf die Unter- lippe. Die Unterlage des Fruchtknotens sondert in ihrem vorderen Teil Nektar ab. Im Hohenheimer botanischen Garten, wo die vor- stehenden Beobachtungen im August und September 1892 gemacht wurden, besuchten Honigbienen und kleinere Apiden die Blüten. 100. Rosmarinus officinalis L. (Knumm I, 2, S. 249). Den Blütenbau und auch die Bestäubungseinrichtung schildert VAucHER (a. a. OÖ. III, p. 588), ohne aber die Entwickelungsfolge und den Platzwechsel der Geschlechtsorgane richtig zu erkennen; diese wurden zuerst von DeLrıno beobachtet. Die Blüten, welche ich an Pflanzen des Hohenheimer Gewächshauses im April 1895, ferner bei Melide am Luganer See am 25. Mai 1896 und in Rom am 7. Oktober 1899 untersuchte, sind ausgeprägt protandrisch. Sie stehen in wenig- blütigen Trauben in den Blattachseln und sind von hellblauer Farbe. Der hellgrüne, weisswollig behaarte Kelch hat eine 3 mm lange Röhre und 2—3 mm lange Zipfel; er ist 2lippig mit 2spaltiger Unterlippe. Die Röhre der bläulichweissen Krone ist, ebenso wie der Kelch, schräg nach aufwärts gerichtet, 5 mm lang, unten 2 mm dick, nach oben wenig erweitert. Die Oberlippe der Krone trägt hellblaue Punkte und setzt die Richtung der Kronröhre fort, sie ist bei Beginn des. Blühens helmförmig, breitet sich aber bald, indem sie sich noch weiter in die Höhe richtet, flach aus und schlägt sogar ihr 2spal- tiges Ende etwas zurück; sie ist 5 mm lang, 2'/g mm breit, in der Mitte schwach längsgefaltet. Die 3lappige, 8 mm lange Unterlippe richtet ihren beckenförmig vertieften, 6—7 mm breiten Mittelzipfel schräg nach unten, während die beiden schmalen Seitenzipfel seitlich abstehen. Die Geschlechtsorgane liegen unter der Oberlippe und ragen über dieselbe heraus. Von den 4 Staubblättern sind nur die 2 unteren vollständig entwickelt, die 2 oberen dagegen bis auf ganz kleine Rudimente verschwunden. Die hellblauen Filamente der beiden eu un unteren Staubblätter sind der Unterlippe am Eingang in die Kron- röhre eingefügt und im ersten Blütenstadium an ihrem vorderen Teile abwärts gebogen. Sie tragen an ihren Enden die 2 divergierenden dunkelblauen Antheren, welche den weissen krümeligen Pollen nach unten entlassen; eigentlich sind es nur die beiden vorderen Antheren- hälften, welche auf einem langen, mit dem Filament verwachsenen Konnektiv- sitzen, die hinteren Antherenhälften sind zu 2 kleinen, rückwärts gerichteten Zähnchen umgebildet, welche am Filament 2 mm oberhalb dessen Einfügungsstelle stehen. Der hellblaue Griffel ist länger als die Staubblätter, verläuft hinter ihnen und steht im ersten Blütenstadium mit noch zusammengelegten Narben höher als sie. Später vertrocknen die Antheren, und nun biegt sich der Griffel unter die Staubblätter herab in den Blüteneingang, und seine 2 Narben- schenkel spreizen sich auseinander. Die Unterlage des Fruchtknotens sondert Nektar ab. In Rom sah ich Weisslinge und Honigbienen als Besucher der Blüten. 101. DBrunella alba Paz. (Knurms II, 2, S. 286). In der Umgebung von Riva am Gardasee, wo ich die Blüteneinrichtung dieser Art am 31. August 1896 untersuchte, bemerkte ich nur homogame Zwitterblüten, während A. Schutz bei Bozen Gynodiöcie und Protandrie der Zwitterblüten beobachtet hat. Ich fand die Einrichtung der gelb- lichweissen Blüten im ganzen mit der von DB. vulgaris übereinstim- mend. Der grüne, an seinem Grunde aussen behaarte Kelch ist S mm lang, 2lippig mit 3mm langer Röhre, die beiden 3 mm langen Zähne der Unterlippe sind an den Rändern von steifen Haaren be- wimpert. Die Röhre der gelblichweissen Krone hat eine Länge von 9 mm, die Ober- und Unterlippe sind 5 mm lang, erstere ist helm- förmig, letztere flach ausgebreitet, ohne jede Zeichnung; der Schlund der Krone ist 4 mm breit. Unter der Öberlippe liegen die 4 gelb- lichweissen Staubblätter nebst dem ebenso gefärbten Griffel; die Filamente der 2 längeren Staubblätter tragen je eine ?/Jı mm lange gebogene, seitlich gestellte Spitze. Die beiden Griffeläste klaffen beim Beginn des Blühens spitzwinkelig, später krümmen sie sich nach hinten zurück. Die Länge des Griffels ist wechselnd, so dass seine Äste bald vor den vorderen Antheren, bald zwischen oder hinter ihnen, bald zwischen den hinteren Antheren stehen; danach tritt spontane Selbstbestäubung bald nur selten, bald häufig oder unver- meidlich ein. Die Blüten haben keinen Duft, enthalten aber Nektar, welcher von der Unterlage des Fruchtknotens abgesondert wird. 102, Galeopsis pubescens Bess. (Knum II, 2, S. 267). Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 5 u Die Blüteneinrichtung stimmt im wesentlichen, auch in dem Schwanken der Grösse der Kronen, mit @. Tetrahit L. überein. Der Kelch be- steht aus einer 5 mm langen Röhre und 3 mm langen Zähnen. Die Krone zeigt ausser in der Grösse auch namentlich in der Färbung und Zeichnung viele Verschiedenheiten; im allgemeinen ist sie hell- gelb oder weisslich mit purpurnen Zeichnungen auf der Unterlippe. Besonders häufig fand sich um Trient und bei Pinzolo in Südtirol, wo die Blüten im August 1896 untersucht wurden, eine Form mit gelber Kronröhre und Oberlippe und weisser oder rötlichweisser Unter- lippe mit einem lebhaft gelben, von einer aus purpurnen Linien be- stehenden Zeichnung umgebenen Fleck in der Mitte der Basis des Mittellappens und weissem Saum; die Seitenlappen tragen entweder gar keine Zeichnung oder haben in ihrer Mitte einen kleineren oder grösseren purpurnen Fleck. Die Hohlzähne sind hellgelb oder weiss- lich mit purpurnen Schrägstrichen. Die Länge der Kronröhre schwankt von 13—18 mm, ihre untere Hälfte ist gleichmässig hohleylindrisch, die obere trichterförmig erweitert; diese Erweiterung ist an ihrem vorderen Ende 5 mm weit und dort vor der Basis der Öberlippe durch eine nach aussen hervortretende, bogig verlaufende Falte ab- gegrenzt; die Färbung des trichterförmigen Teiles der Kronröhre ist an der Unterseite weisslich, beim Übergang in den cylindrischen Teil lebhaft gelb. Die Oberlippe der Krone hat eine Länge von 7—8 mm, die Unterlippe vom Schlunde an gemessen eine solche von 10 mm; die Seitenlappen der letzteren sind nach hinten zurückgeschlagen, die Hohlzähne fast 2 mm lang. Bei einer andern Blütenform ist die Krone weisslich bis gelblichweiss, nur der Übergang des engeren Teiles der Röhre in den weiteren intensiv gelb gefärbt, die rote Zeichnung auf der Unterlippe, welche den gelben Fleck umgiebt, be- steht aus 2 oft zusammenfliessenden purpurnen Flecken. An der Innenseite der Oberlippe liegen die Geschlechtsorgane. Die Antheren haben quer gestellte Hälften und öffnen sich durch Aufklappen einer dreieckigen, an den Rändern mit weissen Haaren besetzten Klappe in jeder Hälfte. Diese Klappen behalten später ihre Gestalt, während die Antherenfächer zusammenschrumpfen und einen dreieckigen Zipfel darstellen. Vor dem Aufspringen der Antheren hat sich an der Basis jeder Klappe eine Reihe runder weisser Kügelchen ausgebildet. Die Blüten sind homogam. Der obere narbenlose Griffelast setzt die Richtung des Griffels an der Innenseite der Oberlippe fort und behält diese Lage immer bei, der untere, an seiner Spitze eine Narbe tragende Ast richtet sich abwärts und steht mitten zwischen den 2 vorderen RS ee Antheren, von deren Pollen er bei ihrem Aufspringen belegt werden muss. Seine Spitze schneidet jetzt mit der nach unten gerichteten Fläche der beiden Antheren ab, später ragt sie etwas in den Blüten- eingang herab, so dass sie nun von besuchenden Insekten eher be- rührt werden muss, als die geöffneten Seiten der Antheren. Als Besucher bemerkte ich kleine Hummeln. — Nach den Beobachtungen von A. Schuzz schwanken die Blüten nicht sehr in der Grösse, sind schwach protandrisch und gynomonöcisch, die weiblichen Blüten kleiner als die zwitterigen. 103. Stachys alpina L. Der Kelch der in reichblütigen Scheinquirlen stehenden Blüten ist auf seiner Aussenseite zottig und drüsig behaart, seine Röhre hat eine Länge von 6 mm, die Zipfel sind 4 mm lang. Die nach oben gekrümmte Kronröhre ist 11 mm lang und inwendig über dem Grunde mit einem Haarring und einer von diesem aufsteigenden Haarleiste versehen. Die Oberlippe ist schräg aufgerichtet, 6 mm lang, von hell purpurner Farbe, auf der Aussenseite behaart; die Unterlippe ist schräg nach abwärts vor- gestreckt, 9 mm lang, mit schmutzigroten Zeichnungen auf gelbem Grunde. Zu Beginn des Blühens stellen die Staubblätter, deren Filamente im unteren Teile behaart sind, ihre 4 sich sogleich öff- nenden Antheren fast in eine gerade Linie unter der Oberlippe neben- einander, der von jenen entlassene weissliche, ziemlich lockere Pollen bedeckt ihre untere Fläche. Der Griffel hat zwar seine beiden Schenkel jetzt schon auseinandergespreizt, liegt aber um 2—3 mm hinter den Antheren und sein unterer Ast ragt nicht zwischen den Filamenten hervor, so dass er auch bei eintretendem Insektenbesuch nicht berührt wird; man kann deshalb die Blüten als protandrisch bezeichnen. Später spreizen sich die beiden äusseren Staubblätter, welche etwas länger sind als die inneren, nach aussen beiseite, auch die Antheren der inneren Staubblätter vertrocknen und nun erst streckt sich der Griffel so weit, dass seine Schenkel zwischen den unteren Enden der inneren Antheren hervortreten und von besuchen- den Insekten berührt und bestäubt werden können. Spontane Selbst- bestäubung scheint gar nicht stattzufinden. Die Blüten, in denen von der Unterlage des Fruchtknotens Nektar abgesondert wird, sah ich in Graubünden (zwischen Filisur und Bellalina am 19. August 1894), wo die vorstehenden Beobachtungen gemacht wurden, von Hummeln besucht. 104. Betonica Alopecuros L. Über den Blütenbau dieser Art macht VaucHzr (a. a. OÖ. II, p. 651) folgende Angaben: Die 3% N. Krone der zu 20—30 in den Scheinquirlen stehenden gelblichen Blüten ist aussen behaart, ihre kaum aus dem Kelche ragende Röhre schräg geringelt; die Oberlippe bildet einen 2spaltigen aufgerichteten Helm und der Schlund ist verengt; die antherentragenden Konnek- tive liegen parallel und die in gleicher Höhe stehenden Antheren überragen etwas die Narbe, deren Griffel in der behaarten Kronröhre eingeschlossen ist und seine beiden kurzen Äste in papillöse Köpfchen ausgehen lässt. — Die Blüten, welche ich im Val Brenta alta (Süd- tirol) am 18. August 1896 untersuchte, haben einen angenehmen Duft und sind ausgeprägt protandrisch. Die gelblichgrüne Kelch- röhre ist 5 mm lang, 2'/a mm dick und geht in 2 mm lange Zipfel aus; auf seiner Aussenseite ist der Kelch zottig behaart. Die hell- gelbe Krone trägt gar keine Zeichnung und ist aussen behaart; ihre Röhre ist 8 mm lang, am Rücken etwas gekrümmt, 2 mm dick, aber über dem Grunde plötzlich so verengt, dass oberhalb dieser Stelle eine sackige Ausbauchung auf der Unterseite entsteht; in- wendig ist die Kronröhre an ihrer Oberseite mit Haaren besetzt. Die Oberlippe ist nach vorwärts gerichtet, etwas gekrümmt, 5'/s mm lang, die abwärts geschlagene Unterlippe hat eine Länge von 5 mm. Beim Beginn des Blühens liegen die Antheren der 2 längeren Staub- blätter etwa 2 mm hinter dem Vorderrande der Oberlippe auf deren Innenseite und öffnen sich nach unten; das Griffelende mit seinen 2 noch wenig klaffenden Narbenästen liegt hinter diesen beiden Antheren versteckt. Bald wachsen auch die 2 kürzeren Staubblätter so heran, dass ihre Antheren sich zu beiden Seiten der beiden an- deren stellen, wo sie sich ebenso öffnen. Die verwelkenden Staub- blätter biegen sich später nach den beiden Seiten aus dem Wege, das Griffelende krümmt sich etwas abwärts und seine beiden, jetzt weit auseinanderklaffenden Narbenäste stellen sich in den Blüten- eingang. Nektar wird von der Unterlage des Fruchtknotens ab- gesondert. Lorw sah (Knura Il, 2, S. 274) im botanischen Garten zu Berlin die Blüten von einer TERN besucht. 105. Calamintha grandiflora Much. (Ksuru I, 2, 8. 246). Ausser der kurzen Angabe von A. Schurz (Beiträge z. Kenntn. d. Bestäubungseinrichtungen u. Geschlechtsverteilung bei den Pflanzen, II. 1890. S. 196), dass die Blüten protandrisch seien, an kultivierten Exemplaren Gynodiöcie beobachtet wurde und die weiblichen Blüten kleiner seien als die zwitterigen, liegt eine Beschreibung der Blüten- einrichtung nur bei Vaucher (a. a. O. III, p. 614 unter Melissa grandiflora) vor. Danach werden die Blütenstände aus 4—5 ge- stielten Blüten gebildet und sind einseitswendig; die grosse, an ihrem Eingang erweiterte Krone wird in der Knospenlage von der Unterlippe verschlossen, die viel länger ist als die Oberlippe; die 2 Narbenäste, welche an der Ausrandung der Oberlippe liegen, sind ausgebreitet und entwickelt, wenn die beiden ersten Staubblätter ihre Antheren öffnen, deren horizontale Hälften fast übereinander- liegen und an ihrer nach innen gewendeten Seite den reichlichen weisslichen Pollen darbieten; die Filamente der beiden kürzeren Staubblätter sind nicht, wie die andern, gekrümmt; die Befruchtung ist vielleicht „indirekt“, denn der Pollen fällt entweder in den Blüten- grund oder auf die zerstreuten Haare der in ihrer Mitte durch eine nektarführende Furche geteilten Unterlippe, auf welche sich die Narbe herabbiegt. — Ich fand bei der Untersuchung der in den Um- gebungen von Pinzolo in Südtirol nicht seltenen Pflanze im August 1896, dass sie gynodiöcisch, seltener gynomonöcisch mit schwach protandrischen Zwitterblüten ist. Die letzteren haben eine ? mm lange, 2 mm dicke Kelchröhre mit 3 mm langen Zähnen, von denen die 3 oberen zurückgekrümmt, die beiden unteren ausgestreckt sind. Die Kronröhre ist 30 mm lang, am Grunde 1'/2 mm dick und von dort aus allmählich triehterförmig bis auf einen Durchmesser von 7? mm am Schlunde erweitert; hier biegt sie sich etwas aufwärts und geht in die 8 mm lange, 9 mm breite Oberlippe über, welche ein wenig aufwärts gekrümmt ist und in 2 abgerundete Zipfel endet. Die Unterlippe ist nach abwärts gerichtet, 11 mm lang, 12 mm breit, mit einem 5 mm langen, ebenso breiten viereckigen Mittel- lappen und abgerundeten, 4 mm langen Seitenlappen; vom Grunde des Mittellappens aus zieht sich beiderseits eine nach innen vor- springende Längsfalte, die innen mit Haaren besetzt ist, in den Blütengrund, und 2 schwächere kurze, ebenfalls behaarte ähnliche Falten befinden sich noch zwischen ihnen. Die Krone hat eine hell rosenrote Farbe, die Unterlippe ist auf den Falten weisslich, zwischen ihnen dunkelrot gefärbt. Staubfäden und Antheren sind weiss, die Antheren der längeren Staubblätter liegen der Innenseite der Ober- lippe 3 mm weit hinter deren Spitze an, die der 2 kürzeren stehen um 10 mm tiefer an der Oberseite der Kronröhre, alle 4 springen an ihrer Unterseite auf. Beim Beginn des Blühens klaffen die beiden Griffelschenkel nur wenig, haben ihre Narbenflächen noch nicht ent- wickelt und liegen der Innenseite der Oberlippe dicht an, jedoch ist dieser erste männliche Zustand der Blüte im Verhältnis zu dem darauffolgenden zwitterigen nur von kurzer Dauer. Die Länge des PROBE... Dane © Griffels ist etwas veränderlich: meistens ist er so lang wie die Ober- lippe und sein unterer Schenkel befindet sich um 3—4 mm vor den vorderen Antheren, bisweilen aber hat er eine um so viel geringere Länge, dass die Narbenspitze die 2 vorderen Antheren nur wenig überragt oder sogar zwischen ihnen zu stehen kommt. Aber auch in diesem Falle berührt die Narbe die Antheren nicht, so dass spontane Selbstbestäubung gewiss nur ausnahmsweise eintreten kann. Nektar wird von der grossen Unterlage des Fruchtknotens ab- gesondert. — Die weiblichen Blüten haben in ihrer ausgeprägtesten Form eine 6!/a mm lange Kelchröhre, aber eine nur 15--16 mm lange Krone (gegenüber 41 mm Länge bei den Zwitterblüten); hier sind auch die 2 längeren Staubblätter so verkürzt, dass sie in der 10 mm langen Kronröhre eingeschlossen bleiben und alle Antheren sind verkümmert. Zwischen diesen weiblichen und den zwitterigen Blüten wurden Mittelformen beobachtet, bei denen die Kronen eine mittlere Grösse zeigten und die Antheren nur teilweise reduziert waren. Insektenbesuche habe ich nicht wahrgenommen, aber zahl- reiche Kronen 10 mm über ihrem Grunde durchgebissen gesehen. 106. Linaria arvensis Desr. (Knurte II, 2, S. 154). H. MÜLLER sieht die Blüten dieser Art, wie auch diejenigen von L. minor Desr., als hinsichtlich ihrer Bestäubungsemrichtung sehr reduziert an im Verhältnis zu den grossblütigen Arten der Gattung, ohne aber eine nähere Beschreibung davon zu geben. Die Blüten fallen wenig in die Augen und stehen vereinzelt an den Pflanzen. Ihr Kelch ist bis zum Grunde in 5 grüne abstehende, mit Drüsenhaaren besetzte Zipfel gespalten, von denen die unteren 4, die oberen 5 mm lang sind. An der Krone ist die Röhre und der Sporn aussen hellviolett gefärbt, Ober- und Unterlippe sind weisslich. Die Kronröhre ist 3 mm lang, 2 mm dick, nach vorn etwas erweitert, so dass die Breite des Spaltes zwischen Ober- und Unterlippe, die nicht fest aufeinander liegen, 3 mm beträgt; auf ihrer Aussenseite und in der unteren Hälfte auch inwendig ist die Kronröhre behaart und in ihrem Innern befindet sich unten vor dem Eingang zum Sporn ein orangegelber, dunkel umsäumter, mit Haaren besetzter Fleck. Der dünne Sporn ist 3'!/a mm lang und enthält in seiner Spitze eine geringe Menge von Nektar. Die 3 Zipfel der, wie bei der Gattung Linaria gewöhnlich, nach innen vorgewölbten Unterlippe sind ab- wärts gebogen, die beiden der Oberlippe aufwärts gerichtet, die Vorderansicht der Blüte ist ca. 5 mm hoch. Die auf weissen Staub- fäden stehenden 4 Antheren liegen in 2 Reihen hintereinander der Be. Innenfläche der Oberlippe an und wenden ihre mit weissem Pollen bedeckte aufgesprungene Seite nach unten; die Antheren der 2 längeren Staubblätter stehen unmittelbar hinter dem Blüteneingang, die der 2 kürzeren etwas tiefer. Zwischen beiden Antherenpaaren befindet sich die am Ende des violetten Griffels stehende weisse Narbe. Bei dieser Stellung der Geschlechtsorgane und bei der Homogamie der Blüten muss regelmässig spontane Selbstbestäubung eintreten. Insektenbesuch wurde von mir (Lindau, am 4. Juni 1900) ebensowenig wie früher von H. Mürzer an den Blüten wahrgenommen. 107. Anarrhinum bellidifolium Desr. Über die Blüten- einrichtung dieser Art sind mir nur die kurzen Notizen von VAUCHER (a. a. O. III, p. 508) bekannt: Die paarweise verbundenen Antheren verstreuen allmählich ihren weisslichen zusammenhaftenden Pollen auf die tieferstehende Narbe und hauptsächlich in den von dem Honigsaft der Nektardrüse erfüllten Blütengrund. — Die hellblauen, schwach duftenden Blüten sind in horizontaler oder etwas abwärts geneigter Stellung zu langen reichblütigen Trauben angeordnet, welche langsam von unten nach oben abblühen und deshalb immer nur auf einer kurzen Strecke mit geöffneten Blüten besetzt sind. Der grüne Kelch ist 5 mm lang und fast bis zum Grunde in 5 lineale Zipfel geteilt. Die hellblaue Krone hat eine 3'/s mm lange, 1!/e mm dicke Röhre, welche vom Grunde an bis etwa zur Mitte schwach nach unten, im vorderen Teile aber etwas nach oben ge- bogen ist und an der Basis auf ihrer Unterseite einen nach vorn gekrümmten, 2 mm langen und !/s mm dicken, Nektar enthaltenden Sporn trägt. Der Kronsaum steht ziemlich senkrecht auf der Röhre, seine 2zipfelige Oberlippe ist aufgerichtet, die 3zipfelige Unterlippe nach unten gewendet und zwischen beiden befindet sich der ovale ca. l mm breite und etwas höhere Blüteneingang; die Oberlippe ist 2 mm lang und ziemlich flach ausgebreitet, die 4 mm lange Unter- lippe trägt, der Grenze des Mittellappens entsprechend, 2 Längs- buckel, welche durch Hervorstülpung von der Unterseite her zu stande kommen. Ein wenig hinter dem Blüteneingang liegen an der Ober- seite der Kronröhre die 4 schwärzlichen Antheren, ihre aufgesprungene, mit weissem Pollen bedeckte Seite nach unten wendend. Die 2 kürzeren Filamente sind gerade ausgestreckt, die beiden längeren an der Spitze umgebogen und die 4 Antheren, welche in 2 Paaren dicht hintereinander liegen, sind dadurch zu einem kranzförmigen Körper. verwachsen, dass nicht nur die unteren Enden der unteren Antheren und die oberen Enden der oberen Antheren, sondern auch 2. ee die aneinander anstossenden Enden der beiden Paare fest zusammen- hängen, wobei die oberen Antheren nach oben, die unteren nach unten konvergieren. Auf diese Weise umschliessen die Antheren eine in ihrer Mitte liegende kreisförmige Öffnung und diese wird von der Narbe gerade ausgefüllt. Letztere steht am Ende eines ca. 1'/’g mm langen, etwas nach unten gebogenen Griffels, der von der Spitze des 1 mm hohen Fruchtknotens ausgeht. Beim Beginn des Blühens ist die Narbe ganz von dem aus den Antheren hervor- getretenen Pollen bedeckt, in älteren Blüten liegt sie dagegen, nach- dem der Pollen von besuchenden Insekten abgeholt worden ist, frei zwischen den Antheren. Zwar ergab die mikroskopische Unter- suchung der Narben älterer und jüngerer Blüten keinen bemerk- baren Unterschied in der Struktur, aber von den jungen, mit Pollen dicht bedeckten Narben fällt derselbe sehr leicht ab und wird bei Insektenbesuch ohne Zweifel aus der Blüte entfernt. Man wird also annehmen dürfen, dass die Narbe junger Blüten noch nicht em- pfängnisfähig ist und dies erst wird, wenn der eigene Pollen durch Insekten abgeholt ist; wenn Insektenbesuch ausbleibt, so bewirkt der auf der Narbe liegende Pollen jedenfalls Selbstbefruchtung. Ich sah im Hohenheimer botanischen Garten (am 13. September 1895) die Blüten von Bienen und Hummeln besucht. 108. Serophularia canina L. (Knuru 11, 2, S. 146). J. Mac Leon hat sich in der Hauptsache darauf beschränkt, den Insekten- besuch der Blüten (in den Pyrenäen) festzustellen. Die Blüten- einrichtung, welche ich an Exemplaren des Hohenheimer botanischen Gartens (am 24. Mai 1894) und an wild wachsenden Pflanzen bei Pinzolo in Südtirol (am 16. August 1896) untersucht habe, stimmt im wesentlichen mit derjenigen der übrigen Scrophulartia-Arten, be- sonders von S. Hoppei Koch überein. Der grüne Kelch hat ab- gerundete schwarzpurpurne, mit einem breiten weissen Hautrande versehene Zipfel. Die Krone ist schwarzpurpurn gefärbt, mit weissen Rändern und weisslichen Seitenlappen der Unterlippe. Die glockige Kronröhre ist 2—3 mm lang, der Blüteneingang eben so breit und 4 mm hoch; die beiden Lappen der 3 mm langen Oberlippe sind aufgerichtet, die 3lappige Unterlippe zeigt einen sehr kleinen, nach unten gerollten Mittellappen und 2 vorgestreckte Seitenlappen. Nach- dem die Krone sich geöffnet hat, biegt sich der weisse, an seiner Spitze mit entwickelter Narbe versehene Griffel derart bogig nach aufwärts aus dem Blüteneingange heraus, dass die Narbe mitten ‘vor diesem steht; alle 4 Staubblätter sind jetzt mit geschlossener ur, ER Anthere nach hinten zurückgebogen. Alsdann richtet sich der Griffel erst gerade und krümmt sich dann scharf nach abwärts. Nachdem dies geschehen ist, strecken sich die 2 mittleren Staubblätter dicht über der Unterlippe aus dem Blüteneingang hervor, ihre schwarz- violetten Antheren springen auf und bieten .goldgelben Pollen auf ihrer nach vorn gerichteten Seite dar. Nach dem Verstäuben biegen sich ihre Filamente ebenfalls nach abwärts, wobei jedoch die An- theren die Narbe, welche übrigens bald verwelkt, nicht erreichen. Nun treten die beiden seitlichen Staubblätter in derselben Weise aus der Blüte hervor, stäuben und biegen sich abwärts. Das obere 5. Staubblatt ist in Form eines kleinen weisslichen Spitzchens als Rudiment vorhanden. Ein wallartiger drüsiger Ring umgiebt den ganzen Fruchtknoten und sondert Nektar ab. Bei der ausgeprägten Protogynie der Blüten und der gegenseitigen Stellung der Geschlechts- organe kann gewiss nur in Ausnahmefällen spontane Selbstbestäubung durch Pollenfall stattfinden. Dagegen will Meeuan (Proc. Acad. Nat. Sc. Philadelphia 1876, eitiert von HeznstLow, On the Self-fertilization of Plants. Transact. Linn. Soc. Ser. 2. Botany. Vol. I. 1877. p. 371) die Selbstbestäubung als einen regelmässigen Vorgang beobachtet haben. 109. Scerophularia vernalis L. (Knumm 1, 2, 8. 145). Schon SprenseL (Das entdeckte Geheimnis etc. S. 325) hat das Nektarıum und die Nektarabsonderung richtig beschrieben. VAUCHER (a. a. O. II, p. 497) bemerkt über diese Art: An ihren ein ge- schlossenes Glöckchen bildenden Blüten durchbohrt der Griffel die Spitze der Krone und streckt sich aus ohne sich zu krümmen, wobei er nach und nach von den 4 Antheren begleitet wird; es ist keine Nektarschuppe (d. h. ein 5. Staubblatt) vorhanden und die Honig- drüse befindet sich auf der Vorderseite des Fruchtknotens. — Die folgende Beschreibung ist nach den Blüten der im Hohenheimer botanischen Garten kultivierten Pflanzen im April 1896 entworfen. Die gelben Blüten stehen kopfartig zusammengedrängt an der Spitze des Stengels und haben eine horizontale oder schräg aufwärts ge- richtete Lage; sie sind ebenso ausgeprägt protogynisch wie bei anderen Scrophularia-Arten, weichen aber doch in manchen Einzel- heiten von diesen ab. Auf dem kurzen Blütenstiele steht ein hell- grünlichgelber Kelch von 8 mm Länge, der in 5 untereinander ziemlich gleiche, 7 mm lange, an der Spitze nach aussen umgebogene, ca. 2 mm breite Zipfel zerspalten ist; auf seiner Aussenseite trägt er eine drüsige Behaarung und an der Basis längere Wollhaare. Die oc HUB aaE Krone ist unbehaart, von einer eiförmig-krugartigen Gestalt, in ihrer unteren Hälfte hellgelb, oben goldgelb gefärbt, ohne Zeichnung; sie hat im ausgewachsenen Zustand eine Länge von 8 mm, ihre Röhre ist 6 mm lang und fast kugelig aufgeblasen, so dass ihr grösster Durchmesser 5'/s mm beträgt. Die 5 kaum 2 mm langen Zipfel des Kronsaumes sind gerade vorgestreckt, die 2 der Oberlippe ent- sprechenden, ein wenig kürzeren, decken mit ihren Rändern sich und die ihnen benachbarten Lappen der Unterlippe. Auf diese Weise wird ein rundlicher Blüteneingang von ca. 2 mm Durchmesser ge- bildet, aus welchem sich die Geschlechtsorgane nacheinander hervor- strecken. Schon ehe die Krone ihre volle Grösse erreicht hat, schieben sich die Zipfel ihres Saumes auseinander und lassen zwischen sich den Griffel hervortreten, welcher auf dem gerade ausgestreckten Mittelzipfel der Unterlippe aufliegt und an seinem etwas aufwärts gebogenen Ende die empfängnisfähige Narbe ungefähr 3—4 mm weit vor dem Blüteneingang darbietet. Im weiteren Verlaufe des Blühens streckt sich der Griffel, so dass er schliesslich um ca. 7” mm aus der Krone hervorragt. Die Staubblätter sind anfangs in der Krone eingeschlossen, ihre am unteren Ende mit Drüsenhaaren besetzten Filamente sind gegen den Blütengrund umgebogen, die goldgelben Antheren noch geschlossen; nach einiger Zeit strecken sich die beiden mittleren Staubblätter gerade und führen dadurch ihre An- theren aus dem Blüteneingang heraus, wobei sich die Filamente zu beiden Seiten des Griffels auf die Unterlippe legen. Alsbald öffnen sich ihre Antheren an der nach oben gewendeten Seite und bieten, indem sich die Spitzen der Filamente etwas nach aufwärts biegen, den Pollen anfangs 2—3 mm, später, da noch eine Verlängerung der Filamente stattfindet, 4 mm vor dem Blüteneingange dar. Der Griffel hat sich unterdessen in der Regel so weit gestreckt, dass die Narbe, die übrigens häufig zu dieser Zeit schon gebräunt er- scheint, vor den Antheren steht; auch biegt sich der Griffel oftmals gerade oder etwas nach unten, also von den Antheren hinweg. Nach dem Verstäuben der Antheren der beiden mittleren Staubblätter -biegen sich deren Filamente an der Spitze gerade, wodurch die auf- gesprungene Seite der bereits verwelkten Antheren nach vorn zu stehen kommt, und es treten nun aus dem Blüteneingang die 2 seit- lichen Staubblätter hervor, welche ganz in derselben Weise abblühen. Von dem oberen 5. Staubblatt ist in der Blüte keine Spur vorhanden. Der Nektar wird an der Oberseite des Fruchtknotens von einer grünen Drüse abgesondert, welche aus einer Verbreiterung der Unter- a lage des Fruchtknotens an dieser Stelle hervorgegangen ist. Bei der geschilderten Blüteneinrichtung ist der Eintritt von spontaner Selbstbestäubung in der Regel ausgeschlossen; Fremdbestäubung wird bei stattfindendem Insektenbesuch, abgesehen von der ausgeprägten Protogynie, auch noch dadurch begünstigt, dass in demselben Blüten- stande sich Blüten von sehr verschiedenem Alter dicht nebeneinander befinden; denn das Aufblühen beginnt an’ den untersten Mittelblüten der cymösen Seitenzweige, geht dann auf die oberen Mittelblüten und endlich auf die seitlichen Blüten über. Bisweilen findet spontane Selbstbestäubung dadurch statt, dass der Griffel sich weniger stark streckt und seine Narbe von den Antheren der mittleren Staubblätter erreicht wird. Als Blütenbesucher beobachtete ich zahlreiche Honig- bienen und einige Hummeln. 110. G@ratiola officinalis L. (Kunurn I, 2, S. 155). Nach- dem SPRENGEL und VAUCHER einige Mitteilungen über die merkwürdige Blüteneinrichtung dieser Art gemacht hatten, wurde sie auch von Derpiso (Ult. osserv. I, 2, p. 151, 189, 204, 259) untersucht, der ihren Bestäubungsapparat mit dem herkogamen von ÜUtricularia ver- gleicht, die gegenseitige Lage der Geschlechtsorgane schildert und die Funktion der Behaarung an der oberen Seite des Schlundes auf- klärt. Die im Hohenheimer botanischen Garten gezogenen Exemplare der Pflanze boten mir Gelegenheit, die Bestäubungseinrichtung im Juni 1899 wiederholt zu untersuchen. Die Blüten stehen einzeln in den Blattachseln auf ziemlich langen Stielen, welche sich nach Hanscırc (Beiträge zur Kenntnis der Blütenombrophobie. 1896, S. 34) bei Regenwetter sehr schwach abwärts biegen. Der grüne, bis auf den Grund dteilige Kelch besteht aus 9 mm langen, reichlich 2 mm breiten Blättern, die an ihren oberen Enden nach aussen gebogen sind. Die Krone steigt bogig schräg nach aufwärts, ist 24 mm lang und hat eine grünlichgelbe Röhre und eine weisse Ober- und Unter- lippe. Die inwendig gelbbraun gefärbte Kronröhre hat eine cylindrisch- trichterförmige Gestalt und ist durch Längseinfaltungen etwas kantig, ihre Länge beträgt auf dem Rücken 12, an der aufwärts gebogenen Bauchseite 16 mm, am Grunde ist sie 5, am Schlunde S mm breit, ihre Höhe im Schlunde beträgt wegen der dort befindlichen Ein- biegung der Oberlippe nur 4 mm. Die Lappen des Kronsaumes schneiden vorn in ziemlich gleicher Länge ab und begrenzen einen Blüteneingang von ca. 10 mm Breite und Höhe. Der Saum besteht aus Ober- und Unterlippe; erstere ist 10 mm lang, vorn ebenso breit, an der Spitze etwas ausgerandet und an jungen Blüten schräg CE, nach oben gerichtet. Auf ihrer Innenseite trägt sie vor dem Schlunde einen rundlichen, 4 mm langen, 5 mm breiten Fleck von citronen- gelber Farbe und ist mit nach hinten an Länge zunehmenden, an ihrer Spitze keulig verdickten Haaren besetzt, welche die Farbe der Unterlippe haben und sich auch seitlich auf die oberen Partien der Unterlippe, sowie abwärts in die Kronröhre bis zur Ansatzstelle der beiden oberen Staubfäden fortsetzen. Die Unterlippe ist 3lappig mit untereinander gleichen, 8 mm langen, 7 mm breiten, weissen, vorn abgerundeten Zipfeln; der Mittelzipfel trägt in seinem hinteren Teile wässrige, in die Kronröhre sich fortsetzende Längslinien und ist horizontal vorgestreckt, während die Seitenzipfel bei völlig aus- gebreiteter Krone fast senkrecht aufgestellt sind. Das im Blüten- grunde stehende Pistill ist 12 mm lang, sein 5 mm hoher, hellgrüner, kahler Fruchtknoten, dessen Spitze in den Griffel übergeht, ist an seinem Grunde von einem schmalen, randartigen, gelben Diskus um- zogen, der in seinem oberen Teile Nektar absondert. Der Griffel verläuft unter der Oberseite der Kronröhre und die an seinem Ende stehende Narbe befindet sich unmittelbar am Eingang in den Schlund; sie ist am Anfang des Blühens noch nicht funktionsfähig und hat jetzt die Form einer 3seitigen Pyramide, deren Spitze nach vorn und deren eine Kante nach unten gerichtet ist; letztere ist bisweilen wenig ausgebildet. Von den 4 weissen Staubblättern trennen sich die 2 unteren etwa 2'!/& mm über dem Blütengrunde von der Kron- röhre, sie sind 8 mm lang, dünn, über der Unterlippe gerade vor- gestreckt; ihre am äussersten Ende rechtwinkelig umgebogenen Spitzen tragen sehr kleine verkümmerte und pollenlose Antheren von weisser Farbe. Die 2 oberen fruchtbaren Staubblätter ent- springen 7 mm über dem Blütengrunde, sind 4 mm lang und ver- laufen neben dem Griffel an der oberen Wand der Kronröhre; die aufgesprungenen Seiten ihrer Antheren legen sich durch eine scharfe Biegung des oberen Filamentendes dicht an die beiden unteren Pyramidenflächen der noch geschlossenen Narbe an. Im aufgesprungenen Zustande hat die Anthere die Form einer flachen Schüssel mit dünnhäutigem Rande; beide Antheren liegen so neben- einander, dass sich ihre Ränder an der Unterkante der Narbe be- rühren, und an dieser Berührungsstelle quillt der weisse Pollen hervor. Hinten in der Krone steht zwischen den beiden fruchtbaren Staub- blättern das Rudiment eines fünften in Form einer kleinen Spitze. — Nachdem das männliche Stadium der Blüte einige Zeit angedauert hat, richtet sich allmählich die Oberlippe ganz in die Höhe, so Ser dass der Blüteneingang nun durch den etwas höher gewordenen Schlund dargestellt wird. Auch die Narbe entwickelt sich, indem die 3 Kanten der Pyramide auseinanderweichen und klaffen, an den Spalten kommen die Narbenpapillen zum Vorschein und schliesslich sieht die ganze papillöse Fläche von vorn dreieckig mit nach unten gewendeter Spitze aus. Von der angeblichen Reizbarkeit der Narben- lappen konnte ich ebensowenig wie Derrıno etwas bemerken. Wie der ietztgenannte Beobachter geschildert hat, und wie es CH. RoBERTSON (Transact. St. Louis Acad. Sci. V, p. 592) bei der sehr ähnlich ge- bauten Blüte von @. virginiena L. bemerkte, zwingt die Gestalt der: Krone und insbesondere die Behaarung auf deren oberer Innen- fläche die Blütenbesucher (Bienen), sich in der Blüte umzudrehen, so dass sie die Behaarung der Krone mit ihrem Bauche streifen und mit der Unterseite des Halses und des Rüssels die Geschlechts- organe berühren. Im Bau der Blüten, die sich nach Hanscıre (Physiologische und phykophytologische Untersuchungen, S. 35) bei anhaltend regnerischem Wetter schliessen sollen, treten verschiedene Schwankungen bezüg- lich der Ausbildung der Staubblätter und bezüglich der Gestalt der Narbe nicht selten auf. Die Narbenpyramide entwickelt sich bis- weilen auch so, dass ihre obere Fläche sich von der unteren Partie abhebt und klafft, wodurch eine quere, schwach 2lippige Narben- fläche entsteht; in anderen Fällen ist die Narbenpyramide umgekehrt, nämlich mit einer Kante nach oben und einer Fläche nach unten gestellt, alsdann legen sich die beiden Antheren mit ihren geöffneten Seiten direkt aneinander und bei der völligen Entfaltung der Narbe spaltet sich deren Oberlippe hasenschartenartig; auch der Fall wurde beobachtet, dass die Narbenpyramide vierseitig ausgebildet ist, eine Kante nach oben, eine nach unten, die beiden übrigen nach rechts und links wendet und später eine papillöse Fläche von viereckiger Gestalt entwickelt. Das 5. hintere Staubblatt ist in manchen Blüten vollkommen ausgebildet und fruchtbar; es hat dann eine Länge von 3 mm und legt seine geöffnete Anthere gerade auf die obere Fläche der Narbenpyramide, so dass der daraus hervortretende Pollen, wenn sich die Narbe entwickelt, auf diese gelangen muss. Umgekehrt ist das 5. Staubblatt oft bis zu einem kleinen, kaum erkennbaren Spitzchen, ja selbst bis auf eine kleine Längsschwiele reduziert. Endlich zeigen bisweilen die 2 hinteren Staubblätter dieselbe Ver- kümmerung wie die vorderen, und da in solchen Blüten auch das 5. Staubblatt unfruchtbar ist, so fungieren die Blüten lediglich als Zr weibliche. — Trotz mehrfacher Überwachung waren auch bei sonnigem Wetter keine Besucher an den Blüten wahrzunehmen. 111. Wulfenia carinthiaca L. (Kuure II, 2, S. 175). Durch HiLpEsrann ist die Protogynie dieser Art bekannt geworden, SPRENGEL (a. a. O. S. 53) schloss aus dem Bau der Blüten, dass sie „Saftblumen“ sein müssen, und Hasscırs (Physiol. u. phykophyt. Unters., 5. 81) bezeichnet sie als pseudoephemer. Die Blüten, deren Bau ich an Exemplaren des Hohenheimer botanischen Gartens am 27. und 28. Juni 1893 untersuchte, stehen in horizontaler oder schräg aufwärts gewendeter Stellung in einem reichblütigen und dichten ährenartigen Blütenstand. Der grüne oder rötliche Kelch besteht aus 5 je 5 mm langen schmalen, bis auf den Grund getrennten Zipfeln. Die blaue Krone hat eine 38 mm lange Röhre, eine 21/2 mm lange, in der Mitte der Spitze eingekerbte Oberlippe, welche die Richtung der Röhre fortsetzt, und eine 4 mm lange Unterlippe, deren Mittellappen schräg nach unten geneigt ist, während die beiden Seitenlappen seitlich etwas abstehen. Die Innenseite des Mittel- lappens und die Schlundgegend an den Seitenlappen ist mit weissen Wollhaaren besetzt, welche sich auch noch in die Kronröhre hinab- ziehen. Die beiden Staubblätter haben ziemlich kurze Filamente, welche dicht hinter dem Blüteneingang an der Grenze zwischen Ober- und Unterlippe eingefügt sind und die an ihrem Ende stehenden hellblauen Antheren der Innenwand der Öberlippe dicht anliegend darbieten. Der Fruchtknoten, von dessen gelber Unterlage Nektar abgesondert wird, ist 2 mm hoch und setzt sich in einen faden- förmigen 8 mm langen Griffel fort, der an seinem Ende eine weiss- liche, schwach 2lappige Narbe trägt. Sogleich beim Aufgehen der Blüte stellt sich die geschlechtsreife Narbe in den Blüteneingang, während die Antheren noch geschlossen sind. Später, nach deren Aufspringen, steht die Narbe unterhalb der Antheren und vor ihnen, so dass sie von besuchenden Insekten früher berührt werden muss als die Antheren, anderseits aber herabfallender Pollen sie nicht treffen kann. Beim Abfallen der Krone kann jedoch spontane Selbst- bestäubung durch Vorbeistreifen der Antheren an der Narbe ein- treten, wenn erstere noch Pollen enthalten. 112. Digitalis lanata Enkn. Die Blüteneinrichtung dieser, sowie der beiden unter 113 und 114 folgenden Digitalis-Arten stimmt nach den an Pflanzen des Hohenheimer botanischen Gartens im Juni und August 1894, 1895 und 1896 gemachten Beobachtungen in der protandrischen Entwickelungsfolge der Geschlechtsorgane mit den a übrigen genauer untersuchten Arten (vergl. Knut# II, 2, S. 157—160) überein. Bei D. lanata sind die fast horizontal gestellten Blüten zu einer langen reichblütigen allseitswendigen Traube angeordnet und von gelblichweisser Farbe. Der Kelch hat 5 ungleiche grüne weich- zottige, fast bis zum Grunde voneinander getrennte Zipfel. Die ca. 15 mm lange Kronröhre bildet in ihrem untersten Teil einen kugeligen Kessel von 5—6 mm Durchmesser; an seinem. vorderen Ende ist dieser durch eine unten und an beiden Seiten verlaufende Einschnü- rung verengt und von dem vorderen, unregelmässig halbkugeligen Teile der Kronröhre getrennt. Die nach vorn gerichtete Öffnung dieses Vorderteiles, der Blüteneingang, hat eine Breite von 10 mm, ist aber nur 8 mm hoch, weil sich der Mittellappen der Unterlippe in seinem hinteren Teile nach oben emporwölbt. Der Rand des Blüteneinganges wird oben durch die 2 kurzen breiten Lappen der Oberlippe, seitlich durch die kaum grösseren Seitenlappen der Unter- lippe, unten durch den Mittellappen der letzteren gebildet. Dieser Mittellappen ist 12 mm lang, weiss, mit einigen bräunlichen in den Grund hinein führenden Adern und streckt sich schräg nach abwärts vor. Das Innere der ganzen Kronröhre ist weiss mit einer netzigen gelblichbraunen Zeichnung, die auch auf der Aussenseite der Krone mit einer schmutzig rotbraunen Färbung durchschlägt; innen und aussen ist die Krone mit Drüsenhärchen besetzt. Im Blütengrunde steht auf einer an der Oberseite stärker ausgebildeten, Nektar ab- sondernden drüsigen Unterlage der mit Drüsenhaaren bedeckte grüne Fruchtknoten; der von ihm ausgehende drüsenhaarige Griffel verläuft an der oberen Seite der Kronröhre, auf seinen beiden Seiten liegen die Staubblätter. Im Knospenzustande ist die Blüte durch den herauf- geschlagenen Mittellappen der Unterlippe verschlossen; wenn dieser sich abwärts bewegt und dadurch den Blüteneingang allmählich. immer weiter Öffnet, so liegen die Staubblätter mit ihren noch ge- schlossenen gelben Antheren oben auf der Innenseite der Krone der- art, dass die der 2 äusseren längeren Staubblätter mit dem Vorder- rande der Oberlippe abschliessen und die Antheren der kürzeren Staubblätter in einer zweiten Reihe dicht hinter ihnen liegen; die Spitze des Griffels endet mit ihren beiden aufeinander gelegten Schenkeln zwischen und etwas über den 2 vorderen Antheren. Nach- dem sich der Mittellappen der Unterlippe abwärts gebogen und den Blüteneingang vollständig freigelegt hat, springen zuerst die 2 vorderen Antheren an ihrer Unterseite auf, wobei sie weisslichen Pollen aus- treten lassen und zugleich die Spitzen ihrer Filamente sich etwas Be nach abwärts biegen. Später schreitet die Abwärtskrüämmung dieser Filamente noch weiter fort, wobei sie sich seitlich abspreizen und verwelken; nun treten die 2 kürzeren Staubblätter, deren Filamente sich etwas verlängern, an ihre Stelle und schliesslich krümmt sich das Griffelende herab und breitet seine beiden auf der Innenseite mit Papillen besetzten Narbenflächen aus, die unterhalb der beiden Antheren stehen und von hinreichend grossen Insekten, welche die Blüten besuchen (Hummeln), eher berührt werden müssen, als der noch auf den Antheren haftende Pollen. 113. Digitalis ferruginea L. Die Blüten haben eine gelbbraune Farbe und sind in horizontaler Stellung oder wenig ab- wärts geneigt zu grossen allseitswendigen Ähren vereinigt. Die > grünen Kelchzipfel sind bei dieser Art an der Spitze abgerundet. ‘—8 mm lang, kahl, weiss berandet. Die Kronröhre setzt sich aus einem hinteren cylindrischen 5 mm langen und eben so weiten, und einem vorderen glockigen ca. 10 mm langen Abschnitt zusammen; der vordere ist auf dem Rücken abgeflacht, unten bauchig, 11 mm breit und hoch, seine Ober- und Seitenränder werden durch die unter sich ungefähr gleichen 4 kurzen Saumlappen gebildet, während der Mittelzipfel der Unterlippe noch um ca. 10 mm fast wagerecht vorgestreckt ist. Derselbe wölbt sich etwas nach oben, ist; an seinem Grunde 10 mm breit und verschmälert sich nach vorn allmählich auf 5 mm. Der Blüteneingang ist 10 mm breit, 8 mm hoch. Die Krone zeigt an ihrer Aussenseite eine hell gelbbraune Farbe und trägt eine kurze drüsige Behaarung, auf der Innenseite ist die Färbung etwas lebhafter und ausserdem eine netzige Zeichnung von brauner Farbe vorhanden, welche auf der Unterlippe gewöhnlich in violett übergeht; die Innenseite der Unterlippe ist mit weissen weichen Haaren besetzt. Die Staubfäden sind kahl, an ihrer Basis violett, oberwärts weisslich gefärbt, die Antheren von gelbbrauner Farbe. Die Entwickelung der Staubblätter ist wie bei D. lanata, nur biegen sich auch die beiden kürzeren nach dem Verstäuben nach unten und aussen. Der auf dem grünen drüsenhaarigen Fruchtknoten stehende Griffel ist grün, an seiner Basis schmutzigviolett, sein Ende liegt, solange die Narbenlappen noch geschlossen sind, zwischen den An- theren der beiden kürzeren Staubblätter und entwickelt seine Narbe erst nach deren Abblühen, indem sich dabei die Griffelspitze nach unten biegt. Spontane Selbstbestäubung ist durch die ausgeprägte Protandrie ausgeschlossen. Ich fand bei dieser Art die Aussenseite des Fruchtknotens mit Nektartröpfchen bedeckt und es hatte den Dr a Anschein, als würden diese hier ausgeschieden und nicht von der Unterlage des Fruchtknotens abgesondert. Als Besucher der Blüten wurden (im Hohenheimer botanischen Garten am 3. August 1895) zahlreiche Honigbienen bemerkt. 114. Digitalis laevigata W. K. Der Blütenstand ist eine reichblütige allseitswendige Traube, die Blüteneinrichtung ganz ähnlich wie bei den vorher beschriebenen beiden Arten. Die Kronröhre hat eine Länge von 20 mm, ist am Grunde 5 mm weit, verengt sich etwas in einer Höhe von 6 mm und erweitert sich nachher zu einer bauchigen Glocke, deren Eingang 15 mm breit und 8 mm hoch ist; der Saum wird durch eine 4 mm lange, 12 mm breite, in die Höhe gebogene Oberlippe und eine 3lappige Unterlippe gebildet, deren sehr kurze Seitenlappen etwas auswärts gebogen sind, während der 12 mm lange, 10 mm breite Mittellappen nach abwärts gerichtet ist. Die Krone ist aussen mit kurzen Drüsenhaaren besetzt, lebhaft orange- gelb, inwendig mit rotvioletten Adern; der Mittellappen der Unter- lippe ist mit einzelnen langen Haaren besetzt, nach vorm weisslich mit braunvioletten Adern. Die Lage und Entwickelungsfolge der Geschlechtsorgane ist wie bei D. laevigata, nur rücken die kürzeren Staubblätter nach dem Verstäuben der längeren nicht an deren Stelle und biegen sich auch später nicht nach aussen; das Griffel- ende steht zwischen den beiden Antherenpaaren. Spontane Selbst- bestäubung kann auch hier nicht stattfinden. 115. Erinus alpinus L. (Kurs 1, 2, S. 155 unter No. 2033 und S. 197 unter No. 2117!). Von der Blüteneimrichtung dieser Art giebt VaucHer (a. a. O. III, p. 529) eine Beschreibung, die nur leider, wie es bei diesem sonst so ausgezeichneten Beobachter häufig der Fall ist, durch seine sonderbare Ansicht von der Vermittelung der Befruchtung durch die „humeur miellee“ sehr beeinträchtigt wird. Da abgesehen von dieser Schilderung wenig über die Be- stäubungseinrichtung bekannt ist, so soll hier das mitgeteilt werden, was ich an kultivierten Exemplaren darüber beobachtet habe. Die Blüten sind rotviolett, duften angenehm und stehen in Trauben auf schräg aufwärts gerichteten Stielen fast horizontal oder etwas nach oben gewendet. Der Kelch besteht aus 5 aufrechten, seitlich zu- sammenschliessenden 5 mm langen grünen Blättern und hat eine Weite von 2!/z mm. Die Kronröhre steigt in ihrem unteren Teile schräg an und krümmt sich oben wieder etwas herab; sie ist 6 mm lang, unten etwa 1’/j2 mm weit, verengt sich an der Biegung etwas und geht dann oben mit einer trichterförmigen Erweiterung in den Jahreshefte d. Vereins £. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, + ee Saum über, welcher sich senkrecht oder etwas schräg nach oben gerichtet flach ausbreitet. Er ist hell violettrot gefärbt und bildet mit seinen 5 unter sich fast gleichen ca. 4 mm langen Zipfeln einen etwas unregelmässigen Stern von 9 mm Durchmesser, in dessen Mitte sich der 1 mm weite Blüteneingang befindet. Zwei 1!/z mm breite, an der Spitze etwas ausgerandete Kronzipfel entsprechen der Oberlippe, während die 3 anderen 2'!/z mm breiten, die an der Spitze ebenfalls etwas ausgeschnitten sind, die Unterlippe bilden. Der Schlund der Krone ist von hellerer Färbung und mit nach innen gerichteten Haaren ausgekleidet, die sich im Innern der Kronröhre bis oberhalb der Staubblätter hinabziehen. Im Grunde des Kelches befindet sich das 2 mm hohe Pistill, aus einem grünen Fruchtknoten, einem kurzen Griffel und einer kopfigen Narbe bestehend, welch letztere an beiden Seiten mit einem henkelartigen Anhängsel ver- sehen ist; von der Unterlage des Fruchtknotens wird reichlicher Nektar abgesondert. Die 4 Staubblätter sind mit kurzen Filamenten so in der Kronröhre eingefügt, dass die Antheren oberhalb der Narbe stehen, und zwar diejenigen der kürzeren Staubblätter auf herab- gebogenen Filamenten dicht über ihr. Trotzdem gelangt wegen der wagerechten Lage der Blüten Pollen, der von selbst aus den Antheren herabfällt, nicht auf die gleichzeitig entwickelte Narbe, sondern er fällt auf die untere Fläche der Kronröhre, und es scheint sonach spontane Selbstbestäubung nicht stattzufinden. Die Blüten gelten als Falterblumen, und J. Mac Leon beobachtete in den Pyrenäen in der That 2 Falter als Besucher; im Hohenheimer botanischen Garten sah ich die Blüten am 30. Mai und 4. Juli 1892 von Hummeln besucht. 116. Pedicularis Hacqwetii Grar. Diese Pedieularis-Art stimmt in ihrer Blüteneinrichtung, welche ich am 1. Juli 1898 bei Ferrara di Monte Baldo untersuchte, der Hauptsache nach mit der auch systematisch nahe verwandten P. foliosa L. überein (vergl. Knut# II, 2, S. 187 unter No. 2097 und S. 188 unter No. 2102!). Die gelblichweissen Blüten stehen in langen, auf grössere Entfernung hin auffallenden Ähren und haben einen schwachen Duft. Ihr weisser, mit breiten grünen Rippen versehener Kelch hat eine ca. 10 mm lange und 4 mm weite Röhre, seine kurzen Zähne sind etwa 1 mm lang. Die Krone hat bis zur Spitze der Oberlippe eine Länge von ca. 30 mm und ist am Rücken bogig gekrümmt, ihre Rückenkante etwas S-förmig gebogen; die Kronröhre ist weiss, Ober- und Unter- lippe hellgelb, erstere 17 mm lang. Die helmförmige zusammen- eh ee gedrückte Oberlippe ist an ihrer Spitze nicht vorgezogen, sondern 2zähnig, die Unterlippe zeigt dieselbe Asymmetrie, wie sie z. B. bei P. silvatica, P. rostrata und P. asplenifolia vorhanden ist: es steht nämlich der (von vorn gesehen) linke Seitenlappen fast horizontal, nur wenig nach abwärts geneigt, der rechte dagegen ist scharf nach unten herabgeschlagen, beide sind von halbkreisförmiger Gestalt. Der schmale nach unten gebogene Mittellappen der Unterlippe trägt an seiner Basis 2 von der Unterseite nach oben vorgetriebene längs ver- laufende Aussackungen, zwischen denen eine enge Einfahrt in den Blüteneingang führt. Der im Blütengrunde stehende 53 mm hohe Fruchtknoten trägt an seiner Basis auf der nach unten gewendeten Seite einen dunkelgrünen Wulst, welcher reichlichen Nektar ab- sondert; der von der Fruchtknotenspitze ausgehende Griffel verläuft an der Innenseite der Oberlippe und tritt aus deren Spitze mit seinem eine kopfige Narbe tragenden Ende ein Stück weit hervor. Im vorderen Ende der Oberlippe liegen unmittelbar hintereinander die beiden Antherenpaare, welche zusammen ein nach innen sich öffnendes Pollenbehältnis bilden, dessen gelber mehliger Pollen in derselben Weise wie z. B. bei P. silvatica L. beim Eindringen eines Insektes in den Blütengrund auf den Insektenkopf herabfallen muss. Die Filamente der 2 längeren Staubblätter sind oberwärts mit Wollhaaren besetzt. Spontane Selbstbestäubung scheint bei der gegenseitigen Lage der Geschlechtsorgane nicht möglich zu sein. 117. Orobanche Teucrii Hour. Die Blüten sind von einer scherbengelben Farbe und haben einen schwachen nelkenartigen Duft; ihre Bestäubungseinrichtung ist derjenigen der übrigen Oro- banche-Arten (vergl. KnutH II, 2, S. 210 f.) sehr ähnlich und wurde von mir bei Danöfen am Arlberg am 30. Juni 1900 untersucht. Die Krone ist auf ihrer Aussenseite mit gelben Drüsenhaaren besetzt, ihre Röhre ist ca. 15 mm lang, im untersten 5 mm langen Teil, der von den Kelchblättern umschlossen wird, auf eine Weite von ca. 4 mm zusammengezogen, dann plötzlich auf eine Breite von 7 und eine Höhe von 6 mm erweitert; sie zeigt einen steil ansteigenden, wenig gebogenen Verlauf. Die Oberlippe ist ziemlich horizontal vor- gestreckt, ” mm lang, 11 mm breit, die Unterlippe hat 3 Zipfel, von denen die beiden seitlichen ca. 6 mm lang sind und sich nach beiden Seiten ausbreiten, während der mittlere ” mm lang, 5 mm breit und nach unten herabgeschlagen ist. Der Blüteneingang hat eine Breite von 11 mm und eine Höhe von ca. 5 mm. Die biskuitförmige rötlichbraune Narbe steht am Ende des scharf nach abwärts ge- 4* = BE bogenen, bis zu dieser Biegungsstelle 12 mm langen Griffels etwa 3 mm hinter dem Ende der Oberlippe im Blüteneingang. Unmittelbar dahinter befinden sich die 4 dunkelbraunen Antheren, welche sämt- lich miteinander verwachsen sind und ihre spitzen Enden so nach unten richten, dass diese hinter und unterhalb der Narbe hervor- ragen. Auf einem Diskus, welcher an seiner Vorderseite Nektar ab- sondert, steht der 6 mm hohe Fruchtknoten. Ob die Blüten proto- gynisch oder homogam sind, liess sich an den mir zur Verfügung stehenden Pflanzen nicht entscheiden. 118. Orobanche amethystea Trumwr. Die fast horizontal in einem reichblütigen Blütenstande angeordneten Blüten sind schwach protogynisch. Der Kelch besteht aus 2 bis auf den Grund ge- trennten, lang zugespitzten Blättern, welche helllila gefärbt sind, aber bald bräunlich werden, und 11 mm Länge, an ihrer Basis 1!/; mm Breite haben; das eine Kelchblatt spaltet sich m seinem oberen Teile nochmals in 2 schmale Zipfel. Die hell bläuliche Krone ist kurz nach dem Aufblühen, auf dem Rücken gemessen, 17 mm lang, wächst aber während des Blühens noch um 3—4 mm. Ihre 14 mm lange Röhre ist 4 mm hoch, 3 mm breit, an dem hellgelb gefärbten Grunde bogig aufsteigend, dann horizontal gerichtet, mit einer Kante auf dem Rücken und 2 solchen an den beiden unteren Seitenrändern. Die Oberlippe setzt an jungen Blüten die Richtung des Rückens der Kronröhre fort und auch die Unterlippe richtet sich jetzt ziemlich gerade nach vorn; der Blüteneingang ist 10 mm breit, 6—7 mm hoch, seine Höhe wird aber durch die beiden nach innen vorspringenden Falten der Unterlippe auf ca. 4 mm verringert. Die dreilappige Unterlippe ist weiss, zwischen den Falten und zu beiden Seiten derselben mit violetten Längslinien gezeichnet; durch Ausziehen der Falten lässt sie sich bedeutend erweitern. In älteren Blüten biegen sich die Ränder der Oberlippe etwas aufwärts und die Unterlippe breitet sich mehr aus, indem ihre Seitenlappen sich seitlich abspreizen und der mittlere sich herabbiegt; der Blüten- eingang wird infolgedessen 13 mm breit und 10 mm hoch. Aussen ist die Krone mit hellen Drüsenhaaren besetzt. Der violette Griffel, der auf einem 5 mm hohen hellgelben Fruchtknoten steht, ist 10 mm lang, verläuft inwendig am Rücken der Krone, biegt sich an seinem Vorderende scharf nach unten und geht in eine 2 mm breite zwei- lappige rotbraune Narbe aus, welche beim Aufgehen der Blüte empfängnisfähig ist. Hinter ihr liegen die 4 Antheren, welche in jungen Blüten noch geschlossen sind, ihre weisslichen Staubfäden biegen sich am Ende scharf nach aufwärts und tragen die braunen geschwänzten Antheren so, dass deren Spitzen nach unten gewendet sind und dicht hinter der Narbe stehen, die sich ihrerseits vor dem Eingang der Kronröhre befindet. In älteren Blüten öffnen sich die Antheren und entlassen den weisslichen Pollen nach unten; später biegt sich das Griffelende unmerklich weiter nach innen zurück, so dass die Narbe nun von dem herabfallenden Pollen bestrichen werden kann. Insektenbesuch habe ich an den beobachteten Blüten (Hohen- heimer botanischer Garten am 29. August 1901) nicht wahrgenommen. 119. Orobanche minor Sm. hat kleinere Blüten, sonst aber einen ganz Ähnlichen Blütenbau wie die vorhergenannte Art. Da- gegen ist sie homogam mit regelmässig eintretender spontaner Selbst- bestäubung. Die schräg aufwärts gebogene Kronröhre hat eine Länge von 10—13 mm und ist, wie die ganze Krone, weisslich mit violetten Adern, oft hell bläulich überlaufen, aussen mit Drüsenhaaren besetzt. Zwischen der längsgefalteten vorgestreckten Oberlippe und der im ganzen horizontal ausgebreiteten faltigen und welligen Unterlippe entsteht ein niedriger ca. 5 mm breiter Blüteneingang. In ıhm steht vorn die grosse kopfige rötliche Narbe, welche von besuchenden In- sekten zuerst berührt werden muss, dahinter befinden sich in 2 Reihen die schwärzlichen Antheren, welche sich nach unten öffnen. Schon sehr früh krümmt sich das Ende des Griffels bogig derart nach unten, dass die Narbe entweder mit den 2 vorderen Antheren direkt in Be- rührung kommt oder doch von herabfallendem Pollen leicht getroffen werden kann. Die bei Langenargen a. B. am 7. Juli 1894 unter- suchten Blüten enthielten im Grunde reichlichen Nektar. GRÄBNER hat (Bot. Jahresber. Bd. 22, I, S. 274) an Exemplaren, welche auf Pelargonium schmarotzten, kleistogame Blüten beobachtet. 120. Orobanche Rapum Tavırı. (Knut U, 2, S. 210). Von dieser Art hat G. Bonnier (Les Nectaires. Ann. d. sc. nat. ser. 6. VII. p. 129) das Nektarium, nämlich den um die Basis des Frucht- knotens sich herumziehenden Diskusring, näher untersucht; den Duft der Blüten bezeichnet G. Beck v. MansacErttA (Monographie der Gattung Orobanche 1890, S. 49) als ekelhaft. Ich fand bei Locarno am 12. Mai 1894 die Blüten sehr schwach protogynisch und konnte an ihnen keinen Duft wahrnehmen. Die Krone ist von einer hell- braunen Farbe, die zweilappige goldgelbe Narbe ist beim Aufgehen der Blüte völlig entwickelt, die weisslichen Antheren öffnen sich bereits ehe die Krone sich ganz ausgebreitet hat. Im allgemeinen stimmt die Blüteneinrichtung sonst mit der der verwandten Arten überein. 121. Orobanche gracilis Sm. (Knurs II, 2, S. 210 als O. eruenta Berr.). Auch diese Art zeigt im wesentlichen die gleiche Blüteneinrichtung, doch waren die von mir bei Ferrara dı Monte Baldo am 9. Juni 1897 untersuchten Blüten homogam. Sie haben einen schwachen nelkenartigen Duft und sind von einer rötlichgelben Farbe. Die Kronröhre misst ca. 10 mm in der Länge und Breite, auf der Unterlippe sind die gewöhnlichen 2 ausziehbaren Falten vor- handen, die Krone ist an der Aussenseite, ebenso wie der Griffel und die Staubfäden, mit Drüsenhaaren besetzt, auf der Innenseite blutrot gefärbt. Die zweilappige, oberhalb der Antheren stehende Narbe ist goldgelb. Nektar konnte in den Blüten von mir nicht aufgefunden werden. 122. Plantago montana L. (Knurk I, 2, S. 336). Die von A. Schurz auf Grund der Untersuchung von Herbarexemplaren auf- gestellte Vermutung, dass auch diese Plantago-Art protogynisch und windblütig sei, kann ich nach Beobachtungen an lebenden Pflanzen bestätigen. Die bei Avers-Cresta (Schweiz) am 19. August 1895 von mir untersuchten Blüten zeigten eine ausgesprochene Protogynie, dabei aber die Möglichkeit spontaner Selbstbestäubung. Die schmutzig- weissen, ziemlich dicken Narben werden bis 10 mm lang und be- ginnen an ihrer Spitze zu vertrocknen, wenn sich die Staubblätter derselben Blüte entwickeln. Diese haben weisse Filamente und gelbe Antheren, spreizen sich nur wenig von der Narbe ab und haben ungefähr die gleiche Länge wie diese; deshalb tritt, da die Narbe in ihrem unteren Teile noch frisch ist, wenn die Antheren stäuben, wohl immer spontane Selbstbestäubung ein. Weibliche Blüten, deren Vorkommen A. Scuurz erwähnt, habe ich nicht gefunden. 123. Galium elatum Tau. Die Blütenemrichtung (von mir bei Pinzolo in Südtirol am 24. August 1896 beobachtet) stimmt mit der des sehr nahe verwandten @. Mollugo L. (vergl. Knura 1], 1, S. 541) überein. Der Durchmesser der weissen Krone, welche im ersten Blütenstadium flach ausgebreitet, später etwas nach hinten zurückgeschlagen ist, beträgt von einer Zipfelspitze bis zur gegen- überliegenden gemessen, etwa 4 mm. In jungen Blüten sind die Staubblätter schräg auseinandergespreizt, die Antheren ringsum mit goldgelbem Pollen bedeckt, die beiden Griffel aber noch ganz kurz, und ihre kugeligen Narbenköpfe liegen dicht nebeneinander. Dann verwelken die Staubblätter, legen sich ganz nach aussen zurück und fallen endlich ab, während die Griffel heranwachsen und sich aus- einanderspreizen. Es kann also im ersten Zustande des Blühens spon- Kae 7 tane Selbstbestäubung eintreten, später aber nur Fremdbestäubung. Die Nektarabsonderung erfolgt auf dem Ringe, welcher die Basis der Griffel umzieht. 124. Galium baldense Spr. Auch bei dieser Art, deren Blüten ich auf dem Monte Baldo am 10. Juni 1897 und an Pflanzen des Hohenheimer botanischen Gartens am 28. April 1893 untersucht habe, ist die Bestäubungseinrichtung dieselbe wie bei @. Mollugo mit der Möglichkeit spontaner Selbstbestäubung im ersten Stadium. An den kleinen, niederliegenden Pflanzen stehen die gelblichweissen, nach Honig duftenden Blüten gedrängt beisammen, ihre Kronen breiten sich auf einen Durchmesser von 4 mm flach auseinander. Das Auswärtsbiegen der verwelkenden Staubblätter, die Streckung und das Auseinanderspreizen der beiden Griffel gehen ebenso vor sich, wie bei @. Mollugo. 125. Galium rotundifolium L. Auch hier kehrt die ge- wöhnliche Blüteneinrichtung der Galium-Arten wieder, jedoch biegen sich die abgeblühten Staubblätter nicht nach hinten aus der Blüte heraus, sondern bleiben ziemlich aufrecht stehen, so dass auch in älteren Blüten noch spontane Selbstbestäubung stattfinden kann. Der grüne Fruchtknoten ist mit weissen, hakig nach oben gebogenen Haaren besetzt, Krone, Griffel, Narben, Staubfäden und Antheren sind weiss, das Griffelpolster hellgrün; die Krone hat im flach aus- gebreiteten Zustand einen Durchmesser von 3 mm. Die Bestäu- bungseinrichtung wurde von mir im Brandnerthal bei Bludenz am 26. Juni und bei Mayrhofen im Zillerthal am 20. August 1900 untersucht. 126. Galium vernum Scor. Die Blüten werden von DELrINo (Ult. osserv. II, 2, p. 161) als protandrisch angeführt. Ich fand sie (bei Gordola am Lago Maggiore, 13. Mai 1894) homogam, habe auch keine männlichen Blüten, wie sie bei @. COruciata Scor. vorhanden sind, beobachtet. Die Blüten sind zu blattachselständigen Blüten- ständen vereinigt, aber wegen ihrer geringen Grösse und hell grün- lichgelben Färbung nur wenig augenfällig. Die 4 Kronzipfel breiten sich flach auf einen Blütendurchmesser von ca. 3 mm aus, die Staub- blätter sind anfangs aufgerichtet, aber ihre mit goldgelbem Pollen bedeckten Antheren von der Narbe entfernt. Allmählich spreizen sie sich immer weiter nach aussen und legen sich endlich, während die Antheren vertrocknen, flach auf den Kronsaum. 127. Galium parisiense L. Da von der Gattung Galium, und mit Ausnahme des von W. Burck (Annales du Jardin Bot. de Ma Buitenzorg. IV, 1883, p. 17) beschriebenen Falles von Myrmecodıa echinata Jack. bei den Rubiaceen überhaupt noch keine kleistogamen Arten bekannt geworden sind, so verdient es, bemerkt zu werden, dass die zahlreichen im Hohenheimer botanischen Garten gezogenen Exemplare von Galium parisiense meistens kleistogamische Blüten tragen, indem die auf ihre volle Grösse herangewachsenen Blüten- knospen sich gar nicht öffnen und die eingeschlossenen Antheren ihren Pollen auf die Narben absetzen; diese Blüten sind durchaus fruchtbar. Ausser ihnen bilden sich auch chasmogame aus, deren 4 (bisweilen nur 3) Kronzipfel sich zwar flach ausbreiten, aber so klein sind, dass der Durchmesser der geöffneten Blüte nur 1 mm oder wenig darüber beträgt. Zudem sind diese Blüten auch von sehr wenig in die Augen fallender Färbung, da ihre Krone hellgrün, am Rande rotbraun überlaufen ist. Die Blüten sind homogam, und auch in ihnen kann spontane Selbstbestäubung sehr leicht eintreten, denn die Staubfäden sind so nach innen gebogen, dass die Antheren zwar mit den Narben nicht in unmittelbare Berührung kommen, ihnen aber doch sehr genähert sind. Beim Verblühen schliesst sich die Krone und hierbei werden die verwelkenden Antheren noch einmal gegen die Narben gedrückt. Die Basis der Griffel ist wie bei den übrigen Galium-Arten von einem drüsig aussehenden Ring umzogen, an dem aber (am 29. Juli und 2. August 1895) keine Nektar- absonderung wahrgenommen werden konnte. 128. Sambucus Ebulus L. (Knut II, 1, S. 522). DeLemo hat (Ult.‘osserv. II, 2, p. 238, 311) die Blüten als nach seinem Hydrangea-Typus gebaut mit Obdacheinrichtung angesehen und fand sie reichlich von Üetonia aurata besucht. VAUCHER beschrieb (a. a. O. II, p. 661) den im Blütengrunde um die Narbe herum abgeschiedenen Nektar. Die Blüten sind (in der Umgebung von Hohenheim, 16. Juli 1894) protogynisch. Wenn die weisse Krone, die einen fünfstrahligen Stern von 10—12 mm Durchmesser bildet, sich geöffnet hat, so stehen die 5 Staubblätter, deren weisse Filamente an ihrer nach aussen gewendeten Seite glatt, auf der inneren durch aufgesetzte Buckel rauh und zackig sind, dicht beisammen aufrecht in die Höhe und ihre bräunlichroten Antheren sind noch geschlossen. Dagegen ist die auf dem Fruchtknoten sitzende rötliche dreilappige Narbe bei Beginn des Blühens sogleich entwickelt und mit glänzender Narben- flüssigkeit bedeckt. Die 4 mm hohen Staubblätter lassen unten zwischen ihren Basen 5 Zugänge zur Narbe offen, später spreizen sie sich etwas auseinander und ihre Antheren springen an den Seiten ee > auf, während die Narben noch frisch aussehen. Als Besucher der Blüten bemerkte ich wenige Honigbienen, verschiedene Käfer und zahlreiche Ameisen. Das spätere Auseinanderspreizen der Staub- blätter hat Henstow (a. a. OÖ. p. 366), der sich die Bestäubung als durch den Wind vollzogen vorstellt, nicht bemerkt. Den starken Duft der Blüten, der mir bittermandelartig vorkam, bezeichnet KERNER (Pflanzenleben II”, S. 181) als Vanilleduft. 129. Valeriana supina L. (Knurta II, 1, S. 552). Die Arten der Gattung Valeriana zeigen eine in verschiedenem Grade aus- gebildete Neigung zur Hervorbringung von eingeschlechtigen Blüten, die bald spärlich, bald sehr reichlich neben Zwitterblüten auftreten und bei einigen Arten diese ganz verdrängt haben. Vorwiegend zwitterblütig sind V. officinalis L., V. exaltata Mir. (nach meinen Beobachtungen an Pflanzen des Hohenheimer botanischen Gartens am 19. Juli 1897), V. Phu L. (desgl. am 24. Juli 1892) und P. sali- unca L. (vergl. No. 130); eingeschlechtige Blüten sind häufig bei V. montana L., V. saxatilis L., V. supina L. und V. tripteris L.; ausschliesslich eingeschlechtige Blüten hat V. dioica L. Mit Aus- nahme von PV. capitata ParL., von der Erstam auf Novaja-Semlja neben protandrischen auch homogame Blüten beobachtet hat, zeigen die Zwitterblüten aller Arten ausgeprägte Protandrie. Von V. supina L. bemerkt KERNER, sie bringe auf getrennten Stöcken Zwitterblüten und scheinzwitterige Fruchtblüten hervor. Ausserdem giebt es aber auch Stöcke mit ausschliesslich männlichen Blüten, die allerdings nicht an allen Standorten der Pflanze vorzukommen scheinen. Ich fand auf der Roten Erde am Schlern (15. August 1891) die Pflanze diöcisch, dagegen die im SünDErmann’schen Garten in Lindau gezogenen Exemplare (am 3. Juni 1900) zwitterig und protandrisch. Die zwei- häusigen Pflanzen haben würzig duftende Blüten mit helllila gefärbten Kronen und ansehnlichen Rudimenten des anderen Geschlechtes, welche auch durch ihr Verhalten noch Anklänge an die ursprüng- liche Protandrie der Zwitterblüten darbieten. In den männlichen Blüten, deren oberer Krondurchmesser 61/,—7 mm beträgt, ist zu der Zeit des Stäubens der Antheren ein Griffel vorhanden, welcher die Länge der Kronröhre besitzt, wogegen die 3 Staubblätter weit aus ihr herausragen; wenn die Antheren verwelkt sind und abfallen, so biegen sich die Filamente bogig nach aussen und der Griffel wächst aus der Krone heraus, seine Narbenschenkel bleiben aber klein und aneinander gelegt. In den weiblichen Blüten stehen die Antheren auf kurzen Filamenten in der Höhe des Kronschlundes und ng öffnen sich gar nicht, der Griffel ragt um 2—3 mm aus der Krone hervor und hat 3 nach rückwärts umgerollte Narbenschenkel. 130. Valeriana saliunca Aır. (Kuurs II, 1, S. 552). Nach KErnER ist diese Art in derselben Weise gynodiöcisch wie V. supina. Ich hatte im Sünpermann’schen Garten in Lindau am 3. Juni 1900 und im Hohenheimer botanischen Garten an von SÜNDERMANN be- zogenen Pflanzen (am 14. Mai 1898) nur Gelegenheit, zwitterblütige Exemplare zu untersuchen. Die stark nach Vanille duftenden Blüten stehen am Ende des Stengels kopfig beisammen, sind helllila gefärbt und zeigen eine ausgeprägte Protandrie. Die 5 Kronzipfel sind 2! —3 mm lang, etwa 2 mm breit, legen sich anfangs auf einen Blütendurchmesser von 6—8 mm flach auseinander, krümmen sich dann aber etwas nach hinten zurück. Die Kronröhre ist von einer schlank-trichterförmigen Gestalt, 4—6 mm lang, von dem 2—3 mm weiten Schlunde nach unten auf etwa 1 mm verengt und am Grunde auf der vorderen Seite sackig. Im ersten Blütenstadium stehen die 3 Staubblätter etwa 5 mm weit aus der Blüte hervor, ihre weissen Filamente sind auseinandergespreizt, die hellgelben Antheren be- decken sich ringsum mit Pollen. Der Griffel hat jetzt noch nicht seine volle Länge erreicht und seine Narben noch nicht entwickelt; erst wenn die Staubblätter abblühen, wobei sie sich noch weiter nach aussen biegen, wächst der helllila gefärbte Griffel zu einer solchen Länge heran, dass er ebenfalls etwa 5 mm weit aus der Krone ragt, und entfaltet seine Narbenäste. 131. Valeriana celtica L. Von dieser Art habe ich nur männliche Exemplare gesehen, welche von SüNDERMANN bezogen waren und im Hohenheimer botanischen Garten zu Ende April und anfangs Mai 1898 blühten. Die honigartig duftenden, bräunlichgelb gefärbten Blüten bilden eine endständige zusammengezogene Rispe. Die gelb- liche Krone ist mehr oder weniger rotbraun überlaufen und breitet ihre 5 Zipfel, die sich etwas nach hinten zurückbiegen, auf einen Blütendurchmesser von 4 mm auseinander. Die 3 Staubblätter stehen aus dem Blüteneingang, den die gelben Antheren ein wenig über- ragen, gerade hervor, und die Antheren bedecken sich ringsum mit gelbem Pollen. In den meisten Blüten war keine Spur von einem Griffel vorhanden, in anderen stand ein kurzer Griffel im Blüten- grunde, und in einzelnen Blüten fand sich ein solcher, der am Schluss des Blühens bis zum Blüteneingang reichte, aber keine Narben entwickelte. 132. Dipsacus pilosus L. Wie die übrigen Dipsacus-Arten, ee so ist auch diese, deren Blüteneinrichtung ich am 4. August 1895 in Dettingen bei Urach untersuchte, so ausgeprägt protandrisch, dass spontane Selbstbestäubung nicht stattfinden kann. Die gelblich- weissen Blüten stehen in kugeligen Köpfen, aus denen die spitzen, 9 mm langen, in der oberen Hälfte grün gefärbten und mit schräg aufwärts gerichteten Borsten besetzten Deckblätter hervorragen. Auf dem 2 mm hohen weissen Fruchtknoten steht der ungefähr eben so lange hellgrüne Kelch und die eng-trichterförmige, 8—9 mm lange, unten °®/a mm weite, aussen und innen fein behaarte Krone. Deren Röhre hat eine Länge von 6 mm und geht in 4 Zipfel aus, von denen 3 je 1 mm lang sind, der vierte 2 mm Länge misst; der Blüteneingang hat, wenn der Saum trichterförmig geöffnet ist, einen Durchmesser von 3 mm. Aus der soeben geöffneten Blüte ragen die Staubblätter 3—4 mm weit hervor, die schwarzvioletten Antheren bieten ihre geöffnete, mit weissem Pollen bedeckte Seite nach aussen dar, der weisse Griffel mit noch unentwickelten Narben reicht kaum bis ans Ende der Kronröhre. Erst nachdem die Filamente sich aus- wärts gebogen haben und ihre Antheren verwelkt, oft bereits ab- gefallen sind, streckt sich der Griffel noch etwas und entfaltet in der Höhe des Kronsaumes seine beiden Narbenschenkel, von denen indessen oft nur einer ausgebildet ist. Die Blüten, in denen die Nektarabsonderung auf die bei den Dipsacaceen gewöhnliche Weise im Umkreise der Griffelbasis erfolgt, wurden von zahlreichen Honig- bienen besucht. — Im Hohenheimer botanischen Garten gezogene Exemplare dieser Art unterschieden sich in einigen Punkten von den wild wachsenden. Wie die ganzen Pflanzen, so waren auch die Blütenköpfe grösser, die Krone hatte eine Länge von 10 mm, die ca. 16 mm langen Deckblätter ragten weiter zwischen den Blüten hervor. Die Antheren waren hellgrün und traten nur ca. 2 mm weit aus der Krone heraus, der Griffel war von einer hellgrünen Farbe. 133. Scabiosa graminifolia L. Diese Art, „die schönste des Genus“ (Cnrist, Pflanzenleben der Schweiz. 1879, S. 41) hat grosse lilafarbige Blütenköpfe, welche wegen der stark strahlenden Randblüten einen Durchmesser von 50 mm erreichen. Ihre Stiele krümmen sich nach Hanscıra (Physiologische etc. Unters. S. 91; Beitr. zur Kenntn. d. Blütenombrophobie, :S. 29) periodisch und biegen sich bei Regenwetter abwärts. Die schwach duftenden Blüten sind in derselben ausgezeichneten Weise protandrisch wie bei den übrigen Scabiosa-Arten; weibliche Blüten, wie sie sonst bei allen genauer untersuchten Arten der Gattung vorkommen, fand ich bei dieser BEI u °. weder an wildwachsenden Exemplaren (Riva am Gardasee, 27. August 1896) noch an den im Hohenheimer botanischen Garten kultivierten. Die strahlenden Randblüten haben eine Kronröhre von 7 mm Länge und sehr ungleiche Kronzipfel: der am meisten nach aussen stehende ist 15 mm lang und 8 mm breit, seine beiden benachbarten sind 12 mm, die beiden nach dem Centrum des Kopfes gewendeten 4 mm lang. Im botanischen Garten zu Hohenheim wurden die Blüten von Honigbienen besucht. 134. Scabiosa silenifolia W. K. Hier fanden sich neben den in gewöhnlicher Weise protandrischen Zwitterblüten auch weibliche in gynomonöcischer Verteilung an den im Hohenheimer botanischen Garten kultivierten Exemplaren (untersucht am 20. und 30. Juni 1894). Die Blüten sind hellblau, mit nelkenartigem Duft und mit Nektarabsonderung an der gewöhnlichen Stelle, die Randblüten sind ° stark strahlend. Die weiblichen Blüten haben kurze, in der Krone eingeschlossene Staubblätter mit weissen, verschrumpften, nicht auf- springenden Antheren. Nach Hanscırc (a. a. O.) sind die Stiele der Blütenköpfe schwächer ombrophob und zeigen schwächere periodische Krümmungen. 155. Campanula Allionii Arız. In meiner früher gegebenen Übersicht über die Blüteneinrichtungen der Campanulaceen (diese Jahreshefte Bd. 53. 1897. S. 193— 228) hatte ich diese Art in derjenigen Hauptgruppe der Gattung Campanula aufgeführt, bei welchen der Blüteneingang nach aufwärts gewendet ist. Diese Angabe beruhte auf der Untersuchung von Herbar-Material und auf den mir zugänglichen Abbildungen, hat sich aber als irrtümlich erwiesen, als ich Gelegenheit hatte, im SünnermAann’schen Garten in Lindau am 3. Juni 1900 lebende und blühende Exemplare zu untersuchen. Die grossen blauvioletten Blumen, welche einzeln auf kurzen Stengeln stehen, haben vielmehr eine horizontale oder schräg nach unten gerichtete Lage, schliessen sich also insbesondere an Ü. pulla L. näher an. Im übrigen ist die Blüteneinrichtung die bei der Gattung gewöhnliche. Die cylindrisch- glockige Kronröhre ist 25—30 mm lang, 13—18 mm weit, ihre nach aussen umgebogenen Zipfel haben eine Länge von 8—10 mm und der obere Durchmesser der Blüte beträgt 25—32 mm; im Innern ist die Krone mit Wollhaaren besetzt. Die 3 gelblichen Narbenäste stehen etwa in der Höhe des Blüteneinganges und biegen sich auch zuletzt nur halbkreisförmig zurück, so dass sie den Griffel nicht berühren und spontane Selbstbestäubung also ausgeschlossen ist. Die Blüten wurden von einer Honigbiene besucht. a 2 136. Campanula pyramidalis L. (Knut 1], 2, S. 9). Auch diese Art konnte ich im Hohenheimer botanischen Garten am 10. August 1898 im lebenden Zustande auf ihre Blüteneinrichtung untersuchen. In den langen und reichblütigen Blütenständen sind die ausgeprägt protandrischen Blüten, wie ich schon früher (a. a. O.) angegeben hatte, schräg nach oben gewendet, die weit geöffneten Kronen sind blau, im Grunde etwas heller gefärbt. Ihre Röhre ist 10—12 mm lang und schüsselförmig ausgebreitet, die Zipfel haben eine Länge von 15—18 mm und legen sich weit auseinander, so dass der obere Durchmesser einer vollständig geöffneten Blüte ca. 50 mm beträgt. Im letzten Stadium des Blühens biegen sich die 3 Narben- äste so weit zurück, dass sie den Griffel berühren und, wenn an diesem noch Pollen haftet, mit demselben bestäubt werden können. Die Blüten, welche Hanuscıra (Beitr. zur Kenntn. d. Blütenombro- phobie, S. 32) als anombrophob bezeichnet, wurden von Honig- bienen und Schwebfliegen besucht. 137. Erigeron angulosus Gau. In jedem Blütenkopfe stehen nach den Untersuchungen von M. v. ÜEXKÜLL- GYLLENBAND (Phylogenie der Blütenformen und der Geschlechterverteilung bei den Compositen. 1901. S. 17) in der Mitte zwitterige Röhrenblüten, auf sie folgt eine Zone von weiblichen Röhrenblüten und am Rande befinden sich weibliche Zungenblüten; zwischen den beiden letzt- genannten Blütenformen sind Übergänge vorhanden. Ich fand an Exemplaren des Ferrerathales (Schweiz) am 2. September 1895, dass in den Zwitterblüten spontane Selbstbestäubung dadurch aus- geschlossen ist, dass die beiden Griffelschenkel aneinander liegen bleiben. Der obere Durchmesser des Blütenkopfes mit seinen lila- farbigen Strahlblüten beträgt ca. 10 mm. 138. Gnaphalium luteoalbum L. (Knurm II, 1, S. 603). Wie nach Angabe von M. v. UEXKÜLL-GYLLENBAND (a. a. OÖ. S. 11 u. 15) bei fast allen G@naphalium-Arten, so sind auch bei dieser im Centrum des Blütenkopfes zwitterige, am Rande weibliche Röhren- blüten vorhanden; beide sind bei @. Iuteoalbum durch Übergänge miteinander verbunden. Die von mir im Hohenheimer botanischen Garten am 6. August 1895 und in der Umgebung von Trient am 13. August 1896 untersuchten Exemplare zeigten in der Mitte der kleinen länglichen Köpfe, deren oberer Durchmesser nur 11/s—2 mm beträgt, die aber durch ihre Anhäufung zu dichten Blütenständen immerhin ziemlich augenfällig werden, 1—4 Zwitterblüten, welche von zahlreichen weiblichen Blüten umgeben sind. Letztere ent- BAR > eve: wickeln sich früher als die mittleren, aus denen der Pollen zu der Zeit hervortritt, wenn die weiblichen Blüten abblühen. An den Pflanzen des Hohenheimer botanischen Gartens trat während des Abblühens der Blütenköpfe ein eigentümlicher Farbenwechsel auf, welcher darauf beruhte, dass die eben entwickelten weiblichen Blüten hellgelbe Kronen und gelbliche Narben besitzen, später aber eine rötliche Farbe annehmen. An den bei Trient beobachteten Pflanzen war diese Umfärbung der älteren Köpfe weniger in die Augen fallend. 139. Carpesium cernuum L. Die Zusammensetzung der Blütenköpfe aus zwitterigen und weiblichen Blüten hat bereits VAUCHER (a. a. O. III, p. 164) erkannt; M. v. ÜEXKÜLL-GYLLENBAND (a. a. O. S. 17) fand die zwitterigen Röhrenblüten von Übergangsformen zu weiblichen Blüten oder von solchen Mittelformen und weiblichen Röhrenblüten umgeben. Die Köpfe, von mir in den Umgebungen von Riva am Gardasee am 1. September 1896 untersucht, haben das Eigentümliche, dass sie nach unten hängen; ihr Durchmesser beträgt 10—16 mm. Der ganze mittlere Teil des Kopfes wird von zahlreichen Zwitterblüten eingenommen, deren röhrenförmige, 2!/a mm lange Krone anfangs hellgelb oder grünlichgelb gefärbt ist, später schmutziggelb wird. Die Antherenröhre ist gelb, die beiden Narben- äste des Griffels rollen sich nicht zurück, sondern klaffen nur aus- einander, aber bei der umgewendeten Lage der Köpfe kann spontane Selbstbestäubung durch Herabfallen von Pollen auf die Narbenäste eintreten. Am Rande der Blütenköpfe fand ich mehrere Reihen weiblicher Blüten, welche etwas kleinere Kronen haben als die zwitterigen und denen die Antheren fehlen. Bei der dichten Stellung der Blüten können die Narben der inneren weiblichen Blüten an die Antherenröhren der äusseren Zwitterblüten anstossen und durch spontane Geitonogamie befruchtet werden. 140. Buphthalmum salicifolium L. (Knums 1], 1, S. 594). Die Blütenköpfe haben eine goldgelbe Scheibe, deren Durchmesser 10—14 mm beträgt; sie besteht aus zwitterigen Röhrenblüten, in welchen die beiden Griffelschenkel auch zuletzt nur stumpfwinkelig auseinanderklaffen, sich aber nicht nach rückwärts rollen, so dass spontane Selbstbestäubung ausgeschlossen ist. Die goldgelbe Zunge der weiblichen Strahlblüten hat eine Länge von 11—22 mm. Die Blüten wurden bei Urach am 4. August 1895 von Syrphiden besucht. 141. Xanthium strumarium L. Die weitgehende Rück- bildung der Kompositenblüte bei der Gattung Xanthium und den Ambrosieen überhaupt ist schon von den älteren Systematikern be- ET: Ag merkt und in verschiedenartiger Weise gedeutet worden. Der Zu- sammenstellung, welche F. DerLrmo (Studi sopra un lignaggio anemofilo delle Composte. 1871. p. 45 ff.) hierüber ausführlich giebt, wäre noch hinzuzufügen, dass auch bei VAucHER (a. a. O. III, p. 70 ff.) eine eingehende Schilderung der Blüten und Blütenstände von Xan- thium und Ambrosia gegeben wird. Der erste, welcher den Rück- schritt dieser beiden Gattungen zur Windblütigkeit klar erkannt hat, war eben Derrıno, dessen Darstellung, soweit sie Xanthium zum Gegenstande hat, hier der Hauptsache nach wiedergegeben werden soll, weil sie später ziemlich in Vergessenheit geraten zu sein scheint (vergl. auch Knuta II, 1, S. 598). Aanthium, so sagt dieser aus- gezeichnete Beobachter (a. a. O. S. 10), trägt die unzweifelhaften Merkmale der Windblütigkeit. Die Auflösung der Syngenesie seiner Antheren, die staubige Beschaffenheit seines Pollens, der in Wölk- chen fortfliegt, sobald man auf die Blütenköpfe bläst oder die Pflanze erschüttert, die grosse Oberfläche der Narben. ihre langgeschwänzte Gestalt, die vollständige Abwesenheit der Krone und jedes anderen der Augenfälligkeit dienenden Organes, das völlige Fehlen jeder Honigabsonderung und endlich die vollkommene Trennung der Ge- schlechter, die nicht nur in verschiedene Blüten, sondern in be- sondere Teile des Blütenstandes verwiesen sind, diese ganze Gruppe von Merkmalen zeigt unzweifelhaft, dass Xanthium, obwohl sich von den Kompositen ableitend, durchaus alle Modifikationen erlitten hat, welche verständigerweise und a priori sich ausdenken lassen, um eine ausschliesslich entomophile Gattung in eine ausschliesslich anemo- phile zu verwandeln. Ferner (a. a. ©. S. 67): Die weiblichen Köpfe der Xanthieen sind immer aus zwei vereinigten und seitlich ver- schmolzenen Kalathien zusammengesetzt, deren jedes mit einem freien, 2—3blätterigen, mit zahlreicher Haken versehenen Schnabel endigt..... Dagegen bieten die männlichen Köpfe eine durchaus neue Erscheinung dar. Ihre Hülle ist aus freien mehrreihigen dach- ziegeligen Hochblättern zusammengesetzt, und die männlichen Blüten zeigen eine vollständig veränderte Art, den Pollen dem Winde zu überliefern. Die Antheren haben ihre Syngenesie aufgelöst, der Griffel hat seine Haarbürste verloren und existiert nur noch in Form eines unnützen Rudimentes. Die Staubfäden haben sich untereinander vollständig zu einer monadelphischen Säule verbunden, welche die Funktion hat, die Antheren emporzuheben, damit sie genügend ausser- halb der Kronröhre aufplatzen. Die männlichen Köpfe sind in einfachen oder zusammengesetzten Ähren von cymösen Knäueln angeordnet. er Bei der Untersuchung von X. strumarium in der Umgegend von Trient am 13. August 1896 konnte ich DeLrıno’s Angaben, nament- lich die unzweifelhafte Windblütigkeit der Pflanze bestätigen. Die weiblichen Blüten stehen zu 2 in einem Kopf und aus ihrer grünen Hülle ragen je 2 lange hellgelbliche gebogene Narbenäste heraus. Die männlichen Blüten stehen zahlreich in halbkugeligen Köpfen bei- sammen; sie haben eine Dzipfelige grüne Krone und an ihren 5 Staub- blättern sind die weissen Filamente zu einer Röhre miteinander ver- wachsen, die schwarzbraunen Antheren sind dagegen nur vor ihrem Aufspringen seitlich miteinander verklebt, aber während sie sich auf ihrer Innenseite Öffnen, trennen sie sich an ihren Seiten voneinander und krümmen sich an ihrer Aussenseite etwas konkav. Dabei fällt der Pollen fast vollständig auf einmal heraus. 142. Helianthus tuberosus L. Über die Blüteneinrichtung dieser Art, welche in Deutschland nur in milden -Lagen und in warmen Jahren Blüten hervorbringt, liegen nur einige kurze Notizen von CH. RoBERTSoN (Transact. St. Louis Acad. Sci. VI, 1894, p. 471) vor, der auch eine Besucherliste giebt. Auf dem Hohenheimer Ver- suchsfeld kamen im Oktober 1895 die Pflanzen zur Blüte. Nicht nur ihre Blütenköpfe, sondern auch die Einzelblüten sind viel kleiner als die von H. annuus. Die Köpfe haben im ausgebreiteten Zustand einen Durchmesser von 4—7 (nach Rogertson in Nordamerika 6—8) cm, wovon auf die Scheibe 15—20 mm kommen. Die orangegelben Strahlblüten sind häufig nicht sämtlich ausgebildet, an gut ent- wickelten Köpfen sind ihrer ungefähr 12 vorhanden; sie haben eine kurze 2 mm lange Röhre und eine bis zu 30 mm lange, 10 mm breite Zunge, einen 5 mm hohen (tauben) Fruchtknoten, auf welchem entweder gar kein Griffel vorhanden ist oder ein anscheinend nor- maler, der sich auch in 2 Schenkel spaltet, steht. Es scheinen also Übergänge von den gewöhnlichen unfruchtbaren zu fruchtbaren Strahlblüten vorzukommen. Die Scheibenblüten haben einen 5 mm langen Fruchtknoten und eine orangegelbe 7 mm (nach RoBERTSoN 6—8 mm) lange Krone von ziemlich cylindrischer Gestalt, die sich am Saume in 5 etwa 2 mm lange Zipfel spaltet. Die schwärzliche Antherenröhre überragt, bevor sie vom Griffel durchwachsen wird, die Krone um 3 mm und lässt orangegelben Pollen austreten. Wenn der orangegelbe Griffel seine beiden Äste auseinander breitet, so sinkt die Antherenröhre in die Krone hinab und die Griffelschenkel legen sich in einer Höhe von etwa 4 mm über der Krone aus- einander; sie rollen sich später bis auf 1!/; Umgänge ein, so dass Er: spontane Selbstbestäubung stattfinden kann. Auch spontane Geitono- gamie durch Berührung mit dem Pollen von Nachbarblüten ist möglich. Die Blüten haben einen schwachen angenehmen Duft. 143. Bidens bipinnatus L. Die bei Trient am 13. August 1896 untersuchten Pflanzen hatten kleine gelbe Köpfe, an denen die Strahlblüten entweder ganz fehlten oder zu 1—3 vorhanden waren. Im letzteren Falle sind sie geschlechtslos, ihre Krone geht in eine 5—6 mm lange, halb so breite, gelbe Zunge aus. Die gelben Scheibenblüten haben eine 4 mm lange Krone, ihre Griffelschenkel breiten sich aus, krümmen sich aber nicht so weit zurück, dass spontane Selbstbestäubung erfolgen könnte. 144. Galinsoga parviflora Cav. Die kleinen Blütenköpfe haben eine orangegelbe konvexe Scheibe von ca. 4 mm Durchmesser, welche aus zahlreichen Zwitterblüten besteht; die Randblüten sind weiblich, meist in der Zahl von 5—7 vorhanden, mit einer weissen, : kaum 2 mm langen, in 3 Zipfel auslaufenden Zunge. In den Zwitter- blüten verwelkt die Antherenröhre, wenn der Pollen aus ihr heraus- befördert wird, und sinkt zusammen, wobei der Pollen in der Um- sebung umhergestreut wird. Nachher breiten sich die 2 Griffel- schenkel in der Höhe des Blüteneingangs bogenförmig weit aus- einander und kommen dabei wohl regelmässig mit in der Nähe be- findlichem Pollen aus derselben oder einer benachbarten Blüte in Be- rührung (Hohenheimer botanischer Garten am 15. August 1892). Nach Hanscıra (Beitr. zur Kenntn. d. Blütenombrophobie, S. 31) krümmen sich die Stiele der Blütenköpfe bei Regenwetter abwärts. 145. Achillea tomentosa L. ist die einzige der deutschen Flora angehörige Art der Gattung, bei der nicht nur die Scheiben- blüten, sondern auch die Zungenblüten des Strahles eine goldgelbe Farbe haben. Im übrigen stimmt die Blüteneinrichtung dieser Art, bei welcher die Köpfe in grosser Anzahl zu Doldenrispen zusammen- gestellt sind, mit derjenigen der übrigen untersuchten Achilleen überein (vergl. Knut# I, 1, S. 608 ff.). Die Strahlblüten, gewöhn- lich 5, sind weiblich und haben eine 3 mm breite Zunge. Die Griffelschenkel der Zwitterblüten biegen sich weit auseinander, rollen sich aber nicht ein; es findet also spontane Selbstbestäubung nicht statt. (Val di Genova in Südtirol, 15. August 1896.) 146. Senecio paludosus L. (Knure II, 1, S. 630). Der Blütenkopf hat ım ausgebreiteten Zustand einen Durchmesser von ca. 40 mm, die Scheibe allein ist 10 mm breit. Die goldgelben Strahlblüten sind zu 14—20, durchschnittlich zu 17 vorhanden, sind Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 5 Be, 20 weiblich und haben eine 5 mm lange Röhre und eine 17—18 mm lange Zunge. Auch die Scheibenblüten sind goldgelb, ihre Krone besteht aus einer 4 mm langen Röhre und einem eben so langen Glöckchen, die Antherenröhre ist gelb, mit hellbraunen Kanten, die Griffelschenkel biegen sich so weit auseinander, dass wohl spontane Geitonogamie eintreten kann, da sie sich aber nicht einrollen, so ist spontane Selbstbestäubung ausgeschlossen. Die duftlosen Blüten erhielten bei Langenargen a. Bodensee, wo vorstehende Beobachtungen am 7. Juli 1894 gemacht wurden, reichlichen Besuch von Honig- bienen; einige andere Besucher sah Hemsıus in Holland. 147. Saussurea discolor DC. Die wenig augenfälligen Blüten- köpfe stehen zu mehreren dicht beisammen, wie bei S. alpına; in dem 13 mm langen Hüllkelch befinden sich ca. 15 Zwitterblüten. Auf deren Fruchtknoten steht ein 10 mm langer Pappus und eine 6 mm lange, 1 mm dicke Kronröhre, das auf sie folgende Glöckchen ist mit Einschluss der hellblauen schmalen aufgerichteten 4 mm langen Zipfel 5--6 mm lang. Die dunkelviolette Antherenröhre ragt um 1—1!/a mm aus dem Glöckchen hervor; der durch sie wachsende Griffel befördert den weissen Pollen heraus und breitet nachher seine beiden lila gefärbten Schenkel halbkreisförmig auseinander; da sie sich nicht weiter zurückbiegen, so kann spontane Selbstbestäubung nicht eintreten, und auch die Griffel und Narben der Nachbar- blüten berühren einander nicht. (Avers-Cresta in der Schweiz, 19. August 1895.) 148. Oentaurea alpestris Hrc., die ich in Avers-Uresta (Schweiz) am 24. August 1895 untersuchte, hat im wesentlichen dieselbe Blüteneinrichtung wie Ü. Scabiosa und ähnliche Arten. Der Querdurchmesser der Hülle beträgt ca. 20 mm, der obere Durch- messer des Blütenkopfes 60 mm. Die geschlechtslosen Randblüten haben eine 30 mm lange Röhre, die sich nach oben nur sehr wenig erweitert, ohne ein Glöckchen zu bilden und dann in 10 mm lange Zipfel ausgeht. Die zwitterigen Scheibenblüten zeigen eine 12 mm lange Röhre, ein 5 mm langes Glöckchen und 4 mm lange Zipfel. 149. Kentrophyllum lanatum DC. (Knurm U, 1, S. 647). Von dieser Art erwähnt M. v. ÜExküLL-GyLLenBanD (a. a.0. S. 46), dass ihre Blütenköpfe aus lauter Zwitterblüten bestehen, was übrigens bereits bekannt war. Die von mir bei Trient am 13. August 1896 vorgenommene Untersuchung zeigte, dass alle Blüten des Kopfes untereinander gleich gestaltet und in allen Teilen gelb gefärbt sind. Sie haben einen honigartigen Duft und stehen in Köpfen, deren SS. oberer Durchmesser 25—30 mm beträgt. Ihre Kronröhre ist 23 mm lang, weniger als 1 mm dick und ragt um ca. 10 mm aus dem Hüllkelch hervor, das Glöckchen hat eine Länge von 8 mm, wovon 6 mm auf die aufrechten Zipfel kommen. Die Filamente sind etwas über ıhrer Mitte mit einem Haarkranze besetzt, die Griffelschenkel bleiben aneinander liegen. Der Nektar dürfte bei seiner Bergung in den langen und dünnen Röhren wohl nur Schmetterlingen zu- gänglich sein. 150. Scolymus hispanicus L. wurde von mir auf dem Lido bei Venedig am 3. September 1891 und in der Umgebung von Rom am 20. September 1899 untersucht. Die aus zahlreichen goldgelben Blüten bestehenden Köpfe breiten sich auf einen oberen Durchmesser von 40—45 mm aus. Die dünne Kronröhre ist 10 mm lang, die beiden Griffelschenkel sind beim Beginn des Blühens nur auseinander- klaffend, rollen sich aber zuletzt bis zu einem Kreisumfang ein, so dass spontane Selbstbestäubung ermöglicht wird. Bei Rom sah ich eine kleine Apide die Blüten besuchen. Hohenheim, den 3. Dezember 1901. Naturkunde und Topographie in Württemberg vor 300 Jahren. Von ©. Regelmann, Vermessungsoberinspektor. Mit 2 Abbildungen. Die Fürsten des Württemberger Landes waren von jeher den Wissenschaften zugeneigt. Das hatte zur Folge, dass schon im Jahre 1602 für die vaterländische Naturkunde ein heller Morgenstern auf- ging. Er hiess Johann Bauhin '. Auf Befehl Herzogs Friedrich I. (1593—1608) erschien näm- lich erstmals in deutscher Sprache: „Ein New Badbuch und historische Beschreibung des Wunderbrunnen und heil- samen Bads zu Boll. Erstlich lateinisch beschrieben durch Johannem Bauhinum, Ihrer Fürstl. Gn. Hof-Medicum zu Mömpel- gart; anjetzo aber ins Deutsch vertirt durch M. David Förter. Gedruckt zu Stutgarten, durch Marx Fürstern, Anno 1602.“ Der lateinische Titel des merkwürdigen Werkes lautet: Johannes Bauhinus; Historia novi et admirabilis fontis balneique Bollensis in Ducatu Wirtenbergico . .. .. Montisbeligardi 1598. Später ist das Buch in wiederholten Auflagen erschienen. Baunm’s Werk ist der Urquell der Naturkunde Württem- bergs geworden, weil in seinem ersten Buche eine gediegene topo- graphische Beschreibung der Boller Gegend gegeben wird — begleitet von „Landtafeln“, die als erste gedruckte Specialkarten Württem- bergs trefflichen Überblick gewähren und weil sodann im 4. Buche eine grosse Zahl gut beobachteter Thatsachen aus den Gebieten der Mineralogie, Paläontologie, Botanik und Zoologie von einem hochgebildeten Forscher mitgeteilt werden. TH. PLIENINGER ! Biographisches findet sich: Allgemeine deutsche Biographie. Bd. II. Leipzig 1875, S. 149. Sein Vater, ein aus Frankreich vertriebener Hugenotte, hiess ebenfalls Johann Bauhin, war berühmter Arzt und begeisterter Botaniker zu Basel. DE; urteilte schon bei der ersten Zusammenkunft unseres Vereins am 23. Dezember 1844 (Jahreshefte I. S. 26) folgendermassen: „Unter den monographischen Beschreibungen der einzelnen Bäder, Badeorte Dr. Johann Bauhin, Herzoglich "Württembergischer Leibarzt und Naturforscher. Nach einem Kupferstiche der K. Württ. Landesbibliothek. und Gesundbrunnen ragt das Werk Bausm’s nicht bloss in An- betracht des wissenschaftlichen Standpunkts jener Zeit, sondern an und für sich als ein Muster gediegener Naturforschung hervor.“ — Grund genug bei der nahenden 300. Wiederkehr des Tages (12. August 1902), an welchem ein solch bahnbrechendes Werk in Stuttgart erschien, dankbar der Männer zu gedenken, welche diese Leuchte aufgesteckt haben. Sie heissen Dr. Johann Bauhin, Dr. Georg Gadner und Hofmaler Philipp Gretter (Gräter). Johann Bauhin, der jüngere, Arzt und Botaniker, geboren am 12. Februar 1541 zu Basel, studierte dort und auf anderen Uni- versitäten Medizin und Naturgeschichte. Im Herbst 1560 war er auch kurze Zeit in Tübingen, wo ihn Fuchs anzog. Der Botanik insonderheit wendete er sich mit solchem Eifer und solchem Scharf- sinn zu, dass Konrad Gesner', damals der erste Botaniker der Schweiz, ihn seiner wärmsten Freundschaft würdigte. Baunm machte viele Reisen in die Alpen und durch ganz Europa bis ans Schwarze Meer, überall Pflanzen sammelnd. Er hatte auch nichts Geringeres vor — neben seinem ärztlichen Berufe —, als in einer Pflanzen- geschichte sämtliche Pflanzen kritisch zu beschreiben. Er leistete in diesem Fache in der That Grosses; ebenso auch sein Bruder Caspar Baunm?. Das Hauptwerk unseres JoHann BauHm erschien 1 Konrad Gesner, Naturforscher, geb. 26. März 1516 in Zürich, gest. 13. Dezember 1565. Epochemachend für Naturgeschichte, besonders Zoologie und Botanik; der „Deutsche Plinius“ genannt. Er war Bauhin’s Hauptlehrer und Vorbild. Berühmt ist Gesner’s Werk: De rerum fossilium etc. figuris. Tiguri 1565, ? In der Sonntagsbeilage der Allgemeinen Schweizer Zeitung. Basel 1901, No. 15 u. 16 hat Dr. A. Ursprung dem Basler Botaniker Caspar Bauhin — dem Bruder und Mitarbeiter unseres Johann Bauhin — ein pietät- volles Denkmal gesetzt. Es ist von Interesse, wie dieser Fachmann die bota- nische Lebensarbeit der Brüder gewertet hat. Er schreibt: „Vor dem Er- scheinen der verschiedenen Kräuterbücher beschränkte man sich lediglich auf die Erklärung der medizinischen und naturwissenschaftlichen Schriften der Alten, welche in zweifellosem Autoritätsglauben angenommen wurden. Die Erforschung der Natur selbst wurde vollständig vernachlässigt. Im 15. und 16. Jahrhundert erschienen zahlreiche Ausgaben der griechischen und römischen Naturgeschichtsschreiber, besonders die Naturgeschichte des Plinius, die Pflanzenwerke des Theophrast und hauptsächlich des Dioscorides. Die Verf. der ältesten Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts, wie Brunfels und Fuchs sahen in den Pflanzen zunächst nur die Träger der medizinischen Kräfte. Es kam ihnen allein darauf an, die im Altertum benutzten Pflanzen wieder zu erkennen. Dabei war man anfangs in dem Gedanken befangen, die von den griechischen Ärzten beschriebenen Pflanzen müssten überall wild wachsen; jeder sah eine andere ein- heimische Pflanze für die fragliche des Dioscorides oder des Theophrast an, wodurch eine kaum zu bewältigende Verwirrung in der Nomenklatur ent- stand. Den Bemühungen der philologischen Kommentatoren gegenüber, welche die Pflanzen aus eigener Anschauung kaum kannten, war es ein grosser Fort- schritt, dass die ersten deutschen Verfasser von Kräuterbüchern sich direkt a indessen erst längere Zeit nach seinem Tode, der am 26. Oktober 1613 zu Mömpelgard erfolgte. Es führt den Titel: Historia plan- tarum universalis, quam recensuit et auxit D. Chabräus. Juris vero publiei fecit Fr. L. a. Graffenried. Ebroduni 1650/51. Mit seltener Liberalität hatte der Berner Patricier GRAFFENRIED die sehr bedeutenden Druckkosten, angeblich 40 000 Gulden, hergegeben. Dieses klassische „in sorgfältiger kritischer Darstellung unübertroffene Werk“ besteht aus drei dieken Foliobänden und ist gleich seinen anderen Schriften bei Fachgenossen noch heute geschätzt. Im Jahre 1570 folgte Bauum einem Rufe des Herzogs Ulrich von Württemberg nach Mömpelgard, als dessen Leibarzt, Anatom und Botaniker. Als solcher schrieb er mehrere vortreffliche medizinische Schriften. Sein viertes Werk war die obengenannte: „Historia novi et admirabilis fontis balneique Bollensis. Montesbeligardi. 1598.“, welche der Ausgangspunkt der exakten Naturforschung und der speciellen Karto- graphie in Württemberg geworden ist. Die Entstehungsgeschichte dieses Buches ergiebt sich aus folgenden Auszügen aus demselben: Im Jahre 1594 wurde dem Herzog Friedrich I. gemeldet, „dass nahe bei dem Flecken Boll ein heilsamer Wasser Brunnen vorhanden were, die „Sittere“ genannt.“ Alsbald berief derselbe verständige und erfahrene Meister und Künstler, um die Quelle in der Tiefe zu fassen und die Badgebäude zu erstellen. Viele Kranke erlangten auch ihre vorige Gesundheit. Bausum berichtet 1. ec. S. 4: „Darumb J.F.G. es nicht darbey bewenden lassen, sondern auch mich, als J. F. @. bestellten Leib Artzt im folgenden Jahr gen Stuttgart beschrieben und mir gnedig fürgehalten, wie viel herrlichs seltsams und wunder- barliches Dinges man vom gemelten Brunnen hin und wieder auss- breite, begert derwegen, dass ich meine Meinung und Gutbeduncken darüber anzeigen solle. Da hab ich underthenig geraten, dass man alle diejenigen verhören solle, so desselben Bades sich gebraucht, Welches dann auff J. F. @. Befelch geschehen und seind mir dieselbe an dieNatur wandten, die in ihrer Umgebung wild wachsenden Pflanzen beschrieben und sorgfältig in Holzschnitt abbildeten.. .. . Kurz: durch die Ver- fasser der Kräuterbücher wurde in wenigen Jahrzehnten eine neue Wissenschaft entwickelt, welche den Anfang der jetzigen Botanik bildet.“ — „An Ehrenerwei- sungen der Zeitgenossen hat es den Brüdern Bauhin nicht gefehlt. Später hat dann Plumier in Anerkennung ihrer Leistungen einer Pflanzengattung den Namen Bauhinia beigelegt, und Linn& bezeichnete eine Species derselben als Bauhinia bijuga, um an den unzertrennlichen Ruhm der beiden Brüder zu er- innern. Es waren Männer von grosser Begabung und unendlicher Schaffenskraft, Menschen von vornehmem, edlem Charakter.“ Zeugnusse und Geschicht gen Mümpelgard zugeschickt worden, dass ich sie fleissig durchsehen und wol erwegen sollte .. .“ Ein volles Jahr war nun die Heilquelle jedermann zur freien Be- nützung offen. „Wie solches Jahr vorüber, lassen J. F. Gn. mich wie- derum zu sich fordern, nämlich im 1596. Jahr, zu Anfang des Heu- monats (Juli) und geben Befelch, dass ich den gemelten Brunnen sampt seiner Mixtur und woher dieselbe entstehe, fleissig und eigentlich erkun- digen solle, dessgleichen seine Kraft und Wirkung trewlich verzeichnen und desselben ganze History beschreiben.“ — „Welchem Befelch ich zu gehorsamen mich schuldig erkant, Weil J. F. G. vor 24 Jahren mich von Basel zu dero Dienst beruffen und bisher miltiglich unterhalten, auch für ihren underthenigen Diener und bestellten Leib Artzt jeder- zeit erkant habe. Aber lasst uns zu unserem Fürhaben schreiten, und vom Brunnen reden, zu dem ich den 23. Augusti 1596 angelangt und erstlich die Gelegenheit des Orts, wie billich, besichtiget.“ — In wenigen Monaten sammelte Baunm das Material für seine Beschreibung des Boller Bades, das in der deutschen Übersetzung einen stattlichen Quartband bildet von 927 Seiten ohne Vorrede und Register. Anfangs November 1596 kehrte er nach Mömpelgard zurück. Zwei Jahre später erschien das schöne Werk mit zahl- reichen Holzschnitten ausgestattet, und anno 1602 die deutsche Übersetzung mit sechs in Holz geschnittenen Landtafeln. In drei Büchern behandelt er die chemisch-medizinischen Ver- hältnisse des neuen Bades; im vierten Buche aber unterzieht er die dort vorkommenden Naturkörper eingehender Betrachtung und bildet erstmals Kalkspate, Schwefelkieskrystalle, Gagat, Schiefer- stücke, Ammoniten, Belemniten, Terebrateln und anderes, meist aus dem mittleren und oberen Lias stammend, durch kenntliche Holzschnitte ab. Auch die Insekten entgehen seiner Aufmerksam- keit nicht. Besonders reichhaltig ist aber der botanische Teil, der vortreffliche Abbildungen von 60 Apfel- und 40 Birnsorten enthält. Von seinem obenerwähnten grossen botanischen Werke redet Bauum, l. c. S. 56: „Von den gepflantzten Gewächsen über der Erden, so zu Boll umb den Wunderbrunn und in der Nähe herumb, gefunden werden, will ich nur kurz berichten, weil ich ausführlich von solchen Sachen zu handeln, in unser gross Gewächs und Kreuterbuch! sparen wollen, damit wir nun von Jugend auff '! Dasselbe erschien erst nach Bauhin’s Tod und führt den Titel: Historiae plantarum generalis 50. annis elaboratae... Prodromus. Ebroduni. 1619. Es ist aber nur ein Inhaltsverzeichnis der grossen auf 8. 71 genannten Botanik. er umgehen und mit der Hülffe Gottes in kurze ins Werk richten und sedruckt werden soll, mit etliche 1000 Figuren in unserer und unseres Tochtermanns Jo. Henrich Cherler ... Namen.“ — Das Boller Badbuch schliesst mit den Worten Baunmw’s: „So viel und mancherley grosse Nutzungen hat man von unserem Bad und Wunderbrunnen zu gewarten, welcher auch noch mehr und grössere Ding wird leisten können, da, was wir innerhalb einer kurtzen Zeit, nemlich einem vierteil Jahr, neben andern hochwichtigen Geschefften und schweren Verrichtungen wargenommen, und also den Grund unseres Verhoffens, nicht so gar übel gelegt haben.“ — Altmeister QuENSTEDT nennt das Baunin’sche Buch „die berühm- teste unter den älteren derartigen Schriften“. — (Über Pterodactylus swevicus. Tübingen. 1855 8. 3.) Er sagt ferner: „Baunm hat... den ersten festen Grund in der Geschichte der Petrefakten- kunde Schwabens gelegt, denn mit der Sache vertraut erkennt man aus den Holzschnitten das meiste mit der grössten Sicherheit wieder (Bronn’s Jahrb. 1852 S. 644): Ammonites amaltheus, com- munis, heterophyllus, lineatus etc.; Posidonien; den Pentacrinites scalaris noch deutlicher als bei GEsner; viele Belemniten gehören zu typischen Species; die Pectunculi bifores sind wohlbekannte bicoıne Terebrateln (T. rimosa).“ — So entstand die erste naturhistorische Publikation; nicht nur für Württemberg, sondern für ganz Deutschland grundlegend. Die Botanik hat in dem Gattungsnamen Bauhinia den Namen der ver- dienten Gebrüder Bavam für ferne Zeiten ehrend erhalten. Auch Württembergs Naturforscher werden dem trefflichen Dr. JoHAnN BavHm stets ein ehrendes Gedächtnis bewahren. — Gleichzeitig mit den Naturwissenschaften erlebte auch die würt- tembergische Topographie vor 300 Jahren eine Glanzperiode. Dr. Georg Gadner! übergab am 25. Juli 1596 seinem Herın, dem Herzog Friedrich I., ein kostbares, soeben vollendetes Werk: Landesbeschreibung und Landt-Tafeln Württembergs ent- haltend, die „Chorographia Ducatus Würtembergici“ auf 29 Pergamenttafeln sehr hübsch gezeichnet. Jedes Blatt stellte einen „Vorst“ des Landes dar. Der Verfasser”? — beider Rechte Dr. — ı Näheres über ihn siehe ©. Regelmann: Abriss einer Geschichte der württembergischen Topographie. Württ. Jahrbücher für Statistik und Landes- kunde. 1893. 8. 21 u. 40. ° Gadner war nebenbei auch geologischer Sammler und Chemiker. Bauhin erzählt auf S. 11 von einem „Schwarzen Agstein“ (Gagat), den man in : mp wurde im Jahre 1555 von Herzog Christoph nach Stuttgart be- rufen als Oberrat; war — „dreier Herzoge Geheimbter Rat“ — und hatte als solcher in allen möglichen Streitsachen das Land zu bereisen. Er starb am 7. Mai 1605. — Er berichtet: „So hab Ich durch dis Mittel die Gelegenheit des gantzen Landts, also erfahren, dass ich dis selb, allein mir zum Gedechtnus auf Ein „Landt- Tafel“ verzeichnet, aber hernach dieselb mit der Zeit gebessert, ge- mehrt und etlich mal gerissen. Folgendts hat der durchleuchtig hochgeboren Fürst und Herr, Herr Ludwig Hertzog zu Württemberg und Teckh, Graf zu Mömpellgardt, hochlöblichen Gedächtnus, Mir gnädig auferlegt, Ich solle das gantze Landt durchaus be- reiten, aigentlicher besichtigen und abreissen, dem habe ich gehorsamblich nachgesetzt. Ich habs aber bey Ihrer F. G. Leb- zeiten nicht vollendtet, sondern als E. F. G. Mir darmit fürzuefahren gnädig befohlen, da hab Ichs (im Jahr 1596) gar zur Endte ge- bracht.“ — Dieses schöne Werk ist noch heute eine Zierde des K. Plan- und Kartenkabinets in Stuttgart. Herzog Ludwig ehrte diese „Chorographia Ducatus Würtem- bergici“ in fürstlicher Weise. Er liess die Pergamentkarten ver- grössert auf Holztafeln malen und in dem prachtvollen grossen Saale des Lusthauses alle Pfeiler damit schmücken. Ja noch mehr, er liess unter Gapners Leitung an der Decke des 201 Fuss langen Saales durch bedeutende Künstler Gemälde ausführen, die nicht anders bezeichnet werden können, denn als ein riesenhafter topographi- scher Atlas Württembergs, belebt von fröhlichen Jagden. Ver- fasser dieser Zeilen hatte neulich das Glück, in den Akten des K. Geheimen Hof- und Staatsarchivs genaue Belege für diese Angaben aufzufinden, welche demnächst vom Schwäbischen Albverein mit einer neuen Ausgabe der „Boller Landtafel von 1602“ veröffentlicht an etlichen Orten auff Ombten und Kirchheim zu in den Schiefergruben finde. Und hat Doctor Gadner mir einen gar grossen Agstein geschenkt, welchen man an einem Ort nicht weit von Boll gefunden. — Auf 8. 17 berichtet Bauhin ferner: „Herr Georg Gadner, beider Rechten Doctor, der in Scheidungen und Probierungen der Metallen ein wol erfahrener Mannist, als ihm den 3. Novembris von J. F. G. ein Feuerstein (Schwefelkiesknollen, Pyrit) zu probiren übergeben worden, hat er nach fleissiger Prob befunden, dass in 50 Pfunden 2 Quintlin Silbers, aber kein Kupffer, sondern das ander alles nur Wasserkiess sei, habe aber seinen Glantz vom Schwefel.“ — Gadner suchte auch den Betrieb der Bergwerke in Flor zu bringen, namentlich das Silberberg- werk Neubulach auf dem Schwarzwald dankt ihm den lebhaftesten Betrieb. Die Sammler Württembergs haben also diesem Manne die schönen Quarzkrystalle zu verdanken, die sich auf den Bulacher Halden massenhaft finden. 'SO9T PayRf ® I Jayef woaA [oJeIpuer] d9[Jjog Aop sae Ygruyassuy IZ \ za Y art = \ Eu RESEN/ NEE N N \ N STANS m SER UT - = hr RN — NIS>DNILIIG u A werden. Ein grossartigeres Denkmal der Liebe des schwäbischen Stammes zur Heimat konnte der Landesfürst nicht errichten. Einer der Künstler, welche im Lusthaus malten, war der spätere Hofmaler Philipp Gretter. Dieser wurde von dem Naturforscher Dr. Jonann Baum veranlasst, zu seiner Beschreibung des Bades Boll ein tabella chorographica oder Landtafel zu malen. Dies geschah und Baunm liess dieselbe auf 6 Tafeln in Holz schneiden. So entstand die erste gedruckte Specialkarte Württembergs im Jahre 1602 gleichzeitig mit dem ersten Beitrag zur Naturkunde des Landes. Freilich ist das noch keine richtige mathematische Karte, dazu war die Zeit noch nicht im stande; aber ‘es ist ein treffliches Landschaftsbild aus der Vogelschau, etwa so, wie es sich von der hochaufragenden Felsenkante des „Bosler“ aus überschauen lässt. Der Verfasser dieser Zeilen entdeckte das schöne Blatt auf der geologischen Exkursion des Steigenklubs am 28. Juni 1901 im Bad Boll, wo es ohne Titel oder Unterschrift als Wandzierde im Gesellschaftszimmer hängt. Der Ausschnitt auf S. 75 mag genügen, um die kraftvolle Art dieser Boller Landtafel zu kennzeichnen. Seitdem gelang es ihm, den ganzen Zusammenhang aufzuklären. Der Schwäbische Albverein hat in der Januarnummer seiner Blätter von 1902 die auf '/s verkleinerte Reproduktion der „Boller Land- tafel“ von 1602 weiteren Kreisen zugänglich gemacht. Eine grosse Ausgabe der Tafel mit ausführlichen Erläuterungen erscheint ebenfalls unter Beihilfe des Albvereins. Sie führt den Titel: „Philipp Gretters Landtaffel der schönen Gelegenheit und Landschafft umb Boll Anno 1602. Tübingen. Verlag des Albvereins 1902. Dieser erste Versuch in Württemberg, dem Leser eines naturhistorischen Buches eine Landesgegend in einer Specialkarte vor Augen zu stellen, war in jenen Zeiten eine schwierige Sache. Die Boller Land- tafel fehlt nicht nur in der lateinischen Ausgabe des Baunm’schen Werkes, sondern auch vielfach in den Ausgaben der Deutschen Über- setzung. Es ist aber nun Gelegenheit geboten, durch die schöne Landtafel das ehrwürdige Werk zu ergänzen. — In der That, es geziemt uns nach drei Jahrhunderten wieder auf diese Leistungen zurückzublicken! — Gleich die erste Verbindung der Naturkunde Württembergs mit der Topographie zeitigte ein hoch- bedeutsames Werk, das stets ein glänzendes Blatt in der Geschichte der vaterländischen Naturkunde bleiben wird. Stuttgart, 30. Januar 1902. Einige ergänzende Bemerkungen über Gehäuse- abnormitäten bei unseren Landschnecken. Von Dr. Otto Buchner, Assistent am Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart. Mit 1 Tafel. Über Variationen, Modifikationen und Deformationen der Schalen _ bei Land- und Süsswasserschnecken hat sich Cıessın in seiner Ab- handlung über Missbildungen der Mollusken und ihrer Gehäuse (Separat-Abdruck aus dem 22. Jahresberichte des Naturhistorischen Vereins in Augsburg) in sehr instruktiver Weise ausgesprochen und lässt nur noch den Wunsch offen, es möchten derartige interessante Darstellungen dann und wann auch durch eine gute Abbildung ver- anschaulicht werden, um so mehr, als es sich hier um meist relatıv seltener vorkommende Erscheinungen handelt und es überhaupt nicht immer möglich ist, sich nach einer noch so erschöpfenden wört- lichen Darstellung ein vollkommen klares Bild von dem jeweiligen Falle zu machen. Von skalariden Gehäusen sollte wohl jeder Schneckensammler eine richtige Vorstellung haben; indessen hat sich Verfasser dieser Notiz doch schon öfters überzeugen können, dass hier und da doch noch manche unklare Vorstellung über solcherlei Abnormitäten an- zutreffen ist. Cuessin schreibt in der citierten Abhandlung S. 91: „Gewindeverlängerungen oder skalaride Gehäuse entstehen, wenn die Höhe des Gewindes einer gewissen Art eine beträchtlich höhere wird, als es unter normalen Verhältnissen der Fall ist. Ohne äusseren Anstoss, resp. ohne Verletzungen sind skalaride Gehäuse- formen nicht möglich.“ Letztere sind also zweifellos unter aussergewöhnlichen Verhält- nissen entstandene Formenmissbildungen. Es variieren jedoch eine ganze Anzahl von Landschnecken be- züglich der Höhe des Gewindes ihrer Schalen, ohne dass von einem ENTE äusseren, mechanisch verletzenden Anstoss hierzu etwas zu bemerken wäre. Deshalb möchte ich, wie schon bei früherer Gelegenheit, auch hierorts noch einmal darauf hinweisen, dass Gewindeverlänge- rungen nicht immer auf dem Wege der Deformation entstanden sein müssen und dass deshalb eine Identificierung von Gewindeverlänge- rungen und skalariden Formen nicht ganz zutreffend ist. Verfasser konnte besonders gelegentlich der Revision der Varie- täten und Abnormitäten von Helix pomatia L. (diese Jahreshefte, Jahrg. 1899) auf die individuell hochgewundene Form dieser Schnecke hinweisen (forma Zurrita) und zugleich betonen, dass dabei von ' keinerlei mechanischem Einfluss die Rede sein kann. Auch andere Species unserer Landschnecken liefern diese individuell hochgewun- denen Formen, insbesondere Helix arbustorum L., nemoralis L. und hortensis MüLL. und zwar erstere relativ häufig als forma trochoi- dalis Rorr., während bei den beiden letzteren diese Erscheinung selten vorkommt. Die Abbildung in Fig. 9 zeigt eine solche selten schöne turrita-Form von Helix nemoralis L., eine hochgewundene Form, deren Gewindeverlängerung nur eine abnorme individuelle Er- scheinung ist und auf keinerlei äusseren Einwirkungen beruht, so dass sie demnach unter keinen Umständen als eine skalarıde Form anzu- sehen ist. Fig. 16 unserer Tafel zeigt eine prächtige furrita-Form von Helix pomatia L., die um so interessanter ist, als das Exemplar zu- gleich den Riesenwuchs (forma grandıs) repräsentiert. Das Stück stammt von Oberwilzingen, OA. Münsingen. Die trochoidale Form von Helix arbustorum L. ıst ın Cuessw’s „Exkursionsmollusken- fauna“, 1. Teil, 2. Aufl. S. 185, abgebildet, doch entspricht diese Abbildung noch lange nicht den Extremen. Unsere Sammlung weist Gehäuse auf, die an Gewindehöhe der eben vorhin erwähnten und auf unserer Tafel abgebildeten turrita-Form von Helix nemoralis L. vollständig gleichkommen. Bei unseren Süsswasserschnecken sind es vorzugsweise die Limnaeen, welche ebenfalls diese Gewindeverlängerungen ohne Ver- letzungsursache zeigen. Beispiele geben besonders Limnaea stag- nalis L., forma producta Cote. und subulata West., ebenso Limnaea palustris MüLL. var. corvus GMEL. (cfr. CLessın: Exkursionsmollusken- fauna, 1. Teil, 2. Aufl. S. 362 u. 389), woraus wir entnehmen können, dass der von dem normalen Grade abweichenden Gehäuse- länge sowohl das individuelle Moment als auch Anpassungserschei- nungen zu Grunde liegen können, denn bei Limnaea palustris MüL. var. corvus GMEL. sind es zweifellos lokale Verhältnisse, welche so- Be wohl die bedeutendere Grösse, wie auch das verlängerte Gewinde dieser Varietät bedingen. Wir haben hier also zugleich ein Beispiel der „bedingten Varietät“ vor uns. Was nun die Gewindeverkürzungen anbelangt (efr. S. 100 der erstmals angeführten Schrift Cressiw’s), so muss hierbei in ganz gleicher Weise, wie bei den Gewindeverlängerungen, hervorgehoben werden, dass sie ebensowenig wie diese, für jeden Fall als eine auf mechanischer Verletzung beruhende Erscheinung anzusehen sind und dass sie in korrespondierender Weise teils individueller Natur, teils durch lokale Verhältnisse bedingte Erscheinungen sein können. Ich möchte Cressın auch darin zu widersprechen wagen, dass diese Formen weit seltener seien, als die verlängerten und verweise nur auf die forma depressa Hrn bei Helix arbustorum L., sowie auf die forma inflata Harrm. bei Helix pomatia L. (cfr. meine angeführte Schrift, Jahrg. 1899 dieser Jahreshefte). Und wie einige Limnaeen individuelle oder in einer bedingten Varietät fixierte verlängerte Formen bilden, so finden wir nach ent- gegengesetzter Richtung korrespondierend auch die verkürzten Win- dungen bei Limnaea stagnalis L. forma turgida Mke., var. lacustris Stup. und var. bodamica Cuess., erstere als Individualität, die beiden letzteren Formen als durch lokale Verhältnisse bedingte Varietäten. Ob Limnaea ampla Harrm. nebst ihrer Varietät Monnardı HartM. von Limnaca auricularıa Drar. in berechtigter Weise artlich zu trennen oder nur als eine verkürzte Form oder auch als Anpassungs- varietät der letztgenannten Species anzusehen ist, will ich hierorts dahingestellt sein lassen. Jedenfalls können wir auch in diesen Formen Beispiele für Gewindeverkürzung ohne irgend einen auf Ver- letzung beruhenden mechanischen Anstoss erblicken und was für ein eklatantes Exempel sowohl für Verlängerung, als auch für Ver- kürzung bietet uns in’ solcher Hinsicht endlich der in der Palae- ontologie rühmlichst bekannte Carinifex multiformis Br. von Stein- heim bei Heidenheim. Nun giebt es allerdings auch eine auf mechanischer Verletzung beruhende Art und Weise der Gewindeverkürzung, die dadurch zu stande kommt, dass infolge einer Beschädigung der Gewindenaht die jüngeren Umgänge über die älteren Windungen des Gehäuses über- greifen, wodurch eine eigentümliche, rinnenartige Vertiefung zwi- schen den Windungen entsteht. Cressin sagt (a. a. O0. S. 100) ganz richtig: „Die Einsenkung der Naht entsteht dadurch, dass der ab- gerissene und dann nachgebildete Umgang kein Periostracum besitzt; Be diese Nahtvertiefung ist daher immer das Merkmal einer Gehäuse- verletzung.