KERPEN NH} aueh OH H er, ray? ÜBER REN Keane un nucn un, I } N R ren Aeryehe s \ 5 de N j "ang X RE ( N hu } ERROR nk WERE N EREK un % Sn a SRNSIHES Re NOCH LICH CH, a RR A NEH a a AR A Kalıı wu f Kaya ig \ Kick: N. UA Mil EN r 11 \ ana ah a ba BAR KR Kae 1 6 N (08 De Ü v a wenige MAN w. De RUE BCE SL an 1 Ih, I | m iu, Ihe nt eh DEREN v2 iv 11 ei pe " \ IRA RL RN Bi BA De ee nn WR N BE E hs KA AIT v r L Pr Eu vrıd, vr) ir mar, 4 A h " Y yn N vhs ER " 3 »% KIT MET RR, A AK Wh D PLICERC TR NCHCH \ LA SCH MU RUE I Tun £ RER ae 4 Ban N N DEN N a hrs vr EN au LRIUHE I I 65) vr rn, Rt pn (> Jenaische Zeitsehrift für NATURWISSENSCHAFT herausgegeben von der Medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Siebenundvierzigster Band. Neue Folge, Vierzigster Band. Mit 24 Tafeln und 154 Abbildungen im Text. Jena, Verlag von Gustav Fischer. 120637 2911. Alle Rechte vorbehalten. Enhakt MAURER, F., Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus, Menopoma und Amphiuma, verglichen mit den gleichen Muskeln anderer Urodelen. Mit Tafel 1—3 und 5 Figuren im Text PIETSCHKER, HEINRICH, 1% Gakim der Aasiapl Mit Tafel 46 und 16 Figuren im Text’ RE Pont, Loruar, Das Os penis der Carnivoren sihschlieglich de Pinnipedier. Mit Tafel 7 u. 8 und 4 Figuren im Text PFTERSEN, Ernst, Beiträge zur De und Histologie des Darmkanals der Schmetterlinge. Mit 33 Figuren im Text Hase, ALBRECHT, Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. (Beiträge zur Kenntnis der Entwickelung der Haut und des Hautskelettes von Knochenfischen.) Mit Tafel 9—16 una 37 Figuren im Text. BR: Nännı, JAKog, Beiträge zur Kenntnis der Tomoptstiden. Mit Tafel 17 u. 18 und 2 Figuren im Text . GruaL, Kurt, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. Mit 21 Figuren im Text . N ScHULZ, FRIEDRICH, Jahresbericht der Medizinisch-naturwissen- schaftlichen Gesellschaft zu Jena für das Jahr 1910. Hörer, Hermann, Das Kiefergelenk der Rodentier, nebst Bemerkungen über Unterkiefer und Bezahnung. Mit Tafel 19—22 und 6 Figuren im Text Neumann, Hans, Untersuchungen über die Bildung des Kohsen. Ereletlas einiger Gorgonaceen. Mit 19 Figuren im Text JACOBSHAGEN, EDUARD, Untersuchungen über das Darmsystem der Fische und Dipnoer. Teil I: Beiträge zur Cha- rakteristik des Vorder-, Mittel- und Enddarms der Fische und Dipnoer. Mit 4 Figuren im Text : Bravs, Hermann, Die Sn ne der Haie und Bochen! Mit Tafel 93 u. 24 und 7 Figuren im Text Seite ü Wu 4 N IR Di; j f PR ı IRA Br % N I an bi PA 6 al l valdendolkl var ER. RO | Koran nakı Tinr ee „ann! r E Fun hie] ol un ie t | TRENNEN: ae ol a A enachefts 2; De; 1, Sy © ic m ob do BERN ao AT lanıy ne sr . N ze a ra Dreier In rail «Haar a rkarunde Hrk. FARBEN, ar 2a ung ET ee ar u ENTEHEIT NUR BITTER 7 167 7 1773 Kal amdir DEIN, r ak AR wre Hl ER Wr ENTE. ame | f im ee er Bee wohn -et it ET Ran Te Bars DI, HU. öl Alan! aR EU CHE Be: IH i SRH De ek Ja HET! Y er Li wol net en BURN TR ae, | Pi, i Ar HINEL. FE iEl® Mans TITEL 7 DERLı IE HR ‚there RG) Fi net uhr ak Tan an } adden TEE Son, 007 97 en Ve weil, PR.3/ ” an ei % ud ar Tre ra wer Pe Ko aM 02 OR Dee red an a MEI Kb HR br Ar Pr Di BR at a HI EITOmRERN > wat re RE ra. Ri AT un SON TERN »läkk as eur h m uk PArsL, FT. me art er Kilo a f I AR KIM NN nu ar Man ART, JENAISCHE ZEITSCHRIFT FÜR NATURWISSENSCHAFT HERAUSGEGEBEN VON DER MEDIZINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA SIEBENUNDVIERZIGSTER BAND NEUE FOLGE, VIERZIGSTER BAND ERSTES UND ZWEITES HEFT MIT 15 TAFELN UND 94 FIGUREN IM TEXT Inhalt: MAURER, F., Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus, Menopoma und Amphiuma, verglichen mit den gleichen Muskeln anderer Urodelen. Hierzu Tafel 1—3 und 5 Figuren im Text. PIETSCHKER, HEINRICH. Das Gehirn der Ameise. Hierzu Tafel 4—6 und 16 Figuren im Text. PoHL, LoTHArR, Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. Hierzu Tafel 7 u. 8 und 3 Figuren im Text. PETERSEN, ERNST, Beiträge zur« Anatomie und Histologie des Darmkanals der Schmetterlinge. Mit 33 Textfiguren. HASE, ALBRECHT. Studien über das Integument von Cycl»pterus lumpus L. Hierzu Tafel 9—16 und 37 Figuren im Text. PREIS: 35 MARK. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1911 Zusendungen an die Redaktion-erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 25. März 1911. Verlag von $ustav Fischer in Jena. Soeben erschien: Plasma und Zelle Eine allgemeine Anatomie der lebendigen Masse Bearbeitet von Prof. Dr. Martin Heidenhain in Tübingen Zweite Lieferung: Die kontraktile Substanz, die nervöse Substanz, die Fadengerüstlehre und ihre Objekte. Mit 1 lithographischen Tafel und 395 teilweise farbigen Abbildungen im Text. Preis: 23 Mark, geb. 24 Mark 50 Pf., für Abnehmer des „Handbuchs der Anatomie‘“: 19 Mark, geb. 20 Mark 50 Pf. (Bildet zugleich die 19. Lieferung des „Handbuchs der Anatomie des Menschen“, herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben.) Früher erschien: Erste Lieferung: Die Grundlagen des mikroskopischen Anatomie, die Kerne, die Zentren und die Granulalehre. Mit 276 teilweise farbigen Abbildungen im Text. 1907. Preis: 20 Mark, geb. 21 Mark 50 Pf., für Abnehmer des „Handbuchs der Anatomie“: 16 Mark, geb. 17 Mark 20 Pf. (Bildet zugleich die 14. Lieferung des „Handbuchs der Anatomie des Menschen“, herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben.) Vor kurzem erschien: Beiträge zur Naturgeschichte des Menschen. Von Dr. Hans Friedenthal, Nicolasse bei Berlin. 5. Lieferung: Sonderformen der menschlichen Leibesbildung. Ein Beitrag zur vergleichenden Formenlehre der menschlichen Gestalt. Mit 9 farbigen und 6 schwarzen Tafeln und zahlreichen Textabbildungen. 1910. Preis: 35 Mark. Früher erschien: 1. Lieferung: Das Wollhaarkleid des Menschen. Mit 7 farbigen und 3 schwarzen Tafeln. 1908. Preis: 10 Mark. 2. Lieferung: Das Dauerhaarkleid des Menschen. Mit 6 farbigen und 7 schwarzen Tafeln. 1909. Preis: 20 Mark. ) Lieferung: @eschleehts- und Rassenuntersehiede der Behaarung, Haaranomalien und Haarparasiten. Mit 9 farbigen und 4 schwarzen Tafeln. 1909. Preis: 20 Mark. 4. Lieferung: Entwicklung, Bau und Entstehung der Haare. Literatur über Be- haarung. Atlas von Menschenhaaren in 7 farbigen Tafeln. 1909. Preis: 15 Mark. Lieferung 1 bis 4 in einen Band gebunden. Preis: 70 Mark. Illustrierter Prospekt kostenfrei. In einem prachtvoll gedruckten und so herrlich ausgestatteten Werke, wie es den besten wissenschaftlichen Publikationen sonst nicht beschieden ist, bietet Herr Friedenthal uns seine physiologischen Gedanken über die Stellung des Menschen als Lebewesen dar. Pinkus in der Naturw. Rundschau (verschiedene Nummern). Die ventrale Rumpfmuskulatur von Meno- branchus, Menopoma und Amphiuma, verglichen mit den gleichen Muskeln anderer Urodelen. Von F. Maurer in Jena. Hierzu Tafel 1—3 und 5 Figuren im Text. Bei meinen früheren Untersuchungen über die ventrale Rumpf- muskulatur der Urodelen (Morph. Jahrbuch, Bd. XVIII) habe ich einige Formen, die mir damals nicht zur Verfügung standen, nicht berücksichtigen können, besonders die Cryptobranchiaten Meno- poma und Amphiuma. Aus meinen früheren Schilderungen ergab sich schon, daß bei dem Aufbau der ventralen Rumpfmuskulatur der Urodelen ein Grundplan besteht, der einerseits den Anschluß an die Fische ge- stattet, andererseits auch die Zustände der Reptilien vorbereitet. Es ist aber auch wertvoll, genauer die Mannigfaltigkeit der Aus- bildung dieser Muskelgruppe innerhalb der Urodelen selbst kennen zu lernen. Unsere Erkenntnis wird dadurch nur gewinnen. Außer den beiden noch nicht untersuchten Formen gehe ich nochmals genauer auf Necturus (Menobranchus lateralis) ein, weil diese Form früher von mir nur nebenbei mit geschildert worden ist, und als ein Zustand, der, wie Siredon, eine Grundlage für die Verhältnisse bei Caducibranchiaten darbietet, besondere Beachtung verdient. Es war meine Absicht, noch eine größere Anzahl von Caduci- branchiaten jetzt mit zu bearbeiten. Es würde dies aber noch zu lange Zeit dauern. Die bis jetzt mir vorliegenden Beobachtungen sind in ihrer Veröffentlichung schon verzögert worden durch andere Aufgaben, die mich in den beiden letzten Jahren ganz in Anspruch nahmen. So will ich nun nicht säumen, meine seitherigen Befunde den Fachgenossen vorzulegen und behalte mir vor, andere Formen später zu behandeln. Durch meine früheren Untersuchungen, nicht Bd. XLVII. N. F. XL. i\ 2 F. Maurer, nur der Urodelen und Anuren, sondern auch an Reptilien und Säugetieren, sind manche Fragen des Muskelsystems allgemeiner Art angeregt worden, die auch durch die kleine vorliegende Unter- suchung vielleicht weitere Förderung erfahren. Menopoma scheint mir besonderes Interesse zu verdienen, weil diese Form, wie Orypto- branchus japonicus, offenbar in besonderer Weise von dem primi- tiven Verhalten sich entfernt, namentlich hinsichtlich der Ausbildung des Musculus obliquus externus trunci sowie des Musculus rectus. Amphiuma ist als schlangenartig verlängerte Form mit den verkümmerten Extremitäten ebenfalls von großer Bedeutung, weil an ihr wohl der Einfluß der besonderen Lokomotion sich auch gerade im Aufbau der ventralen Rumpfmuskulatur erkennen lassen wird. Auch ist vielleicht zu entscheiden, ob die so einfachen Extremitäten wirklich, wie RABL annimmt, primitive Bildungen sind, oder nicht vielmehr als rückgebildeter Zustand beurteilt werden müssen. Ueber die embryonale Entwickelung der Rumpfmuskulatur kann ich von den hier zu schildernden Formen leider nichts berichten. Ich bedauere dies um so mehr, als seither außer meinen früheren Schilderungen über die Entwickelung dieser Muskeln bei Siredon und Anuren keine neueren Untersuchungen über die so wichtige Frage angestellt worden sind. Ein Moment allerdings gestattet vielleicht Schlüsse auf die Entwickelung. Das ist die Innervation. Die speziellen Verhältnisse der Nerven ließen mich bei den Unter- suchungen der Musculi serrati postici der Säugetiere mit Sicher- heit die genetische Zugehörigkeit dieser Muskeln zu den Musculis intercostales nachweisen. Vielleicht gelingt es auch, aus dem speziellen Verhalten der Nerven des Obliquus externus superficialis und des Transversus trunci die genetische Zugehörigkeit jenes zum Obliquus externus profundus, dieses zum Obliquus internus zu er- schließen. Darüber kann ich leider bis jetzt nur fragmentarische Angaben machen. Bei den Feststellungen der Tatsachen ist zunächst zu eruieren, wie sich die Schichten verbalten. Ich unterscheide, wie früher, 1) die Gruppe der seitlichen ventralen Rumpfmuskeln, 2) das ven- tral abschließende System des Rectus und 3) den Musc. subverte- bralis. Bei den seitlichen Muskeln ist zu beachten: 1) die Zahl der Schichten, 2) das Verhalten der Segmentierung, ob sämtliche Muskeln von Myosepten gleichmäßig durchsetzt sind und dadurch fest zu- sammengehalten sind, oder ob zum Teil die Myosepten ge- Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 3 schwunden und bestimmte Muskeln dadurch eine größere Selb- ständigkeit gewonnen haben, 3) ist, wie gesagt, das spezielle Ver- halten der Nerven festzustellen. Der Rectus hat sich bei den seither untersuchten Formen insofern verschieden gezeigt, als er zunächst einfach als ventraler Abschluß der beiden primären seitlichen Rumpfmuskeln, des Obli- quus externus profundus und Obliquus internus bestand. Dann trat eine Sonderung dieses Muskels auf, indem ein sekundärer Rectus als oberflächlicher Muskel zur Ausbildung kam. Der pri- märe Rectus wurde dadurch zum Rectus profundus. Es fragt sich nun, in welcher Weise dieser Muskel bei den drei uns hier be- schäftigenden Urodelen sich in die von anderen Formen bekannt gewordenen Zustände einreihen läßt. Der Musculus subvertebralis ist bald als einfacher Muskel nachweisbar, bald sind mediale und laterale Portionen an ihm unterscheidbar. Ich erinnere zum Schluß noch daran, daß ich genetisch zwei Gruppen der ventralen Rumpfmuskulatur unterschieden habe: 1) eine primäre Gruppe, Musc. obliquus internus, externus profundus und den primären Rectus (Rectus profundus). Diese gehen direkt aus den ventralen Myotomfortsätzen bei Siredon und Triton hervor und sind im Larvenstadium am stärksten entwickelt; 2) eine sekun- däre Gruppe: Obliquus externus superficialis, Transversus und Rectus superficialis. Diese bilden sich später durch Abspaltung von den primären Muskeln aus, sind also indirekte Derivate der ventralen Myotomfortsätze. Sie erfahren beim Uebergang zum Landleben eine mächtigere Entwickelung, wogegen die primären Muskeln zugleich mehr oder weniger sich rückbilden. Es erscheint zwar auffallend, daß bei wasserlebenden Urodelenlarven, Perenni- branchiaten und Cryptobranchiaten die sekundären Muskeln über- haupt zur Anlage kommen, daß sie nicht vielmehr erst später nach dem Uebergang zum Leben auf dem Lande entstehen, allein wie ich früher schon hervorhob, dürfen wir das Wasserleben der heutigen Urodelen nicht ohne weiteres als eine primitive Lebens- weise auffassen, sondern wir müssen es als eine später wieder erworbene Lebensführung beurteilen, denn sonst würde auch die Entwickelung der Lunge bei den wasserlebenden Perennibranchiaten und bei den Larven der Caducibranchiaten ganz unverständlich sein. Ich komme später noch einmal auf diese allgemeineren Fragen zurück, Die Literatur über die Amphibienmuskulatur habe ich in früheren Veröffentlichungen eingehend besprochen (Morphol. Jahrb., 1 = 4 F. Maurer, Bd. XVII, p. 76ff.). Neueres ist seither nicht bekannt geworden, es erübrigt, nochmals darauf einzugehen. Zunächst wende ich mich jetzt zur Schilderung der Befunde: Menobranchus lateralis (Neceturus.. Es liegt mir ein Exemplar von 35 cm Länge vor. Die Zahl der Rumpfsegmente beträgt 20. Wenn man das Tier nach vorsichtiger Abpräparation der Haut in Seitenlage bringt, so erkennt man die oberflächliche Muskellage. Dorsal wie ventral bestehen deutliche Myosepten. Die gesamte Muskulatur erscheint bei Betrachtung der Oberfläche durchgehend segmentiert. Die Fasern der dorsalen Rumpfmuskulatur verlaufen, wenigstens in der oberflächlichen Lage, gerade, vom Kopf zum Schwanz. Die Seitenlinie tritt deutlich hervor, aber sie wird kompliziert durch das Verhalten des Ursprungs der Fasern des oberflächlichen seitlichen ventralen Rumpfmuskels, den ich nach Ver- gleichung mit den Muskeln anderer Urodelenlarven und Siredon als I. Musc. obliquus externus superficialis trunci bezeichne (Taf. 1, Fig. 1). Dieser Muskel zeigt bei Necturus folgendes Verhalten: Er besteht aus 17 Muskelsegmenten. Bei einem früher untersuchten Objekte besaß er nur 16 Segmente, es kommen hierin also wohl individuelle Verschiedenheiten vor. Der Ursprung seiner einzelnen Segmente beginnt etwas dorsal von der Seitenlinie und seine Fasern nehmen einen schräg ventral und schwanzwärts gerichteten Verlauf. Alle Fasern entspringen an einem Myoseptum und inserieren am nächstfolgenden. Ventral- wärts endet der Muskel mit seinen Fasern in einem freien Rande und hier überlagert er etwas den lateralen Rand des Rectus. Er stimmt somit ganz überein mit dem gleichen Muskel von Siredon und Salamandra. Hinsichtlich seiner Mächtigkeit ist hervorzuheben, daß er sehr schwach ausgebildet ist. Er stellt nur eine zarte Muskelschicht dar. Der vordere Rand der ersten Zacke dieses Muskels ist frei und man muß den Schultergürtel mit seinen Muskeln herunterklappen, um ihn sichtbar zu machen. Die beiden letzten Segmente des Muskels nehmen ventralwärts Ansatz am Becken. Der Muskel ist, wie sich aus der Schilderung ergibt, durch- weg gleichmäßig segmentiert. II. Musc. obliquus externus profundus: Trägt man den vorher geschilderten Muskel, und zwar jedes Segment be- sonders, vorsichtig ab, so kommt in zweiter Schicht ein viel kräftigerer Muskel zum Vorschein (Taf. 1, Fig. 2). Er schließt Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 5 sich längs der Seitenlinie an den dorsalen Rumpfmuskel direkt an. Er wird hier noch von der Seitenlinie an ventralwärts eine kurze Strecke weit bedeckt von einem zarten Muskelstreifen aus gerade verlaufenden Fasern, der ventral mit freiem Rande auf- hört. Er ist in Taf. 1, Fig. 2 (*) und auf dem Querschnitt (Taf. 2, Fig. 6) bei * zu erkennen. Er entspricht dem früher von mir schon bei Siren, Triton und Salamandra beschriebenen Musculus rectus lateralis. Die Fasern des Obl. ext. pro- fundus verlaufen von der Seitenlinie an eine kurze Strecke ventral zuerst genau so gerade vom Kopf zum Schwanz, wie die Fasern des dorsalen Rumpfmuskels, dann gehen sie in einen leicht schrägen Verlauf von dorsal- und kopfwärts nach ventral- und schwanzwärts über, also ebenso wie die Fasern des oberflächlichen Obliquus externus, aber weniger steile Der Muskel ist durch- gehend segmentiert, seine Fasern verlaufen von Myoseptum zu Myoseptum. Ventralwärts nehmen seine Fasern allmählich wieder geraden Verlauf an und gehen kontinuierlich in den Rectus trunei über. Er setzt sich aus 21 Segmenten zusammen. Die 4 vorderen Segmente erreichen dorsalwärts nicht mehr die Seiten- linie. Der Kiemendarm drängt seine vorderste Portion ventral- wärts und er geht mit den folgenden Muskeln gemeinsam zum Zungenbeinapparat. Das letzte Segment auch dieses Muskels nimmt ventral Ansatz am Becken. Die bindegewebigen Myosepten stehen mit denen des Obliquus externus superficialis, sowie mit denjenigen des folgenden Muskels in festem Zusammenhang. Trägt man den Obl. externus profundus vorsichtig ab, so kommt als dritte Schicht zutage: Il. der Musculus obliquus internus trunci (Taf. 1, Fig. 3). Auch dieser ist eine sehr dicke Muskelschicht und be- steht aus 21 Segmenten. Er schließt sich wie der vorhergenannte Muskel in der Seitenlinie direkt an den dorsalen Rumpfmuskel an, und zwar zeigen seine Fasern einen leicht schrägen Verlauf von dorsal- und schwanzwärts nach ventral- und kopfwärts, also umge- kehrt schräg wie der vorige und genau so wie der Obliquus internus bei sämtlichen Wirbeltieren in seinem Faserverlauf sich verhält. Der Muskel ist durchgehend segmentiert, seine Fasern verlaufen von Myoseptum zu Myoseptum. Ventralwärts nehmen sie geraden Verlauf an und gehen, wie die Fasern des Obliquus externus pro- fundus, kontinuierlich in die Fasermasse des Musculus rectus trunci über. Die Fasern des letzten Myomers sind ventral am Becken be- festigt, kopfwärts setzt sich der Muskel am Zungenbeinapparat an. 6 F. Maurer, Trägt man diesen Muskel ab und nimmt man dabei zugleich den Musculus rectus trunci mit fort, so tritt als vierte und letzte Schicht IV. der Musculus transversus trunci zutage (Taf. 1, Fig. 4). Er beginnt dorsal gerade unter der Seitenlinie, wo seine Fasern zum Teil von einer zarten Aponeurose, weiterhin aber von den Myosepten entspringen. Er besteht aus 17 Seg- menten. Seine Fasern verlaufen schräg im Sinne des Obliquus internus, aber viel steiler; immerhin nicht ganz quer. In der größeren dorsalen Hälfte des Muskels ist er durch Myosepten gleichmäßig segmentiert, unter seiner Mitte hören aber die Myosepten auf und in seiner kleineren ventralen Hälfte bildet der Muskel eine gleichmäßige unsegmentierte Platte. Die Fasern gehen ventral- wärts frei in eine zarte Sehne über, die sich bis zur ventralen Mittellinie erstreckt. Dieser Zustand stimmt vollkommen mit dem Verhalten des gleichen Muskels bei Siredon überein. Das Kopf- ende des Muskels, also sein erstes Segment, schließt sich an das hintere Ende des Herzbeutels an. Sein letztes Segment steht mit dem Becken in Verbindung. Die Dicke des Muskels ist sehr gering. Er bildet im Gegensatz zu dem mächtigen Obliquus externus profundus und Obliquus internus eine sehr schmächtige Muskellage, ebenso wie der Obliquus externus superficialis. Er ist auch, wie der letztgenannte, ein völlig selbständiger, von den anderen Rumpfmuskeln scharf getrennter Muskel. Nur durch seine Myosepten ist er mit ihnen fest verbunden. Ich betone hier noch besonders, daß alle vier seitliche Bauchmuskeln durch die bindegewebigen Septen, die gemeinsam alle vier Muskeln durchsetzen, miteinander in festem Zusammenhange stehen. Ventral an die seitlichen ventralen Rumpfmuskeln schließt sich das System des Musculusrectustruncian (Taf. 3, Fig. 5, außerdem Taf. 1, Fig. 1—3 und Taf. 2, Fig. 6). Diesen Muskel- komplex übersieht man am besten in der Ventralansicht, das Tier in Rückenlage gebracht (Taf. 3, Fig. 5). Auf der rechten Körperhälfte ist der Rectus dargestellt, wie er nach Abtragung der Haut erscheint. Er ist ein durchweg segmentierter Muskel, aus 13 Segmenten bestehend. Kopfwärts vom ersten Myomer geht der Rectus direkt in die Fasermasse des Pectoralis major über. Medialwärts erstreckt sich der Muskel bis zur Medianlinie, während sein lateraler Rand gerade von den ventralen Enden der Myomeren des Obliquus externus superficialis überlagert wird. Der ganze auf der rechten Rumpfhälfte dar- gestellte Muskel ist nur der Reetus superficialis, wie aus der Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. { Abbildung der linken Körperhälfte auf Fig. 5 ersichtlich. Hier ist nach Abpräparation des oblignus externus superficialis der freie laterale Rand des Rectus superficialis sichtbar geworden. Er ist an den 5 ersten Segmenten des Muskels, der mit dem distalen Ursprungsteil des Pectoralis major erhalten ist, auf der rechten Seite der Fig. 5 erkennbar. Dieser Rectus superficialis ergibt sich bei seiner Abpräparation von seinem lateralen Rande aus gegen die Mittellinie zu als eine sehr schmächtige Muskellage. Sie ist nicht ganz selbständig, denn wenn diese oberflächliche Portion des Rectus auch einen freien lateralen Rand hat, von dem aus sie leicht abzuheben ist, so zeigt sich doch beim Lospräpa- rieren gegen die ventrale Mittellinie zu, daß das mediale Drittel dieses oberflächlichen Rectus kontinuierlich mit der Fasermasse des tiefen Rectus zusammenhängt (Taf. 2, Fig. 6). Der Rectus profundus ist viel mächtiger als der Rectus superfieialis, stellt aber keinen selbständigen Muskel dar. Ich habe ihn bei der Schilderung des Obliquus externus profundus und des Obliquus internus trunei schon genannt. Er erstreckt sich vom Becken bis zum Hyoidapparat (Taf. 5, Fig. 5 linke Körperhälfte, rechte Seite der Figur). Hier erscheint der Rectus profundus als die kontinuierliche Fortsetzung des Obliquus externus profundus. Am 5. und 6. Segment vor dem Becken ist der Obliquus externus pro- fundus mit seinem Teil des Rectus profundus (R.p.e) weggenommen und man erkennt, wie auch der hier zutage tretende Obliquus internus ventralwärts kontinuierlich in den Rectus profundus (R.p.i) übergeht. Der letztere besteht also aus den ventralen Abschnitten des Obliquus externus profundus und des Obliquus internus, die aber nicht bis zur ventralen Mittellinie voneinander getrennt sind, sondern an ihren ventralen Enden sich zu einer einheitlichen Muskelmasse vereinigen. Der ganze Rectus ist ebenso wie die beiden Muskeln, aus deren ventralen Teilen er sich aufbaut, durch- gehends segmentiert und es besteht der Rectus profundus aus 19 Segmenten. Als ein letzter ventraler Rumpfmuskel ist der Musculus subvertebralis zu nennen, der ähnlich wie bei dem nachher zu betrachtenden Menopoma besteht. Von Necturus ist er auf dem Querschnitt (Taf. 2, Fig. 6, s.v.) abgebildet. Es sind nahe der Mittellinie an der Ventralfläche der Wirbelkörper beginnende Muskelplatten, die von Wirbel zu Wirbel ziehen: die medialen Fasern ganz gerade, die seitlichen, die Ansatz an den Rippen und den Myosepten gewinnen, schräg von schwanz- und medial- nach 8 F. Maurer, kopf- und lateralwärts. Das laterale Ende dieses Muskels wird vom dorsalen Anfang des Transversus trunci noch eben überlagert. Der Muskel kann auch als Transversus dorsalis bezeichnet werden. Zur Ergänzung der geschilderten Verhältnisse füge ich den Querschnitt durch die Rumpfmitte von Necturus bei (Fig. 6). Hier sieht man die verschiedene Stärke der Muskeln sowie ihre gegenseitigen Beziehungen, die in allen Segmenten im wesentlichen sich gleich verhalten. Zunächst erkennt man, daß die dorsale Muskelmasse in sich abgeschlossen und in der Seitenlinie von der ventralen Muskulatur getrennt ist. Die letztere läßt 3 Bezirke unterscheiden: 1) den subvertebralen Bezirk, der von dem einzigen Musculus subvertebralis gebildet wird. Er wurde schon geschildert. Auf dem Querschnitt erkennt man, daß er ein Muskel von mittlerer Stärke ist; 2) der laterale Bezirk umfaßt die seitlichen ventralen Rumpfmuskeln, die in ihren 4 Schichten er- kennbar sind. Hinsichtlich ihrer Stärkenausbildung zeigt sich, daß die beiden mittleren Schichten: Obliquus externus profundus und Obliquus internus doppelt so starke Dickenausbildung besitzen, wie der äußere Obliquus externus superficialis und der innere Trans- versus, die viel schwächere Schichten bilden. Der Obliquus externus profundus ist an seinem dorsalen Ende gerade unter der Mittel- linie kompliziert durch eine zarte, seiner Außenfläche eine kurze Strecke weit auflagernde Lage gerade verlaufender Fasern, Rectus lateralis (*); 3) den ventralen Bezirk, welcher den Rectus umfaßt. Eine kurze Strecke weit wird dieser Bezirk an seiner Außenfläche vom Obliquus externus superficialis, an seiner Innen- fläche vom Transversus überlagert. Diese beiden Muskeln gehen dann in zarte Sehnenplatten über, die sich bis zur Linea alba er- strecken. Ueber die Innervation der ventralen Rumpfmuskeln bei Menobranchus kann ich nur fragmentarische Mitteilungen machen. Da diese Form durchweg segmentierte Muskeln besitzt, ist zunächst leicht zu konstatieren, daß die Muskeln jedes Myomers alle von dem Spinalnerven des betreffenden Segmentes versorgt werden. Der Stamm des ventralen Spinalnervenastes verläuft, nachdem er aus dem Foramen intervertebrale herausgetreten ist, zwischen den Muskelfasern der ventralen Muskelmasse, bedeckt vom Musc. subvertebralis bei der Betrachtung von der inneren Rumpfwand. Er tritt dann unter den Ursprung des Transversus und nimmt weiter seinen Weg zwischen diesem Muskel und dem Obliquus internus, wie dies bekannt ist. Nun kam es mir darauf Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 3, an, festzustellen, in welcher Weise die motorischen Nerven für die 4 Schichten der Bauchmuskeln in einem Segment vom Nerven- stamme abgehen. Da fand ich folgendes: Der Nervenstamm, der gerade hinter dem Myoseptum verläuft, welches die vordere Grenze des Segmentes bildet, gibt, ehe er unter die Transversuszacke tritt, einen Zweig ab, welcher den Obliquus internus durchbohrt und zwischen ihm und dem Obliquus externus profundus verlaufend zu diesen Muskeln kleine Zweige entsendet. Dann gibt der Stamm des Nerven in der Strecke zwischen Transversus und Obliquus internus zwei kleine Zweige zum Trans- versus ab, welche als ein dorsaler und ventraler unterschieden werden können. Sie treten vom Stamme aus schwanzwärts sofort zum Transversus, in dem sie sich aufzweigen. Zwischen beiden Aesten für den Transversus ist die Abgangsstelle des Ramus lateralis des Nerven, der nach außen zur Haut tritt. In unmittel- barer Umgebung des Abgangs dieses starken Hautastes, sowohl dorsal wie ventral von ihm treten 3—4 kleine Muskeläste ab, die nach Durchbohrung der Muskeln sowohl den Obliquus internus als Obliquus externus profundus und superficialis versorgen. Die Zweige für den Obliquus externus superficialis lassen sich in ihrem Endverlauf leicht nachweisen, indem man eine Zacke dieses Muskels an ihrer Insertion, am hinteren Myoseptum ihres Segmentes ab- trennt und nach vorn zurückschlägt. Dann erkennt man, daß zu dem Muskel gerade unter der Seitenlinie 2—3 kleine Nerven treten, welche zwischen den Fasern des Obliquus externus profundus hervortreten. Ferner tritt noch ein kleiner Zweig nahe dem ven- tralen Ende des Obliquus externus superficialis zwischen den Fasern des Obliquus externus profundus durchtretend zu jenem Muskel. Auch an diesem Muskel kann man also dorsale und ventrale Nerven unterscheiden. Die dorsalen Zweige zum Obliquus externus superficialis entspringen in der Umgebung des Abgangs des Ramus externus lateralis aus dem Hauptstamm und mit ihnen entspringen auch Zweige für Obliquus externus profundus und internus, die im Verhältnis zu dem oben geschilderten Zweig ventral liegen. Zusammenfassend kann man also sagen: Jeder der 4 seitlichen Bauchmuskeln enthält einen dorsalen und einen ventralen Nerven. Alle gehen unmittelbar aus dem ventralen Spinalnervenstanm hervor. Davon, daß die Nerven für den Obliquus externus super- fieialis aus den Nerven des Obliquus externus profundus oder die Nerven des Transversus aus den motorischen Nerven des Obliquus internus hervorgehen, kann ich nichts nachweisen. Die Nerven 10 F. Maurer, für Obliquus externus profundus und internus entspringen gemein- sam aus dem Stamm, die Nerven für Transversus und Obliquus externus superficialis entspringen selbständig aus dem Spinalnerven- stamm. Der Rectus bezieht seine Nerven aus dem ventralen Ende der Spinalnerven. Ich habe nur einige Segmente untersucht und die Verhältnisse sehr gleichartig gefunden. Eine eingehende Gesamt- untersuchung über das spezielle Verhalten dieser Nerven wäre sehr erwünscht. Es geht über den Rahmen dieser Arbeit. Menopoma alleghaniensis. Es liegt mir ein Exemplar von 38 cm Länge vor, welches lebend in meine Hände kam und von mir in Formolalkohol konserviert wurde. Die Muskulatur erwies sich dabei sehr gut fixiert und ließ sich vortrefflich auspräparieren. Das Integument wurde von einem längs der dorsalen Mittellinie ausgeführten Schnitt aus ventralwärts herabpräpariert. Ich finde vom Kopf bis zum Becken 21 Muskelsegmente. Die dorsale Rumpf- muskulatur ist gleichmäßig segmentiert und ihre Fasern zeigen geraden Verlauf. Am 5. Segment beginnt der oberflächliche, seit- liche ventrale Rumpfmuskel. Die Seitenlinie als Grenze zwischen dorsaler und ventraler Muskulatur ist deutlich erkennbar. Die Schultermuskulatur erstreckt sich vom 4. bis 7. Segment. Sie wurde dorsal vorsichtig abgetrennt und mit der Scapula ventral- wärts herabgeschlagen. Dann liegt der vorderste Teil der ven- tralen Rumpfmuskulatur frei zutage (Taf. 2, Fig. 7). I. Der Musculus obliquus externus trunci besteht nur aus einer einzigen, Sehr kräftigen Muskelschicht. Ein Obliquus externus superficialis und profundus sind nicht als trennbare Muskelschichten ausgebildet. Der einzige Obliquus externus zeigt aber doch ein in verschiedener Beziehung eigenartiges Verhalten. Taf. 2, Fig. 7 zeigt den Muskel in seiner ganzen Flächenaus- dehnung und in seinem Faserverlauf. Er besteht aus 17 Segmenten. Er entspringt in der Höhe der Seitenlinie in Form von Zacken, die zum Teil die Seitenlinie dorsalwärts ein weniges überschreiten. Im Bereich der 3 ersten Segmente ist der Muskel nicht von Myosepten durchsetzt, erscheint demnach in seinem Bauch unseg- mentiert, nur die Zackenursprünge lassen seine metamere Gliederung erkennen. Vom 4. Myomer an lassen sich an der Muskelplatte eine dorsale und eine ventrale Hälfte unterscheiden. In der ven- tralen Hälfte erscheinen regelmäßige Myosepten, während die dor- sale Hälfte keine Myosepten besitzt. Das wird indessen verständ- lich, wenn man die Zackenursprünge des Muskels genauer be- Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 11 trachtet. Man erkennt da, wie die einzelnen Zacken vom dorsalen Beginn an durch tiefe Einschnitte voneinander getrennt sind. Was die Insertion des Muskels, d. h. sein Verhalten am ventralen Ende betrifft, so zeigt sich, daß eine zarte Muskelfaserlage den lateralen Rand des Rectus trunci um ein geringes ventralwärts überlagert. Die freien Enden der Fasern gehen in eine feine Sehnenplatte über, die mit dem Integument fest verbunden ist. Dieses Verhalten zeigen aber nur die oberflächlichsten Fasern. Die Hauptmasse des Muskels geht ventralwärts kontinuierlich in den Rectus über. Auf Taf. 2, Fig. 7 und Taf. 3, Fig. 10 ist dies dargestellt, ebenso im Querschnitt auf Taf. 2, Fig. 12. Der dorsale Ursprungsteil ist im ganzen selbständiger, wie es dieser Muskel bei anderen Amphibien zeigt. Seine Beurteilung, besonders hinsichtlich seiner Beziehung zum Obliquus externus superficialis und profundus, soll später erörtert werden (p. 29). Il. Trägt man den Obliquus externus von der Seitenlinie her ventralwärts ab, so kommt darunter als zweite Schicht der Obli- quus internus trunci zum Vorschein (Taf. 2, Fig. 8). Er besteht aus 21 Segmenten. Dorsal beginnt er an der Seitenlinie mit Fasern, die leicht schräg von schwanz- und dorsalwärts nach kopf- und ventralwärts, sehr wenig steil verlaufen. Der ganze Muskel ist gleichmäßig segmentiert, die Myosepten durchsetzen ihn in seiner ganzen Ausdehnung. Ventralwärts geht er kontinuierlich in die Masse des Rectus über. Auf Taf. 2, Fig. 11 ist am Segment d dieser Uebergang zu erkennen, auch im Querschnittsbild auf Taf. 2, Fig. 12. Die 4 vorderen Myomeren (Fig. 8) bilden nur den vorderen Teil des Rectus. Die 3 hintersten Segmente stehen ventralwärts mit dem Becken in Verbindung, haben keine Beziehung mehr zum Rectus. Der Muskel zeigt eine beträchtliche Dickenausbildung. Löst man diesen Muskel ab, so findet man darunter als tiefste Schicht III. den Musculus transversus truneci mit 17 Seg- menten (Taf. 2, Fig. 9). Er ist durchweg segmentiert. Er beginnt mit Zacken an der Seitenlinie, und seine Fasern, von Myoseptum zu Myoseptum verlaufend, ziehen in schräger, ziemlich steiler Richtung von dorsal- und schwanzwärts nach ventral- und kopfwärts. Die erste Zacke liegt im Bereich der vorderen Extremität gerade hinter dem Pericardium. Die letzte Zacke steht in Beziehung zum Becken. Ventralwärts geht jedes Myomer, indem seine Faserenden ventralwärts in konvexer Linie endigen, in eine zarte sehnige Membran über, die bis zur ventralen Mittellinie verläuft. Innerhalb dieses Muskels folgt die seröse Membran, welche die Pleuroperi- 12 F. Maurer, tonealhöhle auskleidet. Zum Rectus besitzt dieser Muskel keine Beziehung, sein ventrales Ende liegt innerhalb des Rectus, und zwar in Seiner ganzen Ausdehnung. Er stimmt darin mit dem Transversus aller anderen Urodelen überein. Den ventralen Abschluß der gesamten ventralen Rumpfmus- kulatur bildet der Musculus rectus trunci (Taf. 3, Fig. 10 und Taf. 2 Fig. 7, 8, 11 u. 12). Er erstreckt sich vom Becken nach vorn bis zum Zungenbein. Er besteht aus 18 Segmenten, die durch gleichmäßig ausgebildete Myosepten getrennt sind. Am 8. Segment von vorn gerechnet hebt sich der Pectoralis major vom Rectus ab (Fig. 8 u. 10 p.m). Man kann keinen Rectus. superficialis und profundus als trennbare Muskeln unterscheiden. Vielmehr ist dieser Muskel hier durchaus einheitlich. Die medialen Ränder der beiderseitigen Recti berühren sich in der ventralen Mittellinie. Ein lateraler Rand des Rectus ist nicht frei zu erkennen, weil er um ein weniges von den ober- flächlichsten Fasern des Musculus obliquus externus trunci über- lagert wird. Ein freier lateraler Rand des Rectus besteht über- haupt nicht so scharf wie bei anderen Formen, da die Fasern des Obliquus externus und internus trunci unter allmählicher Annahme eines geraden Verlaufs kontinuierlich in den Rectus übergehen (Querschnitt Fig. 12, Fig. 8 u. 10). In den 10 hinteren Seg- menten ist der Muskel durchaus einheitlich. Trotzdem ist in ihm das Material des Rectus superficialis und profundus der anderen Urodelen enthalten, denn die oberflächlichen Fasern sind nicht bis zum Zungenbein verfolgbar, sondern gehen am 8. Segment in den Pectoralis major über. Trennt man mit dem letztgenannten Muskel den Schultergürtel mit der zugehörigen Muskulatur und der oberen Extremität ab (Fig. 10 links), so erkennt man, wie die tieferen Fasern des Rectus in dessen 8 vorderen Segmenten unter dem Schulterapparat gleichmäßig segmentiert nach vorn bis zum Zungenbein verlaufen. Das vorderste Segment ist nach vorn zugespitzt und inseriert an der ventralen Fläche der Copula des Hyoidbogens, einige Fasern inserieren auch an den ventralen Enden des 3. und 4. Kiemenbogens. Als letzter der ventralen Rumpfmuskeln ist noch der Mus- culus subvertebralis zu nennen. Auf Taf. 2, Fig. 11 ist er in einigen Segmenten der Rumpfmitte dargestellt. Man kann zwei Portionen an ihm unterscheiden : eine mediale sv.m und eine laterale sv.l. Die mediale Portion ist ein feines, gerade verlaufendes Muskel- bündel, nahe der Mittellinie an der ventralen Fläche der Wirbel- Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus ete. 13 körper angeordnet. Die Bündel folgen sich regelmäßig, von Wirbel- körper zu Wirbelkörper verlaufend. Die laterale Portion dieses Muskels besteht aus einer breiteren Muskellage in jedem Segment, deren Fasern schräg von Myoseptum zu Myoseptum, unmittelbar am Wirbelkörper beginnend, lateralwärts sich bis fast gegen die Seitenlinie erstrecken. Taf. 2, Fig. 11 zeigt dies von innen. An den Segmenten a, b und ce ist nur das Peritoneum weggenommen. Man erkennt die beiden Portionen des Subvertebralis und sieht den lateralen Rand des Muskels hervortreten durch den ventralen Spinal- nervenstamm, der hier eine kurze Strecke weit auf dem Obliquus internus erscheint, um ventralwärts (in der Figur lateralwärts) wieder unter dem dorsalen Rande der Transversuszacken zu ver- schwinden. Der Faserverlauf der lateralen Portion des Subverte- bralis ist schräg von dorsal- und schwanzwärts nach ventral- und kopfwärts gerichtet, wie man aus der Fig. 11 sieht, ähnlich wie der Faserverlauf des Transversus. Man kann den Muskel deshalb mit Recht als Musculus transversus dorsalis bezeichnen. Ich füge abschließend und ergänzend in Taf. 2, Fig. 12 noch ein Querschnittbild durch die Rumpfmitte von Menopoma bei, an welchem man die Beziehungen der Muskeln zueinander erkennen kann. Auf der linken Seite der Figur sieht man die ventrale Mus- kulatur von der dorsalen ganz getrennt. An der Seite des Rumpfes bestehen in der Rumpfwand die 3 genannten Muskeln: Obliquus externus, internus und Transversus trunci. Die beiden erstgenannten sind von gleicher Dicke, etwa 2 mm Durchmesser, der Transversus ist etwas schwächer. Ventralwärts sieht man die beiden erst- genannten Muskeln in den einheitlichen Rectus übergehen. Der letztere erreicht zugeschärft die ventrale Mittellinie. Der Trans- versus endigt ventral frei. Dorsal schließt sich an ihn der Mus- culus subvertebralis, dessen beide Portionen unter dem Wirbel- körper, sowie dem Querfortsatze und der Rippe zu erkennen sind. Auf der rechten Seite der Figur sieht man, daß oberflächliche Fasern des Obliquus externus Besonderheiten zeigen, insofern sie dorsalwärts etwas die Seitenlinie überlagern (Fig. 12 *), ventral- wärts aber über den Rectus um ein weniges ventral vorgeschoben sind (Fig. 12 **). Cryptobranchus japonicus (Sieboldia maxima). Im An- schluß an Menopoma möchte ich noch einmal auf Cryptobranchus zurückkommen, weil ich sehe, daß ich in meiner früheren Schil- derung (Morph. Jahrb., Bd. XVIII, p. 98—99) einen Punkt nicht 14 F. Maurer, genauer berücksichtigt habe, der mir jetzt Bedeutung zu haben scheint. Ganz besonders instruktiv ist ein offenbar individueller Zufallsbefund an dem mir jetzt vorliegenden großen Exemplar. Er betrifft den Obliquus externus dieser Form. Dieser Muskel ist bekanntlich, wie bei Menopoma, nur in einfacher Schicht aus- gebildet, ein oberflächlicher und ein tiefer Muskel sind nicht zu unterscheiden. Bei dem Objekt, das mir jetzt vorliegt, ist das obere Drittel des Muskels nicht von Myosepten durchsetzt, die letzteren beschränken sich auf die ventralen zwei Drittel des Muskels. Also auch hier ist ein dorsal beginnender und ventral- —— ne, Textfig. 1. Sieboldia maxima. 1—5 einige Segmente der Rumpfmitte in Seitenansicht. o.e Musculus obliquus externus, 0.2 Musc. obliquus internus, R Muse. rectus, / Seitenlinie, d Rücken, » Bauch. « Richtung nach dem Kopf, p Richtung nach dem Schwanz. wärts fortschreitender Schwund der Segmentierung des Muskels nachweisbar. Auf der Textfig. 1 habe ich 5 Segmente aus der Rumpfmitte des Tieres in Seitenansicht dargestellt. Man erkennt hier, daß das Myoseptum zwischen dem 2. und 3. Segment von links (2—3) noch fast ganz ausgebildet ist, während es an den übrigen Segmenten reduziert ist. Dieser Befund weist darauf hin, daß die Reduktion hier erst anfängt. Sie beginnt dorsal und schreitet ventralwärts fort. Der obere Teil des Muskels ist durch diese Ausbildung freier in seiner Aktion als der ventrale Teil des Muskels und die übrigen ventralen Muskeln. Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 15 Ich füge noch hinzu, daß an der Stelle, welche dem oberen, nicht von Septen durchsetzten Teil des Obliquus externus ent- spricht, das Integument sich in der bekannten Seitenfalte von der Muskulatur abhebt, im Gegensatz zu dem Verhalten am übrigen Körper, wo das Integument glatt und fest der Muskulatur an- geschlossen ist. Hinsichtlich der tieferen Muskeln, Obliquus internus und Trans- versus, sowie des Rectus, ist von dieser Form meinen früheren Schilderungen nichts mehr hinzuzufügen, sie stimmen auch ganz mit Menopoma alleghaniensis überein. Proteus. Die Verhältnisse von Proteus habe ich schon früher geschildert (Morph. Jahrb., Bd. XVII, p. 97), dort aber nur eine Abbildung von innen gegeben. Ich füge hier in Textfig. 2 eine Dar- stellung von 5 Segmenten der Rumpfmitte bei, in welcher die 4Schichten der ventralen Rumpf- d muskeln in der Ansicht von der Seite erkennbar sind. Proteus zeigt noch eine Besonderheit, die ich bei keiner anderen Urodelenform fand. Ich untersuchte jetzt 2 Exemplare, das eine hatte20 cm, das andere v R o0epR oi 27 cm Gesamtlänge. Die Haut 1 een a. 5 ne läßt sich leichtabzichen, estiegt {67 Rumpfmite, in Seitenansicht, zu unter ihr ein recht beträchtlich d Rückenfläche, » Bauchfläche, a kopf- ausgebildeter Pannieulus Ni, z ‚chranzwärk, Z Seiten adiposus. Reichliche Fett- mente, von vorn nach hinten sich fol- träubchen sind über den ganzen {pa 1, Muse, Ol. ext, supert, on Rumpf ausgebreitet und bilden tr Musc. transversus, R Muse. rectus. besonders unter dem dorsalen Hautsaum eine reichliche Masse, welche sich tief zwischen die beiden Hälften der dorsalen Rumpfmuskulatur einsenkt. Histo- logisch besteht dieser Panniculus adiposus, der unmittelbar unter der straffen Lederhaut liegt, aus typischen Fettzellen mit je einem großen Fetttropfen und wandständigem Kern. Die dorsale Muskulatur zeigt an der Oberfläche nur gerade, von Myoseptum zu Myoseptum verlaufende Fasern. Die Seitenlinie tritt scharf hervor. Auch die ventrale Mus- kulatur ist segmentiert mit Ausnahme des Transversus, der eine 16 F. Maurer, unsegmentierte Platte darstellt. Er ist von mir schon früher ab- gebildet worden. Unter der Seitenlinie sieht man den Rectus lateralis. Er wird in jedem Segment in seiner vorderen, dem Kopf zugewendeten Hälfte von den Ursprungszacken des Obliquus externus superficialis be- deckt. Dies ist an den beiden vordersten Segmenten (7 und 2) der Textfig. 2 zu erkennen. Am 3. Segment (3) ist der oberfläch- liche Obliquus externus abgetragen und der Obliquus externus pro- fundus freigelegt. Ich hebe nochmals hervor, daß der Faserverlauf der beiden Obliqui externi bei Proteus fast gleich schräg gerichtet ist, so daß es verständlich ist, daß von den übrigen Autoren der Obliquus externus superficialis übersehen wurde. Er besteht aber sicherlich und läßt sich einerseits an seinem zarten dorsalen Ur- sprungsteil abheben vom tiefen Obl. externus, andererseits endigen ventralwärts seine Fasern in gleich zarter Lage frei auf der äußeren Oberfläche des Rectus, während die Fasern des Obliquus externus profundus dorsalwärts unter dem freien Rande des Rectus lateralis hervortretend ventralwärts unter Umbiegung in geraden Verlauf kontinuierlich in die Fasermasse des Rectus übergehen. Auch der Obliquus internus, im 4. Segment der Textfig. 2 dargestellt, läßt seine Fasern ventral in den Rectus übergehen. Dorsal geht er, wie der Obliquus externus profundus unter dem Rectus lateralis, aus der einheitlichen Rumpfmuskelmasse hervor. Der Transversus, im Segment 5 der Textfig. 2 dargestellt, ist eine einheitliche zarte Muskelplatte, wie bei dem nachher zu schildernden Amphiuma. Festzuhalten ist von Proteus, daß die Beziehung der ganzen Rumpfmuskulatur zum Integument keine so innige ist, wie bei den übrigen Urodelen, weil zwischen beide ein mechanisch sie voneinander trennender Panniculus adiposus eingeschaltet ist. Ferner ist die ventrale Rumpfmuskulatur in ihren 4 Schichten noch dadurch ausgezeichnet, daß Obliquus externus superficialis und profundus sowie der Obliquus internus und der Rectus durch- weg segmentiert sind. Die Myosepten sind einheitlich, die drei äußeren seitlichen Bauchmuskeln sind durch sie zusammengehalten, keiner von ihnen hat eine selbständige Aktionsmöglichkeit. Da- gegen ist der Transversus von ihnen getrennt. Als einziger nicht segmentierter Muskel ist er selbständig in seinen Be- wegungen. Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 17 Amphiuma ist schon mehrfach untersucht worden, ich schildere gleichwohl hier die tatsächlichen Verhältnisse genauer, weil nur dann die Einreihung dieser Form in den von mir aufgestellten Plan vom Aufbau der ventralen Rumpfmuskulatur möglich ist. Es liegt mir ein kleines Exemplar von 31 cm Gesamtlänge vor. Davon kommen 9 cm auf den Schwanz. Ich zähle am Rectus nach Abtragung der Haut vom Zungenbein bis zum Becken- gürtel 60 Segmente. Das Tier ist vortrefflich konserviert, so daß die Muskulatur sehr gut dargestellt werden kann. Trotz der ge- ringen Länge des Tieres, Amphiuma kann eine Länge von einem Meter erreichen, sind die Muskeln doch vollkommen fertig ent- wickelt, wie die folgende Schilderung zeigen wird. Bei dem Abpräparieren der Haut von der dorsalen Mittellinie herab (das Tier in Rückenlage gebracht) bemerkt man eine Be- sonderheit in der Beziehung des Integuments zum unterliegenden Bindegewebe sowie zur Rumpfmuskulatur, auf die ich hier noch hinweisen möchte: Von der dorsalen Mittellinie an bis zur Seiten- linie läßt sich die Haut nur schwer, Schnitt für Schnitt, mit dem Skalpell abpräparieren. Das kommt daher, daß im Bereich der dorsalen Rumpfmuskulatur unter der Lederhaut eine straffe, glänzende Fascie einerseits nach außen mit der Lederhaut, anderer- seits in der Tiefe mit den unterliegenden Muskeln fest verwachsen ist. Da wo der oberflächliche, seitliche, ventrale Rumpfmuskel beginnt, also etwas dorsal von der Seitenlinie und ventralwärts bis zum Ende dieses Muskels, da wo der sich an ihn anschließende Rectus beginnt, löst sich die Haut von dem oberflächlichen seit- lichen Bauchmuskel leicht ab. Es ist hier unter der Haut eine dicke, durch Formolalkohol stark gequollene, sehr lockere Binde- gewebschicht zwischen Haut und Muskel ausgebildet. Weiter ventral im ganzen Bereiche des Musculus rectus trunci, von dessen lateralem bis zum medialen Rande, der an der Mittellinie liegt, ist das Integument wieder schwer abzupräparieren, weil hier ebenso wie dorsal eine aponeurotische Fascie zwischen Haut und Mus- kulatur eingeschaltet ist. “ Der Faserverlauf der ventralen Apo- neurose setzt denjenigen der Muskelfasern des oberflächlichen seit- lichen Bauchmuskels fort. Wenn man nach Abtragung der Haut das Tier in Seitenlage bringt, so kann man sich über die oberflächliche Muskelschicht sowie über die Zahl der Myomeren leicht orientieren. Bd. XLVIL N. F. LX, 2 18 F. Maurer, Die dorsale Rumpfmuskulatur besteht aus 62 Seg- menten vom Kopf bis zur hinteren Extremität. Ihre Fasern zeigen alle einen geraden Verlauf. Die Muskelmasse erstreckt sich von der dorsalen Mittellinie bis zur Seitenlinie. Die letztere ist ver- deckt vom Ursprung des oberflächlichsten ventralen Rumpfmuskels (Taf. 3, Fig. 13). Die ganze dorsale Muskulatur ist gleichmäßig segmentiert, d. h. von regelmäßigen, die ganze Dicke des Muskels durchgreifenden Myosepten durchsetzt. Die ventralen Rumpfmuskeln lassen seitlich eine deut- liche Ausbildung von 4 ganz getrennten Muskeln erkennen. Ventral bildet ein sehr breiter Rectus den Abschluß: Er erstreckt sich bis zur ventralen Mittellinie, wo er sich dem anderseitigen Rectus bis zur Berührung nähert. Der oberflächlichste, seitliche ventrale Rumpfmuskel ist der Musculus obliquus externus superficialis (Taf. 3, Fig. 13 o.e.s). Er beginnt unmittelbar hinter dem rudimentären Schultergürtel, und seine erste Zacke wird von dem schmächtigen Latissimus dorsi überlagert. Schlägt man den Schultergürtel mit seinen Muskelchen ventralwärts herab und trennt ihn mit der vorderen Extremität ab, so übersieht man den vordersten Teil des Obl. ext. superficialis. Dieser Muskel erstreckt sich durch 58 Segmente. Während er vorn an der angegebenen Stelle mit freiem Rande beginnt, endigt er mit dem Rumpf am Beckengürtel. Der Muskelist, wasich ganz besonders hervorhebe, eine durchaus einheitliche Muskelplatte, zeigt nir- gends eine Spur von Myosepten, ist also im Aufbau seines Bauches nicht segmentiert. Seine Fasern zeigen den bekannten Verlauf, schräg von dorsal- und kopfwärts nach ventral- und schwanzwärts. Dabei ist der Verlauf außerordentlich steil, fast dorsoventral. Der Ursprung läßt keine deutlichen Zacken unterscheiden, sondern bildet eine ganz gerade Linie, die etwas dorsal über der Seitenlinie liegt. Daß der Muskel trotzdem als ein metamerer aufgefaßt werden muß, ergibt seine regelmäßig metamere Innervation durch die ven- tralen Aeste der Spinalnerven. Der Muskel ist keine zarte Faser- lage, wie bei den meisten Perennibranchiaten, sondern bildet eine außerordentlich kräftige Lage von etwa 12 Fasern Dicke. Ventral- wärts inseriert die ganze Muskelplatte so, daß ihre Fasern in einer fast gerade verlaufenden Linie endigen. Dieses Ende der Muskel- fasern liegt noch auf dem Obliquus externus profundus, erreicht also nicht den lateralen Rectusrand (Taf. 2, Fig. 14). Die Fasern Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus ete. 19 gehen hier in eine zarte aber außerordentlich resistente Aponeu- rose über. Ihre Faserbündel setzen die Richtung der Muskel- fasern des Obliquus ext. superf. fort und formieren eine vordere Rectusscheide, die sich in der ventralen Mittellinie mit dem ander- seitigen gleichen Gebilde vereinigt. Auf Fig. 13 (Taf. 5) ist dieser Muskel von den 12 vordersten und 10 hintersten Rumpfsegmenten dargestellt. An den 38 da- zwischen fortgelassenen Segmenten besteht ganz das gleiche Ver- halten. Um zur zweiten Muskellage, ohne Verletzung befürchten zu müssen, zu gelangen, ist es am zweckmäßigsten, den Obliquus ex- ternus superficialis genau in der Mitte seiner Fasern vom Kopf nach dem Schwanz zu quer zu durchschneiden und dorsal- sowie ventral- wärts zurückzuschlagen. Dann erscheint der Musculus obli- quus externus profundus. Er ist aus 62 Segmenten auf- gebaut und von gleichmäßig sich folgenden Myosepten durch- setzt, also regelmäßig segmentiert. Seine Fasern schließen sich nicht ganz dicht an die dorsale Rumpfmuskulatur an. Sie sind in der Seitenlinie nicht nur durch Bindegewebe von ihr getrennt, sondern es beginnt der Muskel dorsal mit einem deutlichen freien Rande, schräg, entsprechend dem Faserverlauf des Muskels, etwas ventral von der Seitenlinie. Dorsal von diesem freien Rande sind die obersten Fasern der nächst tieferen Muskellage, des Obliquus internus, zu sehen, der dorsalwärts sich etwas höher erstreckt. Der Verlauf der Fasern des Obliquus externus profundus ist ebenso wie am vorher geschilderten Muskel schräg von dorsal- und kopf- nach ventral- und schwanzwärts gerichtet, aber lange nicht so steil. Die Fasern nehmen ventralwärts allmählich einen ge- raden Verlauf an und gehen kontinuierlich in den Musculus rectus über, dessen oberflächliche Faserlage sie bis zur ventralen Mittel- linie bilden. Der Muskel ist auf Taf. 3, Fig. 13 an zwei hinteren Segmenten der vorderen Hälfte der Figur dargestellt (o.e.p). Nach vorne, dem Kopf zu, erkennt man, daß der Muskel ebenso wie der folgende sich bis zu dem Visceralskelett erstreckt, als ein Teil des Rectus trunci. Der Muskel setzt sich aus gleichmäßig aus- gebildeten Segmenten zusammen, die vom Zungenbein in 62 Seg- menten bis zum rudimentären Becken sich erstrecken, wo dieser Muskel und mit ihm alle seitlichen Bauchmuskeln ihr Ende finden. In bezug auf die Ausbildung erscheint der Obliquus externus profundus nicht wesentlich stärker als der sehr kräftig ausgebildete Obl. ext. superficialis, was ich hiermit besonders hervorhebe. 2*F 20 F. Maurer, Präpariert man den Obliquus externus profundus von seinem Beginne an ventralwärts von Segment zu Segment ab, indem man seine Fasern in der Mitte ihrer Länge quer durchschneidet und an den Myosepten abtrennt, so erkennt man zunächst, daß er mit dem nächstfolgenden Muskel durch die Myosepten fest ver- bunden ist, da diese den beiden Muskeln gemeinsam zugehören. Der unter dem Obliquus externus profundus folgende Muskel ist der Musculus obliquus internus (Taf. 2, Fig. 13 o., die zwei letzten Segmente der vorderen Hälfte der Figur zeigen ihn). Er schließt sich unmittelbar an die dorsale Rumpfmuskelmasse an, von ihr nur durch einen feinen Bindegewebsstreifen getrennt. Er beginnt also unmittelbar unter der Seitenlinie. Wie der vorige ist er regelmäßig segmentiert und von gleichmäßig sich folgenden Myosepten gemeinsam mit dem Obliquus externus profundus durchsetzt. Er zählt wie dieser 62 Segmente, die vom Visceral- skelett bis zum Beckengürtel sich erstrecken. Ebenso kräftig ausgebildet ist er von der gleichen Dicke wie der Obliquus externus profundus. Seine Fasern verlaufen, wie bei allen Formen, schräg von dorsal- und schwanzwärts nach ventral- und kopfwärts, und zwar sehr wenig schräg. Ventralwärts geht ihr schräger Verlauf allmählich in einen geraden über und in einer Linie, die etwa die Ansatzstellen der vorderen und hinteren Extremität einer Seite am Rumpf miteinander verbindet, setzt sich der Obliquus internus kontinuierlich in den Musculus rectus fort; der letztere hat also hier keinen freien lateralen Rand. Nimmt man den Obliquus internus von der Seitenlinie an ventralwärts ab, so kommt unter ihm als tiefste Schicht der seit- lichen ventralen Rumpfmuskeln der Musculus transversus trunci zum Vorschein. Er ist auf Taf. 3, Fig. 13 auf den zwei vordersten Segmenten der hinteren Hälfte der Figur dar- gestellt (Zr). Er bildet eine in ihrer ganzen Länge unsegmen- tierte Muskelplatte von geringer Mächtigkeit. Er ist der schwächste der seitlichen Bauchmuskeln, auch tatsächlich schwächer aus- gebildet als der Obliquus externus superficialis.. Sein Ursprung ist naturgemäß ein segmentierter, insofern er in Zacken von den Querfortsätzen der Wirbel ausgeht. Die erste Zacke liegt wie bei allen Urodelen unmittelbar hinter dem Herzbeutel. Die Fasern ver- laufen dorsoventral herab, im ventralen Verlauf zugleich leicht kopf- wärts gerichtet, also im Sinne des Musculus obliquus internus trunci. Er besteht aus 60 Segmenten. Die Fasern der letzten Ursprungs- zacke nehmen ihren Ansatz am Becken. Die Insertion sämtlicher Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus ete. 21 Fasern findet ventral innerhalb des Rectus in der Weise statt, daß in einer Linie, welche die Ansatzstellen der vorderen und hinteren Extremität am Rumpf einer Seite miteinander verbindet, die Muskelfasern mit ihren Enden in eine zarte Aponeurose über- gehen, welche als innere Lamelle der Rectusscheide sich bis zur Linea alba erstreckt. Durch das Fehlen der Myosepten in diesem Muskel ist noch ein weiteres Verhalten des Muskels veranlaßt. Er ist ebenso wie der Obliquus externus superficialis ganz frei von einer Verbindung mit dem nächst angrenzenden Muskel. Obliquus externus pro- fundus und Obliquus internus bilden, durch die Myosepten ver- bunden, trotz ihres entgegengesetzten Faserverlaufes eine Einheit, zu der auch der Rectus gehört. Trennt man den Obliquus internus durch und präpariert ihn ab, so merkt man, daß zwischen ihm und dem Transversus ein weiter Abstand ist, erfüllt mit sehr zartem Bindegewebe, dessen weite Saftspalten viel Gewebsflüssigkeit ent- halten. Dadurch wird der Transversus zu einem recht selbständigen Muskel, der mit dem anderseitigen zusammen einen unmittelbar den Ingesta der Bauchhöhle anliegenden Tragmuskel für diese Ingesta bildet. Innerhalb des Transversus folgt die tiefe Bauchfascie und dann die Serosa der Rumpfhöhle (Pleuroperitonealhöhle). Als weiterer ventraler Bauchmuskel ist noch der Rectus zu betrachten, der den ventralen Abschluß des gesamten ventralen Muskelsystems bildet. Der Rectus ist bei Amphiuma ein sehr einfacher Muskel. Er ist gleichmäßig segmentiert. Indem Teile des Pectoralis major mit Rectusfasern in Verbindung treten, kann man einen ober- flächlichen und tiefen Teil unterscheider, aber sie bilden keine so scharf getrennte Schichten wie bei anderen Urodelen. Auch ist der Rectus kein selbständiger Muskel, sondern er geht dorso- ventralwärts kontinuierlich aus dem Musculus obliquus externus profundus und dem Obliquus internus hervor, die in ihm sich ver- einigen und damit ihren ventralen Abschluß finden. Schwanzwärts erstreckt sich der Rectus bis zu dem rudimentären Beckengürtel, ohne daß hierbei besondere Komplikationen nachweisbar wären. Kopfwärts ist zu beachten, daß auch bei Amphiuma ein recht kräftiger Pectoralis major mit den oberflächlichen Fasern des Rectus in Verbindung steht. Die sternale Portion des Muskels ist schwach entwickelt (Textfig. 3 P.s). Dagegen geht die sehr mächtig ausgebildete Pars abdominalis in die oberflächlichen Fasern 22 F. Maurer, des Rectus über als ein breites Band, das sich über 5 Segmente nach hinten erstreckt (Textfig. 3 P.a). Dies ist natürlich nur als ein sekundärer Anschluß aufzufassen. Allein es erhält diese Tatsache doch Bedeutung, denn diese mächtige nach hinten ziehende 0.8.8 TEE ERIGSTIEES = | Textfig. 3. Amphiuma. Ven- trale Ansicht des vorderen Rumpf- teils (linke Körperhälfte) zur De- monstration der Beziehung des Mus- culus pectoralis zum Musculus rectus trunei. R Muse. rectus, P.a Pars ab- dominalis des Musc. pectoralis, Ps Pars stenalis desselben Muskels, o.e.s Muse. obl. ext. superficialis. Portion des Pectoralis steht nicht im Verhältnis zur kleinen Vorder- extremität. Sie wird aber ver- ständlich, wenn wir folgendes über- legen: Der Pectoralis major be- wegt hier nicht nur den Schulter- gürtel, sondern durch den An- schluß an den Rectus gewinnt er auch Bedeutung für die Loko- motion, die durch die Rumpf- muskulatur ausgeführt wird. Diese Art der Lokomotion ist aber bei Amphiuma die alleinige, da die Extremitäten keine in Be- tracht kommende Rolle mehr da- bei spielen können. Der Pecto- ralis kann aber primär sich nur von der vorderen Extremität aus entwickelt haben. Von der Rumpf- muskulatur aus kann er sich nicht entfaltet haben. Seine stärkere Ausbildung hier beweist also, daß die Ursache seiner ersten Bildung, das ist die Vorderextremität, ein- mal mächtig entfaltet gewesen sein muß, so wie sie es bei anderen Urodelen noch heute ist. Erfährt die Extremität eine Rückbildung, so können Teile des Pectoralis, die durch den Anschluß an die ventrale Rumpfmuskulatur neue Aufgaben gefunden haben, dieser entsprechend erhalten bleiben. Ich sehe also in der Tatsache, daß der abdominale Teil des Pecto- ralis major hier bei Amphiuma in so mächtigem Maße erhalten Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus ete. 23 ist, einen sicheren Beweis dafür, daß die vordere Extremität einmal mächtiger entwickelt war, daß ihre Kleinheit nicht primär ist, sondern den Zustand einer sekundären Verkümmerung darstellt. Die Hauptmasse des Rectus erstreckt sich kopfwärts zum Zungenbeinapparat, wo er teils medial an den Copulis, teils lateral an den Kiemenbogen seine Insertion nimmt. — >>> = SI 7 Su SS _S> \ \ \ _ nn ill) vw — EN — , III - 7 ar SI ——— — FT, m: = N == SS SS 2 — ZZ ge ee gg a © ie») SI ı = >>> \ N NUR |) Il == —— —— = == be) I ——— u —Z— > = — N WHERE DH ZH, Z N G ) \ C2 > GH G j /, DE, A u E = I — u —_ &%o Textfig. 4. Amphiuma. 8 Segmente der Rumpfmitte zur Demonstration der ventralen Rumpfmuskulatur (1—8). Linke Körperhälfte, Rumpfwand von der Innenfläche gesehen, n gnahme des Peritoneums. Von oben nach unten sind allmählich die Lagen der seitlichen Bauchmuskeln nach außen fort schreitend abgetragen, um die Schich zu zeigen. s.v Musc. su e i Tr N : sversus trunci, R Musc. rectus, 0.” Musc. obl. internus, o.e.p Musc. obl. externus profundus, o.e.s Muse. obl. externus superficialis. Als letzter ventraler Rumpfmuskel ist der Musculus sub- vertebralis zu besprechen (Textfig. 4 und 5 sv). Er ist bei Amphiuma sehr mächtig, besonders in die Breite ausgebildet (Textfig. 4). Verschiedene Portionen sind nur dadurch zu unter- scheiden, daß die medialen Fasern von Wirbelkörper zu Wirbel- körper ziehen, während die lateralen Fasern ihren Verlauf von 24 F. Maurer, Myoseptum zu Myoseptum nehmen. Bei manchen Formen, wie bei Menopoma, ist die vertebrale Portion getrennt von der late- ralen und es ist dann, wie oben geschildert, ein Subvertebralis medialis und lateralis zu unterscheiden (Taf. 2, Fig. 11). Hier ist der ganze Muskel einheitlich und seine Fasern nehmen einen mehr geraden Verlauf. Die lateralen Fasern verlaufen etwas. schräg im Sinne des Obliquus internus. Der Muskel ist hier so kräftig, daß er sich an seinem lateralen Rande als mächtiger Wulst gegen die dünneren seitlichen Bauchmuskeln abhebt. Ich habe von den Rumpfmuskeln dieser Form zwei Querschnittbilder gegeben. Taf. 2, Fig. 14, zeigt einen Querschnitt zwischen zwei Wirbeln, während Textfigur 5 den Querschnitt durch die Mitte eines Wirbels darstellt. Auf der Textfigur erkennt man den mächtigen Musculus subvertebralis. Ferner sieht man hier die mächtigen Querfortsätze des Wirbels. Sie stellen breite schräg- gestellte Lamellen dar, welche mit gezähneltem Rande lateral- wärts in die außerordentlich derben Intermuscularsepten übergehen. Von diesen mächtigen Septen entspringt auch der Transversus trunci. Der Spinalnerv verläuft von den Foramina intervertebralia aus, bei der Ansicht von der ventralen Seite aus (Textfig. 4) gesehen, bedeckt vom breiten Musculus subvertebralis. Er tritt dann an dessen lateralem Rande sofort unter den Transversus, um zwischen diesem und dem Obliquus internus weiter zu ziehen. Textfig. 4 zeigt die Verhältnisse der ventralen Rumpfmusku- latur an einigen Segmenten der Rumpfmitte. In der ventralen Mittellinie wurde die Bauchwand der Länge nach gespalten und nach beiden Seiten auseinander geschlagen. Nachdem die Bauch- eingeweide mit den großen Blutgefäßen abgetragen waren, wurden das Peritoneum und die tiefe Bauchfascie, beides sehr resistente: Membranen, abpräpariert und dadurch die Innenfläche der gesamten Bauchmuskulatur von der Wirbelsäule bis zur Linea alba frei- gelegt. Die 3 oberen Segmente der Textfigur 4 zeigen deren Ver- hältnisse: 8.v, Tr, R. Subvertebralis, Transversus und Rectus grenzen an die Innen- fläche der Bauchwand. Am 4. und 5. Segment ist der Transversus abgetragen und dadurch der Obliquus internus sichtbar gemacht. Sein Uebergang in den Rectus ist erkennbar. Am 6. und 7. Seg- ment ist dann auch der ÖObliquus internus abgetrennt. Damit tritt der Obliquus externus profundus zutage Am 7. Segment ist dessen dorsaler Teil auch entfernt und man erkennt den Obli- Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 25 quus externus superficialis (o.e.s). Daß auch der Obliquus ex- ternus profundus kontinuierlich in den Rectus übergeht, ist auf der Abbildung wohl zu erkennen. Endlich ist auf der Figur zu sehen, daß die Myosepten gleichmäßig von der Wirbelsäule bis zur Linea alba durch verlaufen. Durch sie werden alle primären ventralen Rumpfmuskeln zusammen gehalten. Nur die sekundären, und zwar nur der Musculus obliquus externus superficialis und „der Transversus haben sich von diesem Zusammenhang freigemacht und stellen selbständig bewegliche Muskelplatten dar. NN NN N DR > N - Wr ER —=SSN DD X > Q ALT R.p R.s Textfig. 5. Amphiuma. Querschnitt durch ein Segment der Rumpfmitte, Schnitt durch die Mitte des Wirbels zur Demonstration der Muskulatur. sv Musc. subvertebralis, o.e.s Muse. obl. externus superficialis, o,e.p Muse. obl. externus profundus, o.ö Musc. obl. internus, 7r Musc. transversus, R.s Muse. rectus superficialis, R.p Musc. rectus profundus. Innervation der Muskeln. Von Menobranchus habe ich einige Angaben über das Verhalten der motorischen Nerven inner- halb eines Muskelsegmentes gemacht. Dort handelte es sich um eine Form mit völlig segmentierten Muskeln. In Amphiuma handelt es sich nun um eine Art, bei welcher der Obliquus externus super- ficialis und der Transversus unsegmentierte Muskelplatten sind, während Obliquus externus profundus und Obliquus internus durch- weg segmentiert sind. Auch hier untersuchte ich das Verhalten der motorischen Nerven in einzelnen Segmenten und fand folgendes: Die beiden nicht segmentierten Muskeln erhalten aus jedem Spinal- 26 F. Maurer, nerven einen einzigen Nerven, und zwar treten beide von oben her (dorsal) zum Muskel. Es sind also nicht, wie bei Menobranchus, dorsale und ventrale Nerven zu jedem Muskel tretend nachweisbar. Im Speziellen zeigt sich bei Betrachtung von der Innenfläche der Rumpfwand der Ramus ventralis jedes Spinalnerven zwischen Transversus und Obliquus internus verlaufend. Trennt man den Transversus an seinem ventralen Ende ab und schlägt ihn dorsal- wärts zurück, so übersieht man den Verlauf des Nervenstammes . und findet, daß dorsal vom Stamm ausgehend ein Ast sofort zum Transversus tritt. Dann findet man die Abgangsstelle des Ramus lateralis und in seiner Nähe verlassen andere Nerven den Stamm, die zu Obliquus externus profundus und Obliquus internus treten, und einer geht nach außen zum Obliquus externus superficialis. Diesen kann man von außen leicht nachweisen, wenn man den Musculus obliquus externus superficialis an seinem ventralen Ende quer durchtrennt und dorsalwärts zurückschlägt. Dann sieht man ihn nahe dem dorsalen Ende, d. h. dem Ursprung zwischen die Muskelfasern eintreten. Ich habe an anderen Segmenten den Obli- quus externus dorsal abgetrennt und herabgeschlagen, ebenso den Transversus, um festzustellen, ob nicht ventral noch ein Nerv zu den Muskeln tritt, konnte aber nichts nachweisen. Beurteilung der Befunde und Folgerungen. Unter den drei geschilderten Urodelenformen nimmt Meno- branchus hinsichtlich der Ausbildung der ventralen Rumpfmuskulatur die primitivste Stellung ein. Menopoma sowie Amphiuma sind abgeänderte Formen, beide in verschiedenem Sinne. Ich betrachte den Zustand der ventralen Rumpfmuskulatur, wie er bei Siredon sich entwickelt und wie er im fertigen Zustand bei Siredon und bei dem hier genauer geschilderten Menobranchus sich findet, als den primitivsten Befund der urodelen Amphibien. Das hat seinen Grund in der Entwicklung dieser Muskeln bei Siredon. Wir finden nämlich hierbei ein Stadium, in welchem die ventrale Rumpfmuskulatur noch völlig mit dieser Muskelgruppe der Fische übereinstimmt. Ich habe früher schon ausgeführt, daß bei Selachiern nur ein einziger seitlicher Bauchmuskel besteht: es ist der Obliquus internus der sämtlichen höheren Wirbeltiere. Ventral- wärts setzt sich dieser Muskel in einen primitiven Rectus fort. Bei Teleostiern bildet sich außerhalb dieses Obliquus internus als zweite Lage ein Obliquus externus aus mit gekreuztem Faserverlauf. Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 27 Er entspricht dem primären Obliquus externus, der später zum Obliquus externus profundus bei Urodelen wird. Diese beiden ersten schrägen seitlichen Bauchmuskeln gehen dorsal hervor aus der dorsalen Rumpfmuskelmasse (ventraler Myotomfortsatz) und setzen sich ventralwärts fort in den Rectus trunci, in dem sich beide vereinigen. Ihr schräger Faserverlauf nimmt ventralwärts allmählich gerade Richtung an. Auch bei Siredon sehen wir, daß der Obliquus internus der erste ventrale Muskel des Embryo ist. Er entwickelt sich zuerst aus der medialen Lamelle des ventralen Myotomfortsatzes.. Dann entsteht aus dem ventralen Ende des genannten Fortsatzes der primäre Rectus und dann erst bildet sich der lateral vom Obliquus internus gelegene primäre Obliquus externus, der sich sowohl von der ventralen Kante des ventralen Myotomfortsatzes dorsalwärts, als auch von der dorsalen Kuppe des Urwirbels ventralwärts ent- wickelt, nachdem die Zellen der lateralen Myotomlamelle sich zu Bindegewebszellen (Coriumblatt) aus ihrem epithelialen Verbande zerteilt haben (Morphol. Jahrb., Bd. XVII, p. 139). Während in dem ersten Stadium der ventralen Rumpfmus- kulatur bei Siredon, in welchem nur ein Öbliquus internus mit ventral abschließendem Rectus besteht, der Zustand der Selachier zu erkennen ist, zeigt das zweite Stadium, in welchem Obliquus internus, externus und Rectus ausgebildet sind, ganz den bleibenden Zustand der Teleostier. Alle diese Muskeln sind, ihrer Entwicklung aus den Myotomen entsprechend, durchweg regelmäßig seginentiert- Diese erste Muskulatur der Urodelen habe ich als die primäre ventrale Rumpfmuskulatur bezeichnet. Bei Siredon geht aber nun die Entwicklung weiter, indem sich innerhalb des Obliquus internus der Musculus transversus trunci und außerhalb des primären Obliquus externus ein Obliquus externus superficialis entwickelt. Nachdem sich auch am Rectus Sonderungen vollzogen haben, durch welche ein oberflächlicher, später entstehender Teil von einem primären tiefen Rectus unterscheidbar wird, ist die Entwicklung der larvalen Muskulatur bei Siredon abgeschlossen. Die zuletzt geschilderten Muskeln stellen die sekundäre ventrale Rumpfmus- kulatur dar. Sie bleibt bei Siredon stets schwächer ausgebildet als die primäre, ist aber ebenso wie diese durchweg segmentiert. Ich habe früher genau geschildert, daß die sekundären Muskeln sich aus dem Material der primären Muskeln entwickeln (Morphol. Jahrb., Bd. 18, p. 120—147). Darauf ist hier nicht näher ein- zugehen. Auch die Veränderungen, welche die Muskeln während 28 F. Maurer, und nach der Metamorphose durchmachen, sollen hier nicht näher betrachtet werden, da ja die drei hier untersuchten Formen als perennibranchiate und cryptobranchiate dauernd larvale Zu- stände der Muskeln behalten. Ich will nur darauf hinweisen, daß. bei allen caducibranchiaten Formen der Urodelen die sekundären ventralen Rumpfmuskeln sich sehr kräftig ausbilden, während die primären eine Rückbildung in verschiedenem Maße erfahren. Aber auch bei dauerndem Wasserleben, wie_es die Perenni- und Crypto- branchiaten zeigen, bleiben die ventralen Rumpfmuskeln nicht immer in dem bei Siredon geschilderten Zustande bestehen. Siredon selbst zeigt dies ja allerdings und Menobranchus stimmt mit ihm im wesentlichen überein. Bei anderen Formen aber finden wir Weiterbildungen, die nun zu beurteilen sind. Wir gehen vom primi- tiven Zustand des Menobranchus aus: Hier findet man deutlich die 4 Schichten der seitlichen ventralen Rumpfmuskeln und den Rectus als ventralen Abschluß. Auch zeigt sich auf dem Querschnittbild, daß die primären Muskeln, d. h. der Obliquus externus profundus und Obliquus internus mit dem Rectus profundus bedeutend mächtiger ausgebildet sind als die sekundären : Obliquus externus superficialis, Transversus und Rectus superficialis. Was endlich ganz besonders zu betonen ist: Alle ventralen Rumpfmuskeln sind bis auf eine Ausnahme, auf die ich sofort eingehen werde, durchweg segmentiert. Sie bestehen aus einzelnen metameren Segmenten, welche durch bindegewebige Myosepten voneinander getrennt sind. Dies ist unter allen Umständen ein primitiver Zustand. Darin stimmen diese Amphibien auch mit den Fischen (Selachiern und Teleostiern) überein. Es kommt hier noch hinzu, daß die Myosepten der ver- schiedenen Muskeln nicht voneinander getrennt sind, sondern ein- heitlich durch alle Muskeln durchgreifen. Die 4 seitlichen Bauch- muskeln sind dadurch in allen ihren Segmenten fest miteinander verbunden. Durch diesen Zusammenhang aller Muskeln an den Myosepten ist natürlich eine selbständige Aktion der einzelnen Muskeln in hohem Grade beschränkt. Dies Hindernis wird noch vergrößert durch die Tatsache, daß die bindegewebigen Myosepten auch mit dem Integument in direkter Verbindung stehen. Diese Verhältnisse bestehen bei Menobranchus ebenso wie bei Siredon. Ein einziger seitlicher Bauchmuskel ist nicht ganz segmentiert, das ist der Transversus. Er zeigt die Myosepten, welche dorsal am Ursprung des Muskels beginnen, nicht bis zum ventralen Ende des Muskels herab verlaufend. Die Myosepten erstrecken sich nur durch die oberen zwei Drittel des Muskels, dann hören Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 29 sie auf und das ventrale Drittel des Muskels ist eine einheitliche Platte. Das hat zur Folge, daß der ventrale Teil des Muskels frei ist von den übrigen Bauchmuskeln, während der dorsale Teil mit ihnen durch die Myosepten fest verbunden ist. Der ventrale Teil ist also selbständig und frei in seiner Aktion. Ich betone, daß beim Transversus der Schwund der Myosepten ventral beginnt. Betrachten wir nunmehr Menopoma, so finden wir in mehr- facher Beziehung bedeutsame Abweichungen von den primitiven Zuständen. Zunächst bestehen nicht 4, sondern 3 seitliche Bauch- muskeln, da nur ein einziger Obliquus externus nachzuweisen ist. Aus den speziellen Verhältnissen dieses Muskels ergibt sich aber, daß in ihm sowohl der Öbliquus externus superficialis, als auch der profundus der anderen Urodelen enthalten ist. Das zeigt so- wohl der dorsale Ursprung seiner Zacken als auch deren ventrale Insertion, ferner auch die Mächtigkeit der Dicke des Muskels. Die oberflächlichsten Fasern des Muskels übergreifen dorsalwärts die Seitenlinie, wie es die Fasern des Obliquus externus super- fieialis anderer Urodelen auch tun, während die Fasern des Obli- quus externus profundus dies niemals tun. Diese Lage beginnt genau unter dem Septum der Seitenlinie, das die ventrale von der dorsalen Rumpfmuskulatur trennt. Bei Menopoma zeigen nun die oberflächlichen Fasern in ganz dünner Schicht jenes Verhalten, während die tiefere Hauptmasse der Fasern den letzteren Befund darstellt. Der Ursprung der Zacken ergibt also für den Obliquus externus hier, daß eine zarte oberflächliche Lage dem Obliquus externus superficialis, die Hauptmasse der tieferen Fasern aber dem Obliquus externus profundus der anderen Urodelen entspricht. Die Insertion am ventralen Ende der einzelnen Zacken zeigt ein ähnliches Verhalten. Indem die oberflächlichen Fasern in dünner Schicht den lateralen Rand des oberflächlichen Rectus ventralwärts ein wenig überlagern, zeigen sie das Verhalten des Obliquus ex- ternus superficialis, dagegen entspricht die Hauptmasse der tieferen Fasern dem Obliquus externus profundus der anderen Urodelen, da sie ventraiwärts kontinuierlich in die Fasermasse des Rectus profundus übergehen. Wir können also mit Recht sagen: der einzige Obliquus ex- ternus trunci bei Menopoma enthält die beiden Obliqui externi der übrigen Urodelen und ich füge hinzu, daß Cryptobranchus japonicus, Sieboldia maxima mit Menopoma übereinstimmt. Es fragt sich nun weiter, wie der Befund zu beurteilen ist. Ich glaube, 0 F. Maurer, man kann jetzt ein klareres Urteil darüber gewinnen als früher. Es handelt sich zunächst darum, zu entscheiden, ob der Befund des einheitlichen Obliquus externus ein primitiver ist in dem Sinne, daß eine Abspaltung des oberflächlichen Obliquus externus unter- blieben ist. Der Ansicht bin ich nicht, und zwar deshalb nicht, weil der Muskel in anderer Hinsicht durchaus kein primitives Ver- halten zeigt: die dorsale Hälfte des Muskels hat die Myosepten verloren und ist zu einer einheitlichen unsegmentierten Muskelplatte geworden. Von Sieboldia maxima habe ich in Textfig. 1 gezeigt, wie der Schwund der Myosepten noch ungleichmäßig sein kann und sicher dorsal beginnt und ventralwärts fortschreitet. Soweit der Muskel nicht mehr segmentiert ist, hat er sich nach außen vom Integument frei gemacht. Hier besteht die charakte- ristische, seitlich vorspringende Hautfalte. Ihre Prominenz ist mit bedingt durch eine reichliche Ausbildung von Gallertgewebe unter dem straffen Corium. Dieses Gewebe erstreckt sich bis zur Oberfläche des Muskels. Aber nicht nur gegen die Haut nach außen, sondern auch nach innen, gegen den folgenden Muskel, den Obliquus internus, hat sich der Obliquus externus, soweit er ein- heitlich geworden, d.h. die Myosepten verloren hat, frei gemacht. Dadurch erhält er in seiner dorsalen Hälfte eine viel freiere Be- weglichkeit. Die ventrale Hälfte des Muskels ist dagegen seg- mentiert und die Myosepten gehen ventralwärts in diejenigen des Rectus über, in der Tiefe stehen sie mit den Myosepten der tieferen Bauchmuskeln in fester Verbindung. Obliquus internus, Transversus und Rectus sind durchweg gleichmäßig segmentiert und sie bilden, durch die einheitlichen Myosepten zusammen- gehalten, auch einen gemeinsamen Muskelapparat der ventralen Rumpfwandung. Der Obliquus externus ist durch das hier besprochene Ver- halten ein Doppelmuskel. Ich fasse ihn so entstanden auf, daß in Embryonalstadien 2 Obliqui externi bestanden haben, der ober- flächliche, eine dünne Schicht bildend, hat sich mit dem tiefen infolge gleichen Faserverlaufs wieder vereinigt, so daß die ein- heitliche Muskellage kein primärer Zustand ist. Diese Auffassung ist allerdings noch durch entwickelungsgeschichtliche Unter- suchungen zu beweisen. Ich folgere sie nur aus den geschilderten Befunden beim erwachsenen Tier, die anders nicht verständlich sind. Proteus mag hierfür ein vermittelndes Stadium darstellen. Hier bestehen 2 Obliqui extern. An Ursprung und Insertion ist der oberflächliche Muskel leicht abgrenzbar und abhebbar. Aber 2 Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. al in den mittleren Teilen sind oberflächlicher und tiefer Obliquus externus durch den gleichen Faserverlauf so verbunden, daß die früheren Untersucher alle bei Proteus nur einen einzigen Obli- quus internus geschildert haben. Es besteht übrigens ein ähnliches Verhalten an den tiefen Bauchmuskeln von Salamandra maculata. Dort findet man an Stelle des Obliquus internus und Transversus, die bei den Larven in ebenso gesondertem Zustande wie bei Siredon nachweisbar sind, nach der Metamorphose nur einen einzigen Muskel, durch die Verschmelzung der beiden Larvenmuskeln ent- standen. Ich habe dies früher ausführlich geschildert (Morphol. Jahrb., Bd. 18, p. 108—111). Amphiuma ist nach meiner Auffassung die am wei- testen umgebildete Form hinsichtlich des metameren Aufbaues der Muskeln. Es sind hier die 4 Schichten in der seitlichen Bauch- wand zwar erhalten, aber sowohl der Obliquus externus super- ficialis als auch der Transversus trunci sind ohne jedes Myoseptum, stellen durchaus einheitliche unsegmentierte Muskelplatten dar. Das findet sich bei keiner anderen untersuchten Urodelenform. Unter Caducibranchiaten zeigt nur Triton taeniatus nach der Meta- morphose einen unsegmentierten Obliquus externus superficialis, aber der Transversus ist in seinen mittleren Teilen segmentiert. Nach dem Verhalten der seitlichen Bauchmuskeln kann Amphiuma nicht als eine primitive Form der Urodelen aufgefaßt werden. Oben habe ich schon darauf hingewiesen, daß auch das Verhalten des Pectoralis dafür spricht, daß die Extremitäten dieser Form einst eine stärkere Ausbildung gezeigt haben müssen. Wenn wir von dem primitiven Zustande der Urodelen, wie er oben geschildert wurde, ausgehen, so findet man Weiterbildung bei bestimmten Formen nach zwei Richtungen: erstens eine Ver- minderung der 4 Schichten, so daß nur 3 nachweisbar sind, und zweitens eine Aufgabe des metameren Aufbaues der Muskeln unter Schwund der bindegewebigen Myosepten. Die Muskeln werden dann zu einheitlichen Platten, deren Aufbau aus Segmenten noch durch die Zackenursprünge und die metamere Innervation erkennbar ist. Der Schwund der Myosepten ist für die Selbständigkeit der Aktion eines Muskels von größter Bedeutung, weil dadurch der Muskel mechanisch frei wird von den benachbarten Muskel- schichten. Bei Menopoma wie bei Cryptobranchus japonius (Sieboldia maxima) kommt die Reduktion der 4 Schichten auf 3 zustande durch Ausbildung eines einzigen Obliquus externus, der nach 32 F. Maurer, seinem ganzen Verhalten die Elemente der beiden Obliqui externi anderer Urodelen enthält. Bei Salamandra maculata verbinden sich dagegen der Obliquus internus und transversus zu einem einzigen Muskel und dadurch bleiben nur 3 seitliche Bauchmuskeln erhalten: der Obliquus externus ist hier in 2 Schichten, als super- ficialis und profundus, vorhanden. Die zweite Form der Weiterbildung der seitlichen Bauch- muskeln, die Aufgabe der äußeren Segmentierung unter Schwund der Myosepten ist schon vorbereitet bei einigen bis jetzt besprochenen Formen. Bei Menopoma (Cryptobranchus, Sieboldia) ist am Obli- quusexternus ein Beginn des Myoseptenschwundes nachweisbar, und zwar dorsalvom Ursprungaus ein Drittel oder die Hälfte ventralwärts herab (Textfig. 1). Bei diesen Formen sind alle übrigen seitlichen Bauchmuskeln, auch der Transversus, ganz durchweg segmentiert. Bei anderen Formen, z. B. Menobranchus, Siredon findet man einen Schwund der Myosepten am Transversus. Auch da ist dieser Schwund auf einen Teil des Muskels beschränkt, aber er beginnt ventral an der Insertion und streckt sich dorsal- wärts, so daß das ventrale Drittel oder die ventrale Hälfte des Muskels einheitlich wird. Auch hierbei sind alle übrigen seitlichen Bauchmuskeln durchweg segmentiert. Bei Siren ist nach meinen früheren Untersuchungen (Morphol. Jahrb., Bd. XVIIL, Taf. 5, Fig. 8) eine andere Form des Transversus nachweisbar: hier greifen die dorsalen Fasern des Metamers in das nächst hintere Segment über, während die ventralen Fasern in das nächst vordere Segment sich erstrecken; nur ein mittlerer Teil des Muskels ist ganz segmentiert. Aehnlich verhält es sich bei Triton. Nur bei Amphiuma besteht ein völliger Schwund der Myosepten im Transversus, so daß er eine einheitliche Muskelplatte darstellt. Dies ist also die am meisten weitergebildete Form, vom Zustand des jungen Siredon sowie der Triton- und Salamander- larven aus beurteilt. Betrachten wir das System des Rectus, so ist bei allen Uro- delen ein primärer Rectus vorhanden, welcher aus der ventralen Vereinigung des Obliquus externus profundus und Obli- quus internus besteht. Die Fasern dieser beiden Muskeln nehmen ventralwärts allmählich einen geraden Verlauf an und verbinden sich zum einheitlichen Rectus. Daß dies entwicklungsgeschichtlich be- gründet ist, wurde von Siredon früher eingehend geschildert (Morpho]. Jahrb., Bd. XVII, p. 120-—147). Bei Triton- und Sala- Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus ete. 33 manderlarven zeigt sich das gleiche. Von diesem primären Rectus aus bildet sich bei Siredon und den Caducibranchiaten stets ein sekundärer Rectus aus, welcher nicht nur medialwärts vom primären Rectus als schmaler Streifen bis zur ventralen Mittel- linie sich erstreckt, sondern auch weiter lateral über dem primären Rectus eine oberflächliche Schicht bildet, über deren lateralen Rand die Fasern des Obliquus externus superficialis ein wenig ventralwärts übergreifen. Auch bei den meisten Perennibranchiaten läßt sich diese Sonderung des Rectus nachweisen. Immer kann man kopfwärts die verschiedenen Anschlüsse des primären und sekundären Rectus unterscheiden. Der primäre Rectus verhält sich als Rectus profundus und erreicht in kontinuierlicher Fort- setzung des Obliquus externus profundus und internus das Zungen- bein, während der sekundäre Rectus als Rectus superficialis in seinen medialen Fasern an der Sternalplatte sein vorderes Ende findet und seine lateralen Fasern in den Musculus pectoralis kon- tinuierlich übergehen läßt. Bei Amphiuma ist, wie bei Proteus, eine Sonderung der Rectusmasse in eine oberflächliche und tiefe Schicht nicht möglich, daß aber in dem außerordentlich breiten und sehr kräftigen Rectus hier das Material der beiden Recti der übrigen Urodelen enthalten ist, ergibt sich aus seinem Verhalten nach vorn, dem Kopf zu. Auch bei Amphiuma stehen die oberflächlichen Fasern des Rectus in dessen lateralem Teil in beträchtlicher Breite nach vorn mit der Pars abdominalis des Pectoralis derart in Verbindung, daß der Pectoralis eine kontinuierliche Fortsetzung des ober- flächlichen Rectus zu sein scheint. Die Bedeutung der verschiedenen Ausbildung der ventralen Rumpfmuskeln bei den geschilderten Formen. Die ungleiche Ausbildung der ventralen Rumpfmuskulatur bei den Urodelen ist wohl durch sehr mannigfaltige Gründe ver- anlaßt. Unter anderen spielt hierbei jedenfalls die verschiedene Art der Lokomotion der Tiere eine wichtige Rolle. Diese ist wieder bedingt zum Teil durch die Lebensweise im Wasser oder auf dem Lande, zum Teil aber auch durch die gesamte Körper- form der Tiere. Als eınen weiteren Faktor betrachte ich die ver- schiedene Art der Fortpflanzung. Die ventrale Muskulatur wird bei Formen, welche nach kurzer oder längerer Tragzeit lebendige, Bd. XLVII. N. F. XL. 3 34 F. Maurer, Junge zur Welt bringen, in ganz anderem Maße in Anspruch ge- - nommen, als bei eierlegenden Arten. Endlich ist auf die Ver- schiedenheit im histologischen Bau der Muskelelemente zu achten, die für die Art der Lokomotion von Bedeutung ist. Der Einfluß des Uebergangs vom Wasser- zum Luftleben ist früher schon von mir genauer dargestellt worden. Die primäre Muskulatur zeigt bei !den Larven der Caducibranchiaten und bei den Perennibranchiaten eine stärkere Entfaltung, während die sekundäre Muskelgruppe sehr zart bleibt. Nach der Metamorphose bildet sich die sekundäre Muskelgruppe sehr stark aus, während die primären Muskeln eine Reduktion in verschiedenem Maße er- fahren. Die besondere Ausbildung, welche der Rectus profundus bei Salamandra erfährt, ist meines Erachtens als eine Anpassung an die Embryonalentwickelung in utero zu betrachten. Er findet sich in gleicher Weise bei Salamandra maculata und atra. Die mächtigen Uterusschläuche bedürfen, wenn sie mit den Em- bryonen erfüllt sind, eines Tragmuskels. Diese Aufgabe erfüllt der selbständig gewordene riemenartige Rectus profundus. Dieser Muskel ist auch in anderer Beziehung von Interesse: er bietet das einzige Beispiel, daß ein durchweg metamerer Muskel (er ist von regelmäßig sich folgenden Myosepten durchsetzt) sich ganz frei gemacht hat von der Verbindung mit den Myosepten der übrigen ventralen Rumpfmuskeln und dadurch auch eine selbständige Be- weglichkeit erworben hat. Wo dies sonst vorkommt, ist es stets, wie wir gleich zu betrachten haben, verknüpft mit dem Schwund der Myosepten in einem Muskel. In anderer Weise macht sich eine Anpassung der Muskeln bei Perennibranchiaten geltend. Bei diesen dauernd im Wasser lebenden Formen sind ungleiche Ausbildungen wohl durch die Verschieden- heit der gesamten Körperform der Tiere bedingt. Je gedrungener die Tiere gebaut sind, um so ähnlicher ist der Dauerzustand dem primitiven Verhalten. Dies zeigt außer Siredon besonders Meno- branchus. Hier ist nur eine schwerfällige langsame Bewegung möglich, wie sie vom Axolotl bekannt ist. Alle Muskeln sind durch die Myosepten zusammengehalten, keiner von ihnen hat selbständige Aktionsmöglichkeit. Hervorheben möchte ich hier die beginnende Selbständigkeit des Transversus, von seinem ventralen Ende anfangend. Diese Umbildung, auf einem Schwund der Myo- septen beruhend, der dem ventralen Teil des Muskels gestattet, sich selbständig zu kontrahieren, hat offenbar keinen Einfluß auf die Lokomotion. Die Bewegungen dieses Muskels sind so, wie er Die ventrale Rumpfmuskulatur bei Menobranchus etc. 35 bei Siredon und Menobranchus besteht, offenbar nur von Bedeutung für die Eingeweide der Leibeshöhle. Anders verhält es sich bei dem Obliquus externus superficials, dessen dorsale Portionen bei Menopoma (Cryptobranchus, Sieboldia) die Myosepten verlieren und dadurch sich frei machen von den übrigen seitlichen Rumpfmuskeln. Bei allen Perennibranchiaten bleiben die sekundären Muskeln viel mächtiger als die primären. Die primären behalten ihren metameren Aufbau stets bei. Das Freiwerden des Obliquus externus von oben her unter Schwund der Myosepten kommt nicht nur diesem, sondern auch dem darunter liegenden Obliquus internus zugute. Die seitlichen schlängelnden Bewegungen dieser etwas mehr gestreckten Formen werden da- durch viel energischer und flinker. Und was hier begonnen ist, wird bei den ganz langgestreckten schlangenförmigen Arten, wie bei Amphiuma, noch weiter ausgebildet. Hier ist der ganze Obli- quus externus superficialis frei von Myosepten und frei von der Verbindung mit den unterliegenden Muskeln, aber auch der Trans- versus hat sich hier ganz frei gemacht. Betrachten wir von diesem Gesichtspunkte aus die Verhält- nisse von Amphiuma, so wird das Verhalten der Muskulatur ver- ständlich. Bei den langgestreckten Formen ist es aber auch ver- ständlich, daß die Extremitäten eine Verkümmerung erfahren, da sie für die Bewegungen des schlangenartigen Körpers auch als Steuerorgane wohl keine Bedeutung mehr haben können. Wir haben eine Parallele hierzu in der Gruppe der Reptilien, wo wir unter den Sauriern bei den Gattungen Seps und Anguis den allmählichen bis gänzlichen Schwund der Extremitäten vor uns sehen. Kein Mensch wird hier die Vorstellung gewinnen, als bildeten sich primitive Ex- tremitäten bei Seps aus. Für das Verhalten der Muskeln in ihrem unsegmentierten Verhalten bei Amphiuma als Anpassung an die schlangenartige Ausbildung des Körpers haben wir auch eine Parallele in dem Befund dieser Muskeln bei Bdellostoma. Auch hier besteht, wie zuerst JOHANNES MÜLLER geschildert und abgebildet hat, ein un- segmentierter Obliquus externus, fast genau wie bei Amphiuma. Auch bei Bdellostoma ist dieser Zustand sicher kein primitiver. Die Rumpfmuskulatur muß, da sie aus den Myo- meren hervorgeht, in ihrer Anlage segmentiert sein. Bei den Petromyzonten bleibt sie es ja auch in ihrer Gesamtheit. Es liegt mir selbstverständlich fern, diese Befunde in einen phylo- genetischen Zusammenhang bringen zu wollen, aber wir sehen, 3* 36 F. Maurer, wie die Natur unter gleichen Bedingungen auch dieselben Wege der Anpassung geht. Ich bedaure, daß die ontogenetische Ent- wickelung der eigentümlichen Rumpfmuskulatur von Bdellostoma noch nicht bekannt geworden ist. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß bezüglich der Genese der Bauchmuskeln sehr verschiedene Auffassungen bestanden, die aber nicht auf der Beobachtung der ontogenetischen Vorgänge beruhten, sondern Deutungen aus den fertigen Zuständen waren. Wenn es auch wahrscheinlich erscheint, daß die Entwickelung der ventralen Rumpfmuskulatur bei allen Wirbeltieren in ihren Grundzügen gleichartig verläuft, so kann diese Auffassung doch erst als bewiesen gelten, wenn die onto- genetischen Vorgänge von Bdellostoma bekannt geworden sind. Bei Amphibien und Reptilien ist es mir gelungen, die einheitliche Entwickelung der gesamten Rumpfmuskulatur aus den Myomeren durch Differenzierung der ventralen Myotomfortsätze nachzuweisen. Diese Tatsachen stehen in Widerspruch mit der Auffassung eines Teiles der ventralen Muskeln als visceraler Muskeln. Unter letztere Auffassung fiel besonders der Transversus. Es würde dann anzunehmen sein, daß nicht nur die Myotome, sondern auch die Parietalplatten des Mesoderms imstande sind, Rumpfmuskeln aus- zubilden. Die aus den Parietalplatten hervorgehenden Muskeln müssen dann von vornherein unsegmentiert sein, entsprechend der unsegmentierten Beschaffenheit des Hautfaserblattes der Parietal- platten. Es würde auch möglich sein, daß die ganze sekundäre Bauchmuskelgruppe aus den Parietalplatten hervorgeht, wenn man sich vorstellt, daß die ventralen Myotomfortsätze in das von dem Hautfaserblatt ausgebildete Zellenmaterial hineinwachsen. Wenn dann unter Arbeitsteilung dieser Zellen ein Teil zu Bindegewebe, ein anderer Teil zu quergestreiften Muskelfasern wird, so können diese zum Teil außerhalb, zum Teil innerhalb und zum Teil ventral von dem ventralen Myotomfortsatze liegen. Die innerhalb liegenden bilden den Transversus, die außerhalb liegenden den Obliquus ex- ternus superficialis und die ventral angeordneten den Rectus super- fieialis. Das ist aber genau die sekundäre Muskelgruppe der Urodelen. Daß dies bei Amphibien, und zwar bei Urodelen sowohl als bei Anuren und ferner bei Lacerta unter den Reptilien nicht der Fall ist, wurde von mir nachgewiesen. Bei Amphibien spielt sich die Entwicklung in zwei Etappen ab. Zuerst bilden sich die primären Muskeln embryonal. Später bei der jungen Larve kommen die sekundären Muskeln zur Ausbildung. Bei Lacerta differenziert Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 37 sich die gesamte, so sehr reich geschichtete ventrale Rumpfmus- kulatur embryonal aus der stets einheitlichen Zellenmasse der ventralen Myotomfortsätze. Bei allen diesen Formen läßt sich das auch erschließen aus dem stets segmentierten Verhalten der Bauchmuskeln, das nur in be- stimmten Fällen eine Aenderung erfährt, die aber stets aus dem segmentierten Zustand ableitbar ist. Für Bdellostoma steht die Frage noch offen. Es ist nicht unmöglich, daß hier vielleicht noch tatsächlich der oberflächliche Obliquus externus aus Material der Parietalplatten hervorgeht. Ich halte es allerdings nicht für wahrscheinlich. Für Amphiuma bin ich aber der Ueberzeugung, daß Obliquus externus superficialis und Transversus ebenso wie bei Siredon und Triton aus dem Material der ventralen Myotomfortsätze hervorgehen. Denn diese Form gehört zu den Cryptobranchiaten, und wir sehen, daß unter den Urodelen neben Arten mit ganz segmentierten Muskeln auch solche vorkommen, bei welchen die Myosepten zu schwinden beginnen. Hierdurch ist der Weg bis zum völligen Schwund der Myosepten in einzelnen Muskeln gezeigt. Die oben vorgetragene Auffassung, daß wir in der verschiedenen Ausbildung Anpassungen an die Lebensweise und die Gesamtkörperform der Tiere zu erblicken haben, macht die Mannigfaltigkeit der speziellen Ausbildung der ventralen Rumpfmuskeln vollkommen verständlich. Es war meine Absicht, an der Hand der Befunde von 3 ver- schiedenen Urodelen (Perennibranchiaten und Cryptobranchiaten) und unter Hinzuziehung früherer Forschungen zu zeigen, daß im Aufbau der ventralen Rumpfmuskulatur bei Urodelen zwar ein einheitlicher Plan deutlich nachweisbar ist, in der Verschiedenheit der speziellen Gestaltung aber wohl mit Recht Anpassungen zu erblicken sind, Anpassungen an die Lebensweise, die Körperform und die Art der Fortpflanzung. Es gibt noch ein Moment, das von großer Bedeutung sein kann, das ist die histologische Ausbildung der Muskelelemente. Die schwerfälligsten Elemente sind die Muskelbänder. Wird jedes Band in eine große Zahl von runden Fasern zerteilt, so ist dies anatomisch wie physiologisch ein großer Fortschritt. Auch nach Ausbildung der Fasern walten große Verschiedenheiten in der Dicke der Fasern. Es ist ein wichtiger Unterschied, ob ein Muskelband als solches besteht, als anatomische und physiologische Einheit, oder ob der gleiche Raum von 100 selbständigen Fasern oder von 1000 solchen eingenommen wird. Der letzte Zustand 38 F. Maurer, wird als der höchststehende aufzufassen sein. Man braucht nur Petromyzon, einen Knochenfisch und einen Selachier zu vergleichen in ihrer verschiedenen Art der Fortbewegung im Wasser. Ich habe bei Amphibien auch auf diese Verhältnisse geachtet. Man findet hier bekanntlich allenthalben Muskelfasern, keine Bänder mehr, wenn auch bei einigen Formen, besonders in der Jugend, in der Anordnung der Fasern die Bandbezirke noch abgrenzbar sind. Im allgemeinen besitzen ja die Amphibien, die sich träge bewegen, Muskelfasern von relativ beträchtlichem Dickendurch- messer. Doch habe ich eine Verschiedenheit insofern gefunden, als besonders bei jüngeren Tieren die Fasern der Muskeln der sekundären Gruppe viel feiner sind als die sehr derben Fasern der Muskeln der primären Gruppe. Danach würden die sekun-- dären Muskeln leistungsfähiger sein als die primären. Dabei ist nicht die Energie größer, wohl aber die Nuancierung der Bewegung, Die Beobachtungen über das spezielle Verhalten der Nerven der ventralen Rumpfmuskeln in den einzelnen Segmenten und im Ganzen sind bis jetzt nur unvollständig, sie sind später weiter auszuführen. Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus etc. 39 Figurenerklärung. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen. 0o.e Musculus obliquus externus trunci 0.5 Musc. obliquus externus superficialis trunci 0.e.p Musc. obliquus externus profundus truneci oi Musc. obliquus trunci Tr. Musc. transversus trunei R Musc. rectus trunci R.s. Musc. rectus superficialis trunci R.p. Musc. rectus profundus trunei internus sv Musc. subvertebralis sv.m Musc. subvertebralis me- dialis sv.l Musc. subvertebralis late- ralis p.m Musc. pectoralis major d dorsale Rumpfmuskulatur ti Becken a Stumpf der vorderen Ex- tremität p Stumpf der hinteren Ex- tremität pc Pericardium. Tafel 1-—3; Fig. 1—6. Menobranchus lateralis (Necturus) 1. Fig. 1. Seitenansicht der oberflächlichsten Rumpfmuskelschicht nach Abtragung der Haut. I erstes, 17 letztes Segment des Musc. obliguus externus superficialis. Man erkennt, wie dieser Muskel durchgehend segmentiert, dorsal mit seinem Ursprung die Seiten- linie (ll) dorsalwärts überlagert und ventral mit seiner Insertion den lateralen Rand des Rectus superficialis (R.s) ventralwärts über- lagert. Fig. 2. Seitenansicht der zweiten Lage der ventralen Rumpf- muskulatur, wie sie nach Abtragung des Obliquus externus super- fieialis sichtbar wird: Obliguus externus profundus (o.e.p). Dieser geht ventralwärts kontinuierlich in den Musc. rectus profundus über. Die Punktlinien geben die Grenzen des abgetragenen Rectus superficialis wieder, der kopfwärts in den Pectoralis major sich 40 F. Maurer, fortsetzt. Bei * ein schmaler Streifen gerade verlaufender Muskel- fasern, die gerade unter der Seitenlinie dem Obl. ext. prof. auf- gelagert sind (Musc. rectus lateralis). I erstes, 21 letztes Segment des Obliquus ext. profundus. Fig. 3. Seitenansicht der dritten Schicht der seitlichen ven- tralen Rumpfmuskeln, Muse. obliquus internus (0.2). 1 dessen erstes, 21 dessen letztes Segment. Der Muskel geht wie der vorige ventral- wärts kontinuierlich in den Musc. rectus profundus (R.p) über. Fig. 4. Seitenansicht der vierten Schicht der ventralen Rumpf- muskeln, Muse. transversus trunci (Tr); nach Abtragung des Obliquus internus und Rectus profundus. pc Pericardiıum, R.p Insertion des Rectus profundus. Am Querschnitt bei * erkennt man, daß er aus zwei Muskelschichten zusammengesetzt ist, dem Obliquus externus profundus und Obl. internus. 1 erstes, 1$ letztes Segment des Musculus transversus trunci. Fig. 5, Taf. 3. Ventralansicht des Tieres zur Demonstration des Systems des Musculus rectus trunci und dessen Beziehungen zu den seitlichen Rumpfmuskeln. An der rechten Körperhälfte (linke Seite der Figur) ist nur die Haut abgetrennt: Obliquus externus superficialis und Rectus superficialis mit Uebergang in Pectoralis major dargestellt. An der linken Körperhälfte (rechte Seite der Figur) ist nach Abtragung der vorderen Extremität und ihres Gürtels, sowie des Rectus superficialis, von dem bei R.s. nur einige Segmente erhalten sind, der Rectus profundus dargestellt. Daß derselbe aus dem Obligquus externus ventralwärts sich fortsetzt, ist erkennbar. Bei R.pi und oi, wo der Obl. externus prof. mit seiner Rectusportion abgetragen ist, erkennt man den Obliguus internus und sieht, daß auch dieser ventral in den Rectus profundus sich fortsetzt. Fig. 6, Taf. 2. Körperquerschnitt im Bereich eines mittleren Rumpfsegments, zur Demonstration der Verhältnisse der Schichten- bildung der ventralen Rumpfmuskeln. Bei * ein Streifen gerader Muskelfasern, welcher dem Obl. ext. prof. unter der Seitenlinie auf- gelagert ist, Rectus lateralis. Die seitlichen 4 Schichten sind er- kennbar. Der Rectus superficialis ist nur in seinem lateralen Teil ein selbständiger Muskel, medial steht er mit dem Rectus profundus. in kontinuierlichem Zusammenhang. Fig. 7—12. Menopoma alleghaniensis /.. Fig. 7. Seitenansicht zur Demonstration der oberflächlichsten Lage der Rumpfmuskulatur nach Abtragung der Haut. I erstes, 17 letztes Segment des Muse. obliquus externus trunci (0.e). Myo- septen erst vom 4. Segment an, und nur in der ventralen Hälfte des Muskels ausgebildet. R Musc. rectus, bei * greifen die Ur- sprungsfasern des Obl. ext. dorsalwärts über die Seitenlinie empor. Fig. 8. Seitenansicht nach Abtragung des Obl. ext. trunci zur Demonstration der zweiten Schicht der ventralen Rumpfmuskulatur. 1 erstes, 21 letztes Segment des Obliquus internus trunci (0). Der Die ventrale Rumpfmuskulatur von Menobranchus ete. 41 Muskel ist regelmäßig segmentiert. Er geht ventralwärts in den Musc. rectus kontinuierlich über. Fig. 9. Seitenansicht des Rumpfes nach Abtragung des Muse. obliquus internus und Rectus, zur Demonstration des Musc. trans- versus trunci (Tr). 1 erstes, 17 letztes Segment dieses Muskels. Der Muskel ist ganz segmentiert. Fig. 10, Taf. 3. Ventralansicht zur Demonstration des Muse. rectus trunci. Auf der rechten Seite der Figur ist die oberflächliche Schicht mit dem Uebergang in den Pectoralis major dargestellt. Auch der Uebergang des Musc. obl. ext. trunci in den lateralen Rand des Rectus (hintere Segmente), sowie die geringe Ueber- lagerung des lateralen Rectusrandes durch die oberflächlichsten Fasern des Obl. ext. (vordere Segmente) ist zu erkennen. Auf der linken Seite der Figur ist der Obliquus externus mit dessen Rectus- partien abgetragen; der Musc. obl. internus mit dessen Rectusanteil sowie die Insertion des Rectus am Kiemenbogenapparat ist dar- gestellt. Bei Tr ist Obl. int. und Rectus an 3 Segmenten entfernt und der Transversus freigelegt. Fig. 11. 5 mittlere Rumpfsegmente der linken Körperhälfte ausgebreitet; in der Ansicht von innen. An den 3 oberen Seg- menten a, b und e ist das Peritoneum weggenommen. Man erkennt die beiden Portionen des Musc. subvertebralis (sv.m und sv.l), sowie den Musc. transversus, der mit seinem ventralen Ende den Rectus (R), bei a, b und c, etwas überlagert. Am 4. Segment /(d) ist der Transversus und der laterale Teil des Subvertebralis abgetragen zur Demonstration des Muse. obliquus internus, der ventralwärts, auf der Figur nach rechts hin, in den Rectus kontinuierlich über- geht. Am 5. Segment /e) ist auch der Obliquus internus von innen her abgetragen und man erkennt den Musc. obliquus externus, der ebenfalls nach der ventralen Mittellinie zu kontinuierlich in den Rectus übergeht. do dorsale, » ventrale Mittellinie. Fig. 12. Körperquerschnitt durch ein Segment in der Mitte des Rumpfes zur Demonstration der Schichten der ventralen Rumpf- muskeln. Bei * erkennt man, wie die oberflächlichen Fasern des Muse. obliquus externus dorsalwärts die Seitenlinie etwas überragen, bei ** sieht man, wie am ventralen Ende dieses Muskels die ober- flächlichen Fasern auch den lateralen Rand des Rectus ein wenig ventralwärts überlagern. Es bestehen nur 3 Schichten der ven- tralen Rumpfmuskeln. Der Rectus ist die ventrale Fortsetzung des Obliquus externus und internus, die sich in diesem Muskel vereinigen. Der Musc. subvertebralis läßt 2 Portionen unter- scheiden. Fig. 13 u. 14. Amphiuma didactylus. Fig. 13, Taf. 3. Seitenansicht nach Wegnahme der Haut, zur Demonstration der 4 Schichten der seitlichen ventralen Rumpf- muskulatur. Bei o..p ist der oberflächliche Obl. externus an 2 Segmenten abgetragen, man erkennt den Obl. ext. prof. Bei 42 F. Maurer, Die ventrale Rumpfmuskulatur ete. 04% ist der Obl. ext. profundus außerdem weggenommen zur Dar- stellung des Obl. int. an 2 Segmenten, und bei Tr ist auch der Obl. int. abgetragen, um an 2 Segmenten den Transversus zu zeigen. Zwischen 0. und Tr sind 28 Körpersegmente weggelassen, sie zeigen genau die gleiche Schichtung der Bauchmuskulatur wie die übrigen Segmente. Fig. 14, Taf. 2. Körperquerschnitt eines mittleren Rumpf- segmentes zur Demonstration der ventralen Rumpfmuskelschichten. Bezeichnungen siehe oben. Das Gehirn der Ameise. Von Heinrich Pietschker, Jeßnitz i/Anh. Hierzu Tafel 4—6 und 16 Figuren im Text. Einleitung. Im Ameisenstaate haben die 3 Formen von Individuen (Männ- chen, Weibchen und Arbeiter) verschiedene Instinkte, verschiedene Triebe und Fähigkeiten. Daher ist zu erwarten, daß auch ihre 'Gehirne verschieden sind. Es war der um die Erforschung des Lebens der Ameisen so hochverdiente August FOREL, welcher zuerst Abbildungen der 3 Formen der Gehirne gab. Aber eine genauere Untersuchung und Vergleichung der Gehirne lag bisher nicht vor. Im Jahre 1907 wurde im zoologischen Institut der Universität Jena unter der Leitung des Herrn Professor Dr. H. E. ZIEGLER gleichzeitig sowohl eine Untersuchung der 3 Formen der Ameisen- gehirne als auch der 3 Formen der Bienengehirne begonnen. Die Arbeit über die Bienengehirne wurde von Herrn CONSTANTIN JonEscu durchgeführt und ist schon veröffentlicht‘). Der Unter- suchung der Ameisengehirne widmete sich Herr MARION SWEET aus N.-Brookfield bei New-York. Er stellte Schnittserien durch die Gehirne von Camponotus ligniperdus und Stenamma westwoodi her und zeichnete mit großem Fleiß ganze Reihen von Schnitten, um plastische Rekonstruktionen anzufertigen. Er konnte aber seine mit bestem Erfolg fortschreitende Arbeit nicht zum Abschluß bringen, da im Februar des Jahres 1908 leider der Tod seinem Leben ein frühes Ende setzte. Im Sommer desselben Jahres übernahm ich die weitere Be- arbeitung des interessanten Themas, wobei mir das von Herrn SWEET gesammelte Material, seine Präparate und seine Zeich- nungen zur Verfügung standen. Seine Schnittserien waren mir 1) ©. N. Jonescv, Vergleichende Untersuchungen über das Gehirn der Honigbiene. Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. XLV, 1909. 44 Heinrich Pietschker, von Nutzen, und die von ihm angefertigten Zeichnungen konnte ich direkt zur Herstellung von Plattenmodellen der Gehirne der 3 Formen von Camponotus ligniperdus verwenden. Ich habe dann selbst noch zahlreiche Schnittserien angefertigt. Ich möchte es nicht unterlassen, auch an dieser Stelle Herrn Professor Dr. H. E. ZIEGLER für die fortwährende Unterstützung meiner Studien und die vielen wertvollen Ratschläge im Verlauf derselben meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Material und Methode. Als Material zu meinen Untersuchungen verwandte ich Campo- notus ligniperdus, eine Ameisenart, die hier in Jena an schattigen Bergabhängen ziemlich häufig anzutreffen ist und wegen ihrer Größe ein verhältnismäßig günstiges Objekt darstellt. Das von mir benutzte Material stammt aus Nestern von der Eule, dem Jenzig und dem Münchenrodaer Grund — sämtlich in der Nähe Jenas gelegen — und wurde in den Monaten Juli und August 1908 und 1909 gesammelt. Zur Vergleichung wurden von mir noch Schnitte von den Gehirnen aller 3 Formen von Stenamma west- woodi, einer ebenfalls von der Eule stammenden Myrmicine, und von männlichen Exemplaren von Lasius niger angefertigt. Da sich fertig ausgebildete Tiere wegen ihrer festen Chitin- hülle als unbrauchbar zum Schneiden erwiesen und die Gehirne sich wegen ihrer Kleinheit durch Präparation schwer intakt ge- winnen und bei der Einbettung nicht leicht orientieren ließen, wurden von mir Puppen, die kurz vor dem Ausschlüpfen standen, zu den Mikrotomschnitten benutzt. Man kann diese reifen Puppen an ihrer bereits eintretenden Färbung und an der großen Menge der innerhalb der Puppenhülle angesammelten Fäkalien leicht er- kennen. Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß zwischen den Bildern, welche die Schnitte dieses Materials lieferten, und denen, die man bei vollkommen erwachsenen Tieren erhält, keine Verschiedenheiten in der morphologischen Struktur bestehen. Als beste Fixiermethode erwies sich folgendes Verfahren, welches schon von SwEET erprobt war: das frische Material wird in kochenden Alkohol absolutus getan, 3—4 Minuten darin gelassen und dann unter Verschluß unter der Wasserleitung rasch abgekühlt, wobei es zu Boden sinkt, da durch dieses Verfahren die Luft aus dem Cocon getrieben wird. Ebenfalls gut bewährt zur Fixierung hat sich ein Gemisch von Sublimat, Alkohol und Eisessig in fol- gender Zusammensetzung: gleiche Volumina kochender gesättigter Das Gehirn der Ameise. 45 Sublimatlösung und absoluten Alkohols mit einer Zugabe von 1 Proz. Eisessig, bis die Lösung schwach sauer riecht. Auch dieses Fixier- mittel muß heiß gebraucht werden. Die Schnitte wurden mit Hämatoxylin (nach DELAFIELD) und dann mit Ammon-Rubin-Pikrat (nach ApArHy) behandelt und er- gaben so deutlich differenzierte Bilder. Zur Färbung der Fasern erwies sich die FLEemminGsche Lösung als sehr brauchbar. Auch die Methode von RAmÖN Y CAJAL war gut zu verwenden. Wo sich eine Nachfärbung nötig machte, geschah diese mit 1-proz. Gold- chlorid, nach dem eine Differenzierung mit 5-proz. Ameisensäure erfolgte. Die Färbung nach Cox-Gougı lieferte keine brauchbaren Resultate. Die von VIALLANES eingeführte Färbung mit Kupfer- sulfat und Hämatoxylin erzeugte namentlich in bezug auf das Facettenauge äußerst klare Bilder, während die nach der Methode Kenvons behandelten Objekte weniger befriedigende Bilder zeitigten, wie denn bei dieser Methode stets nur ein verhältnismäßig geringer Bruchteil zur Zufriedenheit ausfällt. Die Zeichnungen zu den Plattenmodellen sind nach Serien von Frontalschnitten von je 6,6 «u Dicke bei einer 160-fachen Ver- größerung angefertigt. Infolgedessen konnte ich Wachsplatten von 1 mm Stärke zu den Ausschnitten verwenden, von denen für das Gehirn der Arbeiterin 45, des Weibchens 56 und des Männchens 60 nötig waren. Trotz der schiefen Lage der Schnitte bekam ich dennoch immer vollkommen symmetrische Gebilde, was mir die Richtigkeit der Rekonstruktion verbürgt. Die Anleitung von KARL PETERS, „Die Methoden der Rekonstruktion“, leistete mir dabei wertvolle Dienste. Meine Modelle werden von der Firma Friedrich Ziegler in Freiburg i. B. in gelblichem Wachs, wie es der Farbe des Gehirns in frischem Zustande entspricht, ausgeführt und ver- vielfältigt. Historische Bemerkungen. Die Betrachtung der von früheren Autoren über das Insekten- gehirn angestellten Untersuchungen will ich in meiner Abhandlung kurz fassen, da bereits C. N. JOnEScU in seinen „Vergleichenden Untersuchungen über das Gehirn der Honigbiene“ eine ziemlich ausführliche Darstellung der wichtigsten Resultate der früheren Arbeiten gegeben hat. Ich will mich daher nur auf diejenigen Schriften beschränken, die das Gehirn der Ameise betreffen. Zunächst wäre DusAarDın (1850) zu erwähnen, dem wir die Kenntnis der pilzförmigen Körper im Insektengehirn verdanken. 46 Heinrich Pietschker, Ihm fällt am Gehirn der Ameise als bemerkenswert auf, daß die pulpöse oder rindenartige Substanz, wie sie nur bei den Insekten existiert, an denen man keine anderen Fähigkeiten als den Instinkt erkennt, beinahe verschwunden ist und daß man jeden seiner Teile in der Tracheenmembran, die als Hirnhaut dient, isoliert liegen sieht, als ob sie getrennte kleine Gehirne seien: die beiden Hirn- teile der Corpora pedunculata, der Antennen und der Netzaugen. Er findet, daß bei der Ameise die Gesamtheit der weißen Teile die Hälfte des Gehirnvolumens (0,028:0,056) oder den 286. Teil des Körpergewichts ausmacht, woraus er ihre hohe Intelligenz erklärt. Unter den Insekten, die fähig sind, Ideen aufzunehmen und zu verarbeiten, stellt er die Ameisen allen übrigen voran, da bei ihnen noch mehr als bei den Bienen die Intelligenz die Vor- herrschaft über den Instinkt ausübe. Leyoıc (1864), der seine Studien namentlich an Formica rufa, der roten Waldameise, gemacht hat, bestätigt bei den Ameisen das Vorhandensein der von DuJARDIN beschriebenen Gehirnteile und liefert eine genauere Beschreibung derselben. Er teilt das Gehirn ein in die „primären Hirnlappen oder den Grundstock des Gehirns, die gestielten Körper, die Lappen für die Antennennerven und die Sehlappen“. Vor allen Dingen gibt er über den feineren Bau der pilzförmigen Körper oder „die Lappen mit Windungen oder radial gestreiften Scheiben“ Levypıcs wertvolle Aufschlüsse. Er setzt deren Entwicklung in gerade Beziehung zur höheren geistigen Begabung der damit ausgerüsteten Insekten. Sodann wendet er sich gegen die Annahme DuJArnıns, daß bei der Ameise die pilz- förmigen Körper und die Stirnaugen in Wechselwirkung stehen, da gerade bei der Ameise die gestielten Körper sehr groß seien, die Stirnaugen dagegen nur gewöhnliche Maßverhältnisse zeigten. Er ist jedoch noch der Ansicht, daß die Nerven für die Stirnaugen ihren Ursprung in den pilzförmigen Körpern hätten. A. FoREL gab im Jahre 1374 in seinem Werke „Les fourmis de la Suisse“ Abbildungen der Gehirne der 3 Formen von Lasius fuliginosus. Er ist der Ansicht, daß bei den Männchen die pilz- förmigen Körper gänzlich rudimentär sind, was ich nach den von mir untersuchten Arten nicht bestätigen kann. Um auch über Lasius Klarheit zu bekommen, fertigte ich zur Kontrolle Schnitte durch das Gehirn des Männchens von Lasius niger an — Lasius fuliginosus stand mir leider nicht zu Gebote — und fand auch hier die pilzförmigen Körper sehr gut entwickelt. Sonst decken sich im großen und ganzen seine Ausführungen mit denen LEYDIGS. Das Gehirn der Ameise. 