u Se nee HT rn A ee Tee A ri nu a ee ee ae a dr ET En en ch Br ms- ehren EEE Dee ne ie Br] 22 Ar u in- 2 m N Te ENT El En a a ee ee EEE ZELTE U GE LEGE tn Tu Te et De 2 en in En Fr pr nn De . -. m ” B > ar Ei - - zw nn > B ur < 2 ne ER m DT DD ET Tu Te Fe I En FW 5 . En TE u a IN TE DEREN a Dt ET Da re eur R 1 ann > rg u. EEE 4 2 er Fre m. 2 te nn ee A |. von ee en . EI .. “ ne . EEE WEN B r > 2 b: nt ne ra A —_ er ” mn He Een ht m an ae re ET : ; er “ De ET TA EEE EP TER N w Rn Teer ER Ten -. - n s . .. 2 4 ze r En ur Ei EN m Ar = B n F ER I ie u y u . c er a Du a DT En Te ec Fan ee pa u. 2 0% nn nn ee EB ee We MET Fee IT ET TB ei en REG > nern. u wr—_ En > EI £ at = m ee} TE A En 5 - > re HARVARD UNIVERSITY 10 LIBRARY OF THE Museum of Comparative Zoology i IH | JAHRESHEFTE es Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberg. Im Auftrag der Redaktionskommission: Prof, Dr. E. Fraas 7, Prof. Dr. C. v. Hell, Prof. Dr. O. v. Kirchner, 0.-Studienrat Dr. K. Lampert, Geh. Hofrat Dr. A. v. Schmidt | herausgegeben von Prof. J. Eichler. a _ EINUNDSIEBZIGSTER JAHRGANG. Er Mit 11 Tafeln und 1 Beilage, ne | Stuttgart. Druck der K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann). 1915. 97 4 ENDE | . Die lich Mitglieder und Tauschgesellschaften werden R behufs Vermeidung. ven Irrtümern dringend gebeten, sich für ihre Sendungen an den Verein folgender Adresse zu bedienen: Verein für Yaterländische Naturkunde in Württemberg Stuttgart (Württemberg) ‚Königl. Naturalienkabinete Manuskript für diese Jahreshefte ist in druckfertigem Zustand jeweils bis spätestens zum 1. März an die Redaktion abzuliefern. Den Perl stehen auf Wunsch 50 Sonderabzüge, weitere Exemplare gegen Erstattung der Herstellungskosten, zur Verfügung. Umschläge mit Titeln werden besonders berechnet. a Ältere Jahrgänge dieser Jahreshefte können, soweit die Vor- räte reichen, in. neuen Exemplaren gegen Nachzahlung eines Jahres- beitrags von 5 Mk. netto für den Jahrgang vom Verein bezogen ‚werden. Von einigen Jahrgängen stehen leicht beschädigte Exem- plare zu billigeren Preisen zur Verfügung. Mitglieder, welche die Jahreshefte in Originalleinwandeinband Ä gebunden zum Preis von 6 Mk. zu beziehen. wünschen, wollen dies der Geschäftsstelle oder dem Vereinskassier Dr. C. Beck, Staub ' gart, Wagenburgstraße 10, mitteilen. Die verehrl. Mitglieder werden um rechtzeitige Mitteilung eines etwaigen Wohnorts- und Adressenwechsels dringend ersucht; ins besondere werden die nach Stuttgart verziehenden Mitglieder ge- beten, hiervon der Geschäftsstelle (Stuttgart, Kgl. Naturalien- kabinett) Mitteilung zu machen, damit ihnen die Einladungen zu den jeweils am 2. Montag eines Monats stattfindenden wissenschaft- lichen Abenden zugestellt werden können. R Pe 8 ee EER nn np‘ Kr ö . al > “ ua en an nn I u EEE RN, wr Is 5 4 a SO FT 5 we ir an Fr a rt Ana ig, Aa TR Schloßplatz in Stuttgart. FEB 28 1924 JAHRESHEFTE des Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberg. Im Auftrag der Redaktionskommission: ‘Prof. Dr. E. Fraas , Prof. Dr. C. v. Hell, Prof. Dr. ©. v. Kirchner, 0.-Studienrat Dr. K. Lampert, Geh. Hofrat Dr, A. v. Schmidt herausgegeben von Prof. J. Eichler. EINUNDSIEBZIGSTER JAHRGANG. Mit 11 Tafeln und 1 Beilage. Stuttgart. Druck der K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann). 1915. u.1% k DIE E2 22% a7 - * Inhalt. I. Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und die Sammlungen des Vereins. Bericht über die 69. Hauptversammlung am 21. Juni 1914 in Stuttgart. 8. V. Wahl des Vorstands und des Ausschusses. 8. VI. Vorträge: H. E. Ziegler, Über die Vererbungslehre. $. VII. E. Fraas, Mitteilungen über die Landeswasserversorgung und den Sonderbuchstollen. S.X. Verzeichnis der Zugänge zur Vereinsbibliothek. S. X]. Rechnungsabschluß für das Jahr 1914. 8. XX. Veränderungen im Mitgliederbestand. S. XXI. II. Nekrologe. Zum Gedächtnis an 0.B.Klunzinger. (Mit Bild.) Von H. E. ZıEsLer. S. XXIII. Zur Erinnerung an Eberhard Fraas und an sein Werk. (Mit Bild.) Von J. F. Pompzcgs. 8. XXXIL. Präsident a. D. Dr.v.Graner. (Mit Bild) Von S. 8. LXXXIL . Hofrat Dr. W. Wurm. (Mit Bild) Von K. Lampert. 8. LXXXV. Ehrentafel der im Kampf für’s Vaterland gefallenen Vereinsmitglieder. S. LXXXIX. III. Original-Abhandlungen und Mitteilungen. ‚Bertsch, Karl: Pflanzenwanderungen auf weite Strecken. S. 250, — — Neue Gefäßpflanzen der württembergischen Flora. S. 256. — — Die Verlandung des Scheibensees. Mit 8 Textfiguren. S. 260. Berz, Carl C.: Petrographisch-stratigraphische Studien im oberschwäbischen Molassegebiet. Mit Taf. X—XI. S. 276, Dittus: Über das Vorkommen von Birkwild (Tetrao tetrix) im südlichen Ober- schwaben. S. 268. Geyer, David: Die Mollusken der schwäbischen Kalktuffe. S. 55. Küster, W.: Vom Werden und Vergehen organischer Körper. S. 124. Lang, Richard: Rohhumus- und Bleicherdebildung im Schwarzwald und in den Tropen. 8.115. Löffler, Karl: Die Formen der Schwäbischen Alb und ihr Einfluß auf die Be- siedelung auf Grund von Beobachtungen in der südwestlichen Alb. Mit Taf. I—IX. 8.145. Moos, August: Neue Aufschlüsse in den brackischen Tertiärschichten von | Grimmelfingen bei Ulm. S. 270. Verhoeff, Karl W.: Beiträge zur Kenntnis der Diplopoden von Württemberg, Hohenzollern und Baden. (Über Diplopoden 72, Aufsatz.) Mit Taf.I. 8.1. Bücherbesprechung. Beilage. General-Register zu den Jahrgängen 40—70, 1884—1914, der Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. a* Re er ae ng SEN ER Ei Ba din tax I uf je A“ a RT je Be ey EN at eig % Kr nn es Br Tr ah A KR, FR ER": et Bee a LÜNEN ARSENE R MARDORN © N mepamlieda Blur 1 FErsJeieh 6; N ie hi EN BA Pe & TORE, era AU a # nal IS RR real En ER RFIRGR Ku int ill. mi he ar ve Sr N Pr EN PN ae Re na Li: ! Re Case: ah ie . | 3 ll Tfcık nat de Via af NE a er ER ey nie hal ak Re Ar Bann Akiak erh Lie DS, ls SAER ‚ker ne; & 20 wu lan Kid uarbabisand‘ on ir asrhkahnn Mala | n | OR 1 alll: BR | a OT ANueit, Ar PN Gar ne RR, a Bas Ei N AT! sie Gernd Ss‘ ENDE SR Disk serotlß N N, 9 Fe v4 | En, ale, >akaa et \ogolio eh. Be BAR Ba BR Sea. Mi RR BE WOREERGEE #7 I. Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und die Sammlungen des Vereins, Bericht über die neunundsechzigste Hauptversammlung am 21. Juni 1914 in Stuttgart. Es war zu erwarten, daß die im Zeichen der „Gesundheits- ausstellung“ stehende 69. Hauptversammlung zahlreiche Mitglieder aus allen Teilen des Landes nach der Hauptstadt ziehen würde, und diese Erwartung wurde auch durch die starke Beteiligung nicht nur seitens der Stuttgarter Vereinsmitglieder, sondern auch der auswärtigen Freunde in erfreulichster Weise gerechtfertigt. Den Verhandlungen .der Hauptversammlung ging ein Besuch des Naturalienkabinetts vor- aus, wo man unter Führung seiner Beamten nicht nur die hervor- ragenden Neuerwerbungen der letzten Jahre, sondern auch die z. T. nach biologischen Gesichtspunkten durchgeführte Neuaufstellung der zoologischen Vereinssammlung, sowie die begonnene, nach dem zoologischen System erfolgende Neuaufstellung der allgemeinen palä- ontologischen Sammlung zu besichtigen Gelegenheit hatte. Zu gleicher Zeit war auch den Freunden ethnographischer Forschung im Linden- museum Gelegenheit geboten, die dort aufgestellten reichen völker- kundlichen Sammlungen zu besichtigen. Nach 11 Uhr versammelte man sich in dem von der Verwal- tung des Lindenmuseums freundlichst zur Verfügung gestellten Vor- tragssaal des letzteren, der von der bekannten Kunstgärtnerei des Herrn Pfitzer mit einer Ausstellung prächtiger Blumen geschmückt war, die am Schluß der Verhandlungen von dem Aussteller in liebens- würdigster Weise den Versammlungsteilnehmern zur Verfügung ge- stellt wurden. Als Vertreter des K. Kultministeriums war Min.Rat Dr. v. Marquardt, als Vertreter der Stadt Stuttgart Gem.Rat Dr. Ludwig und Bürgerausschußobmann Dr. Wölz zu der Versammlung erschienen. Um 11'/, Uhr eröffnete der Vorsitzende des Vereins Prof. Dr. Eb. Fraas die Sitzung und begrüßte die Versammlung mit einem Hinweis auf das, was in diesem Jahr Stuttgart den Versammlungs- teilnehmern Besonderes bieten könne einerseits in der Gesundheits- SHE ausstellung, andererseits in dem vielen Neuen und Schönen, was in den Sammlungen des Naturalienkabinetts Aufstellung gefunden habe. Er übermittelte die Grüße des K. Kultministeriums, der Stadtverwal- “tung und des Handelsgeographischen Vereins, dem er zugleich den Dank des Vereins für die Überlassung des Sitzungslokals aussprach. Darauf hieß B.A.O. Dr. Wölz den Verein im Auftrag der bürger- lichen Kollegien herzlich in Stuttgart willkommen, wobei er die Be- deutung der Naturwissenschaft für eine Kommunalverwaltung auf technischem und erzieherischem Gebiet an praktischen Beispielen erläuterte. Prof. Dr. Sauer überbrachte Grüße der K. Technischen Hochschule unter Hinweis auf die seit der Gründung des Vereins bestehenden innigen Beziehungen zwischen beiden. Gewerbelehrer Baß wünschte der Tagung namens des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde besten Erfolg und betonte die nahe Verbindung der beiden Vereine. Der Vorsitzende dankte allen Rednern herzlich für ihre Begrüßungen und Glückwünsche und erstattete darauf den Ge- schäftsbericht für das vergangene Vereinsjahr. Er wies zunächst auf die reichhaltige wissenschaftliche Arbeit in den Jahresheften hin, so- wie auf die Tätigkeit der einzelnen Zweigvereine an ihren Versamm- lungen, wissenschaftlichen Abenden, Exkursionen usw. Mit beson- derer Freude hob er die Gründung des neuen unterländischen Zweigvereins in Heilbronn hervor, dem sich der dortige natur- wissenschaftliche Museumsverein angegliedert hat. Seine Lebens- kraft verrate sich darin, daß das von ihm geplante Robert Mayer- Museum im Bau schon ziemlich weit vorgeschritten sei und voraus- sichtlich im kommenden Herbst noch bezogen werden könne. Weiter wurde die Bereicherung der Vereinssammlungen und -Bibliothek be- tont und den Schenkern der Dank des Vereins in warmen Worten ausgesprochen. Zum Schluß wurde die Bewegung im Mitglieder- bestand besprochen und dabei den im letzten Vereinsjahr gestorbenen Mitgliedern die übliche Ehrung seitens der Versammelten durch Er- heben von den Sitzen dargebracht. Im Anschluß an diesen Bericht trug der Rechner des Vereins Dr. Carl Beck den Rechnungsabschluß für das Jahr 1913 vor, der seitens der Versammlung unter Dankesbezeigung für die sorg- fältige und mühevolle Kassenverwaltung des Rechners genehmigt wurde. Nunmehr gelangte ein Antrag des Vereinsausschusses zur Abstimmung, nach welchem in Zukunft ein Zuschlag von 1 Mark zum Jahresbeitrag von den Mitgliedern erhoben werden | SAH ER j soll, der zur Bestreitung der den Zweigvereinen er- wachsenden Unkosten verwendet werden soll. Der Antrag “wurde ohne Debatte einstimmig angenommen. Als Ort der nächst- jährigen Hauptversammlung wurde auf Einladung des Gmünder _ Vereins für Naturkunde Gmünd und als Versammlungstag der 20. Juni 1915 in Aussicht genommen !. Bei der nunmehr erfolgenden Wahl des Vorstands und Ausschusses wurden gewählt: als erster Vorstand Prof. Dr. A. Sauer (Stuttgart), als zweiter Vorstand Oberstudienrat E. Entress (Stuttgart). In der Zusammensetzung des Ausschusses trat keine Ver- änderung ein. Nachträglich wurden für die während des Vereins- jahres 1914/15 durch Tod aus dem Ausschuß scheidenden Herren v. Graner, Klunzinger und Fraas vom Ausschuß in seiner Sitzung am 17. März 1915 folgende Herren zugewählt: für das laufende Vereinsjahr 1914/15 die Herren: Öberbaurat G. v. Wundt, Stuttgart, Direktor a. D. V. v. Strebel, Stuttgart; für die Vereinsjahre 1914/16 die Herren: Prof. Dr. H. E. Ziegler, Stuttgart, Forstmeister Habermaas, Stuttgart. Den geschäftlichen Verhandlungen folgten zwei Vorträge, die beide zu einzelnen Teilen der wissenschaftlichen Abteilung der Ge- sundheitsausstellung in Beziehung standen. Zunächst sprach Prof. Dr. H. E. Ziegler über die Vererbungs- lehre unter Bezugnahme auf die Abteilung „Rassenhygiene“ der Ausstellung. Der Redner führte nach einem von ihm selbst verfaßten Auszug folgendes aus: | Die Vererbungslehre ist für den Menschen dieselbe wie in der Biologie überhaupt; die Gesetzmäßigkeit ist die gleiche wie bei Pflanzen und Tieren. Man erkennt sie aus den Vererbungsexperimenten, ins- besondere den Kreuzungen, und erklärt sie aus den Ergebnissen 1 Wegen des um diese Zeit noch tobenden Weltkriegs fiel die so geplante Hauptversammlung nach Beschluß des Vereinsausschusses aus, was den Mitgliedern des Vereins durch Karte vom 1. Juni 1915 mitgeteilt wurde. — MI histologischer Untersuchungen, insbesondere aus den Beobachtungen. an den Fortpflanzungszellen, den Eizellen und Samenzellen. Das neue Individuum geht aus der Vereinigung einer Eizelle und einer Samen- zelle hervor, und diese Zellen sind die Träger der Vererbung. Es ist also leicht begreiflich, daß in dem neuen Individuum väterliche und mütterliche Eigenschaften zur Mischung kommen. In der Tat erhält } das Kind die Hälfte seiner Anlagen von väterlicher Seite, die Hälfte von mütterlicher. Man darf aber daraus nicht schließen, daß das Kind ein Viertel der Anlagen von jedem ‘der Großeltern und ein Achtel von jedem der Urgroßeltern bekäme. Wäre dies richtig, so müßten | die Kinder eines Elternpaares unter sich gleich sein in ihren Anlagen, Talenten, Fähigkeiten und Neigungen. Dies trifft aber nicht zu, viel- mehr sind die Kinder einer Familie unter sich ungleich, sowohl in | Talenten und Fähigkeiten, als auch in bezug auf etwaige ererbte | Krankheitsdispositionen. Die Kinder erhalten die großelterlichen An- | lagen nicht in gleichmäßiger Verteilung, sondern .in verschiedenen | Mischungen. Die Erklärung dieser wichtigen Tatsache wird durch die | Chromosomen-Theorie gegeben, von welcher in einem früheren Vortrage | die Rede war (diese Jahresh. 67. Jahrg. 1911, S. 488—495). Die färb- | baren Kernfäden, die Chromosomen, sind die Träger der Vererbung. Jede | Art von Tieren oder Pflanzen hat eine bestimmte Zahl von Chromosomen, | und man nennt diese Zahl die Normalzahl. Beim Menschen beträgt | sie 24. Die Samenzelle und die reife Eizelle besitzen je nur die halbe | Zahl der Chromosomen. Der Mensch erhält also 12 Chromosomen von | väterlicher Seite, 12 von mütterlicher. Aber bei der Bildung oder | Reifung der neuen Geschlechtszellen, welche infolge der sogen. Reduktions- | teilung wieder nur 12 Chromosomen bekommen, tritt ein Spiel des | Zufalls ein, indem nicht gleichviel väterliche oder mütterliche Chromo- | somen hineinzukommen brauchen. Z. B. können in eine Samenzelle mehr mütterliche als väterliche Chromosomen gelangen, und infolgedessen | erhält das Kind mehr Anlagen von der Großmutter väterlicherseits | als von dem Großvater väterlicherseits. So erklärt sich, daß die Kinder | aus einer Ehe in ihren Anlagen ungleich sind, denn bei jedem Kind kann eine andere Mischung der Anlagen der vier Großeltern vorliegen. | Die Kreuzungsexperimente haben bei Tieren und Pflanzen ein ent- sprechendes Resultat ergeben. Berühmt ist das Gesetz der alternativen Vererbung, welches von dem Augustinerpater GREGOR MENDEL (geb. 1822, gest. 1384) entdeckt wurde. Dieses lautet im einfachsten Fall folgender- maßen: Wenn zwei Rassen gekreuzt werden, welche in einem Merkmal verschieden sind, z. B. rotblühende und weißblühende Erbsen, so zeigt sich in der nächsten Generation nur das eine der beiden Merkmale, | z. B. nur rote Blüten. Dieses Merkmal heißt das dominante, das andere das rezessive. In der folgenden Generation (Enkelgeneration) ent- stehen auch Exemplare mit dem rezessiven Merkmal, und ihre Zahl | beträgt ein Viertel der Gesamtzahl. Bei der folgenden Generation | ergibt sich, daß dieses Viertel der Exemplare mit dem rezessiven Merkmal | auch wieder nur Exemplare mit dem rezessiven Merkmal hervorbringt; | dasselbe gilt von einem Drittel derjenigen Exemplare, welche das domi- | N, nante Merkmal zeigten, während die zwei anderen Drittel sich wieder spalten, ebenso wie in der vorigen Generation. Zieht man zwei Merkmalpaare in Betracht, so vererbt sich jedes der beiden Merkmalpaare nach dem obengenannten Schema, aber ganz unabhängig von dem andern Merkmalpaar. Man sieht bei dem Menpen’schen Gesetz, daß in der Enkelgenera- tion eine Spaltung eintritt und die beiden Eigenschaften der Großeltern bei verschiedenen Exemplaren wieder auftreten. Wenn dies mit mehreren Merkmalpaaren sich so verhält, so bekommt jedes der Enkelkinder eine andere Mischung der Eigenschaften der Großeltern, wie dies schon oben bei der Chromosomen-Theorie gesagt worden war. Bei Pflanzen und Tieren kann man diese Vererbungsgesetze experi- mentell erweisen, beim Menschen sind sie schwieriger zu beobachten. Um die Vererbung der Eigenschaften durch mehrere Generationen zu verfolgen, muß man Stammbäume aufzeichnen und eine Familien- geschichte aufschreiben, in welcher die körperlichen und geistigen Eigen- tümlichkeiten der Ahnen vermerkt sind. Bedeutende Persönlichkeiten entstehen durch das Zusammen- treffen hervorragender Eigenschaften des Geistes und des Charakters aus der väterlichen und der mütterlichen Familie. Z. B. stammte Bis- marck väterlicherseits aus dem preußischen Militäradel, während seine Mutter die Tochter eines Diplomaten war, des bei Friedrich Wilhelm IV. tätigen Kabinettsrats Mencken, dessen Vater juristischer Professor in Leipzig gewesen war. Man darf also das diplomatische Talent und die hervorragende Rednergabe des großen Kanzlers als ein Erbteil von mütterlicher Seite ansehen, während sein Mut uud sein unbeugsamer Charakter von väterlicher Seite stammen dürften. Von diesem Gesichtspunkt aus verdienen die Stammbäume be- rühmter Württemberger besondere Beachtung, welche von Herrn Ober- medizinalrat Dr. v. SCHEURLEN unter Mitwirkung des Herın K. | oTTER für die Abteilung „Rassenhygiene“ der Ausstellung zusammengestellt wurden. 2.B. war der Vater des württ. Ministerpräsidenten v. Mittnacht Ober- finanzrat, seine Mutter die Tochter des Stabsmedicus Sulzbeck; sein Großvater väterlicherseits war Förster und Schultheiß in Biberach bei Heilbronn; die Urgroßeltern väterlicherseits waren Bauern. Es zeigt sich an diesem und an anderen Stammbäumen, wie ein allmähliches Aufsteigen in der sozialen Stufenfolge stattfindet und wie die oberen Stände sich aus dem Bauernstande und Handwerkerstande regenerieren. Da die Berufswahl nicht allein von zufälligen Umständen, sondern zum Teil auch von den Neigungen und Fähigkeiten abhängt, so gibt oft schon der Beruf der Vorfahren Anhaltspunkte für die Beobachtung der Vererbung geistiger Anlagen. Die Vorfahren der großen schwäbischen Philosophen sind großen- teils Pfarrer gewesen. Bei Schelling trifft dies für den Vater und väter- lichen Großvater zu, sowie für den Großvater und Urgroßvater mütter- licherseits. Bei Zeller war der Vater Rentamtmann, aber der Sohn eines Pfarrers und beiderseits der Enkel von Pfarrern, die Mutter die Tochter eines Pfarrers und beiderseits die Enkelin von Pfarrern. Aber BER 2. 2 David Friedrich Strauß ist nur mütterlicherseits der Enkel eines Pfarrers; sein Vater war Kaufmann. Der Philosoph Hegel bildet insofern eine Ausnahme, als seine Vorfahren nicht Theologen sondern Juristen waren; sein Vater war Rentkammersekretär, sein Großvater Regierungssekretär; seine Mutter die Tochter eines Advokaten und Enkelin eines Advokaten. Es ist nahe- liegend, den Charakter der Hegel’schen Philosophie mit dieser Genea- logie in Beziehung zu bringen; sie ist nicht durch inhaltlich Neues gekennzeichnet, sondern durch die schematisierende Methode und das nach bestimmten Prinzipien geordnete System der Begriffe; auch steht die rhetorische Schreibweise Hegel’s in deutlichem Gegensatze zu der einfachen und sächlichen Darstellung Zeller’s und zu den kühlen und scharfsinnigen Darlegungen von David Friedrich Strauß. Die Fähigkeiten des Geistes und des Charakters sind dureh die Vererbung bedingt, und die Anlagen, welche dem Menschen in die Wiege gelegt sind, haben einen maßgebenden Einfluß auf sein ganzes späteres Schicksal. Da der in Aussicht genommene zweite Redner, Dr. E. Wagner- Grenzach, durch Erkrankung verhindert war den von ihm angekün- digten Vortrag zu halten, trat Prof. Dr. E. Fraas für denselben ein und machte Mitteilungen über die „Landeswasserversorgung und den Sonderbuchstollen“, denen er die betr. Darstellungen in der Ausstellung zugrunde legte. Redner führte etwa aus: Die Niederung zwischen Alb und Donau unterhalb Ulm mußte nach der Neigung der Albschichten und dem Bruch gegen das Donautal naturgemäß reiche Mengen Grundwasser enthalten. Die reichen Töpfe der Blau, der Brenz und der Nau können lange nicht alles abführen. Das andere strömt unter der Sand- und Kiesdecke diluvialer Herkunft entlang der Donau in einer Bewegung von etwa 10 m im Tag. Ein solches Gebiet anzuzapfen, war eine außerordentlich dankbare Aufgabe. Der Sand ist ein natürlicher Filter, der das Wasser absolut rein macht. Auch der Kalkgehalt ist nicht zu groß. Man kann mit annähernder Zuversicht sagen, daß der Bedarf vollständig gedeckt werden kann; die Wassermenge ist nicht genau meßbar, aber Proben haben außerordent- lichen Reichtum verraten. Die ganz niedere Wasserscheide zwischen Brenz und Kocher ist der Beförderung des Wassers sehr günstig. Dann erst wird die Alb überquert in dem über 1600 m langen, als Reservoir ausgebauten Sonderbuchstollen bei Essingen. Dieser Stollen hat geologisch ein recht interessantes Profil geliefert. Die schon früher beim Rosenstein und wieder weiter hinten zwischen Oberkochen und Unterkochen feststellbare Verwerfungslinie, die auch dort zu vermuten war, hat sich wirklich gezeigt, und zwar mit einem Sprung von 32m, und auffallenderweise ist bei dieser Verwerfung die hintere Scholle die eingebrochene. Die Spalten waren mit Lehm gefüllt, der nicht diluvialer ‚ Herkunft war, sondern pliocän. Der Endstollen im Kappelesberg bei Fellbach im Keuper wies die normale Schichtung auf. Die ganzen RT OR 98 km langen Grabungen gaben natürlich außerordentlich viele Auf- schlüsse interessanter Art. Die württ. Wasserversorgung erregt Auf- sehen und Bewunderung nicht bloß im engeren Vaterland, sondern im weiten Umkreis. Ein ähnliches Werk bei Nürnberg reicht mit 44 km Länge und weit geringerer Lieferung nicht an unseres hin; dabei war dort die Bauzeit über 8 Jahre, während unseres in 3 Jahren fertig sein soll. (Schwäb. Kronik No. 282 vom 22. Juni 1914.) Beide Vorträge fanden lebhaften Beifall und der Vorsitzende Prof. Dr. Sauer schloß die Hauptversammlung um 1'/a Uhr mit warmen Dankesworten an die Redner und alle, die sonst noch zum Gelingen der Tagung beigetragen hatten. An die Versammlung schloß sich ein gemeinsames Mittagessen im Stadtgarten an, das leider durch den plötzlichen Tod des Ehren- mitglieds Prof. Dr. Klunzinger in dem Augenblick, als er sich anschickte, eine Tischrede zu halten, in tragischer Weise gestört wurde. Nach dem Essen besuchten viele Mitglieder einige interessante Teile der Ausstellung, wo die Herren Öberreallehrer Dr. Broß, Eror Ira Kraas,. :Prot. Dr..GoessTer, Prof.'’Dr. Sauer u.a m hiebenswürdigster Weise die Führung und Erläuterung der Ausstel- lungsgegenstände übernahmen. Am Abend vereinigte man sich wieder auf der Terrasse des Stadtgartenrestaurants, um in zwangloser Geselligkeit bei den Klängen der Musik die Tagung zu beschließen. Verzeichnis der Zugänge zur Vereinsbibliothek. (Bibliothekar: Prof. J. Eichler.) Zuwachs vom 1. April 1914 bis 30. Juni 1915. a. Durch Geschenk und Kauf. Durch Schenkung von Büchern etc. haben sich folgende Mitglieder und Gönner des Vereins um denselben verdient gemacht: Staatsanwalt W. Bacmeister, Heilbronn; Dr. Edwin Grünvogel, Aalen; .r Assi- stent Dr. Felix Hahn, Stuttgart; Frau Eleonore Klunzinger, Stutt- gart; Prof. Dr. Paul König, Ludwigsburg; Prof. Dr. L. Meyer, Stuttgart; Konsul a. D. Gustav Niederlein, Zittau; Prof. Dr. Max Reihlen, Stuttgart. I. Zeitschriften, Gesellschaftsschriften etc. Aus der Heimat. Organ des Deutschen Lehrervereins für Natur- kunde. 27. Jahrg. 1914. (Lehrerverein für Naturkunde.) Bibliographie der deutschen naturwissenschaftlichen Literatur. XVII. Bd. 1914. NE Eclogae geologicae Helvetiae Bd. XII, 2 (1914). Zoologischer Beobachter, 55. Jahrg., 1914. III. Zoologie, Anatomie. Bacmeister, Walter, Über das Vorkommen des Steinsperlings in Württemberg. (Bacmeister.) | Bretschneider, Friedrich, Über die Gehirne der Küchenschabe und des Mehlkäfers. Jena 1914. 8°, Eimer, G. H. Theodor, Die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen. Jena 1889. (Klunzinger.) — ÖOrthogenesis der Schmetterlinge. Jena 1897. 8°. (Klunzinger.) — Vergleichend anatomisch-physiologische Untersuchung über das Skelett der Wirbeltiere. Herausgegeben von Ü. Fickert und Gräfin M. v. Linden. Leipzig 1901. 8°. (Klunzinger.) Fischer, Wilh. Joh., Über die Vogelfauna Württembergs. Stuttgart 19145.8% Haeckel, Ernst, Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen. Leipzig 1891. 8°. (Klunzinger.) v. Marenzeller, Emil, Steinkorallen. Jena 1904. Fol. (Klunzinger.) — Riffkorallen. Wien 1906. Fol. (Klunzinger.) v. Martens, E., Süß- und DBrackwasser-Mollusken des Indischen Archipels. Leiden 1897. 8°. (Klunzinger.) Müller, Friedr. W., Bau und Entwicklung des menschlichen Körpers. (Lehrerverein für Naturkunde.) Studer, Th., Alcyonaires provenant des campagnes de l’Hirondelle. Monaco 1901. Fol. (Klunzinger.) Zimmermann, Karl, Über die Facettenaugen der Libelluliden, Phas- miden und Mantiden. Tübingen 1913. 8°, IV. Botanik. Frohnmeyer, Max, Die Entstehung und Ausbildung der Kieselzellen bei den Gramineen. Stuttgart 1914. 4°, | Niederlein, Gustav, Plantago Bismarckii NiEDERLEIN. Zittau 1915. 8°. (Niederlein.) Schabel, A., Flora von Ellwangen. Stuttgart 1836. 8°. (König.) Schwarze, Curt, Vergleichende entwicklungsgeschichtliche «und histo- logische Untersuchungen reduzierter Staubblätter. Leipzig 1914. 8°. V. Mineralogie, Geologie, Paläontologie. Grünvogel, Edwin, Geologische Untersuchungen auf der Hohenzollern- Alb. Ellwangen 1914. 8° (Grünvogel.) Hahn, Felix, Grundzüge des Baues der nördlichen Kalkalpen zwischen Inn und Enns. ]I. u. 1I. Wien 1913. 8°. (Hahn.) — Ergebnisse neuer Spezialforschungen in den deutschen Alpen. Leipzig und Berlin 1914. 8°. (Hahn.) Hohenstein, Victor, Beiträge zur Kenntnis des Mittleren Muschel- kalks und des unteren Trochitenkalks am östlichen Schwarzwald- rand. Jena’ 1913. 4°, — XI — Model, Robert, Ein Beitrag zur Kenntnis‘ der Ammonitenfauna der Macrocephalenschichten des nordwestlichen Frankenjura und vor- läufige Mitteilung über das Genus Macrocephalites. Erlangen (Menckes Verlagsbuchh.) 1914. 8°. Schwarz, Franz, Beschreibung des Tertiärs im Tautschbuch— Emer- berg-Gebiet. Tübingen 1913. 8°, Wagner, Georg, Beiträge zur Stratigraphie und Bildungsgeschichte des oberen Hauptmuschelkalks und der unteren Lettenkohle in Franken. Jena 1913. 4°. VII. Chemie, Physik, Mathematik, Astronomie und Meteorologie. Meyer, L., Der Wirbelsturm vom 4. Juni 1913 und seine Begleit- erscheinungen. 1914. 4°. (Meyer.) IX. Schriften verschiedenen Inhalts. Bacmeister, Walter, Nachruf für Dr. Wilhelm Wurm. 1913. (Bac- meister.) — Dr. Wilhelm Wurm. 1913. (Bacmeister.) Gesamtzeitschriftenverzeichnis. Hrsg. vom Auskunftsbureau Deutscher Bibliotheken. 1914. 4°. Klunzinger, C. B., Erinnerungen aus meinem Leben als Arzt und Naturforscher zu Koseir am Roten Meer. Würzburg 1915. 8°, (Klunzinger.) Reihlen, Max, Ein Blick in die Woövre, das Vorland von Toul und Verdun. 1915. 8°. (Reihlen.) b. Durch Austausch unserer Jahreshefte: American Academy of arts and sciences (Boston): Proc. Vol. XLIX, 11. American geographical society (New York): Bulletins Vol. 46, 1914; Vol. 47, 1915, H. 1—3. Amsterdam. K. Akademie van Wetenschappen: Jaarboek voor 1913. — Verhandelingen (Naturkunde) 2. Sectie Deel XVII, 1—3. — Verslagen van de gewone Vergaderingen Deel XXII (1913—1914). Australasian association for the advancement of science (Sydney): Report of the 14. meeting held at Melbourne, 1913. Badischer Landesverein für Naturkunde (Freiburg): Mitteilungen No. 291—300. Beilage. Batavia s. Nederlandsch-Indie. Bayerische bot. Ges. zur Erforschung der heimischen Flora (München): Mitteilungen Bd. III, 6—9. Bayerisches K. Oberbergamt in München, geognostische Abteilung: Geognostische Jahreshefte 26. Jahrg. 1913. Bayern. ea Gesellschaft in B. (München): Verh. Bd. XII, 1. (1914. Belgique. Acade&mie R. des sciences, des lettres et des beaux-arts de Belgique (Brüssel): Annuaires 80. annde, 1914. — Bull. de la classe des sciences 1914, No. 2—4. IN Belgique. Societe entomologique (Brüssel): Annales Tome 57 (1913). — Societe geologique (Liege): Annales Tomes XXXIX, 5; XLI, 1. Bergen’s Museum: Aarbog for 1913, Heft 3; for 1914/15, Heft 1—2. — Aarsberetning for 1913 og 1. halvaar 1914. — Skrifter N. R. Bd. I, 2. — Sars, G. O., Crustacea of norway Vol. VI, 3—8. Berlin. K. Akademie der Wissenschaften: Abhandlungen der Phys.- math. Classe Jahrg. 1914, 2. — Sitzungsber. 1914; 1915 No. 1—-24. — K. geologische Landesanstalt und Bergakademie: Jahrbuch für 1911, Bd. 32, Teil II, 3; für 1912, Bd. 33, Tell, 3;S1ır as12 Ba 22 Teil I, 3 u. 1,42. Tür 19147 Bar 35, Tel 2% — Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsberichte 1913. — s. auch Brandenburg und Deutsche geologische Gesellschaft. Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mitt. a. d. J. 1913 und a. d. J. 1914. — s. auch Schweiz. | Bielefeld. Naturwissenschaftlicher Verein: Bericht über die Jahre 1911—1913. Bodensee. Verein für Geschichte des Bodensees u. seiner Umgebung (Lindau): Schriften Heft 43 (1914). Brandenburg. Botanischer Verein für die Provinz B. (Berlin): Ver- handlungen Jahrg. 56, 1914. Bremen. 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Comite geologique: Bulletins XXXI, 1912, 9—10; XXXH, 1913, 1. — Memoires nouv. serie Lfgn. 84, 85, 87, 88, 89, 932 —— Kaıs. Arkaden der Wissenschaften: Bulletins Jahrg. 1914 No. are Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 90. Jber., 1912; 91. Jber., 1913, u. Ergänzungsheft. Schleswig-Holstein. Naturwiss. Verein für Schleswig-Holstein (Kiel): Schriften Bd. XVI, 1 (1914). Schweiz. Geologische Kommission der Schweiz. naturf. Gesellschaft: Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz, N. F. Lfg. 34 u. 40. — Geologische Karte der Schweiz 1:100000 Bl. VIII. — Geologische Spezialkarten No. 55? u. 73. — Erläuterungen zur Spezialkarte No. 17. — Schweizerische botanische Gesellschaft (Zürich): Ber. Heft 23 (1914). Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. b — ANyıN .— Schweiz. Schweizerische entomologische Gesellschaft (Bern): Mit- teilungen Bd. XII, 5/6 (1914). — Schweizerische naturforschende Gesellschaft (Bern): Neue Denk- schriften Bd. 49 (1914) — Verhandlungen 1914. Sendai. Tohoku Imperial University: Science reports 2. ser. Vol. 1, 4-5. Stanford University. Leland Stanford junior University: 3 Publications. Steiermark. Naturw. Verein (Graz): Mitteilungen Jg. 50 (1913). Stettin. Entomologischer Verein: Entomologische Zeitung Jg. 75 (1914). Stockholm. K. Svenska Vetenskaps Akademien: Arkiv for matematik, astronomi och fysik IX, 5—4 und X, 1—35; Arkiv for kemi, mineralogi och geologi V, 3—6; Arkiv for botanik XIII, 2—4 und XIV, 1; Arkiv for zoologi VIII, 2—4 und IX, 1—2. — Aarsbok for 1914. — Meteorol. Jakttagelser Bd. 53 Bihang, 54 Bihang, 55. — Les prix Nobel en 1913. — Nobelinstituts meddelanden Bd. III, 1—2. — Jac. Berzelius bref I, 3 u. II, 1. — Access. Kat. 28, 1913. Straßburg. Kais. Universitäts- und Landesbibliothek: Monatsber. der Ges. zur Förderung der Wiss. im Unterelsab Bd. XLVII, 1913. Stuttgart. Ärztlicher Verein: Medizinisch-statistischer Jahresbericht über die Stadt Stuttgart 41. Jahrg., 1913. — s. auch Württemberg. | Sydney s. Australasian association und New South Wales. Tokio. College of science, Imperial University, Japan: Journal Vol. XXXIIL, 2; Vol. XXXIV, 2; Vol. XXXV, 2, 5, 6; Vol. XXXVI, 0A, Torino. R. Accademia delle scienze: Atti Vol. XLIX, 1913/14, f. 1—7. Tromsö Museum: Aarsberetning for 1912 u. for 1913. — Aarshefter 34, 1912 und 35, 1913. Trondhjem. K. Norske Videnskabers Selskab: Skrifter 1913. Tübingen. K. Universitätsbibliothek : 30 Dissertationen der naturwissen- schaftlichen Fakultät. Tufts College (Mass. U.S.A.): Tufts College studies Vol. III, 3—4 (1914). Ulm. Verein für Mathematik und Naturwissenschaften: Jahreshefte, 16. Jg. (1915). Ungarische geologische Gesellschaft und k. ungarische geologische An- stalt (Budapest): Földtani Közlöny Bd. XLIII, 1913, Heft 4—9. — Mitteilungen aus dem Jahrbuch Bd. XXI, 2—3. — K. Ornithologische Centrale: ‚„Aquila XXXI, 1914. — Naturwissenschaftliche Gesellschaft, botanische Sektion: Növenitani Közlemenyek Bd. XIII, 1914, und Bd. XIV, 1915, 1—2. Ungarischer Karpathen-Verein (Iglö): Jahrbuch Bd. XLI, 1914. Ungarisches National-Museum (Budapest): Annales historico naturales Vol. XII, 1914, I—II. United States of N. Am. Department of Commerce and Labor: Fisherie Documents 784—788, 790, 795. — Department of the Interior (Geological survey) (Washington): Annual report Vol. XXXIV, 1912/13. — Bulletins. — Professional papers. — Water supply and irrigation papers. | — INT — Upsala. The Geological Institution of the university: Bulletin XII 1914). — En Societas scientiarum Upsaliensis: Nova Acta ser. 4. Vol. III, 2. Washington. Smithsonian Institution: Annual report of the U. S. National Museum for 1913. — Bull. of the U. S. National Mu- seum No. 50 part VI (1914); No. 34—87; No 89. — Contri- butions from the U. S. Nat. Herbarium Vol. XVILl, 1—2. — Pro- ceedings of the U. S. Nat. Mus. Vol. 46 (1914). — Smithsonian miscellaneous collections Vol. 57 No. 13; Vol. 61 No. 22—25; Vol. 62 No. 2—3; Vol. 63 No. 2—5, 8—10; Vol. 64 No. 1—2; Vol. 65 No. 1—2, Wien. Kaiserl. Akademie der Wissenschaften, math.-naturw. Klasse: Sitzungsberichte Bd. CXXII, 1913, Abt. 1 Heft 6—10; Abt. 2a H. 8—10; Abt. 2b H. 6—10; Abt. 3 H. 8—10; Bd. CXXIII, 1914, Abt. 1-H. 1—7, Abt. 2a H. 1—-9; Abt. 2b H. 1—6; Abt. 3 H. 1—7. — Mitteilungen der Erdbebenkommission No. 47—48, — K.K. geologische Reichsanstalt: Abhandlungen Bd. XXII, 4 (1914); Bd. XXI, 1 (1914). — Jahrbuch 63. Jg., 1915, No. 3—4; 64. Jg., 1914, No. 1—2. — Verhandlungen 1913 No. 13—18; 1914; 1915 No. 1—5. — K.K. naturhist. Hofmuseum: Annalen Bd. XXVII, 4; Bd. XXVII; Bd. ZaIR"r—2. — K.K. zoologisch-botanische Gesellschaft: Verhandl. Bd. 64, 1914. — Verein zur Verbreitung naturw. Kenntnisse: Schriften Bd. 53, 1912/13; Bd. 54, 1913/14. Wiesbaden s. Nassauischer Verein für Naturkunde. Winterthur. Naturwiss. Gesellschaft: Mitteilungen Heft X, 1913/14. Wisconsin. Natural history society (Milwaukee): Bull. Vol. XI, 3—4; Vol. XII; Vol. XIH, 1—2. Württemberg. K. Statistisches Landesamt (Stuttgart): Württ. Jahr- bücher für Statistik und Landeskunde Jahrg. 1914. — Deutsches meteorologisches Jahrbuch: Württemberg, Jg. 1913. — Statistisches Handbuch für das Königreich Württemberg Jg. 1912 u. 1913. — Geognostische Spezialkarte von Württemberg 1:25000, Atlas- blätter und Erläuterungen 66, Wildbad. — Ergebnisse der Arbeiten der Drachenstation am Bodensee i. J. 1913. — Nachrichten von der. Hohenheimer Erdbebenwarte a. d. J. 1913. — Erderschütte- rungen in Württemberg i. J. 1913. — Württembergischer Schwarzwaldverein (Stuttgart): „Aus dem Schwarz- wald‘ Jahrg. XXII; Jahrg. XXIII, 1-—3. Würzburg. Physikalisch-medizinische Gesellschaft: Sitzungsberichte Jahrg. 1913; Jahrg. 1914, 1—4. Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahresschrift 58. Jahrg., 1913, No. 3—4; 59. Jahrg., 1914. — s. auch Schweiz. b* Be Der Rechnungs-Abschluß für das Jahr 1914 stellt sich folgendermaßen: Einnahmen: Kassenstand’’am: 1) Januar 1914) ra) var TEE Zins aus den Kapitalien. . . RE. BEI a Mitgliedschaftsbeiträge von 822 "Mitgliedern ee Einen Ortszuschlag für 304 Stuttgarter Mitglieder... . 152 ,„ — „ Beiträge der rt er inkl. Orts- zusehlag sy." Dr: He RER Für 134 Orenaleinbande von Sutroshäden en 134. „/— 5, „ verkaufte Jahreshefte . . ... eier Denk eb A ‚„ gelieferte und verkaufte Sepnratabzäge Erreger, ‚; verkaufte: Nätyraliens Lu 42a, 0 U MT RE RO 8528 M. 35 Pf Ausgaben: Für Bibliothek und Buchbinderarbeiten.. . . . 102 7MP36 PER Herstellung der Jahreshefte inkl. er und d Separat- abzüge . . gang 0 PAS ee Expedition der ee er ee ei. Sonstige Porti, Spesen und Schreibgebakren” a Honorare, een Inserate, Einladungskarten. . 585 „ 83 „ Unkosten der Zweißvereine rm EN 867 ae Steuer und Bankierkosten . . '. ee) u: 10jährige Feuerversicherung der vererbphenee Me: 3 = ka 1 0 Anschaffung eines 4 %igen Pfandbriefs der Rheinischen Hypothekenbank uber M. 7500, - 777. „7 7974) 1 ee Kranzspende für ein f Ehrenmitglied . . . ... Da 7113-M. 42727 Einnahmen... 1... u Ip ing Haiti BE SE a Ausgaben . . . a le Be a er Kassenstand am |. ae 1918.53 31414 Mi 93 BE Vermögensberechnung. Kapitalien nach Nennwert . . abod saw Bote 2360 TE Kassenstand am 1. Januar 1915 PRHUEIEETIL OT MI RRRBEGGERR 127 EU 6 Sie) op Vermögen am 1. Januar 1915. . . . . 25014 M. 95 Pf, Vermögen am 1. Januar 1914. . . . . 24217 „9 „ es ergibt sich somit eine Vermögenszunahme von 796 M. 98 Pf. Der Rechner: (gez.) Dr. C. Beck. Die Rechnung wurde mit den Belegen eingehend verglichen, nach- gerechnet und durchaus richtig befunden. Stuttgart, 2. März 1915. (gez.) C. Regelmann, Rechnungsrat a. D. — XXX — Veränderungen im Mitgliederbestand. Vom 1. Mai 1914 bis 30. Juni 1915 traten dem Verein folgende 9 Mitglieder bei: Birlinger, Otto, Oberreallehrer, Rottweil. Blank, Joseph, Kunstmühlenbesitzer, Kanzach OA. Riedlingen. Feucht, Walter, Kgl. Regierungsbaumeister, Stuttgart. Holz, Dr. med. Hugo, prakt. Arzt, Stuttgart. Kolasius, Helmuth, Berlin. Kresser, Gebhard, Gymnasialprofessor, Rottweil. Lamparter, Johannes, Bauinspektor, Biberach a. R. Mayer, Konrad, Seminar-Professor, Rottweil. Paulus, Dr., Moorsachverständiger, Ulm. Durch Tod und Austrittserklärung schieden während derselben Zeit aus dem Verein: das Ehrenmitglied Klunzinger, Dr. Carl Benjamin, Professor a. D., Stuttgart. T die ordentlichen Mitglieder Bausenhardt, Karl, Professor, Stuttgart. Bross, Dr. Hermann, Öberreallehrer, Stuttgart. Deahna, Dr. A., Geh. Hofrat, prakt. Arzt, Stuttgart. Drausnick, Friedrich, Major, Weingarten. Eberle, Dr. Gustav, Chemiker, Stuttgart. 7 Eisele, Wilhelm, Stadtschultheiß, Balingen. v. Faber, Adolf, Oberstaatsanwalt, Stuttgart. 7 Falkenstein, Dr. Franz, Frankfurt aM. „ v. Falkenstein, Freiherr, Forstmeister, Weissenau. 7 Finckh, Dr. Alfred, Chemiker, Stuttgart. f Fischer, Dr. Ernst, Geologe, Halle a. S. 7 Fraas, Prof. Dr. Eberhard, Konservator, Stuttgart. 7 Franke, Wilhelm, cand. rer. nat., Tübingen. Gaiser, Dr. E., Reutlingen. Gebhardt, F. G., Heilbronn. v. Graner, Dr. Friedrich, Präsident a. D., Stuttgart. Griesinger, Theodor, Oberlehrer, Stuttgaıt. Grundler, Professor, Rottweil. Gußmann, Karl, Pfarrer, Gutenberg. Haas, Prof. Dr. Hippolyt, Kiel. f Hahn, Dr. Felix, Geologe, Assistent, Stuttgaıt. f Hassert, Dr. Karl, Professor, Köln a. Rh. Hoffmann, Dr. R., Tierarzt, Berlin. Keller, Eugen, Öberforstrat, Stuttgart. T Kerz, Friedrich, Inspektor, Präparator, Stuttgart. 7 Kohler, Oberpräzeptor, Rottweil. Kräutle, Victor, Pfarrer, Fulgenstadt. 7 Kurz, Pfarrer, Unteressendorf. Lehrs, Dr. Philipp, Frankfurt a. M. — XXU — Link, Dr. Eugen, Großh. Bad. Fischereisachverständiger. T Longard, Dr. med., Sanitätsrat, Sigmaringen. T Mast, Dr. Heinrich, Speyer. Mayer, Verw.-Aktuar a. D., Waldsee. Mönig, Joseph, Stadtpfarrer, Mengen. 7 Müller, Dr. Heinrich, Bergreferendar, Brielhof. Nagel, Joseph, Dekan, Untermarchtal. 7 Neuffer, Eugen, Oberstudienrat, Rektor, Ulm. 7 Palm, Dr. Adolf, Neukochen. Pietzcker, Dr. Franz, Geologe, Berlin. f Probst, Oberförster, Krauchenwies. Probst, Theodor, Oberförster, Schönmünzach. 7 Salzner, Präzeptor, Tübingen. Scheerer, C., Kommerzienrat, Tuttlingen. Schliz, Dr. med., Hofrat, prakt. Arzt, Heilbronn. T Schmid, Hermann, Apotheker, Nagold. f Schmidt, Edwin, Finanzrat, Heilbronn. Schwarz, Dr. Hugo, Oberreallehrer, Göppingen. 7 Seydel, Dr. E., Assistent, Berlin. Sprösser, Dr. Theodor, Verlagsbuchhändler, Stuttgart. f Stachely, R., Apotheker, Tübingen. Stark, Dr. E., Distriktsarzt, Forchtenberg. Stockmayer, Dr. Wolfgang, Assistenzarzt, Konstanz. Stroehlin, Karl, Oberstleutnant, Straßburg i. E. Theurer, Julius, Kaminfegermeister, Leonberg. Tscherning, Dr. August, Apotheker, Wien. f Übele, Prof. Dr. C., Stadtdirektionstierarzt, Stuttgart. T Vayhinger, Dr. med., Sanitätsrat, Schramberg. 7 Voith, J. M., Dr.-ing., Geh. Kommerzienrat, Heidenheim. f Weiger, C., Direktor, Ravensburg. Weigle, Paul, Präparator, Sontheim a. N. f Wiedenmann, Paul, Hauptlehrer, Zang. Zimmerle, Forstdirektor, Wolfegg. T Der Verein zählte somit am 1. Juli 1915: 2 Ehrenmitglieder und 811 ordentliche Mitglieder. C. B. Klunzinger. I. Nekrologe. Zum Gedächtnis an C. B. Klunzinger. Von H. E. Ziegler. Cart Bensamın KrusziıngGer wurde am 18. November 1834 im Pfarrhause zu Güglingen im Zabergäu (Neckarkreis) geboren. Er war der vierte Sohn des Stadtpfarrers Dr. Kart, KrunzinGEr und seiner Frau SorHie geb. Koch, einer Tochter des Amtmanns JoHannes Koch in Güglingen!. Sein Vater zeigte schon eine Vorliebe für wissen- schaftliche Tätigkeit und trieb historische Studien, insbesondere auf dem Gebiete der württembergischen Lokalgeschichte. Der junge Bensamın besuchte zwei Jahre die deutsche Schule (d. h. Volksschule) in dem Heimatsort und kam dann, noch nicht _ acht Jahre alt, auf die Lateinschule nach Brackenheim in das Haus des Präzeptors Anam, welcher als hervorragender Pädagoge weithin bekannt war?. So trat der Ernst des Lebens schon früh an den kleinen Knaben heran, denn in dem Hause Apam’s herrschte eine spartanische Einfachheit und Strenge. Jedoch war diese Zeit für seine geistige und körperliche Entwicklung nicht ungünstig, denn das Latein wurde nach guter Methode gelehrt, und in der geregelten Tageseinteilung war der Erholung genügend Zeit gelassen. Das Turnen spielte eine große Rolle, und die Schüler der Lateinschule bildeten sogar eine Jugendwehr. Mit 13 Jahren kam Krunziınser nach Stuttgart und besuchte das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium. In dieser Zeit entwickelte sich seine Neigung zu den Naturwissenschaften. Er besaß eine Stein- sammlung, bei welcher ihm sein älterer Bruder Paul? Anleitung gab, und verwendete im Sommer jede freie Stunde auf das Botanisieren und das Bestimmen von Pflanzen. ı 0. B. Klunzinger. Über den Amtmann Johannes Koch in Güg- lingen. Vierteljahrshefte des Zabergäu-Vereins, 1906, ®? C. B. Klunzinger. Adam als Erzieher, oder die Brackenheimer Lateinschule in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts unter Präzeptor Adam. Vierteljahrshefte des Zabergäu-Vereins, 1906. ° Derselbe studierte damals am Polytechnikum in Stuttgart und war später als Ingenieur bei verschiedenen großen Bahnbauten tätig; er hat den jüngeren Bruder überlebt. — XIV — Im Jahre 1853 bezog er die Universität Tübingen, um Medizin zu studieren. Am meisten fesselte ihn die menschliche Anatomie, welche damals durch Luschka recht gut gelehrt wurde. Das Sommer- semester des Jahres 1853 brachte er an der Universität Würzburg zu, an welcher KörLıker und RupoLr VırcHow seine Lehrer waren. Nachdem er die erste medizinische Staatsprüfung bestanden hatte, in welcher damals auch die Naturwissenschaften Examensfächer waren, begab er sich nach Wien und Prag, wo um jene Zeit. die berühmtesten Lehrer der klinischen Fächer wirkten. Im Jahre 1859 kehrte er zurück, legte die zweite Staatsprüfung ab und erwarb den medizinischen Doktorgrad mit einer geburtshilflichen Dissertation über „Operationen mit der Zangensäge“. Da in diesem Jahre ein Krieg mit Frankreich drohte, wurde er als „Oberarzt“ (Bataillons- arzt) dem 6. Württembergischen Infanterie - Regiment zugeordnet. Aber der Krieg kam nicht, und KLUNZINGER ließ sich als Stadt- und Badearzt in Liebenzell im Nagoldtal nieder. Jedoch befriedigte ihn die Medizin weder in der Theorie noch in der Praxis. Durch die Anwendung des Mikroskops auf die medizinischen Wissenschaften, insbesondere durch die aufkommende Histologie und Zellularpatho- logie gerieten um jene Zeit alle die überlieferten Theorien der Medizin ins Schwanken, in erster Linie die von Hippokrates stam- mende Humoralpathologie. Man "hatte daher kein Vertrauen mehr zu den bisher üblichen Rezepten, und es bestand damals, wie Kıun- ZINGER schreibt, „eine fast nihilistische Richtung in der Therapie“. Die verschiedenen Schulen standen sich zum Teil feindlich gegenüber, so die Wiener und die Prager; in der Chirurgie und Geburtshilfe, die traurige Ergebnisse lieferten, wußte man noch nichts von den Bakterien als Krankheitserregern und kannte folglich weder die Anti- sepsis noch die Asepsis. Unter diesen Umständen wandte sich Krun- ZINGER wieder naturwissenschaftlichen Studien zu, und eines schönen Tages faßte er den Entschluß, seine Stellung aufzugeben und sich mit den Augen des Naturforschers in der weiten Welt umzusehen. Zunächst hegte er den Plan Schiffsarzt zu werden; um sich auf die beabsichtigte Weltreise vorzubereiten, kehrte er zu seinem jetzt in Stuttgart lebenden Vater zurück. Er vertraute seinen Plan dem damaligen Vorstand des K. Naturalienkabinetts an, dem Ober- studienrat Dr. Fr. Krauss. Dieser riet ihm, keine Stelle als Schiffs- arzt anzunehmen, da er dabei zu wenig Gelegenheit zu naturwissen- schaftlichen Beobachtungen hätte, sondern lieber an einem geeig- neten Orte sich zu längerem Äufenthalt niederzulassen und die dortige — XXV — Fauna zu sammeln. Auf den Rat des damals gerade im Land weilenden Afrikareisenden Tn. v. Hzusrın wählte KrunzinGer zu diesem Zwecke das Hafenstädtchen Koseir am Roten Meer. Mit der Gründlichkeit, die einen charakteristischen Zug seines Wesens bildete, bereitete sich KrunzınGEer auf seine neue Aufgabe vor. Er studierte zoologische Werke und. machte sich stenogra- phische Auszüge, er bestimmte Fische und Echinodermen aus dem Roten Meer, die in den Besitz des Naturalienkabinetts kamen, er lernte das kunstgerechte Abbalgen der Tiere bei dem bekannten Präparator Pn. L. Martın. Darauf begab er sich nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1861 zu weiteren zoologischen Studien nach München und dann an das SENCKENBERG sche Museum nach Frank- furt a. M. Im Jahre 1862 ging er nach Wien, um die dortigen Sammlungen anzusehen, und nach Triest, um sich im Konservieren von Meerestieren zu üben. Nun fuhr er nach Ägypten und ließ sich in Kairo nieder, da er zunächst die arabische Sprache erlernen wollte. Er wohnte in einem arabischen Mietshause und lebte nun in allen Stücken arabisch, was ihm „ungemein behagte“ und ihn rasch in die fremde Sprache und Denkweise einführte, da er mehr mit Eingeborenen als mit Europäern verkehrte. Es ist ein Beweis seiner Anspruchslosigkeit und seiner Anpassungsfähigkeit, daß er sich so leicht in die arabische Lebensweise hineinfand und sich nun auf Jahre hinaus in das einsame arabische Städtchen Koseir begab, wo ein Besuch von Europäern ein seltenes Ereignis war. Zufällig wurde in Koseir die Stelle eines Sanitätsarztes frei, mit welcher ein kleiner Gehalt verbunden war. Krunzınger meldete sich für diese Stelle, und sie wurde ihm von der ägyptischen Regierung nach mancherlei Schwierigkeiten übertragen. Im Februar des Jahres 1864 fuhr er auf einer Barke den Nil hinauf nach Kehe in Oberägypten, wozu dreı Wochen nötig waren, und gelangte von dort nach fünftägiger Reise durch die Wüste an seinem Bestimmungsorte an. Koseir ist ein kleines Städtchen von etwa 1200 Einwohnern mit gesundem und mäßig warmem Klima. Auf der Landseite von der Wüste umgeben, besitzt es keine Vegetation. Es gab in der damaligen Zeit auch kein Trinkwasser, sondern solches wurde von Beduinen in Schläuchen auf Kamelen aus dem Gebirge herbeige- bracht!. Der Ort diente als Hafenplatz für die Ausfuhr von Ge- treide nach dem unfruchtbaren Arabien und war der Durchgangs- ‘ Das Grundwasser ist fast ebenso salzig wie das benachbarte Meer. da nur selten Regen fällt. en punkt für viele Mekkapilger. Hauptsächlich aus diesem Grunde mußte hier ein Sanitätsarzt tätig sein. Kuunzinger widmete sich pflichtgetreu dieser Aufgabe ınd war bei der ganzen Bevölkerung als Arzt geschätzt und beliebt, aber es blieb ihm noch Zeit genug zu der zoologischen Arbeit, welche ihm vor allem am Herzen lag. Die reiche Fauna des Roten Meeres bot sich ihm dar, und insbe- sondere wies das große Korallenriff, welches an dieser Stelle ins Meer vorspringt, eine überaus vielgestaltige Tierwelt auf. Unermüd- lich sammelte er Fische, Krebse, Schnecken und Muscheln, Echino- dermen, Korallen und manche andere Tiere, konservierte sie in Spiritus und sandte sie an das Stuttgarter Naturalienkabinett. Auch von der merkwürdigen Meerjungfer (Halicore Dugong) erlangte er mehrere Exemplare, und präparierte die Bälge und die Skelette, was bei so großen Säugetieren keine kleine Mühe macht. Von Ägypten aus veröffentlichte KLunzıngEr seine ersten zoolo- gischen Abhandlungen. Sie bezogen sich auf Krebstiere, auf eine kleine Limnadide aus einem überschwemmten Gelände bei Kairo, auf Daphnien aus der Umgebung von Kairo, auf einen Palaemon aus dem Nil und auf einen Branchipus, welchen er in Koseir in den tönernen Behältern fand, in denen man das Regenwasser aufbe- wahrt, welches der spärliche Winterregen spendet '. Fünf Jahre lang hauste KrunzingGEer in dem einsamen Koseir. Erst im Jahre 1869 nahm er einen sechsmonatlichen Urlaub, um die Heimat wieder zu besuchen und nach den Sammlungen zu sehen, die er dorthin gesandt hatte. Aber die zoologische Bearbeitung seiner Fische hielt ihn nahezu drei Jahre in der Heimat fest. Er arbeitete in dieser Zeit in dem K. Naturalienkabinett in Stuttgart und in dem Zoologischen Museum in Berlin und vollendete sein erstes großes Werk, die „Synopsis der Fische des Roten Meeres“ (Wien, Verh. d. k. k. Zool.-bot. Ges., 1. Teil 1870, 2. Teil 1871). Auch ver- öffentlichte er in verschiedenen Zeitschriften einen Teil seiner Beob- achtungen aus dem ägyptischen Leben. Im Jahre 1872 kehrte Krunzınser nach Ägypten zurück. Die Bevölkerung von Koseir empfing ihn mit Jubel, und auf ihr an die Regierung gerichtetes Gesuch hin wurde er wieder als Sanitätsarzt ! Beiträge zur Kenntnis der Limnadiden. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. 14. Bd. 1864. — Einiges zur Anatomie der Daphnien nebst Bemerkungen über die Süßwasserfauna der Umgegend von Kairo. Ebenda. 1864. — Über eine Süßwassercrustacee im Nil (Palaemon niloticus). Ebenda. 16. Band. 1866, — Über Branchipus rubricaudatus n. sp. Ebenda. 17. Bd. 1866. — XXI — angestellt. Noch drei Jahre blieb er in Koseir, nicht allein mit zoologischen und völkerkundlichen, sondern auch mit sprachlichen Studien beschäftigt. Er wollte seine Kenntnis der arabischen Sprache für die Wissenschaft nutzbar machen und verfaßte ein großes Wörter- buch, in welchem die Volkssprache und die neuere Schriftsprache nebeneinander gestellt waren. Leider konnte dieses große Werk, in welchem eine staunenswerte Arbeit steckte, niemals veröffentlicht werden, da die Druckkosten zu hoch geworden wären!. Das Manu- skript wurde aber von Professor Dr. VoLLErRS in Jena bei der Heraus- gabe seines Wörterbuches der arabischen Umgangssprache benützt. Vom Jahre 1876 an finden wir Krunzinger in Berlin mit der Bearbeitung seiner Sammlungen beschäftigt. Er vollendete sein zweites zoologisches Werk „Die Korallentiere des Roten Meeres“ (Berlin 1377—1879, 1. Teil: Die Alcyonarien und Malakodermen, II. u. Ill. Teil: Die Steinkorallen). Die Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften in Berlin ermöglichte die Herausgabe. Ferner schrieb er verschiedene Aufsätze geographischen Inhalts und faßte in einem fesselnden Buche seine Beobachtungen über Land und Leute Ägyptens zusammen (Bilder aus Ober-Ägypten, der Wüste und dem Roten Meere, mit einem Vorwort von Dr. G. SCHWEINFURTH, Stutt- gart 1877). Es ist nicht nur die genaue Sachkenntnis, welche diesem Buche seinen Wert gibt, sondern auch die anziehende und humor- volle Art der Beschreibung. Aus diesem Buche kann man den Ver- fasser am besten kennen lernen. Es erschien 1878 auch in eng- lischer Übersetzung. Zur Charakteristik KrLunzınger’s mag folgende Stelle aus dem Vorwort ScHwEInFurth's hier Platz finden: „So wie in neuerer Zeit sich das Leben der Europäer im ÜOriente ge- staltet, kann man zwanzig Jahre in Agypten verlebt haben, ohne von Land und Leuten mehr zu wissen, als in hundert Büchern steht. Zu dieser Kategorie von Leuten gehörte mein Freund KrLunzinGEr nicht. Wie ich ihn da fand, in seinem Hause von rohen Lehmziegeln der Armenpraxis beflissen, von Blinden und Lahmen umlagert, (deren Lippen manchen salbungsvollen Spruch zum Segen des auf- opfernden und uneigennützigen Mannes ertönen ließen, während er aus den Händen anderer zoologisches Material als ärztliches Honorar empfing, da mußte ich zu einem Genossen hinaufblicken, an dessen Vorbilde meine Augen mit Bewunde- rung hafteten. Unter Fischern und Schiffern, unter Pilgern und Kameltreibern, kleinen Händlern und armen Schreiberseelen hat unser Menschenfreund seine besten Jahre geopfert. Der Gelehrte, der Naturforscher vor allem, dessen Ideal überall die Natur, kann nicht verwildern in der Einöde.“ ‘ Das Manuskript wurde nach Klunzingers Tod der Universitäts- bibliothek in Tübingen übergeben. RAUM > Ganz mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt, hatte Krunzinger bis dahin kaum an seine eigene Zukunft gedacht. Aber er war nun schon in die vierziger Jahre gekommen und begann sich nach einem eigenen Hausstand zu sehnen. Indem er sich im Jahre 1878 mit ELEONoRE geb. Krauss, der Tochter eines Pfarrers, ver- heiratete, gewann er für sein ganzes Leben eine liebenswürdige Gattin, welche für sein wissenschaftliches Streben volles Verständnis hatte. Da er nun nicht Privatgelehrter bleiben konnte, nahm er im folgenden Jahre die neugegründete Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten am Kgl. Naturalienkabinett in Stuttgart an. Er brachte seine Sammlungen dahin und hoffte mit der Bearbeitung derselben fortfahren zu können. Aber durch das neue Amt übernahm er die Verpflichtung, seine Arbeitskraft den Aufgaben des Museums zu widmen. Er schenkte nun einen Teil seiner Sammlungen an das Na- turalienkabinett, und konnte bei der Durchsicht der Crustaceensamm- lung des Naturalienkabinetts auch seine eigenen Krebse bestimmen. Bald darauf nahm sein Schicksal eine neue und glückliche Wendung. Als Prof. Dr. Gustav Jäger im Jahre 1884 von seinem Amt zurücktrat, erhielt Kruszınser die ordentliche Professur für Zoologie, plıysische Anthropologie und Hygiene an der K. Tech- nischen Hochschule in Stuttgart, womit zugleich der zoologische Unterricht an der K. Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim und an der K. Tierarzneischule in Stuttgart verbunden war. Krun- ZINGER hatte bis dahin noch nicht doziert, aber er arbeitete sich mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit in die neue Aufgabe ein. Es war eine große und ziemlich anstrengende Lehrtätigkeit, und sie bezog sich nicht nur auf die Zoologie und die menschliche Anatomie, mit welchen Fächern Kıunzınger vertraut war, sondern auch auf Hygiene und Bakteriologie, in welche Fächer er erst durch einen Aufenthalt in München sich einarbeitete. | KrunzinGEr hatte als Lehrer ein warmes persönliches Interesse an seinen Schülern, und darauf beruhte seine Beliebtheit. Auf den Exkursionen wurde er mit den Studenten näher bekannt, und hatte‘ immer einige Schüler, welche sich ihm enger anschlossen, obgleich ein zoologisches Laboratorium, wie es in der neueren Zeit üblich ist, damals nicht bestand. Neben dem Unterricht setzte KrunzınGEr seine wissenschaft- liche Arbeit fort. Im Jahre 1884 erschien der erste Teil seines Buches über „Die Fische des Roten Meeres“ mit 19 lithographischen, -—. HAT — zum Teil kolorierten Tafeln!. Den zweiten Teil dieses groß ange- legten Werkes hat er leider nie vollenden können. Das Stuttgarter Amt gab ihm die Veranlassung, sich auch der einheimischen Fauna zuzuwenden?. Insbesondere beschäftigte er sich mit den Fischen des Bodensees, welche er im Jahre 1892 in einem zusammenfassen- den Buche beschrieb („Die Bodenseefische“, Stuttgart, FErp. Enke). Er wollte durch wissenschaftliche Arbeit dem Fischereiwesen nützen und war auch an Fischereikursen in Hohenheim beteiligt. Das Problem der Fischnahrung führt zur Untersuchung der Kleintierwelt des Süßwassers, über welche Kuunzinger verschiedene Mitteilungen veröffentlichte. Eine gewisse Gemeinsamkeit der Interessen verband ihn daher mit den Aquarienfreunden und den Anglern, deren Vereine von KrunzinGer durch Wort und Tat gefördert wurden. Nach sechzehnjähriger Lehrtätigkeit an der Technischen Hoch- schule trat er im 66. Lebensjahre in den Ruhestand. Eine Herz- neurose, welche ihm beim Gehen unangenehm wurde, war die nächste Veranlassung zu seinem Rücktritt. Er behielt sich das Recht vor, noch weiter eine Vorlesung an der Technischen Hochschule zu halten und machte von diesem Rechte noch fünf Jahre lang Gebrauch. Seinen Amtsnachfolgern wurde er ein lieber Berater und treuer Freund, und beteiligte sich immer mit Freude an dem zoologischen Seminar. Von seiner Pensionierung an widmete sich KLunzinGER mit neuem Eifer der Bearbeitung seiner Sammlungen. Im Jahre 1906 erschien sein großes Buch über „Die Spitz- und Spitzmundkrabben des Roten Meeres“ (Stuttgart, Fern. Enke), und im Jahre 1913 die Bearbeitung der „Rundkrabben des Roten Meeres“ (Abh. d. K. Leop. Car. D. Akademie d. Naturf. Halle a. d. S.). Diese mit schönen Tafeln versehenen Werke bilden ein Denkmal seines Fleißes und seiner Gründlichkeit und werden ebenso wie die oben genannten Bearbeitungen der Fische und der Korallen seinem Namen in der Wissenschaft dauernd ein ehrendes Andenken sichern. Zur Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen wurde er von der Naturwissenschaftlichen Fakultät in Tübingen an seinem siebzigsten Geburtstage zum Ehrendoktor der Naturwissenschaften ernannt. Die Medizinische Fakultät in Tübingen erneuerte ihm am fünfzigsten Jahrestag seiner medizinischen Promotion im Jahre 1909 ' Mit Unterstützung der K. Preuß. Akademie herausgegeben. Stuttgart 1884. ” Vergleiche die unten zusammengestellten Pnblikationen in den Jahres- heften des Vereins für vaterl. Naturkunde. — UBORR: 2 das Diplom unter Hinweis auf seine erfolgreiche Tätigkeit als Forscher und als Lehrer. | Ein glückliches Alter war Krunziınger beschieden. Noch be- wahrte er seine geistige Lebhaftigkeit und seine warme Liebe zur Wissenschaft. Gerne besuchte er die Jahresversammlungen der Deutschen zoologischen Gesellschaft, bei welcher er öfters Vorträge . hielt!, und nahm regelmäßig an den Versammlungen und Exkur- sionen des Vereins für vaterländische Naturkunde teil. Bei den Vereinsfesten pflegte er die Teilnehmer mit einer launigen Tischrede zu erfreuen. Im Verein für vaterländische Naturkunde war er Ehren- mitglied, ebenso in dem Württemb. tierärztlichen Landesverein, ferner in der Naturhist. Gesellschaft in Nürnberg und der Gesellschaft der naturforschenden Freunde in Berlin. Bis in das hohe Alter war KLuNnzinGek eifrig bestrebt, den Fort- schritten der Wissenschaft zu folgen und Neues zu lernen; z. B. war es ihm eine Freude, die merkwürdigen Leistungen des Mann- heimer buchstabierenden Hundes selbst: zu sehen, und dieses Ereignis gab ıhm die Veranlassung zu seiner Schrift „Ein Besuch bei dem klugen Hund Rolf nebst Parallelbeobachtungen an anderen Tieren“, der letzten, welche bei seinen Lebzeiten herauskam (Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württemberg 1914). Bei dem Jahresfeste des Vereins für vaterländische Naturkunde am 21. Juni 1914 trat plötzlich der Tod an ihn heran, als er eben eine Tischrede zur Feier des Vorsitzenden des Vereins, Prof. FrAAs, beginnen wollte. „Dem greisen Gelehrten, der keine Gelegenheit vorbeigehen ließ in Versammlungen Gleichgesinnter sich mit jugend- _ licher Frische an wissenschaftlichen Erörterungen zu beteiligen, konnte kein schöneres Ende beschieden sein, als ohne Erkrankung aus dem Leben zu gehen, umgeben von den Freunden, die sich an- läßlıch des Jahrestages des Vereins für vaterländische Naturkunde zusammengefunden hatten“ (aus dem Nachruf von Oberstudienrat Dr. Lampert im Schwäb. Merkur 23. Juni 1914). Die Todesursache war eine Herzlähmung, welche durch eine weit vorgeschrittene Ar- teriosklerose bedingt war. Einige Monate später erschien die Schrift, in welcher er selbst über sein Leben berichtete, und welche also einen passenden Ab- schluß der langen Reihe seiner Publikationen bildet, die auch in ! Verhandl. der Deutschen zoolog. Gesellschaft 1904, 1906, 1908, 1911 und 1912. — XXX — dieser Schrift alle zusammengestellt sind'. Hier findet man eine Lebensbeschreibung, welche viel ausführlicher und anschaulicher ist als ich sie hier zu geben vermochte und welche ich im Vorstehen- den vielfach benützt habe. Das Leben Professor Krunziınger’s war der Wissenschaft ge- widmet. Ihr diente er aus innerem Trieb und mit heiligem Eifer. In diesem idealen Streben war er nach Ägypten gegangen, war er so lange in dem arabischen Küstenstädtchen verweilt, und hatte er später immer vor allem die Aufgabe der Bearbeitung seiner Samm- lungen im Auge behalten. Aus diesem Streben sind seine großen zoologischen Werke hervorgegangen und eine Menge von Vorträgen und kleinen Mitteilungen, ebenso auch seine Berichte geographischer und ethnologischer Art, sowie die erwähnten Sprachstudien. Diedem wissenschaftlichen Streben blieb er treu bis zum letzten Tage seines Lebens. Neben seinen wissenschaftlichen Leistungen muß hier zum Schluß auch seines freundlichen und liebenswürdigen Charakters und seiner Herzensgüte gedacht werden, seines heiteren Humors und der gewinnenden Eigenschaften seines bescheidenen und gediegenen Wesens. In der Wissenschaft bleibt sein Andenken in Ehren, aber die Freunde und Bekannten werden seiner stets in Liebe gedenken. Veröffentlichungen Klunzingers in den Sitzungsberichten und Jahresberichten des Württemb. Vereins für vaterländische Naturkunde. Ein vollständiges Verzeichnis sämtlicher Publikationen KLUNZINGER’S ist in der oben erwähnten Schrift „Erinnerungen aus meinem Leben* (1914) ent- halten. Hier sollen nur diejenigen Arbeiten zusammengestellt werden, welche in unseren Vereinsberichten veröffentlicht sind; es sind großenteils Beiträge zur Kenntnis der einheimischen Fauna. 1880. Über das Wachstum der Korallen. S. 62-71. 1881. Die Fische in Württemberg und die Fischereiverhältnisse daselbst. Ss. 172—304. 1882. Über die Astacus-Arten (Flußkrebse) in Mittel- und Südeuropa. S. 326—342. 1883. Einiges über die Mauereidechse in Württemberg. S. 108—111. 1884. Über die Felchenarten des Bodensees. $. 105-128. 1885. Über Bach- und Seeforellen. 1896. Über die zoolog. Station in Rapallo. S. 79. 1896. Über die biologische Station in Plön. 8. 80. 1896. Über das Sammeln von „Auftrieb“. 8. 124 u. 125. 1897. Über Photographieren mit Röntgenstrahlen. $. 34. 1 C. B. Klunzinger, „Erinnerungen aus meinem Leben als Arzt und Naturforscher zu Koseir am Roten Meer“. Mit 15 Abbildungen. Zoologische Annalen 1915 (Separat im Verlag von Curt Kabitsch, Würzburg. Preis 2 Mk.). 1897. 1899, 1899. 1900. 1901. 1901. 1902. 1902. 1902. 1902. 1902, 1902. 1908. 1903. 1903. 1904. 1905. 1906. 1907. 1908. 1908. 1909. 1910. 3911, 1911. 1912. 1913. 1914. 1914. — DARAU -— Ferienstudien am Gardasee. S, 51—53. THEoDoR EiImER, ein Lebensahriß. S. 1—22. Naturgeschichtliches aus Venedig. S. 54—58. Über Zwergrassen bei Fischen und bei Felchen insbesondere. 8. 519—532, Die zoologischen Kenntnisse des Aristoteles. S. 71-73. Über die Ursachen der Farbe unserer Gewässer. S. 321—346, und 1902 S. 365370. Über das Vorkommen des Apus cancrsformis SCHÄFF. in Württemberg. S. 348—351. Über parasitische Fliegenmaden an einer Kröte. S. 371—379. Prof. Dr. med. VEESENMEYER, ein Lebensabriß. S. 53—57. Geschichte des grünen Feuersees in Stuttgart. $. 338—345. Über den Blautopf bei Blaubeuren. S. 362—364. Über die gegenwärtige Lage des biolog. Unterrichts an höheren Schulen. 8. 72—84, | Über den Vogelzug. 8. 91—92. Gangfisch und Blaufelchen. S. 255—266, 1904 S. 335—343 und 1905 Ss. 307—509. Über Melanismus bei Tieren. $. 267—297, Zum Andenken an Dr. med. StrupeL. $8. 35—43. Zum Andenken an E. v. Martens. 8. 46—50. Über die Kreuzotter. 8. 91—99. Unsere deutschen Frösche, S. 79—81. Über unsere Ratten und Mäuse. $. 35—38. Über die Stuttgarter Tiergartenfrage. S. 67. Über das Ergänzungsgesetz zum deutschen Vogelschutzgesetz von 1888. Ss. 35—40. Geschichte der Stuttgarter Tiergärten. S. 169% —217. Über die Puliciden oder Flöhe, S. 112 u. 113. Über die Beteiligung der Ratten an der Verbreitung der Pest. 8. 75. Uber die Goldfischabarten. S. 96—102. Über blaue Teichfrösche und über Nutzen und Schaden der Frösche. Ein Besuch beim klugen Hund Rolf nebst Parallelbeobachtungen an an- deren Tieren. S. 217—254. Wüstenechsen aus Biskra. S. 48—56. Eberhard Fraas, Zur Erinnerung an Eberhard Fraas und an sein Werk. Gedenkworte von J. F. Pompeck;. Am 9. März 1915, in früher Nachmittagsstunde füllte eine dicht- gedrängte Schar die Feuerbestattungshalle auf dem Pragfriedhof von Stuttgart. Draußen trübgrauer Wintertag mit leisem Flockentanz, drinnen wehmutsernste Scheidestimmung. EBERHARD FrAAs, der am 6. März verschieden war, der treue Sohn Schwabens, der hoch- geschätzte Erforscher der schwäbischen Heimaterde, wurde zur letzten Ruhe geleitet. An der blumenverhüllten Bahre wurde Kranz um Kranz dem Toten geweiht. Von den Lippen und aus den Herzen seiner Freunde — von seinem ältesten, unserem Pfarrer Dr. Engel, bis zum jüngsten neugewonnenen, einem Schüler seines Gymnasiums — klangen die Worte tiefster Trauer, bleibender Freundschaft, die Worte höchster Anerkennung und des Dankes. Unter weihevollen Klängen sahen wir den Sarg zur Tiefe sinken; EBERHARD FrAAS war von uns geschieden. — Dem Freunde, dem Kollegen und Nachbarn hier für unseren vaterländischen Verein den letzten Kranz zu winden, wurde mir die Aufgabe, — den letzten Kranz, zu dem er selbst mir die Lorbeer- reiser und -blätter in die Hand gegeben durch sein Wirken, durch seine Arbeit und Art. Für uns alle vom Verein flechte ich den Kranz und reiche ihn ernstbewegt dem Freunde. Professor Dr. EBERHARD Fraas, Konservator an der Königlichen Naturalien-Sammlung zu Stuttgart — ein Name tönt, und ein Amt nenne ich. Aber ein Name, der — wie jener des Vaters — durch sein ganzes Heimatland als der bekann- testen einer, als einer der besten klang, der weit über die Heimat hinaus bei den Paläontologen und Geologen geachtet, hochgeschätzt war. Und ein Amt, wie selten eins erfüllt war — nicht nur Kon- servator, Erhalter dessen, was ihm zur Hut übertragen, war er, sondern erfolgreichster Mehrer der Schätze, die ihm anvertraut waren; ein Amt, dessen Erfüllung ihn landestümlich machte, wie es andern zu werden nur schwer gegeben sein kann. Darum, als die Botschaft seines Todes durchs Land ging, schmerzlichste Bewegung überall: Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. [0 =. ARRIV Schwer der Verlust und viel zu früh — kaum 53 Jahre war er alt, als die unbarmherzige Hand des Todes ihn geschlagen. Am 26. Juni 1862 wurde EBERHARD FrAAS in Stuttgart geboren. Er war seines Vaters Oskar Fraas, des um Schwabens Geologie hochverdienten damaligen Konservators am Stuttgarter Naturalien- kabinett, zweiter Sohn. In seiner Vaterstadt besuchte er das Eberhard- Ludwig-Gymnasıum. Neben der Schule ward ıhm der Vater Lehrmeister. Die seit dem Großvater, dem Balinger Dekan, in der Familie FraAs erbliche Neigung für die in Schwaben durch QUENSTEDT und seinen Schüler Oskar Fraas volkstümlich gewordene Geologie steckte dem jungen Esrruarn im Blute. Früh wurde er des Vaters Genosse auf den Wanderungen durchs Land und früh ward er heimisch unter den Wesen der Zeiten „Vor der Sintflut“ ' im Naturalienkabinett. 1882, im Herbst, bezog er die Universität Leipzig, um Geologie und Mineralogie zu studieren. ÜREDNER und ZIRKEL waren dort seine Lehrer. ÜREDNER, der vor kurzem verstorbene Leipziger Geologe, durch seine „Elemente der Geologie“ — damals das einzige moderne Lehr- buch des Faches in Deutschland — der Lehrer der Geologie stand in seiner vollsten Kraft; sprudelnd lebhaft, hinreißend wirkte er im Hörsaal und bei Exkursionen durchs sächsische Bergland. Neben ihm stand der bedächtigere ZırkeL, der eine Lehrmeister der Petro- graphie. Bei diesen beiden trieb FraAs seine ersten, systematisch- grundlegenden Studien, zu denen weitere Anregung durch die Geo- logen der sächsischen Landesanstalt kam. Aber der junge Student mit seiner überströmenden Kraft und der schäumenden Lust am Leben war nicht nur in Hörsälen und Laboratorien zu Haus und auf Exkursionen zu finden. Er zollte auch der „lustitudo studentica® vollen Tribut; davon erzählten die flotten Schmisse, welche seine Wange zierten. Ostern 1884 ging er nach München. Bei Zırret, dem großen Münchener Meister, trieb er paläontologische Studien. Mit RoTHPLETZ zog er in die Alpen und sah unter dessen Führung sich die wissenschaft- liche Wunderwelt des Gebirgs erschließen; bei GroTHu wurden die mineralogischen Arbeiten fortgesetzt. 1886 erwarb er sich mit einer paläontologischen Arbeit über Juraseesterne die Würde und den Hut eines Münchener Doktors der Philosophie — wirklich den Hut; es war dort damals noch Sitte, daß der eben promovierte Doktor mit dem Hute geschmückt und — mit einem Degen umgürtet wurde. ' So hieß Oskar Fraas’ früher vielgelesenes Buch über die Erdgeschichte. — XXıXV — Fraas blieb zunächst in München, widmete sich weiter paläontologi- - schen und alpengeologischen Arbeiten und habilitierte sich 1888 an der Universität für Geologie und Paläontologie. In München gründete er auch — 1889 — den eigenen Haus- stand. Eine Tochter, des Schwabenlandes, EuGEnıE ScHoLL aus Nür- tingen, wurde seine Weggenossin fürs Leben; mit der einzigen, ihr gebliebenen Tochter, trauert sie um den treubesorgten Gatten. Nur kurz währte die Münchener Privatdozentenzeit. Zum Sommer 1891 ging Fraas als Assistent ans Naturalienkabinett nach Stuttgart, und 1894 wurde er als Nachfolger seines sich zur Ruhe setzenden Vaters Konservator der geologisch-paläontologischen und minera- logischen Abteilung dieses Stuttgarter naturwissenschaftlichen Instituts. Der Vater konnte sein Werk in des Sohnes Hände geben, und er gab es in die besten! Wohl ist Fraas damals der Verzicht auf die Laufbahn eines akademischen Lehrers nicht leicht gefallen, und manches Mal sann er noch später dem aufgegebenen Wege nach. Aber der Verzicht ‘ wurde ihm gelohnt: In seiner fast völlig ungebundenen Stuttgarter Stellung konnte er ganz ungehemmt seinen Neigungen nachgehen. Das Glück, festgewurzelt und sicher auf Heimatboden zu stehen, die Tradition und das Ansehen des Namens Fraas, die ererbte und erworbene Schätzung, welche er bei dem großen und stets weiter werdenden Freundeskreis im Lande fand, konnten ihn für das Auf- gegebene voll entschädigen. Auf heimatlichem Boden wuchs ihm Kraft und Leistung. Eine ungewöhnlich reiche wissenschaftliche Tätigkeit entfaltete er hier. Das Naturalienkabinett mit seinen Schätzen bot ihm unerschöpflichen Stoff, den er durch seine glänzende Sammeltätigkeit um immer neue Kostbarkeiten aus Schwaben und dem Auslande vermehrte. Der Paläontologie Schwabens war der Hauptteil seines Lebenswerkes gewidmet. Wie der Vater so bevorzugte auch der Sohn für seine Studien die Wirbeltiere; kein Wunder — ist ja doch an solchen die Stuttgarter Sammlung und der Boden des Württemberger Landes besonders reich. In meisterlicher Darstellung hat er vor allem die Labyrinthodonten und dann die Reptilien aus Trias und Jura uns geschildert. Doch auch Fische und Säuger und so manches andere hat er beschrieben. Seine vielen bedeutsamen Arbeiten, welche immer neue Belehrung und Anregung brachten, haben ihm das be- rechtigte Ansehen eines der erfahrensten Paläontologen gegeben. Im Kreise seiner Fachgenossen durfte er sich durch seine Arbeiten mit c* — XXXV — Recht höchster Schätzung erfreuen. An dem modernen Ausbau der Wirbelpaläontologie nach der Richtung der Paläobiologie hat er großen und bestimmenden Anteil gehabt. Groß ist auch die Zahl seiner Arbeiten zur Geologie Schwa- bens. Da hatte es ıhm die Trias angetan. In ausgedehnter Auf- nahmstätigkeit hatte er sie von Grund aus kennen gelernt und aus ihrem Boden hatte er ja so manchen Saurier ausgegraben, da war’s natürlich, daß sie und ihr Werden vor anderen schwäbischen For- mationen ihn fesselte. Doch auch Älteres und Jüngeres als die Trias nahm er unter Hammer und Feder. Und mit Branca hat er durch mehrere Jahre an den Vulkanrätseln aus der Tertiärzeit des Landes — im Ries und Steinheimer Becken — gearbeitet. Kein anderes Gebiet heimischer Geologie blieb von ihm unberührt. Und willig stellte er sein Wissen, seine Vertrautheit mit dem schwäbischen Boden — wie bei Fragen der Wasserversorgung Stuttgarts und anderer Gemeinden, bei Eisenbahnbauten — auch in den Dienst des öffentlichen und privaten Interesses. Nicht in Württembergs Grenzen allein war sein Hammer un- ermüdlich tätig — weit darüber hinaus hat er ihn rührig geführt. Die Lust am Wandern, auch ein Erbe des Vaters und vom Vater auf Wanderungen und Reisen genährt, führte ihn weit in der Welt umher: Er war in Frankreich und Spanien, in Italien, Sizilien und auf Sardinien, in den Karpathen und in Serbien, im Westen Nord- amerikas hat er die Dinosauriergräber besucht, zweimal war er in Ägypten, und nach Ostafrika lenkte er seinen Weg. Es war nicht immer nur theoretisch-wissenschaftliches Interesse, das ıhn den Wanderstab in die Hand nehmen ließ, mehrfach waren es Fragen, bei welcher die Geologie der Industrie die helfende Hand zu bieten hat. Stets aber brachte er von seinen Reisen reiche wissenschaft- liche Beute, viel neue wissenschaftliche Erfahrung heim. In manchen Abhandlungen, in zahlreichen, genußvollen Vorträgen hat er über seine Reisen berichtet. Von einer der Reisen brachte er — aus Deutsch-Ostafrika — das Überraschendste heim: Knochen riesiger Dinosaurier aus Ostafrika, leider brachte er wohl auch von dort den Keim des Todes mit. Seines Amtes als Vorstand einer wissenschaftlichen Sammlung hat EBERHARD FraAAs mit einem Erfolg gewaltet, wie ihn nicht leicht ein anderer erzielen wird. Die geologisch-paläontologische Samm- lung des, wie so manches andere Museum aus einer fürstlichen Raritätenkammer entstandenen, Naturalienkabinetts war schon eine -—— AXXVU — der reichsten Sammlungen Deutschlands, als Fraas der Helfer seines Vaters wurde. Wie hat er sie hinterlassen! Durch ihn ist sie an Schätzen, besonders an fossilen Wirbeltieren, einzig reich geworden, eine der bedeutendsten der Welt. Er verstand es, das Schönste und Beste im Lande den Weg nach Stuttgart nehmen zu lassen. Die Tradition QuEnstepr’s und seines Vaters, die Freude am Sammeln, hat er im Lande eifrigst und mit großem Geschick gepflegt; das trug gute Früchte, und die Sammler rückten — wenn auch schweren Herzens — ihre Kleinodien für die „vaterländische“ Sammlung heraus. Jeden wußte er für seine Sammlung zu interessieren; bis in die Schützengräben hinein hatte er seine Sammlerfreunde, die ihm schöne „Kriegsversteinerungen“ — wohl die letzte Freude seines Lebens — schickten. Jeder im Lande kannte „den Fraas“, „den Eberhard“, und was der wünschte, das wurde sein, „seiner“ Sammlung Besitz. Wenn er bieder freundlich den Steinbrucharbeitern in Aixheim ein Fäßle Bier oder einen Schinken „wichste“, oder deren Kindern Leb- kuchen — nach dem Episternum von Labyrinthodonten geformt — schenkte, so öffnete ihm das leichter die Herzen und die Hände, als wenn andere freigebigst Geld ausstreuten. Und galt es Kost- bares zu erwerben, wozu die Mittel des Kabinetts nicht ausreichten, da wußte er die Hände zu öffnen und Goldbächlein fließen zu machen. Aus dem Ungezählten, das während seiner Leitung der geo- logisch-paläontologischen Sammlung zufloß, sei nur einiges genannt: Der erste Ichthyosaurus mit Haut und ein Ichthyosaurierkind mit Haut, neue Mystriosuchus aus Aixheim, Schildkröten aus dem Keuper und herrliche Dinosaurier, die beiden prächtigen Plesiosaurier aus dem Lias &, ein Campylognathus aus Lias e und das vollständige Mammutskelett von Steinheim a. d. Murr, die Saurier aus England, Dinosaurier aus Afrika und Amerika und die prachtvollen Säuger — Urwale, Seekühe, Elefantenahnen, Arsinoitherium-Schädel, die Affenreste — aus Ägypten, und vieles andere. Seine Sammlung war ihm ans Herz gewachsen — und sie mußte das ja sein. Man fühlt seinen Stolz, wenn man die mit prächtigen Bildern geschmückte Festschrift sieht, welche er 1896 der Deutschen Geologischen Gesellschaft zu ihrer Stuttgarter Ver- sammlung widmete. Da sind nur die Trias-Saurier und Stegocephalen der Sammlung zusammengestellt zu einem köstlichen Geschenk; schon damals ein blendender Reichtum — wie anders würde solche Gabe heute aussehen! — XXXVN — Fraas hütete und mehrte die Sammlung des Naturalienkabinetts mit sorgender Liebe. Aber er brütete nicht wie ein neidiger Fafner auf seinen Schätzen, mit größter Weitherzigkeit stellte er sie den Fachgenossen für wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung. Das danken ihm viele. Und mit vollen Händen gab er aus seinen Vorräten an die Schulen im Lande und half damit weiter, hier die Freude an den Versteinerungen zu pflegen — und die Stuttgarter Sammlung populär zu machen. Seine Sammlung ersetzte ihm das, was er durch den Verzicht auf die akademische Laufbahn aufgegeben hatte. Ganz hat er auf das Lehren übrigens doch nicht verzichtet... Im Sommer 1899, nach Branca’s Weggang von Hohenheim, hat er dort durch ein Semester Geo- logie gelesen, und während des ersten Kriegswinters hat er an dem Gymnasium, dessen Schüler er einst war, aushelfend einen Teil des naturwissenschaftlichen Unterrichts gegeben. Wie sehr er die jugend- lichen Gemüter zu gewinnen wußte, sagte an seiner Bahre einer seiner Schüler. | Der Tätigkeit des Forschers und des Sammlungsvorstandes reiht sich würdig die an, welche EBERHARD FraAs als Förderer des wissenschaftlichen Lebens in Württemberg ausübte. In unserem „vaterländischen Verein“, im Vorstand desselben, wurde er schnell eine der führenden Persönlichkeiten und führte zeitweilig (1911—14) den Vorsitz. Ein gut Teil seines Wirkens war dem Verein gewidmet. Davon zeugen die „Jahreshefte“, in deren jedem seit 1888 Abhand- lungen und Vorträge von ihm enthalten sind, die unvergänglichen Denksteine seines Schaffens. Durch seine mehr als 50 Vorträge bei den Versammlungen des Vereins und der Zweigvereine (wie in vielen anderen Vereinen des Landes), in welchen er über seine Arbeiten, oder Reisen, oder über neue Funde berichtete, oder zu wissenschaftlichen Tagesfragen sprach, hat er seiner Wissenschaft hier im Lande viele, große Dienste geleistet. Er sprach ohne besondere rednerische Auf- machung, schlicht und klar. Er besaß die Gabe, leichtverständlich zu wirken. Er fesselte seine Zuhörer, denn man fühlte, wie er selbst in dem Stoff, den er behandelte, lebte und in ihm aufging. Neben unserem vaterländischen Verein lag ihm namentlich der Öberrheinische Geologische Verein am Herzen, bei dessen Versamm- lungen er ein ständiger Gast war, so wie man ıhn auch oft bei den Versammlungen und Exkursionen der Deutschen Geologischen Gesell- schaft traf, zu deren Beirat er mehrere Jahre gehörte. Im Württem- bergischen Anthropologischen Verein gehörte er eine Reihe von Jahren — AXXIX — hindurch dem Vorstand, seit Herbst 1904 als erster Vorsitzender, an, und in der letzten Zeit war er auch erster Vorsitzender der Gesell- schaft Deutscher Naturforscher und Ärzte. Der neugegründeten Paläontologischen Gesellschaft gehörte er als Beirat des Vorstandes an. Man freute sich, wenn Frıas an Versammlungen teilnahm. Mit Leib und Seele war er bei der Arbeit der Vereinssitzungen, aber auch bei den geselligen Veranstaltungen machte er fröhlich mit. Er ging der Freude nicht aus dem Wege und verschmähte es auch nicht, mit Freunden beim guten Tropfen des Schlags der Stunde nicht zu achten. Er war Kenner. Auch das hatte er vom Vater, der ja lange Zeit in Hohenheim Weinbau gelehrt hatte. Besonders wohl war’s ihm unter seinen schwäbischen Freunden. Im „Schneckenkranz“ in Stuttgart oder bei den Zusammenkünften des „Steigenklubs“ in Plochingen da war er mit ganzem Herzen, voller Fröhlichkeit unter den Seinen zu Hause. Seine schlichte, jeder Überhebung bare, seine frohsinnige Art gewann ihm überall Freunde, die jetzt um ihn trauern. Auf einer Reise nach Deutsch-Ostafrika — 1907 — befiel ıhn eine schwere Dysenterie. Trotz ihrer machte er sich schwer krank auf den Weg zum Tendaguru, zum Dinosaurierlager; es gab eben _ für ihn, im Bewußtsein der Stärke, kein „unmöglich“. Mehrfach nach seiner Heimkehr wurde er aufs Krankenlager geworfen, schweren Operationen mußte er sich unterziehen. Immer genas er glücklich und schien, was er einst war, der starke Eichbaum, den kein Sturm erschüttern konnte. Schein —; Krankheit nagte immer wieder an seiner Kraft. Im Februar dieses Jahres traf ihn ein neuer Anfall — es schien eine Erkältung, eine Influenza; es war mehr, die Kraft versiegte schnell. Am 6. März, nach Tagen qualvoller Schmerzen, wurde er dahingerafft, der starke Mann, einst das Urbild der Kraft! Und welch tragisches Geschick: er hier rang mit dem Tode, da fällte im Argonnerwald die tückische Kugel unseres Erbfeindes ihm den einzigen, blühenden Sohn, der freudig in den heiligen Krieg gezogen war. Der Vater, den vor Jahren der herbe Schlag getroffen, seinen Erstgeborenen zu verlieren, welchen er sich als Erben der wissenschaftlichen Dynastie Fraas erhoffte, erfuhr des zweiten Sohnes Heldentod nicht mehr. Vater und Sohn nun im Tode vereint. Einsam trauert die Witwe mit der Tochter um den Gatten, den Sohn. Mit ihr trauern die Freunde und Kollegen von EBERHARD Fraas. Er ist gegangen, sein Gedächtnis wird bleiben! FIT Die wissenschaftlichen Arbeiten von Eberhard Fraas'!. 1. Paläontologie. Die ganz überwiegende Mehrzahl der wissenschaftlichen Arbeiten FrAaAs’ ist der Erforschung des Lebens der Vorzeit gewidmet. Kein Wunder. Vererbung, eigene Neigung und der glückliche Zwang der Umwelt mußten ihn zum Paläontologen schmieden. Das stete Leben inmitten der reichen Schätze des Naturalienkabinetts, die unerschöpf- lichen Fundgruben des kleinen, aber für uns so reichen Landes, in welchem ihm jede Zone, jeder Winkel wohl vertraut war, mußte mit. bestimmender Gewalt ihn zum Untersuchen, zum Beschreiben und zum Deuten der Wesen aus den Zeiten hinter uns antreiben. Solch glück- lichen Umständen verdanken wir die Fülle paläontologischer Arbeiten aus FraAs’ Feder. Fast alle seine Arbeiten gründen sich auf schwäbisches Material, das er zu erklecklichem Teile selbst gesammelt oder doch für das Naturalienkabinett gewonnen hat. Nur selten griff er in seinen Arbeiten auf ausländische Stoffe hinüber; und auch da bilden die Grundlage des Erörterten — mit ganz wenigen Ausnahmen — Stücke, welche dem Bestande des Naturalienkabinetts zugehören, wie die Versteinerungen aus Deutsch-Ostafrika und Ägypten. In allen seinen Arbeiten begegnen wir vorbildlicher Sorgfalt. Viel hat er das Mikroskop zu Hilfe genommen. Das trug gute Frucht. Nicht nur den Bau zahlreicher Hartgebilde hat er auf solchem Wege aufgeschlossen, sondern uns auch die Struktur ‚‚versteinerter‘‘ Weich- teile — der Muskeln und Haut von Tintenfischen und Sauriern (5, 1889; 20, 1888; 21, 1891) — fast in der Reinheit histologischer Präparate von rezenten Gebilden klargelegt. Einfach, sachlich und klar, wie es seine Art zu sprechen war, hat er seine Arbeiten geschrieben. Vagen Tüfteleien, wie sie mit müh- samem Geistreichtum von manchem gern und übereilt in die Welt gesetzt. werden, um bald noch ‚Geistvollerem‘‘ zu weichen, war er abhold. Er folgte den Notwendigkeiten, auf welche sein Material ihn wies, und wurde damit der getreue Dolmetscher der Natur und ihrer wahren Wege. Ich verweile bei den paläontologischen Arbeiten etwas länger und skizziere das Wesentlichste ihres Inhalts und ihrer Ergebnisse, um zu verfolgen, nach welchen Richtungen wir FrAAs neue Stoffe und neue Auslegungen verdanken. Wenn ich so von dem in Nachrufen viel üblichen Wege, Themen aufzuzählen und mit Lob zu verbrämen, abweiche, so glaube ich, den Freunden EBERHARD’s hier im Lande einen erwünschten Dienst zu leisten. Und vielleicht wird es auch manchem Fachgenossen außerhalb Schwabens ein liebes Erinnern sein, wenn er so das Lebens- werk des Heimgegangenen an sich vorüberziehen sieht. Schließlich und vornehmlich verdient es der dokumentarische Charakter der FrAAS’schen 1 Die Ziffern und Jahreszahlen beziehen sich auf das angehängte Ver- zeichnis der Fraas’schen Schriften. Die Fußnoten sind zumeist erläuternde Zusätze nach anderer Literatur resp. anderem Material. — XL — Arbeiten, welcher ihnen unvergänglichen Wert sichert, daß sie anders als nur flüchtig erwähnt werden. Die besprochenen Arbeiten sind nach Stoffen geordnet worden. Damit scheint der Einblick in die Entwicklung des Paläontologen und Geologen FrAAs ja wohl verhüllt, nicht hell genug ermöglicht. Es ist ja selbstverständlich, daß mit stetig reicher werdender Erfahrung und Ver- tiefung sich der Blick FrAAs’ weiten mußte, daß er immer mehr zu umfassen wußte. Aber bei seinem steten Zurückhalten gegenüber der allzufreien Spekulation und bei der Sorgsamkeit, der vielseitigen Prüfung des Stoffes, welche seine Erstlingsarbeiten ebenso wie seine letzten kenn- zeichnen, geht durch alle seine Arbeiten der gleichbleibende Zug des sicher fundamentierten Bauwerks, dessen monumentaler Schmuck die Einfachheit wissenschaftlicher Wahrheit ist. Echinodermen. Seine Sporen auf dem Gebiete der Paläontologie verdiente FRAAS sich durch eine Arbeit über die Seesterne im Weißen Jura Schwa- bens und Frankens (1, 1886), welche ihm außerdem den Münchener Doktorhut brachte. Man kann diese Studie in der Art ihrer Aus- führung als programmatisch für die meisten seiner folgenden paläonto- logischen Arbeiten ansehen: Die mikroskopische Untersuchung des Skelettbaus (hier der Echinodermen überhaupt) leitet sie ein; Aus- einandersetzung des klassifikatorischen Wertes der Skeletteile folgt und dieser die morpholegische Untersuchung der Individuen. Bei allen Teiluntersuchungen wird gebührende Rücksicht auf die Früchte vorangegangener Arbeiten anderer genommen. Das schöne Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung des Skelettes der Echinodermen ist das: Die Anordnung der Kalkelemente des feinstmaschigen, zierlichen Gitterskeletts folgt mechanischen Einwirkungen; es leuchtet die An- ordnung der Skelettelemente nach der Beanspruchung durch den der Bewegung dienenden Zug von Muskel- und Bindegewebsfaserzügen durch. Für die systematische Unterscheidung der Asterien findet er, daß die Ambulakralbalken innerhalb der Gattung von gleicher Form bleiben; die Arten lassen sich dann nach den Formen der in der äußeren Schicht des Mesoderms ausgeschiedenen Rand-, Zwischen- und Deckplättchen der Arme unterscheiden. Die Gattungen Astropecten und Pentaceros mit ihren wenigen Arten werden unter dem Material vor- herrschend erkannt, neben welchen die problematischen Reste — Einzel- täfelchen — von Quexsteor's Asterias digitata, der Sphaeraster und Sphaerites! besprochen werden. In einer kurzen Mitteilung erörterte FrAAs ein eigenartiges Vor- -kommen des zierlichen Schlangensterns Aspidura scutellata« im Crails- heimer Muschelkalk (2, 1888). Die kleinen Körperchen, mit einem Kranz von Kalkspatskalenoedern auf der Oberseite (nicht Mundseite) der Scheibe liegen oftmals in Gruppen auf Steinkernen von Myophorien. ! Nach reichlicheren Resten hat Fr. ScHönnorrF Sphaerites später als einen hochglockenförmigen Seestern mit ganz gekürzten Armen rekonstruieren können. — AL — Sie erwecken den Eindruck, als hätten sie sich unter die Muschel- schalen geflüchtet und wären dann dort zugrunde gegangen; die Muschelschalen aus Aragonit sind später aufgelöst — darum die Stein- kerne; die Kalkspatskelette der Ophiuren blieben erhalten, resp. wurden sie umkristallisiert '. Zu vereinzelten Malen hat FraAs auch später noch den Echino- dermen seine Aufmerksamkeit zugewendet durch Besprechung neuerer Funde. Namentlich die Pentacrinen (4, 1910; 92, 1901) beschäftigten ihn, deren Kolonien z. B. in unserem Lias & teils als Crinoideen-Rasen gedeutet werden, teils — nach Funden an verkohlten Stämmen — an Treibholz geheftete Gruppen von Individuen, welche pseudoplanktonisch das Posidonomyenschiefermeer durchsegelten. — Die des öfteren an Stielen von Encrinus, Apiocrinus, Millericrinus (‚‚nie‘‘ an Pentacrinus, weil diese Gattung „pseudopelagisch‘‘ ist) zu beobachtenden Verdickungen erklärt Fraas nach dem Vorgange von L. von GRAAF als Wucherungen, welche durch parasitär lebende Würmer, Myzostomiden, hervorgerufen wurden, die die Stiele der Seelilien anbohrten (3, 1898). Wenn Fraas sich auch in seinen zahlreichen Vorträgen vielfach mit Material von wirbellosen Tieren beschäftigte, ich erinnere z.B. an den Vortrag über Glasschwämme und die Schwammriffe im Weißen Jura (7, 1897) und an manche Fundberichte, — so hat er doch nur wenige weitere Einzelüntersuchungen über Wirbellose hinterlassen, sein größeres Interesse lag auf dem Gebiet der Wirbeltiere. Doch an zwei kleinere Arbeiten über Wirbellose sei hier erinnert. Cephalopoden. Wir kennen in großer Zahl aus unserem Lias & die Schulpe der „Loliginiten‘‘, dibranchiater Tintenfische. Vom Weichkörper des Tieres findet man häufig den in Gagat erhaltenen Tintenbeutel; hin und wieder sieht man auch — weißlich erhalten — Spuren der Mantel- muskulatur. Ein Glücksfall spielte FraAs ein ganzes, flachgedrücktes Tier eines solchen Tintenfisches in die Hand, das er als Geoteuthis Zitteli ! Diese Vorkommnisse gemahnten mich an eine schöne Beobachtung von J. M. CLARKE aus dem nordamerikanischen Unterdevon. Zahlreiche Skelette von Devonaster wurden mit und in Muschelschalen gefunden. Die Seesterne hatten, wie sie es heute gerne tun, die Muscheln abgetötet, sie ausgefressen und waren dann — viele in den Muschelschalen — abgestorben. Eine gleiche Erklärung scheint für die Crailsheimer Vorkommnisse nicht ganz angängig. Die Ophiuren kommen hier, nach freundlicher Mitteilung von Herrn Hofrat BLEZINGER, an- scheinend immer so unter (aufgelösten) Einzelklappen von Myophorien vor, daß deren gewölbte Seite nach oben weist. Das spricht ja mehr für Fraas’ Deutung. Eine unveröffentlichte Auslegung von GEoRrG BöHnm, welche Herr Hofrat BLEZINGER mir freundlich mitteilte, besagt: die Ophiuren hätten — abgestorben — ursprünglich draußen auf den Myophorienklappen gelegen, wären dann später bei Auflösung der Muschel-Aragonitschalen (im fertigen Gestein) nach unten gesunken und lägen darum nun auf den „Steinkernen“ der Muscheln. Ich bemerke, daß öfters der Hohlraum über dem „Steinkern“ höher ist, als er der normalen Dicke der Myophorienschale entsprechen sollte. =. ‚Sul: = aus einem „Laibstein‘‘ das Lias e von Schomberg beschrieb (5. 1889). Der vollständige Umriß des Mantelsacks ist erhalten mit Schulp und Tintenbeutel, ebenso der kuglige Kopf mit Spuren der großen Augen, des Kieferapparates, mit auffallend kurzen fleischigen Armen, die nicht mit Haken bewehrt waren, sondern Saugnäpfe getragen haben müssen. Wie ein zoologisches Präparat liegt das Tier da, und mit den Haut- Ichthyosauriern (s. u.) ist es ein schönes Beispiel dafür, wie im Meer das Lias & Tierleiber von dem weichen Gesteinsbrei so dicht (und schnell?) umschlossen werden konnten, daß der Fäulnis- (nicht Ver- wesungs-)prozeß die Weichteile nicht ganz zu zerstören vermochte. Es gelang, an diesem Stücke die z. T. in phosphorsaurem Kalk er- haltene Muskulatur des Mantels in köstlicher Deutlichkeit durch das Mikroskop aufzuschließen; einer der bis jetzt wenigen Fälle, in denen das mit gutem Erfolg möglich gewesen ist. Coelenteraten. Im marinen Alttertiär Ägyptens, in der Mokattamstufe des Fayum, kommen sehr zahlreich eigentümliche Gebilde vor. Sie sehen etwa aus wie ein dick umkrusteter, grobzackiger Hahnenkamm, in dem ein röhriger Hohlraum hineinzieht; mehr oder weniger regelmäßig können seitliche Hörner angewachsen sein. CH. MAyEr-EyMmAr, der alte Züricher Sonderling, hat diese Körper unter dem Namen Kerunia cornuta als merkwürdige Gephalopodenreste beschrieben, als Phragmokone .Delosepia- ähnlicher Tiere oder auch als Argonauta-artige Reste. OPPENHEIM erkannte hierin Umkrusturgen, welche von Hydractinien um Schnecken- schalen und anderes ausgeführt wurden. Im Hildesheimer Römer- Museum sah FraAAs eine rezente Hydractinia calcarata vom Fidji-Archipel, welche die Form der von ihm vielgesammelten Kerunien zeigte. Er unter- suchte das Stück, schnitt es auf und fand: eine eingerollte Serpula-Röhre, welche nach Schalenresten einem Einsiedlerkrebs, Pagurus, als Wohn- röhre gedient hatte, war von einer Hydractinienkolonie dick umkrustet, die Kolonie war über den Vorderrand der Wurmröhre hinausgewachsen und setzte von da ab die Wohnröhre des Krebses fort. Ein Beispiel für die Symbiose zwischen dem Einsiedlerkrebs und der Polypenkolonie. Gleiches beobachtete FraAs noch öfters; er sah am Strand bei Ostende Natica castanea-Schalen, bewohnt von Fupagurus Bernhardi und weit über den Mundrand der Schnecke umkrustet von einer Hydractinie. Das Kerunia-Problem ist damit endgültig gelöst (6, 1911). Fische. Durch eine Anzahl kleinerer Aufsätze vermehrte FrAAsS unsere Kenntnis von fossilen Fischen. So beschrieb er uns den auch für die Bildungsgeschichte des Buntsandsteins wertvollen ersten schwäbischen Fund eines Ceratodus-Zahns (O0. priscus E. Fr.) aus dem mittleren Buntsandstein von Höfen bei Wildbad (8, 1904). — Die als „Ceratodus heteromorphus Ac.‘‘ bezeichneten Gebilde aus den Trias-Bonebeds — auf dreiflügeliger Basis sitzt ein gekrümmter Haken, das Ganze zeigt den Bau eines Plakoidzahnes — erkannte er als nicht zu Lungen- — RN fischen gehörend, sondern als die Kopfstacheln von Haien, von Hybo- donten und Acrodonten; die Benennung Hybodonchus, Acrodonchus, Sphenonchus wird für diese Dinge vorgeschlagen (9, 1889). — Wir verdanken ihm die Beschreibung der ersten vollständigeren Skelette des sonst meist nur nach Zähnen, Flossen- und Kopfstacheln und zerfallenen Skelettstücken bekannten Haies Hybodus, eines H. Hauffi E. Fr. von Holz- maden (10, 1895; 11, 1896), aus unseren Posidonomyenschiefern!. Eines der Skelette, das eines Männchens mit guterhaltenen Begattungsorganen, den Pterygopodien an den Bauchflossen, überliefert uns sehr deutlich die Ursache seines Todes: etwa 250 Belemnitenrostra liegen dicht ge- packt in der Magenregion (74, 1900). — Die Wirbelsäule eines anderen heterodonten Haies, des kleinen Cestracioniden Palaeospinax Smith Woodwardi E. Fr., eines Männchens, lehrt er uns ebenfalls aus den Posidonomyenschiefern Holzmadens kennen (11, 1896). — Aus diesen Posidonomyenschiefern des Lias &, in welchen so vieles an Wirbeltieren bei uns plötzlich, unvermittelt auftritt, bereitet uns FRAAS eine weitere Überraschung: Reste von Holocephalen, Chimaeriden, beschreibt er (12, 1910). Man kannte bei uns Chimaeriden-Reste bis dahin als große Seltenheiten nur aus den Flachwasserbildungen der Eisenerze des Braunen Jura $# und der Plattenkalke des obersten Weißen Jura von Nusplingen und Eichstätt-Solnhofen. Nur aus England — dort aus dem unteren Lias — waren ältere Reste von Chimaeriden bekannt. Acanthorina Jaekeli nennt FrAAS den einen neuen Typus. Das Kopf- skelett mit den eigenartigen Schneide- und Reibzahnplatten, der Schulter- gürtel und der lange, leicht gebogene, glatte, am oberen Hinterrande mit feinen Zähnchen besetzte Flossenstachel der vorderen Rückenflosse mit der zugehörigen Knorpelbasis sind erhalten. Die Nasenregion ist nach vorne in ein spitzes Rostrum ausgezogen. Das erinnert an die heute in den Tiefen des nordatlantischen und nordpazifischen Ozeans lebende zierliche Harriotia. Aber das. Rostrum von Acanthorina ist stark ver- kalkt, durch zwei nach vorne in die feine Spitze zusammenlaufende Leisten fest versteift; auf der Unterseite der Leisten trägt es rechts und links eine Reihe flacher Zähne. Das ist weder bei Harriotia der Fall, noch bei Sgwualoraja des englischen Lias. Die letztere hat zwar auch ein verlängertes, aber durch einen medianen Knorpelstab ge- stütztes und stumpferes Rostrum; dazu trägt sie einen schlanken langen Stirnstachel, während Acanthorina einen nur ganz kurzen, krummen Stirnhaken besaß. Von einer anderen Chimaeridenform wird ! Das vollständigste Skelett von Hyb. Hauffi, das eines Weibchens, mit vollständiger Hautumrabmung beschrieb E. Koken, Geol. u. Pal. Abh. N. F. Bd. 5. H.5; es liegt in der Tübinger Sammlung. Ben ? Das Stück ist abgebildet bei Campp. BRown, Über das Genus Hybodus; Palaeontogr. Bd. 46. Taf. 16. — Mit den so überaus vielen gefressenen Belem- niten ist dieses Tier übrigens ein sehr hübscher Einwurf gegen die mindestens absonderlich zu nennende Meinung JAERKEL’s, die Belemniten hätten mit ihrem Rostralteil wie eingesenkte Pfähle im Boden gesteckt. Hat denn das gefräßige Vieh diese 250 Belemniten feinsäuberlich wie Rüben nacheinander aus dem Boden gezupft, ohne zu merken, daß es allmählich Magendrücken bekam ? — XLV — ein sehr langer, schlanker ‚lIchthydorulith‘‘, ein Flossenstachel, als Myriacanthus bollensis E. Fr. beschrieben; seine Oberfläche ist durch schmelzglänzende Placoidzähnchen fein und dicht gekörnelt, die Hinter- ränder sind mit feinen Hakenzähnchen besetzt!. — Bei der Beschrei- bung einer ganz riesigen, über 2 m langen Säge von Propristis Schweinfurthi Dam. aus dem oberen Eocän des Fayum (13, 1907), deren vorderes Viertel mit kurzen in Alveolen stehenden Zähnen besetzt ist, konnte Fraas die Übereinstimmung dieser Form mit den nur auf kleinere Fragmente und einzelne Zähne gegründeten Amblypristis cheops Dam. und Kopristis Reinachi v. STROMER erkennen. Propristis Schweinfurthi war nach der Länge der Säge der gewaltigste aller Säge- fische, jener haiförmig gestalteten Rochen mit überlangem und mit Seitenzähnen bewährtem Rostrum. Stegocephalen. Es war Fraas’ Erstlingsarbeit auf dem Gebiet der Wirbeltier- paläontologie, daß er sich der Untersuchung der Labyrinthodonten der schwäbischen Trias widmete. Diese vorgeschrittensten der amphibien- ähnlichen Stegocephalen mit ihren riesigen plumpen Schädeln, den massigen Kehlbrustplatten und den — bei manchen — auffallend kleinen, zierlichen Füßen sind in Schwaben vom Buntsandstein bis ins Rhät aus einer Reihe meist nicht oder nicht rein mariner Horizonte, besonders in Lettenkohle und Keuper, nachgewiesen. Prächtige Fundstücke liegen vor, welche z. gr. T. Schaustücke der Stuttgarter Sammlung bilden. Durch eine erste Arbeit auf diesem Gebiete (15, 1889) faßte Fraas die älteren Einzeluntersuchungen von JAEGER, QUENSTEDT, H. v. MEyErR und anderen zusammen, ergänzte sie durch Neues und berichtigte mehreres durch vergleichende Untersuchung. Eingehend beschrieb er die osteo- logischen Einzelheiten von Zabyrinthodon aff. Fürstenberganus H. v. M.; Mastodonsaurus giganteus JAEG., acuminatus E. Fr., keuperinus E. Fr. ; Capitosaurus- Oyclotosaurus robustus H. v. M. u. Prien.; Metopias diagno- stieus H. v. M. und einiger unvollständigerer Stücke. Später konnte er noch auf die häufigere Verbreitung von Labyrinthodonten in unserem Buntsandstein hinweisen (16, 1901), welcher gegenüber dem Mittel- und Norddeutschlands auffallend arm an ihnen schien. Ferner konnte er eine Reihe neuer und altes klarlegender Funde beschreiben (17, 1913): Metopias Stuttgartiensis E. Fr., Oyclotosaurus mordax und posthumus E. Fr., besonders die neue, früher nur nach isolierten Kehlbrustplatten bekannte Gattung Plagiosternum (granulosum E. Fr. Crailsheimer Bonebed des Hauptmuschelkalks, pustuliferum E. Fr. Muschelkalk und Lettenkohle, pulcherrimum E. Fr. Stubensandstein von Pfaffenhofen). Mit dem ganz überraschend kurzen, sehr breiten Schädel müssen die letzteren Tiere — wenigstens in der allein zu beurteilenden Vorderregion des Körpers — ! Woher kommen diese ganz eigenartigen, sonderbar spezialisierten Formen der „Seekatzen“ ? Das ist eins der vielen tiergeographischen Probleme, die uns der Lias, speziell auch unser Posidonomyenschiefer aufgibt. Bis zum Lias kennt man nichts Sicheres von ihnen. a. 6 BE von geradezu froschartigem Aussehen gewesen sein!. — Bei der Be- nennung der beiden mittleren Plattenpaare im hinteren Teil des Schädeldaches der Stegocephalen vermeidet Fraas jetzt die bisher übliche Bezeichnung Supraoccipitalia und Epiotica und wendet dafür die indifferenten Benennungen Postparietalia (Broom) und Tabularia (CoPR) an. Amphibien. Von den fossilen echten Amphibien, welche in Schwaben zu den allergrößten Seltenheiten gehören, beschrieb FrAAs zwei neue Funde von Fröschen (18, 1903; 19, 1909). Beide gehören der Gattung Rana an, der eine wurde im obermiocänen ‚„Dysodil‘‘ des Randecker Maares gefunden (R. Hauffi E. Fr. — seither in mehreren Stücken bekannt), der andere entstammt den obermiocänen Kalken von Steinheim (R. danubiana H. v.M. var. rara O0. Fr.). Besonders groß ist die Zahl und der wissenschaftliche Umfang von FrAASs’ Arbeiten über fossile Reptilien. Trias und Jura Schwabens boten ihm da eine unerschöpfliche Fülle von Stoff. Immer wieder neue, überraschende Funde konnte er mitteilen, und unermüdlich hat er das Ländle nach allen Richtungen durchstreift, um Neues zu finden, Neues für seine Sammlung zu gewinnen. Seiner Mühen Krone ist ein Kranz von Arbeiten so reich und an Früchten so schwer, wie er nur selten einem der Fachgenossen zu winden vergönnt ist. Ichthyosaurier. Unter seinen Arbeiten über fossile Reptilien nehmen diejenigen über die Ichthyosaurier Süddeutschlands den breitesten Raum ein. Wohl waren seit langem besonders die in allen Sammlungen verbreiteten Skelette der Ichthyosaurier aus den Posidonomyenschiefern unseres oberen Lias — hier in Schwaben neben den Ammoniten die volks- tümlichsten Versteinerungen — recht gut bekannt. JAEGER, THEODORI, WAGNER, QUENSTEDT hatten zahlreiche Funde dieser typischsten. Meer- echsen beschrieben. Doch es fehlte an einer zusammenfassenden Be- handlung des Stoffes mit der hieraus zu gewinnenden Allgemeinbetrach- tung. Auch aus anderen Gebieten lag nichts voll Befriedigendes vor, denn selbst Owen’s Werk über die Lias-Ichthyosaurier Englands (1881) — so reich es auch an wertvollen Darlegungen der vergleichend-osteo- logischen Charaktere ist — blieb uns das Endziel paläontologischer Untersuchungen, die volle Erkundung der Biologie, hier der Ichthyo- saurier, schuldig. Fraas füllte die Lücke durch seine Monographie (21, 1891), welche die um 1890 bekannten Reste der Ichthyosaurier aus der Trias und dem Jura Süddeutschlands, besonders Württembergs, zusammenfassend ' Nach neueren Funden im Keuper von Halberstadt will JAEKEL Plagto- sternum pulcherrimum und vielleicht auch pustulosum von der Gattung Plagio- sternum abtrennen, überhaupt nicht als stereospondyle Labyrinthodonten gelten lassen, sondern als lepospondyle Stegocephalen, als Microsaurier, erkennen, — XLVI — behandelte. Dank glücklicher Funde aus unserem Lias & von Holz- maden, welche das wissenschaftliche Verständnis und die unübertreff- liche Präparierkunst BrrnmArn Haurr’s zu musealen Prunkstücken und zu wissenschaftlichen Dokumenten allerersten Ranges machte, vermochte Er. FraAs in einer Reihe kleinerer Abhandlungen die Kenntnis von den Ichthyosauriern um vieles zu erweitern, uns die Tiere ‚mit Haut und Haaren‘ wieder erstehen zu lassen. Die Untersuchungen FraAaAs’ in ihren Einzelheiten zu verfolgen, das würde hier zu weit gehen, es sei nur das Wesentlichste hervor- gehoben. Er vervollständigte Kırkısanorr’s Beobachtungen über die Histologie des Ichthyosaurierskeletts, zeigte, wie die Knorpelanlage der Wirbel zu erkennen ist, wie Zahnbau, -entwicklung und Zahnwechsel (durch seitlichen Ersatz) sich gestalten. Die Kenntnis des Schädel- skeletts, insbesondere der Hinterhauptsregion, konnte er wesentlich er- weitern und vertiefen. So schön auch — als Bilder — die Skelette der Ichthyosaurier aus unseren Posidonomyenschiefern sind (aus unseren anderen Ablagerungen sind immer nur unvollständige Reste bekannt), so wenig klar ist bei den fast stets flach zusammengepreßten Schädeln der Aufbau des Hinterhaupts zu entziffern: meist liegt ein unentwirr- bares Haufwerk verdrückter, zerbrochener Knochen da. 1891 mußte FrAAs noch die Tueonvorr’schen Präparate fränkischer Stücke von Banz und die z. T. unzutreffenden Darstellungen Owen’s nach englischen Funden benutzen, um uns das Bild des Hinterhaupts zu zeichnen. Erst der glückliche Fund eines ganz besonders schönen, unverdrückten Schädels von Ichthyosaurus acutirostris von Holzmaden (28, 1913) gestattete ihm, für unsere Liasformen das Skelett des Hinterhaupts im Einklang mit den Rekonstruktionen Annrzws’” (nach Stücken aus dem unteren Malm Englands) zu zeigen. Besonders die Verbindung zwischen dem Quadrat- bein und der Hinterhauptsbasis durch den massiven, stößelförmigen Stapes, die Lagerung der übrigen Knochen des eigenartig massigen Gehörapparats konnte sichergestellt werden. Den durch das Keilbein bei den liassischen Formen unten zweiteilig (bei den späteren Arten ungeteilt) durchsetzenden Kanal spricht Fraas als Carotidenkanal an; er stellt sich mit solcher Deutung in Einklang mit AnprEews und in Gegensatz zu BroıtLı, welcher diesen Kanal als zur Aufnahme der Hypophyse, des ventralen Hirnanhangs, dienend erklärte!. Von entscheidender Bedeutung wurden FrAAs’ Arbeiten für die Kenntnis der Körperbedeckung und der allgemeinen Körperform der Ichthyosaurier. Wenn auch schon vor langer Zeit BuckLann (1836) und Owen (1841) an Funden aus dem englischen Lias Hautfetzen und den ungefähren Umriß der Weichteile einer hinteren Paddel beobachtet hatten, so war das doch recht wenig. Das ließ nicht mehr schließen, ' Es sei daran erinnert, daß L. Dorro die eigenartige Ausbildung der besonders massiven Gehörregion und den Carotidenkanal im Basisphenoid als Anzeichen dafür auffaßte, daß die Ichthyosaurier — wie die Wale und manche Mosasaurier — die Fähigkeit besessen hätten, aus den Oberflächenwässern der Meere schnell in große Tiefen hinabzutauchen. —ır ABM 7 als daß die Iehthyosaurier nackthäutig waren, und daß ihr Flossen- skelett von einer äußerlich ungeteilten Muskel- und Hautpaddel um- schlossen war. 1888 (20) konnte FraAs zum ersten Male den voll- ständigen lappenförmigen Umriß der Weichteile einer Vorderextremität beschreiben, an deren Vorderrande die verkohlte Haut Reste von Horn- schuppen erkennen ließ. Da beendete BERNHARD HAurr 1892 die Prä- paration eines mäßig großen Exemplares unserer häufigsten Art aus dem Lias &, eines Ichth. quadriscissus, dessen ganzes Skelett von der kohlig erhaltenen Haut umgeben war. Das Stück erregte allergrößtes Aufsehen und wurde eines der bedeutsamsten Prachtstücke des an Schätzen überreichen Stuttgarter Naturalienkabinetts. FrAAs zeichnete uns nach diesem Stücke (22, 1892; 25, 1894) das erste Bild eines Ichthyo- saurus „nach dem Leben‘: Der fast tonnenförmige Rumpf, der dornartig zugeschärfte Schädel, der langgezogene Schwanz waren von nackter Leder- haut umgeben; die größeren vorderen, die kleineren hinteren Extremi- täten waren als muskulöse, lappenförmige, unten gerundete Paddeln gestaltet. Auf der Mitte des breiten Rückens, ganz wenig nach hinten gerückt, stand — ähnlich wie bei den Delphinen — eine hohe, drei- seitige, skelettlose Rückenflosse (die Falten in ihr täuschten anfangs ein sehniges Flossenskelett vor). Das Hinterende des Körpers lief in eine sehr hohe, breit mondsichelförmige Schwanzflosse aus. Der Fund dieses ersten Hautsauriers, dem seither eine stattliche Reihe anderer Exemplare gefolgt ist, bietet einen typischen Beleg da- für, wie sehr der Paläontologe in der Auslegung der ihm überlieferten Urkunden abhängig sein kann von zufälligen Funden — oder wie hier von sorgsamer Präparation der Funde. — Die an zahllosen Skeletten unserer Ichthyosaurier des oberen Lias beobachtete Biegung und Abwärts- knickung der Schwanzwirbelsäule war ein Rätsel. Man glaubte an eine ‚„Verdrehung‘‘ (Owsn 1841, Kıpkısanorr 1881) des Schwanzendes durch einen Flossensaum, der nach dem Tode des Tieres bei den in Seiten- lage gefundenen Skeletten im Wasser hin und hergeworfen worden sei. Noch 1891 glaubte Fraas — nach der damals noch nicht beendigten Präparation des ersten ‚„Hautsauriers“ — unter Berufung auf eine ältere Annahme Owen’s (1841), daß das Hinterende des Schwanzes von einem horizontalen Fiossensaum umgeben gewesen wäre!. Da zeigte (1892) dieser erste Hautsaurier die vertikal gestellte Schwanz- flosse, aber nicht als niedrigen Saum, sondern als gewaltiges, hohes Flossenruder, in dessen unteren Lappen die Wirbelsäule hinzieht, dessen hoher oberer Lappen jeder festen inneren Stütze entbehrt. Der Knick in der Wirbelsäule war erklärt. Die Ichthyosaurier besaßen eine umgekehrt heterozerke Schwanzflosse, wie sie bis dahin bei keinem Wirbeltiere des Wassers in gleicher Ausbildung bekannt war. — An jenem ersten Stücke ‚mit Haut‘ glaubte FraAs zwischen Rücken- und Schwanzflosse einen unregelmäßig gelappten Hautsaum zu erkennen, etwa nach Art des Kammes bei Tritonen. Doch schon der zweite „Hautsaurier‘‘ (im 1 1881 spricht Owen von einem vertikal gestellten, niedrigen, schlanken Flossensaum. ie — XLX — Besitz des Ungarischen Nationalmuseums in Ofen-Pest) ließ ihn in der Annahme des Hautkammes schwanken (26, 1897). Die besonders voll- ständigen Stücke, welche seither in den Museen von Tübingen, Frank- furt, Brüssel, Oxford, Pittsburg, New York prangen, zeigen den Körper- umriß zwischen Rücken- und Schwanzflosse ganzrandig; der gelappte Hautsaum war durch Risse und Falten vorgetäuscht worden. — Noch auf eine Äußerung Fraas’ bezüglich der Weichteile sei hingewiesen: Das Stuttgarter und das Ofen-Pester Exemplar zeigten ihm hinter den Bauchpaddeln eine auffallende Anhäufung organischer Substanz. Fraas meint, hier könne es sich um einen großentwickelten „Gebärsack‘ han- deln, vielleicht auch um den Penis? [Im ersteren Falle wären dann wohl die meisten Hautsaurier Weibchen, wenigstens die Stücke von Tübingen, Stuttgart, Frankfurt, Ofen-Pest, Oxford, Pittsburg. ] Die morphologischen Studien an Ichthyosauriern, die Art ihres Vorkommens, gaben FrAAs die Grundlagen, uns die Tiere zu schildern, wie sie Beute jagend die Meeıflut durchpflügen. Alles an ihnen an- gepabt an schnelles Schwimmen: der zugeschärfte Kopf, der ganz gekürzte und äußerlich nicht abgesetzte Hals, der glatthäutige Rumpf, die gewaltige Schwanzflosse, deren Ausschläge allein den Körper pfeil- geschwind, wie einen Torpedo, durch das Wasser hintrieben (nicht nur steuerten). Nicht treibend allein wirkte die Schwanzflosse, sie mußte ‘nach ihrem Bau, mit dem durch die Wirbelsäule verstärkten und ver- steiften unteren Lappen auch Richtung gebend wirken. Ihre Wirkung auf die durch die Lungen und starke, subkutane Fettanhäufungen spezifisch leichten Körper der pelagischen Schwimmer der Oberflächen- wässer wird als eine „hypobatische, abwärtstreibende Schwimmbewe- gung‘‘ bezeichnet; richtiges Einstellen der paarigen Flossen, denen im wesentlichen nur der Wert von Steuer- und Balanceeinrichtungen zukam, ermöglichte das Abwärtstauchen (26, 1897)!. Gesellig lebende, auf besondere Gegenden und Horizonte? an- ! Die von AÄHLBORN geprägten Bezeichnungen der Schwanzflossenfunktion — hypo- resp. epibatisch — werden leider verschieden angewendet. Die um- gekehrt heterozerke Schwanzfiosse der Ichthyosaurier mußte bei Wrickschlägen auf das Hinterende des Körpers abwärts drücken, „hypobatisch“ im Sinne Anur- BORN’s wirken; hierdurch mußte das Vorderende des Körpers gehoben, aufwärts getrieben werden. Wenn nicht andere Momente, die Stellung der Brustpaddeln, die Wölbung der Oberseite des Kopfes, auf die Bewegungsrichtung einwirken, dann muß für den ganzen Körper beim Antrieb durch die umgekehrt hetero- zerke Schwanzfiosse die Richtung gegen oben gegeben werden, wie sie für lungen- atmende, ans Wasserleben angepaßte Tiere als selbstverständlich erscheint. Dovsois-Reymoxnn gebraucht für solche Bewegungsrichtung des ganzen Körpers die sinngemäße Bezeichnung „epibatisch“ (Handwörterbuch d. Naturw. Bd.I. S. 1187, 1185), während Age die Bezeichnung „hypobatisch“ beibehält (Palaeobiologie S. 107). ®? Die besondere Häufigkeit der Ichthyosaurier in unseren Posidonomyen- schiefern und im unteren Lias Englands, die Seltenheit in den übrigen Horizonten des Jura, aus denen immer nur vereinzelte Reste, und zwar nur aus wenigen Zonen bekannt geworden sind, bietet eine noch nicht genügend geklärte Frage. Die Abhängigkeit von Fischen und von Tintenfischen (mehr von Sepioideen als Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. d BR En gewiesene Räuber der Meere waren die Ichthyosaurier. Die gewaltigen Mäuler hatten in ihren vielen spitzigen Kegelzähnen!' ein mächtiges Fanggebiß, welches bei geologisch jüngeren Arten einer Reduktion der Zahnzahl unterworfen war. Auf das vollkommenste und einseitigste (wie die Wale) waren die Ichthyosaurier ans Wasserleben angepaßt. FraAs betont, daß der Bau der Paddeln (ohne Ellenbogen- oder Kniegelenk, ohne Hand- oder | Fußwurzelgelenk), deren hinteres Paar unter dem Einfluß der Schwanz- flosse, wie die Hinterextremitäten der Fische und mit weitergehendem Erfolg die der Seesäugetiere, reduziert wurde, den Ichthyosauriern nicht mehr gestattete das Wasser zu verlassen. Sie waren darum lebendig- gebärend, und FrAAs ist geneigt, auch die in „Steißgeburtslage‘“ in dem Rumpf mancher Stücke gefundenen Jungen nicht als gefressen, sondern als ungeboren zu betrachten, wennwohl er in dieser von BrancA mehrfach eingehend behandelten Frage sich eines ent- scheidenden Urteils enthält (21, 1891; 22, 1892; 27, 1911.) Beachtens- wert erscheint FrAAsS hierzu der Hinweis, daß man in den Kot- ballen der Ichthyosaurier, den Koprolithen (entstammen diese immer Ichthyosauriern?), bislang keine Knochenreste gefressener Jungen ge- funden habe. Zu der auch heute noch nicht voll bekannten Stammesgeschichte der Ichthyosaurier spricht FraAs die Ansicht aus (21, 1891; 22, 1892; 28;:21949): Ihre Ahnen, ‚über die wir noch nichts wissen‘, müssen nach den amphicölen Wirbeln primitive Landreptilien mit Kriech-Schreit- füßen gewesen sein. In letzter Linie ist ihre Wurzel wohl stammes- eins mit den diapsiden Rhynchocephalen; die Ichthyosaurier bilden „aber sonst eine vollständig gesonderte Gruppe, deren Hauptdifferen- zierung in der Anpassung an das Wasser liegt‘‘, d. h. in der Streckung der Schnauze, in der Kürzung des Halses, Umformung der Füße zu Pad- deln, Reduktion des Beckens und der Hinterextremität, Schwund der ursprünglichen Hautpanzerung bis auf geringe Reste von Hornschuppen am Paddelrand, Entwicklung der Schwanzflosse und des Richtungs- von Belemnitiden?) als von den anscheinend beliebtesten Beutetieren löst die Frage noch nicht, zeigt nur das Vorkommen der Ichthyosaurier, Fische und Sepioideen als ein gemeinsames Problem. ! Unsere triadischen Mixosaurier (Ichthyosaurus atavus var, major und minor) führen verschieden geformte Zähne, die vorderen sind spitzig, die hinteren stumpf kegelförmig bis stumpf meißelförmig ; gleiches ist bei Mixosaurus Nordenskjöldi Wım. aus dem Muschelkalk Spitzbergens und bei dem unvollständig bekannten Ichthyosaurier Phalarodon (vielleicht identisch mit Mixosaurus ?) aus. der Trias Kaliforniens der Fall. ? Owen sprach (1881) den Ichthyosauriern um der mächtig entwickelten Schultergürtel willen die Fähigkeit zu, ans Land zu kriechen. Die Ausbildung der Gliedmaßenskelette läßt solche Annahme als ganz unwahrscheinlich er- kennen; der Schultergürtel war stark, da er dem wichtigsten Steuerapparat, den Brustpaddeln, zum Ansatz diente; doch für die Größe des Rumpfes war er keines- wegs auffällig stark. A Au u aid a Z ua Su kieles der Rückenflosse.. Schon in der Trias ist der Ichthyosaurier- ' stamm in seinem Anpassungstypus vollkommen gefestigt; seine Ab- spaltung von Landtieren, der Übergang zu einem Wasserleben mul bereits früher, im jüngeren Paläozoikum, vollzogen sein. Die Beweise für solche, auf G. Baur zurückzuführende Anschauung sind insbesondere aus dem Skelett der vollkommen für das Wasserleben umgebildeten Gliedmaßen zu finden: schöne Funde von Ichthyosauriern aus der Trias Spitzbergens, Oaliforniens und Nevadas bestätigen FraAs’ Vermutung (21, 1891, Taf. III, Fig. 5), daß bei Mixosaurus und anderen triadischen Gattungen die Kürzung und Aneinanderdrängung der Unterarm- und Unterschenkelknochen noch nicht so weit gediehen ist, wie bei den Jura-Kreide-Ichthyosauriern '. Im Becken- und Gliedmaßenskelett zeigen jene Typen noch reichlichere Anklänge an Landtiere. Über die unsere Liasformen beherrschenden Charaktere sind die späteren Ichthyosaurier, bis zu den letzten der Kreide, nicht mehr hinausgegangen. Die von STEINMANN ausgesprochene Meinung, die Ichthyosaurier lebten in den heutigen Delphinen fort, wird abgelehnt. Ein besonders jugendliches Exemplar eines Ichth. quadriseissus „mit Haut‘‘ ließ Fraas (27, 1911) einzelne Parallelen zwischen der Entwicklung des Individuums und der Stammesgeschichte der Ichthyo- saurier beleuchten: Die beiden ersten Halswirbel der Jugendform ‘sind noch, wie bei den triadischen Cymbospondylus und Shastasaurus, unverwachsen. Am Atlas glaubt FraAs außerdem zu erkennen, dab er aus drei noch getrennten Stücken, einem basalen und zwei lateralen, besteht. Die Schwanzflosse zeigt sich in ihrem unteren Lappen ziemlich gerade gestreckt, während der obere Lappen verhältnismäßig weit nach vorne liegt”. Das gibt ein Bild der Schwanzflosse, welches einige Ähnlichkeit mit dem von Wıman an dem geologisch älteren Mixo- saurus Nordenskjöldi aus dem Muschelkalk Spitzbergens konstruierten zeigt: Dort war der lange, wenig abwärtsgebogene Schwanz wohl von einem niedrigen Flossensaum eingefaßt, der sich nur nahe dem Becken, weit vom Schwanzende entfernt, zu einem dreiseitigen oberen Flossen- lappen erhöhte, welcher durch besonders hohe, in Antiklinie gestellte Dornfortsätze der oberen Bögen gestützt wurde. Auf dem Wege zu jurassischen Ichthyosauriern muß der dorsale Lappen mehr nach hinten gerückt sein, die Schwanzwirbelsäule (mit Reduktion der oberen Bögen und Dornfortsätze) immer stärker abwärts gebogen worden sein (anı ‘ Mit der zutreffenden Auffassung, den Ichthyosaurierfuß mit seiner Hyper- phalangie und der mehrfach auftretenden Hyperdaktylie auf den Schreitfuß von Landreptilien zurückzuführen, wehrt Frass die unhaltbare GEGENBAUR’sche Meinung ab, nach welcher die Ichthyosaurus-Paddel ein Mittelding zwischen einer (primitiven?) archipterygialen Fischflosse und dem hormalen Cheiroptery- gium der Vierfüßler sei. ® Allzu große Bedeutung möchte ich der Schwanzflossenform bei diesem jugendlichen Exemplare nicht ohne weiteres beimessen, da die Schwanzwirbel- säule z. T. auseinandergefallen ist, was auf nicht vollkommen lebenswahre Er- haltung der Schwanzflossenform und -stellung hinweist. re stärksten ist die Abwärtsbewegung bei dem oberjurassischen Ichth. trigonus var. posthumus F. BAUER nachgewiesen) !. In der Einzelbeschreibung unserer Ichthyosaurier legt FraaAs hauptsächlichen Wert auf die Unterscheidung unserer zahlreichen ober- liassischen Arten von denen des englischen Unterlias, mit welchen sie früher mehrfach verwechselt wurden. In systematischer Beziehung betont er die Unterschiede der schlankeren Formen des älteren Lias mit weniger geschlossenem Schädel von den plumperen des Oberlias. Er schließt sich dem LYyDERKER- (und KıPrIJAnoFrF-)schen Unterscheidungs- prinzip der Arten in Longi- und Latipinnati an und betont, daß im Unterlias beide Typen nebeneinander vorkommen, daß in unserem Mittel- und Oberlias (im Dogger? und Malm?) allein Longipinnati herrschen, bei denen im Paddelskelett an das Intermedium nur ein Centrale, nur ein Phalangenstrahl ansetzt. ’ Parasuchier. In seiner Übersicht über die schwäbischen Trias-Saurier (14, 1896) stellt FraAs uns das kostbare Stuttgarter Material an ‚„Belodonten‘“ aus dem Stubensandstein des schwäbischen Keupers zusammen. Neben Belodon (Phytosaurus) scheidet er unter diesen zwar krokodilähnlichen, aber den echten Krokodilen doch recht fernstehenden gepanzerten Landechsen den Typus Mystriosuchus [M. (Belodon) planirostris H. v. M. sp. aus dem Stubensandstein von Aixheim und M. (Termatosaurus) Al- berti Puien. sp. und crocodilinus Qu. sp. aus dem Rhätbonebed] aus. Die niedrige, sehr schlanke, lange Schnauze mit sehr zahlreichen schlanken Kegelzähnen zeichnet den Schädel dieser Gattung auffälligst vor dem hochschnauzigen von Belodon mit ‚Pfeilspitzzähnen‘ aus; ein Panzer aus polygonalen, grubig verzierten Knochenplatten schützte die Kehl-Brustregion. Pseudosuchia. Zur Kenntnis der Aötosaurier des Stubensandsteins, jener zierlichen gepanzerten Landechsen, deren köstliche Prachtgruppe von 24 Individuen wir immer wieder als eine der schimmerndsten Perlen des Stuttgarter Naturalienkabinetts bewundern, konnte uns FRAAS neue, sicherstellende Angaben liefern, das Erbe des Vaters? mehren (29, 1907). Die Beobachtung von Beckenteilen an einem neuen Funde — Aöto- 1 Eraas deutete den oberen Lappen der umgekehrt heterozerken Schwanz- flosse der Ichthyosaurier ursprünglich (22, 1892) als „eine sehr weit nach hinten gerückte dorsale Flosse ..... ‚ welche mit dem lappenförmigen Schwanzende- in Verbindung tritt“. Unter Berufung auf die ganz andere Entstehung der Schwanz- flosse der Fische widersprach L. DoLLo solcher Auslegung. Er führt die Ichthyo- saurierflosse auf die Umbildung eines dorsalen Hautsaumes zurück. Der Wider- spruch Dorno’s ist eigentlich völlig wesenlos; denn die triadischen Ichthyosauriden geben Fraas in bezug auf die Verlagerung des dorsalen Schwanzlappens nach hinten ganz recht; an die Abwanderung einer eigentlichen Rückenflosse nach hinten hat er natürlich nie gedacht. 2 Oskar Fraas hatte die Gruppe von Aöt. ferratus 1877 beschrieben; er konnte die osteologischen Verhältnisse nur teilweise klarlegen. a an nn — ul — saurus crassicauda n. sp. aus dem Stubensandstein von Pfaffenhofen a. Stromberg — ergab mit der Präparation an einem Individuum der Aötosaurus ferratus-Gruppe ein exaktes Bild des Beckens: auffallend große Darmbeine, breitplattige, lange Scham- und Sitzbeine, die letzteren nach hinten spitz ausgezogen. Im ganzen das Becken fast unverhältnis- mäßig groß für die zierlichen Tiere, doch dem schwergepanzerten Körper für schnellen Lauf oder Sprung so notwendig. Überraschend erschien die Übereinstimmung mit dem Becken der so viel größeren, stärkeren Zeit- und Ortsgenossen, der Parasuchier (Belodon, Mystrio- suchus u. a.)". Meerkrokodile. Vollständigere Funde des großen Raubsauriers Dakosaurus maximus PrLıen., aus den Oolithen des Weißen Jura [ von Schnaitheim und von Staufen b. Giengen a. d. Brenz, und die Skelette des zierlicheren Geo- saurus suevicus E. Fr., aus den Plattenkalken von Nusplingen, regten zu vielseitig bedeutungsvollen Untersuchungen dieser Krokodilgattungen des Jurameeres an (32, 1901; 33, 1902). FraaAs faßt sie mit der Gattung Metriorhynchus aus dem unteren Weißen Jura als ‚, Thalattosuchia‘“ zusammen und erkennt diese als eine progressive Reihe von „‚Anpassungs- formen einer uns als Landtiere unbekannten Krokodilgruppe an das Meer- ' leben‘, als „stark differenzierte Endglieder einer Reihe, von welcher wir in jüngeren Formationen keine weiteren Vertreter mehr kennen‘. ‚‚Sie vereinigen in sich Merkmale‘ (der Anpassung), ‚die wir sonst als charakteristisch für die Ichthyosaurier, Sauropterygier und Delphine Halten . . Das Skelett der 7halattosuchia ist in allen Grundzügen ein echtes Krokodilskelett geblieben. Die Anpassung an das Leben im Meere drückt sich durchaus ‚im Rahmen des Bestehenden‘‘ aus, in Lang- schnauzigkeit durch Streckung der Maxillen, in seitlicher Stellung und im Schutz der Augen durch die überstehenden Praefrontalia und den Sklerotikalring, in kurzem Halse, in besonderer Umbildung der Füße, in der Erwerbung einer Schwanzflosse. Wie bei den Ichtbyosauriern wurde die Haut nackt, schwand der den Landkrokodilen von Hause aus eigene Hautpanzer. Die Körperform wurde doch wesentlich anders als bei den Ichthyosauriern -— die Ausgangsform muß hier eben eine schon mehr spezialisierte, eben ein Krokodil, gewesen sein. Der kurze Rumpf ist schlank, wird sehr viel schlanker als bei den Ichthyosauriern des Jura. Der Schwanz ist länger, er nimmt bei Geosaurus die halbe Körperlänge ein. Die Schwanzwirbelsäule ist auch hier abwärts gebogen, aber der abgebogene Teil ist wesentlich kürzer als bei Ichthyosaurus, und im Knie der Wirbelsäule sind die Dornfortsätze erhöht, verstärkt, ‘ Gegen die auf Grund des übereinstimmenden Beckens vorgenommene Einreihung der Pseudosuchia (Aötosaurus, Dioplax, Ornithosuchus u. a. m.) in die Parasuchia sind doch manche Einwände zu erheben, welche v. HvEnxe in letzter Zeit näher beleuchtet hat; man stellt heute wohl am besten die triadischen Parasuchia und Pseudosuchia wieder als gleichwertige, wenn auch umfangs- ärmere, Ordnungen neben die echten Krokodile, die „Pusuchia“, = EN nicht reduziert; und die Sparrenknochen auf der Unterseite sind ver- größert, nach unten in bis halbkreisförmige Platten verbreitert. Auch hier war die Schwanzflosse ‚‚,hypobatisch‘‘, aber sie war kleiner, schlanker, ihr oberer Lappen über dem Knie der Wirbelsäule viel niedriger als bei den jurassischen Ichthyosauriern; möglicherweise zog sich von ihr ein Hautsaum auf der Rückenseite gegen das Becken hin. Die Fuß- paare zeigen im großen und ganzen noch das bei kriechenden Land- reptilien herrschende Größenverhältnis: der Hinterfuß ist größer, länger als der vordere. Die Schwanzflosse war also hier wohl nicht das einzige (nicht das die Hinterextremität reduzierende und schließlich zur Funk- tionslosigkeit zwingende) Propulsionsmittel wie bei den Jura-Ichthyo- sauriern und den Fischen. Hier bei den Thalattosuchiern dienen auch noch die Füße, wenigstens die Hinterfüße, als Propeller, als Ruder. Hier wird im Gegensatz zu den Ichthyosauriern der Vorderfuß reduziert, verkürzt (am meisten bei Geosaurus): Arm- und Handwurzelknochen werden kurze breite Platten, ähnlich auch die Knochen des ersten Fingers. FrAAS deutet die fast paddelartig gewordene Vorderextremität mehr der Balance dienend als der Vorwärtsbewegung. In dem viel längeren Hinterfuß ist der Oberschenkel lang, sind die Unterschenkel- knochen etwas gekürzt, die Knochen der Fußwurzel werden plattig, die des ersten Fingers werden verbreitert: das Bild des kräftigen Ruder- fußes, nicht der blattiörmigen Paddel. — Die mehr schlängelnd und rudernd schwimmenden Formen trieben ihre Raubzüge durch die Ober- flächenschichten des Meeres. In der Geschichte der Krokodilier bedeuten die Thalattosuchier eine den in unserem Posidonomyenschiefer häufigen Teleosauriern ! parallele, aber in der Anpassung an das Wasserleben um vieles weiter (und schneller?) vorgeschrittene und — trotz ihrer bis jetzt bekannten Beschränkung auf den jüngeren Jura (und die älteste Kreide?) — nach “ Fraas ältere Abspaltung von dem seine wesentliche Entfaltung auf dem Lande durchmachenden Krokodilstammes. Nothosauriden. In der Übersicht über die Saurier der schwäbischen Trias (14, 1896) unterscheidet FrAAs die Mehrzahl der Nothosaurus-Funde aus dem Hohenecker Dolomit der Lettenkohle als neue Art N. chelydrops. Aus dem gleichen Horizont -- von Eglosheim — wird nach Hunderten von Resten das Skelett des kleinen zierlichen Neusticosaurus pygmaeus n. SP., eines Verwandten des hier länger bekannten Neust. (nicht Simosaurus) pusillus, zusammengesetzt und gezeichnet. Von Simosaurus Gaillardoti aus dem Muschelkalk sehen wir einen besonders schönen Schädel und Unterkiefer abgebildet. Panzerreste aus kleineren polygonalen Platten ! Auch die Teleosaurier besaßen als Anpassungserscheinung an das Wasserleben eine Schwanzflosse. Ein prächtiges kleines Individuum von Mystrvo- saurus bollensis der Tübinger Sammlung zeigt sie: Die hintere Hälfte des gerade gestreckten Schwanzes ist nicht mehr von Knochenplatten gepanzert, sondern von einem schlanken Hautsaum umgeben. Wir verdanken wieder BERNHARD Haurr dieses herrliche Präparat. ENGEN en _ zusammengesetzt, zwischen denen größere buckelige Platten liegen, werden — als Psephosaurus suevieus n. g. n. sp. — unter Vorbehalt den - Nothosauriden zugezählt !. Plesiosaurier. Einer vollkommen anders gearteten Anpassungsform der Reptilien an das Leben im Meer, als sie Ichthyosaurier und Thalattosuchier zeigen, _ wendete FraAs sich mit seinen Untersuchungen neuer Funde von Plesio- z sauriern aus dem Posidonomyenschiefer des Lias & zu (35, 1910). ’ 1906 wurden in Holzmaden zwei wunderschöne Skelette gefunden ; beide zieren jetzt das Stuttgarter Museum. Das eine stellt ein nach der Ausbildung von Schulter- und Beckengürtel im Alter vorgeschrit- teneres Individuum der 1893 in dem ersten vollständigen süddeutschen Skelett gefundenen Art Plesiosaurus Guilelmi Imperatoris Dam. dar. Das zweite gehört einer etwas großköpfigeren, hier neuen, Art T’haumato- saurus victor E. Fr. an. Bei der ersteren Art ließ es sich feststellen, daß mit zunehmendem Alter die Längen der Extremitäten sich um- kehren, daß die anfangs längere vordere schließlich von der hinteren überflügelt wird. Das Stück erlaubte eine gute Rekonstruktion des Schädels, dessen große Öffnungen der Hinterregion, wie bei den Ichthyo- .sauriern auf Anpassung an das Wasserleben zurückgeführt werden. Bei T’haumatosaurus victor ließ sich besonders schön die Schädelunter- seite mit ihren Gaumenlücken analysieren, in deren Deutung FrAAs von Owen abweicht: nicht das hintere, in den Flügelbeinen liegende ‚Paar, sondern das vordere, zwischen dem Pflugschar- und Oberkiefer- bein liegende Paar spricht er als innere Nasenöffnungen an. Den in den Plesiosauriern (wie in den Wasserschildkröten) aus- geprägten Anpassungstyp, welcher den marinen Endgliedern der in der Trias z. T. noch als kleine Landtiere von Eidechsengestalt ausgebildeten Sauropterygier eigen ist, nennt FrAAs den Typus eines ‚‚Flachbootes mit weit ausladenden Rudern‘ (69, 1905). Die Plesiosaurier mögen langsamere, schwerfälligere Schwimmer gewesen sein, als die ihnen im Posidonomyenmeer auch an Zahl weit überlegenen Konkurrenten, die ichthyosaurier; aber aus ihrem ‚langen gelenkigen‘‘ Halse leitet Fraas ihnen die ausgleichende Fähigkeit ab, ‚die Beute aus weiter Ent- fernung nach allen Richtungen hin zu ergreifen.‘‘ Damit verneint er die Damzs’sche Auslegung, daß der Hals der Plesiosaurier im wesent- iichen nur seitwärts gebogen werden konnte. In den seinem „Führer“ (138, 1910) beigegebenen Rekonstruktionen der ‚‚Plesiosaurier im Lias- meer‘ zeigen die einzelnen Tiere denn auch den elegant gebogenen Schwanenhals. Auch die von DAamzs angenommene schlanke, rauten- förmige Schwanzflosse lehnt er ab, und zeichnet den Plesiosauriern einen mehr drehrunden, spitzzulaufenden Schwanz. ı Später (69, 1905) wird Psephosaurus an die Placodontier angeschlossen. Das wird neuestens von DrEV ERMANN abgelehnt, der übrigens auch die eigentümlich struierten, von Fraas als Placodus duplicatus (14, 1896) bezeichneten säulen- förmigen Zähne nicht als die eines Placodonten gelten läßt, sondern sie zu Tholodus H.v.M (einem Fische, Lepidotiden ?) stellen möchte. a in) De In den Größenverhältnissen von Kopf und Hals findet FrAas bei den Plesiosauriern einen trefflichen Beleg für Eımer’s Kompensations- gesetz: Kopf und Hals repräsentieren immer die ungefähr gleiche Masse; ein kurzer Hals trägt einen langen Kopf und umgekehrt. Dinosaurier. Als eine für die Paläo-Zoogeographie besonders wertvolle Frucht seiner vielen Reisen brachte FrAAs aus dem Süden von Deutsch-Ost- afrika Reste von Dinosauriern heim (39, 40, 41, 1908). Er hatte sie dort 1907 beim Tendaguru im Bezirk Lindi gesammelt. Nur wenige Knochen ganz.riesiger Skelette konnte er auflesen; Krankheit, kurze ihm zu Gebote stehende Zeit und schließlich auch der Mangel an Hilfsmitteln zur planmäßigen Ausbeutung der weit von der Küste liegenden Fundstätte, über welche ihm vorher nur unzureichende Mitteilungen geworden waren, hinderten ihn, hier volle Ernte zu halten. Das wenige, was er gewinnen konnte, erregte Aufsehen. Dinosaurier aus Afrika! Das war etwas Neues, Unvermutetes. Zwar waren schon etwa ein Jahrzehnt vorher auf Madagaskar Dinosaurier-Reste gefunden worden; aber vom Kontinent Afrika kannte man so etwas nicht!. Riesenknochen (Wirbel, Becken, Teile von Hinterextremitäten, Schwanzwirbel) brachte Fraas heim. Er erkannte in ihnen ein neues Geschlecht sauropoder Dinosaurier, welches an Größe dem berühmten Diplodocus kaum nachsteht (ein Oberschenkel mißt 1,38 m Höhe); Gigantosaurus nannte er es. Das Alter der Dino- saurier führenden Mergel und mürben Sandsteine wurde als jüngere Kreide (Cenoman oder jünger) geschätzt; die madagassischen Reste sollen nach D£rer&r noch jüngerer Kreide angehören. Also: nicht nur die Nordkontinente beherbergten zu mesozoischen Zeiten die vielgestaltigen Dinosaurier, deren meiste aus dem Westen Nordamerikas bekannt waren, auch weit über den Südkontinent Afrika waren diese gewaltigsten Echsen, die riesigsten aller Landtiere, unter deren Schritt die Erde dröhnte, einst verbreitet ?. Zur Neuheit, Dinosaurier in Ostafrika, fügte Fraas eine andere: Aus dem hohen Norden, aus einem jurassischen Sandstein von Jameson- land (NO.-Grönland, ca. 70° n. Br.) beschreibt er eine Gruppe von Eindrücken, welche er als die Fährte eines scharfbekrallten, vierzehigen Dinosaurierfußes deutet (43, 1904). ' Ältere Dinosaurierfunde aus Südafrika wurden teils angezweifelt, teils. waren sie unbeachtet geblieben. ®? Fraas konnte 1907 gerade eben nur einen kleinen Zipfel des Schleiers lüften, der über den paläontologischen Schätzen in Deutschost lag. Ganz ent- hüllt wurde dieser erst durch die Expeditionen, welche FrAAas’ Freund W. BRANCA für das Berliner geologisch-paläontologische Institut hinaussenden konnte, und welche ungeheure Schätze, darunter noch gewaltigere Riesen als die von FRAAS gefundenen, gehoben und heimgebracht haben (42, 1912). Jetzt war auch genauere geologische Untersuchung möglich. Drei, durch marine Schichten ge- trennte „Saurierzonen* liegen im Hinterlande von Lindi; sie gleichen in ihren grauen und roten sandigen Mergeln in vielem unseren bunten Keupermergeln. Ihr Alter ließ sich genauer festlegen: sie gehören dem obersten Jura und der unteren Kreide an, entsprechen also den wichtigsten Dinosaurierlagern Nordamerikas. =. ıhYIE >= In einer Reihe kürzerer Mitteilungen werden wir über leider un- vollendet gebliebene Untersuchungen von Dinosauriern aus der schwäbi- schen Trias unterrichtet. 