“ Diese Art von Gehäuseverletzung ist aber ganz die nämliche, welche, sofern sie schon an dem ganz jungen Gehäuse geschieht, häufig zur skalariden Deformation führt. Bei Gelegenheit meiner „Nachträge zur Varietätenrevision von Helix pomatia L.“ (diese Jahresh. Jahrg. 1900) habe ich bereits ein- gehender darüber gesprochen und dieser Erscheinung die von Dr. Frei- herr Rıcharp König-WARTHAUSEn stammende Bezeichnung „deformatio suta“ gegeben. Ich erachte sie für die Vorstufe der Wendeltreppen- form und bilde dieselbe in Fig. 8, 10 und 15 in verschiedenen Aus- bildungsgraden am Gehäuse von Helix pomatia L. ab, um zu zeigen, wie sie allmählich in den skalariden Grad übergeht. Fig. 15 stellt ausserdem noch einen Repräsentanten des Riesenwuchses dar, ge- funden im Stöckle-Laubwald bei Münsingen. Die richtige Skalaridenform unterscheidet sich nun aber von dieser deformatio suta dadurch, dass keine rinnenförmige Naht- vertiefung vorhanden ist, sondern die Umgänge in mehr oder minder steilem Winkel direkt aneinander stossen. Ich verweise bei dieser Gelegenheit auf die Abbildungen zu meiner Publikation in dem Jahrgang 1899 dieser Jahreshefte. Man kann, wie auch Cressın darlegt, konstatieren, dass, je früher die mechanische Einwirkung durch Beschädigung der Ge- windenaht vor sich geht, um so eher der skalaride Typus sich aus- bildet. In manchen Fällen jedoch bleibt es trotz frühzeitigem, in er- wähnter Weise vor sich gehendem Einfluss bei der suta-Deformation, so dass die endgültige Ursache für die eigentliche Skalaridenbildung sich vorerst noch nicht mit Sicherheit klarlegen lässt. Am meisten fallen die etwas höher gewundenen grösseren Helix- Arten dieser eigentümlichen, in der Regel wenig beachteten Defor- mation anheim, unter unseren einheimischen Landschnecken ins- besondere Helix pomatia L., nemoralis L., hortensis MürL. und arbustorum L., von welch letzteren beiden ich in Fig. 7 und 12 ebenfalls Abbildungen gebe. Bei Helix arbustorum L. erfolgte die Gewindenahtbeschädigung erst am letzten Umgange, bei Helix hor- tensis MürL. dagegen schon, wie Figur zeigt, am sehr jugendlichen Ge- häuse. Es lassen sich aber doch auch dann und wann bei kleineren und flacheren Helix-Arten derartige Erscheinungen vorführen, wenig- stens befindet sich in unserer Vereinssammlung eine suta-Deformation von Helix ericetorum Mürt., welche ich in Fig. 4 abbilde. Fig. 1 a und 2 zeigt die skalaride Form dieser Schnecke, erstere im Anfangs- stadium, letztere schon ziemlich augenfällig ausgebildet. In Fig. 3 sehen wir eine weitere, nicht näher zu bezeichnende Deformation, bei welcher die Windungsabweichung sich wieder zu regulieren sucht. Fig. 5 zeigt eine abnorm hochgewundene, nach skalarer Ausbildung hinneigende Helix lapicida L. Bei unseren Süsswasserschnecken scheint die besprochene De- formation gar nicht oder nur äusserst selten vorzukommen, dagegen finden sich bei den Planorben extremste anderweitige Missbildungen ; springfedernförmige, vollständig abgewickelte und unregelmässige Ge- häuse, wie sie bei einigen Oyclostomaceen, ferner bei den Vermetus- und Siliguaria-Arten generell und artlich charakteristisch sind. Cressin hat sich im 16. Kapitel seiner oben angeführten Schrift über diese merkwürdige Erscheinung der Gewindeverschiebungen bei unseren Planorbiden, ihre Ursachen und Folgen in so lehrreicher und erschöpfender Weise ausgesprochen, dass nichts hinzuzufügen erübrigt und ich mich nur der Mahnung dieses Autors in voller Über- zeugung anschliessen kann, missgestaltete und sonst abnorme Tiere und Gehäuse stets zu sammeln und wenn möglich, auch biologische Beobachtungen über dieselben anzustellen. Der Artbegriff wird da- durch geklärt und falsche Vorstellungen über Varietäten, Aberra- tionen u. s. w. werden beseitigt. Hier anschliessend erwähne ich noch einige sonst eigentümliche Merkwürdigkeiten und bilde dieselben ebenfalls ab. Zunächst einen abnorm kleinen Zwerg von Helix pomatia L. von der schwäbischen Alb bei Münsingen (Fig. 14 unserer Tafel), ferner eine Krüppelform von derselben Schnecke und ebendaher, deren Ursache darin zu suchen ist, dass in zwei hintereinander folgenden Jahrgängen ein Rest des Winterdeckels stehen geblieben ist (Fig. 13). Dadurch sind die Umgänge beim Weiterbau in beträchtlicher Weise verschoben worden. Zur näheren Informierung über diese Merkwürdigkeit kann ich ebenfalls auf die zuerst angeführte Schrift Cressin’s verweisen. Weiterhin zeigt Fig. 11 unserer Tafel eine Anfangsstufe ska- larider Ausbildung bei Helix hortensis MürL. Fig. 6 endlich die- selbe Schnecke, bei welcher sich am normal vollendeten Gehäuse ein weiterer in der Struktur ganz unregelmässiger, epidermisloser, von der Windungsrichtung abweichender Anbau befindet, dessen Ursache eine Erklärung ohne weiteres nicht zulässt, jedoch beweist, wie unendlich mannigfach die Einflüsse in der Natur sein können, welche zu Abnormitäten und Missbildungen führen. Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 6 F ig. 1 Sa 4 an © RT BE Für die photographische Aufnahme der Objekte zur Anfertigung der Abbildungen sage ich auch hierorts wiederum meinem Freund und Kollegen, Herrn Professor Dr. VossELErR, herzlichen Dank. Stuttgart, im Dezember 1901. Erklärung zu Tafel 1. Abbildungen in natürlicher Grösse. und 2: Helix ericetorum Müuz. deformatio scalaris PFkr, : Helix ericetorum MürL. mit wieder regulierter Gewindeverschiebung. ” ” N „ deformatio suta Ke. v. WRTH. lapicida L., deformatio scularıis PFr. hortensis MüLL., abnorm durch unregelmässigen Anbau am bereits normal fertigen Gehäuse, hortensis MÜLL., deformatio suta Ke. v. WRTH. ‚ 10 und 15: Helix pomatia L., deformatio suta Ke. v. WRrH., Fig. 15 ” ausserdem zugleich ein Riese (forma grandis). : Helix nemoralis L., forma turrita Auct. horiensis MürL., deformatio scalaris PFRr. arbustorum L., deformatio suta Ke. v. WRTH. pomatia L., Krüppelform durch zweimaliges Stehenbleiben eines Winterdeckelabschnittes. pomatia L., abnorm klein (forma parva). £ „ forma turrita Auct., ausserdem zugleich ein Riese (forma grandis). £3 . >” * Tafel 1. Abbildungen in natürlicher Grösse, ‚1lund 2: Helix ericetorum Mürı. deformatio scalaris PFr. 3: Helix ericetorum Mür. mit wieder regulierter Gewindeverschiebung. 4: ” H: 6: 5 72 » % „ deformatio suta Ks. v. WRTH. lapicida L., deformatio scalaris PFr. hortensis MüLL., abnorm durch unregelmässigen Anbau am bereits normal fertigen Gehäuse. hortensis Mürn., deformatio suta Ka. v. WRTH. 8, 10 und 15: Helix pomatia L., deformatio suta Ke. v. WRTH., Fig. 15 ausserdem zugleich ein Riese (forma grandiıs). 9: Helix nemoralis L., forma turrita Auct. Be, Ba, 2 at, Br . hortensis MüLL., deformatio scalaris PFRr. .arbustorum L., deformatio suta Ke. v. WRTH. pomatia L., Krüppelform durch zweimaliges Stehenbleiben eines Winterdeckelabschnittes. pomatia L., abnorm klein (forma parva). , „ forma turrita Auct., ausserdem zugleich ein Riese (forma grandlis). Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. Taf. Nachtrag zu „Julus efr. antiquus und sonstige Funde aus dem Böttinger Sprudelkalk“. Von Öberstabsarzt Dietlen in Ulm. Als Nachtrag zu oben genanntem, in diesen Jahresheften 1899 S. 390 erschienenem Fundbericht erlaube ich mir kurz über einen Ergänzungsfund zu referieren, den Herr Landgerichtsrat Murr in Reutlingen im Laufe dieses Sommers in den Böttinger Marmorkalken — und zwar wie ich seiner Zeit in dem Abraum des leider jetzt wiederum ausser Betrieb gesetzten Bruches, unmittelbar nordöstlich Böttingen — gemacht hat und der meine Funde von 1893 vollauf bestätigt. Für die liebenswürdige Überlassung dieses Materials spreche ich Herrn Mvrr auch hier meinen ‚Dank aus. | Es sind in 6 stark walnussgrossen Bruchstücken schön ge- bänderten Sprudelkalks eine Anzahl Lager von sicher einem Dutzend verschiedener überkrusteter Tausendfüssler. Wie ich in diesen Jahres- heften 1899 S. 391 gesagt, handelt es sich im allgemeinen um über- krustete Hohlräume, die sich zunächst im Steinquerschnitt durch runde Löcher bemerklich machen; folgt man diesen weiter, so zeigen sich spiralig aufgewundene hohle Gänge von im Durchschnitt 5 mm Dicke, deren grösste Länge sich kaum ohne Zerstörung des ganzen Stückes erkennen lässt, in einzelnen Fällen aber 7 cm überschreitet. Im allgemeinen entsprechen diese neuen Funde ganz der Beschreibung von No. 1 meiner Funde: besonders charakteristisch ist an allen neben der spiraligen, oft 2 bis 3 Umdrehungen haltenden Aufwicke- lung des Körpers die Kennzeichnung der queren Segmentierung, die durch feine, bis 0,5 mm hohe Zwischenkanten die Hohlräume in 2—3 mm lange Leibesteile abteilt. Auch sieht man an manchen Stücken sehr schön die auch früher schon erwähnten quer über die Segmente hinüberlaufenden Furchen, und zwar an einzelnen Stücken 1, an andern 2 feinste Furchen; von einer Längsstreifung ist auch an diesen neuen Funden nichts zu entdecken. An zweien der Stücke 6* Beun u We zeigt sich das eine Ende in Form einer kleinen Halbkugel, die etwas geringeren Durchmesser hat, als die mittleren Leibesringe, jedoch ohne weitere Differenzierung und ohne Anhänge, so dass also nicht sicher zu sagen ist, ob Kopf oder Schwanzende; ebenso lässt sich nirgends etwas von Gliedmassen erkennen. Besonders interessant ist, dass an einem Stücke sich wenigstens auf kurze Entfernung auch der äussere Umfang der Röhre bezw. des Ausgusses der Röhre freilegen liess. Hier sieht man den innern Septen kleine transversal gehende feinste Vertiefungen entsprechen und dazwischen die oben genannte feine einfache Querstreifung; ausserdem zieht genau in der Mittellinie eine feinste Längserhebung über die Leibesteile, so dass sie dıe Querstreifen senkrecht trifft. Dass auch diese neuen Funde nichts anderes sind, als die übersinterten Lagerräume von Tausendfüsslern der Gattung Julus, ist zweifellos. Da sich so viele Exemplare zusammengefunden haben, macht es fast den Eindruck, als ob eine ganze Anzahl dieser Tiere sich bei Lebzeiten zusammengerollt und geballt habe und dann in die warme Quelle gefallen und überkrustet worden sei. Hüten muss man sich davor, dass man die Querschnitte der Julus-Röhren nicht verwechselt mit den im Sprudelkalk sonst so häufigen röhrenartigen Hohlräumen, die ebenfalls mit einer feinen Sinterhülle ausgekleidet sind, seien es Abdrücke von Phragmites, wie so häufig ım tertiären Pflanzenkalk, oder Hohlräume, entstanden durch Aufsteigen von Gas- oder Wasserdampfblasen durch den noch nicht fest gewordenen Kalkschlamm. Vor dieser Verwechselung schützt die deutliche Kennzeichnung der Septa in den Julus-Röhren. In der ersten Veröffentlichung habe ich von Julus cfr. antigquus gesprochen, da die Funde am meisten Ähnlichkeit mit den von v. Heypen (Verhandl. d. naturh. Vereins der preuss. Rheinlande und Westfalens 1878, S. 360) beschriebenen hatten. Nachdem nun aber durch diese neuen und zahlreicheren Funde das häufigere Vor- kommen dieses Fossils in den Böttinger Marmorkalken festgelegt ist, möchte ich dasselbe zu einer Art Leitfossil für diese miocänen Kalke stempeln und die Bezeichnung Julus suevicus vorschlagen. Herr Landgerichtsrat Murr war damals so glücklich, auch noch zwei Blätter in dem Böttinger Kalke zu finden, die als Abdrücke sehr gut erhalten sind, namentlich zeigt das eine wunderschön die Aderung. Das eine gehört wie die in dies. Jahresh. 1899 S. 395 genannten Blätter zu Cinnamomum (Ceanothus) polymorphum Bk., ist aber erheblich kleiner als die dortigen, es ist 30 mm lang, 16 mm RL He breit. Das andere prächtig in seiner Aderung gezeichnete glänzende Blatt ist ebenfalls ganzrandig, die Spitze halbkreisförmig abgerundet, Länge 11 mm, Breite 7 mm; es dürfte zu Vaccinium gehören, die Zeichnung entspricht am meisten der Abbildung in ZırteL, Palaeo- phytologie, Fig. 375 No. 3. Als weiteren Nachtrag füge ich eine Berichtigung bei: S. 397 obiger Veröffentlichung habe ich als wahrscheinlichste Zeit für den Böttinger Kalk das Untermiocän gesetzt. Nach MiırLer (Centralblatt f. Mineralogie 1901, S. 133) sind aber die Böttinger Schnecken ober- miocän, vor allem hält er die im Stuttgarter Naturalienkabinet vor- handenen Helix nicht für rugulosa, sondern sagt, „dass die neben Helix insignis und silvana noch vorhandenen kleinen, etwas mehr kugeligen aber glatten Schnecken Helix geniculata Sps. sind.“ Da- nach wäre also Böttingen in das Obermiocän einzureihen. Synopsis der deutschen Blindwanzen (Hemiptera heteroptera, Fam. Capsidae). Von Dr. Theodor Hüeber, Öberstabsarzt a. D. in Ulm. VII. Teil. (Division Capsaria, fünfter Teil.) Deraeocoris KiRSCHB., STAL. Von länglicher oder eiförmiger Gestalt, ziemlich kräftig gebaut, oben (wie unten) kahl oder nur sparsam behaart und (mit Ausnahme des Kopfes) vertieft punktiert. Der glatte, leicht geneigte Kopf ist in die Quere gezogen oder meist so lang wie breit; der Scheitel ist bald ungerandet, bald zeigt er seitlich einen zarten Rand. Der stark vorspringende Kopfschild ist an seinem Grunde von der Stirne kaum abgesetzt; der Gesichtswinkel ist spitz. Die vorstehenden Augen sind glatt, ihr innerer Rand, wenigstens am Scheitel, ziemlich gleichlaufend. Der Schnabel reicht bis zu den mittleren oder hinteren Hüften; sein erstes Glied hat etwa Kopfeslänge. Das trapezförmige, vertieft punktierte, nach hinten zu kräftig gewölbte Pronotum hat gerade Seiten, die nach vorne stark zusammenlaufen, so dass es hinten fast dreimal breiter als vorne ist; die nach vorne zusammen- fliessenden Schwielen sind nur wenig ausgebildet; die vordere Ein- schnürung ist vertieft und ziemlich schwach. Das glatte Schildchen ‚ist gewölbt, am Grunde überdeckt. Der flache Fortsatz der Vorder- brust ist zugespitzt und erhaben gerandet; die kurze Mittelbrust ist nach vorme gewölbt. Die Öffnungen der Hinterbrustseiten haben, oben wie unten, erhabenen Rand. Der Geschlechtsabschnitt des Männchen ist linkerseits breit und tief ausgerandet und umschliesst daselbst ein zweiteiliges Häkchen. Von den behaarten Fühlern überragt das erste Glied ziemlich weit das Kopfschild; das zweite Glied ist fast dreimal länger als das erste und gegen sein Ende zu verdickt; die beiden zarten letzten Glieder sind zusammen weit kürzer als das zweite; das dritte Glied ist nur wenig länger als das er a erste, das vierte kürzer als das dritte. Die behaarten Beine haben verlängerte Schenkel sowie abgestutzte oder mit spärlichen Dornen besetzte Schienen; das ziemlich kräftige erste Tarsalglied ist (wenigstens von unten gesehen) länger als das zweite; die Klauen sind am Grunde erweitert, hernach meist schief gekrümmt, häufig gezähnt. — Die Arten dieser Gattung leben auf Bäumen und Kräutern. Nach REuTEr. Schlüssel zu den Arten der Gattung Deraeocoris StaL. REuT. (Capsus Fae. FıeB.) nach Reuter, H. G. E. V, 358. 1. (20.) Vordere Pronotum-Einschnürung mattfilzig. Schienen meist mit 2 blassen Ringen. 2. (5.) Vordere Pronotum-Einschnürung gelblich. . (4.) Drittes Glied der hinteren Tarsen so lang (oder kaum kürzer) als die beiden, unter sich fast gleichlangen und gleichstarken ersten Glieder zusammengenommen; Klauen nur wenig gekrümmt, an ihrem Grunde erweitert, aber nicht gezähnt-verlängert. Keil schwarz punktiert. 1. annulipes H.-Sca. 4. (3.) Zweites Glied der Hinter-Tarsen kürzer als das erste; Klauen an ihrem Grunde deutlich gezähnt-verlängert. Keil (beim Weibchen) mit gleichfarbenen Punkten .... die italienische 2. flavilinea CosrA.| . (2.) Vordere Pronotum-Einschnürung schwarz. Klauen an ihrem Grunde kräftig gezähnt-erweitert, hernach plötzlich ziemlich stark schief gekrümmt. 6. (15.) Öffnungen der Hinterbrustseiten weisslich oder pelklich, 7. (8.) Oberseite gelblich, nur äusserst selten gelbrot und schwarz gefleckt. Zweites Fühlerglied schlank, gegen das Ende zu nur leicht verdickt. Seiten der Halbdecken breit gelb (oder gelbrot). 3. cordiger Hann. o> [da 8. (7.) Oberseite schwarz, oder schwarz mit rot gefleckt oder auch grösstenteils rot. 9. (14.) Oberseite glatt und kahl. Kopf schwarz mit gelblicher Linie quer über den Scheitel. 10. (11.) Zweites Fühlerglied schlank und gegen sein Ende zu nur allmählich leicht verdickt. Schienen häufig ganz schwarz oder an ihrem Ende breit rostfarben oder mit zwei rostfarbenen Ringen, nur selten ganz rostfarben. Vollständig schwarz oder nur mit anders farbigem Schildchen. 4. scutellaris FABR. 11. (10.) Zweites Fühlerglied gegen die Spitze zu stark verdickt. Schienen mit zwei weisslichen Ringen. 12. (13.) Drittes Fühlerglied nur ganz am Grunde rostfarben. Prono- tum und Schildchen schwarz . . der ee 5. rutilus H.-Sca.] [13. (12.) Drittes Fühlerglied an der ganzen unteren Hälfte blass. Pronotum und Schildchen typisch rot, letzteres mit schwarzem Fleck. Nur selten ganz schwarz ... . der mittelländische 6. punctum Rame.] BR ae 14. (9.) Oberseite, besonders das Pronotum lange behaart. Kopf Hobrarn it, der mittelmeerländische 7. schach Fazk.] 15. (6.) Öffnungen der Hinterbrustseiten matt bräunlich oder schwarz- braun. Fühler mit ziemlich langen Haaren besetzt, zwischen denen noch einzelne längere hervorragen; auch die Seiten des Pronotums sind behaart. Schildchen vertieft punktiert. Erstes Glied der hinteren Tarsen ungefähr doppelt so lang wie das zweite und so lang wie das dritte. 16. (17.) Kopf schwarz, am Scheitel beiderseits ein blasser Augen- fleck, sein Ende manchmal rot. Erstes Fühlerglied schwarz, nur äusserst selten rot. Das dritte Glied deutlich kürzer wie das erste. Die vordere Einschnürung am Pronotum und die Schwielen stets schwarz. Das Corium ist bei den helleren Spielarten am Ende schwarz gebändert oder zeigt wenigstens in der Mitte des Endrandes einen schwarzen Punkt. Schenkel schwarz oder nur ganz selten rot und dann schwarz getüpfelt. 8. trifasciatus L. 17. (16.) Kopf ockergelb, selten schwärzlich, in welchem Falle seine Spitze (breit) sowie zwei Augenflecke am Scheitel ockergelb sind. An den Fühlern ist das erste Glied (auch bei der schwarzen Spielart) ockergelb, das dritte Glied deutlich länger als das erste. Schenkel ockergelb. Die Tüpfelung des oberen Scheibenflecks stets dunkelbraun oder schwarz. 118. (19.) Am Corium ist der Endrand, der äussere Winkel und ein Fleck in der Mitte schwärzlich, während sein innerer Winkel DRS der sibirische 9. brachialis Stan.] 19. (18.) Am Corium der blassen Spielart ist der äussere und innere Spitzenwinkel schwärzlich, während der Fleck in der Mitte des Endrandes fehlt. 10. olivaceus FABr. 20. (1.) Vordere Einschnürung des Pronotum kahl. Schildchen ver- tieft punktiert. Schienen mit deutlichen feinen Dornen besetzt und entweder ganz gelbrot oder schwarz und dann nur gegen das Ende zu gelbrot. 21. (22.) Schenkel am Ende breit gelbrot. Keil schwarz oder in seiner Mitte blutrot. Kopf meist rostrot mit pechbraunem Kopf- schild und nur ganz selten vollständig pechfarben. 11. segusinus MUELL. [22. (21.) Schenkel vollständig schwarz. Keil in seiner Mitte weiss- lich. Kopf schwarz, hinten am Scheitel gelbbräunlich ... . der sibirische 12. ater Jaxovu.| 83 (479) annulipes H.-Scn. C. ovalis, testateus, grosse nigro-punctatus, scutello et appen- dicibus laevibus, illo Junulis duabus basalibus, his apice nigris, elytris fusco nebulosis, thoracis tuberculis nigris; femorum annulıs duobus, tibiarum tribus purpureis. HERRICH-SCHÄFFER. Oberseits kahl, glänzend, schmutzig-ockergelb und (mit Aus- we nahme des Kopfes) vertieft punktiert; die Männchen von länglıch- viereckiger, die Weibchen von länglich-eiförmiger Gestalt. Auf dem glatten Kopf ein schwarzer Mittelfleck, der sich auf der Stirne gabelt und wechselnde Zeichnung bedingt. Das gelblich gerandete Prono- tum ist bald schwarz punktiert, bald schwarz-zusammenfliessend- gefleckt, manchmal auch vollständig schwarz; öfters findet sich ein gelblicher mittlerer Längsstreif. Die vordere Einschnürung ist hell gesäumt. Das Schildchen ist entweder schwarz mit hellen Grund- winkeln oder die Ränder, die Spitze und eine Längslinie sind gelb- lich. Die graugelben Halbdecken sind mehr oder weniger schwarz punktiert oder schwarz gefleckt; das Keilende ist schwarz; die schmutzige Membran hat pechschwarze Adern und schwärzlichen Endsaum. An den kurz behaarten schwarzen Fühlern zeigt das zweite Glied einen blassgelben Ring. Die ockergelben Schenkel sind braun gefleckt und (an ihrem Ende) geringelt; die dunklen Schienen zeigen zwei blassgelbe Ringel; an den dunklen Tarsen ist das letzte Glied nur wenig kürzer als die beiden ersten zusammen. Länge ge. Capsus annulipes HERRICH-SCHÄFFER, Wanz. Ins. VI, 1842, p. 97, fig. 669. — FıEBER, Europ. Hemipt. 1861, p. 265, 6. — J. SAHLBERG, Vet. Akad. Handl. 1878, XVI, 4, p. 27. — Duna, Wien. Entom. Zeit. V, 1886, p. 85. — Puron, Cat. 1899, p. 64, 1. Deraeocoris annulipes Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 99. — Reuter, Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, p. 19, 1 und tab. IV, fig. 3. Ein weibliches Exemplar von Herın Dr. RosEnHAuUER in Erlangen, kaum aus dortiger Gegend, eher aus dem südlichen Europa. HERRICH- SCHÄFFER. Aus dem südlichen Europa, der Schweiz, Frankreich. FIEBER. Habitat in regione montana et alpina in Larice, etiam in Pinu sylvestri (P. Löw): Gallia, D. Dr. Purow; Silesia (Breslau!), D. Hans; Bohemia!, D. Prof. Dupa; Austria inferior, D. P. Löw; Tirolia usque in 5000’ s. m., D. Prof. Grepzer; Helvetia!, usque in 5500‘, D. FREY-GEssnER; Styria, Hungaria (Tatra), D. Dr. Horvarem; in regione arctica Sibiriae occidentalis (Beresov!), D. Dr. BeraroTH. Reuter (1896). |Schweiz: auf Lärchtannen in Alpengegenden nicht selten, im Juli und August von 2—5000° s. M. . . . (1866); — ist auch im Wallis im Val Annivier bis zu 5500° s. m. auf Lärchen zu finden und im Juli und August daselbst beinahe von jedem Ast herunter- zuklopfen (1871). Frey-Gessver. — Graubünden: Ebene bis alpine Region auf Nadelholz; Ragaz, Piz Alun, Chur, Churwalden, Tarasp, Engadin. Kıruıas. — Tirol: am Bade von Inichen auf Lärchen im Sommer gemein, 5000’ s. m.; Ratzes; allenthalben auch in Ulten auf Nadelholz; im Thale Schalders, bei 5000° ebenfalls auf Lärchen, 8. GREDLER. — Steiermark: bei Graz (Gatterer); um Hohentauern und in der Alpenregion des Serbitzkogel einzeln; Juli, August. STROBL. — Böhmen: Diese seltene Art habe ich bisher nur bei Neuhaus beobachtet, Ende 6 auf Lariz europaea ziemlich häufig. Dupa.| C. annulipes H.-ScH. ist demnach ein alpines Insekt, das im Hochsommer auf Lärchen oft massenhaft vorkommt, sich aber nur selten und sparsam in niedrigeren Höhenlagen zeigt. H. 84 (480) cordiger Hann. „| var. apicalis Sıen. |» lateralis Reur. Oberseite kahl, glänzend, grob punktiert und wechselnd gelb mit schwarz gezeichnet, wodurch sich diese Art von den andern der gleichen Gattung unterscheidet; die Unterseite ist bis auf die hellen Pfannenränder und die hellen Stigmata (Öffnungen der Mittelbrustseiten) schwarz; die Weibchen haben eine ovale Gestalt, jene der Männchen ist mehr länglich. Der glatte, schwarze, quere Kopf zeigt auf dem Scheitel eine schmutzig gelbbraune Querlinie. Der schwarze Schnabel reicht bis zu den hinteren Hüften. An den vollständig schwarzen Fühlern ist das zweite Glied mehr als dreimal- solang wie das erste und gegen sein Ende zu leicht allmählich ver- dickt; das dritte Glied ist nur wenig länger als das erste. Das glatte, kräftig gewölbte Schildchen ist gelb, am Grundrande oft schwarz. Die vordere Pronotum-Einschnürung ist matt filzig; der Vorderrücken selbst kräftig vertieft punktiert, dabei gelb und schwarz in sehr wechselnder Zeichnung bezw. Verteilung; ebenso die gleich- mässig grobpunktierten Halbdecken; meist findet sich ein breiter seitlicher gelber Saum; das Coriumende ist schwarz, am Keilende sitzt ein heller Fleck; die braune Membran hat pechschwarze Adern. Die graulich behaarten Beine zeigen dunkle Schenkel mit gelbem Ende oder mehreren gelben Endringeln, während die gelben Schienen schwarz geringelt sind. Länge 5--6 mm. Reuter unterscheidet (H. G. E. V, 21) folgende 5 Spielarten: Var. « (= Ph. cordiger Hans 1. c.): Vorderrücken vollständig schwarz, während an den Halbdecken ein breiter seitlicher Saum, N bisweilen die Kommissur, sowie der Keil (mıt Ausnahme des inneren Winkels und der halben Spitze) von gelber Farbe sind. | Var. 8: Wie var. «, nur dass das Schildchen, die Kommissur des Clavus (breit!) und das Corium gelbrotbraun sind und letzteres an seinem inneren Enden noch einen schwarzen Fleck zeigt. Var. y lateralis Reur. (= Capsus cordiger FiEe. |. c.): Wie var. «, nur dass auch noch die Seiten des Pronotum breit gelb sind. Var. d apicalis Sıcn. (= Capsus apicalis SIGNoRET 1. c.): Gelb sind das Pronotum, das Schildchen und die Halbdecken, während von schwarzer Farbe sind: am Pronotum die Halseinschnürung, die Schwielen und zwei schief von ihnen ausgehende, hinten abgebrochene Binden, häufig auch noch ein Fleck in Mitte des Grundes; weiterhin sind noch schwarz: der Grundrand des Schildchens, der Olavus (ausser der breiten Kommissur), die innere Seite des Corium und ein breites Keilende. Var. &: Pronotum, Schildchen und Halbdecken gelbrot, wobei am Pronotum die vordere Einschnürung, die Schwielen und ein Fleck in Mitte des Grundes schwarz sind; die Halbdecken zeigen die gleiche schwarze Zeichnung wie bei var. d. Phytocoris cordiger Hans, Wanz. Ins. II, 1834, p. 85, fig. 171. Capsus cordiger FIEBER, Europ. Hemipt. 1861, p. 264, 1. — Purox, Cat. 1899, p. 64, 4. Lygus cordiger Sn. v. VOLLENHOVEN, Inl. Hemipt. VI, 17, 8. Scotonotus AmyoT, Entom. fr. Rhynchot. 1848, p. 207, No. 243. Capsus apicalis SIGNoORET, Ann. Soc. Entom. Franc. IV, T. \, 18659125 = var. Deraeocoris cordiger Artkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 100. — Reuter, Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, p. 21, 3 und tab. III, fig. 9. Bayern: Bei Nürnberg auf Gesträuchen, selten, nach Hau; nach ScHRank auf Blüten nicht selten. Kırrı. — Elsass-Lothringen : sur le genet ä balais. Vosges: Remiremont, Soultzbach, Nieder- munster. Strasbourg: for&t de Vendenheim. Saint-Avold. REIBER- Purtox. — Westfalen: ein Stück, 4. 7. 77 von mir unweit Greven im Grase gekätschert; nach Corneuiws bei Elberfeld. WESTHOFF. Ich entdeckte diese schöne Wiesenwanze in hiesiger (Nürn- berger) Gegend auf Gesträuchen in Wäldern, sie ist aber ziemlich selten. Hann. Auf Gesträuch in Wäldern. In Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Spanien. FIEBER. Sa Habitat in fruticibus, in Sarrothamno (p’Äntessanty, Puron), Pteride aquilina (Dominique): Lusitania!, Hispania!, Gallia! usque in parte boreali, Batavia (Arnhem), Alsacia, Germania (Nürnberg, Elberfeld etc.), Helvetia, Italia borealis. Rrurer. (1896.) 85 (481) scutellaris FABr. var. morio Bon. C. ater scutello ferrugineo. — Lygaeus scutellaris. Habitat Kiliae. Faßrıcıos. Schwarz, haarlos, mattglänzend, oberseits grob aber nicht dicht punktiert, die Männchen mehr länglich, mit gleichlaufenden Seiten, die Weibchen eiförmig, mit gerundeten Seiten. Der glatte glänzende Kopf zeigt am Nacken einen schmutziggelben Querstrich. Augen gross, vorspringend. Der schwarze Schnabel reicht bis zu den Hinterhüften. Fühler vollständig schwarz, ihr zweites Glied dreimal länger als das erste, fast so lang wie der Grundrand des Pronotum, gegen seine Spitze zu allmählich verdickt, jedoch nicht so stark wie bei 0. laniarius L., Glied 3 und 4 weit zarter als die beiden ersten, gleichstark. Das stark gewölbte und stark geneigte Pronotum ist glänzend, grob punktiert und fast doppelt so breit wie lang, nach vorne zu stark verschmälert; seine vordere Einschnürung ist matt. Das gewölbte, glatte, nicht punktierte Schildchen ist wechselnd gefärbt (weiss, rot oder schwarz). Die vollständig gleich- farbenen (schwarzen) Halbdecken sind gleichmässig und kräftig ver- tieft-punktiert; die Membran ist schwarz; an der Spitze des Keils findet sich ein kleiner hellerer Fleck. Die Mittelbrust hat weissliche Öffnungen; die Bauchseiten sind bisweilen gelbbräunlich. Die schlanken Beine sind wechselnd gefärbt und gezeichnet (gelblich, rostfarben, bräunlich, schwarz). Länge 5—6 mm, die Männchen länger als die Weibchen. REUTER unterscheidet (H. G. E. V, 23) folgende 3 Spielarten: Var. @: scutellaris F., mit rotem Schildchen (die Stammform). Var. 8: alboscutellatus Reur., mit weissem Schildchen (= Deraeo- coris scutellaris var. alboscutellatus Reuter, Öfv. Finska Vet. Soc. Förh. XXXIH, 192, 139), bis jetzt nur in Sibirien gefunden. Var. y: Morio Bon. (siehe unten), mit gleichfarbenem, schwarzem Schildchen. Lygaeus scutellaris Faprıcıus, Entom. Syst, 1794, IV, 180, 163. — CoquEBERT, 11. Ic. 1801, I, 83, tab. 19, fie. 8. u , & Phytocoris scutellaris ZETTERSTEDT, Acta Holm. 1819, 74, 25. — Farin, Hemipt. Suec. 1829, 109, 63. — Hıms, Wanz. Ins. 1], 1831, p. 205, fig. 105 (3). — Rameur, Faun. Andal. 1842, 164, 11. Capsus scutellaris Fasrıcıus, Syst. Rhyng. 1803, 245, 22. — Larkeitte, Hist. Nat. 1804, XII, 232, 18. — HERRICH-SCHÄFFER, Nom. entom. 1835, p. 52. — Wanz. Ins. IX, 1853, Ind. p. 40. — Burweister, Handb. d. Entom. 1855, II, 274, 3. — DBäÄRENSPRUNG, Cat. 1860, p. 14. — Fror, Rhynchot. Livl. 1860, I, 510, 24. — Fıeser, Europ. Hemipt. 1861, 266, 9 und 390 (Anhang). — Dovsuas and Scott, Brit. Hemipt. 1865, 443, 2. — Tnoumson, Opusc. entom. 1871, 429, 43. — SAunDERS, Synopt. of Brit. Hemipt. Het. 1875, 271, 2. — Hemipt. Het. of the Brit. isl. 1892, p. 261 und tab. 24, fig. 3. — Puros, Cat. 1899, p. 64, 5. Idopeltus Amvot, Entom. franc. Rhynchot. 1848, p. 197, No. 220. Deraeocoris scutellaris REUTER, Rev. crit. Caps. 1875, 73, 2. — Hemipt. Gymnoc. Sc. et Fenn. 89, 2. — An. Hemipt. 1881, 176, 29. — Revis. synon. 1888, II, p. 278, No. 253. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1896, p. 22, 4 und tab. III, fig. 8. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 101. Phytocoris Morio Boszman, Nya Svensk. Hemipt. 1852, 68, Zaue= warı Deraeocoris Morio REUTER, Rev. crit. Caps. 1875, 74, 3. — Hemipt. Gymnoc. Scand. et Fenn. 90, 3 = var. Bayern: Bei Nürnberg sehr selten. KırreL. — Bei Bamberg. Fuse. — Württemberg: Var. morio Bor. (mit schwarzem Schildchen) bei Blaubeuren, VII, an sonnigem Hang wiederholt gestreift, jedoch immer nur sparsam; auch bei Schelklingen, 19. 6. OO ein d. HürBEr. — Elsass-Lothringen: sur le genet ä balais, Remiremont, Soultzbach. 6. Reıper-Puton. — Schleswig-Holstein: Bei Sonderburg einmal bei Satrupholz am 3. 8. 81 geschöpft; häufiger scheint die Art in der Heidegegend zu sein, wo ich sie bei Leck und Toftlund Mitte Juli auf Calluna gefangen habe. Die Weibchen haben das Rücken- schildehen bald rot, bald schwarz. Wüsrneı. — Mecklenburg: Ich fing ein Weibchen in der Rostocker Heide. Rapparz. Deutschland und Schweden. An Waldrändern auf verschiedenen Pflanzen. In hiesiger (Nürnberger) Umgegend sehr selten. Hann. In Schweden, Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Spanien. FIEBER. Habitat in Calluna vulgari (J. Sarutgere, Wüsınei), in Sarro- u ER thamno (p’AnTEssanty, Puton), in gramine locis aridis (FLoR, ipse): Fennia meridionalis (Yläne!, Thusby!, Ruovesi!, Karelia ladogensis!), Karelia rossica (Kontschosero! 62° 20°), Suecia media et meridionalis (Östergötland!, Bohuslän!, Öland!), Norvegia meridionalis (Sande- fjord!, Christiania), Dania! (in Betula sec. ScHiöpte), Germania!, Gallia!, Helvetia!, Bohemia! — Lusitania!, Hispania!, Italia centralis, Sicilia, Graecia, Anatolia (Brussa), Rossia meridionalis (Charcov, Sarepta), Transcaucasia (Tiflis). — Sibiria (Leusca!, Kolyvan, territ. Sajanense!, Barnaul!, Irkutsk), Mongolia borealis! — Var. albo- scutellatus in Sibiria (Minussinsk !). Reuter. (1896.) [Böhmen: D. scutellaris Fa. var. morio Bon. (sp.) ein Exemplar aus der Umgebung von Prag. Dunpa. — Livland: Auf trockenen mit Gräsern und Heidekraut bewachsenen Flächen, nicht sehr zahlreich, im Juni und Juli. Fror. — England: I have taken both varieties on heather at Chobham etc. SAuNDERrs.| 86 (482) trifasciatus Lim. var. regalis Hoßv. | „ bipartitus HoRrv. | „ imitator HoRrv. | „ annulatus GERM. Lygaeus elatus ater thoracis margine scutello elytrorumque fasciis duabus rubris, antennis apice capillarıbus. FaBricıus. Variiert stark ın Färbung und Zeichnung von Hochrot mit schwarzen Flecken und Binden bis ganz schwarz; .die Oberseite ist kahl und glatt sowie (mit Ausnahme des Kopfes) gleichfarben kräftig vertieft punktiert; die Männchen sind mehr länglich, die Weibchen länglich-eiförmig. Der glatte, glänzende Kopf ist stets schwarz und hat am Scheitel zu jeder Seite einen gelbroten Augenfleck. Der pechbraune Schnabel reicht bis zu den Hinterhüften. Die dunklen Fühler sind sparsam in ungleicher Länge behaart; ihr erstes Glied ist kaum so lang wie der Kopf und immer schwarz; das zweite Glied ist dreimal länger als das erste, gegen sein Ende zu allmählich stark verdickt und am Grunde ockergelb, bei den Weibchen breiter als bei den Männchen; die beiden letzten Glieder sind braun. Der Halsring ist mattfilzig; das trapezförmige Pronotum ist kahl, gleich- mässig und gleichfarben grob punktiert, gegen sein Ende zu stark gewölbt abfallend und, gleich dem Schildchen, von wechselnder Färbung und Zeichnung; seine Seiten sind blass behaart. Die Unterseite ist meist schwarz, an den Rändern rot; die Öffnungen ei N der Hinterbrust sind mattbraun. Die gleichmässig vertieft-punktierten Halbdecken zeigen Gelbrot, Scharlachrot und Schwarz in sehr wechselnder Verteilung; die Membran ist schwarz; am Ende des Keils findet sich ein heller Fleck. An den Beinen sind die Schenkel meist schwarz, seltener rötlich mit brauner Tüpfelung, ganz selten blassgelbrot; die schwarzen Schienen haben 2 blasse Ringel; auch dıe Tarsen sind teilweise blass. — Länge 10—12 mm, die Männchen etwas länger als die Weibchen. — Von Ü. olivaceus unterscheidet sich diese Art durch ihre grössere Gestalt, durch die gleichfarbene Punktierung der Oberseite, durch die meist schwarzen (oder doch braun gesprenkelten) Schenkel u. s. w. ReuTER unterscheidet (H. G. E. V, 28) folgende 5 Variationen: Var. & trifasciatus Lw. (= Lygaeus elatus F.): Oben schwarz, während die Seiten des Vorderrückens, das Schildchen und die Halbdecken scharlachrot sind, letztere mit der Einschränkung, dass der ganze Clavus oder der Grund und eine Randlinie gegen das Ende der Clavus-Naht schwarz ist; ausserdem sind noch schwarz: ein länglicher Fleck auf dem Corium vor der Mitte der Clavus-Naht, eine nach vorne zu zackige Endbinde, sowie das Ende des Keils. Die Unterseite ist gleichfalls schwarz, während die Seiten der Vorder- brust in beiden Geschlechtern, sowie der Bauch des Weibchens scharlachrot ist. Var. # regalis Horv. (= Deraeocoris trifasciatus var. regalis Horvara in Termesz. Füzet VIII, P. 1, 15, 9): Schwarz ist das Kopfende, an den Fühlern die beiden Grundglieder oder das erste und am zweiten das letzte Drittel sowie die ganzen Schenkel; Pronotum, Schildchen und Halbdecken sind scharlachrot; hinwiederum sind schwarz: die Halseinschnürung, die Pronotum-Buckel, ein kleiner Längsfleck am Grunde und ein ziemlich kleiner Punkt in Mitte des Endrands des Corium, sowie das Ende des Keils. 9. Var. y bipartitus Horv. (= Deraeocoris trifasciatus var. bipar- titus HorvatH in Termesz. Füzet VIII, P. 1, 14, 8): Rötlich ist das Kopfende, das erste und zweite Fühlerglied (mit Ausnahme des ver- dickten Endes an letzterem), sowie die Schenkel ; Pronotum, Schildchen und Halbdecken sind scharlachrot; schwarz ist die vordere Halsein- schnürung, am Vorderrücken die Schwielen und eine bis zum Hinter- rand fortlaufende Mittellinie, am Corium ein kleiner Längsfleck hinter dem Grunde, ein Punkt in Mitte des Endrandes und ein ganz schmaler Rippensaum gegen das Ende zu, sowie die Spitze des Keils: die Schenkel sind dunkelbraun getüpfelt. 9. 2 Mae Var. d imitator Horv. (= Deraeocoris trifasciatus var. imitator Horvarı in Termesz. Füzet VI, 10): Oben und unten hellgelbrot; schwarz ist das erste Fühlerglied, der Kopf mit Ausnahme von zwei Scheitelflecken, die vordere Einschnürung und die Schwielen des Pronotum, ein kleiner Fleck in Mitte des Endrandes des Corium, das Keilende und die Schenkel; das zweite Fühlerglied ist, mit Aus- nahme seines verdickten Endes, gleichfalls gelbrot; die beiden letzten Fühlerglieder, sowie die Schienen und Fussglieder sind wie bei der typischen Form. 9. Var. & annulatus GeRMm. (= ÜCimex annulatus GERMAR 1. c. — Capsus trifasciatus var. ultramontanus GREDLER, Verh. d. Wien. Zool. bot. Ges. XX, p. 94 et XXIV, p. 556. — Deraeocoris id. HoRvATH in Termesz. Füzet VII, 10): Vollständig schwarz, Scheitel, Schienen und Tarsen wie bei der typischen Form hellgezeichnet; zweites Fühlerglied (mit Ausnahme seines verdickten Endes) gelbbräunlich oder vollständig schwarz. 9. Cimex trifasciatus Linn&, Syst. Nat. Ed. XI, 1767, 725, 67. — Fasrıcws, Syst. Entom. 1775, 725, 144. — Rossı, Faun. Etrusc. 1790, II, 247, 1338. Cimex variegatus GEOFFROY in FOURCROY, Entom. Par. 1785, 200.10, Cimex elatior Turron, Syst. Nat. 1806, I, p. 671. Lygaeus elatus Fasrıcıus, Entom. Syst. 1794, IV, 176, 148 (8). — Worurr, Icon. Cimic. 1800, I, p. 31, tab. IV, fig. 31. — Panzer, Faun. Germ. 1800, 73, 20. Lygaeus trifasciatus Fagrıcıws, Entom. Syst. 1794, IV, 179, 158. Capsus elatus Faprıcıws, Syst. Rhyng. 1803, 241, 1. — Lar- REILLE, Hist. Nat. 1804, XII, 229, 1. — HERrRIcH-ScHÄFFER, Nomencl. entom. 1835, p. 5l. — SpmoLa, Essai 1837, p. 190. — Fieber, Criter. 1859, 19 ut typus. Capsus trifasciatus Fagkıcıs, Syst. Rhyng. ‚1803, 244, 15. — LATREILLE, Hist. Nat. 1804, XT1, 231, 13. — Burmeister, Handb. d. Entom. 1835, II, 274, 1. — Amyor et Servitte, Hist. d. Hemipt. 1843, 281,1. — Meyer, Schweiz. Rhynchot. 1843, 107, 97. — Costa, Cimic. Regn. Neanolit. Cent. 1852, III, 45, 2. — Herrıch-ScHÄrrer, Wanz. Ins. IX, Ind. 1853, 41. — Kırscuzaum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, 53, 43. — Fıeser, Europ. Hemipt. 1861, 265, 5. — Puron, Cat. 1899, p. 64, 9. Zurus Amyort, Entom. franc. Rhynchot. 1848, p. 214, No. 255 (mit den 3 Formen elatus F., rufipes F. und trifasciatus L.). Bi © Deraeocoris trifasciatus REUTER, Rev. synon. 1888, I, p. 277, No. 251. — Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, p. 27, 8 und tab. III, fig. 4. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 102. Capsus annulatus GERMAR, Reis. n. Dalmat. 1817, 285, 490 — Capsus trifasciatus var. ultramontanus GREDLER, Rhynchot. Tirol in Verhdlg. d. Wien. zool.-bot. Ges. 1874, XXIV, p. 556 = Deraeo- coris id. HorvatH in Termesz. Füzet 1883, VII, 30 (Rev. d’Entom. Mai 1888, p. 188, 5) = var. Deraeocoris trifasciatus var. regalis Horvaru, Diagn. Hemipt, in Termesz. Füzet, 1884, VIII, 13, 7; — var. bipartitus Horv. ibid. 14, 8; — var. imitator Horv. ibid. 1884, VII, 10 = var. Bayern: Bei Nürnberg selten; bei Bamberg nach Prof. Horr- MANN. KırreL. — Bei Bamberg. Funk. — Württemberg: Mit var. rufipes F. Roser. — In der Umgebung Ulms, 6 und 7, stets auf Holzapfelbaum, mit den verschiedenen Abänderungen, nicht gerade selten. Hürser. — Baden: Bei Karlsruhe im Juni. Meress. — Elsass-Lothringen: sur le prunellier, le coudrier etc. Vosges: Gerba- mont, Val de Ville, de Soultzbach. Metz (un individu tout noir. B.) 6. Rare. Reıer-Puron. — Nassau: Bei Wiesbaden. Scheint selten; ich besitze nur 2 Exemplare aus hiesiger Gegend, das eine von Herrn Steuerrat VıceLius, das andere von mir auf Acer campestreL. vor dem Turnplatz im Juni gefangen. Kırschsaum. — Thüringen: Bei Georgenthal; selten. KerLner-Breppin. — Mecklenburg: Nur ein Männchen fing ich Ende Juni auf den Warnow-Wiesen neben der Fähre an Weidengebüsch. Rapparz. — Schlesien: Auf Apfelbäumen, sehr vereinzelt und selten. Nur von ScHiLLineG einigemal gefangen. Mir kam diese Art noch nicht vor. ScHotLz. — Scheint in Schlesien sehr selten vorzukommen . .. Assmann. — Provinz Preussen. BRISCHEE. Die grösste: Art dieser Gattung; bei uns in Nadelholzwäldern, auf dem Boden und in Gebüschen, besonders an heissen Tagen. BURMEISTER. Auf Acer campestre und anderem Gesträuche in Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Italien. FIEBER. Habitat in plantıs et arboribus varlis, ex. gr. in Pruno (Puron), Pyro malo (FREY-GESSNER, GREDLER), P. communi (SCHLEICHER), Acere campestri (KırschBaum, FIEBER), Quercu (D’AntEssanTY, ipse), Alno glutinosa (Dupa), Salice (Ranparz): Batavia, Gallia, Alsacia, Germania!, Thueringia, Bohemia, Austria, Styria, Tirolia, Helvetia, Hungaria!, Jahreshefte d. Vereins £. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 7 Ban; Croatia'!, Halicia, Valachia, Podolia. — Italia, Sicilia, Graecia!, Ana- tolia, Tauria, Caucasus. Reuter. (18%96.) [Schweiz: Einzeln um die Mitte Juni in mehreren hügelichten Gegenden der Schweiz auf Apfelbäumen. Die schwarze Varietät (rufipes) ist die seltenste. In Nadelholzwäldern, wie BURMEISTER sagt, hat man sie bei uns kaum je gefunden. Die ausnehmend starken Abänderungen dieser zierlichen Art ergeben sich aus obigen Citaten (trifasciatus; rufipes; elatus). Meyer. — Die gebänderte und die ganz schwarze Varietät kommt einzeln in mehreren hügelichten Gegenden der Schweiz auf Apfelbäumen vor. Mitte Juni... FRrey- GeEssneR. — Derselbe Autor schreibt weiters (Mitteilg. d. Schweiz. Entom. Ges. 1871, p. 324/25): Die Varietät rufipes FaAB. gehört, wie ich vermutet, nicht zu olivaceus F., sondern zu trifasciatus L.; ich klopfte allerdings trifasciatus, rufipes und olivaceus zu gleicher Zeit von denselben Apfelbäumen herunter, aber Zrifasciatus d, Q und rufipes fahren im Schirm herum wie Schwärmer aus einem Raketen- kopf oder besser, wie die flinken Blatten, während olivaceus Far,., medius Ke., ganz ruhig sitzen bleibt und sein Schicksal, gefangen zu werden, furchtlos erwartet. Die Männchen von trifaseiatus haben schwarze Fühler mit sehr wenig rot, die Weibchen rote Fühler mit nicht viel schwarz. Die schweizerischen rwfipes F. sind entschieden schwarze Varietäten von trifasciatus-Weibchen; sie haben ganz die nämliche Grösse und Körperform wie ihre prächtig rot gebänderten Schwestern und sind mit diesen viel grösser als olivaceus F. In der Schweiz wurden bis anhin von olivaceus F. keine anderen Varie- täten gefunden als eben olivaceus Fap., medius Kırscahr. F.-G. — Graubünden: Ebene bis montane Region; Chur, Bergell, Tarasp. Kırrıas. — Tirol: Auf Apfelbäumen, selten. Torcesxo. Die schwarze Varietät — (Kopf und Beine wie bei dem Typus gezeichnet, sonst mit Ausnahme des rötlichbraunen Randes der Schulterecke des Prono- tums und Coriums oben und unten einfärbig schwarz) — bei Ster- zing in völlig übereinstimmenden Individuen im Juli wiederholt gesammelt. Dr. Purox in Remiremont hält sie für eine nova species, Verfasser teilt nicht völlig diese Anschauung, glaubt aber durch diese merkwürdige und konstante Farbenabänderung mit einem eigenen Namen distinguieren zu sollen und heisst sie: var. ulira- montana. GREDLER. — Steiermark: Auf Birm- und Apfelbäumen, einzeln; Kroisbach. EBERSTALLER. — Bei Graz nach GATTERER. STROBL. — Nieder-Österreich: Bei Gresten auf Birnbäumen, sehr selten. SCHLEICHER. — Böhmen: Auf verschiedenen Sträuchern in Wäldern und Gärten, ziemlich selten; um Prag... .; b, var. rufipes (Fae. sp.): selten; von Prag, Chodau, 8, 7, auf Erlen. Duna.] 87 (483) oliwaceus Far. var. medius Kp. 9) » fallax Horv. f „ larvatus Horv. „ erythrostomus SCHRK. C. elytris fusco ferrugineisapice coccineis: puncto atro. Fa- BRICIUS. Länglich-eiförmig, glänzend, kahl; oben (mit Ausnahme des Kopfes) stark vertieft dunkel punktiert, unten glatt und fein abstehend behaart, dabei von sehr wechselnder Zeichnung und Färbung (ockergelb, rötlich, scharlach, braun, schwarz). Kopf von wechselnder Färbung, jedoch (auch bei den dunklen Formen) stets mit heller breiter Spitze und meist auch mit zwei hellen Augenflecken auf dem Scheitel. Der pechfarbene, am ersten Glied helle Schnabel reicht bis zu den Hinterhüften. Die ockergelben Fühler sind mit langen braunen Haaren besetzt; ihr erstes, stets gelbliches Glied ist nicht ganz so lang wie der Kopf; das zweite, dreimal längere Glied ist an seinem verdickten Ende breit schwarz; von den beiden letzten, dunkleren Gliedern ist das dritte kaum länger als das erste und an seinem Grunde hell. Die Hals- einschnürung (der vordere Wulst) ist ziemlich glanzlos. Das gewölbte, nach vorne abfallende, kahle, sparsam braun vertieft punk- tierte Pronotum hat, gleich dem glänzenden gewölbten: Schildchen, wechselnde Färbung und Zeichnung; seine Seiten sind mit langen braunen Haaren besetzt; auch Brust und Bauch sind wechselnd gefärbt. Die Öffnungen (Stigmen) der Hinterbrustseiten sind matt-bräunlich. Die kahlen, glänzenden Halbdecken sind ziem- lich stark und dicht gleichmässig punktiert und nur am Seitenrand des Corium behaart; die schwarzbraune Membran zeigt am Keilende einen weisslichen Fleck. Die hellbräunlichen, abstehend behaarten Beine haben ockergelbe Schenkel, dunklere (bräunliche) Schienen mit 2 blassen Ringeln und dunkle Tarsen. Länge 81/a—10?/2 mm. Diese Art unterscheidet sich von Zrifasciatus L. durch ihre geringere Grösse, durch die dunklere Punktierung der Oberseite, durch die stets helle Färbung von erstem Fühlerglied und Schenkel (bei dunklen Tarsen) und durch ihre (auch bei den dunklen Spiel- 7* DR: if. arten) stets breit helle Kopfspitze. Von der nachfolgenden, tricoler F. (segusinus MürL.), dem sie an Zeichnung und Färbung mehrfach ähnelt, unterscheidet sie sich durch ihre grössere Gestalt, durch geringen Glanz der Oberseite (infolge ihrer stärkeren Punktierung) und durch die andere Färbung der Beine. Die var. fallax Horv. ist der typischen Form von trifasciatus sehr ähnlich, unterscheidet sich jedoch von ihr durch die unten angegebenen Merkmale. REUTER unterscheidet (Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 31) folgende 5 Varietäten: Var. @ olivaceus Fap. (= (im. olivaceus Far. 1. c. — Capsus olivaceus var. @ Fiee. 1. c.): Schmutzig ockergelb oder scharlachrot, Vorderrücken und Schildchen sparsamer, Halbdecken dichter dunkel (braun oder schwarz) punktiert; der äussere Spitzenwinkel des Corium und die Spitze des Keils schwarz, der innere Spitzenwinkel des Corium ziemlich breit schwärzlich; die Membran mit ockergelben oder pechfarbenen Adern; der Keil häufig gelbrot; am Schildchen meist eine schwarze Längslinie. Var. 8 medius Ks. (= Capsus medius Kırschsaum 1. c. — Capsus olivaceus var. a”“* Fire. l. c.): Oben rötlich, Halbdecken gelbrot, der äussere und mehr noch der innere Coriumwinkel schwärz- lich, der Keil ziemlich satt rot, seine Spitze schwarz; Unterseite beim Männchen ganz, beim Weibchen nur zur Hälfte schwarz. Var. y fallax Horv. (= Deraeocoris olwaceus var. fallax Hor- vaTH in Termesz. Füzet. VIII, P. 4, 317, 14): Scharlachrot, während schwarz sind: das verdickte Ende des zweiten Fühlerglieds, der Vorderrücken (mit Ausnahme der glatten vorderen Schwiele und den Seitenrändern), der ganze Clavus, ein länglicher Fleck an der Olavus- naht und die hintere, nach vorne zu gezackte Coriumbinde, sowie die Spitze des Keils: die Bauchmitte ist schwärzlich, die Beine sind wie bei der typischen Varietät. 9. Var. d larvatus Horv. (= Deraeocoris oliwaceus var. larvatus Horvarn in Termesz. Füzet. VIII, P. 4, 517, 15): Schwarz, während der Kopf, der Halsring, die vordere Schwiele und die Seitenränder des Pronotum, sowie der Keil (mit Ausnahme seiner Spitze) gelbrot- braun sind; das übrige wie bei var. «. Cd. Var. & erythrostomus ScuRk. (= Cimex erythrostomus SCHRANK, l. c. — Capsus rufipes Faer. 1. e.): Unten und oben schwarz; der schwarze Kopf hat eine ziemlich breite ockergelbe Spitze und zu beiden Seiten des Scheitels einen ockergelben Augenfleck. Fühler und Beine wie beim Typus. 9. — 01 — Cimex olivaceus Faprıcws, Gen. Ins. 1776, 300, 144—145. Cimex triangularıs GoEzE, Entom. Beytr. 1778, II, 278, 20. Lygaeus olivaceus Faprıicıus, Entom, Syst. 1794, IV, 179, 159. Capsus oliwaceus FaBricıws, Syst. Rhyng. 1803, 244, 17. — LATREILLE, Hist. Nat. 1804, XII, 231, 14. — Fieser, Europ. Hemipt. 1861, 266, 7. — Puron, Cat. 1899, p. 64, 11. Lypocoris AmYoT, Entom. franc. Rhynchot. 1848, p. 197, No. 221. Deraeocoris olivaceus REUTER, Rev. syn. 1888, II, p. 278, No. 252. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1896, V, p. 30, 10. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 100. Oimex erythrostomus SCHRANK, Faun. Boic. 1801, 86, 1138 —Yar. Capsus rufipes Faprıcıus, Syst. Rhyng. 1805, 241, 3. — LATREILLE, Hist. Nat. 1804, XI, 229, 13. — Srmora, Essai 1837, Pa90 =srar. | Capsus medius KırschBaum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, p. 11 und 52, sp. 42 und p. 128, 6. — Bärensprung, Cat. 1860, p. 14 = van Deraeocoris olivaceus var. fallax et var. larvatus HoRVATH, Diagnos. Hemipt. in Termesz. Füzet. 1884, VII, 4, p. 317, 14 et IpetnarN Bayern: Bei Nürnberg und Augsburg; nach ScHrank bei Ingol- stadt und Regensburg. Kırrer.. — Württemberg: Bei Sulz a. N. einmal, 30. 6. 1898, ein totes Exemplar abgeklopft. HüEBER. — Elsass-Lothringen: expositions chaudes des contreforts vosgiens: Roufach, Soultzbach, Ville; souvent pas rare sur les arbres fruitiers, les prunelliers etc. 5. Metz; rare. ReIBErR-Puron. — Nassau: var. medius Ks. bei Wiesbaden, auf Schlehen und Weissdorn, z. B. am Turnplatz; scheint selten; Ende 6. Kırschsaum. — Thüringen: See- berg auf Haseln. KerLner-Breppm. — Von Dr. SCHMIEDERNECHT gesammelt. FOKKER. Habitat in plantis variıs, ex. gr. Pyro malo (FrEY-GESsSsNER), Crataego et Pruno spinosa (Kırschsaum, Puron), Corylo (KELLNER), Arctio Lappa (SCHLEICHErR): Germania (Wiesbaden, Nürnberg, Augs- burg), Gallia (Aube, Vosges etc.), Batavia, Helvetia, Tirolia!, Thue- ringia, Bohemia, Moravia, Austria, Styria, Hungaria, Croatia!, Italıa borealis, Sicilia, Graecia! Reuter. (1896.) :[Schweiz: Selten; Basel, Deibendorf, Burgdorf, Mitte Juli, nach MEvER. FREY-GESSNER. — Graubünden: Nur in der Ebene... wieder- — MB holt bei Chur, bei Schliers. Kıruıas. — Steiermark: Samt var. « und £ auf Obstbäumen, nicht häufig; auch bei Marburg. Eser- STALLER. — Var. & und £ FiıeB. bei Graz, nach GATTERER. STROBL. — Nieder-Österreich: Bei Gresten auf Arctium Lappa, ziemlich selten, auch die ganz schwarze Varietät. SCHLEICHER. — Böhmen: Noch seltener als irifasciatus L.; mir nur von Prag und Jungfer- Teinitz bekannt. Duna.] 85 (484) segusinus MüLt. var. danıcus Fap. „ trieolor Far. „ eoncolor REuT. Ruber, alıs fuscis, elytris lineola transversa albida. Liwnaeus. Länglich-eiförmig (und zwar Männchen wie Weibchen), Ober- seite glatt, glänzend und (mit Ausnahme des Kopfes) stark vertieft punktiert, Unterseite, Fühler und Beine behaart;. dabei von sehr wechselnder Färbung (gelbbraun, rotbraun, schwarz), und zwar herrscht bei den Männchen mehr die schwarze, bei den Weibchen mehr die gelbbraune Grundfarbe vor; in Körperform und Punktierung besteht Ähnlichkeit mit C. scutellaris. Der flache, vorne scharf zugespitzte glänzende Kopf ist meist rostgelb mit schwarzer Spitze, nur sehr selten ganz pechfarben. Die vordere Pronotumeinschnürung ist glatt und glänzend; das (mit Ausnahme einer vorderen, glänzenden Querzone) dicht und deutlich punktierte Pronotum ist stark gewölbt und geneigt, nach vorne zu stark verschmälert, anderthalbmal so breit wie lang und von wechselnder Zeichnung und Färbung (rost- gelb bis schwarz); den gleichen Farbenwechsel zeigt das’ gewölbte, punktierte Schildchen. Die Brust ist rotgelb mit schwarzer Mitte oder auch ganz schwarz; die Öffnungen der Hinterbrustseiten sind weisslich; der Hinterleib ist meist rötlich mit schwarzem Ende. Die punktierten Halbdecken sind hinter ihrer Mitte am breitesten, ihre Seitenränder vorne stark zurückgebogen, rostgelb (besonders am Grunde) oder schwarz; der aussen flachbogige Keil ist vielfach blut- rot, mit schwarzer Spitze; die dunkle Membran hat dunkle Adern, helle Zellen und hinter der Keilspitze einen mehr oder weniger hellen Fleck. Die behaarten schwarzen Fühler haben °?/s Körper- länge; Glied 2 ist vom Grund gegen die Spitze zu allmählich ver- dickt (und zwar stärker als bei scutellaris), dabei dichter behaart als die anderen Fühlerglieder, auch in seiner Mitte häufig gelblich; die beiden letzten Glieder sind heller, rostgelb, besonders der Grund BR 12 von Glied 3. An den Beinen sind die Schenkel schwarz, ıhr Ende rostgelb; die gelbbraunen (am Grunde oft auch pechbraunen) Schienen sind mitunter undeutlich geringelt, mit feinem Haarflaum ‚und kleinen deutlichen Dornen besetzt; die Tarsen sind dunkel, ihre Klauen am Grunde stark gezähnt erweitert. Länge 7—7!/e mm. — Diese Art ist durch die Färbung ihrer Beine und durch ihre kahle, glänzende Halseinschnürung gut gekennzeichnet. REuTER unterscheidet neuerdings (H. G. E. V, 33) folgende 6 Varietäten: Var. «, capillaris Far. (= ?Cimex ruber Lin. — Üimex cım- bricus Mürr. l.c. — Cimex (Lygaeus, Capsus) capillarıs Fapr. 1. c.): Kopf, Vorderrücken, Schildchen, Brust und Halbdecken gelbrötlich (rostgelb); Keilende und Hinterleib schwarz, letzterer häufig rost- farben gerandet; Beine rostgelb, Schenkel am Grunde schwarz. Var. 6, danicus Fapr. (—= Lygaeus danıcus Fapr., FarL., WOoLFF l. c. — (Capsus damicus Hann 1. c. — Cimex Daniae Turr. 1. ce. — (apsus capillaris var. $ partim Fire. 1. c.): Schwarz, während der Kopf, der vordere Teil und die Seiten des Pronotum, das Schildchen, die grössere Hälfte des Corium, der Keil, die Brust (ihre Mitte ausgenommen), das Schenkelende breit, sowie die Schienen rostgelb oder rot sind. Der Keil ist häufig blutrot, mit schwarzer Spitze. Var. y (= Capsus. capillarıs var. # partim Fire. 1. c.): Wie var. #, nur dass das Pronotum vollständig schwaız ist. Var. d (= Cimex gothicus Schrank 1. c. — Capsus capıllarıs var. y partim Fire. ]. c.): Schwarz, während der Kopf (sein Ende ausgenommen), die Spitze des Schildchens, ein schmaler Grund- saum am Corium, die Schenkelspitze in ziemlicher Ausdehnung, so- wie die ganzen Schienen rostgelb sind; der blutrote Keil hat schwarze Spitze. Var. eg, trieolor Fagr. (= Cimex gothicus Scor. 1. c. — Cimez segusinus MüL. 1. ce. — Cimex (Lygaeus, Capsus) tricolor Far. 1. c. — (apsus capillaris var. y partim Fıre. ]. c.): Schwarz, während der Kopf, das Schenkelende (ziemlich breit) und die Schienen rost- gelb sind, und hiegegen der Kopfschild, ein Fleck in der Mitte der Stirne und häufig auch die Schienen an ihrem Grunde pechschwarz sind; seltener ist der ganze Kopf pechschwarz; der Keil ist blutrot, seine Spitze schwaız. Var. £, concolor Reur.: Wie var. d, nur dass auch der Keil vollständig schwarz ist. — 104 — Cimex segusinus MÜLLER, Manip. Ins. Taur. 1766, p. 191. (2). Cimex gothicus 8 Popa, Ins. Mus. Graec. 1761, 57, 14. Cimex gothicus ScoroLi, Entom. Carn. 1765, 131, 381. — SCHRANK, En. Ins. Austr. 1781, 285, 545. — Rossı, Faun. Etrusc. 1790, I, 249, 1342 nec Linn£! Cimex laniarius Lisn&, Syst. Nat. Ed. XII, 1767, 726, 75. — P. Mürrer, Lins. Nat. 1774, V, 496, 75. Öimex capillaris Faprıcıms, Syst. Entom. 1775, 725, 146. — Divısuesky, Faun. Mosqu. 1802, 124, 346. Oimex cimbricus MüLzer, Zool. Dan. 1776, 106, 1212. — GorzE, Entom. Beytr. 1778, II, 252, 10. Oimezx ruber GoEzE, Entom. Beytr. 1778,11. 204, 68. — Divisupsky, Faun. Mosqu. 1802, 124, 344. Cimex croceus GoEZE, Entom. Beytr. 1778, II, 265, 62. — GEOFFROY in Fourcroy, Entom. Paris. 1785, 200, 17. Cimex rubro-acuminatus GoEZE, Entom. Beytr. 1778, II, 268, 78. Oimex biguttatus GoEze, Entom. Beytr. 1778, II, 278, 21. Cimex rubens Harrıs, Exp. Engl. Ins. 1781, 90, tab. 26, fig. 10. Cimex melinus Harrıs, Exp. Engl. Ins. 1781, 90, tab. 26, fig. 11. Cimex flammeus GEOFFROY in Fourcroy, Entom. Paris. 1785, 210, 50. Oimex tricolor Fagrıcıus, Mant. Ins. 1787, 306, 272 = var. Oimex rufescens GMELIN, Syst. Nat. 1788, XII, 2160, 353. Oimex haematocephalus GMmELIN, Syst. Nat. 1788, XIII, 2166, 635. Oimex haematostictus GmELINn, Syst. Nat. 1788, XIII, 2181, 459. Oimex adustus GmELm, Syst. Nat. 1788, XII, 2185, 506. Cimex bimaculatus Schrank, Faun. Boic. 1801, 88, 1145. Oimex olivaceus SCHRANK, Faun. Boic. 1801, 89, nec Fark. Oimex Daniae Turrox, Syst. Nat. 1806, II, 674. Oimex geniculatus Turrox, Syst. Nat. 1806, I, 687. Lygaeus capillaris Faprıcws, Entom. Syst. 1794, IV, 180, 161. Lygaeus danicus Fasrıcrus, Entom. Syst. 1794, IV, 181, 165. — Worrr, Icon. Cimie. 1800, I, 34, taf. IV, fig. 34. — Fıauuin, Mon. Cimic. 1807, 93, 75 = var. Lygaeus tricolor Faprıcıus, Entom. Syst. 1794, IV, 181, 166. — Worrr, Icon. Cimie. 1800, I, 35, taf. IV, fig. 35. Phytocoris danicus FaLz£n, Hemipt. Suec. 1829, 109, 64 = var. Phytocoris capillaris BuancHarv, Hist. d. Ins. 1840, 159, 17. Capsus capillaris Faprıcıws, Syst. Rhyng. 1803, 244, 19. — LATREILLE, Hist. Nat. 1804, XII, 232, 16. — Burmeister, Handb. d. — 1b — Entom. 1835, II, 274, 2. — Awvor et ServirLe, Hist. de Hemipt. 1843, 281, 3. — Costa, Cimic. Reg. Neap. Cent. 1852, II, 44, 1. — Fieser, Europ. Hemipt. 1861, 266, 10. — DousLas and Scott, Brit. Hemipt. 1865, 442, 1. — Tkouson, Opusc. entom. 1871, 430, 44. — $x. v. VoLLENHOVEN, Hemipt. Neerl. 1878, 164, taf. IX, fig. 4. Capsus danicus Fasrıcıws, Syst. Rhyng. 1803, 246, 25. — LATReıLLe, Hist Nat. 1804, XII, 232, 21. — Hamy, Wanz. Ins. 1, 1831, p: 17, taf. DI, fig. 9 = var. Capsus tricolor Fasrıcıus, Syst. Rhyng. 1803, 245, 27 = var. — Panzer, Faun. Germ. 1804, 93, 20. — Larkeıte, Hist. Nat. 1804, XII, 233, 22. — Duvrovr, Rech. 1833, 176, 1. — HERrRICH-ScHÄFFER, Nom. entom. 1835, p. 51. — Wanz. Ins. IX, 1853, Ind. p. 41. — Spmora, Ess. 1837, p. 190. — Meyer, Schweiz. Rhynchot. 1843, 108, 98. — Kırschsaum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, 92, 41. — FIEBER, Criter. 1859, 19 ut typus. — Flor. Rhynchot. Livlands. I, 1860, p- 509, 23 = var. Capsus laniarius SAunDERS, Syn. of brit. Hemipt. Het. 1875, 271, 1. — Hemipt. Het. of the brit. Isl. 1892, 260. — Puron, Cat. 1886, 3 A EA Pigullus Amyor, Entom. fr. Rhynchot. 1848, p. 214, No. 256 (mit den Varietäten capillaris F., danicus F., trieolor F.). Deraeocoris capillarıs Stau, Hemipt. Fann. 1868, 1, ven 2. Deraeocoris laniarius REuUTER, Rev. crit. Caps. 1875, 72, 1. — Hemipt. Gymnoc. Sc. et Fenn. 85, 11. Deraeocoris segusinus REUTER, Rev. synon. 1888, II, p. 279, No. 254. — Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, p. 32, 11. — ArTkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 101. | Capsus ruber Puron, Cat. 1899, p. 64, 13. Wahrscheinlich zählen noch hieher: Cimex ruber Linn&, Syst. Nat. Ed. X, 1758, 446, 44. — Faun. Suec. 1761, 251, 938. — Hourrum (1765). — Cimex luteus GoEzE (1778). — Oimex fuliginosus GmeELıs (1788). — Cimex chrysocephalus Gemein (1788). Bayern: capillaris F. bei Regensburg gemein; bei Nürnberg; nach Prof. Horrmann bei Aschaffenburg und Bamberg. Kırrer. — Bei Bamberg. Funk. — Württemberg: laniarius L. mit var. dani- cus F. und var. tricolor F. Roser. — In der Umgebung Ulms, 7 und 8, von gelbbraun bis dunkel, auf verschiedenen Pflanzen und Sträuchern, besonders auf Nesseln, jedoch nicht gerade häufig. — 106 — Hüeger. — Elsass-Lothringen: (©. laniarius L. commun partout: detruit les pucerons; n’apparait pas avant le mois de juin. ReisEr- Puros. — Nassau: Ü. tricolor F. bei Wiesbaden und Mombach; auf Urtica dioica L.; überall häufig. Vom M. die dunkle Varietät häufiger als die helle, vom W. helle Exemplare häufiger; 7—8. KırscHBAuM. — Westfalen: ©. laniarıus L. (= danicus F., $ Fıee., var. b Reur.) auf Nesseln, Disteln u. dergl. von Juni bis September im Gebiete verbreitet und meistens nicht selten; — var. capillaris F. (= « Fızp., var. a Reur.) noch häufiger als die Form lamiarius L. und bei uns wohl die Stammart; — var. tricolor F. (= y Fıes., var. ce Revr.) im Gebiete selten; ein Stück, M., bei Münster. WESTHoFF. — Thüringen: (Ü, capillarıs F. überall nicht selten. KELLNER-BREDDIN. — C. laniarius L. non Dr. SCHMIEDERNECHT gesammelt. FokKER. — Schleswig-Holstein: ©. laniarius L. (capillarıs F.) kommt jedenfalls im Gebiete vor, da er in Jütland gefunden worden ist und ich ihn in der Eibenrinde bei Hannover zahlreich gefangen habe. Wüsrxeı. — Schlesien: trieolor F. im Juli häufig auf allerhand Schuttpflanzen und Verbascum-Arten .... An unseren Exemplaren machte ich die stete Beobachtung, dass die braunroten die Weiber, die tiefschwarzen jedoch die Männer waren. ScHoLz. — Besonders in hüglichten Gegenden und in den Vorbergen, im Juli, auf Schuttpflanzen (Lamium und Ballota) und Verbascum-Arten häufig. Assmann. — Provinz Preussen: capillaris F., var. $ danieus F., var. y tricolor F. BRISCHKRE. Lyg. danieus (wie tricolor) hält sich auf der europäischen grossen Brennessel auf. WoLFrF. Caps. danicus hält sich in Deutschland auf verschiedenen Ge- wächsen, vorzüglich aber auf der grossen Brennessel auf. Hann. In Gärten und Gebüschen, nirgends selten. BURMEISTER. In Gärten an Rosenstöcken, jungen Pflaumenbäumen, Verbascum und an verschiedenen Pflanzen, auf Wiesen, begrasten, gebüsch- reichen Hügeln, durch ganz Europa. FIEBER. Habitat locis varlis, in Urtica (Lins£, ScoroLı, KırscHBAUM, Dupa, Faprıcıws, SAuNnDERS, Löw), Carduo crispo (J. SAHLBERG), Populo et Salice (Dvroıs), Lamio et Ballota (Assmanv), Senecione, Larice et Pino sylvestri (GrEDLER), Corylo avellana (Dunpa), Asphodelo ramosa (Lucas), Verbasco (Assmann, FiEBER), Carpino (Poda), Rosa et Pruno (FIEBER) per totam Europam usque in Suecia media (Stockholm!), Nor- vegia meridionali, Fennia meridionali (Sakkola!, Valkjärvi) et Livonia (Kiddijero). In Helvetia et Tirolia usque ad 3000‘ s. m. — America borealis (Unter). — Aphides destruit (Purox, Dovcras). Reuter (1896). N > [Schweiz: Weit häufiger und allgemeiner verbreitet als ir- fasciatus F., doch in gleichen Abstufungen der Farbe und Zeich- nung variierend; in der ganzen Schweiz im Juli in Gärten auf Wollkraut, auch an Landstrassen an Hecken auf der grossen Brenn- essel gemein. Meyer. — (. capillarıs F. mit den Varietäten danı- cus F. und tricolor F. kommt häufig auf verschiedenen Pflanzen in lichten Waldstellen wohl über die ganze Schweiz verbreitet vor, vom Juni bis in den September hinein und bis zu 3000° s. M. Selten ist eine kleine, ganz schwarze Varietät aus dem Jura der Umgegend von Aarau, 2500‘ s. M. Frey-Gessner. — Graubünden: Ebene bis montane Region, überall angegeben, auch in den transalpinen Thä- lern... Kırrıas. — Tirol: In lichten Waldstellen bis zu 3000’ in allen Varietäten ... .. capillaris F. lebt mit Vorliebe auf Senecto, Lariz und Pinus sylvestris z. B. bei Campen im Juli. GREDLER. — Steiermark: Samt Varietäten auf Sträuchern und verschiedenen Kräutern ziemlich häufig. EBERSTALLER. — Ü. segusinus MÜLL., capillarıs F. var. $ danicus H.-S. bei Graz 2 Exemplare von GATTERER gefunden; auf den Wannersdorfer Kegeln, um Cilli, Radkersburg, Stembruck an Waldrändern nicht selten; — y tricolor F. bei Graz 2 Exemplare von GATTERER; mit 5 nicht selten, auch noch um Schönstein auf Dolden. Strogt. — Nieder-Österreich: Bei Gresten capillaris F. (tricolor F.) auf Wiesen, häufig. SCHLEICHER. — Böhmen: D. laniarius L. (capillaris F.) in alien Farbenvarietäten auf verschie- denen Sträuchern und blühenden Pflanzen gemein; 6,.7. Dupa. — Frankreich: Dep. du Nord (Lille): C. capillaris F. assez commun en juillet et aöut, dans les jardins et ä& la lisiere des bois . LetHıerry. — England: All my dark examples are males; common by sweeping nettles etc. and generally distributed. SAunDERs.| C. VERHOEFF in Bonn schildet im XVII. Jahrg., 1891, der Ento- molog. Nachrichten, No. 2, p. 26/27 seine am 14.7. 1890 gemachte Beobachtung, wie ein Capsus capillaris F. auf einer Rosa centifolia seine Stechborsten in den Leib einer Aphis Rosae stiess, die sich zu- nächst heftig festklammerte und sodann krampfhaft davonzueilen suchte, wobei ihre ganze sonst so apathische Gesellschaft die bekannten wackelnden Angstbewegungen ausführte, während die Blindwanze die erste, wie eine sich anklammernde zweite Blattlaus in aller Ruhe aussog. *18 (78) cardinalıs FiEe. Diese bisher nur von FiEBER beschriebene und Reuter selbst nicht von Gesicht bekannte Art soll eine gleichfarbene, rauchbraune — mw — Membran mit blutroten Adern haben; Oberseite blutrot, mit zartem hellem Haarflaum besetzt; erstes Fühlerglied und Endhälfte des zweiten gleichfalls blutrot, ebenso die (an ihrem Ende weissgelblichen) Schenkel; Schienen samt Tarsen gelblichweiss, die Hinterschienen mit rotem Fleck auf der Oberseite; Kopf orangegelb mit rotem Mittelstrich; Corium hinten erweitert, äusserer Keilrand stark ge- krümmt. Unterseite blassrötlich. 4. Capsus cardinalis FIEBER, Criter. 1859, sp. 4. — Europ. Hemipt. 1861, p. 266, 3. — Puron, Cat. 1899, p. 64, 15. Deraeocoris cardinalis Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 100. — Reuter, Hemipt. Gymnoc. Europ. 1896, V, 35, 13 und tab. IH, ig. 7. Nach FIEBER an steinigen, sonnigen Anhöhen in Böhmen (bei Prag) auf Hieracium umbellatum im Juli; GREDLER giebt sie für Süd- Tirol (Pine und Torcegno) an. — Vorerst muss wohl noch dahin- gestellt bleiben, ob es sich hier um eine species propria oder nur um eine seltenere Varietät einer Capsus-Art handelt. H. Capsus Far. Reur. (Rhopalotomus Fire. Pur.) Von länglich-eiförmigem, kräftigem, gedrungenem Bau, auf der Oberseite runzeligpunktiert und mit kurzem Flaumhaar (nicht Schüppchen) bedeckt. Der dicke, kräftige Kopf ist breiter als der halbe Pronotumgrund, deutlich breiter als lang, glatt, stark geneigt, mit ungerandetem Scheitel; der derbe, mit der Stirne zusammenfliessende Kopfschild ist nur wenig gewölbt. Der kräftige, in seinem ersten Glied stark erweiterte Schnabel erreicht die Hinter- hüften. Die Fühler sind am Augenrande, innseits, eingefügt; ihr erstes Glied ragt über das Kopfende hinaus; die beiden sehr zarten letzten Glieder sind zusammen nahezu so lang wie das gegen sein Ende zu verdickte zweite Glied. Das an seinem Grunde überdeckte Schildehen ist gerunzelt. Das trapezförmige, stark in die Quere gehende Pronotum hat ziemlich gerade Seiten und ist an seinem abgestutzten Hinterrand zweimal breiter als vorne. Die Öffnungen (Stigmen) der Hinterbrust sind gross, ihr innerer Rand erhaben. Die vollständig entwickelten Halbdecken haben geschweifte Seiten und eine zweizellige Membran. Die Beine sind kurz und kräftig, die Schienen mit zarten Dörnchen besetzt, die beiden ersten Tarsal- glieder gleichlang. — 10 — 89 (485) ater Lin. var. tyrannus F. „ semiflavus L. Cimex ater ovatus ater, antennis apice capillaribus. Linn£. Schwarz (oben wie unten), mattglänzend, Oberseite dicht fein und kurzanliegend graugelblich behaart; Kopf, Schnabel, Vorder- rücken, Fühler und Beine von wechselnder Färbung. Der flache, stark geneigte Kopf ist (mit den Augen) gleichseitig dreieckig und mehr als halb so breit, als der Grund des Pronotum. Der an seinem Grunde rostgelbe Schnabel reicht kaum bis zu den Hinterhüften. Die schwarzen, fein und kurz behaarten Fühler sind von Körper- länge; Glied 1 ist so lang wie der Kopf; Glied 2 von seiner Mitte ab plötzlich stark keulenförmig verdickt (wodurch sich diese Art von den anderen der gleichen Gattung unterscheidet); Glied 3 ist an seinem Grunde blass; Glied 4 ist länger als 3; Glied 3 und 4 zusammen so lang wie Glied 2. Das mässig geneigte, wenig ge- wölbte, punktierte und querrunzelige Pronotum ist anderthalbmal so breit wie lang. Das Schildchen ist fein querrunzelig. Die stets schwarzen Halbdecken sind mattglänzend, mit ziemlich langem, grauem Flaumhaar besetzt und dicht runzelig-punktiert; ihre Seiten sind gerundet, beim Weibchen mehr als beim Männchen; die Membran ist schwarz, am Keilende findet sich ein kleiner, halbdurchscheinender Fleck. Die Beine zeigen wechselnde Färbung; die Hinterschenkel sind etwas verdickt, die feinbedornten Schienen nur selten ganz schwarz, meist in der Mitte etwas heller. Länge 5—6 ınm. Reuter unterscheidet neuerdings (1896) folgende 4 Varietäten: Var. a, ater Lin. (= Üimex ater L. |. e.): Fühler ganz schwarz, auch am Grunde, ebenso der Kopf und der Vorderrücken; auch die Beine sind schwarz, doch sind die hinteren Schienen in ihrer Mitte, sowie die Tarsen am Grunde schmutzig lehmfarben. Var. P, tyrannus F. (= Cimex tyrannus Fapr. 1. c.): Schwarz; ‘das erste Fühlerglied ist unten gelbrot; die Beine sind gleichfalls gelbrot, während zwei mehr oder weniger deutliche Ringe vor dem Schenkelende, sowie die Spitzen der Schienen und die Tarsen von schwarzer Farbe sind. Var. y (= Capsus ater var. y Fauı. 1. c.): Schwarz, Kopf und Beine gelbrot. d. (Reuter persönlich nicht bekannt.) Var. d, semiflavus L. (= Cimex semiflavus Linn. 1. ec. — Cimex flavicollis Fagr. 1. c.): Schwarz, Kopf und Pronotum gelbrot, die Beine wie bei var. 9. — mw = Cimex ater Linn£, Syst. Nat. Ed. X, 1758, 447, 50. — Faun. Suec. 1761, 252, 944. — Hourrum, Nat. Hist. 1765, I, X, 361, 50. — P. Mürter, Linn. Nat. 1774, V, 495, 72. — Fusrıcws, Syst. Ent. 1775, 725, 141. — Fischer, Natg. v. Livld. 1778, 143,318. — Rossı, Faun. Etrusc. 1790, II, 248, 1340. — ScHRANk, Faun. Boic. 1801, 86, 1137, partim! Cimex semiflavus Lisn&, Syst. Nat. Ed. XII, 1767, 725, 68. — P. Mütter, Linn. Nat. 1774, 494, 68. — Gwen, Syst. Nat. 1788, XIH, 2162, 68 = var. Oimex flavicollis Faprıcws, Syst. Ent. 1775, 725, 143. — Rossı, Faun. Etrusc. 1790, II, 248, 1339. — Scarank, Faun. Boie. 1801, 11,:84, 1133 = var! Üimez tyrannıus Faprıcıwus, Spec. Ins. 1781, I, 370, 194. — Rossı, Faun. Etrusc. 1790, II, 248, 1341. — Peraena, Inst. Ent. 1792, 1, 640, 62. Lygaeus tyrannus Fasrıcıws, Ent. Syst. 1794, IV, 177, 150 = var. — Worrr, Icon. Cimie. i804, IV, 152, 146, tab. XV, Sig. 146. Lygaeus flavicollis FaBrıcıus, Ent. Syst. 1794, IV, 178, 156. Lygaeus ater Fasricws, Ent. Syst. 1794, IV, 177, 149. — ÜEDERBIELM, Faun. Ingr. Prodr. 1798, 275, 866. Phytocoris ater BLANCHARD, Hist. d. Ins. 1840, 139, 18. Heterotoma ater Kouexarı, Mel. ent. 1845, II, 127, 113. Rhopalotomus ater FIEBER, Criter. 1859, 19 ut typus. — Europ. Hemipt. 1861, 264, 1. — Dovsras and Scott, Brit. Hemipt. 1865, 440, 1 u. pl. 14, fig. 7. — Saunpers, Synops. of Brit. Hemipt. Het. 1875, 271, 1. — Hemipt. Het. of the brit. isl. 1892, p. 262, tab. 24, fig. 5. — Puron, Cat. 1899, p. 65, 2. Capsus tyrannus Faprıcıus, Syst. Rhyng. 1803, 241, 4. — LATREILLE, Hist. Nat. 1804, XII, 230, 4. Capsus flavieollis Faprıcıus, Syst. Rhyng. 1803, 243, 13. — LATREILLE, Hist. Nat. 1804, XII, 231, 12. — Larorte, Ess. class. syst. 1832, p. 39 = var. — Gu£kin-ME£neviLLe, Icon. reg. an. 1834, III, 348 ut typus. Capsus nigricornis Hann, Icon. Cimie. 1826, fig. 20. Capsus Amyor, Ent. franc. Rhynch. 1848, p. 216, No. 260, mit den 3 Formen: ater L., tyrannus F., semiflavus L. Capsus ater Farıcıus, Syst. Rhyng. 1803, 241, 2 ut typus. — LATREILLE, Hist. Nat. 1804, XII, 229, 2. — Farıen, Mon. Cim. 1807, 97, 1. — Hemipt. Suec. 1829, 116, 1. — ZETTERSTEDT, Faun. Lapp. 1828, 497, 1. — Ins. Lapp. 1840, 277, 1. — Hans, Wanz. Ins. I, a Ba » © $ Gr 1831, 126, 1. fig. 69. — HerRIcH-ScHÄFFER, Nom. ent. 1855, p. 52. — Wanz. Ins. IX, 1855, Ind. p. 33. — Burmeister, Handb. d. Ent. 1, 1835, p. 275, 4. — Westwoop, Introduct. II, 1840, 121 ut typus. -— Anmyvor et SERVILLE, Hist. d. H&m. 1843, 281, 2. — Meyer, Schweiz. Rhynchot. 1843, 108, 99. — F. SAHLBERG, Geoc. Fenn. 1848, 121, 67. — KırscHpaum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, p. 54, 46. — Costa, Cim. Reg. Neap. Cent. Addit. 1860, 30, 33. — For, Rhynchot. Livlds. I, 1860, 486, 10. — Star, Hemipt. Fabr. 1868, I, 87, 1 ut typus. — SxeLL. v. VOLLENHOVEn, Hemipt. Neerl. 1878, 163. — Reuter, Rev. crit. Caps. 1875, 78, 1. — Hemipt. Gymnoc. Se. et Fenn. 94, 1. — Rer. synon. 1888, II, p. 282, No. 255. — Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, p. 14, 2. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 106. Möglicherweise zählt noch hieher: Oimex sordeus GMELIN, Syst. Nat. 1788, XIII, 2166, 633. Bayern: Bei Regensburg selten, bei Augsburg gemein; bei Nürnberg; nach Schrank bei Ingolstadt und Gern; var. fyrannus F. bei Augsburg, selten. Kırre.. — Bei Bamberg häufig im Grase an sonnigen Abhängen. Funk. — Württemberg: after L. mit var. tyrannus F. und var. semiflavus L. (flavicollis F.). Roser. — In der Umgebung Ulms 6 und 7, var. semiflavus L. ausgenommen, nicht gerade selten; im Wiblinger Staatswald 2. 7. 1900 ein interessantes Bindeglied zwischen Stammform und var. Zyrannus (det. Horv.) ge- funden. HürBeEr. — Elsass-Lothringen: Commun partout, avec ses varıetes. ReıBER-Puron. — Nassau: Bei Wiesbaden und Mombach, z. B. auf begrasten Waldwegen nach dem Entenpfuhl; häufig, 6—7. Kırscapaum. — Westfalen: ater Linn. auf Wiesen, Rasenplätzen und bewachsenen Triften verbreitet von Mai bis Juli; die Form ater L. (= var. a Reur. 75) im Gebiete selten; var. fyrannus F. (= var. b Reur.. 75) für das Männchen die Normalform, bei Münster nicht selten; var. semiflwwus L. (— flavicollis F., var. @ d Reur. 75) die Normalform des Weibchens; die var. d c Reur. 75 bis jetzt im Gebiete noch nicht beobachtet. Westuorr. — Thüringen: Überall häufig. KeLLner-Breppın. — Von Dr. SCHMIEDERNECHT gesammelt. Forker. — Schleswig-Holstein: Überall auf niederen Pflanzen häufig; die beiden Abänderungen Zyrannus F. und semiflavus L. kommen mit der Stammfärbung gleich häufig vor. Wüsrner. — Mecklenburg: ater Lin. häufig überall im Grase Ende Juni und ım Juli. Ranparz. — Schlesien: a, ater (O. tyrannus) Fer. b, flavicollis Fer. auf son- nigen Grasplätzen von Anfang Juni bis Mitte August häufig ... — 12 — Scuozz. — In der Ebene und im Gebirge, von Mitte Mai bis ın den August, auf etwas feuchten Wiesen, ziemlich häufig; die var. Hlavicollis etwas seltener... Assmann. — Provinz Preussen: R. ater L. (var. @ C. tyrannus Fap., var. $ C. flavicollis Fap., O. semiflavus L.). BRISCHKE. Deutschland, Frankreich, Italien und Schweden. Auf Hecken, Gebüschen und im Grase auf Waldwiesen. Hann. Überall gemein auf Wiesen und im Gebüsch. BURMEISTER. Auf Wiesen, an grasigen Waldstellen, auf sonnigen grasigen Anhöhen durch ganz Europa. FIEBER. Habitat in Gramineis!, in Urtica dioica (P. Löw): Europa tota usque in parte boreali Sueciae et Fenniae (65°). Sibiria (Verchne Sujetuk!). In Helvetia usque ad 4000° s. M. — America borealis (Unter). Canada (Provancher). Reuter (1896). [Schweiz: In der ganzen Schweiz von Anfang Juni bis um die Mitte August auf sumpfigen Wiesen und Halden am Boden um- herhüpfend und allenthalben ziemlich gemein. Meyer. — ater L. mit var. Zyrannus F. und var. semiflavus L. desgl., noch bei 4000‘ s. M. angetroffen. FRrEY-Gessner. — Graubünden: Ebene bis mon- tane Region, Schiers, Chur; — var. Zyrannus F. bei Tarasp; — var. semiflavus L. (9) Chur. Kırııas. — Tirol: Auf grasigen- Stellen am Boden umherhüpfend; bei Vils... vom Mai an; var. iyrannusF.... Sarnthal, im Juli, auch var. semiflavus L. GREDLER. — Steiermark: Einzeln, auch var. $# an sonnigen, grasigen Waldstellen ... . EBEr- STALLER. — uter L. @ tyrannus F. (Schnabel und Beine rostrot), bei Graz; 2 Exemplare von GATTERER; Admont; auf Wiesen bis 1600 m, hier auch auf Zwergkiefern, d nicht selten; nur ein 9; var. ß semi- flavus L. bei Graz zwei @ von GATTERER; var. y- nigripes m. Schenkel ganz schwarz, Schienen ganz dunkelbraun; auf Sumpfwiesen und Waldrändern um Admont; Hohentauern drei d, Juni bis August. StroßL. — Niederösterreich: Bei Gresten auf Wiesen, nicht selten. SCHLEICHER. — Böhmen: An sonnigen und grasigen Anhöhen, unter Gebüschen, an Mauern und Schutthaufen, auf den verschiedensten Pflanzen, überall nicht selten; 6, 7. Duna. — Livland: Häufig auf trockenen Grasplätzen, im Juni, Juli. Fror. — Frankreich (Dep. du Nord, Lille): Tres-commun pendant l’öte, dans tout le departe- ment, sur diverses plantes, dans les prairies, les jardins et les bois. Leruierkv. — England: Common by sweeping, and generally distri- buted. SAuNDeRrs.| — 13 — Alloeotomus Fiıre.! Die Männchen länglich, die Weibchen mehr oval, auf der Ober- seite vertieft punktiert und (gleich Fühlern und Beinen) mit zartem Haarflaum besetzt. Der glatte, leicht geneigte Kopf hat einen un- gerandeten Scheitel und beiderseits einen vertieften Augen- punkt; der Kopfschild fliesst an seinem Grunde mit der Stirne zu- sammen. Die grossen, vorspringenden gekörnten Augen stossen an das Pronotum und sind nach vorne auseinandergezogen und aus- geschweift. Der Schnabel reicht bis zu den Hinterhüften; sein erstes Glied hat kaum Kopfeslänge. Die behaarten Fühler sind nahe dem Augenrande, innseits eingefügt; ihr erstes Glied ist länger als der Kopf; das zweite beim Weibchen gegen sein Ende zu leicht, beim Männchen kräftig und gleichmässig verdickt, in seiner ganzen Ausdehnung stark erweitert, und etwa so lang als der Vorderrücken hinten breit; das dritte Glied ist kaum länger als das erste und so lang wie das vierte; die beiden letzten Glieder zusammen sind weit kürzer als das zweite. Das gegen sein Ende gewölbt- geneigte, vertieft-punktierte Pronotum ist an seinem Grunde dreimal breiter als an der Spitze; seine vordere Einschnürung (Hals- ring) ist dicht filzig. Die Öffnungen (Stigmen) der Hinterbrust- ‘ seiten sind klein und stellen nur emen feinen schmalen Spalt unterhalb der mittleren Hüften dar. Die langen, behaarten Beine haben verlängerte Schenkel und abgestutzte dornlose Schienen; ihr erstes Fussglied ist so lang wie die beiden letzten zu- sammen; die Klauen sind allmählich gekrümmt und nur ganz am Grunde leicht erweitert. Diese Gattung ist durch den Bau ihrer Fühler und Beine sowie durch die zarte Behaarung ihrer Oberfläche wohl charakterisiert. Von der ihr nahestehenden Gattung Deraeocoris Kg. StaL unterscheidet sie sich durch ihren gerandeten Scheitel, durch ihre gekörnten Augen, durch ihr sehr langes erstes Tarsalglied, durch ihre am Grunde kaum erweiterten Klauen, sowie durch ihre schmalen Hinterbrust-Stigmen. Die einzige Art dieser Gattung lebt auf Nadelholz. Nach REUTER. 90 (486) gothicus FaLı. P. gothicus corpore ferrugineo piloso supra impresso-punctatus testaceus; antennarum articuli secundi apice incrassato obscuro. FALLEn. ! Kopf (von oben und seitlich) in Reut. Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, tab. I, fig. 3. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 8 — 114 — Meist hellrostgelb (seltener ins Bräunliche spielend), glänzend und auf der Oberseite (einschliesslich Fühler und Beine) mit langem, hellem Flaumhaar besetzt (zottig licht behaart); Unterseite braun, in der Brustmitte schwarz; Kopf, Vorderrücken, Schildchen und hinterer Teil der Halbdecken mehr oder weniger gerötet. Augen beim Männchen grösser und vorspringender als beim Weibchen. Die gelblichen, mitunter rotpunktierten Fühler spielen stellenweise ins Bräunliche. Das gewölbte, bräunliche Schildchen hat hellere Ecken. Die punktierten Halbdecken sind häufig braunrot gesprenkelt; ihr Seitenrand ist heller; der Hinterrand und die Keilspitze rötlich; die rauchige hyaline Membran hat rostgelbe Adern, schwärzliche Flecken und dunklen Saum. Die mit langem Haarflaum besetzten Beine sind rostrot, während die Hüften und zwei Ringel an den Schienen heller sind. Länge 51/„—5*ls mm. Reuter unterscheidet (H. G. E. V, p. 11) noch eine: Var. $: Dunkelbraun oder gelbbraun, unten schwarzbraun, Beine schmutzig-lehmfarben, Schenkel (besonders die hinteren) mit zwei Ringeln vor der Spitze, während die Schienen ganz am Grunde, ein kleiner Ring unterhalb des Grundes, ein breiterer Ring in der Mitte, das Ende sowie die Tarsen dunkel-rostrot sind; der Corium- rand und der Keil ist ziemlich dunkel, ersterer abwechselnd schwarz und hell gefleckt, das Keilende ist schwarz, die Membran glasartig, ihre Adern sind zum grossen Teile pechfarben; am Schildchen sind die Ecken der beiden Grundwinkel und die Spitze etwas heller. Phytocoris gothicus Faru£n, Hemipt. Suec. 1829, 110, 65. Capsus margine punctatus HERRICH-SCHÄFFER, Wanz. Ins. III, 1835, p. 69, fig. 284 (nach Kırscueaum und Reuter: schlechte, wenig naturgetreue Abbildung!). — Kırscusaum, Rhynchot. Wiesbd. 1855, p. 53, 44 und p. 111. Ä Capsus aetneus Costa, Ann. Soc. Ent. Fr. X, 1841, p. 285. Capsus pilipes Tuomson, Opusc. entom. IV, 1871, 429, 41. Alloeotomus gothicus FirBer, Europ. Hemipt. 1861, 247, 1. — Reuter, Rev. crit. Caps. 1875, p. 76, 1. — Hemipt. Gymnoc. Scand. et Fenn. 92, 1. — Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, p.. 10, 1. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 103. — Puron, Cat. 1899, p. 65,1. Bayern: Überall gemein (was wohl eine Verwechselung mit Lo- pus gothicus Lin., No. 22 dieser Fauna, 3. Heft, 1898 sein dürfte! H.). Kırrzi. — Bei Bamberg hie und da auf Kiefern. Funk. — Württem- berg: In der Umgebung Ulms, 7 und 8, auf Nadelholz; nicht häufig. — 15 — Hüsser. — Baden: Bei Karlsruhe, August, September. Mekss. .— Elsass-Lothringen: Sur les pins sylvestres; Vosges; Metz; a.r. REIBER- Pvron. — Nassau: Bei Mombach, auf Kiefern; nicht häufig; ich klopfte nur von einzelnen Bäumen Exemplare, aber jedesmal mehrere; 7—10. Kırschsaum. — Westfalen: Um Münster, im Sommer und Herbst (6—i0) auf Pinus silvestris verbreitet und meist häufig, auf Pinus Abies und anderem Nadelholz selten und einzeln ... West- HOFF. — Aus Holstein. Wüstnei. — Mecklenburg: Auf Kiefern von Anfang August bis Ende Oktober nicht häufig... . Ranparz. — Schlesien: Ich fing von dieser seltenen Art erst ein Exemplar in Schlesien und zwar in der Umgebung Breslaus. ScHoLz. — In der Ebene und im Gebirge, im Mai an Birken, sehr selten. Assmann. — Provinz Preussen. BRISCHEE. In Schweden, Deutschland, der Schweiz, auf Kiefern. FIEBER. Habitat in Pinu silvestri (FarL£n, Dupa, FREY-GESSNER, WEST- HOFF, ipse) et P. austriaca (HorvATH, Löw), rarissime in Abiete (Wesr- HOFF) et in Betula (Assmann): Fennia australis! usque ad 60° 10°; Suecia media! et australis!; Norvegia (Christiania); Holsatia; Mecklen- burgia; Batavia rarissime; Gallia borealis et orientalis; Guestphalia ; Borussia, Baden, Bavaria; Bohemia!; Helvetia; Austria (Mödling); Hungaria (Carpathes); Croatia (Josephsthal); Italia (Livorno), Sicilia. Var. $# in Bohemia (Chodau!) in Pinu silvestri, D. Dr. v. Stem. Reuter (1896). [Schweiz: Auf Pinus sylvestris; einzeln im Juli, zahlreich im August und September an den Juraabhängen um Aarau bis 2500‘ s. M., St. Prex, Burgdorf. FrEY-Gessver. — Graubünden: Ebene, selten; ein Exemplar bei Chur erbeutet. Kırrıas. — Böhmen: Im Sommer an Waldrändern auf Kiefern, nicht immer gemein. Duna.| Anm. Stethoconus mamillosus Fror (Rhynchot. Livlds. II, 1861, p. 614. — Fıeser, Wien. Ent. Monatschr. VIII, 1864, p. 80, tab. II, fig. 8. — Rey, Ann. Soc. Linn. Lyon. XXIX, 1883, p. 383. — REUTER, Hemipt. Gymnoc. Europ. 1896, V, p. 8, D); — Capsus cyrtopeltis Fror (Rhynchot. Livlds. I, 1860, p. 628, 101); — Acropelta pyri Meıra (Bull. Soc. Ent. Ital. I, 1869, 203, tab. 4) lebt, nach Rey, auf dem Birnbaum von der Tingis pyri und könnte, weil in Russ- land, Livland, Frankreich, Ungarn und Italien vorkommend, mög- licherweise auch noch in Deutschland einmal gefunden werden. Die charakteristischen Merkmale der Gattung Stethoconus FıEB. sind schon in der Übersicht der Division Capsaria (3. Heft, 1898, p. 79, bezw. g*+ — MM — Jahrg. 54, p. 235) kurz angegeben; die einzige paläarktische Art dieser Gattung ist länglich-eiförmig, glänzend, oben schwarz und weiss gefleckt, unten grösstenteils schwarz; der gelblichweisse Kopf zeigt schwarze Zeichnung und ist hinter den Augen in einen kurzen Hals verschmälert; der Hinterrand des Scheitels ist scharfkantig; das starkgewölbte, geneigte, vertieft punktierte Pronotum ist weiss und schwarz gefleckt, mit weisser Seitenrandlinie, kaum breiter als lang und vorne halsförmig verengert; das unpunktierte, schwarze Schildchen ist an seiner Spitze in einen seitlich zusammengedrückten, abgerundeten Höcker erhoben; die ausgebildeten, unpunktierten Decken überragen (nach Länge und Breite) den Hinterleib; die faden- förmigen, gelbbräunlichen Fühler haben ?/s Körperlänge; die schlanken Beine sind hellgelblich. Länge nahezu 5 mm. Bothynotus Fıre.! Die Männchen länglich, mit gleichlaufenden Seiten, die Weib- chen mehr oval, in der kurzflügeligen Form sogar eirund und am ganzen Leib (einschliesslich Fühler und Beine) mit zartem, langem Flaumhaar besetzt. Der kurze, glatte Kopf ist senk- recht gestellt, stark in die Quere gezogen, hinter den Augen wulstig eingeschnürt, sein breiter, leicht gewölbter Scheitel ungerandet, der Kopfschild erhaben und vorspringend. Die glatten Augen stehen vom Pronotum ziemlich ab. Die langbehaarten, halbkörper- langen Fühler sind am Augenrande, innseits, eingefügt; ihr erstes Glied überragt kaum das Ende des Kopfschilds; das zweite Glied (welches nur halb so lang wie der Grundrand des Pronotum oder so lang wie die beiden letzten Glieder zusammen) ist beim Männ- chen allseits gleich dick und von gleicher Stärke wie das erste Glied; das vierte Glied ist etwas kürzer als das dritte und nur wenig länger als das erste. Das trapezförmige Pronotum ist stark vertieft punktiert, hinten stark gewölbt, vorne stark geneigt, bei der lang- flügeligen Form an seinem Grunde dreimal breiter als an der Spitze, seine glänzenden, zusammenfliessenden Buckel haben vertiefte Ränder und seine Seiten sind deutlich geschweift. Das an seinem Grunde überdeckte Schildchen ist gegen sein Ende zu leicht quer- gestrichelt und besitzt einen, bald mehr, bald weniger ausgebildeten Längskiel. Der Xyphus der Vorderbrust ist gerandet, die Mittel- brust ist stark gewölbt, die Stigmen der Hinterbrust haben höckerig- ' Kopfbildung siehe in Reut. H.G.E. V, 1896, tab. I, fig.1. H. — 411 — aufgeworfene Ränder. Die vertieft punktierten Halbdecken sind beim Männchen leicht durchscheinend, beim Weibchen häufig verkürzt (brachypter); die feinbehaarte Membran ist bei der makropteren Form zweizellig. Die behaarten Beine haben verlängerte Schenkel (auch dünne Hinterschenkel) und abgestutzte, ungedornte Schienen; das erste Fussglied ist fast um die Hälfte länger als das zweite, so lang wie das dritte; die Klauen sind bis zu ihrer Mitte erweitert, hernach gekrümmt und schwach. — Diese Gattung ist durch ihre lange Behaarung, durch den Bau von Kopf, Vorder- rücken und Schildehen sowie durch die fein behaarte Membran gut charakterisiert. Nach Rrutzr. 91 (487) pilosus Bon. Pechfarben bis schwarz, mässig glänzend und mit zartem, langem, graubraunem Flaumhaar bedeckt. Der glatte Kopf ist beim Männ- chen gleichfarben, beim Weibchen rötlichbraun mit pechschwarzem Kopfschild, dabei bat sein Scheitel mindestens drei Augenbreiten. Das runzelige haarige Pronotum ist, bei der langflügeligen Form, etwa um !/s kürzer als an seinem Grunde breit, bei den kurzflügeligen Weibchen hinten weniger erweitert und (in der Länge) kaum ge- wölbt. Die abstehend graubehaarten Halbdecken sind beim Männ- chen graubraun, halb durchscheinend, mit dunklem Keil, beim Weibchen schwarz mit rauchbrauner Membran und pechfarbenen Adern; bei der makropteren Form überragen die Halbdecken den Hinterleib, beim Männchen weit mehr noch als beim Weibchen, bei welchem sie, samt Keil und Membran, stark herabgebogen sind (während sie beim Männchen fast wagerecht liegen); bei den brachy- pteren Weibchen sind die Halbdecken nur halb so lang wie der Hinterleib, an ihrem Ende abgestutzt und ohne Membran. Die grau- braunen Fühler sind an ihrem Ende schwärzlich, bei den Weibchen ist das erste Glied und oft auch der Grund des zweiten rötlichbraun. Die Beine sind beim Männchen schmutziggelbbraun, beim Weibchen mehr braunrötlich; die Tarsen sind dunkler (beim Weibchen schwarz). Länge 5—6 mm, die brachypteren Weibchen nur 4 mm. Phytocoris pilosus BoHEMAn, Nya Svenska Hemipt. 1852, 68, 23. Capsus pilosus KırschBaum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, p. 53, 45. — THonson, Opusc. entom. IV, 429, 42. Trichymenus pilosus REUTER, Bidrag till nordiska Capsiders in Nat. Soc. Faun. et Flor. Fenn. XIV, 1873, p. 8. — 18 — Capsus Fairmatrei SIGNORET, Ann. Soc. Ent. Fr. 1852, Ser. 2, X, 542, tab. XVI, fig. 4. Capsus horridus Mursaxt et Rey, Op. ent. in Ann. Soc. Linn. Lyon. 1852, I, 151 (9 form. brachypt.). bothynotus Minki Firger, Wien. Entom. Monatschr. 1864, VII, P..77,.tab. I, he. 2: Bothynotus pilosus Puros, Not. p. serv. a l’6t. d. H&m. I, p. 24. — REUTER, Rev. crit. Caps. 1875, p. 75, 1. — Hemipt. Gymnoc. Scand. et Fenn. 91, 1. — Hemipt. Gymnoc. Europ. V, 1896, p. 7, 1 und tab. IV, fig. 1 (9 macropt.). — J. SaHLBERG, Christ. Vidensk. Forh. 1880, No. 9, p. 5. — SAunpers, Synops. of brit. Hemipt. Het. 1876, 272, 1. — Hemipt. Het. of the brit. Isl. 1892, p. 263, plate 24, fig. 4 (9 macropt.). — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 103. — Puron, Cat. 1899, p. 65, 1. Württemberg: Im Kiesenthal (Albtrockenthal) bei Ulm einmal, 27. 6. 95, 2 Exemplare (det. Horv.) erbeutet. Hürser. — Elsass- Lothringen: Gerbamont' (Pıerrar). Reıser-Puron. — Nassau: Ein Weibchen bei Weilburg von Herrn Prof. ScHEnk gefangen. KırscH- BAUM. — Dei Üassel. FiEßer. — Thüringen: Von Dr. SCHMIEDEKNECHT gesammelt. FokKER. — Mecklenburg: Ich fing nur ein Männchen am 1. August in der Rostocker Heide unter Kiefern im Grase. Rıp- paTz. (Demnach in ganz Deutschland überall sehr selten! H.) Habitat in locis variis in Europa fere tota, sed ubique rarus: Fennia meridionalis (Aland!, Pargas in Abiete!, Karislojo! Wanga- sala, 61° 30°); Suecia borealis et media (Angermanland, Stockholm !, Smoland!, Östergötland!); Norvegia (in monte niveoso Badfjeldet, Bodö sub muscis, Dovre, D. J. SaHLBEr6); Anglia; Scotia (Perth), D. McGresor; Batavia (Limburg!); Belgium; Gallia borealis et orientalis; Germania (Mecklenburgia, sub Pinu silvestri, D. Ranpazz, Borussia (Berlin!), Wiesbaden, Saxonia!); Tirolia usque ad 6300’; Styria (Aflenz!); Helvetia; Hungaria (Buda); Liguria (Stazzano!); in Ononide spinosa (Ferrari); Italia; Graecia (Corfu!, Naxos!). REUTER (1896). (Vergl. Rev. d’Ent. 1890, p. 244.) [Tirol: Bothynotus Minki Fiese. (9), pilosus Bon. (3) auf der Jagdhausalpe in Teffereggen einmal gesammelt, also jedenfalls über 6300° Seehöhe. Die horizontale wie verticale Verbreitung dieses unschönen Tieres scheint eine ausserordentliche zu sein: Corfu, Jagdhausalpe und Cassel! GREDLER.] ‘ Westliche, französische Seite des Wasgenwaldes! H. — 19 — Div. Pilophoraria Reur. Leib in die Länge gezogen, länglich oder länglich-oval, häufig in der Mitte verengt. Am Kopf sind die Zügel gut ausgebildet aber schmal, mit bisweilen erhöhten Backen, und in diesem Falle meist vertieft; der Scheitel zeigt nur ganz selten (Allodapus) eine vertiefte Längslinie. Das Pronotum besitzt abgestumpfte Seiten und eine deutliche vordere Einschnürung, die jedoch manchmal ganz fein, vertieft und von dem nach rückwärts verlängerten scharfen Scheitel- rand vollständig überdeckt ist, während sie bei der brachypteren Form bisweilen nur an den Seiten ziemlich angedeutet ist. Die Halbdecken der makropteren Form zeigen einen deutlichen Keil; an den Flügeln hat dieselbe meist einen deutlichen Haken, der jedoch öfters mehr oder weniger verschwommen ist (wie bei Systellonotus triguttatus, Omphalonotus, Plagiorrhamma) oder auch (wie bei Allo- dapus) ganz fehlt. Der in seiner Mitte ziemlich abgeflachte oder auch ganz ebene Xyphus der Vorderbrust ist gerandet. Die vorderen Hüften sind lang und ragen weit über die Mitte der Mittelbrust hinaus; die hinteren Hüften stehen wenig oder gar nicht von den Epipleuren entfernt. Die Beine sind mehr oder weniger lang, die Schenkel verlängert, die Schienen unpunktiert und mit gleichfarbenen zarten Dörnchen besetzt; an den hinteren Tarsen ist das zweite Glied kaum länger als das dritte, während die Klauen selbst ziemlich schlank .sind, meist leicht gekrümmt und die Haftläppchen meist ganz kurz, kaum wahrnehmbar, nur selten grösser, und dann frei und an ihrem Ende gegeneinander geneigt. NREUTER. Die hieher gehörigen Tiere sind sehr behende; viele derselben ähneln an Körperbau, Farbe und Bewegung den Ameisen, wohnen auch öfters mit denselben zusammen. Gattungs-Übersicht der Division Pilophoraria REUT. nach Reuter, Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, p. 175 ft. 1. (4.) Erstes Glied der hinteren Tarsen länger als das zweite, das dritte so lang wie das erste oder auch etwas kürzer; das zweite Fühlerglied gegen sein Ende keulenförmig verdickt, die beiden letzten Fühlerglieder kräftig ausgebildet und zusammen nicht länger als das zweite. Kopf geneigt; Kopfschild vertieft, nicht im geringsten vorspringend. | 2. (3.) Die Augen an das Pronotum stossend; letzteres selbst mit zwar schmaler, aber wohl ausgebildeter vorderer Einschnürung. 1. Cremnocephalus FIEB. —_— ww — [3. (2.) Augen von der Pronotumspitze etwas abstehend; der Kopf 19. 13. dahinter kurz zusammengeschnürt, weiterhin zugespitzt und in die Länge gezogen mit vertieften Wangen; vordere Pronotum- einschnürung deutlich und ziemlich breit. 4. die süditalienische Gattung Myrmicomimus Reur.] (1.) Erstes Glied der hinteren Tarsen kurz. (6.) Die Haftläppchen der Klauen ziemlich gross, an ihrem Ende zusammengebogen; zweites Fühlerglied gegen sein Ende allmählich verdickt, die beiden letzten Glieder schlank. Vordere Pronotum- einschnürung schmal, vertieft, vom scharfen Scheitelrand über- deckt. Kopf geneigt, der Kopfschild vertieft (nicht vorspringend); Augen hinten zusammengedrückt; Halbdecken mit weissschuppigen (uerstricheln. 2. Pilophorus Hann. (5.) Haftläppchen der Klauen ganz kurz, kaum wahrnehmbar oder vollständig fehlend; Halbdecken meist weiss gezeichnet. . (8.) Zweites Fühlerglied keulig, die beiden letzten kurz und schlank ; vordere Pronotumeinschnürung (Halsring) frei; Kopf geneigt; Kopf- schild nicht vorspringend, vertieft, Scheitel scharf gerandet. Augen hinten zusammengedrückt. Die südeuropäische 3. Mimocoris ScoTt.| (7.) Zweites Fühlerglied stäbchenförmig oder gegen die Spitze zu nur allmählich und ganz leicht verdickt; die beiden letzten nur wenig schlanker als das zweite. Kopfschild zusammengedrückt. (16.) Stirne schräg, geneigt oder gar senkrecht. Corium mit zwei grossen weissen Flecken, der eine mehr oder weniger am Grunde, der andere an der Spitze. (15.) Die beiden letzten Fühlerglieder zusammen weit länger als das zweite, das dritte höchstens um !/s kürzer als das zweite, manchmal auch gleich lang. (14.) Scheitel ohne Rand. (13.) Kopf schief gestellt, beim Weibchen grösser als beim Männ- chen; der Scheitel hinter den Augen länger oder kürzer zusammen- geschnürt, beim Weibchen gewölbt; Kopfschild nur wenig vor- springend; Augen vom Vorderrücken mehr oder weniger entfernt, an ihrem inneren Rande beim Männchen ausgebuchtet, beim Weibchen ziemlich gerade und parallel laufend; die Pronotum- buckel nur wenig angedeutet. 5. Systellonotus FIE». (12.) Kopf senkrecht stehend; der stark vorspringende Kopfschild ist an seinem Grunde von der Stirne scharf abgesetzt; die Augen stossen an das Pronotum und weichen gegen die Spitze aus- einander; ihr innerer Rand ist fast gerade. Die Fühler sind am Ende der Augen, innseits, eingefügt. Die Pronotumschwielen sind wohl ausgebildet, fliessen bei der brachypteren Form zusammen und bilden einen hohen Buckel. 7. Omphalonotus REuT. 14. (11.) Scheitel fein gerandet; Kopfschild an seinem Grunde von der Stirne scharf abgesetzt; Augen an das Pronotum stossend, = BEE ihr innerer Rand leicht gebuchtet; Fühler etwas oberhalb des Augenendes eingefügt. Pronotumbuckel nur angedeutet. Die ausserdeutsche Gattung 6. Laemocoris Reur.] 15. (10.) Die beiden letzten Fühlerglieder zusammen nur wenig länger als das zweite; Scheitel mit feingekieltem Rand; Kopfschild senk- recht stehend; Augen an das Pronotum stossend, ihr innerer Rand gebuchtet; Fühler in der Mitte der unteren Augengegend ein- gefügt. 8. Allodapus FEB. 16. (9.) Kopf von der Seite gesehen so lang wie hoch, Scheitel und Stirne in einer Horizontalen gelegen, letztere am Ende plötzlich senkrecht abgerundet; Scheitel hinten fein gerandet; Kopfschild senkrecht; Augen an das Pronotum grenzend; die langen Fühler gleich unterhalb der Verbindungslinie der Augen eingefügt; Corium ohne weisse Binden. 9. Plagiorrhamma FIEB. Die südeuropäische Plagiorrhamma suturalis HERR.-SCHÄFFER (Panz. Faun. Germ. 120, 383; — Wanz. Ins. IV, 1839, 32, fig. 383; — Fırp., Verhälg. d. Wien. zoolog.-bot. Ges. XX, 1870, p. 251, tab. VI, fig. 8; — Reuter, Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, p. 139,1, tab. VI, fig. 9) kommt auch in Illyrien vor und läuft im Rasen unter Artemisia campestris, Plantago eynops und Juniperus communis ausserordentlich schnell umher; sie ist 35 mm lang (die brachyptere Form nur 2'!/2 mm), braun, matt, oberseits spärlich weiss beflaumt, die Fühler rostgelb (das zweite Glied heller), Schnabel (erstes Glied ausgenommen) und Beine hellstrohgelb, die ebenso gefleckten Halb- decken mit ziemlich langen, abstehenden Haaren besetzt. Allodapus Fiıes. Körper (von den Halbdecken abgesehen) länglich und nach hinten zu dreieckig erweitert. Der fünfeckige Kopf steht senkrecht und ist von der Seite gesehen so lang wie hoch; sein zartgerandeter Scheitel ist wagerecht und zeigt in seiner Mitte eine vertiefte Längs- linie; die Stirne fällt stark ab, der zusammengedrückte, vorspringende Kopfschild steht senkrecht, der Gesichtswinkel ist ein gerader. Die vorstehenden, grossen, gekörnten Augen stossen an den Vorderrücken, ihr innerer Rand ist ausgeschweift. Die langen Fühler sind ın der Mitte des unteren Augenteils eingefügt; ihre drei letzten Glieder sind gleich stark; die beiden letzten sind zusammen nur wenig länger als das zweite. Das trapezförmige Pronotum ist ziemlich horizontal, hat ziemlich geschweifte Seiten und Basis, wenig ausgebildete Buckel und breit angelegten vorderen Halsring. Der kurze dreieckige Xyphus ist ziemlich eben und kaum gerandet. An den weissgezeichneten Halbdecken ist der (häufig verkürzte) Keil fast wagerecht. Die ziem- lich langen Beine haben Schienen mit feinen, langen Dörnchen; an den hinteren Tarsen ist das erste Glied nur kurz und das zweite so lang wie das dritte; die leicht gekrümmten Klauen sind ziemlich lang, die Haftläppchen kaum erkennbar. Nach Reuter. 92 (488) rufescens Burn. Rufus, elytris macula basali apicaligue pallida, apice nigris; femoribus subtus setosis. Long. 11/3‘ BuRMEISTER. Bald heller (9), bald dunkler (3) rötlichbraun und oben mit ziemlich langen, abstehenden, gelbbräunlichen Härchen besetzt, dabei (bis auf den glatten, glänzenden, an seinem Ende meist dunklen Hinterleib) ziemlich matt und glanzlos; die ausgebildeten Exemplare (forma macroptera) mehr länglich, die unausgebildeten (forma brachy- ptera) fast rautenförmig mit nach hinten erweiterten Halbdecken. Der grosse, gewölbte, abschüssige Kopf ist meist dunkelbraun; der Schnabel reicht bis zu den Hinterhüften. Die etwa körperlangen (bei den Männchen länger als bei den Weibchen), gelblichweissen bis braunroten Fühler sind verhältnismässig dick. Das mehr weniger runzelige Pronotum hat Seiten und Grund geschweitt, ist an seinem Grunde etwa zweimal so breit wie am vorderen Rande und (bei der form. brachypt.) nur wenig gewölbt. Das Schildchen zeigt meist einen dunkeln Fleck in jedem Grundwinkel. Die Halbdecken sind schmutzigweiss gefleckt (ein dreieckiger weisser Fleck am Grunde, ein viereckiger um den Keil, bei der geflügelten Form noch ein weiterer kleiner weisser Fleck am Ende des Clavus); die Membran ist (bei der makropteren Form) rauchbraun mit hellem, durchschei- nendem, fast viereckigem Fleck; sind die Halbdecken (und zwar in beiden Geschlechtern) ausgebildet, so überragen sie flach weit den Hinterleib, während sie, wenn verkürzt, weder Keil noch Membran zeigen, nach hinten zu breiter und dabei fast geradlinig schräg von aussen nach innen vorne abgestutzt sind. Die rostfarbenen Beine sind an den Hüften heller, am Schenkelende dunkelbraun, am Schienen- ende und an den Tarsen blasser. Länge 3—5 mm (die kurzflügelige Form meist nur 3—3'!/2 mm). Halticus rufescens Burmeister, Handhb. d. Entom. 1855, U, p. 278, 4 (form. brachypt.). — 13 — Capsus coryzoides HERRICH-SCHÄFFER, Wanz. Ins. IV, 1838, p. 35, fig. 387 (9 macropt.). — Thomson, Op. ent. IV, 442, 85. Capsus brachypterus BoHEMAN, Gotl. Ins. Faun. in Vet. Akad. Handl. 1849, p. 254. — KırscHsaum, Rhynchot. Wiesbd. 1855, p. 14, 71 und 115, sp. 78 (form. brach.). Capsus rufescens FLoR., Rhynchot. Livld. 1860, I, p. 543, 41 f. brach.). Eroticoris rufescens DovscLas and Scott, Brit. Hemipt. 1865, p. 472, 1 und tab. XIV, fig. 6 (9 brach.). — Reuter, Revis. crit. Caps. 1875, p. 107, 1. — Saunpers, Synops. of brit. Hemipt. Het. 1946, 0,.281..1, Allodapus coryzoides FIEBER, Europ. Hemipt. 1861, p. 262. Allodapus rufescens Scott, Entom. Ann. 1864, 161, 1, tab. I, fig. 4 (d f. brach.). — Saunpers, Hemipt. Het. of the brit. isl. 1892, p. 266 und plate 24, fig. 9. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 117. — Reuter, Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, p. 138, 1 und tab. V, Be. 9,02 Piron,; Cat. 1899,.p: 65, 1, Nassau: Caps. brachypt. Bon. @ zwei Exemplare auf Calluna vulgaris Sauısp. bei Wiesbaden im Walde zwischen dem Turnplatz und Adamsthal gefangen; 8. KırschBaum. — Thüringen: forma macro- ptera von Dr. SCHMIEDERNECHT gefangen. FokKkER. — Mecklenburg: Ich besitze nur ein Männchen mit entwickelten Decken und Flügeln, welches in der Nähe von Stavenhagen gefunden ist. Rapparz. — Schlesien: Unter Heidekraut (Calluna vulgaris); ist wegen seiner Weichheit und Schnelligkeit, wie auch wegen seines steten Aufent- haltes in dichtem Heidekrautgewirre sehr schwer unverletzt zu fangen. Auf mit Heidekraut und Nadelholz bewachsenen Hügeln zwischen Konradsthal und Adelsbach unfern Salzbrunn (sparsam). Ein zweiter Fundort ist mir bisher noch nicht bekannt geworden. ScHoLZz. — In bergigen Gegenden, unter Calluna vulgaris und Moos, im Juni; selten. Riemberg u. s. w. Assmann. — Bei Berlin. BuRrMEISTER. Habitat in collibus et pratis, praecipue vespere cursitans; ın Erica (Sauxpers) et Calluna vulgari (For, KırschBaum); sub muscis in pratis silvosis; in societate cum Atta structori (BEDEL), cum Formica (Puron); Fennia meridionalis! usque in Tavastia; Alandia!; Got- landia!; Suecia meridionalis!; Livonia; Rossia media et meridionalis (Astrachan) ; Dania!; Britannia; Belgium; Gallia!; Helvetia; Ger- mania (Mecklenburg, Borussia, Saxonia, Silesia, Wiesbaden); Austria; Hungaria; Italia (Sezzi!). Reuter (1891). — 124 — [Schweiz: Morsee, nicht häufig (ForeL). Ein Stück fand MEYEr- Dür vor vielen Jahren auf Sumpfgras am Badweiher bei Burgdorf. Die Art scheint überhaupt selten und spärlich vorzukommen. FREY- GEssneR. — Niederösterreich: Bei Gresten auf Waldblössen; sehr selten. SCHLEICHER. — Livland: Selten; auf Heidekrautflächen, im Juli, August. Fror. — Skandinavien: In gramine locis umbrosis rarlar. BoHEman. — England: Rare, on Erica . . . generally occurs in the evening. SAunDERS.| Omphalonotus Reur.! Von länglicher Gestalt; der dreieckige, senkrecht gestellte Kopf ist so lang wie breit und von der Seite gesehen kürzer als hoch; der ungerandete, horizontale Scheitel ist hinter den Augen nicht eingeschnürt; die Stirne ist fast senkrecht und leicht gewölbt; der gleichfalls senkrechte Kopfschild ist zusammengedrückt, stark vorspringend, an seinem Grunde von der Stirne scharf abgesetzt; der Gesichtswinkel ist gerade. Die Augen stossen an das Pronotum, ihr innerer Rand ist ziemlich gerade, gegen ihr Ende weichen sie auseinander. Die langen Fühler sind in der hinteren Augenlinie, innseits (d. h. weiter nach unten und weiter nach innen), eingelenkt; ihr erstes Glied überragt nicht das Ende des Kopfschilds; die drei letzten Glieder sind schlank, unter sich gleich, stäbchen- förmig; die beiden letzten Glieder sind zusammen weit länger als das zweite. Das Pronotum zeigt einen ziemlich breiten Halsring (der bei der brachypteren Form nur seitlich hervortritt) und ist am Grund wie an den Seiten geschweift; es besitzt grosse, aus- gebildete Buckel (Schwielen), die bei der kurzflügeligen Form hoch- gewölbt sind, nahezu ineinander verschmelzen und so einen in seiner Mitte gefurchten Buckel bilden. An den weiss gezeichneten Halb- decken ist der Keil leicht herabgebogen. Der länglich-dreieckige Xyphus ist hochgerandet. An den langen, schlanken Beinen sind die Schienen mit zarten Dörnchen besetzt; an den hinteren Tarsen ist das erste Glied kurz und das zweite etwas länger als das dritte; die Klauen sind ziemlich lang und leicht gekrümmt; die Haftläppchen fehlen. — Diese Gattung hat mit der folgenden (Systellonotus FEB.) viel Ähnlichkeit, unterscheidet sich jedoch von derselben durch den senkrecht gestellten Kopf, durch den stark vorspringenden, an seinem ! Kopf nebst Bruststück (von oben, wie von der Seite) siehe in Reuter, Hem. Gymn. Eur. IV, 1891, tab. I, fig. 28! — 15 — Grunde von der Stirne stark abgesetzten Kopfschild, durch die an den Vorderrücken stossenden Augen, sowie durch die mehr unter- seits eingefügten Fühler. Nach REUTER. 93 (489) quadriguttatus KıIRScHB. C.qu. @: 1!/3“ long., '/s“ lat. thor., '/s‘ lat. abdom., oblongus, laevis, parum nitens, niger; capite thorace latiori; antennis corporis fere longitudine, fuscis, basi dilute luteis, art. 1 capite breviore; prothorace longo, fere aeque lato, gibbo; hemielytris abbreviatis nigris, opacis, fascia antica maculaque postica pellucide-albis; ab- domine finem versus dilatato, margine laterali concolore, elevato; pedibus dilute luteis, femoribus excepta bası fuscis. KırscHBaum. (Nach einem am 8. 7. 1854 bei Mombach gefangenen Weibchen.) Länglich (die form. macr. gleichseitig, die f. brach. nach hinten zu etwas erweitert), schwarz, kaum glänzend und kahl oder ganz kurz, fein, anliegend, weisslich behaart. Der gelblichweisse Schnabel reicht bis zum Ende der mittleren Hüften; sein erstes Glied ist wie seine Spitze dunkel. Die bräunlichen Fühler sind kaum länger als der Leib (einschl. Halbdecken); ihr erstes Glied ist oben, ihr zweites unten hellgelblich; das zweite Glied ist viermal länger als das erste. Das Pronotum hat stark geschweifte Seiten und ist bei der brachy- pteren Form (nicht bei der makropteren!) am Grunde deutlich breiter als lang; sein vorderer Einschnitt ist oft nur an den Seiten ange- deutet. Die Halbdecken sind entweder ausgebildet (forma macro- ptera), überragen dann den Hinterleib und besitzen eine (samt Adern) schwärzliche Membran, die gegen das Keilende einen viereckigen helleren Fleck aufweist, oder sie reichen (forma brachyptera) nur wenig über die Hinterleibsmitte hinaus, sind abgerundet und schief nach innen abgestutzt, wobei Keil und Membran fehlen. Eine Binde am vorderen Teil des Corium, ein hiemit zusammenhängender kleiner Fleck am Clavus und ein abgerundeter dreieckiger Fleck an der Spitze des Corium sind von schneeweisser Farbe. Die Beine samt Hüften sind weissgelblich, nur die Oberschenkel zeigen zum grössten Teil dunklere Färbung. Die kurzflügelige Form misst 3, die lang- Nügelige etwa 4 mm. Die Zeichnung der Halbdecken verleiht dieser Art eine gewisse Ähnlichkeit mit $. triguttatus L. Capsus quadriguttatus Kırschgaum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, p- 10 und 45, sp. 29, sowie p. 126, 5. Eroticoris quadriguttatus Arkısson, Cat. of Caps. 1889, p. 117. u u: Omphalonotus quadriguttatus Reuter, Pet. Nouv. Entom. 1876, II, p. 27. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1891, IV, p. 136, 1. — Puron, Cat. 1899, p. 65, 1. Elsass-Lothringen: Trois exemplaires pris en juillet sur les herbes d’un pre aride situ& ä la lisiöre meridionale de la for&t d’Il- kirch. (R.) Reiser-Puroxn. — Nassau: Nur ein Weibchen auf einer Blösse des Mombacher Kiefernwaldes am 8. Juli 1854 gefangen. Kırsch- Baum. — Thüringen: Von Dr. SCHMIEDERNECHT zwei Exemplare ge- fangen. FOKKER. Habitat in Gallia (Lyon, D. Rey); Alsacia!, D. Reıger; Germania (Wiesbaden, D. KırscHtaum); Austria (Neuhaus!, D. P. Löw); Hun- garia centralis (Pesth!, D. Dr. Horvara) ; Illyrıa (Görz!, D. Dr. Hensch). Reuter (1891). Systellonotus Fire. Die Männchen länglich, die Weibchen mit kugelig erweitertem, an seinem Grunde stark eingeschnürtem Hinterleib. Der Kopf ist beım Männchen ziemlich klein, beim Weibchen hingegen grösser, gewölbt, nickend, von oben gesehen ziemlich eiförmig. Der Scheitel ist beim Männchen horizontal, beim Weibchen gewölbt, ungerandet, hinter den Augen mehr oder weniger eingeschnürt. Die Stirne ist steil abfallend. Der an seinem Grunde mit der Stirne ziemlich zu- sammenfliessende Kopfschild ist zusammengedrückt und leicht vor- springend. Der Gesichtswinkel ist beim Männchen stark spitz, beim Weibchen ziemlich stumpf. Die Kehle ist lang und schräg. Die halbovalen Augen stehen vom Pronotum ab, ihr innerer Rand ist beim Männchen breit gebuchtet, beim Weibchen ziemlich gerade, gleichlaufend. Das erste Schnabelglied ist kurz. An den langen Fühlern sind die drei letzten Glieder gleich stark; das zweite Glied ist gegen die Spitze zu mehr oder weniger verdickt; die beiden letzten Glieder sind zusammen weit länger als das zweite. Das Pro- notum hat eine ziemlich breite vordere Einschnürung und kaum an- gedeutete Buckel; es ist beim Männchen trapezförmig, gegen sein Ende zu gewölbt-abfallend, an seinem Grunde breit gebuchtet. Der Xyphus der Vorderbrust ist gleichseitig dreieckig und ungerandet. Der Hinterleib des Weibchens ist an seinem Grunde zusammen- geschnürt. Die weissgezeichneten Halbdecken sind beim Männchen ausgebildet (mit etwas schiefem, nach aussen herabgezogenem Keil), * Kopf (von verschiedener Richtung aus) sowie Körperform des Weibchens siehe in Reuter, Hem. Gymn. Eur. IV, 1891, tab. I, fig. 26 ff. —- Bi -— beim Weibchen meist ziemlich stark verkürzt. An den langen Beinen sind die Schienen mit kleinen, zarten Dörnchen besetzt; an den hinteren Tarsen ist das erste Glied kurz; die Haftläppchen sind ver- schwindend klein. — Die Arten dieser Gattung leben zwischen Pflanzen an trockenen Orten, häufig auch bei Ameisen, gesellschaftlich in deren Haufen. Das kurzflügelige Weibchen ist den Ameisen sehr ähnlich. Nach REUTER. 94 (490) triguttatus L. Bräunlich (die Weibchen heller, die Männchen dunkler) und allseits (Kopf, Vorderrücken, Schildchen, Halbdecken, Hinterleib) mit langen, abstehenden Haaren besetzt, das häufigere Männchen makropter, das sehr seltene, ameisenähnliche Weibchen brachypter. — Das längliche, dunkelbraune Männchen hat rost- farbene (schokoladebraune) Halbdecken, die den Hinterleib voll- ständig überdecken, über das Corium zwei silberweisse Querbinden (die eine kurz vor seiner Mitte, die andere an der Spitze), sowie einen weissen Mondfleck in der Mitte des Clavus; alle diese weissen Flecke sind dunkelbraun eingesäumt; oben und unten ist der Clavus, gleich dem Cuneus, rotbraun. Die rauchbraune Membran hat schwärz- liche Adern und am Keilende einen durchscheinenden Fleck; die Flügelzelle hat keinen Haken. Das gewölbte, nach vorne abschüssige Pronotum ist kaum breiter als lang, sein Grund zweimal breiter als sein Ende und an den Seiten leicht geschweift; gegen die Spitze ist es stark verschmälert, so dass der Hinterleib gestielt erscheint. Das gewölbte Schildchen hat einen leichten Quereindruck. Der rost- farbene Schnabel reicht bis zum Ende der Mittelhüften. Die Augen springen leicht vor. An den dunkelbraunen Fühlern ist das erste Glied blass rostgelb; das zweite nicht ganz dreimal so lang wie das erste und gegen sein Ende zu leicht verdickt; das dritte kaum kürzer als das zweite und ganz am Grunde weisslich; das vierte etwas kürzer als das dritte. An den rostfarbenen Beinen sind die Schienen und die Hinterschenkel dunkler; Länge 4 mm. — Das seltene, etwas hellere und stärker (bezw. länger) behaarte, kurzflügelige Weibchen unterscheidet sich vom Männchen durch seinen grösseren, stärker gewölbten Kopf, der breiter ist als der Pronotumgrundrand (einschl. Augen um etwa '/s), dabei weit länger als (samt Augen) breit; sein breiter, gewölbter Scheitel ist hinter den Augen stark eingeschnütt. Das nahezu viereckige Pronotum ist quer gewölbt, am Grunde so breit wie lang, hinten und vorne fast gleich breit, sein Grundrand — 733 — abgestutzt. Das gewölbte Schildchen ist in seiner Mitte nicht ver- tieft. Die rostfarbenen (zimmtbraunen) Halbdecken sind stark ver- kürzt (rudimentär, die Flügel selbst fehlen ganz), nur zweimal so lang wie das Schildchen, so dass sie gerade die stielförmige Ver- schmälerung des Hinterleibs bedecken; an ihrem Ende sind diese lederartigen Decken einzeln breit abgerundet; hinter der Mitte, kurz vor der Spitze, findet sich auf denselben eine silberweisse Querbinde, die bis zur Kommissur reicht und vorne wie hinten dunkelbraun gesäumt ist; Clavus, Keil und Membran fehlen. Der gestielte, kuge- lige, schwarzbraune Hinterleib ist dicht mit langen, abstehenden Härchen besetzt. An den körperlangen Fühlern überragt das erste Glied nicht das Ende des Kopfschilds; das an seinem Grunde weisse dritte Glied ist kaum kürzer als das zweite, das dunkle vierte Glied etwas kürzer als das dritte. Die langen, schlanken Beine sind rost- farben ; die Ränder der Schenkel mit Haaren besetzt. Länge 3!/z mm. Diese einzige deutsche Art der 6 paläarktischen Systellonotus unterscheidet sich (und zwar Männchen wie Weibchen) von ihren ausländischen Vettern durch ihre oberseitige lange Behaarung, durch ihre helleren (rostfarbenen) Halbdecken, durch den weissen Halb- mondfleck auf dem Clavus (der mit der vorderen Coriumbinde keinen Zusammenhang aufweist), sowie durch das Fehlen des Hakens an der Flügelzelle. Oimex triguttatus Lisn&, Syst. Nat. Ed. XII, 1767, 729, 94.2. — P. Mörter, Linn. Nat. 1774, V, 500, 94. Miris triguttatus LATReıLre, Hist. Nat. 1804, XII, 227, 27 nec FArıcıus! Oyllecoris triguttatus Hann. Wanz. Ins. 11, 1834, p. 99, fig. 183, d. Capsus triguttatus FaArLL£en, Mon. Cim. 1807, 101, 11. — Hemipt. Suec. 1829, 121, 12. d. — HERRICH-SCHÄFFER, Nom. entom. 1835, p. 48. — Wanz. Ins. IX, 1853, Ind. p. 41. — Meyer, Schweiz. Rhynchot. 1843, 90, 74, d. — F. SaHtBERG, Geoc. Fenn. 1848, 92, 2, d. — KırscHBAum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, p. 11, 51 und 110, sp. 40, 39. — Fror, Rhynchot. Livl. I, 1860, 480, 8, 9. — THomson, Opusc. entom. 1871, 443, 86, d9. Lopus triguttatus Westwoon, Introd. to the mod. class. of ins. 1840, II, Syn. p. 121 ut typus. Tristrangus Amvot, Entom. fr. Rhynchot. 1848, p. 181, No. 194. Systellonotus triguttatus Fıeger, Criter. 1859, 38 ut typus. — Europ. Hemipt. 1861, p. 324. — Dovsras and Scort, Brit. Hemipt. a 1865, 370, 1 und plate XII, fig. 2, SQ. — SAunpers, Synops. of brit. Hemipt. Het. 1875, 283, 1. — Hemipt. Het. of the brit. isl. 1892, p. 265 und plate XXIV, fig. 8. — Reuter, Revis. criter. caps. 1875, p. 105, 1. — Revis. synon. 