47 In der überaus großen Zahl seiner späteren Abhandlungen über die Ameisen befaßt sich FOREL nur noch mit psychischen und bio- logischen Untersuchungen, so daß ich sie hier außer acht lassen kann. RABL-RÜückHARD (1875) benutzte fast ausschließlich Campo- notus ligniperdus zu seinen Untersuchungen, obwohl er ihn so- wohl wegen des Fehlens der Stirnaugen und der Nerven für die- selben als auch wegen der verhältnismäßig geringen Größe der Netzaugen nicht für recht geeignet hält. Seine Untersuchungen kann er mit denen LEeyvIGs (namentlich was das gegenseitige Ver- hältnis der Teile des Gehirns und die Verbindung des unteren Schlundganglions mit dem eigentlichen Gehirn anbelangt) nicht ganz in Einklang bringen und gibt deshalb eine Berichtigung und Vervollständigung der Leyvısschen Arbeit. Er fand in jeder pilz- förmigen Anschwellung je zwei aus feiner molekulärer Masse be- stehende Ringe, für die er den Namen „ringförmige Körper“ vor- schlägt. Es gelang ihm, sie völlig intakt herauszupräparieren. Auch er kommt zur Ansicht, daß diese ringförmigen Körper nicht als das Zentralorgan für die Stirnaugen der Insekten anzusehen sind, da sie bei Camponotus ligniperdus, der gar keine Stirnaugen besitzt (FOREL, 1874), und ebenso bei der blinden afrikanischen Ameisenart Typhlopone sehr gut entwickelt sind. RABL-RÜCKHARD fand ferner, daß die Verbindung von Schlundganglion und Gehirn eine viel massigere ist, als sie von LeypıqG dargestellt wurde. So- dann tritt er der Meinung dieses Forschers entgegen, daß die von jenem als „Nucleoli“ beschriebenen, im Gehirnstock liegenden Gehirnteile die Anfänge der beiden Kommissuren seien, die zu dem Unterschlundganglion verlaufen, sondern hält sie nur für eine zwischen den vorderen und hinteren Schichten des Hirnstocks be- stehende längskommissurartige Verbindung. Bei der Ameise er- schienen diese beiden Zapfen durch einen schräg von oben außen nach unten innen ziehenden Spalt in der Längsrichtung halbiert, so daß jeder aus zwei Halbzylindern bestehe, die sich mit der Halbierungsfläche berührten. Einen Rückschritt in seiner Arbeit bedeutet die Anzweiflung der bereits von LeyvıG als sicher be- stehend erkannten Verbindung des Lobus olfactorius mit dem Hirn- stock, die er an seinen Präparaten nicht zu erkennen vermochte. FLOEGEL (1878) wandte zum ersten Mal das Mikrotom an und erhielt durch das Gehirn von Formica rufa eine Schnittserie von 83 Frontalschnitten bei 7,3 «x Dicke. Er verstand jedoch unter „Gehirn“ nur das obere Schlundganglion und beschäftigte sich in 48 Heinrich Pietschker, seiner Abhandlung deswegen ausschließlich mit diesem. Er bringt in das von DusArpın Nucleolus genannte Gebilde Klarheit, indem er es Vorderhorn nennt!) und zeigt, daß es am äußeren Rande jedes Balkens oder Stieles sich ziemlich unter rechtem Winkel ansetzt, um an der Vorderfläche des Gehirns stumpf zu enden. Die Hinteräste dagegen seien kaum gegen den Balken durch ein Knie abgesetzt. An dieser Stelle findet er aber eine sehr charak- teristische Durchflechtung verschiedener Faserbündel aus den hin- teren und vorderen Teilen der Becher, weshalb er diese Gegend „Wurzelgeflecht“ nennt. Wie im genaueren diese Durchflechtung zustande kommt, kann er jedoch nicht ermitteln. Wahrscheinlich teilten sich dort die Becherfasern in solche, die in das Vorderhorn, und solche, die in den Balken eintreten, so daß demnach jedes dieser Stücke von jedem Teile der Becher Fasern bekäme. Er stellt fest, daß die pilzförmigen Körper bei Vespa und Apis größer seien als bei Formica. Auch machte er zum ersten Mal bei der Ameise darauf aufmerksam, daß die Gehirne der Männchen und Weibchen etwas verschieden sind, wie er an Lasius fuliginosus und niger sah, nachdem WAGNER (1871) von den 3 Formen des Bienen- gehirns schon die Verschiedenheit behauptet hatte. BrAnpr (1876 und 1879) untersuchte 12 Ameisenarten aus den Familien der Dorylinen, Formicinen und Myrmieinen. Er beschrieb die Metamorphose des Nervensystems bei Formica rufa (Arbeiterin). Als Ursprungsstelle der drei Ocellarnerven (Nervi ocellares) bezeichnet er die zwischen den beiden Hemisphären be- findliche Furche, damit FLOEGEL unterstützend. Lusgock lieferte in seiner Abhandlung „On some Points in the Anatomy of Ants“ (1877) keine genaue Beschreibung des Ge- hirns, obwohl er Longitudinal-, Horizontal- und Vertikalschnitte durch die Köpfe von Lasius niger (Weibchen), Lasius flavus (Weib- chen), Myrmica ruginodis (Arbeiterin), Lasius flavus (Arbeiterin) und Lasius fuliginosus (Arbeiterin) anfertigte. Seine im Jahre 1879 erschienene Schrift „On the Anatomy of Ants“ habe ich mir leider vergeblich zu beschaffen versucht, da sie selbst in der Ber- liner Universitätsbibliothek, wohin ich mich zuletzt wandte, nicht vorhanden ist. Große Verdienste erwarb sich VIALLANES mit seinen Unter- suchungen über die Insektengehirne (18831—1893). Wenn er auch 1) Es entspricht” der. vorderen Wurzel der Stiele der pilz- förmigen Körper. ee Das Gehirn der Ameise. 49 speziell mit der Ameise sich nicht eingehend befaßte, sondern sie nur vergleichsweise heranzog, so muß ich doch wenigstens auf seine histologischen Untersuchungen eingehen, da sie im Vergleich zu denen seiner Vorgänger erhebliche Fortschritte zeitigten. VIALLANES fand, daß die Nervenzellen sich uns in zwei Formen zeigen: die einen gehören dem Normaltypus an und verdienen den Namen „Ganglienzellen“ (cellules ganglionnaires) im eigent- lichen Sinne, während die anderen modifiziert und unter dem Namen „cellules chromatiques“ oder „noyaux ganglionnaires“ bekannt sind. Die „Ganglienzellen“ gehören meistens dem unipolaren Typus an, ihr Kern ist abgerundet und mit einem sehr großen Nucleolus versehen. Das reichliche Protoplasma dieser Zellen erinnert mit seinem faserigen Bau an die Wirbeltiere; es verlängert sich in einen gleichfalls fibrillären Achsenzylinder, der die gleiche che- mische Reaktion und dasselbe Aussehen zeigt. Der Lage nach sind die cellules ganglionnaires ausschließlich auf die Oberfläche der Ganglien verteilt (im allgemeinen auf die Ventralseite) und schicken ihren Achsenzylinderfortsatz in die Masse des Ganglions selbst. Dieser Fortsatz tritt daraus gewöhnlich wieder hervor und endet in einem Nerven. Zuvor entsendet er aber einen oder mehrere sehr dünne sekundäre Arme, die sich in der Substanz des Ganglions selbst verzweigen und verlieren. Eine eigentliche Membran haben diese cellules ganglionnaires nicht, sondern nur eine nervöse Umhüllung, welche aussieht, als ob sie aus homogener, durchscheinender Masse besteht, in der kleine Kerne (noyaux) ver- streut liegen. Die „Noyaux ganglionnaires“ oder „cellules chromatiques“ findet man nur in bestimmten Regionen des Gehirns, und zwar kommen sie ausschließlich den pilzförmigen Körpern, den optischen Ganglien und dem Lobus olfactorius zu. Sie sind also Elemente speziell für die psychischen Zentren und die spezielle Empfindung. Diese noyaux ganglionnaires stellen in dem Sinne modifizierte Nervenzellen dar, daß das Protoplasma auf seinen einfachsten Zustand reduziert ist, d. h. auf eine äußerst dünne Decke, die kaum sichtbar ist und einen normalen Kern einhüllt, welcher aber im allgemeinen reicher an Chromatin ist als der der gewöhnlichen Nervenzellen. Diese Gebilde entsenden je einen sehr feinen Fortsatz, der in der Substanz des Ganglions untertaucht und spärlich mit einer individualisierten Nervenhülle bekleidet ist. BEFKLVIL,N: FE. XL. 4 50 Heinrich Pietschker, Die Nervenzellen stellen aus Achsenzylindern bestehende Stränge dar, die fähig sind, sich zu teilen. Sie zeigen das Aus- sehen und die chemische Reaktion des Protoplasma der Ganglien- zellen. Jeder Nerv ist von einer aus homogener, durchscheinender Substanz bestehenden tubulösen Hülle bekleidet, in der verstreute Kerne liegen. Diese Hülle ist mit der nervösen Umhüllung der Ganglienzellen identisch. VIALLANES unterscheidet drei Kategorien solcher Achsen- zylinder: 1. Cylindraxes centrifuges. Diese haben beständig denselben Durchmesser und gehen aus den größten Ganglienzellen hervor. Sie durchlaufen die Zentralsubstanz, treten dann aus dieser heraus und setzen sich in den Nerven fort, deren motorische Fasern sie bilden. Während ihres Weges durch die Zentralsubstanz entsenden sie sehr feine Fasern, die sich in dem Fibrillärgewebe verlieren, aus dem diese Zentralsubstanz besteht. 2. Cylindraxes centripetes. Sie sind noch viel dünner als die motorischen Achsenzylinder, besonders wenn sie speziell sensibel sind. Nachdem sie in die Zentralsubstanz der ganglionären Massen eingetreten sind, teilen sie sich dort nach einem mehr oder weniger langen Verlaufe und bilden Zweige von verschiedener Dicke, die im fibrillären Gewebe verschwinden. Wahrscheinlich. vereinigen sie sich mit den Zellen, obwohl dies noch nicht einwandfrei nach- gewiesen ist. 3. Cylindraxes intrinseques. Diese gehen aus Zellen hervor, die im allgemeinen weniger voluminös sind als die motorischen, und, wenn es sich um speziell sensible Zentren handelt, aus Ele- menten, deren Protoplasma auf eine äußerst dünne Schicht redu- ziert ist (noyaux ganglionnaires). Diese Achsenzylinder sind der Größe ihrer Mutterzellen proportional, treten in die Zentral- substanz ein und teilen sich dort in beständig feiner werdende Zweige, indem sie so oft ein sehr dichtes netzförmiges Gewebe bilden. Die Zentralsubstanz der ganglionären Massen wird auf diese Weise von einem Gewirre von Achsenzylindern gebildet, die einen verschiedenen Ursprung haben. Sie alle scheinen in äußerst feine Spitzen auszulaufen, die nur sehr selten miteinander in Verbindung stehen. Die in histologischer Hinsicht wertvollste Arbeit über das Insektengehirn (Biene) stammt von KEnYoN (1896). Sie hat über den Zusammenhang der Nervenfasern mit den Ganglienzellen und über den Verlauf der Nervenfasern die beste Klarheit geschaffen. Das Gehirn der Ameise. Hi Ich brauche jedoch hier nicht näher darauf einzugehen, da über sie bereits von JOnEscu im historischen Teil seiner Arbeit über das Gehirn der Honigbiene ausführlich referiert worden ist. JANET hat seit dem Jahre 1893 eine große Anzahl einzelner Abhandlungen über die Anatomie der Ameisen, Wespen und Bienen veröffentlicht. Der größte Teil dieser Arbeiten betrifft die Ameise. JAnET hat zwar über die Teile des Gehirns und die von ihm ausgehenden Nerven mit ihren Funktionen wertvolle Auf- schlüsse gegeben, jedoch die innere Anatomie desselben vollständig unberücksichtigt gelassen. Von seinen Abhandlungen kommen hier hauptsächlich in Betracht: „Essai sur la constitution morpho- logique de la tete de l’insecte (1899)“, „Sur les nerfs c&phaliques, les corpora allata et le tentorium de la fourmi (1899)“ und „Anatomie de la tete du Lasius niger (1905). Von seiner Theorie über die Zusammensetzung des Ameisengehirns wird in einem späteren Abschnitt die Rede sein, ebenso von Beobachtungen über die vom Gehirn ausgehenden Nerven. Die Kopfnerven. JANET hat in seinen beiden Abhandiungen „Sur les nerfs c&phaliques, les corpora allata et le tentorium de la fourmi (1899) und „Anatomie de la töte du Lasius niger (1905) eine genaue Beschreibung der vom Ameisengehirn ausgehenden Nerven gegeben. Es ist ihm gelungen, von den meisten derselben die Ursprungs- stelle, die Verzweigung und Funktion festzustellen. Da die Ar- beiten von JAnET nicht leicht zugänglich und wenig bekannt sind, gebe ich über seine Untersuchungen ein ausführliches Referat. Meine eigenen Studien beziehen sich in bezug auf die Kopfnerven nur auf deren Ursprung am Gehirn. Dabei stimmen meine Be- obachtungen mit den Angaben von JANET in einigen Punkten nicht überein; insbesondere habe ich noch zwei von JANET nicht erwähnte Nerven gefunden, den von mir „Nervus accessorius“ genannten und den Speicheldrüsennerv (S.n), welche beide vom Unterschlundganglion ausgehen. Sämtliche vom Gehirn ausgehenden Nerven gruppiert JANET in folgende 8 Abteilungen: A. Das Eingeweidenervensystem (systeme nerveux du tube digestif stomodaeal). B. Die Labralnerven, Nerven der Oberlippe (nerfs du labre). 4 = 3 Heinrich Pietschker, C. Die Ocellar- und Ocularnerven, die Nerven der Ocellen und der Facettenaugen. D. Die Antennennerven (nerfs de l’antenne). E. Diesympathischen postcerebralen Nerven (nerfs sympatbiques posteerebraux). F. Der Tritocerebralnerv. G. Die Mandibular- und Labialnerven, Nerven der Oberkiefer, der Unterkiefer und der Unterlippe. H.DiesympathischenNerven deslabialenNerven- centrums (nerfs sympathiques du centre nerveux labial). Diese Gruppierung entspricht morpbologisch seiner Einteilung in die Somite und Somitenabschnitte. Es gehören nun die ein- zelnen Gruppen folgenden Somiten an: Das „systöme nerveux du tube digestif stomodaeal“ ist proto- cerebral. Es wird auch häufig „systeme nerveux sympathique impair“ genannt. Auch die Labralnerven sind ihres Ursprungs nach zum Protocerebrum zu rechnen, ebenso die Ocellar- und Ocularnerven. Die Antennalnerven gehören zum Deutocerebrum. Dasselbe gilt von den postcerebralen sympathischen Nerven. Der Tritocerebralnerv ist der einzige Nerv des Tritocerebrums. Die Mandibular-, Maxillar- und Labialnervenpaare entspringen je einem entsprechenden Nervenzentrum oder Somiten, die in ihrer Gesamtheit das Unterschlundganglion bilden. Die von JANET als „nerfs sympathiques du centre nerveux labial“ beschriebenen Nerven sind dem Labialsomit zuzuschreiben. JANET machte seine Studien an Schnitten durch das Gehirn von Myrmica rubra (Arbeiterin), die sagittal (Textfig. 1), trans- versal (Textfig. 2 und 3) und horizontal (Textfig. 4) geführt sind (1899). Zum Vergleich sind seine entsprechenden Schnitte durch das Gehirn von Lasius niger (Königin, Textfig. 7) und die von mir angefertigten von allen drei Formen von Camponotus ligni- perdus herangezogen worden. Ein Sagittalschnitt (Textfig. 1) enthält; den größten Teil der gesamten Kopfnerven und zeigt uns, daß mit Ausnahme der beiden postcerebralen sympathischen Ganglien (G.symp.cer.), des sym- pathischen labialen Nervenpaares (N.symp.lb.) und der Ocular- und Ocellarnerven (@.ocell.) alle übrigen Kopfnerven von dem vorderen und unteren Teil des Gesamtcerebrums abgehen (Text- fig. 1). Das Gehirn der Ameise. 53 G.symp.cer Cop.inc.1 M.ad.m.bp ; \ 2 "N. :N.oe % \ ns ‚Prothor. ‘. J Cop.ine.2 N.symp.cer _ G.ocell “\ M.ph.dili- ___ Conn.g.fr --__ \ ı h r j \Gsympb. G.prothor. N re u A 4, "\ Bm Org.c.prothor. N.sup.ph nn ir. er, / Br.ante N.org.c.a ----- A -= N fü £ Org.c.a —_ _- Hi "> N.lb N \oer Nas 7, Na S > | 8 [> S Sg [>] | \ I A! 7} V a8 & 7) A WW - G.s.lb N.Ibr .£ Lbr Textfig. 1. Sagittalbild des Gehirns von Myrmica rubra (Arbeiterin). (Nach JANET). Br.ante vorderer Arm des sympathischen Labialganglion, Cadre.art.a Cadre articulaire der Antennen, Cop.inc.1, 2 Corpora incerta (MEINERT), Comm Kommissur (Bauchmark), Conn.g.fr Konnektive des Frontal- ganglion, G.fr Frontalganglion , Gl.!b Labialdrüse, @.ocell Ocellarganglion, G.prothor. prothoracales Ganglion, G.s.!b sensitive Ganglien des Labiums, @.s.ph sensitive Ganglien des Pharynx, @.symp.cer postcerebrale sympathische Ganglien, G.symp.Ib sympathische Ganglien des Labialsomiten, Zb Labium, Zdr Labrum, M.ab.ib abduktorischer Muskel des Labiums, M.ad.Ib adduktorischer Muskel des Labiums, M.ad.md.b adduktorischer Muskel der Mandibel, M.ph.dil.i Mus- culus dilatator inferior pharyngis, N.a.i Nervus antennalis inferior, N.a.s Nervus antennalis superior, N.fun Nerv des Funiculus N.1b Labialnerv, N.!br Labralnerv, N.md Mandibularnerv, N.mx Maxillarnerv, N.oe Nerv des Oeso- phagus, N.org.e.a Nerv des antennalen Chordotonnalorgans, N.symp.Ib Nerv es sympathischen labialen Nervenzentrunis, N.sup.ph.a und N.sup.ph.p Nerven derjenigen Muskeln der Pharynx, die vor dem Frontalganglion (a) und hinter demselben liegen (p), Org.c.a antennales Chordotonnalorgan, Org.c.prothor. Chordo- tonnalorgan des Prothorax, Prothor. Prothorax. 54 Heinrich Pietschker, Die meisten dieser Nerven finden wir in einem Transversal- schnitt (Textfig. 2, 3) wieder, so daß wir durch eine vergleichende Kombination beider Schnitte ein ziemlich genaues Bild über die Lage der einzelnen Nerven gewinnen können. Der Horizontalschnitt (Textfig. 4) zeigt uns alle diese Nerven noch einmal in ihrer Gesamtheit. Ich habe, abgesehen von dem Eingeweidenervensystem und den postcerebralen sympathischen Nerven, die nicht eigentlich zum G.ocell ! y N == .N.rec INS L N N.fun- - - - Conn.g.fi IN FON RC a 2 ap. en EROTERE DT g Zu el 1V.a.8 N.ai Olyp- N.sup.ph.a Textfig. 2. Frontalschnitt durch das Gehirn von Myrmica rubra (Ar- beiterin). Nach JANET. Clyp Clypeus, Conn.g.fr Konnektive des Frontal- ganglion, G.fr Frontalganglion, @.ocell Ocellarganglion, @.s sensibles Ganglion, G.s.ph sensitive Ganglien des Pharynx, Zbr Labrum, N.a.i Nervus antennalis inferior, N.a.s Nervus antennalis superior, N.fun Nerv des Funiculus, N.!br Labralnerv, N.org.c.a Nerv des antennalen Chordotonnalorgans, N.rec Nervus recurrens, N.sc Nerv des Basalgliedes der Antenne, N.sup.ph.a Nerv derjenigen Muskeln des Pharynx, die vor dem FrontalgangJion liegen, Os sensitive Organe, Org.c.a antennales Chordotonnalorgan, Y Facettenauge. Das Gehirn der Ameise. 55 Gehirn gehören, alle diese Nerven an meinen Wachsmodellen dar- gestellt (Textfig. 5). Das Eingeweidenervensystem. Zu dem Eingeweidenervensystem (systeme nerveux du tube digestif stomodaeal) gehören nach JANET folgende Nerven. 1. Die Konnektive des Frontalganglion (Conn.g.fr Textfig. 1, 2). Sie repräsentieren zwei Nerven, die ziemlich weit vorn und fast in der Medianebene aus dem Gehirn heraustreten. [Dir EDS WE = =, @.symp.cer 570 SR ME za ER Cop.ine ana eh An - - N.symp.cer nl ee = --------I----- --- R----. N.rec G.s.md G.s.mx Textfig. 3. Frontalschnitt durch das Gehirn von Myrmica rubra (Ar- beiterin). Nach JANET. Cop.inc Corpora incerta, Gl.md.r Mandibulardrüse, G.n.ree Ganglion des Nervus recurrens, G.s.md sensitives Ganglion der Mandibel, G.s.mz sensitives Ganglion der Maxille, G.symp.cer postcerebrales sympathisches Ganglion, Md Mandibel, Mx Maxille, N.md Mandibularnerv, N.mx» Maxillar- nerv, N.oe Nerv des Oesophagus, N.rec Nervus recurrens, Or.gl.md Kanal der Mandibulardrüsen, Y Facettenauge. 56 Heinrich Pietschker, 2. Das Frontalganglion (Gfr Textfig. 1, 2, 4. Es liegt unter der Stirn sehr weit vorn im Kopfe und steht durch die oben erwähnten Konnektive mit dem Gehirn in Zusammen- hang. Wahrscheinlich entspricht es einer Verschmelzung ehemals paariger Partien und zeigt noch eine deutliche Teilung in zwei knotenförmige Gebilde. Es entsendet: a) Nach vorn einen Nerv (N.sup.ph.a Textfig. 1, 2, 4), der eine doppelte Wurzel hat und die obere vordere Muskulatur des Pharynx versorgt. b) Nach hinten ein Nervenpaar (N.sup.ph.p Textfig. 1, 4), das die hintere motorische Muskulatur des Pharynx innerviert. c) Den. „Neryas recurrens""(N.rec Text 2, 3, ARE wendet sich zur vorderen Durchbruchsstelle des Oesophagus durch N.sup.ph.p N.rec ; @fr M.ad.lbr Ve _- N.sup.ph.a } . Org.c.ant N.lbr ER Da N.a.s ee 33 8 . De - Niai =—- N.fun -—-- -- = M:se Ureet Ser 2. .y.» * Tr --. M.ph.dii vn BERN ALLAN PP RS N IND ö s ER, i Br er: a Tre -- M.ad.md.b Gl.md . \ \ > N.md w \ > N.mx \ \ \ r N \ M.ad.md.a M.ad.md.b . Gl.ib M.ab.ib Texttig. 4. Horizontalschnitt durch das Gehirn von Myrmica rubra (Ar- beiterin). Nach JANET. G.fr Frontalganglion, 61.1 Labialdrüse, Gl.md Mandi- bulardrüse, W.ab.lb abduktorischer Muskel des Labiums, M.ad.Ibr adduktorischer Muskel des Labrums, M.ad.md.a und M.ad.md.b der äußere Hauptmuskel (a) und der innere untergeordnete Muskel (d) des Adduktors der Mandibel, M.ph.dil.i Musculus dilatator inferior pharyngis, M.sc Muskel des Basalgliedes der Antenne, N.a.i Nervus antennalis inferior, N.a.s Nervus antennalis superior, N.fun Nerv des Funiculus, N.!b Labialnerv, N.!br Labralnerv, N.md Mandibular- nerv, N.mx& Maxillarnerv, N.org.c.ant Nerv des antennalen Chordotonnalorgans, N.rec Nervus recurrens, N.sc Nerv des Basalgliedes der Antenne, N.sup.ph.a und N.sup.ph.p die Nerven derjenigen Muskeln des Pharynx, die vor (a) und hinter (p) dem Frontalganglion liegen, Org.c.ant antennales Chordotonnalorgan. Tent Tentorium. Das Gehirn der Ameise. 57 das Gehirn und begleitet diesen auf seinem ganzen Wege. Von seiner hinteren Durchbruchsstelle ab rechnet ihn JANET zu den postcere- bralen sympathischen Nerven, auf die ich noch zu sprechen komme. Der Labralnerv. Wir sehen den Labralnerven in den Textfiguren 1, 2, 4 als N.lbr bezeichnet. Er entspricht dem Tritocerebralnerv von VIALLANES und verläßt nur ein wenig tiefer und nach außen als / 5 br EIER. BINKINILA. | N.a ‚N.se | ı | \ N.fun \ N.lbr N.md N.mx N.lb N.ac Textfig. 5. Seitenansicht des Gehirns der Ameise, Arbeiterin, zur De- monstrierung der Nerven am Gehirn und an der Schlundkommissur. N.« Antennennerv, N.ac Nervus accessorius, N.fun motorischer Nerv der Antenne, N.Ib Labialnerv, N.!dr Labralnerv, M.md Mandibularnerv, N.mx Maxillarnerv, N.sc motorischer Nerv des Basalgliedes der Antenne, $.n Speicheldrüsennerv, Bm Bauchmark. die Konnektive des Frontalganglions (Conn.g.fr) das Gehirn. Die Verzweigung des Labralnerven ist eine mannigfache. An der unteren Seite geht ein in Ganglien (@.s.ph Textfig. 1, 2, 4), endender sensitiver Arm ab, der die Bestimmung hat, die sensiblen Organe des unteren Teiles des Pharynx, die man als die Organe des Geschmacks ansieht, zu innervieren. Dann folgt ein äußerer Arm, der den motorischen Arm der Muskulatur des Labrums dar- stellt, welche nur aus einem Paar Retraktoren besteht. Der Teil des Labralnerven, der über diesen motorischen Arm hinausgeht, ist rein sensoriell. Seine Verästelungen führen zu sensitiven Or- ganen (G.s Textfig. 2), die auf dem Labrum selbst oder in 58 Heinrich Pietschker, dessen unmittelbarer Nachbarschaft liegen. Wahrscheinlich geht vorher noch ein motorischer Arm zu dem großen Musculus retractor dilatator pharyngis (M.ph.dil.i Textfig. 4). Die Ocular- und Ocellarnerven. Da Myrmica rubra (Arbeiterin) wegen ihrer fast rudimen- tären Ocellen (G.ocell Textfig. 1, 2) kein günstiges Objekt zum Studium der Ocellarnerven bildet, verweise ich auf die Textfig. 7 (p. 66), die das Gehirn von Lasius niger (Königin) mit gut ent- wickelten Ocellen zeigt. Wir sehen oben am Gehirn zu beiden Seiten der Medianebene je einen Ocellarnerven (N.ocell) aus den Protocerebralloben heraustreten. Fast unmittelbar nach seinem Austritt teilt sich jeder in 2 Arme: der eine (N.ocell.p) begibt sich zu dem entsprechenden Seitenocellus, während der andere (N.ocell.imp) zum medianen Ocellus seinen Weg nimmt. Letzterer empfängt also zwei Nerven und wird auf diese Weise von beiden Protocerebralloben innerviert. Ein genaueres Bild eines Ocellus mit dem dazu gehörigen Nerven gibt uns noch Fig. 12, Taf. 5. Betreffs der Ocularnerven verweise ich auf das besondere Kapitel über den Lobus opticus (p. 82). Die Antennalnerven. Zu den Antennalnerven gehören folgende: N.ai, N.a.s, N.org.c.a, N.sc und N.fun. Wir sehen dieselben in den Textfiguren 1, 2, 4 verzeichnet. Ein genaues Bild der Abgangsstellen dieser Nerven liefert uns noch die Fig. 17, Taf. 5. Abgesehen von dem Nerv N.org.c.a sehen wir an ihr die übrigen Antennalnerven in ihrer natürlichen Lage an einem Sagittalschnitt von Camponotus ligniperdus (Männchen). Die beiden großen Nerven N.a.i. und N.a.s. (Textfig. 1, 2, 4) besitzen eine gemeinsame Wurzel. Sie sind rein sensibel. An ihnen scheint der untere innere Nerv (N.a..) der Geruchsnerv zu sein (nerf olfactif), weil seine Anfangsfasern sich zwischen jenen charakteristischen Zellbildungen verteilen, die man wegen der Funktion, welche man ihnen zuteilt, als Olfactifglomerulen be- zeichnet hat (vergl. p. 87). Die Ursprungsfasern des oberen äußeren Nerven (N.a.s) scheinen in einer Region zu liegen, die VIALLAnEs dem dorsalen Lobus des Deutocerebrums zuerteilt, während sie JANET dem Das Gehirn der Ameise. 59 Tritocerebrum für sehr benachbart hält. Seine spezielle Natur ist bis jetzt noch nicht ergründet. Der Nerv (N.org.c.a Textfig. 1, 2, 4) ist eine Strecke mit dem oberen äußeren sensitiven Antennalnerven verschmolzen und wendet sich dann zu der Stelle, wo das präantennale Chordotonnalorgan (Org.c.a Textfig. 1, 2, 4) liegt. Da dieses wahr- scheinlich die Gehörfunktion zu erfüllen hat, können wir diesen Nerven als den Gehörnerven ansehen. Nicht mit Unrecht dürfen wir wohl auch wegen seiner teilweisen Verschmelzung mit dem ‚oberen äußeren Antennalnerven diesen mit dem Gehör in Zu- sammenhang bringen. Der Nerv N.sc (Textfig. 1, 2, 4) ist der Nerv des Basal- gliedes der Antenne. Er teilt sich zur Innervierung jedes der 4 Muskeln desselben in 4 Arme. In seiner Arbeit über Myrmica rubra zerlegt JAnET diese Nerven in 2 Gruppen, eine, die die vorderen adduktorischen, und eine zweite, welche die hinteren abduktorischen Muskeln zu ver- sorgen hat. Der kleine motorische Nerv (N.fun Textfig. 1, 2, 4) tritt in das Innere der Antenne ein und innerviert die Muskeln der einzelnen Antennenglieder. Die posteerebralen sympathischen Nerven. Die postcerebralen sympathischen Nerven (N.symp.cer Text- fig. 1, 3, und N.rec Textfig. 3) sind in der Zweizahl vorhanden und treten unmittelbar über der hinteren Oesophagusöffnung des Gehirns aus demselben heraus. Nach JAnET entsprechen sie den- jenigen sympathischen Nerven, die jedes der nervösen Zentren der ventralen Nervenkette begleiten. Man kann sie als die sym- pathischen Nerven der deutocerebralen Ganglien ansehen. Nach kurzem Verlaufe schwellen diese beiden Nerven zu zwei Ganglien an (G.symp.cer Textfig. 1, 3, und G.n.rec Text- fig. 3), die ein wenig hinter dem Oesophagusganglion liegen. Das Ganglion des Nervus recurrens (@.n.rec Textfig. 3) entsendet nach den Seiten kleine nervöse Fasern und teilt sich an seinem hinteren äußersten Ende gabelförmig, um zwei Konnektive zu bilden (N.oe Textfig. 1, 3), die dem Eingeweidenervensystem bis zum Magen folgen. Der Verlauf der übrigen Nerven, die diesen beiden Ganglien noch entspringen, hat man noch nicht genauer feststellen können. Wahrscheinlich innervieren sie die Kopfpartie der Aorta. 60 Heinrich Pietschker, Der Tritocerebralnerv. Wir finden diesen Nerv bei JANET nur am Gehirn von Lasius. niger (Weibchen) verzeichnet, und zwar als N.dil.i.ph.a (Text- fig. 7). In seinen Abbildungen von Myrmica hat er ihn nicht. gebracht, da er ihm in diesen Präparaten wegen seiner Kleinheit entgangen ist. An meinen Schnittserien von Camponotus ligni- perdus habe ich ihn sehr deutlich bekommen und in einer be- sonderen Figur (Taf. 5, Fig. 18) bildlich dargestellt. Der Trito- cerebralnerv ist ein unpaarer Nerv, welcher 2 Wurzeln besitzt. Er befindet sich direkt unterhalb der vorderen Oesophagusöffnung. Seine Lage oberhalb der Unterschlundganglienkommissur und noch vor dem Mandibularnerven, aber schon hinter dem Deutocerebrum hat JAner dazu bestimmt, ihn als Tritocerebralnerv anzusehen. Er verzweigt sich in dem Musculus dilatator inferior pharyngis (M.dil.i.ph.a Textfig. 4) und innerviert ihn auf diese Weise. JONESCU ist es gelungen, die Ursprungsstelle dieses Nerven bei der Biene festzustellen, und zwar nimmt er eigentümliche An- schwellungen oberhalb und etwas hinter dem Labralganglion hier- für an. Die Mandibularnerven. Zur Betrachtung der Mandibularnerven (N.md) ziehen wir die Textfiguren 1, 3, 4 heran. Wir sehen, daß jeder Nerv des Mandibelpaares kurz nach seiner Ursprungsstelle einen nach hinten gerichteten Arm entsendet, der sich auf seinem Wege in zwei Zweige teilt: in einen äußeren Hauptteil (M.ad.md.a Textfig. 4) und einen zweiten für den inneren sekundären Teil (M.ad.md.b Textfig. 4) des Adduktors der Mandibel. Diese beiden Arme ver- zweigen sich wiederum, um Nervenfasern zu jedem der zahlreichen adduktorischen Muskelfasern der Mandibel zu senden. Eine weitere Verzweigung, die noch zwei motorische Arme für die mandibularen Adduktoren und vielleicht auch einen sympathischen Arm für die Mandibeldrüse erzeugt, befindet sich an der Stelle, wo der Nerv über den Adduktor der Mandibel (M.ad.md.a und M.ad.md.b Textfig. 4) hinwegläuft. Oberhalb dieser Verzweigung wird der Nerv rein sensibel. Er ist aber sehr umfangreich und hat die zahlreichen kleinen Ganglien (@.s.md Textfig. 3) der sensitiven Organe zu versorgen, die am Ende der Mandibel liegen. Das Gehirn der Ameise, 61 Die Maxillarnerven. Die Maxillarnerven (N.mx) sehen wir auf denselben Figuren verzeichnet wie die Mandibularnerven. Für jede Maxille ist ein Nerv vorhanden (Textfig. 3 mx), der im Vergleich zum Mandi- bularnerven eine ganz analoge Lage einnimmt. JAnET hat den Nerv oft in der Nähe seiner Ursprungsstelle deutlich anschwellen sehen. Jenseits dieser Anschwellung entsendet er einen nach hinten gerichteten Arm für die Adduktoren der Maxille. Etwas weiter davon entfernt liefert eine zweite Verzweigung, die von kleinen Ganglien begleitet ist, einen motorischen Arm für die Adduktoren der Maxille und vielleicht auch einen kleinen sym- pathischen Arm. Im Gegensatz zum Mandibularnerv bleibt der Maxillarnerv nach dieser zweiten Verzweigung zugleich motorisch und sensibel, weil er noch die Muskeln, die in den Maxillen liegen, und die sensitiven Organe zu versorgen hat (G.s.mx Textfig. 3). Die Labialnerven. Zum Studium der Labialnerven (N.lb) dienen die Text- figuren 1 und 4. Der Labialnerv folgt dem unpaaren Kanal der Labialdrüse (@.lb Textfig. 1, 4). Ebenso wie die Nerven der Mandibel und Maxille entsendet jeder Labialnerv einen Arm zum Adduktor (M.ad.lb Textfig. 1) und einen entsprechenden zum Ab- duktor (M.ab.lb Textfig. 1 und 4) der Muskulatur. Ein dritter Arm sorgt für die Innervierung der Muskulatur im Innern des Labiums (Lb Textfig. 1), worauf der Nerv rein sensibel wird zur Ver- sorgung der Ganglien (@.s.lb Textfig. 1) der sensiblen Organe. Den Nerv (N.symp.lib Textfig. 1) habe ich auch an einer Anzahl meiner Präparate gefunden, ihn jedoch am Wachsmodell nicht dargestellt, da eine naturgetreue Wiedergabe im richtigen Größenverhältnis wegen seiner Feinheit nicht möglich war. In der Fig. 20, Taf. 5 habe ich ein genaues Bild von ihm bei Camponotus ligniperdus (Arbeiterin) gezeichnet. Wie die Text- fig. 1 zeigt, verläßt dieser Nerv unmittelbar unterhalb des Bauch- markes (Bm Textfig. 1) das Gehirn und wendet sich nach hinten, wobei seine Richtung der des Bauchmarkes parallel bleibt. Er ist ein paariger Nerv und gehört zum Eingeweidenervensystem. Nervus accessorius (neu gefunden). An dieser Stelle muß ich noch einen anderen zum Labium ge- hörenden Nerven erwähnen, der von JAnET in seinen Abhandlungen 62 Heinrich Pietschker, nicht genannt ist. Ebenso vermisse ich diesem Nerven ent- sprechende Angaben beim Bienengehirn. Ich konnte ihn evident an den Sagittalschnitten feststellen und habe ihn Nervus accessorius (N.ac) genannt. An meinen Wachsmodellen habe ich ihn dar- gestellt (Textfig. 5 N.ac) und noch ein besonderes detailliertes Bild von ihm in der Fig. 20, Taf. 5, gezeichnet. Er entspringt ungefähr in der Mitte zwischen Labialnerv (N.lb) und Bauchmark (Bm) aus dem Unterschlundganglion und wendet sich zum Labium, wo er in Vertiefungen der Wand desselben endigt, wahrscheinlich um Sinnesorgane der Unterlippe, welche erst bei der letzten Häutung zur vollen Entwickelung kommen, also im vorliegenden Stadium noch nicht deutlich zu erkennen sind, zu innervieren. Der Speicheldrüsennerv. (Von mir zum ersten Mal bei der Ameise festgestellt.) Noch einen anderen von JANET nicht gefundenen Nerven habe ich feststellen können, den Speicheldrüsennerv (Sn Fig. 19, Taf. 5, und Textfig. 5). Er ist schon von VIALLANES bei den Orthopteren gefunden (nerf t&gumentaire, 1887) und später von KEnyon als „Salivary nerve“ bei den Bienen beschrieben. Jonescu hat ihn bei der Honigbiene genauer untersucht und seine motorische Zell- gruppe auf der Ventralseite des Unterschlundganglions gefunden, und zwar zwischen dem Mandibular- und Maxillarganglion. KE- NYON und JonEscu erklären ihn übereinstimmend für motorisch, wie sie auch in betreff seiner Verzweigung in die Speicheldrüsen einer Ansicht sind. Die Austrittsstelle dieses Nerven aus dem Gehirn ist bei der Ameise derjenigen der Biene homolog gelegen, und zwar an der Dorsalseite des Unterschlundganglions zu beiden Seiten des Oesophages (Textfig. 5 und Fig. 19, Sn Taf. 5). Allgemeine Beschreibung des Gehirns der Ameisen und anderer Insekten. Abgesehen von dem Eingeweide-Nervensystem (Stomatogastric- System, Sympathicus) bezeichnen wir die gesamte, in der festen chitinösen Kopfhöhle der Insekten liegende kompakte Ganglien- masse als das „Gehirn“ derselben. Schon viele Autoren haben sich dieses Zentralorgan des Nervensystems zum Gegenstand ihrer Untersuchungen gewählt und dabei für die einzelnen Teile die ver- schiedensten Benennungen gebraucht, so daß es wohl angebracht sein dürfte, daß ich zur Sicherstellung der Nomenklatur und zur . Das Gehirn der Ameise. 63 allgemeinen Uebersicht über die bisher gewonnenen Resultate eine kurze Beschreibung der verschiedenen Teile des Gehirns meinen eigenen Beobachtungen voranstelle. Das „Gehirn“ besteht bei den Insekten aus zwei Hauptteilen: einem über dem Schlunde liegenden Ganglienpaar, das des- wegen den Namen „Oberschlundganglion“* führt, und einem unter dem Schlunde befindlichen „Unterschlundganglion“, das mit dem oberen durch Kommissuren oder Konnektive in Verbindung steht. Hinsichtlich der äußeren Gestalt des Gehirns der Insekten hat VIALLANES interessante Beobachtungen gemacht, indem er zeigte, wie die Ausbildung der einzelnen Teile des Gehirns mit dem Grad der zu verrichtenden Funktionen in Wechselwirkung steht. Höhere oder geringere Entfaltung der Sinnesorgane entsprechen einer mehr oder weniger ausgeprägten Entwickelung der zugehörigen Zentren. So gehören zu großen Komplexaugen starke Sehganglien, während stark reduzierte Antennen die Riechganglien zurücktreten lassen (Libelle). Hoch entwickelten psychischen Fähigkeiten entsprechen mächtige Globuli (d. h. pilzförmige Körper), die bei den Arbeiter- formen wiederum größer sind als bei den Geschlechtstieren. Sogar die Art der Nahrungsaufnahme ist von beträchtlichem Einfluß auf die äußere Gestalt des Gehirns, indem ein weiter, für feste Nahrung bestimmter Oesophagus (Coleopteren) die Kommissuren zwischen Ober- und Unterschlundganglion mehr ausdebnt als ein enger, den nur flüssige Nährstoffe zu passieren haben (Hymenopteren, Dipteren etc.). Bei der Ameise nun sind diese Kommissuren aufs äußerste verkürzt, so daß Ober- und Unterschlundganglion nur eine einzige kompakte Masse darzustellen scheinen, durch die der Oesophagus sich einen engen, nach hinten-oben ansteigenden Weg bahnt. Nach VIALLANES (1886 und 1893) zerfällt das Insektengehirn in ein Proto-, Deuto- und Tritocerebrum, die in folgender Weise entstanden sind: Ursprünglich bestand der Kopf der Insekten (und auch der Crustaceen) aus 6 mit je einem Ganglienpaar versehenen Segmenten, von denen 3 präoral und 3 postoral waren. Bei der eintretenden Verschmelzung dieser 6 Segmente schlossen sich die 3 präoralen Ganglienpaare zum Oberschlundganglion zusammen, während aus den 3 postoralen das Unterschlundganglion hervor- ging. Das Ober- sowie das Unterschlundganglion bestehen somit aus je drei Abschnitten oder Zooniten (Somite, metamere, me£rite); dadurch, daß die Nervenknoten des 1. Segments zusammentreten, entsteht das Protocerebrum. Aus dem Nervenknoten des 2. Seg- I i 64 Heinrich Pietschker, ( ments geht das Deutocerebrum (Antennenanschwellungen) hervor, während dem 3. Zooniten das Tritocerebrum entspricht. Der erste Hirnabschnitt, das Protocerebrum, bildet den größten Teil des Oberschlundganglions und setzt sich aus einer mittleren Masse (lobes protocerebraux, Taf. 6, Fig. 21 Pi) und zwei von jener durch einen Einschnitt getrennten Seiten- massen (ganglions optiques, Taf. 4, Fig. 1, 2, 3 Lo) zusammen. In ihm sitzen vor allen Dingen die pilzförmigen Körper (corps pedoncules, Dusarpın 1850; Taf. 5, Fig. 4 PK), welche die Zentren der psychischen Fähigkeiten darstellen. Im Protocerebrum ist auch der Sitz der visuellen Fähigkeiten zu suchen, da es dorsal die Ocellen (Taf. 5, Fig. 12) und nach den Seiten durch die Seh- lappen die Facettenaugen innerviert (Textfig. 15 Fa). Auch soll es (VIALLANES, 1893) die allgemeinen Bewegungen vermitteln. Den zweiten Hirnabschnitt, das Deutocerebrum, stellen die Antennenanschwellungen (lobes olfactifs) dar (Taf. 6, Fig. 21 La), welche wahrscheinlich die Zentren für das Tastver- mögen, die Geschmack-, Geruch- und wahrscheinlich auch Gehör- empfindungen enthalten. Das Deutocerebrum besteht aus zwei annähernd halbkugelförmigen Loben, die hinsichtlich ihrer speziellen sensoriellen Fähigkeiten hochentwickelt sind und untereinander durch eine wenig charakterisierte Markmasse (Taf. 6, Fig. 22 Dm) in Verbindung stehen. Der dritte Gehirnabschnitt, das Tritocerebrum (Textfig. 7, Tritocer), wird durch ein Paar ganglionärer Massen dargestellt. Diese sind streng genommen den Schlundganglien (Ganglion oesophagicus) der Crustaceen homolog. Man könnte sie infolgedessen auch mit diesem Namen belegen. Die „Schlund- ganglien“ vereinigen sich nach vorn mit dem Deutocerebrum, nach hinten stehen sie mit den Konnektiven in Zusammenhang. Nun rechnet aber VIALLANES nur die hier erwähnten drei Somiten zu dem Gehirn der Insekten und sieht von dem Unter- schlundganglion vollkommen ab, das er denn auch in seinen Ab- handlungen vollkommen unberücksichtigt läßt. Anders verhalten sich neuere Untersucher des Insektengehirns: BinET, HALLER, Kenyon und JANET. Diese rechnen zum Cerebrum auch noch das Unterschlundganglion (Textfig. 8, vgl. p. 72, Ugl), obwohl es bei einigen Insekten bereits im Prothorax liegt. Die Hypothese von VIALLANES, wonach das Unterschlundganglion aus den 3 postoralen Ganglienpaaren entstanden sei, wird auch von ihnen angenommen. Aus diesen 3 Ganglienpaaren entstehen: das Das Gehirn der Ameise. 65 mandibulare, maxillare und labiale Nervenzentrum mit den dazu- gehörigen Nerven (Textfig. 6 Cer. 4, Cer. 5, Cer. 6). Nur JAneErt (1899) macht in einer Beziehung eine Ausnahme von der Verschmelzungstheorie VIALLANES’, indem er die Labral- nerven (und das Labrum selbst, Textfig. 1 Zbr) nicht als Bildungen des 3., sondern des 1. Segments auffaßt. Auf Grund der Ontogenie ist er zu diesem Resultat gekommen, die ihm mit ziemlicher Sicher- Cer.1 N.lbr @.ocell 7 wu / N.org.c.amt N.a.i y- / ‚N.fun _ Comm.s.oe.i _ N.mx N.ib Comm.s.oe.i Textfig. 6. Gesamtansicht des Gehirns (Myrmica rubra, Arbeiterin) von unten gesehen (nach JANET). *** bezeichnet die Grenzlinie der einzelnen Gehirnabschnitte (Somite), Cer. 1 Protocerebrum, Cer. 2 Deutocerebrum, Cer. 3 Tritocerebrum, Cer. ; Mandibularsomite, Cer. 5 Maxillarsomite, Cer. 6 Labial- somite, G.ocell Ocellarganglion, N.a.i Nervus antennalis inferior, N.a.s Nervus antennalis superior, N.fun Nerv der Antennenglieder (Funiculus), N. Labial- nerv, N.!br Labralnerv, N.md Mandibularnerv, N.mx Maxillarnerv, N.org.c.ant Nerv des antennalen Chordotonnalorgans, N.sc Nerv des Basalgliedes der Antenne, Oe Oesophagus, Y Facettenauge, Comm.s.oe.i untere innere Schlundkommissur. heit zu bestätigen schien, daß das Labrum keine postantennaire, sondern eine pr&antennaire Bildung ist. Deshalb rechnet er das Labrum zum protocerebralen Metamer und läßt es von Nerven innerviert werden, die ihren wirklichen Ursprung im Protocerebrum haben. In seinen Abhandlungen „Description anatomique de la tete de la Myrmica“ (1899) und „Anatomie de la töte du Lasius niger reine“ (1905) veröffentlicht er zwei Schemata der Metamerenein- Bd. XLVII, N. F. XL. 5 66 Heinrich Pietschker, teilung des Kopfes dieser Ameisen, in denen er die Grenzen der einzelnen Somite verzeichnet hat. Ich gebe dasjenige von Myrmica (Arbeiterin, Textfig. 6) und Lasius niger (Königin, Textfig. 7) hier zum besseren Verständnis wieder. In jedem Somiten sind die ihm zugehörigen Teile, soweit sie äußerlich sichtbar sind, eingetragen N.m.clyp.ph.a N.ocell.imp ‚ N.m.lor .- - N.s.lbr Protocer.------ --- - -- 2 -Org.ca Deutocer Tritocer. G.m.d Textfig. 7. Ansicht des Gehirns von Lasius niger (Weibchen) von unten. (Nach JANET.) Conn Konnektive des Bauchmarks, Deutocer. Deuto- cerebrum, G.fr Frontalganglion, @.1d Labialganglion, G.md Mandibularganglion, G.mxz Maxillarganglion, N.a.i Nervus antennalis inferior, N.a.s Nervus an- tennalis superior, N.dil.i.ph.a Tritocerebralnerv, N.fun Nerv des Funiculus, N.gl.1b Nerv der Labialdrüse, N./!d Labialnerv, N.md Mandibularnerv, N.m.elyp.ph.a motorischer Nerv der elypeopharyngealen Muskeln, N.mx Maxillarnerv, N.ocell.imp unpaarer Ocellarnerv, N.ocell.p paariger Ocellarnerv, N.rec Nervus recurrens, N.ocu Ocularnerv, N.sc Nerv des Basalgliedes der Antenne, N.s.!br sensibler Labralnerv, N.s.Ibr.ph.a sensitiver Nerv des protocerebralen Teiles des Pharynx, N.st.imp unpaarer Teil des Nervus recurrens, N.stp paariger Teil des Nervus recurrens, Org.c.a antennales Chordotonnalorgan, Protocer. Protocerebrum, Tritocer. Tritocerebrum. und signiert. JANET hat das Ameisengehirn (Myrmica, Textfig. 6 und Lasius niger, Textfig. 7) wie folgt eingeteilt: I. L’acron. (Le somite terminal anterieur.) Proto- cerebrum, VIALLANES. Le protocerebron (Cer. 1 Textfig. 6, Protocer Textfig. 7). Les ganglions optiques (@G. opt Textfig. 6). Das Gehirn der Ameise. 67 Les yeux composes (Y Textfig. 6). Les ganglions ocellaires (G.ocell Textfig. 6). La paire de nerfs du labre (N.lbr Textfig. 6). La portion sup6erieure de la commissure sous-a@sophagienne (Comm.s.oe.s Textfig. 6). U. Le somite antennaire (Deutocerebrum, VIALLANES). Le deutoc6erebron (Cer 2 Textfig. 6, Deutocer Textfig. 7). La partie moyenne de la commissure sous-@sophagienne. L’ensemble des cinq paires de nerfs antennaires (N.a.s, N.a.;, N.org.c.ant, N.sc, N.fun Textfig. 6). Il. Le somite post-antennaire (Tritocerebrum, VIAL- LANES). Tritocerebron (Cer. 3 Textfig. 6, Tritocer Textfig. 7). La partie inferieure de la commissure sous- esophagienne (Comm.s.oe.i Textfig. 6). IV. Le somite mandibulaire. Le centre nerveux mandibulaire (Cer. 4 Textfig. 6, G.md Textfig. 7). Le nerf mandibulaire (N.md Textfig. 6). V. Le somite maxillaire. Le centre nerveux maxillaire (Cer. 5 Textfig. 6, G@.mx Text- fig. 7). Le nerf maxillaire (N.mx Texttig. 6). VI. Le somite labial. Le centre nerveux labial (Cer. 6 Textfig. 6, G.!b Textfig. 7). Le nerf du labium (N.!b Textfig. 6). Diese Figuren JANETS geben uns, wenn sie auch etwas schema- tisiert sind, doch eine klare Vorstellung von der Art und Weise, wie diese 6 Segmente, welche das Gehirn zusammensetzen, sich in ihrer gegenseitigen Anordnung verhalten. Besondere Aufmerksamkeit müssen wir dem Protocerebrum als dem wichtigsten Teil des Insektengehirns zuwenden. Es bildet den größten Teil des Oberschlundganglions. Sein Grundstock oder mittlerer Teil besteht aus den beiden eigentlichen Oberschlund- ganglien oder Protocerebralloben (Taf. 5, Fig. 7 Pl), an die sich nach beiden Seiten hin die Lobi optici ansetzen (Taf. 4, Fig. 1, 2, 3 Lo), während dorsal aus ihm die Ocellarnerven hervorgehen (Taf. 5, Fig. 12 N.oc). Das Protocerebrum besteht zu seinem größten Teil aus einer fibrillären Masse, die von einer mehr oder weniger starken Ganglienzellschicht umkleidet ist. Den größten 5* 68 Heinrich Pietschker, Teil dieser fibrillären Masse nehmen die beiden bereits erwähnten Protocerebralloben ein, an denen wir wieder folgende, deutlich differenzierte Einzelteile bemerken können: 1) die Becher und Stiele der pilzförmigen Körper mit ihrer vorderen Wurzel (Taf. 5, Fig. 8 ci, St, v.W); 2) den Zentralkörper (Taf. 5, Fig. 9 c.K.o und c.K.w); 3) die Kerne des Zentralkörpers (Taf. 6, Fig. 24 Ogl): 4) die Ocellarnervenbrücke, le pont des lobes protocerebraux (VIALLANES) (Taf. 6, Fig. 24 Br); 5) die Ocellarnerven (Taf. 5, Fig. 12 N.oc). Diese Fibrillärorgane sind in der eben genannten Reihenfolge von vorn nach hinten in den Protocerebralloben angeordnet. Die pilzförmigen Körper (Globuli, BETHE, HALLER; Corps pedon- cule, VIALLANES; The mushroom bodies, KEnyYon) kann man die wichtigsten Organe des Insektengehirns nennen, da von dem Grade ihrer Ausbildung die psychischen Fähigkeiten des betreffenden In- dividuums abhängig sind. An der Fig. 4, einem Frontalschnitt durch das Gehirn von Camponotus ligniperdus (Arbeiterin), sehen wir einen pilzförmigen Körper (P.K) in seiner größten Ausdehnung und bemerken an ihm folgende Einzelheiten: Jeder pilzförmige Körper besteht aus einer Zell- und einer Fibrillärmasse. Die Fibrillärmasse differenziert sich wieder in die Becher (e.? und c.e) und Stiele (St). Bei der Ameise sind in jedem pilzförmigen Körper zwei Becher vorhanden, die dorsal in den Protocerebralloben liegen und mit ihren Oeffnungen nach oben gekehrt sind. Die Zellmasse füllt die Höhlungen der Becher aus und bedeckt sie von allen Seiten mit einer mehr oder weniger dicken Schicht. Ventralwärts und nach innen sendet jeder Becher in die Protocerebralloben einen Stiel (Pedunculus, NEWTON; la tige, VIALLANES). Die beiden Stiele treten an einem Punkte zusammen, den JoneEscu (1909) „die Kreuzung der Stiele“ genannt hat (Taf. 5, Fig. 4 Krs). Die vereinigten Stiele teilen sich dann in einen nach vorn gehenden und einen ventralwärts sich richtenden Teil. Für den vorderen Zweig will ich in Anlehnung an Jonescu die Bezeichnung „die vordere Wurzel“ (v.W Taf. 5, Fig. 8; The anterior Root of the mushroom body, KEenyon; Tubercule anterior, VIALLANES) in meiner Abhandlung beibehalten, und ebenso für den ventralen Fortsatz den Namen „die innere Wurzel“ (.W Taf. 5, Fig. 4; The inner Root, Kenyon; Tubercule interne, VIALLANES) gebrauchen. Der Zentralkörper (Taf. 5, Fig. 9; Zentralganglion HALLER 1905) kommt, wie bereits BERGER 1878 angegeben hat, Das Gehirn der Ameise. 69 _ bei allen Insekten vor. Er liegt zwischen den beiden Stielen der pilzförmigen Körper im hinteren Abschnitt des Syncerebrums und reicht frontalwärts bis in die Antennalgegend. Der Zentralkörper besteht bei den Ameisen aus zwei Markmassen, einer unteren kleineren (e.Ku.), die von einer oberen größeren (c.K.o) Kuppel- förmig überwölbt wird. Letztere endet nach hinten in zwei Kernen, die VIALLANES unter dem Namen „tubercules du corps central“ beschrieben hat. Der Zentralkörper ist ein Sammelpunkt für Aeste von Fasergruppen aus den verschiedensten Teilen des Gehirns, nämlich den Protocerebralloben, den pilzförmigen Körpern, den Sehganglien (lobes optiques) und den Antennalganglien (lobes olfactifs). HALLER (1905) nennt ihn infolgedessen ein Vereinigungs- gebiet, ähnlich dem Vereinigungsgebiete am Bodenteil des soge- nannten Zwischenhirns der Wirbeltiere. Hinter dem Zentralkörper liegt noch ein Fibrillärorgan, die protocerebrale Nervenbrücke (Fig. 24, 29, 34 Br). Diese wurde von VIALLANES (1886) bei der Wespe entdeckt und dann von ihm auch bei anderen Insektenarten gefunden. Er nennt sie „Le pont des lobes protocerebraux“. Sie liegt auf der Medianlinie zwischen den Punkten, wo die Ocellarnerven herauskommen, und verbindet in Gestalt eines schmalen, kaum merklich nach oben gewölbten Bandes brückenartig beide Protocerebralloben. KENYON hat sie „The fibrillar arch“ genannt. Jonescu (1909) sieht die protocerebrale Nervenbrücke als eine chiasmatische Bahn der Ocellar- nerven an, da er an der Hand seiner Präparate zu der Erkenntnis gekommen ist, daß sie mit den Ocellarnerven in enge Beziehungen tritt. Er belegt sie daher auch mit dem Namen „Ocellarnerven- brücke“. Ich möchte behaupten, daß die protocerebrale Nerven- brücke diese Funktion aber erst in zweiter Linie zu verrichten hat, da sie bei den Arbeitern von Camponotus ligniperdus, denen die Ocellen vollständig fehlen, sehr gut ausgeprägt ist, während es doch das Gegenteil sein müßte, da zu rückgebildeten oder voll- ständig verloren gegangenen Fähigkeiten auch rudimentäre oder gänzlich fehlende Hirnzentren gehören, wofür die blinde afrikanische Ameisenart Typhlopone ein beredtes Zeugnis liefert, die mangels jeglichen Sehvermögens auch nicht die geringste Spur eines optischen Zentrums im Gehirn erkennen läßt. Lobus opticus. Zur allgemeinen Betrachtung der ver- schiedenen Teile des Lobus opticus wählen wir einen Frontalschnitt durch das Gehirn eines Männchens von Camponotus ligniperdus (Taf. 5, Fig. 11), das wegen der hohen Entfaltung seiner Facetten- 70 Heinrich Pietschker, augen im Vergleich zu den beiden anderen Formen das geeignetste Objekt hierzu darstellt. Wir sehen, daß der gesamte Lobus opticus aus einer in mehrere Teile differenzierten Fasermasse besteht, deren jeder wieder von einer Zellschieht von verschiedener Dicke umgeben ist. Wir unter- scheiden drei gesonderte ganglienartige Massen, die zwischen dem Facettenauge und dem Hirnstock (Pi) liegen: 1) La lame ganglionnaire (VIALLANES), Retina (BERGER), Peri- pheres Ganglion des Neurus opticus (CARRIERE), Parte ganglionnare della Retina (BELLoncı, Aeußere Fibrillärmasse (JonEscu) (Taf. 5, Fig. 11 A.Fm). 2) Masse me&dullaire externe (VIALLANES), Aeußeres Marklager (BERGER), Zentrales Ganglion des Neurus opticus (CARRIERE), Corpo stratificato (BELLoNcI), Mittlere Fibrillärmasse (Jonescu) (Taf. 5, Fig. 11 M.Fm). 3) Masse medullaire interne (VIALLANES), Gehirnganglien des Neurus opticus (CARRIERE), Inneres Marklager (BERGER), Corpo stratificato interno (BerLonxcr), Innere Fibrillärmasse (Jo- nescu) (Taf. 5, Fig. 11 I.Fm). Ich will in meiner Arbeit die Bezeichnung JONESCUs, „äußere, mittlere und innere Fibrillärmasse“, die er auf das Bienengehirn anwendet, beibehalten, da in dem Ameisengehirn dieselben Ver- hältnisse vorliegen. Eine von VIALLANES „Couche des fibres post-retiniennes“ ge- nannte, schon von BERGER als „Nervenbündelschichte der Retina“ beschriebene Anzahl einzelner Nervenbündel (Taf. 5, Fig. 11 Snr) verbindet das äußere Auge mit der äußeren Fibrillärmasse. Diese letztere stellt eine konkav-konvexe Linse dar, die mit ihrem kon- vexen Bogen nach außen liegt. Mit ihrer konkaven Höhlung be- deckt sie den Lobus opticus. Das in der Mitte gelegene Ganglion, „die mittlere Fibrillärmasse“, besitzt ebenfalls die Form einer konkav-konvexen Linse, die mit ihrer konkaven Seite nach innen gerichtet ist. Die am weitesten innen, nahe dem Hirnstock ge- legene „innere Fibrillärmasse“ zeigt eine kugelförmige Gestalt. Diese drei Ganglienmassen sind untereinander durch Nervenfasern verbunden, die zwischen der äußeren und mittleren Fibrillärmasse „die äußere Kreuzung“ (Taf. 5, Fig. 13 A.Krs) und zwischen der mittleren und inneren Fibrillärmasse „die mittlere Kreuzung“ bilden, wie sie von JONESCU im Gegensatz zu den früheren Autoren, die sie als „innere Kreuzung“ bezeichneten, genannt worden ist (Taf. 5, Fig. 13 I.Krs). Er nennt die Verbindungsfasern zwischen innerer Das Gehirn der Ameise. nl Fibrillärmasse und Gehirn „die innere Kreuzung“, da auch diese Fasern eine wenn auch nur an den Puppen sichtbare und auch sonst mit den beiden andern wenig Aehnlichkeit verratende Kreuzung (Biene) bildeten, die ich aber bei der Ameise nicht habe feststellen können. Die Lage des Gehirns der Ameise im Kopfe. Das Gehirn der Ameise füllt einen großen Teil der Höhlung des Kopfes aus; es ist von der Blutflüssigkeit, in welcher große Oenocyten schwimmen, und ferner von Fettkörpern, Speicheldrüsen, Muskeln, Tracheen usw. umgeben. Hinsichtlich der Lage des Gehirns im Kopf berichtet JonEScU von der Biene, daß das Gehirn des Männchens am weitesten vorn liegt, dasjenige der Arbeiterin am weitesten nach hinten. Ich fand bei der Ameise das Verhältnis umgekehrt !). An den Sagittalschnitten durch die Köpfe der 3 Formen von Camponotus ligniperdus sehen wir, daß bei der Arbeiterin sich das Gehirn vorn im Kopfe, dicht hinter der vorderen Wand befindet (Textfig. 8, A), während es beim Weibchen weiter nach hinten ge- rückt ist (Textfig. 8, W). Beim Männchen ist es noch weiter nach hinten verlagert, so daß es bei ihm etwa eine zentrale Lage in der Kopfhöhle einnimmt (Textfig. 8, M). Der Neigungswinkel ist bei allen 3 Formen annähernd ein gleicher. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir die verschiedene Lage des Gehirns bei den 3 Formen mit der ungleichen Entfaltung einzelner Teile desselben in Zusammenhang bringen. So scheint mir die Verlagerung des Gehirns der Arbeiterin nach vorn durch die große Entwickelung des Lobus antennalis, die zentrale des Männchens dagegen durch das gerade bei ihm am größten ent- wickelte Ganglion opticum bedingt zu sein. Auch die Lage des Gehirns des Weibchens in der Mitte zwischen den beiden anderen Formen spricht mir für diese Annahme, da es in bezug auf die Ausbildung der genannten Teile zwischen denen der beiden anderen Formen in der Mitte steht. 1) Jonescu glaubte, daß sich die Ameisen in dieser Hinsicht wie die Bienen verhalten; er stützt sich dabei auf die Figuren (Janer 1905, Pl.3 u.4, Fig. F, G, H) bei Janet, welche sich aber nur auf die Königin von Lasius niger beziehen. 72 Heinrich Pietschker, Die pilzförmigen Körper. Schon in dem historischen Abschnitt wurde berichtet, daß die pilzförmigen Körper im Jahre 1850 von DuJArDın entdeckt wurden, und daß unsere Kenntnis dieser Teile sich im Laufe der Zeit er- heblich erweitert hat. Bei den Hymenopteren erreichen die pilz- förmigen Körper eine hohe Stufe der Ausbildung; bei der Ameise sind sie allerdings nicht so hoch entwickelt wie bei der Biene, die ihrerseits in dieser Hinsicht noch von der Hummel, der Wespe und der Hornisse übertroffen wird. Wir bemerken an der Dorsalseite des Protocerebrums zwei Anschwellungen, die durch einen tiefen Spalt, den VIALLANES „le A Textfig. 8. Drei Sagittalschnitte des Gehirns der Ameisen (Camponotes ligniperdus). Zeichenapparat ABBE. A Arbeiterin, M Männchen, W Weibchen. Ob Oberschlundganglion, Oe Oesophagus, Ugl Unterschlundganglion. sillon c&r&bral median“ (1886) genannt hat, voneinander getrennt sind (Taf. 5, Fig. 4 Tr). Jede dieser Anschwellungen stellt einen pilzförmigen Körper dar, die sich uns bei den 3 Formen in ver- schiedener Größe zeigen. An den pilzförmigen Körpern unterscheidet man die Stiele und die Becher, welche aus Fasermasse bestehen, die innere Zellen- masse, welche in der Höhlung der Becher liegt, und die äußere Zellenmasse, welche die Becher außen umgibt. Vergleichen wir die pilzförmigen Körper bei den 3 Formen von Camponotus ligniperdus, so fallen uns mannigfache Unter- schiede auf. Eine Vergleichung der Wachsmodelle der drei Gehirne (Taf. 4, Fig. 1,2,3 P.K) und das Diagramm (Textfig. 9), das ich von den 3 Formen angefertigt habe, veranschaulichen uns dies schon äußerlich. Ich habe zu dem Diagramm die Schnitte verwandt, die uns die Ausdehnung der pilzförmigen Körper nach der Breite, die Das Gehirn der Ameise. 73 durch die Linie &—x, gekennzeichnet wird, im Maximum dar- stellen. Wir sehen, daß die pilzförmigen Körper bei der Arbeiterin viel größer sind als bei dem Weibchen und dem Männchen, und zwar gilt dies für die Ausdehnung nach allen drei Dimensionen, der Höhe, Breite und Dicke. Vergleichen wir die Linie z—x, (Textfig. 9), die die pilzförmigen Körper in ihrer größten Aus- dehnung darstellt, so können wir den Unterschied der Breite der- VNENZ # Textfig. 9. Diagramm des Gehirns der drei Formen der Ameise. Arbeiterin, ———.— Weibchen, ----------- Männchen. 4Ao Lobus opticus der Arbeiterin, Mo Lobus opticus des Männchens, Wo Lobus opticus des Weibchens. selben deutlich wahrnehmen. Ich habe als mittleren Wert für diese Linie an den von mir untersuchten Gehirnen folgende Zahlen gefunden: Arbeiterin 70 men Weibchen 60 „ + bei einer 110-fachen Vergrößerung. Männchen 50 „ ) Es ist mithin das Gehirn der Arbeiterin nach der Breite am meisten entwickelt, dann folgt das Weibchen und zuletzt das Männchen. Richten wir unser Augenmerk auf die Höhe der pilzförmigen Körper, so sehen wir wiederum bei der Arbeiterin diese Dimension am weitesten ausgedehnt. Bei den beiden Geschlechtsformen sind die Unterschiede in dieser Richtung nicht so erhebliche, und zwar hat hier das Männchen vor dem Weibchen den Vorzug. Es fällt diese Differenz zugunsten des-Männchens aber nicht sehr ins Ge- wicht, da es ja im Vergleich zum Weibchen an der Breite stark 74 Heinrich Pietschker, im Nachteil ist. Ich möchte die Verlagerung der pilzförmigen Körper des Männchens in die Höhe mit der ausgedehnten Ent- wickelung der Ganglien für die Ocellarnerven in Zusammenhang bringen, da diese, beim Weibchen nur durch eine Anhäufung großer Ganglienzellen charakterisiert, im männlichen Gehirne am Grunde der medianen Trennungsfurche der beiden pilzförmigen Körper beträchtlich entwickelte Markmassen «darstellen (Taf, 6, Fig. 32, 33 @.oc), die einen beträchtlichen Platz einnehmen und somit eine Verlagerung der pilzförmigen Körper in die Höhe be- dingen, da eine Verlagerung nach der Breite wegen der hoch ent- wickelten Sehganglien nicht gut möglich ist. Die Ausdehnung der pilzförmigen Körper in die Dicke zeigt uns dieselben Verhältnisse wie diejenige in die Breite. Die Dicke ist bei der Arbeiterin am größten, dann folgen das Weibchen und schließlich das Männchen. Hinsichtlich des Gesamtvolumens der pilzförmigen Körper bei den 3 Formen von Camponotus ligniperdus können wir mithin den Satz aufstellen: die pilzförmigen Körper sind am größten bei der Arbeiterin, dann folgen das Weibchen und zuletzt das Männchen. Wir können diese Tatsache auch zahlenmäßig beweisen, indem wir das Volumen berechnen. Wie schon erwähnt, unterscheiden wir an einem pilzförmigen Körper drei Dimensionen, eine Höhe, Breite und Dicke, die wir messen können. Da nun ein pilzförmiger Körper in seiner Gesamtform annähernd ein Rotationsellipsoid dar- stellt, können wir seinen Inhalt mit der für dieses geltenden In- haltsformel — I= sr-ner, — berechnen. Ich habe an der Hand dieser Berechnung für die von mir untersuchten 3 Formen folgende Werte gefunden: Arbeiterin 0,08718 cbmm Weibehen 0,0599 „ Männchen 0,01054 „ Die Unterschiede im Volumen sind also sehr beträchtliche, sie verhalten sich annähernd wie 8:4:1. Zwischen den beiden Bechern eines jeden pilzförmigen Körpers befindet sich eine Furche, die man als Spaltungsfurche oder Grenzfurche auffassen kann. VIALLANES (1895) hat sie „la scis- sure du corps pedoncule“ genannt: Ich komme jetzt darauf zu sprechen. Das Gehirn der Ameise. 15 Die verschiedene Lage der Spaltungsfurche der pilzförmigen Körper. Die Spaltungsfurche der beiden Becher jedes pilzförmigen Körpers habe ich auch an meinen Schnitten gefunden (Textfig. 10 Sp). Man muß diese Linie als die Grenze zwischen den beiden Bechern und der ihnen zugehörigen Zellmassen auffassen. JONESCU fand am Gehirn der Honigbiene bei allen 3 Formen diese Spaltungs- furche auch an der Oberfläche der pilzförmigen Körper deutlich als tiefe Furche markiert und hat sie auch an seinen Platten- modellen erhalten. Bei der Ameise ist die Lage der Furche schwerer zu erkennen. So konnte ich nur an der Oberfläche der pilzför- migen Körper der Arbeiterin diese - Linie als eine seichte Furche feststellen, während sie an den Gehirnen der beiden Geschlechts- tiere an der Oberfläche nicht sichtbar ist, was wohl in der ge- ringeren Größe der pilzförmigen Körper dieser beiden Formen seinen Grund hat. Dennoch konnte ich an meinen Schnitten, und zwar be- sonders gut an den Horizontal- ee; schnitten, eine verschiedene Lage Textfig. 10. Horizontalschnitte der Spaltungsfurche bei den drei ar Formen feststellen, indem der äußeren Becher, ei die inheren Winkel, den die Spaltungsfurche Er &D, 1 paliunesturchest der mit der medianen Intercerebral- furche bildet, bei jeder derselben ein anderer ist. Die Verhältnisse liegen hier analog dem Bienen- gehirn, da bei beiden Insekten die Spaltungsfurche an der Vorder- seite des Gehirns weiter von der Medianfurche abliegt als an der hinteren. Der Neigungswinkel ist am größten beim Männchen (Textfig. 9, M, Sp), dem dann das Weibchen folgt (Textfig. 9, W), während bei der Arbeiterin die Spaltungsfurche zur Medianlinie nahezu parallel läuft (Textfig. 9, A). Sp cin. ce 76 Heinrich Pietschker, Wahrscheinlich gibt die verschiedene Entwickelung der Becher bei den 3 Formen, auf die ich noch zu sprechen komme, die Ver- anlassung zu dieser verschiedenen Lage der Spaltungsfurche. Die Vergleichung der Becher. Die Becher der pilzförmigen Körper können wir am besten an den Frontalschnitten !) betrachten (Taf. 5, Fig. 4,5, 6 c und ce). Wir sehen, daß in jedem pilzförmıgen Körper zwei Becher liegen, die aus einer gleichmäßigen Fibrillärsubstanz bestehen, und können den Becher, welcher der medianen Intercerebralfurche am nächsten liegt, als den „inneren“ (c.i), den andern als den „äußeren“ (c.e) bezeichnen. Der Form nach sind sie von den verschiedenen Autoren schon mit den mannigfachsten Objekten verglichen, je nachdem sie sich in Frontal-, Horizontal- oder Sagittalschnitten ihnen zeigten, Die Ausdrücke: Becher, Calices (NEwToN 1879), ringförmige Körper (RABL-RÜckHARD 1878), Dumbbells, Hanteln (Leypıs 1864) und hufeisenförmige Gebilde scheinen mir die treffendsten zu sein. Wenn wir die Frontalschnitte auf die Lage der Becher hin einer Prüfung unterziehen, so bemerken wir, daß bei den Ge- schlechtsformen die inneren Becher früher erscheinen als die äußeren (ef. Taf. 6, Fig. 27 u. 32 ei). Es handelt sich jedoch nur um geringere Werte, bei der Königin ca. um 4 Schnitte von je 10 « Dicke, so daß diese Zahl im Vergleich zu der Gesamtzahl der Schnitte kaum als nennenswert zu bezeichnen ist. Demnach liegen die inneren Becher bei den Geschlechtsformen ein wenig weiter vorn als die äußeren 2). Auch die Bilder der Horizontalschnitte bestätigen mir dies (Textfig. 10, M, W, c.). Aber bei der Ar- beiterin liegen beide Becher unzweifelhaft in einer Frontalebene. Vergleichen wir die Becher der 3 Formen an den Frontal- schnitten, so sehen wir, daß ihre Form bei der Königin (Taf. 5, Fig. 5 ci und ce) und dem Männchen (Taf. 5, Fig. 6 ci und ce) eine annähernd gleiche ist, während die Arbeiterin (Taf. 5, Fig. 4 1) Ich verstehe im Anschluß an Jonzscu unter Frontalschnitten solche Schnitte, welche der Vorderfläche des Kopfes parallel sind. Die Horizontalschnitte gehen senkrecht zur Vorderfläche des Kopfes, also parallel zur Längsachse des ganzen Tieres und senkrecht zur Medianebene. 2) Joxescu fand bei den Geschlechtsformen von Apis mellifera einen größeren Unterschied; er nennt die inneren Becher die vorderen, die äußeren die hinteren. Das Gehirn der Ameise. 1 ci und ce) beträchtlich abweicht. Gemeinschaftlich ist allen drei Formen, daß die inneren und äußeren Becher einer Form immer gleich gestaltet sind und auf den Protocerebralloben aufzuliegen scheinen (Taf. 5, Fig. 7 ci). Im Gegeusatz zur Hummel und Biene habe ich bei der Ameise eine gleichmäßige Dicke der Wände und Ränder nur bei der Arbeiterin gefunden, und hier ist der Rand der Becher wulstartig verdickt (Taf. 5, Fig. 4). Die Becher der beiden Geschlechtstiere nehmen dagegen nach den Rändern zu ständig ab, so daß sie, wie man an den Frontalschnitten ver- folgen kann (Taf. 5, Fig. 5 u. 6), spitz auslaufen. Offenbar weist auch diese Tatsache auf die relativ hohe Entwickelung der Becher der Arbeiterin hin. Auch das Volumen der Becher ist ein verschiedenes, wie schon ‘oben gezeigt wurde. Wie man an den Frontalschnitten sieht, ist es am bedeutendsten bei der Arbeiterin, um dann beim Weibchen beträchtlich herabzusinken. Das Männchen steht auch hier wieder an letzter Stelle Im Anschluß hieran ist auch die Höhlung der Becher und die Zahl der sie füllenden Zellen sehr verschieden. Diese Zellen, welche als Intellektiv- und Assoziationszellen be- zeichnet werden, sind gemäß der größten Ausdehnung der Höhlung der Becher bei der Arbeiterin im Maximum vorhanden. An zweiter Stelle steht das Weibchen, während das Männchen wiederum den dritten Platz einnimmt. Bekanntlich sind die psychischen Fähig- keiten bei der Arbeiterin die höchsten, bei dem Männchen die geringsten; ich kann also an der Ameise den Satz bestätigen, daß die Größe der Becher und die Anzahl der sie füllenden Zellen im geraden Verhältnis zur Entfaltung der psychischen Funktionen stehen. Bei den Geschlechtsformen fand ich die Höhlung der beiden Becher von einer Masse auffallend großer Zellen angefüllt (Taf. 5, Fig. 5, 6 2), wie ich sie bei der Arbeiterin nicht zu bemerken vermochte. Die letztere zeigt kleinere Zellen, welche um so zahl- reicher sind. Die Stämme und Wurzeln der pilzförmigen Körper. Zur vergleichenden Beschreibung der Stämme und Wurzeln der pilzförmigen Körper wählen wir Frontal- und Sagittalschnitte durch die Gehirne der 3 Formen. Wir sehen, daß jeder Becher in einen zylindrischen Stiel (Stamm) ausläuft, der von derselben Fasermasse gebildet wird, 78 Heinrich Pietschker, aus der die Becher selbst bestehen (Taf. 5, Fig. 8 St). Bei der Ameise finde ich analoge Verhältnisse, wie sie andere Autoren bei der Wespe und Biene beschrieben haben. Jedem inneren und äußeren Becher entspricht ein innerer und äußerer Stiel. Beide laufen eine kurze Strecke ventromedianwärts nebeneinander her, bis sie sich an der Stelle, die Jonescu als die „Kreuzung der Stämme“ beschrieben hat (Taf. 5, Fig. 4 Krs) vereinigen. Hier teilen sich die Fasern der beiden Stiele dichotomisch, indem sie einzelne Bündel bilden, die einander zu durchdringen scheinen. Ich habe in der Regel 4 Bündel feststellen können. Es bilden sich nun 2 Zweige, von denen der eine frontalwärts, der andere ventralwärts und medianwärts verläuft. Der frontalwärts ver- laufende bildet die „vordere Wurzel“ der pilzförmigen Körper (Taf. 5, Fig. 8, v.W). Er beschreibt einen Bogen, dessen Kon- kavität dorsalwärts gerichtet ist, indem er sich in einem Winkel von 75° von dem Stamm absetzt und nach vorn durch die Proto- cerebralloben seinen Weg nimmt, bis er an der Frontalwand des Gehirns stumpf endigt (Taf. 5, Fig. 7 v.W). In der Fig. 7 sehen wir diese frontale Endigung im optischen Querschnitt (v.W) und bemerken eine deutliche Differenzierung in helle und dunkle Zonen, die in der Form von Streifen von oben-innen nach unten-außen verlaufen. Wir können daraus auf eine verschieden dichte Zusammensetzung der Marksubstanz der Stiele schließen. Der von der Kreuzung ventralwärts und medianwärts verlaufende Zweig bildet die „innere Wurzel“ (Taf. 5, Fig. 4 «.W). Er geht unterhalb des Zentralkörpers bis zur Medianlinie, wo er stumpf endigt, ohne denjenigen der anderen Seite zu berühren. Vergleichen wir die Lage und Richtung der Stiele und Wur- zeln der pilzförmigen Körper bei den 3 Formen, so bemerken wir, daß sie bei allen dreien die gleiche ist. Nur hinsichtlich ihrer Größe bestehen Unterschiede, wie sich dies aus der un- gleichen Entfaltung der Becher, von welcher schon oben die Rede war, leicht erklären läßt. So finden wir die Stämme bei der Arbeiterin dicker und massiger als bei dem Weibchen, und bei diesem wieder etwas stärker als beim Männchen. Die Protocerebralloben. Die beiden Protocerebralloben (Taf. 5, Fig. 7 Pl) stellen zwei seitliche Lappen dar, die an der Medianebene zusammenhängen. Während anfangs die Berührungsstelle noch durch einen kleinen 4 1 Das Gehirn der Ameise. 79 medianen Spalt deutlich markiert ist (Taf. 5, Fig. 7 Be), ver- schmelzen beide Lappen später zu einem einheitlichen Gebilde, das nach hinten abgeflacht erscheint. Man kann an ihm eine obere, untere, vordere, hintere und seitliche Fläche unterscheiden. An der Vorderseite eines jeden Lobus, ungefähr in der Mitte, schen wir ein rundes Gebilde, das den optischen Querschnitt der vorderen Wurzel des pilzförmigen Körpers darstellt, die hier an der Vorderwand des Gehirns endigt (Taf. 5, Fig. 7 v.W). Die Protocerebralloben bestehen der Hauptsache nach aus Fasersubstanz, in deren Innerem man eine große Anzahl von nervösen Faser- zügen bemerkt. VIALLANES (1887) hat sie bei der Wespe genauer verfolgt und folgende Faserbündel feststellen können.: a) Eine Verbindung der Protocerebralloben mit den dazu- gehörigen pilzförmigen Körpern. b) Eine Verbindung der Becher der rechten und der linken Seite. c) Eine Verbindung der Becher der einen mit dem Proto- cerebrallobus der anderen Seite. d) Eine direkte Verbindung der beiden Stämme der pilz- förmigen Körper. e) Eine Verbindung der Becher mit dem Protocerebrallobus der entsprechenden Seite. f) Eine Verbindung der beiden Protocerebralloben unter- einander. g) Eine Verbindung der Protocerebralloben mit dem Zentral- körper. h) Besondere Fasern in jedem Protocerebrallobus. i) Eine Verbindung der Oesophaguskommissuren mit den Protocerebralloben. k) Eine Verbindung des Nervus opticus mit den Protocere- bralloben. l) Eine Verbindung der Ocellarnerven mit den Protocerebral- loben. Die Oberfläche der Protocerebralloben ist fast ganz mit kleinen Zellen bedeckt, während weiter nach außen sowohl auf der Dorsal- wie der Ventralseite größere Zellen oder Komplexe großer Zellen zu finden sind. Es handelt sich offenbar um verschiedene Arten von Verbindungselementen (Assoziationszellen). Von den an der vorderen unteren Seite der beiden Proto- cerebralloben sich befindenden kleinen Anschwellungen, die 80 Heinrich Pietschker, VIALLANES „Tubercules optiques“, Jonescu „Optische Kerne“ genannt hat, habe ich nichts zu bemerken vermocht. Bemerken möchte ich noch, daß die Protocerebralloben bei allen 3 Formen einen übereinstimmenden und gleichförmigen Bau zeigen. Die protocerebrale Nervenbrücke (VIALLANES). Ocellarnervenbrücke (Jonescu), Taf. 6, Fig. 24, 29, 34 Br. In der Medianlinie, und zwar oberhalb des hinteren Teiles der Protocerebralloben befindet sich noch ein charakteristisches Gebilde des Insektengehirns, die protocerebrale Nervenbrücke. Sie besteht aus derselben feinen Fasersubstanz wie die übrigen fibrillären Teile des Protocerebrums und verbindet brückenartig beide Lappen desselben. VIALLANES — und dies ist auch meine Meinung — sieht als den Entstehungsort der Brücke die Proto- cerebralloben an, während sie nach der Ansicht JonEScUs aus Fasern von den Ganglienzellen der Pars intercerebralis gebildet wird. Ueberhaupt sieht Jonescu in der protocerebralen Nervenbrücke eine chiasmatische Bahn der Ocellarnerven, eine Ansicht, der ich mich für die Ameisen nicht anschließen kann, da die Brücke bei der Arbeiterin von Camponotus ligniperdus, der die Ocellen gänzlich fehlen, in derselben Weise ausgebildet ist wie bei den mit Ocellen versehenen Geschlechtstieren; in der Regel entsprechen fehlenden oder rudimentären Organen keine oder nur rudimentäre Nervenzentren !). Nicht unterlassen will ich es, darauf ine daß die Brücke bei allen 3 Formen von Camponotus ligniperdus gleich gut entwickelt ist und ein gleiches Aussehen zeigt. (Siehe die ‘oben angeführten Figuren.) Der Zentralkörper. (Taf. 5, Fig. 9 cKo und cKw.) Der Zentralkörper im Gehirn der Ameise ist ein Gebilde, (daß bei allen 3 Formen eine große Uebereinstimmung zeigt (Taf. 5, Fir: 23, 28,33 °C.2). Er ist ein unpaares Organ, das in der Medianlinie oberhalb der Protocerebralloben liegt, und zwar gleichweit von deren vor- 1) Die in Afrika vorkommende Gattung Typhlopone hat weder Ocellen noch Facettenaugen; ihr fehlen auch. die zugehörigen Zentren. Das Gehirn der Ameise. 8 derem und hinterem Rande entfernt. Fast ganz aus Fasersubstanz bestehend, hat er eine beinahe halbkugelige Form, deren konkave Seite nach unten gerichtet ist. Auf der Vorder- und Hinter- seite erscheint er abgeplattet. Betrachten wir den Zentralkörper an Frontalschnitten, so sehen wir, daß er durch eine gekrümmte Linie, die der oberen Fläche parallel läuft, in zwei Teile zerlegt ist. An ihrer hellen Färbung und ihrer reichlichen Anzahl von Kernen ist sie leicht zu erkennen. Wie schon erwähnt, teilt diese Linie den Zentralkörper in zwei gesonderte Abschnitte, einen oberen größeren (Taf. 5, Fig. 9 cKo), der den unteren kleineren (Taf. 5, Fig. 9 cKuw) kuppelförmig überwölbt. Jeder dieser Teile zeigt wieder eine Zerlegung in 8—10 Strahlen, die von unten nach oben ansteigen, so daß ein „fächerförmiges Gebilde“ (DiETL) zustande kommt. Diese einzelnen Strahlen sind voneinander durch enge Zwischenräume getrennt, in denen wieder zahlreiche Kerne liegen, während die Fasersubstanz der beiden Hälften selbst kern- frei erscheint. Beide Teile des Zentralkörpers stehen miteinander durch feine Fasern in Zusammenhang. Der Zentralkörper stellt einen Sammelpunkt von Fasern aus allen wichtigen Teilen des Gehirns dar, selbst denen, die ihm ziemlich fern liegen. So steht er mit der cellulären Rinde des Protocerebrums, mit den Bechern, den Protocerebralloben, den Oesophaguskommissuren, dem Lobus olfactorius und vielleicht auch mit den Stielen der pilzförmigen Körper durch Faserstränge in Verbindung, ohne daß man ihren weiteren Verlauf verfolgen kann. Der obere Teil des Zentralkörpers endigt nach hinten in zwei kreisförmigen Knoten, die links und rechts der Medianebene liegen. Sie bestehen aus derselben Substanz wie der Zentral- körper selbst und stehen miteinander durch ein kurzes Nerven- bündel in Zusammenhang. VIALLANES nennt diese beiden Knoten „tubercules du corps central“. Pars intercerebralis. (HALLER 1904.) Der von HALLER „Pars intercerebralis“ (Taf. 5, Fig. 5, 6, 9 P.i) genannte Teil des Protocerebrums ist eine von den Proto- cerebralloben und den pilzförmigen Körpern begrenzte Region am Grunde der medianen Intercerebralfurche. Er zeichnet sich durch die besondere Größe der Ganglienzellen aus und steht wahr- Bd. XLVII. N. F. XL. 6 82 Heinrich Pietschker, scheinlich mit den Ocellen in Beziehung, da er, je besser diese entwickelt sind, auch eine um so größere Entfaltung zeigt. Bei der Arbeiterin von Camponotus ligniperdus, der die Ocellen fehlen, fand ich dementsprechend die Pars intercerebralis nur spärlich entwickelt und nur durch einige wenige große Ganglienzellen charakterisiert (Taf. 5, Fig. 9 Pi). Eine bessere und größere Entfaltung dieses Teiles zeigen die beiden mit Ocellen versehenen Geschlechtsformen, bei denen sowohl die Zahl als auch die Größe der erwähnten Ganglienzellen eine weit beträchtlichere ist. Bei dem Männchen, das die bestentwickelten Ocellen hat, kann man sogar eine deutliche Bildung von Ocellenganglien erkennen, welche aus Fasermasse bestehen und von kleinen Ganglienzellen um- geben sind, so daß diese Form in der Entfaltung der Pars intercerebralis auf der höchsten Stufe steht (Taf. 5, Fig. 6 P.i). Die Ocellarglomerulen (Taf. 6, Fig. 24 Ogl) kann man ebenfalls als Gebilde der Pars intercerebralis ansehen. Es sind dies zwei kleine kugelförmige Gebilde aus Fasermasse, die unterhalb der protocerebralen Nervenbrücke im Gehirn liegen und mit den Ocellen in Verbindung stehen. Lobus optieus. Das Grundschema des Sehlappens ist bei den 3 Formen der Ameise das gleiche. Wie schon erwähnt, besteht der Lobus opticus aus der äußeren, der mittleren und der inneren Fibrillärmasse, die durch Nervenfasern miteinander in Verbindung stehen. Die Fasern, welche die äußere Fibrillärmasse mit der mittleren und die mittlere mit der inneren verbinden, bilden je eine Kreuzung, wie man auf Horizontalschnitten erkennen kann (Taf. 5, Fig. 13). Hinsichtlich der Entfaltung des Lobus opticus bestehen bei den verschiedenen Ameisenarten beträchtliche Unterschiede insofern, als die Größe der Markmassen bei den einzelnen Gattungen eine sehr variierende ist. Diese ist von dem Grad der Entwickelung des Facettenauges abhängig. Da die Anzahl der Facetten bei jeder der vielen Ameisenarten eine verschiedene ist, weist dem- entsprechend auch die Entfaltung der Markmassen eine ebensolche Mannigfaltigkeit auf. Aber nicht nur die einzelnen Arten zeigen Unterschiede in der Größe des Lobus opticus, sondern auch die 3 Formen einer einzigen Art (vgl. das Diagramm, Textfig. 8). Auch hier steht die Das Gehirn der Ameise. 83 Größe des Sehlappens in Beziehung zu einer verschiedenen Anzahl von Facetten. WEISMANN gibt die Zahl der Facetten an für: Solenopsis fugax Männchen 400 Weibehen 200 Arbeiterin 6—9 Formica pratensis Männchen 1200 Weibchen 830 Arbeiterin 600 Ich berechnete für: Camponotus ligniperdus Männchen 1760 Weibchen 1250 Arbeiterin 800 Stenamma westwoodi Männchen 530 Weibchen 310 Arbeiterin 75. Wir sehen, daß bei allen Arten das Männchen die bei weitem größte Anzahl Facetten hat, während die Arbeiterin in dieser Hinsicht am ärmsten ist. Das Weibchen hält ungefähr die Mitte ein. Dementsprechend ist der Lobus opticus beim Männchen weitaus der größte, derjenige der Arbeiterin der kleinste. Wenn wir diese Verhältnisse mit der Entfaltung der pilzförmigen Körper in Zusammenhang bringen, liefern sie uns eine Bestätigung des schon von HALLER (1904) bei anderen Insekten und von JONESCU bei den Bienen behaupteten Satzes, daß die Entwickelung der Sehlappen im umgekehrten Verhältnis zur Entfaltung der pilz- förmigen Körper steht. Bei der Ameise fand ich die Markmassen dichter beieinander liegend als bei den Bienen, und zwar beim Männchen am dichtesten, bei der Arbeiterin dagegen am weitesten getrennt (Textfig. 11). Auch hinsichtlich der topographischen Lage des Lobus opticus am Gehirn bestehen Verschiedenheiten bei den 3 Formen der Ameise, wenigstens bei Camponotus ligniperdus. So zeigen mir meine Wachsmodelle, daß beim Weibchen der Lobus opticus etwas nach unten (ventralwärts) verlagert ist, bei der Arbeiterin dagegen etwas nach hinten steht, wahrscheinlich wegen der Lage des Gesamt- gehirns dieser Form, direkt hinter der vorderen Wand des Kopfes. Beim Männchen liegt der Lobus opticus in der Ebene des Gehirns. Ehe ich auf den genaueren Bau des Lobus opticus eingehe, möchte ich noch vorausschicken, daß mir zum Studium des cellu- lären Ursprungs und des Verlaufs der Nervenfasern innerhalb der Sehlappen leider keine genügend imprägnierten Schnitte zur Ver- 6* 84 Heinrich Pietschker, fügung standen, da ich die Neurofibrillenmethode ohne befriedigende Erfolge anwandte. Ich beabsichtige deshalb, später meine Unter- suchungen in dieser Hinsicht wieder aufzunehmen, um über diese Verhältnisse noch völlige Klarheit zu erlangen. Die äußere Fibrillärmasse (Taf. 5, Fig. 13 A.Fm) besitzt die Form einer konkav-konvexen Linse und ist der Gestalt des Facettenauges angepaßt. Die konvexe Oberfläche liegt nach außen (nach dem Facettenauge zu), die konkave nach innen. In den Frontalschnitten zeigt diese Fibrillärmasse eine größere Ausdehnung als in den Horizontalschnitten !). I.Fm < a nn M.Fım Pi Textfig. 11. Horizontalschnitt des Gehirns des Männchens (M) und der Arbeiterin (A). A.Fm äußere Fibrillärmasse, I.Fm innere Fibrillärmasse, 7.Fm mittlere Fibrillärmasse, Z.a Lobus antennalis, Pl Protocerebralloben, Ugl Unter- schlundganglion. Gemäß der hohen Entwickelung der Facettenaugen beim Männ- chen besitzt die äußere Fibrillärmasse bei dieser Form auch die größte Ausdehnung. Das Weibchen und schließlich die Arbeiterin stehen ihm bedeutend nach. Die äußere Fibrillärmasse wird durch eine Reihe von Ganglien- zellen, die in der Mitte derselben liegen und in ihrer Lage eine parallele Anordnung zur Oberfläche zeigen, deutlich in zwei Zonen oder Linsen eingeteilt, eine äußere (A.Z) und eine innere (I.Z), die sowohl an den Horizontal- wie Frontalschnitten zu sehen sind (Taf. 5, Fig. 13). Die einzelnen Fasern sammeln sich bei ihrem Austritt aus der äußeren Linse zu Bündeln (Fig. 13 Bal), die sich beim Ver- lassen des Gehirns wiederum gruppenweise zusammenschließen, um 1) Die Sagittalschnitte können wir bei der Betrachtung des Lobus opticus außer acht lassen, da sie keine anderen Verhältnisse zeigen als die frontal und horizontal geführten. Be Das Gehirn der Ameise, 85 größere Bündel zu bilden, die dann in das Facettenauge eindringen. Letztere Nervenbündel bezeichnet man als die „subretinale Nerven- bündelschicht“ (Fig. 13 Snr, Textfig. 16 Snb). Die äußere Fasermasse wird außer auf ihrer konkaven Seite allseitig von einer Schicht kleiner und wenig dicht aneinander- liegender Zellen eingeschlossen (Fig. 13 a). Aeußere Kreuzung (Fig. 13 A.Kr). Die Fasern, welche die äußere Fibrillärmasse mit der mittleren verbinden, bilden die äußere Kreuzung. Diese kommt dadurch zustande, daß die Fasern sich vom vorderen Teile der äußeren Fibrillärmasse nach dem hinteren Teile der mittleren Fibrillärmasse wenden, dagegen die- jenigen vom vorderen Teile letzterer nach der hinteren Seite der äußeren Fibrillärmasse. Innerhalb der Kreuzung fand ich einzelne verstreute Ganglienzellen liegen. Auch die mittlere Fibrillärmasse (Fig. 13 M.Fm), welche bei den 3 Formen der Ameise die am besten entwickelte ist, besitzt die Form einer konkav-konvexen Linse. Wie bei der äußeren Fibrillärmasse liegt auch hier die konvexe Oberfläche nach außen, sie nimmt die äußere Faserkreuzung auf. Die konkave Seite steht vermittels der inneren Faserkreuzung mit der inneren Fibrillärmasse in Zusammenhang. Bei der Arbeiterin und dem Weibchen fand ich im Bau dieser mittleren Fibrillärmasse andere Verhältnisse als beim Männchen. Bei den ersteren beiden ist die Konkavität nur wenig ausgeprägt und ebenso der Größenunter- schied zwischen frontalem und horizontalem Durchmesser der Fibrillärmasse ein geringer: der frontale Durchmesser ist nur wenig größer als der horizontale. Beim Männchen kommt dagegen die Konkavität sehr gut zur Geltung, so daß bei ihm sogar die innere Fibrillärmasse mit ihrem äußeren Teile in derselben zu liegen scheint. Infolgedessen kommen hier die mittlere und innere Fibrillärmasse sehr nahe aneinander zu liegen. Ebenso ist der frontale Durchmesser bedeutend größer als der horizontale beim Männchen (Textfig. 11, M). Die mittlere Fibrillärmasse ist von allen Seiten mit einer ziemlich dicken Schicht dicht aneinanderliegender kleiner Zellen umgeben, die sich wieder in Gruppen teilen lassen, eine vordere große (b) und zwei hintere kleine (b' und 5“), welch letztere auch die hintere Seite der inneren Kreuzung bedeckt (Fig. 13). Die mittlere Fibrillärmasse zeigt an ihrer konkaven Seite zwei dunkle Zonen. JOonEscu fand am Bienengehirn, daß diese aus 86 Heinrich Pietschker, tangential gerichteten Fasern bestehen, während sonst die Fasern in den Fibrillärmassen radiär verlaufen. Die mittlere Fibrillärmasse steht nicht allein mit der inneren Fibrillärmasse durch die innere Kreuzung, sondern auch mit den Protocerebralloben in direkter Verbindung. Dahin geht ein an- sehnliches Nervenbündel, das Jonescu das „große breite Bündel“ nennt. Dieses Bündel zerfällt wieder in einzelne Teile, die VIAL- LANES (1886) zum ersten Mal beschrieb. Auch CuccATı, KENYON und Jonescu haben sie genauer untersucht. Bei der Ameise ist das breite Bündel in drei Teile zerlegt, einen oberen, einen unteren und einen mittleren. In den Frontal- schnitten sehen wir vom oberen und unteren Rande der mittleren Fibrillärmasse je ein Nervenbündel abgehen, die in die Proto- cerebralloben eindringen (Taf. 5, Fig. 11 0.7 und U.T). Innerhalb der Protocerebralloben verzweigen sich diese Bündel und senden Fasern in die Becher und den „Fasciculus opticus antennalis“, nachdem sie vorher sich wahrscheinlich auch gekreuzt haben, wie dies bei anderen Insekten beobachtet ist. Den mittleren Teil des breiten Bündels sehen wir in der Fig. 13 als F.s.a (faisceau supero-anterieur, VIALLANES) abgebildet. Er geht vom vorderen Rande der mittleren Fibrillärmasse aus und verzweigt sich ‘bald in dem Punkte V. Der vordere Zweig geht als F's.a weiter direkt in die Protocerebralloben. Den hinteren Ast (faisceau sup6ro-posterieur) habe ich nicht deutlich zu er- kennen vermocht. Von dem Verzweigungspunkte Y geht noch ein Nervenbündel- chen (Fig. 13 AB) direkt in die innere Fibrillärmasse, das VIAL- LANES das anastomosierende Bündel (le faisceau anastomotique) genannt hat. Die innere Fibrillärmasse (Fig. 13 I. Fm) ist wiederum bei Männchen am größten, beim Weibchen hält sie die Mitte, um bei der Arbeiterin auf eine geringe Größe herabzusinken. Sowohl in den Frontal- wie Horizontalschnitten ist sie ihrer Form nach von den beiden erstgenannten Fibrillärmassen wesentlich verschieden, da sie eine ei- bis kugelförmige Gestalt hat (s. Textfig. 11 I.Fm). Man kann an ihr deutlich zwei dunkle Zonen erkennen (Fig. 13), die der äußeren Oberfläche parallel verlaufen. Man könnte also die innere Fibrillärmasse in zwei Linsen zerlegen, eine hintere konkav-konvexe (M') und eine annähernd bikonvexe vordere (M), die mit einem Teile in der Konkavität der ersteren liegt. Das Gehirn der Ameise. 87 Nur die hintere Linse M’' steht mit der mittleren Fibrillär- masse in direktem Zusammenhang, da nur sie allein die innere Kreuzung aufnimmt. Die vordere Linse erhält keine direkten Chiasmafasern. Auch die innere Fibrillärmasse ist von Zellschichten umgeben : einer aus kleinen, ziemlich weit auseinanderliegenden Ganglien- zellen bestehenden Zellmasse (c), die durch die Nervenbündel in drei getrennte kleinere Gruppen geschieden wird, und einer aus großen Zellen bestehenden Zellmasse (A), die an der hinteren Seite liegt. Ich vermochte zwei Hauptfaserzüge zu erkennen, durch welche die innere Fibrillärmasse mit den Protocerebralloben in Zusammen- hang steht (Fig. 13 VB und HB). (VIALLANES und JONEScU halten auch an dieser Zweizahl fest, während CuccATı und KENYOoN eine Zergliederung in mehrere Bündel beschrieben haben.) Das vordere Bündel (Fig. 13 VD) entsendet Fasern innerhalb der Protocerebralloben nach allen Richtungen. Am bemerkens- wertesten ist der Verlauf von solchen Fasern nach unten in den optischen Kern, in die Becher der pilzförmigen Körper und die Lobi olfactorii. Das hintere Bündel (HB) verzweigt sich in den Protocerebral- loben nach allen Richtungen. Lobus olfaetorius. - Der Lobus olfactorius (Lobus antennalis) der Ameise ist dem- jenigen der Biene ähnlich. Er liegt auf der vorderen unteren Seite des Gesamtgehirns beiderseits des Oesophagus (Textfig. 12 La). Im Innern enthält er eine Fasermasse von annähernd kugeliger Gestalt, an der Peripherie befindet sich eine aus Zellen bestehende Rinde (Taf. 5, Fig. 14). Ein Stiel, welcher sich gegen die Proto- cerebralloben hin verbreitert und so die sogenannte „dorsale Faser- masse“ bildet, stellt den Zusammenhang zwischen dem Protocere- brum und dem Lohus antennalis her (Taf. 5, Fig. 15 Dm). An der Vorderseite der Fasermasse gehen aus ihr die beiden Antennalnerven hervor, von welchen schon oben die Rede war (p. 58; Taf. 5, Fig. 14 N.a.s und N.a.:). In der Fibrillärmasse kann man (wie bei der Biene) zwei Teile unterscheiden, einen äußeren oder peripheren und einen inneren. Im peripheren Teile liegen die Glomerulen oder Endbäumchen (Taf. 5, Fig. 14 und 15 G/o), in die sich die Achsenzylinder der 88 Heinrich Pietschker, Antennalnerven verzweigen. Infolge dieser Lage der Glomerulen gewinnt die Fibrillärsubstanz das Aussehen einer Morula. Von einer auffallenden Konzentration der Glomerulen auf der oberen und unteren Seite des Lobus, wie sie bei den Bienen be- steht, habe ich nichts bemerkt, vielmehr eine ziemlich gleichmäßige Verteilung auf die Peripherie feststellen können. Ich fand, daß der obere Antennalnerv aus dem oberen Teile dieser Glomerulen, der untere Antennalnerv dagegen von den unteren Glomerulen entsendet wird (Fig. 14). Die Zellmasse umgibt, wie schon gesagt, allseitig die Fibrillär- masse, ist jedoch auf der unteren und vorderen inneren Seite fast vollständig von dieser ver- drängt, so daß hier die Faser- masse beinahe das Neurilemm berührt (Fig. 15 Ne). Diese Tatsache hat eine Anordnung der Zellmassen in verschiedenen Zellgruppen zur Folge gehabt. Auf dem Horizontalschnitt (Fig. 15) sehen wir diese deut- lich lokalisiert. Wir bemerken eine große Zellgruppe (b.a) auf ans Guns, 12, Supitilschni Yun | der äußeren Seite und eine kleine mark, L.a Eobus antennalis, N.a.i Ner-- auf der vorderen innern (M.a). vus antennalis inferior, N.a.s Nervus Joxsscu hat gefunden, daß antennalis superior, oe Oesophagus, Pl F EN Protocerebralloben, Ugl Unterschlund- letztere bei erwachsenen Tieren ganglion. (Biene) durch die Fasermasse | noch mehr nach hinten gescho- ben wird, wie es auch von HAtLer bei Blatta festgestellt ist. Wegen der vollkommen analogen Verhältnisse zwischen dem Lobus olfactorius der Biene und Ameise liegt die Annahme nahe, daß auch bei letzterer im erwachsenen Individuum diese Verlagerung eintritt. KENYoN und Jonescu halten die Zellen, welche den Lobus olfactorius umgeben, für Verbindungselemente (Assoziationszellen), was auch meine Meinung ist. Das motorische Gebiet liegt weiter hinten an den Seiten der dorsalen Masse. Der Lobus olfactorius besitzt bei den 3 Formen eine ver- schiedene Größe. Bei der Arbeiterin ist er verhältnismäßig sehr groß entwickelt, beim Männchen am kleinsten, während das Weibchen un- gefähr in der Mitte zwischen beiden steht. Eine Vergleichung der x Bm Das Gehirn der Ameise. 89 Tafelfiguren 21 bis 33 (L.a) führt uns dies schon äußerlich vor Augen. Zur besseren Demonstration dieser Größenunterschiede habe ich noch das ungefähre Volumen der Lobi olfactorii bei den 3 Formen berechnet. Da der Lobus olfactorius ungefähr die Form eines Drehungsparaboloids besitzt und wir die erforderlichen Maße an den Schnitten leicht messen können, läßt sich das Volumen nach der Formel \ 3 ch leicht feststellen. Ich fand folgende Werte: bei einer 170fachen Ver- Weibchen 6600 „ erößerung > oO" Männchen 20380 „ Es verhalten sich also die Volumina der Riechlappen bei der Arbeiterin, dem Weibchen und dem Männchen (Camponotus ligni- perdus) etwa wie 10:6:2. Diese Daten sind hinsichtlich der biologischen Verhältnisse der verschiedenen Individuen äußerst lehrreich, da wir an ihnen sehen, in welchem hervorragenden Maße die Arbeiterin im Ver- gleich zu den beiden Geschlechtsformen mit dem im Ameisenleben hervorragendsten und wichtigsten Sinne, dem Geruchsvermögen, ausgerüstet ist. « Im Verhältnis zu diesem Größenunterschiede ist auch die Anzahl der Glomerulen eine verschiedene. Die Arbeiterin erreicht hier wieder das Maximum, während das Männchen an letzter Stelle steht. Feste Zahlen lassen sich jedoch für die Anzahl der Glo- merulen bei den 3 Formen nicht angeben, da diese bei den Indi- viduen eine veränderliche ist). Arbeiterin 10040 cbmm | Das Unterschlundganglion. (Taf. 5, Fig. 16 und Textfig. 13.) Das Unterschlundgangion oder „la masse nerveuse gnathal“ (JANET) wird durch die Verschmelzung des Mandibular-, Maxillar- und Labialgangiions gebildet. Obgleich diese Verschmelzung eine ziemlich innige ist, kann man doch an verschiedenen Schnitten die Grenzen der eigentlichen Ganglien noch deutlich wahrnehmen, und zwar in Gestalt medianer Trennungsfurchen (vgl. die oben 1) Man erinnert sich dabei, daß Krausse auch bei den Sinnes- organen der Antennen von individuellen Unterschieden in der Zahl der Organe spricht. 90 Heinrich Pietschker, angeführten Figuren, Trf). Vor dem Mandibularganglion (G.md) sieht man die Verbindungskommissur mit dem Öberschlund- ganglion (C.s.oe).. Daß das Labialzentrum (@.lb) im Vergleich zu den beiden anderen verhältnismäßig groß erscheint, beruht, wie schon JANET sagte, darauf, daß infolge der zugespitzt ver- laufenden Form des Gesamtunterschlundganglions seine Hauptaus- dehnung in die Länge geht, bei den beiden anderen Ganglien dagegen in die Breite. In Uebereinstimmung mit JONESCU und " Bm ! N.md: N.lb Comm.s.oe N.mxz Textfig. 13. Medialer Sagittalschnitt durch das Gehirn der Arbeiterin. Bm Bauchmark, Comm.s.oe Unterschlundganglienkommissur, G.!b Labialganglion, @,md Mandibularganglion, G.mx Maxillarganglion, N.1b Labialnerv, N.md Mandi- bularnerrv, N.mx Maxillarnerv, oe Oesophagus, Osg Oberschlundganglion, Sti Stirn. entgegen der Ansicht Biners (1894) habe ich von einem Vor- handensein großer motorischer Zellen auf der Dorsalseite des Unterschlundganglions nichts bemerken können (Taf. 5, Fig. 16). Jedes dieser 3 Nervenzentren entsendet ein Nervenpaar: die Mandibular-, Maxillar- und Labialnerven, von denen weiter oben schon die Rede gewesen ist. Von dem Unterschlundganglion gehen außerdem noch der Nervus accessorius, der sympathische Labialnerv und der Speicheldrüsen- nerv aus, wie außerdem schon früher gesagt wurde (p. 59 und 61). Das Gehirn der Ameise. 91 Theoretischer Teil. Die Vergleichung der 6ehirne. Die Vergleichung des Gehirns der 3 Formen der Ameisen «Männchen, Weibchen und Arbeiterin) hat gezeigt, daß mehrere Teile desselben, und zwar hauptsächlich die Sehlappen, die An- tennenanschwellungen und die pilzförmigen Körper, eine ver- schiedene Ausbildung besitzen. (Siehe auch Textfig. 14 L.o, L.a und c.i, c.e) Die ungleiche Entfaltung dieser Gehirnzentren steht mit den verschiedenen Lebensaufgaben und der verschiedenen Lebensweise der einzelnen Individuum-Kategorien in deutlichem Zusammenhang. Die bei ihrer Orientierung vornehmlich auf den Geruch an- gewiesene Arbeiterin besitzt mächtige Antennenanschwellungen (Textfig. 14 A L.a), während dagegen die beiden Geschlechtsformen besser entwickelte Sehlappen (Textfig. 14 W und ML.o) und kleinere Riechlappen aufweisen. Letztere Formen können eines hochentwickelten Geruchssinnes entbehren, da sie in dem Ameisen- leben eine relativ kurze und einfache Rolle spielen, sie müssen ‚aber ein gut entwickeltes optisches Vermögen besitzen, damit sie sich beim Hochzeitsflug in der Luft finden können. Da dem Männchen dabei die Aufgabe zufällt, dem Weibchen im Fluge zu folgen oder dasselbe sogar erst auf demselben zu suchen, sind bei ihm die Sehlappen am besten entwickelt. Auch die Größe der pilzförmigen Körper steht im geraden Verhältnis zu der Kompliziertheit der Aufgaben, die den 3 ver- schiedenen Individuen im Ameisenleben zufallen. Der Arbeiterin, welcher die. mannigfachen Arbeiten für das Wohl der Kolonien obliegen, und welche für die Nahrung, die Brutpflege, den Nest- bau, den. Schutz usw. sorgt, stehen die bestentwickelten pilzförmigen Körper zur Verfügung (Fig. 14 A, e.i, c.e). Das Weibchen dagegen, welches nur in der ersten Zeit nach dem Hochzeitsfluge für eine primitive Nestanlage zu sorgen hat und sich nur in dieser Zeit mit der Pflege der ersten Nachkommenschaft bis zu deren Reife befaßt, später aber diese Instinkte vollständig verliert und nur wmoch die Rolle einer Eierlegmaschine zu erfüllen hat, steht hin- sichtlich der Entwickelung der pilzförmigen Körper schon auf be- trächtlich niedrigerer Stufe als die Arbeiterin (Textfig. 14 W, e.i, c.e). Das Männchen, das während seines kurzen Lebens nur am Tage Fr in N He ee er i i j % ie, f 9 92 Heinrich Pietschker, @.ocell ck ei ee ı | | | j st , I.Fm M.Fm A.Fm L.a oe ‚ Textfig. 14. Schematisierte Frontalschnitte durch das Gehirn der 3 Formen der Ameisen. Die Fibrillärmassen sind in ihrer größten Ausdehnung ein- Das Gehirn der Ameise. 93 gezeichnet. A Arbeiterin, W Weibchen, M Männchen. 4.Fm äußere Fibrillär- masse, M.Fm mittlere Fibrillärmasse, /.Fm innere Fibrillärmasse, ce äußere Becher, ci innere Becher, c/; Zentralkörper, Gl.ocell Ocellarganglion, Z.a Lobus antennalis, Z.o Lobus opticus, P.K pilzförmiger Körper, oe Oesophagus, St Stamm (Stiel). des Hochzeitsfluges aktiv auftritt und bald darauf zugrunde geht, ist mit noch kleineren pilzförmigen Körpern ausgerüstet (Text- 29. 14 M, e., c.e). Die ungleiche Entwickelung dieser eben genannten Gehirn- zentren bei den 3 Formen ist nicht ohne merklichen Einfluß auf die äußere Gestalt der Gehirne geblieben. Meine Wachsmodelle (Taf. 4, Fig. 1, 2, 3) zeigen deutlich die bedeutenden Unter- schiede in der Form und in dem Verhältnis der Teile. Das Gehirn des Männchens (Fig. 1) ist das kleinste und ent- spricht in dieser Beziehung der relativ geringen Gesamtgröße des Kopfes dieser Form. Die pilzförmigen Körper und die Antennen- anschwellungen sind bei ihm am kleinsten; dagegen ist der Lobus opticus entsprechend der Größe der Facettenaugen sehr gut ent- wickelt. Wegen seiner verhältnismäßig starken Ausdehnung in die Dicke zeigt es in seiner Gesamtform einen massigen, gedrungenen Bau. Die großen Lobi optici scheinen das Gehirn von den Seiten her zusammenzudrücken. Das Gehirn des Weibchens (Fig. 2) besitzt von den 3 Formen die größte Ausdehnung in die Breite und paßt sich so wieder der Größe und seitlichen Ausdehnung des Kopfes an. Seine Ge- samtform wird dadurch schlank. Am Gehirn der Arbeiterin (Fig. 3) fällt die starke Ent- wickelung der Antennenanschwellungen und der pilzförmigen Körper auf, während der Lobus opticus relativ dünn und klein ist. Die Riechlappen und die G@eruchsorgane. Die Größe der Riechlappen des Gehirns entspricht offenbar der Höhe des Geruchsvermögens !). Es ist aber auch von Interesse, die Ausbildung des Riechlappens mit der Zahl der Sinnesorgane zu vergleichen. 1) Als Geruchsvermögen bezeichnen wir im allgemeinen die Fähigkeit, aus der Entfernung vermittelst einer spezifischen Energie die (chemischen) Eigenschaften eines bestimmten Körpers aus Aus- dünstungen desselben zu erkennen. Bei den Ameisen wirkt das 94 Heinrich Pietschker, Als der Sitz des Geruchssinnes der Ameisen und der Insekten überhaupt sind in erster Linie die Antennen zu betrachten. In geringerem Maße sind die Taster der Unterkiefer und der Umzız lippe daran beteiligt. Die Sinnesorgane der Antennen der Ameisen sind schon häufig. der Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen. AUGUST: FoREL beschrieb sie zum ersten Mal ausführlich bei der Ameise: (1874) und zählt folgende Sinnesorgane auf: 1) Leypigsche Kugel oder Riechkolben; 2) feine, blasse, zugespitzte Tasthaare; 3) lange, feine Borsten, die nahe dan Einlenkungsstelle um- geknickt sind und folglich ie Antennenoberfläche parallel laufen ; 4) champagnerpfropfenähnliche Organe und 5) flaschenförmige Organe. Durch Hauser (1880), KrÄPELIN (1883), O. vom RATH (1888. und 1896), Nacer (1892 und 1894) und O. ScHEnK (1902) hat man den histologischen Bau dieser Organe genauer kennen gelernt, Im Jahre 1907 hat sich A. H. Krausse in eingehender Weise: mit den Antennen der Ameise beschäftigt und die Unterschiede in der Zahl der Sinnesorgane bei den 3 Formen (Männchen, Weibchen und Arbeiterin) einiger Arten zahlenmäßig festgestellt. Seine Studien bezogen sich auf Lasius fuliginosus, Lasius flavus, For- mica rufa, Formica nigra, Camponotus ligniperdus und Myrmica rubida. Die am zahlreichsten vorkommenden Sinnesorgane sind die Sensilla trichodea und die Sensilla basiconica. Die Sensilla trichodea werden von allen Autoren als. Tastborsten oder Tasthaare bezeichnet. Es sind dies chiti- nöse Sinneshaare, die auf der Oberfläche der Antennen beweglich. eingelenkt sind, über einem Porenkanal sich befinden und an ihrer Basis eine Gruppe von Sinneszellen mit einem Nerven besitzen. Sie stehen besonders zahlreich auf dem ersten Fühlerglied (Fühler- schaft) und auf dem Endgliede der Antenne. KrAusse hat ihre: Geruchsvermögen auch beim direkten Kontakt mit dem Geruchs- gegenstand (Kontaktgeruch), so daß die Ameise, zumal das Tast- empfinden bei ihr aufs engste mit dem Geruchsvermögen verknüpft. ist, imstande ist, die Form des betreffenden Gegenstandes zu er- kennen. Infolgedessen bezeichnet man den Geruchssinn der Ameisen auch als „topochemischen“. (Vergl. Forzu: Das Sinnesleben, der Insekten, München 1910.) Das Gehirn der Ameise. 95 Zahl bei den 3 Formen von Lasius fuliginosus an je drei Exem- plaren gezählt und dabei gefunden, daß sowohl die Individuen einer Form als auch deren linke und rechte Antenne in der Zahl der Sinneshaare variieren. (Dies gilt auch von den anderen Sinnes- organen der Antenne, auf die ich noch zu sprechen komme.) Ich habe seine Resultate zusammengezählt und dabei folgende Werte gefunden: Sensilla trichodea von Lasius fuliginosus. Individuum | ah | c Männchen. Linke Antenne 1561 1851 2007 Rechte Antenne | 1558 | 2115 | 2244 Weibchen. Linke Antenne 2016 | 2079 | 2152 Rechte Antenne | 2141 2178 | 2278 Arbeiterin. Linke Antenne 1972 | 2043 | 2376 Rechte Antenne | 2049 | 2075 | 2363 Wir sehen, daß die Unterschiede in der Zahl dieser Sinnes- organe bei den 3 Formen (Männchen, Weibchen und Arbeiterin) nur sehr gering sind und gegenüber den individuellen Schwan- kungen!) wenig hervortreten. Immerhin kann man sagen, daß das Männchen etwas kleinere Zahlen aufweist als das Weibchen und die Arbeiterin. Die Sensilla basiconica oder „Leydigsche Kegel“ dienen nach der Meinung fast aller Forscher?) der Perzeption chemischer Reize, und zwar des Geruches aus der Nähe. Es sind dies Sinnesorgane, welche die Form von kleinen Sinneskegeln haben und mit ihrer Basis auf der Fläche der Antennen (nicht in Gruben) stehen. Die Anzahl der Sensilla basiconica ist bei allen 3 Formen einer Art eine ziemlich gleichmäßige. Sie fehlen auf dem Fühler- schaft, sind dann zahlreich auf den folgenden und am zahlreichsten auf dem Endglied der Antenne. An der Hand der Krausszschen Tabellen fand ich für Lasius fuliginosus: Männchen 2094, Weib- chen 2064 und Arbeiterin 2033°). (Diese Zahlen stellen beim 1) Die individuellen Schwankungen hängen wahrscheinlich mit der verschiedenen Größe der Antennen und der verschiedenen SZ der Individuen zusammen. 2) Nur ScHizmenz sieht die Sensilla basiconica als Tastorgan an. 3) Obige Zahlen stehen mit der Bemerkung Krausses in Wider- spruch, daß die Weibehen und Arbeiterinnen mehr Sensilla basi- 96 Heinrich Pietschker, Männchen den Mittelwert der Summe der beiden Antennen zweier Individuen dar, während sich die des Weibchens und der Ar- beiterin nur auf die linke Antenne eines einzigen Individuums beziehen.) Die Sensilla trichodea curvata (knieförmige Haare) sind nach ForEL den Membrankanälen der übrigen Hymenopteren homolog. Sie sind haarähnliche Gebilde, die nahe an der Basis rechtwinklig umgebogen sind. Sie fehlen auf dem Fühlerschaft und sind auf den folgenden Gliedern in mäßiger Zahl vorhanden. Bezüglich der Zahl und Verteilung der knieförmigen Haare bestehen bei den von KrAUSSE untersuchten Species zwischen den 3 Formen (Männchen, Weibchen und Arbeiterin) keine erheb- lichen Unterschiede. Das Männchen scheint aber etwas größere Zahlen aufzuweisen als das Weibchen und die Arbeiterin. Ich gebe die Befunde von KrAUSSE hier wieder: Sensilla trichodea curvata von Formica rufa. Individuum a | b Männchen. Linke Antenne 815 Weibchen. Linke Antenne 539 | 735 Rechte Antenne | 727 | 735 Arbeiterin. Linke Antenne 750 Von Camponotus ligniperdus (die Zahlen beziehen sich auf die linke Antenne je eines einzigen Individuums): Männchen 877, Weibchen 786, Arbeiterin 762. Die Funktion dieser Sinnesorgane ist nicht genau bekannt, aber man darf in ihnen wohl ebenfalls Geruchsorgane vermuten. In geringer Zahl kommen auf den Antennen der Ameisen die Grubenkegel (Sensilla coelonica) vor, die FOREL wegen ihrer eigentümlichen Form „Champagnerpfropfenorgane“ nannte. Sie befinden sich vorzugsweise auf dem Endglied der Antenne und dienen wahrscheinlich auch als Geruchsorgan. Hinsichtlich der Häufigkeit auch dieser Organe bestehen bei den Formen der ein- conica besitzen als die Männchen, da diese im Gegenteil die absolut größte Anzahl aufweisen. Das Gehirn der Ameise. 97 zelnen Gattungen keine nennenswerten Unterschiede. Die Zusammen- stellung der von Krausse bei Lasius fuliginosus und Formica nigra gefundenen Zahlen zeigt dies deutlich. Ich lasse sie hier folgen: Lasius fuliginosus. Indıviduum | a | b | c Männchen. Linke Antenne 16 16 23 Rechte Antenne 18 21 19 Weibchen. Linke Antenne 18 14 18 Rechte Antenne | 18 18 19 Arbeiterin. Linke Antenne 1 20 19 Rechte Antenne | 20 20 22 Formica nigra. Individuum a | b | c Linke Antenne 14 14 23 Rechte Antenne | 18 19 23 Linke Antenne 17 20 21 Rechte Antenne | 16 18 23 Linke Antenne 10 10 22 Rechte Antenne | 12 #7 29 Männchen. Weibchen. Arbeiterin. KrAusse bemerkt, daß das Männchen auf dem Endglied eine relativ geringere Zahl dieser Sinnesorgane aufweist als das Weibchen und die Arbeiterin. Auf diesen Unterschied kann aber kein großer Wert gelegt werden, da die Zahlen in bezug auf die ganze Antenne keine deutliche Verschiedenheit zeigen. Die Flaschenorgane (Sensilla ampullacea) kommen nur bei Hymenopteren vor. Ueber ihre Funktion gehen die Meinungen weit auseinander. Man hat sie als Gehör-, Geruchs- und Drüsenorgane gedeutet. Jedenfälls gehören sie zu den Sinnes- organen, wie SCHENK nachwies. Auf dem ersten und zweiten Antennenglied sind sie bei den verschiedenen Species nicht an- zutreffen. Die Männchen zeichnen sich gegenüber den Weibchen und Arbeiterinnen durch eine geringere Anzahl der Sensilla am- pullacea aus, die Weibchen dagegen durch eine größere als die Ar- beiterinnen. Nach Krausses Tabellen kommen die Sensilla ampullacea bei den einzelnen Individuen der von ihm untersuchten Arten in folgenden Zahlen vor: Bd. XLVII. N. F. XL. 7 98 Heinrich Pietschker, Lasius fuliginosus, Individuum Pa ao %e Männchen. Linke Antenne 13 13 11 Rechte Antenne | 14 113: 9 Weibchen. Linke Antenne 20 16 22 Rechte Antenne | 23 18 17 Arbeiterin. Linke Antenne 15 14 18 Rechte Antenne | 14 14 16 Formica nigra. Individuum | a | b | c Männchen. Linke Antenne 12 10 12 Rechte Antenne | 12 13 9 Weibchen. Linke Antenne 20 19 25 Rechte Antenne | 20 20 20 Arbeiterin. Linke Antenne 17 14 17 Rechte Antenne | 13 18 19 Da die Sensilla ampullacea nur in so geringer Zahl vorhanden sind, so haben sie wahrscheinlich eine sehr untergeordnete oder eine sehr spezialisierte Funktion. Zieht man alle Arten von Sinnesorganen in Betracht, so zeigt sich, daß die Unterschiede in der Zahl derselben unbedeutend sind im Vergleich zu der Verschiedenheit der Lobi olfactorii. Wichtiger als die Zahl der äußerlich sichtbaren Sinnesorgane ist die Aus- bildung des zugehörigen nervösen Apparates. Hinsichtlich des Riechganglions steht die Arbeiterin weit voran, das Männchen aber an letzter Stelle. Trotzdem hat das Männchen ebensoviele Sinnesorgane wie das Weibchen und die Arbeiterin, von manchen Arten von Sinnesorganen sogar eine etwas größere Zahl. Somit drängt sich uns die Ueberzeugung auf, daß nicht die Anzahl der Antennensinnesorgane für die Entfaltung des Geruchsvermögens ausschlaggebend ist, sondern nur die Verwertung der durch sie perzipierten Eindrücke im antennalen Nervenzentrum. Man begreift, daß die Arbeiterin in dieser Hinsicht am besten ausgestattet sein muß, wenn man bedenkt, daß der Geruchssinn für die Ameise der wichtigste Sinn ist; lediglich auf ihm beruht das bewundernswerte Leben und Treiben im Ameisenstaate, ohne ihn ist kein Nestbau, keine Nahrungssuche, kein Wiederfinden des Weges, keine Brutpflege und kein Erkennen von Freund und Feind pe Das Gehirn der Ameise. 99 möglich. Ich verweise hier auf die Arbeiten von WASMANN und FOREL !). Der Gesichtssinn und die Lobi optiei. Dem optischen Auffassungsvermögen ?2) der Ameisen dienen zwei Sinnesorgane mit ihren zugehörigen Zentren: Die Facetten- oder Netzaugen und die einfachen Augen (Ocellen, Stemmata). Die optischen Zentren der Facettenaugen bilden die Sehlappen, während zu den Ocellen die Pars intercerebralis und die Ocellar- glomerulen gehören. Betrefis des anatomischen Baues des Lobus opticus herrscht bei den 3 Formen der Ameise vollständige Uebereinstimmung. Seine Differenzierung in die innere, mittlere und äußere Fibrillär- masse ist bei allen dreien dieselbe, ebenso der Verlauf der die einzelnen Fibrillärmassen verbindenden Nervenfasern. Die drei Fibrillärmassen dienen in physiologischer Hinsicht wahrscheinlich der Verarbeitung der optischen Eindrücke. Die Nervenfasern 1) ForerL verdanken wir in dieser Hinsicht durch exakt und scharfsinnig ausgeführte Versuche wertvolle Aufschlüsse. Er war es, der zum ersten Mal auf die ungeheure Bedeutung des Geruchs- vermögens bei der Ameise hinwies, indem er zeigte, daß ihres Ge- ruchsvermögens künstlich beraubte Ameisen völlig hilflos waren, daß sie jedes Orientierungsvermögen verloren hatten und so einem sicheren Tode entgegengingen. Er glaubt deshalb nicht zu weit zu gehen, wenn er annimmt, daß in dem Geruchsvermögen im Verein mit den gut entwickelten pilzförmigen Körpern der Arbeiterin der Schlüssel zur Ameisenpsychologie zu suchen ist. 2) In bezug auf die physiologische Seite der Lichtperzeption verweise ich auf die Ausführungen von Foreu (1910). Das Licht wirkt als ein bestimmter adäquater Reiz mit zwei Modifikationen auf das Auge ein: Farbe und Bewegung. Die Ameise nimmt das Licht an erster Stelle direkt wahr, sie sieht es. An zweiter Stelle steht erst die photodermatische Empfindung, als deren Zwischen- träger die Haut dient, die das Licht, seine Intensitätsabstufungen und die verschiedene Länge der Lichtwellen fühlte Nach Miss FıELDE scheinen die Ameisen nur zwei Farben wahrzunehmen, eine, die für sie beinahe gleichbedeutend mit Dunkelheit ist und die im Spektrum von rot bis grün reicht, und eine andere, die für sie Licht ist, welches sie fliehen und das besonders violett und ultra- violett umfaßt. Auch LusBock und Forer haben durch Experimente gefunden, daß die Ameisen ultraviolette Strahlen wahrzunehmen vermögen. Noch kürzere Lichtwellen als ultraviolette, die Röntgen- strahlen, scheinen dagegen von ihnen nicht mehr bemerkt zu werden, da sie keine Reaktion darauf zeigen (Forkt). 7* 100 Heinrich Pietschker, gehen von der äußeren Fibrillärmasse ohne Ausnahme in die mittlere, nicht ohne vorher eine Kreuzung gebildet zu haben, und von dort zum größeren Teil in die innere Fibrillärmasse, wobei sie sich wiederum kreuzen. Der andere Teil der Nervenfasern verläuft von der mittleren Fibrillärmasse vermittels des „breiten Bündels“ direkt in die Protocerebralloben. Zwei ebenfalls be- trächtlich entwickelte Bündel (das vordere und das hintere) stellen den Zusammenhang der inneren Fibrillärmasse mit den Protocere- bralloben her. Wenn wir die Textfig. 14 und die Abbildungen der Wachs- modelle (Taf. 4, Fig. 1, 2, 3) untereinander vergleichen, so sehen wir, daß der Lobus opticus trotz dieser Uebereinstimmung im Bau auch große Verschiedenheiten bei den 3 Formen aufweist, und zwar sowohl hinsichtlich seiner Gesamtgröße als auch derjenigen der drei Fibrillärmassen. Die Männchen haben die am besten ent- wickelten optischen Loben und größten Fibrillärmassen, dement- sprechend auch die größte Anzahl Facetten !) (vgl. p. 83) und zu- gleich die am stärksten gewölbten Augen. Die Weibchen besitzen schon viel weniger gewölbte Loben und demgemäß auch facetten- ärmere flachere Augen. Die flachsten und facettenärmsten Augen und die relativ kleinsten optischen Zentren kommen den stets auf der Erde lebenden Arbeiterinnen zu. Diese Verminderung der optischen Fähigkeiten der Arbeiterinnen kann sogar soweit gehen, daß bei verschiedenen Ameisenarten (den Raubameisen Eeiton, Dorylus und Aenictus) die Arbeiterinnen vollkommen blind sind, während die zugehörigen Geschlechtstiere ein sehr gut entwickeltes Gesichtsvermögen besitzen. Warum ist nun bei den Geschlechtstieren und namentlich beim Männchen der Gesichtssinn besser ausgeprägt als bei der Ar- beiterin? Eine Antwort darauf zu finden hält nicht schwer. Wie wir bereits gesehen haben, orientiert sich die stets am Boden lebende Arbeiterin hauptsächlich durch den Geruchssinn, so daß das optische Vermögen zurücktreten, ja sogar vollständig über- flüssig werden kann. Anders verhält es sich mit dem Männchen und dem Weibchen. Beide Arten leben bis zu ihrer Geschlechts- reife im Nest, ohne dieses zu verlassen. Sie werden von den Ar- 1) Ich muß hier erwähnen, daß die Facettenanzahl bei gleich- artigen Individuen einer Gattung je nach der Ausbildung ihrer Körpergröße eine schwankende ist, was für alle 3 Formen Geltung hat (Forer 1910). Das Gehirn der Ameise. 101 beiterinnen genährt und gepflegt und bei etwa notwendig werdenden Umzügen von dem einen Nest in das andere getragen, leben also vollkommen passiv und können somit eines typisch ausgeprägten Geruchssinns entbehren. Wenn sie sich dann zum einzigen Male, wo sie das Nest verlassen, zum Hochzeitsfluge, in die Luft er- heben, kann eine Orientierung fast nur mittels der Augen statt- finden. Diese Tatsache ist ausschlaggebend für die starke Ent- faltung des Lobus opticus bei den beiden Geschlechtsformen ge- wesen. Der Gesichtssinn ist von beiden Geschlechtsformen beim Weibchen weniger gut ausgeprägt als beim Männchen, denn es ist für jenes ziemlich gleichgültig, wo es sich während des Hochzeits- fluges befindet und wo es wieder zur Erde kommt. Eine passende Gelegenheit zur Anlage eines neuen Nestes dürfte überall gegeben sein. Anders das Männchen. Dieses muß während des ganzen Hochzeitsfluges, wenigstens bis zur Begattung, dem Weibchen nach- folgen und braucht dazu, da es lediglich mit Hilfe des Gesichts- sinnes das Weibchen zu erkennen vermag!), stark entwickelte Augen, die denn auch bei ihm weitaus am besten von den 5 Formen entfaltet sind. Die Ocellen spielen bei der Ameise hinsichtlich ihrer op- tischen Brauchbarkeit eine sehr untergeordnete Rolle. Bei vielen Arbeiterinnen (z. B. auch Camponotus ligniperdus) fehlen sie gänzlich, bei den Geschlechtsformen sind sie dagegen immer vor- handen. Dug&s, REAUMUR und MARCAL DE SERRES fanden, daß ihr Verlust fast ohne Folgen bleibt, da die betreffenden Individuen sich genau so gut zurechtfinden wie vordem. Auf alle Fälle sind die Ocellen ein sehr unvollkommenes Sehorgan und dürften nach FOReErL bei Insekten mit Facettenaugen nur akzessorische Bedeutung haben. Im Verein mit JOHANNES MÜLLER neigt er zur Ansicht, daß sie für das deutliche Sehen in nächster Nähe eingerichtet sind. Die Tatsache, daß sie besonders stark bei solchen fliegenden Insekten ausgebildet sind, die komplizierte dunkle Nester be- wohnen, scheint ihm darauf hinzudeuten. Meine Befunde an Camponotus ligniperdus (Männchen und Weibchen) scheinen mir diese Hypothese zu bestätigen, da ich die Ocellen und die zugehörige Pars intercerebralis bei dem Männ- chen viel stärker entwickelt fand als beim Weibchen. Es ist 1) Der spezifische Geschlechtsgeruch des Weibchens dürfte beim Hochzeitsflug erst in zweiter Linie zur Orientierung des Männ- chens dienen (Fort). 