1896 (14) hatte er eine kurze Übersicht über die damals aus der Trias Schwabens (von der Lettenkohle bis zum Rhät) bekannten ‚„Zanclodonten“ gegeben. Der Fund eines Zahnes von Zanclodon Schützi n. sp. im Trigonodus-Dolomit ließ die Zanclo- donten bei uns bis in den oberen Muschelkalk zurückverfolgen (44, 1900). In mühsamen Grabungen und durch sorgsamste Präparation gewann FraAs später aus den Stubensandsteinen und Knollenmergeln des Keupers von Trossingen und Pfaffenhofen eine Reihe von z. T. ganz wundervoll erhaltenen Skeletten, welche heute die Stuttgarter Samm- lungen besonders zieren (45— 47a). Das ist das bei weitem schönste und wertvollste Material an „schwäbischen Lindwürmern‘‘, an „Zanclo- donten“, welches wir kennen, ein Material, welches dem mindestens wertgleich ist, das in den letzten Jahren bei Halberstadt zutage gefördert wurde. Zahlreiche Skelette theropoder'! Dinosaurier gewann FraaAs, darunter manches ganz Eigenartige, wie das zierliche Skelett des Springers Procompsognathus triassicus n. g. n. sp. (von Pfaffenhofen, Stubensandstein; das Stück wurde 1911 [47, 1912] Hallopus celerrimus genannt). Das ist eine Form mit ganz absonderlich hohen, schlanken Hinterfüßen, vielleicht ein Ahn des jungjurassischen Compsognathus; hier „liegt der Gedanke nahe, an einen Stamm zu denken, aus welchem sich ein Teil der Vögel, speziell der Laufvögel entwickeln konnte‘ (46, 1913) ?. Von einem schlanken Raubsaurier Thekodontosaurus diagnosticus n. Sp. (Pfaffenhofen, Stubensandstein) mit besonders starkem Gebiß wurde das 2 m lange Skelett — wie von Leben erfüllt — in Echsenstellung mit ge- knickten Hinterfüßen gefunden; die Hand läßt die Andeutung einer Greif- hand erkennen. Aus den Knollenmergeln von Trossingen wurde u. a. das fast 6 m lange Prachtskelett des langschwänzigen Plateosaurus trossin- gensis n. sp. ausgegraben. Es ist jetzt aufgestellt, wie es in lebens- voller Stellung gefunden wurde -—— die mächtigen Füße geknickt in „Echsenstellung‘“, die kürzeren Arme mit großkralligen Daumen zum Packen der Beute bereit. — Bei Stuttgart gefundene Fährten (47a, 1914) unterrichten über die Bewegungsart unserer Dinosaurier: sie schritten mit dem ‚Gang der Eidechsen, nur in raschem Lauf gebrauchen sie ausschließlich die Hinterbeine, wobei der mächtige Schwanz gewisser- maßen als Balancierstange in die Luft gehoben wurde“. — Wir er- fahren, daß diese Dinosaurier hauptsächlich in tonigen ‚Fäulen‘‘ des Stubensandsteins und in den Knollenmergeln gefunden werden ?; Schlamm- sümpfe, in dem von Regengüssen durchwässerten Keuperstaub oder in feuchten Senken, wurden hier in Schwaben die Friedhöfe der Dino- ! Fraas spricht (46, 1913) von den Funden als von Sauropoden. ® Gewiß, dieser Gedanke liegt nahe; aber es fehlt uns noch jedes ihn beweisende Material. Manches spricht dafür, die Vögel von weniger differen- zierten Reptilien abzuleiten, als es die theropoden Dinosaurier waren. ° Im eigentlichen Stubensandstein selbst werden vorwiegend Reste anderer Tiere — Belodon, Mystriosuchus, Aötosaurus und Stegocephalen — gefunden. — EN = saurier, wie ähnlich bei Halberstadt, im Westen Nordamerikas und in Deutsch- Ostafrika. Im Stuttgarter Museum ruhen nun diese besonders glänzenden Zeugen der Sammler- und Forschertätigkeit FrAaAs’. Die Feder, welche uns diese Reste beschreiben, sie, wie wir es von FrAAs gewohnt waren, zu vollem Leben wieder erwecken sollte, ist der Hand entglitten. Eine Arbeit, welche ihm die größte Freude und Befriedigung gewährte, mußte unvollendet bleiben. Schildkröten. Der Stubensandstein des schwäbischen Keupers war durch den Fund eines Steinkernes der Psammochelys keuperina Qu. (= Proganochelys @Quenstedti G. Baur) berühmt geworden als die Heimat der ältesten Schildkröte!. Lange blieb der Fund von Häfner-Neuhausen (im Tü- binger Museum) der einzige? sichere Rest von Keuperschildkröten. Da lieferte 1897 der Stubensandstein des reichen Reptilienfundorts Aix- heim einen das Quenstepr’sche Original durch den Rücken- und Teile des Bauchpanzers ganz wesentlich ergänzenden Fund (36, 1899). Später gelangte FrAAs noch in den Besitz zweier weiterer Funde von Schild- kröten aus dem Stubensandstein von Rohracker bei Stuttgart und von Rudersberg im OA. Schorndorf (38, 1913). Diese beiden gehören einer kleinwüchsigeren Gattung an, mit viel höher gewölbtem Panzer; FrAASs nannte sie Proterochersis (mit den Arten intermedia und robusta). Mit voller Sicherheit konnte für Proterochersis, durch die feste Verbindung des an ein aus vier Wirbeln bestehendes Kreuzbein gehefteten Beckens mit dem Xiphiplastron des Bauchpanzers, der Pleurodirencharakter nachgewiesen werden; Psammochelys besaß ihn höchst wahrscheinlich auch. Die volle Entwicklung der ersten Rippe, die Einschaltung eines (Psammochelys) und zweier Mesoplastra (Proterochersis) im Bauchpanzer stempelt diese Typen zu altertümlichen, für welche die Bezeichnung „Archaeochelydae“ vorgeschlagen wurde. Die Stücke gaben höchst wichtige Ausblicke für die Stammes- geschichte der Schildkröten: Die Pleurodiren stellen einen schon fıüh, im Keuper, gefestigten ‚perfekten‘‘ Typus (Rürımever) dar, welcher sich im allgemeinen an das Landleben hält und nur wenige marine Abzweigungen — zu Ende des Jura und vielleicht auch in der Kreide — abgibt. Die erste Entwicklung der Schildkröten (wohl aus den Anomodontiern) begann auf dem Lande, ging vermutlich über grabende, in der Erde lebende, schon früh gepanzerte Reptilien vor sich. Bei der Untersuchung einer neuen kryptodiren Meeresschildkröte, Thalassemys marina E. Fr. (37, 1903) aus den Oolithen des Weißen Jura & von Schnaitheim, gewann FraAs weitere Ergebnisse für die Stammes- geschichte der Schildkröten: Die Thalassemyiden zeigten ihm in den Lücken ı Ob die als Ohelyzoon v. HuErne bezeichneten Wirbel aus dem Muschel- kalk Psammochelys nahestehen, oder einer Meeresschildkröte angehören, oder überhaupt auf echte Schildkröten zu beziehen sind, bleibt vorläufig dahingestellt. ? Die früheren Funde aus der Umgebung Stuttgarts, Chelytherium obscurum H. v.M., sind zu dürftig, um sichere Beurteilung zu erlauben. ie ER des Bauch- und am Rande des Rückenpanzers durch Schwund des Panzers Anpassungserscheinungen auf dem Wege von kryptodiren Sübwasser- oder Sumpfschildkröten zu Meeresbewohnern. Dieser Weg ist von dem, einen Kollektivtyp [Rürımrver] darstellenden, plastischeren Kryptodiren- stamm, der letzten Endes auch von festgepanzerten Landschildkröten ausgeht, einmal (über die Thalassemyiden) oder mehrere Male einge- schlagen worden, um zu den Meeresformen der Cheloniiden und Leder- schildkröten hinzuführen. Die Scheidung des ‚einheitlichen‘ Schild- krötenstammes in Pleurodira und Cryptodira, vielleicht auch schon in die Trionychidae (Flußschildkröten) möchte FraAs in die Triaszeit zurückverlegen. Der (allmählich aufgegebenen) Meinung JArkknv’s, daß der zur Schwimmform spezialisierte, gepanzerte Placodontier Placochelys aus dem marinen unteren Keuper von Veszprem beim Plattensee in der Ahnenreihe der Schildkröten stünde, wird selbstverständlich jede An- erkennung versagt. Säugetiere. Von den Arbeiten Fraas’ über fossile Säugetiere muß eine besonders hervorgehoben werden. Es ist seine Untersuchung neuer Zeuglo- donten aus dem Unteren Mitteleocän vom Mokattam (49, 1904). . Wieder einmal etwas Nichtschwäbisches. Wieder ‚Neues aus Afrika‘, aus Ägypten, aus einem Gebiete, welches erst in jüngster Zeit als eines der bedeutungsvollsten alttertiären Zentren der Verbreitung von Säugetieren erkannt worden ist. Das Stuttgarter Naturalienkabinett besitzt dorther, vom Mokattam bei Kairo und namentlich aus der Oase Fayum, reiche, ihm durch FraAAs zugeführte Schätze von Säugern. Aus diesem Reichtum werden zwei neue Typen — nach 2 Schädeln und einer Reihe von Wirbeln — beschrieben. Sie gehören neuen Gattungen und Arten an: Protocetus atavus E. Fr. und Eocetus (statt Mesocetus) Schweinfurthi E. Fr. Für die Deutung der Umformungs- vorgänge der Tiere sind das besonders wertvolle Stücke. Sie ent- stammen küstennahen Flachwasserablagerungen des Meeres, der alt- tertiären ,‚‚Tethys“, jenes lange Zeiten hindurch erdumspannenden Mittelmeeres, von welchem das heutige Mittelmeer ein Rest ist. Es sind Wasserbewohner, welche aber in ihren Skeietten, besonders im Schädel, noch eine Menge von Anklängen an Landtiere zeigen. Formen des Übergangs vom Land- zum Wasserleben. Mit den weitverbreiteten Zeuglodonten des jüngeren Mittel- und des Ober-Eocän, mit welchen sie im Schädelbau viel Übereinstimmendes zeigen, werden sie als Archaeoceti, als „Urwale‘‘ zusammengefaßt. Die Schädel -—— lang- gestreckten Robbenschädeln verglichen, aber mit verhältnismäßig kleinerer Hirnhöhle — haben die Schnauze besonders langgestreckt; die Knochen des Gesichtsschädels greifen aber noch nicht — wie bei den Zahn- und Bartenwalen — nach hinten auf den hinten hohen Hirnschädel hinauf. Die Jochbogen sind noch ziemlich kräftig, nach hinten breit ausladend. Die Bullae tympanicae sind groß und stark geworden, gemahnen an die der Bartenwale. Ganz auffällig ist das Gebiß mit der Zahnzahl (in den Oberkiefern, die allein bekannt sind): 3.1.4.3. ea Der vordere Teil des Gebisses mit gebogenen, schlankkegelförmigen Schneidezähnen, hohen, wenig zusammengedrückten Eckzähnen ist ein Fang-Hechelgebiß. Die Prämolaren, deren dritter der größte ist, und die kleinen Molaren sind zwei- und dreiwurzelig, seitlich zusammen- gedrückt; in ihrer ganzen Form — und hier durch Rückbildung des Innenhöckers — vermitteln sie zwischen sekodonten, trituberkulären, kauenden Höckerzähnen und denen eines nur schneidenden Scherengebisses. Sie gemahnen noch laut an die Höckerzähne der primitiven land- bewohnenden Urraubtiere, der Creodonten, aber sie zielen bereits auf die viel schärfer zusammengedrückten, schneidenden Zähne der meer- bewohnenden Zeuglodon-Arten, wenn sie auch deren zackige Ränder noch nicht erworben haben. Im ganzen das Gebiß den Übergang vom kauenden Landtiere zum schlingenden Wasserbewohner zeigend. Die Wirbel von Protocetus atavus besitzen die Merkmale der Wirbel von Landraubtieren. Die Kreuzbeinwirbel sind auffallend schwach, mit schwachen Seitenfortsätzen; an sie kann keine normalstarke Landtier- extremität geheftet gewesen sein. Das deutet darauf, daß hier die Hinterfüße als Hauptbewegungsmittel ausgeschaltet und durch den zur Flosse umgebildeten Schwanz ersetzt wurden, wie das bei Zeuglodon und dann bei den Walen in der Vollendung bekannt ist. Protocetus mit etwa 60, Eocetus mit 90 cm Schädellänge sind kleinwüchsigere Glieder einer Gruppe von Umformungen, welche bei Zeuglodon zu Arten von riesiger Größe, von mehr als 10 m Länge führen können. Die Ahnen der Archaeoceti sieht FrAAs in der Familie der Proviverridae unter den Creodonten und möchte sie diesen als eine besondere ‚„Unter- gruppe‘ anschließen. Er scheidet die Archaeoceten ganz aus dem Kreise und aus der Stammesreihe der echten Waltiere, insbesondere der Zahnwale, und sieht in ihnen nur einen der parallelen Wege, auf welchen die Archaeoceti, die Waltiere und die Flossenfüßer unabhängig voneinander von »Säugern des Festlandes zu Bewohnern des Meeres wurden !. Eine zweite Mitteilung über Reste fossiler Säuger aus Afrika verdient Beachtung. Aus diluvialen, goldführenden Flußschottern des Vaal, von Barkley West in Südafrika, beschrieb FrAAs Zähne von Eguus cf. zebra, Hippopotamus amphibius var. robusta, Damaliscus sp. und Mastodon sp. (51, 1907). Das war im ganzen bedeutungsvoll: im älteren Diluvium Südafrikas Typen von Säugern wie Zguus zebra, Damaliscus, welche auch heute noch dort heimisch sind; dann dort also vielleicht seit dem Diluvium keine wesentlichen klimatischen Änderungen? Die Feststellung von Mastodon in Südafrika, wenn sie auch nur auf ein kleines Backzahnbruchstück gegründet werden konnte, verlangte besondere Beachtung. Bekannt war die weite Verbreitung des EBlefantentyps Mastodon über Europa, Asien und die amerikanischen Kontinente; ! Ähnliche Ansicht äußerte auch nach seinen eingehenden Studien an Zeuglodon-Arten VON STROMER, der wenigstens die Zeuglodontidae nur als Parallelreihe der Zahnwale auffaßt, sie mit M. WEBER als einen „Verunglückten Versuch, Cetaceen herauszubilden* bezeichnet, ScHLossER, ABEL schließen die Archaeoceti den Walen ein, . LAF — bekannt war Nordostafrika als die Heimat der Mastodon-Ahnen und die Besiedelung Nordafrikas im Jungtertiär, aber von einer weiteren Ver- breitung der Mastodonten über den Kontinent Afrika wußte man nichts. Zur Festlegung der Zeit des Vordringens von Mastodon nach Südafrika läßt sich leider ebensowenig sagen, wie über die Frage der Dauer einer Landbrücke zwischen Südamerika und Südafrika, welche durch die Ähnlichkeit des südafrikanischen Mastodon-Fragments mit dem diluvialen Mast. Humboldti Südamerikas angeschnitten wird. In einer kurzen Notiz bespricht FrAAs die kostbaren, aus dem Alttertiär des Fayum aus fluviomarinen Ablagerungen des Unter-Oligocän, stammenden Reste von drei fossilen Affen der Stuttgarter Sammlung (52, 1911). M. Schtosser hat sie bearbeitet, und FraAs gibt dessen Resultate wieder. Oligocäne Affen, bis dahin ganz unbekannt, mußten ebenso hochwichtige Aufschlüsse über stammesgeschichtliche Beziehungen zwischen den seit dem Eocän bekannten Halbaffen und den bis dahin erst vom Miocän an bekannten echten Affen versprechen, wie sie für die zeitliche und geographische Verbreitung der Affen überhaupt hohen Wert haben mußten. Das Ergebnis: Moeripithecus und Parapithecus SCHLOSS. zeigen uns die gesuchten Übergänge von den Halbaffentypen der Anapto- morphen und Tarsiiden zu dem Menschenaffen Pliopithecus; und Proplio- pithecus ScHLoss. erweist sich als (erster) echter Menschenaffe, der zu dem miocänen Pliopithecus und dann zu den Gibbons leitet. Also: in Nordostafrika das Werden, die Urheimat der Menschenaffen. Zur Kenntnis der fossilen Säuger seiner schwäbischen Heimat trug FrAaAs u. a. durch Bekanntgabe neuer Funde von diluvialen Hlephas- Resten bei!. Ferner sei hier seiner Höhlenstudien (55—62) gedacht, in welchen er den Wegen seines um die Höhlenforschung in Schwaben so hochverdienten Vaters folgte. Bei der Untersuchung einer Reihe neuer Höhlen im Weißen Jura erkannte er die Sibyllenhöhle an der Teck, die Charlottenhöhle bei Hürben, die Beilsteinhöhle bei Spaichingen als „Bärenschlupfe‘“ der Diluvialzeit, während die Irpfelhöhle im Brenztal, mit Mengung von Wohn- und Beutetierresten in der Höhle selbst, sich als ein „Hyänenhorst‘‘ ergab. Für die Höhlenfaunen selbst ist der Fund zahlreicherer Reste des sonst hier sehr raren Höhlenlöwen (mindestens vier Tiere in der Sibyllenhöhle) und schöner Schädelreste der Hyaena spelaea in der Irpfelhöhle zu unterstreichen. Unter dem ungemein zahl- reichen Bärenmaterial legt FraAs Gewicht auf den Nachweis des Ursus priscus Cuv. mit fliehender, niedriger Stirn, und einer kleinwüchsigen Varietät sibyllina des Ursus spelaeus. Nach der Lagerung und Erhaltung der Tierreste und Schuttbrocken im Höhlenlehm erkannte er, daß das Material von außen her eingeschwemmt, oder in der Höhle durch Wasser umgelagert (Sibyllenhöhle), umgelagert und gegen außen geschwemmt (Irpfelhöhle), oder in den anderen Höhlen in ungestörter ursprünglicher Lagerung erhalten ist. ! Die Überraschung „ein Mammutzahn aus dem Opalinus-Ton“ (53, 1892) beruht auf dem Funde eines Zahnes in diluvial versumpftem Ton des unteren Braunen Jura. — LIXI — Im Anschluß hieran sei FrAAs’ vielfache Beschäftigung mit Anthro- pologicis erwähnt: so seine Stellungnahme zum Funde eines Menschen- zahnes bei Taubach (65, 1895), den er als wichtig für die „Koexistenz des Menschen mit der altdiluvialen Säugerfauna‘ bezeichnet. Geschlagene Feuersteinsplitter in den Höhlen Schwabens beweisen auch hier den Menschen als Zeitgenossen des Mammut; ein Bärenschädel aus dem Hohlefels, durch den Axthieb eines Paläolithikers verletzt, bezeugt den vorgeschichtlichen Schwaben als Jäger (94, 1908), aber nicht als Vernichter der diluvialen Tierwelt (72, 1913). Die Frage des Pithec- anthropus von Java (63, 1895) wird von FrAAs besprochen u. a. m. (64, 66, 67). Allgemeine Paläontologie. Als selbstverständlich erscheint es, daß EBERHARD FraAs bei seinen vielseitigen, langjährigen Studien an fossilen Tieren, bei seiner Vertrautheit mit einem riesigen Material sich nicht auf beschreibende und systematisch ordnende Arbeit allein beschränkte. Die durch Beobachtung des fossilen Materials gesammelte Erfahrung, ständig über- prüft und erweitert durch vergleichende Arbeit an lebendem, ließ seinen Blick von höherer, umfassenderer Warte ausstrahlen. Er sah nicht nur versteinte Schalen und Knochen, welche er bestimmten Tieren zuzuschreiben wußte, er lernte die Tiere der Vorzeit sehen, wie sie lebten, wie in ihrer Umwelt sich ihr Geschick erfüllte. Von solchem Sehen, von biologischer Auswertung der Tiere der Urzeit geben die Rekonstruktionen Zeugnis, mit denen er die Stuttgarter Sammlung und seinen „Führer“ schmückte: Bilder, welche uns die Stegocephalen und Reptilien der Trias im Sandsturm der Wüste, an der Küste des brandenden Meeres, an den Wasserlachen der Keupersteppe zeigen, welche uns die Ammoniten und die Reptilherren der Jurameere zeichnen und die Tränkstätten von Stein- heim mit ihrem Gewimmel von Kolossen der Mastodonten und Rhino- ceroten, mit den lauernden Räubern und den zierlichen Gabelhirschen. Von seiner Kunst, die Tiere lebendig zu sehen, zeugen viele Stellen seiner Einzelarbeiten, und besonders tut das seine zusammenfassende, das viele Einzelwerk krönende Studie über die Anpassungsformen der Reptilien undSäugerdesMeeres(69, 1905). Er betont hier und sonst, daß alle Gruppen der Meeresreptilien und -säuger aus je besonderen Gruppen von Landtieren hervorgegangen sind. Die bei solchem Werden notwendigen Umformungen, Anpassungen, stehen ihm unter den Gesetzen von LAmArck und Darwın — von der Umformung durch Gebrauch oder Nichtgebrauch der Organe und von der Vererbung erworbener Merkmale — und unter der Eımer’schen Regel von der Kompensation, von dem Gleichgewicht oder dem Ausgleich der Körperteile und ihrer Organe in ihren Funktionen. Als grundsätzlich unterstreicht er die Leitworte: Unter den für die Umformung oder Veränderung des Körpers maßgebenden Momenten der Ernährung und Bewegung bleibt die innere Organisation des Tieres unverändert. Die Um- formungen gehen im Rahmen und unter möglichster Wahrung des Bestehenden vor sich durch abgeänderte Leistung der Organe und damit durch Umformung ihrer Skeletteile. | | NIE. Zwei Grundtypen der Anpassung = Umformung sieht FraAs bei den marinen Reptilien nnd Säugern in den Körperformen und in der Bewegungsart ausgeprägt: l. den Typus des Torpedo oder des modernen Schrauben- dampfers, bei welchem der Körper durch einen an seinem Hinterende wirkenden Propeller, eine Schwanzflosse, nach Art der Schrauben- bewegung! vorwärts getrieben wird; 2. den Typus des Flachbootes — hier sind es die seitlichen, zu Rudern umgebildeten zwei Fußpaare, welche den Körper fortbewegen. Nach dem ersten (bei den Fischen vorherrschenden) Typus wurden umgebildet 1. die ins Meer gedrängten ‚diapsiden‘‘ Reptilien, deren Schädelskelett normal — ursprünglich — zwei Paare von Schläfen- lücken aufweist (einzelne Rhynchocephalen, die Ichthyosaurier”, die Thalattosuchier und Teleosaurier unter den Krokodilen, die Mosasaurier und Seeschlangen), die Schwanzflosse ist vertikal gestellt, 2. die See- säugetiere — mit horizontaler Schwanzflosse —, die Wale, Seekühe und Robben; bei letzteren, einer vermutlich ‚jugendlicheren‘ An- passungsreihe, ist allerdings keine Schwanzflosse ausgebildet, sondern die umgeformten Hinterfüße wirken flossenartig. Dem zweiten Typus folgen bei der Abwanderung ins Meer die „synapsiden‘‘ Reptilien — ohne oder nur mit einem Paar von Schläfen- lücken —, so die Placodontier, die Plesiosaurier und die Schildkröten. Über die bei den beiden Typen sich einstellenden Änderungen der Schädelform, der Gebisse, des Hirnschädelskeletts, des Halses, der Rumpfform, der Extremitätenskelette und der Schwanzwirbelsäule gibt FrAAs uns vielfältige Auskunft. ! „Schraubenbewegung“ ist selbstverständlich nicht wörtlich zu nehmen. Der Vergleich mit der Schraube des Schiffes oder des Torpedo ist wohl nur nach der Lage des Propellers gewählt worden. Bei vertikaler Schwanzflosse (Fische, Meeresreptilien) wirkt die Schwanzflosse wie ein am Hinterende eines Bootes angebrachtes Einzelruder, und zwar entweder in einfachen Seitenschlägen, so bei homozerken Fischen, homozerken oder gephyrozerken Schwanzflossen überhaupt, oder nach Art von „Wrickschlägen“ bei heterozerken Schwanzflossen. Die Wir- kung echter Wrickschläge, wie sie von einem im Hinterende eines Bootes stehenden Ruderer mit dem auf dem Hinterrand aufgelegten Ruder ausgeführt werden — die Ruderschläge werden von links und rechts zur Mittellinie so geführt, daß die Unterkante des Ruderblattes je gegen die Mittellinie voraus- eilt —, führten die umgekehrt heterozerken Schwanzflossen von Ichthyosauriern, Thalattosuchiern aus wie auch die der Flugtische. Die echt heterozerken Schwanz- flossen — bei Stören, vielen Ganoidfischen, Haien — wirken wie umgekehrte Wrickschläge, die man in der Ruderpraxis allerdings nicht ausübt, da man hier mit ihnen nur „Krebse fängt“, aber das Boot nicht vorwärts bringt. Die hori- zontalen Flossen der Seesäuger werden verschiedenartig bewegt: Die Seekühe führen senkrechte Schläge, die Robben schlagen mit ihren flossenartigen Hinter- füßen seitwärts, mehr in der Horizontalen; nur die Flosse der Wale wirkt durch Drehschläge und kommt damit der „Schraubenbewegung“ nahe, wennwohl natür- lich auch hier volle Schraubenbewegung unmöglich ist. ” Die Ichthyosaurier sind nicht als Diapsiden sichergestellt. v. HvEnE will sie von Synapsiden herleiten. = SHAIN Ich überschätze nicht, wenn ich diese Studie von FrAASs als eine der alleranregendsten auf dem Gebiete der Wirbeltierpaläontologie be- zeichne und sie als eine der lesenswertesten empfehle. Zwar v. ARTHABER, v. STROMER, DoLLo haben den FraAAs’schen Torpedotyp berechtigter- weise in (4) Sondertypen (Torpedo-, Salamandriden- oder Molch-, Pythonomorphen- und Aaltyp) zerlegt, und ABEn vermehrt die Sonder- typen (bei den Fischen) ins Ungezählte. Aber wir müssen FrAAs die Anerkennung zollen, daß er zuerst in klarer, lichtvoller Weise die Anpassungsformen und -gruppen geschildert, das Gemeinsame wie das Trennende scharf unterstrichen und ihren systematischen, stammes- geschichtlichen Wert — bei den Reptilien und Säugern handelt es sich um tot auslaufende Seitenäste der Landtierstämme — ins rechte Licht gerückt hat. Auch zu anderen allgemeineren Fragen der Paläontologie hat FraaAs Stellung genommen. In einem Vortrage über die Dauerformen in der Tierwelt (70, 1904) zieht er das Fazit: ‚‚Dauertypen sind mehr- fach die Ausgangsglieder mächtiger Entwicklungsreihen gewesen‘ (das trifft allerdings nicht häufig zu), und ein anderes: ‚„‚Dauerformen haben ihre ursprünglichen Wohnsitze mit anderen vertauscht, z. B. die Ufer- regionen des Meeres mit der Tiefsee, oder das Meer mit dem Süßwasser“‘ (auch diese Regel wird nur mit vielen Einschränkungen gelten). — Zu den Erörterungen des schwedischen Paläontologen WımAn über den Massentod der Tiere und seine Bedeutung für die Paläobiologie weist FraaAs (72, 1913) auf die eigenartigen Verhältnisse im Posidonomyen- schiefer des Lias & hin, wo in ‚„seichtem‘‘ Meere vielfaches Massensterben überliefert scheint. Das Vorkommen der vielen Elefanten- und Rhinoceros- Reste von Cannstatt wird als Murbruch von Keuperschutt gedeutet, welcher die Tiere verschüttete; und in den Bonebeds der Trias sieht er Beweise für Massensterben infolge von Änderung der Lebens- bedingungen. — Das mehrfach behandelte Thema — Krankheits- erscheinungen an fossilen Tierresten — illustrierte FrRAASs durch mißgestaltete Panzerschilder von Belodon aus dem Stubensand- stein von Gablenberg, aus denen auf Rückenmarkserkrankungen und Knochenwucherungen geschlossen wird (71, 1912). 2. Geologie. In EBERHARD FraAs haben wir nicht nur den Paläontologen zu schätzen. Es vereinte sich in ihm vielmehr in natürlichst glücklicher Weise die Paläontologie mit der Geologie, besonders mit der historischen Geologie. Mir ist FrAAs wie eine normale Verkörperung der Verbindung dieser beiden Zweige unserer Wissenschaft, welche manche heute törichter- weise auseinanderreißen möchten, ohne in ihrer Kurzsichtigkeit zu erkennen, wie sie damit das Verdorren beider Zweige verschulden würden. Der Vater hatte auf seinen Wanderungen durch das Land, auf gemeinsamen Reisen den Sohn wohl vorbereitet für die Geologie. Das ech Verständnis für „@—£‘ war dem Buben EBERHARD schon ebenso zu ana >. Men eigen geworden wie das für die „Rote Wand‘, die vor seiner Türe lag; und mit den Ammoniten und Terebrateln und dem anderen Tiergewimmel fand er sich fein durchs schwäbische Stufenland. Die Schule ÜrEDNER’s führte ihn weiter, und in München ging ihm die hehre Alpenwelt auf, um deren spröde Schönheit er dort mit gutem Lohne warb. Alpen-Geologie. Unter der Leitung RorkrLerz’ nahm er 1887 an der Kartierung des Karwendelgebirges (77, 1888) teil, dessen südlichere Ge- biete ihm zufielen. Dann suchte er sich eine eigene Domäne. Das Wendelsteingebiet der Bayerischen Alpen wählte er, das Berg- kleinod zwischen Leitzach und Inn, welches das begehrte Ziel so vieler zahmerer Alpenpilger ist. Von GünmgßEL lagen dort ältere Auf- nahmen im Maßstab 1:100000 und 1:50000 vor. FraAs machte sich an die Aufnahme im Maßstab 1:25000 auf der Grundlage einer Höhenkurvenkarte; er lieferte damit die erste geologische Spezial- karte in diesem Maßstab aus dem Bereich der Deutschen Alpen. Vieles konnte nun genauer dargestellt, die Stratigraphie mehr ins einzelne gehend gegeben werden. Er erklärte das vornehmlich aus Triasgesteinen aufgebaute Gebiet, dessen vortretendere Gipfel die Massen des Wetter- steinkalks formen, als ein System fast W—O streichender Mulden und Sättel. Verschiedentlich abgelenkte Längsbrüche, sehr zahlreiche Quer- störungen in den Richtungen NW, N und NO schaffen ein viel zer- stückeltes, wirr verworfenes Baubild. Das Ganze läßt FraAs gegen den im Norden vorgelagerten Flysch der Alpenvorberge an einer Längs- störung abstoßen. Neben der geologischen Karte zeigt eine hübsch entworfene Skizze durch die vollausgezeichneten Sättel und Mulden und Blöcke — als hätte keine Erosion und Denudation sie zernagt und umgemodelt — die tektonischen Charakterzüge des Gebietes in deutlich übersichtlicher Weise. (Fraas hat solche ‚Blockbilder‘‘ auch später für die Darstellung des Baues schwäbischer Gebiete gezeichnet.) Schnell wurde das Ziel weiter gesteckt. Es folgte die 1892 (79) erschienene ‚„Scenerie der Alpen‘. Das war ganz Fraas, der unbekümmert sich an alles wagte, dem Erfolg sicher vertraute. Der Anfänger machte sich an die Schilderung des Schwierigsten, was die Geologie hier in unserem Süden bietet. Aber die Tat gelang. Das Buch, welches dem ‚‚außeralpinen Geologen und dem Freunde der Alpen und der alpinen Geologie ein Führer‘ sein sollte, fand Anklang und verdiente ihn. Ansprechende Schreibweise, klare Darstellung, zahl- reiche hübsche Zeichnungen selbst beobachteter Profile — Fraas war ein feinbegabter, flotter Zeichner —, kluge Auswahl des Gebotenen wurden hoch geschätzt. Der Hauptteil des Buches schildert die am Aufbau der Alpen beteiligten Formationen in ihren besonderen Aus- bildungsweisen. Unter diesen Kapiteln ist — trotz der sich über- stürzenden Menge von Arbeiten zur Alpengeologie — vieles noch heute mit Vorteil zu benutzen; wir haben z. B. keine neuere zusammenfassende Darstellung des alpinen Jura als die uns von FrAAs gegebene. In der Auffassung des Baues der Alpen ist das Buch natürlich ganz Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1915. e N Kind seiner Zeit. Unter dem Einfluß der Surss’schen „Entstehung der Alpen‘‘ und mit manchem Rornpterz’schen Einschlag werden die Alpen als das typische, von Verwerfungen zerstückte Faltengebirge tertiärer Zeit (mit vorbereitenden Vorgängen aus der Kreidezeit) geschildert. Die Alpenprobleme lagen damals ja noch anders, einfacher, als heute. Noch hatte QuerEau durch seine Deutung der ‚Klippen‘ nicht den Anstoß zu den modernen und übermodernen Deckenschüben und ‚„wurzellosen‘‘ Gebirgsmassen in den Alpen gegeben. Noch prangte die ‚Glarner Doppelfalte‘‘ Hxzım’s in ganzer Schönheit als wert- vollstes Requisit der Alpentektonik — noch 1894 blühte ihr ja die größte Ehre, feierlichst protokollarisch beschworen zu werden; und erst 1903 senkte sie der eigene Vater in einer denkwürdigen Szene von vollkommener dramatischer Hochspannung in das ihr von anderen ausgehobene Grab. Geologische Aufnahmen in Schwaben. Von 1891 ab, seit der Übersiedelung nach Stuttgart, sehen wir FrAAs im Dienste der Geologie Württembergs. Er wurde für Jahre „der schwäbische Landesgeologe‘‘, ohne im Amt eines solchen zu stehen; auch noch nach der Gründung der württ. geologischen Landesanstalt führte er Aufnahmsarbeiten aus. Die letzten Blätter des geognostischen Atlasses von Württemberg hatte der verdiente .‚„Geognost‘‘ J. HıLpen- BRAND kartiert, der sich — ein schwäbisches Original — dank seiner ganz ungewöhnlichen Begabung vom Weberburschen zum Helfer von (JuEnSTEDT und schließlich zum Aufnahmsgeologen heraufgearbeitet hatte. FrAAs überprüfte diese Aufnahmen und schrieb dazu die Begleit- worte (Sla, b). Hiermit schloß das große Landeswerk ab, das einst Quenstepr und der Vater FrAAs’ begonnen hatten; die erste großzügig angelegte geologische Karte in Deutschland war fertig. In den folgen- den Jahren hat FrAAs von einer Reihe vergriffener Blätter nach Auf- nahme und Beschreibung revidierte Ausgaben besorgt. Die in Angriff genommene Revision des Riesblattes Bopfingen hat er nicht mehr ab- schließen können. An der sehr nutzbringenden geologischen Beschreibung der württembergischen Eisenbahnlinien beteiligte sich E. Fraas durch die äußerst anregend gehaltene Schilderung der Bahnlinie Reutlingen — Münsingen und der Gäu- und Kinzigbahn (82, 1888, 1898). Was Fraas in den Alpen an Erfahrung gesammelt hatte, kam der heimischen Geologie zugute. Auf den von ihm überarbeiteten Blättern sehen wir die Tektonik ganz anders betont als auf den älteren Aufnahmen des Landes. Die das schwäbische Tafelland durchschneidenden Verwerfungssysteme wurden, soweit das bei einer Karte ohne Höhenkurven exakt möglich ist, festgelegt; es sei da an das Bild der Filder—-Schöu- buchplatte mit ihren, übrigens schon von Derrner erkannten, Ver- werfungszügen erinnert, an das Bild des Stuttgarter Tales u. a. m. Schwäbische Trias. Die Aufnahmsgebiete FrAAs’ fielen fast ausschließlich in den Bereich der Trias Württembergs. Eine Fülle von Einzelbeobachtungen BERND — konnte da gesammelt werden, wurde in den „Begleitworten‘‘ festgelegt. ‚Die Trias lieferte ihm ja auch einen sehr großen Teil des Materials zu seinen paläontologischen Studien. Feld- und Musealarbeit in glücklichem und naturgemäßem Miteinander führten zu mehreren Arbeiten über die Trias, ließen die zusammenfassende Studie über die Bildung der germanischen Trias (84, 1899) entstehen. In An- lehnung an J. BOoRNEMANN und Jon. WALTHER wird für die Aufhäufung vieler Gesteinsmassen unserer Trias dem Winde eine große Rolle bei- gemessen. Der größte Teil des Unteren und der Hauptbuntsandstein wird als die „Bildung einer großen Sandwüste‘‘ geschildert, welche die „sumpfigen Niederungen des dyassischen Depressionsgebietes‘‘ erfüllte und über sie hinausgriff; die Rogensteine der Harzumrahmung sprächen nicht gegen solche Deutung. Über die Schwierigkeit, die Konglomerate des Hauptbuntsandsteins zu erklären, kommt FrAaAs damit hinweg, daß er das untere (Eck’sche) Konglomerat als durch Wind umgelagerte Flußkiese, das obere, das Hauptkonglomerat, als durch fließendes Wasser umgelagerte Kieswüste auffaßt. Ein flacher Binnensee des Röt führt zum Muschelkalkmeer, welches von Osten über Schlesien einbricht.. Während des mittleren Muschelkalks liefert das nun ab- geschnürte ‚übersalzene Binnenmeer‘‘ Gips- und Salzausscheidungen. Das Meer wird im oberen Muschelkalk, bei vorwiegender Verbindung mit dem Weltmeer der Trias über den Süden und Südwesten, wieder normal salzig. Die Lettenkohle, welche FraAs (83, 1892) als Zone der Myophoria Goldfussi oder der Estheria minuta bezeichnet — er läßt sie über den Semipartitus-Schichten beginnen — und dem Muschel- kalk zuzählt, wird als zeitliche und zonare Folge mariner und paralisch- brackischer Bildungen mit Einschaltung terrestrer Sandsteine angesprochen. Ein über die Muschelkalkgrenzen ‚durch Hebung des Bodens‘ aus- gedehnter ‚‚Salzbinnensee‘‘ wird der Schoß des unteren Gipskeupers; Ströme schwemmen in die Niederungen den Schilfsandstein. An seinen Rändern wurde der mit ärmlichen ‚‚neuangepaßten marinen Relikten- faunen‘“ besetzte Binnensee von den durch Wind (und fließendes Wasser?) zusammengeführten Dünenmassen des Stubensandsteins, in seinen randferneren Teilen durch bunte Mergel aufgefüllt. Lößähnlichen äolischen Bildungen der Knollenmergel folgt im Rhät das ‚kata- strophenartige Einbrechen der ozeanischen Fluten, durch welche die Triasfauna vernichtet wird‘. Gegen die neuerdings wieder gemachten Versuche, die buntgefärbten Mergel unseres Keupers ohne Rücksicht auf ihre Fossilführung — Dinosaurier! — zu Meeresbildungen zu stempeln (R. LanG), wendet sich FraAs in seinen jüngsten Schriften mit erfrischender Deutlichkeit (46, 1913; 87, 1911). Mag es auch notwendig sein, manche Einzelheit (ich erinnere an die Fossilzone im Mittleren Muschelkalk, an den Kaolingehalt im Stubensandstein, an die Schnecken- und Muschellagen im Keuper u. a. m.) noch vertiefterer Prüfung zu unterwerfen, in den Grundzügen gibt FrAas das nun feststehende Bild vom Werden unserer Trias. Als mitbedingend für die Sonderheiten der germanischen Triasbildungen wird Günser’s längst unsichtbar gewordenes ‚‚vindelizisches Gebirge‘ anerkannt, welches e* Zr TB trennend zwischen dem süddeutschen und den alpinen Becken lag (vergl. auch 114, 1905; 115, 1906). Die übrigen Formationen Schwabens. Von den zahlreicheren kleineren Mitteilungen zur Kenntnis der übrigen geologischen Formationen Württembergs sei hier nur einiges gestreift. Die Bohrung bei Sulz am Neckar (90, 1890) gab den Anlaß, auf das — leider — völlige Fehlen von kohlenführendem OÖberkarbon in Schwaben hinzuweisen. — Aus der jüngst gestoßenen Bohrung von Erlenbach bei Heilbronn (91, 1914) konnte hierzulande zum ersten Male mit Sicherheit durch Fossilfunde, Gervillia ceratophaga, Libea Hausmanni, Schizodus truncatus, der Nachweis geführt werden, daß das Meer des deutschen Zechsteins in seiner jüngeren Phase bis ins nördliche Württemberg griff. Leider ließ es an diesem seinem südlichsten Vorstoßgebiet keine Salzlager zurück. (Das Zechsteinalter der in der Bohrung von Dürrmenz— Mühlacker erschroteten Stinkkalke, der in der Bohrung von Ingelfingen angetroffenen Dolomite und Gipse etc. unter dem Buntsandstein ist nicht bestimmt zu erweisen.) — Von verschiedenen Bemerkungen zum Jura (82b, 1893; 93, 1897; 145, 1897) reizt der eigen- artige Versuch die Sonderheiten unseres Lias & zu erklären (92, 1901) zur Diskussion: Das Posidonomyenschiefermeer soll durch Schwefel- wasserstoff, welcher von untermeerischen Solfataren gespendet wurde, vergiftet worden sein. — Zur Kenntnis des Tertiär hat FrAAs durch die Mitteilung neuer Aufschlüsse und neuer Beobachtungen von der Hochfläche der Alb beigetragen (93— 97). In der Ausbildung des Miocän der weiteren Umgebung von Ulm sieht er den Einfluß des Abbruchs der Alb in mittelmiocäner Zeit ausgedrückt, an welchem Oberschwaben gegen die heutige Albtafel absank (96, 1911). — Bei der Besprechung diluvialer Ablagerungen am Rande und im Vorlande der Alb (98—101) ergab sich eine Auseinandersetzung mit Koken, welcher ja sowohl auf der Alb als in deren Vorlande mehrfach Anzeigen für Gletscherwirkungen erkennen wollte, FrAAs führte — ohne die Anwesenheit diluvialer Gletscher im Lande völlig ablehnen zu wollen (99, 1901) — die von Koken bei Waldenbuch beobachteten Anzeichen eines Gletschers teils auf Bachgerölle, teils auf verrutschten Gehängeschutt (Rhätbrocken auf unterem Lias) an einer Verwerfung zurück; KokEn wollte sich mit solcher Auslegung allerdings nicht zufrieden geben. Die diluvialen Schotter und Sande im Unterland werden sonst allgemein auf Fluß- transport zurückgeführt. Bei Erörterung der zur diluvialen Hoch- terrasse gerechneten ‚‚Goldshöfer‘‘ Sande der Aalen—Ellwanger Gegend als umgelagerter pliocäner (?) oder altdiluvialer Höhensande ergab sich der Hinweis auf ein ehemals viel ausgedehnteres ‚Urbrenz‘-System, aus welchem Rhein-Neckar die heutigen Flußlagen von Kocher und Jagst abgezapft haben (94, 1908). Hier sei auch nochmals an die Höhlenstudien (55—62) erinnert und die damit verknüpften Bemer- kungen zur Diluvialfauna Schwabens. —'. DR — Schwäbische Vulkane. Durch sein Werk über die schwäbischen ‚Vulkanembryonen‘ hatte BrancA den Blick der Geologen mit größter Spannung auf Württemberg gelenkt. Hier war etwas ganz Besonderes. Hier waren im Urach— Kirchheimer Vulkangebiet die machtvollen Zeugen einer vulkanischen Explosivtätigkeit, deren Auslegung durch BrAncA die geltenden Lehr- meinungen vom Vulkanismus über den Haufen waıf. Der ‚„Landesgeologe‘‘ FrAAs konnte sich dem mächtigen neuen Anreiz zur Vulkanforschung nicht verschließen. Er machte mit. Bei Weilheim an der Limburg — im Mollenhof — fand er einen neuen Vulkanembryo: Basalttuff und Weißjurabreccie im Opalinus-Ton steckend (103, 1899). Und er machte weiter in vulkanologischen Studien mit. Zusammen mit BRANcA ging er an die Untersuchnng der geheimnisvollsten geo- logischen Sphinx im süddeutschen Boden, des vulkanischen Ries bei Nördlingen. In einer Reihe gemeinsamer Arbeiten (106—109), über deren Fortgang FrAAs gelegentlich im Vaterl. Verein berichtete (104, 1901; 105, 1903), wurde des großen Rätsels Lösung gefördert und die gewonnene Deutung gegen die Einwürfe anderer (KoKEn, Kranz) verteidigt. Dort, wo heute die 25 km weite Senke des Ries, zog ‚ einst ohne Unterbrechung die von Talrinnen durchfurchte Juradecke der Alb. Da quoll im jüngeren Miocän von unten her, durch das Einsinken Oberschwabens in Bewegung gesetzt, Gestein der Tiefe auf- wärts, ein „Lakkolith‘‘, vielleicht auch vulkanische Intıusionsmassen unregelmäßigerer Wegform. Der granitische Untergrund der Alb wurde in mächtigem — zerstückeltem? — Pfropf aufwärts geschoben, ge- preßt und mit ihm die Trias-Juradecke, welche er trug. Dann also — wo heute die Senke des Rieskessels — einst für kurze Zeit ein glockenförmiger Berg oder Berghöhen über die Alb aufragend. Des Bergmassivs Flanken zerrüttet, zerrissen, durch vulkanische Ausbrüche weiter gestört und in Bewegung gesetzt. glitten ab und hinüber auf das Weißjura-Fußland des Riesberges. Dort liegen sie heute als über- schobene Massen — verknetete Keuper und Juratone als ‚bunte Breccien‘‘, zertrümmerte, ‚‚vergrieste‘‘ Jurakalke, zusammengeschobene Schollen und mächtige Schollenmassen, gemischt mit granitischen und liparitischen Ausbruchsmassen —; in der breiten Zone des ,‚‚Vorries“ umgürten sie als Trümmer und ‚Klippen‘ und Berge und Decken heute den Rieskessel im W, S und OÖ bis zur Donau hin. Dann sank der Bergrest zurück zum ‚„Rieskessel“, doch nicht bis zur ursprüng- lichen Lage des Untergrundgebirges, sondern nur so weit, daß der Granit des eingesunkenen Rieskessels heute noch etwa 150—200 m höher liegt, als er vor den geologischen Bewegungen der Riesbildung hinaufreichte. Warme Quellen schufen ,‚‚Sprudelkalke‘‘, und jung- miocäne Süßwasserkalke wurden im fertigen Rieskessel abgelagert. Das in kürzestem die BrancAa-Fraas’sche Erklärung des Riesproblems, zu dessen Lösung weder vulkanische Explosion allein (Kranz) noch die Mitwirkung von Gletscherschüben (Kokkn) befriedigende Handhaben geben können. —AENRN Auf der Alb, W. von Heidenheim, liegt kraterrund in ‘den oberen Weißen Jura eingesenkt das Becken von Steinheim, die ‚‚tertiäre Oase‘ in der Juratafel. Seit alters ist Steinheim berühmt durch seine „Schneckensande‘‘ mit den Entwicklungsreihen von Carinifex multiformis und durch seine wunderbar reiche Wirbeltierfauna des Jungmiocän, welche der Vater FraAs’ beschrieben hat. In ihm ein Rätsel. Da ragt inmitten der Klosterberg auf: von Tertiär umgürtete Gesteine des Braunen und des unteren Weißen Jura (nicht auch des Lias), wie durcheinandergerüttelt, setzen ihn zusammen, liegen in der Höhe des umgebenden oberen Weißen, also viel zu hoch. Quenstept nannte das Steinheimer Becken ein „Ries im kleinen‘ —— sein Durchmesser von 2,5 km ist ja nur !/ıo des Riesdurchmessers. Diese gefühlsmäßige Deutung traf ohne Beweis das Rechte. 1899 machte sich E. Fraas an die Untersuchung des Rätsels (110, 1900); doch volle Klarheit konnte erst gewonnen werden, als die Berliner Akademie für eine von BrAncA und FRrAAs gemeinsam unternommene Arbeit die Mittel zu ausgedehnteren Schürfen und Grabungen gewährte. Nun kam die Lösung (111, 1905; 112, 1906; 112a, 1914). Hier wie im Ries wurde ein Gesteinspfropf einst, im Jung- miocän, hoch aufwärts gepreßt, dessen Rest der Klosterberg ist: Brauner Jura, kuppelförmig aufgetrieben, zerquetscht und verknetet, von älterem bis mittlerem Weißem Jura ummantelt, das Ganze tollst zerrüttet. Hier aber nicht, wie im Ries, Abgleiten der Bergflanken auf den Fußrand des Berges, hier keine überschobenen Massen, keine ‚‚Vorries-Zone‘‘ auf der umgebenden Tafel. Hier wie im Ries wurde durch Zurücksinken des Berges der Kessel geschaffen, an dessen Rändern vollständigste Zer- malmung, ‚„Vergriesung‘‘ des Weißjura der Albtafel von der gewaltigen Druckkraft der Bewegungen zeugt. Hier wie im Ries heiße Quellen mit Sprudelkalkabsätzen und Süßwasserkalke — hier mit der ungeheuer- lichen Masse von Schnecken, mit den Resten zahlreichster Wirbeltiere. Hier wie im Ries gewißlich nur der Vulkanismus die treibende Kraft, obwohl hier kein vulkanisches Gestein zutage tritt; Vulkanismus, dessen bewegende Kraft mit dem Emportreiben der Bergglocke er- schöpft war. ,‚‚Kryptovulkanisch‘‘ nennen die beiden Forscher das Becken von Steinheim, da der es bedingende vulkanische Antrieb sich an der Erdoberfläche durch keine Schmelzflußgesteine irgend welcher Art anzeigt. Ries und Steinheim sind jetzt ihrer größten Rätsel entschleiert, in den Grundzügen ihres Wesens erkannt. Sonstiges zur Geologie Schwabens. Von anderen Fragen zum Bau und zur allgemeinen Geologie seiner Heimat, über welche FrAAs sich äußerte, seien z. B. erwähnt: die gegen ©. REGELMANN gerichtete Verteidigung des südlichen Ab- bruchs der Albtafel an der Donaulinie (113, 1910; 96, 1911; 97, 1912), seine Beobachtungen über Höhlenbildungen im Weißen Jura (57, 1894) — durch Auslaugung erweiterte Klüfte, welche zeit- weilig von Rinnsalen durchströmt waren —, seine Erklärung der Trockentäler auf der Alb (115, 1906) als ehemalige, unterirdische =. DAX] i Flußläufe, deren Decken einstürzten. — Unter den Druckwirkungen ‘im Malm des Steinheimer Beckens beschrieb er (111, 1905) Bildungen, welche äußerlich vollständig den gerieften Kegeln der Nagelkalke gleichen. — Wenn an einer Stelle die Schichtung der Sedimentär- gesteine auf horizontal wirkendem Gebirgsdruck beruhend angegeben wird (121, 1892), so liegt da eine nicht ganz getreue Wiedergabe des betr. Vortrages vor. Reisefrüchte. Eine reiche Fülle an geologischen Beobachtungen sammelte er auf seinen vielen Reisen (123-—137) und stellte sie nutzbringend in den Dienst der heimischen Geologie, wie z. B. die Vorgänge in der Arabischen Wüste zur Deutung der Entstehung unseres Buntsandsteins. Ich hebe von den meist in Vorträgen behandelten Reiseergebnissen nur einiges hervor. | Von seiner ersten Reise nach Ägypten (1897), von Wegen, die einst sein Vater gewandert, schilderte er seine Beobachtungen in Ober-Ägypten zwischen Keneh und Theben am Nil und Kosseir am Roten Meer (123, 1900). Dort sieht er ein uraltes, aus Gneißen, kri- stallinen und vielleicht altpaläozoischen Gesteinen aufgebautes Falten- 'gebirge, ein Stück Urafrika; diskordant, wenig gen West geneigt, lagert auf dessen eingeebneter Hochfläche im Westen ‚‚nubischer Sand- stein“ und marine jüngere Kreide (Senon), die Tafelberge und die Uadis der Wüste bildend. Im Osten kommt (wie jenseits des Nils) noch Alttertiär dazu und jüngste Bildungen teils marinen Charakters ; Nordwest-Südostbrüche staffeln dort im Osten das Gebirge gegen den tief eingesunkenen jungen Graben des Roten Meeres. Die Reise nach Ostafrika (1907) wurde auch zu genaueren stratigraphischen Feststellungen ausgenutzt. Außer der Schilderung der mesozoischen Ablagerungen von Lindi bis zum Tendaguru (41, 1908) verdanken wir FrAAs genauere Mitteilungen und Aufsammlungen aus den Juragebieten des Hinterlandes von Daressalam und von Mombassa (124, 1908). Die aus den beiden letzteren Gebieten mit- gebrachten Versteinerungen, welche E. Dacqur eingehender untersucht hat, erlaubten genauere Klarlegungen über Ostafrikas obersten Braunen Jura (Callovien von Pendambili, Daressalam) und über den unteren Weißen Jura (Oxford von Mombassa, wo übrigens Ablagerungen bis zum mittleren Braunen Jura & = Bathonien hinunter vorkommen), Jura- ablagerungen, deren Fauna neben indischen Charakteren mitteleuro- päische und spezifisch portugiesische Einschläge zeigen. Bei seinem Besuch der Dinosaurierlagerstätten im Westen Nord- amerikas (125, 1901) fand Fraas Gelegenheit, in Wyoming marine Juraschichten abzusammeln, welche er nach dem Vorkommen von Cardioceraten (,‚Cordaten‘“) etwa unserer Lamberti-Knollenschicht gleich- setzt und danach die darauffolgenden terrestren Dinosaurierlager der Atlantosaurus-beds als dem Oxford bis jüngerem Malm angehörend erklärt. an DRAN Lehrwerke. Hat FrAAs auch nur kurze Zeit lehrend gewirkt, so blieb ihm das Lehren doch immer ein wichtiger Teil seines Tuns. Er lehrte in seinen vielen Vorträgen, die er allerorten im Lande hielt, und er lehrte in Büchern. Ist doch sein Führer durch die vaterländische Samm- lung in Stuttgart (138 1910) -—— übrigens mit Korkzn’s Führer durch die Tübinger Sammlung das beste, was ich an Führern überhaupt kenne —. ein prächtiger Leitfaden durch die historische Geologie von Württem- “ berg. — Seine in der Sammlung Göschen jetzt im sechsten Abdruck der dritten Auflage vorliegende ‚Geologie‘ (139, 1912) ist viel begehrt. Namentlich Studierende mit bescheideneren Ansprüchen an das ihnen durch die Not des Examens aufgezwungene Interesse für Geologie führen gern das Büchlein in der Hand, welches auf wenigen Seiten viel Wissenswertes enthält. — Dem höchst heiklen Punkt — Geologie im Schulunterricht — hat FrAAs erst jüngst noch durch einen Leit- faden (140, 1913) seine Kraft gewidmet. — Dem Unterricht dienen auch seine Wandtafeln zur Geologie (142). Die zur historischen Geologie zeigen eine ganz eigenartige Darstellung des zu Lehrenden: Meist nach deutschen Vorkommnissen schematisierte Profile einer For- mation bilden z. T. Untergrund und Küste eines Meeres, in welchem sich die der Formation eigentümlichsten Meerestiere tummeln. Das. wird vom Standpunkt des Didakten verschieden eingeschätzt werden können. -—— Seinen Landsleuten, denen von alters her das Sammeln von Versteinerungen im Blute liegt, gibt er in seinem Petrefakten- sammler (141, 1912) ein Hilfsbuch zum Bestimmen in die Hand. Die Versteinerungen sind 1. nach Zeitaltern, 2. systematisch geordnet; neben zahlreichen Textbildern geben 72 schön gezeichnete Tafeln die wichtig- sten Versteinerungen wieder. Aus der Einleitung dieses Buches kann neben vielen sonst zu beherzigenden Winken die Mahnung zur Be- schränkung nicht kräftig genug unterstrichen werden: .,‚Eine Privat- sammlung hat die Aufgabe, ein möglichst vollständiges Bild der nächsten Umgebung des Sammlers zu werden; und je mehr sie dieser Aufgabe gerecht wird, desto größer wird auch ihr wissenschaftlicher Wert sein.“ Das Wesentlichste dessen, was EBERHARD Fraas an wissenschaft- lichem Werk veröffentlicht hat, sahen wir an uns vorüberziehen. Es ist eine ungewöhnlich große Fülle von Arbeit, welche er in der kurzen Zeit von kaum drei Jahrzehnten uns geleistet hat, und reiche Ernte an wissenschaftlicher Frucht sehen wir sein. Scheint auch manch Bedeutsames, manch glänzende Neuheit, die er uns kennen lehrte, als Fund wie als Gabe des Glücksfalls ihm in die Hände gespielt, er hat es wie in seinen Reptilarbeiten verstanden, auch diese verschiedenartigsten Perlen zu einem Geschmeide einheitlich reinen Stils zu fassen. Das Leben der Vorzeit nicht nach der Menge der Wesen, sondern nach der Art des Werdens und Seins zu erhellen, — LXXN — dafür setzte er sein Können und seine Kraft ein. Aus der Geschichte der Erde hat er so manch Runenzeichen zu enträtseln vermocht. Viele beste Werksteine zum Gebäude unserer Wissenschaft wußte er zu finden, und er wußte sie an bestimmender Stelle in den Bau einzufügen. Voll höchster Anerkennung danken wir ihm das. Und er hat es verstanden, sein Wissen und Können mit reichstem Erfolg über die kleine Gemeinde der Fachgenossen hinaus in weitere Kreise zu tragen, der Erdgeschichte und der Geschichte des Lebens Freunde in großer Zahl zu gewinnen. Das dankt ihm das Schwabenland. Nun ruht die Hand, die nimmer müde den Hammer so rührig führte, und der Mund ist für immer geschlossen, der so wissensfreudig der Dolmetsch dessen war, was Stein und Erde raunen. EBERHARD FraAs ist von uns gegangen — es bleibt sein Name wie sein Werk! Verzeichnis der Schriiten von Eberhard Fraas. Abkürzungen: W.J. = Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. OÖ. R. = Berichte des Oberrheinischen Geologischen Vereins. D.G. = Zeitschrift (und Monatsberichte) der Deutschen Geologischen Gesellschaft. N.J. = Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Pal. = Palaeontographica. K.Bl. = Korrespondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie etc. a [V.] bezeichnet Vorträge, über welche nur gekürzte Berichte vorliegen. 1.. Paläontologie. (Wirbellose Tiere.) 1. Die Asterien des Weißen Jura von Schwaben und Franken, mit Untersuchungen über die Struktur der Echinodermen und das Kalkgerüst der Asterien. — Pal. 1886. Bd. 32, S. 227. 2. Über ein Ophiuren-Vorkommen bei Crailsheim. — N.J. 1888. Bd. I. 8. 170. 3. [V.] Über Krankheitserscheinungen an fossilen Crinoiden. — W.J. 1898. Bd. 54. S. LXX. 4. [V.] Vorlage einer Pentacrinus-Platte. — W.J. 1910. Bd. 66. S. LXXVII. d. Loliginites (Geoteuthis) Zitteli E. Fraas aus den Laibsteinen des Lias e. — W.J. 1889. Bd. 45. S. 217. 6. Eine rezente Kerunia-Bildung. — Verh.d.k. k. Zoolog.-botan, Ges. Wien. 1911 8, 70: 7. [V.] Über fossile Glasschwämme. — W.J. 1897. Bd. 53. S. VII, (Fische.) 8. Ceratodus priscus E. Fraas aus dem Hauptbuntsandstein. — O.R. 1904. 37. Ber. 8. 30. 9. Kopfstacheln von Hybodus und Acrodus, sog. Ceratodus heteromorphus As. — W.J. 1889. Bd. 45. S. 233. 10. 17. 12, 13, 14. 34, — IAXV — Ein Fund von Skelettresten von Hybodus (H. Hauffianus E. Fraas). — O.R. 1895. 28. Ber. S. 24. Neue Selachierreste aus dem oberen Lias von Holzmaden. I. Hybodus Hauffianus E. Fraas. II. Palaeospinax Smith Woodwardi E. Fraas. — W.J. 1896. Bd. 52. 8.1. Chimaeridenreste aus dem oberen Lias von Holzmaden. — W.J. 1910. Bd. 66. S. 55. Säge von Propristis Schweinfurthi Dames aus dem oberen Eocän von Ägypten. — N.J. 1907. Bd.1I. S.1. (Stegocephalen — Amphibien — Reptilien.) Die schwäbischen Trias-Saurier nach dem Material der Kgl. Naturalien- sammlung in Stuttgart zusammengestellt. — Festgabe zur 42. Versamm- lung der Deutschen Geologischen Gesellschaft in Stuttgart, 1896. . Die Labyrinthodonten der schwäbischen Trias. — Pal. 1889. Bd. 36. 8.1. . Labyrinthodon aus dem Buntsandstein von Teinach. — W. J. 1901. Bd. 57. S. 818. . Neue Labyrinthodonten aus der schwäbischen Trias. — Pal. 1913. Bd. 60. S. 275. ‚„ Rana Danubiana H. v. MEYER var. rara OÖ. Fraas aus dem Obermiocän von Steinheim. — W.J. 1903. Bd. 59. S. 105. . Rana Hauffiana n. sp. aus den Dysodilschiefern des Randecker Maares. — W.J. 1909. Bd. 65. 8.1. . Über die Finne von Ichthyosaurus. — W.J. 1888. Bd. 44 S. 280 und [V.] O.R. 1888. 21. Ber. S. 32. . Die Ichthyosaurier der süddeutschen Trias- und Jura-Ablagerungen. — Tübingen 1891. 2. Über einen neuen Fund von Ichthyosaurus in Württemberg. — N.J. 1892. Bd. II. 8. 87. . Ichthyosaurus numismalhrs E. Fraas. — W.)J. 1892. Bd. 48. S. 22. . |V.] Neues und Altes über Ichthyosaurier. — W. J. 1895. Bd. 49. S. XXXIX. . Die Hautbedeckung von Ichthyosaurus. — W.J. 1894. Bd. 50. S, 493. . Ein neues Exemplar von Ichthyosaurus mit Hautbedeckung. — Földtany Közlöny. 1897. Bd. 28. S. 169. . Embryonaler Ichthyosaurus mit Hautbekleidung. — W.J. 1911. Bd. 67. S. 480. . Ein unverdrückter Ichthyosaurus-Schädel. — W.J. 1913. Bd. 69. 8.1. . Aötosaurus crassicauda n. sp. nebst Bemerkungen über das Becken der Aötosaurier. — W.J. 1907. Bd. 63. S. 101. . . [V.] Uber einen neuen Saurier, Dakosaurus, aus dem Weißen Jura d. — W.J. 1895. Bd. 51. S. CXVII. . [V.] Über die fossilen Krokodile des Weißen Jura. — W.J. 1901. Bd. 57. Ss. CXXVI. . Die Meereskrokodile (Thalattosuchia n. g.) eine neue Gruppe der Jura- formation. — W.J. 1901. Bd. 57. S. 409. Die Meerkrokodilier (T’halattosuchia) des oberen Jura unter spezieller Berück- sichtigung von Dacosaurus und Geosaurus. — Pal. 1902. Bd. 49, 8.1. [V.] Schwäbische Plesiosaurier. -- W.J. 1909. Bd. 65. S. XLII. | | \ — LXXV — 35. Plesiosaurier aus dem oberen Lias von Holzmaden. — Pal. 1910. Bd. 57, S. 105. 36. Proganochelys (uenstedti Baur (Psammochelys keuperina Qu.) — W.J. 1899. Bd. 55. 8. 401. 37, Thalassemys marina E. Fraas aus dem oberen Weißen Jura von Schnait- heim nebst Bemerkungen über die Stammesgeschichte der Schildkröten. — W.J. 1903. Bd. 59. S. 72. 88. Proterochersis, eine pleurodire Schildkröte aus dem Keuper. — W.J.1913, Bd. 69. S. 13. 39. [V.] Dinosaurierfunde in Ostafrika. — W.J. 1908. Bd. 64. S. LXXXIV. 40. [|V.] Dinosaurierfunde in Ostafrika. — D.G. (Monatsber.) 1908. S, 172. 41. Ostafrikanische Dinosaurier. — Pal. 1908. Bd. 55. S. 105. 42. Die ostafrikanischen Dinosaurier. — Wırrins, Samml. wissenschaftl. Vorträge, 2.1. 1912; 43. Weitere Beiträge zur Fauna des Jura von Nordost-Grönland. — Meddelelser om Groenland. 1904, Bd. 30. S. 279. 44. Zanclodon Schütziü n. sp. aus dem T'rigonodus-Dolomit von Hall. — W,J. 1900. Bd. 56. S. 510. 45. [V.] Alte und neue Dinosaurierfunde. — W.J. 1910. Bd. 66. S. XCIL. 46. Die neuesten Dinosaurierfunde in der schwäbischen Trias. — Die Natur- wissenschaften. 1913. Bd. 1. S. 1097. 47. [V.] Über die schwäbischen Dinosaurier. — W.J. 1912. Bd. 68. S. LXVI. 47a. [V.] Über die neuesten Dinosaurierfunde in Württemberg. — W.J. 1914. Bd. 70. S. LX. 48. Reste von Zanclodon aus dem oberen Keuper vom Langenberge bei Wolfen- büttel. — D.G. 1897. Bd. 49. S. 482, (Säugetiere, Höhlenfaunen.) 49. Neue Zeuglodonten aus dem unteren Mittelmiocän vom Mokattam bei Kairo: — Geol. u. Pal. Abhandl. 1904. N. F. Bd. 6. H.3. 50. [V.] Zur Stammesgeschichte der Waltiere. — W.J. 1905. Bd. 61. S. LXII. 51. Pleistocäne Fauna aus den Diamantseifen von Südafrika. — D.G. 1907. Bd. 59. S. 232. 52. Oligocäne Affen aus Ägypten. — K.Bl. 1911. Bd. 42. 8, 191. 53. [V.] Über einen Mammutzahn aus dem Opalinus-Ton. — W. J. 1892. Bd. 48. S. LAX. 54. Elefantenzähne von Steinheim a. d. Murr. — W.J. 1914. Bd. 70. S. 34. 55. [V.] Die Irpfelhöhle bei Giengen a. d. Brenz. — K.Bl. 1892. Bd. 23. S. 117, 56. Die Irpfelhöhle im Brenztale. — D.G. 1893. Bd. 45. 8.1. 57. Die Charlottenhöhle bei Hürben. — W.J. 1894. Bd. 50. S. LXII. 58. Die Beilsteinhöhle auf dem Heuberg bei Spaichingen. — Fundber. a. Schwaben. 1895. Bd. 3. 8. 18. 59. [V.]) Die schwäbischen Höhlen und ihre Bewohner. — W.J. 1895. Bd. 51. 5 LI. 59a. [V.] Über die Höhlenbewohner der Alb und ihr Verhältnis zur oberschwä- bischen Eiszeit. — W.J. 1896. Bd. 52. S. CIV. 60. Die Sibyllenhöhle auf der Teck bei Kirchheim. — D.G. 1899. Bd. 51. S. 75. 6, 7, 78. 79. 80. 8. — DR TZ ‚ Die Höhlen der Schwäbischen Alb. — Schriften d. schwäb., Höhlenvereins. 1891. No. 4. . Altes und Neues aus dem Hohlefels bei Schelklingen. —K. Bl. 1207. Bd. 38, S.54. (Anthropologica.) . [V.] Über Pithecanthropus erectus. — W.J. 1895. Bd. 51. 8. CXXV. . Grabungen an der Schussenquelle anläßlich des Bahnbaues im Sommer 1896. — Fundber. a. Schwaben. 1896. Bd. 4. 8. 23. . [V.] Über den Fund eines Menschenzahnes im Altdiluvium von Taubach. — D.G. 1895. Bd. 47. S. 616. . Römische Statuetten von Wisent und Ur. — Fundber. a. Schwaben. 1899. Br Dr DT; . Über die Markhöhle im Humerus von Elephas. — K.Bl. 1900. S. 38. (Allgemeine Paläontologie.) . [V.] Land- und Wassersaurier. — W.J. 1899. Bd. 55. S. LXVI. . Reptilien und Säugetiere in ihren Anpassungserscheinungen an das marine Leben. — W.J. 1905. Bd. 61. 8. 347. . [V.] Über Dauerformen in der Tierwelt. — W.J. 1904. Bd. 59. S.LXXXI. . [V.] Vorlage deformierter Schilder von Belodon aus dem Stubensandstein von Gablenberg. — W.J. 1912. Bd. 68. S. LXXVIL. . [V.] Über das Massensterben unter den Tieren und dessen Bedeutung für die Paläontologie. — W.J. 1913. Bd. 69. S. LXL. (Vermischte Fundberichte.) . [V.] Über die neuesten paläontologischen Funde in Württemberg. — W.J. 1894. Bd. 50. S. LXXXIX. . [V.] Vorzeigung einiger neueren Funde aus den schwäbischen Formationen. — W.J. 1900. Bd. 56. S. XLIV. . [V.] Über die von Dr. Lruse ausgestellten Gesteine und Petrefakten aus den Cementsteinbrüchen. — W.J. 1901. Bd. 57. S. CXI. [V.] Neue schwäbische Saurierfunde. — W.J. 1909. Bd. 65. S. XXXIL. 2. Geologie. (Alpengeologie.) (Mit A. ROTHPLETZ und anderen.) Geologische Karte des Karwendelgebirges. München 1888. Das Wendelsteingebiet (mit geol. Karte). Geogn. Jahresh. München 1891. Bd. 3. 8. 65. Szenerie der Alpen. Leipzig 1892. [V.] Über die geologische ‘Szenerie der Alpen. — W.J. 1895. Bd. 51. S. CXXXVI. (Geologie Württembergs; Kartierung.) Begleitworte zur geognostischen Spezialkarte von Württemberg: a) zu den von J. HILDENBRAND aufgenommenen Blättern: Neckarsulm, Öhringen und Ober-Kessach 1892; Mergentheim, Niederstetten, Kün- zelsau und Kirchberg 1892; b) zu den revidierten und neu herausgegebenen Blättern: Freudenstadt 1894, Stuttgart 1895, Böblingen 1896, Liebenzell 1897, Kirchheim 1898, Göppingen 1901, Urach 1902, Besigheim 1903, Aalen 1912. nen Die Mesa en nen An re > u AT 82, 88. 34. 85. 86. 87. 88. 89. 9, 91. 92, 93. 94. 3. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104, — LXXVI — (Die geognostische Profilierung der württembergischen Eisenbahnlinien,) VII. Die Gäu- und Kinzigbahn von Stuttgart nach Schiltach. VIII. Die Eisenbahnlinie von Reutlingen nach Münsingen. — Württ. Jahrb. f, Statistik u. Landesk. 1888, 1893. (Geologie Württembergs;’historische Geologie.) An Über die natürliche Stellung und Begrenzung der Lettenkohle in Württem- berg. — D.G. 1892. Bd. 44. S. 564. Die Bildung der germanischen Trias, eine petrogenetische Studie. — W.J. 1899. Bd. 55. S. 36. Die Triaszeit in Schwaben. Ein Blick in die Urgeschichte an der Hand von R. BLezınser’s geologischer Pyramide. Ravensburg. 1900. [V.] Die geologischen Verhältnisse vom Taubertal und Bad Mergentheim. — W.J. 1910. Bd. 66. S. LIV. : Geologische und paläontologische Beiträge aus dem Triasgebiet von Schwaben und Franken seit 1907, (Literaturbericht.) Geol, Rundschau. 1911. Triasformation. — Handwörterbuch d. Naturwiss. 1915, Bd. X. Rankensteine aus dem Rhätquarzit vom Vierenberg bei Schötmar (Hannover). — 3. Jahresber. d. Niedersächs. Geol- Ver. 1910, [V.] Das Bohrloch von Sulz am Neckar. — O.R. 23. Ber. 18%. S. 35. Das Bohrloch von Erlenbach bei Heilbronn. — W.J. 1914. Bd. 70. S. 37. [V.] Entstehungszeit des Lias e in Schwaben. — W. J. 1901. Ba. 57. S. LXVIII. Die geologischen Verhältnisse des Oberamts Ulm. (Oberamtsbeschreibung, Ulm.) 1897. [[Vergl. hier No. 145 des Verzeichnisses. ] Bericht über die Exkursionen in der Umgebung von Ulm. — O.R. 41, Ber. 1908. S. 13. [V.]) Die Tertiärbildungen der Ulmer Alb. — W.J. 1911. Bd. 67. S. LXXV. Die Tertiärbildungen am Albrand der Ulmer Gegend. — W.J. 1911. Bd. 67. S. 535. Neues Tertiärvorkommnis bei Temmenhausen OA. Blaubeuren. — W. J. 1912. Bd. 68. S. 155. [V.] Über pleistocäne Bildungen im schwäbischen Unterlande, — D.G. 1896. Bd. 48. S. 696. Scheinbare Glazialerscheinungen im Schönbuch. — Centralbl. f. Min. etc. 1901. S. 6. [V.] Diluviale Torfschichten in der Neckarstraße zu Stuttgart. — W.J. 1905, Bd. 61. 8, LIX. |V.] Bemerkungen zu einem Vortrag von Prosst „Die kartographische Dar- stellung der Quartärformation in Oberschwaben. — W.J. 1899. Bd. 55. S. LXXXIV. (Geologie Württembergs; Vulkane.) Bericht über die während der 26. Versammlung zu Hohenheim ausgeführte Exkursion. — O.R. 1893. 26. Ber. S. 9. Neues Vorkommen von Basalttuff im Gewand Möllenhof südöstlich von Weilheim a. d. Limburg. — W.J. 1899. Bd. 55. S. 398, [V.] Das geologische Problem im Ries. — W,J. 1901. Bd. 57. S. LXXXV. —. LAN 105. Die geologischen Verhältnisse im Ries (Führer mit Erläuterungen). — O.R. 1903. 36. Ber. 8.3. | 106. W. Branco und E. Fraas: Das vulkanische Ries bei Nördlingen in seiner Bedeutung für Fragen der Allgemeinen Geologie. — Abh. d. Berliner Akad. d. Wiss. 190% 107, — —- Beweis für die Richtigkeit unserer Erklärung des ne, Ries bei Nördlingen. — Sitzungsber. d. Berliner Akad. d. Wiss. 1901. S. 501. 108. W. Branca und E, Fraas: Die Lagerungsverhältnisse bunter Breceie an der Bahnlinie Donauwörth—Treuchtlingen und ihre Bedeutung für das Riesproblem (nebst einem Beitrag von W. Schürze). — Abh. d. Berliner Akad. d. Wiss. 1907, 109. — — Abwehr der Angriffe W. Kranz’ gegen unsere, das vulkanische Ries Nördlingen betreffenden Arbeiten. — Centralbl. f. Min. ete. 1911. . 450 u. 469. 110. A geologische Aufbau des Steinheimer Beckens. — W.)J. 1900. Bd. 56. 8.47. 111. W. Branco und E. Fraas: Das kryptovulkanische Becken von Steinheim. — Abh. d. Berliner Akad. d. Wiss. 1905. 112, |V.] Das kryptovulkanische Becken von Steinheim. — W.J. 1906. Bd. 62. Ss. LXVIH. 112a. Erwiderung auf W. Kranz’ „Das Problem des Steinheimer Beckens“, — | O.R. 47. Ber. (N.F. Bd. 4.) 8. 113. (Geologie Württembergs; Vermischtes.) 113. Donaubruchline und Vorries. — O.R. 1910. 43. Ber. 8. 77. 114. [V.] Von der Alb zu den Alpen. — W.J. 1905. Bd. 61. S. LXXIV. 114a,. Ein Rückblick in die Urzeiten, Erdgeschichtliche Einleitung zu A. ScHLitz, ’ Urgeschichte Württembergs. Stuttgart (ohne Jahr). 115. [V.] Die Donauversickerung in ihrer allgemein-geologischen Bedeutung. — W.J. 1906. Bd. 62, S. LIX. 116. [V.] Bemerkung zum Miıuver’schen Vortrag „Die Lagerung unseres Stein- salzes“. — W.J. 1899. Bd. 55. S. LXV. 117. Erklärung gegen die Erwiderung des Herrn Enpriss betreffend BRANco’s Äußerung über Kochendorf. — W.J. 1899. Bd. 55. 8. 470, 118. [|V.] Die neuentdeckte T'hermalquelle bei Wildbad. — W.J. 1905. Bd. 61. S.LIX. 119. [V.] Über die Stuttgarter MIR RE eu — W.J. 1910. Bd. 66. S. LXXVIII (Titel). 119a. Die Entstehung der Bodenarten von Stuttgart und Umgebung. — Obst- bau, 1892. 120. [V.] Über Erdbeben, unter besonderer Berücksichtigung des Erdbebens vom 16. Nov. 1911. — W.J. 1912. Bd. 68. S. XCII. 121. [V.] Über Druckerscheinungen bei Gesteinen. — W.J. 1892. Bd. 48. 8. LXXIV. 122. [V.] Über einige interessante Verwitterungserscheinungen. — W.J. 1898. Bd. 54. S. LXIV. (Fremdländisches und Reiseberichte.) 123. Geognostisches Profil vom Nil zum Roten Meer. — D.G. 1900. Bd. 52. S. 569. 124, E. Fraas und E: Daoque: EHDAGLEHREEN über den ostafrikanischen Jura. — Uentralbl. f. Min, ete. 1908. S. 641. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134, 135. 156. 137. 158, 139. 140. 141. 142, 143. 144. 145. 146. 147. 148, 149. 150, — LXIXIX — [V.] Über Jura von Nordamerika. — D.G. 1901. Bd. 54. Prot. 8. 59 O. und E. Fraas: Aus dem Süden. Reisebriefe aus Südfrankreich und Spanien. 1888. [V.] Über eine Pfingstexkursion nach dem östlichen Ungarn. — W. J. 189. Bd. DE. 8. CV. ” [V.] Über den Verlauf des VI. Internationalen Geologenkongresses in Zürich. — W.J. 1895. Bd. 51. S.CVII. [V.] Reiseerinnerungen aus Sizilien und Sardinien. — W.,J. 1897, Bd. 53. S. XXXV. [V.] Über den Yellowstonepark. — W.J. 1902. Bid. 58. S. LX. [V.] Geologische Streifzüge durch die Prairien und Felsengebirge Nord- amerikas. — W.J. 1902. Bd. 58. S. LXV. [V.] Aus dem Lande der Dinosaurier (Titel). — W.J. 1902. Bd. 58. S. CII. [V.] Geologische Streifzüge in den galizischen Karpathen und der Tatra. — W.J. 1904. Bd. 60. S. LXXIV. [V.] Geologischer Streifzug in Serbien. — W.J. 1907. Bd. 63. S. LI. Wüstenreise eines (Geologen in Ägypten. — Kosmos 1906, [V.] Geologisches aus Ägypten. — W.J. 1907. Bd. 63. $. XLII. Geologische Streifzüge in Ostafrika. — Stuttgart 1909. (Lehrmittel,) Führer durch die K. Naturaliensammlung zu Stuttgart. I. Die geognostische Sammlung Württembergs, zugleich ein Leitfaden für die geologischen Ver- hältnisse und die vorweltlichen Bewohner unseres Landes. 1. Aufl. 1903, 3, Aufl. 1910. Geologie. — Sammlung Göschen. 3. Aufl. 6. Abdruck. 1912, Leitfaden für den geologischen Unterricht in den württemb. Schulen. 1913. Der Petrefaktensammler. Ein Leitfaden zum Sammeln und Bestimmen der Fossilien Deutschlands. 1912. Wandtafeln: ]. 12 Tafeln: Die Naturerscheinungen der Erde, als Ein- führung in die physikalische Geographie und allgemeine Geologie. II. 7 Tafeln: Die Entwickelung der Erde und ihrer Bewohner, mit Schichten- profilen, Leitfossilien und landschaftlichen Rekonstruktionen. (Mitteilungen vermischten Inhalts.) [V.] Über Gesteine vom Kilimandscharo. — W.J. 1892. Bd. 48. 8. XCH. [V.] Über Platin und Diamanten. — W.J. 1893. Bd. 49. S. LXIII. [V.] Über die zoologische Station von Neapel (mit vergleichenden Bemer- kungen über die Bildung jurassischer Ablagerungen und des Tertiärs in Oberschwaben). — W.J. 1897. Bd. 53. 8. LXI. [V.] Vorlage synthetisch hergestellter Edelsteine. — W.J. 1909. Bd. 65. S. XLIII. Nachrufe. Nekrolog auf Professor Dr. FRIEDRICH Nıes. — W, J. 1896. Bd. 55. S. XXXIX. Nachruf für Dr. E. Schürze. — O.R. 1909. 42. Ber. S. 40. Zum Gedächtnis an Dr, CARL THEODOR v. Baur. — W,J. 1911. Bd. 69. S. XL. Zum Gedächtnis an Prof. Dr. E. v. KokEn. — W..J. 1913. Bd. 69. S. XXXVI. SIR AN e Auf den Hingang von : Professor Dr. Eberhard Fraas (Gestorben Stuttgart, 6. März 1915) So muß ich nun am Sarg des Sohns auch stehen, Wie ich :dereinst an dem des Vaters stand, Auch ihm ins allzufrühe Grab jetzt sehen, Mit dem dieselbe Freundschaft mich verband. ’s ist hart, im Alter immer mehr auf Erden Einsam zu werden. Du warst ein Mann von idealem Streben, Warst eine Leuchte unsrer Wissenschaft, In deren Dienst Du hingabst Leib und Leben, Der Du geopfert Deine volle Kraft, Und deren Früchte Du gepflückt den Deinen, Die um Dich weinen. Doch uns, den Freunden, bist Du mehr gewesen, Uns gabest Du Dich selbst ganz, wie Du warst; Schwer ist’s, recht schwer für uns, solch Band zu lösen, Das jäh in schrillem Mißklang jetzt uns barst; Recht schwer, so sehen einen um den andern Hinweg zu wandern. Du bist zu früh aus unsrem Kreis geschieden, Noch war Dein Herz uns nötig, Deine Hand, | Nicht ausgereift noch schienen Deine Blüten Für Heimat, Wissenschaft und Vaterland; Zu früh, so sagen wir, jetzt noch im Staube, Nicht sagt’s der Glaube. Du bist im Sturm aus dieser Welt gegangen, Im Sturm auch, der jetzt diese Welt durchfegt. Ein güt’ger Gott riß Dich aus all dem Bangen, Das er hat uns’rem Volke auferlegt; Wir geh’n durch Blut und Tränen jetzt hienieden, Du ruhst im Frieden. Pfarrer Dr. Engel, Eislingen. = en ner ne ee g j B E u BZ = ar A Friedrich v. Graner. Präsident a. D. Dr. v. Graner T 25. September 1914. Mit Dr. Frieprich Von GRANER, dem ehemaligen Vorstand der K. Württemb. Forstdirektion, ist nicht nur ein warmer Freund des Vereins für vaterländische Naturkunde, sondern auch ein langjähriges Ausschußmitglied desselben, ein allzeit reger Teilnehmer der Ver- sammlungen und des „Schneckenkranzes“ dahingegangen. Wenn auch der Schwerpunkt seines Wirkens auf forstlichem Gebiet lag, so müssen wir dieses Mannes doch auch hier als eines Förderers der Naturwissenschaften und des Heimatschutzes, besonders als Kenners schwäbischer Geologie und Bodenkunde und als Beirats der Geologischen Abteilung des Statistischen Landesamtes eingehend gedenken. War es uns doch infolge letztwilliger Bestimmung des Verstorbenen nicht vergönnt, am Grabe desselben unserer Wert- schätzung und Dankbarkeit Ausdruck zu geben. FRIEDRICH GRANER war am 17. März 1847 zu Ludwigsburg als Sohn des späteren Oberkriegsrats Graner geboren. Er durchlief das Stuttgarter Gymnasium, studierte an der Universität Tübingen und an der damaligen Land- und forstwirtschaftlichen Akademie Hohen- heim Forstwissenschaft samt Hilfswissenschaften und fand an dieser Akademie, nachdem er die beiden Forstdienstprüfungen mit Aus- zeichnung bestanden, seine erste Verwendung als sogen. Forstrepetent, d. h. als Hilfslehrer und zugleich Assistent des ersten Forstprofessors Dr. Herm. NörnLinger in der Verwaltung des Lehrreviers Hohenheim. Hier war Graner von 1870—73 tätig und wurde sodann zu einer ı besonderen Vertrauensstellung berufen, zum Kollegialhilfsarbeiter der | Katasterkommission, die damals zum Vollzug des Gesetzes betr. die \ Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer eingesetzt worden war. GRANER hatte die Ausführungsvorschriften zum Gesetz, soweit die Waldungen in Betracht kamen, zu bearbeiten und das Geschäft der Einschätzung der Waldungen zur Grundsteuer zu leiten. Er setzte diese Tätigkeit | als „Landesschätzer“ fort, als ihm 1874 die Verwaltung des Forst- | reviers Stubersheim auf der Schwäb. Alb, später diejenige des Reviers u © . .. \ Weingarten in Oberschwaben übertragen wurde. Im Dezember Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. f er 1881 wurde Graxer Forstmeister in Sulz a. N. und 1886 in Rottweil, nachdem das Forstamt alter Ordnung Sulz aufgehoben war. Während der Forstmeisterzeit kam ein Lehrauftrag der Universität Tübingen auf dem Gebiet des Forsteinrichtungswesens und der Forstbenutzung hinzu, den GrAnER vom Winter 1883/84 an im Nebenamt erfüllte. Die Verwaltungstätigkeit fand ihren vorläufigen Abschluß durch die Berufung Graner’s als ordentlichen Professors der Forst- wissenschaft an die heimische Hochschule im Jahre 1887 als Nach- folger von Oberforstrat v. NÖRDLINGER. Die übertragenen Fächer waren: Forstbenutzung und Forstliches Transportwesen, Forstein- richtung (Praktikum), Forstverwaltung und Forstpolitik. GRANER entwickelte nun eine eifrige Lehrtätigkeit auf dem Katheder und im Wald, sammelte im Lauf der Jahre eine anhängliche Schar von Schülern und ging auch bald daran, auf den Sondergebieten der Forsteinrichtung und Forstverwaltung, die ihm besonders am Herzen lagen, schriftstellerisch zu wirken, nachdem er übrigens vorher schon in dem 1880 erschienenen Buch: „Die forstlichen Verhältnisse Württembergs“, ferner durch Aufsätze in forstlichen Zeitschriften literarisch hervorgetreten war. In zwei Werken legte GrAnEr die Ergebnisse seiner praktischen Erfahrungen wie seiner akademischen Tätigkeit nieder, in: „Die Forstbetriebseinrichtung“ (Tübingen 1889) und „Forstgesetzgebung und Forstverwaltung“ (das. 1892). Ferner bearbeitete er „Die Forstwirtschaft“ im SCHoENBERG’schen Handbuch der politischen Ökonomie (4. Aufl.). Wenn auch die akademische Tätigkeit und der Aufenthalt ın der geistigen Atmosphäre der Universität, die ihm so manche wert- volle Beziehung und Anregung brachte, zusagte, so z0g es GRANER doch in die nähere und vielseitigere Beziehung mit dem Wald, und damit in die Verwaltung zurück. Hiebei mag das Bestreben mit- gewirkt haben, bei der bevorstehenden Neuorganisation des heimischen Forstdienstes sein Wort in die Wagschale werfen zu können. — GRANER ergriff daher im Oktober 1895 die Gelegenheit der Erledigung einer Forstratstelle bei der K. Forstdirektion in Stuttgart, um sich dahin versetzen zu lassen, erhielt im März 1897 Titel und Rang eines Oberforstrates, wurde Juli 1901 wirklicher Oberforstrat und provisorischer Vorstand der Forstdirektion, bis er unterm 2. Februar 1903 zum Direktor der letzteren ernannt wurde. Diese Vorstand- schaft, vom Jahr 1912 mit dem Titel eines Präsidenten, führte GRANER etwas über zehn Jahre bis zur Zuruhesetzung im Juli 1913, der schon nach Jahresfrist der Tod folgte. a — LAXXUN — An der Spitze der württembergischen Forstverwaltung erwuchs Graner die Aufgabe, die 1901 beschlossene Neuorganisation des Forstdienstes durchzuführen. Diese bestand ın der Hauptsache in der Schaffung des sog. Oberförstersystems unter Beseitigung der Forstämter alter Ordnung als lokaler Aufsichtsämter, sowie in der Zentralisation des Aufsichtsdienstes in einem Landeskollegium. Der Neuordnung waren hiebei die bestehenden forstlichen Gesetze und Verwaltungsvorschriften anzupassen: alles zusammen ein großes Stück Arbeit, das Grawer im Zusammenwirken mit den Mitgliedern der Forstdirektion mit der ihm eigenen Energie und unter manchen Schwierigkeiten bewältigte. Die neue Organisation wurde in den Hauptpunkten programmgemäß durchgeführt, wobei GRANER ein ent- schiedenes Verdienst zukommt. Während der weiteren Amtsführung ist noch eine Reihe wichtiger Neuerungen zustande gekommen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Seiner Tätig- keit und seinen Bestrebungen hat GrAneER selbst ein Denkmal gesetzt in der Schrift: „Die Forstverwaltung Württembergs“, die er der Versammlung des Deutschen Forstvereins in Ulm 1910 gewidmet hat und nach seiner Zuruhesetzung im Jahre 1913 in 2. Auflage mit Nachwort herausgab. Das Nachwort gibt forstpolitische Ausblicke ‘ für die Zukunft der heimischen Forstverwaltung und stellt zusammen mit der Schrift das forstliche Testament des Verstorbenen dar. In der geschilderten dienstlichen und literarischen Tätigkeit hat sich aber das Wirken Graner’s nicht erschöpft. Mit hervor- ragender Rednergabe ausgestattet, war er, wie nicht leicht ein anderer, berufen, die württembergische Forstverwaltung nach außen zu ver- treten: so im württembergischen Landtag, auf Forstversammlungen, in Vereinen, nicht zum mindesten im „Deutschen Forstverein“, der ihn in den „Forstwirtschaftsrat“ berief und zum Landesobmann für Württemberg wählte. Auch unser Verein zog reichen Gewinn aus der öffentlichen Betätigung Graxer’s. Dieser beteiligte sich während seiner Stuttgarter Zeit lebhaft an der Erörterung aller Fragen, die mit dem Wald der näheren und weiteren Umgebung in irgend welcher Beziehung standen, und verlegte die Erörterung gern in die wissen- schaftlichen Wintersitzungen des Vereins in Stuttgart. So wurde die Wasserversorgung der Großstadt, die Gestaltung der Wald- umgebung derselben, die Streitfrage Waldstadt oder Gartenstadt am Walde, die Anlage eines Waldfriedhofes u. a. mit Meisterschaft behandelt. Ferner bei den Zusammenkünften des Schwarzwälder Zweigvereins für Naturkunde, besonders in der alten Heimat f* — EAXRXIV — Tübingen, war GRANER ein häufiger und gern gesehener Gast. Im Landesausschuß für Natur- und Heimatschutz, wie auch als Beirat der geologischen Abteilung des Statistischen Landesamts, wo er die Ortsteinfrage des Schwarzwalds in erster Linie zu fördern suchte, wirkte GrANER von Amts wegen mit, endlich war er einige Jahre Vorstand des Württembergischen Schwarzwaldvereins. Das Lebensbild des Verstorbenen wäre unvollständig, wollte nicht auch der warmen Vaterlandsliebe desselben gedacht werden, die er, besonders in Tübingen, in den Dienst der „Deutschen Partei“ stellte. Seine Sachkenntnis und Rednergabe, verbunden mit erstaun- lichem Gedächtnis, wurde dort sehr geschätzt. Es kam hier wie auch sonst in größerem Kreise die umfassende allgemeine Bildung, die eingehende Kenntnis der deutschen Denker und Dichter zu erfreulichem Ausdruck. Bezeichnend ist, daß sich GrANER in der so kurz bemessenen Frist seiner Pensionszeit noch mit Fragen der höheren Schulbildung beschäftigte und in der Tagespresse hierüber hören ließ. Füge ich noch an, daß Graner auch großer Musikfreund war, so tritt uns das Bild eines Mannes von hervorragender Bega- bung, von bewundernswerter Vielseitigkeit des Wissens und Tuns entgegen, eines Mannes, dem zugleich gewinnendes Wesen und gesellige Liebenswürdigkeit eigen war. Die schönste Erholung fand der vielbeschäftigte, rastlose Mann in einem glücklichen Familien- leben. Er war mit einer Tochter des verstorbenen Forstmeisters Forstrat TrırschLer, zuletzt in Kirchheim u. T., verheiratet und hinterließ außer der Witwe einen im Justizdienst stehenden Sohn. Das Bibelwort, das der Geistliche am Grabe des Verewigten seiner Gedenkrede zu Grund legte: „Es war ein hoher Geist in ihm!“ erschien besonders passend gewählt. In diesem Sinn wird auch FRIEDRICH v. GRANER in dem Gedächtnis unseres Vereins fort- leben. S. ııhelm Wurm, W Hofrat Dr. Wilh. Wurm 7. Von ÖOberstudienrat Dr. K. Lampert. Anfang der 70er Jahre durfte der Verfasser dieser Zeilen mit seinem Vater eine l4tägige Herbstwanderung in Schwaben machen. Sie führte uns auch nach Teinach. Wollte doch daselbst mein Vater einen alten Universitätsfreund besuchen, der einst mit ihm in Erlangen während der deutschen Frühlingsstürme des Jahres 1848 das Band der Burschenschaft getragen hatte: Dr. Wurm. 1851 in Nürnberg geboren, hatte er 1870 im Schwarzwald als ärztlicher Leiter des altberühmten Bads Teinach seinen Wohnsitz aufgeschlagen, nachdem er vorher Leiter der Wasserheilanstalt Brunnental bei München gewesen war und dann an verschiedenen Orten praktiziert hatte. Sehr lebhaft erinnere ich mich dieses Besuchs und beson- ders noch des kleinen Vortrags, den Wurm seinem alten Freund hielt über einen von ihm in der „Rose“ des Auerhahns entdeckten Farbstoff, das Tetronerythrin, Wildhahnrot. Er hatte kurz vorher diese Entdeckung veröffentlicht und sprach mit großer Wärme über seine Entdeckung, die dem aufmerksam zuhorchenden Knaben zum ersten Male einen Begriff gab von der Freude, die der Forscher bei seinen Arbeiten empfindet. Wer von uns hätte damals gedacht, daß mein Lebensweg mich einst ganz nach Schwaben führen würde und ich noch öfter das gastfreie Haus von Wurm besuchen sollte, ihm nähertreten dürfte. Er blieb bis zu seinem Lebensende seinem geliebten Teinach treu. Das altbekannte Bad verdankte ihm neuen Aufschwung und der Schwarzwald bot dem weidgerechten Jäger wie dem tiefblickenden und zugleich dem gemütvollen Forscher Erholung von der Berufsarbeit und wurde ihm stets von neuem eine unversiegbare Quelle des Genusses. Hier sah ihn der dämmernde Morgen auf der Auerhahnbalz, hier erschloß sich dem Auge des Naturforschers die volle Schönheit des Lebens des deutschen Waldes. In der Jagd fand Wurm aber nicht nur Erholung. Mit dem Jäger verband sich der Forscher. Den Waldhühnern galt sein be- sonderes Interesse, und Wurm wurde zum Monographen des stolzesten Vertreters dieser Vogelgruppe, des mächtigen Auerhuhns. 1874 URAN erschien das große Werk „Das Auerwild, dessen Naturgeschichte, Hege und Jagd“ (Wien, Gerold), welches 1885 in zweiter Auflage herausgegeben wurde. Es stellt die umfassendste Schilderung des Auerwildes dar, welche dank der glänzenden Beherrschung des Stoffes und der gesamten Literatur, wie der reichen praktischen Erfahrung des Verfassers für den Zoologen sowohl wie für den Jäger eine unerschöpfliche Quelle der Belehrung ist. Ich habe schon der Ent- deckung des Tetronerythrins gedacht, welches Wurm auch bei andern Waldhühnern, sowie bei Wildtauben nachwies. Sehr bemerkenswert ist auch die Wiederentdeckung des vorher nur kurz in der Literatur erwähnten, für den Unterkiefer des Auerhahns charakteristischen Knochenfortsatzes, von Wurm Processus maxillae inferioris auricularis genannt, und seine von Wurm nachgewiesene Bedeutung beim Balz- gesang. Indem beim Balzen durch diesen Fortsatz rein mechanisch der weiche Gehörgang des Vogels zusammengedrückt wird, trägt er wesentlich bei zur charakteristischen „Taubheit“ des Vogels während des Liebesgesanges, welche man früher rein physiologisch als eine Folge der starken Erregung zu erklären geneigt war. Beim Rackel- wild, dem Bastard zwischen Auer- und Birkwild, ist dieser Fortsatz mehr oder weniger stark entwickelt, je nachdem der Bastard nach Auer- oder Birkwildseite neigt. Des Verfassers Handexemplar seines Werkes über das Auerwild, mit einer Fülle wertvoller Nachträge, Anmerkungen und Zeitungsausschnitten versehen, seine liebevoll behütete „Auerwild-Bibel“, ist als kostbares Vermächtnis in den Besitz der K. Naturaliensammlung übergegangen. WURMs genaue Kenntnis der Waldhühner hatte zur natürlichen Folge, daß er in der großen neuen Ausgabe des klassischen Vogelwerkes von Naumann die Familie der Rauhfußhühner, die Tetraonidae, übernahm. Auch sonst war Wurm schriftstellerisch vielfach tätig, sowohl auf medizinischem Gebiet, indem er über physikalische Heilmethoden und über das Wasser schrieb, wie auf naturwissenschaftlichem. Seine Schwarzwaldheimat bot ihm reichen Stoff. Mehrere Abhand- lungen galten dem merkwürdigen Vorkommen des Gebirgssafran, des Orocus vernus bei Zavelstein, der im Frühjahr die Wiesen daselbst mit einer sonst in Deutschland nirgends gesehenen Blütenpracht überzieht.. Zwar handelte es sich bekanntlich nicht, wie Meister Scheffel gesungen, um den Sproß des Morgenlands, der, dem Safran- gärtlein einer ehemaligen Römerfrau entstammend, sich auf Schwabens Flur heimisch gemacht, sondern um den den Alpen und dem Jura angehörigen Ürocus vernus, aber doch um einen Gartenflüchtling aus | ’ -- LAÄXXVI — der Zavelsteiner Burg, welcher sein massenhaftes Auftreten in den - Jahren 1815—1820 begonnen haben dürfte. Andere Publikationen beschäftigen sich mit den weißen Heidel- beeren, der Haselfichte, mit alten Teinacher Steinen, mit dem originellen Jakobifest daselbst, und was ihm der Wald an tiefer Schönheit und jährlich neuen Wundern bot, davon wußte er dem dankbaren Leser reizvoll in seinem Büchlein „Waldgeheimnisse“ zu plaudern, welches in mehreren Auflagen erschien, von welchen leider die letzte manche Umänderungen erfuhr, die sehr gegen den Willen des Verfassers waren. Jagdliche Abhandlungen, soweit sie nicht eigene Publikationen bildeten, wie „Der Auerhahnjäger“, „Wald- hühnerjagd“, „Naturgeschichte der zur höheren Jagd gehörigen Tiere Mitteleuropas“, „Auf den Fuchs“, erschienen meist in Jagd- zeitschriften, wie er auch Mitherausgeber der Zeitschrift „Hohe Jagd“ war, oder im „Zoologischen Garten“. Eine Anzahl Abhandlungen vertraute WursM den „Jahresheften des Vereins für vaterländische Naturkunde“ an; es sind dies: „Über neue chemische und anatomisch-physiologische Tatsachen, welche sich auf die Naturgeschichte des Auerhahns beziehen“ (Jahrg. 31, 1875), in welchem Wurm über das Tetronerythrin und den Unter- kieferfortsatz des Auerhahns berichtet; „Weitere Untersuchungen über das Tetronerythrin“ (Jahrg. 41, 1885); „Über das Vorkommen des Birkhuhns auf dem Schwarzwald“ (Jahrg. 38, 1882); „Zur Naturgeschichte des Crocus vernus um Zavelstein“ (Jahrg. 47, 1891); „Über die Geschichte der Crocus-Blüte und über die Haselfichte‘, Vortrag, gehalten auf der Versammlung des Schwarzwälder Zweig- vereins (Jahrg. 48, 1892); „Nachtrag zur Geschichte und Natur- geschichte des Urocus vernus um Zavelstein“ (Jahrg. 48, 1892); „Zum Vorkommen des Birkwildes auf dem Schwarzwald“ (Jahrg. 48, 1892). Außerdem war Wurm ein regelmäßiger eifriger Mitarbeiter an den in den Jahresheften erschienenen „Naturwissenschaftlichen Jahresberichten“, die Dr. Freiherr Rıcnsarp Könıs-WARTHAUSEN uner- müdlich lange Jahre hindurch zusammenstellte. Es ist selbstver- ständlich, daß auch die mit dem Naturalienkabinett eng verbundene Sammlung des Vereins für vaterländische Naturkunde Wurm manches schöne Stück verdankt, und nach seinem Tod überwies die Witwe, die ihrem Gatten nicht nur eine treue Lebensgefährtin, sondern auch, besonders in den letzten Jahren des Leidens, eine eifrige und unermüdliche Mitarbeiterin gewesen war, seine auf das Auerwild bezüglichen Sammlungen, die als Originale zur Monographie des — ERAXVM. — Vogels einen besonderen Wert haben, in entgegenkommendster Weise der Naturaliensammlung. Dr. Wurm, dem ım Jahr 1894 der Titel Hofrat verliehen worden war, starb am 16. Februar 1913 im 82. Lebensjahr. Bis zuletzt erfreute er sich geistiger Frische und war stets noch wissenschaft- lich tätig; freilich war er hiebei auf die Hilfe anderer, besonders seiner Gattin angewiesen, denn ein Augenleiden, welches ihn schon etwa 10 Jahre vor seinem Tod zur Niederlegung seiner amtlichen Stellung zwang, führte allmählich zur völligen Erblindung, und schwere Gebrechen des Alters machten sich geltend. Aber der stets rege Geist zwang die körperlichen Leiden nieder. Voll Interesse sprach er mit mir bei einem wenige Jahre vor seinem Tod erfolgten Besuch über die verschiedensten wissenschaftlichen Dinge; und die jungen Damen, die im Haus gastliche Aufnahme gefunden hatten, um unter bewährter Leitung ihre Kochkenntnisse zu vervollkommnen, wußten nicht genug zu schildern, welch’ geistige Anregung sie dem - verehrten alten Herrn, auch als er schon an den Platz gefesselt war, verdankten, der früher die jungen Hausgenossinnen auf gemeinsamen Spaziergängen in heiterer und ernster Unterhaltung spielend mit den Wundern der Natur vertraut machte. Bei vielen wird das Andenken an Hofrat Dr. Wurm in dank- barer Erinnerung bleiben. Auch in den „Jahresheften“ seien, wenn auch leider verspätet, dem tüchtigen Naturforscher und Freund der Heimat diese Worte der Erinnerung und des Dankes gewidmet. Ehrentafel der im Kampf für’s Vaterland gefallenen Vereinsmitglieder. ) Für’s Vaterland gabt Ihr das Beste, Euer Leben! Dem Vaterland geweiht war Euer Streben, Dr. rer. nat. Erwin Auer Oberreallehrer in Göppingen, Dr. Erwin Auer, Öberreallehrer in Göppingen, Leutnant der Reserve, wurde geboren am 8. März 1885 in Sulz a. N. als Sohn des Professors Auer, der im Jahr 1895 von dort nach Tübingen versetzt wurde. Hier verlebte der junge Auer die schönsten Jahre seiner Jugendzeit, absolvierte im Jahr 1905 das Tübinger Gymnasium, ge- nügte im darauffolgenden Jahre seiner Heerespflicht als Einjährig- Freiwilliger des dortigen Bataillons und besuchte dann von 1904 bis 1908 die Universität Tübingen als Studierender der Naturwissen- schaften. Im Jahr 1908 promovierte er mit vorzüglichem Erfolg zum Dr. rer. nat. mit einer Schrift über „Einige Krokodile der Jura- formation“ und legte noch in demselben Jahre die erste und im Jahr 1910 die zweite realistische Dienstprüfung mit gutem Erfolg ab. Nach verschiedenen unständigen Verwendungen in Tübingen, Reutlingen, Stuttgart, erlangte Dr. AuEr seine erste definitive An- stellung an der deutschen Oberrealschule in Konstantinopel, an der er von 1911—1913 wirkte. Auf den 1. Januar 1914 wurde er zum Oberreallehrer in Göppingen ernannt und zog von dort aus in den ersten Augusttagen in den Krieg, den er als Reserveleutnant im Grenadierregiment Königin Olga, No. 119, mitmachte. Als sein Haupt- mann, Freiherr von SEUTTER-LÖTZEn, am 22. August in der Schlacht auge bei Barancy einen Knieschuß erhielt, wurde Dr. Auer Führer der 3. Kompagnie, die er bis zu seinem Tod befehligte.e Am 15. Sep- tember erhielt er bei Fleville das Eiserne Kreuz ll. Kl., das er sich in verschiedenen Schlachten durch seine Tapferkeit, seine Umsicht und Energie verdient hatte. Nach langen, fast täglichen Kämpfen in den Ärgonnen wurde sein Regiment nach Nordfrankreich verlegt, wo Dr. Auer in der dunklen Nacht vom 20./21. Oktober auf einem Patrouillengang bei dem Hof La Voirie, ca. 15 km westlich Lille, durch die Hand eines französischen Kavalleristen fiel, der ihm einen wuchtigen Säbelhieb auf den Kopf versetzte. Mit Dr. Erwin AuER verschied ein Mann, der nicht nur einen offenen Blick und ein ungemein reges Interesse für die Natur besaß, sondern auch eine große Liebe zu der ıhm anvertrauten Jugend an den Tag legte. Seine Schüler, die ihn allgemein sehr achteten, liebten und verehrten, werden ihm gewiß ein dankbares, treues An- denken bewahren. A. Dr. rer. nat. Hermann Broß Oberreallehrer in Stuttgart. Am 30. März 1882 als Sohn des Professors Bross in Stuttgart geboren, erhielt H. Bross seine Ausbildung als Volksschullehrer auf dem Seminar Eßlingen, bestand 1901 die erste Dienstprüfung und war ein halbes Jahr als Volksschullehrer tätig. Dann setzte er sich . wieder auf die Schulbank, trat in die Friedrich-Eugen-Realschule ein und bestand an dieser nach zwei Jahren die Reifeprüfung. Vom Herbst 1904 -—1907 besuchte er die Technische Hochschule in Stutt- gart, um Naturwissenschaften zu studieren, war 1'/2 Semester in Tübingen, wo er auf eine petrographische, in Stuttgart ausgeführte Arbeit „Über die Quarzporphyre von Dossenheim, eine petrogenetische Studie“ promovierte und trat unmittelbar darauf im Februar 1908 eine Hauslehrerstelle in Südbrasilien an, die ihn 1!/a Jahre im Aus- lande hielt. Im Wintersemester 1909—1910 war er wiederum an der Technischen Hochschule eingeschrieben, das Sommersemester darauf in Tübingen ; im Herbst 1910 erstand er seine erste realistische Dienstprüfung, 1911 die zweite, beide mit gutem Erfolge. 1912 erhielt er eine ständige Anstellung als Oberreallehrer der Bürger- schule II in Stuttgart, und als noch in diesem Jahre die umfang- reichen wissenschaftlichen Vorbereitungen für die in Stuttgart 1914 geplante Gesundheitsausstellung in Angriff genommen werden mußten, — !XCI — wurde Bross zur Mitarbeiterschaft herangezogen mit dem ehrenvollen Auftrag, im naturwissenschaftlichen Abschnitt die statistischen und physiologischen Apparate und Anschauungsgegenstände zu bearbeiten. Zu diesem Zwecke wurde er von der Kultministerialabteilung auf zwei Jahre zur Gesundheitsausstellung beurlaubt. Nach aufopferndster Tätigkeit und glücklich vollendeter Aufgabe gönnte er sich die Er- füllung seines Herzenswunsches und schloß mit IRENE ÖBERMEIER, der Tochter des Oberlehrers OÖBERMEIEr in Gablenberg, den Bund für's Leben. Ihm sollte nur ein kurzes Eheglück beschieden sein! Kaum drei Monate nach der Eröffnung der Ausstellung brach der Krieg aus. Am zweiten Mobilmachungstage hatte er sich als Vizefeldwebel beim Reserve-Infanterieregiment No. 120 zu stellen, am 9. September zog er ins Feld, am 27. Dezember erhielt er beim Sturm auf den Granatenhof bei La Boiselle eine schwere Verwundung durch einen Granatschuß, der er anderntags im Lazarett Velu erlag. Dieser kurze Abriß umschließt ein reich veranlagtes Leben, ein Leben, in dem sich Energie des Willens mit der Herzensgüte eines fast kindlichen Gemütes, liebevollste Versenkung in die Natur mit bedeutender pädagogischer Begabung und hervorragend musi- kalischem Talent vereinigte, sich harmonisch in einem vortrefi- lichen Menschen verkörperten, dessen Geistes- und Gemütsgaben jeden wohltuend anziehen mußten, der mit ihm in Berührung kam. Hermann Bross gehörte als eifriges Mitglied dem Akademi- schen Liederkranz „Schwaben“ an; sein Verlust wird auch in diesem engern Freundeskreise eine kaum je vernarbende Wunde zurücklassen, mir war er ein lieber Freund geworden. Mit mir wird mancher seiner Studiengenossen die schönen musikalischen Genüsse, die er uns oftmals am Ende der geologischen Exkursionen abends mit seinem meisterhaften Klavierspiel in freigebigster Weise darbot, in dankbarster Erinnerung behalten. Herwmann Bross war ein Natur- wissenschafter, der auf allen Gebieten des Naturerkennens gut bewandert war, ohne oberflächlich zu sein — einseitiges Wissen widersprach seinem harmonischen Empfinden —, der daher die Fähig- keit hatte, sich auch in einzelne Spezialprobleme mit großer Gründ- lichkeit zu vertiefen. So konnte ich ihm eine Untersuchung anver- trauen, die zu den schwierigsten auf dem Gebiete der petrogene- tischen Geologie gehört, die Untersuchung über die stofflichen Wand- lungen der Quarzporphyre von Dossenheim. Seine umfassende naturwissenschaftliche Ausbildung kam ihm ganz besonders zustatten bei seiner Auslandsreise nach Brasilien. — AH — Die 1'/ejährige Bekleidung einer Hauslehrerstelle in Paranä hat er zu einer erfolgreichen naturwissenschaftlichen Reise ausgenutzt. In Vieler Erinnerung wird noch der äußerst fesselnde Vortrag sein, den er seinerzeit nach seiner Rückkehr aus Brasilien im Verein für vaterländische Naturkunde am Ausgange des Winters 1910 hielt, es war mehr als eine bloße Reiseskizze, es war ein wissen- schaftlicher Rechenschaftsbericht über eine Fülle des von ihm. aus dem Gebiete der Geologie, Zoologie, Botanik und Ethno- graphie Erschauten und Erforschten, darunter geologische Beobach- tungen, die von großer Bedeutung waren, wie die Feststellung des permischen Glazials in der Provinz Paranä, die Feststellung von der Übereinstimmung der Santa Katarina-Stufe mit der südafrikanischen Karrooformation u. a. Als es sich ım Jahre 1912 für Dr. IngEL- FINGER darum handelte, einen naturwissenschaftlichen Mitarbeiter für seine Gesundheitsausstellung zu gewinnen, konnte er keine bessere Wahl treffen wie Dr. H. Bross. Wir wissen, daß Bross seine Auf- sabe an der Ausstellung vortrefflich gelöst hat; der wohlgelungene Abschnitt der physiologischen und naturwissenschaftlichen Apparate ist wesentlich sein Werk, an dem er unermüdlich zwei Jahre ge- arbeitet hat. Seine vortrefflichen Führungen sind vielen Hunderten Besuchern der Ausstellung eine Quelle fortwirkender Anregung ge- worden. So wird sein Andenken in weiten Kreisen fortleben; in Freundeskreisen aber wird auch der gute Mensch unvergessen bleiben. Ad. Sauer. Major Fritz Drausnick. Major Drausnick wurde am 23. September 1863 in München geboren als Sohn des 1900 in Kempten als Landgerichtspräsident gestorbenen Assessors Drausnick. Nachdem er als Einjährig-Frei- williger im 16. bayer. Infanterieregiment .in Passau gedient hatte, trat er im Oktober 1885 als Fähnrich in das württ. Infanterieregi- ment König Wilhelm I (6. württ.) No. 124 ein und gehörte diesem Regiment beinahe 30 Jahre — bis Frühjahr 1913 — an, zuletzt als Major im Stab. Im März genannten Jahres wurde er Major und 3ataillonskommandeur ım 9. württ. Infanterieregiment No. 127 in Ulm. An der Spitze seines Bataillons zog er am 8. August 1914 ins Feld, um schon in der Nacht vom 9. auf 10. September das Regiment führend bei Vaux Marie eine schwere Verwundung zu er- halten, der er am Nachmittag des 10. September in Sommaisne Pal erlag. In einem Garten hinter einem Bauernhaus fand der tapfere Offizier die letzte Ruhestätte. Mit seinen Untergebenen, denen er ein gerechter und geliebter Vorgesetzter war, wurde ein großer Freundeskreis durch die Todesnachricht von aufrichtiger Trauer er- füllt. War doch Drausnick, dessen Leutseligkeit ihn in allen Kreisen die Herzen gewinnen ließ, durch seine lebhafte, gewinnende Art des Verkehrs und durch sein reges Interesse für die verschiedensten Gebiete geistigen Lebens über die engeren Kreise seiner Kameraden hinaus weit bekannt, und mit Freuden werden alle der Stunden fröhlichen Zusammenseins gedenken, die sie mit ihm in anregendem Gespräch und heiterer Geselligkeit verlebten. In besonderem Maß widmete Drausnick seine Mußestunden naturwissenschaftlichen Studien. Während seines Ulmer Aufenthalts war er Mitglied des dortigen Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Vereins und nach dem Umzug des Regiments nach Weingarten trat er dem Oberschwäbischen Zweigverein des Vereins für vaterländische Naturkunde und dem Naturwissenschaftlichen Verein Ravensburg bei, dessen Ausschuß- mitglied er lange Zeit war, seine Mitwirkung bei diesen Vereinen durch mehrere Vorträge betätigend. Major Draussick war auf ver- schiedenen Gebieten ein überaus fleißiger Sammler. Besonders um- fangreich war seine Mineraliensammlung. Erfreulicherweise konnte durch das Entgegenkommen der Stadt Ravensburg und eines eifrigen Freundes der Naturwissenschaften die Sammlung der Oberrealschule, dem Gymnasium und dem Naturwissenschaftlichen Museum in Ravens- burg überwiesen werden; einige Stücke Mineralien und Versteine- rungen hat das Naturalienkabinett erhalten. So wird der Name des vielseitigen tüchtigen Mannes, den mit dem Regiment die Witwe, der im Feld stehende Sohn, die Tochter und eine hochbetagte Mutter betrauern, in den Sammlungen des Landes auch für die Wissenschaft dauernd erhalten bleiben. K. Lampert. Dr. phil. Gustav Eberle. Gustav EBERLE wurde geboren in Stuttgart am 27. Juli 1872 als ältester Sohn des Kaufmanns Gustav EBERLE. Nach Absolvierung des Realgymnasiums widmete er sich dem Studium der Chemie, und zwar zunächst an der Stuttgarter Technischen Hochschule, wo HELL sein von ihm hochverehrter Lehrer war. Später bezog er die Univer- sität Bern, wo er bereits im jugendlichen Alter von 21 Jahren für — A seine Arbeit „Beiträge zur Kenntnis der Bestandteile der Trane“ den Doktorhut summa cum laude erhielt. Dem Wunsche seines Vaters entsprechend trat G. EBERLE in dessen Geschäft ein, das er im Juli 1904 für eigene Rechnung übernahm. Die geschäftlichen Interessen seiner väterlichen Firma bewegten sich vorzugsweise auf dem Gebiet der Färberei und Gerberei. Dem Sohn war es nun beschieden, in seiner doppelten Eigenschaft als Chemiker und Kaufmann die väterliche Firma zur weiteren Blüte und zu. erhöhtem Ansehen in Fachkreisen zu bringen. In der Gerbereichemie hat sich G. EgErLE durch seine Forschun- gen und die hierüber veröffentlichten Arbeiten einen Namen gemacht. In der Praxis gelang ıhm die Einführung des Chromgerbstoffes Chromalın G. und des Beizstoffes Purgatol. Was insbesondere das Purgatol anbetrifft, so wurde durch dieses Mittel ein großer Fort- schritt in hygienischer Hinsicht bei der Gerberei erzielt, indem die von alters her üblichen, mit Unzuträglichkeiten verbundenen Beiz- mittel, wie Hundekot, Tauben- und Hühnermist durch diese neue Beize in weitestem Umfang ersetzt werden konnten. Im Militärverhältnis gehörte G. EseruLe dem Reserve-Offizier- korps des Grenadier-Regiments Königin Olga (1. württ.) No. 119 an, zuletzt als Hauptmann der Reserve. In dieser Eigenschaft erhielt er bei Kriegsausbruch die Führung einer Kompagnie, mit welcher ihm zunächst eine Zeitlang die Bewachung der Daimler-Werke in Untertürkheim anvertraut wurde. Am 28. August 1914 rückte er mit seiner Kompagnie ins Feld, um sich dem in den Argonnen fechtenden Regiment anzuschließen. Es folgten schwere und ent- . behrungsreiche Kampftage. Der heitere, frohe Sinn, der zum Cha- rakter EBErLe’s gehörte, verließ ihn auch draußen nicht und erfüllte ihn mit froher Zuversicht. Schon am 7. September traf ihn die feindliche Kugel. Sein Verlust wird von seiner mit zwei Knaben zurückbleibenden Witwe, seinen betagten Eltern, seinen Freunden und von der Fachwissenschaft bitter empfunden; indessen sein Lebens- werk wurde gekrönt durch den Tod fürs Vaterland. B. Dr.-Ing. Alfred Finckh. Geboren zu Stuttgart am 30. April 1889, besuchte ALFRED Fınck# zunächst das humanistische, später das Realgymnasium seiner Vaterstadt, wo er im Jahre 1908 die Reifeprüfung bestand. Die kurze Zeit zwischen seinem Austritt aus der Mittelschule und Über- = ONE = tritt zur Hochschule benutzte er, um sich in Lucens (Kt. Waadt) in den neueren Sprachen weiter auszubilden. Auf der Hochschule wandte er sich dem Studium der Uhemie und Naturwissenschaften zu. Schon frühzeitig offenbarte sich bei ihm der Hang zur Natur- beobachtung; besonders hatten es ihm die Steine angetan. Er sammelte viel, beobachtete noch mehr und lernte bald das Forschen. Ein scharfer Blick für das Wesen der Naturerscheinungen und unermüdlicher Eifer im Verfolgen einer einmal aufgefundenen Spur waren ihm angeboren. Schon als Gymnasist machte er geologisch wichtige Funde in der sogen. Lehrbergschicht der Roten Wand (seit K. PLieninser’s Feststellungen zum ersten Male wieder interessantes Neues aus diesem Horizonte der Stuttgarter Umgebung)‘ unter anderem fand er einen Üeratodus, der wahrscheinlich eine neue Art darstellt und ins Naturalienkabinett wanderte. Vom Wintersemester 1910/11, das er in Tübingen zubrachte, abgesehen, gehörte er während der ganzen Zeit seines Hochschulstudiums (Herbst 1908 bis 1912) der Technischen Hochschule in Stuttgart an. Sein eigentliches Fach- studium war die Chemie, aber der Geologie hatte er sich mit einer wahren Leidenschaft ergeben. Im engeren Verkehr lernte ich ihn in den 7 Semestern immer mehr schätzen, auch nach seinen vor- trefflichen Charaktereigenschaften. Im Verkehr mit den Studieren- den soll sich der Lehrer nicht von Sympathien oder Antipathien leiten lassen, daher darf ich sagen, daß mir alle meine Studie- renden lieb und wert sind, aber Aurken Fiınck# stand mir doch besonders nahe. Wiederholt hatte ich in Freundeskreisen die Frage zu beantworten: Was studiert denn Finck# eigentlich, ist er Chemiker oder Geolog? Nun, er war beides, und er wäre der erste nicht gewesen, der den Weg zur Geologie über die Chemie gefunden hätte. Das war auch im stillen meine Hoffnung, denn ich war überzeugt, er würde diesen Weg finden. Das geologische Forschen war ihm Lebensbedürfnis und Erholung. Er fehlte während seines Stuttgarter Studiums kaum je bei einer der zahlreichen Lehrexkur- sionen, die ich mit den Studierenden machte, und begleitete mich auch auf den größeren Exkursionen in den südlichen Schwarzwald, | den Kaiserstuhl, in die Eifel, den Odenwald und die Zentralalpen. Es war eine Freude, ihn geologisch genießen zu sehen in Gebieten, die ihm neu waren. Eine gelegentlich hingeworfene Bemerkung konnte lange bei ihm nachwirken und selbständige Nachforschungen anregen. Als ich einmal bei einer der Exkursionen in die Umgebung von Stuttgart, es war zwischen Kaltental und Degerloch, den Knollen- > RO mergel zu erklären versuchte und dabei wohl vergleichsweise auf den äolischen Löß hingewiesen habe, war ihm dies Veranlassung zu einer chemischen Untersuchung des Knollenmergels geworden. Einige Monate später überraschte er mich mit einer fertigen quantitativen Analyse des Knollenmergels, die dann in den Jahresheften des Ver- eines für vaterländische Naturkunde veröffentlicht wurde. Diese kleine Untersuchung verdient in chemisch-geologischer Hinsicht be- sondere Beachtung, sie erklärt zum ersten Male die besonders gefürchtete Eigenschaft des Knollenmergels, in angefeuchtetem Zustande zu gleiten, und wirft ein interessantes Streiflicht auf die Bildungsweise dieser eigenartigen Ablagerung. Mit Vorliebe beschäftigten ihn tektonische Fragen, das beweist seine im 67. Jahr- gang genannter Jahreshefte veröffentlichte Mitteilung über die Tek- tonik und das Gewässernetz der Umgebung von Stuttgart, und als er von seinem nur kurzen, einsemestrigen Aufenthalt in Tübingen zurück- kehrte, konnte er mir eine überraschend eingehende tektonische Skizze eines Teiles der Tübinger Umgebung als die Frucht seines unermüd- lichen geologischen Beobachtungsdranges vorlegen, eine Arbeit, die, in Erholungsstunden entstanden, von einem Fachgeologen nicht besser hätte ausgeführt werden können. Eine dritte Untersuchung, die er noch als Student in unseren Vereinsheften veröffentlichte, betitelt sich: - „Die Horizonte von Psiloceras subangulare Opr. und Psiloceras Hagenowi Dx. im untern Lias von Stuttgart“ und ist paläontologisch-stratigraphisch von Wert. So sehr ALrkep FinckH seine Studienzeit ausnutzte wie kaum ein anderer seiner Kommilitonen, war ihm ungesundes Strebertum fremd, dagegen war es ihm bei seiner harmlos-heiteren Charakter- anlage ein Bedürfnis, sich einer Korporation anzuschließen; er ge- hörte dem Sonderbund an. Ein deutscher, deutsch empfindender Student im besten Sinne des Wortes war ALFRED Finck# und wollte es sein, und wenn wir auf den geologischen Exkursionen abends nach getaner Arbeit, wie es bei mir üblich ist, in feucht-fröhlicher Tafelrunde uns zusammenfanden, war er der lustigsten einer. Im Herbst 1910 bestand er die Diplomvorprüfung für Chemie, Anfang 1912 die Diplomhauptprüfung mit „Gut“ und noch in demselben Jahre das Doktorexamen nach Einreichung einer Dissertation: Über die Tautomerie- und Isomerieerscheinungen in der Phenanthrenreihe. Dann folgte das Militärjahr im 1. württ. Infanterie-Regiment No. 119. Die Ableistung desselben nach vollendetem Studium ist selten einem leicht geworden, und so brachte dies auch ihm einiges Mißbehagen, = ‚'ACHH — aber er beklagte sich nicht, dazu war er von der Notwendigkeit seiner vaterländischen Pflicht viel zu sehr durchdrungen. Unmittelbar darauf fand er seine erste praktische Anstellung in Freiberg in Sachsen. Entscheidend für die Annahme dieser Stelle mag hier wieder seine Liebe zur Geologie gewesen sein. Die alte Bergstadt mit ihren Erinnerungen an ABRAHAM WERNER, der hier wirkte und die Geologie ins Leben rief, und an B. v. Cotta und A. STELZNER, mag eine gewisse Anziehung ausgeübt haben und vor allem das Erzgebirge mit seinem geologisch ungemein mannigfaltigen Aufbau. Aber diese erste praktische Stellung in der Deutschen Versuchs- anstalt für Lederindustrie in Freiberg hat ihn mit der überreichlich schematischen Arbeit auf die Dauer wenig befriedigt. Dafür fand er einen Ersatz im persönlichen Verkehr mit den bergakademischen Kreisen. Zahlreiche Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung von Freiberg, in die Lausitz, in den Steilabsturz des Erzgebirges nach Böhmen hinein und selbst bis in den Böhmerwald brachten ihm eine Unsumme wissenschaftlicher Anregung. Zugleich lernte ' er in den deutsch-böhmischen Grenzgebieten die Nöte des von den Tschechen hart bedrängten deutschen Volkstums aus eigner An- schauung kennen. Temperamentvoll, wie es seinem lebhaften deut- schen Empfinden entsprach, schloß er sich der deutsch-völkischen Bewegung an, und verkehrte in Freiberg mit Vorliebe bei den dortigen Burschenschaften. Am 1. Juli 1914 kündigte er seine Stellung behufs Ableistung einer militärischen Übung beim 16. sächs. Infanterie-Regiment No. 182 und einen Monat später marschierte er mit diesem Regiment ins Feld. Was ihm beim Gamaschendienst der Friedenszeit in der Kaserne fehlte, eine gewisse Gelenkigkeit des Körpers beim Turnen, trat jetzt ganz zurück gegenüber seinen sonstigen glänzenden Eigenschaften als Feldsoldat, als da sind: schnelles Orientierungsvermögen, scharfe Beobachtungsgabe, Zuver- lässigkeit und Ausdauer im Ertragen körperlicher Anstrengungen. Hier hatte er die Genugtuung, anerkannt und mit dem Vertrauen seiner Offiziere bei der Ausführung verantwortungsvoller Aufgaben geehrt zu werden. Er nahm an den Kämpfen in Belgien teil, an dem großen Vormarsch in Frankreich, an dem verlustreichen Rückzug zur Aisne und starb am 26. September durch einen Brustschuß den Heldentod. Sein in einer gewissen Vorahnung des ihm beschiedenen Schicksals ausgesprochener Wunsch, ihn zusammen mit seinen Kampfgenossen in fremder Erde zu betten und das dadurch ersparte Geld den Kriegsopfern zugute kommen zu lassen, zeugt von edelster Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. g =, RENDN - (Gesinnung bis zum letzten Atemzuge. Sein Tod bedeutet eines von den vielen, vielen schweren Opfern, die dem deutschen Vaterlande gebracht wurden, aber er hat nicht umsonst gelebt. „Von seinem hochgesinnten Wesen sind Strahlen auf andere übergeflogen, die weiter wirken werden, auch wenn die Quelle ihrer Kräfte erloschen ist.“ So werden wir ihm als der Besten und Hoffnungsvollsten einen in unserem Vereine ein unauslöschliches Andenken bewahren. Ad. Sauer. Dr. rer. nat. Ernst Fischer. Am 21. August 1914 starb Dr. rer. nat. Ernst Fischer in den Kämpfen um Freconrupt (Vogesen) als Vizewachtmeister d. R. im Stabe des Reserve-Feldartillerie-Regiments No. 26 den Heldentod fürs Vaterland. Einem Infanterie-Regiment hatte er eine Meldung allein zu überbringen, von welchem Gange er nicht mehr zurück- gekehrt ist. Am 23. August fand man seine Leiche, die an den militärischen Abzeichen erkannt wurde, und setzte sie in einem Einzelgrab an dem heiß umstrittenen Orte bei. Ernst Fischer wurde am 29. April 1888 als Sohn des Kommerzien- rats E. Fischer in Reutlingen geboren. Er besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und verließ es Sommer 1906 mit dem Zeugnis der Reife. Schon als Gymnasiast hatte er reges Interesse für Geo- logie. Die so günstig in der Nähe gelegene Alb bot reichlich An- regung und Gelegenheit zum Sammeln. Im Winter-Semester 1906/07 bezog er die Universität Tübingen, um Naturwissenschaften und im besonderen Geologie zu studieren, ging zum selben Zweck Sommer- Semester 1908 nach Freiburg ı. B., Winter-Semester 1908/09 nach München und kehrte dann Sommer-Semester 1909 wieder nach Tübingen zurück, wo Professor Dr. E. v. Koken auf seine wissen- schaftliche Entwicklung bestimmend einwirkte. Die folgende Zeit diente hauptsächlich der geologischen Untersuchung des Lochen- gebietes bei Balingen (1), auf Grund deren er am 18. Februar 1911 in der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen promovierte. Kurze Zeit darauf wurde er Privatassistent von E. v. Koken und im Sommer-Semester 1911 Assistent am Geologi- schen Institut der Universität Tübingen. Auf der Versammlung des Schwarzwälder Zweigvereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg hielt er am 28. Mai 1911 in Reutlingen einen viel beachteten Vortrag über die Frage „In welchen Meerestiefen haben a sich unsere Juraschichten gebildet?“ (2). In diese Zeit fällt auch eine Bearbeitung neuer in Schwaben bisher unbekannter Jura- versteinerungen (3). Im folgenden Jahre 1911/12 genügte er seiner militärischen Dienstpflicht beim württembergischen Feldartillerie- Regiment No. 29. Hierauf war er in Berlin zu weiterer Ausbildung tätig, hörte an der Bergakademie praktisch-geologische sowie kolo- niale Vorlesungen und begann im Geologisch-Paläontologischen Instı- tut der Universität Berlin eine Untersuchung persischer Jura- und Kreideversteinerungen (4 und 6). Im Frühjahr 1913 führte ihn eine Reise nach Jtalien und Sizilien, wobei er u. a. den Vesuv und Ätna be- suchte, nebenher aber auch geschichtliche Interessen verfolgte. Hierauf war er wieder kurze Zeit in Berlin an seiner persischen Arbeit tätıg. Vom 1. Juni 1913 bis 1. Februar 1914 war er Assistent am Geo- logischen Institut der Universität Halle a. S., gab aber frühzeitig diese Stellung wieder auf, um seine Zeit ganz und gar der Bearbei- tung eines Sauriers aus dem mittleren Buntsandstein von Bernburg (Anhalt) widmen zu können, welche seine Habilitationsschrift werden sollte. Das Stück selbst — ein Unikum —— war dadurch interessant, daß zusammen mit ihm die für diese Abteilung so charakteristischen Fährten vorkommen. Um von dem ziemlich mazerierten Skelette ‘ möglichst alle Teile der Untersuchung zugänglich zu machen, dabei aber die Fährten zu schonen, kam er auf die Idee, die 6-10 cm dicke Sandsteinplatte mit Röntgenstrahlen auf tiefer liegende Knochen zu durchleuchten. Versuche im Physikalischen und Gynäkologischen Institut ergaben großartige Erfolge. In einem im Frühjahr 1914 in der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle gehaltenen Vortrag fanden die prächtigen Röntgenbilder allseitige Bewunderung. Manche Knochen, sowie bisher unbekannte Knochenstrukturen konnten fest- gestellt werden, indessen wurde das Verfahren wegen der Kost- spieligkeit vorerst nicht auf die ganze Platte ausgedehnt. Gegen Schluß des Sommer-Semesters 1914 war die Arbeit so weit gediehen, daß es nach seiner Meinung noch einiger Wochen zur Ausarbeitung bedurft hätte. Im Laufe des Winter-Semesters 1914/15 hoffte er dann sich damit in der Philosophischen Fakultät der Universität Halle a. S. zu habilitieren. Eine Woche vor Kriegsausbruch verließ er uns frohen Mutes, um seine letzte Reserveübung zu erledigen. Damals waren schon dunkle Wetterwolken am politischen Himmel aufgezogen, die sich auch rasch verdichteten. Mit Freuden zog er hinaus ins Feld, wo er so rasch sein hoffnungsvolles Leben lassen mußte. Die Wissen- g* ImER-- schaft verliert in ihm, dem gründlichen und scharfdenkenden Forscher mit dem feinen und ruhigen Charakter, einen der Besten ihres Nach- wuchses. Sein Schwergewicht lag in der Erforschung des Juras. Neuerdings wandte er sich der Paläontologie der Wirbeltiere zu, wozu ihm die reichen triadischen Schätze des Hallenser Museums gute Gelegenheit geboten hätten. Alle, die ihn 'gekannt haben, werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Schriften. 1. Geologische Untersuchung des Lochengebietes beiBalingen. Geologische u. Pal. Abhandl. N. F, Bd. XI H.4. Mit 7 Tafeln, 2 Textfiguren und 1 geol. Karte. 1913. Inaug--Diss. Tübingen. 2. Inwelchen Meerestiefen haben sich unsere Juraschichten ge- bildet? Jahresh. d. Vereins f. vaterl. Naturk. in Württ. Jahrg. 1912. Bd. 68. CIH—CXVL. 3. Über einige neue oder in Schwaben bisher unbekannte Ver- steinerungen desBraunen und Weißen Jura. Ebenda Jahrg. 1913. Bd. 69. 8.31 —59. Mit Taf. V und 1 Textfigur. 4. Zur Stratigraphie des Mesozoikums in Persien. Zeitschr. d. D. geol. Ges. Bd. 66. 1914. Monatsber. No. 1. S. 39—46. . Zur Anwendung der Röntgenstrahlen in der Paläontologie Mitt. d. Naturf. Ges. zu Halle a. S. 4. Bd. 1914. No. 2. 6. Jura- und Kreideversteinerungen aus Persien. Beiträge zur Paläontologie Österreich-Ungarns und des Orients. Bd. XXVII. H. 4. 1915. S. 207—273. Mit 3 Tateln (XIX—XX]) und 7 Textfiguren. 7. Der Mensch als geologischer Faktor. Zeitschr. d. D. geol. Ges. Bd. 67. 1915. Abhandl. H. 2. S. 106—148. [Di Druckreife Manuskripte über persische Jura- und Kreidever- steinerungen (6) sowie eine Studie „Der Mensch als geologischer Faktor“ (7) sind im Laufe des Jahres 1915 zur Veröffentlichung gelangt. Einer Veröffentlichung des Manuskripts über den Saurier von Bernburg konnte leider nicht näher getreten werden, da es zu unvollständig war, indessen ist eine Bearbeitung des Stückes von sachverständiger Seite in Aussicht genommen. Viktor Hohenstein, Halle a. S. Dr. Friedrich Felix Hahn Assistent an der K. Naturaliensammlung zu Stuttgart. Im Tod von Dr. Hann beklagt der Verein für vaterländische Naturkunde den Hingang eines erst im Jahre 1913 beigetretenen Mitgliedes und eines Mannes, der nur kurze Zeit in Württemberg BAT: ,. RB _ geweilt hat, der aber wohl hoffte, es würde ıhm hier eine vielleicht dauernde Heimat werden, und von dem die heimische Geologie sich viel versprechen durfte. In München am 29. Mai 1885 geboren, erwählte Hau das Studium der Geologie, welcher er schon auf der Schule ein reges Interesse entgegengebracht hatte, studierte in München, Marburg, Berlin, um sodann in München im Jahre 1909 zu promovieren. Der Titel seiner Promotionsarbeit lautet: „Geologie der Kammerker Sonntags- horngruppe.“* (1., II. Jahrb. k. k. Reichsanst. LX. 1910. Mit geol. Karte.) Die beiden vorhergehenden Sommer, wie auch den Sommer 1910 war er geologisch aufnehmend in den Alpen tätig, ebenso 1912, in welchem Jahr das Steinerne Meer und das Dachsteingebiet sein Arbeitsfeld waren; zugleich beschäftigte er sich eingehend mit der Flyschzone Südbayerns. Zwischen diese Tätigkeitsabschnitte im deutsch-österreichischen Alpengebiet fiel ein einjähriger Aufenthalt an der Columbia-Universität in New York, wo Harn an die von Professor GrABAU für junge deutsche Geologen gegründete Kurator- stelle berufen wurde. Der amerikanische Aufenthalt bot ihm reichste Anregung und mancherlei wissenschaftliche Probleme beschäftigten ihn daselbst eingehend; selbstverständlich ist auch, daß dieser Aufent- halt den Blick weitete, wie denn auch Hann im Verkehr durch sein sicheres Auftreten den Mann verriet, den sein Weg schon über die Grenzen der engeren Heimat hinausgeführt hatte. Als an unserer Naturaliensammlung die Stelle eines Assistenten der Paläontologisch-Mineralogisch-Geologischen Abteilung frei wurde, gewann der Abteilungsvorstand, Professor Dr. Fraas, Hann als Assistenten. Fraas hatte, wie er oft hervorhob, einen „glücklichen Griff getan“; rasch erkannte er das umfassende Wissen seines Assi- stenten, aber nicht minder auch dessen reges Interesse an den ihm zufallenden Arbeiten in der Sammlung und an dieser selbst, und bald verband eine warme Freundschaft beide Forscher. Professor Fraas ging damals daran, bei einer durch äußere Umstände veran- laßten Neuaufstellung der allgemeinen paläontologischen Sammlung dieser einen besonderen Charakter zu geben, wie er bisher in größerem Maßstab noch in keiner bedeutenderen Sammlung zum Ausdruck ge- kommen war. In der Einfügung der entsprechenden rezenten Formen in das paläontologische Material sollte dem Besucher gezeigt werden, daß die versteinerten Stücke, die er in der paläontologischen Samm- Jung s’eht, und die Spirtusprävarate in der zoologischen Sammlung nichts Wesensverschiedenes sind, sondern in engem Zusammenhang = stehen. Bei der Ausführung dieses Gedankens fand FraAs in seinem Assistenten einen verständnisvollen Mitarbeiter, der mit Hingebung und Eifer: sich dieser dankbaren Aufgabe unterzog. Unter seiner Hand erfüllte die paläontologische Sammlung die neuerdings mehr- fach ausgesprochene Forderung der paläobiologischen Darstellung. Rasch wurde Dr. Haun heimisch in der Sammlung und im Land, und als er von einer deutschen Universität die ehrenvolle Aufforde- rung erhielt, sich mit Annahme einer Assistentenstelle am dortigen geologischen Institut zugleich zu habilitieren, zog er es vor, dem Naturalienkabinett treu zu bleiben. Auch über den Tod hinaus be- wies er seine Anhänglichkeit an diese Anstalt, indem er die für die Naturaliensammlung erwünschten Werke seiner Bibliothek ihr ver- machte. Aber alle Hoffnungen, die er und sein Vorstand für die Zukunft hegten, wurden durch den Krieg vernichtet. Ende Juni 1914 war Hans, der seine militärische Dienstpflicht beim 3. bayer. Artillerieregiment erfüllt hatte und daselbst Reserveleutnant war, zur Ableistung einer Übung bei dem Regiment einberufen worden und zog mit diesem in den ersten Augusttagen ins Feld. Zu kurzem Lebewohl kam er noch einmal nach Stuttgart. Frisch und hell klangen seine Abschiedsworte: „Wir werden tüchtig feuern; auf frohes Wiedersehen!“ Es sollte anders kommen. Schon am 8. Sep- tember erlitt er bei Trouville vor Nancy den Tod für das Vaterland. Um ihn trauern auch in Schwaben viele Freunde, die gemeinsames Interesse an der Geologie verbindet und die den tüchtigen jungen Gelehrten rasch schätzen gelernt hatten, um ihn trauern seine Kol- legen an der Naturaliensammlung und besonders beklagte den raschen Hingang seines Assistenten Professor FraAs, der so;bald schon dem jungen Freund folgen sollte. K. Lampert. Dr. rer. nat. Johannes Leuze Assistent am Geologisch - Paläontologischen Institut der Universität Tübingen, Zu den Heldenopfern des Sturmes auf den „Granatenhof“ bei La Bassde in Nordfrankreich vom 17./18. Januar 1915 muß ich meinen lieben Assistenten, Dr. Jon. Leuze, zählen. Er kehrte von dem Sturmangriff nicht zurück; keine Nachricht traf seither von ihm ein; seine Kampfgenossen zweifeln nicht, daß er gefallen. JoHu. LEuzE wurde am 14. Dezember 1883 zu Bagida in Deutsch- Togo als Sohn eines Missionars geboren. In der schwäbischen Heimat seines Vaters bereitete er sich zunächst auf den Beruf eines - — CI — Volksschullehrers vor. Der begabte, strebsame junge Mensch fühlte Bedürfnis und Kraft, in einem weiteren Kreise zu wirken. Er legte Ostern 1907 in Straßburg die Reifeprüfung ab und studierte dann zuerst in Stuttgart und von Ostern 1908 bis Herbst 1912 in Tübingen Naturwissenschaften. Hier fesselte ihn besonders Prof. von Koken, zu dessen eifrigsten Schülern er zählte. Im Juli 1912 bestand er die Doktorprüfung und im Herbst des gleichen Jahres die erste realistische Dienstprüfung. Nachdem er bis zum Juli 1913 an der ÖOberrealschule in Reutlingen unterrichtet hatte, entschloß er sich, Assistent am Geologisch-Paläontologischen Institut in Tübingen zu werden. Im Herbst 1913 unterzog er sich mit bestem Erfolg der pädagogischen Prüfung. Seine Promotionsarbeit, welche demnächst veröffentlicht werden soll, behandelte die Meeresmolasse auf der Hohenzollernaib. Über die wesentlichsten Ergebnisse der äußerst sorgsamen und durch ihre weit umfassende Anlage und Ausführung hochverdienstvollen Arbeit hat Leuze in diesen Jahresheften (1912, 48. Jahrg. S. CXXIV) be- _ richtet: Besonderen Wert hat er auf den Nachweis der Gleichaltrig- keit faziell verschiedener Ausbildungsweisen der Meeresmolasse und auf die Erkenntnis der Juranagelfluh als Deltaaufschüttungen in dem behandelten Gebiete gelegt. Mit größter Arbeitsfreudigkeit und Gewissenhaftigkeit erfüllte er die ihm gestellten Aufgaben. Seine große Lehrbegabung offen- barte er sowohl in der Unterweisung der Studierenden bei den Übungen im Institut wie auf geologischen Exkursionen, wo er mir eine äußerst wertvolle Hilfe war, als auch bei der Neubearbeitung unserer Lehrsammlungen. Gerade bei der Sichtung und Bearbeitung der Lehrsammlung für Paläontologie hat er durch sorgsamste Aus- wahl der Stücke und durch die genaue Bezeichnung des bei jedem Stücke wissenschaftlich Wichtigen Einzigartiges geschaffen, wie man es sonst in Lehrsammlungen vergeblich suchen wird. Die freundliche Opferbereitschaft des stillen und bescheidenen, fast schüchternen Menschen hat ihm die ungeteilte Liebe und Dankbarkeit der Studie- renden ebenso wie meine herzliche Zuneigung gewonnen. Bei der Mobilmachung zog er als Unteroffizier der Reserve im Reserve-Infanterieregiment No. 119 ins Feld. Ein Fußübel zwang ihn nach kurzer Zeit zu monatelanger Ruhe im Lazarett. Dieses Mißgeschick, welches ihn hinderte, mit den Kameraden in der Kampf- linie zu stehen, bedrückte ihn so sehr, daß er sich ganz in Schweigen hüllte. Im Januar kam dann ein glückstrahlender Brief; er war er wieder bei seinem Regiment! Mit Freude und Humor schilderte er das Leben an der Front und schrieb er seine geologischen Beobachtungen in Flandern. Kurz darauf traf ein an ihn gerichteter Brief mit dem erschütternden Aufdruck „Vermißt“ zurück, und dann schilderte sein Freund und Studiengenosse, Prof. Dr. G. WAGNER, wie LEUZE zu dem letzten Sturm hinausgezogen ist und — daß er nicht wiederkehrte. Unter Not und Entbehrungen hatte Dr. Leuze sich mit eiserner Energie seinen Lebensweg erkämpft, jetzt lächelte ihm die Sonne freundlichen Glückes — doch ein höheres Los fiel ihm: er sank für Deutschlands Ehre und Größe. Er war ein treuer, lieber Mensch und er war ein Held. J. F. Pompeck]). Dr. Eugen Link. Mit Dr. Link ist ein bedeutender jüngerer Zoologe Württem- -bergs dahingegangen. Auf dem Trölleshof bei Nagold am 15. Juni 1885 als Sohn des Besitzers dieses Hofes geboren, bestand Link 1903 die Reifeprüfung des Gymnasiums in Reutlingen, um zunächst als Einjährig-Freiwilliger beim Infanterieregiment No. 180 in Tübingen einzutreten, bei welchem er auch seine militärischen Übungen machte. In Tübingen verbrachte Link auch die ganze Studienzeit, sich den Naturwissenschaften, besonders der Zoologie widmend; in letzterer Wissenschaft löste er eine von der Universität gestellte Preisaufgabe mit großem Erfolg und promovierte 1908 auf Grund einer Abhand- lung über „Die Stirnaugen der Neuropteren und Lepidopteren“. Nach kurzem Aufenthalt an der Technischen Hochschule in Stutt- gart folgte er im Frühjahr 1909 Professor Dr. Hrssz als Assistent an das Zoologische Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin, um von da zum Tierphysiologischen Institut überzutreten, wo er im Auftrag von dessen Leiter, Geheimrat Professor Dr. Zuntz, teichwirtschaftliche Versuche in Angriff nahm. Dazwischenhinein legte Lmk 1909 und 1911 die realistischen Dienstprüfungen mathe- matisch- naturwissenschaftlicher Richtung in Württemberg ab und wurde 1911 auch ein halbes Jahr im höheren Schuldienst verwendet. Link wollte auf diese Weise eine feste Aussicht für die Zukunft ge- winnen, blieb aber nicht im Schuldienst, sondern es zog ihn wieder nach Berlin und im besonderen zur Fischerei, die erfreulicherweise im letzten Jahrzehnt einen immer größeren Aufschwung, besonders euch ın wissenschaftlicher Richtung genommen hat und manch:n ticntigen jungen Zoologen in ihre Dienste nahm. Link besaß, wie Ber der Generalsekretär des Deutschen Fischereivereins, Dr. Buschkieı, in einem warmen Nachruf hervorhebt, die seltene Fähigkeit, den praktischen Fragen der Teichwirtschaft gleiches Verständnis wie den wissenschaftlichen entgegenzubringen. Am 1. November 1911 über- nahm Link das Generalsekretariat des Brandenburgischen Fischerei- Vereins und wirkte hier mit einem nicht zu ermüdenden Fleiß und großem Erfolg. Die Gründung neuer Vereine im östlichen Teil der Mark Brandenburg war hauptsächlich sein Werk, die Erfolge der „Fischertage“ waren zum guten Teil sein Verdienst und Besonderes leistete er auch in Arbeiten über Teichdüngung. Link verstand es in ausgezeichneter Weise auch im Kreis der Berufsfischer, die den arbeitsfreudigen Mann rasch liebgewannen, sich viele Freunde zu er- werben. 1914 wurde er zum Großherzogl. Badischen Fischerei- Sachverständigen ernannt; vor Antritt seiner neuen Stellung wollte er noch eine militärische Übung ableisten, aber es wurde Kriegs- dienst aus derselben. Bald schon wurde Leutnant Link durch einen Schuß in den rechten Arm schwer verwundet. Kaum geheilt sehnte er sich wieder ins Feld und fiel am 17. Febr. 1915 bei einem Sturm- angriff in den Vogesen am Sudelkopf. Über seine letzten Stunden ist Folgendes bekannt geworden: „Nachdem die deutsche Stellung durch heftiges Artilleriefeuer der Franzosen bis nachmittags gegen 3 Uhr sturmreif gemacht worden war, erfolgte der Vorstoß der Franzosen. Dr. Link ließ seine Kompagnie sofort einen Frontwechsel vornehmen und fiel dem Feind in die Flanke, wodurch der Vorstoß desselben aufgehalten wurde. Leider wurde er hiebei schon kurz ‚nach 3 Uhr von einer feindlichen Kugel getroffen, die seinem jungen Leben durch einen Herzschuß ein rasches, schmerzloses Ende be- reitete.e. Am 21. Februar wurde er auf dem Friedhofe in Gebweiler beerdigt. Am Tage vor seinem Tode, dem 16. Februar, war er, da die am 2. September 1914 in den Vogesenkämpfen durchschossene Elle des linken Armes infolge der großen Anstrengungen wieder entzweigebrochen war, krank gesetzt worden. Nachdem aber die Lage seines Bataillons inzwischen eınst geworden war, begab er sich am 17. Februar in der Frühe freiwillig zu seiner Kompagnie an die Front zurück.“ In warmem Nachruf gedenkt der Regimentskomman- deur des Landwehr-Infanterieregiments No. 123 des mit dem Eisernen Kreuz geschmückten „hervorragend tapferen, wagemutigen, ausge- zeichneten Offiziers und allgemein beliebten Kameraden“. Der früh- zeit.ge T:;d des 'üchtigen Zoologen wird besonders in Fischerei- kreisen schwer empfunden werden. K. Lampert. Zu — Dr. rer. nat. Heinrich Müller Bergreferendar, Geologe an der Preuß. Geologischen Landesanstalt. In den Vogesenkämpfen der Gegend von St. Die fiel am 8. Sept. 1914 in einem Angriffsgefecht zwischen La Uroix-Idoux und Le Haut- Jacques der Geologe an der Preuß. Geologischen Landesanstalt Dr. Heinkıcn Mütter, Leutnant der Reserve im Reserve-Infanterie- regiment No. 119. Heısgich MÜLLER, der zweite Sohn des Tübinger Kirchenhisto- rikers Prof. Dr. Karı Mütter, wurde am 20. April 1887 in Gießen geboren. Nach dem Schulbesuch in Breslau und Tübingen widmete er sich dem Bergfach und war zunächst vom Herbst 1906—1907 als Bergbaubeflissener auf verschiedenen schlesischen Werken tätig. Im Herbst 1907 ging er zum Universitätsstudium nach Tübingen, wo er zugleich seiner Militärpflicht als Einjährig-Freiwilliger beim Infanterieregiment No. 180 genügte. In Tübingen trieb er vorwiegend geologische Studien bei Koken. Im Herbst 1909 bezog er zur Fort- setzung seiner Studien die Bergakademie in Berlin, wo er Ende 1911 die Bergreferendarprüfung ablegte. Die heiße Neigung zur Geologie ließ ihn dem Bergfach Valet sagen; er trat in den Dienst der Preuß. Geolog. Landesanstalt. Seit dem Sommer 1912 arbeitete er als Aufnahms- geologe in Hohenzollern, in der Gegend von Haigerloch —Hechingen. Zu Weihnachten 1913 bestand er in Tübingen seine Doktorprüfung. Seine Arbeiten — es war ihm ja nur kurze Zeit vergönnt, die Pflugschar der Untersuchung durch den Boden zu führen — be- handeln z. T. schwäbisch-hohenzollerische Gebiete: 1. „Tektonik des Gebietes zwischen Eutingen und Seebronn“ (Centralbl. f. Min. usw. 1911. S. 280) — er legte dort eine zwischen Ergenzingen und Eckenweiler einsetzende ONO- Verwerfung fest, welche als Störungszone über die Gegend von Seebronn der Beben- häuser Verwerfung zu zieht. 2. „Geologischer Bau der Umgebung von Hechingen“ (zugleich Dissertation, erschienen im Jahrb. d. Pr. Geol. Landesanst. für 1914) — neben genauer stratigraphischer Untersuchung wird die Beherr- schung des Gebietes durch NW—SO-Störungen festgestellt. Mit H. Tuer bearbeitete er „Die Goldkupferlagerstätte des Guanaco in Chile“ — in der Oordillere östlich von Taltal (Zeitschr. f. prakt. Geologie 1915, Bd. 31. S. 300) — hierbei fiel ihm haupt- sächlich die Untersuchung der Gangmineralien und der Genesis der Erzgänge zu. = Bm = Praktisch-geologischen Gesichtspunkten diente auch eine Reise, welche ihn im Frühjahr 1914 in das südwestliche Kleinasien führte, wo er Erzlagerstätten der Gegend von Milas in Karien studierte. Bei Ausbruch des Krieges wurde er als Leutnant der Reserve dem |Reserve-Infanterieregiment No. 119 zugeteilt. Zahlreiche der schweren Vogesenkämpfe — am Donon, bei Schirmeck, bei St. Die — hatte er glücklich mitgekämpft, da fällte ihn am 8. September das feindliche Blei. Ich hatte nur wenige Male Gelegenheit, mit Heinrich MÜLLER in persönlichen Verkehr zu treten; sie genügten, daß er mein ganzes Herz gewann. Er war ein prächtiger Mensch, an dem man seine helle Freude haben mußte — von gewinnendem Äußern und lautern, reinen Gemüts, voll von hohem, sittlichem Ernst. Tiefes Empfinden für die Schönheit der Natur paarte sich in ihm mit feinsinniger Neigung für die Kunst. Im Beruf des Friedens suchte er, begeistert für sein Fach, voll höchster Pflichterfüllung das Beste zu erlangen. Mit ganzer Seele Soldat, folgte er freudig-ernst dem Ruf zu den Waffen; seinen Soldaten war er Freund und Vorbild, bei den Kame- raden seiner Kompagnie, die alle wie er gefallen, war er wie ein Bruder geliebt. Von den vielen jungen Helden, die für unser teures Vaterland ihr Blut vergossen, war er der besten einer. Sein An- denken bleibt bei seinen Freunden in hohen Ehren! J. F. Pompeck;j. Dr. rer. nat. Franz Pietzcker Geologe an der Preuß. Geologischen Landesanstalt. Bei den Kämpfen um Thiepval fiel am 1. Oktober 1914 der Leutnant der Reserve und Kompagnieführer im Infanterieregiment No. 180, Dr. Franz PIETZcKeR, einer der Söhne des weitbekannten Tübinger Buchhändlers PIETZCKER. Er wurde am 5. November 1885 in Tübingen geboren, besuchte in seiner Heimatstadt das Gymnasium, welches er im Juli 1904 mit dem Zeugnis der Reife verließ. In Tübingen, und je ein Semester in Leipzig und Berlin, studierte er Naturwissenschaften mit beson- derer Bevorzugung der Geologie-Paläontologie. Im. Sommer 1909 wurde er in Tübingen auf Grund einer Arbeit „Über die Convoluten aus dem Ornatenton Schwabens“ (Diese Jahreshefte. 1911, Bd. 47, S. 148) zum Dr. rer. nat. promoviert. Bei der Untersuchung der die Ammonitenfauna des ÖOrnatentons mitbeherrschenden „convoluten“ es DE Perisphineten lehnt er sich im wesentlichsten an (QUENSTEDT und dessen trinomische Bezeichnungsweise der Arten an; dabei muß er eine ganze Reihe besonderer Varietäten der Quenstenr’schen „Arten“ ausscheiden. Leider läßt sich, mangels günstiger Aufschlüsse in unserem Ornatenton, das studierte Material nicht zur Verfolgung von Formen- oder Mutationsreihen verwerten. Im Winter 1909 wurde Dr. PıETzcker Assistent bei Prof. SCHEIBE an der Berliner Bergakademie, und im Sommer 1911 sehen wir ıhn sich für den Beruf eines Feldgeologen durch Aufnahmsarbeiten in Pommern vorbilden. Da sein Wunsch, in den Dienst der Preuß. Geologischen Landesanstalt zu treten, vorerst nicht in Erfüllung ging, legte er im Herbst 1912 in Stuttgart die-Oberreallehrerprüfung ab und trat als Probekandidat an der Tübinger Oberrealschule in den württem- bergischen Schuldienst. Zum Sommer 1913 wurde er von der Preuß. Geologischen Landesanstalt als Geologe angenommen und kartierte während der Sommer 1913 und 1914 im Niederrheingebiet. | Bei Ausbruch des Krieges wurde er zunächst nach Ulm zu einem Ersatzbataillon der 53. Brigade eingezogen. Am 18. August konnte er als Leutnant der Reserve ins Feld rücken; bereits am 25. August wurde er in einem Gefecht bei Serres durch einen Hals- schuß verwundet. Nach einer glücklichen Operation genas er schnell, und schon am 20. September wurde sein glühender Wunsch, wieder ins Feld zu ziehen, erfüllt. Doch nur noch kurze Zeit war’s ihm nun vergönnt, das höchste Ehrenkleid der Deutschen zu tragen und dem Vaterlande vor dem Feinde zu dienen. Nachdem er als Kom- pagnieführer im Infanterieregiment No. 180 die blutigen Kämpfe um Albert vom 26.—30. September glücklich mitgefochten hatte, traf ıhn am Morgen des 1. Oktober 1914 bei Thiepval der allzufrühe Schlachtentod. Lebhaft und frisch war Franz PIETZCKER ein frohgesinnter Gesell. Voll Eifer und Freude diente er seinem Geologenberuf, in welchem wir von ihm vielen besten Erfolg erhoffen durften. Seinem Vater- lande gab er sich selbst, sein Blut-und Leben. Ehre sei seinem Andenken! J. F. Pompeck]. Oberförster Theodor Probst. Unter den Opfern, die der Krieg im Kreis der Forstbeamten gefordert hat, beklagt der Verein den Tod von Üherförster Ta. Prorst als Mitglied. Prorst war geboren am 9. Juni 1868 als Schn des ee a ee EEE ei ae ans ter 4 rn a Mr a = (X — Revierförsters Tu. Progst in Adelmannsfelden, besuchte die Latein- schule in Horb und das Gymnasium in Ellwangen, sodann die Uni- versität Tübingen. Sein Beruf als Forstmann führte ihn nach Adelberg, Tübingen, Obertal, Stuttgart, Weingarten und schließlich 1906 als Obeıförster nach Schönmünzach. Der rege, aufgeschlossene Sinn für Naturkunde ließ Prosst ein eifriges Mitglied des Vereins für vaterländische Naturkunde sein. Der Schwarzwald bot ihm Gelegenheit zur Anlegung einer schönen, sorgfältig ausgewählten Mineraliensammlung, zum Studium der Flechten, und die Forellen- bäche des Schwarzwaldes führten ihn zur Beschäftigung mit der Fischerei, der er sein ganz besonderes Interesse zuwandte und für die er sehr tätig war. Mit der Pflichttreue des Beamten und dem Interesse für die Natur ging Hand in Hand die Frohnatur des kraftstrotzenden Mannes. Mancher in heiterem und anregendem Gespräch mit dem Verstorbenen verlebten Stunde gedenkt der Verfasser dieser Zeilen und es möge ihm erlaubt sein, auch des letzten Zusammenseins auf dem Truppen- übungsplatz in Münsingen zu gedenken. Am 1. August folgte Prost dem Rufe zu den Fahnen; zuerst war er bei der Bahnhof-Komman- dantur in Tuttlingen, dann in Ludwigsburg und Münsingen und zog von da am 12. Oktober als Hauptmann und Batterieführer im 54. Reserve-Feldartillerie-Regiment ins Feld. In Münsingen sah ich Prost zum letztenmal. In ernstem und heiterem Gespräch saß ein kleiner Kreis zusammen, vom bevorstehenden Nachtmanöver sprechend. Der Forstmann, der sich stolz seiner Geschütze freute, der Schulmann, eine Zierde seines Standes, der die Kanzleistube mit dem Lagerleben in Münsingen vertauscht hatte, der Kaufmann, den vaterländische Begeisterung seine Fabrik in Norditalien ver- lassen ließ, und zu ihnen durfte sich der junge Kriegsfreiwillige gesellen, der darauf brannte, sein Maschinengewehr vor dem Feind spielen lassen zu dürfen. Vier Wochen später ruhten alle im blut- getränkten Boden Flanderns. Der 1. November, Allerseelen, „ein Sonntag voll Sonneglanz und herbstlicher Farbenpracht, war ange- brochen“, so schreibt ein Kriegsfreiwilliger der Batterie PRrosst; „mittags kam der Befehl zum Vorrücken und bald darauf wurde Progsst tödlich verwundet. Eine Schrapnellkugel hatte den Hals durchschlagen und war im Rückgrat steckengeblieben; ins Feld- lazarett No. 93 in Dadizeele überführt, erlag Progst am 4. November seiner Verwundung.”