1888, II, p. 291, No. 267. — Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, p. 125, 1; tab. I, fig. 26, 9; tab. VI, fig. 5, d. — Atkinson, Cat. of Caps. 1889, p. 116. — Purton, Cat. 189942 65; 1. Bayern: Bei Augsburg selten; bei Nürnberg selten nach Hann. KırreL. — Bei Bamberg unter Heidekraut. Funk. — Württemberg. Roser. — In der Umgebung Ulms, 6—9, nicht gerade selten. HüEBER. — Eilsass-Lothringen: Metz, Remilly; assez rare. ReiBER-Puron. — Nassau: Bis jetzt nur wenige Exemplare (3 9) auf einer Wiese am Rhein unterhalb Mombach gefangen; 6—7. — Furren erwähnt d und 9, ohne etwas von abgekürzten Halbdecken zu sagen, es scheinen also Weibchen mit entwickelten Flugorganen vorzukommen. (?! H.) Ich hatte lange vergeblich nach 2 gesucht, bis ich endlich das eine Exemplar, das der Beschreibung zu Grunde liegt, erhielt. Aus andern Sammlungen, aus denen ich mir diese Art zur Ansicht erbat, erhielt ich immer nur d. Auch SanLgere (Mon. Geoc. Fenn. p. 92) erwähnt, dass er nie ein @ sah. Kırschsaum (1855). — Thüringen: Von Dr. SCHMIEDEKNECHT gefangen. FoKkkER. — Schleswig-Holstein: Findet sich namentlich am Meeresstrande zwischen und auf den Strand- gräsern; die Männchen häufig, die Weibchen sehr selten. Bei Sonder- burg vom Mai bis Ende August. Wüsrnei. — Mecklenburg: Von Ende Juni bis Anfang August auf sterilem Boden zwischen den spärlichen Gräsern umherlaufend, mitunter zahlreich, namentlich die Männchen. Letztere habe ich auch einmal in grosser Anzahl an den Pflanzen eines üppig bewachsenen Grabenufers zwischen Troitenwinkel und Schwienkuhlen getroffen. Rapparz. — Schlesien: Auf Wiesen und auf Heiden, nicht selten. Wiesen zwischen Scheitnich, Schwoitsch und Zimpel unfern Breslau; Blocksberg bei Charlottenbrunn unter Erica vulgaris. Erscheint in der Ebene Anfang Juni. ScHoLz. — In der Ebene und in den Vorbergen, auf Wiesen, im Juni, ziemlich selten; um Breslau ... Assmann. — Provinz Preussen. BRISCHKE. Auf Wiesen und Heiden unter Erica, durch Europa ver- breitet. FIEBER. Habitat in campis et collibus in pascuis aridis, ad radices gra- ıminum, in ericetis, etiam in umbellatis (FaLr£n); in domiciliis For- micae fuscae feminam invenit DoucLas; pluries feminam legi ut etiam Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 9 — BD — marem sub lapidibus in societate cum Lasio nigro, in cujus acervis nonnullas feminas semel inveni. Per maximam partem territorii oceurrit: Fennia meridionalis!; Suecia media et meridionalis!; Nor- vegia meridionalis; Livonia; Curonia; Dania!; Britannia; Batavia; Belgium; Gallia; Germania tota; Helvetia; Silesia, Bohemia, Austria, Carinthia; Tirolia; Ilyria; Liguria; Hungaria; Halicia; Romania, Dobroudja; Rossia (Moskva, Vilna, Orenburg, Tauria, Sarepta). Reuter (1891). [Schweiz: Eine äusserst niedliche, doch stets nur sehr einzeln vorkommende, seltene Art; bei Genf... Ein sehr schönes Exemplar fand ich am 5. Juni auf der Röthefluh ob Solothurn 3950° ü. M. Meyer. — Auf trockenen, kurzrasigen Wiesen, auch auf Erica an Waldsäumen, meist einzeln und selten, von Anfang Juni bis Ende August. ... Im Jura bei Aarau an mehreren Stellen; einmal fünf Exemplare von einem verwilderten Kleeacker an der Gysulafluh. Frey-Gsssxer. — Steiermark: Auf Rainen bei Steinbrück am 26. Juli ein 9. StrosL. — Niederösterreich: Bei Gresten auf trockenen Wiesen, selten. ScHLEicHER. — Böhmen: Von dieser dimorphen Art ist mir nur das Männchen bekannt; bei Sobieslau fand ich es einigemal an trockenen Feldrainen und an einem sandigen Waldrande unter Cal- luna und Verbascum in dürrem Grase, 7 und 8; nach D. T. auch bei Eger (St. Anna) auf Calluna gestreift, 6; das ameisenähnliche Weibchen ist mir bisher nicht vorgekommen. Dupa. — Livland: Das Weibchen hat durch seine Gestalt und Behendigkeit grosse Ähn- lichkeit mit einer Ameise. Auf trockenen Bergwiesen und mit Heide- kraut bewachsenen Flächen nicht selten; im Juni und Juli. — Die Seltenheit der Weibchen erklärt sich leicht dadurch, dass sie, am Boden hinlaufend, nur sehr schwer zu finden sind; zuerst erwähnt ihrer Kırscusaum. Fror. — England: Often found in company with ants, which the 9 very closely resembles in general form. SAunDERs.| Capsus thymi SIGNoRET, Nouveau guide de l’Amat. d’Ins. 1859, p. 49. — Systellonotus thymi SıGnoRET, Ann. Soc. Entom. Fr. V, 1865, p. 125. — Reuter, Öfv. Finska Vet. Soc. Förh. XXI, 1879, p. 180. — Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, p. 130, 5 und tab. VI, fig. 6. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 116. — Puron, Cat. 1899, p- 65, 7: „species a reliquis clavo fascia alba destituto mox distincta, wurde bis jetzt nur in Frankreich auf Thymus gefunden. Nach Reisger-Puron: „un individu du mont St. Blaise — (bei Metz. H.) IE — Juin 1882, Bellevoye. Das Männchen ist (nach Reuter) länglich, 4 mm, und, Fühler wie Beine inbegriffen, von schwarzbrauner Farbe; ebenso der einfarbige Clavus, während das Corium 2 schnee- weisse Binden zeigt (eine vor der Mitte, die andere an der Spitze); der Kopf ist hinter den vorstehenden Augen in einen ganz kurzen Hals zusammengezogen; das zweite Fühlerglied ist gegen die Spitze zu allmählich ziemlich verdickt, das dritte Glied ist deutlich kürzer als das zweite; das Pronotum ist an seinem Grunde etwa andert- halbmal breiter als am Halsring. In der Hoch-Schweiz und in entsprechend anderen euro- päischen Höhenlagen lebt (nach Dr. Puron auf Thymus serpyllum) der Systellonotus alpinus (FREY-GESSNER, Mitteilg. d. Schweiz. Entom. Ges. IV, 1872, p. 21, tab. 1, fig. 3. — Reuter, Öfv. Fiuska Vet. Soc. Förh. 1879, XXI; — Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, p.128, 3); Frey-Gessner schreibt in No. 7, Bd. 3 (Jan. 1871) der Mitteilg. d. Schweiz. Entom. Ges.: „Von diesem prächtigen Insekt steckte s. Z. ein Exemplar in Herrn Mever’s Sammlung unter $. triguttatus. Woher? Rhonegletscher? Diesen Sommer fand ich eine Puppe und ein hübsch ausgewachsenes Stück ob Zinal im kurzen Gras der Tracuitalpwand. Die Art stimmt in Gestalt und Kolorit ziemlich mit S. triguttatus überein, ist aber mindestens doppelt so gross.“ — Nach Reuter 1. c. ist Kopf, Vorderrücken und Schildchen nur spar- sam und kurz behaart; Halbdecken dunkelbraun; der Kopf weit länger als samt den Augen breit, hinter den Augen in einen ziem- lich langen Hals kräftig zusammengeschnürt; Beine sehr lang; die braunen Halbdecken überragen sehr weit den Hinterleib ; die vordere Coriumbinde setzt sich in eine weit schmalere (fast strichartige) über den Clavus hin fort; @ 5, d 6'/e mm lang. Pilophorus Hanx'. Von länglicher oder länglich-ovaler, in der Mitte mehr oder weniger eingeschnürter Körperform. Kopf nickend, schon von Grund aus abwärts streichend, dabei gleichseitig dreieckig und, von der Seite gesehen, weit kürzer als hoch; der Scheitel scharf gerandet, sein zugespitzter Rand dem scharfen Pronotumende aufliegend; der ! Kopf (von vorne und von der Seite) siehe Reuter, Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, tab. I, fig. 23 a und b. 9%* an seinem Grunde mit der Stirne zusammenfliessende Kopfschild eingedrückt, nicht vorspringend. Augen weit auseinander, nicht vorstehend, hinten flach gedrückt, sich noch etwas auf die vorderen Pronotumwinkel ausdehnend, bezw. nach rückwärts verlängert, an ihrem Ende auseinander weichend. Das erste Schnabelglied überragt nicht den Kopfgrund. Basis und Seiten des Pronotum geschweift, seine vordere Einschnürung schmal, vertieft, vom Scheitelrand über- deckt. Schildchen gegen die Spitze zu gewölbt, seine Ränder herab- gedrückt. Der Xyphus der Vorderbrust gleichmässig dreieckig, ziem- lich flach, leicht gerandet. Die Halbdecken zeigen abwechselnd glänzende und matte Stellen, sowie weisse Schuppenbinden; der äussere Coriumrand ist gegen sein Ende zu erweitert, der Keil stark geneigt, nach aussen herabgebogen, die Flügelzelle besitzt einen deutlichen Haken. Die Fühler sind innseits der die Augenenden verbindenden Linie eingefügt; das erste Fühlerglied reicht nicht bis zum Ende des Kopfschilds; das zweite Glied ist gegen sein Ende zu verdickt, die letzten Glieder sind schlank, kurz und zusammen- genommen meist nicht so lang wie das zweite. ‘An den Beinen sind die Hinterschienen zusammengedrückt, (öfters auch leicht gebogen) und mit ganz kurzen, kleinen Dörnchen besetzt. An den hinteren Tarsen ist das erste Glied kurz, das zweite so lang wie das dritte; die Haftläppchen sind ziemlich gross, an ihrem Grunde weichen sie auseinander, gegen das Ende zu schliessen sie sich zusammen. — Die Arten dieser Gattung finden sich zwischen Kräutern an trockenen Orten, häufig in Gesellschaft von Ameisen, mit denen sie auch in deren Haufen zusammenleben. Das kurzflügelige Weibchen hat sehr grosse Ameisenähnlichkeit. Nach ReuTeERr. Übersichtstabelle der/Arten der Gattung®Pilophorus Harn nach Reuter, Hemipt. Gymnoc. Eukoß. IV DDR 1. (12.) Das zweite Fühlerglied gegen sein Ende zu allmählich ver- dickt. Kopf von vorne gesehen fast gleichseitig dreieckig. . (9.) Leib einschliesslich Halbdecken ohne abstehende Haare. . (4) Leib ziemlich breit und kräftig. Halbdecken hinter der zweiten Binde in ihrer ganzen Breite glänzend dunkel. Viertes Fühlerglied weisslich, nur in seinem letzten Drittel dunkelbraun. l. cinnamopterus KıRSCHB. 4, (3.) Leib ziemlich schmal. Halbdecken mit hinter der zweiten Binde nur ausserhalb der Cubitalader glänzendem Corium. Drittes Fühlerglied braungelb oder weisslich mit dunkelbrauner Endhälfte ; das dunkelbraune vierte Glied an seinem Grunde fast zu ein Drittel weisslich. [SU Ss) —. 13 — SL (6.) Die Binde am Ende des Clavus liegt vor der hinteren Coriumbinde. 2. clavatus L. . (5.) Die Binde am Ende des Clavus liegt in gleicher Höhe mit der hinteren Coriumbinde und fliesst mit ihr in eins zusammen. (8.) Grösser. Pronotum nach hinten ziemlich verbreitert. Kopf von vorne gesehen fast um ein Drittel schmäler als der Grund des Pronotum. 3. perplexus Deu. et Sc. (7.) Kleiner. Pronotum nach hinten weniger verbreitert, seine Seiten stärker geschweift. Kopf nicht oder nur wenig schmaler als der Grund des Pronotum. 4. pusillus REUT. . (2.) Mindestens auf den Halbdecken lange, aufgerichtete Haare. Der Grund des dritten Fühlerglieds breit, jener des vierten schmal weiss. An den Halbdecken fliesst die Clavusbinde mit der Corium- binde in eine gerade Linie zusammen. 10. (11.) Kleiner und breiter. Das vierte Fühlerglied länger als das dritte. An den Halbdecken ist nur der äussere Teil des Corium sowie der Keil von dunklerem Braun. 5. confusus KIRSCHB. [11. (10.) Grösser und schmäler. Das vierte Fühlerglied nicht länger als das dritte. Halbdecken hinter der zweiten Binde in ihrer ganzen Breite schwarz.... der griechische 6. angustulus Reur.] 112. (1.) Zweites Fühlerglied an seiner Spitze stärker und unver- mittelter verdickt. Halbdecken ... . der turkestanische 7. {sp} I RR Me) sinuaticollis Reur.| 95 (491) einnamopterus KırscHB. C. ater elytris testaceis: strigis duabus albis. Faprıcıus. Caps. cinnamopt. dg: 2° long., °Ja“‘ lat., oblongus, postice paullo latior, niger, supra parum nitidus, infra nitidus, subtilissime fulvo-pubescens; oculis capitis marginem posticum superantibus; antennarum artic. 2 basi fusco, apicem versus aliguantum incrassato, nigro, 4 basi albido; prothorace trapeziformi, postice latiore quam longiore; hemielytris cinnamomeis, opacis, postice nigricantibus, nitidis, pube nivea, fascias duas angustas formante, ornatis; scutello pectorisque lateribus pube nivea strigatis; pedibus fuscis. KırscHBAun. Länglich, nicht gerade schmal, nach hinten etwas breiter werdend, schwarz, mässig glänzend (unten mehr als oben) und mit ganz zartem, anliegendem, wenig auffallendem, gelb- bräunlichem Haarflaum bedeckt (während die Behaarung der Unterseite etwas stärker ist). Der gleichseitig dreieckige, glatte, glänzende, bald schwarze, bald kastanienbraune Kopf ist fast senk- recht nach unten geneigt und schmaler als der Grund des Vorder- rückens. Der pechbraune Schnabel reicht bis zu den hinteren Hüften. An den nicht ganz (?/s) körperlangen Fühlern ist das rotbraune erste — 14 — Glied etwa '/s so lang wie der Kopf; das zweite Glied ist fünfmal länger als das erste, rötlichbraun, gegen sein Ende zu etwas verdickt und daselbst dunkler; das dunkle dritte Glied ist an seinem Grunde gelblich; das weissgelbe vierte Glied hat eine dunkelbraune Spitze; die beiden letzten Glieder sind untereinander gleich und zusammen um ein Drittel kürzer als das zweite. Das schwarze, trapezförmige, gewölbte, gegen die Schulter sehr erweiterte Pronotum ist an seinem Grunde weit breiter als lang; seine Seiten sind leicht geschweift, seine Fläche wenig glänzend und verschwommen runzelig. Das grosse, schwarze, dreieckige, glatte, glänzende Schildchen ist silber- weiss (durch leicht abstreifbare Schuppenhärchen) gestrichelt. Die mattzimmtbraunen Halbdecken zeigen 2 schmale weisse Schuppen- binden und einen ebensolchen Punkt am innern Keilwinkel; die vordere Binde ist am Clavus abgebrochen, während die hintere gerade und ununterbrochen über den Olavus fortzieht. Hinter der zweiten Binde, in ihrem letzten Drittel, sind die Halbdecken in ihrer ganzen Breite (einschl. Keil) dunkel und glänzend. Das Corium ist etwas gewölbt, hinten ausgebaucht, Keil und Mem- bran sind stark herabgebogen; die schwärzliche Membran hat braune Adern. Die dunkle, glänzende Brust hat rechts wie links einen weissen Strich, der Bauch an seinem Grund einen weissen Fleck. An den dunkelbraunen Beinen sind die Schenkel am Grunde zimmtbraun, ebenso die Hüften. Länge rund 5 mm. — Diese Art ist breiter und stärker als die anderen ihrer Gattung (als confusus Ke. und besonders als der ihr sonst sehr ähnliche P. elavatus L.), auch sind ihre Halbdecken heller’ ziımmtbraun, ihr Vorderrücken ist breiter, ihr fehlt die abstehende Behaarung, die glänzende Stelle des letzten Halbdeckendrittels dehnt sich bei ihr über die ganze Breite aus, Fühler, Hüften und Halbdecken zeigen andere Färbung. Cimex bifasciatus Faprıcıus, Syst. Entom. 1775, 725, 142. Ligaeus bifasciatus Faprıcıs, Entom. Syst. 1794, IV, 177, 152. Capsus bifasciatus Fagrıcıus, Syst. Rhyng. 1803, 242, 7. — LareeıLLe, Hist. Nat. 1804, XII, 230, 70. — ZETIERSTEDT, Faun. Lapp. 1828, 497, 2. — Ins. Lapp. 1840, 277, 2. Pilophorus bifasciatus Westwoop, Introduct. 1840, II, Syn. p. 121; vielleicht! | Capsus cinnamopterus KırschBAum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, p. 15, 72 und 116, sp. 81 sowie p. 135, 10. — Firor, Rhynchot. Livls. 1860, I, p. 572, 60. | EEE Se Camaronotus ceinnamopterus FIEBER, Criter. 1859, p. 34. — Europ. Hemipt. 1861, p. 314, 1. — Dovstas and Scorr, Brit. Hemipt. 1865, p. 359 und pl. XI, fig. 8. Capsus confusus Tuomson, Opusc. entom. 1871, 442, 83 partim. nec KırscHBaum! Pilophorus bifasciatus REUTER, Rev. crit. Caps. 1875, p. 85, 1. Pilophorus einmamopterus BÄRENSPRUNG, Cat. 1860, p. 80. — SAUNDERS, Synops. of brit. Hemipt. Het. 1875, p. 287, 2 teilweise! — Hemipt. Het. of the brit. isl. 1892, p. 264 und pl. 24, fig. 7. — REUTER, Revis. synon. 1888, II, p. 290, No. 265. — Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 1891, p. 113, 1 und tab. VI, fig. 2. — Arkımson, Cat. of Caps. 1889, p. 113, — Puron, Cat. 1899, p. 65, 1. Württemberg. Roser. — In der Umgebung Ulms, 7 und 8, auf Kiefern; nicht gerade selten. Bürger. — Baden: Daxlanden, Karlsruhe, Juli, August. Meess. — Elsass-Lothringen : Sur les saules, les chönes, les pommiers etc. Vosges; for&t de Walbourg. ReEiBEr- Purox. — Nassau: Beide Geschlechter bei Wiesbaden und Mombach, auf Eichen und Kiefern, z. B. hinter dem Turnplatz und im Mom- bacher Wald mit confusus und elavatus, aber nicht so häufig als letzterer; 7—8. Kırschsaun. -- Westfalen: Auf Pinus silWwestris selten, lokal zahlreicher auftretend. Von mir bei Münster auf der Coerheide 19. 8. und 5. 9. 1876 häufig geklopft. Bei Elberfeld nach CorneLıs. Westuorr. — Thüringen: Von Dr. SCHMIEDERNECHT gefangen. Forker. — Mecklenburg: Auf Kiefern in den Barnstorfer Tannen (bei Rostock) im Juli. Rapparz. — Provinz Preussen. BRISCHKE. Auf Eichen, Kiefern, Weiden in Deutschland und der Schweiz. FIEBER. Habitat in Pino sylvestri, etiam rarius in Abiete (For), plerumque in societate cum Formica rufa (Purox, SAUNDERS, ipse): Lapponia suecica!; Suecia!; Fennia! usque in Tavastia; Livonia; Britannia rar.; Batavia, Belgia rar.; Galia tota; Germania (Mecklen- burg, Stettin, Borussia, Guestphalia, Wiesbaden, Bavaria (?), Saxo- nia); Helvetia; Italia borealis (Lucca!) ; Austria (Bohemia, Carnıolıa, Tirolia); Hungaria; Dobroudja; Rossia (Charcow); Hispania (?), teste Bolivar et Chicote. Reuter (1891). [Schweiz: Auf Föhren vom Juli bis Ende September, stellenweise sehr zahlreich. $. Prex häufig (F.), . . . auf dem Jura bei Aarau im Juli am zahlreichsten. Frey-Gesswner. — Tirol: Bozen, in Gärten — Bus — (unter Kirschbäumen), Juni; Rasenstein, auf Kastanienbäumen; sonst auch auf Föhren; Juli. GREDLER. — Böhmen: Auf Kiefern nicht gemein, aber vielleicht überall verbreitet; ich kenne ihn von Neu- haus (8) und Chodau (Ende 7). Duna. — Livland: Im Juli und August auf Pinus Abies und silWvestris, nicht häufig. Fror. — Eng- land: On firs, rare! Saunpers.] 96 (492) clavatus Lim. Länglich, nach hinten zu etwas breiter, metallisch (erzfarben) schwarz (besonders an Kopf und Pronotum), mit zarten, kurzen, an- liegenden, bräunlichen Flaumhärchen bedeckt, auf der Oberseite nur wenig, auf der Unterseite mehr glänzend und daselbst auch stärker behaart. Der fast senkrechte, flache, gleichseitig dreieckige, oben dunklere, unten hellere, an den Seiten kastanienbraune Kopf ist vorne '/s schmäler als der Grund des Pronotum. Die schwarzen, länglichen, schmalen, hinten abgeplatteten Augen überragen den hinteren Rand des Kopfes. Der Schnabel reicht bis zu den hinteren Hüften. Das nach vorn gewölbte, trapezförmige, schwarzbraune Pronotum ist am Grunde breiter als lang (viel schmaler als bei P. ceinnamopt.), seine verschwommen-runzelige Fläche ist gegen das Ende zu schief geneigt, seine Seiten sind leicht geschweift. Das verhältnismässig grosse, in der Mitte erhabene Schildchen zeigt seit- lich je ein Strichel und vor der Spitze einen Punkt aus weissen, leicht abstreifbaren Schuppenhärchen. Die völlig ausgebildeten Flug- organe überragen den Hinterleib; die matten, dunkelbraunen Halb- decken sind fast gleich breit, hinter der Mitte nach aussen erweitert, gewölbt und mit der Membran nach unten gebogen; das Corium zeigt zwei weisse Binden; der Clavus hat, kurz vor der hinteren Coriumbinde, eine weissschuppige Binde, hinter welcher er, gleich Keil und Corium, fettig glänzt, letzteres jedoch mit der Einschrän- kung, dass der Glanz sich nur auf einen grossen, länglichen, vier- eckigen äusseren Fleck (ausserhalb der Cubitalader) beschränkt, wes- halb die glänzenden Stellen durch eine glanzlose Partie voneinander getrennt sind. Die Membran ist dunkelbraun; am Keilende findet sich ein durchscheinender Fleck. Die glänzende Brust zeigt beider- seits weisse Streifen, der Bauch zu jeder Seite einen ziemlich breiten, schiefen, weissen Fleck. Der Hinterleib ist beim @ stumpf, beim J spitz. An den etwas vor und unter den Augen eingelenkten, °/skörperlangen Fühlern ist das erste, gelbbraune Glied !/s so lang wie der Kopf; das zweite, in der unteren Hälfte gelbbraune Glied — 1237 — gegen sein Ende zu etwas verdickt und daselbst schwarz; das dritte in der unteren Hälfte, das vierte nur an seinem Grunde, ganz schmal, weisslich; die beiden untereinander gleichlangen dunklen letzten Glieder sind zusammen um !/s kürzer als das zweite, jedoch jedes einzeln länger als das erste. An den kastanienbraunen bis dunkel- braunen Beinen sind die (an ihrem Grunde dunklen) Hüften schmutzig- weisslich; die Tarsen an ihrem Grunde heller. Länge 4—5 mm. — Diese Art ist von allen anderen P.-Arten dadurch kenntlich, dass die weisse Binde vor dem Ülavusende weit höher sitzt, als die hintere Coriumbinde, und dass sie mit dieser nicht zusammenfliesst. Von dem sonst sehr ähnlichen P. cinnamopt. unterscheidet sich unsere Art durch ihren schmaleren Bau (besonders des Vorderrückens), durch ihre stärkere, anliegende Behaarung, durch die getrennten glänzenden Stellen der Halbdecken, durch ihre dunklere, weniger zimmtbraune Grundfarbe, sowie durch die andere Färbung der Halb- decken, letzten Fühlerglieder und Hüften. Von confusus Ks. unter- scheidet sich unsere Art durch ihre grössere Gestalt, durch ihre anliegende Behaarung, durch den Bau des Pronotum, durch die im Verhältnis zum zweiten Fühlerglied kürzeren letzten Glieder, sowie durch die hinten nicht so stark erweiterten Halbdecken. FP. per- plexus Der. Sc. ist unserer Art gleichfalls sehr ähnlich, doch ist clavatus L. grösser, mehr metallisch (bronzen) glänzend 2 WERBPE gelb beflaumt. Cimex clavatus Linn&, Syst. Nat. Ed. XII, 1767, 729, 97. — P. Mürzer, Lmw. Nat. 1774, V, 501, 95. — ?Gmerin, Syst. Nat. 1788, XII, 2163, 97, vielleicht! Cimex trilineatus: MÜLLER, Zoolg. Dan. 1776, 106, 1213, wahr- scheinlich! Cimex bifasciatus SCHRANK, Faun. Boic. 1801, 86, 1139, nec Fagrıcıus! Capsus bifasciatus FaLu£n, Mon. Cimic. 1807, 99, 5. — Hemipt. Suec. 1829, 118, 6. — ZETTERSTEDT, Faun. Lapp. 1828, 498, 3. Bess clavatus HERRICH-SCHÄFFER, Nom. entom. 1835, p. 48. — ZETTERSTEDT, Ins. Lapp. 1840, 278, 3. — Meyer, Schweiz. Rhyn- chot. 1843, 87, 70, teilweise! — F. SauLsers, Geoc. Fenn. 1848, 91, 1. — KırscHBaum, Rhynchot. Wiesbd. 1855, p. 14, 72, 116 und 137, sp. 80. — Fror, Rhynchot. Livl. 1860, I, p. 569, 59. — Tkomson, Opusc. entom. 1871, IV, 442, 82. — Doustas and Scott, Entom. Month. Mag. XIH, 100, 1. — Brit. Hemipt. 1865, 360, 2, — 135 — Piloforus bifasciatus Hans, Icon. Cimic. 1826, fig. 22. Phytocoris sphegiformis Koenatı, Mel. entom. U, p. 110, 85. Pilophorus Amyot, Entom. fr. Rhynchot. 1848, p. 218, No. 263. Camaronotus clavatus FIEBER, Criter. 1859, 34 ut typus. — Europ. Hemipt. 1861, p. 314, 2. — SnELL. v. VOLLENHOVEN, Hemipt. Neerl. 1878, 175. Pilophorus clavatus WestwoonD, Introduct. 1840, I, p. 121. — Bäirensprung, Cat. 1860, p. 18. — Saunpers, Syn. of Brit. Hemipt. Het. 1875, 286, 1. — Hemipt. Het. of the Brit. Isl. 1892, p. 264 und plate 24, fig. 6. — Reuter, Rev. crit. Caps. 1875, p. 86, 2. — Hemipt. Gymnoc. Sc. et Fenn. 102, 2. — Revis. synon. 1888, II, p. 290, No. 266. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1891, IV, p. 114, 2 und tab. VI, fig. 3. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 113. — Puron, Cat. 1899, p. 66, 3. Bayern: Bei Regensburg gemein auf Weiden. Kırrer. — Bei Bamberg auf Weiden und Erlen nicht selten. Funk. — Württem- berg. Roser. — Bei Ulm, 6—9. Hüsser. — Baden: Neureuth, August; Griesbach, August. (F.) Meess. — Elsass-Lothringen: Sur les saules de toute la region; 6—9; pas rare. ReıBER-Purton. — Nassau: d 9 bei Wiesbaden und Mombach; auf Erlen, Weiden, Eichen und Kiefern, z. B. hinter dem Turnplatz, am Wellritzbach und Mombacher Wald, mit confusus und cinnamopterus, häufig; 7—9. Kırscusaum. — Westfalen: Sehr selten; ein Stück von Kouse, 5. 8. 1877 von Betula alba geklopft. Westuorr. — Thüringen: Von Dr. SCHMIEDERNECHT gefangen. Forker. — Schleswig-Holstein: Auf Weiden, aber nicht häufig, bei Sonderburg, Scholmbrück und Elms- horn, Juli bis September. Wüstner — Mecklenburg: Auf Weiden und Birken von Anfang Juli bis Mitte September überall häufig. Rapnarz. — Schlesien: Von Ende Mai bis Mitte August häufig; um Breslau... Scuorz. — In der Ebene häufiger als im Gebirge, auf allerhand Gesträuch, besonders Birken, von Ende Mai bis Mitte Sep- tember. Um Breslau... Assmann. — Provinz Preussen. BRISCHKE. Auf Schmalweiden, Erlen, Eichen nicht selten durch ganz Europa. FIEBER. Habitat in Salice, Alno, Betula, Populo tremula (ipse), Corylo (Kouenarı), Quercu (Kırscheaum, P. Löw), Ribite rubro (F. SAHLBERG), saepe in societate cum Formica fusca, Lasio nigro et fuliginoso, structura Formicam sat imitante (Meyer-Dür): Fennia! usque in Karelia rossica; Livonia; Suecia! usque in Angermannia; Norvegia; — 9 — Dania!; Britannia!; Gallia!; Hispania; Batavia!; Belgium; Ger- mania tota; Helvetia!; Italia!, Sicilia; Austria tota; Hungaria!; Galizia, Moldavia!; Rossia (Moskva, Charcow, Kasan, Orenburg) : Caucasus. Reuter (1891). [Schweiz: Im Bau fast einer Ameise ähnlich .... Fast über- all in der Schweiz in den Ebenen und im Hügellande, von den letzten Maitagen an bis Mitte August, auf Salix-Arten längs den Bächen und Flüssen, in Schächen und anderen gebüschreichen Stellen sehr gemein. Fast zimmtbraune Exemplare findet man um die Mitte Juli auf kleinen Apfelbäumen in Gärten. Ob eigene Art oder nur Lokalvarietät? Mever (1843). — Hauptsächlich auf Schmalweiden in Schächen von den letzten Märztagen bis Ende August... Um Aarau im Sommergrien am zahlreichsten gegen Ende Juli. FREY- GeESSNER. — Graubünden: E.-M.: Schiers, Chur und Unterengadin wiederholt gefunden. Kırurs. — Tirol: Auf Weiden und Erlen bei Vils (Lob) und um das Mitterbad in Ulten, Mitte Juli. GREDLER. — Steiermark: Bei Graz nach GATTERER ; auf Sumpfwiesen bei Radkers- burg am 26. Juli 1 9 gestreift. StropgL. — Niederösterreich: Bei Gresten auf Waldblössen, nicht häufig. SCHLEICHER. — Böhmen: Auf Pappeln, Weiden, Birken, Eichen u. a. überall gemein; in Prag auch einmal auf Myrtus communis und Kamelien (6—8), bei Chodau (7) auf Kiefern, nach Herr Dr. R. v. Stem. Dupa. — Livland: Auf Laub- hölzern, Weiden, Ellern, Birken, nicht selten, im Juni, Juli, August. Fror. — Frankreich: Dep. du Nord (Lille): Assez commun en juillet dans les dunes de Dunkerque, sur les buissons de Salız repens. LErTHIERRY. — England: On sallows. SaunDers.| 97 (493) perplexus DoucLas et ScoTT. Länglich, hinten etwas breiter, metallschwarz, mit äusserst zartem, gelbbraunem Haarflaum besetzt, oben nur wenig glänzend und dabei in der Färbung ziemlich (mehr als clavatus L.) wechselnd. Der an seinen Seiten und an der Spitze kastanienbraune oder gelb- rote Kopf ist von vorn gesehen fast '/s schmäler als der Grund des Vorderrückens. Das erste Fühlerglied ist gelbrot, das zweite ebenso bis über die Mitte, dann schwarz und etwas verdickt; das dritte Glied ist gelbrot oder weisslich, mit dunkelbrauner Endhälfte; das dunkelbraune vierte ist in seinem unteren Drittel weisslich; die beiden letzten Glieder zusammengenommen sind nur !/s kürzer als das zweite. Die dunkel- oder auch kastanienbraunen (seltener zimmt- braunen) Halbdecken zeigen zwei schmale, weisse Schuppenbinden — 140° — und einen gleichfalls weissen Punkt am inneren Keilwinkel; die vordere Binde ist am Clavus abgebrochen, die hintere läuft in ge- rader Richtung und unverändert über den Clavus fort; hinter der zweiten Binde zeigen Clavus und Corium lebhaften Glanz, letzteres jedoch nur ausserhalb der Cubitalader (dabei schwarz); der Keil ist glänzend schwärzlich. Die dunkelbraunen, oft auch kastanienbraunen Beine sind dunkel gefleckt. Länge 4'i; mm. — Diese Art ist dem P. clavatus L. sehr ähnlich, jedoch kleiner, kaum erzfarben, hat ein viel zarteres, gelbrötliches Flaumhaar, ein kürzeres, schwächer ge- keultes zweites Fühlerglied und schliesslich liegt hier die hintere weisse Coriumbinde in gleicher Linie mit der weissen Clavusbinde, so dass beide nur eine gerade Linie bezw. Binde bilden. Nach ReEuTeEr. Pilophorus perplexus DousLas and Scott, Entom. Month. Mag. 1875, XII, p. 101. — Reuter, Entom. Month. Mag. 1878, XIV, p. 244. — Revue d’Entom. 1886, V, p. 121. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1891, IV, p. 115, 3. — Saunpers, Hemipt. Het. of the Brit. Isl. 1892, p. 265. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889. p. 114. — Puron, Cat. 1899, p. 66, 2. | Phytocoris clavatus BuRrMEISTEeR, Handb. d’Entom. 1835, I, p. 266/67, nec Linse! Capsus elavatus MEYER, Schweiz. Rhynchot. 1843, p. 87, 70, teilweise! Pilophorus bifasciatus var. frondicola WESTHOFF, Verzeichn. Westfl. Hemipt. Het. 1880, 64, 1. Württemberg: Bei Ulm, 6 und 7, auf Holzapfelbäumen. HüEser. —- Westfalen: P. bifase. var. frondicola („hemelytris totis nigro- brunneis“) selten; 10. 8. 1876 von mir bei Rheine auf Eichen; 18. 8.1877 von KoupE bei Münster auf Ulmus campestris gefangen. Westuorr. — Thüringen: Von Dr. ScHMIEDERNECHT gefangen. FOKKER. — Schleswig-Holstein: Ein Stück von einer Eiche bei Tostlund ge- klopft am 10. 7. 1889. Wüsrnen. Auf Ribes rubrum häufig. BURMEISTER. Habitat in Salice (Reiser, FERRARI), Alno (Purton), Betula (Dupa), Acere (P. Löw), Tilia (P. Löw, Puron), Ulmo (P. Löw, WESTHoFF), Quercu (ScHLick, REIBER et Puron), Castanea et Pruno avium (GREDLER [sub cinnamoptero]), Pyro (REıBer et Puron, in P. malo Aphides jactans, Forker), Amygdalo (Forker), Rosa (LETHIERRY): — 141 — Fennia meridionalis (Pargas!); Suecia media! et meridionalis; Dania (Själland!, Jylland!); Britannia!; Batavia!; Belgium; Gallia (Dep. du Nord!, Vosges, Alpes, Savoie); Alsacia; Germania (Guestphalia, Wiesbaden, Breslau!); Bohemia; Austria _inferior; Tirolia; Illyria; Helvetia (Vallis); Italia (Liguria!); Dalmatia; Hungaria; Galicia; Dobroudja; Dacia; Caucasus; Lusitania; Tunisia, sec. D. Dr. Poton. Reuter (1891). [Schweiz: Siehe unter clavatus L. Meyer! — Böhmen: Auf Eichen, Birken, Pappeln und anderen Bäumen, überall nicht selten, in den meisten Sammlungen mit cinnamopt. Kg. verwechselt; bei Neuhaus (8) auch auf Larix. Dupa. — England: On various trees.... often in company with ants. SAunDERs.] * pusillus REuT. Länglich, nach rückwärts ziemlich erweitert, schwarz oder schwarzbraun, ohne Metallglanz, oben ziemlich glatt und allseits mit spärlichem, zartem, gelbbraunem Haarflaum bedeckt. Der Kopf ist, von vorne gesehen, kaum schmaler als der Grund des Pronotum. Letzteres selbst ist an seinem Grunde nur wenig breiter als lang, hat ziemlich stark geschweifte Seiten und vorspringende, häufig dunkelbraun gefärbte hintere Winkel. Überhaupt spielen Kopf und Pronotum, besonders an den Seiten, häufig mehr oder weniger ins Gelbbraune. Die gelbbraunen, auch zimmtbraunen (seltener dunkel- braunen) Halbdecken haben, wie bei den anderen P.-Arten, zwei weisse Schuppenbinden und einen weissen Punkt am inneren Keil- winkel, wogegen der Olavus und der äussere Teil des Corium hinter der zweiten Binde sowie der Keil glänzend schwarz sind, letzterer an seinem Grunde häufig etwas heller. An den Fühlern ist das schwarze zweite Glied gegen sein Ende zu etwas verdickt, das dunkelbraune dritte Glied in seiner unteren Hälfte, das dunkle vierte Glied nur ganz schmal am Grunde weiss. Die Hüften sind gleichfalls weiss- lich (die hinteren an ihrem Grunde dunkel). Länge 31/s—4 mm: in beiden Geschlechtern. — Diese sonst dem P. perplexus Deu. Sc. sehr ähnliche Art unterscheidet sich von diesem durch ihre kleinere Gestalt, durch den anderen Bau des Pronotum (indem dasselbe hinten weit weniger verbreitert ist, stark geschweifte Seiten hat und eine etwas stärkere Runzelung seiner hinteren Fläche zeigt), sowie durch die mehr oder weniger ausgesprochene kastanienbraune Färbung von Kopf und Pronotum, besonders an den Seiten. Nach REUTER. | — 12 — Philophorus pusillus ReutTER, Entom. Monthl. Magaz. 1878, XIV, p. 245. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1891, IV, p. 116, 4 — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 114. — Puron, Cat. 1899, p. 66, 6. ?Capsus clavatus MEYER, Schweiz. Rhynchot. 1843, p. 88, 70, wahrscheinlich teilweise ! ? @lobiceps celavatus Costa, Cim. Reg. Neap. 1852, IH, 47, wahrscheinlich ! Habitat in Quercu (Mayr) et Ulmo (Aseıre, Purox); Gallia (Vosges rariss., D. Dr. Purox, Landes, Agde, Greoulx, Cassis, Marseille, D. Dr. Purox, Aubagne, D. ABEıLLe, Frejus, D. Dr. Sıcnorer, Hyeres, Basses Alpes, Carcassonne!, D. Montanpon); Hispania (Brunete!), D. Dr. Borıvar; Corsica, Sardinia, D. Dr. Purton; Italia (Napoli!), D. Every; Austria inferior (Wien!), D. Prof. Mayr; Bohemia!, D. Prof. Duna; Hungaria (Buda!, Mus. Hung.); Serbia (Belgrad!), D. Prof. Mayr; Graecia (Parnassos, sec. D. Saunpers; Morea!, D. v. ÖERTZEN). Reuter (1891). [Schweiz: Siehe unter elavatus L. Meyer! — Böhmen: Ein Exemplar, von Herrn Prof. Dr. Reuter bestimmt, fand ich bei Teplitz, Juli 1884. Duna.| 98 (494) confusus KırscHe. Capsus confusus dQ: 1'/e—1?/s‘“ long., antice "/s“, postice 2/3 —?/s‘' Jat., oblongus, postice latior, nigro-aeneus, laevis, nitidus, dilute fusco-pilosus; oculis capitis marginem posticum superantibus: antennarum articulo 2 fusco, apicem versus aliquantum incrassato, nigro; prothorace convexo, aeque longo ac postice lato, lateribus subparallelis, angulis posticis prominulis; elytris sordide fuscis, opacis, postice maculis duabus obscurioribus, nitidis, pube nivea, fascias duas angustas formante, ornatis; scutello pectorisque lateribus pube nivea strigatis; pedibus fuscis, coxis sordide albis, basi fusco. KIRSCHBAUM. ddd Länglich, vorne schmal, nach rückwärts ziemlich stark erweitert, metallisch glänzend (schwarzerzfarben), von wechselndem Glanz und mit feinen, langen, abstehenden, zerstreuten, blass- braunen Haaren besetzt; Schildchen, Brust, Hinterleib, Halb- decken und Beine gleichen jenen der schon beschriebenen anderen P.-Arten. Der gleichseitig dreieckige, konvexe, glatte, glänzende Kopf ist ungefähr so breit wie das Pronotum am Grunde und an Seiten wie Spitze häufig mehr oder weniger breit kastanienbraun, En 5 auch unten heller wie oben. Der gelbbraune, schwarzspitzige Schnabel reicht bis zu den hinteren Hüften. Die Fühler sind nicht ganz (*/5) körperlang; das erste, gelbbraune Glied ist nicht ganz halb so lang wie der Kopf; das zweite, über seine Mitte hinaus gelb- braune Glied ist viermal länger als das erste, gegen sein Ende zu etwas verdickt und daselbst schwärzlich; das dunkle dritte Glied ist in seiner unteren Hälfte, das dunkle vierte nur ganz schmal am Grunde weisslich; das vierte Glied ist länger als das dritte und doppelt so gross als das erste; die beiden letzten Glieder sind zu- sammengenommen kaum kürzer als das zweite. Das in seiner Mitte gewölbte, nicht nach vorne geneigte, hingegen nach seinem Grunde zu abfallende Pronotum ist an seiner Basis so breit wie lang und hat vortretende Hinterecken, wodurch das Pronotum an seinem Grunde breiter erscheint als vorne; vor diesen vorspringenden Ecken sind auch die Pr.-Seiten meist stärker geschweift. Die schmutzig- kastanienbraunen (auch dunkelbraunen) Halbdecken zeigen die ge- wöhnlichen zwei weissen Schuppenbinden, deren‘ vordere an der Clavusnaht unterbrochen ist, während die hintere über den Clavus fortstreicht und daselbst ganz leicht gekrümmt ist; hinter dieser Binde zeigt der Clavus, ein länglich viereckiger Fleck an der äusseren Spitze des Corium, sowie der Keil fettigen Glanz bei ziemlich dunkler Färbung; der innere Keilwinkel ist gleichfalls weissschuppig; die trübe Membran hat einen schmutzigbraunen Fleck. An den braunen Beinen sind die Hüften weisslich, nur an ihrem Grunde dunkelbraun ; die Schenkel haben an ihren Rändern lange, abstehende, blassbraune Haare. Länge rund 4 mm, Männchen wie Weibchen. — Diese Art unterscheidet sich von den andern, bisher aufgeführten durch die lange Behaarung ihrer Oberseite, durch ihr stärkeres Breiter- werden nach rückwärts und durch den Bau ihrer Fühler. Kopf und Vorderrücken wechseln bei ihr von „matt“ bis zu „starkem Glanze“ (var. nitidicollis Pur.). P. confusus Ks. ist insbesondere kleiner als P. clavatus L. und P. cinnamopterus K»., hat einen schmaleren Vorder- rücken und dem entsprechend schmalere, dafür aber hinten mehr erweiterte, gewölbte Halbdecken von schmutzigbrauner Farbe ; über- dies hat confusus Ks. kleinere Augen, die nicht über die Seiten- ränder des Kopfes hervortreten, wodurch der Kopf selbst etwas schmaler erscheint; auch die Einfügungsstelle der Fühler ist hier etwas mehr vom Augenrande abgerückt. Die Verschiedenheit der geschilderten Pr.-Arten wird auch durch das wesentlich verschiedene Aussehen der betreffenden Nymphen erhärtet (vergl. KırscHBaum, 1. c.). a 7 Capsus confusus KırschBaum, Rhynchot. Wiesbad. 1855, p. 14, 72, 116, sp. 79 und p. 133, 9. — Fror, Rhynchot. Livl. 1860, 1, 9.573, 161. Capsus elavatus HErrıcH-ScHÄFFER, Wanz. Ins. III, 1835, p. 47, fig. 264 nec Linn&! Camaronotus confusus FıEserR, Europ. Hemipt. 1861, p. 314, 3. Pilophorus confusus REUTER, Rev. cerit. Caps. 1875, p. 86, 3. — Hemipt. Gymnoe. Sc. et Fenn. 102, 3. — Entom. Monthl. Magaz. 1878, XIV, 245. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1891, IV, p. 117, 5 und tab. VI, fig. 4. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 114. — Puron, Cat. 1899, p. 66, 7. * var. nitidicollis Puron, Rev. d’Ent. 1887, VI, p. 103 (bisher nur Frankreich). Bayern: Bei Augsburg nicht selten; Wolfzahn. KırTEL. — Bei Bamberg auf Weiden und Erlen nicht selten. Funk. — Eilsass- Lothringen: Sur les saules, rare. Reıger-Puron. — Nassau: SQ bei Wiesbaden und Mombach, auf Erlen und Weiden, z. B. am Well- ritzbach mit clavatus und cinnamopterus, nicht selten; 8 und 9. . Kırschpaum. — Thüringen: Bei Georgenthal, selten. KELLNER-BREDDIN. — Von Dr. ScHMIEDERNECHT gefangen. ForkER. — Schleswig-Holstein : Zahlreich bei Scholmbrück am 13. 7. 1883 und bei Leck am 19.7. 1887 gefangen. Wüsrner. — Mecklenburg: Im August auf Weiden selten (Rostocker Heide). Ranparz. — Provinz Preussen. BRISCHEE. Auf Schmalweiden und Erlen mit clavatus L. wohl durch ganz Europa nicht selten. FIEBER. Habitat in Salice, ex. gr. S. repente, Alno incana et glutinosa, nec non in Populo nigra (Löw); Fennia meridionalis! usque in Karelia boreali; Livonia; Dania (Jylland!); Germania (Mecklenburg, Borussia, Saxonia!, Bavaria, Wiesbaden); Gallia! tota; Hispania!, Helvetia; Austria; Bohemia; Hungaria; Romania (Bucarest!); Dobroudja; Po- dolia; Rossia (Moskva, Mohilev, Kasan, Orenburg); Turkestan!; Sibiria (Krasnojarsk!, Minusinsk!, Osnatjenn.!); America borealis, sec. Unter. Reuter (1891). [Schweiz: Auf Pappeln vom Juni bis August. S. Prex ziemlich häufig; Dubendorf; um Aarau im Juni am zahlreichsten, doch sehr lokal vorkommend. Frry-Gessner. — Graubünden: E.-M., bisher nur bei Sedrun auf Weiden und Nadelholz bemerkt. (F.-G.) Kıruns. — Steiermark: Auf Dolden bei Jarnig am 12. August 19. STRoBL. — Böhmen: Auf Weiden, besonders den graublätterigen Arten, nicht — 15 — gemein; seltener auf Pyramidenpappeln, 7, 8. Dunpa. — Livland: Nicht selten, mit C. clavatus L. zu gleicher Zeit und an denselben Wohnplätzen. Fror.| Ob nicht wieder einmal die Zeit kommen wird, da man durch solche geringfügige Abweichungen getrennte Arten (vergl. Poeculo- scytus etc.) als „eine Stammform (hier P. bifasciatus F.), mit be- langlosen, nebensächlichen Variationen“ ansehen wird, das bleibt wohl abzuwarten! Zur Zeit besteht leider immer noch das eifrige Bestreben, weiter und weiter zu zergliedern und Neues vom lieben Alten abzuspalten. H. Cremnocephalus Fire. Länglich. Der fünfeckige, nickende Kopf fällt schon von Grund aus schräg ab; der Scheitel ist ungerandet; der an seinem Grunde mit der Stirne zusammenfliessende Kopfschild ist eingedrückt und springt nicht im geringsten vor; die wohl ausgebildeten geraden Zügel grenzen an die Fühlergruben;; der Gesichtswinkel ist stark zugespitzt, die Wangen schmal, die Kehle lang und schief. Die Augen stossen an das Pronotum und weichen inseits gegen die Spitze zu aus- einander. Das erste Schnabelglied überragt etwas den Kopf. Das trapezförmige Pronotum hat einen schmalen, wohl ausgebildeten Halsring, geschweifte Seiten wie Grund, nicht ausgebildete Buckel, vorne einen verschwommenen Längseindruck und fällt gegen das Ende zu etwas ab. Die Halbdecken haben den Keil horizontal. Der dreieckige Xyphus der Vorderbrust ist eben und zart gerandet. An den am inneren Augenende eingefügten Fühlern überragt das erste Glied den Kopfschild fast um seine halbe Länge: das lange zweite Glied ist keulig verdickt; die beiden letzten Glieder sind kräftig, nicht schwächer als das zweite Glied an seinem Grunde und zusammen so lang wie das zweite. An den Beinen sind die Schienen mit Dörnchen wohl besetzt; an den hinteren Tarsen ist das erste Glied doppelt so lang wie das zweite, das dritte etwas kürzer als das erste; die Klauen sind ziemlich lang, leicht gekrümmt, ohne Haftläppchen. — Die einzige Art dieser Gattung lebt auf Nadelholz. Nach Reuter. . 99 (495) albolineatus Reur. C. niger elytris flavo lineatis apice fascia alba. Faprıcıus. Länglich, kahl, ziemlich glänzend und von schwarzer oder braunschwarzer Farbe (pechschwarz). Der Kopf ist nur halb so Jahreshefte d. Vereins £. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 10 — 146 — breit, wie der Vorderrücken an seinem Grunde und erscheint, von vorne gesehen, kaum länger als (samt Augen) breit; der Scheitel- rand ist gelbbraun. Der pechfarbene Schnabel reicht bis zu den hinteren Hüften. Das (besonders in seiner hinteren Hälfte) quer- nadelrissige Pronotum ist an der Halseinschnürung wie am äussersten Grundrande weiss. Mittel- und Hinterbrust haben weissgesäumte Ränder. Die Halbdecken überragen bei beiden Geschlechtern die Hinterleibsspitze, beim Männchen mehr als beim Weibchen; sie zeigen auf lehmgelbem Grunde, den Rippen entsprechend, schräg weisse schwarzgesäumte Striche oder Linien, sowie eine weisse Binde in- mitten des Clavus; der äussere Rand der Halbdecken ist rostfarben, der Keil rotbraun bis pechfarben; zwischen ihm und dem Corium eine schneeweisse Binde, die sich auf den Endrand des Corium fort- setzt; die glänzend rauchbraune Membran hat gleichfarbene Adern. An den ziemlich starken, rostfarbenen Fühlern sind die beiden ersten Fühler heller (fahlgelb), die beiden letzten (einschliesslich des ver- dickten Endes des zweiten) dunkler (pechschwaızz); das zweite Glied ist so lang wie die Halbdecken in ihrer Mitte breit, das vierte Glied um '/s kürzer als das dritte. Die rostroten bis dunkelbraunen Beine sind an ihren Enden meist heller; das letzte Tarsalglied ist schwärzlich. Länge 6—6?/ı mm (die Männchen im allgemeinen länger als die Weibchen). REuUTER unterscheidet (Hemipt. Gymnoc. Europ. IV, 111) fol- gende zwei Varietäten: Var. 8 Fırs. (= Üremnocephalus umbratilis var. ß Fiese. 1. c.): Pronotum mit zwei runden rostgelben Flecken oder (nach FIEBER; — und?! nach Reurer) einer rostgelben Querbinde auf der Mitte. Var. y: Etwas kleiner, die Striemen auf dem Clavus schmal, das Corium fast einfarben dunkelbraun und nur an seinem Endrande schmal weiss. Oimex umbratilis Faprıcıus, Mant. Ins. 1787, 305, 265 nec Linn&! — Gusrin, Syst. Nat. 1788, XIII, 2163, 90. Lygaeus umbratilis Fasrıcıus, Ent. Syst. 1794, IV, 178, 155. Capsus umbratilis Fasrıcıus, Syst. Rhyng. 1803, 243, 12. — Lareeıtıe, Hist. Nat. 1804, XII, 231, 11. — Farzin, Mon. Cim. 1807, 101, 37. — Hemipt. Suec. 1829, 121, 11. — HERRICH-SCHÄFFER, Nom. ent. 1835, p. 48. — Wanz. Ins. III, 1835, p. 49, fig. 266. — IX, 1853, Ind. p. 418. — Meyer, Schweiz. Rhynchot. 1843, 58, 22. — F. SAHLBERG, Geoc. Fenn. 1848, 98, 15. — Thomson, Opusc. entom. 1871, 442, 84. a u Er — 147 — Oremnodes umbratilis FIEBER, Criter. 1859, 15. Cremnocephalus umbratilis Fıeser, Europ. Hemipt. 1861. p. 246. — Reuter, Rev. erit. Caps. 1875, p. 108, 1. — Hemipt. Gymnoc. Scand. et Fenn. 124, 1. — Puron, Cat. 1899, p. 66, 1. Oremnocephalus albolineatus Reuter, Hemipt. Het. Austr. in Verhandlgn. d. Wien. zool.-bot. Ges. 1875, 87, 89. — Revis. synon. 1888, II, p. 292, No. 268. — Hemipt. Gymnoc. Europ. 1891, IV, p. 111, 1 und tab. VI, fig. 1. — Arkınson, Cat. of Caps. 1889, p. 115. Bayern: Bei Regensburg sehr selten. Kırrzr. — Bei Bamberg selten; von Fichten am Jurazug über Geissfeld geklopft. Funk. — Württemberg: In der Umgebung Ulms, 7, auf Nadelholz; selten. Hürser. — Elsass-Lothringen: Sur les sapins de la region vosgienne: Remiremont, Trois-Epis, Schlucht; 6; assez-rare. Reıser-Puron. — Westfalen: Bei Münster, 18. 7. 79 hinterm „Maikotten“ auf Pinus silvestris von mir ein Stück gefunden. WestHorr. — Thüringen: Bei Georgenthal, selten. Keruyer-Breppım. — Von Dr. SCHMIEDE- KNECHT gefangen. Fokk£er. — Mecklenburg: Ich fing nur ein Männ- chen unter Kiefern auf der Fähre am 20. Juli. Rapparz. — Schlesien: Im Juli auf Nadelholz nicht gemein; Blocksberg bei Charlotten- brunn .... Scuorz. — Bisher nur im Gebirge, im Juli, auf Nadel- holz; Blocksberg... Assmans. —- Provinz Preussen. DBRISCHKkE. Auf Tannen. In Schweden, Finnland, Deutschland, Frankreich und der Schweiz bis 5000‘ Höhe. FIEBER. | Habitat in Pinu sylvestri, etiam in Abiete excelsa (P. Löw, Horvaru, Monranpon), in A. alba (Puron) et in Larice (FREY-GESSNER): Suecia media! et meridionalis!, Fennia meridionalis! usque in Ta- vastia; Germania (Mecklenburg, Borussia, Guestphalia, Bavaria); Gallia (Isere, Vosges, Jura, Lotharingia, Alsacia); Helvetia (usque ın 5000°); Austria (Bohemia, Silesia, Austria inferior, Tirolia usque in 7500‘); Hungaria, Moldavia et Valachia in Carpathibus, D. Dr. Hor- varh ‘et D. Montannon. Var. y in alpibus carinthieis. Reuter (1891). [Schweiz: Äusserst selten; an gebüschreichen Bergabhängen und kleineren Gehölzen am Jurazuge; Genf... MeyEr. — Diese zier- liche Wanze findet sich hauptsächlich auf Nadelholz, besonders Rot- tannen, verfliegt sich aber zuweilen auch an andere Plätze, wo sie dann nur zufällig gefunden wird. Im Juni und im August. Einzeln und selten. Genf... (Später, Heft 7, Vol. III, 1871: Ist ein echter Älpler, überall im Wallis und in Bündten kann man auf Lärchen und Rottannen diese hübsche Wanze sicher finden; besonders im 10* — 148 — Juli und August.) FrEY-GEssser. — Graubünden: Namentlich in der M., an Nadelholz ... .. Kırıas. — Tirol: Am Strassberg bei Telfs, 5000‘ s. m., auf Nadelholz im Juli nicht selten; Mitterbad in Ulten, 2600‘, auf Fichten, nicht gemein. — In’ein paar Varietäten: Das Pronotum mit zwei rostgelben Flecken (var. # FIEBER) oder schwärz- licher Grundfarbe der Halbdecken, bei Steinwend in Schalders, auf Larix. GREDLER. — Steiermark: Var. « FırB. bei Graz nach GATTERER; auf Sumpfwiesen bei Admont und Hohentauern 9 d selten; var. ß Fırpß. bei Admont ein Exemplar von Erlen geklopft; var. y sehr dunkel gefärbte forma alpina. Fühler ganz schwarzbraun, Flügel- decken und Schienen dunkelbraun; sonst normal. Am Bösenstein bei 2400 m im Grase am 14. August, auf Aconitum am Hochschwung, am Lichtmessberge auf Holzschlagblumen 4 4 9. SrropL. — Böhmen: Auf Kiefern, bisher nur von Herrn Dr. R. v. Sremw bei Chodau ge- funden; 7, 8. Duna | Ende des I. Bandes. (Teil 1—7; Jahrgang 1894—1902.) Systematisches und alphabetisches Inhalts - Verzeichnis sowie (berichtigender bezw. ergänzender) Nachtrag folgen. Ulm, Januar 1902. Dr. Tr. HürBer. Beitrag zur Kenntnis des Rhäts in Schwaben. Von Otto Lorcher aus Cannstatt. Die rhätische Bildung Schwabens hat als Grenzhorizont zwischen den bei uns so verschiedenartigen und jede in ihrer Weise paradig- matisch gewordenen Formationen Trias und Jura von jeher das Inter- esse der Geologen in hervorragender Weise in Anspruch genommen. Durch zahlreiche Funde und Untersuchungen ist festgestellt, dass sie zur Zone der Avicula contorta gehört, also mit den Kössener Schichten der Alpen zu parallelisieren ist. Wollte man aber in den südlichen Alpen, z. B. am Mte. Crucione (Benetobel) oder im Val Sorina, die Grenze gegen den Lias aufsuchen, so würde man den grössten Schwierigkeiten begegnen, und auch in anderen Gegenden ist sie häufig verwischt, so in England (Bristol) und bei Liestal in der Nähe von Basel. Für den modernen Geologen liegt darın gar nichts Absonderliches, denn die Kataklysmentheorie ist überwunden und schon lange ist klar erkannt, dass die Schnitte, welche die Geologie zur übersichtlichen Einteilung ihres ungeheuren Stoffes legen muss, nur lokal wirklich verschiedene Abschnitte in der Ge- steinsbildung voneinander trennen und trennen können. So kann an den ebengenannten Orten in den Alpen, wo während der Trias- zeit schon dasselbe offene Meer stand, wie nachher in der Jurazeit, natürlich von einem Schnitt keine Rede sein, während im germani- schen Becken, wo der Übergang von Trias zu Jura das Aufhören des brakischen Charakters und die beginnende Herrschaft der Hoch- see bedeutet, ein solcher scharf ausgeprägt sein muss. Hier haben wir eine wirkliche Grenze, und wenn sich der sammelnde Geologe durch die fast fossilleeren Schichten des Keupers durchgearbeitet hat und sich nun plötzlich der überreichen Fauna des Lias gegen- übersieht, kann er nicht im Zweifel sein, dass mit dem Eindringen — 450 — des Meeres, welches diese Gesteine ablagerte, für unsere Gegend eine neue Aera begonnen hat. So klar dieser Gegensatz zwischen Keuper und Lias im all- gemeinen zu Tage tritt, so schwer ist es, genau die Grenze anzu- geben, denn hier schiebt sich eben die rhätische Bildung ein, nicht überall deutlich entwickelt und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets ausserordentlich wechselnd. Hauptsächlich die Fossilführung ist ganz auf einzelne Punkte beschränkt, und wer an einem Orte, wie z. B. Pfrondorf, wo diese Sandsteine gar keine bestimmbaren organischen Reste führen, die Grenze gegen den Lias bestimmen wollte, der würde sich kaum bedenken, diese erst über dem rhätischen Sand- stein zu legen. Dagegen haben die Fossilien, welche sich an ein- zelnen Orten, vornehmlich in Täbingen und am Steineberg bei Nür- tingen in den Sandsteinen finden, diese in scharfen Gegensatz zu den darunterliegenden Keupergliedern gebracht, denn es sind wieder echte Meeresmuscheln, wie sie seit der Lettenkohle mehr und mehr aus der germanischen Trias verschwunden sind. Die Gelehrten, welche die Fossilien zuerst untersucht haben und damit ein Urteil über die stratigraphische Stellung des Rhäts fällen konnten, sind zu verschiedenen Ansichten gelangt. Ursprünglich konnte man den Rhätsandstein meist nicht vom Angulatensandstein auseinanderhalten, bis 1834 v. ALsertı in seiner Monographie zunächst für Schwaben nachwies, dass über den obersten Keupermergeln noch einmal ein Sandstein vorkommt, der durch seine Petrefakten, von denen v. Ar- BERTI mehrere Exemplare bei Täbingen fand, sich als verschieden von den untersten Sandsteinen des Lias erweist. In Norddeutsch- land war es v. STROMBEcK !, welcher in Braunschweig, und Terquem, der in Luxemburg nachwies, dass es auch dort unter der Psilonoten- bank resp. den Cardinienschichten des unteren Lias einen Sandstein giebt, der keine Muscheln führt, und nun wurde dieser, besonders nach den Ausführungen Quenstepr’s im „Jura“, als selbständiges Formationsglied isoliert. Die Bearbeiter der Fauna sind zu ver- schiedenen Ansichten gelangt: v. ALgerrı fand, dass die Konchylien nahe Verwandtschaft zu triasischen Formen zeigen, während er die Wirbeltierreste des Bonebeds, das er bei Täbingen über dem „ver- steinerungsreichen Sandstein“ fand, für verschieden von den triasi- schen erklärte. Er zieht daher dieses, das an jenem Fundort auch kalkiges Bindemittel hat, zum Lias, während er den Sandstein als ı A.v.Strombeck, Über den oberen Keuper etc. der Gegend von Braun- schweig. Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1852, p. 68. obersten Keupersandstein bezeichnet. Gerade auf die umgekehrte Anschauung kam aber QuEnstepT, der in seinem „Flözgebirge“ sich folgendermassen ausspricht: man findet „eine kleine Modiola (minute), der Form nach wie ScHLoTHEIM’s Mytilus modiolatus, welcher bisher nie gesehen, der Juraformation aber besonders eigentümlich ist; eine glatte Avicula, die, wenn sich ihre Schlossflügel erhalten haben, uns an Juraformen erinnert, auch lässt der gänzliche Mangel an dop- pelter Krümmung gar keinen Vergleich mehr mit Gervillia socialis zu; mehrere Myaciten, aber nicht mehr jene dünnschaligen des Muschelkalks, sondern äusserst dickschalige, mit starken Muskeln und Zähnen bewaffnete Formen, die wir weiter oben unter Dr. BEr- GERSs Namen Thalassites an die Spitze der Leitmuscheln des un- teren Lias stellen müssen.“ Diese Worte lassen keinen Zweifel dar- über, dass Quensteptr nach den Muscheln allein geneigt war, das Rhät dem Lias anzugliedern; wenn er dies dennoch nicht that, so mag er hauptsächlich durch die Petrefakten des Bonebeds dazu ge- führt worden sein, die er im Gegensatz zu v. ALBERTI für ausgesprochen triasisch und eng an die des Lettenkohle-Bonebeds anschliessend er- klärte. Im „Jura“ dann, wo durch die reichen Muschelfunde am Steine- berg bei Nürtingen erst die Möglichkeit für eine sicherere Entschei- dung gegeben war, lässt QuEnsTEDT die Frage insofern offen, als er sich begnügt, durch die Beinamen „posterus“ und „praecursor“ die Janus-artige Natur der Petrefakten, wie DErrner und Fraas sagen, und damit die Zwischenstellung dieser Sandsteine zu bezeichnen. Welcher alpinen Schicht sie entsprechen, war lange unsicher. (Juenstept dachte noch im „Jura“ an eine Parallelisierung mit den Schichten von St. Cassian wegen der ähnlichen Gervillien, die sich in beiden finden. Der grosse Komplex der St. Cassian-Schichten wurde aber allmählich ın zwei Abteilungen getrennt, eine untere, von St. Cassian, und eine obere, die Kössener Schichten. ÖOPPpEL und Suzss wiesen nun durch mehrere Untersuchungen unzweifelhaft nach, dass unser Bonebedsandstein das Äquivalent der Kössener Schichten ist, mit denen er hauptsächlich Avicula contorta, Pecten valoniensis und Cardium rhaeticum gemein hat und deshalb in der „Zone der Avicula contorta“ zusammengefasst wird, für welche durch Gümsgen der Name „Rhät“ eingebürgert wurde. Damit schien nun die Frage, ob unser Bonebedsandstein dem Keuper oder Lias zuzu- ziehen sei, ihrer Lösung näher gerückt, denn man konnte ihm durch die Analogie mit den Kössener Schichten seine Stellung zuweisen, aus denen ein weit grösseres Untersuchungsmaterial zur Verfügung stand. Aber über deren Stellung selbst herrschten ebenso Meinungs- verschiedenheiten; die österreichischen Geologen fanden in ihrer Fauna mehr Anklänge an den Lias, die schweizerischen mehr an die Gruppe von St. Cassian. Die Ammoniten allerdings, welche sich im alpinen Rhät finden, sind nach Pompecks' grösstenteils die End- glieder triasischer Familien, welche hier aussterben. Das Vorkommen von Phylloceratiten schon in der Trias zwang aber PomrEck) zu dem Schluss, dass zur Rhätzeit Formen existiert haben müssen, die eine Brücke zwischen der triasischen und der liasischen Ammonitenfauna bilden, und nur bis jetzt noch nicht bekannt sind. Ihre Auffindung, vielleicht in Asien, würde allerdings an dem Allgemeincharakter der uns bekannten rhätischen Ammonitenfauna wenig ändern; aber muss man sich nicht sagen, dass eine Fauna, wo so wichtige Formen noch unbekannt geblieben sind, überhaupt zu wenig erforscht ist, um die Stellung ihrer Schichten mit Sicherheit angeben zu können? OrpeL? selbst sagt nach Abschluss seiner Untersuchungen: „Wenn wir die Grenzlinie zwischen Trias und Jura über den Con- torta-Schichten und unter der Zone des Ammonites planorbis hin- durchziehen, so dürfen wir diese Art der Abtrennung als eine durch paläontologische Thatsachen so vollständig gerechtfertigte betrachten, wie dies bei den übrigen Formationen wohl selten in gleich sicherer Weise auszuführen möglich sein wird.“ Dies ist sehr bestimmt ge- sprochen, aber fussend auf eben diesen Untersuchungen von ÜPPEL und Suess kam RorzE? gerade auf die entgegengesetzte Ansicht. Er sagt: „Die 1856 von den Herren OrrEL und Suess veröffentlichte Arbeit hat inzwischen noch weiter beigetragen, den gelben Keuper- sandstein nebst dem Bonebed in paläontologischer Hinsicht dem un- teren Lias mehr als dem oberen Keuper zu nähern“ und „die im Sandstein gelegenen Schaltierarten, welche die Herren OrrEL und Suess beschrieben und in welchen sie Arten des Kössener Alpenkalkes erkannten, lassen nur eine Beziehung auf unteren Lias zu. Die Trigonia postera scheint allein unter den Mollusken dieser Region einem Typus tieferer Schichten zu entsprechen.“ Nun findet sich allerdings, insbesondere auf dem Stromberg bei Böblingen auch eine ı Pompeckj, Die Ammoniten des Rhät. Neues Jahrbuch für Min. etc. 1895. I. ? Oppel, Die neneren Untersuchungen über die Zone der Avsc. cont. Württ. Jahreshefte 1859. 3 Dr. F. Rolle, Über einige an der Grenze von Keuper und Lias auf- tretende Versteinerungen. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 1858. — 153 — Anodonia, die an einen früheren Typus anzuschliessen scheint, aber man sieht doch, dass es sehr von der subjectiven Wertschätzung der einzelnen Momente abhängt, wohin man das Rhät ziehen will, und wird daher gut thun, sich auf den Standpunkt von DErFNER und Frass'! zu stellen, welche „infolge vielfacher genauer Unter- suchung auf eine Entscheidung verzichten mussten“. Es giebt eben bei der kontinuierlichen Weiterentwickelung der Faunen keine Grenz- linie zwischen zwei Formationen, und der scharfe Gegensatz, welcher für uns jetzt in den Begriffen „triasisch“ und „liasisch“ liegt, leitet sich jedenfalls nur daraus her, dass bei uns, im germanischen Becken, wo diese Namen entstanden sind, thatsächlich ein Schnitt in den Gesteinsablagerungen vorhanden ist, der erst nachträglich paläonto- logisch sanktioniert werden sollte. Dieser Schnitt ist aber eben durch das Eindringen des Meeres in unser öfter brackisches Becken hervorgerufen, und dass dies vor der Ablagerung des Rhäts vor sich ging, beweist der marine Charakter seiner Fossilien. Wenn man also die Ansicht von der kontinuierlichen Weiterentwickelung der Faunen ins Extrem treibt und auf die paläontologische Sanktionie- rung der Grenzlinie verzichtet, so wäre es logische Konsequenz, das Rhät dem Jura anzugliedern. Wenn man aber auf dem Standpunkt steht, dass auf dem Wege der natürlichen Entwickelung ein Plus von Charakteren der Fauna nach einer Seite sich herausbilden und eine scharfe Grenze geben kann, wie dies Orper für Trias und Lias ausspricht, so könnte das Rhät wohl (eventuell) zur Trias gezogen werden, ob man es aber geradezu dem Keuper angliedern darf, ist noch sehr die Frage. Wenn es, wie Brauns? sagt, in den Jura heterogene Elemente hineinbringen würde, so wäre dies bei einer Zuziehung zum Keuper noch viel mehr der Fall, wo die Entwicke- lung doch in dem Sinne vorwärts schreitet, dass die Verbindung mit dem offenen Meer mehr und mehr aufhört. An die spärlichen Kon- chylien des Keupers schliessen die rhätischen auch in keiner Weise an, vielmehr geht aus diesen hervor, wie QuENSTEDT in seinem „Flöz- gebirge“ ausführt, dass, während bei uns die petrefaktenarmen Schichten des Keupers abgelagert wurden, sich anderorts die Meeres- geschöpfe verändert haben. Eine Zuziehung zum Keuper ist dem- nach durch gar nichts zu begründen und man müsste, den Namen „Trias“ damit seiner Bedeutung beraubend, das Rhät als gleich- ! Deffner u. Fraas, Die Juraversenkung von Langenbrücken. Neues Jahrbuch für Min. etc. 1859. ® Brauns, Der untere Jura Nordwestdeutschlands. 1871. — 14 — wertige 4. Abteilung neben deren drei Glieder setzen, wenn man sich genötigt sehen würde, das Rhät der Trias einzureihen. Aus der Molluskenfauna ist dies nicht zu entscheiden, dagegen zeigen die Wirbeltierreste, die sich in grosser Menge finden, überwiegend Be- ziehungen zur Trias. Allein in einem Stück! mit diesen triasischen Zähnchen hat RoLLe, wie er in obenerwähnter Abhandlung berichtet, sicher liasische Fossilien, wie z. B. Ammonites Hagenowi, auf der Waldhäuser Höhe bei Tübingen gesammelt, und die Hybodus-Reste gehen bekanntlich noch weit in den Lias hinauf. Rote hat daraus mit Recht geschlossen, dass die Wirbeltierfauna sich nicht so rasch änderte und deshalb diese Zähne nicht den gleichen stratigraphischen Wert besitzen, wie die Mollusken; einer Zuziehung des Rhäts zur Trias kann also auch hiedurch keine Berechtigung verliehen werden. Ebensowenig ist aber aus dem unbestritten liasischen Charakter seiner Flora eine Angliederung an den Lias zu rechtfertigen, da in Betreff der Pflanzen allgemein anerkannt ist, dass sie nur aushilfs- weise als Leitfossilien dienen können, weil ihre Entwickelung durch- aus nicht gleichen Schritt hält mit der der Tiere. Gegenwärtig zählt man bei uns das Rhät fast durchweg zum Keuper. Das Fehlen von Fossilien an den meisten Orten dürfte wohl hauptsächlich dazu geführt haben und die petrographische Beschaffen- heit, welche, wenigstens in der Sandsteinfacies, mehr an den Keuper erinnert. Ob nicht aber auch stratigraphische Beobachtungen oder Erwägungen sicherere Anhaltspunkte für die Stellung unseres Rhäts geben, das soll Gegenstand vorliegender Untersuchung sein. Bekanntlich ist das schwäbische Rhät da, wo es deutlich ent- wickelt ist, eine Sandsteinbildung. Ein Blick auf die geognostische Karte von Württemberg zeigt aber, dass dies an verhältnismässig wenigen Orten der Fall ist. Ob nun thatsächlich an allen den Punkten, wo nach der Karte Lias auf Knollenmergel liegt, das Rhät fehlt, ist damit nicht entschieden. Denn erstens ist durch einige mehr oder weniger starke Lettenstreifen unter den Kalken des Lias ! Pompeckj (l. c.) meint, der Ammonites Hagenowi stamme zweifellos aus dem Psilonotenkalk und nicht aus dem Bonebed. Rolle erwähnt aber ausdrücklich, dass er die Mollusken überall auf der Waldhäuser Höhe in einem Stück mit Bonebed gefunden habe und dies kann nicht so ohne weiteres über- gangen werden. Man muss ja aus dieser Thatsache auch nicht schliessen, dass der Ammonites Hagenowi rhätisch sei, sondern sie weist, wie auch andere Be- obachtungen, nur darauf hin, dass dieses Bonebed sich eng an den Lias an- schliesst. — 15 — wohl überall noch eine Zwischenbildung zwischen diesen und dem Knollenmergel angedeutet. Zweitens findet sich z. B. im Reichen- bachthal zwischen Waldenbuch und Echterdingen anstehender Rhät- sandstein, wo ihn die neue Karte nicht angiebt. Dass an vielen Skizze für die Verbreitung des Rhätsandsteins in Schwaben. STUTTGAR Ye simgen | N N — E be Nürting mie: ee Da, ...e Fi er rn ER | Tübing CI Fee TEE ZU ek Stellen aber nur ganz untergeordnete Letten zwischen Lias und Knollenmergel auftreten, ist durch zahlreiche Profile erwiesen; man darf also wohl annehmen, dass die Karte im allgemeinen das Richtige getroffen hat, wo sie dies durch das Fehlen der Rhätsignatur an- deutet. Jedenfalls ist es unmöglich, ihre Angaben, denen jahrzehnte- — 156 — lange Beobachtung zu Grunde liegt, derzeit wesentlich zu berich- tigen. Es bleibt also nichts anderes übrig, wenn man sich eine Skizze von der Verbreitung des Rhätsandsteins in Württemberg machen will, als der Karte zu folgen und dabei erhält man neben- stehendes Bild. Es sind 4 grössere Sandsteinbänke, die dem Alb- zug vorgelagert sind, die erste um Stuttgart, Esslingen und Nür- tingen, die zweite um Tübingen, die dritte um Balingen und die vierte um Täbingen. Zwischen diesen, sowie überall gegen die Alb zu fehlt der Sandstein und finden sich unter der Psilonotenbank mehr oder weniger mächtige Letten. In dem Gebiet zwischen der 1. und 2. Bank finden sich noch mehrere Sandsteininseln, wie am Steineberg bei Steinenbronn und am Reichenbachthal; ein Zusammen- hang zwischen ihnen ist aber nicht sicher. Ebensowenig konnte ich in der sehr wechselnden Mächtigkeit dieser Sandsteine irgend eine Gesetzmässigkeit finden, wie sie z. B. beim Schilfsandstein so viel zu dessen Erklärung beigetragen hat. Der Rhätsandstein wechselt eben so rasch und so oft, dass viel mehr Profile aufgeschlossen sein müssten, wollte man in dieser Hinsicht auch nur ein annähernd richtiges Bild bekommen. Auch das einstige Niveauverhältnis anzugeben zwischen den Punkten, wo sich Sandstein ablagerte, und denen, wo dies nicht geschah, macht in unserem von Spalten und Verwerfungen durch- setzten Land grosse Schwierigkeit. Doch giebt es nach den Be- gleitworten zu Blatt Böblingen ein Gebiet, das kaum gestört und in Bezug auf seine tektonischen Verhältnisse auch sehr genau unter- sucht ist, nämlich die „Walddorfer Höhe“, den südlichen Teil des Schönbuchs, der von diesem durch die „Bebenhauser— Aich-Spalte“ abgetrennt ist. Hier fallen die Schichten in der Richtung des Pfeils nördlich von Hagelloch ziemlich gleichmässig ein, nur mit der einen Störung, dass der Schichtfall zuerst 2°/o, dann im östlichen Teil nur mehr 1°/, beträgt. Wir haben nun am Südabhang des Steine- bergs in einer Weinberggrube den Rhätanfang aufgeschlossen, wäh- rend über der Rosenau, beim westlichen Hammer am Südabhang des Heubergs, der Liasanfang ohne darunterliegenden Rhätsandstein zu sehen ist. Man sieht ohne weiteres, dass man sich auf dem Steineberg höher befindet, und ich habe durch oft wiederholte baro- metrische Messung gefunden, dass Punkt 1 am Steineberg 7 m über Punkt 2 am Heuberg liegt. Dazu kommt noch, dass der Schicht- fall (2°/o) vom 2. bis zum 1. Punkt 9 m beträgt, da letzterer 450 m weiter in der Richtung des Pfeils liegt, so dass also ursprünglich Punkt 1 16 m über Punkt 2 gelegen sein muss, was folgendes Bild ergiebt: >> Ganz Ähnliches findet man bei Dreispitz und Zeitungseiche, wo nach den Begleitworten zu Blatt Böblingen ebenfalls die untere Liasgrenze beobachtet wurde, und zwar am ersteren Ort mit, am letzteren ohne Rhätsandstein. Die Schichten fallen von Dreispitz bis Zeitungseiche ca. 4 m; diese liegt aber 10 m tiefer als Drei- spitz, somit ursprünglich 6 m, und wir haben wieder folgendes Bild: Dreispütz Rhitsan&n_ 7, bm IE es, ___Zeitungseiche Die Linie von Rübgarten zu dem geologischen Hammer an der Steige Kirchentellinsfurt—Einsiedel liegt ungefähr im Streichen der Schichten und doch fand man die Liasgrenze in Rübgarten bei- nahe 20 m tiefer, als an obiger Steige. Man kommt also überall zu. dem gleichen Ergebnis, dass die etwaige Mergelvertretung des Rhätsandsteins auf tieferem Niveau liegt, als der Sandstein selbst, und darf also wohl annehmen, dass die Berechnungen richtig sind. Es macht den Eindruck, als ob Erhöhungen im Meeresboden den Anstoss zur Ansammlung der Sandbänke gegeben haben, wie am Strand eine kleine Hervorragung den Anlass zur Bildung einer Düne geben kann. Wie verhält es sich aber nun mit dem Auskeilen des Rhät- sandsteins gegen die Alb zu? Haben wir hier dieselben oder andere Verhältnisse? Eine Untersuchung auf Blatt Tübingen giebt hierüber Aufschluss. Auf Höhe 408,5 südlich von Riedern bei Tübingen haben wir noch Rhätsandstein, während er sich östlich von Stockach auskeilt, und zwar liegt dort die Liasgrenze etwas unter 380 m. Wir hätten also auf der 4 km langen Strecke nur einen Fall von 30 m = °Jı°/o, was nach sonstigen Untersuchungen nicht der Wirk- lichkeit entspricht, sondern die Schichten fallen gegen die Alb zu viel stärker ein. Die Liasgrenze muss also hier gerade umgekehrt an den Punkten, wo der Rhätsandstein fehlt, höher gelegen sein, — 18 — als an denen, wo er vorhanden ist: das Meer hat sich offenbar gegen die Alb zu verflacht. Wir haben demnach ein Recht, unser Rhät- gebiet in 3 Abschnitte zu teilen: 1. die Zone des Sandsteins, 2. die Lücken zwischen den 4 Bänken, welche dieser bildet, und 3. das ganze Gebiet gegen die Alb zu, wo kein Sandstein abgelagert worden ist. Um nun die verschiedenen Arten des Übergangs von Trias zu Jura zu studieren, möge ein Gang von Trossingen aus nach Norden, der Alb entlang, dienen. Bei Trossingen selbst sind gegenwärtig diese Sehlikihh nicht aufgeschlossen, doch ist mir durch die Güte von Herrn Lehrer Munz ein vor wenigen Jahren sichtbares Profil zur ee gestellt worden, das ich hier folgen lasse. Profal: i 1—1!/s m Psilonotenkalk, schwefelkiesreich. 10 cm dunkle sandige, ölige Thone mit einer Masse von Fischschuppen, Stacheln und dem zierlichen Pentacrinus pselonoti. Nach unten übergehend in 15 „ hellere blaue, nicht mehr sandige, fette Thone ohne Fossilien. 20—30 cm gelber Thon, von weissen Kalkmergeln durchsetzt. Roter Knollenmergel, oben mit gelben Flecken. Die Knollenmergel sind wohl mit dem gelben Thon abzuschliessen und die blauen Thone als Zwischenbildung zwischen ihnen und dem Lias anzusehen. Die Fischschuppen deuten das Bonebed an, das Mitvorkommen von Pentacrinus pstlonoti zeigt aber zugleich, dass dieses, wie die ganzen Thone vom Lias nicht abzutrennen ist. „Wenn man weiter nach Norden die Steilböschung des Lias « verfolgt,“ heisst es in den Begleitworten zu Blatt Balingen, „so findet man in den 6 Buchten bis Zepfenhahn ausser einer dünnen gelben Thonschicht keine Spur von Sand.“ Das soll wohl heissen, dass diese gelbe Thonschicht etwas sandig ist und als einzige An- deutung des Rhäts gelten kann. Wenn man aber von Rottweil über die „Rote Steig“ nach Wellendingen geht, so findet man, wie auch F. Haag! angiebt, sobald man auf der Höhe den Wald verlässt, links an der Strassenböschung die untersten Liaskalkbänke mit ihren cha- rakteristischen Muscheln schön aufgeschlossen und unterlagert von blaugrauen, sandigen Mergeln, die, über 2 m mächtig, nach unten gelblich werden und in die Knollenmergel übergehen. Da jede Spur ı F. Haag, Zur Geologie von Rottweils Umgebung. — 19 — von Fossilien fehlt, vielmehr die Leitmuscheln für den untersten Lias erst in den darüberliegenden Kalkbänken auftreten, so müssen diese Mergel wohl als rhätisch bezeichnet werden. Man hat hier also folgendes Profil 2. Liaskalk. 2—3 m bläuliche sandige Mergel ganz fossilleer. Knollenmergel. Weiter nach Norden konnte ich diese Mergel leider nicht mehr nachweisen, da ich in ihrem Horizont keinen weiteren Aufschluss fand, bis ich, von Zepfenhahn kommend, die Strasse Neukirch—Schömberg überschritten hatte und mich im Gebiet des Sandsteins befand. Dass dies der Fall, zeigten die in Masse im Thal herumliegenden Blöcke sofort, die ganz Farbe und Korn des Nürtinger Rhätsandsteins hatten. Etwaige Zweifel hätten die darin vorkommenden Muscheln vollends ganz genommen, denn ich fand Gervillia praecursor und Avicula contorta, die nach den Begleitworten zur Karte erst bei Zimmern unter der Burg vorkommen soll, schon gleich beim Hinabsteigen gegen den Thalhof. Anstehende Sandsteinbänke sieht man auf der Höhe, aber die Grenze nach oben und nach unten und besonders das hier vor- kommende Bonebed sind gegenwärtig nicht aufgeschlossen. Auch die übrigen berühmten Fundplätze für rhätische Fossilien in der Täbinger Sandbank sind augenblicklich so verschüttet, dass über- sichtliche Profile aufzunehmen unmöglich ist. Ich führe deshalb eines an, welches Herr Lehrer WaiperLic# in den „Württembergischen Jahresheften“ vom Jahre 1901 angiebt: ProfiiE 3. Psilonotenkalk. 5—10 cm Mergel. 20—30 cm Thon, 60 cm sandige Platten mit rhätischen Konchylien. 1,5 m leerer Sandstein. Das Bonebed fand Herr Waierıch im Kättelersloch dem Sand- stein eingelagert, und auf dem rechten Schlichemufer kommt es, nach den Mitteilungen von Herrn Binper aus Ebingen, gar unten als Grenze zwischen Rhät und Knollenmergel vor. Diese gehen nach den Begleitworten zur Karte auch hier nach öben in gelbe Letten — 160 — über, ehe sich die Sandsteine ausscheiden, wie es gegenwärtig auch auf dem rechten Schlichemufer zu sehen ist. Von der Balinger Rhätsandsteinbank ist gar kein vollständiges Profil bekannt. Nach Herrn Wameric#’s Veröffentlichungen und den Begleitworten zur Karte ist auf dem Sandstein das Bonebed mehr oder weniger angedeutet und dann folgt unmittelbar der Psilonoten- kalk. Es sind also die gleichen Verhältnisse, wie m der Umgebung von Tübingen, wo der Rhätsandstein in zahlreichen Brüchen aus- gebeutet wird und deshalb viele schöne Aufschlüsse zu sehen sind. Die Profile, wie sie bei Pfrondorf, am Einsiedel, am Kirnberg, auf der Eberhardshöhe aufgeschlossen sind, gleichen sich alle: es sind eben Sandsteinbänke, von grauen und rostgelben Mergelschnüren durchzogen und nach oben gerne schieferig werdend. Muscheln finden sich in der ganzen Gegend keine, aber für das Bonebed sind hier die berühmtesten Fundstellen; anstehend ist es gegenwärtig nur am Kirnberg aufgeschlossen. Ich führe als Typus das Profil eines der grossen Brüche an, in welchen bei Pfrondorf der Tübinger Pflasterstein gebrochen wird. Profılr4: Blaue Thone. Spätige Kalkbank mit Ammonites psilonotus und Plagiostomen. 1 m Sandstein. Sandiger Mergel. 2 nz ER SEE 2 m Sandbänke. 3 m Sandstein, oben links von Mergelschnüren durchzogen. 75 cm gelbe Letten. Roter Knollenmergel, oben mit gelben Flecken. Die Knollenmergel werden allmählich gelb, bleiben aber bis oben ganz fett, ohne eine Spur von Sand, so dass die darauf ge- brochenen Blöcke ohne weiteres davon abgewälzt werden können. Die Sandsteine sind von Mergelschnüren durchzogen, die sich aber nach rechts auskeilen und nur noch als Sprung im Fels zu bemerken sind. Die Psilonotenbank liegt etwas diskordant oben darauf, was noch besser an der Steige Kirchentellinsfurt— Ein- siedel in einem alten Steinbruch zu sehen ist, wo wir folgendes Bild haben: s — 161 — Profil. Psilonotenkalk. Lockere Sandbänke und Mergelschnüre. Auch für den Übergang zum Lias ohne Rhätsandstein finden sich in der Tübinger Gegend mehrere Profile aufgeschlossen. Ich erwähnte schon das bei der Rosenau, am Südwestabhang des Heu- bergs, wo ich mit etwas Nachgraben folgendes Bild erhielt: Profit.h. Bläuliche Thone. 30 cm spätige Kalkbank mit Psilonoten und Plagiostomen und unten deutlichem Bonebed. 5 cm rostiger Sandmergel mit kalkigen Konkretionen. 20 cm bläuliche Thone unten etwas rostig. 40 cm graue Thone mit roten Flecken, ziemlich fest und sandig. Rote Knollenmergel oben mit schwefelgelben Flecken. Sonst konnte ich im ganzen Gebiet zwischen Tübinger und Nürtinger Bank keinen vollständigen Aufschluss über diesen Hori- zont finden. Einmal, am rechten Ufer der Würm, wo deren beide Quellbäche von Altdorf und von Hildrizhausen sich vereinigen, hatte ich Gelegenheit, einen Blick unter den Schleier zu thun, der sonst durch die Vegetation gebildet wird, weil am Hang der Boden in- folge eines Unwetters gerutscht war. Ich sah Proft1l.7. ca. 3 m blaugraue Thonletten mit gelben Schnüren, nach oben fest werdend. 30 cm gelbe Letten. Roter Knollenmergel oben mit gelben Flecken. An der Strasse Weil im Schönbuch—Dettenhausen konnte ich am Rain ebenfalls den Übergang der roten Keuperletten nach oben beobachten. Kaum 5 cm über den ersten gelben Flecken kamen, nach unten scharf abgegrenzt, dunkelblaue, gleich fette Letten, die ca. '/a m offen lagen; das Weitere war durch Humus und Grasboden verdeckt. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 11 — 12 — Ein ganz ähnlicher Rutsch wie bei Hildrizhausen zeigt unter- halb Dusslingen auf dem rechten Steinlachufer , wie der Sandstein gegen die Alb zu vertreten wird. Die Knollenmergel bekommen ganz oben gelbe Flecken und dann kommt ein 3—5 cm dicker rost- gelber Mergelstreifen, dem ein ebenso dicker blauer folgt. Das Weitere ist auch hier durch Humus verdeckt, ich sah es aber bei Bodelshausen im Zusammenhang mit einer auf der Karte nicht ein- getragenen Verwerfung, rechts oberhalb des Punktes, wo die Strasse Bodelshausen—Dettingen nach kurzem Verlauf im Stubensandstein wieder in die Knollenmergel eintritt. Es wurde da eben ein Wald- weg den Berghang entlang gegraben, dessen obere Böschung die Schichten sehr schön durchschnitt und folgendes Bild ergab: Profil 8. Wald * 1: Brauner Mergel. 2: Blauer Mergelstreifen. 3: Gelber Mergelstreifen. Die Knollenmergel nahmen gelbe Flecken an und dann kam ein gelber und blauer Streifen, ganz wie bei Dusslingen. Auf diese folgte brauner Mergel, wie er aus den sandigen ‘unteren Liaskalken durch Verwitterung hervorzugehen pflegt. Dann kam plötzlich wieder roter Knollenmergel, der auch in ziemlicher Höhe darüber zu sehen war. Das ganze Rhät ist also hier vertreten durch den gelben und blauen Mergelstreifen, die hier wie bei Dusslingen ganz unscheinbar sind, aber auch zu grösserer Mächtigkeit anschwellen können, wie man an der Strasse Ofterdingen—Dettingen sieht. Geht man näm- lich die Strasse von Bodelshausen nach Dettingen weiter, bis sie die Knollenmergel verlässt, und biegt dann zurück, dem nördlichen Abfall des Lias folgend, gegen Ofterdingen, so sieht man, wenn man ins Thal herabgestiegen, auf die Strasse Ofterdingen—Dettingen trifft, an dieser Keupermergel aufgeschlossen. Man erwartet, an der unteren Grenze der Knollenmergel zu sein, da man die obere viel höher verlassen hat, sieht aber bald an den gelben Flecken ‚. dass es die obere ist; es macht sich offenbar wieder die vorhin beob- achtete Verwerfung geltend. Das Profil ist wieder ganz das gleiche, nur dass die beiden das Rhät bildenden Lettenstreifen auf je 20 cm angewachsen sind. Am besten untersucht sind die Verhältnisse im Rhätsandstein um Esslingen, wo ©. DErFner in jahrelangen Studien reiche Erfah- rungen darüber gesammelt und in den Begleitworten zu Blatt Kirch- heim niedergelegt hat. An die dortigen Angaben muss ich mich im wesentlichen halten, da gegenwärtig recht wenig zu sehen ist. Ganz offen sind nur die berühmten Brüche am Westabhang des Steine- bergs bei Nürtingen, welche folgendes Bild geben: Protitig. : Blaue Thone. Spätige, stark sandige Psilonotenbank. 5—6 m Sandfels mit rhätischen Muscheln nach oben plattig. Gelber Thon. Interessant ist, wie rasch der kompakte Fels durch Mergel- schichten ersetzt wird, denn schon einige hundert Meter davon, im Bahneinschnitt am Steineberg, ist nach DErFrner das Profil folgendes: Profil 10. Thone. 0,4 m Psilonotenkalk. 0,5 m gelber Rhätsandstein. 2,5 m Wechsel von Thonen und Sandsteinen, 0,35 m kalkiger Sandstein. 0,70 m dunkle Thone. 0,30 m fester Kalksandstein mit rhätischen Muscheln. 0,75 m gelber Thon. Wie auch nach Norden mit dieser Ersetzung durch Mergel die Mächtigkeit des Sandsteins abnimmt, zeigt folgendes, mir von Herrn 117 —. 464 — Professor Koken gütigst überlassenes Profil aus einem Einschnitt bei Nürtingen. Profil 11: N. Thone. S. Psilonotenkalk. Rhät, a5 00 25 Ioa yatigr r Dr ir Se u Keuperthone. Be 00 Die Mächtigkeit des Rhäts sinkt nach Norden auf 2 m, zu- gleich wird der Sandstein weniger kompakt, mit häufigen Letten- einlagen, in denen Sandsteinknollen liegen. ee DC " Das Bonebed fehlt am Steineberg vollständig, ist aber ganz in der Nähe, am Teufelsbrückle bei Haardt 6 mm mächtig vorhanden und liegt dort direkt unter dem Psilonotenkalk. Im Klingenbach bei Wolfschlugen aber finden sich Fischschuppen an der unteren Grenze des Sandsteins, wie auf dem rechten Schlichemufer bei Täbingen und nach Brauns überall in Norddeutschland. Bei der Nellinger Mühle endlich findet sich über einem reichen Bonebed noch ein 40 cm mächtiger Sandstein mit rhätischen Konchylien, über dem erst der Psilonotenkalk folgt. Dieser Typus findet sich nach DErFNER 1'/g Quadratmeilen um Esslingen, also fast auf der ganzen östlichen Sandbank. Aus all dem geht hervor, dass der Name Grenz- breccie, den PLienıngGer dem Bonebed gegeben hat, wenig Berech- tigung hat und dass der Grund EnpricH’s! ganz hinfällig ist, wenn dieser das Bonebed deshalb zum Keuper zieht,- damit man als Ab- schluss der Trias eine markante Schicht habe, umsomehr, als dieses auch praktisch für die Grenzbestimmung nicht taugt, weil es viel zu selten deutlich entwickelt ist. Geht man von Esslingen weiter nach Osten, so hören ungefähr jenseits des Meridians von Reichenbach an der Fils die Sandsteine wieder auf und es finden sich Profile, wie DEFFNER in den alten ‘ Endlich, Das Bonebed Württembergs. — 165 — Begleitworten zu Blatt Kirchheim vom Jahre 1872 eines angiebt, vom Sonterbach bei Wäschenbeuren: PRotll 23 Psilonotenkalk. 0,45 m blauschwarze Thone mit Cidaris psilonoti. 0,8 m helle blaugraue Letten gegen unten durch feste graue Letten über- gehend in Rote Keupermergel. DEFFNER erklärt das Auskeilen des Rhätsandsteines gegen den Schurwald für wesentlich verschieden von den anderen Lücken zwischen seinen Verbreitungsgebieten. Allein das Profil vom Sonter- bach entspricht doch ganz dem hier von Trossingen angeführten und auf Blatt Ellenberg treten die Sandsteine auch wieder auf. Die Derrner’sche Ansicht, dass der Reichenbacher Meridian die Linie eines alten kontinentalen Strandes sei, hat so wie so wenig fär sich. Welches Gestein sollte denn die Küste gebildet haben ? Etwa der Knollenmergel? Und wo sind denn auf dem Schurwald Anzeichen von Erosion im oberen Keuper? DEFFNER widerspricht sich auch selbst, indem er an anderer Stelle das Gebiet östlich dieses Meri- dians als die Region des tieferen Wassers erklärt wegen der Thon- ablagerungen; das dürfte mehr Wahrscheinliches an sich haben. Ich fand im Schurwald und Welzheimer Wald die untere Lias- grenze mehrfach aufgeschlossen, aber meist nur in Bachrissen, wo eben kleine Teile durch Wegräumen des Schutts blossgelegt werden konnten. Bei Büchenbronn, nördlich von Ebersbach an der Fils, deckte ich an einem Rain bei der Strasse, welche vom Kirnbach- thal nach Büchenbronn führt, einiges auf. Über den Knollenmergeln lagen blaugraue Letten, deren obere Grenze ich nicht erreichte, und im Gehängeschutt lagen Stücke jener porphyrähnlichen Kalkbank, wie sie EngEL' von Unterböbingen erwähnt. Beim Weg Adelberg— Oberberken ist diese in der Klinge des Einsiedlerbachs sehr schön aufgeschlossen und man hat dort folgendes Profil: Profi!'13: Blaue feste Thone. Porphyrartige Kalkbank. Knollenmergel oben mit weissen Adern und Knollen. ı Engel, Geognostischer Wegweiser. 1883, S. 76. — .166 — Von bläulichen Letten ist hier gar nichts zu sehen über den Knollenmergeln und diese zeigen bis oben keine Spur von Gelb, sondern schliessen mit einer Knollenbank ab. Sehr leicht mög- lich ist aber, dass die weichen Letten vom Bach herausgewaschen worden sind und ursprünglich doch da waren; ein dünner Belag von grauem Mergel unten an der brecciösen Kalkbank scheint wenig- stens dafür zu sprechen, doch hat dieser eher die Farbe, wie sie sich oft bei Adern im Knollenmergel findet. Die porphyrartige Kalk- bank ist nicht in ihrer ganzen Höhe gleichmässig beschaffen, son- dern oben ganz normaler Kalk und erst unten so brecciös. Ganz unten geht sie teilweise in ein lockeres Konglomerat aus hell- braunem Kalkmergel über, das aber noch so fest ist, dass es mit dem ganzen Stück beim Klopfen abspringt. Die Bestandteile sind dermassen deformiert, dass sie nicht mehr bestimmt werden können, doch scheinen Spuren von Zähnchen da zu sein und einige liasische Plagiostomen-Bruchstücke sind sicher zu erkennen. Der ganze Charakter der Bank stellt sie dem Bonebed sehr nahe. Ich fand sie noch einmal westlich von Welzheim in der Schlucht zwischen dem Taubenhof und Langenberg, hier unterlagert von blaugrauen Letten. Dass diese für gewöhnlich auf dem Knollenmergel liegen, fand ich noch an zahlreichen Orten bestätigt, und zwar auf dem Schur- wald in der Schlucht südlich von Unterberken, bei der Zahl 1688 und südwestlich hievon in der Klinge, mit der das Nassachthal beginnt. Auf dem Welzheimer Wald finden sich kleine Aufschlüsse darüber östlich von Welzheim bei der unteren Mühle und an der Strasse Pfahlbronn—Lorch südöstlich von Bruck. Die Mächtigkeit der Mergel hätte ich nirgends bestimmen können, wenn nicht an einer im Bau begriffenen Strasse von Brend nach Alfdorf, südlich der Leinecks- mühle, der ganze Horizont prächtig aufgeschlossen worden wäre. Ich sah dort — 117 — Profil 14. Angulatensandstein-Bänke. 2 m Schieferthon. 40 cm harte Kalkbänke. 20 cm schwarze, schieferige Kalke, mit vielen Schalen, Quarzkörnern, Schwefelkies, Fischschuppen und Zähnchen. 40 cm blaugraue Thonschiefer („Pappendeckelschicht*). 15 cm kompakter Kalk, nach unten übergehend in 15 „ schwarzer Schieferkalk nach unten ganz allmäh- lich übergehend in Unterste feste, grauschwarze Bank | 1 cm rostgelbe, sandige Schicht. 80 cm feste graublaue Letten, oben sandig. an me gr roten Flecken. Muss Roter Knollenmergel. Über den roten Mergeln, die oben viele Knollen haben, folgen helle, graue Letten mit einem Stich ins Gelbliche, mit denen aber die rote Farbe noch nicht ganz verschwunden ist, denn es finden sich oft 10 cm hohe rote Flecken darin. Nach oben wird die Farbe ein wenig dunkler und die Letten fester, ganz oben nehmen sie etwas Sand auf und gehen schliesslich ganz allmählich durch einen rost- gelben Sandstreifen in schwarze Kalkschiefer über, die sich als 1. feste Bank ausscheiden und nach oben in festen Kalk übergehen. Ich fand darin Reste eines Ammoniten, die aber zur Bestimmung nicht ausreichen. Durch dünne Schiefer davon getrennt kommen dann eigentümliche schwarze Schieferkalke, die teilweise nur ein Konglomerat von Quarzkörnern darstellen, wie man sie im Bonebed findet. An dieses erinnern auch die verschiedenen Fischschuppen und Zähnchen und Schalentrümmer, die sich darin finden. Das Bindemittel ist Kalk und viel Schwefelkies. Hiemit wäre also das Material gesammelt, welches beigebracht werden kann für die Entscheidung der Frage, ob unser Rhät besser zur Trias oder zum Lias gezogen wird. Was zunächst seine Be- ziehungen nach unten, zum Knollenmergel anlangt, so hat in der letzten Zeit Herr Professor Koren den Gedanken angeregt, dass das — 168 — Rhät eine Vertretung des Knollenmergels sei. Verschiedene Gesichts- punkte können dazu führen. Einmal die Verhältnisse in Mittel- deutschland, wo nach TnüracH! im nördlichen Thüringen die Zan- clodon-Letten nebst dem oberen Burgsandstein fehlen. Eine Diskor- danz zwischen Gipskeuper und Rhät ist aber nirgends zu bemerken, also muss das Fehlende in einem dieser beiden enthalten sein. Dass es im Rhät zu suchen ist, dafür spricht nur die Bemerkung v. STROM- BECK’s in seinem Aufsatz über den oberen Keuper bei Braunschweig, dass die Schieferthone, welche dort im mittleren und oberen Rhät oft vorwalten, an mehreren Stellen mit einer 2 Fuss mächtigen, leb- haft roten, hin und wieder ins Violette überspielenden Thonschicht beginnen. Wenn man aber auch auf die Ansicht kommt, dass in Norddeutschland das Rhät unsere Knollenmergel vertritt, so wäre dadurch die Schwierigkeit noch nicht gelöst, die darin liegt, dass man dort nach Tuürıcn’s Ansicht sonst kein Äquivalent für unsere Zanclodon-Letten kennt. Denn überall ist bei uns das Rhät von solchen unterlagert, kann also nur einen Teil von ihnen vertreten und für den anderen müsste man in Norddeutschland dann doch wieder nach einem Äquivalent ausserhalb des Rhäts suchen, wo keines zu finden sein soll. Wenn man also nicht dem norddeutschen Rhät einen anderen Umfang zuschreiben will, als dem unseren, so muss man sich doch im Gipskeuper nach Schichten umsehen, welche den Knollenmergeln gleichgestellt werden können, und Tornauıst ? hat dies mit Erfolg gethan. Er erklärt, dass die von Tuürıca als fehlend angenommenen Horizonte im nordthüringischen Gebiet in bezeichnender Ausbildung vorhanden sind und weist an vielen Stellen über dem oberen Burgsandstein eine Folge violetter und grüner Mergel nach, welche eine Anzahl heller dolomitischer Steinmergel- bänke enthalten, die mit den aus Franken in den roten Zanclodon- Letten beschriebenen „Bänken von hellgelblichgrauem, dolomitischem Kalkstein“ eine gewisse Ähnlichkeit zeigen. Auch Brauns spricht sich in diesem Sinne aus, indem er auf S. 22 seines Werkes über den Unterjura anführt, dass über den obersten Sandsteinen noch einige schwache Schichten bunter, meist dunkelroter Mergel folgt, die sich mit Dolomit und dolomitischen Mergeln verbinden und eine Zone von etwa 13 m Mächtigkeit ausfüllen, welche diejenige der über dem schwäbischen Stubensandstein lagernden Keupermergel ı Thürach, Gliederung des Keupers im nördlichen Franken. Geogn. Jahreshefte I u. II. ® Tornquist, Der Gipskeuper in der Umgebung von Göttingen, S. 33 u. 34. =. #00, — fast erreicht. Brauns weist auch auf v. StromBeck! hin, der sagt: „Der Unterschied in diesem Horizont zwischen Württemberg und Braunschweig beschränkt sich darauf, dass die Württemberger roten Thone, dort 50—80 Fuss mächtig, in Braunschweig nur an- gedeutet sind.“ So drängen also die norddeutschen Verhältnisse nicht zur An- nahme einer Vertretung des Rhäts durch Knollenmergel; bei uns scheint ein Profil besonders dafür zu sprechen, nämlich der Durch- schnitt zwischen den beiden geologischen Hämmern am Südabhang des Heubergs nördlich von Tübingen, den schon QUENSTEDT in seinen „geologischen Ausflügen“ ganz richtig angiebt. Am östlichen ist Rhätsandstein vorhanden, am westlichen fehlt er. Die Schichten fallen von diesem bis zum östlichen ”—8S m, an letzterem liegt aber der Rhätanfang 10 m tiefer, als an ersterem der Liasanfang, wie ich durch barometrische Messungen fand. Die 2—3 m, welche also der östliche Punkt ursprünglich tiefer lag, entsprechen aber ungefähr der Mächtigkeit des Rhätsandsteins dort, so dass wir ein Bild be- kommen, welches für dessen Vertretung durch die obersten Knollen- mergel beweisend zu sein scheint. Änollenmergel Ich habe sämtliche Punkte in Württemberg aufgesucht, wo sich nach der Karte der Rhätsandstein auskeilen soll. Wohl sah ich, besonders bei Baltmannsweiler auf dem Schurwald, auf den Meter, wie sich die Terrainkante, welche durch ihn hervorgerufen wird, verliert, aber ein Aufschluss, der ein besonderer Glücksfand wäre, weil jene Schichten praktisch nirgends ausgebeutet werden, kam mir nie zu Gesicht. Profil 11 reicht nicht ganz bis an den kritischen Punkt und würde nur dann für eine Vertretung sprechen, wenn die gegen Norden auftretenden Letteneinlagen rot wären. Da dies aber nicht der Fall ist, so spricht es, wie viele andere Er- wägungen, eher dagegen. Dass im Knollenmergel noch nie rhätische !v. Strombeck, Bd. IV d. Zeitschr. d. d. geolog. Ges. $. 73. — 10 — Fossilien gefunden worden sind, beweist natürlich nicht viel gegen die Annahme einer Vertretung, da ja in diesen Schichten die Fossil- führung so lokalisiert ist, dass nur das Vorkommen der Petrefakten, nicht aber ihr Fehlen beweiskräftig sein kann. Es sind aber andere Gründe, welche gegen eine solche Vertretung sprechen. Zunächst erscheint es überhaupt unerklärlich, wie von der so charakteristischen Farbe der Knollenmergel gar nichts in den vertretenden Rhätsand- stein gekommen sein sollte, sondern dieser in ganz unmittelbarer Nähe der Mergelfacies, wie z. B. am Steineberg, wenige Meter von der Rosenau entfernt, rein gelblich gefärbt sein könnte. Überall, ob Rhätsandstein vorhanden ist oder nicht, finden sich aber im obersten Knollenmergel gelbe Flecken, die sich, besonders wenn Sandstein folgt, zu einer bis zu 75 cm mächtigen gelben Thonbank zusammenschliessen können. Weil diese gelben Flecken einen ganz konstanten Horizont bilden, und zwar den obersten des Knollen- mergels, so muss mit Notwendigkeit geschlossen werden, dass alles, was über ihnen liegt, eine jüngere Ablagerung ist, als der Knollen- mergel. Der Rhätsandstein liegt aber stets darüber und kann somit unmöglich als Vertretung des Knollenmergels angesprochen werden. Vielmehr scheint mir das Auftreten der gelben Farbe eben durch das Hereinbrechen des Meeres hervorgerufen zu sein, welches im Rhät mit seinen Meeresfossilien seine erste Ablagerung hat. Mögen nämlich die roten Mergel eine terrestrische oder eine limnische Bil- dung sein, jedenfalls könnte das färbende Eisenoxydhydrat durch die Salze, welche das Meer nun neu hinzuführte, allmählich in gelbe Verbindungen übergeführt worden sein, was durch freie Salzsäure, wie der Versuch zeigt, in kürzerer Zeit bewerkstelligt werden kann. Die Unebenheiten des Meeresbodens, wie ich sie am Anfang für nötig fand anzunehmen, waren um diese Zeit schon vorhanden, und die Strömungen am Rande des Rhätmeeres nahmen ihren Weg in den Vertiefungen, diese frei haltend von sandigen Ablagerungen. So können die Bilder zustande gekommen sein, wie ich sie von Steine- berg— Rosenau und Dreispitz—Zeitungseiche angegeben habe. Das Profil vom Heuberg, welches für eine Vertretung des Knollenmergels durch den Rhätsandstein zu sprechen schien, lässt sich auch ganz einfach erklären, wenn man sich ein Bild jenes Ortes zur Rhätzeit rekonstruiert. Man hatte da sozusagen ein Thal, welches sich zwischen Steineberg und Heuberg in die Tübinger Sandbank hineinzog und frei von Sand blieb; an den Thalwänden, von denen ich die nördliche hier anzeichne, reichte der Sand bis zu einer be- — 11 — stimmten Linie herab, und wenn man annimmt, dass diese sich gegen Osten etwas senkte, so muss ein Längsschnitt, wie ihn jetzt die Erosion geschaffen hat, unter einem kleinen Winkel gegen diese alte Thalwand geneigt, natürlich jenes täuschende Bild geben: Ein Querschnitt durch das Thal, wie z. B. der vom Steineberg her (s. o.), giebt das richtige Bild, welches deutlich die Überlagerung des Rhätsandsteins über den Knollenmergel zeigt. Die Vertretung des Rhätsandsteins durch Knollenmergel ist also abzulehnen; durch etwas muss er aber doch in den grossen Gebieten, wo er fehlt, vertreten sein, denn es ist wohl kaum anzunehmen, dass dort überall während der betreffenden Zeit gar nichts abgelagert wurde. Das Rhät besteht ja aus Thonen und Sanden, von denen sich in Norddeutschland meist mehrere Bänke zusammen vorfinden. PFLücker y Rıco giebt in einem Brief an Herrn Eck! ein typisches Profil von Deitersen: 2 m dunkle, blättrige T'hone. 20—24 „ gelber thoniger Sandstein. 6 „ blättrige Schieferthone. 14 „ gelber thoniger Sandstein mit dünnen Einlagerungen von Schiefer- thonen; dicht unter den Keupermergeln Bonebed. Diese 4 petrographisch geschiedenen Abteilungen — paläonto- logisch nach Brauns nicht zu trennen, wozu PrLücker”? den Versuch gemacht hat — wechseln in ihrer Mächtigkeit so sehr, dass die Annahme von Bravns, sie vertreten sich oft gegenseitig, sehr wahr- scheinlich ist. Schon bei Langenbrücken finden sich nach DErrnER und Fraas nur noch 2 davon gut entwickelt, unten der Bonebed- sandstein und oben die Bonebedthone, und bei uns ist ja meist nur noch der Sandstein in stärkerer Ausbildung vorhanden. Überall sind aber auch Thone und Mergel vorhanden, und es ist nach Ana- ' Zeitschr. d. d. geolog. Ges. 1869, S. 238. ® Pflücker y Rico, Das Rhät in der Umgebung von Göttingen. — m — logie mit dem Vorhergehenden wahrscheinlich, dass diese an den Orten, wo der Sandstein ganz fehlt, ihn vertreten. Wir sehen ja im Profil von Pfrondorf, wie zwischen den kompakten Sandsteinen ein Mergelstreifen beginnt und an Dicke zunimmt. Aus Profil 9, 10 und 11, von Nürtingen, ersieht man, wie rasch der Sandstein durch diese Letteneinlagen zersetzt wird, und nach DEFFNER ist er ja meist oben und unten von solchen eingeschlossen. Warum sollte man also nicht annehmen, dass er an anderen Orten ganz durch sie verdrängt wird? Wenn da diese Letten auch meist von sehr geringer Mächtigkeit sind, so entspricht dies ganz den sonstigen Beobach- tungen, dass in der gleichen Zeit viel mehr Sand abgelagert wird als thonige Substanz. Dass sie übrigens auch zu ganz beträchtlicher Stärke anschwellen können, das beweisen die Profile von Hildriz- hausen und von der „Roten Steig“ bei Rottweil. Eine Vergleichung des Profils von der Eberhardshöhe mit dem vom „Roten Graben“ bei der Rosenau liefert vollends einen ziemlich sicheren Beweis, dass die an letzterem Ort unter dem Psilonoten- kalk liegenden Mergel die Vertretung des Rhätsandsteins sind. Auf der Eberhardshöhe und überall, wo der Lias auf Rhätsandstein liegt, findet sich als 1. Liasbank eine stark-spätige Kalkbank mit zahlreichen, sehr kleinen Muscheltrüämmern, abgerollten Quarzkörnern und wohl- erhaltenen Plagiostomen. Sie ist ganz charakteristisch und bezeichnet den Horizont mit Sicherheit, wenn man, was oft vorkommt, im Zweifel ist, ob der anstehende Sandfels rhätisch ist oder liasisch. EnGEL schreibt in den „Württ. Jahresheften 1899° ! von Nürtingen, die Bank sei dort sandıg entwickelt und nur durch ihre Einschlüsse als Psilonotenhorizont zu erkennen. Allerdings ist sie dort etwas sandiger als in der Tübinger Gegend, aber sie hebt sich doch sowohl vom Rhät- als vom Angulatensandstein scharf ab durch eben die konglomeratische Beschaffenheit und vornehmlich durch ihre unregel- mässige vertikale Bruchfläche, welche bei den beiden anderen Sand- steinen immer scharfkantig gegen die horizontale Lagerungsfläche und ganz eben ist. Die Mächtigkeit der untersten Liasbank beträgt um Tübingen nur 20—40 cm, und dann folgen stets blaugraue Thone. Diese Verhältnisse finden sich nun ganz typisch im „Roten Graben“, wo kein Rhätsandstein vorkommt, so dass man die 65 cm Thone über den roten Knollenmergeln unbedingt mit dem Rhätsandstein der Eberhardshöhe zu parallelisieren hat. ' Engel, Zwei wieder eröffnete Fundplätze für die Grenzschichten der schwäbischen Trias- und Liasformation. Württemberg. Jahreshefte 1899. a er Roter Graben. Eberhardshöhe. Blaue Thone Spätige Kalkbank. Spätige Kalkbank. 65 cm blaugraue Thone. 3 m Rhätsandstein. Knollenmergel. Knollenmergel. Das Vorkommen eines Bonebeds über den grauen Thonen im „Roten Graben“ ist vollends beweisend für ihre rhätische Stellung, da dies ja in der dortigen Gegend nur über dem Rhät. vorkommt und aus demselben Grund können auch die Trossinger Thone für rhätisch erklärt werden. Für die anderen Thone von der „Roten Steig“, Dusslingen, Bodelshausen, Hildrizhausen, Schur- und Welz- heimer Wald darf ich dann wohl den Analogieschluss ziehen. Es fragt sich nun, zeigen diese als rhätisch erkannten Mergel mehr Anschluss an den Lias oder an den Keuper? In Norddeutsch- land sind in petrographischer Hinsicht die Autoren alle für Lias: V. STROMBECK erklärt versteinerungsleere graublaue Thone, die in Braunschweig zwischen Rhätsandstein und Cardinienschichten liegen, für unzweifelhaft liasisch, da mit ihnen völlig gleiche Schichten über den Cardinienbänken vorkommen. v. ScHaurortH ! sagt in einem Brief an Herrn Beyrıcn, der Sandstein bei Veitlahm schliesse sich durch seine gelbliche Färbung und die eingelagerten Thonschichten den sich gleich über ihm einstellenden Thonen und feinkörnigen Sand- schichten des Lias an. PFLücker y Rıco schreibt in seinem Brief an Herrn Eck: „Der Aufschluss (bei Deitersen) bietet Gelegenheit zu beobachten, wie der Übergang des Rhäts zum Lias in petrographi- scher Hinsicht ein unmerklicher, zum Keuper hingegen durch die Erscheinung der bunten Mergel ein ziemlich scharf abgegrenzter ist,“ und ebenso spricht sich CrEenxer? aus. Brauns dagegen giebt zwar zu, dass die blosse Stratigraphie gegen die triasische Stellung des Rhäts sprechen könne, da die eigentlichen Keupermergel an der un- teren Grenze der Schichten mit Avicula contorta aufhören und sich deren Sandsteine mit thonigen Zwischenlagen in die Liasbildungen hinauf fortsetzen; eine schroffe Trennung aber, meint er, finde auch ı! H.v.Schauroth anH. Beyrich: Zeitschr. d. d. geolog. Ges. Bd. IV, S. 541 ft. ®?H. Credner,sDie Grenzgebilde zwischen dem Keuper und Lias bei Gotha ete. Neues Jahrbuch für Min. etc. 1860, S. 293. — 14 — nach unten hin nicht statt, wie das Vorkommen von Sandsteinen im oberen Teile der Keupermergelzone beweise. Dafür spricht auch die Notiz v. STROMBEcK’s, dass oft in den oberen Keupermergeln ein Wechsel von bunten Mergeln und dünnen Sandsteinschichten auf- trete, die sich sehr nahe an die rhätischen anschliessen. Die Verhältnisse bei uns führen ganz auf die gleiche Ansicht: petrographisch steht das Rhät durch seine Thone dem Lias sehr nahe. Wer die bläulichen Mergel unter der 1. Kalkbank vom Profil 6 sieht, wird sie unbedingt für liasisch erklären, denn sie haben genau dieselbe Farbe und Zusammensetzung wie die über der 1. Liaskalk- bank. Von den Knollenmergeln sind sie aber auch nicht ganz scharf geschieden, wie die roten Flecken beweisen, die in ihrer unteren Hälfte vorkommen und sich ganz allmählich verlieren. Dies zeigt sich auch im Profil 14, von Alfdorf, wo noch starke Spuren der roten Farbe im unteren grauen Mergel vorkommen, aber der Über- gang zum Liaskalk ist dort doch noch ein viel sanfterer. Im Profil 1, von Trossingen, zeigen die blauen Thone unter der Psilonotenbank ja Pentacrinus pstilonoti, ein sicher liasisches Fossil, woraus hervorgeht, dass auch in paläontologischer Hinsicht eine scharfe Grenze gegen den Lias nicht zu ziehen ist, wie auch Profil 12, vom Sonterbach bei Wäschenbeuren, beweist, wo die rhätischen Thone oben Cidaris psilonoti führen. Wenn also hier eine Grenze zwischen 2 Formatio- nen zu ziehen ist, so muss diese weitaus eher unter den rhätischen Thonen, als über ihnen gelegt werden. Ich bin sogar geneigt, wie schon in den alten Begleitworten zu Blatt Kirchheim angeregt ist, den gelben Thon über dem Knollenmergel noch zum Rhät zu ziehen, weil, wie ich oben gezeigt, der Übergang zum Gelb sehr leicht den Einbruch des Meereswassers und damit der neuen Zeit bedeuten kann. Auch ist sein Vorkommen von der Ausbildung des Rhäts ab- hängig, indem er besonders unter dem Sandstein auftritt. Nachdem nun klargelegt, dass erstens die bläulichen Mergel unter dem Psilonotenkalk den Rhätsandstein vertreten und zweitens, dass diese vom Lias unmöglich abzutrennen sind, so muss natürlich die Konsequenz gezogen und die rhätische Bildung überhaupt dem Lias angegliedert werden. Dass hiezu wirklich Grund vorhanden ist, zeigen auch die Beobachtungen über das Bonebed. Dieses Konglomerat von Zähnen, Schuppen, kleinen Knochen- stücken und Koprolithen hat von jeher das Nachdenken der Forscher angeregt, ohne dass es gelungen wäre, seine Entstehung einwand- frei zu erklären. Man hat bisher zu wenig beachtet, dass es kein — 15 — konstanter Horizont ist, obgleich allgemein bekannt war, dass in dem grossen Gebiet 1'/2 Quadratmeilen um Esslingen noch einmal Rhätsandstein mit dessen Leitfossilien darüber folgt und dass es überall in Norddeutschland, wie bei uns am Klingenbach bei W olf- schlugen und auf dem rechten Schlichemufer bei Täbingen, den untersten Horizont des Rhäts einhält. Diese Thatsachen zwingen unbedingt dazu, in diesen Gegenden das Bonebed zum Rhät zu ziehen, anders aber liegen die Verhältnisse um Tübingen, wie am Bonebed vom Kirnberg zu sehen ist. Dies ist etwa 10 cm mächtig und fällt in den Stücken, welche schon länger am Tag liegen, leicht auseinander, weil das Bindemittel verwittert ist. Dringt man aber etwas in das Innere vor, so zeigt es sich sehr hart und durch spätigen Kalk verbunden; ja, wenn nicht einzelne Koprolithen und Zähne es als Bonebed kennzeichnen würden, so würde man es für dieselbe spätige Kalkbank halten, mit welcher an anderen Orten der Lias beginnt. Ich habe direkt nebeneinander folgende Übergänge beobachtet: Gewöhnlicher Liaskalk., Spätiger Kalk. Bonebed. 10 cm kalkiges Bonebed. Leerer Rhätsandstein. Der spätige Kalk mit seinen Muschelträmmerchen scheint also das Bonebed zu vertreten, und da sich in ıhm schon liasische Plagiostomen finden, so ist dieses Bonebed zum Lias zu ziehen. Ganz Ähnliches fand ich bei Profil 6, wo der Sandstein fehlt. Der Lias beginnt hier ja auch mit der spätigen Kalkbank und diese zeigt unten überall eine Andeutung des Bonebeds.. Dass dieses aber liasisch ist, zeigt das Mitvorkommen von Plagiostomen im selben Stück, wo unten die Zähnchen zu finden sind; gleich daneben ist die ganze Kalkbank von Zähnen durchsetzt und somit überhaupt als Bonebed zu bezeichnen. Wer diesen Bonebedkalk dort in situ über den Mergeln sieht, dem wird es selbstverständlich erscheinen , ihn, wie es die Engländer mit ihrem Bonebed von jeher thaten, zum Lias zu ziehen, selbst wenn keine Muscheln darin vorkommen würden. Es war schon Quenstepr bekannt, dass Bonebedpetrefakten in Kalk eingebettet vorkommen und sein Schüler EnpLich erwähnt dies auch von Bebenhausen. QUENSTEDT ging aber mit dem Bemerken darüber hinweg, es können dies vom Meere wieder aufgerührte Sachen sein, die erst später ihre Ruhe fanden. Wenn aber an 3 Orten, Kirn- berg, Wanne, Bebenhausen, die ganze Schicht kalkig erscheint und nicht nur einzelne Stücke oben im Kalk liegen, so ist es doch näherliegend, anzunehmen, dass die Sachen ursprünglich in Kalk gebettet wurden. Wegen der grossen Ähnlichkeit dieses Kalkes mit der spätigen Kalkbank, welche sonst auf dem Rhät liegt und des beobachteten Übergangs in diese, welche durch ihre Einschlüsse als liasisch erkannt ist, möchte ich das Bonebed der Tübinger Gegend zum Lias ziehen. Vollends beweisend hiefür sind die liasischen Fossilien, welche Rorzze auf der Waldhäuser Höhe gefunden hat (s. Nachtrag). Wenn man die Ansicht von E. Fraas! teilt, dass das Bonebed der Kirchhof der Wirbeltierfauna des Keupers sei, welche durch ein katastrophenartiges Einbrechen des Jurameeres über unser Binnen- seegebiet plötzlich vernichtet wurde, so muss man, da nach dem Einbrechen dieses „Jurameeres“, wie das Profil Nellingen zeigt, noch- mals Sandstein mit rhätischen Fossilien abgelagert wurde, diesen konsequenterweise zum Jura ziehen. Der Umstand aber, dass das Bonebed überhaupt keinen Horizont einhält, nımmt der Annahme viel von ihrem Bestechenden. Die Thatsache jedoch, dass das Rhät in seiner ganzen Höhe von Bonebedlagen durchzogen ist, lässt die Bonebedbildung als etwas für die Rhätzeit Charakteristisches er- scheinen. Dadurch, dass sie sich nun so in den Lias hinüberzieht, werde ich in meiner Ansicht bestärkt, das Rhät nicht von diesem zu trennen. Da aber anderseits auch Anschlüsse an die Trias nicht abzuweisen sind, wird es besser sein, sich damit zu begnügen, die Selbständigkeit des Rhäts gegenüber beiden Formationen schärfer zu betonen, als dies besonders in neuester Zeit gewöhnlich geschieht. Nachtrag. Nach Abschluss dieser Untersuchung wurde durch die Gra- bungen am Waldhäuser Exerzierplatz das Bonebed wieder aufgedeckt. In den meisten dort gesammelten Stücken finden sich nun liasische Cardinien und Plagiostomen mit den Zähnen und Schuppen etc. des Bonebeds in einem Stück, wodurch die Angaben Rorrr’s (l. c.) volle Bestätigung finden. Auch das von Pompeck) erwähnte Exemplar eines Pstloceras, das Quenstept im Bonebed gefunden hat, kam in der Tübinger Samm- lung wieder zum Vorschein und ist, wenn es auch, wie PoMPECKJ ! Fraas, Bildung der germanischen Trias. Württemberg. Jahreshefte 1899. — 117 — sagt, nähere Bestimmung nicht zulässt, doch zweifellos ein Psiloceras, also liasisch. Ausserdem wurde in der letzten Zeit am Birkengehren bei Esslingen, jenem alten Fundplatz für rhätische Fossilien, wieder ein Steinbruch eröffnet und ergab folgendes Profil: Blaue Thone Sandiger Psilonotenkalk. Kalkiges Bonebed, nach oben und mehrmals seitlich übergehend in ge- wöhnlichen Liaskalk. 30 cm Sandstein, die oberen 10 cm plattig, mit kleinen rhätischen Kon- chylien. Unten sandiges Bonebed mit Zähnen, Koprolithen. Schuppen und rhätischen Muscheln. 25 cm dunkelblaue Letten. Erschlossen 1,20 m Sandstein. Verzeichnis der erwähnten Litteratur. v. Alberti: Monographie. 1832. Brauns: Der untere Jura im nordwestlichen Deutschland. 1871. Credner: Die Grenzgebilde zwischen Keuper und Lias etc. Neues Jahrbuch für Min. etc. 1860. Deffner u. Fraas: Die Juraversenkung von Langenbrücken. Neues Jahr- buch für Min. etc. 1859. Endlich: Das Bonebed Württembergs. Engel: Geognostischer Wegweiser durch Württemberg. Derselbe: 2 wieder eröffnete Fundplätze für die Grenzschichten der schwäbischen Trias- und Liasformation. Württemberg. Jahreshefte 1899. Fraas: Die Bildung der germanischen Trias, Württemberg. Jahreshefte 1899. Geognostische Karte von Württemberg (1: 50000): 1. Blatt Balingen, mit Begleitworten von Prof. Dr. v. Quenstedt. 2. „ Böblingen, mit Begleitworten von Prof. E. Fraas. 5 4. .‚Gmand 2. .„. Horb. 5. „ Kirchheim mit Begleitworten von C. Deffner, 1872, und mit Begleitworten von E. Fraas, 1898. „ Stuttgart. » Tübingen. 8 „Waiblingen. Haag, F.: Zur Geologie von Rottweils Umgebung. Programm des Kgl. Gym- nasiums in Rottweil. 1897. Oppel: Die neueren Untersuchungen über die Zone der Avicula contorta. Württemberg. Jahreshefte 1859. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 12 — ws — Oppel u. Suess: Über die mutmasslichen Äquivalente der Kössener Schichten in Schwaben. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 1856. Pflücker y Rico: Das Rhät in der Umgegend von Göttingen. Derselbe: Brief an H. Eck, Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1869. Pompecekj: Ammoniten des Rhät. Neues Jahrbuch für Min. ete. 1895. II. Quenstedt: Das Flözgebirge Württembergs. Derselbe: Geologische Ausflüge. Derselbe: Der Jura. Rolle: Über einige an der Grenze von Keuper und Lias in Schwaben auf- tretende Versteinerungen. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 1857. Bd. XXVI. v. Schauroth: An Herrn Beyrich. Zeitschrift d. d. geol. Ges. Bd. IV. v. Strombeck: . Über den oberen Keuper ete. der Gegend von Braunschweig. Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1852. v. Thürach, Gliederung des Keupers im nördlichen Franken. Geogn. Jahresh. Ru: 8. Tornquist: Der Gipskeuper in der Umgebung von Göttingen. Waidelich, Einiges über die Keuper-Lias-Grenze in der Balinger Gegend. Württemberg. Jahreshefte 1901. Das Ligament der Bivalven. (Morphologie seines Ansatzfeldes, seine Wirkung, Abstammung und Beziehungen zum Schalenwachstum.) Von Dr. Otto M. Reis. (Hierzu Taf. II—V.) Inhalt. Seite BET SEIFAHICHL Ger AMISOMYAMER nn 2% m Ge 203: Wena) a BORN 179 BRNHER Sibipament’ der Homomyarier . 22. ER3T PISTEN STT IE 08T, 202 „ ]2D. Struktur und Wachstum des Ligaments in Bezug auf das Schalen- wWachsini. 4) yes De 214 „ IV. Zur Erklärung des Zusammenhangs von Schalenkrümmung und EiSimenrbare, . msn Su 2 a. 23 2 nn 2 Be Era Zu a Ei a F a 226 - V. Weitere Wirkungen der Einkrümmung des Wirbels . . .... 240 „ VI. Beziehung zwischen Ligament und Zähnen des Schlosses . . . . 245 „ VI. Palaeontologische Resultate über das Ligament. ....... 255 „ VII. Anatomische Untersuchungen über das Ligament . ...... 264 „ IX. Zusammenfassung der wichtigeren Punkte von Kap. VI und VII 272 m X. Zusammenfassung der neu ausgeführten Gesichtspunkte und BIER BER N Re nn ann SEE Po ne u re Me Kapitel I. Das Ligament der Anisomyarier. Für den Palaeontologen sind sehr häufig Merkmale an fossilen Schalen und Knochen von grösster Wichtigkeit, die dem Systematiker recenter Hartgebilde, dem die Untersuchung der Weichteile noch möglich ist, völlig unwichtig und unwesentlich sind; der erstere muss erst aus kleinlichen Anzeichen an den fossilen Resten auf die Weichteile schliessen, wenn er etwaige Formveränderungen nicht nur einfach feststellen, sondern auch verstehen will. So erschienen dem Schreiber dieses bei der näheren Bearbeitung einer sehr merkwürdigen fossilen Lamellibranchiatengattung, die bisher zu den Ostreiden ge- stellt wurde, die morphologischen Verhältnisse des Schalenligaments bei den Bivalven, schon soweit es das normale Verhalten aus- 12* — wo -—- gewachsener Individuen betrifft, sogar in den Specialkompendien, welche als autoritative Werke für die Darstellung in palaeontologischen Werken massgebend waren (vergl. Bronx, Klassen und Ordnungen des Tierreichs. Bd. III. 1. S. 333—334, oder auch Fischer, Manuel de Conchyologie. 1887. S. 903—905) zum Teil zu kurz und auch unvoll- ständig, zum Teil auch nicht richtig aufgefasst und dargestellt; ander- seits fand ich auch richtige Darstellungen solcher Autoren in neueren Publikationen ! zu Unrecht in einzelnen Punkten verändert. Es ent- sprang daher einem Arbeitsbedürfnis, die verschiedenen Thatsachen von einem einheitlichen Gesichtspunkt darzustellen und besonders etwaige Gesetzmässigkeiten festzulegen, welche bei der Beurteilung fossiler Bivalven, wo uns die Ligamentsubstanzen selten noch erhalten sind, entscheiden helfen, wo, besonders in Fragen anormaler Schalen- gestaltung, das elastische oder auch unelastische Ligament gelegen habe, ob eines oder beides vorhanden war oder nicht; dies war Ja für Rudisten sehr lange eine Streitfrage und für eine andere Gruppe wird es noch Gegenstand scharfer Kontroverse bilden. Für die all- gemeineren Fragen ist am Schluss der Abhandlung eine Zusammen- fassung gegeben, welche auch in einem Schlussparagraphen noch eine kurze Erwähnung der hauptsächlich neuen Resultate und Hin- weise zur Benutzung des Textes enthält ?. Die folgenden Untersuchungen werden auch ergeben, was an der Morphologie der Ligament-Ansatzflächen, die gar nicht so ein- tönig ist, wie man gemeinhin anzunehmen geneigt war und ist, dem Ligament physiologisch und morphologisch als wesentlich oder unwesentlich zugehörig zu bezeichnen ist; wesentliche Merkmale sind die, welche nur durch die Funktionsart erklärt werden, und un- wesentliche, welche, wie wir zeigen werden, vom benachbarten Schalen- und Schlossrand in ihrer Ausgestaltung be- einflusst sind. Eine Komplikation der Ligamentverhältnisse ist besonders durch das Vorhandensein zweier verschiedenartiger, ı7.B. in den bezüglich der Schlosszahnentwickelung epochemachenden Abhandlungen Bernards im Bulletin de la societe geologique de France 1895—97 (vergl. unten S. 202 und 261). 2 Es ist zu betonen, dass sich die Ausführungen im nachfolgenden so wenig als möglich oder nur vorübergehend bei den bekannten, normalen Verhältnissen aufhalten, sondern bei nicht leicht verständlichen Abweichungen und unbekannten Besonderheiten, wobei freilich ein Eingehen ins kleinste nicht vermieden bleiben konnte. Meine Untersuchungsmaterialien stammen zum grössten Teile aus dem Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart und wurden mir durch freundschaftliche Ver- mittelung von Herrn Prof. Dr. E. Fraas zur Verfügung gestellt. We — nebeneinander gelagerter Ligamentsubstanzen bedingt, deren Ver- gleich mit der Schalensubstanz selbst interessante Gesetzmässig- keiten zwischen Schalenzuwachs und Ligamentort enthält. Zugleich sei darauf aufmerksam gemacht, dass eine Anzahl der im nach- folgenden berührten Punkte noch eine notwendige Ergänzung von seiten der anatomischen, physiologischen und biologischen Unter- suchung bedürfen, dass die Bivalven hierin noch ein ausgedehntes Feld dankbarer Erörterungen und Kontroversen bieten werden, dessen Bebauung dem gegenwärtigen Verfasser nicht möglich, dessen Durch- streifung aber unumgänglich war. Unter dem Schalenligament der Lamellibranchiaten (Connexus) muss man, ganz allgemein gefasst, sämtliche unpaare und mediane, dorsal vom Schloss oder zwischen den Schlosshälften befindliche, an die beiden Schalenhälften angefügten Verbindungs- substanzen verstehen, welche einerseits die Klappen einfach verbinden und anderseits durch ihre physikalischen Eigenschaften den Attrak- tionsmuskeln der Schalen entgegenwirken. Das Ligament besteht, wie schon seit lange bei einzelnen Haupttypen bekannt ist, aus zwei physiologisch scharf voneinander verschiedenen Substanzen; die eine, (z. B. bei Dimyariern) dem Schloss proximal anliegende, gilt als der eigentlich elastische Teil, die andere, äussere, ist unelastisch. Ein einfaches und ganz allgemeines Unterscheidungsmittel zwischen beiden ist, besonders bei äusserer Ligament- lage, der Kalkgehalt des elastischen Ligaments. Dieser Kalkgehalt besteht, wie dies schon in Bronx ]. c., S. 357 etc., sehr ausführlich und klar wiedergegeben ist, in einer Einlagerung feinster Kalkfasern, welche die Konchyolinhäutchen oder -lagen des Ligaments quer (radial) durchsetzen, in allen Fällen bei äusserem Ligament schon makroskopisch sichtbar sind, bei innerem Ligament aber sehr fein werden (vergl. Bronn’s Methode) '. Bei gut erhaltenen Exemplaren ausserordentlich vieler fossiler Muscheln sind daher die Kalkfasern nach Verwesung der organischen Substanz in lockerem mehr oder weniger zusammengeschlossenen Gefüge erhalten; sie wurden sogar ' Am feinfaserigsten scheint der Kalkgehalt bei Pectiniden und Myiden, bei welchen das Extrem einer inneren Lagerung des Ligaments zu bemerken ist. Dieses Extrem ist aber jedenfalls (vergl. unten) ein sekundärer Zustand und von einem Ausgangspunkt wie bei Aviculiden und Ostreiden abzuleiten, also eine Art Degeneration, womit auch ein Zurückgehen der Schichtung verbunden ist; indessen bleibt die Art der Wirkung als’ Biegungselasticität im wesentlichen dieselbe; es ist auch der der Perlmutterfläche anliegende Teil des Ligaments noch häufig stark faserig verkalkt. — 12 — bei Schalen aus der Silurformation beobachtet. — Wenn diese Er- scheinung der fossilen Erhaltung des Ligaments nicht gemäss dem Nachweis der Kalkfasern bei recenten Bivalven eine ganz allgemeine genannt werden kann, so kommt es daher, dass die Kalkfasern zwar dicht, aber doch vereinzelter, nur mehr oder weniger fest geschlossen der Konchyolinsubstanz eingelagert sind und daher leicht nach Ver- wesung der organischen Gerüstsubstanz zerstreut werden; trotzdem giebt es keine Gattung, bei der, je nach günstiger Fossilisation, nicht vereinzelte fossile Erhaltung des Ligaments nachzuweisen wäre. Es scheint vielleicht auffällig oder paradox, in dem „elastischen“ Ligament eine solche Masse von Kalkfasern zu finden, es wäre dies für ein „zugelastisches“ Ligament freilich merkwürdig, bei einem Ligament aber, das nur durch Druck- bezw. Biegungselasticität wirkt, ist es weniger auffällig; ich glaube sogar, dass nicht die organische Substanz allein, sondern auch diese fast stetige Einlage- rung von in Schichten liegenden und radial angeord- neten Kalkfasern die physikalische Ursache der Ela- sticität sind. Noch Bronx |. c. S. 428 glaubte, dass das Ligament bei äusserer Lage durch Zugelasticität (Verlängerung und Verkürzung) wirke, bei innerer dagegen durch Druckelasticität (Verkürzung und Wiederausdeh- nung); im ersteren Falle wirke das Schloss als Hebel. Dies ist nicht richtig, das Schloss hat niemals Hebelpunktfunktion, da es sich erst bei geschlossenen Schalen nach den Erhöhungen und Vertiefungen der Zähne deckt, der Stützpunkt des Schalenschlusses liegt in der medialen Kulminationslinie des Ligaments selbst, der Hebel ist in allen Fällen einarmig. VaıtLuant und Fischer reden einfach von „Druckelasticität“; auch das ist nicht richtig; es handelt sich um Biegungselasticität einer faserig erhärteten, äusser- lich einen Gewölbebogen bildenden, innerlich analog schalig struierten Substanz, einzig allein durch Ver- ringerung der Spannweite dieses Bogens und der not- wendig dabei eintretenden Beugung der die Bogenlamellen quer durch- setzenden Fasern (vergl. Taf. V Fig. 13—16 und Tafelerklärung) '. Eine 3 eh Lang-Hescheler reden (Lehrb. d. vergl. Anat. d. wirbell. Tiere. 