102 Heinrich Pietschker, dabei zu bedenken, daß schon an dem Tage vor dem Hochzeits- fluge sämtliche Einwohner des Nestes eine ungeheure Unruhe be- fällt, die sich in einem äußerst lebhaften Durcheinanderlaufen aller Individuen äußert, und daß dem Männchen zu dieser Zeit die Aufgabe zukommt, dem Weibchen innerhalb des dunklen Nestes zu folgen, um den richtigen Zeitpunkt zum Fluge selbst nicht zu verpassen. Dem Gesichtssinn ist bei der Ameise bei weitem nicht die Be- deutung zuzuschreiben, die das Geruchsvermögen für sie hat, wenn auch hinsichtlich der gut sehenden Ameisenarten Einschrän- kungen von dieser allgemeinen Regel gemacht werden müssen. FOrREL hat dies auf Grund vieler interessanter Experimente fest- gestellt. Er nahm Arbeiterinnen verschiedener Gattungen von ihrer Spur, firnißte ihnen die Facetten und Ocellen und setzte sie wieder auf dieselbe zurück. Die gut sehenden Formica-Arten (pra- tensis, fusca, sanguinea etc.) reagierten ungleich stärker auf diese Manipulation als die weniger gut sehenden Gattungen, ein Beweis dafür, daß die mit zahlreichen Facetten ausgerüsteten Arten sich auch des Gesichtssinns in nicht zu unterschätzendem Maße be- dienen. Es fällt dabei für diese Formen noch erschwerend ins Gewicht, daß infolge des gut entwickelten Sehvermögens das Ge- ruchsvermögen weniger fein ausgeprägt ist als bei den schlechter sehenden Arten. FOREL fand, daß die ersteren nach der Schwärzung weit eher die Orientierung verloren als die letzteren. Auf Grund aller seiner Experimente hat er infolgedessen als fundamentale Tatsache festgestellt: „Ohne Antennen sind die Ameisen ver- loren; ohne Augen finden sie noch so ziemlich ihren Weg, vor- ausgesetzt, daß die ihnen gestellte Aufgabe keine zu schwierige ist.“ Die Bedeutung der pilzförmigen Körper. Ein besonderes Interesse nehmen die pilzförmigen Körper für sich in Anspruch, welche für das Insektengehirn charakte- ristisch sind. Ihnen haben denn auch die Autoren von jeher die größte Aufmerksamkeit gewidmet. DUJARDIN (1850) und dann hauptsächlich ForeL (1874) und FLÖGEL (1878) sahen in ihnen die Organe der Intelligenz. Sicherlich stellen die pilzförmigen Körper ein wichtiges Zentral- organ im Insektengehirn dar, da Nervenfasern aus allen wesent- lichen Teilen desselben in ihnen zusammenlaufen, von denen vor Das Gehirn der Ameise. 103 allen Dingen Bahnen aus den Antennenanschwellungen und den Lobi optici zu nennen sind. Aber auch weniger wichtige Be- standteile wie die Protocerebralloben, der Zentralkörper und die Ocellenganglien senden Fasern in die pilzförmigen Körper. Man ’ I ck 1 ! j t =. A.Fm Textfig. 15. Frontalschnitte durch das Gehirn der 3 Formen von Sten- amma westwoodi. A Arbeiterin, W Weibchen, M Männchen. 4.Fm äußere Fibrillärmasse, M.Fm mittlere Fibrillärmasse, I.Fm innere Fibrillärmasse, ce äußere Becher, ci innere Becher, c# Zentralkörper, G.oc Ocellarganglion, oe Oesophagus, Pl Protocerebralloben. 104 Heinrich Pietschker, muß sie daher als eine Sammelstelle der Sinneseindrücke und als. eine Zentralstelle der verschiedensten Bahnen ansehen. Ich lasse es dahingestellt, ob die pilzförmigen Körper in der Tat die Organe der Intelligenz sind. Es ist allerdings wahrschein- lich, daß das Gedächtnis teilweise oder vorzugsweise in diesen Gebilden lokalisiert ist, aber offenbar dienen sie nicht ausschließlich der Verstandestätigkeit, sondern sind auch der Sitz von instinktiven Fähigkeiten (d. h. ererbten Bahnen). Denn sie fehlen auch den Geschlechtstieren der Ameisen nicht, bei welchen von einer „In- telligenz“ kaum gesprochen werden kann. Textfig. 16. Frontalschnitt durch das Gehirn des Männchens von Lasius nieger. A.Fm äußere Fibrillärmasse, M.Fm mittlere Fibrillärmasse, 7.Fm innere F rilläniasee, ce äußere Becher, ci innere Becher, c/; Zentralkörper, Dm Dorsal- masse des Lobus antennalis, #a Facettenauge, G.oc Ocellarganglion, Pl Proto- cerebralloben, $.nbd subretinale Nervenbündelschicht, St Stamm (Stiel). Die Größe der pilzförmigen Körper ist bei den 3 Vertretern (Männchen, Weibchen und Arbeiterin) einer Gattung eine ver- schiedene: bei der Arbeiterin besitzen sie das Maximum der Ent- faltung, dann folgen das Weibchen und als letztes das Männchen (Textfig. 14 e.i, c.e). FOREL meinte, daß die pilzförmigen Körper beim Männchen fehlen und erklärte daraus ihre geringe Intelligenz. Meine Befunde decken sich in dieser Beziehung nicht mit denen Fores. Die pilzförmigen Körper sind auch bei dem Männchen vorhanden, allerdings erheblich kleiner als bei dem Weibchen und bei der Arbeiterin. Zur Kontrolle dieser wichtigen Tatsache führte ich noch Schnitte durch die Gehirne der 3 Formen von Stenamma Das Gehirn der Ameise. 105 westwoodi (Textfig. 15 M, ce und cs) und Lasius niger (Männchen) (Textfig. 16 cs und ce) aus; der von FOREL untersuchte Lasius fuliginosus stand mir leider nicht zu Gebote. Alle diese Schnitt- bilder bestätigen die relativ hohe Entwickelung der pilzförmigen Körper auch beim Männchen. Wir sehen also, daß die Hypothese von DUJARDIN, FLÖGEL und FOREL nicht aufrecht erhalten werden kann, oder daß sie wenigstens starker Einschränkungen bedarf. Wohl haben wir in den pilzförmigen Körpern Zentralorgane der geistigen Fähigkeiten zu erblicken, aber ihr Vorhandensein bildet noch keinen Beweis für hohe geistige Qualitäten. JONESCU ist bei der Honigbiene zu einem entsprechenden Er- gebnis gekommen. Auch hier besitzt die Drohne im Vergleich zu der Königin und der Arbeiterin die geringste Intelligenz, und doch sind ihre pilzförmigen Körper größer als die der Königin und kaum kleiner als die der Arbeiterin. Ich betone darum noch einmal: Die Größe der pilz- förmigen Körper allein ist nicht maßgebend für die geistigen Fähigkeiten, sondern in gleichem Maße der Grad der Entwickelung der übrigen wichtigen Zentren, wie die der Antennenanschwellungen und der Lobi optici. Das Kennzeichen der Intelligenz im Tier- reich ist das Erinnerungsvermögen und die Möglichkeit der in- dividuellen Erfahrung !), also die plastische Fähigkeit (nach FOREL) oder die Bildung embiontischer Bahnen (nach ZIEGLER). Offenbar ist diese Fähigkeit nicht ausschließlich in den pilzförmigen Körpern lokalisiert, sondern auch in den Lobi optiei und den Lobi ol- factorii. FOREL hat die pilzförmigen Körper der Insekten in physio- logischer Hinsicht mit dem Großhirn der Säugetiere verglichen. Die Aehnlichkeit liegt darin, daß hier Bahnen aus allen Teilen des Gehirns zusammenlaufen, ferner darin, daß vorzugsweise hier das Gedächtnis lokalisiert ist, und daß das Organ bei den in- telligenteren Tieren größer entwickelt ist als bei den nicht in- telligenten. Aber weiter läßt sich die Analogie nicht durchführen, da das Insektengehirn nach einem ganz anderen Typus gebaut ist als das Wirbeltiergehirn. Ich erinnere nur daran, daß die De ee 9 I Too; x 1) H. E. ZızetLer, Ueber den Begriff des Instinktes und Der Begriff des Instinktes einst und jetzt. 106 Heinrich Pietschker, Eindrücke des Geruchssinnes bei den Wirbeltieren in dem Riech- lappen und im Stirnlappen des Großhirns lokalisiert sind, während bei den Insekten die physiologisch entsprechenden Bahnen in den Riechlappen, in den Protocerebralloben und in den pilzförmigen Körpern zu suchen sind; die Eindrücke des Gesichtssinns gehen bei den Wirbeltieren in den Thalamus opticus, das Mittelhirn und den Hinterhauptslappen des Großhirns, bei den Insekten in den Lobus opticus, die Protocerebralloben und die pilzförmigen Körper. 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) 17) Das Gehirn der Ameise. 107 Literaturverzeiehnis. Arirtuy, S., Das leitende Element des Nervensystems und seine topographischen Beziehungen zu den Zellen. Mitt. a. d. zool. Station zu Neapel, Bd. XII, 1897. Berroncı, M., Intorno al ganglio ottico degli arthropodi supe- riori. Internat. Monatsschr., Bd. 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Buchstabenerklärung. a Zellschicht der äußeren Fibrillär- masse A.B anastomosierendes Bündel A.Fm äußere Fibrillärmasse A.Krs äußere Kreuzung A.Z äußere Zone der äußeren Fibrillärmasse e Zellgruppen der mittleren pi Fibrillärmasse b.a Zellgruppe auf der äußeren Seite des Lobus antennalis Be Berührungsfurche der beiden Protocerebralloben Bdl Bündel von Nervenfasern zwischen der äußeren Fibrillär- masse und der subretinalen Nervenbündelschicht Bm Bauchmark Br protocerebrale Nervenbrücke c Zellgruppen der inneren Fi- brillärmasse c.e äußerer Becher ci innerer Becher cK Zentralkörper cK.o oberer Teil des Zentral- körpers cKu unterer Teil des Zentral- körpers c.p Faserkommissur zwischen den beiden pilzförmigen Körpern Comm.s.oe Kommissur des Unter- schlundganglions d Zellgruppe an der hinteren Seite der inneren Fibrillär- masse Dm Dorsalmasse des Lobus ol- factorius F.a.i Funiculus antennalis inferior‘ F.a.s Funiculus antennalis superior‘ F.s.a Faisceau supero-anterieur (VIALLANES) G.lb Labialganglion G.md Mandibularganglion G.m& Maxillarganglion G.N.lbr Ganglion desLabralnerven Gl.o Glomerulen des Lobus ol- factorius G.oc Ganglien der Ocellen H.B hinteres Bündel der inneren Fibrillärmasse I.Fm innere Fibrillärmasse I.Krs innere Kreuzung i.W innere Wurzel des pilzför- migen Körpers I.Z innere Zone der äußeren Fi- brillärmasse Krs Kreuzung L.a Lobus antennalis L.o Lobus olfactorius M.a Zellgruppe auf der vorderen und inneren Seite des Lobus. olfactorius M vordere Linse der Fibrillärmasse M' hintere Linse der inneren Fibrillärmasse M.Fm mittlere Fibrillärmasse m.Frg motorische Zellgruppen des Frontalganglionnerven N.a (N.ant) Antennennerv N.ac Nervus accessorius inneren: Das Gehirn der Ameise. N.a.i Nervus antennalis inferior N.a.s Nervus antennalis superior Ne Neurilemm N.fun Nerv des Funiculus N.ib Labialnerv N.ibr Labralnerv N.md Mandibularnev N.mx Maxillarnerv N.oce Ocellarnerv N.r Nervus recurrens N.se Nerv des Basalgliedes der Antenne N.s.!b sympathischer Labialnerv Oece Ocelle Oe Oesophagus Ogl Ocellarglomerulen Os.gl Oberschlundganglion 111 Pl Protocerebralloben Sn Speicheldrüsennerv S.nr subretinale Nervenbündel- schicht St Stiel (Stamm) der pilzförmigen Körper Tr Trennungsfurche der beiden pilzförmigen Körper Trf Trennungsfurchen der Gan- glien des Unterschlundgan- glions Trn Tritocerebralnerv Ugl Unterschlundganglion V Verzweigungsstelle des breiten Bündels v.B vorderes Bündel der inneren Fibrillärmasse p.c Verbindungskommissur der | v.W vordere Wurzel der pilz- beiden inneren Becher förmigen Körper P.i Pars intercerebralis Z große Füllzellen der Becher P.K pilzförmiger Körper der Geschlechtsformen. Tafel 4. Die äußere Gestalt des Gehirns der 3 Formen der Ameise (Camponotus ligniperdus), 160-fache Vergrößerung. Pie. 1. Fig. 1a. Fig. Fig. Fig. Fig. 2a. 3a. Das Gehirn des Männchens von vorn gesehen. Das Gehirn des Männchens von der Seite gesehen. 2. Das Gehirn des Weibchens von vorn gesehen. Das Gehirn des Weibchens von der Seite gesehen. 3. Das Gehirn der Arbeiterin von vorn gesehen). Das Gehirns des Weibchens von hinten gesehen. Tafel 5. Fig. 4 Frontalschnitt durch das Gehirn der Arbeiterin. De- monstration der Lage der pilzförmigen Körper, der Lobi optici und des Zentralkörpers im Gehirn. Fig. 5. Pilzförmiger Körper des Weibchens. Fig. 6. Pilzförmiger Körper des Männchens. Bio 7. Frontalschnitt durch den vorderen Teil des Gehirns der Arbeiterin: die vordere Wurzel (w.W), die Protocerebralloben (Pl), der Lobus antennalis (L.a) mit Glomerulen. Fig. 8. Sagittalschnitt durch das Gehirn des Männchens. Die Lage und der Verlauf des Stieles (St) der pilzförmigen Körper, ci innere Becher, Pl Protocerebralloben, v.W vordere Wurzel, Ugl Unterschlundganglion. 1) Seitenansicht des Gehirns der Arbeiterin siehe Textfig. 5. 112 Heinrich Pietschker, Fig. 9. Teil eines Frontalschnittes durch das Gehirn der Arbeiterin zur Demonstration der beiden Teile des Zentralkörpers (eK.o und ceK.u), Pi Pars intercerebralis, N.rec Nervus recurrens. Fig. 10. Frontalschnitt durch den Lobus opticus des Weib- chens. Man sieht die drei Fibrillärmassen (l.Fm, M.Fm, A.Fm) und einen Teil der subretinalen Nervenbündelschicht (S.n.r). Fig. 11. Frontalschnitt durch den Lobus opticus des Männ- chens. Zeigt dieselben Verhältnisse wie Fig. 7. Fig. 12. Ocellenauge des Männchens nach einem Frontalschnitt. Oe Ocelle, N.oc Ocellarnerv, Pi Pars intercerebralis, Pl Protocere- bralloben. Fig. 13. Horizontalschnitt durch das Gehirn der Arbeiterin. Wir sehen die subretinale Nervenbündelschicht (S.n.r), das Faser- bündel (Badl), die äußere Fibrillärmasse (A.Fm) mit ihren beiden Zonen (Ax und /x) und die Zellgruppe (a) der äußeren Fibrillär- masse, die äußere Kreuzung (A.Krs), die mittlere Fibrillärmasse (M.Fm) mit ihren Zellgruppen (b, b‘, b“), die innere Kreuzung (1Krs), die innere Fibrillärmasse (l.Fm) mit ihren beiden Linsen (M und M‘) und den Zellgruppen (ce und d), das Nervenbündel (F.s.a) (faisceau supero-anterieur von VIALLANES) mit seinem Ver- zweisungsprodukte (V) und dem Nervenbündelchen (A.B), das vordere Bündel (V.B) und das hintere Bündel (ZH.D). Fig. 14. Sagittalschnitt durch den Lobus olfactorius der Ar- beiterin. Man sieht die Verbindung des Lobus olfactorius mit dem Protocerebrum (Pl) durch F.a.s und Fai und die Wurzeln der beiden Antennalneıven (N.a.s und N.a.i). Fig. 15. Horizontalschnitt durch das Gehirn der Arbeiterin in der Gegend des Lobus antennalis. Wir sehen die beiden Zell- gruppen (Ma und ba) des Lobus antennalis (ZL.a), die motorische Zellgruppe des Frontalganglionnerven (m.Frg) und die Dorsalmasse des Deutocerebrums (Dm). Fig. 15. Sagittalschnitt durch das Unterschlundganglion der Arbeiterin.. Oe Öesophagus, (Comm.s.oe Unterschlundganglion- kommissur, G.md Mandibularganglion, G.mx Maxillarganglion, @.lb Labialganglion, Bm Bauchmark. Fig. 17. Sagittalschnitt durch die Nerven der Antenne der Arbeiterin. N.a.s und N.a.i oberer und unterer Antennalnerv, Nfun Nerv des Funiculus, N.sc Nerv des Basalgliedes der An- tenne. Fig. 18. Sagittalschnitt durch das Gehirn der Arbeiterin zur Demonstration der Lage des Tritocerebralnerven (Trn). Osgl Ober- schlundganglion. Fig. 19. Sagittalschnitt durch das Gehirn der Arbeiterin zur Demonstration des Speicheldrüsennervs ($.n). Fig. 20. Sagittalschnitt durch das Gehirn der Arbeiterin zur Demonstration des sympathischen labialen Nerven /N.s.lb) und des Nervus accessorius (N.ac). Das Gehirn der Ameise. | 113 Tafel 6. Frontalschnitte des Gehirns der Arbeiterin (Fig. 21, 22, 23, 24, 25), der Königin (Fig. 26, 27, 28, 29, 30) und des Männchens (Fig. 31, 32, 33, 34, 35). Die Schnitte folgen von vorn nach hinten aufeinander und entsprechen einander der Lage nach. Sämtliche Figuren dieser Tafel sind mit dem Asp&schen Zeichenapparat in einer 170-fachen Vergrößerung gezeichnet. Die Fibrillärmassen sind stets rot ge- malt, die Ganglienzellmassen blau. Fig. 21. Ein Frontalschnitt durch die Vorderfläche des Ge- hirns der Arbeiterin in der Gegend des Lobus antennalis (L.a) und der vorderen Wurzel w.W). Die Protocerebralloben (Pl) sind in ihrer großen seitlichen Ausdehnung sichtbar. Aeußere /(c.e) und innere Becher /c.i) bereits vorhanden. N.r ist der Nervus recurrens, oe der Oesophagus. Fig. 22. Ein Schnitt etwas weiter nach hinten geführt als der in Fig. 21 abgebildetee Man sieht die Kreuzung der Stiele (Krs), die innere Wurzel (].W), die mittlere (M.Fm) und die äußere (A.Fm) Fibrillärmasse des Lobus opticus, das Ganglion des Labral- nerven (G.N.lbr), den Zentralkörper (eK) und die Dorsalmasse (Dm) des Deutocerebrums neu auftreten. Fig. 23. Ein noch weiter nach hinten geführter Schnitt, der die pilzförmigen Körper in ihrer ganzen Ausdehnung, die innere Fibrillärmasse (I.Fm), beide Teile des Zentralkörpers (cK) und die Verbindungskommissur (cp) der beiden Stiele der pilzförmigen Körper trifft. Fig. 24. Ein Schnitt noch weiter nach hinten durch das Unter- schlundganglion (Ugl), die Ocellarnervenbrücke (Br), die Ocellar- glomerulen (Ogl) und den Mandibularnerv (N.md). Fig. 25. Ein Schnitt ziemlich weit hinten im Gehirn geführt, der außer den immer noch sichtbaren beiden Bechern (ci und c.e) ein Schnittbild durch das Maxillarganglion (G.mx) und den Maxillar- nerv (N.mx) liefert. Fig. 26. Frontalschnitt des Gehirns des Weibchens, der Fig. 21 entsprechend geführt. Die Becher sind wegen ihrer geringeren Entfaltung noch nicht sichtbar. Die Zweiteilung der Antennal- nerven in den oberen (N.a.s) und unteren (N.a.i) bereits ausgeprägt. An der unteren Seite des Lobus antennalis (L.a) der motorische Nerv der Antennenglieder (N.m.fun). Fig. 27. Ein Schnitt weiter hinter dem in Fig. 26 abgebildeten In den pilzförmigen Körpern nur erst die inneren Becher (6) sichtbar wegen ihrer Verlagerung nach vorn. Fig. 28. Ein Schnitt weiter nach hinten, der uns die drei optischen Fibrillärmassen (I.Fm, M.Fm, A.Fm), die Zweiteiligkeit des Zentralkörpers (eK) und die pilzförmigen Körper des Weibchens. in ihrer größten Ausdehnung zeigt. Bd. XLVII. N. F. XL. 8 114 Heinrich Pietschker, Das Gehirn der Ameise. Fig. 29. Ein weiter nach hinten liegender Schnitt als der in der Fig. 28 gezeichnete. Man sieht die äußeren Becher wegen ihrer Verlängerung nach hinten noch verhältnismäßig gut entwickelt (e.e), während die inneren (ci) verschwinden. Fig. 30. Ein noch weiter nach hinten liegender Schnitt durch die Gegend des Mandibularganglions (G.md) und des Mandibular- nerven (N.md). Die Becher sind (im Gegensatz zur Arbeiterin) wegen ihrer geringeren Entfaltung bereits verschwunden. Fig. 31. Ein Frontalschnitt durch das Gehirn des Männchens, der in seiner Lage den in den Fig. 21 und 26 abgebildeten ent- spricht. Mittlere Fibrillärmasse (M.Fm) des Lobus opticus infolge ihrer bedeutenden Entwickelung schon getroffen, die Becher der pilzförmigen Körper noch nicht sichtbar (vgl. Arbeiterin und Weib- chen). 32. Ein weiter nach hinten geführter Schnitt. Man be- achte die Ganglien für die Ocellen (@.oc). Die inneren Becher wegen ihrer Verlagerung nach vorn deutlicher sichtbar als die äußeren. Drei optische Fibrillärmassen (I.Fm, M.Fm, A Fm). Fig. 33. Ein Schnitt, der weiter nach hinten in der Gegend der Hauptentfaltung der pilzförmigen Körper liegt. Die Zweiteilig- keit des Zentralkörpers (eK) und die Dorsalmasse des Deutocere- brums (Dm) neu sichtbar. Die mittlere Fibrillärmasse ist verschwunden. Fig. 34. Ein noch weiter nach hinten gelagerter Schnitt. Die äußeren Becher (ce) wegen ihrer Verlagerung nach hinten besser getroffen, die inneren (ci) verschwindend. Br die Ocellarnerven- brücke. Fig. 35. Ein Schnitt, der eine der Fig. 30 entsprechende Lage einnimmt. Die Becher sind bereits verschwunden (siehe Arbeiterin und Weibchen). Unterschlundganglion (Ugl) und Mandibularnerv (N.md) sind getroffen. re Das Os penis der Garnivoren einschliesslich e° der Pinnipedier. Von Lothar Pohl, Präparator am Königlichen Zoologischen Institut Breslau. Hierzu Tafel 7 u. 8 und 4 Figuren im Text. In keiner Ordnung des Tierreiches erreicht wohl am Penis die Glans und der sie stützende Knochen eine solche Ausbildung wie bei den Carnivoren, und es ist deshalb nicht zu ver- wundern, daß speziell über dieses auffällige Knochengebilde, das bei manchen Vertretern dieser Ordnung zu einer ganz mächtigen Entwickelung gelangt, zahlreiche Literaturangaben vorhanden sind. Ich verweise dieserhalb auf die Arbeit von GILBERT!), in welcher die einschlägige Literatur zusammengestellt ist, während wir bei ARNDT ?) speziell diejenige über das Os penis des Hundes finden. In neuerer Zeit hat GERHARDT?) in einer Arbeit über die Kopu- lationsorgane auch des Penisknochens der Raubtiere -mehrfach Erwähnung getan. Kurz vor Fertigstellung meiner Arbeit er- schien eine Arbeit von EcKSTEIN ®): „Die Rutenknochen der Raub- tiere“. — Leider hat darin die neuere Literatur gar keine Be- rücksichtigung gefunden, und es sind darin längst veraltete, un- richtige Angaben wieder aufgefrischt worden. So finden wir die Bemerkung, daß Cetaceen und Marsupialier?°) einen Penis- 1) Tu. GiLgerT, Das Os priapi der Säugetiere. Morph. Jahrb., Bd. X VIII, 1892. 2) RıcHhArp ArnpT, Beitrag zur Anatomie und Entwickelungs- geschichte des Rutenknochens. Dissertation Erlangen, 1890. 3) U. GerHARDT, Morphologische und biologische Studien über die Kopulationsorgane der Säugetiere. Jen. Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. XXXIX, 1904. 4) „Zoologischer Beobachter“, Zeitschr. f. Biol., Pflege und Zucht der Tiere, 51. Jahrg., No. 7, p. 193— 201. 5) In neuester Zeit hat A. J. P. v. op. Brom (Morph. Jahrb,., Bd. XLI, Heft 3, p. 376) im Penis von Phascolomys zwei kurze Knorpelstäbe nachgewiesen. g%* 116 Lothar Pohl, knochen hätten, während dies nicht der Fall ist. Mit Bezug auf erstere hat GERHARDT (l. c. p. 57) bemerkt, daß endlich einmal derartige unrichtige Angaben aus der Literatur verschwinden möchten. Ebenso unrichtig ist ECcKSTEINs Bemerkung, daß die Harn- röhre bei den Mardern durch das Oehr am distalen Ende gehe. Das ist von mir bereits in meiner Arbeit: „Ueber das Os penis der Musteliden“ t) berichtigt worden. In dieser Arbeit habe ich auch schon sämtliche von EcKSTEIN berücksichtigte Penisknochen mit Ausnahme von Fuchs und erwachsenem Baummarder beschrieben, über die aber bereits ausführliche Angaben älterer Autoren vor- lagen. Während GILBERT (l. c. p. 816, Taf. XXVII Fig. 2) eine Beschreibung und Abbildung des Os penis vom Fuchse gibt, weisen CAruS und OrTTo?) auf die Variation in Größe und Stärke der Penisknochen des Steinmarders und der des Baummarders hin, von dem GEGENBAUR) eine Abbildung bringt. Obgleich nun, wie neuerdings die Angaben von ECKSTEIN beweisen, ein Größen- unterschied zwischen den Penisknochen der beiden Marderarten tatsächlich vorliegt, ist in der Form selbst eine wesentliche Dif- ferenz kaum zu konstatieren, wie das auch aus den recht guten Abbildungen in der Arbeit von EcKSTEIN (l. c. p. 195) deutlich zu ersehen ist. Da nun aber die Länge des Penisknochens wegen der Variation innerhalb der Art nicht so wichtig für eine erfolgreiche Begattung zu sein scheint, wie die Form, so ist auch die Behauptung EcKSTEINs, daß eine Begattung des Baummarders mit dem Steinmarder und umgekehrt infolge ihres Unterschiedes im Penisknochen nicht stattfinden könnte, nicht begründet. Weiter folgert genannter Forscher, daß das Os penis bei den einzelnen Arten nicht einmal konstant vorkäme, und führt zur Bekräftigung die Angaben von HuxLer*) und RATHkE°) an, wonach auch in der Eichel des Menschen gelegentlich ein Knochen vorkommen soll. Aber schon GILBERT (]. c. p. 812) bemerkt hierzu, daß, so oft in der Eichel des Menschen ein knochenähnliches Gebilde vor- 1) Jen. Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. XLV, 1909, p. 381—394. 2) Carus und Orro, Erläuterungstafeln zur vergleichenden Anatomie, 1840, Heft 5, p. 16, Taf. IX, Fig. 13. 3) GEGENBAUR, Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, Bd. II, 1901, p. 546. 4) Huxtey, Handbuch der Anatomie der Wirbeltiere, p. 354. 5) Raruke, Vorträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbel- tiere, 1862, p. 169. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 117 gekommen ist, es sich jedesmal um eine pathologische Bildung gehandelt hat, wie sie ja als Folgeerscheinung einer syphilitischen Infektion, oder auch als Malum senile unter Umständen auftreten soll. Als Os penis dürfen diese Bildungen also keinesfalls an- gesprochen werden. Im Gegensatz zu EcKSTEIN bin ich zur Auf- fassung gekommen, daß, wo ein Penisknochen auftritt, dieser auch konstant vorkommt. Durch vorstehende Literaturangaben sind wir nun wohl etwas über das Vorkommen eines Os penis bei den Carnivoren orientiert; über seine Form aber sind nur weniger ausführliche Angaben vorhanden. Da wir aber nun bei den Musteliden gesehen haben, daß dieser Knochen ein ausgezeichnetes Art- merkmal sein kann, und der sich möglicherweise auch zu phylo- genetischen Schlüssen verwenden läßt, so schien es mir eine dank- bare Aufgabe zu sein, den Penisknochen der Raubtiere zum Gegen- stand eines eingehenden, vergleichenden Studiums zu machen und die Lücken in unserer Kenntnis auszufüllen. Der Gang der Untersuchung ist der gleiche wie der in meinen früheren Arbeiten !) über den Penisknochen. Auch in dieser Arbeit wurde ich von Herrn Privatdozenten Dr. GERHARDT mit Rat und Tat unterstützt, wofür ich ihm meinen besten Dank sage. Das mir vorliegende Material, das zum größten Teile dem Zoologischen Institute in Breslau entstammt und das mir von meinem hochverehrten Chef, Herrn Professor Dr. KÜKENTHAL, in stets bereiter Weise überlassen wurde, wofür ich ihm an dieser Stelle meinen ganz ergebensten Dank aussprechen möchte, um- faßt Vertreter aller Familien der Carnivorenordnung. Von einer annähernden Vollständigkeit des Materiales kann natürlich auf diesem Gebiete, schon wegen der Seltenheit einzelner Arten, gar keine Rede sein. Wenn es mir möglich war, über das Os penis wenigstens einiger seltener Arten zu berichten, so habe ich das vor allem der Liebenswürdigkeit des Herrn Öberstudienrates Professor Dr. LAmPERT zu verdanken, der mir das so wertvolle Material des Königl. Naturalienkabinettes zu Stuttgart zur Verfügung stellte. Auch ihm will ich hiermit meinen tiefgefühltesten Dank abstatten. 1) L. Pour, Ueber das Os penis der Musteliden 1. c. — Beiträge zur Kenntnis des Os penis der Prosimier. Anat. Anz, Bd. XXXVII, 1910, p. 225—231. 118 Lothar Pohl, Ehe wir nun zur Betrachtung des Os penis übergehen, er- scheint es notwendig, uns etwas über den Penis der Carnivoren zu orientieren, und es dürfte hier genügen, auf den betreffenden Passus in GERHARDTS zusammenfassender Arbeit zu verweisen. Er schreibt: „Der Penis der Carnivoren ist meist mit einem wohlent- wickelten Os penis versehen. Bei den Ursiden, Caniden, den meisten Mardern und Viverriden nimmt die Eichel eine außerordentliche Länge an und dementsprechend der sie stützende Penisknochen.“ An anderer Stelle sagt genannter Forscher: „Wir können also bei der überwiegenden Mehrzahl der Carnivoren (mit Einschluß der Pinnipedier) einen bestimmten Typus des Penis erkennen: Es kommt hier, wie bei keiner anderen Ordnung, zu einem Ueberwiegen der Glans mit dem Os penis über den Schaft, der schließlich nur ein bewegliches Verbindungsstück zwischen der Glans und dem Körper des Tieres darstellen kann. Aus- nahmen hiervon kommen bei einigen Formen unvermittelt vor (z. B. Paradoxurus), sonst meist bei größeren Familien (Hyaeniden und Feliden).“ Vor allem ersehen wir aus diesen Ausführungen, daß zwischen der Länge der Glans und der des Penisknochens enge Beziehungen bestehen. Meine Beobachtungen an dem Os penis sind nun folgende: I. Ursidae. Thalassaretos maritimus Desnm. (Taf. 8, Fig. 57a, b). Vom Eisbären konnte ich zwei Ossa penis untersuchen, und zwar einen 18,6 cm langen Knochen aus dem Königlichen Naturalienkabinett Stuttgart und einen 18 cm langen aus dem hiesigen Zoologischen Institute. Beide sind seit- lich stark abgeplattet, „falzbeinartig“, wie GILBERT es nennt, ver- jüngen sich allmählich nach dem distalen Ende hin und sind fast gerade. Nur die letzte distale Endigung des Knochens liegt, zu- erst dorsal von der Längsachse desselben abweichend, zweimal eine kurze Konkavität bildend, in einem kurzen und stumpfen Haken ventralwärts und ist seitlich abgeplattet. Die freie Endi- gung des Hakens schwillt knopfförmig an. Auf dieser knopf- förmigen Anschwellung ist bei dem kleineren der beiden Knochen, von Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 119 der freien Endfläche aus betrachtet, eine seichte sagittale Furche zu konstatieren, die sich ventral ca. 1 mm auf den Knochen fort- setzt, während bei dem größeren eine solche nicht zu erkennen ist. Ungefähr in der dorsalen Hälfte der freien Endigung erhebt sich bei beiden ein seitlich komprimierter, kurzer, nasenartiger Vorsprung, der die Fortsetzung der proximal stumpfen, distal schärfer werdenden dorsalen Kante des Knochens darstellt. Im Verein mit diesem Vorsprunge macht das Relief der freien distalen Endigung des Penisknochens, namentlich bei dem kleineren Exem- plare, wo auch der erwähnte Vorsprung markanter ist, den Ein- druck, aus drei ursprünglich getrennten Knochenfortsätzen durch deren Verwachsung entstanden zu sein. Auf der ventralen Seite des Knochens geht die proximal stumpfe, bei dem kleineren etwas abgeplattete Kante allmählich in eine sich quer verbreiternde Abplattung über und am größeren der beiden Knochen kommt hier, durch Aufwulsten der ventralen Kanten des Knochens, eine seichte, aber deutliche Urethralrinne zustande, während an dem kleineren nur eine Abplattung zu konstatieren ist. Das proximale Ende verjüngt sich nach seiner freien Endi- gung keilförmig und ist seitlich komprimiert, bei dem kleineren ziemlich glatt, bei dem größeren aber mit leichten Rauhigkeiten versehen; möglicherweise durch Altersunterschiede bedingt. Ursus spelaeus ROSENMULL. (Rat 8, Fig. 503,.D). Das aus dem Königlichen Naturalienkabinett Stuttgart stammende, sehr langgestreckte, distalwärts sich allmählich ver- jüngende, 22,3 cm lange Os penis vom Höhlenbären ist im wesentlichen dreiseitig prismatisch, dorsal gekielt und ventral konkav. Wie bei der vorigen Art, doch weniger scharf, biegt auch hier das distale Ende ungefähr in der Mitte des distalen Drittels etwas dorsalwärts, proximal eine seichte und kurze Konkavität bildend, um alsdann, schwach hakenförmig ventralwärts biegend, mit einer am freien Ende abgeplatteten Anschwellung zu endigen. Be- trachtet man diese Anschwellung von der ventralen Seite, so erscheint der Knochen gespalten. Die beiden dadurch entstehenden Knochen- fortsätze tragen am freien Ende je einen kondylusartigen Knopf, der aber dorsalwärts jederseits in die Abplattung der freien Seite der distalen Anschwellung übergeht, so daß, wenn man diese vom freien Ende aus betrachtet, ein Bild zustande kommt, das an das 120 Lothar Pohl, eines von unten gesehenen Pferdehufes erinnert. Verfolgen wir die etwa 2 mm tiefe Rinne, die den Knochen spaltet, proximal- wärts, so sehen wir, daß sie sich erst langsam verflacht, um als- dann ca. 4 mm proximal vom freien Ende tiefer zu werden und mit einem ziemlich tief in den Knochen eindringenden kleinen Loche (Foramen nutritium?) zu enden. Es sieht so aus, als wenn das ursprünglich tiefer gespaltene distale Ende durch Verwach- sung das jetzige Relief bekommen hätte, das übrigens viel an dasjenige des kleineren Os penis des Eisbären erinnert, mit dem Unterschiede, daß der dorsale nasenartige Vorsprung auf der freien distalen Endigung beim Höhlenbären wie abgeschnitten er- scheint. Die dorsale Kante des Knochens ist im wesentlichen ab- gerundet und nur in der tiefsten Konkavität nahe dem distalen Ende etwas scharf (schärfer als beim Eisbären), während die ven- trale Fläche proximal querkonvex ist und allmählich in eine sich nach dem distalen Ende wieder verjüngende Abplattung über- geht, aber mit geringerer Querverbreiterung als beim Eisbären. Proximal endigt der seitlich abgeplattete, dorsoventral sich ver- breiternde, nach dem Ende zu aber wieder verjüngende Knochen sagittal keilförmig mit Rauhigkeiten versehen, die vom Ansatze des Corpus fibrosum herrühren. Dieser fossile Penisknochen ist übrigens so gut erhalten, daß man ihn für den einer rezenten Form halten könnte, von dem er sich aber durch größere Schwere unterscheidet. In den Sammlungen des hiesigen Geologischen Institutes befindet sich ein sehr interessanter Penisknochen vom Höhlenbären ; derselbe weist nämlich eine geheilte Fraktur mit Callusbildung auf. Ursus aretos L. Das Os penis vom braunen Bären soll nach OwEn!) 6 Zoll lang sein; ich selbst konnte leider keine Untersuchungen anstellen. Melursus ursinus SHAw. (Taf. 8, Fig. 58a, b). Auch das 12 cm lange Os penis vom Lippenbären zeigt im wesentlichen dieselben Eigentümlichkeiten der vorerwähnten Arten; nämlich die hier allerdings sehr starke ventrale Konkavität, die dorsale Kielung und die sich allmählich querverbreiternde, nach 1) Owen, Anatomy of Vertebrates, Vol. III, p. 672. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 121 dem distalen Ende hin sich wieder verjüngende Abplattung der ventralen Fläche. Nur das proximale, kolbenförmig verdickte und mit Rauhigkeiten versehene Ende des Knochens steht im Gegen- satze zu den vorher beschriebenen, bei denen es seitlich kompri- miert und keilförmig ist. Auf der ventralen Seite ist diese kolben- förmige Endigung nach beiden Seiten abgeflacht, dachförmig. Die dorsale, durch die Kielung entstandene Kante des Os penis ver- läuft sehr scharf und weist ungefähr an der Grenze zwischen mittlerem und distalem Drittel eine kurze aber tiefe Konkavität auf, so daß der Knochen hier wie eingeschnürt erscheint. Das distale Ende ist in einer Ausdehnung von 2 cm sehr stark seit- lich abgeplattet, nimmt aber im Sagittaldurchmesser zu. Die dorsal seitlich flache, einen rechten Winkel mit der dorsalen Kante bildende, senkrecht abgestutzte distale Endigung verdickt sich nach der ventralen Seite hin und ist etwas hakenförmig ventral- wärts gebogen. Im Querschnitt hat diese distale Endverdickung die Form eines gleichschenkligen Dreieckes mit kurzer ventraler Basis, die querkonvex ist. Deutlich sieht man auch hier an dieser ventralen Verdickung zwei kondylenartige Knöpfe mit unregel- mäßigen Oberflächen, die eine allerdings sehr kurze und seichte, proximal etwas tiefer werdende Furche zwischen sich fassen. Proximal von dieser und gewissermaßen als ihre Fortsetzung ist auch das schon beim Höhlenbären auftretende Loch zu kon- statieren, das wahrscheinlich ein Foramen nutritium darstellt. Die freie Seite der distalen Endigung ist mit vielen, zum Teil erhabenen Rauhigkeiten besetzt. Eine äußerst flache Urethral- rinne ist angedeutet. Helaretos malayanus RAFFLES (Batzs, Hie. 093. b). Der sehr grazile Penisknochen eines etwa 8 Jahre alten, aus dem hiesigen Zoologischen Garten stammenden Malayenbären ist 7,9 cm lang und zeigt im wesentlichen dieselbe Form, aber mit geringerem Sagittaidurchmesser, wie das Os penis der vorigen Art, nur sind hier alle Teile schlanker und namentlich das proxi- male Ende des Knochens ist nicht wie bei den vorigen kolben- förmig verdickt, sondern lang ausgezogen mit einer knopfförmigen Endigung, die eine kurze Biegung ventralwärts macht, so daß hier auch noch auf der ventralen Seite eine kurze Konkavität entsteht. Die dachartige Abflachung auf der ventralen Seite ist hier auch 122 Lothar Pohl, bedeutend ausgedehnter. Das distale Ende ist nicht wesentlich von dem Knochen der vorigen Art verschieden, nur daß die dor- sale Kante nicht wie bei dieser im rechten, sondern im stumpfen Winkel umbiegt und das ganze Relief mehr hakenförmigen Typus bekommt. An der ventralen Seite der distalen Endanschwellung ist das bei Ursus spelaeus und Melursus ursinus erwähnte, wie eine proximale Fortsetzung der sagittalen Furche sich ausnehmende Loch bei dem Malayenbären als deutlicher, tiefer, sagittaler Ein- schnitt zu erkennen, der distal. :n die seichte Furche übergeht, so daß eine deutliche Teilung der nach dem freien Ende zu ver- diekten und abgerundeten Endanschwellung zu sehen ist !). II. Procyonidae. Das Os penis der Procyoniden, die früher mit den Bären vereinigt wurden, von diesen aber scharf zu trennen sind, stellt einen wesentlich von dem der Ursiden verschiedenen Typus dar. Es zeigt im allgemeinen eine im Querschnitt mehr oder weniger drehrunde Form, mit manchmal auffälliger Krümmung des Knochen- stabes. Das distale freie Ende ist gespalten und mit kondylen- artigen Fortsätzen versehen. Da ich die Penisknochen von Nasua narica und N. rufa nicht in situ untersuchen konnte, muß ich diejenige Fläche für die ven- trale halten, die eine für diese typische Abplattung aufweist. Es wären dann allerdings diese Knochen im Vergleich mit Procyon lotor und cancrivorus gerade umgekehrt orientiert, so daß auf der Abbildung die beiden Knochen von Nasua rufa mit ihrer dor- salen Seite nach rechts liegen, während Nasua narica wie alle anderen Knochen mit der dorsalen Seite nach links orientiert ist. Nasua narica L. (Taf. 8, Fig. 54a, b). Das Os penis ist hier ein 9,7 cm langer, gerader, im proxi- malen Drittel ventralwärts gebogener, dorsal gekielter Knochen- stab, der distalwärts sich allmählich verjüngt und mit einer dorso- ventral abgeflachten, stark querverbreiterten, herzförmigen Knochen- platte endigt. Diese Platte ist so gestellt, daß die Spitze des Herzens proximalwärts gerichtet ist und in den Knochenstab über- 1) Da das Tier rhachitisch und im Wachstum zurückgeblieben war, so ist es wahrscheinlich, daß auch die Maße des Os penis nicht der Norm entsprechen. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 123 geht. Auf der ventralen Fläche ist die distale, herzförmige Knochen- platte querkonvex, während auf der gegenüberliegenden dorsalen Fläche eine entsprechende Konkavität zu konstatieren ist. . Da, wo die Herzspitze proximal in den Knochenstab übergeht, ist auf der dorsalen Seite des Knochens ein leichter Vorsprung bemerkbar. Proximal endigt der Knochen in einer 1 cm langen, sich quer- verbreiternden Verdickung, an der durch Aufwulsten der dorso- ventralen Kanten in. der Längsrichtung des Knochens liegende Rinnen entstehen. Während a«$ der ventralen Seite die Rinne nur angedeutet ist, ist sie auf der dorsalen tief ausgeprägt. Die dorsale Kante des seitlich abgeplatteten, dreiseitig prismatischen Knochenstabes ist abgerundet und nur auf der Konvexität einiger- maßen scharf. An dieser Stelle sind auch die Seitenflächen kon- kav, wodurch die schon erwähnte Kielung zustande kommt. Die ventrale Fläche ist abgeplattet und querkonvex. Nasua rufa Desm. (131.8, Big. 52 .u..533,b). Von dieser Species liegen mir zwei nicht ganz überein- stimmende Penisknochen vor, und zwar einer aus dem Königl. Naturalienkabinett in Stuttgart, der 7,5cm, und einer aus der hiesigen Sammlung, der 8,3 em lang ist. Beide Knochen sind stark asymmetrisch und bis auf das proximale Ende vollständig gleich in der Form. Die dorsale Kante ist hier weniger scharf ausgeprägt, als bei Nasua Narica. Die ventrale Fläche ist ab- geplattet und mit ziemlich scharfen Kanten versehen, die sich im distalen Drittel konvergierend zu einer ziemlich scharfen Kante vereinigen, die wiederum distalwärts in die bei der vorigen Art schon erwähnten herzförmige Endplatte übergeht. Dabei besteht der Unterschied, daß sie an dem Knochen der vorliegenden Art stark dorsalwärts gebogen und am freien Ende mit einem viel tieferen Einschnitte versehen ist, so daß hier zwei kondylenartige Fortsätze entstehen; auch ist auf der dorsalen Seite die bei dem Penisknochen von Nasua narica erwähnte Konkavität als stark vorspringender nasenartiger Vorsprung ausgebildet. Ungefähr an der Grenze zwischen distalem und mittlerem Drittel ist eine distal und proximal allmählich verlaufende Anschwellung am Knochen zu bemerken. Hier sind auch die Seitenflächen stark abgeplattet, so daß der Durchschnitt des Knochens fast viereckig wird, nur die dorsale Fläche bleibt querkonvex. Die proximale ndigung 124 Lothar Pohl, ist kolbig verdickt, dorsal abgeplattet und ventral in der Median- linie mit einer schwachen rinnenförmigen Vertiefung versehen. Während an dem längeren der beiden Knochen die kolbige Ver- dickung sehr stark ist, tritt bei dem kürzeren nur eine kolbige, bedeutend schwächere Anschwellung auf. Procyon cancrivorus G. Cuv. (Taf. 8, Fig. 5la, b). Das 9,4 cm lange asymmetrische, leicht S-förmig geschwungene, im wesentlichen abgeplattet dreikäntige Os penis von Procyon canerivorus erinnert im Habitus sehr an das der Nasua-Arten. Es ist an der Grenze der distalen und proximalen Hälfte dorsal schwach gekielt. Die dorsale Kante des Knochens ist stark ab- gerundet, während die ventralen einigermaßen scharf sind und wenigstens in der distalen Hälfte des Knochens eine deutliche Urethralrinne zwischen sich fassen. Distalwärts konvergieren die Kanten wie bei der vorigen Art und vereinigen sich kurz vor der distalen Endigung. Hier verschwindet die Rinne, um aber sofort wieder einzusetzen und endigt mit einem kleinen Loche, wie wir es bei den Ursiden gesehen haben. Während aber bei letzteren das Loch nur tief in den Knochen eindrang, wird hier derselbe vollkommen davon perforiert. Zwei Fortsätze, die seitlich etwas flachgedrückt erscheinen und auf der dorsalen Seite, etwa 3 mm proximal vom freien Ende entfernt, plötzlich scharf gegen den hier, von der Seite gesehen, flachen Knochen absetzen, auf der ventralen Seite aber abgerundet sind, bilden die distale Endigung. Sie fassen zwischen sich einen 2 mm tiefen Einschnitt, der proxi- mal ungefähr bis auf 1,5 mm an die schon erwähnte Perforation heranreicht. In der proximalen Hälfte verliert der Knochen all- mählich seine abgeplattete dreikantige Form, wird fast drehrund und endigt proximal in einer ventral eine scharfe Kante auf- weisenden, kaum nennenswerten Verdickung mit starken Rauhig- keiten zum Ansatz des Corpus fibrosum, Procyon lotor L. (Taf. 8, Fig. 48—50 a, b). Von Procyon lotor liegen mir drei Penisknochen vor, die, ob- wohl im allgemeinen übereinstimmend, in der Stärke und nament- lich in Ausbildung des proximalen Endabschnittes sehr variieren. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 125 Der größte der drei Knochen mit einer Länge von 10,9 cm ent- stammt der Sammlung des Königlichen Naturalienkabinettes Stutt- gart und ist auch bei weitem der stärkste. Die beiden anderen Knochen der hiesigen Sammlung messen 9,9 und 9,7 cm. Alle drei Knochen sind übereinstimmend S-förmig gebogen und im wesentlichen dreikantig; an der Grenze zwischen distaler und proximaler Hälfte etwas verdickt. Während bei den zwei kleineren Penisknochen auf der Ventralseite, die leicht abgeplattet ist, eine flache aber deutliche Urethralrinne zu konstatieren ist, tritt diese bei dem größten nur im distalen Drittel einigermaßen in Erscheinung; sonst ist bei diesen die Ventralfläche querkonvex. An allen drei Exemplaren ist ungefähr an der Grenze zwischen distaler und proximaler Hälfte eine distal wie proximal sich wieder verjüngende Querverbreiterung des Knochenstabes zu kon- statieren. Hier ist auch auf der dorsalen Seite eine undeutliche Kielung des Knochens zu sehen. In der distalen Hälfte, distal von der erwähnten Querverbreiterung, ist der Knochen seitlich stark abgeplattet und ungefähr in einem rechten Winkel zur Längs- achse ventralwärts gebogen. Distal endigt der Knochen vom Wasch- bären, wie die Penisknochen der vorigen Arten, mit zwei kondylen- artigen Fortsätzen, die etwas hakenförmig ventralwärts biegen und einen ca. 3 mm tiefen Einschnitt zwischen sich fassen. Ventral . abgerundet, sind diese Fortsätze in proximaler Richtung nicht ganz so scharf wie bei P. cancrivorus dorsal gegen den Knochen ab- gesetzt, auf der dorsalen Seite und zwischen diesen Fortsätzen liegt eine muldenförmige Vertiefung, die proximal in den Knochen- stab übergeht. Die proximale Endigung ist bei den drei vor- liegenden Knochen sehr verschieden. Während bei zweien diese Endigung keulenförmig ausläuft, ist bei dem dritten, der auch der kürzere ist, nur eine leichte, nach dem Ende zu sich aber wieder verjüngende Anschwellung zu konstatieren. Dieses Ende ist dorsal seitlich stark abgeplattet und mit einer scharfen Kante versehen, die sich in distaler Richtung schnell verflacht und in den Knochen- stab übergeht. Ventral und seitlich ist der Knochen deutlich mit rauhen Kanten von der Ansatzstelle des Corpus fibrosum, die ventral mit einigen Rauhigkeiten versehen ist, abgesetzt. Bei den anderen beiden Knochen, deren proximales Ende keulen- förmig verdickt ist, tritt eine sich proximalwärts verjüngende Fortsetzung der dorsalen Fläche, als nasenartiger Vorsprung auf, welcher der bei dem kleineren Knochen abgerundeten, bei dem größeren etwas seitlich komprimierten Ansatzstelle des Corpus 126 Lothar Pohl, fibrrosum ein eigenartiges Gepräge gibt. Diese ist bei beiden mit Rauhigkeiten besetzt, die jedoch bei dem größeren deutlicher zum Ausdruck kommen. Möglicherweise sind diese individuellen Schwankungen in der Ausbildung des proximalen Endes durch Altersunterschiede bedingt. III. Mustelidae. Ueber das Os penis der Musteliden habe ich seinerzeit schon berichtet (l. c.) und ich möchte hier nur noch einiger Penis- knochen dieser Familie Erwähnung tun, die in der Arbeit nicht berücksichtigt worden sind, und die dem Königl. Naturalienkabinett in Stuttgart entstammen. Lutra brasiliensis Zımm. (Taf. 8, Fig. 44 a, b). Das Os penis des brasilianischen Fischotters ist 7,2 cm lang und stellt einen im proximalen Drittel dreiseitig prismatischen, im mittleren Drittel fast drehrunden, ventral leicht konkaven Stab dar, dessen Ventralseite abgeplattet ist. In seinem distalen Drittel verbreitert sich der Knochen in dorsoventraler Richtung, sich kurz vor der freien Endigung dorsalwärts aufbiegend. Ventral mit schmalen hohen Rändern ist eine tiefe Rinne zu konstatieren, die ungefähr an der Grenze zwischen distalem und mittlerem Drittel proximalwärts in die ventrale Abplattung des Knochens übergeht und distal nach dem freien Ende zu sich auf dieses fortsetzt, hier allerdings weniger tief. In seiner Form der distalen Endigung und speziell der ventralen Rinne hat der Knochen viel Aehnlich- keit mit dem von Putorius putorius; doch ist die bei dem Knochen dieser Species ausgesprochene Asymmetrie an dem von Lufira brasiliensis nicht zu konstatieren. Denken wir uns am Knochen vom Iltis die Konkavität, die durch das dorsale hakenförmige Aufbiegen des distalen Knochenendes entsteht, durch Knochen- substanz ausgefüllt, so haben wir ungefähr das Relief der distalen Endigung des Penisknochens von Lutra brasiliensis. Aber auch das proximale Ende erinnert an das bei Putorius putorius. Es ist seitlich etwas abgeplattet und durch zwei seitlich schwach vor- springende Wülste, deren linker hier stärker entwickelt ist, deut- lich durch eine ringförmige Einschnürung vom übrigen Knochen abgesetzt. Der letzte Abschnitt der proximalen Endigung ist etwas kolbig verdickt, ohne irgendwelche nennenswerte Rauhigkeiten. 4 Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 127 Enhydra lutris L. (Taf. 8, Fig. 40 a, b). Beim Seeotter ist das Os penis, das im Verhältnis zum Tiere sehr stark entwickelt ist, im wesentlichen ein dreiseitig prisma- tischer, gerader Stab; nur das distale Ende ist dorsal aufgebogen. Seine Länge beträgt 16,5 cm. Es gehört also zu den größten Penis- knochen, die bei Carnivoren vorkommen. Während die ven- tralen Kanten stark abgerundet sind, ist die dorsale einigermaßen scharf; auch ist hier ein dorsaler Kiel angedeutet. Die Ventral- fläche des Knochens, die querkonvex ist, weist im distalen Drittel einen scharfen medianen Einschnitt auf, der den Eindruck des Restes einer verwachsenen Furche (Urethralrinne oder Gefäßfurche ?) macht. Proximalwärts setzt sich dieser Einschnitt als sehr flache Furche ein Stück auf die Ventralfläche fort. Distalwärts geht er, auch hier in eine seichte Furche auslaufend, in eine muldenförmige Vertiefung der distalen, mit unregelmäßigen Rauhigkeiten besetzten Endigung über, die seitlich von ungleich hohen, sich schaufelförmig verbreiternden und nach innen und ventral umgebogenen Rändern begrenzt ist. Während die linke Rinnenwand weiter distalwärts reicht und, vom freien Ende aus gesehen, mit dem die Fortsetzung der dorsalen Kante des Knochens darstellenden, nasenartigen, ventral- wärts gerichteten Vorsprunge verwachsen ist, wird die rechte durch einen tiefen Einschnitt deutlich von diesem abgesetzt. Wir haben es hier also wieder, wie bei den Ursiden, mit einer Dreiteilig- keit der distalen Endigung zu tun, die ja am schönsten bei Gulo luscus (l. c. p. 385) zum Ausdruck kommt. Das proximale Ende des Knochens ist sagittal keilförmig, mit gewölbten, durch ventrale und dorsale Wülste scharf vom übrigen Knochen abgesetzten seit- lichen Flächen. Diese beiden, distal spitzwiuklig begrenzten Flächen, die auf den beiden Seiten des proximalen Knochenendes sehr stark unsymmetrisch entwickelt sind, und die wohl die Ansatz- stellen des Corpus fibrosum darstellen, setzen sich durch scharfe, rauhe Leisten von dem weiter distal gelegenen Teile des Knochens ab. Diese beiden Leisten stoßen ungefähr in der dorsalen Medianlinie in einem distal offenen spitzen Winkel zusammen. An ihnen treten eine große Anzahl von Gefäßen in den Knochen ein, wie aus dem Vorhandensein zahlreicher Foramina nutritia er- sichtlich ist. 128 Lothar Pohl, IV. Canidae. Owen (l. c. p. 669) sagt in bezug auf die Carnivoren: „The penis, save in Canidae, Viverridae, and Hyaena, has a bone.“ Es IA {A = WI SGG zu Pr. rg zu EN AS ———— amtTıN — | 0.cU u Textfig. 1. Längsschnitt durch den Penis des Pudels. u Urethra, b.f Bindegewebsfortsatz, c.c.u Corpus cavernosum urethrae, c.c.g Corpus caver- nosum glandis, 0.p Os penis, sw Seitenwulst, d.g Bulbus glandis, pr Prae- putium, c.f Corpus fibrosum. handelt sich hier offenbar um einen Irrtum, denn an anderer Stelle erwähnt er bei den Hunden: „The ossicle is grooved for the urethra.“ In der Tat kommt allen Caniden ein wohlentwickeltes ANLTRLLLLRRLLRUN N Textfig. 2. Längsschnitt durch den Penis des Polarhundes. Orientie- rung wie bei Fig. 1. Die punktierte Linie gibt die Ausdehnung des Bulbus glandis an. Os penis (Textfig. 3)!) zu, das die von vielen Autoren erwähnte Form einer langgestreckten Knochenrinne oder, wie ELLENBERGER 1) Es ist für die allgemeine Veranschaulichung des Penis- knochens der Caniden derjenige eines Haushundes benutzt worden, da er die Charaktere schärfer zum Ausdruck bringt. . 7 1 Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 129 und Baum!) sagen: „Hohlsonde* hat, die die Harnröhre dach- förmig überwölbt. Die dorsale Kante ist mehr oder weniger scharf. Durch Verstreichen dieser Kante und der ventralen Ränder der Rinne wird der distale Abschnitt des Knochens (Textfig. 3) fast drehrund. Die distale freie Endigung ist sehr variabel; sie kann spitz auslaufend oder knopfförmig verdickt sein, es kann sich aber auch eine Tendenz zur Teilung bemerkbar machen. Schließlich tritt auch eine reguläre Gabelung ein. Immer aber ist ein knorpel- ähnlicher, wie Arnpr (l. c. p. 18) nachgewiesen hat, aus Binde- gewebselementen bestehender, spitz zulaufender Fortsatz (Text- fig. 1b f) allen Penisknochen der Caniden eigentümlich, der der distalen Endigung derselben aufsitzt. Ungefähr in der Mitte des 9 Textfig. 3. Os penis der dänischen Dogge. « stabförmiger distaler Teil, b distaler Sattelhöcker, c Seitenwulst, d Sattel, e proximaler Sattelhöcker, f proximaler Endabschnitt, y Rinne. Knochens, manchmal etwas mehr proximal gelegen, macht sich zu beiden Seiten der Rinne an deren Wänden, und zwar an der Außenseite ventral gelegen, je eine bald stärker, bald schwächer ausgesprochene, in der Längsrichtung des Knochens liegende, kurze, wulstartige Verdickung (Textfig. 1 sw und Textfig. 3c) bemerkbar; wir wollen sie ganz allgemein Seitenwülste nennen. Von der Seite betrachtet beschreibt der Knochen eine Wellenlinie, die nament- lich auf der Dorsalfläche, bei einigen Knochen allerdings nur an- gedeutet, immer konstatiert werden kann. Durch besondere Eigen- tümlichkeiten ist bei allen Penisknochen der Caniden die proximale Endigung ausgezeichnet (Textfig. 3 f), die mit mehr oder weniger deutlichen Rauhigkeiten besetzt ist, was speziell bei den domesti- zierten Arten auffällig zum Ausdruck kommt. Distalwärts von der 1) Erıenserser und Baum, Vergleichende Anatomie der Haus- tiere, 9. Aufl., Berlin 1900. Bd. XLVII, 8. F. XL. 9 130 Lothar Pohl, proximalen Endigung und diese gewissermaßen begrenzend, tritt bei allen Knochen, aber ungleich stark ausgebildet, eine kurze, stumpf- kantige Konvexität auf (Textfig. 3 e), die, wenn man den Knochen im Profil betrachtet, distalwärts in eine Konkavität übergeht (Textfig.3 d). Darauf folgt in derselben Richtung eine abermalige Konvexität (Textfig. 3 d), die aber im Gegensatz zur proximalen in der Längs- richtung des Knochens scharfkantig ist. Der distale stabförmige Endabschnitt kann entweder gerade, ventral- oder auch dorsal- wärts gekrümmt sein. Beim Haushunde kommen des öfteren Ab- weichungen von diesem allgemein beschriebenen Typus vor; so kann bei ihm die distale Konvexität fast gänzlich fehlen. Die ventralen Ränder der Rinne folgen im wesentlichen der Krümmung der dorsalen Kante. Ventral sind diese Ränder nach innen gewölbt und nähern sich bei manchen Rassen der Haushunde einander soweit, daß stellenweise die Rinne fast zu einer Röhre geschlossen wird. Wir sehen also, daß das Os penis aller Caniden von einem einheitlichen Gesichtspunkte aus betrachtet werden kann. Allen eigentümlich ist erstens die Rinnenform (Textfig. 3 g), die distal in einen Knochenstab (Textfig. 3 a) übergeht. Zweitens finden wir bei allen die Seitenwülste (Textfig. 3c) und drittens tritt ohne Ausnahme die proximo-dorsale Konkavität auf, die proximal immer und distal in den meisten Fällen in je eine Konvexität übergeht. Wir wollen aus gleich zu erläuternden Gründen diese Konkavität als Sattel (Fig. 3d) bezeichnen. Dieser Sattel ist am Penis- knochen der dänischen Dogge (Fig. 3), der alle Merkmale sehr prägnant zeigt, schön zu sehen, weshalb dieser Knochen auch als Grundlage der folgenden Schilderungen benutzt wurde. Die distale und proximale Konvexität der dorsalen Kante möchte ich als Sattelhöcker (Fig. 3c) bezeichnen. Um nun die Form des Knochens, speziell die des Sattels, dessen Höcker und der Seitenwülste in Zusammenhang mit den anderen Teilen des Penis zu bringen, wird eine kurze Betrach- tung der Anatomie desselben notwendig sein. Wie allgemein bekannt sein dürfte, stellt der Penisknochen eine Verknöcherung des Septums und der Hülle des Corpus fibrosum dar, und es ist deshalb auch dessen Verbindung mit dem Periost des proximalen Knochenendes eine sehr innige. Gleich- falls eine sehr feste Verbindung mit dem Knochen, und zwar mit dessen dorsalem Kamme und den Seitenflächen geht das Corpus cavernosum des den Caniden eigentümlichen Bulbus glandis Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 131 (Fig. 1 5.9) ein, der gewissermaßen auf dem erwähnten Sattel des Knochens reitet und mit seinen Schenkeln jederseits an der Außen- seite der ventralen Ränder der Rinnenwände inseriert. Distal- wärts ziehen die Schenkel des Schwellknotens, die Rinnenränder wieder verlassend, oberhalb (dorsal) der erwähnten Seitenwülste an den Seitenflächen des Knochens entlang — jene gewissermaßen als Grundlage (Steigbügel) benutzend — und erstrecken sich fast bis zum stabförmigen distalen Teile. Proximalwärts reicht das Schwellgewebe des Bulbus glandis bis zum proximalen Höcker des Sattels.. Dieser Höcker wird irrtümlicherweise von ARNDT (l. c. p. 17) als die Grundlage des Schwellknotens angesehen. Aber auch auf der sonst sehr guten schematischen Darstellung des Hundepenis von GERHARDT (l. c. p. 65) ist der Schwellknoten zu weit nach hinten (proximal) geraten und es ist auch irrtümlich auf der ventralen Seite des Penis Schwellgewebe für den Bulbus glandis eingezeichnet worden. Nach meinen Befunden erstreckt sich dieses Corpus cavernosum nur auf den dorsalen und seit- lichen Teil des Knochens und läßt auch im erigierten Zustande die ventrale Knochenrinne frei, wie das auch ELLENBERGER und Baum (l. c. p. 551) angeben. Während nun der Bulbus glandis und das Corpus fibrosum (Fig. 1 c.f) sehr fest mit dem Knochen verbunden sind, umgibt das Corpus cavernosum glandis (Fig. 1 c.c.g), das dorsal etwas stärker entwickelt ist als ventral, den distalen Teil des Knochens wie ein Rohr (GERHARDT |. c. p. 65) und erstreckt sich proximalwärts noch etwas über den Bulbus glandis, auf den auch die Umschlagsstelle des Präputiums zu liegen kommt. — Diese kurzen Bemerkungen über die Penisanatomie sind notwendig, um das Auftreten der Höcker und Wülste an dem Knochen richtig zu verstehen. Nach der allgemeinen Betrachtung des Penisknochens der Caniden wollen wir nun zum Studium derselben bei den einzelnen Species übergehen. Ich werde mich bei der Beschreibung darauf beschränken, nur auf die einzelnen Abweichungen vom allgemeinen Typus einzugehen. Canis familiaris L. (Taf. 7, Fig. 1—17 a, b u. Taf. 8, Fig. 60). Wie bei keiner anderen Species treffen wir hier beim Haus- hunde auf eine gesteigerte Variabilität des Os penis, sowohl in Form wie in Größe und erst innerhalb der Rassen scheint 9* 132 Liothar Pohl, wieder eine größere Konstanz einzutreten. Diese Rassenkon- stanz am Penisknochen der Haushunde hat auch ARNDT (l. c. p. 20) bereits feststellen können. Immerhin sind diese Beobach- tungen noch nicht genügend abgeschlossen, um ein definitives Urteil zu fällen, und es dürfte eine dankbare Aufgabe sein, an der Hand eines noch umfangreicheren Materiales, als es mir gegenwärtig zu Gebote steht, weitere Untersuchungen anzustellen, denn es ist nicht ausgeschlossen, daß in dieser Beziehung zur Ab- stammung der Rassen des Haushundes wichtige Beiträge geliefert werden können. Vorläufig muß ich mich darauf beschränken, an der Hand des mir vorliegenden Materiales einige Rassen zu beschreiben: Dänische Dogge (Taf. 7, Fig. 8a, b). Der mir vor- liegende Penisknochen zeigt eine überraschende Uebereinstimmung mit dem von ARNDT beschriebenen und abgebildeten (l. c. p. 16, Taf. II, Fig. 1). Seine Länge beträgt 11,8 cm. Auffällig an dem Knochen ist die beträchtliche dorso-ventrale Höhe in der proxi- malen Hälfte. Deutlich ist hier der Sattel mit seinen beiden Höckern ausgebildet und die distale Endigung gegabelt. Im übrigen stimmt der Knochen vollkommen mit den Angaben ARNDTS überein, so daß sich eine weitere Beschreibung erübrigt. Schottischer Schäferhund (Taf. 7, Fig. 2 u. 3a, b). Von den mir zur. Verfügung stehenden zwei Penisknochen mißt der eine 9,2 cm, der andere 9,6 cm. Beide zeigen eine auffällige Eigentümlichkeit in der Ausbildung der Seitenwülste. Diese sind etwas vorspringend und flügelartig ausgezogen (Taf. 7, Fig. 3 b). ARNDT (l. c. p. 20) erwähnt diese flügelartig ausgezogenen Fort- sätze bei der Beschreibung des Os penis vom großen deutschen Hirtenhunde; bei anderen Rassen konnte ich eine derartige Ausbildung derselben nirgends konstatieren. Während bei beiden Penisknochen vom schottischen Schäferhunde der Sattel des Bulbus glandis gut ausgebildet ist, kann man nur bei dem kleineren von beiden den distalen Sattelhöcker deutlich erkennen, während er bei dem größeren nur sehr schwach angedeutet ist. Der proximale Höcker ist bei beiden ausgeprägt, bei dem größeren etwas stärker entwickelt und nicht so scharf vom proximalen Ende abgesetzt wie bei dem kleineren Exemplare, bei dem die dorsale Kante be- deutend scharfkantiger ist als bei dem größeren. Während bei dem kleineren Knochen die Rinnenwände auf der Ventralseite kaum nennenswert nach innen gewölbt sind und nur ein zahn- artiger Fortsatz des linken Randes der Rinnenwand an der Grenze Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 133 zwischen mittlerem und proximalem Drittel etwas nach innen übergreift, sind die mit vielen Rauhigkeiten versehenen Rinnen- wände des größeren Knochens auf der Ventralseite stark gewölbt und nähern sich an der Grenze von mittlerem und proximalem Drittel in der Medianlinie bis auf 2 mm. Da an diesem Knochen auch die flügelartig ausgezogenen Seitenwülste stärker und rauher ausgebildet sind, und auch die proximale Endigung stärker ent- wickelt und mit vielen Rauhigkeiten versehen ist, dürfte es sich möglicherweise um den Knochen eines älteren Individuums handeln. Zwischen dem distalen Sattelhöcker und dem freien Ende des Knochens ist bei dem schwächeren Penisknochen noch eine Kon- kavität zu konstatieren, während bei dem größeren und stärkeren die distale Konvexität mit einer kaum nennenswerten Konkavität in die distale Endigung übergeht. Bei beiden ist diese etwas knopf- förmig verdickt, vom freien Ende aus gesehen abgeflacht und mit un- regelmäßigen Rauhigkeiten besetzt. An dem schwächeren Knochen hat die freie Fläche eine spongiöse Beschaffenheit, was darauf schließen läßt, daß derselbe von einem jüngeren Tiere stammt. Bernhardiner (Taf. 7, Fig. 7a,b). Das 12,5 cm lange, kräftige, mit vielen Rauhigkeiten besetzte Os penis dieser Rasse liegt mir nur in einem Exemplare vor. Im wesentlichen ventral- konkav ist der Knochen stark asymmetrisch und seine ganze Be- schaffenheit, namentlich die spongiöse Oberfläche, macht den Ein- druck eines krankhaften Zustandes. Der Sattel ist flach und der proximale Höcker desselben stellt eine länglich-wulstige Verdickung dar, die seitlich verdickt und wenig vom Sattel abgesetzt ist. Dagegen ist der distale Höcker sehr stark ausgebildet und scharf- kantig. Von den Seitenwülsten ist die linke als rundliche Ver- dickung der Rinnenwand zu erkennen, während die rechte eine deutlich abgesetzte, längliche Wulst darstellt. Ungefähr 1 cm von der Grenze der proximalen und distalen Hälfte des Knochens in proximaler Richtung treten die Ränder der Rinnenwände, auf der Ventralseite sich nach innen wölbend, bis auf 2 mm zusammen. Das distale stabförmige Ende ist sehr kurz und dreikantig mit querkonvexen Flächen und endigt etwas knopfförmig verdickt mit rauhen Rändern. Der freien Endigung sitzt ein kurzer, kegel- förmiger Fortsatz auf, der zur Insertion des bindegewebigen An- hanges dient. Das proximale Ende des Knochens ist verdickt und mit vielen Rauhigkeiten und Exostosen versehen. Pudel (Taf. 7, Fig. 1, 12, 13a, b). Die drei in der Samm- lung befindlichen Penisknochen vom großen Pudel, von denen einer, 134 Lothar Pohl, der nicht abgebildet wurde, einen noch ganz jugendlichen Ein- druck macht, variieren sehr in der Form. Dem von Arnpr (l. c. p. 22) abgebildeten und beschriebenen Knochen vom Pudel ähnelt noch am meisten der auf Taf. 7, Fig. 12 a, b von mir abgebildete. Dieser ist der kleinste, kleiner noch als der jugendliche Knochen und mißt 8,3 cm, während jener 8,5 cm, der größte aber 9,1 cm Länge hat. Sattel und Höcker sind schwach entwickelt, die Seiten- wülste deutlich zu erkennen. Die distale freie Endigung ist knopf- .förmig verdickt. Die Befunde an diesen drei Knochen sind so verschieden, daß es nicht möglich ist, sie als Grundlage für ein abschließendes und allgemein gültiges Urteil über den Penisknochen dieser Hunderasse zu verwenden, der eine starke Variabilität zu besitzen scheint. Vielleicht handelt es sich um eine wenig kon- solidierte Rasse, vielleicht auch um Rückschläge, durch die die Verschiedenheiten der Knochen bedingt sind; diese Möglichkeit muß um so mehr ins Auge gefaßt werden, als über die Rassenreinheit der Hunde, von denen die Knochen stammen, nichts bekannt ist. Großer Seidenspitz (Taf. 8, Fig. 60). Das sehr sym- metrische, 8,5 cm lange Os penis hat einen gut entwickelten Sattel. Der proximale Höcker stellt eine längliche, seitlich etwas verdickte Wulst dar, der distale ist scharfkantig und geht mit einer ganz schwachen Konkavität kurz vor dem distalen Ende in dieses über. Die freie Endigung ist etwas verdickt, leicht ventralwärts gebogen, auch macht sich hier, namentlich auf der ventralen Seite, eine Teilung der Knochenspitze bemerkbar. Die Seitenwülste sind deutlich, wenn auch nicht sehr stark entwickelt. Die ventralen Ränder der Rinne sind rauh und durchweg fast gleich weit von- einander entfernt. Den eben beschriebenen Knochen sehr ähnlich ist der von ARNDT (l. c. p. 22) abgebildete Penisknochen von einem 9-jährigen kleinen Seidenspitz, nur daß dieser einen primi- tiveren Charakter trägt. Foxterrier (Taf. 7, Fig. 14, 15a, b). Die Länge dieses Penisknochens beträgt 7 em. Außer diesem konnte ich noch ein Jugendstadium (Fig. 15 a, b) untersuchen, das 4,9 cm Länge auf- wies. Dieser junge Knochen ist stark asymmetrisch und stellt im wesentlichen eine breite, flache Knochenrinne dar, mit scharfer dorsaler Kante. Der Sattel ist tief ausgebuchtet, der proximale und distale Höcker gut entwickelt; letzterer geht direkt in den distalen Teil, der bis zum schwach verdickten freien Ende rinnen- förmig ist, über. Nennenswerte Rauhigkeiten sind am Knochen nicht zu konstatieren. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 135 Der ausgewachsene Knochen zeigt einen wohlausgebildeten Sattel, der im weiten Bogen bis zur Grenze des mittleren und distalen Drittels reicht und dort in den schwach konvexen, scharf- kantigen distalen Höcker übergeht. Darauf geht die dorsale Kante mit einer schwachen Konvexität in den 1,5 cm langen, drehrunden und stabförmigen distalen Teil über, der an seiner freien Endi- gung eine ventralwärts gebogene knopfförmige Verdickung trägt, die eine schwache Andeutung einer Teilung aufweist. Der proxi- male Sattelhöcker ist verdickt und auf beiden Seiten mit einem vorspringenden Fortsatze versehen. Die proximale Endigung weist Rauhigkeiten auf zum Ansatze des Corpus fibrosum. Affenpintscher (Taf. 7, Fig. 16a, b). Das 6,6 cm lange Os penis dieser Rasse zeigt einen sehr flachen Sattel mit schwach ausgebildetem proximalen Höcker. Der distale Höcker stellt eine gestreckte Konvexität dar, die in den nicht sehr langen drehrunden Endteil des Knochens übergeht. Die freie Endigung ist etwas verdickt und mit scharfen und rauhen Rändern versehen. In ihrer Mitte, von vorn betrachtet, erhebt sich ein kurzer, kegelförmiger Fortsatz. Die Seitenwülste sind nur schwach angedeutet, das proximale Ende ist raulı und verdickt. Rehpintscher (Taf. 7, Fig. 17 a, b). Der von einem schon ziemlich alten Hunde stammende, 3,4 cm lange, schwach S-förmig gebogene Knochen trägt Charaktere, wie wir sie sonst nur bei den Knochen junger Hunde antrefien, so daß wir es hier mit einer konstant gewordenen Jugendform zu tun haben, wie das ja auch am Schädel des Rehpintschers besonders gut zum Ausdruck kommt. Der Penisknochen dieser Rasse stellt eine flache Rinne dar mit geringer knopfförmiger Verdickung am distalen Ende. Im wesentlichen erscheint die dorsale Kante abgerundet und ist nur in der proximo-dorsalen Konkavität, die den Sattel darstellt, einigermaßen scharf. Seitenwülste sind kaum zu erkennen. Das proximale Ende ist etwas verdickt und endigt in drei gesonderten Fortsätzen, von denen der eine der dorsalen Kante entstammt, während die beiden anderen den Rinnenwänden entsprechen. Die mir vorliegende Sammlung enthält außer diesen auf- geführten Penisknochen noch solche von Dachs-, Jagdhund (Taf. 7, Fig. 6), Dogge (Taf. 7, Fig. 5) und deutschem Schäferhund (Taf. 7, Fig. 4). Da aber die sichere Definition dieser „Rassen“ mit Schwierigkeiten verknüpft ist, so z. B. be- sonders „Jagdhund“ und „Dogge“ verschiedene Rassen in sich vereinen, da ferner bei Dachs- und Schäferhund nach den Be- 136 Lothar Pohl, funden es als unwahrscheinlich angesehen werden mußte, daß es sich um reine Rassen handelt, wurde von einer Beschreibung der- selben abgesehen. Auch der Penisknochen eines Wolfsspitzes (Taf. 7, Fig. 11) konnte leider nicht berücksichtigt werden, weil die Beschaffenheit des Knochens darauf schließen läßt, daß patho- logische Veränderungen vorliegen. Von Bastarden sind folgende Penisknochen vorhanden: „Bastard von Wolfsspitz“ 1), „Bastard von Terrier“ !), Bastard von Dalma- tiner -— Terrier und Dachs + Terrier. Der größte und wegen seiner mächtigen dorsalen Aufbiegung auffällige Knochen wurde von Herrn Dr. GERHARDT mit der Bezeichnung Ziehhund (Taf. 7, Fig. 9 a, b) der Sammlung überwiesen. Derselbe hat die respektable Länge von 13,3 em. Nach den vermischten Merkmalen zu urteilen, dürfte es sich um einen Bastard von dänischer Dogge und deutschem Hirtenhunde handeln, denn diesem scheint nach der Beschreibung und Abbildung von ARrnDT (l. c. p. 20, Taf. II, Fig. 2) die scharfe dorsale Aufbiegung des distalen Teiles allein eigen zu sein. Der proximale Teil des Knochens ähnelt sehr dem am Knochen der dänischen Dogge. Aber auf solche Aehnlichkeiten hin, die an sich nicht ohne Bedeutung sind, können sichere Schlüsse, die zur Aufstellung konstanter Merkmale führen würden, nicht gezogen werden, weil die an der Erzeugung der Bastarde beteiligten Eltern nicht bekannt sind. Auffällig ist übrigens beim Os penis vom Dachshunde die relative Größe und Stärke, die der des Penisknochens des großen schwarzen Pudels gleichkommt und auch dem Penisknochen eines mittleren Jagdhundes nicht viel nachgibt. Der Dachs an und für sich ist ja im Körper kein so kleiner Hund; er wirkt nur so klein, da die niedrigen Beine in gar keinem Verhältnis zum übrigen Körper stehen. Polarhund (Taf. 7, Fig. 10a, b). Das Os penis des von der Drygalskischen Polarexpedition mitgebrachten Polarhundes ist 8,7 cm lang. Auffallend ist an demselben der äußerst grazile Bau und die glatte, kaum nennenswerte Rauhigkeiten zeigende Oberfläche. Im Verhältnis zu dem der übrigen Haushunde macht der Knochen einen direkt primitiven Eindruck. Der Sattel ist kurz und flach und wird proximal von einem scharfkantigen kurzen Höcker begrenzt. Der distale Höcker, hier besser die distale Konvexität, welche den Sattel begrenzt, geht allmählich in 1) Womit gekreuzt, nicht mehr zu ermitteln. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 137 den dünnen, drehrunden, 2 cm langen, stabförmigen distalen Teil des Knochens über, der mit einer kleinen, unregelmäßig knopf- förmigen Anschwellung frei endigt. Kurz vor seiner distalen Endi- gung macht der distale Teil eine kurze Biegung dorsalwärts, so daß proximal von der freien Endigung eine seichte Konkavität entsteht. Seitenwülste sind nur sehr schwach ausgebildet. Auf der ventralen Seite verlaufen die sehr scharfen, wellenförmig ge- zackten Rinnenränder fast gleich weit voneinander entfernt. Die proximale Endigung ist vom Knochen nicht sichtbar abgesetzt und spitzt sich nach ihrem Ende hin etwas zu und teilt sich außerdem in zwei kurze Fortsätze. Canis lupus L. (Taf. 7, Eie.18%a,'b). Das 10,8 cm lange Os penis vom Wolfe zeigt den Sattel für den Bulbus glandis sehr gut ausgeprägt. Der proximale Höcker ist kaum zu konstatieren; dagegen ist der distale gut entwickelt, aber ziemlich stumpfkantig. Durch das dorsale Aufbiegen des distalen Teiles entsteht zwischen dem distalen Sattelhöcker und der freien Endigung des Knochens eine ausgedehnte Konkavität. Das stabförmige, kurze, fast drehrunde Ende läuft, sich querver- breiternd, in zwei am freien Teile deutlich gesonderte Fortsätze aus, von denen jeder einen kurzen, kegelförmigen Aufsatz trägt. Auf der ventralen, ein kleines Stück auch auf der dorsalen Seite, geht in proximaler Richtung die Bifurkation in eine seichte Furche über, die auf der ventralen Seite 1 cm, auf der dorsalen dagegen nur 5 mm lang ist. Seitenwülste sind vorhanden, aber nicht sehr scharf vom übrigen Knochen abgesetzt. Die Rinnenränder sind auf der Ventralseite etwas nach innen gewölbt, nähern sich un- gefähr in der Mitte des Knochens auf 3,5 mm. Das proximale Ende ist mit einigen Rauhigkeiten versehen zum Ansatze des Corpus fibrosum. Lupulus mesomelas ScHRrEB. CTaf._ 7, Rie., 20225): Der Penisknochen vom Schabrackenschakal hat viel Aehnlichkeit mit dem einiger Rassen des Haushundes. Sein ganzer Habitus weicht entschieden von dem anderer wildlebender Caniden wesentlich ab. Seine Länge beträgt 5,4 cm. Der Sattel tritt hier deutlich in Erscheinung und wird proximal von einer allmählich 138 Kllbothar Pohl, in das proximale Ende übergehenden scharfkantigen Konvexität begrenzt. Der distale, etwas stumpfkantige Höcker geht in ge- rader Linie in den 1 cm langen, rundlichen, mit einer stumpfen Spitze endigenden distalen Teil des Knochens über. Die Seiten- wülste sind deutlich vorhanden; außerdem ist ventral von der Mitte des Sattels an den Seitenflächen der Knochenrinne noch je ein kurzer nasenartiger Vorsprung zu bemerken. Die ventralen Ränder der Rinne sind etwas rauh und zackig und wenig nach innen gewölbt. Ungefähr in der Mitte des Knochens tritt sozu- sagen eine Einschnürung desselben ein, dort nähern sich auch die Rinnenwände einander auf 2 mm. Das proximale Ende ist mit wenigen Rauhigkeiten besetzt und läuft in eine kurze, abgesetzte Spitze aus. Thous ceanerivorus Desnm. (Tar7, Kie: 19a; b). Ganz abweichend von vorigem und vielmehr dem der später zu beschreibenden Füchse ähnlich, ist der 5,5 cm lange Penis- knochen vom Fuchsschakal. Der etwas flache Sattel ist auch hier deutlich zu sehen. Sein proximaler Höcker tritt als ziemlich ausgedehnte, scharfkantige Konvexität auf und geht, wenig ab- gesetzt, in die proximale Endigung über, die eine vom Knochen deutlich abgesetzte, knopfartig verdickte Spitze darstellt, ohne irgendwelche Rauhigkeiten. Der distale, ebenfalls scharfkantige Sattelhöcker ist kurz und geht distalwärts allmählich in die dorsale Kante des Knochens über. Der distale, stabförmige Abschnitt ist stumpf dreikantig und endigt frei mit zwei etwas ventralwärts gebogenen, stumpfen Fortsätzen, die einen 1 mm tiefen Einschnitt zwischen sich fassen und von denen der rechte etwas länger ist. Ventral und wie die proximalwärts laufende Verlängerung dieses Einschnittes erscheinend, ist eine seichte Furche zu bemerken, die sich über den ganzen stabförmigen Teil erstreckt. Seitenwülste sind vorhanden. Etwas proximal von der Mitte des Knochens gelegen findet eine leichte Einschnürung desselben statt. Vulpes alopex L. (Taf. 7, Fig. 23—25, 62a, b). Dem Os penis des Fuchsschakals sehr ähnlich ist, wie schon erwähnt, dasjenige des Fuchses, so daß die Beschreibung des Penisknochens der vorhergehenden Species im wesentlichen auch Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 139 auf den des Fuchses paßt, mit dem Unterschiede, daß bei diesem der stabförmige distale Abschnitt kürzer und kräftiger ist und mit einer knopfförmigen Verdickung endigt, ohne, wie beim Fuchs- schakal, gegabelt zu sein. Bei dem stärksten der mir vor- liegenden drei Penisknochen vom Fuchse, der 6 cm lang ist, ist der distale Teil stark ventralwärts gebogen. Die beiden anderen messen 5,5 cm und 5,2 cm. Das proximale Ende ist spitz aus- laufend und mit einigen Rauhigkeiten versehen, also etwas ab- weichend von dem des Knochens der vorigen Art. An einem, und zwar dem 5,5 cm langen Penisknochen ist die rechte Rinnen- wand an ihrem ventralen Rande etwa 0,5 cm von der Mitte des Knochens in proximaler Richtung entfernt, mit einem flügelartig ausgezogenen Vorsprunge versehen. Außer diesen drei Knochen konnte ich noch den 4,3 cm langen Penisknochen eines jüngeren Fuchses untersuchen, der im wesent- lichen den vorbeschriebenen Knochen gleicht. Eine Abweichung von der Gesamtform ist nur darin zu erblicken, daß dieser Knochen stark dorsal-konkav ist. Sehr interessant sind mehrere schlitz- artige Perforationen, die zu beiden Seiten der dorsalen Kante in der Längsrichtung des Knochens liegen. Es sieht so aus, als wenn dieser aus drei parallel Jaufenden Knochenstäben verwachsen würde, von denen die beiden äußeren mit dem mittleren durch Knochen- brücken verbunden sind. Der dorsale Sattel ist auch hier deutlich zu sehen und namentlich sein distaler Höcker im Verhältnis zu erwachsenen Exemplaren stark entwickelt und scharfkantig. Das proximale Ende ist dünn und ziemlich spitz zulaufend; das distale knopfförmig verdickt und ventral abgeplattet. Vulpes lagopus L. (BarT7.. Fig. 2ieu.’223 D). Außer dem aus dem Königlichen Naturalienkabimett Stutt- gart stammenden, 6,4 cm langen Penisknochen eines erwachsenen Eisfuchses stand mir noch ein 1,9 cm langer Penisknochen eines ganz jungen Fxemplares aus der hiesigen Sammlung zur Verfügung. Der erwachsene, asymmetrische Knochen ist im wesent- lichen dorsal-konkav, mit scharfer dorsaler Kante. Sattel, Seiten- wülste und proximaler Höcker sind, wenn auch nur schwach an- gedeutet, vorhanden. Von einem distalen Höcker ist dagegen nichts zu bemerken. Der distale, stabförmige, fast drehrunde Ab- schnitt endigt frei in zwei ungleich ausgebildete kurze Fortsätze, 140 Lothar Pohl, die einen seichten Einschnitt zwischen sich fassen. Auf der ven- tralen Seite geht dieser Einschnitt proximalwärts in eine zuerst relativ breite, dann aber sich verengende Furche über, die ihrer- seits wieder in die Rinne übergeht. Das proximale Ende ist spitz zulaufend und mit einer schwachen knopfförmigen Verdickung ver- sehen. Auf der ventralen Seite sind die Ränder der Rinnenwände etwas nach innen umgebogen und an der Grenze zwischen proxi- malem und mittlerem Drittel wulstig verdickt. Der Knochen des jungen Tieres (Taf. 7, Fig. 22 a, b) stellt eine asymmetrische, flache Rinne dar, die im wesentlichen dorsal- konkav ist. Die dorsale Kante ist scharf. Ungefähr in der Mitte des Knochens macht sich, wie bei der des jungen Fuchses, an jeder Rinnenwand je eine längliche, in der Längsrichtung des Knochens liegende Perforation bemerkbar, von denen die linke länger ist als die rechte. Es macht auch hier den Eindruck, als wenn die Knochenrinne aus drei gesonderten, parallelen Knochenstäben durch Verwachsung entsteht. Da vorliegendes Stadium ein jüngeres ist wie das von Vulpes alopex, so sind wohl die beiden äußeren ven- tralen Stäbe mit dem mittleren dorsalen noch nicht durch Knochen- brücken verwachsen. Cuon alpinus PALras (Taf. 8, Fig. 64 a, b). Vom Rotwolfe liegen mir zwei Penisknochen:vor, und zwar der 4,1 cm lange eines ungefähr 1!), Jahre alten Tieres, sowie ein 2,7 cm langer eines ungefähr 5—6 Monate alten Individuums. Beide Tiere sind in Turkestan gefangen und haben ca. 4 Wochen im hiesigen Zoologischen Garten gelebt. Der Penisknochen des älteren Rotwolfes hat eine auffallende Aehnlichkeit mit dem unseres Haushundes. Er stimmt am meisten mit dem Knochen vom jungen Seidenspitz überein, doch finden wir in seiner Form auch Anklänge an Rehpintscher und Terrier. Die Form des Os penis von Cuon alpinus ist im wesentlichen ventral-konkav; dadurch aber, daß sein proximaler Teil sich dorsal aufbiegt, entsteht dorsal noch eine Konkavität — der Sattel. Der proximale Höcker ist deutlich ausgebildet. Die dorsale Kante ist sehr scharf, plattet sich aber im distalen Drittel ab. Auf der ventralen Seite ist die Rinne nur in der proximalen Hälfte des Knochens ausgeprägt, in der distalen dagegen verläuft sie sehr schnell und geht in eine ventrale Abplattung des distalen Endes Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 141 über. Die Rinnenränder sind sehr scharf, werden distalwärts all- mählich flacher und verlaufen in die ebenfalls scharfen seitlichen Kanten der distalen stabförmigen Endigung, deren Querschnitt fast halbrund ist. Das freie Ende ist knopfförmig verdickt. Proxi- mal endigt der Penisknochen, sich etwas zuspitzend, in zwei un- gleich lange Fortsätze, die durch einen Schlitz getrennt und mit einigen Rauhigkeiten versehen sind. Das Os penis des jungen Tieres ist noch in der Entwickelung begriffen, zeigt im wesent- lichen eine flache Rinne, deren Wände nur in der proximalen Hälfte etwas höher werden und ungefähr 8 mm vom proximalen Ende, namentlich auf der linken Seite, scharf von diesem ab- gesetzt sind. Im distalen Drittel ist die Rinne etwas abgeflacht und endigt frei etwas verdickt. Das distale Ende ist noch zu wenig entwickelt, um etwas Bindendes darüber zu sagen. Das proximale Ende ist seitlich komprimiert. Der dorsale Sattel ist gut ausgebildet und stark konkav; seine beiden Höcker, die scharf- kantig sind, und von denen der distale stärker entwickelt ist, sind deutlich ausgeprägt. In der Medianlinie der Sattelkonkavität des Knochens, etwas mehr nach links gelegen, verläuft eine 8 mm lange, schlitzartige Perforation. Es macht hier den Eindruck, als wenn bei der Verwachsung der Rinne nur zwei parallel verlaufende Knochenstäbe beteiligt wären. Lycaon pietus Teumnm. (Tafl.r8;Fig; 61): Das eigenartig geformte Os penis vom Hyänenhunde ist 9,3 cm lang. Auffallend ausgebildet ist an ihm der proximale Höcker, der sich zu einer seitlich komprimierten, mächtigen Crista erhebt, deren dorsaler Rand mit spitzen Vorsprüngen versehen ist. Der proximale Teil nimmt nach dem Ende zu schnell allseitig an Umfang ab und läuft in eine dreikantige stumpfe Spitze aus, die mit Rauhigkeiten besetzt ist, die vom Ansatze des Corpus fibrosum herrühren. Der Sattel für den Bulbus glandis ist kurz und wird distal von einem kaum merklichen Höcker begrenzt. 2,5 cm von der distalen Endigung geht der Knochen in den drehrunden, stab- förmigen Endabschnitt über und endigt frei anscheinend in einer Gabelung; doch ist das nicht mit Sicherheit zu konstatieren, da dem freien Teile noch eine bäumchenartige Ossifikation des binde- gewebigen Fortsatzes aufsitz. Die ventrale Rinne ist im all- gemeinen flach und nur da, wo dorsal der proximale Höcker, der zu einem ansehnlichen Knochenkamme ausgebildet ist, dem Knochen 142 Lothar Pohl, aufsitzt, sind die Rinnenwände ventralwärts ausgezogen, etwas nach innen gewölbt und mit gezähnten Rändern versehen. Es tritt also an dieser Stelle eine ansehnliche dorsoventrale Verbreiterung des Knochens ein, die um so auffälliger wirkt, als sein proximal und distal davon gelegener Teil verhältnismäßig dünn ist. Da diese Species oft als eine Art Uebergang zwischen Hyänen und Hunden betrachtet worden ist, so verdient es Interesse, daß ihr Penis- knochen ausgesprochenen Hundecharakter zeigt. V. Hyaenidae. Hyaena crocuta ERXLEB. Die gefleckte Hyäne besitzt nach meinen Untersuchungen und nach Angaben in der Literatur keinen Penisknochen. Hyaena striata Zımm. Auch die gestreifte Hyäne hat nach Angaben von OwEN (l. c. p. 671) und nach meinen Befunden kein Os penis und es ist um so befremdender, daß in der Sammlung des Königlichen Naturalien- kabinettes in Stuttgart ein Penisknochen (Taf. 8, Fig. 46), als von Hyaena striata stammend, bezeichnet ist. Es ist dies ein 8,35 cm langer Knochen von eigenartiger Form. Man möchte über- haupt glauben, es handele sich nicht um einen Penisknochen, wenn nicht der distale Teil ihn ausdrücklich als solchen kennzeichnete. Dieser distale Abschnitt ist stabförmig, fast drehrund, dabei seit- lich etwas abgeplattet und leicht spiralig gedreht; ähnelt also, ab- gesehen von dieser Drehung, darin dem distalen Abschnitt am Knochen der Caniden. Was an dem Knochen dorsal oder ventral ist, war nicht festzustellen. Das proximale Ende ist stark ver- dickt, hinten mit schräg abgestutzter Basis. Während die eine Seite des im wesentlichen flachen Knochens glatt und querkonvex ist, machen sich auf der anderen Seite mit Ausnahme des mittleren Drittels unregelmäßige Erhabenheiten und grubige Vertiefungen bemerkbar. Im allgemeinen macht der Knochen nicht den Ein- druck eines normalen Gebildes und es dürfte sich hier wohl um einen vielleicht pathologischen Ausnahmefall handeln, der aber immerhin interessant genug bleibt. Da der distale Teil fast normal nach einer gewissen Gesetzmäßigkeit ausgebildet ist, was bei einer rein pathologischen Ossifikation kaum vorkommen dürfte, ist es nicht ganz ausgeschlossen, daß wir es hier mit einer atavistischen Erscheinung zu tun haben. Doch muß man-mit einem derartigen Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 143 Urteile vorsichtig sein und es bleibt abzuwarten, was weitere Unter- suchungen des Penis dieser Species für Resultate ergeben werden. Auf diesen einen mir vorliegenden, nicht ganz eindeutigen Befund hin möchte ich es nicht wagen, ein bindendes Urteil abzugeben. VI. Viverridae., Viverra eibetha L. Nach den Angaben von Owen (l. c. p. 670) fehlt dieser Art ein Os penis. Viverra eivetta ScHREB. Nach der Schilderung von BRAnDT und RATZEBURG !) kommt dieser Species ein „halbgespaltener und gefurchter“ Penisknochen zu. Mir lag ein Exemplar zur Untersuchung vor. Dieses 1,2 cm lange, gedrungene Os penis zeigt gemeinsame Merkmale mit dem von Genetta tigrina. Es ist ein halbrunder Stab, dessen dorsale Fläche zu einem Fortsatze verlängert ist, der das proximale Ende des Knochens bildet. Die ventrale, leicht querkonvexe Fläche ist scharfkantig, verjüngt sich proximalwärts plötzlich und läuft in einen kurzen medianen Fortsatz aus, der von der verlängerten dorsalen Fläche um 2 mm überragt wird. Auf der rechten Seite ist dort, wo die ventrale Fläche scharf gegen das proximale Ende abgesetzt ist, ein kleiner Vorsprung zu bemerken, während auf der linken eine Perforation zu konstatieren ist. Eine gleiche Oeffnung befindet sich am proximalen Endfortsatz und es er- scheint das Innere des proximalen Knochenabschnittes, durch diese Löcher betrachtet, als Hohlraum. Die distale Endigung des Penis- knochens ist zangenartig gegabelt und etwas ventralwärts gebogen und erinnert an die von Microcebus murinus unter den Pro- simiern?). Dorsal ist die Gabelung stark abgeplattet. Die beiden Kanten der ventralen Fläche gehen, sich etwas auf- wulstend, in die Aeste der Gabel über und drehen sich mit diesen etwas spiralig nach innen. Auf der ventralen Seite fassen diese beiden Aeste eine tiefe, quer zum Knochenstabe liegende Kon- kavität zwischen sich, die sich proximalwärts ein kleines Stück auf den Knochen fortsetzt und durch die nach den Aesten auf- steigenden ventralen Kanten begrenzt wird. 1) Branpr und Rarzegurg, Medizinische Zoologie. Berlin 1829. 2) Siehe Pont, 1. c. p. 228. 144 Lothar Pohl, Herpestes griseus E. GEOFF. (Taf. 7, Fig. 27, 28a, b). Von dieser Art liegen mir zwei gleich große Penisknochen vor. Sie haben eine Länge von 1,3 cm, stimmen aber in der Form nicht ganz miteinander überein. Sie erinnern mit ihrer Rinnenform sehr an das Os penis der Caniden. Auch wie bei diesen geht die Rinne im distalen Teile des Knochens in die Stab- form über, mit einer knopfförmigen Verdickung am freien Ende. Auf der dorsalen Seite sind die Knochen nicht scharfkantig wie bei den Caniden, sondern stark abgerundet. Der distale, stab- förmige Abschnitt ist dreikantig und ventralwärts gebogen. Die ventralen Ränder der Rinne sind rauh und ausgezackt und ver- laufen parallel. Erst im distalen Abschnitt gehen sie konvergierend, allmählich an dorsoventraler Breite abnehmend, in das stabförmige Ende über. Die proximale Endigung trägt eine 2 mm lange, dorsale, scharfe Crista und ist mit Rauhigkeiten versehen. Die rechte Rinnenwand weist bei dem einen Knochen (Fig. 27) nahe dem distalen Ende zwei kleine, in dorso-distaler Richtung liegende Perforationen auf. Der zweite Penisknochen (Fig. 28) ist nicht sehr von dem vorigen verschieden, dessen Beschreibung auch auf diesen im wesentlichen paßt, mit dem Unterschiede, daß hier der stabförmige distale Abschnitt sehr kurz ist, da die ungleich hohen Rinnen- wände bis fast an das freie Ende des Knochens heranreichen, das kaum merklich knopfförmig verdickt ist. An der Grenze zwischen distalem und mittlerem Drittel ist die rechte Rinnenwand, die etwas niedriger ist als die linke, mit einer dreieckigen Perforation (Gefäßloch ?2) versehen. Auf der ventralen Seite sind die Rinnen- wände ungefähr in der Mitte des Knochens etwas eingeschnürt. Herpestes auropunetatus Hons. (Taf. 7, Fig. 26 a, b). Der kurze, 1,1 cm lange, mit dorsoventral sehr verbreiterten Rinnenwänden versehene Penisknochen von der Goldstaub- manguste zeigt in der Form im wesentlichen dasselbe Bild, wie das der vorhergehend beschriebenen beiden Arten. Die Rinne ist seitlich stark komprimiert und in der Mitte eingeschnürt. Die rechte Rinnenwand, die eine in dorso-ventraler Richtung liegende Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 145 längliche Perforation aufweist, ist auch hier in ihrem distalen Teile etwas niedriger, als die linke. Die ventralen Rinnenwände sind scharf, zackig und verlaufen, 2 mm von der distalen Endi- gung sich plötzlich verjüngend, so, daß ein scharfer Absatz gegen den distalen Teil entsteht, allmählich bis fast zum freien Ende. Dieses ist auf der dorsalen Seite kielförmig und etwas ventral gebogen, und mit einer spitz zulaufenden, schwachen, knopf- förmigen Verdickung versehen. | Herpestes faseiatus Desn. (Taf. 7, Fig. 29, 30 a, b). Von der Zebramanguste liegen mir zwei Penisknochen vor, und zwar einer eines erwachsenen Exemplares von 1,7 cm Länge und der eines jungen Tieres, der 7 mm lang ist. Im wesent- lichen hat der Knochen, wenigstens im mittleren und distalen Drittel, die Form einer dachartigen Rinne. Das proximale Drittel dagegen ist massiv und nur dadurch, daß sich die Rinnenwände in proximaler Richtung auf dieses fortsetzen, entsteht ventral eine flache rinnenartige Vertiefung. Sonst ist die proximale Endigung, deren ventrale Flächen seitlich vorspringen, seitlich flachgedrückt, mit einigermaßen scharfen dorsalen Kanten und Rauhigkeiten ver- sehen. Vom proximalen Ende distalwärts nehmen die hier sehr flachen Rinnenwände im dorsoventralen Durchmesser allmählich zu und sind scharfrandig. Wie bei der vorigen Art tritt auch hier, ungefähr in der Mitte des Knochens, eine seitliche Einschnürung der Rinne ein. Ungefähr 3 mm von dem sich zuspitzenden, seitlich flachgedrückten distalen Ende entfernt, laufen die beiden Wände der Rinne, sich scharf von der distalen Endigung absetzend, jeder- seits in einen zahnartigen Fortsatz aus, der von dem dorsalen, die eigentliche Spitze des Knochens darstellenden, um 2 mm über- ragt wird. Bei dem jungen Exemplare (Taf. 7, Fig. 29 a, b) ist der dor- sale Fortsatz des distalen Endes gespalten, so daß die einheit- liche distale Spitze beim alten Tiere durch Verwachsung zweier in der Jugend gesonderter Fortsätze zu entstehen scheint. Während beim jungen Tiere die distale Endigung des Penisknochens aus vier getrennten Fortsätzen, zwei dorsalen längeren und zwei ventralen kürzeren, besteht, sind am erwachsenen Knochen nur drei zu konstatieren: ein dorsaler längerer und zwei ventrale kürzere. Bd. XLVIL. N. F.LX. 10 146 Lothar: Bohl,; Paradoxurus hermaphrodyta SCHREB. Bei dieser Art konnte ich kein Os penis konstatieren. Auch GIEBEL?!) bemerkt schon, daß bei Paradoxurus ein Penisknochen fehle. Genetta tigrina SCHREB. (Taf. 7, Fig. 32 a, b). Der kurze, gegabelte, ventral gefurchte, am proximalen Ende stark aufgetriebene Penisknochen von der Tigergenette ist 7 mm lang und dem von Viverra civetta nicht unähnlich. Im wesentlichen dreiseitig prismatisch, schwillt der Knochen proximal- wärts mächtig an. Die ventralen, ziemlich scharfen Kanten des Prismas sind an der freien Fläche der proximalen Endigung jeder- seits zu etwas vorspringenden spitzen Ecken ausgezogen, während die stumpfe dorsale Kante mit den dorsalen Seitenflächen zu einem stumpfen, 1 mm langen Fortsatze verlängert ist, ähnlich wie wir es bei Viverra civetta gesehen haben. Distalwärts verjüngt sich der Knochen und geht am freien Ende in eine Gabelung über. Die beiden Fortsätze, die die Gabel bilden, gehen proximalwärts in die etwas erhöhten ventralen Kanten des Knochens über und fassen zwischen sich eine distal etwas breitere, proximalwärts sich ver- engernde rinnenartige Furche. Auf der Dorsalseite, proximal von der Bifurkationsstelle gelegen, ist eine schwache Konvexität deut- lich wahrzunehmen, die, wie bei Ailurus, stufenartig gegen das distale Ende abgesetzt ist. Ailurus fulgens F. Cuv. (Tal. Big: Sala, b) Das 2,2 cm lange, im wesentlichen dreiseitig prismatische, leicht dorsal-konkave Os penis vom Panda hat in vieler Beziehung Aehnlichkeit mit dem der vorigen Art, nur daß hier die Gabelung nur angedeutet und keine ventrale Furche vorhanden ist. Die ven- tralen Kanten gehen distalwärts jederseits in einen ohrenartigen, kurzen, seitlich gerichteten, spitz zulaufenden Fortsatz über. Diese Fortsätze, die etwas an die kondylenartigen bei Procyon und Nasua erinnern, sind am freien Ende durch eine quer zur Längsachse des Knochens liegende, in der Medianlinie eingebuchtete Knochen- kante verbunden. Die mediane Einbuchtung setzt sich als seichte 1) C. G. Gieser, Die Säugetiere in zoologischer, anatomischer und paläontologischer Beziehung, 1855. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 147 Furche dorsal etwa 1 mm weit auf den Knochen fort. Die dorsale Kante ist ziemlich scharf und ca. 1 mm proximal vom distalen freien Ende stufenartig abgestutzt, so daß sie, im Profil gesehen, sich deutlich vom freien Ende absetzt, wie das bei Genetta tigrina der Fall ist. Während die ventrale Fläche des Knochens ab- geplattet ist und nur im proximalen Drittel eine flache, mulden- förmige Vertiefung aufweist, sind die Seitenflächen in der Längs- richtung des Knochens gekehlt. Nach dem stark angeschwollenen proximalen Ende zu nimmt, wie bei der vorigen Art, der Knochen allseitig stark an Umfang zu. Die ventralen Kanten vereinigen sich am proximalen Ende des Knochens in der Medianlinie. Die dorsale Kante ist proximalwärts zu einem aufgetriebenen Fortsatze verlängert und steht durch ein sagittales knöchernes Septum, das proximo-ventral mit einem rechtwinkligen Vorsprunge versehen ist, mit der Ventralfläche in Verbindung. Durch dieses Septum wird die trichterartige Vertiefung, die von der Basis aus distal- wärts das quer-keilförmig ausgeschnittene proximale Ende des Knochens aushöhlt, in zwei Teile gesondert. Diese beiden Ver- tiefungen sind in Verbindung mit dem Septum zum Ansatze des Corpus fibrosum bestimmt. Nennenswerte Rauhigkeiten weist das proximale Ende nicht auf. Crossarchus obseurus F. Cuv. (Taf. 7,. Fig. .35 a,.b). Das 1,7 cm lange Os penis dieser Species stellt im wesent- lichen einen seitlich flachgedrückten Stab dar, dessen proximales Ende stark aufgetrieben und dreikantig ist. Die ventrale Fläche des Dreikantes ist flach und glatt, während die seitlichen Flächen mit Rauhigkeiten zum Ansatze des Corpus fibrosum versehen sind. Die dorsale Kante, die sich über den ganzen Knochen erstreckt, ist weniger scharf als die ventrale, die proximal in die erwähnte ventrale Fläche des dreikantigen Endstückes übergeht. Am distalen Ende trägt der Knochen eine seitlich abgeplattete knopfförmige Verdickung. VII. Feliden, Cryptoprocta ferox BENNET (Taf. 8, Fig. 47). Aehnlich dem soeben beschriebenen Knochen ist der dem Königl. Naturalienkabinett in Stuttgart entstammende, 6,2 cm 10* 148 Lothar Pohl, lange Penisknochen der Fossa. Er besteht im wesentlichen aus einem seitlich komprimierten Knochenstabe. Während dieser in der proximalen Hälfte im Querschnitt mehr rund erscheint, ist die distale Hälfte sehr stark abgeplattet und nimmt im dorso-ventralen Durchmesser in distaler Richtung allmählich zu, um nach dem distalen Ende hin sich wieder zu verjüngen. So bekommt die ganze distale Hälfte des Knochens die Form einer senkrecht stehenden, mit der Schneide abwärts gekehrten Lanzette. Die distale freie Endigung des Knochens ist leider etwas beschädigt, so daß ihre Form nicht mehr einwandsfrei festgestellt werden kann; sie scheint aber in eine stumpfe Spitze auszulaufen, die schwach auf- getrieben ist. Auf der Ventralseite geht die distale scharfe Kante der Lanzette in der proximalen Hälfte in eine abgeplattete, sich zuerst spiralig etwas nach rechts drehende, darauf wieder zur Medianlinie zurückkehrende, sich allmählich wieder verbreiternde Fläche über, die von scharfen Kanten begrenzt wird. Kurz vor der proximalen Endigung wölben sich die ventralen Kanten etwas ventralwärts und stoßen am proximalen freien Ende zu einem kegel- förmigen, ventralwärts gerichteten Vorsprunge zusammen. Durch das Aufwölben der seitlichen ventralen Kanten entsteht eine kurze aber ziemlich tiefe rinnenartige Einsenkung. Die dorsale Kante des Knochens verstreicht in der proximalen Hälfte allmählich und geht als gewölbte Fläche in das verdickte proximale Ende über. Sie bildet kurz vor diesem eine flache und kurze Konkavität und endigt mit einer zur Längsachse des Knochens quergestellten Kante, die, von der freien Seite des Knochens aus betrachtet, ventral- wärts durch eine sich allmählich verjüngende rauhe Fläche mit dem ventralen kegelförmigen Vorsprunge verbunden ist. Auffällig an dem Knochen ist eine Asymmetrie, die sich darin äußert, daß, während seine rechte Seite quer-konvex ist, die linke eine, nament- lich da, wo die Lanzettform vorherrscht, starke Abplattung auf- weist. Felis eatus L. (Taf. 7, Fig. 33a, b). Bei der Wildkatze ist das 3 mm lange zarte Knöchelchen, das im Verhältnis zum Tiere geradezu winzig erscheint, ein distäl- wärts sich verjüngendes, spitz auslaufendes Knochenstäbchen, das proximal sich stark verdickt und in zwei ventralen und einem dor- salen Fortsatze endigt. Dieser ist die proximale Fortsetzung des Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 149 ‘dorsalen Knochenstäbchens, während die ventralen Fortsätze wie die flügelartig ausgezogenen Wände einer sehr kurzen Rinne er- scheinen. Das ganze Knöchelchen macht den Eindruck, als wenn es, abgesehen von der Größe, dem distalen Reste eines Knochens von Herpestes entspräche. Felis domestica Biss. (Taf. 7, Fig. 34 a, b). Im wesentlichen gleichen die Penisknochen der Hauskatze vollkommen dem der Wildkatze. Von drei mir vorliegenden, in der Länge zwischen 3 und 4mm schwankenden Knochen besitzen zwei den durch die proximale Verlängerung der dorsalen Fläche entstandenen Fortsatz am proximalen Ende; während er bei einem fehlt. Diesem geben die flügelartig ausgezogenen, ventralwärts gewölbten, in seitlicher Richtung proximalwärts stehenden Fort- sätze, die bei allen drei Knochen stärker entwickelt sind, als bei der Wildkatze, das Aussehen, das an eine Pfeilspitze (ARNDT, l. ec.) erinnert. Der distale, stabförmige Teil am Knochen der Hauskatze ist nicht, wie das bei der Wildkatze der Fall ist, scharf von dem die flügelartigen Rinnenwände tragenden Teile abgesetzt, sondern geht, sich allmählich querverbreiternd, in diese über. VII. Pinnipedier. 1, Otariiden. Otaria jubata FORSTER (Taf. 7, Fig. 38). Zur Untersuchung gelangte der Penisknochen eines noch nicht erwachsenen Tieres, der immerhin schon gut entwickelt ist. Seine Länge beträgt 5,4 cm. Er ist also im Verhältnis zum Tiere, das 130 cm Schnauzen—Schwanzspitze gemessen hat, klein zu nennen. Die Form ist im wesentlichen die eines ventral-konkaven, drei- seitigen, ziemlich schwachen Knochenstabes. Während dieser in der distalen Hälfte seitlich komprimiert ist, tritt in der proxi- malen Hälfte eine dorsoventrale Abplattung ein. Die distale Endi- gung ist etwas ventralwärts gebogen und knopfförmig verdickt, mit einer Abplattung am freien Ende. Die dorsale Knochenkante ist im distalen Abschnitt ziemlich scharf, verstreicht aber proximal- 150 Lothar Pohl, wärts und geht in eine proximal querkonvexe und verbreiterte Fläche über. Die ventrale Kante ist nur in der durch das Ab- biegen des Knochens in ventraler Richtung entstehenden Kon- kavität einigermaßen scharf und geht proximalwärts bald in eine sich allmählich querverbreiternde Abplattung über. Kurz vor der proximalen Endigung tritt eine Einschnürung des Knochens ein; darauf geht er in das proximale, kolbenförmig verdickte Ende über. Nennenswerte Rauhigkeiten sind an diesem nicht vor- handen. 2. Trichechiiden. Triehechus rosmarus L. GEaf;a7;HEig:s39ha,ab): Das mächtig entwickelte, 54 cm lange stabförmige Os penis vom Walroß ist im wesentlichen ventral-konkav; nur das distale Ende ist dorsalwärts gebogen, so daß dorsal noch eine seichte Konkavität entsteht. Der Knochen ist fast drehrund, seitlich etwas komprimiert und ventral leicht abgeplattet. In proximaler Richtung nimmt er allseitig an Umfang zu und ist ungefähr 5 cm vom proximalen Ende entfernt am stärksten. Sein Umfang mißt hier 13,5 cm. Die proximale Endigung, die ventral eine Konkavität bildet, ist seitlich eingeschnürt, etwas verjüngt und mit nicht sehr erhabenen Rauhigkeiten versehen. Die dorsale Fläche des Knochens geht, ohne sich abzusetzen, in den Endteil über. Die freie hintere Fläche ist senkrecht abgestutzt. Das distale Drittel des Penis- knochens ist dorsal stark seitlich komprimiert, so daß sein Quer- schnitt hier fast dreieckig wird, mit querkonvexen Seitenflächen. Nach dem distalen Ende zu schwillt der Knochen allseitig wieder an und endigt mit einer an der freien Seite senkrecht abgestutzten, dorsal einen kurzen konischen Vorsprung aufweisenden Verdickung, die ventral nasenartig und spitz zulaufend ausgezogen ist. Da- durch entsteht auf der ventralen Seite des Knochens dicht vor seiner distalen Endigung eine kurze Konkavität. Die abgestutzte Fläche des distalen freien Endes ist mit vielen Rauhigkeiten be- setzt, und auch deren Rand zeigt viele unregelmäßige, zum Teil tiefe Einschnitte. Die ganze Oberfläche des Knochens ist dicht mit teils kleinen, teils größeren Löchern (Foramina nutritia) ver- sehen, die sich hin und wieder in furchenartige Verlängerungen fortsetzen. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 151 3. Phociden. Phoeca vitulina L. @Eabzı, Te, 36,: 537). Vom gemeinen Seehunde liegen zwei Penisknochen den Untersuchungen zugrunde; ein Exemplar eines erwachsenen Tieres (Fig. 36) und ein Knochen eines jüngeren Individuums (Fig. 37). Das auffallend asymmetrische, ausgewachsene Os penis, das 12,3 cm Länge aufzuweisen hat, ist im wesentlichen dorsal-konkav. Während der Knochen in der distalen Hälfte seitlich stark abgeplattet ist, tritt in der proximalen Hälfte mehr eine dreikantige Form auf. Die ventrale, distal abgerundete Kante geht proximal in eine sich allmählich querverbreiternde, nach dem proximalen Ende zu aber wieder verjüngende Abplattung über. Die dorsale stumpfe Kante des Knochens verläuft, proximal mit Rauhigkeiten versehen, und da, wo ventral die querverbreiterte Abplattung liegt, eine seichte Konkavität bildend, distalwärts zu dem etwas verdickten freien Ende, das leicht gegabelt ist. Dieses läuft, von der ventralen Seite aus betrachtet, in zwei rundliche Fortsätze aus, die ventral eine 7 mm tiefe Rinne zwischen sich fassen. Auf der dorsalen Seite ist die Gabelung nur 3 mm tief, da die dorsale Kante sehr weit distalwärts reicht und mit den beiden Fortsätzen verschmilzt. Von der Seite gesehen ist die dorsale Kante stufenartig gegen die Fortsätze der distalen Endigung abgesetzt. Die proximale Endi- gung ist nicht vom übrigen Knochen abgesetzt; ihre dorsale Kante fällt in proximaler Richtung ventralwärts ab. Rauhigkeiten sind nur wenige vorhanden. Der Knochen des jungen Tieres, der ebenfalls im wesentlichen ventral-konkav ist, hat im distalen Ab- schnitt eine dreikantige Form, die im proximalen Teile stark ab- geplattet ist. Distal endigt der Knochen mit einer Verdickung, deren linke Seite höher ist als die rechte. Eine Gabelung, wie beim ausgewachsenen, ist nicht zu konstatieren. Auf der ven- tralen Seite zeigt die distale Verdickung durch Aufwulstung der ventralen Ränder eine rinnenartige Vertiefung, die, seichter werdend, sich ein Stück proximalwärts auf den Knochen fortsetzt. Am proximalen Ende, da wo die stärkste Querverbreiterung eintritt, der gegenüber auf der dorsalen Seite eine Konkavität auftritt, ist ventral eine muldenförmige, in der Längsrichtung des Knochens liegende Vertiefung zu bemerken. Proximal davon ist das Ende etwas eingeschnürt und geht in eine knopfförmige Verdickung über, 152 Lothar Pohl, die mit kaum nennenswerten Rauhigkeiten besetzt ist. Der ältere Knochen erinnert in seiner Form, speziell in dem Auftreten der queren Verbreiterung und in dem Relief seiner distalen Endigung etwas an den der Bären, aber auch mit dem Os penis von Ailurus und Genetta ist etwas Aehnlichkeit in der Ausbildung des freien Endes vorhanden. Zusammenfassung. Aus vorstehend gewonnenen Befunden ergeben sich folgende allgemeine Resultate. Es lassen sich die Penisknochen der Carni- voren einschließlich der Pinnipedier einteilen: erstens in solche mit Rinnenform, zweitens in solche mit Stabform und drittens in solche, die Stab- und Rinnenform vereinigen, gewissermaßen also einen Uebergang darstellen. Weiter finden wir gegabelte und nicht gegabelte Penisknochen und solche, bei denen die Aeste der Gabe- lung verwachsen sind. Da nun aber, außer den Knochen, die Rinnen- und Stabform in sich vereinigen, sowohl bei denen mit Rinnenform wie mit Stabform, gegabelte und ungegabelte vor- kommen, wird es, um einen möglichst Klaren und knappen Ueber- blick über die Fülle der Formen zu gewinnen, zweckmäßig sein, sie in einer Tabelle zusammenzustellen, die alle in Betracht kommenden Merkmale berücksichtigt. Tabelle I. Die Familien der Carnivoren nach der Gesamtform ihres Os penis zusammen- gestellt. Rinne Caniden Stab mit distaler Rinne Viverriden ' Musteliden Ursiden (Hero Stab Pinnipedier | Feliden Kein Os penis Hyaeniden Aus dieser Tabelle geht hervor, daß die Formen des Os penis sich auf die Familien wie folgt verteilen: Die Viverriden, die innerhalb ihrer Familie Formen von sehr verschiedenem Habitus vereinigen und die wir gewissermaßen als Ausgangspunkt für die verschiedenen, in divergenter Richtung entwickelten Stämme der Carnivoren anzusehen pflegen, weisen auch in der Gesamtform ihres Penisknochens die verschiedensten Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 153 Typen auf. So finden wir bei ihnen Rinnen- und Stabform, und gleichsam als Uebergang zu beiden die kombinierte Stab- und Rinnenform. Schließlich treffen wir auch Vertreter dieser Familie an, denen ein Os penis fehlt. Zu einer etwas einheitlichen Ent- wickelungsrichtung des Knochens sind schon die Musteliden gelangt; bei ihnen tritt nur die Stabform und der Stab mit distaler Rinne auf. Bei den Caniden finden wir nur noch Rinnenform, während den Ursiden, Procyoniden, Pinnipediern und Feliden die Stabform eigen ist. Kein Os penis haben die Hyae- niden. Hier erstreckt sich der Mangel derselben, soweit es an meinem Materiale festgestellt werden konnte, auf eine ganze Familie. Aber auch wo ein Penisknochen vorkommt, kann der- selbe Fall eintreten, so bei den Caniden, bei denen die Rinnen- form einer ganzen Familie zukommt, während sie unter den Viverriden nur innerhalb einer einzigen Gattung (Herpestes) auftritt. Nur die Musteliden vereinigen noch zwei Typen des Penisknochens in ihrer Familie. Am verbreitetsten, allerdings auch am indifferentesten, scheint die Stabform zu sein, denn sie tritt bei vier Familien der Carnivoren auf, während, wie sich gezeigt hat, die Rinnenform nur bei den Caniden zu finden ist. Nachdem wir nun gesehen haben, wie die Gesamtform des Penisknochens bei den Carnivoren auf die einzelnen Familien ver- teilt ist, wollen wir das Os penis der einzelnen Arten, unabhängig von ihrer Familienzugehörigkeit, nur seiner Form nach, betrachten, und zwar an der Hand der Tabelle II (p. 154). Aus der in dieser Tabelle gegebenen Uebersicht ergibt sich nun, daß von den zur Untersuchung gelangten Species Hyaena crocuta, Hyaena striata und Paradoxurus hermaphrodyta keinen Penisknochen besitzen, während allen anderen ein solcher zukommt. Nach der allgemeinen Form können wir diese nun einteilen in stabförmige und rinnenförmige Penisknochen. Unter den stabförmigen treten uns außerdem noch Formen entgegen, die einen Stab mit distaler Rinne vorstellen, also Stab- und Rinnen- form vereinigen. Dazu gehören drei Species, die auf die Familie der Musteliden beschränkt sind; es sind dies Lutra brasiliensis, Putorius putorius und Ictis nivalis. Allen dreien ist die dreiseitig prismatische Form ihres Penisknochens eigen, und die distale hakenförmige Krümmung, die bei Lutira brasiliensis zu einer ein- heitlichen Verdickung verwachsen ist. Sie stellen gewissermaßen einen Uebergang zu der Rinnenform einerseits und der reinen Stab- form andererseits dar. Die Penisknochen mit diesem stabförmigen 154 Lothar Pohl, Tabelle II. Die einzelnen untersuchten Species nach dem Vorhandensein und der Form ihres Os penis zusammengestellt. s Distales Ende 2 E5 | = Speci Form im einzel 3 38 | 53 spezielle Form pecies orm im einzelnen 4 5” | | ( Trichechus rosmarus | : abgestutzt (Oiarie jubata runder Stab ] stumpfe Spitze Cryptoprocta ferox seitlich flachgedrückter knopfförmig Crossarchus obscurus Stab ß löffeltörmig | | Galera barbara Da distaldreh- nein . 'verwachsener an A E Haken Lutra prasilieneis Korea: prismatischer Rinne |hakenförmig IT. DE Stab . Stab mit proximaler Felis catus | .: sp ? spitz \ ; : - flügelartiger Ver- Felis domestica j) breiterung en Bi borealis rundlicher Stab \ Sp dreiseitig prismatischer Aeste spitz - Genetta tigrina Stab ch | Viverra civetta halbrunder Stab Stab chen ae ne prismatischer Procyon cancrivorus schw. S-förmiger Stab rzondylen- NProcyon lotor stark S-förmiger Stab sgeknopfl Nasua rufa \rundlicher Stab, nicht Nasua narica f . S-förmig ;„J Aeste Ailurus fulgens dreiseitig prismatisch ) Thalassarctosmaritimus 4 aus 3 Fort] U7sus spelaeus flacher Stab mit ven-(! ätzen var Helarctos malayanus traler Querverbreite- Chen Melursus ursinus rung Phoca vitulina YET: Enhydra lutris dreikantiger Stab wachsen („us 4 Fort- ten er |Meles taxus \runder Stab SvachNeh Zorilla zorilla | vierkantiger Stab Mustela foina | | Oehr n martes S-förmiger Stab |Tetis ermineus ) Herpestes griseus Lı. Be ; , _auropunctatus Ike Rinne Corssarchus fasciatus mit. proximaler Ver- mit distaler N Br czlpe nein 2 Endver- Jycaon pictus diekung Lupulus mesomelas Einne stab- Canis familiaris (außer förmig Doggen) £ langgestreckte Rinne Cuon alpinus |Vul alnez mit dorsalem Sattel Pe IE pus fürden Bulbus glandis A | mitstumpfen Thous cancrivorus Ri Aesten \Canis lupus | „ familiaris (Doggen) Hyaena crocuta PR striata Paradoxurus herm- aphrodyta ir Os penis J Ina Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 155 Typus lassen sich nun wieder nach der allgemeinen Beschaffenheit ihres distalen Endes in gegabelte und nicht gegabelte scheiden, und letztere wiederum in solche, deren Aeste verwachsen oder nicht verwachsen sind. Betrachten wir nun zuerst die Penisknochen mit nicht ge- gabeltem Stabtypus: Da haben wir Trichechus rosmarus, das mit seinem riesigen Os penis ziemlich isoliert dasteht, während Otaria jubata mit der geringen ventralen Querverbreiterung seines Penis- knochens einigermaßen auf einen Anschluß an die Bären hinweist. Cryptoprocta ferox nimmt auch einen vereinzelten Platz ein, dürfte sich aber am ehesten an Crossarchus obscurus anschließen lassen. Eine vollkommen isolierte Stellung hat Galera barbara mit ihrem löffelförmigen Os penis, das vielleicht noch am besten bei Meles und Zorilla unterzubringen ist. Lutra brasiliensis, Putorius putorius und Ictis nivalis zeigen die kombinierte Stab- und Rinnen- form, wie wir schon weiter oben gesehen haben. Felis catus und Felis domestica haben im Verhältnis zu ihrer Körpergröße ein winziges Os penis, das wohl auch als Rudiment aufzufassen ist. Als solches erinnert es sehr an den zu einem Stabe ausgezogenen distalen Abschnitt des rinnenförmigen Knochens von Herpestes. Wenn wir von einer Vergleichung mit dem Os penis dieser Species ausgehen, könnten wir uns auch die seitlichen, flügelartigen Fort- sätze am proximalen Teile des Knochens von Felis erklären, man müßte sie alsdann als die Rudimente der Rinnenwände betrachten. Dem Penisknochen der Katzen ähnlich ist der von Genetta tigrina, nur daß dieser distal gespalten ist. Mit ihm kommen wir nun zu den gegabelten stabförmigen Penisknochen. Der gegabelte und ventral gefurchte Knochen von Geneita tigrina, wie er von Branpr und RATZEBUR@ (l. c. p. 8) auch für Viverra civett«a erwähnt wird, und der viel Aehnlichkeit mit diesem aufweist, hat außer der Aehnlichkeit mit Felis auch solche mit Ailurus fulgens. So haben sie unter anderem die dreiseitig prismatische Form gemeinsam, die wir auch bei Lutra, Putorius und Ictis nivalis antreffen. Aber auch mit der Gabe- lung ihres Penisknochens erinnert Genetta tigrina und besonders Viverra civetta an Lutra lutra, während Ailurus fulgens wegen seiner kondylenartigen Knöpfe am distalen Ende, außer der Aehn- lichkeit mit Lutra lutra, auch solche mit den Procyoniden hat, denen durchweg diese Eigentümlichkeit zukommt. Der fPenis- knochen von Nasua rufa ähnelt sehr demjenigen von Procyon ; sie unterscheiden sich fast nur durch die Biegung, während Nasua 156 Lothar Pohl, narica wit einem abweichend gestalteten, dorsal gekielten und seitlich etwas abgeplatteten Os penis mehr an die Bären erinnert. Procyon lotor und P. cancrivorus zeigen mit Mustela und letis ermineus in der Biegung ihres Os penis die S-Form, die bei Procyon lotor am schärfsten zum Ausdruck kommt. Während bei den vor- her beschriebenen gegabelten Penisknochen diese Gabelung nicht verwachsen war, ist sie bei den nun folgenden verwachsen. Bei Mustela und Ictis ermineus, bei denen diese Verwachsung eine terminale ist, kommt dadurch eine Bildung am distalen Ende zu- stande, die man sehr treffend mit einem Oehr verglichen hat. Ictis ermineus ist in dieser Beziehung also den Mardern sehr nahestehend und entfernt sich stark von lIctis nivalis, obgleich beide im äußeren Gesamthabitus fast übereinstimmen. Enhydra lutris hat die meiste Aehnlichkeit in der Gestalt des Penisknochens und namentlich in der Ausgestaltung seines distalen Endes mit Gulo luscus, der wiederum mit Meles und Zorilla einigermaßen zusammenzustellen ist, aber auch gerade mit seiner distalen Endi- gung etwas an das Os penis der Bären erinnert. Wenden wir uns nun diesen zu. Bei ihnen finden wir eine ungewöhnlich kon- stante Ausbildung in der Form des Os penis der einzelnen Species, die nur wenig Abweichungen — abgesehen von Größenunterschieden — aufzuweisen hat. Ihnen allen ist unter anderem die Ver- wachsung dreier Fortsätze der distalen Endigung eigen, wie wir sie vollständig getrennt eben bei Gulo geschildert haben, außerdem aber noch eine ventral auftretende Querverbreiterung. In deren Besitz stimmen sie auch mit Phoca vitulina überein, nur daß an dem Penisknochen dieser Species die Gabelung lediglich dorsal verwachsen, ventral aber noch deutlich zu sehen ist. Wir kommen nun zu der Rinnenform, bei der wir auch wieder gegabelte und nicht gegabelte Penisknochen unterscheiden können. Wie bei keinen anderen Penisknochen, abgesehen von denen der Bären, finden wir hier eine solche Konstanz der Form, die eigentlich nur in der vorhandenen oder fehlenden Gabe- lung des distalen Endes Abweichungen zeigt. Eine Ausnahme macht Orossarchus fasciatus, dessen Os penis, obwohl eine typische Rinne, proximal fast massiv wird, und so an die mit der Rinne kombinierte Stabform erinnert, und hierin auch auf Lutra bra- siliensis, Putorius pulorius und Ictis nivalis hinweist. Aber auch die döstale Endigung weicht von den übrigen ab. Obzwar der stabförmige Fortsatz vorhanden ist, sind die Rinnenwände distal jederseits zu einem zahnartigen Fortsatze ausgezogen, so daß im Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. 