“ Was er seinen Mannschaften im Feld war, beweisen am besten die Worte, die unter dem Eindruck des Ver- lustes des Führers ein Kriegsfreiwilliger schrieb: „Nie vergesse ich jenen sonnigen Abend: wenige 100 m vor uns der Feind, um uns nur eine dünne Schützenlinie, die Gefahr, überrumpelt zu werden, riesengroß, und wir, wir hatten unsern kaltblütigen, trefflichen Führer, zu dem wir alle in felsenfestem Vertrauen aufblickten, nicht mehr. Da war’s uns allen bange ums Herz; ja, wenn der Hauptmann da wäre, dann hätte es keine Not; ihm vertrauten wir, mit ihm gingen wir ruhig, weil wir wußten und erfahren hatten, daß er ein Artillerist war.“ Am 6. November wurde Prost auf dem Friedhof in Dadı- zeele beigesetzt. Englische Fliegerbomben, die während der Bei- setzung rechts und links des Friedhofes niederfielen, waren die Ehrensalven für den tüchtigen Mann, dem auch in den Kreisen der Freunde vaterländischer Naturkunde ein dauerndes Andenken ge- sichert ist. K. Lampert. Dr. rer. nat. Theodor Sproesser. Geboren zu Stuttgart am 8. Juni 1879 trat THuEonoR SPROESSER nach glänzender Absolvierung des Karlseymnasiums und nach Ab- dienung seines Militärjahres beim Feldartillerie-Regiment No. 29 in die Farbenfabrik seines Vaters als Lehrling ein, wo er sich zunächst in Stuttgart, sodann während eines einjährigen Aufenthaltes in der New Yorker Filiale die Grundkenntnisse des Handelsbetriebes an- eignete. Nach dieser praktischen Lehrzeit studierte er in Tübingen und Freiburg Naturwissenschaft, speziell Uhemie, und promovierte ım Jahre 1906 in Tübingen. Hierauf trat er in den Naturwissen- schaftlichen Verlag seines Schwagers, die E. ScHWEIZERBART'sche Verlagsbuchhandlung in Stuttgart, als Mitarbeiter und seit 1907 als Teilhaber ein, wobei er seine akademischen wie kaufmännischen Kenntnisse aufs beste verwerten konnte. Der Feldzug 1914 rief ihn zu seinem Regiment, in dessen Reihen er in Frankreich kämpfte und — nach einer leichten Verwundung und Wiedergenesung — an dem Feldzug in Rußland teilnahm. Dort erhielt er am 2. Januar 1915 von einem Schrapnell die tödliche Wunde, der er tags darauf erlag, nachdem er vorher auf Grund seiner besonderen Leistungen mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse und mit dem Bayerischen Militär- verdienstorden mit Schwertern ausgezeichnet war. Die ihm ver- liehene Württembergische Goldene Militärverdienst-Medaille sollte ihn nicht mehr erreichen. E. Nägele. EHORL, > Präparator Paul Weigle. WEIGLE war ein Öhringer, ein echtes Hohenloherkind: intelli- gent, rührig, witzig, schlagfertig. Dabei ein gewandter, fleißiger Geschäftsmann. Bei Roserr Banzer in Öhringen hat er, nachdem er das dortige Lyceum besucht hatte, die Präparierkunst gelernt. Hernach hat er einige Jahre in Münster in Westfalen als Präparator gearbeitet und dort insbesondere bei der Einrichtung eines Landes- museums schätzbare Dienste geleistet und gute Erfahrung gesammelt. Dabei kam er häufig mit dem Zoologen Professor LanpoIs zusammen, von dessen originellem Wesen er manches hübsche Stückchen zu erzählen wußte. Nach Beendigung der Wanderjahre ließ er sich in Sontheim a. Neckar nieder, wo er als Präparator ein eigenes Geschäft begründete. Dank einer nicht gewöhnlichen scharfen Beobachtungs- gabe, einer großen Liebe für die Schönheit der Natur und die Eigenart unserer heimatlichen Tierwelt, waren seine Arbeiten als Präparator bald sehr geschätzt und Aufträge wurden ihm aus nah und fern erteilt. Gerne werden sich die Besucher der Haupt- versammlung unseres Vereins zu Heilbronn im Jahre 1913 an die prächtigen Tiergruppen erinnern, die WeEisLE in den Räumen des Karlsgymnasiums anläßlich dieser Jahresversammlung ausgestellt hatte: die reizende Rehfamilie, die Gruppe der Seeschwalben, eine große Anzahl von Eulen u.a. m., welche die Besucher jener Aus- stellung allgemein entzückten. So war es natürlich, daß Paur WEIGLE für das seiner Vollendung entgegengehende Robert Mayer- Museum in Heilbronn als Präparator gewonnen wurde. Mit großer Begeisterung machte er sich daran, diesem ihn und seine Kunst- fertigkeit ehrenden Auftrag gerecht zu werden. Wenige Tage vor dem Ausmarsch noch schrieb er an den Vorstand des Museums- vereins, daß er in Erledigung des ihm zu teil gewordenen Auftrags geradezu seine Lebensaufgabe erblicke und daß er hoffe, sich und seiner Arbeit damit ein bescheidenes Denkmal setzen zu dürfen. Das Schicksal hat es anders gewollt. Am 4. September 1914 fiel er in scharfem Kampf in den Vogesen und wurde von seinen Kame- raden am Rande des Waldes bei Münster begraben. Für seine Familie und seine Freunde, wie für das Heilbronner naturwissen- schaftliche Museum starb der erst im 37. Lebensjahre stehende Mann viel zu früh. Aber auch er starb den Heldentod fürs Vater- land. Ehre seinem Andenken. W. Bacmeister. ka Dr. rer. nat. Hugo Schwarz Oberreallehrer in Göppingen. (Einen Nachruf für den Letztgenannten hoffen wir im nächsten Jahresheft veröffentlichen zu können. Red.) III. Original-Abhandlungen und Mitteilungen. Beiträge zur Kenntnis der Diplopoden von Württem- berg, Hohenzollern und Baden. (Über Diplopoden 72. Aufsatz.) Von Karl W. Verhoeff, Pasing bei München. Mit 11 Abbildungen auf Taf. 1. Inhaltsübersicht. A. Biologisch-geographische Verhältnisse der Uraspedosomen, (harakter- formen des alemannischen Gaues, Naturschutz. 8. 1. B. Neue und wenig bekannte Üraspedosoma-Formen. 8. 10. C. Verzeichnis der im April 1914 im östlichen Schwarzwald und im obersten Donaugebiet festgestellten Diplopoden. S., 21. D. Bemerkungen zu den Diplopoden des Verzeichnisses, S. 22. ‘. Bemerkungen über das Fehlen geographisch wichtiger Iuliden- Arten im Schwarzwald. S. 38. F. Zur Kenntnis der Spermatophoren der Chordeumiden,. 8. 47. . G. Erklärung der Abbildungen. S. 54. A. Biologisch-geographische Verhältnisse der Craspedo- somen, Charakterformen des alemannischen Gaues, Naturschutz. Im 70. Diplopoden-Aufsatz, „Zur Kenntnis süddeutscher Oras- pedosomen‘, Zoologischer Anzeiger 1914, habe ich neue Beiträge gebracht zur Systematik, Variation, Verbreitung und Biologie deut- scher Craspedosomen, und zwar der vielgestaltigen Arten ale- mannicum, simtile und transsilvanıcum VErH. Ich erwähne hier insbesondere den IV. Abschnitt: „Einfluß der Klimaverände- rungen auf die Verbreitung“, in welchem ich darauf hinwies, daß sich „simile keilartig in das große Areal des alemannicum ein- geschoben hat“. Zugleich konnte ich aber bereits folgendes hinzu- fügen: „Unsere jetzigen Kenntnisse sprechen dafür, daß nicht nur simile germantcum, sondern überhaupt die ganzen simile- Formen innerhalb Badens nicht mehr ein zusammenhängendes Areal bilden, sondern bereits in eine nördliche und südliche Gruppe zer- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 1 RE Zen fallen sind, während sich alemannicum (Funde bei Balingen, Gutach, Hausach, Titisee) in das frei gewordene Zwischengebiet ein- geschoben hat.“ Meine im 70. Aufsatz ausgesprochene Hoffnung, diese zoogeo- graphisch so wichtigen Verhältnisse weiter aufzuklären, wurde bereits im April 1914 verwirklicht, indem ich in der Gegend von Blau- beuren, Sigmaringen, Gutenstein, Triberg, Freudenstadt, Nagold, Calw und Wildbad Exkursionen unternahm und auch an fünf der genannten Plätze entwickelte Craspedosomen und vor allem Männchen auffinden konnte. Das wichtigste negative Ergebnis lautet, daß an allen genannten Plätzen, in Einklang mit den bereits früher gemachten Funden, von Craspedosoma simile nichts erwiesen werden konnte, d.h.also, daß durch den mitt- leren Schwarzwald — in welchem die alemannicum- Formen ausgebreitet sind — wirklich eine breite Zone gebildet wird, die das Areal des Uraspedosoma simile in zwei Gebiete zerlegt, ein kleineres südliches und ein sehr viel größeres nördliches. Infolge der unwirtlichen Vorzeiten schob sich simile im Bereich des Schwarzwaldes nach Süden bis in die nördliche Schweiz. In den nachfolgenden milderen Zeiten zog es wieder nach Norden, so daß es heute bis ins südliche Norwegen und nördliche England ausgedehnt ist. Weshalb aber die südlichsten sim ile- Posten nicht weiter nach Norden rückten mit dem milder werdenden Klima, ist schwer zu sagen, in- dessen will ich versuchen, diese Frage zu beantworten. Man sollte von vornherein annehmen, daß simile, als die im Vergleich mit . alemannicum nördlichere Art, viel eher als diese nach dem mitt- leren Schwarzwald abgewandert wäre. Da das also tatsächlich nicht geschehen ist, müssen wir zur Erklärung noch besondere Umstände heranziehen. Nach meinen Beobachtungen ist simile in noch höherem Grade als alemanmicum auf Feuchtigkeit angewiesen, daher noch mehr als diese Art von Gewässern der verschiedensten Be- schaffenheit, namentlich Bächen, Flüssen, Mooren, Teichen und Seen indirekt abhängig. Alle moorigen und seenreichen Gegenden Nord- deutschlands, z. B. Brandenburg und Pommern, sind daher reichlich besiedelt von ÖOraspedosoma simile. Man kann somit aleman- nicum als auf mäßig warm-feuchte und simele als auf kühl- feuchte Örtlichkeiten angewiesen bezeichnen. Die größere Aus- breitungsfähigkeit des alemannicum (im Vergleich mit simile) BEE: ka im Bereich des südlichen Mitteleuropa führe ich also darauf zurück, daß es fähiger war, Schranken von nur spärlicher Feuchtigkeit zu überwinden und damit weniger an die Nach- barschaft der verschiedenen Gewässer gebunden, obwohl es im übrigen ihnen ebenfalls zu folgen bestrebt ist. Nachdem aber infolge der Kältezeiten simile in das südlichste Baden vorgedrungen war, mußte es bei erneuter Wärmezunahme daselbst in eine bedrängte Lage geraten. Anfangs zwar, als das Rheintal noch eine kühle Witterung aufwies, konnte simile durch dieses nach Norden abwandern. Sobald aber eine weitere Wärme- zunahme eintrat, mußte die Ausbreitung auf das Gebirge beschränkt werden. Im südlichen Baden wurde simzile hauptsächlich auf die Nachbarschaft der kleinen Flüsse, Wiese, Wehra, Schlücht, Wutach u. a., angewiesen. Da diese aber in der Hauptsache nach Süden fließen, so haben sie für die Wanderung dessimilenach Norden keine Leitwegeliefernkönnen. Hielt sich simile, ın seinem Feuchtigkeitsbedürfnis und vielleicht außerdem auch in höherer Ab- hängigkeit von Buschholz, namentlich Weiden und Erlen, an die Nachbarschaft der kleinen Flüsse, so mußte es in deren Bereich im südlichen Baden bald „ans Ende der Welt“, d. h. seiner Welt ' gelangen. Sogar den Titisee hat s?mzile nicht erreicht, denn dessen Ufergelände sind von alemannicum besiedelt. Daß dagegen am Schwarzsee bei Säckingen sowohl simile (genuwinum) als auch simile rhenanum nicht selten sind, entspricht vollkommen dem Gesagten, zumal sich im südlichen Baden nur wenige Plätze finden, welche für die Ansprüche von simile so geeignet sind wie dieses Seegelände. Das Flußsystem des Neckar, einschließlich der westlichen und östlichen Nebenflüsse, ist vollkommen von alemannicum- Formen besiedelt worden, simile ist von mir nur in der Nach- barschaft Heidelbergs (Schlierbach) nachgewiesen worden, d. h. an einem Platze, welcher schon als Nebenbucht des Rheintales betrachtet werden kann. Hiernach müssen wir schließen, daß simile ins südliche Baden durch Wandern am Ostrand der ober- rheinischen Senke gelangt ist. Auf einer langen, aber schmalen Bahn unter dem Einfluß der Kaltzeiten weit nach Süden gelangt, ist es dann schon begreiflicher, daß bei einsetzender Erwärmung in Südbaden Isolierung erfolgte. Die westlichen Schwarzwald- flüsse Dreisam, Kinzig und Murg konnten durch simile vom Rheintal aus bevölkert werden. Da sie außerdem nach Westen, Nordwesten 1 IE: ER und Norden abwässern, so sind sie einer Abwanderung des simile viel günstiger gewesen als die genannten südbadischen Flüsse. Tat- sächlich kennen wir aus dem Gebiet der Dreisam und Kinzig nur alemannticum, während das Murgtal noch unbekannt blieb. (Im obersten Murgtal konnte ich keine Oraspedosomen auffinden.) Das bisher Gesagte gilt zunächst für simile genuwinum und simile rhenanum, indem nur diese beiden Rassen auch im nordi- schen Europa vorkommen. Eine Arealzweiteilung ist jedoch auch für simtile oblongosinuatum dadurch erwiesen worden, daß ich diese zuerst in Südbaden entdeckte Rasse für den Spessart habe nachweisen können. | Anders steht es mit simile fischeri und simile germa- niıcum. Die erstere Rasse, von Lörrach und Tuttlingen bekannt, scheint ein Zweig der simile-Formen zu sein, welcher sich bereits an südlichere Gebiete angepaßt hat. Die letztere Rasse dagegen ist einerseits durch Sachsen verbreitet, andererseits aus der nördlichsten‘ Schweiz zwischen Rheineck und Basel bekannt (var. silvaticum Bi6LerR). Somit ist simile germanicum die vierte Rasse mit auffallender Arealzweiteilung durch Klimaveränderungen. Während: jedoch für die drei andern Rassen kein Zweifel bestehen kann, daß der Ostrand der oberrheinischen Senke die einstige Verbindungs- straße bildete, ist der Verbindungsweg für die Arealhälften des simile germanicum bisher vollkommen dunkel '. Nirgends ın Mitteldeutschland (in dem von mir in früheren Aufsätzen umschriebenen Sinne) findet sich eine so reichhaltige und eigenartige Diplopoden-Fauna wie im alemannischen Gau. (Man vergl. hierzu den 37. Dipl.-Aufsatz in den Sitzungsber. Ges. naturf. Fr. Berlin 1910, No. 1, sowie den 50. Aufsatz, Rheintalstrecken als zo0- geographische Schranken, Zoolog. Anzeiger, Febr. 1912, No. 5/6.) Zw den endemischen Formen des alemannischen Gaues gehören u. &. Oraspedosoma wehranum, suevicum und vomrathi Vern. 1910 sowie productum Vern. 1912. Daß dieselben entweder selten sind oder ein nur kleines Areal besitzen, wird durch BısLer’s Untersuchungen über die Diplopoden der Umgebungen Basels”* wenigstens negativ ' Wie man aus meinem 1915 in den Zoolog. Jahrbüchern erscheinenden 77. Aufsatz ersehen wird, konnte ich inzwischen bereits diesen dunklen Punkt durch den Nachweis aufhellen, daß germanicum überhaupt nicht zu simalt gehört, sondern eine selbständige, bisher nur aus dem Königreich Sachser bekannte Art vorstellt, während var. silvatieum zu simile gehört. ® Revue Suisse de Zoologie. Genf 1913. insofern bestätigt, als er keine derselben aufgefunden hat, obwohl seine gründlichen Untersuchungen sonst durch eine Reihe wichtiger Funde bezeugt werden. Da die vier vorgenannten Arten bisher alle nur durch ein einziges Männchen belegt werden, ist es sehr erfreulich, daß mir auf meinen letzten Exkursionen, April 1914, von zweien dieser Formen weitere Stücke in die Hände fielen und damit zugleich neue Fundorte festgestellt werden konnten. Es wird hierdurch ferner die Selbständigkeit von Ur. vomrathi und suevicum sichergestellt. In Ur. suevicum haben wir offenbar ein Charaktertier des obersten, von Weißjuraklippen durchsetzten und geschützten Donautalgebietes und seiner Nachbarschaft vor uns. Ur. vomrathi aber scheint ebenfalls eine kalkholde Art zu sein. Wenigstens ist es sehr merkwürdig, daß diese ebenfalls im vorgenannten Gebiet heimatende Form außerdem von mir nur in der Nähe Freiburgs, und zwar auf der Jurainsel des Schönberges, nachgewiesen worden ist. Ich ver- mute, daß sich vomrath‘ auch noch im südlichsten Baden wird achweisen lassen. Als endemische Diplopoden des ale- annischen Gaues können nunmehr folgende hervorgehoben werden: 1. Xylophageuma vomrathi VERH. 2. Pyrgocyphosoma titianum Vern. 3. Macheiriophoron serratum BiGLer. 4. 2 verhoeffi BicLer. D. e wehranum VERH. 6. Üraspedosoma wehranum VERH. 1. n suwevicum VERH. 8. ni vomrathi VERH. 9. . produetum VERH. Hierzu kommen noch mehrere als Rassen betrachtete Formen, nämlich: 10. Macheiriophoron wehranum caleivagum Vern. E11. Craspedosoma suevicum jurassicum VeRrn. 2112. s simile oblongosinuatum VERH.| (nur noch vom Spessart bekannt). Daß alle diese Diplopoden der Gruppe der Ascospermo- )horen angehören!, d. h. derjenigen, welche am meisten unter len großen Diplopoden-Gruppen feuchtigkeitsbedürftige Tiere — ' Als einziger Tulide kommt noch der weiterhin besprochene Iulus tgulifer corniger dazu. ee enthält, bezeugt sehr eindringlich den klimatischen Charakter des alemannischen Gaues!. | Neben dem südlichsten Baden bildet das Weißjuragebiet der obersten Donau von Sigmaringen (östlich) bis über Immendingen hinaus (westlich) das eigenartigste Gebiet des alemannischen Gaues. Hin- sichtlich der CÖraspedosomen kommt der Charakter dieses Donau- Weißklippenrevieres scharf genug dadurch zum Ausdruck, daß beide weitverbreiteten Arten fehlen, nämlich simile und alemannicum, während statt dessen die beiden endemischen Arten vomrathir und swevicum zu finden sind. Man daıf hieraus jedoch nıcht den Schluß ziehen, als ob vomrathi und swevicum Charakterarten des Weißjura an sich wären. Dagegen spricht schon die Tatsache, daß ich bei Blaubeuren die typischen süddeutschen alemannicum-Rassen nachweisen konnte. Nein, das Maßgebende für vomrathti und swevicum ist offenbar die Vereinigung eines feuchten Flußtales mit Felsenklippen. Auf der eigentlichen „Rauhen Alb“ können diese Craspedosomen nicht existieren, auch wenn ihnen Weißjuraklippen Deckung bieten würden. Es scheint, daß wir in vomrathi, besonders aber in suwevicum sehr alte Formen vorliegen haben, welche früher um so viel aus- gebreiteter waren, als auch der Weißjura viel ausgedehnter zutage lag. Die Jurainsel südlich von Freiburg ist zweifellos der Rest eines größeren Jurazuges. Das Vorkommen des vomrathi am Freiburger Schönberg ist nicht nur ein isoliertes, sondern auch ein stark bedrohtes. Wir kennen jetzt eine nicht geringe Anzahl von Tieren, welche als borealalpine bezeichnet werden, d.h. einerseits in den Alpen- ländern und andererseits in Skandinavien oder auch Norddeutschland vorkommen, dazwischen aber in mehr oder weniger weiten Länder- strecken fehlen. Die borealalpinen Tiere sind meistens zu leichter Ortsveränderung befähigt, sei es daß sie wie viele Insekten Flügel besitzen oder auf andere Weise sich unschwer verbreiten können, wie z. B. manche Spinnen und viele Milben. Die besprochenen Rassen des Öraspedosoma simile schließen sich durch ihre Arealzweiteilung in nord-südlicher Richtung fraglos an die boreal- 1 Durch die reichen Ergebnisse einer im Herbst 1914 in Südbaden unter- nommenen Forschungsreise, über welche der 76. und 77. Aufsatz berichten, konnte inzwischen die Zahl der endemischen Formen des alemannischen Gaues noch um verschiedene vermehrt werden, als wichtigste derselben nenne ich bier nur Orthochordeumella fulvum alemannicum n. subsp., Vertreter einer bisher aus dem alemannischen Gau noch nicht bekannten Gattung. ri ee alpinen Tiere an, aber sie nehmen doch insofern eine abweichende Stellung ein, als sie überhaupt nicht als „alpin“ bezeichnet werden können. Wenigstens sind die Rassen smile, rhenanum und oblongosinuatum südlich der Basel--Bodenseelinie nur in deren nächster Nachbarschaft in schweizerischen Varietäten bekannt ge- worden. Letztere können daher auch noch in den Gebirgen nördlich des Züricher- und Wallensees erwartet werden. Aber auch wenn das zutreffen würde, wäre die Bezeichnung boreal-alpın für sömıle in- sofern mißlich, als das nördliche Arealstück zum Teil in Mittel- deutschland liegt, während aus sämtlichen Hauptzügen der Alpen niemals eine simile-Form bekannt geworden ist. Die simile- Rassen mit zweiteiligem Areal sind also im Vergleich mit den typischen borealalpinen Tieren weniger weit auseinandergerückt, weil ihnen ihre schwachen Verbreitungs- mittel im Laufe der Jahrtausende eine im Vergleich mit andern Tieren nur geringe Ausbreitung gestattet haben. (Subboreal- alpine Tiere!) Diese geringe Ausbreitungsfähigkeit gibt aber den Diplo- poden und hier insbesondere den Uraspedosomen in zoogeo- graphischer Hinsicht ihren außerordentlichen Wert. Das lang- same, schrittweise Sichausbreiten der Diplopoden gestattet uns, sie auf ihren Zügen im Laufe der Zeiten und Klimaschwankungen besser zu verfolgen als fast alle andern Tiere. In Fällen, wie sie die vorbesprochenen Uraspedosoma simile-Rassen betreffen, sind uns bis auf den heutigen Tag Erscheinungen erhalten worden, welche vielleicht vor langer Zeit auch für viele andere Tiere gegolten haben, jetzt aber längst verwischt worden sind. In biologisch-geographischer Hinsicht birgt Deutsch- land zweifellos noch ungezählte Geheimnisse, welche viele Beobachter belohnen werden, die Verständnis dafür haben. Scharen forschungs- lustiger Reisender ziehen heute in alle Weltteile, weil sie dem Wahne huldigen, in Deutschland sei alles bekannt und erforscht. Man könnte zu solchen irrigen Vorstellungen lachen und sie gleich- gültig betrachten, wenn nicht .... die Natur Deutschlands an so vielen Orten bedroht wäre und man sich sagen müßte. es tut Eile bei uns mehr not als in den meisten andern Ländern, um zu retten, was vielleicht schon in wenigen Jahren oder Jahr- zehnten verloren geht. Deshalb, ihr „Allerweltsbummler“, bleibt zu Hause..... nein, aber widmet die Hälfte der auf die Aus- länder verwendeten Zeit und Mittel der so überaus a reichen, schönen und mannigfaltigen Natur Deutsch- lands. Wie bedroht an vielen Orten unsere Natur ist, habe ich heuer wieder besonders deutlich mit Rücksicht auf Craspedosomen erfahren müssen. Die Talböden und Talhänge der Bach- und Fluß- täler sind Lieblingsplätze der Uraspedosomen (und vieler anderer Bodenkerfe), aber gerade sie sind von Homo sapiens dermaßen besetzt, daß an den meisten Plätzen die Natur erloschen ist. Man braucht dabei noch gar nicht an die menschlichen Ansiedlungen an sich zu denken, aber die zahllosen Wiesen, welche jeden zu- sammenhängenden Bestand von Erlen und Weiden verdrängen, haben damit die wichtigsten Faunenbestandteile vernichtet. Nur so ist es zu erklären, daß die Craspedosomen in manchen Tälern aus diesen verdrängt und an höher gelegene Plätze geschoben worden sind, die sie ursprünglich wahrscheinlich gar nicht aufgesucht hätten. Dieses Verschobenwerden setzt aber voraus, daß die betreffenden höher gelegenen Plätze wenigstens ein Minimum von Existenzerforder- nissen darbieten. So ist z. B. bei Nagold im Tale kein Raum mehr für Craspedosomen. Aber auch in der unteren Hälfte von Hohen- nagold wird Waldraubbau getrieben. Nur in der oberen Region des Berges, d. h. in der Nachbarschaft der Ruine wird der Wald etwas weniger verwüstet und daher konnten nur hier noch Craspedo- somen aufgefunden werden, zumal die Mauern und Gräben und das abgestürzte Geröll der Ruine selbst Deckungen liefern. An stärkere windgebrochene Zweige setzen sich diese und andere Bodenkerfe gern, wenn sie etwas durchfeuchtet sind, so daß sie Borkenteile, Flechten und Algen bequem abweiden können. Werden nun derartige abgebrochene Zweige aufgesammelt, so entsteht der bedrängten Tierwelt eine neue Vernichtung. In der Talsohle von Wildbad konnte ich nur noch an einer einzigen Stelle Craspedo- somen auffinden. Wie lange aber wird es dauern, daß auch dieser Platz verschwindet und es dann so aussieht wie im Murgtal bei Freudenstadt, wo meine Untersuchungen erfolglos blieben. Am Tri- berger Wasserfall, dessen Umgebung natürlich ein Öraspedosomen- Revier darstellt, ist die rechte Uferseite schon ganz von mensch- licher „Qual“ erfüllt, nur auf der linken, da wo kein Fußsteig her- geführt ist, sind noch einige urwüchsige Stellen zu finden, mitten im gewaltigen Granitgeröll, welche uns einen Begriff davon geben, wie herrlich einst dieSchwarzwaldschluchten gewesen sind! Zur Verödung des nördlichen Schwarzwaldes trägt viel der Umstand bei, daß man sichtlich bemüht ist, fast allenthalben nur ET me Nadelhölzer anzupflanzen (bisweilen sogar in scheußlicher Reihen- zucht!). Verschwinden die Laubhölzer vollständig oder werden sie selten, dann verschwinden damit auch manche Bodentiere. An vielen Plätzen würden die Öraspedosomen schon ganz ausgerottet sein, wenn nicht einerseits die Natur selbst durch Eı- scheinungen wie Felsen und Sümpfe, welche der Mensch schwer beseitigen kann, ihre Kinder schützte, andererseits der Mensch selbst, freilich unbewußt und ungewollt, den Tieren neue Zufluchtsorte geschaffen hätte, so namentlich roh geschichtete Mauern, Eisenbahn- dämme, Raingebüsche und verwilderte Steinbrüche. Es ist hier der Ort, einige Bemerkungen über Naturschutz beizufügen. Zweifellos ist im letzten Jahrzehnt im Vergleich mit der früheren Zeit viel für Naturschutz geschehen und das Interesse dafür ist sogar in weitere Kreise gedrungen. Zum Schutz geo- logischer Naturdenkmäler und bedrohter Pflanzen haben sich selbst die öffentlichen Behörden gebührend eingesetzt. Wenn es sich aber um Schutz der bedrohten Tierwelt handelt, ist gewöhn- lich nur von größeren Tieren die Rede. Dementsprechend sind auch wenige, aber umfangreiche Naturschutzgebiete erworben worden. Es unterliegt jedoch gar keinem Zweifel, daß die Hunderte oder gar Tausende kleiner Tiere für die Wissenschaft und schließ- lich auch für die Allgemeinheit weit wichtiger sind als wenige große Tiere, für deren Existenz große Komplexe erforderlich sind. Statt z. B. einen Schutzpark von vier Quadratkilometern Umfar.g zu schaffen, wäre es bei weitem zweckmäßiger, 16 Bestände von je ein Viertel Quadratkilometer an möglichst ver- schiedenen Orten zu schützen. Dabei sollten verlassene und verwachsene Steinbrüche besonders ins Auge gefaßt werden, zumal sie meistens mit geringen Mitteln erworben werden dürften. Für unsere Kleintierwelt bietet ein Gelände von ein Viertel Quadrat- kilometer, wenn es wirklich geschützt wird und verwildert, eine ausgiebige Lebensstätte. Bei Schaffung derartig kleiner Schutzgebiete sollten terner möglichst verschiedene geologische Formationen _ und möglichst verschiedene Flußgebiete und Höhenlagen Ver- tretung finden. Innerhalb des Deutschen Reiches müßte aber neben den Alpen der alemannische Gau ganz besondere Berücksich- tigung erfahren, damit nicht bei weiterer Naturverwüstung seine besonders wertvollen Bestände hier und da unwiederbringlich ver- nichtet werden. Ein solcher Platz wäre — um gleich ein bestimmtes Beispiel anzuführen — das Gelände am linken Ufer des Triberger BL Wasserfalles. Hier müßte jegliche Abholzung und jegliches Holzlesen u. a. verboten werden und der Platz zugleich so weit ab- gesperrt, daß er zwar erreicht werden kann, aber möglichst nur von denjenigen, welche ein wissenschaftliches Interesse haben. Wenn alsdann der Wanderer auf dem üblichen Wege zur Höhe ansteigt, wird er nicht. wie jetzt, Überreste einer üppigen Vegetation er- blicken, sondern sich daran erfreuen können, daß noch wirklich urwüchsige Plätze auch in bevölkerter Gegend vom Natursinn des deutschen Volkes Zeugnis ablegen. B. Neue und wenig bekannte Craspedosoma-Formen. 1. Craspedosoma suevicum jJurassiceum n. subsp. Das recht dunkel pigmentierte d 14'/a mm lang. Von swevicum (genm.) VrerH. S. 59 in No. 1 der Sıitzungsber. Ges. nat. Fr. 1910, 37. Diplop.-Aufsatz, unterscheidet sich diese Rasse: a) durch die breiten, viereckigen Innenbuchten des Podosternit (Abb. 5 :), b) durch die Gestalt der Cheirite, indem die Greiffortsätze stärker eingekrümmt sind und nur eine starke Zahnecke besitzen, außen aber abgerundet sind, sowie durch die weniger vorragende, aber mehrzähnige Muldenleiste. (Vergl. dagegen Abb. 4) Ur. suevicum (gen.), suevicum Jurassieum und Ür. pro- dwctum sind diejenigen im Deutschen Reiche vorkommenden Cras- pedosomen, welche gemeinsam ausgezeichnet sind durch das Fehlen der Podosternitseitenfalten, d. h. die Höcker, welche sich außen neben den vorderen Seitenfortsätzen befinden, sind nach hinten und endwärts nicht in gratartige Erhebungen fortgesetzt oder es findet sich doch nur eine Andeutung derselben. Ich ver- weise für suevicum auf Abb. 2 ım 37. Aufsatz und für productum auf Abb. 1 8.505 und auf S. 510 ın No. 15/16 des Zoolog. Anzeigers 1912. Eine beträchtliche Länge der drei vorderen Podosternitfortsätze ist diesen drei Formen ebenfalls gemeinsam, so daß man die swevi- cum-Formen als mesodaktyl, productum sogar als makrodaktyl bezeichnen kann. Der Verlauf der Muldenkante, d.h. jener blatt- artig herausragenden und vom Endfortsatz mehr oder weniger weit in die unter dem Querlappen befindliche Mulde ziehende Leiste der Cheirite (ml Abb. 4), hat sich für unsere deutschen Craspedosomen als eines der systematisch wichtigsten Charaktere herausgestellt, nicht allein wegen der Gestalt der Muldenkante, sondern mehr noch mit Rücksicht auf die Ausdehnung derselben. Wir haben einer- seits Formen (simile-Rassen), bei welchen das zahnartige Ende der Muldenkante nicht oder nur unbedeutend sich unter den Querlappen schiebt, während andererseits (alemannicum-Rassen) die Mulden- kante viel weiter reicht, nämlich fast bis unter die Mitte des Quer- lappens (Abb. 3). Dieser Gegensatz hinsichtlich des Ver- haltens der Muldenkante wiederholt sich bei den drei vorgenannten Formen ohne Podosternitseitenfalten, indem bei pro- ductum der Muldenzahn ganz freisteht, die Muldenkante also überhaupt nicht unter den Querlappen greift, während, wie aus Abb. 1 und 4 ersichtlich wird, bei den beiden swevicum-Rassen die Muldenkante weit um die hintere Hälfte des Querlappens herumgreift und dadurch mit ıhrem verdeckten, aber durchschimmernden Ende fast bis zur Mitte des Querlappens gelangt ist. Dieser auffallende Gegensatz verbietet eine artliche Vereinigung der drei Formen ohne Seiten- falten um so mehr, als auch im Podosternit noch einige Unterschiede gegeben sind. Bei allen dreien kommen noch kurze Ansätze der Seitenfalten vor, aber der vordere Mittelfortsatz reicht bei pro- ductum entschieden über den Grund des hinteren hinaus, während er ihn bei den suevicum-Rassen erreicht oder fast erreicht. Hin- sichtlich der breiten viereckigen Innenbuchten schließt sich pro- ductum an suwevicum Jurassicum, aber gerade diese Rasse reicht mit ihren vorderen Seitenfortsätzen nur wenig über den Grund der hinteren, während sie bei productım über die Mitte der hinteren Seitenfortsätze hinausgreifen. Ur. produwetum schließt sich also an die simile-Formen an und ist auch mit diesen zugleich auf- gefunden worden, während die swevicum-Rassen den aleman- nicum-Formen morphologisch und geographisch näher stehen, ab- gesehen von den Außenblättern. Ur. suevicum jurassicum: Der Muldenrand der Cheirite verläuft auffallend gerade (Abb. 1) und ist nur schwach gezähnelt. Dementsprechend greift der Endfortsatz nach hinten nur unbedeutend über den Muldenrand hinaus. Querlappen nach hinten fast spitz ausgezogen. Greiffortsatz mit spitzem Zahn stark eingekrümmt, da- gegen ohne größeren Eckzahn, nur mit 2—3 kleinen Nebenzähnchen. Cheirite und Podosternit sind zum Teil recht dunkel pigmentiert, am Podosternit besonders das Innere der drei vorderen Fortsätze. Podosternit (Abb. 5) mit tiefen Außenbuchten, die viereckigen Innen- buchten (i) ungefähr so tief wie breit, innen ohne Zipfel und ohne Gruben. Ein Mediangrat fehlt vollständig. Hinterer Mittelfortsatz (hm) ae BE ohne Wärzchen, am Ende stark keulig, am Grunde nur wenig drei- eckig erweitert. Vordere Seitenfortsätze den mittleren etwas über- ragend, außen neben ihnen Höcker, welche nach hinten länglich etwas fortgesetzt sind, dann aber nur eine unbedeutende Anlage von Seitenfalten folgen lassen, Drüsenmündungen (Abb. 5) deutlich hinter der Buchtenlinie gelegen. |Bei suwevicum genwinum, wo der hintere Mittelfortsatz in der Grundhälfte sehr breit drei- eckig ansteigt, liegen die Drüsenmündungen in der Buchtenlinie.] Die hinteren Seitenfortsätze (hs) sind bei Jurassicum weniger breit als bei suevecum, die Außenbuchten dagegen dement- sprechend breiter. Die Unterschiede des swevicum (gen.) von Jurasstceum, hinsichtlich der breiteren Grundhälfte des hinteren Mittelfortsatzes, der engen Innenbuchten und der weiter nach außen befindlichen Drüsenmündungen, können als in einem natürlichen Zusammen- hang stehend betrachtet werden. Die Eigentümlichkeit des swew:- cum (gen.) besteht offenbar darin, daß an seinem Podosternit der hintere Mittelfortsatz im Vergleich mit Jurassicum in seiner Grundhälftestärkerherausgewachsen ist. Dieses stärkere Herauswachsen hat die beiden andern Erscheinungen zur Folge gehabt, nämlich stärkeres Hervortreten der Drüsenmündungen und Zusammendrängen der Innenbuchten. Vorkommen: Am 16. IV. 14 fand ich suwevicum Jurassi- cum in Gesellschaft des weiterhin besprochenen vomrathi var. zollerianum im Donautal zwischen Gutenstein und Sigmaringen, unter der durch Weißjurafelsen geschützten Böschung des rechten Ufers, und zwar in einer kleinen Höhlung eines abgeschlagenen Astes, anscheinend von Frazxinus. Diese Böschung war spärlich bewaldet, aber sonst gut bewachsen; es blühten dort in Menge Viola, Primula und Melampyrum. Anmerkung. Als endemische Art des alemannischen Gaues sei hier auch noch Ur. wehranum VERH. erwähnt. Sie unter- scheidet sich von den drei vorherbesprochenen Formen auffallend genug durch die schwache Entwicklung von Endfortsatz und Mulden- kante der Cheirite, sowie durch die kräftigen und langen Seiten- falten des Podosternit, an welchem ferner die drei vorderen Fort- sätze gemeinsam weit zurückbleiben hinter dem Grunde der hinteren. Nach den Cheiriten steht wehranum noch am nächsten dem pr o- ductum und den sımele-Rassen. 2, Cr. vomrathi Vern. var. Zollerianum n. var. dd 13—13'/a und 15 mm lang alle recht dunkei pig- var. fraxinin.var. d 15'/s mm Ig. mentiert. Die drei Varietäten des vomrathr unterscheide ich in folgender Weise: a) Podosternit mit feiner, aber deutlicher, bis in die Grund- hälfte des hinteren Mittelfortsatzes reichender Medianleiste; ohne sehr dunkle Pigmentmassen. Cheirite mit stark zugerundetem Greif- fortsatz, welcher keine zahnartige Außenecke besitzt (Abb. 8 im 37. Diplopoden-Aufsatz). Endfortsatz breit und nicht zurückgekrümmt. var. vomrathi m. b) Podosternit ohne Medianleiste oder doch nur mit schwacher Andeutung einer solchen, in den vorderen Fortsätzen und den Seiten sehr dunkle Pigmentmassen. Greiffortsatz der Cheirite meistens mit einer kräftigen, herausragenden, äußeren Zahnecke. Endfortsatz mehr oder weniger zurückgekrümmt. . ........0,d. c) Vordere Seitenfortsätze des Podosternit gegen den mittleren stark abgesetzt, indem sie am inneren Grunde abgerundet und nach vorn abgerückt sind. Sie bleiben um ?/s bis ®/ı ihrer Länge vom Grunde der hinteren Seitenfortsätze entfernt. var. zollerianum.n. var. d) Vordere Seitenfortsätze des Podosternit unter spitzem Winkel mit dem mittleren zusammenstoßend, innen am Grunde also nicht abgerückt. Sie bleiben nur um ihre halbe Länge vom Grunde der hinteren Seitenfortsätze entfernt. var. fraxinin. var. var. frasxini: Vorderer Mittelfortsatz des Podosternit wenig kürzer als die seitlichen, ein beträchtliches Stück hinter der Buchten- linie der Innenbuchten zurückbleibend. Innenbuchten viel breiter als tief, innerer Buchtenrand quer verlaufend, daher der hintere Mittelfortsatz in der Grundhälfte nicht erweitert, am keuligen Ende abgestutzt. var. zollerianum: Es lassen sich folgende zwei Untervarie- täten auseinanderhalten: &) Innerer Buchtenrand des Podosternit quer verlaufend, hinterer _ Mittelfortsatz am Ende tief ausgeschnitten. 19. 8) Innerer Buchtenrand schräg gegen die Mitte ansteigend, hinterer Mittelfortsatz am Ende abgerundet oder gestutzt. 2C. Vorkommen: Die beiden neuen Varietäten des vomrathi sammelte ich ebenfalls am 16. IV. 14 im Donautal zwischen Guten- stein und Sigmaringen an der schon bei jurassicum bezeichneten Sr Stelle, und zwar alle auf einem abgesägten starken Frazinus- Stumpf und seiner nächsten Umgebung. Auf dem Stumpf, der von Schößlingen wieder überschattet war, lagen feuchte Holzstückchen zerstreut. Daselbst fand ich auch 29 neben 3 d der var. zolle- rianum. Das einzige d der var. fraxıni kopulierte mit einem viel heller gefärbten @, wobei es quer über dem Vorderkörper des- selben lag, während das 9 bei der Aufstörung den Körper des d umrollte. An Larven fand ich an einem teilweise von Borke ent- blößten Baumstamm zwischen der Donauwiese und einem Waldrand 5 Stück von 5’/a—5!/ge mm Länge mit 23 Rumpfringen, während ich Larven mit 26 und 28 Ringen auf keiner meiner April-Exkursionen gesehen habe. Anmerkung: Es unterliegt keinem Zweifel, daß Ur. ale- mannteum, und zwar die Rasse brevilobatum als nächster Ver- wandter des vomrathtr angesehen werden muß. Als wichtiger Unterschied beider Formen kommen lediglich die Außenblätter in Betracht, weshalb ich die betr. Außenbezirke in Abb. 6 und 7 zur Darstellung gebracht habe. Man findet in Abb. 7 ein Podo- sternitaußengebiet des vomrathi mit einfacher Seitenfalte, ohne Außenblatt. Abb. 6 dagegen führt uns dieselben Teile von ale- mannicum brevilobatum vor, und zwar nach einem derjenigen Individuen, welche die Außenblätter am schwächsten entwickelt zeigen, mithin dem vomrathi am nächsten stehen. Ein solcher Fall der schwächsten Außenblattentwicklung kann in der Tat schon als eine Annäherung an vomrathi bezeichnet werden. Bei ge- nauer vergleichender Prüfung findet man jedoch, daß das warzige Feld neben dem vorderen Seitenfortsatz bei brevilobatum nicht nur viel breiter ist und schräger abgedacht als bei vomratht, sondern man bemerkt auch eine durchscheinende Kante (y Abb. 6). Diese ist aber der Ausdruck dessen, daß das breitere, warzige Feld des brevilobatum nicht etwa eine verbreiterte Seitenfalte ist, sondern eben ein gegen die Seitenfalte scharf abgesetztes Außen- blatt, welches nach außen kantig herausragt. Im übrigen herrscht zwischen vomrathti und brevilobatum eine weitgehende Übereinstimmung sowohl hinsichtlich des Podo- sternit (und zwar der Kürze der Fortsätze und dem Mangel eines Mediangrat) als auch mit Rücksicht auf die Muldenleiste der Cheirite. Es bleibt ferner beachtenswert, daß brevilobatum geo- graphisch in den meisten Fällen neben bavaricum beobachtet worden ist, vomrathi dagegen nicht. Eh 3. Varietäten des Oraspedosoma alemannicum VERH. Von den links- und rechtsrheinischen Rassen und Varietäten des Ur. alemannicum ist schon in mehreren Aufsätzen die Rede gewesen. Im 53. Diplop.-Aufsatz, Zur Kenntnis deutscher Uras- pedosomen!, habe ich die (schon im XXVI. Kapitel des 31. bis 35. Aufsatzes, Nova Acta 1910) aufgestellte var. yranıticolum auf S. 76 hervorgehoben als eine Form, welche am besten zwischen den links- und rechtsrheinischen alemannicum vermittelt. Durch Bieter sind dann a. a. OÖ. noch weitere Vorkommnisse von „linksrheinischen® alemannicum im südwestlichen Baden fest- gestellt worden. Insbesondere kommt seine var. denticulatum in Betracht, von welcher er S. 732 folgendes schreibt: „Zoogeographisch von Bedeutung ist die Tatsache, daß ich in der Nähe von Hausach zusammen mit einem bavaricum ein d gefunden habe, dessen Podosternit restlos mit dem von aleman- nicum alsaticum var. alsattcum übereinstimmt, dessen Cheirit jedoch den rechtsrheinischen Formen sich anschließt, indem es nicht zur Ausbildung von Hakenzahn und Läppchen? kommt, das von jenem durch eine Bucht getrennt ist, sondern zur Differenzierung einer 4—Özähnigen, unter die Hinterhälfte des Querlappens greifenden Muldenkante. Auf diese Abweichung gründet sich meine neue var. denticulatum BisLEr.“ Am 20. IV. 14 habe ich nun selbst bei der Ruine Hohennagold en Üraspedosoma d erbeutet, welches zweifellos zu denticu- latum gehört. Diese Übergangsform zwischen westlichen und östlichen wlemannicum gehört insofern zu alsaticum, als der vordere Mittelfortsatz des Podosternit entschieden über den Grund des hinteren hinausragt. Sonst aber ist sie doch richtiger zu bavaricum zu stellen, mit welchem sie übereinstimmt: a) in den Cheiriten, b) in der sehr kräftigen dunkeln Pigmentierung des Podo- sternit und c) gehört sie auch geographisch nach Osten, da sie gemein- sam mit Vertretern der Rassen bavartcum und brevilobatum gefunden worden ist. Meine Frühjahrsexkursionen im Schwarzwald haben mich jedoch mit weiteren interessanten Übergangsformen zwischen ' Sitzungsber. Gesellsch. nat. Freunde. Berlin 1912. No. 2a. ° Mit diesen Bezeichnungen hat Bigler in richtiger Weise auf meine angegebenen Aufsätze Bezug genommen. Se westlichen und östlichen Vertretern des alemannicum bekannt gemacht: l. Or. alemannticum brevilobatum var. abnobium n.var. Ist mit var. dbrevilobatum zunächst verwandt, unterscheidet sich aber durch a) die breiten, vom Außenrand nur wenig abstehenden Außen- blätter des Podosternit, deren Rand länger ist als die kurze Fort- setzung der Seitenfalten. (Bei brevilobatum sind die Außenblätter meistens dreieckig, Abb. 6, und stärker abschüssig, auch meistens vom Außenrand weiter entfernt.) b) Am Greiffortsatz der ÜOheirite ragt nach grundwärts ein starker Eckzahn vor (ähnlich Abb. 2 und 4), während der innere Zahn schwächer entwickelt ist. (Bei drevilobatum! erscheint der Greiffortsatz durchgehends stärker eingekrümmt und der innere Zahn tritt am deutlichsten hervor. Der Eckzahn fehlt oder ist schwächer entwickelt, ähnlich Abb. 1.) | Die var. abnobium ist von var. brevilobatum und dogge- ranum also entweder (und zwar meistens) durch beide vorgenannten Merkmale unterschieden, selten nur durch eines derselben. Hinsichtlich des Podosternit von abnobium sei noch fol- gendes bemerkt: Ein Mediangrat fehlt meistens vollständig, selten ist er als eine sehr schmale Kante angezeigt. Die drei vorderen Fortsätze bleiben stets weit hinter dem Grunde der hinteren zurück. Hinterer Mittelfortsatz am Ende meistens ausgeschnitten, seltener abgerundet, in der Endhälfte entweder keulig oder parallelseitig. subvar. &@: Hinterer Mittelfortsatz in der Mitte jederseits treppig abgestuft, indem der schräg ansteigende Buchtenrand nach innen plötzlich quer abbiegt. — Wildbad 3 d. subvar. £#: Der Buchtenrand steigt jederseits einfach gegen den hinteren Mittelfortsatz an, ohne eine treppige Abstufung zu bilden. — Triberg und Hohennagold 3 d. Vorkommen: 2 d von 13°%/s und 14 mm Länge sammelte ich 22. IV. unter faulenden Brettern im Tale bei Wildbad, ein drittes totes d auf einem mit faulenden Gräsern bedeckten Baumstumpf einer Lichtung im Nadelwald. 1 d von 15 mm neben 2 9 von ! Unter meinen zahlreichen Stücken der var. brevilobatum befindet sich nur ein Z von Deggendorf, bei welchem der Eckzahn der Greiffortsätze fast so stark ist wie bei abnobium; dieses besitzt jedoch abgeschrägtere Außen- blätter und zugleich ist der hintere Mittelfortsatz nicht treppig abgesetzt, sondern am Ende stark keulig verbreitert. I — 13!!/2 und 15'/ mm erbeutete ich am Triberger Wasserfall zwischen von Farnen besetzten und mit Laub von Fagus und Acer erfüllten Spalten zwischen Granitblöcken. Da ich außerdem noch 2 d von 13?2/s und 14 mm Länge bei der Ruine Hohennagold auffand, ergibt sich aus diesen vier Fundplätzen, daß var. abnobium eine der verbreitetsten Uraspedosoma-Formen des mittleren Schwarzwaldes darstellt. II. Or. alemannicum bavaricum var. silvaenigrae n. var. schließt sich insofern an var. graniticolum an, als die Mulden- leiste ebenfalls in Zahn und Läppchen abgesetzt ist (Abb. 3). Der Unterschied liegt jedoch darin, daß der Zahn nicht nur abgestutzt ıst und Zahn und Läppchen voneinander abgerückt sind, sondern auch auffallend ausgedehnt und ihnen gegenüber der Querlappen ausgebuchtet. Im Podosternit schließt sich selvaenigrae an var. bavaricum an, der vordere Mittelfortsatz reicht also bis an den Grund des hinteren, in die Innenbuchten ragen Zipfel. Die ziemlich hohen und breiten, abgerundeten Außenblätter sind nur unbedeutend in Seitenfalten fortgesetzt. Eine Mediankante fehlt, dunkle Pigmentmassen sind ausgedehnt. Die Hüftdrüsen münden in der Buchtenlinie, die vorderen Seitenfortsätze überragen beträchtlich den mittleren und greifen daher auch erheblich über den Grund der hinteren hinaus. Vorkommen: Das einzige d von 14°”/3 mm Länge fand ich bei Wildbad im Tale ebenfalls unter faulenden Hölzern. Es ist ent- schieden heller als die übrigen Männchen von Wildbad, d. h. die dunkeln Längsbinden sind besser abgesetzt, weil die hreltere Grund- farbe ausgedehnter ist. II. Cr. alemannicum (brevilobatum) var. eisrhena- num n. var. bildet den Übergang zwischen var. brevidentatum einerseits sowie brevilobatum var. abnobium andererseits. var. cisrhenanum unterscheidet sich von abnobium a) durch den recht deutlichen Mediangrat, b) den hinteren Mittelfortsatz des Podosternit, welcher nicht treppig abgesetzt ist, c) durch die in Zahn und Läppchen akt" Muldenleiste der Cheirite. Eine wichtige Übereinstimmung von var. brevidentatum liegt in dem dreieckigen, entschieden vor- var. abnobium und ® ragenden Eckzahn der Greiffortsätze var. cisrhenanum | (ähnlich Abb. 2 und 4), Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 2 a var. cisrhenanum unterscheidet sich von var. brevidentatum a) durch den nicht treppig abgesetzten hinteren Mittelfortsatz, b) durch den schmäleren, daher vor dem Ende des vorderen Mittelfortsatzes nicht auffallend verbreiterten Mediangrat, c) durch die sehr dunkle reichliche Pigmentierung des Podosternit, d) durch die vom Seitenrand weiter abstehenden Außenblätter, e) dadurch, daß die vorderen Seitenfortsätze mit ihrer Endhälfte den Seitenfalten und Außenblättern entschieden mehr genähert sind als dem Mittelfortsatz (während sie bei var. brevidentatum um- gekehrt dem Mittelfortsatz mehr genähert sind oder doch mindestens eine mittlere Stellung zwischen Mittelfortsatz und Seitenfalte ein- nehmen, weshalb auch das Feld zwischen Seitenfortsatz und Außen- blatt breiter ıst). Trotz des Mediangrates am Podosternit muß daher betont werden, daß var. cisrhenanum ebensogut zu dbrevilobatum als brevidentatum gestellt werden kann, zumal der Zahn an der Muldenkante der Cheirite im Vergleich mit den Linksrheinischen schwach genannt werden muß. Hinsichtlich des Podosternit sei noch folgendes erwähnt: Die vorderen Seitenfortsätze sind etwas kürzer als der mittlere und bleiben um ihre ganze Länge hinter dem Grund der hinteren zurück. Hinterer Mittelfortsatz in der Grundhälfte mit einfach schräg an- steigendem Buchtenrand, in der Endhälfte keulig und abgerundet. Vorkommen: Das einzige, übrigens tote, aber sonst wohl- erhaltene’ 4 fand ich 22. IV. 14 bei Wildbad in einer Nadelwald- lichtung auf einem mit modernden Gräsern bedeckten Baumstumpf. Aus dem mittleren Schwarzwald sind nunmehr folgende fünf alemannicum-Varietäten nachgewiesen, welche zwischen den links- und rechtsrheinischen Rassen vermitteln: a) alemannicum bavaricum var. grantiticolum VERH., b) e u var. denticulatum BıisLEr, c) b 4 var. silvaenigrae \ERH., d) R brevilobatum var. abnobium VERH. e) e (brevilobatum) var. cisrhenanum VERH. ' Die zwei ÖOraspedosoma alemannicum-Männchen, welche ich bei Wildbad auf einem Baumstumpf tot fand, mußten bereits wochenlang durch Wind und Wetter ausgelaugt worden sein, weshalb auch alle Muskulatur ver- west war und die Ringe nur noch schwach zusammenhielten. Trotzdem zeigten sich diese Tierchen für die Untersuchung der Fortpflanzungswerkzeuge ebenso brauchbar wie lebend gefundene, eine Erfahrung, welche ich andern Beobachtern zur Beachtung empfehle. Die einzelnen Teile erschienen später in Alkohol so, als wären sie einer sorgfältigen Maceration unterzogen worden. rt: Diese Varietäten sind jedoch nicht nur deshalb von Wichtig- keit, weil sie mehr oder weniger auffallende Zwischenformen darstellen zwischen den vier westlich und den zwei östlich des Rheines heimatenden alemanntcum-Rassen, sondern es ist auch von großem Interesse, daß sich solche Formen gerade im Schwarz- wald vorfinden. Wie ich schon früher auseinandergesetzt habe, hat der Oberrhein zwischen Basel und Mainz lange Zeit eine scharfe Grenze zwischen den alemannicum- Massen gebildet, welche sich östlich und westlich von ihm ausgebreitet hatten. Unter dem Ein- fluß dieser besonders in den Kältezeiten maßgebenden Schranke erhielten die östlichen und westlichen Formen erst ihr originelles (tepräge als besondere Rassen. Als das Klima wieder wärmer wurde, rückten auch die Craspedosomen wieder in viele Gegenden ein, welche sie vorher nicht bewohnen konnten. Daher drängten die Westformen nach Norden und Osten, die Ostformen (die das Schwarzwaldgebiet in der letzten Kälteperiode wahrscheinlich ganz oder größtenteils verlassen hatten; nach Norden und Westen vor. Die Ostformen waren aber schon im Hinblick auf den Einfluß der den südlichen Donaunebenflüssen angehörenden Gletscher stärker verdrängt worden, daher sind sie wahrscheinlich in die Schwarz- waldgebiete später wieder eingerückt als die Westformen in die linksrheinischen Gebiete. Es muß nun eine nach der letzten Kälte- zeit, aber vor der jetzigen gemäßigten Zeit gelegene feuchte Periode gegeben haben, innerhalb welcher die oberrheinische Tiefebene wälderreich und nebelreich gewesen ist, so daß die ÖOraspedo- somen im Laufe der Zeiten, indem sie bis an die Ufer des insel- reichen und überschwemmungsreichen Rheines vordrangen, hin und wieder über die natürliche Schranke durch größere Schwimmassen getragen worden sind. Vom linken zum rechten Rheinufer müssen also bisweilen linksrheinische Formen verschlagen worden sein, und zwar wahrscheinlich zu einer Zeit, alsdie östlichen Rassen die oberrheinische Senke noch nicht erreicht hatten. Bald aber wurden die Verhältnisse diesem „Übersetzen“ ungünstiger und es kamen dann diese Verschlagenen bei ihrem Eindringen in ! Überraschend schnell bin ich im Herbst 1914 in die Lage gekommen, für ein Überschreiten des Rheines durch linksrheinische alemannicum-Rassen den direkten Beweis zu erbringen, indem ich das untere Schlüchttal vollkommen von diesen Linksrheinischen besetzt fand, und zwar von völlig unvermischten Formen, welche mit rechtsrheinischen alemannicum nicht in Berührung kamen, weil sie von simile-Rassen umgeben sind, also inselartig, d. h. isoliert auftreten. 2* Br ee den Schwarzwald von Westen schließlich in Berührung mit den in- zwischen weiter fortgewanderten Formen des Ostens. Im Schwarz- walde vermischten sich dann die Verschlagenen des Westens mit den eingerückten Formen des Ostens und erzeugten die neuen Varietäten, von denen wir bisher fünf kennen gelernt haben. Daß bei dieser Mischung die Eigen- schaften der östlichen Rassen überwiegen, folgt schon daraus, daß diese von Osten her viel leichteren Nachschub erhalten konnten, und tatsächlich sehen wir ja auch an allen Orten, wo in Anzahl Craspedosomen gefunden wurden, im Bereich des Schwarzwaldesneben den Mischungsvarietäten andere Individuen, welche Vertretertypischeröstlicher Varie- täten sind, so bei Wildbad und Nagold neben den Mischungs- varietäten var. bavaricum. Der Einfluß der Mischungen reicht nicht über die Schwarzwaldgegenden hinaus, denn sowohl im Jura (bei Balingen und Blaubeuren) als auch im innersten Württemberg (Stutt- gart-Cannstatt) beobachtete ich lediglich typische Varietäten des bavaricum und brevilobatum. Man könnte nun den Einwurf erheben, diese Varietäten, welche ich Mischungsvarietäten nenne, seien nicht durch Mischungen entstanden, sondern unter dem Einfluß lokaler Gebirgsverhältnisse, z. B. beeinflußt durch das Urgebirge. Daß eine solche Anschauung nicht stichhaltig sein kann, ergibt sich schon daraus, daß ich var. abnobium ebensowohl auf Granit als auch Buntsandstein und Muschelkalk gefunden habe. Ferner sind die typischen Varietäten des bavarıcum und brevilobatum durch ein weites Gebiet von Württemberg und Bayern (selbst bis Salzburg) verbreitet, ohne daß dort von Mischungsvarietäten etwas zu finden ıst. Endlich erwähne ich noch die Tatsache, daß ich im Bayrischen Wald auf Urgesteins- boden ebenfalls typische Varietäten beobachtet habe. Die Erklärung der fünf obigen Formen als Mischungsvarietäten steht also mit den tatsächlichen Vorkommnissen in bestem Einklang. Schließlich werfen wir noch einen Rückblick auf die Eigen- schaften der Mischungsvarietäten: var. abnobium zeigt im Podosternit die größte Ähnlichkeit mit hohbarrense, doch sind die Außenblätter höher und breiter als bei diesem; im übrigen unterscheidet sie sich von demselben durch die Muldenkante der Cheirite, welche nicht in Zahn und Läppchen abgesetzt ist, sondern mehrere kleine Zähnchen besitzt. ER er var. abnobium gehört noch entschieden zu brewilobatum, ihre hohen Außenblätter weisen jedoch auf einen Einfluß der links- rheinischen Rassen brevidentatum und alemanmicum (gen.), welche ähnliche breite Außenblätter besitzen. var. denticulatum ist, wie wir sahen, sonst mit bavarıcum am nächsten verwandt, weist aber auf das linksrheinische alsat:- cum durch die makrodaktylen vorderen Podosternitfortsätze, welche wir sonst bei bavaricum innerhalb Süddeutschlands nicht kennen. var. graniticolum gehört auch im übrigen zu bavarıcum, aber die Muldenkanten der Cheirite entsprechen denen der links- rheinischen Rassen. var. stlvaenigrae ist eine etwas veränderte Wiederholung von graniticolum. var. ctsrhenanum zeigt durch das Auftreten einer Median- kante, welche zwar etwas schwächer ıst als die von alemannicum (gen.) und von brevidentatum, dennoch die entschiedenste Beziehung zu diesen Rassen, da sonst eine Mediankante bei brevilobatum nicht vorkommt, außerdem aber das genannte Auf- treten von Zähnchen und Läppchen an der Muldenkante nach der- selben Richtung weist. C. Verzeichnis der im April 1914 im östlichen Schwarzwald und im obersten Donaugebiet festgestellten Diplopoden. I. Ascospermophora '. l. Microchordeuma voigtii VERH. (genuwinum), 2. = 0 calceivagum n. subsp., 3. Chordeuma silvestre Koch, 4. Orthochordeuma germanicum \VERH., 9. Craspedosoma alemannicum brevilobatum VeErn., 6. e 2 bavaricum \VERH. F- | vomrathti \VERH., 8. 5 swevicum Jurassicum n. subsp. ll. Polydesmoidea. 9. Polydesmus testaceus Koch, 10. E denticulatus Koch, ! Hinsichtlich der Ordnungen und Unterordnungen der Diplopoda ver- - weise ich auf mein 1910—1915 in 8 Lieferungen erschienenes Werk über „Diplo- poden Deutschlands“, Organisation. C. F, Winters Verlag, Leipzig. Bee ee 11. Polydesmus complanatus LATzkL, 12. Brachydesmus superus LATzeEı. III. Symphyognatha. 13. Tachypodoinlus albipes Koch, 14. Iulus ligulifer Larz. u. VERH. (genwinus), IS K claviger VERH. subsp., 16. Leptoiulus simplex glacialis VErn., 17. Brachyiulus untilineatus Koch, 18. Oylindroiulus londinensis Leacn., I. { nitidus VERH. (genuinus), 20. a 2 levis VERH. subsp., 21. Leptophyllum nanum LATZEL, 22. Nopoiulus sp. IV. Opisthandria. 23. Glomeris conspersa Koch (genuina), 24. N undulata Koch (VErH.) (genwina), 25. s hexasticha marcomannia VERH., 26. 2 2 bavarica VERH., a1, R pustulata LATREILLE, 28. x connexa Koch (LATzEr). V. Pselaphognatha. 29. Polyxenus lagurws aut. D. Bemerkungen zu den Diplopoden des Verzeichnisses. 1. Microchordeuma voigtii VErnH. (genuinum). Ursprüng- lich zuerst im Garten meiner Eltern in Bonn entdeckt, wohin sie durch Verschleppung gelangt ist, hat sich diese Art allmählich als im westlichen Mittel- und namentlich Süddeutschland weit verbreitet herausgestellt. Neuerdings konnte ich sie sogar aus dem Würmtal bei Pasing nachweisen, ferner aus den Sandsteinbrüchen von Staad bei Rorschach und der Nachbarschaft des Rheinfalls bei Schaff- hausen. — In der zweiten Hälfte des April 1914 fand ich ein sehr helles 9 bei Hohennagold, bei Wildbad auf Baumstümpfen mit welken Pflanzen in einer Waldlichtung 1d 32 (d 7!/g mm) (vergl. Abb. 8). Im Buschwald des Blautals bei Blaubeuren 19 19, beide grau- gelblich, d 7°/s mm, Gonopoden typisch gebaut. a a 2. Microchordeuma voigtii caleivagum n. subsp. In beiden Geschlechtern dunkler pigmentiert als die typische Form, nämlich grau, aber mit braunen Rückenflecken der Metazonite, so daß die hellen Flanken gegen den dunkleren Rücken abgesetzt sind. 7°/s—8!/3 mm, 9 9'/g mm lang. Die wesentlichste Eigentümlichkeit dieser Form besteht ın der Gestaltung der vorderen Nebengonopoden (Abb. 9). Dieselben sind bei den mitteleuropäischen Microchordeuma-Formen zu einem Podosternit umgewandelt, d. h. von den Gliedmaßen sind nur längliche und am Ende beborstete Coxite ausgebildet (Abb. 8), welche gegen ihr Sternit nur wenig abgesetzt und übrigens mit ıhm ver- wachsen sind. Diese Verhältnisse gelten auch für calceivagum (Abb. 9), dessen Sternit jederseits deutliche Stigmengruben besitzt, aber nur die Andeutung von Stigmen. Die Coxite der vorderen Nebengonopoden sind nicht nur länger und schmäler als bei der typischen Form, sondern sie sind vor allen Dingen am Ende in einen abgerundeten, schwach pigmentierten Lappen ausgezogen und die Borsten sitzen nicht auf dem Ende der Coxite, sondern am Innen- ande, am Grunde «der Endlappen. Man könnte geneigt sein, in diesen Endlappen einen Überrest verschwundener Telopodite zu er- blicken, doch scheint mir Gestalt und Lage derselben dieser Auf- fassung nicht günstig zu sein. Die Gonopoden stimmen mit denen der typischen Form überein, jedoch fand ich die Höcker in der Mitte an den Seiten des hoch aufragenden Sternit der vorderen Gonopoden deutlicher ausgeprägt und daher merklicher vorragend. Vorkommen: Im Blautal bei Blaubeuren erbeutete ich Mitte Aprıl 23 32 im moosigen Geröll von neben Feldern gelegenen Ge- büschen. Vermutlich haben wir es hier mit einer Rasse des Weiß- juragebietes zu tun. 3. Chordeuma silvestre Koch. Obwohl diese sehr weit- verbreitete Art von mir sowohl auf Urgestein (z. B. am Titisee) als auch im Bereich der Sandsteine (z. B. Feuerbacher Steinbrüche) be- obachtet worden ist, sprechen meine Befunde doch dafür, daß sie die kalkreichen Gründe bevorzugt. Auch heuer ist sie mir im April bei Wildbad, Freudenstadt und Triberg (nebst Hornberg) nicht begegnet, während ich aus den Kalkformationen folgende Funde zu verzeichnen habe: Blaubeuren 2 29, 15.9 mit26 R. Im Laubwald des Donautales von Gutenstein (Sigmaringen) 1 d (15°/; mm) 19. Auch im Donautal-Laubwald unterhalb Sigmaringen 1 9. Bei Hohennagold 2 & von 16'/s und 17 mm mit Spermatophoren, eine Larve mit 26 R. 4. Orthochordeuma germanicum \ern. Im Gegensatz zu Ühordeuma ist Orth. germ. nicht kalkhold , vielmehr auf den verschiedensten Formationen anzutreffen, sofern nur die nötige Feuchtigkeit nebst Waldschutz vorhanden sind. In der zweiten Hälfte des April sammelte ich bei Blaubeuren 1 d mit Kappen- spermatophor, bei Gutenstein im Donautal 4 d 99, 1 Larve mit 28, 1 Larve mit 26 und 2 Larven mit 23 R. Wildbad 1 d 59. Freuden- stadt 5 d (davon 3 mit Kappenspermatophor) 6 ©, 1 Larve 26, 2 Larven 23 R. Triberger Wasserfall 2 d (eines mit Kappenspermato- phor) 8 9, 6 Larven 26 R. Altensteig 1 d mit Kappenspermatophor, l Larve 26 R. Hornberg im Nadelwald 1 9, 1 Larve 26 R. Während Uhordeuma entschieden von Laubholzpflanzen ab- hängig und daher in reinen Nadelbeständen mir niemals vorgekommen ist, habe ich Orthochordeuma in verschiedenen Gegenden ebenso- wohl in Laub- als auch Nadelwaldungen angetroffen, wo es sich gern in Moospolstern aufhält. Daß trotzdem Orthochordeuma nicht an so hohen Plätzen gefunden wird wie Chordeuma (welches ich z. B. in der Innschlucht bei St. Moritz im Engadin noch bei ca. 1750 m angetroffen habe), geht einfach daraus hervor, daß Orthochordeuma durch die Rheintalstrecke Basel—Bodensee eine Schranke gesetzt worden ist und weiterhin durch die schwäbisch-bayrische Hochebene, so daß es die Alpen nicht erreichen konnte. Von den Spermatophoren der Gattungen Chordeuma und Orthochordeuma wird weiterhin noch die Rede sein. Die Cras- pedosomen sind schon oben besprochen worden, so daß ich sie hier nur noch namhaft mache: 5. Craspedosoma suevicum jurassicum n. subsp. Gutenstein. 6b. Craspedosoma vomrathi \ern. var. zollerianum n. var. Gutenstein. 7. Craspedosoma alemannicum brevilobatum \VERH. var. brevilobatum VerH. Blaubeuren. var. abnobium n. var. Triberg, Wildbad, Nagold. var. cisrhenanum n. var. Wildbad (brevidentatum). 8. Craspedosoma alemannicum bavaricum \VERH. var. bavaricum Vern. Blaubeuren, Wildbad, Nagold. var. denticulatum BıcLer, Nagold. var. silvaenigrae n. var. Wildbad. 9. Polydesmus testaceus Koch (= subinteger LATzer). Blaubeuren 15. IV. 14 am Waldrande unter Kalksteinen 2 d 3 9, GR d 17!/g mm lang, stimmt in den Gonopoden überein mit den links- rheinischen Tieren Deutschlands. 2 9 fand ich 8. X. 10 unter Steinen bei Rottweil. Ins Innere von Waldungen dringt diese Art überhaupt nicht, sie liebt offene, steinige Plätze und wird durch ihr Wärmebedürfnis auch am Eindringen in die höheren Gebiete des Schwarzwaldes verhindert. Dazu kommt außerdem der Umstand, daß sie als ausgesprochen kalkhold bezeichnet werden muß. Vom östlichen Schwarzwald her ist festaceus dem Jura entlang gezogen und entweder von diesem oder vom Main aus ins fränkische Muschelkalkgebiet gelangt. Zwischen dem Auftreten im Rheintal (westlich) und dem in Jura und Franken (östlich) befindet sich nun ein weites inselartiges Areal, welches von festaceus freigeblieben ist. Am Östrand des Schwarzwaldes hat er sich im Muschelkalkgebiet bis Rottweil vorgeschoben, aber bei Nagold habe ich ihn vermißt und ganz besonders auffallend ist sein Fehlen in der Gegend von Stuttgart-Öannstatt, sowohl auf Sandstein als auch Muschelkalk, obwohl ich hier doch ziemlich gründlich gesammelt habe. Die kalkholde Natur des testaceus verhindert übrigens nicht, daß er an besonders günstigen Stellen auch auf Sandstein lebt; so habe ich ihn bereits 1892 (vergl. Berlin. entomol. Zeitschr.) in Sandstein- brüchen, welche sonnig und feucht zugleich waren, oberhalb Heidel- berg häufig nachgewiesen. Die scharfe Trennung von testaceus und helveticus durch die Basel—Bodenseelinie habe ich schon früher nachgewiesen und wurde sie durch BisLER bestätigt. Recht interessant ist aber die Tatsache, daß ich im September 1912 an den Abhängen des Pfänders bei Bregenz ein d des helveticus VERH. nachgewiesen habe, womit der einzige Punkt bekannt geworden ist, an welchem sich dieser Polydesmus über den schweizerischen Rhein hinaus nach Nordosten vorgeschoben hat. 10. Polydesmus denticulatus Koch. In der zweiten Hälfte des April fand ich diese weitverbreitete Art bei Wildbad im Laub- wald, 2d; Larven mit 19R., 2d 19 mit 18R., 19 (d 13°/s mm). Am Triberger Wasserfall 1 d 1 9, Larve mit 19 R., 1 d. Bei Freuden- stadt 1 9 16 mm. 11. Polydesmus complanatus Larz.(VeErn.). Unter morschen Hölzern zwischen Granitblöcken fand ich diese bekannteste Art nur am 22.1V. bei Wildbad, 1 d 19 mm. 1 9 20 mm. Wiederholt schon habe ich darauf hingewiesen, daß illyricus VeRH. als der östliche Vertreter des complanatus zu gelten hat. . De Dagegen ist noch nicht die merkwürdige Erscheinung besprochen worden, daß sich zwischen dem complanatus- und illyricus- Arealwenigstens inSüddeutschland ein großes Gebiet vorfindet, welches von keiner der beiden Arten besie- delt worden ist. Der Jahrtausende währende Marsch des complanatus von Westen nach Osten und des illy- ricus von Osten nach Westen hat sich infolge der schwachen Verbreitungsmittel und der vielen natürlichen Widerstände so langsam vollzogen, daß beide Arten auch heute noch weit ausein- ander geblieben sind. Als östliche Posten des complanatus nenne ich: Heidelberg, Schlierbach, Wildbad, Rottweil, Freiburg, Kaiserstuhl, Wehr, Lörrach, Pratteln, Rheinfall, Mainau und Hohentwiel. Als westliche Posten des illyrıcus dagegen habe ich nach- gewiesen: Bayrischer Wald, Walhalla bei Regensburg, Passau, Gmundener See, Oberbayern, und zwar Mittenwald, Partenkirchen, Kufstein, Tölz, Walchensee, Kochel. Schon in das Alpenvorland geht illyrıcus, der ein entschiedenes Waldtier ist, nicht herab, selbst ım Isartal oberhalb München, im Würmtal zwischen Pasing und Starnberg und im Ampertal bei Bruck konnte ich tllyrıewus nicht auffinden, obwohl sich dort schöne Talwaldungen genug vorfinden. Im mittleren Süddeutschland ist also in den weiten Gebieten zwischen Rottweil und Regensburg trotz zahlreicher von mir unternommener Exkursionen weder complanatus noch illy- ricus aufgefunden worden. Anders liegen die Verhältnisse in Mitteldeutschland: Aus dem Elbsandsteingebirge habe ich e!!yriceus nachgewiesen (Rasse fluvia- tılıs), von Gotha dagegen ist mir complanatus bekannt geworden. Auch beı Jena soll diese Art noch vorkommen, doch bedarf diese Angabe noch der Bestätigung. Immerhin ist damit zu rechnen, daß in Thüringen oder dem westlichen Sachsen beide Arten zur Annähe- rung oder gar Berührung gekommen sind. Vielleicht hat ellyrıcus, welcher sonst aus den Gebirgen rings um Böhmen bekannt geworden ist, auch schon das Fichtelgebirge besetzt. Die Tatsache aber, daß complanatus bis nach Thüringen gewandert ist, bezeugt schon, wie viel weiter er in Mitteldeutschland gelangt ist als in Süddeutsch- land. Ob es auch in den Nordalpen ein Zwischengebiet ohne die beiden Arten gibt, ist zurzeit noch nicht sichergestellt. Daß in den Alpenländern (und zwar hauptsächlich im Salz- kammergut) der Polydesmus monticolus vallicolus VERH. in das a Apr große Areal des illyricus eingeschoben ist, besprach ich bereits ım Dezember 1913 in No. 3 des Zoolog. Anzeigers S. 109 im 66. Diplo- poden-Aufsatz. 12. Brachydesmus superus Latzeu fand ich nur an einem Waldrand bei Blaubeuren 15. IV. 14 unter Kalksteinen, 1 d und 1 Larve mit 18 R. In bezug auf Wärmebedürfnis schließt sich diese Form an Polydesmns testaceus an, durch ihre Kleinheit sowie Unabhängigkeit von Gestein und Bewaldung wurde sie befähigt zum Gartentier. Tatsächlich ist sie durch die gärtnerischen Betriebe so verschleppt, daß sie vielleicht schon in allen Hauptgebieten Deutsch- lands vorkommt, soweit dieselben nicht ein rauhes Klima haben. Im Innern zusammenhängender Waldkomplexe ist mir superus niemals vorgekommen. 12. Tachypodoiulus albipes Koch. Im westlichen Deutsch- land ist dieser Iulide bekanntlich einer der verbreitetsten und häufigsten Diplopoden, den ich auch im April 1914 überall feststellen konnte, also bei Blaubeuren, Sigmaringen, Gutenstein, Freudenstadt, Nagold, Altensteig, Calw und Wildbad. Nur am Triberger Wasserfall vermißte ich ıhn. Um die interessante Beziehung zwischen Klima einerseits und Segment- und Ringzahl anderer- seits, welche ich schon ın früheren Aufsätzen, namentlich dem 39. dargelegt habe und welche auch BisLer durch seine Beobachtungen bestätigen konnte, für Württemberg und den Schwarzwald hervor- treten zu lassen, gebe ich eine vergleichende Übersicht der ent- wickelten Männchen nach meinen Exkursionen im inneren Württem- berg und im Schwarzwald nebst oberstem Donaugebiet. a) Feuerbacher Steinbrüche und Wald bei Hofen, 220—300 m. & 20!/s mm, 69 Beinpaare, 3 beinlose Endringe, \ Beate ....’69 R 4 # & 212 „69 T aayule 22... 69 a 4 A . re) DE { a en | e Ks : Se! . 3 ‚ ni dd der Re £ 3 ? £ , forma typica alla sgrirhäl 1 4 & ß 19—25 mm lang a r 3 g 24 vr. .608 . 4 Er aa. „vide 4 ? Dil. 7,98 : 4 2 d 22 SE: s b) B d 25 75 3 2 . R ) Er a d 29 mm, 85 Beinpaare, 2 beinlose Endringe, d 30° „88 n nie „ (durch Aufzucht aus Sch.-Z erzogen!) d 33 mm, 85 Beinpaare, 2 beinlose Endringe b) Aus Buchenwaldschlucht bei Wildpark, 380—420 m. Forma typica fehlt! dd der forma elongata 29—33 mm lang d 25 mm, 77 Beinpaare, 4 beinlose Endringe, hr Pe ” u; der ON SaNa en ARTE) I 2 - ei forma elongata d 32 Bleziaton| j 2 » 1 } 25—32'/jse mm lang 8 361» mm, 89 Beinpaare, 2 beinlose Endringe, forma elongatissima. Ein Schalt-3 wurde in den Feuerbacher Steinbrüchen von mir überhaupt nicht beobachtet. Das einzige Schalt-S aus dem Walde bei Hofen besaß bei 30 mm 79 Beinpaare. Da es durch Aufzucht das obige d mit 83 Beinpaaren ergab, erfolgte somit durch die letzte Häutungsperiode eine Zunahme von vier Beinpaaren. Von Mitte März bis Anfang August sah ich dieses Schalt-d als solches. Am 22. VIII. 14 hatte es sich zum Groß-d , entwickelt. Im Gegensatz zu den Befunden bei Feuerbach und Hofen habe ich bei Wildpark, trotz viel kürzerer Beobachtung, die folgenden vier Schaltmännchen gefunden, und zwar alle im März: Sch.-“ 30 mm, 79 Beinpaare, 2 beinlose Endringe, 3 30.005 719 . 2 & s\ b) 25 n 19 ” 3 ” ” 28?/s ” 81 a 3 z x Nehmen wir an, daß diese Schaltmännchen alle beim Übergang zum Groß-d vier Beinpaare mehr erhielten (wie bei meinem Zucht- versuch), dann gehören dieselben mithin alle zur forma elongata. Das Vorkommen der f. elongatissima in der Nachbarschaft von Stuttgart (Wildpark) darf als eine Seltenheit bezeichnet werden. o) Schwarzwald und oberste Donau, 450—640 m. Nagold . A m, E 22 mm, "1 Beinpaare, 3 beinlose Beulas Fr ”- Altensteie" . . As 2a ® An le es Calw. -@ su. ABB Dee * De |» Sigmaringen: '. . 570, au, a " DIENEN Bi ES Blaubeuren). . .v530,, 23775, 18 , 3 BIS Freudenstadt 600—640 „ 4 24 „ 73 er Be 3 P 3 Freudenstadt 600-640 m, d 27 mm, 77 Beinpaare, 3 beinlose Kndringe, Fun RL. e Napoldı-....irn. 5.420 a0 80, 2.7208 “ N a 5 Altensteig 4 450. ob oe 3 r T» Navdld 97,77... 470, 22 Fee 2 Br w 2 Gutenstein ".! +6007, a er $ 2 8:3 Nagold’, Dear ee ae Sat! h 38 Du 470, Sur DI. ; a ala % IK I ! - 20 Calw. . 450 m, d 33'/amm, 87 Beinpaare, 2 beinlose Endringe, | & Altensteig ARD a R EB PR ® Lö Nagold. . #0. 82 Br Ber “ ER Altensteig ADB ,, 89 m 2 Rai Blaubeuren 530 m, Sch.-Z 27!/s mm, 81 B., 2 beinl. Endr., | ER bo Gutenstein 600 „ m, 282/s 81.2 2 5 BS R : f. elongata, \®5 Blaubeuren 530 „ eng a - ) 1: = j j c ibt f. el -I1=5 a an a 2 a ne | 2 Es wurden mithin beobachtet: I. im mittleren Württemberg bei 220—420 m, mit 69 Beinpaaren: 4 Stück I] mit 77 Beinpaaren: 1 Stück „ 1 „ 6 15 „ 19 „ 1 ) „ 73 „ 4 „ „ 81 2) 1 9” 6 Fe n 1 83 # 21.08 „7:85 FE mit 87 Beinpaaren: 0 Stück „ 89 r) 1 E lI. im Schwarzwald und an der obersten Donau, 450—640 m, mit 69 Beinpaaren: 0 Stück!) mit 77 Beinpaaren: 1 Stück ae 4, Aal), 6 ee er ZT, 4923 h us warst r dr 7 Rs Date u 1 | I 85 IB) 2 mit 87 Beinpaaren: 3 Stück 4 R) 839 B) 1 ” Gemeinsame Übersicht der Individuen unter I und II: mit 69 Beinpaaren: 4 Stück \ mit 77 Beinpaaren: 2 Stück Ba he an u . “21 is 4; 6 | . si ie 2 = 75 5 Er 83 R u, 85 n u mit 87 Beinpaaren: 3 Stück \ f „ 89 „ 2 J x r Die Übersichten lehren uns folgendes: l. Treten in den kühleren und höher gelegenen Gebieten Schaltmännchen in viel größerer Zahl auf als in den wärmeren und tiefer gelegenen. 2. Während in den tieferen Gebieten Mittelwürttembergs die forma typica ungefähr zwei Drittel der Individuen ausmacht, erreicht sie in den angegebenen Gebieten des Schwarzwaldes und der obersten Donau nur noch etwa ein Drittel derselben. 3. Die forma elongatissima ıst in den tieferen Gebieten Mittelwürttembergs eine Seltenheit, da sie noch nicht den 20. Teil der Individuenzahl ausmacht. In den höheren Regionen von Schwarz- wald und oberster Donau dagegen bildet sie fast ein Viertel der Individuenmenge. Wem die hier angegebenen Individuenzahlen gering erscheinen sollten, der sei daran erinnert, daß alle aus andern Ländern vor- liegenden Individuenreihen des Tachypodoiulus albipes ähnliche Zusammenhänge ergeben haben und daß alle Serien zusammen be- reits über Hunderte von Individuen Auskunft geben. Im übrigen ist zu bedenken, daß das Sammeln von Diplopoden ein mühevolles ist und daß nur sehr selten solche Individuenmengen angetroffen werden wie bei vielen Insekten, Crustaceen oder Mollusken. Daß zwischen den Individuen der forma typica und forma elongata statistisch eine gewisse Kluft besteht, habe ich schon 1900 in No. 605 des Zoolog. Anzeigers in dem Aufsatz „Über Doppel- männchen“ dargelegt auf Grund der rheinpreußischen Individuen. Bei den Tieren aus Württemberg kommt aber diese Kluft deutlicher zum Ausdruck und die obige gemeinsame Übersicht zeigt das darin, daß ein Männchen mit 75 Beinpaaren in den tieferen Gebieten nur einmal, in den höheren aber überhaupt nicht gefunden wurde. Wichtiger als dies ist jedoch der Umstand, daß in Württem- berg, soweit die forma elongata ın Betracht kommt, alle Schalt- männchen 79 und 81 Beinpaare aufweisen, während ich aus Rhein- preußen solche mit 73, 75, 77, 79 und 81 Beinpaaren erwiesen habe, wobei 77 Beinpaare die häufigste Zahl vorstellen. Da sich nun meine rheinpreußischen Befunde auf die warmen Gebiete des Sieben- gebirges und der Oberkasseler Steinbrüche beziehen, also in Höhen von etwa 100 bis höchstens 330 m, meistens aber zwischen 100 und 200 m Höhe liegen, so darf der Schluß gezogen werden, daß die durchschnittlich höhere Beinpaarzahl der Schaltmännchen Württembergs ım Vergleich mit denen der Schalt- männchen der warmen Plätze bei Bonn und im Sieben- gebirge auf die höhere Lage, die größere Feuchtigkeit und geringere Wärme zurückgeführt werden kann, wo- bei die länger anhaltende Feuchtigkeit eine bessere Ernährung gewährleistet. Diese Beziehungen zwischen Segmentation und Klima gelten für ganz bestimmte Diplopoden-Arten, haben jedoch durchaus keine allgemeine Gültigkeit, zumal die „historische“ Vergangenheit De ı = und die natürlichen Ansprüche der einzelnen Arten höchst ver- schieden sind (vergl. unten J/ulus ligulifer claviger). 14. Iulus ligulifer Larz. u. VERH. (genuwinus). Blaubeuren 6 9, mehr oder weniger braunrückig, größtes 38 mm, mit 99 Bein- paaren und 2 beinlosen Endringen. 5 d von 23!/e—25'/s mm, 83, 87, 89 Beinpaare. J. d 12°/s mm, mit 63 Beinpaaren, 6 bein- losen Endringen, j. d 21 mm, mit 81 Beinpaaren, 3 beinlosen End- ringen, an den Hüften des 2. Beinpaares schon mit kurzen inneren Fortsätzen. Gutenstein im Donautal 1 d (23'/iz mm) 49 2). 9. Wildbad im Laubwald 6 d 2.3 295). 9; ]J. d 20 mm, 85 Beinp., 4 beinl. Endr., kleinstes d 23!/e mm, 81 Beinp., 3 beinl. Endr. Freudenstadt 3 @ 2 j. d, größtes 9 29!/z mm, j. d 17 mm, 71 Beinp., 5 beinl. Endr. Hohennagold 3 9, 5 Larven von 4'/a—9 mm. Altensteig 2 9, davon eines dunkelgelbbraun mit 3 schwarzen Längs- streifen. 15. JZulus ligulifer celaviger m. Die im 39. Aufsatz 1910 S. 352 beschriebene var. claviger VERH. vereinige ich nunmehr gemeinsam mit der var. silvaenigraem. zu einer Rasse claviger, welche nach den bisherigen Erfahrungen als Charakterform des alemannischen Gaues zu gelten hat. var. clavıger VERH. ı var. silvaenigraen. var. Femora des 2. Beinpaares des d | Femora des 2. Beinpaares des d innen mit ausgehöhlter Grube, | innen ohne Aushöhlung. d 20 bis d 22 mm mit 85 Beinpaaren. | 21 mm mit 77 und 79 Beinpaaren. Die Rasse claviger (d. h. also beide Varietäten gemeinsam) sind ausgezeichnet durch die Keulen der Löffelfortsätze an den Hüften des 2. Beinpaares des d, indem sie von hinten her betrachtet breiter sind als die Grundteile derselben. Außerdem fand ich die Weibchen wenigstens von silvaenigrae auffallend tiefschwarz an Rücken und Flanken, während sie beim typischen ligulifer am Rücken oder wenigstens in den Flanken mehr oder weniger auf- gehellt sind. Die Keulen sind bei var. elaviger besonders stark, ' überhaupt die ganzen Fortsätze sehr kräftig, weniger auffallend bei var. Silvaenigrae, wo jedoch die Keulen etwas nach außen ge- bogen sind und durch tiefe Bucht stärker gegen den Schaft abgesetzt. var. silvaenigrae ist übrigens von ligulifer (gen.) auch durch die der geringen Größe entsprechende niedrige Beinpaarzahl unter- schieden, indem die typische Rasse wenigstens 83, meistens aber 85 und 87 Beinpaare des d besitzt. zur, BB u var. claviger kenne ich bisher nur aus einem Steinbruch bei Wehr. DBieLer fand sie in einem d von 21 mm und 85 Beinp. im Oberprechtal des Schwarzwaldes. var. silvaenigrae fand ich am Triberger Wasserfall: 1d 39, letztere alle ganz schwarz, das größte 23 mm mit 91 Beinp., 2 beinl. Endr., d 21 mm, 79 Beinp., 4 beinl. Endr. Lamellae linguales mit 1+1-+6-—8 Borsten. Freudenstadt 1 d 20 mm, 77 Beinp., 3 beinl. Endr. Lam. linguales mit 1+1-+3—4 Borsten. Iulus ligulifer ist also in drei Rassen geteilt: a) den Zigulifer (gen.), welcher in Mittel- und Süddeutsch- land und den Nordalpen weit verbreitet ist, b) den claviger, welcher dem alemannischen Gau angehört, und c) den borussorum, welcher eine nordische Form vorstellt. Bisher wies ich diese Rasse aus Brandenburg und Pommern nach. Durch Herrn Eruinssen erhielt ich sie aus der Gegend von Kragerö in Norwegen, und zwar ein d der var. balticus VerH. mit 89 Bein- paaren, dessen Femora am 2. Beinpaar ausgehöhlte Gruben besitzen. Lam. linguales mit 1+2+5-—7 Borsten. Die Löffelfortsätze des 2. Beinpaares stimmen vollkommen mit denen der Norddeutschen überein. Nach den Funden bei Freudenstadt und Triberg, also in Höhen von 640—840 m, kann die var. silvaenigrae betrachtet werden als eine durch Gebirgsklima verkleinerte Form. Diese von verschiedenen anderen Iuliden bekannte Erscheinung ist mithin der besprochenen des Tachypodoiulus albipes gerade entgegen- gesetzt. 16. Leptoiulus simplex glacialis VERH. wurde fast überall nachgewiesen. Blaubeuren 1 2 27 mm, 95 Beinp., 3 beinl. Endr., dazu mehrere junge Männchen. Gutenstein im Donautal 2 d 24 und 26 mm, 89 und 93 Beinp., 9 j.d, j. d 16 mm, 75 Beinp., 5 Endr., j. d 19'/s mm, 83 Beinp., 4 Endr., 29,117. 9. Wildbad in Schlucht mit Laubwald und Sandsteinmauern 4 d 2913.39 14 mm, 17.9 9 mm, d 23'/a mm, 91 Beinp. Freudenstadt 39 1.929379, 4 Larven, 8'!»—10!/je mm, d 26'/» mm, 89 Beinp., 3 Endr., j. d 16'/2 mm, 75 Beinp., 6 Endr. Hohennagold 1 d 26'/2 mm, 91 Beinp., 6 Endr., 2 j. d 18 und 23 mm, 109 37.9. Altensteig 2 d 25 mm, unter Hölzern. Freudenstadt unter Steinen im Nadelwald 2 4 23!/a mm, 2 Larven 6 mm. Die letzte Entwicklungsstufe der Männchen ist vor derjenigen des ligulifer unschwer daran zu erkennen, daß den Hüften des 2. Beinpaares noch keine deutlichen Fortsätze zukommen. - 3 — 17. Brachyiulus unilineatus Koch fand ich nur bei Blau- beuren an einem Waldrand, und zwar 1 j. d 22 mm, 75 Beinp., 3 beinl. Endr., an sonniger Stelle unter morschem Holz. Daß diese Art dem Schwarzwald fehlt, ist zweifellos. Ob sie das Gebiet von Sigmaringen noch erreicht hat, bleibt zweifelhaft. 18. Oylindroiulus londinmensis Lach. ist eine Freiland- form, welche ich im höheren Schwarzwald nicht beobachtete. Blaubeuren am Waldrand unter Hölzern 2 d 24 mm, 71 Beinp., 3 Endr. Gutenstein im Donautal 1 9, Wildbad unter Hölzern an Wiesenpfaden und Straßen 2 2 4 j. 2 d, 23'/2 mm, 69 Beinp., 3 Endr. 19. Oylindroiulus nitidus Vera. (genuinus). Im ganzen besprochenen Gebiet ist diese Form mehr oder weniger häufig, und zwar in den Varietäten medius und nitidus Vern. Nur bei Nagold fand ich ein einziges d der var. fagı. Blaubeuren 29 17.9 2 cd, 19'/j;—20 mm, 93 Beinp., 2 Endr. Gutenstein 7 d 17 9 und ]. 9, var. medius: 3 14/2, 16%/s,18'/e mm, 83, 83,91 Beinp., 3—4 Endr., var. nitidus: d 231/2 mm, 101 Beinp., 2 Endr. (größtes d). Sigmaringen 1 9 2 d, 16 und 18!/s mm. Wildbad, Laubwald 3369357. 98, d 17—18 mm. Freudenstadt 10 d 14 9 3 j. 9, größtes Q mit vielen Eiern 28!/2 mm, 103 Beinp., 2 Endr. größtes d 20'/z mm, 99 Beinp., 2 Endr. var. nitidus, kleinstes d 16; „ 85 „ Halle, »avatnmedius. Bei Hornberg im Nadelwald nur 1 d 17 mm. Triberger Wasserfall in Fagus- und Acer-Laub 3d 29 17.9, d 19—20 mm, 91 und 93 Beinp., 2 Endr. var. medius. Hohennagold 92 17.9 7, 3 (größtes) 25!/s mm, 105 Beinp., 2 E. var. fagi! & (nächstgrößtes) 211; „ 9° „ 2 ,„ var. nitidus (38), d (kleinstes) 18% 5,14 834 "5 dan) wirt middies (308). Dieser Iulide ıst ein Laub- und Laubhumus-Zerwühler und dementsprechend im Nadel-Schwarzwald schlecht gestellt. Bei ‘ Freudenstadt suchte ich ıhn längere Zeit vergeblich. Erst an Wald- rändern, wo sich Farngruppen und einzelne Gebüsche neben auf- geschichteten Sandsteinmauern vorfinden, ist ihm ein ausreichender Tisch gedeckt. Daß sich jedoch auch dann keine var. fagi vor- findet, welche reichliche Laublagen fordert, ist nicht erstaunlich. 20. C. nitidus levis Veru. Zwischen nitidus (gen.) und levis besteht ein entschieden größerer Abstand als zwischen den Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915, 3 u. Varietäten des ersteren, daher habe ich nunmehr levis als besondere Rasse aufgefaßt. Die Eigentümlichkeit des levis kommt neben seinen morpho- logischen Merkmalen auch in Verbreitung und Lebensweise zum Ausdruck. | Die Verbreitung des levis ist im Vergleich mit der des echten nitidus eine viel beschränktere; aber auch hinsichtlich der Aufenthaltsorte stellt levis ausgesprochenere Anforderungen, indem er ausschließlich in den tiefen Laubschichten oder dem Humus unter denselben angetroffen wird. Zwar sind tiefe Laubschichten auch von nitidus (gen.) bevorzugt, aber nicht mit Ausschließlichkeit, vielmehr kann man di9se Rasse auch an zahlreichen Orten ohne Laublagen antreffen, so z. B. unter Moos, morschen Hölzern, dichten Rasenstücken, die var. medıius habe ich sogar wiederholt in Oberbayern bei Pasing in freiem Feld- gelände unter Steinen, Rasen oder Pflanzenabfällen gefunden, wieder- holt auch in meinem Garten. Dagegen ist mir levis unter diesen Umständen nie begegnet, ebensowenig allerdings auch die var. fagt. Von früheren Funden des nitidus levis seien genannt: Anfang Oktober am Schönberg bei Freiburg 10 d 34 2 und J- 99—dd 14!1/s—14?®3 mm mit 73 und 75 Beinp. und 5 oder 6 bein- losen Endr. 10. X. auf dem Hohentwiel 3 d 2 j.d 29 3). 9, alle sehr hell, die Drüsenflecke fehlend oder nur an einem Teil der Ringe blaß angedeutet. dd 13'/s—14'/2 mm mit 77 und 79 Beinp., 5 Endr. 29. IX. am Titisee 1 d 14?/; mm mit 75 Beinp., 5 Endtr. Diese Fundorte: Schönberg 630 m, Hohentwiel 680 m, Titi- see 860 m, bezeugen recht hohe Vorkommnisse, denen gegenüber mir nur ein einziger tief gelegener Fundplatz vorgekommen ist, nämlich bei Cannstatt im Hofener Walde, also bei etwa 220 m Höhe. 15. II. unter Laub 24 49 17.d; dd 12'/s--14 mm, 73 und 77 Beinp., 5 beinl. Endr. SIGLER erwähnt den levıs aus der Umgebung Basels, nennt aber keine besonderen Plätze; er sagt nur, daß von den Individuen „weitaus die Majorität auf die Varietäten medius und nitidus fällt“. Heuer im April beobachtete ich den levis nur am Triberger Wasserfall zwischen Granitblöcken im tiefen Laub, nämlich 2 d17.d 39; dd 12—12'/, mm mit 71 und 73 Beinp., 5 beinl. Endr. sind die kleinsten bisher beobachteten und bedeuten bei 870 m gleich- zeitig das höchste bisherige Vorkommen. Aufs schärfste — 5 — stechen diese kleinen levis (deren größtes 9 16°/s mm erreicht) von den am gleichen Platze gesammelten nitidus (gen.) ab! (Vergl. oben.) ' Die Kleinheit des lev?s, seine verborgene Lebensweise, sein Auftreten vorwiegend im höheren Mittelgebirge sind Erscheinungen, welche ich mir im Zusammenhang mit dem abweichenden Verhalten des sonst höchst nahestehenden nitidus (gen.) so erkläre, daß in den Kälteperioden levis auch an Orten mit hartem Klima im Humuseingewühlt dieseüberstanden, aber mit Verminderung der Ring- und Beinpaarzahl an die dürftigen Ernährungs- verhältnisse sich angepaßt hat. Die echten nitidus- Varietäten da- gegen sind wahrscheinlich erst nach den Kältezeiten wieder ein- gewandert, am spätesten var. fagi. 21. Leptophyllum nanım Larzer. Blaubeuren 1 9 14 mm, 1j. d 8 mm. Gutenstein, Donautal 19. Wildbad im Laubwald 3 9 1 j. 2. Freudenstadt 1 d 10 mm, 77 Beinp., var. pusillum. Hohen- nagold 1 4109, d 12'/s mm, 85 Beinp., 4 Endr., var. nanum. 18. IV. am Triberger Wasserfall unter Laub gemein, 10 d 2.7, 37 9 und j. 2. d 12 mm, 81 Beinp., var. nanum. d 13!/ mm, 87 Beinp., 5 Endr. d 14’; mm (größtes), 89 Beinp., 3 Endr., var. nanum. |). d 8!ie mm. 22. Nopoiulus sp. Bei Triberg im Nadelwald eine Larve unter Borke. 23. Glomeris conspersa KocH. Blaubeuren zwischen Kalk- geröll in Laub und Genist, var. marmorata: 4549 2]. var. grisea: 3 d. Im Donautal oberhalb und unterhalb Sigmaringen im Laubwald, var. marmorata: 1j. 29, bis 18 mm. Wildbad im Laubwald 3 9 2 d (1 d ARufino). Hornberg im Nadelwald 1 d, var. marmorata. Hohennagold beide Varietäten 19 17 mm, 3 d 11—13!/;, mm und 5 jüngere Tiere. 24. Glomeris connexa Koch var. alpina Latrz. VERH. Im Gegensatz zu conspersa, welche ich gerade bei Triberg ver- mißte, habe ich am Triberger Wasserfall diese Art zwischen Laub, Genist und Farnen im Granitgeröll angetroffen: ‘ In meinen Beitr. z. mitteleurop. Diplopoden-Fauna, Berliner entomol. Zeitschr. 1891, H. I, S. 150, beschrieb ich zuerst eine var. levis des nitidus. Streng genommen entspricht das betr. Tier, wahrscheinlich aus dem Siebengebirge, nämlich ein Z von 13 mm mit 81 Beinp. und 4 Endr. nicht dem levis im Sinne meines 39. Aufsatzes, sondern stellt ein extrem kleines Ö der var. medius vor. 3*+ 6 d 8—8°/; mm, 72 9—11 mm. Die Collumflecke sind mehr oder weniger deutlich ausgeprägt. Starke Melanierungen, wie ich sie aus den Sudeten in mehreren Abstufungen beschrieben habe, sind mir aus dem Schwarzwald nicht bekannt geworden. 25. Glomeris pustulata var. proximata Kocn. Hohen- nagold nach vorhergegangenem, trockenen Ostwind, unter ganz trockenem Rindenstück 1d 29. 26. Glomeris hexasticha marcomannia \ERH. var. boleti. Nur 1 d von 10 mm, bei Blaubeuren in gemischtem Walde. 27. Glomeris hexasticha bavarica VERA. var. hungarica. Freudenstadt 1 9 zwischen Farnen. Nagold unter Moos 1 9 15 mm. Am Triberger Wasserfall zwischen Laub und Farnen in Gesellschaft der connexa: 3d 8'/»—9!/: mm, 59 11—12 mm. Präanalschild des @ in der Mitte von oben gesehen abgestutzt, auch ist (analog dem d) vor dem Hinterrand bisweilen die Andeutung einer Qnerfurche sichtbar. Bei allen Stücken ist die helle Fleckenreihe IV breit und sehr deutlich an allen Tergiten ausgeprägt. var. septemseriata Vera. 1 | 8'/. mm vom Triberger Wasser- fall. Viel heller als die var. Aungarica, das dunkle Gebiet vor den dunkeln Flecken I—IIl des Brustschildes marmoriert. Das dunkle Gebiet in den Brustschildseiten ist gegen das helle vorn nicht erweitert. Die getrennten dunkeln Zipfel des Präanalschildes bleiben ein gut Stück vom Hinterrand entfernt. 28. Glomeris undulata (Koch), genuina VErn. var. irregularis Vera. Wildbad ım Laubwalde, 22. IV., zwischen Laub und Farnen 19 12 mm, 1 d 10 mm. Beide Stücke mit recht schmalen hellen Flecken IV. Am Prä- analschild drei durch helle Längsfelder getrennte dunkle Flecke, der mittlere breit und bis zum Hinterrand reichend, hinten halb so breit wie vorn. Helle Fleckenreihen Il und III groß, durchlaufend und ohne Sprenkelung. [Der breite mittlere Präanalschildfleck ist der hauptsächlichste Unterschied von var. wehrana, bei welcher er hinten recht schmal ausläuft.] var. sö{/vaenigrae n. var. 19 von 15 mm, bei Wildbad eben- falls im Laubwald zwischen Laub und Farnen. Bildet den Übergang von var. fischeri zu var. irregwularıs. Unterscheidet sich von irregularıs durch l. den Mangel der hellen Fleckenreihe IV, er 2. durch schwache Sprenkelung in den hellen Flecken I und III. Stimmt mit irregularis namentlich in dem breiten Präanal- schild-Mittelfleck überein, welcher durch breite helle Felder von den seitlichen dunkeln Flecken getrennt ist. Die hellen Fleckenreihen III laufen vollkommen durch, auch die hellen Flecken I sind sehr deut- lich abgesetzt. Der breite Präanalschildfleck ist nach hinten langsam verschmälert, die hellen Seitenfelder desselben sind fast ungesprenkelt. Mithin unterscheidet sich silvaenigrae von fischeri durch 1. die genannte Präanalschildzeichnung, 2. die größeren hellen Fleckenreihen I und III, welche nur schwach gesprenkelt sind. var. bigleri n. var. betrifft Individuen der undulata (gen.), welche das Extrem der Melanierung darstellen, d. h. noch eine weitere Stufe der Verdunkelung durch verschmelzendes Pigment als die 1911 in den Jahresheften Bd. 67, S. 117 von mir beschriebene var. confluxa aus der Gegend von Rottweil. Bei letzterer sind nämlich die hellen Flecken I noch teilweise erhalten geblieben, während bei bigleri alle hellen Fleckenreihen vollkommen erloschen, so daß die Tiere am Rücken ganz oder fast ganz kohlschwarz erscheinen. Ich habe von diesem Melanierungsextrem noch zwei Abstufungen aufgefunden, welche ich als Subvarietäten mit Buchstaben bezeichne: subvar. &: Im übrigen vollkommen schwarz, aber von $ unterschieden durch 1. einen graugelben Streifen am Brustschild jederseits vorn hinter dem schmalen hellen Randwulst, 2. durch breit aufgehellte Seitenlappen der 4. bis 10. Tergite. — Bei Wildbad fand ich im Laubwald 1 2 von 14'/» mm. subvar. $: Mit einfarbig schwarzem Rücken, an welchem auch die Teile der subvar. & verdunkelt worden sind. Brustschild mit OÖ+5—4 Furchen. — Bei Blaubeuren sammelte ich 1 d von 11°?/s mm unter einem Kalkstein am Waldrande. Von der @!. marginata unterscheidet sich die var. bigleri - unschwer a) durch die abweichenden Brustschildfurchen, b) den Mangel der breiten hellen Segmentränder, c) durch das Auftreten neben der var. fischeri. var. fischeri Vers. Wildbad 2 @ von 13 und 14 mm, die hellen Fleckenreihen III und die hellen Gebiete des Präanalschildes reichlich dunkel gesprenkelt. Hohennagold 19 15'/s mm. 2 d von Bee in. eh 1O mm sind sehr dunkel, so daß die helle Sprenkelung schon stark eingeengt ist und helle namhafte Flecken nicht mehr hervor- treten. Diese Tiere könnte man zu var. conjuncta Bicuer stellen, da sie zu confluxa überführen. Es dürfte sich jedoch empfehlen, die conjuncta ebenso wie lörrachiensis Vernu. einfach als Subvarietäten # und y von fischeri aufzuführen. — Blaubeuren am Waldrande unter Steinen: 2 9 15 und 17 mm, 2.92 und 13 12!/2 mm. 29. Polyxenus lagurus aut. 14. IV. 14 bei Blaubeuren unter der Borke eines morschen Stammes, an sonnigem Waldrand 69. E. Bemerkungen über das Fehlen geographisch wichtiger Iuliden-Arten im Schwarzwald. Eine Tiergeographie, welche zu einer überzeugend klaren Ein- sicht in die Verbreitung bestimmter Tierformen gelangen will, darf sich nicht mit, der Feststellung der Vorkommnisse begnügen, sondern sie muß auch die möglichste Sicherheit darüber gewinnen, daß und warum in einer bestimmten Gegend eine bestimmte Art nicht erwartet werden kann. Im Hinblick auf die klaren Zusammen- hänge der Diplopoden-Vorkommnisse wird man in wenigen Tier- gruppen das Fehlen gewisser Formen in bestimmten Gegenden so entschieden zum Ausdruck bringen können wie bei diesen. Im Zusammenhang mit einer großen Zahl anderweitiger Ex- kursionsergebnisse möchte ich hier auf die Ausbreitung einer Serie von IJuliden-Arten in Süddeutschland hinweisen, welche zu den geographischen Leitformen gehören, und möchte zeigen, daß das Fehlen derselben in den heuer von mir im April unter- suchten Gebieten des östlichen Schwarzwaldes und der obersten Donau nicht ein Zufall ist oder eine Folge mangelhafter Gelände- prüfung, sondern daß es als eine Konsequenz des tatsäch- lichen Areals und der natürlichen Ausbreitung dieser Formen betrachtet werden muß. 1. Oncoiulus foetidus Koch ist in Inner-Österreich ver- breitet und häufig. Dasselbe gilt für das Königreich Sachsen. Hier und da tritt er auch in Brandenburg und Pommern auf, an der Unterelbe bei Hamburg. In Bayern (östlich des Rheins) habe ich ıhn von zahlreichen Orten nachgewiesen, so aus der ÜUmgegend von München, Landshut a. Isar, Deggendorf, Beiereck und Passau, in der Mitte bei Kehlheim und Ingolstadt, westlich bei Solnhofen und we Nördlingen, sowie Gemünden und Heigenbrücken im Spessart, auch bei Aschaffenburg. Lryvıs fand ihn schon in seiner Heimat Rothen- burg. Südlich konnte ich ihn vom Pfänder bei Bregenz nachweisen. In Württemberg dagegen ist nur erst der Nordosten des Landes von foetidus besetzt', womit schon die östliche Anmarschlinie deutlich gemacht wird. Ich habe außer einem Stück von Creglingen a. Tauber (im Kgl. Naturalienkabinett in Stutt- gart) an eigenen Funden zu verzeichnen: zwei Stück aus einem Walde bei Hall im Kochertal und zwei Stück vom Winterberg beı Weikersheim im Taubertal. Schon diese spärlichen Funde stehen im auffallenden Gegensatz zu den vielen östlichen Plätzen, an welchen diese Art häufig oder sogar gemein ist. Im inneren Württemberg ist sie mir niemals vorgekommen. Eine gute Zugstraße war für foetidus das Maintal, daher hat er allein in dessen Bereich das Rheintal erreicht und ist bei Wiesbaden und Heidelberg (Schlierbach) vereinzelt gefunden. Niemals ist foetidus westlich des Rheines gesehen worden, und sein Fehlen in allen Teilen des mittleren und südlichen Schwarz- waldes entspricht somit den geschilderten Vorkommnissen. Da Oncoiulus foetidus in der Schweiz noch niemals ge- sehen worden ist, möchte ich hervorheben, daß er auch hier den äußersten Nordosten erreicht hat, wo ich am 24. VI. 1910 in den Steinbrüchen von Staad bei Rorschach zwei Stück auf- gefunden habe. 2. Brachyiulus projectus kochi \VERH. zeigt in Mittel- und Süddeutschland ein dem Oncoinlus recht ähnliches Auftreten, reicht aber über die Mittelgebirge nach Norden nicht hinaus. Er ist durch Schlesien, Sachsen, Thüringen, Böhmen, Innerösterreich und Oberbayern verbreitet, als seine westlichen Vorposten in Hessen kommen Marburg und Kassel in Betracht. Im mittleren Bayern habe ich ihn nachgewiesen von Passau, Bayrischem Wald (Beiereck), Walhalla, Kehlheim, Etterzhausen, Pappenheim und als letzter west- licher Station Harburg a. Wörnitz. Aus Württembergist derprojectusksochiüberhaupt nicht bekannt geworden. Nachdem ich jedoch in einem Busch- walde oberhalb Heidelberg (bei Schlierbach) ein Pärchen aufgefunden habe, kann mit seinem Auftreten im mittleren Maingebiet und den nordöstlichsten Bezirken Württembergs gerechnet werden. ‘ Vielleicht auch noch der äußerste Südosten, ee Für den mittleren und südlichen Schwarzwald kommt dieser Iulide ebenfalls nicht mehr in Betracht. Während kochi als Wald- und Buschholztier zu bezeichnen ist, tritt die folgende Art an offenen, meist steinigen Plätzen von häufig steppigem Charakter auf: 3. Brachyiulus unilineatus KocH bewohnt teilweise die- selben Länder wie der vorige, ist aber in Deutschland nicht so weit ausgebreitet. Aus Ostdeutschland kann ich nur Aussig und Rüders- dorf als Fundplätze nennen, während sich in Süddeutschland das Wandern donauaufwärts nicht verkennen läßt. Ich habe ihn in den Äckergebieten der Hochebene um München mehrfach gefunden, dann zahlreich bei Regensburg, Nördlingen und Eichstädt. Als west- lichster Vorposten in Bayern kommt wieder Harburg a. Wörnitz in Betracht und in Württemberg Aalen und Blaubeuren. Es scheint jedoch, daß er das Flußgebiet des Maines überhaupt nicht erreicht hat. In diesem sowohl als auch im inneren Württemberg gibt es ausgedehnte Gegenden, welche für unilineatus höchst geeignet wären; aber seine Wanderscharen haben diese Gebiete noch nicht erreicht. Der schwäbisch-fränkische Weißjura scheint in Süd- deutschland ein Optimum für diese Art darzustellen, da sie auf den sonnigen, kahlen Trümmerhalden oder schwach berasten steinigen Hängen besonders gut gedeiht. Um so merkwürdiger ist es, daß ich sie westlich von Harburg nur noch spärlich gefunden habe und ım Gebiet von Sigmaringen—Beuron überhaupt nicht mehr. Da auf dieser Strecke sich die Existenzverhältnisse nicht wesentlich ändern und auch sonst keine namhaften Schranken in Betracht kommen, so zeigt uns die heutige Westgrenze des unilineatus-im Bereich des Weißjura eine ganz zufällige, jeweilige Lage, außer wenn wir annehmen wollen, daß sich dieses Tier nicht nur an das Juragestein so gewöhnt hat, daß es ungern dasselbe verläßt, sondern auch eine weitere geringe Bodenerhebung und damit etwas geringeres Jahres- mittel nicht mehr verträgt. Die Plätze, an welchen untilineatus häufig vorkommt (bei Regensburg, Nördlingen, Eichstädt), sind näm- lich 345 —430 m hoch gelegen, Blaubeuren schon 530 m, während wir bei Sigmaringen—Beuron auf 570—620 m und mehr gelangen. Es sei auch daran erinnert, daß vumilineatus in den ungarischen Tiefebenen heimisch ist und überhaupt meines Wissens noch nie an so hohen Punkten wie Blaubeuren und die Umgebung Münchens gefunden wurde. 4. Ophiiulus fallax (Memerr). In den österreichischen Alpenländern reichlich vertreten, in der Schweiz dagegen allenthalben unbekannt, desgleichen niemals gefunden in Deutschland nördlich der Mainlinie. In Süddeutschland habe ich fallax ın Oberbayern, z. B. bei Bruck und Kochel nachgewiesen, im Karwendelgebirge bei 930—1200 m. Im Algäu traf ich ihn am Immenstadter Horn (850 m) bei Hohenschwangau (820 m) und andern Orten. Wenn auch fallax im Vergleich mit Leptoiulus simplex glacvalıs, der oft neben ihm anzutreffen ist, die wärmebedürftigere Form vorstellt, so ist er doch (wie die vorigen Höhendaten schon beweisen) im Vergleich mit Brachyiulus unilineatus ein Tier kühlerer Gebiete und zugleich ein Wald-Iulide. Im Bereich der Donau habe ich ihn festgestellt bei Passau, am Natternberg (bei Deggendorf), von Landshut a. Isar, Etterzhausen, Eichstädt, Pappenheim, Solnhofen. Als letzten west- lichen Vorposten habe ich wiederum Harburg a. Wörnitz aufzuführen. Nördlich der Donau ist fallax also außerhalb Bayerns und nördlich des schwäbisch-fränkischen Juras nicht bekannt geworden, insbesondere niemals in Württemberg gesehen worden. Konnte bei der vorigen Art als Grund für ıhr Verschwinden westlich von Blaubeuren die verminderte Durchschnittstemperatur geltend gemacht werden, so trifft dies bei fallax nicht mehr zu, da dieser in rauheren Gebieten leben kann, als an der obersten Donau und im Schwarzwald überhaupt vorkommen. Da nun für dieses kalkholde Tier auch sonst keine Schranke, insbesondere keine andere Bodenformation in Betracht gezogen werden kann, so muß es sich in der Tat mit seinen westlichsten Vorposten an einem zufälligen Platze befinden, d.h. an Stellen, welche lediglich durch die Schwierigkeit der Wanderschaft als solcher bestimmt werden, die aber in Zukunft zweifellos langsam weiter nach Westen verschoben werden. Von den vier vorgenannten östlichen Iuliden ist also foetidus mit seinen Vorposten bis in die Osthälfte des Mainzer Beckens gelangt, projectus bis ins unterste Neckartal, unilineatus bis in die östlichen Gegenden Württembergs und fallax bis in die westlichsten Teile des mittleren Bayerns. Alle zogen in der Vorzeit im Donauflußsystem aufwärts, foetidus und projectus außerdem noch im Maingebiet abwärts. Diesen Iuliden, welche mit ihren westlichsten Vorposten Etappen in der Diplopoden-Wanderflutvon Osten nach Westen darstellen, könnte ich eine ganze Reihe weiterer 2 wg Tausendfüßler mit anderen Vorpostenständen hinzufügen, das würde jedoch hier zu weit führen. Ich will nur noch daran erinnern, daß viele westliche Vorposten an oder in der Nähe des Inn stehen, daß Leptoiulus marcomannius VERA. bis zur Walhalla und Uylindro- iulus boleti Koch bis nach Deggendorf reicht. 5. Oylindroiulus occultus Kocn (= coeruwlans NEMEc) ist die fünfte östliche Art, welche hier genannt werden möge. Ihr Vorkommen in Ungarn und Siebenbürgen habe ich früher nach- gewiesen, Nrmec stellte sie für Böhmen fest. Nachdem ich sie ferner an den Berghängen des linken Donauufers bei Passau und bei Rüders- dorf ın Brandenburg aufgefunden, vor einigen Jahren auch in den Steinbrüchen an der Walhallastraße bei Regensburg, ist ihr Charakter als ostdeutsche Art genügend klargestellt. Die geringe Größe und eigentümlichen Fundplätze haben es wohl bewirkt, daß occultus nicht so oft beobachtet worden ist wie Drachyiulus unilineatus, mit dem er sonst nach Verbreitung und Vorkommen einige Ähnlich- keit aufweist. Es ist recht bemerkenswert, daß das einzige Vorkommnis des occultus innerhalb Württembergs wieder die Nord- ostecke betrifft, indem ich am 7. IV. 1910 mehrere Stücke am Winterberg bei Weikersheim im Taubertal erbeutete, und zwar am waldlosen, sonnigen Weinbergshang unter Steinen neben einem kleinen ARosa-Gebüsch. 6. Oylindroiulus meinerti VeErH. verdient hier ebenfalls eine Berücksichtigung, und zwar als entschiedenes Alpenlandtier. Aus der Steiermark über Nieder- und Oberösterreich ist dieser Iulide durch die ganzen nördlichen Kalkalpen verbreitet ‚bis ins Algäu und findet sich noch an den Bergen bei Bregenz häufig, hat dagegen den schweizerischen Rhein nicht überschritten, obwohl er die öst- lichsten Teile der Schweiz besiedelt hat. Recht interessant ist das Verhalten des meinerti zur schwäbisch-bayrischen Hochebene inso- fern, als er nur den Flußläufen entlang in das Alpenvorland vor- gerückt ist (oder in ihm zurückgeblieben), daher nur an den Tal- böschungen vorkommt, soweit dieselben steiler sind oder Konglomerat besitzen. Bis ins Donautal dagegen ist er innerhalb Bayerns nirgends gelangt. Hätte er sich in der letzten oder vorletzten Kälteperiode bereits im Gebiet des südlichen Schwabens befunden, dann wäre er durch die Eis- und Wasserströme des Boden- seegletschers nach Norden gedrängt worden und in die Gegend des Blaubeurener Weißjura gelangt. Daß er jedoch weder hier noch — 43 überhaupt im Donautal und den ihm benachbarten Geländen an- getroffen wird, zeigt m. E. an, daß er auf seiner Wanderung von Osten nach Westen sich nirgends über das nächste Voralpenland nach Norden ausgedehnt hat und schließlich nach Oberbayern und dem Algäu erst gelangt ist, als bereits wieder ein milderes Klima seinen Einzug gehalten. Im vorigen besprach ich sechs Iuliden-Arten, welche gute Bei- spiele abgeben für die große Wanderflut der Diplopoden von Osten nach Westen. Wir haben jedoch ebensogut eine Diplopoden- Wanderflut von Westen nach Osten, und für diese sollen weiterhin ebenfalls drei Beispiele angeführt werden. Daß die von Westen kommende Wanderflut nicht so stark ıst wie die östliche, wenigstens im Bereich Süddeutschlands, liegt einerseits daran, daß sich den West-Diplopoden im alemannischen Winkel der Rhein als hemmende Schranke entgegengestellt hat, andererseits den Ost-Diplopoden das Donautal eine vortreffliche Wanderstraße vorgezeichnet hat. 7. Leptoiulus belgicus LAtzeL hat sich von der nördlichen Schweiz oder vielmehr der Burgunder Pforte her durch die ober- rheinische Senke, wo ich ihn z. B. am Südhang des Kaiserstuhles unter Nußbäumen sammelte, weiter durchs Rheinische Schiefergebirge bis in die Gegend von Bonn ausgedehnt und von Nordfrankreich aus nach Belgien. Von der nördlichen Schweiz her' ist er weiter vorgedrungen um das Ostende des Bodensees herum, so daß ich ihn unter den Felshängen des Gebhardsberges bei Bregenz und im Algäu bei Oberstdorf nachweisen konnte. Vom mittleren Rheintal aus wanderte belgicus im Flußgebiet des Neckars aufwärts: Früher schon konnte ich ihn aus der Heidelberger Gegend nachweisen und in den letzten Jahren beobachtete ich ihn mehrfach im innersten Württemberg, so beim Cannstatter Viadukt, am Burgholzberg, in den Muschelkalkbrüchen von Münster a. N. und in den Feuerbacher Sandsteinbrüchen. Desgleichen wanderte er im Maintal aufwärts und ist offenbar von diesem aus nach Jena vorgedrungen. Dieses Vorkommen bei Jena stellt aber den äußersten nordöstlichen Vor- posten dar. [Am Landgrafenberge sammelte ich in einer Schlucht mit Wasserrinne 11. IX. 04 unter Laub 24 29; d 19 mm mit 83 Beinp., 3 Endr.| Aus der Rhön ist durch Leyvie ein „Iulus ! Am 24, V]. 10 erbeutete ich ein Stück in den Sandsteinbrüchen von Staad (Buchen) bei Rorschach. unilineatus“ namhaft gemacht worden, es unterliegt aber keinem Zweifel, daß hiermit der damals noch nicht beschriebene belgticus gemeint ist. Die Ausbreitung des belgicus ın Deutschland ist eine recht interessante. Nehmen wir als Ausgangsbasis das linksrheinische Deutschland und die nördlichste Schweiz südlich des Bodensees, dann finden wir, daß belgicus in Süddeutschland auf zwei (drei) getrennten Wegensich vorwärts bewegthat, einmalin das Algäu und dann vom Mittelrhein her ins mittlere Württemberg, aber auch zwischen Neckar und Main ins Taubertal, da ich am 6. IV. 10 unweit der Tauber bei Weikersheim unter Corylus-Gebüsch an einem Schichtenabbruch 4 d 2 2 erbeutete. |d 16—20!/z mm mit 79, 81 und 85 Beinpaaren bei stets 3 beinlosen Endringen.] Obwohl belgicus in die Freiburger Gegend gelangt ist, blieb doch der größte Teil des alemannischen Gauesvonihm unbesetzt, vor allen Dingen der Schwarzwald. Da wir ihn aber auch aus dem schwäbisch-fränkischen Jura nirgends kennen gelernt haben, so sehen wir, daß er auf großen Um- wegenin Länder gelangt ist, welche sich auf entgegen- gesetzten Seiten desselben befinden. Fassen wir den Punkt von Donaueschingen ins Auge, dann ist belgicus nördlich, südlich, westlich und östlich desselben gefunden worden oder er hat mit andern Worten den Schwarzwald mit Ausnahme jener Strecke, welche im Östen die oberschwäbische Hochebene, das Donautal und den schwäbischen Jura betrifft, umkreist. 8. Cylindroinlus silvarum MEIınerT kann auf Grund der nunmehr schon zahlreichen Befunde als ein vorwiegend nord- europäisches Tier bezeichnet werden. Wir kennen ihn nämlich von Skandinavien, Dänemark und aus dem nordöstlichen Deutsch- land von Westpreußen, Pommern (ich erhielt ihn durch Dr. DormEYER aus der Umgebung Stettins), Schlesien, Brandenburg und von der Niederelbe bei Hamburg. Ferner ist er aus dem nördlichen Frank- reich bekannt und in Rheinpreußen, an der mittleren Mosel und zahl- reichen Orten links des Rheins bei Bonn von mir aufgefunden. Aus dem Königreich Sachsen und aus Thüringen dagegen ist er nicht bekannt und war bisher in Süddeutschland noch nie gesehen worden. Um so bemerkenswerter ist sein Auftreten in der Nähe von Neu- stadt a. Haardt, von wo ich ihn im vorigen Jahre in einer kleinen Gliedertierkollektion durch Prof. ScHwAnGArT erhalten habe. Es ver- Fe en dient daher in Zukunft diese Art besondere Beachtung hinsichtlich ihres möglichen Auftretens im Taunus oder vielleicht auch Spessart. Daß sie in der ganzen Schweiz fehlt und auch im Elsaß nicht beobachtet worden ist, entspricht ihrem sonstigen Auftreten. 9. Schizophyllum rutilans Kocan (=mediterraneum LaAtzkr) hat sich hauptsächlich in Norditalien und Frankreich! ausgebreitet, nördlich bis in die Gegend von Brüssel, von wo ich ein Stück durch SCHOUTEDEN erhalten habe. Von Frankreich aus ist es auch in die wärmeren Lagen der Westschweiz vorgedrungen, worüber RoTHEN- BÜRLER (1899 in seiner Myriapodenfauna der Schweiz, S. 259) fol- dendes schreibt: „Die ersten Tiere dieser Art sammelte ich 24. VII. 97 auf einer Landstraße im Jura, wo sie ın der heißen Sonne herum- spazierten. Im Wallis ist das Tier an sonnigen Geröllhalden nicht selten. Geradezu massenhaft traf ich es aber am Monte Bre& bei Lugano, wo der abgestorbene Rasen davon wimmelte.“ Für Westdeutschland habe ich den ruttlans 1891 zuerst nach- gewiesen, und zwar bei Cochem a. Mosel und Linz a. Rhein auf- gefunden. Durch Dr. Dormever und später auch Prof. Rüpsaamen habe ich ihn aus dem Ahrtal erhalten. An diese rheinpreußischen Plätze ist das Tier fraglos vom östlichen Frankreich her gelangt, indem es dem warmen Moseltal abwärts folgte. Ganz anders steht es dagegen mit den übrigen Fundorten, welche in den wärmeren Gebieten desschwäbisch-fränki- schen Juras liegen und worüber ich folgende Notizen vermerke: Im Nördlinger Ries war die Art sowohl Ende Mai als auch Anfang Juli häufig und habe ich etwa 60 Individuen durchgesehen. Größte 99 34 mm mit 79 Beinp., 42!/; mm mit 83 Beinp., kleinstes d 24 mm mit 69 Beinp., größtes d 29 mm mit 73 Beinp., mittlere 3d von 24—25 mm mit 71 und 73 Beinp. 3. VI. 10 sammelte ich rutilans am Hange von Hohenneuffen auf steiniger, sonniger Viehtrift zwischen Weinberg und Wald unter Holzstücken und zerstreuten Kalksteinen, und zwar 2 d 3 9. Größtes 2 37 mm mit 81 Beinp., 2 Endr. dd 27!/a und 301/s; mm mit 75 und 7 Beinp. und 2 beinl. Endr. Ein einzelnes 9 fand ich unter Plattenkalk auf kahler, windiger Höhe 20. IV. 10 bei Eichstädt, 4 Stück im Donauengpaß von Kehl- heim am 22. IV. unter Kalksteinen neben einem Acker. ! Die Angabe seines Vorkommens in Rußland (!) beruht auf falscher Bestimmung, — a Von Koc# wurde dieser lJulide als bei Regensburg ziemlich selten bezeichnet und von dort stammen auch seine Originalstücke. Schizophyllum rutilans ist ein wärmebedürftiges, offenes Gelände bewohnendes Tier, welches ich auch aus der Umgebung Münchens nachgewiesen und in lehmiger Erde, unter Rasen oder (bei sonnigem Wetter) an Mauern in einer Reihe von Individuen in meinem Garten in Pasing gefunden habe. Wir haben es zweifellos mit einem kalkholden Diplopoden zu tun, dessen dickes Haut- skelett ihm gestattet, auch mit sehr spärlicher Feuchtigkeit aus- zukommen. Er ist ein Stein- und Lehmtier, welches sich vom Jura her sicher nur so weit in die bayrische Hochebene geschoben hat, als ihm größere Steine den Weg ge- wiesen haben. Die gewaltigen Schottermassen dieser Hochebene lassen aber bekanntlich an nicht wenigen Äckern sich derartig blicken, daß mehr Steine als Bodenkrume zu sehen sind. Das Merkwürdigste in der Ausbreitung des Schizophyllum rutilans besteht nun darin, daß seinsüddeutsches Areal (also schwäbisch-fränkisches Weißjuragebiet von Hohenneuffen bis Regens- burg, mit Ausläufern ins südbayrische Schotterrevier) weit getrennt ist von den Ausläufern des südwesteuropäischen Haupt- areals. Das Nächstliegende für eine Verbindung beider rutilans-Unter- areale liegt natürlich in der Annahme, daß er im Mainzer Becken sich noch finden lasse und von diesem aus den Neckar aufwärts bis zum Jura gelangt sei. So sehr ich nun auch mit dem Vorkommen im Mainzer Becken rechne, so hat sich doch im Flußgebiet des Neckars, vom Jura abgesehen, noch keine Spur von rutilans finden lassen, zumal die ausgedehnten triassischen Sandsteingebiete von dieser kalk- holden, wenn nicht gar vollkommen calcivagen Art gemieden werden. Es bleibt dann als zweite Möglichkeit die Ver- breitung dem Jura entlang übrig. Im Schweizer Jura bei Basel ist jedoch rutilans weder von mir noch von BicLEr gefunden worden. Aber auch angenommen, daß er sich dort noch nachweisen lasse, so kommt doch weiterhin die Rheintalschranke und jenseits derselben im südlichen Baden ist rutilans ebenfalls nicht gesehen worden. Aber selbst angenommen, daß er sich auch dort noch erweisen lassen würde, ergäben sich doch als weitere Hemmanisse teils höhere Lagen des Schwarzwaldes, teils das rauhe und für diesen Iuliden daher ungeeignete oberste Donaugebiet. Die Ausbreitung dem Jura entlang halte ich zwar für die wahrscheinlichste Straße, auf welcher rutilans Der, gekommen ist, aber es muß das in einer klimatisch günstigeren Periode geschehen sein. Somit fasse ich das schwäbisch-frän- kische rutilans-Arealalsein durch eine frühere Wärme- periode entstandenes, durch nachfolgende Kältezeit von dem Hauptareal abgeschnittenes auf, d. h. die schwäbisch-fränkischen Schizophyllum rutilans sind Warmzeitrelikten, welche, der Möglichkeit des Abwanderns in wärmere Gebiete beraubt, an manchen Orten sich einem schon ziemlich rauhen Klima haben anbequemen müssen. Schizophyllum rutilans ist in Süddeutschland ein zoogeo- graphisches Gegenstück zu Uraspedosoma taurinorum serratum Roru. am Pfänder bei Bregenz und Titanosoma jurassticum VERH. aus dem Donauengpaß bei Kehlheim, den ich sogar in einem Stück in meinem Garten in Pasing entdeckte. F. Zur Kenntnis der Spermatophoren der Chordeumiden. Die physiologische Bedeutung der männlichen Fortpflanzungs- apparate der Öhordeumiden und ihre Beziehungen zu den Sper- matophoren habe ich im 39. Diplopoden-Aufsatz über Iuliden und Ascospermophoren zum erstenmal erörtert (diese Jahresh. 1910, S. 337— 398). In seinen Diplopoden von Basel und Umgebung, Inaug.-Dissertation, Basel 1913, hat W. Bıcrer (S. 697 der Revue Suisse de Zoologie) zu meinen Mitteilungen Stellung genommen. Im 39. Aufsatz schrieb ich auf S. 387: „Wenn ich bisher noch kein Männchen von Orthochordeuma unter Händen gehabt habe, in dessen Kopulationsapparat sich ganz fertig gestellte Spermatophoren finden, so kann dies doch durchaus nicht erstaunlich sein. Ein zur Copula vorbereitetes Männchen ist nämlich im Besitz von Hohl- kappen einerseits und mit körnigem Sperma angefüllten Coxal- säcken andererseits.“ BieLer erklärt hierzu, daß er „einen solchen Fall nie beobachtet, wohl aber immer und immer wieder eingestülpte, mit bernsteingelber, feinkörniger Spermamasse an- ‚gefüllte Coxalsäcke, dabei vollständig freie hintere Gonopoden, oder aber weit nach vorn ausgestülpte entleerte Coxalsäcke, dabei gelbe, feinkörnige Hohlkappen über die hinteren Gonopoden ge- stülpt, daneben mancherlei Übergänge zwischen diesen beiden Extremen“. Obwohl Bıerer’s Einwand insofern berechtigt ist, als in der Tat bei einem und demselben Männchen selten Hohlkappen und spermaführende Coxalstücke zugleich vorkommen, so kann ich Er seinen Anschauungen doch im übrigen nicht beistimmen. An die Tatsache, „daß die zur Zeit der Spermatophorenbildung aus den Pseudoflagella wurmförmig austretenden Sekretmassen, wie VERHOEFF selbst sagt, glashell sind, während Hohlkappen resp. Sperma in den Coxalsäcken bernsteingelb gefärbt sind“, schließt BıeLer die Frage an: „Wie könnten diese Hohlkappen aus glashellem Sekret ent- stehen?“ Diese Frage ist jedoch sehr einfach durch die weitere Tatsache zu beantworten, daß die Farbe der Drüsensekrete je nach der Dicke derselben eine verschiedene ist. Die Sekretfäden, welche aus den Pseudoflagella hervorquellen, sind tat- sächlich glashell; sobald sich das Sekret aber zu einem dickeren Knoten anhäuft, wird es mehr oder weniger gelblich. Desgleichen ist die Farbe der Hohlkappen je nach den einzelnen Stellen eine sehr verschiedene. Die dicke Kuppe ist stets intensiv gelb gefärbt, während die seitlichen Lappen, namentlich die äußeren, welche die Zangen der hinteren Gonopoden umfassen, gegen ihre freien Ränder immer heller werden und schließlich genau so glashell wie das Sekret, welches aus den Pseudoflagella quillt, weil eben diese Lappen gegen die freien Ränder allmählich dünner werden. Die verschiedene Färbung von Sekretfäden und Hohlkappen ist also nicht nur kein Beweis gegen meine Auffassung, sondern die verschiedenfarbigen Stellen der Hohlkappen zeigen vielmehr aus- drücklich an, daß sie wirklich aus der Sekretmasse gebildet werden. Weiterhin macht aber BısLer die Beobachtung geltend, daß die Hohlkappen „bei genauem Zusehen eine deutlich zellige, feinkörnige Struktur verraten, die sich nur gegen die Glockenränder zu verlieren scheint“. Auch dieser Angabe kann ich nicht ohne weiteres zu- stimmen, obwohl sie in dankenswerter Weise auf eine bisher nicht beachtete Erscheinung hinweist. Um die mikroskopische Struktur der Spermatophoren richtig beurteilen zu können, muß zunächst die- jenige der Sekretfäden in Betracht gezogen werden und deren Beschaffenheit an einer Präparatenserie geprüft, zeigte mir neben einer nicht geringen Variabilität hauptsächlich folgendes: In dem zähen, glashellen Sekret kommen sowohl zahlreiche winzige Körn- chen vor als auch größere Tröpfchen in verschiedener Anzahl und Größe. Die Kappen besitzen nun in der Tat eine „feinkörnige Struktur“, aber dieselbe fand ich nur außen auf der gewölbten Kuppe, während sie dem größeren übrigen Kappengebiet vollkommen fehlt, sodann ist sie überhaupt nicht an allen ee: == Kappen zu finden, vielmehr beobachtete ich in andern Fällen zahl- reiche kleine Bläschen in den Kappen, welche ich nur auf die Tröpfchen der Sekretfäden zurückführen kann. Während die „fein- körnige Struktur“ an der Kappenwölbung dicht und gleichmäßig erscheint, haben die Bläschen eine mehr unregelmäßige Verteilung und zum Teil auch Gestalt. Namentlich in den dünneren Randlappen gibt es Stellen, welche ganz strukturlos sind, wie manche Stücke der Sekretfäden. Die Körnchen in den Sekretfäden sind bisweilen so zahlreich und ähneln so sehr den Spermakörnchen, daß es sich vorläufig nicht entscheiden läßt, ob die „feinkörnige Struktur“ auf der Kappenwölbung von Sekretkörnchen oder Spermakörnchen her- rührt. Außerdem wäre es denkbar, daß bei der ersten Füllung der Coxalsäcke mit Sperma durch Vorderrumpfeinkrümmung ein Teil des Spermas in die Ausführgänge der Ooxaldrüsen der hinteren Gono- poden geriete und hierdurch deren Sekret eine Körnelung gäbe. Mag also auch die Herkunft der „feinkörnigen Struktur“ der Kappen noch ungewiß sein, so besteht doch kein Zweifel mehr darüber, daß die Kappen selbst in der Hauptsache durch das Sekret der Pseudoflagelladrüsen erzeugt werden. Die Farbe der Kappen ist übrigens keine gleichmäßige, vielmehr beobachtete ich gerade in diesem Frühjahr neben den kräftig gelben noch andere blasser gelbliche, so daß ich den Eindruck gewonnen habe, daß außer der verschiedenen Dicke des Sekretes auch noch eine gewisse Ver- färbung desselben in Betracht zu ziehen ist. Endlich beobachtete ich wiederholt im Innern der Kappenhöhlung eine gelbbräun- liche, gekörnelte Stelle, welche ebenfalls Sekrettröpfehen zu ent- halten scheint. Aus meinen Abb. 37, 59 und 40 der Taf. XIV ım 39. Aufsatz geht bereits zur Genüge hervor, daß die Kappen von Orthochor- deuma über den Endhälften der Zangen der hinteren Gonopoden sitzen. Daß diese Zangen die Kappen festhalten, sah ich in einem Falle ganz besonders deutlich dadurch angezeigt, daß die Zange auf _ einer Seite tief im Spermatophor saß, auf der andern Seite dagegen zwar ausgezogen war, jedoch im Innern einen genauen Abdruck ihrer Spitze hinterlassen hatte. Dafür, daß die Kappen (wenigstens teilweise) durch das Drüsensekret zunächst ohne Beteiligung der spermahaltenden Coxalsäcke gebildet werden, kann ich zwei besonders bemerkenswerte Fälle anführen, in welchen beiden die Coxalsäcke mit einer rund- lichen Spermamasse bereits gefüllt waren. Bei einem d von Schlier- Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 4 ME ar bach ıst nämlich gleichzeitig an den Pseudoflagella teils olasigedi teils blaßgelbes Sekret hervorgequollen, und diese Sekretmassen beider Seiten haben zwar noch keine eigentlichen Kappen gebildet, wohl aber zwei Sekretlappen, welche in der Mediane bereits zusammenhängen und Körnchen sowie Tröpfchen verschiedener Größe enthalten. Das andere d von Feuerbach trägt auf einem der beiden ein- gestülpten, spermahaltenden ÜCoxalsäcke eine kleine, abgerundete Kappe von hellgelber Farbe, welche weder Körnchen noch Bläschen enthält, sondern ganz strukturlos ist, nur im Innern einen kleinen bräunlichen Knoten besitzt, welcher den Ausgang des Coxalsackes versperrt. Die Drüsen befanden sich bei diesem J offenbar mitten in ihrer Tätigkeit, zumal Sekretfäden hervorhingen, welche vorwiegend glasıg waren, aber auch einige größere Tröpfchen enthielten. Daß die spermaführenden Coxalsäcke durch einen kleinen bräunlichen Knoten auf einige Zeit versperrt werden können, beobachtete ich auch bei einem d aus Sachsen, welches keine Kappen besaß. Die vorgenannten Fälle zeigen ebenso wie ER etwas variable Gestalt der Kappen, daß die Bildung der Spermatophoren nicht ge- ringen individuellen Schwankungen unterliegt, was bei der | Komplikation des ganzen Vorganges nicht weiter verwunderlich ist. Besonders hervorgehoben zu werden verdient noch ein d von Lörrach, welches statt der gewöhnlichen zwei sogar drei Kappen auf ein- | mal besitzt, nämlich zwei, welche in der Mediane zusammenhängen, außerdem davon getrennt eine dritte, welche wieder etwas zweiteilig erscheint. Diese Hohlkappen enthalten viele Körnchen und kleine Bläschen in unregelmäßiger Verteilung, während die Coxalsäcke aus- | gestülpt sind. Da BisLer meint, daß die Hohlkappen „ oft mehr kompaiil | Kugeln mit RER ai Fortsätzen darstellen“, so möchte ich | betonen, daß allerdings die Wölbung der Kappen über den Zangen- enden den dicksten Teil derselben darstellt, daß man jedoch nur von Halbkugeln sprechen kann, an welche sich dann die lappen- | artigen Fortsätze anschließen. Immer aber ist in der Kappe | eine Höhlung vorhanden, welche nicht nur zur Aufnahme der Zangen dient, sondern nach meiner Auffassung auch eine Sperma- masse aufzunehmen hat, ehe die Copula erfolgt. Das Verhalten der | Orthochordeuma-Männchen gleich vor der Copula ist leider nod nicht beobachtet worden. FREE BET 5 se BisLer beobachtete „in zwei Fällen neben vollkommen aus- gebildeten Hohlkappen bei entleerten und ausgestülpten Coxalsäcken die langen Spermastangen weit aus den Vasa deferentia heraushängend, so daß wahrscheinlich mit der Bildung eines Kappenpaares die Tätig- keit der männlichen Geschlechts- wie auch Coxaldrüsen noch nicht abgeschlossen ist, so daß ein d zwei, vielleicht noch mehr Weibchen zu befruchten vermag. Daraus ließe sich auch eine Erklärung für die von VERHOEFF beobachteten und zitierten Fälle finden.“ Die wiederholte Kopulation halte ich, zumal im Hinblick auf tatsächliche direkte Beobachtungen an anderen Diplopoden in der Gefangenschaft, für etwas Gewöhnliches, aber wir dürfen auch nicht _ vergessen, daß unsere Alkoholobjekte durch die Gewebekontraktion _ beeinflußt werden und daß im Tode Reizbewegungen erfolgen. So _ können unter dem Einfluß des Alkohols ebensowohl Spermastangen _ aus den Vasa deferentia hervorgestoßen, als auch Coxalsäcke aus- _ gestülpt werden. Durch letzteres kann aber das Sperma der Coxal- _ säcke konservierter Tiere bisweilen verloren gehen. Sind auch die Beziehungen der Kopulationsorgane zu den Spermatophoren noch nicht in jeder Hinsicht klargestellt, so unter- liegt es doch keinem Zweifel, daß sich zwischen Orthochordeuma und Chordeuma beträchtliche Organisationsunterschiede vorfinden. Im Gegensatz zu Orthochordeuma sind bei Chordeuma die _ Coxalsäcke nicht nur viel tiefer, sondern auch stärker zweizipfelig und enden namentlich mit einem hakigen Nebenzipfel (Abb. 10% und 11). Dementsprechend erscheint auch jede Hälfte der in der _ Mitte aneinandergeklebten Doppel-Spermatophoren (Abb. 10) nicht ' wie eine ausgehöhlte Kappe, sondern wie ein länglicher Sack mit einem Haken. Da nach Ansstülpung der Coxalsäcke die aus Sekret und Sperma vermischte Masse (von welcher ebenfalls bereits im 39. Aufsatz die Rede gewesen ist) den ausgestülpten Coxalsack über- zieht, so verhält sie sich zu ihm wie ein negativer Gipsabdruck zu seiner Form, jedoch mit dem Unterschied, daß diese Masse nicht gleich erhärtet, sondern noch dehnbar ist und daher in ihrer Gestalt recht variabel wird. In dem durch Abb. 10 erläuterten Fall sind sogar die beiden Sackhälften desselben Spermatophors recht verschieden und daher dieses sehr unsymmetrisch. Der rechte Sack zeigt eine Form, welche die Gestalt des tiefen Coxalsackes als ein Abguß noch ziemlich gut zum Ausdruck bringt, auch der haken- artige Nebenzipfel ist sehr gut ausgeprägt. Der dicke Wulst c | entspricht dem Nebensack des Coxalsackes. Im Grunddrittel sind 4* beide Spermatophorsäcke aneinandergeklebt (a,b). Der linke Sack ist am Ende stark umgeklappt und der hakige Zipfel ist bis auf eine schwache Andeutung verloren gegangen. An einem solchen reifen Doppel-Spermatophor kann man (im Gegensatz zu den Orthochordeuma-Kappen) allenthalben die Sperma- körnchen deutlich erkennen, weil Sekret und Sperma sich aallent- halben vollkommen durcheinander gemischt haben. In Abb. 11, welche uns das Ende des rechten Spermatophorsackes der Abb. 10 vorführt, ist das körnige Sperma durch Punktierung an- gedeutet und reicht sogar bis in die äußersten Ausläufer des hakigen Nebenzipfels. Irgendeinen nur aus Sekret bestehenden Abschnitt habe ich an diesen Ühordeuma-Spermatophoren nicht entdecken können, viel- mehr konnte ich sogar an den freien Grundrändern, welche teilweise in ein feines Fadenwerk ausgezogen waren, in diesem die Sperma- körner bemerken. Bei Ühordeuma vermischen sich also Coxaldrüsensekret und Sperma in den sehr großen und tiefen Coxalsäcken. Die Doppel- Spermatophoren entstehen einfach durch allmähliche Erhärtung der Mischungsmasse, welche jeden Coxalsack bei seiner Ausstülpung sackartig umgibt. Bei Orthochordeuma sind die Coxalsäcke viel kleiner und erscheinen, wenn sie mit Sperma gefüllt sind, wie eine kugelige Flasche mit kurzem Halse. Eine Mischung von Sekret der Coxal- drüsen und Sperma innerhalb der Coxalsäcke findet nicht statt. Das Sekret bildet vielmehr für sich allein Hohlkappen und mit diesen verbindet sich das Sperma erst sekundär. — Meine Auffassung der Spermatophorenbildung von Orthochor- deuma ist folgende: Die Coxalsäcke werden zunächst mit Sperma gefüllt. Nach dieser Füllung wird durch einen kleinen bräunlichen Knoten jeder Sack vorläufig gesperrt, aberauch im eingestülp- ten Zustande ragt ein Teil der gefüllten CGoxalsäcke nach außen vor, so daß dieser Coxalsackhals, welcher ein fast halbkugeliges Kissen bildet, mit seinem Ende ungefähr so weit herausragt, daß er sich neben den Gelenken zwischen dem ersten und zweiten Telopoditglied der hinteren Nebengonopoden befindet. Man kann an dem mit Sperma gefüllten Coxalsack und dement- sprechend auch am Sperma selbst einen kugeligen und einen Hals- abschnitt unterscheiden. Das Sperma reicht bei gefüllten Coxal- säcken bis zu dem kleinen bräunlichen Knoten, welcher sich in — 55 _ — der Mitte des halbkugeligen Halsabschnittes oben in der Wölbung befindet. Liefern nun die Coxaldrüsen aus den an den Pseudoflagella befindlichen Mündungen Sekret, dann bilden sich zunächst unregel- mäßige Lappen desselben, wie bei dem d von Schlierbach, das ich oben erwähnte. Werden diese Lappen gegen das halbkugelige Kissen des Halsabschnittes der eingestülpten Coxalsäcke gedrückt, wie es auf einer Seite bei dem genannten d von Feuerbach der Fall war, dann bildet diese Sekretmasse einen Abdruck der halbkugeligen Kissen und erhält so die Anlage zu der Kappengestalt. Durch weitere Sekretion werden die Kappen vergrößert und das an den Seiten der Halsabschnitte der Coxalsäcke heruntergestrichene Sekret bildet die seitlichen Lappen der Kappen. Schließlich werden diese von den Gonopoden gefaßt und auf die Zangen der hinteren Gonopoden geschoben, welche sich in ihnen festkneipen, um die Kappen zur Verklebung mit der Hauptmasse des Spermas bereitzu- stellen. Teils durch die Störung beim Fang, teils durch die Reizung des Alkohols werden die Coxalsäcke zur Ausstülpung getrieben und damit zur Ausstoßung des Spermas, vorausgesetzt, daß sich das betreffende J bereits in der zweiten Hälfte der Periode der Spermato- phorenbildung befindet. Daß aber die betreffenden Männchen wirklich durch den störenden Eingriff des Beobachters Sperma ver- lieren, schließe ich auch daraus, daß sich bisweilen körnige Sperma- fetzen teils am Grunde der Kappen vorfinden, teils noch an den ausgestülpten Coxalsäcken haften. Schließlich möge daran erinnert werden, daß auch die Vulven der Weibchen von Ühordeuma und Orthochordeuma durch ihr schon im 39. Aufsatz besprochenes, sehr verschiedenes Verhalten mit dem verschiedenen Bau der Spermatophoren harmonieren. Die in- folge der völligen Vermischung von Sekret und Sperma dehnbareren Chordeuma-Spermatophoren liefern die die Vulven verklebenden Begattungszeichen. Bei Orthochordeuma dagegen sind derartige Begattungszeichen nicht vorhanden, sondern die Vulven bleiben _ dauernd frei wie bei der großen Mehrzahl der Ascospermophoren. Vermutlich dienen bei Orthochordeuma die Kappen nur zur Vermittelung der Spermaübertragung und werden dann fallen gelassen. Sonst wenigstens hätten wir unter den zahlreichen Weibchen dieser Gattung hin und wieder solche beobachten müssen, an deren Vulven die Spermatophoren befestigt worden. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. e G. Erklärung der Abbildungen auf Taf. 1. Craspedosoma suevicum Jurassicum n. subsp. Endhälfte eines Cheirit von innen gesehen, X 125. Cr. vomrathi VERH. var. zollerianum n. var. Dasselbe. Or. alemannicum bavaricum VERH. var. siluaenigraen. var. Dasselbe, Or. suevicum VERH. (genutinum). Dasselbe. e = Endfortsatz, g = Greiffortsatz, qg = Querlappen, m! = Mulden- leiste mit Zahn, mr = Muldenrand. x 125, Cr. suevicum Jjurassicum n. subsp. Stück eines von vorn her dargestellten Podosternit. X 125. vm = vorderer, hm = hinterer Mittelfortsatz, hs = hinterer Seiten- fortsatz, a = Außen-, i = Innenbucht. Cr. alemannicum brevilobatum var. brevilobatum VERH, Äußeres Gebiet des Podosternit, von einem Z aus dem Taubertal, mit vorderem Seitenfortsatz. Die durchschimmernde Linie y zeigt die Grenze zwischen Seitenfalte und Außenblatt. x 125, Cr. vomrathi VERH. var. zollerianum m. Wie vorher, jedoch ohne Außenblatt. x 125. Micerochordeuma voigtii VERH. (genuinum). Vordere Nebengonopoden eines d von Wildbad, X 125. Microchordeuma voigtii caleivagum n. subsp. Vordere Nebengonopoden nebst Sternit. X 125. 10 und 11. Chordeuma silvestre Koch. 10. Ein unsymmetrisches Doppel-Spermatophor. X 56. 11. Ende einer der sackartigen Hälften desselben mitHakenanhang. x 220. Die Mollusken der schwäbischen Kalktuffe. Von David Geyer in Stuttgart. Inhaltsübersicht. A. Einleitung und Stratigraphisches S. 55. B. Ältere Kalktuffe S. 59. Geislingen a. St. S. 59, Langenbrunn S. 63, Hausen Tal S. 09 U. Jüngere Kalktuffe S. 64. Anhäuser Mühle S. 64, Mönsheim S. 65, Rohr- dorf OA. Nagold S. 66, Haiterbach S. 67, Heiligenbronn OA. Horb S. 68, Leinstetten S. 70, Glatt S. 72, Zwischen Glatt und Neckarhausen S. 75, Denkendorf S. 76, Hausen i. Killertal S. 77, Pfullingen S. 78, Urach S. 31, Oberlenningen S. 82, Wiesensteig S. 83, Drackenstein S. 84, Geislingen "a. St. S. 84, Aufhausen $S. 85, Mühlheim a. D. S. 87, Bärental $. 89, Veringendorf S. 90, Altheim OA. Riedlingen S. 91, Laufenmühle b. Lauterach S. 91, Kirchen OA. Ehingen S. 92, Rammingen S. 93, Ravensburg S. 9. D, Die Mollusken nach dem Grade ihrer Häufigkeit S. 96. . Einzelbemerkungen über die geologisch und geographisch bedeutsamen Arten 8. 99. . Vergleichende Übersicht über die charakteristischen Tuffschnecken 8. 109, . Die erloschenen Arten S. 112. . Das geologische Alter S. 113. [e>) ur A. Einleitung und Stratigraphisches. Die vorliegenden Mitteilungen schließen sich an frühere Arbeiten des Verfassers über denselben Gegenstand an'. Die Untersuchungen und Aufsammlungen für die nachfolgenden Berichte wurden in den Jahren 1913 und 1914 ausgeführt. Sie verteilen sich auf drei ver- schiedene Gaue” des Landes, und da sie in erster Linie den Mol- luskenresten galten, wurden diejenigen Aufschlüsse vor anderen berücksichtigt, die eine reiche Ausbeute versprachen und eine um- fassende Aufsammlung ermöglichten. Wo die Beschaffenheit des Tuffes oder die Mangelhaftigkeit des Aufschlusses eine erschöpfende Aufsammlung des gesamten Fossilbestandes verhinderte, verzichtete ich bei jüngeren Tuffen auf die vollständige Ausbeutung und brach ! Siehe Zitate im nachfolgenden Text. ° Über die „Gaue“ siehe Jahresber, u. Mitt. Oberrhein. geolog. Ver. N, F. Bd. III. Heft 2. S. 32 —35. Eee die Arbeit ab, wenn das geologische Alter der Ablagerung nicht mehr zweifelhaft war. Wo, wie in den Albtälern, zahlreiche Steinbrüche und Sandgruben dieselbe Ablagerung erschließen, wählte ıch den geeignetsten Aufschluß zu umfassenden Aufsammlungen aus und suchte in den übrigen nach etwaigen Ergänzungen der Fauna. Es wurden darum mehr Aufschlüsse untersucht als nachstehend auf- gezählt werden. Die Erfahrung hat gezeigt, daß bei der Gleich- artigkeit der Faunenbestände eine Veröffentlichung aller zu über- flüssigen Wiederholungen führen würde. Burger ' hat in seiner Arbeit über die Kalktuffe des Echaztales auch eine Einteilung derselben gegeben, der ich mich im wesent- lichen anschließen kann mit dem Anfügen, daß in der Natur die Typen oft verwischt und vermischt sind. Für die Beurteilung der Molluskenbestände kommt es vor allem darauf an, ob der Tuff einen primären Absatz — Quelltuff — darstellt oder ob er sekundär umgelagert wurde — Schwemmtuff. Im ersteren Fall schließt er eine autochthone Lokalfauna ein, das Produkt einheitlicher und einseitiger ökologischer Verhältnisse. Sie setzt sich zusammen aus hygrophilen, kalkliebenden Quell-, Mulm-, Busch- und Waldschnecken und hat sich im Zusammenwirken der für das Molluskenleben günstigen Momente der Feuchtigkeit, des üppigen Pflanzenwuchses, des modernden Laubes und Mulmes, des Steingetrümmers und des Kalkes zu einem sonst nirgends wieder erscheinenden Reichtum an Arten und Individuen gesteigert. Eine ungestörte, primäre Einlagerung der Mollusken ist vor allem in den Quellabsätzen zu erwarten, die sich als Gehängetuff darstellen. Unwesentliche Verrutschungen und Einschwemmungen können wohl zu lokalen Schalenanhäufungen führen, aber den Zu- sammenhang der Fauna nicht stören oder fremde Bestandteile in größerem Umfang herbeiführen. Unter dem Bachtuff verstehe ich wie BuRGER unter den „Bachkalken“ eine primäre Bildung. Aber schon seine Ablagerung in einem Tal führte zu stärkeren Verschwemmungen und damit zur Einführung von Faunenbestandteilen aus Örtlichkeiten, die mit dem Tuff in keiner Beziehung standen und sich nicht ohne weiteres er- mitteln lassen. In noch stärkerem Maße ist das beim Schwemmtuft der Fall. Im Unterschied von diesem ist aber der Molluskenbestand der Bachtuffe noch nicht zerrissen, und er bleibt darum auch ein ı Burger, Otto, Über schwäbische Kalktuffe etc. Inaug.-Dissertation. Tübingen 1911. Zu Originaldokument für paläogeographische und namentlich paläoklıma- tische Studien. Eine eigentümliche Fazies der primären Quellabsätze stellen dıe Kalktuffbildungen dar, die Hess vov Wıchporrr in seinen beiden Arbeiten über die Quellmoore behandelt hat. Er sagt darüber ': „Die Quellmoore bestehen im allgemeinen aus einer Wechselfolge von Bänken von erdigem Kalktuff und Schichten von humus- und kalktuffreichem Riedboden, vielfach auch von Einlagerungen des von (Quellen eingeschwemmten sandigen und tonigen Materials. In der Regel ist das Quellmoor von einer mehr oder minder starken Schicht von schwarzem Sumpftorf bedeckt. Charakteristisch ist für die Quell- moore ebenso wie für die Gehängemoore der Gehalt an erdigem, feinstem Kalktuff. Die chemische Zusammensetzung der (uellmoore zeigt eine vorwiegende Beteiligung von kohlensaurem Kalk, die ın den reineren Kalktuffbänken etwa 70—80°/, Kalk beträgt. Der Aus- druck „Gehängemoor“ bedeutet ebenso wie „Quellmoor“ keineswegs eine vorwiegende Moor- oder Torfbildung. Es ist gerade der Zweck vorliegender Arbeit, den dominierenden Kalktuff-Charakter beider Bildungen hervorzuheben. Der Unterschied zwischen Gehänge- moor und Quellmoor ist vorwiegend ein topographischer, oder besser gesagt, ein morphologischer. Die Gehängemoore ziehen sich als mehr oder minder geneigte ebene Flächen längs der Austritts- stellen des Grundwassers und der Quellen in geringer Höhe über der Talsohle an Bergabhängen bandartig entlang in wechselnder Breite. Sie markieren deutlich das Vorhandensein und die Aus- dehnung quelliger Böschungen. Während die Gehängemoore wesent- lich in zwei Dimensionen als flachgeneigte Flächen sich entwickeln, kennzeichnen sich die Quellmoore als deutlich drei-dimensionale Ge- bilde, bei denen die vertikale Entwicklung bereits einen besonders wichtigen Punkt in der allgemeinen Charakteristik einnimmt.