1900, 8. 88) von Druckelasticität und stellen in schematischer Abbildung das Ligament als eine elliptische, in komprimiertem Zustand rundliche Masse dar; diese würde den freien Schalenrand gar nicht öffnen, wenn man in dem dorsal davon gelegenen epidermalen Ligament nicht die unelastische Angelachse der Schalenbewegung sehen könnte: wie wäre aber die Sache bei Ostreiden, wo das unelastische Ligament auf der Seite des elastischen liegt, oder bei Plicatuliden, — 193 — Bestätigung dafür sehe ich z. B. auch darin, dass bei den Unioniden eine Anzahl von Gattungen und Arten entsprechend der Manteldupli- katur eine (nicht stets als Folge einer nachträglichen Verwachsung, sondern als eine unpaare Anlage) dem Ligamentkonnex entsprechende und diese äusserlich umgreifende, dachfirstartige Schalenverbindung besitzen, so dass ein kontinuierlicher Übergang der Schalenzuwachs- schichten von einer Schalenseite (nicht Schalenhältte) zur anderen vor- liegt. Dieser „symphynote“ Rücken der Schalen wirkt genau wie das Ligament (und wirkt neben dem Ligament), d. h. er hat seine natür- lichen Spannungsverhältnisse bei klaffenden Schalen, bei geschlossenen Klappen strebt er die Schalen zu öffnen; er muss auch in dieser Weise zur Wirkung kommen, weil er das Ligament hinten und auch vorne überragt. Zugleich ist bei dem elastischen Ligament eine gewisse Starrheit von sehr grosser Wichtigkeit, da bei naturgemäss klaffenden Schalenhälften gerade das Ligament als ein haupt- sächlicher Träger der frei divergierenden Klappen wirkt; die Schalen klaffen lassen oder sie in klaffender Divergenz (z. B. bei auf dem Boden liegenden Muscheln) festhalten und tragen, das ist ein und dieselbe Funktion und wird nicht durch die Weich- teile besorgt, die im Gegenteil auf diesen Klappen lasten. Selbst ein Vertreter der Ansicht, dass die organische Substanz überall der alleinige Träger der Elasticität wäre, müsste zugeben, dass die Art der Kalkeinlagerung in Schichtung und Faserung die einzige Art wäre, dem Ligament diese wichtige Funktion als Träger der Klappen, die thatsächlich sonst keinen Stützpunkt am Körper haben, zu ermöglichen. Unelastische Körperchen konnten natürlich nicht eingelagert werden, die Fasern müssen selbst elastisch sein, wenn sie in solcher Masse eine Bandelasticität nicht völlig aufheben sollten. Die Anheftung des Ligaments an der Schale gehorcht, ganz im allgemeinen gesprochen, ähnlichen Gesetzen, wie der Ansatz der Muskeln im allgemeinen; liegen die gegeneinander zu bewegenden wo das unelastische Ligament fehlt, oder in den zahllosen Fällen, wo die Stärke und die Befestigung des epidermalen Ligaments in gar keinem Verhältnis steht zum elastischen Ligament, dessen starkem Expansionsdruck es ja vor allem aus- gesetzt wäre? Nach einer Ansicht soll sogar die äussere Schicht Zugelastieität besitzen! Wieder eine andere Ansicht ist in Graber’s Zoologie nach Boas mitgeteilt, nach der beim Schalenschluss die innere Ligamentpartie ventral vor- quillt und die äussere komprimiert wird, welche demnach auch druckelastisch wäre. Man sieht, wie wenig Einheit in den Anschauungen herrscht (vergl. unten S. 271 die Äusserungen v. West’s über die Ligamentwirkung); v. Zittel und Steinmann stehen zum Teil auf Bronn’s Standpunkt. — 14 — Skeletteile ganz nahe aneinander und berühren sie sich infolge des Muskelzuges, so muss der verbreiterte Bauch des kontrahierten Muskels einen Raum haben, wohin er sich eben zurückziehen kann; in diesem Falle haben wir „Muskelhöhlen“. In anderen Fällen, wo der Muskel- bauch zum seitlichen Ausweichen Platz genug hat, liegen zum Muskel- ansatz Spitzen, Cristen und erhabene Flächen vor, welche durch ihre vorgestreckte Lage die Annäherung der kontrahierten oder kom- primierten Teile erleichtern; ähnlich haben wir beim Ligament der Lamellibranchiatenschalen Gruben (cuilleron) und Ligamenteristen (Nymphe) und beides mit nur seltenen Übergängen auf zwei wesent- lich verschiedene, extreme Positionen des Ligaments, die innere und äussere Ligamentlage, verteilt. Bei ersterer, innerer Position, liegt das Ligament völlig oder fast völlig zwischen mehr oder weniger erheblich ausgedehnten, “unmittelbar unter dem Wirbel liegenden, dem Schalenschluss dienenden Flächen der Schlossplatte; es wird bei Kontraktion der Schalenmuskeln, wobei auch das Schloss erst in seine eigentliche Funktion tritt, bei vollständiger Deckung der beiderseitigen Schlossplatten gemäss ihrer entsprechenden Erhebungen und Vertiefungen nach den Gruben zu zusammengebogen; läge das Ligament im der Ebene der Schloss- platten, so würde eine Deckung der letzteren nach ihren Zähnen und Gruben unmöglich sein, da die Ligamentsubstanz nicht für sich und in sich hinein zusammengepresst, sondern nur die Spannweite des elastischen, mehr oder weniger gewölbten Bogens verringert wird. Bei der zweiten, äusseren Position liegt es ganz ausserhalb der Schlossplatte nach dem hinter dem Wirbel liegenden dorsalen Schalenrand zu und ragt meist etwas über diesen hinaus. Da die Schlossplatte hierbei nur an ihrem schmalen peripheren Aussenrand den Ansatz des Ligaments ermöglicht, so ist schon hierdurch klar, dass von einer unmittelbar senkrecht zur Schlossplatte gerichteten Entgegen- wirkung eines komprimierten Ligaments gegen die Zusammenschliessung der Schalenhälften auch bei dem inneren Ligament nicht die Rede sein kann; die Schichten des Ligaments bilden bei äusserer Lage einen stark gewölbeartigen Bogen von einer Schale zur anderen, bei innerer einen kleineren, aber festen Bogen. Dieses mehr oder weniger breite Gewölbe wird beim Schalenschluss nach dem Schlossrand zu stärker komprimiert, d. h. zusammengebogen und schnellt wie ge- bogener Stahl oder wie ein gebogenes elastisches Rohr beim Nach- lassen des Druckes wieder auseinander. Eine gewisse cristaartige Erhöhung des Ansatzrandes des Ligaments an der Schale kann daher, — 15 — soweit es die Gesamtrundung des Schalenwachstums erlaubt, nur von Vorteil für diese Art von Wirkung sein; von dieser Wirkung ist die der ersterwähnten (inneren) Ligamentposition nur eine schwache Modifikation. Zugleich ist es von Vorteil, wenn diese Ligamentbrücke soweit wie möglich nach innen unten vorspringt. Da sie beiderseits von Schlossteilen umgeben, ja (vergl. unten) eingeengt ist, so geschieht dies Vorrücken am meisten mit der centralen Region; seitlich weicht das Ligament dorsal (nach aussen), d. h. nach dem Zusammen- hang mit der Schalenepidermis zurück, es entsteht daher eine ventral- konvex vorspringende Endigung; zugleich wird dadurch erreicht, dass die Gewölbefläche des Ligaments eine sattelförmige, d.h. in der Transversallinie nach der Ventralseite konkav, in der Sagittal- linie (oro-anal) nach der Ventralseite konvex ist. Die Gewölbespannung ist daher in dem centralen Teil der Ligamentbrücke ganz besonders stark. Eine für Biegungselasticität unmögliche Gestaltung wäre neben der transversalen auch die oro-anale (sagittale, tangentiale) Gewölbebildung, welche einer ventral-konkaven Ansatzstreifung an den beiden Klappen entsprechen würde. Die erwähnten Gruben bei innerem Ligament sind nun nicht nur vom deduktiven Standpunkt im vornhinein zu verlangen, sondern sie sind auch thatsächlich an das Auftreten des inneren Ligaments geknüpft (Nueula, Limopsis, Crassatella, Serobicularia, Rangia, Mactra, Paphia, Oeronia, Lutraria unter den Dimyariern (Homomyariern), Lima, Vulsella, Avicula, Perna, Pecten, Spondylus, Plicatula, Ostrea unter den Heteromyariern und Monomyariern (Aniso- myariern). Auch zeigt sich überall das ventral-konvexe Vor- springen der Jüngsten (ventralen) Grenzlinie des Ligaments und somit sämtlicher Anwachsstreifen der Ligamentgrube, während die Felder des unelastischen Ligaments die verschieden- sten Arten der ventralen Begrenzung, somit auch der An- wachsstreifen an den Schalen aufweisen und als gänzlich abhängige Bildungen zu erklären sind (187 ete.). Auch bei äusserer Ligamentlage mit nymphealer Befestigung zeigt sich die sattelförmige Gewölbe-Innen- fläche des elastischen Ligaments; jedoch ist hier aus unten näher berücksichtigten Umständen der stärkste Punkt der Konvexität mit der grössten Dicke der Ligamentschichten stark postero-ventral ver- lagert. Es geht schon hieraus hervor, dass die Frage des Ansatzes des Ligaments an der Schale, ob auf einer Leiste oder in einer Grube, nicht so wesentlich zu seiner Wirkung sind, als die ventral- — Ii86 — wärts offene Gewölbestruktur und die sattelförmige Innen- fläche. Durch die innere Lage ist also jedenfalls die ventral-konvexe Begrenzung des Ligamentorts (einbegriffen der inneren Gewölbeober- fläche) bestärkt, wenn auch nicht verursacht. Zu den Ursachen zählen noch weitere Momente. Wie die Funktion leiden würde, wenn zu der transversalen Gewölbebildung noch eine oro-anale hinzutreten würde, so würde auch durch den glockenartigen Schichtzuwachs die innere Wölbung sehr bald geschlossen sein; ein Schichtenzuwachs könnte daher niemals in Kontakt treten mit den älteren Ligament- lagen; das umgekehrte Wachstum ist daher jedenfalls das günstigste für das wichtige Bestreben, möglichst viele Ligamentschichten zu einheitlicher Klaff- und Tragewirkung zu vereinigen. Denk- bar wäre freilich noch die ventral geradlinige Begrenzung des Liga- mentorts (bezw. eine geradlinige Achse der Ligamentwölbung), allein eine mediale Verstärkung der Ligamentschichten im Sinne der Trage- funktion, eine centrale Zonenverdickung des Gewölbes gehört ebenso zur Notwendigkeit und auch hierdurch sieht man das ventral- konvexe Vorspringen des Ligamentortes mitbegründet. Das ventral-konvexe Ausbiegen des elastischen Liga- ments und seiner Ansatzfläche gehört also unter allen Umständen zu seinen eindeutigsten Kennzeichen. Zugleich zeigt sich bei allen angeführten Beispielen die eigent- lich selbstverständliche Erscheinung, dass die Anheftestellen des Ligaments sich in beiden Schalen wesentlich gleich ver- halten (von geringen Grössenunterschieden bei Gattungen mit un- gleichen Klappen natürlich abgesehen); besonders gilt dies von dem Umstand, dass der Ligamentort in beiden Schalen ein eingesenkter, vertiefter, d.h. eine Grube ist. Nur für die Gattung Ostirea gilt in vereinzelten Fällen, besonders bei gewissen phylogenetisch jüngeren Arten, eine Abweichung davon, wobei nämlich der Ligamentort auf der Oberschale (und nur da) mehr oder weniger stark konvex ge- worden ist, Taf. III Fig. 4. Hier gilt also nicht, was Bross (Kl. u. Ordn. S. 334) zur Anwendung bei fossilen Zweischalern sagt, dass Ligamentgruben sich darin von Zahngruben unterscheiden, dass ihnen eine ähnliche in der Gegenschale entgegensteht; doch ist hier noch der gewaltige Unterschied, dass entgegenstehende Zahngruben und Zähne des Schlosses sich mit der Zahnoberfläche vollständig decken, in dem erwähnten Fall aber Ligamentgrube und -wulst nicht, da bei geschlossenen Klappen zwischen beiden Schalenflächen noch Raum — 197 0 — für das Ligament in nicht komprimiertem Zustand vorhanden ist. Diese Ausnahmeerscheinung bei Ostrea kann erst im Laufe unserer Darstellung ganz erklärt werden. Wir gehen so nach dieser allgemeinen Orientierung zur spe- cielleren Betrachtung der Ligamentorte über, welche be- sonders auch den Ort und die Befestigungsweise des nicht elastischen Ligaments betrifft, dessen Eigentümlichkeiten wir bis jetzt noch nicht betrachtet haben; wir gehen hier am besten von den Monomyariern aus. Ostrea besitzt bei manchen, besonders jüngeren Arten, in der Unterschale zu beiden Seiten der medianen Grube für das elastische Ligament sehr häufig zwei mehr oder weniger längswulstartige Erhöhungen, welchen in der Oberschale vergleichbare flache Längsgruben entsprechen, Taf. II Fig. 1—5 u.9. Bronw’s Defini- tion der Ligamentgruben (S. 334) gilt also auch für diesen Fall nicht: es liegt thatsächlich das Verhältnis von Zahnerhebung und Zahngrube vor, da aber zwischen beiden Schalenflächen das unelastische Ligament liegt, so können Wulst und Grube nie zur Deckung kommen; eine Annäherung zur Deckung findet nur bei klaffenden Schalenklappen statt, also umgekehrt, wie bei der Deckung der Zahngruben und Zähne; sie kann aber niemals wie bei letzteren zu einem „Abschluss“ gelangen, der beim Schloss durch die beim Wachstum beständig wir- kende, sich ineinander passende Einfügung und Flächenberührung der verschiedenen Zahnskulpturen geschaffen wird. Es ist nun die Frage, wie dieses reciproke Verhalten in beiden Schalen zu erklären ist; hierbei ist nun zuerst zu betonen, dass es nicht bei allen Arten vorhanden ist, bei einer grossen Anzahl von Östreenarten sehen wir, im Gegensatz zu der oben erwähnten Gruppe, zu beiden Seiten der elastischen Ligamentrinne bei Abnahme des unelastischen Ligaments auf beiden Klappen zwei ganz glatte Felder sich aus- dehnen; diese dreieckigen Felder unterscheiden sich von den vom unelastischen Ligament bedeckten Seitenfeldern des elastischen Liga- ments bei Pedum, Avicula, Vulsella und Lima fast in nichts‘. Wenn daher Fischer 1. c. S. 904 das Verhalten von Ostrea in dieser ! Der einzige Unterschied ist, dass diese dreiteiligen Ligamentfelder bei den genannten Gattungen während des Schalenschlusses etwas oder auch viel weiter voneinander klaffen, und dass die externe Seitengrenze des unelastischen Ligaments mit jener Kante zusammenfällt, welche die Ligamentfläche überhaupt von der Schalenoberfläche trennt; dies ist bei Ostrea nur selten der Fall, wenn auch hier diese Grenze scharf bezeichnet ist. ee . Beziehung mit Perna, Crenatula und Pecten vergleicht und das- selbe in Gegensatz stellt zu dem der übrigen Lamellibranchiaten, so ist dem, um vollständig zu sein, vor allem (abgesehen von weiter unten berührten Verhältnissen bei Unioniden, Aetheriiden etc.) Lima, Pedum, Vulsella und Avicula anzuschliessen; bei Avicula ist die ganze Ligamentarea sehr schmal und das elastische Ligament stark schief nach hinten verlängert, so dass es scheinbar die Hälfte der Länge des eigentlichen Schlossrandes oder Schalendorsalrandes ein- nimmt; bei Pecten ist? das unelastische Ligament von dem elastischen fast ganz getrennt, was durch ein etwas divergirendes Wachstum der beiden Ligamentarten verursacht ist; trotzdem bleibt so viel Gemeinschaft, dass Pecten nach FiscHer unter den Gattungen genannt werden kann, bei welchen das unelastische Ligament zu beiden Seiten des elastischen (wie bei Ostrea) entwickelt ist. Selbst bei vielen fossilen Arten von Pecten sieht man in den dorso-ventralen Seitenfeldern des elastischen Ligaments mehrere schmale, schief nach dem Wirbel zu konvergierende Wülste, denen in der Gegenschale Gruben entsprechen. Diese Wülste gehören fast völlig dem Be- reich des elastischen Ligaments an, laufen indessen auf die Schlosszähnchen aus und sind leicht hiermit zu erklären. Beim Schalenwachstum werden die älteren Schichten am dorsalen Rand der Schlossplatte nicht mehr ganz von den jüngeren gedeckt, ganz schmale Randbänder der alten Schlossfläche, somit auch der alten Zahnflächen, ragen daher noch heraus; es bilden so diese hinter- einander liegenden Erhebungen eine einzige, quer zu dem Schicht- ausstreichen hin ziehende Wulsterhebung, deren letzter Teil der aktive Zahn ist und an deren vorletzter Partie sich der Ligament- zuwachs anheftet. Wenn sich dieser Zahn zwar mit der Gegengrube deckt, so gilt dies nicht mehr für den summarischen „sekundären (Querwulst“ und die ihm entsprechende Furche des gegenseitigen Liga- mentfeldes; durch das Schalenwachstum werden diese randlichen Teile von der Schlossfläche ausgeschaltet und gehören zu den äusseren unter dem Wirbel liegenden Flächen, an welchen nun, nach den Schalen der lebenden Pectiniden zu schliessen, das unelastische Liga- ! Nicht alle Östreiden zeigen drei Ligamentfelder, die fossile Gattung Exogyra mit stark eingekrümmtem Wirbel besitzt meist nur das Feld des ela- stischen Ligaments (vergl. Taf. II Fig. 8). ® In v. Zittel’s Grundzügen der Palaeontologie S. 255 sind die Pectiniden irrtümlich unter den Muscheln genannt, denen eine äussere Bandschicht voll- ständig fehlt. — wu — ment weiterwachsend sich befestigt. Voraussetzung dabei ist, dass Schlossfläche und Ligamentfläche nur einen kleinen Winkel bilden. Man sieht, dass diese sekundären Wülste und Furchen der unelastischen Ligamentarea bei Pecten (vergl. auch Lima Taf. II Fig. 7 u. 7a) keine selbständige morphologische Be- deutung haben, wie etwa nach unserer obigen Darstellung Gruben und Leisten des elastischen Ligaments; es müsste auch das unelastische Ligament eine besonders nach diesen Erhöhungen etc. differenzierte physiologische Be- deutung haben, wenn ihm eine solche ganz selbständige Reliefbildung seiner Schalenanheftefläche zukäme. Es kann nun die Frage aufgeworfen werden, ob der gelegent- lichen Wulstbildung im seitlichen Ligamentfelde bei Ostrea eine ähnliche Bedeutung zukomme wie der bei Pecten und auch Lima; Östrea hat nun kein eigentliches Schloss, d. h. keinen im Bereich der Kommissur der Mantellappen liegenden Schalenverschluss. Doch zeigt sich unmittelbar ausserhalb und neben der Mantel- kommissur, von der Querrichtung des Ligamentfeldes nach den vor- deren und hinteren Schalenrändern gerichtet, eine freiere Schalen- verschlussvorrichtung, die in der Unterschale (vergl. Taf. II Fig. 1, 2, & und Taf. III Fig. 5und 6) konstant eine mehr weniger breite Längsfurche mit oder ohne Querriefen, in der Oberschale konstant eine vollständig entsprechende, mit der Furche sich scharf deckende Längserhebung aufweist, Taf. I Fig. 2 und 5; es ist dies das „extra- kommissurale Schloss“, eine Differenzirung der ebenfalls dem Schalen- schluss dienenden freien Schalenrandkerbung anderer Bivalven, welche sich auch hier und da noch bei Ostreiden (vergl. Taf. II Fig. 8) am ganzen Schalenrande deutlich zeigt; dieser Verschluss hat infolge der Ungleichklappigkeit auch in Ober- und Unterschale ein ungleiches Verhalten‘. Die Querriefen dieser Erhebung und Furche des „extra- ! Ich bemerke, dass diese erhöhte Differenzierung der Schalenrandkerbung unmittelbar ausserhalb des oralen oder analen Endes der Kommissur auch bei anderen Bivalven deutlich ist, so z. B. bei Chama und Aetheria, welche Muscheln auch darin den Ostreiden ähneln, dass sie sessil sind, und ihr eigentliches Schloss verkümmert oder degeneriert. Eine sehr alte Gruppe, die Präcardiiden, haben auch nach den übereinstimmenden Resultaten neuerer Forscher (Neumayr z.T.., Frech und Beushausen) kein eigentliches Schloss, sondern eine nach der Radialskulptur gerichtete Schalenrandkerbung; es kann nun beides verschwinden, indessen bleibt die Radialskulptur und Schalenrandkerbung an zwei Stellen am stetigsten erhalten, welche als oral und anal unmittelbar neben der Kommissur liegende Schalenrandpartien erachtet werden müssen! — WW — kommissuren“ Verschlusses bleiben beim Wachstum der Schalen meist an gleicher Stelle, und wenn die neuen Schalenlamellen die älteren nicht ganz decken, so ragen letztere noch etwas hervor und bilden (Taf. II Fig. 5 und 8) — obgleich aus der Schalenrandschlussfläche seitlich ausgeschaltet — sekundäre Riefen, d.h. morphologisch genau ebenso unselbständige Bildungen, wie jene bei Pecten demon- strierten Zahnwülste des unelastischen Ligamentfeldes. Selten kommt es als eine Anomalie vor, dass ganz zunächst der Kommissur diese (Juerriefen des falschen Schlosses nicht quer, sondern longitudinal gestellt sind, dann verlaufen, wie dies Taf. III Fig. 5 von ÖOstrea flabellula zeigt, die sekundären Wülste fast parallel mit dem seitlichen Ligamentwulst, wodurch man wieder zu einer vergleichbaren Er- klärung desselben veranlasst wird. Hierfür ist es nun bezeichnend, dass die Längsgrube des extrakommissuralen Schlosses in der Unter- schale gegen den Wohnraum oft in einem sehr entschiedenen Wulst abfällt und dieser Wulst stets auf den seitlichen Ligamentwulst selbst oder wenigstens seinen externen Rand ausläuft (Taf. II Fig. 1, 2 und 4). Dieser Wulst des „extrakardinalen Schlosses“ bildet daher die Unterlage für die beim Weiterwachstum der Schale und der da- mit erfolgenden ventralen Ausbreitung des Ligamentfeldes sich eng- stens an den alten Ligamentrand und hiermit auch auf dem (an das seitliche Ligamentfeld) sich anschliessenden Schlosswulst neu an- legenden Schalenschichten. — Wir sehen darin also eine deut- liche Analogie mit den sekundären Ligamentwülsten bei Pecten und verstehen, dass dem entsprechend das seit- liche Ligamentfeld der Oberschale in diesem Falle stets eine konkave Fläche darstellt. Es ist weiter bemerkenswert, dass die erwähnte flachplattige Form der seitlichen Ligamentfelder bei in die Breite wachsenden Ostreen-Arten zu beobachten ist, die wulstige Form bei in die Länge wachsenden Arten, bei welchen auch die extrakardinale (-kommissu- rale) Schalenschlussverbindung vorwiegt. Wie nun der extrakommissurale Wulst auf die wulstförmige Erhebung des seitlichen Ligamentfeldes Einfluss hat und diese so als „sekundärer Längswulst“ aufzufassen ist, so erscheint auch neben ihm in ganzer Länge stets eine Furche als „sekundäre Furche nach der extrakommissuralen Randschlossfurche“ (Taf. II Fig. 1, 4, 8 und Taf. III Fig. 5, 6); es sind dies natürlich ausser Funktion gesetzte, beim flach ventralen Fortwachsen der kommissuralen Schalenregion unbedeckt gebliebene Flächenrelikte der alten extrakommissuralen — 191 — Furche, welche, dem Fortwachsen des Ligamentwulstes entsprechend, in einer regelmässigen „sekundären“ Längsfurche verbleiben und ebenso auch die alte Querriefung erkennen lassen. Es ist wichtig, diese eigenartigen, meist nicht näher berücksichtigten Bildungen zu präcisieren und ihnen Namen zu geben. Diese Bildungen sind nicht nur von ÖOstrea bekannt, sondern sie lassen sich auch z. B. bei Aetheriiden, Chamiden und Luciniden beobachten, und es lassen sich auch anderweitig bei Isomyariern oftmals noch deutliche Spuren der älteren Schalenrandkerbung zwi- schen dem unelastischen Ligament und dem anschliessenden Rand der äusseren Schalenoberfläche erkennen. Dass das seitliche, nicht verkalkte, epidermoidale, nicht aktive Ligament an allen derartigen morphologischen Differenzierungen nicht schuld ist, beweist der Umstand, dass ganz gleiche Bildungen auch bei Gattungen zu beobachten sind, welche gar kein epidermoidales Ligament besitzen, wie z. B. die Plicatuliden. Betrachten wir uns zuerst Spondylus, so haben wir über, vor und hinter dem Feld des elastischen Ligaments zwei dreieckige quergestreifte Schalen- felder mit quer ausstreichenden Schalenschichten, welche völlig den Feldern des seitlichen Ligaments bei gewissen Ostreiden, Lima etc. gleichen, aber ohne jede Spur des epidermoidalen Ligaments sind. Man sieht sofort, dass die Gestältung dieses „Pseudoligamentfeldes“ ganz allgemein von der Gestaltung und Ausdehnung des Schloss- randes abhängt. Wir sehen weiter auf diesem Felde bei einer grossen Anzahl von lebenden und fossilen Arten neben den Querstreifen (welche ebenso, wie bei dem Ligamentfeld der Austern, in die’ aus- geprägteren Zuwachsunterbrechungen der äusseren Schalenoberfläche auslaufen und bei Spondylus die alten dorsalen Schalenschloss- ränder repräsentieren) auch Longitudinalstreifen und stärkere Längswülste (Taf. TV Fig. 1und 2). Die stärkeren Wülste laufen (wie das auch in Desnayes, Anım. sans. vert., Taf. LXXX, Fig. 16 und 20, dargestellt ist) auf die grossen Zähne aus und erweisen sich sofort nach dem Vorhergehenden als morphologisch sekundäre Wülste ohne jede thatsächliche Funktion. Die erwähnten Longitudinal- streifen zeigen sich bei den Arten, welche am geradgestreckten Schlossrand eine schmale, gleichliegende, feingekerbte Furche (Unterschale) resp. Leiste besitzen; diese Kerbung ist es, welche bei manchen Arten nach dem oben erwähnten morphologischen Ab- leitungsprinzip als „sekundäre“ Längsstreifung des „Pseudoligament- feldes“ auftritt. Sehr deutlich ist bei der liasischen Plicatula nur — 12 — der Dorsalrand der Schlossplatte' ausgeprägt, der Ventralrand da- gegen gar nicht (Taf. IV Fig. 3); über dem Dorsalrand erscheint ein quergestreiftes „Pseudoligamentfeld“ mit den alten Schlossrändern ; in diesem Feld liegen auch die „Sekundärwülste* der länglichen eigentlichen Schlosszähne, welche sich nur dadurch voneinander unterscheiden, dass über die ersteren die auslaufenden Schalen- schichten der alten Schlossränder quer hinüber streichen, die Zähne dagegen von der glatten Schalenfläche gebildet sind; diese Wülste sind ebenso, wie die ihnen entsprechenden sekundären Längsgruben der Gegenschale (vergl. Taf. V Fig. 6) funktionslos, sie sind aus der Schlossverzahnung ausgeschaltet und divergieren klaffend wirbelwärts’°. Was aus der Betrachtung des Ligamentfeldes der Spondyliden zuvörderst hervorgeht, das ist die Thatsache, dass man bei aber- ranten fossilen Typen aus einem quergestreiften Felde zwischen Schloss und Wirbel nicht stets auf ein seit- liches Ligamentfeld schliessen kann; bei der grossen Ähn- lichkeit von fossilen Plicatula-Arten und ÖOstrea sind bei undeut- lichem Muskeleindruck Fälle denkbar, in welchen man im Zweifel sein kann, ob man eine fossile Art zu der einen oder anderen Familie zu rechnen habe. Die Spondyliden geben noch zu weiteren Bemerkungen im An- schlusse an das Ligament Anlass; die mangelnden Beziehungen der Seitenareen zu einem seitlichen „epidermoidalen“ Ligament machen es auch möglich, dass die eigentliche Ligamentgrube von beiden Seiten durch das Schalenwachstum überwuchert werden kann; da diese mediale Überwucherung bei vielen Arten schon in der Linie des queren Schlossrandes sehr vollständig ist, ! Diese queren Streifen des Pseudoligamentfeldes würden bei den Spon- dyliden nicht so häufig deutlich hervortreten, wenn diese Ausstreichlinien der Schalenschichten nicht in allen jenen Fällen im Hinblick auf die erwähnte kom- missurale Furchen-(Leisten-)Schlossverbindung etwas wulstartig verdickt wären. ® Dass bei Spondylus besonders in der grossen Schale die sekundären Wülste nach den grossen Zähnen nicht häufiger und nicht so stark wie bei fossilen Plicatula-Arten hervortreten, liegt daran, dass die Zähne in einer anderen Ebene liegen und nicht unmittelbar an das Umbokardinalfeld anstossen;; dies ist aber bei der schwachen Kerbung der Fall, die daher die Ursache der häufigen Längsstreifung dieses Feldes ist (vergl. oben). BERNARD hat (Bull. soc. g&ol. de France. 1896, S. 441) gleiches von Spondylus gadaeropus aus einem sehr frühen Entwickelungsstadium abgebildet; ein Teil der feinen radialen Streifung lässt sich danach auf die Fortsetzung der feinen Kerbung des Schlossrandes des pectinidenartigen Vorstadiums der ausgewachsenen Form zurückführen, ein Teil entsteht jedenfalls neu. — #0. — so sieht man bei geschlossenen Klappen äusserlich vom Ligament sehr häufig gar nichts, sondern nur ein gleichmässiges, von Quer- und Längsstreifen durchsetztes „Pseudoligamentfeld“. Auch lebende und fossile Vertreter der Gattung Plicatula haben davon etwas; Fischer erwähnt hier im „Manuel“ eine arröte ou saillie, einen „Vor- sprung oder eine riegelartige Hemmung“, welche das Ligament be- decke. Mit dieser Überwucherung des mittleren Ligamentfeldes hängt auch die ausnahmsweise starke Einrammung der Zähne der beiderseitigen Schlosshälften bei Spondylus zusammen; zugleich ist hier sehr deutlich, dass nur der vorderste jüngste Abschnitt des Ligaments mit seiner Elasticität (vergl. unten) zur Wirkung kommt, wie ja auch bei Ostrea (Taf. V, 17), Perna, Lima etc. der dorsale Abschnitt des gesamten Ligamentapparates zwischen den beim Weiterwachstum apical immer mehr klaffen- den Ligamentfeldern infolge des Mangels an Zugelasticität auseinander gerissen wird und durch das eindringende Wasser der Zerstörung anheimfällt; bei Spondylus ist die Zerreissung der älteren Ligamentschichten Vorbedingung der Überwucherung des Ligaments durch das Pseudoligamentfeld. Bei Perna und Inoceramus tritt sogar der Fall ein, dass eine Anzahl der vordersten Ligamentgruben ganz ausgeschaltet werden; Perna maziıllata in GoLpruss, Petrefacta Germaniae, Taf. CVIII Fig. 3c, zeigt, dass hier beim Schalenwachstum die neuen Schichten, die sonst an sämtlichen Ligamentgruben einen Ligamentzuwachs an- deuten, die der Wirbelspitze zunächstliegenden Gruben nicht mehr vergrössern, so dass der neue Ligamentunterrand (Schlossrand) von der Spitze zurückweicht und die alten Felder vorne distal verschoben scheinen; hierdurch kommen ca. 5 der vordersten Ligamentgruben in die Schlossrand-Parallelregion, längs welcher durch das Wachstum der proximalen Partien die distalen Ligamentpartien zerreissen müssen; die Ligamentbrücke ist also an diesen im Wachstum stehengebliebenen Feldern jedenfalls ganz zerrissen (vergl. Taf. II Fig. 6 und 7); das gleiche lässt sich für gewisse mit starker Wirbeleinkrimmung ver- sehene J/noceramus-Arten feststellen (vergl. GoLpruss, Petrefacta Germaniae, Taf. OXI Fig. 3, und Des#aves, Trait& el&m. de Conch., Taf. 46). Eine nicht unwichtige Erscheinung ist in der eigentlichen Liga- mentunterlage von Spondylus bei fast allen Arten in grösserer und geringerer Deutlichkeit zu beobachten, die meines Wissens noch nirgends besprochen wurde. Gemeinhin heisst es, das Ligament liege Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1902. 13 — 14 — hier in einer einfachen, longitudinalen Grube '; dabei ist aber eine Einzelheit zu ergänzen. In der reinen Ventralansicht (Taf. V Fig. 7) der Ligamentröhre sieht man zwischen der Ligamentsubstanz und der Schale, besonders an deren emporgebogenen Seitenwänden, häufig eine Reihe nicht eben kleiner, etwas eckiger Poren ausmünden, welche an drei Seiten von der Schalensubstanz, an der vierten vom Ligament selbst begrenzt bezw. überdeckt sind. Von der reinen Flächenansicht (nach Abhebung des Ligaments) gesehen (Taf. V Fig. 8), entsprechen diesen Porenmündungen lange, dorso-ventral sich ein- schaltende Rinnen, zwischen denen die breiteren, erhabenen, ober- fächlich konkaven Längsleisten den substantiellen Flächenansatz des Ligaments in deutlichen, nach der Ventralseite konvex vor- springenden Querstreifchen andeuten. Das Ligament ist also durch das Schalenwachstum in den diesen Ansatzleisten interkalierten glatten Furchen von der Schaleninnenfläche und zwar vom Wohnraum her gleichsam abgehoben. Es beweist aber das Verhalten bei Spondylus die Notwendigkeit einer gemeinsamen Ansatzebene für das elasti- sche Ligament und dessen Scheu (vergl. unten) in Ver- tiefungen herein- und aus ihnen herauszuwachsen, es überbrückt vielmehr die radialen Vertiefungen durchkreuzend mit seinem zusammenhängenden Schichtenzuwachs; nur bei derartigem Zuwachs ist überhaupt eine solche Überdeckung mit gleichzeitiger starker Befestigung der Ligamentschichten möglich. Bei nicht er- haltener Ligamentsubstanz könnte man bei fossilen Schalen hier an eine bei Perna etc. bekannte Erscheinung denken; indessen ist die Verschiedenheit der beiden Fälle bei morphologischer Ähnlichkeit ganz klar: bei Perna handelt es sich um eine Vervielfältigung des bei Ostrea etc. bekannten Ligamenttypus, wonach ganz im Verhältnis zum Schalenwachstum eine Vermehrung der alternierenden elastischen und unelastischen Ligamentpartien eintritt; bei Spondylus handelt es sich um eine einfache Flächenvergrösserung des Ligaments, welche aber mit jener der Schalenfläche des Ligamentbodens nicht gleichen Schritt zu halten vermag; prinzipiell übereinstimmend mit dem Fehlen ! Dies gilt eigentlich nur für den nicht mehr funktionierenden Teil des Ligaments; der wirksame Abschnitt ist nur durch das breite, offen- liegende, von Schale zu Schale hinüberreichende Ende des Ligaments, welches - zunächst der Öffnung der Grube liegt, dargestellt; im unmittelbar hinteren Teil der Grube liegen die auseinander gerissenen Reste der beim radialen Wachs- tum des Schlosses beständig in ihren dorsalen Partien fortschreitenden Spaltung der Ligamentbrücken. — 19 — des unelastischen Ligaments ist hier auch das elastische Ligament im Rückstand gegen das mehr wuchernde Schalenwachstum, das sich, abgesehen von der meist knorrigen Skulptur der Schalenoberfläche und der meist ausgedehnten Anwachsfläche, auch bezüglich der Innen- struktur in der Bildung grösserer Schalenhohlräume ankündigt. Unter fossilen Arten zeigt diese Erscheinung besonders schön Spondylus miocaenicus McuHr.; hier ist die Zerschlitzung dreitheilig, ein breiter mittlerer Kanal ist der längste, die gleichlangen seitlichen sind kürzer; dies zeigt sich auch bloss in der Unterschale; bei der angeführten lebenden Art lassen sich ein mittlerer und 4 bis 5 davon weit ge- trennte, rein seitlich gelegene Kanälchen feststellen. Mit diesen eigenartigen Furchen am Ligamentboden bei Spon- dylus ist nicht die bei Ostrea in allen drei Ligamentfeldern öfters zu beobachtende und in neuerer Zeit bei der Deutung der fossilen, immer noch problematischen Bivalve ZLithiotis' von GÜMBEL und G. Bönm öfters erwähnte Längsstreifung der Ligament- area zu verwechseln; sie hat zu den ähnlich gelagerten Kalkfasern des mittleren Ligaments gar keine Beziehung, weil sie auch unter den kalkfreien seitlichen Ligamentpartien zu beobachten ist. Die Streifen verhalten sich aber bei demselben Stück auf beiden Schalen- hälften völlig verschieden und unregelmässig, laufen nur seltener kontinuierlich durch das ganze Ligamentfeld, sondern setzen ab und an anderer Stelle neu ein. In einem Falle (Taf. II Fig. 9) konnte ich beobachten, dass die stärker ausgeprägte Ligamentstreifung einer feinen Runzelung der dem Ligamentfelde un- mittelbar anliegenden Schaleninnenfläche entsprach, also nach dem Prinzip der sekundären Wülste erklärt werden kann. Diese Runzelung scheint eine Eigenheit des Lamellenwachstums unter dem Druck der Schlossgegend zu sein, weil sie auch gelegentlich an dem Schichtenausstreichen der Muskelgrube von Ostrea zu beobachten ist; es ist dies eine Eigenheit, welche offenbar den Uranfängen des Schlosses und der Schalenrandkerbung zu Grunde liegt. Ähnliche, fast nicht mehr makroskopische Runzelung beobachtet man auch bei Pecten und Janira; sie verläuft einheitlich senkrecht zum Schloss- ‚rand, kreuzt also unter spitzem Winkel die schiefstehenden Zähne, deren Flächen sie mit feiner Leistenrauhigkeit bedeckt, die sich auf beiden Schalen natürlich nicht entspricht (d. h. Furchen und Leisten ! Eine entscheidende Gesamtdarstellung der hierher zu rechnenden Gat- . tungen, ihrer Struktur und Verwandtschaft wird von dem Verfasser auf Grund eines neuen umfassenden Materials vorbereitet, 13® = m — greifen nicht wie die Zähne ineinander ein). Trotz der Feinheit setzen auch hier diese Runzeln auf das Ligamentfeld nach dem Prinzip der sekundären Leisten und Wülste fort. — Ich bin nicht der Ansicht, welche G. Bönn (Ber. der naturf. Ges. in Freiburg i. Br. Ba. VI S. 74) vertritt, dass solche Streifen, wie bei Ostrea, sich durch Verwitterung verbreitern und vertiefen können; die Abwitterung der Lamellen des Ligamentfeldes trifft ja zuerst wieder auf halbdedeckte ältere und feinere Streifen und endlich auf glatte Lamellen der Wohnkammerflächen jüngerer Wachstumsstadien. Von älteren Ostreentypen zeigt die Streifung schon Ostrea explanata GLpF. (Doc6.) und zwar nur bei gut erhaltenen Exemplaren; da diese Art im Alter eine kleinere Wohnkammer erhält, so werden alle drei Ligament- felder schmäler (trotzdem sich das Gewicht der zu hebenden Deckel vermehrt); die Streifung der Seitenfelder konvergiert daher nach dem mittleren Feld und die dieses Feldes rückt zusammen. Ganz ungewöhnlich ist das Ligament bei Placuna und Placunanomia entwickelt, indem es hier an der einen Klappe auf nymphenartigen Leisten befestigt ist und das unelastische Liga- ment wie bei opisthodeten Muscheln! eine Hülle um das elastische Liga- ment bildet; an die Verhältnisse bei Anisomyarier erinnert nur, dass das unelastische Ligament auch auf der vorderen Aussenseite des vor- deren Armes des Ligaments vorhanden ist, also hier auch eine Hülle bildet. Ungewöhnlich ist ferner die Ungleichheit der Befestigung des Ligaments auf beiden Klappen. Verständlich wird dies Verhalten durch die Beziehung auf die normaleren Vertreter dieser anormalen Familie. Anomia zeigt die durch die ausserordentliche Verschieden- heit in den Klappen sofort verständliche Verschiedenheit in der An- heftung des Ligamenuts. Durch die Verlegung der Byssusöffnung aus der Körpermedianebene zwischen den Klappen in der Fläche der flachen Schale, die Umschliessung des Byssuslochs von unten und der Seite her, durch seine Verlagerung mit seinen Haft- oder Schliess- plättchen nach dem Wirbel zu, durch die hierbei weiter notwendige Abrundung des Schalengebildes mit seiner eigenartigen, nicht sehr ! _Opisthodet“ sind alle Muscheln mit hinterem äusseren Ligament; amphi- det sind die früher als Monomyarier und Heteromyarier zusammengefassten Formen, doch diese mit Ausnahme der Mytiliden und Pinniden; letztere beiden eng zusammengehörigen Familien stimmen nicht nur in opisthodeter Lage des Ligaments bei z. T. fehlendem vorderen Ligament miteinander überein, sondern auch im Vorhandensein eines charakteristischen umbokardinalen Pseudoligament-. feldes (vergl. S. 212, Taf. IV Fig. 4 und 5). — 1 .— sicheren Befestigung, wurde das Ligament ins Innere der grösseren Schale gedrängt und so auf der kleineren untergeordneten Schale der eigentümliche Träger erzeugt, wie wir Derartiges auch von Corbula etc. kennen. Das Kalkligament ist so mit seinen nicht gut in Erscheinung tretenden, aber wohl entwickelten unelastischen Liga- mentflanken tief ins Schaleninnere gerückt und (vergl. Bronn, Klassen und Ordnungen, Bd. III, Taf. XXXVI Fig. 2) die Länge der Kom- missur ausserordentlich verringert. Bei Placunanomia zeigt sich nun eine Tendenz zur Aufhebung der grossen Ungleichklappigkeit, in einer Anpassung der oberen Schale an die flache untere, wie ja überhaupt die oberen Schalen sessiler Formen meist flach werden. Die alte Innenlage des Ligaments wird hierdurch nicht weiter be- rührt, doch zeigt sich sein ventrales Wachstum nicht an ganzer Ventralgrenze, sondern nur an den oralen und analen Enden der Ligamentanlage; so entsteht die Gabelung des elastischen Ligaments, wie bei Arciden, wo jedoch nach einer kurzen Pause mit unelasti- scher Ligamentbildung wieder das elastische anhebt''; statt des Liga- mentwechsels hat man bei Placuna nun fortdauerndes Schalenwachs- tum zwischen den Gabelarmen des Ligaments; während das randliche Ligament bei Arciden durch das starke Umbokardinalwachstum ganz äusserlich liegt, bleibt das Ligament bei Placunanomia und Placuna bei sich gering veränderndem dorsalen Schalenrand ganz innerlich. Dieses Innenwachstum einer ursprünglich randlichen Bildung ver- ursacht beiderseits, dass das unelastische Ligament, das sich bei den Anisomyariern randlich meist stark in die Breite ausdehnt, sich zu einer schmalen, zusammengedrängten Hülle entwickelt, wie wir sie bei opisthodeten Homomyariern finden, wo das hintere und elastische Ligament in der schmalen Furche zwischen Nymphenleiste und Schalenrand eingezwängt ist. Es ist dies noch von einer Seite zu beleuchten: Dem nachgewiesenermassen frühe mit völliger Verwachsung verschwindenden Anheftestiel-Öffnung bei Placuna zufolge, ist der gesamte vor der vorderen kürzeren Ligamentleiste liegende Oberrand dem freien Schalenrand entsprechend, d. h. extrakommissural; da diesem der hinter dem hinteren Zahn liegende ebenso deutlich aus- geprägte Schalenoberrand mit seinem Feldchen „sekundärer“ Leisten völlig entspricht, so würde das zwischen den beiden Ligament- schenkeln liegende Feld allein der Ausdehnung deralten, schon ! Sehr nahe liegt auch der Vergleich mit der vom Ventralrand her statt- findenden Zerschlitzung des Ligamentfeldes bei einzelnen Spondylus-Arten (vergl. Taf. V Fig. 7 und 3). =. = bei Anomia schmalen Mantelkommissur entsprechen, z. B. den beiden ausserhalb liegenden Feldern der extrakommissuralen Schluss- verbindung bei Ostrea. Im Zusammenhang hiermit muss vorauserwähnt werden, dass bei den im nächsten Kapitel behandelten Gruppen (exkl. Mono- myarier und Heteromyarier) das unelastische Ligament bei innerer Lage des elastischen Ligaments mit diesen in völlig reduziertem Zu- stand medial nach innen rückt und (ausgenommen die Scrobiculari- iden) stets die für diese Gruppe charakteristische Hüllenbeziehung zum elastischen Ligament deutlich beibehält; dies ist bei den Mono- myariern ausser den Anomiiden sonst nicht der Fall, im Gegenteil findet bei den Pectiniden im Zusammenhang mit der starken Ohr- bildung eher ein divergentes Wachstum beider Ligamentarten statt, wobei das unelastische Ligament die ganze Länge der Kommissur, wie bei Ostrea, Lima, Avicula etc. beibehält (über die Scerobiculari- iden vergl. unten). Zu den mehr aussergewöhnlichen Ligamentverhältnissen sind noch folgende Fälle zu besprechen. Wir haben oben schon erwähnt, dass Perna den Typus von Ostrea vervielfältigt wiederholt, wenigstens was die Verteilung von elastischem und unelastischem Ligament betrifft; das gleiche gilt auch für das Klaffen der Ligamentfelder, das Zerreissen der distalen Ligamentpartien und ihre Ausschaltung aus der Region der eigent- lichen Ligamentwirkung; doch die fast allgemeine Beschrei- bung, dass das elastische Ligament in Furchen liege, ist nicht völlig richtig und hat auch thatsächlich zu Irrtümern An- lass gegeben. — Bei gewissen fossilen Perna-Arten (P. guadrata Sow.', ı Von den Perna-Arten aus dem braunen Jura gehören hierher Perna mytiloides Lan. in Goldf. Petr. Germ. Taf. 107 Fig. 12, wo aber die „Kanäle“ des unelastischen Ligaments dorsal, offenbar durch Abwitterung an den vom Ligament entblössten Teilen, zugespitzt erscheinen (ähnliches bei lebenden Formen beobachtet!). Die von Goldfuss abgebildete crassitesta Mr. (l. c. Taf. 10 Fig. 13), Perna quadrata Sow. in Goldfuss 1. c. Taf. 108 Fig. 1 gehören zum ersten Typus, desgleichen P. isognomonoides; doch zeigt sich hier auf den erhöhten Leisten des unelastischen Ligaments manchmal durch Emporragen der Seitenränder der elastischen Grube eine leichte Vertiefung. Mit der von Goldfuss abge- bildeten P. crassitesta Mr. stimmt eine von Quenstedt (Jura, Taf. 52 Fig. 8) abgebildete P. mytiloides; eine in der Münchener Sammlung befindliche, von Münster selbst bestimmte P. crassitesta stimmt dagegen bezüglich des Liga- ments mit P. mytiloides Sow.-Goupr., wobei ich mit Quenstedt übereinstimmen möchte, dass die Stärke der Schalen kein zu wesentliches Unterscheidungsmittel ist. Diese in ihrer Systematik unklare Gruppe muss daher bezüglich der Liga- — DB — rugosa Mk., Follei Hörn.), die auch den bekannteren lebenden Per- niden nahestehen, ist thatsächlich das Verhalten der Ligamentgruben genau das von Ostrea; das elastische Ligament liegt in Gruben, springt konvex vor und die Schichtstreifen des Ligamentfeldes sind desgleichen nach der Ventralseite konvex, die des unelastischen Ligaments, das auf den dazwischenliegenden Leisten befestigt ist, zeigt geradegestreckte oder dorsalkonvexe Streifen; die Leisten selbst sind schmal, flach und nicht wulstförmig gerundet. — Eine zweite Gruppe, zu denen Perna Soldanii Desn., P. mazxillata Lamx. und P. Sandbergeri Desn. gehören, zeigt die (elastischen) Ligamentgruben auf erhöhten Leisten; die Gruben sind zwar flach, aber sie zeigen den ventral-konvexen Vorsprung und die dementsprechenden Streifen; auch zeigen sie die oben erwähnten ventralen Verbreiterungen und Verschmelzungen zunächst des Wirbels und eine Verdrängung der Felder des unelasti- schen Ligaments nach der Dorsalseite (vergl. unten). Das un- elastische Ligament liegt hier in Gruben („Kanälen“) zwischen den Leisten; sie wurden z. B. von HörnEs und SANDBERGER als die eigentlichen Ligamentgruben angesehen, weil die Lage des elasti- schen Ligaments in einer „Grube“ für Perna als charakteristisch galt. Dies ist unrichtig; das elastische Ligament könnte in dieser Lage gar nicht zur Wirkung kommen; wir haben hier eine Ent- wickelung des Trägers des elastischen Ligaments, welche mit der Nymphealleiste zu vergleichen ist, neben welcher das unelastische Ligament sekundär und passiv in eine Furche (Postnymphealfurche) rückt. Es scheint als ob die Verdrängung des unelastischen Ligaments durch das funktionirende elastische geschehe. Bei P. mazillata und be- sonders Perna Sandbergeri scheint das wenigstens ; unmittelbar unter dem Wirbel (vergl. Taf. II Fig. 6 und 7) verbreitern sich die ventralen Partien der einzelnen elastischen Bänder und verschmelzen schliess- lich zu einem einheitlichen; solche Verschmelzung zeigt sich stufen- weise, so dass statt 4 Felder zuerst 2 und dann 1 auftraten; gleichsinnig ist hiermit eine daneben zu beobachtende alternierende Verdrängung je eines unelastischen Bandes durch die ventral sich verbreiternden benachbarten elastischen Bänder,:. wobei die unelastischen Partien da- zwischen zuerst vereinigt und endlich verdrängt werden; so werden auch aus drei elastischen zuerst zwei und dann eins; beides findet mentgruben neu untersucht werden, wobei für die Deutung der Lage des ela- stischen Ligaments einzig massgebend ist 1. das schaufelartige Vor- springen über den Ventralrand und 2. die ventral konvexe Quer- streifung der Felder. — 200 — nur unmittelbar hinter dem Wirbel statt. Dass hier keine Verwechse- lung von Feldern elastischen und unelastischen Ligaments vorliegt, beweist mir ausserdem ein Exemplar einer Perna aus der Japani- schen See, wo unmittelbar beim Wirbel eine Verdrängung einer normalen Grube des elastischen Ligaments auf die gleiche Weise stattfindet, wie in der Fig. 6 Taf. 3a eine anormal auf einer Leiste befindliche Grube des elastischen Ligaments, welche von den Autoren bisher für die des unelastischen Ligaments gehalten wurde! Während bei Perna Sandbergeri eine Gabelung der Gruben in dorsaler Richtung zu beobachten ist, hat man hierbei eine Gabelung der Leisten: diese Gabelung der Leisten sehe ich auch an einer Perna sp. aus dem Meeressand des Mainzer Beckens, welche mit P. Sandbergeri aus den gleichen Schichten fälschlich identi- fiziert wird; auch hier haben die zwischen den Leisten liegenden Graben ventralkonvexe Querstreifung und konvexe, vorstehende Ventralbegrenzung; diese Art ist also scharf von P. Sandbergeri unterschieden und zeigen sich auch andere Unterschiede. Von den Perniden des Pariser Beckens gehört zu dieser Gruppe der P. Rollei etc. noch P. Bazini Desn.,;, dagegen gehört P. Lamarcki Desu. zu der Gruppe der P. Sandbergeri Des#. Zu letzterer Art ist noch folgendes von hohem Interesse nachzutragen; zu der zunächst der Wirbelspitze stattfindenden Differenzierung treten noch weitere nach hinten hinzu. Je nach der Grösse der Schale werden in einer gewissen hinteren Region der Ligamentarea die hinteren elastischen Ligamentfelder breiter und rücken etwas weiter auseinander; da aber diese Felder infolge der Ausschaltung von vorne her und der Einschaltung am hinteren Ende bald zu vorderen Gruben werden, so verschmälern sie sich in ihrem ventralen Weiterwachstum und rücken enger zusammen, während weiter hinten eine Region breiterer Ligamentfelder entsteht. Die Erklärung dieser Thatsache wird durch eine weitere Be- obachtung ermöglicht; sowohl nach meinem Material von P. Sand- bergeri, als auch nach der Abbildung dieser Art in Quenstepr’s Petre- faktenkunde zeigt sich, dass besonders kräftige Zuwachslinien im Liga- mentfeld, welche ältere, gleichzeitige, ventrale Schlossbandränder be- zeichnen, sehr deutlich nach hinten divergieren, dass also das Mass des dorso-ventralen Vorrückens der Bandarea hinten viel stärker ist wie vorne. Gleiches zeigt die schöne Ab- bildung von P. Soldanti nach Hörnzs 1. c. Taf. 54 Fig. 1. Dieses stärkere Verwachsen nach hinten unten muss natürlich jedesmal den neuen Schlussrand etwas schiefer stellen als den un- .— 201 — mittelbar älteren und die darauf annähernd senkrechten Bandfelder erhalten eine Einkrümmung nach vorne; es ist daher natürlich, dass die vorderen eingeengt werden, zumal das Vorderende der Area nach hinten vorrückt. In diesem Prozess, der lediglich nichts anderes darstellt als den der möglichst geringen Raumveränderung am Wirbelteil und des stärksten Schalenwachstums nach hinten und unten, liegt auch die natürliche Erklärung der alternierenden Ausschaltung von elastischen Ligamentfeldern am Wirbel, der völ- ligen allmählichen Ausschaltung der vordersten Ligamentarea aus der wirksamen Proximalzone des elastischen Ligaments. Wir sehen darin also lediglich eine Folgewirkung des Schalenwachstums, nicht etwa eine selbständige Ent- wickelung des Ligaments und selbständige Wirkung von Ligamentteilen auf andere oder auf die gesamte Ligamentarea. Man erkennt also, dass das elastische Ligament der Aniso- myarier — das nicht wie das äussere elastische Ligament der Iso- myarier tangential, sondern radial zum Schlossrand liegt — all- gemein in mehr oder weniger flachen Gruben sich befestigt, welche eine sehr gleichmässige Oberfläche und ventralkonvexe, quere Streifung und eine dieser letzteren entsprechende schaufel- artıige, ventrale Begrenzung haben. Eine erste Modifikation ist die Vervielfältigung der Ligamentgruben, welche in einer Neu- einschaltung am hinteren Ende und einer gelegentlichen Ausschal- tung und Verdrängung am vorderen Ende besteht; die Anordnung ist jedoch so, dass eine einheitliche Wirkungsebene erzielt wird. Hier- bei zeigt sich auch eine vereinzelte Emporhebung der elastischen Liga- mentgruben auf Leisten. Eine weitere Modifikation besteht in einer Gabelung bei gewissen Anomiiden, wo auch eine Befestigung auf Leisten zu beobachten ist; endlich in der einer solchen Gabelung entsprechenden regelmässigen radialen Zerschlitzung der Ansatzfläche (Spondylus), deren sehr schmale Vertiefungen von der Ligament- substanz nicht ausgefüllt, sondern überbrückt werden, wo- durch sich eine einheitliche Wirkungsfläche darbietet. — Die älteren Teile des elastischen Ligaments werden zersprengt und es sind nur die proximalen in Wirkung. Im Gegensatz hierzu sieht man das unelastische Ligament- feld in grossem Wechsel von Erhebungen und Vertiefungen durch- kreuzt; sie gehören nicht dem Ligament physiologisch an, das sich ihnen völlig anschmiegt, sondern bilden eine sekundäre Skulptur, — ZU — welche von den Schlosserhebungen beeinflusst sind; sie stellen Re- likte dar, die ganz funktionslos sind. | Kapitel II. Die Ligamentverhältnisse der Homomyarier. Eine innere medial gelegene Längsgrube für das elastische Ligament und zwei seitliche, teils aus ebenen Flächen bestehende, teils von Wülsten oder Gruben durchkreuzte Felder für das unelastische Ligament, sind also charakteristisch für die oben behandelten Familien; bei Spondyliden fehlt indessen das seitliche Ligament zu beiden Seiten, bei Perniden tritt der oben skizzierte Typus vervielfältigt auf, so dass eine Reihe von Feldern des elastischen und unelastischen Ligaments kontinuierlich alternierend nebeneinanderliegen, dabei eine Grube des elastischen Ligaments stets von zwei des unelastischen eingefasst wird, welche letzteren danach auch die äussersten Felder hinten und vorne bilden. Im allgemeinen wird nun (vergl. Fischer, Manuel de Conch. l. c.) dieses Verhalten von Ostrea und den angeschlossenen Familien in Gegensatz gestellt zu dem bei den übrigen Lamellibranchiaten, bei welchen das unelastische Ligament das elastische von nur einer, der hinteren, oberen Seite umhülle, obwohl bei Placuna auch das vor- dere äussere Ligament eine ähnliche Hülle bildet. Da das Verhalten von Arca und Pectunculus nun im Grunde genommen vollständig mit dem von Perna stimmt"! und beide Gruppen nicht näher mit- einander verwandt sind, so sollte man auch voraussetzen, dass es unter näheren oder weiteren Verwandten oder Vorläufern der Arciden etc. im weiteren Umkreis der Homomyarier auch Formen geben müsse, bei denen sich der Typus der Drei- teilung des Ligamentapparats noch erhalten hat; dies ist in der That der Fall, wenn es auch noch nicht erwähnt wurde. Wir betrachten zuerst die Unioniden, bei welchen die ! Schon Fischer hat in seinem Manuel de Conchyologie diesem richtigen Vergleich Ausdruck gegeben; Bernard hat indessen in neuerer Zeit behauptet, dass das elastische Ligament in den schmalen Winkelfurchen liege und das epi- dermale in den breiten Zwischenräumen; danach läge das elastische Ligament aussen und das unelastische innen; das ist aber (s. unten) völlig unrichtig und ist der Irrtum durch eine Übertragung der embryonalen Verhältnisse auf die ausgewachsenen Stadien entstanden (vergl. Bernard, Bull. de la soc. g&ol. de France. 1896, S. 67). Natürlich ist auch der Vergleich mit Perna nach unseren obigen Darstellungen nicht in der von Bernard angedeuteten Richtung zu suchen ; er gilt strikte nur für eine gewisse Gruppe der Perniden, welche durch das Bei- spiel Taf. II Fig. 6 und 7 illustriert ist. — 208 — Ligamentverhältnisse besonders deutlich entwickelt sind und erwähnen darauf die Gattungen, welche sich ihnen gleich verhalten. Der hintere und innere Teil des Ligaments hat hier das bekannte ge- wöhnliche Verhalten, welches Bronx (Klassen und Ordnungen des Tierreichs, 1862 II. 1. S. 333) deutlich beschreibt: es läuft hier längs und innerhalb der äusseren Begrenzung des hinteren Oberrandes der Schale zwischen Wirbel und Muskelgrube eine Furche hin, in welcher das äussere epidermoidale Ligament befestigt ist; nach innen von dieser Furche liegt eine breite Crista, die „Nymphenleiste“ für den An- satz des elastischen Ligaments. Gemeinsam mit Ostrea ist also die Thatsache, dass das unelastische Ligament eine völlig eigene, wenn auch (seiner Ausdehnung entsprechende) schmale An- satzarea hat, welche scheinbar dorsal vom elastischen Ligament liegt, aber dem Wirbel nach orientiert als hin- tere seitliche Area des unelastischen Ligaments gelten muss. Diese hintere Area hat auch eine eigene Fortsetzung über die nympheale Crista oder Leiste hinaus, welche zu dem hinteren Ende des elastischen Ligaments auch eine völlig seitliche Lage hat. Diese Fortsetzung hat auch eine an der Schale bezeichnende Stelle hinter dem plötzlichen Abbrechen der Nymphenleiste, wo sich bei völlig geschlossenen Schalen (bis zum unmittelbaren Zusammen- legen der Schalenränder, welche hinter dem Wirbel durch das Liga- ment auseinandergehalten sind) eine Öffnung befindet, welche ich nur in der Moderne Nomenclature des Coquilles von GREGORIO mit der neutralen Bezeichnung als postnymphealen Schlitz oder Grube bezeichnet finde!. Am Hinterende dieses Schlitzes quillt an der hin- tersten Stelle hier wie bei vielen anderen Gattungen ein starker Teil der Mantelduplikatur durch, während ein vorderer Theil des- selben natürlich noch durch das unelastische Ligament verdeckt ist; dieses senkt sich am Ende des elastischen Ligaments etwas hinten herab, spannt ersteres nach hinten vollständig ab und befestigt sich, allmählich sich verdünnend, auf den inneren Seitenflächen des „Schlitzes“ auf beiden Schalenhälften (Taf. IV Fig. 8 und Taf. V Fig. 5). Beim Wachstum der Schale wächst das elastische Ligament in gleicher Richtung wie das unelastische von vorne innen nach unten und hinten, so wird letzteres durch das gleichzeitige Fort- rücken der mehr weniger starken nymphealen Leiste auf jene er- wähnte Furche beschränkt. Auch hierbei zeigt sich das epi- ! Die Bezeichnung Bernard’s als „sekundäre Ligamentgrube“ ist von keinem Standpunkt aus annehmbar (vergl. S. 259, 263—264). — 204 — dermoidale Ligament als morphologisch unselbständig: Die Furche ist nicht etwa zu seiner Funktion nötig, sondern eine Folge des Fortschreitens des Wachstums des aktiven Teils, des elastischen Ligaments und seiner Leiste; das unelastische Ligament befestigt sich nicht in einer zu seiner Be- festigung vorgebildeten Furche, sondern auf der gestaltlosen Fläche der postnymphealen Grube, welche zur Furche eingeschränkt wird. Dies gilt für alle Fälle; es tritt sogar auch gelegentlich der Fall ein, den wir im vorigen Kapitel eingehend behandelt haben, dass, wie dies z. B. die Abbildung des Schlosses einer Chama cf. gry- phoides Lam. (Taf. IV Fig. 9) zeigt, eine zahnartige Erhebung unmittel- bar hinter dem postnymphealen Schlitz (L. p. II) sich auf der äusseren Ligamentfläche (mit deutlich ausgeprägter Schalenschichtung) als flacher sekundärer Wulst fortsetzt; also hierin verhalten sich die Homomyarier, wie die erwähnten Familien der Anisomyarier. Bei Unioniden ist aber auch ein vorderes unelastisches Ligament und somit auch eine vordere Area des unelasti- schen Ligaments nachzuweisen, wonach die Position des elastischen Ligaments, wie bei Ostrea etc. in Bezug auf den Wirbel eine mittlere genannt werden muss. Betrachtet man bei Unio die unmittelbar vor und unter dem Wirbel nach dem Schloss zu gelegene „umbokardinale“ Schalenregion, so erkennt man einen durch eine Schalenkante von der Lunularseite her begrenzten Raum (Taf. IV Fig. 6—8, Taf. V Fig. 5 und 17), welcher äusserlich durch eine wirre Menge epidermoidaler Konchyo- linblättchen erfüllt ist; so gesehen, scheinen diese Blätter gleich- bedeutend mit den nach dem Schalenstirnrand zu zwischen die Schalenschichten in grosser Menge eingeschalteten Epidermalblättern zu sein; öffnet man aber die Klappen und betrachtet diese Region von innen her, so bemerkt man, dass diese Blättchen unpaar von einer Schale zur anderen ausgespannt und auf beiden Schalen be- festigt sind, also immer eine Anzahl dorso-ventral übereinander- liegender Blätter eine unpaare Verbindung der beiden Schalen- hälften bilden: die äussersten Blättehen werden dabei natürlich immer durch das fortschreitende Schalenwachstum auseinandergerissen. Diese Epidermalblätter gehören so zum Ligamentapparat und sind als unpaare Bildungen von der Mantelkommissur ausgeschieden ". ! M. Neumayr hat davon etwas bemerkt, aber die näheren Umstände nicht richtig erkannt; in der posthumen Abhandlung (Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss. Wien 1891) bemerkt er gelegentlich der Definition der „opisthodeten“ und „amphi- — 205 — Die Ansatzfläche dieses deutlich epidermoidalen unelastischen und kalkfreien Ligaments an der Schale ist eine scharf ausgeprägte Pränymphealarea, welche sich nach hinten noch unter die eigent- liche Nymphenleiste sogar bis zur Hälfte ihrer Länge und nach vorne bis zum Muskeleindruck, d. h. bis zum Vorderende der Mantel- kommissur erstreckt. Bei den „symphynoten“ Untergattungen von Unio oder den systematisch ihnen anzuschliessenden „symphynoten“ Gattungen wird dieses vordere Ligament ganz wie das hintere durch die unpaare Schalenrücken-Kommissur überdeckt. Wenn wir zwar im vorigen Kapitel sahen, dass das Nichtvorhan- densein des unelastischen Ligaments, z. B. bei Spondyliden augen- scheinlich eine selbständige Erscheinung sein kann, so könnte doch aus dem Verhalten von Exogyra geschlossen werden, dass auch die Platzfrage hier eine Rolle spiele, wenn auch das unelastische Liga- ment selbständig vorhanden ist und sein könnte. Wir sehen daher bei Unioniden das vordere unelastische Ligament dann am stärk- sten entwickelt, wo durch sehr starkes umbokardinales Wachstum auf der Vorderseite ein stärkeres umbokardinales Feld zu be- obachten ist!. Eine den Unioniden sehr nahe Entwickelung des Ligaments zeigen die Aetheriiden, die auch hiernach mit Recht den Unio- niden angeschlossen werden; die Aetheriiden sind der äusseren Form nach den Austern bekanntlich sehr ähnlich, wachsen wechselnd mit der rechten oder linken Klappe auf felsigem Grund tropischer Süss- deten“ Entwickelung des Schlosses, dass bei Unioniden und Najaden die äussere Epidermislage des Bandes vor die Wirbel vorgreife. ! Der Wucherungscharakter der im Bereich der Kommissur gebildeten Schalenteile ist auf der Vorderseite besonders stark in den mächtigen ungefügen Zähnen ausgedrückt, sodann in der häufigen Symphynotie, endlich in der Tendenz zur Ohrbildung, wie überhaupt die Unioniden in ihren variabeln Wucherungen eine systematisch merkwürdige Gruppe bilden. Was die Ohrenbildung betrifft, so scheint sie mir bei gewöhnlichen Bivalven besonders durch die seitlich kontra- hierende Wirkung der beiden Schalenmuskeln beschränkt, daher sie bei ein- muskeligen Gruppen neben eckigem, geradem Schlossrand so häufig auftritt; bei zweimuskeligen kann sie daher nur auftreten, wo besonders starke kommissurale Bildungstriebe vorliegen und die beschränkende Wirkung aufheben, so bei Unio- niden; gewisserweise gilt dies auch bei den Arciden, wo mit der Ausbildung eines starken umbokardinalen Raumes im Verhältniswachstum des Schlossrandes zur Schalenlänge eine Neigung zur ohrartigen Überflügelung der letzteren durch ersteren unverkennbar ist; auch hier liegen aussergewöhnliche Ligamentausbrei- tungen vor (vergl. unten). — 206 — wasserströme auf; sie zeigen eine grosse Veränderlichkeit der Ge- stalt, haben ihr Schloss verloren, verlieren öfters den vorderen Schalenmuskel (zeigen so nur einen hinteren bis mittleren Muskel- eindruck) und besitzen endlich eine blasige Schalenstruktur; diese Ähnlichkeit mit Ostreiden wird vermehrt durch das Verhalten des Ligamentapparats. Durch die Thatsache des Anwachsens einer Schalenhälfte geht hier wie in anderen solchen Fällen die freie Einkrümmung des Wirbels nach innen verloren und man hat hier zwischen Wirbelspitze und dorsalem Schlossrand eine flache umbokardinale Area; die sonst bei fortschreitendem Schalenwachstum vorhandene stärkere Streckung nach hinten (der Längsentwickelung der Schlossplatte, der Lage des Ligamentapparats, der Lage des stärkeren hinteren Muskels) bei stark nach vorne eingekrümmten Wirbeln verschwindet, das Ligament stellt sich weniger längs des Schlossrandes, als senkrecht zu demselben und so entsteht eine ostreidenartige Stellung des Ligamentkomplexes und seiner hier wie beiden Unioniden vorhandenen 3 Ligamentfelder (vergl. besonders Taf. II Fig. 5, Taf. V Fig. 4 von Aetheria semilunata Lam.). Die durch die verschieden- sten entwickelungsgeschichtlichen, morphologischen und biologischen Merkmale angedeutete Verwandtschaft mit den Unioniden zeigt sich in- dessen an der Ungleichwertigkeit des vorderen und hinteren epidermoi- dalen Ligaments, welches bei Unioniden zu beachten ist; während das vordere Ligament eine gewisse selbständige Ausbreitung hat, bleibt das hintere durch das Wachstum der Nymphealleiste in eine ganz schmale Furche gedrängt und zeigt noch die Neigung, eine äussere Hülle um das elastische Ligament zu bilden. Trotz dieses Unterschiedes ist die Ähnlichkeit sehr gross und dadurch, dass das mittlere und hin- tere Ligament sich vertikal zum Schlossrand stellen, wird unterhalb des Wirbels eine hintere innere Schalenregion mit quer auslaufenden Schalenstreifen frei, welcher eine breitere vorne entspricht; diese ent- steht dadurch, dass (im Hinblick auf die geschilderten Verhältnisse) bei Unio das vordere Ligament vom vorderen Muskeleindruck nach innen und hinten zurückweicht und einen relativ kleineren Raum einnimmt (vergl. auch die entsprechenden Übersichtsbilder Taf. V Fig. 1—4). Bei Aetheria Caillaudi Ferr. (vergl. Taf. Il Fig. 11 und Taf. I]I Fig. 1, 2) ist das Umbokardinalfeld mit dem Ligament oft ausserordent- lich lang ausgezogen. Die Anwachsfläche ist dabei sehr wechselnd gross und klein (bei Fig. 11 nicht ganz erhalten); meist ist aber ein grosser — 2 — Abschnitt des lang ausgezogenen Teils ganz frei. Das vordere Ligament ist bei dieser Art sehr schmal geworden, wodurch der vordere Abschnitt des Umbokardinalfeldes mit seiner Querstreifung sehr breit wird; der hinter den Ligamenten liegende Abschnitt ist wechselnd entwickelt. Man erkennt, wie bei Spondylus, ein quergestreiftes Feld, dessen quere Streifen von den älteren ausstreichenden Schalenrändern ge- bildet werden; hier haben Ligamente und das umbokardinale „Pseudo- ligamentfeld“ ungefähr dasselbe Breiteverhältnis zu einander, wie bei Spondylus und die fortschreitende Reduktion der unelastischen Liga- mente vergleicht sich eher mit Spondylus als mit Ostrea. Die kon- stantere Breite des pränymphealen Pseudoligamentfeldes ist dadurch bedingt, dass längs des queren Unterrandes der Felder zwischen den an dessen beiden Enden stehenden Muskeln in der Unterschale eine schmale, oft während des Wachstums auftretende und fast ver- schwindende Auflagerungsfläche vorhanden ist, zur Auflagerung für ein ebenso schmales gleich gelegenes Streifchen, der an Grösse gänz- lich ungleichen „Oberschale“ ; in Taf. II Fig. 1a und 2 (mit der rechten Klappe aufgewachsen) ist es sehr deutlich, in Fig. 11 (linke Klappe aufgewachsen) stellt es sich nach vorne zu mehr senkrecht und ver- schwindet scheinbar; an Taf. III Fig. 1 muss auch diese Auflagerungs- fläche stellenweise schwach gekerbt gewesen sein, so dass auf der Pseudoligamentfläche eine schwache sekundäre Längsstreifung zu be- merken ist. Wenn dies alles morphologische Parallelen bei Spondylus hat, so erinnert ein anderes Verhalten bei Taf. III Fig. 2 und Taf. II Fig. 11 hinter dem Ligament wieder an Ostrea; der innere Schalen- rand zeigt dort an einer Stelle, den man als ausserhalb der Mantel- kommissur liegend bezeichnen muss, eine Längsfurche, deren Längsachse unmittelbar hinter dem hinteren epidermoidalen Liga- ment ausläuft; diese der „extrakommissuralen“ Furche bei Ostre«a völlig vergleichbare Bildung zeigt sich auch hinter den Ligamenten in einer mit der Spitze zum Wirbel gerichteten Zackung der aus- streichenden Schalenschichten, deren axialer Verlauf, ganz so wie bei Östrea, von einer „sekundären“ Furche durchzogen wird. Diese Art zeigt auch eine Erscheinung, welche eine Eigenheit des ıittleren Ligaments gewisser Ostrea-Arten erklärt, die wir oben als eine Ausnahme von der allgemeinen Gestaltung der Unterlage des elastischen Ligaments dargestellt haben. Gewöhnlich sind die beiden Ligamente bilateral genau gegenständig und so auch gleichwertig; anders ist dies bei Bivalven, welche auf- wachsen und deren Deckelschale kleiner wird; hier ist der Ligament- — IB — anteil der kleineren Schale meist etwas geringer entwickelt, und es liegt eine Tendenz vor, die rein bilaterale Gegenstellung zu ver- schieben; so ist es bei Aetheria Catllaudi; die Deckelschale (Taf. III Fig. 1a) zu der Schale in Fig. 1 bedeckt letztere nur zu einem ganz geringen Teil, und so liegt der Hauptabschnitt des elastischen Lisaments der Deckelschale in der dorso-ventralen Fortsetzung der Achse des Ligaments der Unterschale. Hiernach ist die etwas ins Schaleninnere (Fig. 1a) gerückte Nymphealleiste der Deckelschale nach innen konvex, während die ihr entsprechende Wölbung der Hauptschale nach aussen (der angewachsenen Schalenoberfläche) konvex ist; ähnliche Ursache liegt hier der Thatsache vor, dass bei vereinzelten Ostrea-Arten die Ansatzfläche des elastischen Ligaments an der Deckelschale gewölbt ist, während sie an der Unterschale konkav bleibt. Eine andere Gattung, welche das unverkalkte vordere Ligament in bedeutenderem Masse zeigt, ist Tridacna (vergl. Taf. IV Fig. 10—10a); es reicht hier, sich nach vorne aus- breitend, ungefähr von der Hälfte der Nymphealleiste bis zum Beginn der grossen Byssusöffnung; auch hier zeigt sich die Unterlage des unelastischen Ligaments durchaus nicht flach, sondern ist von Wülsten bezw. tiefen Furchen durch- setzt, welche als sekundäre Wülste der am Schloss- rand ständigen Zahnerhebungen und -Gruben sofort ein- leuchten. Dies Beispiel bei T’ridacna ist insofern auch wichtig, weil es uns auch einen gewissen Aufschluss über den treibenden Anlass dieser Ent- wickelung des vorderen Ligaments giebt. Betrachtet man Hıppopus, so erscheint die grosse Ausdehnung des vorderen Ligaments bei Tri- dacna als eine sekundäre Erscheinung, und zwar dadurch möglich geworden, dass zwischen Wirbel und Schlossplatte ein breiter Raum ausstreichender Schalenschichten entstanden, d. h. die Schlossplatte selbst ganz schmal geworden ist; dies sieht beinahe so aus, als ob das nicht funktionierende unelastische Ligament die Schlossplatte mit ihren Zahnbildungen eingeengt habe. Der wahre Grund liegt aber ganz ausserhalb des Schlosses und Ligaments, und zwar in der Gestaltung des ausserordentlich grossen bis nahe an den Wirbel herantretenden Byssusloches. In dem @Querdurchmesser des ellip- tischen Loches greifen die neugebildeten Schalenschichten nach aussen über den Schalenrand hinüber und sind eng zusammengedrängt; unter dem Wirbel treten sie aber ebenso zur Abrundung des Byssus- mn == loches hier ebensoviel vor und beschränken die Flächenausdehnung der Schlossplatte. Die dadurch entstehende breite, für die Schloss- funktion bedeutungslose (weil von der Schlossplatte ausgeschaltete) Fläche bedeckt nun das unelastische Ligament. Dass bei Unio keine sekundären Wülste am Ligamentfeld vor- handen sind, das kommt daher, dass der Winkel, den Schlossfläche und Ligamentfläche miteinander bilden, zu gross ist; bei Tridacna bilden beide fast eine Ebene, und diese Gattung verhält sich hierin zu Unio wie etwa Plicatula oder Pecten zu Spondylus (vergl. oben S. 188, 191—193). Gattungen, bei welchen man ausserdem das pränympheale Liga- ment in wechselnder Weise (meist gering entwickelt) entweder über- haupt oder nur bei einzelnen Arten beobachten kann, sind: Heatula, Tellina, Latona, Donax, Cardium u. a. Nachträglich kann ich noch auf eine interessante bildliche Darstellung des Schlosses von Cardilia japonica verweisen (BERNARD, Sur le developpement et la morphologie de la coquille chez les Lamellibranches im Bull. de la soc. geol. de France 1895, fig. 28), die Verteilung des Ligaments hat eine grosse Ähnlichkeit mit dem von Tridacna, wenn auch wichtige Unterschiede vorhanden sind. BERNARD erwähnt drei Ligamentgruben; dies wäre ja an und für sich nichts Unwahrscheinliches, jedoch erweckt einzelnes ernstes Bedenken. Die mittlere der Gruben ist unmittelbar als die des elastischen Liga- ments innerer Lage richtig anerkannt worden. Nach vorne zu be- zeichnet BERNARD mit L” zwei völlig verschieden (auf beiden Schalen) ‚gelagerte Gruben, welche sich sofort als durch die Zahnbildung (1, 2, 3) hervorgerufene sekundäre Furchen und Leisten erweisen, die mit unelastischem Ligament bedeckt sind; die Furche L“ links entspricht der Schlossplatteneinknickung hinter dem Zahn 2, und die Furche L“ rechts dem Zwischenraum von dem Kardinalzahn 1 und LA.ı. Diese halte ich nicht für selbständige morphologische Bil- dungen, und sind mit der Hauptligamentgrube nicht zu verwechseln. Ähnlich verhält es sich mit der hinteren Grube und dem zwischen dieser und der Hauptgrube liegenden Wulst, welchen BERNARD und FiscHER eine „Nymphe“ nennen; danach läge für das elastische Liga- ment eine Nymphe und eine Grube nebeneinander in einer Schale, und es müsste wegen der immerhin etwas verschiedenen Wirkungsart des elastischen Ligaments je nach Nymphe oder Grube und der Wahr- scheinlichkeit dissidierender Wirkungen doch der Nachweis der ela- stischen Substanz (S.181) hier erbracht werden. Bis dahin möchte ich Jabreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 14 — a0 — diesen allerdings nymphenartigen Wulst für einen sekundären Wulst halten, der mit unelastischem Ligament bedeckt ist und dessen freie ventrale Fläche vielleicht im Hinblick auf den starken hinteren Muskelträger eine selbständige Schlossbedeutung (Lp. I?) hat‘. In ähnlicher Weise scheint mir BERNARD bei Scrobiculariiden mit Unrecht von einer „Nymphe“ für das äussere (unelastische) Ligament zu sprechen; ebensowenig dürfte man die beiden Ohren von Pecten für Nymphen erklären. Es ist aber gerade für die Phylogenie der dem Schloss zugehörigen Teile von höchster Bedeu- tung, genau zwischen den dem Schloss oder dem Ligament an- gehörigen, morphologisch selbständigen Bildungen zu unter- scheiden. Auch wegen der Frage, welche Faktoren z. B. bei der Verdrängung von Schlosszähnen wirken, ist es wichtig, zu wissen, dass nur das elastische Ligament in dieser Weise wirken könnte, das unelastische sich dagegen nur an neutrale, von dem Schloss- kontakt ausgeschaltete Flächen ansetzt! Dass die Ligamentverhältnisse der Arciden und Pectuncu- liden nur aus einem Urzustand mit vorderem Ligament zu ver- stehen sind, ist klar, und oben aus dem Vergleich mit Perna ete. schon geschlossen; ich habe, entgegen den Darstellungen von BERNARD (vergl. oben S. 202), auch hier ganz besonders hervorzuheben, dass das hinterste und vorderste Band des vielfältigen Ligaments ein epidermoidales ist und so der ganze Ligamentapparat aus einer Ver- vielfältigung des Urtypus einer dreiteiligen, medial elastischen Liga- mentanordnung besteht; auch hier ist ganz klar, dass nur der dem Schloss zunächstliegende Teil des Ligaments in Funk- tion ist, der übrige wird auseinandergerissen und zer- fällt. Wie bei den Aetheriiden aber das hintere unelastische Liga- ment noch auf die Unioniden zurückweist, so zeigen auch Arciden und Pectunculiden, trotz prinzipieller Gleichheit mit der Anordnung bei Perniden ete., noch innigere Annäherungen an das Verhalten der Isomyarier, besonders im Verhalten des unelastischen Ligaments, das in ganz schmalen Furchen inseriert und auch noch zunächst des Schloss- randes kleine Hüllen um das elastische Ligament‘ bildet; durch das starke und gleichmässige Wachstum des umbokardinalen Ligament- feldes werden aber (bei der ausserordentlichen bilateralen Divergenz der Wirbel) die schwachen unpaaren Ligamentbrücken bald zerrissen, ı Diese Leiste sieht auch in der Abbildung von Cardilia Deshayesi HÖRNES (Mollusken des Wiener Beckens, Taf. 8 Fig. 1, S. 68) auch nicht sehr nach einer Nymphe aus. — 211 — die Reste des Ligaments auf beide Schalen verteilt, und erscheinen als allmählich vom Wirbel her durch das Wasser angefressene Liga- mentüberzüge des ausser Funktion gesetzten Feldes. Bei manchen Arten sieht man (bei völliger Entfernung der Ligamentsubstanz oder bei fossilen Vertretern) dicht gestellte, auf dem Schlossrand senkrecht stehende sehr flache Streifen die Anwachsstreifen der alten Schloss- ränder durchkreuzen; diese laufen auf die Zähne des Schlosses aus und sind als „sekundäre“ Streifen zu erklären (vergl. auch BERNARD l. ec. 1896, S. 70, Fig. 5). Wie wir bei Aetheriiden und Spondyliden festgestellt haben, sind quergestreifte Teile des Umbokardinalfeldes durchaus nicht immer als Ligamentfelder zu deuten; so glaube ich auch nicht, dass bei den abgebildeten fossilen Arten von Öhama und Lucina (Chama gry- phoides Lam. und Lucina mutabilis Desn.) (Taf. IV Fig. 9 und 11) die vor dem elastischen Ligament liegenden Felder mit quer aus- laufenden Schalenschichten als Felder des vorderen Ligaments an- zusehen sind; dies würde einen Gegensatz zu den lebenden Arten bedeuten, welche kein vorderes Ligament, höchstens in geringer Ent- wickelung zu besitzen scheinen!. Diese besonders bei Uhama mit sekundären Wulstbildungen versehenen Partien sind in der That von der eigentlichen äusseren Oberfläche scharf getrennte und in das Niveau der Schloss-Ligamentfläche gerückte Partien der Schalen- aussenfläche; für Chama, welche mit einer Schale anwächst, ist es ‘ Ein mir durch die Gefälligkeit von Herrn Prof. Dr. E. Fraas zur Untersuchung überlassenes Exemplar einer Chama brassica REEvE (Philippinen) zeigt Spuren eines vorderen epidermalen Ligaments, welches durch die starke Einkrümmung bei nahe an das vordere Schloss herantretendem vorderen Schalen- rand fast verdeckt ist; es scheint dies Vorkommen den eigenartigen pränymphealen Wulst der abgebildeten fossilen Art zu erklären. Bei Ch. brassica ist desgleichen im hinteren unelastischen Ligamentfeld ein auf eine zahnartige Erhebung (L PII) zu beziehender sekundärer Wulst deutlich; ebenso erkennt man hinter dem Ligament eine extrakommissurale Furche als den Rest der Furche des Zusammenschlusses des freien Schalenrandes der aufgewachsenen Schale. Den sekundären Wulst des Ligamentfeldes von Chama (nach L P I) zeigt auch die schöne Abbildung von Ch. ponderosa (Deshayes, Descer. des an. sans vert. Bd. I. Taf. LVIII Fig. 24 u. 25); obwohl das aktive Ligament kurz ist, wird der sekundäre Wulst sehr lang. Die gleiche Abbildung einer Oberschale zeigt auch vor dem elastischen Ligament zwei sekundäre Wülste, welche sich auf den Kardinalzahn 3b (Bernard) und eine ihm entsprechende zahnartige Verdickung des Schlossrands (5b) beziehen lassen. Der pränympheale Wulst von Ch. gryphoides in unserer abgebildeten Unterschale scheint durch den zahnartig verdickten (6b?) Oberrand des Schlosses verursacht. 14* — 212 — im Hinblick auf Ähnliches bei Spondylıs und Aetheria nicht er- staunlich; für Lucina mutabilis und ihre näheren Verwandten ist nun zu bemerken, dass sie jener Gruppe angehören, welche ihr Schloss fast verlieren und auf der Innenfläche der Schale besonders im Alter jene so merkwürdigen strahlig-ruppigen Kalkauflagerungen zeigen; der Verlust der Kardinalzähne und vorderen Lateralzähne verursacht, dass der dorsale Schalenschlossrand unter und vor dem Wirbel mehr und mehr zurückweicht, so dass die Lunula oder wenigstens ein ab- gegrenzter Teil davon eine innerliche wird und mit der reduzierten Schlossplatte in eine Ebene rückt, dabei sogar kleine Erhebungen der ersteren in „sekundären Wülsten“ fortsetz. Das so entstandene Feld mit quergestreifter (dem Schichtenausstreichen entsprechender) Oberfläche darf nicht als Ansatzfläche für ein vorderes Ligament betrachtet werden!, obwohl die Streifung sich etwas von der der eigentlichen Oberfläche (vielleicht durch stärkere Entwickelung ein- geschalteter separater Epidermalplättchen) unterscheidet. Bei manchen Tellina-Arten findet sich vor dem Wirbel ein von aussen nicht sichtbares lunulaartiges Feld, welches ausstreichende Schalenschichten mit ansitzender Epidermis zeigt; ich habe nicht entscheiden können, ob diese Epidermalspuren auseinandergerissene unpaare Ligamentreste sind und mit den Spuren des unmittelbar über den Hauptzähnen liegenden vorderen Ligaments zusammen- hängen, oder ob sie freie Epidermalplättchen darstellen. Jedenfalls liegt diese Area ähnlich, wie die erwähnte bei Lucina mutabilis, ist nicht von aussen sichtbar, und streichen demnach die Schalen- schichten auf ihren Rand quer aus. Eine ähnliche Area zeigt der von uns nach Hörnes (Taf. IV Fig. 4) kopierte Wirbelteil von Mytılus Haidingeri, sowie der von Mytılus d’Orbignyi (Taf. IV Fig. 5); sie lassen auch Sekundärwülste nach den vorhandenen Zähnchen erkennen. Man vergleiche hiermit die Abbildung von Mytilus galloprovincvalis L. bei Bernarp, Developpement et morphologie chez les Lamellibranches 1896, p. 419, fig. 3; BERNARD erwähnt hier auch epidermales Liga- ment vor dem elastischen. !ı Einen gewissen Übergang zu dem Verhalten bei Zucina mutabilis zeigt _ die tertiäre L. concentrica Lam.; hier ist auch hinter und ausser dem Ligament- feld eine schmale Area ausstreichender Schalenschichten deutlich, welche von der äusseren Oberfläche völlig abgetrennt ist; auch am freien Schalenrand ist etwas Ähnliches zu beobachten und dies als Zeichen beginnender Anomalie, die bei L. mutabilis einen hohen Grad erreicht hat; Lucina zeigt auch in dem hinteren Ligamentfeld sekundäre Wulstbildungen nach dem sehr reduzierten und nach hinten verdrängten hinteren Lateralzahn (vergl. Chama und Cardita). — 213 — Die ausserordentlich enge, halb hüllenartige Anlagerungs- beziehung des unelastischen Ligaments an das elastische ist bei den Homomyariern derart eng, dass, wie oben schon kurz erwähnt, das unelastische Ligament, bei innerer Lage des elastischen Ligaments, in höchst reduzierter Form das elastische Ligament begleitet und so einem sehr geringen Raum der Mantelkommissur entspricht (ein gegenteiliges Verhalten bei Monomyariern vergl. oben). Wir sehen also auch bei dieser Gruppe, den Isomyarlern, die sekundären Leisten und Furchen im Bereich der Felder des unelastischen Ligaments in deutlicher Weise auftreten, sobald das Ligamentfeld und Schlossfeld einen sehr ge- ringen Winkel miteinander bilden, ihre Flächen. nicht sehr voneinander abbiegen. Ebensowenig sehen wir aber auch in diesem Falle das elastische Ligament so, wie das un- elastische, über Gruben- und Zahnrelikte des Umbokar- dinalfeldes hinüberrücken und sich daselbst befestigen. Die durch eine wellige Ansatzfläche notwendig kompliziert beeinflusste Gewölbebildung würde einfache Wirkungen der Biegungselasticität unmöglich machen und durch verschiedene Spannungen zu Zer- reissungen des Ligamentbogens Anlass geben. Käme einfach Druck- elasticität in Betracht, so könnte eine druckelastische Substanz nirgends besser wirken, als wenn sie in die den Erhöhungen und Vertiefungen der Zähne entsprechenden und von ihnen stam- menden sekundären Unebenheiten des Umbokardinalfeldes einge- lagert wäre. Auch bei innerer Lage schiebt sich das Ligament stets zwischen die Zähne, jedoch so, dass keine Zahnbildung ventral im Bereich seiner Wachstumsrichtung gelegen ist. Letztere Thatsache scheint eine Ausnahme bei Arciden zu haben, da das elastische Ligament längs des ganzen Schlossrandes dorsal von den Zähnen wächst; hier haben wir auch nicht die mehr- fach angegebene Bedingung der sekundären Reliktenwülste, nämlich, dass Schlossfläche und Umbokardinalfläche mit Ligament nur wenig voneinander abbiegen; vielmehr steht hier durch das stark transver- sale Wachstum des Ligamentfelds die Schlossfläche fast senkrecht auf jener und erscheinen so auf ihr keine oder nur schattenhafte Reliktenleisten nach den Zähnen (vergl. Spondylus). Was die Notwendigkeit der beiderseitigen Gleichheit der Ligament- gruben betrifft, so gilt dies natürlich nur für bilateral streng entgegen- gestellte gleichartige Schlossplatten; wir haben schon bei Ostreiden etc. auf Verschiedenheiten aufmerksam gemacht, wenn die Schalen un- — 24 — gleich, d. h. die eine der anderen untergeordnet ist. Ebenso gilt die Möglichkeit verschiedener Entwickelung des Ligamentortes für Gattungen, deren sehr reduzierte Schlossplatten nicht bilateral gegen- überstehen, sondern einander dorsoventral untergeordnet sind, wie (ausser ÄAetheria) bei Vorbula oder Mya; das Ligament bleibt sich dabei wesentlich gleich; es ist nur zu bemerken, dass hierbei einfache Druckelasticität gar nicht zur Geltung kommen kann, da die Ansatzflächen, gegen welche das elastische Ligament herangepresst werden müsste, als dorso-ventral übereinanderstehende Flächen durch den bilateralen Zug der Adduktoren gar nicht einander so weit ge- nähert werden können; ihre Bewegung kann nur eine vorhan- dene Biegung der Ligamentbrücke vermehren oder eine mehr gestreckte Ligamentbrücke derart krümmen, dass lediglich Biegungselasticität zur Wirkung kommt. Kapitel III. Struktur und Wachstum des Ligaments in Be- ziehung auf das Schalenwachstum. Während es überall sehr deutlich und mehrfach mikroskopisch festgestellt ist, dass das elastische Ligament eine Schichtung und zu derselben quere Faserung zeigt (was eben nur durch die Einlage- rung von makroskopischen bis mikroskopischen Kalkfasern verursacht ist), ist das Wesentliche der Struktur des unelastischen Ligaments nicht überall gleich deutlich zu erkennen. Bei Ostrea sind beide unelastischen Ligamentpartien gleich; sie sind, wie das elastische Ligament, lamellös geschichtet, und die Schichtungsunterbrechungen sind für alle drei Partien des gesamten Komplexes ebenso gleich, wie auch die Schalenschichtungen der Unter- lage ihnen entsprechen; die Faserung quer zu der Schichtung fehlt im seitlichen Ligament, weil sie eben im mittleren Ligament nur im Vorhandensein der Kalkfasern begründet ist. Während bei Avieula und Perna eine feine Schichtung im unelastischen Ligament deutlich ist, ist das von Pecten mehr glasig kompakt, obwohl eine Schichtung auch hier noch zu erkennen ist. Bei Unio sind, wie erwähnt, beide unelastischen Ligament- partien voneinander verschieden; das vordere ist makroskopisch locker-blätterig, das hintere zeigt die Blätterstruktur am deutlichsten unter dem Mikroskop. Bronnw berichtet (z. T. nach v. Hzssting) mit einer Abbildung 1. c. Taf. 29 Fig. 13 (Taf. V Fig. 15) über das ganze Ligament von Unio: „Es besteht das Band aus einem äusseren dunklen und einem inneren dreimal so dicken Teil; beide sind aus unzähligen — 215 — Blättchen zusammengesetzt, die sich teils von vorne, teils von hinten überdecken; die des ersten Teiles bestehen aus strukturloser Epidermis, die des letzteren zeigen in starken Abständen (wie die Prismenschicht) quere Ausscheidungswände von Kalk und zeigen eine grosse Neigung, sich in feine Längsfasern zu spalten; wird ihr Kalkgehalt ausgezogen, so bleibt eine strukturlose Grundlage übrig.“ Das vordere Ligament bei Unio hat man bisher nicht als solches erkannt, und ich bemerke schon hier, dass seine einzelnen Blätterabschnitte den „Ausscheidungs- wänden“ oder (wie wir Ausdruck und Auffassung verbessernd sagen wollen) den „Schichtlinien“ des elastischen Ligaments entsprechen. Bei Aetheriiden verhält sich das hintere unelastische Ligament wie bei Unio; das vordere zeigt die Schichtung, trotzdem es zu einer dunkelbraunen kompakten Masse verschmolzen scheint, noch deut- lich. Bei Tridacna ist vorderes und hinteres Ligament eine gleich- artig helle, fast homogen aussehende Masse, die, wie besonders an dem vorderen Ligament die blossgelegte Schalenunterlage zeigt, in Schichten fortwächst, aber stets mit den älteren Abschnitten zu einer fast vollkommenen Verschmelzung kommt. Deutliche und regelmässige Schichtenüberdeckung von vorne nach hinten beobachtet man makro- skopisch u. a. deutlichst bei Venus, Oirce und Lucina (Taf. II Fig. 8). Die oben bei Ostrea und der angehörigen Gruppe gekenn- zeichnete Kontinuität der Schichtung der beiden epi- dermalen Ligamente mit dem mittleren unelastischen Ligament, d. h. die Gleichheitlichkeit des Zuwachses dieser drei Abschnitte ist bei den Aetheriiden sofort klar; bei den Unioniden, welche für die übrigen Fälle als Typus gelten können, be- darf es einer eigenen Besprechung. Da die Schichtung des hinteren unelastischen Ligaments makroskopisch undeutlich ist, d.h. die hinten in der Postnymphealgrube noch deutlich dünnblätterigen Ligament- teile durch Dickenwachstum bis fast zur Verschmelzung kommen, so kann die Kontinuität auch dadurch gefolgert werden, dass das letzte epidermale Blatt hier stets bis zur letzten Schicht des kalkigen Ligaments reicht und unmittelbar hinter dieser endigt (Taf. V Fig. 17); da die Nymphealleiste mit dem echten Ligament beim Wachstum nach hinten vorrückt, die Postnymphealarea aber davon nicht ganz bedeckt wird, sondern vielmehr ebenso vorrückt und da- bei dasselbe Flächenverhältnis zu der Nymphealleiste und dem elasti- schen Ligament beibehält, so ist dies nur möglich durch stete gleich- ! Dies beruht auf einer Täuschung. — 216 — mässige Ablagerung neuer Epidermal- und neuer Kalkligament- schichten. Die Schichten des kalkigen Ligaments biegen von der Richtung der Schichten des hinteren kalkfreien Ligaments stark nach innen unten ab und an Dicke schwindend biegen sie zunächst des Schlosses all- mählich nach dem Innenrand der Nymphealleiste! (dem Aussenrand der Schlossplatte, mit welchem das Kalkligament innig verwächst) ein und verlaufen, immer schmäler und feiner werdend, nach vorn; die Annäherung der Schichtlinien aneinander und an den Innenrand des Schlosses ist „asymptotisch“ (Taf. V Fig. 15 u. 17); jedoch liegt nicht das Verhalten echter Asymptoten vor, die Linien streichen wirklich zu- letzt auf diesen Innenrand aus. Auf das ganze Ligament übertragen (d. i. die freie innere Gewölbefläche des elastischen Ligaments) ist so festzustellen, dass die Kalkfaserschichten erst in der Hälfte seiner Länge auf der Innenfläche des elastischen Ligaments ausstreichen und dass in einem medialen Längsbruch diese Stelle auf der Innenfläche des Ligaments mit dem Beginn des Blätteransatzes des vorderen Ligaments zusammenfällt, dessen Blätter vorne in ähnlicher Lage dorsal über dem vorderen Muskel enden, wie die Blätter des hinteren epi- dermoidalen Ligaments über dem hinteren Muskel. Bei Unio fallen also hintere und vordere Grenze der Mantel- kommissur, des Schlosses und der Ligamentbildungen zusammen ; das gleiche ist bei Tridacna der Fall, wie auch bei Ostrea und An- gehörigen, den Arciden und z. T. Pectunculiden, nicht -aber bei Spondyliden, Aetheriiden und jenen übrigen Gattungen mit gering entwickeltem oder gar fehlendem vorderen Ligament, welche insgesamt stammesgeschichtlich jünger und seitlich abgeleitet sınd. Es wird daher das scheinbar primitive Verhalten der Drei- teilung des Ligaments auch das ursprüngliche zu sein und hierbei nach den stammesgeschichtlichen Thatsachen geschlossen werden müssen, dass dem auch ursprünglich eine Ausdehnung der Ligamentbildungen auf die ganze Länge der Mantel- kommissur, wenigstens bei ausgewachsenen Schalen, entspricht. Das legt die Frage nahe, in welchem Verhältnis das Wachstum des Ligaments mit dem der Schale steht; in der oben citierten Äusserung v. Hrssuing’s ist in der Schichtung des elastischen ' Wir betrachten hier zuerst bloss den Längsschnitt durch den Ligament- komplex zunächst der Nymphealleiste, nicht den medialen Schnitt, der übrigens nicht verschieden ist, — 2117 — Ligaments eine Ähnlichkeit mit der Schichtung der Prismenschicht der Schale angedeutet, wobei ganz besonders zu betonen ist, dass auch strukturell darin eine prinzipielle Gleichheit zu erkennen ist, dass die Konchyolinlamellen des elastischen Ligaments stets und gesetzmässig dicht mit senkrecht stehenden Kalkfasern durch- setzt sind! wie die der Prismenschicht; es ist zu betonen, dass die Prismenschicht in einem gewissen Zustand ihrer Festigung annähernd das Stadium des elastischen Ligaments durchmacht. Da die Fläche der Schlossplatte, welche stets aus der Schaleninnenschicht gebildet wird, ganz vom Mantel bedeckt wird, so liegt die mediale Mantelkommissur selbst kontinuier- lich der mehr oder weniger stark gewölbten Innenfläche des Liga- ments an und es ist kein Zweifel, dass (womit auch die Entwicke- lungsgeschichte übereinstimmt) das Ligament als unpaare mediane Bildung auch von der Mantelkommissur gebildet wird. Da diese Mantelkommissur zu beiden Seiten ihrer oro-analen Mittel- linie nichts anderes als die Fortsetzung des freien Mantel- randes unter dem Wirbel her ist, so kann es nicht wundern, dass ihr Ausscheidungsprodukt eine hohe strukturelle Ähnlichkeit mit dem Ausscheidungsprodukt des freien Mantelsaumes, der Prismenschicht hat; es wird hierdurch überhaupt verständlich, warum eine eigentliche Prismenschicht nur vom freien Mantelrand gebildet wird, da angenommen werden kann, dass die Prismenschicht des unpaaren Mantelteils eben in der Form des Kalkfaserligaments auftritt (vergl. S. 291. 33). Nach dieser Auffassung wäre der beiderseits nach aussen stattfindende innige und, wie oben festgestellt, in Wachstumskon- tinuität mit dem unelastischen Ligament vor sich gehende Anschluss ! In v. Zittel’s Handbuch der Palaeontologie heisst es II S. 10, dass die Prismen senkrecht zur Schalenoberfläche ständen, ausgenommen bei den Rudisten, wo sie parallel mit der Oberfläche laufen; dies ist nun nicht das Wesentliche der An- ordnung der Prismen, welches in ihrer vertikalen Richtung zur Schich- tung besteht. Bei den gewöhnlichen Muscheln beteiligen sich die äusserlich einander überragenden Partien der Schichten an der Bildung der Schalenoberfläche, die Prismen stehen daher annähernd senkrecht auf der summa- rischen Schalenfläche; bei den Rudisten aber bilden die zahlreichen Schiehtquerschnitte die Oberfläche der Schale, daher laufen die Prismen parallel der summarischen Schalenoberfläche. Streng genommen ist daher in der Prismenlagerung zwischen den Rudisten und übrigen Bivalven kein wesent- licher Unterschied, es liegt nur ein Unterschied in der Art und dem Masse der Beteiligung der Schichten an der Bildung der Schalenoberfläche vor. von unpaaren, sich schwach in die Schichten des Kalkfaserligaments einschaltenden Epidermalblättern, also das „vordere und hintere unelastische (epidermale) Ligament“ ein völliges Homologon mit dem Wachstum der Epidermis am freien Schalenrand, wobei anderseits zu bemerken ist, dass das Kalkfaserligament sich ganz so an die Schichten des vorragenden dorsalen Schlossrandes (Nymphealleiste) anschliesst, wie am freien Schalenrand die Prismenschicht an die Perlmutterschicht, wobei auch thatsächlich sehr häufig eine festere Verwachsung beider stattfindet. In der Aufeinanderfolge der bloss aus der Schaleninnenschicht bestehenden Nymphealleiste, weiter des sich partiell peripher nach aussen anschliessenden, strukturell auf die Prismenschicht hinweisen- den Kalkfaserligaments und endlich des sich weiterhin beiderseits peripher nach aussen anschliessenden Epidermalligaments hat man also nicht nur die Folge der drei Hauptschichten des Schalenbaus, sondern auch die Art ihrer Aneinander- fügung. Hierbei ist im Gedächtnis zu behalten, dass dem eigent- lichen dorsalen Ende der Schale, d. i. dem dorsalen Schlossrand und besonders dem Rand der Nymphealleiste, den diese bildenden Perl- mutterschichten eine zugehörige Prismen- und Epidermalschicht im Schalenbau fehlt. Auch die Art des Wachstums des Ligamentkonnexes ist völlig die des freien Schalenrandes: man weiss, dass die Prismenschicht in einem schmalen Band die Perlmutterschicht randlich überragt; dieses Band erweitert sich etwas in der postnymphealen Grube, deren Boden nur durch Prismenschicht gebildet ist; in die hier ausstreichenden Schichten fügen sich die letzten, nach hinten überragenden Blätter des unelastischen Ligaments, an welche sich das Kalkfaserligament vorne unmittelbar anschliesst. Die Epidermalblätter dieses Raumes gehören also als Epidermalschicht sowohl der Schale als auch dem Kalkfaserligament an. Genau mit dem Wachstum des letzteren rückt ! Allein die Thatsache des kontinuierlichen Zusammenschlusses der beiden Mantelhälften in der sogen. Kommissur kann nicht die Unmöglichkeit der Bildung einer Prismenschicht in der Kommissuralregion einschliessen ; nirgends ist eine In- cisur im Mantel selbst zu sehen und anderseits ist ja bei einer grossen Anzahl Lamelli- branchiaten der ganze Mantel auch ventral bis auf Anal- und Bucealöffnung ge- schlossen, wobei trotzdem die Bildung einer Prismenschicht möglich ist; ähnliches könnte auch für die Kommissuralregion gelten. Wir verstehen aber sehr wohl, dass hier eine Modifikation der Schalenbildung in Prismen- und Epi- dermalschicht eintreten kann, deren Produkt eben das Ligament wäre. = m -— auch die aus der Perlmutterinnenschicht bestehende Nymphealleiste nach hinten vor. In dem kleinen Raum der postnymphealen Grube findet also eine kleine Unterbrechung in der Bildung der Prismen- schicht statt, die Schale, d. h. das Produkt des Mantels, wächst hier nur epidermal weiter, und durch diese Unterbrechung ist es ermöglicht, dass die Prismenschicht des unpaaren Mantelteils in der veränderten Form des sogen. elastischen Ligaments auftritt. Diese Unterbrechung zeigt sich bei äusserem Ligament von aussen auch darin, dass sämtliche Zuwachsstreifen der Schale am Ligament ganz plötzlich und scharf abbrechen und unter mehr oder weniger grossem Winkel an die Längslinie der Ligamentgrenze anstossen, wie dies auch schon von F. BernarD |. c. 1898 berührt wurde!. Diese Erscheinung zeigt sich nicht immer am ganzen postumbonalen Dorsalrand der Schale, aber immer so weit, als innerlich das Ligament reicht; wir wollen diesen Abschnitt des Hinterrands vom Postnymphealschlitz nach vorne den „Nympheal- teil“ des postumbonalen Dorsalrands nennen (s. unten). Wenn nun die drei Teile des Ligamentapparates sich zurückführen lassen auf die wichtigsten Produkte der Schalenbildung selbst und diese im Ligamentkomplex nach einer ganz schwachen Unterbrechung nur in einer der veränderten Lage entsprechenden Struktur- und Funktionsmodifikation auftreten, so sollte sich auch äusserlich eine gewisse Kontinuität des Zuwachses von ! Abgesehen von dem Zusammenhang, in welchem Bernard diese Be- obachtung verwertet hat, und abgesehen von seiner Beweisführung, auf welche wir unten zurückkommen, möchte ich gleich hier bemerken, dass Bernard die Unterbrechung der Schalenschichten durch das Ligament als eine nicht weiter zu begründende allgemeine Erscheinung ansieht. Er könnte sich vielleicht hierbei auf die Schalenschichtenunterbrechung im Muskelzuwachs der Adduktorengruben beziehen. Obwohl diese bei einer sehr grossen Anzahl von Fällen fehlt, also keine notwendige Begleiterscheinung ist, muss bemerkt werden, dass hier in der That auch eine Strukturunterbrechung in den Perlmutterschichten stattfindet ; F. Müller hat bei Unioniden zwischen Muskeln und Perlmutterschicht eine Schicht faseriger Schalensubstanz nachgewiesen, welche von ihm als eine Modifikation der Innenschicht angesehen wird; es wäre daher die Schalenunterbrechung hier im Sinne der von uns urgierten Auffassung des Ligaments zu erklären und um- gekehrt eine Stütze derselben (vergl. unten). J. Thiele vergleicht diese verbreitete Schicht mit dem „Hypostrakum“ anderer Mollusken, welches überall die Muskel- fasern an die Kalkschalen „anklebe“ und von dem die Muskelenden begleitenden Epithel erzeugt werde; da dies Epithel ein Teil der Mantelfläche ist, haben wir hier auch nach dieser Auffassung lediglich eine Unterbrechung durch eine lokale Modifikation der Perlmutterschicht (vergl. Zeitschr. für wiss. Zool. 55, 1893). u — 20 — Ligament und von Schale nachweisen lassen, denn der Unterschied der beiden Ausscheidungsprodukte ist nicht so gross, dass man nicht erwarten sollte, dass die Ligamentbildungen der Mantelkommissur eben so lange sich vergrössern, als die Schale selbst am freien Mantelrand wächst; man sollte das schon wegen der notwendigen Funktionserneuerung oder Vermehrung des Ligaments während des Schalenwachstums erwarten. Hierfür ist es nun wichtig, festzustellen, dass der jüngste (dem Ligament angehörige) Epidermal-Kalkfaserschichtenkomplex stets bis an die Stelle reicht, wo der letzte Zuwachskomplex der Schale durch die Anwachsstreifen angedeutet ist. Der oben so genannte Nymphealabschnitt des postumbonalen Dorsal- rands der Schale enthält also das Ausstreichen sämt- licher Zuwachskomplexe der Schale und reicht stets in gesetzmässiger Weise etwas hinter das Hinterende der Nymphe und des Kalkligaments, und zwar nur stets so weit, als der Postnymphealschlitz (die Lücke der Prismenschichtbildung) mit dem jüngsten Epidermal-Liga- mentblatt breit ist. Hiernach ist klar, dass die Länge des Nymphealabschnitts des . postumbonalen Dorsalrands abhängig ist von der Länge des Liga- ments und dass mithin auch der Zuwachs des ganzen postumbonalen Dorsalrands davon beeinflusst werden muss. Je mehr der thatsäch- liche Schalen-Dorsalrand und der Nymphealabschnitt an Länge über- einstimmen und der hinteren Erstreckung des Unterrands der Schale gleichkommen, je grösser ist der Winkel, unter dem die Schalen- zuwachslinien an den Nymphealabschnitt auslaufen; je kürzer in- dessen das Ligament und der Nymphealabschnitt im Verhältnis zur Schalenlänge wird, unter desto spitzerem Winkel müssen die Schalen- zuwachslinien an den letzteren abstossen und um so stärker von hinten her nach vorne zu einbiegen; dies ist thatsächlich überall der Fall (Taf. V Fig. 9-11). Das Extrem dieser Entwickelung tritt ein, wenn das Ligament als inneres Ligament ganz unter dem Wirbel liegt und mehr weniger radialgestellt in die Schlossplatte hineinragt; in diesem Fall streichen auf den dorsalen Postumbonalrand überhaupt keine Zuwachslinien aus, sondern sie laufen konform mitihm, sich mehr weniger verfeinernd und fast verschmelzend bis unter den Wirbel (vergl. Orassatella, Mactra ete.); da sie aber dennoch nach obigem gegen das Ligament abstossen müssen, so ge- schieht dies dadurch, dass der als Nymphealabschnitt zu bezeichnende — 21 — ganz kurze Rand unmittelbar unter dem Wirbel radıal quer von diesem nach unten zu abbiegt. Wenn wirklich das unpassend auch „Knorpel“ genannte elastische Ligament eine etwa wie der Innenknorpel der Cephalopoden unab- hängig von der Schale entstehende und nur sekundär (wie die Mus- keln) oder physiologisch mit der Schale verbundene „interpolierte“ und von dieser heterogene Bildung wäre, so wäre es ganz unbegreif- lich, warum nicht bei Crassatella, Mactra ete. die Schalenschichten ebenso verlaufen sollten, wie bei vielen, ihnen an Umriss und Form so äusserst ähnliche Bivalvenarten mit hinterem äusseren Ligament, warum nicht anderseits, z. B. bei Solen, die Schalenschichten an dem stark nach hinten verlängerten Oberrand ebenso quer auslaufen sollten, wie bei dem stark verlängerten Ober-Hinterrand gewisser Unioniden oder den ähnlich gerade verlängerten Ohren der Pecti- niden ; statt dessen biegen die Schalenzuwachslinien bei Solen alle nach dem engsten Bereich des Ligaments ein (das durchschnittlich nur !/s der Länge des Oberrandes beträgt) und bilden so die flache Kante ihrer oft fast rechtwinkeligen Umbiegung nach dem Wirbel. Bei Solen gehen die mit den Schalenzuwachslinien völlig identischen Zuwachslinien der Schalenepidermis aus der hinteren Schalenarea ohne jede Unterbrechung an einer sonst vorhandenen Nym- phealfurche unmittelbar in die Zuwachsstreifung des unpaaren Epidermalligaments über und treffen sich mit den gegenseitigen Streifen unter spitzem Winkel: das gleiche gilt hier für den Zu- wachs des elastischen Ligaments. Hieraus erhellt mit voller Deutlichkeit, dass die Art des Schalenzuwachses am Postumbonalrand völlig abhängig ist von dem Wachstum und der Lage des hinteren Liga- ments und dass sich hierin in unzweideutiger Weise die durch den Strukturvergleich gekennzeichnete Kontinuität der Ausscheidungsprodukte des freien Mantelrands und der Mantelkommissur auch in ihrem räumlichen und zeit- lichen Anschluss darstellt. Es bleibt uns, noch den dorsalen Präumbonalrand zu be- . trachten. Soweit ein vorderes Epidermalligament vorhanden ist, zeigt sich unter allen Modifikationen, dass die letzten Zuwachs- schichten des freien Randes der Schale in den jüngsten Teil des vorderen Ligaments einstreichen; da, wie oben erwähnt, die drei Ligamentteile eine völlige Wachstumskontinuität unter sich zeigen, so lässt sich nun aussprechen, dass in diesem Falle Schale und Liga- — Be — ment als einander analoge Bildungen des Mantels sich immer in gleichem Zeitmass vergrössern und dass für jeden Schalen- zuwachs (am freien Schalen- und dem Schlossrand) ein gewisser Ligamentzuwachs in allen drei Partien des Ligaments eintritt. Auch für das vordere Ligament gilt, dass die äusseren Schalenzuwachslinien '! unter wechselndem Winkel auf die äussere Begrenzungslinie des vorderen Ligamentfeldes auslaufen, dass sich auch am Präumbonalrand der Schale ein Pränymphealabschnitt des Dorsalrandes erkennen lässt. Bei Ostrea laufen die Schichtlinien meist unter spitzem Winkel auf diese Linie aus, welche hier wie hinten schief lateral verläuft. Bei den Pectiniden laufen sie senkrecht oder nahezu senkrecht dazu; hier ist Pränymphealabschnitt und Postnymphealabschnitt gleich, und zwar gleich dem halben Schloss- rand. Ähnlich bei Aviculiden, wo aber die betreffenden Abschnitte ungleich lang sind; immerhin beginnt innerlich das unelastische Liga- ment unmittelbar da, wo äusserlich das Schalenausstreichen zu be- obachten ist. Ähnlich sehen die beiden Ohrbildungen bei Malleus aus, jedoch liegen grosse Unterschiede vor; das vordere Ohr entspricht der bei Perniden (besonders bei der Malleus äusserlich nahestehenden Perna isognonum Lamk.?) unter dem Byssusausschnitt befindlichen Schalenrandaufbiegung und ist dem hinteren Ohr, das mehr aviculiden- artig ist, gleich gestaltet; da die jüngeren Schalenschichten am Dorsalrand die älteren nicht überragen, so erscheint von der Aussen- fläche aus gesehen jedes der Ohren Avicula-artig; indessen nimmt das dreiteilige Ligament nur einen recht kleinen Teil der Länge des Schlossrandes ein; es biegen daher von dem Dorsalrand und der Innen- i Die Schalenzuwachslinien sind in den meisten Fällen durch die kon- zentrische Skulptur gekennzeichnet; diese weicht nur höchst selten von den Linien des Zuwachses etwas ab; die Zuwachslinien laufen natürlich konform mit dem Schalenrand, so weit ernichtdem Nymphealabschnittangehört; sie treten sowohl als blätterig ausstreichende Schichtlinien auf (oder alte Schalen- ränder) oder als aus der Schalenfläche wulstig hervortretende Erhebungslinien, welche meist den freien Schalenrändern konform laufen oder nur schwach abweichen. Danach lässt sich auch stets ohne mikroskopische Untersuchung feststellen, was innerhalb der Länge der Kommissur als Schalenzuwachslinie zu deuten ist. 2 Man vergleiche z. B. die schöne Abbildung dieser Art in Deshayes, Traite &lem. d. Conch,. Taf. 45 Fig. 1 und 2 mit ihrer von hinten her statt- findenden Reduktion der ohnehin weit auseinander gerückten Ligamentgruben, um zu der Vermutung zu kommen, dass Malleus für sich von lebenden Perna- Arten abstamme, während die übrigen, besonders fossilen Vulsellinen, denen Malleus teilweise zugeordnet wird, denselben Abstammungsprozess von älteren Perniden durchgemacht haben könnten. en — fläche aus gesehen, die Schalenschichten nach dem Ligament ein und erscheint so das Ligament, besonders bei Malleus anatınus mit nur einem kleinen Ohr, ganz Ostrea-artig. Bei Isomyariern laufen die Schalenschichtlinien ebenso wech- selnd auf dem Pränymphealabschnitt aus; je kleiner die Ausdehnung des vorderen Ligaments ist, desto mehr biegen die Zuwachslinien nach innen und hinten ein, bei vollständig fehlendem vorderen Liga- ment ziehen sie sich sehr verfeinernd und fast verschmelzend bis unter den Wirbel hin und laufen konform mit dem dorsalen Schalen- schlossrand. Dieses Einbiegen ist um so auffallender, als es sich je nach dem Mass der Einkrümmung des Wirbels nach vorne weit unter dem Wirbel nach hinten erstreckt und sich sogar unter das Feld des elastischen Ligaments in sehr wechselnd breitem und schmalem Band unterschiebt. — Die Bedeutung dieser merk- würdigen Unterschiebung des präumbonalen Schalenrands unter den Wirbel und unter das Kalkfaserligament er- giebt sich zunächst aus unserem Prinzip der fast völligen Kontinuität und der histologischen Einheit von Schalen- und Ligament- bildung. Vergleicht man Arten verschiedener Gattungen einerseits mit, anderseits ohne vorderes Ligament (z. B. von Unio und Venus), d.h. solche Arten, welche in Gestalt und Stärke des hinteren und mitt- leren Ligaments und besonders nach Stärke und Einkrümmung des Wirbels gleich sind, so findet man, dass bei letzteren die Unterschiebung des äusseren präumbonalen Schalenrands und der Fläche unter dem Wirbel und das Kalkfaserligament ebenso weit nach hinten reicht, als bei ersteren Formen das vordere Ligament sich von vorne nach hinten unter das mittlere Ligament schiebt (vergl. oben). Die Ursache davon ist die, dass sich hier beim Fehlen des vorderen Ligaments die jüngsten Schalenzuwachsschichten der freien Schalen- oberfläche an die jüngsten Schichten des Kalkfaserligaments an- schliessen und daher so weit nach hinten ziehen müssen, bis sie das Ausstreichen dieser Schichten erreichen, d.h. bis die Kontinuität der beiderseitigen Zuwachs- schichten hergestellt ist (vergl. Weiteres unten). Bei innerem Ligament mit subumbonaler Lage findet natürlich keine Unterschiebung statt; hier bildet die in den Zu- wachsstreifen mitderpostumbonalen Seite völlig über- einstimmende präumbonale Region! vor dem quer- ! Wie erwähnt, macht schon Bernard l.c,. 189, S. 110, auf die Unter- brechung der Schalenschichten am hinteren äusseren Ligament, auf ihre „Kon- — u — gestellten Ligament (wie dies hinter dem Ligament z. B. bei Crassatella erwähnt wurde) bei Mactra etc. einen querstehenden Schalenabsatz, auf den die Zuwachslinien bis auf die letzte (aller- dings allmählich sehr verfeinert) auslaufen; bis auf diese Kleinigkeit, die aber bei Nucula ganz verschwindet‘, sind daher hier Vorder- und Hinterregion des Wirbels ganz gleich gebildet, während bei vergenz“ auf der vorderen Seite nach dem Wirbel, auf die hintere und vordere „Konvergenz“ nach dem Wirbel bei innerem Ligament aufmerksam. Die „Kon- vergenz nach dem Wirbel* ist aber nur eine beiläufige Erscheinung und ist in Wahrheit eine Kommunikation mit dem Ligament. Während in den meisten älteren Publikationen diesen Verhältnissen zeichnerisch wenig Rechnung getragen ist, finden sie sich wenigstens in den Tafeln in Deshayes’ grossem Werk: Des- cription des animaux sans vertebres, decouverts dans le bassin de Paris, 1860, T.I, von dem Zeichner Lackerbauer deutlichst wiedergegeben; ich mache zur Kontrolle der Angaben hier auf folgende Abbildungen aufmerksam: Pholas Taf. VI Fig. 10, 11, Pholadomya Taf. IX Fig. 9, Neaera Taf. XV Fig. 10, Corbula Taf. XV Fig. 22, 23, Crassatella Taf. XVILI Fig. 7,11, 20, 25, Taf. XIX Fig. 20—22, Cytherea Taf. XXIX Fig. 4 ete., Taf. XXXII Fig. 17 u. 20, Cyrena Taf. XXXIV Fig. 44, Taf. XXX V Fig. 3, 9, 19 u. 21, Lucina Taf. XLI Fig. 12 u. 20, Taf. XLIII Fig. 15, Fimbria Taf. XLVII Fig. 35, Cardium Taf. LIV Fig. 18 u. 11, Chama Taf. LVIII Fig. 24, Unio Taf. LXII Fig. 3, Trigonocoelia Taf. LXIV Fig. 33, Pectunculus Taf. LXXI Fig. 9. Es sind das Abbildungen von fossilen Arten, die in den Beziehungen des Verlaufs der Zuwachslinien völlig mit den bei den lebenden Arten bestehenden Thatsachen stimmen, deren Gesetzmässigkeit bis in die Gattungen der ältesten Formationen zurückreicht. Es existiert also kein regelloser Ansatz von Zuwachsschichten, noch ein beliebiges Ausstreichen derselben am Schalenrand; das letztere ist auch nicht von der Form und dem Umriss der Schale abhängig, sondern einzig und allein von der Lage des Ligamentsinfolge der Not- wendigkeit des Anschlusses an dieses; innerhalb dieser Gesetz- mässigkeit modifizieren Form und Umriss der Schale nur den Verlauf der Biegungen der eigentlichen Zuwachslinien, ! Selbst die aus dem rheinischen Devon stammenden uralten Nucula-Arten zeigen (vergl. Lamellibr. des rhein. Devon von Beushausen in „Abhandl. der kgl. preuss. geolog. Landesanstalt“, 1895, Taf. IV Fig. 15 und 16) den typischen Verlauf der Zuwachsstreifen; dagegen zeigt die von Beushausen nach Gold- fuss abgebildete Nucula Murchisoni in den Zuwachsstreifen ein scharf queres Ausstreichen auf den Schlossrand hinter dem Wirbel und keine Spur einer Ein- biegung nach dem Wirbel. Da man allen Grund hat, diese Streifung für eine von der Zuwachsskulptur nicht wesentlich abweichende zu halten, so scheint auch mir diese Gattungsbezeichnung nicht sicher begründet. Da diese Art nur nach der äusseren Form und nicht nach der Kenntnis von Schloss und Ligament generisch bezeichnet ist, zudem, wie schon Beushausen bemerkt, eine für eine Nucula- Art auffällige Grösse hat, so kann sie nicht als gegen obiges Gesetz verstossend angeführt werden; vielleicht gehört die Art zu Ctenodonta, einer Gattung mit hinterem äusseren Ligament, mit Nuculidenschloss und Formanklängen an Nucula. — 25 — äusserer Ligamentlage ohne vorderes Ligament die Gegensätze sehr grosse sind. Nur bei ganz innerem Ligament ist daher, wie bei Rangia, eine ununterbrochene Verschmelzung von Area und Lunula möglich; hier laufen also die Schalenzuwachslinien ringartig um den ganzen Schalenrand herum. Ähnliches ist ja auch bei Spondylus der Fall, wo infolge des Fehlens des unelastischen Ligaments und ganz medialer Lage des elastischen eine völlige Gleichheit in prä- und postnymphealer Region des Pseudoligamentfeldes vorhanden ist. Wie wir oben (S. 202) nach Fischer dargestellt haben, weisen die Ligamentverhältnisse der Arciden auf den ursprünglichen dtreiteiligen Typus hin; hierbei ist zu bemerken, dass das Ligament in seinem Wechsel von elastischen und unelastischen Portionen (wenn auch gelegentlich eine Beschränkung auf die mediale Region des Umbo- kardinalfeldes eintritt) die ganze Länge der Mantelkommissur ein- nimmt, dass sämtliche Schalenzuwachsschichten auf die beiden, das Ligamentfeld gegen die freie Schalenoberfläche abtrennenden Kanten (vergl. die gleichen Kanten bei Spondylus) auslaufen. Eine Lunular- einbiegung der Schichtlinien, eine Unterschiebung findet natürlich nicht statt; die Schichten setzen unter dem Ligament ungeändert fort und ihr stets völliger Belag bis zum Schlossrand beweist die ständige Kontinuität von Schalen- und Ligamentzuwachs. Eigenartige Verhältnisse zeigt der Präumbonalrand von Tridacna, welcher durch die gewaltige Byssusöffnung charakterisiert ist; sämt- liche Schalenschichten der Schalenvorderseite scheinen hier quer auf den Rand auszulaufen, während das vordere Ligament hier erst (vergl. oben) unmittelbar unter dem Wirbel beginnt; sieht man näher zu, so bemerkt man, dass sich die Schichten nach dem Wirbel zu zuerst stark verdünnen und gegen die weite Mitte der Byssusöffnung hin von dem wie nach aussen umgeklappten Teile des inneren Schalenrandes verdeckt werden; hinter der grössten queren Breite des Byssusloches nach dem Wirbel zu treten die sich wieder verdicken- den Schichten aber wieder hervor und bilden unter dem Wirbel die Grundlage für das vordere Ligament; es ist kein Zweifel, dass die letzten Schichten des freien Schalenrandes auf diese Weise bis ans vordere Ligament reichen und so die Kontinuität herstellen. Wie also bei der gewöhnlichen Lunularbildung die Schichtlinien sehr verfeinert und öfter verschmolzen nach dem Wirbel geführt werden, so geschieht hier zuerst eine Zusammendrängung, Verschmelzung und Überdeckung und Wiederauflösung unmittelbar vor dem Wirbel. Dies beweist die fundamentale Notwendigkeit der Fort- Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 15 — 26 — führung selbst der reduzierten und wechselnd umgebil- deten Schalenschichten auch im Bereich der Mantel- kommissur bis zum vorderen oder hinteren Ende des Ligamentapparats; es steht dies in Zusammenhang mit der ebenso fundamentalen Erscheinung der schroffen Randunterbrechung der Schalenschichtung im Bereich des Ligaments selbst. Beide Momente sind nur durch die Auffassung zu verstehen, dass die Bildung des Ligaments ein integrierender Bestandteil des Schalenwachstums ist, dass die Teile des Ligaments unter sich und dieses im Zusammenhang mit der Schale in jeder Art und jeder Ausdehnung den Ring des Gesamt- zuwachses der Schale in jedem Stadium zu einem ununterbrochenen Kreis schliessen. Wäre das Ligament eine anders aufzufassende Bildung, so ist gar nicht einzusehen, warum die Schalen- schichten, dem Verhalten beiinnerem Ligamente gleich, sich nicht ebenso längs des Ligaments von hinten her bis zum Wirbel ziehen, wie z.B. bei Tridacna von vorne her um das viel grössere Byssusloch oder sonst um die Siphonalröhren. Kapitel IV. Zur Erklärung des Zusammenhangs von Schalen- einkrümmung und Ligamentlage. Wir haben zu diesem Zwecke noch die eigentliche Ursache der im vorigen Kapitel mehr erwähnten wichtigen Unterschiebung des vorderen Epidermalligaments bezw. des präumbonalen Scehalen-Schlossrands unter das mittlere elastische Ligament zu betrachten. Es ist kein Zweifel, dass damit einzig und allein die Krümmung des Wirbels und des umbokardinalen Abschnitts zusammenhängt, und dass das Verständnis dieses Wachstums so- fort tautologisch den Schlüssel bietet zu dem Verständnis der Liga- mentüberschiebung. Das Flächenwachstum der Schale hält Schritt mit dem allseitigen peripheren Wachstum des Tieres und seines Mantels. Wir können nun hier alle jene niederen Tiergruppen in die Betrachtung einschliessen, deren Schalenbildungen nicht völlig körper- umhüllend sind (und so auch nicht in Gesamtheit von Zeit zu Zeit gewechselt werden müssen), sondern nur solche, deren einzelne Schalenteile oder ganze Schalen sich derart zum Körper verhalten, dass Schalenzuwachs und Körperzuwachs in beständiger Kontinuität bleiben können, dass Schalenzuwachsteile stets auf Grund der älteren Stadien aufgebaut werden können. — 27 — Wenn nun bei Lamellibranchiern das nachgewiesene allseitige Wachstum der Schalenhälften auch allseitig gleichmässig wäre, so würde der Wirbel des Tieres in der äusseren Mitte der teller- bis trichterförmigen Klappe liegen (ein ähnliches Wachstum zeigen einseitig die Hippuriten in sekundärer Entstehung). — Nun aber wächst der der Mantelkommissur zunächstliegende Teil der Schale weniger stark flächenhaft als der Teil am sogen. freien Mantel- rand, der Flächenraum zwischen „Wirbel“ und freiem Schalenrand ist daher unvergleichlich viel grösser, als die ihr entgegengesetzte Fläche zwischen Wirbel und der Kommissur, die „Umbokardinal- fläche“; es entsteht so im Schalenwachstum, allgemein gesagt, eine Einseitigkeit oder eine Einkrümmung. Es ist kein Zweifel, dass in Verhältnissen der inneren Organisation zu diesem verschiedenen Wachstum ursprünglich keine Ursache vorlag; die Lage des Wirbels ist ja durchaus nicht durch innere Organe vorgezeichnet und so darf man vermuten, dass die einseitige Einkrümmung von dem für andere Schaleneinkrümmungen unter Cephalo- poden, Gastropoden, Würmern etc. massgebenden Bestreben beeinflusst wurde, ein trichter- bis röhrenartiges Gebilde nicht langröhrig auswachsen zu lassen, son- dern möglichst auf einen geringeren Raum zu konzen- trieren!. Diese Einkrümmung findet dann natürlich nach solchen Stellen des Körpers statt, wo auch die Verhältnisse des Schalen- wachstums die Einkrümmung am leichtesten durchführen lassen, z. B. bei den Bivalven an der vorgebildeten Mantelkommissur. Diese Mantelkommissur ist es, welche, im Grunde genommen, die äusseren Kalkschalenbildungen der Bivalven so stark von denen der Cephalopoden, Gastropoden und Würmer unterscheidet, welche letzteren Gruppen von allen Seiten Annäherungen in ihren Schalen- formen zu einander haben; sie ist es, welche die Schalenbildungen der Bivalven wiederum äusserlich denen der Brachiopoden nähert, welche nirgends eine morphologische Vergleichbarkeit mit den ge- nannten drei Gruppen zeigen, obwohl ihnen die Würmer stammes- geschichtlich näher stehen (interessant ist bezüglich der Berechtigung dieser Vergleichungen z. B. auch die „bivalvoide“ Schalenbildung der Lepadiden). Indessen findet doch eine gewisse Annäherung der Schalenbildung der Bivalven und Gastropoden statt in der steten ! Vergl. die Bemerkungen über die Schalenform bei Gastropoden, Scapho- poden und Cephalopoden in Lang’s Vergleich. Anat. der wirbell. Tiere II. 1. 