157 Verein mit dem eigentlichen distalen, stabförmigen Ende eine Drei- teiligkeit der Spitze entsteht. In der Ausbildung der Rinne stellt der Penisknochen von Crossarchus fasciatus einen direkten Ueber- gang zu Herpestes dar. Während wir weiter oben gesehen haben, daß der Penisknochen von Felis gewissermaßen als eine Andeutung der Knochenrinne von Herpestes zu betrachten wäre, kommt diese beiden Canisarten zur starken Entwickelung und hat außerdem noch eine Eigentümlichkeit erworben, nämlich den dorsalen Sattel für den Bulbus glandis. Lycaon pietus, Lupulus mesomelas, Ouon al- pinus und alle vorliegenden Rassen von Canis familiaris mit Aus- nahme der Doggen, sowie Herpestes haben keinen gegabelten Penis- knochen, sondern weisen an ihrem distalen, stabförmigen Ende eine Verdickung auf, die bei einigen knopfartig anschwillt. Eine Gabe- lung am freien Ende finden wir bei Vulpes lagopus, Thous cancri- vorus, Canis lupus und den Doggen unter den Rassen des Haus- hundes. Es ergibt sich nun hieraus die interessante Tatsache, daß, während bei allen wildlebenden Caniden innerhalb einer Species entweder nur gegabelte oder aber nicht gegabelte Penisknochen ganz konstant vorkommen, bei Canis familiaris beide Typen inner- halb der „Species“ vereinigt sind. Und zwar ist der gegabelte Typus, soweit ich das feststellen konnte, nur einer Rasse, den Doggen, eigen. Das Os penis von Canis lupus und Lupulus meso- melas ähnelt am meisten dem der Haushunde, während der gänzlich abweichende Penisknochen von Vulpes, Thous und Lycaon Schlüsse auf eine Verwandtschaft dieser Arten mit dem Haushunde wohl kaum zulassen dürfte. Canis lupus, der in der Gestalt seines Os penis den Haushunden noch am nächsten steht, hat, wie wir sahen, die gegabelte distale 'Endigung dieses Knochens mit den Doggen gemein. Dies dürfte nicht bloß Zufall sein, sondern möglicherweise auf genetischen Beziehungen beruhen. Lupulus mesomelas, dessen Penisknochen dem der Haushunde speziell in dem Auftreten von stärkeren Höckern und Wülsten und in seiner ganzen Ausgestaltung der Oberfläche noch ähnlicher ist als Canis lupus, hat mit allen Rassen von .Canis familiaris, außer den Doggen, die ungegabelte freie Endigung des Os penis gemeinsam, so daß auch hier phylogenetische Anknüpfungspunkte zu finden sein dürften, zumal man ja ohnehin geneigt ist, den Schabrakenschakal als einen der Stammväter unserer Haushunde anzusehen. Cuon alpinus schließlich, den man von vornherein von der Stammvaterschaft ausschließt, ist in der Form seines Penis- knochens nicht nur den Haushunden am ähnlichsten, sondern 158 Lothar Pohl, stimmt fast völlig mit dem des Seidenspitzes überein. Es dürfte ohne Vergleichsmaterial schwer halten, das Os penis von (Cuon von dem eines jungen Seidenspitzes zu unterscheiden. Wir sehen also aus allem, daß das Os penis bei einem weiteren Ausbau der diesbezüglichen Arbeiten sehr wohl wichtige Aufschlüsse über die phylogenetische Entwickelung der Tierreihe geben kann und ich zweifle nicht daran, daß es auch zur Klärung der Frage nach der Stammverwandtschaft unserer Haushunde herangezogen werden könnte. Namentlich in der Systematik dürfte es dereinst eine nicht unwichtige Rolle spielen. Selbstverständlich war es nicht möglich, an der Hand eines immer noch sehr unvollständigen Materiales alle Fragen auf- zuklären; immerhin muntern die bereits erreichten Resultate zu weiteren Forschungen in dieser Richtung auf. Breslau, den 1. November 1910. Nachtrag. Während der Drucklegung vorliegender Arbeit erhielt ich endlich die ersehnten Nörze aus Rumänien, und ich möchte es nicht unterlassen, über das Os penis dieser immer seltener werdenden Art in einem Nachtrage zu berichten: Lutreola lutreola L. Der Penisknochen vom Nörz (Textfig. 4) ist 53cm lang und weist eine überraschende Aehnlichkeit mit demselben Gebilde bei Putorius putorius und Ictis nivalis auf. Die Beschreibung der Ossa penis dieser beiden Arten paßt auch im wesentlichen auf den vorliegenden Knochen, der gewissermaßen eine Zwischenform dar- stellt. Im Gegensatze zu den erwähnten beiden Arten (Otis und Mauswiesel), deren Penisknochen von starkem und gedrungenem Bau sind, ist derjenige vom Nörz sehr grazil und erinnert hierin auch noch Textfig. 4. etwas an den Penisknochen des Hermelins, dem er auch in der Ausgestaltung des distalen Endteiles in- sofern ähnelt, als eine scharfbegrenzte, transparente, rechts von der Medianlinie des Knochens liegende Stelle, auf das Oehr bei den Mardern hinweist, ohne aber perforiert zu sein, wie beim Hermelin. Das Os penis der Carnivoren einschließlich der Pinnipedier. Erklärung der Tafeln. Tafel 7. (a seitliche, b ventrale Ansicht der Penisknochen.) 1—17. Canis familiaris. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Pig, „= Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. t. 2, 4. b. 6 Zi 8 }) Pudel. 3. Schottischer Schäferhund. Deutscher Schäferhund. Dogge. Jagdhund. Bernhardiner. Dänische Dogge. Ziehhund unbekannter Rasse. Polarhund. Wolisspitz. 13. Pudel. Foxterrier. Foxterrier juv. Affenpintscher. Rehpintscher. Canis lupus. Thous cancrivorus. Lupulus mesomelas. Vulpes lagopus. Vulpes lagopus juv. 24, 25. Vulpes alopex. Herpestes auropunctatus. 28. Herpestes griseus. Crossarchus fasciatus juv. Crossarchus fasciatus adult. Ailurus fulgens. Genetta tigrina. Felis catus. Felis domestica. Crossarchus obscurus. Phoca vitulina. Phoca vitulina juv. Otaria jubata. Trichechus rosmarus. Vulpes alopex juv. Viverra civetta. 159 160 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Lothar Pohl, Das Os penis der Oarnivoren etc. Tafel 8. (a seitliche, b ventrale Ansicht der Penisknochen.) Enhydra lutris. Gulo luscus. Meles taxus. Zorilla zorilla. Lutra brasiliensis. Lutra lutra. Hyaena striata. Cryptoprocta ferox. 48, 49, 50. Procyon lotor. Procyon cancrivorus. 53. Nasua rufa. Nasua narica. Lutra lutra. Ursus spelaeus. Thalassaretos maritimus. Melursus ursinus. Helaretos malayanus. Canis familiaris (Seidenspitz). Lycaon pietus. Cuon alpinus. Beiträge zur Anatomie und Histologie des Darmkanals der Schmetterlinge. Von Ernst Petersen. Mit 33 Textfiguren. Es war zuerst SAvIGNY, der im Jahre 1816 die Homologie der Mundwerkzeuge sämtlicher Insekten nachwies. Wenn SAvIGNY sich in manchem geirrt hat, so blieb die Grundidee seines Werkes doch bestehen: es wurde eine einheitliche Betrachtung des Insekten- Phylums angebahnt. Erst A. WALTER glückte es in seinen „Beiträgen zur Morpho- logie der Schmetterlinge“, für diese letztere Gruppe SAvI@NnYs Untersuchungen zurechtzustellen, indem er an der Hand eines reicheren Materials diese Tiere untersuchte. Während er allen Großschmetterlingen das Vorhandensein der Mandibeln ab- spricht, fand er diese typisch beißend ausgebildet bei den niederen Mikropteryginen. WALTER zeigte dann im einzelnen, wie innerhalb der Gruppe der Schmetterlinge eine allmähliche Umwandlung der beißenden Mundwerkzeuge in saugende stattfindet: die Mandibeln werden rückgebildet, gleichzeitig treten Veränderungen an den Maxillarladen, der Oberlippe, dem Hypo- und Epipharynx auf, die Zahl der Glieder des Palpus maxillaris wird rückgebildet. Aus der einen Maxillarlade entsteht anfangs ein kleines, leicht rollbares Rüsselchen, das später in manchen Gruppen sich stark entwickelt, während es in andern — auf den verschiedensten Stufen seiner Ausbildung — wieder rückgebildet wird. — Es stand somit fest, daß die Schmetterlinge von Insekten mit kauenden Mundwerkzeugen abzuleiten seien. — Schon SPEYER hatte vor WALTER die Mikro- pteryginen unter den Kleinschmetterlingen als die primitivsten er- kannt, doch war er nicht sicher, an welche Gruppe er sie anschließen sollte. Er dachte an die Phryganiden. WALTER glaubte unter den niederen Hymenopteren, speziell unter den Tenthrediniden mancherlei Anhaltspunkte gefunden zu haben, die eine Verwandtschaft mit Bd. XLVII. N. F. AL. 11 162 Ernst Petersen, den primitiven Mikropteryginen wahrscheinlich machen. Doch auch mit den Ichneumoniden ließen sich mancherlei Aehnlichkeiten finden. — Neuere Untersuchungen haben gezeigt, daß wir auch unter den Großschmetterlingen eine Gruppe — die Hepialiden — haben, in der wir ähnliche, sehr primitive Verhältnisse finden, wie bei den Mikropteryginen, ja es scheint wahrscheinlich, daß diese beiden Gruppen sich unabhängig voneinander entwickelt haben. Es fragt sich nun, in welcher Weise sich der Darmkanal bei der Umwandlung der Mundwerkzeuge verändert hat. Aus älterer Zeit sind mir außer den MarrıicHischen Arbeiten nur noch die von SWAMMERDAM über Insektenanatomie bekannt. Letzterer bildet in seiner Biblia naturae auch den Darmkanal von Vanessa urticae ab. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erschienen dann eine Reihe von Arbeiten. Ich nenne hier die Untersuchungen von K. A. RAmDOHR (1811), HEROLD (1815), Fr. W. L. Suckow (1818), G. R. Treviranus (1816—1821), J. F. MEcKEL (1829), BURMEISTER (1832), NEwPORT (1839). Es wurden Pieriden, Vanessen, Sphingiden, Bombyeinen, Lasiocampen, Arc- tiiden, Zygaeniden, Cossiden unter den Großschmetterlingen unter- sucht. Unter den Kleinschmetterlingen habe ich nur Yponomeuta evonymella und Pterophorus pentadactylus bearbeitet gefunden. Diese Arbeiten tragen meist einen mehr deskriptiven Charakter, doch wurde von manchen Forschern schon damals eine Beziehung der Form des Darmkanals zu den Mundwerkzeugen und der Art der aufgenommenen Nahrung gesucht. So sagt z. B. TREVIRANUS, „daß die Größe der Saugblase mit der Länge des Rüssels in Ver- hältnis steht“. Wir wissen vom Saugmagen, daß MArLrıcHı (De Bombyce p. 43) in ihm ein Organ sah, das mittels Erweiterung zur Ausleerung der Geschlechtsprodukte bei Männchen und Weibchen diene. SWAMMERDAM glaubte, daß der Saugmagen die mit der Nahrung verschluckte Luft aufzunehmen habe; jetzt erst sah man in ihm ein Nahrungsreservoir, in ihm sollten — außer der Luft — auch Reservestoffe aufgespeichert werden, vorzüglich aber sollte er beim Saugakt als Pumpe funktionieren. Die Reihe dieser Untersuchungen zeigte, daß der Darmkanal bei den Schmetterlingen doch verschiedenerlei Umwandlungen unter- worfen ist. Als Durchschnittstypus konnte man folgenden Bau anerkennen: etwa dort, wo der gradlinige Oesophagus aus dem Thorax tritt, hat er einen blasigen Anhang, den Saugmagen; es Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 163 folgt der Proventriculus, der in den Ventriculus mündet; letzterer ist meist vorn zu einem Chylusmagen aufgetrieben; dem Ventri- culus schließt sich der Pylorus mit den Marrıgnischen Gefäßen und dann ein in seiner Länge und Breite variabler Enddarm an; letzterer endlich mündet in ein bedeutend erweitertes Crassum, das zumeist ein Coecum trägt. Während also der Durchschnittstypus etwa diesen Bau hat, fand K. A. Ramponr bei Zygaena filipendulae und loti einen doppelten Saugmagen, der hinwiederum bei Lasiocampa pini (Fr. W. L. SUCKOW, G. R. TREVIRANUS) und Arctia caja (G. R. TREVIRANUS) ganz fehlte. Bei Cossus cossus (G. R. TREVIRANUS) trat an Stelle des Saugmagens eine kropfartige Erweiterung des Oesophagus auf, ähnlich, wie wir solche Gebilde bei Insekten mit kauenden Mund- werkzeugen finden. Auch ein Coecum fehlte der letztgenannten Art. Ja, man fand Verschiedenartigkeit nicht nur in der Form des Saugmagens und Coecums, auch die andern Teile des Darmkanals waren mehr oder weniger Aenderungen unterworfen !). Auch der feinere Bau des Darmes fand bei verschiedenen Forschern der damaligen Zeit Berücksichtigung. RAMDOHR ’?) sagt: der Darmkanal besteht aus zwei Häuten, einer äußeren dickeren, aus Muskelfasern zusammengesetzten, und einer inneren, gewöhn- lich zarten, spiegelglatten, zwischen beiden ist die „fockige Lage“. Auch HErotp®), dem wir die erste ausführliche Entwickelungs- geschichte der Schmetterlinge verdanken, unterscheidet am Darm- kanal zwei Häute. Interessant ist es, daß er gegen RAMDOHR ‘) betont, daß im „Dünndarm“ die Aufsaugung des Chylus noch nicht aufhöre. Mit Bonner’) meint er, daß bei der Verpuppung nicht das Darmepithel mit dem Kot ausgestoßen werde. — Schon CuVIEr ©) und RAMDOHR ’) hielten den Saugmagen für eine häutige Erweiterung des Oesophagus. HEROLD °) konnte an ersterem keine 1) Fälschlich glaubte Mecker, daß sich die Speiseröhre vorne, gewöhnlich erst im Kopfe spalte, und je ein Gang an jeden Rüssel- kanal herantrete. Nach Trevıranus sollte bei Papilio machaon diese Spaltung schon in der Brust vor sich gehen. 2) Ueber die Verdauungswerkzeuge d. Ins., p. 6. 3) Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge, anat. u. physiol. bearbeitet, p. 40, $ 45. 4) l. c. p. 30, $ 38. 5) Betrachtung über die Natur, $ 281. 6) Vgl. Anat. Bd. III. p. 694. 7) 1. e.:p. 160. 8) l. c. Anm. p. 75—76. 1a NS 164 Ernst Petersen, Muskelfasern entdecken, doch fand er beim frisch geöffneten Tier eine „wurmförmige Bewegung“ desselben. Ich will hier noch bemerken, daß HEROLD es auch war, wel- cher der „Einschachtelungstheorie*“ von SWAMMERDAM entgegen- trat. Diese Theorie hatte in REAUMUR, LYONET, DEGEER, BONNET Anhänger gefunden und lautet: „die Raupe sei der Schmetterling selbst“, es müßten nur alle Häute abgetan sein. Demgegenüber macht Hrror.p das Prinzip der Umwandlung geltend, wobei er die große Rolle des Fettes als Reservestoff richtig erkannte. — Von LyYonET!) und TREVIRAnuS?) wurden die „Wülste des Dick- darms“, d. h. die Rectalpapillen, untersucht, und von beiden als Drüsen gedeutet. Es stellte sich heraus, daß die Zahl besonders bei Schmetterlingen sehr variabel ist. Auch J. F. MEcKEL?) konnte am Darmkanal zwei Häute, die sich leicht voneinander trennen ließen, deutlich unterscheiden. Die Muskulatur fand er quergestreift ‘). In den folgenden Jahren erschienen dann außer der Mono- graphie von CORNALIA über Bombyx mori, einem Werk, das mir leider nicht zugänglich war, die Vergleichenden Anatomien von SıeBoLD (1848) und von BERGMANN und LEUCKART (1855) und im Jahre 1859 die „Lecons sur la physiologie et l’anatomie com- parde“ von MıLnE-EpwArps. Besonders das letztgenannte Werk gibt eine gute Uebersicht über den damaligen Stand der Kenntnisse auch auf unserem Gebiet, indem es fast die ganze voraufgegangene Arbeit übersichtlich zusammenfaßt. Es folgten nun noch eine Reihe von kleineren Arbeiten, 1864 A. BaLtzers kleine Schrift „Zur Anatomie und Physiologie der Dämmerungsfalter (Sphingidae)“, etwas später, nämlich 1880, 1) M&m. d. Mus. ete., T. XX, p. 184, Pl. 18, Fig. 6. 2) Verm. Schriften anat. u. physiol. Inh., Bd. II, p. 106, Taf. 12, Fig. 4. 3) Syst. d. vergl. Anat., IV. Teil, p. 98. 4) Ich will nicht unbemerkt lassen, daß H. Burmeister 1832 im ersten Bande seines Handbuchs der Entomologie p. 125 über die Vegetationsorgane folgendes sagt: da „die Organe der vegetativen Sphäre... dem Tiere von der Pflanze übermacht“ sind, „müssen die Ernährungs- und Fortpflanzungorgane, sollen sie pflanzlichen Ursprungs sein, eine gleiche oder wenigstens ähnliche Bildung zeigen“ wie die Organe der Pflanze, d. h. sie müßten bestehen „aus einem innigen Gewebe kleiner Zellen, zwischen welchen sich hie und da lange, feine Röhrchen, gleichsam feine Gänge zwischen den Zellen verbreiten“. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 165 Burgess’ Arbeit über Danais archippus und Ep. BRANDTs „Ana- tomie des Hepiolus humuli*. Letzterer erklärte den andersartigen Bau der inneren Organe dieses Tieres für Hemmungsbildungen. Aus der neuesten Zeit sind noch einige kleinere Unter- suchungen von BoRDAS und dann die Arbeit von W. PETERSEN Zu nennen, auf die ich noch weiter unten zurückkomme. Während die letztgenannten Untersuchungen sich mit den anatomischen Verhältnissen beschäftigten, machten andere die Histologie zu ihrem Gegenstand. Aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts nenne ich vor allem Leyvie. Seitdem ist der Darmkanal der Insekten unter den ver- schiedensten Gesichtspunkten bearbeitet worden. Eine ganze Reihe von Forschern haben an den Problemen der Epithelregeneration und der Physiologie der Verdauung gearbeitet !), während andere?) die Entwicklungsgeschichte des Darmkanals klarzulegen suchten. Auf diesen Gebieten konzentrierte sich das Hauptinteresse. So ist es begreiflich, daß die anatomischen Arbeiten dagegen stark zurücktreten, wenngleich durch den Darwinismus diese Unter- suchungen einen anderen, umfassenderen Gesichtspunkt der Be- trachtung erhielten. Es galt nunmehr, die bisher zerstreuten Daten zu sammeln, die zahlreichen Lücken zu ergänzen, um dann an der Hand eines zahlreichen Materials an eine phylogenetische Be- trachtung auch der inneren Organe zu gehen. Für die Schmetter- linge tat dieses zuerst W. PETERSEN in seinen 1899 erschienenen „Beiträgen zur Morphologie der Lepidopteren“. Er untersuchte vergleichend das Nervensystem, die Generationsorgane, das Tra- cheensystem und den Darmkanal. An letzterem fand er, daß besonders der Saugmagen resp. der Kropf uns über das relative Alter einer Gruppe gute Aufschlüsse geben kann. W. PETERSEN fand sowohl unter den Macra wie unter den Micra alle Uebergänge von einem typischen Kropf, wie wir ihn bei Insekten mit kauenden Mundwerkzeugen finden, bis zu einem wohlausgebildeten Saugmagen. Er stellte p. 22 3 Schemata für die Bildung dieses Teiles des Vorderdarmes auf und fand, daß die aus dem Darmkanal gewonnenen Resultate sich im ganzen ergänzend den anderen Untersuchungen‘ anschließen. 1) S. PLareau, Frenze, Fausser, Cußnot, B1ZZ0ZERO, PORTA, BIEDERMANN, DEEGENER und zahlreiche andere. 2) Vergl. besonders E. SchwArrze (1899), woselbst die ältere Literatur angeführt. 166 Ernst Petersen, Er betonte die Bedeutung des Saugmagens in seiner Funktion als aörostatischer Apparat und erkannte eine ergänzende Wechsel- beziehung zwischen Saugmagen und Tracheenblasen im Abdomen, d. h. wo ersterer gut ausgebildet ist, sind letztere klein resp. fehlen ganz im Abdomen, und umgekehrt. Den Arbeiten von SCHINDLER, HATSCHEK, TICHOMIROW und besonders CHOLODKOWSKY fügte er noch einige neue Daten über MarrıcHische Gefäße bei und ergänzte die von CHOLODKOWSKY aufgestellten 3 Typen dieser Gefäße bei Schmetterlingen durch einen vierten. Diese Typen sind: 1) der Normaltypus: 6 Gefäße, die von 2 Basalstücken ihren Ursprung nehmen; 2) der atavistische oder Embryonaltypus: 2 einfache MAL- pıcHische Gefäße (z. B. Tineola biseliella); 3) der anormale Typus: zwei baumartige Verzweigungen der Gefäße (Galleria mellonella, Aphomia sociella, vielleicht überhaupt die Familie der Galleriae); 4) der Nepticulidentypus: 4 einfache kurze, dicke MALPIGHISche Gefäße (Nepticuliden). Ich bespreche die MAtpı@Hischen Gefäße hier ausführlicher, weil sie bei meinen Untersuchungen weniger Berücksichtigung fanden und verweise im übrigen auf jene Arbeiten. Auf alle Resultate der W. PETERSENnschen Untersuchungen hier näher einzugehen, halte ich für unnütz, meine Untersuchungen schließen sich den seinigen eng an, und ich komme daher noch häufig auf sie zu sprechen. Auf den Vorschlag meines Vaters W. PETERSEN habe ich nun nochmal den Darmtractus der Lepidopteren untersucht, da dieses Organ in seinen „Beiträgen zur Morphologie der Lepidopteren“ nur an zweiter Stelle Berücksichtigung fand und somit nur ganz schematisch behandeit werden konnte. In dieser Arbeit will ich nur die Großschmetterlinge behandeln, denn in den Resultaten, die ich bei den Micra gefunden, — ich habe ca. 75 Arten untersucht — sind noch so große Lücken, daß sich eine Veröffentlichung nicht lohnt. Ich habe dort auch nicht die systematischen Kenntnisse, wie ich sie mir durch ein jahre- langes Sammeln von Macra erworben habe. — Unter letzteren ge- langten über 200 Arten zur Untersuchung und, wo es mir nötig 1) W. Prrersen, Beiträge zur Morphologie der Lepidopteren, p- 25. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 167 schien und die Beschaffung des Materials es gestattete, auch mehrere Exemplare derselben Art. Sehr bedauern muß ich es, daß mir nicht überall das ge- wünschte Material zur Verfügung stand. Doch können hier andere Arbeiten ergänzend verwertet werden, so daß die Lücke nicht empfindlich ist. Sowohl Herr Prof. ZIEGLER wie später Herr Geheimrat CHun gingen auf den Plan der Arbeit ein und ich benutze hier die Ge- legenheit, beiden Herren für ihr freundliches Entgegenkommen und ihre Förderung meiner Untersuchungen durch Rat und Tat meinen herzlichen Dank auszusprechen. Ich will nun kurz auf Material und Methode der Untersuchung eingehen, um dann zwei rein deskriptive Abschnitte folgen zu lassen: einen anatomischen und einen histologischen Teil. Zum Schluß will ich die gewonnenen Resultate unter einige Gesichts- punkte zusammenfassen und sehen, wie sie sich phylogenetisch verwerten lassen. Material und Methode der Untersuchung. Das Material habe ich mir zum weitaus größten Teil selbst beschafft, wobei mir Herr cand. phil. K. StEINBERG in liebens- würdigster Weise half. Ich hatte Gelegenheit in der Umgegend Jenas, an der Westküste Schwedens, in der Gegend von Upsala und in Estland zu sammeln, und habe so in den 1!/, Jahren, die meine Untersuchungen in Anspruch nahmen, das meiste Material beschaffen können. Manche Tiere, besonders Spinner, erhielt ich durch Zucht, und nicht zuletzt verdanke ich meinem Vater W. PETERSEn manches sehr wertvolle Material. Sowohl meinem Vater als Herrn cand. STEINBERG sage ich hier meinen besten Dank. — Was nun die Methode der anatomischen Untersuchung betrifft, so wurden dem Falter Flügel und Beine gekappt, und er dann mit einer etwas gebogenen Schere ventral oder dorsal aufgeschnitten. In einem kleinen Schälchen, das mit Wachs oder Lack ausgelegt war, wurde das Tier befestigt und unter einer Lertzschen Lupe bei schwacher Vergrößerung (bis 20-fach) der Darmkanal mit Präpariernadeln freigelegt oder ganz herauspräpa- riert. Bei einiger Uebung lassen sich auch die kleinsten Falter, wie die Nepticuliden, auf diese Weise präparieren. Die Resultate wurden unter fortlaufenden Nummern registriert, viele Präparate 168 Ernst Petersen, auch mit Lerrzschem Zeichenapparat gezeichnet. Zur Kontrolle wurden sie später in starkem Alkohol mit etwas Glyzerin in Eprou- vetten aufbewahrt. Der Glyzerinzusatz empfiehlt sich, damit die Tiere geschmeidig bleiben, und, falls der Alkohol allmählich ver- dunsten sollte, nicht eintrocknen. Die zu histologischen Zwecken verwandten Präparate entstammen ebenfalls der Alkoholkonser- vierung. Die Schnitte wurden mit Hämatoxylin und Ammonrubin- pikrat gefärbt. Zu den histologischen Untersuchungen diente ein LEITZsches Mikroskop mit Oelimmersion. Die Zeichnungen wurden mit einem Zeissschen Zeichenapparat angefertigt. — Anatomischer Teil. Papilionidae. Papilio podalirius L. Thais polyxena SCHIFF. S machaon L. Pap. podalirius L. . Der Saugmagen sehr groß, lang gestielt, reicht bis fast ®/, des Abdomens; ein Teil seiner Innenfläche ist mit zahlreichen kleinen Zähnchen besetzt. Der Vorderdarm ist etwas in den Mitteldarm eingestülpt („Rüssel“ von A. SCHNEIDER), man sieht die Wülste dieser Einstülpung durchschimmern. Der Proventriculus ist dick, der Ventriculus länglich-oval mit zahlreichen Querfalten. Der Pylorus ist nicht stark ausgebildet; der recht lange Enddarm mündet in ein stark erweitertes Crassum, das zahlreiche Rectalpapillen und ein fingerförmiges nicht großes Coecum trägt. Bei Pap. machaon L. 3 und Thais polyxena ScHirr 2 liegen die Verhältnisse ähnlich. Letztere hat einen etwas kleineren Saug- magen, einen gut ausgebildeten „Rüssel“ und ein etwas größeres Coecum. Pieridae. Aporia crataegi L. Leptidia sinapis L. Pieris brassicae L. Colias palaeno L. „ rapae L. „ .. hyale L. Euchlo& cardamines L. Gonopteryx rhamni L. Ap. crataegi L. Z!). Saugmagen sehr lang, schmal, gestielt, auf der Innenseite teilweise mit Zähnchen. Zwischen der engen 1) Siehe auch Murarro Miscellan. Acad. Nat. Curios. D2A 2 Observ. 82, p. 200, und Borvas, Sur l’appareil digestif de quelques Lepidoptöres. Daselbst auch eine Beschreibung des Darmkanals Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 169 Mündung des Saugmagens in den Oesophagus und dem ovalen Proventriculus noch ein etwas aufgetriebenes Stück des Vorder- darms, das sich ein gutes Stück ins Innere des Mitteldarmes fort- setzt. Pylorus nicht breit, Enddarm lang, dick, Coecum etwas länger als bei den vorherigen Arten, Crassum mit zahlreichen Rectalpapillen. Pieris brassicae L. J!). Im Vorderdarm ist der Weg dunkel markiert, den die Nahrung aus dem Oesophagus in den Saugmagen und von dort nach dem Mitteldarm zu nimmt. Der „Rüssel“ lang, vielleicht auch ein „Trichter“ (A. SCHNEIDER) vorhanden. Bei Pier. rapae L. d sind die Zähne des Saugmagens be- deutend kleiner. Ant. cardamines L. g zeigt dieselbe Organisation wie die anderen Pieriden, nur feiner. Die zahlreichen Wülste des Chylus- magens haben öfters einen papillenartigen Charakter. Leptidia sinapis L. d. Auch hier ist der „Rüssel“ weit in den Chylusmagen hinein zu verfolgen. Coecum klein. Colias palaeno L. 2 und hyale L. 3 tragen wieder zahlreiche Zähnchen im Saugmagen. Coecum etwas größer. Gon. rhamni L. 3 schließt sich dem Pieridentypus eng an. Nymphalidae. Pyrameis atalanta L. Melitaea athalia RoTT. Vanessa io L. es aurelia Nick. A urticae L. Argynnis selene SCHIFF. Re antiopa L. " euphrosyne L. Melitaea cinxia L. hs ino Rott. Pyr. atalanta L.?), Van. io L. g, urticae L, &°), antiopa L. 2 zeigen im ganzen denselben Typus: ein gestielter Saugmagen, der wieder teilweise bezahnt, aber breiter und kürzer als bei den Pieriden ist, ein deutlicher Rüssel im Proventriculus und im vor- deren Teil des Ventriculus. Dieser vorne zu einem Chylusmagen aufgetrieben, der drüsig ist und oral zwei Ausstülpungen hat. von Pieris napi L., welche Art ebenfalls einen Darmtraktus vom Pieridentypus hat. 1) Siehe auch Newrorr in Art. Insecta in Topps Cyclopaedia of Anat. and Physiol., II, p. 973, Fig. 431, und Hrroro, Entwicke- lungsgeschichte der Schmetterlinge, anat. u. physiol. bearbeitet, Taf. 3, Fig. 1—12. 2) Siehe G. R. Trevirants ]. c. u. Cuvier Lecons .. . Bd. IV, 1837, p. 138. 3) SWAMMERDAM, Bib. d. Nat., 1752, p. 229ff, Taf. 36, Fig. 6. 170 Ernst Petersen, Der hintere Teil des Ventriculus, das „dünne Därmchen“, wie SWAMMERDAM ihn nennt, etwas gefaltet. Ein gut ausgebildeter Pylorus. Der Enddarm — etwas kürzer als bei den Pieriden — mündet in ein starkes Crassum. Ein Coecum fehlt. Rectalpapillen zahl- reich. Melitaea cinxia L. 2, athalia Rott. 2 und aurelia Nick d zeigen einen anderen Typus: der Saugmagen ist groß, gestielt. Auch hier sieht man deutlich die Nahrungs-Kommunikation zwischen Oesophagus-Saugmagen und Saugmagen - Pro- ventriculus. Der „Rüssel“ ist nicht groß, keulen- förmig. Der Chylusmagen ist stark quergefaltet, hat vorne zwei Ausstülpungen, doch ist er nur wenig aufgetrieben. Enddarm nicht lang, ein Coecum vorhanden, bei athalia recht breit. Rectal- papillen zahlreich. Arg. selene SCHIFF. & euphrosyne L. g, ino Biere Rott. & (Fig. 1), sind im Bau des Darmkanals den ino Rott. Melitaeen sehr ähnlich. Bei den ersteren ist der Chylusmagen etwas stärker aufgetrieben, die Aus- stülpungen sind größer. Bei ino Rott. ist der „Rüssel“ gut aus- gebildet. Danainae. Danais plexippus L. (= archippus F.). Ich gebe hier eine Beschreibung nach BurGeEss!): Lange paarige Speicheldrüsen (40 mm lang), die sich kurz vor ihrer Mündung in den Pharynx vereinigen. Der Saugmagen ist groß, mit schmalem Ansatz. Proventriculus deutlich ausgebildet. Mittel- darm lang, nicht breit, stark quergefaltet. Enddarm nicht sehr lang. Crassum stark erweitert, ohne eigentliches Coecum. Am Rectum zahlreiche Rectalpapillen. Satyrinae. Erebia medusa F. Epinephele jurtina L. Satyrus semele L. Coenonympha iphis SCHIFF. Pararge aegeria L. > pamphilus L. Aphantopus hyperanthus L. 1) 1880, p. 8-10, Taf. 1, Fig. 2. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 171 Er. medusa F. 2. Saugmagen klein, gestielt. Proventriculus deutlich ausgebildet. Chylusmagen etwas aufgetrieben. Coecum vorhanden. Rectum nicht groß. Sat. semele L. 2. Saugmagen länglich mit schmalem Ansatz. Proventriculus gut ausgebildet. Chylusmagen aufgetrieben mit zwei Ausstülpungen, der ganze Mitteldarm recht lang. Coecum lang, schmal. Par. aegeria L. d. Wie bei der vorigen. Enddarm dick, kurz. Coecum nicht lang, breit. Aph. hyperanthus L. 3. Die Ausstülpungen des Chylusmagens kleiner, der Mitteldarm gleichmäßiger verlaufend. Enddarm dick, kurz, Coecum länglich, am Ende knopfförmig verdickt. Ep. jurtina L. d. Saugmagen groß, mit schmalem Ansatz. Chylusmagen aufgetrieben, der Ventriculus, wie bei den andern Arten, auch lang. Coecum recht groß. Coen. iphis SCHIFF. 2 und pamphilus L. 9. Der Ansatz des Saugmagens schmal, Proventriculus kurz, Ventriculus wie bei den vorhergehenden, Enddarm recht kurz, geht direkt in ein erweitertes Crassum über. Ein eigentliches Coecum fehlt. Lycaenidae. Callophrys rubi L. Lycaena argus L. Zephyrus quercus L. „ icarus ROTT. Chrysophanus virgaureae L. ® minimus FUESSL. 1 phlaeas L. „ arion L. C. rubi L. d. Der Saugmagen Nora etwas breiter aufsitzend, in den übrigen Verhältnissen wie bei den nächstfolgen- den Arten. Zeph. querecus L. Nach W. PETER- SEN Saugmagen ziemlich breit auf- sitzend. Chr. virgaureae L. 2 (Fig. 2). Saug- magen gestielt, die Verhältnisse des Vorderdarms und Proventriculus wie bei den Pieriden. Ein deutlicher „Rüssel“. Ventriculus länglich-oval auf- getrieben. Pylorus gut ausgebildet. Enddarm kurz, recht dick. Coecum klein, Bei Chr. phlaeas L. d finden wir einen ähnlichen Darmtraktus wie bei Fig. 2. Chr. virgaureae L. 172 Ernst Petersen, der vorhergehenden Art, nur fehlt ein eigentliches Coecum, wenn der Enddarm auch nicht in die Spitze des Crassums mündet. Lyc. argus L. 2. Wie bei den vorhergehenden. Die Andeutung eines Coecums ist vorhanden. Auch Lyc. icarus RoTT. d, minimus FuEssL. 2 und arion L. 2 zeigen einen ähnlichen Bau. Bei minimus ein Coecum kaum vor- handen. Der „Rüssel“ ist bei den Lycaeniden gut ausgebildet, reicht jedoch nicht weit. Hesperidae. Pamphila palaemon PALr. Hesperia malvae L. 2. Augiades sylvanus Esp. 2. Thanaos tages L. d. Pamph. palaemon PıArr. 2. Saugmagen recht groß, mit etwas breiterem Ansatz. Ich fand hier im Saugmagen eine blasig- schleimige Masse. Proventriculus kurz, Chylusmagen oval mit zwei kleinen Ausstülpungen, Mitteldarm recht lang, faltig geringelt. Enddarm recht lang. Coecum sehr schmal, klein. Bei den übrigen untersuchten Hesperiden fand ich ähnliche Verhältnisse. Sphingidae. Acherontia atropos L. Deilephila vespertilio Esp. Smerinthus populi L. H euphorbiae. ” ocellata L. Chaerocampa elpenor L. Dilina tiliae L. Metopsilus porcellus L. Sphinx ligustri L. Hemaris fuciformis L. Hyloicus pinastri L. Ach. atropos L. habe ich selbst leider nicht untersuchen können. Der Bau des Darmkanals stimmt jedoch im ganzen mit dem über- ein, wie wir ihn bei den übrigen Sphingiden finden !). Sm. populi L. & und ocellata L. 9?). Saugmagen mit schmalem Ansatz, etwas kleiner als bei den anderen Arten. Proventriculus kurz. Chylusmagen mit zahlreichen Falten, stark aufgetrieben. Enddarm dick. Coecum ziemlich groß. Rectalpapillen zahlreich. Dil. tiliae L. und Sph. ligustri L. 2°) zeigen ähnliche Ver- hältnisse. Bei letzterer der Enddarm schmäler, länger. TREVI- RANUS sah im Saugmagen des Ligusterschwärmers zweierlei Ge- 1) Abb. bei Wagner, Icones, Tab. 24, Fig. 5. 2) Siehe auch Trevıranus l.c. Abb. bei Bartzer 1. c. Dieser untersuchte ligustri, ocellata, tiliae und elpenor. 3) Treviranus ]. c., Tab. 11; Newrorr ]. ce, Mecker |. c. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 173 bilde: eine „Blase“ und eine „Nebenblase“, die jedoch durch keine Wand voneinander getrennt sind. Es sind also nicht zweierlei Saugmägen vorhanden, wie wir es später bei den Zygaeniden sehen werden. TRrEvVIRAnUS sagt: Die Nebenblase scheint „in ihrer Funktion verschieden zu sein von der der Blase, indem ihre in- wendige Fläche nicht wie die der größeren Blase glatt, sondern allenthalben gekräuselt, und da, wo sie in diese größere Blase übergeht, mit schwarzen Punkten besetzt ist“. ss Bei Hyl. pinastri L. 2 # (Fig. 3) habe ich dasselbe gefunden, und es ist nicht ausgeschlossen, daß wir hier tatsächlich am An- fang einer Differenzierung des Saugmagensin zweier- lei Gebilde stehen, wie wir diese Differenzie- rung später bei Zygae- niden durchgeführt finden werden. Deil. vespertilio Esp.: „Saugmagen groß, ge- stielt, Coecum deutlich ausgebildet, mäßig groß“ {W. PrTEBsEN 1. cd.) Aehnlich auch bei Deil. Fig. 3. Hyl. pinastri L. euphorbiae L.!). Bei Chaer. elpenor L. 3 (Fig. 4) und Met. porcellus L. & ist eine derartige Differenzierung des Saugmagens, wie wir sie oben fanden, nicht vorhanden. Derselbe ist breiter angelegt, der Mitteldarm vorn und hinten verengt, in der Mitte sehr stark aufgetrieben. Der Enddarm lang, das Coecum breit und kurz. Hem. fuciformis L. d (Fig. 5) schließt sich im ganzen den letzteren an. Der Ansatz des Saugmagens ist schmäler. Der Ventriculus vorn zu einem dicken Chylusmagen aufgetrieben, mit mehreren Einschnürungen weiter verlaufend, etwas länger als bei 1) Mecker |. c. 174 Erust Petersen, den früheren Formen. Der Enddarm etwas kürzer. Das Coecum klein, schmal, fingerförmig. Interessant sind hier die abweichenden MarrpıigHischen Gefäße: sie sind skamanderförmig. Alle Sphingiden Fig. 4. Chaer. elpenor L. haben zahlreiche Rectalpapillen und gut ausgebildete Tracheen- blasen im Abdomen. Notodontidae. Dieranura vinula L. Lophopteryx camelina L. Drymonia chaonia He. Pterostoma palpinpa L. Pheosia dictaeoides Esp. Phalera bucephala L. Notodonta ziezac L. Pygaera anastomosis L. # phoebe SIEB. Dier. vinula L. 2. Saugmagen ziemlich groß, breit aufsitzend. Ventriculus klein, länglich. Pylorus gut entwickelt. Coecum dick aufgetrieben, recht groß. Drym. chaonia Hs. 3. Saugmagen breit aufsitzend. Pro- Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 175 ventriculus nicht groß. Chylusmagen oval aufgetrieben. Enddarm dick. Coecum schmal, länglich, nicht groß. Ph. dictaeoides Esp. d. Wie bei der vorigen. Not. ziezac L. d 2. Saugmagen breit aufsitzend, ein kleiner Teil derselben noch auf der anderen Seite des Oesophagus. Chylusmagen und Ventriculus recht gleichmäßig verlaufend, stark gefaltet. Dr Coecum länglich, schmal, nicht sehr groß. Die Speicheldrüsen fand ich hier am vorderen thoracalen Teil des Oesophagus in Schlingen liegen, sonst reichen sie oft ins Abdomen. Bei Not. phoebe SıeB. 2 ist der Typus ähnlich. Coecum nicht groß, mit knopfförmiger Spitze. Loph. camelina L. . Hier findet eine Rückbildung des Saugmagens statt. Er ist klein, grünlich, mit schmalem Ansatz. Coecum nicht groß. Pt. palpina L. &. Saugmagen breit auf- sitzend. Proventriculus kegelförmig, mit der Basis an die Basis des ebenfalls kegelförmigen Mitteldarms stoßend. Coecum lang, schmal. Phal. bucephala L. 32. Saugmagen mit breiter Basis. Chylusmagen aufgetrieben. End- darm dünn. Coecum ziemlich lang, schmal, an der Spitze etwas breiter. ee Pyg. anastomosis L. d. Saugmagen ganz formis L. klein, dreieckig, mit ziemlich schmalem Ansatz. Chylusmagen knorrig, dick aufgetrieben nicht groß. Coecum groß. Thaumetopoeidae. Orgyia antiqua L. Stilpnotia salieis L. Dasychira pudibunda L. . > Org. antiqua L. & 2 (Fig. 6). Der Darmkanal des ungeflügelten 2 viel stärker gebaut, größer. Der Oesophagus macht im sehr kurzen Thorax des 2 eine Schlinge Ein Saugmagen fehlt beiden. Der Chylusmagen etwas aufgetrieben, beim 2 viel dicker. Der Enddarm beim d ziemlich kurz, beim ? länger. Das Coecum beim 2 sehr groß, Far, breit, beim g kleiner. Zahlreiche Rectalpapillen. antiqua L. 176 Ernst Petersen, Auch bei Das. pudibunda L.3 und Stilp. salieis L. 92 fehlt der Saugmagen. Chylusmagen dick aufgetrieben. Enddarm recht lang. Coecum breit, nicht sehr lang. Lasiocampidae. Malacosoma castrensis L. Epicnaptera tremulifolia He. Trichiura crataegi L. Gastropacha quercifolia L. Lasiocampa quercus L. Dendrolimus pini L. Cosmotriche potatoria L. Bombyx mori. Epicnaptera ilicifolia L. Mal. castrensis L. & (Fig. 7). Saugmagen mit nicht sehr breiter Basis. Proventriculus kurz. Chylusmagen aufgetrieben, stark drüsig. MALPIGHIsche Ge- fäße auffallend dick, wellenförmig. Enddarm breit, recht lang. Coecum breit, groß. DA Fig. 7. Mal. castrensis L. Fig. 8. Las. querceus L. Las. quercus L. & 2 (Fig. 8). Saugmagen ziemlich groß, recht breit aufsitzend. Chylusmagen aufgetrieben. Enddarm dick, nicht sehr lang. Coecum groß. Cosm.potatoriaL. „Saugmagen ausgebildet, Crassum außerordent- lich groß. Tracheenblasen im Abdomen vorhanden“ (W. PETERSEN). Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 177 Tr. crataegi L.: „Crassum sehr stark, Coecum deutlich“ (W. PETERSEN). Ep. ilicifolia L. 2. Wie bei quercus, doch ohne Saugmagen. Coecum nicht sehr groß, breit. Speicheldrüsen lang ins Abdomen reichend. Ep. tremulifolia HB. „Saugmagen groß, gestielt, Crassum sehr groß und dick mit Coecum“ (W. PETERSEN). Dendr. pini L. 3!) der ilicifolia ähnlich. Vor dem Chylus- magen eine kleine Erweiterung des Oesophagus, ein Saugmagen fehlt. Tracheenblasen stark im Abdomen. Bomb. mori2). Saugmagen breit aufsitzend. Ventriculus im hinteren Teil etwas aufgetrieben. Enddarm nicht lang. Crassum sehr stark erweitert, doch ohne eigentliches Coecum. Endromididae. Endromis versicolora L. d. Saugmagen sehr groß, Ansatz nicht sehr breit. Proventriculus recht lang. Chylusmagen etwas aufgetrieben, doch nicht dick. Coecum dick, nicht groß, Crassum stark erweitert. Saturniidae. Antherea pernyi GUER. Aglia tau L. Perisomena caecigena KuPIDo. Attacus cynthia. Saturnia pyri SCHIFF. Platysamia cecropia. a spini SCHIFF. Samia promethea. 4 pavonia L. Anth. pernyi Gu£ßr. „Saugmagen sitzend, kropfartig, Enddarm von mehr als Körperlänge, Crassum sehr stark mit kleinem Coecum“ (W. PETERSEN). Per. caecigena Kupıpo. „Saugmagen gestielt, Coecum deut- lich“ (W. PETERSEN). Sat. pyri Schirr. Chylusmagen mit starkem Drüsenbesatz, Crassum stark, Coecum deutlich ausgebildet. Tracheenblasen fehlen im Abdomen (W. PETERSEN). 1) Abb. bei Suckow 1. c., Taf. 2, Fig. 10; Treviranus |. c. 2) Cornalia war mir leider nicht zugänglich. Ich gebe eine Beschreibung nach Cuvırr, Rögne animal, Insectes. Abgebildet: Planches, II, Taf. 130, Fig. 5, doch wohl fälschlich nur 4 Mar- pıgnische Gefäße ohne gemeinsame Basalstücke ? Bd. XLVII. N. F. LX, 12 178 Ernst Petersen, Sat. spini SCHIFF. d und pavonia L. 3!) (Fig. 9) mit sehr breit aufsitzendem Saugmagen. Proventriculus kurz, nicht dick. Ventriculus länglich, nicht breit. A. tau L. 32. Wie die vorigen. Coecum klein. „Saugmagen gestielt beim g, beim 2 kopf- artig, exzentrisch, mit breiter Basis autsitzend“ (W. PETERSEN). Att. cynthia 2. Der Ansatz des Saugmagens etwas schmäler als bei den vorigen. Enddarm recht lang. Coecum und Crassum recht klein. Plat. cecropia. „Enddarm lang, Crassum schwach entwickelt, Coecum deutlich“ (W. PETER- sen). HäÄrrich sagt, „daß diese Art ebenso (?) Fig. 9. Sat. einen gestielten Saugmagen besitzt wie alle pavonia L. anderen (?) Großschmetterlinge und wie auch Smerinthus“. S. promethea. „Saugmagen am Oesophagus mit breiter Basis sitzend, Coecum vorhanden, wenn auch kurz“ (W. PETERSEN). Drepanidae. Drepana falcataria L. Drepana lacertinaria L. curvatula Ben. Re cultraria F. Cilix glaucata Sc. Drep. falcataria L. d. Saugmagen ganz klein, rückgebildet, mit breiterem Ansatz. Proventriculus nicht stark. Ventriculus bohnenförmig. Enddarm breit, Coecum klein. Drep. curvatula BkH. „Der gestielte Saugmagen rudimentär, Tracheenblasen stark entwickelt, Mitteldarm sehr kurz“ (W. PETERSEN). Drep. lacertinaria L. „Tracheenblasen groß, Coecum deut- lich“ (W. PETERSEN). Drep. cultraria F. g. Wie die vorigen, doch mit etwas größerem Saugmagen. Cil. giaucata Sc. d. Saugmagen rückgebildet. Mitteldarm wie bei den vorigen. MarrisnHische Gefäße dick, dafür nicht lang. Enddarm erweitert sich beträchtlich beim Uebergang zum Crassum. Coecum fehlt. ” Noctuidae. A. Acronyctinae. Diphthera alpium OsBeEck. Acronycta megacephala F. „ rumicis L. 1) S. auch Treviranus |]. c. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 179 Diphth. alpium Osgeck 9. Saugmagen recht groß, mit sehr schmalem Ansatz, wie abgeschnürt. Proventriculus kurz. Ventri- culus vorn zu einem starken, faltigen Chylusmagen aufgetrieben, lang. Enddarm nicht sehr lang. Coecum länglich, nicht groß, gelblich. Crassum nicht stark ausgebildet. Acr. megacephala F. d. Chylusmagen sehr stark aufgetrieben, Mitteldarm sehr lang. Bei Acr. rumieis L. & Coecum ganz klein, Crassum stärker entwickelt. Im übrigen beide wie die vorhergehende. B. Trifinae. Agrotis plecta L. 3 Hadena secalis BJERKANDER d. „ exelamationis L. d. Brachionycha nubeculosa Esp. 4. Mamestra leucophaea Vırw. d. Trachea atriplicis L. Ö. & brassicae L. 2. Grammesia trigrammica Hurn. (. 5 persicariae L. £. Thaeniocampa gothica L. d. . genistae BKH. d. A incerta Hurn. d. a perl. © Orrhodia vaccinii L. £. Miana strigilis CL. 9. Scopelosoma satellitia L. 2. Bryophila raptricula He. 2. Xylina ingrica H. 8. 2. 5 fraudatricula Hp. d. Xylomiges conspicillaris L. 4. Hadena adusta Esp. d. Cucullia umbratica L. d. „ brassicae F. 2. Emmelia trabealis Sc. d. Agr. plecta L. d. Saugmagen abgeschnürt, mit sehr schmalem Ansatz. Proventriculus sehr kurz. Ventriculus vorn zu einem breiteren Chylusmagen aufgetrieben, lang, so daß der Pylorus am Ende des Abdomens liegt. End- darm ziemlich kurz. Coecum länglich, nicht groß. Die anderen Agrotis-Arten — ich habe außer den genannten noch einige untersucht — zeigen denselben Typus. Die Einstülpung des Vorderdarmes in den Mitteldarm scheint all- gemein nicht lang zu sein und ist distal etwas breiter. Was nun die übrigen Trifinae (Fig. 10) betrifft, so lohnt es sich nicht, eine detail- lierte Beschreibung jeder Art zu geben. Ich habe ihrer eine große Anzahl untersucht und kaum nennenswerte Abweichungen von der Form gefunden, wie sie bei Agr. plecta L. be- schrieben wurde. Mitunter ist der Saugmagen Fig. 10. Typus etwas länger, größer, wie bei Had. adusta Esp., der Trifinae. 12* 180 Ernst Petersen, wo er fast bis ans längliche, fingerförmige Coecum reicht. Oder aber der Mitteldarm ist etwas kürzer, der Enddarm länger, das Coecum mehr oder weniger stark ausgebildet. Gefehlt hat es bei keiner Art. Am Rectum habe ich immer zahlreiche Rectalpapillen gefunden. C. Quadrifinae. Plusia gamma L. Euclidia glyphica L. Euclidia mi Cr. Catocala nupta L. Pl. gamma L. 3 stimmt im Bau des Darmkanals mit dem im vor- hergehenden beschriebenen Typus im ganzen überein. Saugmagen sehr groß. Der Ventriculus schön geringelt, das Coecum ziemlich groß. Euel. mi Cr. Z und glyphica L. 3 zeigen einen anderen Bau: der Saugmagen ist sehr stark rückgebildet, ganz klein, mit sehr schmalem Ansatz. Proventriculus kurz. Der Chylusmagen nur wenig aufgetrieben. Der Pylorus nicht stark entwickelt. Coecum und Crassum klein. Tracheenblasen reichlich im Abdomen. Cat. nupta L. „Tracheenblasen stark entwickelt, Saugmagen gestielt, sehr groß, Coecum vorhanden“ (W. PETERSEN). Hypeninae. Zanclognatha spec. Hypena proboscidalis L. Herminia tentacularia L. „ rostralis L. Pechipogon barbalis CL. Zancl. spec. d. Saugmagen rückgebildet, klein, mit schmalem Ansatz. Proventriculus kurz. Chylusmagen oral mit zwei kleinen Ausstülpungen. Der Mitteldarm recht gleichmäßig dick verlaufend. Der Enddarm länger als bei den früheren Noctuae verlaufend. Coecum gelb, finger- förmig, nicht klein. Crassum kaum erweitert. Herm. tentacularia L. $ und Pech. barbalis Cr. g (Fig. 11) zeigen einen ähnlichen Typus. Bei tentacularia ist der Saugmagen noch etwas größer als bei barbalis. Coecum nicht sehr lang, Crassum breiter, Rectalpapillen zahlreich. Hyp. proboscidalis L. „Saugmagen gestielt, Fig. 11. Pech. Tracheenblasen im ganzen Abdomen stark ent- barbalis1&t, wickelt“ (W. PETERSEN). h Hyp. rostralis 1.2. Saugmagen klein, ziem- lich Typus der Noctuae. Proventriculus kurz. Ventriculus läng- lich, aufgetrieben. Coecum klein. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 181 Cymatophoridae. Habrosyne derasa L. Cymatophora octogesima He. Thyatira batis L. 5 duplaris L. Cymatophora or FE. Polyphora flavicornis L. Habr. derasa L. 3. Saugmagen nicht groß, mit schmalem Ansatz. Proventriculus gut entwickelt. Chylusmagen oral mit zwei Ausstülpungen, stark drüsig, die Drüsen pflasterepithelartig nebeneinander liegend. Distal verjüngt sich der Ventriculus, seine drüsige Beschaffenheit hört auf. Coecum sehr klein, fingerförmig. Crassum gut entwickelt. Th. batis L. „Saugmagen gestielt; Coecum kurz, aber dick“ (W. PETERSEN). Cym. or F. „Saugmagen gestielt, sehr groß“ (W. PETERSEN). Cym. octogesima HB. „Saugmagen groß, Coocum fingerförmig“ (W. PETERSEN). Cym. duplaris L. „Saugmagen sitzend, groß, Coecum finger- förmig“ (W. PETERSEN). Pol. flavicornis L. 3, im Typus der derasa L. ähnlich. Coecum lang, schmal. Brephidae. Brephos parthenias L. 2. Typus der Noctuidae. Saugmagen mit schmalem Ansatz. Coecum klein. Geometridae. Geometrinae. Geometra papilionaria L. Thalera lactearia L. Thalera fimbrialis Sc. Geom. papilionaria L. d. Saugmagen klein, abgeschnürt, mit schmalem Ansatz. Chylusmagen aufgetrieben. Coecum lang, schmal, grau-braun. Thal. fimbrialis Sc. „Tracheenblasen stark ausgebildet, Coecum sehr lang und dick“ (W. PETERSEN). Thal. lactearia L. d. Saugmagen gestielt, scheint etwas rück- gebildet. Proventriculus nicht groß. Mitteldarm länglich - oval. Coecum recht klein, Crassum erweitert. Acidaliinae. Acidalia pallidata BKn. Ephyra pendularia Cr. fumata STPH. „ ruficiliaria H. S. (?) remutaria He. Timandra amataL. e ornata Sc. 182 Ernst Petersen, Ac. pallidata BKH. $. Saugmagen gestielt, doch mit etwas breiterem Ansatz als bei den vorigen. Chylusmagen bohnenförmig aufgetrieben. Pylorus schmal abgesetzt. Coecum sehr klein, grün- lich braun. Crassum stärker erweitert. Nach W. PETERSEN soll Ac. similiata Tause. (= perochraria F. R.) Tracheenblasen im basalen Teil des Abdomens haben, der Saugmagen ist bei dieser Art gestielt, das Coecum deutlich. Ac. fumata Srtpn. 2. (Fig. 12). Saugmagen groß, gestielt. Proventrieulus dünn, nicht lang. Chylusmagen oral mit zwei kleinen Ausstülpungen, dann oval aufgetrieben, mit vielen Falten. Ventriculus später schmäler, glatter verlaufend. Enddarm recht lang. Coecum lang, schmal, an der bräunlichen Spitze etwas aufge- ei triebe FR 120 Reg MRENEN, | fumata STPH. Ac. remutaria Hs. ?, wie bei der vorigen. Coecum sehr klein, Crassum klein. Ac. ornata Sc. d, der letzten sehr ähnlich. Enddarm lang, Crassum stark erweitert. Eph. pendularia CL. d. Schließt sich im Bau des Darmkanals den Acidalien an. Saugmagen klein. Coecum länglich, schmal, relativ groß. Crassum klein. Eph. ruficiliaria H. S. (?) 3. Saugmagen klein, scheint in Rückbildung, Ansatz nicht sehr schmal; Tracheen reichlich im Abdomen. Proventriculus kurz. Chylusmagen etwas aufgetrieben. Enddarm recht kurz. Coecum nicht lang, schmal. Crassum stark erweitert. Tim. amata L. d. Ansatz des Saugmagens etwas breiter. Proventriculus kurz. Chylusmagen wie bei der vorigen. Enddarm relativ breit. Coecum klein. Larentiinae. Lythria purpuraria L. Eucosmia undulata L. Ortholita cervinata SCHIFF. d. Scotosia vetulata SCHIFF. 2. e limitata Sc. Lygris populata L. <&. Minoa murinata Sc. 9. Larentia ocellata L. 2. Odezia atrata L. ’ variata SCHIFF. 9. Anaitis plagiata L. 2. 5 viridaria F. d. Lobophora carpinata BKn. = fluctuata L. 2. Cheimatobia brumata L. A ımontanata SCHIFF. d. Triphosa dubitata L. 9. P ferrugata CL. q. Zur Anat. und Histo]. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 183 Larentia caesiata LAnG 9. Larentia autumnalis STRÖM. £. = cuculata Hurn. 9. A rubidata F. d. b5 sociata BKH. 29. Asthena candidata SCHIFF. d. A tristata L. d. Tephroclystia oblongata Trug. 9. .. albulata SCHIFF. 2. = innotata Hurn. G. 3 obliterata Hurn. d. Phibalapteryx vitalbata Hs. 2. " luteata SCHIFF. Ö. n tersata Hp. 2. % bilineata L. <&. L. purpuraria L. „Saugmagen sehr groß, gestielt, Crassum sehr groß, mit sehr kurzem, stummelförmigem Anhang, der als Anfang einer Coecumbildung gelten kann“ (W. PETERSEN). Orth. cervinata SCHIFF. d. Saugmagen nicht sehr groß, mit nicht breitem Ansatz. Proventriculus gut ausgebildet. Chylus- magen schmäler beginnend, dann aufgetrieben, Mitteldarm sich dann wieder verjüngend. Coecum nicht klein, gelblichbraun, in eine weiße Spitze auslaufend. Schon der Enddarm vor dem Ein- tritt in das erweiterte Crassum ist gelblich gefärbt. Orth. limitata Sc. „Saugmagen vorhanden, Tracheenblasen stark entwickelt; Coecum fingerförmig“ (W. PETERSEN). Min. murinata Sc. 2 zeigt einen ähnlichen Bau. Coecum klein. Ödezia atrata L. „Saugmagen sehr groß“ (W. PETERSEN). Auch An. plagiata L. 2 zeigt diesen Typus. Der Ansatz des Saugmagens etwas breiter. Coecum sehr klein. Lob. carpinata BKH. „Saugmagen gestielt, Coecum kurz“ (W. PETERSEN). Cheim. brumata L. Saugmagen groß, gestielt. Tr. dubitata L. 2. Chylusmagen vorn schmäler, dann etwas aufgetrieben, der Ventriculus kegelförmig zum Enddarm zu sich verjüngend. Coecum recht kurz, schmal. Crassum nicht groß. Euc. undulata L. „Saugmagen breit gestielt, Coecum finger- förmig“ (W. PETERSEN). Sc. vetulata SCHIFF. 9. „Saugmagen mit ziemlich breiter Basis aufsitzend“ (W. PETERSEN). Lygr. populata L. 9. Saugmagen recht klein, mit nicht breitem Ansatz. Der Typus, wie er bei O. cervinata SCHIFF. beschrieben wurde. Tracheenblasen vorhanden. Die Gattung Larentia zeigt im ganzen einen ähnlichen Typus. Ich fand nur geringe Abweichungen: L. ocellata L. Coecum klein. L. variata ScHiFF. Der Chylusmagen stark drüsig. Die Drüsen ähnlich gelegen wie bei Habr. derasa L. Sonst ist der Chylus- 184 Ernst Petersen, magen bei Larentia stark gefaltet. Coecum groß. Crassum weniger stark. Lar. viridaria F. Enddarm nicht sehr lang. Coecum ziemlich groß. Crassum etwas erweitert. Lar. fluctuata L. Coecum nicht groß, an der Spitze knopf- förmig aufgetrieben. Lar. ferrugata Cl. Enddarm recht breit beginnend. Coecum nicht groß. Lar. caesiata Lang. Coecum ziemlich klein, zuckerhutartig. Crassum erweitert. Lar. obliterata Hurn. Enddarm dick, kürzer. Coecum ziem- lich klein, fingerförmig. Rectum und Crassum kurz. Lar. luteata SchirFF. Saugmagen sehr groß. Ich fand ihn hier mit Flüssigkeit und Luft prall gefüllt. Enddarm dick. Coecum klein, gelblich-braun. Lar. autumnalis Ström. Pylorus dunkelbraun. Enddarm lang. Coecum größer, an der Basis kolbig verdickt. Crassum breit. Lar. rubidata F. Coecum länglich, schmal, nicht groß. Die übrigen Larentiae zeigten keinerlei bemerkenswerte Abweichungen vom allgemeinen Typus. Die Rectalpapillen sind überall in größerer Zahl. vorhanden. Der Ansatz des Saugmagens variiert nur sehr gering. Bisweilen ist er etwas breiter (besonders bei viridaria F.), doch da er im ganzen ein sehr elastisches Gebilde ist, wird man aus diesen kleinen Variationen kaum Schlüsse ziehen dürfen. Tracheenblasen sind immer im Abdomen vorhanden. Asth. candidata SCHIFF. & weicht im Bau des Darmtraktus nicht vom Larentiatypus ab. Coecum klein, braun. Die Tephroelystiaarten stimmen im Bau ihres Darmkanals überein (ich habe noch mehrere untersucht, deren Namen ich jedoch nicht mit Sicherheit sagen kann): Saugmagen relativ klein, mit schmälerem Ansatz. Proventriculus nicht lang. Mitteldarm recht gleichmäßig dick. Pylorus nicht stark entwickelt. Enddarm relativ lang. Coecum und Crassum klein. Phil. vitalbata Hs. ? und tersata HB. 2 stehen dem Larentia- typus sehr nahe. Ventriculus länglich, oval, Enddarm nicht lang. Coecum fingerförmig, nicht klein, bei tersata an der erweiterten Basis orange. Boarmiinae. Arichanna melanaria L. ? Deilinia pusaria L. @. Abraxas grossulariata L. 2 A exanthemata Sc. d. N marginata L. Q. Numeria pulveraria L. 9. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 185 Ellopia prosapiaria L. Amphidasis betularia L. &. Ennomos autumnaria WERNB. Boarmia selenaria Hp. d. Selenia bilunaria EsP. d. 3 crepuscularia HB. g. x lunaria SCHIFF. 9. ei punctularia HB. G. Gonodontis bidentata CL. Gnophos myrtillata ThunB6. Crocallis elinguaria L. 9. Ematurga atomaria L. 2. Angerona prunaria L. d. Bupalus piniarius L. 9. Eurymene dolabraria L. Thamnonoma loricaria Ev. Opisthograptis luteolata L. &. 4 wauariaLL. 9. Epione apiciaria SCHIFF. d. „ brunneata Tange. Venilia macularia L. 2. Phasiane clathrata L. 2. Semiothisa liturata CL. &. ® glarearia BRAHM d. Phigalia pedaria F. G. Scoria lineata Sc. “ Biston hirtarius CL. &. Perconia strigillaria He. Ar. melanaria L. (Fig. 13). Saugmagen mit breiterem Ansatz, recht groß. Die Einstülpung des Vorderdarms in den Mitteldarm sieht man knopfförmig durchschimmern. Chylusmagen etwas auf- getrieben, stark gefaltet, oral mit zwei Aus- stülpungen. Pylorus stark. Enddarm nicht auf- fallend lang. Coecum fingerförmig, Crassum er- weitert. Rectalpapillen in größerer Zahl. Abr. grossulariata L. und marginata L. der \ vorigen sehr ähnlich. Bei grossulariata L. das Coecum lang, schmal, bei marginata L. der Ansatz des Saugmagens etwas schmäler, Coecum klein. Deil. pusaria L. und exanthemata Sc.: Saug- magen mit schmalem Ansatz, groß, bei letztem fand ich ihn mit einer braunen Flüssigkeit an- gefüllt. Proventriculus kurz. Chylusmagen auf- getrieben. Pylorus schwach ausgebildet. Coecum und Crassum nicht groß. Fig. 13. Ar. Num. pulveraria L. den vorigen ähnlich. melanaria L. Ell. prosapiaria L. „Saugmagen gestielt, sehr groß, Crassnm sehr groß, Coecum vorhanden. Tracheenblasen fehlen im Abdomen“ (W. PETERSEN). Enn. autumnaria WERNB. „Saugmagen deutlich ausgebildet, Coecum deutlich“ (W. PETERSEN). Selenia bilunaria Esp. (Fig. 14). Saugmagen lang, schmal, mit breitem Ansatz als Basis. Proventriculus einfach. Mitteldarm länglich-oval, Chylusmagen etwas aufgetrieben. Pylorus deutlich. 186 Ernst Petersen, Enddarm breit, nicht lang. Coecum erst breiter verlaufend, mit schmälerem Aufsatz an der Spitze. Crassum erweitert. Sel. lunaria ScHIFF. der vorhergehenden sehr ähnlich. Coe- cum klein. Gon. bidentata CL. „Saugmagen groß, kurzgestielt, Coecum fingerförmig“ (W. PETERSEN). Croc. elinguaria L. Saugmagen sehr groß, mit breitem An- satz. Proventriculus kurz. Ventriculus klein, länglich, vorn zu einem kleinen Chylusmagen aufgetrieben. Coecum fingerförmig, gut ausgebildet, an der Wurzel rot- braun. Ang. prunaria L. Saugmagen sehr stark ent- wickelt mit schmalem Ansatz. Ventriculus läng- lich, schmal. MaArPrisHische Gefäße rosa. End- darm lang, nicht breit. Coecum länglich, schmal, nicht sehr groß. Eur. dolabraria L. „Tracheenblasen groß, Coecum deutlich“ (W. PETERSEN). Op. luteolata L. Saugmagen mit schmalem Ansatz, blasenförmig. Proventriculus kurz. Ventri- culus länglich. Coecum klein. Ep. apiciaria ScHirr. Saugmagen gut ent- ee wickelt Ä mit breiterem Ansatz. Coecum lang, bilunaria Esp. spitz, weiß. Ven. macularia L. Saugmagen gestielt mit schmalem Ansatz. Proventriculus kurz. Chylusmagen etwas auf- getrieben. Coecum nicht groß, mit dickem weißen Knopf. Crassum klein. Sem. liturata CL. der vorigen ähnlich. Enddarm nicht lang. Coecum klein. Chylusmagen mit zwei Ausstülpungen, an deren Ver- einigungsstelle man einen kleinen „Rüssel“ durchschimmern sieht. Ph. pedaria F. Oesophagus breiter werdend vor dem Ansatz eines primitiven „Saugmagens“. Dieser wie ein einseitiger Kropf. Coecum länglich, schmal, nicht groß. B. hirtarius CL. „g Saugmagen kropfartig, Chylusmagen kurz und außerordentlich dick, Enddarm lang und dünn, Crassum stark, Coecum sehr lang und dick.“ „2 Kropf groß, sackartig, exzentrisch, mit Luft gefüllt; Coecum lang und groß, der ganze Verdauungs- traktus sehr kurz“ (W. PETERSEN). Amph. betularia L. Saugmagen mit breiterem Ansatz, doch nicht so breit wie bei der vorhergehenden. Proventriculus deut- Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 187 lich. Ventriculus länglich, Chylusmagen etwas stärker aufgetrieben. Pylorus groß. Enddarm dick. Coecum klein, länglich. Crassum nicht stark. Boarmia selenaria Hs. Saugmagen groß, mit nicht breitem Ansatz. Proventriculus deutlich. Chylusmagen etwas aufgetrieben. Pylorus stark entwickelt. Enddarm dick, nicht kurz. Coecum und Crassum klein. B. crepuscularia Hs. Saugmagen mit etwas breiterem Ansatz. Coecum lang, schmal. Boarmia punctularia Hs. und noch zwei andere Boarmien, die ich untersuchte, zeigten einen ähnlichen Bau, doch war der Ansatz des Saugmagens bei punctularia HB. und einer anderen wieder schmäler. Das Coecum bei allen gut ausgebildet. Gn. myrtillata Tuuge. var. obfuscaria Dup. „Saugmagen groß, gestielt, Coecum fingerförmig“ (W. PETERSEN). Em. atomaria L. hat einen langen, nicht sehr primitiven Saug- magen. Proventriculus kurz. Chylusmagen etwas aufgetrieben, Ventriculus lang. Coecum klein. Bup. piniarius L. Der vorigen ähnlich, der Ansatz des Saug- magens schmäler. Th. loricaria Ev. „Saugmagen groß, gestielt“ (W. PETERSEN). Th. wauaria L. Saugmagen ein schmaler, länglicher Sack, scheint in Verkümmerung begriffen. Proventrieulus nicht lang. Chylusmagen mit zwei Ausstülpungen, etwas aufgetrieben, Coecum breit, braun und dick. Th. bruneata TuuBG. „Saugmagen vorhanden, Coecum klein, fingerförmig, Tracheenblasen fehlen“ (W. PETERSEN). Ph. clathrata L. Saugmagen mit schmälerem Ansatz. End- darm recht breit. Coecum sehr klein. Bei Ph. glarearia BrAnm ähnliche Verhältnisse. Coecum größer. Sc. lineata Sc. „Saugmagen gestielt, Coecum fingerförmig“ (W. PETERSEN). Perconia strigillaria HB. „Saugmagen groß, gestielt, Coecum sehr groß“ (W. PETERSEN). Cymbidae. Earias clorana L. Hylophila prasinana L. Ear. cloranaL. „Saugmagen deutlich, Coecum groß. Tracheen- blasen im Abdomen vorhanden“ (W. PETERSEN). Hyl. prasinana L. „Saugmagen gestielt, Chylusmagen mit reichem Drüsenbesatz, Coecum klein“ (W. PETERSEN). 188 Ernst Petersen, Arctiidae. Arctiinae. Spilosoma mendica CL. Diacrisia sanio L. n lubricipeda L. Arctinia caesarea GOEZE. he menthastri Esp. Arctia caja L. is urticae Esp. Coseinia cribrum L. Phragmatobia fuliginosa L. Hippocrita jacobaeae L. Parasemia plantaginis L. Sp. mendica Cr. 2. Leider stand mir nur ein einjähriges Exemplar zur Verfügung. Einen Saugmagen fand ich nicht, kann jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob er nicht vielleicht in sehr = FE N Fig. 15. Fig. 17. Fig. 15. Sp. menthastri Esp. Fig. 16. Sp. urticae Esp. s Rest des Saugmagens. Fig. 17. A. caja L. rudimentärem Zustande noch vorhanden ist. Ventriculus länglich. Coecum nicht groß. Sp. lubricipeda L. &. Saugmagen nicht vorhanden. Ventri- culus länglich-oval. Enddarm breit. Coecum recht klein. Crassum stärker. Tracheensystem im Abdomen gut entwickelt. Sp. menthastri Esp. d? (Fig. 15). Kein Saugmagen. Ich habe etwa ein Dutzend dieser Art untersucht, jedoch nirgends Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 189 eine Andeutung des Saugmagens finden können. Der Oesophagus ist am distalen Ende etwas breiter. Der Ventriculus länglich, mit Kleinen Längsfalten. Enddarm breit, nicht kurz. Das Coecum fand ich verschieden groß, beim 2 vielleicht etwas stärker. Sp. urtica Esp. d 2 (Fig. 16) stimmt im Bau mit der vorher- gehenden überein, doch mit einem ganz reduzierten kleinen Saug- magen. Phr. fuliginosa L. var. borealis STGR. d hat einen noch etwas größeren Rest eines Saugmagens. Par. plantaginis L. 3. Saugmagen vorhanden, Ansatz schmal. Proventriculus deutlich. Chylusmagen quergefaltet. Enddarm nicht lang. Coecum groß. Crassum breit, lang. Rectalpapillen in größerer Zahl. Diac. sanio L. & stimmt mit L. plan- taginis L. überein. Arct. caesaria GOEZE 2. Der Saug- magen fehlt. Aehnlich wie Sp. menthastri Esp., Enddarm etwas länger. A. caja L. (Fig. 17) hat noch einen winzigen Stummel sis Rest des Saug- magens. Chylusmagen aufgetrieben, quer- gefaltet. Mitteldarm lang. Coecum nicht groß, Crassum stark. Cose. eribrum L. 2 (Fig. 18) hat auch nur einen Rest des Saugmagens. Der Fig. 18. Cosc. cribrum L. „Rüssel“ deutlich zu sehen. Enddarm un- regelmäßig verlaufend, bald breit, bald enger. Coecum größer. Crassum stark. Viel Rectalpapillen. Hip. jacobaeae L. hat einen Saugmagen mit nicht breiter Basis. Coecum klein, länglich. Lithosiinae. Nudaria mundana L. Lithosia lurideola Zınck. Endrosa irrorella Cr. 2 complana L. Cybosia mesomella L. f lutarella L. Gnophria rubricollis L. u sororcula Hurn. Nud. mundana L. Jg. Saugmagen klein, mit nicht breitem Ansatz. Proventriculus nicht lang. „Rüssel“ kurz. Chylusmagen oval aufgetrieben, gut ausgebildet. Enddarm kurz, stellenweise breit. Coecum kurz, sehr breit. Crassum stark. 190 Ernst Petersen, Endr. irrorella Cr. 3 (Fig. 19). Saugmagen fehlt; ein breiter, kurzer „Rüssel“. Ventriculus im vorderen Teil schmal, sark quer- gefaltet, dann aufgetrieben, am Ende wieder schmäler. Pylorus groß. Enddarm breit, doch unregel- mäßig, kurz. Coecum lang. Crassum stark. Cyb. mesomella L. & (Fig. 20). Saugmagen mit schmalem Ansatz, „Rüssel“ länger. Enddarm nicht lang, ziemlich breit. Coecum lang, schmal. Crassum breit. Gn. rubricollis L. d. Saugmagen pilzförmig verkümmert, mit schmalem Ansatz. MarricHIsche Gefäße bräun- | { lich. Coecum breit. Speicheldrüsen lang ins Abdomen reichend, am Ende etwas verdickt. Lith. lurideola Zınck 3. Saugmagen SY klein, gestielt, in Verkümmerung be- griffen. Tracheenblasen reichlich im Abdomen. Coecum nicht sehr groß. Fig. 19. Fig. 20. Lith. complana L. „Ein sehr i kleiner, kurzgestielter Saugmagen vor- Fig.19. End. irrorella CL. * R Fig.20. Cyb.mesomellaL. handen“ (W. PETERSEN). Lith. lutarella L. g zeigt ähnliche Verhältnisse wie Cyb. mesomella L. Der „Rüssel“ breiter, kürzer. Coecum breiter. Viele Rectalpapillen. _ Lith. sororcula Hurn. 2. Der vorigen ähnlich. MArPpıcHısche Gefäße braun. Coecum klein. Zygaenidae. Zygaena meliloti Esp. Zygaena fausta L. lonicerae SCHEVEN. Ino statices L. „ a filipendulae L. Die 4 Zygaena-Arten (Fig. 21) zeigen einen Typus im Bau ihres Darmikanals: ein doppelter Saugmagen. Der vordere ist mit Luft gefüllt, mit breitem Ansatz, der hintere, ersterem eng anliegend, hat eine engere Mündung, ich. fand ihn stets ohne Luft. Proventrieulus nicht lang, stülpt sich ein und bildet so den „Rüssel“, der am Ende etwas wulstig verdickt ist. Ventriculus Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 191 vorn etwas schmäler, länglich. Enddarm kurz, dick. Crassum stark erweitert, Coecum fehlt !). Ino statices L. (Fig. 22). Ein einfacher langer, schmaler 4 Fig. 21. Fig. 22. Fig. 21. Zyg. lonicerae SCHEVEN. Fig. 22. Ino statices L. Saugmagen, mit schmalem Ansatz. Mitteldarm fast ebenso lang wie der — besonders im vorderen Teil — sehr breite Enddarm. Coecum sehr groß, breit, Crassum schmäler. Cochlididae. Cochlidion limacodes Hurn. „Crassum stark, ohne Coecum, Rectalpapillen zahlreich“ (W. PETERSEN). Psychidae. Acanthopsyche opacella H. S. Sterrhopteryx hirsutella Hs. Pachytella unicolor Hurn. Fumea casta PALL. villosella O. Bacotia sepium SPR. » Psyche viadrina STGR. Ac. opocella H. S. 2 (Fig. 23). Oesophagus sehr kurz, am distalen Ende recht breit. Ein eigentlicher Saugmagen fehlt. Chylusmagen dunkel, der schmälere Teil des Ventriculus hell, 1) Ramoonr |]. c., Zyg. filipendulae, Abb. Taf. 18, Fig. 1—4. 192 Ernst Petersen, beide punktiert. Ein deutlich abgesetzter Pylorus nicht vorhanden. Enddarm recht breit, nicht lang, ebenfalls punktiert, Crassum be- deutend erweitert, ein Coecum fehlt. Pach. unicolor Hurn. 9. „Statt des Saugmagens ein Kropf, Enddarm sehr lang“ (W. PETERSEN). Pach. villosella O. 2. „Oesophagus im distalen Teil etwas erweitert; Anlage des Kropfes; Vz Enddarm lang, einfach“ (W. PETERSEN). Ps. viadıina STER. d. „Crassum kugelig erweitert, ohne Coecum. Ein gestielter Saugmagen fehlt, statt dessen eine Erweiterung des Oesopha- gus, die mit Luft gefüllt ist“ (W. PETERSEN). St. hirsutella Hs. 3. „Statt des Saugmagens eine kropfartige Erweiterung. Kein Coecum; Tracheenblasen fehlen“ (W. PETERSEN). Fumea casta PALL. g. Saug- Fig. 23. Fig. 24. magen sehr groß, kropfartig, Fig. 23. Ac. opacella H. S. doch exzentrisch. Proventriculus Fig. 24. Trach. apiformis OL. schmal, doch deutlich. Chylus- magen etwas aufgetrieben. Py- lorus gut entwickelt. Crassum sehr erweitert, ohne Coecum. Bac. sepium Spr. d. „Saugmagen mit sehr kurzem Stiel dem Oesophagus aufsitzend“ (W. PETERSEN). Sesiidae. Trochilium apiformis CL. ° _Sesia tipuliformis L. Sciapteron tabaniformis RoTT. Tr. apiformis CL. 9 (Fig. 24). Saugmagen groß, mit breiter Basis. Proventriculus deutlich. Ventriculus zweimal aufgetrieben, vorn quergefaltet, im hinteren Teil wieder schmäler verlaufend, lang. Pylorus erweitert. Enddarm nicht schmal, relativ kurz. Coecum ziemlich groß. Crassum etwas breiter. Sc. tabaniformis RoTT. d. „Saugmagen und Coecum wohl- ausgebildet“ (W. PETERSEN). Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 193 S. tipuliformis L. 2. „Saugmagen deutlich gestielt, Coecum groß“ (W. PETERSEN). Cossidae. Cossus cossus L. d. „Die Bildung des Darmkanals zwingt zu dem Schluß, daß die Vorfahren dieser Gattung nicht im Besitz eines funktionierenden Saugrüssels gewesen seien, da sich kein gestielter Saugmagen, sondern nur ein Kropf findet, und das Coecum fehlt. Crassum lang“ (W. PETERSEN)). Hepialidae. Hepialus humuli L. & 2?). in fusconebulosa DE GEER (2. hecta L. 3 2. Die Hepialiden (Fig. 25) zeigten einen Typus: der Oeso- phagus erweitert sich, schon am Ende des Thorax beginnend, zu einem großen, mit Luft gefüllten Kropf. Ein Proventriculus ist nicht zu sehen. Der Ventriculus schließt sich direkt dem Kropf an. Er ist länglich, gelb, nicht ge- faltet und verläuft unregelmäßig. Der Pylorus ist nicht abgesetzt. Der Enddarm kurz, breit, eben- falls unregelmäßig. Das Crassum sehr stark erweitert, lang. Ein Coecum fehlt. 6 Rectalpapillen. Fie.25. Typus der Hespialidae. Histologischer Teil. Gehen wir zunächst an eine allgemeine Beschreibung der histologischen Verhältnisse, wie wir sie gewöhnlich bei Lepido- pteren finden. Der Vorderdarm. Am Oesophagus können wir von innen nach außen folgende Schichten unterscheiden: zunächst kleidet eine 1) S. auch TrevIranvs |]. c. 2) S. auch Branpr |. c. Bd. XLVIL. N. F. XL. 13 194 Ernst Petersen, sehr wohlausgebildete Intima den ganzen Vorderdarm aus; es folgt eine Schicht Epithelzellen, sodann eine sehr zarte Basalmembran und zuletzt eine Muscularis. Die Epithelzellen sind platt und haben längliche nicht große Kerne. Die Basalmembran schließt sich dem Epithel sehr eng an; sie ist als äußerst feine Lage nicht überall deutlich sichtbar. Die Kerne der Muscularis sind kleiner als die des Epithels, auch länglich. Eine ähnliche Struktur zeigt auch der Saugmagen, doch wird die Intima in ihm weiter distalwärts äußerst zart, ähnlich wie bei den Dipteren. Die Porenkanäl- chen, wie sie zuerst SIRODOT bei ..®) m x | Lamellicornier-Larven fand, fehlen. See Die Epithelzellen werden lang- Er ig 26, Schreib durch. den gestreckt, sehr schmal und un- Saugmagen von Arg. euphrosyne L. regelmäßig. Die Kerne werden auf der dem Chylusmagen zuge- heller kehrten Seite. i Intima, e Epithel, - tp Basalmembran, m Muscularis. An der dem Chylusmagen (Fig. 26) zugekehrten Seite des Saugmagens trägt die Intima oft kleine Zähnchen, die sich distal- wärts allmählich verlieren. Die Spitzen dieser Zähnchen sind alle der Oeffnung des Saugmagens zugekehrt. | Der Proventriculus hat eine auffallend starke Muskulatur. Es findet sich sowohl eine äußere Längs- als auch eine innere Ring- muskulatur. Auf manchen Schnitten war die Querstreifung der Muskulatur deutlich sichtbar. Die Kerne sind länglich und die Chromatinkörper an der Peripherie angeordnet. Die Darmmuskulatur ist am Proventriculus in sehr reger Tätigkeit, oft hatte ich beim Präparieren viel Mühe mit der Ent- fernung des Fettes, das hier meist zahlreich aufgespeichert wird. Die Basalmembran tritt nunmehr deutlicher hervor. An der Ansatzstelle des Saugmagens an den Proventriculus finden wir das Epithel nicht hoch; viele Zellen tragen lange, sehr spitz aus- laufende Zähne, die der Oeffnung des Saugmagens abgekehrt sind. Das Protoplasma reicht in diese Zähnchen hinein, und oft liegt der langgestreckte, unregelmäßige Kern mit zahlreichen Chromatin- körperchen im Innern dieser Zähnchen. Die Kerne sind bedeutend größer als die der Muskulatur. Die Intima liegt dem Epithel eng an und ist hier bedeutend stärker ausgebildet als etwa im distalen Teil des Saugmagens. Ihr gehören auch die äußerst scharfen Spitzen der Epithelzellen an. ‚Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 195 Die Zähnchen, die an der Einmündung des Saugmagens in den Proventriculus verhältnismäßig groß sind, werden nach der gegenüberliegenden Seite oft kleiner, abgerundeter. Im weiteren Verlauf des Proventriculus finden wir die Epithelzellen mit langen lappigen Ausstülpungen (in vielen Fällen bleiben die Zähnchen auch im Proventriculus erhalten, s. weiter unten). Die relativ großen Kerne liegen oft in diesen Lappen, und wir fanden sie im ganzen heller als die Kerne des Mitteldarmepithels. Das Proto- plasma ist in den Zellen meist unregelmäßig verteilt, die Proto- plasmakörnchen liegen am Zellrand und ziehen sich fadenförmig durch das Innere der Zellen. Was nun die Intima betrifft, so habe ich sie in verschiedener Dicke und Deutlichkeit angetroffen. Bei manchen Formen wird sie distalwärts allmählich schwächer und ist im „Rüssel“ mitunter kaum noch zu unterscheiden. Bei anderen Formen trägt sie auch hier noch ganz kleine Zähnchen, die mit ihren Spitzen stets dem Chylusmagen zu gerichtet sind. Die Muskulatur bleibt am ganzen Proventriculus stark aus- gebildet, auch dort, wo der Vorderdarm sich in den Mitteldarm einstülpt und so den „Rüssel“ oder die Valvolae cardiacae bildet. Diese kommen so zustande: Das Epithel mit seiner Basalmembran setzt sich vom Proventriculus in den Chylusmagen fort, um dann — auf verschiedener Höhe bei den einzelnen Arten — sich um- zustülpen, und, dem zuerst gebildeten Zylinder parallel laufend, sich allmählich mit dem Epithel des Chylusmagens zu vereinigen. Bei dieser Umstülpung erfährt das Epithel mancherlei Verände- rungen, welche weiter unten besprochen werden sollen. Die Muskulatur schiebt sich oft zwischen diese beiden Zylinder- wände, ist der „Rüssel“ jedoch lang, so findet man sie nur im vorderen Teil; weiter distal treten dazwischen Bindegewebszellen auf. — Die Epithelzellen behalten ihre lappige Struktur oft auch an der Innenwand des Rüssels bei. An seiner Außenwand werden sie zumeist regelmäßiger, doch kommt es vor, daß sie auch noch im Mitteldarm mehr oder minder kleine Ausstülpungen haben. Ich will hier nicht näher auf den Bau des Rüssels eingehen, da ich ihn später bei verschiedenen Formen speziell zu beschreiben habe. Der Mitteldarm. Der Mitteldarm besteht von außen nach innen aus folgenden Schichten: zunächst die Peritonealhülle, dann die Ringmuskulatur, die Basalmembran, das Epithel und zuletzt der Stäbchensaum oder das Rhabdorium. Die Längs- und Ring- muskulatur ist hier ähnlich wie am ganzen Darmkanal, doch lange 13 * 196 Ernst Petersen, nicht in der Stärke vertreten, wie am Proventriculus oder Mast- darm. An der äußeren Längsmuskulatur, die den Darm als Peri- tonealhülle umgibt, ist die Querstreifung deutlich sichtbar. Die Kerne sind langgestreckt, sehr schmal und heiler als die des Epithels. Die Ringmuskulatur ist bedeutend schwächer entwickelt, auf den Längsschnitten durch den Mitteldarm etwa rundlich. Häufig sieht man auch Nerven und Tracheen an den Darm heran- treten, besonders an Stellen, wo das Darmepithel gefaltet ist. Tracheen treten überhaupt zahlreich an den ganzen Darmkanal heran. — Die Basalmembran ist deutlich entwickelt, im Gegensatz zu der des Oesophagus. Zwischen Basalmembran und Epithel ist von manchen Forschern, z. B. REnGEL bei Hydrophilus, noch eine zarte Chitinlage gefunden worden. Vielleicht wird diese Chitin- membran, deren Vorhandensein von anderen Forschern übrigens bestritten wird, bei der Abstoßung des Darmepithels ausgeschieden. Ich habe diese chitinöse Lage auf meinen Schnitten nicht finden können. Das Epithel ist einschichtig und besteht aus mehr oder minder hohen Zylinderzellen, die eng aneinanderschließen, so daß ich nirgends Intercellularräume fand. Dazwischen trifft man neben diesen Zylinderepithelzellen noch kleinere, niedrigere, die nicht die Höhe der ersteren erreichen. Es sind das die Regenerations- oder Epithelmutterzellen, wie sie von manchen Forschern auch bei anderen Insekten gefunden wurden, und ähnlich wie sie DEEGENER für die Raupe des Wolfsmilchschwärmers (Deil. euphorbiae L.) abbildet. Die Kerne dieser Zellen sind kleiner, abgerundeter. Das eigentliche Zylinderepithel hat große, etwa ovale Kerne, die jedoch nicht immer regelmäßig sind. Sie liegen in der Längs- achse der Zelle, meist ziemlich in der Mitte derselben, wo die Zellen höher sind, rücken sie mehr an die Peripherie. Die Chromatin- körperchen sind sehr zahlreich, so daß die Kerne dunkler er- scheinen, als wie wir sie im Proventriculus antrafen. Das Proto- plasma ist bald regelmäßiger, bald mehr in Strängen in den Zellen verteilt. An ihrer Peripherie habe ich oft eine dichtere Körnchen- anhäufung gefunden, bisweilen auch kleine Sekretkügelchen. Die Zellen sind nicht immer deutlich gegeneinander abgegrenzt. Zweier- lei Arten von Epithelzellen am Mitteldarm habe ich nicht konsta- tieren können. — Der Stäbchensaum ist oft nicht gut sichtbar, wie das ja auch von anderen Insekten bekannt ist: durch die Sekretmassen bei der Verdauung wird er oft undeutlich. Nun noch ein Wort über die Membrana peritrophica. An einer von W. PETERSEN frisch präparierten Pieride war der Trichter Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 197 vollkommen ausgebildet, auf meinen Schnitten fehlte er jedoch überall. Wie weit ein Wechselverhältnis besteht zwischen der Membrana peritrophica und dem Rüssel, ist schwer zu entscheiden; jedenfalls wird ein langer Rüssel den Trichter einigermaßen ersetzen können, und wir finden daher beide Organe nur selten gleichzeitig in einem Organismus. Nach A. SCHNEIDER kommt der Trichter ällen Raupen zu, „den Schmetterlingen scheint er zu fehlen“. Bei den Dipteren, deren Larven einen Trichter besitzen, bleibt dieser auch im Imago- Zustand erhalten. Auf die einzelnen Hypothesen, wie sie von PAGENSTECHER, PLATEAU, METSCHNIKOFF u. a. über die Membrana peritrophica aufgestellt worden sind, näher einzugehen, ist hier nicht der Ort, und ich verweise daher auf BERLESE p. 739—741, der daselbst eine kurze Uebersicht gibt. Da die Membrana peritrophica sehr leicht zerstört wird, will ich hier nicht entscheiden, ob sie nicht doch einer größeren Anzahl von Schmetterlingen zukommt. Viel- leicht hat BERLESE recht, wenn er p. 740 sagt: „la peritrofica, che sie incontra anche in Gasteropodi . .. ., si € creduto a torto che mancasse in molti gruppi di insetti, come Emitteri, Carabidi, Ditiseidi, Icneumonidi, Cinipedi, Tentredinidi, Lepidotteri adulti, ece. mentre € certamente assai diffusa e molto probabilmente in modo affato generale“. — Es sei noch bemerkt, daß die innere Oberfläche des Mitteldarmes im Schmetterlingsphylum eine be- deutende Vergrößerung erfährt durch zahlreiche Querfalten, die ins Darmlumen vorspringen. Bein Uebergang des Mitteldarmes in den Pylorus finden sich die Valvolae pyloricae. Das Epithel ist hier höher, die Kerne rücken mehr an die Peripherie der Zelle. Auf die MALpısnıschen Gefäße will ich hier nicht näher eingehen und verweise auf die Arbeiten von SCHINDLER, ÜHOLODKOWSKY, BORDAS (s. auch Ein- leitung). Der Enddarm (Fig. 27) hat mehrere nach innen vorspringende, längsverlaufende Wülste.e Er besteht aus einer Intima, einem einschichtigen Epithel, der Basalmembran und einer — im vorderen Teile schwachen — Muscularis. Die Epithelzellen sind langgestreckt, deutlich gegeneinander abgegrenzt, das Protoplasma in ihnen gleichmäßig verteilt. Ich fand oft — besonders auf der dem Darmlumen zugekehrteu Seite — zahlreiche Sekretkügelchen. Der Kern ist langgestreckt, etwas oval und liegt in der Längsachse 198 Ernst Petersen, der Zelle, die jetzt — abweichend vom Mitteldarm — dem Darm- lumen parallel läuft. Der Kern hat sehr zahlreiche Chromatin- körperchen. Die Kerne der Muscularis sind kleiner als die der Epithelzellen. Ueber den Mastdarm der Schmetterlinge sagt Cuun: „Der kurze weite Mastdarm dieser Tiere ist am Anfang bekanntlich in einen blinddarmigen Fortsatz ausgezogen und diese beiden Schläuche sind immer mit einer beträchtlichen Zahl (60—200) von Rectaldrüsen, die meist einen zarten Chitinring tragen, dicht be- p m Ei setzt. In jeder dieser ver- / ER _e. s E - & a == zu ST ästelt sich ein Tracheen | | 2 | Nr re stämmchen, auch konnte ee ehr a Er 7 ee £ ? ei J TO ich manchmal ein zartes av “ 5 Nervenstämmchen auf- Fig. 27. Längsschnitt durch den End- ; ; darm von Arg. euphrosyne L. s Sekretkügel- finden, das in dieselben chen. Die anderen Bezeichnungen wie oben. einlief. Auf dem Quer- schnitt zeigen die Rectal- drüsen sämtlicher untersuchten Lepidopteren mit Ausnahme einiger Motten übereinstimmende Verhältnisse. „Die Epithelschicht und das hier stark entwickelte Biude- gewebe sind in zwei fast ganz gleich große Partien geschieden. Die Intima (Fig. 3 u. 4, Taf. 1), teilt sich wie gewöhnlich in zwei Lamellen zur Begrenzung der Epithellage. Ferner läßt sich noch eine dritte Membran unterscheiden, die, als ein Verschmelzungs- produkt der äußersten Bindegewebselemente, die untere Begrenzung der Drüse bildet und ebenfalls in die Intima übergeht. „In der Epithellage lassen sich bald weniger, bald eine an- sehnlichere Zahl von Kernen in wechselnder Größe und Gestalt erkennen. Meist sind sie rundlich, am größten bei den Motten, wo sie durchschnittlich 0,016 mm messen. Hier treten sie auch in beträchtlicherer Menge auf als bei den übrigen Schmetterlingen, meist 20—30 an Zahl — wie überhaupt die Rectaldrüsen bei Motten bei geringerer Anzahl fast doppelt so groß als die der übrigen Schmetterlinge sind. Sie messen durchschnittlich 0,25 mm, während z. B. bei den verschiedenen Arten von Sphinx ihre Größe 0,175 bis 0,12 mm nicht übersteigt. Bei Sphinx populi und Sph. oleandri fand ich in einigen wenigen Fällen einen deutlich verästelten Kern mit einer kleinen Anzahl runder daneben, die von ihm abgeteilt schienen. Ob einer Kernteilung immer eine Verästelung derselben vorangeht, finde ich nach dem vereinzelten Vorkommen nicht für wahrscheinlich, obwohl man bei Drüsenapparaten der Raupen kurz Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 199 vor der Kernteilung, namentlich vor Beginn der histolytischen Vorgänge, die Kerne am reichsten verästelt findet. „Was die Rectaldrüsen der Lepidopteren jedoch am auf- fallendsten von denen der übrigen charakterisiert, ist der Umstand, daß, trotz der Anwesenheit mehrerer Kerne, Zellgrenzen sich selbst bei Anwendung von Reagentien nicht auffinden lassen. „Das Plasma ist sehr feinkörnig und bildet meistens um die Kerne einen helleren Hof. Bei Motten ist eine obere Partie gewöhnlich heller, homogen und ohne Kerne (vgl. Fig. 4). Unter der Intima an den von Rectaldrüsen freien Stellen des Mastdarmes lassen sich namentlich bei kurz ausgeschlüpften Schmetterlingen noch leicht Kerne von unregelmäßiger Gestalt nachweisen. Es sind dies die Ueberreste einer früheren Epithellage. „Das Bindegewebe ist ziemlich stark entwickelt, bei Motten tritt es dagegen fast ganz zurück. Es besteht aus zahlreichen Zellen, sehr ähnlich den Bindegewebszellen der Dipteren, mit Kernen, die bei den Arten von Sphinx z. B. meist 0,004 mm messen. Die Muskulatur zieht auch unter den Rectaldrüsen her und ist außerordentlich reich verästelt, onne daß sich jedoch die einzelnen Muskelfasern zu größeren Bündeln oder zu regelmäßigen Parallel- zügen vereinigten, die zu intensiveren Leistungen befähigt schienen, was wohl mit der Ernährungsweise der Schmetterlinge in Zu- sammenhang steht.“ Das wären im allgemeinen die histologischen Verhältnisse, wie sie sich am Darmtractus der Lepidopteren finden. Nun treten aber, besonders im Bau des Proventriculus und des Rüssels, mancherlei Verschiedenheiten auf, während der Bau des übrigen Darmkanals sich im ganzen dem hier beschriebenen Schema an- schließt. Die Faltung des Mitteldarmepithels kann bisweilen schwächer, ja bei manchen Formen (z. B. Hep. humuli) kaum vorhanden sein; bei letzterer Art finden wir es höher, die Epithelzellen sind schmäler und länger. Doch, wie gesagt, die größte Variabilität am Darmtractus finden wir am Saugmagen resp. Kropf, dem Proventriculus und seiner Einstülpung in den Mittel- darm. Im Kropf von Hep. humuli finden wir keine chitinösen Leisten oder Zähnchen; die einzelnen Epithelzellen zeigen lappige Aus- stülpungen, so daß die Innenfläche des Kropfs sehr fein gewellt ist. Bei dieser Art sehen wir keine Einstülpung des Vorderdarmes in den Mitteldarm; an seiner Stelle finden wir auf dem Längs- schnitt eine einfache Einschnürung. 200 Ernst Petersen, Anders wird das Bild bei phylogenetisch jüngeren Formen. Im Saugmagen, an der dem Chylusmagen zugekehrten Seite, treten zahlreiche kleine Zähnchen auf, die sich distalwärts allmählich ar verlieren. Diese Zähnchen sind alle a u gegen die Oefinung des Saugmagens il IK, gerichtet und finden sich oft auch an der Ansatzstelle des letzteren an den Proventriculus (Ph. glarearia und zahl- reiche andere); sie können bisweilen Sy te p y DU STISTF rar 3 oa m y ee ET RR [2 b uf ET, 4 auffallend groß werden (Hesp. malvae, 5 vi en 8 Sel. bilunaria, Boarmia crepuscularia '\ EN i u. a.) (Fig. 28). An der dem Saug- ” Fade magen gegenüberliegenden Seite des 83} Proventriculus werden die Zähnchen Bei ei kleiner, meist nehmen die Zellen eine Kar 2 ef mehr lappige Struktur an und die Kar Br) scharfen Spitzen fehlen (Hesp. malvae, RS: 1 B. crepuscularia, Ph. glarearia). Die chitinösen Spitzen der Intima sitzen den Epithelzellen klammerartig auf, indem letztere spitz oder lappenförmig vorspringen. In diesen Vorsprüngen findet man oft auch den Kern der Epi- 2% thelzellen. Am Proventriculus sind ud. al Ir ik = TE Pi. er > sf En [ El 7: Fe [el DER oXx - er > < FREIE az re — 7 7 Fig. 28. Fig. 29. Fig. 28. Querschnitt durch den Proventriculus von Hesp. malvae L.; die Ansatzstelle des Saugmagens ist getroffen. rm Ringmuskulatur. Bezeich- nungen wie oben. Fig. 29. Einstülpung des Vorderdarms in den Mitteldarm bei Asth. candidata. b Bindegewebszellen. Bezeichnungen wie oben. die Spitzen immer in der Richtung des Chylusmagens gerichtet. Bei einigen Arten (z. B. Amph. betularia) setzt sich die chitinöse Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 201 Bezahnung auch im Proventriculus fort und man kann Reste dieser Zähnchen noch an der Innenwand des Rüssels finden (Lar. can- didata) (Fig. 29). Der Rüssel selbst zeigt sehr mannigfaltige Formen. Bei Amph. betularia (Fig. 30) ist er nur eine polsterartige Anschwellung an der Einstülpungsstelle des Vorderdarmes. Das Epithel der Valvolae ist hoch, etwa sektorförmig, die Kerne liegen an der Peripherie der Zellen, wo auch die größere Menge von Proto- plasma verteilt ist. Der ganze Rüssel beschränkt sich hier auf die kurze Anschwellung. Bei anderen Formen reicht er weiter Le ch um .N\ ei} x A, { Sy V a h, ei in m /E x) 2 A} er % nn nn et a > 9 j9}0ialeigre io I ni “ Zee Fig. 30. Fig. 31. Fig. 30. Dasselbe bei Amph. betularia L. Bezeichnungen wie oben. Fig. 3l. Längsschnitt durch die verdickte Wand des Proventriculus bei Arg. euphrosyne L. Bezeichnungen wie oben. in die Tiefe des Chylusmagens, am längsten fand ich ihn bei Lar. candidata, jedenfalls zeigt er sich stets dort länger, wo das Tier einen typischen Saugmagen hat. Das Epithel der Innenfläche des Rüssels zeigt oft, besonders im oralen Teil, lappige Ausstülpungen (s. bei Hesp. malvae, Agr. exclamationis und plecta usw.), während bei anderen Tieren (Minoa murinata, Lar. candidata, Orth. cervi- nata u. a.) die Epithelzellen regelmäßig sind. Letztere sind auf der Innenseite des Rüssels meist länglich, so daß die ovalen großen Kerne, in der Längsachse der Zelle liegend, dem Darm- lumen parallel lagern. An der Umbiegungsstelle werden die Zellen bedeutend höher, flachen dann wieder ab, behalten jedoch ihren Zylinderepithelcharakter noch bei. Bei einigen Noctuae (Agrotis) fand ich den Rüssel am distalen Ende gespalten. Einige Arten zeigen besonders auffallende Verhältnisse, und ich will sie daher noch näher beschreiben. Arg. euphrosyne (Fig. 31 u. 32). Betrachten wir zunächst einen Querschnitt durch den oralen Teil des Proventriculus. Die Anordnung des Epithels ist hier eine außergewöhnliche, indem es auf der einen Seite derart erhöht ist, daß der Hohlraum auf dem Querschnitt nicht rund oder oval, sondern wurstförmig er- 202 Ernst Petersen, scheint. Die Epithelzellen der einen Seite sind langgestreckt und bilden so eine polsterartige Erhöhung. Diese erscheint auf dem Querschnitt ungefähr in Form eines Halbkreises — auch insofern, als die Zellen radiär angeordnet sind. Die relativ großen, nicht sehr dunklen Kerne liegen ungefähr in der Mitte dieser lang- gestreckten Zellen. An ihrer Peripherie tragen diese die Intima mit langen, sehr spitz zulaufenden Zähnchen. Unter diesen Zähnchen finden wir die Zellen homogen, kaum gegeneinander ab- gegrenzt. Erst später treten die Zellgrenzen, die peripher durch kleine Einkerbungen gekennzeichnet sind, auch im Innern deut- licher hervor. — Zu beiden Seiten dieses Polsters wird das Epithel wei rm 5 9) @ E ° fa h ve | > —?| S } 15 ig “® Le) re = Y ©) jE \ 7 L> 7 8) /® ale @‘ & ED 3 INN" cc 1 AR \ ye 7, #3 Na {> FAN 8! se, N ; N EHRE ® [Ei no Ne, SHANS + ve) ; JÄrA \$ f 41 & } \ AS | By - us + 3 v"oeen Be BE Mi »g S Fig. 32. Einstülpung des Vorderdarms in den Mitteldarm bei Arg. euphrosyne L. r Rhabdorium. Bezeichnungen wie oben. bedeutend niedriger, biegt um, verliert allmählich seine Zähnchen- bekleidung und wird mehr lappig, unregelmäßig. Das Protoplasma ist nun überall strangförmig verteilt, die Kerne liegen unregel- mäßig, die Zellgrenzen treten nicht deutlich hervor. Die Einstülpung des Vorderdarmes in den Mitteldarm ist bei Arg. euphrosyne (Fig. 32) nicht groß. Wir finden sie in Form einer wulstartigen Verdickung an der Eingangsstelle: die Epithel- zellen werden bedeutend höher, länglich, schmal. Die Kerne, hier bedeutend heller gefärbt als beim Mitteldarm, liegen nahe der Zellenperipherie. Hier ist die Anhäufung des Protoplasma auch eine bedeutend dichtere, während im anderen Teil der Zelle die Protoplasmakörnchen fadenartig angeordnet sind. — Etwas Muskulatur zieht sich in diese Einstülpung hinein, des- gleichen in eine zweite, geringere, die sich dieser ersten anschließt. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 203 Hier sind die Zellen bedeutend kleiner, die Kerne persistieren in ihrer Größe und sind viel dunkler gefärbt. Von einem Trichter habe ich auf meinen Schnitten nichts finden können, doch halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß ein solcher» vorhanden ist und wir in dieser zweiten Einstülpung die Matrixzellen der Mem- brana peritrophica zu sehen haben. Von allen histologisch untersuchten Arten fand ich bei Orth. cervinata (Fig. 33) die Einstülpung des Vorderdarmes in den Mitteldarm am auffallendsten. Das Epithel des Vorderdarmes mit seiner Basalmembran setzt sich Pm ziemlich weit in den Mitteldarm neh fort, biegt dann um und verläuft eine Strecke lang gleichmäßig der Einstülpung parallel. Die Epithel- zellen, welche im Proventriculus vor dem Eintritt in den Chylusmagen etwas größer, heller sind, werden nach der Einstülpung allmählich kleiner, dunkler, überall sind sie etwa kubisch. Die relativ großen rundlichen Kerne liegen in der Mitte der Zellen. Die Muskulatur des Proventriculus begleitet die Rüssel- wand nur eine geringe Strecke und hört weiter distal ganz auf. ® Etwa bis zur halben Höhe der Fig. 33. Dasselbe bei Orth. ; cervinata SCHIFF. Außenwand hat das Epithel des Rüssels den eben beschriebenen Charakter. Dann tritt zuerst eine kleine Anschwellung auf, welcher sich unmittelbar eine größere anschließt. Bei letzterer sind die Zellen etwas radiär angeordnet. Nun folgt eine Reihe schmaler, auffallend langgestreckter Zellen, deren Kerne länglich und bedeutend dunkler sind. Während diese Zellen an der Basis eng aneinanderschließen, sind die Enden frei. Weiter zum Chylusmagen wird die Basis der Epithelzellen breiter und wir finden nur noch lappige Ausstülpungen derselben ins Darmlumen vorragen. Das ganze Epithel wird wieder niedriger, wenn es auch den Typus des Zylinderepithels beibehält. Die Aus- stülpungen der Zellen sind heller gefärbt als der übrige Teil der- selben. Im letzteren liegen auch die dunklen Kerne, etwas länglich, in der Richtung der Längsachse der Zelle, senkrecht zum Darm- lumen. 204 Ernst Petersen, Während der Mitteldarm der meisten Schmetterlinge einen sehr ähnlichen Bau zeigt und höchstens die Faltung des Darm- epithels einen verschiedenen Grad der Intensität erreicht, findet sich bei manchen Formen, so bei Habr. derasa, am Chylusmagen ein auffallend ausgebildeter Drüsenbesatz. Auch der Proventri- culus ist hier andersartig, indem er eine innere Längsfaltung auf- weist, die ich übrigens auch bei Amph. betularia fand, und auf- fallend große und spitze Zähne trägt. Die Drüsen des Chylus- magens sind kryptenartig, öffnen sich ins Darmlumen. Die einzelne Krypte hat folgende Beschaffenheit: die Epithelzellen springen zottenartig ins Lumen der Drüse vor; die Kerne liegen an der Basis der Zotten, nicht in den Vorsprüngen; der Stäbchensaum ist hier sehr stark entwickelt, die einzelnen Rhabditen springen weit vor. Die Muskulatur findet sich nur an der Basis der Krypten: die Längsmuskulatur außen, die Ringmuskulatur innen. Umgeben ist die Krypte von einer dünnen Bindegewebsschicht. Im übrigen zeigten die histologischen Verhältnisse des Darm- kanals das Bild, wie ich es zu Anfang dieses Kapitels be- schrieben habe. Allgemeiner systematischer Teil. Wie wir schon in der Einleitung bemerkten, kann es heute als feststehend gelten, daß die Hepialiden unter den Macrolepido- pteren als die primitivsten Formen betrachtet werden müssen. Dafür spricht nicht nur das Vorhandensein von Mandibeln, auch das Geäder, Nervensystem, die Generationsorgane usw. — alle stimmen in ihrer primitiven Bauart überein. Wir können also mit großer Wahrscheinlichkeit auch den Typus des Darmkanals, wie wir ihn bei Hepialiden finden, als einen sehr ursprünglichen an- sprechen. Dieses um so mehr, als wir ihn bei den primitivsten Micra — den niederen Micropteryginen — ebenfalls antrefien. Demnach werden wir kaum fehlgehen, wenn wir diesen Typus des Darmkanals als Urtypus unserer Betrachtung zugrunde legen. Als Hauptcharakteristika müßten wir dann folgendes hervorheben: Der ganze Darmtraktus ist verhältnismäßig kurz, an Stelle des Saugmagens finden wir einen richtigen Kropf, d. h. eine distale starke Erweiterung des Oesophagus, die schon im vorderen Teil des Abdomens liegt; ein Proventrieulus ist wenigstens äußerlich nicht sichtbar, auf unseren Schnitten konnten wir nur eine kurze Einschnürung zwischen Vorder- und Mitteldarm konstatieren, ohne Einstülpung des ersteren in den letzteren, der Mitteldarm zeigt Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 205 keine Wülste, auch innerlich ist kaum eine Faltung des Epithels wahrnehmbar; der Enddarm ist kurz, dick, verläuft unregelmäßig und mündet in ein stark erweitertes Crassum, dem ein Coecum fehlt; das Rectum trägt 6 Rectalpapillen. | Aus diesem Urtypus hat sich im Laufe der Entfaltung des Schmetterlingsphylums die Mannigfaltigkeit der übrigen Formen gebildet. Es findet eine allmähliche Umbildung der beißenden Mund- werkzeuge in saugende statt und dementsprechend veränderte sich der Darmkanal je nach den Anforderungen, die an ihn gestellt wurden, und den Möglichkeiten, die eine Befriedigung dieser An- forderungen gestatteten. Betrachten wir zunächst die veränderte Anforderung, die an den Darmtractus gestellt wird, wenn ein Tier statt kauender saugende Mundwerkzeuge hat. Wir sehen zunächst ganz aligemein: erstens, daß der Oesophagus immer schmäler ist, wenn keine festen Nahrungskörper durch ihn hindurchgehen, und zweitens, daß bei flüssiger Nahrung die innere Darmoberfläche eine Vergrößerung erfährt. Die dem Organismus zur Erhaltung nötigen Stoffe sind in der Pflanze in geringerer Konzentration vorhanden als im tierischen Fleische, und in flüssiger Nahrung meist geringer als in fester. Für die Bedürfnisse eines Tieres resultiert daraus ein quantitativer Ueberschuß der flüssigen Nahrung über die feste, was die Vergrößerung der inneren Darmoberfläche erklärlich macht. Diese Vergrößerung kann auf zweierlei Weise geschehen: erstens durch eine Faltung des Darmepithels und zweitens durch eine Verlängerung des ganzen Darmes. Wir wissen, daß die Natur beide Wege eingeschlagen hat. Das Darmepithel fanden wir stets gefaltet, nie glatt verlaufend, und ebenso konnten wir überall auch eine relative Verlängerung des ganzen Darmtraktus kon- statieren. Diese Verlängerung konnte nicht vor sich gehen, ohne andere Veränderungen nach sich zu ziehen. Ich denke mir den Gang dieser Umbildung etwa folgendermaßen: zunächst rückt der Mittel- darm weiter nach vorn, wodurch der Kropf in seiner Längsachse allmählich zusammengedrückt wird. Da er ein sehr elastisches Gebilde ist, stülpt er sich seitlich aus; diese Ausstülpung wird bald einseitig, es bildet sich ein Sack, der langsam zu einem typischen Saugmagen umgeformt wird. Die Reduktion des Vorder- darms scheint mit dem Vorrücken des Mitteldarms nicht Schritt gehalten zu haben, und so wurde ein Teil desselben in den Ven- 206 Ernst Petersen, trieulus eingestülpt. (Der Oesophagus scheint in seiner Länge zu persistieren, jedenfalls verkürzt er sich schwer; ich fand ihn z. B. im kleinen Thorax des 2 von O. antiqua in Schlingen liegen.) Auf diese Weise kommt der Rüssel zustande, der auch zum -Ver- schluß des Vorder- und Mitteldarms gegeneinander dient. Der Mitteldarm erhält allmählich eine reichliche Faltung, wird im vorderen Teil oft bedeutend aufgetrieben, bisweilen bildet sich an diesem Teil ein reicher Drüsenbesatz. Bei dieser Um- formung des Ventriculus sind jeweilen zwei Momente zu berück- sichtigen: nicht nur die Art der Nahrung, sondern auch die Inten- sität des Stoffwechsels. Der Enddarm erfährt die bedeutendste Verlängerung; hier ist wohl auch der Grund zu suchen, warum der ganze Darm weiter nach vorn rückt. Zugleich legt der Enddarm sich in eine Schlinge und scheint auch die Verkürzung des Mastdarms bedingt: zu haben, indem sich seine Mündungsstelle distal verschob. Das Crassum suchte seine Größe — wo nötig — durch ein Coecum zu ergänzen. Am Crassum bilden sich weit zahlreicher Rectalpapillen (bei manchen Arten 100—200) und da ihnen nach Caun „dieselbe Funktion wie letzterem (d. h. dem Mastdarmepithel) zukommt“, so ergänzen sie durch ihre große Zahl — bei intensiverer Funktion — die Verminderung des Mastdarmepithels. — Bei dieser Betrachtung werden stillschweigend die Lageverhält- nisse der anderen Organe und die Gestalt des Tieres vorausgesetzt. Doch es besteht noch ein engerer Zusammenhang zwischen einem Organsystem — den Tracheen — und dem Darmkanal, speziell dem Saugmagen. Es ist bekannt, daß dieser auch als aörostatischer Apparat funktioniert. Wir finden ihn meist prall mit Luft gefüllt, und wo er groß ausgebildet war, fehlten oft die Tracheenblasen im Abdomen. Kurzum, Saugmagen und Tracheenblasen stehen in engster Wechselbeziehung, und ihre Bildung hängt von den An- forderungen ab, die an das Flugvermögen der Tiere gestellt werden. Saugmagen und Tracheenblasen können füreinander vikariieren; die Sphingiden — wohl unsere besten Flieger — haben beide Organe stark ausgebildet). — Wenn wir nun diese Entwickelungslinie als die primäre be- zeichnen, so finden wir anderseits oft Abweichungen von dieser 1) Aus diesem Grunde haben die flugkräftigeren ZZ oft einen größeren Saugmagen als die entsprechenden 99, wenn an das Flug- vermögen der letzteren keine so großen Anforderungen gestellt werden. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 207 Grundlinie: es treten sekundäre Reduktionen auf allen Stadien dieser Reihe ein. . Wollen wir nun im einzelnen diesen Prozeß verfolgen, so werden wir uns eng an die Arbeiten von WALTER, BREITENBACH, KırBAcH, HÄTTICH usw. über die Mundwerkzeuge der Schmetter- linge anschließen müssen, denn die Mundwerkzeuge geben uns ein gutes Mittel in die Hand, sekundäre Bildungen von primären zu unterscheiden. Bei der Rückbildung des Rüssels hat nämlich die Rüsseltrachee die Tendenz, ihre Länge zu erhalten, und ist daher gezwungen, sich in Schlingen zu legen, resp. sich aufzurollen. Behalten wir diese Daten im Auge und gehen wir nun an die systematische Betrachtung der oben gewonnenen Resultate. Es empfiehlt sich dabei, mit den Hepialiden zu beginnen. Spezieller systematischer Teil. Von den Hepialiden ist schon mehrfach die Rede gewesen. Wir stimmten dem bei, daß sie unter den Macra fraglos die primi- tivsten Verhältnisse aufweisen, und wollen daher hier nicht weiter auf sie eingehen. Der Darmkanal von Cossus cossus zeigt ebenfalls sehr primitive Verhältnisse, doch haben die Mundwerkzeuge eine sekundäre Re- duktion erfahren, d. h. die Vorfahren der heutigen Cossidae haben saugende Mundwerkzeuge gehabt, die jedoch später wieder rück- gebildet wurden. Wir halten trotzdem die Cossidae für eine ältere Gruppe, da der Darmkanal jenen primitiven Typus zeigt, und es bekannt ist, daß die Mundwerkzeuge leicht Umbildungen unter- worfen sind. Unter den Sesiidae finden wir bei Trochilium apiformis etwas primitivere Verhältnisse. Im übrigen zeigt die Gruppe schon fort- geschrittenere Charaktere. Was nun die Psychidae anlangt, so scheint man in neuerer Zeit darin übereinzukommen, daß diese Falter gar nicht unter die Macra zu rechnen sind. Sie zeigen vielfach primitivere, doch oft stark rückgebildete Charaktere. Die Zygaenidae mit ihrem doppelten Saugmagen nehmen in unserer Reihe durchaus eine Sonderstellung ein. Der vordere Saugmagen scheint nur als a@rostatischer Apparat zu dienen, während der hintere zur Aufnahme von Nahrung bestimmt ist. Die Zygaeniden zeigen etwas primitivere Verhältnisse, doch scheint es mir fraglich, ob sie mit viel Glück im System so weit fort von den Sphingidae gestellt sind. Auch bei Sphinx konnten wir die 208 Ernst Petersen, Andeutung eines doppelten Saugmagens bemerken. Die Gattungen /ygaena® und Ino müssen sich schon früh nach divergierenden Richtungen entwickelt haben. Bei den Arctiidae haben wir es mit einer Gruppe zu tun, die eine fortschreitende Reduktion sowohl in betreff der Mund- werkzeuge als des Saugmagens aufweist. Während Diacr. sania und Par. plantaginis bei einem ziemlich gut ausgebildeten Rüssel einen Saugmagen mit schmalem Ansatz haben, findet sowohl hier wie dort allmählich eine Reduktion statt. D. pulchella, Pl. matronula, Call. dominula und hera lagen mir leider nicht zur Untersuchung vor, doch bin ich überzeugt, daß bei ihnen ein Saugmagen noch vorhanden, da der Rüssel von „bedeutender Länge“ (WALTER) ist. Die verschiedensten Stadien der Rückbildung sind uns erhalten: bei H. jacobaeae, C. cribrum, Ph. fuliginosa, Sp. urticae und Arctia caja wird der Saugmagen immer kleiner, bei Sp. menthastri fehlt er vollkommen. Unter den Lithosiinae findet sich ebenfalls eine sekundäre Reduktion, so daß die Arctiidae überhaupt einen sekundär sehr stark umgebildeten Eindruck machen. Auch bei den Cymbidae tritt eine sekundäre Reduktion ein. In der Familie der Geometridae finden wir die verschiedensten Elemente zusammengefaßt. Man leitet die Spanner von unbekannten Formen .der Urspinner ab. Sicher bestehen zwischen den Urtypen dieser beiden Stämme verwandtschaftliche Beziehungen, doch scheint mir, daß beide Gruppen schon in ‚sehr früher Zeit un- abhängige Entwicklungswege eingeschlagen haben. Dafür spricht vor allem die Tatsache, daß wir in Ph. pedaria eine Form erhalten haben, die noch Reste von Mandibeln besitzt und auch in ihrem sonstigen Bau sehr primitive Verhältnisse aufweist. Innerhalb der Geometriden haben wir die verschiedensten Stadien der Umbildung: Mandibeln sind sonst nicht erhalten, wir finden kurzrüsselige Arten (Amph. betularia, Biston), bei den meisten ist jedoch der Rüssel gut ausgebildet. Die primitivsten Verhältnisse finden wir bei manchen Boarmiinae, während die anderen Gruppen ein einheit- liches Gepräge tragen. In der erstgenannten Gruppe gibt es Formen, die an Stelle des Saugmagens eine sackartige Ausstülpung des Oesophagus aufweisen. Meist jedoch ist bei den Geometridae der Saugmagen typisch ausgebildet, und wir finden eine Reduktion desselben nur bei wenigen Formen eingeleitet. Es kehren die Verhältnisse, wie wir sie im ganzen Schmetterlingsphylum finden, hier in den einzelnen Gruppen wieder, doch trotz dieser Mannig- faltigkeit weisen die Spanner auf einen verwandtschaftlichen Zu- Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 20% sammenhang hin, den wir in den Vorfahren der heutigen Boarmiinae zu suchen haben. Es ist nicht meine Absicht, diese verwandtschaft- lichen Beziehungen an der Hand eines Organsystems aufdecken zu wollen, ich müßte andere Untersuchungen ergänzend zu Rate ziehen, und das kann hier nicht meine Aufgabe sein. Die Brephidae stehen im Typus ihres Darmkanals den Noc- tuidae nahe. Aehnliches gilt auch für die Cymatophoridae, an deren Chylus- magen wir bei Habr. derasa einen auffallenden Drüsenbesatz fanden. Es sind uns hier vielleicht Reste einer Familie erhalten, die von den Spinnern zu den Eulen überleiteten. Ueberblicken wir die große Familie der Noctuidae, so haben wir im ganzen einen Typus charakteristisch ausgebildet, aus- genommen einige Quadrifinae und die Hypeninae. Schon diese große Gleichförmigkeit im inneren Bau spricht für eine Jüngere Entstehung dieses Zweiges des Schmetterlingsphylums. Der Saugmagen hat überall einen sehr schmalen Ansatz und ist — mit den genannten Ausnahmen — typisch ausgebildet; eine Reduktion des Rüssels setzt bei einigen Arten ein, wohl meist bei Tieren, die im ersten Frühjahr oder im Spätherbst fliegen. Unter den Hypeninae und bei Eucl. mi, glyphica und wohl manchen anderen Arten der Quadrifinae finden wir wieder eine Reduktion des Saugmagens. Die Drepanidae zeigen eine sekundäre Reduktion sowohl des Rüssels, als auch eine solche des Saugmagens. In den Saturniidae sehe ich eine primitivere Gruppe, die nun- mehr einer starken Reduktion anheimgefallen ist. Die Vorfahren der Saturniidae haben nie einen typischen Saugmagen gehabt: die Rückbildung der saugenden Mundwerkzeuge hat früher ein- gesetzt. Die kleine Familie der Eudromididae weist ebenfalls Anklänge an primitivere Verhältnisse auf. Unter den Lasiocampidae treffen wir sehr verschiedene Formen an. Während in betreff ihrer Mundwerkzeuge WALTER von einer weitgehendsten Rüsselreduktion spricht, finden wir bei der einen Gruppe den Saugmagen breit aufsitzend (quercus, quercifolia, mori etc.), bei einer zweiten diese Basis schon schmäler (castrensis, tremulifolia), während der Saugmagen bei ilicifolia und pini ganz fehlt. Wir werden also wohl in dieser Familie den Typus der ersten Gruppe für den primitivsten halten, während beim letzteren die Reduktion am weitesten fortgeschritten ist. Bei den ge- nannten Arten zeigt sich zugleich die engste Wechselbeziehung von Saugmagen und den abdominalen Tracheenblasen. Bd. XLV1I. N. F. XL. 14 210 Ernst Petersen, Bei den Thaumatopoeidae finden wir sowohl in den Mund- werkzeugen wie am Saugmagen eine starke sekundäre Reduktion. Der Saugmagen ist hier vollkommen rückgebildet, dafür sind große Tracheenblasen im Abdomen vorhanden. Auch unter den Notodontidae findet eine sekundäre Reduktion der saugenden Mundwerkzeuge statt. Es ist schwer zu entscheiden, in wie langer Zeit eine Umwandlung beißender Mundwerkzeuge in saugende stattfinden kann, doch liegen Tatsachen vor, die es wahr- scheinlich machen, daß diese Umbildung relativ kurze Zeit in An- spruch nehmen kann. Aus den oben beschriebenen Verhältnissen des Darmkanals können wir schließen, daß wir in den Notodontidae insofern eine primitivere Gruppe vor uns haben, als deren Vorfahren nie einen typisch ausgebildeten Saugmagen besessen haben (und das gilt auch für die letztbesprochenen Familien). Die heutigen Vertreter dieser Familie befinden sich mehr oder minder auf einem Stadium der Reduktion. Bei Loph. camelina, Pyg. anastomosis und wohl noch manchen anderen wird der Saugmagen schon rückgebildet, bei anderen Arten dient er wohl hauptsächlich — wenn nicht aus- schließlich — als a@rostatischer Apparat. Sicher hat bei den Noto- dontidae, wie überhaupt bei den Spinnern, die äußere Körper- gestalt einen großen Einfluß ausgeübt auch auf die Form des Darmkanals, speziell des Saugmagens, wie das besonders deutlich hervorgeht, wenn wir die Spinner mit den Tagfaltern vergleichen. Die Spingidae gehören keiner alten Gruppe an. Die saugenden Mundwerkzeuge sind im ganzen sehr gut ausgebildet, der ganze Darmtraktus sehr massiv und stark gebaut, da bei diesen Fliegern der Stoffwechsel ein sehr intensiver ist. Bei Smerinthus findet nach WALTER und HÄTTIcH eine Reduktion der Mundwerkzeuge statt, tiliae hat den kürzesten Rüssel, bei populi und ocellata ist er noch länger. Der Saugmagen wird jedoch nicht rückgebildet, und die Tracheenblasen finden sich stets im Abdomen. Bei den Tagfaltern sind bei wohlausgebildeten saugenden Mundwerkzeugen im ganzen keine bedeutenden Verschiedenheiten im Bau des Darmkanals. Der Saugmagen hat bei allen Arten einen relativ schmalen Ansatz, es variiert das Stück zwischen Saugmagen und Clıylusmagen, indem sich bei manchen Familien (so den Papilioniden, Pieriden und Lycaeniden) am vorderen Teil des Chylusmagens eine Einschnürung findet, d. h. derselbe ist vorn spitz ausgezogen. Hier sieht man die Einstülpung des Vorder- darmes in den Mitteldarm durchschimmern, nur selten erreicht Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 211 diese das erweiterte Lumen des Chylusmagens. Den übrigen „Rho- palocera“ fehlt dieser Vorsprung des Chylusmagens; letzterer hat im vorderen Teil zwei seitliche Ausstülpungen. Was für Gesichts- punkte bei der vergleichenden Betrachtung des Coecums sich für uns ergaben, führte ich oben bereits aus, und ich glaube nicht, daß das Vorhandensein resp. Fehlen desselben uns irgendwelche sichere phylogenetische Schlüsse gestattet. Jedenfalls zeigen die Tagfalterfamilien im Bau der Mundwerkzeuge und des Darmkanals sehr weit fortgeschrittene Charaktere. Andere Untersuchungen haben erwiesen, daß das phylogenetische Alter der einzelnen Familien ein sehr verschiedenes ist. Gewiß hat hier die Gestalt des Abdomens einen nicht geringen Einfluß gehabt bei der Gleich- artigkeit, die der Typus des Darmtraktus — und gerade des Saug- magens — aufweist. Schluß. Ich habe mich absichtlich darauf beschränkt, nur die Um- wandlung der einzelnen Formen des Darmkanals hervorzuheben, nicht aber die einzelnen Familien, Gattungen und Arten von- einander abzuleiten. Wir haben gesehen, wie die verschiedenen Formen auseinander entstehen, haben einen Teil der Faktoren kennen gelernt, die hierbei eine Rolle spielen, wir müssen aber darauf verzichten, die Verwandtschaft der einzelnen Arten unter- einander aufdecken zu wollen. Dazu bedürfte es eines weit um- fangreicheren Materials, alle Organe und Organsysteme müßten zu einer vergleichenden Betrachtung herangezogen werden, und trotz- dem könnten wir in der Deutung der Tatsachen leicht falsch gehen. Zum Schlusse sei mir gestattet, noch auf eine Hypothese W. Perersens (Beiträge. .p. 28—31) einzugehen, die dieser für die Unnwandlung der Mundwerkzeuge und des Darmtraktus gibt. Die Schmetterlinge existierten schon, ehe es Blütenpflanzen auf der Erde gab. Die Ausbildung des langen Rüssels hat aber wohl erst stattgefunden mit dem Auftreten der Blütenpflanzen, und zwar Sieht W. PETERSEN „in der Zusammenführung der Ge- schlechter“ das „für die Erhaltung der Art wichtige und nütz- liche Moment“, das hierbei eine ausschlaggebende Rolle gespielt hat. p- 31 sagt er: „Wenn nun meine Annahme richtig ist, daß nektarspendende Blüten das Zusammentreffen der Geschlechter derselben Schmetter- lingsart erleichtern, so müßte gefolgert werden, daß bei Arten mit sekundär reduziertem Rüssel, welche früher blütenbesuchend waren, 14 * 212 Ernst Petersen, als Ersatz eine Einrichtung zu erwarten sei, die ein Zusammen- führen der Geschlechter auf anderem Wege erleichtert. Dies trifft nun in überraschender Weise zu. Bei allen Arten mit sekundär reduzierten Mundteilen und deutlich ausgebildetem Saugmagen be- sitzen die Weibchen in hervorragendem Maße die Fähigkeit, die Männchen durch besondere Duftapparate auf weite Entfernungen hin anzulocken. Bei den Männchen ist natürlich in diesem Falle der perzipierende Sinnesapparat .. . . von besonderer Leistungs- fähigkeit.“ Für diese Annahme spricht auch, „daß die Flügellosigkeit (resp. Flügelträgheit oder Flugunfähigkeit) der Weibchen immer mit einer mehr oder weniger starken Reduktion der Mundteile, und zwar auch bei den flugtüchtigen Männchen Hand in Hand geht, einer Reduktion, die oft bis zum völligen Schwunde des Rüssels vorgeschritten ist“. Sollte diese Hypothese richtig sein, so hätten wir damit einen Faktor — vielleicht den wichtigsten — gefunden, der einer natür- lichen Auslese als Ansatzpunkt dienen könnte. Zur Anat. und Histol. d. Darmkanals d. Schmetterlinge. 213 Literatur. BALTzZER, R. 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Für eine ganze Reihe höchst wichtiger Wirtschaftsfische stellte man die Verwertbarkeit der Schuppe zur Altersbestimmung fest, vorausgesetzt natürlich, daß die gemachten Beobachtungen richtig gedeutet werden. Den bahnbrechenden Arbeiten auf diesem Gebiete von HoFFBAUER (1899, 1901, 1904, 1905)) [durchgeführt für Karpfen, Karausche, Forellenbarsch (Mikro- 1) Die Literaturzitate sind nach dem Erscheinungsjahr an- geführt, bei Bedarf eventuell mit a, b, ce ausgezeichnet. Auf die Richtigkeit der Quellenangabe legte ich großen Wert, besonders bei wörtlicher Wiedergabe von Textstellen. Von einem historisch- chronologischen Bericht der einschlägigen Literatur sehe ich ab- sichtlich ab, da dies bei der sehr umfangreichen Ausdehnung zu weit führen würde und ein Bedürfnis nach dieser Richtung zurzeit nicht vorliegt. Die ältere Literatur über Schuppen hat Bauperor (1873) ganz ausführlich dargestellt, die neuere ist bei BURCKHARDT (1906), GoopkicaH (1907), Tıms (1906), Nussgaum (1907), Hase (1907) behandelt. Die Arbeiten über Drüsen der Fischhaut besprechen größtenteils Oxner (1905) und Srupxıcka (1909), die über Corium, 218 Albrecht Hase, pterus salmoides LaAc.], Zander, Rotfeder (Leuc. erythrophthalmus L.), Dorsch, Döbel (Leuc. cephalus L.), Hecht und Kaulbarsch] ist schon eine ganz stattliche Reihe anderer Arbeiten gefolgt über dasselbe Thema, teils marine, teils Süßwasser-Formen betreffend. — Die Bestimmung des Alters und des Zuwachses in gewissen Zeit- abschnitten nach der Schuppe hat den großen Vorteil vor der nach Otolithen und Knochenstruktur, daß das betreffende Indivi- duum am Leben erhalten bleiben kann: für die Praxis und Theorie eine sehr wertvolle Tatsache, weil es dadurch möglich ist, bei später eventuell willkürlich abgeänderten Lebensbedingungen (z. B. Fütterungsversuche, andere Wasserverhältnisse) den Zuwachs zu kontrollieren im Vergleich zu Wildfischen. — Ich nenne der zeitlichen Folge nach die wichtigsten Abhandlungen und setze in [ ] die betreffenden Arten, bei denen eine Altersbestimmung mit Hilfe der Schuppen möglich ist: Tmomson (1904) [Gadiden und Pleuronectiden]; JoansTon (1904/07) [Lachs]; J. T. CunninGHAM (1905) [Gadiden und Pleuronectiden]; H. N. MAıErR (1906) [Pleuro- nectes microcephalus und Gadus morrhua]; GEmzo&E (1906) [Aal]; DaAur (1907) [Clupeiden]; Brocn (1908) [Clupeiden]; SELIGO (1908) [Coregonus albula L.]; Damas (1909) [Gadiden]; HAermPpEL (1910) [Salmo hucho L.]