“ Hess von WıcHnorFF bleibt nicht dabei stehen, seine Quellmoore nur in Norddeutschland zu suchen; er nimmt sogar die bekannten diluvialen Kalktuff-(Travertin-)Ablagerungen Thüringens (Weimar— Taubach—Ehringsdorf, Langensalza, Burgtonna und Gräfentonna) als alte Gehängemoore in Anspruch und schließt seine Ausführungen mit dem Satze?: „Kalktuffvorkommen sind also stets Ab- ' Über Quellmoore in Masuren (Ostpreußen). Jahrbuch Kgl, Preuß. geolog. Landesanstalt. Berlin 1906. S. 95-106. — Zur weiteren Kenntnis der Quell- moore in Norddeutschland. Ebenda. 1912. S. 319—341. 2,353204,191978, 54 AN Wr lagerungen in Quellmooren oder Gehängemooren, d.h. in beiden Fällen von Quellen Abgesetztes.“ Wenn der Satz in dieser Allgemeinheit auch auf unsere schwäbi- schen Quellabsätze ın den Talenden und an den Steilwänden der Muschelkalk- und Juratäler nicht angewendet werden kann, so ist doch zweifellos auch hier zuweilen eine starke Anteilnahme der Vegetation — nicht bloß der Moose, sondern vor allem der größeren Kraut- und Holzpflanzen — wahrzunehmen, die sich in den ein- gelagerten Zersetzungsprodukten und noch mehr in einer Beteiligung der Sumpf- und Moorfauna zu erkennen gibt. Das Wasser schafft im Moor wie um die Tuffquelle dieselbe Unterlage für die Flora und Fauna. Aber auch an solchen Kalktuffen fehlt es in Schwaben nicht, die wir füglich neben die Quellmoore Norddeutschlands stellen können. Wenn die Erscheinung auch vereinzelt ist, so ist sie um so klarer ausgeprägt. Ein Gehängemoor befindet sich bei Heiligenbronn OA. Horb, ein typisches Quellmoor im Donautal bei Rammingen. In den sekundär umgelagerten Schwemmtuffen der Talauen treten zu den Quell-, Mulm-, Busch- und Waldschnecken noch die Bewohner der Wiese (Hygromia hispida, Pupa muscorum und pygmaea, Vallonia pulchella u. a.), des langsam fließenden Wassers (kleine Limnaeen, Planorben) und des Wasserrandes (Zonitoides nitida, Succineen). Je nach der Länge des Weges, den die Schnecken von ihrem Standort zur Ablagerungsstätte zurückgelegt haben, wurden sie, entsprechend der Saigerung des Tuffmaterials, mehr oder weniger einer Scheidung und Auslese nach Größe und Schwere, Weit- und Engmündigkeit unterworfen !, wobei die großen, schweren und weit- mündigen Arten leichter zugrunde gingen als die kleinen und eng- mündigen. Diese einseitige Auslese zugunsten bestimmter Mollusken- gruppen setzt den wissenschaftlichen Wert der Schwemmtuff- einschlüsse herab. Obwohl in den harten Kalksinterfelsen ab und zu auch Schalen stecken, ist ergiebig nur im Tuffgrus und im Sand- und Mergeltuff zu sammeln. In primären Lagern ist hier die reichste Beute zu machen. Die Schnecken sind regellos im Lager verteilt; die großen Arten verraten sich selbst, und wenn der sie umschließende Tuffgrus geschlämmt wird, erscheinen auch die kleinen Formen, die im Leben mit ihnen vereinigt waren. In den Schwemmtuffen sind die Schnecken vielfach in Lagern, Nestern oder kleinen Bänken je ; Vergl. Geyer, Über diluviale Schotter Schwabens etc. Jahresber. u. Mitteil. Oberrhein. geolog. Ver. N. F. Bd. IV. Heft 2. S. 122, in nach der Größe vereinigt. Die kleinsten Arten müssen im feinsten Material gesucht werden. Kaskadentuffe sind arm und zum Teil ganz leer an Mollusken, wenn nicht zugleich Einschwemmungen erfolgt sind. B. Ältere Kalktuffe. 1. Bei Diessen in Hohenzollern, s. Mitteil. Geolog. Abteil. Kgl. Württ. Stat. Landes- amtes. No. 9. 1912. S. 14—55, und dies. Jahresh. 69. Jahrg. 19153. 8. 278, zusammen 74 Arten, wovon lokal erloschen 24 = 329). 2. Bei Dettingen in Hohenzollern, s. wie oben, zusammen 57 Arten, wovon lokal erloschen 13= 23°). 3. Bei Cannstatt, neueste Zusammenstellung s. wie oben S. 51—53 und 280 ff., zusammen 85 Arten, wovon lokal erloschen 19=22 %; in einer Lehmlinse zwischen den Sauerwasserkalken erloschen 33 %. 4. Im Rieter Tal bei Enzweihingen, s. dies. Jahresh. 69. Jahrg. 1913. S. 286 £., zusammen 26 Arten, wovon lokal erloschen 5=20 %. 5. Bei Geislingen a. St. Vom Eisenbahnwagen aus sichtbar, an der Nordkante der Terrasse, auf welcher der Bahnhof und das alte Krankenhaus liegen, befindet sich auf dem Grundstück des Herrn Ernst Lang in der Schwabstraße ein Steinbruch im Kalktuff, der schon seit langer Zeit abgebaut wird. Was in den beiden Jahren, in welche meine Besuche fielen, ausgebeutet werden konnte, ist sandiger und zum Teil merge- ligr Schwemmtuff. Mit wenigen Ausnahmen sind die Schnecken ‚hier nicht so häufig, wie man es in den Kalktuffen gewohnt ist. Die Wasserschnecken sind in Nestern vereinigt, die übrigen vereinzelt im ganzen Aufschluß verteilt. Es war daher nötig, viel Material zu schlämmen, um den ungefähren Umfang des Conchylienbestandes feststellen zu können. Dabei waren die Schalen sehr zerbrechlich und selten ganz erhalten; auch die sonst ziemlich widerstandsfähigen größeren Helices machten keine Ausnahme. Es wurden gesammelt: a Sg Daudebardia rufa Fer. 6 und brevipes Fer. 2 Ex. Vitrina sp.? zweierlei Formen: cf. pellueida MÜLL. und elongata Drar. Oonulus fulvus MürL. 4 Ex. Hyalinia sp.? Die größeren Hyalinien erleiden neben den Vitrinen in den Kalktuffen die weitgehendsten Beschädigungen, wohl die Folge ihrer Dünnschaligkeit. Man kann zuweilen in 2 Dutzenden noch kein vollständiges Stück erhalten. Es läßt sich im vor- liegenden Fall aus den erhaltenen Umgängen nur feststellen, daß der Bauplan für ein größeres Gehäuse vorgesehen war als nitens es besitzt, und daß cellaria oder glabra Sup. nicht in Frage kommen können. Ob aber die Entwicklung über nitı- dula Drar. hinausgegangen ist und draparnaldi Beck oder hiulca Jan. erreicht hat, läßt sich nicht ermitteln. Hyalinia lenticula Heın zahlreich, hammonis Ström 10 Ex. Vitrea contorta Henn 18, subrimata Ruprt. 1, crystallina Müut. zahlreich, contracta Wstup. 3 Ex. Zonitoides nitida MürL. 2 Ex. Zonites verticillus Für. 3 am Aufbau und der Skulptur leicht festzustellende Anfangsstücke. Punctum pygmaeum Drar. zahlreich. Patula rotundata MüLr. zahlreich und solaria Mk. ziemlich zahlreich. Acanthinula aculeata MürL. zahlreich. Vallonıa costata Mürr. zahlreich. Hygromia cf. hispida L. 1 unvollendetes Stück, incarnata Mürı. 1 Ex. Euomphalia strigella Drar. 4 Ex. Eulota fruticum MürL. 6 Ex. Artanta arbustorum L. zahlreich, Gebüschformen. Tachea hortensis MüLL. Fünf gut erhaltene Stücke verteilen sich auf zwei Formen: a) eine kleine, festschalige, wie sie lebend in trockenen Höhenlagen vorkommt (sogen. Bergform), und eine größere, dünnschalige, mit schmalen, in Flecken aufgelösten Bändern (3 Stücke). Man könnte bei der letzteren an Tachea stlvatiea Drap. denken, und die Bänderung würde auffallend mit der var. rhenana Kos. vom Oberrheintal und der Nordwest- schweiz übereinstimmen, nicht aber die Form der Mündung, namentlich nicht die Richtung des Unterrandes, die bei fossilen Schalen noch das einzige sichere Unterscheidungsmerkmal bleibt. Ein Verblassen der Bänder, ein Zurückgehen in schmale Streifen und eine Auflösung in Fleckenreihen erfolgt bei hortensis an sehr nassen, schattigen Standorten, wie in Sumpf- und Ufer- er gebüschen. Daß ein solcher Standort vorausgesetzt werden darf, liegt in der Natur der Ablagerung ''. Pupa doliolum Brus.15, pagodula Desm. häufig, triplicata Srun.1l, edentula Drar. 12, minutissima Harım. 2, claustralis GREDLER zahlreich, alpestris Aun. 3, moulinsiana Duruy 1, antivertigo Drar. 1, pusilla MüLr. 20 Ex. und angustior JErFR. zahlreich. Olausilia pumila ZıesL. 8, ventricosa Drap. 4, plicatula Drar. 3, Jlograna Zieeu. 20 Ex. Cionella lubrica MürL. 4, var. exigua Mke. 7 Ex. Succinea peifferi Rssm. zahlreich, aber meist zerbrochen. Oarychium minimum Mütr. zahlreich, tridentatum Rısso häufig. Limnaea mucronata Heıv, durch das ziemlich hohe, spitze Ge- winde mit den tiefen Nähten gekennzeichnet; häufig, aber selten vollständig auszuschlämmen; ovata Drar. zahlreich, meist in Scherben ; trumeatula Mürt. 10 Ex. Planorbis leucostoma Mir. 15 Ex. Acme polita Harrm. zahlreich. Belgrandia germanica Cuess. häufig. Lartetia quenstedti var. acuta GEYER 4 Ex. Valvata alpestris Küst. häufig. Pisidium fontinale C. Pr. 1 vollständiges Ex. Zusammen 53 Arten, wovon 12 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen = 23%. Dabei ist zu berücksichtigen, daß unter den größeren Hyalinien auch eine erloschene Form steckt, sowie daß Valvata alpestris auf der Neckarseite der Alb gänzlich verschwunden ist, und endlich, daß Vitrea contracta, Pupa doliolum und Clausilia filograna bedeutend zurückgegangen, zum Teil im Filstal ausgestorben sind und kaum in rezenten Anspülungen noch vorkommen; vergl. das Verzeichnis von Geislingen bei den jüngeren Kalktuffen. Pupa(Isthmia) claustralis GREDLER ist in der deutschen Fauna eine seltene Erscheinung. Rezent kommt sie nach ihrem Autor? in der Umgebung von Bozen vor. REINHARDT? fügt noch ' In den südlichen Ländern Österreichs kommen Tacheen mit punktartig aufgelösten Bändern häufig als Lokalvarietäten vor. Vergl. Malakozoolog. Blätter. 15. Bd. S. 56. L. Pfeiffer. ® Gredler, Prof., Tirols Land- u. Süßwasserconchylien. Abhandl. zool. bot. Ges. Wien. Bd. VI. 1856. S. 116 f. > Reinhardt, O., Über Isthmia-Arten etc. Sitz.-Ber. Ges. naturf. Fr. Berlin. 1879. S. 133—139. FREE ERS einige weitere Standorte in Südtirol hinzu. Cuessin ! will sie aus dem Isargenist erhalten haben, wo sie sehr selten sei. Fossil führt sie Weıss® in das Pleistocän von Weimar—Taubach ein; er wirft aber zwei ihr nahestehende mediterrane und östliche Formen mit ihr zusammen und konstruiert daraus ein weiteres Verbreitungsgebiet. Wosr? bestätigt in seiner Tabelle die Weiss’sche Angabe. Nach GrepLer’s Beschreibung, die den Tatbestand richtig wiedergibt, wie ich mich durch eigene Aufsammlungen um Bozen überzeugen konnte, kommen der P. claustralis zwei Zähne zu, von welchen „die Lamellenfalte im Gaumen so tief zurückliegt, daß nur bei schiefer Stellung des Gehäuses das stärkere Vorderende wahr- genommen werden kann“ ; deutlicher erscheint sie „am durchscheinen- den Nacken“. Während nun bei unsern Geislinger Exemplaren die „in eine zahnartige Schwiele erweiterte Spindelsäule“ und der ziemlich starke und weit vortretende Faltenzahn auf der Mündungswand bei entsprechender Vergrößerung deutlich wahrgenommen werden können, ist von einem Gaumenzahn nichts zu sehen, vermutlich deshalb, weil die Kalzinierung die Durchsichtigkeit des Nackens ausgelöscht hat. Herr Geheimrat Prof. Dr. OÖ. ReınsArpt, dem die Geislinger Isthmien zur Begutachtung vorgelegt wurden, hatte die Freundlich- keit, meine Bestimmung zu bestätigen. Das Geislinger Vorkommen von F. claustralis ıst nicht das einzige in Württemberg (s. Hausen i. Tal). Ich vermute aber auch, daß die von mir in den Enzschottern‘ gefundene kleine, schmale und feinrippige Form von P. minutissima hieher gehört, um so mehr, als auch im Geislinger Tuff beide Isthmien nebeneinander vorkommen. Fraglich ist es aber, ob die zahnlose Enzform bei opisthodon OÖ. Rupr. aus Siebenbürgen oder claustralis var. anodus GREDLER aus Südtirol unterzubringen ist. Mit Ausnahme von P. minutissima sind sämt- liche Isthmien in Schwaben längst erloschen. Limnaea mucronata Hrn ist eine Charakterform der Bäche und Seen der bayrischen Alpenkette. Sie scheint einstens auch die Bäche der Alb bewohnt zu haben°. Fb: ı Olessin, S., Conchylien-Auswurf bayr. Flüsse. 39. u. 40, Ber. naturw. Ver. Regensburg. 1911. S. LXIV. ? Weiß, Arthur, Conchylienfauna altpleistoc,. Travertine ete. Nachrichts- blatt Deutsch. mal. Ges. 1894. S. 156. > Wüst, Ewald, Die pleistocänen Ablagerungen von Weimar etc. Zeitschr. f. Naturw. Bd. 82. 1910. ‘ * Geyer, D., Uber diluviale Schotter etc. Jahresber. u. Mitteil. Oberrhein. geolog. Ver. N. F. Bd. IV. Heft 2. S. 128. 5 Vergl. dies. Jahresh. 1910. 8. 313. 6. Von den Kalktuffen im oberen Donautal ist der von Langenbrunn zwischen Beuron und Hausen i. Tal schon wiederholt behandelt worden. Jäger! bestätigt die Vermutung, daß er dem „Diluvial- boden“ zugehöre (S. 130). Reumann und Ecker? führen Helix pomatia daraus an (9. Bd. S. 84), und SanDBERGER” nennt Artanta arbustorum, die er von Reumann erhalten hat. Neuring * nimmt Langenbrunn in seine „Übersicht über 24 mitteleuropäische Quartärfaunen“ auf. Ich suchte den Aufschluß auch auf, fand ihn aber so zerfallen, daß eine Ausbeutung unmöglich war. Die beiden genannten Schnecken beweisen für das Alter des Tuffes nichts. Helix pomatia wird zwar vielfach für einen Zeugen aus jüngerer Zeit gehalten: sie ist jedoch in Württemberg schon zur Diluvialzeit aufgetreten und kommt, wie Krem? S. 98 und 107 berichtet, im Sauerwasserkalk von Cannstatt vor, wo auch ich sie an der von Krem bezeichneten Stelle fand. Ein großes Kalktufflager befindet sich hinter dem Dorf Hausen i. Tal. Auch dieses möchte man schon der eigenartigen Struktur und der übrigen äußeren Umstände wegen für diluvial halten. Der große Aufschluß ist gleichfalls verlassen ; aber eine massige Wand aus un- geschichtetem, splitterhartem Sinter erhebt sich aus dem Schutt. In der Höhe zeigt sich eine unregelmäßige Schicht, und Nischen von mergeligem Grus reihen sich dort aneinander, dem sehr schwer bei- zukommen ist. Wenn sonst am Fuß der Tuffwände und aus dem verwitternden Getrümmer die Reste der größeren Schnecken bequem und zuweilen in großer Zahl abgelesen werden können, so fiel es hier auf, daß außer einem einzigen Stück von Artanta arbustorum auch gar nichts aufzulesen und keine Spur einer Schnecke in der Wand zu entdecken war. Vom Grus habe ich 1'/s Ztr. geschlämmt und folgendes Ergebnis erhalten: Vitrea erystallina Mürn. 2, Punctum ı Jäger, Dr. G., Über einige fossile Knochen und Zähne des Donautals. Dies. Jahresh. 1853. S, 129 — 172. 2? Rehmann, Dr. und Ecker, A., Zur Kenntnis der quartären Fauna des Donautals. Archiv f. Anthropologie. 9. Bd. 1876. S. 81—95 und 10. Bd. 1878. S. 399— 409. ° Sandberger, F., Land- und Süßwasserconchylien der Vorwelt. Wies- baden 1870—75. S. 884. * Nehring, Alfred, Zeitschr. Deutsch, geolog. Ges. XXXII. Bd. 1880. S. 468—59%6. ° Klein, Dr. v., Conchylien der Süßwasserformationen Württembergs. Dies. Jahresh. Bd. 2. 1846 (ersch. 1847). S. 60—116. re Fe pygmaeum Drap. 18, Vallonia costata MürL. 18, Hggromia hispida L. 3 unvollendete, Pupa muscorum L. 2, claustralis GREDLER 4, pusilla Mürr. 1, Cionella lubrica var. exigua Mxke. 1, Caecilianella acicula MÜLL. fossil, nach der Tiefe des Lagers ım harten Fels auch nicht anders möglich, Carychium minimum Mir. 24 Ex. Dazu kommt noch die oben schon genannte Artanta arbustorum L. in 1 Ex.; zusammen 11 Arten, wovon 1 lokal erloschen. Wenn die Ausbeute auch gering ist, so befindet sich mit Pupa (Isthmia) claustralis GREDLER doch glücklicherweise ein unzweideutiges Leitfossil, und zwar für den älteren Tuff dabei, daß wir die schöne Terrasse von Hausen diesem ohne weiteres zuweisen dürfen. C. Jüngere Kalktuffe. Die Anordnung der behandelten Tufflager ist eine geographische. Nach dem einzigen, ungenügenden Aufschluß im Nordosten von Stuttgart, an der Grenze des Frankenlandes, kommt eine Reihe von Aufschlüssen am Ostrand des Schwarzwaldes zur Besprechung, denen sich ein vereinzelter von den Fildern südöstlich von Stuttgart an- schließt. Sodann folgen die Tuffe der Albtäler, und zwar zuerst diejenigen der Neckarseite (Nordwestrand) in der Anordnung von Südwest nach Nordost, hierauf diejenigen der Donauseite in derselben Reihenfolge. Den Schluß machen einige Vorkommnisse im südlichen Oberschwaben innerhalb der jüngeren Endmoräne des Rheingletschers. I. Im Muschelkalkgebiet. 1. Bei der Anhäuser Mühle bei Vellberg zwischen Schwäbisch-Hall und Crailsheim ist ein Kas- kadentuff angebrochen, den ein Bach vor seinem Sturz in die Bühler abgesetzt hat, meist harter Fels mit ganz wenig Grus in den oberen Regionen, der das Schlämmen nur in ganz bescheidenem Maße gestattete. Die Lage des Tuffes und seine eigentümliche, an die Donautaltuffe erinnernde Struktur legten den Gedanken an ein dilu- viales Alter nahe und veranlaßten mich, dem ungenügenden Auf- schluß zum Trotz eine Untersuchung vorzunehmen. Wenn dadurch die Vermutung auch in keiner Weise eine Unterstützung erfuhr, so halte ich es dennoch nicht für wertlos, die Ausbeute hier zu ver- öffentlichen, weil das ungenügende Ergebnis in erster Linie auf den Mangel eines geeigneten Aufschlusses zurückzuführen ist und weil aus dem in Betracht kommenden Landesteil noch keine ähnlichen Mitteilungen vorliegen. Es wurden gesammelt: Conulus fulvus Mür., Hyalinia hammonis Ström., Vitrea erystallina Mürr., Zonitoides nitida Möır., Puncetum pygmaeum Drar., Vallonia pulchella MüLL., excentrica STERKI, costata MüLr., Pupa antiwertigo Drar., substriata JErFR. (12 Ex.), pusilla Mürr., Clausilia dubia Drap., Cionella lubrica Mörr., Cary- chium minimum Möütt. Zusammen 15 Arten, wovon keine lokal erloschen. 2. In Mönsheim OA. Leonberg, zwischen Stuttgart und Pforzheim, an der nach Weissach führenden Dorfstraße ; verschwemmter Bachtuff, bestehend aus einzelnen festen Brocken, dazwischen Grus, von einem dunkleren, humusreichen Band durchzogen, das Schneckenschalen in großer Zahl enthielt; deut- liche Spuren einer Zusammenschwemmung; Grube im Betrieb zur Gewinnung von Dekorationssteinen und Sand. Vitrina pellucida MüLt. und diaphana Drar., zerbrochen, aber noch erkennbar. Conulus fulvus MüLL. Hyalinia cellarıa Mvtr., nitens Mıch#., lenticula HeıL und ham- monis STRÖM. Vitrea erystallina Mürr. und contracta Wstuo. (ziemlich häufig). Punctum pygmaeum DRrar. Patula rotundata Mütt. Acanthinula aculeata Mürt. Vallonia costata Mütt. zu Tausenden. Trigonostoma obvoluta MüLL. Isognomostoma personatum Lam. Hygromia hispida L. häufig und in zwei Formen: a) eine kleine, gedrückt kugelige, mit langsam zunehmenden Umgängen und verengtem Nabel. Aus Württemberg, kenne ich keine entsprechende rezente Form; aber an den Fried- hofmauern von Dürkheim a. H. (Pfalz) sammelte ich eine übereinstimmende Form in großer Anzahl; b) eine große und flache concinna JEFFR. Hygromia incarnata MüLr. Eulota fruticum Möüut. Chilotrema lapieida L. Arianta arbustorum L. Tachea nemoralis L. und hortensis MüLı. Buliminus obscurus MÜLL. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 5 Pupa doliolum Bruc. (7 Ex.), edentula Drar. (auch erwachsene), columella G. Marrs. 2, alpestris ALv. 4 Ex. und pusilla MvLt. zahlreich. Clausilia laminata Mont. 4, orthostoma Mkr. 3, parvula Stun. häufig, dubia Drar. 4, cruciata Stun. 5, ventricosa Drar. 1, lineolata Hero 4, plicatula Drar. 5 Ex. Oionella lubrica MöLL., Succinea oblonga Drar:, schlank und spitz ausgezogen. CGarychium minimum MirL. zu Tausenden. Acme polita HaRrT1M. Zusammen 40 Arten, davon 4 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Beim Schlämmen kamen sehr viele unvollendete Schalen zum Vorschein, aber keine Scherben. Die Schnecken. lagen also an primärer Stelle und sind von einer Frühjahrsflut im Bachtal gesammelt und hieher verschwemmt worden. Der Zustand der Schalen und die Art ihrer Anhäufung entspricht den aus Schneckenschalen und pflanzlichem Detritus zusammengesetzten Hochwasserdünen zur Zeit der Schneeschmelze'. Die erloschenen Arten, vorab Pupa columella, berechtigen dazu, die Entstehung der Ablagerung in die Zeit zu versetzen, als die Lößfauna im Unterland noch nicht völlig er- loschen war. 3. Bei Gültlingen (Wildberg) stark verschwemmter Bachtuff, s. diese Jahresh. 66. Jahrg. 1910. Dralb.r.; zusammen 50 Arten, wovon 2 lokal erloschen (Patula ruderata Stup. und Pupa moulinsiana Dupuy). 4. Bei Rohrdorf OA. Nagold (am Ostrand des Schwarzwalds), an der Straße nach Walddorf, halb- wegs, links am Abhang, verrutschter Gehängetuff, Quellabsatz, Tuffbildung an dieser Stelle zum Abschluß gekommen; fester Sinter und sandiger Grus; Schnecken zerstreut; Grube im Betrieb zur Gewinnung von Sand. Vitrina, vermutlich diaphana Drar., keinenfalls pellucida Münr. Gonulus fulvus MÜLL. Hyalınıa cellaria Müur., nitens Mıcn., lenticula HrıLn, hammonis STRÖM. ı Vergl. Geyer, D., Über diluviale Schotter ete. Jahresber. u. Mitteil. Öberrh, geolog. Ver. N. F. Bd. IV. Heft 2. S. 120f. BREI | DR Vitrea erystallina MürLL. und contracta Wstuv. (häufig). Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata MüLt. Acanthinula aculeata Mürr. mit mut. albina. Vallonia costata Mür. Trigonostoma obvoluta MürL. Isognomostoma personatum LM. Perforatella edentula Drar. 1 Ex. Hygromia hispida L. (nur 1 Ex., in der den Tuff bedeckenden Humusschicht aber häufig), striolata C. Pr., villosa Drar. 1 Ex., incarnata MÜLL. vulota fruticum MÜLL. Chilotrema lapieida L. Artanta arbustorum L. Tachea nemoralis L. und hortensis MÜLL. (Helix pomatia L. nicht im Tuff, aber in der Humusschicht). BDuliminus montanus Drar. und obscurus MüÜt. Pupa edentula Drar., alpestris Av. 7, substriata JEFFR. 2 Ex., pusilla MÜLL., angustior JEFFR. Clausilia laminata Mont. 2, parvula Stun. 6, dubia Drar. 3, cruciata Stud. 1, ventricosa Drar. 3, lineolata« Hrn 1 und pli- catula Drar. 1 Ex. Cionella lubrica MüL. (Caecilianella acicula Mürr. nicht fossil.) Succeinea putris MüuL., pfeifferi Rssm. und oblonga var. elongata Au. Brn. 3 Ex. Carychium minimum Mtun. Limnaca truncatula MÜLL. Acme polita Harrm. häufig. Pisidium pusillum seltener. Zusammen 46 Arten, wovon 2 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. 5. Haiterbach OA. Nagold. a) im Dorf, Grube des Färbers Philipp Schuhmacher, echter Schwemmtuff, mergelig fetter Grus; Schnecken zerstreut ein- gelagert; einseitige Auslese kleiner Arten: Vitrina pellucida MÜLL. 1 Ex., Oonulus fulvus MüLL., Hyalinia hammonis STRÖM und petro- nella Prr., Vitrea erystallina MürL. zu Hunderten, Punctum pyg- maeum Drar., Vallonia pulchella häufig und nur diese, Pupa anti- 5* Sn a vertigo Drar., pygmaea Drar., Oionella lubrica MüuL., Succinea pfeifferi Rssm. und oblonga MüırL., letztere nur in kleiner, spitzer Form, elongata Au. Brn. noch nicht erreichend, Carychium minimum Müut. b) bei der Sägmühle unterhalb des Dorfes, Quellabsatz, Gehängetuff, Tuffbildung erloschen; Grube nicht im Betrieb, Gelegenheit zum Schlämmen sehr beschränkt. Vitrina diaphana Drap., Conulus fulvus MürL., Hyalınıa nitens MıicH. und lenticula Heup, Vitrea cerystallina MüLL., Punctum pygmaeum Drar., Patula rotun- data Mürr. häufig, Vallonia pulchella Mürr., Isognomostoma perso- natum Lm., Hygromia hispida L. und villosa Drar., Eulota fruticum MüÜrr., Arianta arbustorum L., Tachea hortensis MürL., Pupa eden- tula Drap., alpestris Aun.! 2, substriata JEFFR.? 3, pusilla MürL. 1 Ex., Olausilia dubia Drar., Oionella lubrica MÜLL., Succinea oblonga MüLL., Carychium minimum MöLt. M. Scamiprt ® macht darauf aufmerksam, daß die Kalktuffbildung bei Haiterbach vor längerer Zeit schon zum Stillstand gekommen ist, und er ist geneigt, wenigstens den älteren Kern der Ablagerungen dem Diluvium zuzuweisen. Zu meinem Bedauern gestatteten die Aufschlüsse nicht, so umfassend dort zu sammeln, daß sich Belege für diese Anschauung ergeben hätten. Die Ergebnisse meiner Auf- sammlungen nötigen mich, die Haiterbacher Tuffe hier einzureihen. 6. Bei Heiligenbronn OA. Horb, ein erloschenes „Gehängemoor", bestehend aus mergeligem, nassem Tuffgrus, der fortlaufend wie ein Torflager abgestochen wird, über- lagert von schwarzem Torf. Tuff und Torf enthalten dieselben Mollusken; die nachstehenden entstammen dem Tuff. Vitrina diaphana Drar. Conulus fulvus Müun. Hyalınia cellaria MüLL., nitens Mıca., lenticula Hrunp und ham- monis DTRÖM. Vitrea erystallina Mürt. Punctum pygmaeum DRrar. Patula rotundata Mür. ! Zwar noch nicht rezent am Ostrand des Schwarzwaldes im Muschelkalk- gebiet gefunden, aber bei Schramberg im Urgebirge und bei Backnang im Muschelkalk. ® Findet sich rezent auch im Auswurf der Nagold und der Teinach. ° Erläuterungen zur geolog. Spezialkarte des Kgr. Württ., Blatt Altensteig. 1908. 5. 56 f.; Blatt Nagold. 1909. S. 50. EI Acanthinula aculeata MüLt. Vallonia pulchella MÜLL. und costata Mür. Trigonostoma obvoluta MüvrL. häufig. Isognomostoma personatum Lu. häufig. Perforatella edentula Drar. häufig. Hygromia hispida L. 1 Ex., striolata C. Pr. häufig, meist hoch- gewunden, auch kleine Bergformen, var. montana Srun.; villosa Drar., incarnata MÜLL. Chilotrema lapıicida L. Eulota fruticum MüLt. Artanta arbustorum L. Tachea nemoralis L. gebändert und hortensis MüLr. meist einfarbig. Buliminus montanus Drar. Pupa muscorum L. 12, edentula Drar. 5, zum Teil erwachsen, pygmaea Drar. 20, antivertigo Drar. 12, substriata JEFFR. 20, angustior JEFFR. 20 Ex. Olausilia laminata Mont. 1, biplicata Mont. 6, ventricosa Drar. 4, lineolata Hero 1 und plicatula Drar. 3 Ex. Cionella lubrica Müun. Oaecilianella acicula MüLt. Succinea putris L. und oblonga Drar. klein und spitz. Carychium minimum Mürr. die häufigste Art. Limnaea truncatula Drap. Acme polita Harte. Pisidium fontinale C. Prr. Zusammen 44 Arten, wovon keine lokal erloschen. Zur Entstehungszeit des Tuffes muß hier ein Laubgehölz be- standen haben; der angrenzende Tannenwald hat schwerlich die vor- stehend verzeichnete Fauna beschützt. Aygromia montana ist jetzt im östlichen Teil des Schwarzwaldes selten. 7. Bei der Haugensteinmühle im Diessener Tal, s. Mitteil. Geolog. Abteil. Kgl. Württ. Stat. Landes- amtes. No. 9. 1912. S. 9; verschwemmter Gehängetuff; zusammen 26 Arten, wovon keine lokal erloschen. 8. Bei Diessen in Hohenzollern, Bachtuff, im Seitental, das im Dorf Diessen rechts einmündet; wie oben S. 10 (Aufschluß 2); zusammen 28 Arten, wovon keine lokal erloschen. a pe 9. Bei Diessen, links vom Dorf hoch am Abhang; Gehängetuff; wie oben (Auf- sehluß 3),8.1072 zusammen 32 Arten, wovon keine lokal erloschen. 10. Am Diessener Bach, etwa 1 km oberhalb der Mündung in den Neckar; Schwemmtuff,; wie oben (Aufschluß 5) S. 11f.; zusammen 42 Arten, wovon 1 lokalerloschen (Pupa moulin- siana Duruy). | 11. Bei der Dettinger Fabrik, in‘Hohenzollern, Schwemmtuff; wie oben 8. 13; zusammen 29 Arten, wovon keine lokal erloschen. 12. Oberhalb Leinstetten im Glatt-Tal, echter Gehängetuff, Quellabsatz, der in einem großen Aufschluß abgebaut wird und begehrte Bausteine liefert; Tuffbildung an dieser Stelle erloschen. Vürina diaphana Drar. Conulus fulvus MÜLL. Hyalinia depressa STERKI 3 Ex., cellaria MüLL., nitens Mich., lenticula Her». Vitrea erystallina MürtL. und contracta Wstıp. 12 Ex. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata Mürr. Acanthinula aculeata MüLL. Vallonıa costata MüLL. Trigonostoma obvoluta MÜLL. Isognomostoma personatum La. Perforatella edentula Dear. Hygromia hispida L. und incarnata Mürr. Eulota fruticum Möüun. Chilotrema lapieida L. Arianta arbustorum L. (Xerophila ericetorum MüLL., 2 Exemplare aus der obersten, in den Humus übergehenden Lage; in derselben Schichte fand ich sie früher schon bei Gültlingen; s. auch Pfullingen.) Tachea nemoralis L. und hortensis MüLt. Pupa secale Drar. 4, edentula Drar., minutissima HarTM., pygmaea Drar. 2 Ex., antivertigo Drar., angustior JEFFR. Ra. ER Olausilia parvula Stun. 4, ventricosa Drar. 1, lineolata Heıv 2 Ex. Cionella lubriea MüL. Suceinea putris L. und oblonga Drar. Carychium minimum Mürı. Limnaea truncatula Mütt. Acme polita Hartm. und lineata Harrn. Zusammen 38 Arten, wovon 2 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Hyalinia depressa STERKI wurde als rezente Schnecke 1880 von ihrem Autor in die Fauna eingeführt!. Er sammelte sie am Randen und im Wutachtal sowohl auf schweizerischem als badi- schem Gebiet an einzelnen Lokalitäten, an steilen, steinigen Abhängen. Wuasner ? führt sie von Österr.-Schlesien, Niederösterreich, Steiermark, Siebenbürgen und Montenegro an, und Borringer®? fügt aus der Schweiz die Umgebung von Basel, das Reußtal und den Neuenburger Jura hinzu. Er nimmt an, sie gehe im Gebirge bis zu 1000 m; nach PIaGET* aber soll sie in der „Region superieure des for&ts“ bis 1600 m steigen können, $. 566. Übrigens liegt seinen Angaben nur ein einziger Fundpunkt zugrunde (Val Ferret 8. 547). Fossil wird sie nur von Frün” unter den Schnecken im post- glazialen Löß im St. Galler Rheintal aufgezählt. Ich selbst bin der rezenten Schnecke in Württemberg nirgends begegnet und fand sie fossil auch nur bei Leinstetten und Bärental in guten Exemplaren, die mit Sterkt's Beschreibung und den Belegen des hiesigen Kgl. Naturalienkabinetts aus der Hand Cressiw’s überein- stimmen. Die Schnecke gehört fossil wie rezent zu den Seltenheiten. Es wäre darum immerhin möglich, daß sie noch lebend gefunden würde. Meine Bemühungen, sie in der Umgebung ihrer ehemaligen Standorte aufzufinden, sind bis jetzt erfolglos gehlieben. Xerophila ericetorum Mörr. erscheint hier auch zum erstenmal unter den schwäbischen Fossilien. Die Literatur weiß wenig von ihr zu berichten. SANDBERGER® zählt sie zuerst von La Celle sous Moret an der Seine bei Paris aus einem Kalktuff auf, ! Sterki, Dr., Nachrichtsblatt Deutsch. mal. Ges. 1880. S. 104 f. 2 Wagner, Dr.-Ant., Ebenda. 1907. S, 110. ® Bollinger, Gottfried, Zur Gastropodenfauna von Basel. Inaug.- Diss. Basel 1909. S. 46. * Piaget, Jean, Malacologie alpestre. Revue suisse de Zoologie. Geneve1913. ° Früh, J., Vierteljahrsschrift naturf. Ges. Zürich. 44. Jahrg. 1899. Ss. 157—191. 412,184. 01187868: er dessen übriger Fossilinhalt auf diluviales Alter schließen läßt. Allein wir dürfen nicht übersehen, daß X. ericetorum eine westeuropäische Schnecke ist, die an der Seine viel früher auftreten konnte als östlich des Rheins. Hier nennt SAnDBERGER' den alluvialen Kalktuff von Ahlersbach i. d. Breitfirst mit unserer Schnecke. Weiterhin gibt sie WOLLEMAnN”? ebenfalls aus alluvialem Kalktuff vom Lappwald bei Walbeck an. Trotzdem sie dort in Gesellschaft von noch jetzt lebenden Schnecken erscheint, glaubt MenzeL?, daß WOoLLEMAnN das Opfer einer Verwechslung geworden sei, weil er auch fremdes Material benutzt habe. Menzer selbst hat X. ericetorum nirgends „aus älteren Alluvialablagerungen zu Gesicht bekommen“. Auch Crzssım ® fand sie „nirgends im Tuff“ von Oberalling bei Regensburg, „obwohl sie häufig auf den Wiesen“ dort lebe; ebenso fehlt sie nach CLzssm dem Alluvium von Regensburg’. Kocn‘® dagegen kennt sie aus dem Alluvium des Rheintales und rechnet X. ericetorum mit zu den „Leitpetrefakten dieser jüngsten Alluvialschicht“. Was den Kalktuff betrifft, so kann X. ericetorum ın Quell- absätzen, bevor nicht durch eine Entfernung des Gebüsches und Baumwuchses, der solche Örtlichkeiten im ursprünglichen Zustand immer kennzeichnet, der Boden zu ihrer Ansiedlung vorbereitet wurde, vermöge ihrer ökologischen Ansprüche kaum vorkommen; vereinzelt aber mag sie durch Einschwemmung auch dahin geführt werden; in Schwemmtuffen dürfte sie nicht auffallen (vergl. Dulimimus detritus im Schwemmtuff von Mühlheim). Trotzdem werden wir, wie es auch das Vorkommen bei Leinstetten dartut, X. ericeforum den Jüngsten Ablagerungen zuweisen müssen, die wir mit dem jüngeren Kalktuff nicht mehr vereinigen dürfen. 13. Oberhalb des Dorfes Glatt im Glatt-Tal, am linken Talhang, echter Gehängetuff, Quellabsatz, durch eine starke Quelle noch in der Gegenwart fortgesetzt. ! Sandberger, F., Verbreitung Moll. nat. Bez. Unterfrankens. Verh. phys. med. Ges. Würzburg. N. F. 1886. S. 318. ® Wollemann, A., Fossilien der Kalktuffe des Elms- und Lappwaldes. 15. Jahresber. Ver. Naturw. Braunschweig 1905/08. S. 57. ® Menzel, Dr. Hans, Quartärfaunen nördl. Vorlande d, Harzes. Centralbl. f. Min. etc. 1909. No. 3. S. 89. * Clessin, S., Tuffablagerungen i. Tale d. Schwarzen Laaber. Ber. naturw. Ver. Regensburg. 1905/06. Heft XI. S. 19. 5 Derselbe. Alluviale Conchylien. Ebenda. 1907/08. 8. 7. 6 Koch, Karl, Erläuterungen z, geol. Karte Preußens. Blatt Eltville. S. 46. nn Conulus fulvus Mürr. Hyalinia cellaria Müun., nitens Mıcn., lenticula Heu. Vitrea erystallina MüLL. und contracta Wsıın. 8 Ex. Puncetum pygmaeum Drar. Patula rotundata MüLt. Acanthinula aculeata Mürr. Vullonia costata MüLL. Triyonostoma obvoluta MÜLL. Perforatella edentula Drap. Hygromia hispida L. und wncarnata MüL. Chilotrema lapieida L. Eulota fruticum Mürr. Arianta arbustorum L., Buschformen. Xerophila candıdula Stun. 1 Ex. Tachea nemoralis L. und hortensis MüLt. Helix pomatia L. 5 Ex. Buliminus obscurus MüLt. Pupa secale Drar. 8, muscorum L. 30, edentula Drar. 10, minu- tissima Harrm. 32, alpestris Ann. 1, pygmaea Drar. 4 und pusilla MüL. 2 Ex. Olausilia luminata Mont. 1, biplicata Mont. 1, parvula Stun. 2, lineolata Hrın 2 Ex. Cionella lubrica MüLL. Caecilianella acicula MüLL. Succinea putris L. und oblonga Drar. Carychium minimum Müu. Acme polita Harrm. 15 und lineolata Harım. 13 Ex. Pisidium pusillum GMEL. Zusammen 41 Aıten, wovon I (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Mit Xerophila candidula Stun. erscheint ein seltenes Ele- ment im Kalktuff, das einige Bemerkungen notwendig macht. TıscHBEin ' bringt, soweit ich die Literatur kenne, die erste Kunde von einem fossilen Vorkommen der Schnecke in dem „Diluvial- tuff“ bei Langenholzhausen im Fürstentum Lippe, von wo er wenige Exemplare mit anderen Schnecken erhalten hat, von denen keine einzige auf diluviales Alter hinweist. Es sind die gemeinsten Arten der Gegenwart. ı Tischbein, Nachrichtsblatt Deutsch. mal. Ges. 1871. 8. 54f. Be Naumann und Pıcarp ' zählen unter den Mollusken der „oberen präglazialen Saaleterrasse“ auch X. candidula auf, versehen sie aber mit einem Fragezeichen, S. 584. Ein ähnlicher Mangel haftet der Angabe von SIEGERT und WEISSERMEL? an, die aus der dem „1. Interglazial“ zugeschriebenen Unstrutterrasse bei Körbisdorf „mehrere nicht ganz vollständige Stücke“ anführen, S. 151. In den Arbeiten von Menzet erscheint X. candıdula wiederholt. In dem Kalktuff am Windebyer Noor bei Eckernförde®, der in das Spätglazial und den Anfang des Postglazials gestellt wird, finden sich zugleich Pupa turritella WsTLo., parcedentata Au. Brn., krauseana O. Rupt. und substriata JEFFR., die „zur bezeichnenden arktischen und subarktischen Fauna“ gehören sollen. Den Kalktuff von Alfeld a. d. Leine stellt Mexzer ins Altalluvium, „Ja wohl noch in den Ausgang der Diluvialzeit“, und die dortige fossile Fauna zeigt eine ähnliche Zusammensetzung wie unsere jüngeren schwäbischen Kalktuffe, großenteils mit denselben heute selten ge- wordenen Schneckchen. X. candıdula sei selten im Alfelder Kalktuff. Postglazial ist nach Menzen der Moormergel von Woitfick’ in Hinterpommern, jungalluvial das Quellmoor von Lenkuk® in Ost- preußen, die durchweg nur Reste rezenter Tiere enthalten, worunter X. candidula. Frün” kennt sie aus dem postglazialen Löß des St. Galler Rheintals, GutzwiLLer® aus der Niederterrasse unter der Ackererde in der Kiesgrube von Hagnau bei Basel, SchmivLE” aus den „Gras- ! Naumann, Ernst, und Picard, Edmund, Weitere Mitteilungen über das diluviale Flußnetz in Thüringen. Jahrb. K. Preuß. Geolog. Landesanstalt. 1908. Bd. XXIX. S. 566—588. ? Siegert,L., und Weißermel, W., Das Diluvium zwischen Halle a.S. und Weißenfels. Abhandl. K. Preuß. Geolog. Landesanstalt. N. F. Heft 60. 1911. ® Menzel, Hans, Klimaänderungen u. Binnenmollusken etc. Zeitschr. Deutsch. geolog. Ges. Bd. 62. Jahrg. 1910. Heft 2. S. 220— 222. * Derselbe, Beiträge zur Kenntnis der Quartärbildungen im südl. Hannover. 3. Das Kalktufflager von Alfeld. Jahrb. K. Preuß. Geolog. Landesanstalt. 1905. Bd. XXVI. Heft 1. S. 1-14. 5 Derselbe, Klimaänderungen u, Binnenmollusken etc. Zeitschr. Deutsch. geolog. Ges. Bd. 62. Jahrg. 1910. Heft 2. S. 229—231. 6 Heß von Wichdorff, a.a.O. 8. 334, nach Menzel. ” Früh, J., Vierteljahrsschr. naturf. Ges. Zürich. 44. Jahrg. 1899. S. 182. ® Gutzwiller, A., Diluvialbildungen d. Umg. v. Basel. Verhandl. naturf. Ges. Basel. 10. Bd. 1895. S. 540. °Schmidle, W., Postglaziale Ablagerungen im Bodenseegebiet. Central- blatt f. Min. etc. Jahrg. 1911. No. 4—8. S. 156. lehmen“ von Thaingen bei Schaffhausen a. Rh. und endlich Kock! aus den „Alluvionen“ der Rheintalebene unterhalb Mainz: er rechnet X, candidula mit zu den „Leitpetrefakten der jüngsten Alluvial- schicht“. Die Beweise für das Auftreten der Schnecke im Diluvium sind völlig unzureichend. Tiscugem’s Diluvialtuff ist eine jüngere Ablage- rung, und wer es weiß, wie schwierig zum Teil schon bei rezenten Exemplaren die Unterscheidung zwischen striata- und candidula- Formen wird, der versteht das Fragezeichen bei Naumann und Pıcarv zu deuten und setzt auch eines hinter die unvollständigen Exemplare bei SIEGERT und WEISSERMEL. Das sicherste Unterscheidungsmerkmal von der sehr nahestehenden und in diluvialen Ablagerungen häufigen X. striata MürL. besteht in der Schalenskulptur, die bei Exemplaren aus Schottern infolge der mechanischen Abreibung und des Kalk- hungers des Wassers häufig zerstört ist. Unverständlich ist das Vor- kommen von X. candidula bei Eckernförde, vollends wenn noch ein besonderer Nachdruck auf das Mitvorkommen arktischer und sub- arktischer Pupen gelegt wird, da X. candidula eine westmediterrane, wärmeliebende, ja xerotherme Schnecke ist. Da aber MenzeL eine „genauere Durcharbeitung neuer nach Horizonten gesammelter Proben“ in Aussicht stellt, kann man den Fall einstweilen auf sich beruhen lassen. Mit dem Kalktuff von Alfeld kommt Menzer auf eine Ent- stehungszeit, in welche wir auch unsere jüngeren schwäbischen Kalk- tuffe versetzen müssen. Aber erst bei FrüHn, GUTZWILLER, SCHMIDLE und Koch erscheint die Schnecke auf einem Boden und in einer Umgebung, wie sie uns heute geläufig ist. In den Quelltuffen ist sie ein Fremdling, ausnahmsweise durch eine Einschwemmung in einzelnen Stücken (wie bei Glatt) hereingetragen; ihre Bedürfnisse halten sie fern von Quellbezirken. Im Schwemmtuff, und ein solcher ist der von Alfeld, kann sie häufiger sein. Die Altersstellung der Tuffe von Glatt wird durch X. candidula nicht berührt. 14. Zwischen Glatt und Neckarhausen in Hohenzollern, ‚ unmittelbar neben der Straße, erloschener Gehängetuff mit wenig Grus, daher zum Schlämmen ungeeignet. Conulus fulvus Müu. Hyalinia nitens Micn. und petronella Prr. Vitrea erystallina Mürn. Punctum pygmaeum Drar. "Koch, Karl, Erläuterungen z. geol. Karte Preußens. Blatt Eltville. S. 46. = re Patula rotundata MöLL. und ruderata Stun. 2 Ex. . Vallonıa costata MÜLL. Perforatella edentula Drap. Hygromia villosa DrAP. Eulota fruticum MöLt. Arianta arbustorum L. Tachea hortensis L. Buliminus montanus Drar. Pupa muscorum L. 3, pusila MüLL. 1 und angustior JErF. 1 Ex. Clausilia parvula Sup. 2 und plicatula Drar. 2 Ex. Oaecilianella acicula MüLL. Succinea oblonga DRrar. Oarychium minimum MöLL. Lartetia swevica GEYER 1 Ex. Ein Ei von Helix pomatia L. Zusammen 23 (24) Arten, wovon 1 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. If. Im Lias. — Filder. 15. Unterhalb Denkendorf OA. Eßlingen, rechts von der Körsch an der Halde, Gehängetuff, Quellabsatz ; Tuffbildung an dieser Stelle erloschen, eine starke Quelle fließt seit- wärts davon ab. Vitrina diaphana Drar. Conulus fulvus MÜLL. Hyalinia cellaria Müur., nitens MıcH., lenticula Hrıp, hammonis STRÖM und petronella Prr: Vitrea erystallina MüLt. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata MüLL. Acanthinula aculeata MüLt. Vallonia pulchella MürL. und costata MürL. Trigonostoma obvoluta MüLt. Isognomostoma personatum La. Hygromia hispida L. ziemlich klein, striolata C. Pr. und incar- nata MüL. Eulota frutieum MüL. Arianta arbustorum L. Tachea nemoralis L. und hortensis MüLt. Helix pomatia L. Buliminus montanus Drap. Pupa muscorum L. und minutissima Harn. Olausilia laminata Mont. und biplicata Mont. Cionella lubrica Mür. Caecilianella acicula Mür. Succinea putris L. und pfeifferı Rssm. Carychium minimum MüL. Limmnaeca truncatula Drar. Acme polita Hartn. Pisidium fontinale C. Pr. Zusammen 36 Arten, wovon keine lokal erloschen. III. In den Tälern der Alb. a) Neckarseite. 16. Bei Hausen im Killertal, in Hohenzollern, an der Straße nach Tailfingen, links vom Wege, unterhalb des Pumpwerkes; verschwemmter Bachtuff, Fossilien unregelmäßig im Tuffgrus zerstreut. Conulus fulvus MÜLL. Hyalinia nitens MicH., lenticula Herd und petronella Prr. Vitrea erystallina MürL. und contracta WSTLD. Puncetum pygmaeum Dear. Patula rotundata MüLL. und ruderata Stun. Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia costata MÜLL. Isognomostoma personatum La. Hygromia hispida L., striolata C. Prr. und villosa Drar. Eulota fruticum MüÜtt. Arianta arbustorum L., meist cf. trochoidalis Rorr. oder sub- montana HARTM. Tachea hortensis MÜLL. Buliminus montanus Drar. Pupa edentula DrarP. nicht selten, columella G. Mıs. 2 Ex., sub- striata JEFFR. und pusilla MÜLL. Clausilia plicatula Drap. Cionella lubrica MÜLL. Carychium minimum MÜLL. Pisidium pusillum GMEL. Zusammen 27 Arten, wovon 1 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Da Vitrea contracta auf der Alb (am Dreifaltigkeits- SE berg bei Spaichingen) noch rezent vorkommt, zählt sie hier nicht unter die lokal erloschenen Arten. Ähnlich liegt der Fall mit Papa columella; auch sie habe ich schon rezent im Geniste der Elsach am Falkenstein bei Urach und des Neckars bei Neckartailfingen, wenn auch spärlich, erbeutet. 17. Bei Pfullingen, eine Doppelgrube (P, bei Burger) am Südostausgang der Stadt; echter Schwemmtuff (Taltuff) mit Nestern und Schmitzen von Schnecken, in denen Limnaea ovata und Valvata alpestris vorherrschen. Vitrina pellucida MÜLL. Conulus fulvus Mür. Hyalinia cellaria MüLL., nitens MicH., lenticula HeıLn, hammonis STRÖM. und petronella Prr. Vitrea erystallina MüLL. und contracta WSTLD. Zonitoides mitida Müur. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata Müut. Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia costata Mürr. (pulchella kommt nur in der Humusdecke vor). Trigonoston:a obvoluta MÜLL. Hygromia (hispida L. in kleiner, hochgewundener Form aus der Humusdecke, nicht im Tuff); striolata C. Pr., zwar nicht hier, aber an anderen Aufschlüssen im Echaztal; dagegen montana var. suberecta Cuess. 7 Ex., enggenabelt, dünnschaliger und zarter als die Cannstatter Lößexemplare, mit denen sie sonst ebensogut übereinstimmen wie mit den rezenten von Gos- heim !; incarnata MÜLL. Eulota fruticum MüLr. Ohilotrema lapicida L. Artanta arbustorum L. im Tuff vereinzelt, in der Humusdecke häufiger und in kleinen Exemplaren. (Xerophila ericetorum Müur. 1 Ex. in der obersten Lage in einer Grube bei Unterhausen.) Tachea hortensis MÜLL. Pupa doliolum Bruc. 1, secale Drar. 1 (muscorum L. nicht im Tuff, aber in der Humusdecke), edentula Drar. 6 (minutissima HarTm. und pygmaea Drar. wie muscorum), cf. heldi Üuess., Is, Geyer, D., Über einige Schnecken aus dem Diluvium etc. Jahresber. u. Mitteil. Oberrh. geolog. Ver. N.F. Bd. III. Heft 1. S. 101—106. ee moulinsiana Duruy 4, antivertigo Drap. 15, alpestris Aun. 1, pusilla Mürn. 20 und angustior JErrR. 4 Ex. P. edentula, moulin- siana und antwertigo finden sich je in zwei Farben: braunrot und hell wachsgelb (Albinos). Clausilia ventricosa Drar.,im übrigen nur unbestimmbare Bruchstücke. Cionella lubrica MÜLL. (Oaecilianella acicula MüLL. sicher nicht im Tuff, aber in der Humusdecke.) Succinea putris L. und pfeiffert Rssm. Carychium minimum Mürr. zu Tausenden. Limnaca cvata Drap., palustris cf. fusca C. Prr., truncatula MÜLL. Physa fontinalıs L. Planorbis carıinatus var. dubius Harrm., leucostoma Mırr., con- tortus L. sehr klein, nautileus L. Bythinia tentaculata L. Valvata alpestris Küst. und ceristata MÜLL. Acme polita Hartnm. Lartetia quenstedti var. ara GEYER. Zusammen 48 Arten, wovon 1 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Über Vitrea contracta s. oben bei Hausen im Killertal. Hygromia suberecta ist auf die Höhen der südwestlichen Alb zurück- gegangen; ebenso haben sich Physa fontinalis und Valvata alpestris von der Neckarseite in zwei Zuflüsse der Donau — Zwiefalter Aach und Blau — zurückgezogen, so daß im Pfullinger Tal jetzt fünf der aufgezählten Tuffschnecken fehlen. Von den übrigen Aufschlüssen des Tales kann sich hinsichtlich der Mollusken keiner mit der Pfullinger Doppelgrube messen. Selbst der große Aufschluß bei der Honauer Kirche (H, bei BurGERr) ist nahezu fossilleer, wie ich mich leicht überzeugen konnte, als ein gewaltiger Gewitterregen niedergegangen war, der die Sohle der Grube in einen Teich verwandelt, aber auch kaum ein halbes Dutzend Schnecklein ausgewaschen und zusammengeführt hatte. Burger behandelt in einem besonderen Abschnitt S. 45—49 ‚auch die Gonchylien der Kalktuffe. Um Mißverständnissen vorzubeugen, muß ich darauf Bezug nehmen. Vorausgeschickt sei, daß BURGER eine Zusammenstellung der aus verschiedenen Aufschlüssen des Erms-, Echaz- und Wiesaztales gesammelten Mollusken gibt. Seine Auf- stellungen können sich also von vornherein nicht mit dem vor- stehenden Verzeichnis decken, das sich auf den einzigen, größten und am reichsten mit Molluskenresten erfüllten Aufschluß bezieht. Ne Die Gruppierung seiner Ausbeute nach der Häufigkeit S. 46. verfehlt ihren Zweck, weil Burger nicht geschlämmt, also auch die Conchylienbestände nicht in ihrem ganzen Umfang festgestellt hat (vergl. das Fehlen von Carychium minimum bei BuRGER, obwohl dieses Schneckchen von keiner anderen Art an Zahl auch nur annähernd erreicht wird). In bezug auf die Erhaltung der Farben verhalten sich die Tuffschnecken ähnlich wie die fossilen Schnecken der Tertiärkalke. Die Schalenoberhaut ist verschwunden und mit ihr die Grundfarbe des Gehäuses. Wenn sie sich nicht schon am bewohnten Gehäuse oder bald nach dem Tode des Tieres unter dem Einfluß der Atmo- sphärilien abgelöst hat, wird sie als organische Substanz nach der Einlagerung in den Kalk, wohl unter dem Einfluß desselben, gänzlich zerstört. Die in die Kalkschicht der Schale eingelagerten Farbstoffe (Bänder der Tacheen etc.) können in verschiedenem Grade erhalten werden, wenn die Einlagerung in den Kalk erfolgt, bevor die Ver- witterung so weit vorgeschritten ist, daß auch die tiefer liegenden Schalenschichten angegriffen bezw. zerstört wurden. Wir werden darum besonders in Quellabsätzen, wo unter dem Schatten einer üppigen Vegetation der Zerfall der toten Schalen sich verzögerte und wo leere Gehäuse vom rieselnden Wasser alsbald überkrustet werden konnten, oft noch farbenfrische Exemplare finden. | Im einzelnen ist noch weiter zu bemerken: Vallonia adela Wsrtrp. habe ich noch in keinem Tufflager gefunden; wenn BURGER sie aufzählt, ist zu vermuten, daß eine Verwechslung mit pulchella vorliegt, die er nicht nennt. Ebensowenig fand ich je einmal Clausilia plicata Drar. in einem Albtuff. Sie ist auch lebend am Nordwestrand der mittleren Alb nicht verbreitet. Warum BurGEr von allen Pupen gerade substriata JERFR. aufzählt, ist mir unverständlich. Wenn sie je fossil vorkommt, ist sie die seltenste aller Pupen. Daß heutzutage Planorben im Echaztal „ziemlich zahlreich sind“ (S. 48), muß ich entschieden bestreiten. Wo die Wasserläufe so geregelt sind und so weitgehend in Anspruch genommen werden wie im Pfullinger Tal, ist für Planorben kein Raum. Endlich sagt Burger S. 48: „Freilich unterscheidet sich Al- luvium und Diluvium conchyliologisch weniger durch bestimmte Arten als in den Mengenverhältnissen“. Ich gestehe, daß ich weder in den älteren noch in den jüngeren Kalktuffen eine Beobachtung Bet PER gemacht habe, die mir das Verständnis für diesen Satz erschließt. Burszer geht auf die „Mengenverhältnisse“ auch nicht weiter ein. Daß aber unsere Kalktuffablagerungen aus verschiedenen Perioden des Quartärs stammen, glaube ich eben mit Hilfe ihrer Conchylien- bestände beweisen zu können. Im übrigen hätte eine Vergleichung der Echaztaltuff-Fauna mit der Cannstatter genügt, die Bedeutung „bestimmter Arten“ für die Altersbestimmung quartärer Gebilde darzutun. 18. Im Ermstal—Seeburger Tal, s. diese Jahresh. 66. Jahrg. 1910. S. 310—315; verschwemmter Bach- tuff; zus. 61 Arten, wovon 2 lokal erloschen (Patula ruderata Stun., Pupa moulinsiana Duruy). 19. Bei Urach, unterhalb der Stadt, unweit der Haltestelle Wasserfall, über dem Ermskanal in den Feldern, echter Schwemmtuff, in drei Gruben erschlossen, die zur Gewinnung von Sand angelegt wurden. Siehe auch unten bei Oberlenningen. Vitrina sp.? Bruchstücke. Conulus fulvus MÜLL. Hyalınıa nitens Micn., lenticula Heın, hammonis STRÖM und petro- nella PFRr. | Vitrea erystallina MütL. und contracta Wstuv. 6 Ex. Zonitordes nitida MÜLL. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata Müur. Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia costata MÜLL. Isognomostoma personatum La. Hygromia cf. concinna JErFR., striolata C. Pr., incarnata MüLı. Artanta arbustorum L. Tachea hortensis MÜLL. Pupa doliolum Bruc. 1, edentula ‚Drar. 11, zum Teil völlig er- wachsen, minutissıma Harım. 1, alpestris Ann. 1, antivertigo Drar. 2, pusilla MürL. zahlreich, angustior JEFFR. 2 Ex. Olausilia parvula Stun.2, ventricosa Drar. 1 und plicatula Drar. 1 Ex. Cionella lubrica MüLt. Caecilianella acicula MÜLL. sicher fossil. . Succinea pfeifferi Rssm. Carychium minimum Mürz. und tridentatum Rısso. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 6 _— 32 — Limnaea ovata Drar. und truncatula MÜLL. Physa fontinalıs L. Planorbis carınatus var. dubius Harrm., leucostoma Mint. und con- tortus L. Acme polita Harte. Valvata alpestris Küst. und cristata MÜLL. | Lartetia quenstedti WIEDERSHEIM, mehr oder minder typisch und mit var. acuta GEYER. Pisidium pusillum GmEL,, pallidum Gass. und milium Heu. Zusammen 47 Arten, wovon 1 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Wenn dem Erlöschen von Car. tridentatum keine große Bedeutung zugemessen werden will, so kommt hinzu, daß auch Vitrea contracta und Valvata alpestris jetzt dem Uracher Tal fehlen. 20. Bei Oberlenningen liegen in den Wiesen an der Poststraße nach Gutenberg zwei Gruben und eine jenseits der Lauter in den Feldern, vom alten Fußweg nach Gutenberg aus zu erreichen. Letztere Grube zeigt im Wechsel Schotter, Flußsande, Tuffsande und fette, tonige, graue, mergelige Bänke mit zahlreichen Schnecken. Eine mergelige Bank mit Mol- lusken ist in allen drei Gruben zu sehen und ganz ebenso auch bei Urach (s. oben) und in einer Grube zwischen Altenstadt und Über- kingen im Filstal. Die betreffende Bank stellt von oben nach unten etwa die 3. Zone dar: 1. Humus mit den heutigen Schnecken der aufliegenden Wiese (Hygromia hispida L., Arianta arbustorum in der kleinen alpicola-Form, Pupa muscorum L., meist auch Vallonia pulchella MÜLL). 2. Tuffsande ohne Schnecken. 3. Tuffmergel mit Schnecken, besonders reich bei Urach. Die Aufschlüsse von Gutenberg liegen in Bach- und Ge- hängetuffen, boten aber eine weit geringere Ausbeute als die Ober- lenninger Schwemmtuffe und ohne selbständige Züge. Ich füge das Wesentliche hier bei Oberlenningen ein. Vitrina sp.? Conulus fulvus Müun. Hyalınıa nitens Micn., lenticula Heu». Vitrea subrimata O. Rupr., erystallina Mür. Zonitordes nitida MÜLL. Punctum pygmaeum Drar. a Patula rotundata MürL. Vallonia costata Müut. Perforatella edentula Drar. Hygromia hispida L., striolata C. Pr., imcarnata Mürr. Eulota fruticum Mürt., Gutenberg. Arianta arbustorum L. große und kleine (alpicola-) Formen. Tachea nemoralis L. und hortensis Mütt. Buliminus montanus Drar. Pupa doliolum Bruc. 1, alpestris Av. 2, pusilla Müur. 2 Ex. Olausilia laminata Mont. 2, biplicata Mont. 2, parvula Stun. 1, lineolata HeELo 2, plicatula Drar. 3, filograna (Z.) Rssm. 1 und bei Gutenberg 1 Ex. Oionella lubrica MÜLL. Caecilianella acicula MÜLL. Succinea putris L., Gutenberg, pfeifferı Rssm. Carychium minimum MÜLL. Limnaea ovata Drar. Acme polita Harte. Pisidium pusillum GMEL. Zusammen 36 Arten, wovon keine lokal erloschen. 21. Bei Wiesensteig m oberen Filstal, großer Aufschluß im Gehängetuff rechts der Straße nach Mühlhausen, grusiger Sand; abwärts davon links der straße in den Wiesen Schwemmtuff. Die Ausbeute beider Auf- chlüsse zusammengeworfen ergibt: Conulus fulvus MÜLL. Hyalinia nitens Mıchn., lenticula Heu». Vitrea erystallina MÜLL. Patula rotundata Mürn. Vallonia costata MÜLL. Trigonostoma obvoluta MüÜLr. Isognomostoma personatum La. Perforatella edentula Drar. Hygromia hispida L., striolata C. Pr., incarnata Mürn. Chilotrema lapieida L. Eulota fruticum MüÜLt. Arianta arbustorum MÜLL. sehr häufig und zuweilen sehr groß. Beim Übergang in die Humusdecke erscheinen ausschließlich die kleinen alpicola-Formen, mehr oder weniger kalziniert. 6* Dee Tachea nemoralis L. und hortensis MÜLL. Helix pomatia L. vereinzelt. Buliminus montanus Drar. Pupa doliolum Bruce. 1, edentula Drar. 1 und substriata JErFR. 1 Ex. COlausilia laminata Mont. Cionella lubrica MüÜnn. Succinea putris L., pfeifferi Rssm., oblonga Drar. Carychium minimum MÜLL. | Limnaea ovata Drar. Bythinia tentaculata Drar. Zusammen 30 Arten, wovon keine lokal erloschen. 22. Bei Drackenstein | in einem Seitental des oberen Filstales war aus den stattlichen Fels- massen, auf denen die Kirche steht, und die früher sehr stark ab- gebaut wurden, nichts von Bedeutung herauszubringen (Kaskaden- tuff). Links vom Wege zum Dorf war jedoch ein Schwemmtuff erschlossen, dessen Fossilinhalt, obwohl die Gelegenheit zum Schläm- men recht beschränkt war, hier verzeichnet wird, weil er wesent- liche Beiträge zur Vervollständigung der Fauna des oberen Filstals liefert: Vitrina diaphana Drar., Conulus fulvus Münn., Hyalinia nitens Micn., lenticula Heu, petronella Prr., Vitrea erystallina MüuL., Punctum pygmaeum Drar., Patula rotundata MüuL., Vallonia costata MÜLL., Acanthinula aculeata MÜLL., Trigonostoma obvoluta MÜLL., Isognomostoma personatum Lm., Perforatella edentula Drar., HAygromia striolata C.Pr., incarnata MÜLL., Eulota fruticum MüLL., Artanta arbustorum L., Buliminus montanus Drap., obscurus MürL., Pupa alpestris Aun., antivertigo Drar., substriata JEFFR., pusilla MÜLL., Olausilia filograna (Z.) Rssm. 3 Ex., die übrigen Clausilien in unbestimmbaren Bruch- stücken, Cionella lubrica MüÜLL., Carychium minimum MürL., Acme- polita Harım. | Von den 27 erbeuteten Arten ist keine lokal erloschen. Zwischen Deggingen und Hausen bot rechts der Fils eine Tuffsandgrube ım Ackerfeld die gewöhnlichen größeren Arten mit Perforatella edentula Drar. und Helix pomatia L., das Schlämmen war aber hier nicht möglich. 23. Bei Geislingen a. St. wurde für den Bau eines neuen Krankenhauses der von der Eyb zusammengeführte Schwemmtuff in der Talsohle vorübergehend erschlossen, der ausgiebige Gelegenheit zum Schlämmen bot. MR 1; har Conulus fulvus MüLr. Hyalinia mitens Micn., lenticula HeLn, hammonis STRÖM, petro- nella PFr. Vitrea erystallina Mürn. Zonitoides nitida MÜLL. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata MÜLL. Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia costata MÜLL. Hygromia hispida L. f. typica 5 Ex., striolata C. Pr. in einer kleinen, gedrückten Form, wie sie heute noch lebend an der Geislinger Steige vorkommt (Prof. Dr. OÖ. BorrTGER in Frank- furt a. M. hielt lange Zeit diese Form, die er selbst an der Steige gesammelt hatte, für Hygr. coelata Srun., bis er sich an einer von mir zusammengestellten Formenreihe überzeugte, daß sie lückenlos mit den übrigen striolata-Formen der Geislinger Umgebung verbunden ist), incarnata MÜLL. Eulota fruticum MÜLL. Chilotrema lapicida L. Arvanta arbustorum L. häufig, dabei ziemlich viel niedergedrückte Exemplare mit ziemlich abgeflachten, stark gestreiften Umgängen (cf. depressa HerLv), wie sie heute noch für die Umgebung von Geislingen charakteristisch sind. Sie sind schon Krem'! auf- gefallen. Tachea nemoralis L. und hortensis MÜLL. Buliminus montanus Drap. und obscurus MÜLL. Pupa doliolum Bruc. 1, edentula Drar. 4, minutissima Harte. 2, alpestris Aın. 7, moulinsiana Duruy 1, antivertigo Drap. 1, pusilla MüLL. 2 Ex. Olausilia laminata Mont. 1, cana Hern 1, parvula Stun. 1, pli- catula Drar. 4 Ex. Oionella lubrica Mür. Caecilianella acicula MÜLL. Succinea putris L., pfeifferi Rssm. und oblonga Drar. Carychium minimum MÜLL. Limnaea ovata Drar. und truncatula MüL. Physa fontinalis L. Acme polita Harım. 2328 02 8:.209: ee 1 Ma Lartetia quenstedtw Wien. 2 Ex. Valvata alpestris Küst. 2 Ex. Zusammen 44 Arten, wovon 1 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen; übrigens kommen Physa fontinalis L. und Valvata alpestris Küst. auch nicht mehr lebend im Filstal vor. | Ein Aufschluß im Schwemmtuff beim Staatsbahnhaltepunkt. Altenstadt ergab auch Vitrina diaphana Drar., und Limnaea auricularia L., und Krem gibt S. 109 Helix pomatia GC. von Geis- lingen an. 24. Bei Aufhausen am Egerursprung bei Bopfingen wurden 2 Gruben ausgebeutet: a) am oberen Ende des Dorfes hinter dem Hause des Gemeinde- pflegers mergelig grusiger Schwemmtuff mit einzelnen zer- streut gebetteten Schnecken; b) im Talgrund in der Nähe des Fabrikwehrs, links vom Wege zur Egerquelle verschwemmter Bachtuff, bestehend aus harten Brocken mit rostigem Tuffgrus. Die Ausbeute entstammt fast ausschließlich diesem Aufschluß. Vitrina diaphana Drar. Oonulus fulvus MÜLL. Hyalınia nitens MıcH., nitidula Drar. (größer als nitens, Nabel weiter, letzter Umgang nicht auffallend erweitert), petronella Prr. Vitrea erystallina MÜLL. | Zonitoides nitida MÜLL. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata MüLL. und ruderata Stun. 1 Ex. Acanthinula aculeata MüLr. | Vallonia costata MÜLL. Hygromia hispida cf. var. concinna JEFFR. und striolata C. PrFr. Artanta arbustorum L. | Tachea hortensis MÜLL. Duliminus obscurus MÜLL. | Pupa (muscorum L. in der Humusdecke) edentula Drar. 12, al-| pestris Arnd. 3, moulinsiana Duruy 1, substriata JEFFR. 2, pusilla Mürı. 4, angustior JEFFR. 6 Ex. Olausilia ventricosa Drap. und lineolata Held 1 Ex. Cronella lubrica MÜLL. (Caecilianella acicula MüLL. in der Humusdecke.) Succinea putris L. und elegans Rısso, groß und schlank. Carychium minimum MÜLL. a: Limnaea ovata Drar. und truncatula MÜLL. Lartetia ef. exigua GEYER, nicht turbinella GEYER, die heutzutage in der Egerquelle sitzt. Valvata eristata MÜLL. Pisidium fontinale ©. Prr. und Pisidium sp. ? Zusammen 35 Arten, wovon 3 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen; aber auch die Lartetia des Tuffes lebt nicht mehr im Egertal. Die heutige Bewohnerin der Egerquelle, L. quenstedti var. turbinelia GEYER, eine durchweg geschlossene, einheitliche Form, unterscheidet sich durch Größe und Aufbau deutlich von der fossilen Form des Tuffes, die sich an exigua GEYER aus dem altdiluvialen Torf des Stuttgarter Tales’ und den Quellen im Randecker Maar anschließt. bp) Donauseite. 25. Bei Mühlheim a. d. Donau, nördliches Ufer — Altstadt — Schwemmtuffe, abgesetzt vom „Wulf“. Die Ausbeute entstammt der vorderen Grube neben der Mühle, wo seit langer Zeit Sand gegraben wird; ım hinteren Auf- schluß neben der Straße nach Kolbingen war nichts von Bedeutung zu finden. Vitrina elongata Drar. Conulus fulvus MÜLL. Hyalinia hammonis STRÖM und petronella Prr. Vitrea erystallina MüLL. und contracta WsTLo. Zonitoides nitida MÜLL. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata Müur. Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia costata MÜLL. Isognomostoma personatum Lam. Hygromia hispida L. mit var. concinna JEFFR., incarnata MÜLL. Eulota fruticum MüLL., kleiner als die rezente Form. Arvanta arbustorum L. Buliminus detritus MüLL., zwei vollständige Exemplare, etwas klein und gedrungen, montanus Dar. Pupa frumentum Drar. 1, secale Drar. 1, edentula Drap. 2, mi- nutissima Harım. 2, pusilla MüLL. 2 Ex. ! Geyer, D., Mitteil. Geolog. Abt. Kgl. Württ. Stat. Landesamtes No. 6, 1909. S. 75—91, BR Clausilia parvula Stud. 6 und dubia Münr. 1 Ex. Oionella lubrica MÜLL. | Caecilianella acicula MÜLL. Succeinea putris L. und oblonga var. elongata Au. Ban. Carychium minimum MÜLL. Limnaea truncatula MÜLL. Planorbis leucostoma MıLL. Acme polita Harım. Eier, wahrscheinlich von Artanta arbustorum L. Zusammen 33 Arten, wovon 2 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Das meiste Interesse beansprucht Buliminus detritus MÜLL., der mir hier zum ersten- und einzigenmal in die Hände fiel. Die Schnecke wird erstmals von SAnDBERGER! mit Berufung auf die Sammlung von A. Braun im Karlsruher Naturalienkabinett aus löß- ähnlichen, oberpleistocänen Mergelbänken vor dem Mannheimer Tor bei Heidelberg genannt. Später jedoch nimmt er? diese Angabe wieder zurück, weil Braun’s Angabe bestritten werde. Dementsprechend erwähnt AnpkeaEr? ausdrücklich, daß diese Schnecke, obwohl in großer Menge in der Nähe des Hangenbietener Aufschlusses lebend, doch in den Diluvialsanden fehle. Auch Wüst* betont geflissentlich, daß ein in den pleistocänen Kalktuffen von Schwanebeck bei Halber- stadt gefundenes Duliminus-Bruchstück „weder zu detritus noch zu hohenackeri“ gehöre. Somit ist ein Auftreten des D. detritus im germanischen Diluvium nicht anzunehmen. Aus den jüngsten Schichten aber liegen deutliche Beweise vor. So nennt ihn Schmitt? aus den Höhlen der Kalkfelsen des Nahetales „zusammen mit den Resten des Menschen der Hallstattzeit“, und Kocn® zählt die Schnecke mit zu den „Leitpetrefakten der jüngsten Alluvialschicht“ des Rheintales, „indem solche in den tieferen Schichten bis jetzt nicht beobachtet worden sind“. Obwohl nun der ! Sandberger, Vorwelt. S. 949. ? Sandberger, F., Verbreitung der Mollusken natürl. Bezirke Unter- frankens. Verh. phys. med. Ges. Würzburg. N. F. 1886. S. 322. > Andreae, Dr. A., Diluvialsand. Hangenbieten. S. 30, Fußnote. * Wüst, Ewald, Zeitschr. deutsch. geol. Ges. 54. Bd. 1902. Briefl. Mit- teil, S. 16. 5 Schmitt, Rudolf, 2. Jahrb. Rhein. Prov. Lehrerverein f. Naturk. Kreuznach 1914. S. 63. | 6 Koch, Karl, Erläuterungen geol. Spez.-Karte Preußens, Blatt Eltville. 1880. S. 46. ZUR RL Mühlheimer Schwemmtuff zu den jüngeren Kalktuffablagerungen ge- hört, ıst seine Entstehung doch nicht in die jüngste Alluvialzeit zu setzen. Er ist sicher gleichalterig mit den übrigen jüngeren Kalk- tuffen der Alb und älter als die „Alluvionen der Talebene“ des Rheins. Aber dort konnte die aus dem Süden stammende und warme, trockene und grasige Abhänge liebende Schnecke erst Fuß fassen, nachdem die Kultur durch Entwässerung und Schaffung der Böschungen den Boden vorbereitet hatte. Auf der südwestlichen Alb aber, wo sie heute bis nahezu 1000 m emporsteigt, vermochte sie, zumal wie in unserem Fall am Südhang, viel früher sich fest- zusetzen. 26. Bei Bärental ım Beeratal, Hohenzollern, Gehängetuff, mächtiger Absatz einer noch tätigen Quelle, stark abgebaut, meist poröser Fels mit wenig Grus ; günstigste Gelegenheit zum Schlämmen in den unteren Schichten bei der Werkstätte des Drehers Wilhelm Beck. Vitrina diaphana Drar. Conulus fulvus Mürn. Hyalınia depressa STERKI 4 Fx., cellaria Müuı., nitens Miıcn., lenticula Hero, hammonis STRÖöM, petronella : Prr. Vitrea erystallina MÜLL. und contracta« WsrtuD. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata Mürrt. und raderata Stun. Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia pulchella Mürz. 12 Ex. und costata Mürn. häufig. Trigonostoma obvoluta MÜLL. Perforatella edentula Drar. Hygromia hispida L., kleine Exemplare im Habitus von concinn«a JErFR. aus der oberen Schicht beim Übergang zur Humusdecke:; villosa Drar., incarnata MÜLL. Chilotrema lapicida L. Arianta arbustorum L. häufig, unten groß; oben beim Übergang in die Humusdecke die kleinen Wiesen-(alpicola-)Formen, die heute zu Tausenden auf den Wiesen des Beeratales und auf der vom Tuff gebildeten Terrasse leben. (Xerophila candidula Sup. aus dem Übergang vom Tuff zum Humus.) Tachea nemoralis L. und hortensis MüLr. Buliminus montanus Drar. Zr Pupa dolium Drar. 20, frumentum Drar. 3, secale Drar. 8, mus- corum L. zahlreich, sehr kleine Exemplare und einzelne große, edentula Drar. 1, minutissima Harım. zahlreich, alpestris An. 1, pusilla MüLr. 3 Ex. Clausilia parvula Stun. zahlreich, dubia Drar. 1, ventricosa Drar. 1, plicatula DraPr. 2 Ex. Oionella lubrica MÜLL. in verschiedener Größe. Succinea putris L., pfeifferi Rssm., oblonga Drar. Oharychium nvinimum MürL. und tridentatum Rısso häufig. Acme polita Hartm. und lineata Harrm. Zusammen 45 Arten, wovon 3 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Fupa dolium kommt noch lebend im Gebiet vor. 27. Bei Veringendorf im Laucherttal, Hohenzollern, Schwemmtuif, oberhalb der unteren Brücke. Vitrina diaphana Drar. Conulus fulvus MÜLL. Hyalınia cellarıa MüLL., lenticula HeLv, hammonis STRÖM, petro- nella Prr. Vitrea erystallina MÜLL. Zonitoides nitida MüLt. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata MürL. und raderata Stun. 4 Ex. Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia pulchella MÜLL. und costata MÜLL. Hygromia hispida L. Arianta arbustorum L. Buliminus montanus Drar. Pupa muscorum L. 6, edentula Drar. 1, muinutissima Harn. 3, pygmaea Drar. 3, antivertigo Drar. 6, pusilla MÜLL. 4, angustior JEFFR. 3 Ex. Clausilia biplicata Mont. 14 Ex., gut erhalten. Cionella lubrica MÜLL. (Caecilianella acicula MÜLL., scheint nicht fossil zu sein.) Succinea putris L., pfeifferi Rssm., oblonga Drar., ziemlich ver- ‚längert, aber nicht bis zur var. elongata Au. Ban. Carychium minimum MÜLL. Limnaea stagnalis L. ein Anfangsstück, ovata Drar., palustris var. turricula Heın, truncatula MÜLL. N Physa fontinalis MÜLL. und hypnorum L. Planorbis planorbis L. (= marginatus Drar.), unzweifelhafte Exem- plare und nur diese Form, lewcostoma Mirr., contortus MÜLL., albus MÜLL. Acme polita Harn. Bythinia tentaculata L. Valvata alpestris Küst. und cristata MÜLL. Pisidium pusillum GMEL. Zusammen 45 Arten, wovon I (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. 28. Bei Altheim OA. Riedlingen feinster, als Fegsand verwendeter Schwemmtuff, aufgeschlossen in mehreren kleinen Gruben am unteren Ende des Dorfes am Wege nach Riedlingen; Gelegenheit zum Schlämmen reichlich, Ergebnis trotzdem gering, eine Folge der Saigerung, die der Tuffsand vor seiner Ablagerung erfahren hat. Conulus fulvus MÜLL. Vallonia pulchella MÜLL. und costata MÜLL. Pupa muscorum L. 1, genesii GREDLER 12, pygmaea Drar. 20, moulinsiana Dupuy 3, antivertigo Drar. 25 Ex. Succinea pfeifteri Rssm. Carychium minimum MÜLL. Limnaea ovata Drar. und palustris MÜLL. Planorbis carinatus var. dubtus Harrm., contortus L., nautileus L. Bythinia tentaculata L. Valvata eristata MÜLL. Zusammen 17 Arten, wovon 2 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. i 29. Bei Zwiefaltendorf am Ausgang des Tales der Zwiefalter Aach, siehe diese Jahresh. 66. Jahrg. 1910. S. 315f.; Schwemmtuff; zusammen 39 Arten, wovon 1 lokal erloschen (Pupa mou- linsiana Durvy). 30. Bei der Laufenmühle bei Lauterach OA. Ehingen a. D.., Schwemmtuff mit Kaskadentuff, aufgeschlossen in einem großen Bruch. Vitrina sp.? Conulus fulvus MÜLL. BE ME Hyalinia nitens Mıcn. und hammonis STRÖM. Zonitoides nitida MÜLL. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata MÜLL. Vallonia pulchella MÜLL. Hygromia hispida L. 4 Ex. in der höchsten Schichte, hie MÜrt. Eulota fruticum MÜLL. Artanta arbustorum L. Tachea nemoralis L. und hortensis MÜLL. Helix pomatia L. Cionella lubrica MÜLL. mit var. exigua MkE. Succinea pfeifferi Rssm. Carychium minimum MÜLL. Limnaea ovata Drar. die häufigste der großen Schnecken, pa- lustris MÜLL. Physa fontinalis MÜLL. Planorbis carinatus MÜLL., leucostoma MıLL., contortus L., albus MÜLL., nautileus L. Bythinia tentaculata L. Valvata alpestris Küst. und cristata MüÜLt. Zusammen 29 Arten, wovon keine lokal erloschen. Valvata alpestris ist zwar im Lautertal nicht mehr lebend zu finden, aber in den benachbarten Tälern der südlichen Alb. 31. In Kirchen OA. Ehingen a. D. ist oben im Dorf bei einer Mühle, links am Wege ein leicht ver- schwemmter Gehängetuff erschlossen, der ziemlich reich mit Schnecken durchsetzt ist. Dieselbe Fauna kann bei dem benachbarten Weiler Mühlen in 2 Aufschlüssen gesammelt werden, von denen der eine am Fuß, der andere auf der Höhe der Bergwand sich befindet. Limax agrestis 1 Schälchen. Vitrina diaphana Drar. Oonulus fulvus MÜLL. Hyalinia cellaria MÜLL., nitens Mıcn., lenticula HELv, hammonis STRÖM. Vitrea erystallina MÜLL. und contracta WsTLD. Zonitoides nitida MÜLL. Punctum pygmaeum Drar. Patula rotundata MÜLL. und ruderata Stun, Acanthinula aculeata MÜLL. Vallonia costata MÜLL. ER.) 2 PER Perforatella edentula Drar. Hygromia hispida L. und incarnata MÜLL. Eulota fruticum MÜLL. Arianta arbustorum L. Tachea hortensis MÜLL. Buliminus montanus Drar. und obscurus MÜLL. Pupa muscorum L. 4, edentula Drar. 6, alpestris Küsr. 5, substriata JErFR. 1 Ex. und pusilla MÜLL. häufig. Clausilia laminata Mont. 3, parvula Stud. 4, dubra Drap. 2, ven- tricosa Drar. 2, lineolota Drar. 3, plicatula Drar. 11 Ex. Cionella lubrica MÜLL. Caecilianella acicula MÜLL., fossil und rezent. Succinea pfeifferi Rssm. und oblonga Drar. Carychium minimum MÜLL. zu Tausenden. Acme polita Hartnm. Pisidium pusillum GumEL. Zusammen 41 Arten, wovon 1 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen: auch Vürea contracta fehlt rezent diesem Teil der Alb. 32. Bei Rammingen an der Bahnlinie Ulm— Heidenheim liegt draußen in der flachen Talebene der Donau, nahe der bayrischen Grenze, ein ziemlich aus- gedehntes erloschenes „Quellmoor“, zur Gewinnung von Sand und Dekorationssteinen vielfach zerwühlt; oben eine Torfdecke von wechselnder Mächtigkeit, darunter entweder Tuffgrus und stellen- weise Eisenocker oder grobe Tuffbrocken und kompakter Stengel- tuff (Inkrustationshülsen von Schilf und Rohr), der sich zu Zier- steinen vortrefflich eignet. Die reiche Fauna des Tuffes, örtlich verteilt und gruppiert, reduziert sich im Torf auf wenige Pupa- Arten, die aber in um so größerer Individuenzahl auftreten. Conulus fulvus MÜLL. ziemlich selten. Pünctum pygmaeum Drar. ziemlich selten. Vallonia pulchella MüLtL. selten, enniensis GREDLER 15, costata MürL. 2 Ex. Hygromia sericea Drar. 3 Ex. Pupa muscorum L. im Tuff selten, im Torf häufig und in wechseln- der Gestalt, und Größe; pygmaea Drar. häufig in Tuff und Torf: moulinsiana Duruy 18 Ex. nur im Tuff; genesii GREDLER 31 Ex. nur im Tuff; antivertigo Drar. häufig in Tuff und Torf: angustior JEFFR. häufig in Tuff und Torf. a 3). Be Otonella lubrica MÜLL. häufig. Succinea pfeifferi Rssm. sehr klein, zahlreich; oblonga Drar. 2 Ex. COharychium minimum MÜLL. häufig. Limnaea stagnalıs L. £. typica und f. turgida Mke.; auricularia L. vereinzelt; ovata Drar. zum Teil sehr groß, ziemlich selten; palustris MÜLL. sehr zahlreich, meist f. corvus GmeEL.; f. turri- cula Hetwp 1 Ex.; truncatula MürL. selten. Physa fontinalis L. zahlreich. Planorbis carınatus MÜLL. ziemlich groß, zahlreich ; vortex L. häufig, ziemlich klein; vorticulus TroscH. selten ; leucostoma MıLL., ziem- lich klein, var. perezı Dur. (= gracılis GREDLER), häufig; con- tortus L. in einer reizenden, kleinen und zierlichen Form: 4!/e Um- gänge bei 2 mm größtem Durchmesser und !/ mm Höhe; die größten Exemplare erreichen bei 6 Umgängen 3 mm Durch- messer; die Mündung ist immer erweitert als Zeichen des Voll- endetseins. Lebend habe ich die Art nie in solcher Kleinheit getroffen, wenn sie auch in oberschwäbischen Weihern (z. B. im Rother Weiher bei Kißlegg) auffallend klein bleiben kann. Es ist sicherlich eine Hungerform; sehr häufig. Pl. nautileus L., sehr klein und zart, häufig. complanatus L. selten. Acroloxus lacustris L. 12 Ex. Vwipara contecta Mir. 20 Ex.; lebend in den das Ried durch- ziehenden Gräben. Bythinia tentaculata L., dünnschalig, zart, nur 8 mm hoch, Gewinde kurz und rasch sich zuspitzend, letzte Windung ?/s der Gehäuse- höhe einnehmend; sehr häufig. Valvata eristata MÜLL. sehr klein; häufig. Pisidium milwwm HeıLd, selten. Zusammen 34 Arten, wovon 2 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Siebartig hatte einst das kalkhaltige, wie im benachbarten quellenreichen Langenau, von der Alb herabkommende Wasser die Aufschüttungen der Talebene durchbrochen und klare, flache Quell- töpfe gebildet (echte Quellenschnecken wie Physa fontinalis und Limnaea ovata). In toten Tümpeln sammelte sich der Überfluß (Limnaea stagnalis, auricularia, palustris, Planorbis carinatus, Vwi- para contecta) und ergoß sich in den umgebenden Sumpf (Limnaea truncatula, Planorbis vortex, leucostoma, complanata, Bythinia tenta- culata, Valvata eristata, Acroloxus lacustris). In niederschlagsarmen Sommern sank der Wasserspiegel, und Tausende von Schaltieren endeten ihr Leben vorzeitig in der Trocknis (auffallend viele unvoll- endete Schalen). Die Vegetation drängte von allen Seiten gegen das Wasser; der Zufluß reichte nicht mehr hin, die Humussäure auszuschalten; die vom frischen Wasser abhängigen Tiere verküm- merten (Eisenocker!) zu kleinen, dünnschaligen Hungerformen (Plan- orbis contortus, nautileus, Dythinia tentaculata u. a. m.). Im nassen Moos siedelten sich Succineen, Carychium minimum und die sumpf- liebenden kleinen Pupen (J. moulinstana, genesit, antwertigo, angustior) an. Bei fortschreitender Verlandung kamen die Vallonien, Punetum, Cionella und zuletzt auch Pupa pygmaea und muscorum hinzu. Mit der vertikalen Entwicklung des „dreidimensionalen“ Quellmoors bei gleichzeitigem Sinken des Grundwasserspiegels infolge fortschreitender Vertiefung des Flußbettes eriosch mit der Tuffbildung auch das Leben im Wasser, und mit dem Abschluß der Torfbildung entschied sich zuletzt auch das Schicksal der Landschnecken, zumal sich kein Gebüsch festzusetzen vermochte (nur 3 Exemplare einer Gebüsch- schnecke: Hygromia sericea). IV. In Oberschwaben. 33. Am südöstlichen Ausgang von Ravensburg, beim sogen. „Weiherhäusle“, steht neben dem Flattbach der letzte Rest einer Schwemmtuff-Ablagerung, der wohl in nicht zu ferner Zeit der Bautätigkeit zum Opfer -..: sein wird. Conulus fulvus MÜLL. Hyalinia hammonis Strön und petronella Prr. Vitrea erystallina MÜLL. Zonitoides nitida MüLn. Punctum pygmaeum Drar. Vallonia pulchella MÜLL. und costata MÜLL. Eulota fruticum MÜLL. Pupa edentula Drar. ziemlich häufig, genesii GREDLER 3, pygmaea Drar. 8, moulinsiana Duruy 3, antivertigo Drar. zahlreich, substriata JEFFR. 3, angustior JEFFR. 2 Ex. Cionella lubrica MÜLL., bei Schlier auch var. exigua Mke. Succinea oblonga Drar. Oarychium minimum MÜLL. Limnaea ovata Drar., palustris MÜLL. nur klein, spitze Formen, truncatula Drar. Planorbis carinatus var. dubius Hartm., leucostoma MıLr., gredleri BIELZ. Valvata alpestris Küst. Zusammen 26 Arten, wovon 2 (im Druck hervorgehoben) lokal erloschen. Bei Schlier liegt rechts der von Ravensburg kommenden Straße ein kleiner Aufschluß in grusigem Schwemmtuff, der nur solche Arten lieferte, die auch bei Ravensburg vorkamen. | Der Aufschluß bei der Füglesmühle südlich von Waldburg zeigt deutlich geschichtete, dünne Tuffbänke mit vielen Blatt- abdrücken, von Schnecken aber nur undeutliche Spuren und Bruch- stücke. 84. Bei Weißenbronnen im Wolfegger Aachtal, siehe diese Jahresh. 67. Jahrg. 1911. S. 317 bis 320; stark verschwemmter Bachtuff:; zusammen 56 Arten, wovon 2 lokal erloschen (Patula ruderata Stup. und Planorbis gredleri BıeLz, im Text als borealis Lov£n aufgeführt). D. Die Mollusken nach dem Grade ihrer Häufigkeit. Aus den älteren Kalktuffen — KI — sind 6, aus den jüngeren — KII— 34, zusammen also 40 Conchylienbestände behandelt worden. Es dürfte sich zunächst empfehlen, die ermittelten Arten nach dem Gradeihrer Häufigkeit zu ordnen und zugleich ihr Auftreten in beiden Altersstufen auseinanderzuhalten. Es wurde festgestellt: 40 mal: Carychium minimum K1 6, KII 34, nach Standorten und Individuenzahl unstreitig die häufigste Schnecke. 39mal: Conulus fuwvus KI 5, KII 34; kam 'nur bei Hausen i. T. nicht zum Vorschein, wo die vollständige Ausbeutung be- hindert war. 38mal: Punctum pygmaeum KI1 6, KU 32. 37 mal: Vitrea erystallma KI6, KU 31; Vallonıa costata KI 6, KılEB1, 36mal: Cronella lubrica KI 6, KII 30. 35mal: Arianta arbustorum KI 6, KII 29. 34mal: Patula rotundata KI 4, KII 30. 30mal: Hyalınıa mitens KI 3, KII 27. 29mal: Eulota fruticum KI 4, KIN 25; Tachea hortensıs KI 4, K 11:25; Pupa pusillavKT 5,-K TE 24. 28mal: 27mal: 26mal: 24mal: 23mal: 21mal: 20mal: 19mal: 18mal: 17mal: 16mal: 15mal: 14mal: 15mal: 12 mal: llmal: IYmal: Smal: “mal: a Hygromia hispida K15, KU 23; Pupa edentula KI 3, K11 25; Acme polita KI 5, KII 23. Acanthinula aculeata KI 4, KII 23. Hyalinia lentieula KI 2, Kl 24. Succinea pfeiffervr K15, KII 19. Hyalinia hammoms KI 4, KII 19. Zonitoides nitida KI 4, K11 17, Pupa angustior KI5, 11.16. Trigonostoma obvoluta K13, KIL 17; Pupa muscorum K 15, KI1 15; Pupa antwertigo Kl4, K1116; Clausilia parvula KI 3, KII 17; Suceinea oblonga KI 1, KI1 19; Limnaea ovald, KT.3, K. 11 1%. Pupa alpestris K12, KI117; Suceinea putris K12, K1117; Limnaea truncatula Kl 5, KII 16. Hyalinia cellarıa KIA, KII 14; Isognomostoma personatum KI10, KII18; Tachea nemorais KI3, KII 15; Buliminus montanus KI12, K11 16; Olausilhia ventricosa KI4, KII 14. Hyalimia petronella KI O0, KII 17, Pupa substriata KI 2, KI115; Clausila lammata KI3, KU 14; Olausilia plica- iula KI4, KU 13. Vitrina diaphana KI 1, KII 15. Vallonıa pulchella K12, KI1 13; Perforateila edentula KIO, KII 15; Chilotrema lapieıda KI1, KI1 14; Pupa pygmaea K14, KII11; Olausiia lineolata KI1, KIl 14; Planorbis leucostoma RI4 KU 11. Hygromia striolata KI1, KU 13; Pupa minutissima K15, KI 9; Pupa moulinsiana KI3, KU 11. Caecilvanella acieula KI 2, KIT 11, Pisidium pusillum RB 1l43..K 1,30: Vitrea contracta K12, KII 10; Olausila dubia KI3, KII9: Limnaea palustrıs KI4, K11 8; Valvata alpestrıs K13, K 119. Patula ruderata K12,K II 9; Hygromva villoa KI1,K 1110; Buliminus obscurus KI1, KII10; Bythinia tentaculata KI 3, KU 8. Helix pomatia KI1,K 119; Planorbis contortus KI1,KI19. Olausilia biplicata K10, KI19; Planorbis carinatus KI1. KII 8: Valvata eristata KIl, KO 8. Pupa dolkolum KI 2, KN 6; Pupa secale K10, KU 8; Physa fontinalis KI fraglich, KII 8. Carychium tridentatum K1 5, KII 2. Jahreshefte d, Vereins f. vater). Naturkunde in Württ, 1915. fi 6mal: Dmal: A4mal: 3mal: 2 mal: lmal: Vürina elongata K1 3, KU 3; Hygromia coneinna KI 2, KI 4; Clausilia orthostoma KIO, K116; Suceinea elongata KI 4 KMN2; Planorbis planorbis KI4, KII 2; Planorbis nautlleus KI 2, KU 4. Vürea subrimata K13, KU 2; Euomphalia strigella KI4, KII 1; Limnaea stagnahs KI1, KW 4; Lartetia quenstedti KI1,KI4; Belgrandia germanwa K15, KIIO; Pisidium fontindde KI 2, KU 3. Vürina pellueida KI1, KIT 3; Patula solarıa KI4, KIT O; Hygromia serieea K12, K112; Pupa frumentum KIO, KII4; Pupa genesüun K10, KI1 4; Clausilia filograna K12,KI12; Acme lineata K10, KII 4; Lartelia suevica K12, KI2. Daudebardia rufa und brevipes KI3, KILO; Limax agrestis: KI12, KII 1; Zonites verteillus KI 3, KII 0; Vallonia enmiensts KI 2, Kl 1; Vallonia excentrica KIl, KI 2; (Xerophila ericetorum jünger als KID); Pupa pagodula K]13, KIIO; Pupa triplicata K13, KILO; Clausilia cana KI 2, KII1; Clausila eruciata KI10, KU3; Olausikia pumila KI3, KI10; Limnaea auriularıa KIO, KI1 3: Planorbis gredlerr KI1,K112; Planorbis albus K10, KIN 3: Planorbis complanatus Kl1, KIN. Hyalınıa depressa K10, KI1 2; Hyalinıa draparnaldı KI 2, K110; Hyalinia nıtidula KI1, KU 1; Vitrea contorta K12, K 110; Xerophila candidula KI0, KU 1-2; Pupa columella K10,KI12; Pupa caustrais KI12, K110; Clausilia plicata K1I1, Kill; Aplexa hypnorum K11, KII 1; Planorbis vortes K11, KlI1; Aecroloxus lacustris K10, KII2; Pisidium milium K1D.K 12: Zonites acieformis KI; Drepanostoma nautilıformis K I; Petasıa bidens K1; Perforatella unidentata K II; Hygromia umbrosa KI; Xerophila striata K1I; Buliminus detritus K II; Buli- minus tridens K I; Pupa dolium Kl; Balea perversa KU; Olausilia bidentata K I; Cionella tridens K I; Suecinea elegans K Il; Suecinea paludinaeformis K I; Limmaea mueronata KT; Limnaea peregra K1; Planorbis vortieulus KII; Planorbis stbirieus K 1; Planorbis nitidus K Il; Pomatias septemsprralis K I; Vivipara contecta K Il; Bythinia inflata K I; Bythinella alta KIT; Valvata piscinalis KI; Valvata pulchella KU; Neritina fluviatilis K I; Pisidium pallıdum KU. FE Die Schwemmtuffe bringen manche Zufälligkeiten, nament- lich aus der Fauna der stehenden Gewässer, mit herein. In ähnlicher Weise enthalten die älteren Verzeichnisse von Cannstatt Schnecken, die, obgleich sie diesem zugezählt werden, mit dem Kalktuff nichts zu tun haben, auch wenn wir, was ganz naheliegend ist, dort Sinter- terrassen mit bewachsenen Tümpeln frischen Wassers, ähnlich denen im Yellowstonepark, voraussetzen. Eine Neritina aber konnte nur aus dem fließenden Wasser des Neckars stammen, Xerophila striata und Buliminus tridens gehören in die Lößlandschaft. Als weitere Zufälligkeiten dürfen xerophile Schnecken im Tuff angesehen werden: Xerophila ericetorum, candıdula, Buliminus detritus. Wenn aber andere Arten, wie Perforatella unidentata, Pupa dolium, Balea perversa, Plan- orbis vorticulus, Vivipara contecta, Bythinella alta, Valvata pulchella u. a. im Tuff nur vereinzelt erscheinen, dann hängt dies mit geo- graphischen Verhältnissen zusammen. In beiden Altersstufen ist die Fauna in demselben Umfang an den Conchylienbeständen der Tuffe beteiligt (117 bezw. 118 einzel- benannte Formen, 77 °/o der heutigen Fauna, was auf die absolute Gleichartigkeit der äußeren Verhältnisse schließen läßt. E. Einzelbemerkungen über die geologisch und geographisch be- deutsamen Arten. 1. Daudebardia rufa Für. nur in KI: Diessen, Dettingen, Geislingen. Nächstliegende rezente Standorte: am Bodensee, Algäu, Fränkische Schweiz, Heidelberg, Elsaß. 2. Daudebardia brevipes Für. nur in Kl: Diessen, Det- tingen, Geislingen. Nächstliegende rezente Standorte: württ. Algäu, Aschaffenburg. 3. Die Vitrinen sind so mangelhaft erhalten, daß in vielen Fällen eine Bestimmung nicht durchführbar ist. In unserem Gebiet kommt erschwerend hinzu, daß V. elongata Drar. und V. brevis Für. gleichzeitig in Frage kommen. Wenn schon bei rezenten Exem- plaren die Auffassungen auseinandergehen, so wird bei fossilen Bruchstücken — um solche handelt es sich in der Regel — ein Auseinanderhalten unmöglich. Ältere Autoren haben von vorneherein beide Arten nicht getrennt. 4. Über Hyalinia s. oben 5. Gerlingen. 5. Hyalinia depressa STERKI s. oben 12. Leinstetten. 6. Hyalınia draparnmaldi Beck nur in KI: Diessen und Det- tingen; nächstliegende rezente Standorte am Oberrhein und Bodensee. TF er I) 7. Hyalinıa nitidula Drar. KI: Cannstatt; KIN: Auf- hausen. Außerdem: Torflager in den Stuttgarter Anlagen, Neckar- und Murrschotter. In Württemberg erloschen. 8. Hyalinia petronella (Cuarp.) Pre. nur in KII: Gültlingen, Haiterbach, Glatt (zweimal), Denkendorf, Hausen i. K., ‚Pfullingen, Seeburger Tal, Drackenstein, Geislingen, Aufhausen, Mühlheim a. D., Bärental, Veringendorf, Zwiefalten, Ravensburg, Weißenbronnen. Außer den Enzschottern ist sie diluvial nicht bekannt. Cressın schreibt zwar den Kalktuff von Oberalling a. d. Laaber bei Regens- burg dem Diluvium zu; aber in dem zweiten Verzeichnis!, das er von den dortigen Fossilien gibt, fehlt 4. petronella wieder. Sonst wird sie nur aus den alluvialen Tuffen von Rüssen—Storkwitz? und Walbeck ® verzeichnet. Rezent selten, an zerstreuten Punkten im. ganzen Lande. 9. Vitrea econtorta HeLp nur in KI: Diessen, Geislingen ; außerdem in den Enzschottern. Rezent im Schlattstaller Tal (mittlere Alb) und im südlichen Oberschwaben. | 10. Vitrea subrimata O. Rupor. K. I: Diessen, Dettingen, Geislingen; KH: Oberlenningen, Weißenbronnen. Rezentin zahlreichen Albtälern und häufiger als das fossile Vorkommen vermuten läßt. 11. Vitrea contracta Wsrup. ist für Württemberg erst durch die Untersuchungen der Kalktuffe festgestellt worden. Wir kennen. sie nur aus KI von Diessen und Geislingen, aus KII von Möns- heim, Rohrdorf, Leinstetten, Glatt, Hausen i. K., Pfullingen, Urach, Mühlheim a. D., Bärental und Kirchen, d. h. aus der Alb bis: zur Filslinie und aus dem Muschelkalk am Ostrand des Schwarz- waldes. Meine Bemühungen, sie auch rezent aufzufinden, hatten: einen überraschenden Erfolg, insofern ich sie nie in den Schluchten: der Alb, auch nicht in den von mir viel durchsuchten rezenten Tuff- winkeln fand, aber oben an der Kante des Dreifaltigkeitsberges, fern von Quelle und Wasser, jedoch gedeckt durch Gebüsch und totes Laub. Sie hat also nachweislich bis in die Gegenwart herein an Gebiet verloren. 12. Zonites verticıllus Für. nur inKI: Cannstatt, Diessen, Geislingen; rezent in den ÖOstalpen. 13. Zonites acvrejormis Kıeın n KI: Cannstatt, von Krem | gefunden, sonst nicht wieder; rezent nicht bekannt. ' Ber. nat. Ver, Regensburg 1905/06. Heft XI. (1908). ®? Vohland, A., Abhandl. Isis-Dresden. 1913. Heft I. S. 14. ° Wollemann,A,, 15. Jahresber. Ver. Nat. Braunschweig. 1905—08. S. 56. — 101. — 14. Patula ruderata Srmun. KI: Cannstatt nach Frass!, Dettingen; ferner in dem Torflager der Stuttgarter Anlagen, in den Schottern der Enz und Murr. In KU: Gültlingen, Glatt, Hausen i. K., Seeburger Tal, Aufhausen, Bärental, Veringendorf, Kirchen, Weißenbronnen. Aus der geringen Zahl von Exemplaren, die je- weils erbeutet werden konnten, ist der Schluß zulässig, daß die Schnecke nirgends häufig war. Sie ist langsam erloschen. Über einen sekundären und abnormen, neuzeitlichen Standort siehe dies. Jahresh. 1904 S. LH. 15. Patula solaria Mke. nur in KI: Cannstatt, Diessen, Det- tingen, Geislingen; ferner in den Enzschottern. Rezent in den Östalpen. 16. Acanthinula aculeata Mürr. scheint im Kalktuff auch häufiger zu sein als in den rezenten Anspülungen. 17. Vallonia enniensis GrenLer 1856, costellata Au. Braun 1842 nomen nudum, SANDBERGER 1875, vergl. dies. Jahresh. 1913, S.290; in KI: Cannstatt, Dettingen; ferner: Enz- und Murrschotter; KI: Rammingen. Rezent: in Deutschland vereinzelt unter den übrigen Vallonien; enniensis im Etschtal bei Bozen; costellata im Geniste der Maritza bei Philippopel und bei Uesküb in Serbien *, ferner bei Noworossijsk im Kaukasus’. 18. Vallonia costata MÜLL. ist in den Kalktuffen viel häu- figer als V. pulchella. 19. Drepanostoma nautiliformıs Porro nur in KI bei Diessen ; ferner im Kalktuff von Streitberg in der Fränkischen Schweiz. Rezent im Tessin und in Oberitalien. 20. Petasia bidens Cuenn. nur in KI: Cannstatt; ferner in den Schottern des Neckars, der Enz und der Murr. Rezent in Nord- ostdeutschland bis ins Regnitztal. 21. Perforatella unidentata Drar. und edentula Drar. sind in den älteren württembergischen Verzeichnissen nicht aus- einandergehalten worden (vergl. diese Jahresh. 1894 S. 92 ff.). Die erstere ist fossil eine Seltenheit: Diessen®* und Polling am Ammer- see° in alluvialem Kalktuff und in einer interglazialen Ablagerung von Ismaning bei München ‘®. Diese beiden Fundorte liegen wie der ‘ Zeitschr. deutsch. geol. Ges. XLVIII. Bd. 1896. S. 699. ° Hesse, P., Nachrichtsblatt deutsch. mal. Ges. 1913. S. d—7. ® Lindholm, W. A., ebenda S. 68. * Nicht das hohenzollersche. ° Clessin, Nachrichtsblatt deutsch. mal. Ges. 1874. S, 82, ° Clessin, Geogn. Jahresh. 18. Jahrg. 1905. (1907.) S. 40. — 108 unsrige von Weißenbronnen innerhalb des heutigen Verbreitungs- gebietes der Schnecke. Die Angabe von Kırın (S. 113) aus dem Torf von Musberg bei Stuttgart ist auf edentula zu beziehen, die in Kl ziemlich häufig ist (15 Standorte), in KI jedoch merkwürdiger- weise fehlt. Eine kleine Einbuße an Verbreitungsgebiet im Unter- land läßt sich aus den Enzschottern nachweisen, seit der Entstehungs- zeit von KII ist sie aber nicht mehr zurückgegangen. 22. Hygromia hispida var. concinna JErFR. ist in den älteren Ablagerungen ziemlich häufig — K I: Cannstatt, Diessen, Enz- weihingen; Neckar- und Enzschotter — und kommt in KII seltener | vor: Mönsheim, Urach, Aufhausen, Mühlheim. Näheres über diese | Form s. Mitteil. Geolog. Abteil. Kgl. Württ. Stat. Landesamtes No. 9, O2 u, 1 23. Hygromia umbrosa Partsch nur in KI bei Diessen; ferner im Mammutlehm von Cannstatt. Rezent: Alpenvorland, Ost- alpen, Fränkische Schweiz. 24. Hygromia sericea Drar., in KI bei Cannstatt und | Diessen, fehlt den jüngeren Tuffen des Muschelkalkes und der Alb | gänzlich; Rammingen und Weißenbronnen liegen an der Grenze und innerhalb der heutigen Verbreitung. Dem größten Teile Württem- bergs fehlt sie heute. 25 Hygromia strivolata C. Prr. kommt mit einer einzigen Ausnahme (Heiligenbronn) in der flachen Form vor, die mit dem | PrEIrrer’schen Namen bezeichnet wird. Während var. montana Stun. | seit der Zeit der Hochterrassenschotter (Lauffen a. N., Bietigheim) und | des Mammutlehms von Cannstatt an Gebiet verloren hat, hält striolata heute noch dieselben Grenzen ein, die sich aus den Funden inKller- geben. Die im Löß häufige H. suberecta Cuess., die ab und zu auch: in die diluvialen Schotter geraten ist, hat sich vereinzelt nurin KU von Pfullingen gefunden. Über diese Schnecke vergl. Jahresber. etc. Oberrh. geolog. Ver. N.F. Bd. III. 1913. Heft I. S. 101—106. 26. Hygromia villosa Drar. hat, wie aus den Enzschottern zu schließen ist, bis auf die Zeit von K II eine kleine Einschränkung im Unterland erfahren, ist seither aber stehengeblieben. 27. Euomphalva strigella Drar. ist eine verarmende Art. Der Eindruck, den ihre Verbreitung und ihre Lebensweise hervor- rufen, findet seine Bestätigung im fossilen Vorkommen: vier Stand- orten in KI steht nur einer in K II gegenüber. 28. Arianta arbustorum L. erscheint im Kalktuff mit den beiden Ausnahmen von Hausen i. K. und Geislingen in der Form,| — 103 — die man an einem kalkreichen, dichtbewachsenen und quelligen Standort erwartet. Sie läßt sich in dieser ziemlich großen und normalen „Buschform“ heute noch an den Tuffquellen sammeln. Anders aber ist sie heute auf den Wiesen der Albtäler. Dort treffen wir durchweg die kleine, hochgewundene und dickschalige Form cf. alpicola Für. Im Beeratal wird diese vom Volksmund „Tau- schnecke“ genannt, ein Beweis für ihre Häufigkeit und ihre Ge- pflogenheit, in den feuchten Morgenstunden im Grase sich zu zeigen. A. cf. alpieola wurde aber, weil ähnliche Formen rezent auch in be- stimmten alpinen Regionen und fossil im Löß vorkommen, von SANDBERGER und seiner Schule für das Produkt eines alpinen Klimas gehalten. Wie es sich in Wirklichkeit damit verhält, habe ich in den Jahresber. u. Mitteil. d. Oberrh. geolog. Ver. N. F. Bd. 1. H. 1. 1912. S. 66--76 schon dargelegt. In den Albtuffen beweist das Vorkommen von alptcola-ähnlichen Formen das Gegenteil von dem, was sie für den Löß beweisen sollten. Sie sind hier auch kein Zeuge für ein diluviales Alter, sondern für das jüngste Alluvium und die Gegenwart, nicht für ein alpines Klima, aber für einen nur vom kurzen Grase bedeckten, sonnenbeschienenen Standort. Sie bildeten sich in den Albtälern heraus, nachdem die Kultur die Wiesen dort geschaffen hatte. 29. Kerophila ericetorum MÜLL. s. oben bei 12. Leinstetten. 30. Xerophila candidula Stun. s. oben bei 13. Glatt. 31. Daß Tachea sıilvatica Drar. jemals, wie Kreiv es will, in Schwaben gelebt hat, möchte ich ernstlich bezweifeln. Die Dia- gnose, die er S. 98 mitteilt, bezieht sich nicht auf seine fossilen Exemplare aus „dem festen Tuff am Sulzerrain“ ; es ist die Ross- MÄSSLERsSche, am rezenten Exemplar abgenommene Beschreibung. Fossile Exemplare dürften von hortensis schwer zu unterscheiden sein, worauf oben bei 5. Geislingen hingewiesen worden ist. Da Krem T. hortensis auffallenderweise nicht von Cannstatt verzeichnet, ist es möglich, daß Exemplare dieser Art ihn getäuscht haben, die in der Bänderung silvatica-ähnlich werden können. Bestärkt werde ich in meiner Vermutung durch SANDBERGER, der (Vorwelt S. 805) ausdrücklich bemerkt: „jedenfalls sehr selten und von mir weder an diesem Fundorte, noch in Sammlungen wiedergefunden‘. Für das Rheintal, wo sie aus den Sanden von Mosbach und Hangen- bieten genannt wird, liegt der Fall anders. Dort konnte der Rhein den Vermittler ebensogut in der Vergangenheit spielen, wie er es mit T. silvatica heute noch tut. — 14 — 32. Helix pomatra L. s. oben bei Langenbrunn. 33. Buliminus detritus Müur. s. oben bei 25. Mühlheim a. D. 34. Pupa (Orcula) dolium Dar. fand sich nur im Kl von Bärental. Nach der heutigen Verbreitung hätte es nicht überrascht, wenn die Schnecke auch in den Tuffen des Glatt- und Diessener- tales erschienen wäre. | 35. Pupa(Orcula) dolvolum Bruc. Kl: Diessen, Geislingen ; K II: Mönsheim, Pfullingen, Urach, Oberlenningen, Wiesensteig, Geis- lingen. Sie hat das Muschelkalkgebiet (Diessen, Mönsheim) geräumt, hält aber in der Gegenwart das Albgebiet noch in der Ausdehnung besetzt, wie es sich auch aus den Tuffen ergibt. Vergl. auch oben bei 5. Geislingen am Schluß. 36. Pupa (Pagodina) pagodula DesmouL. nur in Kl: Diessen, Dettingen, Geislingen. Rezent in den nördlichen und süd- lichen Kalkalpen. 37. Pupa (Torquilla) [frumentum Drar. wird, schüchtern zwar, schon aus dem Diluvium gemeldet. Kreın fand (S. 102 und 107) ein einziges Exemplar lose im Tuftisand von Untertürkheim (Cannstatt); ob es fossil sei, läßt er unentschieden. Ebenso will sie BRÖMME' bei Walluf und Schierstein a. Rh. gefunden haben. O. BoErTTGErR”? aber sagt darüber: „Das Stück von Walluf hat sich bei einer Nachprüfung, die mir Herr Dr. Cur. BRÖMME gütigst ge- stattete, als die Gehäusespitze von P. secale herausgestellt. Stücke von Schierstein habe ich nicht zur Ansicht erhalten können.“ Ferner zählt sie SAnDBERGER? von Streitberg in der Fränkischen Schweiz auf, wo er sie übrigens nicht selbst gesammelt hat, läßt sie aber in einem späteren Verzeichnis* wieder weg, weil ein anderer Sammler sie „nicht wieder gefunden hatte“. Auch Inerıns? schreibt aus- drücklich, er habe sie dort nicht gefunden. Mit ebensowenig Glück beruft sich SannBERGER® auf weitere Gewährsmänner bezüglich ihres Vorkommens in einer oberpleistocänen lößähnlichen Ablagerung bei ! Brömme, Öhr., Conchylienfauna des Mosbacher Diluvialsandes. Jahrb. Nass. Ver. Naturk. 38. Jahrg. 1885. S. 75. ® Boettger, O., Entwicklung der Pupa-Arten etc. Eebenda. 42. Jahrg. 1889. 8. 247. ’ Sandberger, F., Land- u. Süßwasser-Conchylien. Vorwelt. S. 937, Anm. * Derselbe, Über pleistocäne Kalktuffe der Fränk. Alb. Sitz.-Ber. Akad, Wiss, München. Bd. XXIII. 1893. S. 3—16. 5 Ihering, Dr. H. v., Zur Kenntnis der Molluskenfauna der Fränk. Schweiz. Malakozool. Blätter. N. F. 3. Bd. 1881. S. 69—77. ° Sandberger, F.,.... Vorwelt. S. 949, Anm. Überlingen a. Bodensee. Sowohl die Schnecke als das Alter der Ablagerung sind unsicher. Mit Vorbehalt führt sie Stark ' vom Di- luvialton bei Merzhausen im südlichen Baden auf, wogegen ANDREAE ” feststellt, daß sie dem Diluvialsand fehle. Endlich will Cessiv sie ins Pleistocän versetzen. In der wiederholl erwähnten Arbeit über den Laabertuff (s. oben bei 12. Leinstetten) verzeichnet er sie „aus den obersten Schichten“. Spricht schon der Horizont nicht für pleistocänes Alter, so wird das Mißtrauen noch durch Fehlbestim- mungen gesteigert, welche den Autor zu seiner Ältersbestimmung geführt haben. Die übrigen Angaben der Literatur beziehen sich auf alluviale Ablagerungen. 0. BOoETTGER, SANDBERGER, Wüst und Weiss nennen solche. Auch in Schwaben kennen wir P. frumentum nur aus KII von Gültlingen, Mühlheim, Bärental und Zwiefalten. 38. Pupa (Torguilla) secale Drar. läßt sich in den rheini- schen Sanden ins Diluvium zurück verfolgen. Unserem KI fehlt sie, KlI gehört sie bei Diessen, Leinstetten, Glatt, Pfullingen, See- burger Tal, Mühlheim, Bärental und Weißenbronnen (am letzteren Ort in der var. gracılior Kreer.) an. Sie erträgt feuchtere und kühlere Standorte als /rumentum; P. secale ist mehr Wald- und Felsen-, jene dagegen Heideschnecke. 39. Pupa (Pupilla) triplicata Stun. in KI: Diessen, Det- tingen, Geislingen; außerdem im Murrschotter. Rezent in den Alpen und im Mittelmeergebiet. 40. Pupa (Sphyradıum) columella G. v. Mrs. ist eine Lößschnecke und in den Kalktuffen so fremd (K II bei Mönsheim und Hausen i. K.) wie in der rezenten Fauna (einzelne Exemplare im Neckargeniste, ferner bei Urach und Schlattstall). In den Dolo- miten Tirols ist sie häufiger (P. gredleri Guess.) 41. Pupa (Isthmia) elaustralis GrEDLER in KI: Geislingen und Hausen i. T. Vergl. oben bei 5. Geislingen. 42. Pupa (Vertigo) alpestris Arno. in KI bei Diessen und Geislingen, in KII 17mal vorkommend. Rezent an bemoosten Alb- felsen keine Seltenheit; hat noch keinen Gau endgültig geräumt. 43. Pupa(Vertigo) genesii GrEDLER inK II: Altheim, Ram- mingen, Ravensburg, Weißenbronnen; häufiger im Torf. Rezent im ‘ Stark, P., Beiträge zur eiszeitlichen Flora und Fauna Badens. Ber. Naturf. Ges. Freiburg i. Br. Bd. XIX. 1912. S. 10, ® Andreae, Dr. A., Diluvialsand Hangenbieten. Abhandl. geolog. Spez.-K. Elsaß-L. Bd. IV. Heft II. 1884. S. 30, Anm. ° Vergl. Wüst, E., Zeitschr. Naturw. Bd. 82. 1910. S. 245. württ. Algäu (spärlich) und in Südtirol. Über diese Schnecke vergl. Jahresber. etc. Oberrh. Geolog. Ver. N. F. Bd. III. Heft I. 1913. S. 106—110. 44. Pupa (Vertigo) moulinsiana Dupuy in KI: Cannstatt, Dettingen, Geislingen ; in K II: Gültlingen, Diessener Tal, Pfullingen, Seeburger Tal, Geislingen, Aufhausen, Veringendorf, Altheim, Zwie- falten, Rammingen, Ravensburg. Nirgends häufig. Rezent an zer- sprengten Punkten am Niederrhein und im französischen Jura. 45. Pupa(Vertigo) substriata Jerrr. in Kl: Diessen und Dettingen; in K II 15mal nachgewiesen. Sporadisch im ganzen Lande rezent vorkommend. | 46. Balea perversa L. wurde nur einmal, und zwar in KII von Zwiefalten gefunden; rezent ist sie auf der Alb ebenso selten. Die Clausilien gehören zu den Seltenheiten in den Tuffen; am häufigsten ist noch Öl. parvula. 47. Clausilia orthostoma MkeE. nur in KII: Mönsheim, Gültlingen, Diessen, Dettingen, Seeburger Tal, Weißenbronnen. 48. Clausilia plicata Drar. in KI von Cannstatt nach | Fraas; im KII vor Weißenbronnen; vergl. oben bei 17. Pfullingen. 49. Clausilia biplvcata Mont. soll nach Kıeım im Cann- statter Tuffsand vorkommen (Ol. similis Cuarr. S. 101); SANDBERGER hat sie jedoch nicht von dort; dagegen fand ich sie im Torf der Stuttgarter Anlagen, und zwar häufiger in den jüngeren Schichten. Im KII sind neun Fundorte nachgewiesen, etwas wenig im Hinblick auf die heutige Häufigkeit der Schnecke. Sie scheint im Laufe der Zeiten an Gebiet gewonnen zu haben. 50. Claustilva cana Hero in Kl: Diessen, Cannstatt nach Fraas; in KII bei Geislingen. Die Schnecke ist heute an der Alb lokal häufig. 5l. Clausilia bidentata STRöM nur in KI bei Diessen, sonst im Schotter der Murr, der Enz und des Neckars (Böckingen); fehlt heute in Schwaben. 52. Clausilia pumela (Z.) C. Pr. in KI bei Cannstatt, Enz- weihingen, Geislingen; außerdem im Mammutlehm von Cannstatt und im Hochterrassenschotter des Neckars, der Enz und der Mur. 53. Clausilia ventricosa Drar. und lineolata Herp, die beide am Boden und in der Nähe des Wassers (an Bachrändern) leben, sind in den Kalktuffen relativ häufiger als die Baum-Clausilien, auch zahlreicher, als man es nach ihrem heutigen individuenarmen Auftreten erwarten sollte. N 54. Clausilia filograna (7.) Rssm. in KI bei Diessen (Cannstatt im Konglomerat und Mammutlehm) und Geislingen; ferner in den Schottern von Neckargartach; in KII von Oberlenningen und Drackenstein. Die Schnecke hat das Unterland eingebüßt; an der mittleren Alb hat sie noch eine Reihe von Refugien inne, ist aber dort nicht mehr so häufig, wie es einstens bei Diessen und Geislingen der Fall gewesen sein muß. 55. Oionella tridens Purr. im Tuffsand von Untertürkheim nach Krein (S. 101) und SAnDBERGER; außerdem in den Enzschottern. Ist südlich des Mains erloschen. 56. Die im Boden lebende Oaecilianella acicula Mürtr. kommt in den Tuffen sowohl fossil als rezent vor. 57. Suwecinea oblonga var. elongata (Ar. Brn.) SpBor. ist in K I (viermal bei sechs Aufschlüssen) häufiger als in K II (zweimal bei 34 Aufschlüssen); der Gegenwart fehlt sie, vorausgesetzt, daß Suce. elongata Cukssin nicht dieselbe Form ist. In Schwaben ist aber auch diese unbekannt. 58. Succinea paludinoides (Ar. Braun) Krein S. 97 mit ausreichender Beschreibung (1846), von SANDBERGER, Vorwelt S. 845, geändert in paludınaeformis (1875 und unberechtigterweise) ist nur aus KI von Cannstatt bekannt geworden. 59. Carychium tridentatum Rısso ist in KI (Diessen, Dettingen, Cannstatt, Enzweihingen, Geislingen) so scharf geprägt, daß man nicht an ihr vorübergehen kann; in KH (Urach, Bärental) verwischt sich der Charakter teilweise, und es stellen sich Über- gänge zu O©. mimmum ein. Rezent findet sie sich vereinzelt in der Uracher Umgebung und im Algäu. 60. Daß die Limnaeen aus der Gruppe Gulnaria ovata Drar. sich nach der Seite von mucronata Hern neigen, ist schon früher dargelegt worden!. Die meisten können bei rosea GALLEN- STEIN untergebracht werden, einmal aber (KI Geislingen) mußte auf mucronata typ. erkannt werden. Die Ähnlichkeit der fossilen ovata- Formen der Alb mit den rezenten Südbayerns ist augenfällig; es scheinen biologische Rassen zu sein, die den kalten Quellen und kleinen Quellseen angehören. In der Gegenwart ist ovata an der Schwabenalb selten geworden, häufig ist sie noch im Frankenjura. . 61. Limnaea peregra MÜLL, von Kıem aus dem Sauer- wasserkalk von Cannstatt (S. 103) and aus dem Alluvialkalk von 1 Diese Jahresh. 66. Jahrg. 1910. S. 313. a Nellingen (S. 111) angegeben, wurde von mir nirgends im Tuff gefunden. 62. Limnaea truncatula Müur. lebt amphibisch und steigt in den Bergländern zu den hochgelegenen Quellen auf, auf Holz- stücken sitzend; dabei bleibt sie klein, wie sie im Tuff vorkommt. 63. Physa fontinalis L. dürfte auf der Neckarseite der Alb jetzt fehlen; auch der Standort bei Urach ' scheint eingegangen zu sein. 64. Planorbis planorbisL. und carinatus MÜLL. sind in ihren typischen Formen gut auseinanderzuhalten; in den Albtuffen tritt jedoch meist die Zwischenform dubius Harrm. auf, die heute im Neckartal gewöhnlich ist. 65. Planorbis vortex L. in K]: Tuffsand von Untertürk- | heim (Kreım S. 103), in KII bei Zwiefalten und Rammingen; ist | im Unterland sehr selten geworden, wenn nicht ganz eingegangen. | 66. Planorbis vortrculus Troschen bei Rammingen in KI, außerdem in den Schottern der Enz bei Bietigheim und des Neckars bei Lauffen; ist höchstens noch in Oberschwaben rezent zu finden (Quelle von Algershofen bei Munderkingen a. D.). 67. Planorbis spirorbis MÜLL. von Cannstatt bezieht sich nach Krem’s eigenem Zeugnis” auf Pl. leucostoma Mırr. 68. Planorbis contortus L. s. oben bei 32. Rammingen. 69. Planorbis gredleri Bısız in KI von Diessen, KII von Ravensburg und Weißenbronnen (borealis Lovkx), rezent in Tirol. 70. Planorbis sibiricus Dunker in K I bei Dettingen, außerdem in den Murr- und Enzschottern; in Europa verschollen. 71. Acme polıta Harrm. fällt mancherorts durch ihren Indi- viduenreichtum auf. 72. Acme lineata Harım. erscheint nur in KII innerhalb ihrer heutigen Verbreitung: Leinstetten, Glatt, Bärental, Weißen- bronnen. | 74. Pomatias septemspiralis Raz. nur im Sauerwasser- kalk von Uannstatt. 75. Vivipara conteeta Mıwn. in KIl von Rammingen inner- halb ihrer heutigen Verbreitung. 76. Bythinıa tentaculata L. s. bei 32. Rammingen; hat die Alb geräumt. 77. Bythinvainflata Hansin = troscheli Kösr. soll nach Sann- BERGER, Vorwelt S. 771, ım Cannstatter Sauerwasserkalk sich BFOnORN \ Diese Jahresh. 1894. S. 124. ” Diese Jahresh. 8. Jahrg. 1852. S. 164. — 1109 — haben ; Kreın und Fraas kennen sie nicht; auch sonst ist in Schwaben keine Spur von ihr gefunden worden. 78. Bythinella alta Cress. in K II von Weißenbronnen innerhalb der heutigen Verbreitung. 79. Lartetien sollten als Höhlen- und Quellenbewohner in den Tuffen häufig sein, sind es aber nicht, wie sie es auch in den rezenten Tuffquellen nicht sind. 80. Lartetia exiguwa GEYER in KU von Aufhausen; außerdem im Torflager der Stuttgarter Anlagen und im Konglomerat von Cannstatt. Es ist dies die einzige Art, von der sich eine Einschrän- kung der Verbreitung nachweisen läßt, vergl. Mitteil. Geolog. Abteil. Kgl. Württ. Stat. Landesamtes. No. 6. 1909. S. 85 —87. 81. Belgrandia germanica Cıess. in K II bei Diessen, Dettingen, Cannstatt, Enzweihingen und Geislingen a. St., außerdem in den Enzschottern von Bietigheim; Delgrandia marginata Mich. in den Schottern des Neckars bei Lauffen und der Murr bei Steinheim. 82. Valvata piscinalis MÜLL. bei Krem S. 106 dürfte auf V. alpestris zu beziehen sein. 83. Valvata alpestris Küst. in KI bei Diessen, Dettingen und Geislingen; in K Il: Pfullingen, Seeburger Tal, Urach, Geis- lingen, Veringendorf, Zwiefalten, Laufenmühle, Ravensburg, Weißen- bronnen. Im Unterland und auf der Neckarseite der Alb gänzlich erloschen, auf der Donauseite noch im Zwiefalter Aach- und Blautal, ferner in Oberschwaben, aber auch dort zurückgehend. 84. Valvata pulchella Stun. in K II von Weißenbronnen. Der einzige bisher in Württemberg innegehabte rezente Standort von Schelklingen dürfte nunmehr auch verloren gegangen sein. F. Vergleichende Übersicht. Scheiden wir diejenigen Arten aus, die in beiden Kalktuffen und in der rezenten Fauna vorkommen, die also, soweit Schwaben als Ganzes in Betracht kommt, indifferent sind, dann erhalten wir vom Auftreten der übrigen folgendes Bild. Es erscheinen in der Fauna von Kl: von KI: | der Gegenwart: Daud. rufa 0 ' Daud. rufa „. brevipes | 0) | brevipes 0 HAyal. depressa | 0? ‘ In den einzelnen Gauen verschiebt sich die Bedeutung der hier ver- zeichneten Arten, von Kl: Hyal. draparnaldı nitidula 0) Vitrea contorta Zon. verticillus „ acteformis Patula solaria Ö 0) 0 ” Dre». nautiliformıs Pet. bidens Hygr. concinna umbrosa 0 Ö 0 0 0 Pupa pagodula 0 0 Pupa triplicata claustralvs 0 0 Pupa moulinsiana ” Claus. bidentata „ . pumıla Cvonella tridens Suce. elongata „ paludınoides Limnaea rosea mucronata — 10 — | von KII: 0 ' Ayal. nitidula | petronella Ö 0 0 | a, _Isogn. personatum Perf. unidentata edentula 0) 0 Hygr. concinna | 0 | Hygr. vıllosa (Xer. ericetorum)) , eandidula ' Bul. detritus | Pupa dolium | | 0 Pupa frumentum secale 0 Ö Pupa eolumella genesiv „ moulinsiana hr) ” 2” » ı Balea perversa ı Claus. orthostoma plicata biplicata eruciata 0) Ö 0 » n n ‚ Suee. elongata 0) Limnaea rosea 0 der Gegenwart: 0 0 Hyal. petronella Vürea contorta 0 Ö Ö Isogn. personatum Perf. unidentata „. edentula Ö 0 Ö Hygr. umbrosa „. villosa Xer. ericetorum „. ecandıdula Bul. detritus Pupa dolium 0 Pupa frumentum „. secale 0 0 ' Pupa columella 1, genests | 0 ‚ Balea perversa | Claus. orthostoma I 0. Plieatar 5 biplieata | cruciata ” er ie von Kl: von KI!: ' der Gegenwart: Plan. gredleri Plan gredleri | 0 „ sibirveus 0 | 0 0 Acme lineata Acme lineata P. septemspiralis ) | Ö 0) Vivipara contecta Vivipara conteeta Ö Bythinella alta Bythinella alta Belgr. germanica 0 | 0 0 Valvata pulchella Valvata pulchella. | Die Arten, die nur in KI vorkommen, für diesen also charak- teristisch sind, sind durch Sperrdruck kenntlich gemacht. Sie sind mit dem Abschluß derälteren KalktuffperiodeinSchwaben erloschen. KlIund KlI haben gemeinschaftlich: Ayalınva nitidula, Hygromia coneinna, Pupa moulinsiana, Suceinea elongata, Limnaea rosea, Planorbis gredlerı. Sie sind mit dem Abschluß der jüngeren Kalktuffperiode in Schwaben erloschen. Kl wird übersprungen von: Daudebardia rufa und brevipes, Vitrea contorta und Hygromia umbrosa. Dabei wurden auch die Gaue gewechselt. Die Daudebardien verließen Unterland und Alb und haben jetzt zersprengte Posten, zumeist im Alpenvorland, inne. Vitrea contorta räumte nur den erstgenannten Gau, nicht aber die Alb und ‚sitzt jetzt auch im südlichen Oberschwaben. Hygromia umbrosa hat sich vom Unterland aus offenbar nie in die Albtäler hinein erstreckt und verzogen und erreicht Oberschwaben jetzt von den Ostalpen aus. KH hatallein Ayalinia depressa. Die Vereinzelung des Falles läßt vermuten, daß die seltene Schnecke doch noch irgendwo lebend verborgen ist. KH und die Gegenwart haben gemeinsam: Ayalıma petronella, Isognomostoma personatum, Perforatella unidentata, edentula, Xerophila candıdula, Buliminus detritus, Pupa dolvum, frumentum, secale, genesüi, Balea perversa, COlausilia orthostoma, biplicata, eruciata, Acme lineata, Vivipara contecta, Bythinella alta, Valvata pulchella. Ob sie alle erst mit der Periode von KII in unserem Gebiet heimisch geworden sind, müßte noch im einzelnen untersucht werden. Für /sognomostoma personatum, die nach ihrer Lebensweise in die Umgebung der Tuffquellen paßt, wäre es verwunderlich, zumal da sie in KII 13mal, also in mehr als der Hälfte der Fälle, nach- gewiesen werden konnte. Für eine größere Zahl aber scheint die —:112 Einwanderung in Schwaben in der jüngeren Periode festzustehen, für diejenigen nämlich, die nicht für sich allein, sondern in einer bio- logisch und geographisch einheitlichen Gruppe auftreten. Es sind zwei Gruppen: 1. die subalpine Gruppe mit Perforatella unidentata und edentula, Pupa dolium und genesvwi, Acme lineata, Bythinella alta; 2. die mediterrane Gruppe: Xerophila candıdula, Buliminus detritus, Pupa frumentum und secale. Eine Schwierigkeit ergibt sich nur für Perforatella edentula, die in den Enzschottern nachgewiesen wurde. Vielleicht sind aber auch _ Schwankungen in der Verbreitung in Betracht zu ziehen, und im übrigen sind die Enzschotter wesentlich älter als KI. G. Die erloschenen Arten. Das Unterland wurde geräumt von!: Daudebardia rufa, brevipes, Vitrina elongata, Hyalınia (depressa?). draparnaldi, mitidula, Vitrea contorta, subrimata, contracta, Zonites sp ?, vertieullus, acıeformis, Patula solaria, Vallonia tenwilabris Au. Brw., enniensis-costellata, Dre- panostoma nautiliformis, Petasia bidens, Hygromia concinna, terrena CLess., rubiginosa, umbrosa, montana, suberecta, Xerophila striata var. nilssoniana Beck, (Tachea silvatica?), Pupa doliolum, pagodula, tripli- cata, columella-gredlerı, minutissima kleine Form cf. claustralis, moulin- | siana, genesi, parcedentata Au. Brn., Olausılia (plicata?) cana, bidentata, | pumila, filograna, Cionella tridens, Succinea elongata, paludinoides, Carychium tridentatum, Limnaea rosea, Planorbis corneus, vorticulus, | limophilus, rossmaessleri Ausrsw., gredleri, sibiricus, Pomatias septem- spiralis, saueri Geyer, (BDythinıa inflata?), troscheli (bei Mauer), Lar- tetia exigua, Belgrandia germanica, margınata MıcnH , Valvata piscinalıs, antıqua Sow., alpestris; pulchella, naticina Mke., Neritina serratilini- formis Geyer, Sphaerıum solidum Norm., astartoides SpBe. Zusammen 61 (65) Arten; dazu kommen noch Perforatella edentula und Aygromva villosa, die sich von der unteren Enz in die Albtäler und den Oberlauf des Neckars, und ÄAygromva sericea, die sich vom Neckar ins Frankenland verzogen haben. Die Alb wurde geräumt von’: Daudebardia rufa, brevipes, Hyalınva nitidula, Zonites vertieillus, Patula ruderata, solarid, Pupa | ı Soweit sich ein Bild aus den Befunden in den Kalktuffen, im Mam- mutlehm von Cannstatt, im Torflager der.Stuttgarter Anlagen und von Böb- lingen, in den Schottern des Neckars, der Murr und der Enz und im Löb zeichnen läßt. ® Nach den Befunden in den Kalktuffen. — 13 — pägodula, triplicata, claustralis, moulinsiana, Clausilia pumila, Succinea elongatä, Carychium tridentatum, Limnaea rosed, mucronata, Belgrandıa germanica,; zusammen 16 Arten; dazu kommen noch Vitrea contracta, Physa fontinalis und Valvata alpestris, welche die Räumung nur teil- weise vollzogen haben. Oberschwaben wurde geräumt von!: Patula ruderata, Acanthinula lamellata Jerrr., Pupa moulinsiana, Clausilia cf. pumila, Planorbis gredleri, Pomatias salomoni GEYER. H. Das geologische Alter. Suchen wir die behandelten Kalktuffe in das Schema der quartären Ablagerungen einzureihen, dann gehen wir selbstverständ- lich nur von den fossilen Mollusken aus, und der Anteil der lokal erloschenen Formen am einzelnen Öonchylien- bestand soll den Maßstab abgeben. Da zeigt es sich mit überraschender Deutlichkeit, daß wir zwei ungleich große Gruppen von Tuffen erhalten. In der ersteren, kleineren Gruppe — KI — betragen die lokal erloschenen Mollusken durch- schnittlich 25 °!o (zwischen 20 — Enzweihingen, vollständige Aus- beutung unmöglich — und 32 °/o), in der zweiten, größeren — KII — 3°Io (zwischen O und 10°/o, Mönsheim). KI ist also un- streitig der ältere, KII der jüngere Kalktuft. Die Fauna des älteren zeigt die geringere Übereinstim- mung mit der heutigen. Ihre Bestandteile haben sich zum Teil in entfernte Gebiete, wie die Süd- und Ostalpen, verzogen oder sind sie gänzlich verschollen (Zonites acieformis, Planorbis sibiricus , Bel- grandia germanica). Daß die älteren Kalktuffe dem Diluvium zu- gerechnet werden, dürfte nirgends auf Widerspruch stoßen. Welcher Periode sie angehören, läßt sich bei Cannstatt und Dettingen fest- stellen, wo sie einer Schotterterrasse auflagern. Wahrnehmungen in der Fauna der Kalktuffe des Diessener Tales haben mich veranlaßt, die Entstehungszeit der älteren in das letzte Interglazial — Riß- Würm — zu setzen. Als zuverlässigste Leitfossilien des diluvialen Kalktuffes in Schwaben sind zu nennen: Hyalinia draparnaldi, Zonites vertieillus, acieformis, Patula solaria, Drepanostoma nautiliformis, Petasia bidens, Pupa pagodula, triplicata, claustralis, Clausilia bidentata, pumila, Cionella tridens, Planorbis si- birieus, Pomatias septemspiralis, Belgrandia germanica. Ob die jüngeren Kalktuffe dem Alluvium zuzurechnen ! Nach den Kalktuffen und der Nagelfluh von Buch-Illertissen. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1915. 8 seien, scheint nicht so selbstverständlich zu sein. Vom conchylio- logisch-faunistischen Standpunkt aus könnte zwar nichts dagegen eingewendet werden. Ihre erloschenen Mollusken sind an Zahl ge- ringer und uns bei weitem noch nicht so fremd geworden wie die des Diluvialtuffes. Obwohl sich in bezug auf die Zahl der erloschenen Arten und ihre geologische Bedeutung kleine Unterschiede zwischen den einzelnen Tufflagern ergeben, so reichen sie doch nicht hin, ver- schiedene Entstehungszeiten für diese Ablagerungen anzunehmen. Höchstens bei Mönsheim könnte ein Zugeständnis gemacht werden. Aber es ist zu berücksichtigen, daß im Unterland das Erlöschen jeder Art viel früher eingesetzt und einen größeren Umfang erreicht hat als an der Alb. Auch das Fehlen erloschener Arten in manchen jüngeren Tuffen ist noch kein zwingender Beweis dafür, daß diese Tuffe jünger sein sollten als die übrigen mit lokal erloschenen Mol- lusken. Für eine derartige Trennung genügt die Zahl der ab- gegangenen Conchylien nicht und nicht die geographische und geo- logische Bedeutung derselben. Wenn auf Grund der Mollusken festgestellt werden kann, daß wohl alle 34 jüngeren Tuffe gleichaltrig sind, so kann mit derselben Sicherheit, eben auf Grund der erloschenen Schaltiere behauptet werden, daß sie nicht rezent sind, d. h. daß die Zusammen- setzung ihrer Faunenbestände der Gegenwart nicht entspricht, weil sie Züge aufweisen, die der heutigen Fauna fehlen und nur aus dem Diluvium heraus verständlich sind, nur mit diesem und nicht mit der Gegenwart zusammenhängen. Wir würden also die jüngeren, Kalktuffe dem Altalluvium zuteilen, das sich durch folgende Leitfossilien kennzeichnet: Hyalıma nitidula, Patula ruderata (Alb), Hygromia coneinna, Pupa moulinsiana, Suceinea elongata, Lim- naea rosed, Planorbis gredleri, Valvata alpestris (Alb). Die Geologie geht von anderen Gesichtspunkten aus und mag vielleicht im einzelnen zu anderen Resultaten kommen. Es sei darum wiederholt, daß die fossilen Mollusken nur zwei, aber scharf ge- trennte Gruppen von Tuffen unterscheiden lassen, die entweder einer älteren oder einer jüngeren Periode zugehören. Ein Lager mit einem älteren diluvialen Kern und einer jüngeren Anlagerung konnte nirgends nachgewiesen werden. Zusatz zu S. 73—75: Xerophila candıdula wird von WOLrF, Geolog. Entw. Westpreußens, Schriften Naturf. Ges. Danzig, N. F. XIII. Bd. S. 84 vom untersten Diluvium von Ostrometzko (östl. von Bromberg) angegeben. Bestimmung von MENZEL. Rohhumus- und Bleicherdebildung im Schwarzwald und in den Tropen!. Von Richard Lang. Das Vorkommen von Rohhumus und Bleicherde ist aus weiten Gebieten der gemäßigten und kalten Zonen der Erde bekannt. So ist auch im Schwarzwald der Rohhumus stark verbreitet, wie de Hochmoore mit ihren Anhäufungen von saurem Humus oder die denselben gelöst enthaltenden dunklen Karseen oder auch die gleichfalls von gelöstem Rohhumus kaffeebraun gefärbten Bäche bezeugen, die als sogenannte Schwarzwässer allen Rohhumus- gebieten entfließen. Auf das Vorhandensein von Rohhumus weist auch das Vorkommen von Bleicherde oder Bleichsand, welcher der den Boden färbenden Eisen- und Manganverbindungen mehr oder weniger vollständig beraubt ist und infolge seiner fahlen Farbe diese Bezeichnung erhalten hat, wie auch das Auftreten von Ortstein hin, der, unter dem Bleichsand in geringer Tiefe unter der Erdoberfläche liegend, eine Verfestigung von Sand durch die dem darüberliegenden Bleichsand entzogenen und hier zusammen mit Humussubstanzen wieder abgelagerten Mineralstoffe darstellt und welcher bei stärkerer Ausbildung das Wachstum der Bäume hindern und damit den Waldbau schädigen kann. Der Rohhumus, auch saurer oder adsorptiv ungesättigter Humus genannt, wird dem milden oder neutralen oder adsorptiv gesättigten Humus gegenübergestellt. Durch eine einfache Unter- suchung kann der Gegensatz zwischen den beiden Humusarten gezeigt werden. Während der milde Humus auf Lackmus im all- gemeinen keine Farbänderung hervorruft, färbt feuchter Rohhumus, wie auch insbesondere das durch gelösten Rohhumus dunkel gefärbte Wasser, blauen Lackmus rot als Zeichen saurer Reaktion. Auf Grund dieser und anderer Tatsachen nahm man bis in die Jüngste Zeit hinein an, daß gewisse Humussäuren existieren, die im milden Humus durch gewisse Basen „neutralisiert“, im Roh- ! Vortrag gehalten auf der Vers. d. Schwarzwälder Zweigvereins f. vater]. Naturkunde in Württemberg zu Rottweil am 24. V. 1914. + — 116 — humus dagegen als „freie“ Humussäuren vorhanden seien. Dieser Auffassung entsprechen die Ausdrücke: neutraler Humus, saurer. Humus. Man glaubte zu beobachten, daß Humussäuren von ver- schiedenen Eigenschaften existieren, daher die Namen: Ulminsäure, Huminsäure, Quellsäure, Quellsatzsäure, (Krensäure, Apokrensäure). Dieser Auffassung trat van BEMMELEN entgegen, indem er die „Humussäuren“ ihres Säurecharakters entkleidete und sie als Kolloidkörper ansprach, und besonders Baumann hat diese An- schauung weiter ausgebaut. Für’diese Erkenntnis war von großer Wichtigkeit, daß die sogenannten Humussäuren Quellungserscheinungen zeigen, derart, daß geringe Mengen von Humusstoffen relativ mehr | Wasser in sich aufnehmen als große Humusmengen bei gleicher | Wassermenge und daß alle chemischen Vorgänge bei Humusstoffen von der Konzentration der Lösungen abhängig sind und nicht nach stöchiometrischen Gesetzen, sondern nach den Gesetzen der Ober- flächenwirkungen sich vollziehen, wie dies für Kolloide charakteristisch ist. Auch die Einwirkung von Rohhumus auf Lackmus läßt sich als Kolloidwirkung deuten. Die Humusstoffe vermögen als charakte- ristische Kolloide Mineralstoffe gierig in sich aufzunehmen, adsorptiv zu binden, wie bei ihnen auch ein Austausch verschiedener Sub- stanzen, insbesondere von Basen, stattfinden kann. Diese Fähig-- keiten sind bei Humusstoffen, die von verschiedenen Pflanzen stammen, verschieden, und darauf ist es zurückzuführen, daß man früher ver- schiedene Humussäuren annehmen zu müssen glaubte. Wenn die Humusstoffe eine gewisse Menge von Mineralstoffen in sich auf- genommen haben, so daß sie neutral reagieren, so sind sie adsorptiv gesättigt und es resultiert der milde Humus. Sind aber in den Wässern, mit denen die Humussubstanzen in Berührung kommen, relativ nur sehr geringe Mengen von gelösten Mineralstoffen ent- halten, so vermögen sich die Humusstoffe adsorptiv nicht zu sättigen und &s entsteht Rohhumus. Der gesättigte Humus ist in Wasser unlöslich. Der Rohhumus dagegen bildet Gele und schwache Lösungen, Humussole, welche das Wasser dunkel färben. Derartige Roh- humuswässer oder, wie man sie gemeinhin nennt, Schwarzwässer vermögen neben den ein- und zweiwertigen Elementen ins- besondere die Eisen- und Manganverbindungenkolloid zu lösen und wegzuführen. Aus diesem Grunde wird Erden und Sanden, die von Schwarzwässern überflossen werden, der färbende Eisen- und Mangananteil entzogen und es bilden sich dann die — 417 — oben genannten Bleicherden und Bleichsande. Werden die gelösten Substanzen, etwa in Sand, wieder niedergeschlagen, so bildet sich ein verfestigtes Gestein, der Ortstein. Die Bildung, Erhaltung und Anhäufung von Humus ist im wesentlichen abhängig von der Temperatur und Feuchtig- keit, die auf denselben einwirken. Je höher die Temperatur, desto rascher verwest der Humus infolge der Oxydationswirkung des Sauer- stoffs der Luft, die durch Bakterien vermittelt wird. Bei niederer Temperatur sinkt die Geschwindigkeit der Verwesung des Humus auf ein Minimum herab und hört bei Frost völlig auf. Hohe Feuchtig- keit hält die Zerstörung des Humus zurück, während geringe Feuchtig- keit sie begünstigt. Die Verhinderung der Verwesung bei starker Durchfeuchtung des Humus ist darauf zurückzuführen, daß einerseits alle Luftporen aus dem Humus durch das Eindringen des Wassers verschwinden und das sie ersetzende Wasser weniger Sauerstoff ge- löst enthält, als die vorher vorhandene Luft hatte, so daß die oxy- dierende Wirkung der Humusbakterien vermindert wird, und daß andererseits bei der Verwesung von Humusbestandteilen im Wasser im Verhältnis zum Sauerstoff immer mehr Kohlensäure angereichert wird, so daß die Einwirkung des Sauerstoffs fast völlig auf die ober- flächlich liegenden Humusteile beschränkt wird. Endlich sei auf die etwa im Humus oder in den denselben benetzenden Wässern enthaltenen Mineralbestandteile hin- gewiesen, die anscheinend die Verwesung begünstigen. Insbesondere vermag Kalk die Wirksamkeit der den Humus zerstörenden Bakterien günstig zu beeinflussen. Da niedere Temperaturen und hohe Feuchtig- keit der Erhaltung des Humus und der Bildung von Rohhumus günstig sind, so nahm man an, daß die Entstehung vonRohhumus auf die kühleren Gebiete der Erde beschränkt sei, zumal man bis vor kurzem nur die weite Verbreitung des Rohhumus in diesen Ländern kannte und aus den Tropen keine Humusanhäufungen be- kannt geworden waren. Man glaubte vielmehr, daß in den feuchten Tropen die Verwitterung in der Richtung auf den kiesel- säurefreien Laterit vor sich gehe, und erklärte das anscheinende Fehlen von Humus in den Tropen mit dem Hinweis darauf, daß infolge der dort herrschenden hohen Temperaturen die Zerstörung des Humus so rasch sich vollziehe, daß eine Humusansammlung un- möglich sei und somit dem Boden jeder Humusgehalt fehle. —. 11802 Erstmals machte PoTonı£ im Jahre 1909 auf das Vorkommen eines „Lropen-Sumpfflachmoores“ in Mittelsumatra aufmerksam, aus dessen Existenz er auf die Möglichkeit schloß, daß auch unter tropischem Klima eine Anreicherung von Humus stattfinden könne. Aus der Beschreibung des Moorwassers, das von hellbrauner Farbe und sehr schwach adstringierendem Geschmack war, ergibt sich, daß es sich um Rohhumuswasser handelte. 1911 gab Ramann der An- sicht Ausdruck, daß viel dagegen spreche, den Laterit als den Boden der tropischen Urwälder, wie sie nSüdamerika oder Zentral- afrika vorkommen, anzusehen. „Diese, jedenfalls echte klimatische Bodenprovinzen bildende Waldungen zeichnen sich durch Vorkommen reichlich kolloide Humusteile enthaltender Gewässer aus. So sind z. B. die Schwarzwässer des nördlichen und mittleren Südamerikas oft beschrieben.“ Man mußte somit darauf gefaßt sein, daß die bisher für die Bildung von Rohhumus geltende Theorie zu modi- fizieren sei. Trotzdem war ich überrascht, als ich bei meinen Reisen durch Sumatra, Java und Malakka beobachten konnte, daß das Vorkommen von Rohhumus in diesen Gebieten durchaus keine Seltenheit ist, wie man dies nach den spärlichen Berichten darüber hätte an- nehmen sollen. Zuerst fand ich Rohhumus in dem gewaltigen flachen Tief- land, das auf der Ostseite Sumatras sich erstreckt, wo Wald- .‚moore weite Gebiete einnehmen. Diese Moore sind, wie schon ihr Name besagt, von üppigem Wald bedeckt, dessen Bäume ein sich völlig ineinander verschlingendes engmaschiges Wurzelnetz auf dem Boden ausgebreitet haben. Höchstens da und dort sieht man, wenigstens während der trockenen Zeit des Jahres, noch kleine offene Stellen, welche von etwas Wasser überdeckt sind. Fast immer findet der Fuß des Reisenden bei der mühsamen Wanderung in dem Wurzel- werk Halt und nur dann und wann sinkt er in dem feuchten Unter- grund tiefer ein. Anfangs ahnt man deshalb kaum, daß man sich gleichsam auf einer Wurzelbrücke über Moorgebiet befindet, und erst eine Untersuchung des Bodens mit einem spitzen Stock belehrt uns, daß sich der Untergrund aus einer schlammigen flüssigen Humus- masse zusammensetzt, die man mit dem Stock mühelos durchsticht. Der Humus ist als Moder ausgebildet. Eine Probe davon war nach Auspressen des Wassers und Aufbewahrung im Trockenen selbst noch nach Wochen schwammig feucht. Diesen Waldmooren ent- strömen von gelöstem Humus mehr oder weniger dunkel ge- — 119 — färbte Bäche und Flüsse, von denen ich eine große Anzahl zu beobachten Gelegenheit hatte. Es ist bezeichnend für die Häufig- keit der Schwarzwässerin ganz Ostindien, daß man auf den Karten der betreffenden Gebiete immer wieder den Fluß- namen Soengei itam, Ajer itam (Schwarzfluß, Schwarzwasser) lesen kann, Namen, welche die Eingeborenen selbst diesen Flüssen ge- geben haben. Während es mir in den Waldsümpfen Sumatras begreiflicher- weise nicht gelang, die Zersetzungswirkung der Rohhumuswässer auf das am Grunde der Moore anstehende Gestein zu beobachten, hatte ich auf der Malayischen Halbinsel, besonders bei Ipoh, vielfache Gelegenheit, in den dortigen gewaltigen Zinngruben ausgezeichnete Profile von solchen Waldsümpfen und ihrer Gesteinsunterlage kennen zu lernen. Zu oberst fließen in dem flachen, zinnführenden Schwemmland da und dort humus- braune oder von Tonverunreinigung der Baggerwerke trüb milch- weiß gefärbte Wässer über den fast überall nach Zinn durchwühlten Boden, der aus fahlfarbigen, von allem Eisen befreiten Quarzit- brocken, Sand und tonigen Bestandteilen besteht, also echte Bleich- sande bezw. Bleicherden bildet. Unter derartigen Alluvionen folgen fast überall bis zu mehrere Meter Dicke erreichende moder- artige, schwammig feuchte Humusansammlungen, in denen schwarz- gefärbte Äste, Baumstämme oder Wurzelstümpfe eingebettet liegen; in der größten der dortigen Minen, der ca. 40 m tiefen Tronohmine, sah ich nicht weniger als drei von Bleichsanden getrennte rezente bezw. subrezente Kohlenablagerungen untereinander, die völlig durchfeuchtet waren und aus noch unverfestigtem schwammig weichem Material bestanden, das Veranlassung zu einer großen Rutschung gegeben hatte, die kurz vor meinem Besuch einen größeren Teil der Mine zu- geschüttet hatte. Aus diesen Profilen ergab sich somit, daß auch in den Tropen unter der Einwirkung von Rohhumuswässern Bleich- erdebildung sich vollzieht. Auf Java hatte ich das Glück, bei Garoet auf ca. 1200 m Höhe an Straßeneinschnitten einen von Sphärolithen erfüllten sehr harten Glasfluß zu finden, der durch die Einwirkung von Humus- wässern, die aus überlagerndem Humus stammten, nach der Ober- fläche zu allmählich in ein bimssteinähnliches, ziemlich brüchiges Gestein und zuletzt in weißes, mildes Pulver, echten Kaolinton, überging. Dieses Vorkommen, das uns erstmals die rezente Bildung von Kaolin unter der Einwirkung von Rohhumuswässern vor Augen — 120° — führt, wird für mich der Gegenstand besonderer Untersuchungen | werden. Über ganz Ähnliches berichtet der Agrogeolog Mour vom Bo- tanıschen Garten in Buitenzorg besonders aus dem Diönggebirge 1 auf Java, daß auf dem dortigen Plateau unter der Einwirkung von Hochmoorwässern die Eisen-, Calcium- und Magnesiumverbindungen aus den Gesteinen weggeführt werden und daß eine „Witte Ver- weeringsmassa“, der „Loodzand“, d. h. Bleisand oder besser Bleich- 1 sand, übrig bleibe. Was lehren diese Beobachtungen’? Vor allem kann der bisher angenommene Satz nicht Ben sein, nach dem nur in den kühleren Gebieten der Erde Rohhumus- und Bleicherdebildung sich vollziehen könne. Denn wenn auch auf dem Diöngplateau infolge seiner Erhebung über 2000 m relativ niedere Temperaturen herrschen, so ist doch schon bei Garoet der Jahresdurchschnitt derselben 22°C und im Tiefland der genannten Tropenländer beträgt die Temperatur 26—27° C im Jahresmittel, d. h. es herrschen hier die höchsten Durchschnittstemperaturen, die überhaupt aus den feuchten Tropen bekannt sind. Offen- sichtlich vermögen somit hohe Temperaturen: die Bildung von Rohhumus und Bleicherde nicht unter allen Umständen zu unterdrücken. Es kann also dieTemperatur, die bisher als der ausschlaggebende Faktor für das Auftreten bezw. Fehlen von Humus galt, nicht die Wichtigkeit besitzen,ndieman’ihr bisher beimaß. Es zeigt sich vielmehr, daß der zweite in der Ein- leitung genannte Faktor, die Feuchtigkeit, für die Erhal- tung undAnhäufung der Humusstoffe von ausschlag- gebender Bedeutung ist. In den genannten Tropengebieten sind die jährlichen Durchschnittsregenmengen viel höher, als wir sie aus Mitteleuropa gewohnt sind. Batavia hat wenig unter 2000, Singapore 2350, Palembang auf Sumatra 2674 mm mittlere Regen- höhe, jeweils also ungefähr das Dreifache der durchschnittlichen jähr- lichen Niederschlagsmengen in Süddeutschland. Auf Java, von wo aus allen Teilen der Insel genaue Regenmessungen vorliegen, erreicht die Niederschlagshöhe im Maximum über 7100 mm, in Britisch Indien geht sie am Südfuß des Himalaja gar bis auf 12!