1900, 8. 78. 15* —_— 8 — und nicht selten recht starken Tendenz zur spiralen Einkrümmung der Wirbel der Bivalvenschale nach einer Seite; vorgebildet ist auch diese Einkrümmung nicht in den Weichteilen (ebensowenig wie bei den Cephalopoden), wenn sie auch, wie wir sehen werden, die Konstanz ihrer Richtung durch eine Orientirung nach der Lage der Mund- und Analöffnung erhalten hat; verursacht ist sie nur durch das allen Einkrüämmungen röhren- bis trichter- oder tellerartige Schalengebilde anhaftende Bestreben der Verminderung des Rauminhalts und Konzentration zur leichteren Lenk- barkeit und Bewegungsfähigkeit der auf dem Körper immer- hin lastenden Schalengebilde. Hierdurch ist auch der Vorgang der Entstehung der spiralen Schaleneinkrümmungen im allgemeinen klar- zulegen; von einer reinen Anpassung an äussere Verhältnisse, von einer Selektion nach ästhetischen oder zufälligen, teleologischen Gesichts- punkten kann nicht die Rede sein, ebensowenig wie von einer Tendenz der Einkrämmung der leblosen anorganischen Schalenmasse. Da die spirale Schaleneinkrümmung auch nicht von einer ihr äquivalenten Form des Körpers herrührt, so ist sie im allgemeinen nur durch eine sich (bei ruckweise oder ständig fortschreitendem Körperwachs- tum) stets ändernde Lage des Körpers zur Schale oder dem älteren Schalenrand zu erklären, so dass die neuen Schalenringschichten unter ständiger „Abbiegung“ des wachsenden Körpers nicht mehr die gleiche Position und Flächenausdehnung besitzen, wie die vorhergehenden. Diese Änderung liegt zum grössten Teile im Willen, im instinktiven Bestreben des Tieres, den Körper mit dem Mantel stets in der Lage zu halten bezw. zu bringen ', dass die eigens zur Fortbewegung und ! Die an der Mantellinie bei Bivalven inserierenden Muskeln entsenden nach den Forschungen Felix Müller’s (Schneider’s Zool. Beitr. 1882—85) einen eigenen Muskel nach dem freien Bildungsrand der Schale, der also in einer den Anregungen des Muskelzuges der Mantelfläche entsprechenden Weise stets auf den Bildungsrand der Schale einen Reiz ausübt und den zumeist beeinflusst. Der zwischen den Schliess- und Fussmuskeln eingeengte und so beeinflusste Schlossrand der Schale steht ausserdem nur unter dem Einfluss der Visceralsack- anheftemuskeln (nach F. Müller bei Unio und Anodonta noch aus dem Fuss kommende Muskeln mit einer muskulösen Querverbindung). Im übrigen befinden sich sämtliche Muskeln auf einem der Schalenzuwachsperiode entsprechenden Momente der Wanderung, deren Bahn 1. hauptsächlich durch die Form und das Mass des Zuwachses einerseits am freien Rand und anderseits an der kom- missuralen Region bestimmt ist, 2. auch auf die Funktionen des Weichkörpers Rücksicht nehmen muss, so weit das Öffnen und Schliessen des Mantels mit allen seinen Bestimmungen in Betracht kommt. Die Schale ist daher nicht ein von der Form des Mantellappens beeinflusstes Produkt, ein Abklatsch des Mantels, — U — auch der Beweglichkeit der Schale dienenden Kräfte bei der Ver- grösserung der Schale dem Schwerpunkt am nächsten bleiben; das Extrem ist, dass die auf dem weichen Körper ruhende Schalenmasse den höchsten Punkt der räumlichen Konzentration erreicht, wobei auch der gleichsinnige Nebenzweck erreicht ist, dass eine zuweit vom Körper abstehende „gestreckte“ Schalenbildung vermieden wird, welche leicht vom Körper abgerissen werden kann; dies verursacht, im allgemeinen gesagt, die Spiraltendenz der Konchylienschalen, welche je nach der verschiedenen Organisation der Molluskenklassen in verschiedenen Formen auftritt (vergl. oben S. 227). Wird diese allgemeine Betrachtung auf die Lamellibranchiaten angewandt, so erkennt man vor allem, warum die hauptsächlichste Ein- krümmungskonzentration der Schale nach der Kommissur stattfindet, wo im Anschluss an die älteste unpaare (epidermoidale) Schalen- anlage das elastische Ligament als Öffner der Klappen wirkt; es findet daher eine möglichst freie und ungehinderte Ausbreitung der Schale bezw. ihres Schichtenzuwachses nur nach den freien Mantelrändern statt, welche Ausbreitung allmählich nach der Kommissur zu abnimmt; längs der Kommissur selbst sehen wir zwischen beiden seitlich be- schränkenden Adduktoren das Maximum der Flächenraumreduktion und Konzentration, d. h. ein Minimum des Wachstums im Radius der Schalenöffnung und dem der Oberfläche eintreten, wodurch der Schalenschwerpunkt so wenig wıe möglich auf den Mantellappen selbst lastet und so nahe wie möglich der Mittellinie bezw. Mittelebene des Körpers, in der der Fuss wirkt, rückt. Hierzu tritt nun ein zweites Moment, welches dieser Einkrümmung senkrecht zur Achse der IKommissur eine entschiedene Verschiebung nach vorne giebt, nämlich die Be- sonderheit in der Lage des Fusses; dieses einzige Fortbewegungsorgan ist in der Medianebene nach der vorne liegenden Mundöffnung zu gerichtet. Es ist mir sogar wahrscheinlich, dass dieser ursprünglich in der Nähe des noch vorhandenen Kopfes und Mundes gelegene Fuss bei der phylogenetischen Zunahme der Schale an Grösse und Gewicht sich weiter entwickelnd mit der seiner Lage entsprechenden Einkrümmung des Wirbels und der wegen des Eingrabens auf dem Meeresgrund notwendigen Verkürzung des vorderen Schalenteils einerseits an der Reduktion des Kopfes schuld ist, anderseits hier- sondern steht unter fortwährendem Einfluss der physiologischen Notwendigkeiten, welche auch sogar von der mineralischen Eigenart der Hartsubstanz der Schale abhängen, die so wieder auf die Gestaltung des Mantels rückwirken müssen. Wu durch nach der Hinterseite des Körpers Platz geschafft hat, um die kräftigere Entwickelung des Siphonensystems mit ihren den Kopf teilweise ersetzenden Funktionen der Zuführung und Abführung des Atemwassers und zugleich bezw. der Ernährungsbestandteile und Ex- kremente zu ermöglichen. Wir sehen also darin eine der erwähnten Verkürzung und Einkrümmung nach vorne etc. entsprechende sagittale Verlängerung, transversale Verflachung und endlich auch Erhöhung der Schale auf ihrer Hinterseite begründet. Die „prosogyre“ Schaleneinkrümmung scheint mir daher in ihrer erossen Allgemeinheit durch diese Verteilung der Bewegungs- und Er- nährungsorgane primär verursacht zu sein. Donaciden und Ceronii- den sind „opisthogyr“, wobei ich nun auch bemerken muss, dass hier auch der Vorderrand der Schale ganz bedeutend länger als der Hinterrand ist; es ist mir kein Zweifel, dass hier entsprechende Be- sonderheiten in beiden erwähnten Organsystemen und biologische Eigenheiten an dieser Umkehrung schuld sind. Bei Nucula, Leda und Yoldia ist in mehr und weniger hohem Grade das gleiche der Fall, wie bei den Donaciden; Einkrümmung des Wirbels nach hinten und verlängerte Vorderseite sind auch hier deutlich; dabei zeigt sich z. B. die Entwickelung des Fusses und der Mundsegel sehr stark ; sie steht in umgekehrtem Verhältnis zur Grössenentfaltung des hinten liegenden Kiemen- und Siphonenapparates; die Verdrängung des Ligaments bei Nucula durch Hemmung an der Vorderseite und Zahn- verschmelzung an der Grenze nach der Hinterseite geht aus BERNARn’s Abbildung 1. c. 1896, S. 78, Fig. 11 deutlich hervor. Pisidium ist auch opisthogyr bei stark verlängerter Vorderseite; es zeigt dabei eine’ mit dem Fussspalt vereinigte Branchialöffnung und davon weit abgetrennten Analsipho!. Ebenso zeigt T’hracia Neigung zur ! Auch Syndesmya zeigt (vergl. Deshayes, Traite &lem. Taf. 8 Fig. 6—8) bei verkürzter Hinterseite eine deutlich opisthogyre Wirbelkrümmung; obwohl Fischer sie nicht erwähnt, ist sie doch etwas in seiner Textfigur 878 S. 1151 bemerkbar. Unter den Ostreiden ist noch der frei lebende Heligmus zu er- wähnen, welcher bei opisthogyrer Einkrümmung stark verkürzte Vorder- und stark verlängerte Hinterseite zeigt; hinter dem Wirbel ist eine. starke Schalenöffnung ; die nahestehende prosogyre, ebenfalls nur fossil bekannte Naiadına zeigt eine stark verlängerte Vorderseite, indessen auf dieser eine ähnliche Schalenöffnung, wie sie Heligmus hinter dem Wirbel zeigt (vergl. Tridacna). Galatea zeigt auch auf der Hinterseite Neigung zur Verkürzung, ist opisthogyr, fällt hinten steil ab, ist transversal stark erweitert und zeigt von allem diesem das Gegenteil auf der Vorderseite; bei sehr verkürzter Nymphenleiste ist viel Ähnlichkeit im Schalen- bau mit Donax vorhanden; im Vergleich zu Cyrena sind hier Eigenheiten im Bau der Siphonen, des Mantels und Fusses bemerkenswert. — Bl = mehr weniger starken Verlängerung, Erhöhung und transversalen Aufwölbung der Schale auf der Vorderseite mit einer schwachen Einwölbung des Wirbels nach hinten. Wenn dagegen Tridacna bei normaler Einkrümmung des Wirbels nach vorne eine etwas längere Vorderseite zeigt, so ist zu bedenken, dass unmittelbar vor dem Wirbel der aussergewöhnlich starke Byssus ausmündet, der vordere Schalenmuskel ganz unterdrückt, der Fuss reduziert und der verstärkte hintere Adduktor bis vor den Wirbel gerückt ist. Alle Momente, welche hier (Ähnliches mag auch für die vorne verlängerten Limiden ' gelten) für eine Einkrümmung des Wirbels nach hinten sprächen, verlangen auch eine verlängerte Vorderseite, denn durch die Verlage- rung des Muskels ist, wie sonst nirgends, Anal- und Branchialöffnung weit auseinander gerissen, erstere liegt vertikal unter dem Wirbel etwas nach hinten, letztere weit nach vorne davon gerückt. Wenn bei den nicht festgewachsenen Bivalven die Wirkung des Fusses mit dem Vergraben des verkürzten vorderen Schalenteils Ursache der Einkrümmung ist, so wirkt bei fest wachsenden Bivalven die Anheftung selbst, wenn sie mehr seitlich geschieht, gleichartig. Die Einkrümmung wechselt bei Ostrea je nach einer vorderen oder hinteren Anheftung; die eingekrümmte Seite ist natürlich die kürzere. Exogyra ist opisthogyr und befestigt sich mit der hinteren Wirbelseite. Indessen zeigen sich bei den extremeren Formen an angewachsenen Schalen häufig auch ganz gerade gestreckte Wirbel, ein Beweis, dass hier die Notwendigkeit der spiralen Einkrümmung überhaupt nicht mehr so zwingend ist, weil eine selbstthätige Leitung der Schalenbewegung unnötig ist. Wir können also für sicher annehmen, dass die Ein- krümmung des Wirbels nach vorne, welche bei vielen Bivalven ein an Gastropodenschalen erinnerndes Mass der Spiraltendenz erreicht (vergl. Exogyra, Isocardia, Congeria, Requienia ete.), durch die Ge- samtheit der normalen Organisationsverhältnisse bedingt ist und dass eine Einkrümmung dagegen nach hinten auf wichtige Änderungen ım Fuss, Kiemengerüst und Siphonensystem hinweisen. Mit dem nach dem Analrand sich steigernden Längenwachstum des ganzen Schalenbaus hängt, wie wir gleich sehen werden, die Längenentwickelung des elastischen Ligaments nach hinten und die mit seiner Lage und Richtung zweifellos auf irgend eine Weise dahin zu beziehende stärkere Entwickelung des hinteren Muskels engstens zusammen. ! Vergl. E. Philippi, Beitr. z. Morph. und Phylog. d. Lam. (Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1900, S. 619.) — 32 — Wenn wir von letzterem Standpunkte aus eine allgemeine thatsächliche Orientierung versuchen, so finden wir bei nicht oder sehr wenig seitlich und nach innen eingekrümmten Gattungen mit und ohne Schloss, den Spondyliden, Pectiniden, Ostreiden und Aetheriiden einerseits, bei den Arciden und Pectunculiden anderseits, neben einem auffälligen Streben nach einer Zwei- und Gleichseitigkeit der Liga- mentpartien auch ein Streben nach centraler oder subcentraler Stellung des hinteren Muskels (bei bedeutsamer Obliteration des vorderen Muskels), bezw. eine völlig gleiche oder nahezu gleiche Entwickelung der beiden Muskeln, wobei in beiden Fällen (soweit das Schloss überhaupt vorhanden ist) das vordere und hintere Schloss ganz oder nahezu gleichwerthig entwickelt ist. Dies zeigt die offenbaren Gesetz- mässigkeiten zwischen fehlender oder geringer Einkrümmung nach vorne und innen, breiter, regelmässig-gleichseitiger oder medialer Ligamententwickelung und entsprechender Schloss- und Muskel- gestaltung. Wenn nun zwar die Verhältnisse bei manchen der angeführten Gruppen vielleicht sekundäre sind, so ist zu bedenken, dass auch die Einkrümmung eine noch ältere sekundäre Erscheinung ist, und dass das primäre Verhalten von Einkrümmung etc. ein jenem Ver- halten der erwähnten Familien ähnliches gewesen sein kann, zu welchem diese äusserlich bei veränderten Einzelheiten zurückgekehrt erscheinen. Wir sind also wohl berechtigt, als ein ursprüngliches Verhalten des Reifestadiums von Urlamellibranchiaten 1. fehlende oder nur geringe Wirbeleinkrümmung (besonders jene nach vorne) bei mehr medialer Wirbellage, 2. gleichmässig symmetrische Entwickelung der drei Ligamentpartien am Schalenaussenrande, 3. Gleichseitigkeit des Schlosses zu dieser Ligamentstellung in einer der Schalenrandkerbung vergleichbaren, nicht differenzierten Anordnung von Randerhebungen und -Vertiefungen, 4. Gleichheit der beiden Schalenschlossmuskeln oder eine sehr frühe Entwickelung zu einer solchen anzunehmen. Wir fragen nun, welche Einwirkung die mit der Vergrösserung der Schale und der völligen Ausgestaltung derhinteren Einseitigkeit des Organismus entstehende und stets fortschreitende Einkrümmung des Wirbels nach vorne auf den medial und umbokardinal liegenden Ligament- konnex haben musste? Zu diesem Zweck müssen wir zuerst noch die Einzelheiten im besonderen zusammenfassen, unter welchen die Einkrümmung vor —. 233 — sich geht, besonders wie sich zu ihr die Schalenzuwachsschichten verhalten. Wir betrachten zwei Hauptfälle, erstens den mit geringerem Masse der Einkrümmung, mit ganz geradlinig gestrecktem Schlossrand, zweitens den, der bis zum stärksten Masse der möglichen Einkrümmung führt, also den mit nach aussen, nach dem Wirbel zu konvex gekrümmten dorsalen Schloss- rand', und ziehen zuerst die Lage des Ligaments in Betracht, in der es nicht seitlich von Schlossbestandteilen umfasst ist, d. h. die äussere Lage. I. Beigeradgestrecktemdorsalen Schlossrand (Östrea, Avicula, Lima, Arca) findet in radialer Richtung oder senkrecht zum Schlossrand eine ziemlich gleichmässige Zunahme der Dicke der ein- zelnen Schalenschichten statt; in der Achse des Schlossrandes selbst sind desgleichen vorne und hinten die Schalenschichten selten ver- schieden dick, und findet zwischen beiden Punkten eine sehr gleich- mässige Zu- oder Abnahme der Dicke statt. Wie erwähnt, ist in solchen Fällen das Ligamentfeld (umbokardinaler Raum) wohl ent- wickelt und die Einkrüämmung des Wirbels hierzu im Verhältnis gering, die Raumkonzentration an dieser Stelle in diesem Falle von geringem Einflusse. Das elastische Ligament, welches sich in seiner Zuwachsschichtung an jene der Schale zeitlich und räumlich engstens anschliesst, wird hierbei, sei es nun etwas gerade oder etwas schiefer gestellt, ventral stets dickere Gewölbeschichten in dorso-ventraler Achse unter älteren dünneren Schichten ansetzen, desgleichen nimmt das Ligament in oro-analer Flächenausdehnung zu, so wie das gesamte Gewölbe auch in seinen Schenkeln stärker (tragkräftiger) wird?. Es ist klar, dass dann beim Schalenschluss die älteren, näher dem Wirbel liegenden Ligamentbrücken auseinandergesprengt werden müssen. Ebenso wie die Ränder der älteren Schalenstadien der äusseren Ober- fläche einer grösseren Schale beim Klaffen in eine Divergenz geraten, wie sie eine solche niemals zur Zeit ihrer eigenen Beteiligung am Schalenrand erreichten, ebenso kommen die hierzu gehörigen älteren ! Dies ist das höchste Mass der umbokardinalen Verkürzung, wenn der der Mantelkommissur entsprechende Schalenrand nach aussen konvex ist; es scheint, dass die einengende Wirkung der Fuss- und Schalenattraktoren an dieser Krümmung mit schuld ist; bei subcentraler Muskellage liegt eine Neigung zu geradem Schlossrand vor, welche bei starker, wuchernder Schalenbildung längs der Kommissur oder senkrecht dazu zur Ohrbildung führt. Diese Wucherungs- tendenz zeigt sich auch bei Arciden und Unioniden (inkl. Aetheriiden). ° Vergl. hierzu unsere wichtigen Feststellungen bei Perna Sandbergeri Desn. S. 198. — 234 — Partien des Ligamentfeldes beim Schalenschluss in eine Divergenz, welche zu ihrer Zeit niemals möglich war; es müssen daher die älteren entsprechenden Ligamentbrücken, sowohl von der Seite der Klappen her zerrissen, als von seiten der jüngeren stärkeren Ligamentpartien zersprengt werden. Da aber das Ligament nicht nur be- wegend, sondern auch tragend (vergl. oben) wirkt, müssen doch möglichst viele der älteren Ligamentschichten an ihrer Stelle und in ihrer Wirkungsfähigkeit erhalten bleiben. Dies geschieht durch ein sehr geringes Mass transversalen und ein stärkeres des dorso- ventralen Wachstums in der Umbonalregion, das gegenüber dem übrigen Schalenwachstum ein relatives Zurückweichen der An- satzläche des Ligamentfeldes bedeutet; wo dies nicht der Fall ist, wie bei den Arciden, kommt thatsächlich immer nur die letzte Schicht des Ligaments zur Geltung, so dass die Längenausbreitung des elastischen Ligaments auf den ganzen Schlossrand notwendig ist. Für diese Verhältnisse des Wachstums der Schalen und Liga- mentschichten bleibt es sich natürlich ganz gleich, wo das Ligament am Ligamentschlossfeld gelegen ist; bestimmend für seine Lage ist nur sein Verhältnis zur Muskulatur des Schalenschlusses; so finden sich hier verschiedenartige Entwickelungen der Ligamentlage und -Verteilung; es liegt central einem central gelegenen Muskel gegen- über oder auch in der Mittelachse eines gleichwertig wirkenden vorderen und hinteren Muskels, oder es gabelt sich gleichmässig wie bei Placuna einfach gegenüber einem centralen Muskel, oder wie bei Arciden gegenüber möglichst gleichwertig wirkendem Zweimuskel- system, oder es verbreitet sich vielfältig am ganzen Schlossrand in senkrecht stehenden Gruben durch Neubildung am Hinterrand wie bei Perna etc., oder durch mediale Neubildungseinschaltungen in möglichst gleichwertiger Gabelwinkelstellung wie bei Arca ete. II. Sehr viel eintöniger und notwendig einfacher gestaltet sich das Ligament in äusserer Lage für den zweiten Fall (S. 233); nehmen wir zuerst an, dass die Schalenschichten gleich- mässig vonvorne und hinten, nach einer mittleren Re- gıion der Einkrümmungsachse an Dicke abnehmen, so läge von vornherein kein Grund vor, dass sich das Ligament nicht in dieser mittleren Region entwickeln und je nachdem sich auch gleichmässig nach vorne und hinten ausdehnen sollte. Hierdurch würde aber im Ligament neben dem transversalen Gewölbe, dem Fundamente der bilateralen Klaffwirkung im Ligament, das sich not- wendig an die Schalenschichten anschliesst, noch eine oro-anale _ 3 — Wölbung entstehen, welche der transversalen Spannung direkt widerstreben würde; dieser Fall kann also nicht zur Wirklichkeit werden und ist daher bei einheitlichem Ligament auch nie beobachtet; ebensowenig denkbar wäre er bei vielfachen nach vorne und hinten verteilten Ligamentpartien, denn die äussere, dem Schlossrand ent- sprechende Einkrümmung der Ligamentteile nach unten am oralen oder die entsprechende am analen Ende würde hier erstens das weite Klaffen verhindern, zweitens einen völligen Schluss unmöglich machen, weswegen ja das orale und anale Ende des Ligament- gewölbes (so weit die elastische Substanz in Betracht kommt) stets dorsal aufgebogen ist und sein muss (vergl. 8.185 die Erklärung des ventral-konvexen Vorspringens des Ligaments). Die wichtigste Art der Wirbeleinkrümmung bei nach aussen konvex gerundetem dorsalen Schlossrand besteht aber nicht in der eben erwähnten einfachen, medialen, gleichseitigen Lagerung der dünnsten umbokardinalen Schichtpartien, sondern in einer Verschie- bung dieser dünnsten Schichtpunkte nach hinten, so dass von vorne her bis zum Punkte dünnsten Schichtenzuwachses stets dickere Schichtteile unter ältere dünnere zu liegen kommen und von dem erwähnten Punkt nach hinten zu stets dünnere unter ältere dicke Partien des Schichtzuwachses (Taf. V Fig. 17); hier- durch wird der Vorderrand relativ verkürzt', der Hinterrand ver- längert, der Wirbel mehr nach aussen verlagert und so die wahre Schneckenspirale auch in schwacher Ausbildung ermöglicht. Die Ver- bindungslinie der dünnsten Schichtzuwachspunkte ist daher eine scharf nach hinten unten gerichtete Linie (Taf. V Fig. 17). Da nach unseren Ausführungen Schalenzuwachs und Ligamentzuwachs in innigstem histogenetischen Schichtzusammenhang stehen, das Ligament nicht in beliebiger Dicke an beliebiger Stelle des Schalenrands oder Schaleninnenfläche ansetzen kann, so kann zur Achse einer etwaigen Ligamententwickelung keine die erwähnte Linie durchkreuzende, steiler zum Schlossrand stehende Richtung gelten, da sonst die ver- * Eine mit der Verkürzung des Vorderteiles der Schale stattfindende Rück- wärtsbewegung des diesem entsprechenden Schlossrandes bei Bivalven mit gestrecktem Schlossrand beweist auch die Feststellung Bernard’s1l. c. 18%, 8. 70, Fig. 5, welche für einen grossen Teil der Arciden gültig ist. Am hinteren Ende der vorderen Hälfte des Schlossrandes, das hier meist deutlich ist, findet eine Neubildung von Zähnen statt, welche, obwohl in der Schlosslinie bleibend und die alten Zähne überwachsend, doch deutlich mit einer schwachen „Unter- schiebung“ der vordersten Zähne des hinteren Schlosses beginnt. — 256 — schiedensten Schichtstärken diesseits und jenseits einer schief durch- kreuzenden Linie die Einheit der Biegungselasticität des Schicht- gewölbes in Frage stellen würden. Das elastische Ligament könnte nur vor oder hinter der erwähnten Linie liegen, wobei es natürlich ist, dass es an ihr nach hinten oder nach vorne seinen Anfang nähme. Läge nun das elastische Ligament ganz vor der Verbindungslinie der Punkte des geringsten Schichtenzuwachses, so könnten auch die Ligamentschichten sich nur in keilförmig nach hin- ten zugespitzten Anwachspaketen ansetzen und es würden sich unver- hältnismässig diekere Schichtpartien ventral von viel dünneren an- setzen; hierbei wären nun die Zersprengungswirkungen sehr grosse, anderseits würde die schalenöffnende Wirkung wesentlich auf die Vorderseite sich beschränken, an ihrem oralen Ende am stärksten sein und nach hinten bis zur erwähnten schief nach hinten gerichteten Radiallinie ganz abnehmen. Liegt aber das elastische Ligament ganz hinter der radialen Verbindungslinie der Punkte geringster Schichten- stärke, so folgen in dem dorso-ventralen Querschnitte des Ligament- gewölbes hier stets dünnere Schichten auf dickere nach innen zu, wobei sogar der Ausgangspunkt der elastischen Schichten nach hinten rückt. Hierbei sind natürlich die Wirkungen der Zerreissungen des Liga- ments sehr gering, und es kann das Gegenteil von dem stattfinden, was wir oben bei Ostrea als das innerliche Zurückweichen des ven- tralen Ligamentzuwachses bezeichneten, nämlich ein dorsal äusser- liches Auswachsen der an ihrem Dorsalrand das Ligament tragenden Schlossplatte mit dem Extrem einer auf der Schlossfläche senkrechten Ansatzebene des Ligaments; dieses ist die „Nymphenleiste‘, welche so durch das Hınaustreiben des Ligamentgewölbes die Klaffwirkung nach unten und hinten erhöht. Zu betonen ist, dass dies lediglich Wirkung des Wachstums der Schlossplatte ist, welche ungehindert sich ausdehnen kann, und nicht Wirkung eines selbständigen Ligamentwachstums, welchem die passive Schlossplatte folgt (das „Zurückweichen“ des Ligamentansatzes bei der Entfernung vom Wirbel findet hier nicht in transversaler, sondern in oro-analer Richtung statt). Wenn wir nun von unserem obigen Ausgangspunkt die Wir- kung der Schaleneinkrümmung bei innerem Ligament be- trachten, so müssen wir zuerst fragen, wie entsteht das innere Liga- ment bei ausgewachsenen Schalen. Wir beachten einstweilen nicht die embryonalen Befunde, welche BERNARD mitteilt, sondern den Prozess, wie wir ihn bei ausgewachsenen Schalen erkennen; vielleicht dass Bi — dies uns eben für die embryonalen Befunde von erklärender Bedeutung sein kann. Aus den Untersuchungen BErnarp’s könnte sehr leicht ge- schlossen werden, dass ebenso, wie das Ligament auf die Einkrümmung des Wirbels eine selbständige Wirkung ausüben soll, es auch ein durchaus selbständiges Wachstum habe; BERNARD z. B. definiert das innere Ligament dadurch, dass er sagt, sein Dorso-Ventralwachstum entspreche seinem tangentialen Wachstum (ÜOrassatella) oder über- treffe es noch gelegentlich in der Bildung eines vorspringenden Trägers (Myiden und Anatiniden). Man kann dies wohl sagen, aber dabei bleibt die Schlossplatte ganz aus dem Spiel, die zur Ver- vollständigung des Bildes hinzu gehört, denn die Myiden und Crassatelliden unterscheiden sich bezüglich des Ligaments nicht durch die ziemlich gleichförmig und gleichwertig entwickelten Ligamentmassen selbst, sondern nur durch das Verhältnis ihrer eigenen Ausdehnung und der ihres Trägers zur Aus- dehnung und zu den Umbildungen der Schlossplatte. Auch das sogen. „halbinnere“ Ligament — eigentlich randliche oder halbäussere — der Ostreiden, Limiden und Aviculiden entspricht der Definition des inneren Ligaments bei Crassatella, ohne ein inneres zu sein; das Verhältnis zur Schlossplatte ist das Massgebende; so ist zu betonen, dass das innere Ligament, z. B. bei Spondylus, Pecten, Rangia und Mesodesma, gar nicht den Raum der „Ligament- grube“ einnimmt, sondern nur in jene muldige Vertiefung herein- gewachsen zu sein scheint, welche durch beiderseitige Emporhebung der Schlossplatten entstanden ist. | Für den Prozess der äussersten Verinnerlichung des Ligaments ist der tunnelartige Einschluss bei Spondylus als ein Umwachsungs- vorgang von beiden Seiten der Schlossplatte her massgebend; dies gilt auch für die Beurteilung von Rangia, denn auch hier muss die all- gemeine Thatsache als die ursprüngliche angesehen werden, dass zuerst eine Schalenunterbrechung an der Spitze der inneren Ligamentgrube stattfand. BERNARD selbst hat in seinem ersten Aufsatze 1895 weitere Daten dafür uns an die Hand gegeben: S. 137 zeigt die Entwicke- lung bei Lasaea rubra aus einem inneren Ligament mit einer Öffnung nach aussen zu einem völlig inneren durch ein Auswachsen ursprüng- lich seitlich vom Ligament gelegener Schlosspartien zu dorsal davon gelegenen. Im allgemeinen hat Bernarp |. c. S. 117—118 und 1896, S. 430 und 436 die von ihm vorher nicht beachtete Thatsache näher ausgeführt, dass die Neueinschaltung von lamellösen Schloss- zähnen am definitiven Schloss dorsal von den schon vor- — 23 — handenen Zähnen nach dem Schlossrand zu stattfinde!. Da nun das Ligament nur an seiner ventralen Grenze wächst, so ist es verständlich, wie aus emem phylogenetisch ursprünglich rand- lich gelegenen Ligament ein völlig inneres werden muss, wenn nur die Schlossplattenentfaltung vor und hinter dem Ligament eine wesentlich gleichwertige und gleichseitige ist; das Ligament wird dann durch Umwachsung ein innerliches. — Das gleiche gilt mir für die sogen. innere Lage des Ligaments beim Prodissokonch und Dissokonch in der embryonalen Entwickelung; so bald mit der Entstehung der Zahnlamelle eine „Schlossfläche“ gebildet wird, so bald wird das „randliche“ Ligament zu einem mehr innerlichen. Dies kann es dann leicht werden, wenn ventral von ihm keine Zahn- bildungen liegen und dabei das Schlossplattenwachstum ein sehr gering transversal fortschreitendes (im Gegensatz zu den Arciden), dagegen ein vorwiegend dorso-ventrales und ventro-dorsales ist; denn das elastische Ligament kann nicht über eigentliche Zähne hinüberwachsen (vergl. oben S. 213), ihre Vertiefungen müssen viel- mehr durch ein ganz besonderes Wachstum der Schlossplatte erst ausgeebnet sein. Man sieht daher in den embryonalen Stadien die Zähne gleichmässig zu beiden Seiten des Ligaments verteilt, und da keine Zähne ventral vom Ligament sich befinden, kann dieses sich ganz ungehindert nach innen unten entwickeln, wodurch der Ein- druck einer „inneren Entstehung“ gehoben wird (vergl. S. 235—258). Nach unserem Ausgangspunkt der Annahme ursprünglich extern randlicher Entstehung des elastischen Liga- ments am Schichtausstreichen des Schlossrands bleibt dann das Ligament ein randliches, wenn der Schlossrand beim Schalenwachs- ! Auch bei Arciden und Nuculiden hat Bernard l.c. 1896, S. 61 und 76, den Beginn der Erscheinung dorsaler Zähne über dem ersten definitiven Zahn festgestellt und meint S. 82, dass bei Nucula und Leda das Wachstum des Liga- ments nach innen die definitive Entwickelung dieser Dorsalzähne verhindere. Wir sind hier indes auf völlig entgegengesetzten Standpunkten, und ich glaube recht zu haben, darauf aufmerksam machen zu müssen, dass bei einem Schloss, an welchem, wie Bernard selbst zeigt, nur wenig später eine Überwucherung des Ligamentfeldes vom Dorsalrand her durch Schalensubstanz erfolgen kann, das Wachs- tum des Ligaments nach innen nur Platz für die dorsale Zahnbildung auf beiden Seiten schaffen könnte, diese Überwucherung ist ja im wesentlichen nichts Anderes, als z. B. die Zahn-Neubildung an der hinteren Grenze der Vorderhälfte des Schlosses bei Arca, welche Bernard I. c. S. 70 in so interessanter Weise dargestellt hat. Die Ausschaltung dorsaler Zähne bei den Taxodonten ist durch die starke tangentiale und geringe dorso-ventrale Ausdehnung der Schlossplatte be- dingt, welches letztere Moment bei den Nuculiden noch etwas gesteigert erscheint, — 239 — tum in ebendemselben Masse ventral vorrückt, als das Ligament bei seinem stetigen Schichtenansatz an der Ventralfläche des älteren Schichtengewölbes, es wird aber ein inneres, wenn der dorsale Schlossrand zu seiten des elastischen Ligaments gleichsam ventro- dorsal zurückwächst, d. h. sehr wenig vorrückt durch seine stetigen morphologischen Entwickelungen daselbst, welche dagegen in den dorsalen, „toten“ Regionen des Ligaments abgeschlossen sind; es bleibt auch ein inneres, wenn dem einfachen ventralen Wachstum nicht durch breit und längs vorgelagerte Zähne ein Hindemis ge- bildet ist. Aus alledem geht hervor, dass das Wachstum eines inneren elastischen Ligaments nur möglich ist unter Beibehaltung einer gewissen Gleichartigkeit oder Gleich- wertigkeit der hinteren vorderen Zahngebilde der sich umwandelnden Schlossplatte, wie wir das für unseren Ur- typus angenommen haben. Dies kann nur stattfinden bei fehlender Einkrümmung des Wirbels nach vorne und aussen oder bei einer Ein- krümmung, so weit sie einfach durch verkürzte Vorderseite der Schale ohne Unterschiebung der Vorderseite unter die Hinterseite stattfindet (S. 234— 235). Nur durch diese Unterschiebung und ver- bundene starke Abkehr der umbonalen Region von der Hinterseite ge- langen die BErnArRD’schen embryonalen Zahnlamellen in ihren medialen Abschnitten unter, ja sogar hinter den Wirbel und entstehen z. Th. hierdurch die Kardinalzähne; auch hierdurch wird ferner die hintere Schlossregion so entwertet, dass die Zähne nur den als vorderen Lateralzähnen abgezweigten Teilen der primären Lamellen entsprechen oder sogar noch unterstellt sind (vergl. auch S. 252). Nach alledem halte ich daher die formale Erklärung eines nahen Zusammenhanges zwischen Velorita und Rangia, wie sie BERNARD l. c. 1895, S. 125, Fig. 11 giebt, nicht für richtig; wie die ausser- gewöhnlich breite und lange Ausbildung des vorderen Schlosses bei Velorita und die Unterschiebung: der Kardinalregion weit hinter den Wirbel an der externen Lage des elastischen Ligaments und der abson- derlichen Verdrängung des hinteren Lateralzahnes schuld ist, so fällt es bei Rangia erstens in die Augen, dass die gleichmässige Verteilung der Schlosshälften vor und hinter den Wirbel mit der mittleren Lage des Ligaments zusammenhängt, zweitens, dass die ganz aussergewöhn- liche Entfaltung des hinteren Lateralzahns, der sich dorsal über das Ligament zu schieben sucht, und ebenso der vorderen Lateralzähne, die die inneren Kardinalzähne 4b, 2b, 3b von vorne ebenso dorsal über das Ligament drängt, ebenso an der völligen dorsalen Um- — 240 — schliessung des Ligaments wie bei Spondylus schuld sind, als an der Rudimentierung der erwähnten medialen Zähne. Das Ligament selbst hat keine aussergewöhnliche Stärke, dagegen wohl die Lateral- zähne, welche ihre eigene Funktion, wie unten S. 245 ausgeführt, und wie die Zähne überhaupt eine wichtigere Funktion zum Schalen- zusammenschluss haben, besonders in Hinsicht auf das weniger selb- ständige elastische Ligament. Auch bei Mesodesma (mit nach hinten eingekrümmtem Wirbel) sieht man eine gewisse Gleichwertigkeit der vorderen und hinteren Lateralzähne. Durch die nicht unbedeu- tende Verschiebung und Verlängerung der vorderen Lateralzähne nach dem Wirbel zu werden ähnlich wie bei Rangia die Kardinalzähne nach hinten und dorsal über das innere Ligament verdrängt, während das hintere unelastische Ligament nach hinten Luft erhielt und sich im Gegensatz zu dem inneren Ligament von Mactra, Crassatella etc. ungehindert nach vorne in für das hintere unelastische Ligament der Isomyarier ungewöhnlicherweise ausdehnt, worauf wir bald zu- rückkommen. Auch Lasaea zeigt nach Bernarp Abbildungen und Zahndeutungen, eine Neigung zu einem Gleichgewicht in der Bildung der hinteren Seitenzähne und der einzig hier vorhandenen Kardinal- zähne. — Im übrigen ist auch auf unsere Ausführungen bei Perna Sandbergert S. 200 zu verweisen, welche darstellen, wie schon ohne Vorhandensein von Zähnen allein durch Momente des Schalenwachs- tums die Anordnung, die Stärke und sogar das Vorhandensein der Ligamentteilfelder bedingt ist, um wie viel mehr durch die mit dem Schalenwachstum und dem Schloss substantiell viel inniger zu- sammenhängende Bildung der Zähne (vergl. auch S. 245 —255). Kapitel V. Weitere Wirkungen der Einkrümmung des Wirbels. Die Ligamentbildung erscheint also durch die sub- und prä- umbonale Raumverengerung im allgemeinen nach hinten, und zwar hinter den Radius des geringsten -Schichtenzuwachses, verdrängt, wie sie auch nur dann sub- und präumbonal zu einer Ausdehnung kommen kann, wenn die Einkrämmungsannäherung des Wirbels an den Schlossrand sehr gering ist und so ein breites umbokardinales Feld lässt. Zu diesen Folgen der Einkrümmung tritt nun fördernd das physiologische Moment hinzu, das wir schon oben in gleichem Sinne bei der Erklärung der Einkrümmung nach vorne berührt haben, nämlich die Lage des Siphonalapparats sowohl als Organ der Zufuhr des Kiemenwassers und der Ernährungsbestandteile, sowie der Abfuhr der Exkremente und des verbrauchten Atemwassers. Die Reduktion = ef — des Mundes als eines Greiforganes verlangt während dieser Zufuhr- thätigkeit einen gewissen Abschluss des vorderen Schalenteils, be- sonders wenn der Vorderteil der Schale in Schlamm und Sand ver- graben ist; desgleichen macht das viel beobachtete periodische Aus- stossen des Schalenwassers aus den Siphonen einen in der Zeit etwas vorhergehenden Schluss des vorderen Schalenteils, dann eine stossartig-plötzliche Kontraktion des hinteren Muskels nötig. Je weniger elastisches Ligament unmittelbar unter oder vor dem Wirbel liegt, um so weniger klafft der Vorderrand der Schale, je dicker die Schichten des elastischen Ligaments nach hinten werden und die Spannweite des Ligamentbogens nach hinten zunimmt, desto stärker wird hinten die Schale klaffen. Die Lage des Ligaments erscheint nicht so sehr auf die Öffnung der Schale überhaupt als hauptsächlich auf die Öffnung des Hinterrands und die Erweiterung des hinteren Schalen- lumens berechnet (s. Kap. IV), nach welcher auch das Schalenwachs- tum selbst (mit beifolgender Wirbeleinkrämmung nach vorne) strebt. So ist es zu erklären, dass z. B. bei Donax trotz deutlicher Ein- krümmung des Wirbels nach hinten und den entsprechenden Be- gleiterscheinungen auf der Vorderseite der Schale dennoch das Liga- ment hinten bleiben kann. Hierdurch ist nahegelegt, dass der hintere Muskel fast allein in Antagonismus zum elastischen Ligament wirkt, der vordere da- gegen sowohl verhindert, dass durch die Aktion des hinteren Muskels die vordere Schalenseite klafft, als auch sich in etwas selbständiger Weise die vordere Schalenöffnung schon schliesst, wenn noch die hin- tere klafft; die Möglichkeit eines separaten Abschlusses beider Öff- nungen ist somit physiologisch zu begründen. Wir sehen daher den vor- deren Schalenmuskel (als nicht wesentlich zum Schalenschluss vor- handen) verschwinden, sobald der hintere Muskel eine subcentrale bis centrale Stellung einnimmt, also eine gewisse Gegenwirkung zwischen vorne und hinten nicht stattzufinden braucht; dieser Stellung des Mus- kels rückt stets die Analöffnung nach, so dass die Oro-Analachse nicht mehr mit der Schlossachse parallel läuft (Monomyarier, Tridacna !, 1 M.Neumayr behauptete, dass bei T’ridacna der vordere Schalenmuskel unmittelbar vor dem hinteren liege, das wäre eine Verlagerung von vorne nach hinten und von hinten nach vorne, welche aus vielen Gründen sehr unwahrscheinlich wäre; nach der vonGrobben 1898 (vergl. Lang-Hescheler 1. c. 95) bestätigten An- gabe Fischer’s ist von den beiden subcentral bei Tridacna zu beobachtenden Mus- keln der hintere der Retraktor des Fusses, der vordere der beiden aber der eigentliche hintere Schalenadduktor, während der vordere Schalenadduktor durch die Drehung der Körperachse im Zusammenhang mit dem Byssusloch völlig rückgebildet ist. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 16 — 42 — Mülleria). Bei Monomyariern mit völlig getrennten Mantellappen läuft die Achse von Ligament und Muskel ungefähr auf die Mitte des unteren, hier stets am weitesten vom Schlossrand und Wirbel entfernten Schalenrands aus; schon eine geringe freie Spannung des Ligaments genügt, um an dieser Stelle die Klappen zu Öffnen, während sie auf den vorderen und hinteren Seiten noch nahezu geschlossen sind; bei Aetheriiden ist in analoger Weise an dieser Stelle Fuss- und Branchialöffnung verschmolzen (die separate Kloakenöffnung verschwindet) ; auch hier erscheint eine Gegenwirkung zwischen vorne und hinten, oder eine separate Wirkung auf einer der beiden Seiten der Schale unnötig. Anderseits wird der vordere Schalenmuskel dem hinteren wieder ‚völlig äquivalent, sobald mit geringerer Wirbeleinkrümmung vor dem Wirbel auch noch elastisches Ligament auftritt (Arciden etc.). Die oben erwähnte Tendenz der beiden Schalenschliesser zu möglichen antagonistischen Wirkungen in Beziehung zur Lage des Ligaments ist auch die Grundlage zu der merkwürdigen Entwickelung des vorderen Muskels bei Pholadiden, welche sich ja durch den Verlust des Ligaments auszeichnen, worauf wir unten zurückkommen. Dieser demonstrierte Zusammenhang zwischen der Lage und Ausdehnung des Ligaments, der Wirbeleinkrümmung mit dem hinteren Muskel und der hinteren Schalen- öffnung, welche das elastische Ligament in sekundärer Weise als einseitig nach hinten verlegt erscheinen lässt, giebt auch eine Er- klärung für die eigenartige Bildung des unelastischen Ligments bei Homomyariern. Wenn wir eine Ligamentverteilung, wie sie Ostrea oder Avicula zeigen, prinzipiell für etwas Ursprüngliches halten (d. h. eine Anlage der Schichten des elastischen und unelastischen Ligaments nahezu parallel der Kommissurachse), so wird durch eine einseitige Verlagerung des elastischen Ligaments hinter den Wirbel, durch die völlig veränderte Lage seiner Schichten, endlich durch die Entwickelung der Nymphenleiste das hintere unelastische Ligament so völlig eingeengt, dass die Schichten des letzteren in einer dem nach vorne gedrehten Wirbelrücken entsprechenden Richtung schief gestellt erscheinen und sich von vorne nach hinten dachziegelartig überdecken; die Breitenausdehnung des hinteren unelastischen Ligaments wird daher eine ganz geringe, durch die enge Aneinanderpressung der Schichten findet vom Mantel aus häufig eine Verschmelzung statt, und so hat man schliesslich die Umbildung des hinteren Ligaments zur Hülle um das elastische Ligament. Diese eigenartige Hülle zeigt sich = — auch noch etwas bei innerem Ligament, selbst bei dem völligen Ab- schluss von der Oberfläche, wie bei Rangia; Voraussetzung ist, dass die Ligamentgrube nach hinten gerichtet ist. Da, wo, wie bei ÜOeronia, die Ligamentgrube nach vorne zu auswächst, erhält das himtere Ligament dagegen mehr Raum und zeigt eine etwas ungewöhnliche Ausdehnung, welche von Neumayr und auch BErnaRD (vergl. 1. c. 1896. S. 145) als Weg der Entwickelung vom äusseren (Donax) zum inneren Ligament angesehen wird, eine Deutung, der ich mich nach obigem nicht anschliessen kann. Bei Ostreiden (mit Ausnahme der stark eingekrümmten Ex- ogyren), bei Pectiniden sind vorderes und hinteres Ligament in dieser Beziehung als Hülle fast bedeutungslos, sie werden daher auch nicht in stärkerer Ausbildung konserviert, wo die Eigenheiten der Mantel- produkte nicht sehr auf überschüssige Hervorbringung der hornigen Konchyolinbildungen hinzielen, wie bei Pectiniden, und können also beide ganz verschwinden wie bei Spondyliden. Bei Unioniden und ihnen nahe Verwandten sehen wir infolge nicht sehr starker Wirbel- einrollung beim Überwiegen von Epidermalausscheidungen das vordere Ligament z. T. in lockeren Blättern stark entwickelt; in der grössten Mehrzahl der Fälle wird es aber überhaupt nicht mehr gebildet. Wo es aber vorhanden ist, da schliesst es sich natürlich mit seinen Blättern und Schichten engstens an die Schichten des schief nach hinten gestellten und in seiner Schichtung sich mehr und mehr nach hinten verschiebenden elastischen Ligaments an. Der morphologische Ausdruck dieser Thatsache ist die Überschiebung des vorderen unelastischen Ligaments durch das elastische Ligament (vergl. oben). Fehlt aber das vordere Ligament, so setzen sich die äusseren Schalenzuwachslinien bis an das elastische Ligament fort und es findet dann zwischen diesen beiden die „Überschiebung“ statt. Je stärker nun die Wirbeleinkrämmung ist, desto anomaler wird das Bild der Ligamentlage, und in extremsten Fällen (z. B. bei den sich an die Chamiden anschliessenden fossilen Capriniden) heisst es be- züglich des Ligaments, dass es in einer spiralen Furche vom Schloss- rand nach der Wirbelspitze in die Höhe zieht (vergl. oben). Es ist dies der Ausdruck des stark spiralen Schalenwachstums bei stets gleich bleibender starker Unterschiebung des präumbonalen Schalen- randes unter das elastische Ligament. Wenn wir so sehen, dass in verschiedensten Reduktionsstadien vorderes, mittleres und hinteres Ligament zurückgehen, bei Spondy- liden ersteres und letzteres ganz schwinden können, so wird die 16* u Frage aufzuwerfen sein, ob auch eine Reduktion des elastischen Ligaments möglich ist. Nun ist es wohl keinem Zweifel unterworfen, dass in der Reihe der fossilen Rudisten stellenweise ein völliges Obliterieren des elastischen Ligaments eimtritt. Ganz un- zweifelhaft liegt diese Thatsache aber bei den lebenden Pholadiden vor, welche zuweilen auch eben deswegen als Adesmacea zusammen- gefasst werden; sehr interessante Thatsachen sind hiermit verbunden, welche auch Bezug haben auf die oben besprochenen Beziehungen zwischen Ligament und hinteren Schalenadduktoren. Wir haben be- hauptet und dargelegt, dass bei opisthodeten Muscheln der Lage des funktionierenden Theiles des Ligaments nur der hintere Adduktor in eigentlichem Antagonismus zu ihm stehe, dass infolgedessen der vor- dere Schalenteil durch den hinteren Muskelzug sich öffnen würde, wenn der vordere Muskel nicht diesen Teil für sich schliessen würde; es ist also eine Art Gegenwirkung zu dem hinteren Adduktor, der erst den vollkommenen Schluss der Schale verbürgt. Nur durch dieses bei postumbonaler Lage des elastischen Ligaments thatsächliche Ver- hältnis sind sehr merkwürdige morphologische Umänderungen zu verstehen, welche bei Pholadiden besonders schon FIScHER ausführlich behandelte. Nach unserer Ansicht ist also durch den Schwund des elastischen Ligaments die Adduktorenfunktion des hinteren Muskels nicht mehr genau die, die sie früher war; die Funktion des vorderen Muskels wird daher auch frei. Hierdurch ist es möglich, dass, wie bei Jouannetia von FiscHER erwähnt wird, der vordere Muskel auf einer eigenartigen Insertionslamelle dem hinteren Muskel thatsächlich entgegenwirkt und dass bei PAolas der vordere Muskel mit seinem entsprechenden Schalenabschnitt von vorne her auf den Wirbel heraufrückt und denselben ganz bedeckt; die Muskelfasern gehen völlig quer von einem Wirbel zum anderen, streben also genau, wie das verloren gegangene Ligament, die beiden Klappen (besonders hinten) zu öffnen, während der antagonistische hintere Adduktor die Klappen hinten schliesst und vorne etwas öffnet (vergl. Lang-HeschE- LER, 1. c. S. 95, Fig. 104 nach Esser). Die Wanderung des Muskels dürfte keine selbständige, sondern jedenfalls durch die starke Be- nützung des Fusses und seine Grössenzunahme verursacht sein. Bei vorhandenem elastischen Ligament wäre er jedenfalls, wie bei Tri- dacna, verdrängt worden; so rückt er als Quasi-Antagonist zum hin- teren Adduktor in die Funktion des Ligaments. Die accessorischen Platten bei Pholadiden haben mit dem Liga- ment nichts zu thun; wenn sie auch in ähnlicher Weise entstanden — 245 — zu denken sind, wie die „symphynote“ Schalenverbindung so vieler Unioniden, so haben sie wegen ihres lockeren, häutigen Verbandes mit den Klappen keine ähnliche Funktion; bei Pholas bedecken die drei Hauptplatten den vorderen Muskel. Wie bei Spondyliden mit schwachen Epidermalbildungen das seitliche Ligament fehlt und das mittlere sich reduziert, was auch von den Chamiden zu den Rudisten der Fall gewesen sein kann, so scheint mir bei Pholadiden in dem Zurücktreten der Epidermalbildungen die gleiche histologische Ursache sich auszudrücken, welche die gänzliche Reduktion des Ligaments zum Grunde hat; diese gab das Signal zu dem Zerfall der alten, auf das Vorhandensein des Ligaments . gerichteten Organisation, eröffnete die Möglichkeit zu der von einer allgemeineren biologischen Erscheinung abzuleitenden, zwar hoch differenzierteren, aber ungünstig reduzierteren Lebensgewohnheit der Bohrthätigkeit, welche daher auch bald zu einem extrem aberranten Degenerationstypus führte. Hiermit in Einklang steht die Wucherungs- bildung der irregulären accessorischen Kalkplatten und der Siphonal- verkalkungen. Nach unserer Auffassung des innigen histologischen Zusammenhangs von Schalen- und Ligamententstehung darf diese Art der Ableitung eine befriedigendere Lösung dieser interessanten Differenzierung bieten, als das einfache Moment der ausschliesslichen Anpassung an äussere Verhältnisse. Wie das Ligament nur als eine teleologische Ausnutzung der nur modifizierten schalenbildenden Thä- tigkeit im Bereich der Mantelkommissur gelten kann, so treten bei seinem Verlust andere hierdurch frei gewordene Organisationsverhält- nisse in neuer Umgestaltung in Kraft, wobei ein sich steigernder Rückgang der allgemeinen Organisation und höheres Schutzbedürfnis nicht zu verkennen ist. Kapitel VI. Beziehung zwischen Ligament und den Zähnen des Schlosses. Die Funktion der zahnartigen Vorragungen der in der Median- ebene des Tieres liegenden Schlossplatte wird gewöhnlich dahin de- finiert, dass sie einer von aussen wirkenden Verschiebung der beiden Klappen in dieser Medianebene entgegenwirken sollen; in der That würden sie dies sehr wohl vermögen, wenn überhaupt diese Gefahr in dem Dasein des Tieres irgendwie ernstlich in Betracht käme!. Die ! Was würden die gewaltigen Zähne der Rudisten gegen eine versuchte Vertikalhebung des Deckels bewirken; eine Horizontalverschiebung der Oberschale käme doch kaum in Betracht. — 246 — meisten der mit kräftigen Schlosszähnen bewehrten Lamellibranchier graben sich aber mit dem Wirbel in den Grund und lassen nur den Ventralrand, besonders dessen hinteren Teil nach oben herausragen. Anderseits auch würden zunächst alle angriffsfähigen Feinde der Bivalven suchen, eben von diesem freien Schalenrand aus die Klappen keilartig bilateral, also senkrecht zur Medianebene auseinander zu treiben, wie auch nichts von Wirkungen bekannt ist, welche die beiden Klappen eben in der Medianebene gegeneinander zu verschieben suchten. — Gegen den nächstliegenden Angriff, das bilaterale Aus- einandertreiben der beiden Klappen vom freien Schalenrand her, helfen die Zähne aber auch wirklich gar nichts und hier ist das Tier einzig und allein auf seine Muskelkraft angewiesen, welche in der That, wie bekannt, erstaunlich gross ist; was wären die zahnlosen Ostreiden, Limiden, sogar Pectiniden mit so schwachen Zähnen ohne diese Muskelkraft; von dem Standpunkt der zahlreichen zahnlosen Bivalven aus könnte man schon sagen, dass Zahnbildungen über- haupt keine notwendigen Bestandteile der Schalenbefesti- gungen wären, sondern höchstens nur Hilfsbestandteile, wenn sie wirklich zur Funktion kämen und zwar gegen die höchst fragliche Wahrscheinlichkeit von Versuchen, die Klappen von aussen her gegeneinander zu verschieben. Bedenkt man aber wieder die Entwickelung des Schlosses und seiner Erhebungen, wie sie neuerdings von BERNARD fast für das gesamte System der Bivalven festgestellt wurde, so kommt es einem doch vor, als ob diese Organisation nicht ohne eine wesentlichere Grundlage sein könne, als die sehr anfechtbare des unmittelbaren Widerstandes gegen seitliche Verschiebung durch feindliche Angriffe von aussen. Dabei könnte der Grundgedanke dieser Erklärung zu Recht bestehen bleiben und wir fragen, welche anderen Organisations- verhältnisse durch eine Verschiebung der Klappen zu Schaden kommen können und zugleich, ob andere Ursachen als äussere eine solche bewirken mögen. Das Schloss ist nun dem Ligament zunächst gelegen; da, wie wir oben gesehen haben, das Ligament in den allermeisten Fällen keine knorpelartige, sondern eine faserig-schalig erhärtete, nur ein- seitig elastische und sonst spröde Masse darstellt, welche im Verein mit dem Schalenrand-Ringwachstum ihre eigenen äusseren Schichten zerreisst und zersprengt, so ist diese zunächst in hohem Grade gegen alle weiteren Ursachen, welche seinen ungestörten Bestand in Frage stellen, höchst empfindlich zu nennen; seitliche Verschiebungen ab: > a oder nur Zerrungen, welche in ähnlicher Weise wirkten, könnten erheblichen Schaden verursachen. Nun erwäge man noch einen an- deren Umstand; wir wissen, dass das Ligament durch Biegungs- elasticität wirkt; es kann daher nicht, wie bei der Wirkung ein- facher Druckelasticität, bis zu einem äussersten Masse zusammen- gepresst werden; bei Überbiegung durch stärksten Druck würde es zweifellos in ganzer Länge zerspringen; — das bedeutet für das Dasein der Bivalve sehr viel, denn nach solchem Bruch des Liga- ments könnten die Klappen nicht mehr selbständig geöffnet werden; es könnte denn auch das Ligament nicht mehr oder nur sehr unvollkommen repariert werden, da sein Fortwachsen nur bei geöffneten Klappen stattfinden kann; — man bedenke, dass nur klaffend die Spannungsverhältnisse normal sind und nur in solchem Zustande der Zuwachs in Schicht und Fasern, kurz wieder normale Elasticitätsverhältnisse geschaffen werden, welche durch das Zusammenziehen der Muskeln und Schluss der Klappe in anormale Spannung und Gegenwirkung geraten. — Das Bersten des Liga- ments würde also in einer grossen Anzahl von Fällen den Tod des Tieres bedeuten! Lägen die freien Schalenränder beim Schalenschluss aufeinander, wäre aber noch ein offener Raum zwischen den Schlossplatten, der hier einen weiteren Zusammenschluss der Klappe zuliesse, so könnte das Ligament leicht überbogen werden. Die Schlossplatten müssen daher so aufeinanderliegen, dass das Ligament nur bis zu einem gewissen Minimum der Spannweite zusammengebogen werden kann. Es ist dabei wohl zu beachten, dass selbst bei stark am freien Schalenrand schliessenden Gattungen die Stellen, wo vorne der Fuss und hinten die Siphonen durchtreten, nicht so aufeinanderschiessen, dass nicht der geschlossene ventrale Schalen- rand bei der Lage der Muskel eher noch als Stützpunkt für weitere separate Zusammenpressung der Schlossplatten und Zusammenbiegen der Ligamentbogenschenkel dienen könnte; hiergegen muss also das Schloss selbst wirken; dafür sind leistenartige Vorragungen über das ! Es ist zwar nicht zu leugnen, dass durch Anschwellen des Fusses (vergl. Lang-Hescheler, Vergleich. Anat. d. wirbell. Tiere, S. 184) die Schale wieder etwas zum Klaffen gebracht werden kann; es ist aber auch wieder zu fürchten, dass hierdurch und folgenden Schalenschluss ein längs zersprengtes Ligament in seiner spröden Beschaffenheit noch mehr zerbröckelt wird und schliesslich die Schalen jeden dorsalen Zusammenhang verlieren, der bei weiterer Ortsbewegung verhängnisvoll werden kann. — 248 — Niveau der Schlossplatten besonders geeignet, welche sich jJederseits über die Medianebene des Körpers und der Schalen hinaus einander ent- gegentreten und so einer zu grossen Annäherung der beiden Ligament- bogenschenkel nach der Medianebene zu bei Zeiten begegnen. Es ist aber nicht nur dieser Umstand in Betracht zu ziehen, sondern auch ein zweiter, nämlich die Möglichkeit separater Schluss- wirkungen von den verschiedenen Adduktoren aus, welche ganz ver- schieden von zweien der Hauptnervenknoten des ganzen Organismus separat innerviert werden, während der dritte ausser anderen Funk- tionen (wie bei den zwei ersten) die Fussmuskeln innerviert. Ganz separate Bewegungen der Klappen vorne und hinten sind daher in hohem Grade wahrscheinlich, ja man ist gezwungen, solche anzu- nehmen (S. 241). Nun ist es selbstverständlich, dass besonders dann, wenn vorne und hinten die Schalen sich an und für sich nicht decken, bei getrennten Adduktorenwirkungen die Gefahr der Ligament- zerreissungen je an den entgegengesetzten Schalenseiten nicht un- beträchtlich ist. Endlich und nicht zum wenigsten ist zu bedenken, dass die Fussmuskeln zwar einseitig für sich an den beiden Schalen inserieren, doch je nach der Seite, auf welcher die Schale zufällig liegt, beim Aufrichten der Schale, beim sprungweisen Emporschnellen, kurz bei den vielfach beobachteten seitlichen Wirkungen des Fusses auch Un- gleichheiten seiner Bewegungen auf die Schale zurückschlagen müssen, so dass Zerrungen oder Verschiebungen der Klappen in der Medianebene des Tieres die notwendigen Folgen sind. Solche Bewegungsmöglich- keiten liegen aber durchaus nicht in der Lage und dem Bau des Ligaments und dürften am ehesten zerreissend auf dieses wirken. Da nun die Zähne und Gruben auch bei geöffneten Klappen schon immer etwas ineinander hineinragen, so glaube ich, dass ebenso, wie den Muskeln ein nicht dehnbares Band beigegeben ist, welches der Klaffweite der Schalen eine passive Grenze setzt und zugleich den Muskeln den Ruhezustand ermöglicht, auch das Schloss mit seinen Zähnen eine Hemmung in dem Masse der Zusammenziehung des Ligaments, weiterhin für einen Schutz gegen aussergewöhnliche, aber mögliche separate Bewegungen der verschiedenen Seiten der Schale oder der Klappen gegeneinander bildet, welche sowohl bei dem Schliessen der Klappen als auch bei der Ortsbewegung des ganzen Tieres eintreten können. Wenn daher Bronx, Klassen und Ordnungen, Bd. II, I, S. 428 richtig sagt, dass durch die Zähne die Klappen auch schon in geöffnetem Zustand genauer in ihrer — 249 — Richtung festgehalten werden, so gilt dies um so mehr während des Schlusses der Klappen von zwei meist verschieden starken Adduktoren aus, welche sogar getrennt wirken dürften. Wie Zähne und Schlossplatte also das höchste Mass des Zu- sammenschlusses der Schalenhälften in Hinsicht auf das Ligament begrenzen, so versichern sie auch die Einzelheiten der Bewegung des Zusammenschlusses, besorgen die Zusammenführung und Zu- sammenfügung der Klappen, begegnen dabei Verbiegungen und Ver- zerrungen des Ligaments und gestatten die Deckung der Klappen nur auf eine einzige festgesetzte Art. Sehen wir daraufhin die Entwickelung des Schlosses an, so haben wir an den älteren Stadien ein medianes inneres Ligament und zwei symmetrisch dazu gelegene vertikal gekerbte Schlosswülste, welche also stets dorsal vom Ligamentrand liegen; schon bei der geringsten Zusammen- biegung desLigaments greifen dieKerbungen ineinan- der und versichern die Stetigkeit der Richtung des ferneren Zu- sammenschlusses, endlich das Mass des Zusammenschlusses, immer in Hinsicht auf mögliche Zerreissungen des Ligaments durch die Ge- samtheit der Eigenbewegungen der Schale. Die weitere Entwickelung der Schlossplatte zeigt die Ent- stehung von ursprünglich den oben erwähnten Wülsten fast parallelen Lamellen. Bei dem hauptsächlich ventral gerichteten Zuwachs der Schlossplatte ist es erstaunlich, dass die Einschaltung neuer Lamellen im allgemeinen dorsal von den älteren erfolgt, jene die stärkeren, diese die schwächeren werden, obwohl auch das Gegenteil, d. h. eine ventrale Einschaltung stattfindet; es zeigt sich, meiner Ansicht nach, auch hierin das Bestreben, schon bei geringerer Zusammenbiegung des Ligaments die Ineinanderfügung der Klappen in die Bahnen zu führen und zu lenken, welche der normalen Spannung des Ligaments entsprechen und beim völligen Zusammenschluss das höchste Mass der Spannung begrenzen. Während später nun die hinteren Zahnlamellen normal bleiben und sich höchstens etwas verkürzen, entstehen auf der Vorderseite des sich entwickelnden Schlosses eigenartige Auf- und Umbiegungen der Lamellen nach hinten und unten, welche nach BEernAarp und MvnIER- Cuarmas den Grund der Differenzierung der Lamellen in vordere Lateral- und Kardinalzähne bilden. Die Stärke der zwei älteren Lamellen ist vereinzelt so gross, dass sich die dritte Lamelle einseitig nur noch in einem vom Schlossrand nach hinten unten absteigenden schwachen Kardinalzahn entwickelt. Was kann nun die Ursache = Bu > dieser Bildung sein? Jedenfalls gestattet sie keine Verschiebung der Klappen in oro-analer Richtung und wäre sie so in ihrer Wir- kung der Krenelierung der allerersten Schlosswülste gleich zu setzen. Wie ist sie aber entstanden und warum zeigen die hinteren Zähne nichts davon? Man ist zuerst versucht, sie als eine Parallelbildung mit der oben ausführlich behandelten Unterschiebung des vorderen Schalenabschnitts unter das hintere Ligament (bei stärkerer Wirbel- einkrümmung nach vorne) zu halten; da aber die gleiche Bildung bei innerem Ligament bei völlig gleichbleibender dorsaler Vorder- und Hinterseite der Schale vorhanden ist, so kann davon nicht gut die Rede sein. Hierfür ist auch das taxodonte Schloss beweisend, das ziemlich gleichmässig verbreitetes vorderes und hinteres Liga- ment und keine eigentliche Verschiebung aufweist. Nach den Unter- suchungen von BERNARD hat nun die taxodonte Schlossbildung nichts zu thun mit der ältesten Vertikalkrenelierung der primären Schloss- wülste, sondern ist eine eigenartige Entwickelung der definitiven Zahnlamellen. Wenn man diese definieren will, so findet sie in dem Sinne statt, in welchem die inneren schief nach hinten und unten gerichteten Kardinalzähne entstehen. Wir haben also hier die gleiche Umgestaltung auch bei den hinteren Zahnlamellen und es ist zu betonen, dass diese Zahngestaltung bei äusserer, randlicher und inne- rer Ligamentlage auftritt oder beibehalten bleibt. Daraus folgt in erster Linie, dass die Bildung der Zähne mit der Lage des Ligaments nichts zu thun hat; in zweiter Linie ist zu bemerken, dass bei Tax. die oro-anale Zahnstreckung, welche gegen eine dorso-ventrale Verschiebung der Klappen wirken soll, vollständig fehlt und nur bei liegend < förmiger Umbildung der Zähne einiger- massen ersetzt ist; für viele Gattungen und Arten wäre daher bei taxodonten Zähnen gegen Angriffe von aussen überhaupt gar nicht vorgesorgt. Es lässt das den Schluss ziehen, dass das eine Extrem der Zahnbildung so opportun ist wie das andere und wie die Über- gänge zwischen beiden, und dass daher Angriffe von aussen, welche auf jeder Seite wirken können, nicht die eigentliche Ursache und die beständig wirkenden Ausgestaltungsmotive sein könnten. Ebenso- wenig kann die Lage des Ligaments in Betracht kommen. Es wird daher, wie wir oben betonten, auf die Erhaltung des Masses der Spannweite des Ligaments und der richtigen Führung und Zu- sammenfügung der Klappen bei ihren Eigenbewegungen ankommen. Da die Schalen- und Fussmuskeln zugleich ventral und seitlich vom Schloss liegen, so ist auch ganz natürlich, dass gegen die bei ihnen == BSR > möglichen unregelmässigen Zusammenziehungen sowohl oro-anal, als auch dorso-ventral gerichtete Führungs-Hemmungsvorragungen, des- gleichen auch alle Übergänge zwischen beiden entstehen können und dass hierin auch die erwähnten Ungleichheiten von vorne und hinten wahrscheinlich, ja sogar nötig sind. Auch bei Taxodonten sind solche beobachtet worden; BERNARD zeigt bei Pectunculus, Arca und Nucula eine Verschmelzung der älteren hinteren Zähne längs einer Radiallinie oder einer kallösen Überwucherung, über welche bei Arca eine Neubildung von Zähnen von der Vorderseite her stattfindet. Durch unmittelbare Einflüsse von aussen kann das natürlich nicht erklärt werden, sondern nur durch verschiedene Wertung und Inanspruchnahme von innen heraus, besonders durch eine Prävalenz der Vorderseite in Bezug auf die Zusammenfügung und -führung der Klappen. Käme der feste Zusammenhalt der einmal geschlossenen Klappen gegen Angriffe von aussen in Betracht, so sollte das Übergewicht der Zahnbildung auf der Hinterseite, also auf der dem Angriff am ehesten ausgesetzten Seite liegen, also das Gegenteil vom Thatsächlichen der Fall sein. Erinnert man sich nun, dass für die ja im wesentlichen sessilen Bivalven das Schliessen und Aufklappen der hinteren Schalen- öffnung eine ganz ungleich viel notwendigere Funktion ist, als die gleichen Thätigkeiten an der Vorderseite der Schale, wo hingegen hier die Angriffe von aussen fast gar nicht in Betracht zu ziehen sind, dass diese Hinterseite wahrscheinlich für sich verschliessbar ist, dass weiter nach dieser hinteren Seite, wohin auch die Haupt- entwickelung des Ligaments stattfindet, die Schalen stets verlängert sind, so ist es neben der Funktion des Fusses auf der Vorderseite verständlich, dass die Führung und Zusammenfügung der Klappen sich wesentlich auf die Vorderseite der Schlossplatte konzentriert und auf der Hinterseite oft verschwindet, auf der Vorderseite die ventrale Umbiegung der Zahnlamellen stattfindet, welche bei taxo- dontem Schloss gelegentlich über die vordersten verschmolzenen Zähne der Hinterseite hinüberwachsen. | Zu dieser Frage noch folgendes: Wir haben oben erwähnt, dass die dorsale Einschaltung der neuen embryonalen Zahnlamellen schon durch die Beziehung zum Ligament verursacht sein kann; sie beugt bei dem allgemeinen Ventrodorsalwachstum von Schloss und Ligament jeder unregelmässigen Bewegung der Klappen beim Schalen- schluss vor; wir sehen, dass das gleiche für das innere Ligament ausgewachsener Schalen gelten kann; es zeigt sich hier auffällig ein — 232 — Drängen der Zähne, sich beiderseits dorsal besonders über die allein wirksame Ventralpartie des Ligaments hinüberzuschieben; sie haben bei der Drehbewegung der Klappen gegeneinander nur den geringeren Winkelbogen zurückzulegen als das Ligament, greifen sofort inein- ander ein, „führen“ den Schalenschluss und „hemmen“ bei dem Maximum der Biegungsfähigkeit des Ligaments. Wie verhält sich das gleiche Moment bei sogen. äusserem Liga- ment? Wir haben ausgeführt, dass infolge des engsten Anschlusses der Ligamentschichten an die Schalenschichten in diesem Falle die stärkste Wölbung nach innen am Hinterende des Ligaments liegt, also oro-anal und tangential am Schlossrand fortwächst, das wichtigste Mass der Ligamentwirkung ist also hier zu suchen; zu diesem Punkt liegen nun die vorderen Zähne so, dass sie dem geringsten Winkel- bogen der Drehbewegung der Schalen gegeneinander (dem Radius des geringsten Schichtzuwachses) möglichst nahe sind, daher schon bei kleinen Bewegungen rasch ineinandergreifen; ausserdem liegen sie vor den jüngsten wirksamen Schichtpaketen des nach hinten sich verschiebenden Ligaments! Nach der Spannungsachse des Ligaments und der in dieser Richtung wirkenden Lage des hinteren Muskels orientiert, liegen also die vorderen Zähne zwar einseitig, aber eigentlich über dem Ligament, wie in embryonalen Zuständen und bei innerer Ligamentlage (s. oben). Es ist daher natürlich, dass die nun ebenso ein- seitig liegenden, nicht lateral zur äusseren Lage orien- tierten hinteren Zähne in ihrer Bedeutung ganz zurück- gehen, da die vorderen Zähne dem betonten Zwecke genügen und ihrer Lage nach überhaupt zunächst in Betracht kommen. Hiermit stimmt nun die Thatsache überein, dass die Typen, welche, wie die Aetheriiden, mit der einen Schalenhälfte anwachsen, ihren Fuss und, zum Teil infolge davon, auch den vorderen Schalen- schliesser (s. oben) verlieren, so dass der hintere Muskel eine sub- centrale Stellung einnimmt und das Ligament sich allmählich senk- recht auf den Schlossrand stellt, auch die vordere Schlosshälfte zur Dorsalseite des ganzen Schalengebildes wird (vergl. Taf. III Fig. 1 und 2 und Taf. II Fig. 11). Es verlieren sich leider hierbei auch die Zähne, um die Schlussfolgerung auch hierauf auszudehnen; be- merkenswert ist jedenfalls, dass hierbei auch die Nymphenleiste verschwindet, ich glaube daher, dass ihr mehr oder weniger starkes Vorragen lediglich den Zweck hat, im ausgeführten Sinne die hintere untere Gewölbeendigung des äusseren — 255 — Ligaments zur Lage und Entwickelung der Zähne in das richtige Stellungsverhältnis zu bringen. Es fehlen leider genügende Einzelbeobachtungen, um alle diese Fragen zu einem befriedigenderen Abschluss zu bringen; es lag mir nur daran, darzulegen, dass man das Schloss und seine Eigenheiten nicht auf einen Schutz des Zusammenschlusses der Klappen als eine Schutzhülle des ganzen Tieres gegen Angriffe von aussen, als viel- mehr auf die Ermöglichung eines sicheren Zusammenschlusses in Hin- blick auf die Gesamtheit der bewegenden Organe und immer unter der Voraussetzung der Erhaltung der Ligamentfunktion zu erklären hat, dass die Schlosszähne keine so wesentlichen Bildungen sind wie das Ligament, dass sie so oder so gestaltet sein, aber auch ganz fehlen können. Letzteres ist hauptsächlich bei ein- muskeligen, völlig sessilen Gattungen der Fall, wo die Bewegungen durchaus einseitige und eindeutige sind. Das Extrem einer vorne und hinten gleichartigen Ineinanderfügung und gelenkartigen Führung ‘der Deckelklappe während des Schalenschlusses zeigt allerdings auch eine einmuskelige Gruppe, die Spondyliden ', wobei zu bedenken ist, dass eine solche Verbindung nur durch Unterordnung des einen Teiles unter den anderen, d. h. bei ungleichen Schalen denkbar ist. Immerhin zeigt das Schloss bei Spondyliden den eigentlichen Zweck der Schlosszähne, der bei den übrigen Lamellibranchiaten nur unvoll- ständig zum Ausdruck kommt, d. h. den einer fest geregelten Bewegung der Klappen gegeneinander und daher den Schutz der mit den Klappen zunächst verbundenen und mitihren Bewegungen engstens zusammenhängenden Liga- mentsubstanzen. Von diesem Standpunkt aus, d. h. der Auffassung der Schloss- platte und ihrer Erhöhungen in erster Linie als einer Hemmungs- vorrichtung gegen eine zu starke Zusammendrückung und Über- spannung des Ligamentbogens, muss meiner Ansicht nach auch die Erklärung des sogen. Ligamentknöchelchens unternommen wer- den, welches Gebilde bei Chamostreiden, Verticordiiden, Lyonsiden, Cuspidariden, Pandoriden und Anatiniden auf der Unterseite des Ligaments und zwar diesem von vomher unterschoben, beobachtet ist. Bei Myodora ist es nach FiscHer rechts und links zwischen zahnartigen Erhöhungen des sonst eigentlich zahnfreien Schloss- randes eingefügt. — Was ist nun die Wirkung dieses Knöchelchens ? ! Vergl. die starken Wucherungen in Schlossplatte, Wirbel, Ligament- ansatzfläche und äusserer Skulptur. — 254 — Es kann keine andere sein, als die einer Sperrung und zwar ventral vom Ligament und unmittelbar unter und vor demselben, wo sonst die starke Entwickelung der vorderen Zahnschloss- hälfte wirkt; es scheint also hier vikariierend die Schlosszähne zu ersetzen. Wenn wir so aus allem Vorhergehenden eine Ansicht über die Bedeutung von Schloss und Ligament in der Entwickelungsgeschichte des Schlosses, welche in letzter Zeit vielfach erwogen wurde, folgern wollen, so müssen wir betonen, dass das elastische Ligament eine feste, wesentliche und daher auch im grossen und ganzen eine sehr eintönige Bildung ist, welche bloss ein gewisses Minimum der Ausdehnung für sich beansprucht; dieses richtet sich haupt- sächlich nach der Schwere, Beweglichkeit der Klappen und nach der hiermit zusammenhängenden Schichtungsstärke; ähnlich verhält es sich mit der Muskulatur. Hierzu im Gegensatz sind die Zähne des Schlosses nicht von wesentlicher Bedeutung; daher sind sie in höherem Masse variabel und es ist ihr Zweck, als einer sekundär in der umbokardinalen Schalenschichten - Konzentrationsregion und unter Wirkung des Drucks auf die Kardinalplatten entstandenen und zum Nutzen des Organismus verwerteten Wucherung, durchaus nicht einfach zu definieren, ebenso wie die Umwandlungen nicht völlig klar zu verstehen sind. Diesen wechselnden Bildungen steht das Ligament wie eine Mauer gegenüber; es verdrängt keine Zähne, behauptet bloss seine Ausdehnung gegen den Wechsel der Zahnformen, von denen die dem Ligament zunächst stehenden häufig von der wachsen-- den Ausdehnung der mehr seitlichen so ins Gedränge kommen, dass- sie verschwinden müssen. So glaube ich, dass alle Versuche (s. 8.239) nicht berechtigt sind, welche, wie die von Nrumayr (vergl. Mesodesma und Donax) und BER- narD, (vergl. ausserdem noch Rangia und Velorita) darauf abzielen, Gattungen mit ähnlicher Schalen- und Schlossgestaltung dadurch ein- ander zu nähern, dass man den vorhandenen Unterschied bezüglich der äusseren und inneren Lage des Ligaments entweder für nichts. erachtet, oder die Konstanz der Zahnbildung so hoch wertet, dass. eine Wucherung des Ligaments, z. B. von aussen nach innen, nur so viel verändern soll, als dass die ihm zunächst liegenden Zähne- etwas verdrängt und reduziert werden. Da die Lage des Ligaments. von keiner ausschlaggebenden Bedeutung ist, so glaube ich, dass sie auch nicht morphologisch gestaltend wirkt, dass die sogen. äussere Lage Folge einer Verdrängung z. T. durch die oft, wie ich annahm, _ — 25 — „wilde“ Entwickelung der vorderen Schlosszähne und die sogen. innere Lage Folge eines Zugs zu zweiseitig seitlicher und dorsaler Umwachsung durch die Schlossplatte bedeutet (vergl. S. 236—59); so erachte ich die Ähnlichkeit des Schlosses von Rangia und Velorita, desgleichen von Mesodesma und Donax erst als eine Folge der „Um- wachsung“ bei Rangia oder Mesodesma, bezw. der „Verdrängung“ bei Velorita und Donax. Hiervon noch weiteres im nächsten Kapitel. Kapitel vII. Palaeontologische Resultate über das Ligament. Wir haben oben mehrfach auf F. Berwarv’s sehr bedeutungs- volle Forschungen über die ontogenetische Entwickelung und Nomen- klatur der Schlosszähne Bezug genommen, welche auch über die frühen Stadien des Ligaments, als auch gelegentlich über das Liga- ment der ausgewachsenen Formen bemerkenswerte Angaben enthalten (vergl. Bulletin de la soc. geol. de France. 1895 —97) !. Ein uns ganz besonders angehendes Resultat ist, dass bei sämt- lichen untersuchten zweiten Schalenstadien, welche eine gemeinsame Urform für alle Lamellibranchiaten darstellen (Dissokonch), die Liga- mentgrube eine innerliche ist, wobei BEersarn im Anschluss an NEuMmAYR schon zugiebt, dass bei gewissen lebenden Gattungen mit innerem Ligament die stammesgeschichtlichen Vorläufer (natürlich was die ausgewachsene Schale betrifft) ein äusseres Ligament be- sessen haben mögen. Das könnte den Anschein erwecken, als ob das Ligament wirklich eine rein innerliche Bildung wäre. — Dem ist aber wohl anders; die ontogenetischen Forschungen an recentem Material zeigen als ursprünglichste Schalenanlage ein unpaares, von der gleichartig gelegenen sogen. Schalendrüse gebildetes Konchyolin- ! Eine in der letzten dieser Abhandlungen (1897) angekündigte Zusammen- fassung der einzelnen Untersuchungen, welche, nach Lang-Hescheler 1900 (Litteraturverzeichnis) zu schliessen, in Ann. scienc. natur., Zool. 8, T. 5 erschien, und eine Revision der hauptsächlichsten Genera enthalten sollte, war mir leider infolge des Fehlens dieses und mehrerer anderer Bände derselben Zeitschrift in der Münchner Staatsbibliothek bis jetzt nicht zugänglich! Eine weitere Verschie- bung der vorliegenden, ohnehin durch missliche Umstände sehr verzögerten Ab- handlung war, da prinzipielle Änderungen nicht anzunehmen sind, wegen der notwendigen Bezugnahme bei anderen Publikationen nicht mehr angängig. Leider finde ich gerade diese Abhandlung weder im Neuen Jahrbuch für Min. etc. noch im Annuaire ge&olog. univers. von Carey, nur kurz im Journal de Con- chyliologie 47. 1899 S.249 referiert; das Hinscheiden Bernard’s hat auch die Versendung von Separaten wohl verhindert, so dass die Abhandlung wenig zu- gänglich ist. u - schälchen, welche weiterhin bilateral, im Sinne der fortschreitenden Mantelbildung auswächst; auf dieser Grundlage entstehen nach innen zu die ersten Kalkschälchen (der zweiklappige Prodissokonch), die Konchyolingrundlage selbst persistiert als Schalenepidermis, das Wachstum der Kalkschale stets als „Periostracum“ überragend. Durch eine, wie wir oben S. 228 ausführten, im Willen des Tieres liegende Förderung der Schalenbildung nach dem freien Mantel- rand tritt eine relative Verzögerung des radialen Wachs- tums der Schale längs der Kommissur, d. h. zuerst die excentrische Lage des Wirbels und dann seine Einkrümmung nach innen ein. Die an und für sich nicht spontane Kalkausscheidung verursacht dabei die Verdickung des der Kommissur entsprechenden Schalenrandes, als einer Umsetzung des gehemmten Radialwachstums an dieser Stelle; in gleichem Sinne entsteht wohl auf ihr die Ober- flächenvergrösserung der Zahnkerbung dieses kommissuralen Wulstes. — Während des Wachstums der Kalkschälchen entsteht an der primitiven unpaaren Schale (die jetzt ausser als Periostracum auch als kommissurale Epidermalverbindung der beiden Klappen persistiert und so das Epidermalligament bildet) eine mediale „Verdickung“ — das elastische Ligament, welches also der äusseren Schale angehört und zuerst auf dem „Prodissokonch“ noch keine Spuren seines Vorhandenseins hinterlässt. Wenn so das Ligament in seinen ältesten Stadien als „randlich“ bezeichnet werden muss, so ist natürlich, dass die „Verdickung“, welche mit der bei ausgewachsenen Schalen zu beobachtenden ventralen Konvexität des ela- stischen Ligaments gleichbedeutend ist, schon in dem ein- fach gerundeten oder auch gestreckten Schlossrand einen nach innen und unten gerichteten Ausschnitt verursacht. — Charakteristisch für diese Schalenstadien ist, dass die subumbonale Oberflächenvergrösserung gegenüber jener nach dem freien Rande eine minimale ist, d.h. dass der dorsale Schlossrand so wenig wie möglich ventral vorrückt und im Verhältnis zum freien Schalenrand und besonders dem ventralen Schlossrand nicht vom Wirbel weg, sondern eher nach dem Wirbel zurück wächst, trotzdem die Schalenschichten-Apposition den neuen Schalenrand im strengen Sinne von dem Wirbel abführt. Diese Folgeerscheinung der umbokardinalen Konzentration zeigt sich auch später noch parallel in dem Erscheinen der primitiven Zahn- lamellen, welche nämlich im allgemeinen dorsalvon denälteren auftreten. Da nun, wie oben schon ausgeführt, das elastische Liga- = We ment stets nur durch ventrale Apposition mit sich stets ver- dickenden Schichten wächst, so ist es ganz natürlich, dass es sehr bald ventral von dem erwähnten Schlossrandeinschnitt in einer medianen Region des Schlossrandes zwischen zwei Zähnchenreihen als ein inneres elastisches Ligament erscheint und daselbst ein besonderes Ansatzfeld für sich hat. Das unelastische Ligament, das ohne weitere Funktion bloss die ausstreichenden Schalenschichten längs der Kommissur miteinander verbindet, bleibt daher stets auf den Schlossrand beschränkt, und da der umbokardinale Raum mög- lichst zusammengedrängt ist, muss es sowohl eine geringe Entwicke- lung haben, als auch sehr wenig sichtbar sein. Die Berwarv’schen Abbildungen zeigen daher von einem etwaigen unelastischen Ligamentfeld gar nichts, trotzdem das unelastische Ligament an diesen ursprünglichen Stadien als Rest der primitivsten Schalenanlage zweifelsohne längs der Kommissur stets vorhanden war. Von einem gewissen Zeitpunkt an ändert sich aber die Wachs- tumstendenz der Schlossplatte grundsätzlich; wie man aus den Figuren BERNARD’s entnehmen kann, überwiegt von nun an das dorso-ventrale Wachstum des Schlossrandes bezw. -platte, sowohl in einer ventralen Ausbreitung der Platte als auch in dem ventralen Fortrücken des dor- salen Schlossrandes. Es hängt das jedenfalls mit einem wichtigen Moment der Gesamtorganisation zusammen, wo, wie wir ausgeführt haben, durch wirksame biologische Momente die Schale sich stark nach hinten verlängert und zugleich verflacht, anderseits an der Vorderseite sich umbokardinale Verschiebungen und Verkürzungen geltend machen; wie dies zur endgültigen Schalengestaltung führt, so führt es auch zur endgültigen Form der Schlossplatte, deren Charakteristikum von nun an ein mehr dorso-ventral und oro-anal ausgedehntes Flächenwachstum ist! Hierdurch erhält auch das un- elastische Ligament die Möglichkeit der weiteren Flächenausdehnung und es zeigen sich auch deutlicher an die Schlossplatte angegliederte, durch das dorso-ventrale Zurückweichen des Ausstreichens der Schalen- schichten gekennzeichnete „Felder“ des unelastischen Ligaments; auf diesem so durch das Auftreten der dem Schlossrand mehr parallel Jaufenden Zahnlamellen gekennzeichneten Raum findet nun bei ein- seitiger Verlagerung des Ligaments nach hinten die Bildung der Nymphenleiste statt, welche wir auch als etwas sekundäres erklärt haben (vergl. S. 236); der Rest jener dorso-ventral bis oro-analen Flächenausdehnung des unelastischen Ligamentfeldes ist hier noch in der Postnymphealgrube erhalten. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 17 — 258 — Man sieht hieraus, dass beide Entwickelungen des Ligaments, wenn auch die Innenlage in einer Grube als ältere und dem Ur- zustand näher gelegene betrachtet werden muss, schon modifizierte Bildungen sind und man besonders erstere nicht einfach als den Ur- zustand selbst halten darf, welcher durch die randliche Lage repräsen- tiert ist. Hierbei ist überhaupt in Betracht zu ziehen, dass, ganz im allgemeinen genommen, das innere Ligament an und fürsich eine fast allseitig eingeschränkte und in seiner Ausdehnung gehemmte Bildung ist, so dass jede mögliche stärkereLiga- mententfaltung notwendig wieder an den Aussenrand des Schlosses treten muss (vergl. S. 239 u. 291)! Die Beziehung des Ligaments zur Schalenoberfläche bezw. Schalenaussenrand ist überhaupt typisch; fast überall sehen wir auch bei innerem Ligament schon bei den frühesten Stadien eine Kommunikationsöffnung nach der Oberfläche, bezw. eine Verbindung nach der epidermalen Schalen- bedeckung, und die Fälle, wo das Ligament ganz abgeschlossen ist, sind, wie bei Spondylus, Hippurites, Lasaea und Rangia leicht zu ersehen ist, so vereinzelt und sekundär, dass sie nicht für eine rein „entoskeletäre“ Entstehung des Ligaments sprechen. Ein zweiter Punkt der Bernarn’schen Darstellungen, der unsere eigenen Ausführungen berührt, bezieht sich auf den Zusammen- hang zwischen Ligamentlage und Wirbeleinrollung. Wir haben diese Frage von unserem sehr verschiedenen Ausgangspunkt auch besprochen und zu beweisen gesucht, dass die Wirbeleinrollung eine selbständige, wesentlich von den inneren allgemeinen Organi- sationsverhältnissen (im Zusammenhang mit den Fortbewegungs- organen) abhängige Erscheinung ist, welche sekundär auf die Lage des Ligaments einwirken kann, aber nicht stets einwirken muss. Die Begründung des primären Zusammenhangs zwischen beiden Dingen ist, wie mir scheint, bei BERNARD nur eine etwas abstrakt gehaltene, teilweise aber auch nicht zutreffende Umschreibung des Thatbestandes, wobei er auch eine von uns gemachte Beobachtung zu Grunde legt, welche wir hier kurz nochmals anführen müssen, obwohl sie von BERNARD nicht in ganzer Vollständigkeit erkannt und so auch nicht richtig aufgefasst wurde '. Bernarp bemerkt auch, dass bei ! Die Erklärung der Wirbeleinkrümmung von Bernard ist schon insofern nicht zureichend, weil mit keinem Wort der Verschiebung des Vorderrandes des Ligaments nach hinten Erwähnung gethan ist; der Vorgang, wie ihn daher Bernard |]. c. 1895 S. 18 darstellt, würde eher eine vorhandene Einkrümmung verschwinden, geschweige denn eine solche entstehen lassen. — a — äusserem Ligament die Schalenschichten des hinteren Oberrandes an der Längsseite der Erstreckung des Ligaments abbrechen, während sie vorne nach dem Wirbel zu konvergieren, ohne allerdings festzustellen, dass diese Konvergenz eigentlich in einer thatsächlichen Fortführung der Schalenschichten bis zum vorderen Ende des Ligaments und nicht nach dem Wirbel besteht. Nach meinen Darlegungen besteht aber auch vorne ein Abbrechen der Schalenschichten am Ligament; es ist kein Unterschied ın der Art der Verbindung der Schalenschichten mit denen des Liga- ments, sie fügen sich hinten wie vorne gleichartig ebenso ineinander ein, wie etwa die Schalenschichten untereinander, nur ist die Dieke der Schalenschichten, sowie der des Ligaments vorne infolge der Wirbeleinkrümmung meist viel ge- ringer. Das Ziel der „Konvergenz“ ist lediglich abhängig von der Lage des vorderen Endes des elastischen Ligaments. BERNARD da- gegen erklärt die Unterbrechung der Schalenschichten am hinteren dorsalen Schalenrand als eine Unterbrechung der schalen- bezw. kalkabscheidenden Zone des Mantels durch die „Ligamentdrüse“, welche nach seinen Auseinandersetzungen am hinteren Ende des Ligaments (als der secernierende Teil des unpaaren Mantelkammes) gelegen sei. Für diese grundsätzliche Auffassungsverschiedenheit liegt keine Beobachtung vor, sondern nur eine Deduktion, die näm- lich, dass, weil die Nymphealleiste nach BERNArD’s Ansicht selbst von diesem unpaaren Mantelteile ausgeschieden werden soll, die „Liga- mentdrüse“ notwendig an dessen hinterem Ende gelegen sein müsste; so findet Brrnarn die „sekundäre Ligamentgrube“, unsere „Post- nymphealgrube“ als den einzigen Ort für diese Drüse. Diese Dar- stellung ist unrichtig; in der Postnymphealgrube selbst entsteht haupt- sächlich nur das hintere unelastische Ligament, es ist der sonst bedeutungslose Raum, der nach dem hintersten Eck des Oberrandes zu als „Grube“ relativ durch das Dickenwachstum der Nymphenleiste entsteht, in welchen also die letzte stets hineinwächst und so den unteren Teil des hinteren Epidermalligaments in der sogen. Nymphealfurche überdeckt; die Tiefe dieser Nymphealfurche wird durch die ventrale Erstreckung dieser Grube bezeichnet. Das aktive „Kalk“ligament (weswegen auch die Auffassung, dass die Ligament- drüse die „kalkbildende“ Zone der Schale abbreche, nicht unzwei- deutig ist) wird, nach seiner Schichtung zu schliessen, von der ganzen Länge und Breite der dorsalen Oberfläche der Mantelkommissur zwi- schen dem Hinterende der Nymphenleiste bis zum Beginn des vorderen 17* — 20 — Ligaments oder des Pränymphealfortsatzes gebildet, allerdings" nach vorne an Schichtungsstärke ebenso abnehmend, wie dies mit den nach dem Wirbel hinziehenden Schalenschichten der Vorderseite der Fall ist. Die Schalenschichtenbildung wird also nicht hinten durch eine hypo- thetische, höchst lokalisierte Ligamentsekretionsdrüse unterbrochen, sondern thatsächlich durch die unpaare Mantelkommissur, welche in ganzer Länge und Breite befähigt ist, Epidermal- und Kalkfaserliga- mentpartien auszuscheiden und beide auch thatsächlich (vergl. Perniden und Arciden, Östreiden, Unioniden etc.) hervorbringt. Es müsste also auch längs des Vorderoberrands der Schale dieses Schichtabbrechen zu beobachten sein, wenn die „Ligamentdrüse“ (-Kommissur) als Weich- teil daran schuld wäre; da dies nicht der Fall ist, so könnte nur die räumliche Interkalation des Ausscheidungsproduktes selbst die Unterbrechungsursache sein; dies leidet aber schon an der Thatsache, dass an der Stelle (Postnymphealgrube), wo die Unterbrechung der Schalenschichten stattfindet, das Kalkligament noch gar nicht vorhanden ist und das Epidermalligament in äusserster Feinheit beginnt und ebenso auf den geringsten Raum beschränkt sein könnte. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist Pecten; bei völlig innerer Lage des elastischen Ligaments sollte man nach der letzteren Konjektur ein Verhalten der Zuwachsstreifen vor und ! Dies wird besonders durch das Verhalten bei Arciden und Perniden dar- gelegt. Allerdings das Bild, welches Bernard von diesen giebt, entfernt sich, wie mir scheint, von den Thatsachen; zur Erklärung der Entstehung der verschiedenen Abschnitte der elastischen Substanz spricht er (in Übereinstimmung mit seiner An- sicht (1. c.1895 S. 109), dass das Ligament bei opisthodeten Formen von einer fixierten Stelle des Mantelkammes hinter der Nymphe gebildet würde) von einem „de- placement de la surface glandulaire, qui secret le cartilage le long de la crete pallö&ale“. Mir scheint das Bild einer Unterabteilung der ganzen secernierenden Oberfläche der Mantelerista mit einer beim Wachstum wiederholten Reproduktion eines kleineren Anfangsstadiums der Ligamentverteilung zutreffender, als das Hin- und Hergleiten einer hypothetischen Drüse. Unrichtig ist jedenfalls, was Ber- nard angiebt, dass bei Arciden etc. die elastische Substanz in den Furchen der Ligamentfläche gelagert sei; hier befestigt sich, wie in der Nymphealfurche der opisthodeten Formen, das unelastische Ligament. Das, elastische liegt in den breiten Feldern zwischen den Furchen (vergl. oben). Da die Furchen hier sehr an Flächenraum zurücktreten, so wird thatsächlich fast von der ganzen Kommissurlänge die elastische Substanz ausgeschieden. Wenn Bernard diese Furchen mit jenen bei Perna vergleicht, so gilt dies, wie ich gezeigt habe, nicht für die daselbst auftretenden Gruben des elastischen Ligaments, sondern nur für jene Gruppe von Perna-Arten, bei denen die seichten Gruben des elastischen Ligaments auf etwas erhöhten Leisten sich befinden, zwischen welchen nun das unelastische Ligament in tiefen Kanälen gelagert ist (vergl. oben $. 198). 2, 0 0 hinter der inneren Ligamentgrube erwarten, wie es etwa bei Nucu- liden oder Mactriden der Fall ist, d. h. eine starke „Konvergenz“ nach dem Wirbel zu; dies ist hier nicht der Fall, vielmehr hat man vor und hinter dem Wirbel ein fast senkrechtes Abbrechen der Zuwachs- schichten am Schalenrand, der zugleich von einem Öhrende zum anderen in seiner ganzen Länge ein oft ganz ausserordentlich redu- ziertes Bändchen des unelastischen Ligaments besitzt!. Hier wie bei Aviculiden, Limiden, Perniden und ÖOstreiden ist die Beziehung der Ligamentausdehnung zur ganzen Länge der Mantelkom- missur sehr auffällig; die Stärke oder Dicke des Ligaments spielt bei dem Abbrechen der Schalenschichten keine Rolle, sondern nur die Längenausdehnung. Dies und die von uns nachgewiesene Thatsache, dass eine einheitliche Schichtung beides, den Schalenzuwachs und den gesamten Ligamentzuwachs beherrscht, so dass die Schichtung der ersteren unter allen Modifikationen durch alle drei oder zwei Ligament- partien hindurch zu verfolgen und hierbei eine völlige Kontinuität vom Ligament nach den beiderseits abbrechenden Schalenschichten zu er- kennen ist, beweist, dass der ganze ligamentöse Schalenkonnex (morpho- logisch und histologisch) nur eine differenzierte Art der Schalen- bildung ist. Dies alles lässt das Abbrechen der stärksten Schalen- schichten an der geringsten Spur elastischen oder unelastischen Liga- ments in einem ganz anderen Licht erscheinen. Vor allem ist nun ganz klar, dass 1. zwischen Längen- und Breitenwachstum des Liga- ments und den es umgebenden Schalenpartien mit ihren je nach der Länge der Schale unter wechselnden Winkeln an das Ligament an- stossenden Zuwachsstreifen ein ganz gesetzmässiges Verhalten besteht, dass ein Plus der Ausdehnung auf der einen Seite ein Minus auf der anderen bedeutet; weiter ist klar, dass 2. das Längenwachstum der der Wirbeleinkrümmung abgewandten Schalenseite unter dem hinzu- tretenden Einfluss der Verdrängungswirkung der Einkrümmung selbst auch aus gleichen Ursachen in dem mit der Schale genetisch zu- sammenhängenden Ligament auftritt (vergl. oben Kap. V) und so häufigst das Ligament hinter die Wirbeleinkrümmung zu liegen kommt. Diese beiden Punkte hat Bernaro in ein direktes Kausalverhältnis gebracht, das nicht besteht und zu dessen thatsächlicher Wider- legung wir wegen der Wichtigkeit der Sache noch einige Ergänzungen anfügen wollen. ! Ich erwähne hier, dass auch Bernard die Angabe mancher Autoren berichtigt, dass nämlich die Pectiniden kein epidermales Ligament besässen (vergl. S. 188). — 262 — 1. Die unmittelbare Wirkung des Ligamentwachstums auf die Einkrümmung des Wirbels müsste eine verschiedenartige sein, je nachdem das Ligament innerlich oder äusserlich liegt; von einer hierauf bezüglichen Verschiedenheit der Einkrüämmung ist nirgends etwas zu bemerken. 2. Finden auch bei äusserem Ligament mit postumbonaler Ausdehnung die verschiedensten Arten und das ver- schiedenste Mass der Einkrümmung statt, ohne dass eine Beziehung zum Ligament festzustellen wäre. 3. Ist das gleiche auch bei prä- und subumbonaler Ausdehnung des elastischen Ligaments der Fall; bei gewissen Arciden, bei welchen sogar öfters auf der Vorderseite mehr Ligamentteilfelder vorhanden sind als hinten, sollte daher, was nicht der Fall ist, eine Einkrüämmung nach hinten stattfinden. 4. Bei Donax ist eine Einkrümmung nach hinten thatsächlich, trotzdem das Ligament auf der Hinterseite liegt: BERNARD sucht das dadurch zu erklären, dass das Ligament zuerst vor dem Wirbel liegt; dann müsste aber beim Übergang nach hinten ein Wechsel in der Schalenkrüm- mung stattgefunden haben, wie derartiges zwischen dem Prodisso- konch und Dissokonch der Anisomyarier so schroff der Fall ist und ähnliches auch bei Gastropoden in deutlichster Weise auftritt. Dies ist nicht der Fall, und dafür giebt Berwnarp Gründe an, welche auf anderen Erscheinungen des Schalenwachstums in der Ligamentregion beruhen, giebt also damit zu, dass neben der Einwirkung des Ligaments noch andere selbständige Momente die Schalen- einkrümmung bestimmen können, daraus folgt, dass der Zu- sammenhang zwischen Ligamentarea und Schaleneinkrümmung kein primärer ist‘. 5. Das höchste Mass von Einkrümmung des Wirbels ! Bernard sagt: dass trotzdem das Ligament hinten und aussen wäre, der Wirbel deswegen dem früheren Stadium gemäss opisthogyr bleibe, weil das Transversalwachstum der hinteren Seite viel stärker sei, als das der vorderen Seite; dies kommt aber von der Verkürzung der Hinterseite und entsprechender Streckung der Vorderseite her, welche also zugestandenermassen auf die Ein- krümmung des Wirbels Bezug haben, trotzdem das Ligament nach unserer An- sicht durch die starke Zusammenschiebung der Zähne zum Wirbel nach aussen gedrängt und daselbst seine einzig mögliche Lage (vergl. oben S. 236) ein- genommen hat. Auch bei der Entwickelung der Ligamentgrube von Pectunculus giebt Bernard (1. c. 1896, S. 66) einen Moment an, wo die Ligamentgrube in der Richtung der Wirbeleinkrümmung nach vorne geneigt sei und erst bei länger überwiegendem Wachstum des Ligaments nach vorne der Wirbel auch opisthogyr werde. Nach den Worten Bernard’s soll sich diese Anomalie daraus erklären, dass der Wirbel noch nicht die Zeit gehabt habe, sich zu drehen. Meiner An- sicht nach ist die Entwickelung des Ligaments nach vorne Folge von Einwirkungen muskulöser Natur auf der Vorderseite des Weichtieres, welche desgleichen derart — 263 — nach vorne, die man nicht als selbständig aktive ansehen darf, son- dern in einer Zurückwindung des wachsenden Vorderrandes zugleich nach hinten und nach dem Wirbel zu besteht, findet bei den Pholadiden statt, welche gar kein Ligament haben; wenn wir nun hier sehen, dass die mächtige Entwickelung des Fusses und die Besonder- heiten des vorderen Muskels an der Einseitigkeit dieser Einkrümmung schuld sind, so folgern wır anderseits, dass diese Entwickelungen schon bei den Bivalven normalerer Organisation in gewisser Wirk- samkeit sein müssen, und dass wir auch gerade wieder in den musku- lösen Eigenheiten der Vorderhälfte der Schale die Ursache der für die Bivalven charakteristischen Schaleneinkrümmung zu sehen haben. Dies beweist unseres Erachtens schlagend, dass wir Recht hatten, die Ursachen der Schaleneinkrümmung bei den Bivalven von keinem anderen Standpunkt aus zu betrachten, als von einem solchen, der auch für jene der Brachiopoden, Cephalopoden, Gastropoden und Crustaceen (also für Schalen ohne jede Ligamenteinrichtungen) gelten kann". Wir haben schon oben der Auffassung BERNARD’s widersprochen, dass das elastische Ligament nur an seinem hintersten Ende wachse und die Nymphealleisten dagegen von dem mittleren Teil der Mantel- kommissur gebildet würden, d. h. hinsichtlich der Bildung des inneren Ligaments längs einer neuen „kalk“ausscheidenden Mantel- falte zwischen Wirbel und „Ligamentdrüse“ entstehe. Die Nympheal- leiste unterscheidet sich aber (abgesehen von den morphologischen Differenzen) in nichts von der Ligamentgrube, ist nur ein hervor- ragend ausgebildeter Teil der Schlossplatte und wird, wie diese, von den an den Mantelrücken unmittelbar angrenzenden seitlichen Teilen der Mantellappen abgeschieden; eine scharfe Grenze mit eigener Faltenbildung existiert nicht. So ist auch die von BERNARD sogen. „fossette ligamentaire secondaire“ durchaus keine eigentliche Fort- setzung der sogen. primären Ligamentgrube?, sondern eine gegen auf den peripheren Schalenzuwachs einwirken, dass der Wirbel schliesslich eine andere Stellung zur Schalenöffnungsebene einnimmt. Die wahren Ursachen können unmöglich ohne die Anatomie des Weichtieres, nicht einmal ohne biologische Thatsachen festgestellt werden. ! Ich bemerke nachträglich, dass schon Jackson die Lage des Fusses in engsten teleologischen Zusammenhang mit der Thätigkeit der Bewegung und des Eingrabens gebracht hat (Amer. Natur. 1891, S. 16) und dass Stempell aus dieser Gewohnheit die Verlängerung der Hinterseite des „Mantels“ folgert. ® Es wäre in dieser Hinsicht nachzuweisen gewesen, dass in der primären Ligamentgrube Bernard's auch das unelastische Ligament vorhanden sei, wie — 264 — diese funktionell ganz bedeutungslose Grube; sie ist neu entstanden durch den Flächenabfall von dem hinteren vorragenden Ende der Nym- phealleiste. Die Fläche der Grube selbst bedeutet lediglich den Raum, längs welcher die hinterste Mantelkommissur nur epidermales Ligament bildet. Der inneren Ligamentgrube entspricht bei äusserem Ligament in der That der ganze Raum zwischen Wirbel (bezw. Pränymphealfortsatz oder vorderem Ligament, so weit es vorhanden ist) und dem Anfang der Postnymphealgrube, d.h. dem Hinterrande der Nymphealleiste. Daraus dürfte eine Modifika- tion der Bedeutung zu folgern sein, welche man der Postnympheal- grube als der „sekundären Ligamentgrube“ nach BERNARD zu geben geneigt sein kann. Nach den Darstellungen dieses Autors erstreckt sich das äussere Ligament bei Taxodonten und Anisomyariern nach hinten über ältere Schlossregionen mit Primärlamellen. Bei äusserem Ligament ausgewachsener Homomyarier käme so bei der Bestimmung von „vor- deren“ und „hinteren“ Zähnen nicht bloss das Hinterende der Nymphe, sondern die ganze Nymphenlänge in Betracht; es können daher Zähne, welche schief längs vom Anfang der Nymphe nach hinten gerichtet sind, sehr wohl noch hinteren Zähnen entsprechen, ebensowenig wie man genau sagen kann, ob die ersten hinter der Postnymphealgrube liegenden Zähne den vordersten hinteren Seitenzähnen entsprechen. Mit dieser Beschränkung der Bedeutung der Postnymphealgrube möchte ich aussprechen, dass hier lediglich eine geschlossene Folge von Embryonalstadien entscheiden kann, wie dies BERNARD für eine Anzahl von Fällen in ganz bewundernswerter Weise gelungen ist. Kapitel VIII. Anatomische Untersuchungen über das Ligament. Im Anschluss an die im vorigen Kapitel angeführten Erörte- rungen habe ich noch zweier Abhandlungen zu gedenken; zuerst der in Dr. Prar£’s „Fauna Chilensis“ eingeschalteten „Beiträge zur Kenntnis der Nuculiden“ von WALTHER StemreLL (Zool. Jahrbücher von SpEnGEL. 1898. Suppl. IV). Der Verf. untersuchte Leda subulata dies allerdings bei manchem inneren Ligament, aber mit deutlicher Abgrenzung der beiden Partien der Fall ist; hier zeigt sich aber deutlich, dass diese Erscheinung ein Rückbildungsrudiment ist und ein Vorbote des Verschwindens (vergl. unter den Anisomyariern Spondylus und Anomia). Die Postnymphealgrube ist nichts anderes, als das jüngste nicht von der Nymphenleiste bedeckte postero-ventrale Ende des Feldes für das Epidermalligament, das an und für sich nicht in einer Grube liegt; es wäre derselbe Fall, wenn man die „Kanäle“, in denen bei Perna (mit erhabenen elastischen Ligamentgrubenleisten, S. 198) das unelastische Ligament liegt, als den Bildungsort des elastischen Ligaments erklären würde. — 265 — und Malletia Chilensis; bei ersterer Art bespricht er ein hinteres epidermales und mittleres (elastisches) Ligament, bei letzterer ausser- dem ein vorderes unelastisches (epidermales); beide gehen ohne Unterbrechung in die Schalenepidermis, das „Periostracum”, über. Das vordere unelastische Ligament zeigt ein eigenartiges Verhalten, es ist nämlich vorne nach unten eingewölbt, beweist also auch nach unseren Ausführungen hierdurch die Abhängigkeit seiner Ge- staltung durch das Schalenwachstum! Ausserdem wird nach Stemeett hier der hintere Abschnitt des vorderen Liga- ments von dem elastischen Ligament überdeckt, d. h. unter- schiebt denselben, wie ich dies bei Unio, Tridaena, Donax etc. festgestellt habe. Wenn StemeeLn sagt, dass das vordere und hintere Ligament lediglich die Funktion habe, das elastische Ligament an die Schale zu befestigen, so ist zu bemerken, dass dies z. T. nur, und zwar sekundär, für das hintere Ligament gilt; im übrigen ver- wächst das elastische Ligament schon selbst völlig genügend fest mit der Schale und darf das vordere unelastische Ligament getrost als einfache Schalenbildung neutralen Bestandes bezeichnet werden. STEMPELL erklärt, dass zwischen den drei übereinander- liegenden Ligamentpartien keine scharfe Grenze existiere; dieses Resultat ist, wie mir scheint, besonders dadurch verursacht, dass StempELL’s Untersuchungsobjekte vorher entkalkt wurden, daher das mittlere Ligament weniger scharf hervortritt; es beweist dies aber die behauptete Einheitlichkeit der organischen Grundsubstanz. Dass das Ligament kalkhaltig war, beweist die erwähnte und in den Tafeln gezeichnete feine radiäre Streifung und Stenperr’s Bemerkung über die geringe Widerstandsfähigkeit des elastischen Ligaments gegen mechanische und chemische Insulte (nach der Entkalkung)! Hier (bei Malletia) ist die konzentrische Streifung (im Querschnitt der Schichtung) des elastischen Ligaments über der Querfaserung überwiegend, was bei entkalkten Exemplaren von Unio (vergl. F. MüLter, Zool. Beitr. v. Schneider. 1885) so sehr umgekehrt ist, dass Mürer jede Lamellierung leugnete, trotzdem die Schicht- linien bei nicht entkalktem Ligament so ausserordentlich deutlich sind (vergl. oben S. 215 ete.). Wichtig ist, dass Stemper selbst das sogen. innere Ligament eigentlich als ein „äusseres“ ansieht, wie ja auch der externe Rückenwulst der Mantelkommissur, der das Ligament bildet, stets ausserhalb jener Stellen des Mantellappens orientiert ist, welche den Dorsalrand der Schale bilden, daher völlig dem freien Aussenrand der Mantellappen entspricht (vergl. oben). Das Ligament ist also keine, einer eigentlich inneren Region des Tierrückens entsprechende Bildung, sondern ist auch bei innerer Lage eine an dem Schalenaussenrand zu orientierende Mantelausscheidung. SremretL hat auch bei Malletia keine am Ligament ansetzenden epithelialen Muskelfasern beobachtet, welche F. Mürzer bei Anodonta als Mithelfer der Ligamentwirkung annahm, wobei er die starke Verkalkung des elastischen Ligaments und die hierzu ganz unverhältnismässig dastehende Geringfügigkeit dieser Muskelfäserchen ganz ausser acht liess; ihr Fehlen bei Malletia und Leda beweist, dass sie zur Wirkung des Ligaments nicht notwendig sind (vergl. oben S. 219 Anm. und 268). Wichtig für unsere eigenen Ausführungen ist aber das Resultat STEMPELL’s, dass auch er die Ligamentbildung für ene Modi- fikation der Schalenbildung hält, und zwar als eine solche der primären (embryonalen) unpaaren Schale des Rücken- wulstes; die Identität des gesamten Periostracums mit dieser un- paaren Schale, die seitliche.Kontinuität des letzten mit dem vorderen und hinteren unelastischen Ligament, die Gleichheit der beiderlei Bildungen ausscheidenden Epithelien sind hierfür als massgebend betrachtet, wobei das elastische Ligament als eine im Anschluss an die auf der Innenfläche der primären Hornschale bilateral auftretende Kalkschalenbildung verursachte Verdickung der primären Schale und seine Elasticität durch den Druck entstanden erklärt wird; die Übereinanderlagerung der Ligamente und ihre Lamellierung sind nach STEMPELL (und TuLLBERG) durch das stärkere Wachstum des hinteren Körperendes zu erklären (durch fortwährende Verschie- bung der das Ligament abscheidenden Zellenregion nach hinten), was nicht ganz aufrecht erhalten werden kann'. „Jedenfalls geht aus der Bildung des Ligaments sowie aus seinem Zusammenhang mit der äusseren primären Schale das eine deutlich hervor, dass es ursprüng- lich immer ein äusseres ist“ (8. 373 1. e.). Hätte STEMPELL durch die Entkalkung der zu untersuchenden ! Die vielen Fälle, wo das Ligament der ganzen Kommissur entspricht, könnten daher keine Schichtung zeigen; ebensowenig ist die Verlängerung des Körpers nach hinten allein an der Überschiebung der Ligamente bei hinterer Ligamentlage schuld, da man gleiche Erscheinungen auch bei Arciden und Ano- miiden auf der vorderen Schalenseite in entgegengesetzter Richtung hat; die „Überschiebung“ ist nicht ohne die Wirbeleinkrümmung zu verstehen; insofern nun diese mit dem Schalenwachstum nach hinten teilweise zusammenhängt, in- sofern hat der Gedanke Stempell’s eine gewisse Berechtigung; etwa für Avicu- liden gilt seine Erklärung annähernd. x u m Schalenexemplare nicht auch die Faserverkalkung des elastischen Liga- ments weniger in Rechnung gezogen, so würde ihm der Ligamentkonnex mit seinem Schalenansatz nicht nur als eine Modifikation (Verdickung) der primären Schalenbildung, sondern als eine solche der gesam- ten Schalenkomponenten erschienen sein; hierbei würde sich in ungezwungener Weise die mittlere Lage des an der von der Innen- schicht gebildeten Nymphe ansitzenden elastischen Ligaments als eine Homologie mit der Reihenfolge der Schalenschichten von innen nach aussen ergeben, die starke Verkalkung des Knorpels und seine Elasticität überhaupt erklärt haben; es würde ferner die Ligament- schichtung einfach als eine der Schalenschichtung gleiche Er- scheinung erkannt worden sein, ebenso die durch alle drei Ligamente durchgehende Schichtung als eine in sich und mit der Schalen- schichtung gleichzeitige Auflagerung, endlich die auch bei Zeda und Malletia zu beobachtenden zwei Hauptschalenzuwachstypen als mit der Ligamententwickelung engstens zusammenhängende Typen in natürlicher Folge ergeben haben. Wenn freilich sich herausstellte, dass die Prismenschicht ein enger an das Periostracum anzuglie- dernder Schalenteil wäre und die Innenschicht allein der sekundären Kalkschale entspräche, so dürfte die Stempetv’sche Erklärung dem Wortlaut nach die Priorität haben, wie auch anzuerkennen ist, dass in der Ansicht der Verschiebung der das Ligament abscheidenden Zellen- region nach hinten etwas Richtiges liegt. STEMPELL sieht aber selbst die Prismenschicht als eine weder zur alten primären Schale noch zur alten sekundären Schale zugehörige Komponente an, da er das Fehlen der Prismenschicht bei Nuculiden als eine ursprüngliche Erscheinung erklärt. Einen weiteren Versuch, das Ligament als eine Modifikation der Schalenbildung zu erklären, finde ich an einer etwas versteckten Stelle der mehrfach citierten Abhandlung von F. MüLLErR in SCHNEIDER’s Zool. Beitr. I, S. 206 „Über die Schalenbildung bei Lamellibranchia- ten“, wobei besonders Anodonta und Unio in Betracht kommen. Das vordere Ligament bei Anodonta und Unio ist, soviel ich sehe, MÜLLER entgangen; dagegen macht er bezüglich des Zusammenhangs der Schichten der Nymphenleiste (Mürzer’s Zahnleiste) und der scheinbaren Lamellen des inneren elastischen Ligaments die Bemerkung, dass letztere die Fortsetzungen der ersteren sind; dies ist uns ein wichtiges Resultat, erscheint aber in anderem Sinne verwertbar, als es Mürter thut. Ihm scheint das gesamte Ligament sich nur durch den geringen und abnehmenden Kalkgehalt — IB von der Perlmutterschicht zu unterscheiden, d. h. eine Modifikation der Perlmutterschicht zu sein. Diese das andere Extrem als STEMPELL vertritt verfechtende Ansicht sucht MüLLer durch die Be- obachtung zu begründen, dass sich an den Ansatzstellen der Adduk- toren an der Perlmutterschicht ein gewisser Belag faseriger Struktur zeigt; mit dieser letzten Bildung parallelisiert MüLter die Faserung des ganzen elastischen Ligaments, während er das unelastische Liga- ment mit dem einfach geschichteten Teil der Perlmutterschicht ver- gleicht. Nun ist zu bemerken, dass dıese Faserschicht an den An- satzstellen kompakter, starker Muskeln zu beobachten ist, dass aber die (?) Muskelfäserchen, die am Ligament bei Unio ansitzen, ausser- ordentlich schwach hierzu sind, so dass die Bildung der mächtigen Faserlamellen des elastischen Ligaments hierzu in gar keinem Ver- hältnis steht. Ausserdem fehlen diese Muskelfäserchen nach STEMPELL’s ausdrücklicher Angabe bei Malletia, trotzdem hier die Faser- struktur vorhanden ist; das elastische Ligament kann also auf diese Erscheinung nicht zurückgeführt werden und ist die Identität der Lamellierung beider Teile keine Strukturidentität, sondern be- weist nur die gleichen Perioden des Zuwachses, wie dies ebenso zwischen Prismen- und Perlmutterschicht gilt. Ausserdem widersprechen der Ansicht noch folgende wichtige Gründe: 1. Wenn das elastische Ligament der Perlmutterschicht entspräche, so müsste es beim Zurücktreten der Faserstruktur dem letzteren sich nähern ; dies ist nicht der Fall, vielmehr nähert es sich dem Typus des „Periostracums“, auf dessen Grund eben nach MüLtzr’s eigener Untersuchung die Prismenschicht entsteht. 2. Wenn die Hauptmasse des „Periostracums“ in viel innigerem Zusammenhang steht zur Prismenschicht als zur Perlmutterschicht, so gilt dies auch von dem Zusammenhang des unelastischen Ligaments mit dem elastischen. 3. Die Ligamentdifferenzierung der Perlmutterschicht in eine kalk- ärmere faserige und eine kalkfreie blätterige, welch letztere erstere hinten und vorne seitlich überragt, wäre durch nichts einwandfrei zu motivieren, während beide Lagen als Analoga der Prismenschicht und des seitlich primär sich anlegenden Periostracums eine einfache Erklärung finden. 