. Genannte Autoren gingen wie HOFFBAUER von der Erwägung aus, daß sicher Schuppenstruktur und -wachstum zum Alter in gesetzmäßigem Verhältnis stehe, ein Gedanke, der sich schon in der ältesten Schuppenliteratur findet, unter anderen bei REAUMUR (1716); LEUWENHOEK (1722); KuNnTtzmann (1824/29); VogrT (1842) und SALBEY (1368), obwohl diese Autoren gemachte Beob- achtungen ganz falsch verwerteten. BRowNn (1903) und Tıms (1906) haben sich gegen die Möglichkeit der Altersbestimmung nach der Schuppe bei Gadiden ausgesprochen, allerdings mit Unrecht. Dunker (1908) hat mit gutem Erfolge die Schuppe der Sygnathiden zu variationsstatistischen Untersuchungen benutzt, ein Beispiel, welches der Nachahmung wert ist und noch weiter ausgearbeitet werden muß auch für andere Formen. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß sich die Zahl der Arbeiten über obiges von HOFFBAUER erschlossene Gebiet Bindegewebe, Zellverbindungen, Epidermis, Dentin, modifizierte Schuppen SchuserG (1903, 1907, 1908), Röse (1898), GooDRICH (1904), Ense (1910), Stupxi6ka (1907, 1909), Merken (1909), Dısse (1909). Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 219 in Kürze vermehren wird. Um so nötiger erachte ich es, daß einige in der Literatur noch nicht geklärte oder strittige Punkte baldigst einwandfrei dargelegt werden, damit sich Fehler nicht erst in die praktischen Methoden einschleichen. Jeder Beitrag zur Kenntnis der Hautverknöcherung der Fische wird also fördernd und klärend wirken und damit auch der Praxis Nutzen bringen. Gleich an dieser Stelle möchte ich auf einen Irrtum hinweisen, der sich in einer ganzen Reihe von Lehrbüchern findet, nämlich den: erwachsene Aale besitzen keine Schuppen mehr. Bei WIEDERS- HEIM (1909) 1. c. p. 49 heißt es: „Bei manchen Teleostiern und Ganoiden fehlen Schuppen oder sie sind nur in Rudimenten vor- handen. Dahin gehören z. B..... und die aalartigen Fische. Daß es sich dabei um Rückbildungen handelt, beweist der Um- stand, daß bei Spatularia und den Aalen in der Embryonalzeit Schuppen noch vorhanden sind.“ Auch MAurur (1%95) hat diesen Fehler aus älterer Literatur (vielleicht von JourDAIn |1880]) über- nommen. L. c. p. 116 sagt er, die Schuppen des Aales seien rudimentäre Gebilde. — Erwachsene Aale besitzen sehr wohl aus- gebildete Schuppen, nur in etwas abweichender Form (vgl. GEMZOE 1906). Wir sehen aus diesen Proben, daß die Kenntnis der Fischschuppen selbst bei häufigeren Formen noch nicht in dem Maße geklärt ist, wie es für die Praxis wünschenswert wäre. Viele Schuppen lassen sich nach meiner Meinung sicher für Alters- und Wachstumsbestimmungen verwenden, ebenso wie für variations- statistische Untersuchungen, nur müssen wir uns erst gründlich mit der Schuppe und dem Schuppenkleid irgendeiner Form ver- traut machen, und dies betrachte ich vornehmlich als die Aufgabe der Theoretiker. Durch unsere Handbücher der vergleichenden Anatomie (GEGEN- BAUR, WIEDERSHEIM, VOGT und YunG, SCHIMKEWITSCH, CAM- BRIDGE Natural History), um nur die trefflichsten zu nennen, durch unsere Lehrbücher der Zoologie und selbst durch Spezial- werke zieht sich wie ein roter Faden der Passus: daß die Sela- chier — Placoidschuppen, die Ganoiden — Ganoidschuppen und die Teleosteer — Cycloid- resp. Ctenoidschuppen besitzen. Alle diese typischen Schuppenformen, heißt es dann ungefähr weiter, können innerhalb dieser Gruppen „eigenartige Umbildungen“ erfahren, die zur Ausbildung jener besonderen Hautpanzer Veranlassung geben, wie wir sie z. B. bei den Rajiden, Plectognathen, Lophobranchiern, Knorpelganoiden etc. etc. finden. — Zur Erläuterung dieser Aus- führungen sind zumeist einige Abbildungen aus den klassischen 220 Albrecht Hase, Arbeiten von OÖ. Herrwie (1876, 1879, 1882) wiedergegeben. Will man sich über diese modifizierten Hautskelette, insbesondere über die Entwickelung des Panzers in seiner Gesamtheit und über die der einzelnen Schuppen näher unterrichten, so stößt man bald auf recht fühlbare Lücken in all den obengenannten Werken. Immer findet man O. HERTwIG zitiert. Schlägt man die Original- arbeiten nach, so wird man wohl mit einer ganzen Reihe morpho- logischer Details vertraut gemacht, aber vermißt wird ein ge- naueres Eingehen auf die ontogenetische Entwickelung so gut wie ganz. Es fehlt an der lückenlosen Darlegung der Ontogenie auch nur eines dieser modifizierten Schuppenkleider. — Es soll dies durchaus nicht als Vorwurf gesagt sein. Im Gegenteil! Ich habe an anderer Stelle die große Bedeutung gerade dieser Arbeiten OÖ. HERTwIGs besonders hervorgehoben. Vielmehr möchte ich dem Materialmangel die Schuld zuschreiben. Will man sich weiterhin Kenntnis verschaffen über die Ab- leitung dieser modifizierten Schuppen von normalen, und bei welcher Form wir den Ausgangspunkt zu suchen haben, oder darüber, ob diese Gebilde nicht etwa ganz neue Erwerbungen sind, so stößt man auf so große Lücken in unserer tatsächlichen Kenntnis, daß ein sicheres Urteil schlechterdings zur Zeit unmöglich ist. — Wohl versuchten O. HERTWIG, und auf ihm zum größten Teil basierend, KraartscH (1890) und GooprichH (1907) [den Versuch von Tıms (1906) halte ich für ganz ungenügend] eine Ableitung aufzustellen ; aber die Autoren betonen, es müsse noch sehr viel Tatsachen- material gefördert werden, ehe diese Frage zu einem befriedigenden Abschluß gebracht werden könnte. Wir wissen noch viel zu wenig über die Morphologie, Struktur und Genese der modifizierten Schuppen; die theoretischen Erwägungen sind bis jetzt zu sehr Spekulationen ohne genügende Unterlagen. - Welche Lücken hier zu füllen sind, geht noch daraus hervor, daß z. B. in den teilweise recht umfangreichen Monographien von HoLLarpD (1853, 1854, 1857) über Balistiden, Ostracioniden und Gymnodonten, von GARMAN (1892) über die Discoboli des Schuppen- kleides und der Schuppe nur mit dürftigen Worten gedacht wird. Alle die merkwürdig bepanzerten Familien, wie: Panzerwelse, Gasterosteiden, Centrisciden, Amphisiliden, Sygnathiden, Pegasiden, Dactylopteriden, Trigliden, Agoniden, die ganze Ordnung der Pedi- culaten und Plectognathen, weitaus die größte Zahl der Rajiden, als Vertreter der Selachier, harren in dieser Hinsicht noch ihrer Bearbeiter. Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 221 Was ich fordere zum vollen Verständnis, ist nicht bloß eine Einzelbeschreibung der Schuppe, sondern, wie schon oben skizziert, eine lückenlose Darlegung der Entwickelung der Schuppe und des Schuppenkleides vom ersten Auftreten bis zum völlig ausgebildetem Panzer. Der Genese der angrenzenden Hautschichten (Epidermis und Corium) muß dabei gleichfalls gedacht werden. Wir werden dadurch sicher wertvolle Aufschlüsse erhalten, wie diese Gebilde phylogenetisch entstanden sind und welche histo- logischen Prozesse sich dabei abspielen. Vielleicht lernen wir ganz neue Typen von Hautstrukturen kennen? Außer O. HERTwIG hat sich genauer mit modifizierten Schuppen nur eine geringe Zahl von Autoren beschäftigt. So beispielsweise SCHAEFF (1886) mit Lophobranchiern. Die kleinen Arbeiten von Hoyer (1901) über Hippocampus, KASANZEFF (1906) über Sygnathus und JUNGERSEN (1908) über Centriscus und Amphisile sind bei weitem nicht er- schöpfend; so gibt ersterer nur eine kurze Beschreibung der Epidermis. KASANZEFF gelangt zum Ergebnis: die Schuppen der Sygnathiden stammen vom Ektoderm ab, eine Behauptung, die er längst nicht genügend begründet, in Anbetracht ihrer fundamentalen Bedeutung. In dieses ganze hier betretene Gebiet gehören ferner die zweifelsohne als modifizierte Plakoidschuppen zu betrachtenden Gebilde, wie Stacheln, Dornen, Knochenplatten am Schwanz, Flossen und Körper der Haie, Rochen (und Störe). Das Studium dieser Ossifikationer ist, von ontogenetischen Gesichtspunkten aus be- trachtet, gleichfalls recht vernachlässigt. Durch die klassischen Untersuchungen von WILLIAMSON (1849, 1851) wurde die Auf- merksamkeit darauf gelenkt, und HAnsovEr (1868) versuchte sie zuerst von allgemeineren Gesichtspunkten aus zu betrachten. Durch die leider vereinzelt dastehenden Arbeiten von MARKERT (1896), SOGRAF (1898), RITTER (19UV), GooDrRIcH (1904) und in jüngster Zeit von ENGEL (1910) wurde mit Sicherheit erwiesen, daß die obengenannten Gebilde als modifizierte und nach der einen oder anderen Richtung hin spezifisch ausgebildete Plakoidschuppen an- zuseben sind. Entsprechende Bearbeitungen der Teleosteer fehlen, abgesehen von OÖ. HEerTwiGs Untersuchungen, so gut wie völlig. Von außerordentlich großem theoretischen Interesse wäre es nun, zu wissen, nach welcher Richtung, morphologisch und histologisch, sich die modifizierten Hautverknöcherungen der Teleosteer ent- wickelt haben. Werden ganz neue Bahnen eingeschlagen, oder wiederholt sich ein bei Selachiern analoger Prozeß? Gibt es nicht 222 Albrecht Hase, noch andere Schuppentypen innerhalb der Gruppe der Teleosteer als die ständig zitierten vier? Mangels genügender Kenntnis können wir zurzeit hier noch keine Antwort geben. — Aus diesen Ausführungen resultiert, wie sehr unsere tatsächlichen Kenntnisse einer Erweiterung bedürfen. Ich möchte aber noch einiges anführen, was mit dazu beiträgt, eine Neuinangriffnahme dieses ganzen Themas gerechtfertigt er- scheinen zu lassen. Beim Studium der Literatur über Beschuppung der Fische kommt man bald zur Gewißheit, daß sich hier noch ein weites Kampffeld der Meinungen breitet. Wir sind wohl in großen Zügen unterrichtet über die Genese normaler Fischschuppen; aber bei weitem noch nicht genug. Es würden sich sonst nicht so ver- schiedene Ansichten gebildet haben. Ich meine hier die Frage: In welchem Verhältnis stehen die verschiedenen Schuppenschichten bei normalem Placoid-, Ganoid-, Cycloid- und Ctenoidschuppen zueinander? Wie hat sich der Umbildungsprozeß vollzogen? Die bisherigen Bearbeiter ©. HErTwIG (1876, 1879, 1882), Tıms (1906), HorEr (1889), KLAATSCH (1890), GOODRIcH (1907), NUSSBAUM (197), Hase (1907) haben ganz abweichende Antworten gegeben, da die einzelnen Autoren die Schichten verschieden bewerteten. Oder in anderen Worten: wir kennen Endpunkte phylogenetischer Reihen (normale Placoid-, Ganoid-, Cycloid- und Ctenoidschuppen) ganz gut, aber nicht den Werdegang der einen Form zur anderen. Die Zwischenphasen sind noch recht unklar. Mein Gedankengang war folgender: Wäre es vielleicht möglich, durch eingehende Unter- suchungen des gesamten Integumentes bei Arten mit modifiziertem Schuppenkleid Anhaltspunkte und Aufschlüsse zu gewinnen zur Lösung der oben skizzierten Fragen? Vielleicht wird unser Urteil darüber, welcher morphologische und histologische Wert den einzelnen Schichten zukommt, ein anderes, sichereres? Es wäre auch nicht undenkbar, daß die merkwürdigen Hartgebilde vieler Teleosteer konstant gewordene Zwischenstufen darstellen. Weiterhin wird durch derartige Untersuchungen eine alte Streitfrage hoffentlich endgültig klargestellt; nämlich die, ob den Fischschuppen über- haupt ein systematischer Wert zukommt und welcher? — Man hatte sie schon einmal in dieser Hinsicht überwertet. Den ersten Teil der Frage können wir schon nach unserem heutigen Stand der Kenntnisse in bejahendem Sinne beantworten. Zweifelsohne muß die Beschuppung zur Trennung von kleineren Gruppen als Hilfsmittel mitherangezogen werden; nur darf man Studien über das Integument von Oyclopterus Jumpus L. 223 nicht die gesamte Einteilnng großer Gruppen darauf gründen. Inwieweit die Schuppen allein zur Trennung der Spezies verwendet werden dürfen, ist noch fraglich, da wir noch nicht wissen, wie großer Variabilität das Schuppenkleid unterworfen sein kann. Haben wir alle in vorstehenden Zeilen angedeuteten Probleme endgültig gelöst, so muß der Spezialist auf diesem Gebiete den Rückweg suchen, um sich nicht in Einzelheiten zu verlieren. Alle diese Untersuchungen sollen in letzter Linie einen Doppelzweck erfüllen: erstens dem Praktiker brauchbare Merkmale zu suchen zur Alters- und Wachstumsbestimmung der Wirtschaftsfische nach den Schuppen; — zweitens dem Theoretiker weitere Winke und Anhaltspunkte zu geben (sei es im positiven oder negativen Sinn) für die Beurteilung der Verwandtschaftsgrade innerhalb der großen Gruppen rezenter wie fossiler Fische. Besonders der Paläontologe wird aus den Resultaten derartiger Untersuchungen Nutzen ziehen, sind doch die Schuppen oft die einzig wirklich gut erhaltenen Reste höchst wichtiger Fischfossilien. Beim Beginn dieser Arbeit erkannte ich, daß nur eine ein- gehendere Darlegung der gesamten Integumentverhältnisse in dem von mir angegebenen Sinne liegt. Von der großen Zahl der Teleosteer mit modifiziertem Hautpanzer wählte ich die in den deutschen Meeren häufige Form Cyclopterus lumpus L. Erstens verfügte ich bereits über Material, und zweitens hält es nicht schwer, fast zu jeder Zeit Jugendformen und erwachsene Indi- viduen in beliebiger Konservierung zu erhalten, falls ein Material- mangel eintreten sollte. Ferner ist der Lump eine durch seine Hautossifikationen besonders markant ausgezeichnete Form, so daß ich mir von ihrem Studium mancherlei interessante Aufschlüsse versprach, und ich hoffte auch an diesem Objekt die schon so vielfach von anderer Seite (©. Herrtwıe [1876, 1879, 1882], KraAtsch [1890], GoopkıcHn [19U7]) theoretisch postulierten Schuppenverschmelzungen endlich einmal lückenlos darzulegen und den Verlauf des Verschmelzungsprozesses in allen Einzelphasen zu verfolgen. Ich bin mir wohl bewußt, daß noch manches für nachfolgende Bearbeiter dieses Objektes in ergänzender und berichtigender Weise zu tun sein wird. Die umfängliche, einigen wohl zu breit erscheinende Darstellung ergab sich ganz von selbst. Ich hätte daher die Arbeit eigentlich als eine Monographie des Hautpanzers von Cyclopterus bezeichnen sollen, was wohl richtiger gewesen wäre. Ich wollte aber durch den Titel mitangeben, daß ich stets 224 Albrecht Hase, versuchte in Zusammenhang zu bleiben mit den oben erörterten Gesichtspunkten. Zum Schluß möchte ich nicht versäumen, meinem verehrten Chef, Herrn Prof. PLATE (Jena), auch an dieser Stelle meinen besten Dank zu sagen für die große Bereitwilligkeit, mit der er mir die Mittel zur Beschaffung des nötigen Materials zur Verfügung stellte. B. Material und Methoden, 1. Material. Zu meinen Untersuchungen stand mir ein reichliches Material zur Verfügung, das seiner Herkunft nach bis auf 2 Stücke be- kannt war. Gruppe A: 5 Exemplare aus dem Skagerak. Länge 20 cm (2 Stück), 22 cm (1 Stück), 25 cm (2 Stück), von 'mir selbst ge- sammelt anläßlich einer Fahrt auf einem Altonaer Fischdampfer im März 1907. Kons. Alk. 80-proz. Gruppe B: Eine Kollektion von Jungfischen aus der Bio- logischen Station Helgoland. Kons. zum Teil Formol 4-proz. mit Ueberführung in Alk. 80-proz.; Sublimat konz. in Seewasser ; Pikrinessigsäure und Osmiumsäure, sowie in Alk. abs. Zusammen 70 Stück in allen Größenstufen (vergl. Kap. II, 2). — 2 Exemplare zugesandt lebend frisch aus Helgoland nach Jena im Februar 1910. 36 cm & und 46 cm 2. Kons. Alk. 80-proz. Gruppe C: 4 Exemplare aus Bergen (Norwegen). 19 cm, 20 cm, 25 cm, 35 cm. Von mir selbst gesammelt im August 1909 anläßlich meines Aufenthaltes an der Biologischen Station. Kons. Formol 4-proz. übergeführt in Alk. 80-proz. Gruppe D: 1 Exemplar aus der Ostsee. 18 cm. Ich ver- danke es der Liebenswürdigkeit von Herrn Prof. BRAnDT (Kiel). In Alk.? Gruppe E: 2 Exemplare unbekannter Herkunft, höchst- wahrscheinlich beide auch aus der Nordsee. 15 cm und 50 cm. Das kleinere war dem Zoologischen Institut Jena von Frank- furt a. M. aus zugesandt worden. Das andere fand sich im In- stitute gestopft vor und war sehr gut erhalten. Durchgängig war das Material gut brauchbar, besonders was Gruppe B anbelangt. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 225 Der Wert der Kollektion bestand darin, daß ich über alle Entwickelungsstadien des Hautpanzers verfügte und diese auch histologisch verarbeiten Konnte. O. HerrwigG (1832) [eigentlich der einzige Bearbeiter von Cyclopterus in dieser Hinsicht vor mir] sagt selbst, er habe nur über ein 4 cm langes Exemplar verfügt. 2. Technische Methoden. Da die Form der Cyclopterusschuppen eine ganz abweichende ist, so war es vorauszusehen, daß sich die Technik etwas schwie- riger gestalten würde. Erst nach mancherlei Mißerfolgen gelang es mir, einige Hindernisse zu überwinden und einwandfreie Prä- parate herzustellen. Mazeration. Um die äußere Form der Schuppen in toto kennen zu lernen, mußten sie von dem fest anliegenden Binde- gewebe getrennt werden. Die Epidermis löste sich leicht los und konnte mechanisch durch Bepinselung mit einem harten, kurz- borstigen Pinsel entfernt werden. Bei dem Corium hingegen ver- sagten diese rein mechanischen Mittel (wie Zupfen, Pinseln etc.) völlig. Besonders an Schuppen, die der Bauch- und Rückenreihe entnommen waren, zeigte sich das Bindegewebe, selbst bei ganz frischen Tieren, die noch nicht im Alkohol oder Formol gelegen hatten, ganz außerordentlich zähe. Aus diesen Gründen mußte ich zur chemischen Mazeration meine Zuflucht nehmen. Ich wandte Kalilauge 2—10-proz. mit verschieden langer Einwirkung, kalt oder warm, an. Am besten bewährte sich eine mittelstarke Lauge, die kalt einwirkte. — Mazerationen mit kochendem Wasser, die nir früher so gute Dienste geleistet hatten, versagten völlig, da sich die Objekte total verkrümmten und knocherhart wurden. — Sehr langwierig war die Mazeration mit kaltem Wasser; selbst nach einmonatlicher Einwirkung löste sich das Corium fast gar nicht ab, erst nach etwa dreimonatlicher Wirkung ging es etwas besser, aber auch nie so vollständig wie nach Kalilauge-Mazeration. Infolgedessen kam diese auch fast ausschließlich zur Anwendung. — Die so vorbehandelten Stücke wurden dann sorgfältigst ge- waschen, entwässert und entweder zu Dünnschliffen verwendet oder bis zur Rotglut allmählich erhitzt. Die noch anhaftende organische Substanz verbrannte und die morphologische Struktur des Stachels kam tadellos im schneeweißen Präparat zur Geltung. Die so aus- geglühten Stacheln lösten sich in Salzsäure völlig auf. Bd. XLVIT, N. F. XL. 15 226 Albrecht Hase, Färbemittel. Die Färbemittel, welche mir früher so gute Resultate geliefert hatten, wandte ich auch diesmal in ausgiebigem Maße an. Zur Vorfärbung im Block wurde benutzt: Hämatoxylin nach DELAFIELD — salzsaures Karmin nach P. MAYER — Alaunkarmin (wässerig) nach GRENACHER — Borax- karmin (wässerig und alkoholisch) nach GRENACHER. Zur Färbung der Schnitte verwandte ich: Hämatoxylin nach DELAFIELD — salzsaures Karmin nach P. MAYER — Eisenhämatoxylin nach HEIDENHAIN (24 Stunden Beizen in 3-proz. Eisenalaun; Färben 3—6 Stunden in Eisenhämatoxylin ; Differenzieren je nach der Tiefe des Farbtones, der vom Material abhängig war). Als Farbkombinationen kamen, nach verschiedenen Vor- schriften, zur Anwendung: DELAFIELDsches Hämatoxylin mit Eosin, Lichtgrün und Borax- karmin — das VAn GıeEsonsche Farbgemisch — Eisenhämatoxylin mit Lichtgrün. Zum Studium der Zellverbindung befolgte ich die Vorschriften von SCHUBERG (1903, 1907, 1908). Zunächst versagte seine Dahlia-Methode völlig. Nach mancherlei Versuchen fand ich eine Modifikation, die zum Resultate führte. SCHUBERG gibt an, 1903, l. ec. p. 192: Dahlia (feste Substanz) 0,5—1,6 g + Essigsäure 15 bis 20 com + Aq. 80—85 ccm als Farbgemisch. Dieses wurde bei- behalten und färbte nach etwa 5 Minuten schon sehr intensiv. Betreffender Autor empfiehlt eine Nachbehandlung mit 10-proz. wässeriger Tanninlösung und nach dem Waschen eine solche mit 1-proz. wässeriger Brechweinsteinlösung. Dieses starke Tannin- wasser gerbte die Schnitte so stark, daß sie völlig unbrauchbar wurden. Ich habe bis 1 Proz. die Tanninlösung verdünnt und nur ganz kurz eingetaucht, dann nach Vorschrift weiterbehandelt. Mit dieser Abänderung erhielt ich brauchbare Präparate, sonst nicht. — Ich bin der Meinung, daß die Tanninlösung viel zu stark war für meine Objekte, das Corium ist an und für sich schon wie Leder beim Cyclopterus. Entkalkung. Zur Entkalkung diente das Orrusche Ge- misch (Salpetersäure + Alk. abs. + Aq. dest. + Chlornatrium). In besagter Mischung blieben die Objekte 2—8 Tage, je nach der Dicke. Dann wurde in 60-proz. Alkohol sorgfältig ausgewaschen. Die Resultate waren nach dieser Methode sehr gute, vor allem Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 227 nahmen die Objekte nach dieser Vorbehandlung gut die Farb- stoffe an. Die Schnittdicke wechselte von 5—10—15—20 u je nach Erfordernis. Von besonders harten und großen Stücken stellte ich mir zunächst Schnitte von 100 « her. Diese Schnitte bettete ich um und schnitt sie nun nochmals, aber in einer zur ersten Schnitt- ebene senkrechten Richtung. Auf diese Art konnte ich selbst von großen Blöcken Schnitte von 10 u Dicke erhalten. Dünnschliffe. Geschliffen wurde mit feinem Schmirgel, poliert auf Arkansasstein. Schlitfe wurden quer und parallel zur Achse des Stachelkegels angefertigt. Eingebettet wurden sie in Kanadabalsam. Einen Teil der Schliffe behandelte ich 12 Stunden mit gelbem Kaliumchromat (1-proz.), dann spülte ich mit sehr schwacher Silbernitratlösung ab und ließ sie in !,-proz. Silber- nitratlösung 24 Stunden liegen. Der Schichtenbau wurde hier- durch noch deutlicher. Nachträglich schwärzten sich die Präparate leider vollkommen. Untersucht wurden die Schliffe wie ein großer Teil der Schnitte auch in polarisiertem Lichte. C. Spezieller Teil. Kapitel I. Entwickelung und Struktur des Integumentes von Cyelopterus lumpus L. Leypıg (1895, p. 1) sagt in einer seiner letzten Arbeiten über das Integument der Knochenfische ganz zutreffend: „Jeder, welcher dieses Feld betreten, hat die Ueberzeugung, daß es noch der mit- wirkenden Teilnahme vieler Beobachter bedarf, bis eine zusammen- fassende und abschließende Darstellung sich ermöglichen läßt. Die Menge der Punkte, welche noch aufzuklären sind, übertrifft bei weitem die Zahl jener, über welche wir uns im Bisherigen einiger- maßen zu unterrichten wußten“; und genau in demselben Sinne sprechen sich die neuesten Bearbeiter dieses Gebietes (NUSSBAUM 1907; StupnıökA 1909) aus. Wir können also hoffen, durch eine Beschreibung der normalen Hautdecke des Cyclopterus fördernd zu wirken, zumal darüber nur recht spärliche Angaben vorliegen. Für nötig erachte ich es beim eingehenden Studium der Haut- ossifikationen, zunächst dem Bau und der Entwickelung der ge- wöhnlichen Hautstellen seine Aufmerksamkeit zu schenken. 15* 228 Albrecht Hase, Da nun die Hartgebilde im Integumente des Cyclopterus so- wohl von der Cutis als auch von der Epidermis begrenzt werden, so müssen eben beide Schichten in Betracht gezogen werden. Ja um so mehr ist dieses nötig, da bekanntlich von verschiedenen Seiten (KLAATSCH 1890; Szıry 1907a, b; KASANZEFF 1906) der Versuch gemacht wurde, Hautossifikationen als Abkömmlinge der Epidermis zu betrachten. Erst wenn wir über die Genese und Struktur der Haut irgendeiner Species genugsam unterrichtet sind, erst dann werden wir ein sicheres und, ich hoffe, besseres Urteil über den Wert der Hautverknöcherung abgeben können als bisher. Aus diesen Erwägungen heraus hielt ich es für geboten, eine Beschreibung der Hautdecke zunächst zu geben. Es liegen wohl über die Fischhaut viele Arbeiten vor, aber immer sind es wieder dieselben Formen, die beschrieben werden. In den eingangs zitierten Worten LeyDıGs liegt es mit darin, daß wir eben mög- lichst viel Species untersuchen müssen; je mehr dies geschieht, um so eher wird eine allgemeine Darstellung sich ermöglichen lassen. Selbst STUDNICKA (1909) widmet in seiner großen Abhandlung der Epidermis der Teleosteer nur wenig Raum. Ich beachte bei nachfolgender Beschreihung des Integumentes die Sinnesorgane nicht, da sie für meine Zwecke zunächst nicht in Betracht kommen; an anderer Stelle werde ich ihrer gedenken. Auch die Pigmentierung der Haut wird kürzer behandelt werden. — Mit den Resultaten anderer Autoren habe ich stets Fühlung behalten, glaube aber auf eine Darlegung ihrer Resultate in einem besonderen Abschnitte um so mehr verzichten zu können, als der- artige Literaturreferate bereits vorliegen und Arbeiten über unser Objekt speziell fehlen. 1. Die Epidermis. (Vgl. Textfig. 1—7; Fig. 1—17.) In der Oberhaut unseres Cyclopterus konnte ich (abgesehen von den Gebilden, die nervöser Natur sind) zwei Zellarten unter- scheiden: einmal die gewöhnlichen indifferenten Epidermiszellen, welche die Grundmasse bilden, ferner einzellige Drüsen, von denen ich wiederum zweierlei Arten vorfand. Wenden wir uns zunächst zu ersteren. a) Die einfachen Epidermiszellen. Die jüngsten von mir untersuchten Cyclopterus hatten erst die geringe Größe von 5 mm erreicht, waren also kaum ausge- Studien über das Integument von Cyclopterus Jlumpus L. 229 schlüpft laut Angabe anderer Beobachter. So sagt z. B. CunnInG- HAM (1888) 1. c. p. 104: „the young Cyclopterus, when first hat- ched, is 4 mm in length“. Enrengaum (1904) gibt die Länge der eben ausgekommenen Larven etwas größer an, l. c. p. 155 heißt es: „Die kaulquappenähnlichen Larven sind beim Aus- schlüpfen 6—7 mm lang.“ — Die eigentümliche, kaulquappen-, „tadpole“ -ähnliche Gestalt der jungen Cyclopterus hatte bereits CUNNINGHAM (1896) hervorgehoben. Mein Material stammte aus Helgoland, der geringe Größenunterschied ist wahrscheinlich auf die Wirkung der Konservierungsflüssigkeit zurückzuführen. Die Epidermis besteht in diesem Jugendstadium aus einer Basalschicht von kubischen bis zylinderförmigen Zellen, welche an der-freien Seite von 1—2 mehr plattenförmigen Zellagen über- deckt werden (Fig. 1). Im Embryonalleben stellt die Basalschicht die gesamte Hautdecke dar (Mc Intosun und Prince 1890). Wohl noch vor dem Ausschlüpfen beginnt eine immer lebhafter werdende Zellteilung in genannter Schicht, und zwar werden die neugebildeten Zellen nur nach der freien Oberfläche des Körpers zu abgegeben. Diese tiefste Epidermisschicht ist das Stratum profundum oder germinativum, auch Matrix der Autoren. In ihrer typischsten Ausbildung findet man sie allerdings erst bei Cyclopterus von ca. 15 mm Länge. In früheren Stadien zeigt sie im Ver- gleich zu späteren die Zellen noch etwas „unordentlich“ gelagert. Für eine ganze Reihe von Formen wird angegeben, die basale Epidermisschicht sei nach dem Corium durch eine feine struktur- lose Membran, sogenannte Basalmembran, abgegrenzt. So z. B. von JosEPH (1900), Nussbaum und KurczvckI (1906) für Am- phioxus und Tinca; Horer (1889), KrLAATscH (1890), Hase (1907) ) für die Forelle; KAsAnzErr (1906) für Sygnathus; Hover (1901) für Hippocampus. — OxneEr (1905) bildet in allen seinen Figuren eine solche Basalmembran als vorhanden ab, bei Leptocephalus ist sie sogar nach ihm sehr dick und zeigt welligen Verlauf ’?). SCHUBERG (1908) betont, daß der Begriff „Basalmembran“ recht unklar sei, und ich schließe mich ihm völlig an. MERKEL (1909) schreibt diesbezüglich 1. c. p. 329: „In der Tat werden 1) Ich habe früher die Ansicht ausgesprochen, die Basal- membran sei bei der Forelle ein Abkömmling der Epidermis, möchte aber nach erneuter Prüfung diese Behauptung zurückziehen. 2) Weiteres über diesen Punkt siehe Scuuserc (1903, 1907, 1908), Srupxıöka (1909) und Merker (1909), ich zitiere nur einige Angaben über Teleosteer. 230 Albrecht Hase, diese Membranen hier als ein Produkt des Bindegewebes, dort als eine Cutikularausscheidung der Epithelien aufgefaßt. Selbst eine Doppelentstehung aus beiden Quellen findet man für sie be- schrieben.“ Diese divergente Auffassung hat auch die ver- schiedenen Meinungen über ihren histologischen Wert zur Folge. So geht aus NussßAums (1907) Ausführungen hervor, daß er die Basalmembran an sich der Epidermis zuschreibt; andererseits geben ByKkowskı und NussBAum (1904) an: Fierasfer dentatus besitze eine solche Grenzmembran, Fierasfer acus dagegen ent- behre eine solche. Dieser angebliche Unterschied ist seltsam und läßt vermuten, daß verschiedene Gebilde (einmal epidermoidale, das andere Mal Corium-Abkömmlinge) für gleichwertig angesehen wurden. — Für Leueiscus- und Cobitis-Arten hatte schon früher Ussow (1897) die Basalmembran in epidermoidalem Sinne ab- gelehnt. Für Cyclopterus lumpus tue ich hiermit dasselbe, nichts konnte darauf hindeuten, daß die basale Epidermisschicht durch eine besondere, von ihr gebildete Schicht gegen das Corium begrenzt sei. Ich glaube auch, daß die eingangs genannten Autoren die oberste Cutisschicht mit Basalmembran bezeichnen, ohne sich klar gewesen zu sein, woher ihre Basalmembran eigentlich stammt. MERKEL (1909) schlägt vor, den bisherigen Ausdruck „Basal- membran“ für die den basalen Epidermiszellen nach innen eng anliegende, strukturlose Schicht, welche aber dem Corium an- gehört, fallen zu lassen und dafür „Grenzhaut, Membrana termi- nans“ (p. 329 1. c.) zu gebrauchen. Wir werden diesem Vor- schlage zukünftig folgen. Es mag zunächst überflüssig erscheinen, einen besonderen Namen für ein Gebilde einzuführen, dessen Zu- gehörigkeit zu einem schon unzweideutig benannten Komplex mit Sicherheit erwiesen wurde. Allein das allem Anschein nach kon- stante Auftreten dieser ersten Coriumlage im Jugendleben, lange vor der definitiven Cutisentwickelung, rechtfertigt meines Dafürhaltens das Vorgehen von MERKEL. Unsere Cyclopterus von 7—13 mm Länge zeigen eine Epi- dermis von etwa 5 Zellagen, deren oberste in ganz geringem Maße verhornt zu sein scheinen, wie es NussBaum und KULCZYCKI (1906) auch für die Schleie feststellten. Mit fortschreitendem Gesamtwachstum nimmt auch die Epidermis an Dicke zu und die spätere Sonderung in drei wohl unterscheidbare Schichten be- reitet sich vor. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 231 Die basale Schicht tritt immer stärker hervor (Fig. 2, 5, 9 bis 11), und es kommt zur Ausbildung von Zellbrücken zwischen ihnen sowie den obersten Cutiszellen, welche die Membrana ter- minans durchsetzen (hierüber vergl. Kap. I, 5). Die darüber liegenden mittleren Zellagen werden mehr und mehr spindelförmig und stellen sich, durch die mächtig entwickelten Drüsenzellen zusammengedrückt resp. gleichsam aufgerichtet, mit ihrer langen Achse senkrecht zur freien Körperoberfläche (Fig. 3). Die dritte Epidermisschicht schließt nach außen hin mit platten oder polygonalen Zellen ab. Die Differenzierung der drei Epidermisschichten nimmt noch stetig zu, so daß wir bei älteren (ca. 30 mm) und völlig er- wachsenen Individuen nachfolgende Verhältnisse finden: a) Basale Schicht, aus einer Lage hoher, typischer Zy- linderzellen bestehend, durch Plasmabrücken mit den Coriumzellen verbunden (Fig. 2, 6, 9, 10, 11). 2) Mittlere Schicht, aus langgestreckten, spindelförmig zusammengedrückten Zellen bestehend, zwischen denen reichlich Vakuolen liegen (Fig. 3, 9, 10, 11). y) Oberste Schicht, aus polygonalen, ziemlich kompakt liegenden Zellen bestehend (Fig. 9, 11, Textfig. 4. Etwa 25—30 Zellagen bilden die gesamte Epidermis («+ P -H y). Alle diese indifferenten typischen Epidermiszellen sind bei älteren Individuen durch sehr gut sichtbare Intercellularbrücken verbunden (Fig. 7), die besonders deutlich nach Hämatoxylin- färbungen bei Anwendung starker Systeme zu sehen sind. Von älteren Autoren haben diese Zellbrücken an verschiedenen Ob- jekten unter anderen FLEMMInG (1879, 1882), F. Leyvis (1885), MAURER (1895), ©. HERTwIG (1898), von neueren K. C. SCHNEIDER (1902), KwiETNIEwsKI (1906) [für Selachier], OxneEr (1905), Nuss- BAUM und Kurczycki (1906), NuUSSBAUM (1907), SCHUBERG (1903, 1907, 1908) [für Amphibien] abgebildet oder beschrieben. Die letzte Arbeit über dieses Thema stammt von STUDNICKA (1909). Er behandelt diese Gebilde ganz ausführlich und gibt auch eine große Zahl von sehr instruktiven Abbildungen, ebenso wird die Literatur bei ihm gewürdigt. Cyclopterus kam leider nicht zur Untersuchung. — Da es mir mehr auf die morpho- logischen Verhältnisse der Haut ankommt, so kann ich mich hierüber nicht weiter verbreiten und verweise auf STUDNICKAS schöne Arbeit. Bei meinem Objekte sah ich, trotz der Kleinheit der Epidermiszellen, die Zellbrücken sehr gut, namentlich nach 232 Albrecht Hase, Hämatoxylinfärbung. Auch StupnıckA (1909) weist auf die geringe Größe der Epidermiszellen bei Teleosteern ausdrücklich hin. Durch sie erhalten die Oberhautzellen ein sternartiges Aussehen (Fig. 7). Auf die reichlich vorhandenen Zellücken namentlich in der mitt- Textfig. 1. Frontalschnitte durch die Epidermis von drei Oyclopterus, um die Verteilung und Entwickelung der kolbenähnlichen, serösen Drüsen (Se Dr) in verschiedenen Altersstufen zu erläutern. Zeichenapparat. 225:1. a—?7 mm, b=31 mm, c=18 cm lang. Textfig. 2. Textfig. 3. Textfig.2. Flächenbild von Chromatophoren aus der obersten Pigment- schicht (pig,). 225:1. Cyclopterus 16 mm. Zeichenapparat. Textfıg. 3. Aus der mittleren Pigmentschicht (pig,). 225:1. Cyclopterus 16 mm. Zeichenapparat. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 233 leren Schicht deutete ich bereits hin. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß man vielfach, besonders nach Eisenhämatoxylin- färbung, Wanderzellen in der Epidermis findet, deren Rolle noch nicht geklärt ist. Den einzelnen von mir verwandten Farben gegenüber ver- hielten sich die Epidermiszellen verschieden. Sehr gute Bilder gab das bewährte DELAFIELDsche Hämatoxylin und Eisenhämatoxylin. Noch bessere fast die Van Gızsonsche Farbkombination. b) Die Drüsenzellen der Epidermis. Weit interessantere Verhältnisse als die einfachen Oberhaut- zellen bieten die aus diesen hervorgegangenen drüsigen Zellen dar, welche, zu enormer Mäch- tigkeit entwickelt, dem Schnitt- bilde der Haut ein charakte- ristisches Aussehen geben. Nachdem besonders M. SCHULTZE (1861) und LEYDIG (1891, 1819, 1895), später MAURER (1895) in einer ganzen Reihe von trefflichen Arbeiten das Interesse auf diese Gebilde in der Fischhaut gelenkt hatten, sind in neuester Zeit wichtige Arbeiten auf diesem Gebiete erschienen, die die früheren Beobachtungen teils ergänzen und erweitern, teils berichtigen, so z. B. von NussBAuUm und _ Textfig. 4. Frontalschnitt durch Kurozros: (1906), Srunwiöca die obesien Bpidermilagen cine, er (1906, 1909) und OxnEr (1905). seröse Drüsen (Se Dr) mit Ausführungs- Letzterer studierte, ganz kanal. X Sekret hell, Plasma als Wand- ; beleg dunkler, granuliert. Kern (links) systematisch vorgehend, vor wandständig. 515:1. Zeichenapparat. allem die Natur der Kolben- zellen von 39 verschiedenen Gattungen mariner und Süßwasser- formen. Für die Gattung Gobius, welche der von mir unter- suchten Form Cyclopterus am nächsten steht, noch stellte er fest, daß Kolbenzellen fehlen. Cyclopterus selbst kam bei ihm nicht zur Prüfung. NussBAunMm und Kurczycki (1906) haben in ihrer Abhand- lung die Drüsen der Fischhaut von einem allgemeineren Stand- 234 Albrecht Hase, punkte aus behandelt und unterscheiden zwei Hauptformen: 1) Schleim- oder Becherdrüsen, 2) seröse Drüsen. Nach meinen Beobachtungen schließe ich mich ihnen an, ebendasselbe tut STUDNIcKA (1906). «) Die Schleim- oder Becherdrüsen (auch Becher- zellen, SchDr) [vgl. Textfig. 7; Fig. 3, 9, 12]. Diese Gebilde finden wir schon bei ganz jungen Exemplaren, sie scheinen überhaupt früher als die später zu erwähnenden serösen Drüsen zur Entwickelung zu kommen. Zum wenigsten konstatierte ich, daß Cyclopterus von 5 mm relativ mehr Becher- zellen als seröse Drüsen hatte. Sie liegen, wie dies schon LEYDIG angegeben, nach ihrer definitiven Ausbildung immer in der obersten Epidermisschicht. Bei jugendlichen Exemplaren gehen sie aus dem Stratum profundum hervor und rücken nach und nach an die freie Oberfläche. In älteren, 15—20 mm langen Tieren sah ich sie auch sich in den mittleren und tieferen Partieen der obersten Epidermis- lagen entwickeln. Die Hauptbildungszone liegt bei erwachsenen Individuen in der obersten Schicht. Der Umbildungsprozeß ist etwa folgender. Der anfangs zentral liegende Kern rückt, je mehr sich zwischen dem Plasma helle Sekretvakuolen bilden, allmählich nach der Basis zu. Bei fertigen Becherzellen lagert er immer basal, wie dies auch von den gleichen Gebilden anderer Fische erwähnt wird (F. E. SchuLTtze 1867, LeypıG 1895, MAURER 1895, STUDNICKA 1906, 1909, OxNer 1905, NussBAaum und KULCZYCKI 1906). Seine Gestalt ist sichelförmig (Fig. 3, 9). Diese Becherzellen stehen nicht durch Plasmabrücken in Ver- bindung mit den Nachbarzellen. — Das Plasma zeigt Wabenstruktur und färbt sich tiefblau mit Hämatoxylin. Das Sekret erscheint heller und enthält viele Körnchen, wahrscheinlich abgestoßene chromatische Substanz des Kernes. Bei jungen Tieren fand ich fast immer auf der freien Oberfläche einen dichten, fast schwarz gefärbten Haufen (Fig. 3) über der Schleimzelle, den ich nicht für Sekret selbst halte, sondern für Zellinhalt, besonders Plasma, überhaupt. Es scheint mir dies ein Kunstprodukt zu sein, durch die Wirkung der Konservierungsflüssigkeiten entstanden, da bei älteren Tieren das Sekret immer nur schwach gefärbt wurde und bei jüngeren ebenfalls, in den Zellen, die sich noch nicht nach außen geöffnet hatten. Ohne jeden Kanal münden die Becher- zellen direkt auf die Oberfläche und sind von ihren Nachbarzellen zwar dicht umgeben, aber doch scharf abgegrenzt. Studien über das Integument von Cyelopterus lumpus L. 235 Die Schleimdrüsen fand ich am ganzen Körper ziemlich gleich- mäßig verteilt, nur in der Lippenhaut etwas spärlicher vertreten, sie bestimmen den Habitus des Schnittbildes der Oberhaut viel weniger als die nun zu erwähnenden serösen Drüsenzellen. ß) Seröse Drüsen. „Kolben“-ähnliche Drüsen. „Offene“ Kolben. (SeDr.) [Textfig. 1, 4, 7; Fig. 1, 2, 3, 9, 10—12.] Verbreitung. Interessantere Verhältnisse bietet diese zweite Art von Drüsen dar. Zunächst werde ich auf diese Gebilde selbst eingehen und dann meine Befunde zu denen der anderen Autoren in Beziehung setzen. — Wie vorbeschriebene Becherzellen sind auch sie Abkömmlinge der basalen Schicht. Bei sehr jugendlichen Exemplaren noch spärlich vertreten, entwickeln sie sich im post- embryonalen Leben sehr rasch und geben der Haut bereits bei Jungfischen von 15—20 mm Länge ein charakteristisches Gepräge (Fig. 12). Was zunächst ihre Verbreitung auf der Körperfläche anbelangt, so fand ich folgende Verhältnisse: Auf der Lippenhaut fehlen sie so gut wie ganz oder sind nur vereinzelt anzutreffen. Noch spärlich liegen sie in der Ober- haut auf der Innenseite der Brustflossen und in der Kehlgegend. An allen übrigen Hautstellen kann man sie, namentlich in der Afterregion, in enormer Menge treffen. Sogar die Epidermis der Flossen ist, vornehmlich längs der Strahlen, dicht mit ihnen durchsetzt. Entwicekelung. Der Entwickelungsmodus ist folgender. Die basalen Epidermiszellen, die zu serösen Drüsen werden sollen, unterscheiden sich in den Anfangsstadien durch eine stärkere Färbbarkeit. Weiterhin nimmt der Kern eine streng ovale Form an, während die gewöhnlichen Basalzellen mehr gestreckte Kerne besitzen. Die allererste, nur schwer sichtbare Sekretabsonderung findet wohl in nächster Nähe des Kernes selbst statt, und es er- scheint, da das Sekret stark lichtbrechend und homogen ist, als kleiner heller Hof um den Kern (Fig. 1). Bald treten allenthalben im Plasma helle Sekretansammlungen auf, die zunächst durch feine Kanäle, dann durch breitere Brücken mit dem Sekrethof um den Kern in Verbindung treten. Nach und nach erscheint das Plasma vom Sekret mehr verdrängt zu werden und persistiert schließlich als dünner Wandbeleg (pl Fig. 2, 3, 9, 11). Der anfänglich zentral gelagerte Kern wird seltener an die Basis, meist an die Seite ge- drängt. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß er vielfach zwei Nukleolen aufweist und stark chromatinhaltig ist. Auch hier 236 Albrecht Hase, scheint chromatische Substanz ins Plasma überzutreten und dieses zur Sekretbildung resp. Sekretumwandlung zu veranlassen. An- fänglich war die betreffende Zelle stark plasmahaltig, wofür ja auch die starke Färbbarkeit spricht. Nach Fertigstellung einer serösen Drüsenzelle erscheint diese völlig erfüllt mit sehr hellem Sekret; ich habe oft nur ganz geringe Plamareste finden können. Die Form ist eine länglich-ovale. Verbindungsbrücken haben auch diese Drüsenzellen genau so wie die vorigen zu keiner ihrer Nachbarzellen, auch sie erscheinen gegen die indifferenten Epidermis- zellen scharf abgegrenzt, obwohl sie, besonders die der mittleren Schicht, sich ihnen eng anschmiegen. Damit ist aber der Entwickelungsprozeß noch nicht abge- schlossen. Ich sagte bereits, daß die serösen Drüsen Abkömmlinge der Basalschicht sind. Wir müssen noch der merkwürdigen passiven Wanderung gedenken, die sie innerhalb der Oberhaut ausführen. Bei Jungfischen bis 50 mm etwa sitzen sie dem Stratum profundum auf, ja sie grenzen oft genug direkt an das Corium an (Textfig. 1a; Fig. 1, 2, 3, 4, 9, 10). Allmählich aber schieben die von der Basalschicht ständig neugebildeten Zellen die Drüsen mehr nach der freien Oberfläche zu, so daß sie bei erwachsenen Individuen fast nur in der mittleren Epidermislage zu finden sind (Text- Res Kent Biel): Vereinzelt bei jugendlichen Exemplaren, als Regel bei älteren öffnen sich die serösen Drüsen durch einen intercellularen Kanal nach außen (Textfig. 1c, 4, 7; Fig. 11, 12). Von der Fläche be- trachtet, sieht man bei größeren Cyclopterus diese Kanalöffnung sehr deutlich in der Mitte über der durchschimmernden Drüse liegen (Fig. 12 K). Eingangs sagte ich, daß der Habitus der Epidermis nicht gleichmäßig durch die „kolben“-ähnlichen Drüsen beherrscht wird, und auch SrupnıökA (1909) macht auf analoge Verhältnisse auf- merksam. In Textfig. 1 versuchte ich diese Verhältnisse bildlich wiederzugeben. In der Mitte dieser Textfigur sehen wir die Haut eines 7 mm langen Cyclopterus. Die Drüsen sind nicht übermäßig ausgebildet und liegen noch verstreut in der Haut. Doch bald setzt eine Maximalperiode ihrer Entwickelung ein. Sie nehmen an Zahl wie Umfang enorm zu und durchsetzen als voluminöse Blasen völlig die Epidermis (Textfig. 1 unten; Fig. 3, 9). Die mittleren Epi- dermisschichten erscheinen oft ganz verquetscht, der Zellinhalt Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L._ 237 ganz weggedrückt. Vor allem Tiere von 20--30 mm Länge zeigen dieses Stadium sehr schön. Bei erwachsenen Cyelopterus erscheinen die Drüsen an Zahl wie Umfang etwas reduziert (Textfig. 1c oben). Vielleicht auch läßt die mächtigere Entfaltung der indifferenten Epidermis- zellen sie nicht mehr so stark hervortreten. Dann kommt noch hierzu, daß im allgemeinen der Umfang auf der passiven Wanderung etwas zurückgeht, wohl durch Diffusion, und daß zuletzt durch den Abführungskanal dem Sekret ein bequemer Ausweg geschaffen wird. Daß die serösen Drüsen in toto ausgestoßen werden, kann ich nicht finden, wohl aber werden sie, besonders in den aufge- wölbten Epidermisflächen über den Hautverknöcherungen, ebenfalls verquetscht, ja ich möchte sagen direkt dadurch ausgequetscht (Textfig. 35—37). Eine ständige Neubildung besteht für diese Gebilde nur in beschränktem Maße. Bei Individuen von etwa 40 cm Länge fand ich nur ganz wenig „kolben“-ähnliche Drüsen der Keimschicht angelagert. Das Maximum der Entwickelung zeigen 15—30 mm große Tiere. Scharf unterschieden sind die serösen Drüsen vor den Schleim- drüsen durch ihr Verhalten gegen Farben. Während erstere sich im allgemeinen sehr wenig färben, verhalten sich letztere gerade umgekehrt, wie wir sahen. Am besten differenzierte die „kolben“- ähnlichen Drüsen Eisenhämatoxylin und das Farbgemisch von Van GIESoONn. So erhielt ich mit erstgenannter Farbe schieferblaue Kerne mit tiefschwarzem Nucleus. Das Sekret blieb hell, wie auch nach Van GiIEsons Färbung, das Plasma bekam einen bräun- lichen bis bläulichen Ton. Blaue Kerne und schwach rötliches Plasma lieferte die zweite Farbkombination. Schöne Bilder gab auch das salzsaure Karmin nach P. MAYER insofern, als seröse Drüsen ganz hell, Schleimdrüsen aber recht dunkel tingiert wurden. Bei der Kombination von Eosin mit Hämatoxylin wurden die serösen Zellelemente gerötet, die Becher- zellen gebläut. y) Vergleich der Befunde mit denen früherer Autoren. Die unter Absatz « beschriebenen Becherzellen stimmen in ihrem Bau und Verhalten mit den gleichnamigen Gebilden anderer Knochenfische überein. Ich konstatiere also ihr Vorhandensein auch für unsere Cyclopterus. — Schwieriger wird es, die zweite 238 Albrecht Hase, Art von Drüsenzellen (%) einzureihen. Ich spreche mich dahin aus: die von mir gefundenen serösen Drüsenzellen halte ich für weiterentwickelte Kolbenzellen und will weiter unten meine Ansicht begründen. Zunächst möchte ich noch auf etwas anderes hinweisen. — Am besten gleichen die serösen Drüsen der Epidermis von Cyclopterus denen, welche StupnıckA (1906) für Lepadogaster beschrieben hat, unter dem Namen „sackförmige, seröse Drüsenzellen“. Einmal ist der Entwickelungsmodus ein ähnlicher. Vor allem aber kommt der so charakteristische Aus- führungskanal (Textfig. 1, 4; Fig. 11 u. 12) sowohl bei Lepado- gaster als. auch beim Lump vor. Der Kanal ist so überein- stimmend typisch bei beiden Formen ausgebildet, daß die Zu- sammengehörigkeit dieser Drüsen mir nicht zweifelhaft ist. STUDNICKA zählt die von ihm bei Lepadogaster gefundene Drüsen- art gleicherweise zu den serösen Drüsen von NUSSBAUM und KUL- czYckı (1906). Ich muß jedoch erwähnen, daß meine Befunde mit denen STUDNIcKAs etwas differieren. Dieser Autor betont, der Kern habe bei völlig entwickelten Drüsen stets nahe der Ansatzstelle des Kanals gelegen; für Cyclopterus trifft dies nicht zu; ich fand ihn lateral oder basal, bisweilen auch zentral ge- lagert. Dann sah er die Ansatzstelle des Abführungskanals (l. c. 1906, p. 140) „von einem leistenförmigen, mit Eisenhämatoxylin ‚schwer‘ (muß natürlich ‚schwarz‘ heißen, so wie er es auch ab- bildet, HAsE) schwarz sich färbenden Ringe umgeben. Die An- nahme ist sehr berechtigt, daß es sich da um einen Ringmuskel (!) handelt, der die enge Oeffnung der sackförmigen Drüse zu schließen die Aufgabe hat, der sich vielleicht nur auf einen besonderen (nervösen ?) Impuls zu öffnen fähig wäre.“ Dieser Schluß Srtup- NICKAS ist wohl etwas zu spekulativ; ich sah bei meinem Objekte nichts dergleichen. Es bleibt mir noch die Begründung zu geben übrig, was mich veranlaßt, diese Art von Drüsen beim Cyclopterus den „kolben- förmigen“ Gebilden = „Kolben“ (nach der Definition von M. SCHULTZE 1861, OxneEr 1905) anzureihen. Ich schlage vor, diese Art von Drüsen „offene Kolben‘ zu nennen. ÖXNeEr (1905) betont ausdrücklich, daß Kolbenzellen bei nahe verwandten Familien fehlen resp. vorhanden sein können. Hat er bei Gobius (als mit der meinigen Form am nächsten verwandt) keine Kolben gefunden, so ist dies noch kein Ausschließungsgrund. Echte Kolben sind gleichfalls seröser Natur, dieses Merkmal kommt also beiden zu. Ferner spricht die Verteilung über die Haut- Studien über das Integument von Cyclopteruslumpus L. 239 oberfläche dafür, z. B. ihr beiderseitiges Fehlen in der Lippen- haut. Für die Zusammengehörigkeit führe ich weiterhin ins Feld: die Größe und Häufigkeit, das Verhalten gegen Farbstoffe, ihre Herkunft aus der Basalschicht und last not least das allmähliche Vorrücken gegen die freie Epidermisoberfläche unter Volumen- abnahme. — (Die echten geschlossenen Kolben nehmen an Größe ab durch Abgabe von Sekret durch Diffusion — die „kolben“- ähnlichen Drüsen des Cyclopterus tun, solange sie noch geschlossen sind, dasselbe.) Oxner (1905) spricht den Kolben auch eine Stützfunktion zu, und ich schließe mich dem vollkommen an, möchte sogar sagen, daß diese Gebilde vielleicht als elastisches Polster gleichzeitig dienen. Die Betrachtung eines Schnittbildes der Oberhaut (Text- fig. 1; Fig. 3, 9, 11) drängt diesen Gedanken geradezu hervor. Das Corium ist in diesen Lebensstadien verhältnismäßig noch wenig entwickelt, und ein Schutzbedürfnis ist um so mehr vorhanden, als sich in diesen Lebensphasen die ersten Verknöcherungsprozesse in der Lederhaut abspielen. — Es sei zum Schluß ein spekulativer Gedanke erlaubt. Mir ist nicht undenkbar, daß die von mir be- schriebenen „offenen Kolben“ (= seröse Drüsen = sackförmige seröse Drüsen [STUDnıckA 1906]) modifizierte (ehemalige ge- schlossene) Kolben darstellen. Beim ÜOyclopterus, wohl phylo- genetisch ziemlich jung, sind die ursprünglichen Kolben nicht völlig geschwunden, sondern das Sekret, welches erst durch Diffussion entleert wurde (und noch wird) und zu irgendeinem Stoffwechsel- prozeß nötig war, wird im Alter unnötig (vergl. völliges Schwinden echter Kolben), und es entleert sich nun durch einen durch- brechenden Kanal als überflüssig nach außen. Daß die „offenen Kolben‘ des Cycelopterus im Alter nicht mehr so unbedingt nötig sind, dafür spricht ihr Verquetscht- und Ausgequeschtwerden in der Epidermis über Schuppenanlagen (Textfig. 7; 35—37). 6) Zusammenfassende Schlußbetrachtung. Wir haben bei Cyclopterus eine Oberhaut mit drei gut unter- scheidbaren Schichten indifferenter, typischer Epidermiszellen (ver- bunden durch Zellbrücken) gefunden. Drüsenzellen ließen sich zweierlei Arten feststellen: einmal gewöhnliche Becherzellen, ferner „offene“ Kolben = „Kolben“-ähnliche Drüsen. Der Entwickelungs- modus letzterer bringt eine starke morphologische Umlagerung der Haut mit sich, es ist also die Möglichkeit vorhanden, daß sich die Epidermiszellen gleichsam gegeneinander verschieben; eine, ich 240 Albrecht Hase, möchte sagen, „innere* Wanderung findet statt. — Bei all diesen Umlagerungsprozessen die, wie wir sahen, recht beträchtlich sind, konnte ich trotz bestehender Verbindung der basalen Epidermiszellen Textfig. 5. pig, Se Dr Sch Dr Pig, Textfig. 6. Textfig. 5. Frontalschnitt durch die oberste Coriumlage (e,) eines alten Oyclopterus (50 em). Aeußerste Schicht und senkrechte Bündelsehrdick. Die horizontalen Schichten vielfach durch schräge Züge verbunden. 515:1. Zeichen- apparat. Textfig. 6. Transversal- schnitt durch die Lederhaut eines 36 cm langen Cyclopterus, um die wechselnde Dicke des Coriums zu zeigen. Bei den Stachelreihen (*) ist sie am größten. '/, natür- liche Größe. Textfig. 7. Idealbild durch die gesamte Haut eines 50 cm großen Cyclopterus. Frontal- schnitt. ep —= Epidermis mit äußerster Pigmentschicht (pig,), serösen Drüsen (Se Dr) und Schleimdrüsen (Sch Dr). — Corium aus drei Schichten bestehend; c, und c, geschichteter, c, netz-filzartiger Teil. c, mit senkrechten Faserzügen und mittlerer Pigmentschicht (pig,). Zwischen c, und dem Unterhautbindegewebe (uhb) die innerste Pigmentschicht (pig,). muse — Muskulatur. pig, hat Ohromatophoren wie Textfig. 2, pig, und pig, solche wie sie Textfig. 3 zeigt. ca. 7Omal vergrößert. uhb£ NS MAusc - MFF > ZA Pig; Textfig. 7. - Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 241 zu den obersten Coriumzellen nichts finden, was sich als eine Abgabe epidermoidaler Zellen an das Bindegewebe hätte deuten lassen. 2. Die Cutis. (Vergl. Textfig. 5, 6, 7, 29-—-37; Fig. 1—6, 8, 10—17.) a) Struktur und Genese. Obwohl die Literatur über das Bindegewebe eine fast un- übersehbar große ist, so haben wir genauere Angaben über Knochen- fische nicht viel, und sie sind sehr zerstreut. Ueber das Corium unseres Cyclopterus konnte ich eigentlich nur eine Arbeit finden, die schon recht alten Datums ist und welche ich unten zitieren werde. Ueber Bindehautgenese bei Knochenfischen liegen Angaben von NUSSBAUM (1907) vor, auf welche ich noch zu sprechen komme, und der neueste Bearbeiter dieses Themas, MERKEL (1909), sagt, er habe Fische zu seinen Untersuchungen mitherangezogen, gibt aber leider nicht an, welche, und bildet auch nichts davon ab. Sehr wichtig ist noch die einen eigenen Standpunkt vertretende Arbeit von StupnIıcKkA (1907). — An der Hand meiner Befunde werde ich auf die der anderen Autoren hinweisen. Unser einziger Gewährsmann RATHKE (1822) berichtet, nach- dem er sich über den Hautpanzer des Cyclopterus verbreitet, in betreff des Coriums p. 498 u. ff.: „Das MarrıGHische Gewebe ist ziemlich dick, zieht sich auch in die Höcker hinein (an deren inneren Fläche es fest anliegt), ist auf der Lichtseite des Tieres grünlich, auf der Schattenseite da- gegen entweder ungefärbt oder blaßrosenrot. Das Corium zeigt nichts weniger als ein Zellgewebe, sondern ist ganz dicht, härtlich, schlüpfrig anzufühlen und besteht aus einer Colla, welche sich im kochenden Wasser vollkommen auflöst. Die Dicke derselben ist sehr verschieden nach den verschiedenen Körperstellen, jedoch nimmt es im allgemeinen gegen die Bauchfläche allmählich ab, so daß hier die Lederhaut nur als ein ganz dünnes Blatt erscheint. Dagegen ist diese am Hinterkopfe bei einem 6“ 8“ langen Individuum fast 2" und an der sogenannten Fettflosse, welche auch nur aus COolla besteht, sogar 8 dick. Man könnte daher wohl annehmen, es vertrete diese Masse zugleich auch die Fetthaut höherer Tiere. Nur möchte ich dagegen bemerken, daß sich zwischen ihr und den Muskeln des Körpers als Verbindungsglied noch eine weiche, dünne und schwarzgrauliche Hautlage befindet, welche beim Anziehen einen gallertartigen Bau annimmt und wohl mehr noch der Fett- haut entsprechen dürfte.“ Bd. XLVII. N. F. XL. 16 242 Albrecht Hase, RATHKE mischt Wahres und Falsches durcheinander, und wir können aus seinen Angaben nichts Sicheres entnehmen. Ich gehe deshalb sofort zu meinen Befunden über. Cyclopterus von 5 und 7 mm zeigen dicht unter der Epidermis eine struktur- und zellenlose Schicht, die schon vorerwähnte erste Coriumlage oder Membrana terminans = Grenzhaut (MERKEL 1909) [fälschlich als epidermoidale Basalmembran bisweilen von verschiedenen Seiten angesprochen, siehe oben]. Fig. I mi. Die Genese dieser zarten Coriumlage konnte ich leider nicht verfolgen, da mir entsprechende Stadien fehlten. Sie erfolgt aber sicher noch vor dem Ausschlüpfen. Dieser zarten Membran ist ganz eng eine flache Zellschicht des Coriums innen angelagert. HATSCHEK hatte sie als Grenz- epithel bezeichnet, ein Name, den ich schon früher als irreführend abgelehnt hatte, Hase (1907), p. 28. Ich möchte auch die von mir vorgeschlagene Bezeichnung äußere (und entsprechend innere) „Grenz“-Schicht tilgen, da sich gezeigt nach erneuter Prüfung, daß diese Coriumzellen gar keine „Grenze“ im eigentlichen Sinne vor- stellen, ein besonderer Name ist eben überflüssig. SCHUBERG (1903, 1907, 1908) und MERKEL (1909) betonen für ihre Objekte gleicher- weise, die erste Coriumlage sei zunächst strukturlos. Als Bildungsherd für die erste Coriumlage (Grenzhaut) möchte ich die darunterliegende Zellschicht verantwortlich machen, denn epidermoidalen Ursprunges ist sie ja nicht, wie wir bereits sahen, und ein selbständiges Entstehen aus einer lebendigen Grund- substanz lehne ich auch ab, wie ich unten ausführen werde. Die erste Cutisschicht ist strukturlos; warum? Weil eine mechanische Inanspruchnahme noch nicht erfolgt bei ihrer Anlage im Embryonal- leben. Erst wenn das Tier Bewegungen ausführt, beginnt die von den Bindegewebszellen abgeschiedene Grundsubstanz sich in Fasern zu differenzieren. Die Anordnung der Fasern in Kreuzstreifung (fibrilläre Kreuzstreifung) ist eine sekundäre Folge der mechanischen Inanspruchnahme. Der strukturlose Zustand wird demnach nicht lange bei- behalten, und tatsächlich finden wir bereits bei 11 mm langen Cyclopterus diese Schicht in ganz feine Lamellen zerfallen, welche besonders Eisenhämatoxylin und VAn Gıeson-Färbung gut hervor- treten lassen. Jede Lamelle selbst zeigt auf Schnitten keine Struktur, wohl aber, von der Fläche betrachtet, nach Osmium- säurebehandlung. Wir sehen dann, wie jede aus außerordentlich feinen, zueinander parallelen Fasern besteht (ähnlich Fig. 8), Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 243 MERKELSs Bezeichnung Membrana terminans darf also nur so lange angewandt werden, als der lamellöse kreuzstreifige Zerfall der Membran noch nicht eingetreten ist, was, wie ich bereits betonte, nur im Embryonalleben und in den frühesten Jugendstadien der Fall ist. Die Membrana terminans wird somit zur äußersten Corium- lage im engeren Sinne. Ihr lagert eine Schicht langgestreckter Cutiszellen an, analog dazu ordnen sich andere Zellen des Coriums ebenfalls in Lagen an (Fig. 2, 3), sind aber nach der Muskulatur- seite hin gelegen. Zwischen beiden kommt es zu keiner so regel- mäßigen Zellanordnung, und aus dieser Mittelschicht resultiert die spätere mittlere Cutisschicht. Um es kurz zusammenzufassen: a) wir haben Membrana ter- minans + eng anliegender Zellschicht, aus beiden geht die definitive äußere Coriumschicht hervor (c, Textfig. 7), ich möchte beide als Bildungszone der äußeren Cutisschicht bezeichnen. b) Mittellage netzartig geordneter Zellen; aus ihnen geht die filzartig ver- flochtene mittlere Coriumlage (c, Textfig. 7) hervor. Diese Zellen stellen also die Bildungszone der mittleren Schicht dar. c) An- ordnung von Zellen in einheitlicher Lage benachbart der Mus- kulatur; aus ihnen bildet sich die gleichfalls lamellös geschichtete innere Coriumlage (c; Textfig. 7). Diese Zellen sind resp. werden die Bildungszone von c;. Diese Sonderung in drei wohl unterscheidbare Bildungszonen geht bereits bei Jungfischen von 11—13 mm vor sich (vgl. Fig. 2 ERSCH, C5L ICH). Die weitere Entwickelung ist folgende. a@) Die äußere Coriumlage (c,). Zunächst möchte ich erwähnen, daß unsere ursprüngliche Membrana terminans an Dicke zugenommen hat. Aber wodurch? Ich glaube sicher durch „Mit“- wirkung der ihr eng anliegenden Bindegewebszellen. Wir be- rühren damit die Frage nach der Entstehung der kollagenen Fasern überhaupt, welche in letzter Zeit so heftig und von verschiedenen Standpunkten aus diskutiert worden ist. (Näheres bei MERKEL [1909], Stupnı@kA [1907].) Ich möchte mich auf den folgenden Standpunkt stellen, besonders nach meinen Befunden bei der Bil- dung der Hartelemente in der Cyclopterushaut. Alle Zellen des Bindegewebes stehen durch gröbere und zum größten Teil sehr feine Plasmastränge in Verbindung, sie bilden somit eine lebendige Einheit (Fig. 2, 3, 4, 6). Ueberall da, wo kollagene Fasern oder 16* 244 Albrecht Hase Faserbündel entstehen sollen, wandelt sich ein Teil des Plasmas in eine, zunächst amorphe, Grundsubstanz um, die noch unter dem direkten Einfluß des Zellplasmas steht, und unter diesem Ein- fluß formt sich in ihr die kollagene Faser. Die Bindegewebszelle ist also nicht völlig ausgeschaltet bei der Faserbildung, wie eine Richtung (MerkerL [1909] u. a.) will, sondern mehr passiv be- teiligt. Diese lebendige Grundsubstanz mit einem besonderen Namen zu bezeichnen, kann ich mich nicht entschließen. Daß die Bindegewebszelle bei der kollagenen Faser- und Faserbündelbildung sehr wohl beteiligt ist, geht aus der Entwickelung der Hautver- knöcherung des Cyclopterus (für dieses Objekt zum mindesten) hervor. Die Bindegewebsfibrillen entstehen nicht spontan in der selbständig lebendigen Grundsubstanz, sondern immer treten erst Zellen in bestimmter Anordnung, nämlich in der, wie die zu bildende Substanz geformt werden soll, zusammen und wandeln ihr Plasma zum Teil in Grundsubstanz um, die sich zu Fibrillen differenziert. Wenn die kollagenen Fasern und die Faserbündel ohne Zellbeteiligung entständen, so wäre es mir ganz unklar, warum bei der Hautstachelbildung des Cyclopterus die Binde- gewebszellen erst eine so charakteristische Umlagerung und An- ordnung erfahren. Warum bilden sich diese Gebilde (sie bestehen auch aus kollagenen Fibrillen, um es gleich hier zu bemerken) nicht ebenfalls spontan? Die Beteiligung von Zellen ist für sie nicht abzustreiten. Man wird mir wohl einwenden: den Zellen komme hier nur die Aufgabe zu, den Verkalkungsprozeß zu be- wirken; demgegenüber sei betont, daß die ersten, schon sehr deutlich geformten Stachelanlagen noch unverkalkt sind (vgl. Fig. 36—38). Noch eines möchte ich erwähnen. Da, wo die kollagenen Fibrillen in Lagen und Schichten geordnet sind, da, wo wir sie netz- und filzartig verflochten finden, da haben die Bindegewebs- zellen die entsprechende Anordnung, ebenso wie bei der oben genannten Entstehung besonders geformter Coriumgebilde (Fig. 2, 3, 6, 10, 14—17). Nach diesem Exkurs zurück zur Cutisentwickelung. Zuletzt sagte ich, die Membrana terminans habe an Durchmesser durch Zellentwickelung zugenommen, durch mechanische Wirkung sei die fibrilläre Kreuzstreifung bewirkt worden. In die erste Coriumschicht wandern Bindegewebszellen von unten her ein, ein Vorgang, den ich an Exemplaren von 15 bis 17 mm Länge (Fig. 4) beobachten konnte. Die Bestätigung Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 245 dafür geben auch andere Beobachter (ScHnugerc [1903, 1907/08], NussßAum [1907]). Diese eingedrungenen Zellen breiten sich zwischen den feinen Lamellen mehr und mehr aus und spalten nach innen zu eine Schicht Lamellen ab. Dieser Vorgang wieder- holt sich des öfteren, immer mehr Lamellenlagen werden ab- gespalten, sowohl von der zuerst gebildeten äußersten Lage als auch von den bereits abgetrennten gleichsam proximal verschobenen Schichten (Fig. 5, 6). Diese lamellösen Lagen nehmen an Dicke zu und ergeben so die definitive Schichtung der äußersten Corium- lage (c, Textfig. 5 u. 7; Fig. 5, 6). Begrenzt sind diese Schichten beiderseitig von Zellen resp. deren Plasmafortsätzen, was besonders Dahliapräparate sehr gut zeigen (Fig. 6 c,, Fig. 10 c,). Der Bau des Coriums ist bisher also folgender: Es sind Schichten in reich- licher Zahl parallel zueinander und zur Körperoberfläche vorhanden, jede besteht aus feinen Lamellen, die eine gekreuzte fibrilläre Struktur zeigen. Sehr konstant zeigt sich die direkt unter der Epidermis liegende Schicht, es ist gewissermaßen die bedeutend vergrößerte und umgewandelte Membrana terminans. Ihr angelagert (nach innen zu) finden wir Pigmentzellen, welche ebenfalls erst in diese ursprünglich einheitliche Schicht eingedrungen sind (Fig. 6 pig,, Fig. 10 pi9,). Es ist der Bidungsprozeß der äußersten Coriumlage c, damit noch nicht abgeschlossen. Anschließend an das Eindringen von Zellen entwickeln sich vielfach senkrecht zur Körperoberfläche verlaufende, also aufsteigende Faserzüge, welche in die parallelen Schichten eindringen und sich daselbst fächerartig ausbreiten und so mit ihren Faserbündeln am äußeren distalen Ende denen der Lamellen parallel laufen. Das innere (proximale) Ende verliert sich fein aber unregelmäßig zerfasert in der mittleren Cutisschicht c;. Diese senkrechten Faserbündel können sowohl in die alleräußersten (und dies ist meistens der Fall) als auch in tieferliegende Lagen eindringen (Fig. 5, 13a u. b, Textfig. 5). Weiterhin ist vielfach zu beobachten, daß die Abspaltung von Coriumschichten nicht völlig vor sich geht, sondern nur auf eine gewisse Strecke hin. Es kommt hierdurch zur Bildung von schräg (allerdings in sehr spitzem Winkel [Fig. 13a, Textfig. 5 zeigen die Verhältnisse schon etwas übertrieben]) verlaufenden Verbindungs- schichten zweier Parallelschichten. Namentlich die senkrechten Faserzüge, zuerst beobachtete ich sie bei 22—26 mm großen Cyclopterus, die immer bei ihrer Aus- bildung von Plasma umgeben sind, stützen mit meine Ansicht, 246 Albrecht Hase, daß die kollagenen Faserbündel indirekte Zellprodukte sind. Nach der mittleren Coriumschicht zu wird die Anordnung der Lagen mehr und mehr unregelmäßig, ich möchte sagen unordentlich (Textfig 5, 7; Fig. 5), und das Corium c, geht so nach und nach in die Schicht c, über. ß) Die mittlere Coriumlage c,. Sie verdankt ihre Ent- stehung netzartig verbundenen Bindegewebszellen. Fig. 2, 3, 6, 17 zeigen uns, daß außerordentlich feine, zum Teil weit verästelte Zellen sie allenthalben durchsetzen. Entsprechend ist ihre Struktur netz-, besser filzartig (Textfig. 7; Fig. 14—16). Wir sehen bei stärkerer Vergrößerung ein unentwirrbares Geflecht von dickeren bis zu den feinsten Faserbündeln, dazwischen reich und aufs feinste verästelt die Bildungszellen (Fig. 17). Senkrechte Züge fehlen, dafür sind Blutgefäße und Nerven sehr oft zu konstatieren. Eine sichere Grenze nach der proximalen und distalen Seite hin läßt sich nicht ziehen, die Schicht geht eben nach und nach in c, und 6; über. An Mächtigkeit überragt sie ihre Schwesterschichten bei weitem, ich habe sie bis zu 3 cm dick gefunden. Auch RATHKE macht bereits darauf aufmerksam, und wenn er sie als „ganz dicht, härtlich, schlüpfrig“ bezeichnet, so gebe ich ihm völlig recht. Sie erweist sich außerordentlich fest und widersteht Wasser- mazerationen und schwacher kalter Lauge sehr lange. Im Wasser habe ich sie nach monatlicher Einwirkung noch unverändert ge- funden. Fig. 14—16 zeigen uns drei Entwickelungsstadien in ihrer typischen Ausbildung von einem 26 mm, 19 cm und 46 cm langen Exemplare. In der ausgeschiedenen Grundsubstanz liegen allenthalben die feineren oder dickeren Faserbündel wirr und regellos durcheinander geflochten. y) Die innere Coriumlage c,. Ueber sie kann ich mich kurz fassen, da ihr Bau von dem der äußeren Corium- lage nur insofern abweicht, als sie keine senkrechten Faserzüge aufweist. Auf der Innenseite liegt ihr eine Lage epithelartig an- geordneter Zellen an, so wie ehemals der Membrana terminans eine sich anschmiegte. Auch Coriumlage c, durchsetzen senk- rechte und horizontale Plasmaausläufer (Fig. 6). Eine bestimmte Grenze nach der mittleren filzartigen Lage ist ebensowenig er- kenunbar wie für c.. Denkt man sich die senkrechten Faserzüge weg, so könnte Fig. 5 ebenso gut den Uebergang von c, zu 6; Wie c;, zu c, darstellen. Was die innere Cutislage von der äußeren noch unterscheidet, ist die geringere Mächtigkeit der Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 247 parallelen Schichten, ihrer absoluten Zahl wie relativen Dicke nach verglichen. 0) Allgemeiner Habitus des Coriums. (Textfig. 5, 6, 7; Fig. 5, 6, 13a, b, 14—16.) Wie schon unser alter Gewährs- mann RATHKE (1822) angibt, ist die Lederhaut bei Cyclopterus nicht überall gleichmäßig dick. Diese Ungleichheit ist eine Folge der Entwickelung des Hautpanzers. Da, wo die großen Haut- dornen in Reihen angeordnet sind, kommt es zu viel stärkerer Ausbildung der mittleren (c,) Lage als an den anderen nicht oder schwach bedornten Hautstellen, doch konnte ich, selbst unter ganz kleinen Hautstacheln, immer eine Tendenz zur Verdickung der filzartigen Lage feststellen. Der Zweck, der hierdurch er- reicht wird, ist ein doppelter: einmal wird ein elastisches Polster für den Hautdorn geschaffen, ferner eine feste „Fassung“ für den- selben hergestellt. Nicht die geschichteten Coriumteile befestigen die Hautverknöcherung, sondern die wirr durcheinander gefloch- tenen, die auch das Innere des Stachelhohlkegels völlig erfüllen. — Kombiniert man Textfig. 6 mit Textfig. 37, so treten diese Be- ziehungen sofort zutage. Textfig. 6 zeigt uns die wechselnde Cutisdicke eines 36 cm großen Cyclopterus in halber Größe. Von 1,5 mm und 2mm schwankt sie bis 14 und 16 mm. In der Nähe der Reihe 1 erreicht sie ihren Maximalwert von 22 mm. Bei 46 cm großen Exemplaren habe ich sogar bis 35 mm gemessen. Dieses Verhalten resp. dieses Mitwachsen des Coriums mit den Hautdornen ist es auch, was die Deformierung des Querschnitt- ovals mithervorruft. Anhangsweise muß ich noch erwähnen, daß sich zwischen Muskulatur und echte Lederhaut bei älteren Tieren (30 mm) ein blasiges Unterhautbindegewebe einschiebt (Textfig. 7 u. 35—37 uhb), welches aber zu den Hautossifikationen keinerlei Beziehungen hat. RATHkE (1822) spricht sich dahin aus, daß dieses Unter- hautbindegewebe der Fetthaut höherer Tiere entspräche. Ich kann seinen Befund insofern bestätigen, als ich tatsächlich viel Fett in dieser Schicht angetroffen. Als Färbemittel für das Bindegewebe habe ich verschiedenerlei verwandt. Einmal Dahlia in modifizierter Zusammensetzung nach SCHUBERG (1903), welches ein „Negativ“ liefert, da es alles färbt, nur die Bindegewebsfasern nicht, ferner Eisenhämatoxylin, welches sehr schön den lamellösen Bau der Schichten differenzierte, und Van Gıissons Farbkombination. Eisenhämatoxylin mit Lichtgrün 248 Albrecht Hase, lieferte auch gute Resultate. Eigentlich mit die besten Bilder gab die gewöhnliche Borax- und salzsaure Karminfärbung. e) Zusammenfassung und Vergleich der Befunde. Das Corium unseres Cyclopterus besteht im erwachsenen Zustande aus drei Lagen (c,, 6, c, Textfig. 7). Nur der äußersten Lage kommen senkrechte Faserzüge zu; nur der äußersten und innersten Lage kommt geschichtetes Corium zu. Die mittlere Lage ist filz- artig verflochten und setzt sich in die Hautstacheln fort. Die Genese der drei Lagen läßt sich weit rückwärts verfolgen: c, wird am frühesten, bereits im Embryonalleben (als Membrana terminans noch strukturlos) angelegt, c, und c, fast gleichzeitig bei 11—13 mm langen Individuen. Senkrechte Faserzüge treten bei 22—26 mm großem Cyclopterus auf. Vergleiche ich meine Resultate mit denen anderer Autoren, so finde ich eine ziemliche Uebereinstimmung mit denen von KraAtscH (1890), besonders was das geschichtete Corium anbelangt. NussBAum (1907) hat die Cutisbildung leider nicht weiter verfolgt bei seinem Objekte (Salmo irideus W. GiBB., Regenbogenforelle), als in den ersten Stadien: „Die sehr feinblättrige Schichtung der zuerst homogenen Cutislamelle (gemeint ist die Membr. terminans) entspricht noch nicht der definitiven Faserbildung.“ „Die echten Bindegewebsfasern, sowohl die kollagenen wie elastischen, ver- danken erst den in die Cutislamelle eindringenden Zellen ihre Entstehung.“ „Die in der Cutislamelle hervortretende primitive fibrilläre Schichtung, die äußerst fein ist und nur bei starken Vergrößerungen beobachtet werden kann, darf nicht der echten, faserigen Intercellularsubstanz des Bindegewebes gleichgestellt werden und ist lediglich als eine feine Strichelung anzusehen, be- dingt durch gewisse, rein physikalische Veränderungen in der Grundsubstanz.“ Dem kann ich mich nicht ganz anschließen. Was das Ein- wandern von Zellen anbelangt, so stimmen unsere Beobachtungen überein. Ich halte die kreuzweise Faserung für echte Binde- gewebsfasern, einmal nach ihrem färberischen Verhalten, und dann zeigen die tiefer liegenden Coriumschichten genau dieselbe fibrilläre Streifung. Warum soll beides, da die Bildungszellen dieselben sind, etwas Verschiedenes sein? Welche „rein physikalischen Ver- änderungen“ meint Nusspaum ? 13—15 mm lange Salmo irideus, sogar 20—27 mm große, zeigten noch keine Zelleinwanderung, Cyelopterus schon bei 17 mm. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 249 Für den Karpfen gibt er nur zwei Cutislagen, die obere mehr locker, die untere kompakter an. Auch sah er bei seinem Objekte (Forelle) nicht die so auffälligen starken, senkrechten Faserzüge. Sehr ähnelt die Lederhaut des Cyclopterus derjenigen vom Am- phibien, die nach SCHUBERG (1903, 1907, 1908) auch ein dreifach geschichtetes Corium besitzen, sowie ein Unterhautbindegewebe. Auch in der ganzen Genese habe ich mancherlei Uebereinstimmung finden können. Nur läßt SCHUBERG die innere Coriumlage c, aus der zuerst abgespaltenen Schicht der äußeren c, hervorgehen. Ich fand für Cyclopterus dies nicht, sondern kKonstatierte, daß sich das geschichtete Corium der Innenseite neu aus Bindegewebszellen bildet. Mit SCHUBERG (1908) und Disse (1909) halte ich die kol- lagenen Fasern für indirekte Zellprodukte, die aus einer zunächst von der Zelle gebildeten Grundsubstanz (Präkollagen [ScHugere], Prädentin [Dısse]) hervorgehen. 3. Zellverbindungen zwischen Epidermis- und Cutiszellen. (Hierzu Fig. 1, 2, 3, 4, 6, 8, 10.) Die gesamte Literatur, für und wider, bespricht SCHUBERG (1903, 1907, 1908) in seinen drei ausgezeichneten Arbeiten, so daß ich auf diesen Punkt gar nicht eingehen will. In neuester Zeit hat seine Befunde StupnıckA (1909) für Petromyzon Planeri bestätigt. Damit ist erwiesen, daß diese Zellverbindungen nicht auf Amphibien beschränkt sind, sondern auch in anderen Wirbel- tierklassen vorkommen. Für die zwischen Cyclostomen und Am- phibien stehende Klasse fehlte die entsprechende Bestätigung bis- her. Es war also aus diesem und einem zweiten Grunde nötig, sein Augenmerk auf etwaige Verbindungsbrücken zwischen Zellen verschieden gearteter Gewebe bei unserem Objekte zu richten. — Von verschiedener Seite (KLaATscH 1894, 1895; MAURER 1895; Szır.y 1907 a, b; KASAnzEFF 1906) wurde bekanntlich der Versuch gemacht, die Skleroblasten aus dem Ektoderm abzuleiten. Der Gedanke, solche Zellverbindungen seien eben die erste Stufe des Uebertrittes der basalen Epidermiszellen ins Mesoderm, liegt ja nahe, aber SCHUBERG hat ihn mit aller Schärfe zurückgewiesen. Ich habe die Skleroblastenfrage bei meinem Objekte nochmals ge- prüft (vergl. Kap. III, 2) und bin zu dem Resultate gekommen, daß trotz bestehender Zellverbindungen keinerlei Zellüberwanderungen von der Epidermis ins Mesoderm stattfinden. 250 Albrecht Hase, SCHUBERG betont für seine Objekte, daß bei den kleinsten Larven (7,5 mm) noch keine Verbindungen zwischen Corium- und Epidermiszellen bestünden. Genau das Gleiche fand ich bei Cyclopterus von 5 und 7 mm Länge. Diese Verbindungen werden erst später hergestellt. Die Veranlassung hierzu geht, soviel ich beobachten konnte, nun gerade von den Coriumzellen aus, und zwar von den senkrecht zur Oberfläche in die Membrana terminans eindringenden Zellen (Fig. 4). Sobald diese Einwanderung be- ginnt, strecken die basalen Epidermiszellen ihnen kleine Fortsätze gleichsam entgegen. Bei älteren Cyclopterus (30 mm, Fig. 8, 36 mm, Fig. 6 u. 10) sind die senkrechten Verbindungsbrücken schon völlig ausgebildet. Daß es sich tatsächlich um Durch- bohrungen der aus der Membrana terminans hervorgegangenen äußersten Coriumschicht handelt, zeigen Flächenpräparate (Fig. 8) sehr gut. Wir sehen zwischen den kreuzstreifigen Lamellen ganz feine ringähnliche Gebilde, die ich mit SCHUBERG für die Durch- trittsstellen halte. Nachdem wir gesehen haben, daß plasmatische Ausläufer der Coriumzellen auch senkrecht die Cutisschichten durchsetzen (Fig. 4, 6, 10), ist es gar nicht so wunderbar, daß auch in der äußersten Coriumschicht solche Zellausläufer sich finden und mit den Epidermiszellen in Verbindung treten, die ja ebenfalls untereinander durch Plasmabrücken verbunden sind. Ich glaube sicher, derartige Zellverbindungen sind viel häufiger als bisher bekannt, und nicht für unwichtig halte ich es, ihr Vor- kommen bei Knochenfischen festgestellt zu haben, was meines Wissens bisher noch nicht der Fall gewesen ist. — Aber nirgends konnte ich Verhältnisse entdecken, die für ein Ueberwandern aus der Epidermis ins Corium gesprochen hätten. Die Zellen beider Gewebearten bewahren streng ihre Spezifität. — Die Zellbrücken selbst sind sehr fein, und man muß starke Systeme anwenden, um sie deutlich zu sehen. Ich möchte, wie SCHUBERG, ebenfalls vor einem Beobachtungsfehler warnen, nämlich den, senkrechte Faserzüge für besagte Zellverbindungen zu halten. Dieser Irrtum ist um so leichter möglich, da diese auch von Plasma umgeben sind (Fig. 6), welches aber dem in der Lamelle fächerartig aus- strahlendem Faserbündel eine Strecke folgt. — Besagte Zell- verbindungen dienen wohl vornehmlich dem Stoffwechsel und zur Befestigung der Epidermis an der Cutis, die ja ihrerseits wieder durch das Unterhautbindegewebe mit der Muskulatur verbunden ist. — Es wäre interessant, bei anderen Objekten, besonders Sela- chiern, eine entsprechende Prüfung auf Zellverbindungen vorzu- Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 251 nehmen, denn nach diesen Objekten (Mustelus, Spinax, Heptanchus, Hexanchus) ist die Behauptung aufgestellt worden, daß Zellübertritte ins Corium bestünden. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, so müßte erst eine Verbindung, dann ein allmähliches Hineinwandern in die Cutis mit SCHUBERGS trefflicher Dahliamethode unzweifelhaft zu konstatieren sein. 4. Die Verteilung des Pigmentes in der Haut (pig,, >, ;). (Vel..Eig, 2, 355,6, 9—11 5 Bextfig..2, 3, 7.) Ich kann das Kapitel über das Integument nicht schließen, bevor ich nicht der Pigmentverteilung gedacht habe. Die Pigment- zellen an sich, ihre Bildung besonders, haben ja für uns weniger Interesse, und ich habe letztere auch nicht verfolgt. Wie aus den Arbeiten von CunNINGHAM (1896), EHRENBAUM (1904), Mc InTosH und Prince (1890), Mc Intosu und MASTERMAN (1897) zu er- sehen ist, geht sie schon sehr früh vor sich. Die Jungfische sind beim Ausschlüpfen schon stark pigmentiert, und es herrscht eine außerordentliche Variabilität betreffs der Farbe. Ich sah im Sommer 1910 in Helgoland junge Cyclopterus in ziemlicher Zahl, und kaum zwei stimmten in der Färbung überein. Alle Töne, grüne, braune, rötliche, schwärzliche usw. usw., waren vertreten. Ueber die Form der Pigmentzellen möchte ich nur so viel sagen, daß ich mit großer Konstanz deren zwei angetroffen (Textfig. 2, 3). Die erstere, lang und netzartig, oft anastomosierend verästelt, findet sich als konstante Lage in der obersten Epidermisschicht (Textfig. 7, Fig. 3, 9, 11 pig,). Die zweite Art von Chromatophoren ist mehr massiv, sternförmig und ebenfalls oft anastomosierend verästelt (Textfig. 3). Letzte Art ist in ihrer Lagerung für uns wichtig, da sie bei Jungfischen an zwei Outisstellen stets zu finden ist. Einmal in der Tiefe, zwischen innerer Coriumlage c, und dem Unterhautbindegewebe (uhb Textfig. 7) als Grenzschicht (Pig;) ; ferner aber ständig in der äußeren Coriumlage (pig, Textfig. 7) und hier wieder unter der äußersten Coriumschicht. Die der Epidermis anliegende Schicht selbst zeigt keine Pigmentein- lagerung (Textfig. 7, Fig. 3, 5 pig,). — Die Schuppenbildung geht nun unter der ersten Coriumschicht vor sich und drängt das geschichtete Corium nach innen vor, was man am Verhalten des Pigmentes eben genau verfolgen kann (Fig. 34—40). Die Pigment- zellen aber wandern mit zunehmender Schichtenbildung nach der distalen Cutisfläche hin, die schon gebildeten horizontalen Schichten 252 Albrecht Hase, senkrecht durchbohrend (Fig. 5, 6, 10 pig,). Daher kommt es, daß auf den großen Hautdornen später auch innen und außen Pigment liegt. Die Chromatophorenschicht pig, wird sonach in zwei gespalten, eine ursprünglich unter dem Schuppenkegel resp. innen anliegende und eine über demselben (Fig. 49, 50). Vereinzelte, gewissermaßen verirrte Pigmentzellen finden wir auch bei erwachsenen Tieren in den mittleren Epidermis- und Coriumschichten (Fig. 11, 49, 50). Kapitel II. Der Hautpanzer von Cyelopterus lumpus L. 1. Der Hautpanzer als Ganzes betrachtet. (Vgl. Fig. 18—33; Textfig. 8—23.) a) Literarischer Rückblick. Stellung im System. Es erscheint mir nicht unangebracht, zunächst eine Ueber- sicht über die Literatur zu geben, soweit Angaben über den Haut- panzer des Cyclopterus vorliegen !). Teilweise sind es immer die- selben Angaben, die wir finden, teilweise widersprechen sich die Autoren. Man findet alle möglichen Bezeichnungen für die Haut- stacheln, so z. B. Schuppen, Knochenhöcker, Warzen, Erhöhungen (tuberele) etc. etc. Einige Literaturproben sollen dies dartun. Von der älteren Literatur zitiere ich vor allem RATHkE (1822), da er seine Untersuchungen auch auf das Corium (vgl. p. 241) ausgedehnt hat. Betreffs des Panzers schreibt er 1. c. p. 498, wobei Wahres und Falsches bunt gemischt ist: „Die Epidermis dieses Fisches ist an der ganzen Lichtseite des von Schuppen entblößten Körpers, zumal am Kopf und am Rücken, so fest, daß man beim Durchschneiden derselben einen be- deutenden Widerstand findet. Eine weit geringere Festigkeit da- gegen zeigt sie an der unteren Körperfläche. Hier ist sie glatt anzufühlen, indes sie an der Lichtseite allenthalben von einer un- endlichen Menge kleiner, rundlicher und mit einer scharfen Spitze 1) Die älteste und ältere Literatur über Cyclopterus hat Gar- MAN (1892) zusammengestellt. Es ist mir nicht möglich gewesen, alle zitierten Werke einzusehen, die zum Teil sehr schwer zu er- halten sind, zum Teil nur rein faunistische Aufzählungen enthalten. Betreffs der neueren Literatur wurde möglichste Vollständigkeit angestrebt, doch habe ich sicher die eine oder die andere Arbeit übersehen resp. nicht bekommen können und bitte daher um Nach- sicht betreffs dieser Lücken. Studien über das integument von Cyclopterus lumpus L. 253 ausgehender Erhöhungen versehen ist, welche nichts weiter als vor- springende Erhärtungen von ihr sind. Außer diesen Vorsprüngen oder Höckern bemerkt man noch eine Menge andere, die zu einer weit bedeutenderen Größe gelangt sind, bald mehr eine runde, bald mehr eine elliptische Grundfläche haben und sich an den ver- schiedensten Stellen der Hautfläche, wie in BrLocns Naturgeschichte der preußischen Fische (Bd. III, p. 104) umständlicher angegeben ist, vorfinden. Auch sie sind weiter nichts, als die hier stark er- härtete Oberhaut, wovon man sich beim Durchschneiden derselben, oder wenn man die Haut etwas kocht, überzeugen kann, in welch letzterem Falle nämlich das Corium schwindet, und bloß die Epi- dermis mit dem Marriscnischen Netze überbleibt. Bei einer näheren Betrachtung der durchs Kochen behandelten Höcker wird man übrigens gewahr werden, daß selbige inwendig hohl sind, mit einem sehr dünnen und fein gezähnten Rande, der sich manchmal auch ganz loslöset, anfangen und sich gegen ihre Spitze allmählich verdicken, ferner, daß sich an der Binnenfläche dieser Höcker eine Menge von Leisten erhebt, welche von der Mitte derselben gegen den Rand verlaufen, in diesem Verlaufe sich immer mehr verzweigen und untereinander durch Querleisten un- regelmäßig verbinden. Je zwischen zwei dieser Leisten, in dem Winkel, den sie miteinander bilden, befindet sich eine Vertiefung, der eine stärkere und schärfer ausgedrückte Erhöhung auf der Außenfläche des Höckers entspricht, wodurch dann dieser sich hier ganz rauh darstellt.“ Trotz ganz grober Fehler von seiten RATHKES sind seine und O0. Hertwiss (1882) Beobachtungen noch die genauesten, welche wir über die Panzerung des Cyclopterus besitzen. — Ferner nenne ich nur namentlich HEUSINGER (1823), KnEr (1861), BAUDELOT (1875), BORCKERT (1889), CUNNINGHAM (1888), Mc Intos# und PRINcE (1890), Gries (1894/95), AL. Acassız (1882), GUITEL (1896), GıLL (1908), BOULENGER (1904). — Von einer Reihe Autoren zitiere ich den Text, der für uns in Betracht kommt, wieder wörtlich. GUENTHER (1861), p. 154ff.: „Skin vicous, tubercular.“ „Body tubercular, with four series of larger rough tubercles, one along the base of the anterior dorsal fin, the second from above the eye, the fourth along the side of the belly.“ BEnnecKE (1881), p. 116: „Lump, Cyel. lumpus. An den Kanten des im Querschnitt siebeneckigen Körpers stehen Reihen kegelförmiger Warzen, die von hohlen Knochenkapseln bedeckt sind. Kleinere Warzen mit Knochenüberzug sind in größerer Zahl über den Körper zerstreut.“ Levnıs-LupwıG (1883/86), p. 691: „Körper fünfkantig, jeder- seits mit 3—4 Längsreihen kegelförmiger Knochenhöcker, da- zwischen mit vielen kleinen Knochenhöckern.“ 254 Albrecht Hase, O. Herrwıc (1882), p. 100ff.: „Der Körper ist bei Cyclopterus auf jeder Seite mit 4 Längsreihen stacheliger Höcker besetzt. Die erste Reihe verläuft jederseits dicht neben der Rückenlinie, sie ist sehr kurz, da sie nur vom Ende der ersten bis zum Anfang der zweiten Rückenflosse reicht, die zweite und zugleich längste Reihe beginnt oberhalb des Auges und dehnt sich bis zum Anfang der Schwanzflosse aus, in kurzer Entfernung unter ihr folgt die dritte etwas kürzere Reihe und endlich die vierte, welche die Bauchwand von der Seitenwand des Körpers abgrenzt. Daran schließt sich noch eine unpaare Reihe von Höckern, welche den vorderen Rand der ersten Rückenflosse garniert. Die dazwischen gelegenen Haut- strecken sind nur mit kleinen kaum wahrnehmbaren Höckerchen bedeckt, so daß sie ziemlich glatt erscheinen.“ GuENTHER (1886), p. 343{f.: „Cyelopterus. Körper dick, kurz, mit einer klebrigen, höckrigen Haut bedeckt.“ p. 344 idem. „Die Haut ist mit rauhen Höckern bedeckt, von denen die größeren in 4 Reihen längs jeder Seite des Körpers angeordnet sind. Bei jungen Exemplaren fehlen diese Höcker “ Garman (1892), p. 23: „Skin thickly sown with small irregular subconical tubereles, the sides of which are roughened with small conical protuberances. On older individuals larger longitudinally compressed tubercles form a vertebral series from the nape over the first dorsal; a series of three other stands at each side of the space between the dorsals; a row of larger ones extends from the supraorbital region along the flank to the upper part of the tail; a series, starting a little above the pectoral, passes to the lower portion of the tail; and a third lateral series reaches along each edge of the lower surface from the side of the disk to the anal.“ CunxınGHam (1896), p. 349: „The massive shape, marked with longitudinal ridges and rough tubereles are characteristic of this fish. The first dorsal fin is entirely buried in a fleshy ridge in the back, the edge of which is armed with a row of tubercles.“ „There are three rows of large tubereles on each side, besides numerous minute ones all over the skin.“ Ar. Acassız (1882), Mc. Intosu und MASTERMAN (1897) sowie EHRENBAUM (1904) werden an anderer Stelle zitiert (Kap. II, 2b), ich führe sie deshalb absichtlich nur namentlich an. JORDAN und EVERMANN (1898, Part II, p. 2096) wiederholen genau wörtlich die Angaben von GARMAN (1882), so daß ein noch- maliges Zitat überflüssig ist. Prenn (1997), p. 124: „sieben Schuppenhöckerreihen“, „die so stark hervorspringen, daß der Querschnitt des Rumpfes poly- gonale Gestalt bekommt“. Aus diesen Proben geht hervor, wie sich immer dieselben An- gaben wiederholen. Der nächstfolgende Autor zitiert immer dem Sinne nach, mal mit kleinen Zusätzen und Aenderungen, die Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 255 Beobachtungen des vorhergehenden, ohne selbst eine gründliche Untersuchung vorgenommen zu haben. Am meisten wunderte mich dies bei GArmAN (1892), welcher eine sonst sehr eingehende Studie über die Discoboli verfaßt hat und eigentlich dazu gedrängt wurde, die Hautossifikationen vom Lump näher zu untersuchen und zu beschreiben, zumal er die Trennung der Genera und Species mit danach durchführt. GARMAN stützt sich größtenteils auf Acassız (1882). Die Stellung des Cyclopterus im System. An dieser Stelle möchte ich der systematischen Stellung des Cyclopterus lumpus L. mit kurzen Worten gedenken und einige allgemeine Bemerkungen einflechten. Betreffs des Systems bin ich GARMAN (1892), JORDAN und EvERMANN (1898), vor allem BoULENGER (1904) aufs engste ge- folgt: Cyclopterus lumpus L. — Gattung Cyclopterus (ARTEDI) — Gruppe Cyclopterina (GUENTHER) — Familie Cyclopteridae — Div. Scleroparei — Unterordnung Acanthopterygii — Ordnung Teleostei. Innerhalb der ganzen Abteilung der Scleroparei, ja schon innerhalb der Gruppe der Cyclopterina, treffen wir eine große Mannigfaltigkeit in der Beschuppung an, so daß sie sich gut mit zur Trennung der Gattungen und Species eignet!). Nach GARMAN (1892) und JORDAN und EVERMANN (1898) löst sich die Gruppe Cyelopterina in 4 Gattungen auf, die betreffs der Panze- rung recht voneinander abweichen: 1. c. p. 20 und 1. c. p. 2095. Cyclopterinae: I. Spinous dorsal present, sometimes concealed in adult. a) Barbels none; disk anterior, below the head. «) Skin armed with large tubercles. 1) In der Einleitung wurde gesagt, es sei noch unsicher, ob wir nach den Schuppen allein die Species trennen dürften. Hier ist ja die Panzerung nicht allein ausschlaggebend. Ich wollte mit erster Bemerkung dem Ausdruck geben, daß es nach meiner Meinung verfrüht erscheint, wenn bei Aufstellung neuer Species z. B. fol- gendermaßen verfahren würde: Form A und B in allen Merkmalen übereinstimmend, außer in der Dichte der Beschuppung beispiels- weise. Deshalb sind A und B als zwei getrennte Arten zu be- trachten. Es kann sich ja ebenso gut um Varianten handeln; aber bequemer ist es freilich, rasch zwei Species „zu machen“, als erst einmal nachzuforschen, ob den beobachteten Abweichungen wirklich der Wert eines Artmerkmals zukommt. 256 Albrecht Hase, 1) Larger tubercles on body in rows well separated; spinous dorsal fin obsolete with age Cyelopterus (ARrT.). C. lumpus L. 2) Larger tubercles not in rows, crowded closely together; spinous dorsal fin usually not disappearing with age Eumicrotremus (GILL.). ac) Body rather elongate, the depth 21/, in length; tubercles large. . . . . E. spinosus (MÜLL.) 88) Body short and deep, the depth !/, in length; tubercles smaller . . . . E. orbis (GUENTH.). ß) Skin naked or with scattered, slender spines, no lateral Ines 9% 2... Lethotremus (GILBERT). (023) Dal Mr VIL, 11; anal 10. — Skin perfectly smooth . . 9 PIE Knuticus (GiEBERTN ßP) Dorsal rays, v, 7, anal 6. — Skin prickly . L vinolentus (JORD. u. STARKS). b) Barbels present about the mouth; disk below the abdomen; tubercles on sides minute . . . Üyclopteroides (GARMAN). C©. gyrinops GARMAN. Liparopsinae: ll. Spinous dorsal wholly wanting. a) Skin wholly smooth; without bony tubercles . Cı Velo Tan b) Skin with bony tuberdes . . . . 2... .. Liparops. Ich gebe die systematische Charakterisierung deshalb wieder, um zu zeigen, wie sich innerhalb einer Gruppe, hier Cyclopterinae in erster Linie, der Hautpanzer nach zwei Extremen hin ausbilden kann. — Ganz ähnlich übrigens bei derjenigen der Liparopsinae. — Innerhalb erstgenannter Gruppe ordnen sich die Species nach der abnehmenden Dichte des Panzers, wie folgt: 1) Cyclopterus lumpus 2) Eumicrotremus spinosus 3) Eumicrotremus orbis 4) Cyclopteroides gyrinops 5) Lethotremus vinolentus 6) Lethotremus muticus. No. 1 ist besonders im Alter dicht gepanzert. Es besteht die Tendenz, die Panzerung ständig zu verstärken. No. 6 ist völlig glatt, ein Panzer kommt nicht mehr zur Ausbildung. — Aber welches ist nun die Ausgangsform ? — Wir kennen von No. 2—5 die Onto- Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 257 genie des Integumentes nicht, und es ist daher überflüssig meines Dafürhaltens, Spekulationen anzustellen. Würden wir eine, sagen wir die Familie der Cyclo- pteridae, auf angegebene Weise untersuchen, so er- hielten wir sicher Einblicke es () in die phylogenetische Ent- / wickelung. £; « b b' In der Einleitung habe ich ja schon betont, daß ich Schuppenuntersuchungen aus diesem Grunde für ein Textfig. S. Transversal- schnitte durch drei verschieden alte Cyclopterus. a, b, ce in der Höhe der Rückenflosse (Text- fie.9 7). a‘, b‘, c‘ zwischen erster und zweiter Rückenflosse (Text- bes9r1). "aa —=23 mm, bb‘ — 40 mm (nat. Größe), ce’ — 35 cm. /, nat. Größe. Rıa, ---- - > HS On en ae Textfig. 9. Schematisches Bild eines erwachsenen Cyclopterus. Verlauf der 5 Dornenreihen (RI—R5). Lage der Querschnitte von Textfig. 8. Die Strecke X—Y gibt die bei allen Größenangaben gemessene Länge in Milli- meter oder Zentimeter an. Es wurde niemals die Größe ohne die Schwanz- flosse gemessen. Bd. XLVII. N, F. XL. 1 258 Albrecht Hase, wichtiges Hilfsmittel der Systematik rezenter und noch mehr fossiler Fische halte. Innerhalb der Unterordnung Acanthopterygii treffen wir über- haupt die am heterogensten ausgebildeten Hautverknöcherungen ; so bei den Scorpäniden, Cottiden, Agoniden, Trigliden, Dactylo- pteriden, um nur die bekanntesten zu nennen. Wie bei unserem Lump, greift bei vielen die Beschuppung auf die Kopfregion über (z. B. Labriden).. Andere wieder (ich nenne nur beispielsweise Eupomacentrus flavilatus (GırrL.), Abudefduf saxatilis L., Microspathodon chrysurus (Cuv. u. VAL.) aus der Familie Pomacentridae; — Clepticus parrae (BLOCH u. ScHN.) aus der Familie Labridae) zeigen analog der Panzerung des Cyclo- pterus Hautverknöcherungen auf der Flossenoberseite. b) Allgemeiner Habitus. Cyclopterus lumpus gehört zu derjenigen Gruppe von Fischen, die durch ihre Hautossifikation ein ganz charakteristisches Aeußere erhalten. Die Bepanzerung der Haut erstreckt sich nicht nur auf den Rumpf wie bei den meisten normal beschuppten Teleosteern, sondern sie greift auch auf die Kopfregion und die Flossen über; eine Eigentümlichkeit, welche Cyclopterus lumpus mit vielen Elasmo- branchiaten, Ganoiden und Dipneusten teilt. So z. B. den meisten rezenten Selachiern und Batoideiden: u. a. mit Holoptychius (Devon); Acipenseriden (rez.); Dapedius (Jura); Lepidosteus (rez.) ; Aspidorhynchus (oberer Jura); Dipterus (Devon); Neoceratodus und Protopterus (rez.). Die äußere Körperform wird durch die eigentümliche Be- schuppung eckig (Fig. 18, 19; Textfig. 8), das Aussehen des ganzen Tieres, welches ja an und für sich nicht durch graziösen Körper- bau ausgezeichnet ist, wird geradezu „monströs“, eine Bezeichnung die ich selbst aus dem Munde von Laien wiederholt gehört, als sie den „Lump“ zum ersten Male sahen. Das Hautskelett beeinflußt den Habitus des ganzen Tieres Klar tritt dies zutage, wenn man in verschiedenen Altersstadien, in denen die Hauptstacheln verschieden weit entwickelt sind, Quer- schnitte durch das Tier legt. Textfig. 8 gibt 6 solcher Querschnitte wieder, und zwar wurden die Schnitte a, b und ce durch die Mitte der ersten Rückenflosse geführt. Die Schnitte a‘ b‘ und c‘ liegen zwischen der ersten und zweiten Rückenflosse; in Textfig. 9 be- zeichnen die Senkrechten Z und II die Lage der Schnittebenen. Textfig. 8a und a’ zeigt uns den Transversalschnitt durch einen Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 259 jungen Cyclopterus von 23 mm Länge. Schuppen sind noch nicht entwickelt, und wir haben das typische Oval eines Fischquerschnittes. Ganz andere Verhältnisse dagegen zeigt uns ein Schnitt durch ein Individuum von 40 mm mit völlig ausgebildetem Hautpanzer (Textfig. 8b und b‘). Die Körperform ist völlig eckig geworden. Die Figur des ersten Querschnittes ist ein Siebeneck, die des zweiten sogar ein Achteck. Im Leunıs’ „Synopsis“ etc. wird ge- sagt, der Körper sei fünfkantig. Ich kann dem nicht beipflichten. BENNECKE (1881) und Premn (1907) geben ebenfalls 7 Körper- ecken an, genau so wie RATHKE (1822). Ich sagte, das ursprüng- liche Oval ist völlig deformiert. Gerade in diesem Stadium treten die Stacheln außerordentlich stark hervor und bestimmen durch ihre reihenweise Anordnung den Habitus. Im Alter wird dieses Extrem wieder etwas ausgeglichen (Textfig. 8c und c‘). Das Eckige bleibt zwar bestehen, tritt aber nicht mehr so scharf hervor, da die Größe des Individuums zu derjenigen der Hautossifikationen in ein anderes Verhältnis gerückt ist. Auf diese Eigentümlichkeit werde ich unten noch näher zu sprechen kommen. Wir haben also in Cyclopterus einen Teleosteer vor uns, der durch sein Hautskelett in verschiedenen Altersstadien ein ganz anderes Aussehen erhält. Es fehlen uns leider Beobachtungen dieser Art an anderen Teleosteern, welche im Alter ebenfalls einen vielekigen Körperquerschnitt zeigen — ich erinnere an Loricaria, Hippocampus, Sygnathus, Ostracion und noch viele andere — völlig. Auf Längsschnittbildern tritt die Deformierung der Körper- formen lange nicht so zutage. Nur die auf der ersten Rückenflosse sich erhebenden großen unpaaren Hautverknöcherungen verändern das Bild des Medianschnittes etwas. ec) Größenunterschiede der einzelnen Haut- verknöcherungen. Cyelopterus ist ein Vertreter derjenigen Teleosteer, deren Schuppen untereinander (selbst bei völlig erwachsenen Tieren) recht erhebliche Differenzen in der Größe aufweisen. Er teilt diese Eigentümlichkeit mit noch einer ganzen Reihe von Formen, von Süßwasserbewohnern nenne ich nur den Stichling. Ganz analoge Verhältnisse zeigt bei den Ganoiden die Gruppe der Störe. Nun sind Schuppenmessungen immer mit Fehlern behaftet, mögen sie nun an konservierten, frischen oder gestopften Exemplaren vor- genommen werden. DBei letzteren sind sie aus leicht einzu- 174° 260 Albrecht Hase, sehenden Gründen am erheblichsten. Ich habe an Individuen recht verschiedener Größe und da wieder an verschiedenen Exemplaren Messungen vorgenommen und glaube damit (bis #1 mm Fehler bei erwachsenen Tieren bis +# 0,3 mm Fehler bei jungen Exem- plaren) der Wahrheit nahegekommen zu sein. Auf welche Weise ich die Maße ermittelt, veranschaulicht Textfig. 10 und 11. Als Höhe H habe ich immer die Seitenlinie des Kegels gemessen, wo- durch der Wert etwas zu hoch wird. Der Grund hierfür ist aber ganz klar, da ich nicht alle Stacheln aus der Haut herausprä- parieren konnte. Die Höhe wird allerdings etwas größer, aber nur um ein Unbedeutendes. Diese ganzen Zahlen sollen ja nur als Verhältniszahlen dienen. AN ring 1 Textfig. 10. Textfig. 11. Textfig. 10 und 11. Idealschnitte durch große Hautdornen erwachsener Cyclopterus, um die gemessenen Strecken zu demonstrieren. Textfig. 10 trans- versal, Textfig. 11 frontal geschnitten aus R4. — H= Höhe, Br = Breite, L = Länge. Textfig. 12. Textfig. 13. Textfig. 12a und b. a ein ganz einfaches kegelförmiges Hautzähnchen. Aus Verschmelzung dieser (Textfig. 12 b) gehen die definitiven Hautverknöche- rungen (Textfig 10 und 11) hervor. Textfig. 13. Textfig. 13 zeigt zwei benachbarte Knochenhöcker aus Ri, die ihrerseits sekundär verschmelzen. Vergrößert. Textfig. 14. Verhältnis der Länge der größten Knochenhöcker zur Körperlänge in dreifacher Ueberhöhung. A = Cyclopterus 50 em, © — Cyelo- pterus 18 cm, F= Cyclopterus 36 mm. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 261 Zunächst fand ich, daß sich ziemlich ungezwungen 4 Größen- stufen der Dornen aufstellen lassen, streng durchzuführen natür- lich nur bei größeren Exemplaren. Ich gebe eine tabellarische Uebersicht der ermittelten Maße in Millimetern. « — Länge, 8 = Breite, y = Höhe. (Textfig. 10 und 11 Z'= Höhe, L = Länge, Br = Breite.) A. Cyelopterus 50 cm B. Cyclopterus 46 cm u EB, Aal I. Größe 16,0: 8,0:7,0 1 1Gr0ße15.0..,8.057.0 in Bun &:06.0:75,0 IN, 1,0:7'5,5 4,5 DEN. u .,; 3.0,52.0:11,0 N, 2,5 3.05:42,0.:50% 1 NA Bern 1,0: 0,4 : 0,3 Evsar, 0,7:0,3:0,3 C. Cyclopterus 18 cm D. Cyclopterus 15 cm ET era ER I. Größe 10,0 : 5,0 : 5,0 I. Größe 8,0:4,0:4,0 I. 05 4,0:3,0: 2,0 LI@...4 2.0.22.0:1,0 EDIE Ss 1,0 : 0,7 : 0,4 IKET. 2 - 1.0:21.0,:05 1 053 :02504 Evi. 7; — 1-1 — E. Oyelopterus 40 mm F. Cyelopterus 36 mm ee On Di: Sry I. Größe 3,0: 2,0 : 2,0 1.Größe733,0 211,0:22%0 Ar; 1.0910 740 Miss 0,5: 0,3 : 0,2 TER, 0,3 : 0,3 : 0,2 IIl..r ; — 1-1 Be — 1 1 Ve; — 11 Ich brauche wohl nicht erst hinzuzufügen, daß natürlich auch die Dornen I. Größe auch erst als solche II, III. oder IV. Größe erscheinen, wenn man die Zahlen absolut nimmt. Die Größen- stufen sind ja für unsere Zwecke relativ zur jeweiligen Größe des betreffenden Tieres zu nehmen. Obige Zahlenwerte bedürfen noch einer Interpretation. Zunächst bemerken wir, daß die Dornen I. Größe in bezug auf Länge zur Breite am extremsten stehen, d. h. sie sind im Verhältnis zu ihrer Länge relativ schmal. Länge zu Breite gibt den Wert 2:1. Die Stacheln Il.—IV. Größe weichen davon ab, Länge zu Breite verhält sich wie 1: 1, welches Verhältnis am besten bei den kleinsten Dornen der erwachsenen Tiere eingehalten wird. Mit zunehmendem Alter wird die runde Umrißform verlassen und eine mehr ovale angestrebt. Was wir hier auf rein zahlen- mäßigem Wege gefunden, ergibt sich auch durch eine ana- tomisch-morphologische Untersuchung, nämlich daß die stärkste Anlagerung neuer Verknöcherungen in der Längsachse des Tieres erfolgt. 262 Albrecht Hase, Nun noch einige Worte über die Abstufung der 4 Gruppen bei den verschieden großen Exemplaren. Bei Individuen vom Größentyp A und B tönen sich die Gruppen derartig ab, daß die nächsthöhere Gruppe annähernd den zweifachen Wert umspannt in bezug auf die Länge, z. B.: 10.8.9... 19:7 2.9.2008 Bei großen Dornen, gehörig den Cyclopterus-Exemplaren vom Typus C—F, wird annähernd der dreifache Wert erzielt, z. B.: 10:1442:21,1:0,3 8:2 : 1-8 3:1- 203: — 3:05:— :— Schwankungen und Uebergänge finden sich natürlich allent- halben. Es sind dies ja keine absoluten starren, sondern fluk- tuierende Maße. Ich kann diesen Abschnitt nicht beschließen, ohne noch auf einiges hingewiesen zu haben, was mit der Größe der Hautossi- fikationen im engsten Zusammenhang steht, vor allem um Miß- verständnissen vorzubeugen. — Angelegt wird jeder Dorn als ein- facher Zahn (Fig. 25, Textfig. 12a) von etwa 0,1 mm Größe. Von diesen einfachsten Gebilden verschmelzen oft an 100 und bilden in ihrer Gesamtheit den typischen Knochenhöcker des Cyclopterus (Fig. 51, 52, 53; Textfig. 10 u. 11). Obige Maße gelten natürlich für diese eigentlich, ich will sagen, „primär“ zusammengesetzten Gebilde. Nun verschmelzen aber (vergl. Kap. III, 5) besonders in den Reihen 1—5 (s. p. 307) oft die typischen Knochenhöcker zu noch größeren, und zwar ist häufig zu beobachten, daß sowohl Dornen I. Größe mit denen II. Größe oder Dornen I. Größe mit I. Größe und solche II. Größe mit Stacheln II. Größe verschmelzen, vorzugsweise aber bloß bei recht großen Individuen. Derartige, ich möchte sagen, „sekundär“ entstandenen größten Höcker, ich will sie als Doppelhöcker bezeichnen (Textfig. 13), sind nicht zu obigen Messungen herangezogen worden, sie erreichen beide zusammen gemessen eine Länge bis 30 mm. Wollte man diese sekundär verschmolzenen Gebilde als eine Einheit betrachten, so müßte man bei manchen Exemplaren die ganze Reihe 1 oder Reihe 2 als einem einzigen Hautstachel ansehen. Ontogenese und Morphologie sprechen direkt dagegen (Kap. II, 2; II). Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 265 d) Ueber das Verhältnis der Körperlänge zur Länge der Hautdornen I. Größe in den verschiedenen Lebensstadien. Betont wurde bereits oben, daß die Mächtigkeit der Ent- wickelung des Hautpanzers bei Cyclopterus in den verschiedenen Altersstadien verschieden ist. Mit anderen Worten: die Be- schuppung beeinflußt den Habitus des Tieres ungleichmäßig (Text- fig. 14). Am besten können wir uns dies darstellen, wenn wir ent- sprechende Proportionen aufstellen unter Zugrundelegung der im vorhergehenden’ Abschnitt angegebenen Zahlen. x = Körper- länge : y = Schuppenlänge in Millimetern (sonst L= «, p. 261). A. Cyelopterus 50 cm B. Cyclopterus 46 cm Ri = m:n Rey = m:n 2. Größe,500,>161)=+,31:°71 1.- Größe. 460,315, = 730.41 IE, ,.,500,.87 —+'62 58 IT A600) 327,0 Gt BI 2.71, 500.753: 1, == 1166,51 IE 25 GABO.HB 4, 1 a 725005 17, — 500,1 EV. 460703657: 1 C. Cyelopterus 18 cm D. Cyelopterus 15 cm Ey mn Roy, In Pe 5r0ße .180.:10° = 18,71 PGroße 150.78 71821 ERWIES OR N ZN Zr AR: 1 TREFFER IHOFF ENTE BREI TSOR. 19 ZES ET DIA EEE El Da BE HSOEROBS FUN. E. Cyelopterus 40 mm F. Cyelopterus 36 mm za HmN =: u = men IL. Größe 40,3: ,= 13:1 T., Größe) 36% Bu, = IE RR ER! EI. AB 367 05 Ze 2 1 40703 1301 Die in Kolumne III und IV (m : n) stehenden Verhältniszahlen lassen eine gewisse Gesetzmäßigkeit nicht verkennen, und zwar insofern, als mit dem Sinken der Körpergröße die Größe der Schuppe konstant bleibt = 1. Mit anderen Worten: die Kleinsten Cyclopterus haben verhältnismäßig die größten Schuppen, ver- gleicht man aber die gleichen Größenstufen verschiedener Indivi- duen zueinander, so ergibt sich gewisse Konstanz, z. B.: A9BEN Er BR 330 AYDES mike :B.TEl mil; == ,562.::65 BIN mV. sETV mIV 65%: 600. Zur Veranschaulichung obiger Verhältnisse dient noch die graphische Darstellung in Textfig. 14, die Länge der größten ge- 264 Albrecht Hase, messenen Dornen ist n=1 und im Verhältnis dazu die m-mal größere Körperlänge gesetzt. Für Individuum A — N a 6 — n:m 108 r—_ 1:12 n:m n:m Um einen Maßstab zu anderen Teleosteern zu haben, gebe ich die entsprechenden Zahlen für Perca fluviatilis L. Leider standen mir nicht genau die entsprechenden Größen zur Ver- fügung, aber immerhin wird die Sonderstellung unseres Cyclo- pterus noch deutlicher. Gemessen wurden ebenfalls die größten Schuppen beim Barsch (an 4 Individuen Pa—Pd). Pa = 26,5 cm, Pb = 16,0 cm, Pe= 14,0 cm, Pd = 40 mm. E hey >= Sen Par 269eENa 438 Pb 160:4 = 40:1 1 a — NER: Pa 140:77=2409:71 Recht lehrreich ist nun eine Zusammenstellung dieser Ver- hältniszahlen von Cyclopterus und Perca nach folgendem Modus. Berücksichtigen wir zunächst die Länge der Dornen I. Größe resp. die größten Schuppen beim Barsch und stellen wir unter Angabe der jeweiligen Größe der Exemplare die Proportionen zwischen Schuppen und Körperlänge zusammen, wobei die Länge der Schuppe immer —= 1 gesetzt wird, so erhalten wir: Größe der Verhältnis der Länge der größten Individuen Schuppe zur Körperlänge n: m A 500 1: 81 | B 460 1:30 C 180 218 Cyelopterus | p 150 Baus E 40 1:13 F 36 1:2 Pä 265 1:38 | Pb 160 1:40 Tora Be 1140 1: 46 Pd 40 1:40 Diese Tabelle sagt uns, daß bei Perca das Schuppenwachstum viel mehr mit dem Körperwachstum Schritt hält als beim Lump. Die Verhältniszahlen schwanken lange nicht so stark (um 6) wie bei letzterem (um 19), oder, was dasselbe besagt, es kommt hier- durch wieder zur Geltung, was wir schon früher gefunden, daß Cyclopterus in der Jugend durch die Ausbildung der Hautver- Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 265 knöcherungen viel mehr deformiert wird als im Alter und als ent- sprechende Jugendstadien anderer Teleosteer. Die Schuppen werden gleich sehr groß angelegt und bleiben dann beim allgemeinen Wachstum zurück. Alle diese eben erörterten Verhältnisse gelten zunächst für Individuen, die schon zeitig ihren Panzer erhalten (bei 25 nım etwa). Es ist eine interessante Tatsache, daß es auch Cyclopterus gibt, bei denen zunächst die Anlage der Panzerung verzögert wird aus völlig unbekannten Gründen. Wir können unterscheiden nor- male Jungfische (mit Panzer) und anormale Jungfische (mit ver- zögerter Entwickelung der Hautdornen). Im Kap. H, 2!) über die Entwickelung des Hauptpanzers zitierte ich eine Angabe EHRENBAUMS betreffs der Variabilität dieser Verhältnisse. Dieser Autor berichtet, es habe ein Exemplar von 32 mm Länge (im offenen Meer gefangen) einen bei weitem schon weiter ausgebildeten Panzer besessen als Fische von 40 mm, vor Helgoland gefangen. — Diese Notiz bestätigt die von mir ge- machten Beobachtungen. Der Hautpanzer von Üyclopterus ist, wie es scheint, in frühester Jugend einer beträchtlichen Variabilität unterworfen und gerade, weil er variabel ist, lockt er zur näheren Untersuchung. So hatte auch ich zwei Individuen von 33 mm Länge mit noch sehr schwach entwickeltem Panzer, dagegen ein solches von 36 mm und 40 mm mit schon sehr gut ausgebildetem Panzer. An der Hand viel ausgedehnterer Messungen (die meinigen sollen ja nur andeuten, nach welcher Richtung hin sie meines Erachtens angestellt werden müssen) werden wir vielleicht sehr interessante Einblicke in die Biologie dieses auch sonst sehr merk- würdigen Fisches erhalten. Ich wollte nur, ebenso wie EHRENBAUM (1904), betonen, daß Individuen von derselben Größe betreffs der Stachelentwickelung bis- weilen beträchtlich voneinander abweichen, aber nur graduell, wohl zu verstehen nicht prinzipiell. — Die von mir gewählten Beispiele sollen eine Erläuterung dazu geben, daß als Norm in der Jugend das Panzerkleid die Körperform des Cyclopterus viel mehr be- einflußt als bei anderen Teleosteern. Die Sache ist die: ein Individuum von 30 mm Länge kann schon einen viel stärker entwickelten Hautpanzer besitzen als ein 1) Vgl. Fußnote Kap. II, 2 p. 284, die betreffenden Textstellen decken sich zum Teil und sind inhaltlich nicht zu trennen. 266 Albrecht Hase, anderes von ebensolcher Größe oder größeres. Diese erreichen das Stadium eben erst bei 35—40 mm Länge Was die Ver- zögerung bewirkt, können wir heute nur vermutungsweise aus- sprechen, bis genauere Untersuchungen vorliegen. Mir lag es daran, auf die Variabilität in der Beschuppung überhaupt einmal hinzuweisen. Die starke Ausprägung der Dornen in der Jugend ist wohl in erster Linie Schutz- und Schreckmittel. Messungen und Untersuchungen nach Art der vorstehenden sind bei normal geschuppten Teleosteern eigentlich nur von Horr- BAUER (1899, 1900, 1905) ausgeführt. Leider hat HOFFBAUER die Längenmaße seiner Fische etwas anders ermittelt; er mißt von der Schnauzenspitze bis zur Wurzel der Schwanzflosse (1905, 1. c. p. 113), nach meiner Messung (Textfig. 9) sind seine Werte also zu niedrig, eine Differenz, die besonders bei Jugendstadien zu stark sein dürfte, um seine und meine Resultate zu vergleichen. — Ich habe deshalb am Flußbarsch entsprechende Messungen vorgenommen, um den für Cyclopterus ermittelten Zahlen Ver- gleichswerte normal beschuppter Teleosteer gegenüberstellen zu können (vgl. Tabelle p. 264). Man vergleiche die Zahlen dieser Tabelle aufmerksam! e) Anordnung der Hautstacheln. a) In Reihen. Zeigte ich im vorhergehenden Abschnitt, wie durch die Panze- rung der Habitus ein charakteristischer wird, so muß ich nun auf die Anordnung der einzelnen Knochenhöcker noch näher eingehen. Zunächst fällt es uns an erwachsenen Exemplaren auf, daß wir Dornen von ganz verschiedener Größe vor uns haben, von win- zigen nur mikroskopischen Stacheln an bis zu recht ansehnlichen Gebilden von etwa 2 cm Länge und 1,5 cm Höhe. Die größten Hautverknöcherungen sind, wie sofort zu er- kennen, in konstant auftretenden Reihen angeordnet. Diese Eigen- tümlichkeit erwähnen die Autoren, welche sich mit Cyclopterus beschäftigt haben, gleichfalls (vgl. Literatur, Abschnitt a). ©. HERT- wıG (1882), der am ausführlichsten die Panzerung des Lump be- achtet, zählt im ganzen 4 Reihen größter Dornen. Ich folge seinem Beispiel nicht, sondern schlage vor, deren 5 zu zählen (vgl. Taf. 10, Textfig. 9). Verfolgen wir den Verlauf der Reihen. Reihe 1 (Rl) unpaarig; verläuft längs der Rückenlinie, aber nur auf der ersten Rückenflosse. Diese erste Reihe zählt Studien über das Integument von Öyclopterus lumpus L. 267 OÖ. Herrtwıc (18832) nicht mit, sondern führt sie als besondere unpaare Reihe an, wodurch seine Vierzahl herauskommt. Reihe 2 (R2) paarig; verläuft von dem Ende der ersten bis zum Ende der zweiten Rückenflosse. Meistens zeigt sie die größten Hautverknöcherungen, aber nur in ihrem vorderen Teil, der von dem Ende der ersten bis zum Beginn der zweiten Rücken- flosse reicht. Nur bei alten Exemplaren findet sie ihre Fort- setzung rechts und links der zweiten Rückenflosse. Daß R2 sich bei alten Exemplaren nach rückwärts zu fortsetzt, davon sagt O. HERTwI@G nichts. Dies ist wohl darin begründet, daß ihm ein erst 4 cm großes Individuum zur Untersuchung diente. Derselbe Autor zählt meine R2 als erste Reihe. Reihe 3 (R35) paarig; in ihrer Ausdehnung ist sie die längste, da sie sich vom oberen Augenrand bis zum Beginn der Schwanzflosse ausdehnt. Ihre Stacheln erreichen allerdings nicht die Größe wie diejenigen der Ri z. B., sind aber immer noch recht ansehnliche Gebilde. Merkwürdig ist bei dieser Reihe, daß sie in ihrer Mitte eine auffällige, starke Knickung nach unten zu aufweist. An jungen Individuen, bei welchen die Bildung des Panzers sehr lebhaft ist, sieht man vielfach, daß parallel den An- lagen der R3 im vorderen Teil noch kleinere, d. h. jüngere in Reihen gestellte Anlagen auftreten, welche aber nicht zu eben der- selben Größenentfaltung wie die anderen Anlagen dieser Reihe kommen. In Textfig. 9 habe ich den Verlauf angedeutet. Welche Deutung wir dieser, ich will sagen problematischen, Reihe geben sollen, ist mir unsicher. Ist früher hier eine Reihe entlang gezogen? Oder bildet sich eben jetzt erst eine Parallel- reihe aus? Reihe 4 (R4) paarig; in ihr treffen wir im vorderen Teil die größten Hautverknöcherungen an. Diejenigen des hinteren Teiles kommen denen der R3 an Größe gleich. Der Verlauf ist geradlinig vom Ende des Kiemendeckels bis zum Beginn der Schwanzflosse. Reihe 5 (R5) paarig; diese Reihe setzt sich aus drei deutlich getrennten Teilen zusammen. Der mittlere Abschnitt schließt die Bauchwand von der Seitenwand ab und erstreckt sich zwischen Haftscheibe und Afterflosse derart, daß er nicht ganz bis an beide Körperanhänge heranreicht. Dieser Teil zeigt auch die größten Hautdornen. Kaudalwärts setzt sich R5 rechts und links der Afterflosse fort (analog R2 zur zweiten Rückenflosse). Der vordere Abschnitt dieser Reihe liegt in der Kopfregion zwischen 268 Albrecht Hase, der Mundöffnung und der Kopffurche ebenfalls an der unteren Kante des Körpers. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob ich diese paarige Reihe zur R5 rechnen, soll oder ob wir nicht eine selbständige Reihe vor uns haben. Das erstere scheint mir aber das Wahr- scheinlichere. Diese 5 Dornenreihen (eine oberste Ri unpaar und 4 paarige R2—R5) zu unterscheiden, berechtigen uns verschiedene Gründe. Einmal ihr konstantes Auftreten bei erwachsenen Exemplaren, ferner ihr konstanter Verlauf, weiter die gleiche bedeutende Größe der so angeordneten Schuppen und endlich ihr ontogenetisch gleiches Alter. Durch eben diese 5 Reihen wird der Körper- querschnitt und Habitus von Cyclopterus ein so typischer, wie ich im vorhergehenden Abschnitte dargetan habe. Damit ist aber die reihenweise Anordnung von Schuppen beim Cyclopterus noch nicht erschöpft. In deutlichen Reihen finden wir Dornen noch längs der Flossenstrahlen, und zwar bei jüngeren Exemplaren bis zu 20 cm die Stacheln nur auf den Flossenstrahlen; selbst ein oder zwei, eventuell mehrere neben- einander geordnet. Bei alten Tieren kommen auch auf den Ver- bindungshäuten der Flossenstrahlen Hautossifikationen zur Aus- bildung, aber nur im basalen Teil der Flosse (Fig. 20a). Man kann bei diesen Reihen, von der Basis des Flossenstrahles an aus- gehend, nach dem Ende zu alle Entwickelungsstadien der Dornen finden. Sogar an denjenigen Stellen der ersten Rückenflosse, wo eigentlich die Flossenstrahlen sichtbar sein müßten (sie sind aber durch die mächtige Entfaltung der mittleren Coriumlage c, fast ganz verdrängt), stehen bei nicht zu alten Tieren die Dornen zu- nächst in Reihen, bis dann durch die immer lebhaftere Ausbildung von neuen eng benachbarten Verknöcherungen die ursprüngliche Ordnung gestört erscheint. In einem deutlichen Ring findet man oft die Schuppen direkt um das Auge angeordnet (Fig. 20 b). ß) In Feldern (Fig. 18, 19, 20b, 21a—c, 22 a—.c). Die übrigen Teile der Körperoberfläche sind nun gleichfalls mehr oder minder dicht verknöchert. Ich bezeichne diese Hautflächen als Stachelfelder im Gegen- satz zu den im obigen Abschnitt beschriebenen Stachelreihen und werde in Zukunft von Reihen- resp. Felderdornen sprechen. Waren nun in den Reihen (abgesehen von denen auf den Flossenstrahlen) Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 269 die Hautossifikationen von annähernd derselben Größe und vor allem von fast gleichem Alter ontogenetisch, so ist dies bei den Felderdornen gerade umgekehrt. Sie sind in Größe und Alter ganz verschieden. Ferner erreichen diese Gebilde auch nie eine solche Ausdehnung wie diejenigen der Reihen. Bei jüngeren Exemplaren ist die Bepanzerung der Hautfelder nur spärlich; mit zunehmendem Alter wird sie immer dichter. Auch treten hier die Stacheln ganz allgemein in der ontogenetischen Entwickelung viel später auf als die der Reihen. y) Stark und schwach bepanzerte Hautstellen. Nicht alle Hautfelder zeigen bei unserem Objekte eine gleich- mäßige Verteilung von Össifikationen. Im Gegenteil, dieselbe ist eine recht ungleichartige, so daß wir stark und schwach ver- knöcherte Bezirke unterscheiden können. Völlig nackt, d. h. frei von allen Hautverknöcherungen sind nur ganz wenige Stellen, und zwar folgende: erstens die ganze Innenseite der Brustflossen (längs der Flossenstrahlen so gut wie auf den sie verbindenden Zwischenhäuten). Auch mikroskopisch konnte ich auf Schnittserien selbst bei großen Individuen hier keinerlei Anlagen entdecken. Diese Tatsache ist um so bemerkens- werter, da die Körperhaut unter dem oberen Abschnitt dieser Flossen recht reichlich gepanzert erscheint. Wir haben wohl eine gegenseitige Anpassung darin zu sehen, da bei gegenüberliegender Bedornung eine ständige Reibung die Epidermis verletzen würde. Ferner ist ganz nackt die Bauchscheibe und ein etwa 1 cm breiter Ring um dieselbe (Textfig. 16), der sich nach vorn bis zu den Brustfiossen, nach oben bis etwa zur Hälfte unter diese, immer in gleicher Breite, fortsetzt. Völlig frei von Hautstacheln fand ich dann noch die Brücken zwischen den Flossenstrahlen an den Spitzen der Flossen. In der Mehrzahl der Fälle konnte ich einen nackten querovalen Fleck vor der Afterflosse konstatieren, doch war dieser bisweilen bei Männchen spärlich mit Dornen besetzt. Ob beim Cyclopterus Männchen und Weibchen in der Be- schuppung sexuellen Dimorphismus aufweisen, kann ich nach meinem Material nicht entscheiden. Daß ein solcher in obiger Hinsicht überhaupt besteht, hat GEmZzoE (1906) für den Aal festgestellt. Vielleicht sind die Befunde von Dunker (1896) bei Schollen eben- falls in dieses Gebiet zu rechnen. Wir sehen wiederum, daß uns genügendes Tatsachenmaterial mangelt. 270 Albrecht Hase, Alle übrigen Teile der Haut sind mit Verknöcherung ver- sehen, aber nicht alle Regionen des Körpers sind gleich dicht ge- panzert. Geradezu gepflastert fand ich einmal die Kopfregion und ferner die den großen Dornen der Reihen direkt benachbarten Teile. Weniger dicht besetzt sind die Felder zwischen Ri bis R3, R3 bis R4 und R4 bis R5 im vorderen Teil. Kaudalwärts nimmt in eben bezeichneten Feldern die Dichte noch mehr ab, sie wird in der Nähe einer Transversale von der zweiten Rückenflosse zur Afterflosse im Vergleich zur Dichte am Kopf sehr spärlich. — Fig. 20—22 gibt einige Photographien zur besseren Erläute- rung dieser Verhältnisse; gewählt wurde ein weibliches Exemplar von 50 cm Länge, nach dem auch Textfig. 15 u. 16 gezeichnet sind. Textfig. 15. Textfig. 15 zeigt einen völlig erwachsenen Oyclopterus von 50 cm Länge. Durch die verschiedene Punktierung soll die wechselnde Dichte der Hautbepanzerung zur Darstellung gebracht werden. Auch auf die Flossen geht dieselbe über. Textfig. 16. In Textfig. 16 kommen dieselben Verhältnisse zur Dar- stellung, das Objekt von unten gesehen. Vergleiche hierzu die Photographien Fig. 18—22, Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 271 » Verhältnisse, wie die soeben erläuterten, sind meines Wissens noch bei keinem anderen Teleosteer eingehender geschildert oder analog untersucht worden. Alle Exemplare von Cyclopterus weisen in der absoluten Dichte sowie in der Verteilung eine ziemliche Variabilität auf, und wenn man hier eine Vermutung aussprechen darf, sö ist es mir wahrscheinlich, daß die Gattung Cyclopterus lumpus, nach diesem Gesichtspunkte hin untersucht, sicher eine ganze Reihe von interessanten Varietäten und Lokalrassen zeigen wird. Die „relative Dichte“ der Beschuppung in den Feldern ist überall dieselbe, was ich nochmals betonen möchte. 0) Distanz der Hautossifikationen. Bei Teleosteern mit normaler Beschuppung decken sich be- kanntlich diese Gebilde dachziegelartig, von einer Distanz der einzelnen Schuppen ist also nicht die Rede; man kann höchstens die Entfernung der Schuppenzentren voneinander abschätzen und so den Grad der Ueberdeckung feststellen. Anders bei anormal beschuppten Knochenfischen. Der möglichen Fälle sind zwei, ent- weder die Schuppen berühren sich nur mit den Rändern, oder sie sind wie bei Cyclopterus in der Regel völlig voneinander getrennt; letzteren Zustand zeigt unser Objekt und teilt ihn unter anderen mit vielen Selachiern und einem Teil der Ganoiden (Acipenseriden) [allerdings nur, was die Hartgebilde in den Feldern anbelangt]. cc) Distanz in den Reihen. Diejenigen Schuppen, welche in Reihen (R1 bis R5) an- geordnet sind, halten in ihrer gegenseitigen Entfernung gewisse Maße ein, aber diese Maße sind Schwankungen im Lauf des Lebens unterworfen. Bei sehr jungen Exemplaren bis 5 cm Größe etwa sind alle Stacheln noch voneinander getrennt. Sie stehen in einer Ent- fernung von 1—2 mm, vom Rand aus gemessen. Wesentlich anders liegen diese Verbältnisse bei Individuen bis zu 20 cm Größe. Eine Uebersicht der gefundenen Verhältnisse gibt am besten eine Tabelle wieder: R 1 Berührung; Distanz= 0 mm „ 2 vorderer Teil, Berührung Hu Oi amhinteren 45% ur ein „3 vorderer „ a oder nel 6 „öhinterrr „ ee ed, „4 vorderer „ 5 oder a 1 „4 bhinterer „ edlen & 3—5 ,„ 272 Albrecht Hase, R 5 vorderer „ % (selten) Distanz = 3—5 mm „ Bubinterer 5, En Pr 3 u en Kopfregion, a Berbenne „ l-3, Es haben sich in der Wachstumsperiode die Hautossifikationen bedeutend vergrößert. In Rl, R2 und R4 im vorderen Teil kommt es fast stets zu einer direkten Berührung. In R3 rücken vorzugs- weise die Dornen der Kopfregion sehr nahe aneinander, bis zur be- rührung gelegentlich, obwohl diese hier nicht wie bei den eben ge- nannten Reihen die Regel ist. In R5, in R2, R4 und R3 (im hinteren Teil) findet normalerweise eine gegenseitige Berührung nicht statt. Diese Lagebeziehungen verschieben sich bei noch älteren Exem- plaren nochmals. Untersucht man 30—50 cm große Cyclopterus, so findet man, daß sich wohl in R I und R 2, sowie inR 3 und R 5 (Kopfregion) die Hautdornen an der Basis bisweilen be- rühren. In allen anderen Reihen sind dieselben mehr oder weniger weit auseinandergerückt, die Entfernungen betragen 1—3—5 cm. Die Entfernung der reihenweise angeordneten Stachelgebilde auf den Flossenstrahlen läßt sich mit wenig Worten abtun, da sie erst im späteren Alter entstehen. Ihr mittlerer Abstand beträgt 2—3 mm. Durch diese so verschiedenen Entfernungen gerade der größten Knochenhöcker in den einzelnen Lebensphasen kommt der so wechselnde Habitus unseres Objektes wesentlich zustande, worauf ich schon früher hingewiesen habe (p. 259). Das dicht gedrängte Panzerkleid, vor allem in der Jugend (Fig. 18, 19), ändert ja auch das ursprüngliche Oval des Transversalschnittes in ein Sieben- resp. Achteck. Vergleichen wir den Cyclopterus in dieser Hinsicht mit den allernächst verwandten Formen Eumicrotremus, Letho- tremus und Cyclopteroides, so wird die Sonderstellung unseres Objektes noch klarer. ßP) Distanz in den Feldern. Alle jene zahlreichen Hautverknöcherungen, die nicht reihen- weise geordnet sind, entwickeln sich erst später. Ihre gegenseitige Entfernung beträgt bei Exemplaren bis zu 20 cm etwa2 mm. Die Stacheln selbst, es sind solche IlI. Größe, haben meist einen Durchmesser von 1—1,5 mm. Alle Regionen sind gleichmäßig dicht gepflastert; die Ungleichmäßigkeit in der Dichte bildet sich erst bei völlig erwachsenen Tieren aus, und zwar folgendermaßen. An den Stellen, an welchen die Ossifikationen nach definitiver Ausbildung des Panzers am dichtesten zusammenstehen, schieben sich nämlich mit fortschreitendem Wachstum zwischen die Dornen III. Größe andauernd solche IV. Größe neu ein, so daß die gegen- Studien über das Integument von ÖOyclopterus lumpus L. 273 seitige Entfernung auf 0,5—2 mm heruntergeht. An Stellen, die keine so dichte Bedornung aufweisen, ist die Zahl der neu hinzu- kommenden eben geringer. Da nun die Haut an diesen Stellen gleichfalls stark gedehnt wird, so erweitert sich die ursprüngliche Ent- fernung von 2 mm auf meist 5—10 mm, und nur ganz winzige Haut- zähnchen IV. Größe füllen den Zwischenraum sehr zerstreut aus. Wir haben also folgende Verhältnisse: Jugendliche Exemplare bis 20 cm (Fig. 18, 19), Felderstacheln 1—1,5 mm ca. im Durch- messer gleichmäßig verteilt über den ganzen Körper, gegenseitige Entfernung an der Basis etwa 2 mm. Erwachsene Exemplare von mindestens 30—50 cm. Felder- stacheln 0,5—2—2!/;, mm im Durchmesser ungleichmäßig verteilt über den Körper, gegenseitige Entfernung an dicht gepanzerten Stellen /, —1—2 mm, eventuell Berührung, an weniger dichten Stellen 5—10 mm. Die Zwischenräume werden vielfach durch ganz kleine, höchstens 0,25 mm große Hautzähnchen zerstreut ausgefüllt. Nachdem wir so die Distanz in den Feldern und Reihen an unserem Objekte im Detail kennen gelernt haben, läßt sich zu- sammenfassend sagen: Bei jüngeren Tieren sind die Reihenstacheln und Felderstacheln dicht gedrängt, letztere überall gleichmäßig verteilt. Bei alten Exemplaren rücken die Reihendornen aus- einander, die Felderschuppen sind dicht benachbart stets in der Nähe der Reihen und in der Kopfregion, an anderen Stellen kann ihre Dichte stark variieren. Sehr dicht gedrängt sind die Verknöcherungen III. Größe am Kopf bei dem in Fig. 21 abgebildeten Exemplar. Die zunehmende Dichte in der Nähe der Reihen demonstriert Fig. 21c; die schwache Bedornung dagegen Fig. 22a—c. e) Zahl der Hautossifikationen. ««) In den Reihen. An vorigen Abschnitt schließt sich dieser eng an. Zunächst erscheint es eine müßige Arbeit, Schuppenzählungen beim Lump vorzunehmen. In bezug auf die kleineren und kleinsten Haut- zähnchen wäre dieses Beginnen auch sicher unfruchtbar. Anders dagegen verhält es sich, wenn wir nur die Dornen I. und II. Größe beobachten und auf ihre numerische Verteilung unser Augenmerk richten. Vor allem nach zwei Seiten hin. Einmal müssen wir versuchen festzustellen, wieviel derartige Gebilde ursprünglich angelegt werden, oder mit anderen Werten: welches ist die durchschnittliche Normalzahl in den Reihen; ferner: Bd. XLVII, N, F, XL. 18 274 Albrecht Hase, welche Schwankungen treten im Spiegelbild auf, wenn man sich die Medianebene durch das Objekt gelegt denkt. Der Uebersicht- lichkeit wegen will ich die Ergebnisse nach den einzelnen Reihen ordnen. Zunächst zum ersten Teil der Fragestellung: welches ist die durchschnittliche Zahl? Zahl der Stacheln I. und II. Größe bei erwachsenen Tieren in den Reihen R 1 I. Größe 5—6—8 R 4 I. Größe 5—6 An 3—5 Ir... 105 R 2 I. Größe 2—3 R5 I. Größe 5—6 DE 4—6 110 3—6 R 3 I. Größe 8—10 R 5 Kopfregion 1. u 5 I. „ 24-30 IE Fo Obige Zahlen sind aus Zählungen bei erwachsenen Tieren ge- wonnen. Wie ersichtlich, haben wir in bezug auf die Schuppen I. Größe eine ziemliche Konstanz. Am wenigsten schwanken die Zahlen in R2, R4 und R5 für Stacheln I. Größe. Ich gebe nun noch einige bestimmte Zahlenangaben, um zu zeigen, wie, spiegelbildlich betrachtet, diese histologischen Komplexe variieren können. Die in Tabelle p. 274 u. 275 senkrechte Linie soll die Medianebene durch das Objekt darstellen, rechts und links davon sind die absoluten Zahlen für die Dornen I. und II. Größe den Reihen nach geordnet eingetragen. Cyclopterus 34,5 cm d Cyclopterus 36,0 cm & links | rechts links | rechts | | R 1 I Größe 8 R1 I Größe 5 108 az Bro Br Ra 1 I. Größe 3 I. Größe 3 I. Größe 2 I. Größe 2 IT: . 5 IT: 3 4 IT v 4 IT: ee 4 1% 8 BR B73 Ro I. Größe 9 I. Größe 10 I. Größe — I. Größe — II. ‚ML6 NE ee IR; DE IT: 25 R 4 RA4 R 4 R’24 I. Größe 5 I. Größe 5 I. Größe 5 I. Größe 5 II. A; TI; aa 0m „14 11% Ba >. R5 11903, R5 R5 I. Größe 5 I. Größe 6 I. Größe 5 I. Größe 5 I: r 3 ar a 4 I: r 4 IT; 2 5 Kopfregion Kopfregion Kopfregion Kopfregion I. Größe — 1. Gröle — I. Größe — I. Größe — uk 3 4 a s 3 IT; " 3 IT. 2 ”» Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 275 Cyelopterus 46,0 cm 2 Cyclopterus 50,0 cm 9 links | rechts links | rechts | | Ri = Größe 6 R 1 I Größe 6 » a Hi R 2 R 2 118 a T. An 2 I. Größe 3 I. Größe 3 IE IE: 3 IINV}.. 1 IT u= R3 R3 R,3 Rus I. Größe 10 I. Größe 8 I. Größe 16 I. Größe 14 Sn) ya xund Maus, 9 IE een 8 R 4 R 4 R 4 R 4 I. Größe 6 I. Größe 5 I. Größe 6 I. Größe 5 a a IE Je10 Ba me. 12 1 a rs Rö5 Reue R5 I. Größe 5 I. Größe 6 I. Größe 5 I. Größe 5 I. 4 1 en 3 Tiger ge‘; — Kopfregion Kopfregion Kopfregion Kopfregion I. Größe — I. Größe — I. Größe 1 I. Größe 1 EEE 3) : len 1 mas 2 Meine Zahlen gelten für erwachsene Tiere. Bei jungen In- dividuen stimmen sie mit obigen außerordentlich überein, was die symmetrische Verteilung betrifft; besonders die Dornen I. Größe treffen wir gleichfalls in denselben Zahlenverhältnissen. Nur die- jenigen U. Größe sind, absolut gerechnet, in geringerer Anzahl vorhanden, was leicht erklärlich, da sie sich ja erst nach und nach entwickeln. So findet man z. B. in R 2 wohl jederseits 2 Dornen I. Größe, aber noch keine solchen II. Größe. Ganz analog liegen die Verhältnisse bei R 5. Untersuchungen wie vorstehende hat HorFFBAUBR (1899) am Karpfen, Dunker (1908) an Sygnathiden vorgenommen, bei allen übrigen Gruppen dürften sie wohl völlig fehlen. Kurze Angaben dieser Art gibt HoLLAarn (1853, 1854, 1857), wie früher schon SCHAEFFER (1761). £ß) In den Feldern. Unsicherer wird eine zahlenmäßige Feststellung bereits bei den Schuppen II. Größe, und bei denen III. und IV. Größe hat eine absolute Zählung gar keinen Zweck mehr, wir müssen zu anderen Mitteln greifen, um ein Bild von der Dichteverteilung dieser Hautossifikationen zu erhalten. Ich wähle dazu die Flächen- einheit, das Quadratzentimeter, und die Fragestellung wird nun: 18= 276 Albrecht Hase, Wieviel Dornen III. und IV. Größe zusammen kommen auf 1 gem? — a) bei kleineren bis 20 cm langen Exemplaren; b) bei großen mindestens 30 cm langen Fxemplaren; «) an dicht, %) an dünn bedornten Hautstellen. Ganz junge Cyclopterus kann man zu derartigen Zählungen nicht verwenden, weil bei ihnen 1 qcm Fläche oft die Hälfte der Vorderseite einnimmt und auf die Reihen übergreift. Für obiges Schema ermittelte ich (vgl. Textig. 17 a—c): a) Cyclopterus bis 20 cm mit annähernd gleich dichter Panzerung pro Quadrat- zentimeter 10—15 Dornen III. Größe (Fig. 17a). — b) Cyclopterus von mindestens 30 cm, «) an dicht gepanzerten Hautstellen 12 bis ..®. EINEN aan ®. } . 15) ® . P ® . e.®9. . . Kbejes Bellen... a a8. e.o .,! Pas . ©, . a ® 2 b ce /em Textfig. 17. Verschieden dicht gepanzerte Hautstellen. a = gleichmäßig dicht, b = sehr dicht, ungleichmäßig, e—= sehr dünn, ungleichmäßig. Rechts die Maßeinheit 1 gem. 15 Dornen III. Größe, 15 Dornen IV. Größe (Textfig. 17b), ß) an dünn gepanzerten Hautstellen ca. 5 Dornen III. Größe und ca. 5 Dornen IV. Größe (Textfig. 17 ce). Das Maßquadrat legte ich stets so an, daß je 2 Ecken ins Zentrum von 2 Höckern III. Größe zu liegen kamen; gezählt wurden dann alle Dornen, die die Grenzlinie durchschnitten oder innerhalb lagen. Was ich soeben ausführlich erörtert, wurde durch Figuren zu erläutern versucht, die naturgetreu wiedergegeben sind. Ich wählte absichtlich teilweise die Photographie, da sie am unparteiischsten die Tatsachen wiedergibt !). Manchen werden meine Ausführungen vielleicht zu breit er- scheinen. Mir lag es jedoch daran, zu zeigen, nach wie vielerlei Richtungen hin die Bepanzerung eines Knochenfisches überhaupt bearbeitet werden kann. Da nun unser Cyclopterus Teleosteer 1) Herrn Geh. Rat Prof. Lıinck, Direktor des Mineralogischen Institutes, bin ich für die liebenswürdige Ueberlassung des mikro- photographischen Apparates zu großem Danke verpflichtet. — Herrn Dr. J. Feusch sage ich für seine tätige Hilfe bei der Her- stellung der Photographien auch an dieser Stelle meinen besten Dank. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 277 mit modifiziertem Hautskelett vertritt, so wollte ich gleichsam ein Paradigma geben, wie meines Dafürhaltens in Zukunft vorgegangen werden muß, wenn wir wirklich zu einer befriedigenden Lösung der in der Einleitung skizzierten Probleme gelangen wollen. Mit bloßen Diskussionen ohne Unterlagen kommen wir eben nicht weiter, und diskutiert ist hierüber bald mehr als genug. 2. Die ontogenetische Entwickelung des Hautpanzers (einschließlich Bemerkungen betr. die Bildung von Schuppen- kleidern bei Fischen — Teleostomen und Elasmobranchiaten). a) Literarischer Rückblick. Befunde an anderen Fischen. Wie schon in der Einleitung betont, ist die Entwickelung der einzelnen Schuppe mehrfach der Gegenstand von Unter- suchungen gewesen. In welcher Art und Weise aber sich das Schuppenkleid als solches ausbildet, darüber sind unsere Kennt- nisse schon bei Formen mit normal beschuppter Haut (z. B. Cypri- niden) recht lückenhaft; bei denjenigen Teleosteern aber, die modi- fizierte Schuppen aufweisen, noch viel mangelhafter. Hier und da findet man eine kurze, um nicht zu sagen dürftige Notiz. Man vermißt eine zusammenhängende Darstellung der Bildung des Schuppenpanzers vom ersten sichtbaren Auftreten bis zur de- finitiven Fertigstellung, d. h. die gesamte Ontogenie des Schuppen- kleides. Meines Dafürhaltens ist eine Kenntnis dieser Verhältnisse gerade deshalb wichtig, weil sie uns wohl mancherlei Aufschlüsse und Fingerzeige geben wird, in welcher Weise diese eigentüm- lichen Hautpanzer phylogenetisch entstanden sind; d. h. wir müssen festzustellen versuchen, ob die Ontogenese nicht auch hier dep Schleier lüftet, der noch über der Phylogenese ruht. Da ich in der Literatur keine Zusammenstellung fand, in welcher Größe bei den verschiedenen Arten die Schuppenbildung beobachtet wurde, so stelle ich zum Vergleich einige Befunde zusammen, die ich aus der Literatur mit ziemlicher Mühe herauslesen konnte. Im allgemeinen scheint bei Selachiern (und Ganoiden ?) die Schuppenbildung früher einzusetzen als bei Teleosteern. Ich konnte anläßlich meines Aufenthaltes in Bergen 1909 feststellen, daß bei noch nicht geborenen Acanthias vulgaris von 15 cm und Spinax niger von 16 cm die Hautzähne schon völlig ausgebildet makro- skopisch zu bemerken waren. Mustelus laevis-Embryonen des 278 Albrecht Hase, Zoologischen Institutes Jena mit Plakoidschuppen maßen 20 cm. Nimmt man den Augenblick der Geburt als Nullpunkt, so erhalten diese Vertreter also ihr Schuppenkleid sehr früh. ©. HERTwIG (1874) und KrAArtscH (1890) geben an, daß sie bei Acanthias vulgaris von 8 cm und Scymnus sp.? von 17 cm die Schuppen in Entwickelung gefunden haben. — Von Ganoiden berichten BALFOUR und PARKER (1882), die betreffenden Objekte (Lepidosteus osseus) hätten 11 cm gemessen bei der Schuppenbildung. Ein 15 cm großer Lepidosteus hatte nach KrLAaATscHh (1890) bereits sein Schuppenkleid. Ich fand am selben Objekt von 12,5 cm Schuppen makroskopisch noch nicht, konnte es auch leider nicht mikroskopisch bearbeiten. Ein Exemplar von Amia calva von 35 mm hatte schon völlig ausgebildete Beschuppung; ein zweites von mir daraufhin untersuchtes Individuum von 21 mm zeigte makroskopisch noch keine Schuppen. Für die Formen Acipenser sturio und Acipenser ruthenus sind die entsprechenden Maßzahlen nach O. Herrwiıs (1876) 12 cm, in welcher Größe aber die Schuppen ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen hatten. Wo die ersten Schuppen sich zeigten, geht aus seinen Dar- legungen leider nicht hervor. Der Größe nach müssen die Tiere schon ein ziemliches Alter erreicht haben. Etwas reichlicher sind die Daten für Teleosteer. VocT (1842) berichtet uns, daß die Salmoniden erst spät die Beschuppung er- hielten, und zwar im dritten Lebensmonat, und BEAUDELOT (1873) gibt für den Aal 7 cm an. Kraarsca (1890) beobachtete, daß Forellen von 2 cm noch unbeschuppt waren, erst zwischen 3 bis 6 cm Größe kommt das Schuppenkleid zur Anlage und zwar zu- nächst im Bereich der Seitenlinie, von wo aus die Bildung kaudal-, ventral- und dorsalwärts fortschreitet. Dasselbe gibt NUssBAUM (1907) vom gleichen Objekt an. Beider Befunde bestätigte ich (Hase 1907). Gasterosteus aculeatus, die ich daraufhin unter- suchte, zeigten bei 15—17 mm noch keine Panzerung, 21 mm große Exemplare entwickelten lebhaft ihre Knochenplatten. Für die Cobitis-Arten (taenia, barbatula, fossilis) berichtet Ussow (1897) über einen der Forelle analogen Entwickelungsmodus. Die Größe der Cobitisexemplare betrug etwa 4 cm. Vertreter der Gadiden (G. callarias) untersuchte Tıms (1906); an welchen Körperstellen Schuppen zuerst auftreten, gibt er leider nicht an, nur die Größe der betreffenden Tiere bis 3—4 cm. Um beträchtliches kleiner waren die Exemplare von Mullus barbatus L., welche Lo Branco (1908) zum Studium dienten. Schon bei 20 mm Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 279 hatten sie Schuppen, und bei 38 mm waren dieselben typisch ktenoid entwickelt. Notizen, an welcher Körperstelle sie am frühesten zur Anlage kommen, fehlen aber auch bei ihm sowohl wie bei KAsAnzErF (1906). Letzterer untersuchte Sygnathus acus und fand, daß bereits 9 mm lange Jungfische lebhaft die Panzerung ausbildeten. Für Perca fluviatilis habe ich bei ganz kürzlicheir Unter- suchung gefunden, daß die Schuppenentwickelung bei 20 mm ein- setzt. Sehr zeitig erhalten auch die Pleuronectiden (besonders Solea) das Hautskelett. 31 mm große Exemplare waren nach meinen Befunden schon völlig ktenoid beschuppt. Es ist sehr leicht möglich, daß sich in der zahlreichen embryo- logischen Literatur über Fische noch Angaben finden; ich konnte aber unmöglich alle Arbeiten daraufhin untersuchen. Obige Zu- sammenstellung macht deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mir lag daran, zu zeigen, daß die Schuppenkleidentwickelung nicht nach einem Schema vor sich geht und genauerer Nach- forschung wert ist. b) Die Panzergenese beim Cyclopterus. Nun zu unserem Cyclopterus! Die Frage lautet: Kommt in analoger Weise wie bei den Salmoniden z. B. die Ausbildung dieses modifizierten Hautskelettes zustande? Sind bei dieser Art gleich- falls gewisse Körperstellen bevorzugt betrefis der zeitlichen Folge der Schuppenentwickelung, wo liegen dieselben oder besteht eine solche Analogie nicht? Beim Durchforschen der den Cyclopterus betreffenden Literatur erhielt ich keine genügende Auskunft. Ar. Acassız (1882) gibt über die Entwickelung des Hautpanzers nur einige kurze Notizen, und GARMAN (1892) bringt sie unverändert zum Abdruck. Daß letztgenannter Autor in seiner großen Monographie „The Disco- boli* gar nicht darauf eingeht, wundert mich. An. Acassız schreibt ]. c.: „The young in the stages of Plate V, Figs. 1, 2, do not as yet show any traces of the prominent rows of spiny tubercles formed in the adult. These were developed to a slight extent in young Lumpus, measuring 34 mm in length (Plate V, Figs 3, 4): a line commencing to form along the anterior slope of the anterior dorsal, a less prominent horizontal row on a level with the line of the orbits close to the eyes, a third lateral one along the body at the level of the upper extremity of the operculum. This, the 280 Albrecht Hase, most prominent of the rows, consisted a large elliptical protu- berances, through which spiny processes projected (Plate V, Figs 3 a, 3b), and a last row of somewhat smaller tubercles along the median line of the abdomen behind the ventrals.“ CUNNINGHAM (1896), dem auch Jungfische vorgelegen haben, bemerkt folgendes über das Hautskelett: „The are, however, no tubercles in the skin, the surface is smooth and the shape more like that of a „tadpole“ than of the parent fish“ (l. c. p. 349). Die kaulquappen-(tadpole-Jähnliche Gestalt — nebenbei be- merkt, EHRENBAUM (1904) hebt sie gleicherweise hervor — kommt aber nur sehr jungen Stadien zu, und solche hat also UUNNINGHAM vor sich gehabt. Zur Erläuterung seiner Ausführungen gibt er das Bild eines jungen Lump ohne Hautpanzer, das er AL. AGASSsIZ (1882) entnommen, wieder. Etwas reichlicher sind die Angaben von Mc. Intos# und MASTERMANN (1897, 1. ec. p. 187). Individuen von 18 mm Länge zeigen nach beiden Autoren schon 4 Reihen von einfachen Papillen, die ja der Bildung der Verknöcherungen voraufgehen. (Ich setze zur leichteren Orientierung die von mir angewandte Bezeichnung der Reihen [vgl. Kap. II, 1] in ihren weiteren Ausführungen ein.) Es treten Hautstacheln gleichzeitig in Rl, R2, R3, R4 und R5 auf. — R1l und R2 wird als eine Reihe gezählt. Auf diesem Stadium hat die größten Papillen R4, und zwar normalerweise fünf. Letztere Beobachtung bestätige ich. Nachdem so die Reihen festgelegt sind, beginnt die Entwickelung von Verknöcherung in den Hautfeldern zwischen R3 und R1 und greift bald auf die Kopfregion über. Ihr Material maß 31 und 32 mm. EHRENBAUM (1904), dem wir die neuesten Beobachtungen verdanken, schreibt, vielleicht in Anlehnung an obige Autoren: „Die den ausgebildeten Fischen eigentümlichen Skulpturen der Haut pflegen erst bei 13—24 mm Körperlänge aufzutreten.“ Und weiterhin: „Die eigentümlichen Skulpturen der Haut, welche den ausgewachsenen Fisch charakterisieren, treten erst ziemlich spät auf, obwohl dies sehr variabel zu sein scheint. Ich finde bei 40 Jungfischen, welche am 23. Januar bei Helgoland gefangen wurden und, trotzdem sie fast 1 Jahr alt waren, konserviert nur 22—40 (im Mittel 27—28) mm maßen, daß bei einigen der kleinsten noch keine Spur von Papillen sichtbar ist, bei den größeren dagegen mehr oder weniger, aber auch bei den größten bei weitem nicht in dem Maße wie bei einem 32 mm langen Exemplar, welches kurze Zeit darauf mitten in der offenen nörd- Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 281 lichen Nordsee gefangen war, 59° 30‘ n. Br. und 2°6.L., welches vielleicht von der norwegischen Küste herstammte. Dieses zeigte schon ziemlich vollkommen die Bewaffnung des ausgewachsenen Fisches.“ Nach dem Bericht und den Abbildungen von AL. AGassız (1882)!) kann man sich von der Ausbildung des Panzerkleides noch kein rechtes Bild machen, er erwähnt vor allem gar nichts von den kleinen, weißen Papillen, welche die ersten Vorläufer der Hautstacheln sind, und sie gerade sind wichtig, da man an ihnen ein sicheres Kennzeichen hat, an welcher Stelle einst ein Stachel stehen wird. Mc Intosu und MASTERMANN (1897) sowie EHREN- BAUM (1904) heben diese kleinen Papillen ausdrücklich hervor. OÖ. HERTwIG (1882) sagt darüber nichts. Nach seiner Abbildung (l. e. Taf. II, Fig. 5) ist aber zu vermuten, daß er sie gleichfalls beobachtet hat. Außer bei oben zitierten Autoren fand ich nichts, was uns Aufschluß über die Bildung des Schuppenkleides bei Cyelopterus gibt. Nach diesem literarischen Rückblicke gehe ich zu den eigenen Befunden über. Meine Ausführungen erläutere ich durch eine Anzahl halbschematischer Textfiguren (No. 18—23). Es taucht zunächst eine Vorfrage auf. Nämlich die: Haben wir ein makro- skopisch sichtbares Merkmal, um mit Sicherheit sagen zu können, an dieser Stelle ist ein Hautstachel in Entwickelung begriffen ? Die Frage ist bejahend zu beantworten. An jenen Stellen näm- lich sieht man (schon bei 20-facher Vergrößerung) winzige weiße Kegel von etwa 0,2 mm Durchmesser und ebensolcher Höhe. Es sind dies die besagten Papillen (Fig. 23). Daß es sich bei diesen Papillen wirklich um Bildungsherde von Hautverknöcherungen handelt, läßt sich leicht durch Schnittserien feststellen. Man findet dann stets im Corium die Skleroblasten. Die weißliche Farbe der Papillen rührt zum guten Teil daher, daß das darüber- liegende Pigment (pig,) zur Seite gedrängt wird. Ich füge hier noch hinzu, daß die Epidermis bei jungen Exemplaren von 30 bis 50 mm sehr leicht verloren geht und aus diesem Grunde jene Papillen besonders deutlich zu sehen sind. Aber auch an Indivi- duen, die ihre Epidermis noch haben, kann man sie bei genauer Untersuchung mit Sicherheit feststellen. 1) Garman (1892) und CunninGHam (1896) kopieren die Bilder von Ar. Acassız (1882), nur in anderer technischer Ausführung. 282 Albrecht Hase, Man muß sich aber vor einem Irrtum hüten, in den, wie ich glauben möchte, Mc Intosu und MASTERMANnN (1897) verfallen sind. Nach ihnen setzt die Schuppenentwickelung bereits bei 18 mm Länge ein, und EHRENBAUM (1904) gibt wohl im Anschluß an beide Autoren diese Zahl mit an, betont aber ausdrücklich, daß er an so jungen Exemplaren eine Papillenbildung nicht habe konstatieren können. Die Sache verhält sich wohl folgendermaßen. Besonders in der Kopfregion (vorzüglich an den Wangen und über den Augen), aber auch verstreut über den Körper zeigen sich ebenfalls kleine weiße Kegel, ganz ähnlich den Schuppenpapillen. Bei Anwendung von stärkerer, etwa 50-facher Vergrößerung er- weisen sie sich an der Spitze durchbohrt. Wir haben es hier mit Ausführungskanälen von Sinnesorganen unter der Haut zu tun. Auf Schnittserien (sagittal und transversal) kann man sich sofort davon überzeugen, daß es kleine Hohlzylinder sind, nicht, wie bei den echten Papillen, Vollkegel. Mc Intosm und MASTERMAnN haben diese Sinneskanäle wohl mit für Stachelpapillen gehalten. Ich konnte bei keinem Exemplar von so geringer Größe Bildung von Hautverknöcherungen beobachten. In Fig. 23 ist eine typische Papille abgebildet, die Epidermis fehlt. — Am Auftreten jener weißen Vollkegel haben wir also sicherste Zeichen, wo sich Ver- knöcherungen im Integumente bilden. Und da diese mit fort- schreitender Entwickelung der Bepanzerung an Umfang zunehmen, so sind wir in der Lage, von Stufe zu Stufe den Werdegang des Hautpanzers zu verfolgen. Hat der sich innerhalb einer Papille bildende Stachel eine gewisse Größe erreicht, so durchbricht er das Corium und dringt mit der Spitze in die Epidermis ein (vgl. Kap. III, 4; Fig. 41, 42, 43a). Nun sind die fertigen typischen Verknöcherungen von Cyclo- pterus kein einheitliches Gebilde, sondern stellen von frühester Jugend an verschmolzene Komplexe dar, wie ich dies in einem anderen Kapitel des näheren erläutert habe. Nach der Zahl der einzelnen Komponenten (d. h. hier der einzelnen einfachsten kegel- förmigen Dornen) kann man einen ganz sicheren Entscheid dahin geben, welches Gebilde das ontogenetisch ältere ist. Nämlich das- jenige wird jünger sein, welches sich erst aus wenigen Einzel- gebilden zusammensetzt. Mein Arbeitsmaterial, an dem ich die Ontogenie des Haut- panzers verfolgen und feststellen wollte, umfaßte insgesamt 90 Exem- plare. Ich stelle es, der Größe nach geordnet, nochmals zusammen (Angaben in Millimetern). Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 283 1 B. Zahl der u B. Zahl der “ Dr Ye der vorhandenen n der vorhandenen rauen Individuen za ylOUEn Individuen 5 8 28 2 6 1 30 3 Ü 2 Sy D 11 5 32 1! 12 4 36 1: 13 5 37 \l 14 2 38 2 15 5 40 1 16 2 55 1 #7 2 150 1 18 2 180 il 19 2 190 1 21 1 200 3 22 4 220 1 23 f 250 2 24 3 350 1 25 3 360 1 26 4 460 1 27 3 500 1 Besonders von den Stadien, in welchen die Entwickelung am lebhaftesten ist (20-40 mm), hatte ich recht gut konservierte Exemplare von der Kgl. Biologischen Station in Helgoland er- halten. Aber auch von älteren Tieren stand mir ein einwandfreies Material zur Verfügung. Bei erwachsenen Tieren finden wir alle Körperregionen mit Hautdornen bedeckt. Die erste Frage lautet daher: Treten sie auch alle gleichzeitig auf oder sind, analog wie bei anderen Teleosteern, gewisse Stellen hierin bevorzugt? Die Antwort fällt im zweiten Sinne aus. Es sind einzelne Hautregionen insofern be- vorzugt, als in ihnen die Verknöcherungen viel früher auftreten. Diese Stellen sind, wie leicht zu vermuten war, die Reihen. Aber nicht alle Strecken sind gleichmäßig beteiligt, d. h. innerhalb der Reihen selbst legt sich ein Teil früher, ein anderer erst später an. Es besteht also, bei Cyclopterus wenigstens, als Vertreter einer Gattung mit modifiziertem Hautskelett, eine Analogie in diesem Sinne mit Formen, welche ein normales Schuppenskelett aufweisen. Bei beiden treten die Schuppen nicht gleichzeitig am ganzen Körper auf. Der Hautpanzer der Fische verhält sich hierin ähnlich dem der Saurier, dem Federkleid der Vögel und dem Haarkleid der Säuger. 284 Albrecht Hase, Ich halte diese Erscheinung für ein wichtiges Moment in bezug auf die Weiter- resp. Umbildung normaler Schuppen über- haupt. Eine Schuppe, die früher als die andere entsteht, kann sich ungehindert nach allen Seiten entfalten. Es wird so ein Gebilde resultieren, welches zunächst nur größer ist, aber im histologischen Bau noch dieselbe Struktur aufweist. Später treten dann Modifikationen auf, die im Zusammenhang mit der räum- lichen Zunahme bald die eine, bald die andere Schicht mehr zur Ausbildung bringen, bis eine Form entsteht, die von der typischen Ausgangsform stark abweicht. [Von großem Interesse wäre es, nach dieser Richtung hin die Entwickelung des Schuppenkleides und der Schuppe beim Spiegelkarpfen zu kennen, der ja diese Verhältnisse in typischster Weise zeigt !)]. Ehe ich auf die Ontogenese des Hautpanzers von Cyclopterus selbst zu sprechen komme, möchte ich nicht verfehlen, erst auf eine Tatsache hinzuweisen, die mir schon früher auch von normal beschuppten Teleosteern bekannt wurde und die ich gleicherweise bei meinem jetzigen Objekte beobachtet habe ?). Nicht alle Individuen gleicher Größe zeigen ein Schuppenkleid von gleich weiter Ausbildung. Ich habe z. B. Forellen von 5 und 3 cm untersucht, ebenso Leuciscus von 3—8 cm und stellte fest, daß z. B. ein Individuum von 5 cm bereits ein viel deutlicher ausgebildetes Schuppenkleid besitzen kann als ein solches von bereits 8 cm. — Das nämliche gilt für Cyclopterus. Man kann Tiere derselben Größe mit schon stark entwickeltem Panzer von solchen mit erst schwach ausgebildetem unterscheiden 3). Ich hatte unter anderem 4 Individuen von 31 mm Länge, und jedes zeigte ein anderes Entwickelungsstadium. Oder ein Tier von 26 mm Länge hatte schon einen Hautpanzer wie ein solches von 38 mm. Dann endlich ein solches von erst 26 mm zeigte einen viel stärker ausgebildeten Panzer als ein anderes, welches bereits 38 mm er- reicht hatte. Wie erklären wir diese Erscheinung? Mir schwebt ein Ge- danke vor, von dem ich nicht loskomme, obwohl ich seine Richtig- keit nicht exakt beweisen kann. Ich glaube, daß wir die lange 1) Erst nach mancherlei Mühe erhielt ich brauchbares Material zu einer entsprechenden Untersuchung, die zurzeit in die Wege geleitet wird. 2) Vergl. Fußnote Kap. II, 1, p. 265. 3) Genau dieselbe Beobachtung liegt von Enrensaum (1904) vor (Kap. II, 1). Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 285 Dauer der Laichperiode (Januar—Juni)!) heranziehen müssen als Erklärungsgrund. Der Spielraum ist ungefähr 6 Monate. Wenn EHRENBAUM (1904) sagt (vgl. Text p. 280 unten), die Jungfische seien alle „ein Jahr“ alt, so ist dies streng genommen nicht richtig, der Unter- schied ist & 3 Monate. Nach Mc Intos# und Prince (1890) maß ein Cyclopterus von 26 Tagen 4 mm. Ganz grob gerechnet, hätten dann 40 mm große Individuen 260 Tage gelebt. Gegen- über der Rechnung von EHRENBAUM gibt dies aber eine Differenz von 100 Tagen, d. h. & 3 Monate. — Wir kennen das absolute Alter der betreffenden Jungfische leider nicht, und deshalb läßt sich nichts Bestimmtes aussagen. Ich möchte aber folgende Er- wägungen anheimstellen. Sicher glaube ich, daß die Variabilität des Auftretens und der verschiedenen Ausbildung des Stachel- kleides mit der späteren oder früheren Geburt des betreffenden Individuums zusammenhängt. Dann sind eine Menge von Kom- binationen möglich, davon ich einige anführen möchte, um zu zeigen, in welcher Weise meines Erachtens die Beschuppung zu biologischen Untersuchungen und Feststellungen in Zukunft ver- wertet werden könnte, z. B. bei unserem Objekte. Bezeichnen wir der Kürze wegen 1) a) jugendliche Indivi- duen mit schon stark entwickelter Panzerung als + (Plus)-Formen, b) mit noch schwach entwickelter Panzerung als — (Minus)-Formen ; 2) a) Tiere gleicher Größe mit X, b) Tiere ungleicher Größe mit Y; 3) a) Tiere gleichen Alters als A-Formen, b) Tiere ungleichen Alters als B-Formen; 4) a) im Januar oder Februar geborene Tiere mit «, b) im März oder April geborene Tiere mit ß, c) im Mai oder Juni geborene Tiere mit y, so erhalten wir unter anderem nachfolgende Kombinationen. 1) Ueber die Dauer der Laichperiode bei Cyclopterus schreiben: a) CunninGHAM (1888 u. 1896): Laichzeit Januar und Februar. b) Mc Intost und Prince (1890), 1. c. p. 674: „The spawning period of Cyclopterus extends from February to the end of May, and occasionally a little later.“ c) Garman (1892), 1.c. p. 23: „In March and April the Lump are said to approach the shore for the purpose of depositing the eggs.“ d) EnrenBaum (1904), 1. c. p. 157: „Daß die Laichzeit des Lumpfisches bei Helgoland in die Monate Januar bis April — hauptsächlich Februar und März — fällt, während das Ausschlüpfen der Jungen meist im April und be- sonders im Mai und Juli, bisweilen auch schon im März und Ende Februar vor sich geht“. 236 Albrecht Hase, I. Ausgehend von den bekannten Faktoren —- und —-Formen. 1) EB ARTE ARET DAT 2ER AT BER AV y SB 4) & BY. II. Ausgehend von den bekannten Faktoren X = gleicher, Y = ungleicher Größe: MR EATTR EA BK ery 2) X: EB 3) Wızs, A; N ABA Y E A Y N B. Wenn wir festgestellt, welche Kombinationen jeweilig auf- traten, so werden sich auch Rückschlüsse ziehen lassen, welche äußere Bedingungen geherrscht und nach welcher Weise hin sie auf den Habitus des Tieres gewirkt haben. Ist die spätere oder frühere Geburt die primäre Ursache resp. sekundäre, d. h. z. B. alle frühgeborenen Individuen erhalten erst bei bedeutenderer Größe ihren Panzer, oder spätgeborene Tiere erhalten schon bei geringer Größe den Panzer. Das Umgekehrte wäre auch möglich, nämlich: die frühere oder spätere Geburt ist belanglos für die Panzerentwickelung. Nach bestimmtem absoluten Alter erhalten die Tiere die Hautstacheln, die spätgeborenen sind aber rascher gewachsen als die frühgeborenen. Wir könnten der Möglichkeiten noch viele diskutieren, was aber keinen Zweck haben dürfte. Mir lag es daran, zu zeigen, nach welcher Richtung hin Schuppenuntersuchungen dienstbar ge- macht werden können. Trotz alledem konnte ich den Modus der Entwickelung des Hautpanzers bei Cyclopterus feststellen. Bei allen Tieren, mochten sie gleich groß oder verschiedener Größe sein, war kein prin- zipieller, nur ein gradueller, zeitlicher Unterschied in der Ontogenese des Schuppenkleides zu finden. Man muß eben die Befunde nur richtig kombinieren. Nach diesen allgemeinen Erörterungen gehe ich auf die Bildung des Hautpanzers bei unserem Objekt ein und veranschauliche meine Ausführungen an der Hand von Textfig. 18—22. I. Stadium (Textfig. 18). Cyclopterus 22 mm. Die Vermutung, daß bei unserem Objekt gewisse Hautpartien viel früher Schuppenanlagen zeigen als die übrigen Stellen, be- stätigte sich. Der naheliegende Gedanke, daß dies die Schuppen Studien über das Integument von Cyelopterus lumpus L. 287 in den Reihen R 1 bis R 5 sein würden, war richtig. Die Frage war nun, welche Reihe ist die älteste? Wie uns Textfig. 18 zeigt, ist es R5. — Soviel ich feststellen konnte, treten an diesen Stellen die allerersten Hautverknöcherungen auf. Ich hatte aller- Textfig. 18. Oyclopterus 22 mm. f Bauchseite mit den ersten Papillen (jederseits 3) der R5. I. Stadium ) ——— der Entwickelung des Hautpanzers. Textfig. 18—23 etwa 2'/,mal ver- größert. Textfig. 19. Cyclopterus 24 mm. Papillen in den Reihen R5, RA und R2. II. Stadium. Textfig. 20. Cyelo- pterus 27 mm. Erste Haut- verknöcherungen in den Reihen R5, R4, R2 und R1. III. Stadium. Textfig. 21. Cyelopterus 31 mm. Weitere Ausbildung der Reihen R5, R4, R2, Ri. Neu hinzu kommt R3. Alle Reihensindangelegt. IV. Stadium. Textfig. 22. Cyclopterus 37 mm. Erstes Auftreten der Felderschuppen zwischen R1, R3, R4 und am Kopf. V. Stadium. 288 Albrecht Hase, dings zunächst geglaubt, R 4 würde die ersten Anlagen zeigen, da hier die Hartgebilde die bedeutendste Größenentwickelung zeigen. Mit meiner Angabe befinde ich mich etwas im Widerspruch zu Mc Intosu und MASTERMANN (1897). Genannte Autoren geben an, daß alle Reihen gleichzeitig ihre Verknöcherungen anlegen. Sollte es sich hier vielleicht um Varianten handeln ® Nun werden aber, wie dies auch in der Abbildung zum Aus- druck kommt, nicht alle definitiven (meistens 5) Hautossifikationen gleichzeitig angelegt. Fast stets kommen zunächst die drei frontal- wärts gelegenen zum Vorschein, die beiden kaudalwärts liegenden Textfig. 23. Cycelopterus 55 mm. Alle Reihen völlig entwickelt. Haut- stachelbildung am gänzen Körper. VI. Stadium. etwas später. Unbedeutende Abänderungen treten hierbei bis- weilen auf, z. B. konnte ich beobachten, daß auf einer Seite 4, auf der anderen nur 3 gleichzeitig sichtbar wurden. Alle Anlagen treten zunächst als weiße Papillen auf, wie sie schon im vorher- gehenden beschrieben wurden (Fig. 23). Stadium I läßt sich folgendermaßen kurz charakterisieren: Bildung der Ossifikationen nur in R 5. Ihre ersten Anlagen sind als kleine, weiße Papillen sichtbar, die hier später durch- brechenden Stacheln sind noch nicht entwickelt. II. Stadium (Textfig. 19). Cyclopterus 24 mm. Nur wenig jünger als die Schuppen der R 5 sind diejenigen von R4 und R 2. Analog dem Entwickelungsmodus der ventralen Reihe treten in diesen beiden auch die frontalwärts gelegenen Hautstacheln zuerst auf. Zunächst immer in der Zwei- oder Drei- zahl gleichzeitig in R4. Die R2 bringt meistens erst eine Anlage hervor jederseits, bald ist die vordere, bald die hintere die onto- Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 289 genetisch jüngere. Eine bestimmte Gesetzmäßigkeit ließ sich nicht feststellen. Auch in diesen Reihen kommt es zunächst zur Aus- bildung von kleinen Papillen. Der weitere Schritt zur Ausbildung des Hautpanzers ist nun der, daß sich in den Papillen die ersten Stacheln bilden, und zwar zunächst natürlich in denen der R 5. Während dieses Vorganges bilden sich neben den ersten Papillen gleichzeitig noch weitere benachbarte aus. Vielfach konnte ich in diesem Stadium beobachten, daß die ältere Papille bereits den künftigen Schuppenstachel durchscheinen ließ, während in der Jüngeren davon noch nichts zu bemerken war (vgl. Fig. 24--26). Charakterisierung von Stadium II: Schuppenbildung in den R5,R4 und R2 InR5 treten in den Papillen die ersten, zunächst noch einfachen Hartgebilde in Stachelform auf. Auftreten von Doppelpapillen. III. Stadium (Textfig. 20). Cyclopterus 27 mm. In diesem III. Stadium können wir bereits konstatieren: Die älteste R 5 hat ihre Schuppen auf die gewöhnliche Normalzahl (5 jederseits) gebracht. Ebenso sind in R 4 alle Schuppen I. Größe (gleichfalls meistens 5) schon vorhanden. Die zwischen der ersten und zweiten Rückenflosse gelegene R 2 zeigt uns die Anlage des zweiten großen Dornes mehr oder minder weit entwickelt. Hierzu kommen noch die Keime der R 1, welche bekanntlich längs der ersten Rückenflosse verläuft. Die älteren Schuppenanlagen der Reihen R5, R4 und R 2 sind schon recht gut entwickelt (Fig. 31, 32). Aus den Doppelpapillen (Fig. 26, 27) des II. Stadiums haben sich multiple Papillen gebildet (Fig. 30). Die älteren sind bereits von Hautstacheln durchbohrt (Fig. 28), während die jüngeren alle Uebergangsstadien von der einfachen Papille bis zu einer solchen mit einem oder mehreren Stachelanlagen zeigen können (Fig. 29, 30). Charakterisierung von Stadium III: Stachelbildung in R5, R4 R2, R1. Die Doppelpapillen der älteren Schuppen haben sich bedeutend vergrößert und sind zu multiplen Papillen geworden, die von mehr oder minder weit entwickelten Stacheln durchbrochen sind. IV. Stadium (Textfig. 21). Cyclopterus 31 mm. Die noch fehlende R 3 wird in diesem IV. Stadium angelegt. Dabei ist merkwürdig, daß bei R 3 die frontalwärts und kaudal- wärts liegenden Papillen fast zu derselben Zeit auftreten. Die ersteren erscheinen nur um ein weniges früher; keinesfalls ist ein Bd. XLVIL. N. F. XL, 19 290 Albrecht Hase, so großer Unterschied in der Folge zu bemerken, wie es bei den Reihen R 5 und R 4 (vor allem) die Regel ist. In den übrigen Reihen R 4 und R 1, eventuell auch in R 2 haben sich während- dessen die Anlagen noch beträchtlich vermehrt, und der Ver- knöcherungsprozeß ist so weit fortgeschritten, daß man auch jezt noch alle möglichen Entwickelungsstufen zu bequemem Studium entnehmen kann (vgl. Fig. 30—33). Charakterisierung von Stadium IV: Stachelbildung in sämtlichen Reihen vorhanden. Die da- zwischenliegenden Hautfelder zeigen noch keine Verknöcherungs- anlagen. V. Stadium (Textfig. 22). Cyclopterus 37 mm. Bisher hatten wir nur Anlagen von Hartgebilden in den Reihen bemerken können. Diese sind also, ontogenetisch betrachtet, zweifel- los älter. Stadium V zeigt uns zum erstenmal Hautdornen in den dazwischenliegenden Feldern Aber nicht auf der ganzen Körperoberfläche kommen Papillen gleichzeitig zur Entwickelung, sondern auch wieder (analog der Entwickelung in den Reihen) sind einige Stellen zeitlich bevorzugt. Zuerst treten Keime auf zwischen R 1 und R 3, zwischen R 3 und R 4, sowie in der Kopfregion. In der zugehörigen Textfig. 22 sind die betreffenden Partieen durch Punktierung markiert. Besonders beachtenswert erscheint es mir, daß in der Bauchregion noch gar keine Ver- knöcherungen zu bemerken sind (selbstredend abgesehen von R 5). Man sollte meinen, gerade hier müßten solche sehr zeitig zu sehen sein, da im Hinblick auf die frühe Anlage von R 5 eine Tendenz zur Verknöcherung in diesen Hautstellen eigentlich vorhanden ist. Auf die Lage von einer Anzahl Stachelkeime möchte ich, da in diesem Stadium besonders gut zu beobachten, noch ausdrücklich hinweisen. Wie in Kap. II, 1 betont wurde, scheint R 3 noch eine parallele Reihe zu R 4 und dem jetzigen Vorderende von R 3 auszubilden, und diese neue zukünftige Reihe hat die Tendenz, kaudalwärts mit dem Hinterende von R 3 zusammenzulaufen. Diese Vermutungen erhalten eine Stütze durch folgende Beobachtungen. Ich sah bei einer ganzen Anzahl von Individuen, daß Stachel- anlagen (meistens waren sie auch ein klein wenig größer als die übrigen der Felder) den hinteren Teil der R 5 nach vorn zu (parallel zu R 4) serial geordnet fortzusetzen scheinen. Text- fig. 9, 22 und 23 bringen diese Verhältnisse durch die etwas stärkere Zeichnung der in Frage kommenden Papillen deutlich zum Aus- druck. Besagte Anlagen müssen wir aber jetzt noch zu den Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 291 Felderschuppen rechnen, da sie erst dann auftreten, wenn sämt- liche Reihen bereits in ihrem Verlauf festgelegt sind. Auch in diesem Stadium ist wiederum festzustellen, daß die frontalwärts gelegenen Hautpartieen gleichfalls früher Verknöcherungen anlegen wie die kaudalwärts liegenden. Charakterisierung von Stadium V: Stachelbildung in den Reihen R5, R4, R2,R1undR3. Beginn der Ossifizierung in den frontalwärts sich erstreckenden Hautfeldern, zwischen R 1 und R 3, R3 und R 4 sowie in der Kopfregion. VI. Stadium (Textfig. 23). Cyelopterus 55 mm. Die Hautverknöcherungen der R 1 bis R5 sind schon mächtig entwickelt und beeinflussen die Körperform insofern, als sie dem Tier ein eckiges, monströses Aussehen verleihen (vgl. Kap. II, 1). Die Weiterentwickelung der Felderpanzerung schreitet nun recht rasch vorwärts, an Dichte allerdings ventral- und kaudal- wärts etwas abnehmend. In der zugehörigen Textfig. 23 habe ich dies ebenfalls durch verschieden starke Punktierung wiederzugeben versucht. Am spärlichsten treffen wir die Anlagen zwischen der zweiten Rückenflosse und der Schwanzflosse einerseits, sowie der ersteren und der Afterflosse andererseits. Ich habe diese Haut- stellen manchmal fast ganz nackt gefunden (exkl. R3 und R4 natürlich). In diesem letzteren Entwickelungsstadium, welches dem völlig ausgebildeten Panzer schon sehr nahekommt, treten auch am Bauch Anlagen von Hautverknöcherung auf, zunächst noch in geringer Zahl. Den bei Stadium V näher besprochenen hypo- thetischen Verlauf von R 3 kann man auch jetzt noch verfolgen. Mit zunehmender Ausbildung des Hautpanzers wird er aber mehr und mehr verwischt. Endlich wäre noch zu erwähnen, daß nun auch unterhalb der zweiten Rückenflosse und oberhalb der Analflosse die Reihen R 2 und R 5 durch größer ausgebildete Knochenhöcker ihre Fort- setzung erhalten, ebenso wie die erstere an der Ventralseite des Kopfes noch eine Fortbildung erfährt (vgl. Textfig. 9, 15, 16, Fig. 19). Im ganzen betrachtet, macht der Panzer in diesem Sta- dium einen fast fertigen Eindruck und die weitere Ausgestaltung erstreckt sich nur noch auf Details. Prinzipiell Neues wird nicht mehr angelegt. Charakterisierung von Stadium VI: Hautdornen in sämtlichen Reihen vollzählig vorhanden. Stachel- bildung hat in allen Hautfeldern begonnen. 192 292 Albrecht Hase, Vergleichen wir am Schlusse die Entwickelung des Haut- panzers von Cyclopterus lumpus mit derjenigen anderer Teleosteer (soweit bekannt), so finden wir, daß beide Gruppen in folgendem übereinstimmen: Die frontalwärts liegenden Hautpartien zeigen im allgemeinen die Tendenz, früher zu verknöchern als die kaudalwärts sich er- streckenden. Eigentümlich für Cyclopterus ist es, daß die Ventralseite wiederum gegen die Dorsalseite hierin einen Vorzug hat, ebenso wie Cyclopterus durch die auffallend frühe Verknöcherung der Haut in gewissen Längslinien ausgezeichnet ist, wodurch die charakteristischen Reihen (R 1 bis R 5) zur Ausbildung kommen. Letztere Eigentümlichkeit teilt unser Lump wiederum mit Sela- chiern und Ganoiden (SoGRAF 1887, RYNBERK 1908, KoscH- KAROFF 1906). Formen mit ähnlichem Hautpanzer wie unser Objekt, z. B. Caranx, Gasterosteus, Trigla etc. etc., in dieser Weise zu unter- suchen und miteinander zu vergleichen, wäre zweifelsohne recht fruchtbringend und interessant. Aus Materialmangel war es mir aber leider nicht möglich, entsprechende Untersuchungen vorzu- nehmen. Ich behalte sie mir vor, bis ich genügendes Material ge- sammelt habe. Um keinen Irrtum aufkommen zu lassen, möchte ich zum Schluß nochmals betonen, daß bei allen Cyclopterus die Ontogenese des Hautpanzers im Prinzip dieselbe ist. Nur kann sie zeitlich verzögert resp. verfrüht erscheinen, wenn man die Größe der be- treffenden Tiere als Altersstufen rechnet. Während andere, die normal beschuppten Teleosteer, z. B. Cypriniden, ihr Schuppenkleid derartig anlegen, daß eine nennens- werte Zunahme der Dichte nicht mehr möglich ist, kommt der Panzer unseres Cyclopterus zunächst so zur Ausbildung, daß immer noch Hautstellen frei bleiben für später sich entwickelnde Ver- knöcherungen. Die Dichte nimmt also ständig zu, die Tendenz zu Verschmelzungen einzelner Hautstacheln erhöht sich hierdurch wesentlich. Cyclopterus bildet also nicht nur einmal in seinem Leben, nein, wie viele Selachier und nur wenig Teleosteer, ständig Hautverknöcherungen. (Browns [1903] Beobachtungen an Gadiden, welche unmittelbar nach dem Laichen ihr Schuppenkleid wechseln sollen. Der Ersatz ist auf die Zeit der Laichfähigkeit beschränkt. (Eine Nachkontrolle dieser höchst merkwürdigen Erscheinung müßte doch nochmals vorgenommen werden. D. Verf. HAsE.) Studien über das Integument von ÖOyclopterus lumpus L. 2953 Kapitel II. Entwickelung der Hautstacheln des Cyelopterus lumpus L. 1. Orientierende Bemerkungen. Nachdem wir im ersten Kapitel uns mit der Struktur und Genese des Integumentes überhaupt vertraut gemacht, nachdem wir im zweiten die Panzerung in allen Einzelheiten kennen gelernt, wenden wir uns nun zunächst zur ontogenetischen Entwickelung der einzelnen Knochenhöcker, deren merkwürdige Anordnung uns ja jetzt geläufig ist. — Ich habe Hautstacheln aus allen Reihen und Regionen auf die Entstehung hin von der ersten Papille an untersucht und fand, daß alle morphologisch wie histogenetisch gleichwertig sind. Cyclopterus hat nur Hautverknöcherungen von einem histologischen Typ, der allerdings in der Größenentfaltung sehr variabel sein kann (Stacheln I.—IV. Größe, Kap. LI, 1). Wir sind (in Kap. I) der Genese der Hautschichten mit aus folgenden Erwägungen nachgegangen: es lag mir sehr daran, alle histologischen Elemente der normalen Hautstrecken zunächst zu kennen, um gleichsam eine Basis zu haben für die Beurteilung der diese normalen Verhältnisse umbildenden Vorgänge. Ich hielt es für unbedingt nötig, über eine ganze Reihe von Vorfragen (siehe unten) orientiert zu sein, ehe mit Erfolg und unter Vermeidung alter Fehler die uns hier interessierende Kardinal- frage angeschnitten werden könnte. — Um nicht in Fehlbeobach- tungen zu verfallen, habe ich die Bildung der Hautverknöcherungen immer bis zu den allerersten Anfängen zurückverfolgt, bis zu dem Punkt, wo eine Differenzierung in der normalen Haut eben erst einsetzt, und wo die Abänderungen noch so geringfügig sind, daß eine Mißdeutung nicht gut möglich ist. — Die benachbarten nor- malen Integumentstrecken geben uns (da ihre Genese und Struktur bekannt) den Maßstab zur Beurteilung der einzelnen Entwickelungs- stufen eines Hautstachels. Durch oben skizziertes Vorgehen hoffte ich, daß es mir gelingen würde, die Genese der Hautverknöche- rungen unseres Objektes einwandfrei darzulegen. 2. Veber die Herkunft der Skleroblasten. Skleroblasten nannte KLAATSCH (1890) diejenigen embryo- nalen Zellen, welche die Fischschuppen (also Hartsubstanz) bilden. Der Ausdruck ist im Gegensatz zu Osteoblasten [GEGENBAUR] (Knochensubstanz bildend) und Odontoblasten [WALDEYER] 294 Albrecht Hase, (Zahnbein bildend) gut gewählt. Die Bezeichnung KLAATSCHS für die Schuppenbildner ist auch in die Literatur übergegangen (GEGENBAUR [1898], GooprıcHh [1904], BURCKHARDT [1906], KwiErnızewsk1ı [1906], Hase [1907], NussgAum [1907], WIEDERS- HEIM [1909] u. a. mehr). Einige Jahre später (1894/95) stellte derselbe Autor die Be- hauptung auf, die Skleroblasten seien Abkömmlinge der Epidermis und da im Anschluß an Hautsinnesorgane („Neuro-Skleralanlagen“, 1895, p. 133) entstanden. Alle Hautverknöcherungen (die Deck- knochen gleichfalls) sind als ursprünglich ektodermale Gebilde auf- zufassen, die erst später ins Mesoderm übertreten. — Die Be- deutung dieser Theorie, in Rücksicht auf die Spezifität der Keim- blätter, liegt auf der Hand. Sofort wurde KLAATSCH energisch widersprochen von RABL (1894), Röse (1897), KeısEL (1894), R. G. Harrıson (1895), während sich GEGENBAUR (1898) der Ansicht seines Schülers teilweise anschloß (l. ce. p. 155 und 156). Für Heptanchus müßte allerdings eine Nachprüfung noch geschehen. — Eine ganz ähnliche Behauptung wie KrAATscH hatte schon VAILLANT (1875) aufgestellt. Er leitete die Zähnchen (aber nur diese) am Hinterrande der Ctenoidschuppen (z. B. beim Gobius niger) von der Epidermis ab; und merkwürdig, ihm trat KLAATSCH (1890) selbst heftig entgegen; 1. c. p. 193 schreibt er: „Von einer Beteiligung der Epidermis an der Bildung der Spinules (dies sind besagte Zähnchen — der Ausdruck „spinules“ stammt von BAUDE- roT [1873]. Anm. vom Verf.) ist gar nichts vorbanden, wie man sich bei Perca leicht überzeugen kann. Die VAıtLLantschen völlig unbegründeten Schlüsse haben kein Recht, überhaupt diskutiert zu werden.“ — KrAAtsch selbst läßt nun später nicht bloß die Zähnchen, sondern die ganze Schuppe vom Ektoderm herstammen. — In neuerer Zeit diskutierte die Frage GooprıcH (1904); 1. c. p. 469 heißt es: „My own observations are directly opposed to KLAATScH’s interpretation. Sections through embryos of Scyllium or Acanthias properly preserved, and treated with appropiate stains (such as borax carmine and picro-nigrosin) show conclusively that a continuous and definite basement membrane separates the epidermis from the mesoblastic tissues over the whole surface of the animal. At what stage this membrane first makes its appearance I am unable to say; but there can be no doubt that it is formed very early indeed.“ — Auch Kwiernıewsk1 (1906), BURCKHARDT (1906), NussBAum (1907), Hase (1907) wandten sich gegen die Auswanderungstheorie der Skleroblasten. Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 295 Jüngst wurde die KLAATScHSche Ansicht neu von SzıLy (1907 a) verfochten; ausgewanderte Epidermiszellen sollen nach ihm die Bildung der Flossenstrahlen, der sogenannten Horn- (Elastoidin-)Fäden und des sekundären Schultergürtels (Cleithrum) veranlassen. Szıcy (1907b) zog einen Teil der Behauptungen selbst zurück, völlig widerlegt wurden sie durch Bront (1909) für die Flossenstrahlen und durch VogEL (1909) für das Cleithrum. (Dafür hatte Szıny [1907b] selbst seine Beobachtungen korri- giert.) — In einer ganz kurzen Arbeit beschreibt KASANZEFF (1906) die Entwickelung des Hautpanzers von Sygnathus acus und will gefunden haben, daß (analog wie bei KLAATSCH) epi- dermoidale Zellzüge die Basalmembran (c,) verdrängen und ins Mesoderm übertreten. Dort liefern sie primäre Verknöche- rungen, die mit anderen sekundär im Bindegewebe entstandenen Verknöcherungen verschmelzen. KASANZEFF ist zur Ueberzeugung gekommen, „daß der Anfang der Prozesse, welche später zur Bildung des Hautskelettes führen, nicht im mesodermalen Teile des Integumentes, der Cutis, sondern im Ektoderm, der Epidermis seinen Sitz hat“ (l. c. p. 854). — Dieser bemerkenswerte Vorgang geht nach KASANZEFF etwa folgendermaßen vor sich. Die aus wenigen Zellschichten bestehende Epidermis differenziert sich in eine obere und eine basale Schicht, letztere mit großen, senkrecht zur Oberfläche gestellten Kernen. Die obere Schicht bleibt unverändert. Zwischen beiden Schichten „wird ein enger, spaltförmiger Raum bemerkbar“ (l. c. p. 855) — solche „Spalten“ hatten auch KLAATSCH und SzıLy bemerkt —. Die Trennung durch den Spalt ist keine vollkommene, so daß differenzierte untere und nicht differenzierte obere Schicht an der Randpartie zusammenhängen. Unter der basalen Epidermisschicht ist eine helle, kern- und zellfreie Grenzzone (gemeint ist die Mem- brana terminans); aber unter den oben beschriebenen differenzierten Stellen ist die Basalmembran nach seinen Angaben nicht nach- zuweisen. In der Basalmembran hat er aber doch manchmal spärlich Zellen finden können unter den eben differenzierten Zell- zügen der Epidermis, die er für abgewanderte Epidermiszellen hält. Aber nicht nur diese dringen in das Corium ein, sondern auch die durch den „Spalt“ abgetrennten Epidermisbezirke. Andererseits hatte er auch in der Cutis, unter der Basalmembran, kubische Zellen gesehen, die allemal an den Stellen liegen, wo darüber in der Epidermis sich die Sonderung vollzieht. Ueber ihre Bedeutung ist KASANZEFF sich unklar. — Die so in das Corium 296 Albrecht Hase, eingewanderten Epidermiskomplexe sondern sich in zwei Lagen, und dazwischen bildet sich die erste Hartsubstanzplatte. Ein- gewandertes Bindegewebe hat aber den ganzen Schuppenkeim von seinem Mutterboden, der Epidermis, abgedrängt, „so daß die Hart- substanzplatten samt den ihnen anliegenden ektodermalen Zellen in die tiefsten Schichten des Unterhautbindegewebes eingebettet erscheinen“. Diese Platten sind zellfrei und parallel zur Ober- fläche geschichtet. Weiter heißt es nun ]. c. p. 861, „daß der definitive Hautpanzer von Sygnathus der Hauptsache nach aus zellhaltigem Knochengewebe besteht und nur die tiefste Schicht vollkommen zellenlos ist“. Diese „tiefste Schicht“ ist aber die, deren Bildung von abgespaltenen Epidermiszellen ausgeht. „Die Hauptmasse des definitiven Hautpanzers wird also von Knochen- gewebe gebildet, welches in dem Bindegewebe zwischen den ein- gesenkten ektodermalen Anlagen und der Epidermis entsteht. Zum Schlusse möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, daß die oben geschilderten Vorgänge auf die erste Hartsubstanzbildung sich beziehen und daß in späteren Stadien überall im Bindegewebe Verknöcherungen entstehen, welche mit den primären Hartsubstanz- bildungen in Verbindung treten.“ Hierzu sei bemerkt: KASANZEFF stellt also die Behauptung auf, die obere Schuppenschicht liegt unter der unteren, so paradox es klingt. Angenommen: bei Sygnathus wäre, analog der Schmelz- bildung in Placoidschuppen und Zähnen, die Epidermis wirklich noch beteiligt bei der Schuppenentwickelung, so müßten diese Komplexe doch wenigstens distal liegen, d. h. näher der Epidermis ihrer Matrix und nicht proximal unter später gebildetem Knochen- gewebe, dies wäre ja zu seltsam. KaAsaAnzerrs Bilder sind durch- aus nicht überzeugend. Er ist sich wohl gar nicht klar darüber gewesen, welche fundamentale, doppelte Bedeutung einem solchen Vorgange zukommt. Ich habe Sygnathus nicht studiert daraufhin, kann also nicht direkt behaupten, daß KASANZEFF sich irrt, aber sehr zweifel- haft erscheint mir sein Bericht. Er erinnert mich zu sehr an die Bilder von KLAATSCH und SzıLy. — Eine Nachprüfung ist also dringend erwünscht. Wir sehen, daß für jeden, der sich mit der Genese von Fisch- schuppen beschäftigt, die Frage nach der Herkunft der Sklero- blasten eigentlich die Kardinalfrage ist. Bei unserem Objekte mußten wir mit großer Vorsicht vorgehen und alle Altersstadien berücksichtigen, wie dies auch geschehen ist. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 297 Ich möchte noch eins hervorheben. In Kap. I, 5 habe ich Zellverbindungen beschrieben zwischen Epidermis- und Cutiszellen. Es ließe sich nun nach der Ansicht von KLaaArtscen leicht folgern: Die Zellen treten erst durch Plasmabrücken in Verbindung, um schließlich ganz überzuwandern. Die Verbindung ist eben die erste Vorstufe des Uebertrittes, einfacher kann ja der Vorgang gar nicht sein. — Dieser Interpretation gegenüber verwahre ich mich streng, und ScHUBERG (1907, 1908) tut das Gleiche. (Er richtet sich in seiner diesbezüglichen Polemik besonders gegen KLAATSCH, MAURER und SzıLy.) — Trotz bestehender Verbindungen habe ich nichts gefunden, was für eine Deutung im Sinne von KLAATSCH, SzıLy und KASANZEFF spräche. Ich sagte bereits im ersten Kapitel, daß sich die basalen Epidermiszellen wohl lebhaft teilten, aber sie geben die neugebildeten Zellen nur nach der Oberfläche hin ab, sie schieben ja die serösen Drüsen gleichsam vor sich her (siehe daselbst). Ferner wandern die Cutiszellen auch immer nach der Epidermis hin; die Zellverschiebungen im Inte- gument erfolgen also in distaler Richtung, nicht umgekehrt. Nun zurück zu unserem Cyclopterus. Woher stammen bei ihm die Skleroblasten? Wir müssen da auf ein voriges Kapitel zurückgreifen, I, 2. Gesagt wurde dort, daß die Coriumzellen der c, in Schichten geordnet seien, daß aber immer zwischen der Epidermis und ihnen eine einheitliche Bindegewebsschicht liegen bleibt, die zwar von Zellfäden durchbohrt ist, aber ihren Zu- sammenhang immer bewahrt. Man könnte sie gewissermaßen als persistierende Membrana terminans bezeichnen, wenn man von der Kreuzstreifigkeit absieht. In ihrer Funktion wirkt sie als solche. Wir wollen sie in Zukunft als c,. bezeichnen, um die Zugehörigkeit zur äußeren Coriumlage c, auszudrücken. Es ist c,. die am meisten distalwärts liegende Schicht der c, (vgl. Textfig. 5, 7; Fig. 5, 6, 10, 13a, b, 24, 34 u. ff.). Unter dieser so typisch ausgeprägten Coriumschicht c,. finden wir nun allenthalben Bindegewebszellen, ebenso wie zwischen den tieferen Schichten der c,. (Fig. 5, 6bz. In Fig. 5 wurden nur die Kerne eingezeichnet aus anderen Gründen.) Ein Teil dieser Zellen liefert durch seine indirekte Tätigkeit die kollagenen Fibrillen (Kap. I, 2), ein zweiter scheint aber vorläufig mehr embryonalen Charakter zu bewahren. Diese letztere Art wird zu den Skleroblasten, sie unterscheidet sich von den anderen Bindegewebszellen, die schon ihre Rolle übernommen haben, gleichsam durch die mehr ovale, nicht so langgestreckte Gestalt. An allen den Stellen, wo Hautverknöcherungen auftreten 298 Albrecht Hase, sollen, findet eine lebhafte Vermehrung besagter Zellen statt. Der gebildete Zellhaufe liegt zunächst nur unter der c,... Er wölbt sie ein wenig auf und bildet so die schon mehrfach erwähnte Papille, die der Stachelbildung vorhergeht (Kap. II, 2) (Fig. 23, 34—36). Der so gebildete Zellhaufen ist, um es nochmals zu betonen, aus Bindegewebszellen hervorgegangen, die nicht mit zu der kolla- genen Faserbildung herangezogen werden, sondern den embryo- nalen Charakter bis zu dem Zeitpunkte bewahren, wo die Aus- bildung des Hautpanzers einsetzt. — Sie vermehren sich dann lebhaft (die Möglichkeit der Verknöcherung besteht ja für fast alle Hautstrecken), häufen sich zusammen und werden zu den Skleroblasten der Cyclopterushaut. — Ihre Sonderaufgabe be- rechtigt uns, sie mit besonderen Namen zu signieren. Wir haben also zu unterscheiden a) gewöhnliche Bindegewebszellen, die kolla- gene Fasern liefern; b) modifizierte Bindegewebszellen, die später die Hautverknöcherungen liefern. a) und b) sind im embryonalen Leben und auf jüngsten Stadien (Fig. 1—3) noch nicht zu unter- scheiden. Ein Teil scheidet gleich Bindesubstanz ab, ein zweiter (später Skleroblasten) bleibt zunächst embryonal und liefert erst später Bindesubstanz, aber nicht kollagene sondern verkalkte. — Ich glaube durch obige Ausführungen meinen Standpunkt betreffs der Herkunft der Skleroblasten für Cyclopterus klargetan zu haben. Die Skleroblasten sind ihrer Natur nach mesodermale Zellelemente. Sie liegen von allem Anfang in der Cutis, die Grenze zur Epi- dermis hin (c,.) wird stets eingehalten. Wir haben in Kap. I, 1 den Bau und das gesamte Verhalten der Epidermis kennen gelernt und nichts gefunden, was im Sinne von KLAATSCH, SzıLy und KASANZEFF gesprochen hätte. Von einem Austreten einzelner Zellen sowohl wie ganzer Zellzüge war nichts zu bemerken. Wir lernten in Kap. I, 2 die Genese und den Bau des Coriums kennen, sahen, wie scharf die Schichten gegen die Epidermis hin abgegrenzt sind, welche Umformungen wohl eintreten, wie es aber immer nur bindegewebige Elemente waren, die jene hervorbrachten. 3. Ordnung, Form, Funktion und Schicksal der Skleroblasten. (Textfig. 24—37; Fig. 44a—h, 34—42.) War der vorige Abschnitt der Frage nach der Herkunft der Skleroblasten gewidmet, so wollen wir in diesem auf die Gebilde etwas näher eingehen, um uns nicht später wiederholen zu müssen. Studien über das Integument von Cyelopterus lumpus L. 299 Die erste Anordnung der Skleroblasten (scbl) geschieht in Form eines flachen Zellhaufens direkt unter der cu (Fig. 34, 35): Dieser Haufe vergrößert sich, behält aber zunächst die länglich- gewölbte Form noch bei. Erst später wird eine mehr kugelige Anordnung angestrebt (Fig. 36), welche endlich einer kugelförmigen Platz macht. Doch damit kommt es schon zur Bildung von Hart- substanz, und wir wollen nicht vorgreifen. Die Form der Skleroblasten ist anfänglich die der übrigen Bindegewebszellen, nur etwas rundlicher, nicht so stark in die Länge gestreckt. Man kann am Rande einer Papille gar keine scharfe Grenze ziehen und sagen: dies ist schon ein Skleroblast, dies ist noch keiner (Fig. 34 u. 35). — Aber bald tritt eine so typische Differenzierung ein, daß ein Entscheid wohl möglich ist. — Waren die ersten Skleroblasten zunächst gar nicht (wie die übrigen Bindegewebszellen), später schwach (Fig. 34, 35) gegen- seitig abgegrenzt, so beginnt nun eine deutliche Sonderung der einzelnen Skleroblasten (Fig. 44). Ihre Form, anfangs unbestimmt, wird eine ganz typische, so markante, wie es uns die Figg. 36—42, Textfig. 25 zeigen. Die Zelle grenzt sich gegen ihre Schwesterzellen deutlich ab, außer an der Stelle, wo Hartsubstanz gebildet werden soll, der Kern rückt an das eine Ende, die Form wird eine zylindrisch hohe. Fig. 44a, b und c geben solche fertig ausgebildete, in voller Funktion begriffene Skleroblasten wieder bei starker Ver- größerung (gezeichnet nach verschieden gefärbten Präparaten, siehe Figurenerklärung). — Wenn wir nicht wüßten, daß wir es mit Skleroblasten zu tun hätten, so würde der Unbefangene wohl diese Gebilde für echte Odontoblasten halten. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß die Gestalt der Skleroblasten tatsächlich derjenigen von Dentinbildnern aufs Haar gleicht. — Die Bilder von Odonto- blasten, wie sie unter anderen HEIncKE (1875), ©. HERTWIG (1874), CArıson (1895), FRIEDMANN (1897), Röse (1898), RıTTEr (1900) und erst kürzlich Ense (1910), Disse (1910) geben, gleichen denen der Cyclopterus-Skleroblasten ganz außerordentlich. [Diese typische Gestalt behalten sie aber nur während der Funktion.] Abgesehen von Selachiern und Ganoiden sind sie noch von keinem Autor in dieser Form bei einem Teleosteer beschrieben worden und dort liefern sie — Dentin. Auf das Bedeutungsvolle dieses Befundes komme ich im allgemeinen Teil zu sprechen. Bei allen in Funktion begriffenen Skleroblasten sah ich an ihrer Basis (d. h. an der dem Kern abgewandten Seite) eine helle, 300 Albrecht Hase, fein granulierte Schicht (Fig. 44b, c g2), die der Bildung der eigentlichen Hartsubstanz vorausgeht. Letztere selbst war gegen die granulöse Schicht scharf abgesetzt. An allen den Stellen, wo der Hautstachel am lebhaftesten in Bildung begriffen ist, ist diese Grenzzone am dicksten. Mit fortschreitender Verkalkung und Ausbildung des Haut- dornes nehmen die Skleroblasten an Höhe und Umfang ab, gleich- sam als wenn sie sich erschöpft hätten. Sie legen sich mehr und mehr dem Stachel an, und die im hoch zylinderförmigen Stadium ganz ovalen Kerne werden flach und scharf zugespitzt, so wie wir es bei den gewöhnlichen Bindegewebszellen nach der Faserbildung sehen. Auch die helle, anfänglich stärkere Grenzzone (g2) nimmt an Ausdehnung ab und erscheint zuletzt als ganz feiner heller Streifen (Fig. 44h g2). Die Figg. 44 a—h zeigen uns den Verlauf der Umbildung, welche die Skleroblasten erfahren. NussBAUM (1907) spricht sich dahin aus, die außer Tätigkeit getretenen Skleroblasten würden völlig resorbiert. Ich fand, selbst bei ganz großen Hautstacheln, die Skleroblasten immer noch vor, wenn auch in modifizierter Form. Nur die frei herausragende Oberfläche ist frei davon, aber hier sind sie wohl mechanisch abgestoßen worden. Ich möchte mich dahin aussprechen, daß den Skleroblasten keine Neubildung von Hartsubstanz in dem modifizierten Zustande mehr zukommt, dies besorgen die in voller Funktion bleibenden an der Basis, sondern daß sie die ständige Dickenzunahme der schon gebildeten Hartsubstanz veranlassen durch Abgabe von Kalk- salzen an die Fibrillenlagen. Hierfür spricht einmal ihr ständiges Vorkommen, ferner das fortgesetzte Dickenwachstum der schon gebildeten Hartsubstanz und das stärkere Verkalktsein der älteren, d. i. der Spitzenteile. Letzteres kann man auf optischem Wege leicht feststellen. Ich möchte nicht glauben, daß die Skleroblasten im späteren Alter völlig funktionslos geworden sind, welche Rolle ich ihnen zuschreibe, sagte ich ja oben schon. — Auf eines will ich noch hinweisen. Die Skleroblasten des Cyclopterus haben im Alter die langgestreckte Form, wie sie diejenigen anderer Teleosteer (Forelle, Cobitis-Arten) gleich beim Beginn der Papillenbildung besitzen. In der Jugend kommt den Skleroblasten des Cyclopterus die Odontoblastenform des Placoidorganes zu! Ich halte dies für bedeutungsvoll und werde darauf zurückzugreifen haben. — Was die Bildung der Hartsubstanz selbst angeht, so bin ich der An- sicht: Die Skleroblasten wandeln einen Teil des Plasmas in eine zunächst homogene Grundsubstanz um, die bei den benachbarten Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 301 | Zellen an der Basis zusammenfließt. In dieser entstehen die Fibrillen des späteren fertigen Hautstachels, welche mehr oder minder stark verkalken, d. h. die älteren sind am stärksten ver- kalkt. — Eine direkte Umwandlung der Skleroblasten zu Hart- substanz sah ich nicht, immer lag die helle Grenzzone (g2) zu- nächst dazwischen. Allmählich verbraucht sich das Plasma bei der Grundsubstanzbildung bis auf geringe Reste, die aber deutlich nachweisbar sind !). 4. Die Entwickelung eines einzelnen Hautstachels. (Fig. 34—42, 43a, b; Textfig. 24—28.) Nachdem wir Herkunft, Form und Funktion der Bildungs- zellen der Hautverknöcherungen kennen gelernt, gehen wir auf die Entwickelung der Hautstacheln selbst ein. Ich glaube, im Interesse der Uebersichtlichkeit ist es besser, erst die Ontogenie eines einzelnen einfachen Hautdornes zu verfolgen, so wie in Fig. 43a u. b zwei derselben abgebildet sind. Beim Verschmelzungsprozeß wieder- holen sich dann diese Vorgänge, und prinzipiell Neues tritt nicht auf. Die Einleitung zur Stachelbildung ist das Anhäufen der Sklero- blasten in einer erst rundlichen (Fig. 34), dann länglichen Papille (Fig. 35), die die oberste Coriumschicht cı. ein wenig vorwölbt. Waren die Skleroblasten erst unregelmäßig zusammengeballt (Fig. 35) und Grenzen zwischen ihnen noch nicht ausgebildet, so ist der weitere Schritt der, daß die Skleroblasten hohe Zylinderform an- nehmen, ihren Kern an das (negative) Ende verschieben und sich in Kugelform anordnen (Fig. 36, Textfig. 24). In diesem Stadium beginnt -auch bereits die Umwandlung des Zellplasmas in die amorphe, hyaline Grundsubstanz, welche in sich die Fasern des späteren Stachels entstehen läßt?). Ein 4. Stadium gibt uns Fig. 37 wieder. Die kugelige Form des Skleroblastenhaufens wird aufgegeben, die ganze Anlage zieht sich mehr in die Länge und springt scharf gegen die Epidermis vor, aber immer, ebenso wie die vorhergehenden Stadien, im Corium liegend (Fig. 37). Weiterhin erfolgt eine sanfte Neigung der Stachelanlage nach rückwärts zu mit der distalen Spitze, wobei die Basis etwas breiter wird, und 1) Betreffs der Dentinbildung ist zurzeit ein lebhafter Streit entbrannt, besonders was die Art der Faserbildung anbelangt. Vergl. StuvnıcKkA (1907, 1909), v. Esser (1909), Disse (1909), v. Korrr (1910). 2) Auf Schnittbildern erscheint diese Kugelform des Sklero- blastenhaufens natürlich in Form eines Sterues. 302 Albrecht Hase, jetzt bemerken wir, wie in der Grundsubstanz sich der erste kleine Stachel gebildet hat, der aber zunächst noch nicht verkalkt ist. Daß es jetzt zu wichtigen Differenzierungen innerhalb der Papille gekommen ist, geht aus dem Verhalten gegen Farben hervor. Der Spitzenteil färbt sich intensiv, während die Basis ihren hyalinen Charakter bewahrt hat (Fig. 38). Genau das gleiche gilt auch fernerhin. An der proximalen Basis aller, auch der größten Haut- verknöcherungen findet ein immerwährendes Wachstum, d. h. An- lagerung neuer Grundsubstanz statt, welche dann fibrillär zerfällt. — Bisher war die Basis des kleinen Stachels noch einheitlich (Fig. 38), allmählich aber bilden sich (auf dem Schnitt als solche sichtbar) Zacken aus, die lebhafter wachsen (Fig. 38). In Wirk- lichkeit ist es ja der ganze Rand, welcher nun mit lebhafterem Wachstum einsetzt. Es wird hierdurch die Hohlkegelform des Hautdornes hervorgerufen. Die Verkalkung schreitet weiter fort, und dementsprechend beginnen die Skleroblasten an der distalen Spitze des Kegels bereits sich zurückzubilden resp. haben sich schon erschöpft (Fig. 39). Im nächsten, 7. Stadium, bemerkt man folgende Verhältnisse. Der junge Stachel hat sich in einen massiven, distalen, oberen Teil und einen hohlen, proximalen, unteren Teil differenziert. Im Schnittbilde (Fig. 40) erscheint letzterer als lang heruntergezogener Zacken, der ganz dicht von den hohen Skleroblasten umgeben ist. An der sich immer mächtiger entwickelnden Spitze sind die Skleroblasten wohl noch zu bemerken, aber schon stark modi- fiziert. War im Stadium 1 und 2 (Fig. 34 u. 35) der Stachelkeim direkt unter der cı.-Schicht gelegen, so beginnt aber bald eine lebhafte Entwickelung von unregelmäßigen, d. h. nicht geschichteten Faserbündeln, die Anlage allseitig zu umhüllen (Fig. 36-—40), welche auf der obersten Coriumlage c, gleichsam aufsitzt. Diese selbst wird hierdurch etwas nach innen eingebogen, ein Vorgang, der besonders deutlich durch den Verlauf der Pigmentschicht (pig,) wird. Die ganze Anlage liegt bisher noch völlig in der Cutis, zu einem Durchbruch des Spitzenteiles durch die c,.-Schicht ist es noch nicht gekommen. — Dieser Durchbruch vollzieht sich im 8. Stadium (Fig. 43). Der kräftig ausgebildete Hohlstachel hatte in der Papille nicht mehr Raum genug und bohrt sich deshalb durch die cı. in die Epidermis zunächst ein, dann durch diese selbst hindurch und ragt frei über die Oberfläche der Epidermis (Fig. 42 = 9. Stadium). Studien über das Integument von Öyclopterus lumpus L. 303 Die Epidermis verhält sich dem eindringenden Stachel gegen- über ganz passiv, d. h. es kommt zu keinerlei Schmelz- oder Schmelzkäppchenbildung. Etwas in Mitleidenschaft gezogen wird das Corium. Die immerhin bedeutende Volumzunahme des Hautstachels brachte zu- nächst eine lebhafte Bildung von nicht geschichtetem Corium mit sich, die den Stachel von der äußersten Schicht c,. mehr ab- drängte und so gleichsam in die Tiefe verlagerte. Recht interes- sant ist es, woher die Bildungszellen dieser Faserzüge stammen. Jede Papille wird zunächst aus mehr Zellen gebildet, als zur Stachelbildung eigentlich nötig sind. Bei dem Zusammentreten in Kugelform finden daher eine ganze Menge „keinen Platz“ mehr, um es vulgär auszudrücken. Diese, ich will sagen, passiv bleiben- den Skleroblasten gehen zur gewöhnlichen Faserbildung über und geben mit anderen eingewanderten Bindegewebszellen das filzige, die junge Anlage von der cı.-Schicht abdrängende Corium. Ein weiterer Beweis für die wahre, mesodermale Natur der Sklero- blasten. Der basale Teil des Stachels durchbricht aber nicht die c;- Lage, sondern schiebt sie zunächst vor sich her in das netzartige Geflecht der c,-Lage. Bei Stadien, wie sie Fig. 41 und 42 zeigen, lockern sich dann einmal die Schichten derjenigen c,-Strecken, die unter dem Hohl- kegel liegen, etwas auf und suchen teils mit ihren alten, teils mit neu angelegten Zügen in mäßigen Bögen die Stachelhöhlung zu erfüllen; ferner füllt die Hauptmasse des Stachelinneren ein sehr festes, filzig verflochtenes Fasergeflecht aus, das genau so struk- turiert ist wie dasjenige der Lage c,. Ueber, d. h. an der Außen- seite des Dornes bildet sich nun gleicherweise ein filziges Corium aus zwischen der cı.-Schicht und dem Stachel, doch bald kommt es auch hier vielfach zur Entwickelung von vereinzelten ge- schichteten Faserzügen. Fig. 41, 42 dienen zur Erläuterung meiner Ausführungen. Die bisherigen Schnittbilder waren durch Frontal- und Trans- versalserien erhalten. Um nach allen Seiten hin gerecht zu werden, habe ich auch in der Sagittalebene geschnitten (Textfig. 24—23). Daß die erste Sonderung der in Tätigkeit befindlichen Skleroblasten wirklich in kugeliger Form vor sich geht, wird hier- durch völlig erwiesen. In Textfig. 24 ist eine sagittal geschnittene Stachelanlage zu sehen, die genau das gleiche Bild zeigt wie Fig. 36. — Die Textfig. 25 gibt einen Sagittalschnitt durch eine 304 Albrecht Hase, De we A DD Pr FR: TS A DD DS Textfig. 24. Cyclo- pterus 23 mm. Papille aus R3 im Transversal- 7” schnitt. Halbschema- tisch. Hierzu vgl. Fig. 36. Textfig. 25. Cyclopterus 31 mm. Papille aus R3. Sa- gittalschnitt. 515 :1. Zeichen- apparat. Die Hartsubstanz ganz dunkel gehalten, genau so wie in Textfig. 26—37. Hierzu vgl. Fig. 37. Textfig.26. Cyelo- pterus 3lmm. Papille mit erstem Stachel, R1. Schnitt parallel zur Körperoberfläche. 515:1. Zeichenappa- rat. Hierzu vgl. Fig.42. In Textfig.26—37 sind die Skleroblasten in dunklerer Schattie- rung gehalten. Studien über das Integument von Cyelopterus lumpus L. 305 weit hervorgewölbte Papille, so wie sie in Fig. 37 (frontal geschnitten) abgebildet ist, wieder. — Textfig. 26 korrespondiert der Fig. 40 oder 41; es ist der zur Längsachse des Stachels quer geführte Schnitt. Was in Fig. 40—42 als Zacken des Stachels gleichsam erschien, ist die nun ringförmig erscheinende Basis. Textfig. 27 ist ein Querschnitt, welcher die Mitte eines Dornes getroffen hat; da dieser ein Hohlkegel ist, so muß das Querschnittbild natürlich als Ring erscheinen. In Textfig. 28 endlich ist ein Dorn nahe der Spitze geschnitten, die selbst schon aus dem Corium in die Epi- dermis ragt. Außen kann natürlich kein Bindegewebe mehr liegen. Textfig. 27. Textfig. 28. . Textfig. 27. Cyelopterus 26 mm, R5. Sagittalschnitt. Der Stachel- querschnitt erscheint als Ring. 515:1. Zeichenapparat. Vgl. Fig. 42. Textfig. 28. Cyclopterus 3l mm, R3. Sagittalschnitt. 515:1. Zeichen- apparat. Vgl. Fig. 42. Ich möchte gleich hier erwähnen, daß die Spitze des Stachels bald mehr massiv (Fig. 40, Textfig. 29, 31, 34), bald mehr aus- gehöhlt sein kann (Fig. 42, Textfig. 30, 32, 37). In welcher Höhe die Schnittebenen der Textfigg. 25 —28 ungefähr liegen, ist in den Figg. 36, 37, 42 angegeben. — In Fig. 43 a und b, Textfig. 12a sind zwei einfache Stacheln abgebildet, die dem Schnittbilde von Fig. 42 entsprechen würden. Die Basis des Dornes kann manch- mal ein wenig ausgebogen, seitlich horizontal laufend erscheinen. Auch sieht man bei diesen ganz kleinen Stacheln peripher bis- weilen feine Ringe, die wohl als Zuwachsstreifen zu deuten sind, denn nur an dieser Stelle findet man die funktionierenden Sklero- blasten. Bd. XLVI. N. F. XL. 20 306 Albrecht Hase, Zu noch besserem Verständnis vergleiche man die makro- skopischen Bilder mit den entsprechenden mikroskopischen Schnitten in folgenden Figuren: 93 1% 24 25 ) 96 links 35 26 rechts 38, 28 rechts er 41 30 rechts | \& al mit. 39 30 Mitte [ 42 37 28 links A ta) 30 links Wir haben durch obige Darlegungen den Werdegang eines einzelnen Hautdornes vom ersten Anfang an kennen gelernt. Eine Summe von solchen ist nun die typische Hautverknöcherung des Cyclopterus. Damit eine solche zustande kommt, müssen, da ja prinzipiell neue Prozesse nicht mehr auftreten, Verschmelzungen stattfinden, denen der nächste Abschnitt gewidmet ist. 5. Der Verschmelzungsprozeß einfacher Hautstacheln zum typischen Knochenhöcker in der Cyclopterus-Haut. (Fig. 45--48; Textfig. 29 —37.) Theoretisch postuliert wird bei fast allen Autoren, die sich mit dem Studium der Fischschuppen beschäftigt haben, ein Ver- schmelzungsprozeß einfacherer Hautossifikationen zu komplizierteren. Ich nenne unten nur die Namen der betreffenden Autoren !), um zu zeigen, welch stattliche Reihe sie bilden; aber nirgends fand ich eine genaue Darstellung des Verschmelzungsprozesses selbst unter Rücksichtnahme auf die Rolle, welche hierbei doch not- wendigerweise die Skleroblasten spielen müssen. Denn daß die fertigen Schuppen (als Hartgebilde) nicht von selbst verschmelzen, ist wohl so selbstverständlich, daß ich es wohl kaum erst hervor- zuheben brauche. Die Bilder von Tıms (1906), welche die Ver- schmelzung von Zähnchen der Gadidenschuppe mit der Basalplatte darstellen sollen, sind so ungenügend, daß sie besser gar nicht vorhanden wären. Man kann daran gar nicht sehen, was eigent- lich dargestellt werden soll. Derartige Bilder sollten vom Autor nicht publiziert werden. Ich selbst habe mich früher (Hase 1907) auch dahin aus- gesprochen, daß zweifelsohne Schuppen im Laufe phylogenetischer 1) Rarake (1882); Hannover (1868); VaıtLant (1881); So- GRAFF (1887); O. Herrwıe (1874, 1876, 1879, 1882); Horer (1889); Kraarsch (1890); Nıckerson (1893); Kasanzerr (1906); GOODRICH (1907); M. Tıms (1906); Nusspaum (1907). — GUENTHER (1886); GEGENBAUR (1889); BripgEe (1904). Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 307 Reihen verschmolzen sind, konnte aber aus Materialmangel den Verschmelzungsprozeß selbst an rezenten Formen nicht verfolgen. In unserem Cyclopterus habe ich einen Vertreter entdeckt, wo wir besagten Vorgang in jeder nur wünschenswerten Klarheit verfolgen können. Gehen wir von einfachen Stacheln wieder aus resp. von einem Doppelstachel, wie ihn uns Fig. 45 zeigt. Wie ist dieses Gebilde entstanden resp. verschmolzen? In einem vorhergehenden Ab- schnitte sagte ich, daß überall in den obersten Coriumschichten Bindegewebszellen sich finden, die mehr embryonalen Charakter bewahren, d. h. die Möglichkeit zur Papillenbildung ist immer vorhanden. Der Werdegang eines solchen Doppeldornes (Fig. 45) ist folgender. In 2 benachbarten Papillen hat sich die erste Hart- substanz bereits im Spitzenteile gebildet (Fig. 46). Da nun die Stacheln kegelförmig verbreitert sind an der Basis, so rücken mit fortschreitendem Wachstum die basalen Enden mit ihren hohen Skleroblasten immer näher aneinander. Schließlich kommt es zu einer direkten Berührung der (negativen, d. h. der nicht sezer- nierenden) Skleroblastenenden (Fig. 47). Da nun in diesen Stadien bereits nur noch an der Basis die Neubildung von Hartsubstanz vor sich geht, so können ältere Verknöcherungen im Spitzen Teil nicht mehr verschmelzen. Das Verwachsen findet immer nur an der Basis statt, und zwar derart, daß die im ersten Stadium der Verschmelzung eng benachbarten Skleroblasten sich vermischen. Man kann bei vielen Zellen nicht sagen, ob sie der einen oder der anderen Papille ursprünglich angehört haben (Fig. 48). — Weiterhin kommt aber wieder Ordnung in die Skleroblasten, d.h. sie orientieren sich in zwei Lagen. Die anfangs proximal resp. distal liegenden haben bei der Knappheit des Raumes (Fig. 47) sich gar nicht umzulagern brauchen, nur einige mittlere sind etwas ver- schoben worden. Mit ihren positiven (d. h. sezernierenden) Enden sind sie gegenübergelagert (Fig. 48). Die basalen Teile zweier Stacheln sind auf diese Art miteinander verbunden durch ihre Skleroblasten. Der Umwandlungsprozeß in hyaline Substanz war aber gar nicht unterbrochen worden, da ja nur ein kleiner Teil ihre Lage etwas ändern mußte, wobei aber die ursprüngliche Sekretionsrichtung!) beibehalten wurde. Ich will damit sagen, 1) Der Ausdruck Sekretion ist cum grano salis zu verstehen. Meine Ansicht über den Modus der Grundsubstanzbildung habe ich bereits früher präzisiert. 20* 308 Albrecht Hase, das Ende des Skleroblastes, welches einmal in Tätigkeit war, blieb auch in Tätigkeit, geändert hat sich nur eventuell die Lage des negativen, kernhaltigen Zellendes, z. B. erst distal (von unten nach oben, in den Figg. 46—48), dann vielleicht proximal (von Textfig. 29. Cyclopterus 26 mm, R5. Frontalschnitt. 225:1. Zeichen- apparat. Die Texifig. 29—37 stellen den Verschmelzungsprozeß der Papillen und junger Stacheln in verschiedenen Phasen und Modifikationen dar, alle sind mit Zeichenapparat entworfen. Textfig. 30. Cyelopterus 31 mm, Ri. 225:1. Sagittalschnitt. Beide Stacheln ungefähr gleichalterig. oben nach unten). Der Drehungspunkt ist immer das positive Skleroblastenende. Fig. 48 zeigt uns nun ein drittes Stadium. Wir sehen, wie die Skleroblasten an der Verschmelzungsstelle gleichsam eine Brücke von Grundsubstanz gebildet haben zwischen Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 309 den beiden Stacheln. An mehr distal liegenden Stellen ist die Hartsubstanz bereits gebildet worden (Fig. 48 hs). Die anfänglich weiche Brücke aus Grundsubstanz bildet erst Fibrillen, die zu den bisher schon vorhandenen gleichsinnig verlaufen, und endlich kommt es zur Verkalkung, womit der Verschmelzungsprozeß seinen Textfig. 31. Cycelopterus 31 mm, R4. Frontalschnitt. 225:1. Zwei ungleichalterige Stacheln und eine Papille. Textfig. 32. Cyclopterus 3l mm, R3. 225:1. Sagittalschnitt. Zwei annähernd gleichalterige Stacheln und eine Papille. Abschluß erreicht hat. Die Verschmelzung zweier benachbarter Stacheln ist eine so innige (weil eben erstdie Bildungszellen sich vereinigen), daß eine Verwachsungsstelle nicht zu bemerken ist, weder in Schliffen noch in Schnitten. 310 Albrecht Hase, Fig. 46—48 stellen den Verschmelzungsprozeß von zwei Stacheln dar, die ungefähr genau gleichalterig sind, makroskopisch gesehen, entsprechen sie dem Stadium, wie es Fig. 27 wiedergibt. Ich be- zeichne diese ganz eng benachbarten, gleichalterigen Papillen bis- weilen als „Doppelpapillen“. Als Endprodukt ihrer Verschmelzung resultiert ein zweispitziger Stachel, wie ein Muster in Textfig. 12b, Fig. 45 bei 50-facher Vergrößerung abgebildet ist. Der Verschmelzungsprozeß ist aber nicht auf gleichalterige Stacheln beschränkt, nein, es können solche ganz verschiedenen Alters sich zu gemeinsamen großen Knochenhöckern vereinigen. Wenn wir streng sein wollen, müssen wir sagen, nur die embryo- nalen Teile verschmelzen. — Bei einem derartigen Vorgang ent- wickelt sich der älteste Stachel ganz allmählich zur späteren Spitze der Hautverknöcherung, wie wir eine solche in Fig. 49 (im Schnitt parallel zur Höhe) vor uns haben. Der Modifikationen sind eine ganze Fülle. Es hat keinen Wert, alle ausführlich zu beschreiben, aber einige Typen möchte ich doch vorführen, um zu zeigen, wie das wechselnde Ober- und Unterflächenrelief entsteht. Am verständlichsten wird meine Darlegung, wenn der Leser die betreffenden Text- und Tafel- figuren vergleicht, da sie von korrespondierenden Gebilden ge- geben sind. 1) Textfig. 29 vgl. mit Fig. 26 u. 28. Ursprünglich zwei Papillen, die eine älter als die andere. Im gegebenen Stadium ist rechts der Zahn schon durch das Corium durchgebrochen, links noch nicht entwickelt. Es resultiert ein Knochenhöcker mit zwei ungleichen Spitzen. 2) Textfig. 30 vgl. mit Fig. 27 u. 29. Zwei ziemlich gleich- alterige Papillen. Die Verschmelzung ging sehr früh vor sich, daher in der Mitte eine lange, beiden gemeinsame Schicht von Hartsubstanz. Von innen gesehen, erscheint letztere als Scheide- wand beider Hoblkegel. 3) Textfig. 31, 32, 33 vgl. mit Fig. 30 u. 51. Drei ungleich alte Papillen benachbart. Zwei davon etwa in einem Alter (Text- fig. 32, Fig. 31), bilden eine Doppelspitze mit gemeinsamer Ver- schmelzungsschicht in der Mitte. Textfig. 31, 33, Fig. 30 zeigen drei verschieden weit entwickelte Stacheln, bei denen die Ver- einigung eben beginnen soll. Textfig. 33 ist transversal geschnitten, um zu demonstrieren, daß sich nicht nur in der Längsachse des Körpers Stacheln vereinigen, sondern, um die Kegelform mancher großer Höcker zu wahren, auch in der Transversalachse. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 311 4) Textfig. 34—37 vgl. mit Fig. 32 u. 35. Vier und mehr Stacheln verschmelzen. Die ursprünglichen Papillen können ver- schiedenen Alters sein, dementsprechend wird der zuerst gebildete Dorn als Hauptspitze (Textfig. 34) ausgebildet. Oder die serial hintereinander liegenden Stacheln sind gleichalterig (Fig. 33), dann resultiert mehr ein Zahnkamm als definitive Spitze des großen Knochenhöckers. — Die Textfigg. 35—37 geben Schnittbilder durch u ‚ Textfig. 33. Cyelopterus 26 mm, R1. Transversalschnitt. 225:1. Drei verschiedenalterige Stacheln. Textfig. 34. Cyclopterus 21 mm, R4. Frontalschnitt. 225:1. Vier En chalianer Stacheln, der eine als zukünftige Hauptspitze bedeutend größer. ein und denselben Knochenhöcker, in der Transversalebene liegend, wieder. Man denke sich Fig. 33, die von der Seite gesehen ist, quergeschnitten. Am Rande des ganzen Verknöcherungskomplexes liegen noch Papillen, kleinste und kleinere Stacheln, wie es auch in den Textfigg. 35 u. 36 zum Ausdruck kommt. Die scheinbar lange Linie von Hartsubstanz in ersterer Textfigur kommt daher, daß die Verwachsungsstellen alle in gleicher Höhe durch den 312 Albrecht Hase, u 90 1 E 00 Textfig. 36. UN [> 1 Nass t ef N / I N — 5 „> EREI h Be EEE, RL N R \ Schnitt getroffen wurden. In Textfig. 37 sind drei ungefähr gleich hohe Dornen getroffen, sehr schön sind ihre lang herabreichenden gemeinsamen Verwachsungsbalken zu sehen. Noch eins ersehen wir klar aus unseren Textfigg. 29—37. Im vorhergehenden Abschnitt sagte ich, daß die junge Verknöcherungs- anlage nicht die e,-Schichten durchbohrt, sondern sie in Jüngerem 313 Studien über das Integument von Öyclopterus lumpus L. gamadapuıgymegdsjuf) sep anyemmysnw A9p pun sıyn) Ip Uoyasımz ‘InapaduR Js "5 adejwımıIoN) A9p FnejIoA "uasNulT U9SQI9S usyyasyenbad yımu sıunppıdg "ınyepnysup usyıuyag uop 10ju/) "u9y9BZ Spusfnejjpnelsgy Zug] Se USUWYOSIO Sjorfalusuu] Sop u9ISTOJSFUnsyIB ATI A AI azyıdg UaWwesurmwed a9p ayeu (,E "S1NXOL) Oyım I9p ul -u9j70109 uIy 9999148 Ju ne s[pdoyy UETBAO SEP Hyog[JiegO Ip IST (9E "FıgxoL) nz ayımy op yoey uojpdeg oloıy SI} “ouazgowyosıaa sta} (GE "S174Xa]) opuey my "I0y00y -USYD0UN7 Uaqfosusp yaınp oylugospesIsasuelL °'T:Cag TU "wu IE snı9JdoppAy ")E—CE "F1IXIL, "28 1X, 36 links, 37 links und st (Textfig. rechts), im späteren lockert sich dann die äußere Cutisschicht auf Alter gegen die c,-Lage vordrän und dringt in losen Zügen in die Innenhöhlung des Kegels ein. Die Hauptmasse im Kegel füllt filziges Corium aus. Aus Textfig. 37 riumlage sich nun lebhafter entwickelt und das Polster für die großen Knochenhöcker abgibt. ist auch zu ersehen, wie die mittlere Co 314 Albrecht Hase, Besonders möchte ich auf die lang herabgezogenen, gemein- samen, von beiden Seiten wachsenden Hartsubstanzbalken auf- merksam machen; wir werden noch darauf zurückzukommen haben. Im Kapitel I, 1b erwähnte ich, daß mit fortschreitender Ent- wickelung der Hautverknöcherungen die serösen Drüsen gequetscht und reduziert erscheinen in den darüber liegenden Epidermis- partien. Ich möchte an der Hand von Textfig. 35—37 nochmals daran erinnert haben. Alle Figg. 24—33 sind bei gleicher Ver- größerung, 28:1, gezeichnet mit Zeichenokular. Dasselbe gilt für Textfig. 29—37 = 225:1, hierdurch wird die Größenzunahme be- sonders veranschaulicht. Die Anlagerung neuer kleiner Stacheln an schon vorhandene größere geht nun ständig vor sich, wodurch die mächtigen viel- dornigen Gebilde resultieren, wie sie uns die Figg. 49—53, Text- fig. 13, 11 zeigen. Ich betone hier ganz nachdrücklich: Das Wachstum der Haut- verknöcherungen des Cyclopterus lumpus ist nicht ein Größer- werden einer einzigen (ursprünglichen Papillen-) Anlage, sondern ein ständiges Verschmelzen vieler kleiner Papillen im embryonalen Zustande. Der große Hautstachel unseres Lump ist eine morphologische Vielheit, die durch Addition vieler gleich- wertiger nur kleinerer Komponenten zustande kommt. Im fertigen Zustand erscheint sie daher als Einheit. — Der Verschmelzungs- vorgang findet am lebhaftesten bei den ontogenetisch ältesten Haut- verknöcherungen in der Längsachse statt, wodurch die Grundriß- form des Gesamtkegels eine länglich-ovale wird (Textfig. 11 u. 13). Liegen nun zwei solcher großen Kegel eng benachbart, so kommt es mitunter nochmals zu einer Verschmelzung ihrer basalen (noch im Bildungszustand begriffenen) Teile, wodurch die von mir als Doppelstacheln, Doppelhöcker, Doppelschuppe (Kap. II, 1) genannten Gebilde resultieren (Textfig. 13). Wenn wir der Kürze wegen bezeichnen: Die einfachsten Stacheln (Textflig. 12a; Fig. 25, 43a u. b) mit s, so ist ein Knochenhöcker, wie ihn Fig. 29, 45 und Textfig. 12 b wiedergibt, = 2S. Es würde mithin sein: Fig. 31 und Textfig. 33 =3s u. so fort 4s, 5s...xs. Die Dornen sind also Additionsprodukte. Wird nun die Zahl x der einzelnen Stacheln sehr groß, z. B. über 100, so schreiben wir ns. Stacheln (Höcker) I. Größe (Kap. II, 2) sind im Alter ns oder = S (Fig. 49—53, Textfig. 11). Ein Doppel- höcker ist demnach 2S (Textfig. 13). Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 315 Der Panzer unseres Cyclopterus in seiner Gesamtheit setzt sich also zusammen aus 2S+-S+HxsSs+s. Damit hoffe ich den Hautpanzer von Cyclopterus lumpus nach allen Richtungen hin analysiert zu haben. Kapitel IV. Morphologie und Struktur des einzelnen Hautstachels von Cyelopterus lumpus L. 1. Morphologie der Hautverknöcherungen des Cyclopterus. (Textfig. 10—13, Fig. 49—53.) In den vorhergehenden Kapiteln wurde der äußeren Gestalt der Hautstacheln schon vielfach gedacht, so daß wir uns hier kurz fassen können. Die Grundform aller Hautossifikationen unseres Lump ist die des Kegels. Nicht nur die kleinen und kleinsten (Fig. 43 a, b) halten sie, und zwar meist am strengsten, inne, sondern auch die großen Knochenhöcker, die ein Additionsprodukt von oft Hunderten solch kleiner Kegel sind. Das Gesagte illu- strieren Fig. 52 u. 53, in Fig. 52 ist das Bild eines I. Größe wiedergegeben, von außen gesehen. Der zuerst gebildete Stachel hat sich zur gemeinsamen Spitze (sp) entwickelt unter bedeutender Größenzunahme, während die übrigen mehr ihre ursprüngliche Größe beibehalten. Dasselbe zeigt Fig. 53, aber hier ist der Knochenhöcker von oben betrachtet abgebildet. Am interessantesten und lehrreichsten ist aber Fig. 51, die uns das komplizierte Innenrelief zeigt. Zu diesem Zweck wurde eine Schuppe parallel der Höhe und Längsachse geschnitten, so daß die gemeinsame Spitze erhalten blieb. Die lang herablaufenden Leisten sind die gemeinsamen Verwachsungsstrecken zweier ur- sprünglich getrennter Papillen. Diese (im Bild weiß erscheinenden Leisten entsprechen natürlich den herablaufenden „Zacken“ der Textfig. 37 und der Fig. 49. Auf einem Querschnitt parallel zur Grundfläche, senkrecht zur Höhe müssen diese Verwachsungs- stellen als Vorsprünge in die gemeinsame Höhlung erscheinen. Durch Fig. 50 u 51 wird noch erwiesen, daß jeder einzelne kleine Stachel seine Höhlung beibehält, die auf dem Querschnitt Fig. 50 als helle Inseln in der dunkel gefärbten Hartsubstanz zu sehen sind. Anhangsweise möchte ich über das Verhalten der angrenzenden Hautschichten noch einige ergänzende Worte sagen. Die Epidermis 316 Albrecht Hase, zieht sich auch über die größten Knochenhöcker mit hinweg, wird aber von der Hauptspitze und den Nebenspitzen allenthalben durch- bohrt, besonders am distalen Ende. An der Basis liegt das ganze Gebilde mehr unter der Epidermis versteckt (Fig. 50), zu einem Durchbruch kommt es hier nicht. Die gemeinsame Höhlung (hoe) erfüllt ein ganz zähes filziges Corium, welches die aufgewölbten Schichten der c,-Lage fast völlig überwuchert hat. Zahlreiche Blutgefäße (gef) sind darin zu finden. Die Außenseite des Kegels bedeckt eine dünne, gleichfalls filzige Cutisschicht, die zwischen C;a und der Hartsubstanz selbst liegt. Pigmentzellen schmiegen sich der Innenseite des Kegels eng an. Sie gehörten ursprünglich der pig, an und sind bei zunehmender Erhöhung des Kegels ge- wissermaßen nachgerückt, d. h. sie wandern distalwärts an die Kegelinnenseite. Man vergleiche zur Erläuterung folgende Figuren miteinander, Textfig. 10—12, Fig. 49—53. Das Bemerkens- werteste bei der äußeren Gestalt des Hautstachels von Cyclopterus ist, daß ein Außen- und ein Innenrelief vorhanden ist. Beim Verschmelzungsprozeß werden die ursprünglichen Einheiten noch fortgeführt. Eigentlich sollte man erwarten, daß die basalen Teile eine gemeinsame Platte bildeten, doch ist dies keineswegs der Fall. Wir lernen somit beim Lump einen Typus von meso- dermalen Hartgebilden kennen, wie er bisher noch von keinem Teleosteer bekannt geworden ist. 2. Mikroskopische Struktur der Hautdornen des Cyclopterus. (Fig. 44h, 5456.) Meine Erwartungen, durch Schnittserien Aufschluß über die Struktur der Hartsubstanz bei Cyclopterus zu erhalten, schlugen fast, völlig fehl. Auf allen Präparaten zeigte sich eine homogene Masse (Fig. 44h), die bald schwächer, bald intensiver, bei der Schugersschen Dahlia-Methode überhaupt nicht gefärbt wurde. Van Giıeson färbte wohl durchweg intensiv rot, aber histologische Differenzierungen konnte ich nicht wahrnehmen, auch bei An- wendung von Eisenhämatoxylin nicht. Nur eine Tatsache wurde durch das Farbverhalten nochmals bestätigt, dies war die zweifels- ohne bindegewebige Natur der Hartsubstanz. Optisch erwies sich die entkalkte Substanz ebenfalls doppelbrechend. Nur bei An- wendung von gewöhnlichem DELAFIELDschen Hämatoxylin, das den Rand tiefblau, das Innere blaßblau färbte (Fig. 44h), sah ich kurze plasmatische Fortsätze radial von der Mitte des Hohlkegels Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 317 aus, wo ja noch Bindegewebe liegt, in die Hartsubstanz hinein- strahlen. Ich wagte aber auf diese Befunde hin zunächst noch nichts Sicheres zu behaupten und griff zu der Schleifmethode, unter gänzlicher Vermeidung von entkalkenden Flüssigkeiten. Die Knochenhöcker wurden herauspräpariert, das Bindegewebe durch Mazeration entfernt. Was zeigen uns nun die Schliffe? Eine für Teleosteerschuppen merkwürdige, für die bisherigen Befunde nicht überraschende Tat- sache. Die Schliffe zeigen so außerordentlich ähnliche Dentin- struktur, daß ich es wage, die Hartsubstanz des Hautstachels beim Cyclopterus als Dentin zu bezeichnen. Im letzten Kapitel will ich meinen Standpunkt hierin zu rechtfertigen versuchen. Doch gehen wir zu den Befunden selbst über! Fig. 54 bildet einen Schliff parallel der Kegeloherfläche ab. Bei Sp liegt die Spitze des Hautdornes. Zunächst fallen schwarze Flecke (co) auf, welche Reste von Corium darstellen. Wie ich schon sagte, behält jeder kleine Einzelstachel seine Höhlung bei; es ist daher unmöglich, selbst bei sorgfältigster Präparation alle Bindegewebsteile zu entfernen. Aber gerade diese Reste geben uns treffliche Richtpunkte, wo wir jedesmal einen Stachelhohlraum vor uns haben. Selbstverständlich werden durch einen solchen Schliff nicht alle kleinen Dornen genau quer getroffen, sondern die Projektion der Schnittebene wird mehr oder weniger elliptisch ausfallen. Dies kommt auch in der Fig. 54 zum Ausdruck. Zieht man Fig. 49—53 mitheran, so wird man sofort orientiert sein. Die dunkleren Linien entsprechen den Verwachsungsstellen zweier kleiner Stacheln, da hier der Schliff durch die engliegenden Fibrillen natürlich dichter bleibt und weniger Licht durchläßt. Sehr deutlich ist dafür die feine fibrilläre Streifung zu sehen, welche mit der Verwachsungsiinie gleichsinnig verläuft. Noch viel deutlicher zeigt diese Verhältnisse Fig. 56. Hier hat die Schliffebene die kleinen Stacheln fast genau quer getroifen. Man sieht, wie ein Uebergang der Fibrillensysteme von einem zum benachbarten Stachel sich ganz gleichmäßig vollzieht, so daß eine Grenze gar nicht zu ziehen ist. Der Verlauf aller Fibrillen ist peripher zur Oberfläche der kleinen Stacheln.. Nun ist aber an den Schliffen noch zweierlei zu bemerken. Einmal sieht man an den dünnsten Stellen hellere und dunklere Fibrillenschichten mit- einander wechseln (Fig. 55 besonders u. 56). Diese Schichtung streicht ebenfalls in einer Richtung mit dem Fibrillenverlauf. Ob diese Schichtung mit auf verschieden starke Verkalkung zurück- 318 Albrecht Hase, zuführen ist, ist nicht unwahrscheinlich. Die dunkleren sind stärker doppelbrechend als die helleren. Diese Schichtungsstreifen sind auch in anderen Dentingebilden weit verbreitet. Röse (1898) spricht sich dahin aus, 1. c. p. 28: „Infolge von unregelmäßigem Wachstum während der Entwickelung sind in der Grundsubstanz aller bindegewebigen Hartgebilde die leimgebenden Fibrillen bald dichter, bald weniger dicht angehäuft. Die Stellen, an denen die Fibrillen dichter angehäuft sind, er- scheinen unter dem Mikroskope bei starker Abblendung als fort- laufende zarte Streifungen. Es sind dies die sogenannten Schich- tungsstreifungen oder Konturlinien“. Ich möchte mich seiner Deutung anschließen. Man sieht ja auch, wie an der zwei Stachel- chen gemeinsamen Schicht die Fibrillen dichter parallel gehäuft liegen, und hier hat zweifellos durch das Zusammenwirken der gegenüberliegenden Skleroblasten eine recht lebhafte Fibrillen- bildung stattgefunden. Besagter Schichtung im Schliff, verursacht durch verschieden starkes Wachstum, dürfte diejenige entsprechen, welche wir schon im Totalpräparat sahen (Fig. 43a und b, 45) und früher erwähnt haben. Ganz charakteristisch für die Hautverknöcherungen des Lump sind endlich außerordentlich feine, radiär verlaufende Kanälchen, die, vom Hohlraum co des Stachels ausgehend, sich allmählich in den Fibrillen mit allerfeinsten Ausläufern verlieren. Bei ihrem Beginn sind sie etwas breiter und ihr plasmatischer Inhalt ist es gewesen, der sich auf den Schnitten als blau gefärbt gezeigt hatte (vergl. oben). Ich möchte sie für Dentinröhrchen halten, die nur noch auf eine kurze Strecke hin Plasma besitzen. Der Verlauf ist senkrecht zu den Fibrillen (Fig. 55 u. 56). Meine Schliffbilder erinnern so stark an diejenigen von RÖösE (1898) und vor allem von EnGEL (1910), daß ich in meiner Meinung noch bestärkt wurde. Die Orientierung im Schliff ist deshalb nicht immer leicht, weil man die benachbarten Stacheln streng genommen immer auf verschiedener Höhe anschleift, denn sie sind mit ihren Basalteilen bald höher, bald tieter gelegen. — Es kommen hierdurch Bilder zustande, die scheinbar mit dem was oben über den Fibrillenverlauf gesagt wurde, in Widerspruch stehen (Fig. 56 links oben). Betrachtet man aber aufmerksam Fig. 54, so wird es klar, woher diese Unregelmäßigkeiten im Bilde kommen. Stellt man das Bild tiefer resp. höher ein, dann löst sich der Widerspruch ganz glatt auf. — Ich möchte auch hier nochmals daran erinnern, daß wir auch bei stärkerer Vergrößerung Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 319 keinerlei Verwachsungsstellen zwischen den kleinen Dornen sehen können, sie sind ganz ineinander übergegangen mit ihrer geinein- samen Seite. Im polarisierten Lichte zeigten die Schliffe starke Doppel- brechung. D. Allgemeiner Teil und Zusammenfassung der Resultate. Zum Schluß der Arbeit möchte ich auf eine ganze Reihe von Besonderheiten des Hautpanzers beim Cyclopterus lumpus hin- weisen und ein Gesamturteil darüber abgeben. Nach meiner Ansicht besitzt Cyclopterus einen Hautpanzer, der demjenigen der Selachier viel näher steht als dem der Teleosteer. Zur Begründung führe ich nachfolgende Tatsachen an, die sich durch die Bearbeitung ergeben haben. 1) Cyclopterus-Hautstacheln stehen nicht in Schuppen- taschen, wie die Hautossifikationen der normal beschuppten Teleosteer — hierin gleichen die Hartgebilde der Cyclopterushaut denen der Selachier und Ganoiden. 2) Die anliegenden Coriumschichten haften dem Hautstachel sehr fest in der Haut, ganz ähnlich wie die Basalplatte bei Sela- chiern und die Schuppenligamente bei Ganoiden. Die Coriumzüge folgen in die Höhlung des Hohlkegels mithinein. 3) Die Panzerung der Haut greift analog den Placoidschuppen und Ganoidschuppen beim Cyclopterus auf die Kopfregion und die Flossen über, ein Zustand, den nur sehr wenig Teleosteer zeigen. 4) Die einzelnen Hartgebilde der Haut liegen nebeneinander und überdecken sich nicht, genau wie die Placoidorgane der Selachier. 5) Eine segmentale Anordnung, wie sie bei normal beschuppten Teleosteern angetroffen wird, ist noch nicht ausgebildet. Die Zahl der einzelnen Knochenbhöcker ist, wie die der Placoidorgane, eine sehr große. Die einzelnen Hartgebilde variieren beträchtlich in der Größe, während sie bei normal beschuppten Teleosteern an- nähernd gleich sind. 6) Die Verteilung in der Haut ist eine ungleiche; stark und schwach gepanzerte Stellen wechseln ab, ähnlich einer ganzen Anzahl von Rochen und den Knorpelganoiden. 7) In der Haut bilden sich ständig Neuanlagen von Stacheln, so wie bei den Selachiern. Diese Neuanlagen verschmelzen mit den noch embryonalen Teilen der älteren Stacheln. Dieser Typus 320 Albrecht Hase, des Wachstums der Knochenhöcker ist somit grundverschieden von dem der normalen Teleosteer. Bei diesen vergrößert sich eine einzige Anlage fortgesetzt, beim Lump addieren sich viele selbständig entstandenen Anlagen zu einer morphologischen Ein- heit, dem typischen Knochenhöcker. Die Cyclopterusschuppe ist also ein Verschmelzungsprodukt von so viel Einzelgebilden, als sie kleine Stacheln aufweist. Ganz anders die Stacheln der Ctenoidschuppe. Ich selbst habe Perca fluviatilis daraufhin als Ergänzung zu dieser Arbeit im Winter- semester 1910 untersucht, besonders die allerersten Anfänge der Schuppenbildung !). Die Percaschuppe wird zunächst als Cycloid- schuppe angelegt. Die Zähnchen am Hinterrande entstehen als Modellierungen der oberen Schicht und nicht durch gesonderte Anlagen. Eine große Barschschuppe entspricht einer Papille, während ein großer Knochenhöcker des Cyclopterus oft über 100 Papillen entspricht. In letzterem Sinne, d. h. daß eine solche Verschmelzung von vielen primären Stacheln möglich sei, dahin hatte sich schon O. HERTwIG (1882) ausgesprochen. KrAATscH (1890) hielt diese Annahme HerrwiGs für unrichtig, da er sich nicht vorstellen konnte, daß an 100 und mehr Papillen nach und nach miteinander verschmelzen. Dieses ist aber sehr wohl möglich, wie uns die Entwickelungsgeschichte der Hautossifikationen vom Lump ge- lehrt hat. 8) Die Ontogenie eines einzelnen Hautstachelchens gleicht sehr der Ausbildung von Placoidschuppen. Die Skleroblasten haben ganz typische Odontoblastenform. Sie unterscheiden sich hierdurch ganz auffallend von den gewöhnlichen Skleroblasten der Teleosteer. Die gebildete Hartsubstanz ist dentinähnlich in ihrem Fibrillenverlauf. Dentinröhrchen laufen von der Höhlung (Pulpa) des Stachels radiär aus und sind auf eine kurze Strecke mit plasmatischer Substanz erfüllt. Der Struktur und der Form der bildenden Zellen nach haben wir einen Hautzahn vor uns. Die Epidermis wird aber zur Bildung in keiner Weise mitheran- gezogen, weder als Schmelzbildnerin, noch als Matrix des Haut- zahnes überhaupt, wie von manchen Seiten behauptet wurde. Eine Basalplatte fehlt ebenfalls. — Es erhebt sich gleich hier die Frage, welcher Art von Dentin wir dasjenige des Stachels des 1) Die genauere Darlegung wird kurz nach Drucklegung dieser Arbeit publiziert. Studien über das Integument von Cycelopterus lumpus L. 321 Cyclopterus einreihen. Zu berücksichtigen ist: allseitiges Wachs- tum, Schichtungsstreifung, Dentinröhrchen nur teilweise von Plasma erfüllt, Ausbildung ohne Epidermisbeteiligung. Nach der Klassi- fikation von Röse (1898) und BUrRcKHARDT (1906) haben wir es zu tun mit echter Hartsubstanz, und zwar mit Trabecular- dentin, das frei im Bindegewebe entsteht. Als Pulpaabschnitte werden dabei von mir die mit Bindegewebe, Odontoblasten, eventuell Pigment erfüllten Höhlungen der kleinen Stacheln angesehen, die ja auch ständig erhalten bleiben. Ganz ähnliche Bildungsprozesse von Dentin hat EnGEL (1910) an den basalen Enden von Pristis- Rostralzähnen beschrieben. 9) Während die fertige normale Teleosteerschuppe ständig im Corium liegen bleibt, durchbricht der Hautdorn des Cyclopterus die Cutis und Epidermis und ragt wie die Placoidzähnchen mit nach rückwärts gerichteter Spitze frei über die Hautoberfläche heraus. 