/g m hinauf. Die hohe Feuchtigkeit wirkt in den Tropen gleichwie in den kühlen Gebieten der Erde erhaltend auf den Humus ein. = BL: Aber sie fördert auch, was bisher nicht genügend berücksichtigt zu werden pflegte, im Zusammenhang mit der hohen Wärme das Wachstum der Urwaldpflanzen in un- geheurem Maße, so daß überall ein üppiges Gedeihen derselben bemerkbar ist. Entsprechend dem Wachstum ist auch die Bildung abgestorbener und damit humusbilden- der Teile so außerordentlich hoch, daß stets ein Überfluß daran vorhanden ist, wenn auch entsprechend den hohen Temperaturen die zerstörende Einwirkung des atmosphäri- schen Sauerstoffes auf den Humus wesentlich höher ist als beı niederen Temperaturen. Auch ist zu berücksichtigen, daß die Verdunstung der in den oberflächlichen Bodenschichten enthaltenen Feuchtigkeit trotz der hohen Temperaturen , wenigstens im Urwald, eine relativ niedere ist, da durch den dichten Urwald alle Luftbewegung fern- gehalten wird und ein schützendes Blätterdach und üppiges Unter- holz nur da und dort einen auftrocknenden Sonnenstrahl bis auf den Boden durchläßt. Aber auch in den von Wald entblößten Gegenden des Tieflandes dürfte die Verdunstung des Bodenwassers infolge der meist sehr hohen relativen Luftfeuchtigkeit keine be- trächtliche sein. Ferner vollzieht sich unter den hohen Temperaturen und den beträchtlichen Regenmengen eine rasche Auswaschung der Mineralsalze sowohl aus den abgestorbenen Pflanzenresten als auch aus den oberflächlich liegenden Gesteinen, so daß bei Weg- führung der Mineralsalze rasch eine relative Armut an solchen er- zeugt wird, die dadurch sich noch vermehrt, daß infolge des großen Wasserreichtums eine sehr starke Verdünnung der gelösten Humus- stoffe eintritt. So geschieht es bei der großen Menge gebildeter Humusstoffe einerseits und der geringen Zufuhr an Mineralsalzen und ihrer außerordentlichen Verdünnung im Bodenwasser andererseits, daß eine adsorptive Sättigung der Humusbestandteile in vielen Fällen fehlt und löslicher Rohhumus entsteht. In den feuchten Tropen gewinnt somit zwischen den beiden gegensätzlichen l"aktoren für die Humus- bildung: Temperatur und Feuchtigkeit nicht, wie man bisher annahm, der erstere vorherrschenden Einfluß, vielmehr behält die Feuchtigkeit denselben Einfluß beider Humusbildung und -erhaltung, den sie unter unseren Breiten hat. Estreten also, weil — 172 — die Wirkung von Temperatur und Feuchtigkeit bei der Bodenbildung in gleichem Maße gewachsen ist und sichnichtzugunstenderTemperaturverschoben hat, vollständig dieselben Verhältnisse ein wie bei hoher Feuchtigkeitin kühleren Klimaten. In einer Beziehung allerdings ist eine Verschiedenheit zu be- merken: in dem beträchtlichen Umfang, den entsprechend den hohen Temperaturen die Ablagerungen von Rohhumus und Bleicherde in den Tropen gegenüber den gleichartigen Bildungen in kühleren Klimaten erreichen. Denn gleichwie in der Chemie alle Vorgänge, die unter dem Einfluß von Wasser sich voll- ziehen, um so rascher und intensiver verlaufen, je höher die Tem- peraturen sind, so erreichen auch die besprochenen Vorgänge unter tropischer Hitze besonders infolge des gesteigerten Pflanzenwachs- tums eine große Geschwindigkeit und großes Ausmaß. So kann man begreifen, daß dort Humusbänke von mehreren Metern Mächtig- keit zwischen anderen rezenten und subrezenten Absätzen liegen und daß die Einwirkung von Rohhumuswässern weite Gesteinskom- plexe tiefgründig zu Bleicherden umwandelt. Die gewonnenen Feststellungen sind für die Erklärung der Entstehung gewisser Gebilde der geologischen Vorzeit von größter Bedeutung. Sie werfen ein klares Licht auf die Entstehung unserer einheimischen Steinkohlen- und Braunkohlenlager, die man früher vielfach mit kühlem Klima in Verbindung bringen wollte, da den Tropen alle Torf- und Moorbildungen fehlen sollten. Erst Poronıt hat auf Grund des Bekanntwerdens des im vorstehen- den genannten Waldmoors auf Sumatra die Überzeugung gewonnen, daß gleichwie dort heute, so während der Steinkohlenzeit auch bei uns ein tropisch-feuchtes Klima geherrscht habe. Diese Anschauung, die ich auf die Braunkohlenbildungen der Tertiärzeit ausdehnen möchte, ist durch die vorliegenden Beobachtungen weiter gefestigt. Aber auch für die Erklärung der Bildung der tertiären Kaolinvorkommen in Mitteldeutschland ist die Be- obachtung von rezenter Bleicherde- und insbesondere von Kaolin- bildung in den feuchten Tropen von größter Wichtigkeit. Während bis in die letzte Zeit vielfach die Auffassung vertreten wurde, daß die Kohlensäure allein Kaolin zu bilden imstande sei, ohne dabei jedoch u. a. darlegen zu können, warum die Kaolinbildung mit ge- wissen geologischen Zeiten und damit mit gewissen klimatischen er en ae en ae er ech see Beni ei un — 123 — Eigentümlichkeiten in engstem Zusammenhang steht und warum auch dreiwertiges Eisen bei diesen Vorgängen gelöst wird und ver- schwindet, so kommt durch die jüngsten Beobachtungen die von Ramann schon seit längerer Zeit vertretene Auffassung zu Recht, daß die Kaolinbildung eine Folge der Einwirkung von Rohhumus- wässern auf geeignetes Gestein sei und daß die adsorptive Wirkung der Humussubstanzen die Enteisenung bei der Bleicherdebildung veranlasse.. Auch die durch floristische Merkmale schon lange be- kannte Tatsache, daß die tertiären Kaoline in Deutschland sich unter heißem Klima gebildet haben müssen, läßt sich nunmehr, wie auch Ramann schon vermutete, mit dieser Auffassung vereinbaren, seit- dem bekannt ist, daß die Schwarzwässer nicht nur in kühlem, sondern auch in heißem Klima aufzutreten und wirksam zu werden vermögen, wenn nur entsprechend hohe Niederschlagsmengen geeignete Be- dingungen schaffen. Vom Werden und Vergehen organischer Körper. Von Professor Dr. W. Küster. Antrittsvorlesung an der K. Techn. Hochschule zu Stuttgart am 26. Januar 1915. Die Untersuchungen von Lavoisıer hatten gelehrt, daß alle Sub- stanzen vegetabilischer oder animalischer Abstammurg Kohlenstoff enthalten, alle späteren Analysen hatten diese Erfahrung bestätigt, aber erst Aucust KrkuLk wagte es, die organische Chemie als die Chemie des Kohlenstoffs zu definieren. Von dieser Definition abzuweichen haben wir keinen Grund, ziehen vielmehr mit H. Kotse den Schluß, daß die ganze Welt der organischen Verbindungen sich von einem gemeinsamen Urkörper, der Kohlensäure, ableiten lassen muß und erblicken den Ursprung in dem großartigsten Prozeß, der sich auf Erden, und zwar in den grünen Teilen unserer Pflanzen, abspielt und den als „Assimilation“ zu bezeichnen wir uns gewöhnt haben. Er ist auch für die Menschheit von allergrößter Bedeutung nicht nur im materiellen Sinne, insofern er die für die Ernährung der Menschen notwendigen Stoffe liefert, die Kenntnis seines Wesens, also seines Chemismus, bedeutet auch eine so handgreifliche Ver- mehrung unseres geistigen Besitztums und birgt eine solche Macht- erweiterung über das Geschehen auf Erden in sich, daß wir die uns hier gewordene Aufklärung füglich zu den schönsten Errungenschaften des schaffenden Menschengeistes rechnen dürfen. Und wer nun die langsame Entwicklung der Dinge an der Hand der Geschichte be- greifen gelernt hat, wird sich nicht wundern, daß die Aufklärung des Chemismus der Vorgänge bei der Assimilation erst in langen Jahren herbeigeführt wurde. Selbstverständlich fußten auch diese Arbeiten auf dem Erkennen früherer Jahrhunderte und dann nament- lich auf den rasch aufeinanderfolgenden Entdeckungen im Gebiete der einfachen Gase und ihres chemischen Verhaltens, die uns in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und im Anfang des 19. ge- worden ist. ee Schon die Aufstellung des Begriffes und die Bildung des Namens „Gas“ durch vox Hermont um 1600, ist hier rühmend zu erwähnen, wennschon dieser Forscher mehr den bei einer Gärung sichtbar werdenden Schaum vor Augen gehabt zu haben scheint, und zwar die Kohlensäure bereits dargestellt, aber sie noch mit anderen Gasen verwechselt hat. Die wichtige Erkenntnis, daß es luftartige Körper gibt, die sich grundsätzlich, also chemisch von der atmosphärischen Luft unterscheiden, verdanken wir Back, der 1755 dıe Kohlensäure als ein eigenartiges Gas, als ein chemisches Individuum charakte- risierte, und dieser bahnbrechenden Entdeckung ist dann innerhalb 20 Jahren die des Wasserstoffs durch CAveEnpisH, des Stickstoffs durch RUTHERFORD, des Sauerstoffs durch PrIESTLEY und SCHEELE gefolgt. Der Fortschritt , der durch diese letzteren Entdeckungen ge- macht wurde, liegt nun aber einerseits darin, daß drei für unsere Sinne nicht unterscheidbare, weil farb-, geruch- und geschmacklose Gase als verschieden erkannt wurden und damit ein neuer Anstoß gegeben wurde, unsere sinnlichen Wahrnehmungen durch chemische Versuche zu unterstützen und zu verschärfen, andererseits in der Erkenntnis von der Natur der Luft, die seit 1775 als ein Gemisch betrachtet wurde, das sich dann bei quantitativen Untersuchungen überall auf Erden fast in konstanten Verhältnissen aus Stickstoff, Sauerstoff und Kohlensäure zusammengesetzt erwies, und in der Er- kenntnis von der zusammengesetzten Natur des Wassers. Letztere wurde 1784, 158 Jahre nach der Entdeckung des Wasserstoffs von Lavoisıer qualitativ, und wieder 21 Jahre später quantitativ durch Gay-Lussac und HunmsoLpr im Sinne unserer heutigen Formulierung als H,O festgelegt. Die Analyse der Luft ist bis auf die Neuzeit Gegenstand fort- gesetzter Untersuchungen gewesen, und diese stille Eroberung der Luft hat uns ja nicht nur die Bekanntschaft mit den sogenannten Edelgasen verschafft, die für das Leben auf Erden bis jetzt wenig- stens ohne Bedeutung erscheinen, sie hat auch zur Verwertung nicht nur des Sauerstoffs, sondern auch des spröden Stickstofts geführt und damit Erfolge erzielt, deren Großartigkeit für die Menschheit sich noch gar nicht absehen läßt. Mit der Kenntnis des Sauerstoffs, der zusammengesetzten Natur der Kohlensäure als Hydrat des Kohlendioxyds und ihres Vorkommens in der Atmosphäre und mit der Kenntnis der zusammengesetzten Natur des Wassers waren aber auch erst die Faktoren geschaffen, die einen Einblick in das Wesen der Assimilation gestatteten. — 126 — Nun wurde die Beobachtung PriestLey’s, daß ein grünes be- lichtetes Blatt verdorbene Luft wieder atembar mache, von Be- deutung, und JnGEnHousz konnte zeigen, daß es sich hierbei um die Entwicklung von Sauerstoff, SENEBIER, daß es sich um das Ver- | schwinden von Kohlendioxyd handle. Es folgte die Festlegung einer Gewichtszunahme bei diesem Prozess durch Saussure (um 1800), womit bereits die Vermehrung der organischen Substanz in der | Pflanze auf Kosten des Kohlendioxyds im Prinzip nachgewiesen war, freilich ohne Anerkennung zu finden. Und auch über die Natur der gebildeten Substanz hätten bereits die Versuche von BoussinGAUuLT | (1802) Aufschluß geben können, der feststellte, daß dem Volumen | nach ebensoviel Sauerstoff auftritt wie Kohlendioxyd verschwindet. | Zum wenigsten wäre das — vom heutigen Standpunkt aus betrachtet — | möglich gewesen unter Anwendung der 1811 aufgestellten bekannten ' Hypothese Avocapros und unter Verwertung der Erkenntnis, daß sich das Wasser als notwendiges Ingrediens beim Assimilationsprozess | erweist. Denn damit waren in der Tat alle Substanzen bekannt, die an dem Prozess teilnahmen, und zwar auch ihrer Menge nach, | und man hätte also den Vorgang formulieren können. Indessen hatten die Ühemiker die Wichtigkeit der Assimilation ' noch nicht erfaßt, Physiologen machten keine chemischen Versuche | und die Botaniker unterschieden einmal noch nicht scharf zwischen / Assimilation und Atmung und dann sahen sie im Gegensatz zu den Beobachtungen von Saussure den sogen. Humus als Quelle für die | Vermehrung der organischen Substanz an. Es bedurfte des Ein- | greifens von Justus Liegig, um dem Assimilationsprozess die gebührende Stellung anzuweisen. i Lassen Sie mich mit den eigenen Worten Lissie’s aus dem Jahre 1842 schildern, welches Verdienst er sich auch hier wieder erworben hat: „In meiner Agrikulturchemie habe ich versucht, in ein dunkles ' Zimmer ganz einfach ein Licht zu stellen. Alle Möbel waren darin vorhanden, auch Werkzeuge und Gegenstände der Bequemlichkeit und des Vergnügens; aber alle diese Gegenstände waren für die Gesellschaft, die dieses Zimmer zu ihrem Nutzen und Vorteil ge- | brauchte, nicht klar und deutlich sichtbar. Tappend und aufs Ge- | radewohl fand der eine einen Stuhl, der andere einen Tisch, der | dritte ein Bett, in denen er es sich so behaglich wie möglich machte, | allein die Harmonie der Einrichtung und ihr Zusammenhang war | für die meisten Augen verborgen. Nachdem nun jeder Gegenstand | ee Hay: einen Teil von dem wenn auch schwachen Lichte empfangen hatte, so schreien nun viele, daß das Licht in dem Zimmer nichts Wesent- liches geändert habe, der eine hatte dies, der andere jenes schon gekannt und benutzt, zusammen hatten alle das Vorhandene schon gefühlt und betastet. Die Chemie, dieses Licht der Erkenntnis, wird aber ohne Nachteil aus diesem Raume nicht mehr entfernt werden können. Der Zweck ist vollständig erreicht.“ Bevor sich aber die Chemiker ernstlich mit der Assimilation beschäftigten, wurde durch den Botaniker Huco v. Monr in Tübingen 1864 der Nachweis erbracht, der von ÜRAMER und NÄGELI, sowie von J. Sacus alsbald bestätigt wurde, daß die Stärke als erstes sicht- bares Produkt der Assimilation in den Chloroplasten der Blätter er- scheint und damit auch die Klasse der organischen Verbindungen gekennzeichnet, die der Assimilation ihr Dasein verdanken. Denn die Stärke war ja seit Jahrhunderten bekannt und seit 1844 in die Klasse der Kohlenhydrate eingereiht worden, welcher Name damals im Laboratorium Liesis’s gebildet wurde, um die mit der Stärke chemisch zusammengehörigen Körper, also auch die bekannten Zucker- arten (Trauben-, Frucht-, Rohr-, Milchzucker) zusammenzufassen. Wenn nun alle bisher bei der Assimilation gemachten Beob- achtungen richtig waren, so stand zu erwarten, daß die neue Beob- achtung sich den alten anpassen würde. Und das war in der Tat der Fall: das Auftreten von Kohlenhydraten ergänzte die rechte Seite der Assimilationsgleichung aufs glücklichste, deren linke Seite, _ wie erwähnt, nebst dem einen Stück der rechten, von früheren Forschern bereits aufgefunden worden war. Wenn Wasser und Kohlendioxyd die Ingredienzien waren und sich ebensoviele cc OÖ, entwickelten als ce CO, verschwanden, mußte das fehlende Stück ein Körper sein, der gewissermaßen mit Wasser imbibierten Kohlenstoff vorstellte, d. h. einen Körper, der wie die Kohlenhydrate aus © und den Elementen des Wassers besteht. Aber noch fehlte etwas in der Gleichung, auch nachdem alle beteiligten Stoffe bekannt geworden waren: der sicheren Beobachtung, wonach das Sonnenlicht einen Einfluß auf die Assimilation hat, war ı noch keine Rechnung getragen. Erst die Verwertung der uns von R. Mayer geschaffenen Erkenntnis von der Erhaltung der Energie und die Einbeziehung der chemischen Energie in die Arten der letzteren brachte auch hier weitere Aufklärung. Im Kohlendioxyd und im Wasser haben wir Endprodukte der Oxydation des C resp. des H vor uns, die chemische Energie nicht mehr enthalten, die — 123 — Kohlenhydrate aber können wir mit Sauerstoff verbinden, und bei dieser Oxydation oder der Verbrennung erübrigen wir Energie als Wärme. Gerade ebensoviel Energie mußte bei ihrer Bildung in sie hineingearbeitet worden sein, und da zu dieser Bildung das Sonnen- licht sich als durchaus notwendig erwiesen hatte, mußte es die uns von der Sonne kommende strahlende Energie sein, die hier ver- wertet wird. Der Chemiker nennt nun einen Prozeß, bei dem OÖ entzogen wird, eine Reduktion, und wir wissen jetzt, daß für solche Reduk- tionen ein Aufwand von Energie nötig ist. Es ist ferner an zahl- reichen Beispielen gezeigt worden, daß im Leben der Pflanze wie des Tieres dieser Aufwand gedeckt wird dadurch, daß nicht freier Sauerstoff entsteht, sondern daß entweder ein Teil des zu reduzie- renden Stoffes oder ein anderer Stoff gleichzeitig durch diesen Sauer- stoff oxydiert wird, wodurch also ebensoviel Energie entsteht, als durch die Reduktion verbraucht wird. Der Assimilationsprozeß nimmt also eine Ausnahmestelle ein, indem sich hier freier Sauerstoff ent- wickelt und die dem Prozeß von außen zufließende Energie restlos als chemische Energie aufgespeichert wird. Wie bekannt, machen wir von dieser Energie den ausgedehntesten Gebrauch. Tierisches und menschliches Leben wäre auf Erden nicht möglich ohne die Assimilation, denn bis jetzt wenigstens ist nichts darüber bekannt, daß ein Mensch die Sonnenenergie direkt ausnützen kann, und dann liefert ja die Assimilation uns auch den zum Leben nötigen Sauer- stoff, worauf ich noch zurückkomme. Auch die Technik nützt die Schätze aus, die uns die Assimi- lation liefert, nicht nur durch Herausarbeiten der nützlichen Kohlen- hydrate, wie Stärke und Rohrzucker aus den pflanzlichen Rohmate- rialien, sondern auch dadurch, daß sie die Naturprodukte veredelt oder sie in andere Stoffe umwandelt, die wir zu gebrauchen uns gewöhnt haben. Ich erinnere an das geduldige Papier, die Kunst- seide und die unentbehrliche Schießbaumwolle. Für die Chemiker stellte aber der Assimilationsprozeß immer noch ein Rätsel vor, insofern der Übergang eines Körpers wie das Kohlendioxyd, der in seiner Molekel nur ein Kohlenstoffatom enthält, in einen Stoff, wie die Stärke, in dem vielleicht Hunderte von Kohlen- stoffatomen an einem Molekül zusammengetreten sind, nicht erklärbar erschien. Und — was man nicht definieren kann, sieht als physio- logische Chemie man an — schon war mit der Möglichkeit zu rechnen, daß sich das Interesse der Chemiker vom Assimilations- —.129 — prozeß abwandte, als eine Reihe von Beobachtungen, auf rein chemischem Gebiet gemacht, in ihrer Zusammenfassung zur glück- lichen Vermittlerin wurde. Von Liesıe war eine neue Klasse organischer Verbindungen, von ihm Aldehyde genannt, in Gestalt eines Vertreters, des sogen. Acetal- dehyds, aufgefunden worden. Ihre enorme Reaktionsfähigkeit wurde erkannt, von Wurtz die Fähigkeit ihrer „Kondensation“ erkannt, d.h. das Zusammentreten zweier einfachen Moleküle zu einem doppelt so schweren aufgefunden, der einfachste Vertreter dieser Klasse stellte sich ein und damit ein Körper, der seiner Formel nach mit Wasser imbibierter Kohlenstoff war, und alsbald stellte A. Baryer 1870 die Hypothese auf, als erstes Produkt der Assimilation möchte dieser Körper, der sogen. Formaldehyd, auftreten, der durch innere Kon- densation die Zucker und schließlich unter Austritt von Wasser die Stärke liefern konnte. Eine Hochflut chemischer Arbeiten ist dieser Hypothese gefolgt, welche bezweckten, die Möglichkeit des Übergangs von Formaldehyd in Zuckerarten experimentell darzutun. Das Resultat kann als ein positives bezeichnet werden, wenn es auch nur auf großem Umwege gelungen ist, gerade die natürlich vorkommenden Zucker zu erzeugen. Von praktischer Bedeutung sind diese Synthesen nicht geworden, wohl aber haben sie zu einer wohlfeilen Art der Herstellung des Formaldehyds geführt, dessen Verwendung zur Herstellung von Farbstoffen und Heilmitteln als geradezu unerschöpflich bezeichnet werden kann. Vom rein chemischen Standpunkt aus betrachtet bietet die Formaldehydhypothese eine befriedigende Erklärung für die Assimi- lation des Kohlendioxyds und die Entstehung der Kohlenhydrate. Die Physiologen aber machten geltend, daß ein so starkes Gift wie der Formaldehyd unmöglich als ein normales Produkt in der Pflanze entstehen könne, ohne ihr Schädigungen zuzufügen, ein Einwand, der zunächst auch durch experimentelle Verfolgung der Wirkung von Formaldehydlösungen erhärtet erschien. Neuerdings haben sich allerdings Ausnahmen ergeben, bei denen eine schädigende Wirkung durch Formaldehyd nicht festgestellt werden konnte, und vor allem wurde darauf hingewiesen, daß die Kondensation des Formaldehyds oder, wie letzthin behauptet wurde, des Oxymethylens, zu größeren Molekülen sofort beim Entstehen erfolgen muß. In der Tat muß sich das empirisch dem Formaldehyd gleich zusammengesetzte, aber ın der Atomgruppierung sich vom Formaldehyd unterscheidende Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 9 dat ÖOxymethylen in Analogie mit seiner Muttersubstanz, dem Methylen, die sich noch stets kondensiert hat, ehe man ihrer habhaft werden konnte, und deshalb als nicht existenzfähig angesehen wird, sofort beim Entstehen umwandeln, so daß die kleine Modifikation der Barvyer’schen Hypothese uns zu einer noch befriedigenderen Auf- fassung der Vorgänge bei der Assimilation gelangen läßt. Aber es ist endlich vor zwei Jahren auch der schon immer geforderte direkte Nachweis vom Vorhandensein des Formaldehyds neben zahlreichen anderen Stoffen bei Verarbeitung sehr großer Mengen von Blättern der Hainbuche gelungen. Fassen wir also alle Resultate zusammen und nehmen wir das in vielen Pflanzenfamilien sicher nachgewiesene Vorkommen von Blausäure hinzu, also eines nicht minder starken Giftes, das auch sofort beim Entstehen unschädlich gemacht wird dadurch, daß es chemisch von Zuckern gebunden wird, in welcher Form wir die Blausäure tatsächlich antreffen, so dürfen wir sagen, daß der Assimilationsprozeß des Kohlendioxyds wenigstens in der Hauptsache eine uns befriedigende Erklärung gefunden hat. Doch muß erwähnt werden, daß noch immer zahlreiche Forscher bei der Arbeit sind, die mit anderen Reduktionsprodukten des Kohlendioxyds als primäre Produkte der Assımilation rechnen, denn diesen Prozeß im Glase zu erzielen, ist noch nicht gelungen. Es ist in dieser Be- ziehung nur einmal behauptet. worden, daß aus Kohlendioxyd und Wasser Formaldehyd zu erhalten sei durch Sonnenlicht unter Mit- wirkung anorganischer Kolloide, und zwar des Urani- resp. des Ferrioxyds. Wir kennen also die Bedingungen noch nicht völlig, unter denen sich die Assimilation vollzieht, denn mit der Kenntnis der Bedingungen, sagt Liegie, ist die Arbeit getan. Eine der Bedingungen, die für die Assimilation notwendig sind, haben wir bis jetzt auch noch nicht erwähnt, ganz abgesehen von den wirksamen Strahlen und den Temperaturgrenzen, auf deren Rolle ıch nicht näher ein- gehen will. Der Prozeß der Assimilation kann sich aber nicht voll- ziehen, wenn der grüne Farbstoff der Blätter nicht vorhanden ist, das Chlorophyll. Was dessen Rolle betrifft, so darf an eine aktive Beteiligung chemischer Art gedacht werden, nachdem Untersuchungen der neuesten Zeit uns einen Einblick in die chemische Natur des Chlorophylis verschafft haben. Danach ist das Chlorophyll ein orga- nischer Körper von basischer Natur, der als integrierenden Bestand- teil Magnesium enthält. Es kann demnach keinem Zweifel unter- liegen, daß er imstande ist, Kohlensäure chemisch zu binden, was = 38 — durch die kolloide Verteilung des Chlorophylis im Blattgewebe, also durch die Entwicklung einer großen Oberfläche begünstigt werden muß. Ist die Bindung des Kohlendioxyds aber erfolgt, so wird auch die chemische Umwandlung leichter eintreten können, denn das Gas wird ja jetzt festgehalten und kann sich den reduzierend wirkenden Einflüssen nicht mehr entziehen. Leider herrscht über den Chemismus dieser Reduktion noch völliges Dunkel, denn wenn wir auch bereits wissen, daß es zwei COhlorophylle gibt, von denen das eine sauer- stoffreicher ist als das andere, so fehlen doch vorerst noch Anhalts- punkte dafür, daß das sauerstoffärmere durch Reduktion aus dem ersteren entstanden ist, daß es zur Abgabe von Formaldehyd befähigt ist und durch Aufnahme von Kohlendioxyd wieder in das erste Chlorophyll übergeht. Doch steht zu hoffen, daß wir mit der fort- schreitenden Erkenntnis der chemischen Konstitution der Chlorophylle den Schlüssel zu dem Tor finden werden, das aus dem Dunkel ins Helle führt. Und es steht auch zu hoffen, daß — wenn wir auch den Assimilationsprozeß so bald nicht werden nachmachen können, da er an das Leben der Pflanze gebunden ist, — daß wir Mittel und Wege finden werden, ihn zu fördern und damit eine weitere Quelle für die Erzielung noch größerer Schätze an Kohlenhydraten auffinden werden, die der Erhaltung des Menschengeschlechtes zu- gute kommen werden. In dieser Hinsicht wäre noch zu erwähnen, daß man an eine Düngung mit Kohlendioxyd bereits gedacht hat und daß man der Düngung durch Magnesiumsalze erhöhte Aufmerk- samkeit zuwendet, seitdem der Magnesiumgehalt des Chlorophylis als ein zum Wesen dieses Farbstoffs gehöriger erkannt worden ist. Aus unseren Betrachtungen, die sich ja auf Beobachtungen und Untersuchungen sowohl, wie auf die chemische Natur der Ingredienzien des Assimilationsprozesses, des Kohlendioxyds und des Wassers, stützen, folgt, daß die aus Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff allein aufgebauten organischen Körper die primären Produkte der Assimi- lation sind. Die Kohlenhydrate sind die ersten Kinder der Sonne, nd ihre Eigenschaft, den polarisierten Lichtstrahl zu drehen, dürfte ielleicht auf die Mitwirkung des Sonnenlichts bei ihrem Entstehen urückzuführen sein. So folgern wir, daß alle anderen organischen toffe sekundärer Natur sind und daß sie sich aus den Kohlen- ydraten entweder durch Umwandlung oder mit Hilfe anderer Stoffe ebildet haben. Durch eine Umwandlung, die sich chemisch durch eigenartig erlaufenden Austritt von Wasser charakterisiert, also durch einen 9* — 132 — physiologisch wohlbegründeten Vorgang, dürften die an Wasserstoff und Sauerstoff armen, kohlenstoffreichen Verbindungen entstanden sein, die wir weit verbreitet im Pflanzenreiche antreffen. Sie wurden früher wohl auch als sogen. aromatische Verbindungen bezeichnet und als theoretische Stammsubstanz wird das Benzol betrachtet. Schon ein Kohlenhydrat, der Muskelzucker oder Inosit, ist ein Derivat des Benzols, die Blütenfarbstoffe leiten sich von ihm ab und nament- lich weit verbreitet sind die hierher gehörigen Gerbstoffe, die ja auch im größeren Maßstabe Verwendung finden. Enthalten nun auch die letzteren außer den sechs Kohlenstoffatomen, die bereits den eigentlichen Zuckerarten eigentümlich sind, ein siebentes, auf dessen I . EEE Herkunft wir noch zurückkommen, so treten sie doch, wie so viele organische Verbindungen, in der Natur mit dem Traubenzucker ver- 1 bunden auf, was auf genetische Beziehungen zwischen letzterem und den Gerbstoffen hinweist. Es würde mich zu weit führen, die chemisch in der Tat denkbaren Beziehungen zwischen Zuckern und ' anderen Klassen organischer Verbindungen zu entwickeln, auch wäre solch Vorhaben nur mit Zuhilfenahme unserer chemischen Formel- ') bilder ausführbar. Ich will nur erwähnen, daß solche Beziehungen selbst zwischen den Zuckern und den sogen. ätherischen Ölen an- I genommen werden, deren Verwendbarkeit als Wohlgerüche eine blühende Industrie ins Leben gerufen hat. Mit Hilfe anderer Stoffe aber müssen die stickstoff-, schwefel- "! und phosphorhaltigen organischen Körper aus den Kohlenhydraten’) hervorgegangen sein, und das gilt auch für die Aufnahme der sogen. ! Aschenbestandteile, also der Metalle Kalium, Natrium, Calcium, '! Magnesium und Eisen, um die wichtigsten der physiologisch wichtigen Metalle namhaft zu machen, die also im Leben auf Erden eine Rolle spielen. Die Aufklärung der Assimilation im erweiterten Sinne, also das Entstehen von stickstoff-, schwefel-, phosphorhaltigen organı- schen Substanzen ist nun auch in der Neuzeit Gegenstand intensiver Forschung geworden, bisher insofern ohne durchschlagenden Erfolg. als wir über den Chemismus der hier sich abspielenden Prozesse”) noch nicht ein abschließendes Resultat zu verzeichnen haben. Was zunächst den Stickstoff betrifft, der ja einen wesentlichen Bestandteil gerade der in der lebenden Substanz stets sich vor- findenden Eiweißarten auch der Menge nach ausmacht — er beträgt rund ein Sechstel des Eiweißmoleküls —, so wissen wir jetzt, daß’ eine ganze Anzahl nieder entwickelter Pflanzen die wertvolle Fähig-"' keit besitzt, den elementaren Stickstoff zum Aufbau der Leibes-" — 133 — substanz unter geeigneten Bedingungen zu verwerten. Wie das ge- schieht, wie also der Stickstoff dem Kohlenhydratmolekül eingefügt wird, ist nicht geklärt. Wir können nur sagen, daß auch hier ein Reduktionsprozeß einsetzen muß, da ja das Eiweiß in bezug auf den Stickstoff ein Ammoniakderivat ist und zum Übergang von Stickstoff in Ammoniak eine Aufnahme von Wasserstoff, also eine chemische Reduktion, eintreten muß. Aber.jedenfalls ist uns durch HELLRIEGEL's Entdeckung bewußt geworden, warum ein Unterpflügen von Lupinen, in deren Gemeinschaft eine Anzahl der elementaren Stickstoff assimi- lierenden Pilze ihr Fortkommen finden, für den Boden von Wert ist, und insofern wenigstens wissen wir mehr als die alten Römer, welche diese Art des Düngens auch schon ausübten, aber lediglich auf Grund empiri- scher Erfahrung. Ob auch einigen Heferassen die Fähigkeit zukommt, elementaren Stickstoff verwerten zu können, ist nach neueren Unter- suchungen leider wieder fraglich geworden. Es wäre sonst eine der wichtigsten Existenzfragen für die Menschheit, die Nutzbarmachung der unendlich großen Vorräte an Stickstoff, der einerseits nur mit großem Aufwand an Kraft in eine chemische Verbindung übergeführt werden kann, andererseits, wie wir sahen, ein Sechstel der lebenden Substanz ausmacht und bei der Verbrennung der letzteren in ele- mentarer Gestalt wieder in die Atmosphäre zurückkehrt, auf ein- fachstem Wege gelöst. Können wir doch Hefen in größtem Maß- stabe züchten! So ist denn auch bereits vom Leiter des Instituts für Gärungszwecke berechnet worden, daß die jetzt schon’ im Laufe eines Jahres gewonnene Hefe in bezug auf ihren Stickstoffgehalt 700000 Stück Großvieh gleichkommt, die also gespart werden könnten, wenn wir uns entschließen würden, Hefe statt Rindfleisch zu genießen. Und es wird auch bereits Hefe in uns wohlschmeckender und bekömmlicher Form auf den Markt gebracht. Jedenfalls können wir Hefen, was den Stickstoff betrifft, mit Ammoniumsalzen ernähren, wofür sie uns insofern danken, als dann unter den Produkten ihrer Tätigkeit die uns so lästigen Fuselöle fehlen, und das Ammoniak kann ja nicht nur aus den Steinkohlen, sondern auch direkt aus den Elementen gewonnen werden. In dieser Hinsicht schließen sich also die Hefen den höheren Pflanzen an, denen ja bekanntlich Ammonsalze als Düngung zugeführt werden. Und die Bildung stick- stoffhaltiger Stoffe aus stickstofffreien mit Hilfe von Ammoniak, z. B. gerade aus Kohlenhydraten, ist sogar im Laboratorium möglich und wird oft verwendet. Allerdings die Herstellung der sogen. Aminosäuren, das sind die Bausteine des Eiweiß, aus Kohlenhydraten und Ammoniak ist uns noch nicht gelungen, muß aber als chemisch möglich zugegeben werden. Es gehört dazu die Ersetzung von Wasser durch Ammoniak und eine Zuführung von Sauerstoff. Viel- | leicht spielt gerade diese Oxydation, die wir noch nicht nachmachen können, im Leben der Pflanze insofern eine Rolle, als sie das not- wendige Gegenstück ist zu den vielen Reduktionen, die bei den Umsetzungen während des Lebens auftreten. | Viel schwieriger ist der Einblick in die Prozesse, welche für die Aufnahme des Stickstoffs und die Eiweißbildung aus salpeter- oder salpetrigsauren Salzen, in denen Stickstoff mit Sauerstoff ver- bunden ist, maßgebend sind. Wir wissen nur, daß es möglich ist, unseren Kulturpflanzen den Stickstoffbedarf in Form von Salpeter zuzuführen und machen von diesem Wissen ausgiebigsten Gebrauch. Hier muß eine gewaltige Reduktion eintreten, sowohl Entziehung von Sauerstoff wie Anlagerung von Wasserstoff. Es ist aber zurzeit noch z. B. eine umstrittene Frage, ob bei diesem Reduktionsprozeß das Sonnenlicht mitwirkt oder nicht. Bildung von freiem Sauerstoff I aus Nitraten ist zwar unter dem Einfluß ultravioletter Strahlen im '! Laboratorıum beobachtet worden, ob aber eine Sauerstoffentwicklung ähnlich wie bei der Assimilation des Kohlendioxyds auch nach Zu- führung von Nitraten aus der lebenden Pflanze eintritt, ist noch nicht einmal untersucht worden. Fällt das Resultat negativ aus, so | muß die Reduktion des salpetersauren Salzes, gleichviel ob sie durch Bakterien oder durch die höheren Pflanzen bewirkt wird, Hand in Hand gehen mit einer Oxydation organischer Substanz, wahrschein- lich der Kohlenhydrate. Und da wir sahen, daß zur Bildung der; Aminosäuren Sauerstoff nötig ist, so birgt vielleicht der Salpeter zwei für die Eiweißbildung nötige Faktoren in sich: den Stickstoff und | die Oxydation. |] Freilich hat man mit einer verdünnten Lösung von Salpeter | bisher noch keine Oxydation ım Laboratorium erzielt, auf der andern | Seite ist aber gerade in neuester Zeit gezeigt worden, daß es nur‘ einer bestimmten Anregung durch einen sogen. Katalysator bedarf, | um sauerstoffreiche Salze, wie der Salpeter es auch ist, in Lösung zu einem oxydierend wirkenden Agens zu machen. So dürfen wir | hoffen, auch für unseren Fall einmal Aufklärung zu erhalten. | Wie sehr aber die Meinungen auseinandergehen, möge damit belegt werden, daß einige Forscher die Umwandlung des Salpeter- stickstoffs in den der Blausäure in Erwägung ziehen und daß durch‘ deren Verbindung mit den Zuckern, die ja auch im Laboratorium — U geübt wird, auf einigen Umwegen Aminosäuren entstehen. Jeden- falls müssen wir wohl die Uyanwasserstoffsäure heranziehen, wenn wir an die Bildung von sauren Molekülen mit 7 Kohlenstoffatomen, wie sie z. B. in den Gerbstoffen vorliegen, denken, denn bei der Bildung der Kohlenhydrate spielt die „Drei“ und Vielfache von ihr die Hauptrolle. Die Blausäure aber kann, wie wir sehr genau wissen, auf chemisch gangbarem Wege zur Bildung einer organischen Säure beitragen, die ein Kohlenstoffatom mehr enthält als das Ausgangs- material. Ganz ähnlichen Verhältnissen wie beim Salpeter begegnen wir bei der Assimilation des Schwefels. Hier sind es Sulfate, welche verbraucht werden, und zwar in der Weise, daß eine Reduktion eintritt, denn im Eiweiß ist ein Baustein, das Cystin, enthalten, der zwei Schwefelatome in Verbindung mit zwei Molekülen einer Amino- säure, dem sogen. Alanin, enthält. Daß sich dann bei der Fäulnis des Eiweiß leicht Schwefelwasserstoff entwickelt, ist ja bekannt. Es bedeutet diese Erscheinung chemisch eine weitere Reduktion, wie denn überhaupt die Fäulnis erregenden Pilze eine eminente Reduk- tionskraft besitzen. Auch sonstige schwefelhaltige Verbindungen, die man aus bestimmten Pflanzen — ich erinnere an den Knoblauch und den Senf — gewinnen kann und die sich gewöhnlich durch ihren Geruch oder Geschmack verraten, sind ihrer Zusammensetzung nach durch Reduktion der Sulfate des Bodens entstanden zu denken. Denn es ist bemerkenswert, daß sich auch die schwefelhaltigen Cyan- verbindungen, wie z. B. die Senföle, in Verbindung mit Zuckern vor- finden, also gerade wie die Blausäure, und daß daneben noch Sulfate chemisch gebunden enthalten sind, was auf die Abstammung der schwefelhaltigen organischen Körper aus dem genannten anorgani- schen Material hinweist. Nitrate und Sulfate werden also bei ihrer Verarbeitung im Pflanzenleibe reduziert, ohne daß wir über die korrespondierende Oxydation etwas aussagen können. Ganz anders verläuft die Bildung phosphorhaltiger organischer Materie. Der Phosphor kann nur als Phosphat gebraucht werden, und alle bekannten phosphorhaltigen Klassen organischer Verbindungen, die Phosphoglobuline, zu denen z. B. das Casein der Milch gehört, die Phosphatide, die Nucleinsäuren, sie enthalten alle wie das Phosphat die sogen. Orthophosphorsäure. Hier findet also keine Reduktion statt und es ist sicher, daß sogar die Fäulnispilze eine solche nicht auszunützen vermögen. Es ist daher nicht nur die Annahme in das =, 080 Reich der Fabel zu verweisen, daß die Irrlichter durch selbstentzünd- lichen Phosphorwasserstoff bedingt seien, sondern es ist auch der seinerzeit viel bewunderte Ausspruch „ohne Phosphor — kein Ge- danke“ nicht richtig. Er basierte auf der Beobachtung, daß das Gehirn reich ist an Phosphatiden, den sogen. Lecithinen. Da aber auch in diesen der Phosphor als Phosphorsäure enthalten ist, kann bei einer Ablösung aus der organischen Verbindung nicht Energie entstehen, die auf Rechnung des. Phosphors zu setzen wäre, selbst wenn man annimmt, was aber nicht zutreffen dürfte, daß die Phos- phatide des Gehirns am Stoffwechsel lebhaft beteiligt sind. Über- haupt kann bei der Erzeugung der phosphorhaltigen organischen Verbindungen der Natur des Vorgangs entsprechend nur wenig Energie gebraucht werden und ebensowenig wird bei ihrer Zersetzung frei. — Wenn wir eine organische Substanz verbrennen, so ergibt sich eine Asche, welche Salze des Kaliums, Natriums, Caiciums und Magnesiums und des Eisens enthält. Diese Elemente fehlen nie, und wir schließen, daß sie notwendig sind. Wahrscheinlich spielen auch noch andere Elemente eine Rolle; gewiß ist, daß es Spielarten gibt, die eine Ausnahme von der großen Masse bilden insofern, als sie ein sich sonst wenig für den physiologischen Aufbau eignendes Ele- ment gebrauchen. Ich erinnere an das blaue, Kupfer haltende Blut mancher Mollusken und an den neuerdings beobachteten Vanadin- gehalt des Blutes der Ascidien. Für gewöhnlich sind es die auf Erden am häufigsten vorkommenden Elemente, die auch eine physio- logische Rolle spielen, mit Ausnahme des Silictums und Aluminiums, und es ist ja ganz klar, daß im Kampf ums Dasein diejenigen Or- ganismen siegen mußten, die sich den gegebenen Bedingungen gerade in chemischer Hinsicht am besten angepaßt haben. Einige dieser Elemente, das Fluor, das Mangan, finden sich in äußerst kleiner Menge, so daß der Beweis noch aussteht, ob ihre Anwesenheit durchaus notwendig ist, aber auch Jod und sogar das Eisen, ohne die wir nicht bestehen könnten, finden sich in bescheidener Menge, und es ist daher gar nicht ausgeschlossen, daß manche wunderliche Arzneimittel früherer Zeit, ich nenne nur die Austernschalen, doch einen Zweck gehabt haben, dem man unbewußt nachging, und daß der Genuß von Tee, in dem sich Mangan befindet, die uns not- wendige Ergänzung unseres verschwindend geringen Manganvorrats herbeiführt. Dank Liesıe’s Eingreifen existiert ja wohl keine Unklarheit mehr darüber, daß die anorganischen Salze Nährstoffe, also unent- — 1397 — behrlich sind, sowohl für die Pflanzen wie für die Tiere, und daß auch ausgewachsene Individuen bald zugrunde gehen, wenn sie mit aschefreier Nahrung ihr Leben fristen müssen, ist durch Versuche erwiesen. Die Hoffnung aber, die Wönter zum Ausdruck brachte: „daß Liesis die wichtige Entdeckung vorbehalten sein möchte, wie die unorganischen Materien bei der Entwicklung der Organismen wirken, was ihre chemische Funktion dabei ist“, sie ist nicht nur in Beziehung auf Liesie nicht in Erfüllung gegangen, wir stehen auch heute noch nach 70 Jahren vor einem zu lösenden Rätsel. Es haben sich sogar die Schwierigkeiten vermehrt, die sich einem Einblick in die Art der Aufnahme entgegenstellen, z. B. durch die Beobach- tung, daß bei der kalireichen Kartoffel eine Düngung mit Natron- salpeter von besserer Wirkung ist als die Zuführung von Kalısalzen. Einen Fortschritt unserer Erkenntnis können wir darin erblicken, daß die Aufnahme von basischen Aschenbestandteilen nicht nur durch eine Salzbildung mit organischen Säuren erfolgen kann, son- dern daß auch nicht ausgesprochen sauren Charakter tragende Atom- gruppierungen imstande sind, anorganische Basen zu binden, und zwar äußerst fest. Aus der Pflanzenchemie ist hierfür der Magnesium bindende organische Teil des Chlorophylis ein klassisches Beispiel, ein sehr ähnlich aufgebauter organischer Komplex, aus sogen. Pyrrol- derivaten gebildet, spielt im Blut der höheren Tiere als das Eisen bindende Substrat die gleich wichtige Rolle. Hier trıtt der Wert des Magnesiums wie des Eisens klar vor Augen, denn Chlorophyli ohne Magnesium, Hämoglobin ohne Eisen, sie sind undenkbar. Aber Chlorophyll bildet sich nicht, wenn die Pflanze kein Eisen unter den Nährsalzen findet, und Chlorophyll enthält kein Eisen, die Menge der Stärke in der Kartoffel soll sich nach dem Vorhandensein von Kalisalzen richten und die Stärke ent- hält kein Kalium, die Gärung verläuft am besten bei Gegenwart von Phosphaten, und Ingredienzien wie Produkte dieses Prozesses sind phosphorfrei! Wir müssen also schließen, daß wichtige Umsetzungen chemischer Art an das Vorhandensein der anorganischen Bestandteile geknüpft sind, d. h. gefördert resp. reguliert werden, der Aufbau organischer Körper sowohl wie ihr Abbau. Wie nun die Synthese, abgesehen von der Assimilation des Kohlendioxyds, geregelt ist durch Austritt von Wasser und oft be- gleitet ist von einer Reduktion, so stellt sich der Abbau ein durch Aufnahme von Wasser und durch Aufnahme von Sauerstoff und Ab- gabe von Kohlendioxyd. Wasser, Kohlensäure und Sauerstoff, sie a 2 1 regeln, in gewaltigen Massen wirkend, das Antlitz der Erde, sie regeln auch das Leben eines jeden Geschöpfes, das die Erde hervor- bringt. Und beim Aufbau und beim Abbau unterstützen die anor- ganischen Salze die sogenannten Enzyme. Über das Wesen der in diese große Klasse gehörigen Ver- bindungen sind wir trotz außerordentlich vieler Versuche nur erst sehr mangelhaft unterrichtet. Wir wissen nur, daß sie in der Kom- pliziertheit ihrer Zusammensetzung weit über dem Eiweiß stehen und daß die Größe ihres Moleküls Eigenschaften bedingt, die die Enzyme der lebenden Substanz nahestellen. Denn wenn wir sie auch durch „Gifte“ oft nicht schädigen können, so töten wir sie doch durch Erhöhung der Temperatur, denn. wir beobachten, daß die von ihnen ausgehende spezifische Wirkung alsdann ausbleibt. Und nur an ihrer Wirkung erkennen wir sie, d. h. wir schließen aus einer bestimmten Wirkung auf das Vorhandensein eines bestimmten Enzyms. Und nun sehen wir beim Eiweiß abbauenden Enzym des Gerstenkorns, daß diese Wirkung durch Kalksalze begünstigt wird, und begreifen, warum eine mit kalkhaltigem Wasser angesetzte Gerste ein an Spaltungsprodukten des Eiweiß reiches Bier liefern kann. Da wir aber über die chemische Zusammensetzung der meisten Enzyme noch wenig unterrichtet sind, kann natürlich über das Ent- stehen dieser so wichtigen Körper noch gar nichts ausgesagt werden. Während nun in den Pflanzen die Hydrolyse und der durch die Atmung bedingte oxydative Abbau der organischen Substanz jeden- falls der Menge nach hinter den chemisch entgegengesetzten Vor- gängen des Aufbaus zurücktreten, haben wir im Organismus der Tiere eine Umkehrung der Verhältnisse zu konstatieren. Hier über- wiegt also der Abbau wieder unter Mitwirkung von Wasser und Sauerstoff, vermittelt durch Enzyme. Aber ein grundsätzlicher Gegen- satz ist es nicht. Auch das Tier baut die Substanz seines Leibes auf, und zwar aus den Bausteinen, in die seine Nahrung in seinen der Verdauung dienenden Organen zerfallen ist. Ein Teil der Nah- rung aber und beständig ein Teil der Leibessubstanz wird vollständig abgebaut und dient zur Bestreitung der zum Leben nötigen Energie, und so entstehen wieder einfachst gebaute Körper, die von den Pflanzen wieder verwertet werden können. Der Kreislauf des Stoffes hat sich vollzogen. Bei den Tieren mit rotem Blut wird der oxy- dative Abbau der Leibessubstanz vermittelt durch einen wohlbekannten Stoff, den man sogar krystallisiert erhalten kann, und der wohl aus diesem Grunde niemals den Enzymen zugerechnet worden ist, obwohl — 139 — er alle Anwartschaft darauf hat, in diese wichtige Klasse eingereiht zu werden. Es ist unser roter Blutfarbstoff, das Hämoglobin, dessen sauerstoffübertragende Wirkung in ihrem Chemismus bereits recht gut aufgeklärt werden konnte. Daß das Hämoglobin Eisen enthält, ist bekannt und wurde erwähnt, daß sein organisches Gerüst dem des Chlorophylis sehr ähnlich ist, haben die Untersuchungen der Neuzeit zur Evidenz erwiesen. Und so sehen wir auch hier wieder die Abhängigkeit der höheren Tierwelt von den höheren, den Chloro- phyil führenden Pflanzen aufs klarste erwiesen. Denn es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Bausteine des Hämoglobins in der Pflanze gebildet werden, daß das Tier sie mit der Nahrung aufnimmt und vielleicht etwas umformt. Der wesentliche Unterschied besteht im anorganischen Teil: an derselben Stelle der organischen Gerüst- substanz steht im Chlorophyll das Magnesium, im Hämoglobin das Eisen. Und die verschiedene Wirkung: hier Abbau, dort Aufbau, sehen wir also lediglich an die genannten beiden Metalle geknüpft. Bedienen wir uns doch auch im Laboratorium des Magnesıums zu Synthesen, und wir wenden Eisen an, wenn wir durch Oxydation einen Abbau erreichen wollen. Wenn wir es uns nun recht überlegen, so ist es gar nicht wunderbar, daß die beiden diametral entgegengesetzt wirkenden Farbstoffe in ihrem organischen Teil zueinander gehören, sondern es ist eine Forderung der Vernunft, daß dem so ist. Denn die beiden Farbstoffe sind die beiden Pole, um die sich das höhere Leben zur Jetztzeit stofflich dreht, wenn der eine nicht wäre, könnte der andere nicht sein, d. h. sie müssen chemisch verwandte Körper sein. Die Erkenntnis von den im Tierleibe sich abspielenden Syn- thesen hat sich erst in der Neuzeit recht entwickelt; viele wichtige Fragen, wie z. B. das Auftreten von verschiedenartigem Eiweiß in verschiedenen Geweben harren noch der Aufklärung. Vor allem ist es auch noch nicht gelungen, über einen allerwichtigsten Vorgang Klarheit zu schaffen, geschweige ihn nachzumachen, ich meine die Bildung von Fett aus Kohlenhydraten, ein Prozeß, der sich ja auch im Pflanzenleibe abspielt. Es muß eine gewaltige Reduktion statt- finden und damit geht parallel ein großer Gewinn an Energie, wie daraus erhellt, daß wir von einem Gewichtsteil Fett mehr als das Doppelte der Wärmemenge gewinnen, die uns dasselbe Gewicht eines Kohlenhydrats liefert. Es wäre also von allergrößter Bedeutung, diesen Prozeß beherrschen und ihn vervollkommnen zu lernen. Einst- weilen fehlt aber jede Einsicht und wir müssen uns darauf be- — 140 ° — schränken, Tiere mit Kohlenhydraten zu mästen, um Fett zu ge- winnen, oder solche Gewächse anzupflanzen, in deren Samen beim Reifen sich Fett an der Stelle von Kohlenhydraten bildet. Nur einer Erfahrung auf diesem Gebiete möchte ich noch gedenken: wir wissen, daß Wasser und Fett physiologische Gegensätze sind. Unter normalen Umständen schon sind wasserreiche Gewebe fettarm, wasserarme fettreich, und zwar vertritt das Fett oft quantitativ die fehlende Wassermenge. Diese Vertretung kann anormale Dimensionen an- nehmen, namentlich unter dem Einfluß bestimmter Gifte. Die Er- fahrung aber hat man ja bekanntlich beim Menschen insofern ver- wertet, als man die fettleibigen unter ihnen eine Wasserkur durch- machen läßt, wobei man allerdings nur dem Symptom, nicht aber der Ursache des Übels abhelfen kann. Tritt aus einfachen Fettsäuren des Fetts noch Sauerstoff in Form von Kohlendioxyd heraus, so entstehen sauerstofffreie Körper, sogen. Kohlenwasserstoffe, die natürlich eine noch höhere Verbren- nungswärme als die Fette besitzen. Dieser Vorgang hat sich nun in größtem Maßstabe in langen Epochen der Erde abgespielt und aus dem Fett der Fauna und Flora längst vergangener Zeiten einen Vorrat von Heiz- und Brennstoffen geliefert, den wir als Erdöl be- zeichnen und der ja seit nunmehr 56 Jahren höchst energisch aus- gebeutet wird. Übrigens ist sehr wahrscheinlich auch das Eiweiß an der Bildung des Erdöls beteiligt und an der Hand chemischer Formelbilder ist ersichtlich, daß die Bausteine des Eiweiß, die Amino- säuren, durch Abspaltung von Kohlendioxyd und Ammoniak in Kohlen- wasserstoffe übergehen können. Diesem Prozeß können wir den Vorgang an die Seite stellen, der uns die unermeßlichen Vorräte an Kohlen aller Art aus vorweltlicher Flora geschaffen hat. Hier haben wohl hauptsächlich Kohlenhydrate selbst die Umwandlung erfahren, die zur Vermehrung des Gehalts an chemischer Energie geführt hat. Das Heraustreten von Sauerstoff und Wasserstoff als H,O muß ja nach unserer Definition eines Kohlenhydrats zu reinem Kohlenstoff führen, wenn die Wasserabgabe vollständig geworden ist. Die Bil- dung der Kohlen und des Erdöls sind demnach Prozesse des Ver- gehens organischer Verbindungen, wie sie nur unter ganz eigenartigen Verhältnissen Platz greifen konnten. Kehren wir noch einmal zu den Prozessen zurück, bei denen der Abbau kompliziert gebauter organischer Stoffe, besonders der Kohlenhydrate, unter Mitwirkung von Wasser in den lebenden Or- ganismen erfolgt. — TA — Höhere Pflanzen haben sie uns geliefert. Aber es gibt eine ganze Reihe nieder entwickelter Pflanzen, die kein Chlorophyll be- sitzen und demnach wie die Tiere darauf angewiesen sind, sich die zu ihrem Leben nötige Kohlenstoffenergie in Form von Kohlen- hydraten zu verschaffen. Es sind die Pilze. Am meisten interessieren uns unter diesen in Beziehung auf den Abbau von Kohlenhydraten die Hefearten, denn ihre Tätigkeit machen wir uns ja zunutze, und so ist die durch die Hefe hervorgerufene Gärung von großer prak- tischer und. auch von größter wissenschaftlicher Bedeutung. Lassen doch viele Beobachtungen bereits den Schluß zu, daß die Tätigkeit der Hefezelle eine ganz unerwartet große Ähnlichkeit mit der Tätig- keit der Zellen höherer Tiere aufweist. Um nur eines anzuführen: es sind nur wenige natürliche Zucker, die von der Hefe wie vom Menschen verwertet werden, und die Kunstprodukte, welche den natürlichen Zuckern in allen Eigenschaften gleichen und sich nur durch entgegengesetzte Drehung des polarisierten Lichtes unter- scheiden, die sogen. Spiegelbilder unserer Zucker, sie werden weder von der Hefe noch vom Menschen verwertet. Die Erkenntnis des Gärungsvorganges hat sich ebenso langsam entwickelt wie die des Assimilationsprozesses und ihre Geschichte ist nicht minder reich an allgemein interessierenden Entdeckungen von bleibendem Wert und großer Bedeutung. Zunächst wurde die Hefe als etwas Nebensächliches angesehen, so von LAvoIsEIR, der den Nachweis erbrachte, daß es der Zucker ist, der bei der Gärung in Alkohol und Kohlensäure zerfällt, und von Gay-Lussac, der den Prozeß quantitativ verfolgte und zeigte, daß das Zuckergewicht ziemlich genau in der Summe der Gewichte von Alkohol und Kohlensäure wieder erscheint. Erst THEoDorR SchwAnn dachte an Ernährungsvorgänge, nach- dem er 1837 die Natur der Hefe als Pflanze dargetan hatte. Und nun entbrannte der berühmte Streit zwischen Physiologen und Liesıs und unabhängig hiervon der sehr lebhafte Austausch der Meinungen zwischen Liesis und Berzeuiws, der die Hefe einen Katalysator nannte und als solchen wirken ließ. LiesicG verfocht bekanntlich eine che- mische Unterlage des Gärungsvorganges, wonach das zerfallende Ei- weiß der Hefe eine Bewegung in das Zuckermolekül hinein über- trage, die zur Bildung von Alkohol und Kohlensäure führen solle. Demgegenüber ersann PAstEur seine berühmten Versuche, aus denen er 1858 lückenlos den Schluß ziehen konnte, daß nur lebende Hefe die fragliche Umsetzung bewirken kann. Die vermittelnde Annahme =, — Moritz Trauße’s, es möchte in der Hefe ein Enzym vorhanden sein, das die Gärung bewirkt, konnte nicht mit Beweisen belegt werden, hatte doch schon Lüpersporrr 1846 versucht, aus zerriebenen Hefe- zellen das gesuchte Enzym zu isolieren, angeregt durch eine Idee Näcerrs, die den Zucker spaltende Wirkung ginge direkt und aus- schließlich vom lebenden Protoplasma der Hefe aus. Erst 1896 ist es dann bekanntlich E. Buchner gelungen, den ausstehenden Beweis für die enzymatische Natur unseres Vorgangs zu erbringen, womit der Streit zu einer beiden Teilen gerecht werden- den Erledigung gebracht worden ist. Denn wir können die Gärung nunmehr zwar ohne lebende Hefe zur Auslösung bringen, sind aber nicht imstande, das wirkende Prinzip anders als aus der Hefe zu gewinnen. Es wird Zymase genannt und zeigt sich wirksam nur gegen dieselben Zucker wie die Hefe selbst, wie denn überhaupt auch hier wieder ein weitgehender Parallelismus zwischen Enzym und lebender Zelle festgestellt werden konnte, denn seit der Entdeckung Buchner’s ist man eifrig bemüht gewesen, die Bedingungen genau festzulegen, unter denen die Zymase am besten wirken kann. Dann hat man es sich aber auch angelegen sein lassen, einen tieferen Einblick in den Chemismus der Zuckerspaltung selbst zu gewinnen, die schließlich zum Alkohol und zur Kohlensäure führt. Denn dem Entstehen dieser Endprodukte muß eine Umwandlung des Zucker- moleküls voraufgehen, in die ein Einblick bisher nicht möglich war, weil Zwischenprodukte nicht gefaßt werden konnten wohl wegen des raschen Verlaufs des Vorgangs bis zum Ende. So hat man sich begnügen müssen, die chemisch möglichen Zwischenprodukte, die auf anderem Wege dargestellt werden konnten, auf ıhr Verhalten der Hefe gegenüber zu untersuchen, wobei sich ergeben hat, daß bei der Umwandlung des Zuckermoleküls das Wasser eine Haupt- rolle spielen muß, und zwar entweder in der Art, daß es in ver- schiedener Weise angelagert und wieder abgespalten wird, oder da- durch, daß es mit seinen beiden Bestandteilen gleichzeitig wirkt, d.h. daß an einer Stelle eine Reduktion durch Wasserstoff, an anderer eine Oxydation durch Sauerstoff eintritt. Letztere führt zur Kohlen- säure, erstere zum Alkohol, in dem aber nur noch ein Teil der im Zucker vorhandenen Energie wieder erscheint. Bei der Gärung geht also chemische Energie des Kohlenstoffs verloren, die, wenn sie durch Hefe selbst erfolgt, in der Vermehrung der Hefe als Stick- stoffenergie ihren Ausgleich findet. Lernt man also diese voll zu verwerten, so ist der wichtigste-Einwand gegen die Gärungsgewerbe, — 143 — vom wirtschaftlichen Standpunkt betrachtet, gehoben. Die Schäd- lichkeit des Alkohols ist natürlich eine andere Frage; ohne näher auf sie einzugehen, möchte ich hier nur darauf hinweisen, daß, wie bereits erwähnt, die Zellen der höheren Tiere höchst wahrscheinlich den Zuckerabbau in ganz ähnlicher Weise regeln wie die Hefe, d.h. daß im Körper des Tieres Alkohol als Zwischenprodukt auftritt. — Der Streit zwischen Berzerius und Liesı@ ist noch nicht erledigt: Katalysatoren, d. h. solche Körper, deren Anwesenheit scheinbar genügt, um einen Prozeß den gewünschten Verlauf nehmen zu lassen, ohne daß sie selbst direkt beteiligt erscheinen, spielen in Wissen- schaft und Technik der Neuzeit eine immer bedeutender werdende Rolle und zunächst als nicht durchführbar erscheinende Prozesse vollziehen sich gehorsam nach Auffindung der richtigen Vermittelung. Wenn sich nun LissiG gegen das Wort „Katalysator“ mit Recht gewendet hatte, weil ein Wort von vielen mißverständlich als Er- klärung angesehen werden kann und wird, also dazu beitragen kann, es bei dem Wort bewenden zu lassen, statt der wirklichen Ursache nachzuspüren, so ist diesem Einwand zwar wirksam Abbruch getan worden dadurch, daß man mit „Katalysator“ eine Substanz be- zeichnet, die einen Vorgang beschleunigt, womit aus dem Wort ein Begriff geworden ist, mit dem man rechnen kann. Aber in dieser Definition ist inbegriffen, daß das Objekt schon von selbst die be- treffende Umsetzung erfahren kann. Und wenn wir nun wissen, daß das Objekt, wie z. B. der Traubenzucker, sich nicht nur in einer Richtung umsetzen kann, sondern daß eine ganze Reihe von Verwandlungen möglich sind, zu denen dann auch eine ganze Reihe verschiedener Katalysatoren gehören, so fordert diese Beobachtung eine Ergänzung der oben gegebenen Definition dahin, daß als Kata- lysator eine Substanz zu bezeichnen ist, die einen Vorgang in einer bestimmten Richtung beschleunigt. Und in dieser Definition ist inbegriffen, daß der Katalysator chemisch an dem Vorgang sich beteiligt, womit der Kern der Auffassung von LiEBIG wieder zur Geltung gelangt. Was wir abgeleitet haben, muß aber die experi- mentelle Prüfung aushalten, und in der Tat haben wir Beobachtungen, aus denen hervorgeht, daß diese Prüfung in unserem Falle bestanden wird. Es ist z. B. gefunden worden, daß die enzymatische Ver- dauung des Eiweiß im Glase, zu einem bestimmten Punkt gelangt, plötzlich stille steht. Dann aber hat sich ein Niederschlag gebildet, aus dem ein Verdauungsprodukt des Eiweiß, das Tyrosin, heraus- geholt werden kann, und dieser Niederschlag enthält zugleich das — WM — verdauende Enzym, den Katalysator. Er kann aus ihm wieder frei gemacht werden und wirkt dann weiter. So findet die merkwürdige Tatsache, daß der Katalysator unverändert bleibt, eine Erklärung in der Annahme, daß eine zweite Phase des Prozesses ihn wiederher- stellt, nachdem er in einer ersten aktiven Anteil genommen hat, womit auch die Tatsache, daß kleinste Mengen des Katalysators große Mengen des Objektes bewältigen können, eine uns befriedigende Er- klärung findet. Innerhalb der Chemie kämpft die anorganische Richtung mit der organischen um den Vorrang. Es gab eine Zeit, in der die organische Chemie dominierte, aber als sie auf der Höhe stand, hatte sie bereits ihren besten Trumpf an die anorganische abgegeben, als die Natur der zusammengesetzten Äther erkannt und im Zu- sammenhang damit dem Wasser wieder die Formel H,O gegeben wurde. Seitdem lebte die organische Chemie hauptsächlich der inneren Ausgestaltung, ihre schönsten Erfolge beim Studium von Naturprodukten zeitigend, aber vielfach am toten Material arbeitend. Und auf diesem Gebiete mußte sie schließlich hinter der anorganischen Chemie zurückstehen, die hier naturgemäß die höheren Trümpfe in der Hand hatte. Aber schon bereitet sich ein Umschwung_ vor, gerade von der anorganischen Chemie hat die organische mächtige Anregung erhalten, um auf den ihr eigensten Gebieten vorgehen zu können, auf dem (Gebiete der organisierten Chemie. Und daß sie hier höchsten Nutzen bringen kann und wird, steht außer Zweifel. Sie wird das prophetische Wort Justus Lresig’s einlösen: aus. | der organischen Chemie wird sich die Physiologie, werden sich die Gesetze des Lebens entwickeln. Die Formen der Schwäbischen Alb und ihr Einfluß auf die Besiedelung auf Grund von Beobachtungen in der südwestlichen Alb. Von Karl Löffler, Professor in Nürtingen. Mit 5 Textabbildungen und 8 Tafeln (II—IX). Inhaltsübersicht. Einleitung: Fassung der Aufgabe S. 146. — I. Morphologischer TeilÜ Geologischer Bau S. 148. Die Schichtstufenland- schaft S. 160. Hydrographie S. 165; Verkarstung S. 165; Land- schaftlicher Charakter der Hochfläche S. 169; Trockentäler S. 171; Quellen S. 179; Unterirdische Flüsse S. 185; Die Donauversickerung =.,187; Talrichtungen und Talzüuge $S. 189; Talformen S. 200. Zusammenfassung des I. Teils S. 206. II. Siedlungs- kundlicher Teil: S. 208. Umfang der Bearbeitung S. 208. Vor- deutsche Besiedelung: «. Paläolithische Besiedelung S. 209; ß. Neolithische Besiedelung S. 211; y. Besiedelung zur Bronzezeit S. 213; öd. Besiedelung zur Eisenzeit S. 214; &. Römische Siedelungen S. 215. Deutsche BesiedelungS. 217. Lage der Siedlungen S. 224. Lage der Siedlungen zum Wasser S. 226. Schutzlagen S. 228. Zahl und Dichte der Siedlungen S. 228. Verkehrslage und Einzel- heiten S. 229. Der wirtschaftliche Charakter und dieForm der Siedlungen S. 234. Einfluß der Industrie auf die Siedlungen und auf die Besiedelung S. 237. Zusammen- fassung S. 241. Siedlungsverzeichnis S. 243. Literatur- verzeichnis S. 247. Einleitung. Fassung der Aufgabe. Nähert man sich von Süden oder Südwesten her, von dem flach- welligen, seenreichen Oberschwaben aus, der Alb, so stellt sie sich als ein nur wenig und sanft ansteigender Landrücken dar, und nur die tief eingefressenen Flußtäler der Donauseite mit ihren trotzigen Felsen, deren Fuß vom klaren Wasser der Flüßchen umspült wird, zeigen etwas von ihrer wahren Gebirgsnatur. Auf der Hochfläche fällt dem Wanderer der gleichförmige, oft eintönige Wechsel von Hügeln und Talungen, die gar keinem Flußsystem anzugehören scheinen, auf; dies ruhige Gleichmaß des Landschaftsbildes tritt ihm Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 10 —. 1460 immer wieder greifbar vor Augen. Es ist auch ein zu auffälliger Unterschied zwischen den flachen Tälern der Hochfläche mit ihren sanften Böschungen und den Talzügen der heutigen Entwässerung, die mit ihren tief eingesenkten, steil abstürzenden Talhängen die Hochfläche in eine Fülle von einzelnen Plateaus zerlegen und so dem Landschaftsbild Gliederung und Abwechslung verleihen. Plötzlich aber ändert sich das Bild und trunkenen Auges stehen wir am Steilabsturz der Nordseite und schauen entzückt die gesegneten Fluren des Unterlands. Hier offenbart sich zugleich die majestätische Pracht der Alb. Blendendweiße, mauerartig aufgeschichtete Fels- zinnen leuchten weit ins Vorland hinaus. In einzelnen Terrassen steigt das Gebirge auf. Weite Talzüge durchbrechen den Gebirgswall und senden ihre Wasser, die nur durch niedrige Talwasserscheiden voneinander getrennt fließen, zur Donau und zum Neckar. Eine stattliche Reihe von Ausliegern vor dem zusammenhängenden Plateau zeugt davon, daß der Nordrand allmählich gegen Süden zurück- | gewichen ist. | Gewaltige Unterschiede zeigen diese Teile der Alb auch nach |) ihrer Bewässerung. Oben auf der Hochfläche findet sich fast nirgends |) eine Quelle, nirgends Bäche und Flüsse trotz der zahlreichen Täler, in denen als sichtbares Zeichen der Versickerung des Wassers oft zahlreiche Dolinen sitzen, kein See, abgesehen von einigen Teichen | im südlichen Teil, in den Siedlungen selten Brunnen, dagegen oft altes, faulendes Regenwasser in Hülen oder Hülben; drunten in den Tälern dagegen und auf den untersten Terrassen des Gebirgs fließen viele kristallklare Quellen, reichlich Bäche und Flüsse, die in den der Donau zugekehrten Tälern in schlingenreichem Lauf meist langsam dahinschleichen, während die der Neckarseite eilenden Laufs tosend über hindernde Felsriegel im Flußbett hinunterstürzen. Bei jeder Wanderung über die Albhochfläche fällt auch die sehr geringe Zahl von Siedlungen auf. Nur wenige Dörfer und noch ° weniger Höfe trifft man an. Stundenlang kann man gehen, ohne | irgend eine menschliche Wohnstätte anzutreffen. In den Flußtälern und auf der Vorstufe der Alb, dem braunen Jura, drängen sich die Siedlungen. | Diesen merkwürdigen Beziehungen zwischen Morphologie der Alb und ihrer Besiedelung will die vorliegende Arbeit ebensosehr nachgehen wie der Entstehung der Formen selbst. Ihre Gliederung ergibt sich dadurch von selbst. Zunächst soll die’ Morphologie dar- gestellt und dann die Abhängigkeit der Siedlungen von der Ober- — 147 — flächengestaltung gezeigt werden. Damit ist aber auch zugleich eine Umgrenzung des siedlungskundlichen Teils gegeben. Die Be- ziehung zwischen Morphologie und Besiedelung ist der Gesichts- punkt, unter dem er behandelt wird. Damit verbietet sich von selbst die Anwendung der fast allgemein üblichen statistischen Be- handlungsweise solcher siedlungskundlichen Arbeiten. Schwankungen der Bevölkerung z. B. haben mich daher nur insofern interessiert, als es nach dem leitenden Gesichtspunkt absolut nötig war. Ich habe in solchen Fällen auf eine Darlegung der statistischen Unterlage verzichtet. Dagegen habe ich eine kurze Übersicht über vordeutsche Be- siedelung des von mir bearbeiteten Gebiets gegeben, weil einerseits für das ganze Gebiet ausführliche Fundberichte und für einzelne Perioden oder den ganzen Umfang der prähistorischen Kulturen ein- gehende Darstellungen, wenn auch nicht oder nur nebensächlich nach geographischen Grundsätzen behandelt, vorliegen, und andererseits, weil es interessant ist, die vielerlei Möglichkeiten der Besiedelung zu zeigen, zu denen die Alb vermöge ihrer Beschaffenheit Anlaß bot. Bei den eingehenderen Beobachtungen habe ich mich auf den im folgenden umgrenzten südwestlichen Teil der Alb beschränkt. Die Darstellung dagegen bezieht sich in manchen Punkten auf die ganze, mir zumeist aus eigener Anschauung bekannte Schwäbische Alb. Als Südgrenze des genauer behandelten Gebietes habe ich etwa das Donautal von Tuttlingen bis Sigmaringen angenommen; selbst- verständlich soll damit nicht ausgedrückt werden, daß das der Südrand der Alb überhaupt sei; diese setzt sich im Gegenteil unverändert süd- lich über die Donau fort bis zum Rhein bei Schaffhausen und bis zur Moränenlandschaft Oberschwabens, und es sind tatsächlich keine oder doch nur ganz geringe Unterschiede (infolge des Vorherrschens der Weißjura-{-Schichten) gegenüber dem nördlich der Donau liegenden Teil der Alb festzustellen. Im Westen nahm ich das breite Faulenbach- Primtal bis Spaichingen als Grenze an. Von dort an ergibt sich die nörd- liche Abgrenzung mit dem Beginn des braunen Jura von selbst. Als Ost- grenze wählte ich eine Linie, die folgenden Verlauf hat: Stichwirtshaus bei Onstmettingen — Onstmettingen — Bitz—hohenzollerisch-württem- bergische Grenze bis südlich Winterlingen, von dortan entlangder Römer- straße bis Sigmaringen. Diese Ostgrenze ist recht willkürlich gewählt und durchaus nicht an irgendwelche natürlichen Grenzlinien gebunden. Ich wählte diese Grenzlinie und nicht das Eyach—Schmiechatal, weil ich einerseits den Schmeienursprung und die Eyachquelle einschließen wollte, dann hauptsächlich aber, um nicht im Süden die Tertiär- 10* — 148 — landschaft von Winterlingen und die Altmoräne des Rheingletschers, die doch diesem südlichen Teil der Alb auch ein besonderes Gepräge gibt und an die sich ein wesentliches Problem der Talgeschichte der oberen Donau knüpft, ganz auszuschließen. Ich wäre gern bis zur Lauchert gegangen. Aber die Bearbeitung hohenzollernschen Gebietes stößt auf besondere Schwierigkeiten. Eine gute moderne Landesbeschreibung, wie sie für Württemberg in dem Werk „Das Königreich Württemberg“ vorliegt, fehlt hier; Flurkarten, nach denen ich hätte arbeiten können, sind für Hohenzollern auch. nicht zu- gänglich; so mußte ich die Grenze festsetzen, wie ich’s getan habe, wohl wissend, daß eine derartige Abgrenzung manches Unbefrie- digende hat. Ich habe aber die so beschriebenen Grenzen nur im allgemeinen eingehalten; die Markungen der Siedlungen, die innerhalb des Ge- biets liegen, gehen selbstverständlich darüber hinaus. Bei Einzel- fragen habe ich auch Analogien oder entgegengesetztes Verhalten aus benachbarten Teilen der Alb herbeigezogen; dadurch hoffte ich, ein umfassenderes Bild beider behandelten Gebiete, der Morphologie und der Siedlungskunde, zu geben, als es bei ängstlicher Beschränkung auf die angenommenen Grenzen hätte getan werden können. Es sind auch nicht alle Fragen erschöpfend behandelt, die sich an die Oberflächenformen und ihre Beziehungen zur Siedlungskunde knüpfen. Manche habe ich nur gestreift, bei andern nur den gegen- wärtigen Stand der Forschung geben können. Immer aber habe ich als Endziel der ganzen Arbeit die innigen Wechselwirkungen im Auge gehabt, die sich zwischen der Oberflächen- gestaltung, den Entwässerungssystemen und der Be- siedelung beobachten lassen. I. Morphologischer Teil. Geologischer Bau. Die Alb wird gebildet aus den beiden oberen Abteilungen der |] Juraformation, dem braunen und dem weißen Jura. Auf dem südlichen Teil der Hochfläche treten dazu noch tertiäre und diluviale Gebilde. Von diesem geographischen Begriff der Alb unterscheidet sich |] der geologische, der ihr auch noch die untere Abteilung des Jura zurechnet'. Morphologisch, besonders aber pflanzen- und kultur- !s. Engel, Die Schwabenalb und ihr geol. Aufbau. 1897. S. 6. — s. auch Engel, Geogn, Wegweiser. 3. A. Stuttgart 1908. S. 185. — 149 — geographisch betrachtet, gehört die Liasvorebene nicht zur Alb, und ich folge daher der im „Königreich Württemberg“! durchgeführten auch von Branca? angenommenen, und von GRADMANnN ® besonders als pflanzengeographischen Bezirk, als Florengebiet diskutierten geo- graphischen Auffassungsweise des Begriffs Alb. Das Vorland und die Unterlage der Schichttafel wird gebildet durch den Lias, der sich teppichartig ausbreitet, so daß man geradezu von einer Liasebene sprechen kann, während er im Südwesten allerdings nur bandartig entwickelt ist. Auf ihr ruht der braune Jura, dessen Gesamtmächtigkeit im Mittel etwa 150 m beträgt. Im Südwesten ist er viel mächtiger, bis zu 270 m, schrumpft aber ganz im Nordosten sehr stark zusammen, bis zu etwa 120 m, und zwar bleibt sich die untere Abteilung, die Stufen & und £, ziemlich gleich, während die obere im Nordosten nur noch wenige Meter Mächtigkeit aufweist‘. Außer dieser durchgreifenden Verschiedenheit der Ausbildung des braunen Jura gibt es noch viele lokale Faziesunterschiede, so daß eine Gliederung des braunen Jura meist nur auf eine ganz bestimmte Gegend paßt. Man muß also, um ein allgemein gültiges Bild dieser Formation zu bekommen, sich mit Annäherungswerten begnügen, die ja auch, da es sich hier um keine stratigraphische Arbeit handelt, vollauf genügen. Es handelt sich ja bei einer geographischen Arbeit hauptsächlich um den verschiedenen Gesteins- charakter, der in den Verschiedenheiten der Oberflächenformen, der Entwässerung, der Besiedelung einer Landschaft zum Ausdruck kommt. Die unterste Stufe des braunen Jura, die Opalinus-Tone, heben sich in einer sanften Übergangsböschung, die hauptsächlich durch die Bewaldung zu erkennen ist’, vom Liasvorland ab; die Ab- grenzung geschieht in einer wellenförmigen Linie, und nur wenige losgetrennte Stücke weisen auf frühere größere Ausdehnung hin. Darüber erhebt sich steil, mit einem Böschungswinkel von 23—25° (im Durchschnitt von etwa 10 Messungen an verschiedenen ! s. das Königreich Württemberg. Neue Bearbeitung in 4 Bänden. Stutt- gart 1904—1907. I. S. 48. ? Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen. Stuttgart 1894. 8.8. ° Gradmann, Das Pflanzenleben der Schwäbischen Alb. 2. A. Tübingen 1910. S. 2 ff. * Hier und überhaupt beim geologischen Aufbau folge ich vielfach Engel, Geogn. Wegweiser. S. 183 ff. ° Begleitworte zu Blatt Ebingen der geognostischen Spezialkarte von Württemberg. Herausgeg. v. Kgl. stat. topogr. Bureau. Stuttgart. 1877. S. 30 a 1 Stellen der südwestlichen Alb), im Gelände daher gut wahrnehmbar, die Terrasse des Personatensandsteins, die besonders auch in den Fluß- tälern durch die daran gebundenen Wasserfällen (Laufen a. d. Eyach, Zillhausen, Sägmühle zwischen Ratshausen und Hausen a. Thann u. a. mehr) deutlich erkennbar ist. Verkehrswege ersteigen sie in Windungen, die Eisenbahn in tiefen Einschnitten oder auf hohen Dämmen (vergl. bei Laufen a. d. Eyach). Mehrere Siedlungen liegen auf dieser Terrasse, die bald nur als schmales Gesimse am Berg (Spaichinger Gegend), bald aber in größerer flächenhafter Entwicklung auftritt (b. Streichen, Zillhausen). | Der mittlere braune Jura besteht aus Kalken, den blauen oder ' Sowerbykalken (y) und den Östreenkalken (d). Durch dazwischen auftretende Tonbänkchen bilden sie mit einer Übergangsböschung, die 25—28° steil ansteigt, eine zweite, sogar ab und zu zweite und dritte Terrasse (so im Schlichemtal oberhalb Ratshausen), die aller- dings meist nur gesimseartig entwickelt ist. Die Bedeutung dieser | beiden Schichten für die Ausbildung der Terrasse ist regional sehr | verschieden. Der Oberlauf des Tals der „untern Bära“ verläuft in braun y. Durch die obere, tonige Abteilung geht es in ununterbrochenem Anstieg zum Weißen Jura. Charakteristisch für braun e, Parkinsoni- | Tone, und £, Ornatentone, ist das fast vollständige Fehlen von Kalken. ') Hier herrschen Tone vor, so daß keine Terrasse mehr entstehen kann. Für den Aufbau, genauer eigentlich für die Abtragung der ] Schichttafel sind diese Tonschichten von der allergrößten Bedeutung. 1 In ihnen sammelt sich das versickernde Wasser und durchtränkt sie H' so vollständig, daß das ganze überlagernde Gestein besonders auf den Örnatentonen ins Gleiten kommt und herunterstürzt. Dadurch wird | das Abtragen in senkrechten Abschnitten bedingt'. Besonders ein- | dringlich wurden diese Verhältnisse wieder im Herbst und Winter 1912, | wo in Margrethausen? im Eyachtal eine stellenweise etwa 12 m | mächtige, vorwiegend aus verstürztem Weißjuraschutt bestehende Schicht auf den Ornatentonen an verschiedenen Punkten der Tal- hänge des tief eingeschnittenen Eyachtals ins Gleiten kam und Teile des Orts bedrohten, in Feldern und Gärten großen Schaden an- richtend. Zwar ist die Böschung gerade in den Ornatentonen außer- ordentlich sanft, an den Bruchstellen in Margrethausen bloß 10—12°, | sonst höchstens 15° geneigt, so daß von einer Überschreitung der si Branco, Schwabens Vulkanembryonen. 8. 27, 2 g. Tafel VI. — 15h — Böschungsgrenze nicht die Rede sein kann. Die Mächtigkeit der in Bewegung geratenen Schicht schließt aber auch den Gedanken an bloßes Schuttgekrieche aus. Somit müssen die hydrographischen Verhältnisse zur Erklärung herbeigezogen werden. Infolge der lange andauernden Regenperiode dieses Spätherbstes (1912) war der Ornaten- ton mit Wasser gesättigt, daß er das Bestreben haben mußte, auf- zuquellen. Der Druck des überlagernden Gesteins preßte nun die plastisch gewordenen Tone zusammen, und diese gaben an den frei ausstreichenden Schichtköpfen nach und quollen talabwärts. Eine Fülle geomorphologischer Erscheinungen, Flexuren, Verwerfungen, horizontale und vertikale Verschiebungen, Kesselbrüche, Überschie- bungen, waren dort im Feld zu beobachten. Erst eine ausgiebige Drainagearbeit leitete die Wasserfülle der nun zutage tretenden Ton- schichten ab und brachte den Erdbewegungen ein Ende. Vielfach wurden Katastrophen auf diese Weise verursacht, so z. B. im Schlichemtal, wo ein Mure hinter dem Plettenberg niederging!. Es ist bei derartigen Verhältnissen nicht zu verwundern, daß allüberall der ganze Steilabfall mit Weißjurablöcken oft wie übersät ist, und daß Talterrassen in den Tälern der Neckarseite fast nirgends oder doch nur sehr mangelhaft erhalten sind. An zahlreichen Stellen sehen die Talhänge der Täler der Neckarseite, wo diese Tone an- stehen, im Schnitt quer zum Fluß wie gefältelt oder gewellt aus; oft ist hinter einzelnen solcher Wellen ein deutlicher Graben zu be- obachten, so z. B. auch an, beiden oben beschriebenen Stellen und anderwärts. Der Weiße Jura setzt sich aus wechselsweise übereinander- lagernden Ton- und Kalkschichten zusammen, in der oberen Ab- teilung allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Tonige oder mergelige Schichten sind «, y und teilweise wenigstens [; doch ist y auch in einer Kalkfazıes und [ als Plattenkalk abgelagert. Vorwiegend kalkigen Charakter haben demnach 8, d und e. Die untere Kalkstufe, die wohlgeschichteten Kalke, bilden die be- deutendste Terrasse und jene glänzenden. weit ins Vorland hinaus- leuchtenden Felszinnen. Diese Terrasse ist aber keineswegs gleich- mäßig erhalten. Wirklich flächenartigen Charakter hat sie nur noch im Südwesten auf dem Heuberg und der Zollernalb. In der Mitte der Alb ist sie meist nur noch an den Ausliegern, die fast aus- . nahmslos Reste dieser Terrasse sind, und an kleinen gesimseartig sich Is. Begleitworte zu Blatt Ebingen. 8. 33. — 12 — hinziehenden Resten, in einzelnen Tälern sogar, z. B. dem Urachertal, durch das direkte Herantreten des mittleren weißen Jura an den ‘ Talrand gar nicht mehr zu unterscheiden. Daß sie auch in der mittleren Alb vorhanden war und wesentlich weiter nördlich reichte, werden wir später sehen. Die größere Nähe des Neckars war in diesem mittleren Teil ihrer Zerstörung günstiger als im Südwesten. in In der Balinger Gegend, z. B. am Plettenberg und Lochen, aber | auch sonst im Gebiet der Alb, sind diese Kalkmauern von mächtigen Schwammstotzen! durchsetzt, die bis zu den Impressa-Tonen hinunter- i reichen, übrigens ein Beweis dafür, daß die hydrographischen Verhältnisse der Alb nicht alleinaufdenregelmäßigen Wechsel von kalkigen und tonigen Schichten beruhen |) kann, da die Schwammstotzen die Tonschichten an vielen Stellen durchbrechen, so daß keine ganz gleichmäßig durchziehende wasser- | undurchlässige Schicht angenommen werden kann. Diese Schwamm- schichten gehen als besondere Fazies von & bis &, unter allen Um- ständen aber bis d, so daß beide „Wasserhorizonte‘, die Grenze a/$ und y/ö, durchbrochen werden. Die flächenhafte Entwicklung dieser Terrasse im Südwesten der Alb, also gerade in dem zur Behandlung stehenden Gebiet, bietet I} Raum für Siedlungen (Burgfelden). Durch die Erosion der Neckar- zuflüsse sind einzelne Teile dieser Terrasse vom Hauptmassiv los- gelöst und zeugen als Auslieger für die ehemalige größere Ausdeh- nung. Manche derselben sind durch schmale Zugänge mit der Hoch- ebene verbunden, also als Zufluchtsort für größere Volksmassen wie geschaffen und deshalb schon in vorhistorischer Zeit zu diesem Zweck benützt und gegen die Hochfläche durch Wall und Graben geschützt. Im Mittelalter haben dann Ritter diese Felsvorsprünge zur Anlage ihrer Burgen und Schlösser aufgesucht. Die Mächtigkeit dieser Schicht (weiß #) beträgt in der Balisıaa Gegend allein fast 100 m, wodurch der Steilabsturz gerade dort um so eindrucksvoller wird. Über dieser Terrasse breiten sich teils flächenhaft, teils schon ‘in kleinen Hügeln die Mergelschichten oder die Kalkbänkchen von y. In den Flußtälern der Donauseite ist diese Schicht an dem Böschungs- winkel der Talhänge leicht zu erkennen, da die Talhänge viel sanfter sind als die durch Kalkschichten ? gebildeten Steilufer (so z. B. ober- halb und unterhalb Fridingen). Doch ist der Böschungswinkel, mit. 1 5, Tafel VI. 2:5. Tafel yı. — 193 — dem sie am Talhang ausstreichen, immerhin ziemlich bedeutend, etwa 25—30°. Mächtige Schutthalden verstürzter Felsblöcke zeigen an der Talwand diese Schicht an, die vermöge ihrer Weichheit und geringen Widerstandsfähigkeit gegenüber der Erosion wesentlich zur Verbreiterung des Tales beiträgt. Höhere Erhebungen, eigentliche Buckel oder Burren (rundliche _ oder längliche Hügel) bilden die Felsmassen des weiß d, die ent- i- weder geschichtet, wenngleich nicht so regelmäßig wie £ oder [ oder plump, schichtungslos auftreten. Eine Terrasse bildet zwar Ö nicht in dem Maße wie 8, da einerseits die weiche Unterlage, weiß y, nicht sehr mächtig ist, andererseits aber der Nordrand dieser Stufe durch flache, wasserlose Muldentäler, die die Stufe durchbrechen auf ihrem Weg nach Süden, in ein Gewirr von einzelnen, meist kegel- förmigen Bergen, den Zeugenbergen vor der Hauptterrasse vergleichbar, zerlegt ist, bis allmählich die kompakte Masse der Stufe erreicht wird. Der obere Weiße Jura, in seinen beiden Abteilungen als plumpe Felsmassen, kalkig oder dolomitisch, &, und Krebsscherenplatten und Zementmergel, £, ausgebildet, bildet auch keine ganz scharf aus- geprägte Terrasse mehr, sondern es ist ein allmählicher Übergang vom mittleren zum oberen Weißjura zu beobachten. Merkwürdig sind die Lagerungsverhältnisse dieser beiden Stufen. Vielfach, be- sonders nördlich der Donau, ist { in &-Mulden eingelagert, wie es z. B. recht schön bei Schwenningen, nördlich von Werenwag sich zeigt. Dort ragen die &-Felsen noch über 30 m über die Ö-Kalke auf. Erst südlich der Donau findet sich eine zusammenhängende Ö-Decke. Daß die Lagerungsverhältnisse bezw. die Verbreitung dieser -obersten Schichten schon ähnlich war wie heute, beweist der Um- stand, daß die Tertiärdecke der Alb teils auf &, teils auf [ lagert, besonders daß heutzutage einzelne &-Flecken riffartig durch die Tertiär- bedeckung aufragen, wie es z. B. in Nusplingen bei Stetten am kalten Markt der Fall ist. Der Schluß ist vielleicht nicht unberechtigt, daß © überhaupt nie die ganze Alb bedeckt hat, sondern daß deren Trocken- legung durch Schrägstellung schon zur Zeit des oberen Jura begann, daß sich dann in Mulden in dem allmählich zurückweichenden Meer die (-Platten abgelagert haben. Die Altersfrage dieser zwei Schichten wird von verschiedenen Forschern verschieden beurteilt. EnseL! und Fraas? sehen sie als gleichzeitige Gebilde an, wobei = Riffbildung ! Engel, Geogn. Wegweiser. ® Fraas, Begleitworte zu Blatt Ulm der geognost. Spezialkarte von Württemberg. — 154 — und £ ruhige Ablagerung in Mulden wäre. ScHMIERER! sieht dagegen £ als jüngere Bildung an. Die Frage der Entstehungszeit dieser beiden Schichten ist wichtig für die Morphologie der Alb. Ist [ jünger als & und könnte irgendwie der Nachweis geführt werden, daß es sich früher wesentlich weiter nach Norden erstreckte als heutzutage, so könnte aus der heutigen Lagerung, besonders auch unter den Molasseablagerungen bei Nusplingen, wo & und Ü nebeneinander an- zutreffen sind, an eine prämiocäne Einebnungsfläche gedacht werden, die diese beiden obersten Juraschichten schief abschneiden würde. Dem steht aber einerseits die Lagerung der {-Schichten, vielfach in Mulden, entgegen, andererseits die Erwägung, daß, da & großenteils schon Flachseebildung ist, ein allmähliches Auftauchen der Juratafel gegen Ende der Jurazeit angenommen werden muß, so daß { wahrscheinlich nur noch auf den randlichen Teilen der Juratafel, dort aber gleichzeitig mit & zur Ablagerung gelangte. Große Bedeutung haben diese oberen Weißjuraschichten für den Wasserhaushalt der Alb und für die Talformen. Die plumpen Felsmassen von d und e zeigen eine hohe Permeabilität für Wasser, das rasch ın den Boden sickert und erst an der Grenze von y in Form von Gehängequellen austritt. [ dagegen läßt, ver- möge seiner teilweise tonig-mergeligen Beschaffenheit, das ın den Boden einsickernde Wasser nicht bis zum reinen Kalkgebirge durch- dringen, sondern speist kleinere Quellen, deren Wasser allerdings meist nach ganz kurzem Lauf im klüftigen & versitzt. In den harten Kalken des oberen Weißjura konnten die Flüsse ihre Täler nicht sehr verbreitern, sondern sägten sich enge, steil- wandige, oft fast canjonartige Täler ein, so z. B. das untere Schmiechatal, das Donautal bei Fridingen-Beuron u. a. m. Von den Mäandern, die die Flüsse hier bilden, wird später die Rede sein. Über Weißjura £ liegt kein jurassisches Gestein mehr auf der Alb, auch Kreide ist keine vorhanden. BrancA bewies, daß auch nie Kreide auf der Alb abgelagert war, und Koken schreibt *: „Die Alb lag hoch zur Zeit der Kreide.“ Wir dürfen nun dieses „hoch“ nicht sehr hoch über der damaligen Erosionsbasis, die in Ober- schwaben lag. vorstellen, sondern müssen an eine ganz flache, nur langsam ansteigende Landschaft denken; das geht unzweideutig daraus !Sehmierer, Das Altersverhältnis der Stufen e und {. Zeitschr. d. geol. Ges. 54. Bd. 1902. S. 525 ff. ® Koken, Bemerkungen über das Tertiär der Alb. Centralbl. f. Min. etc. 1900. S. 146. Er DE nn ein nn Be en RE ann nn un in Sue, N PD ee — 15 ° — hervor, daß keine großen und tiefen Flußrinnen in die Schichttafel - eingesenkt sind. HınLpengrann! hatte allerdings die Ansicht, daß die großen Talzüge schon in alttertiärer Zeit bis zur heutigen Tiefe aus- genagt gewesen seien, eine Anschauung, die natürlich nicht haltbar ist?. Die Flüsse haben im Gegenteil nur ein ganz flaches Bett aus- zunagen vermocht. Das Tertiär brachte wieder größere Ablagerungen auf die Alb. Zunächst sind ım Eocän und ım Miocän die Bohnerze gebildet worden und haben Spalten ausgefüllt. Im Miocän erfolgte in ober- schwäbischem Gebiet ein Einbruch des Meeres und "dieses Meer be- deckte auch den südlichen Teil der Alb, so daß jetzt dort noch einzelne Tertiärfetzen sich finden, im Südwesten bei Stetten am kalten Markt und bei Winterlingen. In dieses Meer verfrachteten die Lehnenflüsse, wie Penck beschreibt?, die Gerölle, die sich heute am Strande dieser Tertiärfetzen finden, z. B. bei Nusplingen oder bei Stetten am kalten Markt. Koken* hält diese Annahme Prnckx’s nicht für erwiesen. Den fluviatilen Charakter dieser Gebilde stellt er nicht direkt in Abrede. Da diese Gerölle großenteils Weißjuraknollen sind, so werden sie doch hauptsächlich in situ aus den durch die Brandung losgerissenen Jurafetzen sich gebildet haben, da bei dem unend- lich geringen Gefäll der Flüsse die Stoßkraft des fließenden Wassers nicht groß genug war, eine so große Menge so großen Geröll- materials weit zu befördern. Nach der Miocänzeit hat die Alb keine Meeresbedeckung mehr gesehen; seither unterliegt sie der subaärischen Denudation durch Erosion. Ins Miocän fällt auch die Bildung der Hegauvulkane, die in Zusammenhang mit Spaltensystemen gebracht werden: ferner die Entstehung der 125 Vulkanembryonen ? der mittleren Alb, bei denen es nicht zur Entwicklung regelrechter Vulkane gekommen ist, die nur Explosionsschlote sind und auf der Hochfläche am Nordwest- rand und im Vorland in den verschiedenen Stadien der Erhaltung bezw. Abtragung sich zeigen und hervorstechende landschaftliche ! Begleitworte zu Blatt Fridingen der geognostischen Spezialkarte von Württemberg. ° Siehe auch dazu Schad, Zur Entstehungsgeschichte des oberen Donau- tales von Tuttlingen bis Scheer. Jahresber. u. Mitt. d. oberrh, geol. Ver. 1912. ® Penck, Zur Talgeschichte der oberen Donau. Schriften d. Ver. f. Gesch. d. Bodensees 1899. * Koken, Beiträge zur Kenntnis des schwäb. Diluviums. Jahrb. f. Min, etc. XIV. Beil.Bd. 1901. ° s. dazu besonders: Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen. 1894/95. — man Züge tragen. Auch im Ries, am Nordostende der Schwäbischen Alb ereigneten sich volkanidähe Erscheinungen. Diese vulkanischen Gebilde finden sich nicht in meinem Gebiet: | aber ihre Bedeutung ın Jlandschaftlicher Hinsicht und für de Siedlungskunde ist so groß, daß kurz darauf eingegangen werden mußte. Sind es doch im Gebiet der mittleren Alb Wasseransammler ersten Ranges und daher von den Ansiedlern instinktiv aufgesucht; nur wenige derselben auf der Hochfläche sind unbesiedelt. Es ist dazu bemerkenswert, daß besonders viele der Ursiedlungen! auf „ingen“ sich diese Stellen zur Anlage von Ortschaften aufsuchten. So sind von 22 Siedlungen auf den Vulkanembryonen 12 auf ingen, gewiß ein einwandfreier Beweisgrund für ihr hohes Alter. Die Hegauvulkane gaben vermöge ihrer Kuppennatur Anlaß zu Burgsiedlungen; so trug z. B. der Hohentwiel schon im 9. und 10. Jahrh. eine Herzogsburg. Kehren wir nach dieser Abschweifung zurück zum geologischen Aufbau der Alb. Auch die Diluvialzeit hat ihre Spuren hinterlassen. Der Zu- stand der Alb zur Diluvialzeıt ist schon viel erörtert worden, besonders auch von O. Fraas?, der eine weitgehende Vereisung derselben annahm ; ebenso REGELMANN®. Besonders das Ries wurde von einer ganzen Reihe von Forschern, FrAAs, DEFFNER, Koken, als Schauplatz großer lokaler Gletscherbildung angesehen, während andere, z. B. Kranz, v. KNEBEL, Branca, die betreffenden, auf Eiswirkung hinweisenden Erscheinungen als pseudoglazial bezeichneten und durch tektonische Erscheinungen, Aufpressungen und Überschiebung erklärten. Die tiefe Lage des Riesbeckens spricht nicht für die Möglichkeit ehemaliger Vergletsche- rung. Penck berechnet die Schneegrenze für die Mittel- gebirge als so hochliegend, daß die Alb jedenfalls nur in ihren höchsten Teilen, im Heuberg, eine größere Eisdecke gehabt haben könnte. Aus dem Fehlen größerer nachweislich glazialer Spuren muß man schließen, daß nicht einmal zur Haupteiszeit größere Teile der Alb vergletschert gewesen sind. Die Relikte der Steppen- fauna, die sich im Interglazial zwischen Riß- und Würmeiszeit auf der Alb ausbreitete*, und die durch die letzte Eiszeit nicht aus- ıR. Gradmann, Siedlungsgeographie des Königreichs Württemberg. Stuttgart 1914. S. 93. :? 0. Fraas, Geogn. Beschreibung von Württemberg, Baden u. Hohen- zollern. Stuttgart 1882. ® Regelmann, Woher stammt die Moräne auf dem Hohenberg ? Centralbl. f. Min. etc. 1903. * Gradmann, Pflanzenleben. |. c. I. S. 353. BR — gerottet werden konnte, sprechen jedenfalls gegen eine Vereisung während der letzten Eiszeit. Sämtliche Erscheinungen, die als Gletscherspuren angesehen wurden, haben sich nachträglich mühelos anders erklären lassen. Auch in den höchsten Teilen des Heubergs konnte ich nichts beobachten, das irgendwie an Moränen erinnert hätte. Auch die Niederschlagsverhältnisse sprechen gegen eine größere Vergletscherung der Alb. Zwischen den Niederschlags- mengen der vergletscherten Teile des Schwarzwalds und denen des höchsten Teils der Alb besteht gegenwärtig eine Differenz von min- destens 500 mm. Wenn auch während der Diluvialzeit wohl höhere Niederschlagsmengen für beide Gebirge angenommen werden können, so hat doch zweifellos mindestens dieselbe Differenz geherrscht wie heutzutage. Auch hat der Schwarzwald heute noch bedeutend schneereichere Winter aufzuweisen als die Alb. Schließlich sei: auch darauf hingewiesen, daß die nordwärts exponierten Quelltrichter, die ım Schwarzwald fast allein für Kar- bildung in Betracht kommen, am Nordrand der Alb sämtlich unter 800 m liegen. Aus all diesen Gründen kann mit Sicherheit ge- schlossen werden, daß eine dauernde Schnee- oder Eis- bedeckung wohl nicht angenommen werden darf. Dagegen hat der Rheingletscher zur Rißeiszeit die Albtafel erreicht und sich bei Sigmaringen-Ehingen .auf die Tafel hinauf- geschoben. Von einem Moränenwall ist allerdings nichts zu sehen: im Gegenteil geht die Moräne unmerklich in den Plateaucharakter der Alb über, so daß ihr Vorhandensein wohl aus der Beschaffenheit des Untergrunds, nicht aber aus der Öberflächenform geschlossen werden kann. An diese Moränenbedeckung knüpft sich ein Problem der Talgeschichte der oberen Donau, das der Sperrung des Tals und des Aufstaus der Wasser; doch wird das späterhin eingehend er- örtert. Einer Bildung soll noch gedacht werden, der Kalktuffe, wie sie im Donautal häufig, bei Mühlheim-Altstadt, Langenbrunn, Hausen und Neidingen, im Bäratal bei Bärental, Ensisheim und an beiden Öberläufen vor dem Zusammenfließen anzutreffen sind. Bei den meisten sind heute noch größere Quellen zu finden. In den Ab- lagerungen im Donautal wurden zahlreiche Reste diluvialer Säuge- tiere gefunden. Mich interessierten besonders die mächtigen Ab- lagerungen bei Bärental und Ensisheim: die bei Bärental werden wirtschaftlich ausgenützt. Am rechten Talhang ziehen sich diese Sinterablagerungen bei ae Bärental auf eine Länge von etwa 100 m, eine Breite von rund 40 m (frühere Ausdehnung vor dem Abbau) und einer Mächtigkeit von 30 m hin, bis annähernd ans Flußbett. Die Oberfläche ıst " horizontal. Die einzelnen Schichten fallen steil gegen das Flußbett ein. Am oberen Rande der Sinterablagerung entspringt am Berg- | hang eine starke Quelle, die nach kurzem Lauf über die Sinterwand " zum Fluß hinunterstürzt. Das Wasser ist stark kalkhaltig, so daß Zweige und Gräser rasch mit einer Kalkkruste überzogen sind. | Unter dieser Sinterablagerung, im Auelehm des Tales, wurden vom Besitzer eines Teils der Tuffbrüche zahlreiche ' Schnecken gefunden: Pupa muscorum, Pupa quadridentata, Helix | hispida, Succinea oblonga und eine Olausilia-Art, also typische diluviale Löß- und Lehmschnecken; außerdem wurden in derselben Schicht ' vom Steinbruchbesitzer Topfscherben gefunden, die ich leider nicht ' mehr sah, da sie nach Sigmaringen zur Bestimmung gegeben wor- | den waren. | Bei Abgrabungen an der Sinterbildung bei Ensisheim, wo die | morphologische Beschaffenheit ganz ähnlich ist, sei ebenfalls ganz | unter dem Sinter ein Geweih gefunden worden, das allerdings | sofort zertrümmert worden sei. | Die merkwürdige Lage dieser Fossilien würde ergeben, daß | diese Sinterbildung im Diluvium begann, aber wesentlich post- diluvial ist. Dazu würde auch die physikalische Beschaffenheit stimmen. Während die diluvialen Sinter des Donautals hart sind, daß sie nur schwer zu bearbeiten sind, sind diejenigen des Bäratals in berg- | feuchtem Zustand so weich, daß sie leicht gesägt werden können. | Soweit die Übersicht über die Schichten, die die Alb zusammen- setzen. Die Tektonik des Gebiets ist verhältnismäßig einfach. Sämt- liche Juraschichten fallen schwach, höchstens bis zu 2,4° gegen Südosten! ein und sind in der Tafel in fast ungestörter Lagerung. | REGELMAnN ! hat allerdings eine stattliche Anzahl einzelner Schollen berechnet. Branca? sagt aber, nachdem er REGELMAnN zitiert hat: „Wir werden uns dabei die Alb im großen und ganzen vorstellen können als eine gewaltige, etwas gegen Südosten geneigte Platte.“ Lebhaft diskutiert wurde in den letzten Jahren die Frage des Juraabbruchs im Süden, der von GümseEL 1870 als große streichende ! Regelmann, Trigonom. Höhenmessungen. Stat. Jahrb. Stuttgart 1877. °” Branco, Vulkanembryonen. — 159 .— Verwerfung angenommen wurde. Fraas', Branca, EnGEL?, GRADMANN übernahmen diesen Abbruch. Da versuchte RegeLmann 1908#, die eigen- artigen Verhältnisse des Bohrlochs von Ochsenhausen, in dem der Jura nicht erreicht wurde, auf Grund stärkeren Einfallens des süd- lichen Teils der Alb zu erklären und leugnete einen Albabbruch ; dagegen halten Kranz, FrAAs, Lang, ScHiap, Reck an der alten Theorie fest. Kranz’? weist treppenförmige Abbrüche in der Ulmer Gegend nach ; Fraas® stellt die Beweiskraft der ReseLmann’schen Argumente in Ab- rede, Lang’ beschreibt eingehend das Vindelicische Gebirge, dem REGELMANN aus demselben Anlaß 1908 einen Abschiedsgruß in die Versenkung nachgerufen, Sc#an® erklärt den Lauf der Donau für gebunden an diese streichende Verwerfung und Reck?” sucht das Alter des Abbruchs nachzuweisen. REGELMAnN steht also mit seiner Theorie bis jetzt allein, und bevor nicht noch einwandfreiere und kräftigere Beweisgründe vorgebracht werden, werden wir an der alten An- schauung vom Abbruch der Donau festhalten müssen. Zunächst handelt es sich ja nur um den mittleren Teil der Alb; im Südwesten bei Immendingen-Möhringen sind verschiedene Verwerfungen und Knickungen nachgewiesen; so ist denn eher anzunehmen, daß auch im mittleren Teil der Alb stärkere tektonische Störungen das Mio- cänmeer ausgetieft und die Albtafel schräg gestellt, d. h. den Süd- rand herabgezogen haben (gegen Südosten), so daß der Nordwestrand relativ oder absolut gehoben wurde und damit das Einfallen der Schichten in den heutigen Zustand gekommen ist!®. Ähnlich sind auch die Ansichten von Mirrer !! und ZırteL!?, wenn auch hinsicht- 10. Fraas, Geogn. Beschreibung v. Württemberg etc. 1882. * Engel, Geogn. Wegweiser. 3. A. 1908. S. 186. ° Gradmann, Siedlungsgeographie des Kgr. Württemberg. Stuttgart 1914. S. 21, *C. Regelmann, Vortrag auf dem oberrhein. Geologentag 1908 und C. Regelmann, Zur Technik der Schwäb. Alb. Zentralblatt f. Min. etc. 1910. ° Kranz, Geolog. Gesch. der weiteren Umgebung v. Ulm. Dies. Jahresh. 1905 und weitere Bemerkungen etc. Centralblatt f. Min. etc. 1908 und 1910. ° E. Fraas, Die Tertiärbildungen am Albrand in der Ulmer, Gegend. Dies. Jahresh. 1911. ” Lang, Das Vindelicische Gebirge etc. Dies. Jahresh. 1911. ° Schad, Zur Entstehungsgesch. des oberen Donautales etc. Jahresber. u. Mitt. d. Oberrh. geol. Ver. 1912. S. 138. °H. Reck, Zur Altersfrage des Donaubruchrandes. Centralblatt für Min. etc. 1912, " Koken, Das Tertiär auf der Alb l. c. '! Miller, Das Molassemeer in der Bodenseegegend. Lindau 1877. ” Zittel, Geogn. Beschr. d. Bl. Möhringen. Br lich der Intensität und der Art dieser Störungen die Anschauungen dieser drei Forscher nicht ganz übereinstimmen. Einzelne lokale Störungen sind im Gebiet der Alb nicht selten und wohl teilweise auf Einbrüche von Hohlräumen zurückzuführen (vgl. die Höllenlöcher bei Urach). Wenn auch der Albabbruch im Süden problematisch bleibt und nur durch Tiefbohrungen nachgewiesen oder verworfen werden könnte, so müssen wir doch die Alb auffassen als den aufsteigenden Ast einer Antiklinale, dessen Aufwölbung oder Schiefstellung in der Haupt- sache im Miocän erfolgte', und zwar dürfte, wie aus der Richtung. der Haupttäler hervorgeht, die Schichttafel zunächst eine Neigung gegen 0, und erst späterhin die heutige, gegen SO gerichtete Schräg- stellung” erfahren haben. Schichtstufenlandschaft. Bei der Besprechung des geologischen Aufbaus der Alb haben wir gesehen, daß sie sich aus einer Reihe von Schichtstufen zu- sammensetzt, daß sie also eine Schichtstufenlandschaft darstellt. Die Entstehung dieser eigenartigen Landform ist in den letzten Jahren verschiedenfach diskutiert worden, besonders seit die deduk- tive Methode in der Geomorphologie vielfach Anwendung gefunden hat. Suran erklärt sie? aus einer Landschaft, deren Oberfläche eine weniger geneigte Fläche darstellt als die sie bildenden Schichten, die abwechselnd hart und weich sind. Von dieser Oberfläche, „einer nicht weiter zu erklärenden Tatsache“ * ausgehend, kann man in ein- facher Weise durch Erosionswirkung die Schichtstufen erklären. Bei der Schwäbischen Alb bezeichnete Scheu ° diese vorauszusetzende Ober- Häche kurzerhand als Peneplain, stützte sich hierbei und bei der weiteren Entwicklung auf die Theorien von Davıs®. Dem gegenüber erhebt mit Recht Supax die Frage, wie diese Peneplain durch subaörische Denu- datıon, also durch Erosion entstanden, gedacht werden kann, ohne ! Penck, Talgeschichte der oberen Donau. Schriften d. Ver. f. Gesch. d. Bodensees. 1899. ®” Gradmann, Siedlungsgeographie etc. 8. 20f. ’ A. Supan. Grundzüge der Physischen Erdkunde, V. Aufl. Leipzig 1911. *"SALDB.n. 1: .c- in der IV, And: ° E. Scheu, Zur Morphologie des schwäbisch-fränkischen Stufenlandes. Forsch. z. d. Landes- u. Volksk. Bd. 18. Stuttgart 1909. ° W. Davis, The Drainage of Cuestas. Proc. of the Geologist’s Assoc. XVI. 1899. — 161 — daß man wiederum als ihre Voraussetzung eine Schichtstufenland- schaft anzunehmen hat. Wir stellen uns diesen Vorgang folgendermaßen vor. Nehmen wir an, ein Schichtkomplex, in dem harte und weiche Schichten regel- mäßig wechsellagern, steige als Schichtgewölbe langsam aus dem Meer auf, so wird dieses Gewölbe vom Augenblick des Auftauchens an durch die Erosionstätigkeit der gleichzeitig entstehenden Flüsse abgetragen. Die der Höhenlinie benachbarten Teile des Gewölbes werden der Abtragung am stärksten ausgesetzt sein, da dort die Verwitterung am größten ist, die höchsten Niederschläge niedergehen und das Gefälle am stärksten ist, Dort wird die oben liegende harte Schicht daher von den Flüssen am ehesten durchsägt und von den Flußtälern die weiche Schicht zuerst erreicht sein. Dort werden die Flüsse also zuerst ihr Tal wesentlich zu verbreitern vermögen, wodurch der am höchsten gelegene zentrale Teil dieser obersten harten Schicht in Riedel zerlegt wird, die teils durch die rückwärts wirkende Arbeit der Quelltrichter von Nebenflüssen, teils durch Gekriech vollends zerstört werden, oder aber als Härtlinge noch eine Zeitlang stehen bleiben. Somit wird die oben lagernde harte Schicht rings um das Schichtgewölbe als Schichtstufe herausgearbeitet, die durch Neben- flüsse auf der Lehne der nächsten harten Schicht abwärts getrieben wird, | Die zweite harte Schicht wird ähnlich durch die Arbeit der ersten Hauptflüsse und sekundärer Nebenflüsse, die auf der Schicht- lehne der zweiten harten Schicht entstehen, als Stufe herausgearbeitet. Bricht vollends gar der mittlere, am höchsten gelegene Teil des Gewölbes ein und entsteht hier eine neue Erosionsbasis für die weiterhin gehobenen Seitenflügel, so werden die Stufen durch die gemeinsame Arbeit der von beiden Seiten wirkenden Erosion rasch zurückgetrieben werden, und im Kampf um die Wasserscheide wird die relativ niederste und nächste Erosionsbasis den Sieg davontragen. Diese Arbeit des fließenden Wassers wird im südwestdeutschen Stufenland noch unterstützt durch den Gesteinscharakter. Es handelt sich hier, besonders in den oberen Schichten der Stufenlandschaft, nicht nur um hart und weich, sondern hauptsächlich um harte Kalke und weiche Tone, also um wasserdurchlässige Schichten und wasserundurchlässige Schichten. Das meteorische Wasser sickert in den Kalken rasch in den Boden, so daß oberflächlich kein sehr dichtes Flußnetz entstehen konnte und das Karstwasser in den wenigen Entwässerungsrinnen in der Form von Talquellen zutage trat. Wurde bei der Tieferlegung des Flusses Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ, 1915. 11 — 12 — in dessen Oberlauf die undurchlässige Tonschicht angeschnitten, so trat dort ein sehr energischer, reichlicher Wassererguß ein und eine rasche Ausbildung seitlicher Quelltrichter, die um so rascher rück- | wärts wandernd die Stufe herausarbeiteten, als die Abtragung nun | vermöge des Gleitens der überlagernden Kalkmassen in senkrechten Abschnitten auf der wasserdurchtränkten tonigen Unterlage erfolgte, wie dies heutzutage am Nordfuß der Alb an den Ornatentonen gut zu beobachten ist!. Pflanzenbedeckung kann zwar diesen Entwick- | lungsgang verlangsamen, vermag aber die Herausarbeitung größerer | Abflußrinnen nicht gänzlich zu verhindern, ebensowenig wie sie das Abwärtskriechen des Schutts an den Talhängen unterbinden kann, was an dem Hakenschlagen der Bäume an steilen Hängen der Alb | vielerorts zu beobachten ist. | Anders läßt sich die Tätigkeit von Flüssen auf einem neu | entstehenden Schichtgewölbe gar nicht denken. Wie diese Art der | Entwässerung eine Peneplain im Sinne von Davis bilden soll, ist | nicht einzusehen. Die Beweise, die ScHEU für das Bestehen einer | miocänen Peneplain vorbringt, sind recht wenig stichhaltig. Bei jeder Schichtstufenlandschaft gelangt man, wenn man den Schenkel der Antiklinale, also auf den Schichtlehnen hinaufwandert, in immer ältere Schichten. Die Ablagerung der Meeresmolasse ist auf die | beiden oberen Stufen des Weißen Jura, & und [ beschränkt; da überdies das Altersverhältnis dieser Schichten nicht klargestellt ist, ' kann keinerlei Schlußfolgerung daraus gezogen werden. | Von einem Abschneiden derselben, wie es zum Begriff der | Peneplain erforderlich wäre, ist in der Natur bisher nichts beobachtet; | der morphologische Befund des südlichsten, vom Molassemeer be- | deckten Teils der Alb bringt eher den Gedanken einer Abrasions- fläche nahe. Es sind aber außer diesen deduktiven Erwägungen gewichtige Gründe vorhanden, die es fast ausschließen, daß zu miocäner Zeit die Alb zur Peneplain abgetragen gewesen war, die dann durch Er- niedrigung der Erosionsbasis die Schichtstufenlandschaft ergeben hätte. Zunächst werden die Schichtstufen, wenigstens die oberen, von der Weißjura f-Terrasse an, nicht von den Gewässern der heutigen Erosionsbasis gebildet, sondern von Talzügen, die, wie wir später ! Daß bei der Stufenlandschaft des Buntsandsteins auch die Wasserdurch- lässigkeit oder -Undurchlässigkeit eine große Rolle spielt, geht aus Schmitt- henner, Die Öberflächengestaltung des nördl. Schwarzwalds, Karlsruhe 1913. S. 48 ff., hervor. — 1635 — sehen werden, auf eine viel höher liegende Erosionsbasis hinweisen. Diese Verhältnisse können ganz besonders gut auf dem südwestlichsten Teil der württembergischen Alb, dem Heuberg, wo allein noch eine breite 8-Terrasse zu sehen ist, beobachtet werden. Über diese ß-Stufe erhebt sich deutlich als Stufe der mittlere bis obere Weißjura. Deren uralte, durch sanfte Muldentäler reich zertalte Landschaft ist durch die Hebung des Gebiets, durch die dadurch erfolgte rasche Tiefer- legung der Haupttalzüge und die Karstnatur des Gesteins mit der dadurch bedingten unterirdischen Entwässerung vom heutigen Tal- system fast unabhängig im alten Zustand erhalten geblieben. Die Flüsse der heutigen Entwässerung haben den richtigen ursprünglichen Charakter der Stufen gestört, wie wir bei Besprechung der $-Terrasse in der mittleren Alb sahen. Dann haben wir direkte Nachrichten über das Aussehen der mittleren Alb zur Miocänzeit aus den Explo- sionsschloten der Vulkanembryonen. Branco! weist darauf hin, daß die am weitesten nördlich gelegenen Embryonen nur Reste von Weißjura & und £ enthalten haben; daß dicht neben den südlichsten dieser Gruppe aber solche zu finden seien, die Bruchstücke von a@—06, möglicherweise sogar bis & enthalten. Er folgert deshalb: „In diesem nördlichsten Teil befand sich also anscheinend ein Teil der Alb, welcher nur noch aus Weißjura « und ö gebildet wurde, also dieselbe unterste Stufe der Alb, welche ja auch heute vielfach am Nordwestrande der- selben freigelegt ist. Dicht neben diesem Gebiet aber stand damals auch noch die zweite Stufe der Alb bis zu ö und eg hinauf.“ Das Vorhandensein einer $-Terrasse wird doch dadurch zur Evidenz bewiesen. Branca weist besonders darauf hin, daß auch Derrner? auf das Fehlen des mittleren und oberen Weißjura in den nördlichen Embryonen aufmerksam mache. Merk- würdig ist ferner die Tatsache, daß der bei Langenbrücken versenkte Jurafetzen Braunjura 8, den Sandstein, also auch einen Teil einer Juraterrasse enthielt. Ebenso gehören die im Rheintalgraben ver- senkten Juraschichten solchen an, die heute Stufen bilden®. Aus alledem scheint doch der Schluß zwingend zu sein, daß die Alb schon zur Mioeänzeit eine Schichtstufenland- ! Branco, Vulkanembryonen. S. 49. 2 Begleitworte zu Blatt Kirchheim der geogn. Spezialk. v. Württemberg. 1. Aufl. 1872. S. 29. 3 Siehe dazu die geognostische Übersichtskarte des Königreichs Württem- berg 1: 600 000, IE* a ey schaft dargestellt habe. Die Terrassen mögen wegen des geringeren Schichtengefälls breiter gewesen sein, auch waren die Schichtstufen noch nicht einem so raschen Untergraben und Zurück- wandern ausgesetzt wie nachher infolge der rascher wirkenden Ent- wässerung zum Rheinsystem. Wenn so die Annahme einer Peneplain in miocäner Zeit nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, so bleibt zur Erklärung der Schichtstufenlandschaft der Schwäbischen Alb nur die oben beschriebene Entwicklung derselben, die sich mit einigen Modifikationen an die von PEnck in der „Talgeschichte der oberen Donau“ anlehnt; diese dürfte sicher viel eher das Richtige treffen als die Annahme einer Peneplain, aus der natürlich die Entstehung von Schichtstufen elegant zu zeigen ist, die aber das Problem nicht löst, sondern nur zurück- verlegt und schwieriger gestaltet. Der Ansicht Recr’s!, dass die Alb gar schon im 3. Zyklus der Einebnung sich befinde, steht die auf induktivem Weg allein, durch Beobachtung im Gelände, zu gewinnende Anschauung vom morpho- logischen Befund der Oberfläche der Alb entgegen, ganz besonders im südwestlichen Teil, wo die alte Landschaft dem heutigen Erosions- niveau entzogen, die Züge der Entwicklung deutlich zeigt. Außerdem geht ja bekanntlich die ‘Abtragung der Alb heute nicht, und ging aus denselben geologischen Gründen von Anfang ihrer Entwicklung nicht in horizontalen Schichten vor sich, wie die Annahme verschiedenfacher Einebnung zur Peneplain unbedingt erfordert, son- dern die Abtragung der Alb erfolgt und erfolgte ganz vorwiegend in vertikalen Abschnitten. Dieser Prozeß wurde um so energischer gefördert, je tiefer die Erosionsbasis der Donau gelegt wurde und je mehr sich der Kampf zwischen Donau- und Rheinsystem geltend machte. Um seine verschiedenen Zyklen entwickeln zu können, ist REck gezwungen, ein künstliches System diluvialer Krustenbewegungen ? zu Hilfe zu nehmen. Dieses System ist einstweilen noch hypo- thetisch, und erst eine genaue geologische Kartierung wird seine Richtigkeit oder Unrichtigkeit erweisen. Wenn Koken® auch einzelne %.H. Reck, Die morphologische Entwicklung der süddeutschen Schicht- stufenlandschaft im Lichte der Davis’schen Zyklustheorie. BeusrbE d. deutsch. geol. Ges. 1912. ° H. Reck, Über positive und negative Krustenbewegungen in Südwest- deutschland. Diese Jahresh. 1912, | | ’ Koken, Beiträge zur Kenntnis des schwäb. Diluviums. Jahrb.f. Min, etc. XIV. Beil.-Bd. 1901. — 15 — Schollenbewegungen dieser Art bereits festgestellt hat, so handelt es sich hiebei keineswegs um eine durchgreifende Erscheinung. Vielerorts ist, im Gegensatz zu Reck’s Annahme, die Alb gegenüber dem Vorland tiefer gelegt worden, so besonders im östlichen Teil, an der Südgrenze des Schurwaldes. Der morphologische Befund der Flußtäler der Neckarseite der Alb mit ihrem ausgeglichenen Gefäll spricht überdies gegen diese Annahme. Warum übrigens die Senkung des Landes zwischen Schwarz- wald und Alb im Südwesten nicht auch die Donau in Mitleidenschaft gezogen haben sollte, wenn das ganze Neckarland dieser Krusten- bewegung unterlag, ist nicht einzusehen. Vollends einen Beweis für Hebung des Schwarzwaldes in mittelmiocäner und folgender Zeit aus dem Verlauf der heutigen Flußkurven von Brigach und Brege er- bringen zu wollen, ist unangängig, da 1. diese Flüsse, wenn sie je in mittelmiocäner Zeit schon genau an dieser Stelle bestanden, mindestens 2—300 m höher, in längst abgetragenen Schichten, ver- liefen, 2. sie damals, bei der geringen Schichtneigung gegen Osten bezw. Südosten und der relativ sehr hochliegenden Erosionsbasis, sicher nur ein ganz geringes Gefäll haben konnten, worauf auch die pliocänen Donauschotter zwischen Immendingen und Ulm und die sanften Mulden der auf der Albtafel nach Südosten ziehenden ältesten Trockentäler mit ihrem’ sehr geringen Gefäll hinweisen. Erst die Tieferlegung der: Erosionsbasis der Donau hat neben einer erneuten langsamen Hebung von Schwarzwald und Heuberg dıe Tätigkeit der Flüsse aufs neue mächtig angeregt und die Kerb- täler der heutigen Entwässerung in ihrer jetzigen Form geschaffen, und der oberirdisch und unterirdisch stattfindende Kampf um die Wasserscheide und als Folge davon die gewaltige Beraubung des Donausystems durch das erosionskräftigere Rheinsystem hat, an der oberen Donau bis Ulm, den heutigen Typus des Donauflusses mit dem Mißverhältnis zwischen Talbreite und -tiefe und -form und der Wasserführung ergeben. . Hydrographie. Verkarstung. Bei der Betrachtung der Hydrographie der Schwäbischen Alb ist zunächst der Hauptnachdruck zu legen auf die geologische Be- schaffenheit der Schichttafel; denn diese beeinflußt die Entwässerung in so eklatanter Weise, daß von absoluter Abhängigkeit der hydro- graphischen Verhältnisse vom geologischen Aufbau gesprochen werden — 166 — kann. Die Feststellung, daß der größte Teil der Albhochfläche aus Kalkstein besteht, ruft zugleich den Begriff der Verkarstung hervor. Es ist aber dabei in Betracht zu ziehen, daß es sich bei der Alb um geologische Verkarstunghandelt, nicht aber um Verkarstung im forstmännischen Sinn. Letztere be- deutet Vernichtung der Waldbestände und als Folge davon das Weg- spülen und Wegblasen der Ackerkrume, bis das Felsgestein zutage tritt und der Wiederaufforstung und dem Ackerbau fast unüberwind- | liche Hindernisse in den Weg gelegt werden. Diese Art der Ver- karstung finden wir bei der Alb nicht. Die Niederschläge sind zu hoch und ganz besonders zu gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt, dazu ist die Hochfläche zu wenig geneigt und verhältnismäßig zu eben, als daß eine zu große Abspülung oder Deflation einsetzen könnte. Im Gegenteil hat Grapmann! gezeigt, daß nur die mensch- liche Kultur es ist, die von dem waldfreien Gebiete der Alb den Waldwuchs fernhält, der sofort einsetzt, wenn irgend ein Stück Land der Verwilderung preisgegeben wird. Auf den Hochflächen sind die Burren fast sämtlich dem Wald überlassen, und nur Be- weidung und Ackerbau hindern ein weiteres Vordringen des Waldes. Wenn wir so den Begriff der Verkarstung für die Alb klar- gelegt haben, so erhebt sich die Frage, ob sämtliche Phänomene der Karstnatur eines Kalkgebirgs auf der Alb anzutreffen sind und in welchem Grade das der Fall ist. Es sollen nun im folgenden die einzelnen Erscheinungen der Verkarstung der Reihe nach be- schrieben und in ihrer Bedeutung für die Besiedlung, sofern eine solche zu konstatieren ist, gewürdigt werden. Karren oder Schratten finden sich äußerst selten auf der | Alb. Es gehören anscheinend ganz andere klimatische Verhältnisse zu ihrer Bildung, als sie auf der Alb existieren. Die Niederschläge sind selten sehr heftig, die Felsen sind entweder durch Zersetzungs- lehm oder durch Schutthalden bedeckt und deshalb der chemischen Zersetzung des Wassers, auf die Cvın&” die Karrenbildung zurück- führt, nicht schutzlos preisgegeben. Auch ist die Vegetationsdecke viel zu dicht und gleichmäßig verbreitet. Felsbildungen, die für Karrenbildung günstig wären, also mit nicht zu steiler Neigung, sind auf der Alb äußerst selten; meist findet man nur die mauerartigen |} Felsenkränze der Weißjura #-Stufe oder die senkrecht abstürzenden Felsbildungen der plumpen Massenkalke des mittleren und oberen e Gradmann, Das Pflanzeuleben etc. S. 207 ff. ®? Cvijid, Das Karstphänomen. Wien 1893. — 167 — Weißjura.. Nur ab und zu gelang es mir, an einzelnen Felsen- kränzen oder an verstürzten großen Blöcken kleine, karrenartige _ Gebilde aufzufinden, z. B. am Südostkranz und Abhang des Pletten- berg an Lochenschwammfelsen, aber mit den Karrenfeldern anderer Gebiete, z. B. der Alpen, lassen sich diese winzigen Rillen entfernt nicht vergleichen. Nach richtigen Poljen wird man auch vergeblich Umschau halten. Wohl gibt es wannenartige Bildungen; aber sie dürften auf Dolinen zurückzuführen sein, die in Trockentälern liegen und bei Schneeschmelze oder Gewitterregen allmählich eine größere Strecke des Talbodens entwässern und dadurch wannenartig erweitert werden. Eine solche größere Wannenbildung beobachtete ich z. B. bei Meß- stetten im Gewann Weng, in einem Nebenzweig des Seetals ein- gesenkt und an einem Ennde eine Vertiefung zeigend, die einer Doline glich. Aber auch diese Wanne ist nur klein und sicher im Zusammen- hang mit der am Ende befindlichen Doline entstanden. Bemerkens- wert ist, daß es im Gebiet der Schwäbischen Alb kein einziges Polje gibt, das innerhalb der Schwankungen des Karstwassers liegen würde, dessen Grund also zeitweilig durch Ponore unter Wasser gesetzt würde. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Die wasserführenden Flüsse haben sich zu tief in die Schichttafel eingenagt (bis über 100 m), als daß der Karstwasserspiegel die Wannenbildungen der Hochfläche erreichen könnte. Für richtige Poljen ist die Alb in ihrer Eigenschaft als Schicht- tafel ohne viele größere Dislokationen, an die anscheinend die Poljen- bildung gebunden ist, nicht geeignet. Dolinen oder Erdfälle, wie der auf der Alb übliche Namen lautet, finden sich in den oberen Stufen des Weißen Jura (Ö und &) überall auf der Hochfläche der Alb. Einsturzdolinen habe ich in meinem Gebiet nicht beobachtet, da allerdings bei den meisten die Seitenwände verwachsen sind. In einer ganzen Anzahl von Fällen trat aber der Fels als Dolinenwand zutage, zeigte aber nirgends irgend welche Spuren von Zerrüttung oder gestörter Lage infolge Einbruchs, sondern war immer nur von zahlreichen Klüften, die bis handgroß und rund waren, wie von fließendem Wasser ausgelaugt, durchzogen; auch dafür fand ich schöne Beispiele bei Meßstetten, dann auch bei Kolbingen und Bitz, auch einzelne bei Rußberg. Betrachten wir die Lage der meisten Dolinen, so findet man, daß sie zur Überzahl in Trockentälern, oder doch in den weiten Talungen der Hochfläche, soweit sie sich im mittleren und oberen ==..168 = Weißjura finden, eingesenkt sind, entweder im Tal selbst oder aber an den Talhängen: so finden sich z. B. im Glastal bei Meßstetten mit seinen Seitentälern, in dem von Bitz kommenden, zur Lauchert ziehenden Trockental, in dem von Rußberg kommenden, ins Ursental mündende Trockental eine Reihe von Dolinen, die vielfach perl- schnurartig hintereinander sitzen. | Diese Lage dürfte ihre Erklärung darin finden, daß die Flüsse, die einst diese Trockentäler schufen, an den betreffenden Stellen ver- saßen oder versickerten, wie ja, nach CvıyıC!, Karstflüsse die Tendenz haben, ihre Versickerungsstelle in gleichmäßig permeablem Gestein fortgesetzt talaufwärts zu verlegen. So dürfte auch die massen- hafte Anhäufung der Dolinen im Oberlauf dieser a am ein- fachsten ihre Erklärung finden. Die meisten Dolinen der Alb sind flache Mulden, deren oberer Rand etwa kreisrund, elliptisch, nierenförmig oder schildförmig ist und einen Durchmesser von 2 bis höchstens 25—30 m haben kann, bei einer Tiefe von 2—12 m. Vielfach sind am Grunde Geröllean- häufungen sichtbar, durch die zur Zeit der Schneeschmelze das Wasser versitzt. Man soll, nach der Aussage eines Meßstetter Bürgers, bei einzelnen ein gurgelndes Geräusch hören können. Über den Bau geben die wenigsten Aufschluß. In die größeren sind häufig kleinere Dolinen, alluviale oder Schwemmlanddolinen, wie Cvısıö sie heißt, eingesenkt. Beispiele dieser Art sind auf der Alb nicht selten. Ich habe solche bei Meß- stetten und sonst auch beobachtet. Besonderes Interesse verdienen natürlich die brunnenförmigen Dolinen, da sie einen Einblick in den geologischen Bau gestatten. Meist sind sie ziemlich tief, 8—12 m, oft nur schwer zugänglich und heben sich von der Oberfläche gar nicht ab, ihre Wände sind fast senkrecht. An den Wänden findet man oft handgroße Kanäle und Klüfte, die deutlich auf Wassererosion, oft auf strudelnde Bewegung hinweisen, nirgends aber irgendwelche Störung im Schichtenbau zeigen. Es trifft also auch auf der Alb zu, daß weitaus die meisten Dolinen ihre Entstehung nicht einem Einbruch einer Höhlendecke, sondern der langsam wirkenden Erosion des Wassers an Versickerungs- stellen verdanken. Naturschächte, avens oder light holes, wie sie in der Karstliteratur heißen, habe ich im südwestlichen .Teil der Alb nir- gends beobachtet; dagegen treten sie in der mittleren Alb um das I Ovijid,\l.e, — 169 — Uracher Tal verschiedenfach auf; dort werden sie Höllenlöcher ge- nannt. Oberflächlich nimmt man kleinere oder größere runde Öff- nungen wahr, die nach unten meist rasch sich erweitern und in ‘einen Hohlraum münden. Unter der Öffnung liegt oft Schutt. Sie sind durch Einbruch der Höhlendecke entstanden. Außerordentlich groß ist die Zahl der Höhlen im Gebiet der Alb, auch im Südwesten, doch meist nur im oberen Weißen Jura, von den abris, unter überhängenden Felsen, die so häufig an den Talhängen der Flüsse auftreten, z. B. im Schmeiental bei Storzingen und sonst, im Donautal bei Beuron, bis zu richtigen ausgedehnten Höhlenzügen, z.B. das Linkenboldslöchlein bei Onstmettingen. Die Höhlen waren für die paläolithischen Besiedler des Landes von außerordentlicher Bedeutung, da während der letzten Eiszeit, während der die Alb eine altsteinzeitliche Bevölkerung hatte, diese Jäger ihre Wohnstätten zum Schutz gegen d@n Frost, aber auch gegen Feinde, Tiere und Menschen, in Höhlen aufschlugen. Diese Höhlen wurden auch später als Zufluchtsorte benützt, bis in historische Zeiten. Die Höhlen sind oft enge, lange Klüfte (so das Linkenboldslöchlein bei Onstmettingen), oft hallenartig weite und hohe Hohlräume. Der Boden senkt sich zumeist vom Höhleneingang gegen den Hintergrund der Höhle. Die Höhlenwände sind vielfach mit Sinterablagerungen bedeckt. Die meisten Höhlen sind trocken, da sie hoch über dem Karstwasserspiegel liegen. Einige wenige, so bei der Neidinger Mühle, die Friedrichshöhle und die Falkensteinerhöhle im Gebiet der mittleren Alb, geben Flüssen den Ursprung. Ganz wesentlich war mir bei Behandlung der Karsterscheinungen der Alb die Feststellung, daß die Mehrzahl der Dolinen an die alten hoch- liegenden Trockentäler gebunden ist, daß sie sich in diesen auf der Talsohle häufen, aber auch an den Gehängen vorkommen, und zwar im Öberlauf dieser Talsysteme. Wir haben darin den Schlüssel zur Geschichte der Trockentäler. Das sind alte Flußtäler, deren Wasser in diesen Dolinen ver- sessen ist. Landschaftlicher Charakter der Hochfläche. Doch bevor wir zu den Trockentälern selbst gehen, soll ganz kurz der landschaftliche Charakter der Hochfläche, der durch diese Talzüge so außerordentlich beeinflußt ist, skizziert werden. Bis in die neueste Zeit herein wurde die Hochfläche der Alb viel- fach als Hochebene bezeichnet; diese Annahme war allerdings wohl — u beeinflußt von der Darstellungsweise älterer Kartographen, die der Albhochfläche tatsächlich ebenen Charakter gaben. Das stimmt nun mit der Wirklichkeit durchaus nicht. Im Gegenteil stellt sie sich südlich der #-Terrasse als eine reich zertalte Landschaft dar mit Mulden- bis Kerbtälern. Allerdings sind die alten Täler und Talungen, von denen der Nordwest-Rand der Hochebene eine ganze Anzahl als Talstumpen (enthauptete Täler) zeigt, z. B. einen besonders deut- lichen, der auf einen sehr viel längeren Fluß hinweist, am Drei- faltigkeitsberg bei Spaichingen, nicht tief in die Schichttafel einge- sägt, aber Höhenunterschiede von Talsohle und Hochfläche daneben von mindestens 50 m kommen überall vor, wenn man auch ganz absieht von den Rinnen der heutigen Entwässerung, ob sie nun Wasser führen oder wasserlos sind. Die zum heutigen Entwässerungssystem in Beziehung stehenden Flußrinnen sind natürlich ungleich tiefer ein- gesägt, bis zu 150 m und mehr.” Während der nördlichste Teil der Hochfläche durch das Vorhandensein der breiten f-Terrasse (nur im südwestlichen Teil der Alb) Plateaucharakter zeigt und öfters, z. B. am Dreifaltigkeitsberg, ziemlich eben flächenhaft entwickelt ist, ist die mittlere Zone der Alb (von Norden nach Süden gerechnet) viel gebirgiger. Dort sind die zahllosen Burren aufgesetzt, die der Alb- hochfläche ihr charakteristisches Aussehen verleihen. Dieser ver- hältnismäßig unruhige Charakter wird noch verstärkt durch Fluß- und Trockentäler, besonders die letzteren, die wir nachher ein- gehender zu betrachten haben werden; er hört aber fast plötzlich auf, sobald wir die südliche Zone der ehemaligen Tertiärbedeckung erreichen; während nördlich der Strandzone die Landschaft ziemlich hügelig ist, wird sie südlich davon, ob nun noch Tertiär vorhanden ist oder nicht, viel ruhiger, ausgeglichener; dort kann man sich, z. B. bei Winterlingen oder bei Stetten am Kalten Markt, des Ein- drucks einer fast ebenen Landschaft nicht erwehren. Man meint noch einzelne Talzüge unterscheiden zu können, die von Norden her ihre Wasser ins Meer führten, z. B. bei Stetten am Kalten Markt, aber sie sind durch spätere Tieferlegung an die Täler der heutigen Erosion angegliedert. Dieses verhältnismäßig Ebene dieser südlichen Zone wird hervorgerufen teils von der Molassebedeckung selbst, teils aber auch dadurch, daß dieses Meer den Untergrund aufwühlte, abhobelte und nun, nach der Abtragung der überlagernden Molasse, in ziemlich ebenem Zustand zeigt. Gewaltig ist auch der Unterschied auf den Feldern; während bei Unterglashütte schon der magere Kalk- boden mit den zahllosen Weißjurabrocken, die den Albfeldern ıhr — 11 — typisches Aussehen verleihen, vorherrscht, trifft man kaum !/s Stunde südöstlich davon bei Stetten am Kalten Markt und Badisch Nusplingen nur die schweren tonigen Böden mit unzähligen runden, wohl ab- geschliffenen Geröllen. So erscheint der südliche Teil der Alb in ganzen Platten fast als Ebene, in die nur einzelne Talzüge eingesenkt sind. Typisch hiefür ist auch die Winterlinger Gegend. Aber nicht nur der Charakter der Hochfläche, sondern auch der der Talzüge ändert sich, wenn sie in diese tertiäre Fetzen ein- treten. Während im Weiß- jura das Tal etwa folgenden Querschnitt zeigt, ist im Tertiärgebiet dagegen kein so scharfes Absetzen vom Plateau zu beobachten, sondern ein sanfterer Über- gang, eine allmähliche Nei- gung des Plateaus zum Flußtal.e Die Formen werden sanfter, weil eben die tertiären Sande der Erosion nur ganz geringen Widerstand entgegensetzen konnten. Das ist bei Fronstetten z. B. gut zu sehen. Zusammenfassend können wir nochmals feststellen, daß im Südwesten die #-Terrasse breit flächenhaft entwickelt ist, nicht nur gesimseartig wie in der mittleren und nordöstlichen Alb; darüber bauen sich die Schichten des mittleren und oberen Weißjura auf, nicht in weithin sichtbaren, deutlich erkennbaren Stufen, sondern in ganz allmählichem Übergang, zunächst in einzelnen, der unteren Terrasse aufgesetzten Burren, den Ausliegern vor dem Steilabsturz vergleichbar, dann allmählich in kompakter Masse, in den Tälern am Auftreten von Felszinnen am obern Rande des Talhangs erkennbar. Die reiche Zertalung läßt den Charakter einer Ebene durchaus nicht aufkommen, sondern erweckt in vielen Gegenden eher den Eindruck einer Gebirgslandschaft mit bewaldeten Kuppen. Man kann deutlich zwei Arten von Tälern unterscheiden, die allerdings vielfach inein- ander übergehen. . N os Talquerschnitt der Schmiecha zwischen Onstmettingen und Neckartailfingen. Maßstab der Länge 1:25000. a „ Höhe 1:10000, Trockentäler. Damit sind wir aber bei dem Kapitel Trockentäler ange- langt, und bevor wir diese zu heutigen oder früheren Entwässerungs- systemen in Verbindung bringen, ist es nötig, sich durch Beschreibung eines oder einiger derselben von ihrem erosiven Ursprung zu ver- — 12 — gewissern, da es noch gar nicht so lange her ist, daß ganz andere Anschauungen über ihre Entstehungsweise veröffentlicht worden sind. So will E. Fraas! z. B. die Trockentäler auf Einsturz unterirdischer Hohlräume, die als Erosionsrinnen entstanden seien, erklären. Also ist er der Ansicht, daß ein ganzes System unterirdischer Ströme existiere; anders könnte sich die enorme Anzahl von Trockentälern nicht erklären lassen. Das ist an sich schon unwahrscheinlich, und seither hat man auch erkannt, daß diese Theorie keine einwandfreie Erklärung aller Probleme, die sich an die Frage der Trockentäler knüpfen, geben kann. GrAaDMAnN” hat sich eingehend mit der Trocken- tälerfrage befaßt und ihre wahre Natur als jetzt trocken liegender ehemaliger Flußtäler dargestellt. Ihr gleichsinniges Gefäll und ihr Zusammenhang mit den Rinnen der heutigen Entwässerung erklärt genügend ihren fluviatilen Charakter. Das sind die Argumente, die (GRADMANN zu ihrer Erklärung beizieht. Ich möchte noch einige weitere Argumente beibringen, um ihren fluviatilen Ursprung zu beweisen, zugleich aber, um eine Sichtung unter ihnen vorzunehmen und sie verschiedenen Entstehungszeiten zuzuweisen — soweit dies möglich sein wird. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß es mir in keinem einzigen der von mir durchwanderten Trockentäler gelungen ist, Lagerungsstörungen an den Talhängen zu beobachten. Im Gegen- teil habe ich in sämtlichen, soweit es am Gehänge möglich war, festgestellt, daß die Felsbildungen ihre vollständig regelmäßige Lage- rung aufweisen. Selbstverständlich liegen in den tiefer eingegrabenen Tälern mächtige Weißjurablöcke, die von den Felswänden losgerissen sind; das trifft aber auch für die heutigen Flußtäler zu und ist kein Beweis für Einbruch unterirdischer Hohlräume. Dann münden in die Trockentäler selbst wieder andere Trockentäler und zwar aus- nahmslos gleichsohlig. Diese Nebentäler 2. Grads müßten dann ihrerseits wieder durch Einsturz entstanden sein, so daß ein unter- irdisches Stromsystem angenommen werden müßte, das allen Beob- achtungen widerspricht. Bei einer eingehenden Beschreibung der Trockentäler der Alb muß man zwei Arten derselben unterscheiden, die ein ganz anderes Aussehen haben, ein ganz anderes Gefäll besitzen und auch in der Geröllführung unterschieden werden müssen, die aber sehr oft ' E. Fraas, Die Höhlen der Schwäbischen Alb, Blätter d. Schwäb. Alb- Ver. 13. 1901. ° Beschreibung des Oberamts Münsingen, 2. A, Stuttgart. 1912. — 19 — ineinander übergehen oder deren eine Art von der anderen ge- kreuzt wird. Zunächst müssen wir die flachen, weiten Muldentäler der Hochfläche betrachten, die geradezu ein greisenhaftes Aussehen tragen. Sanfte Talhänge mit Böschungen von 5 bis höchstens 10°, weite Talauen, überall mit Lehm bedeckt, der eventuell anzutreffen- des Geröll meist zudeckt, so daß nur in ganz besonders günstigen Fällen eine Geröllführung überhaupt nachweisbar ist. Es ist mir dies z. B. in dem Talzug gelungen, der als Talstumpen am Nord- westrand direkt über Denkingen OA. Spaichingen endet. Dort waren unter dem Humus des Ackerbodens in etwa 20 cm Tiefe Gerölle von etwa Haselnuß- bis Walnußgröße, neben Weißjura d und & auch einige Muschelkalkstücke, anzutreffen, die deutlich abgerundet waren und nur durch Wassertransport dorthin gelangt sein konnten. Die Kuppen und Burren um diese Talzüge sind meist sehr niedrig. Das Tal weist jedoch in sämtlichen Fällen ein gleichsinniges, gegen Süden gerichtetes Gefälle auf, das allerdings so unbedeutend ist, daß es kaum bemerkt wird. Die Gefällsverhältnisse sind durch die zahlreich in diesen Tälern auftretenden Dolinen oft etwas verwischt, da allmählich wannen- ähnliche Bildungen entstanden, die nach Gewitterregen oder zur Zeit der Schneeschmelze durch die Doline entwässert werden. In vielen dieser wannenähnlichen Dolinen ist am tiefsten Punkt fast eine Art Trichter wahrnehmbar. Man hat den Eindruck, als ob an dieser Stelle das Wasser in kreisender Bewegung in den Boden eingedrungen wäre. Oft sind die Wände ziemlich steil und trotzdem noch dieses trichterartige Gebilde zu beobachten. Das häufige Auftreten von Dolinen in diesen flachen Talböden ist darauf zurückzuführen, daß mit dem Sinken des Karstwassers die nun darüber fließenden Wasser- läufe versickerten, Die Erosionsbasis dieser hochliegenden greisen- haften Trockentäler lag hoch, und wir werden nicht fehlgehen, wenn wir sie mit der Strandlinie des Miocänmeers oder schließlich mit der in gleicher Höhe fließenden pliocänen Donau in Verbindung setzen, obgleich keiner dieser Talzüge vollständig bis zu seiner Mündung verfolgt werden kann. Nur so konnten so schwach geneigte Fluß- täler entstehen mit solch greisenhaften Formen. Die Geröllführung dieser Talzüge ist, wie ich schon dargelegt habe, schwach, was natür- lich auch von dem äußerst geringen Gefälle herrührt, und das ober- flächlich vorhandene durch Entkalkung und Zersetzung längst ver- schwunden. Die glänzend weißen Kalkbrocken, die auch in diesen Tälern sich zahlreich finden, und die Feuersteinknollen, die aus dem u EN Weißjura herausgewittert sind, beweisen nichts, solange sie nicht in ganz anderen Horizonten liegen, als wo sie sich tatsächlich finden ; es ist mir nicht gelungen, solche Knollen z. B. nahe am Nordrand in den in die S-Terrasse eingesenkten Tälern festzustellen. Strenge von diesen alten, hochliegenden, greisenhaften Trocken- tälern zu scheiden sind diejenigen, die sich bis zur gleichsohligen Einmündung in die Flüsse des Donausystems verfolgen lassen, ob- gleich diese vielfach, ja sogar in den meisten mir bekannten Fällen, in Täler der ersten Gruppe übergehen und dadurch das oben be- schriebene alte Entwässerungsnetz verwischen. Oft zeigt sich nach- stehende Kurve. Le BE a 5 | a Teufental bei Nusplingen. Maßstab der Länge 1:25000. Höhe 1:5000. N n Dies ist das Profil des Teufentals, das zwischen Unterdigis- heim und Nusplingen von Nordwesten her in die Bära fällt. Ein deutlich wahrnehmbarer Gefällsknick bezeichnet die Übergangsstelle zum hochgelegenen alten Trockental, und der landschaftliche Gegen- satz der beiden ineinander übergehenden Täler ist bemerkenswert. Oben ist nur eine ganz flache, weite Talniederung, über die sich die umgebenden Höhenzüge nur ganz wenig und mit ganz geringer Böschung erheben; das darunter ansetzende Trockental dagegen macht mit seinem engen fast schluchtartigen Tal und mit seinen steilen Talhängen tatsächlich den Eindruck eines jugendlichen Tals, ganz ähnliche Verhältnisse habe ich z. B. an dem von Rußberg bei Spaichingen zum Ursental hinabziehenden Trockental beobachtet; oben der flache ältere Talboden, dann plötzlich eine bedeutende Steigerung des Gefälls und ein schluchtartiges rasches Hinabsteigen zur Einmündung beim Schlößlesfelsen.. Während das Teufental bei Nusplingen auf der unteren Stufe des Weißen Jura beginnt und des- halb keine Dolinen aufweist, sitzen im eben genannten Nebental des Ursentals verschiedene Dolinen hintereinander, weil dieses Tal in — 15 — der mittleren Stufe des Weißjura beginnt. Diesen beiden Tälern ist gemeinsam, daß sie ein sehr enges, tief eingeschnittenes Tal haben (von dem obersten Beginn, der ja eigentlich gar nicht zum jetzigen Talzug gehört, abgesehen), mit sehr starkem Gefäll, das oft geradezu 0 Nebental des Biren— Ursentals (von Rußberg zum Schlößlesfels Altrietheim ziehend). Maßstab der Länge 1:25 000. Höhe 1:5000. an eine von einem Wildwasser ausgenagte Schlucht erinnert, und daß in beiden Tälern Flußgerölle nachweisbar sind, im Nebental des Ursentals in der in den Talboden eingerissenen Flutrinne und im Teufental im untersten Teil und ganz besonders an der Mündung, vor der ein Schuttkegel aufgeworfen ist, den die Bära mäan- drierend umgeht. Ein anderes der unser Gebiet durchquerenden Trockentäler ist theoretisch bedeutungsvoll, gibt es uns doch einen weiteren, tat- sächlichen Beweis für die Entstehung dieser Talzüge überhaupt; es ist das Tal, das in seinem oberen Teil Biren-, im unteren Teil Ursen- tal heißt und bei Nendingen ins Donautal mündet. Ich möchte eine kurze Beschreibung dieses Talzugs geben, als Beispiel für die andern Trockentäler und wegen seiner Beweiskraft für die Entstehungs- geschichte derartiger Talgebilde der Alb überhaupt. Es beginnt östlich von Denkingen am Steilabfall als Talstumpen und ist ganz leicht in die dort sehr ausgeprägte #-Terrasse einge- senkt. Im großen und ganzen hat es südlichen bis südöstlichen Lauf, wenn man von einzelnen kleineren Mäanderbildungen absieht. Der oberste Teil des Tales mit sehr weiter nur ganz allmählich und ganz langsam schmaler werdender Talaue hebt sich zuerst nur sehr wenig von der umgebenden £#-Terrasse und niedrigen y-Hügeln ab. Der Böschungswinkel der Talhänge ist zuerst nur einige Grad, ver- größert sich aber bald, bleibt aber im Oberlauf immer verhältnis- mäßig sehr gering; das Gefäll ist zunächst so unbedeutend, daß es An = nur barometrisch festgestellt werden konnte, aber gleichsinnig ist es durchweg. Nach einigen Kilometer Lauf ändert sich der Charakter des Tals, die Sohle wird schmäler, das Gefälle größer, die Hänge viel steiler. Ein Gefällsknick, der so stark wäre wie an andern, FIRE Heer ehe 4 Sin ke BERBZETERBRMEN Talkurve des Biren—Ursentals. Maßstab der Länge 1:100 000. i „ Höhe 1:5000. z. B. am vorher erwähnten Teufental oder an einigen Nebentälern des Ursentals, läßt sich im Haupttal nicht nachweisen?. Der Über- gang vom schwächeren zum stärkeren Gefäll ist hier etwas ausge- glichener. In der Talaue sind nun vielfach Flutrinnen, die teilweise Mäanderform aufweisen, denen sogar der durchs Tal führende Weg folgt, zu beobachten, aber sie sind durch Steinschläge von den Tal- hängen teilweise verwischt. Von geschichtetem Gestein ıst am Tal- hang an der Stelle, wo die Straße Spaichingen—Meßstetten sich am Talhang hinzieht, die mauerartigen Bänke von Weißjura £ in fast durchweg normaler Lagerung, nur mit einzelnen kleineren, lokalen Störungen, die aber mit der Talgeschichte nichts zu tun haben, einige Kilometer weiter Außabwärts geschichtetes d in voll- ständig normaler Lagerung zu beobachten. Besonders die linke Tal- seite ist am oberen Rande von großen Felsen gekrönt (im mittleren und unteren Teil). Von rechts und links nimmt das Tal zahlreiche ' Vergl. dazu auch die Blätter 142 (Wehingen), 152 (Spaichingen) und 153 (Nendingen) der Neuen Topographischen Karte des Königreichs Württemberg (Höhenkurvenkarte) 1:25000. Herausg. v. Kgl. Stat. Landesamt. ? Siehe hiezu Tafel VII u. VIII, — 171 — Nebentäler auf. Verschiedene Ruinen zeugen davon, daß die Ritter auch derartige Trockentäler als Ansiedlungsorte nicht mieden; unter jeder dieser Burgen rieselt beinahe im Talgrund, aber immer noch deutlich am Gehänge, in Weiß y, eine Quelle heraus, die aber fast augenblicklich wieder versickert. Nur unter dem Schlößlesfelsen, etwa °/ı Stunden vor der Mündung ins Donautal, ist eine stärkere Quelle, die es immerhin auf einige 100 m Lauf bringt, dann aber auch im Talgrund versickert: Dort unter dem Schlößlesfelsen sind wunderschöne Mäander in der Talaue zu beobachten, die davon zeugen, daß ein stattliches Flüßchen einst dieses Tal durchfloß. Sie sind fast 1 km weit zu verfolgen und scheinen in keinem direkten Zusammenhang mit der oben erwähnten Quelle zu stehen. In ihnen sind schöne Flußgerölle erhalten. Überhaupt ist die Geröllführung dieses Talzugs bemerkenswert. Schon im obersten Teil sind solche nachzuweisen; bis welschnußgroße, durch oberflächliche Verwitterung rauhgewordene, oft rostbraune Jura- und Muschelkalkgerölle, die auch ihrer Form nach als Flußgerölle anzusprechen sind, sie fehlen auch im weiteren Verlauf nicht, häufen sich aber bei der Mündung derart an, daß eine durchs Tal hinauf bis zum Schlößlesfelsen angelegte Straße auf lange Strecke in einer etwa 2 m mächtigen Geröllab- lagerung führt, deren unterste Grenze durch die Straße nirgends erreicht ist. Die Gerölle sind dort haselnuß- bis kopfgroß. Das Tal mündet in die Niederterrasse der Donau, etwa 10—15 m über dem Wasserspiegel der Donau. Dieser Schuttkegel ist direkt beim Bahnhof Nendingen in einem Steinbruch angeschnitten. | Dieses Tal ist allerdings nicht ganz vollständig wasserlos, gerade aber um dieser Zwischenstellung willen für die Erklärung der Trocken- täler von ausschlaggebender Bedeutung. Seine Entstehung durch oberflächlich wirkende Flußerosion ist nach vorstehendem erwiesen, und dadurch sind die Analogien gegeben für sämtliche Trockentäler. Die Dolinen am Anfang der meisten dieser Täler, soweit sie nicht in der 5-Terrasse beginnen, geben uns auch zugleich den Hin- weis für die Art der Trockenlegung. Der Fluß, der diese Täler einst ausnagte, versickerte und die Versickerungsstellen wanderten allmählich flußaufwärts, bis sie fast am Beginn des Tales waren, dort bildeten sich durch die lange andauernde Versickerung die Dolinen, bis schließlich auch die Quellen zu springen aufhörten, da das Wasser sofort beim Auffallen durch die Felsen einsickerte. Die Bildung eines Trockentals großen Stils zeigt sich gegen- wärtig im oberen Donautal. Darauf möchte ich aber später noch Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 12 Ei genauer eingehen und daher jetzt nur feststellen, daß durch die Versickerung der Donauwasser alljährlich ein Stück des Donautals zum Trockental wird, ein Vorgang, der in raschem Fortschreiten begriffen ist. In Immendingen, Möhringen und Tuttlingen ist es allgemein bekannt, daß vor etwa 20-50 Jahren das Donautal zwar auch alljährlich, aber erheblich kürzere Zeit als heute trocken lag (s2 4. 