4. Diese Deutung der Ligamentpartien würde in keiner Weise eine Unterbrechung der Schichten der von den Prismen- und Periostracalschichten gebildeten Schalenoberfläche am vorderen und hinteren Ende des Ligaments in sich schliessen. Allen diesen Einwendungen genügt aber unsere Ansicht, welche in den beiden Schichten des Ligaments ein histologisches — 269 — Äquivalent der Prismenschicht und Epidermalschicht des Schalenaufbaus und nur in der Nymphe selbst die Perl- mutterschichten als Basis der erstgenannten Bildungen er- kennen lässt. Eine weitere Äusserung Mürter’s über das Ligament und sein Wachstum dient zur Bekräftigung seiner Ansicht, dass die Schale ein belebtes Ganzes sei und durch Intussusception wachse:; die ursprüngliche Skelettsubstanz ist nach ihm eine aus den Zellen entstehende Substanz, welche in Fibrillen zerfällt, die ein selbstän- diges Wachstum haben; an den Ansatzstellen der Muskeln folgen sie dem Muskelzug und bilden die Faserschichten der Muskelansatz- stellen und das elastische Ligament; auch dieses soll wie die ganze Schale kein Sekretionsprodukt sein, sondern durch Intussusception wachsen: das Gewölbe des Ligaments soll sich immer, man kann sagen „immanent“, vergrössern, sowie der ganze Raum zwischen den Schalenhälften am Rücken des Tieres sich erweitern und so das Wachstum der Weichteile ermöglichen, trotzdem das Gesamtwachs- tum gleichsam in einem geschlossenen Raum stattfinde, während nach der Sekretionstheorie durch die immer neu erfolgende Ablage- rung die Höhlung kleiner werden müsste. Unsere Ansicht von der dorsalen Vertretung aller seitlich an- stossenden Schalenschichten im Ligament lässt die Sache aber anders erscheinen (vergl. oben S. 214 etc.). Der gesamte Schalenzuwachs ist einschliesslich des Schichtenzuwachses des Ligaments ein völlig ringförmiger; da bei innerem, ungehindert dorso-ventral wachsendem Ligament das Feld immer breiter wird und die auf dessen Seiten- grenzen auslaufenden Schalenschichten immer dicker, so werden es auch die letzteren entsprechenden Ligamentschichten; zugleich wird auch der Gewölbebogen des Ligaments grösser; die Spannung der älteren Schichten wird daher (trotzdem der Ventralrand des Umbo- kardinal-Feldes flach vorrückt) in dorso-ventraler Richtung bis zum Zerplatzen der älteren Schichten grösser. In dieser Zersprengung der äusseren Schichten des Ligaments liegt auch die Möglichkeit einer völligen Überwucherung durch die Schale, wie bei Spondylus und Rangia etc. Bei äusserer Lage ist das Ligament gehindert, dorso-ventral fortzuwachsen und hat nur den schmalen Raum zwi- schen Schalenrand und Schlossfläche. Die Vergrösserung der Ansatz- fläche ist meist ebenso in transversaler Richtung beschränkt und nur nach hinten in tangentialer Richtung möglich; bei einem transver- salen Querschnitt durch den Wirbel können daher nach innen zu nicht — 270 — stärkere, sondern schwächere Gewölbebogenschichten folgen; solche Schichten können aber nur den dünneren Schalenschichten unter dem Wirbel entsprechen, es rückt daher die vordere Grenze des Liga- ments in jener Richtung unter den älteren Ligamentschichten fort, in welcher die Dickenzunahme des Ligaments ungehindert ist; die gewöhnliche Wirbeleinkrümmung nach innen und vorne verhindert daher zugleich eine Ausdehnung des Ligaments nach vorne, die Ver- längerung der Schale nach hinten begünstigt dagegen die Ausdehnung des Ligaments nach hinten; die dicksten Stellen der Ligamentschichten liegen daher in einer dem Schalenrand fast parallelen, nach hinten gerichteten Achse; die dorso-ventrale Spannung beim Schalenschluss wirkt daher bei äusserem Ligament viel geringer nach aussen; trotzdem findet die Zunahme der Ligamentschichten entsprechend der der Schalenschichten ohne totale Rücksicht auf die älteren Ligament- schichten so statt, dass nicht doch ein Übermass von Spannung die letzteren zum Springen brächte (vergl. z. B. gerade F. Mürter’s Fig. 6 Taf. XXVII). Diese Wirkung ist da am stärksten, wo infolge des Zurückrückens des Ligamentanfangs und Vorrückens des vorderen Schalenrands in dorso-ventraler Richtung immer dickere Partien jüngerer Schalenschichten unter die inneren Partien älterer rücken würden; hier wird die Spannung am grössten; der umbonale Anfang des Ligaments ist daher stets ganz zersprungen und zerfällt all- mählich; bei starkem Spiralwachstum wird auch ohne besonderes Dickenwachstum des Ligaments dieses durch den Schalenvorderrand völlig in zwei Äste zerrissen, welche bei Chama z. B. durch den Schalenvorderrand endlich überwuchert werden; als Ligament wirkt nur die unzerrissene Brücke. Daraus geht hervor, dass der grösste Teil des Ligaments (genau wie bei der Schale) ein totes Gebilde ist, welches kein von innen heraus stattfindendes, sich allseitig lebendig ausdehnendes Gesamt- wachstum hat; es zeigt vielmehr ein sehr partiell vorschreitendes, zwar höchst regelmässiges Anlagerungswachstum, doch findet es so ohne totale Bezugnahme auf ältere Schichtenkomplexe der Schale und des Ligaments statt, dass nur die jüngsten Ligament- schichten in normaler Spannung bleiben, diese aber gegen die älteren (kleineren Schalenstadien entsprechenden) derart im Über- schuss sind, dass letztere stets zersprengt werden und ihre Reste 1 Von dieser Stelle her ist bei lebenden und fossilen Muscheln Nymphe und Ligament von bohrenden Organismen häufig angefressen (vergl. z. B. Hörnes, l. e. Taf. 12 Fig. 1, Taf. 13 Fig. 1, Taf. 18 Fig. 5, Taf. 35 Fig. 7). | a 2 je als völlig tote Massen auf beide Ligamentareen verteilt erscheinen, wie das in höchstem und auffälligstem Grade bei Arciden der Fall ist. Zum Schluss erwähnen wir eine mir erst nachträglich bekannt gewordene Abhandlung von W. v. West in den Mitteilungen und Ver- handlungen des siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften, XLVII, 1898, welche leider ohne mögliche Bezugnahme auf die wich- tigere Litteratur verfasst wurde. — Um uns an den Gang unserer eigenen Darstellungen zu halten, so kennt v. West die schon von Bronx festgestellte Einlagerung von Kalkfasern, welche für das sogen. äussere Ligament ganz allgemein genannt werden muss, nur als ver- einzeltes Vorkommnis, hält sie für pathologisch (S. 132) und für die Existenz des Tieres für nachteilig, da die Elasticität des Ligaments dadurch verlustig gehe; das ist natürlich nicht richtig. Auch be- treffend die Symphynotie vertritt er eine irrige Meinung; er glaubt diese unterstütze mit ihrer Elasticität den Schalenschluss der Muskeln und ihre Wirkung müsse durch das Ligament besiegt werden, wo- bei die Muskeln durch eine hypothetische auseinandertreibende Kraft helfen müssten; ich habe gerade das Gegenteil dargelegt. Ich halte auch die Idee, dass die Muskeln durch ihre Kontraktion eine ihre Wirkung entgegengesetzte Repressivkraft erlangen, nicht für glück- lich. Was der Muskel bei der Kontraktion an Länge verliert, ge- winnt er an Muskelbauch; er wird doch nicht in sich komprimiert, dies gilt kaum für die ihm beigefügten undehnbaren Fasern; ich habe aber oben auf die Möglichkeit einer gewissen Öffnung der Schale durch die Turgescenz des Fusses hingewiesen. Die ferneren Ansichten v. Wesr’s über die Wirkungsart des Ligaments erscheinen mir ganz unhaltbar; er glaubt, dass der innere Knorpel durch Zusammendrückung und Wiederausdehnung. wirke, bei äusserer Lage durch Dehnung und Wiederzusammenziehung. Ausserdem unterscheidet er „Bogenligament“, das sowohl durch Aus- dehnung, als auch Zusammenziehung wirke und nur bei Placuniden vorkomme. Ich finde, dass die Ligamentwirkung hier nun nicht anders sein kann, als etwa bei Arciden, die Lage einerseits auf Leisten, anderseits in Furchen thut ebensowenig etwas zur Sache, als bei Anomia und anderen dergleichen Typen mit ungleichen Klappen. Worauf es einzig ankommt, die ventral sattelförmige Brücke von einer Klappe zur anderen und eine demgemäss verlaufende Schich- tung ist bei beiderseitigen Gabelarmen gleich; das Ligament von Placuna ist hier auch nicht anders als bei Ostrea und Perna; die Gabelung geschieht in keiner anderen Weise, als etwa die Zer- u schlitzung bei Spondylus. Die bei Placuna sella von v. WEST so- genannten, aus vorderem und hinterem Ligament zu einer grossen Bandarea vereinigten Partien halte ich für eine Inkrustation von der Dorsalseite her, sie ist auch bei Anomia zu beobachten; das eigent- liche vordere und hintere Ligament liegt an den Gabelarmen selbst ausserhalb des elastischen Ligaments als dessen Hülle. — Bei Spatha erwähnt v. West auch das vordere unelastische Ligament S. 107; es soll einerseits auf einer Ligamentleiste, anderseits in einer ent- sprechenden Furche liegen; dass es sich hier um sekundäre vom Schloss her beeinflusste und nicht um primäre Bildungen handelt, ist klar; es treffen sich hier die Umstände ähnlich, wie bei gewissen Ostreen vom Typus der Ostrea edulis, wo auf der einen Seite das unelastische Ligament auf einem Wulst, anderseits in einer Grube liegt; diese Thatsache erklärt v. West auf eine von meiner Er- klärung völlig verschiedene, unzureichende Weise. — Die Annahme der Abstammung der Spondyliden von Monopleura ist nicht zu dis- kutieren. — Was die Hypothese der ersten Entstehung der Schloss- zähne betrifft (Zerreissung neu angelegter Lamellen und Zurück- schnellen im Inneren der Schlossplatte und den entgegengesetzten Prozess vom Rande her), so dürfte sie kaum Anhänger finden; jeden- falls ist die Annahme einer einfachen Runzelung infolge eines auf geringere Fläche durch physiologische und biologische Momente be- schränkten, für sich selbst aber zu erhöhter Flächenausdehnung ge- neigten Schalenwachstums weit nahe liegender; die fundamentalen Arbeiten Bernarv’s (1895 —97) hat v. West nicht gekannt. Kapitel IX. Zusammenfassung der wichtigeren Punkte der Kapitel VI und VI. Die bekannten Forschungen Bernarv’s an kleinsten Schalen- stadien fossiler und lebender Arten zeigen in Zusammenhang mit den ontogenetischen Untersuchungen an lebenden Bivalven und mit diesen in Einklang gebracht, dass, wie wir annahmen, das elastische Ligament in einer mittleren Region des Schlossrandes entsteht und, wie wir ebenso aus dem Verhalten bei ausgewachsenen Formen zu folgern berechtigt waren, zuerst beiderseits von einer durchaus rand- lich gelegenen und daher beim Fortschreiten des Schalenwachstums immer neu gebildeten, unelastischen unpaaren Epidermalligament- verbindung, soweit die Mantelkommissur reicht, dicht umgeben waren. Die stark innere Lage der elastischen Ligamentgrube, welche BERNARD als eine ganz allgemeine Erscheinung junger Schalenstadien (Disso- u Bla, konch) beobachtete, darf indessen nicht, wie dies aus jenen Forschungen gefolgert werden könnte, als ursprünglichster Entstehungsort des Ligaments überhaupt angesehen werden; es ist dies schon ein durch das Wachstum der Kalkschalen und seines primitiven Schlosses modifiziertes weiteres Stadium der Ligamententwickelung; dieses wird abgelöst durch eine weitere Epoche der Schloss- und Schalen- entwickelung, welche wieder bedeutendere Flächen der Ligament- entfaltung zur Verfügung stellt und dem unelastischen Ligament eine grössere Flächenausdehnung und ein längeres gleichzeitiges Persistieren älterer Schichten, welche andernfalls stets zer- sprengt werden, ermöglicht; auf diesem neuen Boden entsteht die Nymphenleiste und ihre Begleitbildungen. Wenn sich so die Bernarv’schen Resultate gut mit den ana- tomisch-ontogenetischen Daten und den Folgerungen aus den aus- gewachsenen Formen vereinigen lassen, so sind nach unserer Ansicht andere Angaben nicht aufrecht zu halten: 1. Ein grundsätzlicher Unterschied einer kalkbildenden und nicht kalkbildenden Zone in der Kommissur, also auch eine Unterbrechung ersterer durch letztere ist nicht aufzustellen. 2. Eine ligamentabscheidende „Drüse* ! existiert nicht bloss am hinteren Ende der Mantelcrista und diese letztere bildet nicht bloss und allein die Nymphenleiste, sondern diese wird durch die neben der Mantelcrista liegenden dorsal-seitlichen Teile der Mantellappen ausgeschieden und das Ligament von der unpaaren Mantelcrista selbst, und zwar je nach den Familien und Gattungen ganz wechselnd von verschiedenen Teilen seiner ganzen Länge, intermittierend (Arciden) oder auch von der ganzen Länge selbst, ohne dass eine Verlagerung (deplacement) der „Ligamentdrüse“ stattzufinden hätte. 3. Die Postnymphealgrube hat mit der Lage einer hypothetischen „Ligamentdrüse* nichts zu thun, noch bezieht sie sich irgendwie auf die ontogenetisch primäre Liga- mentgrube; sie ist eine an und für sich bedeutungslose Grube in der Verbreitung des funktionslosen, unelastischen Ligaments und ist lediglich entstanden durch das Emporwachsen der Nymphenleiste. 4. Dieser „Postnymphealgrube“ kann daher die Bedeutung eines ab- solut zuverlässigen Ausgangspunktes für die Zählung der Zähne nach vorne und hinten nicht zugelegt werden, wenn sie auch als hinterster Punkt der Ligamentausdehnung nach hinten auch für die ventral ‘ Nicht einmal die embryonale sogen. „Schalendrüse“ ist eine „Drüse“, es ist also diese Bezeichnung nur eine übertragene und nicht wörtlich zu nehmen (Bernard, 1895, S. 109). Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1902, 18 — 24 — dahinterliegenden Zahnbildungen massgebend ist. 5. Wenn die Schluss- folgerung aus den Darstellungen Brrnarp’s nicht gezogen werden darf, dass das Ligament histologisch eine schaleninnere Entstehung hat, dass es auf der Fläche der Perlmutterschicht abgesetzt ist, so bleibt nur die Ansicht, dass es am äusseren Schalenschichtenrand, mag er nun infolge des Gesamtwachstums sekundär eine mehr oder weniger innerlich eingebogene Lage haben, entstanden ist; diese Entstehung am dorsalen Schichtenrand schliesst die Auffassung der Vertretung des Ligaments durch die Schalenschichten in sich. Schreiber dieses hält das unelastische Ligament für eine Modifikation der Schalen- epidermis, das elastische für eine solche der Prismenschicht, welche sich unter sich und randlich an die Perlmutterschicht der Nymphe ebenso aneinander anschliessen, wie die drei Schalenschichten des freien Schalenrands. Hiermit im wesentlichen stimmt Sremperr’s Auffassung, die das unelastische Ligament als eine Fortsetzung der auch später das Periostracum (Schalenepidermis) bildenden dorsal liegenden un- paaren Konchyolin-Urschale darstellt, dessen „Verdickung“ das ela- stische Ligament bildet. Endlich sieht F. MüLLer das unelastische und elastische Ligament als eine Modifikation der Perlmutterschicht an, welche nach aussen an Kalkgehalt abnimmt; dieser Ansicht stehen sehr wesentliche Schwierigkeiten entgegen. 6. Das Wesentliche und für die Feststellung der Ligamentverhältnisse fossiler Zweischaler Wichtige ist die Beziehung des Ligaments zu dem dorsalen Schichtenausstreichen der gesamten Schalenschichten, wobei allerdings in Betracht zu ziehen ist, dass das innere Ligament durch Umwachsung vom Schalenrand ab- gedrängt werden kann. Hierbei ist zu betonen, was von den genannten Autoren über das Ligament nur zum Teil oder gar nicht benutzt wurde, dass die Ligamentpartien nicht nur unter sich, sondern auch mit den oral und anal sich anschliessenden Schalenpartien eine einheitliche Schiehtung haben, dass also durch das Ligament die vor und hinter demselben angrenzenden Schalenschichten-Unterbrechungen beider Schalen zu einem völligen Ringabschluss kommen, d. h. die Einheitlichkeit der „Urschale“ wieder hergestellt ist. BERNARD kennt nur bei opisthodeten Muscheln die hinteren Schichtunterbrechungen an der langgezogenen Nymphealfurche, es giebt aber ebenso eine vordere Unterbrechungsstelle, wenn auch meist nicht so deutlich. Mürter stellte nur die Einheit der Schichtung des elastischen Ligaments mit den Perlmutterschichten der Nymphealleiste fest. Aus unserer Anschauung resultiert die Möglichkeit der Erklärung der mannigfachen Beziehungen des Auslaufens und Angrenzens der Zu- — 208 — wachsstreifung der Schale zu den höchst wechselnden Arten der Ausdehnung des gesamten Ligamentkonnexes und seiner Zuwachs- schichtung. 7. Die Lage des Ligaments hat nicht, wie BERNARD angiebt, einen direkt bestimmenden Einfluss auf die Einkrümmung des Wirbels, so dass der Wirbel sich in der dem Ligament entgegen- gesetzten Richtung einrollen muss, sondern umgekehrt ist die Lage des Ligaments meistens von der Einkrümmung des Wirbels abhängig, indem auf der eingekrümmten Seite durch die hier stattfindende radiale Verkürzung und tangentiale Verschiebung der gesamte Ligament- konnex schief nach hinten verlagert wird; die Einkrüämmung selbst hat, wie wir ausführten, wesentlich vom Ligament unabhängige und mit den wichtigsten physiologischen Funktionen des Gesamtorganismus primär zusammenhängende Ursachen. 8. Die Annahme intussusceptio- nellen Wachstums der Schale und des Ligaments, welche F. MürLer befürwortet, verträgt sich nicht mit der Thatsache, dass die älteren Schichten des Ligaments durch den neueren inneren Zuwachs des Ligaments und des Schalenrands zersprengt werden, trotzdem dieser Zuwachs in auffälliger Lagerung der Schichten derart erfolgt, dass möglichst viele der Ligamentschichten insgesamt sowohl als elastische als auch als schalentragende bezw. bewegende Masse wirken. Diese Anschauung, dass die Gesamtschale (inkl. Ligament) ein belebtes Ganzes sei, kann daher nicht etwa für die Auffassung BERNARD’s verwertet werden, wonach die Lage des Ligaments an den Wirbel notwendig eine von dieser abgewandte Einrollung verursache. Kapitel X. Zusammenfassung der ausgeführten Gesichtspunkte und Resultate. 1. Unter dem Ligament der Bivalven versteht man den Kom- plex von unpaaren Konchyolinskelettbildungen, welche der dorsalen Fläche und z. T. auch der ganzen Länge der Mantelkommissur ent- sprechend (vergl. unten No. 2) zwischen Schloss und Wirbel (umbo- kardinal) beide Schalenhälften miteinander verbinden, z. T. haben sie besondere Funktionen; sie entsprechen wechselnd sowohl der ganzen Länge der Mantelkommissur (Pectiniden, Ostreiden, Arciden, Unioniden etc.), als auch nur z. B. bei innerem Ligament einem kleinen Teil davon (Crassatella, Spondylus, Hippurites ete.). 2. Man unterscheidet in diesem Ligamentapparat ein un- elastisches Ligament, welches sich der Substanz und Struktur nach von der Schalenepidermis (Periostracum) nicht unterscheidet, sowohl blätterigen Charakter, als auch kompakte undeutliche Schich- 18* = tung aufweist; weiter em elastisches Ligament (unpassend auch „Knorpel“ genannt), welches deutlich geschichtet ist und fast stets einen reichlichen Gehalt makroskopischer oder mikroskopischer Kalk- fasern besitzt, die quer zu dieser Schichtung angeordnet sind; die Deutlichkeit von Schichtung und Faserung nimmt mit dem Kalk- gehalt ab (vergl. Bronn’s Macerationsmethode 1. ce. 357—358). 3. Die Einlagerung der Kalkfasern im elastischen Ligament, dessen organische Grundsubstanz je nach der Masse der Fasern mehr weniger deutliche unelastische Konchyolinlamellen bilden, ver- ursacht gerade unseres Erachtens seine hohe Elasticität; wenn, wie vielfach angenommen wird, die Konchyolinsubstanz des Ligaments - allein für sich elastisch wäre wie Knorpel, so wäre seine allgemeine Verkalkung in Schichten und Querfasern schon in den frühesten Ent- wickelungsstadien der Schale widersinnig; in dieser Weise ist das elastische Ligament auch als der einzige feste Beweger der ge- schlossenen und Träger der geöffneten Klappen, als der einzige Halt ihres winkeligen Klaffens zu betrachten. 4. Das Ligament ist keine völlig vom Schalenwachstum unab- hängige Bildung, wie etwa die inneren Knorpel der Gephalopoden, hat auch keine vom Schalenwachstum heterogene Entstehung oder tritt mit der Schale nur in zweiter Linie in physiologische Beziehung, wie etwa der Schalenmuskel, sondern es ist in seinen beiden Arten ein integrierender Teil der Schalenbildung selbst und nur eine Modi- fikation davon; es heftet sich nie an die Innenfläche der Schalen- schichten an, sondern fügt sich innigst an und zwischen die dorsal vom Schlossrand ausstreichenden Schalenschichten mit seinen eigenen Schichten ein und verwächst in sehr zahlreichen Fällen völlig fest mit denselben. Die sogen. Querstreifung des Umbo- kardinal- oder Ligamentfeldes an sich ist daher nicht wesentlich und allein durch den Ansatz des Ligaments bedingt, und so kein wesentliches und eindeutiges Kennzeichen für den Liga- mentansatz überhaupt; die ganz seltenen Fälle, wo das Ligament vom äusseren Schlossrand und seinen freien Schichten-Ausstreichen völlig abgedrängt ist (Spondylus, Lasaea, Rangia), erweisen sich als seltenere, sekundäre Erscheinungen. 5. Die beiden Ligamentarten sind eine Modifikation der beiden äusseren Schalenschichten ; in Verbindung mit den ihnen zum Ansatz dienenden Perlmutterschichten des dorsalen Schlossrandes (Nymphen- leiste) repräsentieren sie die drei dem Schalenaufbau des übrigen Schalenteiles angehörigen Schichten, wobei bezeichnenderweise ziem- — aM lich dem ganzen Bereich längs der Mantelkommissur (also dem dor- salen Schlossrand) die Prismenschicht fehlt und soweit das Ligament selbst reicht, auch die Epidermis. Das elastische Ligament ist eine Modifikation der Prismenschicht oder beide sind divergente Entwicke- lungen einer gemeinsamen Uranlage, das unelastische eine solche der Epidermalschicht; es sind die entsprechend modifizierten Aus- scheidungsprodukte der unpaaren Mantelkommissur. 6. Das elastische Ligament oder das Kalkfaserligament nimmt offenbar ursprünglich zwischen zwei unelastischen Ligament- partien eine mittlere Lage am einfachen Schalenrand ein. Das hin- tere unelastische Ligament ist das konstantere von beiden letzten, es hat auch bei den Isomyariern eine bestimmte Schutzfunktion er- halten; das vordere Ligament erscheint oft (wie auch das hintere bei Ostreiden, Pectiniden, Limiden) nur als Ausdruck der skelett- bildenden Thätigkeit der unpaaren Mantelkommissur, so weit letztere reicht; bei Perniden und Arciden bildet es indessen die Grundlage der die ganze Länge der Mantelkommissur einnehmenden Wechsel- entwickelung von unelastischen und elastischen Ligamentpartien (vergl. Punkt 1). Bei Perniden verdrängt das Schalenwachstum hier und da lokal unter dem Wirbel die unelastischen und auch elastischen Bänder (vergl. Punkt 23, Anm.)! 7. Wenn unter No. 5 die Struktur im allgemeinen charak- terisiert ist, so gilt es noch das Einzelne nachzutragen. Das Cha- rakteristische des Ligaments besteht in seiner Lagerung, deren Schichten bei beiden Arten des Ligaments einander entsprechen und ineinander eingreifen ; die Schichten des elastischen Ligaments und so auch seine ventrale Begrenzung sind nach und an dem ventralen oder postero-ventralen Unterrand des Ligaments konvex ausgebogen ; die Schichten des vorderen unelastischen Ligaments sind häufig locker blätterig, manchmal auch wie die des hinteren Ligaments fast verschmolzen und getrocknet von schellackartiger Konsistenz. Bei gleichwertigem unelastischen vorderen und hinteren Ligament (Ostrea etc.) erscheinen die Schichten des letzteren als gleich breite vordere und hintere Fortsetzungen des Querschnitts der Schichten des elastischen Ligaments; bei dem extremen ungleichwertigen Ver- halten (völlig hinterer Lage des elastischen und hinteren unelastischen Ligaments) sind die hinteren Schichtendigungen des elastischen Liga- ments breit, die sich daran anschliessenden Blätter des eime Hülle bildenden hinteren Ligaments sind dagegen weniger breit und legen sich an die Schichten des elastischen Ligaments (von deren Rich- — 278 — tung abgeknickt) mehr mit ihrer Unterfläche an, als mit ihrem Schicht- querschnitt. Nach vorne werden hier die Schichten des elastischen Ligaments ganz dünn, die Schichttrennungslinien nähern sich ein- ander mehr und mehr und laufen in äusserster Feinheit auf der Unterfläche des gewölbeartigen Ligaments und an seiner Schloss- rand-Anheftefläche der nymphealen Schlossrandkante aus; an diesen Ausstreichlinien oder -punkten setzen die Schichten des vorderen elastischen Ligaments in ganz entsprechender Dicke, allmählich nach vorne sich verstärkend, an. 8. Punkt 5 stellt das Ligament im allgemeinen als die modi- fizierte Fortsetzung der Schalenbildung längs der Mantelkommissur dar; die vordere und hintere freie Seite des medial gelegenen elastischen Ligaments wird sonach, als seine „Aussenseite“, vorzüg- lich von Epidermalbildungen, d. h. dem unelastischen Ligament ein- genommen; je nachdem diese in ihrer Ausdehnung durch die Schloss- zähne weniger beschränkten Epidermalbildungen einen breiteren Raum einnehmen, je nachdem erscheint das elastische Ligament in eine engere mittlere Lage gerückt. Die Kontinuität der Schichten der Schalenbildung mit denen des Ligamentkomplexes wird, soweit es vorhanden, durch die vorderen und hinteren Epidermalbildungen ver- mittelt; die Prismenschicht erhält eine den morphologischen Verhält- nissen des Zweiklappensystems entsprechende Unterbrechung; an der so bei äusserem Ligament entstehenden hinteren Incisur beginnt der Postnymphealschlitz oder -grube;; sie ist nur ein Teil des hinteren Feldes des unelastischen Ligaments, soweit die Nymphealleiste, d. h. die Fläche des elastischen Ligament dieses nicht von vorne her überdeckt. 9. Der Zuwachs des Ligaments schliesst sich zeitlebens (räum- lich und zeitlich) engstens an den Zuwachs der Schale an; dieser ist nicht unregelmässig oder allein von Form und Umriss der Schale abhängig lokalisiert, sondern zeigt oral und anal strengste Kontinuität mit der Längenerstreckung des Ligamentzuwachses, sei &s nun, dass zwei, ein oder kein Feld des elastischen Ligaments vorhanden ist; daraus folgen nachstehende wichtige Punkte. 10. Die Schalenschichten laufen nicht an ganz beliebiger Stelle am freien Dorsalrand der Schale aus, sondern nur im Bereich der Mantelkommissur und zwar im Anschluss an das Liga- ment; da das Ligament sehr wechselnden Längenabschnitt der Mantei- kommissur einnimmt, so ist zu betonen, dass die Beziehung zur Ligamenterstreckung das Massgebende für das Aus- laufen der Schalenschichten ist. a 11. Bei starker Längenentwickelung des einseitig hinteren Liga- ments laufen die Schalenzuwachsschichten der dorsalen Hinterseite quer auf den „Nymphealabschnitt“ des postumbonalen Dorsal- randes aus; bei kürzerer Erstreckung biegen sie sich mehr und mehr nach vorne und oben ein; bei innerer subumbonaler Lage des elastischen Ligaments (wo also das Ligament sehr geringen Teil der Länge der Kommissur ausmacht) verlaufen sie (sich sehr ver- schmälernd und z. T. verschmelzend) bis unter den Wirbel; der „Nymphealabschnitt“ ist hier zu einem kurzen, wie das Liga- ment selbst, quer zum Schloss gestellten Fortsatz reduziert. 12. Wo das vordere Ligament vorhanden ist, laufen ebenfalls sämtliche Schalenschichten auf dieses Ligament selbst aus; je kleiner das Ligament an oro-analer Längenausdehnung ist, desto mehr biegen die äusseren Schalenschichtstreifen von dem Beginn der Mantel- kommissur nach hinten ein, um das kurze Ligament zu erreichen und die Schichten-Kontinuität herzustellen; fehlt dasselbe ganz, so reichen die Schalenschichtlinien sogar bis hinter den Wirbel, was häufig der Fall ist. Bei innerem Ligament ist in letzterem Falle die äussere Schalenschichtstreifung der Vorder- und Hinterseite ganz gleich ; ebenso ist Vorder- und Hinterseite beinabe gleich oder that- sächlich gleich bei annähernd oder ganz gleich entwickeltem vorderen Ligament (Arca, Pectunculus, Ostrea, Pecten); desgleichen bei mangeln- dem vorderen und hinteren unelastischem Ligament (Spondylus etc.). Es besteht also auch ein Pränymphealabschnitt (bezw. -Fortsatz). 13. Übereinstimmend mit dem Vorhergehenden ist zu folgern und auch als thatsächlich zu beobachten, dass bei normalem Ver- halten ventral von dem Ligament kein Auslaufen freier Schalenschichten auf der Innenfläche der Schale zu be- obachten ist, d. h. dass kein Schalenwachstum stattfindet, ohne dass der durch die neue Ringschicht gebildete Absatz ventral vom Ligament auch zugleich von Ligamentsubstanz bedeckt wird und daher die neue Schalenschicht von aussen gesehen am Ende des Ligaments selbst und neben bezw. ausser ıhm abstösst. Wie aber die Ligamentbildungen innerhalb der Kommissur thatsächlich nach der Mitte zu reduziert werden können und das unelastische Liga- ment vorn und hinten fehlt, endlich auch das elastische Ligament ganz reduziert werden kann, so ist auch der Fall denkbar, dass das elastische Ligament ontogenetisch, d. h. im Laufe des Schalenwachs- . tums selbst reduziert werden kann. In diesem Falle könnte auch ventral vom eigentlichen Ligamentfeld ein „Pseudoligamentfeld“ mit — 280 — ausstreichenden Schalenschichten entstehen. Für diese bis jetzt noch nicht beobachtete Möglichkeit werde ich ein interessantes Beispiel bei fossilen Bivalven an anderer Stelle ausführlich darlegen. — In Umkehrung der Punkte 10—13 ist die Gesetzmässigkeit auch so aus- zusprechen: das Ausstreichen aller nicht von der Ligamentschichtung belegten Schalenschichten gehört in der Regel der äusseren Ober- fläche der Schale an; das Ligament vertritt an der von ihm be- legten Fläche die äussere Schalenoberfläche. 14. Auch die unter 8—12 genannten Erscheinungen können in manchen Fällen bei fossilen Bivalven, wo das Ligament selbst nicht mehr erhalten und seine Position von aussen bei geschlossenen Klappen nicht erkennbar ist, ein wichtiges und untrügliches Hilfs- mittel zur Gattungsdiagnose bilden. 15. Bei der Familie der Spondyliden, wo vorderes und hinteres Ligament fehlt, ist dennoch ein subumbonales (umbokardinales) Feld entwickelt, welches, wie bei Arciden, von zwei seitlichen Kanten scharf begrenzt ist und wie bei diesen, Ostreiden und Limiden u. a., stark quer gestreift (wenn nämlich dort das Ligament künst- lich entfernt oder wie bei fossilen Muscheln verwest ist); in der Mitte liegt die schmale Rinne des elastischen Ligaments; wir nennen dieses Feld ein „Pseudoligamentfeld“ ; seine Querstreifung entspricht dem Ausstreichen der durch den Schlossrand „gerichteten“ und bestimmten Schalenschichtung, die natürlich in den angeführten anderen Fällen (wie überall) auch unter dem vorhandenen un- elastischen Ligament mit seiner entsprechenden Zuwachsschichtung mehr weniger deutlich durchziehen muss, aber in unverletztem Zu- stande nicht sichtbar ist. 16. Bei den fossilen Hippuriten, eine den Spondyliden ähnlich festwachsende, nur etwas extremer wachsende Familie, wird das Liga- ment allmählich ganz reduziert; vereinzelt kann man es nur in der Jugend annehmen, im Alter obliteriert es wohl ganz, wie dies bei den lebenden Pholadiden der Fall ist; seine Lage ist dann durch eine völlig geschlossene Einfaltung der äusseren Schalenfläche angedeutet, der in geringer Entfernung nach der Seite zwei ähnliche Ein- faltungen beigesellt sind. Auch hier liegt ein „Pseudoligamentfeld“ vor; die ohnehin ja recht geringe Klaffwirkung des elastischen Liga- ments wird hier nach DouviırLz durch die Turgescenz des Weich- körpers (Fussschwellung?) ersetzt; in diesen Fällen ist also thatsäch- lich, was auch von vornherein als möglich zu erkennen ist, dass selbst bei vorhandener Muskulatur das elastische Ligament gänz- x ae lich zurückgehen kann, indem andere Expansionsmomente für den Verlust des Ligaments eintreten (vergl. unten Punkt 19 und 22 unten). 17. Die Wirkung des Ligaments ist nicht die der Zug- elastieität (elasticit de traction), wie manchmal angenommen wurde, also dass beim Zusammenklappen der Schalenränder durch den Muskelzug das Ligament gedehnt würde und das Schloss als Hebel- punkt wirkte, auch nicht, wie Vartzant und FiscHer selbst meinen, das Gegenteil davon, nämlich Druckelastieität (&lastieite de pression), deren Wirkung bei der Lage der Schalenmuskeln auch bloss den Wirbelteil mit dem Schloss und nicht die ventralen Schalenränder (die sogar eher als Stützen einer solchen Annäherungsart fungieren müssten) zusammen und wieder auseinanderbewegt würde. Das Liga- ment wirkt vielmehr durch wahre Biegungselasticität; es bildet ın ungespanntem Zustand eine einfache Brücke oder ein mehr weniger starkes Gewölbe von sattelförmiger Ventralfläche, dessen Spann- weite durch die Muskelaktion (von der Schale auf das organisch und fest mit ihr verschmolzene Ligament übertragen) stark ver- ringert wird, das also in seine alte Bogenweite zurückzukehren strebt; erst bei dem Schalenrandschluss schliessen sich auch die beider- seitigen Schlosserhebungen völlig. Da das Ligamentgewölbe die eigentliche dorsale Wölbung der beiden dorsal zusammenschliessenden und nach dem Ligament zu gewölbten Schalenhälften bildet und innigst mit der Schale verbunden ist, müssen seine Elasticitäts- wirkungen sich auf die ventralen Schalenränder übertragen, was bei einfacher Druckelastieität nicht der Fall wäre. Nur durch die histo- genetisch engste und dem Schalenwachstum homologe Verwachsung des elastischen Ligaments einerseits mit dem unelastischen und beider anderseits mit der Schale wird auch hierdurch die Wirkung des elastischen Ligaments über die Grenzen seiner substantiellen Aus- dehnung im Bereich der Kommissur auf die Schale übertragen. Das unelastische Ligament hat keine Funktion bezüglich der Her- vorbringung der Schalenöffnung; es kann daher die verschiedensten Lagen zu dem elastischen Ligament einnehmen, kann also dorsal, bilateral, einseitig ventral von ihm liegen oder auch ganz fehlen! Während das elastische Ligament gemäss seiner sattelförmigen Ge- wölbefläche (sagittal konvex, transversal konkav), einerlei, ob es auf einer Leiste oder in einer Furche befestigt ist, hier in seiner un- teren Begrenzung ventral (oder postero-ventral) konvex vor- springt und daher auch die Querstreifung an der Ansatz- fläche ventral oder postero-ventral konvex verläuft, 'sind dagegen die Kennzeichen für das unelastische Ligament durchaus wechselnd; die erwähnten Streifen verlaufen seltener ventral-konvex, häufig geradlinig, häufig auch der Gewölbebildung entsprechend ventral-konkav, hier und da konvex-konkav gebogen (vergl. unten Punkt 27). 18. Nur die proximalsten Schichtpartien des Liga- ments sind überhaupt in Wirkung; da die jüngsten Schichtgewölbe des Ligaments dem Anlagerungswachstum des gesamten Schalen- randes und des Ligamentfeldes gemäss viel grössere Spannweite haben, als jene der jüngeren Schalenperioden, so werden diese von aussen her allmählich gesprengt und zwar nicht stets von der Schale weg, sondern meist in ihrer medialen Gewölberegion, wo die Spannung am grössten und vielleicht (?) die Verkalkung etwas geringer ist!. Die älteren Ligamentreste erscheinen so auf die zwei Schalen- hälften verteilt, werden wie bei Spondylus und Rangta vom Schalen- wachstum sogar überwuchert, bedecken z. B. die grossen Ligament- flächen bei Arciden und die langen Ligamentrinnen der Chamiden und fossilen Rudisten mit funktionsloser Substanz, die all- mählich zerfällt und auf deren Boden sich oft andere Organismen an- siedeln. Es ist daran zu erinnern, dass die apikaler gelegenen Flächen der Ligamentfelder, die sich häufigst ursprünglich ventral vom Liga- ment beim Schalenschloss fast berührten, beim Weiterwachsen weit voneinanderklaffen und niemals mehr normal zum Kontakt oder der alten maximalen Annäherung gelangen. Bei Perniden wird eine ge- schlossene Zahl vorderster elastischer Ligamentfelder aus der proxi- malen Region der Ligamentwirksamkeit durch das Zurückrücken des Vorderrandes des Schlosses bei dem Ventralwachstum des Schloss- randes überhaupt ausgeschaltet. 19. Die Gewölbespannung des elastischen Ligaments kann bei manchen Gattungen der Unioniden durch eine dorsale unpaare Verbindung der beiden Schalenhälften (Symphynotie) unterstützt werden; diese kann zwar phylogenetisch eine „Verwachsung“ genannt werden, ist ontogenetisch aber oft eine einheitliche Anlage, d. h. die Prismenschicht des vorderen und hinteren Schalenrandes setzt kontinuierlich über die Kommissur fort; die gebildeten Zu- wachspartien werden hier von dem freien Umbiegungsrand der Kom- missur selbst (welcher sonst keine Kalkabsätze bildet) ausgeschieden. ı Es geschieht diese Zersprengung im Sinne der Grundeigenschaft der Biegungselasticität, nach welcher die Teile der konkaven Seite einander genähert, die der konvexen Seite voneinander entfernt werden! — 2835 — Die gleichartig gelegenen accessorischen Plättchen bei Phola- diden werden zwar offenbar ähnlich gebildet, haben aber keine vergleichbare Funktion; diese wird bei Pholas aktiv durch den nach aussen subumbonal verlagerten vorderen Adduktor vertreten, welchen drei der accessorischen Plättchen als Schutz von aussen bedecken. 20. Zu einem bilateral gleichartigen, aus zwei gleichen Hälften bestehenden Schalengebilde mit einem vorderen und hinteren Rand- schliessmuskel passt hypothetisch nur ein ursprünglich medial zu diesen Muskeln gelegenes elastisches und je ein davon vorne und hinten gelagertes passives, unelastisches Ligament als einfachste Schalenverbindung, bezw. modifizierte Fortsetzung der Schalenbildung im Bereich der Kommissur. Hierzu ist die Voraussetzung eine ge- wisse Entwickelungs- und Aktionsfreiheit der der Kommissur ent- sprechenden Ligamentregion, d. h. mehr lateral-median gelegene, nach aussen abstehende Schalenbildungscentren oder „Wirbel“, welche für sich keine weiteren Lagebeziehungen zu morphologischen oder physio- logischen Centren des Weichkörpers haben brauchen. 21. Von dem unter voriger Ziffer skizzierten, einfach kegel- förmigen Schalentypus' kann man den Allgemeintypus der Zweischaler durch die mehr weniger stark entwickelte Tendenz zur Spiraleinkrüm- mung ableiten, welche bei fast allen teilweise umhüllten oder sich einschliessenden Schalentieren als ein zur Erleichterung der Beweg- lichkeit der Schale von dem Organismus selbstthätig, bei centrifugalem Wachstum doch so viel wie möglich centripetal erstrebtes Verhältnis ist. Die Hauptmomente, die hierbei mitwirken, sind in Kürze fol- gende: 1. Verzögertes und verkürztes radiales Flächenwachstum des ringförmigen Zuwachses längs der Kommissur mit einseitiger Lage- rung des Zuwachscentrums nach der Kommissur hin; der kürzeste Öberflächenradius läuft so auf die Kommissur aus und die Schalen- schichten verschmälern sich von beiden Seiten nach dieser Mittel- linie der grössten umbokardinalen Verkürzung. 2. Im Sinne mög- lichster Annäherung des, gesamten wachsenden Schalenrandes an das Wirbelcentrum liegt die Krümmung sowohl der dem freien Schalen- rand als auch der der Kommissur entsprechenden (umbokardinalen) Oberfläche; der Radius ersterer ist eine weit geöffnete Spirallinie mit raschem Wachstum, der der letzteren ist eine engere aber gleich- laufende Spirale mit langsamem Wachstum. 3. Hierzu tritt eine in ! Dieser Idealtypus würde vielmehr erreicht werden, wenn nicht die nach- stehend skizzierten Momente schon von vornherein wirksam wären; er ist daher als eine Hilfsvorstellung zum Verständnis der Schalengestaltung aufzufassen. — 1234 — der Organisation tiefgegründete Abwendung (Abbiegung) des grössten Oberflächenradius nach hinten, d. h. eine Verlängerung der Schale nach den Anal-Branchialöffnungen, welche zugleich der Ernährung des Tieres dienen. Durch diese drei Momente erscheint der Wirbel auf der Vorderseite der Schale nach innen eingekrümmt und die Schale nach hinten verbreitert. 4. Zu dieser relativen Lagerung des einfach eingekrümmten Wirbels auf der Vorderseite der Schale tritt noch eine gleichfalls durch die Organisationsverhältnisse und bio- logische Ursachen begründete selbständige Verkürzung der Vorder- hälfte der Schale zum Eingraben in den weichen Meeresflussgrund (im Zusammenhang mit der Bedeutung der vorderen Fuss-Schalenöffnung). Durch Verminderung der Flächenausdehnung der Schalenschichten der Vorderseite werden indessen die Schalenschichten dicker, es wird am Schlossrand mehr zwischen den Wirbeln eingeschaltet und das Eingeschaltete so weit, als es die umbokardinale Verkürzung gestattet, mehr und mehr hinter den Winkel gedrängt, wo- durch endlich der Wirbel sehr häufig stark seitlich nach aussen, d. h. von der Kommissur abgedreht erscheint; im diesem häufigsten Falle fällt der kürzeste Oberflächenradius des umbo- kardinalen Raumes nicht mit der Verbindungslinie der Punkte des geringsten Schichtenzuwachses zusammen, welches eine vom Wirbel schief nach hinten gerichtete Linie ist (während erstere eine vertikal vom Wirbel nach dem Schlossrand verlaufende Spirallinie darstellt). 22. In den Fällen, wo das Ligament weder einfach am kom- missuralen Schalenrand, noch in der Schlossplattenfläche selbst einen Platz hat, also ein äusseres werden muss, ist es zu begründen, dass es wegen aller der erwähnten, in der vorderen Schalenhälfte am Schloss- rand umbokardinal wirkender Verkürzungstendenzen hinter die Radial- linie des geringsten Schalenschichtenzuwachses verdrängt wird; hierbei ordnet es sich so, dass die Grenze zwischen vorderem und hinterem Ligament der Verbindungslinie der kürzesten Zuwachspunkte entspricht, d. h. das elastische, funktionierende Ligament findet an dieser Linie seine natürliche vordere Grenze, von welcher aus das unelastische Ligament sich nach vorne aus- breitet; bei fehlendem vorderen Ligament ist diese Linie die Grenze der äusseren Oberfläche der vorderen Schalenseite. Hierdurch sind vordere und hintere Ligamentgrenze als zwei nach hinten gerichtete Linien erkennbar und es ist die ganze funktionierende ventrale Hinter- fläche des elastischen Ligaments dem hinteren Muskel zu gerichtet, —_— 285 — so dass beide allein in Antagonismus zu stehen scheinen; die Liga- mentwirkung scheint dann entschieden mehr allein der hinteren Schalenöffnung, ebenso wie der hintere Muskel deren Schluss zu dienen; dabei muss aber der vordere Muskel zu vollkommenem Schalenschluss mitwirken, weil der hintere Muskel in dieser Lage allein für sich eher öffnend auf die vordere Schalenhälfte wirken würde; hierbei muss vom vorderen Muskel aus auch eine separate Einwirkung auf die vordere Schalenöffnung (Fussöffnung) möglich sein. Der vordere Muskel kann daher auch bei centraler Lage des hinteren Muskels ganz verschwinden, wobei bedeutsam ist, dass in solchen Fällen häufigst eine unverschliessbare Schalenöffnung für den Fuss bezw. Byssus vorhanden ist. Bei gleichfalls auf der Vorderseite vor- handenem elastischen Ligament wird der vordere Muskel auch in seine alte Funktion eingesetzt und erhält eine dem hinteren Muskel gleichwertige Bildung. Durch die Verlagerung des elastischen Liga- ments nach hinten wird das hintere unelastische Ligament zu einer sonst bedeutungslosen „Schutzhülle“ des ersteren zusammengedrängt, während das vordere Ligament je nach dem Mass und der Art der Einkrümmung des Wirbels erhalten bleibt oder nicht. Diese eigen- artige Hülle findet man auch bei den beiden Ligamentschenkeln von Placuna, welche im Innern der Schale gelegen, aber offenbar an der äussersten Grenze der Kommissur fortschreitend, nach vorne und hinten wachsen, wie das Ligament opisthodeter Bivalven, welche merkwürdige Ligamentbildung noch nicht genügend geklärt ist. Bei den ligamentlosen Pholadiden tritt nach obigem der vordere Muskel in Antagonismus zu dem hinteren, nimmt bei Pholas eine sub- oder vielmehr interumbonale Lage ein und vertritt in gewisser Weise das fehlende Ligament. 23. Bezüglich der Einordnung des elastischen Ligaments hinter die umbokardinale Verbindungslinie des kürzesten Schichtzuwachses ist noch folgendes nachzutragen, wobei wir in Umkehrung des Vor- gangs das Ligament als Agens annehmen. Bei innerer oder randlich halbinnerer Ligamentlage liegt hauptsächlich dorso-ventrales Wachstum des Ligaments vor, es werden immer dickere Schalenschichten ventral von weniger dickeren abgesetzt, dies würde sofort zur völligen Spren- gung aller älteren Ligamentschichten führen (vergl. Punkt 18) (wobei die jüngste der neuen Schalenschichten entsprechende Ligamentschicht ihrer Funktion, die ganze Schale zu heben, nicht mehr gewachsen wäre), wenn nicht die Ligamentansatzfläche transversal und ventral in ihrem Schichtenzuwachs gegenüber dem freien Schalenrandzuwachs — BB — im Sinne der Umbokardinalverkürzung zurückwiche. Bei äusserem Ligament hat man ungehindertes umbo-anales Vorwachsen von Nymphe und Ligament'; die Ansatzfläche des letzteren weicht nicht transversal und ventral zurück; es können daher, um die Biegungselasticität zu erhalten und die Sprengwirkungen zu vermindern (im Gegensatz zur inneren Ligamentlage), nur dünnere Schichten im dorso-ventralen Querschnitt (der Ebene einer Komponente der Hauptspannung) nach innen vor äusseren dickeren Schichten folgen, wobei nicht zu vergessen ist, dass bei äusserer Ligamentlage mit regelrechter Nymphe die umbokardinale Verkürzung und subumbonale Schichten- verschmälerung ihren Höhepunkt erreicht und eben deswegen kein dorso-ventrales Ligamentwachstum zulässt. Das also hinter der Radial- linie des geringsten Schichtenzuwachses liegende elastische Ligament muss beim Weiterwachsen in dieser Lagerung mit seinen dünnsten vorderen Schichtpartien also stets umbo-anal nach hinten rücken, wenn die Wirkung des Ligaments erhalten bleiben soll. Wegen des innigsten Zusammenhanges von Schale und Ligamentschichten rückt daher die vor der bezeichneten Radiallinie liegende Schalenpartie mit oder ohne unelastisches Ligament nach hinten nach und bildet so die merkwürdige „Unterschiebung“ des elastischen Ligaments. Das Zurückweichen der vorderen Grenze des elastischen Ligaments nach hinten bei opisthodeten Muscheln ist analog mit dem transversal- ventralen Zurückweichen der Ligamentanwachsfläche z. B. bei amphi- deten Ostreiden. Die bei dieser Erklärung berührte Bildung von Ligamentnymphen und -gruben ist auch noch durch die im nach- ! Das Wachstum der Nymphe geschieht in der Verlängerungsrichtung der Schale und flieht von der Region der umbokardinalen Verkürzung! In dieser Richtung wächst natürlich auch das Ligament am stärksten, d. h. der Tiefenpunkt der sagittalen Konvexität der transversal konkaven Innenfläche des Ligaments, welcher der Lage der dicksten Ligamentschichten entspricht, ist nicht (wie, beim inneren Ligament) ventral, sondern postero-ventral gerichtet. Aus Punkt 22 ist ersichtlich, dass an dieser ganzen Entwickelung (vergl. auch S. 239) die umbonale Einkrümmung der Wirbel nach aussen und vorne bei konvexem Schlossrand schuld ist und entwickelungsgeschichtlich die Entstehung der Nymphenleisten teilweise (vergl. auch S. 252) eine Folge davon ist, unter Voraussetzung der vorhandenen Unmöglichkeit randlicher oder innerer Entwickelung des Ligaments. Es ist also nicht dasLigament desAgens, sondern diesesfolgtnurdem durch die Wirbeleinkrümmung und die Schlossverhältnisse be- dingten Verlaufdes dorsalen Ausstreichens der Schalenschichten. Jedenfalls ist diese Nymphenlage eine für die Erhaltung der Ligamentfunktionen besonders günstige und daher so weit verbreitet. Die Passivität des Ligaments zeigen in dieser Hinsicht auch gewisse Ligamentsverhältnisse bei Perna. ne ı- Se folgenden besprochenen Punkte zu ergänzen. Zu erwähnen ist noch, dass die Umbildung des hinteren unelastischen Ligaments zu einer Hülle des elastischen nur eine weitere Folge dieser von vorne nach hinten gerichteten Unterschiebung hinterer Par- tien durch die vorderen ist. 24. Bei totalem Schalenschluss wird der periphere Schalenrand und Schlossrand im ganzen Umfang völlig geschlossen; bei innerer Ligamentlage muss daher das zwischen den Schlossflächen kom- primierte Ligament derart liegen, dass es den völligen Zusammen- schluss der Klappen nicht hindert; da die Substanz nicht durch Druckelasticität in sich komprimiert wird, muss es in einer Vertiefung liegen; bei äusserer Ligamentlage ist dies nicht nötig, es sitzt das Ligament einfach am äusseren, mehr oder weniger ver- breiterten Schlossrand an. Da bei der Zusammendrückung der freie Gewölberaum zwischen den beiden Ligamenthälften verringert wird, das Ligament „gleichsam“ komprimiert wird, so liegt bezüglich der Funktion und der Befestigung des Ligaments (der Art des Skelett- ansatzes) Ähnliches vor, wie zwischen Skelett und Muskel, welche aus ähnlichen physiologischen Gründen bezw. in Muskelgruben oder erhabenen Cristen befestigt sind. Die Gruben sind bei innerer Lage besonders notwendig, damit die Zusammenpressung nicht über die Elasticitätsgrenze hinausgeht (vergl. No. 30). 25. Bei gleichschaligen Muscheln ist natürlich die Art des Ligamentansatzes und die Verteilung des Ligaments auf beiden Klappen gleich; bei ungleichschaligen, besonders einseitig anwachsen- den, ist sie erfahrungsgemäss ungleich, und zwar entspricht der kleineren, freien Schale die geringere Ligamententwickelung. Wenn die Bildung des Ligaments eine von der Schalenbildung völlig un- abhängige, von rein physiologischen Momenten bedingte wäre, so würde sie, da bloss auf die freie Schale die quere Gewölbebiegungs- spannung der freien Rückenbreite des Ligaments wirkt (also ein Teil einer grösseren Ligamentmasse der grossen Schale hierbei völlig überflüssig ist), auf der nicht beweglichen grösseren Schale gleich der der kleineren bleiben; da aber Ligamentwachstum und Schalen- wachstum in innigstem Zusammenhange stehen, zeigt sich das wuchernde, überschüssige Wachstum der sich befestigenden Schale auch in ihrer grösseren Ligamentausdehnung. Vergl. auch die gelegentliche Verschmälerung des Ligamentfeldes bei Ostrea explanata im Alter bei kleiner Wohnkammer trotz zunehmendem Schalengewicht. 26. Bei gleichklappigen Zweischalern liegen die beiden Liga- u mentträger bilateral streng gegenüber; bei ungleichklappigen, bei denen z. T. die kleinere Schale zum Deckel der gewölbten Gegen- schale entwickelt ist, ist dies nicht der Fall, sondern es liegen die beiden Schalenhälften mehr dorso-ventral gegeneinander verschoben. Hierdurch liegt der gesamte Ligamentschlossapparat häufig mehr in der Ebene der kleineren Deckelschale; in diesem Falle verändern sich die Ligamentansatzstellen zur Herstellung einfacher, der Unter- schale entsprechender Gewölbespannung des Ligaments, d. h. einer normalen Gegenstellung zweier Gewölbeschenkel;: wir finden daher an der kleineren Schale (vergl. Corbula, Mya, Aetheria, Anomia) hervorragende Träger des Ligaments in grösserer und geringerer Entwickelung; bei einigen Ostrea-Arten jüngerer Descendenz ist sogar das mittlere Ligamentfeld der Oberschale gewölbt (das der Unterschale vertieft) und bei einzelnen Exemplaren entspricht dieser Wölbung auch eine schon auf der Schaleninnenfläche sich vorberei- tende konvexe Erhebung; solche höchst vereinzelte Entwickelung ist bei mehr bilateral gegenüberstehenden Ligamentfeldern ganz undenk- bar. Dabei bleibt aber das wichtige ventralkonvexe Vorspringen um die diesen entsprechende Querstreifung unverändert! 27. Wenn im allgemeinen der elastischen Ligamentgrube und Nymphealleiste eine physiologische Bedeutung beizumessen ist, als einer Gestaltung zur Ermöglichung und Erleichterung der Funktion des Ligaments, so besitzen sehr häufig vorkommende ähnliche Er- hebungen und Vertiefungen in der Area des unelastischen Ligaments keine selbständige morphologische Bedeu- tung; wenn sie aus der einfachen Ligamentfläche mit ihren aus- streichenden Schalenschichten in diese durchquerenden Leistenerhe- bungen hervortreten, so hängt das stets mit entsprechenden Bildungen ventral von der Ligamentarea zusammen, welche also entweder Schlosserhebungen selbst sind oder wie bei Ostrea als schlossartige Bildungen gelten müssen, die als Schalenrand- Schlossbildungen zunächst ausserhalb der Mantelkommissur liegen. Die Grube des elastischen inneren Ligaments ist daher auch stets so gelegen, dass sie bei ihrer ventral gerichteten Vergrösserung nicht vorher über die von Zahnbildungen eingenommene Schloss- region hinüberwachsen muss, was für das indifferente unelastische Ligament thatsächlich der Fall sen kann und ganz ohne jede weitere Folgen ist. Die erwähnten auf den Areen des unelastischen Ligaments auftretenden sekundären zahnleistenartigen Erhebungen hängen in ihrer Längenentwickelung völlig und allein von — 289 — der Längenausdehnung des Ligamentfeldes oder der umbo- kardinalen Area, d. h. vom ventralen Fortschreiten des dorsalen Schlossrandes ab; sie sind dann am deutlichsten, je mehr sich Schloss- platte und Ligamentfeld einer Ebene nähern, da am undeutlichsten, wo beide Felder aufeinander senkrecht stehen (vergl. das verschieden- artige Auftreten bei Spondylus selbst und im Vergleich mit Plicatula). 28. Die im Bereich des unelastischen Ligaments liegenden, also bei geschlossenen Schalen äusserlich stets etwas sichtbaren sekun- dären Quererhebungen („sekundäre Wülste“) lassen sich bei untrenn- bar versteinerten Schalenhälften fossiler Bivalven ebenso sicher zu Rückschlüssen über innerliche Schlosserhebungen benutzen, als der oben erwähnte Verlauf und Auslauf der oberflächlichen konzentrischen Schalenstreifung zu Rückschlüssen auf die Länge des äusseren und die Lage des inneren Ligaments befähigt. Anderseits kann beim Vorhandensein sekundärer Wülste höchstens auf das etwaige Vor- handensein des unelastischen Ligaments geschlossen werden! 29. Die bei Ostreiden in allen drei Ligamentpartien auftretende schwache Längsstreifung hat noch weniger Bezug zu dem Ligament, seinem Bau und seiner Funktion, als die Querstreifung der Felder (vergl. Punkt 4. S. 276); ebensowenig hat sie unmittelbar etwas mit der eigentümlichen Rinnenbildung im Ligamentboden von Spondylus- Arten zu thun; sie ist wahrscheinlich zurückzuführen auf eine zunächst des Ligaments sporadisch auftretende ganz feine Runzelung der Schaleninnenfläche, welche nach dem Prinzip der sekundären Wulst- bildung sowohl dorsal auf dem Ligamentfeld erscheint, als auch, einmal daselbst aufgetreten, von hier aus auf ihm ventralwärts fort- geführt werden kann, wenn auch auf der proximalen Innenfläche der letzten Ligamentschichten die Runzelung nicht mehr beobachtet werden kann. Diese Runzelung ist nach dem Auftreten auf den drei Feldern zu schliessen ganz funktionslos, erscheint meist auf einer der beiden Schalen allein und ist ohne Anordnungsbeziehung zu etwa entsprechendem Auftreten an der Gegenschale. Ihre Ent- stehung ist jedenfalls auf ein stärker vorschreitendes Flächenwachstum der der Kommissur zunächst liegenden Schaleninnenschicht und zu- sammenhängend der Ligamentschichten zurückzuführen, deren seit- liche (oro-anale) Grenzen durch das extrakommissurale Schloss enger zusammengehalten werden; sie entstände daher als ein auf geringere Raumgrenzen zusammengezwungenes Streben nach Raumvergrösserung. Ähnlich haben wir die morphologisch sehr verschiedene Rinnenbildung am Ligamentboden bei Spondylus zu erklären versucht; sie ist beson- ders bei dieser Gattung durch die Überwachsung und Zusammenziehung Kahenchnftiat ri Yiaentnn Bi ataml, Kroleel ne rau Tann 19 — 290 — des Ligaments verständlich, wie sie auch an den emporgebogenen Seiten- flächen am stärksten scheint. Auch darf hier die Thatsache angeführt werden, dass jene Streifung bei Ostrea am stärksten bei dorso-ventral verlängerten und oro-anal verschmälerten Arten beobachtet ist. 30. Was das Verhältnis des bezahnten Schlosses zum Ligament betrifft, so ist zuerst zu betonen, dass das Ligament ein ungleich notwendigerer Bestandteil der Schalenzusammenfügung ist als das Schloss, das fehlen kann und auch sehr häufig fehlt. Weiterhin ist die Lage des Ligaments eine völlig gleichgültige (ob innerlich, äusserlich oder randlich) und kann durch die viel willkürlichere der Zähne modi- fiziert werden. Die Zähne bestehen indessen hauptsächlich in Be- ziehung auf das Ligament und bilden eine natürliche Hemmung jeder möglichen Überspannung des Ligamentgewölbes, welche zu dessen Zerreissung führen könnte; diese Funktion scheint bei schlossfreien Gattungen durch das „Knöchelchen“ ersetzt zu werden. Wichtig ist jedenfalls auch (immer in Beziehung auf das Ligament) die durch die Zähne gewährleistete Regelung und Führung der Ineinanderfügung der Klappen bei hastigem, heftigem Schalenschluss. Eine Beziehung zu Angriffen von aussen gegen einen Versuch der Öffnung der ge- schlossenen Klappen haben die Schlosszähne offenbar nicht. Ent- standen in ihren Anfängen als eine Oberflächenfaltung (?infolge der raumvermindernden Konzentration an der kommissuralen Schalen- randauflagerung) zeigen sie einen gewissen Wucherungscharakter, eine regellose Produktivität, welche auf die Lage des Ligaments ver- ändernd einwirkt. Aus diesem Prinzip folgern Hinweise für die Deutung der Zahnentwickelung in Phylogenie und Ontogenie Die Entstehung der Nymphe scheint zum grossen Teil auf die Beziehung zwischen Zahnlage und Ligamentachse zu gründen zu sein. 3l. Die Nymphenleiste ist eine mehr oder weniger starke, nicht aus der Fläche der Schlossplatte hervorragende Fortsetzung des Schlossrandes, welche je nach dem Masse dieser Vorragung das hintere unelastische Ligament und dessen Feld überschiebt. Hierin liegt ein Gegensatz zu den Zahnleisten, welche Vorragungen in der Fläche der Schlossplatten darstellen und daher zu der Nymphe in Funktionsbeziehung treten können (vergl. P. 30). 32. Die wichtigeren der in dieser Abhandlung neu besprochenen, z. T. noch unbekannten, z. T. in der Auffassung veränderten Organi- sationsverhältnisse seien im folgenden kurz registriert: 1. Das un- elastische Ligament der Pectiniden. 2. Die Zerschlitzung der Ansatz- fläche des elastischen Ligaments bei Spondylus. 3. Verdrängung des Ligaments am Wirbel der Perniden und Verschiedenartigkeit der Tafel II. Fig. 1 und 1a. Ostrea fimbriata Grat. (Kopie aus Hörnes, Foss. Moll. des Wiener Beckens. Taf. 74 Fig. 16). Linke Klappe; zeigt das Einlaufen der emporgewölbten seitlichen Begrenzung des extrakommissuralen Schalen- randschlusses in den somit gleicherweise gestalteten seitlichen Ligament- wulst; Fig. 1a zeigt die Verteilung von mittlerem elastischen und seit- lichem unelastischen Ligament in verschiedener Tönung der Felder. S. 1%. Ostrea Boblayi DesH. (Kopie aus Hörnes, l. c. Taf. 70 Fig. 3 und 4). Zeigt das gleiche Verhalten ventral vom seitlichen Ligament wie in Fig. 1, nur in etwas modifizierter Form, S. 190. 3 und 3a. Ostrea Boblayi (vergl. Fig. 2). Verteilung‘ der Ligamentarten 4. in verschiedenen Tönen dargestellt. S..190. Ostrea cymbula Lam. (Kopie aus GoLpruss, Petref. Germ. Taf. LXXVI Fig. 5). Zeigt bezüglich des seitlichen Ligamentfeldes das gleiche wie Fig. 1—3; zeigt daneben aber auch, wie die gekerbte Furche des Schalen- randschlosses in natürlich nicht mehr die Funktion ermöglichender Lage ausserhalb des Ligamentfeldes bis zum Wirbel verläuft. S. 190. Östrea cymbula Lamk. Rechte Klappe; zeigt die extrakommissurale Schalenrandkerbung mit jener der älteren Schalenrandschichten zu fast kontinuierlichen sekundären Querriefen zusammengeschlossen. S. 190. Perna Sandbergeri Des#t. Ventraler Abschnitt des vorderen Teiles des Ligamentfeldes, 2 mal vergrössert; die schwach vertieften ventral vor- springenden Leisten gehören dem elastischen Ligament an, die tieferen Furchen dem unelastischen; zeigt die Verdrängung von unelastischen und elastischen Ligamentfeldern durch ventrale Verbreiterung des elasti- schen Ligaments. S. 198—200. Perna Sandbergeri (Kopie aus QuENSTEnT’s Petrefaktenkunde, Taf. 60 Fig. 30). Zeigt, wie eine grosse Anzahl von Ligamentfeldchen von der einzig in Wirkung befindlichen proximal-ventralen Region der Ligament- area ausgeschlossen werden und in die Region der weitesten Divergenz der gegenüberliegenden Felder rücken, in ?/s natürlicher Grösse. (Vergl. auch SANDBERGER, Konchylien des Mainzer Beckens. Taf. XXXI Fig. 4.) Ss. 198—200. Exogyra plicata GoLDF. (Kopie aus GoLpruss, 1. c. Taf. LXXXVLH Fig. 5). Linke Klappe, zeigt unter dem Wirbel vor dem elastischen Ligament ein vorderes Feld flach ausstreichender Schichten mit Resten der extra- kommissuralen Schalenrandkerbung; es ist das Feld wegen Quer- und Längsstreifung nicht etwa als vorderes Ligamentfeld zu deuten; dies fehlt ebenso wie das hintere. Die Schalenrandkerbung älterer Schalen- stadien zeigt sich auch in einer natürlich nicht mehr funktionierenden Furche hinter dem elastischen Ligament bis zum Wirbel. vorlagen: | E Ss. 190, 1902 ürtt W in Naturkunde f. vaterl Ins Jahreshefte d. Vere > > rare 5 ETCE Mr Ta Ostrea callifera. Zeigt die Längsstreifung der Felder des elastischen und unelastischen Ligaments, welche z. T. kontinuierlich auf die an- schliessende Schaleninnenfläche ausläuft (vergl. äusserlich analoge Er- scheinungen bei Spondylus Taf. IV Fig. 1). Das vordere Ligamentfeld zeigt eine pathologische Unregelmässigkeit des Schichtenanwachses, welche auf das übrige Ligament wegen der Funktionslosigkeit der epidermalen Substanz auch nicht den geringsten Einfluss ausübt. Pecten varius Lamk. Die auf der vorderen Schlossseite besonders deut- liche Querstreifung zeigt die Ausdehnung der Ligamentfelder (inkl. elasti- sches Ligament) gegen das Schloss und so auch die Fortsetzung des grossen Schlosszahnes in das Ligamentfeld in Form einer sekundären Leiste. Der Gleiche. Die Ausdehnung der Ligamentarten ist in verschieden dunkeln Tönen dargestellt, das elastische Ligament ist schwarz gehalten, Aetheria Caillaudi Ferussac. Hier ist die linke Schale auf der höckerig dornigen Deckelschale eines viel grösseren, gleichfalls mit der normal aufgewachsenen Unterschale vorhandenen Exemplars der gleichen Art aufgewachsen; das vordere Ligament ist in schmalem Band zunächst des Schlossrandes erhalten, das hintere liegt normal in der Nymphealfurche. Vor und hinter der Kommissur orientiert, erkennt man zwei Randauf- lagerungsflächen der Deckelschale auf dieser Unterschale, welche, be- sonders hinten, durchaus ostreidenartig in einer schmäleren Furche am Ende des Ligaments ausläuft; sie bildet ebenso hinter der Nympheal- furche deutlich eine sekundäre Rinne, wie bei Ostreiden (vergl. Taf. III Fig. 2 und Taf. V Fig. 3); in °?/s natürlicher Grösse. Tafel II. Fig. 1 und 1a. Aetheria Caillaudi Ferussac. Rechte (aufgewachsene) Schale RT Een, EN u, 6. mit zugehöriger Deckelschale (1a) (Original im Kgl. Naturalienkabinet in Stuttgart), mit lang ausgezogenem Pseudoligamentfeld, bei dem nur ein kleiner Teil von den drei Ligamentpartien bedeckt ist. Das vordere un- elastische Ligament bildet ein schmales Band und ist nur auf der Deckel- schale (Fig. 1a) in Substanz erhalten; das breite mittlere Band ist das ver- kalkte elastische Ligament, an welchem die gewölbte Innenfläche deut- lich ist; das hintere unelastische ist hier nur in einem schmalen Quer- bruch erkennbar, dagegen auf der Deckelschale mitsamt der reduzierten Nymphe stärker hervortretend; vergl. hierzu auf der Taf. V Fig. 1 und Fig. 2. In ?/s natürlicher Grösse. S. 206. Gleichfalls Aetheria Caxllaudi. Bezüglich der drei Ligamentpartien vergl. die Abtönung derselben auf der Taf. V Fig. 3; die vordere Auf- lagerungsfläche der Deckelschale ist sehr schmal, verläuft aber bis zum vorderen Ligament, die hintere Auflagerungsfurche ist desgleichen schmal und scharf; die sekundäre Furche und der Zickzack der Schichtlinien hinter dem Ligament ist auch zu erkennen. In ?/s natürlicher Grösse. S. 206, Aetheria semilunata Lamk. Rechte Schale mit deutlich umgrenztem vorderen Ligamentfeld und Resten des unelastischen Ligaments (vergl. Fig. 4 auf Taf. V). In ?/s natürlicher Grösse. 8. 206. Ostrea crassissima LaMmK. (Kopie aus Hörnes, 1. c. Taf. 82 und 83). Rechte Schale zeigt das mittlere Ligamentfeld als Wulst, jedoch mit vertikalkonvexen Querstreifen. S. 207. Ostrea flabellula Lamk. Zeigt die sekundären Wülste der Schalenrand- kerbung mit dem seitlichen Ligamentwulst (rechte Klappe) pa laufend (vergrössert). S. 190. Ostrea lacerata GoLDF. (Kopie aus GoLDFuss, 1. c. Taf. LXXVIIH Fig. 1). Vergl. Fig. 4. S. 1%. „ 2 und 7a. Lima spec. Zeigt auch am vorderen und hinteren Ende des Ligamentfeldes sekundäre Wülstchen nach kleinen Zähnelungen des Schlossrandes. S. 189. Lucina spec. zeigt besonders die kurzschichtig blättrige Struktur des unelastischen Ligaments, wie bei vielen anderen Gattungen; leider ist sie in der Reproduktion nicht besonders deutlich zu sehen. S. 215, « » Tar IE Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902.' A hc Tafel IV. Fig. 1. Spondylus gadaeropus Lın. Die vom epidermalen Ligament ganz freien seitlichen Umbokardinalfelder sind median zu einem „Pseudoligamentfeld* verschmolzen ; seine Querstreifung entspricht dem Ausstreichen der alten Schlossränder, seine Längsstreifung einer deutlichen Kerbung des ganzen Schlossrandes, welche besonders seitlich von den Hauptzähnen noch in einer kommissuralen Parallelfurche zu sehen ist; den Hauptzähnen ent- sprechen zwei besondere, allerdings flache, aber breiter längsgestreifte Wulstregionen als sekundäre Skulptur des Pseudoligamentfeldes; in Be- ziehung auf die Streifung des Ligamentfeldes von Ostrea ist diese hier durchgängig sehr viel kräftiger und regelmässiger. S. 191. „ 2 und 2a. Oberschale des vorigen Exemplars; Längsstreifung des Pseudo- ligamentfeldes schwächer, sekundäre Wülste nach den Hauptzähnen kräftiger, mediane Verschmelzung über dem Ligament weniger voll- ständig; statt der queren Furche in der Unterschale eine gekerbte vor- ragende Leiste. S. 191. „ 3 und 3a. Plicatula spinosa Sow. (Kopie nach der 4mal vergrösserten Ab- bildung in Gotoruss, ]. c. Taf. CVII Fig. 1i und 1k). Man erkennt das nach Analogie mit Spondylus quergestreifte Pseudoligamentfeld mit den sekundären Wülsten nach den Hauptzähnen (vergl. Taf. V Fig. 6, Oberschale). S. 192, „ 4. Mytilus Haidingeri Hör. (Kopie aus Hörnes, 1. c. Taf. 46 Fig. 3). Man erkennt in dem umbokardinalen Zwischenfelde die sekundären Leisten nach den randständigen Zähnchen, S. 212. „ 9. Mytilus d’Orbignyi PkıL. (vergrössert). Hier sind die Zähnchen mit den umbokardinalen sekundären Leisten jederseits auf eines reduziert. S. 212, »„ 6 und 6a. Unio sp. Prä- und postnympheale Grube für das unelastische Ligament sind besonders deutlich; in Fig. 6a ist der Raum des unela- stischen Ligaments mit lichtem Tone gekennzeichnet. S. 202. »„ 1. DUnio pustulosus Lea (vergl. Fig. 8). „ 8. Gegenschale von Fig. 7. Das vordere Ligament ist völlig erhalten, man erkennt seine Unterschiebung unter das elastische, die Blätterstruktur an der Ablösungsfläche vom Ligament der Gegenschale; das Ligament bildet, wie das elastische, eine ziemlich starke Bogenverbindung von der einen Schale zur anderen. S. 202 etc. „ 9 und 9a. Chama cf. gryphoides Lanuk. (vergl. Goupr. 1. c. Taf. 138 Fig. 9e). Man erkennt in dem breiten Feld des hinteren unelastischen Ligaments eine vordere Längsleiste als sekundäre Leiste nach dem schwachen hinteren Lateralzahn und eine hintere randliche Furche als sekundäre Furche nach dem eingetieften Schalenkerbungsrand; Fig. 9a zeigt den Raum des unelastischen Ligaments in hellem Tone. S. 211. „ 10 und 1Va. Tridacna squamosa. Man erkennt das durch das Schichten- ausstreichen stark gestreifte vordere Ligamentfeld (in Fig. 10a in lichtem Tone gehalten) mit der starken sekundären Leiste nach dem rundlichen Zahn; weiterhin ist die starke Unterschiebung des unelastischen Liga- ments unter das elastische sichtbar. S. 208, ER „ 11, 11a und 12. Lucina mutabilis Lamk. Zeigt ausgedehnte umbokardinale R. Felder mit ausstreichenden Schalenschichten, wobei es ungewiss ist, ‚0b Ai sie mit unelastischem Ligament erfüllt waren. S. 211. R Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. Taf. IV. . rn dr Rn EOS BL: DM Tafel V. Fig. 1 und 2. Aetheria Caillaudi Frrussac (vergl. Taf. III Fig. 1 und 13). RER, ER: Be ET. FB: ER; 10; HT: 4, AB, ini Sl, BAT. Das elastische Ligament ist in dunklem Ton gehalten, das vordere und hintere unelastische in hellerem Ton. S. 206. Aetheria Caillaudi (vergl. Taf. III Fig. 2). Darstellung des vorderen und hinteren Ligaments in hellerem Ton als die des mittleren Ligaments. Aetheria semilunata Lam. (vergl. Taf. III Fig. 5). S. 206. und 5a. Unio sp. (vergl. Taf. IV Fig. 7 und 8). S. 202 etc. Plicatula spinosa Sow. (Kopie aus GoLpruss, 1. c.). Obere Schale von Taf. IV Fig. 3; man erkennt das analog Spondylus quergestreifte um- bokardinale Pseudoligamentfeld mit den sekundären Wülsten nach den Hauptzähnen. S. 191. Einblick in die Ligamentgrube von Spondylus gadaeropus von der Ventral- seite aus; man erkennt die zwischen Ligamentsubstanz und Schloss aus- mündenden Kanalporen. S. 193. Ansatzfläche des Ligaments von Spondylus nach Abhub der Ligament- substanz; man erkennt die nach unten offenen Kanäle und die das Liga- ment tragenden Leisten mit ihrer ventral-konvexen Querstreifung. 8. 194. Schematische Ansicht des Zusammenstreichens der Schalenschichten bis unter den Wirbel bei innerem Ligament. S. 223. Schematische Ansicht des Verhaltens der Schalenschichten bei kurzem äusseren Ligament und fehlendem vorderen Ligament. S. 219 ete. Verhalten der Schalenschichten bei vorhandenem vorderen Ligament und langem äusseren Ligament hinter dem Wirbel. S. 219 ete. Verhalten der Schalenschichten zum Ligament bei vorne stark zurück- gekrümmtem Wirbel. S. 219 etc. Querschnitt durch das äussere Ligament bei geschlossenen Klappen; Zähne in der Deckung befindlich; Abnahme der Ligamentschichtendicke von aussen nach innen. S. 216, 235, 248. und 15. Kopien nach Broxn, Klassen und Ordnungen. Bd. III. Taf. XXIX Fig. 13. „Zwei Stücke der Schlossbänder von Uno, im Quer- wie im Längsschnitte dargestellt, um seine übereinander geschichtete Blätter- struktur zu zeigen.“ S. 215. Querschnitt durch die Schale einer Ostrea (schematisch) in halboffenem und geschlossenem Zustande. Die Weite und Höhe des Ligamentbogen- gewölbes ist sehr stark übertrieben; zeigt die Zerreissung der älteren Ligamentschichten. S. 193. Beziehung der Schalenschichten zur Ausdehnung und Schichtung des ge- samten Ligamentapparates bei Unio (überhaupt für Isomyarier gültig); die Einheit der Schichtung zwischen der Perlmuttersubstanz der Nymphen- leiste und dem elastischen Ligament hat MüLter (vergl. oben S. 267) auch mikroskopisch nachgewiesen. Die Punktlinien stellen die Grenzen der EI ERnenitpartien untereinander an der Fläche der Schalenschichten dar; die punktierte Verbindungslinie der Stellen schwächsten Schalen-und 4 ei hmenfis ist die von vorne oben nach hinten unten Bere u zweite Linie von rechts. S. 235. — 2931 — Lagerung des elastischen Ligaments daselbst etc. 4. Vorderes unelasti- sches Ligament bei Unio, Anodonta, Aetheria, Tridacna, Donax etc. 5. Falsche Auffassung des elastischen und unelastischen Ligaments bei Arciden. 6. Anormales Ligament bei Placuna. 7. Kontinuität der Ligamentschichten in allen drei Partien unter sich und mit den Schalen- schichten ; Beziehung zu den Anwachsstreifen, kontemporärer Zuwachs von Schale und Ligament. 8. Ausdehnung und Lage des Ligaments. 9. Histologischer Vergleich der Ligamentschichten mit den Schalen- schichten. 10. Begriff der sekundären Wülste und Leisten (Gruben und Furchen) im Bereich des unelastischen Ligaments bei Ostrea, Pecten, Spondylus, Plicatula, Tridacna, Mytilus, Ohama, Cardita ete. 11. Wirksamkeit der proximal-ventralen Schichten des elastischen Ligaments und Zersprengung der distalen nicht funktionierenden. 12. Eigentliche Art der Elasticitätswirkung des elastischen Ligaments (Biegungselasticität). 13. Begründung der physiologischen Bedeutung von Ligamentgrube und -Leiste, der ventralen Konvexität als sicher- stes Kennzeichen des Orts des elastischen Ligaments. 14. Begründung der Beziehung zwischen Wirbeleinkrümmung der Bivalven und der Ligamentlage. 15. Erklärung der Vorbedingung für die Umbildung der Art der Schalenöffnung bei den ligamentlosen Pholadiden. 16. Funk- tion der Schlosszähne in Beziehung auf das Ligament und Bedeutung des Ligaments in der Entwickelungsgeschichte des Schlosses; Deu- tung des „Knöchelchens“ und der Nymphe. 17. Kompromiss zwischen den palaeontologischen, vergleichend anatomischen und ontologischen Befunden und Ansichten anderer Autoren über Ort und Art der Ligamententstehung. | 33. Zum Schlusse sei nochmals ausdrücklich auf die schon durch Bronn’s Macerationsmethode mit Kalilauge (l. ce. S. 357 — 358) selbst bei innerem elastischem Ligament von Pecten, Crassatella und Mactra ete. nachgewiesenen Einschlüsse von feinsten Kalkfasern aufmerksam ge- macht; vielleicht kann meine Annahme, dass das innere Ligament eine durch das Schloss eingeengte und z. T. gehemmte Bildung ist, zur Erklärung der Verfeinerung seiner Kalkfasern ebenso dienen, als zur Erklärung des völligen Fehlens der Prismenschicht in der umbo- kardinalen Schalenkonzentrationsregion. Bemerkung zu den Tafeln I—.V. Sämtliche Kopien sind auf ungefähr ?/s verkleinert; desgleichen die Originale, ausgenommen die Figuren, bei denen die Vergrösserung ausdrücklich bemerkt ist. 19 * Ueber ein Meteoreisen von Mukerop, Bezirk Gibeon, Grossnamaland. Von A. Brezina und E. Cohen. Mit Tafel VI. Der 178 kg schwere Block wurde 1899 bei Mukerop (18!/2° L. und 25?/a° s. Br.) im Bezirk Gibeon, Grossnamaland, gefunden und gelangte als Geschenk in den Besitz des Herrn Grafen Karı v. LinDen, Vorstands des Vereins für Handelsgeographie in Stuttgart; von diesem wurde das Meteoreisen dem K. Naturalienkabinett daselbst zur Unter- suchung überwiesen. Herr Professor Fraas liess nach Herstellung eines Gipsabdrucks den Block derart in drei Teile zerlegen, dass eine Mittelplatte von ca. 16 kg und zwei Endstücke von 86 und 61 kg gewonnen wurden. Das mit starken Meisseln in der Kunw’schen Maschinenfabrik in Berg bei Stuttgart ausgeführte zweimalige Durchstossen hat also einen Verlust von ca. 15 kg verursacht. Die Mittelplatte erhielt das K. Naturalienkabinett in Stuttgart zum Geschenk. | Für die Untersuchung stellte uns Herr Professor Fraas die grosse Platte mit einer Schnittfläche von ca. 880 gem, ein Modell des ganzen Blocks, sowie einige Photographien zur Verfügung, wofür wir ihm auch an dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank aus- sprechen. Zum Studium der Struktur und chemischen Zusammen- setzung wurden auf der Rückseite drei Platten im Gesamtgewicht von ca. 275 g abgeschnitten; nachdem auch noch eine Neuätzung der Platte vorgenommen worden, wiegt dieselbe nunmehr 15470 g. Schon die flüchtige Betrachtung der geätzten Schnittfläche lässt mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass ein weiterer Block des- jenigen Meteoreisenfalls vorliegt, dem auch die als Lionriver von SHEPARD und als Bethanien von einem von uns beschriebenen Blöcke angehören, und welcher zuerst von Kapitän ALEXANDER erwähnt wird, — 2993 — der angiebt, dass am Ostufer des grossen Fischflusses bedeutende Eisenmassen über einen beträchtlichen Raum zerstreut vorkommen !. Da es sich augenscheinlich um einen Fall handelt, welcher eine er- hebliche Zahl von Blöcken geliefert hat, so mag das Fallgebiet immer- hin ziemlich ausgedehnt gewesen sein; aber trotzdem dürfte bei der Entfernung der bis jetzt bekannten Fundorte — Bethanien; Ufer des Fischflusses Berseba gegenüber (nach Scaenck); Mukerop — eine Verschleppung von Blöcken stattgefunden haben. Nach dem Modell ist der Block im grossen von rundlicher Gestalt, wenn sich auch vier verhältnismässig ebene Begrenzungs- flächen von verschiedener Grösse unterscheiden lassen. Die ganze Oberfläche ist dicht bedeckt mit Einsenkungen, welche derart an- geordnet sind, dass nirgends rippenförmige Partien hervorragen. Ein Teil jener besteht aus schüsselförmigen Vertiefungen, welche einen Durchmesser von 8, eine Tiefe von 5 cm erreichen; zwischen den- selben liegen zahlreiche flache, fingerförmige Eindrücke, und diese sind allein auf den erwähnten ebeneren Begrenzungsflächen vor- handen. Von den Vertiefungen macht keine den Eindruck, wie es sonst so oft der Fall ist, als sei sie durch ausgeschmolzenen Troilit entstanden oder eingeleitet. Die aus der Mitte des Blocks heraus- geschnittene Platte ist rings von einer dünnen, fest anhaftenden Rostrinde umgeben; eine stärkere Abblätterung von Rost scheint nicht stattgefunden zu haben, und die jetzige Gestalt dürfte im wesentlichen mit der ursprünglichen übereinstimmen. Das vorliegende Eisen zeichnet sich durch zwei Erscheinungen aus, welche dem Block von Mukerop ein besonderes Interesse ver- leihen. Die eine besteht darin, dass derselbe sich in drei Teile zerlegt, welche sich deutlich voneinander abheben, wenn sie auch nicht ihrer ganzen Ausdehnung nach scharf gegeneinander abgegrenzt sind. Der eine Teil (Tafel VI mit I bezeichnet), auf der Schnittfläche etwa ein Drittel ausmachend, wird beim Ätzen gleichmässig matt mit schwachem, fettartigem Schimmer; er erscheint bei flüchtiger Be- trachtung homogen und etwa den dichten, nickelreichen Ataxiten ! Über die einschlägige Litteratur, sowie über die mutmasslichen Be- ziehungen der verschiedenen, aus dem westlichen Südafrika in Katalogen auf- geführten Meteoreisen vergl. E. Cohen: The meteoric iron from Bethany, Great Namaqualand. Annals of the South African Museum 1900. II. P. 2, 21—24, und Die Meteoreisen von Kokstad, Bethanien und Muchachos. Mitt. aus d. naturwiss. Ver. für Neuvorpommern und Rügen 1900. XXXII. 12—17. _— 24 = gleichend. Bei sorgfältiger Betrachtung — besonders bei sehr schief einfallendem Licht und Benutzung einer Lupe — erkennt man jedoch einen Aufbau aus feinen oktaedrischen Lamellen‘. Dass derselbe sich so schwach markiert, wird einerseits durch die ausserordent- liche Feinheit der Tänitlamellen bedingt, anderseits dadurch, dass die Balken und Felder aus dem gleichen feinkörnigen, unter dem Mikroskop schwach flimmerigen Kamazit bestehen. Die Lamellen liegen teils einzeln, teils scharen sie sich in grösserer Zahl; die sehr reichlich vertretenen Felder schwanken nur wenig in ihren Dimensionen. Auf dem Rest der Schnittfläche treten die feinen WıDMan- srätten’schen Figuren deutlich hervor, einerseits weil das Gesamt- gefüge etwas gröber ist, anderseits, weil Fülleisen und Balken sich ihrer Struktur nach unterscheiden. Der Plessit ist auch hier sehr feinkörnig, aber gleichmässig und dicht erfüllt mit kleinen, stark glänzenden Flittern, während die Balken erheblich gröber struiert sind und die deutlich gegeneinander abgegrenzten, bis zu 0,2 mm grossen Körner, aus denen sie sich aufbauen, einen lebhaften orien- tierten Schimmer liefern. Wie im übrigen Teil ist Fülleisen stark entwickelt und liegen die Lamellen teils isoliert, teils geschart. Wo letzteres der Fall ist, werden die Balken häufig nicht durch eine zusammenhängende Lamelle von Tänit getrennt, sondern letzterer löst sich auf der Schnittfläche, scheinbar wenigstens, in kurze Blätt- chen auf, welche sich geradlinig aneinanderreihen; in Wirklichkeit wird der Tänit ein Netzwerk bilden, von welchem bald die Maschen, bald die Fäden in die Schnittfläche fallen. Solche Partien stehen ihrem Aufbau nach denjenigen nahe, welche einer von uns früher aus Bethanien abgebildet und als ausgedehnte Felder gedeutet hat”. Dieser Teil der Platte mit deutlichen WinmAnsSTÄTTEN’schen Figuren ist jedoch auch nicht einheitlich, sondern besteht aus zwei Individuen, von denen das eine (Tafel VI mit II bezeichnet) der Fläche eines Hexakisoktaeder, das andere (Tafel VI mit III be- zeichnet) annähernd einer Öktaederfläche parallel geschnitten ist. Das erstere nimmt den mittleren Teil der Platte ein und liegt also zwischen der vorerwähnten matten und der einer Oktaederfläche an- nähernd parallelen dritten Partie. ‘ Auffallenderweise treten die Widmanstätten’schen Figuren hier um so schwächer hervor, je stärker man ätzt. ® E. Cohen: Die Meteoreisen von Kokstad, Bethanien und Muchachos, l. c. 21, Taf. III Fig. 2. —- 2 -—- Man überzeugt sich leicht, dass die matt werdende und die Mittelpartie krystallonomisch parallel orientirt sind. Ihre Abgrenzungs- linie verläuft zu zwei Drittel längs der gleich näher zu beschreiben- den durchlaufenden Trennungsspalte, greift aber im obersten Drittel der letzteren in die Mittelpartie herüber; auf dieser Strecke ist die Trennung zwischen matter und stark schimmernder Partie auch keine scharfe, also nicht vergleichbar mit der Abgrenzung zwischen der an vielen Eisen beobachteten Veränderungszone und dem Innern, sondern eine allmählich verlaufende. Es macht den Eindruck, als ob der Mukerop-Block zu einem Drittel irgend einer äusseren Ein- wirkung unterworfen gewesen wäre, durch welche der kräftige, orien- tierte Schimmer der Lamellen stark abgeschwächt wurde; man möchte dabei am ehesten an eine allmählich bis zum Glühen gesteigerte Erhitzung dieses Teils denken, im Gegensatze zu dem schnellen und scharfen Erhitzen, welches bei vielen Eisen die natürliche Verände- rungszone erzeugt haben dürfte. Die Orientierung der drei be- sprochenen Partien gelangt weiter unten zur Besprechung. Die zweite Eigentümlichkeit besteht in dem Auftreten von zwei Systemen je untereinander paralleler, geradlinig verlaufender Risse, von denen der schon erwähnte die ganze Schnittfläche durchsetzt, während die übrigen nur 1—4 cm lang sind und mit vereinzelten Ausnahmen vom Rand der Platte auslaufen. Die meisten sind sehr flach, einige wenige so tief, dass sie auf beiden Schnittflächen der 2 cm dicken Platte hervortreten. Die Risse sind krystallographisch orientiert und zwar, wie es scheint, nach Oktaederflächen, da sie den Balken parallel verlaufen; ihre Lage ist demgemäss auch in den beiden oben erwähnten verschieden orientierten Individuen ver- schieden. Die längeren Risse klaffen; von den kürzeren ist ein Teil, welcher sich bisweilen zierlich verästelt, von einer schwarzen, leb- hafte Politur annehmenden, beim Ätzen sich nicht verändernden Masse erfüllt, die sich mit dem Messer nur schwierig ritzen lässt und schwarzen Strich giebt; es scheint das zu sein, was REICHENBACH als „Eisenglas“ bezeichnet hat. Zur Isolierung und näheren Unter- suchung sind die Partien zu geringfügig. Da man wohl annehmen kann, dass die Ausfüllung während des Durchgangs des Meteoriten durch die Atmosphäre stattgefunden hat — bei späterer Entstehung wäre Eisenhydroxyd zu erwarten —, so müssen die augenscheinlich als Kontraktionsrisse aufzufassenden Spalten schon vor dem Eintritt in die Atmosphäre vorhanden gewesen oder sofort beim Eintritt ent- standen sein. — m — An accessorischen Gemengteilen treten auf der geätzten Fläche an etwa 30 Stellen kleine plattenförmige Einlagerungen hervor, welche aus einem innigen Gemenge von in der Regel vorherrschen- dem Graphit mit Körnchen und Klümpchen von Schreibersit und wahrscheinlich auch von Troilit bestehen. Man kann zwar nur ganz vereinzelt im reflektierten Licht eine Farbe wahrnehmen, welche an diejenige des Troilit erinnert, jedoch auch gelb angelaufenem Schrei- bersit zukommt; aber die breiten, jene Aggregate umgebenden Ätz- höfe sehen so aus, als seien sie durch Einwirkung von Schwefel- wasserstoff entstanden, welcher sich beim Ätzen aus Troilit ent- wickelt. Vielleicht ist auch Daubreelith in geringer Menge vorhanden ; wenigstens sieht man gelegentlich kleine schwarze, matte, platten- förmige Einlagerungen. Diese Aggregate erreichen eine Länge von 18 mm, sind aber zumeist erheblich kürzer und scheinen krystallo- graphisch orientiert zu sein; dann würden sie die REıcHEnBAcH’schen Lamellen in anderen Oktaedriten vertreten. An einem solchen, aus- nahmsweise vorherrschend aus Schreibersit bestehenden Einschluss sind die Balken in unmittelbarer Nähe scharf gestaucht, nehmen aber sofort und unvermittelt wieder ihre normale Lage an. Wir können uns nicht erinnern, eine auch nur in annähernd ähnlicher Stärke auftretende Beeinflussung der Lamellen durch accessorische Gemengteile in anderen Eisen beobachtet zu haben. Es erklärt sich dies vielleicht dadurch, dass jene in der Regel von Wickelkamazit umgeben werden, welcher in Mukerop so gut wie ganz fehlt. Auf der Rückseite der Platte tritt ferner ein centimetergrosser rundlicher Knollen von Graphit hervor und eine ebensogrosse Höhlung enthält auf ihrem Boden noch Reste desselben Minerals. Die Gesamtmenge dieser accessorischen Bestandteile ist jedoch im Verhältnis zur Grösse der Schnittfläche verschwindend klein. Für die krystallonomische Orientierung der verschiedenen Platten- teile war zunächst wegweisend, dass eines der oktaedrischen Lamellen- systeme allen drei Teilen gemeinsam ist; es bildet in starker Scharung die Grenze zwischen der mittleren (II) und der dritten Partie (III), und diesem Lamellensysteme gehört auch die orosse, durchlaufende Spalte zwischen I und II, sowie die zweitgrösste, 5 cm lange Spalte zwischen II und Ill an. Der Mittelteil der Platte (II) zeigt an zwei Stellen blossgelegte Oktaederflächen, deren Winkel zur Schnittfläche an Siegelwachs- abdrücken mit dem Anlegegoniometer gemessen werden konnten. Die eine derselben gehört dem allen Plattenteilen gemeinsamen — 27 — Oktaedersystem an; wir bezeichnen sie mit (111), die andere frei- gelegte Oktaederfläche mit (111), die Schnittfläche mit x (uvw). Die gemessenen Winkel sind: x (111) = 59,5, 59,0, 59,5 an 3 Stellen; im Mittel 59° 20, x (111) = 41° an einer Stelle; daraus berechnet sich für die Indices von x va — LU. WW — 1,000) oder das Symbol vw) =(7.,.12;59). Die Rückberechnung der Winkel ergiebt x (111) —= 59° 25, x (111) = 41°8, eine Übereinstimmung mit der Beobachtung, die natürlich weit über die Genauigkeitsgrenzen hinausgeht, da verein- zelte entblösste Flächen meist auf einige Grade von der theoretischen Position abweichen. Ein einfacherer Ausdruck für die Fläche x wäre uvw = (128) mit den berechneten Winkeln x (111) = 60°53, x (111) = 40°8, also noch immer in mehr als hinreichender Übereinstimmung mit der Beobachtung. Für (128) ergeben sich die Spurenwinkel der vier Oktaeder- flächen ! in der Reihenfolge von der steilsten zur flachsten: 18° 26, 20°41, 73°15, 7038, Die Messung an je 6—7 Lamellenkreuzungen ergab für diese Winkel die Werte: 82, 79, 80, 78, 78, 81, im Mittel 79° 40 BEP 20 OS IT IR DIPS RU TER TOR 79, 74,.766.95.74.78, 74,0 NA 9, 10, 9, 10, 10, 10, 3uadazas IA2o Summe der Abweichungen zwischen Messung und Rechnung 6° 50. Für den anderen Plattenteil von oktaedrischer Lage wäre zu- nächst zu untersuchen, ob Anzeichen für eine gesetzmässige Orien- tierung gegenüber dem Mittelteile vorliegen. Da eine Oktaederschar beiden Teilen gemeinsam und Zwillingsbildung nach der Oktaeder- fläche beim Eisen bekannt ist, so liegt die Annahme nahe, dass es sich um ein solches Gesetz handelt. Berechnen wir unter der Voraussetzung von Zwillingsbildung nach {111} die Indices einer Fläche (uvw) in Zwillingsstellung (u‘v‘w‘), so ist bekanntlich ? uvw)=(—u—2v+42w; -2u—v—2w; 2u—2v—w) ! A. Brezina: Meteoritenstudien II. Denkschr. d. mathem.-naturwiss. Klasse d. kais. Akad. d. Wiss. Wien 1881. XLIV. 124. ® Schrauf: Lehrbuch der physikalischen Mineralogie I. 194. — AN Die Fläche (128) geht sonach über in (11.20.10), und man erhält für die Winkel der Oktaederspuren auf dieser Schnittfläche, wieder von der steilsten zur flachsten fortschreitend: 67°30, 45044, 61051, 4055. Die Messung ergiebt für diese Spurenwinkel: 63, 66, 65, 65, 65, 64, 65, im Mittel 64°43 51, 50, 51, 49, 50, 50, 51, „ „50017 55, 57, 57, 58, 52, 48, 0... Bäume 10.35. .208 8 0 90 40 Die Übereinstimmung der berechneten und gemessenen Spuren- winkel ist unbefriedigend; kehren wir deshalb zu dem ursprünglich ge- fundenen, etwas komplizierteren Ausdruck (7.12.55) für die Schnitt- fläche zurück, so wird ihre Zwillingsposition (79. 136.65). Für dieses Flächen-Zwillingspaar können wir die einfacheren Symbole (5.8.38) und (12.21.10) annehmen und bekommen die Spurenwinkel auf (5.8.38) 79°39, 18°56, 76°38, 4°47, Summe der Abweichungen 8°54, während die Spurenwinkel auf (12.21.10) sich berechnen zu 67°50, 45°45, 57°10, 916, Summe der Abweichungen 10°43. Die Übereinstimmung ist noch immer nicht sehr befriedigend, aber sie reicht doch hin, um bei den bekannten Unregelmässigkeiten des Baues grosser Eisenindividuen eine Bestätigung der angenom- menen Zwillingsbildung zu liefern. Der zweite Weg zur Bestimmung der gegenseitigen Orientierung der Plattenpartien ist derjenige, welchen der eine von uns in den schon erwähnten Meteoritenstudien II entwickelt hat. Er besteht darin, dass mittels der a. a. O. gegebenen Tabelle der Spurenwinkel für jede der beiden Plattenpartien aus den gemessenen Spurenwinkeln das Symbol interpoliert und dann (mit Rücksicht auf die Oktanten, in denen die Flächen liegen) das Drehungsgesetz ermittelt wird, durch welches die beiden Flächenpartien in Koincidenz gebracht werden können. Für die Mittelpartie mit den gemessenen Spurenwinkeln 79,7, 17,7, 739, 9,7 ergeben sich die zwei Grenzflächen (11.3.1) 78,0, 20,3, 70,7, 11,0 (16.3.1) 81,0, 14,1, 77,5, 74 aus denen sich der Wert für (27.6.2) interpoliert, welcher gute Übereinstimmung mit den beobachteten Winkeln ergiebt: (27.6.2) 79,5, 17,2, 74,1, 92. Für die oktaedrische Flächenpartie ergeben die gemessenen Spurenwinkel —- 9 — 64,7, 50,3, 54,5, 9,7 hinlängliche Übereinstimmung mit (15.11.10) 64,2, 52,9, 52,4, 10,4. Mit Berücksichtigung der Lage in den Oktanten werden ide beiden Symbole (2.6.27) und (11.15.10); zu (2.6.27) wäre verzwillingt nach {111} die Fläche (40.64.35) oder sehr angenähert (11.18.10), während zu (11.15.10) ver- zwillingt wäre (1.13.62) oder genähert (0,5.6.28). Das Auftreten eines sehr kleinen negativen Index bei der Rück- berechnung der letzteren Fläche hängt einerseits mit der starken Störung im oktaedrischen Bau zusammen, welche sich in dem ver- kehrten Grössenverhältnis des zweiten und dritten Spurenwinkels auf der oktaederähnlichen Flächenpartie zu erkennen giebt; für das Mukeropeisen würde sich, ähnlich wie es einer von uns a. a. O. für das Butlereisen konstatierte, ein klinisches Achsensystem ergeben. Ander- seits hängt die Abweichung mit der Annäherung dieser Flächenpartie an die vierte Oktaederfläche zusammen; die vierte Lamellenspur ist hier sehr breit und verwaschen, so dass die Mitberücksichtigung ihrer Spurwinkel zu starken Abweichungen führen muss. Wollte man ein genaueres Drehungsgesetz für die vorliegende Verzwillingung ermitteln, so müsste, ähnlich wie es seiner Zeit für das Butlereisen geschehen ist, das der Deformierung des Eisens ent- sprechende klinische Achsenverhältnis berechnet werden. Es zeigt je- doch die Doppelbestimmung der oktaederähnlichen Partiezu (11.15.10) und (11.18.10), dass die Drehungsachse sehr nahe senkrecht zu einer Fläche (111) verlaufen muss. Das Auftreten eines Juxtapositionszwillings nach einer Oktaeder- fläche und zwar in so grossen Individuen, wie hier am Mukerop- eisen, ist sehr bemerkenswert, da hierdurch eine vereinzelte Beob- achtung von Lmck' ihre Bestätigung findet. Derselbe hatte an einer Tolucaplatte in einer natürlichen Höhlung kleine Oktaederflächen beobachtet, welche in wiederholter Zwillingslage nach dem Oktaeder sich befanden, und daraus den Schluss gezogen, dass das Gefüge der oktaedrischen Eisen nicht schalig nach den Flächen eines Oktaeder sei, sondern polysynthetisch verzwillingt nach den vier Oktaeder- flächen. Damals erschien diese Beobachtung mit den gezogenen Schlussfolgerungen noch etwas unvermittelt; der sehr augenfällige ! Über das Krystallgefüge des Meteoreisens. Ann. d. k. k. Naturhist. Hof- museums 1893. VIII. 113—117. _— u - Beleg für die Limcr’sche Anschauung, den Mukerop bietet, dürfte diese neue Deutung der WıpmanstÄtten’schen Figuren kräftig stützen. Vergleicht man Mukerop mit Bethanien, so ist beiden gemein- sam der Aufbau aus feinen Lamellen, starke Entwickelung von Füll- eisen, Armut an accessorischen Gemengteilen und geringe Dimen- sionen der vorhandenen, fast vollständiges Fehlen von Wickelkamazit, Neigung des Tänit zu netzförmigem Wachstum. Anderseits sind auch strukturelle Verschiedenheiten vorhanden. Die ausgedehnten, als Plessit gedeuteten Partien in Bethanien fehlen, ferner die kleinen, dichten, dunklen Felder, sowie die aus feinen Stäben aufgebauten; das Fülleisen in Bethanien ist von gröberem, der Kamazit von feinerem Korn als in Mukerop. Diesen Verschiedenheiten kann man aber kaum eine grössere Bedeutung beimessen, und unseres Er- achtens lässt sich an der Zusammengehörigkeit der beiden Blöcke zu einem Fall kaum zweifeln. Die von Herrn Dr. O0. HıLpEsranp ausgeführte Analyse lieferte die unter I bis Ic folgenden Zahlen; Id giebt die Gesamtzusammen- setzung, le die Zusammensetzung des Nickeleisen nach Abzug der accessorischen Gemengteile. Der geringfügige, in Königswasser un- lösliche Rückstand (0,01°/o) gab kräftige Chromreaktion; unter dem Mikroskop waren opake Körner (wahrscheinlich Chromit) und wasser- klare Silikate zu erkennen, unter denen besonders quarzähnliche und tiefblaue, schwach pleochroitische Körner bemerkenswert sind. Unter II und Ile folgt das Resultat einer von Herrn Professor Fraas freund- lichst zur Verfügung gestellten Analyse, welche im Krupr’schen chemischen Laboratorium ausgeführt worden ist. 1] | | | I Ia | IB | Te Id | Te | II | Ile Ang. Subst. 0,7561 | 5,2928 | 4,9332 | 3,5602 | — be | en Se Speer 90,96 a = — ı %,96 | 91,50 | (91,371) | 91,48 NN en, 8,19 al Kar to 819 | 7,97.|. 79 7,92 Gaslaihtsr, 0,46 Ania + er 0,46 | 0,45 | 0,50 0,50 TS. — 0,043 en — .|:.0,04| 0,04 |: 0,016 | 0,02 ERBEN ee x — 1/0016 | 0002| 0,02| 0,05 0,05 EIN en: ad: —. |..0,02.]. 0,087 "0035 1 003 BEI ENT, -- — | 0,006 —_ 0,01 — n. best _ Ban — 10,003 — —- Spur _ 0,024 | — Bitonvis: 0,18 | u ae | + OA8. a4 0,034 bs Rückstand _ —_ —_ — | ..0,01 _ —_ | u re > | — | .— | 99,89 | 100,00 | 100,00 rei Spec. Gew. En — Ill — , — I Ey, — | 7,183 _ i | | — BU — Aus I und II berechnet sich als mineralogische Zusammen- setzung: | I | II Nickeleisen .. .. . | 98,79 99,72 Phosphornickeleisen . E77 0,22 Hrellits:: „sırlölepau 0,01 0,06 Tawrencit..2. #4 jr 0,02 n. best. Rückstand (Chromit) . 0,01 | _ | 100,00 100,00 Sieht man von dem Gehalt an Phosphornickeleisen ab, welcher in verschiedenen Stücken natürlich stark schwanken kann, so stimmen beide Analysen gut überein, auch darin, dass der Schwefelgehalt zu gering- fügig ist, um das ganze gefundene Chrom auf Daubreelith zu verrechnen. Schliesslich mögen noch die vier jetzt vorhandenen neueren Analysen von Mukerop (I und II), Bethanien (III) und Löwenfluss (IV) des leichteren Vergleichs wegen nebeneinander aufgeführt werden. | I | II | II | IV u Nero: 90,96 91,37 91,07 92,06 RE N 8,19 7,97 8,18 7,79 OT 0,46 0,50 0,63 0,69 pe 0,04 0,02 0,03 0,03 Ben 0,02 0,05 0,01 n. best Bu 0,02 0,04 0,02 0,01 een 0,01 n. best. Spur n. best Br RR ei Spur 0,02 0,04 0,10 Bowle 0,18 0,03 0,06 0,05 Rückstand . | 0,01 | = _ | _- 99,89 100,00 100,04 100,73 Spec. Gew. . _ 7,183 7,8408 — oder nach Abzug der accessorischen Gemengteile!: te 1,50 | 9148 | 91,20 91,58 Bar ;:,. 7,97 292. | 8,12 7,70 ri»... 0,45 0,50 0,62 0,68 BR >. 0,04 0,02 0,03 0,03 ER 0,02 0,05 0,01 n. best Cab 0.02 ee 0,02 0,01 | 100,00 100,00 | 100,00 100,00 ! Um nach jeder Richtung vergleichbare Zahlen zu erhalten, wurde auch in den Analysen III und IV aller Schwefel auf Troilit, nicht, wie früher, ein Teil desselben auf Daubr&elith verrechnet. =. SU Besonders die letzteren vier Zahlenreihen zeigen eine sehr nahe Übereinstimmung; demnach steht jedenfalls die chemische Zusammen- setzung der drei bisher näher untersuchten Blöcke der Annahme nicht entgegen, dass dieselben einem Fall angehören. In der Krupp’schen Versuchsanstalt wurde eine Reihe von Unter- suchungen mit dem Meteoreisen ausgeführt, deren Resultate Herr Professor Fraas freundlichst zur Verfügung stellte. Der zur Zerreissprobe dienende Stab war 4,25 mm breit, 2,05 mm dick; die Bruchgrenze betrug 41,4 kg pro qmm, die Deh- nung 5,6 °/o der ursprünglichen Länge; der Bruch an der Zerreissungs- stelle zeigte eine Undichtigkeit und bleiiges Aussehen. Abgesehen von der Undichtigkeit verhielt sich ein durch Einkerben und Brechen hergestellter Texturbruch in gleicher Weise. Das Material hielt eine kalte Biegung, sowie eine Biegung in Hellrotwärme von je 180°, flach aufeinandergeschlagen, aus, ohne Risse zu zeigen. Zur Anstellung einer Schweiss- und Schmiedeprobe wurde das eine Ende des Stäbchens warm aufgebogen und zusammen- geschlagen, dann schweisswarm gemacht, zusammengeschweisst und mit dem Hammer ausgespitzt; nach dem kalten Brechen der Spitze zeigte der Bruch gute Schweissung an. Beiträge zur Schneckenfauna des Steinheimer Obermioeäns. Von Carlo Jooss in Stuttgart *. Mit 2 Abbildungen im Text.. Seit Herr Professor MıLLER in diesen Jahresheften No. 50, Jahr- gang 1900, S. 385 f. seine Abhandlung über die Schneckenfauna des Steinheimer Obermiocäns veröffentlicht hat, habe ich mehrmals Ge- legenheit gehabt, die dortigen Sandgruben einer weiteren Unter- suchung zu unterziehen. Der Erfolg war ein sehr lohnender, da er nicht nur eine grössere Anzahl der schon bekannten Arten, sondern auch mehrere neue und höchst interessante Species geliefert hat, die im nachfolgenden beschrieben werden sollen. Indem ich auf die Aufzählung und Beschreibung der Steinheimer Arten von C. MıLLer verweise, beschränke ich mich auf die Beschreibung der neu auf- gefundenen Arten und Bemerkungen in den Fällen, wo sich durch die zahlreicheren nun vorliegenden Exemplare neue Thatsachen ergeben. Limax crassissimus n. sp. (s. Abb. Fig. 1). Das einzige wohlerhaltene Kalkplättchen meiner Sammlung ist von ovaler Form, unterseits leicht konvex, oben beinahe flach. Der Fig. 1. Limax crassissimus n. SP. seitlich liegende Wirbel ist kaum hervortretend und die unregel- mässigen Zuwachsstreifen ziehen sich im Bogen über die Oberfläche * Der Verfasser wurde leider durch Krankheit verhindert, seine Beobach- tungen in wünschenswerter Weise näher auszuführen, doch glaubten wir die immerhin sehr schätzenswerten Beiträge des eifrigen Sammlers unseren Jahres- heften auch in dieser Form einverleiben zu dürfen. Über die Litteratur vergl. -C. Miller, d. Jahresh. Bd. L, 1900, S. 385. DR — 34 — hin. Longit. 6 mm, altıt. 4 mm, latit. 6!/; mm. Nach brieflicher Mitteilung des Herrn S. Cressiın in Ochsenfurt gehört sein nächster Verwandter zur Gruppe des lebenden Lim. maxımus L. Archaeogonites subcostatus SAanDB.* Das vorliegende unausgewachsene Exemplar misst bei 5!/s Um- gängen: Latit. 20 mm, altit. 11 mm; Mundöffnung: altıt. 10 mm, latit. 9 mm. Diese Art steht dem im übrigen Obermiocän vorkom- menden Arch. costatus Sanpe. sehr nahe, ist jedoch ungekielt und unterscheidet sich noch von ihm durch stärkere Anwachsrippchen, weiteren und tieferen Nabel und flachere Umgänge. Nur 1 Ex. m der Kgl. Naturaliensammlung. Helix (Vallonia) subpulchella Saxpe. (Mitter No. 6). Von Steinheim in mehreren gut erhaltenen Stücken bekannt. (Mırr., Nat.-Kab., Jooss 2 Exempi.) Das grösste misst: Latit. 2,3 mm, altit. 0,9 mm; Mundöffnung: latit. 0,7 mm, altit. 0,5 mm. Zahl der Umgänge 4. Die Windungen sind mit groben unregelmässigen Anwachsrippchen bedeckt, die jedoch auf der Unterseite zu schmalen Bändern zusammenfliessen. Die Mündung ist hufeisenförmig mit ein- fachem, scharfem Rand. Der Nabel breit und tief. Sonstiges Vor- kommen: Neuselhalderhof bei Steinheim (nicht selten) und im Mittel- miocän von Sansan. Helix (Triponostoma) involuta Tuom. var. scabiosa SAnDB. Für Steinheim neu; Hel. involuta findet sich sowohl im Süss- wasserkalke des Klosterberges, als auch in den Carinifex-Sanden, eigentümlicherweise aber am letzteren Orte viel seltener als am ersteren. Das besterhaltene Exemplar stammt vom Klosterberg; es erreicht bei 5'/s Windungen: Latit. 6 mm, altit. 3 mm; Mundöffnung: latit. 2 mm, altit. 1 mm. Mehrere Stücke vorhanden sonst im Ober- miocän von Mörsingen, Hausen, Altheim, Hohenmemmingen; im Basalt- tuffe des Randecker Maars und in Undorf bei Regensburg (Cressm). Helix (Zenobia) coarctata Kıem (MıLer No. 5). Neu gefunden ein an der Mündung etwas verletztes Exemplar von 5!/a Umgängen. Diam. 11,5 mm, altıt. 6,3 mm; Mundöffnung: altit. 5 mm, latit. 5,5 mm. Bis jetzt in 3 Ex. bekannt (Nat.-Kab., MiLLER, Jooss). * Von Jooss als neue Art angesehen, jedoch von C, Miller als ein junges Exemplar von A. subcostatus Sanpg. nachgewiesen, D. R. — ab — Pupa (Torquilla) Schübleri var. pachygastra Fraas wurde ziemlich häufig im Kalke des Klosterberges gefunden im Gegen- satz zu den Sanden, wo diese Varietät sehr selten ist. Pupa (Isthmia) Lentili: MırLer (Mırter No. 35). Die glänzende Schale ist von cylindrischer Form mit stumpfem, oberem Ende und enggenabelter Grundfläche. Es sind 6 leicht ge- wölbte, durch tiefe Nähte gegeneinander begrenzte Umgänge vor- handen, die mit feinen regelmässigen Anwachsrippchen bedeckt sind. Der Mundsaum ist schwach umgeschlagen; eine Gaumenfalte, sowie eine Spindelfalte sind erkennbar. Gaumenzähne fehlen. Altit. 1,5 mm, latit. 0,9 mm. Steinheim: Sehr selten (Nat.-Kab., MiıLLer, KEPPLER, Jooss). Pupa (Isthmia) n. sp.* Die sehr kleine Schale ist cylindrisch, mit stumpfem, oberem Ende und ungenabelter Grundfläche. Sie besteht aus 4'/s flach- gewölbten, durch tiefe Nähte getrennten Umgängen, deren letzter ungefähr !/s der Gesamthöhe einnimmt. Die senkrecht gestellte Mün- dung ist eiförmig. Leider ist der rechte Mundsaum verletzt, so dass über etwaige Gaumenzähne nichts bekannt ist. Eine Spindelfalte ist deutlich erkennbar. Altıt. 1,4, latıt. 0,5 mm. Pomatias n. sp. (s. Abb. Fig. 2). Die kleine Schale ist spitz-kegelförmig mit stumpfem, oberem Ende und enggenabelter Grundfläche. Sie besteht aus 7'/2 leicht ge- wölbten, durch tiefe Nähte getrennten Umgängen, die mit zahlreichen Fig. 2. Pomatias n. sp. feinen Anwachsrippchen verziert sind. Die Mündung ist rundlich- eiförmig, der Mundsaum erweitert und stark umgeschlagen. Altit.8—9, latit. 3—4 mm. Steinheim sehr selten (Nat.-Kab., Mıtrer, Jooss). Für * Jooss sieht diese Art als neu an; bei der Unvollkommenheit des Ma- terials und seines Erhaltungszustandes bleibt jedoch eine eingehende Vergleichung mit verwandten Arten und eine genaue Abbildung abzuwarten. D. RB, Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 20 —' Si = diese hübsche, jedenfalls für Steinheim neue Art möchte ich den Namen Pomatias Eb. Fraasii vorschlagen, falls dieselbe sich nicht als mit verwandten Arten identisch erweist. Limnaeus dilatatus NouL. (MırLLer No. 20). Aus einer alten Sammlung bekam ich reichliches Material dieser Art, welches von den von Mirzer erwähnten Aufsammlungen auf dem Klosterberge stammt, während diese Form in den Sandgruben sehr selten ist. Altit. 27,5 mm, latit. 15 mm; Zahl der Umgänge 5'/e. Limnaeus bullatus Kı. Ein prachtvolles Exemplar aus den Carinifex-Sanden ergiebt: Altit. 31 mm, latit. 20 mm; Zahl der Umgänge 5'/ı. Mehrere Stein- kerne vom Klosterberg. Selten. Planorbis (@yraulus) Zietent A. Br. wurde als var. scalaris Jooss in einem prachtvollen Skalariden mit 5 vollen Windungen in den Carinifex-Sanden gefunden. Planorbis (Dilatata) Kraussii MiLLER. Var. scalaris MiLLer liegt in einem weiteren, etwas verletzten Exemplare mit 4'/g Windungen vor. Die Zahl der bis jetzt von Steinheim bekannten Arten ist nun auf 38 angewachsen, darunter 26 Land- und 12 Wasserschnecken. Die Landschnecken sind somit um 5 Arten bereichert worden, während die Zahl der Wasserschnecken dieselbe geblieben ist. Taf. VI. Jahreshefte Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. z Taf. VI. Meteoreisen von Mukerop, Grossnamaland. Ueber das Vorkommen der Mauereidechse an dem Kriegsberg in Stuttgart. Von Elise v. Schweizerbarth. An einem schönen, sonnigen Tag, Mitte April 1901, fand ich nahe am Ausgang des Kriegsbergtunnels, im Koppenthal, eine so wunderschöne Echse, dass ich nicht anders vermeinte, als einen ausländischen Flüchtling, etwa Notophiles, vor mir zu haben. Das warme Kupferbraun, die intensiv schwarze Streifung des Rückens und am meisten die leuchtend blauen Seitenflecken mussten ins Auge springen; und noch mehr schien mir der brennend mennigrote Bauch entschieden zu farbenprächtig für unsere nördlichen Formen. In meinem wohltemperierten Echsenhause fand das Tierchen ein Heim. Eine Umschau in der Litteratur und eine Vergleichung mit Sammlungsstücken des K. Naturalienkabinets liess mich meine Beute als die Mauereidechse, Lacerta muralis, bestimmen und es erscheint mir zweifellos, dass mein Findling ein Nachkomme sei der von Prof. G. Jäger im Jahre 1874 ausgesetzten Eidechsen, die von Wildberg, durch Revierförster v. BIBERSTEIN, sowohl nach Tübingen an Prof. EımEr gesandt wurden, der sie mit Erfolg ansiedelte, als auch an Prof. JÄGER, der mit 12 Prachtexemplaren denselben Versuch in den Kriegsbergen machte, von denen aber schon 1883 als erfolglos berichtet wird. Dass dem nicht so ist, beweist mein Fund. Nach wenigen Tagen der Gefangenschaft häutete sich die Echse und prangte nun in wirk- lich wundervoller Farbenpracht. Ihr Kleid war wörtlich genau iden- tisch mit der von Prof. KLunzineer im 39. Jahrgang dieser Jahres- hefte nach dem Bericht des Herrn Revierförsters v. BIBERSTEIN in Wildberg gegebenen Schilderung: „wo es dorten wimmle von diesen Tierchen, die von besonders schöner Form: auf dem Rücken kupfer- braun, an den Seiten sehr schöne lasurblaue Flecken.“ „Bauch der Männchen im Hochzeitskleid brennend mennigrot, sonst blassrötlich oder fleischfarbig.“ Prof. KLunzınger nennt diese lebhafte Färbung Schmuckfärbung, und fand ich dies bei meinen Exemplaren durch- aus bestätigt; denn diese rote Bauchfärbung hielt bis in Herbst an, ‘ und ich möchte sie „Gesundheitsfärbung“ nennen, denn bei allen 20* — 308° — Echsen die zu kränkeln anfingen war das erste Anzeichen ein Ver- bleichen, Verschiessen sozusagen, der Farben. Für die hiesige Aussetzung ist ihr Farbenschmuck zudem noch Schutzfärbung, denn vom warmen Rot der Erde und dem Blau des Leberkieses hebt sich das reizende Geschöpf kaum ab, dazu kommt seine ausserordentliche Behendigkeit und Vorsicht, so dass sie auch naturkundigen Wanderern wohl jahrzehntelang sich entzogen hat; thatsächlich aber darf jetzt, wo mit Eifer dem liebenswürdigen Tier nachgeforscht wurde, in wirklich entgegenkommender Weise unter- stützt von den Grundbesitzern der Kriegsberge, kecklich die Mauer- echse als Herrscherin des südlichen Teils der Kriegsberge angesehen werden, und wo sie vorkommt, verschwindet oder verringert sich auf ein kleines Bruchteil die „Agelis“ (Zaunechse). Diese ruhigere, unendlich schwerfälligere ist von der eingesiedelten vom „Platz an der Sonne“ zurückgedrängt, und erst am Hang Ehrenhalde kommt sie mit Muralis vor. Die Thalsohle, sowie die Kuppe „König, Gäh- kopf“ ist wieder „grüner Echsenbezirk“. Im Gähkopf setzt überhaupt die dort im grossen betriebene Geflügelzucht beiden ein Ende. An der Heerstrasse nach Feuerbach und der Senkung des Gefildes von da gegen den Weissenhof habe ich nur Agilis, noch nie Mwralis gefunden; doch soll sie an den Steinbrüchen gegen die Mönchshalde zu finden sein, was mein Ziel für heuer (1902) sein wird. Die jungen Mauerechsen sind auffallend kleiner, zierlicher und scheuer wie gleichaltrige Agilis, und in meiner Eidechsenkinderstube sind sie die einzigen, die sich beim Füttern flüchten und erst lang- sam, zögernd wieder erscheinen; auch ein Zug der ihre Existenz hier sichern mag. Solange also nicht das Häusermeer die Weinberge überflutet, halte ich die Mauerechse, angesichts des reichen Stammes der dort „wimmelt“, wirklich für gesichert, ja noch mehr, es möchte sogar gegründete Hoffnung da sein, Versuche zu machen, auch die wunderschöne Lacerta viridis anzusiedeln, die allerdings eben an ihrer Schönheit ihren grössten Feind hat; und so mag der Versuch nur gewagt werden in Lagen, die in einer guten Hand sind. Das erste von mir gefangene Exemplar der Muralis ist dem _ K. Naturalienkabinet einverleibt, leider mit verkürztem, d. h. regene- riertem Schwanz, desgleichen ein junges ‚' völlig unversehrtes Tier, das jedoch die Schmuckfärbung noch nicht erworben hatte. Januar 1902. Ein ehinologischer Exkurs. Von ©. Hesse!. Nach einem Vortrage über die Chinologen des XIX. Jahr- hunderts, den Herr Prof. Tscaırch vor 1'/g Jahren auf dem inter- nationalen pharmazeutischen Kongress in Paris hielt, hat die Chino- logie aufgehört, ein besonderer Wissenszweig der Pharmakognosie zu sein, und ist mit dem vorigen Jahrhundert begraben worden. Da Prof. Tscuirch mich ebenfalls zu den Chinologen zählt, so gestatten Sie mir wohl den heutigen Exkurs, aus dem Sie ersehen werden, dass die Chinologie noch lebt, nur dass ihr Dasein mit weit weniger Geräusch verbunden ist als vordem. Es ist dies dadurch bedingt, dass durch die Kultur der Cinchonen die Verhältnisse auf diesem Gebiete andere geworden sind. Man diskutirt deshalb auch heute nicht mehr die Frage, von welcher Art die eine oder andere Rinde abstamme, sondern die Frage, welche Cinchone sich am besten zur Kultur eigne. Dazu kommt freilich, dass das botanisch-pharmako- gnostische Interesse an den Chinarinden, wie mir scheint, im Laufe der letzten Jahre ganz gewaltig nachgelassen hat. Um so mehr dürfte aber das chemische, physiologische und therapeutische Interesse an diesem Gegenstand zugenommen haben. Die Heimat der Pflanzen, welche für uns in Betracht kommen, ist Südamerika. Noch ehe die Spanier 1513 dort festen Fuss fassten, war den Eingeborenen bekannt, dass die Rinde eines Baumes gegen Fieber zu gebrauchen sei. Sie sollen durch die Thatsache darauf aufmerksam gemacht worden sein, dass Vieh, welches aus Lagunen, in welchen Chinabäume lagen, trank, gesundete. Bestimmter lautet die Mitteilung von nE Jussiev, er habe gehört, dass im Dorfe Mala- catos in der Provinz Loxa ein durchreisender Jesuit durch einen Kaziken mittels Chinarinde geheilt worden sei. Sicher ist, dass 1630 ! Vortrag, gehalten in Stuttgart am 13. Februar 1902 am „wissenschaft- lichen Abend“ des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. — 310 — der Polizeirichter von Loxa, Don Juan LoPrEz DE ÜANIZARES, durch einen Indianer mittels Chinarinde vom Wechselfieber geheilt wurde. Als 1638 Ana DE Osorio, die Gemahlin des Vicekönigs von Peru, Grafen von CHıncHon, in ihrem Palaste in Lima an Tertiana erkrankte, sandte jener Polizeirichter an den viceköniglichen Leibarzt Juan DE Vesa Chinarinde, und es gelang nun diesem, die Gräfin mittels dieser Rinde, die, wie damals üblich, in Pulverform gebraucht wurde, zu heilen. Die Rinde wurde hiernach Polvo de la condesa genannt. Der Ruf dieses Mittels scheint jedoch schon früher, gegen 1632, nach Europa durch die Jesniten gelangt zu sein; diese sorgten für die Verbreitung dieses Mittels im südlichen und westlichen Europa, mit welchem Mittel sie, beiläufig bemerkt, eine ausgiebige Einnahme- quelle verbunden haben sollen. So kam es 1640 durch den aus Sevilla gebürtigen Kardinal pe Luco, dem Generalprokurator der Jesuiten, nach Rom, der es wieder 1649 dem Kardinal Mazarım in Paris für den fieberkranken jungen Lunwıs XIV. empfahl. Obwohl die Chinarinde damals sehr teuer war, so liess doch pe Luco dieses Mittel in seinem Palaste in Rom unentgeltlich an arme Kranke ver- teilen, wonach es auch Pulvis eminentissimi Cardinalis de Lugo genannt wurde, während es sonst Pulvis patrum, Polvo de los Jesuitos hiess. Unter diesen Umständen lernten die römi- schen Ärzte die antifebrile Wirkung ebenfalls kennen. Dr. ScHRÖöDER in seiner Universalpharmakopöe vom Jahre 1748 behauptet sogar, dass die römischen Ärzte die antifebrile Wirkung der Chinarinde entdeckt hätten, denn er sagt: „derer Fieber Krafft ward erstens von den Römischen Medicis uns entdecket.“ Durch die Jesuiten kam dieses Heilmittel auch nach Brüssel und Antwerpen, und von letzterem Orte gegen 1655 durch den . mann James THuomson nach England. CHirFLet, Leibarzt des Erzherzogs LeoroLn von Österreich, Statt- halter der Niederlande, behandelte die Chinarinde in einer 1653 ın Brüssel erschienenen Schrift als ein wahres Wunder; darüber entstand jedoch ein heftiger Streit unter den Ärzten, der aber zu gunsten der Chinarinde endete. Wenige Jahre später, 1672, trug TaLsor durch eine Schrift, betitelt Pyretologia, sehr viel zur Verbreitung der Chinarinde bei. Die Wunderkuren, die TarLsor mit seinem in dieser Schrift beschriebenen Mittel, dessen Zusammensetzung er überging, erzielte, verschafften demselben die Gunst des englischen Hofes und namentlich — 3 — des französischen. Nach dem 1681 erfolgten Tode TarBor’s liess Lupwie XIV. dieses wunderthätige Mittel untersuchen, wobei sich herausstellte, dass der Hauptbestandteil desselben nichts anderes als Chinarinde war. Wann die Chinarinde nach Deutschland kam, ist nicht bekannt; im Jahre 1653 spricht ein Regensburger Arzt Namens GLAntz an- lässlich der Schrift von CHIrFrLET sich gegen die Chinarinde aus; sie muss damals in Regensburg wohl bekannt gewesen sein. In den Apothekentaxen von Leipzig und Frankfurt vom Jahre 1669 wird die Chinarinde genannt und hoch im Preise gehalten, denn das Quintlein davon, d. i. ca. 4 g, wird mit 50 kr. berechnet. In der erwähnten Pharmacopoea universalis von Dr. ScHRÖDER, 4. Aufl., 1748 in Nürnberg erschienen, heisst es, dass die China Chinae in Frankfurt sehr gemein sei, weil sie sehr glücklich gebraucht werde. In Nürn- berg sei sie erst seit kurzem bekannt. Obgleich diese Rinde auch in Nürnberg mit gutem Erfolg angewandt wurde, so wird doch gleich- zeitig davor gewarnt, weil sie aus dem Auslande stammt. Die be- treffende Stelle lautet wörtlich: „Weil diese Rinde nur aus fremden Landen, etwas Neues und fein theuer, es sei auch gleich halb ver- rottet und verstocket, so wirds vielmehr beliebet, höher ästimiret. Es ist auch offt gefährlich fremde Gewächse, die uns nicht allerdings wohl bekannt, bei Kranken zu adhibiren.“ Dann heisst es weiter: „Wer aber dem ungeachtet die Fieber-Rinde nehmen und gebrauchen will, muss nicht seinem Gutdünken nach es gebrauchen, sondern wolerfahrne Leute zu Rath ziehen, um von ihnen zu vernehmen, obs seiner Natur zuträglich ist oder nicht. Insgemein wird es also gebrauchet: Man nimmt dieser gepülverten Rinden 3ji (1'/g Drachme), infundirts 3 Stunden in einem Becher voll starken weissen Weins, und giebts, wenn der Fieberschaur zu kommen pfleget, dass der Kranke in dem Bette darauf schwitze. Allein, wie gesagt, sie hat unterweilen selbes vertrieben, unterweilen aber noch grösser gemacht, dahero bei etlichen dieses Mittel in Fiebern nicht unbillig verdächtig worden.“ RoLLrınk sowohl wie Sturm, beides berühmte Ärzte zu jener ' Zeit, beschreiben auch eine Essenz, welche sie aus dieser Rinde dar- stellten; ingleichen wurde ein Spiritusextrakt und ein Öl aus oder mittels dieser Rinde gewonnen. Der Baum, der diese Fieberrinde liefert, wird in jener Pharma- kopöe Gannanaperide genannt, die Rinde selbst China Chinae. In Centralamerika wird heute noch der Baum, welcher den Perubalsam — 3 — liefert, Quinaquina genannt, und scheint es, dass ursprünglich frag- liche Rinde diesem Baume zugeschrieben wurde. Lmu& bezeichnete 1742 den Baum, welcher die Fieberrinde liefert, der Gräfin DE CHINCHON zu Ehren Cascarilla Cinchona, stellte aber später, 1753, eine eigene Gattung Cinchona auf und nannte ganz speciell die Pflanze, von welcher ihm Material vorlag, Cinchona officinalis. 1766 gab aber Lmwx& auf Grund des ihm 1764 von Muris zugegangenen Materials eine andere Diagnose für diese Species, die sich nach Trıana auf Oinchona cordifolia bezieht; es ist daher die Linn&’sche Species Cinchona offieinalis hinfällig geworden. Warum Lisx& diese Gattung nicht Chinchona, sondern Cinchona nannte, ist nicht bekannt; viel- leicht liegt ein Schreibfehler vor. Thatsächlich hat sich die Be- zeichnung Cinchona eingebürgert, obgleich in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auch die Bezeichnung Chinchona gebräuchlich war und Marknuam in den 60er Jahren ganz besonders dafür eintrat, so dass dieser Name selbst im englischen Blaubuche Eingang fand. Als Hauptmerkmale des Genus Cinchona sind zu betrachten: Von unten nach oben aufspringende Samenkapseln, verfilzte Keulenhaare, welche die Lappen der Blumenkrone zieren, und Wohlgeruch der Blüten, welch letzterer bei einigen Species übrigens sehr schwach ist. Dieser Geruch erinnert an den von Feseda. Die Heimat dieser Pflanzengattung ist ein verhältnismässig schmaler, aber gegen 500 Meilen langer Strich in den Anden, zwischen 19° südlicher und 10° nördlicher Breite, von Peru, dem südlichsten Punkte, und Neugranada und Venezuela, den nördlichsten Punkten. Dieser Länderstrich wird auch die Chinazone genannt. Die Höhe derselben über dem Meere beträgt nach HumsoLur 700—2900 m; nach anderen beginnt diese Zone schon bei 500 m. Dichte Wälder bedecken vielfach die Abhänge jener Berge; in diesen Wäldern kommen nun die Cinchonen eingestreut vor. Da zudem das dortige Klima feucht und ungesund ist und dem Europäer ganz besonders wenig zuträglich, so waren dies Erscheinungen, die nicht gerade zur Er- forschung der Chinazone einluden. Gleichwohl wurde dieselbe von verschiedenen Reisenden aufgenommen. So zuerst von DE LA ÜONDA- MINE, welcher der französischen Commission zur Gradmessung, die von 1736—1743 in Quito ihre Station hatte, angehörte und bei dieser Ge- legenheit die Wälder von Quito durchforschte. Dann ist 1739 pe Jussıeu zu nennen, ferner Muris, ein spanischer Arzt, der von 1760 bis 1772 Neugranada durchforschte , 1778 Ruız und Pavox in Südperu, 1801 Humsorpr und Bonrrann, 1817 v. Martıus, 1824 Sr. HıLaıke, — 313 — 1836 Pörrıs, 1847 WenperL, 1853 Detonpee, 1850—58 Karsten und 1862 PRrıTtcHer. Wegen der Unzugänglichkeit der Cinchonen standen nicht minder grosse Schwierigkeiten der Einsammlung der fraglichen Rinden ent- gegen und kehrten von den Cascarilleros, die in Trupps von 300 und mehr Personen hinauszogen, um diese Rinden zu sammeln, ein bedeutender Prozentsatz, bis zu 25 °/o, nicht wieder zurück, der dem mörderischen Klima, oder wegen mangelhafter Nahrung oder wegen Ermüdung den Strapazen erlag. Ich übergehe diese Einsammlung der Chinarinden in Südamerika, da von dort heute kaum noch solche Rinden, d. h. Rinden von wildwachsenden Cinchonen, zu uns kommen, nachdem die Kultur dieser Pflanze dort sowohl wie in anderen Län- dern, so namentlich in Ostindien und Java, mit Erfolg aufgenommen worden ist. Schon Coxpammne hatte versucht, Cinchonen nach Europa zu bringen, die er jedoch durch die Wellen an der Mündung des Ama- zonenstromes verlor. 1849 sandten Jesuiten aus Cuczo Cinchonen nach ihrer Niederlassung in Algier, jedoch ohne Erfolg, wie auch der Erfolg ausblieb, als die französische Regierung 1854 Anbau- versuche von Cinchonen in Algier machte, welche aus dem von WeoperL 1848 mitgebrachten Samen von Ü. Calisaya in Paris ge- züchtet waren. Auch Karsten brachte Samen von Ü. lancifolia aus Neugranada mit, welche in der Gärtnerei von Tuısaur und KETELEER in Paris kräftige Pflanzen entwickelten und die da- und dorthin ver- sandt wurden. Für uns in Deutschland war die Kultur der Cinchonen ausgeschlossen, da dieselben eine gleichmässige Temperatur von 14—18° C. benötigen, und ähnliches scheint in unseren Kolonien zu sein. Anders lagen die bezüglichen Verhältnisse in den holländischen und englischen Kolonien. In Holland wurde der fragliche Gedanke 1829 von ReımwArDT angeregt, aber erst Panup DE MorTAGE, der 1849 holländischer Staats- minister und 1855 Gouverneur von Niederländisch-Indien war, machte den Gedanken zur That, indem er den deutschen Botaniker HasskARL 1852 in einer eigens dazu ausgerüsteten Fregatte nach Südamerika sandte, welche dort an der Küste liegen blieb, während HasskARL seine Expedition unter dem nicht ungewöhnlichen Namen J. K. MÜLLER in das Innere von Peru ausführte. HasskarL erlernte die Sprache der Eingeborenen, zog es aber schliesslich vor, nur bis Cuzco zu gehen, um Cinchonen zu erwerben. Im ganzen erhielt er 400 Pflanzen, die in 21 Kisten gut verpackt unter seiner Obhut auf der Fregatte 1854 — 3lA — von Callao nach Java gebracht wurden. Ausserdem hatte HasskArL noch Samen erworben, der nach Leyden geschickt wurde, wo aus demselben in den dortigen Gewächshäusern eine grössere Anzahl Pflanzen hervorgingen. Von den Pflanzen, welche direkt von Süd- amerika nach Java gesandt wurden, gingen unterwegs viele zu Grunde, und als Hasskarı 1856 seine Stelle auf Java an JunGHUHN, einem aus Mansfeld gebürtigen Gärtner, abtrat, waren von diesen Pflanzen nur noch 167 Stück vorhanden, die sich allerdings zum Teil recht gut entwickelt hatten und sich in ihrer Mehrzahl angeblich als eine neue Species erwiesen, welche von Howarp dem Gouverneur Panunp zu Ehren ©. Pahudiana genannt wurde. Diese neue Species ist aber, wie sich später herausstellte, nichts anderes als die längst bekannte O. Carabayensis. 