10) Die Schichtung des Dentins bei Cyclopterus-Hautossi- fikationen ist auch bei Placoid- und Ganoidschuppen eine häufig beobachtete Erscheinung. Die unter 1—10 aufgeführten Tatsachen geben mir, glaube ich, die Berechtigung zu der eingangs aufgestellten Behauptung: der Hautpanzer des Cyclopterus hat mehr Beziehungen zu denen der Selachier und Ganoiden, als zu dem der normal beschuppten Teleosteer. In der Einleitung hatte ich eine ganze Reihe von Fragen aufgeworfen. Untersuchen wir nun, ob und inwieweit die vor- liegenden Untersuchungen fördernd gewirkt haben! Zunächst hatte ich betont, daß die Fischschuppe sicher zu biologischen Untersuchungen herangezogen werden könnte. Aus dem Wachstumsmodus der einzelnen Cyclopterusschuppe wird aber sofort klar, daß wir die einzelne Hautverknöcherung (etwa wie eine Karpfenschuppe) nicht zur direkten Altersbestimmung verwenden können. Wir müssen also hierfür zu anderen Methoden greifen, und da glaube ich nun, daß unter Berücksichtigung der gesamten Hautpanzerung sich manche Schlüsse werden ziehen lassen aus der relativen Dichte der einzelnen Knochenhöcker. Wie ich in Kapitel II, 2 des näheren ausgeführt habe, lassen sich wohl auch Schlüsse über frühere oder spätere Geburt, Einfluß äußerer Faktoren usw. aus der Panzerung und ihrer verschiedenen (graduellen) Entwickelung ziehen. Wir müssen nur die Befunde richtig verwerten. Auch für variationsstatistische Untersuchungen wäre der Panzer nicht ungeeignet. Bd. XLVII. N. F. LX, 21 322 Albrecht Hase, Weiterhin hatte ich in der Einleitung hervorgehoben, wie vielerlei Lücken betreffend die Kenntnis der Schuppen und der Beschuppung noch auszufüllen sind. Ich hoffe, daß es mir ge- lungen ist, durch die in 1—10 besprochenen Punkte einen be- scheidenen Teil dazu beigetragen zu haben, die Lücken zu ver- ringern. Wir lernten die Ontogenese der Haut, des Hautpanzers und eines einzelnen Knochenhöckers kennen, wir sahen eigentüm- liche, noch nicht gekannte Verschmelzungen von Hartelementen und wissen nun, daß nach vielerlei Richtungen hin eine gegebene morphologische Größe —- hier die Placoidschuppe, deren phylo- genetische Entwickelung absolut dunkel ist und wohl immer bleiben wird — variieren und sich umbilden kann. Wir sahen, daß alte Zustände (Ödontoblastenform der Skleroblasten) weithin sich er- halten können. Ueber einen Punkt, den ich in der Einleitung berührte, sage ich absichtlich hier noch nichts aus. Ich meine die Frage der Homologie der einzelnen Schuppenschichten bei Ganoid-, Placoid- und normalen Teleosteerschuppen. Meinen früheren Stand möchte ich zunächst noch beibehalten gegen NussBAum (1907). Ich werde diesen Punkt noch an anderer Stelle berühren. Die Befunde an unserem Objekte genügen mir noch nicht, und ich muß weitere Resultate abwarten. Schließlich hatte ich noch die Frage aufgeworfen, ob und in- wieweit Hautverknöcherungen zu systematischen Bearbeitungen verwendet werden können. In Kapitel II, 1 zeigte ich, daß wir sehr wohl hierzu Berechtigung haben, nur müssen wir über den Wert der Panzerung erst sicher sein. Namentlich mit zur Feststellung phylogenetischer Reihen halte ich die Schuppe wert- voll. Sicher würden wir bei einer genauen Untersuchung auf die Genese hin Anhaltspunkte bekommen, wie z. B. die Gattungen Cyclopterus, Eumicrotremus, Lethotremus und Cyclopteroides von- einander abhängig sind. Welches ist die Ausgangsform ? Betrefis der Panzerung zunächst. Der stark gepanzerte Cyclopterus oder der nackte Lethotremus muticus? Ueberschauen wir die Befunde, welche durch die Untersuchung der Epidermis und des Coriums zutage gekommen sind. Die Epidermis, mit verschiedenen Drüsen ausgerüstet, nimmt an der Schuppenbildung nicht mehr teil, im Gegensatz zu den Placoid- Schuppen; .eine Schmelzbildung unterbleibt, sie scheint überhaupt im Laufe phylogenetischer Entwickelung für die Schuppen rasch verloren zu gehen. Das Corium beteiligt sich allein an der Hart- Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 323 substanzbildung, einmal indem es die Skleroblasten liefert und zweitens dadurch, daß es sich zu enormer Dicke entfaltet unter und in den Höhlungen der Hautossifikationen. Bemerken möchte ich noch, daß die Maximalperioden der serösen Drüsenentwickelung und der Stachelentwickelung zusammenfallen, womit aber durchaus nicht eip ursächlicher Zusammenhang gefolgert oder behauptet werden soll. Das gesamte Integument zeigt schon vielerlei An- klänge an das der Amphibien. Interessant war die Konstatierung von Plasmaverbindungen zwischen Epidermis- und Coriumzellen auch für diesen Vertreter, nachdem sie bisher lediglich nur für Amphibien und Cyclostomen bekannt geworden waren. Als Schluß der ganzen Abhandlung stelle ich die Resultate in einigen lapidaren Sätzen zur schnellen Orientierung zusammen. Ergebnisse. 1) Die Epidermis besteht bei erwachsenen Tieren aus drei Lagen: a) einer Basalschicht (ohne Grenzmembran); b) einer mittleren Schicht aus langgestreckten Zellen, senkreckt zur Ober- fläche gestellt; diese Schicht zeigt reichliche Intercellularräume; c) einer mehr plattenförmigen oberen Deckschicht, der stark Pigment eingelagert ist. 2) In der Epidermis findet man: a) direkt nach außen mündende Schleimdrüsen, die in der oberen Schicht liegen ; b) seröse, sehr große Drüsen, die von der Basalschicht abstammen. Vor- nehmlich liegen sie in der mittleren Schicht und münden durch einen die Deckschicht durchbohrenden Kanal nach außen. „Offene Kolben.“ 5) Die Cutis besteht aus drei Lagen: a) die äußerste ist ge- schichtet und mit senkrechten Faserzügen durchsetzt; in ihr liegt eine Pigmentschicht; b) die mittlere Lage ist filzig verflochten, mit Blutgefäßen etc. durchsetzt; c) die innere ist geschichtet; d) nach der mittleren Schicht zu besteht keine scharfe Grenze, wie auch von dieser gegen die äußere hin nicht; e) unter der inneren Schicht liegt eine Pigmentlage; f) die Pigmentzellen der Epidermis und des Coriums haben verschiedene Gestalt. 4) Zwischen Cutis und Muskulatur findet man besonders bei alten Tieren ein lockeres, großmaschiges Unterhautbindegewebe. 5) Zwischen der basalen Epidermisschicht und den obersten Coriumzellen bestehen feine Plasmabrücken, die die äußerste Coriumschicht senkrecht durchsetzen. DIE 324 Albrecht Hase, 6) Die Hautverknöcherungen sind mesodermaler Natur. Ihre Anordnung ist a) teils in bestimmt verlaufenden Reihen; b) teils zerstreut (eng oder weit voneinander entfernt) über die gesamte Körperoberfläche. 7) Die in Reihen gestellten Hautverknöcherungen entwickeln sich früher als die zerstreut liegenden und nach bestimmtem Modus. 8) Die Hautverknöcherungen haben Dentinstruktur. Sie sind dem Trabekulardentin (Röse 1898) zuzurechnen. 9) Der gesamte Hautpanzer des Cyclopterus steht dem Schuppenkleid der Selachier näher als dem der Teleosteer. 10) Die einzelnen Hautossifikationen besitzen Kegelform und sind Verschmelzungsprodukte, wodurch sie sich scharf von den normalen Teleosteerschuppen unterscheiden. Meine Hauptaufgabe erblickte ich darin, Tatsachen klar- zustellen; wie wir diese verwerten, ist eine andere Frage. Trotzdem es manchmal sehr verlockend erschien, allgemeinere Schlußfolgerungen zu ziehen, so habe ich doch absichtlich solches nicht getan, um nicht in alte Fehler zu verfallen. Inwieweit es mir gelungeu ist, die in der Einleitung skizzierte Aufgabe zu lösen, möge der Leser entscheiden. Mitarbeit auf diesem Gebiete ist nur erwünscht, und sie wird noch vieles zu ergänzen und zu berichtigen finden. Jena, November 1910. Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 325 Literaturnachweise. Nachfolgenden Bearbeitern der Beschuppung von Fischen glaube ich durch das ausführliche Literaturverzeichnis entgegenzukommen. Das von mir früher: Hase, Jen. Zeitschr., Bd. XLII, 1907, gegebene Verzeichnis ist größtenteils beibehalten und wesentlich erweitert worden. Im Nachtrag habe ich Arbeiten über die Schuppen fos- siler Fische noch mitaufgeführt, soweit sie nicht schon im Haupt- teil berücksichtigt waren. Abgeschlossen 1. Dezember 1910. 1) 2) 3) 4) 5) 6) Q) 8) Acassız, Aukx., On the young stages of some osseous fishes. III. Proc. of the American Acad. of Arts and Sciences, Vol. XVII, 1882. 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Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 337 Erklärung der Tafelfiguren. Tafel 9—16, Die Tafelfiguren sind im Text nur mit Fig. bezeichnet im Gegensatz zu den Textfiguren (Textfig.). Ihre Numerierung ist durchlaufend. Alle sind mit dem Zeichenapparat entworfen. Fig. 51 bis 56 sind von Herrn Lithograph Giltsch (Jena), die übrigen Text- wie Tafelfiguren von mir selbst gezeichnet. Die Lage der Schnitt- ebene ist mit: Frontal, Sagittal, Transversal (Front., Transv., Sag.) bezeichnet }). Abkürzungen, gültig für beide Arten von Figuren. bz Bindegewebszelle c, äußere Coriumlage c, mittlere Coriumlage C;, innere Coriumlage Cıa äußerste, der Basalschicht der Epidermis anliegende Coriumschicht co Corium, in den Figuren ep, Deckepithelschicht der Epidermis an der Oberfläche ePg Mittelschicht der Epidermis zwischen den Drüsenzellen ep, Basalschicht der Epidermis, dem Corium c,. anliegend, nach außen zu gef Blutgefäß 9% Grenzzone aus Grundsubstanz zwischen den Skleroblasten und der Hartsubstanz hs Hartsubstanz, Dentin hoe gemeinsamer Hohlraum aller kleinen Stacheln, zugleich die Höhlung eines Knochenhöckers K Ausführungskanal der serösen Drüsen mt Membrana terminans, erste Coriumanlage musc Muskulatur pig, äußerste Pigmentschicht, in der Deckschicht der Epidermis /(ep,) gelegen pig, mittlere Pigmentschicht, in der äußeren Coriumlage /(c,) gelegen unter der äußersten Schicht (C1,), wandert später (distalwärts) an die Innenseite der Hautverknöcherungen. Ein anderer Teil davon lagert sich auf die Hautstacheln pig, innere Pigmentschicht, zwischen c, und dem Unterhautbinde- gewebe (uhb) liegend 1) Aus technischen Gründen konnten die Figuren leider nicht genau der Nummerfolge nach auf den Tafeln geordnet werden. Bd. XLVII. N. F- XL. 223 338 Albrecht Hase, pl Plasma scbl Skleroblasten Sch Hautossifikationen; Stacheln SchDr Schleim- —= Becherdrüsen SeDr seröse Drüsen; „offene“ Kolben Se Sekret der serösen Drüsen Sp gemeinsame Spitze eines Knochenhöckers uhb Unterhautbindegewebe. Fig. 1. Epidermis und erste Coriumanlage. Bildung einer serösen Drüse. Um den Kern ein heller Sekrethof und zahlreiche Sekretvakuolen im Plasma. Rechts eine fast fertige seröse Drüse. Das Plasma bis auf einen Rest am Grunde zu Sekret umgewandelt. Unter der Membrana terminans eine eng angelagerte Bindegewebs- zelle. Cycl. 7 mm. 920:1. Front. Hämatox. nach DELAFIELD. Fig. 2. Epidermis und Corium. Die äußere Coriumschicht ce, zeigt schon Kreuzstreifigkeit und lamellösen Bau. Die mittlere Schicht c, besteht erst aus netzartig verbundenen Zellen, die innere Schicht ce, ist eben in Anlage, die Zellen ordnen sich in Lagen an. Beide Pigmentschichten pig, und pig, der Cutis schon vorhanden. Die basale Epidermisschicht ep, mit hohen Zylinderzellen und serösen Drüsen. Cycl. 11 mm. 920: 1. Front. Eisenhämatox. Fig. 3. Ganze Epidermis und Corium. Die drei Lagen in der Epidermis (ep,, @P,, ep,) deutlich ausgebildet, ebenso die äußerste Pigmentschicht pig,. Schleimdrüsen (SchDr) in ep,. Sehr große fertige seröse Drüsen (SeDr). Corium mit drei Lagen (6, &, 6), die Zellen beginnen eben die Einwanderung in Lage c,. Die innerste Coriumschicht c, schon deutlich erkennbar. Oyel. 13 mm. 515 ::1. Front. Hämatox. nach DeLArFIELD. Fig. 4 Beginnende Einwanderung der Bindegewebszellen (bx) in die äußerste Coriumlage c,, die aus der Membr. terminans ent- standen ist. Zwischen den Lamellen eine Zelle schon ausgebreitet, eine andere eben im Eindringen begriffen. Cyel. 17 mm. 920:1. Front. Eisenhämatox.-Lichtgrün. Fig. 5. Aeußere Coriumlage c,, aus verschiedenen parallelen Schichten bestehend. Die äußerste Schicht c,. ist einheitlich. Die unter ihr liegende Pigmentschicht »i9, hat tiefer liegende Schichten teilweise mitdurchsetzt. Senkrechte, aufsteigende Faserzüge, die in die Schichten eindringen und dort fächerartig ausstrahlen. Grenze nach der mittleren Coriumlage nicht scharf zu ziehen. Nur die Kerne der Bindegewebszellen eingezeichnet. Cycel. 27 mm. 920:1. Transv. Van Gisson. Fig. 6. Basale Epidermis ep, und gesamtes Corium. Flächen- hafte Ausbreitung der Zellen zwischen den Coriumschichten und senkrechte Plasmabrücken zwischen den einzelnen Zellen. Plasma- brücken zwischen Epidermis und Coriumzellen. Senkrechte Faser- züge von Zellen begleitet. Die äußerste Coriumschicht c,, bleibt einheitlich erhalten. Pigmentschicht pig, und ig, in ihrer typischen Studien über das Integument von Cyclopterus lumpus L. 339 Lagerung. COycl. 36 mm. 1040:1. Front. Dahlia nach Schauer. Fig. 1—6 aus der Nähe der R 4. E Fig. 7. Zellbrücken zwischen Epidermiszellen der oberen Deck- schicht. Die Zellen der Oberfläche sind plattenförmig. Cyel. 21 cm. 1350 :1. Front. Eisenhämatox. Schwanzregion. Fig. 8. Kreuzstreifigkeit der Outisschichten, hier der äußersten Schicht cı.. Mit zahlreichen sehr feinen Oeffnungen, durch die die Zellbrücken zwischen basalen Epidermiszellen und den Coriumzellen verlaufen. Nach Osmiumsäurebehandlung. Flächenbild 1040: 1. Cycl. 30 mm. Nähe der R 3. Fig. 9. Epidermis mit den drei Schichten, sehr großen serösen Drüsen, welche das Schnittbild beherrschen. Schleimdrüsen (Sch.Dr) und die äußerste Pigmentschicht pig, in der Deckschicht (ep,). Seröse Drüsen (SeDr) teils mit wandständigem Plasma und Kern. Basalschicht (ep,) typisch entwickelt. Cycel. 31 mm. 405 :1. Transv. Nähe der R 3. Van GIsson. Fig. 10. Zellverbindungen zwischen basalen Epidermiszellen (ep;) und Coriumzellen, die sich flächenhaft zwischen den Cutis- schichten /C,) ausbreiten. Seröse Drüsen fertig entwickelt. Cycl. 36 mm. 920:1. Front. Dahlia nach Schuserg. Nähe der R 4. Fig. 11. Epidermis eines erwachsenen Tieres. Seröse Drüsen distalwärts verschoben und mit Ausführungskanal. Cyel. 21 cm. 405 :1. Transv. Van Gieson. Nähe der R 4. Fig. 12. Flächenbild der Epidermis. Die serösen Drüsen (SeDr) hell durchscheinend mit Ausführungskanal (X). Die Schleim- drüsen (SchDr) dunkel. Cyel. 15 em. 225:1. Hämatox. nach DerAarıeLnd. Nähe der R 2. Fig. 13a und b. Oberste Coriumschichten mit senkrechten Faserzügen und schrägen, die parallelen Schichten verbindenden Zügen. Cycl. 26 mm. 920:1. Front. Boraxkarmin. Nähe der R 5. — In b der lamellöse Bau besonders deutlich und das Aus- strahlen der senkrechten Züge sonst wie a. Fig. 14. Mittlere Coriumschicht c, mit netzartig geordneten Zellen. Kollagene Fibrillen filzig verflochten. Cycl. 26 mm. 515:1. Sag. Boraxkarmin. Nähe von R 5. Fig. 15. Mittlere Coriumschicht c,. Dasselbe wie Fig. 14. Die Fibrillen ordnen sich zu stärkeren Bündeln und verflechten sich immer dichter. Oycl. 19 cm. 515:1. Front. Hämatox. nach DELAFIELD. Fig. 16. Mittlere Coriumschicht c,. Dasselbe wie Fig. 14 und 15, nur noch dichter verflochten. Oycl. 46 cm. 515:1. Front. Van GiEson. Fig. 17. Bindegewebszellen aus der mittleren Coriumlage c,, sehr fein verästelt und dadurch untereinander verbunden. Cyel. 27 mm. 1350:1. Front. salzsaures Karmin. Nähe der R 2. Fig. 18 u. 19. Cyclopterus 40 mm von oben und dasselbe Exemplar von unten. Sehr starke Deformierung des Körpers durch die Hautstacheln. 22 * 340 Albrecht Hase, Fig. 20 a. Seriale Anordnung der Hautstacheln auf der zweiten Rückenflosse. Cyel. 36 cm. Fig. 20b. Ringförmig gestellte Hautstacheln um das Augen- loch. Cyel. 36 cm. Stacheln II. und III. Größe. Fig. 21a u. b. Sehr dichte Panzerung des Kopfes bei einem erwachsenen Individuum von 50 cm Länge. a Kopfseite, b Kehl- gegend. Besonders Sch Stacheln II. Größe. Fig. 21c. Zunehmende Dichte der Panzerung im Hautfeld nach der Reihe (R5) zu. Cyel. 36 cm. Fig. 22a—c. Dünn gepanzerte Hautfelder von einem er- wachsenen Individuum von 50 cm Länge. Hautfelder vom Bauch und zwischen der zweiten Rückenflosse und der Afterflosse. — Fig. 20a u. b etwas verkleinert. Fig. 21a u. b natürliche Größe. Fig. 21c etwas verkleinert. Fig. 22a—c natürliche Größe. Sch Hautstacheln. Fig. 23—33. Die verschiedenen Entwickelungsphasen und Arten der Verschmelzung einfacher einzelner Hautstacheln zu den großen Knochenhöckern der Haut. Die Epidermis ist durch Bepinselung entfernt. Die Hartsubstanz erscheint ganz hell, das Corium in der Höhlung des Kegels grau. Die Stacheln haben zum Teil die äußerste Coriumschicht (C,a) durchbrochen. Von verschiedenen Exemplaren. Von der Seite gesehen bei abgeblendetem Lichte, Fig. 23 90:1, R.5. “ Fig.\24 28:1, R 1. Fig. 25 28:1,7R 27 VI, Door R 1. . Eig. 27 28:1, RT. Fig. 282877, RD Es agree R'5.' Fig. 30'287. R 1. "Fig. 3128441, "R5r Hier Rro. Big. 98328 1 FRE Fig. 34. In Fig. 34—41 ist die darüberliegende Epidermis fortgelassen. Fig. 34 erster Skleroblastenhaufen unter der äußersten Coriumschicht c,.. Cycl. 27” mm. 515:1. Trans. va Gısson. R 4. Fig. 35. DBedeutend vergrößerter Skleroblastenhaufen. Cyecl. 22 mm. 515:1. Front. Hämatox. nach DerarıeıLp. R 5. Fig. 36. Skleroblasten in Kugelform geordnet, schon in typischer hoher Form. Erste Abscheidung der zukünftigen Hartsubstanz. Die punktierte Linie gibt die Lage der Schnittebene von Textfig. 24 an. Oycl. 23 mm. 515:1. Trans. Hämatox. nach DeruArıerr. R 4. Fig. 37. Bedeutende Vergrößerung des Skleroblastenhaufens. Anordnung in länglicher, nach hinten übergeneigter Form. Cyecl. 27 mm. 515:1. Front. Van Gmsson. R4. Punktierte Linie: Lage der Schnittebene von Textfig. 25. Fig. 38. Ganz junger Stachel, noch ohne Höhlung. Spitze kaudalwärts gerichtet. Basis noch embryonal. Cycl. 23 mm. 515:1. Front. Hämatox. nach DeLAarıeıvd. R 5. Fig. 39. Beginn der Bildung der Höhlung des einfachen Stachels von der Basis aus. Cycl. 23mm. 515:1. Front. Hämatox. nach DerLArıeıLpd. R 4. Fig. 40. Weitere Ausbildung der Höhlung. Spitze nach hinten gerichtet. In den Stadien von Fig. 34—40 ist noch kein Durch- bruch durch die äußerste Coriumschicht e,. erfolgt. Man beachte das Verhalten des geschichteten Coriums auch in der folgenden Studien über das Integument von Oyclopterus lumpus L. 341 Figur. Cycl. 23 mm. 515:1. Front. Hämatox. nach DerA- FIELD. R 4. Fig. 41. Durchbruch der Spitze durch das Corium und Ein- dringen in die Epidermis. Spitze kaudalwärts gerichtet. Cyel. 31 mm. 515:1. Front. Van Gisson. R 4. Fig. 42. Fertig entwickelter einfacher Hautstachel. Corium und Epidermis durchbrochen. Spitze nach hinten gerichtet. Höhlung mit filzigem Corium erfüllt zum größten Teil. Cyel. 28 mm. 405:1. Front. Hämatox. nach DerarızLpd. R4. Die Linien geben die Schnittebenen der Textfigg. 25—28 an. Fig. 43a u. bb Zwei einfache Hautstacheln isoliert. Cycl- 19 cm. a 58:1. Verhalten zu den angrenzenden Schichten ep und co angegeben. b 28:1. An der Basis ist in beiden Bildern eine feine konzentrische Streifung bemerkbar. Fig. 44a—h. a In voller Tätigkeit befindliche Skleroblasten, von oben betrachtet. Deutliche Zellgrenzen. 920:1. Eisenhämatox. b Von der Seite gesehen. 920:1. Hämatox. nach DerArıeın. ce Von der Seite. 920:1. Van Gıesoxn. d—f Umbildung der Sklero- blasten von der hohen zur langgestreckten Form. 920: 1. Van GIEson. g Von der Fläche gesehen, auf der Hartsubstanz aufliegend, lang zugespitzte Kerne. 920:1. Hämatox. nach DerArırLnd. h Quer- schnitt durch einen großen Hautstachel nahe der Spitze mit eng- anliegenden, flachen Skleroblasten. 920:1. Hämatox. nach Dera- FIELD. g u. h Cycl. 21 cm. Fig. 45. Zwei einfache Stacheln miteinander verschmolzen. @yel. 19°cm. "50:1 Fig. 46. Erstes Stadium der Verschmelzung zweier benach- barter Hautstacheln an der Basis. Die Skleroblasten eng aneinander liegend mit ihrem kernhaltigen Ende. Cycl. 26 mm. 515:1. Alaunkarmin. R 2. Front. Fig. 47. Zweites Stadium des Verschmelzungsprozesses. Die Skleroblasten vermischen sich. Oycl. 23 mm. 515:1. Frontal. Hämatox. R5. Fig. 48. Drittes Stadium des Verschmelzungsprozesses. Die Skleroblasten haben sich oben und unten völlig vereinigt und sondern gemeinsam Grundsubstanz ab, welche die schon gebildete Hartsubstanz verbindet. Cycl. 31 mm. 515:1. R 1. Sagittal. Hämatox. nach DELAFIELD. Fig. 49. Großer Hautstachel in seiner Lage zu den angrenzenden Hautschichten ep und co. In der gemeinsamen Höhlnng (hoe) Blut- gefäße, filziges Corium und Pigmentzellen. Cycl. 2lcm. R4 97:1. Front. Hämatox. nach DELArIELD. Fig. 50. Großer Hautstachel, wie Fig. 49, nur sagittal. Die Höhlungen der kleinen, ihn zusammensetzenden Stacheln erscheinen als Inseln (co) in der Hartsubstanz. Cyel. 21 cm. 97:1. R 4. Fig. 51. Großer Hautstachel aus R5 von Cycel. 21 cm. Nach Mazeration mit KOH geglüht. Kegel angeschnitten in der Mediane. In jeden kleinen Stachel führt die erhalten gebliebene Höhlung 342 Albrecht Hase, Studien über das Integument etc. hinein. Die Verwachsungsstellen zweier solcher erscheint als herab- laufende Leiste. 20:1. R 4. Fig. 52. Großer Hautstachel, von außen gesehen. Sonst wie Fig. 51. Die kleinen Stacheln streben mit ihrer Spitze der gemein- samen Spitze zu. Rechts im Bild ein Teil abgebrochen. 20:1. Cycl. 21 cm. R 3. Fig. 53. Kleinerer Knochenhöcker mit runder Grundfläche, von oben betrachtet. Sonst wie Fig. 51 u. 52. Cycl. 21 cm. R3, Schwanzregion. Fig. 54. Dünnschliff von einem großen Knochenhöcker. Schleif- ebene parallel der Seitenlinie des Kegels ca. 80—100 u dick. Die kleinen Stacheln in verschiedener Höhe angeschliffen. Fibrillen- verlauf im Dentin und radiale Kanäle zu beobachten. 90:1. Fig. 55. Querschliff durch einen großen Knochenhöcker nahe der Spitze. Co Corium der gemeinsamen Höhlung. Hellere und dunklere Schichtungsstreifen und radiale Kanäle sehr deutlich. 200:1. Ca. 60—80 u dick. Fig. 56. Querschliff durch einen großen Stachel ganz nahe der Spitze. Fibrillenverlauf im Dentin und Radialkanäle besonders deutlich. Ca. 50 «a dick. 300:1. Frommannscho Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 3870 Verlag von Kustav Fischer in Jena. — Letzte Neuerscheinungen. . . Eine morphologische und Bau und Entstehung der Wirbeltiergelenke. "Wistorenetische Unter- suchung. Von Dr. med. Wilh. Lubosch, a. o. Prof. der Anatomie an der Universität Jena. Mit 230 Abbildungen im Text und 10 lithographischen Tafeln. 1910. ‘Preis: 27 Mark. Wissenschaftliche Ergebnisse der Deutschen Tieisee-Expedition auf PT Akt m Auiftrage des Reichsamtes des dem Dampfer „Valdivia‘ 18981899. nern Koruines. vol Carl Chan) Professor der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition. XVII. Band. Die Cephalopoden von Carl Chun. I. Teil: Oegopsida. Mit 32 Abbildungen und 2 Tafeln im Text und einem Atlas von 61 Tafeln. 1910. Preis für Text u. Atlas: Für Abnehmer der „Wissenschaftl. Ergebnisse“: 225 Mark. Einzelpreis: 275 Mark. Neben der Brauerschen Arbeit über die Tiefseefische der wichtigste Teil des grossen Unternehmens! Die überaus reiche Ausbeute der Expedition an Cephalopoden wird hier von dem Leiter der Expedition selbst dargestellt und ist in geradezu wundervoller bildlicher Ausstattung wiedergegeben. Es ist nicht zuviel gesagt, daß hier neben seiner hervorragenden wissenschaftlichen Bedeutung auch ein selten schönes Werk gelungen ist. XIX. Band. 4. Heft. Die Astrosphaeriden von H. Mast in Stuttgart. Mit 8 Tafeln. 1910. Preis für Abnehmer der „Wissenschaftl, Ergebn.“: 17 Mark 50 Pf. Einzelpreis: 22 Mark. . Eine Zusammenstellung der arktischen Tierformen mit besonderer Fauna Artica. Berücksichtigung des Spitzbergen - Gebietes auf Grund der Ergebnisse der Deutschen Expepition in das nördliche Eismeer im Jahre 1898. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen herausgegeben von 7 Fritz Römer und 7 Fitz Schaudinn, nach ihrem Tode fortgesetzt von Dr. August Brauer in Berlin. Band V. Erste Lieferung. Mit 5 Tafeln, 1 Kartenskizze und 76 Figuren, 1910. Preis: 45 Mark. 1) A. Brauer: Fritz Römer und Fritz Schaudinn. 2)C. Apstein, Das Vorkommen von Salpenin artischen Gebieten. Mit 12 Figuren und 1 Kartenskizze mit Text. 3) J. C. H. de Meijere: Die Dipteren der arkti- schen Inseln. 4) Rudolf Ritter von Stummer-Traunfels: Arktische Myzostomen. Mit einem Anhang: Ueber den Bau der Borstendrüsen bei Myzo- stomagigas Graff. Mit 2 Figuren im Text. 5) Rudolf Kowarzik: Der Moschus- ochs und seine Rassen. Mit einem Anhang: Moschusochsen in der Gefangen- schaft. Mit Tafell und 16 Figuren im Text. 6) Hjalmar Broch: Die Hydroiden der arktischen Meere. Mit Tafel II-IV und 46 Abbildungen im Text. 7) Rudolf v. Ritfer-Zähony: Die Chaetognaten. Mit TafelV. 8. B. Poppius: Coleopteren des arktischen Gebietes. . ; Von Prof. Dr. Freih. @ustav von Düben. Herausgegeben Crania Lapponica. von Prof. Dr. C. 6. Santesson. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. 6. Retzius. 1911. Preis: 30 Mark. Ein posthumes, vom Verfasser nicht vollendetes. Werk erscheint hier mehrere Jahre nach seinem Tode, weil die Herausgabe infolge des hervorragenden Wertes dieser Veröffentlichung sich empfiehlt. Es enthält 22 große Foliotafeln in Stein- druck mıt Abbildungen von Lappenschädeln in natürlicher Größe, nebst kurzem Text in englischer Sprache und Tabellen von Messungen an denselben Schädeln. Von diesem Werke, dessen Tafeln schon: vor etwa drei Dezennien gedruckt wurden, konnte nur eine beschränkte Anzahl unbeschädigter Exemplare hergestellt werden. Da die Originalschädel bei einer Feuersbrunst ım anatomischen Museum des Carolinischen Instituts zu Stockholm fast alle zerstört worden sind, so ist hier ein seltenes, ja unwiederbringliches Material wenigstens in wissenschaftlich genauer bildlicher Wiedergabe erhalten geblieben. Bei dem hohen anthropologisch-ana- tomischen und ethnographischen Interesse, welches dem eigentümlichen Lappenvolk mit Recht entgegengebracht wird, werden daher diese Tafeln von den Anatomen, Anthropologen, Ethnographen, Historikern und Zoologen wegen ihres hohen Wertes geschätzt werden. Die Tafeln mit dem Text werden nun, soweit sie hinreichen, zu einem Preis von 30 Mark angeboten. Verlag von ustav Fischer in Jena. Vergleichende Anatomie des, menschlichen Gebisses und der ‚Zähne on Dr. Paul de Terra, vorm. Zahnarzt in Zürich. it der Vertebraten. >00 Textabbildungen. 1911. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark. Untersuchungen über die Zoogeographie der Karpathen me: Berücksichtigung der Coleopteren) von Karl Holdhaus und Fiedrieh Deubel. Mit 1 Karte. (Abhandlungen der k. k. zool.-botan. Gesellschaft in Wien.s Band VI, Heft 1.) 1910. j Preis: 8 Mark. :g; zum sechzigsten Geburtstage des Herrn Geheimen Regierungsrats Festschrift Prof. Dr. Max Braun in Königsberg. Mit 13 Tafeln und 183 Ab- bildungen im Text. (Zoolog. Jahrb., herausg. von Dr. J. Spengel, Prof. in Gießen, Suppl. VII, 3.) 1910. Preis: 36 Mark. Inhalt: Dietz, Eugen, Die Echinostomiden der Vögel. Mit Tafel 1-6 und 78 Abbild. im Text. — Dampf, Alfons, Zur Kenntnis gehäusetragender Lepido- pterenlarven. Mit 54 Abbild. im Text. -- Dampf, Alfons, Mesopsylla eucta n. g. n. sp. Mit 34 Abbild. im Text. — Thienemann, J., Der Zug des weißen Storches (Cieonia eiconia). Mit Tafel 7—9. — Lühe, M., Cystotänien südamerikanischer Feliden. Mit Tafel 10—11 und 8 Abbild. im Text. — Japha, Arnold, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Walhaut. Mit Tafel 12. — Cohn, Ludwig, Zur Kenntnis der Munddrüsen einiger Anuren. Mit 9 Abbild. im Text. — Speiser, P., Beiträge zur Kenntnis der Dipteren-Gruppe Heleinae. Mit Tafel 13. sein Ursprung und seine Entwicklung. In gemeinverständlicher Der Mensch, Derstellung. Von Wilhelm Leche, Prof. a. d. Universität zu Stock- holm. (Nach der zweiten schwedischen Auflage.) Mit 369 Abbildungen. 1911. Preis: 7 Mark 50 Pf., geb. 8 Mark 50 Pf. . Neue Studien zur Soziologie der Tiere. Zugleich Termitenleben auf Geylon. ein Kapitel: Konad Forsten von K. Escherich, Dr. med. et phil. o. Professor der Zoologie an der Forstakademie Tharandt. Mit einem systematischen Anhang. Mit Beiträgen von A. Forel, Nils Holmgren, W. Michaelsen, F. Schimmer, F. Silvestri und E. Wasmann. Mit 3 Tafeln und 68 Abbildungen im Text. 1910. Preis: 6 Mark 50 Pf., geb. 7 Mark 50 Pf. Inhaltsverzeichnis: Einleitung. Die Reise. I. Die Hügelbauer. Die Termiten hügel. Die Hügelbewohner. Hügelgenese, Baumethode usw. — II. Die Kartonfabrikanten. Die ‚„‚schwarze‘ oder die „Kot-Termite“. Die Galerietermite. Die übrigen Eutermes. — III. Verschiedene Beobachtungen und Versuche im Laboratorium usw. Beobach- tungen an Königinnen. Kämpfe. Versuche über Lichtempfindlichkeit. — IV. Okonomisches. Systematischer Anhang. I. Ceylon-Termiten von NilsHolmgren. II. Ameisen von Ceylon von Prof. A. Forel. III. Termitophile Coleopteren aus Ceylon von E. Wasmann S. J. IV. Myrmeecophila Escherichi, eine neue termitophile Ameisengrille von Dr. F. Schimmer. V. Beschreibung der von K. Escherich auf Ceylon gesammelten termitophilen Thysanuren, Myriapoden, sowie einer unbekannten mimetischen, termitophilen Coleopterenlarve von Prof. F, Silvestri. VI. Notoseolex termitieola Mich. (ein termitophiler Regenwurm) von Prof. W. Michaelsen. . «. und der gegenwärtige Stand der Histologie. Rede, ge- Die Gellularpathologie halten auf der Jahresversammlung der Pathola Gesellschaft zu St. Petersburg am 22. Okt./4. Nov. 1910, von Privatdozent Dr. 6. 6. Sechlater (Sammlung anatom. und physiolog. Vorträge und Aufsätze, hrsg. von Prof. Dr. E. Gaupp und Prof. Dr. W. Trendelenburg. Heft 13.) 1911. Preis: 80 Pf. Verhandlungen der Anatomischen Gesellschait I, CT Ferne UL vereinigter internationaler Anatomen-Kongreß) in Brüssel, vom 7. bis 11. August 1910. Im Auftrage der Gesellschaft herausgegeben von Prof. Dr. Karl v. Bardeleben, ständigem Schriftführer. Mit 5 Tafeln und 59 Abblild. im Text. (Ergänzungsheft zum Anatom. Anzeiger, 1910, Bd. 37.) Preis: 10 Mark, für Mitglieder und Abonnenten: 7 Mark 50 Pf. . ; en ldo, Geimana, Angla, Franca, Italiana ed Internaciona Biologial Lexiko Hispana. Da Dro M. Boubier, Privat-Docento en l’Universitato di Geneve. Linguo Internaeina di la Delegitaro (Sistemo Ido.) Internationales biologisches Lexikon in Ido, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Preis: 1 Mark 50 Pf Diesem Heft liegen folgende Prospekte bei von der Verlagsbuchhandlung Gustay Fischer in Jena 1) Festschrift zum sechzigsten Geburtstag Richard Hertwigs (München), 2) Tschulok, Das System der Biologie und 3) Zeitschrift für Botanik. krommannsrhe Buchdruckerei (Hermann Fohle) ın Jena, JENAISCHE ZEITSCHRIFT FÜR NATURWISSENSCHAFT HERAUSGEGEBEN VON DER MEDIZINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA SIEBENUNDVIERZIGSTER BAND NEUE FOLGE, VIERZIGSTER BAND DRITTES HEFT MIT 2 TAFELN UND 23 FIGUREN IM TEXT Inhalt: NÄNNI, JAKOB, Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. Mit 2 Tafeln und 2 Figuren im Text. GRUHL, KURT, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. Mit 21 Figuren im Text. SCHULZ, FRIEDRICH, Jahresbericht der Medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesell- _ schaft zu Jena für das Jahr 1910. PREIS: 7 MARK, SEMPER: mitnsonlan Ing y- NIS vw PR: ARIBVS | Aldi 6% May; ar, f ona| Museuf® EEE u. y JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1911 Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 8. Juli 1911. Verlag von Gustav Fischer in Jena. s, Der Urmensch vor und während Aus dem Werdegang der Menschheit. ger Eiszeit in Europa. Von Dr. H. von Buttel-Reepen. (Erweiterter Abdruck aus der Naturw. Wochensch. N. F. X. Bd., der ganzen Reihe XXVI. Bd., Nr. 12 bis 15.) 1911. Mit 109 Ab- bildungen im Text und 3 Tabellen. Preis: 1 Mark 80 Pf. Die Schrift wendet sich in allgemein verständlicher Form an weitere Kreise und besonders an solche, die das Bedürfnis verspüren, den heutigen Stand der Wissenschaft über den Urmenschen, unter Berücksichtigung der neuesten Funde und unter Hinweis auf die Literatur kennen zu lernen. Es tritt vielfach der Wunsch auf, namentlich bei allgemein gehaltenen Betrachtungen, sich über dieses oder jenes näher orientieren zu können. Da nun in den mehr oder minder populär gehaltenen Schriften über den Urmenschen die präzisen Belege im Text eigentlich stets zu fehlen pflegen, so mag die hier gebotene Uebersicht, die zahlreiche Literaturnachweise enthält, vielleicht zur Befriedigung dieses Wunsches geeignet erscheinen. Ein Verlieren in Einzelheiten ist vermieden worden und dort, wo der sichere Boden der Forschung verlassen werden mußte, ist das Hypothetische stets betont. Der Mensch sein Ursprung und seine Entwicklung. In gemeinverständlicher er MENSCH, Tarstellung. Von Wilhelm Leche, Prof. a. d. Universität zu Stock- holm. (Nach der zweiten schwedischen Auflage.) Mit 369 Abbildungen. 191. Preis: 7 Mark 50 Pf., geb. 8 Mark 50 Pf. Inhaltsverzeichnis: Vorwort. I. Deszendenztheorie. II. Der Mensch und die Wirbeltiere. Die Ausbildungsstufen der Wirbeltiere. III. Die Aussage der aus- gestorbenen Lebewesen. IV. Der Mensch im Lichte der vergleichenden Anatomie. V. Das Ergebnis der Embryologie. VI. Die rudimentären Organe des menschlichen Körpers. VII. Das Gehirn. VIII. Der Mensch und seine nächsten Verwandten. IX. Die ersten Menschen. X. Der Affenmensch von Java. — Die Menschheit der Zukunft. Biologisches Centralblatt, Bd. XXXI, Nr. 6, vom 15. März 1911: Unter den zahlreichen, sich an ein größeres Publikum wendenden Schrifter über die Deszendenzlehre und die Stellung des Menschen in der Natur nimmt dieses Buch einen hervorragenden Platz ein durch seine vortreffliche Darstellung und die stets in den Grenzen wissenschaftlicher Betrachtung bleibende, trotzdem aber mit erfreulicher Wärme gehaltene Behandlung seines Gegenstandes. Wir können deshalb dem Verfasser und Herrn Plate, der ihn dazu veranlaßt hat, dankbar dafür sein, daß er das Buch auch der deutschen Leserwelt zugänglich gemacht hat... . Herr L. weiß mit Geschick die Vermischung tatsächlichen Gehalts mit bloßen Hypothesen zu vermeiden. Wo er von letzteren Gebrauch macht, wird immer auf diesen Charakter hingewiesen und die Aufstellung derselben durch eingehende Dis- kussion des Sachverhalts gerechtfertigt. Ebenso wird auf den Unterschied der Deszendenzlehre von den zu ihrer theoretischen Begründung benutzten Lehren von der Selektion in allen ihren Abarten aufmerksam gemacht. In dem ganzen Buche zeigt sich der Verf. nicht nur als ein fachwissenschaftlich Kundiger, sondern auch als ein logisch geschulter Denker, dessen Führung man sich getrost anvertrauen kann. ; Zwölf gemeinverständliche Vorträge über die Deszen- Die Abstammungslehre. denathenata im ‘Licht der neueren Forschung. Von O. Abel (Wien), A. Brauer (Berlin, E. Dacqu& (München), F. Doflein (München), K. Giesenhagen (München), R. Goldschmidt (München), R. Hert- wig (München), P. Kammerer) Wien), H. Klaatsch (Breslau), O. Maas (München), R. Semon (München). Herausgegeben von Prof. Dr. R. &oldschmidt, München. Mit 325 teils farbigen Abbildungen im Text. 1911. Preis: 11 Mark, geb. 12 Mark 50 Pf. In der deszendenztheoretischen Literatur werden diese Vorträge einen be- sonderen Rang einnehmen. Denn bei ihnen handelt es sich — im Gegensatz zu den begreiflicherweise immer stark subjektiv gefärbten Schriften einzelner Gelehrter über diesen Gegenstand — um eine Beleuchtung der interessanten Probleme von den ver- schiedensten Seiten. Hervorragende Forscher auf dem Gebiete der Zoologie, der Botanik, der Paläontologie, der Anatomie und Anthropologie sind es, die in diesen Vorträgen ihre Ansichten über die Abstammungslehre niederlegen. Deshalb werden diese in München unter außerordentlichem Zudrang gehaltenen Vorträge berufen sein, in Buchform weit über den Ort ihres Ursprungs hinaus Beachtung in weitesten Kreisen zu finden. Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. Von Jakob Nänni, Trogen (Kanton Appenzell). Hierzu Tafel 17 u. 18 und 2 Figuren im Text. Vorwort. Bei meinem Aufenthalt an der Zoologischen Station in Neapel im Frühjahr 1909 fielen mir bei der Untersuchung von Plankton einige Tomopteriden in die Hände. Da mein Hauptinteresse jedoch auf pelagische Polychätenlarven gerichtet war, unterließ ich es leider, die ersteren genauer zu untersuchen und beschränkte mich darauf, dieselben zu fixieren, um sie später eventuell als Ver- gleichsmaterial benützen zu können. Erst im Winter, als ich zu- fällig ein Exemplar der Neapler Form schnitt, fiel mir die inter- essante Organisation auf, so daß ich beschloß, dieselbe eingehender zu studieren. Eine Untersuchung von Tomopteris schien mir schon deshalb gerechtfertigt, da z. B. über das Hämocöl noch gar nichts bekannt war. Herrn Professor LAnG möchte ich an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen sowohl für das Interesse an der Arbeit, als auch für die Ermöglichung des Besuches der Station. Ebenso zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Professor HESCHELER, der mir mit seinen reichen Literaturkenntnissen und praktischen Ratschlägen jederzeit freundlich entgegenkam und nicht wenig zum Gelingen vorliegender Arbeit beitrug. Auch Herrn PEYER möchte ich für die freundliche Ueberlassung eines Exemplars von Tomopteris helgolandica bestens danken. Technik. Die von mir konservierten Tiere wurden fast ausschließlich mit Langscher Sublimatlösung fixiert. Daneben kam auch FLEMm- MinGsche und Gilson-Lösung in Anwendung. Auch das von Neapel erhaltene Material war stets mit Sublimat fixiert. Da die Tiere bei Behandlung mit letzterem ziemlich durchsichtig blieben, Bd. XLVIL. N. F. LX, 23 344 Jakob Nänni, war ich genötigt, dieselben stets in toto zu färben. Ich benutzte dazu meistens Hämalaun nach MAYER. Sollte die Färbung nach- her wieder verschwinden, tingierte ich die Objekte schwach mit Eosin, da sonst das Auffinden der Schnitte in den Paraffinbändern stets mit großer Mühe verbunden war. Als Vormedium benutzte ich nur Cedernholzöl. Die mit Hämalaun gefärbten Schnitte wurden mit Van GıEsons Färbemethode differenziert. Material, das mit FLemmingscher Lösung fixiert war, gelang mir nicht, mit den üblichen Hämatoxylin- oder Karminfarbstoffen zu färben, nur mit Safranin und Gentianaviolett erreichte ich brauchbare Färbungen. Daneben kam natürlich auch die Färbung mit Eisenhämatoxylin nach HEIDENHAIN in Anwendung, die besonders für die Unter- suchung der Muskulatur und der Augen unentbehrlich war. Systematische Stellung der Tomopteriden. GRUBE war der erste, der die Tomopteriden als Chätopoden erkannte. Er stellte sie als Gymnocapa den übrigen Chätopoden gegenüber. Auch APstein (1) schließt sich dieser Ansicht an mit der Begründung, daß die borstenlosen Parapodien, die borsten- tragenden Fühler, sowie die nicht durch Dissepimente getrennten Körpersegmente genügen, eine solche Trennung zu rechtfertigen. Das Nervensystem. Wenn ich das Nervensystem an die Spitze nehme, geschieht es deshalb, weil sich dasselbe bisher der eingehendsten Unter- suchung erfreute und ich mich auf eine kurze Zusammenfassung der bekannten Tatsachen beschränken kann. Immerhin hat meine Untersuchung zu Resultaten geführt, die zum Teil über das bisher Bekannte hinausgehen. Das Gehirn erinnert in seiner Form an diejenige eines Halbmondes, dessen Spitzen nach hinten gerichtet sind und in die beiden Schlundkommissuren übergehen. Es liegt oben und unten, d. h. dorsal und ventral der Epidermis dicht an. Der vordere und dorsale Teil des Gehirns besteht fast ausschließlich aus Ganglienzellen, der hintere und ventrale dagegen setzt sich aus Nervenfasern und Stützsubstanz zusammen. Das Gehirn gibt vorn zwei Nervenpaare ab. Das erste zieht, der dorsalen Cuticula dicht angelagert, zu den beiden Stirn- fühlern. Letztere sind hohl und reichlich mit Ganglienzellen aus- gestattet. Der vordere Rand ist mit zahlreichen Wimpern ver- sehen, die auf einem dichten Netz von Nervenfasern stehen. Die Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 345 exponierte Stellung der Stirnfühler und die zahlreichen nervösen Elemente scheinen auf ein Tastorgan hinzuweisen. Das hintere der oben erwähnten Nervenpaare betrachtete man lange als zu den großen Fühlereirren gehörend. MEYER (29) wies indessen nach, daß dieses Nervenpaar die oben am Kopfe befind- lichen Wimpergruben innerviert, während die Nerven der großen Fühlereirren ihren Ursprung in der zweiten Anschwellung des Bauchmarkes nehmen sollen. Er deutet deshalb das zweite Fühler- eirrenpaar als „über den Mund nach vorn hinaus geschobene Parapodien“. Die Ausstülpung, welche die große Borste trägt, entspricht allerdings in ihrem Bau einem Parapodium, auch die Anordnung der Muskulatur hat Aehnlichkeit; daß jedoch die große Fühlereirre mit dem Bauchmark durch einen Nerv in Verbindung stehe, kann ich nicht bestätigen. Der Nerv, der die große Fühler- ceirre versorgt, nimmt seinen Ursprung nicht im Bauchmark, sondern im Gehirn, und zwar auf der äußeren ventralen Seite, unmittelbar vor der Stelle, wo dasselbe in die beiden Schlundkommissuren übergeht. Auf einigen Querschnitten konnte ich allerdings beob- achten, daß der Nerv nach der Gabelung, also am vorderen Teil der Schlundkomniissuren, seinen Ursprung nimmt; nie aber fand ich seine Insertionsstelle hinter der Mundöffnung. Auf günstigen Querschnitten (Fig. 4) kann man den ganzen Verlauf dieses Nerven schön verfolgen. Gewöhnlich sind 2—3 Ganglienzellen in dem- selben eingelagert, die auf der ventralen Seite der Borste, am äußersten Ende der Ausstülpung, beträchtlich an Zahl zunehmen und eine größere Anschwellung bilden. Anderweitige nervöse Elemente, besonders jene von MEYER beschriebene Verbindung mit dem Bauchmark, konnte ich trotz sorgfältiger Durchmusterung meiner Schnittserien nicht nachweisen. In das Gehirn eingelagert sind die beiden braunen Pigment- becher der Augen, deren feineren Bau ich in einem besonderen Abschnitt behandeln will. Das Bauchmark entsteht durch die Vereinigung der beiden Schlundkommissuren und beginnt mit der Subösophagealanschwel- lung. Es ist, wie alle nervösen Elemente, ganz ektodermal ge- legen und wird nur von einer äußerst dünnen, glashellen Cuticula bedeckt. Es besteht aus zwei nebeneinander verlaufenden Faser- strängen, die auf Querschnitten oft stark hervortreten (Fig. 16) und mit feinen Nervenfasere miteinander in Verbindung stehen. Auf beiden Seiten der Faserstränge finden sich Ganglienzellen, die auf der Höhe eines jeden Parapodiums an Zahl etwas zunehmen, 23 * 346 Jakob Nänni, so daß eine deutliche Anschwellung des Bauchmarkes entsteht, aus der links und rechts ein Nerv tritt, der, ganz an der Körper- oberfläche verlaufend, in die Muskulatur der Parapodien zieht (Fig. 15). Am Grunde der letzteren bildet er oft eine kleine An- schwellung, die zwei oder drei Ganglienzellen einschließt. Neben diesen ziemlich ansehnlichen Nerven finden sich auf dem ganzen Verlaufe des Bauchwarkes noch zahlreiche kleinere Fasern, die auf beiden Seiten austreten und sich in der Muskulatur des Leibes- schlauches verlieren. Auch diese Nerven liegen ganz ektodermal und werden nur von der Cuticula bedeckt. Aber auch die dorsale Muskulatur scheint mit nervösen Elementen ausgestattet zu sein. Ich sah auf einigen Querschnitten, daß ein Nerv vom Bauchmark aus gegen die laterale Seite zieht, und zwar in der zwischen zwei Parapodien gelegenen Körper- partie. Auf beiden Seiten wird er durch die von VEIDOVSKY (37) beschriebene Alveolärschicht, die übrigens bei Tomopteris Kefer- steinii nur an den Parapodien und lateral vorhanden ist, während sie dorsal und ventral vollständig fehlt, unterbrochen und setzt sich dann auf der dorsalen Seite bis zur dorsalen Mittellinie fort. Die Vermutung, daß es sich wirklich um nervöse Elemente handle, wird noch bestärkt durch die Anwesenheit von Zellen, die mit den Ganglienzellen des Bauchmarkes täuschende Aehnlichkeit haben. Verdauungstraktus. Wenn wir eine Tomopteris betrachten, so fällt uns als erstes inneres Organ der Verdauungstraktus in die Augen. Schon mit schwacher Vergrößerung können wir zwei deutlich voneinander verschiedene Abschnitte erkennen, nämlich den von der ventralen Mundöffnung bis zum ersten Parapodienpaar sich hinziehenden Pharynx und den darauf folgenden Darm (Fig. 1). Der Pharynx ist ausstülpbar und zeichnet sich besonders durch seine starke Muskulatur aus (Fig. 2). Diese setzt sich aus verschiedenen Schichten zusammen. Eine äußere Längsmuskel- schicht. Sie ist jedoch so dünn, daß ich sie auf Querschnitten nicht zu erkennen vermochte, dagegen sieht man auf Frontal- und Sagittalschnitten, wo der Pharynx schief angeschnitten ist, deutlich einzelne Muskelfasern in seiner Längsrichtung verlaufen. Etwas stärker entwickelt ist die darauf folgende Ringmuskel- schicht. Fig. 3 stellt die Wandung des Pharynx auf einem Längs- schnitt bei starker Vergrößerung dar. Man sieht die außen liegen- den quergeschnittenen Ringmuskeln (RiM) zwischen den Insertions- Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 347 stellen der Radiärmuskulatur (RaM). Letztere ist die stärkste Muskelschicht und besitzt, wie der Name sagt, radiär angeordnete Muskelbündel. Jeder dieser Muskeln besteht aus mehreren Muskelfasern, die mit der äußeren Pharynxwand verwachsen sind und gegen die innere Wand des letzteren ziehen. Kurz vor der Insertionsstelle aber spaltet sich jedes Bündel in zwei Hälften. Jeder Ast tritt nun mit der Verzweigung des benachbarten Bündels zusammen und erreicht so gemeinsam die innere Pharynxwand. Da, wo beide Aeste zusammentreten, sieht man zahlreiche dunkle Punkte, deren Bedeutung ich jedoch nicht sicher ermitteln konnte. Vielleicht sind es die von SCHWARTZ (36) beschriebenen inneren Ring- muskelfasern. Zwischen den Radiärmuskelbündeln finden sich zahl- reiche Protoplasmabrücken und Plasmareste, in welche Zellkerne eingelagert sind. Im Gegensatz zu den soeben besprochenen Muskelzellen scheinen die Ring- und Längsmuskelfasern keine be- sonderen Zellkerne zu besitzen. Es finden sich zwar auf der Ober- fläche des Pharynx spärliche Kerne vor, sie gehören aber jeden- falls zu der tieferliegenden Radiärmuskelschicht. Die ganze innere Wand des Pharynx wird von einer Drüse ausgepolstert (Fig. 2 u. 3 Spdr). Sie zeigt körnige Struktur und ist jedenfalls eine Speicheldrüse. Auch der vordere äußere Teil des Pharynx trägt Drüsen. Ihr Sekret sammelt sich ganz vorn am Rüssel in dicht nebeneinander liegenden Blasen. Dasselbe färbt sich mit Hämalaun und AÄnilinfarbstoffen ganz intensiv und scheint auf Schleim hinzudeuten (Fig. 2 Schdr), der, aus der An- ordnung der Drüsen zu schließen, jedenfalls beim Verschlucken der Nahrung eine Rolle spielt. Der Darm beginnt, wie bereits angedeutet, ungefähr beim ersten Parapodiumpaar und zieht gewöhnlich als glatter Schlauch durch den ganzen Körper. Bei jungen Tieren finden sich jedoch häufig Ausbuchtungen desselben in die Parapodien, und zwar so, daß der Darm in das hohle Parapodium, d. h. einen Nebenraum der Leibeshöhle, tritt, dort umbiegt, um in der eigentlichen Rumpf- höhle wieder seine normale Lage einzunehmen. Auch bei ge- schlechtsreifen Individuen kommen solche Ausbuchtungen des Darmes vor, aber soweit meine Beobachtung reicht, stets nur an den hintersten Segmenten. Vielleicht, daß dieselben eine bloße Vergrößerung der verdauenden Oberfläche bedeuten, oder aber bei der Ernährung der sich bildenden Geschlechtsorgane eine Rolle spielen. 348 Jakob Nänni, Die Wandung des Darmes besteht aus einem einfachen Zylinder- epithel. Die Zellen sind auf Flächenschnitten sechseckig und erinnern in ihrer Anordnung an eine Bienenwabe. Besondere Drüsen, wie sie SCHWARTZ erwähnt, sind keine vorhanden, da- gegen sind die Darmepithelzellen selber oft dicht angefüllt mit einem Sekret in Form von ölartigen kleinen Kügelchen. Jede Zelle besitzt sodann einen großen chromatinreichen Kern, der stets in unmittelbarer Nähe der äußeren Wand des Darmes, d. h. gegen die Leibeshöhle, gelegen ist. Während der Pharynx in einer Scheide steckt, in welcher er aus- und eingestülpt werden kann, ist der Darm in der Leibes- höhle oft durch ein dorsales und ventrales Mesenterium befestigt. Dieses Mesenterium wurde bis jetzt von einem einzigen Autor, nämlich Cnaun (7) beobachtet und folgendermaßen beschrieben: „Der Darm hängt in der voluminösen Leibeshöhle vermittelst eines dorsalen und ventralen Mesenteriums. Letzteres repräsentiert keine kontinuierliche Lamelle, sondern zerfasert sich gegen die Wandung.“ Diese Beobachtung bezieht sich auf Tomopteris eu- chaeta Cnun. Bei T. Kefersteinii sind die Reste des Mesenteriums sehr spärlich, dagegen konnte ich diese Verhältnisse bei einem Exemplar von Tomopteris helgolandica sehr schön studieren, da sie dort besonders deutlich sind. Geradezu schematisch sehen wir dort auf Querschnitten das dorsale Mesenterium schön gefältelt gegen den Darm verlaufen (Fig. 8), dort sich teilend, indem es den Darm links und rechts umgibt und auf der ventralen Seite wieder zusammentreten (Fig. 9), um nach der Bauchwand zu ziehen. Dort tritt es abermals aus- einander und zieht an beiden Seiten der Leibeswand, als Peri- toneum dieselbe innen begrenzend, nach oben und in die Para- podien. Dort schwillt es auf deren dorsalen Seite zum Gonothel an und zieht dann wiederum als dünne Membran gegen die dorsale Mittellinie, um so zwei voneinander getrennte Cölomhälften zu bilden, die allerdings, da ja die Mesenterien nur stellenweise er- halten sind, auf anderen Schnitten miteinander in Verbindung stehen. Auch bei Tomopteris Kefersteinii ist der Darm von einem Mesenterium vollständig eingeschlossen, das aber, wie bereits er- wähnt, nur selten mit der Leibeswand in Verbindung tritt. Fig. 6 zeigt uns einen Sagittalschnitt mit dem vom Darm abzweigenden Rest des ventralen Mesenteriums. Die den Darm einschließende Splanchnopleura erscheint auf Querschnitten als dünne Lamelle, an die spärliche, flachgedrückte Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 349 Kerne dicht angelagert sind. Bei starker Vergrößerung (Fig. 7 u. 13) können wir auf Querschnitten eine innere fast homogene Schicht und eine der letzteren dicht anliegende punktförmige Substanz unterscheiden. Die erstere erweist sich, wie wir uns auf einem schief angeschnittenen Darmabschnitt überzeugen können (Fig. 12) als Ringmuskelschicht, während wir in den Punkten die quergeschnittenen Längsmuskelfasern vor uns haben. Die Anzahl der Ringmuskelfasern ist eine bedeutend größere, aber auch diese besitzen ebensowenig wie die Längsmuskelfasern besondere Zellkerne. Das Ganze zeigt die typische Struktur eines Darmfaserblattes. Bei Betrachtung des engen, zwischen Darmepithel und Darm- faserblatt liegenden Spaltraumes kann man sich der Vermutung nicht erwehren, daß wir hier einen primitiven Darmblutsinus vor uns haben. Diese Vermutung wird noch bestärkt durch die Ueber- legung, daß die aus dem Darme diffundierte Nahrung diesen Hohl- raum passieren muß, bevor sie in die übrigen Körperpartien ge- langen kann. Vollends zur Gewißheit aber wird dieselbe bei Be- trachtung der in Fig. 8 u. 9 dargestellten Schnitte, und zwar deshalb, weil die Mesenterien nicht ganz zusammentreten und so eine Verbindung mit der Leibeswand herstellen, durch welche die Nährlösung der letzteren zugeleitet werden kann. Die Form des Sinus, wie ich den Hohlraum nun nennen will, ist verschieden. Für gewöhnlich erscheint derselbe als enger Spalt- raum (Fig. 5), auf anderen Schnitten aber scheint er oft unter- brochen und macht so den Eindruck eines Lakunensystems (Fig. 7). Das letztere scheint mir indessen ein Kunstprodukt zu sein, hervor- gerufen durch eine Kontraktion des Darmfaserblattes bei der Fixierung. Dadurch wurde das Darmepithel in Falten gelegt, wobei die äußeren Falten eng an das Darmfaserblatt zu liegen kamen. Wahrscheinlich ist der Sinus am lebenden Tiere über- haupt größer und erscheint nur infolge dieser Kontraktion der Splanchnopleura als ein so enger Raum. Eine ähnliche Beob- achtung machte SALENSKY bei Terebella, wo der Darmblutsinus nur am lebenden Tiere bemerkbar ist, während derselbe auf Schnitten überhaupt nicht sichtbar sein soll infolge der Kontraktion der Splanchnopleura. Einen bestimmten Nachweis von Blut kann ich nicht erbringen. Das einzige Exemplar von Tomopteris helgolandica bekam ich als Totalpräparat in Kanadabalsam eingebettet, in welchem es einige Jahre gelegen hat. Das Tier ist mit FuLemmin@scher Lösung 350 Jakob Nänni, fixiert worden, so daß eine gute Färbung, nachdem dasselbe in Querschnitte zerlegt worden war, unmöglich war. Nur mit Gentiana- violett bekam ich eine einigermaßen brauchbare Färbung, die aber den Vorteil hatte, daß alle Membranen sich intensiv färbten, so daß sie sich stark vom übrigen Gewebe abhoben. Dadurch wurde der für mich wichtige Verlauf der Mesenterien sehr schön sichtbar. Der als Blut gedeutete Inhalt erscheint als ziemlich homogenes Gerinnsel, das sich dem Farbstoff gegenüber ungefähr so verhielt, wie die kontraktile Substanz der Muskelzellen. Bei Tomopteris Kefersteinii sind die entsprechenden Partien bei Färbung mit Eisenhämatoxylin ganz dunkel (Fig. 15). Eigent- liche Blutkörperchen scheinen vollständig zu fehlen, ebenso Cö- lomocyten oder deren Bildungsherde am Peritoneum, mit Aus- nahme der in der Leibeshöhle flottierenden Geschlechtsprodukte. Zwar trifft man hie und da im Cölom rundliche Zellen von ca. 20 u Durchmesser mit zentral gelegenem Kern, die vielleicht als Lymphocyten aufgefaßt werden dürften. Ihr Auftreten ist jedoch ein so spärliches, daß ich keine bestimmte Deutung wage. Schon GREEFF (13) beobachtete indessen bei Tomopteris Kefersteinii „eine Strömung kleiner Körper im Innern der Leibeshöhle und deren Nebenräumen“. Er deutet dieselben als Lymph- oder Samenkörperchen. Besonders interessant ist nun das Verhalten der Mesenterien an der Körperwand, d. h. dort, wo dieselben auseinander treten und als Peritoneum die innere Leibeswand bekleiden. Es ist dort nämlich eine deutliche Anschwellung des Hohlraumes zu konsta- tieren, der teilweise vom Mesenterium, teilweise aber vom Ekto- derm begrenzt wird. In Fig. 10 u. 11 sind zwei Schnitte ab- gebildet, wo das Mesenterium als solches verschwunden ist, während der von ihm und dem Ektoderm gebildete Hohlraum als ab- geschlossenes Gefäß besteht. Daß das Ektoderm an der Begrenzung beteiligt ist, zeigen die Fig. 9 u. 11 sehr schön, wo das Neurilemm des Bauch- markes einen Teil der Gefäßwandung bildet. Daß die beiden in Fig. 10 u. 11 rot angelegten Hohlräume aber die Anlage zu einem ventralen resp. dorsalen Gefäß bedeuten, wird niemand bezweifeln. Anderweitige Gefäße konnte ich keine finden. Es sind solche aber auch kaum anzunehmen. Wären solche vorhanden, so hätten wir es voraussichtlich mit Gefäßschlingen zu tun, welche das ventrale mit dem dorsalen Gefäß verbinden würden. Da jedoch „die prädestinierten Stellen für die Hauptgefäßschlingen die inter- Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 351 segmentalen Septen sind“ (These 30 der Langaschen Hämocöl- theorie), letztere aber bei den Tomopteriden vollständig fehlen, scheint mir auch die Anwesenheit von Gefäßschlingen unwahr- scheinlich, abgesehen von der äußerst primitiven Ausbildung der Hauptgefäßstämme, die selber noch keine abgeschlossene komplette Gefäße darstellen. Eine Verbindung des Darmepithels mit der Splanchnopleura, sei es durch ausgespannte Plasmabrücken, wie sie VEJDOVSKY (33 u. 39) beschreibt, oder anderweitige Zellelemente, konnte ich nie beobachten. Ueberhaupt kommen neben den Darmzellen, die ein scharf abgegrenztes, einschichtiges Drüsenepithel bilden (Fig. 15), absolut keine anderen Entodermzellen vor. Auch die Splanchno- pleura, deren Bau wir bereits kennen gelernt, läßt keine andere Deutung zu, da auch sie keine Zellelemente aufweist, als die für das Darmfaserblatt charakteristischen Ring- und Längsmuskel- fasern. Aus diesen Tatsachen geht wohl deutlich genug hervor, daß hier von einer entodermalen Abstammung des Darmblutsinus im Sinne VEJDOVSKYs nicht die Rede sein kann, sondern daß derselbe einen deutlichen Spaltraum repräsentiert, begrenzt einer- seits vom Darmepithel, andererseits von der Splanchnopleura. Es entspricht dies vollständig der Langschen Hämocöltheorie, ebenso die Bildung des Bauch- und Rückengefäßes, wenn auch letztere einige Abweichungen zeigt, die vielleicht von theoretischem Interesse sein dürften. Gewöhnlich nimmt man an, daß die ersten Gefäße an jener Stelle entstehen, wo das Darmfaserblatt von beiden Seiten zu einem Mesenterium zusammentritt und gegen die Leibes- wand zieht, indem sich dort ein Hohlraum bildet, der sich mehr und mehr vom eigentlichen Sinus abschnürt und so ein für sich abgeschlossenes Gefäß bildet. Es ist nun bei vielen Anneliden dieser Bildungsmodus insofern etwas anders, als jener Hohlraum sich immer mehr vom Darm entfernt. Bei den Tomopteriden scheint nun das Extrem erreicht worden zu sein, indem nicht die dem Darm zugekehrte Oeffnung, sondern die der Leibeswand zu- gekehrte als Gefäßanlage erhalten bleibt, nachdem das Mesenterium verschwindet. Ich erwähnte bereits die teilweise ektodermale Begrenzung dieser Bauch- und Rückengefäßanlage, und zwar deshalb, weil mir dieselbe als ein neuer sprechender Beweis für die Auffassung Langs erscheint. Es ist ja ganz natürlich, daß nicht nur das Entoderm imstande ist, mit dem Mesenterium einen Hohlraum zu bilden, sondern auch das Ektoderm, nämlich dann, wenn sich 352 Jakob Nänni, zwischen Mesenterien und Ektoderm keine anderen Gewebe, be- sonders Muskulatur, einschieben. Denken wir uns bei der Ent- wickelung die Somatopleura der linken und rechten Körperhälfte auf der dorsalen und ventralen Mittellinie nicht verwachsen, so kann nur das Ektoderm den Hohlraum zwischen beiden Cölom- hälften abschließen. Dies Verhalten mag im Tierreich selten sein, bei den Tomo- pteriden aber scheint dies wirklich der Fall zu sein, denn weder in der dorsalen noch in der ventralen Mittellinie Kommen irgend- welche Muskelelemente vor, so daß ein anderer Abschluß, als der durch das Ektoderm, überhaupt nicht mehr möglich ist; es sei denn, daß Bindegewebe vorhanden sei, ich konnte jedoch an den betreffenden Stellen nie solches nachweisen. Höchstwahrscheinlich ist diese Anlage der Hauptgefäßstämme eine sekundäre, die prinzipielle Bedeutung des Spaltraumes aber bleibt dadurch natür- lich genau dieselbe. Zur genauen Kenntnis des Hämocöls wäre natürlich eine Untersuchung an lebenden, und zwar an möglichst großen Formen, eine Hauptbedingung, die ich leider nicht erfüllen kann. Ich hoffe aber, daß die vorliegenden Resultate genügen, die Aufmerk- samkeit etwas mehr als bisher auf diese interessante Gruppe zu lenken, und daß dieser Untersuchung bald neue folgen werden. Muskulatur. Der Muskulatur von Tomopteris ist bisher von den meisten Forschern, die Gelegenheit hatten, die eine oder andere Art zu untersuchen, wenig Beachtung geschenkt worden. Die meisten er- wähnen kurz eine den ganzen Körper durchziehende Längsmusku- latur und eine in die Parapodien ziehende Quermuskulatur. VEJ- DOVSKY (37) geht noch etwas eingehender auf den Verlauf der Quermuskulatur bei Tomopteris vitrina ein, und GREEFF (13) gibt ein Schema über die Anordnung der Muskulatur bei Tomopteris Eschscholtzii. Dieses Schema entspricht so ziemlich dem Bilde, das sich uns darbietet, wenn wir eine Tomopteris bei schwacher Vergrößerung von der ventralen Seite betrachten, ich glaube aber an Hand meiner Querschnittserien nachweisen zu können, daß seine Deutung nicht richtig war. Betrachten wir einen beliebigen Querschnitt durch die Rumpf- region (Fig. 16), so fällt uns vor allem die mächtig ausgebildete Längsmuskulatur auf. Sie durchzieht den ganzen Körper in Form von zwei dorsalen und zwei ventralen Strängen, die links Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 353 und rechts der Medianebene liegen. Textfig. A zeigt uns schema- tisch deren Anordnung. Sie erinnert auf dem Querschnitt an die Kreisabschnitte, wie sie gebildet werden durch ein in denselben gelegtes, auf der Spitze stehendes Quadrat. Jeder Strang setzt sich auf dem Querschnitt aus einer größeren Anzahl (80— 100) Muskelzellen zusammen, die als Lamellen dicht nebeneinander ge- lagert sind. Die kontraktile Substanz ist langgestreckt, band- förmig und zeigt auf dem Querschnitt die Form eines mehr oder weniger gekrümmten Stäbchens. Dieselben zeigen bei allen Färbungen ganz homogene Struktur und scheinen von einer äußerst dünnen Membran umgeben zu sein. Interessant ist die Anordnung der Kerne. Sie liegen stets auf der der Leibeshöhle zugekehrten Seite und sind oft in eine Spitze aus- gezogen, welche nach der kon- traktilen Substanz gerichtet ist (Fig. 16). Die Kerne sind stets mit Protoplasma umgeben, das auch die Verbindung mit der kon- Textfig. A. traktilen Substanz herstellt. Eine direkte Anlagerung des Kernes an letztere konnte ich nie be- obachten. So ungefähr liegen die Verhältnisse auf einem Schnitt, der zwischen zwei Parapodien geführt worden ist. Es ist also in dieser Region keine Spur von Quermuskulatur nachzuweisen. Diese Tatsache scheint den bisherigen Autoren entgangen zu sein, ob- wohl sie bei Verfolgung von Querschnittserien bald in die Augen fällt, besonders durch die starke Anhäufung der Längsmuskelzell- kerne. Etwas komplizierter wird nun das Bild eines Querschnittes durch die Parapodialregion, da dort auch das System der Quer- muskulatur hinzukommt. Textfig. B möge deren Anordnung schematisch darstellen. Wir sehen zunächst, daß die Längsmuskel- stränge an Größe etwas abgenommen haben, und daß die dazu ge- hörigen Kerne vollständig verschwunden sind. An ihre Stelle ist die Quermuskulatur getreten (Fig. 15). Das eine System, ich will es die innere Quermuskulatur nennen, liegt der inneren Wand der Längs- muskulatur dicht an und wird gegen die Leibeshöhle vom Peri- toneum überzogen. Es sind dorsal und ventral je zwei flache, langgestreckte Muskelbänder, die an beiden Seiten der medianen 354 Jakob Nänni, Mittellinie ihren Ursprung nehmen, und zwar dorsal direkt am Körperepithel, die ventralen dagegen am Neurilemm des Bauch- markes, um dann in die Parapodien zu ziehen. Dort kreuzen sich die dorsalen und ventralen Muskelfasern, indem sie sich fächer- artig ausbreiten und an die Ruderplättchen treten. Auch hier sind, wie bei den Längsmuskelzellen, im ganzen Verlauf der kontraktilen Substanz keine Zellkerne nachzuweisen. Dieselben finden sich erst in den Parapodien am Ende der Muskel- fasern. Aber auch peripher, d. h. zwischen Längsmuskulatur und Körperepithel, haben sich Muskelelemente gedrängt. Entsprechend Textfig. B. ihrer Lage will ich sie als äußere Quermuskulatur bezeichnen. Ihre Anordnung ist eine ähnliche wie die bereits beschriebene. Auch sie beginnen auf beiden Seiten der Medianlinie, jedoch vor resp. hinter der Insertionsstelle der inneren Quermuskulatur, die in das gleiche Parapodium abgeht (Fig. 14). Infolge dieses schiefen Verlaufs ist auf Querschnitten stets nur ein Teil der angeschnittenen Muskelbündel zu sehen (Fig. 15«.Qm). Bau und Anordnung der Muskelzellen, sowie die Verteilung der Kerne entspricht genau derjenigen der inneren Quermuskelzellen, jedoch mit dem Unterschied, daß die kontraktilen Fasern etwas kürzer sind, so daß die Kreuzung derselben schon am Anfang der Parapodien zustande kommt. Auch hier ist, wie bei allen übrigen Muskelzellen, die kontraktile Substanz vollständig homogen. Daraus darf wohl der Schluß gezogen werden, daß bei Tomopteris nur glatte Muskelzellen vorkommen. Eine kleine Eigentümlichkeit möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Ich beobachtete auf Querschnitten oft, daß die äußere Quermuskulatur den Längsmuskelstrang durchbricht, um Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 355 dann auf der inneren Seite des letzteren gegen das Neurilemm des Bauchmarkes zu ziehen. Diese Beobachtung bezieht sich jedoch bloß auf die ventrale Seite, ohne daß es mir gelang, irgendwelche Regelmäßigkeit herauszufinden. Wenn wir das beigefügte Schema (Fig. 14), das uns die An- ordnung der Muskulatur auf der dorsalen Seite mit dem von GREEFF gezeichneten vergleichen, kommen wir zu dem Schluß, daß genannter Autor die äußere Quermuskulatur in ihrem Verlaufe richtig erkannte und dieselbe als ventrale Quermuskulatur be- zeichnete, dagegen hat er die darunter liegenden Muskeln, weil unter der Längsmuskulatur gelegen, auf den Rücken verlegt und sie für die dorsale Quermuskulatur gehalten, während es in Wirk- lichkeit die inneren ventralen Quermuskeln waren. Es sind demnach nicht vier Muskelbündel, welche die Para- podien versorgen, sondern acht, nämlich je zwei dorsale und zwei ventrale äußere, und ebenso viele innere Quermuskelbündel. Die Muskulatur des Kopfes. Die Muskulatur des Kopfes entspricht in Bau und Anordnung so ziemlich derjenigen des Rumpfes, obwohl sie einige Ab- weichungen zeigt. Es sind dorsal und ventral je zwei Quer- muskelpaare vorhanden, ob dieselben jedoch den inneren oder äußeren Quermuskeln des Rumpfes entsprechen, konnte ich nicht nachweisen. Aus ihrer Lage zu schließen, entsprechen sie eher den inneren, stärker entwickelten. Das hintere Paar inseriert über resp. unter der vorderen Hälfte des Pharynx und versorgt, ähnlich wie die Quermuskeln des Rumpfes die Parapodien, die hintere Partie der Ausstülpung, ‚welche die große Fühlereirre trägt. Das vordere Quermuskelpaar nimmt seinen Ursprung auf der Höhe des Gehirns, und zwar etwas weiter von der Mittellinie entfernt, da das Gehirn dorsal und ventral mit der Leibeswand dicht verwachsen ist, so daß für den Ansatz der Muskulatur kein Platz vorhanden ist. Auch diese Muskeln dienen zur Bewegung der Fühlereirre, indem sie sich fächerförmig über die ganze Ausstülpung ausbreiten. Etwas größere Abweichungen sind an der Längsmuskulatur zu konstatieren. Sie bildet die unmittelbare Fortsetzung der Längsmuskulatur des Rumpfes. In der hinteren Pharynxregion treten alle 4 Stränge, d. h. die beiden dorsalen und ventralen, 356 Jakob Nänni, auseinander und bilden, soweit meine Beobachtung reicht, je 3 Muskelbündel. Die beiden seitlichen sind spindelförmig und treten in die Ausstülpung, welche die große Fühlereirre trägt. Auch diese breiten sich wie die Quermuskeln fächerförmig aus und bilden so mit den letzteren ein dichtes Netz von Muskelfasern. Die inneren Längsmuskelstreifen, d. h. die der Medianlinie am nächsten liegenden, behalten ihre Richtung vorläufig bei. Erst bei der Mundöffnung und beim Gehirn treten dieselben, infolge der oben skizzierten Lage des letzteren, etwas auseinander, nähern sich aber vor dem Gehirn sofort wieder, um dann in die beiden Stirnfühler zu treten. Dort breiten sich die Fasern an der hinteren Wand der hohlen Stirnfühler aus und sind bis an die Spitzen der- selben zu verfolgen. Neu in der Kopfregion ist die Muskulatur, die zur Bewegung der großen Fühlercirre dient. Dieselbe steckt als große, die halbe Körperlänge erreichende Borste in einem sackartigen Follikel, der mit der inneren Wand der sie tragenden Ausstülpung durch zahl- reiche Muskelfasern in Verbindung steht. Die Kerne. liegen der kontraktilen Substanz dicht an und kommen im Gegensatz zu den bereits besprochenen Muskelzellen auf dem ganzen Verlaufe der letzteren vor. Die Anordnung der Fasern entspricht ungefähr derjenigen eines Kegelmantels, wobei das innere Ende der Borste die Spitze, die Verwachsungsstelle mit der Leibeswand, d. h. die innere Wand der Ausstülpung, die Basis des Kegelmantels wäre. Durch diese Anordnung wird eine allseitige Bewegung der Borste in der Ausstülpung ermöglicht, während die reiche Muskulatur der letzteren eine weitgehende Bewegung der ganzen Fühlercirre zuläßt. Ob diese große Fühlereirre als Tastorgan diene, wofür der Um- stand sprechen würde, daß die Chitinborste von einem feinen Epithel bekleidet wird, oder als Gleichgewichtsregulator, wie SCHWARTZ (36) glaubt, mag dahingestellt sein. Jedenfalls be-, deuten dieselben mit ihrer komplizierten Muskulatur und der reichen nervösen Ausstattung für das Tier ein äußerst wichtiges Organ. Die Augen von Tomopteris Kefersteinii. Ueber den Bau des Auges von Tomopteris sind die bisherigen Angaben sehr spärlich. Wohl erwähnen die meisten Autoren die Anzahl der „Linsen“ und die Farbe des Pigmentbechers als wich- tiges systematisches Merkmal, weitere dazu gehörige Elemente aber werden nicht beschrieben. GREEFF (15) scheint der einzige 7 ; Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 357 gewesen zu sein, der sich mit der Tatsache, daß eine Linse und ein Pigmentbecher vorhanden seien, nicht zufrieden gab und des- halb nach den eigentlich lichtrezipierenden, nervösen Elementen suchte. Es mögen seine Angaben, wenn man die klassischen Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung von HEssE (18—24) kennt, allerdings veraltet erscheinen, ich glaube aber, an Hand meiner Präparate zeigen zu können, daß seine Darstellung nicht ganz unrichtig ist. Er beschreibt das Auge als einen für sich abgeschlossenen Bulbus, bestehend aus der Linse, dem schwarz- braunen Pigmentbecher, und einer nervösen Masse, die dem Pigment- becher hinten dicht anliegt und Nervenfasern in den letzteren ab- geben soll, welch letztere er wahrscheinlich als die lichtrezipieren- den Endorgane betrachtete. Inwieweit sich seine Darstellung mit der meinigen deckt, werden die folgenden Ausführungen zeigen. Am lebenden oder gut konservierten Totalpräparat sind die Augen leicht kenntlich an den braunen Pigmentbechern, die im Gehirn, zu beiden Seiten des Kopfes liegen. Sie schließen in ihrem Innern einen stärker lichtbrechenden Körper ein, der aus zwei Teilen zusammengesetzt erscheint und etwas über den Becher- rand hervorragt. Deutlicher wird das Bild auf Schnitten. Be- trachten wir zunächst den Pigmentbecher. Er setzt sich aus fünf kleinen halbkugeligen Pigmentbecherchen zusammen, die so an- geordnet sind, daß der zentral gelegene von vier etwas kleineren begrenzt wird, und zwar so, daß je zwei mit ihren Oeffnungen einander gegenüberstehen und die Achsen sämtlicher Becher sich ungefähr in der Mitte des zusammengesetzten Bechers schneiden. Das Ganze ist ein flaches, tellerförmiges Gebilde, mit etwas ver- tieftem Boden und nach innen umgeschlagenem Rand. Das Pigment besteht aus einer dichten Anhäufung von feinen hellbraunen Körn- chen. Das Bild des Pigmentbechers ist, da die Sehachse genau senkrecht zur Längsachse des Körpers steht, auf Quer- und Frontalschnitten genau dasselbe. Auf Sagittalschnitten durch das Tier, die also senkrecht zur Augenachse geführt sind, treffen wir zunächst einen dicken Pigmentring, es ist der angeschnittene Rand des Bechers, während auf den darauf folgenden Schnitten der Boden desselben als dichter brauner Fleck erscheint. An den Stellen, wo die kleinen halbkugeligen Pigmentbecher zusammen- stoßen, sind oft kleine Oeffnungen, durch die, wie wir später sehen werden, Nervenfasern treten. Ob der Pigmentbecher ursprünglich aus einer oder aus 5 Zellen gebildet worden ist, entsprechend seiner Zusammensetzung, kann ich nicht entscheiden, da die 358 Jakob Nänni, Pigmentzellkerne, die uns darüber Auskunft geben könnten, voll- ständig fehlen. Wichtiger für uns als der Pigmentbecher ist der Inhalt desselben. Wie bereits erwähnt, setzt sich derselbe aus zwei stärker lichtbrechenden Teilen zusammen, die sich gegen- seitig zu einem kugeligen, an beiden Polen etwas abgeplatteten Gebilde ergänzen (Fig. 18). Hesse (21) glaubt dieselben als Seh- zellen deuten zu müssen und vermutet deshalb bei den Tomo- pteriden invertierte Pigmentbecherocellen. Meine Untersuchung scheint indessen diese Ansicht nicht zu bestätigen, da der von den Pigmentbechern eingeschlossene Körper vielmehr den Eindruck einer lichtbrechenden Füllmasse erweckt. Eine stärkere Licht- brechung wäre allerdings auch bei Sehzellen möglich, dagegen sprechen folgende Gründe gegen eine solche Auffassung: Der Inhalt färbt sich mit Hämalaun ganz intensiv, ein Verhalten, das er mit der Füllmasse des Auges von Nereis gemein hat (21). Bei Be- handlung mit Eisenhämatoxylin nach HEIDENHAIN zeigt die Füll- masse eine deutliche konzentrische oder zwiebelförmige Struktur (Fıg. 20), wie sie Hrsse von der Füllmasse des Phyllodociden- Auges beschreibt. Bei allen Färbungen hebt sich die Füllmasse von der sie umgebenden Nervensubstanz mehr oder weniger deut- lich ab, oft zeigt dieselbe sogar ein ganz verschiedenes Verhalten gegenüber dem gleichen Farbstoff als letztere. Endlich gelang es mir nie, auf einem Präparat eine dunklere Randzone aufzufinden, die als Stiftchensaum hätte gedeutet werden können, trotzdem ich über 30 Serien, mit den verschiedensten Farbstoffen tingiert, darauf- hin untersuchte. Gegen die Auffassung von Hesse scheint mir auch das Verhalten der nervösen Elemente des Auges zu sprechen, obwohl dasselbe den Eindruck von invertierten Pigmentbecher- ocellen zunächst verstärkt. Wir sehen nämlich einen Nerv, der im Gehirn seinen Ursprung nimmt, deutlich vorn an das Auge herantreten. Während aber bei den invertierten Becherocellen die Sehzelle selber in eine Nervenfaser übergeht, ist dies hier nicht der Fall. Der Nerv gabelt sich vielmehr vor der lichtbrechenden Füllmasse und zieht, der letzteren meistens dicht angelagert, gegen den Rand des Pigmentbechers. Dort teilt er sich abermals, und zwar so, daß der äußere Ast dem äußeren Rand des Bechers entlang zieht nnd sich in der hinter dem Pigmentbecher liegenden Nervensubstanz verliert, während der innere Ast dem licht- brechenden Körper in den Pigmentbecher folgt und die Füllmasse ganz umgibt. Auch in den von den kleinen halbkugeligen Pigment- bechern gebildeten Vertiefungen läßt sich Nervensubstanz nach- Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 359 weisen. Sie steht durch Nervenfasern, die zwischen den Be- rührungsstellen der kleinen Pigmentbecher durchtreten, mit der hinter den letzteren gelegenen Nervenmasse in Verbindung. Genau dasselbe Verhalten beobachten wir auf Frontalschnitten, sowie auf allen übrigen Schnitten, die in der Ebene der Sehachse liegen. Es ist demnach jene oben erwähnte Teilung des zutretenden Nerven keine Gabelung, sondern eine Ausbreitung in ein kugeliges Neuro- fibrillengitter, das den lichtbrechenden Körper vollständig umgibt und durch Nervenfasern mit der hinter dem Pigmentbecher liegenden Substanz in Verbindung steht. Oft bemerkt man auf Querschnitten an jener Stelle, wo der Nerv sich ausbreitet, zwischen letzterem und der Füllmasse einen mondsichelförmigen Hohlraum (Fig. 18). Fig. 17 zeigt uns einen Sagittalschnitt durch das Tier, wo das Auge etwas schräg angeschnitten ist. Die Ausbreitung des Nerven, der in seinem Inneren den oben erwähnten Hohlraum einschließt, ist quer getroffen. Da derselbe in den meisten Fällen nicht vorhanden ist, handelt es sich wahrscheinlich um ein Kunst- produkt, indem sich die nervöse Masse etwas vom lichtbrechenden Körper losgetrennt hat. Dies zeigt uns aber deutlich, daß wir es mit zwei verschiedenen Substanzen zu tun haben. Eigentümlich ist nun das Verhalten der Kerne. Es läßt sich nämlich mit Ausnahme eines einzigen, ziemlich regelmäßig auf- tretenden Kernes, der dem zutretenden Nerven gewöhnlich vor seiner Ausbreitungsstelle dicht anliegt, kein einziger Zellkern nach- weisen, der mit Bestimmtheit zum Auge gerechnet werden kann. Pigmentbecher und Füllmasse besitzen überhaupt keine Kerne und die in der Nähe des Auges liegenden Kerne scheinen sämtlich dem Gehirn anzugehören. Der Umstand, daß bei einem Auge der Nerv, trotz des durchbohrten und mit nervöser Substanz aus- gestatteten Pigmentbechers, von vorn an dasselbe tritt, wird dadurch noch eigentümlicher, weil die hinter dem letzteren gelegene Nervenmasse ebenfalls mit dem Gehirn durch Nervenbrücken in Verbindung steht. Der ganze Bau erinnert an den der Phaosomensehorgane der Lumbriciden und Naideen event. Hirudineen. Inwieweit indessen der Vergleich zutrifft, kann ich nicht entscheiden. Jedenfalls sehe ich hier den einzigen Platz, die Augen der Tomopteriden in der von Hesse (23) gegebenen Einteilung der Sehorgane unterzubringen. Trotz dieses, vom Bau der invertierten Pigmentbecherocellen abweichenden Verhaltens wird die Leistung dieses Sehorgans eine ziemlich ähnliche sein. Dieselbe wird sich beschränken auf ein Bd. XLVII. N. F. AL. 24 360 Jakob Nänni, Wahrnehmen von hell und dunkel. Durch die optische Isolation der lichtrezipierenden Elemente durch die Pigmentbecher, ist es ferner möglich, die Richtung des einfallenden Lichtes festzustellen. Dafür spricht der positive Phototropismus. Ich benutzte diese Eigenschaft, die Tomopteris Kefersteinii übrigens mit Spio- und Nerinelarven gemein hat, dazu, die Tiere zu fangen, indem ich das Plankton in eine große flache Schale goß, die mit einem schwarzen, mit einer kleinen Oeffnung versehenen Papier umbhüllt war. Nachdem ich die Schale mit einem Karton bedeckt hatte, konnte ich regelmäßig die Polychätenlarven, sowie auch allfällig vorhandene Tomopteriden mit einer Pipette vor der Fensteröffnung wegnehmen. Ob nun der lichtbrechende Körper dazu dient, den Lichtreiz den nervösen Elementen zugänglich zu machen, oder aber den Zweck hat, das Licht auf gewisse Stellen der letzteren zu kon- zentrieren, also die Funktion einer Linse, ist schwer zu sagen. Ich möchte das letztere für wahrscheinlicher halten, da die Tiere meistens ziemlich tief unter der Oberfläche leben und ein solcher Lichtsammelapparat für dieselbe sicherlich von Wert sein könnte. Wie in diesem Falle jedoch die Photorezeption zustande kommt, ist eine andere Frage, die ich nicht zu entscheiden vermag. Nachtrag. Kurz nach Abschluß der Arbeit bekam ich von Messina noch sehr schönes Material, bestehend aus zwei Exemplaren von Tomo- pteris scolopendra, darunter ein Riesenexemplar von 25 mm Länge (s. Fig. 21) und mehrere Tomopteris euchaeta Chun. Die über Tomopteris Kefersteinii gemachten Angaben stimmen mit den Befunden an den obengenannten Formen fast vollständig überein. Ueber die Organisation des Nervensystems und der Musku- latur kann ich keine weiteren Angaben machen, wohl aber über die Verhältnisse am Darm. Das dorsale und ventrale Mesente- rium ist besonders bei T. euchaeta sehr gut erhalten und nur an wenigen Stellen gegen die Leibeswand unterbrochen. Es besteht auch hier aus zwei Lamellen, die einen engen Spaltraum ein- schließen. Eine Erweiterung des letzteren an der Leibeswand konnte ich nicht mit Sicherheit nachweisen. Die bereits erwähnte Kontraktion der Splanchnopleura ist hier noch bedeutend stärker, so daß die quergeschnittenen Muskelfasern als dunkle Punkte fast in die Grenzmembran des Darmepithels eingelagert erscheinen, Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. 361 während sie in Wirklichkeit die letztere durch ihre Kontraktion in kleine Falten gelegt haben. Der Sinusraum ist demnach nur an wenigen Stellen sichtbar. Die Splanchnopleura selber scheint aus der eigentlichen Muskelfaserlamelle und einer äußerst dünnen, das ganze Cölom auskleidenden Membran zu bestehen. Zwischen beiden finden sich längliche, flachgedrückte Kerne. Ob dieselben als Cölothelkerne zu dieser Membran gehören oder als Muskel- kerne aufzufassen sind, wage ich nicht zu entscheiden. Sie sind ziemlich häufig, ohne daß ich eine regelmäßige Anordnung heraus- finden konnte. Ueber die Augen möchte ich folgendes nachholen: Eine Linse ist bestimmt vorhanden. Der nach innen umgebogene Rand des Pigmentbechers legt sich ganz an erstere an und bildet so einen abgeschlossenen Hohlraum (Fig. 22), in welchem deutlich ein nervöses Gewebe zu sehen ist. Es besteht aus einem feinen Ge- flecht von Fäserchen, die aber keine Spur von einem Stiftchen- saum erkennen lassen. Dies alles bestärkt mich in der Vermutung, daß es hier freie Neurofibrillenenden sind, die die Lichtperzeption vermitteln. 24 * 362 Jakob Nänni, Literaturverzeiehnis. 1) Arsteın, O., 1900, Die Alciopiden und Tomopteriden der Plankton-Expedition, Kiel-Leipzig. 2) Des Arts, L., 1908, Ueber die Muskulatur der Hirudineen. Jenaische Zeitschr., Bd. XLIV. 3) Beer, Tu, 1901, Ueber primitive Sehorgane. Wiener klin. Wochenschr., No. 11—13. 4) Lo Bianco, S., 1888, Notizie biologiche riguardanti specialmente il periodo di maturitä sessuale degli animali del golfo di Napoli. Mitteil. d. Zool. Station Neapel, Bd. VIII. 5) Bönnıs, Lupwig, 1906, Tricladenstudien. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. LXXXI. 6) Busch, 1847, Einiges über Tomopteris orisciformis. Arch. f. Anat. u. Phys. 7) Cuun, C., 1887, Die pelagische Tierwelt in größeren Meeres- tiefen. Bibliotheca Zoologica, Bd. I, Heft 1. 8) CLAPARKDE, E»., 1868, Les annelides chetopodes du golfe de Naples. 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Erklärung der Abkürzungen. a.QM äußere Quermuskulatur | Lmf Längsmuskelfasern B@G Bauchgefäß N Nerv Bm Bauchmark P Peritoneum D Darm Ph Pharynx DEp Darmepithel Pı Pigment d.Mes dorsales Mesenterium RG Rückengefäß F Follikel der großen Fühlereirre | RaM Radiärmuskulatur Ge Gehirn RiM Ringmuskulatur GrM Grenzmembran RiMf Ringmuskelfasern i.QOm innere Quermuskulatur Scehdr Schleimdrüsen KEp Körperepithel Si Sinus Li „Linse“ Sp Splanchnopleura Lm Längsmuskulatur Spdr Speicheldrüse Lmk Längsmuskelzellkern v.Mes ventrales Mesenterium Tahel’T7. Fig. 1. Tomopteris Kefersteinii nach einer Photographie. Vergrößerung 14 mal. Fig. 2. Längsschnitt durch den Kopf mit ausgestülptem Pharynxz. Vergr. 160. Fig. 3. Wand des Pharynx. Vergr. 1400. Fig. 4 Nerv des großen Fühlereirrus, im Gehirn seinen Ur- sprung nehmend. Vergr. 175. Fig. 5. Darmblutsinus von T. Kefersteinii. Vergr. 930. Fig. 6. Darmblutsinus von T. Kefersteinii auf einem Längs- schnitt mit minimalem Rest der ventralen Mesenteriallamelle. Vergr. 930. Fig. 7. Darmblutsinus von T. helgolandica. Vergr. 930. Fig. 8. Dorsales Mesenterium mit Gefäßlücke (Homologon eines Vas dorsale?). Vergr. 500. Fig. 9. Ventrales Mesenterium mit Gefäßlücke (Vas ventrale?). Vergr. 265. Fig. 10. Dorsale Gefäßlücke. Vergr. 930. Fig. 11. Ventrale Gefäßlücke. Vergr. 500. Tafel 18. Fig. 12. Darm mit Splanchnopleura von T. Kefersteinii schief angeschnitten, zur Darstellung der Muskulatur. Vergr. 500. Fig. 13. Darmblutsinus nach einem Eisenhämatoxylinpräparat. Vergr. 930. 366 Jakob Nänni, Beiträge zur Kenntnis der Tomopteriden. Fig. 14. Schema zur Darstellung der Muskulatur. Fig. 15. Querschnitt durch die Parapodialregion. Vergr. 84. Fig. 16. Querschnitt durch die Körperregion zwischen zwei Parapodien. Vergr. 112. Fig. 17. Auge von Tomopteris Kefersteinii. Quer zur Seh- achse geschnitten. Vergr. 1400. Fig. 18. Auge. Schnitt in der Ebene der Sehachse nach einem mit Hämalaun gefärbten Präparat. Vergr. 1400. Fig. 19 u. 20. Wie Fig. 18, aber mit Eisenhämatoxylin nach HEIDENHAIN gefärbt. Vergr. 1400. Fig. 21. Tomopteris scolopendra nach einer Photographie. (Die großen Fühlereirren sind eingezeichnet.) Vergr. 4. Fig. 22. Querschnitt durch das Auge von T. scolopendra, nach Photographie. Vergr. 600. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau.) Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. Von Dr. Kurt Gruhl. Mit 21 Figuren im Text. Die vorliegende Arbeit wurde ausgeführt auf Grund eines Materials, das mir mein hochverehrter Lehrer, Herr Professor Dr. KÜKENTHAL, in liebenswürdigster Weise zur Verfügung stellte. Dafür sowohl wie für die mannigfachen Anregungen und das Inter- esse, das er meiner Arbeit entgegengebracht hat, möchte ich ihm auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen. Die von mir bearbeiteten Köpfe von Phocaena, Delphinus und Tursiops waren sämtlich in Formaldehyd konserviert. Die Methode der Untersuchung war durchweg die der einfachen Prä- paration, außerdem wurden einige Herrn Professor KÜKENTHAL gehörige Schnittserien verglichen. A. Zahnwale. I. Spezielle Untersuchungen. 1. Phocaena communis Cuv. Ueberblicken wir die Literatur, die sich mit der Nase der Zahnwale beschäftigt, so finden wir, daß diejenige des, gewöhn- lichen Braunfisches, Phocaena communis, weitaus die meisten Be- arbeiter gefunden hat und dementsprechend am besten von allen bekannt ist. Die wichtigsten der hierher gehörigen Arbeiten sind die von v. BAER, KÜKENTHAL und RAwITZz, auf die ich mich auch im folgenden hauptsächlich beziehen werde. Bevor ich aber darauf eingehe, möchte ich kurz auf zwei Momente hinweisen, die meines Erachtens bisher noch nicht ge- 368 Kurt Grub), nügend betont worden sind, die ich jedoch besonders berücksichtigt und auch, soweit möglich, zahlenmäßig festgelegt habe. Sie be- ziehen sich nicht auf Phocaena allein, sondern auf alle Zahnwale. Der erste dieser Punkte ist die individuelle Variabilität, die ja besonders dort stark hervorzutreten pflegt, wo ein Organ der Reduktion unterliegt und rudimentär wird. Es ist eine Tatsache, daß Nasenhöhlen, Knorpel und andere Elemente, die bei einem Zahnwalindividuum vorzüglich entwickelt sind, bei einem anderen verschieden ausgebildet oder reduziert sind, ja ganz fehlen können. Es handelt sich also nicht um eine Variabilität, wie sie mehr oder weniger bei allen Pflanzen und Tieren zu finden ist, sondern um eine besonders stark ausgeprägte, wie wir sie bei rudimentär werdenden Organen antreffen. Hier- von zu scheiden ist die bei verschiedenen Altersstufen sich zeigende Unähnlichkeit, die oft so weit geht, daß man manchmal daran zweifeln möchte, ob zwei solche Individuen derselben Art an- gehören. Der zweite Punkt betrifft die Asymmetrie, die ja am Schädel der Zahnwale von jeher aufgefallen und neuerdings erst durch KÜKENTHAL befriedigend erklärt worden ist. Die Asymmetrie ist bei allen Zahnwalen mehr oder weniger stark ausgebildet, sie ist gewöhnlich auch dort, wo sie auf den ersten Blick zu fehlen scheint, durch genauere Messungen nachweisbar. Besonders das Innere der Nase weist stets eine so starke Asymmetrie auf, daß dieselbe im Vergleich zu der der Schädelknochen, geschweige denn zu der äußerlich sichtbaren Asymmetrie, in keinem annähernden Verhältnis zu stehen scheint. Indem ich nun mit der Besprechung der anatomischen Tat- sachen beginne, will ich aus praktischen Gründen die Hohlräume der Nase mit den abschließenden Klappen vorausnehmen und dann erst die Muskulatur ‘und die Knorpelbildungen gesondert be- handeln. Zwei Köpfe von erwachsenen Braunfischen habe ich unter- sucht, habe mir aber hauptsächlich nur von dem zweiten Exem- plar, welches in der Ostsee gefangen wurde, genauere Aufzeich- nungen gemacht, so daß ich mich im folgenden auf dieses be- schränken werde und nur in einigen Punkten auch von dem ersten Exemplar berichten will. Das Spritzloch hat die gewöhnliche Form; um seine Lage zu charakterisieren, dienen folgende Maße: Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 369 Entfernung desselben von der Schnauzenspitze . . . 16,4 cm Entfernung seiner rechten Ecke vom rechten Mundwinkel 12,1 „ Entfernung seiner linken Ecke vom linken Mundwinkel 11,9 BeiehBreite „#90. ADRRVTNE 220RRen Die Spritzsäcke &ind ie en Höhlen, auf die man bei der Präparation von oben her stößt. Entfernt man die Haut und die bedeckenden Muskeln, so sieht man die vollständig geschlossene, weichhäutige, innen glatte Decke der Spritzsäcke vor sich. Hebt man dieselbe ab, so bietet sich das Bild der Fig. 1, ein Boden mit außerordentlich starken Faltungen, die nach v. BAER und KÜKENTHAL dem Maxilloturbinale entsprechen. Von dem Boden aus gelangt man durch einen schmalen, nicht ohne weiteres sicht- baren Spalt, dessen Wände in der Ruhe dicht auf- einander liegen, in den eigentlichen Nasenraum, die sogenannte gemeinschaft- liche Höhle. Letztere er- streckt sich vom Spritz- loch aus nicht gerade nach Fig. 1. Spritzsäcke von Phocaena mit den Faltenbildungen am Boden. a ausführen- unten, sondern macht bald der Spalt der Spritzsäcke. n Nasenspalt. eine Biegung nach hinten, so daß sie eine kurze Strecke horizontal verläuft, um dann mit einer zweiten Biegung sich wieder senkrecht nach unten zu wenden und hier erst die Mündung der Spritzsäcke aufzunehmen. Am besten erkennt man diese Verhältnisse auf dem halbschematischen Längsschnitt durch die Nase von Phocaena, Fig. 15. Wir haben demnach hier bei Phocaena Spritzsäcke, die nur durch einen eng- begrenzten Ausgang mit dem Nasenraume in Verbindung stehen, sonst aber vollständig geschlossen sind. Ich möchte für diese Art von Spritzsäcken, die ganz anders geartet sind wie die von Del- phinus und Tursiops, die ich unten beschreiben werde, den Namen „geschlossene Spritzsäcke“ vorschlagen. Die Spritzsäcke des vorliegenden Exemplares nähern sich bis auf etwa 2 cm, sie haben beide eine ungefähr dreieckige, jedoch gerundete Gestalt, der linke ist erheblich kleiner als der rechte. Während dieser 4,3 cm lang und auch breit ist, mißt der linke nur 3,2 cm in der Breite und 4 cm in der Länge. Die Maße sind jedoch so zu verstehen, daß z. B. nicht die größte wirklich vorhandene Längsausdehnung 4,3 cm ist, sondern daß die am weitesten vorn und hinten gelegenen Punkte, auf die Mediane 370 Kurt Gruhl, projiziert, die genannte Entfernung voneinander haben. Die am Boden der Spritzsäcke liegenden Falten variieren stark bei den einzelnen Individuen und verhalten sich auch bei einem und dem- selben Individuum rechts und links verschieden. Sie können einander parallel laufen, wie dies Rawırz beschrieben hat, und wie mein erstes Exemplar bewies, sie können aber auch in median zusammenstoßenden Bogenlinien angeordnet sein, wie dies v. BAER gefunden hat und wie es mein zweites Exemplar zeigte (Fig. 1). Bei diesem stiegen die Falten sogar deutlich in den mittleren Spalt hinab, der den Ausgang der Säcke darstellt, indem sie hier allmählich an Höhe abnahmen und sich schließlich verliefen. Jeden- falls ist es nicht möglich, für den Verlauf der Falten eine all- gemein gültige Regel aufzustellen. Bei meinem Exemplar fanden sich rechts drei Falten hinter dem Spalt, fünf vor demselben, links dagegen hinter dem Spalt nur zwei deutliche Falten und ein bis zwei Ansätze von solchen, vor dem Spalt auch nur zwei volle Falten und einige Andeutungen, die nur auf den inneren Teil des Sackes beschränkt waren. Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie verschieden sich die Falten in Zahl und Anordnung verhalten können. RAwITz wendet sich gegen den Namen „Spritzsäcke“, „da diese Bezeichnung geradezu falsch ist, weil die Säcke kein Wasser ausspritzen, wie man früher annahm“; er führt statt dessen den Namen pränasale Säcke ein, der indessen die fraglichen Höhlen auch nicht besonders gut charakterisiert, so daß ich den alten Namen vorziehe, der wenigstens historischen Wert beanspruchen kann. Man dürfte sonst ebensowenig von einem. Spritzloch bei Walen und Haien sprechen. Wenden wir uns im Nasenraum jetzt weiter nach unten, so gelangen wir zu einem komplizierten Apparat von Höhlen und Klappen. v. BAER unterscheidet hier vordere und hintere Klappen, hintere obere und hintere untere Höhlen, vordere obere und vordere untere Höhlen. KÜKENTHAL schließt sich dieser Nomen- klatur an, während Rawırz eine neue einführt; er unterscheidet zwei obere und zwei untere frontale Klappen, eine nasale Klappe, frontale, paranasale und nasale Höhlen. Trotz scheinbaren Wider- spruches, und obgleich es Rawırz selbst nicht gelang, lassen sich beide Bezeichnungsweisen leicht miteinander in Einklang bringen. Die hinteren Höhlen sind bekanntlich jederseits durch die hintere Klappe vom Nasenraum getrennt, in ihrem Inneren erhebt sich ein Wulst, der nach KÜKENTHAL ebenso wie die hintere Klappe der Rest einer Nasenmuschel ist, und der v. BAER veranlaßt hat, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 371 eine hintere obere von einer hinteren unteren Höhle zu trennen. Dieser Wulst, der übrigens fast die ganze Höhle ausfüllt, und die hintere Klappe jederseits sind die oberen und unteren frontalen Klappen von Rawırz, während seine nasalen Klappen den vorderen v. BAERs entsprechen. Jedenfalls ist es unbedingt nötig, die einzelnen Klappen nicht als unpaar, sondern als paarig zu be- trachten, da die Trennung immer eine sehr deutliche ist. Die zwischen der hinteren Klappe und dem Ethmoturbinal- wulst gelegene Höhle verlängert sich nach vorn, indem sie den Nasenkanal bogenförmig umzieht, und bildet so die von v. BAER und KÜKENTHAL als selbständig aufgefaßte vordere obere Höhle. Obwohl nun Rawırz selbst meint, etwas anderes gefunden zu haben, so bin ich doch überzeugt, daß es sich nur um eine andere Auffassung der vorliegenden Tatsachen handelt. Seine paranasalen Säcke sind nichts anderes als die zwischen hinterer Klappe und Ethmoturbinalwulst gelegenen hinteren oberen Höhlen mitsamt den in sie einmündenden vorderen oberen Höhlen. Dementsprechend sind seine frontalen Säcke nur die hinter dem Ethmoturbinalwulst jederseits gelegenen hinteren unteren Höhlen. Es ist nun zu ent- scheiden, welche der beiden Auffassungen die richtige ist. Nach den Tatsachen aber, die ich bei Delphinus und Tursiops gefunden habe, kann es nicht zweifelhaft sein, daß wir sogar alle in Frage stehenden Höhlen (nach v. BAER sind es je drei, nach RAawırz nur zwei) als eine morphologische Einheit aufzufassen haben, die ich entsprechend ihrer Bedeutung fortan mit dem Namen Haupt- höhle bezeichnen will. Gleichwohl ist es vollkommen berechtigt, die bestehenden Namen (ich gebe auch hier der BAarrschen Be- zeichnungsweise den Vorzug) der Bequemlichkeit wegen beizu- behalten, nur daß man eben jetzt Teile einer höheren Einheit darunter zu verstehen hat. Das Lumen der hinteren Höhle ist, wie schon erwähnt, durch den vorspringenden Ethmoturbinalwulst fast ganz reduziert. Ent- fernt man diesen, so hat man den Boden der Höhle vor sich, der dem Knochen direkt aufliegt, die linke Höhle zeigt hier eine 2,1 cm lange Falte, die von dem oberen inneren Winkel nach der Außen- seite der Apertura herabzieht, jedoch vor derselben endet. Die rechte Höhle zeigt statt dessen eine flache Erhebung. Die Höhlen sind asymmetrisch ebenso wie die anschließenden vorderen oberen Höhlen, doch ist es schwierig, bei der besonderen Form derselben gute Maße anzugeben. Die rechte Höhle ist immer um einige Millimeter in jeder Richtung größer. Die vorderen oberen Höhlen 312 Kurt Gruhl, zeigen auf der dem Nasenspalt zugekehrten Seite je eine schein- bare Abschnürung, die aber nur durch eine Falte der oberen Wand veranlaßt wird. Die linke Höhle zeigt außerdem in ihrem Endteil einige zipflige Aussackungen von geringer Bedeutung. Im übrigen verweise ich auf Fig. 2, die die Form und Lage der Haupthöhlen andeutet. . Im Anschluß hieran will ich, weil zu den Klappen gehörig, die sogenannten Pfeiler behandeln. v. BAER hat diese Bezeich- nung eingeführt. Er schreibt von der vorderen Klappe: „Jede Hälfte ist durch zwei Verlängerungen der fibrösen Masse, aus der sie selbst besteht, an den Knochen angeheftet. Diese Verlänge- rungen nenneich Pfeiler. Der äußere oO Pfeiler heftet sich an einen wulstigen Vorsprung vom äußeren Rande der TRRHRANADTELLN vorn knöchernen Nasenöffnung, der innere ı Pfeiler an das vordere Ende der knöchernen Nasenscheidewand auf das früher erwähnte Rudiment der a nn Be no unteren Muschel.“ Von der hinteren hinteren Höhlen schematisiert. Klappe sagt er: „Nach außen läuft sie auf jeder Seite in einen starken Pfeiler aus, der sich an den äußeren Rand der Nasenöffnung setzt.“ Von allen anderen Autoren kommt nur noch Rawırz wieder auf die Pfeiler zu sprechen, er sagt nämlich: „Medial von der oberen Klappe, dicht an der Schleimhautbekleidung des Septum narium, ist eine kleine Schleimhautfalte gelegen, die ich als oberen Pfeiler bezeichnen will. Die Barrschen, von mir allerdings nicht wiedergefundenen Pfeiler wären dann die unteren. Zwischen diesem Pfeiler und der etwas verdickten Schleimhaut des Septum ist eine schmale Spalte vorhanden, die in einen blinden, medial vom frontalen Sacke gelegenen Kanal führt.“ Die von Rawırz als oberer Pfeiler bezeichnete Falte habe ich an dem ersten Exemplar von Phocaena wiedergefunden, und zwar in der von ihm geschilderten Lage. Das zweite Exemplar besaß diese Falte aber nicht. Zwischen dem Pfeiler und dem Septum war zwar eine kleine Spalte vorhanden, ohne die von einer Falte überhaupt nicht die Rede sein könnte, aber von einem blinden, medial vom frontalen Sack gelegenen Kanal habe ich nichts wahr- nehmen können. Ueber die von v. BAER eingeführten Pfeiler vermag auch ich keine sichere Auskunft zu geben. Ich kann mir nur denken, daß Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 373 v. BAER die äußere Endigung der hinteren Klappen damit gemeint hat, die wohl in Form eines Pfeilers ausgebildet sein kann, bei meinem ersten Exemplar sogar durch ein Abbiegen aus der Rich- tung der Klappe gekennzeichnet war und sich auch dem Außen- rande der Nasenöffnung nähert. Ueber die Pfeiler der vorderen Klappen kann ich jedoch gar nichts aussagen, ich habe etwas ähn- liches nicht gefunden. Noch ein letztes Paar von Höhlen besitzt Phocaena, die vorderen unteren Höhlen v. BAERS oder die nasalen Säcke nach Rawrrz. Während dieselben meistens, auch bei dem ersten Exem- plar, das ich untersuchte, eine ziemliche Größe erreichen, waren sie bei dem zweiten Exemplar so gering entwickelt, daß man sie eigentlich nicht als besondere Höhlen ansehen konnte. Sie liegen beiderseits stets an dem Vorderrande der knöchernen Nasen- öffnung oder Apertura pyriformis, ihr Boden setzt sich in einem mehr oder weniger breiten Streifen am Außenrande der Apertura fort, hier von der vorderen Klappe bedeckt, und geht schließlich ohne feste Grenze in den Boden der hinteren Höhlen über. Auch diese Höhlen zeigen hier ein auffallend asymmetrisches Verhalten. Die linke ist noch etwas stärker entwickelt als die rechte. Letztere besteht nur in einer 3 mm erreichenden Aussackung, der seitliche Boden erreicht teilweise aber eine Breite von 9 mm. Die linke Höhle dagegen erreicht eine Länge von 8—9 mm, ihr seitlicher Boden ist nur 6—7 mm breit, er ist wulstig erhaben und dabei abschüssiger als der rechte, der nur an einer Stelle eine hügelartige Erhebung zeigt. Wenn nun auch der seitliche Boden ziemlich gut entwickelt ist, so fehlt doch das Charakte- ristikum der vorderen unteren Höhle fast ganz, nämlich die nach vorn gelegene, höhlenartige Aussackung. Die Apertura hat jeder- seits eine Länge von 1,9 und eine Breite von 1 cm. Was nun die Muskulatur anbetrifft, so unterscheidet v. BAER „immer ungefähr 6 Partien“ von Muskeln, glaubt aber, daß man alle zusammen als einen Muskel aufzufassen hat. RAwıTz unter- scheidet zwei Muskeln, einen Musculus frontalis und einen Musculus communis faciei. Nach dem, was ich gefunden habe, kann ich mich nur der Bazrschen Ansicht anschließen, daß ein einheitlicher Muskel vorliegt, der aber mehr oder weniger deutlich bei den einzelnen Individuen in verschiedene Partien zerfällt. Die Fasern einer Partie sind aber so dicht mit denen der andern verbunden und gehen zum Teil ineinander über, daß eine Trennung in selb- ständige Muskeln ganz ausgeschlossen ist. 374 Kurt Gruhl, Ich konnte der Hauptsache nach zwei Partien unterscheiden, eine oberflächliche und eine tiefere. Die seitlichen und hinteren Ränder des Muskels decken sich so ziemlich mit dem Rande des Maxillare, während die Muskelfasern nach vorn sich in der Binde- gewebsmasse verlieren, die die Schnauze bedeckt. Die Pars super- fieialis liegt der Hauptmasse nach hinten. Ihre Fasern ziehen vom hinteren Rande des Maxillare konvergierend nach dem Spritz- loch und enden größtenteils in dem Bindegewebe der hinteren Pars superficialis HATT MN} ), ) Im // at +-4--- Bindegewebe Fig. 3. Muskulatur von Phocaena. a Ansatz der Pars profunda auf der Oberfläche des rechten Spritzsackes. Lippe, während ein kleinerer Teil in eine schwache, sehnige Haut übergeht, die den Spritzsack fast völlig bedeckt und auch von vorn außen Muskelfasern empfängt (Fig. 3). Die Pars profunda ist umfangreicher, entspringt auch vom Rande des Maxillare und umgibt wie die Strahlen einer Sonne jederseits den Spritzsack. Ein Teil dieser Strahlen endet auf der oberen Fläche des Spritz- sackes (Fig. 3a), das sind die von vorn und von der Seite kommenden Fasern, die tieferen Strahlen gehen unter den Spritzsack und um- geben auch die hinteren Höhlen, indem sie in die hier liegenden Klappen auslaufen. Die von Rawırz beschriebene, mittlere, ge- sonderte Partie konnte ich nicht auffinden. In Zusammenhang mit dieser Muskulatur steht ganz ent- schieden auch die flächenhafte Ausbildung des Maxillare in seinem hinteren Teile. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Oetaceennase. 375 An Knorpelbildungen sind vorhanden: das Septum cartilagineum, das sich bis vorn an die Schnauzenspitze fortsetzt, und das von RAwITz mit dem Namen Cartilago intermaxillaris bezeichnet wird. Außerdem liegt ein von BAER und KÜKENTHAL beschriebener Knorpel dicht an der Nasenscheidewand in der Nähe der vorderen unteren Höhlen. Dieser Knorpel entspricht, wie KÜKENTHAL nach- ‚gewiesen hat, der Nasenseitenwand. Mit ihm identisch ist ein von RawITz als neu beschriebener Knorpel, den er mit dem Namen Cartilago praenasalis bezeichnet. Hier ist auch der Ort, auf die BarKowsche Arbeit etwas näher einzugehen, denn einzig hier wird eine Knorpelbildung in der hinteren Klappe erwähnt. Das dichte Bindegewebe der Klappen neigt, wie ich mich besonders bei Delphinus überzeugen konnte, sehr zu Verknorpelungen, und es ist daher nicht wunderbar, daß auch bei Phocaena solche vor- handen sind. Bei meiner ersten Phocaena fand ich selbst an der von BARKOW angegebenen Stelle eine zwar schwache, aber doch deutliche Verknorpelung, während bei dem zweiten Exemplar jede Spur einer solchen fehlte. Im übrigen unterscheidet BARKow zwei obere und zwei untere Klappen, entsprechend den hinteren und den vorderen Klappen vw. BaErRSs. Außer durch das Auffinden von Knorpeln ist seine Arbeit noch dadurch bemerkenswert, daß er in den hinteren Höhlen nicht einen, sondern zwei Ethmoturbinalwülste gefunden hat. „In jeder Höhle befinden sich zwei vorspringende Wülste“, heißt es. Auf die Bedeutung dieses einzig dastehenden Fundes werde ich noch später zurückkommen. 2. Delphinus delphis L. An Material lag mir vor: 1) der Kopf eines erwachsenen Tieres aus der Adria, 2) der Kopf eines erwachsenen Tieres aus dem Golf von Bis- caya, 3) der Kopf eines starken Embryos aus dem Breslauer Museum, in der Mitte durchschnitten, 4) ein Embryo von 53,8 cm Länge aus dem Breslauer Museum. Erstes Exemplar. Das Spritzloch hat die gewöhnliche, halbmondförmige Gestalt mit der nach vorn gerichteten Konkavität. Seine Lage ist durch folgende Maße bestimmt: Bd. XLV1I. N. F. XL. 25 376 Kurt Gruhl, Stirnansatz—Schnauzenspitze . . . 2.2.2.2.20..158 cm Nasenöffnung—Stirnansatz . . . 213 a Entfernung der rechten Ecke des Spmitzloches, vom rechten Mundwinkel . . . . . vs Entfernung der linken Ecke vom Haben hs + 16, A Breite. des Spritzloches. . . . . et 2 Von dem Spritzloch aus et man direkt in die Spritz- säcke, welche einen ganz anderen Bau haben als die von Phocaena. Der gemeinsame Nasenraum geht nämlich vom Spritzloch aus nicht gerade abwärts, sondern in einem Bogen nach hinten, erweitert sich dabei nach beiden Seiten und bildet die etwa horizontal liegenden Säcke, aus denen er dann als schmaler Spalt, aber reich- lich dreimal so breit als vorher, weiter in die Tiefe führt. Die Fig. 4. Spritzsäcke von Delphinus delphis IT (von oben gesehen). n Nasen- spalt. sp Spritzloch. Spritzsäcke sind also hier nichts anderes als Erweiterungen des: Nasenspaltes, sie sind keine geschlossenen Höhlen, sondern stehen in breiter offener Verbindung mit der Nase oben sowohl wie unten. Durch das Spritzloch münden sie gemeinsam direkt nach außen. Aus diesem Grunde möchte ich den hier vorliegenden Typus von Spritzsäcken, der mit dem bei Phocaena beschriebenen wahr- scheinlich nicht das geringste zu tun hat, als „offene Spritzsäcke* bezeichnen. Mit diesem Bau steht in Zusammenhang, daß die beiden Säcke nicht streng voneinander getrennt sind, sondern daß der Boden des einen in den des anderen direkt übergeht (s. Fig. 4). Ein solcher gemeinschaftlicher Boden ist aber nur vor dem in die Tiefe führenden Spalt ausgebildet, während hinter demselben die Trennung der beiden Spritzsäcke eine deutliche ist. Beide Spritzsäcke verhalten sich übrigens stark asymmetrisch, wobei der linke der kleinere ist. Beide haben eine fast rechteckige Gestalt, doch fällt die Diagonale des linken in dieselbe Richtung wie die Längskante des rechten, nämlich in die des Nasenspaltes. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 377 Der Boden der Spritzsäcke weist eine große Menge von Falten und Fältchen in allen möglichen Richtungen auf, läßt aber solche Bildungen, wie sie bei Phocaena vorkommen, durchaus vermissen. Die Maße sind folgende: Breite des abführenden Spaltes . . . kaah „‚umawaälsiten Breite des rechten Spritzsackes von der Mitte des Spritz- loohessausı gemessen ausn md aa Ahnung, Länge desselben . . . Vin BAM, Infolge der queren lass, des ken Spritzsackes stellen sich die letzten Maße bei ihm auf 5,6 und 4,7 cm, während seine Kanten nur 5,1 und 3,4 cm messen, also hinter den Maßen des rechten Sackes doch zurückstehen. Nicht weit unter den Spritzsäcken trifft man auf die hinteren und die vorderen oberen Höhlen. Beide gehen ohne Grenze in- einander über, so daß sie deutlich jederseits eine einheitliche Höhle, die Haupthöhle, bil- den, die den Nasenspalt bogenförmig umzieht. Median vor und hinter demselben stoßen beide Höhlen fast zu- sammen, indem sie hinten IR ENOLDR IA! . . . ig. aupthöhlen von Delphinus nur durch eine bindegewebige delphis I (von oben gesehen). Blindsäcke Brücke von 0,4 cm getrennt punktiert. sind, vorn kaum einen halben Millimeter Zwischenraum lassen. Die Höhlen sind vollkommen geschlossen und münden nur durch eine schmale, hinten gelegene Oeffnung von 1,5 cm Länge in das Nasenlumen. Die Höhlen und ihre Mündungen sind stark asymmetrisch (s. Fig.5). Ihr Lumen ist sehr gering, von oben nach unten zusammengedrückt. Die rötlichgraue Schleimhaut ist glatt. Während bei Phocaena die hinteren Höhlen von der hinteren Klappe begrenzt werden, muß man hier sagen, daß sie in der hinteren Klappe liegen. Hierher gehörig sind folgende Maße: Breite des Nasenlumens in der Höhe der Höhlen . . 5,5 cm Länge der rechten vorderen oberen Höhle, vom Um- biegungspunkt medianwärts gerechnet . . . ... 594 „ Inrergrößte Breite ist, knapp. 7 sbemelraV. ma ir 1,0an, Die linke Höhle hat nur eine Länge von . . ... 534 „ Ihre größte Breite beträgt nicht viel mehr als. . . . 05 „ Die Länge der rechten hinteren Höhle it . . . .. 44 „ Busdlerslinkeninurneta. Sul a alas ra. 25 * 378 Kurt Gruhl, Unter der hinteren Klappe biegt sich das Nasenlumen wiederum nach hinten und bildet einen horizontal liegenden Raum, dessen Boden von der vorderen Klappe gebildet wird. Dieser Raum ist paarig ausgebildet, da sich an die hintere Klappe die Nasen- scheidewand ansetzt, welche auch die beiden vorderen Klappen deutlich voneinander trennt. Außerdem erweitert sich in diesen Horizontalräumen die Breite des ganzen Nasenlumens bis auf 7,9 cm gegen 5,5 cm vorher. Die Folge davon ist, daß an den beiden Außenseiten ein von oben überdachter Raum gebildet wird. Hier findet sich an der Decke, mit der freien Kante nach hinten gerichtet, je eine kurze Falte, über der sich ein kleiner Blindsack öffnet, der also der Höhe nach zwischen den hinteren Höhlen und dem horizontalen Raume liegt. Die Oefinung der Blindsäcke schließt sich nach außen an die Mündung der hinteren Höhle an. Der rechte Blindsack ist bedeutend größer als der linke, er erreicht eine Länge von 1,5 cm bei einer Breite von 0,5 cm, während der linke nur eine kleine Einbuchtung von 0,5 cm Länge darstellt. Die vordere Klappe ist rechts 4,2, links 2,8 cm breit. Sie bildet einerseits die Decke der vorderen unteren Höhle, andererseits schließt sie die knöchernen Nasenöffnungen voll- ständig, und zwar so fest, daß sich auf der Klappe ein Abdruck der Oefinungen in Gestalt einer Erhebung markiert. Die vorderen unteren Höhlen sind im Vergleich zu Phocaena ungewöhnlich groß. Sie liegen direkt auf dem Knochen vor der Apertura und ziehen sich auch in einem immer schmaler werdenden Streifen an der Außenseite derselben nach oben. Der obere äußere Rand der Apertura wird von einer bindegewebigen Falte gebildet, die sehr straff angespannt ist. Ich möchte sie als Rand- falte, Plica marginalis, bezeichnen. Die Form des vor der Aper- tura gelegenen Teiles ist stets die eines Vierecks, das sich vorn verschmälert. Auch die unteren Höhlen sind natürlich stark asymmetrisch. Die Maße sind folgende: Länge der rechten unteren Höhle, gemessen vom Vorder- rand der Apertura bis zum Vorderende . . . . . 36 cm Ihre Breite am Vorderrand der Apertura . ....87 , Ihre'Breite am Vorderende. .. .. mel ah ans za Die Gesamtlänge des Bodens . . . al ERTL Die Länge der Randfalte in gerader nie ERLITT Länge!der Aperture. sl ll. ck ra Ihre {Breiten in.. re wer PER IE ee ea Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 379 Maße der linken Seite: Länge der Höhle vom Vorderrand der Apertura nach vorn 3,7 cm Breite am Vorderrand der Apertura . . 2 2.202.222 „ Beeam NV orderendenerme: Zn. sr. na SIE IansendersEiimilfalte aba... wre a BoreeÄnertaat a rn ee Bıre Braten rs VE in 6 so ee ra Die knöchernen Nasengänge ziehen sich nun in leichter Krümmung ziemlich steil nach unten und münden zusammen in die Pars superior pharyngis. Letztere macht einen ganz anderen Eindruck als bei Phocaena. Sie zerfällt deutlich in zwei ganz verschiedene Teile, einen ziemlich glatten, nur an einzelnen Stellen mit schwachen Längsfalten versehenen Teil, der den Kehlkopf be- herbergt und wie ein Negativ desselben erscheint, und einen mit vielen kleinen Längs- und Querfalten ausgestatteten, schmalen, schlitzartigen Gang, der vorn die Choanen aufnimmt. Die Mün- dung derselben ist durch vorn und hinten vorspringende Wülste fast ganz versperrt. Die Grübchen, die für die Pars superior von Phocaena so charakteristisch sind, scheinen hier ganz zu fehlen. Ob sie vielleicht in den Falten des schmalen Ganges verborgen liegen, muß erst die mikroskopische Untersuchung lehren. Die Breite des Isthmus palato-pharyngeus beträgt 1,8 cm, die größte Breite der Pars superior 2,7 cm, die durchschnittliche Breite des vorderen Teiles der Pars ist 1 cm, ihre Länge 3,3 cm, die Länge des hinteren Teiles 5,5 cm, also die Gesamtlänge 88 cm. Die Länge der Choanenöffnungen beträgt 2,5 cm. Die Länge der knöchernen Nasengänge vom Vorderrande der Apertura bis zum Vorderrande der Choanenmündung ist 6,6 cm. In über 3 cm Höhe münden die Tuben. Muskulatur und Knorpel sollen gemeinsam weiter unten be- handelt werden. Zweites Exemplar. Die für die Lage des Spritzloches wichtigen Maße sind: Stirnansatz—Schnauzenspitze . . . 2 2 2.2..2...123,6 cm Surnansatz Nasenöffnung \. 1. TI TTn r 2l Spritzlochecke—Mundwinkel rechts . . . . ... 177 „ Spritzlochecke—Mundwinkel links . . . 2. 2.2... 153 „ Breite des Spritzloches . DI Der rechte Spritzsack bietet nichts Besonderes; hingegen zeichnet sich der linke dadurch aus, daß seine Decke im vorderen 380 Kurt Gruhl, Teil eine starke Falte bildet. Dadurch bekommt der Spritzsack zwei verschiedene Böden, einen oberen, der den Spritzsack sehr klein und spitz zulaufend erscheinen läßt und einen unteren, bedeutend größeren. Was die Gestalt der Spritzsäcke anbetrifft, so verweise ich auf Fig. 6. Die Formverhältnisse sind fast die gleichen wie bei dem ersten Exemplar. Der rechte Spritzsack = N f mißt von der Ecke des ig. 6. Spritzsäcke von Delphinus del- . phis IT (von oben gesehen). Der untere Boden Spritzloches aus 3,9 cm des linken Sackes ist punktiert. n Nasenspalt. in der Breite, seine Länge Belek ist 3,6 cın. Die seitliche Ausdehnung des linken Spritzsackes ist 3,4 cm; seine Länge 2,5 cm (oberer Boden) resp. 3,1 cm (unterer Boden). Die hinteren Höhlen sind mit den vorderen oberen auch hier deutlich vereinigt, weisen aber an der Umbiegungsstelle kleine, pfeilerartige Vorsprünge auf, die eine gewisse Trennung verdeut- lichen. Die Maße sind: Spitze der hinteren Höhle bis late- rales Ende der Mündung . . . rechts 3,55 cm, links 2,55 cm Spitze der hinteren Höhle bis zur Umbiegung . . rl 5 a Spitze der vorderen "Höhle Er zur Umbiegung . . . a ea ae Der Boden der Höhlen ; de Länge nach fein gestreift. Die hinteren Höhlen liegen schief, die vorderen horizontal. Die Oefi- nungen sind sehr enge, von oben fast verdeckt. Ihre Lage sowie die Formverhältnisse der ei h Höhlen ergeben sich am besten aus der Abbildung Deu gr Fig. 7. | Ein Blindsack ist nur a | auf der rechten Seite aus- | a gebildet, er hat eine 1 cm Fig. 7. Haupthöhlen von Delphinus breite Oeffnung, ist von drei- delphis II (von oben gesehen). Die Lage - ; des Spritzloches und die Medianlinie sind eckiger Gestalt und besitzt punktiert. a Ausgang der Höhlen. eine Länge von 1,45 cm. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 381 Die vorderen unteren Höhlen zeigen denselben Bau wie bei dem ersten Exemplar. Breite der vorderen Klappe links 3,0 cm, rechts 4,55 cm, Breite der rechten unteren Höhle an der Apertura 3,8 cm, am Vorderende 1,9 cm, ihre Länge von der Apertura nach vorn 3,9 cm. Die linke untere Höhle ist an der Apertura 2,5 cm, vorn 1,6 cm breit und von der Apertura bis vorn 3,5 cm lang. Die Apertura selbst ist rechts 4,5 cm lang und 2,2 cm breit, links 3,7 em lang und 1,9 cm breit. Drittes Exemplar. Dieses Exemplar war in der Mitte durchschnitten und an- scheinend schon einmal untersucht, seine Höhlen sind zum Teil wenigstens etwas deformiert. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um das von Carus und Orro abgebildete und beschriebene Exemplar. Die Lage des Spritzloches ergibt sich aus den folgenden Maßen: Masenoinung_ Strnansatlz .,.. . cur = 2.2. 0.120 cm Stirnansatz—Schnauzenspitze . . ». » 2. 2.2...67 „ Spritzlocheeke—Mundwinkel rechts . . . .... 112 „ Spritzlochecke—Mundwinkel links. . . ». . 2.0.1033 „ Breite des Spritzloches. . . . AHLSORSEH. BD „ Dieselben Höhlen wie bei den BRD Laie Tieren waren vor- handen. Am meisten Interesse bot hier die Pars superior pha- ryngis. Sie war nicht in zwei ungleichartige Teile zerlegt, sondern sah durchaus homogen aus und hatte große Aehnlichkeit mit den Verhältnissen von Phocaena. Die Schleimhaut war mit Ausnahme des oberen Teiles vollkommen mit kleinen Grübchen bedeckt, die bis zur Einmündung der Tube reichten. Dieselbe Erscheinung tritt auch auf der Abbildung von CAruS und OTTO hervor. Viertes Exemplar. Dieses Exemplar ist ein Embryo von 53,8 cm Länge; die für die Nasenöffnung charakteristischen Maße sind: Nasenöffnung—Schnauzenspitze . . . 2 2.2.2.2...90 cm Spritzlochecke—Mundwinkel rechts . . . . 2 ..2..2.62 „ Spritzlocheeke—Mundwinkel links . . . 2 .2....60 „ Breite ldes' ‚Spritzloches aaa... 0 2. Ihe, 332 _ Kurt Gruhl, Auffällig ist hierbei die große Breite des Spritzloches. Die Nasenscheidewand beginnt nahe unter den Spritzsäcken. Die Decke der Spritzsäcke zeigt die braune Pigmentierung des ganzen vom Körpers, während der Boden weiß- t lich ist. Der Nasenspalt läuft direkt Fig. 8. Spritzsäcke vn nach unten, ohne in der Region der Delphinus delphis IV (von oben gesehen). Scheidewand punk- Spritzsäcke eine horizontale Biegung tiert. zu machen. Die Form der Spritzsäcke zeigt Fig. 8. Die Maße derselben sind: Seitliche Ausdehnung . . . . . rechts 1,8 cm, links 1,5 cm Längenausdehnung . . .... er „. ODE Breite des Nasenspaltes . . . . „ der Scheidewand 1,4 „ links „ = 0,95 Die hinteren Höhlen sind sehr abweichend von denen er- wachsener Tiere. Sie setzen sich nämlich nicht oder nur wenig in die vorderen Höhlen fort, welche demnach beim Embryo völlig fehlen und sich erst im späteren Leben zu entwickeln scheinen. Auffallend groß sind im Verhältnis auch die Oefinungen der Höhlen, welche rechts le 0,7 cm, links 0,6 cm messen. Die rechte Sn. _,,] Höhle biegt etwas weiter nach vorn als “ die linke. Im übrigen verweise ich auf S 2 die Abbildung Fig. 9. Auf der rechten Fig. 9. Haupthöhlen PR = = h 2 von Delphinus delphis IV Seite ist bereits ein deutlicher Blindsack (von oben gesehen). Blind- yorhanden, der die Gestalt eines Dreieckes sack punktiert. f " r £ ü hat. Seine Mündung ist 0,5 cm breit, seine Länge ist 0,6 cm. Auf der linken Seite findet sich als Andeutung eines Blindsackes nur eine feine Furche. Die vordere Klappe mißt links etwa 1,0 cm, rechts 1,3 cm. Die vorderen unteren Höhlen haben folgende Maße: Rechte Höhle: Vordere Klappen breite’an.der Apertura‘. .