85187); Wir konnten also zwei Arten von Trockentälern unterscheiden, die nur graduell voneinander abweichen, vielfach ineinander über- gehen; zunächst die alten, nur ganz leicht in die Hochfläche ein- gesenkten, hochliegenden, ein ganz geringes Gefälle aufweisenden, deren Erosionsbasis demnach verhältnismäßig recht hoch lag; ob sie zur pliocänen Donau', die ja auch 120—140 m über dem heutigen Niveau floß, oder zum Miocänmeer, dessen Strand in ungefähr der- selben Höhe lag, gehören, wird sich wohl nicht mit Sicherheit. erweisen lassen, da keiner dieser Talzüge ganz erhalten ist. Sämt- liche sind entweder in ihrem unteren Teil ausgetieft oder ange- zapft durch Trockentäler, die mit dem heutigen Entwässerungsnetz in Verbindung stehen. Diese jungen Trockentäler unterscheiden sich in ihren Formen nicht oder nur ganz unwesentlich von den wasser- führenden Tälern der Donauseite; sie münden fast sämtlich in der Niederterrasse der Donau oder eines ihrer Nebenflüsse, etwa 5—20 m über dem Wasserspiegel, also meist nicht ganz in der Talaue des Flusses. An mehreren derselben, beim Teufental, bei Nendingen, bei Bärental lagern deutlich Schuttkegel vor der Mündung. Nur einige wenige am Donautal und am Schmeiental beobachtete ich, die wesentlich höher mündeten als die Talaue;: diese sind dann meist ganz kurz und bedeutungslos. Beispiele hiefür finden sich bei Ensisheim (Bäratal) oder bei Kaiseringen im Schmeiental, oder oberhalb Hausen am Donautal. Oft kommt es vor, daß junge, wasserführende Flußtäler solche alten hochliegenden Trockentäler queren; dann sind am Talhang deutlich zwei Talstumpen zu erkennen; dies ist z. B. der Fall an dem Talzug von Lautlingen nach Meßstetten. Der Reichtum an Trockentalzügen, die sich an das heutige, nicht besonders dichte Flußnetz anschließen und die noch größere Zahl der uralten, trockenen Talzüge der Hochfläche, deren Erosions- basis nur gemutmaßt werden konnte, läßt sich ohne die Annahme ı W, Dietrich, Älteste Donauschotter auf der Strecke Immendingen— Ulm. N. Jahrb. f. Min. etc. 1904. Pr von bedeutenden Schwankungen in der Niederschlags- menge nicht erklären. Das feuchtwarme subtropische bis tropische Klima der Tertiär- zeit brachte auch unserem Lande vermehrte Niederschläge, damit aber auch eine reiche Zertalung der Albhochfläche mit sich. Die Abnahme der Niederschläge genügte, um zahlreiche dieser neuge- schaffenen Flüsse im Karstland zum Verschwinden zu bringen, wozu besonders auch die allmählich einsetzende Tieferlegung der Donan und das davon abhängige Sinken des Karstwassers beitrug. Eine neue bedeutende Steigerung der Niederschläge setzte in der Diluvial- zeit ein; infolgedessen konnten sich zahlreiche Flüsse neu bilden, die früher ausgetrockneten Rinnsale teilweise wieder füllen und bis zur heutigen Erosionbasis austiefen. Das erneute Zurückgehen der Niederschlagsmengen nach der Diluvialzeit bewirkte die Trockenlegung eines großen Teils der Alb- flüsse (besonders der Lehnenseite) und nur eine kleine Zahl von Donauflüssen blieb erhalten. | Die heutigen Niederschlagsverhältnisse bedingen, daß der Nord- west-Rand der Alb, also im wesentlichen das Einzugsgebiet der Neckarzuflüsse, mit seinen ziemlich höheren Niederschlägen als auf der Lehnenseite, auch der Quellbildung und damit der Erosion viel mehr ausgesetzt ist, wozu als weiteres Agens der Quellbildung und Abtragung noch die regelmäßige Folge von harten durchlässigen Kalken und weichen, leicht verwitterbaren, undurchlässigen Tonen neben der relativen Tiefe des Erosionsniveaus die Stirnseite der Lehnenseite gegenüber bevorzugen. Quellen. Gehen wir nun daran, die heutige Entwässerung des Gebiets uns näher anzusehen, so interessieren uns zunächst die merk- würdigen Quellverhältnisse der Alb, die in verschiedenen Teilen der Schichttafel ein ganz entgegengesetztes Verhalten zeigen. Die seither allgemein übliche Ansicht der Geologen' über die Bildung der Quellen im Gebiet der schwäbischen Alb ist die ihrer absoluten Abhängigkeit von den Grenzen zwischen durchlässigen kalkigen und undurchlässigen tonigen Schichten: Die tonigen Schichten des Weißjura & und y lassen das durch die überlagernden Kalkschichten sickernde Wasser nicht durchsickern, so daß diese tonigen Schichten zugleich Quellenhorizonte darstellen. Nun ent- ! Engel, Geogn. Wegweiser. S. 400. 12 * — 10 °— springen tatsächlich fast sämtliche Flüsse der Stirnseite auf der Schichtgrenze «/# des Weißen Jura, in unserem Gebiet besonders die Schlichem bei Tieringen und Teile der Eyach bei Pfeffingen. Diese Schichtgrenzen sind tatsächlich von ganz hervorragender Bedeutung für die Quellbildung. Komplizierter aber werden die Ver- hältnisse auf der Lehnenseite. Dort sollen die Quellen hauptsächlich dem oberen Quellhorizont y/d, teilweise auch dem unteren, a/ß an- gehören. Das trifft, wie wir später sehen werden, bei der Bära, der Lippach zu; bei der Schmiecha dagegen und den Flüssen der mittleren und östlichen Alb liegen die Verhältnisse anders. Die meisten ihrer Quellen, besonders die Quelltöpfe, entspringen entweder ganz in £ oder gar in d und &. Diese Verhältnisse hat schon QUENSTEDT! im Auge, wenn er die Quellen einteilt in Grundwasser- quellen, d.h. solche, die aus dem überall vorhandenen Grund- wasser in schüttigem Gebirge entspringen, und in Schichtquellen, die an das Zusammenstoßen von durchlässigen und undurchlässigen Schichten gebunden sind; zu einer besonderen Kategorie rechnet er dieHöhlenflüsse, zu denen er besonders den Bröller im Laucherttal rechnet. Der Wasserspiegel, der in der Höhle des Bröller zu sehen ist, wird von QuEnstEepTr als „der gewöhnliche Quellensumpf“ ange- sehen, von dem die stets fließenden Brunnen im tiefer fließenden Wiesental gespeist werden. Aber auch „er steht wahrscheinlich auf der Grenze von Weißjura y/d“. Quenstepr hat also auch die Vor- stellung von einem auf- und absteigenden Wasserspiegel, der durch sein Schwanken die intermittierende Wasserführung der Hunger- brunnen erklärt. Er bringt ihn in Zusammenhang mit den undurch- lässigen Schichten. Die Quellen der Donauzuflüsse von Schmiecha an ostwärts sind Talquellen (fast ausschließlich) und zwar vielfach oder meist mit bedeutender Wasserführung. Sie entspringen im Flußtal oder direkt an der Grenze zwischen Tal und Hang vielfach in nischen- artigen Einbuchtungen am Berghang. Wenn nun das Tal gerade im Horizont des Weißjura d oder & lag, so war es schwierig, sich diese Verhältnisse zu erklären. Die Entstehung dieser Quelltöpfe zeigte Daupr&e?, nach Angaben von O. Fraas: Das Wasser versickert bis zur undurchlässigen Schicht, fließt auf dieser hinunter und wird schließlich zum Quelltopf in die Höhe gedrückt. Diese Art der Bildung bietet der Erklärung Schwierigkeiten. Wenn man nicht ı Quenstedt in Begleitworten zu Blatt Balingen/Ebingen. S. 45, 46. ° Daubrö&e, Les eaux souterraines. Paris 1887. I. S, 214. — 181 — annehmen will, daß der Fluß gerade einmal bis zu diesem undurch- lässigen Horizont sich eingesenkt hat, was der Bildung der Normal- kurve widerspricht, so ist nicht abzusehen, wie das in der Tiefe auf der undurchlässigen Schicht hinabfließende Wasser das Tal er- raten und dort senkrecht in die Höhe gearbeitet habe!. Auch sind die Quelltöpfe mit wenigen Ausnahmen gar nicht so tief, daß sie bis zur undurchlässigen Schicht reichen könnten, ihre Tiefe ist meist nicht besonders bedeutend, 3—5 m, die Aachquelle und der Blau- topf scheinen ziemlich tiefer zu sein. Dann wurden zur Speisung von Riesenquellen große, unterirdische Hohlräume herbeigezogen, so z. B. von GuGEnHAN? für die Brenzquelle. Aber auch das konnte nicht alle damit zusammenhängenden Erscheinungen befriedigend erklären. Zu der Fraas-Enget’schen Erklärung stimmen die sogenannten Hungerbrunnen nicht gut. Dieses Fließen höher liegender Quellen, wenn die tiefer liegenden die Wasserfülle nicht mehr zu fördern vermögen, wie es z. B. in Onstmettingen an der Hauptquelle der Schmiecha festzustellen ist, wo mir auch von einem dortigen Lehrer die etwa 100 m entfernt etwa 1 m über dem Niveau der Haupt- quelle liegende Austrittsöffnung des „Übereichs“, wie mein Gewährs- mann sagte, die fast alljährlich zur Zeit der Schneeschmelze oder nach sehr starken Gewittern fließe, — dieses Steigen und Fallen eines Wasserniveaus wird noch am einfachsten erklärt durch die Annahme eines Karstwasserspiegels im Sinne von A. Grunp. Diese Theorie wurde von GRADMAnN? auf das Gebiet der mittleren Alb angewandt. Es gelang GrADMANN sogar, aus den Quelltemperaturen die jeweilige Höhe des Wasserspiegels festzustellen. Die fundamentale Abweichung des Quenstent’schen und des von GRADMAnN nach A. GrunD* konstruierten Wasserstands besteht in der größeren Unabhängigkeit des Karstwasserspiegels von undurchlässigen Schichten. Er wird nur durch das am tiefsten liegende Wasser- niveau, in diesem speziellen Fall die Donau, bedingt und steigt von ihr an landeinwärts an. Dadurch ist ein hydrostatischer Gleichge- wichtszustand erreicht und die merkwürdigen Erscheinungen der ! Engel, Geogn. Wegweiser. S. 400. ? Gugenhan, Zur Talgeschichte der Brenz. Diese Jahresh. 1903. ° Beschreibung des Oberamts Münsingen. 2. Aufi. 1912. * A. Grund: Die Karsthydrographie. Geogr. Abh. Herausg. v. Penck 1903. Auch A. Grund, Beiträge zur Morphologie des Dinarischen Gebirges. Ebenda. Leipzig 1910. —_ 192 > Karsthydrographie finden durch das Steigen und Fallen dieses Spiegels eine befriedigende Erklärung. Zwar ist die Grunp’sche Theorie von vielen angefeindet worden, so z. B. von Katzer' und von Kneper , die intermittierende Quellen durch Siphone in Hohlräumen erklären wollen und die ganz besonders darauf hinweisen, daß es tatsächlich Höhlenflüsse gibt, die über dem Karstwasser fließen, was GrunD auch zugab. Zur Erklärung der Hungerbrunnen der Schwäbischen Alb aber und der Erscheinung, daß von der Schmeie an ostwärts und im Donautal fast durchweg die Quellen Talquellen sind, scheint die Annahme des Grunp’schen Karstwassers geboten. Der Umstand, daß das meteorische Wasser doch sicher auf der Hochfläche auch ver- sickerte, als die Donau noch 120—150 m höher floß als jetzt, daß es dann aber als mehr als unwahrscheinlich angesehen werden muß, daß die Wasser bis zur undurchlässigen Schicht durchdrangen, um dann in die hochliegende Donau zu gelangen, sondern daß doch sicher damals das versickerte Wasser in irgendeine Beziehung zur Donau getreten sein muß, spricht sehr dafür, daß auch jetzt eine derartige Beziehung vorhanden sein wird. Nun liegen allerdings in meinem Gebiet die Verhältnisse etwas verwickelter als in der mittleren Alb. Im Schmeiental sind Talquellen, z. B. mitten in Onstmettingen (Quelltemperatur 9,1°), zwischen Ebingen und Ehestetten (9,1°), bei Straßberg (9,2°) und Kaiseringen (9,2°), im Donautal eine ganze Anzahl, z. B. bei Ludwigstal (9,7%), Mühl- heim-Altstadt (8,9°%), beim Jägerhaus unterhalb Fridingen (9,3°), bei St. Maurus unter Beuron (8,8°) bei Hausen im Tal (9,3%), Neidingen (9,1°) und Tiergarten (9°). Diese Temperaturen wurden Ende Mai und Anfang Juni 1911 gemessen. Manchmal sind die Quellen direkt am Flußufer, so beim Jägerhaus, manchmal etwa in der Mitte der Talaue, so in Onstmettingen. In den meisten Fällen aber am Übergang von der Talaue zum Talhang, teilweise in nischenartigen Gebilden, so z. B. bei Ludwigstal, wo zwei Töpfe nebeneinander liegen, der eine in einer solchen Nische. Diese besuchte ich Anfang Juni 1911 zu einer sehr regenreichen Zeit und beobachtete, wie auch noch über dem Topf im Wiesengrund an der Bergseite Wasser hervorquoll. Diese Quellen sind vielfach so stark, daß sie sofort nach dem Austreten Mühlen zu treiben vermögen, so z. B. bei St. Maurus, Mühlheim-Altstadt und Neidingen, zwei Quellen, die aus dem Felsen kommen, auf die ich ' F. Katzer, Protokoll in der Zeitschrift der Deutsch, geol. Ges. 1905. — F. Katzer, Karst und Karsthydrographie. Serajevo 1909. ®? W. v. Knebel, Höhlenkunde. Braunschweig 1906. N später noch zurückkommen werde. Merkwürdig ist an einem Teil dieser Quellen, daß sie eine verhältnismäßig hohe Temperatur haben, höher als Schicht- oder Schuttquellen in der Nähe, und daß diese Temperatur durch das ganze Jahr ziemlich konstant bleibt. Diese Temperatur nımmt mit der Höhenlage leicht ab, doch nicht bedeutend. Erneute Messungen Anfang Februar 1914 ergaben zwar für Onstmettingen ‚nur 8,6°, während die anderen Quellen im Schmiechatal (Ehestetten, Straßberg, Kaiseringen) ihre Temperatur nur unwesentlich erniedrigt hatten. Nach diesen Quelltemperaturen konnte das Schmeiental von Ehestetten an an den Karstwasser- spiegel der mittleren Alb angeschlossen werden. Im Donautal liegen die Verhältnisse, wie die unregelmässigen Temperaturen der Quellen zeigen, so, daß kein durchgreifender Karstwasserspiegel angenommen werden kann. Einzelne gehen auf Höhlenflüßchen zurück, so bei Mühlheim-Altstadt und Neidingen, andere sind Schichtquellen, die den an der Talsohle anstehenden y-Mergeln entspringen. In den Tälern der Bära und des Lippach wird man vergeblich nach Talquellen, die mit einem Karstwasserstand in Verbindung gebracht werden könnten, suchen. Die Quellen kommen fast aus- nahmslos ziemlich hoch am Talhang heraus und stürzen wie bei Ensisheim und Bärental über mächtige Kalktuffablagerungen zu Tal. Ähnlich liegen die Quellverhältnisse in Nusplingen (württembergisch), ähnlich im Tal der unteren (Wehinger) Bära und im Tal der Lippach. Diese Quellen sind tatsächlich Schichtquellen und entströmen den Schichtgrenzen. Diese Täler sind aber auch so tief eingegraben, daß sie im untersten Weißjura, teilweise im Braunen Jura, wie das Tal der unteren Bära, verlaufen. Also sind beide undurchlässige Schichten am Talhang anstehend. Sie bewirken deshalb auch diese merkwürdige Abweichung, die sich schon in der Geröllführung zeigt; während die Schmiecha fast kein Gerölle verfrachtet, finden sich in der Bära wesentlich mehr Gerölle, ebenso im Lippach; aus der Anordnung der Quellen, entweder im Tal oder am Berghang, erklärt sich dies Ver- halten von selbst. Als Schlußfolgerung dieses Verhältnisses haben wir demnach die Tatsache, daß die Albtäler der Donauseite, die nur im oberen und mittleren Weißjura verlaufen, einem Karstwasserspiegel im Sinne Grunp’s zugehören, die- jenigen dagegen, die im unteren Weißjura oder gar ım Braunen Jura eingesenkt sind, ihre Quellen vom Gehänge, von Schichtgrenzen beziehen. Die Quell- — ]j]4 — verhältnisse sind also auch abhängig von der geo- logischen Beschaffenheit des Untergrundes. Daß auch im Donautal Schichtgrenzen eine große Rolle spielen, zeigt sich deutlich an der Mühle vor Stetten a. D., wo der Kesselbach eine bedeutende Wasserzufuhr erhält, die nicht aus einer . einzelnen Quelle, sondern aus einem Quellband, einer Art Wasser- schicht von 20—30 m Länge, direkt ins Flußbett austritt an der Grenze «a/ß. Für den Heuberg westlich des Schmeientals ergibt sich dem- nach vermöge der tiefen Lage der wasserführenden Täler, im unteren Weißjura oder gar im Braunen Jura, die Unmöglichkeit der Annahme eines Karstwasserspiegels.. Dagegen für diejenigen Täler, die wie das Schmeiental höchstens teilweise im unteren Weißjura, der Haupt- sache nach aber im mittleren und oberen verlaufen, bringt die Karstwassertheorie eine wirklich einfache Lösung der Quellenfrage. Daß ein grundsätzlich anderes Verhalten der mittleren Alb und des Heubergs angenommen werden muß, zeigt sich auch aus der Geröllführung der Flüsse; während noch die Schmiecha fast keine Gerölle im Flußbett aufzuweisen hat, ist die Geröllführung der Bära ziemlich bedeutend. Im Schmiechabett finden wir wie bei den Flüßchen der mittleren Alb fast nur Lehm. Wenn die Bära und die Lippach kein abweichendes Verhalten zeigen würden, so könnte man versucht sein, die ganze Erscheinung auf das geringe Gefäll der Donauzuflüsse zurückzuführen ; da aber diese auffallende Tatsache nicht allen Donauzuflüssen zukommt, so ist eine andere Erklärung mit zu berücksichtigen. Die mit dem Karstwasser im Zusammenhang stehenden Talquellen der Schmeie und der Flüsse der mittleren Alb sind natürlich nicht imstande, viel Gerölle mitzuführen, während die Gehängequellen der Bära und des Lippachs ähnlich den Flüssen der Neckarseite mehr Gerölle talabwärts führen, wenn auch weder in der Bära noch im Lippach wegen des ungleich geringeren Gefälls so viel und so großes Geschiebe anzutreffen ist wie in den Stirn- flüßchen der Alb. Auch die Lage und die Wasserführung der Quellen weist in den beiden verschiedenen Gruppen verschiedenes Verhalten auf. Die Talquellen haben eine fast konstant bleibende, oder jedenfalls nicht so sehr variierende Wasserführung wie die Gehängequellen, die während der trockenen Jahreszeit vielfach ganz oder annähernd versiegen. Auch gelingt es gar nicht allen Gehängequellen, überhaupt je die Talsohle und den Fluß zu erreichen. Nach ganz kurzem, oft nur mehrere Meter langem Lauf versickern sie wieder, so z. B. an einer kleinen Gehängequelle im Schmeiental östlich von Onstmettingen, an der in Weiß y entspringenden (uelle, die rasch in den Felsen von ß versitzt, u.a. m. zu beobachten. Dann ist noch ein Grund anzuführen, der die Annahme eines steigenden und fallenden Wasser- spiegels im oberen Weißjura wahrscheinlich macht. Die Hochwasser! treten in den Tälern der Neckarseite rascher auf, der Höchststand wird im Neckar durchschnittlich zwei Tage früher erreicht als in der Donau. Schon das bietet der Erklärung Schwierigkeiten. Zwar liegt der Neckar etwa 300 m tiefer als die Donau und das Gefäll ist ziemlich größer, aber dieser lange Unterschied ist dadurch nicht gut erklärlich. Wenn wir nun die Talquellen, wie wir gesehen haben, als unabhängig von den undurchlässigen Schichten an- sehen müssen, so erklärt sich diese Verzögerung am einfachsten durch die Hebung des gesamten Karstwasserspiegels. Dies wird fast zur Gewißheit, wenn man die Hochwasserkurve der Neckarflüßchen und der Donauflüßchen betrachtet. Bei den Flüssen der Stirnseite eine ungeheuer rasche Steigerung und ein ebenso rasches Fallen, trotzdem das niederfallende meteorische Wasser doch auch an diesen . Flüssen nicht oberflächlich abfließt, sondern bis zu den undurch- lässigen Schichten durchsickert. „An der Eyach tritt das Hochwasser wie eine rasch hinfließende Welle auf, der man fast nicht zu folgen vermag.“ Bei den Lehnenflüssen dagegen ein langsames Steigen und ein noch langsameres Fallen®. Das kann doch nur dahin erklärt werden, daß die meteorischen Wasser bis zu einem Wasserspiegel, der erst gehoben werden muß, bis es zu ausgiebigerer Hochwasser- bildung kommt, der sich aber durch die Wasserentziehung nur lang- sam senkt, bis er seine normale Höhe wieder erreicht hat. Unterirdische Flüsse. Bevor ich zur Behandlung der wasserführenden Talzüge über- gehe, möchte ich kurz noch ein Kapitel der unterirdischen Entwässerung streifen, das unterirdischer Flüsse. In unserem Gebiet liegen zwei Beispiele vor, die zu beobachten sind. Bei der Neidinger Mühle fließt eine außerordentlich starke Quelle aus dem Berg. Sie mündet nach etwa 30—40 m Lauf an der Oberfläche in die Donau. Ihr unterirdischer Lauf ist ungefähr 50—60 m weit in den Berg hinein zu begehen. Der Besitzer der Mühle gestattete ' Verwaltungsbericht des Straßen- u. Wasserbaus Stuttgart. 1893/95. ? s. Verwaltungsbericht 1893. — 1856 — mir, den unterirdischen Lauf zu sehen und begleitete mich. Nach etwa 20 m geradem südnördl. Lauf biegt die Höhle nach Westen um, um dann wieder in Nordwestrichtung weiterzugehen. Sie ist sehr eng, das Flüßchen mit Kähnen nicht zu befahren. An der ersten Biegung tritt eine zweite starke Quelle dazu. Die Höhle verengt sich aber bald so sehr, daß ein weiteres Vordringen unmöglich wird. Die Wassertemperatur betrug innerhalb und außerhalb des Berges 9,1° (Juni 1911). Der Müller sagte mir, wenn es bei Stetten am Kalten Markt oder bei Fronstetten stark regne, so trübe sich die | Quelle am folgenden Tag. Der Fluß hat immer reichlich Wasser. Bei Mühlheim-Altstadt tritt eine 8,9° (Juni 1011) warme Quelle | zutage, direkt unter dem sich von Kolbingen herunterziehenden Trockental. Dieses setzt plötzlich mit kräftigem Knick ab, und unter diesem Knick tritt aus einem Felsentor die Quelle. Die Lagerung der ß-Schichten über und unter der Quelle ist vollkommen normal, zieht sich von einem Talhang des Trockentals zum anderen, was eine Bildung dieses Trockentals durch Einbruch vollständig ausschließt. | Es ist nicht möglich, tiefer als 6 m in die Grotte einzudringen, unter | deren hinterer Wand die Quelle in breitem Band hervorfließt. Man hört Tropfenfall im Innern, auf Länge oder Ausdehnung des zu ' beobachtenden Quellfllüßchens läßt sich daraus nicht schließen. Sonst | konnte ich in dem von mir untersuchten Gebiet keinerlei unter- irdischen Fluß nachweisen. Diese beiden vereinzelten Beobachtungen, | die vom allgemein üblichen Typus der Quellen des Donautals ab- weichen, beweisen weder für noch gegen Annahme eines Karst- wasserspiegels, zudem es sich bei der einen, bei Mühlheim-Altstadt '' befindlichen Quelle um ein Gebiet handelt, das zweifellos nördlich der Donau keinen Karstwasserspiegel aufzuweisen hat. Wichtiger jedoch als diese Frage war mir die Beziehung zum Trocken- | tal. Das ist der einzige Fall, wo direkt unter einem Trockental eine Quelle austritt, wo aber die regelmäßige Lagerung zugleich keinen Zweifel übrig ließ, daß bei diesem Trockental kein Einbruch unterirdischer Hohlräume anzunehmen ist. Nach dieser Beobachtung ! untersuchte ich, ob sich nicht auch bei’ anderen Trockentälern ein derartiger Zusammenhang mit großen Quellen konstatieren lasse. Fraas! geht ja von der Anschauung aus, daß auch unter den Trockentälern noch ausgedehnte Hohlräume bestehen können. „Das beweist uns das Wendtal (bei Heidenheim), denn der berüchtigte Weädel von Heidenheim ist nichts anderes als das Überfließen der IR, Fraas, Die Höhlen der Schwäbischen Alb. — 1897 — überfüllten, großen, unterirdischen Wasserbehälter.“ Nach der An- nahme eines Karstwasserspiegels für das Gebiet der mittleren und östlichen Alb erklärt sich dieser Hungerbrunnen von selbst. Von großen Hohlräumen habe ich in diesem einen Fall, wo ich den Unter- grund des Trockentals wenigstens ein Stück weit beobachten konnte, nichts beobachten können. Solche werden auch wohl nicht anzu- nehmen sein. Dagegen habe ich doch eine Beziehung zwischen Trockentälern und Quellverhältnissen nachweisen können, insofern als die größeren Quellen des Donautals fast ausnahmslos ganz in der Nähe von Trockentalmündungen entspringen. Umgekehrt konnte ich darauf gehen, daß, wo ein größeres Trockental in die Donau mündet, nahe dessen Mündung eine größere Quelle anzutreffen ist. So entspringt an der Mündung des Ursentals der Kesselbach, einige 100 m donautalabwärts, an der Mündung des Finstertals bei Werenwag-Langenbrunn eine sehr große Quelle, die Neidinger Quelle ist auch ganz nahe der Mündung eines Trockentals, endlich zwischen Tiergarten und Gutenstein neben kurzem Trockental eine starke Quelle, die etwa 1 m über dem Donauspiegel entspringt und nach ein paar Meter langem Lauf mündet. Es bestehen also zweifellos Zusammenhänge zwischen der Bildung von Trockentälern und diesen Quellen, die darin bestehen würden, daß nach der Trockenlegung des Tals durch Versickerung, dadurch, daß der Karstwasserspiegel sank, die Wasser an der Tal- aue des Hauptflusses entweder direkt unter oder nicht weit von der Mündung des Trockentals sich meist als Talquelle einen Ausgang verschafft haben. Die Donauversickerung. Ein unterirdischer Flußlauf wird auch im allgemeinen für die bei Möhringen versinkende Donau angenommen. Die Versickerung liegt eigentlich außerhalb des zur Behandlung stehenden Gebiets; sie ist aber für die Morphologie und den Wasserhaushalt der Alb sehr bedeutungsvoll und ihre Wirkungen für die Siedlungen im Donau- tal außerordentlich unangenehm, daß es wohl angebracht erscheint, näher darauf einzugehen. Die Donau verliert zwischen Immendingen und Möhringen am Brühl den größten Teil, während der Sommer- monate sogar ihre ganze Wassermasse, so daß z. B. im Sommer 1911, der allerdings sehr heiß und trocken war, das Flußbett vom Brühl bis Möhringen bis auf einige Tümpel von Juli bis Oktober voll- kommen trocken war; diese Erscheinung ist natürlich für die Bewohner besonders Möhringens und Tuttlingens in sanitärer und wirtschaft- — 188 — licher Hinsicht eine große Kalamität. Die Wasser der Donau kommen f im Aachtopf beim badischen Dorf Aach wieder zum Vorschein, nach- dem sie eine Strecke von 12 km Luftlinie mit 170 m Gefäll durch- # laufen haben. Enpriss! hat diesen Zusammenhang zwischen Donau und Rhein eingehend behandelt. Er nimmt einen Fluß an, der diese Verbindung herstellen soll und beschreibt nach der Lage einiger Dolinen zwischen Versickerungs- und Wiederaustrittsstelle den Lauf dieses Flusses, gibt auch schematische Skizzen über die mutmaßliche Beschaffenheit des Untergrunds. Nun braucht das Wasser im Durchschnitt 60°? Stunden, bis es diese 12 km lange Strecke zurückgelegt hat; diese verhältnismäßig lange Dauer bei dem großen Gefäll erklärt er durch Riegel, die siphonartig den Fluß sperren und durch die Enge der Höhle selbst, die einen so großen Reibungswiderstand hervorruft, daß das Wasser am raschen Lauf gehindert sei. Beobachtungen über Höhlen zwischen dem Eintritt in den Berg und dem Aachursprung liegen nicht vor, da an der Donauseite kleine, höchstens handgroße Klüfte, wie ich selbst beobachtete, am Berg wahrnehmbar sind. Vom Aachtopf aus rückwärts vorzudringen, ist nicht möglich. Die verhältnismäßig rasche Vergrößerung der Versickerung (früher sei das Bett auch im Sommer nicht ganz oder jedenfalls nie so lange leer gewesen wie gegenwärtig) könnte für einen Höhlenfluß, der sein Bett rasch vergrößert, sprechen. Zunächst ist der Grund- wasserspiegel im Donautal niedriger als die Donau, was beim Graben von Brunnen für die Bahnwärterhäuschen der Bahn Tuttlingen— Immendingen festgestellt wurde?, am Nordrand des Tals 8 m tiefer als der Fluß, von dem er doch abhängig sein sollte. Dann ıst das Versickerungsgebiet sehr umfangreich. Von Immendingen bis fast Möhringen ist das Donautal ganz undicht; schon in Immen- dingen versitzt Wasser. Auch die Größe dieses Einzugsgebiets scheint nicht zu einem einfachen Fluß in einem Höhlenzug zu stimmen. Dazu. wechselte die Versickerungsstelle ihre Lage nach der Jahreszeit. Die Hauptstelle am Brühl wurde im September 1911 gar nicht mehr erreicht, sondern schon etwa 4—500 m flußaufwärts war das Bett trocken. ı K. Endriß, Die Versinkung der oberen Donau etc. Stuttgart 1900. — K. Endriß, Die rheinische Donau. Naturwiss. Wochenschrift 23. 1908. °” Durch A. Knop 1877 mit Steinsalz nachgewiesen; s. darüber auch Endriß, Die Versinkung der oberen Donau. S. 14. ’ Endriß, Die Versinkung etc. — 189 — Dann ist aber auch der Ausfluß dieser versunkenen Wasser kein einheitlicher. Enpriss schreibt selbst, daß unterhalb des Topfs noch an verschiedenen Stellen Wasser hervorbreche; besonderes Gewicht möchte ich aber auf die Tatsache legen, daß Enorıss ! schreibt, bei hohem Wasserstand auch in einer oberhalb des Aachtopfs anschließenden, sonst trockenen Talnische ein stärkeres Gewässer hervorbreche. Dieses Verhalten kann ich mir nicht er- klären, wenn ich nur eine aus der Tiefe empordringende Wasser- masse vorstellen muß. Dann könnte höchstens der Wasserstand im Topf sich heben oder mehr Wasser abfließen. Am einfachsten zu erklären ist diese Tatsache eben doch durch die Annahme eines Wasserspiegels, dessen Schwankungen diese höher liegenden Quellen springen oder versiegen lassen, und die die Größe und Intensität der Versickerung regulieren. Der Aachtopf liegt im oberen Weißen Jura; einem Karstwasserspiegel steht also auch kein geologisches Hindernis im Wege. Die Versickerungsstelle liegt zwar in £, aber dort sind eine ganze Reihe von Spalten und Knickungen nachgewiesen, daß von einem ununterbrochenen Schichtenzusammenhang zwischen der Versinkungs- und der Austrittstelle nicht die Rede sein kann. Dazu kommt besonders noch, daß bei Fridingen auch ziemlich viel Donauwasser versitzt (etwa 1000 Sekundenliter). Wir hätten uns nach Enpriss auch hier wieder ein kompliziertes unterirdisches Höhlen- system zu denken, das doch durch Annahme eines einheitlichen Wasserspiegels in Höhlungen, Spalten und Ritzen des festen Gesteins- körpers sowie in etwa vorhandenem Schutt viel leichter seine Er- klärung findet. Selbstverständlich soll das Vorhandensein größerer Klüfte nicht geleugnet werden. Der größte Teil der Versickerung ist anscheinend an eine etwa N—S streichende Verwerfung geknüpft. Interessante Aufschlüsse darüber dürften die noch nicht zugänglichen Aufnahmen der badischen Landesgeologen geben, die zum Zweck der geologischen Landesaufnahme in 1:25000 und zur Bericht- erstattung an die Kammer das ganze Gebiet eingehend untersuchten. Talrichtungen und Talzüge. Und nun können wir uns zu den Talzügen wenden, die der heutigen Entwässerung dienen. Sie sind durchaus vom geo- logischen Bau der Schichttafel abhängig. Es gilt zunächst eine Ab- weichung vom Verhalten des Flußnetzes und der Trockentalzüge der mittleren Alb festzustellen. Während dort, wie GRADMANN in - Endrib, 2.2.0. 8:18, =: 0: —= re Ber der Beschreibung des Oberamts Münsingen zeigt, zunächst eine Tal- | bildung in der Richtung Südwest-Nordost einsetzte und zahlreiche so orientierte Talzüge schuf, was auf eine ursprüngliche Hebung dieses Teils mit west-östlichem Schichtenfallen ? hinweist, wozu sich durch eine neuerliche Verbiegung (Schiefstellung) der Platte in der heutigen Richtung der Schichtenfall gegen Südosten trat, so daß jetzt auch nordwest-südöstliche Talzüge sich bildeten, während die Ausbildung des Nebenflußsystems, besonders was Trockentäler | anlangt, noch die alte Neigung der Platte ausprägt, ist die süd- westliche Alb gleich mit südöstlich gerichtetem Schichteinfallen schief gestellt worden; denn in diesem Teil zeigen die Flüsse und die Trockentäler nicht dasselbe Verhalten, sondern hier ist eine normale Entwicklung des Flußnetzes mit gleichmäßiger Ausbildung rechter | und linker Nebentäler vor sich gegangen, was an jedem einzelnen wasserführenden oder trockengelegten Talzug zu beobachten ist; als Beispiel nenne ich das Schmiechatal, für Trockentäler das Biren- Ursental; beide haben eine ziemlich gleichmäßige Ausbildung rechter , und linker Nebenflüsse, unter keinen Umständen aber eine einseitige Bevorzugung der west-östlich ziehenden Nebentäler. Sämtliche Flüsse des behandelten Gebiets, die auf der Schicht- lehne fließen, sind im großen und ganzen konsequent nach der Terminologie von Davıs?. Longitudinal konsequent ist der Lauf der Donau, wenn auch einzelne Abweichungen von der Hauptrichtung vorkommen; der Haupttalzug fließt im ganzen doch im Streichen der Schichten; besonders der Talboden der Hochterrasse (als Fels- terrasse ausgebildet) zeigt diese Richtung. Konsequent, dem Schichtfailen folgend ist der Lauf der Schmiecha, der Bära, der Lippach und des Faulenbachs, sowie der Verlauf der großen Trockentäler, Glastal, Seetal, Ursental. Resequente, wasserführende Flüsse fehlen; dagegen sind rese- quente Trockentäler unter den ganz alten Talzügen der Hochfläche ziemlich häufig, z. B. auf der Hochfläche östlich von Spaichingen verschiedener Nebentäler des Birentales. Das dürfte ein weiterer Beweisgrund für das hohe Alter der Schichtstufenlandschaft sein, ! Auch Schad nimmt in seiner Talgeschichte der oberen Donau (s. Anm. S.159) ein solches Verhalten der mittleren Alb an, nur setzt er eine spätere Senkung voraus, was nach der Ausbildung der Talzüge nicht stimmen dürfte. Die An- sicht Gradmanns, nach der dieser west-östliche Schichtenfall primär sei, erklärt das merkwürdige Verhalten des Flußsystems viel besser, ? Vergl.z.B. W.M. Davis, Die erklärende Beschreibung der Landformen, deutsch bearb. von A. Rühl. Leipzig u. Berlin. 1912. RR TE Ziehen. are A kan en a ne EEE A Sir en ee en — 191 — deren obere Stufen zum mindesten nicht durch Flüsse der heutigen Erosionsbasis gebildet sind. Die Stirnflüsse sind fast sämtlich obsequent, ein Teil der- selben ist als subsequent zu betrachten, z. B. der Oberlauf der Eyach. Merkwürdig ist in dieser Hinsicht das Verhalten der Schlichem. Die Quellbäche sind konsequent, diese werden von einem subsequenten Fluß angezapft, der dann nach ganz kurzem Lauf, der durch einen alten Talboden vorgezeichnet ist, in einen rein obsequenten Fluß übergeht. Die Flüsse der Neckarseite haben infolge der größeren Nähe und der tieferen Lage ihrer Erosionsbasis (Neckar) als die Flüsse der Lehnenseite (Donau) ein viel größeres Gefäll und sind viel tiefer eingegraben als jene, was besonders deutlich an der Talwasserscheide bei Lautlingen zum Ausdruck kommt. Diese größere Erosionskraft hat zur Eroberung eines großen Teils des Donaugebiets zum rheinischen Flußgebiet geführt, so daß eine ganze Anzahl von Donauzuflüssen nur noch den Unterlauf ihres ehemaligen Tals innehat. In unserem Gebiet kommen hierfür in Betracht das Faulenbachtal, die obere und die untere Bära und die Schmiecha oder Schmeie, also mit Ausnahme der Lippach sämtliche. Sehen wir diese Talstumpen der Reihe nach an, an der Schmeie beginnend; hier ist diese Erscheinung auch besonders eindrucksvoll. Geht man von Balingen das Eyachtal aufwärts, so erblickt man bald den merkwürdigen Talabschluß bei Lautlingen. Dort bricht das untere Tal plötzlich ab und wendet sich nach NO. gegen Margaret- hausen und Pfeffingen. Man sieht aber schon von unten aus, daß oben in der Verlängerung der alten Eyachsichtung ein ost- südostwärts ziehender Talboden ansetzt. Diese Tatsache der An- zapfung der Schmeie durch die Eyach hat Davis! zuerst behandelt und schon darauf hingewiesen, daß im Gebiet der Alb noch eine ganze Anzahl solcher Flußanzapfungen vorhanden sei. Dann hat Penck” die Zusammenhänge der konsequenten Flüsse in der oberen Donaugegend entweder mit Neckarzuflüssen oder mit Rheinneben- Nüssen festgestellt und verschiedene solcher alten, abgezapften Talzüge zu konstruieren vermocht: Wutach—Aitrach; Eschach— Prim—Faulenbach. Gucennan® hat, auf Pencr’s Arbeit fußend, in ' Davis, The drainage of Cuestas. 1899. (s. o.) * Penck, Talgeschichte der obersten Donau. 1899, (s. 0.) ®° Gugenhan, Beitrag zur Bestimmung der früheren Ausdehnung der Flußtäler der Schwäbischen Alb, Dies. Jahresh. 1900. — Zur Talgeschichte der Brenz. Dies. Jahresh. 1208, — Zur Talgeschichte der oberen Donau. Dies. Jahresh. 1903, — . 12 .— verschiedenen Arbeiten auf induktirem Weg die Eroberung von donautributpflichtigem Gebiet durch rheinische Flüsse dargelegt, wobei er besonders eingehend die Verhältnisse an der Eyach—Schmiecha und die Zugehörigkeit von Kocher und Jagst zur Brenz ins Auge faßte, und schon die merkwürdige Tatsache des Iintgegenfließens von Haupt- und Nebenflüssen im schwäbisch-fränkischen Stufenland richtig erkannt. Dieselben Verhältnisse hat Scheu! zu erklären ver- sucht, leider lediglich deduktiv. Ich möchte zunächst die Verhältnisse bei Eyach—Schmiecha eingehender besprechen. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß das alte Schmeienbett zwischen Ebingen und Lautlingen außer- ordentlich breit ist, viel zu breit für den dadurch ziehenden Wasser- lauf, den Talbach. Daß die jetzige Eyach einst durch dieses Tal gegen Süden zog, wird sofort einleuchten. Nun sind in diesem Tal- stumpen mächtige Aufschüttungen, durch die die Bahn von Lautlingen nach Ebingen in einem langen Einschnitt fährt. O. Fraas hat dieses Geschiebe, das vorwiegend mittleren, teilweise oberen Weißjura ent- hält, für Moränenschutt angesehen, der das Schmeiental herauf- geschoben worden sei. GUGENHAN wies nach, daß dieses Geschiebe Flußgerölle und von Norden nach Süden verfrachtet ist. Er hat aus dem Querschnitt des jetzt verlassenen Talbodens die ehemalige Ausdehnung des Einzugsgebiets berechnet und dabei den Querschnitt des von Onstmettingen kommenden Schmeienteils zu Hilfe genommen. Er ist dabei zu einem, wie er selbst betont, viel zu kleinen Resultat gekommen. Hätte er berücksichtigt, daß der oberste Teil der Schmiecha von Onstmettingen nach Ebingen eben auch nur ein Kümmerfluß ist und daß dieses Seitental beim Stichwirtshaus oberhalb Onstmettingen auch als Talstumpen endigt, so wäre er zu einem wesentlich andern Resultat gekommen. Aber bedeutsam ist doch sein Nachweis, daß einst mindestens die bei Balingen niedergehenden meteorischen Wasser durchs Schmiechatal der Donau zuströmten. Reck” sucht den Oberlauf des Eyach—Schmiechatalzugs in der oberen Nagold, ein ziemlich bedenkliches Verfahren. Außer der Richtung dieses Ober- laufs bringt er keinen Beweis bei. GUuGENnHAN weist ferner darauf hin, daß neben zahlreichen andern Beispielen auch bei Tieringn im Bära—Schlichemtal eine derartige Anzapfung vor sich gegangen sei. ! Zur Morphologie der schwäbisch-fränkischen Stufenlandschaft. (s. 0.) ? H. Reck, Die morphologische Entwicklung der süddeutschen Schicht- stufenlandschaft im Lichte der Davis’schen Zyklustheorie. Zeitschr. d. deutsch. geol, Ges, 1912. — 198 — Auf die dortigen Verhältnisse möchte ich etwas näher eingehen. Kommt man von ÖOberdigisheim das Bäratal aufwärts, so erblickt man hinter Tieringen den Oberlauf der Bära teils der Lochen und dem Schafberg, teils gegen Nordwesten Ratshausen zu und ist dann sehr überrascht, wenn man plötzlich den in diesen alten Talboden eingesenkten Talzug der Schlichem erblickt. Auch vom Plettenberg aus kann man sich ein Bild der alten Entwässerung verschaffen. Je nachdem man seinen Standpunkt wählt, verschwindet das tief eingerissene enge Schlichemtal und ihr ganzes Einzugsgebiet zeigt deutlich seine ehemalige Zugehörigkeit zur Bära. So eindringlich ist mir die Flußanzapfung nirgends geworden wie dort, wo man die zwei Talböden ineinander sieht; oben den alten Bäratalzug von Ratshausen nach Tieringen, und darein eingesenkt das jugendliche Tal der Schlichem, die noch nicht einmal imstande war, den alten Talboden wegzuräumen. Dort ist auch das merkwürdige, von GUGENHAN schon beschriebene Gegeneinanderfließen von Haupt- und Nebental zu beobachten. Der alte Talboden der Bära läßt sich bis über Ratshausen hinaus auf dem linken, teilweise auch dem rechten Ufer der Schiichem verfolgen, ja man glaubt hinter dem Plettenberg noch Spuren davon zu erkennen. Doch möchte ich diese Terrassen nicht ohne weiteres dafür ansprechen, da unter allen Umständen die unterste dem Braunen Jura $# angehört, also Denudationsterrasse ist und mit Flußterrassen nichts zu tun hat. Gerölle auf der obersten nachzuweisen ist mir nicht gelungen, so daß eine Zusammengehörigkeit aus der Tatsache allein, daß diese Terrassenreste ein gleichsinniges Gefäll mit dem alten Talboden aufweisen, nicht als Beweis angesehen werden darf. Das Jugendliche, Unreife der Täler der Eyach und Schlichem prägt sich deutlich in ihrem großen Gefäll, ihrer sehr engen Talsohle, den Wasserfällen, die an die Personatensandsteine gebunden sind, und den zahlreichen Überschwemmungen, die sie heimsuchen, aus. Die Siedlungen haben bei der Wahl der Lage auf die Gefahr Rück- sicht genommen, worauf später einzugehen sein wird. Das riesige Tal des Faulenbachs liegt auf der Grenze des behandelten Gebiets und wurde von mir nicht mehr eingehend untersucht. Ich beschränke mich darauf, in kurzen Zügen die Anschauung Pencr’s!' zu zeigen und ihr die Forschungen Haag’s?, ' Penck, Talgeschichte der obersten Donau. Schriften d. Ver. f. Gesch. d. Bodensees. S. 28, ®° Haag, Zur Talgeschichte der oberen Donau. Centralbl. f. Min, etc. 1903. Jahreshefte d. Vereins £. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 13 —. 194 — der sich auf Koken' stützt, GUGENHAN’s? und GÖHRINGER's? gegen- überzustellen. Penck sieht in diesem Tal den Torso eines großen konsequenten, vom Schwarzwald herkommenden Talzugs Eschach-Prim-Faulenbach,, dessen größerer Oberlauf, die Eschach, durch einen subsequenten Fluß zum Neckar hin abgelenkt wurde, so daß in dem verbleibenden | Talrest sich nur zwei kümmerliche Rinnsale, Prim und Faulenbach in entgegengesetzter Richtung fließend, sich zu bilden vermochten. Durch diese Neckarzuflüsse wurde der ursprünglich stattliche konse- quente Fluß dem Neckar tributär, und nur ein Kümmerflüßchen blieb in dem ihm gar nicht angemessenen riesigen Tal erhalten. Daß diese konsequente Entwässerung schon zur Miocänzeit ähnlich verlief | wie heute, sieht Pexck in der Juranagelfluh, die am Strand des Miocänmeers durch solche Schwarzwaldflüsse aufgeschüttet wurde. | Ähnlich ist auch die Darstellung, die Davıs' von der Eroberung des Einzugsgebiets der Donau durch Neckarzuflüsse gibt; allerdings geht | er von einer gleich hoch liegenden Erosionsbasis für Neckar- und | Donauflüßchen aus’, was mit der Wirklichkeit nicht stimmt. Koken setzt den fluviatilen Ursprung der Juranagelfluh in Zweifel und nimmt für die breite Talrinne des Faulenbachs ein Überfließen der Donau zum Neckar, während der Haupteiszeit, als | die Donau bei Sigmaringen gesperrt und aufgestaut war. Dies führt | His näher aus und will es mit Geröllen auf dem Hohenberg bei | Denkingen, die, wie er annimmt, nur von Süden her dorthin gelangt | sein können, beweisen. GuGEnHAN bestreitet die Möglichkeit eines so hohen Aufstaus der Donau und nımmt an, daß, wenn die Donau | zeitweilig von Tuttlingen aus dem Neckar zugeströmt wäre, das Tal | rasch so ausgetieft wäre, daß die ganze obere Donau dauernd zum Neckar abgelenkt worden wäre und noch heute nach Rottweil etc. fließen müßte. Haag wehrt sich zunächst gegen die Auslegung GUGENHAN’S, als ob es sich um einen Stausee von Sigmaringen an handele, und stellt fest, daß seine und Koren’s Ansicht nur die ver- schiedener Staubecken, die durch Moränenzüge, die von den Seiten- täleın hereinkommen, gebildet werden, voraussetze; dann aber glaubt ! Koken, Beiträge z. schwäb. Diluvium. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XIII. ? Gugenhan, Zur Talgeschichte der oberen Donau. Diese Jahresh. 1903. ’° Göhringer, Talgeschichte der oberen Donau u. des oberen Neckar. Mitt. d. Bad. geol. Landesanstalt. 6. 1910, “* Davis, The drainage of ÜUuestas. 1899. PX. 0, 10: 8, '8D, Sat — 195 — er, daß mit dem Aufhören des Staus, als die Donau den aufge- schütteten Wall weggeräumt habe, die Verfrachtung gegen Norden zum Neckartal wieder aufgehört und die alte Entwässerung wieder eingesetzt habe. GÖHRINGER endlich nimmt aus der Höhenlage einzelner Gerölle an, nicht der Neckar, sondern die oberste Donau sei der kapernde Fluß!. Diese letzte Arbeit kann ich unberücksichtigt lassen, da sie für die Verhältnisse im Faulenbachtal nur insofern in Betracht kommt, als GöHrINGER mit Haag annimmt?, die Donau sei zeitweilig von Tuttlingen über Spaichingen in den Neckar geflossen. Koken, Haag und GUGENHAN bestreiten die Annahme Penck’s, das Faulenbachtal sei der Torso des großen konsequenten Tais, nicht. Die einzige Abweichung, die Koken und Haas von der Prnck’schen Auffassung der Talgeschichte der oberen Donau und des Neckars annehmen, besteht in der Frage, ob die Donau infolge Aufstaus zum Überfließen zum Neckar gezwungen wurde oder nicht. Die morpho- logische Beschaffenheit des Faulenbachtals spricht nicht für eine Verfrachtung von Donauwasser zum Neckar. Einmal weist der Tal- boden ein gleichsinnig zur Donau gerichtetes Gefälle auf und dann müßten doch in der Spaichinger Gegend Gerölle gefunden werden, die unbedingt auf südnördliche Verfrachtung schließen lassen müßten, was meines Wissens nirgends beobachtet ist. In den Begleitworten zum Blatt Tuttlingen? ist nur von Massen eckigen Schutts die Rede und davon, daß die Prim einige Quellbäche des Faulenbachs angezapft habe. Haas hat in der Wurmlinger Gegend Schwarzwald- gerölle gefunden, keine Basaltblöcke‘. Ferner scheint die Höhe der Gerölle, 700 m, genauer 696 m, nicht für eine Verfrachtung von Süden nach Norden zu stimmen, wenn man nicht bei Tuttlingen gleichartige Gerölle in höherer Lage nachweisen kann, was bis jetzt nicht geschehen ist. Die Gerölle auf dem Hohenberg endlich, die Haag für angeschwemmt aus dem oberen Donautal annimmt, sieht REGELMAnN” „als Endmoräne eines kleinen Albgletschers, welche der Erosion teilweise entgangen ist und welche auflagert auf einem alten Deckenschotter des Eschachgletschers“. 2.2.0. S. 39 und. 40. 848: 0,48. 25, 2 3u2,0.,8.6 * 4.8..0, 8.600: ° Regelmann, Woher stammt die Moräne auf dem Hohenberg? Centralbl. 2. Bin. etc. 1903. S:; 605, 13? — 49 — Man sieht, je weiter sich die Anschauungen der einzelnen Forscher von der ursprünglichen einfachen Erklärungsweise Prnck’s entfernten, desto kompliziertere Verhältnisse mußten angenommen werden, um alles zu deuten. So viel steht fest, keiner der Forscher, die seither diese Dinge untersuchten, haben für das Faulenbachtal eine andere Erklärungsweise als die PEnck’s angenommen. Wenn so für das Faulenbachtal die ungefähre frühere Ausdehnung festgestellt ist, und für den Nordosten der Schwäbischen Alb das Einzugsgebiet des alten Folgeflusses Kocher-Jagst-Brenz durch Gusen- HAN und SCHEU beschrieben wurde, wäre es interessant, auch für die Schlichem-Bära, für die untere Bära, für die Eyach-Schmiecha die ungefähre frühere Ausdehnung zu wissen. Enprıss' und GUGENHAN” haben sich auch schon mit diesem Problem beschäftigt. Enpriss nimmt eine Linie, die, ungefähr von Oberndorf aus- gehend, im großen und ganzen dem Neckar parallel zieht, Reutlingen berührt und bis Göppingen zieht; dort wendet sie sich nach Norden wieder parallel dem Neckar. Glatt und Neckar von Horb bis Plochingen sieht Enpriss als zum alten Grundgebiet des Aare-Rheins, _ | Mittelrheins und Neckars gehörig an. | Zur Mittelmiocänzeit lag die Weißjurabetaterrasse mindestens in der Stuttgarter Gegend”. Nehmen wir nun an, der Rand dieser Terrasse sei ungefähr ebenso verlaufen wie gegenwärtig, so ergibt sich, daß die Abgrenzung von ENDRISS, wenn sie je etwa so verlaufen ist, eben eine Epoche im Rückschreiten der Alb bildete, also allerhöchstens im ÖObermiocän, vielleicht zu Beginn des Pliocän so ausgesehen haben mag, vorausgesetzt, daß die Entwässerung, wie angenommen werden muß, in konsequenten Flüssen ursprünglich vor sich gegangen ist. Denn daß ein Fluß sich auf der Schichttafel bildete, der zuerst lange Zeit als konsequenter Fluß, wie der Neckar von Horb bis Plochingen, dahinströmte, um dann plötzlich umzubiegen und als obsequent strömender die Schichttafel zu durchbrechen, ist unmöglich. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, daß sich ein Fluß in der Rich- tung des Neckars ursprünglich als subsequenter bildete und einem konsequent fließenden tributär war, daß er aber dann von einem obsequenten angezapft und so dem Rhein tributär gemacht wurde. Doch sind das Spekulationen, die vielleicht nie bewiesen werden können. Merkwürdig ist die scharfe Biegung des Neckars bei Plochingen " Endriß, Die Versinkung der oberen Donau. S. 61. ® Gugenhan, Beitrag zur früheren Ausdehnung. S. 495. °s. Branco, Vulkanembryonen. S. 51. — 119 — infolge der Schurwaldverwerfung und das fast in der Richtung des Neckarstücks Horb-Plochingen gegen Osten und Südosten ziehende Filstal, das seinerseits wieder den scharfen Bogen bei Geislingen bildet und plötzlich im Oberlauf subsequent wird. Durch das Trockental über Geislingen-St. zog ein konsequenter Fluß zur Donau, dessen Tal etwa im unteren Filstal von Geislingen an und im Neckartal zwischen Plochingen und Cannstatt zu suchen ist. Dieser Fluß mag allerdings einige subsequente Nebenflüsse, wenn auch nur kurze, gehabt haben, aus deren einem sich nach der Anzapfung zum Rheinsystem der Neckar oberhalb Plochingen ent- wickelte, der nach und nach rückwärtsschreitend den Oberlauf der Donaunebenflüsse eroberte. Zu groß war dieser kapernde subsequente Nebenfluß nicht, da er sonst schon eine größere Anzahl von Donauflüssen enthauptet und ihr Wasser wieder der Donau zugeführt hätte, wofür kein Grund einzusehen ist; andererseits ist auch das Trockental über Geislingen zur Lone nicht breit und tief genug, um einem zu ausgedehnten Flußnetz als Entwässerungsader dienen zu können. GUGENHAN geht viel radikaler vor. Er nimmt ein Einzugsgebiet der Donau an, das weit über den Neckar hinübergreift und die obere Nagold, dann sämtliche Schönbuchflüßchen und den Neckar bis etwa in die Cannstatter Gegend umfaßt. Fils und Lone sind schon nach seiner Darstellung ein derartiger alter Talzug. Gucentan ist bei der Annahme einer so gewaltigen Ausdehnung des Donaugebiets offenbar beeinflußt von BrancaA; denn sein Zuflußbereich zur Donau deckt sich vollkommen mit der Ausdehnung der #-Terrasse im mitt- leren Teil der Alb, wie Branca sie für die mittelmiocäne Zeit be- weist; er dürfte deshalb für diese ältesten Zeiten entschieden gegen- über von Enpriss der Wahrheit näher gekommen sein. Sehen wir uns nun daraufhin das Vorland der südwestlichen Alb an, so müssen wir konstatieren, daß tatsächliche Beweise für frühere Ausdehnung der heutigen Donauflüßchen schwer zu erbringen sein werden. Die Richtung der anzapfenden Täler ist allerdings etwa dieselbe wie die der angezapften. Außer ganz dürftigen Resten der ehemaligen Talböden bei Onstmettingen, Lautlingen-Ebingen, Hausen am Thann-Tieringen aber wird man wohl nach unzweideutigen ' Diese Darstellung deckt sich ungefähr mit der Ansicht, die Reck in seiner Arbeit „Die morphologische Entwicklung der süddeutschen Schichtstufen- landschaft“ S. 163 ff. gibt. Ich habe auch an das Trockental über Geislingen-St. gedacht, dessen Größe allerdings nicht bedeutend ist. — 18 — Schotterablagerungen im Vorland wegen der tiefen Lage dieses Vor- lands vergeblich suchen. An den Neckarzuflüssen ist ein Entgegen- fließen von Haupt- und Nebenfluß nicht zu beobachten, die Berech- nung des Einzugsgebiets, wie sie GUGENHAN versucht hat, kann, wie wir früher schon gesehen haben, nicht verwendet werden, da die zum Vergleich herbeiziehbaren Flüsse selbst Kümmerflüsse sind und früher eine weit größere Ausdehnung gehabt haben. Die Gründe für dieses negative Resultat dürften in der großen Nähe der nördlichen Erosionsbasis, des Neckar, zu suchen sein. In dem verhältnismäßig weichen Gestein des Vorlands, dem Lias, konnten sich sehr rasch Flüsse einschneiden, die das ehemalige Bild der alten Entwässerung verwischten. Bei der großen Entfernung der Anzapfungsbasis konnte im schwäbisch-fränkischen Stufenland das Bild der ursprünglichen Entwässerung leichter erhalten bleiben; deshalb finden wir z. B. auch die Liasstufe im Osten wenigstens in einzelnen Resten viel weiter nordwärts entwickelt als im Westen, und da wäre zweifellos noch viel mehr davon abgetragen, wenn nicht zahlreiche Verwerfungen sie geschützt hätten!. SCHEU hat für die Anzapfung der Donauflüsse Kocher und Jagst mit ihren Zuflüssen diluviales Alter wahrscheinlich gemacht. Wir werden daher auch vermuten dürfen, daß für die Anzapfungen im Südwesten diluviales Alter anzunehmen ist. Nun steht Koken” auf dem Standpunkt, daß der Nordwestrand der Alb seit Beginn des Diluviums nicht mehr gegen Süden zurückgewichen sei und daß die Flüsse am Ende der Pliocänzeit schon ihr Tal bis zur heutigen Tiefe ausgenagt haben, daß also während der Eiszeit nur Auf- schüttung und Ausräumung, keine Tieferlegung mehr erfolgt sei, daß die Flußterrassen ein Beweis für Aufschüttung, nicht aber für Tiefe des Flußbetts seien. ScHanp? stellt den Satz auf, daß die Donau am Ende des Pliocän mindestens ebensotief, eher noch tiefer ge- flossen sei als heute. Nach diesem müßte das Schmiechatal bei Ebingen und das Eyachtal bei Lautlingen schon ebenso ausgesehen haben wie heute, d.h. die Anzapfung wäre pliocänen Alters. Fossilreste wurden in den Fluß- schottern im alten Talboden zwischen Lautlingen und Ebingen nicht Is. Geolog. Übersichtskarte von Württemberg, Baden ete. von U. Regelmann. 1: 600000. ®? N. Jahrb. f. Min. ete. Beil.-Bd. XIV. ®° Schad, Zur Entstehungsgeschichte des oberen Donautals. Ber. u. Mitt. d. Oberrh. geol. Ver. 1912. Er — gemacht, wenigstens fand ich nirgends etwas davon verzeichnet. So können solche nicht als Beweismittel in Anwendung kommen. Gehen wir daher deduktiv vor und sehen wir, welche Konsequenzen sich aus der Annahme ergeben würden, die Schmiecha habe zu Ende der Pliocänzeit ebendenselben Verlauf gehabt wie heute, das Tal sei ebenso tief, oder wenn wir die ll m tiefe Schuttschicht im Tal- stumpen in Betracht ziehen, etwa 10—11 m tiefer geflossen als heute. Nun müßten, da doch im Diluvium alle Flüsse mächtig aufschütteten, ‘hohe Schuttmassen den Talstumpen bei Ebingen schließen, da ja sonst der Fluß zweifelsohne zur Eyach, die ebenso tief floß wie heute, übergelaufen wäre. Von solchen Resten ist aber zwischen dem Wasserscheidekreuz und Ebingen nirgends etwas zu erblicken, die Schuttmassen des Talstumpen gehen in vollständig gleichmäßigem Gefäll in die Talsohle der Schmiecha über, was an sich schon für gleichzeitigen Ursprung spricht. Es ist also ganz unwahrscheinlich, daß diese Anzapfung prädiluvial ist. Nehmen wir aber die Bildung der Talaue im fast trockenen Riedbachtal (im Talstumpen) und der Talaue des Schmiechatals als gleichzeitige Bildungen an, wofür die morphologische Beschaffenheit des ganzen Talzugs spricht, so können wir sie nur in die Bildung der Niederterrasse, also in die letzte Eis- zeit stellen, vorausgesetzt, daß Aufschüttungen im Flußtal in einem Land, das keine Vereisung, aller Wahrscheinlichkeit nach aber während des Diluviums höhere Niederschläge hatte ', zueinander in Parallele gesetzt werden dürfen. Wenn dieser Schluß berechtigt ıst. müssen wir die Anzapfung ins jüngere Diluvium, in die Zeit der Würmeis- zeit nach PEnck versetzen. Daraus ergeben sich aber einige Folge- rungen für das Eyachtal, die natürlich Zug um Zug auch für das Schlichemtal zutreffen. Dann können diese Täler zu Beginn des Diluviums nicht ihre heutige Gestalt gehabt haben, sondern an ihrer Stelle ist während der ganzen Diluvialperiode, bis zur letzten Eis- zeit ein konsequenter Fluß geströmt. Versuchen wir es, uns ein ungefähres Bild dieses Flusses zu machen. Wir gehen dabei von der Annahme aus, daß nach Koxen der Albrand zu Beginn des Di- luviums etwa an derselben Stelle gewesen sei wie heute. Dann bietet sich uns ungezwungen die untere Bära bei Wehingen als Vergleichsobjekt. Etwa bei Frommern dürfte sich auch die Terrasse des unteren und mittleren Braunjura befunden haben, auf der, aller- dings auch schon als Kümmerfluß, die alte Schmiecha entsprang, um-gegen Süden an Lautlingen vorbei nach Ebingen zu fließen. ' Zu vergl. Gradmann, Oberamt Münsingen. S, 17. = AR Die rasch rückwärts einschneidende Eyach zapfte diesen konsequenten Fluß an, die über der Sandsteinstufe liegenden weicheren Schichten wurden ausgeräumt, so daß bald auch die von Pfeffingen und Meß- stetten herunterfließenden Wasser nach Norden flossen. Darauf wurde durch Rückwärtseinschneiden die Sandsteinstufe zurückgetrieben. Dieser Vorgang ist so weit gediehen, daß jetzt bei Lauffen a. Eyach die an diese Stufe gebundenen Wasserfälle sich finden. Infolge der Ablenkung der von Meßstetten und Pfeffingen kommenden Flüßchen wurde das Talstück Lautlingen—Ebingen trocken gelegt; in dieses trockene Talstück schnitt der Talbach ein, der durch sein sehr starkes Ge- fäll zuerst das Riedbachtal, dann aber die von Onstmettingen kommende Schmeie kapern wird. ‘Das Fehlen jeglicher höher liegenden Fluß- terrasse im Eyachtal erklärt sich mühelos aus der geologischen Be- schaffenheit des Untergrunds. Die Tonschichten, die überall am Talhang anstehen, geben und gaben nach jedem größeren, länger andauernden Niederschlag Anlaß zu Verrutschungen, so daß eine Er- haltung von Terrassen fast zur Unmöglichkeit wird. Dagegen ist die verhältnismäßig geringe Wassermenge der Schlichem nicht im- stande gewesen, den alten Talboden der Bära auszuräumen, sondern sie zieht in engem, tief eingeschnittenem Tal von Tieringen nach Ratshausen. Der Talquerschnitt zeigt bei Hausen a. Thann eine deutlich ausgeprägte Hochterrasse, die ihre Entstehung aber nicht der Schlichem verdankt, die vielmehr ein Rest des alten bis hier deutlich zu verfolgenden Bäratalbodens, mit gut wahrnehmbarem, gleichsinnigem Gefäll bis Tieringen, ist. Talformen. Sehen wir uns zunächst den Talquerschnitt an, ohne auf Ter- rassen zu achten, so fällt das ganz verschiedenartige Verhalten an einem und demselben Fluß auf. Während beispielsweise der Quer- schnitt des Talstumpens der Schmiecha über Lautlingen unverhältnis- mäßig breit ist, verengert sich dieser Talzug bis unter Straßberg fast trichterförmig, um dann schließlich sehr schmal zu werden. In diesem breiten Tal pendelt der Fluß mäandrierend hin und her, so- bald aber etwa Kaiseringen erreicht ist, wird das auffallende Mäan- drieren des Flusses entschieden weniger eindrücklich., Im engen Tal ist schon gar nicht so viel Raum zur Entwicklung dieser Mäan- der. Das Bäratal zeigt während seines ganzen Verlaufs einen sehr breiten Querschnitt; aber auch hier ist das Flußtal im Oberlauf breiter als im Unterlauf. Das Lippachtal nımmt normalerweise fluß- — 201 — abwärts an Breite zu. Vom Donautal sind die Stücke Tuttlingen- Fridingen und Langenbrunn-Neidingen verhältnismäßig sehr breit, stellenweise weit über 1 km, auf den anderen Strecken ist das Tal sehr eng. Die Talhänge sind an den Talstücken mit weitem Quer- schnitt wenig steil, so daß der Querschnitt ungefähr das Profil der Seite 171 aufzuweisen hat. Das ist der Querschnitt des Schmeientals bei Ebingen,; im Donautal treten vielfach Felsen am oberen Rand auf, so daß eine ganz kleine Modifikation eintritt. Wenn aber der Querschnitt des Tals eng ist, also z. B. im Schmeiental unterhalb Kaiseringen, oder im Donautal auf den oben nicht erwähnten Strecken zwischen Tuttlingen und Sigmaringen, ergibt der Querschnitt des Tals etwa folgendes Bild. So beispiels- weise das Schmeiental bei den Schmeienhöfen. Der Unterschied N N liegt darin, daß breite Terrassen — erhalten sind. Die Erhaltung dieser Terrassen ist an die Beschaffen- heit des Untergrunds des Flußtals —— gebunden. Ist das Flußtal im Talquerschnitt der Schmiecha unterhalb der Schmeienhöfe (mit Terrasse). Maßstab der Länge 1:25 000. & „ Höhe 1:10000, oberen Weißen Jura eingesenkt, so entsteht ein schmaler Talquer- schnitt, die Terrassen sind erhalten; das Tal wird vielfach so schmal, daß nicht einmal Straßen hindurch- führten. Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht das Tal der Schmeie unterhalb Kaiseringen. Die eine, ältere Straße verläßt den Talzug schon bei Straßberg, um linksabbiegend die Höhe bei Winterlingen zu erreichen auf dem Weg nach Sigmaringen. Die andere Straße verläßt das Schmeiental bei Kaiseringen und wendet sich nach Frohnstetten, Stetten am Kalten Markt. Unterhalb Kaiseringen ist im Tal kein Raum mehr zum Bau einer Landstraße. Erst die Eisen- bahn hat in einer ganzen Anzahl von Tunnels und Einschnitten den unteren Teil des Schmeientals durchbrochen auf dem Weg nach Sigmaringen. Ähnlich ist es im Donautal. Während zwischen Tutt- lingen und Fridingen das Tal breit ist, verengt es sich zwischen Fridingen und Langenbrunn ganz bedeutend; auf dieser Strecke aber ist es im oberen Weißjura angelegt (in d und z, also in Fels- massen); ebenso ist’s zwischen Neidingen und Inzigkofen. Verläuft das Tal aber im unteren Weißjura oder in Weiß { (wie das Donautal bei Inzigkofen-Sigmaringen), so ist es preit, die Hänge wenig steil. el Der Grund für dieses merkwürdige Verhalten ist leicht einzu- sehen. Das tonig-mergelige Weißjura y vermag der seitlichen Erosion nur geringen Widerstand zu leisten, das überlagernde Gestein wird unterminiert und bricht ab, und das Tal wird erweitert. Deshalb sind die im unteren Weißjura oder gar im Braunen Jura verlaufen- den Täler, das der Bära und der Lippach, verhältnismäßig so breit: Diese Verhältnisse lassen auch bei Lautlingen z. B. den Querschnitt des Talstumpens so sehr anwachsen, besonders da auch die wohl- geschichteten Kalke sehr rasch der Erosion zum Opfer fallen. Der Talquerschnitt ist also ganz wesentlich abhängig von der Gesteinsbeschaffenheit der Talhänge. | Ganz auffällig ist auch der Wechsel mäandrierender und verhältnismäßig gerader Talstücke; so ist das Schmeiental von Lautlingen bis unter Straßberg fast gerade; erst von da an beginnt das Mäandrieren des Tals, das dem Fluß den Namen, die Schmiegende, gegeben hat. Im Donautal sind wiederum die Strecken von Fridingen bis Langenbrunn und von Neidingen bis Dietfurt-Inzigkofen besonders mäandrierend; die anderen Talstücke verlaufen gerade oder doch nur wenig gekrümmt. Daß auch in diesen Talstücken früher Mäanderbildung war, beweisen die Umlaufberge der Hochterrasse, z. B. der Honberg bei Tuttlingen, das Buttenloch bei Neidingen-Tiergarten. Es bleibt also nur die Annahme möglich, daß mit der Einsenkung der Mäander in Weißjura y eine rasche seitliche Erosion einsetzte, die den jeweiligen Sporn des Mäanders wegräumte und so ein breites, nur wenig gekrümmtes Flußtal schuf. Die Mäander auf tektonische Störungen zurückzuführen, wie Sch#an! für -das Schmeiental annimmt, dürfte nach den Arbeiten von Davıs?, Scheu? und Dietrich * nicht haltbar sein. Von so zahlreichen Verwerfungslinien im Schmeiental, wie zur Entstehung aller Mäander notwendig wären, konnte ich trotz ein- gehender Beobachtung nichts bemerken, und aus der Lagerung von Ö-Bänken auf eine Aufpressung einer großen Scholle zu schließen, ist unstatthaft, da diese Ü-Bänke in Mulden vom Muldenrand oft sehr steil gegen das Muldeninnere einfallend erscheinen. | ' Schad, Zur Entstehungsgeschichte der oberen Donau. S. 139—140. ? Davis, The drainage of Cuestas, — Davis-Rühl, Die erklärende Beschreib. d. Landformen. 1912. > Scheu, Zur Morphologie des schwäb.-fränk. Stufenlandes. * B. Dietrich, Morphologie des Moselgebiets zwischen Trier und Alf. Verh. d. nat. hist. Ver, d. preuß. Rheinl. u. Westfalens. Jahrg. 67. 1910. — 203° — Das Bestehen von Mäandern in der Hochterrasse solcher Tal- stücke, die jetzt keine Mäandrierung aufweisen, beweist, daß wir es hier mit eingesenkten Mäandern zu tun haben, die durch die Hebung des Heubergs mit der dadurch belebten Tiefenerosion bei gleich- zeitiger Abnahme der Niederschläge und dadurch der Wasserführung der Flüsse entstanden. Allerdings sind im Gebiet der Niederterrasse oder des heutigen Flußniveaus keine oder fast keine Umlaufberge nachzuweisen, die Ruine Dietfurt und den Sigmaringer Schloßberg ausgenommen. Aber die bedeutende Verringerung der Wassermenge der Donau durch die Versinkung bei Möhringen und Fridingen und die Abzapfung des sicher wasserreichen Schmeienoberlaufs machen es verständlich, daß die so verminderte Wassermenge die Felsen nur außerordentlich langsam zu zerstören vermag, denen der ungeschwächte Strom auswich. Daß aber trotzdem die Sporne teilweise so unter- miniert sind, daß deren Felsoberfläche wie ein schmaler Grat, fast mauerartig vorspringt, zeigt ein Fall im Schmeiental kurz vor Ober- schmeien. Die Flußterrassen verhalten sich ganz ähnlich. Zunächst gilt es, die Neckarzuflüsse Eyach und Schlichem auszuscheiden. In beiden gelang es mir nicht, irgendwelche größeren höherliegende Terrassenreste nachzuweisen; im Schlichemtal sind eine ganze Anzahl von Felsterrassen zu beobachten, die aber mit Flußterrassen nichts zu tun haben. Ich habe bei der Besprechung der Anzapfung die Gründe für die schlechte Erhaltungsmöglichkeit der Terrassen schon besprochen. In den Tälern der Donau und ihrer Zuflüsse sind Terrassen gut erhalten in den Talstücken, die in Weißjura d und & eingesenkt sind, schlecht oder gar nicht in denjenigen, in denen das Tal im unteren Weißjura verläuft. Im allgemeinen kann über die Terrassen der im behandelten Gebiet liegenden Flüsse der Satz aufgestellt werden, daß es sich ganz vorwiegend um Felsterrassen, nicht um Aufschüttungsterrassen handelt; es sind also nur Ruhe- pausen bei der Talvertiefung, um die es sich bei der Bildung dieser Terrassen handeln kann, nicht aber um Ausfüllung eines vorher tiefer erodierten Tals. Diese Felsterrassen zeigen deutlich das Bild, das die Schmeienhöfe darstellt; zwei oder wenn man die leichte Einsenkung am oberen Talrand auch als Terrasse faßt, wie sie eigentlich auch aufzufassen ist, drei gut voneinander sich unter- scheidende Terrassen sind zu beobachten." Die untere Terrasse ist durchschnittlich zwischen 5 und 20 m über dem Flußbett: die I Siehe dazu Tafel IX. A mittlere (Hochterrasse) etwa 30—40 m und die dritte 60— 100 m über dem Flußbett. Leider war es mir der Kürze der Zeit wegen nicht möglich, genaue Höhenaufnahmen von allen beobachtbaren Terrassen aufzunehmen. Nun ist ja überdies die eingehende Studie von ScHAD: „Zur Entstehungsgeschichte des oberen Donautals“, veröffentlicht worden, der hauptsächlich auch den Terrassen besonderes Interesse geschenkt hat, da sie die wichtigsten Etappen in der Entstehungs- geschichte eines Flusses bilden, so daß sich eine weitere Aufnahme derselben erübrigt. Im Donaugebiet ist es oft unendlich schwer, Terrassen einwandfrei festzustellen. Erstens sind sie oft nur noch als kleine, vom Gehängeschutt zugedeckte, nischenartige Gebilde zu erkennen, deren Höhenlage einwandfrei festzustellen nicht immer ganz leicht ist; dann sind Flußterrassen vielfach mit Felsterrassen am Talhang identisch. Die Feststellung, ob man es mit einer durch Flußerosion geschaffenen Felsterrasse, oder mit einer durch Schutt- gekriech, nicht durch Flußtätigkeit bloßgelegten Terrasse zu tun hat, ist nur aus durch Zusammenstellung und Vergleich mit danebenliegen- den Flußterrassenresten möglich. Bemerkenswert ist die Hochterrasse bei Kaiseringen. Sie ist außerordentlich breit und zeigt gegen das Flußtal zu eine kleine Erhöhung, so daß man geradezu von einem Um- laufberg reden kann. Merkwürdig ist, daß die Siedlung Fronstetten nicht auf dieser Hochterrasse, sondern direkt daneben auf der Hoch- fläche liegt, obgleich die Hochterrasse reichlich Raum zur Entwick- lung einer Siedlung geboten hätte. ScHap weist den Terrassen, mit Ausnahme einer einzigen, mindestens pliocänes Alter zu. Nach ihm war die Donau zu Beginn der Diluvialzeit eher noch etwas tiefer eingesenkt als heute. Alle Talzüge sind deshalb, wenn sie zur heutigen Talsohle reichen, mindestens in pliocäner Zeit so weit ausgegraben worden. Nach dieser Anschauung könnten doch aber auch die Trockentäler, die heute gleichsohlig mit der Niederterrasse münden, nicht diluvialen Alters sein, wie doch angenommen wird !, sondern müssen im Pliocän ebenso tief ausgegraben sein wie heute. Damit müßten wir aber ganz andere klimatische Verhältnisse an- nehmen, als wir im allgemeinen dem Diluvium zuzuschreiben geneigt sind. Eine Terrasse im Donautal verdient ganz besonderes Interesse; sie ist vielfach als Aufschüttungsterrasse ausgebildet, so bei Tutt- lingen, Nendingen, Stetten, stückweise überhaupt bis Fridingen, bald auf dem rechten, meist aber auf dem linken Donauufer. Auf ! Oberamtsbeschreibung Münsingen, 1912. S. 24. a dem Talstück Langenbrunn—Neidingen nur selten deutlich wahr- nehmbar, tritt sie bei Gutenstein wieder auf. An sie knüpft sich die Frage des Aufstaus der Donau. Zweifellos war das Donautal durch Gletschereis und Moränenschutt zeitweilig gesperrt. Nun erhebt sich die Frage, ob die Sperrung so vollständig war, daß der Fluß ganz gestaut wurde oder ob unter der Eisdecke so viel Raum war, daß der Fluß wenigstens größtenteils Durchlaß fand. Während Koren ! und Haag? den Standpunkt vertreten, daß der Stau ein voll- ständiger gewesen sei, nimmt GuGEnHAN” an, daß das Wasser sich doch noch einen Auslaß habe schaffen können. Die morphologischen Verhältnisse bei Sigmaringen sprechen eher für GuGEnHan. Der Fluß zog ursprünglich am südlichen Talhang dahin, durch den herein- brechenden Moränenschutt wurde er an den nördlichen Talhang ge- drängt, suchte und fand dort einen Ausweg, der sich immer tiefer in die Felsen einsenkte und so den merkwürdigen Umlaufberg schuf, auf dem das Schloß steht. Im Mäanderzyklus ist dieser merk- würdige Umlaufberg nicht zu erklären. Auch Sc#ap* nimmt einen Aufstau der Donau an, der so hoch gewesen sei, daß die Donau das ganze Tal ausgefüllt und bei Vilsingen Sande aufgehäuft habe. Als Merkmale des Aufstaus eines Flusses verlangt Rıcntnoren® Aufschüttung einer horizontal abgelagerten Stauterrasse. Von einem derartigen Verhalten dieser Terrasse habe ich nirgends etwas finden können, und auch SCHAD gibt dieser Terrasse ein gleichsinniges Gefäll, das dem der andern Terrassen entspricht. Damit muß aber angenommen werden, daß der Aufstau nicht vollständig, daß mindestens ein Abfluß möglich war, der natürlich nur unter dem Eis erfolgen konnte. Wird aber die Möglichkeit eines vollständigen Aufstaus durch das Fehlen einer horizontal abgelagerten Stauterrasse von der Hand gewiesen, so fällt damit zugleich die Möglichkeit des Überfließens der Donau bei Tutt- lingen; denn an verschiedene Stauseen kann nicht gedacht werden, da eine Vergletscherung der Alb nicht nachzuweisen ist, und somit die Möglichkeit, daß das Donautal durch aus den Seitentälern ' Koken, Beiträge z. Kenntnis des Schwäb. Diluviums. ‚Jahrb. f. Min. etc. XIV. Beil.Bd. 1901. ® Haag, Zur Talgesch. der oberen Donau. Centralblatt f. Min. etc. 1903. ° Zur Talgeschichte der oberen Donau. Dies. Jahresh. 1903. * Schad, Zur Entstehungsgeschichte etc. Ber. u. Mitt. d. Oberrh. geol. Ver. 1912, ° Führer für Forschungsreisende. Berlin 1901. S. 208. an kommende Gletscher gesperrt würde, wie Koken und Haac! an- nelımen, ausgeschlossen werden muß. Wenn wir mit ScHap je eine Stauhöhe annehmen wollen, daß die Donau Vilsingen in 650 m Meereshöhe erreichte. so ist auch bei einem derartigen, noch nicht absolut sicher bewiesenen Aufstau ein Überfließen bei Tuttlingen— Spaichingen nicht möglich und noch weniger eine Aufschüttung von Geröllen in 696 m Höhe auf dem Hohenberg bei Denkingen nach der Annahme von Haac. Die Niederterrasse ist von ganz eminenter Wichtigkeit für die Lage der Siedlungen, doch darauf ist später einzugehen. Noch einer Erscheinung, die zu den Talformen zu zählen ist, möchte ich Erwähnung tun, der Flußmäander. In allen Tälern der Donauseite, sofern sie nicht ganz schmal sind, wie es teilweise an den oben näher bestimmten Stellen der Fall ist, pendeln die Kümmer- flüsse in zahllosen Mäandern umher, oft ihre Wasser teilend, dann wieder sammelnd, wie die Bära unterhalb Bärental, viele Altwasser hinterlassend, wie an der Donau, oft einen ganz andern Weg ein- schlagend, wie die Bära vor Fridingen, wo eine stattliche Reihe perlschnurartig aneinandergereihter Auskolkungen den Verlauf des alten Flußbetts zeigt, und wo die Eisenbahn gezwungen ist, in einem Viadukt diesen alten Talzug zu überschreiten, der bei Hoch- wasser zeitweilig unter Wasser gesetzt wird. Die gegenwärtigen | Flüsse der Lehnenseite haben ein so wenig tiefes Bett, daß sie | selbst bei Niederwasser fast bordvoll erscheinen und bei Hochwasser | weithin die Talaue überschwemmen und dann sehr leicht ein anderes Bett sich auswühlen können. Im oberen Bäratal ist großenteils künstlich das alte Mäanderflußbett trocken gelegt und ein fast ge- rades angelegt, einmal, um zu Wiesen geeigneten Grund zu be- kommen, dann aber und hauptsächlich, um den Wassern einen möglichst raschen Abfluß zu verschaffen und so die Hochwasser- gefahr zu verhindern. Diese Mäander sind die jüngsten und zugleich die vergänglichsten unter den Erscheinungen, die die Talgeschichte der Flüsse zusammen- setzen. Zusammenfassung. Zum Schlusse dieses ersten morphologischen Teils mögen die hesultate kurz zusammengefaßt werden: ! Haag, Zur Talgeschichte der oberen Donau. Centralbl. f. Min. etc. 1903. S. 599. wa — a) Die Alb war schon zur Mittelmiocänzeit eine Schichtstufenlandschaft. Der Steilabsturz befand sich in mittelmiocäner Zeit etwa 23 km weiter nördlich als heute. Es kann also nicht angenommen werden, daß sie erst im zweiten Zyklus zur Schichtstufenlandschaft geworden ist; dann bleibt nur die Er- klärung aus einem Schichtgewölbe im ersten Zyklus. b) Die geologische Beschaffenheit der Alb bedingt geologische Verkarstung derselben, die sich in der Bildung zahlreicher Dolinen und Höhlen zeigt. Poljenbildung ist wegen des einfachen Aufbaus und der ungestörten Lage der Schichten nicht zu erwarten. Der Karrenbildung sind die klimatischen Verhältnisse nicht günstig. Die Dolinen sind im wesentlichen an Trockentäler gebunden, bei deren Trockenlegung sie eine bedeutende Rolle spielten. c) Die Trockentäler der Alb sind Erosionstäler. Infolge ihrer Gefällsverhältnisse und ihrer morphologischen Beschaffenheit ist es möglich, sie in zwei Gruppen einzuteilen, die je eine verschiedene Erosionsbasis haben. Die jugendlichen münden fast ausnahmslos auf der Niederterrasse, was ihre diluviale Bildung wahrscheinlich macht. Gerölle sind in den hochliegenden, alten Trockentälern nur in Seltenen Fällen nachzuweisen, da Juragerölle sehr rascher Ver- witterung ausgesetzt sind. Die beiden Arten von Trockentälern gehen vielfach ineinander über und zeigen eine rasche Erniedrigung der Erosionsbasis. Die alten, greisenhaften Trockentäler der Hochfläche sind wesent- lich bei der Herausbildung der oberen Stufe der Alb beteiligt, während die jetzt wasserführenden Flüsse hauptsächlich damit beschäftigt sind, die Stufen zu zerstören. d) Über die ehemalige Ausdehnung des heutigen, der Donau tributären Flußnetzes läßt sich im behandelten Gebiet, den Talzug Eschach—Prim—Faulenbach ausgenommen, weder aus der Größe des Querschnitts der Talstumpen, noch aus dem Verhalten der Flüsse ım Vorland etwas ganz Exaktes feststellen. e) Hinsichtlich der Quellverhältnisse ist eine Scheidung nötig. Verlaufen die heutigen Entwässerungsrinnen im mittleren oder oberen Weißen Jura, so findet man fast ausschließlich (von kleinen Gehänge- und Schuttquellen abgesehen) Talquellen, die an einen mit der Versickerungsmenge des Wassers auf- und abschwankenden Karstwasserspiegel gebunden scheinen. Sind dagegen die Flüsse bis zum unteren Weißen Jura eingegraben, so treten die wasser- undurchlässigen Schichten des Weißen Jura als Quellhorizonte auf — 8 — und geben Schichtquellen den Ursprung, die in schwankender Höhe am Talhang hervorbrechen, je nach der Lage der uudnre Blasien Schicht im Verhältnis zur Talsohle. f) Die Talformen sind wesentlich abhängig von der geologischen Beschaffenheit der Talhänge. Im unteren Weißen Jura trifft man weite, wenig gekrümmte Flußtäler, in denen Flußterrassen nicht oder nur schlecht erhalten sind. Im mittleren Weißen Jura (6) und im oberen (e) sind die Täler eng (schmal), die Hänge steil, oft senkrecht, Terrassen sind gut erhalten. II. Siedlungskunde. Allgemeines. Wenden wir uns nun zur Besiedlung des Gebiets, so gilt es, nochmals die Grenzen festzusetzen, innerhalb deren sich dieser Teil zu bewegen hat. Es handelt sich vorwiegend und fast ausschließlich um die Beziehungen, die zwischen der Morphologie des Gebiets und seiner Besiedlung festgestellt werden können. Bevölkerungsstatistische Fragen, wie Schwankungen der Bevölkerung und ähnliche Probleme, fallen, wenn sie nicht mit der Landesnatur zusammenhängen, voll- ständig aus dem Rahmen der Arbeit und sind deshalb auch nicht berücksichtigt. Auch verzichte ich auf Herstellung einer Volksdichtekarte ; erstens ist das Gebiet viel zu klein, um tiefgreifende und für unsere Fragestellung wesentliche Gegensätze zeitigen zu können; zweitens ist die Bevölkerungsdichte nur sehr bedingt abhängig von der Morpho- logie. Verkehrsstraßen knüpfen ja meist an morphologisch günstige Gegenden an, in unserem Gebiet an die Talzüge; und die Industrie- zentren, die ja überall die größte Dichtigkeit aufzuweisen haben, suchen meist größere Verkehrsstraßen auf. Insofern ist ein indirekter Zusammenhang zwischen Morphologie und Bevölkerungsdichte fest- zustellen; Onstmettingen z. B. aber mit seiner rein zufällig dorthin verpflanzten Feinmechanik bekäme eine nur auf historischer Grund- lage zu verstehende hohe Bevölkerungsdichte, und daß die Dörfer um Ebingen durch ihre Gravitation zum Industriezentrum günstiger dran sind als entferntere Heubergorte, ist auch historisch zu verstehen, und keine Schlüsse sind daraus auf Gunst oder Ungunst der Lage an sich möglich. Dann aber, was mir noch weit wesentlicher war, ist die Art der Berechnung der Volksdichte. Gewöhnlich wird sie auf die gesamte Markung bezogen, in manchen Arbeiten der Wald be- = — sonders berechnet und aus dem Markungsverband ausgeschieden. Wenn die ganze Markung zugrunde gelegt würde, so kämen nach der Lage der Markungen Resultate heraus, die für die Morphologie ganz belanglos wären. Nehmen wir beispielsweise Ebingen. Die Siedlung ist eine Talsiedlung, weitaus der größte Teil der Riesen- gemarkung Ebingens aber liegt auf der Hochfläche. Ich bekäme also für die Hochfläche um Ebingen eine ebenso hohe Bevölkerungs- dichte wie fürs Tal, ein Ergebnis, das einzig statistisches Interesse hat, bei der Fragestellung der Aufgabe aber geradezu irreführend ist. Mich interessiert dagegen die Tatsache, daß dort im Tal, an der Ein- mündung des bedeutenden Seitentals, eine große Siedlung sich ent- wickelte, und daß die Hochfläche zu beiden Seiten unbesiedelt blieb. Ist so die Arbeit im wesentlichen beschränkt auf die Siedlungen und wird die Bevölkerung nur erst in zweiter Linie in Betracht ge- zogen,' so dehne ich dagegen die Arbeit in einem geschichtlichen Überblick auch auf die vorgeschichtliche Besiedlung des Gebiets aus. Aber auch hier ist der oberste Grundsatz: Beziehung zur Morphologie. Nur so kann schließlich ein Bild zutage kommen, wie sehr die Landesnatur die Ansiedler beeinflußt hat. Der Überblick über die prähistorische Besiedlung des Gebiets ist um so leichter möglich, als für das ganze Gebiet gute Fundberichte und schon eine Anzahl archäologischer Karten vorliegen, außerdem einzelne Perioden schon eingehender behandelt sind. Vordeutsche Besiedelung. a. Paläolithische Besiedelung. Wir müssen nun zunächst versuchen, uns ein Bild der Land- schaft zu machen, in der sich die ersten Ansiedler niederließen. Die ersten nachweisbaren Spuren menschlicher Besiedlung fallen ins Diluvium, und zwar gegen Ende dieser Epoche. Die ersten Kulturen, die in paläolithischer Zeit auf dem Boden der Alb anzutreffen sind, weisen darauf hin, daß das Klima ein arktisches war, also auf eine der Glazialzeiten. Das wird bewiesen durch die faunistischen Ein- schlüsse der untersten der verschiedenen nachweisbaren Kulturen, dem Mousterien, das zahlreiche Renntierknochen und Geweihe enthält. Die Hochfläche der Alb war während dieser Zeit eine Tundra. Zu dieser Annahme gelangt Granmann' auf botanischem Weg, da sonst das Absterben und Aussetzen der Waldbedeckung der Alb nicht zu ı R. Gradmann, Das Pflanzenleben der Schwäb. Alb. 1900. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 14 —. 210 — erklären wäre. Der im Tertiär reichlich auf der Alb vorhandene Wald fehlt jetzt vollständig. Nur in den Flußtälern, die zur selben Tiefe wie heute eingeschnitten waren, und an deren Hängen war Wald vorhanden. Die Talsohlen waren meist sumpfig. Die Siedlungen der ersten Bewohner unseres Landes, das zur Zeit ihrer Niederlassung arktischen Charakter trug, mußten daher vorzugsweise Schutz gewähren. Diese Ansiedler suchten deshalb die Höhlen auf, an denen der obere Jura so reich ist. -Doch trafen sie eine geschickte Auswahl unter den vielen Höhlen. Für sie als | Jäger kamen nur in Betracht solche Höhlen, die möglichst nahe den Trinkplätzen ihrer Beutetiere lagen, also solche, die sich in | einem Flußtal befanden. Mit Vorliebe wurden Plätze an der Ein- mündung eines Seitentals gewählt. Durch die systematischen Aus- grabungen R. R. Schmipr’s können wir uns ein ungefähres Bild der paläolithischen Besiedlung unseres Landes machen. Ganz un- besiedelt war die Hochfläche; alle Höhlenfunde wurden in den Flußtälern gemacht. Im Südwesten der Alb wurden nur zwei unbedeutende Wohnstellen aufgefunden, die eine im | Schmiechatal, eine Doppelgrotte bei Straßberg am linken Talhang, und eine im Donautal beim Propstfels bei Beuron. Beide sind einer späteren Epoche des Paläolithikums, dem Magdalenien zuzuweisen. | Das Donautal mit seinen Nebentälern, Faulenbachtal, Lippachtal, | Bäratal und Schmiechatal, nebst den bedeutenderen der zur Donau auslaufenden Trockentäler wurden durch R. R. Schmipr systematisch abgesucht, außer den beiden oben angeführten aber keine weitere | Siedlung aufgefunden. Weitaus die meisten der altsteinzeitlichen Siedlungen sind im Gebiet der mittleren Alb, im Aachtal nach- gewiesen. Der berühmteste der dortigen Fundplätze ist der Sirgen- stein!. Direkt neben dieser Höhle liegen noch verschiedene andere, sämtlich in dem von der Donau früher benützten Flußtal, wie die: beiden Hohlefels, der Gantersfelsen, der Schmiechenfels. Eine. ver- einzelte Siedlung ist im Lautertal bei Lauterach. Der östliche Teil der Alb ist wieder etwas spärlicher besiedelt als der mittlere Teil, doch immerhin noch reichlicher als der westliche. Die bewohnten Höhlen liegen ausnahmslos ım Flußtal Alle Höhlen haben eine bestimmte Höhenlage über dem Fluß. Die am tiefsten liegenden sind etwa D m, die höchsten bis 40 m über der heutigen Talaue. Die höher als 40 m liegenden Höhlen dienten wohl Raubtieren, besonders Höhlenbären, als Unterschlupf, waren aber nıe !R. R, Schmidt, Der Sirgenstein. 1906. — 21 — von Menschen bewohnt. Diese Auswahl der Höhlen wird sofort ver- ständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß diese Ansiedler Jäger waren, die das Wild hauptsächlich an den Wasserstellen erlegten, die deshalb leicht und rasch zu erreichen sein mußten. Die untere Grenze wird aus Furcht vor Hochwasser eingehalten worden sein. Vorgezogen wurden die Höhlen, die vor der eigentlichen Höhle noch eine vom Fels überdachte Terrasse aufwiesen, die als Beobachtungsposten dienen konnte. Diese Gesichtspunkte machen es verständlich, daß die hoch oben am Talhang mündenden Höhlen in den Tälern der Neckarseite besonders in der mittleren (Uracher) Alb nicht besiedelt waren. Das Landschaftsbild veränderte sich während der paläolithischen Zeit mehrmals infolge von Klimaänderungen; auf die letzte große Vereisung folgte ein Steppenklima'!, das sich noch in den Relikten der Steppenvegetation auf der Alb nachweisen läßt”. Der weitaus größte Teil dieser Steppenvegetation ging infolge des postglazialen Kältevorstoßes (des Bühlvorstoßes) wieder ein. Doch war die Schwankung nicht stark genug, um die Albhochfläche wieder ganz in eine Tundra zu verwandeln. Unter allen Umständen aber blieb der westliche und mittlere Teil der Alb eine „offene Landschaft“ ? *, d.h. ohne größere Waldkomplexe, so daß die Besiedler mit ihren primitiven Werkzeugen dem Vordringen des Waldes erfolgreich Widerstand leisten konnten. Der Nordosten der Alb dagegen, der Aalbuch, bedeckte sich bald mit dichtem Wald und bereitete dauernder Besiedlung bis ins Mittelalter unüberwindliche Hindernisse. Deshalb treffen wir auch dort erst Rodungssiedlungen in größerer Zahl im 8. bis 11. Jahr- hundert. ß. Neolithische Besiedelung. Während die Paläolithiker ausschließlich Jäger gewesen waren, bürgerte sich im Neolithikum der Ackerbau ein. Wieder lockte die Alb die Besiedler an; doch waren es jetzt nicht die sumpfigen, dichtbewaldeten Täler, die zur Besiedlung Anlaß gaben, da diese den Ackerbau, wenn nicht ausschlossen, so doch fast unmöglich machten, sondern die offene, steppenartige Landschaft der Hoch- fläche. Die Siedlungsform war entsprechend anders. Die Neolithiker !R. R. Schmidt, Der Sirgenstein. ®?R. Gradmann, Das Pflanzenleben der Schwäb. Alb. 1900. SR. Grednann le: * Hausrath, Pflanzengeogr. Wandlungen der deutschen Landschaft. 29102:8.788; 14* — 212 — setzten sich in großen Dörfern mit Flureinteilung fest. Manche Forscher ' nehmen sogar Gewanneinteilung der Markungen an. Das Volk ist ein „intelligentes, friedliches, ackerbautreibendes Volk, in seinen Volksgewohnheiten, insbesondere der Besiedlungsform des Haufendorfs mit begrenzter Dorfmarkung den Germanen besonders verwandt in festen, auf Dauer berechneten Wohnstätten auf den Hochufern der Flüsse“ ?. In meinem Gebiet sind allerdings bis jetzt ebenfalls nur wenige neolithische Siedlungen nachgewiesen; aber es ist auch noch nicht so systematisch untersucht wie einzelne Teile des Unterlandes, in der mittleren Neckargegend. Auf der Alb scheint zwischen der paläolithischen und der neolithischen Besiedlung ein Hiatus zu be- stehen°®, der aber durch die Änderung des Klimas ın der Nacheiszeit genügend erklärt wird. Der wenig seßhafte Paläolithiker zog seiner Jagdbeute nach Norden nach, wo deshalb auch tatsächlich Übergänge zwischen paläolithischer und neolithischer Besiedlung zu finden sind. Die Neolithiker waren als Ackerbauern seßhaft, trieben Vieh- zucht und hatten Haustiere. Ihre Werkzeuge waren noch aus Stein, der sorgfältiger behauen wurde als in der altsteinzeitlichen Epoche. Daneben hatten sie eine schon ziemlich ausgebildete Keramik. Ihre Grabstätten sind teils Grabhügel, teils schwer und nur durch Zufall auffindbare Flachgräber. Neolithische Siedlungen sind bei Tuttlingen*, Ebingen, der Beilsteinhöhle, Inzigkofen, Stetten in Hohenzollern, Wildenstein nach- gewiesen. Auch bei Tieringen wurde ein neolithisches Beil gefunden, das auf eine nicht zu weit davon entfernte Siedlung hinweisen würde. Diese ackerbautreibende, friedliche Bevölkerung wurde durch ein kriegerisches Jägervolk, das auf der Grenze zwischen Neolithikum und Bronzezeit steht, aber noch zum Neolithikum zählt, vertrieben. Die Haufendörfer wurden zerstört und der Verwahrlosung überlassen. Diese neueindringende Bevölkerung siedelte sich nun nicht mehr in ı S. Fundberichte aus Schwaben. Herausg. v. Württ. Anthropolog. Verein. IX. S. 26. ” S. Fundberichte aus Schwaben. IX. S. 35. ° Schliz, Urgeschichte Württembergs 1909. * Die Fundplätze sind nach den Fundberichten aus Schwaben, E.Paulus, Kunst- und Altertumsdenkmale i. Kgr. Württ. 1875 und 1877, Das Königreich Württemberg. II. 1904 fl, Zingeler, Die Bau- und Kunstdenkmale in den hohenzoll. Landen. 1896. Wagner, Fundstatistik aus Baden 1908—1911. Tröltsch, Die älteste Bronzezeit in Schwaben. Württ. Vierteljahrsh. 1889, zusammengestellt. — 213 — offenen Dörfern an wie die Ackerbauern, die Bandkeramiker, sondern sie siedelten sich auf leicht zu verteidigenden, freien Umblick ins tiefer liegende Vorland gewährenden, das umliegende Ackerland beherrschenden Höhen an. Dort gründeten sie ihre dicht gedrängten, mit Wall und Graben geschützten Siedlungen. Reste dieser Sied- lungen sind nachgewiesen auf einzelnen Albvorbergen, z. B. dem Lochenstein, bei Mühlheim, Tuttlingen, Stetten a. D.' Diese Bevölkerung hatte aber auch schon teilweise Bronze- waffen. Ihre Gräber sind meist Flachgräber, daher schwer auf- zufinden. y. Besiedelung der Bronzezeit. Einen Höhepunkt der Besiedlung der Alb bildet das nun fol- gende Bronzezeitalter (s. Oberamt Münsingen S. 188). Zu Beginn dieser Epoche war die Bevölkerung nicht seßhaft, sondern zog mit den Viehherden besonders im Sommer von Weideplatz zu Weideplatz. Erst nach und nach machte sich ein allmählicher Übergang zur Seßhaftigkeit bemerkbar. Die Grabhügel und damit auch die Sied- lungen dieser Zeit werden durch zwei Faktoren bestimmt, durch die Nähe des Wassers und der Weideplätze. Talränder werden bevor- zugt, weil sie zugleich auch Schutz gewähren. Talsohlen werden auch in dieser Epoche gemieden. Eine stattliche Anzahl von Sied- lungen sind für diese Epoche auf der südwestlichen Alb nach- gewiesen bei Laiz, Beuron, Hossingen, Meßstetten, Bitz, Sigmaringen, Straßberg, Fridingen, Mahlstetten, Frohnstetten, Gutenstein, Winter- lingen, Tuttlingen, Wehingen, Bärental. Eine bronzezeitliche Schmelz- stätte wurde bei Beuron aufgefunden und ein großer Bronzefund, wohl Handelsdepot, bei Pfäffingen gemacht. Aus dieser stattlichen Zahl von Siedlungen können wir uns ein Bild von der Dichtigkeit der bronzezeitlichen Bevölkerung machen, besonders wenn wir in Betracht ziehen, daß Flachgräber, deren es zweifellos noch mehr sind, nur durch Zufall entdeckt werden können, und daß der südwestliche Teil der Alb bis jetzt noch nicht so systematisch durchforscht wurde wie z. B. der mittlere Teil zu den Oberamtsbeschreibungen von Urach, Ehingen, Münsingen. Dort wurden in den letzten Jahren eine Fülle von teilweise vorher nicht ! Das sonst so vorzügliche Schriftchen J. Hartmanns: Die Besiedlung Württembergs, ist leider für prähistorische Besiedlung nicht zu benützen, da vom Neolithikum bis zur La-Tene-Zeit keine Einzelperioden unterschieden werden, so daß die dort angegebenen Fundplätze, wenn sie nicht anderweitig näher be- stimmt sind, nicht aufgenommen werden konnten. — 214 — bekannten, teilweise undatierten Funden festgestellt und eingereiht, so daß für diesen mittleren Teil der Alb das Bild der prähistorischen Besiedlung ziemlich vollständig ıst und zunächst nur durch neue Fundstellen erweitert werden kann. Einen gemeinsamen Zug hat die Lage der paläolithischen, neo- ‚ lithischen und bronzezeitlichen Besiedlung. Die Ansiedler suchten geschützte Orte auf, zuerst Höhlen, dann auf Höhen oder am Rande von Tälern, also Orte, die leicht zu verteidigen waren; nur die älteren Neolithiker, die friedlichen Ackerbauern, machen insofern eine Ausnahme von der Regel, als sie in offenen Haufendörfern sich niederließen. Erst in der jüngeren Bronzezeit tritt allmählich ein größeres Sicherheitsgefühl hervor, und die Ansiedler verließen all- mählich großenteils die schützenden, leicht zu verteidigenden Älbhöhen und siedelten sich im offenen Unterland an. Deshalb finden sich tat- sächlich auch die meisten jungbronzezeitlichen Siedlungen im Unterland'!. Bemerkenswert sind auch die Unterschiede im Gebiet der Alb selbst. Die Flußtäler, d. h. die Talsohlen wurden gemieden. Die Paläolithiker suchten Höhlen an Talhängen auf, Neolithiker und bronzezeitliche Bewohner liebten es, am oberen Rande der Täler sich niederzulassen, um so in der Nähe des Wassers zu sein und doch eine günstige Lage zu haben. d. Besiedelung der Eisenzeit. In der nun folgenden Eisenzeit mit ihren beiden Unter- abteilungen, Hallstatt- und La-Tene-Periode, die ich aber nicht trenne, da die meisten Fundplätze auch kurzweg der Eisenzeit zugewiesen sind und deshalb eine reinliche Scheidung sämtlicher diesen Perioden zugewiesenen Fundplätze nicht möglich ist, für unsere Zwecke, wobei nur eine skizzenhafte Darstellung, nicht eine nur halbwegs erschöpfende Behandlung in Frage kommen kann, auch gar nicht nötig ist, findet eine Neubesiedlung des Albplateaus® statt. Die Ansiedler waren ein ackerbau- und viehzuchttreibendes Volk, das zugleich kriegerische Eigenschaften haben mußte, was aus der Menge der in dieser Periode angelegten Ringe und Abschnittswälle zur Schaffung von Volksburgen, Fliehburgen ersichtlich ist. Das ganze Land war verhältnismäßig dicht bevölkert, und zwar bewohnten die Kelten teilweise Städte (oppida), teils Dörfer (vici), teils Einzel- höfe. Ihre Kultur muß man sich als hoch und reich vorstellen. ! Schliz, l. e., Fundber. IX. S. 26. 2.8ch11z,. 1.160.812; Bi. > Neben dem Ackerbau war große gewerbliche Kunstfertigkeit aus- gebildet, und vom kriegerischen Geist des Volks gaben die zahl- reichen Fliehburgen Zeugnis. Der Lage der Dinge nach müssen diese Burgen daher entweder an den Gebirgsrändern, oder auf den Ausliegern, die in das fruchtbare Unterland hinausragen, angelegt worden sein. Oft schließen bis vierfache Wälle solche Fliehburgen an der vom Plateau aus zugänglichen Seite ab. Die Seite des Steilabsturzes mußte meist nicht besonders geschützt werden, da sie ja an sich uneinnehmbar ist. Wohl schon in der Bronzezeit wurde die Anlage dieser Fliehburgen, wenigstens eines Teils der- selben, begonnen. Außer diesem kriegerischen hatten sie teilweise einen praktischen Zweck. Sie dienten zeitweilig als Viehkrale. Die in ihrer Nähe befindlichen Trichtergruben scheinen teils als Vorrats- häuser, teils als Wohnungen verwendet worden zu sein. Die Volks- burgen sind vielfach durch Höhenwege, Heidsteige, Rennwege, wie sie heute genannt werden, miteinander verbunden, wie denn über- haupt die Wege der vorhistorischen Bevölkerung nicht in den Tal- zügen, sondern auf den Höhen verliefen; waren sie gezwungen, Täler zu überschreiten, so geschah das auf dem kürzesten Wege, fast senkrecht zur Talrichtung, um möglichst rasch die jenseitige Höhe wieder zu erreichen. In der La-Töne-Zeit ist die Alb von kelti- schen Volksstämmen, den Bojern, besetzt worden. Auch andere keltische Stämme ließen sich nieder, so die Bituriger, Viviscer. Ihre Siedlungsweise war eine Art Vereinödung in Einzelgehöften. Germanische Völkerstämme vertrieben schließlich die Kelten aus ihren Wohnplätzen, aber zu einer vorrömischen Besiedlung der Alb durch Germanen ist es wahrscheinlich nicht gekommen; im Gegen- teil haben sich dort Kelten länger gehalten als sonstwo in Württem- berg. Trotzdem war die Besiedlung eine sehr dünne, als die Ger- manen gegen Osten weiterzogen, bis die Römer im Lande erschienen. Siedlungen der Eisenzeit sind im südwestlichen Teil der Alb an folgenden Punkten festgestellt: Meßstetten, Winterlingen, Laiz, Spaichingen, Hossingen, Ebingen, Schömberg, Sigmaringen, Nendingen, Thieringen, Stetten a. kalten Markt, Mahlstetten, Königsheim. Volks- burgen bei Wehingen, Beuron, Dietfurt, Hausen a. Thann, Gräbelesberg, Dreifaltigkeitsberg, Egesheim, Schafberg, Schalksburg, Lochenstein. & Römische Besiedelung. Auffallend gering ist die Zahl der bis jetzt bekannten römi- schen Siedlungen auf der südwestlichen Alb, während andere Teile a Württembergs deren eine ganze Anzahl aufweisen. Die Römer haben überall an das Vorhandene angeknüpft, Bestehendes geschont und benützt (s. Faprıcıus, Besitznahme Badens durch die Römer. Heidel- berg 1905, S. 28). Geringe Fruchtbarkeit des Bodens, Mangel an Römerstraßen gerade in diesem Teil der Alb machen diese geringe Besiedlung verständlich. Außer der Straße Spaichingen— Tuttlingen und der Endstrecke der Straße Tuttlingen— Neuhausen ob Eck— Meßkirch—Laiz— Sigmaringen und dem Straßenstück Winterlingen — Laiz— Sigmaringen scheinen keine Straßen von den Römern in unserem Gebiet angelegt worden zu sein, und die Römerstraßen, die Pıurus in seiner archäologischen Karte verzeichnet, konnten einer | schärferen Kritik nicht standhalten (vergl. dazu LAcHENnMAIER, Das | Limesgebiet. Vierteljahreshefte 1908, und Wasner, Fundstatistik aus Baden). | Nachgewiesen sind römische Niederlassungen in Unterdigisheim, Tuttlingen, Ebingen (?), Sigmaringen, Laiz, Oberdigisheim, Winter- | lingen, Bitz, Weilheim, Heidenstadt, Mühlheim, Altstadt, Lautlingen. | Die von Paurus als Römerstraßen verzeichneten Straßen mögen teilweise von den Römern weiterbenützte vorrömische Straßenzüge, Höhenwege oder Rennwege sein. Damit sind wir am Ende der vordeutschen Besiedlung des | Gebiets angelangt und als Zusammenfassung ergeben sich folgende Gesichtspunkte: , | a) Die morphologische Beschaffenheit des Landes, die Höhlen- | bildung im obern Weißjura, die Zerrissenheit des Steilabfalls, die | verhältnismässig geringen Niveauunterschiede der Hochfläche machten das Land für diese primitiveren Kulturvölker, die für ihre Siedlungen ausreichenden Schutz suchen mußten, außerordentlich geeignet. So- bald dieses Schutzbedürfnis nicht mehr vorhanden war, trat Abwande- rung in das fruchtbarere Vorland ein in der jüngeren Bronzezeit. Die Römer: suchten an sich schon günstiger gelegene, fruchtbarere Gegenden auf. | b) Auch die Wasserarmut der Hochfläche hinderte nicht eine zeitweilig ziemlich dichte Besiedlung des Gebiets, besonders zur Bronzezeit. c) Aus der Lage der Siedlungen und der Lebensweise der Be- völkerung ergibt sich mit absoluter Deutlichkeit, daß die Hochfläche schon damals eine offene Landschaft, für Ackerbau und Viehzucht geeignet war, und daß seither keine zu großen Änderungen an diesem Zustand mehr vorgefallen sind. BT d) Hinsichtlich der Besiedlung war das Gebiet des Weißen Jura in prähistorischer Zeit gegenüber dem des Braunen Jura entschieden bevorzugt, weil dieses letztere einen von der Hochfläche doch be- deutend abweichenden landschaftlichen Typus zeigt, vielmehr Wald- land war und unter keinen Umständen ein so abgeschlossenes, leicht zu verteidigendes Gebiet darstellt wie die Hochfläche. e) In der ganzen Zeit, das Paläolıthikum ausgenommen, wurden bis in die La-T&ne-Periode herunter nicht die Täler, sondern die Hoch- fläche, allerdings mit Vorliebe an den Talrändern, besiedelt. Die Täler wurden als möglichst rasch zu überschreitendes Verkehrs- hindernis betrachtet und von den Straßen fast senkrecht zur Tal- richtung überschritten. Wenn wir aus dieser Talflucht Schlüsse zu ziehen berechtigt sind, so würde sie ein neues Beweisglied dafür abgeben, daß die Täler dicht bewaldet und vielfach versumpft waren, Hindernisse, die diese auf primitiver Kulturstufe stehenden Ansiedler nur schwer zu überwinden imstande waren. f) Auffällig ist die außerordentlich dünne Besiedlung des jetzigen Waldgebiets der Hardt bei Meßstetten. Deutsche Besiedlung. Die Einzelheiten der Besitzergreifung des seither römischen Landes durch germanische Völkerstämme zu schildern, ist nicht Sache dieser Arbeit!. Tatsache ist, daß mindestens seit dem 3. Jahrhundert? Ger- manen in Süddeutschland sitzen, und zwar Alemannen. Im 5. Jahr- hundert wird dieser kriegerische Volksstamm, der bis dahin in zahl- losen Kriegs- und Beutezügen nach Gallien seine Kraft zersplittert hatte, von den Franken besiegt und in verhältnismäßig enge, der Zahl der Volksgenossen eigentlich nicht mehr angemessene Grenzen gezwängt. Notgedrungen mußte nun in energischer Arbeit durch inneren Ausbau Raum für die überschüssige Bevölkerung geschaffen werden, und der Stamm unterzieht sich dieser Arbeit in rastloser Tätigkeit. Inter- essant wäre nun zu wissen, welche Niederlassungen von den ein- wandernden Alemannen zuerst, welche beim späteren Ausbau des Landes gegründet worden sind, da doch sicher angenommen werden kann, daß die Ansiedler mit der Anlage ihrer Siedlungen nach der Landesnatur sich richteten und zuerst verhältnismäßig günstige, späterhin aber auch notgedrungen weniger günstige Orte zur Anlage ' P. Stälin, Württembergische Geschichte J. 1841 ff. ® L. Schmidt, Allgem. Gesch. der germ. Völker bis z. Mitte des 6. Jahr- hunderts, 1908. — 218 — von Siedlungen auswählten. So könnte uns die historische Behand- lungsweise wesentlichen Aufschluß geben über die Gesichtspunkte, welche die Ansiedler zur Wahl des betreffenden Punktes bestimmten. Nun reicht keine Urkunde bis in diese Zeit zurück, kein Annalen- schreiber gibt über derartige Dinge Auskunft. Als einzig bleibendes Dokument der Siedlungsgeschichte während dieser Perioden haben wir die Ortsnamen. Diese Ortsnamen sind nun in den verschiedenen Teilen Deutschlands nicht gleich. Von dieser Tatsache ausgehend | hat ARNoLD in seinem für diese Fragen bahnbrechenden Buch „An- siedlungen und Wanderungen deutscher Stämme“, 1875, die Theorie aufgestellt, daß für jeden deutschen Stamm besondere Endungen der Ortsnamen charakteristisch seien und daß die verschiedenen Endungen verschiedenen Epochen zuzuweisen seien. ARrNoLD unterscheidet im wesentlichen drei Perioden: a) Ursiedlungen, b) Ausbau im Stamm- land und c) Rodungsperiode — Diesen Perioden teilt er die vor- kommenden ÖOrtsnamenendungen zu. Die Anwendung der Theorien ArnoLv’s, allerdings schon mit wichtiger Weiterbildung derselben nach den Kritiken, die Arnorp’s Buch folgten, machte BoHnENBERGER in der Lösung der Preisaufgabe: „Die Ortsnamen der Schwäbischen Alb“. Württ. Vierteljahrsh. 1886. Seither hat besonders K. WELLER in seinen beiden Schriften: „Die Ansiedlungsgeschichte des württembergischen Franken rechts vom Neckar“, Württ. Vierteljahrsh. 1894, und „Die Besiedlung des Ale- mannenlandes“, Württ. Vierteljahrsh. 1898, sich für das alemannische Gebiet mit dieser Frage beschäftigt. Einer Spezialfrage des Problems, der Entstehung der Siedlungen auf „weiler“, geht O. BEHAGHEL in seiner Studie „Die deutschen Weilerorte“, Wörter und Sachen I 1910, nach. Ich gebe nun in kurzen Zügen die Ergebnisse BoHNENBERGER’S, dann die Ansicht WELLer’s, um schließlich der BEuasner’schen Arbeit noch zu gedenken, um ein möglichst klares Bild über den gegen- wärtigen Stand . der Frage zu gewinnen, um die geographischen Gesichtspunkte, die sich daraus ergeben, herausschälen zu können. BOHNENBERGER unterscheidet auch drei Perioden der Gründung von Siedlungen: a) die Urgründungen, b) die Gründungen des Aus- baus im Stammland und c) ritterschaftliche Burggründungen, da im Gebiet der Alb von Ulm bis in den Südwesten herein außer ein- zelnen Klöstern keinerlei klösterliche Gründungen anzutreffen sind. Der Zeit nach eingeteilt umfaßt die 1. Periode die Zeit bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts, die 2. Periode von da an bis etwa — 219 — ins 8. Jahrhundert und die 3. Periode vom 9. bis 12. Jahrhundert. Die Ortsnamenendungen teilt BoHNENBERGER den Perioden so zu, daß der 1. Periode die Gründungen auf ingen, vielleicht einige auf stetten, der 2. Periode die Mehrzahl der stetten, sowie alle Flurbezeichnungen (bach ete.), dann die auf heim, hofen, hausen, dorf. Die 3. Periode umfaßt die Burgen auf stein, fels, berg, eck. Die Differenzierung geht insofern noch weiter, als die Orte auf heim auf fränkischen Ursprung zurückgeführt werden. Die Orte auf weil, weilen, weiler werden entweder als alt und dann von Römerniederlassungen (villae rusticae) abhängig angesehen, oder als jung, und dann auf inneren Ausbau im Stammland zurückgeführt, also der 2. Periode zugeteilt. Auch die Orte auf stetten werden teilweise der ersten, teilweise der 2. Periode zugewiesen. WErLER geht radikaler vor. Er weist nach, daß es vollständig unhaltbar ist, heim noch auf fränkischen Ursprung zurückzuführen. Wenn das für alemannische Namengebung frei wird, so spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß es zu den Ursiedlungen gehört. So teilt er denn auch ein. Von den ursprünglichen Theorien Arnorp's, daß der Ortsname den Stamm und das Gründungsalter angeben würde, bleibt jetzt nur noch die Möglichkeit, aus diesen Ortsnamen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Periode festzustellen. So kommt denn WELLER zu der Einteilung, daß die auf ingen und heim den Urdörfern zuzuweisen sei, daß aber heim jedenfalls noch länger namengebend angewendet wurde: die Endungen stetten, hausen, hofen, dorf und die von Flurbezeichnungen abgeleiteten der 2. Periode, dem Ausbau im Stammland, zuzuweisen sei; zu der 3. Periode rechnet er außer den von BoHNENBERGER dafür in Anspruch genommenen für das fränkische Gebiet die grundherrschaftlichen Siedlungen auf weiler. Im Alemannenland sind die weiler teilweise älter, ja einzelne gehen auf römischen Ursprung zurück. Er nimmt ein allmähliches Fortschreiten dieses namenbildenden weiler gegen Osten, über den Grenzwall hinaus an. Die Weırer’sche Anschauung dürfte dem heutigen Stand der Forschung am meisten entsprechen. Daraus würde folgen, daß zur zeitlichen Fixierung der Gründung einer Siedlung die Endungen wohl geeignet sind, daß aber Schlüsse auf Stammeszugehörigkeit nicht daraus gezogen werden können. Für die „weiler“-Siedlungen nimmt nun BeHAcHer alten Ur- sprung, Gebundensein an römische Niederlassungen an und um Römerstraßen an. Für unser Gebiet kommen allerdings nur ganz — 20 — wenige Siedlungen in Betracht: Weilen unter den Rinnen, Gnaden- weiler, Weilheim bei Spaichingen (ursprünglich Amalpetiwilari) und Weilheim unter Lochen von jetzt bestehenden Ortschaften: Stock- weiler bei Spaichingen und Weiler bei bad. Nusplingen (Weilertal gegen Neidingen). Es kann nicht meine Aufgabe sein, näher auf die BEnAcHer’sche Arbeit einzugehen. Ich möchte nur auf einige Unstimmigkeiten in derselben hinweisen, um zu zeigen, daß seine Hypothese nicht ge- nügend fundiert ist, daß sie noch nicht das letzte Wort in der „weiler“-Frage bedeutet. Weilen unter den Rinnen wird im württ. Urkundenbuch als wilon verzeichnet, nicht als wiler, wie BEHAGHEL annimmt. Gnadenweiler liegt weit weg von jeder Römerstraße und ist überdies seiner Namensform nach sicher jung. Das abgegangene Weiler bei bad. Nusplingen ist auch sehr weit von jeder Römerstraße weg. Wie wir schon gesehen hahen, ist die Annahme der von Pautvs in der archäologischen Karte verzeichneten Römerstraßen nicht haltbar. Auch Fricker' hat allerdings unter dem Eindruck der archäologischen Karte diese Straßenzüge übernommen, was nach dem heutigen Stand der Forschung nicht mehr möglich ist. An dem Straßenzug Burladingen—Winterlingen, Laiz—Sigma- ringen, der römisch ist, liegt, wenigstens zwischen Burladingen und Sigmaringen, keine einzige „weiler“-Siedlung. Weilheim bei Spaichingen liegt allerdings an der Straße Rott- weil— Tuttlingen und das abgegangene Steinweiler dicht daneben. In unserem Gebiet selbst sind also keine Beweise für, aber schließ- lich auch keine Beweise gegen BEHAGHEL zu holen. Es sei mir eine kleine Abschweifung gestattet. Das Dorf Edelweiler OA. Freuden- stadt, das BEHAGHEL für römisch erklärt, aus seiner Lage unweit eines römischen Straßenzugs, wurde 1723/24 angelegt und erhielt 1724 seinen Namen; das dicht daneben liegende Herzogsweiler, dem BEHAGHEL auch römischen Ursprung gibt, wurde 1723 gegründet und benannt. Derartige Beispiele dürften sich wohl vermehren lassen. Viel anfechtbarer aber wird die Argumentation BEHAGHEL’s im würt- tembergischen Franken, wo WELLER mit Recht für die „weiler“- Siedlungen jenseits des Limes grundherrschaftlichen Ursprung nach- weist. Er hebt hervor, daß keine einzige dieser zahlreichen Sied- lungen vor 1200 genannt sei, was bei der Annahme römischen Ursprungs und ihrer Häufigkeit äußerst merkwürdig wäre. Dieses Fehlen urkundlicher Nachrichten hält aber Benacner für vollständig ' Fricker, Die Pässe und Straßen der Schwäbischen Alb. 1902. |’ 5 belanglos und konstruiert verschiedene Straßenzüge, um die sich diese römischen Niederlassungen gruppieren lassen. Man müßte also annehmen, daß zwar die Römer bei Anlage des Limes das Urwald- gebiet geflissentlich gemieden haben, wie GrADMANN nachgewiesen hat, daß sie aber trotzdem jenseits des Limes, also in Feindesland, im Urwaldgebiet eine ganz stattliche Anzahl von offenen, ungeschützten Bauerngehöften, die täglich schutzlos den Angriffen, den fortwährenden Überfällen der kriegerischen Germanen preisgegeben waren, gegründet haben. Wenn man ferner das vollständige Fehlen jeglicher römischer Funde in jener Gegend bedenkt, so erscheint die Theorie BEHAGHEL’s doch nicht die endgültige Lösung der Frage zu sein. Wir werden demnach die Anschauung von BOHNENBERGER und WELLER, daß zwar für einzelne „weiler“ oder „weilen“ römischer Ursprung möglich ist, daß aber die Mehrzahl der „weiler“-Siedlungen der zweiten, vielleicht sogar der 3. Periode der Gründungen angehört, immer noch als die richtigere halten dürfen. Die Besprechung der geographischen Lage der Siedlungen der einzelnen Epoche möchte ich gemeinsam mit dem Kapitel: Die Lage der Siedlungen, behandeln. Über das Zahlenverhältnis der zu jeder Gruppe gehörigen Sied- lungen gebe folgende Tabelle Aufschluß. Unberücksichtigt habe ich dabei die ritterschaftlichen Burggründungen gelassen, da deren Alter feststeht und außerdem weit weniger interessant ist als das der andern Siedlungen. Da ohnedies jetzt weitaus die größere Zahl dieser Burggründungen Wüstung ist und deshalb für die heutige Besiedlung des Landes nicht mehr in Frage kommt, ist ein genaues Eingehen an dieser Stelle nicht nötig. Wir werden später bei der Frage der Wüstungen ohnedies darauf zurückzukommen haben. Ihre Siedlungen, die Burgen, legten sie auf verkehrsfeindlichen Plätzen an, um selbst die Straße im Tal gut beherrschen zu können, anderer- seits um wenigstens vom Tal aus vor Angriffen sicher zu sein; des- halb machen sie auch von den tief eingeschnittenen Tälern den Ein- druck vollkommenster Unzulänglichkeit; sobald man aber zu den Talrändern emporgestiegen ist, gelangt man mühelos zu diesen Burgen. Bei der Tabelle sind also nur Dörfer berücksichtigt. Davon endigen 27 auf ingen, 9 auf stetten, 2 auf hofen, 1 auf steig, 13 auf heim, 9 auf hausen, 2 auf tal, 2 auf wangen. 1 auf dorf, 1 auf bach, 1 auf felden, 3 auf berg, 1 auf furt. — 22 — Bemerkenswert ist die große Zahl der Urdörfer im Verhältnis zu den Gründungen der 2, Periode. 40 auf ingen und heim auf etwa 30 der 2. Periode angehöriger Siedlungen. Das liegt im Charakter der Landschaft als altes Kulturland bedingt, in der nicht mehr viel Ansiedlungsfläche durch Rodung zu gewinnen war. Die Mehrzahl der Burgsiedlungen wurde im 9. bis 12. Jahr- hundert gegründet. So ziemlich alle Talränder sind dicht besetzt. Besonders bemerkenswert ist das Vorhandensein von drei Burgruinen am Ursental, durch das doch niemals eine Verkehrsstraße führte und das als Trockental auch sonst viele Nachteile hatte. Allerdings entspringt im Tal unter jeder dieser drei Ruinen eine Quelle, so daß wenigstens Wasser zur Verfügung stand. | Die meisten Burgen wurden zwar kurz nach der Gründung wieder zerstört. Überhaupt folgte auf die Periode der Gründungen eine negative Entwicklung der Besiedlung überhaupt, indem im 13. bis 15. Jahrhundert nicht nur die Mehrzahl der Burgen, sondern auch einzelne Ortschaften dem Verfall und der Verwilderung über- lassen wurden. Es werden im allgemeinen Gründe wirtschaftlicher Art, eine Rückwärtsentwicklung der Landwirtschaft, teilweise infolge gehäufter Mißernten vom 13. bis 15. Jahrhundert dafür verantwort- lich gemacht. In unserem Gebiet sind jedoch nur wenige Ortschaften eingegangen. Die verhältnismäßig geringe Fruchtbarkeit des Bodens, die Wasserarmut der Hochfläche waren einer ursprünglich dichten Besiedlung nicht günstig gewesen und die Größe der Dorfgemarkungen der Urdörfer, unter denen geradezu Riesengemarkungen vorkamen, wie z. B. Ebingen mit 3792 ha, Tuttlingen mit 3846 ha, wovon allerdings ein großer Teil für Ackerbau nicht, sondern nur als Vieh- weide in Betracht kam, hinderte einen größeren „Ausbau im Stamm- land“. Für den Ausbau wären eben nur die entfernteren, wenig günstigen Teile in Betracht gekommen, so daß die Ansiedler lieber sich in Riesenhaufendörfern niederließen und entfernte Teile der Gemarkung dem Waldwuchs oder bei ihrer entwickelten Viehzucht der Beweidung überließen. Sie nützten ja ohnedies ihre Gemarkung zum Ackerbau lange nicht genügend aus, sondern nahmen immer von Zeit zu Zeit wieder andere Teile der Gemarkung in Bebauung, die seither benützte Ackerfläche ließen sie entweder als Weidefläche stehen oder der Bewaldung anheimfallen; ging ja doch diese „wilde Feldgraswirtschaft“ auf der Alb teilweise bis in die neueste Zeit herein fort. — 223 — ‚Interessant ist die Lage der Wüstungen '. Abgegangene Dörfer sind auf der eigentlichen Hochfläche in unserem Gebiet nicht vor- handen. Im Faulenbachtal liegen ganz nahe bei Spaichingen die Wüstungen Stockingen und Steinweiler. Unweit Neidingen, Nusplingen zu, liegt die Wüstung Weiler. Im oberen Schlichemtal ging nahe der Lochen das Dorf Winzeln ein. Im Lippachtal lag ein Dorf Alsbein, Alscebau, das noch 1253 urkundlich erwähnt ist, das später als Dorf abgegangen, jetzt nur noch ein Hof ist. Bei Burgfelden lag ein Ort Aufhofen. Zwischen Lautlingen und Ebingen ist ein Flurname Stetten (siehe Flurkarten), der auf ein abgegangenes Dorf zu deuten sein dürfte. Bei (württemb.) Nusplingen liegt die Wüstung Dellenhofen, bei Schömberg die beiden Wüstungen Geberstal und Holzach, bet Ratshausen die Wüstung Kernhausen. Am Oberhohenberg liegt die Wüstung (Ort und Burg) Hohenbere. Damit dürfte die Zahl der abgegangenen Orte erschöpft sein. Bemerkenswert ist, daß keine Siedlung auf der eigentlichen Hoch- fläche, die Talränder natürlich ausgenommen, abgegangen ist. (Die kartographische Darstellung der abgegangenen Burgnieder- lassungen macht auf Vollständigkeit keinen Anspruch; ich habe die Ruinen verzeichnet, die ich aus den zur Verfügung stehenden Karten entnahm und darüber hinaus, was ich bei Presızer!, dem „König- reich Württemberg“ !, dem „Großherzogtum Baden“? und den beiden landeskundlichen Darstellungen Hohenzollerns ersehen konnte. Be- sonders diese letzteren beiden sind aber gerade auf dieses Kapitel nur nebenbei eingegangen; so ist's möglich, daß einzelne fehlen, besonders wo keine Ruinen mehr vorhanden sind. Einzelne Orte von Ruinen habe ich auch aus den württembergischen Flurkarten ersehen, die einzelne „Burgställe“ verzeichnen, wo auf den Karten nichts von Ruinen verzeichnet ist, doch ist das sehr selten. Für den südlichen württembergischen Teil ist das Fehlen der Karten 1:25000 gerade hiefür auch sehr mißlich.) Auf die Zeit der Verödungen, der negativen Entwicklung der Besiedlung, folgt wieder eine Zeit der Neuanlage von einzelnen Siedlungen im 17. und 18. Jahrhundert. Damals begann man, das auf der Hochfläche in Spalten und Mulden ziemlich häufig vorkom- ° ! Vergl. dazu Pregizer, Verzeichnis abgegangener Siedlungen. Stat. Jahrb. d. Kgr. Württ. 1880. Baumann, Die Gaugrafschaften im wirtembergi- schen Schwaben. 1879: Das Königreich Württemberg. II. Aufl. und Die Beschrei- bungen der einzelnen Oberämter. ° Das Großherzogtum Baden. Karlsruhe. 2, Aufl. 1912. ff. —. 24 — mende, in der Tertiärzeit gebildete Bohnerz bergmännisch abzubauen und zu verhütten. Verschiedene Hammerwerke gehen auf diese Zeit zurück, Harras im Bäratal, Ludwigstal und Tiergarten im Donautal. Da aber die Fundplätze für das Erz spärlich und doch nur wenig ergiebig waren, der Eisengehalt des Erzes auch nicht so groß war, daß sich der Betrieb trotzdem noch rentiert hätte, so gingen diese Schmelzhütten sämtlich wieder ein. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts wurde auch Heidenstadt und Dietstaig auf der Hochfläche bei württ. Nusplingen gegründet. Die Einzelhöfe der Hochfläche sind fast sämtlich jung und meist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet. Nur einige wenige, wie der Lochenhof und Allensbach, gehen auf frühere Ortschaften zurück und sind dementsprechend älter. Meist alt sind die Mühlen, da auf ihnen seit langem die Mühlen- gerechtigkeit ruht; doch ist es zwecklos, sich eingehender mit ihrer Entstehungsgeschichte zu befassen. Damit wären wir am Ende des historischen Überblicks an- gelangt. Als Resultat unserer ganzen historischen Betrachtung haben sich folgende Punkte herausgeschält: Vielfach, so bei Tuttlingen, Beuron, Sigmaringen—Inzigkofen, Winterlingen--Straßberg, sind genau oder fast genau an denselben Stellen Siedlungen aus annähernd sämtlichen Epochen nachzuweisen. Die späteren Ansiedler haben also die Orte früherer Niederlassungen wieder aufgesucht oder die Siedlungen einfach übernommen. Zu allen Epochen am spärlichsten besiedelt war die Hardt, südlich von Meßstetten. Während aber die Siedlungen bis in die jüngere Bronzezeit herein vorwiegend auf der Hochfläche waren, zogen sich die späteren Ansiedler ins Tal herab. Deshalb sind auch die meisten Wüstungen, Burgruinen ausgenommen, im Tal. Die Hochfläche blieb in deutscher Zeit, wie besonders bei der Lage der Siedlungen zu zeigen sein wird, spärlich besiedelt. Die Ortsnamen konnten uns wesentliche Gesichtspunkte über die Zeit der Besiedlung geben. Über die Zugehörigkeit der Endungen zu einem besonderen Stamm kann man, auch wegen der viel zu “ geringen Ausdehnung des Gebiets, nichts sagen. Lage der Siedlungen. Wenn wir von den Sätzen Herrner’s', daß jeder Ansiedler und jeder Städtegründer den Platz der Ansiedlung mit Rücksicht auf | Alfr. Hettner, Die Lage d.menschl, Ansiedlungen. Geogr. Zeitschr. 1. 189. en den Beruf, den sie erfüllen soll, mit Rücksicht auf ihren wirtschaft- lichen Zweck auswählt und daß alle Fehler, die bei der Orts- wahl begangen worden sind, sich rächen, daß größere Fehler eine Verlegung des Orts nötig machen oder seinen Untergang herbei- führen, daß aber auch kleinere Fehler sich geltend machen, indem sie zwar die Beharrungskraft der Ansiedlungen nicht zu überwinden vermögen, sondern nur wie Krankheiten und organische Leiden wirken, die die Lebenskraft mehr oder weniger schwächen, so haben wir die Gesichtspunkte, unter denen wir die Lage der ein- zelnen Siedlungen zu betrachten haben, beieinander. Zunächst gilt es, bei der Betrachtung der Lage der Siedlung zu unterscheiden zwischen topographischer und geographbischer Lage; die topographische Lage, die Art und Weise, wie sie sich in dem gegebenen Terrain ent- wickelten, welche Orte die Ansiedler wählten und wie sie die Sied- lung dem Ort anpaßten, und die geographische Lage, wie die Sied- lungen im Verhältnis zueinander, zu den Verkehrslinien, natürlichen und künstlichen, angeordnet sind. WeLLER ! hat nachgewiesen, daß sich die Germanen in Hundert- schaften angesiedelt haben, daß innerhalb der Hundertschaftsgrenzen die einzelnen Dorfgemarkungen ausgeschieden und dann diese Mar- kungen den einzelnen Sippen zugeteilt wurden, die dort ihre Sippen- niederlassungen in Gewanndörfern gründeten. Wir müssen also unter allen Umständen die Gemarkung als das Ursprüngliche ansehen, in der dann die Ansiedler sich erst den zur Anlage der Siedlung geeigneten Ort auswählten. Bei gleicher Beschaffenheit der ganzen Gemarkung muß natürlich ein möglichst ın deren Mitte liegender Punkt gewählt werden, um alle Teile der Flur gleichmäßig erreichen zu können. Sehen wir uns daraufhin die Gemarkungskarte an, so finden wir, daß wohl in vielen Fällen diese Voraussetzung ungefähr zutrifft, z. B. beı Pfeffingen, Tieringen, Böttingen, Truchtelfingen, daß aber bei den meisten dieser Grundsatz nicht zutrifft, z. B. liegt Meßstetten fast an der Nordgrenze seiner Gemarkung, Ebingen auch sehr nahe der Nordgrenze, Winterlingen nahe der Südgrenze derselben. Die leichte Erreichbarkeit der Felder war also nicht der oberste Grund- satz bei der Wahl des Ortes für die Niederlassung; Zweifellos aber war sie vielfach mitbestimmend. Suchen wir daher nach den andern Gründen, besonders nach solchen, die in der Landesnatur bedingt sind! ! Weller, Die Besiedlung des Alemannenlandes. 8.7 ff. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 15 Ban 7 Lage der Siedlungen zum Wasser. Beim Wassermangel der Albhochfläche drängt sich natürlich selbst- verständlich zunächst dieser Gesichtspunkt auf, und wir werden finden, | daß das tatsächlich das leitende Motiv bei der Wahl des Orts gewesen‘ ist. Aus diesem Grund fällt uns deshalb auch sofort die große Zahl! der Talsiedlungen auf und der Orte im Gebiet des Braunen Jura, während die Höhen stundenweit leer bleiben. Die Ansiedlungen drängen sich im Tal, die Gemarkungen sind vielfach oder meist haupt-' sächlich auf der Hochfläche, aber die Bewohner nahmen lieber die Ungunst der schwierigen Zugänglichkeit zu ihren Feldern in Kauf, ! als daß sie auf der Hochfläche sich niederließen. So kommt es! denn, daß in den Tälern hauptsächlich nur Wiesen anzutreffen sind, | während die Äcker auf den Höhen liegen; so ist’s z. B. im Bäratal, | teilweise auch im Schmeiental. Lage am Fluß, am Bach wurde also entschieden bevorzugt. Von den Urdörfern auf ingen sind alle! bis auf fünf in Flußtälern oder im Gebiet des wasserreichen Braunen | Jura angelegt: nur Böttingen, Kolbingen, Schwenningen, Winterlingen! und Hossingen liegen auf der Hochfläche. Und diese Orte sind! dazu auch an Stellen angelegt, die nicht die gewöhnliche Wasser- armut teilen. | Hossingen und Böttingen haben Brunnen, da sie auf oder ganz nahe über der wasserführenden Grenzschicht Weiß-Jura y/d angelegt! sind. Gewiß, ihr Wasservorrat war beschränkt, schwankte während des Sommers beträchtlich, Hülbenwasser !' mußte zu Hilfe genommen werden. | Aber sie hatten wenigstens einiges Quellwasser, und das scheint doch der| ausschlaggebende Grund für Anlage gerade an diesem Platze gewesen zu | sein. Kolbingen und Schwenningen dagegen liegen je in einer Ü-Mulde, ' die ohnehin zu lokaler Quellbildung Anlaß gibt, hatten also auch Trink- wasser; und daß Winterlingen gerade am Rande der wasserführenden‘ Tertiärbedeckung, fast an der Südgrenze seiner Markung angelegt ist, scheint jeden Zweifel an der Stichhaltigkeit des Arguments aus- zuschließen. Ähnlich liegen die Verhältnisse in badisch Nusplingen, | das doch auch gegrabene Brunnen, wenn auch nicht so reichlich Wasser hat wie Winterlingen. Bei den Siedlungen auf heim ist das-| selbe zu beobachten. Der größere Teil derselben ist im Tal angelegt, | nur wenige sind auf der Hochfläche anzutreffen; von diesen liegen wieder Obernheim und Hartheim auf dem wasserführenden y, haben also, wenn auch nicht genügend, so doch wenigstens etwas Quell-/ ' Hülben sind Behälter, in denen das Regenwasser gesammelt wurde. Er wasser. Königsheim und Bubsheim sind wenigstens sehr nahe bei Quellen an den Hängen kleiner Nebentäler der unteren Bära. Eine große Zahl von Siedlungen der 2. Periode finden sich auch in den Tälern oder im Gebiet des Braunen Jura, so Ludwigs- tal, Stetten, Beuron, Hausen ı. Tal, Ober- und Unterschmeien, Inzig- kofen, Straßberg, Margarethausen, Lauffen, Dürrwangen, Stocken- } hausen, Zillhausen, Waldstetten, Roßwangen, Dotternhausen, Schöm- berg, Ratshausen, Hausen a. Thann, Oberhausen, Weilen unter den Rinnen, Delkhofen, Reichenbach, Bärental, Ehestetten b. Ebingen. Merkwürdig gering ist die Zahl dieser Siedlungen auf der Hoch- fläche, und dort haben sie sich teilweise mit ziemlich ungünstigen Verhältnissen zufrieden geben müssen, wie Burgfelden, das ab- gegangene Aufhofen bei Burgfelden, Heinstetten, der höchstgelegene Ort der Alb, Frohnstetten, Mahlstetten, Irrendorf, das allerdings kleine Quellen hat; günstiger daran sind Renquishausen, das am Rande einer [-Platte angelegt ist und deshalb Wasser hat, Meßstetten, das reichlich Wasser hat, und Stetten am kalten Markt, das in der Meeresmolasse angelegt ist und deshalb auch gegrabene Brunnen hat. Am ungünstigsten daran sind in dieser Hinsicht die jungen Gründungen Oberglashütte und Unterglashütte. Diese sind allerdings zunächst nur zur Ausnutzung des Waldes in der Hardt angelegt, nicht als dauernde Ackerbausiedlungen berechnet und sind auch in stetem Rückgang begriffen. Ganz ungünstig gelegen ist auch das im 18. Jahrhundert gegründete Heidenstadt bei württ. Nusplingen und ein großer Teil der auf dem südlichen Teil der Hochfläche häufigeren Höfe. Die Siedler der Hochfläche sind aber auch hinsichtlich des Wassers nicht verwöhnt und benützten bis in die neueste Zeit herein pluviales Wasser, das sie in Hülben sammelten. Auf dieses Hülben- wasser waren besonders die Bewohner der im südlichen Teil der Alb etwas häufigeren Höfe angewiesen. Jene waren bei der erst in jüngster Zeit erfolgten Anlage ihrer Höfe in der Wahl des Orts ihrer Siedlungen von der Lage ihrer Felder abhängig und mußten deshalb auf Quellwasser verzichten. In den altwürttembergischen Teilen der Alb hat ein Ausbau des Dorfs zum Einödsystem nicht stattgefunden, da einerseits die Regierung den Ausbau nicht gestattete, andererseits aber die Vererbungsverhältnisse derart sind, daß Groß- betriebe zerschlagen und in viele Zwergbetriebe zerlegt wurden, die natürlich den Ausbau der Gemarkung nicht zuließen. 19* a Schutzanlagen. Wenn wir so gesehen haben, daß die Wasserfrage die erste Rolle bei der Wahl des Orts für die Siedlung spielte, so sind doch auch noch andere Rücksichten ın Betracht zu ziehen. In den engen Flußtälern treten zahlreiche Überschwemmungen auf, die für Sied- lungen verhängnisvoll werden konnten; andererseits mußten auf der , Hochfläche die zahlreichen Stürme die Ansiedler dazu bringen, ein Gelände aufzusuchen, das Schutz gewährte gegen diese Winde. So finden wir bei den Siedlungen im Tal gerade das umgekehrte Be- streben wie bei denen auf der Hochfläche. Im Tal wurden erhöhte Lagen aufgesucht, ganz besonders die Niederterrasse bevorzugt, wie es bei Storzingen, Mühlheim, Fridingen, Hausen a. Thann und Rats- hausen, an Lautlingen und zahlreichen andern Beispielen deutlich in Erscheinung tritt. Die Ortsteile, die vermöge ihres wirtschaftlichen Charakters als Mühlen, Sägmühlen, Lohgerbereien und ähnliches zur Ansiedlung am Fluß gezwungen waren, hatten und haben unter den ‘ zahlreichen, bei den Flüssen der Neckarseite plötzlich hereinbrechenden Hochwassern unsäglich viel zu leiden, und Katastrophen wie die z) vom Jahr 1895 in den Tälern der Eyach und Schlichem gehören nicht gerade zu den Seltenheiten. So ist es denn nur eine Frage der Zweckmäßigkeit, wenn Terrassen aufgesucht wurden, um den größten Teil der Niederlassung vor Hochwasser zu schützen. Gerade das gegenteilige Verhalten macht sich auf der Hoch- fläche bemerkbar. Dort suchen die Ansiedler Einsenkungen, Mulden auf, und dort finden sich zahlreiche Ortschaften in typischer Nest- lage', so z. B. Hossingen (s. Tafel VII), das geschickt eine mulden- artige Erweiterung eines Trockentals aufgesucht hat, Meßstetten, das sich am Eingang des Meßstetter Tals ausbreitet, Schwenningen, das wie Irrendorf eine Ö-Mulde aufgesucht hat, Stetten am kalten Markt, das auch in einer leichten, muldenartigen Vertiefung an- gelegt ist, und andere mehr. Richtige Höhensiedlungen, wie z. B. die bad. Stadt Aach am Aachtopf, wo die ältere Dorfsiedlung Aach im Tal, die Stadt Aach aber auf dem Berge liegt, gibt es auf der Hoch- fläche in diesem Teil der Alb nicht. Zahl und Dichte der Siedlungen. Wenden wir uns nun zur geographischen Lage der Ortschaften. Überblicken wir zunächst die Zahl und die gegenseitige Lage der Siedlungen zueinander, so haben wir zugleich ein Bild der Dichte : Siehe Schlüter, Die Siedlungen im nordöstl. Thüringen. 1903. 8. 247, — 229 — der Siedlungen. Es muß von vornherein festgestellt werden, daß es nicht angängig ist, die Gemarkungen ohne weiteres dazu zugrunde zu legen, da Gemarkung und Siedlung nicht identisch sind und viele der Gemarkungen eine ganze Anzahl von Siedlungen aufweisen, so z. B. die Gemarkung Ebingen oder Nusplingen (württ.) oder Bären- tal u.a. m. Nun können aber die Gemarkungen nicht so zerteilt werden, daß jeder dieser Parzellen der zugehörige Teil der Gesamt- gemarkung zugeschriebeu wird, da in den allermeisten Fällen die Markungen in Gewanne mit Gemengelage der Äcker geteilt sind, so daß eine Ausscheidung nicht möglich wird. Schon bei der „Weiler- anlage“ wäre diese Ausscheidung viel leichter möglich. Aber im behandelten Gebiet sind fast gar keine Weilersiedlungen vorhanden, was übrigens auch für sehr frühen Beginn der Kultur im gesamten Gebiet zeugt. So können uns die Gemarkungen die Dichte der Siedlungen nicht verdeutlichen; ihr Maschennetz ist viel weiter als das der Siedlungen. Wir müssen uns mit einer kartographischen Übersicht und Zusammenstellung der Siedlungen begnügen. Die Dichte der Besiedlung, die Bevölkerungsdichte, zu deren Dar- stellung die Gemarkungsgrenzen viel eher beigezogen werden können, interessiert uns hier nicht. Aus dieser Übersicht geht aber ohne weiteres hervor, daß die Täler viel dichter mit Siedlungen besetzt sind wie die Hochfläche, daß einzelne Teile der Hochfläche, so be- sonders die Hardt südlich Meßstetten von Siedlungen fast frei sind; in dem Gebiet des der Hochfläche vorlagernden Braunen Jura sind die Siedlungen etwa so dicht wie in den Tälern. Diese Verhältnisse sind aus dem geologischen Aufbau des gesamten Gebiets und der morphologischen Beschaffenheit durchaus verständlich; ein anderes Verhalten wäre unnatürlich. Von sämtlichen 183 jetzt bestehenden Siedlungen entfallen 58 auf die Hochfläche, 85 auf die Täler der Donauseite, 40 auf die der Neckarseite und den Dogger, soweit sie nicht in Tälern liegen. Bahnhöfe und Bahnwärterhäuser, Mühlen und Sägmühlen habe ich nicht als gesonderte Siedlungen gezählt, sonst wäre das Verhältnis noch viel mehr zugunsten der Talsiedlungen ausgefallen. Verkehrslage und Einzelheiten. Nun können wir nach diesem allgemeinen Überblick noch feinere Unterschiede herausarbeiten. Ziehen wir zunächst die Talsiedlungen in den Kreis unserer Betrachtungen, beim Donautal beginnend. Gleich die erste Siedlung 20 — Tuttlingen gibt uns wichtige Anhaltspunkte über Gunst oder Ungunst der Lage. Im Tal des Hauptflusses, aber an der Einmündung des Nebenflusses, in weiter Talniederung gelegen, mußte sich dort eine bedeutende Siedlung entwickeln, die den Verkehr an sich zog. Tat- sächlich liegt Tuttlingen auch am untern Anfang des Hattinger Passes, den heute die Bahn nach Singen benützt. Nicht umsonst hat es deshalb auch eine sehr günstige Entwicklung hinter sich, besonders auch seit dem Aufblühen der Industrie, die dort seit langem betrieben wird. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß dort schon ganz anfangs eine: jener Ursiedlungen mit Riesengemarkung entstand. Auch bei Tuttlingen können wir beobachten, daß der größere Teil der Stadt die direkte Nähe des Flusses wegen der Hochwasser- gefahr vermied. Neben dieser Siedlung konnten die donautalabwärts liegenden unseres Gebietes keine größere Bedeutung erlangen. Dazu war erstens das Donautal selbst viel zu eng, wenigstens auf dem größten Teil der Strecke Sigmaringen— Tuttlingen, um für eine größere Siedlung Raum zu geben, dann aber und hauptsächlich war es nicht günstig für die Entwicklung des Verkehrs, mußten doch zur An- legung einer Landstraße große Sprengungen und Tunnels zu Hilfe - genommen werden. Erst die Eisenbahn hat dieses Tal so recht | eigentlich erschlossen. Die alte Straße von Tuttlingen nach Sigma- ringen führte über Neuhausen ob Eck—Meßkirch, mied also das Tal. So konnten es denn auch die alten Siedlungen Nendingen, Mühl- heim, Fridingen, Neidingen zu keinem rechten Aufschwung bringen. Bemerkenswert ist, daß Mühlheim der Lippachmündung gegenüber, Fridingen an der Einmündung des Bäratals, Neidingen und Nendingen je am Ausgang eines Trockentals liegen, also alle an Aufgangswegen zur Hochfläche. Von Fridingen möge angeführt sein, daß die älteren | Ortsteile um die Kirche auf der Niederterrasse angelegt sind und gute Keller haben, daß bei jüngeren, tieferliegenden Ortsteilen der Hochwasserkalamität insofern Rechnung getragen wird, als keine Keller angelegt werden. Auch Sigmaringen hätte, wenn es nicht | Residenz wäre und als solche eine eigenartige Entwicklung durch- | gemacht hätte, wohl nie zu größerer Bedeutung gelangen können, obgleich die Donaustraße daran vorbeizog. Aber der Verkehr auf dieser Straße war nicht besonders bedeutend, so konnte sich auch keine bedeutende Siedlung entwickeln. Sehen wir nun das Schmeiental mit seinen Siedlungen an, so finden wir, daß dieselben Grundsätze bei der Wahl der Orte für Sied- Up. . BR lungen maßgebend waren. Lautlingen liegt an der Einmündung des obern Eyachtals und des Meßstettertals ins Haupttal. Die günstigste Lage hatte entschieden Ebingen. Fast an der breitesten Stelle des ganzen Schmeientals, an der Einmündung des von Onstmettingen kommenden Talteils, am Zusammentreffen verschiedener Straßenzüge: Balingen— Ebingen—Straßberg— Winterlingen— Sigmaringen, oder von Straßberg nach Kaiseringen— Frohnstetten— Stetten am kalten Markt, dazu der Straße Thannheim Onstmettingen- Ebingen. So mußte dort eine be- deutende Niederlassung sich entwickeln, was denn auch zutrifft. Im chmeiental ist Ebingen weitaus die größte Siedlung. Unterhalb Ebingen ist Straßberg insofern von Bedeutung, als es im Tal an der Stelle liegt, wo die Straße das Tal verläßt, um die Höhe zu gewinnen. Dber- und Unterschmeien, auch Storzingen und Kaiseringen haben eine zu ungünstige, erst durch die Bahn sich bessernde Verkehrs- lage, um irgend eine Bedeutung beanspruchen zu können. Auch vom chmeiental gilt, daß die Eisenbahn die erste Verkehrsstraße ist, die es in seinem unteren Teile durchbricht. Interessant liegen die Verhältnisse im Bäratal. Es liegt gerade in der Mitte zwischen den beiden Hauptstraßenzügen Faulenbachtal und Schmeiental, deshalb wird es vom Verkehr umgangen. Auch mündet as Tal an einer Stelle ins Donautal, die für Handel und Verkehr kaum in Betracht kommen kann. An einer der Siedlungen dieses Tales kann man deshalb besonders gut die Wahrheit des Hrrrner’schen Satzes! über die Ungunst der Lage einer Siedlung zeigen, an württemb. Nusplingen. Dieser Marktflecken war bis ins 18. Jahrhundert herein Stadt, verlor aber seine Gerechtsame, sein Stadtrecht. Der übergroße, auf eine iel bedeutendere Entwicklung berechnete Marktplatz zeugt noch von rüheren günstigeren Zeiten. Der große Verkehr hat nie durch das Bäratal geführt, und der örtliche Verkehr vom Heuberg und der Hardt ist nicht bedeutend genug, um der Siedlung eine günstigere Ent- vicklung gewährleisten zu können. Nusplingen ist ja an der Ein- "mündung eines kleinen Seitentalzugs, aber dieser ist so bedeutungs- os, daß er Nusplingen nicht günstig beeinflussen konnte. Merkwürdig ist, daß Nusplingen nicht am Zusammenfluß von oberer und unterer Bära liegt, dort wäre eher ein Verkehr möglich und damit eine gesunde Basis für eine Stadtsiedlung geschaffen gewesen. Merk- würdig häufig sind trotzdem die Ursiedlungen im Bäratal : Tieringen, | ! A. Hettner, Die Lage der menschlichen Ansiedlungen. Geogr. Zeitschr. . 