1856 liess HasskarL seine Familie nach- kommen, die zusammen mit den inzwischen in Leyden gezüchteten Cinchonen in einem Schiff von Holland nach Java gesandt werden sollte, das aber an der holländischen Küste strandete, wobei Hass- karr’s Familie ertrank, während die Cinchonen gerettet wurden. Dieses für HasskArL sehr traurige Ereignis hatte aber für ihn noch ein eigentümliches Nachspiel. De Vrıs nämlich, ein Apotheker im Haag, ging am Strande in der Nähe der Unglücksstelle auf und ab und es gelang demselben, verschiedene Skripturen, die Korrespondenz Hasskarr’s, aufzufischen, aus denen hervorging, dass HasskARL die Mission in Südamerika nicht in der Art ausgeführt hatte, als es sein sollte. DE Vrıs übergab diese Schriftstücke seiner Regierung und dies war die eigentliche Veranlassung, dass HasskarL seine Stelle niederlegte, während nun ve Vrıs auf dem Plan erschien, der 1857 nach Java geschickt wurde, allerdings mehr als chemischer Sach- verständiger, da, wie schon angeführt, JunGHUHN die eigentliche Cinchonakultur zu leiten hatte. JungHunn verlegte diese Kultur in die Residentschaft Preanger, in welcher sie heute noch ist, und schlug mitten in derselben, in Lembang, seinen Wohnsitz auf; hier in Lembang ruht jetzt JungHuHn neben der Asche DE VRıJ’s. JUNGHUHN starb schon 1864; pe Vrıs ging 1863 angeblich wegen Gesundheits- rücksichten nach dem Haag zurück, wo er vor einigen Jahren starb und sich mit der Bestimmung verbrennen liess, dass seine Asche nach Java übergeführt und an Juncuunn’s Seite niedergelegt werde. Übrigens waren Junguunn und DE Vrı in der Cinchonakultur nicht viel glücklicher als HasskarL. Denn wenn auch die Calisaya- und Lanecifolia-Pflanzen, sowie die Pflanzen, welche in den Leydener Ge- wächshäusern gezüchtet worden waren, inzwischen sich meist kräftig — 315 — entwickelt hatten und vermehrt worden waren, so erwiesen sich doch die meisten derselben als wertlos. So zählte man im Dezember 1862 in 10 Regierungsplantagen auf Java nicht weniger als 1360000 Setz- linge und Bäumchen, worunter weit über eine Million nichts taugten. Unter letzteren bildete die ©. Pahudiana den Hauptanteil. 1859 gelang es DE VRI, aus einer kultivierten Cinchone eine Kleinigkeit Chinin- oxalat darzustellen. Ich erhielt 1873 von demselben ebenfalls eine Probe von dem erstmals auf Java gewonnenen Chinin, das eine braune, amorphe Masse bildete und nach meinen Untersuchungen frei von Chinin war. Welche Bewandtnis es mit dem betreffenden Oxalat hatte, weiss ich nicht; gesehen habe ich es auf der schönen Kolonial- ausstellung, welche 1877 in Amsterdam stattfand, nicht, trotz meiner eifrigen Bemühungen. In jedem Falle war die Cinchonakultur in Java damals recht unvorteilhaft. Darob entstand auch in Holland, namentlich in der holländischen Kammer, ein heftiger Streit, und das absprechende Urteil, das sich hieraus bildete, war wohl die Ur- sache, dass pE Vrıs, in Vorahnung desselben, Java angeblich aus Gesundheitsrücksichten verliess.. Die Erbschaft JunGHuHn-DE VRı) trat 1864 van GorkoMm an, der aber 1875 Java wieder verliess und nach Amsterdam übersiedelte, wo er heute noch lebt; 1872 wurde dem- selben BERNELOT Moäns beigegeben, der dann sein Nachfolger wurde, indes 1883 diesen Posten ebenfalls aufgab und nach Holland zurück- kehrte, wo er 1886 starb. Besseren Erfolg, anfangs wenigstens, als die Holländer hatten die Engländer. MarkHam, englischer Konsul in Peru, bot seiner Regierung seine Dienste an, die natürlich gerne angenommen wurden. Marknuam verband sich mit RıcHarD SPRUCE, einem Botaniker in Ecua- dor, und dieser wieder mit zwei Gärtnern, wovon sich ganz besonders ROBERT Cross auszeichnete, dem es gelang, in der Sierra de Caja- numa bei Lima Samen der Kronchina und später in Ecuador Samen der Ü©. Pitayensis zu sammeln. Spruce verband sich auch mit dem Reisenden PRITCHET, welchem es gelang, Samen von 0. micrantha und (©. nitida zu gewinnen, während MarkHam es möglich wurde, 456 Pflänzlinge von Ü. Calisaya zu erlangen, welche er im Jahre 1860 in Islay nach Southampton einschiffte. Freilich waren diese Pflänzlinge nicht die der besten ©. Calisaya. Die ersten Cinchonasendungen wurden in den Nilgiris oder Blauen Bergen, an der Südwestküste von Indien, in der Präsident- schaft Madras, untergebracht, mit dem Hauptort Ootacamund. Andere Plantagen wurden in Rungbee, Darjeeling, Sitting und Mungpo in — 3l6 — Britisch-Sikkim errichtet, im südöstlichen Himalaya, ferner im Kongathal, in Britisch-Burma, im westlichen Himalaya und bei Hak- galle auf Ceylon. Ausserdem wurden private Plantagen errichtet, namentlich auf Ceylon. Viele dieser Plantagen sind jetzt in Thee- pflanzungen verwandelt worden, da sich die Cinchonapflanzungen in keiner Weise rentierten. Übrigens kam den Cinchonapflanzungen in den Nilgiris, die heute noch existieren, der Umstand zu gute, dass sie zu Anfang unter die Obhut eines tüchtigen Gärtners, Mac Ivor, gestellt wurden, der indes 1876 mit Tod abging. Mac Ivor suchte nicht nur die Ent- wickelung der Pflanzen und die Grösse ihres Alkaloidgehalts durch Düngung zu unterstützen, sondern auch durch künstliche Eingriffe in deren Entwickelung den Alkaloidgehalt zu erhöhen, so z. B. durch künstliche Befruchtung der Pflanzen, durch Pfropfen, durch das Mossing- und Renewed-Verfahren. Zur Vermehrung der Cinchonen ausser durch Samen diente die durch Stecklinge und zwar in der Art, dass man entweder die jüngeren Zweige abschnitt und sie im Warmhaus antreiben liess, oder aber, wie in Britisch-Sikkim geschah, dass man die lebenden Zweige durch feuchtgehaltene Erde zog, worin sie Wurzeln schlugen. Im Jahre 1865 sandte ein Kaufmann in Bolivien seinem Bruder in London, CHARLES LEDGER, Samen der echten Calisaya, die sein Diener Manver Incra Mamamı in der bolivianischen Provinz Caulo- polican gesammelt hatte. LEDGER bot diesen Samen der englischen Regierung an, wurde aber abgewiesen; dagegen übernahm die hol- ländische Regierung die ganze Menge Samen — 20 Pfund — zu 600 Rupien, d. i. etwa 8000 Mk., und sandte denselben nach Java, der nun die Veranlassung zu der Blüte der Cinchonakultur auf Java geworden ist. Freilich, dem armen Mamamı erging es schlecht; der- selbe wurde eingekerkert und zu Tode gemartert. Gegenwärtig befinden sich auf Java ausser den Regierungs- plantagen nicht weniger als 132 private Plantagen, die insgesamt 20000 Acre, das Acre = 40,467 a, einnehmen. Zwar dürften einige dieser Plantagen wegen der Ungunst der Bodenverhältnisse keine grosse Zukunft haben, allein die meisten davon prosperieren und eine davon konnte im vergangenen Jahre sogar 85°/o Dividende verteilen. Dieses günstige Resultat ist vorzugsweise der (0. Calisaya var. Ledgeriana zuzuschreiben. Nach Kuntze sind übrigens die meisten Ledgeriana Hybriden, hervorgegangen durch Kreuzung der echten Calisaya mit anderen Cinchonaspecies. Die eigentliche Ledge- — 8ld -— yiana ist im hohen Grade heikel, sie ist schwierig durch Stecklinge zu vermehren, blüht sich häufig zu Tode und verträgt das Renewed- Verfahren nicht, wobei sie entweder abstirbt oder keine neue Rinde an Stelle der herausgeschnittenen bildet. Dagegen gedeihen hybride Formen, hervorgegangen aus (©. Calı- saya var. Ledgeriana und C. succirubra etc., recht gut; es handelt sich nun darum, die besseren Pflanzen auszuwählen, um sie durch Pfropfen etc. weiter zu verbreiten. Über den Wert der Cinchone giebt nur die chemische Analyse Aufschluss. So untersuchte ich z. B. aus Daradjat 1884 die Rinde von 49 Auswahlpflanzen, meist Hybriden. Davon gab No. 6 keine Spur Chinin, sondern nur amorphe Alkaloide, dagegen No. 23 11,32°/o Chinin (auf Sulfat berechnet). Eine Ledgeriana No. 46a aus derselben Plantage gab 9,54 °/o Chinin- sulfat, während eine Ledgeriana No. 3 aus der Plantage Tijberem 1876, nach dem offiziellen holländischen Bericht, 17,83 °/o Chinin- sulfat lieferte. Es ist klar, dass man die Pflanze No. 6 nicht weiter kultivierte, dagegen sich aber der Pflanzen annahm, welche hoch- gradige Rinde produzierten. Wie ich den neuesten Berichten aus Java entnehme, ist dort gegenwärtig eine grössere Anzahl von Bäumen vorhanden, welche eine Rinde produzieren, die 18°o Chininsulfat zu liefern vermag. Berücksichtigt man, dass es schon 1876 eine der- artige Pflanze gab, so scheint 18°/o der Grenzwert des Erreichbaren zu sein. In den Handel sind derartige reichhaltige Rinden noch nicht gekommen, dagegen solche mit etwa 10°/o, wenn auch selten. Übrigens hat die Cinchonakultur auf Java auch mit Schädlingen zu rechnen, so namentlich mit einem Krebs, den die Malayen dja- moco oepas nennen. Es bleibt dann nichts anderes übrig, als die vom Krebs befallene Pflanze zu beseitigen. Ein anderer Schädling ist der kleine Halbflügler Heliopeltis Antonit. Das Weibchen dieses Insektes legt 8S—10 Eier in die Spitzen der Zweige und in die Winkel der Blattstiele der Cinchonen, aus welchen sich flügellose Junge ent- wickeln, die sich dann auf Kosten der jungen Blätter ernähren. Dieses Insekt, wie auch ein zweites, Euproctis flexuosa, befällt hauptsäch- lich junge Pflanzen und verursacht namentlich in den Baumschulen Schaden. | Die Cinchonakultur auf Java war bis vor wenigen Jahren eine verschiedene; gegenwärtig ist der Gang derselben kurz folgender. Zunächst wird das Gelände, welches wegen der dort herrschen- den Winde zweckmässig an den östlichen Abhängen der Berge zu liegen hat, von Bäumen und Gras durch Ausroden und Abbrennen — 318 — gesäubert, dann, wenn nötig, drainiert, da die Cinchonen Grund- wasser nicht vertragen, reichlich gedüngt und zwar mit Blutmehl, Thomasmehl, Ricinusölkuchenmehl, Chlorkalium und Stalldünger. Anderseits werden die sorgfältig gezüchteten Samen in den Gewächs- häusern ausgesät, dann, wenn die Pflanzen eine gewisse Entwickelung zeigen, diese in die Baumschulen ausgepflanzt, wo sie eventuell ver- edelt werden. Hat sich nun hier die Pflanze gut entwickelt, so wird sie zu Beginn der Regenzeit in die Plantage verpflanzt. Die Einpflanzung findet in Reihen statt, so zwar, dass die Entfernung jedes Pflänzlings von dem andern in der Regel 4° beträgt. Im ersten Jahre müssen die Pflanzen zweimal umhackt werden, um das Un- kraut zu entfernen, namentlich eine wurzelreiche, üppig wuchernde Pflanze, Alang-Alang genannt, die ganz besonders den Cinchonen die Nahrung entzieht. Dagegen werden um die Cinchonen herum Lu- pinen eingesät, welche wieder einen Schutz für dieselben abgeben sollen. Nach 4 oder 5 Jahren wird jedes zweite Stämmchen ent- fernt, so dass die übrig bleibenden um die doppelte Entfernung gegen vorher voneinander sich befinden. Ingleichen werden von den stehen bleibenden Stämmchen die Äste bis zu einer Höhe von 12° weggenommen, deren Rinde natürlich gesammelt wird. Zeigen sich kränkliche Pflanzen, so werden dieselben entfernt und, wenn die Pflanzung nicht zu alt ist, durch neue Pflanzen ersetzt. Mit 14, längstens 15 Jahren wird die Pflanzung eingestellt und werden die Bäume gefällt, die Stumpen ausgerodet und der Boden zu einer neuen Kultur vorbereitet. In der Regel beginnt das Schlagen der Bäume schon bei 7—8 Jahren, wo sie 8—10 m hoch sind und unten -einen Durchmesser von 15—20 cm haben. Die Rindenernte kann zu jeder Jahreszeit stattfinden, jedoch wählt man für die Ernte der Fabrikrinde die trockene Jahreszeit, für die der Medizinalrinde eine spätere Zeit, zu welcher die Saft- strömung eine stärkere ist, weil sich dann die Rinde, welche in Form von Röhren gewünscht wird, viel leichter loslösen lässt. Die -Rinde wird nun von Malayen, meist Frauen und Kindern, mit Hilfe von Messern vom Stamm losgelöst und, wenn thunlich, an der Sonne getrocknet, oder, wenn dies nicht möglich ist, in be- sonderen Trockenöfen oder endlich in Trockenschuppen oder Siroccos. Die künstliche Wärme darf dabei nicht über 100° hinausgehen, da sich sonst der Chiningehalt der Rinden ganz bedeutend vermindern würde. Die Rinde wird dann durch Stampfen gröblich zerkleinert, in Säcke verpackt und so versandt. Die mit Chinarinde gefüllten Säcke —. 3» — haben ein Gewicht von 40—140 kg, in der Regel von 70—80 kg, bei einer Tara von 1—2 kg, während die Medizinalrinden teils zu Bündeln vereinigt, teils lose in Kisten verpackt werden, welche dann ein Gewicht von 40—60 kg haben bei einer Tara von 10—15 kg. Diese Rinden werden meist nach Amsterdam versandt, wo sie zur öffentlichen Versteigerung kommen. Amsterdam ist gegenwärtig der Hauptmarkt für Chinarinden, während es vor etwa 10 Jahren London war. Die Produktion von Chinarinden auf Java, welche 1872 im ganzen 870 kg betrug, wurde für 1901 in den Regierungsplantagen auf 750000 kg, in den Privatplantagen auf 5,5 Mill. Kilogramm, zusammen auf 6250000 kg geschätzt. In Wirklichkeit betrug die Ausfuhr an Chinarinden für diese Zeit erheblich mehr (s. unten), ganz abgesehen davon, dass erhebliche Mengen von Chinarinden in derselben Zeit auf Java (in Bandong) auf Chininsulfat verarbeitet wurden, die sich im Jahre 1899 auf 701000 kg beliefen und 1901 eher mehr betragen haben dürften. Ist so schon durch Java der Bedarf an Chinarinden reichlich gesichert, so liefert auch jetzt Südamerika mehr und mehr kultivierte Chinarinde, und befinden sich grosse Plantagen in Bolivien, in der Provinz La Paz am Mapiri und wohl noch anderwärts. Die von dort erhaltenen kultivierten Rinden ergeben 3—6°/o Chininsulfat. In- gleichen befinden sich Cinchonaplantagen auf Jamaica und auf der portugiesischen Insel St. Thome, während die auf Mauritius und Re- union heute eingegangen zu sein scheinen. Auch in Brasilien wurde die Chinakultur aufgenommen, jedoch ohne Erfolg; wenigstens konnte ich einem solchen Pflanzer, der sich an mich wandte, nur raten, die Bäume auszuroden, weil sie wertlos waren. Ingleichen wurde die Cinchonakultur auf den Fidji-Inseln versucht. Früher wurde der Wert der Chinarinden meist nach dem Aus- sehen derselben bemessen; namentlich wurde gern gesehen, wenn diese Rinden mit viel Moos, d. h. mit Flechten, hauptsächlich Usne« barlata und Parmelia perlata, bedeckt waren, so namentlich von seiten der Droguisten und Apotheker. Gegenwärtig wird derselbe nur nach dem Gehalt an Alkaloiden und ganz besonders nach dem Gehalt an Chinin bemessen. Bis 1871 musste man annehmen, dass für die echten China- rıinden ein Gehalt an gewissen Alkaloiden charakteristisch sei, aber damals zeigte ich, dass die Rinde von C. pubescens VauL keine Spur von Alkaloiden enthielt, während eine andere Rinde, welche bestimmt keine echte Chinarinde war, thatsächlich Chinin und andere China- — 320 — alkaloide enthielt. 1879 griff ein deutsches Haus, LENGERKE & Co. in Bucaramanga, diese letztere Beobachtung auf; es sammelte solche Rinde, sandte sie zum Untersuchen nach New York, und der aber- mals konstatierte Chiningehalt dieser Rinde führte eine grossartige Einsammlung derselben und riesige Verwüstung der Wälder der Berge herbei, welche bei Bucaramanga aus dem Hauptthale des Magdalenen- stromes zur Kette von La Paz die Wasserscheide zwischen dem ge- nannten Strom und seinem Zufluss, dem Suarez, bilden. Ich gab 1871 diese Rinde FrückiGEr und derselbe nannte sie, jedoch ohne meine Zustimmung, China cuprea. Richtiger wäre gewesen, diese Rinde nach ihrer eminenten Härte zu bezeichnen, da die kupferrote Farbe, welche allerdings die erste Probe zeigte, in der Folge nicht stand hielt. Diese Rinde stammt nun angeblich von Aemijia ped- unculata' ab, welche in einer Höhe von 400—1200 m von Bucara- manga bis südlich gegen Tolima, etwa 5° nördlicher Breite, wächst. Dieselbe lieferte bis zu 2,5°/o, in der Regel 1—2°/o Chininsulfat. 1881 kamen von dieser Rinde 65500 Kolli oder über 3,5 Millionen Kilogramm nach Europa. Mitten in dem Oupreafieber, wenn ich damit die Hast bezeichne, mit welcher damals diese Rinden gesammelt und in den Handel gebracht wurden, wurde die Rinde einer wirklichen Remijia, nämlich der Remijia Purdieana, gesammelt, die zwar nicht ganz so hart wie die andere Rinde und auch nicht so rot von Farbe war, indes kein Chinin enthielt, sondern etwas Cinchonin und da- ! Karsten (Zeitschrift des Allgemeinen österr. Apothekervereins No. 1, 1885) bezweifelt, dass die Remsjia pedunculata die Mutterpflanze der China cuprea, und zwar der echten China cuprea, sei, und schliesse ich mich demselben vollauf an. Denn nach De Gandolle sind die Remijien Bäumchen und Sträucher, während die Pflanzen, welche die echte China cuprea liefern, nach der Dicke dieser Rinde zu schliessen, Bäume von oft bedeutenden Dimensionen sein müssen. Wenn nun gar Flückiger das Bildnis, welches Karsten in seiner Flora Colombiae 1859 für seine Oinchona pedunculata gab, auf die Mutterpflanze der echten China cuprea überträgt, so muss dem entgegengehalten werden, dass diese Mutterpflanze ovale, lederartige Blätter hat, keineswegs zugespitzte, wie die Cinchona pedunculata KARSTEN, und dass die Rinde der letzteren Pflanze weit entfernt davon ist, mit der echten China cuprea einige Ähnlichkeit zu haben. Triana liess sich zwar s. Z. aus der Nähe von Bucaramanga von mehreren Orten in verschiedener Höhe Organe der Mutterpflanze dieser China cuprea nach Paris kommen, aus denen er dieselbe, „ungeachtet einiger Verschiedenheiten“, als Cinchona pedunculata zu erkennen glaubte; allein es ist nur zu verwundern, dass man sich über diese „Verschiedenheiten“ so leichten Sinnes hinwegsetzen konnte. Meines Erachtens ist daher die Mutterpflanze der echten China cuprea auch heute noch nicht mit Sicherheit bekannt. 321 neben noch andere Alkaloide, welche sich in den echten Chinarinden nicht vorfinden. Was die Menge der Zufuhr von Chinarinden betrifft, so sind nur die Versendungen derselben einigermassen bekannt. So wird angegeben | Java | Ceylon! |Brit.-Indien Afrika | Bolivia Rinde Sulfat Rinde Rinde Rinde Rinde | kg 0/oim Mittel kg Kolli 120 kg |Kolli & 60 kg| Kolli & 50 kg ! 1901 6399500| 5,45 273147| 5863 | 753 7975 1900 5390000) 5,26 212739| 9440 107 3296 1899 5 704000 | 5,38 268 754 | 6402 | 573 4247 1898 5675000) 5,21 364240, 12990 | 2028 3 576 1897 4218800| 5,73 463579| 3238 2 975 1 522 1896 5 390 000 594 016 1895 4 431 500 417 804 | 1894 4 458 850 1126 738 | | 1893 Re: 1599 176. | 1892 eu 2 959 828 | 1. Okt./30. Sept. | 1892/93 4 196 865 lu | 1891/92 3 282 974 2 761495 | 1890/91 3 957 494 2 834 778 1889/90 2 834 365 4 000 044 1888/89 2 260 103 4 767 610 | 1887/88 1 886 225 5 309 347 | 1886/87 1 325 860 6 549 195 | 1885/86 885 710 6 983 314 | | | 1884/85 660 785 5 297 404 | | 1883/84 494 579 er | | | | Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, dass die Ausfuhr von Chinarinden aus Ceylon 1885/86 ihren Höhepunkt erreicht und seitdem ganz gewaltig abgenommen hat, wofür aber Java eingetreten ist, das Oeylon längst schon in dieser Beziehung überflügelte. Auch die Zufuhren aus Bolivien sind sichtlich im Zunehmen begriffen. Auf Chininsulfat berechnet lieferte Java 1901 allein 348772 kg, und da der gegenwärtige Weltkonsum auf 300000 kg zu schätzen ist, so ergiebt sich daraus schon ein erhebliches Mehr an Chininsulfat. Da nun aber auch Chinarinden nicht nur aus Ceylon, sondern auch aus Britisch-Indien, sowie von St. Thome, aus Jamaica und Südamerika * Das Gewicht war in engl. Pfund angegeben und wurde des Vergleichs halber in Kilogramm umgerechnet. Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902. 21 — 32 — dazu kommen, so folgt daraus, dass weit mehr Chinarinden auf den Markt kommen, als der Bedarf an Chinin ist. Daraus erklärt sich auch der niedrige Preis der Chinarinden und des Chinins und dass nur ganz besonders günstig situierte Plantagen prosperieren können, andere dagegen ihren Besitzern nur Verdruss und Schaden bringen. Wie lange diese Überproduktion an Chinarinden noch anhalten wird, entzieht sich meinem Urteil. Was die Rinden betrifft, welche in den Regierungsplantagen in Britisch-Indien gezüchtet werden, so kommen solche nicht zur Ausfuhr, sondern werden an Ort und Stelle auf Alkaloide verarbeitet, welche die Regierung den Eingeborenen zum Selbstkostenpreis abgiebt. Dieses Gemisch von Alkaloiden, welches die Bezeichnung „Febrifuge“ hat, enthält neben wenig Chinin viel Cinchonidin und Cinchonin, sowie amorphe Alkaloide, welch letztere kaum einen Wert haben. Die Cinchonen, welche in etwa 25 wohlcharakterisierte Arten zerfallen, abgesehen von den Bastarden, gehören zur Familie der Rubiaceen, zu welcher auch der Waldmeister, Asperula odorata, ge- hört, nur sind die Blüten der Cinchonen weit grösser als die vom Waldmeister. In der Blumenröhre oder Korolle der Cinchonen be- finden sich 5 Antheren und ein mit zwei Narben versehener Griffel. Die Blüten sind indes auf einem und demselben Baume meist nicht gleichartig; sie zeigen Heterostylie und werden dann, obgleich zwit- terig, als sogen. männliche und weibliche Form unterschieden. Bei der sogen. weiblichen Form ragt der Griffel aus der Blumenröhre heraus und hier kann normale Befruchtung, d.h. durch den eigenen Pollen, stattfinden. Anders bei der sogen. männlichen Form ; hier treten die Antheren aus der engen Blumenröhre hervor und bleibt der Griffel zurück; der Pollen kommt dann meist nicht auf die eigene Narbe, sondern wird vom Wind und von Hummeln fortgetragen, wodurch die Griffel anderer Blüten befruchtet werden können, die eigenen Narben dagegen leer ausgehen. Allein gleichzeitig löst sich die Korolle ab, und da zu dieser Zeit die Narben noch empfänglich für Pollen sind, so ergiebt sich aus dieser Wechselwirkung die grosse Neigung der Cinchonen zur Bastardierung. Sind zudem mehrere Arten nebeneinander, so ergeben sich dann aus dem betreffenden Samen alle nur möglichen und unmöglichen Pflanzen. Um diese Bastardierung zu vermeiden, verlegen sich einige Pflanzer speciell auf die Züchtung von möglichst tadellosem Samen, wofür sie dann ansehnliche Beträge einheimsen. So wird z. B. für 1 g feinsten Ledgeriana-Samen bis zu 25 fl. holl. = 42 Mk. gezahlt. Der frisch — eu — geerntete Samen hat eine Keimkraft bis zu 18 Monaten, von da ab lässt die Keimkraft nach. Er besitzt zwei Flügel, ist sehr leicht und wird daher vom Winde leicht fortgetragen. Derselbe keimt ohne Schwierigkeit, wenn er auf feuchten, humusreichen Boden niederfällt, nicht aber, wenn der Boden arm, lehmig, undurchlässig ist. Am sichersten ist daher die Vermehrung der besseren Arten durch Steck- linge oder Reiser, jedoch bietet gerade die C. Calisaya var. Ledgeriana in dieser Beziehung namhafte Schwierigkeiten dar. Immerhin zählte man 1898 in den Regierungsbaumschulen unter 1775 000 Pflanzen 1434000 Ledgeriana, in den Regierungsplantagen unter 2474000 Bäumen 1550000 Stück. Ähnlich dürfte sich dieses Verhältnis in den meisten privaten Plantagen stellen; indes darf nicht übersehen werden, dass nach Kuntze viele Pflanzen unter dem Namen Ledge- yiana gehen, die eben dies nicht sind. Was nun die Anwendung der Chinarinden betrifft, so besagt schon der Name „Fieberrinde“, welchem Zwecke sie dienen. Aber wir haben schon gesehen, dass die Chinarinde nicht immer die gewünschte Wirkung ausübte und dass ferner die Anwendung der- selben in Pulverform für den Kranken doch recht lästig sein musste. MarOT DE LAGARAYE in Paris stellte deshalb einen wässerigen Extrakt daraus dar; er bemerkte 1745 in diesem einen Salzabsatz, den HerugstÄäot 1785 als das Kalksalz einer Säure erkannte, deren Eigen- tümlichkeit erst Hormann, Apotheker in Leer, im Jahre 1790 nach- wies und nun diese Säure Chinasäure nannte. Diese Säure ist in den Chinarinden bis zu 9°/o enthalten; einige Rinden enthalten nur Spuren davon, die meisten 2—5°/o. Die Chinasäure ist inzwischen noch in anderen Pflanzen, z. B. in der Heidelbeerpflanze, nach- gewiesen worden. Dieselbe wurde von verschiedenen Chemikern, ganz besonders von mir, untersucht; sie hat sich in neuester Zeit auch einen Platz im medizinischen Gebiet erobert, indem sie nach Weıss in der Behandlung der harnsauren Diathese, also in der Be- handlung von Gicht und in der Abscheidung von Harnsäure, vor- züglich verwendet werden kann. Die Vereinigten Chininfabriken ZIMMER & Co. bringen eine Verbindung von Chinasäure mit Lithion als Urosin in den Handel, von anderer Seite wird eine Verbindung von Chinasäure mit Piperazin als Sidonal und eine solche mit Harn- stoff als Urol in den Handel gebracht. Auch das von mir zuerst dargestellte Chinid oder Chinasäureanhydrid hat eine Berliner Fabrik zum Patent angemeldet und will es unter dem Namen Neusidonal in den Handel bringen. 21* — 324 — Die Chinasäure gab WÖHLER und WOosKRESEnskY Veranlassung zur Entdeckung des Chinons, aus dem durch Reduktion das Hydro- chinon dargestellt wird, bekanntlich eines der besten Entwickler photographischer Bilder. Indes wird jetzt das käufliche Hydrochinon des Kostenpunktes halber aus anderem Material dargestellt als aus Chinasäure. 1811 schied Gomes, ein Arzt in Lissabon, aus der Chinarinde mittels Alkohol eine krystallisierbare Substanz, das Cinchonin, ab, von welchem PELLETIER und Caventou 1820 zeigten, dass es eine Base sei, indem sie mit Schwefelsäure eine Verbindung einging. Gleichzeitig entdeckten beide Chemiker das Chinin, das in der Folge von grosser Bedeutung wurde und mit dessen Darstellung sich gegen- wärtig mehrere Fabriken in Deutschland sowohl wie im Ausland befassen. PELLETIER stellte sofort das Chinin fabrikmässig dar und existiert dessen Fabrik heute noch; in Deutschland nahm Fkipkr. Josst, der Grossvater des Herrn Geheimen Hofrats Dr. v. Josst!, 1828 die Chininfabrikation auf und befindet sich die betreffende Fabrik gegenwärtig in Feuerbach, wohin sie 1864 von Stuttgart ver- legt wurde. Diese Fabrik steht seit fast 40 Jahren unter meiner Leitung und stelle ich gegenwärtig etwa 'Jh—'/s des Welt-Chinin- konsums dar. Der Absatz dieser Fabrik nach Württemberg ist frei- lich äusserst gering, derselbe betrug z. B. im vergangenen Jahre genau 100 g; die Fabrik könnte also weit besser im Auslande als wie in Württemberg sein. Ich bemerke, dass schon verschiedene Anläufe gemacht wurden, diese Fabrik von Feuerbach wo anders hin zu verlegen. An die Entdeckung des Chinins und Cinchonins reihten sich die Entdeckung des Aricins von PELLETIER und CorrıioL 1829 an, dann die des Chinidins von Hentky und DetLonpre 1833, des Paricins von WınckLer 1845, des Chinidins von WınckLer 1847, des Betachinins von van HeımmGen 1848. 1853 fand Pasteur, dass das deutsche Chinidin aus zwei Alkaloiden bestand, von welchem das eine ver- witternde, das andere nicht verwitternde Krystalle bildete. Er nahm an, dass das erstere Alkaloid von Henky und DeLonpre beobachtet worden sei, und nannte es dementsprechend Chinidin, während das andere, welches zu dem Cinchonin isomer und identisch mit Winck- ter’s Chinidin war, den Namen Cinchonidin erhielt. Da DELoNDRE die Rinden näher bezeichnete, aus welchem sein Chinidin dargestellt ı Herr Geh. Hofrat Dr. von Jobst wohnte dem Vortrage bei. — 3 — worden war, diese Rinden aber nach Göttingen in den Besitz von WisGErs kamen und dieser fragliche Rinden mit mir teilte, so konnte ich experimentell nachweisen, dass in jenem Chinidin nur das Chinidin von WinckLER vorliege, ganz abgesehen davon, dass Henry und DeLonpreE’s Angaben vielfach nicht zu dem Pasteur’schen Chinidin passen. Da eben der Begriff Chinidin undeutlich war, so habe ich diese Bezeichnung 1865 verlassen und für das verwitternde Alkaloid den Namen Conchinin gewählt, das auch identisch mit dem -Chinin von VAN HEIJNINGEN ist, und für das WiınckLer’sche Chinidin den von Pasteur dafür gebrauchten Namen Cinchonidin beibehalten. 1869 wurde dann von Wırrm und Caventou das Hydrocinchonin entdeckt, 1881 von Arnaup das Cinchonamin, desgleichen von Forst und BöHrInGER (gleichzeitig mit mir) das Hydrocinchonidin, 1882 von den letzten beiden das Hydrochinidin oder Hydroconchinin und endlich 1885 von Paur und CownLeY das Cuprein; es sind dies zusammen 11 Alkaloide. Von diesen wurde die Existenz des Paricins von FLückIGEr in Abrede gestellt, allein ich zeigte, dass das Pariein wirk- lich existiert. Ausser dem Hydrocinchonidin, das, wie ich eben er- wähnte, gleichzeitig von anderer Seite aufgefunden worden war, fand ich noch 14 Alkaloide in diesen Rinden vor, von denen ich nur die Namen hier anführe, nämlich: das Chinamin, Conchinamin, Cusconin, Cus- conidin, Cuscamin, Cuscamidin, Concusconin, Chairamin, Chairamidin, Conchairamin, Hydrochinin, Hydrocuprein, Dieinchonin und Javanin, sowie noch ein Alkaloid, das Homocinchonidin, das eine Modifikation des Cinchonidins ist und sich leicht in dasselbe verwandeln lässt. Das Homocinchonidin findet sich ganz besonders in der Rinde der ©. Palton oder der China rubra granatensis vor, auch in kleiner Menge in einigen anderen Rinden aus Neugranada, nicht dagegen in den kultivierten Rinden aus Ostindien und Java. Man war früher der Ansicht, der Sitz der Alkaloide in diesen Rinden seien die Bast- zellen, allein es hat sich inzwischen herausgestellt, dass dieser in den Parenchymzellen ist. Direkt lassen sich freilich diese Substanzen nicht beobachten, wie stark man auch die Vergrösserung vornimmt; auch lassen sie sich nicht durch Reagentien nachweisen und sind so- mit nicht in dem Zellsaft enthalten, sondern man muss annehmen, dass sie in der Inkrustationsschicht der Parenchymzellen abgelagert sind; werden die Schnitte mit Natronlauge befeuchtet, so quillt die Inkrustationsschicht auf und nun bilden sich Krystalle, die offenbar nichts anderes als Alkaloide sein können, da andere Substanzen, welche unter diesen Umständen in Form von Krystallen abgeschieden — 326 — werden können, in den Chinarinden nicht vorhanden sind. Diese Ablagerung der Alkaloide in der Inkrustationsschicht ist wohl auch die Ursache davon, dass sich diese Alkaloide durch Alkohol nur un- vollständig aus den Rinden ausziehen lassen. Auch in den Blättern der Cinchonen kommen Alkaloide vor, nur sind diese amorph. De Vrıs hat nun die Ansicht ausgesprochen, dass aus diesen amorphen Al- kaloiden die krystallisierbaren, wie Chinin ete., in der Pflanze sich bilden. Diese Ansicht widerspricht jedoch den thatsächlichen Ver- hältnissen, denn Chinin, Cinchonidin etc. vermögen sich wohl in amorphe Alkaloide umzuwandeln, nie aber habe ich das Entgegen- gesetzte, die Umwandlung eines amorphen Alkaloids in ein krystalli- sierbares, bemerkt. Ähnliches beobachtet man nun auch bei den Cinchonen. Die dünnsten Zweige enthalten erheblich mehr Alkaloide als die Blätter und es treten die krystallisierbaren Alkaloide schon in geringer Menge auf; je mehr man mit der Analyse an dem China- baum heruntersteigt, desto mehr findet eine Zunahme der kıystalli- sierbaren Alkaloide statt, bis sie in der unteren Stammrinde oder selbst in der Wurzelrinde ihr Maximum erreicht. Da bei den Cin- chonen eine rückwärtsgehende Saftströmung nicht stattfindet, wie bei unseren Obstbäumen und unserem Weinstock zur Herbstzeit, sondern nur eine Aufwärtsströmung, die nur für ganz kurze Zeit zum Stillstand kommt, so ist eine solche Umbildung durch die Saft- strömung ausgeschlossen. Die Alkaloide bilden sich offenbar an Ort und Stelle und ist die Bildung derselben als eine Funktion der Zelle anzusehen, die hier Chinin, dort Cinchonidin u. s. w. zu bilden vermag. Ich erinnere daran, dass die Renewed-Rinde ganz erheblich mehr Chinin enthält als die nebenanstehende natür- liche Rinde: die Eigenartigkeit der Zelle wird also die Ursache dieser Mehrbildung von Chinin sein. In der China cuprea finden wir keine Spur Cinchonidin, dafür das Cuprein, während in den echten Chinarinden keine Spur von diesem Alkaloid aufzufinden ist, obgleich der Zusammenhang von Chinin, Cinchonidin und Cu- prein ein äusserst naher ist. Ausser der Funktion der Zelle kommt bei dieser Bildung natärlich noch die Eigenart der Pflanze in Be- tracht; die eine Art wird solche Zellen bilden können, die fähig sind z. B. das Chinin zu erzeugen, die andere Art wieder nicht. So produziert die Remijia Purdieana Rinden, die wohl Cinchonin enthalten wie die der andern, der Rinde von der angeblichen Rem. pedunculata, allein Chinin, Cuprein, Conchinin,, Hydrocuprein und Hydroconchinin fehlen hier: dafür treffen wir anstatt dieser —!' Mt — zweisäurigen Alkaloide eine ganze Menge einsäuriger Alkaloide in derselben an. | | Das einzige, was man in den Zellen der Cinchonen abge- lagert vorfindet und sehen kann, das ist Stärkemehl und oxal- saurer Kalk; jedoch kommen beide in sehr geringer Menge in den- selben vor. Ferner findet sich in den Chinarinden noch vor: Chinovin, ein Glykosid, und Chinovasäure, die auch bei der Spaltung des Chinovins erhalten wird, Chinagerbsäure, Chinarot, welches letztere aus der Chinagerbsäure durch Oxydation hervorgeht, Cinchol, d. i. ein cholesterinartiger Körper, Spuren von Wachs und Chlorophyll, je- doch diese beiden nur in den jüngeren Rinden, während die China cuprea anstatt Chinagerbsäure eine andere Gerbsäure, wahrschein- lich Kaffeegerbsäure, enthält, ferner £-Chinovin und Cupreol, letzteres ebenfalls ein cholesterinartiger Körper, der von mir in diesen Rinden, wie das das Cinchol in den echten Chinarinden, aufgefunden wurde. Endlich kommt in den Chinarinden noch ein kleiner Gehalt an Ammoniak vor und geben lufttrockene Rinden, die bei 100° etwa 13°/o Wasser verlieren, beim Verbrennen 1—3 Io Asche, welche die gewöhnlichen Aschenbestandteile enthält. Auch in einer Chinarinde, in der Pitayorinde, wurde von mir ein be- sonderer Riechstofft bemerkt, den ich indes bislang nicht für sich erhalten konnte. Ob die Cellulose der Chinarinden mit der Cellulose anderer Rinden oder mit der des Cinchonaholzes übereinstimmt und worin die Inkrustationssubstanz überhaupt besteht, das ist bis jetzt noch nicht geprüft worden. s Die therapeutische Wirkung der Chinarinden kommt nun haupt- sächlich den zweisäurigen Alkaloiden derselben zu, nämlich dem Chinin, Cinchonidin, Conchinin, Cinchonin und Cuprein, sowie deren Hydrobasen. Letztere sowie das Cuprein haben jedoch nur theo- retisches Interesse; es bleibt also das Chinin, Conchinin, Cinchonidin und Cinchonin übrig, von denen das Chinin obenan steht. Dasselbe ist im Laufe der letzten 20 Jahre wiederholt der Gegenstand che- mischer Untersuchungen gewesen, nämlich von Skraup, Könıss und CoMSTock, v. MıLLER und RHopE, sowie von mir, und darf seine Kon- stitution als für aufgeklärt angesehen werden. Der Einfachheit halber wollen wir vom Cinchonidin ausgehen, für welches sich folgende Formel ergiebt: H H.C.cH, Um hieraus das Chinin (resp. Conchinin aus Cinchonin) ab- zuleiten, ist der Wasserstoff in der p-Stellung im Benzolkern durch Methoxyl zu ersetzen: — "C.0CH, | gecH - . und ergiebt sich, wenn wir noch das optische Verhalten dieser vier Basen berücksichtigen, dass das Chinin p-Methoxyeinchonidin , das Conchinin p-Methoxyeinchonin ist. Im zweiten Rest, dem Piperidin- rest, sind nun zwei asymmetrische C-Atome und ist anzunehmen, dass das C-Atom in —C.OH aus der Ebene, in welcher der Piperi- dinrest liegt, hervortritt, so dass, wenn noch der Chinolinrest hinzu- tritt, die Ablenkung der Ebene des polarisierten Lichtes stärker oder weniger stark ist, je nachdem die Anlagerung dieses Atomkomplexes in der einen oder anderen Richtung erfolgt. Beträgt dieser Effekt des bezeichneten C-Atoms a, und der Wert, den die Atomkomplexe des p-Methoxychinolins resp. Chinolins bedingen, b und b‘, so ist bei Conchinin dieser Wert a—b, bei Chinin dagegen b—a, bei Cinchonin b’—-a, bei Cinchonidin b’— a. Wir wollen nun a--b=ec, b—a=d, a-b’=c und ’—a=d setzen. Wenn nun je beide Paare beim Schmelzen in besondere Basen übergehen, nämlich in Chiniein bezw. Cinchonicin, so sollte man dafür das Drehungs- vermögen Buß, bezw. Bin erhalten. Dies ist aber nicht der — 329 — Fall und das hat seinen Grund darin, dass sich diese Basen in Ketobasen umlagern: Diese Ketobasen bilden sich auch noch in anderer Art. Wenn Jodmethyl auf überschüssiges Chinin wirkt, so bildet sich Jodmethyl- chinin: X = ' | /H EN ser NcC.OH BR PR SCHEN Wird dasselbe mit Kalilauge gekocht, so geht dieses über in Methyl- chinicin: AN HS | EB \ | B4 ; Nco N.CH, | o > Diese Base ist von Craus und MarLvann untersucht, irrtümlich aber als Methylchinin beschrieben worden. In ähnlicher Weise bildet sich aus Cinchonin Methyleinchonicin u. s. f£ Das Chiniein und Cinchonicin ist vor fast 50 Jahren von Pasrteur dargestellt und in der Zwischenzeit von Davın HowArn und von mir untersucht worden, ist aber vor wenigen Jahren von v. MıtLer und RHopE von neuem entdeckt worden, allerdings unter Bedingungen, unter welchen sie kein Chinicin resp. Cinchoniein erwarteten. Bei aufmerksamer Be- obachtung der Reaktion hätten sie aber der Neubenennung dieser Stoffe, nämlich Chinotoxin resp. Cinchotoxin, überhoben sein müssen. Wie diese neue Benennung der altbekannten Basen zu erkennen giebt, wirken diese Umlagerungsprodukte giftig. Werden die genuinen Basen mit Wasserstoff gesättigt, so treten — ia > zweierlei Produkte auf, es bilden sich entweder Tetrahydrobasen, indem der Pyridinkern hydrogenisiert wird, oder aber Dihydrobasen, indem die in der zweiten Hälfte enthaltene Vinylgruppe in Äthyl übergeführt wird. Direkt ist diese letztere Umwandlung nicht ge- lungen, dagegen finden sich in der Natur die Dihydrobasen vor, welche fast stets die ungesättigten Basen begleiten. Indes ge- lingt es leicht, Halogenwasserstoff an die ungesättigten Basen an- zulagern, z. B.: H H Ran 9 x ade 9 N HCI + CH,:H0/ | — CH,01.H,07/ | N BI i* ei Be N, Der Halogenwasserstoff lässt sich durch alkoholisches Kalı wieder wegnehmen und wir erhalten dann die ursprüngliche Base wieder. Jedoch findet dabei eine teilweise Umlagerung derselben statt. Durch Behandlung des Chinins sowohl wie des Cinchonidins, sowie des Conchinins und Cinchonins mit Phosphorpentachlorid unter gewissen Bedingungen gehen diese Basen teils in die Anhydrobasen, teils in die Chloride über: Chloride Anhydrobasen RER ZA en Be | | H en | N BE rris rs RR und — Conchininchlorid Chininchlorid Chinen, Cinchoninchlorid Cinchonidinchlorid Cinchen. und wird den Chloriden das Chlor durch Zink entzogen, so bilden sich Desoxychinin, resp. Desoxyconchinin, Desoxyeinchonin, Des- oxycinchonidin : IN Be ee | N x H N ’E =D — 331 — Beim Kochen des Cinchens oder Chinens mit konzentrierter Bromwasserstoffsäure tritt unter Aufnahme von 1 Mol. Wasser 1 Mol. Ammoniak aus und bildet sich aus dem Üinchen y-o-Oxydiäthyl- phenylchinolin, d. i. Apocinchen oder y-o-Oxydiäthylphenyl-p-Methoxy- chinolin, d. i. Apochinen. Wird in schwefelsaurer Lösung vorsichtig mit Kaliumpermanganat oxydiert, so entsteht durchgehends Ameisen- säure und es bildet aus Chinin Chitenin, aus Conchinin Conchitenin, aus Cinchonin Cinchotenin und aus Cinchonidin Cinchotenidin: Werden diese Basen mit 25°/o Phosphorsäure unter Druck erhitzt, so zerfallen sie unter Aufnahme von 1 Mol. H,O einesteils in Mero- chinen und anderseits in Lepidin, resp. p-Methoxylepidin: H.C0C.CH, G.CH, (GH H HK N 3 lem S N NM NcH, az N DH cH,:H 7 | | H usar | | y0-C00H HCS ‘ CH NY Be N a NH N CH Merochinen Lepidin Das Merochinen wird dann, gerade so wie die anfänglichen Basen, in schwefelsaurer Lösung durch Kaliumpermanganat zu Ameisensäure und Cincholoiponsäure oxydiert: H.C.CH, Be MA RER | 40007 | | gg rT°80 H,C 0 N RT Nor: ei NH aus welchen letzteren noch die Methylgruppe durch Bromwasserstoff- säure entfernt werden kann, wobei sich die Loiponsäure bildet: H,C © By \C00H NH Wird die Oxydation aber durch Chromsäure vorgenommen, so bildet sich einerseits Cincholoiponsäure, anderseits Cinchoninsäure bezw. Chininsäure, indem die kuppelnde Gruppe CH, in — COOH übergeht, und zwar ist die Cinchoninsäure y-Chinolincarbonsäure, die Chininsäure y-p-Methoxychinolincarbonsäure. Diese Säuren zersetzen sich beim Erhitzen in Kohlensäure und Chinolin resp. Anisidin (p-Anisidin, p-Methoxychinolin). Endlich können wir den Wasserstoff in der Hydroxylgruppe dieser Basen noch durch Acidyle u. dergl. ersetzen und wir erhalten dann die verschiedensten Ester, zu welchen das Euchinin gehört, auf das ich noch zurückkomme. Hiernach lässt sich das Chinin sehr leicht aufbauen, allerdings auf dem Papier. In der Praxis aber begegnet man eminenten, ja, ich möchte sagen unüberwindlichen Schwierigkeiten, da zu alledem noch Umlagerungen im Molekül selbst hinzukommen. Am einfachsten wäre die Überführung des Cupreins in Chinin. Ich habe dieselbe vor vielen Jahren versucht, erhielt jedoch davon nur Spuren, d. h. das vom unveränderten Cuprein getrennte Alkaloid liess sich eben nur durch die blaue Fluorescenz in schwefelsaurer Lösung erkennen. Bessere Resultate erzielten GrımAaux und ArnauD, allein die so er- haltene Menge war doch recht bescheiden, wie sich in Paris vor zwei Jahren erkennen liess, wo dies synthetische Chinin, etwa ein Fingerhut voll, ausgestellt war. Eine französische Gesellschaft nahm dann ein Patent auf diese synthetische Darstellung des Chinins in Frankreich sowohl wie in Deutschland. Obgleich ich aufgefordert wurde, dagegen Einspruch zu erheben, so habe ich es nicht gethan, weil nach der Patentschrift das Chinin überhaupt nicht oder kaum erhältlich war und ich es unverständlich fand, dass die Sache zum Patent angemeldet wurde. Anders dachte darüber das Patentbureau Rıcharp Lüners in Görlitz, welches in die Welt hinausposaunte, jetzt kann auch der arme Mann Chinin anwenden, während es vordem nur die Reichen konnten. Da bei dieser Synthese nur ein verschwin- dend kleiner Prozentsatz an Chinin gewonnen wird, sagen wir 5°/o, — 353535 — obgleich diese Ziffer noch viel zu hoch ist, und anderseits das Cuprein in das Chinindimethylhydroxyd übergeht, aus welchem sich aber weder Chinin darstellen, noch Cuprein wiedergewinnen lässt, so würde, da das Cupreinsulfat damals etwa 600 Mk. kostete, das Kilo Chininsulfat auf etwa 12000 Mk. zu stehen kommen, während es damals im Handel zu 30 Mk. erhältlich war, jetzt zu etwa 40 Mk. Noch kostspieliger dürfte sich wahrscheinlich die Synthese des Chinins gestalten, wenn wir auf das Chinolin und das Piperidin zurückgreifen, während die Synthese des Chinins in der Natur ohne grosse Kosten erzielt werden kann, indem man nur nötig hat, die passende Cinchone einzupflanzen und diese mit Stalldünger kräftig zu düngen. Wie vorteilhaft gerade die Düngung auf die Entwickelung der Cinchonen und damit auch auf die Menge an Alkaloiden wirkt, ergiebt sich daraus, dass absolut gleiche Pflanzen, die eine ungedüngt, die andere gedüngt, sich recht ungleich entwickeln; so z. B. zeigten in einer gewissen Zeit die Pflanzen in erster Art ein Wachstum von 1 m und produzierten dabei wenig Alkaloid, im andern Falle dagegen 5 m und viel Alkaloid. Das Chinin nun, das für sich sehr schöne Krystalle zu bilden vermag, bildet mit den Säuren Salze, und zwar neutrale, einfach- und zweifachsaure. Am meisten gebräuchlich davon ist das neutrale Sulfat, dann kommt das Chlorhydrat und endlich das Bisulfat. Letz- teres wird namentlich in Italien angewendet. Für Injektionen kommt noch das Bichlorhydrat in Betracht, das sich in weniger als dem gleichen Gewicht Wasser löst. Das Chinin sowohl wie seine Salze haben die grosse Unan- nehmlichkeit, dass sie eminent bitter schmecken und daher von manchem Patienten nicht angenommen werden, namentlich von Kin- dern. Es ist aber der Frankfurter Fabrik ' gelungen, in dem Kohlen- säureäthylester eine Verbindung des Chinins, das Euchinin, darzu- stellen, welches geschmacklos ist und dabei die therapeutischen Eigenschaften des Chinins in unveränderter Weise enthält. Auch andere Ester wurden von dieser Fabrik dargestellt, aber diese schmecken zum Teil bitter oder haben noch einen unangenehmen Geschmack; wieder andere besitzen einen geringen Geschmack, haben dagegen eine unbedeutende Chininwirkung, während wieder andere, wie z. B. das Karbonylchinin und das Dichininkarbonat, nahezu wirkungslos sind. Andere Ester nähern sich nach Overtac# in Bezug ‘ Vereinigte Chininfabriken Zimmer & Co. — 334 — auf Geschmacklosigkeit und Wirkungsweise dem Euchinin, wie z. B. der Chininkohlensäurebenzylester, während bei dem Salicylehinm, dem Salochinin, noch eine andere Wirkung hinzutritt, nämlich die bei Neuralgien und Neurosen. Aus den umfangreichen therapeutischen Untersuchungen, welche von verschiedenen Physiologen und Ärzten, namentlich in der Neu- zeit von Koch, Binz und OvERLACH vorgenommen wurden, sind von den Chinaalkaloiden und deren Verbindungen die als vorzüglich und ich möchte beifügen, in vielen Fällen als unübertrefflich hervor- gegangen, nämlich das Chinin und das Euchinin, sowie das Salo- chinin bezw. dessen Salicylsäureverbindung, welche letztere unter dem Namen Rheumatin in den Verkehr gebracht wird. Bei diesen werde ich kurz verweilen. 1. Das Chinin, C20 Hza Ne O2. Die therapeutische Wirkung der- selben führe ich kurz an. Schon in der genannten Universalpharma- kopöe heisst es, „die Chinarinde nimmt dem nachlassenden Fieber die Krafit weg, indem sie das Fieberferment präcipitirt; sie hat eine stärkende und die Fäulniss hintertreibende Krafit“. Nun, meine Herren, was da der Chinarinde zugeschrieben wird, das kommt in hervorragendem Masse dem Chinin zu. Es ist ein Protoplasmagift und hemmt nicht nur die Bewegung der Protozoen, sondern auch die entsprechenden Bewegungen der weissen Blutkörperchen. Indem es in grösseren Dosen die Zahl der Herzschläge beim gesunden Menschen sowohl wie bei dem kranken herabsetzt, wird gleichzeitig die Energie des Herzschlags vermindert, damit auch die Verbrennung in der Lunge und so die Temperatur des Blutes herabgesetzt. Da- gegen verursacht es häufig Ohrensausen, bisweilen auch Schwere des Kopfes, Schwindel und Verwirrung der Ideen. In kleineren Gaben regt es unter normalen Verhältnissen die Sekretion des Magensaftes an und wirkt dadurch günstig auf die Verdauung, ohne indes den Verdauungsprozess selbst zu befördern. Nur wird man zweckmässig anstatt des Sulfats das Chlorhydrat dieses Alkaloids anzuwenden haben. Es ist ein vorzügliches Mittel gegen Influenza; als vor circa 12 Jahren die Influenza in Stuttgart und nicht weniger in Feuer- bach krassierte, blieben alle die meiner Leute von dieser Krankheit verschont, welche sich mit dem Verpacken von Chinin zu befassen hatten und so Chininstaub, wenn auch in sehr geringer Menge, auf- genommen hatten. Dagegen waren alle anderen Arbeiter von dieser Krankheit befallen und auch ich wurde nicht verschont; jedoch durch kleine Dosen Chinin, 4 mal täglich & 0,25 g, konnte ich diesen Plage- — 35 — geist bald beseitigen. Als vor 2 Jahren die Influenza sich bei uns wieder bemerklich machte, wurde kaum jemand von dieser Krank- heit heimgesucht; nur wenige, welche nicht mit Chinin direkt in Berührung kamen oder neu eingestellt waren, hatten mit derselben zu rechnen. Das Chinin wirkt also, wie ich bemerken konnte, nicht nur immunisierend, sondern prophylaktisch gegen diese Krankheit. In letzterer Beziehung wissen wir dies längst schon in Betreff der Malaria, gegen welche, wie Koch vor wenigen Jahren gezeigt hat, das Chinin ein untrügliches Mittel ist. Auch gegen Krebs wird es neuerdings empfohlen, in der Art, dass man die Personen mit Malaria impft und dann die Malaria durch Chinin wegnimmt. Nach franzö- sischen Ärzten wird es vorteilhaft nach Krebsoperationen angewandt, um Recidive zu vermeiden. Ingleichen wird es gegenwärtig gegen Typhus vielfach angewandt, indem man von den schwächenden Bädern Umgang nimmt. Von guter Wirkung ist das Chininsulfat nach Darch£ auch bei verschiedenen Uteruserkrankungen. Bei Kindbettfieber wird in Unteritalien vielfach Chininphenylosulfat verordnet. Es sind etwa 16 Jahre her, wo man sagte, dem Chinin habe in den verschiedenen neuen Mitteln, wie Antipyrin, Antifebrin und wie sie alle heissen mögen, die letzte Stunde geschlagen; der Um- stand, dass heute gegen damals das Doppelte an Chinin gebraucht wird, scheint mir zur Genüge zu beweisen, dass man in den ärzt- lichen Kreisen zu dem altbewährten Mittel wieder zurückgreift. 2. Was dann das Euchinin, Cso Hz: N O.0.CO2.C2 Hs, be- trifft, so hat dasselbe vor dem Chinin den Vorzug, dass es nicht bitter schmeckt, überhaupt geschmacklos ist, und dass die Nebenwirkungen des Chinins, wie z. B. OÖhrensausen, wesentlich schwächer sind, wäh- rend die charakteristischen Heilwirkungen des Chinins dieselben ge- blieben sind. Die zahlreichen Anerkennungen, welche bei der Firma (Vereinigte Chininfabriken, Zimmer & Co.) eingelaufen sind, dürfte der beste Beweis für die Brauchbarkeit dieses Heilmittels sein. Namentlich günstig hat es sich bei Keuchhusten bewährt, und es wird sogar von einigen Ärzten als ein mächtigeres Antipyretikum als das Chinin angesprochen. Indes muss ich beifügen, dass die Salze des Euchinins deutlich bitter schmecken, so dass sich daher die Bezeichnung „geschmacklos“ nur auf das Euchinin selbst, also auf das pure Alkaloid erstreckt. 3. Die dritte Verbindung, welche ich anzuführen hätte, ist das Salochinin, d. h. Chinin, dessen Hydroxylwasserstoff durch das Radikal der Salicylsäure ersetzt ist, also Cao Hs NO.O.C: H5 O2. Dasselbe — 3356 —- ist ebenfalls geschmacklos; aber es bildet auch mit Salicylsäure eine geschmacklose Verbindung, Rheumatin genannt, welche ebenso wie das Salochinin nach OverLach weder Chininrausch, noch überhaupt irgendwelche Störungen des Nervensystems bewirkt. Ferner treten irritierende Einflüsse auf den Digestionsapparat und die Harnorgane weder bei grossen Dosen noch bei prolongiertem Gebrauch in Er- scheinung. Ich kann dies im ganzen genommen nur bestätigen; allein ich glaube bemerkt zu haben, dass es besser wäre, anstatt täglich 3 Dosen & 1 g, nur 1 Dosis (1 g) zu nehmen, und zwar diese vor dem Schlafengehen. Ich möchte hier nur noch die anderen drei Alkaloide, das Con- chinin, Cinchonidin und Cinchonin berühren. Bezüglich des Con- chinins habe ich anzuführen, dass es gegen Malaria und gegen Fieber in ähnlicher Weise wirkt wie das Chinin, mit Ausnahme bei typhösem Fieber, wo es demselben entschieden nachzustehen scheint; auch scheint die letale Dosis geringer zu sein, als wie vom Chinin. Je- doch ist mir ein Fall bekannt, in welchem 8 g Conchininsulfat auf einmal genommen wurden, ohne dass sich hieraus schlimme Folgen für den Patienten ergaben. Was endlich die beiden Basen Cinchonidin und Cinchonin be- trifft, so sind davon schon erheblich stärkere Dosen zu nehmen als wie vom Chinin, wenn man den gleichen Effekt erzielen will. Das Verhältnis zwischen Chinin und diesen Alkaloiden beziffert sich der Menge nach auf etwa wie 1:3. Vom Cinchonidin kommt das neu- trale Sulfat, vom Cinchonin hauptsächlich das Chlorhydrat zur An- wendung, und hat letzteres im Auslande ziemlich viel Freunde er- worben. Das Cinchonidin kam vor etwa 15 Jahren in den Chinarinden in reichlichen Mengen vor, und deshalb glaubte man, die üblichen Chininproben verschärfen zu müssen, um nicht benachteiligt zu werden; denn das Cinchonidin hat die lästige Eigenschaft, mit Chinin in den meisten Salzen sowohl, wie ‘mit Chinin selbst, zusammen zu kry- stallisieren. Infolgedessen wurden verschiedene Chininproben aus- gearbeitet, und gegenwärtig hat nun womöglich jedes Land eine eigene Chininprobe, die den eventuellen Cinchonidingehalt zu erkennen geben soil, sobald er gewisse Grenzen überschreitet. Heute dürften jedoch diese verschärften Proben weniger dringend sein als vor etwa 15 Jahren, weil die zur Chininfabrikation dienenden Rinden kaum etwas Cinchonidin enthalten. Es kommt daher auch nur verhältnis- mässig wenig Chinin nach der deutschen Pharmakopöe, wie wir sie jetzt haben und die bekanntlich von allen Pharmakopöen am kritt- ge lichsten ist, in den Handel, sondern in der Hauptsache nach der Probe der deutschen Pharmakopöe vom Jahre 1882, d.h. der Kerner’schen Probe entsprechend, welche Probe gewissermassen der Massstab für die Qualität des Chinins im Handelsverkehr ge- worden ist!. ! Der vorliegende Vortrag stützt sich auf Beobachtungen und Untersuchungen, welche ich seit 1856 über diesen Gegenstand gemacht habe, auf Privatmitteilungen, Handelsberichte und die folgenden Werke: Schröder, Pharmacopoea universalis. 4. Editio. Nürnberg 1748, Delondre et Bouchardat, Quinologie. Paris 1854. Karsten, Die medizinischen Chinarinden Neu-Granadas. Berlin 1858. Wiggers, Pharmakognosie. 5. Aufl. Göttingen 1864. Kuntze, Cinchona. Leipzig 1878. Flückiger, Die Chinarinden. Berlin 1883. Schmidt, Julius, Über die Erforschung der Konstitution und die Versuche zur Synthese wichtiger Pflanzenalkaloide. Stuttgart 1900. Nachtrag. Ergänzend erlaube ich mir noch nachzutragen, dass der S. 317 erwähnte Krebs, eine Krankheit, die Wurzeln sowohl wie die Zweige der Cinchonen befällt.e. Während, wenn der Krebs an den Wurzeln auftritt, die Pflanze beseitigt werden muss, genügt es im anderen Falle, die krebsigen Stellen scharf auszuschneiden, eventuell die von dieser Krankheit befallenen Zweige abzuschneiden. Diese krebsigen Massen pflegt man zu verbrennen. Ferner möchte ich anführen, dass die S. 318 erwähnte Lupinen- einsaat weniger den Schutz der Cinchonen bezwecken soll, als viel- mehr den Aufschluss des Bodens. Aus diesem Grunde züchtet man auch vielfach auf dem Gelände, ehe es mit Cinchonen bepflanzt wird, Lupinen. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 22 Geschichte des grünen Feuersees in Stuttgart. Von Prof. Dr. ©. B. Klunzinger. In der Deutschen Fischereizeitung 1897 habe ich in meiner Arbeit „Die Lehre von den Schwebewesen des süssen Wassers“ in einer Anmerkung S. 125 auf die auffallend grüne Farbe unseres Stutt- garter „Feuersees“ hingewiesen und bemerkt, dass die Ursache dieser Farbe eine winzige Doppelalge (Desmidiacee) von nur 0,005 mm Grösse sei, welche Prof. Dr. Kırcuner als eine vorläufig als neu zu betrachtende Cosmarium-Art bestimmt habe. Meine ersten Untersuchungen des Sees mittels Fischens mit dem feinen seidenen Planktonnetz im Sommer 1896 ergaben ein äusserst organismenarmes Plankton (s. u.). Erst als ich mir bald darauf aus diesem See geschöpftes Wasser in grösserer Menge verschaffte und dasselbe in einem ca. 16 1 fassenden Einmachglas über Nacht stehen liess, bekam ich einen reichlichen grünen Boden- satz, der fast ausschliesslich aus obiger doppeltzelligen Alge bestand. Ich zeigte in jener Arbeit an diesem Fall, wie notwendig bei der. praktischen Untersuchung des Planktons die Untersuchung von Boden- sätzen sei, als Ergänzung besonders in Fällen, wo die Plankton- organismen wegen ihrer Kleinheit durch die Maschen der feinsten Planktonnetze durchgehen. In einem Vortrag in unserem Verein im Oktober 1899 „über die Ursachen der Farben unserer Gewässer und über den grünen Stuttgarter Feuersee“ habe ich nähere Angaben über die Sache ge- macht, worüber sich aber in den Sitzungsberichten (s. diese Jahres- hefte 1900, S. XXXVII) nur wenige Andeutungen finden. Auch in meiner Arbeit „über die physikalischen, chemischen und biologischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer“ (s. diese Jahres- hefte 1901) bin ich nicht näher auf diese Angelegenheit eingegangen und habe nur S. 339 versprochen , darüber in einer besonderen Arbeit zu berichten, was jetzt geschehen soll. Endlich habe ich in einem kurzen Zeitungsartikel unter Chiffre K. — 339 ° — im Juli 1901 (Kronik des Schwäbischen Merkurs 16. Juli, Mittags- nummer, Dienstag) bekannt gemacht, dass der Feuersee seine grüne Farbe verloren und dafür sich eine „Wasserblüte* von Olathro- cystis aeruginosa gebildet habe (s. u.). Der „grüne Feuersee“ gehört also der Geschichte an. Nichts- destoweniger ist es von Interesse, auch jetzt noch dieselbe zu ver- folgen, zumal sie eine praktische Bedeutung gewonnen hatte, indem der Stuttgarter Gemeinderat jahrelang vergebens sich bemühte, die odiose grüne Farbe wegzubringen, bis die Natur selbst Abhilfe brachte. Ich bin in der Lage, an der Hand der mir gütigst zu Gebote gestellten amtlichen Protokolle genauere Angaben machen zu können. Am 13.—14. Mai 1895 wurden im Gemeinderat bei Gelegenheit des Etats über die Unterhaltung des Feuersees Klagen vorgebracht über die üble Ausdünstung des Sees; es wurde sogar der Gedanke laut, den See deshalb aufzufüllen'. Man beschloss zunächst, für regelmässige Zufuhr frischen Wassers zu sorgen. Nach den An- gaben des städtischen Bauamts wird der See gespeist 1. durch Zu- fluss von Nutzwasser (filtriertem Neckar- und Seewasser, letzteres aus den Seen des K. Wildparks: dem Pfaffen- und Neuen See), gesammelt im Hasenbergreservoir; die Wassererneuerung geschieht so besonders durch die Fontäne, welche bei 7 Stunden Sprungzeit 154 cbm Wasser liefert, 2. durch Quellwasser, das aus verschiedenen Quellen im oberen Nesenbachthal im sogen. Wannenreservoir (im Gewande „Wannen“ bei dem Schwabstrassentunnel) gesammelt wird. Was davon nicht in den verschiedenen Trinkwasserbrunnen der Stadt verbraucht wird, fliesst als „Übereich“ mittels einer „Übereichleitung“ in den Feuersee: ca. 648 cbm pro Tag?. Die Berechnung ergiebt dann eine voll- ständige Erneuerung des gesamten Wasserinhalts in 20,5 Tagen. In der Sitzung des Gemeinderats vom 25. Juni 1895, wobei auch nun die auffallend grüne Farbe des Sees besprochen ward, wurde ‘ Dieser Vorschlag wiederholt sich immer wieder, bis heute, trotz des einzig schönen landschaftlichen Bildes. ® Nach dem Sitzungsbericht in diesem Jahreshefte 1900, S. XXXIX, be- trüge der Zufluss von Seewasser täglich 280 cbm, von Quellwasser 180 cbm. Nach einer weiteren mündlichen Mitteilung von Stadtbaurat Zobel sind die übrigens wechselnden Mengen: 220 cbm von der Fontäne, 600 cbm vom Wannen- reservoir, also mit meiner obigen Angabe stimmend. Ferner teilte mir Herr Prof. Dr. Bretschneider, früher Anwohner des Feuersees, mit, die grüne Färbung sei schon ca. 1890 aufgetreten, nach Ausschlammung des Sees, wobei auch eine grosse Menge Karpfen ausgefangen wurden, 22* = beschlossen, durch das städtische chemische Laboratorium (Vorstand: Dr. Busarp) das Wasser des Feuersees genau untersuchen zu lassen, besonders auch in Bezug auf die Farbe, mit Heranziehung der Seen in den K. Anlagen zum Vergleich. Diese Untersuchung, im Juli 1895 überreicht, ergab: 1. Farbe: in einem "a Literglas Petrachtet, eine weissliche Trü- bung, mit einem Stich ins Grünliche, in einer Schicht von 1 m (Glasröhre von 1'/g cm Lichtweite) deutlich grün. Die Farbe im See ist nicht Reflexerscheinung. 2. Geruch: zur Zeit des Augenscheins ist kein Geruch bemerk- bar, weder in der Mitte, noch am Ufer. Doch zeigte sich zu- weilen an heissen Tagen beim Vorbeigehen ein unangenehmer Geruch, aber wechselnd. 3. Mikroskopische Untersuchung: im „hängenden Tropfen“ niedere Algen, Infusorien, wenige Spaltpilze. Im Bodensatz nach 10 Stunden, besonders in den am Grund des Sees ge- fassten Proben: „niedere Algen“ (als Scenedesmus angegeben), auch Diatomeen, Pediastrum, ferner: Volvox, Infusorien, Sarcine. 4. Die bakteriologische Untersuchung ergiebt in 1 cbm Wasser nur 85 (—98) Keime, also keine wesentliche Verunreinigung, ähnlich wie im filtrierten Neckar- und Seewasser. 5. Die chemische Untersuchung ergiebt: hohen Gehalt an or- ganischen Substanzen, 41,10 in 10000 Teilen (eben wegen der Algen, und zwar auch nach dem Filtrieren, da diese im Filter nicht zurückgehalten werden konnten). Keine Fäulnis- vorgänge, daher geringer Gehalt an Nitraten (0,26 in 10000 Teilen). Die Entstehung der Algen im See ist nach BujJarp im See selbst zu suchen; das oben genannte zugeführte filtrierte Re- servoirwasser und das Quellwasser enthalten keine Algen. Die Algen bildeten sich nach Busarv’s Meinung wohl während der Ausbesse- rungsarbeiten, wo Tümpelbildung stattfand. Als Abhilfe schlägt er vor: Ablassen und gründliche Reinigung des Beckens. Übrigens sei das grüne Wasser nicht gesundheitsstörend, solange der Wasser- spiegel auf derselben Höhe bleibe. Weiterhin wird noch Prof. Dr. v. Autes um ein Gutachten an- gegangen, das am 8. August 1895 überreicht wird. Sein Vorschlag geht auf Desinfektion durch 10 ige frisch bereitete Lösung von Eisenvitriol (schon 10 eem davon in 5 1 Feuerseewasser machen rasch einen gelblichen Niederschlag). Zur vollständigen Klärung des — 3411 — Wassers wäre dann reichlich Kalkmilch zuzusetzen. Die Operation sei leicht auszuführen und äusserst billig. Während des Verfahrens müsse der Zufluss von weiterem Wasser abgestellt werden; ferner müssten etwa vorhandene Fische vorher abgefangen und Schwäne und Enten entfernt, „in die Sommerfrische geschickt“, werden. Das desinfizierte Wasser müsste baldıgst abgelassen und dann auch der Boden und der uncementierte Seitenrand des Beckens mittels einer viel schwächeren Eisenvitriollösung desinfiziert werden, um eine als- baldige Neubildung von Organismen auszuschliessen. Nachdem auch der Vorstand des städtischen chemischen Labora- torıums im wesentlichen zugestimmt hatte, wurde die Desinfektion vorgenommen. Nach dessen Bericht vom 23. Mai 1896 wurde nach dem Ablassen des Sees die von den Algen wie mit einem grünen Rasen nahezu vollständig überzogene Sohle durch Abnehmen einer dicken Schicht des Grundes und Hinausschwemmen derselben gründ- lich gereinigt, und erst nach Entfernung der Algen der Grund mit einer Lösung von 100 kg Eisenvitriol durchtränkt. Nach 24- bis 30stündiger Einwirkung wurde der Grund ca. 5 cm hoch unter Wasser gesetzt und das Wasser nach einiger Zeit wieder abgelassen, um so den nicht oxydierten, etwa noch unveränderten Eisenvitriol zu entfernen, was, wie chemische Reaktionen zeigten, vollständig gelang; dann wurde der See wieder aufgefüllt. Die weiteren Vorgänge wurden täglich gründlich weiter ver- folgt und beim Vorbeigehen beobachtet: bei Auffüllung bis '/a m war das Wasser ganz klar, so dass man den Grund sehen konnte. Als die Tiefe zunahm, wurde das Wasser wieder grünlich, was jetzt Busarn als Reflexerscheinung betrachtete, da die herausgenommenen Proben keinen grünen Absatz gaben. Braune, an der Oberfläche des Sees neuerdings zu sehende schwimmende Massen ergaben sich als Kohlenstaub, Pflanzenteile und Blüten, herrührend von den über das Wasser hereinragenden Bäumen, und wurden mehrfach entfernt oder durch Ablassen des Sees um ca. 30 cm von Zeit zu Zeit weg- geschwemmt. Inzwischen wurde auch versuchsweise die Springzeit der Fontäne von 7 auf 10 Stunden täglich erhöht, um dem See mehr frisches Wasser zuzuführen und mehr Bewegung zu verschaffen. Schon am 28. Mai 1896 wurde in einer Gemeinderatssitzung geklagt, dass die grüne Farbe wieder da sei, und am 17. Juli muss auch Busarp zugeben, dass die Algen wieder sich zeigen, die Des- infektion also unwirksam gewesen sei; mit den überhaupt ver- wendbaren Chemikalien sei nichts auszurichten gegen die Dauerformen — 32 — der Algen (Zygoten). Eine Belästigung der Umwohner durch den Algengehalt sei indes nicht anzuerkennen, ausser wenn unter ge- wissen Umständen die Algen absterben und das Wasser faulig machen. Nach diesen Misserfolgen wurde im Gemeinderate angeregt, ob nicht durch ein regeres Tierleben: Einsetzen von Wasserschnecken, Fischen oder Fröschen, auch Belebung durch Gänse, Enten und Schwänen der See gesäubert werden könne. Der nun als Sachver- ständiger befragte Prof. Dr. Lampert gab am 28. Februar 1897 fol- gendes Gutachten ab: der Feuersee habe sich bei mehrfacher Unter- suchung als ausserordentlich arm an kleinen Organismen, besonders auch an niederen Krustaceen erwiesen; als färbendes Prinzip habe sich schliesslich! eine winzige Alge, zu den Desmidiaceen ge- hörig, herausgestellt. Deren massenhaftes Vorkommen im Feuersee sei indes vom sanitären Standpunkt aus gleichgültig, da sie nicht schädlich und kein Krankheitserreger sei, die eigenartige Färbung des Wassers sei sogar nach des Referenten persönlicher Ansicht nicht unschön, eine Vertilgung halte er nicht für nötig. Sollte jedoch eine solche trotzdem gewünscht werden, so verspräche vielleicht am meisten Erfolg die Bevölkerung des Feuersees mit kleinen Krusta- ceen, welche ihre Hauptnahrung in solchen mikroskopischen Pflanzen finden, und es sei bei deren rascher Vermehrung anzunehmen, dass wenigstens nach und nach einem übermässigen Überhandnehmen der Alge Einhalt gethan werde. Besonders im Frühling seien solche Krusta- ceen leicht zu erhalten, z. B. vom See in Monrepos und vielen anderen Weihern. Einige Untersuchungen im Laufe des Jahres würden leicht Aufschluss gewähren, ob der See sich hiermit bevölkert habe. Eventuell wären noch Wasserpflanzen einzusetzen, welche dann freilich gegen das auf dem Feuersee gehaltene Geflügel geschützt werden müssten. Man beschliesst, die Sache zunächst beim alten zu belassen, da sich mancherlei Bedenken geltend machten. Nach meiner Ansicht war dies auch das richtigste: die grünen Algen schaden nichts, sind eher nützlich, da sie der Fäulnis entgegenwirken durch Erzeugung von Sauerstoff, wie jeder Aquarienbesitzer weiss, zum Trinken ist ja das Wasser nicht da. Die grüne Farbe des Sees ist geradezu eine Sehens- würdigkeit von Stuttgart, welche ich schon manchem Fremden besonders gezeigt habe. Die Armut des Sees an anderen Organismen ausser der Doppelalge dürfte, wie aus der Erörterung nach meinem diesbezüglichen ‘Vortrag (s. diese Jahreshefte 1900, S. XXXIX) hervorgeht, teils von der ! Nach meiner oben erwähnten Untersuchung des Bodensatzes. nn Reinheit des zufliessenden filtrierten Wassers bezw. Quellwassers her- rühren, teils von den mit dem Grund des Sees vorgenommenen Ver- änderungen, wie Cementierung, wofür auch spricht, dass vor diesen Änderungen Karpfen gut gediehen seien, während jetzt kein Fisch mehr fortkomme!. Zur Erklärung der Armut des Feuersees an Mikro- fauna möchte ich noch eine Notiz beibringen, wovon ich aber die Quelle nicht mehr angeben kann. Man hat beobachtet, dass Eier von Fröschen, Lachsen u. dergl. sich im blauen Licht am besten entwickelten, langsam im grünen und gar nicht im roten. Dass indessen das einfache Übertragen und Einsetzen von niederen Krustaceen nicht genügt, einen sterilen See rasch zu einem an lebendiger Nahrung reichen zu machen, habe ich selbst erfahren, als ich und Professor SıesgLın in Hohenheim einst den Versuch machten, in den mit Fischen besetzten, nahrungsarmen künstlichen Fischteich am Bahnhof in Hohenheim Wasser aus dem nahen krustaceenreichen Teich gegenüber dem exotischen Garten zu schöpfen; nach kurzer Zeit waren in ersterem keine Krustaceen mehr. Wo die Lebens- bedingungen für diese günstig sind, finden sich die Krustaceen von selbst; sind sie nicht günstig, so sterben etwa eingesetzte sofort wieder ab. Daher glaube ich auch, dass man im Feuersee mit diesem vorgeschlagenen Mittel nicht viel erreicht hätte. Mehr halte ich von dem aus der Mitte des Gemeinderats vorgeschlagenen Mittel, Schnecken, d. h. Wasserschnecken, wie Limnaea, einzusetzen, da solche ja auch in Aquarien bekanntlich die an die Glaswand sich ansetzenden grünen Algen gierig abweiden. Es hätte dann allerdings einer grossen Anzahl solcher bedurft. Ich selbst habe das Wasser des Feuersees wiederholt unter- sucht und bis zum Jahre 1901 stets jenes Cosmarium darin gefunden. Ausserdem fand ich bei Untersuchung des Rückstandes im Seiden- oder Baumwollnetz: Dinobryon, Peridinium, Euglena; von Räder- tieren: Anuraea, Triarthra, wenige und äusserst kleine Cyelops (mit Nauplius); von Diatomeen: Synedra; von Algen: Scenedesmus. Die Farbe blieb auch immer gleich, selbst im Winter, es war, nach vorsichtigem Ausschluss der Reflexerscheinungen durch die herein- ragenden Bäume, ein gesättigtes Grasgrün?. Ich untersuchte ! In einem Protokoll vom 26. Mai 1896 heisst es, dass ca. 1000 Stück Fische eingesetzt wurden; im Juli 1901 habe ich selbst solche beobachtet. 2 Ein ebenso intensives Grün fand ich in dem See des sogen. Wasserhofs im Germanischen Museum in Nürnberg am 2, Juni 1901, bei einem zweiten Besuch am 28. Oktober desselben Jahres war nichts Grünes mehr dort zu sehen. auch das Wasser im Hasenbergreservoir vor der Filtration. Es ent- hielt zahlreiche Ceratien, Oyclops und dessen Nauplius-Formen, Rota- torien, Cypris und besonders Bosmina, aber keine Spur von Cosmarium. Ganz rein, auch ohne Sedimentbildung beim Stehenlassen, erwies sich das Quellwasser von dem Wannenreservoir. Ganz anders verhielt sich der Feuersee im Sommer 1901. Im Juni und Juli, als ich ihn wieder besuchte, war die schöne grüne Farbe verschwunden und hatte einer mehr grünlichbraunen und trüben Platz gemacht. Bei Betrachtung der Oberfläche vom Uferweg aus, am besten mit einem Fernglas, da die Entfernung doch ziemlich gross ist, erschien jene wie mit einem wolkigen hellen Schleier oder Staub bedeckt. Noch besser sieht man diesen Staub, wenn man von diesem Wasser abschöpft und es zu Hause einige Zeit in einem Glase, z. B. einem grösseren Einmachglas stehen lässt. Statt einem Bodensatz bildet sich jetzt eine Staubschicht an der Oberfläche, welche besonders am Rand spangrün erscheint. Unter dem Mikroskop sieht man den Staub gebildet aus sehr mannigfach gestalteten Gruppen (sogen. „Familien“) kleinster, etwas körniger Zellen von 0,003—0,004 mm Grösse, vom Aussehen der farblosen Blutkörper, aber kleiner und kernlos. Sie werden durch eine durch- sichtige Gallerte zusammengehalten und bilden so Kugeln, Ringe Hufeisen, Würste u. dergl. von leicht grünlicher Farbe, oder schwärz- ich, von ansehnlicher Grösse. Sie gehören zur Abteilung der Spalt- oder „Blaualgen“ (Cyanophyceen oder Phycochromaceen oder Schizo- phyceen), der wissenschaftliche Name ist Clathrocystis aeruginosa (Ke.) HenrR.', der häufigste Organismus, welcher der sogen. Wasser- oder „Seeblüte“ zu Grunde liegt, d. h. der Erscheinung des Überzogenwerdens eines stehenden Gewässers durch ein pflanzliches Lebewesen, das sich oben anhäuft, wie Rahm auf der Milch, infolge der Bildung von Gasen. Die Entwickelung und Vermehrung dieser Alge wird in hohem Grade gefördert durch die Wärme der heissen Sommermonate, was in diesem Jahre 1901 besonders zutraf. Hand in Hand damit geht bei der intensiven Sonnenbestrahlung ein Absterben und eine Zersetzung, wodurch das Wasser und die Luft ! Eyfert’s einfachste Lebensformen 3. Aufl. 1900, S. 55, T. I Fig. 37; Apstein, Süsswasserplankton 1896, S. 134, Fig. 21; Klunzinger, Schwebe- wesen, 1. c. 1897, S. 169. ? Diese Art findet sich z. B. in den Seen des Wildparks, und in dem- selben Sommer 1901 zeigte sie sich auch in den unteren Seen der königlichen Anlagen. — 345 — übelriechend werden, daher auch die in diesem Sommer sich mehrenden Klagen der Umwohner des Sees über üblen Geruch. Meine damalige Vorhersage ', „mit dem Eintreten kühler Witte- rung dürfte die Seeblüte wieder verschwinden, jedenfalls aber im Winter“, ist genau eingetroffen; .bis jetzt (März 1902) auch die zweite: „es ist nicht unmöglich, dass dieser Organismus (Olathrocystis aeruginosa) auch die früher vorhanden gewesene grüne Doppelalge (Cosmarium) dauernd vertilgt hat.“ Wir haben somit in diesen Vorgängen wieder einen Fall, wie wir ihn so oft beobachten können: dass alle menschlichen Eingriffe nichts vermögen gegen eine wirkliche (oder in diesem Fall vermeint- liche) Schädlichkeit der Natur, und dass diese das Gegenmittel früher oder später selbst liefert, z. B. das Auftreten der Schlupf- wespen oder gewisser Pilze (Empusa) bei der Nonnen- und Kiefern- eulenplage.e Wir haben hier auch wieder eine Erscheinung, die wir in jeder Infusion beobachten können, dass nach dem massenhaften Auftreten eines Infusoriums oft fast plötzlich eine andere Art ebenso massenhaft sich zeigt, wobei die erstere verschwindet, d. h. durch den Kampf ums Dasein oder Entstehen anderer Lebensbedingungen wird ein Organismus durch einen anderen verdrängt und ersetzt: hier hat Olathrocystis das Cosmarium ersetzt und vertilgt! 1 s, Schwäb. Kronik |. ce. Das Cosmarium des Feuersees in Stuttgart. Von Prof. Dr. ©. Kirchner. Das im vorhergehenden Aufsatz erwähnte Cosmarium, welches die Grünfärbung des Stuttgarter Feuersees durch die ungeheure Menge seiner im Wasser verteilten Individuen hervorrief, ist auch dadurch von einem grösseren Interesse, dass es unter allen bisher bekannten Desmidiaceen die kleinste Art darstellt. Seine in der Mitte durch eine nach aussen bedeutend erweiterte Einschnürung verengten Zellen haben nämlich nur eine Länge von 6,5—7,5 u und eine Breite von 5—6 u. Nur wenige andere Arten der Gattungen Cosmarium und Cosmaridium zeigen ähnlich geringe Dimensionen, so u. a. Cosmarium Schliephackeanum Grunow, Cosmarium silesiacum Gurwinskı und Cosmaridium silesiacum P. Rıcuter, welche auch in der Form der Zellen einige Ähnlichkeit mit der im Feuersee beob- achteten Art haben. Indessen unterscheiden sie alle sich von der letzteren durch die schmale, nach aussen viel weniger erweiterte Mitteleinschnürung und auch durch bedeutendere Grösse. Cosmarium Schliephackeanum hat Zellen von 9—9,5 u Länge und 10,7—12,5 u Breite, deren Zellhälften in der Mitte — auf der Scheitelansicht betrachtet — beiderseits bauchig angeschwollen sind; Cosmarium silesiacum trägt ebenfalls in der Mitte der Zellhälften beiderseits eine warzenförmige Papille und zeigt in einer kleineren Varietät ungefähr die Dimensionen von Ü. Schliephackeanum, in einer grösseren eine Länge von 14,4 u und eine Breite von 12 « (vergl. Gurwinskı im Bot. Centralbl. Bd. 43. 1890. S. 69). Das Cosmarium des Feuer- sees besitzt dagegen keinerlei Vorsprünge in der Mitte der Zellhälften. Cosmaridium silesiacum P. Richter kommt in der Form und in den Dimensionen der Zellen der Stuttgarter Art am nächsten, und da es auch als Ursache einer grünen Wasserblüte beschrieben worden ist, welche in Königl. Neudorf bei Oppeln in Oberschlesien im Jahre 1895 auftrat (vergl. Hauck et Rıcuter, Phykotheka universalis, No. 734), so war ich früher geneigt, die Desmidiacee des Feuersees für iden- tisch mit Cosmaridium silesiacum zu halten. Allein eine eingehende Vergleichung des von Herrn Prof. KLunzıngGer konservierten und mir — 341 — freundlichst zur Verfügung gestellten Materiales mit dem in der Phyko- theka universalis ausgegebenen hat mir gezeigt, dass die beiden Arten auseinandergehalten werden müssen. In den Grössenverhält- nissen wird zwar die Stuttgarter Art nur wenig von Üosmaridium silesiacum übertroffen, dessen Zellen 7—8 u lang, eben so breit und in der Mitte auf einen 4,5 « breiten Isthmus zusammengezogen sind, aber die Mitteleinschnürung ist bei der ersteren nach aussen be- deutend stärker erweitert, die ganze Zelle absolut und relativ schmäler und die Zellhaut verhältnismässig kräftig gebaut, während bei Cos- marıidıum silesiacum die Membran sehr zart ist. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal liegt aber in der Struktur des Zellinhaltes. Bei Cosmaridium silesiacum findet sich in den Zellhälften kein cen- traler Chlorophyllkörper, sondern ein wandständiger Chromatophor ohne Pyrenoid, und in dieser Inhaltsbeschaffenheit ist es begründet, wenn P. RıcHTEr die von ihm untersuchte Alge in die Gattung Cos- maridium (Gay) Hanscırc stellt; das Pflänzchen des Feuersees ist dagegen ein echtes Cosmarium, dessen Zellhälften je einen centralen Chromatophor mit einem Pyrenoid enthalten. Demnach ist die Alge des Feuersees als eine noch nicht be- schriebene Art anzusehen, welche Cosmarium suevicum genannt a b € d Cosmarium suevicum n. sp. 1350fach vergr. a, b Hauptansicht, c Seitenansicht, d Scheitelansicht. Cosmarwmm suevicum n. sp. (aus der Sektion Microcosmarium Hanscırg; vergl. De Toxı, Sylloge Algarum. Vol. I p. 931). Zellen sehr klein, etwas länger als breit, mit fast rechtwinkliger, am Isth- mus abgerundeter Mitteleinschnürung;; Zellhälften in der Hauptansicht elliptisch mit wenig konvexem Scheitel, in der Seitenansicht fast kreisrund, in der Scheitelansicht eiliptisch ohne hervortretende An- schwellung in der Mitte; Zellhaut ganz glatt, verhältnismässig dick ; Zellinhalt mit je einem Pyrenoid in jeder Zellbälfte. Zygosporen unbekannt. Länge der Zelle 6,5—7,5 u, Breite 5—6 u, Dicke 3—3,5 u, Breite des Isthmus 2,6—3 u. — Im Feuersee in Stutt- gart, das Wasser intensiv grün färbend. Ueber das Vorkommen des Apus cancriformis SCHÄFFER in Württemberg. Von Prof. Dr. ©. B. Klunzinger. Im Anschluss an den Vortrag des Herrn Dr. HüEBEr über den Apus bei der Hauptversammlung unseres Vereins in Rottweil (siehe oben die Sitzungsberichte, Hauptvers.) teile ich hier das, was über das eigentümliche Vorkommen des „krebsartigen Kiefenfusses“ in unserem Lande bekannt geworden ist! oder bekannt zu werden ver- dient, mit. 1. Am öÖftesten ist das Tierchen bei Tübingen beobachtet worden (weil eben dort Sachverständige sich fanden). Leypıc (von 1859— 1875 Professor der Zoologie in Tübingen), der sonst so fin- dige Forscher, fand während seines ganzen Aufenthalts daselbst keinen Apus. In seinen „Beiträgen und Bemerkungen zur württembergischen Fauna“ in diesen Jahresheften 1871, S. 268, heisst es, „der Apus scheint in Süddeutschland, nach fast völligem Schwund aller Wasser- gräben und Tümpel, besonders jener, welche im Vorfrühling sich füllen und später austrocknen, sehr selten geworden zu sein“. Auch in der von ihm geschriebenen Fauna in der Tübinger Oberamts- beschreibung von 1867 sagt er S. 50: „Apus cancriformis wurde in Lachen der Steinlach noch vor 10 Jahren gefunden; seit dieser Zeit ist der merkwürdige Krebs nach dem Trockenlegen der Tümpel des Thales nicht mehr zum Vorschein gekommen, selbst nicht in nassen Jahren.“ Ebendaselbst aber bringt er eine Notiz von dem bekannten Prof. ScHÜBLER in EısenBacH’s Geschichte der Universität Tübingen 1822, „unser Tier finde sich in stehendem Wasser des Wörths daselbst zuweilen nach Überschwemmungen in Menge“. In ‘ In der Zusammenstellung der württembergischen Fauna im Königreich Württemberg 1882, I. Bd S. 537, heisst es bloss kurz: Apus cancriformis Stutt- gart, Winnenden, Heilbronn, Tübingen, periodisch häufig (1851, 62, 71, 72). — 349 — der Vereinssammlung finden sich Exemplare von Apus, gesam- melt von E. v. Martens, nach mündlicher Mitteilung von demselben „im Sommer 1853 an der Reutlinger Strasse in seichten und kleinen, lehmigen Pfützen am Boden kriechend und oft mit Lehm bedeckt, schwer zu sehen, aber sehr zahlreich“. Im Juni 1886 fand Dr. FickeErr am Zoologischen Institut das Tier in einer Lehmgrube bei Kuster- dingen (oder Altenburg) nach längerem Regenwetter (siehe seine „Bei- träge zur Fauna der Umgebung von Tübingen“ in diesen Jahres- heften 1889, S. 363). Er fand es dort mit Branchipus stagnalis L. (= pisciformis ScHÄFrF.) vergesellschaftet, „man könne zwar Branchipus allein finden, nicht aber Apus, was auch nach seiner Beobachtung bei Breslau der Fall sei; Apws scheine von Branchipus zu leben!; der kleine Branchipus werde nur häufig übersehen“. — In der Vereinssammlung findet sich ein Glas mit Apus von dem- selben Fundort von FIckErT, mit Datum: August 1888. Seitdem wurde dort nichts mehr davon gefunden. 2. Ein anderer Fundort ist Heilbronn. Nach Lryvıc (Ober- amtsbeschreibung von Tübingen, 1867, S. 50) hat SchüsLer (nach einer Notiz in EısengachH’s Geschichte von Tübingen, 1822, s. o.) „den merkwürdigen Kiefen- oder Kiemenfuss in seiner Heimat Heilbronn beobachtet“. Leypıs erwähnt in seinen „Beiträgen zur württembergi- schen Fauna“ in diesen Jahresheften 1871, S. 268, noch eine Be- merkung von Stadtschultheiss Tıror, welche dieser bei Gelegenheit der Jahresversammlung des Vereins am 1. Mai 1847 (siehe diese Jahreshefte 1847, S. 136) machte: „Der Apus sei in zwei Sommern dieses Jahrhunderts bei Heilbronn auf Kohlgärten zum Vorschein gekommen, welche durch Regengüsse in Sümpfe verwandelt worden waren.“ Und in der älteren Oberamtsbeschreib ung von Heil- bronn, 1865, S. 41, heisst es: „Auf Äckern bei Heilbronn, welche vor 200 Jahren den Mönchssee bildeten, entwickle sich der Apus, wenn sie 20 und mehrere Jahre lang trocken liegen und wieder durch eine Überschwemmung ein See entsteht, der mehrere Monate lang nicht austrocknet, wie es z. B. im Jahre 1816 der Fall gewesen ist.“ In der neueren Oberamtsbeschreibung von Heilbronn, 1901, ist Apus nicht erwähnt. Interessant ist auch eine mündliche Erzählung des Herrn Ober- medizinalrats Dr. Ernst v. ZELLER; als er seinem Vater und Vorgänger ' aber nicht ausschliesslich; sonst könnte man ihn in Aquarien nicht auf- ziehen. — 350 — als Direktor der Irrenanstalt in Winnenthal das bei Winnenden von ihm gefundene Tier zeigte, habe dieser dasselbe sofort wieder erkannt: „In dem nassen Jahrgang 1816, dessen Folge eine entsetzliche Hungersnot und Teuerung im Lande war, haben sich noch in den Strassen der Stadt Heilbronn überall grosse Pfützen gebildet und darin seien diese Tierchen in Menge gewesen; er erinnere sich der- selben, da er schon ein 12jähriger Knabe war, noch ganz gut.“ 3. In Stuttgart fand man den Apus mehrmals. Die Vereins- sammlung besitzt zwei Gläser davon, im Juni 1851 von F. Krauss (dem nachmaligen Vorstand des Kgl. Naturalienkabinets) gesammelt, 6 cm gross und zwar auf der „Gänsheide“ ; ebenso ein drittes eben- daher und von ebendemselben vom Juli 1862, von 3 cm Länge. Ich selbst fand, in Gesellschaft einiger Freunde vom entomologi- schen Verein, Herrn W. Hartmann und Dr. E. Hormann (Kustos am Kgl. Naturalienkabinet), im Sommer 1871 und 1872 eine Menge solcher Tiere in einem Tümpel auf der Feuerbacher Heide, wir konnten sie mit den Händen schöpfen. In dem Jahresbericht 1871/72 über unsere Vereinssammlung steht unter den Geschenken: „27 eiertragende Weibchen von Apus cancriformis von KLuNzinger“ (siehe diese Jahres- hefte 1873, S. 9). In der Vereinssammlung befinden sich aus jener Zeit auch abgestossene Häute von mir, ganze Tiere und Eier von E. Hormann geliefert. Seitdem ist das Tier nie wieder in Stuttgart gefunden worden. Dbranchipus fanden wir nicht. Deren Abwesen- heit möchte ich aber nicht verbürgen. 4. Bei Winnenden findet sich nach mündlicher Mitteilung von Herrn Obermedizinalrat Dr. E. v. ZELLER (Ss. 0.), dem gründlichen Kenner von Wassertieren, seit ca. 1875 der Apus cancriformis jedes Jahr, so oft man danach sucht, oder man kann ihn wenigstens immer aus Schlamm des betreffenden Fundortes erziehen. Der eine Fundort ist ein Lehmgrubentümpel am „Galgenberg“, am Weg nach Affalterbach. Dorthin kam er durch künstliche Zucht und Einsetzung. Ministerialsekretär Türk in Wien, den er gelegentlich der Weltausstellung daselbst 1873 als Liebhaber von Wassertieren kennen gelernt hatte, schickte Schlamm aus Teichen in. Wien, in denen sich Apus befunden hatten, an ZELLER, der ihn dann in den genannten Tümpel bei Winnenden warf, wobei er bemerkte, dass sich daselbst schon vorher Dranchipus befanden. Seitdem hat sich der Apus dort eingebürgert und findet sich stets zusammen mit Branchipus. Die Vereinssammlung besitzt eine Anzahl von Exemplaren von dorther durch Herrn ZeLLer vom Jahre 1875, 1877 — 5 — und 1898, einige auch „aus Eiern gezüchtete“'. Noch im Spätjahr 1901 züchtete ZeLLer solche aus im Mai von jenem Fundort geholtem getrockneten Schlamm und verteilte letzteren an seine Freunde. Auch mir glückte es, wenigstens ein kleines Exemplar in einer Glas- schale mit dem Schlamm zu züchten, das noch seine Verwandlung durchmachte, dann aber verschwand. — Es ist aber noch ein zweiter Fundort von Apus bei Winnenden: bei Steinreinach, wo nicht eingesetzt wurde. 5. Im Sommer 1898 fand Zahnarzt Irıov das Tier bei Rott- weil in einem mit schmutzigem Wasser gefüllten Strassengraben, auf dem Wege nach Balingen (siehe Hürser’s Vortrag in den Sitzungs- berichten 1902). Exemplare solcher von 4 cm von Prof. ZoLLER aus Rottweil sind in der Vereinssammlung. 6. Im Sommer, gegen August und September 1901, fand Herr Lehrer LörrLer aus Heidenheim, ein bekannter Kenner unserer ein- heimischen Fauna, Apus in einem Tümpel bei Kornthal in zahl- reichen Exemplaren, die dann von verschiedenen Liebhabern in Aqua- rien gehalten wurden, aber, wie immer, nur auf kurze Zeit. Exemplare nicht über 3 cm. Auch in diesem Fall fanden sich branchipus mit Apus zusammen. Letztere bewegten sich mit Vorliebe am Rand des Wassers. Im vertrockneten Schlamm fand Prof. Dr. VossELER Apus eingebettet, als ob es Trilobiten wären, meist mit dem Rücken nach unten, alle Teile ziemlich gut erhalten, selbst die eingetrock- ten Blattfüsse; die nach oben frei daliegen: ein Vorbild für den Ver- steinerungs- und Konservierungsvorgang vorweltlicher Tiere! Auch solche Branchipus fanden sich vor. Dieser Apus- und Branchipus- Schlamm befindet sich jetzt in der Vereinssammlung. Alle bei uns? gefundenen Apus waren A. cancriformis SCHÄFF., noch nie ist hier A. productus L. gefangen worden. ! Die in dem so etikettierten Glas befindlichen 6 cm grossen Exemplare sind indes nicht aus Eiern erzogen. Die Tiere halten sich in der Gefangenschaft nicht so lang, um eine solche Grösse erreichen zu können. ?2 In dem Verzeichnis württembergischer Tiere im Korrespondenzblatt des Württ. landwirtschaftl. Vereins, 1830, von G. v. Martens, findet sich S. 180 die Notiz: Monoculus Apus L., nach Überschwemmungen zuweilen in stehenden Wassern bei Ulm, Tübingen, Heilbronn. In G. v. Martens’ Reise nach Venedig 1824, wo die Tiere der Umgebung von Ulm aufgezählt sind, steht Apus nicht dar- unter, auch nicht in der neueren Oberamtsbeschreibung, wohl aber in der älteren von Memminger herausgegebenen von 1836 S. 29 mit obigen Worten. Also dürfte Ulm auch noch als Fundort von Apus aufgeführt werden. Ueber den Blautopf bei Blaubeuren. Von Prof. Dr. Klunzinger. Mit 3 Textfiguren. Meine Forschungen über die Farbe des Wassers und der freien Gewässer, insbesondere über die von Bunsen 1847 gefundene blaue Farbe des reinen Wassers, veranlassten mich im Mai 1900 zur Unter- suchung: des Blautopfwassers, als des uns zunächst liegenden freien Gewässers mit auffallend blauer Farbe, und Vergleichung desselben mit der Farbe des destillierten Wassers. Ich liess mir daher zunächst eine ca. 12] haltende Korbflasche mit Blautopfwasser zu einer Zeit, wo der Topf recht blau erschien, füllen und nach Stuttgart schicken, was mir Herr Oberforstrat PFIzENMAYER, ein altes Mitglied und Gönner unseres Vereins, gütigst besorgte. Da ich aber bei den Versuchen mit der Zinkröhre fand, dass die Farbe dieses Wassers in der Flasche nicht beständig war (s. u.), so beschloss ich, die Untersuchung an der Quelle zu machen und bei dieser Gelegenheit den Blautopf auch in anderer Beziehung zu untersuchen: bakteriologisch, zoologisch, botanisch und topographisch, weshalb ich auch die entsprechenden Apparate und Instrumente mitnahm: meine Versuchsröhre in zwei Stücken ä 2 m, Farbenskala, Planktonnetze mit Seil, Sammelgläser, _ Formol und Weingeist, Gläschen mit Nährlösung für bakteriologische Untersuchung, Prrrrische Glasschalen u. s. w. | Da der Blautopf nur bei anhaltend gutem Wetter schön blau ist, musste gutes, dauerhaftes Wetter abgewartet werden. Dies war der Fall im August 1900, welche Zeit auch der Ferien wegen gewählt werden musste. Am 7. August schrieb mir Herr Oberforst- rat PrizEnMAYER, das Wasser sei gegenwärtig sehr klar und der ! s. diese Jahreshefte 1901, S. 321 ft. ® Ein kurzer Bericht nach einem am 1. Oktober 1900 in einem Vereins- abend von mir gehaltenen Vortrag steht in den Sitzungsberichten dieser Jahres- hefte 1901, S. LXXIX. — 353 — Wasserstand nieder: auch dies ist eine notwendige Bedingung bei der Untersuchung, ebenso wie Ruhe der Luft und womöglich heller, klarer Himmel. Ich konnte meine Reise erst am 14.—15. August ausführen und fand auch da noch alle diese günstigen Bedingungen vor. Zum Befahren wurde ein Boot geholt, welches in dem abwärts vom Topf liegenden, durch ein Wehr getrennten seichten See (Stausee) bereit stand und über das zur Zeit fast: wasserlose Wehr in den Blautopf heraufgeschafft wurde. Auch ein Floss wäre zu Gebot ge- standen. Herr Oberforstrat PFIZENMAYER hatte mir seinen Forstgehilfen (Fischer) zum Rudern und zur Hilfeleistung überhaupt überlassen ; zur Aufstellung und Ausbreitung meiner mitgebrachten Ausrüstung wurde ein Platz in der dicht am Blautopf gelegenen Hammerschmiede- werkstätte bereitwilligst eingeräumt. Ein Mikroskop wurde mir in der Ortsapotheke von JosEnHans zu Gebote gestellt. Schon am Nachmittag des 14. August konnte ich meine Untersuchungen be- ginnen, zunächst mit der Aufstellung der Versuchsröhre auf einem Steg des Wehrs der Schmiede, dicht am Blautopf. Dann befuhr ich den See mit meinen Netzen eine Stunde lang, ebenso am andern Morgen, sammelte dabei Wasserpflanzen mittels einer Sichel mit langem Stiel und las Steine am Ufer ab. Von einem Mittag bis zum andern war die Untersuchung beendet; sie ergab folgendes: 1. Farbe des Blautopfwassers. a) In der Versuchsröhre hatte das am 30. Mai 1900 mir zu- geschickte Blautopfwasser am 1. Juni, also noch ganz frisch, No. 8 bis 10 der Forer’schen Farbenskala! gezeigt, am 6. Juni, nach mehr- tägigem Stehen, No. 5. Am 18. September ergab dasselbe Wasser, das in zugedeckten grossen Gläsern gestanden hatte, No. 6—7, das in der Korbflasche gebliebene No. 4: also sehr ungleiche Ergeb- nisse und mehr oder weniger grün. b) In der dicht am Blautopf am Nachmittag des 14. August aufgestellten Röhre mit davorgehaltenem Milchglas zeigte das frisch eingefüllte Blautopfwasser No. 4—5, mit der weissen Wand eines Gebäudes in einiger Entfernung im Hintergrund, No. 5—6 und etwas blässer. c) Der Blautopf selbst erschien dem Auge, vom Ufer aus gesehen, himmel- oder waschblau, stellenweise modifiziert von dem ! s, diese Jahreshefte 1901, S. 324. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, % 23 — 354 — dunklen Grün des Schattens der überhängenden Bäume. Aber vom Boot aus in senkrechter Richtung betrachtet, bei Ausschluss des Reflexes von Himmel und Wolken, bei genügender Beschattung und in der Mitte des .Topfes, wo der helle Grund nicht mehr herauf- scheint und die Farbe modifiziert, ergab der Topf No. 3—4 der Farbenskala: somit kein reines Blau, sondern ein Blau mit ziemlich starkem Stich ins Grüne, ja eher grün als blau! und kaum blauer als das frisch destillierte Wasser mit No. 4—5. Dieselbe Nummer stellte ForEL auch für den Genfer See als Mittel fest. Der oben erwähnte Stausee unterhalb des eigentlichen Blau- topfes ist wegen der geringen Tiefe nie blau? und ebenso auch das Wasser des Blauflusses. Die Ursache der blauen Farbe dürfte im wesentlichen dieselbe sein, wie die des destillierten Wassers in grösseren Schichten. Doch ist diese Erklärung nicht ganz be- friedigend (siehe meine Arbeit über die Farbe des Wassers in diesen Jahresheften 1901 und den Nachtrag dazu 1902). 2. Durchsichtigkeit und Klarheit. Man misst diese durch die sogen. „Sichttiefe“®, d. h. die Strecke, bis zu welcher ein heller Körper, der an einem Tau senk- recht hinabgelassen wird, von oben aus noch wahrgenommen werden kann. Ich verwende hierzu mein ohnedies mitgebrachtes Plankton- netz von 25 cm oberer Weite (am grösseren Ring). Ich ermittelte so hier 10 m Sichttiefe; dieselbe fand auch ForEL für den Genfer See als Mittel im Jahr. Man überzeugt sich von der Klarheit des Blautopfes aber auch durch Hinabblicken vom Boote aus, man kann noch in grosser Tiefe die Wände und Umrisse des Topfes mit den daran schwebenden und aufsitzenden Pflanzen und mancherlei in früherer oder neuerer Zeit hineingefallene Gegenstände, wie Baumstämme, Werkzeuge von Eisen u. dergl. erkennen. In der Mitte, wo der Topf tiefer ist, sieht man keinen Grund mehr, nur das Grünblau des Wassers. Bei anhaltendem Regen- und Tauwetter ist das Wasser trüb ! Nach der Oberamtsbeschreibung 1830, S. 30 wollte ein alter Beobachter von 1776 den Topf „Grüntopf“ genannt wissen. ® Eine in Blaubeuren käufliche, gemalte Ansichtspostkarte a als Blau- topferinnerung nur diesen See und zwar schön blau, nach dem Grundsatz: vulgus vult decipi. 3 5. meine Arbeit „Über die Schwebewesen des süssen Wassers“ in der Zeitschrift für Fischerei. 1897, S. 123. — 355 — und schmutzig. Die Farbe ist überhaupt wechselnd', ein schönes Blau selten. 3. Temperatur. Diese ist bekanntlich eine ziemlich niedere, + 8°R. = 10°C., wie vielfach gemessen wurde, zugleich aber sehr gleichmässig: daher im Sommer sehr kühl, im Winter kein Gefrieren und keinerlei Eisbildung. 4. Chemische Bestandteile. Vom Blautopf selbst liegen keine neueren quantitativen Ana- lysen vor. Der alte Prof. SchüsLer fand in einem Pfund Wasser 1,7 Gran (nicht Gramm) fixe Bestandteile?. Dass das Wasser ziem- lich kalkreich ist, zeigen andere ähnliche Gewässer der Alb. Ich selbst fand in dem mir zugeschickten Blauwasser, das einige Monate in weitmündigen, leicht mit einer Glasscheibe bedeckten Gläsern gestanden hatte, an den Wänden oben, soweit das Wasser verdunstet war, Inkrustationen, und an der Oberfläche des Wassers eine Art Kahmhaut, bestehend aus winzigen Krystallen von Kalciumkarbonat, das mit Säuren unter Aufbrausen sich löste. Die Krystalle erschienen unter dem Mikroskop teils nadelartig, in Bündeln, teils in dörneligen, kugeligen oder netzartigen (oder karviolförmigen) Formen, wohl durch Verklebung der Kalkkrystalle mit einer schleimartigen, organischen Masse. Unten am Boden ein kaum merklicher Bodensatz. Das im frischen Wasser gelöste Bikarbonat hatte sich nach Verdunsten eines Teils der Kohlensäure in einfaches Kalciumkarbonat umgebildet und so krystallinisch ausgeschieden. In C. RegeLmann’s Abhandlung über die Quellwasser von Württem- berg findet sich nur eine Analyse des Wassers der Blau, nicht des Topfes, von Dr. Wacker im November 1869 gemacht®. Er fand in 1 kg Wasser 25,9 cg feste Bestandteile und zwar: organische Stoffe 4, mineralische 21,9; von letzteren kohlensauren Kalk 17,4, Kalk 9,75 cg, Temperatur + 10° C. | Der Härtegrad, ermittelt durch hydrotimetrische Untersuchung, wird hier nicht erwähnt, wohl aber bei der ähnlichen Quelle der ! Die Feststellung der Farbe mit Skala durch das Jahr hindurch wäre nicht ohne Interesse. ? Oberamtsbeschreibung von 1830, S. 30. ° In den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde, Jahrgang 1872 (herausgegeben 1874), S. 170, 23* — aM — Pfeffer bei Königsbronn: No. 21 (d. h. in 1 1 Wasser befinden sich 21 cg mineralische Salze) '. 5. Bewegung des Wassers. Bei ruhiger Luft und niederem Wasserstand, nach längerer Regenlosigkeit, ist das Wasser ım Topf, trotz der grossen Wasser- menge, welche die Quelle liefert, ohne sichtbare Bewegung. „Kaum bemerkt man” über der Mitte, gegen den Berg hin, drei Ringe, welche das aufsteigende Wasser macht, und wo Gänse über die Stelle hinschwimmen, sieht man, dass sie hier stärker als im übrigen Wasser rudern.“ In Zeiten von Regen und nach solchen, nach Ge- wittern ist das Wasser im Topf aber nicht bloss trüb, sondern auch oft sehr unruhig. Durch starke Ausstossung von Wassermassen aus der oder den Spalten in der Tiefe wird ein Strudel? erzeugt, der ! Es wird von Interesse sein, bei dieser Veranlassung eine quantitative Analyse des Niederschlags aus dem bekannten Blausee im Kanderthal im Berner Oberland bekannt zu geben. Das Material hat Herr Oberbergrat Wepfer in Stuttgart dort im Sommer 1901 gesammelt und mir gebracht. Die Analyse wurde im chemischen Laboratorium der Technischen Hochschule unter Prof. Dr. Hell ausgeführt. Das Ergebnis ist: A. Material vom Bett der Blauseequellen (Erde und Sand, mit der Hand geschöpft). % II. (Kontrolleprobe.) Kohlensäure . . . . . . 24,02 24,36 Kalkan Kairo} 1 4era8l40 28,21 Bisenoxyd ..f... Hal af: 2 2,66 2,61 Unlöslicher Rückstand (Thon und Sand). . . 44,89 44,93 99,97 100,11 B. Schlamm aus dem Blausee (aus der Tiefe). I; I. Kohlensäure . . . . . . 38,63 38,64 Eik KUNLIEHANAREHER 46,10 46,13 Mashesiai. 1. min 1,03 1,03 Eisenoxyd und Thonerde 0,45 0,49 ET ET 1,09 1,13 Organische Substanz . . 5,18 4,98 Unlöslicher Rückstand . 7,51 7,60 99,99 100,00 ° Schwäb. Merkur, Kronik 1790, 8. 346. ® Nach demselben Bericht 1790 wäre dies Fabel, „auch bei grösstem Wasser (z. B. Februar 1784) habe man nur von einiger Höhe einen Stoss des Wassers an jenen drei Orten (den Ringen) entdecken können ?* rn Blautopf „siedet und kocht“. Das Befahren ist dann nicht ungefähr- lich. Die Blaubeurer haben im allgemeinen eine grosse Scheu vor ihrem Blautopf, und Wasserpartien darauf sind gar nicht üblich; noch weniger Baden und Schwimmen: nur dann und wann handelt ein thatendurstiger Seminarist gegen das strenge Verbot, auch der Kälte des Wassers trotzend''. 6. Menge des Wassers. Nach einer Mitteilung von Enwmann? liefert der Blautopf bei kleinstem Wasserstand in der Minute 282 hl Wasser, bei Hochwasser- stand ca. 3000 hl, im Durchschnitt ca. 600 hl, also eine sehr be- deutende Wassermenge. Der Topf ist im stande, schon an seinem Ursprung ein Rad für eine Hammerschmiede (früher eine Mühle) zu treiben®. Der Überschuss fliesst sofort durch ein Wehr in ein tiefer gelegenes Wasserbecken oder einen See (s. 0o.), von wo aus das Wasserpumpwerk für die Albwasserversorgung und dann bald noch einige Mühlen getrieben werden, worauf die Blau als ansehnliches Flüsschen, durch wenige Zuflüsse vermehrt, nach 5stündigem Lauf bei Ulm in die Donau mündet. Diese Wassermenge erklärt sich daraus, dass der Blautopf ein Sammelbecken zahlreicher Wasserläufe für einen weitgehenden Bezirk ist, welche in grosser Tiefe in einer undurchlässigen Schicht sich sammeln, nachdem die atmosphärischen Niederschläge der Alb durch die Spalten und Klüfte des zerrissenen Jurakalkes, besonders des weissen Jura &, durchgesickert sind. Diese Sammelbecken oder „Quellentöpfe“ sind eine Eigentümlichkeit des Südabhanges, wäh- rend das Wasser am Nordabhang der Alb in mehr einzelnen, aber zahlreichen und oberflächlichen Quellen zu Tage tritt, z. B. der Echazursprung bei Honau. Wo diese Töpfe genügende Tiefe haben, erscheinen sie überall blau (s. u.)*. ! Anfangs der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde ein auswärtiger Taucher mit Untersuchung des Topfes beauftragt; man findet darüber aber keine Veröffentlichungen. ?s. Regelmann, Die Quellwasser Württembergs. Württ. Jahrbücher 1872, 2, S. 168, Anmerkung. ® In dem Artikel in der Schwäb. Kronik von 1790 (s. o.) heisst es: „Der Topf stösst eine solche Menge Wasser aus, dass nur 30 Schritte davon zwei und einige Schritte weiter hinunter noch eine dritte unterschlächtige Mahlmühle von demselben getrieben werden. Diese Quelle behält auch bei grösster Dürre so viel Wasser, dass in jeder Mühle doch ein Gang gehen kann.“ * s. auch Dr. Bertsch, Der Blautopf und seine Quellflüsse, in den Blättern des Schwäbischen Albvereins. 1892, S. 31—33. — 358 — 7. Gestaltung (Topographie) des Blautopfes. Die allgemeine Gestalt der Blauquelle in Form eines Topfes kann man bei klarem Wasser und niederem Wasserstand schon von oben aus erkennen (s. o.). Eine topographische Aufnahme ist meines Wissens noch nirgends veröffentlicht. Es freut mich, eine solche hier nun zur Darstellung bringen zu können; ich verdanke die Skizze meinem verehrten Kollegen, Dr. Hammer, Professor der Geo- däsie an der Technischen Hochschule. Die Aufnahme hat dessen Vorgänger, der j Prof. Dr. Schover, am 8. August 1875 gelegent- lich einer Exkursion mit seinen Schülern gemacht; sie kam aber nie zur Veröffentlichung. Unterzeichnet ist die Skizze ausser von ScHoDER noch von Prof. H. Gross und Assistent H. SıcLe. Fig. 1. Situationsskizze im genäherten Massstab 1 : 1000. Danach ist die Oberfläche des Blautopfes nahezu kreisrund, an der Südseite durch eine gerade Linie begrenzt, die durch ein Wehr gebildet wird, welches den oberen, eigentlichen Blautopfkessel von einem seichten, ca. 1!/.—2 m tiefen See (Stausee s. 0.) sondert. Der Umfang des eigentlichen Topfes beträgt ca. 116 m', die Fläche nach Hammer’s? annähernder Berechnung nach der Kartenskizze un- gefähr 900 qm = 9a (9 Ar = etwas über '/s Morgen). Die Gestalt des Beckens (s. Profile Fig. 2 und 3 im Massstab von 1: 580) ist ungefähr trichterförmig, oben sich abflachend, nach unten steil und eng abfallend. Die Tiefe ist nach Scuoper’s Messung 20 m, an einer andern Stelle (Fig. 2) kam man bloss auf 16 m. Nach der Oberamts- ! Schübelin, Illustrierter Führer durch Blaubeuren. 1896, 8. 3. ? Schoder’s Skizze giebt keine Angaben. — 399 — beschreibung von 1830 fand schon 1718 der Prälat WEIssEenseE ' eine Tiefe von 63!/a Fuss, 1829 wurde zum Zweck der Oberamtsbeschrei- bung wieder eine Messung gemacht, welche 71 Fuss ergab, also im ganzen ziemlich übereinstimmend mit Schoper’s Angaben: 20 m = 69,9 württemb. Fuss. Nach dem früheren Volksglauben wäre die Tiefe unergründ- lich, was MöRIıkE in seinem Märchen vom Huzelmännchen und der Profil a-b. b Fig. 2, Profil c-d. d Fig. 3, schönen Lau so fein erzählt. Man glaubte sogar an ein Schmelzen des Senkbleies in der grossen Tiefe. Der Kubikinhalt des Blautopfes beträgt nach Hammer’s An- merkung zu der Kartenskizze ungefähr 5500—6000 cbm. Höhe des Blautopfes über dem Meer: 511 m (genauer 510,7 m)?. — [12.0 ! Nach der Schwäb. Kronik von 1790, 27. Dez., No. 155 S. 346 wäre die Messung 1718 von dem Geheimen Rat Bilfinger vorgenommen und 1783 von anderen wiederholt worden, sie ergab 63 Fuss mit dem Senkblei. ° Königreich Württemberg. 1882, 1. Bd. S. 293. — 360 — 8. Umgebung. Fast unmittelbar über der Nordseite des Blautopfes erhebt sich der südliche Abhang der Alb als „Blaufelsen“. Seit 1889 besteht hier eine Anlage mit einem Denkmal König Karls, geschaffen zum Dank für die Wasserversorgung der Alb; von dieser Seite kann man den Topf überall begehen. Etwas höher oben ist in den senkrechten Abhang eine Strasse, durch Arkaden gestützt, eingehauen', die nach Sonderbuch führt. Trotz dieser Neuerungen macht auch jetzt noch der Blautopf mit seiner Umgebung einen eigentümlich feierlich stillen, geheimnisvollen Eindruck?; und war wohl deshalb schon in den ältesten Zeiten als Heiligtum benützt. Später erst, seit 1050, wurde die Stätte zu einem Benediktinerkloster gewählt und heisst jetzt noch „Kloster“, aber bekanntlich in anderem Sinn: als niederes Seminar für evangelische Geistliche. 9. Organismen im Blautopf. a) Bakterien. Nach der gebräuchlichen bakteriologischen Untersuchungsmethode entnahm ich zunächst Wasser von der Oberfläche oder den obersten Schichten des Blautopfes mittels Eintauchen von zu Hause mit- gebrachten und dort sterilisierten, mit Wattepfropf verschlossenen ErLenmeyer’schen Glaskölbchen, sodann Wasser aus ca. '/g m Tiefe mit einem zweiten solchen Kölbchen, dessen Wattepfropf erst in dieser Tiefe, in welche das leere Kölbchen mit angehängtem Stein- gewicht versenkt worden war, mittels besonderer Schnur geöffnet wurde. Aus dem ersten Kölbchen wurde mit einer am Kohlenfeuer der Schmiede sterilisierten graduierten Pipette 1 ccm Wasser ent- nommen, diese Dosis in mitgebrachte, mit Watte verschlossene, mit etwas Fleischpeptongelatine gefüllte Reagensglasröhrchen nach leichter Verflüssigung der Gelatine statt Wasserbad an der Alkohol- flamme (bezw. Kohlenfeuer) eingefüllt, mit der Gelatine durch Schütteln vermischt und dann das ganze auf eine schon zu Hause sterilisierte und jetzt noch einmal gut erhitzte und so sterilisierte Perkri'sche Schale gegossen und mit dem Glasdeckel geschlossen. So wurden ! Siehe die in Blaubeuren käufliche, schon oben erwähnte Ansichtspost- karte. Eine andere Ansicht findet man in dem Werk von Ehmann über die Wasserversorgung der Alb (s. u.). 2 Ungleich naturschöner war es aber vorher, ich besuchte den Blautopf schon im Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, der damalige Eindruck ist mir unvergesslich. w — 3561 — vier Schalen gefüllt, davon zwei kleinere nur mit Entnahme von !/g ccm Wasser. Nach zwei Tagen wurden die Keime oder Bakterien- gruppen, die sich gebildet hatten, zu Hause mittels aufgelegter Glas- platte mit eingeschliffenen Quadraten unter der Lupe gezählt. Am vierten Tag waren die Keime schon verflüssigt. So fand ich für das Wasser von der Oberfläche in einer Schale auf 1 ccm 200—300 Keime, in einer zweiten mit !/2 ccm Wasser 60 Keime, also 120 auf 1 cem (in einer dritten bloss 30, wohl bei unrichtiger Behandlung). Für das Wasser aus !/ m Tiefe fand ich ca. 70 Keime bei '/;; ccm Wasser, also 140 auf 1 ccm. Als konventionelle Grenze eines guten Trinkwassers gilt das Vorhandensein von 150—200 Keimen in 1 ccm Wasser. Das Wasser des Blautopfes ist also als Trinkwasser nicht rein genug. Da- her fand sich auch die Behörde, wie man mir sagte, veranlasst, die Benützung des Blautopfwassers als Trinkwasser zu verbieten, und der städtischen Wasserleitung, welche beim Blautopf einen kleinen Sammelbehälter, ein Brunnenhaus, hat, die Auflage zu machen, ein Filter einzurichten. Die Wasserversorgung der Alb in dieser Gegend geschieht daher auch nicht durch den Blautopf, sondern aus Kies- schichten des Untergrundes in der Nähe; das Blautopfwasser liefert nur die nötige Wasserkraft!. Über diese Unreinheit des Blautopfes hat man sich nicht zu wundern. Es ist eben ein offenes Wasser und daher der Sammelplatz von allerlei Verunreinigungen ; es schwim- men stets Enten und Gänse darin herum, es baden sich darin wohl auch andere Vögel und Tiere; dann wird trotz des Verbots von den Einwohnern allerlei Abfall und Unrat hineingeworfen. Oder es fallen hinein: Blätter und Äste überhängender Bäume und Sträucher, die dann verwesen; ebenso kleine Tiere, z. B. Insekten und deren Larven. Auch von der üppigen Wasserflora (s. u.) wird stets ein Teil ab- sterben und verwesen. Endlich kommt dann und wann auch der Leichnam eines grösseren Tieres und gar eines Menschen hinein, der hier ertrunken ist. Selbstmörder wählen nicht selten den ge- heimnisvollen Topf zum Schauplatz ihrer Thätigkeit. Zum Heraus- ziehen solcher Leichen ist in der Schmiedewerkstätte beim Blautopf stets eine Totenangel bereit. Trotz dieses verhältnismässig reichen Bakteriengehalts und 's. Ehmann, Die Versorgung der wasserarmen Alb. 1881, Stuttgart, in 4°, S. 31, Blaugruppe. Daselbst auch auf Blatt No. 1 eine Ansicht der Pumpstation mit dem Blautopf, der Hammerschmiede und dem Hochreservoir der Stadt Blaubeuren. — 32 — der Unreinheit ist das Wasser klar und blau. Die Bakterien können also wohl nicht die Ursache des allmählichen Grünwerdens des älteren, destillierten Wassers sein, wie ich in meiner Arbeit über die Farbe des Wassers 1901 S. 328 näher ausgeführt habe. b) Flora. Diese ist, abgesehen von den Bakterien, im Blautopf eine recht üppige. Das Hauptgewächs, welches hauptsächlich am oberen Rand des Topfes wurzelt und mit seinem Wurzelstock hinkriecht, ein dichtes Buschwerk hier und im seichten unteren See bildend, ist der Wassermerk (Sium s. Berula angustifolia Koch), eine Doldenpflanze mit eingeschnittenen, gesägten Fiederblättchen. Sie erhebt sich bis '/?s m mit schwachem Stengel bis an oder über die Wasseroberfläche, meist im Wasser sich badend und wogend. Die weissen Doldenblüten habe ich zu jener Zeit nicht gesehen, ob- wohl als Blütezeit Juli und August angegeben wurde, auch keine Früchte. Vom Laichkraut (Potamogeton) fand ich P. densus L. (s. oppositifolius), dichtblätteriges Laichkraut mit unter- getauchten, gegenständigen, elliptischen Blättern und P. fuitans Ror# = Flusslaichkraut, mit schwimmenden und untergetauchten Blättern, letztere lang lanzettlich. Ferner Wasser-Ranunkel oder Froschkraut (Batrachium (Ranunculus) aquatile L.) mit haarartigen, untergetauchten Blättern und weissen Blüten. Tiefer gehen: das Quellmoos (Fontinalis antipyretica L.), das stellenweise die Wände und den Boden des Trichters bedeckt, und vonArmleuchtergewächsen (Characeen): Nitella flexilis Ac., fadenartige Massen bildend, daneben auch eine Ohara, wahrscheinlich fragilıs Desv. Endlich von Fadenalgen, in grosse Tiefe gehend und grosse Massen bildend, an das hinabgelassene Netz und Tau sich anhängend: Oladophora glomerata Kız. c) Schwebewesen (Plankton) und Uferfauna. Trotz stundenlangen und mehrmaligen Fischens mit dem Seiden- und Baumwollnetz fand sich im Grunde des Netzes keine Spur von Plankton vor, auch keine Copepoden und Daphnien, sondern nur einige junge Limnäen und Limnäenlaich, die wohl beim Streifen des Netzes an den Wasserpflanzen hereinkamen, wie solche sich auch ı Herr Kustos Eichler hatte die Güte, die Pflanzen nach meinen teils trocken eingelegten, teils in Formol aufbewahrten Exemplaren zu bestimmen. = 305 — beim Absuchen der Ufersteine fanden. Doch ist wiederholte Unter- suchung zu verschiedenen Zeiten nötig. Die Kälte des Wassers mag an dieser Armut der Fauna schuld sein, und beide auch an dem Fehlen von Fischen. Mit Einsetzen von Forellen hat man es, wie mir Oberforstrat PFIZENMAYER sagte, schon mehrmals versucht, aber immer ohne Erfolg, während man solche in der Blau und deren Zu- flüsse findet !. Andere blaue Töpfe und Quellen der Alb. Der Blautopf ist keine ausserordentliche Erscheinung, kein „blaues Wunder“. Überall wo sich in der Alb, namentlich am süd- lichen Abhang, solche Sammeltöpfe finden und eine gewisse Tiefe haben, sind sie blau. Doch sind nur wenige so gross und tief, fallen nicht so auf und sind daher nicht so bekannt. Vier solcher finden sich in der nächsten Umgebung von Blaubeuren’: 1. Der Ursprung der Schelklinger Ach, bei Urspring, woselbst ebenfalls ein Kloster bestand. Dieser Topf hat auffallende Ähnlich- keit mit dem Blautopf, ist von nicht geringerer Bläue, nur kleiner. Diese Ach mündet nach kurzem Lauf in die Blau. 2. Der Gieselsbach bei Blaubeuren, an seinem Ursprung auch ein kleines, rundes, blaues Becken bildend; er mündet ebenfalls bald in die Blau. 3. Die Quelle der Lauter bei Herrlingen: ein kleines Becken in einem Felsenkranz, mit reichlichem blauen Wasser, das auch zur Albwasserversorgung dient. 4. Die Quelle der Schmiechen, im Oberamt Münsingen. Das Flüsschen mündet bei Ehingen in die Donau. Andere württembergische oder schwäbische blaue Töpfe sind: 5. Die Lonequelle bei Urspring, Oberamt Ulm. 6. Der Ursprung der Brenz und der Pfeffer bei Königsbronn, Oberamt Heidenheim. 7. Die Egauquelle oder Buchbrunn, Oberamt Neresheim. 8. Der Ursprung der Zwiefaltener Ach in der Friedrichs- oder Wimsheimer Höhle. ! Klunzinger, Die Fische in Württemberg, in diesen Jahresheften 1881, S. 191, und Sieglin, Die Fischereiverhältnisse in Württemberg, in den Württ. Jahrbüchern 1895, II, S. 127 und 141 (Sonderabzug), herausgegeben 1896. ? Hierüber und über die anderen Töpfe siehe das Königreich Württemberg, I. Bd. 1882, S. 293—294. — 564 — 9. Ein Gumpen bei der Mühle bei dem Kloster Beuron in Sig- maringen. (Nach der Mitteilung von Prof. Dr. Fünrstück.) In den Alpen sind bekannte blaue Seen: Der Genfer und Gardasee, der Achensee in Nordtirol, der blaue Gumpen bei der Zug- spitze, der Fernsee in Tirol, der blaue See im Kanderthal im Berner Oberland (s. o. Analyse), der Schwellisee bei Arosa (Graubünden), der alte und neue Brachssee in Südtirol in den Dolomiten. Durch Reflexe erhöhtes Blau zeigt die blaue Grotte von Capri (siehe meine Arbeit über die Farbe des Wassers, 1901, S. 332) und die wenig bekannte Grotte von Busi in Dalmatien. Ueber die physikalischen, chemischen und biologischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer: Nachtrag‘, Von Prof. Dr. Klunzinger. In meiner vorjährigen Arbeit „Über die physikalischen, chemi- schen und biologischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer“ kam ich nach meinen Versuchen, die bis zur Drucklegung des Jahresheftes (Mai 1901) von mir angestellt wurden, zum Ergebnis, dass das ge- wöhnliche, frisch bereitete destillierte Wasser beim Durchsehen durch eine an beiden Enden mit Plangläsern geschlossene Röhre aus Zink von 4—6 m Länge, die horizontal gegen das Fenster gehalten wird, grünlich, oder bläulich mit einem starken Stich ins Grünliche, der Forer’schen Farbenskala No. 4—D entsprechend, erscheine. Bei Versuch No. 11 mit klarer Lösung von doppeltkohlensaurem Kalk in destilliertem Wasser fand ich eine blaue Farbe von ca. No. 1 der Farbenskala. Als ich nun denselben Versuch später, am 23. Juni 1901, an einem anderen Orte (Rottweil) wieder machen wollte, er- schien |die Bikarbonatlösung nicht blau, sondern grünlich, von Farbe No. 4—5, wie das destillierte Wasser, um dann bald durch Gelb in Schwarz überzugehen, wohl wegen eines sich bildenden reich- ichen Niederschlags infolge von Verdunstung der Kohlensäure in der nicht dicht verschliessbaren Röhre, und wohl auch durch Zersetzung der Metallteile (Zink der Röhre und Eisenteile der Schrauben für die ansetzbaren Glasplatten). Am 12. Juli 1901 machte ich noch einen dritten Versuch im Laboratorium für allgemeine Chemie an der Technischen Hochschule in Stuttgart, wohin ich meine Röhren brachte, die ich zur Vorsicht vorher noch mit einem Wischer mit Stiel, wie eine Kanonenröhre, gut hatte reinigen lassen. Die vom Assistenten des Laboratoriums, Herrn Gasser, bereitete Lösung von Kaleiumbikarbonat, mit destil- liertem Wasser verdünnt, war ganz klar und neutral. Ergebnis: Blaugrün, vonNo. 4 der Farbenskala bei 4 m und ebenso bei 6 m Is. diese Jahreshefte 57. Jahrg. 1901, 8. 321 ff. — 366 — Länge der Röhre! Vor dem äusseren Ende der Röhre war zur Er- haltung eines diffusen weissen Lichts, wie sonst, eine durchschei- nende Milchglasplatte aufgestellt. Die Wand des gegenüberliegenden Hauses war allerdings etwas gelblich, es war gewöhnlicher gelblicher Sandstein. Der anwesende Vorstand, Prof. Dr. Herz, der mir bei diesem Versuch mit Rat und That beistand, stellte nun aussen vor das mit einem weissen Vorhang verhängte Fenster eine grüne Pflanze (Plectogyne), um den Einfluss des gelblichen Hintergrunds, der Sand- steinwand, aufzuheben, und nun erschien die Farbe des Wassers der Röhre plötzlich, in überraschender Weise, blau, von No. 1, wie bei meinem ersten Versuch No. 11! Ich machte dann noch folgende Versuche und zwar, wie früher, im Saale der zoologischen Sammlung, im ersten Stock der Technischen Hochschule, dessen Fenster nach Westen gegen den Stadtgarten zu geht, also ohne gelblichen Hintergrund, wohl aber mit Bäumen im Garten. Ich benützte helle Nachmittagsstunden, wo die Sonne tief in den Saal hineinschien, einmal im Juli 1901 und wiederum im April 1902, wo die Bäume ohne Laub waren. Das Ergebnis war: 1. Die Röhre mit frisch destilliertem Wasser, gegen das Fenster gehalten, zeigte wiederum ein Blaugrün von No. 4—5, mit und ohne weissen Vorhang oder Milchglas, durch letzteres eher etwas heller im Ton. 2. Bei Vorstellen eines gut von der eindringenden Sonne be- leuchteten, dicken, weissen Porzellantellers im Innern des Zimmers und Betrachtung der Röhre von der Fensterseite aus erhält man nicht etwa ein tieferes Blau, wie man nach dem Bunsen’schen Ver- such erwarten sollte, sondern ein sehr blasses Grün oder Bläulich, einen sehr hellen Ton. 3. Bei Vorsetzen von roten, braunen, blauen Glasscheiben er- hält man genau die Farbe der betreffenden Gläser auch durch das. Wasser der Röhre hindurch. 4. Bei Vorsetzen eines grünen, dunkel- oder blaugrünen Glases erhält man dagegen ein mehr oder weniger tiefes Blau, um so tiefer, je näher man die Glasscheibe der Röhre bringt, mit No. 1—3 der Farbenskala (letzteres bei Brunnenwasser). 5. Ähnlich bei Vorsetzen eines grünen, dicken Blattes, z. B. von Laurocerasus oder Ficus, gut von der Sonne beleuchtet und durchschienen. Besonders auffallend erschien das Blau bei halb- gefüllter Röhre: oben im leeren Teil durch die Luft sieht man das Blatt grün, unten im gefüllten blau. Bei Entfernung des grünen Gegen- — 3m — stands von der Röhre verlor sich das Blau mehr und mehr. Ein vor- gehaltenes Blatt von Aucupa japonica, panachiert mit gelben Flecken, zeigte die letzteren auch durch die Röhre mit Wasser hindurch. 