1895. —., 282 — heim, Egesheim, Ensisheim. Nicht gerade ungünstig ist die Lage | Bärentals: außer dem Fluß eine sehr reichliche Quelle, reiche Tuffsteinbrüche, ein Aufstieg zur Hochfläche nach Schwenningen — Stetten; aber auch von dieser Siedlung muß gesagt werden, daß | wohl einiger lokale Verkehr gewährleistet wird, daß aber ein durch- | gehender Verkehr nicht möglich ist. Dieser Mangel nimmt aber dem | gesamten Bäragebiet jede Möglichkeit einer wirklich günstigen Ent- wicklung, und es spricht eine beredte Sprache, wenn man erfährt, | daß Oberdigisheim z. B. in den Jahren 1871—90 34% seiner Bevölke- | rung verlor. Dieser Verlust erfolgte fast ausschließlich durch Ab- und | Auswanderung. Erst in allerneuester Zeit ist dem ein wenig ein | Riegel vorgeschoben worden durch Einführung von Hausindustrie | (Uhrenindustrie, Trikotweberei, Schuhindustrie, Harmonikafabrikation, | als Hausgewerbe oder in Filialgeschäften größerer auswärtiger | Fabriken). | Ganz ungünstig war natürlich die Verkehrslage des Lippachtals. | Es wird von keiner durchgehenden Straße durchzogen, kein größeres | Gebiet ist darauf angewiesen; so kam es, daß das ehemalige Dorf Alshain sich zum Hof Allenspach rückbildete. Sonst ist im Tal | keine einzige Siedlung, Mühlen ausgenommen. | Daß im Faulenbachtal neben der mächtigen Siedlung Tuttlingen | keine andere mehr richtig sich entwickeln kann, ist eigentlich selbst- | verständlich, so günstig auch sonst die Lage sein mag in einem weiten Tal, an einer bedeutenden Straße. Alles das genügte nicht, | um Tuttlingens herrschender Stellung gegenüber eine eigene, be- | deutende Siedlung zu bilden. Dies tritt besonders bei Spaichingen | hervor, das doch hinsichtlich seiner Lage nicht viel hinter Tuttlingen | zurückstand. Spaichingen wurde erst 1820 Stadt und steht an | Einwohnerzahl und Bedeutung weit hinter Tuttlingen zurück. So | kann die günstige Lage einer Reihe von Siedlungen durch ein ein- ziges Moment verhindert werden, den betreffenden Siedlungen die ihnen eigentlich gehörige Entwicklung zu verschaffen. Zu große Nähe einer großen Siedlung kann unter Umständen benachbarte | Städte und Dörfer in ihrer Entwicklung hemmen, wenngleich meist eine günstige Beeinflussung stattfinden dürfte. Fassen wir die Siedlungen der Neckarzuflüsse ins Auge und die auf den Braunjurastufen der Alb gelegenen, so können wir sagen, daß die Siedlungen im Schlichemtal viel zu dicht gedrängt in dem engen Tal sind, dessen Hänge großenteils dicht bewaldet sind, um irgend einer von ihnen eine günstigere Entwicklung zu gewähr- — 1233 -— leisten, daß auch die geringe Verkehrsmöglichkeit sie am Empor- kommen hindert; auch die Industrie meidet dieses Tälchen. Ähnlich liegen die Verhältnisse im Gebiet des Braunen Jura, soweit er nicht zu Flußtälern gehört. Daß natürlich die Siedlungen des Eyachtals durch die Straße Balingen—Ebingen und die Eisenbahn günstiger dran sind, liegt auf der Hand. Merkwürdig ist das Schicksal der Siedlungen an der alten Schweizerstraße, so besonders von Schöm- berg. Während sie früher an der bedeutenden Handelsstraße liegend eine verhältnismäßig günstige Lage hatten, ist ihnen dieser Vorzug durch die Umleitung des Verkehrs durchs obere Neckartal entzogen worden. Erst die neueröffnete Bahn Balingen— Schömberg gliedert sie wieder ans jetzige Verkehrsnetz an, ohne ihnen natürlich einen vollgültigen Ersatz bieten zu können. Die Dörfer des oberen Schmeientals sind in ihrem raschen Aufschwung so vollständig unabhängig von der Lage, wenngleich die Bahn ihre Entwicklung natürlich recht gefördert hat, daß man die Größe und Bedeutung dieser Ortschaften ohne historische Ent- wicklung gar nicht denken kann. Doch wollen wir von dem Ein- fHuß der Industrie in einem besonderen Kapitel reden. Überblicken wir nun die Siedlungen der Hochfläche, so fällt uns sofort ein gemeinsamer Zug einer stattlichen Anzahl von ihnen ins Auge, ihre Lage nahe am Talrand oder am obern Ende eines Talzugs. Diese Lage kommt Meßstetten, Winterlingen, Frohnstetten, Nusplingen, Irrendorf, Kolbingen, Mahlstetten, Königsheim, Bubs- heim, Obernheim, Hossingen zu. Während eine ganze Anzahl von Talsiedlungen angelegt sind, wo natürliche oder künstliche Straßen zur Hochfläche führen, liegen andererseits die oben aufgeführten Siedlungen am Rande der Hoch- fläche, an Punkten, wo ein leichter Verkehr mit dem Tal ermöglicht wird. Nur wenige liegen ganz abseits von solchen natürlichen Ver- kehrsstraßen; solche sind Hartheim, Heinstetten, Böttingen, Renquis- hausen, Schwenningen, Stetten am kalten Markt u. a. Künstliche Straßenzüge sind angelegt, um auch diesen Siedlungen Verkehrs- möglichkeiten zu schaffen; und daß eine solche natürliche günstige Lage nicht allein ausschlaggebend ist, wird an dem Verhältnis von badisch Nusplingen und Stetten am kalten Markt sofort klar. Wäh- rend Nusplingen mit seiner verhältnismäßig günstigeren Lage ein kleiner, unbedeutender Ort ist, hat sich Stetten am kalten Markt trotz des Mangels einer natürlich günstigen Lage zu einer ganz bedeutenden Siedlung entwickelt, deren Bedeutung durch das daneben — 2314 — entstehende Barackenlager für den Truppenübungsplatz auf der Hardt sich rasch steigern wird. Zusammenfassend können wir nochmals feststellen, daß die Talsiedlungen entweder den Ort der Einmündung von Seitentälern oder natürliche oder künstliche Paßaufgänge auf die Hochfläche vor- ziehen, daß die Talsiedlungen, durch deren Tal ein bedeutenderer Durchgangsverkehr geht, gegenüber den Tälern, wo das fehlt, im Vorteil sind, daß die Siedlungen der Hochfläche mit Vorliebe den Talrand oder natürliche Einsenkungen, die ins Tal führen, aufsuchen, daß aber diese natürlichen Vorzüge nicht ohne weiteres ausschlag- gebend sind, sondern daß künstlich geschaffene Verkehrswege sehr wohl diese natürlichen Vorzüge mehr als ausgleichen können. Der wirtschaftliche Charakter und die Form der Siedlungen. Zunächst muß dabei zwischen städtischen Siedlungen und länd- lichen unterschieden werden. Städte sind in unserem Gebiet: Schöm- berg, Spaichingen, Tuttlingen, Mühlheim, Fridingen, Sigmaringen, Ebingen. Vorwiegend landwirtschaftlich sind Schömberg, Spaichingen, Mühlheim, Fridingen; vorwiegend industriell Tuttlingen und Ebingen; der Charakter Sigmaringens wird durch die Tatsache, daß es die Residenz von Hohenzollern ist, bestimmt. Was die Form dieser Siedlungen anlangt, so sind Schömberg und Tuttlingen unter die regelmäßigen, rechteckigen Stadtanlagen zu rechnen; bei beiden wurde die ursprüngliche Form durch große Brände vernichtet, nach denen sie neu, regelmäßig, nach einem bestimmten Plan erstanden. Spaichingen ist als Stadt sehr jung und kann keine typisch städtische Form haben; es ist ein um einige Seitenstraßen vermehrtes Straßen- dorf, wobei allerdings zu bedenken ist, daß die Hauptstraße, die alte Schweizerstraße, nicht geradlinig, sondern in einem Bogen verläuft, so daß die reguläre Form des Straßendorfs etwas verwischt wird. Fridingen hat wohl in seinen ältesten Teilen den rundlichen Kern, den P. J. Meıer! als Kennzeichen städtischer Siedlung, im Gegensatz zu Frırz?, der städtische Siedlungen einfach als Haufendorfanlage ansieht, feststellt; aber die Weiterentwicklung hat Fridingen einen langgezogenen, fast Straßendorfcharakter gegeben. Mühlheim be- wahrt die alte, ovale Form der Anlage noch ziemlich treu, ebenso ı P.J. Meier, Die Grundrißbildung der deutschen Städte des Mittelalters. Tag für Denkmalspflege. 1907. ®? Johannes Fritz, Deutsche Stadtanlagen. 1894. —'»5 — Sigmaringen, und auch der älteste Kern von Ebingen hat diese fast rundlingähnliche Form, während die neueren Stadtteile Ebingens rechteckig angelegt sind. Diese Verschiedenheit lehrt ein Blick vom Schlößlesfelsen herunter auf die Stadt aufs deutlichste. Sämtliche anderen Siedlungen sind, sofern sie nicht Einzel- siedlungen sind, Dorfsiedlungen. Das Einzelhaus ist das Einheitshaus, doch nicht in der riesenhaften Form wie im Schwarzwald z. B., sondern meist klein, beliebig Giebel- oder Breitseite gegen die Straße. Die Siedlungen sind ausnahmslos ursprüngliche Ackerbausiedlungen, wenn auch die spätere Entwicklung in einer größeren Anzahl der- selben Industrie eingebürgert hat, ja sogar einzelne rein industrielle Siedlungen fehlen nicht, wenn auch ihre Zahl im Abnehmen begriffen ist. Die Mühlen und Schneidemühlen, deren Zahl infolge des Mühlen- zwangs ziemlich konstant blieb, haben großenteils, besonders in kleinen Seitentälchen, nur durch künstlichen Aufstau einiger- maßen Wasser; trotzdem stehen sie während des Sommers still, beschäftigen ihre Besitzer also nicht voll; diese sind überdies Ackerbauer. Deshalb können die Mühlen nicht als rein industrielle Siedlungen angesehen werden. Wohl aber gilt dies für die Schmelz- hütten und Hammerwerke, wenigstens in ihrer ursprünglichen Anlage. Die Schmelzhütten sind längst wegen Mangels an Eız kaltgelegt worden, die Hammerwerke Ludwigstal und Tiergarten verarbeiten beigeführtes Roheisen. Fast alle andern Siedlungen sind dagegen ursprünglich Ackerbausiedlungen. Die Form dieser land- wirtschaftlichen Siedlung ist fast ausschließlich die des Gewanndorfs, oder wenn wir nur nach der äußeren Gestalt der Siedlung sehen, des Haufendorfs. Allerdings muß sofort gesagt werden, daß sich die äußere Gestalt dieser Dörfer ganz den Geländeformen anpaßt. In den engen Flußtälern finden wir deshalb sehr viele langgezogene Gewanndörfer, nach Art der Reihendörfer bis Straßendörfer ScHLÜTER’s, so z. B. Straßberg, Roßwangen, Dürrwangen; die vielfach breiteren Donautäler (Haupt- und Nebentäler) engen die Form weniger ein, und dort finden wir vielfach die gewöhnliche rundliche Form des Haufendorfs, so z. B. Ober- und Unterdigisheim, Tieringen, Storzingen, Nendingen, Wurmlingen (b. Tuttlingen). Diese rundliche Gestalt des Haufendorfs ist deshalb besonders deutlich bei den in ausgesprochener Nestlage befindlichen Siedlungen der Hochfläche, wie bei Bitz, Winter- lingen, Nusplingen, Stetten am kalten Markt, Schwenningen. Der Typus des Haufendorfs geht vielfach in den des Reihendorfs über, indem an ein typisches altes Haufendorf einzelne Straßenzüge an- Ba gebaut werden, die das Ganze in die Länge ziehen und die ursprüng- liche Gestalt der Siedlung verwischen; der Gewanneinteilung der Gemarkung tut diese der Landschaft angepaßte Änderung der Sied- | lungsform keinen Abbruch; diese Verhältnisse findet man bei Meß- | stetten, wo sich gegen Ebingen zu ein neuer, reihendorfähnlicher | Dorfteil bildet, oder bei.Denkingen (b. Spaichingen). Hieher könnte | man auch Fridingen und Straßberg stellen. | Es ist durchaus nicht nötig, sämtliche Siedlungen in ein Schema | zu pressen und jede einzelne zu besprechen. Allgemeine Richtlinien | genügen vollständig, denn die vorkommenden Abweichungen sind | nicht so groß, daß ein so differenziertes System von verschiedenen Typen aufgestellt werden kann, wie dies SCHLÜTER für das nord- | östliche Thüringen tut. | Zu den Weilerdörfern könnte man etwa Rußberg und Risiberg, | beide nordöstlich Tuttlingen, stellen, aber da ihre Gemarkung nicht in | Weilerflurform verteilt ist, möchte ich höchstens von zerstreutliegenden | Gehöften, nicht von einer eigentlichen Dorfgemeinschaft reden. | Von den 58 Siedlungen der Hochfläche sind nur 21 Dörfer | und dorfähnlich; die übrigen sind entweder landwirtschaftliche Einzel- | siedlungen, Höfe oder auch nur Viehhäuser und Schäfereien, die | nicht dauernd bewohnt sind, und Ziegeleien, in denen der auf der Hochfläche so reichlich vorhandene Lehm verarbeitet wird. Diese Zahlen zeigen wieder die äußerst geringe Dichtigkeit der az | auf der Hochfläche. Haufendörfer mit Gewannflur sind die Zeichen alter Besied- | lung, alten Kulturlands. Die Gewanne sind allerdings nicht immer | alt, vielfach weisen ihre Namen schon auf jugendlichen Ursprung, | noch öfter aber weisen diese Namen auf frühere Bewaldung und | Rodungstätigkeit hin. Schon an der Lage und Form erkennt man oft solche durch Rodung entstandenen Gewanne; zunächst sind sie oft klein, dagegen sind sie meist nicht so unregelmäßig und spitz gegeneinander auslaufend wie alte richtige Gewanne. Ihre Namen | Greut, Brente, Schwand machen ihre Entstehung gewiß. Es ist | nun äußerst interessant, festzustellen, wo viele solcher Rodungen vorgenommen wurden. Zunächst möge erwähnt werden, daß auch viele Waldparzellen den Namen dieser Rodungen tragen, zum Beweis | dafür, daß sie einst wenigstens zeitweilig in Bebauung genommen waren. Aus den Flurkarten sind für das Gebiet des Braunen Jura eine ganz stattliche Anzahl von Rodungen nachweisbar, weshalb auch die Siedlungen des Schlichemtals z. B. den Charakter von — MB — Rodungssiedlungen, Weileranlagen, allerdings nirgends Waldhaufen- dörfer, tragen. Auf dem nördlichen Teil der Hochfläche dagegen sind Rodungen selten, sie nehmen gegen Süden bis zur Donau an Häufigkeit zu. Die vielen Waldparzellen mit Rodungsnamen sind ein Beweis für die wilde Feldgraswirtschaft der Germanen. Es lassen sich auch einzelne Schlüsse ziehen über ehemalige Verbreitung von Bäumen, doch ist dabei in Betracht zu ziehen, daß die Gewanne ihren Namen eher von seltenen, auffälligen Bäumen oder Baumarten erhielten als von der großen Masse. Die Markungen der einzelnen Siedlungen sind sehr verschieden groß, und zwar ist deutlich ein Übergewicht der Urmarkungen auf „ingen“ und „heim“. Einzelne haben geradezu Riesengemarkungen, so Tuttlingen, Ebingen, Nusplingen (Bäratal) u. a. m. Zwar gehören die Flurnamen, die Gewanne und Markungen ganz streng genommen nur als Hilfsmittel, z. B. zur Berechnung der Volksdichte, zur Siedlungskunde; aber sie geben uns auf der andern Seite so viel Aufschluß über die morphologische Beschaffenheit des Landes, über frühere Bewaldung, auch am ehesten noch über früher vorhandene Siedlungen, so daß nur durch sie eigentlich ein Bild von der früheren Beschaffenheit einer Gegend und ihrer ehemaligen Besiedlung erhalten werden kann. Einfluß der Industrie auf die Siedlungen und auf die Besiedlung. Wenn wir im letzten Kapitel feststellten, daß fast sämtliche Siedlungen Ackerbausiedlungen sind, so bedarf das einer Einschrän- kung; wir dürfen nicht vergessen, daß die Industrie eingedrungen ist und viele Verhältnisse umgestaltet hat. Besonders bei diesem Kapitel möchte ich vorausschickend bemerken, daß ich die Einflüssse der Industrie nur in ganz kurzen Zügen behandeln möchte. Industrie siedelt sich in jedem Land an Orten mit günstiger Verkehrslage an (insofern sind Zusammenhänge mit der Morphologie vorhanden); Aus- nahmen sind möglich ; auch sucht die Industrie gerne Wasserkräfte auf. Oft aber spielen Zufälligkeiten mit; in Sigmaringen z. B., das doch eine günstige Verkehrslage und Wasserkraft hat, ist wenig Industrie; in Onstmettingen z. B., das wohl eine kleine Wasserkraft, aber keine so besonders günstige Verkehrslage hat, ist zufällig, durch die Initia- tive eines Mannes, eine größere Entwicklung der Industrie vor sich gegangen. Industrie ist also zum mindesten von vielen Zufälligkeiten abhängig, die nichts mit der Morphologie zu tun haben, so daß ich mich bei der Besprechung ıhres Einflusses kurz fasse. Zunächst sind zwei Arten von Industrie auseinanderzuhalten, bodenständige und fremde. Als bodenständige Industrien sind z. B. die Gewinnung von Baumaterialien und Schottermaterial anzusprechen, | ferner die Verarbeitung des auf der Albhochfläche so reichlichen Lehms, auch das Brechen ganz feinen Kalks zur Zementbereitung. Dann gehört dazu die bergmännische Ausbeutung der Bohnerze der | Spalten in der Hochfläche der Alb; doch da sich dieser Betrieb in-. folge Erzmangels nicht mehr lohnte, ist er überall eingestellt worden. Von einzelnen Ziegeleien auf der Hochfläche haben wir schon kurz | gesprochen; sie sind meist klein und verdienen höchstens lokales | Interesse. | Von den wegen der teilweise dichten Bewaldung mancher Teile | des Gebiets häufigen Schneidmühlen ist schon kurz die Rede ge- | wesen. Es sind vorwiegend einzeln liegende Gehöfte mit wenig | Hilfskräften. Ihr Einfluß auf die Besiedlung ist äußerst gering. Wenn wir so der bodenständigen Industrie in unserem Gebiet | keine oder jedenfalls keine größere Bedeutung für die Besiedlung | zugestehen, so hat dagegen die fremde Industrie manche Verhältnisse | ziemlich verändert. | Verschiedene Arten von Industriezweigen haben sich auf dem | südwestlichen Teil der Alb niedergelassen: zunächst eine ganz aus- | gedehnte Textilindustrie (Trikotweberei), an die der rasche Auf- | schwung von Ebingen, Tailfingen, Truchtelfingen, Lautlingen und | anderer umliegender Orte, wie Meßstetten, das eine starke Arbeiter- | bevölkerung dadurch bekommen und dessen Ortsbild durch neue, | der Straße nach Ebingen entlang angelegte Ortsteile bedeutend ver- ändert wird. Ebensolche Veränderungen der Bauweise ruft die | Industrie überall hervor. An Stelle des unregelmäßigen Haufendorfs | tritt ein Mischding, das die alte Form beibehält und neue, meist rechteckig angeordnete Ortsteile hinzufügt. Auch die Häusertypen ändern sich vielfach. In den neuen Ortsteilen sieht man häufig’ städtische Wohnhäuser als Arbeiterwohnungen und immer seltener mehr den Typus des alten Bauernhauses. Daß die Änderungen ver-| hältnismäßig rasch vor sich gehen, zeigt Meßstetten, das zwar noch als vorwiegend landwirtschaftlich gilt, aber mit großem Einschlag | von Arbeitern, die nach Ebingen in die Fabriken gehen, schon ein‘ Übergangsstadium darstellt. Vor kurzer Zeit war es noch reines. Ackerbaudorf. Die Grenze zwischen Industriearbeiter und landwirt- schaftlicher Bevölkerung ist hier wie übrigens auch sonst in Würt- temberg schwer zu ziehen, da der Typ des reinen Industriearbeiters —ı1239 -— bei uns auf dem Lande noch nicht vorwiegt, sondern die Arbeiter- bevölkerung mindestens im Nebenberuf Ackerbau oder Gartenkultur treibt. Eine ganz ähnliche Entwicklung laufen die oben angeführten Orte Tailfingen, Truchtelfingen, Winterlingen, Bitz, Onstmettingen u. a. durch. Wenn viele dieser Ortschaften auch jetzt noch vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter haben, so ist doch deutlich mit rascher Vergrößerung eine Entwicklung zum Industriedorf, zum Arbeiterdorf ersichtlich. Schon beim ersten Durchwandern dieser Ortschaften fällt diese Zwitterstellung auf. Daß aber die Industrie nicht an günstige Verkehrslagen geknüpft ist, zeigt das Beispiel Onstmettingens, von Bitz und zahlreichen Heubergorten. In Onstmettingen wurde die dort bedeutende Feinmechanik (Herstellung von Präzisionswagen) durch den Pfarrer Mar am Ende des 18. Jahrhunderts eingebürgert. Bezeichnenderweise sind es vorwiegend kleinere und mittlere, sehr wenig große Betriebe. Der Charakter der Siedlung wird dadurch um so nachdrücklicher beeinflußt. In vielen Heubergorten haben die Trossinger Harmonikafabriken Filialen errichtet; doch sind diese meist klein und für das Bild des Orts fast vollständig bedeutungslos ; insofern aber ist ihnen ein großer Wert für die Bevölkerung nicht abzusprechen, als sie der Bevölke- rung Gelegenheit zu Verdienst geben, so daß der Abwanderung und der dauernden Bevölkerungsabnahme, die sich daraus ergab, wenigstens ein Grund entzogen ist. Die im Nebenberuf betriebene Herstellung von Uhrenteilen für größere Fabriken der Nachbarschaft, z. B. für Schwenningen oder von Schuhwaren für die Fabriken von Rottweil, Tuttlingen verändert den Charakter der Siedlung, das Bild des Orts nicht wesentlich. In einzelnen Ortschaften geht die männliche Bevölkerung als Bauhandwerker während des Sommers auf Arbeit nach auswärts, um im Spätjahr wieder zurückzukehren. Die bedeutendste Industriestadt des gesamten Gebiets ist Tutt- lingen (Textilindustrie, Feinmechanik, Schuhfabrikation, Gerberei u. a.), das infolge seiner günstigen Lage deshalb auch einen sehr raschen Aufschwung nahm. Es wäre an der Hand der Statistik, an der Hand der ver- schiedenen Ausgaben des Hof- und Staatshandbuchs von Württemberg und der statist. Jahrbücher für Baden und Preußen sehr leicht nach- zuweisen, daß die Orte, die eine größere Industrie besitzen, sich günstiger entwickeln als die rein landwirtschaftlichen Siedlungen, daß diese letzteren eine stagnierende oder gar abnehmende (durch = — Abwanderung und Auswanderung) Bevölkerungsziffer aufzuweisen haben. Dabei kommen die Höhenunterschiede gar nicht in Betracht; Orte der Hochfläche vergrößern sich rasch, wie Bitz, Winterlingen, Meßstetten, wenn sie Industrie oder Beziehung zur Industrie haben, Talsiedlungen nehmen ab, wenn sie der Industrie fern stehen, Bei- spiele dafür wären Oberdigisheim, Zillhausen, die Siedlungen des unteren Schmeientals, württ. Nusplingen, die Siedlungen im Schlichem- tal und andere mehr. Die Verkehrslage ermöglicht und befördert eine günstige Entwicklung, hindert aber unter Umständen eine rück- läufige Bewegung nicht. Ungunst der Verkehrslage kann unter Um- ständen mitbestimmend sein zum Stagnieren einer Siedlung, wie wir es bei württ. Nusplingen nachgewiesen haben und wie es bei zahl- reichen andern Orten auch zutrifft, kann aber auch bei der Nähe von Industrieplätzen oder dem Vorhandensein eigener Industrie eine günstige Entwicklung nicht hindern, wie es bei Bitz, Meßstetten, Stetten am kalten Markt ın Erscheinung tritt. Die Industrie ist also neben der Verkehrslage das Ausschlaggebende bei der Größe, der Zunahme oder Abnahme der Bevölkerung, und so ist es denn vollauf berechtigt, daß ich unterlasse, statistische Unterlagen für eine Erscheinung zu geben, die nur zu einem Teil von der Gunst oder Ungunst der Verkehrslage und erst in zweiter Linie von der Ober- flächengestaltung abhängig ist. Die Gunst oder Ungunst der Verkehrslage haben wir bei der Besprechung der Lage der Siedlungen berücksichtigt. Zusammen- fassend möge hier nochmals festgestellt werden, daß bei der heutigen Entwicklung als Verkehrslage ausschließlich die Lage zum Eisen- bahnnetz in Betracht zu ziehen ist. Da ist es denn merkwürdig zu beobachten, daß das Eisenbahnnetz weitaus den größten Teil des Gebiets umgeht, einfaßt, wenn man so sagen will. Dadurch sind viele Orte in ziemlich bahnferne Lage gekommen. Diese Ent- wicklung ist natürlich durch die Öberflächengestaltung bedingt, da die Bahn möglichst niedere Pässe wählen muß und daß Längs- bahnen nur nördlich oder südlich dem Gebirgsrande entlang angelegt werden können. Dadurch müssen aber bei einem Tafelgebirge viele Ortschaften in ganz ungünstige Verkehrslage kommen. Wesent- lich bei der Beurteilung der Querstraßen über die Alb ist die Tat- sache, daß es sich von Norden wie von Süden her, zwei Fälle, Prim— Faulenbachtal und Kocher—Brenztal ausgenommen, nur um günstige Zufahrtsstraßen zur Hochfläche handelt, daß zwar die von Norden her eindringenden, tief eingeschnittenen, eine reiche Schartung des — 4l — Gebirgsrands hervorrufenden Talzüge zu diesem Zweck benützt wurden, daß sich aber im weitern Verlauf die Straße vom Tal frei machte, auf der Hochfläche hinzog und so nicht durch die ungünstige Beschaffenheit des nach Süden ziehenden Tales gebunden war. Ganz besonders augenfällig wird diese Tatsache beim Eyach —Schmeiental, dem der Straßenzug bis Straßberg bezw. Kaiseringen folgte, um dann die Höhe bei Winterlingen oder Frohnstetten zu gewinnen. Erst die Eisenbahn ist dieser Schwierigkeiten Herr geworden, indem sie sich gewaltsam Bahn brach. Wir sind am Ende. Fassen wir nochmals kurz die Ergebnisse zusammen, die im Verlaufe dieses zweiten Teils der Abhandlung erarbeitet worden sind. a) Wir haben gesehen, daß schon die Wohnstätten der vor- deutschen Ansiedler ganz wesentlich von der Morphologie des Landes abhängig waren. Zu verschiedenen Zeiten der vordeutschen Be- siedlung waren verschiedene Grundsätze bei der Wahl der Orte für die Siedlungen maßgebend, immer war die Alb geeignet, den An- forderungen dieser Bevölkerung an ihre Wohnplätze zu genügen. Ihre Karstnatur bedingte die Höhlen, die von den Paläolithikern aufgesucht wurden; ihre Hochfläche, die gerade in unserem Gebiet den Charakter einer offenen Landschaft trug, gab zu Ackerbau- niederlassungen Anlaß; ihr äußerst zerfressener und zerlappter Nord- westrand, sowie die kühn vortretenden Felsmassen an den Talrändern der Donauseite ermöglichten die Herstellung geräumiger Fliehburgen, die in Friedenszeiten auch als Viehkrale Verwendung fanden, die durch Höhenwege, Heidenstraßen, Rennwege miteinander verbunden wurden. | Zur Römerzeit war dieser Teil der Alb nicht so reich besiedelt wie andere Teile Württembergs. b) Aus den Ortsnamen lassen sich wichtige chronologische Schlüsse, aber keine solchen über Stammeszugehörigkeit ziehen. Beträchtlich ist die Zahl der Urdörfer mit Riesengemarkungen in unserem Gebiete. c) Die Dichte der Siedlungen ist abhängig von der morpho- logischen Beschaffenheit des Landes; in den Tälern und im Gebiet des Braunen Jura sind, in strengem Gegensatz zur vorgeschichtlichen Besiedlung des Gebiets, viel zahlreichere Siedlungen als auf der Hochfläche. d) In der topographischen Lage ist eine große Abhängigkeit von Quellen oder fließendem Wasser zu konstatieren, wie in einem Jahreshefte d. Vereins £. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 16 rn Kalkgebirge nicht anders zu erwarten ist; bei den Siedlungen im Tal macht sich ein entgegengesetztes Prinzip in der Lage zur nächsten Umgebung bemerklich als bei denen auf der Hochfläche; diese finden | sich großenteils zum Schutz gegen Winde in Mulden in sogenannter | Nestlage. Jene ziehen sich wegen der Überschwemmungsgefahr | auf die unterste Terrasse zurück, soweit sie nicht auf die Wasser- | kraft angewiesen sind. | | | e) Talsiedlungen sind mit Vorliebe an der Einmündung der Seitentäler, schon wegen der dort meist eintretenden Verbreiterung, | oder an Aufgängen auf die Hochfläche angelegt. Die ungünstigeren, engeren Teile der Flußtäler sind nicht mit Urdörfern auf Ingen und | heim besetzt. | Höhenniederlassungen liegen vielfach an den Talrändern oder | am Beginn kleinerer Nebentäler, um näher beim Tal zu sein. Dieser | auf- und abwärts a, Kos hat die Lage der Siedlungen | beeinflußt. | f) Die Verkehrslage ist ganz wesentlich beteiligt bei der Ent- | wicklung der Siedlungen. Wo günstige Verkehrsbedingungen, da | größere Siedlungen. Die Straßen, die der Verkehr aufsucht, sind durch die Oberflächenformen bedingt. Durch die Flußtäler der | Neckarseite ziehen die Verkehrswege, verlassen sie aber dann, um | auf der Hochfläche das Donautal zu erreichen. Auch das Donautal | ist in unserem Gebiet dem Verkehr ungünstig. Erst die Eisenbahnen | haben diese Schwierigkeiten zu überwinden vermocht. g) Noch wesentlicher für die Dichte der Bevölkerung aber ist | die Industrie. Sie ist in unserem Gebiet nicht absolut abhängig von | der Verkehrslage, sondern sucht teilweise auch Orte mit ungünstiger | Verkehrslage auf. Wo größere Industrie, da rasches Wachstum der Bevölkerung, wo keine, da Stagnieren oder Abnahme der Bevölke- rungszahl. h) Die Siedlungsform der Städte ist, soweit noch etwas von der ursprünglichen Gestaltung vorhanden ist, an einen rundlichen | Kern gebunden, an den sich dann neuere Stadtteile in regelmäßig | rechteckiger Form angeschlossen haben. Die Dorfsiedlungen sind fast ausschließlich Haufendörfer, die, | besonders in den engen Tälern, in ihrer Gestalt ganz wesentlich vom Gelände beeinflußt sind, so daß alle möglichen Übergänge vom rund- lichen Gewanndorf zum Reihendorf, wenn zufällig eine größere Ver- kehrsstraße hindurchführt, zum Straßendorf, vorhanden sind. Richtige Weilersiedlungen mit Weilerflur fehlen. — 2435 — Aus allem geht hervor, daß die Morphologie des Gebiets die Lage und Form der Siedlungen ganz wesentlich beeinflußt, daß aber die Bevölkerungsdichte, die Größe und die Entwicklung der ein- zelnen Siedlungen mehr von der Verkehrslage und der Industrie ab- hängen. Diese beiden Faktoren aber sind, obgleich im wesentlichen doch zu ihr in Verbindung stehend, in vielen Einzelheiten aber un- abhängig von der Morphologie des Landes und nur auf historischer Grundlage zu verstehen. Anhang. Siedlungen nach den Stat. Jahrbüchern der Königr. Württemberg und Preußen, des Großherzogtums Baden. Einwohner Markung Davon Wald (1910) ha ha a aan Se us 1570 N Hernianusiust .EMi.. 0. 28... 12 er Ur Danrerden‘ co... u 2.0.1. 192 273 34 Dr WanDten Dar ee NE 558 2 ee 4 h 3 Im DET CR 9 Bas IFZSREIN EEE Fi 3975 | Bhanbettene .„. la. ir. 14 | Srunesen Mu non. FR; 3 Fhachlesin en 14 | BaRnaus 3 een el 5. 6} 3792 1546 Betersbüurp ae . 4 Sa rege Pre 1% 2 SCHaEBause Le En . 2 Weißenburan nl BER 4 BEIBmernn aid, 815 603 6% Hesemwungen „una... 634 365 84 HOSEN TEn. en, 422) R ! ee N 5 f gi: “ LeubeniarEyamiHl. . ..Asti., 1724 1004 462 Bamekiusen nu. HE. 753 \ Deren RR u 8 j u Du Maxzeprethausen + . » "ii. 0% 285 Bemenberer 7 :3B. , 2 9 h ur u Menstabben 2... ER, nn 1641 iehlialderhaus . 2 2... 118... 42 3 isklialderhöf . 1u.,.70. 0 IE 6 Sin % BintereMühle- . . . : oe 3 16 * — 244 — Einwohner (1910) Oberdigisheim 522 Fohloch., Pr rar nr 9 Geyarba@ Ir SP DIN. KERNEL 94 Michelfelderhof: |: lea . Nina. % 12 Scheibhaldeni Hr. a BR EL N, 8 Steiehans pe eh a 3 ONStImMettingen., nu a ae 2646 NET SEN. 0 Stiebwirisbaus. -.-. „u... 7 Talmuhle : 2 2. nn RER 3 lntere Mühle Let ER: 3 Pfeffiingen. . 888 Zitberhot. u. can 3 ' Stockenhausen - um A Rue. 168 Stzeleental. suteitse, ah rest, 295 Taıltıngen,. wi Da 4571 Nenweiter N ve ee 27 Tier Dee; AIR 7157 Heidenhof N 1101231 24 Wohental:e =. 224% 2. EOAl 9 ) Truchtelfineen”. „ . swe@er... . 1356 Unterdieishbeime une. 382 | Wolfenhof 9 Waleastetiten ir 8 In I 203 | Ziegelwasen a BO > 95 f Weilheim. rt: rs ee 5 650 Wiınterlineen . a, ren... 2194 Sonrienhälde ME ra Le 7 Aalen 5 %:. SUNCDRi Re IB 14 Zillhausen.. 472 Warmensal 2 u. cu, u 4 Dosternhausen. an. a vo ha 611 Hausen 2. 2Ia0R. .. 2% - 359 I Waldhaushof 4 E08 . : . Eigen. 4 Loghenhaf” „ag. % 6 Oberhausen sr U ru 15 Roßwangen. 418 Sch&niberg u KH „wi 2; 1271 SPAICHINEEeN, .- „ “rn Ds 1962 Blatte... '. . 2 ee MER 5 | Dreifaltigkeitskirche . . . » 2. .» 5 Balgheim REN 410 Böttingeonan u ee. 632 Allenspach 7,52,...7.%.2 2 BEE 20 Bubsheim IE 551 Anhauser Mühlen . Te 72 Markung Davon Wald ha 982 2060 ha 584 — 245 — Einwohner Markung Davon Wald (1910) ha ha Deilingen (m. De Bo 1.2) 607 Ziepelhütte:. .....» . G6 7 6 TI nl WERNE a Nie , VEEEER 340 > ir; Delkhafer Mühlen. ... -2 1.8 .- » : 12 Baupeing en. ERBLT . Ae . 970 Er Erlenmühle 2 Rn RENNEN DE." HALS OBEREN 10 ar au Behheim 208020 ee 930 j UBER er er: 43 nr a 1er Re ng Re A ae ee Bo Br Er en 427 ars Deal re er, 16 2 rn ee Se”, 7197 Mumühle 5.1, I. BR NAT 8 931 270 ee like VER E 10 j Komsssheim..’. ..... PSP NER 357 436 150 Biaklehetten 2.287, NT. 513 1220 452 INFORSBREL IK IEnEU er 785 Ne RE 41 PISEROTe: u... hm, se EEE 131 2091 696 eidenstadt-r. aan are ee 122 Heckenbal a nenn 14 Deren ae ee 912 L Mangeeki sm nr rat 107 - Bir Natialausen Pig Wil, 520 al! 201 Kerencnhbaehrsers DER 307 y Einizusesenster HT TE TEE. > 29 50 ner Dchorzingen 2 "Samnızı ARE. 634 ERBE Nuhle UN an 5 760 118 Near deak 7 Mean Den trnrTrseir in wu, 1004 | Das der Dr, 50 1459 693 Steighaus. . . . ie ee 3 ) Weilen unter den Binnen MAR R 268 309 73 Partbansen. na 222). Een 2) To ER DIE 106 Papıermühle. etz erw :s- 7, 15 3876 1796 Diebe a en ee. 5 13 Börehenbade 88:20. s@ ıu7 44 Bandung nr RR: > Bissntslhausi ar Der 5 Be tn 14 | SRBwrabneal set. or ra, 5 2247 1221 Stadtmühle ... . . . re 14 | Zerelbütte cr. Ar: 9 BEDTEREeN. 4 NER TARA } 18 )J TBB Fra ei ar re 635 1456 255 N er Einwohner Markung Davon Wald (1910) ha ha Miuhlbeim aD... >... Lan En 991) Alistallt 2.220020 KT 12 Krasen rer BIETE. 6 Mesnerhans:n 2.20. TEL 8 Munster OR: 13 1402 696 Naben. 2 ee 12 | | Schützenwirtshaus. . . » 2... 5 ute 2,0, RE: nn ae 10 | Dale Tr SE BE ee 4 J Nentdingen. :: Me 1133 | AH EEE 15 Nenmihlerc, © a ee 5 | > _ Z3egalhlütte... 2,2 Se 115 BRenyaishausen „u... 0 BE Th. 376 770 192 PRacethesm..-2 20 I BR NEE 307 ) SCHE dtEm Sa 2 ET nr 1.7 Bulzingen „2... % REIT ern 58 Heiichent. =. 27 A ee ee es 10 alerts } 70 9» 184 Kehlen . a ER LE 7 Ip El 26 Rußberg: » 2.5.52 EEE 7 133 J Stehen: F#T, an a Re vr 416 771 303 Weiheimii An re, 454 Schwarze Mühle... ..„s.f WE 6 — gi Wurmlıangeen nl... Sees 1382 | 2 Spinnfeinikani sea st 11 12 Sr Hartheim Me ee 392.” 910 | 268 Beanstetten an 535 1031 218 Schwenningen... ..,...gBME.%. 945 1933 . 8342 OBerelashüttäit!t Ein 196 . 562 123 UntersTashütte .:. ....& amt 99 285 55 Stetten am kalten Markt. ... 969 ‚1826 675 Nnspliaeh Er er SE 138 647 241 bengenbronn? ano RA 126 \ 899 576 Werenwaaug + BEE... —) Hausenar Tal. Sr zn... 256 186 509 Neidingen »:. Tr Rs 96 369 191 Gatenstein :: ..... ve 423 1311 830 Trohnstetten ... Pr. KR 745 1468 302 Kaiseringen 7. „sk Bi m 188 505 122 Stotzingen > TI. Fu 215 738 246 Sbraßheng. zii oo ten 927 1913 631 wallliugen. su... I 697 572 112 BIgmaTringen He 4621 3469 2115 Inzigko fen I ERRER 401 930 7 — Mr Einwohner Markung Davon Wald (1910) ha ha euro I OR ar. 365 951 570 Dre ntakä kA eraani 436 1268 PeN Eur aheind „sets, „ .WaWBpL „Bi 2a ._ 625 448 Deere UT ameihia nl 103 178 120 smart DE - Bm 2ER hrs: 646 1071 398 Untörsehmerentt oe 104 494 194 Parzellen zu Frohnstetten: Schmeienhöfe 40 E. St. Sebastian 17 E. | „ Kaiseringen: Waldhof 5 E. 5 „ Storzingen: Neuhaus 7 E. A „ Straßberg: Harthof 11 E. Lenzenhütte 4 E, Neuhaus 3 E. Roßberg 3 E. Untermühle 15 E. . „ Bärental: Ensisheim 21 E. Gnadenweiler 45 E. = ; Beuron: Oberhausen S E. Reinfelderhof 10 E. Steighof 15 E. s „ Laiz: Nonnenhof 5 E. Für die badischen Orte stand mir kein Verzeichnis der Parzellen zur Verfügung. Literaturverzeichnis., Karten: Blatt 38, 39, 44, 45 der geognostischen und der topographischen Karte von Württemberg 1:50000 mit Begleitworten von QUENSTEDT. REGELMANN: Geognost. Übersichtskarte 1: 600 000. Neue topogr. Karte von Württemberg 1:25000, soweit veröffentlicht (Blatt Balingen, Ebingen, Winterlingen, Wehingen, Nendingen, Beuron). Karte des Deutschen Reiches 1: 100000. Blatt 632, 633, 619. Topographische Karte von Baden 1:25000. Blatt 103, 104, 112, 113, 114, 122, Das Königreich Württemberg. II. Aufl. 1904 ff. Das Großherzogtum Baden. 1. Aufl. vw. 2. Aufl. (1912.) I. Bd. KessLer: Beschreibung der Hohenzollernschen Lande. 1894. STEHLE: Die Hohenzollernschen Lande. 1884. Oberamtsbeschreibung der Oberämter Balingen, Rottweil, Tuttlingen, Urach, Münsingen. Blätter des Schwäb. Albvereins. 1889 ff. Branco: Schwabens 125 Vulkanembryonen, 1894. J. Cvısıc: Das Karstphänomen. Geogr. Abh. v. Prxck. V. DAusrREE: Les eaux souterraines. 1887. W. Davis: The drainage of cuestas. 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Im freien Wettbewerb der Arten pflegen sich die Pflanzen nicht weit von ihrem Standort zu entfernen. Die allermeisten Samen werden in der näheren Umgebung der Mutterpflanze wieder ausgesät, wo sie unter günstigen Umständen aufgehen und neue Stöcke bilden. Ausnahmsweise können aber die Samen auch auf weite Strecken verbreitet werden, und wenn sie zufällig die zu ihrem Gedeihen nötigen Bedingungen vorfinden, können sie zur Gründung neuer Kolonien im fremden Gebiete führen, die sich dann schrittweise wieder vergrößern. Im allgemeinen ist es aber schwierig, in der freien Natur diese Veränderungen zu verfolgen und von Jahr zu Jahr die einzelnen Etappen mit Sicherheit festzustellen. | Ein günstiges Feld bietet in dieser Hinsicht das Neuland im Gebiet einer wohlbekannten Lokalflora, und hier können besondere Umstände sogar die Feststellung größerer Sprünge ermöglichen. Solches Neuland bilden einige Kiesgruben bei Mengen. Sie wurden beim Bahnbau in den Jahren 1867 —1869 ausgehoben und nach 1870 wieder sich selbst überlassen. Aus den zahlreichen Arten, die sich seither hier zusammengefunden haben, möchte ich drei herausgreifen: Epilobium Dodonaei, E. Fleischeri und Anacamptis pyramidalis. Epilobium Fleischeri hat hier auf einem viele Quadratmeter fassen- den Gebiet die unbedingte Herrschaft, und um dasselbe herum zieht sich in großem Halbkreis ein Kranz von kleineren Rasen, die nach außen an Größe abnehmen. Dieses Gebiet liegt im hintersten, am wenigsten betretenen Teil der Grube. In der Mitte derselben stehen zerstreut die viel größeren, mächtigeren Büsche des F%. Dodonaet, das vereinzelte Gruppen bis dicht an die letzten Posten des E. Fleischeri schickt. Von 1905 bis 1913 habe ich jedes Jahr die Pflanzen in ihrer ganzen Entwicklung verfolgt. Aber schon vorher wurden sie von Hauptlehrer BrETZLER seit 1883 beobachtet. Sie sind also in der Zeit zwischen 1870 und 1883 eingewandert. Um zufällige Verschleppungen kann es sich nicht handeln, da die Pflanzen keine Kulturbegleiter sind, sondern frische, humusarme Böden aufsuchen. Ihre Hauptstationen sind die Geröllfluren der —_ 21 — Alpenbäche und Alpenflüsse, mit denen sie oft weit ıns Vorland hinausgehen. Genau die gleichen Bedingungen wie an ihren natür- lichen Standorten finden sie in dieser Grube: mit Sand und Lehm- erde vermischte Kiese, die oberwärts stark austrocknen, aber schon in geringer Tiefe immer reiche Feuchtigkeit aus dem Grundwasser bieten. Da sie in den Haarschöpfen ihrer kleinen Samen Flugapparate besitzen, die zu den vollkommensten im Gebiet unserer Flora zählen. so sind sie wohl im Stande, weite Reisen auszuführen und günstiges Neuland aufzusuchen. Der nächste württembergische Standort des E. Dodonaei ist das Geröll der Argenmündung am Bodensee. Es wurde hier schon vor 1834 von MARTEns aufgefunden, und heute noch ist es vorhanden, wenn auch nur in wenigen Stöcken. Da es aber in den Niederwald hineingeht, so vermag es der Wind hier kaum mit voller Kraft zu fassen und die Samen frei fortzutransportieren. VALET gibt es sodann 1847 von den Kiesbänken der unteren lller bei Wiblingen an und MAHtER später von Öberkirchberg. Ich habe es aber vergeblich ge- sucht. Nach einer freundlichen Mitteilung von Professor MAHLER in Ulm ist es dort seit 1885 infolge der Regulierung der Iller ein- gegangen. Zur fraglichen Zeit war es also noch vorhanden. Im badischen Hegau hat es endlich Karrer beim Hohentwiel noch ın den in Betracht kommenden Jahren festgestellt. Weitere Standorte sind hier Randegg, Plören, Rosenegg und Hohenthengen. Die nächsten, bayrischen Standorte finden sich am Bodensee bei Lindau und im mittleren lllertal bei Ferthofen und Volkratshofen. In der Nord- schweiz kommt es am Unterlauf der Thur und Glatt vor, während es in Vorarlberg gänzlich fehlt. Wenn es nun von einem dieser Standorte eingewandert wäre, müßte es immerhin eine Luftreise von 50-60 km zurückgelegt haben. E. Fleischeri ist eine westalpine Art, deren Gebiet sich nach Datta- Torre und Graf SARNTHEIM in einer keilförmigen, von folgenden Punkten gebildeten Vegetationslinie gegen Osten vorschiebt: (Wallen- see), Bregenz, Damüls, Lech, Elbigenalp, Ötz, Innsbruck, Floite, Gschlöß, Lappach, Bozen, Brentagruppe, Val Genova. Aus Württem- berg wird es erst in neuester Zeit noch von Gebrazhofen OA. Leut- kirch angegeben (Kırcnner und EıcHter, 1913). Da sich dort der Pflanze keine natürlichen Standorte bieten, so muß es sich ebenfalls um eine neue Ansiedlung handeln. Wahrscheimlich war sie zur fraglichen Zeit noch gar nicht vorhanden. Die Entfernung würde übrigens 55 km betragen. Der zweitnächste Standort ist das Ach- — 22 — gries bei Bregenz, wo die Pflanze schon 1837 von SAUTER aufgefunden und zuerst als E&. Dodonaei ausgegeben wurde. Seither wurde sie hier nicht wieder beobachtet. Dieser Ort, dessen Entfernung 70 km betragen würde, scheidet also für unsere Untersuchung ebenfalls aus. In Baden fehlt die Pflanze ganz. In Bayern kommt sie nur im Oytal bei Oberstdorf und am Eckbach bei Hinterstein vor, früher auch an der Ostrach bei Hindelang. Ihre Standorte in Vorarlberg sind das Argengries bei Damüls, das obere Lechtal und das Klostertal und vor allem das 1lltal, wo die Pflanze im Montavon und seinen Nebentälern oft ungeheuer massenhaft auftritt und’ weiter abwärts noch bei Nenzing und unterhalb Feldkirch sich findet. In den St. Galler und Appenzeller Landen ist sie nur an der Tamina und ihren Seitenbächen und ım Tal der Seez beobachtet. Alle diese Standorte liegen in einer Entfernung von 90—130 km. Ich Halte es aber nicht für wahrscheinlich, daß die beiden Epilobien von zwei verschiedenen Ausgangsstationen angeflogen kamen. Sie dürften vielmehr miteinander eingewandert sein aus einem Gebiet, wo sie zusammen gewachsen und vom gleichen Luft- wirbel entführt und zu uns gebracht worden sind. Wenn sie von zwei verschiedenen Orten und zu verschiedener Zeit hergeweht worden wären, dann müßten noch weitere Kiesgruben unseres Ober- landes von ihnen besiedelt worden sein. Das oberste Illergebiet erfüllt nun beide Forderungen: nächstes Grenzgebiet des E. Fleischeri und gleichzeitiges Vorkommen des . Dodonaei. Wenn auch letzteres heute nicht mehr im Trettachgebiet gefunden wird, so war es doch früher von der Mädelegabel angegeben und weiter talabwärts an vier verschiedenen Stationen beobachtet. Wir dürfen also sein vor- übergehendes Vorkommen auf allen größeren Geröllflächen der Iller voraussetzen. Dann beträgt die von beiden Samen zurückgelegte Entfernung 100 km. Im Jahr 1913 ist nun eine weitere Pflanze erschienen: Ana- camptis pyramidalis, zunächst nur in einem einzigen Exemplar. Der Flugapparat dieser Pflanze ist womöglich noch wirkungsvoller als bei den Epilobien, so daß auch sie zu weiter Reise wohl befähigt ist. Sie tritt hier zum erstenmal aus dem Albgebiet nach Ober- schwaben herüber. Ihre Standorte sind von A. Mayer in Jahrgang 1913 dieser Jahreshefte zusammengestellt worden. Darnach findet sie sich an 1 Standort in einer Entfernung von 10 km, an 2 Standorten 15—20 km, an 2 Standorten 28—30 km, an 20 Standorten 40 bis 50 km weit entfernt. Die nächsten Stationen sind Sigmaringen, — 253 — Teutschbach und Friedingen. Nach A. Mayer ist die Pflanze aber durch Nadelholzaufforstung, Düngung und Nachstellung im Rück- gang begriffen. An vielen Orten ist sie seit langer Zeit nicht mehr gefunden worden. Am ganzen Südrand der Alb habe ich sie noch nie angetroffen, auch nicht um Sigmaringen und am Teutschbuch, deren Flora ich gut kenne. Letztere Angabe stammt übrigens noch aus der Zeit vor 1834. Alle Standorte, von denen sie dagegen durch heute noch lebende Beobachter beglaubigt ist, liegen in einer Ent- fernung von mindestens 28—30 km. Wir werden also den Sprung unserer Anacamptis auf 30—40 km ansetzen müssen. Diesen drei Pflanzen haben sich noch eine Anzahl anderer Arten aus geringerer Entfernung beigesellt. Cirsium eriophorum und Hieracium cymosum haben ihre nächsten Standorte in einer Entfernung von 6 km, Dotrychium lunaria und Hieracium Zizianum in d, Orobanche alba und ZTrifolium arvense in 4, ÜÖrepis alpestris in 3, Festuca ovina var. vulgaris subvar. hispidula, Hieracium arvicola und Thesium pratense in 2 km Entfernung. Von diesen zehn Pflanzen können acht durch den Wind verweht werden, und nur zwei, Festuca hispi- dula und Thesium pratense, überraschen durch den merkwürdigen Sprung. Alle anderen Pflanzen dieser Kiesgruben entstammen der nächsten Umgebung, zumeist den angrenzenden Äckern oder dem Eisenbahngelände. Noch eine Pflanze bietet ein Beispiel sprunghafter Wanderung. Es ist die Schmerwurz, Tamus communis, ein mediterranes Schling- gewächs, welches, die Alpen von Westen umfassend, durch die ge- schützten Täler der Nordschweiz bis zum östlichen Bodenseebecken reicht. Sie findet sich bei uns ım Argental unweit Laimnau in z de /), / mehreren Gruppen. Folgende ZN Ex f Skizzen zeigen die Standortsver- 2 7, % Un hältnisse dieser Pflanze. 490% 2 m AmHangistdurcheinSträß- chen die natürliche Bodenform *° Er See | gestört. Für dasselbe wurde der y% ua Boden abgegraben, und unsere Pflanze hat gerade das entstandene zu Wald. Neuland besetzt, und nirgends tritt sie über den schmalen Streifen 4 der künstlichen Böschung hin- ann Acker. , Bergheide. 15 nn aus. Wo die natürliche Berghalde ungestört geblieben ist, fehlt auch die Schmerwurz. Es kann sich also auf keinen Fall um ein Relikt handeln, sondern nur um einen neuen, vorgeschobenen Posten. Die Pflanze zeigt auch üppiges Gedeihen. Ihre .pfeilherzförmigen Blätter leuchten in vollem Grün aus dem Gebüsch, in dem sie bis zu 3 m Höhe emporsteigt und sich dann wieder bogenförmig nieder- senkt, und im Herbst ist sie mit ganzen Trauben scharlachroter, —7 heutiger Verlauf der Berghalde. - mutmaßlicher Verlauf der natürlichen Halde. X Standort der Tamaus. glänzender Beeren beladen, welche 1—3 kugelige Samen enthalten. Da die steinharten Kerne den Darmkanal der Vögel in keimfähigem Zustand passieren, so kann die Pflanze durch Vögel verschleppt werden. Die Kerne erreichen einen Durchmesser von 3—4 mm. Es sind also die größten von allen unseren Beerenpflanzen, und des- halb mag auch nur eine beschränkte Zahl von Vogelarten zu ihrer Verbreitung befähigt sein. Daher die Seltenheit ihres Auftretens in unserem Grenzgebiet. Als vorgeschobener Posten steht sie inmitten einer ihr fremd- artigen Umgebung am Rande eines Bergwaldes, der eine kleine Bergheide nach oben begrenzt. Keine einzige Pflanze des warmen Südens findet sich in ihrer Gesellschaft. Ringsum nur gewöhnliche Mitteleuropäer und wenig ausgeprägte Typen sonniger Gebüsche: im Walde Anemone hepatica, Lathyrus vernus, Carex alba, Carex pilosa, auf der Grasheide Buphthalmum salicifolium und Vincetoxicum offieinale. Im Jahre 1906 wurde mir das erste Zweigstück der Pflanze zur Bestimmung vorgelegt, da der Entdecker, Hauptlehrer Rorta in Laimnau, dieselbe nicht erkannte. Ihre Einwanderung fällt also in die Zeit zwischen Anlegung des Sträßchens und das Jahr 1905. Die nächsten Standorte sind Zechwald und Rickenbacher Tobel bei Lindau. Die Entfernung dieser Orte von unserer Berghalde be- trägt in der Luftlinie 12 km. Im Oberrheintal oberhalb des Boden- sees findet sich die Schmerwurz von Rorschach, Altenrhein, Rheineck und Lindau bis gegen Maienfeld an zahlreichen Stellen. — 235) — Würden nun diese Pflanzen sich im natürlichen Gelände an- gesiedelt haben, so wäre ihre Einwanderung nicht mehr zu erweisen und wir müßten die Möglichkeit offen lassen, daß es sich um Re- likte handelt. Setzen wir aber den Fall, die drei Menger Pflanzen stünden auf einer größeren, ungestörten Kiesflur an der Donau, und an Stelle der Anacamptis wäre Orchis globosus aus der gleichen Ent- fernung von der Alb herabgeweht worden, so hätten wir eine Ge- nossenschaft von Voralpenpflanzen, die den Eindruck der Ursprüng- lichkeit machen und alle Anforderungen an Relikte erfüllen würde. Es ist also bei der Beurteilung der Relikte größte Vorsicht nötig und eingehendste Kenntnis der Standortsverhältnisse unerläßlich. Neue Gefäßpflanzen der württembergischen Flora. Von Karl Bertsch in Ravensburg. 1. Equisetum ramosissimum Desr. Nach der Flora des badischen Kreises Konstanz von Jack und SEUBERT-KLEIN’s Exkursionsflora für das Großherzogtum Baden kommt im badischen Bodenseebecken auch der ästige Schachtelhalm vor. Da war die Frage berechtigt: Macht dieser Schachtelhalm wirklich Halt an den schwarzroten Grenzpfählen ? Auf meinen Exkursionen habe ich deshalb in den letzten Jahren mit Aufmerksamkeit auf alle Equiseta cryptopora geachtet. Im Jahr 1912 gelang es nun, den g ersten Standort des ästigen Schachtelhalms innerhalb unserer Grenzen aufzufinden, und im letzten Jahr kamen neue Beobachtungen hinzu. Er findet sich zwischen Friedrichshafen und Eriskirch, zwischen Eriskirch und Langenargen und zwischen Langenargen und Kreß- bronn. Hier wächst er auf dem vom See ausgeworfenen Sand an der obersten Grenze des überschwemmbaren Hangs. Es sind also Stellen, wo der wechselnde Wasserstand und der reine Sand ihn vor der andrängenden mitteleuropäischen Flora schützen. Das sind dieselben Örtlichkeiten, an denen das südeuro- päische Erucastrum obtusangulum seine einzigen württembergischen Standorte besitzt. Wenn letzteres auch an vielen Stellen mit ameri- kanischen Einwanderern «der letzten Jahrzehnte zusammentrifft (Soli- dago serotina, Erigeron annuus, Aster, Oenothera biennis), so ist da- mit seine Einschleppung noch nicht erwiesen; denn diese inter- nationalen Gesellschaften trifft man am Bodenseeufer nur in der Nähe einmündender Bäche und Flüsse und zum Strande führender Wege. Die Hundsrauke aber hat eine geschlossene Verbreitung an unserm ganzen Uferrand von Kreßbronn zur Argenmündung, Langen- argen, Schussenmündung, Eriskirch, Friedrichshafen, Seemoos, Man- zell, Fischkach bis zum Grenzhof. An allen diesen Orten habe ich die Pflanze selber gesehen und eingesammelt. Sie findet sich auch an den isolierten Sandbänken fern der Wege, die durch die über- schwemmbare Zone rings abgeschnitten und im Sommer kaum zu- E gänglich sind, hier ohne die Amerikaner und mit den kleinen Ko- lonien unseres Schachtelhalms, der die mediterrane Verbreitung mit ihr gemein hat. Der ästige Schachtelhalm ist im Mittelmeergebiet die am meisten verbreitete Art der Gattung. Er bewohnt in Europa weiterhin Süd- rußland und das untere Donaugebiet. Von hier aus dringt er ın die Täler des Alpengebiets und der Karpathen ein und geht nord- wärts längs des Rheins bis Duisburg, der oberbayrischen Alpenflüsse bis zur Donau, der Elbe bis Magdeburg, der Oder bis Breslau und der Weichsel bis Polen. Er gehört also zu jenen Pflanzen, die in unsere Bodenseeflora einen südeuropäischen Einschlag bringen und zählt somit zu den interessantesten Gliedern derselben. 2. Alchimilla stramınea Buser. Diese Pflanze findet sich im Weitried im oberschwäbischen Donautal bei Ölkofen OA. Saulgau. Herr Buser hatte die Güte, sie zu bestimmen. Nach AscHERSon und GRÄBNER (Synopsis) bewohnt sie verschiedenartige Standorte der subalpinen und alpinen Region. Ihr Vorkommen in einem Wiesenmoor am äußersten Rande des Alpenvorlandes außerhalb der gewöhnlichen Reliktenzone und ohne andere alpine oder subalpine Begleiter ist deshalb überraschend. Es hat aber noch ein Gegenstück wenige Kilometer weiter talabwärts bei Neufra, wo sich auf sumpfiger Wiese recht zahlreich Discutella laevi- gata erhalten hat. Nachdem ich letztere an ihren sämtlichen heimi- schen Standorten kennen gelernt und ihre Standortsverhältnisse und ihre Begleitpflanzen eingehend beachtet habe, muß ich sie als Glazial- pflanze betrachten, trotz ihres scheinbar abweichenden Verhaltens in fremden Gegenden. Wie auf unserer Alb und vor allem auf unseren Voralpen hat sich auch hier eine ganze Gruppe von verschiedenen Frauenmantel- formen zusammengefunden, die unmittelbar beisammenwachsen: straminea, alpestris, strigosula und pratensis. Unsere Alchimilla kannte man bisher nur vom Schweizer Jura und vom mittleren Teil des Alpenzugs, von den Savoyer Alpen durch die Schweiz bis Mittel-Tirol und zum Veltlin. 3. Hieracium Bauhini ScHuLr. ssp. H. Bauhini Schutt. und ssp. H. thaumasioides N. P. Im letzten Jahrgang habe ich meine Hieräcienfunde zusammen- gestellt. Leider war es mir damals nicht möglich gewesen, eigene Jahreshefte d. Vereins f. vaterl, Naturkunde in Württ. 1915. 17 rn Beobachtungen über das MH. Dauhint mitzuteilen; ich mußte mich vielmehr auf eine Angabe beschränken, die dem großen, grundlegen- den Hieracienwerk von NÄGELI und PETER entnommen war. Es war die Unterart H. arvorum von Ulm; aber es ist nicht ganz sicher, ob der Standort der württembergischen oder der bayerischen Flora angehört. KircHner und EıcHLer hatten deshalb in ihrer Exkursions- flora von Württemberg noch im Jahr 1913 von der Pflanze ge- schrieben: „Bei uns noch nicht nachgewiesen“.. Im Jahr 1914 habe ich nun die typische Unterart in ihrer normalen Ausbildung auf- gefunden. Auch die zweite oben angegebene Unterart fand sich nicht weit davon entfernt. Der Standort beider Pflanzen liegt bei Ravens- burg in einer Höhe von ungefähr 460 m. Herr Zann-Karlsruhe hatte die Güte, beide Pflanzen zu bestimmen. Das MH. Dauhini ist eine pontische Art, die das Bodensee- gebiet gegen die umliegenden Florenbezirke besonders auszeichnet. Es fehlt den übrigen Teilen von Vorarlberg, der Schweiz, Oberbaden, Oberschwaben und dem südwestlichen Bayern. Häufiger tritt es erst in Bayern östlich vom Lech auf. Westlich dieser Linie findet es sich in Südbayern nur in der Unterart arvorum bei Ulm und Kaufbeuren. 4. Hieracıum cinerascens JokD. ssp. 4. pallidulum Jorn. Wenn ich mich eingehender mit H. pallidum Bıv. (= H. Schmidtit Tsch.) beschäftigte, glaubte ich immer wieder, mich an Zwischen- formen aus unserem Schwarzwald zu erinnern. Oft hatte ich dann in meiner Sammlung nach ihnen gesucht. Vergeblich. Es fand sich neben den Formen der Hauptart nur das H. cinerascens aus dem französischen Jura. Bei einer erneuten Durchsicht habe ich nun einen Bogen Hieracien aufgefunden, der sich in einen anderen Um- schlag verkrochen hatte und mir deshalb durch Jahre ganz aus dem Auge gekommen war. Die eingehende Untersuchung ergab, daß sie dem /T. pallidulum angehören. Die sichere Bestimmung verdanke ich auch diesmal Herrn Zaun, der in gewohnter Liebenswürdigkeit um- gehend die Revision besorgte. Ich hatte die Pflanzen im Juni 1904 an Granitfelsen im Berneck - tal bei Schramberg eingesammelt. Sie wachsen hier nicht unmittel- bar mit dem echten MH. pallidum zusammen, das ebenfalls im Berneck- | tal vorkommt. Durch seinen Standort macht es dem Namen gra- niticum, den ihm Schurrtz-Birontinus beilegte, alle Ehre, und es ist fast zu bedauern, daß dem Jorpan’schen die Priorität zukommt. = 17209 — Das H. cinerascens ist eines der seltensten Habichtskräuter Süddeutschlands. Es findet sich hier nur in den Vogesen und am Donnersberg. Der nächste bekannte Standort ist die Hohkönigsburg im Elsaß. Es ist also hiermit zum erstenmal auf der rechten Rhein- seite aufgefunden. In der Schweiz ist es nur im Wallis häufig und geht von hier in die Kantone Waadt, Freiburg und Neuenburg. Nach seinen morphologischen Eigenschaften steht es zwischen H. pallidum und H. silvaticum (H. murorum). Bei weiteren Nachforschungen an den Standorten des /7. pallıdum werden sich wohl noch einige Habichtskräuter auffinden lassen. Es sollten wenigstens H. saxıfragum und onosmoides vorkommen. Leider kannte ich diese Pflanzen noch nicht, als ich im Schwarzwald bo- tanisierte, denn erst damals hatte ich, angeregt durch die Entdeckung des echten rzrpicolum, mit dem Studium dieser Gattung begonnen. Die Verlandung des Scheibensees. Von Karl Bertsch in Ravensburg. Mit 8 Textfiguren. Bei der Waldburg liegt in einer flachen Mulde der kleine, | wenig beachtete Scheibensee. Früher noch, als sein kreisrunder Wasserspiegel als klares, leuchtendes Auge aus der grünen Wiesen- | fläche zum Himmel emporschaute, mag er eine Zierde der Gegend gewesen sein. Aber längst ist dieses Auge krank und trübe ge- | worden, und drohend liegt vor seiner Zukunft die völlige Erblindung. | Abseits vom Wege gelegen, betritt kein Wanderer sein schwappen- | des Ufer. Nur im Spätsommer kommt der Streumähder aus dem | benachbarten Gehöfte barfuß in den offenen Klappschuhen und mäht | die Decke, die immer dichter über seine Gewässer sich legt, so die | Fortschritte der Krankheit um ein weniges verzögernd. Der See füllt mit seinem Moor eine fast kreisförmige Ein- | senkung auf der wellenförmigen Hochfläche. Kein Zufluß ergießt | sich hinein, kein Abfluß leitet das überschüssige Wasser fort. Ein | künstlicher Abzugsgraben, der jetzt nur noch völlig stagnierendes | Wasser führt, hat vor Jahren sein Niveau um wenige Dezimeter | zum Fallen gebracht. Heute liegt es in 663,3 m Höhe. | Überraschend ist sein Anblick. Um eine zentrale Wasserscheibe von 80-90 m Durchmesser ziehen sich in fast konzentrischen | Kreisen mehrere Moorringe. Eine Menge unscheinbarer, düsterer | Schwimm- und Tauchpflanzen, die aber nur wenigen Arten an- gehören, erfüllt die Wassermasse. Keine einzige Seerose, keine duftende Nixenblume schickt einen freundlicheren Strahl aus dem trüben, brechenden Auge. Kein Schilf umsäumt das Ufer, keine | Teichbinse treibt ihre glänzenden Sprosse empor. Keine jener | prangenden Blumen, die sonst das Röhricht schmücken, leuchtet | hier auf. Am Ufersaume nur das schwarze Purpurrot des Blutauges | (Comarum palustre), und auf der Wasserfläche in Massen die Irr- ) lichtlämmchen des Wasserschlauchs (Utriceularia neglecta LEHMANN). Alles, was frisches Leben und Gedeihen liebt, ist hier längst er- ! storben. Aus dem Heer der Laichkräuter hat sich nur ein einziges, | Potamogeton natans, gehalten, das anspruchsloseste von allen, das mit Ilır ı! A) N | 1) | Ay |) It a nn ERENE BE II: Schachtelhalm-, RE III : Schnabelbinsen-, IV: Schwimmdolden- 2 | Scheibensee Gürtel u dem Wasserschlauch fast ausschließlich die Seevegetation zusammen- setzt. Dazwischen noch die rundlichen Blättchen der kleinen Wasser- linse (Lemna minor). Sonst sah ich nichts. Aber nur an drei Stellen des Schwimmdolden-Gürtels, auf dessen schaukelnden Kissen der Aufenthalt unheimlich genug ist, habe ich den Wasserrand erreicht. Um den See legt sich zunächst die Schwingrasen-Zone. Sie ist in drei abweichenden Formen ausgebildet. Im Norden findet sich ein Schachtelhalm-Gürtel, der bei hohem Wasserstand noch etwas unter den Wasserspiegel untertaucht, der Hauptsache nach gebildet aus Profil 1: Außenrand der Schwingrasen. \lfa Sphagnum, Oxycoccus, Andro- Drosera : Equisetum limosum, Scheuchzeria palustris, meda, Calluna , Drosera ro- inter- Carex limosa. tundifolia, D, anglica, D. inter- :medialy-: media, Carex pauciflora, C.echi- copodium : nata, Rhynchospora alba, inun- : datum : = 22 = Schlammschachtelhalm (Eguwisetum limosum), Blumenbinse (Scheuch- zeria palustris) und Schlammsegge (ÜCarex limosa). Am weitesten ins Wasser hinaus geht der Schachtelhalm, der seine luftführenden Sprosse durch den weichen, lockeren Schlamm treibt. Sie sind leichter als das Wasser und besitzen infolgedessen einen starken Auftrieb. Aber durch das Gewicht der auf ihnen lastenden Schlamm- massen werden sie niedergedrückt und am Boden gehalten. Von Jahr zu Jahr treiben diese Rhizome neue Sprosse. Immer geringer wird der Unterschied zwischen Niederdruck und Auftrieb, und zu- letzt kommt die Zeit, da der Gleichgewichtszustand eintritt. Durch die neu angelegten Sprosse entsteht nun ein Überdruck nach oben, und es bedarf nur eines unbedeutenden Anstoßes, bis die Spannung ausgelöst und das ganze Wurzelwerk samt den darin gefangenen Schlammassen an die Wasseroberfläche emporgehoben wird. So ent- steht auf dem Wasser eine äußerst trügerische Decke, auf der sich bald auch Blumenbinse und Schlammsegge einfinden. Die Breite dieses Gürtels mag ungefähr 30 m betragen. In der südlicheren Hälfte geht er, an der Grenze inselartig wechselnd, in den Schnabel- binsen-Gürtel über. Dieser ist nur die Weiterentwicklung des ersteren. Alle seine Glieder sind geblieben. Aber auf der Schlammdecke haben sich die Polster der Torfmoose und die zarten Rasen der weißen Schnabelbinse (Rhynchospora alba) angesiedelt. Zwischen ihnen die Hauptverlander unserer Uferzone: Fieberklee (Menyanthes trifoliata) und Blutauge, ferner straußblütiger Gilbweiderich ( Lysimachia thyrsi- flora) und Sumpf-Haarstrang ( Peucedanum palustre), Sumpf-Veilchen Profil 2: Innenrand der Schwingrasen. = . LT & ] 2! Ch e + rufe l \ | | | i A At ni N \ 1 N \ \ ! Ne, Ill“ un KY = na MB: NIT I MR IN. il Im al Aple % lit. ln (ill I | elill) il ll) Ik] ri Ih ! | In Piz un. us 7 [ IV BAER £ ei f lin en Re I % 5 Paz ı- _ a Sphagnum, Cieuta wirosa, Comarum, Potamogeton natans, Equisetum limosum, Scheuchzeria, Carex vesicaria, ©. fli- ; Utricularia neglecta, Algen Ithynchospora alba, Lysimachia thyr- Jormis, Peucedanum pa- siflora, Peucedanum palustre, Meny- lustre, Lysimachia thyrsi- anthes, Viola palustris, Drosera flora, Viola palustris, rotundıfolia, D, anglica, Oxycoccus Scheuchzeria, UÜtricularia minor, Sphagnum-Decke Bi (Viola palustris) und Moosbeere (Oxyecoccos pal.), rundblätteriger und englischer Sonnentau (Drosera rotundifolia und D. anglica). Die Decke ist fester geworden: aber noch federt sie beim Auftreten schaukelnd auf und nieder, und unser Schritt treibt leichte Wellen auf die freie Wasserfläche hinaus. Wenn wir stehenbleiben, entsteht eine ganze Dule, die sich rasch mit klarem Wasser füllt. Eigentümlich ver- stärkt ist der Saum, wo der Wasserschierling (Cicuta virosa) und einige Großseggen als neue Elemente in die Vegetation eintreten. Durch den Auftrieb seiner großen, von zahlreichen Luftkammern er- füllten Wurzeln hebt der erstere die ganze Decke um einige Zenti- meter empor. Manche seiner Genossen, die bis in die untersten Or- gane hinab über ein wohleingerichtetes Durchlüftungssystem ver- fügen, unterstützen ihn dabei. Wo eine kleine Lücke in der Schwimm- decke sich findet, hat der kleine Wasserschlauch ( Utrieularia minor) seine Reusen zum Fang kleiner Wassertiere ausgelegt. Um die Schwingrasen zieht sich eine Hochmoorzone, die aber nicht überall in gleicher Breite ausgebildet ist. Im Westen habe ich 30 m gemessen. Die Torfmoose, die schon die älteren Schwing- rasen deckten, erstarken immer mehr. Da sie an ihrer Spitze während des ganzen Jahres weiterwachsen, werden die Blütenpflanzen in ihrer Winterruhe eingehüllt und begraben. Nur diejenigen können sich dauernd halten, welche im folgenden Frühjahr ihre Achsen so weit zu strecken vermögen, daß sie die Oberfläche des Moores wieder erreichen. Die andern fristen noch einige Zeit ein kümmerliches Dasein und gehen allmählich ein. Die schon in der Schwingrasen- Zone aus dem absterbenden Wurzelwerk entstandene Toıfschichte hat sich inzwischen so verstärkt, daß sie auf dem See eine solide, tragfähige Decke- bildet. Sie ist für das Wasser völlig undurch- lässig, so daß zwischen See und lebende Pflanzendecke eine iso- Profil 3: Bärlapp-Schlenke in der Hochmoorzone mit Bult. N, del Kal TG vl .„p\ in’ iz h 1 ir 4 en ir h “i N, MA» : mm ri NZ Al F u r RrRTBRa Ih IN NN TI am wen well || ar“ I x Hin M ih im il) it NN hl Il) N m Mm -I& I) h a il HN iii, Yn Hill Sphagnum offener Torfschlamm : Sphagnum, untermischt mit Aulacomnium wie rechts Lycopodium inundatum den : palustre und Polytrichum strietum, Oxycoceus, Hauptbestand bildend; Andromeda, Calluna, Carex pauciflora, echi- Scheuchzeria, Drosera intermedia, _: nata, filiformis; Molinia, Rhynchospora alba, Carex filiformis, C. vesicaria Equisetum limosum, Drosera rotundifolia, etwas D, anglica, Potentilla silvestris, Erio- phorum vaginatum und E,. alpinum. Polygala serpyllacea — 864 — lierende Schichte sich schiebt. Die Vegetation ist jetzt für ihren Wasserverbrauch ausschließlich auf die atmosphärischen Nieder- schläge angewiesen, und zu ihrer Ernährung müssen die außerordent- lich geringen Mengen Staub ausreichen, welche durch den Regen aus der Luft niedergeschlagen oder durch den Wind in die Moose verweht werden. Waren also schon vorher nur Pflanzen vorhanden, die mit geringen Nährstoffmengen auszukommen vermögen, so können sich jetzt nur noch vollendete Hungerkünstler oder Pflanzen mit be- sonderen Vorrichtungen zur Ausnützung der geringen Nährsalze halten. Wasserschierling und Sumpf-Haarstrang, Blutauge und Fieber- klee, straußblütiger Gilbweiderich und Sumpfveilchen verschwinden. Schon an der äußeren Grenze der Schwingrasen tritt in großer Menge der mittlere Sonnentau (Drosera intermedia) und der Sumpf- Bärlapp (Lycopodium inumdatum) auf, rötliche und grüngelbe Flecken in die schwarze Torffläche zeichnend. Wo die tieferen und nasseren Stellen, die Schlenken, frei von Torfmoosen geblieben sind, wieder- holen sich diese Kolonien, untermischt mit Blumen- und Schnabel- binse, Schlamm- und Fadenseggen (Carex filiformis). Meist behält aber doch eine der beiden Arten das sichere Übergewicht, so daß besondere Sonnentau- und Bärlappschlenken entstehen. Dazwischen erheben sich die Mooshöcker oder Bülten, die merkwürdig breit und flach erscheinen, wohl eine Folge des regelmäßigen Abmähens. Auf ihrem Scheitel treten unter die Sphagneen Aulacomnium palustre und Polytrichum strietum. Hier treffen wir sodann Heidekraut (Callun« vulgarıs) und Sumpfrosmarin (Andromeda polifolia), armblütige und stachelköpfige Segge (Carex pauciflora und Ü. echinata), Haargras und Scheidenwollgras (Eriophorum alpinum und E. vaginatum), Pfeifen- gras (Molinia coerulea), thymianähnliche Kreuzblume (Polygala ser- pyllaces) und Waldfingerkraut (Potentilla silvestris). Der rund- blättrige Sonnentau und die Moosbeere erreichen ihre größte Ent- Profil 4: Sonnentau-Schlenke im Hochmoor. \pf | \ il ı/ ”l 164%, An ii Mey. N PARSE N: ann BI nz Lu a RE RES 1, eK: ll JA ! ! | a a u Mid Aueh vi ! | hi | Sphagnum offener Torfschlamm Sphagnum mit Aulacomnium und wie rechts ganze Fläche rötlich von massenhafter Polytrichum. Drosera intermedia. Dazwischen: Scheuch- zeria, Carex limosa, Rhynchospora alba, Lyeopodium inundatum Oxycoccus, Andromeda, Calluna, Carex pauciflora, echinata, filiformis, Molinia, Ithynchospora alba, Eriophorum vagi- natum, E. alpinum, Drosera rotundi- JFolia, Potentilla silvestris. — 265 — Profil 5: Verheideter Hochmoor-Bult. ah ern Ar TERN | il „ Dat FaN En bi \ er: en a ef NN fl ! 1 Il) PLN |; Ill ll Az Wenig Sphagnum, dafür Hypnum Schreberi, Aulacomnium palustre, Folytrichum, sehr viel Cladonia, besonders C. rangiferina. Große Horste von Eriopkorum vaginatum, viel Calluna, wenig Andromeda und Ozxycoceus, Der Rand von Eriophorum alpinum umsäumt. faltung. Sobald die Torfmoose aber derart erstarkt sind, daß sie sich zu Bülten aufwölben, gehen Blumenbinse und Schlammsegge, Sumpf-Bärlapp und mittlerer Sonnentau ein. Wo die Bülten noch höher geworden sind, verheiden sie. Die Torfmoose gehen wieder zurück. An ihre Stelle treten Hypneen und Cladonien, besonders die zierliche Renntierflechte (Uladonia rangiferina). Das Heide- kraut gewinnt die Oberhand, und mächtige Horste des Scheiden- wollgrases durchbrechen die Decke, während Sumpfrosmarin und Moosbeere bis auf kleine Reste verschwinden. Nach außen schließt sich der Kleinseggen-Bestand an. Seine Pflanzen wurzeln wieder im mineralischen Grund. Sie verfügen also über größere Nährstoffmengen und zeigen daher eine üppigere Ent- wicklung. Die Hochmoorpflanzen mit ihrem geringen Zuwachs er- liegen im Wettbewerb der kräftigeren Arten oder gehen an den Profil 6: Wassergraben am äußeren Rand des Hochmoors. Ni lu M IN Mr Carex jilliformis, panicea, limosa. Menyanthes, Comarum, Viola palustris, Pedicularis palustris, Peucedanum palustre, Valeriana dioica. Utricularia neglecta und U. minor das Wasser dicht ausfüllend. Auf den wagerechten Rhizomen eine dichte Sphagnum-Decke. =, BB Profil 7: Ufer-Zone. b Ze vi. na N | I! nF IN, I") . N n\ j ULLA DKL Mh IL INDIAN I Sumpfwiese: i Kleinseggen-Bestand: : Anthoxanthum, Festuca rubra, : Als Bodendecke an Stelle von Sphagnum Hypnum- : Briza, Molinia, Agrostis vul- | Arten und Fissidens. : garis, Holcus lanatus, Luzula | Eriophorum polystachion, alpinum, Carex echinata, & campestris, Carex pallescens, : panicea, lepidocarpa, vulgaris, acuta, vesicariq, n Lychnis flos cuculi, Trollius, ! stricta, Molinia. u E Cirsium palustre, O. rivulare, | Potentilla silvestris, Galium ulginosum, G. palustre, ° 5 Ajuga reptans, Myosotis pa- ! Ranunculus flammula, Pedicularis palustris. E = lustris, Carex lepidocarpa, 8 fe echinata, panicea, stricta, en] acuta, Eriophorum latifolium, | polystachion, Ranunculus " fHlammula, Potentilla silvestris, : Pedicularis palustris, Orchis : latifolius, Valeriana dioica Folgen der Überernährung zu Grunde. Am empfindlichsten sind die Torfmoose, die rasch völlig verschwinden. Hypneen und Füssidens- Arten bilden jetzt die Bodendecke an ihrer Stelle. Haargras und vielähriges Wollgras verleihen dem ganzen Gürtel einen herrlichen, silberweißen Schimmer. Ein ganzes Heer von Seggen tritt auf, voran stachelköpfige und hirsenartige (Carex panicea), gemeine (Ü. vulgaris) und steife (Ü. strieta), scharfe (Ü. acuta) und schuppen- früchtige (CÜ. lepidocarpa) Segge. Zwischen ihnen Sumpf- und Moor- Labkraut (Galium pälustre und G. uliginosum), brennender Hahnen- fuß (Ranunculus flammula) und Sumpf-Läusekraut (Pediculäris pa- lustris). Die Breite des ganzen Bestandes mag etwa 20 m betragen. Den äußersten Gürtel bildet eine schmale Sumpfwiese, in der allmählich die Glieder der vorangehenden Zone verschwinden. Als neues Element der Sumpfflora tritt nur das breitblätterige Wollgras (Eriophorum latifolium) auf, das erst hier die genügenden Nährsalze findet. Immer größer wird dagegen die Zahl der gewöhnlichen Wiesengräser. Da finden sich Straußgras (Agrostis vulgaris), Ge- ruchgras (Anthoxanthum odoratum), rotes Schwingelgras (Festuca rubra), Honiggras (Holcus lanatus) und zuletzt auch Zittergras (.briza media). Zu ihnen gesellen sich Feld-Hainsimse (Luzula campestris) und bleiche Segge (Cärex pallescens), Kuckucksnelke (Lychnis flos cuculi), und Trollblume (Trollius europaeus), Sumpf- und Bachkratz- distel (Cirsium pälustre und Ü. rivulare), kriechender Günsel (Ajuga reptans), Sumpfvergißmeinnicht (Myosotis palustris) und zweihäusiger Baldrian (Valeriana dioica). Ein kleines Zurückweichen der Cyper- — 261 — gräser, eine kleine Verstärkung der echten Gräser und wir stehen schon in den normalen Kulturwiesen, in denen unser Seelein ruht. Einstens reichte das Wasser bis an die äußere Grenze der Hochmoorzone heraus. Es ist also auf den fünften Teil seines ehe- maligen Flächenraumes zurückgegangen. Der alte Streumähder er- innert sich noch an die Zeit, da der See viel größer war als heute, und zeigte eine Stelle am äußeren Rand der Schwingrasen als den früheren Ufersaum. Innerhalb eines mittleren Menschenalters sind also zwei Drittel seiner Wasserfläche zugewachsen. Wie lang mag es noch gehen, bis er völlig erblindet ist? Vielleicht ermöglichen diese Zeilen, die weiteren Fortschritte der Verlandung genauer fest- zustellen. Zwei Pflanzen habe ich nicht mehr auffinden können: faden- wurzelige Segge (Carex chordorrhiza) und Weichkraut (Mälaxıs paludosa). An diesem See wird also das Hochmoor direkt auf dem Wasser- spiegel ausgebildet, während in den bisher bekannten oberschwäbischen Mooren dasselbe einem Flachmoor als Schlußglied aufgesetzt ist. Das ist hier möglich, weil das Wasser des zuflußlosen Sees nur ge- ringe Nährstoffmengen enthält, da keine Quelle für die Ergänzung derselben sorgt. | Über das Vorkommen von Birkwild (Tetrao tetrix) im südlichen Oberschwaben. Von Baurat Dittus, Kißlegg. Im Jahrgang 1886 der Jahreshefte wurde über das Vorkommen von Birk- oder Spielwild (Tetrao tetrix) im Allgäu und den an- stoßenden Gebieten eine Mitteilung veröffentlicht. Es dürfte nicht uninteressant sein, über die derzeitige Ver- breitung dieses Vogels wieder Aufschluß zu geben, und zwar größtenteils auf Grund eigener Einsichtnahme oder nach zuverlässigen Angaben. Im oberen Allgäu in den Torfmooren bei Beuren und Eisen- harz OA. Wangen, welche nur für Lokalzwecke in Benützung stehen, sind ca. 90O—10) Stück vorhanden. Bei Kißlegg im wilden und ausgedehnten Grindlen- und Rötseermoos hält sich das Birkwild besonders gern auf, es mögen derzeit dort 50—60 Stück leben. . Von diesem Torfried aus hat sich dasselbe strahlenförmig ausgebreitet, so daß dieser Vogel in den umliegenden 53—5 km entfernten Mooren (Burger-, Riebgarten-, Arrisrieder-, Oberreuter-Moos) jetzt Standwild geworden Ist. | Das größte Revier für dasselbe ist das Wurzacher Ried, es mögen sich derzeit 120--150 Stück darin aufhalten. Auf der Frühjahrs- balz im nordwestlichen, der Standesherrschaft Wolfegg gehörigen Teile werden fast alle Jahre 15—20 Stück angetroffen. Im süd- östlichen Teile kommt Birkwild im strengen Winter öfters ganz nahe zur Stadt Wurzach, es unterhält auch fortwährende Verbindung mit dem 12 km südlich gelegenen Grindlenmoos. Vom Wurzacher Ried aus ist auch das westlich von Waldsee ge- legene Steinacher Ried mit Birkwild, ca. 8-10 Stück, versehen worden. Im allgemeinen sind Anzahl und Standort gegenüber den Beobachtungen von 1886 nicht sehr verändert. In allen diesen Torfmooren, welche meist im Privatbesitz sich befinden und oft sehr unregelmäßig ausgebeutet werden, wird sich Spielwild auch künftig aufhalten, in den größeren als gewohntes Standwild, denn es findet dort die zu seinem Fortkommen nötigen — 269 — Bedingungen sowie unregelmäßige Bestände (Horste) von Fichten, Moosforchen, Birken, Moorbeeren und dergleichen in ausreichender Weise vor. Auch wenn ihnen die Kultivierungen von einzelnen Teilen der Riede manchmal nahe auf den Leib rückt, verlassen sie doch nicht so leicht den ihnen genehmen Standort. So ist z. B. im Burgermoos bei Kißlegg eine Torfstreufabrik entstanden, womit die Abholzung einer größeren Riedfläche verbunden war, allein trotzdem hält sich Spielwild im übrigen Teile (ca. 25 ha) noch ständig auf. In geschlossenen Fichten- und Tannenwaldungen dagegen findet man Birkwild nur manchmal im Strich, deshalb trifft man in den großen Waldungen des Schwarzengrats und der Adelegg, auch in dem östlich gelegenen großen Kirnacher Wald (bayrisch) nur aus- nahmsweise verstrichenes Spielwild.e. Dagegen wird von dort ein Stand von Auerwild (Zetrao urogallus) gemeldet. Birkwild findet sich daher wieder häufiger in dem benachbarten alpinen Vorgebirge mit seinen vielen kleinen Torfgründen. Neben dem Birkwild werden jetzt vielfach Fasanen im nörd- lichen Allgäu angetroffen, solche sind vor 18 Jahren durch Einsetzen zu uns gekommen. Neue Aufsehlüsse in den brackischen Tertiärschiehten von Grimmelfingen bei Ulm. Von stud. rer. mont. August Moos, Ulm a.D. Bei der Armierung der Festung Ulm im August 1914 wurde eine Reihe geologischer Aufschlüsse geschaffen, wobei freilich in der Hauptsache nur Schichten der unteren Süßwassermolasse ange- schnitten wurden, die wenig Bemerkenswertes boten. Hervorzuheben ist der Aufschluß bei Jungingen, wo die Auflagerung der marinen Sande auf dem unteren Süßwasserkalke mit hübschen Pholaden- bohrungen entblößt war. Das größte Interesse aber boten die Auf- schlüsse in den brackischen Tertiärschichten bei Grimmelfingen, auf welche hier näher eingegangen werden soll. Diese Aufschlüsse ordnen sich um eine Linie herum an, welche auf dem Blatt Ulm der topographischen Karte 1:25000 von dem Punkt 471,1 m südlich des Weilers „Donautal“ bis zum Punkt 590,1 m “ dem oberen Kuhberg gezogen wird. Die Grenze des unteren Süßwasserkalkes zu den Grimmelfinger Graupensanden war in der alten Sandgrube beim Weiler „Donautal“ in etwa 495 m Höhe frisch entblößt, also etwa 10 m tiefer, als dies von J. ScHan!, wohl infolge der Mangelhaftigkeit des damaligen Kartenmaterials, angenommen wurde. Auf den Feldern lassen sich nach oben die Graupensande bis nahe an die brackischen Aufschlüsse ı verfolgen. Die Kirchberger Schichten, die’ in diesen Auf- schlüssen angeschnitten waren, lassen sich hier in zwei Haupt- abteilungen gliedern. Die untere Abteilung, bestehend aus Tonen, Mergeln, feinen Sanden und Sandsteinen, führt Dreissensia amygdaloides Dkr., Dreissensia clavaeformis Krauss, Cardium sociale Krauss, Cardıum friabile Krauss, die obere Abteilung besteht aus Mergeln, Tonen, Geröllagen, Kalkgrus- und Trümmerschichten mit Bythinia gracilis Spec., Hydrobia semiconvexa Sppe. und Unio sp. Die untere Abteilung war an der Straße Ulm— Kuhberg— Grimmelfingen 100 m östlich der angegebenen Profillinie zwischen 510 und 518 m entblößt. Die Grenze zu den Graupensanden ist bei ı J. Schad, Beitrag zur Kenntnis des Tertiärs am Landgericht und Hoch- sträß. Diese Jahreshefte 1908. S. 280. a 508, die obere Grenze bei 518 m anzunehmen, so daß wir eine Mächtigkeit für den unteren Horizont von 10 m bekommen. Im allgemeinen sind es lichte, zum Teil weiße, tonige Mergel mit weißen Schalenresten von Dreissensien, Cardien und Unioniden. Besonders ausgezeichnet war in der Grube über der Straße in etwa 515,5 m Höhe eine 9 cm mächtige, etwas sandige Kalkmergelbank voll von großen Cardien, die wohl als Cardium friabile Kr. zu bestimmen sind. Außerdem enthielt die Bank Cardıum sociale Kr., Dreissensia amyg- daloides Dr. und Dr. clavaeformis Kr. Die obere Abteilung war in einer Reihe von Aufschlüssen zwischen 519 m und 535 m angeschnitten und ergab folgende Profile: Profil I. 50 m nordwestlich der oben genannten Grube. 0,50 m helle sandig-tonige Mergel, 020 „ grünbrauner Ton mit Fischresten und stark zerkleinerten Knochen und Schalen, 0,25 „ hellbrauner Mergel, ? — 0,35 „ harte splitterige Kalkbank ohne Fossilien, 0,20 „ braungrüne tonige Mergel mit Bytbiniendeckeln und Fisch- zähnchen, 0,55 „ grüner Ton mit Mergelzwischenlagen, obere 0,20 „ helle tonige Mergel mit Hydrobia semiconvexa SDB., Abteilung Bythinia gracialis Spe. und Unto sp. 0,50 „ bräunliche sandige Mergel mit vielen schwarzen Deckeln von Bythinia gracılis Sp. und Lagen von erbsengroßem Kalkgrus, 0,70 „ Konglomerat von teilweise wohlgerundeten Geröllen von feinstem Kalkgrus bis zu über kopfgroßen Süßwasser- kalkbrocken, J 0,50 „ grüner Ton. ‚ untere Abteilung 3,75 m Gesamtmächtigkeit des Profils. Profil J. 50 m nordwestlich von Profil I, zwischen 527,15 und 524 m. 1,50 m grüne Tone, stellenweise mit Dreissensien und Cardien, } gelbliche und weiße Sande, 0,15 „ bräunliches Schalenkonglomerat von Dreissensia mit sel- tenen Quarz- und schwarzen Hornsteingraupen, die Dreis- obere sensien sind hier wie oben vielleicht sekundär abgelagert, | Ableitung 0,80 „ feine gelbliche Sande und grüne Tone, der Brack- 0,25 „ Bank mit: 1. spärlichen Quarzgraupen, | wasser- 2. großen eckigen Süßwasserkalkbrocken, schichten 3. Geröllen aus Gesteinen der unteren Süß- wassermolasse, 0,15 „ grüne sandige Tone, J 0,10 „ Bank mit pisolithischen und mergeligen Kalkstücken mit } unter. Süß- Planorbis cornu, Oyelostoma bisculeatum Ziet. und Helı.r. j wasserkalk 3.25 m Gesamtmächtigkeit des Profils. v — 272 — Profil 1. 200 m westlich der Profillinie. Transgressive Überlagerung des unteren Süßwasserkalkes durch Schichten der oberen Brackwassermolasse. (Fig. 1.) 0,40 m weißer Mergel mit Kalkkonkretionen, \) obere 0,10 „ grüner Ton, Brack- 0,20 „ weißer Sandstein mit feinem Kalkgrus, en 0,60 „ Kalkmergel mit Grus und einzelnen Geröllen, | schichten 0,90 bis 1,30 m grüne Mergel, a ce 0,50 m Gerölle aus verschiedenen Süßwasserkalken, Pisolithen | gressions- und Süßwassersandsteinen. Die Schicht verschwächt sich fläche gegen Süden. J) DL-T 0,40 „ hellhraune Kalkbank mit Steinkernen von Helix und | Limnaeus. Nach Süden auskeilend. | unterer 0,50 „ braunschwarze Mergel mit Helix-Schalen, | Süß- 0,50 „ hellbraune und schwarze bituminöse, harte Kalkbank mit | wasser- Steinkernen von Helix und Limnaeus, | kalk 1,30 „ grünliche Süßwassermergel. J 5,00 m Gesamtmächtigkeit des Profils. Die Geröllschichten ziehen sich in der Flur „Berg“ bis 535 m hinauf; am Nordrand dieser Flur waren ungestörte Schichten der unteren Süßwassermolasse entblößt, wie sie dann in einer Reihe von Gruben über den ganzen Kuhberg hinweg aufgeschlossen waren. Das Material der Geröll- Nord Süd schichten und Trümmer- 530 m nn. lagen stammt ausschließlich ER von aufgearbeiteter unterer Ban Süßwassermolasse. Unter den Su Kalken finden sich die verschie- densten Pisolithe, darunter auch } solche mit Uyclostoma-Hohlräumen, = wie sie auch sonst am Kuhberg vorkommen. Die Süßwassersand- 2 steine bestehen, wie stets, in der Hauptsache aus feinen Quarzkörn- 525 m nn. chen, hellem und dunklem Glimmer. Fig. 1. Spärlich zeigen sich in den Geröll- schichten Quarzgraupen von Erbsen- größe, so daß man zuweilen größere Partien der Kalkgrusschichten in HC] auflösen kann, ohne daß ein solches Quarzkorn im Rück- stand bleibt. Juragesteine fehlen völlig. — 213 — Die Größe der Bestandteile der Geröllschichten schwankt von erbsengroßem Kalkgrus bis zu Stücken von weit über Kopfgröße. Die Stücke mittlerer Größe sind am besten gerundet. Der Kalk- grus besteht aus ziemlich eckigen Körnern; die großen Brocken sind häufig gar nicht abgerollt. Eine Sonderung nach der Größe fehlt. Die mittleren Rollstücke liegen zwischen kleineren und die Zwischen- räume dieser sind mit Kalkgrus erfüllt. Hierin gleichen die Schichten völlig dem marinen Temmenhauser' Strandvorkommen. Die großen eckigen Kalkbrocken finden sich in allen Geröllagen. Die unterste Schicht des Profils II besteht nur aus solchen Brocken. Die Mächtig- keit der Geröllagen ist schwankend; am mächtigsten war in einem oben nicht angeführten Profil eine Bank mit 120 cm. Rasches Aus- keilen ließ sich öfters beobachten. Die Geröllschichten können nicht von weither gekommen sein. Andernfalls dürften Juragesteine nicht völlig fehlen, da die untere Süßwassermolasse wohl nie viel weiter auf die Alb hinaufgereicht hat als heute. Von der Richtung der Alb her, von Nordwesten ungefähr, müssen die Schichten gekommen sein, da ja im Osten, Süden und Südwesten die untere Süßwassermolasse mit Graupen- sanden und den unteren Brackwasserschichten bedeckt war. Für die Nähe des Anstehenden spricht auch die Form der Gerölle. Wären es echte Flußschotter?, so dürfte die flache Flußgeschiebeform nicht völlig fehlen, auch müßte eine Sonderung nach der Größe der Be- standteile eingetreten sein, insbesondere dürften sich nicht grobe Kalkklötze zwischen den Rollsteinen finden. Alles klärt sich dagegen aufs beste bei der Annahme, daß diese Schichten sich am Strand der brackischen Gewässer bildeten. Unter dem Anprall der Wogen lösten sich die geschlossenen Süß- wasserkalkbänke zu Trümmerlagen auf. Die Trümmer wurden dann zum Teil von den Fluten abgerollt, zum Teil als eckige Blöcke zwischen den Rollsteinen abgelagert. Kleine Küstenbäche mögen die Geröllschichten durch Zufuhr vom Hochsträß herab verstärkt haben. Zu demselben Ergebnis, daß die brackischen Gewässer ihr Nordufer längs des Südabfalls des östlichen Hochsträßes gehabt haben und niemals die Erminger Turritellenplatte bedeckten, kam E. Fraas 1911°? auf Grund theoretischer Erwägungen. ! E.Fraas, Neues Tertiärvorkommnis bei Temmenhausen. OA. Blaubeuren. Diese Jahreshefte 1912. S. 155. 2 Schadl: c=$8. 279 u. 282. ® Diese Jahreshefte 1911. S. 546. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 19]5. 18 WBPE 2 Auch Scnuap erwog die Möglichkeit der Anlagerung der bracki- schen Schichten bei Grimmelfingen 1908' und vermutete richtig, daß in diesem Fall die Schotterlager wahrscheinlich über die an- stoßenden älteren Süßwasserschichten greifen würden. Er leugnete nur, daß dies der Fall sei, aber die neuen Aufschlüsse zeigen, daß es sich tatsächlich so verhält; denn daß die Geröllagen, welche in Profil III über den anstehenden unteren Süßwasserkalken aufge- schlossen sind, zu den brackischen Schichten gehören, daran ist bei ihrer völligen petrographischen Gleichheit mit den sicher brackischen (seröllen der anderen Profile nicht zu zweifeln. Wahrscheinlich ist auch im Liegenden des Profils II der anstehende untere Süßwasser- kalk erreicht. Während bisher in der Ulmer Gegend und weit darüber hinaus als Liegendes der Brackwasserschichten stets marine Sande gefunden wurden, ist nun bei Grimmelfingen ein Übergreifen der Brackwasserlager über die Graupensande festgestellt, das aller- dings im Gebiet der beobachteten Aufschlüsse höchstens 250 m be- tragen kann, da ja am Südrand des brackischen Vorkommens noch die Graupensande anstehen. Natürlich müssen nun auch die Graupen- sande selbst angelagert sein und wir können deshalb mit annähern- der Sicherheit folgendes Profil geben (Fig. 2). Über die Tektonik konnte unmittelbar nichts beobachtet werden, außer verschiedenem Fallen und Streichen in einigen Auf- schlüssen, das aber vermutlich nur auf größere Gehängerutschungen zurückzuführen ist. In der Mehrzahl der Gruben lagen die Schichten horizontal oder schwach gegen Süden geneigt. Jedenfalls war die große Verwerfungskluft, die allgemein am Nordsaum der brackischen Schichten am östlichen Hochsträß angenommen wird, nicht ange- schnitten. Übrigens ist nun, nachdem nachgewiesen ist, daß die Graupensande und die brackischen Schichten angelagert sind, und daß die untere Süßwassermolasse unter diesen Gebilden langsam ansteigt, der Zwang gefallen, die Verwerfung derart festzulegen. Es könnten nun auch eine oder mehrere Spalten mitten im unteren Süßwasserkalk nördlich der Grenze des Brackischen verlaufen. Eine solche Spalte wäre die oberste in dem ScuAap’schen Kuhbergprofil?, wenn man annehmen darf, daß auch hier die Höhenangabe um etwa 10 m zu tief ist, und wenn man den Beweis für das Bestehen dieser Spalte für ausreichend hält, was bei der häufigen Wiederholung ähnlicher Schichten in der unteren Süßwassermolasse durchaus nicht ! Diese Jahreshefte 1908. S. 282, =]70..9,.284 — 275 der Fall zu sein braucht. Noch weniger gesichert sind übrigens die zwei südlichsten Spalten in dem ScHap’schen Profil. Die 10 m breite, 2 m mächtige Scholle brackischer Letten wurden mitten zwischen die Graupensande vermutlich nur durch eine größere Gehängerutschung gebracht, wie sie in den tonigen, quellenreichen Brackwasserletten häufig genug sind. Die Annahme von Verwerfungen bleibt freilich nach wie vor unumgänglich, um den Höhenunterschied zwischen den Graupensanden und dem Erminger Marin zu erklären, dem sich neuer- dings ein Vorkommnis zugesellt hat, das noch näher an unserer Profil- linie liegt. 1912 wurden bei der Anlage eines Reservoirs 550 m öst- lich von Allewind marine Sandsteine angeschnitten, welche nach den Feststellungen von Herrn H. LuTzEıer aus Ulm bei 620 m nn. auf unterem Süßwasserkalk auflagern, womit die Auflagerfläche der Graupensande beim Donautal in 495 m nn. Höhe zu vergleichen ist. Das nun sicher- gestellteZurückweichen des marinen Meeres vor der Ablagerung der Graupensande deutet auf ein Ein- setzen der Erdbewegungen an dieser Stelle in mittelmiocäner Zeit; spä- tere Schollenverschiebungen sind hiedurch natürlich nicht ausge- schlossen !. ! Reck und E. Fraas in Reck: Zur Altersfrage des Donaubruchrandes. Centralbl. f. Min. usw. 1912. S. 345. Alleninder Marın, 627,0 ‘ ınger Ge g Grimmel 7 untere Süßwassermolasse. fd, untere | Schichten der Grimmelfinger Graupensande 18* | Brackwassermolasse. u. Allewinder Marin. Profil durch den Südhang des Oberen Kuhbergs. > a, © Tio', Petrographisch-stratigraphische Studien im ober- schwäbischen Molassegebiet. | Mit Tafel X—XI. Von Karl C. Berz. Inhaltsübersicht ''. Einleitung S. 276. Die untere Süßwassermolasse S. 278. Die Meeresmolasse: 1. Gegend von Biberach S. 290. — 2. Ochsenhausen S. 298. Zusammensetzung der Sande im allgemeinen: 1. Mineral-Anteil S. 302, — 2. Hartgebilde organischen Ursprungs S. 312. — 3. Gerölle aus dem | Muschelsandsteinhorizont von Äpfingen, Baltringen und Mietingen S. 314. ] — 4. Gerölle aus den marinen Sanden von Benken (Kanton Zürich) S. 324, — 5, Geschiebe aus den marinen Sanden von Lohn, Stetten und | Büttenhard S. 329, Zur Genesis der pisolithischen Gebilde S. 336. Einleitung. Erst im Laufe der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts] setzte die eigentliche systematische Untersuchung der stratigraphi- | schen und paläontologischen Verhältnisse der Molasse Oberschwabens I und der angrenzenden Gebiete ein. In dem 1850 erschienenen |} Katalog der Eszer’schen Sammlung unterscheidet Dr. Revuss die beiden An Abteilungen: Süßwasserkalk und Molasse; er beachtet somit nur die {u Eigenschaften des Materials der Schichten: Kalk, oder Sand und Mergel. In der Studie: „Zur naturhistorischen Kenntnis Ober ' Verf. der nachstehenden, schon vor August 1914 von der Redaktions- nachzuliefern, Dadurch, daß er beim bald darauffolgenden Ausbruch des Kriegs als Freiwilliger ins Heer eintrat und seither im Felde steht, wurde ihm die Aus-J, führung dieser Absicht leider unmöglich gemacht. Trotz des durch den lücken- haften Literaturnachweis der Arbeit änhaftenden Mangels glaubt die Redaktions- beschieden sein möge. die Lücke nachträglich auszufüllen. Red. Br _ 27 — schwabens“, 1852, unterscheidet Ross auch nur Geröll- und Sand- ablagerungen neben den Kalken, er verweist die gesamte Landschaft in das Diluvium und gliedert sie in ein oberes, mittleres und unteres Diluvium. Auf Bacn’s geognostischer Karte von Württemberg vom ‚Jahre 1860 wird das ganze Oberschwaben ohne irgend eine Gliede- rung als Molasse oder Tertiär bezeichnet. Scair, 1859, teilte in seiner Arbeit „Die Tertiär- und Quartär- bildungen am nördlichen Bodensee und im Höhgau“ die Molasse- schichten in die obere und untere Süßwassermolasse, während er die Meeresmolasse nicht als selbständiges Formationsglied auffaßte, sondern als eine untergeordnete sporadische Fazies an die obere Süß- 'wassermolasse angliederte. Leitende Fossilien kannte er nicht; er gründete seine Gliederung auf die Verschiedenheit des Schichten- materials und auf die Lagerung desselben. Progst, der von dem Jahre 1852 bis zu seinem Lebensende 1904 sich mit der Geologie Oberschwabens befaßt hat, hat in den Jahren 1866—68 die Schichtenfolge im großen ganzen klargestellt. Er unterscheidet: 1. die untere Süßwassermolasse mit der Leitschnecke Helix ruqulosa, 2. die Meeresmolasse, . die Brackwassermolasse, . die obere Süßwassermolasse mit der Leitschnecke Helix sylvana. In der Folge hat er mit unermüdlichem Eifer und Gründlich- Bit die Molasseschichten durchforscht, ihre Fossilien gesammelt, und in zahlreichen Abhandlungen sein wertvolles Material wissen- schaftlich verarbeitet. Oskar Fraas, MiLLER und QuEnsTEpT bestätigten auf Grund igener Untersuchungen in den folgenden Jahren die Propst'sche uffassung, und auch SanpgerGer (1873) bestätigte nicht nur die on Prost aufgestellten Leitfossilien, sondern verallgemeinerte sie, nd gab hiermit Anstoß zu neuen Untersuchungen in Bayern (GÜNMBEL) nd in Österreich (F. SUESS). Das sporadische Vorkommen von Braunkohle in der oberen üßwassermolasse Oberschwabens erweckte die Hoffnung der ober- chwäbischen Bevölkerung auf das Vorkommen abbauwürdiger Flöze. m Auftrag der württembergischen Staatsregierung wurde daher auf ie kundgegebenen Wünsche hin eine Stelle in der oberen Süß- assermolasse 1 km südlich des Klosters Ochsenhausen ausgewählt, Ha 00 — 28 und am 1. August 1876 mit der Bohrarbeit begonnen (Meißel- bohrung). Nach Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten wurde die Bohrung bis zum Jahre 1884 fortgesetzt, und es wurde eine Tiefe von 736 m erreicht. Obwohl 270 m der unteren Süßwassermolasse durchteuft wurden, wurde die untere Grenze derselben nicht erreicht. Groß war die Enttäuschung über den ergebnislosen Verlauf der Bohrung, und auch die wissenschaftliche Ausbeute war ziemlich gering. Erst 1899 erschien von Prof. MiLLeR eine Veröffentlichung über ihr Ergebnis. Auf Anregung meines hochverehrten Iiehrers Herrn Prof. Dr. von Koken unternahm ich eine Untersuchung des oberschwäbischen Tertiärgebiets, wobei ich mich eingehender mit den in den Ober- ämtern Riedlingen, Ehingen, Laupheim und Biberach zutage treten- den Molasseablagerungen beschäftigte. Die Bearbeitung des ge- sammelten Materials besorgte ich im mineralogisch-geologischen Institut der Technischen Hochschule in Stuttgart, und ich bin meinem hoch- verehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. A. Saver für das meinen Unter- suchungen entgegengebrachte Interesse und für die Förderung und . Anregung, die meine Arbeiten durch ihn erfahren haben, ganz be- sonders zu Dank verpflichtet. Wertvolle Anregung und Unterstützung bei meiner Arbeit fand ich bei Herrn Prof. Dr. Marrın Schmipt, Herrn Prof. Dr. Mırter, Herrn Caro Jooss, Herrn Prof. Dr. Scuap und Herrn Dr. Levze. Herr Rektor Bruder in Biberach machte mir in liebenswürdigster Weise die Prossr’sche Sammlung in Biberach zugänglich, und Herrn Ökonomierat KösrLın in Ochsenhausen verdanke ich die Überlassung der Bohr- proben von der Tiefbohrung in Ochsenhausen. Allen diesen Herren sei hiermit mein herzlichster Dank ausgesprochen. Die untere Süßwassermolasse. In dem zum ÖOberamt Ehingen gehörigen Gebiet südlich der Donau und in dem angrenzenden Teil des Oberamts Biberach liegt, soweit sie nicht von diluvialen und alluvialen Gebilden bedeckt ist, untere Süßwassermolasse zutage. Gegen Westen ist sie bis zum Bussen hin verfolgbar; doch wird sie gegen diesen hin entlang der Richtung Unterwachingen—Ruppertshofen überlagert von den Ge- schieben des Rheintalgletschers. Im Süden wird sie von der Meeres- molasse überlagert, und im Osten bildet das Rißtal die orographische Grenze. Auf der rechten Seite des Rißtales treten die Schichten der unteren Süßwassermolasse nicht mehr zutage, wohl aber Marin, Brackwasserbildungen und obere Süßwassermolasse. —. 279 — Durch die Bildung des Donautales ist der Zusammenhang der Schichtenglieder auf der nördlichen Seite der Donau gestört und unterbrochen. Doch läßt sich diese an die Verengerung des Tales bei Berg leicht beobachten: die hier am Abhang gegen die Donau anstehenden sogenannten Rugulosa-Kalke entsprechen denen am Schiff und der Donauhalde. Bei Berg bietet sich nach Schan folgendes Profil: (1) 489,6--511,5 weißliche bis bläulichschwarze Rugulosa- kalke, (2) 511,5--522 grüngelbe geflammte Mergel, (3) 522—533 Sande, Mergel und Letten. Ein Bild der in (2) angegebenen Bildungen gibt das folgende, von Progsr gelegentlich von Grabungen 1866 aufgenommene Profil bei Ober- und Unter-Griesingen: Knollige Kalkbrocken Erdurale Mensa, ve nen an ln cin Bern RE EEE RETAIL Gelbrote Mergel . . . 0,87 Rote Mergel mit Helix rugulosa en Planorbis änplanatus 0,14 Sry) 2 3 Ser ee re ee Sand Grehehee- andıper Schiele N TITTOSD MB MER FIEBER ENTE IERLE NE. 7445 Schwarzgrüne Mergel. . . . TRUTH SRANS BONS Süßwasserkalkplatte nah SEA RA 0,86 An zwei Stellen, am rechten Donauhang sind N Be Kalke aufgeschlossen: bei Berg und am Ernsthof; am letzteren Ort ist der Bruch wieder verfallen. Das Gestein ist hier wie beim Schiff bei Ehingen als graulichweißer, kompakter, drusiger, oolithischer Kalk ausgebildet, während er bei Berg vor allem in dem unteren Teil mehr braunrot-rostfarben aussieht. Auf den Spalten finden sich tropfsteinartige Gebilde, und häufig noch größere Mengen von aus- geschiedenen Bitumen, das größere und kleinere Klumpen bildet. Im intakten Kalk findet sich das Bitumen meist in feinster Ver- teilung in Form von kleinen Flecken und Schnüren von kleinen Klümpchen. Es bedingt die teilweise graue Färbung dieser Kalke: sie erinnert an das ähnliche Auftreten von Schwefeleisen (Melnikowit), das in den marinen Ablagerungen neben organischer Substanz in feiner Verteilung die blauschwarze Farbe des Blauschlicks und die Farbe vieler blaugrauer Kalke, wie z. B. die des Muschelkalks und mancher jurassischer Kalke, hervorruft. a Während die Kalke in frischgebrochenem Zustand grauweiß ge- färbt sind, werden sie an der Luft durch Ausscheidung des Bitumens tiefschwarz, erst mit der Zeit geht die tiefschwarze Färbung wieder in hellgrau über. Die Kalke enthalten ziemlich viele Schneckensteinkerne. _ Beim Behandeln mit Salzsäure geben diese Kalke keinen minerogenen Rückstand außer etwas Ton und Bitumen. Nach SANDBERGER enthalten die Kalke am Schiff bei Ehingen, abgesehen von anderen Bestandteilen 83,37 °/, CaCO, und 11,35 °'o MgCO,, und nach LeusE enthalten die Kalke von Berg 4'/2 °/o Bitumen und etwas Schwefeleisen (Mel- nikowit). Im Dünnschliff zeigt sich der Kalk als ziemlich einheit- liches Gebilde von wolkig-Hockiger Struktur, in dem häufig einzelne Körner oder Aggregate von grobkristallinem Oalcit eingebettet sind. Neben dem Bitumen finden sich höchst selten braune winzige Ton- klümpchen, nie aber Fragmente eingeschwemmter Mineralfragmente. Schon bei der mikroskopischen Betrachtung beobachtet man das Vorkommen oolithischer Gebilde, die bis über 2 cm im Durch- messer groß werden und nicht selten nesterartig gehäuft auf- treten. Im Dünnschliff erweisen sich diese als mehr oder weniger ab- gerundete Gebilde mit einer wolkig-fockigen Struktur mit gelegent- lich eingestreuten Schalenfragmenten. Ebenso finden sich darin kleine Calcitindividuen öfters in Form von wohlausgebildeten Rhombo- edern, und mitunter geht die flockige Struktur in eine mehr körnig-zellige über. Der Rand ist dichter und scharf abgegrenzt; meist umgibt ihn ein Kranz mehr oder weniger strahlig orientierter Calcitkriställchen. Die Größe schwankt sehr stark, mitunter werden sie kaum 0,05 mm groß, und häufig schließen größere derselben eine Anzahl kleinere ein. Seltener beobachtet man als Einschlüsse kleine mikroskopische Heliciden, und vereinzelte solche Oolithe er- weisen sich als durch Umkrustung einer Schale entstanden. Keines der Oolithkörner zeigt radiale oder faserige Struktur; sie gehören zu den von Karkowsky als Pseudoolithe bezeichneten Gebilden. Die Kalke, die bei Berg annähernd eine Mächtigkeit von 20 bis 30 m erreichen, sind bankig entwickelt. Im allgemeinen zeigen die Tertiärkalke am Albrand, so bei Ulm, Niederstotzingen, ebenso auch bei Hoppetenzell mehr oder weniger stark ausgeprägt oolithische Bildung. Auch die Sylvana-Kalke zeigen mitunter ganz entsprechende Erscheinungen. In den Sylvana-Kalken -bei Schwörzkirch finden sich schwach verkittete knollige Klumpen solcher oolithischer Gebilde, wie sie ähnlich WALTHER rezent von der Rede von Suez beschreibt: „Diese Ablagerung ist auf der Oberfläche in der Regel unverkittet, a bildet einen Oolithsand, an manchen Stellen aber sieht man ein Pflaster härterer Partien. Nimmt man einzelne dieser Verhärtungen heraus, so bemerkt man, daß es durch Kalk verkittete Oolithkörner sind.“ — Die Bildung der oolithischen Kalke ging anscheinend überall im Seebecken vor sich, während nur am Strande pisolithische Kalke und Kalkknollen gebildet wurden. Nach oben nehmen die Kalke mehr und mehr an Tongehalt zu; die höheren Schichten werden schiefrig, mehr sandig und lettig. Die Schnecken werden ganz zerdrückt; hier zeigt sich auch die Helix rugulosa mit ihren natürlichen Farbbändern erhalten. Unterlagert werden die Süßwasserschichten durch oberen Weiß- Jura, wie dies ja ScHap in seinen Untersuchungen nachgewiesen hat. Am Galgenberg bei Bergach läßt sich diese Lagerung sehr leicht beobachten. Hier folgen auf Jura nach Schan erst 7 m ge- flammte Mergel und pisolithische Kalke und darüber 4 m harte rote und weiße Kalke. Die roten Mergel enthalten reichlich Bohnerz- körner, meist nur kleine Körnchen, sowie kugelige Kalkkonkretionen von verschiedener Größe in großer Zahl. Beim Kochen des roten Mergels mit Salzsäure verschwindet die rote Farbe vollständig, und wir erhalten einen blaugrauen tonigen Rückstand. In diesem läßt sich an individualisierten Mineralsubstanzen feststellen: sehr viel Hämatit und Schwefeleisen, dann Quarz und Chalcedon, Granat, Turmalin, Zirkon und Feldspat. Die Mineralien sind meist so stark von Eisenhydroxyd umkrustet, daß sie kaum erkennbar sind. Die Spalten und Risse der einzelnen Fragmente sind meist erfüllt mit Eisen- erz, Hämatit und Tonsubstanz, so vor allem die Feldspäte, die meist sehr stark angewittert sind. Unter den Kieselkörnern überwiegen kleine und größere chalcedonische Gebilde mit faseriger und radialfaseriger Struktur, wie wir sie häufig primär gebildet in den Kalken des oberen Weiß-Jura finden. Im Verhältnis ist der Anteil der klastischen Minera- lien an der Zusammensetzung der roten Mergel ziemlich gering. Auf Grund seiner Untersuchungen am Hochsträß und in der Ehinger Gegend stellt Scuap für die untere Süßwassermolasse folgende Gliederung auf: I. Ehingensis-Schicht nach dem Auftreten von Helix Ehingensis und Helix Ramondi!. ‘ Nach einer gütigen Mitteilung von Herrn CAarro H. Jooss ist aus Prioritätsgründen für Helix (Galachtochilus) Ehingensis v. Krein: Helix (Ga- lachtochilus) inflexa (v. MARTENS) v. ZIETEN zu setzen. Ferner für Helix (Pseudo- chloritis) inflewa v. KuLeım: Helix (Pseudochloritis) inerassata v. KLEin. — EBD Die ursprünglich unterschiedene zweite Schicht hält ScHap nach mündlicher Mitteilung nicht mehr aufrecht: Die Mergel bei Berg von 511,5—516 bilden eine Küstenfazies, die sowohl über. wie unter der I. Abteilung vorkommt. ll. Euchilus gracile und Helix brachystoma-Horizont. II. Sande und Mergel. Alles weiter südlich der Richtung Berg--Griesingen gehört der III. Abteilung an. Der Gliederungsversuch ScHap’s ist nur ganz lokal gültig. Petro- graphisch ist keine genauere Gliederung möglich, denn es fehlen die festen durchgehenden Horizonte, und zudem sind die betreffenden Leitfossilien nicht auf die betreffenden Horizonte beschränkt. Es ist unmöglich, hier im Zugulosa-Horizont der alten schwäbischen Geo- logen eine genauere allgemein gültige Gliederung dieser Schichten zu geben. Wir haben hier eine Seenplatte von lauter einzelnen Seen und Weihern, jeder Fundort hat fast eine etwas andere Süß- wasserfauna. Analoge Bildungen haben wir heute in der pommer- schen, mecklenburgischen und ostpreußischen Seenplatte und im Pays de Dombes bei Lyon. Die Helix rugulosa geht bis in die kreideartigen Kalke bei Talfıngen; hier ist sie allerdings sehr selten (Sig. Jooss); sie kann daher nicht als entscheidendes Leitfossil für den bisher so bezeichneten Rugulosa-Horizont betrachtet werden. Dagegen ist das Vorkommen von Helix Ramondi beschränkt auf den Horizont der sogen. Ruyulosa-Kalke, und so möchte ich für diese Schichten die Be- zeichnung „kamondi-Schichten“ vorschlagen. Zu dem ist Helix Ramondi eine horizontal weitverbreitete internationale Form, und ein Leitfossil typisch für das Casselien nach G. F. Dorırus (Oberes Oligocän). Von dem Abhang gegen die Donau an sind keine nennens- werten Aufschlüsse mehr zu beobachten; nur gelegentlich finden sich einige Sand- und Mergelgruben. Bei Weißel kommen rot- und gelb- scheckige Mergelschichten vor, und an der Steige bei Sontheim folgen auf sie blaukalkige Mergel. Der ganze Hang besteht aus diesen blauen, z. T. ziemlich verfestigten Mergeln, die bis Volkers- heim zu verfolgen sind. Am Herrlesberg bei Ingerkingen und im Orte selbst stehen Sande, die teilweise zu einzelnen Knauern ver- härtet sind, an, darüber lagern blaue Mergel, über denen rote Mergel folgen. Ebenso beobachtet man bei Britschweiler Sande, zum Teil durch Infiltration von Eisenhydroxyd verfestigt und darüber rote Mergel und sogen. Scheckenmergel, die aus blau und rot gefärbten Mergelschmitzen bestehen. An verschiedenen Stellen auf der Mar- kung Ingerkingen lassen sich diese Mergel verfolgen. — 285 — An der Landstraße von Ingerkingen nach Aufhofen sieht man in der Lehmgrube bei Ingerkingen rote Mergel! aufgeschlossen und darüber finden sich blaugraue und feingeschichtete marine Mergel- sande. Auf der andern Seite des Hügels, wo durch Erosion das Material der Meeresmolasse abgetragen ist, finden sich ebenfalls wieder rote Mergel (bei Kilometer 10). Die roten Mergel bilden hier demnach den Grenzhorizont der unteren Süßwassermolasse gegen die Meeresmolasse. Auch in der OÖstrachebene bei Bremen (Saul- gau) bei der oberen Mühle finden sich rote Mergel und darüber marine Sande und Sandschrofen. Weiter gegen Süden tritt die untere Süßwassermolasse nicht mehr zutage. Sie setzt sich aber fort, und schwillt sogar gewaltig an, wie dies aus dem Resultat der Tiefbohrung von Ochsenhausen hervorgeht. Genauere Berechnung über diese Bildung ist aber un- möglich, da wir das Einfallen der Schichten bezw. die einzelnen tektonischen Störungen nicht kennen. Die seinerzeit von Rech” nungsrat REGELMANN angestellten Berechnungen sind nicht stichhaltig, da die Annahme, daß die oberschwäbischen Schichten entsprechend denen von Dischingen einfallen, unrichtig ist. Bei der Tiefbohrung von Ochsenhausen stieß man in einer Tiefe von 465 m auf untere Süßwassermolasse. Sie wurde bis zu einer Mächtigkeit von 270 m erbohrt,. ohne daß sie ganz durchteuft wor- den wäre. Nach den Beobachtungen Mitrer's und den mir zur Ver- fügung stehenden Bohrproben? ergibt sich folgendes Profil: mariner, feiner sandiger grüngrauer Schlick, 465,17— 483,87 Scheckenmergel, 483,87 — 484,82 „ reich an Sand mit viel Glimmer, 490,4 —495,51 n 508,1 —-509,5 509,5 —511,5 feiner gelbgrauer Sand, 511,53 —514,5 Scheckenmergel, 514,5 —520,57 sehr feinkörniger grauer Sand, 524 grober Sand, 540 Scheckenmergel, 547,85 —559,2 gelblicher feiner Mergel, 579,2 —590 graugelber Mergel, 736 (Tiefstes vor Ort) gelbgrauer feiner Sand. ! Die Angabe bei Ense (S. 512), daß diese roten Mergel zerdrückte Schalen von Helix rugulosa, Ramondi u. dergl. enthalten, ist unrichtig. Bis jetzt sind noch keine organischen Reste in diesen Mergeln gefunden worden. ? Leider ist nur noch ein Teil der Bohrproben erhalten. — 284 — An der oberen Grenze zeigen die Scheckenmergel starke röt- liche Töne, während sie nach unten zu mehr gelbbraun werden, in den tieferen Schichten wiegen Sande und Sandmergel vor. Ähnliche Beobachtungen in bezug auf die Ausbildung der unteren Süßwassermolasse machte auch ScHatLcH bei der Unter- suchung des Vorkommens im badischen Seekreis, und er gliedert die dortigen Sandeschichten in I. die Sandstufe, mächtige Mergel und Sandlagen, II. die Mergelstufe, meist rot gefärbte Mergel, welche oben durch die Sande der Meeresmolasse plötzlich abgeschnitten sind. Auch GurmAnn schreibt: „Regelmäßig an der oberen Grenze sind bunte Tone und Mergel von wechselnder Mächtigkeit einge- schaltet.“ So ist denn das Auftreten der roten Mergel und Schecken- mergel eine weithin verfolgbare Grenzmarke der unteren Süßwasser- bildungen gegen die Meeresmolasse in dem schwäbisch-badischen Tertiärgebiet. Eine genaue Parallele der Bildung der oberschwäbi- schen Ablagerungen mit den Schichten am Albrand ist wegen des vollständigen Fehlens von Fossilien in denselben unmöglich. Über den Gang der Ablagerung der unteren Süßwassermolasse schreibt E. Fraas!: ‚Im allgemeinen herrscht die Kalkfazies am Alh- rand vor und nimmt, und zwar von unten nach oben, allmählich immer tonigeren Charakter an, je mehr wir uns Oberschwaben nähern, wo die untere Süßwassermolasse eine vorwiegend mergelige sandige Fazies darstellt.“ Die Scheidung der Fazies erklärt sich wohl am natürlichsten durch die Annahme einer mit Sumpf- und Süßwasser erfüllten Nie- derung im heutigen Oberschwaben, welche, abgesehen von etwaiger alpiner Zufuhr, wenigstens im nördlichen Gebiete von Norden her, also aus dem Jura durch Folgeflüsse gespeist wurde. Um die nach Süden zunehmende Mächtigkeit zu erklären, müssen wir eine stetige, langsame Senkung dieses Gebiets annehmen.“ Im schweizerischen Mittelland, in Baden und in Oberschwaben bildet die untere Süß- wassermolasse einen horizontal auf weite Strecken durchgehenden Schichtkomplex und war demnach auch ein einheitliches Seebecken. Die Gesteinsmassen, welche in der unteren Süßwassermolasse auftreten, sind Kalke, Sande, Sandsteine und Mergel. Die Mergel zeigen bunte Farben; sie sind häufig rot, gelb, blau, violett, scho- koladebraun und mitunter auch scheckig gefärbt, während die Mergel der Meeresmolasse nur eine dunkelgraue Farbe zeigen. ı Diese Jahresh. Bd. 67 (1911). $. 536, — 285. — Die petrographische Untersuchung des Sandes bei Britschweiler (im Horizont der roten Mergel) ergab an Schwergemengteilen: Gra- nat, Staurolith, Turmalin, Rutil, Brookit und Apatit, die sich in ziem lich geringer Zahl finden. Vorwiegend besteht der Sand aus splitt- rigen und schwach abgerundeten Quarzkörnchen, die seltener farblos, meist weiß oder graulich und zuweilen mehr oder weniger intensiv rot gefärbt sind ; dann aus Körnchen meist zersetzten Feldpats (Ortho- klas und Plagioklas) und reichlich beigemengtem Muskovit. Ein geringer Prozentsatz von Kalk ist ebenfalls vorhanden; beim Behan- deln mit Salzsäure braust der Sand auf. Ganz entsprechend ist auch die Zusammensetzung der unteren Süßwassersande, seltener finden sich festere, bankige Verhärtungen. Die roten Mergel sind stark tonig und entfärben sich beim Behandeln mit HCl. Die Mineralbeimengungen treten sehr stark zurück; vorwiegend sind es Hämatit, Quarz und zersetzter Feldspat. Auffallend ist das Auftreten von kleinen mikroskopischen kugel- förmigen Gebilden bis zu einer Größe von 50 u in großer Zahl. Durch Salzsäure werden sie nicht angegriffen, doch gelatinieren sie beim Kochen mit derselben. Sie finden sich fast nur in Form ein- zelner runder Körner, nur selten sind mehrere zusammengeballt. Sie sind anscheinend isotrop; gelegentlich meint man schwache Doppel- brechung wahrzunehmen. Bei der Kleinheit der Gebilde ist eine ge- nauere chemische Untersuchung undurchführbar. Es ist wohl anzu- nehmen, daß diese Kügelchen Ausscheidungen von Kieselsäuregel dar- stellen. In den roten Mergeln sind sie meist durch die Beimengung von Eisenhydroxyd rötlich gefärbt. Noch reichlicher finden sie sich in den schon erwähnten roten Mergeln bei Bergach; ebenso auch in den roten Mergeln der oberen Süßwassermolasse. Auch im Laterit von Kilwa- südland (Deutsch-Ostafrika) konnte ich zahllosse ähnliche rötlich ge- färbte Kügelchen beobachten ; möglicherweise steht die Bildung von Eisenkonkretionen im Laterit mit diesen Bildungen im Zusammen- hang und auch wohl die der Bohnerze. Bemerkenswert ist, daß sich auch solche Kügelchen, wenn auch nicht so reichlich, in den Sanden der tertiären Meeres- und Süßwasserbildungen finden, hier handelt es sich dann allerdings um reine Kieselsäureausscheidungen, nirgends beobachtete ich an solchen Kügelchen eine Rotfärbung; vereinzelt ist etwas Tonsubstanz beige- mengt. Erst jüngst hat Doss den Nachweis des Vorkommens von geringeren Mengen von Kieselsäuregel, das sich als solcher erhalten hat, in marinen, melnikowithaltigen Tonen erbracht. Und so darf Be wohl angenommen werden, daß die vorliegenden Kieselsäurekügel- chen ähnlich gebildet sind. Schließlich bleibt noch die Frage offen, ob ältere Tertiär- schichten hier die Unterlagerung der unteren Süßwassermolasse bilden. Schan verlegt in seiner neuesten Arbeit: „Die Grenzen des mitteloligocänen Meeres in Schwaben“, die Küstenlinie desselben von Zwiefalten bis Allmendingen, also direkt am Südrand der Alb. Den Beweis für seine Behauptungen hat er jedoch nicht erbracht. Das Hauptargument bildet für Schanp das Vorkommen von Steinkernen von Pholas tenwis in den unteren Schichten des Rugulosa-Kalkes von Ehingen und an verschiedenen anderen Stellen desselben Horizonts. ScHAD bestimmte diese eiförmigen Gebilde als Ausfüllung von Pho- ladenbohrlöchern, welche Bestimmung auch von KokeEn bestätigt wurde. Auf Grund meiner Beobachtungen muß ich betonen, wie schwer es fällt, solche Gebilde richtig zu ıdentifizieren. Auffallend ist, daß Pholadensteinkerne nach ScHap meist gut erhalten sind, während sonst das gesamte Material der mutmaßlichen oligocänen Ab- lagerungen aufgearbeitet worden ist; wir müssen vielmehr anneh- men, daß bei einer solch intensiven Aufarbeitung auch diese kleinen Kalkgebilde vollständig zerstört wurden. Selbst wenn diese Stein- kerne in den harten Weiß-Jurafelsen wohl geschützt waren, so würden sie doch bei der Auswitterung und beim Transport an die jetzigen Fundstellen zerstört und zerrieben worden sein. In der geologischen Literatur sind solche eiförmigen Gebilde schon vielfach beschrieben worden; man hat sie als Hirudineen- kokons, als Schneckeneier, als Insektenkokons, als Reptileier, als Früchte, als Konkretionen und auch als Ausfüllung von Pholaden- bohrlöchern erklärt. Brum beschrieb sie als Schlangeneier, während GERGSENS sie als Blutegelkokons deutete, da sie stets unregelmäßig zerstreut, und nie wie Amphibieneier in großer Zahl beisammen vor- kommen. 0. BörttsEr bezeichnet sie als Glandineneier und HERMANN v. Meyer, der diesen Gebilden unter dem Titel „Die fossilen Schlangeneier von Offenbach“ eine eingehende Besprechung widmete, kommt zum Schlusse, daß dieselben nicht organischen Ursprungs seien, sondern zufällige unorganische Bildungen darstellen. In jüng- ster Zeit hat sie A. GuTzwiLLer auf Grund eingehender Beobach- tungen als Hirudineenkokons beschrieben. „Mir scheint es zweifel- los, daß diese Gebilde Pseudomorphosen nach organischen Körpern sind, und zwar mögen es Hirudineenkokons sein. (Siehe Moauın Tanpon: Monographie de la famille des Hirudinees. Edit. Paris 1846. — 287 — p. 177 ff. pl. XI fig. 13— 18.“ Auch Hescuer-Zürich und Scumipr-Basel, denen er sein Material vorlegte, pflichten ihm in seiner Ansicht bei. Bemerkenswert ist vor allem, daß diese Gebilde sich in ver- schiedenen geologischen Horizonten finden. GUTZwILLER erwähnt sie aus dem Oligocän des Quercy, aus den obereocänen Süßwasserkalken von Moutier (Berner Jura), aus dem Mitteloligocän von Offen- bach, aus dem Miocän von Teuniken (Basler Jura). In Württemberg finden sie sich an verschiedenen Orten in der oberen und unteren Süßwassermolasse, so in den oligocänen Schichten bei Ehingen, Nie- derstotzingen, in den roten Mergeln bei Allmendingen, in den Crepido- stoma-Kalken bei Eggingen und Talfingen, in den Helicitenmergel des Randens und von Stubersheim, im Obermiocän bei Mörsingen (Coll. Jooss). In Frankreich sind sie aus dem oberen Eocän von Castel- naudary (Dep. Aude) als Eier des Bulimus (Dactylomorpha) luevolongus Bous&tE beschrieben, und weiterhin sind auch solche Gebilde aus tertiären Süßwasserkalken von Ungarn bekannt. Die mir vorliegenden Stücke von diesen eiförmigen Gebilden sind in der Größe ziemlich einheitlich. Die größten erreichen eine Länge von annährend 25 mm, während die kleinsten etwa 12 mm lang werden. Die Dicke schwankt ebenfalls etwas. Sie liegen stets zerstreut, und erscheinen an beiden Enden gewöhnlich gleichmäßig zugerundet. GUuTzwILLER erwähnt, daß hin und wieder das eine oder das andere Ende eine kleine vorspringende abgestumpfe Spitze zeige gleich einer kleinen Warze oder einem halsartigen Ansatz mit brei- tem Querschnitt: ähnliches konnte ich nirgends beobachten. Die aus den pisolithischen Mergeln stammenden Gebilde bestehen meist aus etwas rötlich gefärbtem Kalk und erweisen sich aus demselben Material bestehend wie die Pisolithe. Die aus den Süßwasserkalken stammenden sind fast durchweg ebenfalls von demselben Material erfüllt wie die umgebenden Kalke und zeigen im Dünnschliff z. T. pseudoolithische Struktur. Einzelne jedoch sind durch und durch gleichmäßig kristallin, sie sind durchscheinend und außen fast glatt. Die Kristallaggregate sind isometrisch und auffallend gleich groß. SCHMIDT schließt auf Grund entsprechender Beobachtung: „Die Regel- mäßigkeit in der Form der Calcitbekleidung kann sehr wohl erklärt werden durch die Annahme, daß die Substanzausscheidung statt- gefunden hat an Stelle einer regelmäßig struierten Substanz.“ Und HESCHER meint: „Die Anordnung der die Wand auskleidenden Kri- stalle erinnert außerordentlich an das regelmäßige Netzwerk, das an der Außenfläche der inneren Hülle der Kokons unserer lebenden — 28: — Hirudineen auftritt. Vielleicht ließe sich die Frage aufwerfen, ob die Kristallgruppen ein getreues Abbild des Netzwerkes geben oder ob die Kristallgruppen unter allen Umständen sich so gebildet haben könnten, und ihre Bildung durch das Netzwerk beeinflußt wurde. Es scheint mir nicht unwichtig, auf eine solche Möglichkeit, die unter. Umständen sehr wichtig sein kann, hinzuweisen.“ Mit den Pisolithen sind diese Bildungen nicht zu vergleichen, sondern es ist anzunehmen, daß wir es hier mit Ausfüllungsmassen eines gegebenen Hohlraums zu tun haben. Die Ausfüllung des Ko- kons denkt sich GuTzwILLer folgendermaßen: „daß die meisten nicht hohl und mit- dem Kalk des Nebengesteins erfüllt sind, mag davon herrühren, daß durch die Polöffnung der Kokons der Kalkschlamm in das Innere eingedrungen ist, während bei der hohlen Form diese Öffnung verschlossen wurde, bevor der Kalkschlamm eindringen konnte, und nur in Wasser gelöster Calcit sich an den Innenwänden ausschied.“ So ist denn die Schanv’sche Ansicht, daß es sich bei diesen eiförmigen Gebilden um Pholadensteinkerne handelt, hinfällig. ScHan schließt des weiteren: „Die weite Verbreitung und die stellenweise über 1 m betragende Mächtigkeit der Flammenmergel lassen auf eine mehrere Meter betragende Denudation der Landober- fläche während des ÖOberoligocäns schließen. Es ist also nicht ver- wunderlich, daß dabei die losen, wenig mächtigen und meist kalkig- mergeligen oligceoänen Meeresablagerungen des Donaugebiets fast ganz vernichtet wurden.“ | Es läßt sich hier in den Flammenmergeln keine genaue Unter- scheidung zwischen allochthoner und autochthoner Bildung durch- führen, die Mergel der oberen Horizonte, wie z. B. die roten Mergel von Ingerkingen, sind sicherlich an dieser Stelle primär gebildet. Auf- fallend ist, daß, wie die petrographische Untersuchung der Flammen- mergel vom Galgenberg ergibt, diese so arm an minerogenen Kom- ponenten sind, und vor allem der Anteil des Quarzes ein ziemlich geringer ist. Und der letztere ist noch vorwiegend in Form von Chal- cedonknollen vertreten, welche unbedingt auf aufgearbeitetes Weiß- Juramaterial hinweisen. Hätten wir es aber mit dem aufgearbeiteten Material des Oligocänmeeres zu tun, so müßte der Anteil an Mineralien am Aufbau der roten Mergel beträchtlicher sein, und vor allem müßte sich mehr detritogenes Quarzmaterial vorfinden; denn auch die marinen miocänen Kalke am Albrand enthalten reichlich Quarzfrag- mente. Andererseits weist das Vorkommen von Bohnerzen und Geröllen auf eingeschwemmten Bohnerzton, aufgearbeiteten Spaltenlehm und Su’ 'uaouas -ANYS 'UI904 Sn (HIHUYFIANFS 'SSOOf | | 'aaıTIoy ‘aaTraN pun uaTHv ‘avHog 'ZNYUM | ‘svva] ‘Nasoy | Tganas) "THAY | "SaTTN "Lsaoud | ‘Sn ‘7 'agousa -INYS 'ATAINHIS | ‘HOTVYHOS 'aaafH (UA9YYHANILLYAM ‘N uaouaganvg 'g'n '] 'uaouza “sn "aasugd -aNnvg ‘UsITIoy 'saa -TI0(] I 9 "TanaLg ZNaM 0 YAHOSIq “NA9LL0g "NITANNIM l | -ANYS 'HIMaa pun YanyıVJ ‘yaTaoL], (YIATIMZLNH | ‘ssoof ‘'NaANYJOY ‘A na ‘aaıTıoy 'auyTıyW '9 "gm (Ag9uadanvs| ‘SAATIoA "I AYLSAH UOA U9IFIUIS SION9N 'pu9san) 19duy -TeL I089A ‚nedjy 'TJouun], aauameIg ‘goegqsaım ussut -Z403SIIPIIN UOA ayfe 9zIemyds 3sourwngig | "UOSnEyQUISO uoA 9PUBSIISSEMINS Dwogsoprda.d xy Nu oye} SSTIIBIPIIIN 91940 zu ne3y42]4 sap uayydIyas -UOZuegd UOTOJIOLA | "u9YyOTUOS ' -uorgo1pÄH 210g0 'SUONIAT IOZUTEN sop uoyyoryos ' -uoIgoapÄH 919yuf] "sU9Y99T IOZUreT sop | OJyOTYIS-PInaNq.109 | 939 319g ‘uadurgg 'g 'z 'sjel -NeUO(T uaIago SOp ıpuowpg KUH un OyNJeyIossengng "[9seq 10Q yo 19durnL ‘Ipzusgoddof] ‘y9eN90IgUOA PU9S2H | ıpuowupg UaH yrm YENIOSSENINS 999 wryuaddog “uroyy9og-uroysIgLT uoA INJEeNUaIYILION a7 yıuı Juozııog | -u9yoouyospue] u919g0 I9p ?»puoumy pum 91a] sap Joy 2aA® STeuasYy.| ONEHNISSSEMINS 9p due]q JATeae/) | | uaAeg saqumayınM uspeg UayIag JOzueW ‘99 steu9oY I ap sad aa1TedIe/) | | | | S[9SSOY Iasıoq. -sp9A sap eınf. 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Längs der Richtung Rupertshofen—Ingerkingen läßt sich die Überlagerung der unteren Süßwassermolasse durch die Meeresmolasse verfolgen. Am besten ist dies zu beobachten am schon erwähnten Einschnitt des Mühlsteig bei Ingerkingen !, welche Stelle erstmals von Progst im Jahre 1866 bei einer Kellergrabung entdeckt wurde. Es bietet sich hier folgendes Profil: Lehm und Gerölle. | 4 m feingeschichteter Mergel und grünlicher glaukonitischer Mergelsand mit Zähnen von Lamna, Ozxyrhina und Carcharodon, Bruchstücke von Schalen von Ostreen und Pecten, stark abgerollten Knochenfragmenten und kleinen Geschieben bis zu Walnußgröße, vor allem schwarzen Hornsteinsplittern. 8 m rote Mergel. Sand und blaue und gelbe Mergel. Die Meeresmolasse breitet sich dann weiter aus über die Mar- kungen Altheim, Schemmerberg, Langenschemmern, Röhrwangen, Warthausen, und jenseits des Rißtals bei Äpfingen und Baltringen. Die Oberfläche ist zwar meist von Lehm und Geröllen bedeckt, aber wo die Täler einigermaßen tief eingeschnitten sind, somit besonders das Rißtal entlang, tritt die Meeresmolasse vielfach an den Halden zutage. Am Burgstall bei Altheim stehen feingeschichtete Sande und Sandmergel an, die sich auf der Höhe bis Schemmerberg verfolgen | Gümsen gibt in der Geologie von Bayern, II. Bd., S. 368, ein Profil durch das oberschwäbische Tertiär, in dem er die Meeresmolasse bis Berg einzeichnet. ...29E — lassen; am Abhang gegen die Riß läßt sich dann das folgende Profil beobachten: Sande und Sandmergel. Harte Bank mit Fischzähnen (Pfarrhaus). Sandmergel, sehr fein geschichtet. Harte gelbe Mergelkalke mit Corbula gebba. Sand, z. T. ziemlich stark verfestigt durch CaCO,. Harte grobkörnige Bank mit Austern und Zähnen (Höllhalde bei der Mühle). Graugelbe Mergel mit Corbula gibba. (Die untere Schicht ist verdeckt durch Deckenschotter und Moor). Diese Schichten lassen sich teilweise gegen Langenschemmern hin verfolgen; sie fallen gegen Süden ziemlich stark ein. Beim Bahnwärterhaus zwischen den zwei Stationen sind die unteren Corbula- Mergel sehr mächtig entwickelt. Die Corbula gibba kommt hier sehr reichlich vor, ist aber meist schlecht erhalten. Ebenso finden sich Bryozoen, die aber infolge schlechter Erhaltung nicht bestimmbar sind, und stark zerdrückte Echiniden. Die Mergel sind schwach kalkig. Bei Langenschemmern läßt sich folgendes Profil beobachten: Sande. Corbula gibba-Mergel. 6 m feingeschichteter Sandmergel, durchzogen von kleinen Bändern von lagenhaft angereicherten Brauseknollen. Nach oben zu wird die Bildung stark mergelig, und | es findet sich gelegentlich Corbula gibba. D m feiner ungeschichteter Sand. ' Mergel mit Corbula gibba. Am Abhang gegen die Riß lassen sich die Sande und Sand- mergel noch an einzelnen Stellen beobachten. Hier kommt es mitunter zur Bildung von knauerartigen Verhärtungen; so finden sich hier neben größeren unregelmäßigen Gebilden eigenartige Konkretionen z.T. in Formen von Brillensteinen und Lößkindeln. Hand ın Hand damit geht die Bildung von harten kompakten Bänken. Die feinen Sande sind z.T. stark kalkhaltig, und bilden kom- pakte Massen, doch entbehren sie zunächst jeder Schichtung. Gelegent- lich finden sich darin osteocollenartige Bildungen. Neben den minero- genen Komponenten des Sandes finden sich darin und in den Sand- mergeln zahlreiche längliche und rundliche Tongallen. 19% ee Während bisher diese Sande als vollständig fossilleer betrachtet wurden, ergab die genaue Untersuchung des Sandes das Vorkommen von kalkigen Mikroorganismen. Es fanden sich annähernd 2% Fora- miniferen, die vorwiegend dem Formenkreis der Discorbina, Rotalia und Textularıa angehören; daneben Stacheln von Psammechinus und sehr selten kleinere Hautzähnchen von Haien. Bei Röhrwangen finden sich unten am Gehänge feine grau- grüne Sande. Darüber vor dem Ort sind einzelne große Nagelfluh- blöcke gelagert. Auf der Höhe des Hessenbühl (590,51 m) zwischen Röhrwangen und Albersweiler tritt ohne weitere Bedeckung Muschel- sandstein zutage. Die Äcker sind voll von Sandsteinbruchstücken mit Pecten-Schalen, Austernschalen, Zähnen etc. Gegen Willenhofen zu läßt er sich ein Stück verfolgen, verschwindet dann aber unter einer Schotterdecke. Es ist ein rauher, grobkörniger Sandstein mit Schalen- fragmenten und vereinzelten kleineren Geröllen, der ganz dem Balt- ringer Sandstein entspricht. In bezug auf die untere Corbula-Bank bei Langenschemmern liegt er 90 m höher. In der Nähe davon bei Altheim am Laienkreuz (560 m) wurde früher Muschelsandstein mit Fossilien, welche genau dem Baltringer Vorkommen entsprechen, gefunden. Prosst erklärt ıhn hier als keine ursprüngliche Ablage- rung, sondern durch glaziale Verschleppung. Heute ist alles über- wachsen, so daß eine Nachprüfung unmöglich ist. Am Windberg bei Warthausen kommen wir bereits in die End- moräne des Rheintalgletschers. Auf der Talsohle wurden hier durch Kellergrabungen marine Sande aufgeschlossen. Sie bestehen aus feinerem und gröberem Material und entsprechen den Begleitsanden des Muschelsandsteins. Alle 15—20 cm setzen härtere, etwas kalkigere Bänke durch, und erzeugen so eine schwache Schichtung. Die Sande sind reich an Fossilien; vor allem gut erhalten und äußerst mannigfaltig vertreten sind die Pectiniden. Bemerkenswert ist hier wie auch im Muschelsandstein vom Hessenbühl das Fehlen der Cor- bula gıbba. Diese Ablagerung liegt in einer Höhe von 520—530 m, also etwa 60 m tiefer als die entsprechende Schicht am Hessenbühl; es läßt sich dies nur durch die Annahme einer Verwerfung erklären. Eine weitere Verfolgung dieser Schichten ist auf der linken Seite der Riß nicht mehr möglich. Auf der rechten Seite der Riß findet sich ein größerer Aufschluß bei Äpfingen:: Humus, Lehm und Gerölle. Pisolithischer Kalk und weißliche Mergel mit Helix sylvana. — 293 — Fein geschichtete, stark tonige Sande, sogen. Gesimssande. (robkörniger geschichteter Sand mit Schalenfragmenten von Zweischalern, Zähnen und Geröllen. Muschelsandstein, etwa 0,85 m mächtig. Diagonalgeschichtete Sandletten mit schichtweise ange- reicherten septarienartigen Gebilden. | An der Seite gegen Äpfingen ist ein nagelfluhartiges Kon- glomerat angelagert. Typisch für die Muschelsandsteinschicht und die begleitenden Sande ist die Kreuzschichtung, welche auf eine Flach- küstenbildung hinweist (vergl. Fig. 1 u. 2). Qurnstept beschreibt diese Bildung folgendermaßen : „Die konträre, kurz abgebrochene Schichtung des rauhen Materials an den 50° hohen Wänden gibt uns ein lebhaftes Bild der Wasserkraft, welche hier das Ufer peitschte, und dabei ist alles noch so frisch, als ob das Meer erst seit einigen Dezennien diese Stelle verlassen hätte. Bald warfen die Wellen den Grand nach dieser, bald nach jener Richtung, und plötzlich schneiden darüber horizon- tale Sandsteinlagen den Horizont, Gesimsen gleich ragen die Köpfe aus dem Schutt der Oberfläche empor und beweisen den ruhigen Abschluß“. Als Seltenheit fand ich in den groben Sanden einen sehr schlecht erhaltenen Helix-Steinkern. Die Gesimssande lassen sich weiter verfolgen nach Sulmingen; an der Straße und an der Bahn sind sie zuweilen freigelegt. Typisch für diese Bildung ist der braune Farbton der Gegend, der von dem üblichen sich stark abhebt. Bei Sulmingen an der Mühlhalde ist ein verlassener Steinbruch; der Muschelsandstein ist bereits ver- schüttet; nur noch die Gesimssande sind aufgeschlossen. Eigentüm- lich berührt hier die schöne regelmäßige ruinenartige Bildung, die jedoch beim Abbau künstlich erzeugt wurde. Die Muschelsandstein- bank ist hier nur 0,56 m mächtig. Als Abschluß der Meeresbildung stellt sich hier ebenfalls eine unregelmäßig auftretende pisolithische Bank und weißgraue Mergel mit Helix sylvana ein. Bei Baltringen, dem berühmtesten Fundplatz im oberschwä- bischen Tertiär, der vor allem durch die von Dr. Progsr bearbeiteten Funde bekannt wurde, sind am Abhang gegen das Rißtal verschie- dene, meist schon stark zerfallene Aufschlüsse zu beobachten. Am Doktorhäldele ist folgender Aufbau zu beobachten: 1,14 Humus, Lehm und Gerölle. 11,93 Gesimssande. 2,98 Muschelsandstein. — 294 — Die den Muschelsandstein unterlagernden Schichten, feine Sande, sind an den Hängen bedeckt von Deckenschotter, doch zeigen sich vereinzelt feine grüngraue Sande. Am Aufschluß beim Steingrüble weisen die Gesimssande viel- fach diskordante Schichtung auf. Bei Mietingen ist der Muschel- sandstein ebenfalls an verschiedenen Stellen aufgeschlossen, jedoch sind die Brüche größtenteils verstürzt. In einem derselben zeigen einzelne Lagen der Gesimssande lokale Fältelungserscheinungen, die wohl als Böschungs- oder Gleitfaltungen der oberflächlichen Schlamm- schicht aufzufassen sind. Am schönsten erhalten ist der Aufschluß an der Burg: 1,2 m Humus. 12 m Gesimssande. 2,3 m Muschelsandstein. 0,5 m grobkörniger Sand. Ungeschichteter kompakter feiner Sand, fossilleer, gespickt mit 5 mm kleinen runden rostroten Kügelchen. Hier wie in Baltringen ist der Muschelsandstein von Spalten durchsetzt, in dem Progst Reste quartärer Wirbeltiere (14 Formen nach Nenrina!) vorwiegend von Myodes torquatus und Arctomys mar- motta” fand. Die Schichten zeigen ein starkes Einfallen gegen SO; gegen Wolpertshofen auf der rechten Seite der Rottum sind noch Gesims- sande zu beobachten, jedoch allmählich versehrinden sie unter den Gebilden der ee Am Kapellenberg bei Erolzheim sind noch einmal marine Sande von grobem Korn mit vereinzelten Geröllen aufgeschlossen, darüber folgen Sande und Mergel der oberen Süßwassermolasse mit Resten von Blättern und Heliciden. Gegen N ist alles bedeckt von den Schichten der oberen Süßwassermolasse, und erst bei Oberkirchberg sind wiederum unterhalb der Brackwasserschichten marine Sande nachweisbar. Aus der Lagerung ergibt sich für die marinen Bildungen in der Biberacher Gegend folgende Gliederung von unten nach oben: Il. Ein Komplex meist feinsandiger und mergeliger Schichten, einschließend Mergelschichten mit Corbula gıbba, wohl mindestens 50—70 m mächtig. ! NeHRING: Übersicht über 24 Quartärfaunen Mitteleuropas, Zeitschrift der deutsch. geol. Ges. 1880. ® Progst: Quartäre Wirbeltiere von Oberschwaben. Diese Jahreshefte 1881. — Halsbandlemming und Murmeltierreste aus Oberschwaben. Das. 1882. — 295 — ll. Der Muschelsandstein mit seinen Begleitsanden'. III. Gesimssande. Die direkte Unterlagerung des Muschelsandsteins ist nur auf kurze Stellen aufgeschlossen bei Mietingen und Äpfingen. Es ist ein sandiges und mergeliges Material, aus dem bis jetzt außer Fora- miniferen keine organischen Reste bekannt sind. Jedoch die gegen- seitige Lagerung der Muschelsandsteinschicht von Hessenbühl und der Schichten von Langenschemmern weisen darauf hin, daß die letzteren den Muschelsandstein unterlagern. (@ueEnstept betrachtet 1872 die feinen Sande von Schemmerberg als die höheren Lagen der Meeresmolasse, jedoch auch Prosst gliedert 1879 die Meeres- molasse in einen oberen Horizont den Muschelsandstein mit den charakteristischen Gesimssanden und einen unterern bei Schemmer- berg aus sandigen und mergeligen Schichten bestehend.“ . In den unteren Schichten wird der wichtigere Horizont durch die Mergelbänke mit Corbula gibba dargestellt. Sie lassen sich gegen W. von Langenschemmern an weiter verfolgen. Sie kommen vor bei Willenhofen südlich vom Ort an der Straße nach Uttenweiler und werden hier von Gletscherkies verdeckt; bei Seekirch kamen ebenfalls bei einer Brunnengrabung Corbula-Schichten zum Vorschein. Die Corbula gıbba findet sich aber fast ausschließlich in den Mergeln und feinen Sandmergeln, nie in dem Sande. Vorwiegend besteht die Ablagerung aus feinkörnigen kompakten Sanden, seltener zeigen sie Parallelschichtung. Vereinzelt treten einzelne blaue kalkige Mergel- bänke auf; häufiger stellen sich Schichten ein, die aus dünnen, oft nur kartonstarken kurzen Lagen und Plätichen von sandig-mergeliger Beschaffenheit bestehen. Im allgemeinen enthalten die Sande nur Mikroorganismen, es finden sich aber einige schwache kalkige grob- körnige Bänke, die reichlich Austern und Zähne führen. Der wichtigste und bekannteste Horizont der marinen Molasse ist aber der Muschelsandstein. Es ist ein rauher, grober Sandstein, gefüllt mit meist zertrümmertem Konchylienmaterial und eingebackenen nicht seltenen Geröllen, mitunter eine förmliche Muschelbreecie. ! Dieser „schwäbische Muschelsandstein* ist zu unterscheiden von dem Muschelsandstein der sogen. Seelaffe, welcher au der Basis des marinen Miocäns auftritt und dem Schweizerischen Muschelsandstein von Mürenlos, Othmar- singen etc, entspricht. ® Eine Fossilliste mit Angabe des Fundorts gibt Prosst in Verzeichniss der Fauna und Flora der Molasse im württembergischen Oberschwaben. (Diese Jahresh. 35 Jg. 1879.) — 296 — Das Bindemittel ist kohlensaurer Kalk, der an einzelnen Stellen reich- lich, dann aber auch oft sehr spärlich auftritt. Früherer Steinbruch- betrieb konnte schon deshalb nicht lohnen, weil die Verkittung und Verfestigung großen Schwankungen unterworfen ist und sich häufig genug völlig unbrauchbares Material einstellte. Eine Analyse des Muschelsandsteins von Baltringen ergab nach Lrupe folgendes Resultat: 37,4% Mineralkörner. 1,14% Ton. 1,069% kohlensaures Fe O. 0,58% MgCO.. 59,86%. 1Ca0:0F Der eigentliche Muschelsandstein schwankt in seiner Mächtig- keit lokal von 0,3—2,5 m; meist ist er begleitet von groben Sanden, die bis zu 10 m mächtig werden können. Die Sande und der Muschel- sandstein sind meist horizontal geschichtet, doch findet sich vielfach Kreuzschichtung, die auf eine küstennahe Bildung hinweist. Das reichliche Vorkommen von Bohrmuscheln und von Resten von ein- geschwemmten Landtieren spricht ebenfalls für Uferbildung. Einge- schwemmt wurden außerdem verkieselte jurassische Bryozoen und Korallen und verkieseltes Holz. Ungemein reich sind diese Ab- lagerungen an Resten von Fischen und von Meeressäugetieren, ich verweise hier auf die glänzende Bearbeitung diese Materials durch PRoBsT. Darüber folgen die sogenannten Gesimssande. In den unteren Lagen ist das Material noch etwas grobkörniger, gegen oben wird es feinkörniger und stark tonıg. Der Glaukonit, der sich in den Meeressanden reichlich findet, tritt allmählich zurück und durch die beigemengte tonige Substanz geht die Farbe in braune Töne über. Der Sand hat einen gewissen Grad von Konsistenz durch eingelagerte etwas verhärtete Schichten, die regelmäßig stockwerkartig in 10 cm Entfernung voneinander durchziehen. Diese Schichten sind an sich wenig hart und deutlich plattig. In längeren Zügen laufen sie hori- zontal fort, und darauf wie auf der Härte durch Verkittung beruht ihre Wirkung auf die Konsistenz der Sande. Der Einfluß der Ver- witterung äußert sich nun so, daß der lockere Sand teilweise heraus- rieselt, und dann stehen die einzelnen härteren Lagen gesimsartig hervor. Rutschungen sind sehr selten, weil die Lager horizontal fort- ziehen. An manchen Stellen zeigen diese Gesimssande Kreuzschicht- ung und zuweilen erinnern sie direkt an Dünenbildung. An der Grenze gegen die obere Süßwassermolasse verlieren sie häufig ihre — 297° — Schichtung. Sie sind fast völlig petrefaktenleer; auch die Mikro- organismen, welche sich im Muschelsandstein noch in großer Zahl finden, treten völlig zurück. In den unteren Lagen finden sich noch einzelne Foraminiferen, oben fehlen sie dagegen ganz. Die Gesimssande können bis zu 15 m mächtig werden. Die Lagerung und die Ausbildungsweise weisen darauf hin, das sie eine küsten- nahe Bildung des sich zurückziehenden Molassemeeres darstellen, ebenso wie der sie unterlagernde Muschelsandstein. In der Gliederung der marinen Molasse wird es sich wohl emp- fehlen, nur zwei Haupthorizonte zu unterscheiden, den unteren, die Corbula-Schichten, und den oberen mit Muschelsandstein und Gesims- sanden. Vielleicht ist es auch ratsam zur Unterscheidung dieser Muschelsandsteinschicht, sie als Baltringer Muschelsandstein ' (bezw: schwäbischen Muschelsandstein) zu bezeichnen. Diese beiden Horizonte sind insofern von Wichtigkeit, als sıe zwei Phasen des Molassemeeres darstellen, und wir können auch zwei Küstenlinien in der Gegend verfolgen. Die erstere verläuft von Seekirch über Willenhofen, Ingerkingen bis Schemmerberg. Von hier an ist sie nicht mehr zu beobachten, und auf der rechten Seite der Riß treten die marinen Bildungen nicht mehr zutage. Die andere erstreckt sich von Wolpertshofen, Mietingen, Bal- tringen, Hessenbühl, und ist eine typische Strandbildung, wie schon oben näher ausgeführt. Mit E. Fraas bin ich der Ansicht, daß diese Uferzone eine Rückzugsphase des Molassemeeres darstellt, während die marinen Bildungen der Alb der am weitesten vorge- schobenen Transgression des Molassemeeres entsprechen. Die Aus- bildung der Corbula-Schichten, speziell das vorwiegende Auftreten feiner Sande und Mergel und die ganze Art der Lagerung derselben weist darauf hin, daß wir es nur als „Faziesbildung“ der marinen Scheli-Ablagerungen am Albrand, also des Turitellenkalkes und der Muschelsandsteine der Alb zu betrachten haben. In seiner Arbeit über das Molassemeer bringt Mirzer” die Bil- dung der Ablagerung der Graupensande zwischen Allmendingen und Ulm in Zusammenhang mit der Ablagerung der Muschelsandstein- ! Schon OÖ. Fraas und BacH haben darauf hingewiesen, daß die marinen Tertiärschichten am Albrand ‘älter sind als der Baltringer Muschelsandstein. Ebenso bemerkt Rorrırr, der Muschelsandsteinzug von Überlingen—Baltringen hat nördlich der Donau keine Ausläufer, noch Erosionsetzen aufzuweisen. * K. Mıtrer, Das Molassemeer in der Bodenseegegend. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensee’s und seiner Umgebung. Heft VII. Lindau 1876. Er EOE schichten. Im nördlichen Teil — wohl in der Gegend zwischen Laupheim und Günzburg — wurde der Wall, welcher durch die Hebung der Bryozoenschichten vor der Bildung des Muschelsand- steins erzeugt wurde und wodurch sich jenseits dieses Walles zwischen dem Jura und den Bryozoensanden eine Zone der Ver- tiefung, welche sich von Schaffhausen bis in die Gegend von Ulm erstreckte, bildete, von dem Molassemeere durchbrochen — und in wildem Strom wurde die Vertiefung von den Meeressanden ausgefüllt. Zeuge dafür sind die Graupensande zwischen Ulm und Allmendingen, welche in ihrem Material mit dem des Baltringer Muschelsandsteins völlig übereinstimmen. Letztere Beobachtung MiırLer’s ist meiner Ansicht nach insofern zutreffend, als zwischen dem Sandmaterial, das sich in den schwäbischen Molasseschichten findet, überall große Übereinstimmung herrscht; jedoch zwischen dem Material der be- sagten Bildungen besteht ein großer Unterschied vor allem in fauni- stischer Hinsicht. Der Muschelsandstein ist ungemein reich an Schalen- fragmenten von Konchylien, er enthält eine ungemeine Fülle von Zahnresten und reichlich Mikroorganismen. Im Gegensatz dazu sind die Graupensande fast völlig petrefaktenleer, außerdem finden sich in ihnen meist nur wenige Glaukonitkörner, während der Muschel- sandstein sehr reichlich Glaukonit enthält. So wird man die Graupen- sande nach E. Fraas am besten als Rückzugssande des ablaufenden Meeres betrachten. Leuze betrachtet diese Bildungen als Sandanhäu- fungen, wie sie auch in heutigen Meeren, etwa in der Nordsee, als sterile Sandbänke die Küste in einer bestimmten Entfernung begleiten. Auffällig wäre dann aber das Fehlen jeglicher kalkiger Verkittung, wo doch am Albrande das Meerwasser ziemlich kalkhaltig sein mußte; andererseits weist die Umkrustung der einzelnen Mineralien mit Eisenhydroxydhäutchen zugleich auf terrestre Einflüsse d. h. mehr auf eine Strandbildung hin. 2, Vehsenhausen. Bei der Tiefbohrung von ÖOchsenhausen, das etwa 15 km südlich von Äpfingen liegt, stieß man in 259 m Tiefe auf Meeres- molasse. Leider fehlt unter den Bohrproben das Material des Grenz- horizonts. Die letzte Bohrprobe aus der oberen Süßwassermolasse, die mir zur Beobachtung zur Verfügung stand, stammt von 255,4 bis 257,7 m Tiefe, und ist ziemlich kalkiger Scheckenmergel. Nach Mirter ist in 259 m Tiefe wahrscheinlich der Beginn der Meeres- molasse. 29 ° — 261,7—268,49 feinkörniger glaukonitischer Sandstein, sehr stark mergelig. 268,49— 272,12 feiner grüngrauer, stark toniger Sandschlick. 275,38— 276,8 grobkörniger Sand, bestehend vorwiegend aus durchsichtigen und grün und rötlich gefärbten Quarz- körnern, etwas Glaukonit, Feldspat, kleineren Schwefel- kiesknollen, zersetztem Glimmer, Granat, Staurolith und Eisenerz. Fragmente von Austern und Jecten-Schalen. Stücke von Haifischzähnen, Sparoiden und Rochen, Zähne von Cyprinoiden. Foraminiferen, Fotalina, .Discorbina und Anomalina. 276,5— 289,2 blaugrüner feinkörniger Schlick. 289,2—-289,3 Molassesandstein von 0,1 m Dicke mit Schalen- fragmenten von Austern und Üardien. 289,3 — 295,8 sehr feinkörniger graugrüner sandiger Schlick. 296— 297,15 Molassesandstein mit Schalenresten. 299—-465,7 sehr feinkörniger blau-graugrüner sandiger Schlick. Bei der Bohrung blieb die ganze Strecke unverrohrt; ein Hin- weis darauf, daß diese Schichten mehr eine Art feinkörnigen Sandsteins darstellen. Die Masse ist stark kalkhaltig und sehr reich an Ton. Der mineralische Anteil setzt sich zusammen aus Quarz, Feldspat, Glaukonit (seltener) Caleitkörner und Glimmer: dazu kommen vereinzelte Schalenfragmente. An Schwergemengteilen fanden sich Rutil, Granat, Turmalin, Staurolith, Epidot, Cyanit und Eisenerzkörnchen. Auch finden sich stets die schon erwähnten mikro- skopisch kleinen Kügelchen von SiO,. An organischen Einschlüssen beobachtete ich nur Foraminiferenschalen, die aber wegen ihrer Klein- heit kaum zu isolieren sind. Von 465,7 m an folgen rote Schecken- mergel, welche den Beginn der unteren Süßwassermolasse anzeigen. Auffallend ist das Auftreten von feinem sandigen Schlick sofort an der Grenze von unterer Süßwassermolasse und Meeresmolasse, er weist auf eine Ablagerung in ruhiger See hin. MitLLER vermutet, daß dieser feine Sandstein ein Äquivalent zum Rorschacher Sand- stein darstellt, und in der Tat ist die Ausbildung und Ablagerung ganz dieselbe. Ich gebe zum Vergleich das von ScHALcH und GUTZ- WILLER aufgestellte Profil der Meeresmolasse in der Gegend von Rorschach: Etwa 111 m teils massige, teils plattige Sandsteine und blau- graue tonige Schiefermergel (St. Galler Schichten). Eine 3—5 m mächtige Bank, sogen. Seelaffe (Muschelsand- — 3500 — stein), ein äußerst hartes, grobkörniges Trümmergestein, da und dort mit Nagelfluhgeröllen, reich an Cardien und Austernschalen. Ein Komplex fossilleerer sogen. Rorschacher Sandsteine, ca. 130 m mächtig. Sehr feinkörnig. Er besteht fast vorwiegend aus Quarz, ziemlich zurück tritt Glaukonit in Form von Körnern oder unregelmäßig begrenzten Ge- bilden, meist als Bindemittel. Reichlich vorhanden ist Calcit, zumeist als Fragmente von Organismenschalen von Foraminiferen, Seeigeln und vereinzelte Bryozoen, seltener als Individuen mit lamellarer Ausbildung. Nur vereinzelt findet sich stark verwitterter Orthoklas, Mus- kovit und Biotit. Das Bindemittel besteht vorwiegend aus Kalk, daneben Glaukonit und Kieselsäure. Eine kaum 1m mächtige, Fossilien führende, muschelsand- steinartige, nach Westen hin sich auskeilende Molasse- schicht. An der Basis eine mehrere Meter mächtige Nagelfluhschicht. Untere Süßwassermolasse. Die Ochsenhauser Bohrproben zeigen von der unteren Grenze der Meeresmolasse an einen 167 m mächtigen, feinkörnigen, gleich- mäßig entwickelten Sandstein, erst dann tritt eine Änderung in der Sedimentation ein. Wechselweise folgen nun die letzten 40 m der im ganzen 207 m mächtigen marinen Bildung, grob- und feinkörnige Sandsteine und Mergelschichten. Diese Art der Ausbildung legt nahe, daß diese letzte Bildung 'als Äquivalent zu dem „Baltringer Muschelsandstein“ bezw. als eine Faziesbildung desselben zu be- trachten ist, während sich für den 167 m mächtigen Sandstein auf Grund der Lagerung eine Parallelisierung mit den (orbula-Schichten von Schemmerberg ergibt. Ein genauer Beweis hierfür ist natürlich wegen des Fehlens von Fossilien und der verschiedenen Ausbildung nicht zu erbringen. Wichtig sind diese Beobachtungen insoforn, als wir damit. den Rorschacher Sandstein als Äquivalent zu den Muschel- sandsteinen der Alb zu betrachten haben; wir haben also eine zu- nehmende Mächtigkeit der Ablagerung im ersten Stadium des Mo- lassemeeres, das mit der Transgression an den Albrand seine größte Ausdehnung erreicht, gegen Süden zu bemerken. Dieses Verhältnis der Ausbildung der marinen Ablagerungen am Albrand zu dem des Rorschacher Sandsteins legt die Vermutung nahe, daß, worauf auch die Lagerung hinweist, der Baltringer Muschelsandstein als Äqui- —...WÜE — valent zu den sogen. St. Galler Schichten zu betrachten wäre, wobei die Seelaffe wohl auch noch zu dieser Bildung zu rechnen ist. Faunistisch lassen sich hier, da wir es doch stets mit Faziesbil- dungen dieser Meere zu tun haben, keine genauen Beweise erbringen, doch zeigen die St. Galler Schichten in der Fauna eine große Ver- wandtschaft mit der von Baltringen. Meine Beobachtungen in der Gegend von Saulgau und Pfullen- dorf ergaben, daß sich die feinsandigen und mergeligen Schichten von Schemmerberg mit dem Corbulä gibba-Horizont auch hier ver- folgen lassen. Als wichtiger Fossilhorizont hierin wohl dem Corbula gebba-Horizont entsprechend sind die nur lokal auftretenden Bryozoen- sande von Ursendorf aufzufassen. Darüber folgt der Horizont des „Baltringer Muschelsandsteins“! mit seinen Begleitsanden und den sie überlagernden „Gesimssanden“ in ganz derselben Ausbildung wie in der Biberacher Gegend. Auch hier finden sich in diesem Horizont zahlreich Gerölle eingelagert. Durch die Untersuchung der badischen Geologen ScHiLL, WÜRTTEMBERGER, SCHALCH, GUTMANN und SCHMIEDLE ist die Lagerung der Schichten der badischen tertiären Meeresmolasse klargelegt. SCHALCH gliedert dieselben wie folgt: c) Geröllstufe.. Der obere Muschelsandstein oder massige . Sande, darunter Sande mit Geröllen, 0,2—5 m mächtig. b) Die Sandschieferstufe. Glimmerreiche Sandmergelschicht, dünnbankig, mit dünnen Mergelschichten, oft mit einigen größeren Sandbänken, 30—40 m mächtig. a) Die Heidenlöcherschichten. Massige Sande und Sand- steine, oft ohne Schichtung 40—50 m mächtig, mit dem Horizont der Corbula gıbba. Für die Bildung der oberschwäbisch-badischen Meeresmolasse ergibt sich hieraus ein ganz analoger Aufbau ihrer Schichten. Die Geröllstufe entspricht dem Baltringer Muschelsandsteinhorizont, wäh- rend die Sandschieferstufe und die Heidenlöcherschichten mit dem Komplex feinsandiger und mergeliger Schichten bei Langenschem- mern und den Bryozoensanden von Ursendorf zu parallelisieren sind. Und in bezug auf die weitesten nördlich gelegenen Ablagerungen von miocäner mariner Molasse kommt Leuze zu dem Schlusse: „Nachdem die marine Tertiärstelle am Albrand bei Immen- hausen bekannt geworden ist, können zwischen den marinen Ab- ! RoLLIER betrachtet in seiner neuesten Arbeit die Bryozoensande als jüngere Bildung als der Baltringer Muschelsandstein. lagerungen des Westens und dem Marin der Ulmer Schichten direkt Vergleiche angestellt werden. Nach der Sachlage verhält sich das Marin von Immenhausen zur Erminger Turritellenplatte wie die Citharellenkalke des Randen zum Grobkalk des Typs Thengen, so dab alle diese Ablagerungen zusammen in das Niveau der Grunder Schichten gestellt werden müssen.“ So ergibt sich denn für die Parallelisierung der marinen Mo- lasse im schwäbischen Tertiärgebiet im Gegensatz zu der MILLER- schen Annahme, daß die Bildungen des Molassemeeres in fünf Phasen vor sich gegangen sei, folgende Gliederung: ( Grobe Molasse und Muschelsandstein von Baltringen, Oberes | Sießen, Pfullendorf, Geröllstufe ScuatcH’s (Muschel- Helvetien | sandstein von Stockach, Kargegg, Überlingen). St. Galler Schichten (Seelaffe?). a bei Harthausen, MEN Grob- kalk vom Typ Thengen. Muschelsandsteine der Alb, Ermingen, Turritellenplatte. Bryozoensande von Ursendorf. Corbula-Schichten von Schemmerberg. Heidenlöcherschichten u. Sandsteinschieferstufe (ScHALCH) ( (Ochsenhausen), Rorschacher Sandstein. Unteres Helvetien Zusammensetzung der Sande im allgemeinen. 1. Mineral-Anteil. In der Zusammensetzung der Sande weisen die Schichten der Meeresmolasse in Oberschwaben eine ungemeine Einförmigkeit auf, denn die Mineralien, welche sie zusammensetzen, sind stets dieselben. Am häufigsten vertreten ist der Quarz, welcher fast durchweg min- destens ein Drittel der Mineralbestandteile der Sande ausmacht, und je grobkörniger das Sandmaterial ist, desto mehr überwiegt sein Anteil (bis zu 80 und 90 °/o). Er findet sich in zumeist auffällig eckig splittrigen, seltener abgerundeten Körnchen, die vorwiegend farblos, häufig aber auch grün und rötlich gefärbt sind. Manche Quarzkörner bestehen aus fast ideal reinem Quarz, welcher zwischen gekreuzten Nicols einheitlich auslöscht, so daß jedes Korn aus einem Kristallindividuum besteht. Sehr häufig sind Quarzfragmente, welche undulöse Auslöschung zeigen, teilweise bestehen sie aus einem Mosaik von abwechselnd auslöschenden Quarzindividuen, oder zeigen zahn- artige Verwachsungserscheinungen. Andere Körner zeigen die charak- -— 3803 — teristischen Schnüre von Gasporen und Libellen mit Flüssigkeitsein- schlüssen, und wieder andere enthalten Einschlüsse von Mikrolithen, wie Zirkon, Rutil und Chlorit. Diese Körner weisen auf ihre Ab- stammung von Tiefengesteinen, Granit und Eruptivgneis einerseits, andererseits von metamorphen Gesteinen wie kristallinen Schiefer hin. Seltener finden sich Porphyrquarze mit den typischen Grund- masse -Einschlüssen. Gelegentlich treten auch Bruchstücke por- phyrischer Grundmasse auf; einige Fragmente zeigten auch grano- phyrische Verwachsung von Quarz und Feldspat. Nehen den eigentlichen Quarzen kommen auch ziemlich viele Körner von dichtkristallinen Quarzen vor, wie: Kieselschiefer, Horn- stein, Jaspis und CUhalcedon. Durch ihre Farbe braun, rot, gelb, grau und schwarz fallen sie sehr stark auf; so hält man leicht schwarze Hornsteinfragmente für Fischzähne. Die Körner sind fast durchweg sehr scharfkantig und meist nur schwach abgerundet, sofern sie überhaupt Spuren von Rollung zeigen. Nur in den gröberen Sanden treten sie stärker hervor, hier finden sich dann auch meist größere Hornsteingerölle.. Im Dünnschliff erweisen sie sich als mikrokristal- line Kieselsubstanz mit mehr oder weniger intensiver Bestäubung durch ein rotes, gelbes etc. Pigment. Die bunte Färbung dieser Hornsteine ist natürlich auf verschiedene Oxydationsstufen von Eisen- verbindungen zurückzuführen. Mitunter zeigen sie auch faserige Struktur, und vereinzelt finden sich in der quarzitischen Grund- masse verkieselte Radiolarien. Die einzelnen Körner sind häufig von Ton und Eisenhydroxyd- häutehen umgeben, oder aber sind sie von calcitischer und glau- konitischer Substanz umkrustet. Sehr viele Quarzkörner haben durch in die feinsten Risse und Spalten eingedrungene Glaukonitsubstanz einen grünen Farbton erhalten. In verschiedenen Sandsteinen tritt auch sekundäre Kieselsubstanz als Bindemittel auf und bildet rege- nerierte Quarze. Die Feldspäte treten an Menge den Quarzen gegenüber sehr stark zurück. Während der Mikroklin auffallend gut erhalten ist, ıst der Plagioklas und besonders der Orthoklas stets mehr oder weniger stark verändert oder auch bis zur Unkenntlichkeit zertört. Die Plagioklaskörner, durch ihre Zwillingsbildung auffallend, finden sich reichlich. Selten dagegen sind die Mikroklinkörner, welche sehr schön die charakteristische Gitterstruktur zeigen. Am häufigsten vertreten ist der Orthoklas, der fast durchweg stark angewittert er- scheint und zum Teil Verglimmerung und Epidotisierung zeigt, die a Orthoklaskörner werden stark trüb; mitunter zeigen sie auch einen Zerfall in ein Aggregat einzelner Schüppchen. Ebenso auffällig ist im Verhältnis zu der Zusammensetzung der Süßwassersande das ungemein starke Zurücktreten der Mine- ralien der Glimmergruppe. Auch der Glimmer ist meist sehr stark zersetzt, verliert jegliche Lichtbrechungserscheinung, nimmt einen erdigen Anstrich an, und ist nur an seiner Form erkennbar. Viele Körner sind auch mehr oder weniger stark chloritisiert. Nicht sehr häufig ist der Muskovit, der ebenfalls starke Trübung aufweist. Sein Zrarücktreten ist besonders bemerkenswert, da in manchen Sanden der oberen Süßwassermolasse Muskovit bisweilen in größerer Menge als Quarz vorkommt, und er in diesen Ablagerungen noch sehr schön erhalten ist. Der Biotit ıst deutlich erkennbar, wenn auch entfärbt und zersetzt; er zeigt unter gekreuzten Nicols die typischen lavendelblauen Verwitterungsfarben. Er bildet oft deutlich blätterige Kristalle bezw. Bruchstücke dieser. Die Schwergemengteile treten zumeist, besonders in den gröberen Sanden, sehr stark zurück. Sie sind stets ziemlich klein und zeigen äußerst geringe Abnutzung im Wasser. Am reichlichsten vertreten ist Granat in blaßroten, seltener fast ganz farblosen Körnern, die meist stark abgerundet sind; nur selten sind einzelne Flächen zu beobachten. Vereinzelt finden sich Fragmente von Melanit. Neben der gewöhnlich dunkelgrünen und braunen faserigen Hornblende findet sich indigoblauer Glaukophan. Die Pyroxenkörner sind fast ausschließlich dunkelgrüner gemeiner Augit. Der Turmalin ist in runden und länglichen Körnchen von schwarzer und brauner Farbe vorhanden; er ist meist rein, seltener treten Zirkonsäulchen und Rutilnädelchen als Einschlüsse auf. Der Zirkon bildet säulenförmige Körner, von welchen einzelne Stücke Rutilnädelchen und Apatit ein- schließen. Staurolith findet sich in Form von abgerundeten Körnern, mehr noch als ziemlich scharfeckige Fragmente, Rutil in abgerollten Säulchen, Epidot als Körner von gelbgrüner Farbe und außerdem Cyanit. Spärlich vertreten ist Magneteisen und Titaneisen in rund- lichen Körnchen. Neben den Fragmenten von Muschelschalen und Gehäusen kleiner Seetiere, wie Foraminiferen, findet sich Calcit ın Form von farblosen Körnern, die in Salzsäure lebhaft brausen. Im Dünnschliff kennzeichnen sich diese Körner von den neugebildeten durch die typische polysynthetische Zwillingsstreifung und durch äußerst starke Doppelbrechung, infolge der die dünnsten Spaltungslamellen noch — 305 — das Weiß höherer Ordnung zeigen. Außerdem kommt Caleit als Bindemittel vor; einzelne härtere Bänke sind durch CaCO, verkittet, und auch in den gewöhnlichen Sanden ist stets etwas Kalk vor- handen, der ihnen eine gewisse Standfestigkeit verleiht. Das kalkige Bindemittel besteht aus reinem bezw. schwach magnesia- und eisenhaltigem Kalk; dieser bildet ein feinkörnig- kristallines Zement, mitunter getrübt durch tonige Beimengungen. Gelegentlich finden sich in einzelnen Sandsteinen pseudoolithische Gebilde von feinkömig-zelliger Struktur; jedoch bleiben sie ziemlich klein. Sie stellen mehr oder weniger rundliche Zusammenballungen von Kalkschlamm ohne jede weitere Differenzierung dar. In den feinkörnigen Sandsteinen wie im Rorschacher Sandstein fehlen diese Gebilde, bezw. kommen sie wegen ihrer Kleinheit kaum zum Ausdruck. Die bunte Zusammensetzung der allothigenen Mineralien ebenso wie die Ausbildung der Quarzkörner weisen darauf hin, daß die Sande einerseits Zersetzungsprodukte kristalliner Gesteine darstellen, andererseits weisen die hochkristallinen Caleit- und Hornsteinfrag- mente auf ihre Abstammung von alpinen Kalken und Hornsteinen hin. Schließlich beteiligen sich am Aufbau der Sande auch Bruch- stücke von Gesteinen von winziger Dimension bis zur Kopfgröße. Da die Molassesande die feinsten Zerreibungsprodukte dieser Gerölle darstellen, so haben sie denselben Ursprung wie diese, und so er- ledigt sich mit der Untersuchung der Gerölle auch die Frage der Abstammung dieses Materials. An authigenen Mineralien finden sich in den marinen Molasse- sanden Schwefeleisen und Glaukonit. Ersteres tritt anscheinend vorwiegend in der von Doss als Melnikowit bezeichneten Modifikation auf. In mikroskopischer Kleinheit findet er sich in Form von kleinen schwarzen undurchsichtigen rundlichen Körnchen, wie dies fast in jedem Dünnschliff durch einen Molassesandstein zu beobachten ist. Ebenso in den blauen Mergeln, hier in meist feiner diffuser Verteilung, und bedingt so deren blaue Färbung. Häufig finden sich Quarzkörner, In deren feinste Spalten Melnikowitsubstanz eingedrungen ist, und die da- durch grau bis schwärzlich gefärbt erscheinen. Gelegentlich bildet er auch eine Kruste über einzelne Mineralien und Fragmente von Muschel- schalen, in deren feinste Poren er eindringt. Einzelne Kammern von Foraminiferen sind ebenfalls zuweilen mit Melnikowitsubstanz erfüllt. Verhältnismäßig selten ist Pyrit, der sich vorwiegend in größeren ! In den marinen Sanden werden vielfach unvermauerte Keller angelegt, während dies in den schüttigen Süßwassersanden unmöglich ist. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 20 — 306 — unregelmäßigen Klumpen vorfindet. Doss hat den Nachweis eı- bracht, daß der Melnikowit ein kolloidal gebildetes Schwefeleisen darstellt, und auf diese Weise erklärt sich auch das verschiedenartige Auftreten desselben in unseren Ablagerungen. Im Verlauf seiner Untersuchung über Schwefeleisen kommt er zu dem Schluß, daß der Melnikowit nur eine labile Form darstelle und sich in Pyrit um- wandeln könne. Jedoch den Beweis der Umbildung hat er nicht erbracht. Gerade das innige Vorkommen von Melnikowit und Pyrit, wie man es häufig ın Kalksteinen beobachtet, kann meines Erachtens ebensowohl eine rein mechanische Vermengung beider Substanzen darstellen, wie dies ja auch für Pyrit und Markasit angenommen wird. Doss selbst bemerkt, daß er es auffallend finde, daß in manchen Kalken und Tonen keine Umwandlung eintrete und der Melnikowit erhalten bleibe. Der Glaukonit erscheint meist in Körneın von grünlicher Farbe und bildet rundliche, kugelig bis ellipsoidische, zum Teil halbmond-, bohnen- und walzenförmige Gebilde. Häufig zeigen sie auch unregel- mäßig traubenförmige oder brombeerartig zusammengeballte Form mit vielfach zerlapptem und zerrissenem Rande. Bei Behandeln mit verdünnter HCl treten die Nähte zwischen den einzelnen Körnchen solcher zusammengeballter Klümpchen stärker hervor und zeigen deutlich, daß diese durch Verwachsung mehrerer kleiner Körnchen entstanden sind. Seltener finden sich homogene Körner von unregel- mäßigen Umrissen. An der Oberfläche sind sie meist glatt, selten zeigen sich Spuren einer netzartigen Zeichnung oder warzehförmige Erhöhungen. In der Farbe schwanken sie von schwachem Hellgrün bis zum intensivsten Dunkelgrün; vereinzelt zeigen auch manche Körner eine braunrote Farbe, wohl infolge von Zersetzungserschei- nungen. Im Dünnschliff erweisen sie sich meist als einheitliche Masse, seltener zeigen sie eine granulierte Struktur (abwechselnd hellere und dunklere Flecke). Unter gekreuzten Nicols zeigen sie Aggregatpolarisation und einen meist nur schwach wahrnehmbaren Pleochroismus von graugrün— dunkelgrün. Nur an einzelnen wenigen Körnern ist eine Differenzierung in Form eines schwach radialfaserigen Randes mit deutlichem Pleochroismus zu beobachten. Die Zersetzung äußert sich durch das Auftreten roter Flecken in den Randpartien und schreitet unregelmäßig in das Innere fort. Der Glaukonit be- sitzt eine schwache, jedoch deutlich wahrnehmbare Doppelbrechung. Die Glaukonitkörner sind nicht rein, sondern enthalten Einschlüsse von Foraminiferenschalen und Schalenreste von Organismen einerseits, - — 307 — andererseits von Mineralien. Ich beobachtete Quarz, Feldspat, Calcit. Pyrit, Melnikowit, Mikrolithen und braune tonige Körnchen. Nach CoLLEr und Lee können alle mineralischen Bestandteile des Sediments als Einschlüsse auftreten. Das spez. Gewicht schwankt von 2,4—2,8. Dieses wurde nach der Schwebmethode in schwerer Lösung (Bromoform) festgestellt. Weniger von Belang sind hier die zahlreichen Einschlüsse als die Zusammensetzung der Körner selber; die helleren Körner fallen bei niederem Gewicht, während die dunkelgrünen erst bei höherem spez. Gewicht niederfallen. Im allgemeinen sind die Körner klein in den feineren Sanden und schlickartigen Mergeln, größere Körner finden sich in den gröberen Ablagerungen. Selten sind sie jedoch größer als 1 mm im Durchmesser. Wegen ihrer eigentümlichen Form erinnern die Glaukonitkörner oft an Foraminiferensteinkerne. EHRENBERG hat sich erstmals ein- gehend mit dem Studium des Glaukonits beschäftigt und hat diese Körner als Ausfüllungsmassen von Foraminiferen beschrieben. Auch MitLer hat die in diesen Schichten vorkommenden Glaukonitkörner schlechtweg als solche erklärt und eine Anzahl derartiger Fora- miniferensteinkerne beschrieben und abgebildet. Gegen diese Auf- fassung wendeten sich bereits ScuaLch und auch GüsxseL, welchem ScHArcH das Material vorlegte. Ich habe aus den Sanden nahezu 500 Foraminiferen isoliert, und unter diesen fanden sich kaum 40 Stück, bei denen einzelne oder mehrere Kammern mit glaukonitischer Masse erfüllt waren, und nur etwa 5 Stück waren mit dieser Substanz so erfüllt, daß sich förm- liche Steinkerne von Glaukonit bildeten, jedoch waren die Schalen stets erhalten. Nach Murray und Renarps bilden sich die freien Glaukonitkörner durch Sprengung der Foraminiferenschale und durch Weiterwachsen der Glaukonitsubstanz. Die übrigen Foraminiferen aren entweder leer, oder aber bei der Mehrzahl waren die einzelnen ammern mit einer schwarzbraunen, ganz oder nahezu undurchsich- tigen brauneisenartigen Substanz erfüllt; einige Male konnte ich beobachten, daß die eine Kammer mit Glaukonit und die andere it dieser braunen Masse ausgekleidet war. Bezeichnend ist nun aber, daß sich in den marinen Sanden Oberschwabens etwa 10—25 % laukonitkörner finden, und dagegen machen die Foraminiferenschalen kaum ein Prozent des Sedimentes aus. Wollte man nun an der Annahme der Bildung dieser Körner als Foraminiferensteinkerne festhalten, so bliebe nur übrig, sie ebenfalls 20* EI = als eingeschwemmt zu betrachten, wie dies übrigens in älteren Ar- beiten über die Molasseschichten teilweise angenommen wird. So. bezeichnet sie Rünt als Flyschkügelchen!'. Demgegenüber steht aber das Vorkommen von glaukonitischer Substanz als feine Kruste über: Schalenfragmente und Mineralien und als Pigment. CorLer und LEE betrachten dieses Vorkommen zwar als sekundäre Bildung und nennen diese Modifikation „Glauconie &pigenique“. Sie nehmen an, daß durch: Aufarbeitung des Grundes die Glaukonitkörner zerrieben wurden: und sich so feines Pigment gebildet habe. Jedoch läßt sich diese: Anschauung, wie ich an einer großen Zahl von Präparaten von glau- konitischen Gesteinen beobachtete, nicht halten. Um ganz sicher zu gehen, isolierte ich solche Körner, die durch ihr Aussehen an Steinkerne erinnerten, und ließ von ihnen ein Dünn-- schliffpräparat anfertigen; sie zeigten sich aber aus ganz einheitlicher: Substanz zusammengesetzt, ohne jede Differenzierung, und unter-- schieden sich nicht von den übrigen Körnern. Hätten wir es aber: mit Foraminiferensteinkernen zu tun, so müßten wenigstens bei den zusammengesetzten Formen (einzelne Körner können gelegentlich wohl als Ausfüllungsmassen einzelner Kammern entstanden sein)! noch Spuren der inneren Kammerwände, die Andeutung der Kam- merung und Reste von Embryonalkammern vorhanden sein. Und es erscheint doch wenig wahrscheinlich, daß bei der größeren Zahl der in einem und demselben Gestein enthaltenen Foraminiferen die: Schalen durchweg der Zerstörung anheimfielen, während sie bei einigen sich mehr oder weniger intakt erhielten, und von diesen nur verhältnismäßig wenige Glaukonit enthalten. Ein ähnliches Bild nur noch in die Augen fallender bieten die glaukonitischen Sand- steine vom Kressenberg. Wie schon erwähnt, erscheint der Glaukonit auch sehr häufig als dünne Kruste auf der Oberfläche von Konchyliensteinkernen, Austernschalen, Foraminiferenschalen etc. Ebenso umkrustet er ein- zelne Mineralfragmente und tritt in den Sandsteinen als fein zer- teiltes Bindemittel auf. Sehr häufig sind die feinsten Spalten und] Risse des Quarzes mit feiner Glaukonitsubstanz erfüllt. Es sind jaf größtenteils aus kristallinen Gesteinen stammende Quarzfragmente, die daher von feinsten Rissen und Spalten durchzogen sind, undf die durch die eingedrungene glaukonitische Masse eine grünlichef‘ I Gegen diese Auffassung spricht schon das Fehlen des Glaukonits in dem Material der oberen und unteren Süßwasserschichten. Und bei seiner geringen Härte wäre er bei dem Transport zweifellos zerrieben worden. ZEN. Färbung zeigen. Der gleiche Vorgang ist auch an Feldspatkristallen zu beobachten. Der Glaukonit folgt hier den Spaltrissen derselben, sei es durch eine Anzahl mehr oder weniger nahe aneinander ge- lagerter Pünktchen, sei es durch parallele Züge. Ähnliches konnte ich auch bei einigen Glimmerkristallen beobachten. Gar mannigfaltig und häufig sind Verwachsungserscheinungen von Caleit und Glau- konit. Meist findet er sich in unregelmäßigen Flecken in größerer und kleinerer Menge in calcitische Grundmasse eingelagert; nur . selten bildet er Pseudomorphosen nach Caleit. Öfters ist er noch in Form von kleinen Kügelchen, die meist auf einer Fläche mit ge- ringer Ausdehnung in großer Zahl ausgebreitet sind, vorhanden; CAyEux nennt diese Form „Glauconie globulaire“. Mitunter dringt die glaukonitische Substanz auch in die Poren der Organismenschalen ein und bildet so das Versteinerungsmittel. Eingehende Studien über das Auftreten des Glaukonits und sein chemisches optisches Ver- halten, deren Ergebnisse ich demnächst in einer monographischen Studie veröffentlichen werde, haben mich zu der Annahme geführt, daß der Glaukonit zunächst in kolloidaler Form zur Abscheidung gelangte. Das Vorkommen des Glaukonits ist nur auf marine Ablage- rungen beschränkt, und so ist dieser gewissermaßen ein „Leitfossil“ für marine Bildungen. In unseren Ablagerungen bedingt er die grün- liche Farbe der marinen Molassesande. Auf Grund der Unter- suchung der minerogenen Komponenten der modernen glaukonitischen Ablagerungen hat sich ergeben, daß der Kalıfeldspat und Kaliglimmer bei der Zersetzung das zur Glaukonitbildung nötige Kalium liefern, es wurde beobachtet, das beide Mineralien nicht allzu häufig, und dann meist stark zersetzt, unter Einwirkung der chemischen Agentien im Meerwasser vorkommen. CavEux hat in den „Tuffeaux und Gaizes“ des Pariser Beckens ganz entsprechende Beobachtungen gemacht, und ganz dasselbe Bild bieten auch die von mir untersuchten Sedimente der marinen Molasse Oberschwabens. Daß vorwiegend Muscovit zersetzt wurde, beweist sein geringes Auftreten in den Muschelsanden, während er in den Ablagerungen der oberen und unteren Süßwasser- molasse in so großer Menge auftritt, und wohl anzunehmen ist, daß während der ganzen Zeit der Molasseablagerungen im großen ganzen so ziemlich dasselbe Material eingeschwemmt wurde, wie auch die übrigen mineralischen Komponenten zeigen. Das Auftreten des Glaukonits und des Schwefeleisens wie der ganze Habitus der Ablagerungen der marinen Molasse Oberschwabens ui 4 weist darauf hin, daß sie den rezenten Blauschlickbildungen ent- sprechen dürften und terrigene Ablagerungen darstellen. Ungemein reichlich ist tonige Substanz vorhanden. Wohl ist anzunehmen, daß der größte Teil bereits auf dem Kontinent ge- bildet wurde, doch stellt ein Teil sicherlich marine Neubildung dar und ist als Zersetzungsprodukt von Aluminiumsilikaten zu betrachten. Zum Teil ist die schlammige Substanz auch als Produkt der gegen- seitigen Abreibung der Gesteine im Wasser zu betrachten, wie dies ja aus Dausk£r’s Experimenten hervorgeht. | Fast in allen Sanden der Meeresmolasse sowohl als auch in den Sanden der oberen und unteren Süßwassermolasse finden sich. eisenreiche Kernkonkretionen. Besonders auffallend in dieser Hin- sicht sind die feinen Sande, welche bei Mietingen den Muschel- sandstein unterlagern. Die dortigen Sande sind förmlich gespickt mit diesen Gebilden von kugeliger und ellipsoidischer Form von konstanter Dimension I—1!/ge em Durchmesser. Seltener trifft man größere unregelmäßig gebildete Knollen (bis zu Walnußgröße), welche. mitunter bizarre Ausbildung zeigen. Im Innern der Konkretion findet sich ein bald eisenarmer bald etwas eisenreicher Sandkern, darauf folgt eine etwas schmälere Zone von rotem oder braunem, in der Regel ziemlich festem Sand; schließlich eine meist ziemlich dicke, seltener dünnschalige Hülle von einigen Millimeter Durchmesser, ın der das Eisen stark angereichert ist. Das Eisen tritt als Eisenoxyd vom ÜÖharakter des den roten Glaskopf bildenden Hämatits auf und. wird oberflächlich in braunen Limonit umgewandelt. Im Anbruch ist es schwarz, etwas metallisch glänzend. Nach außen zu werden die Konkretionen gewöhnlich durch eine braune rauhe Sandkruste' begrenzt. Das Material der Konkretion ist ziemlich feinkörnig und! von demselben Korn wie das des sie umgebenden Sandes. Auch zeigt sch am Rande der Konkretionen keine besondere Struktur. (JuEnstEepT betrachtet diese Bildungen als verwitterte Schwefelkies- knollen; jedoch ist demgegenüber zu betonen, daß bei der petro-. graphischen Untersuchung des Sandes sich nur etwas Schwefeleisen als Melnikowit in Form kleinster schwarzer Körnchen vorfand, nicht aber Pyrit. Auch spricht die Lagerungsform dafür, daß es sich um eine rein primäre Bildung handelt. Wie schon erwähnt, sind auch einzelne Kammern von Foraminiferen ebenfalls von einer schwarz- braunen, ganz oder nahezu undurchsichtiger brauneisenartiger Sub- stanz erfüllt. In einer eingehenden Studie beschreibt GrABER ganz ähnliche Kernkonkretionen aus dem Quadersandstein der nordböhmi- | =. ae — schen Kreideplatte. Unter seinen Erklärungen für die Genesis dieser Bildungen scheint mir sein Versuch, den er auf den Ergebnissen des Trauge’schen Experiments aufbaute, auch für die Deutungen der vor- liegenden Bildungen, von Wert zu sein. „In einem Becherglas wurde ein zäher Brei von Sand und einer kalt gesättigten Eisenvitriol- lösung: hergestellt. An der Innenwand des Becherglases wurden Stückchen von Ätznatron oder Ätzkalk (Marmor) eingeführt; es ent- standen spontan Blasen, die mit einer dünnen Haut von Eisenoxydul- hydrat umgeben waren. Diese amorphe Membran wuchs mehrere Tage lang. Nach einem Tag war die Dicke der Rinde der etwa 2 cm großen Konkretion bereits 2 mm groß und so fest, daß man sie mit einem Holzstab kaum mehr durchstoßen konnte. Nach längerem Stehenlassen verwandelte sich die Kruste in Eisenhydroxyd und wurde fester. Nach einigen Wochen war die Rinde fest, am Bruch schwarz und glänzte metallisch. Sie bestand aus einem Ge- misch von Sand und Eisenoxyd. Am Rande war-Limonit.“ Ganz ähnlich mag auch am Meeresgrunde durch die Diffusion von Eisen- hydroxyd in die Sandmassen die Bildung der vorliegenden Gebilde erfolgt sein. Überall in den marinen Ablagerungen in den Sanden und in den Mergeln, häufig sogar schichtweise angereichert finden, sich die sogen. Brauseknollen. (@uEnstEenT beschreibt sie folgendermaßen: „Die Sande sind mit weißen Knollen gespickt, die ihrem Aussehen nach an Magnesit oder Aluminit erinnern, aber in Säure wie Kreide brausen. Wir nannten sie daher scherzhaft Brauseknollen. Sie zer- reiben sich zu einem weißen Mehl, das unter dem Mikroskop aus lauter kleinen, das Licht) polarisierenden Rhomboedern besteht. Auf der Oberfläche nehmen diese Brauseknollen häufig Eindrücke des gröberen Sandes an, und können uns dann an große Nulliporen des Wiener Beckens erinnern, doch fehlt ihnen die organische Textur.“ Die Brauseknollen bestehen ausschließlich aus MgCO, und CaCO, eingelagert findet sich etwas Sand und Tonsubstanz. Sie sind typische . konkretionäre, septarienartige Bildungen. Außen zeigen sie dichte Struktur und im Innern die für Septarien bezeichnenden Hohlräume und Innenzerreißungen. Seltener bilden sie große, knollenartige An- häufungen, meist kommen sie in Form von kleinen, unregelmäßig rundlichen, scheibenartigen Gebilden vor, mitunter bilden sie jedoch auch durch Zusammenballung Aggregate mit z. T. bizarren Formen. Durch Aufnahme von reichlich toniger Substanz verlieren sie ihre weiße Farbe und bilden Übergänge zu den eigentlichen Septarien. — ae Diese Brauseknollen finden sich nicht nur in marinen Bildungen, sondern ebenso in der oberen und unteren Süßwassermolasse und in den Brackwasserschichten von Ober- und Unterkirchberg. Neben den typischen Brauseknollen finden sich, aber nur auf die marinen Ablagerungen beschränkt, gelblichbraune kalkige Sep- tarien. Sie bestehen aus ziemlich reinem Kalk, seltener enthalten sie etwas Magnesium und Tonsubstanz. Im Dünnschliff zeigt die Grundmasse eine wolkig-flockige Struktur, die sich bei Anwendung stärkster Vergrößerung in ein feinkörnig-zelliges Aggregat auflöst. Die Grundmasse ist durch tonige fleckige Beimengungen etwas ge- trübt. Selten finden sich einzelne Stellen mit gröber ausgebildetem Korn. An den Stellen, wo die Zerreißung erfolgt ist, sind die ein- zelnen Caleitindividuen grobkristallin ausgebildet. Unregelmäßig verbreitet finden sich kleinere Spältchen in großer Zahl, die senk- recht gegen die größeren, quer verlaufenden Sprünge orientiert sind. In den größeren Spalten sind einzelne Mineralien eingelagert, die anscheinend nachträglich eingeschwemmt wurden. Die Septarien bilden teilweise unregelmäßige Knollen und knollige Aggregate. Mit- unter sind sie lagenförmig angehäuft und verwachsen zu größeren, mehr plattigen Bildungen, die bandförmig die Sande und Mergel durchziehen. Die Oberfläche ist meist gekröseartig ausgebildet, und die Hohlräume sind mit sandigem und mergelartigem Material er- füllt. In den Sanden sind die Septarien meist ganz unregelmäßig eingelagert. 2. Hartgebilde organischen Ursprungs. Foraminiferen. Größtenteils sind die Formen gut erhalten, mitunter jedoch sind einzelne Kammern etwas beschädigt. Die Schalen, die aus doppelbrechendem Kalk bestehen, sind meist verhältnismäßig dick. Häufig sind auch die einzelnen Kammern mit toniger, brauneisen- steinartiger und glaukonitischer Substanz erfüllt. Bereits SCHALCH weist bei seiner Besprechung des Glaukonits auf das Vorkommen von Foraminiferen mit wohlerhaltener Schale in dünnen Mergel- zwischenlagern unter der Ruine Bodmann hin und SchwiEpLE' hat in jüngster Zeit einzelne Formen abgebilaet. Mitrer hat, wie schon bemerkt, die Glaukonitkörner der Meeres- molasse schlechtweg als Foraminiferensteinkerne erklärt und nach ! Die Abbildung Nr. 8 bei Scnmievre scheint ein Schalendurchschnitt durch die Jugendform einer Bivalve zu sein. — 313 — jenen eine Anzahl von Formen aufgestellt und beschrieben. Nach meinen Untersuchungen sind diese Gebilde jedoch als reine Kon- kretionsbildungen zu betrachten, und daher sind die von MiLtER aufgestellten Arten zu kassieren. Bei der petrographischen Untersuchung des Sand- und Mergel- materials der marinen Schichten fanden sich neben den mineralischen Komponenten stets!, wenn auch fast durchweg nur in verhältnis- mäßig geringer Zahl (kaum 1°/o), Foraminiferen und Stacheln von Seeigeln. Vertreten sind folgende Formen: Orbulina universa D’ORB., Globigerina regularis D’OrB., @.bul- loides D’Orp., @.bilobata vD’Ore., G.quadrilobata D’Ore., Nodosaria badensis D’Ore., N.longiscata D’ORB., N.apertebralis D’ORB., N.spec. Lagena distima PARKER and Jones, L.laevis D’ORB., Textularia de- perdita v’OrB., T. Drongniarti DOrRB, T.spec., Rotalina opercularis D’ORB., Discorbina simplex v’OrB., Bobulina Kalembergensis D’ORB., Nonionia punctata D’ORB., Anomalina austriaca D’OrB., A. arimiensis D’ORB., A.rotula D’OrB., Trumcatulina Wiillersdorfi v’OrB., T. unge- riana D’ORB., Polymorphina oblongata vOrRB., Lonyulina rotundata D’ORB., Dulimina elongata D’ORB. Psammechinus. Stacheln von Psammechinus wohl P.dubius As. Meist ist die Spitze abgebrochen; mitunter ist die Textur noch sehr gut erhalten. Es zeigt sich eine sehr feine Längsstreifung. Die Radiolen sind sehr zarte Gebilde von CaC0O;. Ton und Glaukonit treten als Füll- material auf. In den Bryozoensanden bei Ursendorf finden sich daneben auch zahlreiche Fragmente der übrigen Hartgebilde von Seeigeln. Koprolithen. In den Ablagerungen des Baltringer Muschelsandsteins fallen neben den Geröllen länglichrunde, zigarrenförmige Gebilde, die bis zu Fingergröße erreichen, in die Augen. Die äußere Farbe ist braun- tiefschwarz, im Innern sind sie fast durchweg braungelb. Die ganze Masse ist steinmarkähnlich, dicht und zugleich löcherig. ‘ In den feineren Sanden sind die Foraminiferen verhältnismäßig klein, während sie in den gröberen Sanden viel größerer werden. Man sieht daraus wie sowohl das organogene als auch das anorganische Material, von den Schwer- mineralien abgesehen, durch die Wasserbewegung nach der Korngröße ge- ordnet wird. ee Einzelne zeigen schwach zonare Struktur im Innern, doch fehlt bei den meisten fast jegliche Differenzierung. Größtenteils sind diese Gebilde stark abgerolit, nur an einigen wenigen beobachtet man spiralige Windungen, und nach Prosst fanden sich in einigen Exem- plaren kleinere Knochenreste. In Salzsäure sind sie vollständig lös- lich bis auf einen braunen, flockigen Rückstand, der auf dem Platin- blech beim Glühen sich als organische Substanz erweist. Der in Salzsäure in Lösung gegangene Teil besteht vorwiegend aus CaO, MgO, P,O,, CO, mit Spuren von FeO, MnO u. Al,O, Dies alles weist darauf hin, daß wir hier fossile Fäcesreste vor uns haben. Neben diesen regelmäßigen Formen finden sich in über- wiegender Zahl unregelmäßige knollige Klumpen von beinahe der Größe einer Kinderfaust bis zur Erbsengröße. Sie werden wohl auf die Haifische und Meeressäugetiere, deren Reste in Baltringen ja sehr zahlreich sind, zurückzuführen sein. Im Dünnschliff erweist sich die Masse als weißlichgelbe Substanz von vorwiegend brauner Bestäubung. Unter gekreuzten Nicols ist sie isotrop. Bei starker Vergrößerung macht die Grundmasse den Eindruck einer gelatine- artigen Schicht mit darin eingebetteten kleinkörnigen braunen Ge- bilden in wolkiger Form. Vereinzelt fanden sich noch Spuren von kieseliger Substanz in Form kleiner Aggregate. Herr Dr. GAuB war so liebenswürdig, mir zum Vergleich einige Dünnschliffe durch Kopro- lithen von Ichthyosauriern ausdem Lias & zur Verfügung zu stellen. Auch hier beobachtete ich eine weißlich-gelbliche, dichte, gelatine- artige Grundmasse, die sich unter gekreuzten Nicols ebenfalls als isotrop erwies. Eingelagert sind ebenfalls, wenn auch seltener, Reste von organischer Substanz, reichlich Schwefeleisen in der Modifikation des Melnikowit und z. T. kleine kalkige Schalengebilde. Die Struktur der Masse weist darauf hin, daß sie einem erstarrten Gel zu ver- gleichen ist, das sich mehr und mehr verdichtet hat; die Fäces werden größtenteils aus den Zersetzungsprodukten organischer Sub- stanzen aufgebaut, und diese besitzen ja größtenteils Kolloidcharakter. 3. Gerölle aus dem Muschelsandsteinhorizont von Äpfingen, Baltringen und Mietingen. Die Gerölle sind meist gut gerundet; ihre Größe schwankt von Walnußgröße bis zu Faustgröße; meistens sind sie jedoch ziem- lich klein. Im allgemeinen sind sie gut erhalten und sind nur sehr schwach angewittert. Sie liegen in den Sanden immer ganz lose, während sie in den härteren Muschelsandsteinbänken durch kalkıges a Bindemittel sehr stark verkittet sind. Sie finden sich nicht allzu- häufig; nirgends kommt es zu einer Nagelfluhe oder Konglomerat- bildung. Gneise. Enteneigroßes Gerölle von einem körnig-schuppigen Gneis, an- scheinend Zweiglimmergneis, und zwar heller Glimmer vorherrschend. Wohl alpinen Ursprungs. Gruppe von granitgneisartigen Gesteinen, flaserig, mehr oder weniger deutlich parallelstruiert, unregelmäßig lagenförmig; teils nur Muskovit, teils Biotit führend, teils zweiglimmerig mit Zeichen deutlicher Pressung. Zweifellos sind die Gesteine mehr oder weniger stark dynamometamorph beeinflußt. Bemerkenswert sind daneben auch Gerölle, welche ein primäres Parallelstrukturvorkommen aufweisen und die man als Mus- kovitgneise bezeichnen könnte. Die letzteren fehlen im Schwarzwald, wie überhaupt die Gesteine dieser Gruppe den Eindruck alpinen Ur- sprungs erwecken. (25 Gerölle.) Granitartiger Eruptivgneis mit primärer Parallelstruktur. Der Quarz ist lagenartig gehäuft und zeigt mikroskopisch pseudopodien- artige Begrenzungsformen. An Feldspäten sind vorhanden: Plagioklas, Orthoklas und etwas Mikroklin; sie zeigen schwache Epidotisierung. Dazu kommt primärer Muskovit und Biotit, letzterer ist teilweise stark chloritisiert. Opake Erzkörncher. Es ist ein primär ungepreßtes Ge- stein, wohl vom Schwarzwald stammend. Protogynartiger Granitgneis, anscheinend stark gepreßt; ziemlich feinkörnig. Zweiglimmerig. Der Glimmer ist sehr stark epidotisiert. Anscheinend alpinen Ursprungs. Granit und Granitporphyr. Kleinkörniger, rötlicher Granit mit Quarz, Plagioklas und Ortho- klas. Der Biotit tritt sehr stark zurück und ist schwach chloritisiert. Die Feldspäte zeigen größtenteils starke Epidotisierung und der Quarz schwache undulöse Auslöschung. Das Gestein ist nur schwach gepreßt und stammt wohl vom Schwarzwald. Mittelkörniger roter Granit. Der rote Orthoklas ist angewittert und sehr stark getrübt. Quarz und Feldspatsubstanz durchdringen sich gegenseitig und zeigen kataklastische Struktur. Der Biotit ist vollständig in Chlorit umgewandelt. Außerdem titanhaltiges Erz in mehr oder weniger deutlich ausgeprägter Kristallform. Er ist ein typischer Ganggranit vom Charakter der Schwarzwälder Ganggranite. Grobkörniger Granit, besteht mikroskopisch vorwiegend aus weißem Orthoklas, grünem Plagioklas und grauem Quarz. Die Quarze sind stark in sich zertrümmert und zeigen undulöse Auslöschung. Die Feld- späte sind stark epidotisiert. Stark ausgebleichter Biotit. Titanit. Das Gestein ist stark gepreßt. Typischer Protogyn, möglicherweise alpinen Ursprungs, kann aber auch vom Schwarzwald stammen. Gruppe rötlicher Granite, z. T. grobkörnig, vorwiegend mittel- und feinkörnig; in der Regel glimmerarm; sie gleichen einerseits manchen — 3l6 — der rötlichen Granite aus der Riginagelfluh, andererseits gewissen röt- lichen Haupt-, Gang- und Schlierengraniten aus dem südlichen Schwarz- wald. Pressungserscheinungen fehlen vollständig oder sind nur ganz gering entwickelt. (20 Gerölle.) Rötlicher Mikrogranit; sehr feinkörnig. Ursprung zweifelhaft. Hellfarbige, weißliche Granite. Der Glimmer ist meist chloritisiert. Die Anzeichen von Pressung fehlen oder sind unscheinbar. Es sind nicht eigentliche Protogyne, sie scheinen aber möglicherweise ostalpinen Typen anzugehören. Bei einigen ist die Herkunft unsicher, sie könnten wegen der geringen Pressung auch aus dem. Schwarzwald stammen. (15 Gerölle.) Mittelkörniger Granit, besteht aus weißem ÖOrthoklas, grünem Plagioklas, Quarz und Biotit. Die Quarze sind stark gepreßt, rissig und zeigen undulöse Auslöschung. Die Feldspäte sind ebenfalls etwas gepreßt, z. T. stark zersetzt. Albitausscheidung. Wanderung von chloritischer Substanz; Neubildung von hellem Glimmer. Stammt wohl vom Schwarz- wald. Rötlicher Granit, stark gepreßt; protogynartig mit starker Epidot- bildung. Mittel- und feinkörnig. Anscheinend alpinen Ursprungs. (2 Gerölle.) Weißer mittelkörniger Granit mit Biotit und Muskovit. Zwei- glimmergranit. Zeigt keine Pressungserscheinungen; er stammt wohl vom Schwarzwald. Mittelkörniger, hellfarbiger grüner Granit, ziemlich glimmerreich, mit Zeichen schwacher Pressung; er zeigt eine grünliche Verfärbung gewisser Feldspäte ähnlich wie in manchen Juliergraniten. Neben diesem größeren Geröll ist noch ein kleineres vorhanden von genau derselben Ausbildung. Grobkörniger pegmatitischer Granit, glimmerarm, mit geflammten, tintig gefärbten Feldspäten, wie man sie häufig in der nördlichen Gneiszone der Alpen findet (Grindelwaldgebiet). Glimmerreicher Granit mit idiomorph ausgebildeten Biotiten. Das Gestein mit deutlichen Pressungserscheinungen, die Biotite zeigen Biegung. Kleinkörniger Amphibolbiotitgranit, anscheinend kein Schwarz- waldtypus. Mikrolithischer rötlicher Granit mit Pinit; könnte aus dem Schwarz- wald stammen. Granitisches Gestein. Es zeigt die Struktur mancher Gang- und Schlierengranite, wie z. B. aus dem Schwarzwalde. Gegenseitige Durch- wachsung der farblosen Hauptbestandteile; -vorwiegend Gemenge von Plagioklas und Quarz, die mannigfach verzahnt und gebuchtet inein- ander eingreifen. Die Feldspäte sind reich an Einschlüssen, vor allem an hellem Glimmer, außerdem Chlorit und Apatit. Feinkörniger Aplit mit Biotit. Das Gestein zeigt keine Pressungs- erscheinungen und stammt wohl aus dem Schwarzwald. Granitporphyr mit sehr großen porphyrischen Quarzen und voll- kommen idiomorph begrenzten, wesentlich zurücktretenden Feldspäten. — Ball — Die Grundmasse besitzt mikrogranitische Struktur. Er stammt mög- licherweise aus dem Schwarzwald. Granitporphyr mit mikropegmatitischer Struktur und prachtvoller granophyrischer Verwachsung von Quarz und Feldspat. Die Grund- masse besteht aus einem Mosaik von Quarz und Plagioklas mit ein- gestreuten Schüppchen von hellem Glimmer. Die größeren Einspreng- linge sind Quarze und weißer Feldspat. Selten ist stark chloritisierter und z. T. zu Titaneisen zersetzter Biotit. Anscheinend aus dem Schwarz- wald stammend. Ziemlich grobkörniger Granitporphyr mit Einsprenglingen von rotem und weißem Feldspat und grauem Quarz. Quarz und Feldspat zeigen z. T. mikropegmatitische Verwachsung. Schön idiomorph be- grenzte Kristalle von Orthoklas und Plagioklas, meist stark verglimmert. Der Biotit ist sehr stark zersetzt und in Chlorit und Eisenerz um- gewandelt. Das Gestein ist stark verwittert und von braunen häma- titischen Streifen durchzogen. Es gehört zu den Gang- und Schlieren- graniten und stammt vom Schwarzwald. Rote Granophyre mit ausgeprägter sphärolithischer Ausbildung. Die Grundmasse besteht z. T. vorwiegend aus Felsosphäriten, die sich bisweilen in Form einer Aureole um die porphyrischen Einsprenglinge herumlagern. Der Albit zeigt sehr schön die Schachbrettstruktur. Das Gestein stammt wohl aus dem Schwarzwald. (4 Gerölle.) Porphyrischer Mikrogranit von grünlicher Farbe mit weißen, röt- lichen und grünen Feldspäten. Die Grundmasse ist ein Gemenge von vorwiegend Quarz und Feldspat mit etwas zersetztem Biotit. Der Quarz zeigt mitunter deutlich radialfaserige Ausbildung. Die Feldspäte sind stark epidotisiert. Anscheinend ebenfalls vom Schwarzwald stammend. Kugelporphyr von ziemlich grobkristalliner Ausbildung. Die Quarze sind teilweise zertrümmert. Die Feldspäte, Plagioklas und Orthoklas, sind stark getrübt und zeigen schwache Epidotisierung. Gut zu be- obachten ist die Umwandlung des Biotits in Eisenerz. Eigentümlich ist, daß ein großer Teil der einzelnen Mineralfragmente von einem rot- braunen Saum umgeben ist; es beruht wohl auf Zersetzungserscheinung. Wohl ebenfalls vom Schwarzwald stammend. Grüner, stark epidotisierter (?) Quarzporphyr mit ziemlich feinkörniger Grundmasse. Die eingelagerten größeren Individuen von Quarz sind stark magmatisch korrodiert. Die Feldspäte sind teilweise noch ziem- lich frisch, der größte Teil jedoch ist stark getrübt und verglimmert. Der Augit ist stark zersetzt; ebenso der selten auftretende Olivin. Bei der Zersetzung des Olivins bilden sich reichlich schwarzes Eisenerz (Ilmenit) und braune Eisenverbindungen. Das Gestein ist stark zersetzt. Vitrophyrischer Quarzporphyr mit stark umgeänderter brecciöser Struktur der Grundmasse. Die Quarze sind meist magmatisch korro- diert und z. T. von Sprüngen durchzogen; einzelne zeigen deutlich ge- schweifte Bildung. Diese ganze Ausbildung weist auf Pressung und Streckungserscheinungen im zähflüssigen Magma hin. Der Biotit ist von Titanitlagen durchzogen und stark gebleicht. Die Feldspäte sind Plagioklas und Orthoklas, letzterer ist stark epidotisiert. Mikroskopisch — 318 — ist das Gestein von weißlich-grünlicher Farbe. Es entspricht im mikro- skopischen Bilde den im südlichen Schwarzwald in der Gegend des Münstertales (St. Blasien) anstehenden Quarzporphyren. Fluidalporphyr mit dunkelgrau violetter felsitischer Grundmasse. Er enthält zahlreiche kleine Einsprenglinge von Orthoklas, etwas grün verfärbten Plagioklas und spärliche Quarze. Ausgezeichnete Fluidal- struktur. FrüHu beschrieb S. 48 unter 8) einen ähnlichen Typ als an gewisse Luganoporphyre erinnernd.. Auch im Münstertal kommen ähnliche Formen vor. | Kristalline Schiefer. Amphibolschiefer, besteht wesentlich aus grüner Hornblende. Die Feldspäte sind stark zersetzt und zeigen Epidotisierung. Reichlich beigemengt ist Titaneisen in kristallen oder meist unregelmäßig körnigen Gebilden; es ist z. T. in Leukoxen umgewandelt. Der Quarz tritt sehr stark zurück. Die Durchschnitte der Hornblende sind selten rein, meist von runden Partikeln anderer Gemengteile siebartig durchbrochen. Zweifellos alpinen Ursprungs. Glimmerschiefer, besteht vorwiegend aus Quarz und Glimmer. Der Muskovit ist stark serizitiert und durchsetzt das Gestein lagen- artig. Nur spärlich vorhanden ist Plagioklas, reichlich dagegen findet sich Titanit. Wohl alpinen Ursprungs. Stark gepreßter grüner Kalkphyllit, stark verkieselt und wohl alpinen Ursprungs. Quarzitschiefer mit reichlich beigemengtem Magneteisen. Der (Quarz ist in einzelnen Lagen sehr grobkörnig entwickelt. Das Gestein stammt zweifellos aus den Alpen. Quarzitschiefer mit lagenförmig gehäuftem Muskovit. Die Quarze sind sehr stark gepreßt und zeigen undulöse Auslöschung. Die Feld- späte sind stark deformiert und besitzen wohlausgeprägte Zwillings- streifung. Teilweise sind sie reich an neu gebildetem Serizit, mitunter in mikrolithischer Form. Muskovit ist reichlich und meist in Form größerer Kristalle vorhanden. Ist ebenfalls alpinen Ursprungs. Hornsteine und Kieselkalke. Rotbrauner Radiolarienhornstein mit grünen Flecken. Im Dünn- schliff erweist er sich als mikrokristalline, durch Eisenoxyd gefärbte Kieselsubstanz mit zahlreichen Ueberresten meist unvollkommen er- haltener mikroskopischer Radiolarien. Diese heben sich größtenteils als einheitliche helle Flecken von der mehr oder weniger stark rot gefärbten Grundsubstanz ab; sehr selten sind sie von der gleichen Masse ausgefüllt wie die letztere, dann ist aber der Rand, wohl die noch erhaltenen Ueberreste der äußeren Gitterschale, hell. Bei stärkster Vergrößerung zeigt sich die braune Pigmentsubstanz in Form kleinster Körnchen, die meist wolkig ‘gehäuft erscheinen. Die Radiolarien ge- hören folgenden Formenkreisen an: Sphaerozoum, Cenosphaera sp., Cenel- lepsis sp., ‚Lithocampe sp., Sethocapsa sp., Uryptocapsa sp., Stychocapsa Sp. Demnach haben wir es mit einem titonischen Jaspis oder Horn- = — stein zu tun, wie er nach Rünu im Allgäu und Tirol ansteht. Bei Ein- schaltung gekreuzter Nicols erweisen sich die Radiolarien als mit Chalcedonsubstanz erfüllte Steinkerne. Der größte Teil, zumeist die kleinen Formen, zeigen Trümmer- und Mörtelstruktur. Sie zerfallen in ein Gewirr einzelner Aggregate, die meist ein schwarzes Kreuz zeigen. Ein Teil besitzt faserige bis radialfaserige Ausbildung, während der Rest in der Struktur eine Kombination von beiden Ausbildungsformen aufweist, wobei der Rand Mörtelstruktur zeigt. Die faserigen Gebilde zeigen die Erscheinung des schwarzen Kreuzes sehr deutlich. Das Ge- stein ist durchzogen von feinen und gröberen Sprüngen. Die feineren sind meist nur mit Kieselsäuresubstanz erfüllt, während die breiteren Caleit mit starker Zwillingslamellierung enthalten. Grauschwarzer Hornstein. Im Dünnschliff zeigt er eine hellgraue Pigmentierung. Die organischen Formen treten in solcher Menge auf, daß sie dicht gedrängt nebeneinander liegen. Sie sind wegen der geringen Abhebung von der grauen Grundsubstanz nur schwer zu erkennen und zeigen ganz analoge Ausbildung wie in vorigem Gestein. Die Grund- masse zeigt ebenfalls mikrokristalline Struktur. Schwefeleisen ist in einzelnen Körnchen ziemlich häufig. Das Gestein ist von einzelnen Sprüngen durchzogen, die fast ausschließlich mit Kieselsäuresubstanz erfüllt sind. Sphaerozoum, Oenosphaera sp., Lithocampe sp., Stichocampe sp. Gelbbrauner Hornstein mit grünen Flecken. Die Grundmasse zeigt feinkörnig—dichte Struktur und ist durch ein mehr oder weniger dicht gehäuftes Pigment gefärbt. Die Radiolariendurchschnitte zeigen meist feinkörnige dichte und Mörtelstruktur; sie sind schlecht erhalten und nicht genau bestimmbar. Das Gestein ist durchzogen von einzelnen feinen Trümchen von reinem Chalcedon. Roter Hornstein. Die Grundmasse ist durch Beimengung von fein zerteiltem Eisenoxyd rot pigmentierte Kieselsubstanz. Die Radio- larien sind seltener; es finden sich Cenosphaera sp. und Lithocampe sp. Meist ist die Grundsubstanz des ganzen Gesteins erfüllt von kleinen, z. T. mikrolithischen Caleitindividuen; daneben treten zahlreiche, schön ausgebildete Calcitrhomboeder auf. Der Schliff ist von einem Netz- werk äußerst vielfach sich zerteilender Sprünge durchzogen, die zu- meist mit weißem, feinkristallinem Kalkspat erfüllt sind; am Rande derselben häufen sich die in schönen Kristallen ausgebildeten Caleit- rhomboeder. Schwarzer, stark abgerollter Hornstein. Die Grundmasse ist mikrokristalline Kieselsubstanz, die durch Beimengung von Schwefel- eisen, Eisenoxyd und Tonsubstanz mehr oder weniger stark pigmentiert ist. Die Radiolarien sind schlecht erhalten, doch sind Formen aus dem Kreise der Cenosphaera deutlich erkennbar. Die selten einge- streuten Oalcitfragmente stammen ihrer Struktur nach durchweg von kalkschaligen Organismen her. Brauner, konkretionärer Hornstein, innen braun, außen schwarz- grau; zeigt eigentümliche Formen wie manche Brillensteine. Die Grund- masse ist sehr feinkörnig, nur die einzelnen Radiolarien, die sehr schlecht erhalten sind, zeigen gröbere Struktur. Durch beigemengtes Be Pigment ist die Grundmasse ziemlich getrübt. Das Geröll zeigt zonare Ausbildung mit konzentrischen Ringen. Die äußeren Ringe sind ge- kennzeichnet durch lokale Anhäufung eines braunen Pigments. Die Radiolarien sind nicht mehr genauer bestimmbar. Gruppe von Radiolarienhornsteinen in typischer Ausbildung in fast allen farbigen Abstufungen: schmutzigrot, braun, grauviolett, schwärzlich, grün geflammt bis nahezu lauchgrün; in der Regel sind sie durchsetzt von zahlreichen, kreuz und quer verlaufenden Sprüngen, die mit Kiesel- säure und vorwiegend Calcit erfüllt sind. Sie sind ungemein zahlreich vorhanden, meist in nußgroßen Stücken und zweifellos alpinen Ur- sprungs. (70 Gerölle.) Gelbliche, weißlichgraue Hornsteine aus dem Weißen Jura. Die- selben zeigen äußerlich völlige Uebereinstimmung mit den von der Alb stammenden. Es sind offenbar dieselben Hornsteine, die sich auch in altdiluvialen Neckarschottern finden. (10 Gerölle.) Weißlichgraue und gelbgraue Hornsteine, die eine gewisse Aehn- lichkeit haben mit verschiedenen Hornsteinen der Alb, aber doch weniger homogen hornsteinartig erscheinen wie die Weiß-Jura-Horn- steine, die immer das Aussehen von Flint oder Feuerstein haben. Schon beim Betrachten mit der Lupe erinnern sie gelegentlich an gewisse Kieselkalke der Alpen und in gewisser Hinsicht auch an die Radiolarienhornsteine. Teilweise sind sie durchsetzt von Kalkspat- schnüren. (8 Gerölle.) Stark verwitterter dunkelgrauer Kieselkalk, durchzogen von Caleitgängen. Oberflächlich stark ausgelaugt, porös. Der Dünnschliff zeigt eine mikrokristalline kieselige Grundsubstanz, ganz erfüllt mit mikrokristallinen Caleitindividuen. Beigemengt findet sich zu einzelnen Klumpen zusammengeballte braungraue tonige Substanz. Die Radio- larien sind selten. Rauchgrauer Kieselkalk. Die Grundmasse stellt ein Gemisch von vorwiegend feinkristalliner Kieselsubstanz und Kalkspat dar. Letzterer findet sich sowohl in mikrokristalliner Form als auch in größeren Ele- menten, mitunter bildet er deutliche Rhomboeder. Die Sprünge sind ganz erfüllt mit stark lamellarem Calcit. Durch fein zerteilte Ton- substanz und Eisenoxyd ist das Gestein gefärbt. Stark angwitterter graubrauner Kieselkalk, durchsetzt von ziem- lich groben Gängen. Die Grundmasse ist mikrokristalline, mit Kalk- spat vermengte Kieselsubstanz, die durch Ton und Eisenoxyd getrübt ist. Radiolarien sind ungemein reichlich vorhanden; sie sind mit Chalcedonsubstanz erfüllt und zeigen unter gekreuzten Nicols fast durchweg faserige Struktur, jedoch sind sie nicht mehr genau er- kennbar. Vorwiegend treten runde Formen auf. Eigentümlich ist die Ausfüllung der Gänge durch Caleit, in einem breiten Sprung sind die einzelnen Calcitindividuen hakenförmig gebogen. Das Gestein ist an- scheinend stark gepreßt. Kieselkalke; gehören wohl vorwiegend der alpinen Kreide an. (20 Gerölle.) — 321 — Quarze. Eine Gruppe typischer Fettquarze, z. T. mit angedeuteten Spalt- flächen, mehr oder weniger körnig kristallin, vielfach mit allen Zeichen deutlicher Pressung; z. T. weißer sog. Milchquarz. Vereinzelt sind sie durchsetzt von Flasern von feinschuppigem Chlorit, die dafür sprechen, daß sie wohl alpinen Ursprungs sind. (60 Gerölle.) Gruppe von Quarzen mit Kalkspat. Innige Verwachsung und Verflechtung mit Carbonat. Dieses braust mit verdünnter Salzsäure und dürfte deswegen Calcit sein. Mitunter ist dieser sehr grobflaserig. Die Quarze sind sicher alpin und stammen wohl aus der Masse der Hochgebirgskalke. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhange an die Bündner Schiefer, z. B. der Via mala etc., sind reich an weißen Quarzen, die innig verwachsen sind mit mehr oder weniger grobspätigem Kalk. (30 Gerölle.) Sehr dicht kristalliner Quarzit, feinkörnig, von weißer Farbe, anscheinend vollkommen rein. Sie ähneln gewissen feinen kristallinen Quarziten, wie man sie in gewissen, auf Triassedimente zurückgeführten kristallinen hochmetamorphen Schiefern der Alpen findet. Gerölle von einem stark gepreßten Fettquarz mit unregelmäßig verteiltem Feldspat; einzelne Partien enthalten etwas chloritisierten Glimmer. Kleine schwärzliche Partien, die aber von Eisenhydroxyd stark durchsetzt sind, könnten als Turmalinbeimengung gedeutet werden. Gerölle von einem stark gepreßten quarzitischen Gestein, das reichlich imprägniert ist mit Eisenoxyd in unregelmäßiger, z. T. die Breccienstruktur der Masse zum Ausdruck bringender Verteilung, an- scheinend stark gepreßt. Alpiner Ursprung ist sehr wahrscheinlich. Quarzgangbreccie, deren weitere Bestimmung nicht möglich ist. Ziemlich reiner mittelkörniger Quarzit, anscheinend aus meta- morphen Sedimenten stammend, vielleicht aus einer Quarzknauer von kristallinem Schiefer. Er enthält äußerst winzige, noch mit der Lupe erkennbare Körnchen Magneteisen. Hornsteinartiger Quarzit mit winzigen bläulichgrünen Pünktchen. Äußerst selten. (2 Gerölle). Eine Gruppe lauchgrüner Quarze. (5 Gerölle). Mittelfeiner kristalliner Quarz, von einem schwach grünlichen Glimmer durchflammt; anscheinend stark gepreßt. Wohl alpinen Ur- sprungs aus der Gruppe der kristallinen Schiefergneise. Verhältnismäßig grobkristalliner Quarzit mit grobschuppigem Mus- kovit auf den Ablösungsflächen; wenig gepreßt. Stammt wahrschein- lich aus einer Quarzknauer der kristallinen Schiefer. Quarzitische grobkörnige Sandsteine, bestehend aus weißen, grauen, schwach oder deutlich roten wohlgerundeten Quarzen, einzelnen Glim- merplättchen und Hornsteinfragmenten, auf welche die von Frün 8. 34 gegebene Beschreibung paßt. (6 Gerölle.) Grauer quarzitischer Sandstein mit fast walnußgroßen Geröllen von weißem Quarz, auch kleine Geröllchen vom dunklem Hornstein. Ur- sprung zweifelhaft. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1915. 21 ae Verrucano und Sandsteine. Verrucano, bestehend aus grauem Quarz und rotem Feldspat. Auffallend spärliches Bindemittel; einzelne Komponenten zeigen starke Pressung. Die Feldspäte sind teilweise stark getrübt und zeigen starke Albitbildung, z. T. sicher sekundär. Einesteils sind die Quarze stark gepreßt, andererseits sind sie der Pressung entgangen. Die Quarze sind z. T. regeneriert. Seltener findet sich Biotit, der in Chlorit und Titanit umgewandelt ist. Alpinen Ursprungs. | Roter Verrucano. In einer quarzitischen Grundmasse von kleineren Quarzkörnern sind größere (Juarzfragmente eingelagert. Diese sind meist stark gepreßt und zeigen undulöse Auslöschung. Die einzelnen Komponenten sind von einem rotbraunen bis schwarzen Häutchen um- krustet. Die Feldspäte sind ziemlich verwittert und stark getrübt und der Muskovit ist völlig in Serizit umgewandelt. | Rötlichviolettes, verrucanoartiges Gestein. Grobkörniger, breccienartiger Verrucano, zusammengesetzt aus unregelmäßigen bald kleinen, bald erbsengroßen Körnern von vor- waltend Quarz und rotem Feldspat. Ein größeres Feldspatfragment stammt von einem porphyrartigen Gestein. Zweifellos alpinen Ursprungs. Roter Verrucano. Mehr oder weniger stark abgerundete Quarz- bruchstücke sind durch Quarzmasse zu einem (uarzkonglomerat ver- kittet. Um die einzelnen Körner hat sich ein braunschwarzes Häutchen von Eisenhydroxyd gebildet. Deutlich ist an den einzelnen Körnern das Weiterwachsen der Quarze zu beobachten. Gelegentlich finden sich stark zersetzte Feldspate und einzelne Schüppchen von Muskovit. Geröll, bestehend aus zweierlei Material: Sehr feinkörniger weiß- lichgrauer, etwas poröser quarzitischer Sandstein mit einem eigroßen (?) Einschluß von scharfkantigem, dunkelfarbigem Hornstein von der cha- rakteristischen Ausbildung der Radiolarienhornsteine. Ähnliche Gesteine finden sich auch in der fluvioglazialen Nagelfluh. Grauweißer Sandstein. Makroskopisch ist das Gestein eine Arkose, während sich im Dünnschliff Anklänge an kristalline Neubildungen finden. Die Bruchstücke sind ziemlich eckig- und nahezu fest aufein- andergedrückt. Das kittende Zement fehlt fast völlig, nur hie und da finden sich Andeutungen davon. Die (Quarze sind korrodiert, teil- weise von Sprüngen durchzogen, und zeigen meist undulöse Auslöschung. Sie zeigen z. T. Regenerationserscheinungen. Die Arkose ist reich an stark getrübten und verglimmerten Feldspäten. Der Biotit ist stark chloritisiert und mit Eisenerz durchsetzt. Reichlich vorhanden ist neu- gebildeter Serizit, außerdem einzelne Muskovitschüppchen. Seltener ist Kalkspat in größeren und kleineren Gebilden; er zeigt starke Zwillings- lamellierung. Dunkelgrauer mittelkörniger Sandstein, bestehend aus Quarz, Kalk- spat und Muskovit. Die Quarze sind von wechselnder Größe, meist etwas gerundet. Die meisten sind einheitlich, andere zerfallen in Körner- aggregate und zeigen undulöse Auslöschung, wieder andere sind Neu- bildungen. Der Caleit ist vorhanden in Form einheitlicher Individuen = — mit starker Zwillingslamellierung; der andere Teil zeigt zelligfeinkörnige Struktur und gelegentlich finden sich pseudoolithische Gebilde. Verschie- dene Schalenfragmente von Organismen. Stark verglimmerter Feldspat, Glaukonit und (?) Melnikowit. Das Bindemittel ist Caleit und Tonsubstanz. Graugrüner feinkörniger Sandstein, vorwiegend aus (uarz und Caleit bestehend. Die Quarze sind zı T. sicher neugebildet. Die grüne Farbe des Gesteins wird bedingt durch spärlich beigemengten Glaukonit. Der Feldspat ist meist stark verglimmert. Etwas Glimmer und (?) Melnikowit. Das Gestein gehört zweifellos zu den marinen tertiären Sandsteinen vom Typ des Rorschacher Sandsteins. Ganz ähnlich ausgebildete glaukonitische Sandsteine mit kalkigem und kiese- ligem Bindemittel sowohl fein- wie grobkörnig finden sich ebenfalls gelegentlich. (15 Gerölle.) Eine Gruppe von kleinen und größeren Geröllen von schwach verkieselten und mitunter kalkigen Sandsteinen, welche mit den knauer- artigen Verhärtungen der unteren Süßwassermolasseschichten identisch sind... Kommen nicht gerade selten vor. (10 Gerölle.) Kalke. Hochkristalliner, marmorartiger Kalkstein mit hellen Flecken. Fast völlig reiner Calecit.e. Die Grundmasse zeigt wolkig-feinkörnige Gebilde, wechsellagernd mit größeren grobkristallinen Körnern und Aggre- gaten mit lamellarer Struktur. Das Gestein ist ganz durchzogen von _ einer Anzahl von feineren und größeren calcitischen Gängen mit, mehr oder weniger stark ausgeprägter grobkristalliner Struktur. Als Bei- mengung finden sich kleine brauneisenartige Körner und fein verteiltes - Schwefeleisen (Melnikowit), die noch häufiger in feinen Zügen als eine , Art Pigment vorkommen. An Örganismenresten finden sich einige kleinere Schalenfragmente und einige Durchschnitte durch Mikroorga- _ nismen, wohl von Foraminiferen. Die starken Pressungserscheinungen weisen auf einen Hochgebirgskalk hin. Grauer, marmorartiger Kalk. Die Grundmasse ist ganz analog ausgebildet wie beim vorhergehenden, ebenso ist er ganz von Sprüngen durchsetzt. In der Grundmasse finden sich kleine neugebildete Quarze. Sie bilden mehr oder weniger stark ausgeprägte Pseudomorphosen nach Rhomboedern; selbst bei den unregelmäßigsten Gebilden sieht man bei stärkster Vergrößerung am Rande deutlich eine zackige rhom- boedrische Begrenzung. Im Innern enthalten sie zahlreiche winzige Einschlüsse von Tonsubstanz, Schwefelkies und Caleit. Sie zeigen voll- ständige einheitliche Struktur. Organismenreste sind keine vorhanden. Anscheinend stark gepreßter Kreidekalk, wie ein Vergleich mit den alpinen Kreidekalken, z. B. des Säntis, zeigt. Stark abgerollte Gerölle von tertiärem pisolithischem Kalk (4 St.) Verhältnismäßig reich vertreten sind eigentliche Kalksteine unter den Geröllen, sie umfassen nahezu ein Viertel sämtlicher Gerölle. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Kalkgerölle der alpinen tertiären und dilu- vialen Aufschüttungen sich oftmals schwer identifizieren lassen, wie dies alpine Geologen: Heım, GUTZWILLER u. a. selbst ausgesprochen haben. 21* —_— 324 — Sehr wahrscheinlich gehören die dunkel-schwärzlichen bituminösen Kalke, meist mit Kalkspat durchzogen, zu den Kreidekalken. An gewisse Triaskalke erinnern lichtgraue dichtkristalline Kalksteine, die von zahl- reichen grobspätigen Caleitadern durchzogen sind. Auffällig ist bei der Lage des Geröllhorizontes das Fehlen von typischen „Albgeröllen‘“. Gerölle vom Typus Zuckerhorn und Marmorkalk Quernstepr’s fehlen vollständig. Ein Teil hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den tonigen Kalken aus der Gruppe der [-Kalke (Zementkalke), aber es muß berücksichtigt werden, daß die typischen &-Kalke fehlen. Die Geschiebe zeigen meist starke Abrollung; mitunter besitzen sie eine geborstene | Oberfläche und sind im Innern von Rissen durchzogen. Einige Kalk- | gerölle sind mehr oder weniger stark von Bohrmuscheln angebohrt. Die Bohrlöcher durchziehen das Gestein in allen Richtungen und sind | durchweg mit sandigem Material erfüllt, manchmal sind noch Schalen- / reste der Böhrtiere enthalten. Im ganzen sammelte ich 451 Re und zwar: Gneise . - . PERL IS Granit und Ghjenht at ER NER Kristalline Schiefer IT 7 RR, Nil 5 Hornstem und "Rıeselkalk .....0,2.% 2.7108 Oussze sg. N RR Verrucano und Bin EHE Kalkei# 3 1 107 Auffällig ist die große Zahl der Eranike ud Granitporphyre, während die kristallinen Schiefer sehr stark zurücktreten. Die rela- | tive Häufigkeit der Quarze, Hornsteine und Kieselkalke erklärt sich | wohl am besten durch ihre große Härte und Widerstandsfähigkeit. | In liebenswürdigster Weise wurde mir von der Verwaltung der #' Prosst'schen Sammlung das von ScHatcH bei Stetten, Lohn und Büttenhardt einerseits und bei Benken andererseits gesammelte Ge- schiebematerial aus der marinen Molasse, welches von ihm bereits teilweise verarbeitet worden ist, zur Untersuchung zur Verfügung gestellt, und ich gebe im folgenden eine Diagnose dieser Gerölle zum Vergleich mit dem Baltringer Vorkommen. Gleichzeitig ver- weise ich noch auf die für die Vergleichung wichtigen Arbeiten von | Frün: „Beiträge zur Kenntnis der Nagelfluhe der Schweiz“, und Schmiepur: „Über Gerölle in der marinen Molasse bei Überlingen“. 4. Gerölle aus den marinen Sanden von Benken (Kanton Zürich). Die Geschiebe sind gut gerundet, faust- bis kopfgroß und liegen immer ganz lose im Sande, ohne durch ein festeres Bindemittel zu —' 320 — einem eigentlichen Konglomerate miteinander verkittet zu sein. Sie sind meist sehr stark angewittert, besonders aber die kristallinen Gesteine. Gneis. Glimmerarmer, gepreßter Eruptivgneis mit Hinneigung zu peg- matitischer Struktur. Anscheinend reiner Biotitgneis. Orthitführend ? Ähnelt gewissen Schwarzwaldtypen von Wildschapbach; auch in der Erstfelder Gneiszone finden sich entsprechende Typen. Gepreßter Granitgneis. Der Struktur nach anscheinend Biotit- gneis, stark zersetzt. Stark gepreßter, grobflaseriger Granitgneis; Glimmer vollständig chloritisiert. Der Feidspat ist kaolinisiert. Das Gestein scheint stark dynamisch beeinflußt zu sein. Wahrscheinlich alpin, könnte aber auch den Granitgneisen des südlichen Schwarzwalds angehören. Auffallend ist das Fehlen der typischen Gneise des Schwarzwaldes. Granit und Granitporphyr. Roter, mittelkörniger Granit. Es ist ein Biotitgranit, der helle Glimmer fehlt vollständig. Die Quarze sind stark gepreßt, teilweise von Sprüngen durchsetzt, zeigen undulöse Auslöschung und sind gegen- seitig verzahnt. Die Feldspäte sind stark getrübt und epidotisiert; sie sind stark verwittert und z. T. in Eisenerz umgewandelt. Der all- gemeine Habitus spricht mehr für den Schwarzwald (z. B. Gegend von - Furtwangen), während die Ausbildung der Quarze auf alpinen Ursprung - hinweist. Grobkörniger roter Granit. Die Quarze sind stark in sich zer- trümmert durch lokale Pressung und zeigen undulöse Auslöschung. Die Feldspäte sind ebenfalls von Sprüngen durchsetzt, die teilweise mit (Juarzsubstanz erfüllt sind. Der Orthoklas ist sehr stark getrübt. Der seltener auftretende Biotit ist stark chloritisiert und teilweise mit Eisenerz imprägniert. (Das Gestein entspricht äußerlich einem Ba- venoer Granit.) | Mittelkörniger weißer Granit, bestehend vorwiegend aus weißem Orthoklas, wenig weißem Plagioklas und Quarz. Das Gestein zeigt | schwache Pressungserscheinungen. Der Quarz ist von Sprüngen durch- | zogen und zeigt undulöse Auslöschung. Auch die Feldspäte weisen | Pressungserscheinungen auf und zeigen Neubildung von Muskovit. Verhältnismäßig häufig vertreten ist ein ausgesprochener Muskovit- granit; wohl vom Schwarzwald stammend. Normaler, ungepreßter Granit; sehr stark verwittert. Stammt möglicherweise aus dem Schwarzwald ; ähnliche Granite finden sich auch im Disgrazia- und Juliergebiet. Feinkörniger Amphibolgranit, wahrscheinlich alpin. Grünlicher Granit. Stark verwittert. Juliergranit ? Normaler, ungepreßter Hauptgranit. Schwarzwald. Mittel- bis feinkörniger, nicht drusiger Granit. Plagioklase mit ‚schwach grünlicher Verwitterungsfarbe. Diese grünliche Verfärbung weist = BE nicht unbedingt auf Juliergranit hin; solche Färbungen finden sich auch im Schwarzwald, Mittelkörniger Granitit (Biotitgranit) mit geringem Gimmenseh Erinnert an gewisse Schlierengranite mit schwach drusiger Ausbildung und fleckenförmiger Ausbildung des Biotits aus dem Schwarzwalde. Zweiglimmergranit, mittelkörnig, anscheinend zur Gruppe der | Schlieren- und Ganggranite gehörig. Wohl vom Schwarzwald stammend. Biotitreicher Granitit, durch und durch kaolinisiertt. Gewissen Typen des südlichen Schwarzwaldes gleichend. N Mittelkörniger Biotitgranit, nicht gepreßt. Schwarzwald. Stark kaolinisierter Mikrogranit aus der Gruppe der Granophyre mit | zahlreichen dihexaedrischen Quarzen und etwas zurücktretenden Feld- spat- und Biotitkristallen. Der Granitporphyr besitzt eine feinkörnige, grünlich verwitternde Grundmasse und ist schwach gepreßt. Er zeigt | Ähnlichkeit mit gewissen Granophyren aus dem Gebiet des Münstertales,. Granophyre mit grünlichgrauer Grundmasse, reich an Einspreng- | lingen von Quarz und Feldspat. Schwarzwaldtypus. Kristallreicher Quarzporphyr mit zurücktretender Grundmasse, vor- herrschend Quarz, Feldspat und Biotit. Typus ähnlich wie der vor- | hergehende. | Graugrüner starkzersetzter Quarzphorphyr. Die Grundmasse zeigt | Trümmerstruktur. Die größeren Einschlüsse von Quarz zeigen Korro- # sionserscheinungen, sind mit Sprüngen durchsetzt, und enthalten glasige | Einschlüsse sowohl im Innern als auch in Form von schlauchartigen Einbuchtungen. Sie zeigen schwache undulöse Auslöschung. Plagio- # klas und Orthoklas sind stark getrübt und verglimmert. Der Biotit # ist stellenweise stark gebogen und zeigt die lavendelblaue Verwitterungs- | farbe. Entspricht den Granitporphyren vom Schauinsland und Münster- tal; ähnliches Gestein kommt auch in den Alpen in der Luganoer | Gegend vor. Roter Granophyr mit grobkristalliner Grundmasse und großen | Einsprenglingen von Plagioklas, Orthoklas und - Quarz. Die Quarze sind magmatisch korrodiert, von Spalten durchzogen und weisen Ein- schlüsse von Glasmasse auf, mitunter in gelappten Formen. Auch die Feldspäte sind korrodiert; sie zeigen Trübung und Verglimmerung. Manche Feldspäte zeigen die Tendenz zur kleinstengeligen Ausbildung und bilden teilweise radialstrahlige kugelige Gebilde. Das staubförmige rote Pigment bildet mit unter größere Klumpen; außerdem zahlreiche Erzkörnchen. Anscheinend ebenfalls vom Schwarz- wald stammend. z Glimmerschieferartiger, stark deformierter Protogyn von grau- grüner Farbe. Das Gestein ist stark schieferig und von ziemlich grob- | körnigen sekundären Quarzlagen durchsetzt. Entlang der Schiefe- | rungsfläche ist der Glimmer lagenartig gehäuft. Die Grundmasse ist ein grob- und feinkörniges Mosaik von @uarzkörnchen, die zahnartig | miteinander verbunden sind. Die größeren Quarzindividuen sind stark # deformiert, z. T. von Sprüngen durchzogen. Zumeist zeigen sie die Tendenz, in ein Aggregat einzelner Elemente zu zerfallen, und zeigen — 31 — starke undulöse Auslöschung. Die Feldspäte sind ebenfalls stark ge- trübt, z. T. epidotisiert, und zeigen mitunter Regenerationserscheinungen. Am Rande sind sie zahnartig mit der Grundmasse verbunden. heich- lich vorhanden ist Sericit, der zuweilen lagenartig gehäuft ist. Der Glimmer ist stark chloritisiert. Eisenerz. Sicher alpinen Ursprungs. In einer brieflichen Mitteilung an Progsr bemerkt ScHAucH, daß er noch einige weitere Gerölle von typischem Schwarzwälder Granit- porphyr bei Benken gefunden habe!. Spilit, sicher alpinen Ursprungs; schieferig-fleckig. Die hellen Partien sind etwas gröber kristallin. Anscheinend ein Gemenge von Albit und Quarz, dazu tritt in geringer Verteilung Epidot, Chlorit, Im Uebrigen ist das Gestein so dicht, daß es sich einer genaueren Be- stimmung der Gemengteile entzieht. Feinkörniger grüner Diabas mit divergentstrahliger Struktur der Pyroxene, welche die grauviolette Farbe der Diabase bezw. basal- tischen Augite zeigen. Dazwischen größere und kleinere fleckenweise Anreicherung von chloritischer Substanz, deren Ursprung nicht mehr ge- deutet werden kann. Opake Erze fehlen vollständig, sie sind anscheinend in eine trübe, undurchsichtige körnige Masse umgewandelt, vielleicht Leukoxen oder Titanomorphit. Graugrüner, hellgefleckter Feldspatamphibolit. Er besteht im wesentlichen aus grüner Hornblende und vorherrschend weißem Plagio- klas. Die Struktur der Hornblende ist faserig-stengelig., Der Quarz ist spärlich meist in Form von kleineren Individuen vorhanden, welche in kleinen Partikeln die Hornblende siebartig durchbrechen. Eisenerz ‚, ist ziemlich häufig sowohl als kleine Körnchen als auch als größere Kristalle vorhanden. Die Struktur ist richtungslos-körnig. Mikro- skopisch gleicht er gewissen Dioriten, aber ohne ausgeprägte Eruptiv- struktur. Kann alpinen Ursprungs sein, kann aber auch ebensogut vom Schwarzwald stammen. Graugrüner Amphibolschiefer, reich an Orthoklas und Quarz. Wenig Plagioklas, und dieser meist stark verglimmert. Die weitaus vor- wiegende Hornblende wird ebenfalls von einzelnen Partikelchen von Quarz durchbrochen. Der Feldspat bezw. Plagioklas und Quarz sind z. T. lagenförmig gebäuft. Reichlich zeigt sich Eisenerz meist in Form größerer Elemente, welches lagenartig den Schliff durchzieht. Wäre mit Amphibolit im engeren Sinn zu vergleichen und ist wenig epidotführend. Die Zurechnung ist unsicher, ob vom Schwarwald stammend oder alpin. Feinkörniger Feldspatamphibolit mit dunkelgraugrüner Farbe ent- spricht sehr gewissen Schwarzwaldtypen, könnte aber auch alpin sein, ' SCHALCH bemerkt S. 70: Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese bei Benken häufig vorkommenden Granite und Porphyre dem südlichen Schwarz- wald entstammen. So ist unter ihnen der typische, mit keinem anderen Gestein zu verwechselnde rote Granit von Menzenschwand bei St. Blasien, sowie der- jenige von Schluchsee reichlich vertreten, und die Porpbyre sind zum großen Teil absolut ununterscheidbar von solchen, wie sie im Alb- und Schlüchtal viel- fach im Gneis aufsetzen. — 328 — Schwach körniger Serizitschiefer besteht vorwiegend aus ein- zelnen größeren, teilweise stark korrodierten Quarzindividuen. Das Zement bildet feinkörniger Quarz, der reichlich mit Serizit durchsetzt ist. Die Quarze zeigen z. T. starke undulöse Auslöschung und zer- fallen in einzelne Aggregate. Regenerierte Quarze. Selten finden sich einzelne korrodierte Feldspäte, die starke Trübung und Verglimmerung aufweisen. Das Gestein ist sehr stark gepreßt, und wohl alpinen Ursprungs. Graugrüner, glimmerführender Quarzitschiefer. Das Gestein ist stark gepreßt. Der Quarz zerfällt in einzelne zahnförmig miteinander verbundenen Elemente, ist z. T. von Sprüngen durchsetzt, und zeigt undulöse Auslöschung. DBeigemengt sind zahlreiche Schüppchen von Serizit. Der Biotit ist stark getrübt und enthält Mikrolithen von Rutil und Brookit. Die wenigen Feldspäte sind stark verglimmert. Opakes Erz. Zweifellos aus den Alpen stammend. ‚Stengeliger, stark gepreßter Quarzitschiefer, dicht, mit etwas bei- gemengtem Feldspat und von zahlreichen Quarztrümmern durchsetzt. Sehr viel wahrscheinlicher alpin als vom Schwarzwald stammend. Weißlichgrüner, feinkörniger bis fast dichter Quarzit mit fast hornsteinartigem Habitus; ziemlich rein von anderen Beimengungen, namentlich von Glimmer. AÄhnlicher Quarzittypus im Schwarzwald un- bekannt. Stark quarzitischer roter Sandstein; nicht gepreßt. Verrucano. Noch ein zweites Stück ähnlich wie dieses mit schwach-milchig-weißen Quarzgeröllen, mehr konglomeratartig. Quarzite finden sich hier in Benken in sehr großer Zahl, sie sind | ziemlich vorherrschend gegenüber den übrigen Komponenten. Leider | wurden sie in der mir zur Verfügung stehenden Aufsammlung ebenso | wie die Sedimentärgerölle: Kalke, Hornsteine und Sandsteine, weniger | in Betracht gezogen, und so sind meine diesbezüglichen Angaben wohl sehr lückenhaft. Eine Gruppe verschiedenfarbiger Radiolarienhornsteine. Dunkler, stark umgewandelter Hornstein von sehr feinkörniger Struktur, die mitunter beinahe brecciös ausgebildet ist. Das Gestein ist ganz erfüllt von Radiolarien. In der kieseligen Grundmasse ist reichlich Caleit eingelagert, außerdem einige Quarzfragmente. Der ganze Schliff ist bestäubt mit einem schwarzen und braunen Pigment. Graugrüner Kalk. Das Gestein ist ein extrem kalkreicher Horn- | stein. Die Grundmasse bildet ein Gemenge von ziemlich grobkristallin | ausgebildetem Calcit und sehr feinkörnigem Quarz. Der Caleit zeigt starke Pressungserscheinungen und starke Zwillingslamellierung. Ein- zelne neugebildete Quarze.. Etwas Schwefeleisen und Spuren einer # brauneisenartigen Substanz. | (46) Cretaceischer Kieselkalk. Ein schwarzer, hornsteinartiger Kalk von ziemlich feinkörniger Struktur. Die Grundmasse ist ein ziem- lich feinkörniger, zelliger Calcit mit vereinzelten größeren Gebilden, die dann starke lamellare Streifung zeigen. Der ganze Kalk ist er- füllt von rundlichen Gebilden, die wohl von Organismen herstammen ; — 329 — sie sind vollständig umkristalliert und schwer erkennbar. Ganz ver- teilt in der Grundmasse treten einzelne allotriomorphe Quarze von körnig- kristalliner Struktur auf. In feinster Verteilung braune tonige Sub- stanz und Schwefeleisen.. Stammt vielleicht vom Pilatus. Von diesen dunklen cretaceischen Kieselkalken finden sich noch einzelne verschie- dene Stücke. Grauer oolithischer Kalk. Echinodermenbreccie. Eine feinkörnige hochkristalline Grundmasse ist ganz erfüllt mit oolithischen und brecciösen Gebilden von verschiedener Größe. Die Oolithe zeigen eine große Mannigfaltigkeit der Ausbildung; nur vereinzelt finden sich einige sog. Pseudoolithe. Schalenfragmente von Organismen ; zumeist Reste von Echinodermen. Etwas Schwefeleisen. Wohl dem alpinen Jura zugehörig. Flaserig dichter, grauer, hellaschgrau verwitternder Kalk, mit dem Seewerkalk der alpinen Kreide übereinstimmend. Eine Gruppe von Sandkalken und Sandsteinen, die zu den Flysch- gebilden zu rechnen sind. Einige Gerölle von knauerartigen Verhärtungen aus der unteren Süßwassermolasse. 5. Geschiebe aus den marinen Sanden von Lohn, Stetten und Büttenhard. Schatch gibt in der Arbeit: „Über einige Tertiärbildungen der Umgebung von Schaffhausen“ eine Zusammenstellung der hier ge- fundenen Geschiebe. Zu Vergleichszwecken ließ ich von einigen der- selben Dünnschliffe anfertigen, und ich gebe hier eine genauere Diagnose, wie sie sich durch das mikroskopische Bild ergibt. „Feinkörniger, granitischer Chloritgneis mit vorherrschendem weißem Orthoklas, Plagioklas und Quarz und wenig zahlreich beige- mengten Choritschüppchen sowie vereinzelten Blättchen von Muskovit. Körnchen von Granat, Apatit? und Rutil.‘‘ Die Feldspäte sind vorwiegend Orthoklas und Plagioklas, sie sind stark verwittert, grau bestäubt und mehr oder weniger stark epidotisiert. Der Quarz ist rein und zeigt undulöse Auslöschung. Muskovit ist reichlich vorhanden, während der Biotit ganz zurücktritt. Titaneisen. Scheint dem Eurit nahe zu stehen (Limmerntal im Linthtal, Val Gliems in Graubünden etc. Hrım). Ähn- liche in der Tertiärnagelfluh nicht selten, ob identisch? (GUTZWILLER und Heım.) „Glimmerarmer Granit. Kleinkörniges Gemenge von weißem Ortho- klas, wenig weißem Plagioklas, Quarz (stark vorwaltend), einzelne zer- streuten Schüppchen resp. Aggregate kleiner Schüppchen von weißem Glimmer.‘‘ Der Quarz ist stark in sich zertrümmert und zeigt undulöse Auslöschung. Ebenso zeigen auch die Feldspäte Pressungserscheinungen. In denselben, speziell im Orthoklas, starke Neubildung von Muskovit., Der Biotit ist stark gebleicht und zeigt die typischen lavendelblauen Farben. Die Struktur des Gesteins ist mikropegmatitisch. Geringe — 30 — Zeichen von Pressung sind vorhanden. ‚‚Nach Hrım weißer Granit wie er im Finsterahornmassiv (Obersandalpkessel, Maderauer-, Etzli- und Fellital, Berner Oberland) nicht selten ist. Vom Gotthardmassiv unbe- kannt.‘‘ Der Granit kann aber auch vom Schwarzwald stammen. „Undeutlich schieferiger, feinkörniger Amphibolit resp. Diorit- gneis. Gemengteile: weißer, öfters gelblich verwitterter Feldspat, wohl vorherrschend Plagioklas, soweit die fortgeschrittene Zersetzung noch erkennen läßt; Quarz (untergeordnet), Hornblende, Epidot, letztere wohl als Umwandlungsprodukte der Hornblende; Muskovit, Chlorit, Rutil.‘“ Das Gestein ist am Rande sehr stark chloritisiert und serpentinisiert und zeigt auch im Dünnschliff sehr starke Zersetzungserscheinungen. Vielfach sind die primären Mineralien umgewandelt. Plagioklas ist stark zersetzt und verglimmert, wobei der Albit weniger zersetzt erscheint als der Oligoklas. Der Quarz ist in Form kleiner, unregel- mäßig begrenzter Körner vorhanden, die undulöse Auslöschung zeigen. Die Hornblende ist meist stark chloritisiert. Das Titaneisen ist durch Zuführung von CaCO, in Leukoxen umgewandelt. „Ähnliche Gesteine in der miocänen Nagelfluh hin und wieder (Hrım und GUTZWILLER), anstehend aber auch in manchem Teil von Uri, Graubünden und im Linthgebiet (Hem).“ „Dunkelrauchgrauer, sehr feinkörniger Quarzit mit zahlreichen bis 2 mm großen Körnchen von zersetztem Granat.‘‘ Die Grundmasse bildet ein Mosaik von einzelnen kleineren und größeren Individuen, die größtenteils zahnförmig miteinander verbunden sind. Die größeren Individuen zeigen einen Zerfall in kleinere Elemente und besitzen undulöse Auslöschung. Der ganze Schliff ist übersät von einem Pigment von schwarzem Eisenerz, das mitunter zu kleinen Klümpchen zusammen- geballt ist. An Spalten und an den äußeren Rändern der einzelnen (Juarzindividuen häuft er sich an. Ganz besonders in die Augen fallend sind die Granate. Sie zeigen eine eigentümliche Maschenstruktur und sind siebartig durchbrochen von einzelnen Quarzpartikeln von ver- schiedener Größe. Der Granat ist farblos bis hellrot und ist ent- schieden doppelbrechend. Die Umgrenzung ist nicht ganz regelmäßig, doch zeigt sich die Tendenz zur Bildung des rhombendodekaedrischen Typs. Auch die Granate sind ganz durchsetzt mit Eisenerz. Auf einzelnen Sprüngen des Quarzits zeigt sich eine braunrote Substanz; einzelne (Juarzindividuen sind ebenfalls von einer solchen Substanz umkrustet, und anderseits treten stets im Zusammenhang mit Eisenerz braune isotrope Flecken auf. Eine syngenetische Bildung ist entschieden die Granatsubstanz, die im Wachstum gehemmte Kristalle bildet. „Anstehend unbekannt. Ob in der Nagelfluh, unsicher.‘ (Hxzım.) (8) S. Taf. XI. Fig. 3. „Dunkelgrauer Quarz mit splittrigem Bruch‘. Im Dünnschliff erweist er sich als reiner Quarzit mit deutlich klastischer Struktur. Es ist ein feinkörniges Quarzmosaik mit größeren Individuen, die z. T. undulöse Auslöschung zeigen. Manche zerfallen noch in einzelne Elemente. An den größeren Individuen ist deutlich ein Weiterwachsen zu beobachten. Einschlüsse von Mikrolithen. Nur vereinzelt finden sich einzelne Schüppchen und Aggregate von serizitischem Glimmer. — 331 — Der Schliff zeigt eine schwache Pigmentierung durch eine schwärzliche Substanz. „‚‚Jedenfalls anstehend in den näheren Alpen nicht bekannt,“ (Hzım.) „‚In der ostschweizerischen Nagelfluh fraglich; helle Quarze sind häufig, möglich, daß die dunklen auch vorkommen. (GUTZWILLER“.) ‚„Verrucanoartiger Quarzit.‘“ ‚Die licht-ölgrün, seltener rötlich ge- färbten Körner von Quarz sind durch ein ebenfalls quarziges Zement fest miteinander verbunden, und daher auf dem frischen Bruch nur undeutlich hervortretend. Glimmer in fast mikroskopisch kleinen, sehr fein zerteilten Schüppchen. Auch Feldspat in geringer Menge vor- handen.‘‘ Mikroskopisch zeigt das Gestein deutlich klastische Struktur mit kristalliner Grundmasse, es ist eine Art von Serizitquarzit. Die Quarze zeigen ganz analoge Ausbildung wie in (8). Das ganze Gestein ist durchsetzt von feinen Schüppchen von Sericit, der mitunter lagenförmig gehäuft ist. ‚‚Typisch für die oberen Lagen des Verrucano (Ianz, Lugnetz, Obersaxen, auch lokal im Linth- und Walenseegebiet); erratisch häufig.‘ (Hxım.) ‚In der Nagelfluh nicht mit Bestimmtheit nachweisbar.‘‘ (GUTZWILLER.) Bei der Vergleichung des Materials ist ohne Belang, daß die (Geröllvorkommen nicht stratigraphisch genau demselben Horizonte angehören; da das Sandmaterial der miocänen marinen Molasse ganz einheitlichen Charakter zeigt, so ist dies auch für die Geschiebe im allgemeinen anzunehmen. Im Verhältnis zu dem gewaltigen Geschiebematerial, das während der Glazialperiode in unseren Gegenden abgelagert wurde, sind die Geröllevorkommen in der Molasse ungemein spärlich. Und doch sind sie von hervorragender Bedeutung, weil sie gewisse Schlüsse über die während der Miocänzeit freigelegten Massive zulassen. Lehrreich ist in dieser Hinsicht vor allem eben ein Vergleich mit den Ge- schieben des Glazials. Die zur Gruppe der Amphibolgesteine gehörigen Stücke meiner Aufsammlung, 4 an der Zahl, sind solche Stücke, deren Ursprung auch in die Schweiz verlegt werden kann. Zweifellos jedoch fehlen ın den tertiären Geröllablagerungen die charakteristischen Diorite., Dioritschiefer und gabbroähnlichen Gesteine, z. T. reich an Epidot, wie sie in den glazialen Aufschüttungen und im Diluvium so überaus häufig sind, und die sich durch erstaunliche Mannipfaltigkeit in der Struktur und Korngröße auszeichnen. Das gleiche ist auch von den Serpentinen und serpentinartigen Gesteinen zu sagen. Im Tertiär sind sie ungemein selten, während sie sich im Glazial ungemein häufig finden. Sie zeichnen sich in diesen Ablagerungen durch die großen porphyrischen Diallage aus, die jedenfalls auf die bekannten mächtigen Serpentinstöcke von Graubünden zurückzuführen sind. en Was das Vorkommen von Gneisen in tertiären : Gerölläblage- rungen anbelangt, so sind sie nicht gerade zahlreich vertreten. In meiner Aufsammlung findet sich kein Augengneis, SCHMIEDLE erwähnt ein Stück und auch FRÜH nur einige wenige. Ferner kann zusam- menfassend bemerkt werden, daß die Gneise im allgemeinen glim- reich sind, und daß Muskovitgneise ebenso häufig wie Zweiglimmer- gneise vorkommen. Die Gneise vom Typus der Erstfelder Eruptiv- gneise, wie sie beispielsweise unter den Glazialgeröllen nicht allzu- selten sind, fehlen vollständig. Im großen ganzen ergibt sich für die von Gneisen vertretenen Gesteine des Glazialschuttes einerseits und des Tertiärs andererseits, daß sie möglichst wenig Überein- stimmung zeigen. Reichlich vertreten ist im Tertiär die Gruppe der Granite und Granitporphyre. Ausdrücklich zu betonen ist, daß die typischen grobkörnigen Granite, die im Glazial häufig sind, im Tertiär fehlen. Was den weißen Granit betrifft, so besteht eine zweifellose Über- einstimmung zwischen den Protogynen, die stellenweise in den gla- zialen Aufschüttungen häufig sind; ein Stück meiner Sammlung stimmt mit einem solchen überraschend überein. Dagegen fehlen die auch im Glazial sehr häufigen Protogyne, die von Albit- und Epidot- schnüren durchsetzt sind. Wie schon hervorgehoben, fehlen die charakteristischen Alpengranite; der typische Protogyn ist unter den zahlreichen Granitgeschieben, die meine Sammlung aufweist, nicht vertreten!. Eine besonders charakteristische Gruppe der kristallinen Ge- schiebe im Tertiär bilden die roten Granite, die bekanntlich im Gla- zıal fehlen. Im Tertiär wiederum fehlen die entsprechenden Sericitschiefer und Serizitquarzite, die man in den glazialen Aufschüttungen eben- falls häufig findet. Auch die verrucanoartigen Gesteine, die im Gla- zial in so großer Zahl und erstaunlicher Mannigfaltigkeit vorkommen, treten im Tertiär wiederum stark zurück. Letztere sowie vor allem die Hornsteine, Kalke und Kalksandsteine sind für die Decken, die durch die Faltungsprozesse überschoben sind, charakteristisch und bieten kein besonderes Interesse für vergleichende Studien. Bei den vorliegenden Vergleichungen handelt es sich in bezug auf das glaziale Material um Geschiebe des Rheintalgletschers. Da ' Frün erwähnt (S. 45 Nr. 2) das Vorkommen eines Granits, der einem grobkörnigen Juliergranit entspricht, ebenso finden sich unter meinem Material einige typische Juliergranite. — 33 — die für diesen typischen und häufigsten kristallinen Felsenarten im Tertiär fehlen, und überhaupt die heute am massenhaftesten in den Alpen entblößten Gesteine fehlen, so ist daraus zu schließen, daß während der Miocänzeit wohl die meisten der jetzt entblößten Kerne noch von Deckenmaterial über- lagert waren. Andererseits weist jedoch das Vorkommen von kristallinen Geschieben von alpinem Habitus in den marinen Schichten darauf hin, daß bereits im Miocän ein Teil der Massive von den Deckenschichten freigelegt war. Wenn daher ScHMIEDLE zu dem Schlusse kommt, daß ein „ter- tiärer Rhein“ die von ihm beschriebenen Gerölle in der marinen Mo- lasse bei Überlingen angeschwemmt haben könnte, so ergeben die obigen Beobachtungen zweifellos, daß dieser tertiäre Fluß auf keinen Fallals „Rhein“ aufgefaßt werden kann. Am aufallendsten ist jedoch das Vorkommen der roten Granite und Granitporphyre in den mio- cänen Geröllablagerungen. Sie fehlen in Glazial- und Diluvialablage- rungen völlig, und auch aus den Alpen sind sie nirgends als anstehen- des Gebirge bekannt. Sie zeigen entschieden Verwandtschaft mit den roten Graniten und Granitporphyren des Schwarzwaldes, ja teil- weise lassen sie sich direkt mit heute im Schwarzwald anstehenden Gesteinen identifizieren. So bemerkt bereits QuEnSTEDT bei Erwäh- nung von Geröllen in dem Baltringer Muschelsandstein: „Besonders interessant sind unter vielen anderen Urgebirgsarten die „Heischroten Granite“ mit dunklem Magnesiaglimmer, die an Heiterkeit der Farbe den nordischen Graniten nicht nachstehen. Aus den Alpen können sie nicht stammen, viel eher aus dem Schwarzwald (woher sie viel- leicht durch das Donautal herabkamen)“. Bei allen Untersuchungen über miocäne Nagelfluhe und Geröll- lagerungen am Rande der Alpen und im Vorland derselben wurde stets das Vorkommen von roten Graniten und Porphyren beobachtet. Dieses Vorkommen führte STuper in seiner „Monographie der Molasse* 1825 zur Ableitung dieser Gesteine aus dem Schwarzwald. Später kam er hievon ab, und stellte in seiner „Geologie der Schweiz“ (I. Bd. S. 373) die Hypothese auf, wonach in der vormiocänen Zeit längs des Nordrandes unserer Schweizer Alpen granitische Vorberge existiert haben sollten, welche durch gewaltige Brandung denudiert wurden und aus deren Detritus sich die kristallinischen Silikat- gesteine mit rotem Feldspat ableiten würden. GümßeL bezeichnete später hin dieses mutmaßlich versunkene Alpenrandgebirge als identisch mit dem sog. „Vindelizischen Gebirge“, welches zur Triaszeit in der — 34 — schwäbisch-bayerischen Hochebene als Hochgebirgskette aufragte, und alpine und germanische Trias trennte. Hrer hat die teilweise Übereinstimmung der Nagelfluhgerölle mit den Gesteinen des Schwarzwaldes dadurch zu erklären versucht, daß er einen Ausläufer des Schwarzwaldgebirges sich bis zum Napf erstrecken ließ. GUTZWILLER ‘dagegen vermutete, daß eine genaue Vergleichung der kristallinischen Gesteine des östlichen Teiles der Schweizer Alpen sowie der Ostalpen mit den kristallinen Gesteinen der Nagelfluh- auf südöstliche und östliche Herkunft der Nagelfluh hinweisen würden. Frür’s Studien veranlassen ihn nicht zur Annahme der StupEr- schen Hypothese eines versunkenen Alpengrundgebirges. „Die Se- dimentärgesteine drängen mich zur innersten Überzeugung, es müssen die kristallinen Felsarten ebenfalls im Innern der Alpen gesucht werden.“ Und auf Grund der Untersuchung der wichtigsten in der Nagelfluh vorkommenden Gesteine kommt er zu dem Schluß, daß für einen Teil derselben identische und für scheinbar exotische zum mindesten sehr ähnliche in dem südöstlichen Alpengebiete anstehende Gesteine gefunden werden. Bedenken gegen die alpine Abstammung der Nagefluh verursachten ihm nur die auffälligen roten Granite, in- dessen teilte TEeLLER- Wien Frün mit, daß im Granitgebirge von Brixen wiederholt Gesteinsabänderungen beobachtet wurden, ‚welche den ihm von FrünH eingesandten roten Graniten und Granitporphyren entsprechen könnten. Ferner weist FRÜH auf gewisse Brecciengranite mit rötlichem Feldspat hin und betont nachdrücklich, daß in vielen Fällen die rote Färbung der Nageifluhgranite nicht primär war, sondern durch Verfärbung entstanden ist. Weiterhin nımmt er an, daß die Wasser- scheide der Alpen in der vormiocänen Zeit und vor erfolgter Hauptfaltung weiter nach Süden vorgeschoben war als heute, daß ein aus Graniten, Granitporphyren und Porphyren zusammengesetzte Landmasse von Westtirol über das südöstliche Bünden, die Lombar- dischen Alpen, Lugano, Arcona bei Biella bestanden hätte, und daß die roten Granite und Porphyre mit anderen massigen Gesteinen größtenteils von diesem Eruptivgebiete Westtirol, Engadin, Veltlin bis Lago Maggiore abstammen dürften. | Gegen Frün’s Auffassung erhob sich bald lebhafter Widerspruch vor allem gegen die Anwendung derselben auf die übrigen miocänen Nagelfluhbildungen. Verschiedene lokale Studien an solchen erwiesen die zumeist ganz lokale Ausbildung der Nagelfluh, und im weiteren ARE wurde die Stuper’sche Hypothese von den verschwundenen Rand- gebirgen wieder in die Diskussion gezogen. So betont Frey, daß die Gerölle der bunten Nagelfluh der Gunterschlucht am Thuner See nicht mit den Gesteinen der Berner Alpen übereinstimmen, und daß nur wenige kristallinische Gesteine vom Gunten Affinität mit ostschweizerischen Geröllen aufweisen. Vor allem forderte das Vorkommen der exotischen Granite in dem Flysch (Typus Habkern) zum Vergleich mit den roten iden- tischen Graniten der Nagelfluh, welche speziell charakteristisch für die bunte miocäne Nagelfluh sind, heraus. STEINMANN leitet daher die subalpine Nagelfluh von den fertigen Decken der Klippen her. Gegen ihn wendet sich A. Heım mit der Annahme: „Es soll nicht behauptet werden, daß die Herkunft eines Teiles der Nagelfluhgerölle aus den noch jugendlichen höheren (le- pontinischen und ostalpinen) Decken ausgeschlossen sei; aber eine Ableitung der Gerölle aus den fast oder ganz fertigen Decken ist entschieden unrichtig. Vielleicht wird man einmal finden, daß die exotischen Blöcke im Flysch mit den entsprechenden Nagelfluh- geröllen den gleichen Ursprung haben.“ PıauL Beck leitet die exotischen Granite von einer heute der Erosion verfallenen eocänen und präeocänen Decke her, „der Habkern- decke“. ‚Wir müssen annehmen, daß andere zur Eocänzeit noch nicht abgetragenen Teile der Decke auch noch die zahlreichen Quar- zite und die vielen kristallinen Gesteine unbekannter Herkunft, die man in der Nagelfluh findet, enthielten.“ SCHMIEDLE, der dieses Problem bei seiner Gerölluntersuchung eingehend erörterte, kam zu dem Schlusse, daß zur Ablagerungszeit der Gerölle im mittleren Miocän, südlich oder südöstlich des Mo- lassemeeres, ein großes Flyschgebirge mit roten Graniten und den mittleren alpinen Decken sich ausdehnte, und die exotischen Granite des Flysches entweder als Decke oder in primärer Form als Vindeli- zisches Gebirge vorhanden waren. Merkwürdig ist, daß in dem von SCHMIEDLE beschriebenen Geröll- horizont die Komponente der Flyschgerölle 57,64 %, beträgt, während diese in Baltringen fast völlig fehlen, und andererseits auch in Stetten etc. und Benken nur schwach vertreten sind. In Benken wie in Baltringen finden sich dagegen rote Granite und Granitporphyre ungemein zahlreich. Dieses eigentümliche Verhältnis der Flysch- gerölle zu den roten Graniten scheint mir darauf hinzuweisen, daß im großen ganzen die Geröllablagerungen nicht als schlankweg vom — Wale Flysch herstammend bezeichnet werden dürfen, wenn auch zweifel- los ein Teil wenigstens diesen Ursprung hat. Gerade das ungemein häufige Auftreten von roten Graniten und Granitporphyren in der bunten Nagelfluh in z.T. ziemlich großen Geröllen und vor allem die große Verwandtschaft dieser Gerölle mit heute im Schwarz- wald anstehenden Gesteinen spricht meines Erachtens unbedingt da- für, daß sie Aufbereitungsprodukte des mutmaßlichen Vindelizischen Gebirges darstellen. Hinzuweisen wäre hier noch auf einige Gneise und Granitgerölle, die den Granitgneisen des südlichen Schwarzwaldes angehören. Zur Genesis der pisolithischen Gebilde. In den Ablagerungen der verschiedenen Tertiärperioden finden sich fast durchweg am Strande kleinerer und größerer Becken eigen- tümliche runde oder knauerige konkretionsartige Gebilde, die sogen. Pisolithe, entweder als einzelne Kugeln oder aber zu größeren unregelmäßigen Klumpen verkittet, mitunter auch in Form von brecciösen Kalken. Die Größe dieser Gebilde schwankt von Steck- nadelkopfgröße bis nahezu Faustgröße. Meist zeigen sie etwas un- regelmäßige Formen, besonders in den Knauern und Kalken, während sie in den roten Mergeln häufig nahezu kugelig ausgebildet sind. Quenstepr erklärt diese Bildungen als durch Übersinterung entstanden nach Art der Sprudelsteine!, ebenso beschreiben sie auch Lersius und Reuss aus dem Mainzer Becken als lokale Quellsinterbildungen. Und O. Fraas* schreibt über die Pisolithbildung bei Besprechung der Stubersheimer pisolithischen Mergel: „Die Kalkpisolithe dieses Ortes zusammen mit den blutroten Tonen machen den Eindruck von un- fertigen Bohnerzgebilden, lassen aber über das geologische Zusammen- gehören beider keinen Zweifel. Sie erschienen als Niederschläge am alten Tertiärufer, das gleich den heutigen Meeresufern hier Ge- schiebe führte, dort Sand und Schlamm in eisenhaltigen Lagunen an einer tropischen Küste durch Agglomeration Kalkpisolithe und Bohnerz bildete.* Auch Ense betrachtet Pisolith- und Bohnerzbildung als analog, wohl im Hinblick auf die frühere Ansicht über das Ent- stehen der Bohnerze als Sinterbildung aus eisenhaltigen Quellen. Der Unterschied im Aufbau ist jedoch so augenfällig, daß wir un- bedingt diese beiden Bildungen scharf trennen müssen; allerdings ! Einzig die Laichinger Pisolithe stellen typische Sprudelsteinbildungen dar. | ® Begleitworte zu Blatt Heidenheim. 1874, S. 11. ee ı Tr. Win ern a in 9 EL —j1 =- Bu — sind manche Pisolithe, besonders in den roten Mergeln, intensiv rot gefärbt, sie stellen jedoch rein kalkige Gebilde dar, während die Bohnerze, die bekanntlich durch Sekretionsbildungen in lateritischer Grundmasse gebildet werden, ein Kieselskelett besitzen. Häufig ent- halten auch die Pisolithe Steinkerne von Heliciden als Einschlüsse. Meist handelt es sich hier um Gebilde mit einem dichten Kern, der von einer mehr oder weniger stark konzentrischen Schale umrindet ist. Der eigentliche Mittelpunkt fällt fast nie mit dem geometrischen zusammen. Zu betonen ist noch das Fehlen jeglicher radialen Faserung. Die Pisolithe aus den roten Mergeln vom Zollhaus bei Randen bilden mehr oder weniger regelmäßige rundliche Knollen. Im Innern besitzen sie eine kompakte Kernmasse, die Struktur besteht haupt- sächlich aus sehr feinen konzentrischen Schalen von z. T. glasheller dichter, z. T. pigmentierter und weniger dichter Substanz. Die Ge- bilde sind teilweise walzen- bis eiförmig, andere wieder kugelrund. Die Breite der konzentrisch-schaligen Umhüllung schwankt bei den einzelnen Stücken sehr stark. Nicht selten finden sıch als Kerne Helix-Steinkerne, die ebenfalls mit einer schaligen Kruste umhüllt sind. Im Dünnschliff erweisen sie sich als zusammengesetzt aus meist mikroskopisch kleinen pseudoolithischen Gebilden von verschiedener Größe, die durch Beimengung von Eisenhydroxyd meist rötlich ge- färbt sind. Seltener finden sich Kalktrümmer von unregelmäßiger Form oder aber Mineralfragmente, die mit einer Kalkkruste umrindet sind. Diese sind alle eingebettet in eine feinkörnig-wolkige Grund- masse, die zuweilen auch grobkristallin ausgebildet ist; diese grob- kristallinen Stellen sind fast durchweg hell gefärbt. Mitunter ent- halten die Pisolithe auch kleine Pisolithe im Innern, meist nur aus Kern und schwacher Kruste bestehend. Gelegentlich finden sich Spuren von Schwefelkies und winzige Kügelchen von brauneisenartiger Substanz. Während das Innere eine regellose Zusammenballung dar- stellt, ist nach außen hin in den konzentrisch-schaligen Lagen die Grenze der Zonen bald scharf, bald verschwommen ausgebildet: meist zeigen die verschiedenen Zonen auch eine schwache Ver- schiedenheit in der Färbung. Bei Färbung durch beigemengtes Eisen- hydroxyd sind die einzelnen Lagen sehr schön zu beobachten, wäh- rend in den aus reinem Calcit gebildeten Pisolithen die Struktur nur undeutlich zu beobachten ist. Die einzelnen Schalen zeigen nicht wie bei den Oolithen eine wohlgebildete konzentrische Ausbildung, sondern sind verschieden dick und zeigen eine Art von gewellter Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. 22 —_— 338 — Struktur, welche beim Alternieren von hellen und stark pigmentierten Lagen prächtig zum Ausdruck kommt. Die Pisolithe aus den roten Mergeln von Bergach lösen sich vollständig in verdünnter Salzsäure auf, unter Hinterlassung eines geringen tonigen hückstands und einiger weniger Mineralfragmente. Sie, wie auch die Pisolithe von anderen Fundorten, weisen einen geringen Gehalt von Phosphorsäure auf. Sie enthalten meist einen schon mikroskopisch deutlich hervortretenden Kern oder auch mehrere kleine Kerne. Häufig sind die großen Kerne von einer im Verhältnis zurücktretenden Hülle umgeben; die unregelmäßige Form des Kerns wird durch die Hülle ausgeglichen. Eingelagert sind kleine Bohn- erzkörnchen und Oalcitfragmente mit Hämatit. Im Dünnschliff zeigen sie ebenfalls eine vorwiegend feinkörnig-wolkige Grundmasse | mit zahlreichen pseudoolithischen Gebilden. Sie enthalten fast keine Mineraleinschlüsse, dagegen gelegentlich kleinere und kalkige Kügelchen unregelmäßig verteilt. Häufig finden sich Heliciden ein- gerollt. Am interessantesten und vielseitigsten ist die Ausbildung in den pisolithischen Kalken, wie z. B. bei den Äpfinger— Walpertshofener Bildungen. In der Grenzschicht, „den roten Mergeln“, finden sich zahllose Kalkkonkretionen in jeder erdenklichen Form, walzenförmig kugelig, ellipsoid, ganz unregelmäßig. Zuweilen sind sie zusammen- geballt zu einem Aggregat mehrerer Knollen, und bilden so mit- unter die bizarrsten Gebilde. Gelegentlich läßt sich auch krusten- förmige Entwicklung beobachten, so stellen manche Knauer Um- krustung von Tonklumpen dar. Die pisolithischen Kalke selber | bilden keine durchgehende Schicht, sondern bestehen aus lauter ein- | zelnen größeren und kleineren Massen. Bei der Anwitterung zeigen sie oberflächlich eine gekröseartige Ausbildung. Die meisten pisolithischen Knauer zeigen bei der mikro- skopischen Betrachtung eine Art Achatstruktur, die durch den Wechsel von mehr oder weniger gelb und rötlich gefärbter und | heller Schalenbänder erzeugt wird. Die bunte Färbung ist natürlich auf verschiedene Oxydationsstufen von Eisenverbindungen zurück- zuführen. Die Bänder sind nicht gleichförmig entwickelt, an man- | chen Stellen sind sie viel zahlreicher vorhanden, an anderen fehlen #| sie fast völlig, und fast durchweg sind sie verschieden breit. Die Größe der einzelnen Gebilde schwankt sehr, die mittleren zeigen | etwa 1,5—0,5 cm im Durchmesser. Im Innern besitzen sie fast durch- # weg einen gleichförmigen Kern, der von einer ungemein stark ent- — 339 — wickelten Schale: umgeben ist. Bei der Anwitterung tritt die schalige Ausbildung sehr stark hervor. Ungeheuer zahlreich und in ganz unregelmäßiger Verteilung, sowohl im Kern als auch in den Schalen- teilen, enthalten sie Einschlüsse von Mineralfragmenten. Die Frag- mente sind durchweg sehr klein, und sind ganz regellos in die Grundmasse eingebettet. Es findet keine Umkrustung statt, wie dies z. B. beim Karlsbader Sprudelstein der Fall ist. Die Pisolithe zeigen im Dünnschliff ebenfalls eine feinkörnig-wolkig caleitische - - Grundmasse mit zahlreich eingelagerten pseudoolithischen Gebilden, selten ist der Caleit grobkristallin ausgebildet. (S. Taf. XI, Fig. 6.) Schale und Kern bestehen aus derselben Substanz, nur sind die einzelnen Krusten durch mehr oder weniger zahlreich beigemengtes Pigment getrübt. Nirgends zeigen die Ränder eine Orientierung wie z. B. die Karlsbader Sprudelsteine, sondern die sie bildende Substanz bildet ein regellos verfilztes Aggregat. Prachtvoll entwickelt zeigen sie dagegen eine wellige Bildung, welche an die Fluidalstruktur mancher Gesteine erinnert, wie dies auch Abbildung 5 auf Taf. XI zeigt. Ganz dieselbe Ausbildung zeigen auch die krustenförmigen Überzüge über manche Knauern und Tongallen. In Salzsäure lösen sie sich bis auf einen tonigen flockigen Rückstand mit beigemengten Mineral- fragmenten völlig auf. An Quarzen zeigen sich Regenerations- erscheinungen, wobei die Neubildungen zahlreiche calcitische Mikro- lithen einschließen. Die pisolithischen Kalke selber zeigen eine Art brecciöser Struktur; das kalkige Zement, das die einzelnen Piso- lithe verkittet, besteht vorwiegend aus feinkörnig-wolkiger cal- citischer Masse und enthält zahlreiche pseudoolithische Gebilde ein- geschlossen. Ganz ähnlich sind auch die pisolithischen Kalke von Hohen- memmingen ausgebildet; nur sind hier die einzelnen Pisolithe durch- weg gleichmäßig ‘als rundliche Kugeln mit konzentrischer Schalung von durchschnittlich gleicher Größe ausgebildet. Die übrigen mir vorliegenden Handstücke von pisolithischem Kalk zeigen alle Über- gänge von einheitlicher bis zu ganz unregelmäßiger Ausbildung wie bei Baltringen. Die vorliegenden Beobachtungen zeigen, daß diese sogen. Piso- lithe nicht identisch sind mit den für gewöhnlich als Pisolithe oder Oolithe bezeichneten konkretionären Bildungen, sondern eine ver- schiedenartige Bildung darstellen. Bereits E. Fraas weist darauf hin: „Pisolithe sind nämlich anorganische, kugelförmige Quellabsätze wie der. Erbsenstein von Karlsbad oder Laichingen; hier handelt es 22 + — 340 — sich aber um große kugelige Gebilde von schaligem Aufbau, deren Ursprung organisch ıst, und auf Algen aus der Gruppe der Codiaceen zurückgeführt werden muß.“ Wie die vorhergehende Beschreibung der Pisolithe zeigt, fehlen aber bei diesen Gebilden jegliche darauf hinweisenden Strukturverhältnisse, vor allem die für die Algen charak- teristischen Schläuche, und so müssen wir auch diese Gebilde als rein anorganischen Ursprungs ansehen. Die Kernmasse stellt lediglich eine Zusammenballung von Kalkschlamm dar, dieser verhärtet und wird an den flachen Ufern hin und her gerollt, wobei sich aus dem kalkig-schlammigen Wasser eine kalkige Kruste um den Kern nieder- schlägt, die mehr und mehr weiterwächst. Die Fluidalstruktur der Schalenblätter gerade weist auf eine Rollung hin, und entstand da- durch, daß der sich verhärtende Kalkschlamm bei der Rollung den Unebenheiten des Bodens sich anpaßt. Die z. T. ungleichmäßige Ausbildung der Schalenkrusten bei einzelnen Gebilden weist auf nur teilweise Rollung hin. Und weiter müssen wir annehmen, daß, wenn die Pisolithe eine gewisse Größe erreicht hatten, sie vom Wasser nicht mehr transportiert werden konnten. So erklärt sich die ziem- liche Größe verschiedener Pisolithvorkommen. Ebenso werden Helix- Steinkerne auf diese Weise eingehüllt, und ganz ähnlich haben sich wohl auch die krustenförmigen Überzüge gebildet. Eine ähnliche Bildung wird aus amerikanischen, langsam fließenden Gewässern be- schrieben: „Aus dem mit Tontrübe übersättigten Wasser schlägt sich der Ton wie der Rahm ın der Milch sich zusammenballend nieder, sich zu größeren Klumpen und Knollen vereinigend, die vom Fluß langsam weitergerollt werden und durch Aufnehmen von Sand eine größere Festigkeit erhalten.“ Im Gegensatz zu diesen Bildungen finden sich in den ober- miocänen Kalken von Engelswies eigenartige Gebilde, die unter Mit- wirkung von Algen entstanden sind. Die dort sich findenden Petre- fakten, vorwiegend Neritina, Melania, Melanopsis und Limnaeus, sind eigentümlicherweise „mumifiziert“ erhalten. Die meist hohlen Mu- scheln sind vollständig von einer schaligen kalkigen Kruste einge- hüllt; diese ist meist so dünn, daß die Form des Fossils noch deut- lich erkennbar ist. Es handelt sich hier um Mumienbildung, d. h. um vollständige Einhüllung von Schalenresten durch andere Orga- nismen unter teilweiser Beibehaltung der Form des eingeschlossenen Körpers. Die Schale wird von der umhüllenden Substanz in sehr regelmäßiger Form umkrustet, ganz ähnlich wie bei den Pisolithen, nur im Gegensatz dazu ganz konzentrisch-schalig. Eigentümlich ist — 341 — der Verlauf der einzelnen Schalenbänder, sie zeigen eine wellig ge- säumte Form, die durch regelmäßig auftretende warzenförmige Bil- dungen erzeugt wird. Dei starker Vergrößerung zeigen diese Ge- bilde eine regellos verfilzte wolkig-feinkörnige Grundmasse mit kleinen grobkristallinen Flecken. Sie bestehen völlig aus kohlensaurem Kalk und besitzen keinerlei Pigmentierung, so daß die einzelnen Krusten nicht so deutlich hervortreten. An den Stellen mit warzenförmiger Erhöhung zeigt sich eine Anzahl dieser Erhöhung parallel ent- sprechenden Linien, die sich nach innen zu verengern und an Quer- schnitten durch Algenschläuche erinnern. Mikroskopisch betrachtet, beobachtet man an Querschnitten durch die Mumie an einzelnen Schalen radıale Bälkchen von dichter Masse, dazwischen durchsich- tigen Caleit. Die radialen Bälkchen stellen wohl Faserstränge dar und sind hier ziemlich parallel angeordnet. So beobachtet man im Schliff meist ein paar solch radialer Bälkchen intermittierend mit einer oder mehreren des welligen Saumes. Die Faserzüge und die Zwischenräume sind äußerst fein ausgebildet, und da der ganze Körper von Gesteinsmasse durchdrungen ist, so ist es nicht möglich, die Gebilde näher zu bestimmen. Neben diesen Mumien finden sich auch unregelmäßig und lang- oder kurzzylindrische runde Körper. Im Innern sind sie völlig leer, da- gegen zeigt die Schale denselben Aufbau wie die der Mumien. Sie scheinen wohl als Umkrustungen von Pflanzenresten aufzufassen sein. Weiterhin besitze ich vom gleichen Fundort ein unregelmäßig kugelförmiges Gebilde, das ebenfalls einen ziemlich dünnen analogen Schalenteil besitzt, und deren Kern aus mehr oder minder parallel geordneten, stets etwas gekrümmten, röhrenförmigen Gebilden be- steht. Sie bestehen aus einem feinkörnig-wolkigen Kalk: der Raum zwischen den einzelnen Röhren ist entweder von grobkristal- linem Calcit erfüllt, oder ist auch ganz leer. Hinzuweisen wäre noch darauf, daß die einzelnen Zonen der Schale ungleichmäßig dünner und dicker ausgebildet sind. Eine Erklärung dieser Bildung gibt eine Beobachtung von ©. Fraas" ım August 1882 an der Kalktuffstelle zwischen dem Storchenhaus und Kümmerazhofen (OA. Ravensburg). Er beobachtete hier die Entwicklung einer Chaetophoracee der Draparnaldia Ac. von den ersten hauchartigen Anflügen bis zur Steinknollenbildung. Späne und Splitter einer dort geschlagenen Tanne wurden von der ! Begleitworte zu Blatt Ravensburg und Tettnang. Stuttgart 1883. S. 13. — 342 — schleimigen Alge vollständig überzogen, teils siedelten sich neue an in Gestalt von einfachen, mit dem Auge kaum sichtbaren Schleim- pünktchen. Aus den anfangs kaum sichtbaren Gallertflecken wird ein kleines linsenförmiges Polster von Schlauchspitzen. Die linsen- förmige Alge wächst nun weiter, sammelt zwischen den einzelnen Schläuchen glänzend helle durchsichtige Kalkkörperchen an, die durch den Schleim, aus den Schläuchen gekittet, ein immer festeres Substrat für die Pölsterchen abgeben. Sie werden rasch erbsengroß, wie kleine Bohnen, Kirschen oder Nüsse, und später ballen sich die abgesetzten Kalkkörperchen zu kleinen Knauern zusammen. Schneidet man eines der grauen, schlüpfrigen Knöllchen in der Mitte entzwei, so liegen in konzentrischer Anordnung Halbkreisbögen übereinander je von 2—3 mm Durchmesser. Nimmt der Knauer durch Zufall eine andere Lage ein, so entstehen abgerundete Knauer, vollständig konzentrisch-schalig, die in ihrem Kern verhärten, auf der Außenseite aber noch schlüpfrige Algen sind. Daß die Alge jeden Gegenstand, Stroh- und andere Hälmchen, Tannenzweige mit ihren Nadeln, Zapfen mit ihren Schuppen, überhaupt Gegenstände von der verschiedensten Gestalt überzieht und inkrustiert, versteht sich nahezu von selbst. Wir finden daher die merkwürdigsten Gestalten meist röhren- förmiger Art, wenn der Körper selbst in der Kalkhülle zugrunde gegangen ist. | Eine ähnliche Bildung von Mumien oder Oolithpuppen beschreibt STEINMANN aus den südlichsten Juraablagerungen des Elsaß (Pfirt), aus dem Breisgau (Badenweiler), von Muttenz und Delsberg, welche sich über dem mächtigen Oolith mit Ostrea acuminata und Echino- brissus bengeri in einen unter mergeligen und oben kalkigen Bank finden. Hier handelt es sich um Umhüllungen von großen Fossilien von Nerineen, Stacheln von Echiniden, Molluskenschalen usw. „Die umgebenden Hüllen, die zuweilen so dünn sind, daß die Form des eingeschlossenen Fossils noch deutlich erkennbar ist, sind von Phae- tronen gebildete Netzwerke.“ Die Puppen von Badenweiler sind meist roh verkieselt. Auch in den älteren Tertiärbildungen von S. Giovanni llarione im Vicentin finden sich nach Steınmann solche Mumienbildungen. Allein der umhüllende Organismus war in diesem Fall kein Tier, sondern ein Vertreter der kalkabsondernden Florideen, ein Lithothamnium. Weiterhin können nach Steınmann dieselben Bil- dungen auch auf anorganischem Weg durch einfache Inkrustation von kohlensaurem Kalk hervorgerufen werden; er erwähnt solche aus Bächen, welche durch Kalkmergel des Keupers fließen. Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. 71. Jahrg. 1915. Einzuschalten nach 8. 343. Literatur. Bac#: Geognostische Karte von Württemberg. 1860. — Eiszeit. Ein Beitrag zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse in Ober- schwaben. Diese Jahresh. 1869. BAurR: Über den Bohrversuch auf Braunkohlen in Ochsenhausen. Schwäb. Kronik 1879. 17. Jan. No. 15. — Über die Bohrung in Ochsenhausen. Schwäb. Kronik 1881. 3. Febr. No, 28. Beck, Paun: Berner Kalkalpen und die Entstehung der en Nagelfluh. Eclogae Helv. Vol. XI. 1911. Brapy: Report on the scientific results of the Voyage of H.M.S. Uhallenger. Zoology. Vol. IX. London 1884. Uayeux: Contributions & l’etude micrographique des terrains sedimentaires. Soc. min. du Nord. Lille 1897. CoLLET et Lew: Recherches sur la Glauconie. Proceedings of the Roy, soc. of Edinburgh. 1906. Bd. 26. | Dicke : Bildung der Molassegesteine in der Schweiz. Neues Jahrbuch f. Min. 186+. De£rEer&r: Note sur la classification et le parallelisme du syst&me miocene. Bulletin de la soe. geol. de France 1892. Doss: Über die Natur und Zusammensetzung des in miocänen Tonen des Gr ' Samara auftretenden Schwefeleisens. Neues Jahrb. f. Min. Beil.-Bd. 32. 1912. ENGEL: Geognostischer Wegweiser durch Württemberg. Stuttgart 1908. 3. Aufl. Fraas, EB.: Die geologischen Verhältnisse des Oberamts Ulm in Beschreibung _ des Oberamts Ulm, herausgegeben vom Kgl. Württ. stat. Landesamt. 1897. — Die Tertiärbildungen am Albrand in der Ulmer Gegend. Diese Jahresh. 1911. 67. Jahrg. Frey: Zur Heimatbestimmung der Nagelfluh. Beilage zum Jahresbericht 1892 über das städtische Gymnasium in Bern. ; Frün: Beiträge zur Kenntnis der Nagelfluhe der Schweiz. Denkschriften der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft. Bd. XXX. 1888. GARDENER: The physical origin of certain concretions. Journal of Geology. 16. Chicago 1908. Geognostische Karte von Württemberg im Maßstab 1:50000. Hiezu die Be- gleitworte. GRABER: Eisenreiche Kernkonkretionen aus dem Quadersandstein der nordböhmi- schen Kreideplatte. Neues Jahrbuch f. Min. Beil.-Bd. 25. 1908. GüMBEL: Geologie von Bayern. GuUTMANN: Gliederung der Molasse und Tektonik des östlichen Hegaus. Mit- teilungen der bad. geol. Landesanstalt. VII. Pd. | — 345b — GUTZWILLER! Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Lieferung 14 u, 19. Molasse und jüngere Ablagerungen. | — Die eocänen Süßwasserkalke im Plateaujura bei Basel. Abhandlungen der schweiz. paläontol. Ges. Vol. XXXII. 1905. Zürich. HEER: Die Urwelt der Schweiz. 2. Aufl, Heim, A.: Zur Frage der exotischen Blöcke im Flysch nebst einigen Bemerkungen über die subalpine Nagelfluh. Eclog. Helv. IX. Bd. 1906. Lane: Das vindelizische Gebirge zur Keuperzeit. Diese Jahresh. 1911. Bd. 67. Levge: Beiträge zur Kunde der ‚Jura- und Süßwasserkalke, insbesondere der jüngsten Sübwasser- und Kreideformation. Ulm 1839. Levze: Die Citharellenkalke und der Grobkalk des Randen. Inaug.-Dissert. Tübingen. Manuskript. Linoen, Gräfin v.: Die Indusienkalke der Hürbe. Berichte des oberrhein. geol. Vereins. 1890. 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Diese Jahresh. 1879. | — Über einige Lokalitäten in der oberschwäbischen Molasse. jorehe J uhr 1888. — Früherer u. jetziger Stand der Geologie in Oberschwaben. Diese Jahresh. 1894. — Bedeutung der Versteinerungen der oberschwäbischen Meeresmolasse. Diese Jahresh. 1895. — Verzeichnisse zur Bibliothek u. den Abhandlungen von Pfarrer Dr. J. Prosst. Biberach 1904, REGELMANN: Trigonometrische Höhenbestimmungen u. Notizen über den Gebirgs- bau für die Atlasblätter Ehingen, Laupheim und Riedlingen. Stuttgart 1877. — Trigonometrische und thermometrische Höhenbestimmungen für die Atlas- blätter Biberach, Ochsenhausen und Saulgau. Stuttgart 1882. Revss: Katalog der Eserschen Sammlung. Gymnasialprogramm Ulm 1850. Ros«: Zur naturwissenschaftlichen Kenntnis Oberschwabens. Gymnasialprogramm Ehingen 1852. Rownıer: Revision de la Stratigraphie et de la Tectonique de la Molasse au Nord ‚les Alpes en general et de la Molasse subalpine suisse en particulier. Neue Denkschriften der schweiz. naturforsch. 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An einer Stelle des Hürbebettes fanden sich zahlreiche eigentümliche Kalk- kugeln von Erbsengröße bis zu einem Durchmesser von 33—36 cm. Die Kugeln sind konzentrisch-schalig gebaut, indem sich um einen Kern, der entweder aus gleichartiger Substanz oder aus einem frem- den Geschiebe besteht, kreisförmige, mitunter auch elliptische Ringe lagern, die meistens mit wachsendem Radius und stets auf dem nach oben gekehrten Segment zunehmen. In der Umgebung des Kernes ist die Gesteinsmasse dicht und körnig, verliert jedoch in den jüngeren Schichten diese Beschaffenheit mehr und mehr und zeigt in den peripherischen Regionen nicht selten röhrenförmige Struktur. Wäh- rend nun im allgemeinen das Gefüge der aufeinanderfolgenden Schichten gegen außen hin locker wird, ist es auffallend, daß regel- mäßig vor jedem neuen Schichtensatz eine Verdichtung der Gesteins- masse stattfindet, so daß im Querschnitt die einzelnen Ringe durch wenige Millimeter hohe Streifen von größerer Dichte deutlich be- grenzt sind. Nach den Beobachtungen der Verfasserin beteiligen sich Phryganeen und Algen bei der Bildung der Knollen. ! Die Indusienkalke der Hürbe, Bericht des oberrheinisch-geolog. Vereins 1890. 8..17. Bücheranzeige. WirH. J. Fischer, Über die Vogelfauna Württembergs. Verlag des Bundes für Vogelschutz. E. V. Stuttgart 1914. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts, ungefähr in den 30er bis 80er Jahren, fand die Vogelkunde in Württemberg eine eifrige Pflege. Es sei erinnert an die Namen LAnpBECcK, Krauss und v. König-WART- HAUSEN. Den beiden ersteren ist eine Zusammenstellung der Vogelfauna Württembergs zu verdanken, Freiherr v. Könıt leistete der Ornithologie in Württemberg, unterstützt von seiner vogelkundigen Tochter, die größten Dienste nicht nur durch seine persönlichen Beobachtungen, son- dern nicht minder durch die zahlreichen naturwissenschaftlichen, in der ‚Hauptsache ornithologischen Jahresberichte, für welche er einen Stamm treuer Mitarbeiter sich gewonnen hatte. Seitdem Baron Könse mit diesen Jahresberichten aufhörte, erlahmte, man kann fast sagen verschwand das Interesse für Ornithologie in Württemberg; erst in jüngster Zeit stoßen wir wieder auf wissenschaftliche Publikationen. Den Lesern dieser Jahreshefte ist der Name BAcmzister bekannt und voriges Jahr erschien ein großes stattliches Buch, welches sich ausschließlich mit der Vogelfauna Württembergs beschäftigte. Der Verfasser, Dr. W. J. FISCHER, wirft die Frage auf, ob denn ein solches Buch etwas Neues bieten könne. Er hat sie selbst durch sein Werk mit einem gründlichen Ja beantwortet. Er hat systematisch jahrelang das Studium der württem- bergischen Vögel in der freien Natur betrieben und dann sich der großen Mühe unterzogen, die Literatur nicht nur, sondern auch die öffentlichen Museen und Privatsammlungen Württembergs und z. T. der angrenzenden Länder auf den sicheren Nachweis des Vorkommens der einzelnen Vogelarten in Württemberg hin durchzugehen. Das Er- gebnis der zeitraubenden und eingehenden Studien Fıscher's ist der Nachweis von 327 für Württemberg nachgewiesenen Vogelarten, von denen freilich manche‘ als größte Seltenheiten in Württemberg nur einmal oder wenige Male zur Beobachtung gekommen sind. Von jeder einzelnen Art gibt Fıschkur eine genaue Darstellung ihrer Verbreitung innerhalb Württembergs, und hebt hervor, ob es sich um Standvögel, Strichvögel, Brutvögel, Durchzugsvögel, Winterdurchzugsvögel, Winter- gäste oder um einen seltenen Irrgast handelt. Von wesentlicher Bedeutung ist der Nachweis der Veränderung in der Zusammensetzung der heimi- schen Vogelwelt im Laufe der Zeiten. Mit Recht sieht der Verfasser eine Hauptaufgabe moderner faunistischer Arbeiten im Vergleich des heutigen Zustands mit dem früheren und in der Erörterung der Gründe und Ursachen für die Veränderung. Wie wertvoll wäre es, wenn ähn- liche genaue Arbeiten aus früheren Jahrhunderten vorlägen, aus einer —..,345: ı — Zeit, in welcher der Steinadler im Tübinger Forst nichts weniger als selten war, wahrscheinlich regelmäßig daselbst gehorstet hat, als der Uhu noch in ziemlich stattlicher Zahl die Felsen und Burgruinen der schwäbischen Alb und ziemliche Teile des Schwarzwalds bewohnte, als das Haselhuhn noch über das ganze Gebiet von Württemberg verbreitet war, als neben dem weißen auch der schwarze Storch in Württemberg nistete. Bekanntlich sind viele Vögel, wenn nicht völlig verschwunden so doch stark zurückgegangen; es braucht hier nicht der mancherlei Ursachen näher gedacht zu werden, der direkten Verfolgung und vor allem des Einflusses der Kultur auf den Bestand der Vögel. Im Gegen- satz zu der Regel ist bei einigen Vögeln Vermehrung und Ausdehnung des Gebietes zu beobachten, so beim Schwarzspecht und bei unserm größten Vogel, dem Auerhahn. Der Verfasser erörtert auch diese Ver- hältnisse eingehend, wie auch die neuerdings erfreulicherweise von staatlicher Seite, Privaten und Vereinen zum Schutz der Vogelwelt getroffenen Maßregeln. Zugleich weist der Verfasser darauf hin, wie viel gerade in Württemberg z. B. im Vergleich mit dem Nachbarland Bayern ornithologisch noch zu tun ist. Besonders ist hier zu denken an Feststellung der Zugverhältnisse in Württemberg. Der Verfasser dieser Zeilen darf beifügen, daß dank des Entgegenkommens der Lehrer- schaft Württembergs für einige Arten sehr schönes Material bereits vorliegt. — So gibt das Buch von FıscHer zugleich Richtlinien für künftige Vogelstudien an, und es ist zu wünschen, daß dieses Werk zugleich weitere Anregung in anderen Kreisen gibt für ein lebhafteres Wiedereinsetzen der Beschäftigung mit unserer einheimischen Vogelwelt. Den Verlag des Buches hat der ungemein rührige Bund für Vogel- schutz übernommen und es mit einer Anzahl farbiger Tafeln z. T. nach Farbenphotographien ausgestattet. Für die Mitglieder des Bundes für Vogelschutz (Jahresbeitrag mindestens 50 Pfg.) ist der Preis des Buches, welches im Buchhandel 5 Mk. kostet, auf 3 Mk. 50 Pfg. ausgesetzt. Das Buch verdient besonders auch in Schulen weite Verbreitung. Dr. Lampert. af age alla, BEN gs Es LIEBER STE detendag edissab. ill Hab. aufn, Ba aha at ai RR RAR ö in afe Apdawell aDlenetswlee unb uAT) en) Di HiandraY yuntaih IM or oa Asa ee Ye | ya 2 ro astme ah Et ol: abe ‚ nabanmlaeın®. wilat bla DOSE RUN ON slabre ln alla sl ehr td are ‚us geh ; row. bat Spt 2, RD de erh‘ EM Au re ur Re nahen de ee EX Nee ER EEE Te talglude Dad? is LA N ee kai \ Beau ee er u alu BAT Kenn dr ara Or I BEREORERNT N he Aiee aaktasia uktkre.ü ln Rare TE a ‚ieh inet de, na share a betit Brn 2 hie erll nnaah naaeeue ulene Fe ER arbindtönitinie bike dee re white ELOLETSEN BETTER TEE CE 49 1 0at aaa 1 Ber Penn ET Bee BEL Ber nr EEUrEY nd BIT PRREG re nkeigepinikani Fish. 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Jurg NN unterer weißer Jura (B Terrajfe) N ——— mittlerer und oberer Weihjura d Eu. meer St E h N ( Die Terrajfe des mittleren br. Jura wird bald von br. ß, is 10 note (VErtireefte.reten ls Machböden auf) SS bald von br. y oder d gebildet.) 2 BIN R) ZH Altmoräne Maßstab 1: 2500000 2 er km j l ü l l 1 l Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. Tafel Ill. Karte \ Aus Ben ne der i N -“ _prähiftorifchen Befiedelung. \ Be Südwestliche Alb. N Schörzingen N nn — Cu Sn / f N Me e - N \ Heidenfil en i an = = 2 N € = | 5 a: 0b we dad \ Winterlingen \ Sr / Mi + 2 Hi “N Frohnftette I \ N 1,5 \ A IN 1 > Bau=2ı \ S Y N , S a er N DEN A i N x Bmargen © BE heit nn u A UL [22% u zen r N 7, / Gutenften Do U) 0. SA N arenta y k S \Mahipret nzıgkofen - Spaichingen Jı i N Sn ASo Wildenftein De 2 x a N In N | ) Von ey \\ NR N J a o paläolithifche En a NY o neolithi[che ade ® Mmöhl + bronzezeitliche = ungen N ; > \ } Heric, digen = eifenzeitliche EN a) r / (Hallftatt La Tene) " ne on römıfche | es EI | °F . Töttlingen Maßstab 1: 250 000, u. km 0 Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1915. NT or \ as DES) _ N ar 2 (Roßwangen) _/ a F N ar allen N e Son: Teringen De i RL V SS ‚ = DR 7 Xr - /Dellenhovn _ \ 07 ; 2 j Urg \ h 1-7 ne IE) Weiler > EN an PAY TR Q v, j N { < N \ SS N N x = n Graneg ty ii Rietheim SS D \ & SC QNUG \ 0 or 2 nei NN aßBurgftar) ER D\ an oO N Wangen \ 3 \\ Stockhaufen ( \ Krafiftei Venbörg‘. Walten 2% N \ Ü AN [ Altrietheim. & N EN ) / N A 6Ö. Alt 0) (örennen ©) 4 fridingen y _&, ER 2 4 an) A m \ az ER FI Kölenberg | Kr, S | Zuginsfeld wue/_) Ja f Honbürg y, 0 N > ae N f Ve ae AURR N ee, N oO Sa N as ER } Oberes/chlößle< es EIER, n \ “ a >= X Y „Weiler... a N I Aalken, \ gg beii Y. 3 ZR Ä SR Baldenberg Re 5 sbeın } e ) SS VG { A NY Sg / Langenfels Wüftungen: Tafel IV. Karte der abgegangenen Siedlungen. Südwestliche Alb. x \ yl NL IN Ye N\Burgfelden C LG IS) & aSII m Dietfurt o abgeg. Orte A abgeg. Burgen o abgeg. Hofe Maßstab 1: 250 000. 5 10 Tr a | __e ee ee km - Jahreshefte d. Vereins f, vaterl. Naturkunde in Württ, 1915. Tafel V. Gemarkungskarte Südwestliche Alb. N A Dg } Nu Roßwangen, oO \q 7 (\e Dotternhaufen | \ . N . o I£bingen > Schn,. Re Schörzifgen Br (6) 5 Deilinge: Kolbingen N Maßstab 1 : 250 000. Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. Tafel VI. Aufn. v. W., Siegel. Fig. 1. 3-Terrasse. Lochen. Schwammstotzen. (Text S. 152.) Aufn. v. W, Siegel. Fig. 2. Donautal. Werenwag. (Text S. 152.) Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. Tafel VI. a Pe Aufn. v. W. Siegel. Fig. 3. Erdrutsch bei Margrethausen, (Text S. 150.) Aufn. = K. Löfler Fig. 4. Biren—Ursental (Oberlauf). (Text $. 176.) Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. Tafel VII. Aufn. v, K. Löffler. Fig. 5. Biren—Ursental (Mittellauf). (Text 5. 176.) Aufn. v. W., Siegel, Fig, 6. Hossingen. Siedlung in „Nestlage“ in einem Trockental. (Text S. 228.) Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. Tafel IX. er K. Löffler, Fig. 7. Nusplingen. Siedlung auf der Hochfläche in flacher Mulde, (Text S. 228.) Aufn, v. K. Löffler. Fig. 8, „Terrassensiedlung“ im Schmiechatal, Schmeienhöfe. (Text S, 203 und 228.) Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. Taiel X. Fig. 1. Muschelsandsteinbruch bei Äpfingen. Fig. 2. Derselbe. f} 4 ” 2 Pr ä 77 Pr T N | Re zu & “ 7 e i f f2 Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1915. Tafel XI. Fig. 3. Granat mit Maschenstruktur aus einem Fig. 4. Pseudoolithe aus dem Rugulosa-Kalk Quarzitgeröll von Stetten (vergl. S. 330). von Ehingen. (Der helle Teil ist Quarz, die schwarzen Flecken (Der helle Teil ist grobkristalliner Caleit.) Titaneisen.) ig.5. Dünnschliff durch den äußeren Schalentejl Fig. 6. Pisolith von Walpertshofen eines Pisoliths von Mietingen (vergl. S. 339). (vergl. S. 339), ee K ” Pe N n Rt ol ö Inhaltsübersicht. EL RE RE ee A RR Re RS SER Te I. Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und die Er Sammlungen des Vereins. . !: 2... 2... EBENE Et Ve IE#Nekrose an ara eh RER re RR III. Original- Abhandlungen und Mitteilungen: . Bertsch, Karl: Pflanzenwanderungen auf weite Strecken. S. 250. — — Neue Gefäßpflanzen der württembergischen Flora. S. 256. — — Die Verlandung des Scheibensees. Mit 8’ Textfiguren. S. 260, Berz, Carl C.: Petrographisch-stratigraphische Studien im oberschwäbischen E Molassegebiet. Mit Taf. X—X1. 8. 276, Dittus: Über das Vorkommen von Birkwild (Tetrao tetrix) im südlichen Ober- | schwaben. S. 268. Geyer, David: Die Mellusken der dchwibischen Kalktuffe. 8. 55. Küster, W.: Vom Werden und Vergehen organischer Körper. S..194 Lan 8, Richard: Rohhumus- und Bleicherdebildung im Schwarzwald is, in den Tropen. 8.115. Löf fler, Karl: Die Formen der Schwäbischen Alb und ihr Einfluß auf” die Be- Hecke auf Grund von Beobachtungen in der südwestlichen Alb. Mit a Taf. H—IX. 8.145. Moos, August: Neue Aufschlüsse in den brackischen Tertiärsehichten von = Sk nmeläniges bei Ulm. 8. 270. Verhoeff, Karl W.: Beiträge zur Kenntnis der Diklepogen von Württemberg, Er Hohenzollern und Baden. (Über. Diplopoden 72, Aufsatz.) Mit Taf.I. 8.1. Bücherbesprechung. Beilage. General-Register zu den Jahrgängen 40—70, 1884—1914, der Jahreshefte des # Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. N NW TR E: (We Be Ar Ne | MCZ ERNST MAYR LIBRARY DT 3 2044 1 NG EamEEEEEEEEEG — bu FG ie zn Zune — = s .—. Bun nme un mn. = >> “._. pe an A nn he nn ” = . - u EU ehe N RE A ee ie sr = nen ap - ir er EEE TE EEE u ERRRERED ERDE TEL Eee 5 En tr - ’ % a EEE re Feen et en arten DEE Te nn . rn en te a ET ee TEE et u BIETE u nn . “ ie < ne Frage ee ee un tn ang cd er 6 a ee ee Be ee EEE ELLE EB ni DEE TE un ee EEE RELHGE BEE en _ SE — “ ne ER De a LEERE EEE ES ee a EEE EL LED ZART" Da ae urn une - ELLE RT RE EDEL DT RL E ET a TE ETF aan ET EN En EEE EEE A Eu RE DILL EEE ee TEE EÄLTE ne a EEE EEE ce Be > EEE Arge u einen er re re. Dar De ae a ae ne Ben wen u nu u u u ug x ee . EEE EEE WEDER DEN u a a Dann ee u Da ee en me Wen En er u er a Au Eu u EEE HT EL TT GUG 4 vr. A EEE EEG EEE ET a rn a Tu u EDER Lu TE TE un a wi EEE GEBOTE DEE DO LEE DD BACH GEL EEE ur DET ET LE n ee ee ee ee ZT er EL ZELLE LEERE ee nn Moe 2 u ee ori LE RE IT a BALL RT ET TE LEERE DE ENDETE ZELTEN Dr en < 2 5 a rn RE = a nn rt u - EEE EEE EDEL LEBE MEZ REGEL ELLE RED TEE 4 EEE TH LOWER LEUTE RE TE ER En E TE u Eu a ER EUREN En as z u N an TE ZART EEE Ei ee Bee a De Dee Eee Re BE ee He Den Shen Dritte Eee ee m ee Fee Be a Dee ne De een DE kur ET EEE TEE EEE GEHE TEN I Be N EEE N EEE EL u Er ELLE TEE ET EEE EEE EEE TEE TO LLEN m 2“ FE ET EST LEERE A RT LET E ÜELTZLEETEL ELLTLTET Be ee ee . er nn nn, Far a u TE Fe EEE EEE RE -. a ED a a ae : 2 a EEE EU EHE GEH ALLE HE DELL HE GE HE GE DL RE A TEE Le u EHE nLE N E a En urn rn DLELLOLEHALNEN een here Eee Fe e N ET EL Eu rn er n a a a a ET eg z E EEE EL EEE N WE EL EEE TEL EL EEwLWELE EED uE ELELELD EL DEE LEBEN ERLEBEN ET ed - h - z Alte EEE See Eee ee er te De Zi ee er een a ME Fa HE Ser he Dee ec Im De ze Fin ee nt teen Dr Da ve len ur E Vu > ELLE LEE EEE EU E EDGE LLC HE LEERE GEHE ERZIELEN Gene » “ Zn En tee en ee De ae an & EEE LEE ZA EEG HELLE ODE E TE DGZLEAELGET MELLE RER a EEE EEE VE WEL DEL NEL LE RNIT EEE KLEE HL EDGE ww GEGBGE EILG EEEDEZELE BD DEGZE LE DES — WW Zu DE EEE TEUER EEE ED TED ELLE TEL MG ZLEBGD HG DL OBERE BOT > sun ed — nn ee ee en ee er Kate Br Bi Zul ee ee De en ee ne en Ze re el in Fe ze dee ee u EEE U UNE UEGLEMOMELEEEE GDEGE REBEÄL EA BD WEL BOLD DEAD WELLE LU TEL er nt a Be a nn a u a en u en ET er. - re are A er Ba a nn Ar en rt en TEL EEE Eee DRAN DEE Pe EEE LEE TH ELLE LEERE EEE WEL LELOZLUHC HE WEN TEN “= TEEN AT TETETET