6. Andere Flüssigkeiten ergaben, wohl infolge von Verunreini- gungen derselben, andere als die gesuchten Farben, z. B. Alkohol ein Hellgelb, Chlornatriumlösung, mit reinen Salzkrystallen vom Berg- werk hergestellt, ein Rötlichgelb (nicht etwa Blau, wie das Meer), eine konzentrierte, klare Gipslösung erschien grünlich, von ca. No. 8 bis 9 der Farbenskala. Diese Versuche zeigen, dass, abgesehen von gefärbten Bei- mischungen, Beleuchtung und Hintergrund von wesentlichem Einfluss auf die Farbe des im durchgelassenen Licht betrachteten Wassers sind, wobei zur Aufhebung dieses Einflusses, z. B. von grünen Bäumen, auch selbst ein weisser Vorhang oder ein weisses Milchglas nicht genügt. Es erhellt daraus auch, dass meine frühere Meinung, Kalciumbikarbonatlösung gebe an und für sich, in der Röhre betrachtet, eine blaue Färbung, unrichtig ist. Damit fällt auch die Folgerung (S. 330 meiner vorjährigen Arbeit), dass die schöne blaue Farbe vieler unserer Gewässer, wie des Blau- topfs, des Achensees u. s. w., direkt von dem Kalkgehalt derselben herrühre ’, wenn nicht andere Stützen dieser Ansicht gefunden wer- den (s. u.). Nach obigem besteht kein Unterschied in der Farbe zwischen destilliertem und kalkhaltigem, klarem Wasser, wie schon Spring * gefunden hat. Die verschiedenen Fär- ! Diese Meinung ist schon 1857 von A. Prestel ausgesprochen worden, aber nuw als Vermutung (s. in den Mitteilungen der Geograph. Gesellschaft in Wien, 1857, 2. Heft S. 134), während Simony (der bekannte Alpenforscher), der seit Jahren über die Frage der Farbe der Gewässer vielfache Beobachtungen angestellt hatte, die blaue Färbung aus der Zufuhr mechanischer Bestandteile und aus dem Einfluss der Luftbildungen erklären möchte. ® s. meine vorjährige Arbeit S. 325 unten und 326 oben: „Lösungen von farblosen Stoffen, wie Kalkhydrat, Chlornatrium u. dergl., können (nach Spring) ebenso blau sein (wie destilliertes Wasser)“. Ich ergreife diese Gelegenheit, um einem brieflich ausgesprochenen Wunsch des Herrn Prof. Spring, Akademikers in Lüttich, zu entsprechen, nämlich eine Berichtigung einer Angabe auf S. 333 meiner Arbeit über die Färbung der Gewässer zu geben. Es heisst dort: „Nach Spring findet man bei vielen solcher grünlichen Gewässer, z. B. vom Starnberger See, gar keinen Rückstand (?) bei Verdampfung.“ Es sollte heissen: Nach Wittstein (der ja die Untersuchung gemacht hat, nicht Spring) schieden solche grünlichen Gewässer, wie der Starn- berger See, weder etwas Grünes noch Blaues ab. Denn freie Gewässer, die gar keinen Rückstand hinterlassen, wären allerdings ein chemisches Wunder. — 3 — bungen, die ich bei meinen Versuchen fand, rühren zum Teil von dem verschiedenen Hintergrund her, wobei insbesondere Grün das Wasser blau erscheinen lässt, was vielleicht von Absorp- tion des Gelben im Grünen durch das Wasser herrühren mag, da Gelb und Blau zusammen Grün geben. Bei der Erörterung nach meinem am 12. Oktober 1899 ge- haltenen Vortrag über die Ursachen der Farben unserer Gewässer (s. diese Jahreshefte 1900, Sitzungsberichte S. XXXIX), bemerkte Herr Dr. Hesse in Feuerbach, „das Grundwasser in Feuerbach sei farblos und enthalte viel schwefelsauren Kalk; würde der Kalk durch Natron beseitigt, so zeige es dann eine blaue Farbe.“ Neuerdings erfuhr ich nun, dass eine ähnliche Erscheinung in der Fabrik von P. Hartmann in Heidenheim beobachtet wurde, worüber mir Herr Kommerzienrat Hartmann selbst nähere Auskunft gab. „Es befindet sich dort ein grosses Wasserreservoir von ca. 3 m Wassertiefe, worin zu Fabrikzwecken chemisch mittels Ätzkalk und Natron ent- kalktes Quellwasser angesammelt wird. Dieses Wasser zeigt, be- sonders bei hellem Wetter, eine blaue Farbe, die sich an der Decke des Lokals wiederspiegelt. Das Quellwasser selbst ist nicht blau.“ ' Nun stehen sich zwei Thatsachen gegenüber und scheinbar in Widerspruch: einerseits stark kalkhaltige Gewässer, wie der Blau- topf oder der Brenzursprung in Königsbronn, anderseits künstlich entkalkte Gewässer zeigen, beide jedoch nur in grösseren Schichten, eine blaue Farbe, blauer als das gewöhnliche destillierte Wasser. Beide könnten vielleicht erklärt werden durch den Einfluss äusserst feiner suspendierter Teilchen, wie sie ja nötig sind, um eine „optische Leere“ zu verhindern. Es könnten die feinsteff Kalk- teilchen, welche sich durch Freiwerden von Kohlensäure in offenen kalkreichen Quelltöpfen oder freien kalkreichen Seen, wie Garda- und Genfer See, bilden, die ursprünglich blaue Wasserfarbe noch vermehren, vielleicht durch „multiple Reflexion“, ähnlich wie bei Tritten im Schnee (s. S. 332 meiner vorjährigen Arbeit). Spring schreibt diesen Teilchen in ihrem „pseudo-kolloidalen“ Zu- stande allerdings mehr die grünliche Farbe vieler Gewässer zu (S. 333 meiner Arbeit). Anderseits dürfte auch künstlich entkalktes Wasser, wie P. HArT- MANN richtig vermutet, immer noch, trotz sorgfältigster Filtration, feinste Kalkteilchen. suspendiert enthalten, und so derselbe Zustand eintreten, wie im kohlensäurereichen Kalkwasser. ! Ob nur wegen nicht genügender Tiefe ? — iM So wäre denn dem Kalk sein aus geographischen Grün- den anzunehmender Einfluss auf die blaue Färbung der Ge- wässer, wie sie der kalk- und kohlensäurereiche Blautopf, der Genfer und Gardasee zeigen, gerettet. Die Beweise müssten aber erst in- duktiv durch weitere Experimente geliefert werden, welche eine schöne Aufgabe für Physiker und Chemiker von Fach wären. Ich schliesse meine Versuche nach dieser physikalischen Richtung nun ab, da sie nicht meines Faches sind und immer weitere Rätsel und Probleme bieten'. Mögen sie wenigstens als mehr oder weniger schätzbares Material betrachtet werden. Ich hätte nun noch einiges Praktische zur Untersuchung der Farbe des Wassers nachzutragen: 1. Um alle Reflexion von oben und von der Seite und zugleich eine Störung durch die bewegte Oberfläche auszuschliessen, kann man zur Beurteilung der Wasserfarbe eine Art Trichter aus Metall oder Holz von ca. 1 m Länge nehmen, den man ins Wasser taucht und durch den man von oben hineinsieht, einen sogen. „Fischgucker‘“, wie ihn die Fischer gebrauchen, um Fische am Grunde zu sehen. 2. Schon 1838 empfiehlt Araco * für Reisende zur Untersuchung der Wasserfarbe eine Art Hohlprisma aus Spiegelglas: „eine Seite desselben wird senkrecht gestellt, die andere ist um 45° gegen diese und den Horizont geneigt, die obere Seite ist durch ein gewöhn- liches weisses Planglas verschlossen, damit das hohle, mit Luft er- füllte Instrument sich nicht mit Wasser fülle. Das Ganze wird in dieser Stellung einige Centimeter tief ins Wasser getaucht. Das Licht der Wassersäule, das unterhalb der Oberfläche des Wassers horizontal verlauft, die „Schnittfarbe“ desselben bildend, trifft die senkrechte Glasplatte des Hohlprismas unter einem rechten Winkel, ! Es wären hierbei auch die Theorien über die blaue Farbe des Himmels herbeizuziehen. Nach Pernter (Schriften des Vereins zur Verbreitung natur- wissenschaftl. Kenntnisse in Wien, 30. Bd., 1890, S. 199—219) „ginge die blaue Farbe des Himmels aus von kleinsten trübenden Teilchen in der Luft, durch Reflexion des Lichts, wobei das kurzwellige Licht, somit das Blau, viel stärker reflektiert werde, viel grössere Intensität zeige als das langwellige Rot und Gelb. Daher erscheine das reflektierte Licht blau.“ Ähnlich könnte auch das Blau des Wassers erklärt werden. — W. Spring (Bullet. Acad. Belgique 1898, p. 504) ist dagegen der Ansicht, dass die Luft selbst blau ist. „Blau sei die Eigen- farbe der Luft, wie auch die ihrer einzelnen Bestandteile.“ So wäre auch beim Wasser Blau die Eigenfarbe. ® Arago, Über die Farbe des Meeres in Poggendorf’s Annalen, 45. Bd., 1838, S. 468—474, übersetzt aus den Comptes rendus de l’Acad. d. scienc. in Paris, als „Instruktion zur wissenschaftlichen Untersuchung von Algier“. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, . 4 — 370 — dringt in das Prisma ein, geht in fortgesetzter Richtung durch die darin enthaltene Luft, erreicht die zweite Glasplatte und wird durch diese vertikal von unten nach oben reflektiert. Der Beobachter wird dann von oben die eigene Farbe des Wassers sehen, wie wenn er sein Auge ins Wasser hielte.“ Diese Einrichtung dient wohl vor allem dazu, bei seichtem Wasser von unten kommendes Bodenlicht, welches die wahre Wasser- farbe modifizieren könnte, auszuschliessen, zugleich auch, um die Wirkung des Reflexes vom Himmel, von Wolken, Gegenständen am Ufer, wie Bäumen, sowie der unruhigen Wasseroberfläche (durch Eintauchen) zu beseitigen. Man sieht also durch Spiegelung ge- wissermassen eine lange horizontale Wassersäule, eine grosse Wasser- schicht, die so gut ihre Eigenfarbe hat, als eine vertikale tiefe Wassersäule. 3. PoGGENDORF meint nun in seiner Anmerkung am Schluss det Empfehlung von Araco, und wohl mit Recht, das Prisma liesse sich durch einen einfachen Glasspiegel, der unter 45° gegen den Horizont geneigt ins Wasser getaucht wird, genügend ersetzen. Er entspricht der schrägen Platte des Araco’schen Hohlprismas. Einen solchen Spiegel führt auch ForeL an!, doch meint er, der Ton der so ins Auge fallenden horizontalen Wassersäule sei doch wesentlich heller, mehr mit weissem Licht gemischt, als der einer senkrechten, daher weniger richtig. Die Wirkung und der Verlauf der Strahlen sind dieselben wie beim Araco’schen Hohlspiegel. Man sieht indes nicht eine horizontale gefärbte Wasserstrasse, wie man nach der Schilderung von ForEL vermuten könnte, sondern eben einen Schein auf dem Spiegel von der Farbe des betreffenden Gewässers, wie ich mich überzeugt habe. Dreht man den Spiegel nach oben zu, so erhält man den Reflex vom Himmel; dreht man nach unten, so wird es dunkel; man muss also die richtige Stellung des Spiegels durch Versuch ermitteln oder eine Einrichtung treffen, die Neigung von 45° genau zu erhalten. Man wird sich aber bald darin geübt haben, den Spiegel aus freier Hand in die richtige Stellung zu bringen. ! In meiner vorjährigen Arbeit, S. 323, bemerkte ich in einer Anmerkung, ich habe die von Forel angeführte Stelle nicht finden können. Herr Prof. Forel teilte mir nun brieflich mit, die von ihm angeführte Stelle sei von Poggen- dorf (bloss mit P. unterzeichnet), nicht von Wittstein, und gehöre zu Arago’s Artikel. Erst so wurde ich auf letzteren, wenig bekannten, aufmerksam. Ueber parasitische Fliegenmaden an einer Kröte. Von Prof. Dr. ©. B. Klunzinger. Mit 5 Figuren. Allgemeine Beobachtung. Ich hatte zweimal Gelegenheit, die als „Myiasis“ in der Medizin bekannte Erscheinung parasitischer Fliegenlarven an tierischen lebenden Körpern, beidemal an Kröten (Bufo vulgaris Laur.), zu be- obachten. Im Juli 1892 fand ich bei der Solitude bei Stuttgart eine er- wachsene Kröte (Fig. 1)'!, welche ein vom linken äusseren Nasenloch Fig. 1. Bufo vulgaris L. 1892. Fig. 2. Bufo vulgaris L. 1899. Kopf von oben. Kopf von der Seite. ausgehendes, ca. 1 cm tiefes, 1 cm breites und 3 mm hohes Geschwür hatte. Man gelangt von da mit der Sonde in das rechte äussere Nasenloch, in das rechte und linke hintere Nasenloch und damit in die Mundhöhle; diese ganze Gegend erscheint tief unterminiert. Eine zweite Geschwürsöffnung findet sich nach aussen und hinten davon, unter dem linken Auge, 5 mm breit, 2 mm hoch, ein queres, läng- liches Rechteck mit scharfen Rändern bildend, mit der ersten Öff- nung im Zusammenhang. Auge und Augenlider sind nicht ergriffen. ‘ Fig. 1 und 2 gezeichnet von Marianne Mülberger. 24* — 32 — Die rechte Seite mit Nasenloch und Auge sind unversehrt. In die Schädelhöhle gelangt man nicht mit der Sonde. Das Tier ist sonst normal und munter. Es wurde noch gesund getötet und konser- viert. Aus dem Geschwür wurden im ganzen 17 weisse oder farblose Würmer, die sich als Fliegenmaden erwiesen, hervorgezogen, s. u. Eine zweite derartige mit Fliegenmaden behaftete Kröte (Fig. 2) (ebenfalls Bufo vulgaris) fand ich im September 1899 in den sogen. Wasserfällen bei Stuttgart. Das Tier war augenscheinlich krank, sehr matt, apathisch und benahm sich wie halbblind. Auch hier findet sich eine Zerstörung der Haut, die vom Nasenloch, hier vom rechten, ausgeht. Das Geschwür besteht aus zwei, durch eine schmale Hautbrücke verbundenen Teilen, zusammen 1,7 cm breit, 3—4 mm hoch, es hat auch den Gaumen durchbrochen, so dass man zwei Löcher hat, mit weiter Durchsicht durch den Gaumen. Das Auge der betreffenden Seite ist zerstört, ebenso noch eine Strecke hinter dem Auge, woselbst sich unter der Ohrdrüse eine Bucht von 4—5 mm Tiefe unter der Haut hinzieht. Die Zerstörung des Auges erfolgte erst am Morgen des 4. September, also zwei Tage nach dem Einfangen. An der linken Seite ist das äussere Nasenloch als solches noch deutlich erkennbar und durch eine Hautbrücke von dem rechtsseitigen Geschwür gesondert, innen kommuniziert der linke Nasengang aber bereits mit dem rechts- seitigen Geschwür. Das linke Auge ist unversehrt. Die Wand des Hirnschädels ist noch nicht zerstört, daher auch das Hirn noch in- takt, wie ich nach Abtragung des Schädeldaches fand. Das Tier starb am 4. Tage der Gefangenschaft; es ergab sich bei der Eröffnung als ein Weibchen, es hatte kaum senfkorn- grosse Eier. Die Todesursache lag nach obigem nicht im Über- greifen des Geschwürs auf das Gehirn, sondern wohl in Erschöpfung oder in Blutvergiftung durch das Geschwürsserum, das übrigens nicht durch üblen Geruch auffiel. Aus dem Geschwür konnten im ganzen 21 Maden der oben erwähnten Art herausgezogen werden. Eine beabsichtigte Erziehung derselben bis zum Imago in feuchter Erde und im Sand missglückte leider. Bei Untersuchung der Baucheingeweide, die sonst nichts Krankhaftes zeigten, fanden sich im Magen ausser Chitinteilen von Insekten auch Maden, aber macerierte, solche Maden wurden von der Kröte, sobald sie von dem Geschwür herausgekrochen waren, zum Teil aufgefressen, wie ich mehrfach beobachten konnte. Im Mastdarm, der stark aufgetrieben war und eine bräunlich-schaumige — 373 — Flüssigkeit enthielt, fanden sich ebenfalls einige Maden, augenschein- lich nicht von derselben Art: die Chitinbildungen am zweiten Segment sind etwas anders, die vordersten Segmente halsartig verschmälert. Sie waren bei der Untersuchung nicht mehr lebend, aber frisch. Es dürften also nicht aus der Nase ausgestossene, sekundär in den Mastdarm eingewanderte sein. Doch bin ich in dieser Hinsicht nicht ganz sicher. Beobachtete Fälle und Litteratur. In der Litteratur sind zahlreiche derartige Fälle von parasitischen Fliegenmaden im tierischen Körper bekannt. Dr. Erıch Prirer' hat derartige Fälle beim Menschen kürzlich zusammengestellt und auch am Schluss die Litteratur angegeben. Er unterscheidet nach Hope eine „Myiasis externa s. dermatosa“ und eine „interna, erstere an oder unter der Haut und an mehr äusserlich gelegenen Schleimhäuten auftretend und durch Larven hervorgerufen, die zu der Familie der Östriden gehören, welche sonst mehr das Vieh ergreifen und als „Biesfliegen“ bekannt sind: „Myiasis oestrosa, im ganzen aber selten vorkommend und mehr ausserhalb Europas. Meist aber sind Muscidenlarven die Ursache, besonders Sarco- phaga Wohlfahrti, ruralis und andere: „Myiasis muscida“. Bei Myiasis interna, mit Fliegenlarven im Magen und Darm, dürften diese mit den Nahrungsmitteln, auf welche die Fliegen ihre Eier legten, nach innen gelangt und längere Zeit lebendig sich erhalten haben, so die von Musca vomitoria und Sarcophaga haemorrhoidal:s ; solche werden öfter erbrochen. Auch bei Vögeln, Hasen und anderen Tieren werden solche Fälle beschrieben, namentlich aber bei Kröten. Viele Angaben über parasitische Dipteren mit Litteraturangabe findet man von R. BLANncHARD °?. Zuerst näher bekannt wurde eine derartige Erkrankung bei Kröten durch Monızz, der die Puppen und auch das daraus erzogene Imago beschrieb und Luecilia bufonivora nannte?. Der Fall ! Peiper, Fliegenlarven als gelegentliche Parasiten des Menschen. Berlin 1900. Siehe auch J. Ch. Huber, Bibliographie der klinischen Helminthologie. Jena 1899. ®? R. Blanchard, Contributions a l’etude des Dipteres parasites. Bullet. soc. entom. France, 1893 p. CXXV; Litteratur, ibid. p. CXXXIV. — Derselbe in 2. serie, Annal. soc. entom. France 1894, und 3. serie 1896. ® Moniez, Bulletin scientifique, historique et litteraire; du departement du Nord, Lille 1876, tome 8, un Diptere parasite du crapaud (Lucilia bufonivora a ©): Sn war aber nicht neu; denn schon 1864 beschrieb Krerrr ' parasitische Fliegenlarven unter dem Namen Batrachomyia an australischen Fröschen, wie Gırarp ” fand. Letzterer bemerkt auch®, dass eine dies- bezügliche Notiz (ohne nähere Angabe) von Boız in Kiel 1865 gegeben war*. Eine Lucilia hominivorax, deren Larven beim Menschen in Guyana in Südamerika tödliche Zerstörungen anrichten, ist schon 1859 von CoquEREL? genau beschrieben und abgebildet worden. Fliegenmaden an Kröten beschrieb ferner pe BorrE 1876° und Gikarn ‘ 1876. Der von LasouLgine 1862° beschriebene Fall bezieht sich auf entoparasitische Maden am Magen vom grünen Wasserfrosch und von der Kröte. Die obigen Fälle und noch ein von Taron 1877° an Pelobates cultripes beschriebener deuten (ausser denen aus Australien) alle mehr oder weniger ersichtlich auf Lucilia bufonivora Monıez hin, und so auch die unserigen. F. Brauer!” in seinen „Systematischen Studien auf Grundlage der Dipterenlarven 1883° macht bloss eine kurze Litteraturangabe über Lucilia bufonivora. Neuere Berichte über derartige Fälle finden sich von MoRTENSEn !! in Kopenhagen über „LZucilia sylvarum Meıc. als Schmarotzer an Bufo vulgaris“ (nach ihm überwinterten die Maden in der Erde), von Duncker 1891 im Zool. Anz. und von Memerr 1890". Be- sonders interessant ist die neuere Beobachtung von PORTSCHINSKY 189813, dass der Grasfrosch in der Umgegend von Petersburg von n. sp., p. 25—27) und 1878, tome 9, sur les Lucilies parasites des Batraciens. Erstere Arbeit konnte ich mir erst nach vielen vergeblichen Versuchen durch Vermittelung von E. Perrier in Paris verschaffen, und zwar von Moniez, jetzt in Paris, selbst. ! Transact. entom. soc. N.S. Wales 1864, p. 100, t. 8 (nicht gesehen). 2 Girard, Bull. soc. entom. France 1877, se&ance 23. Mai. 3 Girard, ibid. und seance Janv. 1877. * Verhandl. zool.-bot. Ges. Wien 1865, S. 241. 5 Annal, soc. entom. France 1859, S. 233, tab. 6 fig. 1. 6 Borre, C., Annal. soc. entom. Belgique, seance 7. Oct. 1876. ” Girard, Bullet. soc. entom. France 1876, s&ance Nov., Dec. s Laboulb&ne, Annal. soc. entom. France 1863, S. 14. ° Taton, Bullet. soc. entom. France 1877, s&ance Mai. 1% Brauer, Zweiflügler, III. Systemat. Studien in Denkschr. Akad. Wien 1883, S. 73. '! Mortensen im Zool. Anzeiger 1892, S. 19. 1? Meinert, Larva Luciliae sp. in Orbita Bufonis vulgaris in Entom. Meddel. 1890 (nicht selbst gelesen). 1 Portschinsky, Hor. entom. Rossic. 1898, und in einem deutschen Referat von Reeker im 27. Jahresbericht des westfäl. Provinzialvereins für Wissenschaft und Kunst, Münster 1899. N Lucilia bufonivora so stark befallen wurde, dass man ıhn dort so- zusagen als ausgestorben bezeichnen konnte; auch hier waren die Nasen- und zum Teil auch die Augenhöhlen von Larven angefüllt, welche /ie weichen Innenteile des Kopfes, die Schleimhäute und knorpel/sen Teile der Nasengegend und die Augen ausfrassen ; schliess- lich wi cde auch die Rückenmuskulatur angegriffen. Die Infektion geschr:ht teils durch Ablegen der Eier der Fliege irgendwo am Fro/chkörper, wo die Larven dann den Kopf erreichen, zum Tej aber auch, und zwar, wie P. sagt, meistens vom Magen aus, dul:h verschluckte, eiertragende Fliegenweibchen (in unserem Fall was n die Larven im Magen alle tot und maceriert, s. 0.); die Augen "ben dann stets unversehrt. \ . Vielfach sind die Fälle von Myiasis unvollkommen be- . srieben, namentlich betreffs der Art und der Gattung und selbst Familie (ob Musciden oder Östriden), eine Aufziehung zum Imago ist durchaus nötig, da nur dieses sicher bestimmt werden kann. Fast alle Fälle, wo Kröten den Wirt bilden, weisen auf Zucilia bufoniwora hin (obiger Fall von MortEnsen auf Luciia sylvarum). Girarp! empfiehlt einen experimentellen Nachweis für die Frage, ob die Fliegen die Haut der Batrachier durchbohren oder ihre Eier in schon vorher vorhandene Wunden legen, und zugleich, welcher Art die Fliegen angehören: „Man verteile die Batrachier in zwei Käfige, setze in das eine ganz gesunde Exemplare, in das andere solche mit künstlichen Wunden und setze hier und dort Puppen von Lueilia, Calliphora, Sarcophaga u. s. w. ein; die daraus ausschlüpfen- den Weibchen werden, nach erfolgter Begattung mit ausgeschlüpften Männchen, bald ihre Eier ablegen. Dabei muss tägliche Beobachtung stattfinden.“ Beschreibung der Larve (Made). Da nirgends eine genaue Beschreibung der Larve dieser Lucilia bufonivora zu finden ist, gebe ich hier eine solche mit den von mir gezeichneten Abbildungen. Larve wurm- oder madenförmig, 8—10 mm lang, 1—1'/s mm breit, vorn verschmälert und zugespitzt, hinten breiter, cylindrisch, endlich schräg abgestutzt: Fig. 3 von unten, Fig. 4 von oben, Fig. 5 von der Seite ca. 6 mal vergrössert. Farbe weiss oder farblos. ' Girard, Bullet. soc. entom. France 1877, s&ance Dec. 77, s. a. Mögnin ibid. Jan. 1878. in” — 3716 — Zahl der Segmente, Kopf- oder Mundsegment und Aftersegment ein- geschlossen, 12. Die Ringel haben je einen vorderen, wulstig oder kragenartig vorstehenden vorderen Abschnitt, der dicht mit win- zigen Dörnchen oder Spitzen oder Häkchen mit bald nach vorn oder rückwärts oder nach auswärts gerichteter Spitze (was wohl von der verschiedenen Kontraktion der betreffenden Hautstelle abhängt) in unregelmässigen, queren oder schiefen unterbrochenen Reihen oder Gruppen besetzt ist (Fig. 5°? und 3'), während jeder hintere Abschnitt der Ringel glatt oder etwas längsstreifig ist. Die Wülste sind vorn an den vier ersten Ringeln, am 2.—4. Segment, schmal, Fig. 3. Fig. 4. ring- oder kragenartig, mit ca. 6—7 Reihen von Spitzen (Fig. 3') und der glatte Teil ist hier länger; vom 6. Segment an (d. Wulst) werden die Wülste allmählich breiter, länger und stärker und haben zahlreichere Spitzenreihen (12—15), während der glatte Teil gegen die Wülste zurücktritt, kleiner wird. Die Wülste erscheinen hier auch, besonders von oben und von der Seite gesehen, wie durch eine Querfurche geteilt (Fig. 3 und 5). Das erste oder Mundsegment (Fig. 3!, 4’ und 5!) ist vorn zugespitzt oder verschmälert, es zeigt keine deutlichen Spitzen. An demselben ragen nach vorn ein Paar breitbasige Wülste (£) vor, je mit einem zweigliedrigen, schmalen, zitzenartigen Ansatz (0): die Fühler. — MR Von unten und von der Seite gesehen findet man an demselben Mund- segment ein Paar dunkler, chitinöser, nach abwärts gekrümmter, ansehnlicher Haken (Fig. 4'%k und 5'k): die Kiefer, welche zurück- gezogen und vorgestossen werden können. Dieselben (Fig. 5°, stark vergrössert) haben eine gekrümmte Spitze (a), einen nach der Ventral- seite vorspringenden basalen Absatz (b) und einen hinteren schmalen Stiel (c) der ins Innere sich erstreckt und im zweiten Segment als schwarze Linie jederseits durchschimmert (Fig. 3 und 4). — Hinter Fig. 5. Fig. 5°, und zwischen den Kiefern zeigt eine quere oder nach vorn konvexe Linie auf der Bauchseite die Unterlippe und davor den Mund an (Fig. #2). Am zweiten Segment bemerkt man bei der Seitenansicht einen kleinen, dunklen Bogen vom zweiten Ringwulst, der dem dritten Segment angehört, ausgehend: die chitinige Einfassung des vorderen Stigmas (Fig. 5x): „amphipneustische“ Larve. Das letzte Segment bildet, von oben gesehen (Fig. 3 und 3°), eine ansehnliche, schräg von oben und vorn nach unten und hinten sich abdachende Fläche, aussen etwas gewulstet, in der Mitte oft etwas vertieft: dadurch erscheint die Larve hinten schräg ab- gestutzt. Davor liegt oben der mit Häkchen besetzte Wulst als — 368 — vorderer Abschnitt dieses letzten Segments, aber kleiner als bei den vorhergehenden Segmenten. In dieser Fläche, gegen vorn und oben, befindet sich ein Paar dunkler, länglich-runder, schrägstehender, chitiniger Ringe: „Stigmenplatte“ (s), und darin, wie man bei stärkerer Vergrösserung erkennt, drei länglich-eirunde, von Chitin- ringen umzogene Spalten: die Stigmen (st). Der Rand dieser schrägen Endfläche ist mit acht symmetrisch gestellten Läppchen oder Zacken in vier Paaren (b, e‘, e‘‘, €“, wovon die zwei mittleren näher aneinander liegen) besetzt. Von unten gesehen bemerkt man an diesem Segment in der Mittellinie eine Längsspalte zwischen zwei wulstigen Lippen oder Papillen: den After (p) (Fig. 4 und 4°). Nach aussen davon zeigt dieses ventrale Feld, das kürzer und schmäler ist als die oben be- schriebene dorsale Endfläche und überall mit Dörnchen oder Spitzen besetzt ist, symmetrische Läppchen und Zacken. Die Ränder der dorsalen Endfläche, weil länger und breiter als die ventrale, sind auch bei der Ansicht von unten zu erkennen (Fig. 4°). Beschreibung der Fliege. Da, meines Wissens, keine andere Beschreibung der Fliege (Imago) von Lucilia bufonivora sich findet, als die folgende von Monızz selbst, diese aber schwer zu erlangen ist (s. 0.), so füge ich, auch der Vollständigkeit wegen und um einem etwaigen Finder die Diagnose der Fliege zu erleichtern, eine Übersetzung der Charaktere, wie sie Monıez in seiner oben erwähnten Schrift von 1876 gegeben hat, bei: „Die aus den Puppen der fraglichen Larve erhaltene Fliege erinnert ganz an Lucilia durch ihr Aussehen (facies), lebhafte Fär- bung und gefiederte Fühlerborste (son chete plumeux), unterscheidet sich aber wesentlich durch das Vorhandensein zahlreicher Langborsten (macroch£tes). Sie entspricht keiner der beschriebenen Arten. Sie steht zwischen den Sarkophagineen und den Muscineen: sie hat die Langborsten der ersteren und die gefiederte Fühlerborste der letzteren (gewisse Sarkophagineen haben ausnahmsweise auch gefiederte Fühlerborsten). Ein anderer Charakter ist mehr physiologisch: Die vorliegende Fliege dürfte, was ein Charakter der Sarkophagineen ist, im Gegen- satz zu den eierlegenden Muscineen, lebendiggebärend sein; anders könnte man das Eindringen der Larven ins Innere nicht wohl er- klären, da das Tier den Ort, wo die Brut abgesetzt ist, leicht mit den Füssen erreichen kann. Die Fliege ist merklich kleiner als ZLucilia caesar. Kopf und Brust mit dicken Borsten, die länger und zahlreicher am Endteil des Brustschildes (bouclier) sind. Die Flügel sind sehr entfernt von- einander, an der Basis nicht gefärbt, schwach rauchig angeflogen. Das Flügelgeäder nicht verschieden von dem der Lucilien angeordnet. Flügelschüppchen (euilleron) weiss. Abdomen borstig, mit Lang- borsten an den drei letzten Ringeln, wenig zahlreich an dem vor- letzten, sehr zahlreich an den zwei andern (ZLaucilia silvarum hat nach ScHINER nur zwei solcher am Abdomen). Kopf silberfarbig, be- grenzt von Borsten, die viel länger am Gesicht sind. Augen nackt, Taster gelblich. Der Raum zwischen den Augen ist beim Weibchen am Kopfende breit, beim Männchen stossen die Augen zusammen. Thorax und Abdomen sehr glänzend, einfarbig, ohne Flecken (zum Unterschied von Onezia). Das Weibchen ist mehr kupferfarbig, das Männchen mehr stahlgrün.“ Ueber einige Insektenpilze. Von J. Vosseler in Stuttgart. Mit Taf. VII u. VID. Vor einigen Jahren gelang es mir, für die Sammlungen des K. Naturalienkabinets einige Exemplare entomophager Pilze zu er- werben, welche in dem wissenschaftlichen Abend des Vereins vom 19. Dez. 1899 vorgezeigt wurden !. Dieselben sind nicht nur besonders auffallend, sondern auch, so weit es sich aus der zu Rate gezogenen Litteratur? ersehen lässt, noch nicht beschrieben. In keinem der drei im folgenden aufgeführten Fälle waren die für eine genaue wissen- schaftliche Bestimmung so wichtigen Fruchtkörper zur Ausbildung gelangt, wohl aber waren Conidienträger mit Conidien vorhanden. Die beiden ersten Arten sind demnach zu Isarıa Pers., der Conidien- form der Gattung Üordyceps Fries (Eucordyceps Lisvau, Torrubia TuLasne), zu stellen; die dritte Art steht dem bekannten schimmel- ähnlichen Pilz der Fliegen (Empusa Corn) in mancher Hinsicht nahe und gehört nach dem Urteil Prof. Kırcaner’s vielleicht einer neuen mit Entomophthora verwandten Gattung der Insektenpilze an. 1. Isaria surinamensis n. sp. Taf. VII Fig. 1 und Taf. VII Fig. 1—4. Ähnlich wie bei I. sphingum (Scuwem.) überzieht das Luft- mycel die ganze Körperoberfläche eines surinamischen mit unserem „Totenkopfe“ (Acherontia atropos L.) verwandten Schwärmers — Amphonys cluentus Cr.? Nur wenige Stellen, wie z. B. der grössere Teil der der Oberseite der Vorderflügel und der Rüssel entbehren der ‘ Diese Jahreshefte Jahrg. 56. 1900. p. XLI. ° Einen grossen Teil der einschlägigen Werke verdanke ich dem freundlichen Entgegenkommen meines Kollegen Kustos Eichler und Prof. Dr. Kirchner’s in Hohenheim, ° Geschenk von Herrn Dr. Epp in Neudenau bei Heilbronn. — 381 — dichten gelblichweissen Pilzdecke, welche wie mit Kalk imprägniert aussieht und auch über die Beine und Fühler sich ausdehnt. Aus diesem schimmelähnlichen Filz entspringen allenthalben stachel- bis fadenähnliche Fortsätze, ab und zu, wie am Rande der Fühler in annähernd gleichen Abständen, wodurch der Eindruck mit dem Wirt organisch verbundener Gebilde entsteht. Die kleinen zahlreichen Er- hebungen des Mycels geben dem Schmetterlingskadaver ein voll- ständig stacheliges Aussehen, sie erreichen I—4 mm Länge und nur eine geringe, nach der Ursprungsstelle zu etwas zunehmende Dicke. Von der Ober- und Unterseite des Thorax und den Grenzen der Abdominalringe gehen ausserordentlich schlanke, starre, bis zu 12 cm lange Mycelbündel, hauptsächlich nach oben und vorne gerichtet, ab, an welchen stellenweise senkrecht abstehende, fast haarförmige Zweigchen von nur 1—2 mm Länge sitzen. Im übrigen sind die langen Bündel unverzweigt, nur einer gabelt sich in seinem letzten Drittel in zwei gleiche, fast parallel verlaufende Äste; ihre Farbe ist an der verbreiterten Basis gelb, sonst braun. Der Querschnitt ist meist lang elliptisch, d. h. seitlich abgeplattet, selten kreisrund. Die erste Form bringt es mit sich, dass sie sich um die Längsachse verdrehen, was auch in der Abbildung zum Ausdruck kommt. Einige der an der Unterseite des Vorderkörpers entspringenden Mycelbündel sind in ihrem Wachstum auf totes Laub gestossen und haben sich innig damit verbunden, indem sie sich verdickten und scheibenförmig an der Blattoberfläche verbreiterten (bei v Taf. VII Fig. 1). Von einer solchen Stelle aus kann aber unter Umständen (an 3 unteren Bündeln) eine normale Fortsetzung des Bündels nach aufwärts er- folgen (Fig. 1 bei ©). An den Berührungsstellen hängen noch Bruch- stücke des Laubes. Aus diesem Verhalten der Bündel ist wohl zu entnehmen, dass vermodernde Blätter nicht das Substrat des Pilzes bilden, dass also der Schmetterling, wenn er etwa normal verendet darauf zu liegen kam, nicht von hier aus infiziert wurde. Soweit eine an der Unterseite des Abdomens des trockenen Schmetterlings angebrachte ‚Öffnung eine Beurteilung zulässt, ist die Innenfläche der Haut mit einer dichten, dunkleren Lage des Nährmycels überzogen. Das Körperinnere stellt einen Hohlraum dar, in welchem kaum Spuren der vertrockneten, vielleicht aufgezehrten Eingeweide zu erkennen sind. Die mikroskopische Untersuchung zeigt das bekannte unend- liche Gewirre ganz blasser, dünnwandiger, locker verzweigter Mycel- fäden der übrigen Ascomyceten. Verschiedene Hautfetzen lassen nach — 33 — dern Zerzupfen in wässerigem Glycerin erkennen, dass die Fäden des Nährmycels nicht an beliebigen Stellen die Haut des Wirtes durchbohren, sondern stets nur da, wo die Schuppen ansitzen, wo also besonders zartes und dünnes Chitin vorherrscht. Aus einem Schuppenbecherchen brechen oft 4—5 (Taf. VIII Fig. 1a) Fäden zugleich hervor, die sich sofort der Aussenfläche des Chitins an- legen, sich gegenseitig durchdringend und überwachsend den Filz des Luftmycels bilden, in welchem die losgelösten Schuppen bezw. Schuppenhaare eingeschlossen liegen. Senkrecht zu diesem auf der Oberfläche des Nährkörpers ver- laufenden Fadenlager erheben sich verschieden umfangreiche Gruppen vorwiegend parallel gelagerter Fäden, welche, je nachdem sie klein bleiben oder ganz auswachsen, die kleinen stachelähnlichen oder die enorm langen haarförmigen Fortsätze liefern. Die Struktur aller dieser Gebilde ist eine von Anfang bis zum Ende übereinstimmende; die Fäden des Mycels zeigen den gleichen Bau, wie die verfilzten der Innen- und Aussenseite des Körpers, sind genau so dünn (2 «) und zartwandig wie diese, von Stelle zu Stelle durch Querwände ab- geteilt, am Ende gerundet. Das (aufgeweichte) Plasma scheint ganz hyalın, höchstens mit seltenen stark lichtbrechenden Körnchen durch- setzt zu sein. Erst da, wo von den langen Mycelbündeln die oben erwähnten feinen Zweigchen senkrecht abgehen, tritt eine besondere mikro- skopische Struktur auf, darin bestehend, dass innerhalb einer gut ab- gegrenzten Insertionszone die parallele Lagerung der Hyphen plötzlich in eine mehr verworrene Anordnung übergeht (Taf. VII Fig. 2 J). Auch der übrige Teil der Zweigchen, welche nur spärlich und un- regelmässig auftreten und sich am Ende leicht keulenförmig ver- dicken, zeigt einen von dem bisher geschilderten abweichenden Bau, indem man im optischen Längs- oder Querschnitt leicht eine Art Mark- und eine Rindenzone zu unterscheiden vermag. Im Mark findet sich die Struktur der gewöhnlichen Mycelbündel wieder (Taf. VIII Fig. 3—4 M). Aus diesen entwickelt sich die Rinde da- durch, dass senkrecht oder etwas schief zum Verlauf der peripheren Hyphen Abzweigungen entspringen, welche anfangs kuppenförmig, niedrig und mehr vereinzelt auftretend (Taf. VIIL Fig. 3 C. T.*), nach dem Ende der Zweigchen zu immer höher und zahlreicher werden, so dass sie endlich eine dicht geschlossene, offenbar verkittete Masse um das Mark herum bilden. Die Verbindung dieser radiär zur Achse der Zweigchen (Ü. Z.) angeordneten Mycelsprossen ist so innig, dass a. an der Bau der einzelnen nur schwer zu erkennen ist. An besonders günstigen Stellen zeigt es sich, dass die Sprossen verzweigt oder unverzweigt sein können, dass ihre Enden kolbig anschwellen, ihr inneres durch Querwände in Abteilungen zerlegt ist (Taf. VIII Fig. 4), welche oft 1—2 stark glänzende Körnchen enthalten. An den peri- pheren Enden der Sprossen werden kleinste farblose Sporen von wenig über 2 « Längendurchmesser (Fig. 4 5p.) abgeschnürt; die Sprossen sind also Conidienträger. Die Sporen (Conidien) selbst sind miteinander verklebt, oft in Reihen angeordnet; sie enthalten ge- wöhnlich einige Körnchen. In manchen Stücken erinnert dieses Beispiel einer Pilzinfektion an die bekannten, von Cramer! Bd. III Taf. 267 Fig. A, B und von Turasne? Bd. II Taf. 1 Fig. 1 abgebildeten und den von Harsey’° aus DE SCHWEINITZ citierten Fällen von Isaria (Cordyceps) sphingum (Schw.). Besonders gross ist die Übereinstimmung der Fig. 1 Taf. VII mit der von TuLasue wiedergegebenen Figur in Beziehung auf die Stellung und den offenbar durch den Todeskampf entstandenen ab- geflatterten Zustand der Flügel des Sphingiden. In allen bekannten Fällen aber sind die Stränge des Luftmycels sowohl von Jsaria als auch von Cordyceps sehr viel dicker und kürzer (nur bis 5 cm) und trotz des viel geringeren Längenwachstums entweder mit Conidien- oder mit Fruchtträgern besetzt. Schon im ganzen Habitus sind so- mit beide Arten verschieden *. Bemerkenswert ist der Umstand, dass der Pilz nicht nur die Weichteile des Wirtes angreift und auflöst, sondern offenbar auch die zarten Innenschichten des Chitins, von dem nur die brüchige dünne Aussenlage übrig bleibt. Infolgedessen sind die Augen ganz eingesunken. 2. Isaria gracilis n. sp. Taf. VII Fig. 2. Ein dem zuerst beschriebenen im ganzen Aussehen sehr ähn- licher Pilz wuchert auf 5 im Todeskampf an einem Binsenhalm fest- ! Cramer, P. Papillons exotiques etc. Amsterdam 1782, ® Tulasne, L.R. et. Selecta Fungorum Carpologia. Paris 1865. Bd. III. ® Halsey, A. Remarks on certain Entozoical Fungi. Ann. of the Lyceum of Natural History of New York. Vol. I. 1824. p. 127, * Nachträglich hatte Herr Massee die Güte, die neue Art nach einer eingesandten Photographie als J. sphingum zu bestimmen. Trotzdem halten mich die angeführten Gründe und die Diagnosen bei Saccardo, Bd. IV. p. 585, sowie bei Fries, Systema Mycologicum III. p. 275, von der Vereinigung der beiden Arten ab. — 33: — gebissenen Exemplaren von einer durch blaugrüne Querbänder auf dem Hinterleib ausgezeichneten, im indischen Faunengebiete nicht seltenen Biene, der Anthophora zonata L. aus Java (Vulkan Gede). Das Luftmycel bildet hier keinen Überzug auf der Körperoberfläche; die bis 7 cm langen haarförmigen Mycelstränge brechen an den ver- schiedensten Stellen aus dem Leibe der Tiere hervor, besonders kräftig und zahlreich zwischen den Abdominalringen und an dem Hinterleibsende; ferner an den Gelenken der Beine, am Mund, an den Fühlern und an der Fläche der Vorderflügel. Die Stränge sind braun, fast drehrund; nahe der Basis, seltener gegen das Ende ab und zu verzweigt, vielfach (wohl beim Trocknen) gekrümmt und ge- bogen, manchmal um die Achse verdreht. Die untersuchten Mycelstränge zeigen eine Sonderung ihrer Be- standteile in eine Mark- und Rindenschichte, wie die vorhin beschriebenen Seitenzweige, nur mit dem Unterschiede, dass die äusseren Fäden des Markes sattbraun gefärbt, die centralen aber farblos, dass ferner in der Rinde keine deutlichen Elemente mehr erkennbar sind. Conidien und Conidienträger sind zweifellos vorhanden, aber in einer Form, welche, fern von irgend einer regelmässigen Anordnung, den Eindruck erweckt, als sei die Fruktifikationsperiode des Pilzes beendigt. Die ganze von mir so genannte Rinde besteht aus bald dickeren, bald niedrigeren zelligen Anhäufungen, in denen manchmal unregelmässig verlaufende, ver- schieden dicke Conidienträger sich abheben, die aber oft nur schollen- förmige bräunliche Reste derselben darstellen. Das, was von Conidien- trägern noch vorhanden ist, zeigt weniger eine geschlossene, senkrecht zur Oberfläche, als vielmehr eine lose, parallel derselben verlaufende Lagerung. In seltenen Fällen liegen in diesem unklaren Gewirre Conidien von einer ziemlich derben Haut umgeben, etwa 6—7 u lang und 4,5 « breit, gelblich. Einzelne keimten aus. Wie die Conidien, so sind auch die Hyphen derber und etwas voluminöser als im ersten Falle ; sie messen im Querschnitte 2,5—4 mm, ‚sind stellenweise leicht angeschwollen. Auf die Untersuchung des Nährmycels musste in Rücksicht auf die grosse Zerbrechlichkeit des schönen Stückes verzichtet werden. An der Beschaffenheit der Augen erkennt man, dass auch in diesem Falle die Cuticula vom Pilz angegriffen ist. Aus dem wenigen Mit- geteilten geht hervor, dass trotz der äusseren Ähnlichkeit doch eine andere Conidienform eines Cordyceps vorliegt, welche sich von I. sur:- namensis nicht nur durch die Hyphen und Conidien bezw. Conidien- träger, sondern auch dadurch unterscheidet, dass letztere nicht auf = 8 — besondere Seitenzweige der Luftmycelstränge beschränkt sind, sondern auf deren ganzer Ausdehnung vorkommen. Obwohl die vorstehenden Beschreibungen aus begreiflichen Gründen der Vollständigkeit entbehren müssen, so gestatten sie doch "einen Rückschluss auf eine biologische Frage, speciell die der Art der Infektion der behandelten Insekten. In beiden aufgeführten Fällen ist offenbar nicht die Larve, sondern das fertige Insekt, viel- leicht durch die Nahrung infiziert worden. Die abgeflatterten Flügel des Schwärmers und das krampfhafte Festbeissen der Bienen weisen darauf hin, dass das Ende der Tiere kein sanftes widerstandsloses gewesen sein kann, dass sie also alle nicht infolge von Krankheiten oder Altersschwäche der Natur ihren Tribut bezahlten und damit erst den Pilzen Gelegenheit zur Entwickelung gaben, sondern dass diese die lebenskräftigen Tiere befielen und töteten. Harsey erwähnt einige Fälle, in denen noch lebende Insekten (Wespen) von Pilz- wucherungen bedeckt waren und meint, dass diese infolge verminderter Widerstandsfähigkeit der Wirte sich entwickelt hätten. Mir will diese eine Folge der Thätigkeit und Entwickelung des Parasiten scheinen. Von den vielen bekannten /saria-Arten, welche bei Saccarno! zusammengestellt sind, leben etwa 24 auf Insekten, 4 auf Spinnen. Unter den entomophagen Isarien sind die meisten auf Raupen und Puppen von Lepidopteren beobachtet worden; aus Europa kennt man etwa 12—13, aus Nordamerika 3, aus Indien und Afrika je eine der Arten. Von den 3 in Südamerika gefundenen Species kann zum Vergleich mit der neuen I. surinamensis nur eine — die bekannte I. sphingum -— herangezogen werden, welche seltsamerweise auch auf Dipteren in Schottland vorkommen soll. Aus den Abbildungen - und Beschreibungen der oben erwähnten Autoren geht aber hervor, dass sie nicht damit identisch sein kann. Die einzige von SACCARDO aus dem indischen Gebiete erwähnte Art J. stellata CookE ist voll- ständig von J. gracilis verschieden. Wie die Isaria-Form befällt auch Cordyceps Glieder der ver- schiedensten Insektenordnungen und Spinnen in allen Entwickelungs- ständen, das Ei vielleicht ausgenommen, bevorzugt aber ebenfalls die Lepidopteren und Hymenopteren. Ob eine der zahlreichen (62) bei "Saccardo, P. A. Sylloge Fungorum omnium hucusque cognitorum. Patavii Bd. 1—16 (1902). Jahreshefte d, Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1902, 25 — 386 — MasseE! bis 1895 und von Saccarpo bis 1902 zusammengestellten 49 Arten von Öordyceps mit den beiden beschriebenen Conidienformen in Verbindung zu bringen ist, lässt sich nicht entscheiden. Nach Abzug von 10 unzureichend beschriebenen Arten verbleiben etwa 101 über alle Erdteile verbreitete übrig, von welchen nur 11 aus Java erwähnt sind. Auf Hymenopteren wurden davon 2 angetroffen. Süd- amerika besitzt unter etwa 15 Cordyceps 5 auf Lepidopteren schma- rotzende, darunter Ü. sphingum (Scuw.) Sacc. 3. Entomophthora dissolvens n. sp. Taf. VIII Fig. 5—7, Eine wegen einer scheinbaren, ganz absonderlichen Behaarung auffallende Eulenraupe, sehr wahrscheinlich zu Cerastis satellitia L. gehörig, hing am Tage nach dem Fange verfärbt, tot und schlaff- an dem Eichenblatt, auf dem sie auf der Feuerbacher Heide bei Stuttgart gefunden worden war. Beim Versuch, sie von der Unter- lage zu trennen, riss die dünne Chitinhaut, aus der Öffnung ent- leerte sich eine braune körnige Flüssigkeit, deren Farbe und Struktur durch zahllose kleine runde Körnchen von der entsprechenden Farbe bedingt war und die sich unter dem Mikroskop als Dauersporen eines Basidiomyceten erwiesen. Nach dieser Beobachtung war es leicht, das eigentümliche Festkleben des Kadavers als durch Haft- mycelien verursacht zu deuten und die vermeintlichen Haargebilde mit dem eben sich entwickelnden Luftmycel zu identifizieren. Von dem den Körper der Raupe ursprünglich erfüllenden Nähr- mycel war wenig mehr zu sehen. Es besteht aus schwach ver- zweigten, gleichmässig dicken, mehrzelligen Schläuchen mit teils feinkörnigem, teils strukturlosem Inhalt (Taf. VIII Fig. 6). Seitwärts an den Schläuchen entstehen die Dauersporen, in welche das Plasma des Mycels einwandert, so dass von dessen Fäden nur die äusserst zarten Wandungen übrig bleiben (Taf. VII Fig. 7a, b), welche als längere oder kürzere Stücke auch den ausgereiften Sporen noch anhängen können. Zwischen Mycelfaden und Spore ist ein eigen- artiges Verbindungsstück ausgebildet, dessen Bau und Form leicht falsch gedeutet werden könnte. Es entspringt stets seitwärts an einem Mycelfaden und ist anfangs gleich zart und dick wie dieser. Auf seinem kurzen nur 10—12 u langen Verlauf zur Spore verjüngt es ! Massee, G. A. A Revision of the genus Cordyceps. Ann. of Botany. Vol. IX. 1895. Taf. 1—2, Von dieser Arbeit war mir nur ein Referat im Botanischen Centralblatt Bd. LXIV p. 217 zugänglich. TEN sich rasch trichterförmig, seine Wand wird dicker. Am zartwandigen Anfang löst sich das Stückchen oft mitsamt der ihm distal aufsitzenden Spore vom Mycelfaden los, im optischen Längsschnitt das Bild zweier divergierender auf der Spore sitzender Börstchen vortäuschend (& in Fig. 7a, b Taf. VII). Die Sporen selbst sind jung farblos, werden aber mit zunehmender Reife braun bis braunschwarz. Sie messen 35—40 u im Durchmesser, einzelne und zwar gerade die grösseren sind dünnwandiger als die kleineren und seltener als diese. Die Wandung der reifen Spore ist 2 « dick und besteht aus 2 Schichten, einer äusseren ungemein kräftigen (Exine) mit radiären Strukturunter- schieden (« in Taf. VII Fig. 7c) und einer dünnen inneren (Intine), welche farb- und strukturlos, den plasmatischen Inhalt umgiebt (£ in Fig. 7c). Von der Fläche gesehen scheint die Exine mit flachen Erhabenheiten besetzt zu sein, welche mit den dunklen Radiärstreifen zusammenfallen (Taf. VII Fig. 7a, 7b). An einer Stelle ist die Exine durch eine Art Pore, wohl für den Austritt des Inhalts der Spore beim Keimen, unterbrochen. Schon bei leichtem Druck geht die brüchige Aussenhülle in Scherben, wobei die Intine sehr deutlich sichtbar wird. In der reifen Spore hat sich das Plasma häufig von der Wand zurückgezogen und liegt excentrisch in der Kapsel. Das Luftmycel stellt haarförmige blassgelbe Gebilde dar, die aus zahlreichen, quer abgeteilten und parallel gelagerten Mycelfäden bestehen (Taf. VIII Fig. 5) und an verschiedenen Körperstellen aus der Raupe hervorbrechen. Ein relativ grosser Teil der etwa 20—25 beschriebenen euro- päischen Entomophthoreen ist nur unvollständig bekannt. Auch bei der beschriebenen Art konnten nicht alle Formen der Fortpflanzungs- organe beobachtet werden, wenigstens waren die Basidienträger noch nicht entwickelt. Die angegebenen Merkmale weisen auf eine nahe Verwandtschaft der für neu gehaltenen Form mit E. megasperma Corn’ hin. So wahrscheinlich ihre Zugehörigkeit zu einer vielleicht neuen Gattung ist, so wurde doch in Anbetracht der Unvollständig- keit der Formenreihe der Fortpflanzungsorgane von der Aufstellung einer solchen abgesehen. Die von J. ScHRÖTER * in EnGLER und PRANTL unter der Ordnung der Entomophthorineae zusammengefassten Gattungen enthalten zum grösseren Teil reine Insektenpilze (Empusa, Lamia, Entomophthora, ' Cohn, F. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Bd. I. 1870. p. 84. | ° Engler, A. u. K. Prantl. Die natürlichen Pflanzenfamilien. I. Tl. Abt. 1. Leipzig 1897. p. 134. a ©. Tarichium, nebst einigen unsicheren). Dadurch, dass dieselben nicht nur einzelne Tiere befallen, sondern in Unmassen gerade die den menschlichen Kulturen gefährlichsten Feinde unter den pflanzen- fressenden Arthropoden vernichten, erlangen sie eine hohe Bedeutung für den Gärtner, den Land- und Forstmann ; nicht weniger aber fordern sie auch das Interesse des Entomologen heraus. Ein grosser Teil der Seuchen, welche unter den gewöhnlichsten Schädlingen der ver- schiedensten Pflanzungen ausbrechen und diese oft für Jahre von weiteren Angriffen befreien, sind auf Ansteckung mit Gliedern der obengenannten entomophagen Pilze zurückzuführen. Treten solche Seuchen auch am häufigsten unter den Raupen der forstschädlichen Lepidopteren und der Kohlweisslinge auf, so fehlt es doch nicht an Beispielen, dass auch Rhynchoten (Jassus sexnotatus) und Dipteren befallen werden, selbst unter den Orthopteren beobachtete HouLBErr ' den selteneren Fall, dass eine Art (Caloptenus italicus) in grosser . Anzahl gegen Ende des Sommers von einem Pilz aus der Gruppe der Entomophthoreen getötet wurde und auf Spargelbüschen in der Nähe von Mälay-le-Vicomte festgeheftet war. ! Houlbert, Const. Feuille des jeunes Naturalistes. (III.) 30 Ann&e. No. 353. 1900. p. 82. Tafel VII. Isaria surinamensis n. sp. auf Amphonyz eluentus OR. Surinam (Geschenk von Dr. Erp in Neudenau bei Be Be rbindnngefläche. eine normale a des Bündels; Ze =. Seitenzweige mit den Conidienträgern. Nat. Grösse. 2 3 Isaria gracilis n. sp. auf Anthophora zonata L. vom Vulkan (Java). Fünf infizierte Bienen an einem Binsenhalm im Todesk festgebissen. Nat. Grösse. 'oyd vaTasso‘ manııS? IA FeL "Z06L “HınM ul opunyanyen "Jayen "j surauay "p BlJaysauyep 'yoyd waTassoA @ "Tal == r z DNS u wur. | 'IIA FeL "z06L “HAnM uI apunyunyen "apa '} Sulasay 'p alyaysauyer Fig. 1. Tafel VIII. Stück der Chitinhaut = Cu von Amphonyx cluentus Cr. mit Mycel von Isaria surinamensis n. sp. a, a' — Luftmycel aus den Schuppen- ‘becherchen austretend und mit dem an der Unterseite befindlichen Nähr- mycel = b in Verbindung stehend; bei ce ein stark verdicktes Hyphen- ende; Sch = Schuppen. Vergr. 557. Stück eines langen Luftmycelstranges = M. B. von I. surinamensis mit den Conidien tragenden Seitenzweigchen — C.Z. Der Unterschied zwischen Mark (einfachem Mycel) und der aus Conidienträgern bestehenden Rinde ist schwach angedeutet. I — Insertionsstelle der Zweigchen. Vergr. 16,5. Stück von der Nähe der Basis eines Zweigchens (C. Z.) mit sprossenden 5 Conidienträgern = (. T.! M = Mark. Vergr. 800. Stück vom letzten Drittel eines Zweigchens. Conidienträger C. T. ver- zweigt, ziemlich hoch, mit abgeschnürten Conidien — Sp. Vergr. 800. Luftmycel von Entomophthora dissolvens n. sp. auf der Raupe einer Noctuide (? Cerastis satellitia L.). “ Vergr. 39. Sprossendes Mycel mit teilweise körnigem Plasma aus dem Körper der Cerastis-Raupe. Vergr. ca. 300. Dauersporen von Entomophthora dissolvens. a,b mit anhängen- | den Resten des plasmafreien Mycels und dem kleinen Verbindungsstück € zwischen Spore und Mycelfaden. c zerdrückte Spore mit zerbrochener Exine («) und sichtbarer Intine (2). ae de ri 7. , reife d Verein re Naturkunde in Württ.1902 -— Li .S, AL 90H Branco, W. und Frass, E., Beweis für die Richtigkeit unserer Er- klärung des vulkanischen Ries bei Nördlingen. Sitzungsber. k. preuss. Akad. d. Wiss. Berlin 1901. XXU. S. 501—524. Mit 3 Fig. [Zusammenfassung der Thatsachen, die die Theorie von BRAnco-FrRAAS über die Entstehung des Ries bestätigen. Protokoll über eine Besichtigung des neuen Schachtprofiles im Buchberg bei Bopfingen von Wuxpr und SAUER.] Branco, W. und Fraas, E., Das vulkanische Ries bei Nördlingen in seiner Bedeutung für Fragen der allgemeinen Geologie. Abhandl. d. k. preuss. Akad. d. Wiss. Berlin 1901. 169 S. 2 Taf. und 17 Textfig. — Ref. im Neuen Tagblatt vom 29. Mai 1901. [Die rätselhaften Erscheinungen des Ries (S. 3—12). Die Ries-Phäno- mene betrachtet als Folge einer Lakkolithbildung (S. 12—36). Der Bau des Rieskessels (S. 37”—45). Die Entstehung des Riesberges (S. 45—60). Die Breccien- oder Griesbildung (S. 60—70). Die Abtragung des Ries- berges und die Überschiebungen (S. 70—78). DEFFNER’s glaciale Hypo- these (S. 78—84). QUENSTEDT-KokEn’s Hypothese senkrechter Aufpres- sungen auf Spalten (S. 84—94). Die Überschiebungen der Klippenkalke am Ries (S. 94—101). Tertiärgesteine in den fraglichen Gesteinsmassen? (S. 101—103). Das Alter der Überschiebungen, des Grieses, des Riedberges, des Lakkolithes (S. 103—106). Die Bildung des Rieskessels (S. 106—120). Die eruptive Thätigkeit im Riesgebiete (S. 120—127). Die bunte Breccie (S. 127—135). Das Gestein am Lauchheimer Tunnel (S. 135—145). Die Beziehungen der bunten Breccie auf der Alb zu der Lauchheimer Breccie (S. 145—147). Die glaciale Frage im und am Ries (S. 147—155). Zu- sammenfassung (8. 155—160). Eigene Einwürfe gegen den Erklärungs- versuch (S. 161—162). Der Schacht auf dem Buchberge (S. 163).] Eee 3 re Bravs, H., Über neuere Funde versteinerter Gliedmassenknorpel und -muskeln von Selachiern. Verhandl. d. phys.-med. Ges. zu Würzburg. N. F. Bd. XXXIV, S. 177—192; 1901. [Es werden die Funde von Selachiern aus dem Lias der schwäbischen Alb erwähnt. ] Bünter, A., Die Benützung des Bodens in Württemberg. Nach der Aufnahme vom Jahr 1893. Württemb. Jahrbücher. Jahrg. 1900. Heft 1. S. 127--268. Mit 1 Übersicht, 6 Tabellen und 5 Karten. 1901. [Es werden auch die geologischen Verhältnisse kurz berücksichtigt.] Buxtorr, A., Geologie der Umgebung von Gelterkinden im Basler Tafeljura. Beiträge z. geol. Karte der Schweiz. 41. Lief. (N. F. 11. Lief.). 106 S., 1 geol. Karte (1:25000), 2 Taf., 2 Textfig. ; 1901. [Topographie, Orographie, Trias, Lias. Brauner und Weisser Jura, Tertiär (Miocän), Quartär, Tektonik.] Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie im Grossherzogtum Baden. Jahresbericht mit den Ergebnissen der meteorologischen Beobachtungen und den Wasserstandsaufzeichnungen am Rhein und an seinen grösseren Nebenflüssen für das Jahr 1900. Karls- ruhe 1901. Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie des Grossherzog- tums Baden, Niederschlagsbeobachtungen der meteorologischen Stationen im Grossherzogtum Baden. Jahrg. 1900. 1. Halb- jahr. Karlsruhe 1901. Jahrgang 1900, 2. Halbjahr. Ebenda 1901. Centralbureau für Meteorologie und Hydrographie im Grossherzogtum Baden. Ergebnisse der Untersuchung der Hochwasserverhält- nisse im deutschen Rheingebiet. Heft VI, M. v. Teıw, Das Maingebiet. Berlin 1901. Creuıvs, C., siehe Geologische Karte des Grossherzogtums Hessen. Dittrich, M., Über die chemischen Beziehungen zwischen den Quell- wässern und ihren Ursprungsgesteinen. Mitteil. d. Grossh. Bad. geol. Landesanst. IV. Bd. 2. Heft, S. 197— 207. Heidelberg 1901. [Analyse der Quelle und des Hornblendegranits (im frischen und ver- witterten Zustande) von Heiligkreuz bei Grosssachsen im Odenwald.] Dırtus, W., Die von Prof. Dr. Penck-Wien in der Memminger Gegend entdeckte vierte Vergletscherung. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. p. CXII; 1901. '[Zwei übereinander befindliche Deckenschotter zwischen Grönenbach und Kronburg.] ur HE D.(öLker), Die Eisenbahn Freudenstadt—Klosterreichenbach. „Aus dem.Schwarzwald.“ Blätter d. Württ. Schwarzw.-Ver. IX. Jahrg. Ss. 233—235 ; 1901. | [S. 234 und 235 kurze Besprechung der geologischen Verhältnisse an der Bahnstrecke: Urgebirge, Rotliegendes und Buntsandstein.] DoELTER, C., Die Dichte des flüssigen und des festen Magmas. Neues Jahrb. f. Min. 1901. II, S. 141—157. [Limburgit von Sasbach. ] Eck, H., Verzeichnis der mineralogischen, geognostischen, ur(vor)- geschichtlichen und balneographischen Litteratur von Baden, Württemberg, Hohenzollern und einigen angrenzenden Gegenden. Nachträge und 3. Fortsetzung. Mitt. d. Grossh. Bad. geol. Landesanst. I. Bd. 3. Ergänzung. 1901. Enger, T#., Die wichtigsten Gesteinsarten der Erde nebst voraus- geschickter Einführung in die Geologie. 2. Aufl. 346 S. 12 Taf. u. 39 Textfig. 1901. — Ref. Naturw. Rundschau. XVI, S. 550; 1901. (A. Krautzsch.) [Trachyt aus dem Ries (S. 94, 248, Taf. VIII, Fig. 1). Salzlager in Württemberg (S. 135, 139). Gips und Anhydrit in W. (S. 141, 142). Fluss- spat im Schwarzwald (S. 145). Böttinger Marmor (S. 151, 154). Eisen- oolith von Aalen (S. 156, 179). Sauerwasserkalk von Cannstatt (S. 158). Dolomitfelsen in der Alb (S. 161). Zuckerkörniger Kalk, „Lochfelsen“ (S. 161). Posidonienschiefer (S. 163, 335). Tafelfleins (S. 154, 163). Bone- bed (S. 164). Kieselknollen im Weissjura (S. 168). Karhneol im Bunt- sandstein (S. 168). Bohnerz (S. 175). Torflager in W. (S. 190). Granit (S. 229), Syenit (S. 232), Gabbro (S. 236), Granitporphyr (S. 236), Syenit- porphyr (S. 236), Quarzporphyr des Schwarzwaldes (S. 243). Phonolith des Hegaus (S. 250). Basalt der Alb (S. 267), Gneiss (S. 271). Phonolith- tuff des Hegaus (S. 296). Basalttuff der Alb (S. 296). Sandstein (S. 300 ff.). Nagelfluhe (S. 310). Knochenbreceie (S. 313). Griesfels im Ries (S. 314), Thon (S. 315 ff.), Lehm ($. 329), Löss (S. 330).] EnGLeR, Gasquelle im Bienwald. Verh. d. naturw. Vereins in Karls- ruhe. 14. Bd. (1900—1901), S. 17 (Sitzber.) ; 1901. EnsLer, Das Vorkommen von Erdöl in Baden. Verh. d. naturw. Ver. in Karlsruhe. 14. Bd. (1900—1901), S. 39 (Sitzber.); 1901. — Ref. in Schwäb. Kronik No. 154 (Abendbl.), 1. April 1901. [Petroleum in den ehemaligen Wohnkammern von Ammoniten des Lias bei Roth-Malsch, bei Niedereggenen. Bitumen der Posidonienschiefer in Baden und Württemberg. ] Erdbeben: 1. in Baden und Elsass. Schwäb. Kronik vom 26. März 1901 (Mittagsblatt). Ebenda 24. Mai 1901 (Mittagsblatt). Neues Tagblatt vom 26. März 1901. Ebenda 25. Mai 1901; a TE Sue 2. in Kilchberg. Schwäb. Kronik vom 28. Mai 1901. Neues Tagblatt vom 28. Mai 1901; 3. in Durbach. Bad. Landeszeitung vom 6. September 1901; 4. an der badischen Tauber. Neues Tagblatt vom 11. März 1901. Siehe auch: FuTTERer, K.; REICHMANN; SCHMIDT, A. ERDMANNSDÖRFFER, O. H., Geologische und petrographische Unter- suchungen im Wehrathal. Mitteil. d. Grossh. Bad. geol. Landes- anstalt. IV. Bd. 2. Heft, S. 145—195. Mit Taf. IV. (Geol: Karte in 1:25000 und 2 Textfiguren.) Heidelberg 1901. [Topographischer Überblick. Gneiss. Amphibolit. Granit. Syenit. Am- phibolgranitit. Granitporphyr. Syenitporphyr. Aplite. Minette. Kersantit. Vogesit. Rotliegendes. Buntsandstein. Muschelkalk. Lettenkohle. Keuper. Diluvium. Tektonik.] 'Feser, R., Über den Keuper im oberen Neckarthale. Inaug.-Diss. Tübingen 1901. Fraas, E., Die Höhlen der schwäbischen Alb. Schriften des Schwä- bischen Höhlenvereins No. 4, 1901 (37 S. mit 16 Textfiguren) und Blätter des Schwäb. Albver. XII, S. 107—121, 145—154, 209—214. 1901. [Die Höhlenbildung im allgemeinen. Die Absätze innerhalb der Höhlen. .Die tierischen Überreste in den Höhlen.] Fraas, E., Mineralogisch-paläontologische Sammlung (des Vereins für vaterländische Naturkunde). Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. XXVI. 1901. [Geschenke für die Sammlung im Jahre 1900/1901.] Fraas, E., Entstehungszeit des Lias & in Schwaben. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. LXVIIIL. 1901. — Schwäb. Kronik No. 291 (Abendblatt), 26. Juni 1900. [Pentaerinus-Platte (mit 153 Kronen), Hybodus Hauffianus und Ichthyosaurus longirostris von Holzmaden. Als Ursache ‘des plötzlichen Absterbens werden Solfataren angenommen.] Fraas, E., zeigt eine Abbildung von dem ersten, einigermassen voll- ständigen Schädel eines Mammut aus Württemberg. Jahresh. d. Vereins f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. LXXXIV. 1901. [Mammut aus der Hörer’schen Ziegelei zwischen Cannstatt und Münster. ] Fraas, E., Das geologische Problem im Ries. (Vortrag.) Jahresh. d. Vereins f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. LXXXV. 1901. Schwäb. Kronik No. 586 (Abendblatt) vom 15. Dezember 1900. a Fraas, E., Über die von Dr. Lruse ausgestellten Gesteine und Petre- fakten aus Cementsteinbrüchen. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. CXI. 1901. [Kalkspat, Quarz, Gips. Ammonites Ulmensis. Pecten tegelatus. My- tilus amplius. ] -—— Fraas, E., Über die fossilen Krokodile des weissen Jura. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. CXXVIL 1901. [Dacosaurus von Staufen bei Giengen a. Br. und Rhacheosaurus gracilis von Nusplingen.] Fraas, E., Labyrinthodon aus dem Buntsandstein von Teinach. Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 318—320, mit 1 Textfigur. 1901. Abgedruckt in: „Aus dem Schwarz- wald.“ Blätter d. Württ. Schwarzwaldver. IX. Jahrg. S. 193 bis 194, mit 1 Textfigur. 1901. [Wird nicht als neue Art aufgeführt wegen der schlechten Erhaltung.] Fraas, E., Die Meerkrokodile (Thalattosuchia n. g.), eine neue Saurier- gruppe der Juraformation. Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 409—418, mit 1 Textfigur. 1901. — Auch als No. 19 der Mitteil. aus dem Kgl. Naturalienkabinet zu Stuttgart. 1901. [Dacosaurus maximus PLiEx. aus dem weissen Jura von Staufen bei Giengen a. Br. Geosaurus aus dem weissen Jura von Schwaben und Bayern. Aufstellung der Gruppe „Thalattosuchia“.] Fraas, E., Scheinbare Glacialerscheinungen im Schönbuch nördlich Tübingen. Centralbl. f. Min. 1901, S. 6—10, mit 1 Textfigur. — Ref. in Prrermann’s Mitteil. 47. Bd. Litt. S. 92. 1901. (STEINMANN.) [Erwiderung auf E. Koken, Glacialerscheinungen im Schönbuch nörd- lich Tübingen. N. Jahrb. f. Min. 1899. II. Bd. S. 120—122. Es handelt sich hier einmal um Gerölle, die aus höheren Schichten stammen und fluviatilen Ursprungs sind, anderseits um Trümmer von Rhätsandsteinen, die infolge einer Verwerfung ein höheres Niveau einnehmen als der Arieten- kalk und am Gehänge heruntergerutscht sind. Die Aufschlüsse liegen an der Strasse von Waldenbuch nach Steinenbronn (zwei Steinbrüche im Arietenkalk).] Fraas, E., Geognostische Verhältnisse von Wildbad, in Te. Weiz- SÄCKER, Wildbad im württembergischen Schwarzwald. Stuttgart 1901. (S. 14—22.) [Aufbau des Schwarzwaldes im allgemeinen. Granit, Rotliegendes, Buntsandstein, Felsenmeere, Thermen von Wildbad.] u ne Fraas, E., siehe auch Branco, W. und Fraas, E.; siehe auch Geo- gnostische Specialkarte von Württemberg; siehe auch K. württ. Statistisches Landesamt; siehe auch Weizsäcker, Frech, F., Lethaea Geognostica. I. Teil: Lethaea palaeozoica. 2. Bd. 3. Lieferung: Die Dyas (S. 435—578, mit 13 Taf. und 235 Fig.). Stuttgart (E. SCHwEIzERBART). 1901. Fuchs, Tu., Über Medusina geryonoides v. Huese. Centralbl. f. Min. 1901, S. 166. [Fuchs hält Medusina geryonoides v. HUENE aus den Murchisonae- Schichten von Wiesensteig für ein Problematicun (G@yrophyllites oder Discophorites).] FUTTERER, K., Beobachtungen am Eise des Feldberges im Schwarz- walde. Verh. d. naturw. Ver. in Karlsruhe. 14. Bd. (1900—1901), S. 25 (Sitzber.). 1901. — Ref. ın der Schwäb. Kronik No. 154 (Abendblatt) vom 1. April 1901. FUTTERER, K., Beobachtungen am Eise des Feldberges im Schwarz- walde im Winter 1901. Ebenda, S. 46—132 (Abhandl.), mit 6 Tafeln und 11 Textfiguren. 1901. FUTTERER, K., Über das Erdbeben am 24. März 1901. Verh. d. naturw. Ver. in Karlsruhe. 14. Bd. (1900—1901), S. 37 (Sitzber.). 1901. — Ref. in der Schwäb. Kronik No. 154 (Abendblatt) vom 1. April 1901. [Ein am Südrande des Feldbergmassives entstandenes Beben; die Haupt- wirkungen wurden im Wiesenthal verspürt. Nach Osten ging das Beben bis zur Wutachlinie, nach Norden nicht über das Glotterthal hinaus. ] Furterer, K., Über die Struktur der Eiszapfen. Ber. üb. d. 34. Vers. d. oberrh. geol. Ver. zu Diedenhofen. S. 6 und 8—12; mit Taf. I und II; 1901. — Ref. Schwäb. Kronik, No. 168 (Mittags- blatt), 12. April 1901. [Beobachtungen am Eis des Feldberges im Januar 1901.} GEIGER, P., Die Nerineen des schwäbischen Jura. Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 275—315. Mit Ta AL und 1. Textfie.; 1901. [Aptywiella planata QuEnST., A. Quenstedti GEIGER, A. umbilicata ‚GEIGER, A. nattheimensis D’ORB., A. subcochlearis MünsT., A. trieincta Münst , A. Ewaldi GEIGER, Nerinea Desvoidyi D’ORB., N. nantuacensis D’ÖRB., N. turbatrix DE LoRIOL, N. speciosa GEIGER, N. Thurmanni ETALLON, N. Hoheneggeri PETERS, N. subscalaris Münst., N. bipunetata QUENST., N. subtrieineta D’ORB., N. quinquecincta Münsrt., N. quadricincta Münst., N. suevica QUENST., N. uniplicata QUENST., N. collumoides QuEnsT., N, iornata QUENST., Bactroptyxis teres MünsT., Ptygmatis bruntrutana Tuurm., Piygmatis cfr. dilatata D’ORB., Nerinea (Ptygmatis) biplicata a QuEnsT., Oryptoplocus succedens ZITTEL, CUrypt. Engeliü GEIGER, Aphano- ptyxis polyspira QUENST., Itieria Staszycii ZEUSCHNER,. Phaneroptyxis cfr. fusiformis D’ORB., Nerinea cfr. episcopalis DE LorıoL. Als Fundorte werden aufgeführt: Nattheim, Oberstotzingen, Ettlenschiess, Abensberg, Sirchingen, Asch (OA. Blaubeuren), Zainingen, Hengen, Sonderbuch, Stotzin- gen, Gussenstadt, Herbrechtingen, Arnegg, Giengen, Bachhagel, Schnait- heim, Heidenheim, Nusplingen, Donnstetten, Asselfingen, Oberengstingen ; Kehlheim. ] Generaldirektion der badischen Staatseisenbahnen: Die Fortsetzung der Höllenthalbahn von Neustadt über Böttingen und Höfingen. 1901. [Geognostische Verhältnisse. ] Geologische Specialkarte des Grossherzogtums Baden. Herausgegeben von der Grossherzogl. Bad. geolog. Landesanstalt. (1: 25 000.) Blatt (No. 43) Rappenau. Mit Erläuterungen (32 S. mit 1 Textfig.). Bearbeitet von F. ScHatcH. Heidelberg 1901. [Lage, Wasserläufe, orographischer und geologischer Bau. Mittlerer Muschelkalk (Gips, Anhydrit, Steinsalz), Oberer Muschelkalk (Trochitenkalk, Spiriferina-Bank, Nodosus-Kalk, Semipartitus-Schichten, Bairdienschichten). Lettenkohle.e Bunter Keuper. Diluvium (Neckarschotter, Löss, Lösslehm, Lehm). Alluvium. Tektonik. Verwerfungen. Nutzbare Mineralien und Gesteine. Quellen. Bodenverhältnisse.] Blatt (No. 93) Haslach. Mit Erläuterungen (43 S. mit 1 Textfig.). Bearbeitet von H. TrüracH. Heidelberg 1901. [Geologischer und topographischer Überblick. Gneiss (Rench-, Kinzigit-, Schapbachgneisse). Amphibolite. Granulite Granit. Granitite. Quarz Glimmersyenit. Kersantit. Granitporphyr. Granophyr. Rotliegendes. Porphyre. Buntsandstein. Quartär. Lagerungsverhältnisse. Erzgänge. Bergbau. Quellen. Bodenverhältnisse.. Bodenverbesserung. Technische Verwertung der Gesteine. ] Blatt (No. 111) Dürrheim mit Erläuterungen (39 S.). Be- arbeitet von A. Sauer. Heidelberg 1901. |Topographisch-geologische Gliederung, Hydrographie, Trockenthäler (5. 1—11); Muschelkalk (S. 11—23); Lettenkohle (S. 23—25); Keuper (S. 25—28); Lias (S. 28—30); Brauner Jura (S. 30—31); Quartär (S. 31 bis 34); Bodenverhältnisse (S. 34—36); Quellen (S. 36); Technisch ver- wendbare Mineralien und Gesteine (S. 37—38). Geologische Karte des Grossherzogtums Hessen. (1: 25000.) Blatt: Beerfelden mit Erläuterungen (23 8.) von G. Kremm. 1900. Blätter: Kelsterbach und Neu-Isenburg mit Erläuterung (75 S.) von G. Kremm. 1901. Blatt: Neunkirchen mit Erläuterung (40 3.) von C. CHELmws. 1901. Blatt: Lindenfels mit Erläuterung (40 S.) von C. Cneuıus. 1901. Span: "URN ‘ee Geognostische Specialkarte von Württemberg. (1:50000.) Blatt: Göppingen. 2. Aufl. von E. Frass; 1901. Nachtrag zu den Begleitworten zum Atlasblatt: Göppingen 3, 12901. [Schilfsandstein — oberster weisser Jura, Tertiär (Basalttuff, Bohnerze), Diluvium, Alluvium.] Görz, W., Der Verlauf der diluvialen Eiszeit in Schwaben. Verhandl. d. 13. deutschen Geographentages zu Breslau. Berlin 1901, Ss. 213— 217. G(rei)m, Ergebnisse über die Geologie des Ries. Globus 80 Bd. S. 100; 1901. [Referat über die Arbeiten von Branco und Fraas.] Gruss, K., Beiträge zur Kenntnis der Gesteine des Kaiserstuhlgebirges. Tephritische Strom- und Ganggesteine. Mitteil. d. Grossh. Bad. geol. Landesanst. IV. Bd. 2. Heft S. 85—144; mit Taf. II. Heidelberg 1901. [Mondhaldeit. Monchiquite. Tephrit. Basanit. Augitit. Ausführung der Gesteinsanalysen. ] GüntHErR, S., Württembergische Geographen. (Bericht über Vortrag.) 17.—19. Jahresb. d. Württ. Ver. f. Handelsgeogr. S. 323; 1901. [Von Geologen werden: v. ALBERTI, QUENSTEDT und O. Fraas genannt.] GÜNTHER, S., Das Ries. Eine geologisch-geographische Skizze nach Branco und Fraas. Heiperic#’s Vierteljahreshefte für den geographischen Unter- richt. I. Bd. 2. Heft S. 140—143; 1901. GÜNTHER, S., Vortrag über den Bodensee. (Referat von F. K.) Be- sondere Beilage des Staatsanzeigers f. Württemberg No. 11u. 12, B. 188-197; 1901, GUTZWILLER, A., Zur Altersfrage des Löss. Verh. d. Naturf. Ges. in Basel. XII. Bd. 2. Heft S. 271—286; 1901. — Ref. in Neues Jahrb. f. Min. ete. 1901. II, S. 449 (E. Koxen). |Löss an der Eisenbahnlinie Basel—Mülhausen. Sandlöss von Witten- heim 8. 279 ff.] GUTZWILLER, A., Der Löss des Hohröderhübels und der Mittenheimer Sandlöss. Ber. üb. d. 34. Vers. d. oberrh. geol. Ver. zu Dieden- hofen. S. 6 und 12—18; 1901. Schwäb. Kronik, No. 170 (Mittagsblatt) vom 13. April 1901. Haas, H., Anschauungsbilder für den Unterricht in der Geologie und physischen Geographie. 20 Tafeln. Kiel 1901. — Ref. im Geol. Centralbl. I. Bd. S. 680; 1901 (K. KeıtHack). [Taf. 6: Phonolithkegel des Hohentwiel. ] BR Hausrass, Wasserfahrten im Schwarzwald. „Aus dem Schwarzwald.“ Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. Jahrg. S. 9—12, 28—31; 1901. [Hornseen, Herrenwieser See, Schurmsee, Huzenbacher See, Wildsee, Mummelsee. ] Haumer, E., Astronomisches Nivellement durch Württemberg etwa entlang dem Meridian 9° 4’ östlich von Greenwich. Veröffent- lichung für die internationale Erdmessung. IV. Heft. Stutt- gart 1901. Harımann, J. F., Ein herzlich Grüss Gott und Waldheil! Monatsbl. des bad. Schwarzwald-Ver. 1901, No. 10. [Granitfindling.] Hausmann, Die magnetische Landesvermessung in Württemberg. . Bericht üb. d. IX. allgem. Vers. d. deutschen meteorolog. Ges. Schwäb. Kronik, No. 157 (Mittagsblatt); 1901. [Die magnetischen Linien zeigen ein auffallendes Störungsgebiet im Ries. ] HegeLe, Burghöhle auf dem Wenzelstein. Blätter des schwäb. Alb- vereins. XIII. Jahrg. No. 5, S. 223; 1901. Hein, Alter Flusslauf bei Laufenberg und Neuhausen. Actes d. ]. Soc. Helv. d. sc. nat. 83. Sess. 1900 & Thusis; Chur 1901, S. 105—106. Henning, Bemerkungen zum Vortrag von A. Schuiz: „Über neolithische Besiedelung in Südwestdeutschland.“ Korrespondenzbl. d. deutsch. Ges. f. Anthrop. XXXI. Jahrg. S. 111—112; 1901. [Steinzeitdorf Grossgartach.] Hermann, F., Fossilführende Schichten in der oberen Anhydritgruppe bei Künzelsau. Jahresh. d. Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 351-355; 1901. [Saurierreste, Fischzähne und -Schuppen, Myophoria vulgaris, M. cardis- soides, Gervillia costata und socialis, Lima striata, Unicardium Schmidt, Corbula sp., Natica gregaria, Chemnitzia sp., Lingula tenuissima. — Profil der oberen Anhydritgruppe im Erlesbach.] HErTser, Die deutschen Mittelgebirge und ihre Entstehung. 17. bis 19. Jahresber. d. Württ. Ver. f. Handelsgeograph. S. 278; 1901. [Bericht über Vortrag. Alb und Schwarzwald werden erwähnt. ] HiLGENDoRF, F., Der Übergang des Planorbis multiformis trochiformis zum Planorbis multiformis oxystomus. Archiv f. Naturgeschichte. Jahrg. 1901, Beiheft S. 331—334 mit 1 Taf. und 1 Textfig. [Miocän von Steinheim. ] a Hıntze, C., Handbuch der Mineralogie, I. Bd. 6. Lieferung (der ganzen Reihe 18. Lieferung). Leipzig 1901. [Es werden die württembergischen und badischen Fundorte der Mine- ralien berücksichtigt. ] HochHsTETTER, G., Reutlingen und Umgebung nebst Uracher, Neut- linger und Tübinger Alb. 2. Aufl. Reutlingen 1901. Horzarreı, E., Zusammenhang und Ausdehnung der deutschen Koh- lenfelder. Verh. d. Ges. deutscher Naturforscher und Ärzte. 72. Vers. zu Aachen 1900. I. Teil S. 115—129; Leipzig 1901. [Kohle im Schwarzwald (S. 120).] Husrer, H. M., Bayerisch-Schwaben und Neuburg und seine Nachbar- gebiete.. Deutsches Land und Leben in Einzelschilderungen, 6. Bd. Stuttgart 1901. Ref. Herrner’s Geogr. Zeitschr. VII., S. 656; 1901. [Physische Verhältnisse des Ries. ] HunpesHAGEn, F., Über eine kombinierte graphische Darstellung des geologischen Aufbaues und der chemischen Zusammensetzung des Gesteinsmaterials von Schichtenserien. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in’ Württ. 57. Jahrg. S. XCII; 1901. — Schwäb. Kronik, No. 140 (Abendblatt), 23. März 1901. [Als Beispiel wird eine Serie von Liasmergeln der schwäbischen Alb gewählt. ] HvEnE, F. v., Eine orographische Studie am Knie des Rheines. HETTNER’s geogr. Zeitschrift. VII. Jahrg. S. 140—148, mit 1 Karte; 1901. [Entstehung des Rheinthals zwischen Basel und Mainz wird besprochen. ] Hvene, F. v., Vorläufiger Bericht über die triassischen Dinosaurier des europäischen Kontinents. Neues Jahrb. f. Min. 1901. I. Bd. S. 89—104, mit Taf. II u. IV u. 6 Textfig. [Zanclodon aus den oberen Keupermergeln von Württemberg. Vor- kommnisse von Dinosaurierresten im Stubensandstein von Aixheim und Heslach, im krystallisierten Sandstein vom Michelsberg bei Bönnigheim. Teratosaurus suevicus aus dem Stubensandstein von Stuttgart. ] Hvene, F. v., Kleine palaeontologische Mitteilungen. No. 1 u. 2. 1. Medusina geryonoides n. sp. 2. Zamites infraooliticus n. Sp. Neues Jahrb. f. Min. 1901. I. Bd. S. 1—8, mit Taf. I u. II. [Medusina geryonoides v. HvEnE aus den Murchisonae-Schichten von Wiesensteig. Zamites infraooliticus v. HvENE aus der Blagdeni-Zone vom Oberhelfenberg bei Langenbruck, Schweiz. ] Huene, F. v., Kleine palaeontologische Mitteilungen. No. 3. Der ver- mutliche Hautpanzer des Compsognathus longipes Wan. Neues 9% Jahrb. f. Min. .1901. Bd. 8. 157—160, mit Taf. VI u. 1 Textfig. [| Comsognathus longipes Wacn. aus dem lithograph. Schiefer von Jachen- hausen in der Oberpfalz.] HvEne, F. v., Nochmals Medusina geryonoides v. HvExe. Centralbl. f. Min. 1901; 8. 167. | Verf. weist Fuchs’ Deutung der Medusina' geryonoides v. HUvENE zurück. | JarkEL, O., Über jurassische Zähne und Eier von Chimäriden. Neues Jahrb. f. Min. XIV. Beil.-B. S. 540—564, mit Taf. XXI—XXIV u..3 Textfig. 1901. [Ischyodus aalensis Quexst. (S. 540—548, Taf. XXI, Fig. 1—11, Taf. XXI, Fig. 1—3, Textfig. 1); Aletodus ferrugineus Rızs (S. 548—551, Taf. XIII, Fig. 1—4, Textfig. 2); Eier von Chimäriden aus Braunjura £# von Aalen und Heiningen.] Kraarsch, Das Problem des Eiszeitmenschen. (Vortrag.) Schwäb. Kronik No. 589 (Mittagsblatt) vom 17. Dezember 1901. [Schädel von Cannstatt (la race de Cannstatt).] Kraarsch, Über die Ausprägung der specifisch menschlichen Merkmale in unserer Vorfahrenreihe. (Vortrag.) Korrespondenzbl. d. Deutsch. Ges. f. Anthrop. XXXI. Jahrg. S. 102—107; 1901. [Es wird auch auf die menschenähnlichen Zähne aus den Bohnerzen der schwäbischen Alb hingewiesen. ] Kırcaknorr, A. und Hassert, K., Bericht über die neuere Litteratur zur deutschen Landeskunde. Herausgegeben im Auftrage der Centralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland. Bd. I (1896—99); Berlin 1901. [Geologie (S. 7—21); Eiszeit (S. 22—29); Oberflächengestaltung (S. 29 bis 33); Höhlen (S. 33); Erdbeben (S. 33); landeskundliche Gesamtdarstel- lungen natürlicher deutscher Landschaften (S. 83—94); ‘Vor- und Früh- geschichtliches (S. 131—139).] Kıemm, G., siehe auch Geologische Karte des Grossh. Hessen. Krunzınger, C. B., Der Blautopf bei Blaubeuren. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. LXXIX; 1901. — Schwäb. Kronik, No. 483 (Mittagsblatt), 17. Oktober 1900. Krunzineer, C.B., Die Farbe des Wassers und der Gewässer. (Vor- trag.) Ebenda S. CXXI; 1901. Krunzisneer, C. B., Über die physikalischen, chemischen und bio- logischen Ursachen der Farbe unserer Gewässer. Ebenda S. 321 bis 346; 1901. Könt, Das neuentdeckte Steinzeithockergrabfeld von Flomborn bei Worms, eine neue Phase der neolıthischen Kultur. Korrespon- denzbl. d. deutsch. Ges. f. Anthropol. XXXI. Jahrg. S. 91 —96; 1901. Koken, E., Beiträge zur Kenntnis des schwäbischen Diluviums. Neues Jahrb. f. Min. XIV. Beil.-Bd. S. 120—170, mit Taf. IT—IV u. 4 Textfig.; 1901. [Vergleichende Tabellen über die Gliederung des Quartärs (S. 130 bis 131); Höhenschotter und verwandte Bildungen (S. 132—154); Jüngere Terrassenschotter (S. 154—161); Glacial (S. 161—169). Die wichtigsten Lokalitäten sind: Randecker Maar, Schussenquelle, Winterstettendorf, Böllingerbach (Thal), Herbolzheim, Holheim, Ries, Neresheim.] Koken, E., Die Schiffflächen und das geologische Problem im Ries. Neues Jahrb. f. Min. 1901, I. Bd. S. 67—88. Koxen, E., Eine Nachschrift zu dem Aufsatz „Die Schiffflächen und das geologische Problem im Ries“. Ebenda S. 128. Koken, E., Glacialerscheinungen im Schönbuch. Centralbl. f. Min. 1901, S. 10—14; mit 3 Textfig. — Ref. in PETERMAnn’s Mitteil. 47. Bd. Litt., S. 92; 1901 (STEINMAnN). [Erwiderung auf E. Fraas, Scheinbare Glacialerscheinungen im Schön- buch. Koken erblickt in der Anhäufung jener frischen, scharfkantigen Rhätbruchstücke auf Arietenkalk Seitenmoränen.] Koren, E., Das Ries und das Steinheimer Becken. Zeitschr. f. prakt. Geologie. IX. Jahrg. S. 119; 1901. [Referat über Vortrag. ] Krarr, Pu., Die Geschichte‘ des Rheins zwischen dem Bodensee und Ragaz. Schriften des Ver. f. Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. 30. Heft S. 119—222, mit 1 Karte; 1901. [Die Bildung des Rheinlaufes (S. 120—130).] Kraus, Fr., Die Zunahme der Temperatur im Erdinnern, (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. CXVI; 1901. [Im Bohrloch bei Neuffen war die geothermische Tiefenstufe 10 m.] Krerz, K., Neuester Führer durch die Stadt Villingen. Freiburg ı. B. 1901. — Ref. in Blätt. d. schwäb. Albver. XIII. Jahrg. No. 10 S. 447. — Ref. in Aus d. Schwarzw. IX, 159; 1901 (D). [’Prähistorisches. ] Kürprers, E., Absonderungserscheinungen aus dem Melaphyr von Darmstadt. Centralbl. f. Min. 1901, S. 609—610. Lachmann, T#., Archäologische Funde im Bodenseegebiet. Schriften des Ver. f. Geschichte des Bodensees u. s. Umgeb. 30. Heft S. 241—242; 1901. [Steinzeitliche Funde in Sipplingen und Bodman.] Landesamt, Kgl. württ. Statistisches, Beschreibung des Oberamts Heilbronn. Stuttgart 1901. [Altertümer des Bezirks von C. MiLLEr, I. Steinzeit (I, S. 252—254). Lage, Grösse und Grenzen von Ü. REGELMANN (II, 1). Geographischer Überblick (II, 4) und geologische Verhältnisse (II, 7) von E. Fraas. Ge- wässer von TRÜDINGER (II, 28). Höhenverhältnisse (Anhang $. 3—36) von Ü©. REGELMANN.] Landesamt, Kgl. württ. Statistisches, Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Jahrgang 1900. 1.—3. Heft. Stuttgart 1901. [Württembergische Litteratur vom Jahre 1899 (I. Heft, S. IX) von Oberstudienrat Dr. Steırr. Die Benützung des Bodens in Württemberg nach der Aufnahme vom Jahre 1893 (I, S. 127—268) von Dr. BÜHLER. Geognostische Verhältnisse (III, S. 1).] Landesamt, Kgl. württ. Statistisches, siehe auch Geognostische Specialkarte. Lang, H. v., Die Eiszeiten und ihre Perioden. Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 219—239; 1901. [Es wird auch das Diluvium Oberschwabens berücksichtigt. Lethaea geognostica siehe unter Frech. Leuse, G., Über Cement. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f..vaterl. Naturk. in: Württ. 57. Jahrg. S. CX1; 190% [Wird auch das Rohmaterial (Weiss-Jura e) erwähnt. ] Leuge, G., Über Cement. Jahresh. des Ver. für Mathematik und Naturwissenschaften in Ulm a. D. X. Jahrg. S. 23—26; 1901. (Vortrag.) [Kalkmergel von Gerhausen. Kalkmergel des weissen Jura £.] LeurHuArpr, F., Beiträge zur Kenntnis der Flora und Fauna der Letten- kohl von Neuewelt bei/Basel. Eclogae geol. Helvet. Vol. VII, No. 2 S. 125—128; 1901. LueDeck£, C©., Die Boden- und Wasserverhältnisse des Odenwaldes und seiner Umgebung. Abh. d. Grossh. Hessischen geol. Landesanst. zu Darmstadt, IV. Bd. 1. Heft. 184 S. 2 Taf.; 1901. Lorıor, P. pe, Etudes sur les Mollusques et Brachiopodes de l’Oxfor- dien superieur et moyen du Jura Bernois. Premier Supplement. Abhandl. d. Schweiz. Paleont. Ges. 28. Bd: 119 S., 7 Taf.; Zürich 1901. N MıucH, T#., Zur Geschichte des Göppinger Sauerbrunnens. Blätter des schwäb. Albvereins. XIII. Jahrg. No. 2 S. 65—72; 1901. Mitrer, Ev., Die Heuneburgen. Blätt. d. schwäb. Albver. XIII. Jahrg. No. 11 S. 485—486; 1901. [Quelle. — Grabhügel. ] Mitter, K., Zum Alter des Sylvanakalks. Centralbl. f. Min. 1901, S. 129—133. [Erwiderung auf den Aufsatz von L. RoLLier (Centralbl. f. Min. 1900, S. 89).] MitLer, C., siehe auch Landesamt, Kgl. württ. Statistisches. Ministerialabteilung für den Strassen- und Wasserbau, siehe unter Verwaltungsbericht. MünLpErg, F., Bericht über die Erstellung einer Quellkarte des Kantons Aargau, mit 5 Beilagen und 1 Quellkarte der Umgegend von Brugg. Aarau 1901. Mütter, H., Das Klima von Calw nach hundertjährigen Wetter- beobachtungen. Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 189—218; mit Taf. IV—V; 1901. [ Erdbeben. ] NeEstLe, Ep., Die blaue Farbe unserer Albwasser. Blätter des schwäb. Albver. XII. Jahrg. S. 233; 1901. [Blautopf. Wasser in den Tuffsteinbrüchen des Ermsthals.] Nopcsa, jun., F. Baron, Synopsis und Abstammung der Dinosaurier. Földtani Közlöny. XXXI. 7.—9. Füzet, S. 247—279; mit Taf. T; 1901. [Zanclodon.] Ochsenuus, C., Einige neue Vorkommen in der Kaliregion des oberen Zechsteins von Norddeutschland. Sitzber. d. Ges. z. Beförd. d. ges. Naturw. zu Marburg No. 8, 1901 und „Der Montan- markt“. 1901. No. 340 S. 2—3; No. 345 S. 1—2; No. 346 8. 1—3. [Wasserhelles, sehr durchsichtiges Steinsalz von Heilbronn mit Einschluss von Lake und Libellen.] Osann, A., Versuch einer chemischen Klassifikation der Eruptivgesteine. ll. Die Ergussgesteine. TscHermar’s Min. u. petrogr. Mitteil. XX. Bd. S. 399—558; Wien 1901. [Phonolith vom Hohentwiel (S. 418—419), Nephelinbasalt vom Steins- berg im Odenwald (S. 461), Augitit von der Limburg (S. 479), Nephelinit vom Katzenbuckel, Odenwald (S. 481), Nephelinbasalt, Odenwald (S. 483), Nephelinmelilithbasalt des Hegaus und vom Wartenberg (S. 497), Melilith- basalt vom Hochbohl bei Owen (S. 497), Limburgit vom Kaiserstuhl (S. 499).] BD, une pE Pay, Führer von Marbach nach Heilbronn durch das Bottwar- thal. Heilbronn 1901. — Ref. Aus d. Schwarzwald. Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. Jahrg. S. 159; 1901 (D). Penck, A., Einige neuere Ergebnisse der Eiszeitforschung in den Alpen. Verhandl. d. 13. deutsch. Geographentages zu Breslau. Berlin 1901, S. 205. Prxck, A., Die Entstehungsgeschichte des Bodensees nach eigenen Forschungen. (Vortrag.) 17.—19. Jahresber. d. Württ. Ver. f. Handelsgeogr. S. 324; 1901. Penck, A. und Brückner, E., Die Alpen im Eiszeitalter. 1. Lieferung. Leipzig (Taucanirz) 1901. Prarr, K., Heidelberg und Umgebung. 2. Auflage. Heidelberg (J. Hörnınc), 1901. Prarr, K., Ergebnisse der städtischen Ausgrabungen in und um Heidelberg. Korrespondenzbl. d. westd. Zeitschr. XX. Jahrg. S. 178—179 (No. 87) u. S. 210—215 (No. 111); 1901. [Neolithische Scherben in Heidelberg; Steinbeil in Roth bei Wiesloch. ] Prınıpri, E., Die Ceratiten des oberen deutschen Muschelkalkes. Palaentol. Abhandl. von Daumzs u. Koren. 8. Bd. (N. F. 4. Bd.) Heft 4, 1901; 114 S., 21 Taf., 19 Textfig. [Ceratites aff. |dorsoplanus E. Psır. von Lobenhausen a. d. Jagst (S. 12, Fig. 12); C. compressus (Sanne.) E. Puıt. vom Schenkenschloss bei Würzburg (S. 54, Taf. IV, Fig. 2), von Höchberg bei Würzburg (S. 54, Taf. V, Fig. 2), von Tullau (S. 54, Taf. V, Fig. 4); 0. Münsteri (Dien.) E. Puın. von Crailsheim (S. 56, Taf. VI, Fig. 1); C. fastigatus R. CREDNn. von Oberstetten (8. 58, Taf. VII, Fig. 1); C. cf. evolutus E. Pair. (S. 62, Taf. X, Fig. 2) von Crailsheim; C. laevigatus E. PrıL. von Würzburg (8. 64, Taf. 12, Fig. 2); C. nodosus ScHLoTH. sp. von Bruchsal (S. 65, Taf. XIII, Fig. 4); CO. nodosus minor ScHLOTH. sp. von Bruchsal (8. 73, Taf. XV, Fig. 1); C. nodosus laevis (Bruc.) ScHLoTH. sp. von Kochendorf (8. 72, Taf. XV, Fig. 2).] Phıuieri, E., Erwiderung auf A. Tornquist’s Aufsatz: Das Vorkommen von nodosen Ceratiten auf Sardinien etc. Centralbl. f. Min. 1901, S. 551—557. Prırıppr, E., Über die Bildungsweise der buntgefärbten klastischen Gesteine der kontinentalen Trias. Centralbl. f. Min. 1901, S. 463—469. Pratz, Pur, Nekrolog auf —: Mitteil. d. Grossh. Bad. geol. Landesanst. IV. Bd. 2. Heft S. I—IV. Heidelberg 1901. PLiEnınGER, F., Beiträge zur Kenntnis der Flugsaurier. Palaeonto- graphica. XLVII. Bd. S. 65—90, mit 2 Taf. u. 6 Textfig; 1901. [Pterodactylus Kochi WAGNER aus dem lithogr. Schiefer von Eichstätt.] RT ee Pomeecxs, J. F., Über Aucellen und aucellenähnliche Formen. Neues Jahrb. f. Min. XIV. Beil.-Bd. S. 319—368, mit Taf. XV—XVI u. 2 Textfig.; 1901. [Aucella impressae QuEnsT. aus dem Impressa-Thon (Taf. XV, Fig. 2, 5, 16) von Streitberg in Franken und Karlshof im Ries.] PompeckJ, J. F., Aucellen im Fränkischen Jura. Neues Jahrb. £. Min. 1901. I. S. 18—36, mit Taf. IV. [ Aucella impressae (Taf. IV, Fig. 1—3) aus den Impressa-Thonen (W.J.«) von Oberhausen, Röttingen, Karlshof im Ries, Streitberg. Auc. Bronni F. Rovırr. sp. (Taf. IV, Fig. 4) aus der Zone der Oppelia tenuilobata von Amberg; A. Bronni var. lata (= solodurensis) aus der Bimammatenzone von Thieringen. Aucella Pallasi Keys. var. tenuistriata Lan. (Taf. IV, Fig. 5 u. 6) aus dem lithographischen Schiefer von Solnhofen.], Ponpecks, J. F., Über Zimaegoceras Hvar. Neues Jahrb. f. Min. 1901, II. Bd. S. 158—170, mit 6 Textfig. | Tmaegoceras dorsosulcatum QuEnST. aus Lias « (Angulatenzone) von Vaihingen a. F. (S. 161—162); T. cerassiceps Pomp. (S. 162—164, Fig. 1) aus dem Lias « (Arietensch.) zwischen Stockach und Immenhausen bei Tübingen.] REGELMANnN, C., Mächtigkeitsverhältnisse im Jura bei Boll. Blätt. d. schwäb. Albver. XII. Jahrg. S. 532—535; 1901. [Schichtengrenzen im braunen und weissen Jura. Juraprofil bei Neid- lingen (Braun Jura «— Weiss Jura d), Profil (im Teufelsloch) von Herzogenau nach Boll (Weiss Jura «e—Lias e), Profil bei Weilheim (Lias {<—Braun Jura £).] REGELMAnNN, C., Grosshahnberg und Huzenbachersee. Aus dem Schwarzwald. Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. Jahre. S. 149—152;, 1901. [Hydrographisches und Geologisches ist berücksichtigt.] REGELMANN, C., Trigonometrische und barometrische Höhenbestim- mungen in Württemberg. Neckarkreis: Heft 7. Oberamts- bezirk Heilbronn. 38 S.; Stuttgart 1901. [Es; werden auch geologische Grenzen ihrer Höhenlage nach ange- geben. ] REGELMANN, C., siehe auch Landesamt, Kgl. württ. Statistisches. Reıcnmann, Das Erdbeben in Südbaden vom 24. März u. 22. Mai 1901. (Vortrag.) Ref. in Schwäb. Kronik, No. 576 (Abendblatt) vom 9. Dezember 1901. REıneckE, Neue Muschelschmuckfunde der jüngeren Steinzeit aus den Rheinlanden. Korrespondenzbl. d. westd. Zeitschr. XX. Jahrg. S. 19—22 (No. 10); 1901. Remecke, Neolithische und frühhallstattzeitliche Wohngrubenfunde von Wenigumstadt. Korrespondenzbl. d. westd. Zeitschr. XX. Jahrg. S. 22—24 (No. 11); 1901. [Es wird auch Grossgartach zum Vergleich herangezogen. ] REıneck£e, Nochmals von den Napoleonshüten. Korrespondenzbl. d. west. Zeitschr. XX. Jahrg. S. 383—45 (No. 19); 1901. REInEcKE, Species und Herkunft der recenten Spondylus-Schalen u. s. w. aus den Funden der neolithischen bandkeramischen Gruppe. Korrespondenzbl. d. westd. Zeitschr. XX. Jahrg. S. 173—174 (No. 82); 1901. Roger, O., Die Säugetiere der Steinheimer Miocänfauna. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. CXVI. 1901. [Mastodon, Dinotherium, Anchitherium, Rhinoceros, Palaeomeryx, Sus.] RompeL, Jos., Über die Moose aus der Kulturschicht von Schussen- ried. „Natur und Offenbarung.“ 47. Bd. S. 557—569; 1901. — Ref. Neues Jahrb. f. Min. ete. 1902. I. S. 329 (Koren). [|Hypnum fluitans, H. aduncum.] Rosengusch, H., Elemente der Gesteinslehre. 2. Auflage. Stuttgart (E. SCHwEIzERBART) 1901. Rosengusch, H., Studien im Gneissgebirge des Schwarzwaldes. II. Die Kalksilikatfelse im Rench- und Kinzigitgneiss. Mitteil. d. Grossh. Bad. geol. Landesanst. IV. Bd. 3. Heft. S. 367 bis 395571901. Saromon, W., Über eine eigentümliche Grabenversenkung bei Eber- bach im Odenwald. Mitteil. d. Grossh. Bad. geol. Landesanst. IV. Bd. 2. Heft S. 209—252, mit 3 Textfig. Heidelberg 1901. [Muschelkalkeinbruch zwischen Buntsandstein. Orographie des Eber- bacher Beckens. Zechsteindolomit am Scheuerberg. Sprunghöhe des Grabens ist 600—700 m.] Sıver, A., Über petrographische Studien an Lavabomben aus dem Ries. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Wütrtt. 57. Jahrg. S. LXXXVII; 1901. SAUER, A., Die klimatischen Verhältnisse während der Eiszeit mit Rücksicht auf die Lössbildung. (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f£. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. CVI; 1901. — Schwäb. Kronik, No. 230 vom 20. Mai 1901. Sauer, A., Die Thermalerscheinungen im Schwarzwald. (Vortrag.) Ref. in Schwäb. Kronik, No. 557 (Mittagsblatt) vom 28. November 1901. 2 A ya SavER, A., siehe auch Geologische Specialkarte des Grossh. Baden. ScHAucH, F., Bemerkungen über die Molasse der badischen Halbinsel ‘und des Überlinger Seegebietes. Mitteil. d. Grossh. Bad. geol. Landesanst. IV. Bd. 3. Heft S. 255—338, mit 1 geol. Karte (1: 25000) und Profilen; 1901. [Topographisch-geologischer Überblick. Die Molasse im allgemeinen. Specialprofile. Untere Süsswassermolasse, Meeresmolasse, obere Süsswasser- molasse. ] Schach, F., siehe auch Geologische Specialkarte des Grossh. Baden. SCHARDT, H. und Sarasın, CH., Revue geologique suisse pour l’annde 1900. Eclog. geol. Helvet. VII, No. 1 8. 1—102; 1901. SCHELLWIEN, E., Über Semionotus Ac. Schriften der Physikalisch- ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg i. Pr. 1901, S. 1—33, mit Taf. I—III und 6 Textfig.. Ausz.: Neues Jahrb. f. Min. u. s. w. 1901. II. Bd. S. 477 (A. ANDREAE). | [Semionotus leptocephalus Ac. aus dem Lias von Boll (ist kein Semionotus). Sem. Kapfii Fr. aus dem Stubensandstein von Stuttgart wahrscheinlich zu Semionotus gehörig. Sem. letticus Fr. aus der Lettenkohle von Hoheneck (Textfig. 4) ist zu den Catopteriden zu stellen. Sem. serratus Fr. (Text- fig. 5) aus dem Kieselsandstein von Hütten steht der Gattung Semionotus nahe, darf aber nicht mit ihr vereinigt werden. ‚Sem. elongatus Fr. (Text- fig. 6) aus dem Stubensandstein von Stuttgart gehört zu Semionotus.] ScHick, TH., Geologische Miscellen. „Aus dem Schwarzwald.“ Blätt. des württ. Schwarzw.-Ver. IX. Jahrg. S. 135—137; 1901. [Kalktuff bei Gültlingen unweit Wildberg.] SchHips, K., Führer über das Härdtsfeld. Stuttgart 1901. — Ref. in Blätt. des schwäb. Albver. XIV. Jahrg. No. 28. 79; 1901 (K.). Scauiz, A., Das steinzeitliche Dorf Grossgartach, seine Keramik und die spätere prähistorische Besiedelung der Gegend. (Vorläuf. Mitteil.) Fundber. aus Schwaben. VIII. Jahrg. 1900 S. 47—59; 1901. ScHLiz, A., Das steinzeitliche Dorf Grossgartach, seine Kultur und die spätere vorgeschichtliche Besiedelung der Gegend. IV u. 52 8. 1 Karte, 12 Taf., 24 Textfig.; Stuttgart 1901. — Ref. in Korrespondenzbl. d. westd. Zeitschr. XX. S. 34—36; 1901 (K. SCHUMACHER). — Prrermann’s Mitteil. 47. Bd. Litt. S. 166; 1901 (Frorscuürz). — Blätt. des schwäb. Albver. VIII. S. 437; 1901. — Schwäb. Kronik 1901, No. 289 (Abendblatt). — Archiv f. Anthropologie. 27. Bd. 3. Heft, S. 435—437 ; 1901 (J. Ranke). 2 A Scauiz, A., Steinzeitliche Bestattungsformen in Südwestdeutschland. Korrespondenzbl. d. deutsch. Ges. f. Anthrop. XXXNH. Jahrg. S. 60—62; 1901. [Steinzeitliches Dorf Grossgartach. Scruiz, A., Über neolithische Besiedelung in Südwestdeutschland. (Vortrag.) Korrespondenzbl. d. deutsch. Ges. f. Anthrop. XXXJU. Jahrg. S. 108—111;; 1901. [Das steinzeitliche Dorf Grossgartach. ] Schuiz, A., Bemerkungen zum Vortrag von Kört: „Das neuentdeckte Steinzeithockergrabfeld von Flomborn bei Worms ete.“ Korre- spondenzbl. d. deutsch. Ges. f. Anthrop. XXXII. Jahrg. S. 96; 1901. SCHLOSSER, M., Die menschenähnlichen Zähne aus dem Bohnerz der schwäbischen Alb. Zoologischer Anzeiger. XXIV. Jahrg. S. 261 bis 271; 1901. — Ref. in Naturw. Rundschau. XV]. S. 356 bis 357; 1901 (R. v. Hanstem). [M, von Anthropodus Brancor SCHLOSSER. Dryopithecus rhenanus POoHLIG sp.] SCHLOSSER, M., Die Fauna des Lias und Dogger in Franken und der Oberpfalz. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Gesellsch. 53. Bd. 5.913909. mil Lat. AY®. 1907. [Zusammenstellung der Fauna. Beschreibung von 11 neuen Arten. Triassische Gattungen im Lias. Revision der GoLpruss-Münster’schen Originale aus Lias und Dogger.] Schmowt, A., Über ein neues Seismometer („Trifilargravimeter“). (Vortrag.) Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. 52. X6; 1901: [Erdbebenkurve vom 9.—10. Januar 1901 zeigt in Stuttgart 3’ Uhr nachts eine Störung. ] Schmipt, A., Bericht der Erdbebenkommission über die vom 1. März 1900 bis 1. März 1901 in Württemberg und Hohenzollern beobach- teten Erdbeben. Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S: 435; 1901. ScHhmpT, C., Geologische Wandtafeln. Genf (Compt. Mineralog. et Geolog. Suisse.) 1901. [II. Profilserie durch den östlichen Schweizer-Jura: 7 Profile. III. Profil- serie durch Vogesen, Oberrheinische Ebene und Schwarzwald: 4 Profile.] SCHNARS, Neuester Schwarzwaldführer. 13. Auflage, herausgegeben von K. Stark. Heidelberg 1901. — Ref. „Aus dem Schwarz- wald“. Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. Jahrg. 8.158; 1901 (D.). — ze. IH Schürze, E., Vorzeigung von neuen Koniferen aus der Trias. Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. XCVIH (Sitzber.), 1991, Schürze, E., Beiträge zur Kenntnis der triassischen Koniferengattungen: Pagiophyllum, Voltzia und Widdringtonites. Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 240—274, mit Taf. VI bis X; 1901. — Auch als No. 18 der Mitteil. a. d. Kgl. Naturalien- kabinet zu Stuttgart. 1901. [Pagiophyllum Foetterlei Stur (S. 242, Taf. VI,# Fig. 1) aus dem Lettenkohlengyps von Crailsheim ; Voltzia Weissmanni SCHIMPER (S. 253, Taf. an aus dem oberen Hauptmuschelkalk von Crailsheim, Rotten- burg a. N., Otterbach am Bühlerthal bei Vellberg, unweit Schwäbisch-Hall; Voltzia = Fraasi E. ScHtzeE. (S. 256, Taf. VI, Fig. 2 u. 5) aus ei Lettenkohlengyps von Crailsheim und Satteldorf. Voltzia Coburgensis v. SCHAUR. aus dem Schilfsandstein von Stuttgart (S. 262); Voltzia argillacew V. CHROUSTCHOFF aus den Mergeln des Stubensandsteins bei Stuttgart; Widdringtonites keuperianus HEER (S. 265) aus der Letten- kohle bei Osterburken und Eubigheim, Crailsheim, Bibersfeld (Sandstein), Neue Welt bei Basel; im Keuper bei Stuttgart (Schilfsandstein [Taf. X] und Stubensandstein).] SCHUMACHER, E., Hyaena spelaea aus dem jüngeren Löss von Achen- heim bei Strassburg. Ber. üb. d. 34. Vers. d. oberrh. geol. Ver. zu Diedenhofen. S. 6; 1901. nen K., Zur prähistorischen Archäologie Sirkeapdlänn lands 1. Fender. a. Schwaben. VIII. Jahrg. 1900 S. 36—46, mit 7 Fie.; 1901. [Jüngere Steinzeit von Osterburken, Heidelberg, Jöhlingen, Schluchtern bei Grossgartach, Opfingen bei Freiburg. Pfahlbauten am Bodensee. Zonenbecher von Müllheim a. Donau und von Harteneck (OA. Ludwigs- burg).] SCHUSTER, E.. Die Eisenbahn von Freiburg nach Donaueschingen (Höllenthalbahn). Badische Wanderbilder III. 1901. — Ref. „Aus dem Schwarzwald.“ Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. Jahrg. S. 197; 1901. SPRINGER, Die Ludwigsburger Fürstenhügel. Ludwigsburger Ge- schichtsblätter II. S. 35—49; 1901. STEIFF, Württembergische Litteratur vom Jahr 1899. Württ. Jahr- bücher. Jahrg. 1900. I. Heft S. IX—XXVI; 1901. [S. XI—XI: „Naturkunde und Medizin“ enthält auch geologische Litteratur.] STEINER, J., Archäologische Landesaufnahme. Fundber. a. Schwaben. VII. Jahrg. 1900, S. 13—36; 1901. BR [T. Illerthal, nördlich von Ulm bei Blaubeuren. II. Oberamt Gaildorf Wildberg und Nippenburg bei Schramberg. III. Crailsheimer Gegend. IV. Kirchberg a. J., Gerabronn. V. Öhringen, Schönthal, Ingelfingen und Künzelsau. ] Strüsın, K., Ein Aufschluss der Opalinus- Murchisonae-Schichten im Basler Tafeljura. Centralbl. f. Min. 1901, S. 327—334, mit 19 iR [Profil durch die Opalinus- und Murchisonae-Schichten im Flussbett der Frenke, südlich von Liestal. Fossilliste mit genauer Angabe der Schicht. ] Srrüsıs, K., Über das Vorkommen von Lioceras concavum im nord- schweizerischen Jura. Centralbl. f. Min. 1901, S. 585 —587. [Nachweis der Zone des Lioceras concavum am Frickberg im Kanton Aargau.] Strüösın, K., Beiträge zur Kenntnis der Stratigraphie des Basler Tafeljura. - Speciell des Gebietes von Kartenblatt 28, Kaiser- augst (Siegfriedatlas).. 96 S., mit 5 Profiltaf. Inaug.- Diss. Basel 1901. [Trias, Jura (schwarzer, brauner Jura, Transversarius- und Impressa- Schichten), untermiocäner Süsswasserkalk, Diluvium und Alluvium.] Strügın, K., Neue Aufschlüsse in den Keuper-Liasschichten von Niederschönthal (Basler Tafeljura). Eclogae geol. Helvet. Vol. VII No. 2 S. 119—123; 1901. SrtrügIn, H., Neue Untersuchungen über Keuper und Lias bei Nieder- schönthal (Basler Tafeljura). Verh. d. Naturf.-Ges. in Basel. XIH. Bd. 3. Heft S. 586—602, mit 1 geol. Skizze u. 3 Pro- filen; 1901. [ Zanclodon-(Knollen-)Mergel, Rhät, unterer Lias. Fossilliste nach Hori- zonten geordnet. ] STUDER, TH., Die prähistorischen Hunde in ihrer Beziehung zu den gegenwärtig lebenden Rassen. Abhandl. d. Schweiz. Paläont. (768, 128 Bd. Tr 8., 9 Tat: Zurch Lowm Terms, M. v., siehe Centralbureau f. Meteorologie etc. im Grossh. Baden. Tuüracn, H., Beiträge zur Kenntnis des Keupers in Süddeutschland. Geognost. Jahresh. XIII. Jahrg. 1900, S. ”—53. München 1901. — Ref. in Neues Jahrb. f. Min. 1902, I. Bd. S. 265 (E. Koken). — Zeitschr. f. prakt. Geologie. X. Jahrg. S. 62 (Reıs). [Lagerung der Semionoten-führenden Sandsteine im nördlichen Württem- berg und in Baden (S, 28—33). Gypsmergel und Semionotus-Horizont bei Geradstetten (8. 29). Semionotus-Horizont bei Stuttgart (S. 29), am Stromberg (S. 29), Keuperprofil von Rothenberg (Baden) (S. 30), bei der Kapelle südwestlich von Rauenberg (S. 31). Gyps (Grundgyps) bei Walden- burg und Satteldorf (S. 33). Bleiglanzbank bei Eppingen (S. 34). Profil am Odenberg bei Eppingen (S. 34). Bleiglanzbank bei Sulzfeld (S. 34). Estherienschichten (S. 35). Schilfsandstein (S. 38). Kohlen im Schilfsand- stein bei Wiesloch (S. 39). Steinbruch am Sonnenberg bei Stuttgart (S. 40). Entstehung des Keupers in Süddeutschland (S. 40—53).] TröracaH, H., Über die mögliche Verbreitung von Steinsalzlagern im nördlichen Bayern. Geogn. Jahresh. XIII. Jahrg. 1900, S. 107 bis 148, mit 1 Kartenskizze (1:400000). München 1901. — Ref. Zeitschr. f. prakt. Geologie 1901, S. 265—274 (Reıs). [Steinsalz im Zechstein (S. 107—113) bei Kissingen (S. 108). Salz- thon im Röth und unteren Wellenkalk (S. 113—115). Karlsquelle bei Mergentheim (S. 114). Gyps an der Grenze von Wellendolomit und Röth bei Hassmersheim (8. 114). Profil bei Gambach (Röth und Wellendolomit S. 114). Steinsalz im mittleren Muschelkalk (S. 115—138) von Württem- berg und Baden (S. 115—117); Bohrung im Tauberthal bei Rothenburg (S. 116). Trias in Franken (S. 126—138). Salzquellen im unteren Gyps- keuper bei Wimpfen (S. 138), ibei Windsheim (S. 139), bei Königshofen (S. 139), bei Hellmitzheim (S. 139). Analysen von Solquellen bei Kissingen, der Karlsquelle bei Mergentheim, Schwäbisch-Hall, des Wilhelmsbrunnens bei Cannstatt, der Stadtquelle von Würzburg, der Mineralquelle von von Königshofen, die Bitterwasserquelle von Windsheim, der Aischquelle bei Illesheim, Quellen bei Ipsheim und Kaubenheim (S. 144—145).] Trörıcn, H., siehe auch Geologische Specialkarte des Grossh. Baden. Tornguiıst, A., Das Vorkommen von nodosen Ceratiten auf Sardinien und über die Beziehungen der mediterranen zu den deutschen Nodosen. Centralbl. f. Min. 1901, S. 385--396. Tornauist, A., Wenige Worte über PnrıLieprs Erwiderung die nodosen Ammoniten betreffend. Centralbl. f. Min. 1901, S. 740—746. Torngvist, A., Das Vicentinische Triasgebirge.. Eine geologische Monographie. 195 S. 2 geologische Karten. (1 :25000.) 14 Land- schaftsbilder, 10 Textfig. u. tekton. Skizzen. Stuttgart 1901. TouzA, F., Lehrbuch der Geologie. 412 S. mit 367 Illustrat. u. 1 Atlas von 30 Taf. u. 2 geol. Karten. Wien 1900. — Ref. in „Die Natur“. 50. Jahrg. No. 3 S. 85; 1901 (E. Schütze). — Naturw. Wochenschrift. XVI. 8.152; 1901 (A. KLautzchH). — Geol. Centralbl. I. Bd. S. 200; 1901 (K. Keıtuack). — PETERMANN’S Mitteil. 47. Bd. Litt. S. 5; 1901 (Torxauist). [Regulierung des Rheins (S. 51, Fig. 51); Diorit vom Odenwald (8. 129); Mühlsteinporphyr vom Odenwald (S. 130); Nephelindolerit (Basalt) von der schwäb. Alb (S. 136); Gneiss vom Schwarzwald (8.138); Gagat aus Schwaben (S. 152) ; Rotliegendes im Schwarzwalde (S. 233) ; Trias (S. 243— 246); Jura. (8. 258—273) ; Tertiär (S. 292—323) ; Quartär (S. 326—347). Mastodonsaurus giganteus Jäs. aus der Lettenkohle von Gaildorf (Taf. IX, Fig. 1); Belodon Kapffi H. v. Meyer aus dem Stubensandstein von Stuttgart (Taf. IX, Fig. 8); Ceratodus Kaupi Ac. aus der Lettenkohle von Hoheneck (Taf. IX, Fig. 10); Microlestes antiquus PLiEn. aus dem Bonebed von Echterdingen (Taf. IX, Fig. 11); Aötosaurus ferratus OÖ. Fraas aus dem Stubensand- stein von Heslach (Taf. IX, Fig. 12); Estheria minuta aus dem Rhät von Baden (Taf. IX, Fig. 14); Pentacrinus subangularis MiLLer. Schwabens Medusenhaupt (Taf. XII, Fig. 2); Posidonia Bronni Voutz. Lias € Schwaben (Taf. XII, Fig. 10); Lima gigantea Sow. Lias « Schwaben (Taf. XII, Fig. 14); Terebratula lagenalis von Donaueschingen (Taf. XIV, Fig. 2); Astarte Voltzi GLor. aus Braun-Jura «, Württemberg (Taf. XIV, Fig. 11); Ammonites hecticus QuEnsT. aus dem Ornatenthon der schwäbischen Alb (Taf. XV, Fig. 3); Astrea helianthoides Guor. (Taf. XVI, Fig. 4); Lithodendron (Thecosmilia) trichotomum Gupr. (Taf. XVI, Fig. 5); Terebratula insignis (Taf. XVI, Fig. 15); Terebr. trigonella QuENST. (Taf. XVI, Fig. 16), Terebr. pectunculoides Schon. (Taf. XVI, Fig. 19); Nerinea Mandelslohi Br. (Taf. XVI, Fig. 28) aus dem Korallenkalk von Nattheim ; Ammonites flexuosus v. B. und Am. biplex Sow. Weisser Jura 3, Schwaben (Taf. XVII, Fig. 3, 12); Ichthyosaurus communis ConyB. Lias & Schwaben (Taf. XVIII, Fig. 1); Ostrea cyathula Lam. Meeresmolasse Süd- deutschlands (Taf. XXVI, Fig. 5); Palaeomeryx furcatus aus dem Miocän von Steinheim (Taf. XXX, Fig. 8).] TrüDInGER, siehe auch Landesamt, Kgl. württ. Statistisches. Verwaltungsbericht der Königlichen Ministerialabteilung für den Strassen- und Wasserbau für die Rechnungsjahre 1897/98 und 1898/99. Abt. I Strassenbauwesen. Abt. II Wasserbauwesen. Stuttgart 1901. WaipeLich, K., Einiges über die Keuper-Liasgrenze in der Balınger Gegend. Jahresh. d. Ver. f. vat. Naturk. in Württ. 57. Jahrg. S. 347—350; 1901. — Ref. in Neues Jahrb. f. Min. 1902. II. Bd. S. 269 (V. Uauıc). [2 Profile im Eyachthal bei Ostdorf und am Schlichemufer bei Tä- bingen.] WEIZSÄCKER, T#., Wildbad im württembergischen Schwarzwald. Stutt- gart und Wildbad 1901. — Ref. in „Aus dem Schwarzwald“. Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. S. 118; 1901 (P. W.). [Darin E. Fraas, Die geognostischen Verhältnisse von Wildbad.] WEIZSÄCKER, T#H., siehe auch Fraas, E. WERVERE, L. van, Bemerkungen über die Zusammensetzung und die Entstehung der lothringisch-Juxemburgischen oolithischen Eisen- erze (Minetten). Ber. üb. d. 34. Vers. d. oberrh. geol. Ver. zu Diedenhofen, S. 19—39; 1901. a WERVERE, L. van, siehe auch Benecke, E. W. Wırser, L., Die Rasse der neueren Steinzeit. Naturw. Wochenschrift XVI. Bd. S. 220—221; 1901. [Handelt über Grossgartach.] Wiırser, L., Ein steinzeitliches Dorf am Neckar. Globus. 79. Bd. S. 333—336, mit 3 Fig.; 1901. | [Über „Scuuız, Das steinzeitliche Dorf Grossgartach‘“.] Wimmer, F. X., Über den Zusammenhang der Besiedelungsverhält- nisse ÖOberfrankens mit der Bodenbeschaffenheit des Kreises. XVII. Bericht d. Naturf.-Ges. in Bamberg. 54 S., 1 Karte u. 32 S. Tabellen; 1901. [Orographie und Geologie des Fränkischen Jura (S. 22—24; 39—40), des Steigerwaldes (S. 24—25; 38—39).] WÜRTEMBERGER, TH., Über geologische Funde, die beim Bau des Eisenbahntunnels in Überlingen a. S. gemacht wurden. (Vor- trag.) Schriften d. Ver. für Geschichte des Bodensees u. seiner Umgebung. 30. Heft S. 22—30, mit 1 Textfig.; 1901. — Ref. Geol. Centralbl. II, S. 55; 1902 (K. Keıtnack). [Miocän, Gliederung desselben am Überlinger See. Feststellung zweier Petrefaktenhorizonte in der Meeresmolasse (Uberlinger Sandstein).] WÜRTEMBERGER, Tu., Der Überlinger Tunnel und seine Bedeutung für die Bodenseegeologie. 8°. 22 S.; Konstanz 1901. — Ref. in Geol. Centralbl. II. Bd. S. 55; 1902 (K. KeınHack). WÜRTENBERGER, Tu., Der Überlinger Eisenbahntunnel und seine Be- deutung für die Bodenseegeologie. Mitteil. d. Thurg. Naturf.- : Ges. XIV. Heft. S. 1—20, mit 4 Fig.; 1901. — Ref. Geol. Centralbl. II, S. 55; 1902 (K. KeıtHack). [Gliederung des Miocäns bei Überlingen. Petrefaktenverzeichnis.] Wösrt, E., Untersuchungen über das Pliocän und das älteste Pleistocän Thüringens nördlich vom Thüringer Walde und westlich von der Saale. Abhandl. d. naturf. Gesellsch. zu Halle. 23. Bd. 352 8. 9 Taf. 2 Textfig., 4 Tabellen; 1901. — Ref. in Mitteil. d. Ver. f. Erdk. zu Halle a. S. 1901. S. 77 (Wüsnr). [Es werden zum Vergleich auch die Funde aus der Mosbacher Stufe Süddeutschlands herangezogen. ] Wöst, E., Ein fossilführender Saalekies bei Uichteritz bei Weissen- fels. Zeitschr. f. Naturw. 74. Bd. S. 65—71; 1901. — Ref. in Mitteil. d. Ver. f. Erdk. zu Halle a. S. 1901, S. 97 (Wüsr). [Helix eostellata aus den Tuffen von Cannstatt (S. 69.)] 3 BR 1} 0 Wüvnperuich, Neolithische Wohnstätte am Goldberg bei Pflaumloch (Ries). Korrespondenzbl. d. deutsch. Ges. f. Anthrop. XXXNU. Jahrg. S. 52—53; 1901. [Referat über Vortrag im Anthrop. Ver. zu Stuttgart.] ZEPPELIN, Dr. EBerH. Graf, Vom „Laufen“ bezw. „An- und Aus- laufen“, d. h. den „Seiches“ und anderen Phänomenen am Bodensee. Schriften d. Ver. f. Geschichte des Bodensees. 30. Heft S. 230—240; Lindau 1901. ZSCHORKE, F., Die Tierwelt der Schweiz in ihren Beziehungen zur Eiszeit. Basel 1901.) Zusätze zu Eck’s Verzeichnis. a) Zur ersten Fortsetzung. Zu S. 116 Z. 31: Karrr, Landeskunde etc. 1891. Ausz. in KırcH- HOFF und HasseErT, Bericht etc. I. S. 220—221; 1901 (K. Hasserr). b) Zur zweiten Fortsetzung. Zu S. 39 Z. 2: Neumann, Landeskunde etc. 4. Aufl. 1896. Ausz. in Kırcunsorr und HasserT, Bericht etc. I. S. 221; 1901 (C. Unruie). Zu S. 156 Z. 12: van WERvVERE, Vergleich etc. 1894. Ausz. in Kırcunorr und Hassert, Bericht etc. I. S. 29-50; 1901 (R. LANGENBECK). Zu S. 265 Z. 1: CneLiws, Die Bildung etc. 1896. Ausz. in KırcH- HOFF und Hassert, Bericht etc. I. S. 30; 1901 (SıEvERS). Zu S. 265 Z. 9: Cueumws und Kremm, Geologische Karte etc. 1896. Ausz. in Kırcnnorr und Hassert, Bericht etc. I. S. 12; 1901 (SIEVERS). Zu S. 266 Z. 21: Ener, Geognost. Wegweiser etc. 2. Aufl. 1896. Ausz. in Kırchnorr und Hassert, Bericht ete. I. S. 9; 1901 (K. Hasserr). Zu S. 272 Z. 28: Gruber, Der Hesselberg etc. 1896. Ausz. ın KırcnHorr und Hassert, Bericht ete. S. 84; 1901 (ScHEnk). Zu S. 292 Z. 3: Steuer, Keupergraben etc. Ausz. in KırcHHoFF und Hassert, Bericht ete. I. S. 30; 1901 (R. LAnGENBECK). Zu S. 342 Z. 29: Furterer, Winderosion am Heidelberger Schloss 1897. Ausz. Neues Jahrkb. f. Min. ete. 1901. U. S. 218—219 (DEECKE). Zu S. 344 Z. 5: Haas, Zur Geologie von Rottweils Umgebung. Ausz. in Kırcuuorr und Hassert, Berichte etc. I. S. 10; 1901 (Loose). Zu S. 345 Z. 25: Haus, Der tertiäre Süsswasserkalk etc. 1897. Ausz. in KırcHuorr und Hassert, Bericht etc. I. S. 8; 1901 (MARMEIN). Zu S. 361 Z. 30: van WERVERE, Die Entstehung etc. 1897. Ausz. in KırcHuorr und Hasserrt, Bericht etc. 1. S. 30; 1901 (R. Langen- BECK). c) Zur dritten Fortsetzung. Zu S. 5 Z. 13: Cnrerivs, Geologische Karte etc. 1897, Zu 8. 19 Z. 6: Kıemm, Geologische Karte etc. 1898 und Zu S. 24 Z. 36: VoceL, Geologische Karte etc. 1898. Ausz. in Kırcanorr und Hassert, Bericht ete. S. 13—15; 1901 (Severs). Zu S. 5 Z. 19 u. S. 100 Z. 7: FurTTeRer, Erdbeben von Lahr 1897. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. 1901. II. S. 208 (SomMERFELDT). Zu S. 17 Z. 23 u. S. 51 Z. 19: Geeppin, Description des Fossiles. I. 1898. II. 1899. — Ausz. Geol. Centralbl. II, S. 143—144 (CH. Sarasın). Zu S. 19 Z. 23: Koken, Gastropoden des Muschelkalks 1898. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. 1902. I. S. 143—144 (E. Koken). Zu S. 49 Z. 34: E. Fraas, Die Sibyllenhöhle etc. 1899. Ausz. in Kırczuorr und Hassert, Bericht ete. I. S.33; 1901 (Haas). — Neues Jahrb. f. Min. etc. 1902. I. S. 286—287 (E. Koken). Zu S. 50 Z. 13: Frün, St. Gallener Löss 1899. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. ete. 1901. II. S. 448—449 (E. Koken). Zu 8. 51 Z. 29: GrRUBER, Das Ries 1899. Ausz. in KırcHHorFF und Hassert, Bericht ete. I. S. 84—85; 1901 (Görtz). Zu S. 54 Z. 15: Kremm, Quarzporphyr von Thal 1899. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. ete. 1901, I. S. 224 (0. Mücse). — Geol. Cen- tralbl. I. S. 546—547; 1901 (G. Kıemm). Zu S. 56 Z. 26: Landesamt, OA. Rottenburg 1899. Ausz. Geol. Centralbl. I. S. 464; 1901 (Erıcn Kaiser). Zu S. 57 Z. 16: Levze, Mineral. Notizen 1899. Ausz. Zeitschr. f. Kryst. ete. 35. Bd. S. 411; 1901 (E. Dörı). Zu 8. 57 Z. 37: LUEDECKE, Die Boden- und Wasserverhältnisse etc. 1899. Ausz. in Kırc#HHorr und Hassert, Bericht ete. I. S. 30 bis 31; 1901 (SıEvers). ER, - Zu S. 59 Z. 12: Mücseze, Pseudomorphosen 1899. Ausz. Zeitschr. f. Kryst. ete. 35. Bd. S. 207; 1901 (H. Trause). Zu S. 60 Z. 13: Pmmippı, Öonchodon-Dolomit 1899. Ausz. Zeitschr. f. Kryst. ete. 35. Bd. 8. 200—201; 1901 (H. Traupe). Zu S. 61 Z. 1: Regermans, Geognost. Übersichtskarte etc. 4. Aufl. 1899. Ausz. in KırcHHorr und HasserT, Bericht ete. I. 8.9; 1901 (K. HasserrT). | Zu 8. 63 Z. 10: A. Scnmiwr, Bericht der Erdbebenkommission etc. 1899. Ausz. in KırchHorr und Hassert, Bericht ete. I. S. 33; 1901 (K. Hasserr). Zu S. 96 Z. 23: (BENnEckE, BückınG ..., Geologischer Führer durch das Elsass 1900.) Ausz. in Aus d. Schwarzwald. Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. S. 55; 1901 (C. ResELManN). — Naturw. Rundschau. XVI. S. 101—102; 1901 (A. KrautzschH). — Neues Jahrb. f. Min. etc. 1901. II. S. 421—428 (E. Koken). — Zeitschr. f. prakt. Geologie 1901, S. 340 (Lerrra). — Geol. Centralbl. II. S. 178; 1902 (Monke). Zu S. 97 Z. 12: Buxtorr, Verwerfungen 1900. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. ete. 1901. II. S. 107—108 (v. Hunt). Zu 8. 98 Z. 38: E. Fraas, Der geologische Aufbau etc. 1900. Ausz. in Naturw. Rundschau. XVI. S. 37—88: 1901 (A. Krautzsch). Zu S. 98 Z. 20: Ere, Vulk. Höhgau 1900. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1901. II. S. 224—225 (O. Mücez). — Geolog. Cen- tralbl. I. S. 651—652; 1901 (WeHrL). Zu S. 99 Z. 10: E. Frass, Die Triaszeit in Schwaben, 1900. Ausz. in Naturw. Rundschau. XVI S. 630—631; 1901 (A. KrLautszch). Zu S. 101 Z. 37: Heım, Deviation du Rhin. 1900. Ausz. in Verh. d. Schw. Naturf.-Ges. 83. Vers. Thusis 1900; Chur 1901, S. 185 bis 187. Zu S. 102 Z. 18: v. Huene, Liestal 1900. Ausz. Geol. Centralbl. T. S. 684—885; 1901 (We»rtI1). Zu S. 103 Z. 18: Koken, Löss und Lehm, 1900. — Ausz. Geol. Centralbl. II. S. 214; 1902 (H. Lozz). Zu 8. 103 Z. 23: Koxen, Tertiär I. 1900. Ausz. Geol. Centralbl. 1. S. 463—464; 1901 (Koerr). | Zu 8. 103 Z. 25: Koken, Ries. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1900. Ausz. Geol. Centralbl. I. S. 781: 1901 (Koerr). en Zu S. 103 Z. 29: Koxen, Karte von Kochendorf, 1900. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. ete. 1902. I. S. 85—88 (Leprra). — Zeitschr. f. prakt. Geologie 1901, S. 427 (Reıs). Zu 8. 105 Z. 7: pe LorioL, Seestern, 1900. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1901. II. S. 484—485 (Tornauısr). Zu 8. 106 Z. 22: Osann, Klassifikation der Eruptivgesteine, 1900. — Ausz. Neues Jahrb. f. Min. ete. 1902. I. S. 212—214 (G. Lisck). — Geol. Centralbl. II. S. 193—195:; 1902 (ErıcH Kaiser). Zu S. 107 Z. 11: Pumippi, Beiträge zur Morphologie etc. 1900. II. Zur Stammesgeschichte der Pectiniden. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1902. I. S. 316 (Frech). Zu S. 107 Z. 14: Puıwippi, Morphologie der Lamellibranchiata III. 1900. Ausz. Geol. Centralbl. I. S. 763—764: 1901 (W. Koerr). Zu S. 107 Z. 26: REGELMAnN (sen.), Weissachthal, 1900. — Ausz. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1902. I. S. 287 (E. Koken). Zu 8.108 Z. 9: Roger, Rhinoceros Goldfussi, 1900. — Ausz. Geol. Centralbl. II. S. 58—59; 1902 (Fr. Bauer). Zu 8. 108 2. 11: Roruier, Sylvanakalk, 1900. Ausz. Geol. Centralbl. 1. S. 463; 1901 (Koerr). Zu S. 108 Z. 15: RosenguscH, Gneissgebirge, 1900. Ausz. Zeitschr. f. Kryst. etc. 35. Bd. S. 302; 1901 (E. Dürr). Zu 8. 108 Z. 20: RortHPpLetz, Deformation jurassischer Ammoniten etc. 1900. Ausz. Geol. Centralbl. II. S. 72 (J. Bönn). Zu 8. 108 Z. 23: RorupLetz, Entstehung des Rheimthals, 1900. Ausz. Globus. 79. Bd. S. 68; 1901 (Hausrass). Zu S. 108 Z. 31: Saromon, Pseudomonotis, 1900. Ausz. Geol. Centralbl. I. S. 442; 1901 (BeusHAusen). Zu 8. 109 Z. 4: Sauer, Aarmassıv, 1900. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1901. I. S. 227—228 (O0. Mücer). Zu 8. 109 Z. 16: Sauer, Granat, 1900. Ausz. Neues Jahrb. £. Min. etc. 1902. I. S. 57 (E. SoMMERFELDT). Zu 8. 110 Z. 38: SeELEy, Aristodesmus, 1900. — Ausz. Neues Jahrb. f. Min. etc. 1902. I. S. 306—307 (E. Koken). Zu S. 113 Z. 4: Vork, Der Odenwald, 1900. Ausz. in Aus dem Schwarzwald. Blätt. d. württ. Schwarzw.-Ver. IX. S. 75; 1901 (C. REGELMANN). — KIRcHHoFF und Hassert, Bericht ete. I. S. 86 BL. 4 € bis 87; 1901 (Eger). — Blätt. des schwäb. Albver. XIII. No. 2 S. 91; 1901. Zu S. 113 Z. 18: Weber, C. A., Versuch... . 1900. — Ausz. Geol. Centralbl. II. S. 223—224;, 1902 (C. Gasen). Zu S. 114 Z. 11: v. ZELLER, Geognost. Atlas, 1900. — Ausz. Geol. Centralbl. II. S. 17—18; 1902 (H. Lotzz). Zu S. 140 Z. 23: Anorear, Biotitaplite von Baveno, 1900. Ausz. Neues Jahrb. f. Min. ete. 1901. II. S. 338 (E. SoMMERFELDT). u Sn ten A - ) » ET Ba 1 ED nn 1% ‘ as 4 ’ % f r 3 a e- en \ ol I ne A me [i $ "Fr x \ fi ws) Nr F De nd 2 ER Y ir 3 TEN RE N TRETEN EN Be EFT ER ET ENTE ER RT TEE % Er x \ - i ni ' g f 2 JAHRESHEFTE des ns für vater ABER Birke 4 Pu Prof, Dr. Eb. Fraas, Prof. Dr. C. Hell, Prof. Dr. ©. Kirchner, Oberstudienrat Dr. K. Lampert, Prof. Dr. A. Schmidt herausgegeben von Kustos J.. Eichler. ACHTUNDFÜNFZIGSTER J AHRGANG. Mit 8 Tafeln und 1. Beilage. | Stuttgart. RE Ca |Gräningen, K. Hofbuchdruckerei Zu: Gutenberg (Klett & Haremamı): Er N ER 1902, 26 Ä Mitteilungen an die Vereinsmitglieder. Die p. t. Vereinsmitglieder werden ersucht, Manuskripte von Arbeiten, die zur Veröffentlichung in diesen Jahresheften bestimmt sind, bis spätestens zum 1. März an die Redaktion abliefern zu wollen. | Den Verfassern von Abhandlungen tehen auf Wunsch 50 Sonderabzüge unentgeltlich zur Verfügung, weitere Abzüge gegen Erstattung der Herstellungskosten. Von Sitzungsberichten werden Sonderabzüge nur gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert. | | Altere Jahrgänge dieser Jahreshefte können, soweit die Vor- räte reichen, in neuen Exemplaren gegen Nachzahlung eines Jahres- beitrags von 5 M. für den Jahrgang vom Verein bezogen werden. Der Verein lässt zu den Jahresheften gepresste Einbanddecken in brauner Leinwand herstellen. Die Mitglieder, welche solche zum Preis von 70 Pf. pro Stück oder die Jahreshefte gleich gebunden zum Preis von. 6 M. zu beziehen wünschen, wollen dies dem Vereinskassier Herrn Dr. C. Beck, Stuttgart, Werastrasse 39, mitteilen. Die verehrlichen Mitglieder werden behufs richtiger Zustellung ® der Jahreshefte und sonstigen Mitteilungen dringend ersucht, von jedem Wechsel ihres Wohnortes und ihrer Adresse dm Vereinsvorstand oder dem Vereinskassier Herrn Dr. C. Beck, Stutt- 3% gart, Werastrasse 39, rechtzeitig Mitteilung zu machen. | Alle für den Verein bestimmten Sendungen, insbesondere von x Manuskripten, Büchern ete., werden erbeten unter der Adresse: Verein für vaterländische Naturkunde in Württemberg, Stuttgart (Württemberg) Königl. Naturalien-Kabinet. Inhaltsübersicht. Inhalt Hr / . Er I. Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und. ie % Sammlungen des Vereins... . X E Nekrolog: Prof. Dr. med. G. Veesenmey er. ah 6 ». Kunze. LIT 4 1. Sitzungsberichte a tee RER (. Ev III. Original-Abhandlungen-und Mitteilmeen ie Brezina, A. undCohen, E.: ‚Über ein _Meteoreisen von Ankerop, Brink N, Shen: Grossnamaland. Mit Tat N ee 292, Breker. Otto: Einige ergänzende Bemerkungen über Gehöuseabnemmi- | täten bei unseren Landschnecken. Mit Tab 1.2 er ee Cohen, E.,.s. Brezina, A" und "Cohen, ;E. ee Tot: Dieilen; Nachtrag zu „Juluszefr. : ERREE und sonstige Funde aus dem Böttinger Sprudelkalk. . . ; .. SP EN AEn, Haag, F.: Bemerkungen zum Diluvium in 1 Rottweils Umgehung. Hesse,.0.: Ein chinologischer Exkurs mi. . use RE Hüeber, Theodor: Synopsis der dehtschen.B) Blindwanzen n (Hemiptera hetero- ptera, Fam. Capsidae.) VO. Teil ..-... 2 a SR J00s8, Carlo: Beiträge zur Schneckenfauna des Seiser berminehins. 303 Kir chner, O.: Das Cosmarium des Feuersees in "Stuttgart | Kirchner, Ö©.: Mitteilungen über die ee der‘ Blüten. 3. Mitteilung . NEN Klunzinger, C. B.: Geschichte a grünen Eeuoräanhe in. Stuttgart . —_ __ Über das Vorkommen von Apus cancriformis ScHÄFFER in Württemberg — — Über den Blautopf bei Blaubeuren ... - EL RB — — Über die physikalischen , chemischen und biologischen Ursachen der Farbe, unserer. Gewässer; Nachtrag‘... ae — — Über parasitische Fliegenmaden an einer Kröte ; Lörcher, Otto: Beitrag zur Kenntnis des Rhäts in Schwaben . A Regelmann, .: Naturkunde und Topograpbiein Württemberg vor 300.Jahren 68 R eis, Otto M.: Das Ligament der Bivalven. . Mit Taf. I-V =... . v: Schweizerbarth, Elise: Über das Vorkommen der Manuereidechse an . . dem Kriegsberg in Stuttgart . . - a i Vosseler, J.: Über einige Insektenpilze. Mit Tat VIYI Kommissionsberichte. | al Bericht der Kommission für. die pflanzengeographische Dinchloschung Würt- a tembergsr:/.: a SUN 2 DR) Aka A, Bericht der Erabebenkommission über die vom 1. März 1901 Eräbeben . ER ee ae ae re LEHRER Beilage. RER ' Schü tze, E.* VerabBOBniE er mineralogischen,, ‚geologischen, unges und den Me Gebieten. a Die. Ditterbiip, von. 901 Nachträgen und Zusätzen zu Eck's Litteraturverzeichnis. Verzeichnis der ‘den angrenzenden. Gebieten. > Literatur. von \ Bas "nebst Nachträgen! und Zusätzen zu E Litteraturverzeichnis # x en) re h> ne er ninger ‚Grü — in: x enberg ( ut erei druck -. Hofbuch N wi. RE Er TEN Ne a 70) NIE