\.. 2. Se. Ss 2ER Breite am Vorderende . . . . Br le: Are IM Länge von der Apertura nach vorn nd ei läteral WERTET Linke Höhle: Breite 'an .der Apertura.. ........ vligansinunk Sata Breite am Vorderende . . . . In lrer Länge von der Apertura nach vorn In rate ar lateral sulanis#7c 0,8 Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 383 Die Apertura ist rechts 1,8 cm lang und 0,7 cm breit, links 1,5 cm lang und 0,5 cm breit. Beide Aperturen stehen übrigens fast senkrecht. Sehr interessant ist auch die verhältnismäßig große Breite des seitlichen Bodens der unteren Höhlen, indem der rechte hier 1,0 cm, der linke 0,6 cm mißt, also beiderseits die Breite der Oefinung noch übertroffen wird. 3. Tursiops tursio Fabr. Hier lagen mir zwei Köpfe vor, beide von Exemplaren aus der Adria, die im Frühjahr 1909 resp. 1910 bei Rovigno erbeutet wurden. Erstes Exemplar. Anlage und Form der einzelnen Höhlen sind dieselben wie bei Delphinus delphis. Maße zur Lage des Spritzloches: Nasenoilmune- Stirnansatz „I, 00 18,0,05,279-720,5" ci Stirnansatz—Schnauzenspitze? (letztere war abge- schnitten) Spritzlochecke—Mundwinkel rechts . . . ..... 175 „ Spritzlochecke—Mundwinkel links . . ». . 2.....199 „ Breite des Spritzloches . . . ee 0 Die linke Ecke des Seitzloches hept 0, 9, cm weiter nach vorn als die rechte, die Lage ist also eine auffallend schiefe. Der gemeinsame Boden der Spritzsäcke weist median eine deutliche Einschnürung auf, die einen rechten und linken Teil unterscheiden läßt, von denen der letztere durch eine unter ihm liegende Rinne, die sich nach außen in den Boden des Spritzsackes verläuft, wulstig hervorgehoben wird. Der rechte Teil ist 4,6, der linke 3,5 cm breit. Die Spritzsäcke selbst dehnen sich mehr nach hinten aus als nach der Seite, ein Unterschied gegenüber Delphinus delphis. Der rechte Spritzsack erstreckt sich von der rechten Spritz- lochecke aus 3,1 cm seitwärts und 3,3 cm nach hinten, der linke von der linken Spritzlochecke aus 4,3 cm nach der Seite und 3,3 cm rückwärts. Hintere und vordere obere Höhlen sind wie bei Delphinus ge- staltet. Die hinteren nähern sich bis auf 5 mm, die vorderen sind durch einen 1,6 cm breiten Zwischenraum getrennt. Ferner befinden sich an der Umbiegungsstelle beiderseits kleine Aussackungen der Höhlenwand, die dicht nebeneinander liegen, nur durch häutige 334 Kurt Gruhl, Pfeiler getrennt. Es sind an der rechten Seite vier vorhanden, an der linken Seite eine größere und eine kleinere. Auch hier verweise ich auf die Abbildung Fig. 10. Die Blindsäcke sind vorhanden, aber sie sind größer als bei Delphinus. Die rechte vordere obere Höhle mißt der Länge nach 3,6 cm, die linke 2,1 cm, breit sind beide durchschnittlich 0,6 cm. Der Fig. 10. ;Haupthöhlen von Tursiops tursio I (von oben gesehen). Blind- säcke punktiert. rechte Blindsack erreicht eine Länge von 2,6 cm bei einer Breite von 1,0 cm, der linke ist 1,1 cm lang. Die rechte vordere Klappe ist 4,1 cm, die linke 3,1 cm breit. Auch die vorderen unteren Höhlen liegen so wie bei Delphinus (Fig. 11). Die rechte reicht von der Apertura aus 3 cm R nach vorn, ihre Breite beträgt am Vorderrande der Apertura 4,3 cm, am Vorderende 2,7 cm. Die linke Höhle mißt 2,7 cm von der Apertura bis ans Ende, sie ist 2,9 cm breit _an der Apertura, 2,2 cm am Vorder- ende. Dierechte Aperturaist4,3cm lang, 2,1 cm breit, die linke Fig. 11. Vordere untere Höhlen a en lang und cm breite hp von Tursiops tursio I. Nach Photo- Länge der knöchernen Nasen- graphie. Ap. Aperta. R Randfalte. kanäle ist jederseits 7,0 cm. Die Pars superior pharyngis zeigt denselben Bau wie bei Delphinus delphis. Der Isthmus ist 1,3 cm breit, der Teil, der den Kehlkopf beherbergt, erreicht 3 cm Breite, der schmale Teil höchstens 1 cm. Auch hier sind die Oeffnungen durch vorspringende Wülste fast ganz verdeckt. / weites Exemplar. Maße für die Lage des Spritzloches: Nasenöffnung—Stirnansatz.. 1. N ln uni RN 2KBGCHR Stirnansatz=Schnauzenspitze ....1 loan, ik al. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 385 Spritzlocheeke—Mundwinkel rechts. . ° . . . .. .. 181 cm Spritzlocheeke—Mundwinkel links . . . . ..2.2.....164 „ Breite des Spritzloches . . . . Ich Br Na Das Spritzloch liegt schief, die RER sind der Größe nach ziemlich gleichartig ausgebildet, liegen aber entsprechend schief, sie erstrecken sich auch hier nur schräg nach hinten. Ihre Ausdehnung beträgt rechts 3,15 cm seitlich, 4,05 cm nach hinten von der Spritzlochecke aus gemessen, links 3,4 cm seit- lich, 4,0 cm nach hinten. Der gemeinsame Boden der Spritzsäcke ist hier weniger deutlich als bei dem vorigen in zwei Teile gesondert, jedoch weist er eine starke Falte auf, die dem nach unten führen- den Nasenspalt ungefähr parallel läuft (s. Fig. 12). Hintere und vordere obere Höhlen zeigen nichts Besonderes, nur lassen sie die bei dem vorigen Exem- Fig. 12, Spritzsäcke von Tursiops tursio II plar beobachteten Aus- (von oben gesehen). n Nasenspalt. sp. Spritz- sackungen vermissen. Ihre loch. f Falte im gemeinsamen Boden. Maße sind folgende: Die hintere Höhle ist rechts 4,5 cm lang, links nur 3,1 cm, die vordere Höhle mißt rechts 4,8, links 3,1 cm. Die Oeffnung rechts ist 1,5 cm lang, die linke 0,9 cm. Die Breite der Höhlen ist wechselnd zwischen 0,5 und 1,0 cm. Beide TEEN Blindsäcke sind deut- j\ 7- . = > EEE 7 EEE EN — ———g Pa 2 lich ausgebildet, der /__! BR, rechte aber ist wesent- a lich größer als der linke, Fig. 13. Haupthöhlen von Tursiops tursio II er ist an der Mündung (von oben gesehen). Blindsäcke punktiert. a Aus- 1,2—1,3cm breit, seine °°® de Gestalt ist dreieckig, die kürzeste Seite entspricht der Oeffnung, die anderen Seiten messen 2,1 und 1,8 cm (s. Fig. 13). Der linke Blindsack hat ebenfalls die Gestalt eines Dreieckes. Mündung 0,9 cm, laterale Seite 0,7 cm, mediale 0,9 cm. Die Breite der vorderen Klappen beträgt links 3,2 cm, rechts 4,4 cm. SP- 386 Kurt Gruhl, Die vorderen unteren Höhlen haben folgende Maße: Rechte Höhle: Breite»an der Apertura . » u. u. U AAMDORRUNITG AUDST RER Breite am Vorderende. . . . ln an ann Bee Länge von der Apertura nach vom. . 2. 2 2.2... #1, - Linke Höhle: Breite:an der: Apertura 1. Al. ahlıor Jaanod, Bank done Breiteiiam' Vorderenderm.imss au anıfleliingd mE BrkBie Bange.......0e. 29 Die An ist rechte re cm ken 2,4 cm Arten links 3,7 cm lang und 2,0 cm breit. Randfalten sind vorhanden, die linke zwar kleiner, aber deut- licher; die rechte ist 3,5 cm lang bei einer Maximalbreite von 0,6 cm, die linke 2,7 cm lang bei einer Breite bis 0,4 cm. Muskulatur und Knorpel von Delphinus und Tursiops. Es bleibt jetzt noch übrig, die Muskulatur und die Knorpel- bildungen zu besprechen. Was die Muskulatur anlangt, so findet sich überall (Delphinus delphis I, II, IV und Tursiops tursio I, Il) nur ein paariger, sehr stark entwickelter Muskel, der vom Rande des Maxillare ent- springt und von allen Seiten nach dem Spritzloch zustrahlt. Die Hauptmasse liegt hinter dem Spritzloch und seitlich davon. In der Mittellinie stoßen die Muskeln nicht zusammen, nähern sich aber hinten ziemlich stark. Die Fasern enden zum Teil auf der Oberfläche des Spritzsackes, indem sie bei Delphinus nur die Ränder, bei Tursiops dagegen den ganzen Spritzsack bedecken, zum Teil gehen sie unter denselben und umgeben die hinteren Höhlen, indem sie in der hinteren Klappe ihr Ende finden. Nur wenige strahlen in die vordere Klappe von der Seite her aus. Noch deutlicher wie bei Phocaena tritt hier überall die Einheit- lichkeit des Muskels hervor, der auch künstlich nicht in ver- schiedene Partien geteilt werden kann. Bei Delphinus IV konnte ich die Innervierung sehr gut beobachten, da der Nerv dicht unter der Haut lag und sich an der Oberfläche des Muskels in viele kleine Aeste teilte. Auch in den Knorpelbildungen stimmen Delphinus und Tursiops fast vollkommen miteinander überein. Das Ethmoid geht nach oben zu in einen Knorpel über, der die Nasalia zum Teil bedeckt, und der in seiner Mitte wie das Ethmoid selbst mit einer kiel- Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 387 förmigen Erhebung ausgestattet sein kann, die sich nach oben verläuft. Dieser Knorpel ist, wie aus seiner Lage hervorgeht, der Nasendachknorpel. Am oberen Rande kann er sich ein wenig nach vorn umbiegen. Bei Tursiops tursio I war derselbe 4,9 cm breit und 2,4 cm hoch. Der obere Rand des Septum wird ge- wöhnlich von einer sehr zarten Knorpelspange gebildet, die aber mit dem Nasendachknorpel nur bindegewebig verbunden ist. Nur bei Delphinus I ging dieselbe direkt in das Nasendach über, und zwar oben in der Mitte des umgebogenen Randes. Außerdem traten regelmäßig bei den erwachsenen Tieren Knorpelbildungen in der hinteren Klappe auf, die von dichtem Bindegewebe umgeben waren. Am deutlichsten konnte man sie beobachten, wenn man Schnitte durch = die Klappe machte. Regelmäßig fan- den sich in der Mitte zwei genäherte >) Knorpel, die vom Septum aus schräg nach außen in die hinteren Klappen b \ & zogen, um nach kurzem Verlauf zu PEN enden. Außerdem findet sich noch I‘ —— ein zweiter Knorpel in jeder Klappe; r im Verhältnis zu dem ersten liegt er etwas höher und weiter nach innen, _ Fig. 14. Schnitte durch die er ist bedeutend größer und läuft am al Suoms vorderen Rande der hinteren Höhle b Delphinus delphis I. c Delphinus entlang nach außen, hier unter die “r" 22 Höhle tretend und sich verbreiternd. Er endet am Grunde des Blindsackes. Seine Fläche erscheint gedreht von senkrechter Lage in der Mitte zu wagerechter an den Seiten. Nur bei Delphinus II war die Zahl der Knorpel in der hinteren Klappe auf drei vermehrt, von denen eins und zwei bogenförmig vor der Höhle lagen, während drei den unteren Rand der Klappe festigte (s. Fig. 14). Ueberall zeigte es sich, daß die Klappe aus abwechselnd dichteren und lockereren Partien bestand, die der Oberfläche ungefähr parallel liefen, und von denen die dichteren die Knorpel in sich aufnahmen. Die in der Mitte liegenden Knorpel sind bei Delphinus delphis I ungefähr 1—1!J, cm lang, während die anderen 3 cm und darüber messen. Pneumatische Hohlräume, Auch die pneumatischen Hohlräume habe ich bei Delphinus I und Zursiops I untersucht. Es sind dieselben wie bei Phocaena. 388 Kurt Gruhl, Bei Delphinus sind sie bedeutend stärker als bei Tursiops. Bei letzterem fehlt der Sinus pneumaticus frontalis, der bei Delphinus deutlich vorhanden, aber nur klein ist. Der Sinus pneumaticus maxillaris erreicht bei Delphinus eine viel bedeutendere Länge als bei Tursiops und reicht beinahe bis an die Spitze der Schnauze. Die Eingänge zu den einzelnen Sinus sind auf der rechten Seite immer um einige Millimeter breiter als auf der linken. So beträgt bei Tursiops der Eingang in den Sinus pneumaticus maxillaris 1,9—2,1 cm, in den Sinus pneumaticus pterygoideus 1,1—1,3 cm, in den Sinus pneumaticus temporalis 1,5—1,8 cm. Der distale Teil der Tube ist gegenüber dem proximalen stark verbreitert und zeigt cavernösen Bau. 4. Beluga leucas Pall. Von dieser Art konnte ich einen Embryo von 24,4 cm Länge untersuchen. Die Entfernung des Spritzloches von der Schnauzenspitze beträgt . . N BOURER I Sp rlbeiöcke Miındminkel ehe na, Int EA Zn Spritzlocheeke—Mundwinkel links . . . 2 22.2. 24 „ Breite des Spritzloches sehr auffällig . . . . 0,9 Das Spritzloch ist ein ziemlich gerader Schlitz, 1 an den beiden äußeren Enden sich nach hinten umbiegt, der mittlere Teil des Schlitzes ist sehr flach bogenförmig gekrümmt, wobei die Kon- kavität nach vorn gerichtet ist. Im ganzen ist das Spritzloch aber umgekehrt orientiert wie bei Phocaena, Delphinus und Tursiops. Schon 2 mm unter der Oberfläche beginnt die Nasenscheide- wand. Von Klappen sind nur zwei vordere, deutlich voneinander getrennte gut ausgebildet. Spritzsäcke, hintere Höhlen und vordere obere fehlen voll- kommen, dagegen sind vordere untere Höhlen gut entwickelt. In Lage und Form verhalten sie sich genau so wie die Höhlen von Delphinus und Tursiops. Ihre Maße sind folgende: die rechte Höhle ist 4 mm lang, an der Apertura 4 mm und am Vorderende 25 mm breit, die linke 35 mm lang, an der Apertura auch 35 mm, vorn 3 mm breit. Die Apertura ist beiderseits 4 mm lang und 2,5 mm breit. Die Muskulatur zeigt auch wieder die gleiche Anordnung wie bei Delphinus und Tursiops, auch hier ist nur ein einziger paariger Muskel vorhanden. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 389 II. Vergleichende Zusammenfassung. Gehen wir nun zur Vergleichung der gewonnenen Tatsachen mit den aus der Literatur schon bekannten über, so ist die erste Frage, die sich erhebt, die: Wodurch zeichnet sich die Nase der Zahnwale aus, und was ist allen Arten hier gemeinsam? Da sind es eigentlich nur zwei Momente, die in der Literatur schon viel- fach hervorgehoben worden sind, die allen Zahnwalen, soweit man es bis jetzt übersehen kann, zukommen, das ist erstens die Ver- lagerung der Nasenöffnung nach oben und die damit zusammen- hängende Steilheit der Nasenkanäle und zweitens die unpaare Nasenöffnung. Ein drittes möchte ich hier noch hinzufügen, das wahrscheinlich auch überall dasselbe ist, das ist die Anordnung der Muskulatur. Mögen auch die Einzelheiten hier mannigfach sein, mag man über die Anzahl der Muskeln noch uneins sein, überall sehen wir, daß sich die Muskeln wie die Radien eines Kreises um ein Zentrum, nämlich das Spritzloch, gruppieren. Bei allen Zahnwalen ist auch als viertes Moment die Asymmetrie mehr oder weniger stark entwickelt. Wenden wir dagegen unseren Blick zu den Höhlen der Nase, so müssen wir sagen, daß es un- möglich ist, hier ein einheitliches Prinzip herauszufinden, es müßte denn das sein, daß bei den meisten Zahnwalen die Neigung zur Höhlenbildung überhaupt auftritt. Aber das ist kein allgemein gültiges Gesetz, denn es gibt zahlreiche Ausnahmen. Bei Pho- caena, Delphinus und Tursiops sehen wir 3 resp. 4 Paare von Höhlen entwickelt, während Beluga nur ein Paar aufweisen kann. Bei Globiocephalus und Lagenorhynchus sind nach Murıe 3 Paare vorhanden, wozu bei Grampus nach demselben Autor noch ein siebenter unpaarer Sack kommt. Bei Epiodon z. B. fehlen nach BURMEISTER Nebensäcke der Nase gänzlich, und ganz sonderbar sind die Verhältnisse bei Ayperoodon, Cogia und Physeter, bei denen der linke Nasenkanal zur Reduktion neigt. Im folgenden will ich ausführlicher auf die einzelnen Teile der Nase der Reihe nach eingehen. Was das Spritzloch an- betrifft, so ist seine Form im allgemeinen die eines nach vorn offenen Bogens, doch kommt es auch vor, daß die Konkavität nach hinten gerichtet ist wie bei Deluga und Cogia. Von der Bogenform des Spritzloches weicht Physeter erheblich ab, indem dasselbe hier quer S-förmig ist. Immer liegt das Spritzloch mehr oder weniger asymmetrisch. Um die Asymmetrie zahlenmäßig aus- drücken zu können, benutze ich die Entfernung des Spritzloches 390 Kurt Gruhl, von den Mundwinkeln und bilde das Verhältnis von Summe zu Differenz dieser Zahlen. So bekomme ich ein verhältnismäßig gutes Maß für die Größe der Asymmetrie. Bei den von mir be- schriebenen Walen sind diese Verhältnisse folgende : Phocaena communis 120; Delphinus delphis I 16,8, II 13,75, III 23,9, IV 61; Tursiops tursio I 20,9, II 20,3; Beluga leucas 49. Je höher die Zahl ist, desto geringer ist die Asymmetrie. Die Zahlen bei Delphinus delphis zeigen deutlich, daß die Asymmetrie um so geringer ist, je jünger das Tier ist, eine Tat- sache, die bereits am Schädel der Zahnwale gefunden wurde. IV und III sind beides Embryonen, und zwar IV der kleinere, daher hat er die höchste Ziffer, d. h. die geringste Asymmetrie. Auffällig gering ist die Asymmetrie bei Phocaena communis. Durch die von PoUCcHET und BEAUREGARD für Physeter an- gegebenen Entfernungen des Spritzloches von den Augen läßt sich eine entsprechende Verhältniszahl berechnen, hier findet sich auf- fallende Asymmetrie, daher die kleine Zahl 11,2. Erst durch größeres Zahlenmaterial wird es sich feststellen lassen, ob die Asymmetrie bei erwachsenen Exemplaren derselben Art ungefähr gleich ist, wie es bei Tursiops tursio den Anschein hat, oder variabel, wofür Delphinus delphis I und II sprechen würden. Allerdings weicht II auch in anderen Punkten, z. B. der Kürze der Schnauze, von anderen Individuen stark ab, so daß die Wahrscheinlichkeit einer Konstanz größer ist. Sehr verschieden ist auch die verhältnismäßige Breite des Spritzloches. Für sie gewinne ich eine gute Zahl, wenn ich die Entfernung von einem Mundwinkel zum anderen, über das Spritz- loch hinweg gemessen, durch die Breite des letzteren dividiere. Ich bekomme dann folgende Zahlen: Phocuena communis 10,2; Delyhinus delphis I 18,5, II 16, III 15,3, IV 9,7; Tursiops tursio I 13,4, II 13,3; Beluga leucas 6,4. Bei Physeter würde sich die Zahl 13,6 ergeben. Bei Delphinus delphis bekomme ich also wieder von IV über III aufsteigend eine Reihe, die mir angibt, daß die Breite des Spritzloches mit zunehmendem Alter des Tieres im Verhältnis abnimmt. Zursiops tursio I und II haben wieder eine fast gleiche Zahl, während Delphinus delphis LI auch hier abweicht. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 391 Vergleiche ich die erwachsenen Tiere miteinander, so zeigt sich, daß Phocaena das breiteste Spritzloch hat, Delphinus dagegen das schmalste, vorher hatte Phocaena die geringste Asymmetrie, Delphinus wiederum die stärkste. Beide Male zeigen sich bei Phocaena also die primitiveren, auch dem Embryo eigenen Merk- male, eine Tatsache, die wohl nicht auf Zufall beruht. Spritzsäcke sind nicht bei allen Zahnwalen vorhanden, sie fehlen einer großen Zahl. Ich habe schon oben darauf hingewiesen, daß es zwei verschiedene Arten von Spritzsäcken gibt, offene und geschlossene, es ist mir aber meist nicht möglich, festzustellen, welcher Art die in der Literatur schon beschriebenen Spritzsäcke angehören. Nirgends auch habe ich eine Definition gefunden, die mir angibt, was ich eigentlich als Spritzsack anzusehen habe, oder wodurch sich die Spritzsäcke vor den anderen Höhlen auszeichnen. Wenn ich eine solche zu geben versuche, so stütze ich mich hierbei wesentlich auf das, was ich selbst gesehen habe. Unter Spritzsäcken verstehe ich paarig auftretende oder durch Reduktion unpaar gewordene, nahe der Oberfläche gelegene Höhlungen, die von starker Muskulatur umgeben sind und eine wesentlich horizontale Erstreckung haben. Sie stehen entweder oben und unten in direkter Verbindung mit dem Nasenkanal (offene Spritzsäcke) oder münden in denselben durch bestimmte, spaltartige Eingänge (geschlossene Spritzsäcke). Dadurch schließe ich alle unpaaren Gebilde von der Bezeich- nung Spritzsack aus, ausgenommen freilich den Fall, daß die eine Seite einer ursprünglich paarigen Nase rudimentär wird, wie dies z. B. bei Physeter der Fall ist, wo der Spritzsack der linken Seite reduziert ist. Hier handelt es sich übrigens um einen offenen Spritzsack.. Ein wesentliches Moment sehe ich auch in der Be- ziehung der Spritzsäcke zur Muskulatur, welche geeignet ist, die Säcke erheblich zu erweitern. KÜKENTHAL konstatierte bei kleinsten Delphinembryonen das Fehlen der Spritzsäcke und bewies damit ihre sekundäre Ent- stehung. Ob aber die beiden verschiedenen Arten der Spritzsäcke genetisch aufeinander zurückzuführen sind, oder ob sie eine ver- schiedene Entstehung besitzen, das kann erst nach Untersuchung von geeigneten Embryonen von Phocaena entschieden werden. Das letztere ist mir jedoch wahrscheinlicher, da bei geschlossenen Spritzsäcken eine Beziehung zum Maxilloturbinale vorliegt, die bei offenen vollständig fehlt. Der gemeinsame Boden der Spritz- Bd. XLVII. N. F. XL, 26 392 Kurt Gruhl, säcke bei Delphinus, welcher durch eine doppelte Biegung des Nasenkanals verursacht wird, fehlt bei jüngeren Embryonen, denn hier geht der Nasenkanal noch senkrecht in die Tiefe. Erst mit der weiteren Entwickelung tritt die doppelte Biegung ein. Die Asymmetrie der Spritzsäcke ist bei Embryonen gering, bei Erwachsenen dagegen sehr bedeutend, scheint hier aber in keiner Weise mit der äußeren Asymmetrie, die durch die Lage des Spritzloches bezeichet wird, in Uebereinstimmung. Man ver- gleiche nur die starke Asymmetrie der Spritzsäcke bei Phocaena und die dagegen sehr geringe bei Tursiops. Die Form der Säcke schwankt zwar ziemlich beträchtlich, hält sich aber bei den einzelnen Arten immer innerhalb gewisser Grenzen, so daß ein bestimmter Typus gewahrt wird (vgl. die Figg. 1, 4, 6, 12). So sind die Spritzsäcke von Phocaena meist drei- bis viereckig gerundet, mit nach vorn ausgezogenen, seitlichen Zipfeln, die von Delphinus sind ungefähr rechteckig, wobei der linke immer in typischer Weise quergestellt ist, und die von Tursiops haben eine eiförmige Ge- stalt. Interessant sind auch bei Phocaena die starken Falten- bildungen am Boden der Spritzsäcke, die nach KÜKENTHAL auf das Maxilloturbinale zurückzuführen sind. Von anderen Arten sind sie meines Wissens nicht beschrieben. In welchem Zusammen-- hang sie mit den Spritzsäcken stehen, ist nicht bekannt. In enger Wechselbeziehung stehen die hinteren Höhlen mit den hinteren Klappen. Die letzteren ebenso wie die bei Phocaena in den Höhlen beobachteten Wülste sind nach KÜKENTHAL nichts anderes als die Reste von Nasenmuscheln, die das Bestreben zeigen, sich miteinander zu vereinigen. Dafür spricht der Befund BAr- Kows, der zwei solche Wülste in jeder Höhle sah. Das ist ein deutlicher Beweis dafür, daß der Ethmoturbinalwulst von Phocaena das Verwachsungsprodukt mehrerer Muscheln ist. Stellen wir uns nun vor, daß die Vereinigung weiter fortschreitet, so kommen wir zu den Verhältnissen, die sich bei Delphinus und Tursiops finden. Es sind hier alle Muschelrudimente zu einer einzigen Klappe auf jeder Seite verschmolzen, und als letztes Zeichen dieser Verschmelzung ist die in der Klappe liegende Höhle selbst zu betrachten. Verschwindet auch diese noch, so wird die Klappe ein ganz kompaktes Gebilde, ein Zustand, der uns bei Deluga entgegentritt. So zeigt Phocaena auch hier wieder ein primitives Verhalten, während wir den Bau der Nase von Beluga als den höchst differenzierten anzusehen haben. Aus dem oben Aus- Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 393 geführten ergibt sich, daß die hintere Klappe von Delphinus und Tursiops der von Phocaena nicht direkt homolog ist, sondern der hinteren Klappe und dem Ethmoturbinalwulst entspricht. Die hintere Höhle der beiden Delphine ist dementsprechend der Rest der hinteren oberen Höhle von Phocaena, denn beide setzen sich in die vorderen Höhlen fort, während die hintere untere Höhle restlos verschwunden ist. Infolgedessen machen die hinteren Höhlen auch bei Phocaena einen ganz anderen Eindruck als bei Delphinus und Tursiops. Sie sind bei Phocaena weit größer entwickelt und haben eine breitere Oeffnung, bei Delphinus und Tursiops dagegen schwindet das Lumen in hohem Grade, und die Oeffnung wird enger. Immer setzen sich die hinteren Höhlen in die vorderen oberen fort. Eine Ausnahme bilden nur Embryonen, bei denen die vorderen oberen Höhlen noch gar nicht ausgebildet sind (s. Fig. 9). Hieraus ergibt sich auch die erst sekundäre Entstehung der vorderen Höhlen, auf die schon KÜKENTHAL hinwies. Ferner zeigt sich bei Delphinus und Tursiops sehr deutlich die Einheitlichkeit der Höhlen, die im allgemeinen ohne irgend- welche Sonderung ineinander übergehen. Bei Phocaena findet eine solche Sonderung insofern statt, als die vorderen Höhlen sich beträchtlich verbreitern, während der Eingang ziemlich schmal bleibt. Jedenfalls bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, daß dieser ganze Höhlenkomplex trotz seiner scheinbaren Gliederung als eine einzige Höhle anzusehen ist, die ich schon mit, dem Namen „Haupthöhle“ bezeichnet habe, und die nach den Untersuchungen KÜKENTHALS der Regio olfactoria entspricht. Die Oeffnungen der Haupthöhle sind auch beim Embryo verhältnismäßig breiter als beim erwachsenen Tiere, denn das Verhältnis der Oeffnung zu der ent- sprechenden vorderen Klappe beträgt beim Embryo 0,5—0,6, beim erwachsenen Tier dagegen 0,3—0,4. Dies ist wiederum ein Beleg für die fortschreitende Verwachsung der Nasenmuscheln. Eine speziell für Delphinus und Tursiops charakteristische Bildung sind die Blindsäcke, die in Form und Größe vielen Ab- änderungen unterliegen und auch einer starken Asymmetrie unter- worfen sind, wie aus den oben angegebenen Maßen und den Ab- bildungen erhellt. Auch bei dem jüngsten von mir untersuchten Embryo war ein Blindsack bereits ausgebildet, woraus sich ergibt, daß seine Anlage schon sehr frühzeitig erfolgen muß. Bei Phocaena findet sich nichts Entsprechendes. Ueber den morphologischen Wert der Blindsäcke vermag ich nichts auszusagen. 26 * 394 KurtoGruhl, Die vorderen Klappen sind wahrscheinlich aus der Vorder- wand der Nase hervorgegangen und als vollständige Neuerwerbungen anzusehen. Sie schließen die Nase im Verein mit den hinteren Klappen in verschiedener Weise, entweder liegen sie unter den hinteren und versperren die Aperturen vollkommen, oder sie liegen den hinteren Klappen gegenüber, wodurch der Verschluß der Aper- turen etwas lockerer wird. Die erste Art findet sich bei Delphinus und Tursiops, die zweite bei Phocaena. Die vorderen unteren Höhlen bieten manches Interessante. Bei Phocaena fand ich sie nur in Spuren, während sie im all- gemeinen auch hier stark entwickelt sind. Dieses Fehlen der Höhlen in Verbindung mit der großen Variabilität zeigt uns, daß dieselben im Schwinden begriffen, daß sie funktionslos geworden sind und nur mehr rudimentäre Organe darstellen. Zweifellos haben wir hier die Reste des einst gut entwickelten Cavum nasi vor uns, die sich bei der Verschiebung und Umwandlung der Nase nur hier noch, dem Prämaxillare aufliegend, erhalten haben. Bei Delphinus, Tursiops und Beluga haben die vorderen unteren Höhlen genau die gleiche Lage und Form, sie sind hier außerordentlich stark entwickelt und variieren sehr wenig, verhalten sich dagegen sehr asymmetrisch. Keinesfalls hat man bei diesen Arten den Eindruck von rudimentären Organen, die Höhlen haben vielmehr hier eine bestimmte Funktion übernommen, über die ich im nächsten Kapitel ausführlicher sprechen werde. Daß sie trotz- dem den gleichen Ursprung haben wie die Höhlen von Phocaena, diesen also homolog sind, kann keinem Zweifel unterliegen. Die Frage nach dem morphologischen Wert der in der Klappe vorkommenden Knorpel scheint leicht zu beantworten zu sein. Da die Klappe selbst nichts anderes ist als das Verwachsungsprodukt von Nasenmuscheln, so könnte man meinen, es wären die Reste der knorpeligen Grundlage der Muscheln, die sich hier erhalten haben. Dies ist aber aus verschiedenen Gründen unwahrscheinlich. Zunächst müßten die Knorpel mit dem Ethmoid in irgendwelcher deutlichen Beziehung stehen, was aber keineswegs der Fall ist, denn sie liegen vollkommen frei, nur die beiden in der Mitte ge- legenen lehnen sich an die Nasenscheidewand an, und diese Lage spricht erst recht gegen die obige Annahme. Ferner, wären sie zu den Muscheln gehörig, so müßten sie sich auch schon bei Embryonen finden, dies ist aber auch nicht der Fall, bei Delphinus delphis IV waren die Klappen nur aus faserigem Bindegewebe Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 395 aufgebaut ohne eine Spur von Verknorpelung. Dieses späte Auf- treten im Verein mit der obenerwähnten Erscheinung, daß die Knorpel nur in den festeren Schichten der Klappe auftreten, daß jedoch auch solche festere Schichten ohne Knorpelbildungen vor- handen sind, weist darauf hin, daß wir die Knorpel als Neu- erwerbungen aufzufassen haben, die lediglich aus dem Bedürfnis hervorgegangen sind, die Klappe zu festigen und zu stützen, ohne daß sie jedoch auf die knorpeligen Muscheln zurückzuführen wären. Hintere Klappe Ethmoturbinale : --- Spritzsack D 1 ' Hintere Höhle .. <= ---- Vordere obere Höhle e. Vordere Klappe -- Vordere untere Höhle .. SChoanenöffnung mit vor- \ springenden Wülsten Fig. 15. Schema der Nase von Phocaena. Zu dieser Auffassung paßt auch in jeder Beziehung die Lage der Knorpel. Die Figg. 15 u. 16 sollen dazu dienen, die Unter- schiede zwischen Phocaena einerseits und Delphinus und Tursiops andererseits deutlich zu machen. Sie sind nach dem Vorbilde KÜKENTHALs angefertigt, tragen jedoch nicht rein schematischen Charakter, sondern sollen die Formen und Dimensionen möglichst naturgetreu wiedergeben. Ich halte gerade diese Art von Ideal- profilen für sehr geeignet, die bloßen Beschreibungen in anschau- licher Weise zu unterstützen. III. Physiologie. Was die Funktion der Zahnwalnase anbetrifft, so ist ja be- kannt, daß dieselbe nicht mehr zum Riechen verwandt werden kann, sondern lediglich dazu dient, die Luft in die Lungen zu 396 Kurt Gruhl, leiten und gleichzeitig das Eindringen von Wasser zu verhüten. Die allgemeine Bedeutung der Nase ist also klar, nicht aber die spezielle Funktion der einzelnen Teile der Nase, ich meine be- sonders die der einzelnen Nasenhöhlen. KÜKENTHAL hat die An- sicht ausgesprochen, „daß die in die vordere Klappe hineingehenden Muskelmassen ein Zurückziehen derselben bewirken, und daß die vorderen Nebenhöhlen in erster Linie dazu da sind, die zurück- gegangene Masse der Klappe unter Verlust ihres Lumens in sich aufzunehmen. Darin scheint mir eine Hauptfunktion der Neben- höhlen zu bestehen, bei der starken Erweiterung der oberen Nasen- höhle zur Aufnahme der sich zurückziehenden, im Ruhezustand ins Nasenlumen vorspringenden Klappen zu dienen.“ Dieser An- Spritzsack _ Rn Hintere Höhle = Bendale > - Vordere obere Höhle -—- Vordere Klappe --Vordere untere Höhle --—- Choanenöffnung mit Wülsten Fig. 16. Schema der Nase von Delphinus und Tursiops. sicht kann ich mich nicht anschließen, denn es scheint mir aus- geschlossen, daß die Klappen sich in die Höhlen zurückziehen, weil das Lumen der letzteren im Vergleich zu der Masse der Klappen ein verschwindend kleines genannt werden muß. Außer- dem müßten alsdann alle Wale, welche Klappen besitzen, auch die zu ihrer Aufnahme nötigen Höhlen haben. Das ist aber keineswegs der Fall. Ich erinnere an Beluga, ferner an Phocaena, wo die vorderen unteren Höhlen reduziert sein können, was auch gegen diese Aufgabe der Höhlen spricht. Die Ansicht von RAawırz, nach der sich die Nebenhöhlen bei der Inspiration mit Luft füllen und so als Luftkissen dem Wasser- Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Oetaceennase. 397 druck entgegen wirken sollen, ist von BÖNNINGHAUS bereits wider- legt worden. BÖöNnnınGHAuS selbst glaubt nun, in den Nebenhöhlen nur die Reste eines früher ausgedehnteren Cavum nasi sehen zu müssen, das einfach zusammenfiel, als es seine Funktion aufgab. Diese Ansicht hat zwar manches für sich, insbesondere die starke Variabilität der Höhlen, aber es widerstrebt mir doch, anzunehmen, daß dieser komplizierte und mitunter sehr umfangreiche Apparat ganz ohne Bedeutung für die Funktion der Nase sein soll. Wie gewaltig ist doch die Ausdehnung der vorderen unteren Höhlen von Delphinus, Tursiops und Beluga. Welche Bedeutung liegt aber hierin? Bei den genannten Arten ist die vordere Klappe außerordentlich groß und schließt in der Ruhelage die Oefinung des Nasenkanales vollkommen und zwar so fest, daß derselbe in ihr einen Abdruck hinterläßt. Will der Wal aber atmen, so muß die Klappe gehoben werden. Dies kann nur durch Muskelwirkung geschehen, zwar gehen nur wenige Muskelfasern in die Klappe selbst, wohl aber in das vor und über ihr gelegene Bindegewebe. Stellen wir uns nun vor, daß die Klappe rings am Rande der Oefinung, die sie verschließt, festgewachsen wäre, so ist es un- möglich, daß sie, die ja auch im Leben eine ziemliche Festigkeit besitzt, genügend gehoben werden Kann, um hinreichend Luft durch- zulassen. Nun ist sie aber nicht am Rande festgewachsen, sondern erst in beträchtlicher Entfernung vom Rande. Dadurch wird die Bewegungsmöglichkeit, d. h. die Möglichkeit die Klappe zu lüften, eine viel größere, und zwar um so mehr, je weiter entfernt vom Rande die Klappe angewachsen ist, oder, was dasselbe ist, je größer die vordere untere Höhle ist. Nun wird es auch verständlich, warum die Höhle so flach ist und fast gar kein Lumen besitzt. Sie braucht ja keines, da es lediglich auf die Trennung des oberen Gewebes von dem unteren ankommt, also auf eine möglichst große Fläche. Dann genügt es auch, wenn diese Fläche vorn und lateral von der Oeffnung liegt, denn an der hinteren Seite ist die Klappe vollkommen frei, und medial ist die Nasenscheidewand sowieso hinderlich. Nun könnte man einwenden, daß bei Phocaena diese Höhlen ja fehlen, also die eben geschilderte Aufgabe nicht er- füllen können. Die Sache liegt aber hier anders. Bei Phocaena bildet die Klappe lange keinen so festen Verschluß wie bei den drei oben genannten Walen. Das beruht darauf, daß die Aperturae nicht so steil wie dort liegen, sondern mehr wagerecht, und daß die vordere Klappe der hinteren gegenüberliegt und nicht unter 398 KurteıGrahl, ihr. Infolgedessen ist das Lüften der Klappen einfacher, auch ohne ausgedehnte Höhlen möglich. Es genügen die auch beim Fehlen von eigentlichen Höhlen noch vorhandenen ausgesparten Ränder der Aperturae. Sind nun auch, wie ich glaube, die vorderen unteren Höhlen richtig gedeutet, so wissen wir immer noch nichts über die Funktion der anderen Höhlen. Die Haupthöhlen erscheinen bei Delphinus und Tursiops so rückgebildet, daß man wohl nicht fehlgehen wird, wenn man in ihnen nur ein rudimentäres Organ sieht, entstanden aus der ehemaligen Regio olfactoria. Ihre verhältnismäßig gute Ausbildung bei Phocaena würde dann als primitives Merkmal an- zusehen sein. Vollständig in Dunkel gehüllt ist vorläufig noch die Funktion der Spritzsäcke, sowohl der offenen wie der geschlossenen. Da sie zu der Muskulatur in so naher Beziehung stehen, ist wohl, worauf schon KÜKENTHAL hingewiesen hat, die Annahme nicht ungerechtfertigt, daß sie bei der Erweiterung der Nase eine Rolle spielen. In welcher Weise dies aber geschieht, und ob sie dabei ähnlich wie die vorderen unteren Höhlen die Beweglichkeit der einzelnen Teile gegeneinander vergrößern, das wage ich. nicht zu entscheiden. Daß die Muskulatur lediglich dazu dient, die Nase möglichst weit zu öffnen, und daß der Verschluß derselben durch die Elastizität der Wände bewirkt und durch den von oben kommenden Druck nur gefestigt wird, wird wohl kaum noch be- stritten werden. B. Bartenwale. 1. Balaenoptera physalus L. Die Nase der Bartenwale ist verhältnismäßig wenig bearbeitet worden. Die ausführlichste Schilderung des ganzen Apparates verdanken wir KÜKENTHAL, die in Betracht kommende Muskulatur finden wir am eingehendsten in der Arbeit von CARTE und MAcA- LISTER behandelt. Ehe ich an eine Vergleichung dieser Arbeiten mit den von mir gefundenen Tatsachen gehe, will ich eine Schilde- rung der Nase von Balaenoptera physalus L. geben, die ich an einem 81,6 cm langen Embryo untersuchte. Die äußeren Nasenöffnungen liegen am Rande einer etwa gleichschenklig-dreieckigen, flachen Einsenkung von 31/, cm Länge, deren Spitze nach vorn gerichtet ist. Die Ränder der Grube vereinigen sich vorn zu einer in der Medianen verlaufenden, nach Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 399 etwa 6 cm verstreichenden, dammartigen Erhebung. Die Nasen- löcher sind schlitzförmig und ziehen parallel den Rändern des Oberkiefers von vorn innen nach hinten außen. Ihre vorderen Enden sind von der Schnauzenspitze 11,2 cm entfernt, ihr senk- rechter Abstand von den Rändern der Oberkiefer beträgt auf jeder Seite 5,3 cm. Am Vorderende haben die Schlitze einen Abstand von 0,35, am Hinterende einen solchen von 1,5 cm. Die Länge des rechten beträgt 1,7, die des linken 1,3 cm. Am Vorderende schließen die Ränder der Schlitze in einer Strecke von rechts 2, links 3 mm zusammen, dann klaffen sie bis zum Ende in einer Breite bis 1 mm auseinander. Zwischen ihnen verläuft eine schmale Längsrinne, deren Ränder vorn in einer Länge von 0,5 cm sich berühren, dann aber in der Richtung der beiden Schlitze auseinander gehen, indem sie nach hinten zu all- mählich niedriger werden und verstreichen. Aus dem Vorderende der Nasenlöcher drängt sich die das Innere auskleidende Schleim- haut in Fetzen hervor. Die hintere Hälfte jedes Nasenloches erweitert sich seitwärts zu einer von Haut und Bindegewebe überwölbten, sich 0,9 cm nach außen erstreckenden Höhle oder Tasche, die etwa die Form eines gleichschenkligen Dreiecks besitzt, dessen Basis vom Hinter- ende des Nasenschlitzes schräg nach vorn außen verläuft. In der vorderen Hälfte führt ein winklig gebogener Kanal in die Tiefe. Der Boden der Tasche senkt sich nach vorn allmählich in den einen Schenkel dieses Winkels hinab. Die Schleimhaut, welche die Tasche und den Anfang des Kanals auskleidet, zeigt eine weiße Farbe mit einem Stich ins Gelbliche, ebenso wie die ganze äußere Haut. In dem Kanal legt sich eine grauschwarze Haut darüber, die sich ohne die geringste Schwierigkeit abziehen läßt. Eine komplizierte Muskulatur umgibt die Nasenlöcher. Fast das ganze Maxillare ist von einem flachen Muskel bedeckt. Er liegt dicht unter der Haut und ist so fest mit ihr verbunden, daß die vorderen Fasern beim Ablösen der Haut zum Teil an ihr haften bleiben. Der Muskel inseriert am hinteren und äußeren Rande des Maxillare, die Insertion zieht sich aber, je weiter nach vorn, um so mehr vom Rande nach der Mitte zurück, so daß der Muskel immer schmäler wird. Seine Fasern ziehen vorn quer über das Maxillare und Intermaxillare und enden in dem dichten Bindegewebe, das median dicht unter der Haut liegt, und das sich nach unten in ein bindegewebiges Septum fortsetzt. Im hinteren Teil des Muskels konvergieren die Fasern nach den Narinen zu 400 Kurt Gruhl, und enden in der äußeren Wand derselben. Prachtvoll war hier die Innervierung durch den Facialis zu beobachten. Der Nerv tritt an der hinteren äußeren Ecke des Maxillare nach oben und verzweigt sich von hier aus wie ein Bäumchen in immer zartere Aeste. Er liegt dabei dem Muskel oberflächlich auf, dicht unter der Haut. Der Muskel entspricht dem Dilator naris von CARTE und MACALISTER. Auch den Retractor alae nasi dieser Autoren fand ich sehr deutlich, nur konnte ich seine obersten Schichten nicht scharf von den angrenzenden Fasern der Dilatoren trennen. Der Retractor liegt hinter den Nasenlöchern zwischen den Dilatoren und füllt eigentlich die ganze Partie zwischen dem Nasendachknorpel und den knöchernen Nasalia aus, hinten die Frontalia erreichend. Sein Ende konnte ich nicht feststellen, da dem Embryo die Schädel- decke fehlte. Er ist übrigens unpaar. Die Depressores sind entschieden die stärksten Muskeln der Nase. Sie liegen vor den Nasenlöchern in der Vertiefung zwischen den beiden Prämaxillaren und werden durch ein schon oben er- wähntes, bindegewebiges Septum, das weiter unten der Knorpeligen Nasenscheidewand Platz macht, deutlich getrennt. Der Faser- verlauf ist nicht, wie CARTE und MACALISTER angeben, ein bogen- förmiger, sondern ganz gerade von vorn nach hinten. Die Fasern enden infolgedessen in der Vorderwand der Nasenkanäle, hier einen vorspringenden Wulst bildend (wenigstens im Ruhezustand), der das Lumen bis auf einen winkelförmigen, engen Spalt ver- drängt. Dieser Wulst wird allmählich immer schmäler und tritt dabei auf die Mittelwand über, der er ähnlich wie eine Nasen- muschel ansitzt. Auch die letzten von den beiden Forschern beschriebenen Muskeln, die Constrictores naris, glaube ich beobachtet zu haben, fand aber so nahe Beziehungen zu den Depressores, daß ich sie nur als einen Teil der letzteren ansehen konnte, der lediglich durch den Verlauf seiner Fasern sich unterschied. Dieselben kommen von den Seiten der Depressores und ziehen bogenförmig um die Nasenlöcher herum nach hinten, wo sie in die Retractores über- zugehen scheinen. Die Muskeln sind sehr schwach. Ehe ich die wenig steil, schräg nach hinten ziehenden Nasen- kanäle weiter verfolge, möchte ich noch die Knorpelbildungen be- sprechen, die ich an der Nase von Balaenoptera fand. Der größte Knorpel bildet die Nasenscheidewand, die sich bis in die vorderste Schnauzenspitze erstreckt. Sie geht hinten ohne Grenze in das Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 401 ebenfalls knorpelige Ethmoid und in die Schädelbasis über, die nur an einigen Punkten Verknöcherungen zeigt. Unten wird sie von dem knöchernen Vomer umfaßt, oben reicht sie bis an die Haut heran, und nur im Bereiche der Depressores endet sie frei und wird durch ein bindegewebiges Septum abgelöst. Vom Ethmoid geht aber noch ein zweiter großer Knorpel aus, und zwar schräg nach vorn oben in der Richtung der Nasenkanäle. Dies ist der Nasendachknorpel. An der Mündung der Nase weist er eigentümliche Differenzierungen auf, die dadurch veranlaßt sind, daß der Knorpel sich den Formen der Oeffnung möglichst anschmiegt. Man kann dabei ein Mittelstück von den Seitenteilen unterscheiden. Die Seitenteile liegen direkt auf dem Boden der seitlichen Taschen, aber nur im vorderen Teile der- selben. Ihr hinterer Rand ist deutlich abgesetzt und ebenso an den Außenseiten ein kleiner lappenförmiger Teil durch eine Furche von der Hauptplatte getrennt. Beide Seitenteile werden durch ein huf- eisenförmiges Mittelstück verbunden, wel- ches seitlich als Stütze für die Nasen- löcher fungiert, und auf das auch der Fig.17. Flügelknorpel umgebogene Rand übergeht. Ganz vorn von Balaenoptera physalus1. findet sich in der Mitte eine kleine Spitze, es pun die in Beziehung steht zu einigen Frag- tiert angedeutet. menten einer knorpeligen Scheidewand, welche aber mit der zuerst beschriebenen nicht in direkter Knorpe- liger Verbindung steht. Im übrigen verweise ich auf Fig. 17. Verfolgen wir jetzt die Nasenkanäle nach unten, so stoßen wir bald auf die Regio olfactoria. Diese stellt sich jederseits dar als ein über dem Gange gelegener, von der Seite gesehen etwa rechtwinklig-dreieckiger Raum; die Hypotenuse ist offen und liegt an der Hinterwand des Kanales, sie hat eine Länge von 1,3 cm. Die kleinere Kathete ist 1 cm lang. Der ganze Raum ist fast voll- kommen von Muschelbildungen erfüllt, von denen auf den ersten Blick nur zwei sichtbar sind, die erste und die letzte (s. Fig. 18). Diese beiden sind auch zugleich die größten. Die vordere ist als Nasoturbinale anzusehen. Sie ist flachgewölbt, zeigt dreieckige Gestalt und füllt den vorderen Teil der Regio olfactoria vollkommen aus. Der hintere Rand bildet einen hinten offenen Bogen, in den die hinterste Muschel mit ihrer Vorderseite so hineinpaßt, daß nur ein schmaler, oben breiter werdender Zwischenraum übrig 402 Kurt Gruhl, bleibt. Entfernt man diese beiden Muscheln, so findet man noch vier weitere, bisher nicht sichtbare kleine Muscheln in Gestalt von aufrecht stehenden Wülsten. Diese vereinigen sich unten sämtlich in einem gemeinsamen Fußstück. Die beiden vorderen Wülste sind beträchtlich dicker und höher als die beiden hinteren. Besonders die erste und letzte Muschel haben eine knorpelige Grundlage, die sich aus der Wand des. Siebbeines erhebt und die äußere Form der Muscheln im kleinen wiederholt. Auf der linken Seite finden sich die- selben Bildungen wie rechts, jedoch zeigt es sich, daß von den vier verborgenen aufrechten Wülsten die beiden hinteren nur als kleine Hautfalten erscheinen, die gegen die vorderen weit zurück- treten. Unter dem Vomer vereinigen sich die bisher getrennten Nasenkanäle in einem gemeinsamen Raum, der Pars Fig.18. Regio olfactoria superior pharyngis. Die Länge der N a Du Nasenkanäle beträgt 6,2 cm, das Lumen b Nebenmuscheln. des rechten ist 0,3—0,9 cm hoch und 0,5 cm breit. Die Pars superior ist etwa 5 cm breit, ihre Höhe ist wechselnd, sie nimmt nach hinten zu und erreicht 1,8 cm. Das Velum ist sehr zart und wenig muskulös, zeigt besonders hinten keine Spur von Muskeln, auch findet keine Vereinigung der Gaumenfalten statt im Gegensatz Fig. 19. Medianschnitt durch den Kopf von Balaenoptera physalus mit eingezeichnetem Profil der Nase. Knorpel punktiert. b Bindegewebe. d Depressor. et Ethmoturbinale. f Frontale..e. h Hirnhaut. k Kehlkopf. n Nasale. nt Nasoturbinale. r Retractor. t Mündung der Tube. V Vomer, seine obere Grenze punktiert. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 403 zu den Zahnwalen. Der Kehlkopf sieht ganz anders aus als der der Zahnwale, vor allen Dingen ist er an der Spitze nicht ver- dickt, so daß ein so fester Verschluß wie dort ganz unmöglich ist. Im übrigen zeigt die Pars superior eine gewisse Aehnlich- keit mit der von Delphinus, wenigstens kann man auch eine Zwei- teilung beobachten. Das letzte Drittel des Raumes nämlich ist erheblich verbreitert, weist viele kleine Grübchen auf und jeder- seits eine durch eine Falte abgeschlossene Aussackung, die, durch einige größere Gruben ausgezeichnet, bisher vielfach als Mündung der Tuba angesehen wurde. Die wirkliche Tubamündung liegt jedoch dort, wo die Nasenkanäle in die Pars superior münden, als kaum bemerkbares Grübchen an den beiden Außenseiten. Fig. 19 stellt ein Profil der Nase dar, in derselben Weise aus- geführt wie die Profile von Phocaena und Delphinus. 2. Vergleichende Zusammenfassung und Physiologie. Ich komme jetzt zu einer allgemeinen Besprechung der einzelnen Teile der Bartenwalnase und beginne mit den Nasenlöchern. Ueberall haben dieselben die beschriebene Lage etwa parallel den Ober- kieferrändern, stets auch scheinen sie auf einer flachen, von Wällen umgebenen Einsenkung zu liegen, und immer findet sich zwischen ihnen eine Rinne. Bei einem zweiten Embryo von Balaenoptera physalus, den ich genauer untersuchte, war die Rinne etwas anders ausgebildet als bei dem ersten, sie wurde an beiden Enden flacher, jedoch ohne daß die Ränder auseinander traten, ihre Länge war 4cm. Auch bei erwachsenen Walen findet sich die Rinne (DELAGE). Die Maße der Nasenlöcher habe ich bei einer Reihe von Embryonen aufnehmen können, sie sind in der beigegebenen Tabelle zusammen- gestellt. Das hiutere Ende der Nasenlöcher ist zu einer seitlichen Tasche erweitert. Auch KÜKENTHAL beschreibt dieselbe, jedoch findet sich bei DELAGE keinerlei Erwähnung einer solchen. Nun war zwar das Exemplar von DELAGE nicht mehr frisch, aber die Verwesung hätte eine solche Tasche doch höchstens vergrößern, nicht aber beseitigen können. Daraus schließe ich, daß dem er- wachsenen Tier die Taschen fehlen, sie müssen sich also erst all- "mählich zurückbilden. Demnach müßten bei größeren Embryonen die Taschen verhältnismäßig kleiner sein als bei jüngeren. Ich habe nun die Taschen verschiedener Embryonen, großer und kleiner, gemessen, und in der Tat ergab es sich, daß wenigstens die Länge derselben bei größeren Tieren eine verhältnismäßig geringere war. 404 Kurt/’Gruß]; I 8 D S D . D mu Se Ss | 5 [Säslsse e 8-8. | | 8 Bee IS S SFR 2. sta | 281 2 st SAL ASEE > |,818,8 sI|s4 |, 5 | 5 [ST3lsdE (So So RS R So = So» &S 2.8 i = last ls: ls 8 FEINE Gesamtlänge 123,0 |116,0 | 90,5 | 81,6 | 70,0 ? 74,0 Länge des Nasen- [ rechts PAD 2 2,0 1,2 1.3 1,4 15 loches \ links 2:39| MarAnı no 1,8 1,4 1,4 1,4 Abstand der Nasen- Dr 0,4 0,4 0,3 035) 0251 02511025 löcher voneinander| hinten | 1,7 1,4 12 1,5 0,85| 105) 145 Abstand der Nasenlöcher von der Schnauzenspitze \16,6bis ER ULM 16,2: | 16:97 | 1154 111,2 .1,29,0 79 | 10,0 Abstand der Nasen- cher vom Ole ee | 85 | 25 | 58 | 55 | | 48 | 38 kieferrande vorn | ; ; : u ; ; Dieselbe Entfernung | rechts | 8,7 85 6,7 5,3 — 5,1 5,9 hinten links 8,0 1.0 6,450 52 4,8 5,0 5,9 Länge der Tasche ae 2 en: us us = En 088 Vordere Seite der [rechts | 1,4 le 0,9 0,7 0,655| 0,75 Tasche links — 151 — - — _ 0,7 Hintere Seite der | rechts 55 ,3D 2a 1,15, ‚0 Tasche links — 1,4 = — = — _ Verhältnis von c Taschenlänge zu ei a Si a2 ai 2 = I Nasenlochlänge | a7 . A pr , | Die genauen Maße sind auf der Tabelle verzeichnet. Betrachte ich das Verhältnis von Nasenlochlänge zu Taschenlänge, und ordne ich die Embryonen entsprechend der Größe des Kopfes, gemessen an dem Abstand der Nasenlöcher von der Schnauzenspitze, So ergibt sich: Abstand der Nasenlöcher von der Schnauzenspitze 16,9 16,7 11,4 11,2 9,0 Verhältniszahl 2,71 2,51 2,2 2,1 Nur der sechste Embryo fällt aus der Reihe, ein siebenter mit deformiertem Kopf wurde nicht mitgerechnet. Sehe ich diese Zahlen auch nicht als vollen Beweis an, so sprechen sie doch für meine Auffassung, besonders wenn ich sehe, daß die seitliche Ausdehnung der Taschen sich nicht in eine solche Reihe bringen läßt, sondern annähernd konstant bleibt. Auch ist eine einzige Abweichung kein Gegenbeweis. Ferner ist dabei zu berücksichtigen, daß die obige Verhältniszahl auch rechts und links ziemlich verschieden sein kann, wie bei dem Embryo 2 der Tabelle, bei dem sie rechts 2,71, links 2,53 beträgt. Dies zeugt wieder für die Asymmetrie, die Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 405 also nicht auf die Zahnwale beschränkt ist, sondern auch bei Bartenwalen gefunden werden kann, wenn sie auch hier in be- deutend geringerem Maße auftritt. Aus der Tabelle kann man ersehen, daß die Länge der Nasenlöcher rechts und links eine verschiedene ist, daß das eine vom Kieferrande weiter entfernt ist als das andere. Wie bei den Zahnwalen findet sich auch hier immer, wenn überhaupt eine Verschiebung zu bemerken ist, eine solche nach der linken Seite, jedoch zeigt es sich, daß von den Nasenlöchern immer das rechte das kleinere ist (mit Ausnahme des Exemplars mit deformiertem Kopfe). Auch hier ist die Asymmetrie an den kleinsten Tieren gering und nimmt mit der Größe des Tieres zu. Bilde ich hier dieselbe Verhältniszahl wie bei den Zahnwalen, so ergibt sich, wenn ich die ersten 4 Tiere der Tabelle vergleiche, eine der Größe genau entsprechende Reihe, indem der kleinste gar keine meßbare Asymmetrie aufweist, der größte aber die stärkste. Die mittleren Verhältniszahlen für die drei größten sind 45,1, 28,1 und 19,9, entsprechend den Längen 90,5, 116 und 123 der Tiere. Was die oben beschriebenen Knorpel anbetrifft, so Kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der zweite derselben dem Nasen- dachknorpel entspricht. Eigentümlich sind an ihm die Differenzie- rungen an der Spitze. Bei einem zweiten Embryo fand ich die- selben in ganz ähnlicher Weise ausgebildet, nur war die Huf- eisenform des Mittelstückes nicht so deutlich und wesentlich ver- kürzt, auch fand ich keinen umgeschlagenen Rand. Diese Bil- dungen dienen zweifellos der Festigung der äußeren Nasenlöcher, insbesondere der Taschen, sie nähern sich sehr den Flügelknorpeln des Pferdes, ebenso wie die Taschen selbst mit den Trompeten des Pferdes eine gewisse Aehnlichkeit haben. KÜKENTHAL be- schreibt an einer anderen Balaenoptera einige selbständige Knorpel in derselben Lage und bezeichnet dieselben als Reste des JAKOB- soxnschen Knorpels. Ich glaube aber vielmehr, daß hier ähnliche Gebilde vorlagen wie bei meinen beiden Embryonen, nur dadurch ausgezeichnet, daß sie bereits eine größere Selbständigkeit erlangt und sich von dem Nasendachknorpel getrennt hatten. Daß es sich um JAKoBsonsche Knorpel handelt, möchte ich schon des- wegen nicht glauben, weil ihre Lage diese Annahme nicht be- stätigt. JAKOoBSoNnsche Knorpel liegen stets in der Nähe des Nasen- bodens, meist unter demselben, sie müssen also nach der Um- bildung der Nase jedenfalls noch vor den beiden Kanälen liegen, die hier in Frage stehenden Knorpel aber liegen zwischen und 406 Kurt Gruhl, hinter den Kanälen. Ich halte dieselben, wie schon angedeutet, für selbständige Differenzierungen des Nasendaches, die den Flügel- . knorpeln anderer Säuger gleichzusetzen sind. Die Muskulatur des zweiten Embryos weicht ziemlich er- heblich von der des ersten ab. Der Dilator naris hat dieselbe Lage, ist aber deutlich in drei Partien gesondert. Von diesen ist die vorderste die längste und schmalste, sie endet etwa 1!/, cm vor der Spitze, deckt den medianen Teil des Maxillare und das Prämaxillare und verliert sich in dem mittleren Bindegewebe; die Fasern sind nicht ganz senkrecht, sondern etwas schräg zur Medianen gerichtet, aber vorn weniger als hinten. Der mittlere Teil des Muskels ist der kürzeste, seine Fasern haben mittlere Länge und etwas welligen Verlauf; der hintere Teil stellt die Haupt- masse des Muskels dar, die Fasern kommen vom hinteren Rande des Maxillare und umgeben strahlenförmig das Hinterende des Nasenloches, schließlich gehen sie unmerklich in den Retractor alae nasi über, der hier sehr schwach entwickelt, dafür aber deut- lich zweigeteilt ist. Der Processus frontalis und Processus zygo- maticus bleiben dabei frei von Muskeln. Die Innervierung war dieselbe wie bei dem ersten Exemplar. Auch die Depressores sind sehr abweichend, indeın ihre Fasern hier einen bogenförmigen Verlauf nehmen, wie dies CARTE und MACALISTER angeben. Dabei entspringen die vorderen Fasern aus der bindegewebigen Scheide- wand, die hinteren von der Innenseite des Prämaxillare. Con- strietoren fehlen vollkommen (s. Fig. 20 u. 21). Wir haben hier also nur zwei Muskeln, CARTE und MAcA- LISTER haben vier gesonderte Muskeln beschrieben, die ja auch bei dem ersten Embryo in eingeschränktem Maße vorhanden waren. KÜKENTHAL beschreibt nur zwei Muskeln, die den Dila- toren und Depressoren entsprechen. Die Retractoren und Con- strietoren wird man wahrscheinlich als mehr oder weniger selb- ständige Teile der beiden ersteren betrachten können. ESCHRICHT und DELAGE beschreiben nur die Depressoren, ersterer als einen einzigen, letzterer als zwei getrennte Muskeln. Die Frage nach der Anzahl und Anordnung der Muskeln ist besonders deshalb wichtig, weil man über den Mechanismus des Oeffnens und Schließens der Nase getrennter Meinung ist. Während die Mehrzahl der Autoren annimmt, daß die Muskeln nur dazu dienen, um die Nase zu öffnen, daß aber der Verschluß rein mecha- nisch durch die Elastizität der Wände und den von oben wirkenden Druck des Wassers zustande kommt, so behaupten demgegenüber Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 407 CARTE und MACALISTER, daß auch besondere Muskeln zum Ver- schluß der Nase vorhanden sind. Als solche sollen die Constrietoren in Verbindung mit dem Retractor dienen, indem sie die Nasenlöcher Retractor I” Hinterer Rand des Maxillare NL N EL DAR OR Constrictor Nervus facialis are Depressor Fig. 20. Muskulatur von Balaenoptera physalus I. a Alarknorpel. in Form eines Ringes umgeben und bei ihrer Kontraktion zu- sammenpressen. Da der Druck beim Verschluß mitwirke, seien die Muskeln nur schwach ausgebildet. Nun meine ich aber, der Verschluß der Nase durch Vermitte- lung von Muskeln ist für das Tier von solcher Wichtigkeit, daß es einer Widerlegung fast gleich- N) kommt, wenn bei andern SMm| = “Maxillare Tieren derselben Art oder SI... 4-- Praemaxillare Gattung eine solche Ein- richtung vollkommen fehlt, das Tier also ohne Mus- keln einen gleich sicheren Verschluß seiner Nase be- wirken kann. Auch an Fig. 21. Muskulatur von en a ;. physalus IL, links der Dilator, median in Binde- Embry onen müßten solche gewebe übergehend, rechts der Depressor dar- Schließmuskeln ebenso wie gestellt. Bd. XLVI. N. F. XL. 97 Retraector 408 Kurt Gruhl, die anderen bereits zu unterscheiden sein. Ich fand aber keinerlei Muskeln, die einen Verschluß hätten bewirken können, durch meine Beobachtungen bin ich vielmehr zu der Ueberzeugung gelangt, daß alle Muskeln nur dazu dienen, die Nase zu öffnen. Daß die Dilatoren und Depressoren diese Aufgabe haben, hat noch nie- mand bestritten. Auch der Retractor wirkt in demselben Sinne, denn er muß bei seiner Kontraktion die Innenwände der Kanäle einander nähern und zugleich nach hinten ziehen. Da er von dem Dilator nicht zu trennen ist, rechne ich ihn als eins mit diesem Muskel. Dies ist besonders deutlich bei meinem zweiten Exemplar, wo diese Abhängigkeit in der Zweiteilung des Muskels deutlichen Ausdruck findet, wie Fig. 21 zeigt. In ihren vordersten Partien zeigen die Dilatoren zweifellos einen rudimentären Cha- rakter und sind als funktionslos zu betrachten. Die bei den Zahnwalen vorkommenden Nasenmuskeln und diese Dilatoren sind einander homolog. Dafür spricht die gleiche Lage auf dem Maxillare und die Beziehungen zur Nasenöffnung, außerdem noch die Innervierung, die ich bei Delphinus IV in derselben Weise ausgebildet fand wie bei Bartenwalen. Im übrigen dürften die Dilatoren auf den Musculus nasi lateralis zurück- zuführen sein, und zwar speziell auf dessen aborale und ventrale Partie. Die Muskeln, in denen ich die Constrietoren zu erkennen glaube (hauptsächlich auf Grund der Abbildungen der beiden Autoren), sind sicher nicht imstande, die Nasenlöcher zu schließen, da sie einmal sehr schwach sind, und andererseits ihre Anheftung nicht dafür spricht. Auch sie helfen die Nasenlöcher erweitern, indem sie die Außenränder nach außen ziehen. Schon oben habe ich betont, daß ich sie mit den Depressoren vereinige. Bei dem zweiten Exemplar fehlen die entsprechenden Fasern, sind aber funktionell durch den gebogenen Verlauf der Depressorenfasern ersetzt. Daß CARTE und MACALISTER letztere Erscheinung und gleichzeitig Constrictoren beschreiben, läßt mich allein noch an der Auffindung derselben zweifeln. Bei Zahnwalen fehlen homologe Muskeln. Sonst aber glaube ich die Depressoren auf den Musculus transversus zurückführen zu können, der sich ja z. B. auch beim Rind in zwei Muskeln gespalten hat. Was die Regio olfactoria anlangt, so scheint die Ausbildung der Muscheln zu variieren, wenigstens weicht KUKENTHALS Befund von dem meinigen stark ab, denn er fand drei an Größe ab- nehmende Muscheln hintereinander, von denen er die erste als Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Cetaceennase. 409 Nasoturbinale ansah. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, daß KÜKENTHAL auch den Rest eines Maxilloturbinale beschrieben hat, daß ich aber bei meinem Exemplar keine Andeutung eines solchen entdecken konnte. In der Regio olfactoria fand ich zwei große Nasenmuscheln, deren vordere dem Nasoturbinale entspricht. Zwischen beiden aber liegen vier kleine Wülste, die jedoch nicht als dem hintersten gleichwertig anzusehen sind, da die Ethmo- turbinalia an Größe immer abzunehmen pflegen und nie eine so unregelmäßige Reihe bilden würden. Ich betrachte diese Wülste vielmehr als Nebenmuscheln. Ihre geringe Größe und ihre Lage, die sie von außen nicht sichtbar werden läßt, machen dies wahr- scheinlich. Daß die Bartenwale sich die Funktion des Riechens, wenn auch in geringem Maße, noch bewahrt haben, kann wohl nicht bestritten werden. Einmal spricht dafür das Vorhandensein von Riechnerven, andererseits auch die verhältnismäßig gute Aus- bildung der Muscheln. Die Pars superior pharyngis läßt vor allen Dingen den für die Zahnwale charakteristischen, hinten geschlossenen Musculus palato-pharyngeus vermissen. Dementsprechend ist auch der Kehl- kopf an der Spitze nicht verbreitert, sondern einfach gebaut, und der Verschluß des Nasenraumes ist lange kein so fester wie bei den Zahnwalen. Daß trotzdem keine Wasser- oder Nahrungs- teilchen aus dem Munde in die Nase dringen, ist als sicher an- zunehmen und wird auch dadurch verhindert, daß sich das Velum dem Kehlkopf eng anlegt, sobald es ein wenig gehoben wird. Vergleich zwischen Barten- und Zahnwalen. Vergleichen wir die Nase der Bartenwale mit der der Zahn- wale, so finden wir nur sehr wenig Berührungspunkte. Bei beiden Gruppen findet in Anpassung an das Wasserleben eine Verlage- rung der Nase nach dem Scheitel zu statt, und doch kommt dies in sehr verschiedener Weise zum Ausdruck, indem bei den Zahn- walen die Nase viel steiler nach abwärts führt als bei den Barten- walen. Dies hängt zweifellos mit der verschiedenen Ausbildung des Schädels zusammen. Beide können ferner ihre Nasen aktiv öffnen, während der Verschluß durch Druck und elastische Kräfte bewirkt wird. Aber auch Oeffnen und Schließen findet in prinzipiell verschiedener Weise statt, das beruht darauf, daß die Zahnwale eine unpaare Oeffnung besitzen, die Bartenwale aber nicht. In- folgedessen haben sich bei ersteren eine Reihe von Klappen aus- 27* % 410 Kurtl!G ruht, gebildet, die den Verschluß herstellen, während bei letzteren sich nur die Nasenwände aneinander legen, und der Muskelapparat ist darauf eingerichtet, bei den einen hauptsächlich in der Längs- richtung, nämlich vorn und hinten, bei den anderen in der Quer- richtung, nämlich rechts und links anzugreifen. Sonst finden sich nur noch Aehnlichkeiten, die aber im prinzipiellen Bau der Säuge- tiernase begründet sind. Viel größer aber sind die Unterschiede, die sich auf Schritt und Tritt geradezu aufdrängen. Im allgemeinen kann man sagen, daß die Nase der Zahnwale sich weit mehr von der gewöhnlichen Säugetiernase entfernt hat als die Bartenwalnase, und darauf mag es auch beruhen, daß man die letztere allgemein auf ein be- stimmtes Schema bringen 'kann, während die erstere eine un- endliche Zahl von Möglichkeiten bietet. Bei Bartenwalen schwindet allgemein das Cavum nasi, ohne eine neue Funktion zu über- nehmen, so daß nur zwei verhältnismäßig enge Gänge übrig bleiben, deren Mündungen sich scheitelwärts verlagern und getrennt bleiben, die Regio olfactoria wird zwar gehemmt, bleibt aber noch funktions- fähig, und die Nasenmuskeln nehmen eine enorme Entwickelung. Dabei ist die Asymmetrie so gering, daß sie sich nur unwesentlich bemerkbar macht. Bei Zahnwalen dagegen spezialisiert sich die Nase weit mehr, dabei muß man aber berücksichtigen, daß sie schon von vorn- herein einen anderen Weg einschlägt und nicht erst ein Stadium durchläuft, wie es die Bartenwalnase repräsentiert. Die anders- artigen Entwickelungstendenzen erstrecken sich zunächst auf den Verschluß der Nase sowohl gegen die Außenwelt wie gegen den Mundraum. Es ist klar, daß eine Oefinung vollkommener ver- schließbar ist als zwei, und noch besser wird der Verschluß, wenn die eine Oeffnung möglichst klein wird. Nach innen zu wird der Verschluß bewirkt durch die starke Entwickelung des Musculus palato-pharyngeus im Verein mit der Verbreiterung des Kehlkopfes am Ende. In den Dienst des Verschlusses stellen sich dann auch die sogenannten Klappen, die teilweise durch eine Umbildung der Nasenmuscheln, teilweise durch vollkommene Neubildung entstanden sind. Die Regio olfactoria bildet sich vollkommen zurück, da die Riechfunktion ganz aufgegeben wird, deshalb nur können sich die Muscheln an der Bildung der Klappen beteiligen. Das Cavum nasi endlich erleidet einerseits eine Rückbildung, stellt sich aber andererseits wieder in den Dienst der Nase dadurch, daß es Höhlen bildet, die die Beweglichkeit der Klappen fördern. Der letztere Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Oetaceennase. 411 Zustand ist zweifellos ein Zeichen höherer Organisation als die bloße Rückbildung des Cavum nasi. In diesen Entwickelungsgang greift nun ein für die Zahnwale sehr wichtiges Moment ein, das ist die Asymmetrie, welche mit der eigentümlichen Fortbewegung in Zusammenhang steht. Wo diese Asymmetrie sich nun be- merkbar macht, da verschiebt sie zunächst nur den inneren und äußeren Aufbau, ohne aber etwas Wesentliches zu ändern; erst wo sie überwiegt, da wird die eine Seite der Nase solchen Ver- änderungen a daß man ohne weiteres nicht mehr den typischen Bau erkennen kann, und so daß im Prinzip nur noch der eine Nasenkanal in Funktion bleibt. Auf diese Weise lassen sich primäre und sekundäre Merk- male an der Nase eines Zahnwales unterscheiden, aus deren Vor- handensein man auf die Höhe der Organisation, die die Nase er- reicht hat, gewisse Schlüsse ziehen kann. Sehe ich mir die Nase von Phocaena an, so finde ich mancherlei Merkmale, die darauf hinweisen, daß es sich um einen primitiven Zustand handelt. Das sind z. B. die Breite des Spritzloches, die gute Ausbildung der Regio olfactoria und das Getrenntsein der Muscheln, der noch primitive Verschluß der Aperturen und die geringe Asymmetrie. Letztere ist zwar kein Faktor, der von der Nase veranlaßt worden ist, sondern der von andern Umständen wiederum abhängt, aber geringe Asymmetrie ist an und für sich ein primitives Merkmal und fällt daher mit den primitiven Verhältnissen der Nase meist zusammen. Im Gegensatz zu Phocaena ist Delphinus viel weiter fortgeschritten. Hier ist das Spritzloch wesentlich verengt, die Nasenmuscheln haben sich vereinigt, die Regio olfactoria ist rudi- mentär geworden, das Cavum nasi hat eine besondere Funktion übernommen. Hier ist entsprechend die Asymmetrie eine größere. Noch größer: ist der Fortschritt bei Beluga, wo die Regio olfactoria ganz verschwunden ist. Auch die Pars superior pharyngis zeigt einen primitiven Zustand an, wenn sie ungeteilt ist wie bei Pho- caena, eine höhere Entwickelung dagegen, wenn sie sich zu teilen beginnt. Ueber manche Merkmale freilich können wir noch gar nichts aussagen, wie z. B. über die Spritzsäcke, weil wir deren Funktion nicht kennen. Wenn wir aber die einzelnen Zahnwale miteinander vergleichen wollen, so ist es vor allen Dingen notwendig, daß wir alle auf einen Typus zurückführen. Erst wenn das in jedem Falle ge- lungen ist, werden wir ein vollständiges Bild von der Nase der Zahnwale gewonnen haben. Dazu bedarf es noch hauptsächlich 412 Kurt Gruhl, der Entwickelungsgeschichte, besonders bei extremen Formen wie Cogia und Physeier.. Hier wachsen aber auch die Schwierig- keiten der Beschaffung des Materials ungemein. Auch müßte, um manche Einzelheiten zu erklären, an möglichst frischem Material gearbeitet werden, da man sich nach der Konservierung von der Konsistenz der Gewebe kaum eine richtige Vorstellung machen kann. Immerhin hoffe ich, einen bescheidenen Beitrag zur Kenntnis dieser so interessanten Bildungen gegeben zu haben. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Oetaceennase. 413 Literaturverzeichnis. 1) Baer, K.E. v., Die Nase der Cetaceen, erläutert durch Unter- 2) 8) 13) 14) 15) 16) 17) suchung der Nase des Braunfisches (Delphinus phocaena). Okens Isis, 1826. — Noch ein Wort über das Blasen der Cetaceen, mit bild- lichen Darstellungen. Bull. de l!’Ac. imp. des Sc. de St. Peters- bourg, T. IV, 1864. Barkow, Zootomische Bemerkungen. Breslau 1851. BeALe, The natural history of the Sperm whale. London 1839. BenHam, On the Anatomy of Cogia breviceps. Proc. of the Gen. Meet. for Sc. Bus. of the Zool. Soc. of London, Vol. II, 1901. Bönntn@HAaus, Der Rachen von Phocaena communis Less. 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Sitzung am 1A. Januar. Herr Mryer-Steınee: Das Problem der Naturheilkraft in der Medizin des Altertums und der Neuzeit. 2. Sitzung am 28. Januar. Herr Amgronn: Ueber die Struktur der Tonerdefasern. 3. Sitzung am 11. Februar. Herr Kurra: Theoretisches zum Flugproblem. 4. Sitzung am 25. Februar. Herr Lernmann: Fortschritte auf dem Gebiete der Farben- photographie. 5. Sitzung am 6. Mai. Herr Barperer: Ueber die Leitung der Elektrizität in Metallen. 6. Sitzung am 27. Mai. Herr Knorr: Der Halleysche Komet. 2. Sitzung am 17. Juni. Herr STROHMEYER: Sexualität und Neuropsyche. St Sıtzuneamada, Herr LorweE: Ueber Bestimmung des Brechungsvermögens von Gasen für technische Zwecke. Herr Merver-Steineg: Demonstration antiker plastischer Dar- stellungen von Krankheitserscheinungen. 9.,Sitzung am. 15,.Juli, Herr Lusosch: Ueber die Herkunft des Fettgewebes in den Gelenken der Wirbeltiere. Bd. XLV1I. N. F. XL. 28 416 Jahresbericht. 10. Sitzung am 11. November. Herr SIEDENToPF: Ueber Ultramikroskopie. 11. Sitzung am 18. November. Herr Maurer: Ueber das Muskelsystem niederer Wirbeltiere. 12. Sitzung am 2. Dezember. Herr Wırckens: Ueber die Geologie der Südpolarländer. 13. Sitzung am 16. Dezember. Herr MEISENHEIMER: Ueber den Einfluß der Geschlechtsdrüse auf die sekundären Sexualcharaktere bei Tieren. B. Sitzungen der Sektion für Heilkunde. (Bericht erstattet von Herrn Privatdozent Dr. BEnnecke.) 1. Sitzung am 10. Februar. 1) Herr Hzsse: Ueber Wurzelspitzenresektion, mit Kranken- vorstellung. 2) ,„ Srinzzına: Ueber traumatische spinale Lähmang, mit Demonstration. 3) ,„ Bennecke: Krankenvorstellung. 4) Frer: Ueber Ursachen der Bromretention. 5) Wahl eines neuen Schriftführers. 2. Sitzung am 17. Februar. 1) Herr BınswAanGer: Ein Fall von Bleiintoxikation. 2) „ SeIGE: Operative Behandlung der traumatischen Epi- lepsie. 3) „ ScHürz: Simulation und Geisteskrankheit. 4) „ Riıere: Familiäre Idiotie. 5) „ Heursach: Sekundäre Demenz nach Gasvergiftung. 6) ,„ SCHÖNHALS: ÖOrganische Gehirnkrankheit bei einer Untersuchungsgefangenen. 3. Sitzung am 12. Mai. 1) Herr Henker: Krankenvorstellung mit Demonstration von Präparaten. 2) ,„ Teremsur: Serumbehandlung bei Hämophilie. 3) Herr Reıchmann: Ueber abnorm hohen Eiweißgehalt im Liquor cerebrospinalis eines Rückenmarkskranken. RörkeE: a) Ueber Operation der Hypospadie. b) Ueber Knochenplastik. 4) ” 4. Sitzung am 2. Juni. 1) Herr Dürck: Demonstrationen. 2) Brüsısgs: a) Ueber ein einfaches diagnostisches Ver- fahren bei Speiseröhrenkrebs, mit Kranken- vorstellung. ” Jahresbericht. 417 b) Ueber tanzende Fremdkörper in der Luft- röhre, mit Krankenvorstellung. 3) Herr Eıcnnorn: 3 Fälle von Intussusception, mit Kranken- vorstellung. 5b. Sitzung am 9. Juni. 1) Herr Bınswanger: Krankenvorstellung (Epilepsie). 2) „ Berger: Demonstration von Gehirnpräparaten. 3) „ SEIGE: Krankenvorstellung. 4) Fräulein Urrıc#k: Ueber einen forensischen Fall. 5) Herr Rıern: Ueber einen Fall mit Korsakowschem Sym- ptomenkomplex. 6) „ HertisacHh: Operative Behandlung der Jacksonschen Epilepsie. 6. Sitzung am 23. Juni. 1) Herr Rörke: a) Ueber Behandlung kongenitaler Hüftgelenks- luxationen. b) Operierter Rückenmarkstumor. 2) „ Turemann: a) Magenresektion } mit Kranken- b) Herznaht vorstellungen. 3) ,„ KrüscEr: a) Ueber kosmetische Operation der Hals- drüsentuberkulose. b) Demonstrationen. 4) „ Bauer: Fall von Pankreasnekrose. 7. Sitzung am 21. Juli. 1) Herr Srintzıng: Ueber Häufigkeit schwerer Anämien. 2) ,„ Lommer: a) Pathogenese des Lungenemphysems. b) Ueber Antitrypsinreaktion. 3) „ Faser: Ueber Wachstumshypertrophie des Herzens und juvenile Arteriosklerose. 4) ,„ BENNECKE: Ueber cystoskopische Blasen- und Nieren- befunde. 8. Sitzung am 28. Juli. 1) Herr Fazer: Ueber Wachstumshypertrophie des Herzens ‘ und juvenile Arteriosklerose. 2) „ Zape: Ueber die Aetiologie des Trachoms. 3) ,„ Hesse: Fälle aus der Orthodontie. „ Röpke: Radikaloperation des Kehlkopfcarcinoms. 9. Sitzung am 17. November. l) Herr vox DER Heıpe: a) Akzessorische Milchdrüsen in der Achselhöhle. b) Antitrypsin in der Geburtshilfe. 2) ,„ Busse: a) Luftembolie nach Operationen. .b) Narkosenspättode nach Lumbalanästhesie. „ HisseLmann: Ueber puerperale Coliinfektionen. 28* 418 Jahresbericht. 10. Sitzung am 24. November. 1) Herr BinswanGer: Klinische Demonstrationen. 2) ,„ BerGer: Ueber den Befund an einem Fall von Schreib- störungen. 3) Fräulein Uzrıcn: Ueber einen Fall von Myasthenie. 4) Herr Rırra: Ueber einen Fall von Morbus Basedowii mit psychischen Störungen. 11. Sitzung am 8. Dezember. 1) Herr Dürck: Pathologisch-anatomische Demonstrationen. 2) „ Henkern: Tuberkulose und Schwangerschaft. 5) Kronecker: Ueber Tropenmalaria nebst Reisebildern von der Insel Java. ” II. Bibliothekarischer Bericht. Im Tauschverkehr der Gesellschaft sind keine Aenderungen eingetreten. Für die ihr gemachten Schenkungen spricht die Gesellschaft hierdurch ihren Dank aus. Verzeichnis der im Jahre 1910 im Schriftenaustausch oder als Geschenk eingegangenen Veröffentlichungen: Ort: Name der Gesellschaft Schriften oder der Redaktion: Deutsches Reich. 1) Berlin Deutsche Chemische Gesellschaft Centralblatt. A Gesellschaft naturforsch. Freunde Sitzungsberichte. Archiv für Bi- ontologie. 3) Bonn Naturhistor. Verein d. Rheinlande Verhandlungen. A), Niederrhein. Gesellschaft f. Natur- u. Heilkunde Sitzungsberichte. 5) Danzig Naturforschende Gesellschaft Schriften. 6) Erlangen Physikalisch-medizinische Sozietät Sitzungsberichte. 7) Frankfurt a. M. Senckenberg. naturf. Gesellsch. Abhandlungen. 8) 5 r h . Berichte. 9) Freiburg i. B. Naturforschende Gesellschaft Berichte. 10) Halle Kaiserl. Leopold.-Carol. Akademie der Naturforscher Acta nova. 11) % Naturforschende Gesellschaft Abhandlungen. 12) „ Thüringisch - Sächsischer Natur- Zeitschr. f. Natur- wissenschaftlicher Verein wissenschaften. 13) Hamburg Naturwissenschaftlicher Verein Abhandlungen. 14) = 5 R Verhandlungen. 15) Helgoland Biologische Anstalt Veröffentlichun- gen. Jahresbericht. 419 Ort Name der Gesellschaft Schriften: oder der Redaktion: Jena Dr. Fischer Zoologische Jahr- bücher, Abt. für Systematik etc. ‘ 5 ” Zoologische Jahr- bücher, Abt. für Ontogenie etc. Kiel Wiss. Kommission z. Untersuch. en chun- Königsberg i. P. d. deutschen Meere Physikal.-ökonomische Gesellsch. Schriften. Leipzig W. ENGBLMANN Morphol. Jahrb. Magdeburg Museum für Natur- und Heimat- Abhandlungen u. kunde Berichte. München K. B. Akademie d. Wissensch., Math.-physik. Klasse Abhandlungen. = Dr & Sitzungsberichte. 5 5 os Festreden. Reinerz Schlesischer Bädertag Verhandlungen. Würzburg Physikalisch-mediz. Gesellschaft Sitzungsberichte. 5 b; n Verhandlungen. Oesterreich-Ungarn. Graz Naturw. Verein f. Steiermark. Mitteilungen. Hermannstadt Siebenbürgischer Verein fürNatur- Verhandlungen u. wissenschaften Mitteilungen. Krakau Akademie der Wissenschaften Anzeiger. 5, r R Katalog Litera- tury Naukowej Polskie). Prag K. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften Sitzungsberichte. " 5 . Jahresberichte. Wien Kais. Akad. der Wissenschaften, Math.-naturw. Klasse Denkschriften. a h Sitzungsberichte. » A Anzeiger. n a Mitteilungen der Erdbeben-Kom- mission. 5 K. K. Geologische Reichsanstalt Jahrbuch. „ R Verhandlungen. ” R A Abhandlungen. r K. K. Zoolog.-botan. Gesellsch. Verhandlungen. Schweiz. Bern Schweizer. Naturf. Gesellsch. Denkschriften. > R A B Verhandlungen. Compte Rendu. Bologna ” Florenz ” ” Mailand ” Neapel „ R ” Pisa ” KR: Portiei Rom Turin Monaco Caen Messeille ” Paris Jahresbericht. Name der Gesellschaft Schriften: oder der Redaktion: Naturforschende Gesellschaft Mitteilungen. Institut National Genevois Bulletin. r N N Memoires. Societe de Physique et d’Histoire naturelle Memoires. Italien. Accademia delle Scienze del- VIstituto di Bologna Memorie. n . Rendiconti. Societa Botanica Italiana Nuovo Giornale. hi h ’ Bullettino. Societä Entomologica Italiana Bullettino. Societä Italiana di Scienze Naturali Atti. ” ” „ ” Memorie. R. Accademia delle Scienze Fisiche e Matematiche Attı. e : Rendiconti. Zoologische Station Mitteilungen. Societä Toscana diScienze Naturali Atti: 1) Memorie. 2 2 rn „ 2)Processi verbali. Laboratorio di zoologia generale e agraria Bolletino. Laboratorio di Anatomia normale Ricerche. Redaktion Archivio per le Scienze Mediche. R. Accademia delle Scienze Memorie. a x Atti. n " Össervazioni me- teorologiche. Monaco. Musee oc&anographique Bulletin. Frankreich. Socist& Linndenne de Normandie Bulletin. > 5 = Memoires. Mus&e d’Histoire natur. (Zoologie) Annales. Faculte des Sciences Annales. Musde d’Histoire naturelle Archives. E n Bulletins. Redaktion L’Annee Biologi- que. Societe de Biologie Comptes Rendus. Societe zoologique de France M&moires. Bulletin. ” ” ” 78) 79) 80) 81) 82) 83) 84) 85) 86) 87) 88) 89) 90) 91) 92) 93) 94) 95) 96) 97) 98) 99) 100) Ort: Paris Rennes Villefranche- sur-Mer (Alpes maritimes) Antwerpen Brüssel ” Löwen Lüttich Amsterdam ” ” 's Gravenhage Haarlem Leiden Cambridge Bıhln Jahresbericht. Redaktion Facult&e des Sciences Laboratoire russe de Zoologie Belgien. Algemeen paedologisch Gezel- schap Academie R. des Sciences, des Lettres et des Beaux Arts, Classe des sciences n ” Fb} ” Societe entomologique Redaktion ” Holland. K. Akademie van Wetenschapen, Wis- en natuurkundige Afdeel. ” RK. Natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch-Indie Musee Teyler Nederlandsche Dierkundige Ver- eeniging ” Redaktion Großbritannien. Philosophical Society R. Dublin Society ” Name der Gesellschaft oder der Redaktion: 421 Schriften: Archives de Zoo- logie experi- mentale. Travaux scienti- fiques de l’Uni- versite de Ren- nes. Wissensch. Er- gebnisse einer zoolog. Exxpedit. n. d. Baikalsee. Paedologisch Jaarboek. Bulletins. M&moires. Me&m. couronnes (89) Mem. cour. (4°). Annuaire. Annales. La Cellule. Archives de Bio- logie. Verhandelingen. Verslagen. Jaarboek. Tijdschrift. Archives. Tijdschrift. R Aanwinsten v. de Bibliothek. Botanisches Cen- tralblatt. Transactions. Proceedings. Economic ceedings. Pro- 422 Ort: 101) Dublin 102), 5 103) Edinburgh 104) ’ 105) A 106) London 107) „ 108) N 109) n ERS) Foers I 19) I ARE 115) n 116) es al AR Ieyı 5 119, 120) Al La Wir, 122) Oxford 123) Kopenhagen 124) „ Jahresbericht. Name der Gesellschaft oder der Redaktion: R. Dublin Society „ „ Royal Society R. Physical Society Linnean Society R. Mieroscopical Society Royal Society Zoölogical Society ” ” ” N Redaktion Dänemark. K. Danske Videnskab. Selskab ” ” ” Schriften: Scientific Pro- ceedings. Seientifie actions. Transactions. Proceedings. Proceedings. Transactions. Journal. Proceedings. The Darwin- Wallace Cele- bration. Lon- don 1909. Journal. Philosoph. Trans- actions. Proceedings. Year Book. Reports to the Ma- lariıa Committ. Reports to the Evolution Com- mittee. Reports of the Committee for the investiga- tion of medi- terranean fever. Beattie, Report of a magnetic sur- vey of South Africa. London 1909. Transactions. Proceedings. List of Fellows. Annals and Maga- zine of Natural History. Quarterly Journal of Microscopi- cal Science. Trans- Skrifter. Oversigt. 125) Christiania 126) ” 127) Stockholm 128) n 129) i 130) } 131) j Eu», 133) h 134) RN 135) + 9 _ 137) 5 138) 139) 0) , 2) ., Helsingfors 147) Moskau 148) 2 149) St. Petersburg 150) n 151) e Jahresbericht. Name der Gesellschaft oder der Redaktion: Norwegen. Norske Medicinske Selskab ” ” ” Schweden. Redaktion Svenska Läkare-Sällskap K. Svenska Vetenskaps-Akademie ” Nobelinstitut Kongl. Vetenskapssocietet Universität Rußland. Finska Vetenskaps-Societet n ” ” ” ” ” Societe Imperiale des Naturalistes ” ” ” ” Comite geologique 423 Schriften: Forhandlinger. Norsk Magazin. Nordiskt Medi- cinskt Arkiv. Hygiea. Förhandlingar. Handlingar. Bihang. Öfversigt. Lefnadstecknin- gar. Arkiv för Botanik. „ Kemi. „ Mathe- matik. » » Zoologi. Meddelanden. Nova Acta. Bulletin of the Geolog. Instit. Läkare-Förenings Förhandlingar. ” ” Acta. Ofversigt. Bidrag till Kän- nedom of Finn- lands Natur och Folk. Observations me&- teorolog. Meteorologisches “ Jahrbuch für Finnland. Bulletin. Nouveaux moires. Memoires. Bulletin. Bibliotheque ge&o- log. de la Russie. Me- 424 152) St. Petersburg 153) 154) 155) 156) 157) 158) 159) 160) 161) 162) 163) 164) 165) 166) 167) 168) 169) 170) 171) Oi: ” ” Kapstadt Montreal Ottawa Baltimore ” ” Boston ” Brooklyn Cambridge Chicago ” Cincinnati Jahresbericht. Name der Gesellschaft oder der Redaktion: Akademie der Wissenschaften ” ” ” Institut Imper. de Medecine ex- perimentale Afrıka Department of Agriculture Nordamerika. I. Canada. Royal Society of Canada Geolog. and Nat. History Survey of Canada II. Vereinigte Staaten. Johns Hopkins University » ” ” Bio- logical Laboratory Redaktion Society of Natural History Museum of the Brooklyn Insti- tute of Arts and Sciences Mus. of Comparative Zoölogy ” ” ” ” ” ” 5 ” ” Redaktion Academy of Sciences ” ” ” Lloyd Library Schriften: Bulletin. Catalogue des liv- res publies. Archives des Sci- ences biologi- ques Annual Report of the Geological Commission. Proceedings and Transactions. Reports. Circulars. Memoirs. Journal of experi- mental Zoölogy. Memoirs. Proceedings. Occasional pers. Memoirs of na- tural Sciences. Memoirs. Annual Report. Bulletins. The American Naturalist. Bulletin. Bulletin of the Geol. and. Nat. Hist. Survey. Bulletin of the Lloyd Library of botany, phar- macy and ma- teria medica. Pa- rt: 172) Granville (Ohio) Scientific Laboratories of Denison 173) St. Louis 174) a 175) New Haven 176) N 177) Philadelphia 178) 179) Tufts College (M 180) Washington 181) 5 182) 55 183) 4 184) = 185) ’ 186) 5 187) E. 188) N 189) n 190) Santiago 191) Cordoba 192) S. Paulo 193) 5 134), 195) Rio de Janeiro 196) Melbourne 197) N 198) Sydney Jahresbericht. Name der Gesellschaft oder der Redaktion: University Missouri Botanical Garden Academy of Science Connecticut Academy of Arts and Sciences Redaktion Redaktion Academy of Natural Sciences ass.) U. S. National Museum ” ” ” ” ” ” Smithsonian Institution U. S. Geological Survey 87 ” I Carnegie Institution Südamerika. I. Chile. Societe scientifique du Chili I. Argentinien. Academia Nacional de Ciencias III. Brasilien. Museu Paulista Museu Nacional Australien. Royal Society of Victoria ” ” ” ”„ The Australian Museum 425 Schriften: Bulletin. Annual Report. Transactions. Transactions. The Americ. Jour- nal of Science. Journal of Com- parative Medi- eine. Proceedings. Studies. Bulletins. Special Bulletins. Proceedings. Report. Bulletins. Annual Reports. Monographs. Mineral Re- sources. ProfessionalPaper Publications. Actes. Boletin. Revista. Catalogos da Fauna Brazi« leira Notas prelimi- nares Archivos. Proceedings. Transactions. Records. 426 Jahresbericht. Ort: Name der Gesellschaft Schriften: oder der Redaktion: 199) Sydney Royal Society of New South Wales Journal and Pro- ceedings. 200) ” „” ” ” b}) ” ” Abstracts of Pro- ceedings. 201) L Einnean’Soe.', ‚ “ Proceedings. 202) S Australasian Association Report. Japan. 203) Tokio College of Science, Imperial Uni- versity Journal. 204) R Medizinische Fakultät der K. Universität Mitteilungen. 205). „ Tokyö Imperial University Calendar. Von den Schriften der Gesellschaft erschienen im Jahre 1910: 1) Jenaische Zeitschrift, Bd. XLVI(N.F. Bd. XXXIX) Heft 1—5. 2) Denkschriften: Scuurtze, Forschungsreise, Bd. IV, Liefe- rung 1—2 (Denkschriften, Bd. XVI, Lieferung 1—2). III. Kassenbericht, erstattet vom II. Vorsitzenden L. WoLrr. Die Einnahmen betrugen: Mitgliederbeiträge und Eintrittsgelder 768 M. — Pig. Abonnenten der Jenaischen Zeitschrift 36. 7... 08 Jährlicher Beitrag der G. H. Regierungen 1800 „ — ,„ 2604 M. — Pfg. Die Ausgaben betrugen: Verwaltungskosten 330 M. 63 Pig. Druckkosten und Versand der Jenaischen Zeitschrift und der Denkschriften 3360) „SHE. 3691 M. 48 Pig. Der Vermögensbestand betrug: Bar in der Kasse &l M#86 Pie. Bei Bankhaus Koch 530 „ — „ Auf der Sparkasse Joe oe Zinsen 1909 oe 784 M. 35 Pfeg. Die Abrechnung wurde am 15. Dezember 1910 von Herrn TuomAe geprüft und richtig befunden. Jahresbericht. 427 IV. Vorstand, Tauschkommission, Mitglieder. Den Vorstand der Gesellschaft bildeten im Jahre 1910: FRIEDRICH ScHurz, I. Vorsitzender, Lupwıe Worrt, II. Vorsitzender und Kassenwart, FRIEDRICH MAURER, Herausgeber der Zeitschrift, Kıarı Branpıs, Bibliothekar. Die Tauschkommission bestand aus dem Vorstand und den Herren Gustav FIscHErR sen., Ernst STAHL, ADOLF WINKELMANN. Die Wahl des I. Vorsitzenden für 1911 fiel in der Schluß- sitzung am 16. Dezember auf Herrn Karı Purrrich. Die andern Mitglieder des Vorstandes wurden durch Zuruf wiedergewählt. Als Mitglieder der Tauschkommission wurden durch Zuruf gewählt bezw. wiedergewählt die Herren Deruer, Surv FIsCcHER, STAHL. Die Gesellschaft verlor im Laufe des Jahres 1910 durch den Tod: das Ehrenmitglied Gustav FiscHer sen.; die Mitglieder: Emın Phırıppr, ADOLF WINKELMANN, WILHELM WINKLER; durch Wegzug: die Herren DAnkworr, J. Fecht, K. Franz, E. Herten, W. Kurta, A. WAGENMAnNN, A. ZAaDE; durch Austritt: die Herren M. Paurz, SCHÄFER. Neu aufgenommen wurden die Herren: Privatdozent Dr. Hermann BENNECKE, Forstmeister Dan. BöTTNeEr, Privatdozent Dr. WıLHeLm Brünısss, Privatdozent Dr. WıLHELm Busse, Marine-Generalarzt a. D. Dr. Dirksen, Prof. Dr. Hermann Duerck, Dr. v. Fıesie, Rittmeister a. D.!), Prof. Dr. Max Hrxker !), Sanitätsrat Dr. Kronecker il), Privatdozent Dr. HERMANN Krüger, Prof. Dr. Wır- HELM Kurra, Geh. Medizinalrat Dr. Lexer!), Dr. Leipxer, prakt. Arzt), Privatdozent Dr. PauL Linke, Prof. Dr. JoHANNes MEISEN- HEIMER, Dr. Max MÜLLER, prakt. Arzt, Privatdozent Dr. HERMANN Non, B. H. Prrers, Prof. Dr. Lupwıe PLATE, Dr. ALgert Rırzer, Privatdozent Dr. Renn!), Dr. J. ScHaxeu 1), Privatdozent Dr. Bono SPIETHOFF, Prof. Dr. Stock !), Privatdozent Dr. JoHANNES STÜBEL, Privatdozent Dr. CLemens Tuaer, Privatdozent Dr. Jonannes THIE- MANN, Geh. Medizinalrat Dr. WıEDEMANnN, Prof. Dr. Orro WILckens, Prof. Dr. Karı Wırrmarck, Prof. Dr. Wrepe, Privatdozent Dr. MARTIN ZADE. Im Jahre 1910 setzte sich die Gesellschaft zusammen aus 3 Ehrenmitgliedern und 109 ordentlichen Mitgliedern. 1) Wurde nach dem 1. Oktober aufgenommen und daher in der Mitgliederliste nicht mit aufgeführt. 428 Jahresbericht. Mitgliederverzeichnis. Frühere Ehrenmitglieder waren: Jahr der Ernennung KaArL ScHImper ( 1867) 1855 Dietrich GEoRG Kızser (7 1862) 1857 RADLKOFER 7 1858 Lovıs Sorer (f 1890) 1864 ALBERT von BezoLp (j 1868) 1866 TuomAas Huxuey (f 1895) 1867 CARL GEGENBAUR (T 1903) 1875 MATTHIAS JACOB SCHLEIDEN (7 1881) 1878 Oskar Schmivr (f 1886) 1878 CHARLES DAarwın (T 1882) 1878 Franz von Rıern (f 1895) 1892 Orromar DomricH (f 1907) 1892 I. Ehrenmitglieder. Jahr der Ernennung 1) Prof. Dr. Ernst Hasckeı, Wirkl. Geheimrat, Exz., Jena 1894 2) Prof. Dr. Bernuarp SıGIsmUnD SCHULTZE, Wirkl. Ge- heimrat, Exz., Jena 1897 3) Dr. Gustav Fischer sen., Geh. Kommerzienrat, Jena 1902 II. Ordentliche Mitglieder. Jahr der Aufnahme 1) Prof. Dr. HerRMANN AMBRONN Jena 1899 ' 2) Prof. Dr. GüntHER AnToN ». „1902 3) Prof. Dr. Feuıx AuersacH, Hofrat nn. ELSE 4) Prof. Dr. Karı BAEDEKER „er 4907 5) Prof. Dr. KarL von BARDELEBEN, Hofrat ar eh 6) Dr. Hermann BENNECKE, Privatdozent 1 \0 7) Prof. Dr. Hass BERGER 2.1898 8) Prof. Dr. WırueLm BiEDERMAnNN, Geh. Hofrat 2 1888 9) Dr. med. G. Binper, prakt. Arzt 1900 10) Prof. Dr. Orro BınswAnGer, Geh. Med.-Rat 1882 11) Dr. med. Frırz BockELmann, Geh. Sanitätsrat Rudolstadt 1875 12) Dan. Börrner, Forstmeister Jena 1910 13) Dr. K. Branvıs, Bibliotheksdirektor „1904 14) K. BRAUCKMANn, Institutsdirektor Kae 1: 16,0) 15) Dr. med. et phil. Wıru. Brünıngs, Privatdozent „ 1910 16) Dr. med. Wırn. Busse, Privatdozent R 1910 17) Prof. Dr. BerruoLp DELBRÜCK L 1885 18) Prof. Dr. Wırnerm Dermer, Hofrat „m 1870 Jahresbericht. 429 Jahr der Aufnahme 19) Prof. Dr. Hueo Dinger Jena 1905 20) Dr. med. Hrınr. Dirksen, Marine-Generalarzt aD. „ 1910 21) Prof. Dr. Hermann DUERCK „21.4309 22) Prof. Dr. WırHueLm Eorer, Geh. Hofrat 190 23) Dr. Hrıvrıca v. EgeELing, Wirkl. Geheimrat, Exz. „ 1887 24) Prof. Dr. Hrısgıch v. EssELıng, Prosektor „ . 1902 25) Dr. med. Gustav EiıcHHorRN, prakt. Arzt a tel 26) Prof. Dr. Hermann ENGELHARDT, Med.-Rat 5 1888 27) Dr. phil. Orro EPrPrEnsTEIN ». ..4906 28) Dr. phil. J. Fecat, Privatdozent \ 1908 29) Dr. Gustav Fıscner, Verlagsbuchhändler 2 1907 30) Prof. Dr. Karı Franz » 1904 31) Prof. Dr. GorrLog Frege, Hofrat IT 32) Dr. Ernst Frey, Privatdozent 4 02.906 33) Prof. Dr. Aucust GÄRTNER, Geh. Hofrat 1.1886 34) Dr. phil. Gaımukow le ie 35) Prof. Dr. Ernst GIEsE BE Kalh 36) Prof. Dr. GeorG Görtz, Geh. Hofrat ala üele =) 37) Dr. med. Karı Grar, prakt. Arzt 11898 38) Dr. phil. HEeRscHKoWITscH 071.901 39) Dr. Gustav Hesse, Privatdozent 11907 40) Dr. phil. Orro HiıLDEBRANDT z 1.1906 41) Prof. Dr. Heınkıch ImMENnDoRFF, Hofrat =. 1901 42) Prof. Dr. Hrınrıcn KıonkA esiön! 43) Prof. Dr. Orro Knorr, Hofrat „1889 44) Prof. Dr. Lupwıs Knorr, Geh. Hofrat » .. 1889 45) RuporLr Koch, Bankier, Kommerzienrat „.. 1883 46) Dr. phil. Könter [0,8 47) Prof. Dr. Karı Koresch BL LSIT 48) Dr. med. Herm. KrÜseEr, Privatdozent 3, Ile 49) Prof. Dr. Wıra. Kurtra rd) 50) Dr. phil. Hans LEHMANN ke ldr, 51) Prof. Dr. ALsert LeItzmanN 5021901 52) Prof. Dr. GortLog Lrxck, Geh. Hofrat ur 1898 53) Dr. phil. PauL Linke, Privatdozent „ul31o 54) Prof. Dr. Ferıx LomMmEL sr 1902 55) Prof. Dr. WırHneLm LuposcH 4902 56) Dr. phil. MARBURG 2.141302 57) Dr. phil. Rosgert Marc, Privatdozent 4. 2906 58) Prof. Dr. Hermann MATTHES id 59) Prof. Dr. Frıeprıch MAURER, Geh. Hofrat Ah 60) Dr. med. et phil. Tneop. Meyer-Steinee, Privat- dozent 1907 61) Prof. Dr. JoHAnNEs MEISENHEIMER R: Road) 62) Dr. Max Mürrer, prakt. Arzt + 2.1909 63) Prof. Dr. JoHANNES NIEDNER R 1905 64) Dr. phil. Hermann Nonr, Privatdozent > 41910 430 Jahresbericht. Jahr der Aufnahme 65) Prof. Dr. ALrrep Nor Jena 1901 66) B. H. Prrers, Fabrikdirektor Ba 1) 0): 67) Prof. Ernst Preirrer, Öberrealschuldirektor n RT 68) Prof. Ernst PıLTz 4 1893 69) Prof. Dr. L. PrLare »H.1908 Sn Dr. phil. Kaırı Purrrıca a 1891 71) Prof. Dr. Paun RaBE 1899 72) Prof. Dr. Raeuımann, Kais. Russ. Staatsrat een 1905 73) Dr. M. RAUTHER, Prvaldoren Jena 1909 74)4Prot.. Dr. an Rısper, Geh. Med.-Rat y 1889 75) Dr. AuLgert Rırzer, Privatdozent „.' 193083 76) Dr. RössLer, prakt. Arzt „ 1022903 77) Prof. Dr. Ep. RosentHArL, Geh. Justizrat . ASS 78) Dr. WILHELM SCHNEIDER, Privatdozent y’ 1208 79) Dr. phil. Orro Scaorr, Fabrikleiter „A882 80) Dr. phil. RıicHArD SCHRÖDER 4 EIDE 81) PaAuL SCHULTZE, Rat „ 01873 82) Prof. Dr. LEONHARD SCHULTZE „041899 83) Prof. Dr. FRIEDRICH SCHULZ „ir are 84) Prof. Dr. Morırz SeipeL, Geh. Med.-Rat R 1864 85) Prof. Dr. Bopo SpIETHOFF „7 Ra 86) Dr. med. Lucas SIEBERT, Med.-Rat g 1881 87) Dr. phil. SIEDENTOPF 5. JA 88) Dr. med. Franz SPILLER, Stabsarzt „9 89) Prof. Dr. Ernst STAHL 4 1881 Dr. Hans StügeL, Privatdozent eh.) 91) Prof. Dr. RoDErıcHh StintzinG, Geh. Med.-Rat „4890 v2) Prof. Dr. RupoLF STRAUBEL R. 1894 93) Prof. Dr. WırH. STROHMAYER „. (oa 94) Dr. phil. CLemens Tuaer, Privatdozent Ba le. 95) Dr. med. Jon. Tuıemann, Privatdozent h 1910 96) Prof. Dr. Jonannes THomAE, Geh. Hofrat ae 97) Aucust Vogt, Landkammerrat „ SWRESIE 98) Prof. Dr. EpDUArD VONGERICHTEN he 1902 99) Prof. Dr. August WaGEnnmAann, Geh. Med.-Rat i 1892 100) Dr. phil. Ernst WANDERSLEB „1906 101) Dr. med. WarpA, Nervenarzt Blankenburg 1904 102) Dr. med. WEINERT, prakt. Arzt Jena 1897 103) Dr. med. Max WıEDEMANN, Geh. Med.-Rat n 1910 104) Prof. Dr. Otto WILcKEnNS H 1910 105) Prof. Dr. Apour WInKELMAnN, Geh. Hofrat „SER 106) Dr. phil. WırseLm WınKLer, Privatgelehrter vr 2a 107) Prof. Dr. KARL WITTMARCK ” 1910 108) Prof. Dr. Lupwıs WoLrr ... n1892 109) Dr. med. Marrın ZADeE, Privatdozent „ 1910 Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jona. — 3893 REED WEGE BEZOGEN. TEN U TE Verlag von Gustav Fiseher in Jena. Letzte Neuerscheinungen. -. in den freien Gliedmassen der Wirbeltiere Der Aufbau der Skeletteile Untersuchungen an urodelen Amphibien. Von Dr. H. von Eggeling, a. o. Professor und Prosektor an der anatom. Anstalt der Universität Jena. Mit 4 lithographischen Tafeln, 147 Figuren im Texte. 1911. Preis: 16 Mark. Die Kenntnis von einzelnen Punkten aus der allgemeinen Lehre vom Aufbau der knöchernen Skeletteile ist eine ungenügende und auch in der umfangreichen Literatur ist noch keine ausreichende Belehrung darüber zu finden. Dies veranlaßte die jetzt vorliegenden Untersuchungen, die bei den Urodelen begonnen wurden. Hier bereits ergaben sich so wichtige Aufklärungen bezüglich der aufgestellten Fragen, daß der Verfasser es als berechtigt ansehen durfte, die gewonnenen Ergeb- nisse in selbständiger Form vorzulegen. Von einer beabsichtigten Ausdehnung der Untersuchungen auch auf die einzelnen Gruppen der höheren Wirbeltiere sind noch mancherlei interessante Ergebnisse für diese Fragestellung zu erwarten. Zoologen und Anatomen werden deshalb mit besonderem Interesse diese Veröffentlichung aufnehmen. Bau und Entstehung der Wirbeltiergelenke. }"° morphologische und histologische Untersuchung. Von Dr. med. Wilh. Lubosch, a. o. Prof. der Anatomie an der Universität Jena. Mit 230 Abbildungen im Text und 10 lithographischen Tafeln. 1910. Preis: 27 Mark. Anatom. Anzeiger Bd. 38, Nr. 2/3 vom 10. Januar 1911: ... Das Werk ist sehr klar und fließend geschrieben und mit zahlreichen schönen Abbildungen im Text und prachtvollen farbigen Tafeln glänzend ausgestattet. Die gesamte Literatur ist in umfassender Weise umsichtig und kritisch verarbeitet. . .. Man kann es eher als einen Nutzen des vorliegenden außerordentlich fleißigen und gewissenhaften Werkes betrachten, daß durch dasselbe klarer gezeigt wird, wo und wie die entwicklungsmechanische Forschung auf dem Gebiete der Gelenkbildung einzusetzen hat, und wie viel da noch zu tun übrig bleibt. Strasser. Vergleichende Anatomie des menschlichen Gebisses und der Zähne Von Dr. Paul de Terra, vorm. Zahnarzt in Zürich. Mit der Vertebraten. > Textabbildungen. 1911. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark. Anatom. Anzeiger Bd. 38, Nr. 12/13 vom 17. Februar 1911: Verf., früher Zahnarzt in Zürich, füllt eine in der deutschen odontologischen Literatur seit langem empfundene Lücke aus, indem er eine umfassende Darstellung des Zahnsystems der Wirbeltiere auf phylogenetischer Basis gibt. Angesichts der zahlreichen, noch strittigen Fragen auf diesem Gebiete ist es schwierig, schon heute ein eigentliches Lehrbuch zu schreiben. Trotzdem hat der Verf. versucht, eine zusammenhängende und übersichtliche Darstellung der neueren und neuesten Forschungsergebnisse zu liefern. Dieser Versuch ist als ein wohlgelungener zu bezeichnen. Handbuch der Anatomie und Mechanik der Gelenke mc siehtigung der bewegenden Muskeln. Von Dr. Rudolf Fiek, o. ö. Professor und Vorstand des anatom. Instituts der Universität Innsbruck. Teil I: Anatomie der Gelenke. Mit 162 grösstenteils farbigen Abbildungen im Text. 1904. Preis: 16 Mark, geb. 18 Mark. Teil II: Allgemeine Gelenk- und Muskelmechanik. Mit 350 teils farbigen Abbildungen im Text und 2 Tafeln. 1910. Preis: 12 Mark, geb. 14 Mark. Teil III: Spezielle Gelenk- und Muskelmechanik. Mit 248 teils farbigen Abbildungen im Text und 18 Tafeln. 1911. Preis: 33 Mark, geb. 35 Mark 50 Pf. Verlag von &ustav Fischer in Jena. Ein Vortrag von Max Verworn. Zweite Die Erforschung des Lebens. Auflage. 1911. Preis: 80 Pf. Von Dr. Leitfaden für das mikroskopisch-zoologische Praktikum. wıter Stempeil, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie an der Westfälischen Wilhelms- Universität zu Münster i.W. Mit71 Abbildungen im Text. 1911. Preis: 2 Mark 80 Pf. An einer kurzen brauchbaren Anleitung für den mikroskopischen Teil des zoologischen Praktikums fehlte es bisher. Bietet so das vorliegende Buch etwas Neues, so ist es andererseits in einer dem Lernenden durchaus angepaßten Art gefaßt, so daß es sich vorzüglich für das Studium eignet. Auch dem Autodidakten kann es in die Hand gegeben werden. Eine größere Anzahl instruktiver Mikrophotogramme veranschaulichen die Erfolge der verschiedenen mikroskopischen Techniken. Jahresberichte über die Fortschritte der Anatomie und Entwicklungs- hicht In Verbindung mit hervorragenden Gelehrten herausgegeben von geschichte. pr. €. Schwalbe, Professor der Anatomie und Direktor des ana- tomischen Instituts der Universität Straßburg i. E. Neue Folge. Fünfzehnter Band. Literatur 1909. 3 Teile (in 4 Bänden). Teil I (Allgemeine Anatomie): 22 Mark. Teil II (Allgemeine Entwicklungsgeschichte): 14 Mark. Teil III (Spezielle Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere) Abteilung I: 30 Mark, Abteilung II: 18 Mark. Der Subskriptionspreis für Band XV (Teill—III) ist 73 Mark. Neue Abonnenten erhalten die Bände I—-XV zum Vorzugspreis von 744 Mark (statt 854 Mark). «1: Eine medizinische und kulturgeschichtliche Unter- Der Ursprung der Syphilis. suchung. Von Dr. med. an Bloch in Berlin. Zweite Abteilung. Preis: 11 Mark. Der erste Band des Blochschen Werkes hat bei Medizinern wie Philologen und Historikern das größte Interesse gefunden. Die jetzt vorliegende zweite Ab- teilung behandelt die vielumstrittene Frage der Altertumssyphilis mit einer Gründ- lichkeit, die das Werk zu einer klassischen Arbeit und zur letzten, endgültigen Be- antwortung der alten Streitfrage berufen sein läßt. Das medizinische wie das philo- logische Rüstzeug des Verfassers ist das denkbar beste und vollständigste, sodaß neben dem Arzt auch der Historiker, der Kulturhistoriker und der klassische Philo- loge diesem Band des Werkes seine Aufmerksamkeit wird schenken müssen. Die dritte Abteilung, enthaltend das Mittelalter, Nachträge, Index graeco-latinus und Namen- und Sachregister, wird für Mitte 1912 in Aussicht gestellt. Früher erschien: Erste Abteilung. 1901. Preis: 6 Mark. Urteile der Presse über die erste Abteilung: Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 21, 1902: Das vorliegende Werk des jungen Berliner Syphilidologen rechtfertigt die Spannung, mit der man in eingeweihten Kreisen dem Ergebnis seiner sorgsamen und mühevollen Studien entgegenblickte, in ganz ungewöhnlichem Ausmaße. Das Buch bedeutet für die Fachwelt ein Ereignis und wird wie kaum ein anderes den "Sinn für medizinisch-historische Literatur in weite Kreise tragen. .... Auf Einzelheiten hier einzugehen, würde zu weit führen, ohne daß es gelänge, den schwächsten Abglanz der erstaunlichen Leistung des ganz ungewöhnlich belesenen Autors zu geben. An diesem Buche kann kein Denkender achtlos vorüber gehen, man muß es vom Anfang bis zum Ende lesen, nein, studieren! Neuburger. Archiv für Kulturgeschichte, 1903, Bd. I, Heft 4: ... Man kann es dem Verfasser nicht absprechen, daß er mit großer Sach- kenntnis und einer unbestechlichen Kritik an seine Aufgabe gegangen ist und daß er — wie es zu fordern ist — neben dem Eingehen auf Details immer den Blick auf das Ganze der Zeit gerichtet hat. Die Methodik seiner Forschung erscheint einwandsfrei und seine Behauptungen sind bewiesen... . E. Heinrich. Diesem Hefte liegt je ein Prospekt bei vom Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien betr. „Brehms Tierleben (vierte Auflage)“ und vom Verlag Gusta Fischer in Jena betr. „Bechterew, Die Funktionen der Nervencentra“. krommann sche Buchdruckerei (Hermann Pohle)in Jena. JENAISCHE ZEITSCHRIFT FÜR NATURWISSENSCHAFT HERAUSGEGEBEN VON DER MEDIZINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA SIEBENUNDVIERZIGSTER BAND NEUE FOLGE, VIERZIGSTER BAND VIERTES HEFT MIT 6 TAFELN UND 32 FIGUREN IM TEXT Inhalt: Hörer, HERMANN, Das Kiefergelenk der Rodentier, nebst Bemerkungen über Unter- kiefer und Bezahnung. Hierzu Tafel 19—22 und 6 Figuren im Text. NEUMANN, Hass, Untersuchungen über die Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. Mit 19 Figuren im Text. JACOBSHAGEN, EDUARD, Untersuchungen über das Darmsystem der Fische und Dipnoer. BrAus, HERMANN, Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. Hierzu Tafel 23 u. 24 und 7 Figuren im Text. PREIS: 15 MARK. 7 nsonian IN >EMPER 9 2 eng) JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1911 Zusendungen an die Redaktion erbittet man durch die Verlagsbuchhandlung. Ausgegeben am 22. Dezember 1911. Verlag von Gastav Fischer in Jena. Neueste Veröffentlichungen. . »,, in elementarer Darstellung. Von Dr. Lehrbuch der Experimentalphysik Arnold Berliner. Mit 2 lithogr. Tafeln (mit aufklappbaren Figuren) und 7:6 zum Teıl farbigen Abbildungen im Text. Zweite Auflage. 1911. Preis: 18 Mark, geb. 19 Mark 50 Pf. Wiener klin. Wochenschrift, 1904, Nr. 7 (über die erste Auflage): Bei der verhältnismäßig geringen Berücksichtigung der Physik im medizinischen Studienplan sind jene, welche trotzdem auf gründlichere physikalische Kenntnisse in Anbetracht ihrer Wichtigkeit für das Verständnis mancher physiologischer Vor- gänge nicht verzichten wollen, hauptsächlich auf den Selbstunterricht durch Lektüre angewiesen. Damit derselbe jedoch erfolgreich sei, ist der Gebrauch eines Lehr- buches von ganz bestimmten Eigenschaften unerläßlich. Die wichtigsten derselben sind: ziemliche Ausführlichkeit, aber nicht ermüdende Darstellungsweise, die mög- lichste Vermeidung weitläufiger oder über das Elementare hinausgehender mathe- matischer Entwicklungen, für welche dem Mediziner meistens sowohl Interesse als Vorbildung fehlen. Endlich wird man von einem solchen Buche einen modernen Standpunkt und die Berücksichtigung der für den Mediziner wichtigen, neueren Forschungen verlangen. Diesen Forderungen wird das Buch Berliners in vollem Maße gerecht. Unter Vermeidung aller Pedanterie und Trockenheit versteht es der Verfasser, stets aus- gehend von den alltäglichen Erscheinungen, den Leser mit Leichtigkeit durch ver- wickelte Probleme zu führen und wenn er auch öfter auf einen strengen Beweis eines Naturgesetzes verzichten muß, so weiß er doch die Richtigkeit der Thesen so plausibel zu machen, daß ein Gefühl des Unbefriedigtseins im Leser nicht aufkommt. . . P Von August Pütter, Dr. phil. et med., Professor Vergleichende Physiologie. ;. Bonn. Mit 174 Abbildungen im Text. 1911. Preis: 17 Mark, geb. 18 Mark. Inhalt: Einleitung. Begriff und Aufgabe der vergleichenden Physiologie. — I. Kap.: Das Substrat der Lebensvorgänge. 1. Die physikalische Beschaffenheit der lebendigen Substanz. 2. Der Stoffbestand der Organismen, 3. Die lebendigen Systeme. — II. Der Stoffwechsel. 1. Der Betriebsstoffwechsel. 2. Der Baustoff- wechsel. 3. Der Gesamtstoffwechsel. 4. Die Wirkung veränderter Bedingungen auf den Stoffwechsel. — III. Kap.: Die Ernährung. — IV. Kap.: Der Sıoffaustausch. — V. Kap.: Die Lebensbedingungen. — VI. Kap.: Die Energieumwandlungen. — VII. Kap.: Die Reizbeantwortungen. — VIII. Kap.: Die Sinnesorgane. — IX. Kap.: Das Nervensystem. — X. Kap.: Die Vergleichung der Organismen. — Systematisches und Sachregister. Eine Darstellung der Naturgeschichte der Lehrbuch der Protozoenkunde. Protozoen mit ae Bertckeichain der parasitischen und pathogenen Formen. Von Dr. F, Doflein, a. o. Prof. der Zoologie an der Universität München. Dritte stark vermehrte Auflage. Mit 951 Abbildungen im Text. 1911. ° Preis: 26 Mark 50 Pf., geb. 29 Mark. Das Doflein'sche Lehrbuch der Protozoenkunde ist so allgemein bekannt und beliebt, daß über seine Vorzüge kaum noch etwas gesagt zu werden braucht. Daß schon jetzt eine dritte Auflage notwendig geworden ist, zeigt am besten, daß das Werk den Bedürfnissen angepaßt ist. Auch die neue Auflage enthält wieder eine große Anzahl von Verbesserungen und Erweiterungen, so daß sie auch den Besitzern der früheren Auflagen vielfach zur Anschaffung erwünscht sein wird. Einführung in die Deszendenztheorie. kur Camillo Sehneidse ao. Prof, der Zoologie an der Universität Wien. Zweite erweiterte Auflage. Mit drei Tafeln, einer Karte und 182 teils farbigen Figuren im Text. 1911. Preis: 9 Mark 50 Pf., geb. 10 Mark 50 Pf. Inhalt: Einleitung. — 1. Indirekte Beweise. A. Anatomische Beweise. — B. Paläontologische Beweise. — ©. Abstammung des Menschen. — D. Embryologische Beweise. — E. Tiergeographische Beweise. — II. Direkte Beweise. Mutation und Sprungvariation. — Darwinismus. A. Künstliche Züchtung. — B. Natürliche Züchtung. — Kritik des Darwinismus. I, II, III. — Hilfshypothesen des Darwinis- mus. — Erbliche Variation. A. Variabilität. — B. Bastardierung. — C©. Chromo- somenlehre, I, II, III. — D. Degeneration. — E. Korrelation und Amphimixis. I, II. — Lamarckismus. A. Einleitung. — B. Somation (Fortsetzung). — C. Theorie der Somation. I, II. — D. Somation und Mutation. — E. Vererbung erworbener Eigenschaften. — F. Adaptationen. — G. Psycholamarckismus. — H. Modifizierter Psycholamarckismus. — Örthogenesis. A. Morphologisches. — B. Physiologisches. I, Il. — ©. Schlußbetrachtung. — Literaturverzeichnis. Autoren- und Sachregister. Das Kiefergelenk der Rodentier, nebst Bemerkungen über Unterkiefer und Bezahnung. Von Hermann Höfer, prakt. Zahnarzt aus Coburg. Hierzu Tafel 19—22 und 6 Figuren im Text. Einleitung. Die knöchernen Bestandteile des Kiefergelenkes der Nagetiere schließen ein stammesgeschichtlich nicht gleichgültiges Problem in sich, dessen Untersuchung den Gegenstand der vorliegenden Ab- handlung bildet. Man weiß aus zahlreichen Beschreibungen, daß die Nagetiere im Gegensatz zu allen anderen Säugetieren ihren Unterkiefer von vorn nach hinten in einer Sagittalebene an der Schädelbasis gleiten lassen. Anatomisch hat diese höchst speziali- sierte Bewegung ihren Ausdruck darin gefunden, daß am Os squa- mosum eine sagittal gestellte Rinne besteht, in der das Köpfchen des Unterkiefers gleitet. Während nun bei allen übrigen spezialisierten Formen des Gelenkes, z. B. dem der Raubtiere oder demjenigen der Huftiere, eine Zurückführung auf eine universellere und zugleich primitivere Gelenkform möglich ist, haben sich die Versuche, auch die Gelenk- fläche des Nagetiergelenkes mit dem allgemeineren Bau des Säuge- tiergelenkes zu verbinden, als vergeblich erwiesen. Die Nagetiere stehen in diesem Merkmal für unsere gegenwärtige Kenntnis völlig isoliert da. Diese Erfahrung steht ganz im Einklang mit den Erfahrungen der Phylogenese, die ebenfalls darüber noch völlig im Unklaren ist, an welche älteren Formen der Nagetierstamm anzuschließen sei. Sowohl für diese allgemeinere, als auch für meine spezielle Frage beruht die Unmöglichkeit, sie zu beantworten, in dem Mangel geeigneter fossiler Funde. So ist uns z. B. keine einzige Gelenk- fläche vom Kiefergelenk fossiler Nager erhalten. Bei dieser großen Lückenhaftigkeit der paläontologischen Urkunde bleibt nur die Bd. XLVII. N. F. XL. 29 432 Hermann Höfer, Hoffnung auf die Ergebnisse der vergleichend-anatomischen Ur- kunde, falls es gelänge, sie für ein reiches, alle Unterordnungen und Arten mit ihren Varietäten umfassendes Material festzustellen. Mit freundlicher Erlaubnis des Direktors des zoologischen Museums der Universität Berlin, Herrn Professor BRAUER, habe ich die Vor- räte der dortigen Sammlung untersucht und habe in der Tat zahl- reiche Beobachtungen machen können, durch die das Nagetier- gelenk aus seiner isolierten Stellung heraustritt und in Verbindung mit anderen bekannten Formen des Gelenkes gebracht werden kann. Es lassen sich ferner aber auch innerhalb des Nagetier- stammes verschiedene Sonderbahnen in der Entwickelung des Ge- lenkes nachweisen. Ich habe mich in meinen Untersuchungen nur auf die Würdi- gung des trockenen Sammlungsschädels beschränkt und die feuchten Teile des Gelenkes, insbesondere den Meniscus, außer acht gelassen. Die Gefahr, hierdurch etwas Wesentliches zu über- sehen, ist natürlich vorhanden, doch habe ich diejenigen Momente, für deren Verständnis die Kenntnis des Meniscus notwendig er- scheint, im Verlauf der Darstellung hervorgehoben. Bevor ich nun zu den Ergebnissen meiner Untersuchungen selbst übergehe, will ich das Wenige erwähnen, was literarisch über die untersuchte Frage bekannt ist. Literatur. KJELLBERG bringt eine Abhandlung, betitelt: „Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Kiefergelenks“. Auf p. 181 sagt er: „Wenn auch die Gelenkflächen bei einem typischen Nagetier- Kiefergelenk vollständig kongruent sind, so ist doch die Be- wegung des Condylus im Unterschiede zum Verhalten bei den Raubtieren eine vor- und rückwärtsgehende.“ Aus vAn KAmPEN: „Die Tympanalgegend des Säugetier- schädels“, entnehme ich, als für meine Arbeit wichtig, allein den Satz: „Der Processus zygomaticus liegt bei den Nagern hoch, die Fossa glenoidalis, welche bei anderen Säugern in der Regel un- gefähr in der Höhe des oberen Randes des Trommelfells liegt, liegt bei den Nagetieren meist beträchtlich höher. Dieser nach oben gerichteten Verschiebung des Processus zygomaticus folgte der untere Rand des Squamosums und ist dadurch außerhalb des jereichs des äußeren Gehörganges gekommen.“ Das Kiefergelenk der Rodentier. 433 P. ApLorr hat unter KÜKENTHALs Leitung verfaßt: „Zur Entwickelungsgeschichte des Nagetiergebisses“. Er weist an mikro- skopischen Serienschnitten durch embryonale Nagerkiefer gut nach, daß die Nagezähne den kleinen Schneidezähnen der übrigen Säuger entsprechen. Durch Verschmelzung zweier Dentitionen, der prä- laktealen und der I. Dentition, wird ein besseres und voll- kommeneres Produkt geliefert. Die großen Nagezähne haben infolge ihres immerwährenden Wachstums den Zahnwechsel auf- gegeben; gewechselt werden bei Rodentia nur die vor dem 3. Molar stehenden Praemolares, auch diese bei einem Teil schon intrauterin, so daß es den Anschein hat, als ob der Zahnwechsel der Rodentier überhaupt einst der Vergangenheit angehören wird. ADLOFF erklärt die Sciuromorphen für die primitivsten Rodentier. Während bei einem Teil der Sciuromorphen im Oberkiefer noch zwei Praemolares vorhanden sind, jedenfalls bei allen aber im Ober- und Unterkiefer ein Prämolar, findet sich bei den Hystrico- morphen stets nur einer; bei den Myomorphen kann auch dieser fehlen, ja sogar ein Molar kann der Reduktion anheimfallen, so daß 0 die Formel für diese Ordnung zwischen und 1.0.0 1-.0-0- 5 deren Formel ist. Diese und andere von den übrigen 1-0-1-3 liegt. Eine Ausnahme davon machen die Lagomorphen, Rodentiern abweichende Bildungsverhältnisse, so z. B. „die quer- ovale Fossa glenoidalis des Kiefers“, haben den Schluß nahegelegt, daß die Lagomorphen und die übrigen Rodentier sich nicht zu gleicher Zeit entwickelt haben. H. GANZER spricht über die „Bewegungsbahn des Unterkiefers, insbesondere beim Menschen und bei den Nagetieren“. Die Be- wegungsbahn des Unterkiefers bei Rodentia ist eine wagerecht liegende, gebogene Linie ” oder v. Beim Kauen und Zerkleinern der Nahrung erfolgt bei allen Rodentiern eine ausgesprochene Transversalbewegung des Unterkiefers. Die Fossa glenoidalis ist bei den Nagern keine nach hinten geschlossene Grube, sondern eine sagittal gerichtete Rinne; der Condylus dementsprechend eine sagittal gerichtete Walze in der Form eines Weizenkornes. Der einzelne Condylus kann in einigen Fällen eine Drehung in seiner Fossa machen. Der Unterkiefer im ganzen kann eine Drehung in der Transversalebene machen. Der eine Condylus rutscht nur in longitudinaler Richtung, der andere geht nach hinten und umgekehrt, also pendelartig; der Kiefer ist nicht ge- öffnet, die Backzähne voneinander entfernt. Die leichte passive a 434 Hermann Höfer, Beweglichkeit der Kiefer in dem angegebenen Sinn ist leicht fest- zustellen, während eine longitudinale Gleitbewegung schwer und unausgiebig resp. unmöglich auszuführen ist. Die unteren Nagetier- backzähne schleifen in die oberen transversale Rinnen. Beim Beißen und Nagen wird der Kiefer beim Oeffnen des Maules nach vorn geschoben, beim Schließen nach hinten gezogen. Beim Kauen findet eine Knirschbewegung in transversaler Richtung statt. Eine Kaubewegung (Mahlbewegung?) in longitudinaler Richtung besteht nicht. GANZER kommt also zu dem Schluß, daß die Nagetiere nicht die isolierte Stellung im Tierreiche verdienen, welche ihnen wegen ihrer Bewegung des Unterkiefers allgemein angewiesen wird }). Bei weitem die wichtigste Abhandlung über unsere Frage ist die von BRANCA, die einzige, die wenigstens hypothetisch versucht, die Gelenkfläche der Nager von einer älteren Form herzuleiten. BRANcA bespricht in seiner Abhandlung „Art und Ursache der Reduktion des Gebisses bei den Wirbeltieren“ zuerst das Gesetz der Reduktion des Gebisses bei Säugern: Bei später erscheinenden Formen verringert sich die Zahl der Zähne und der Dentitionen; das Gebiß spezialisiert sich in In., Can., Pr. und Mol. Die seit- liche Bewegung des Unterkiefers iss sich erst a heraus und nahm im Laufe der geologischen Zeiten zu. Auch die Artikulation des Unterkiefers und so der ganze Schädel werden in der Gestalt verändert durch die Kau- 1) Nach Fertigstellung der Arbeit erschien noch: Ruporr Fick, Handbuch der Anatomie und Mechanik der Gelenke, Teil III, Spezielle Gelenk- und Muskelmechanik, Jena, G. Fischer, 1911. p. 30 spricht Fıck über das menschliche Kiefergelenk und erwähnt: „Die Hauptheber des Unterkiefers, der Pterygoideus in- ternus, Masseter, der vordere Teil des Temporalis haben vor- wärts ziehende Komponenten .. .“ p. 31: Kiefergelenk. „Das eine Extrem zeigen die Raubtiere ... Das andere Extrem zeigen die Nager: Bei ihnen ist das Kieferköpfichen eine sagittal stehende, schmale Walze, die in einer entsprechend schmalen, tiefen sagittalen Rinne auf der Unterseite des Jochfortsatzes vor allem gerade vor- und rückwärts gleiten kann. Am ausgesprochensten fand ich diesen Mechanismus am Wasserschwein (Hydrochoerus capybara) entwickelt. Außerdem können diese Tiere natürlich auch den Mund öffnen und schließen, also den Kiefer senken und heben um die quere Achse. Das Merkwürdigste bei ihnen ist, daß die beiden Unterkieferhälften auch gegeneinander verschieblich sind. So können beim Eich- hörnchen die medialen Schneidezähne mit ihren Spitzen einander angenähert und voneinander entfernt und auch nebeneinander etwas auf- und abgeschoben werden.“ Das Kiefergelenk der Rodentier. 435 bewegungen !). Solange, als die gewaltigen Ineisivi der Nager wuchsen, mußten sie den Unterkiefer nach hinten drängen. Dieser Druck konzentriert sich auf die Gelenkung des Unterkiefers am Os squamosum. Zunächst mußten dadurch der Condylus des Unterkiefers über den bei Vorfahren der Nager von Branca als vorhanden angenommenen Processus postglenoidalis geschoben werden. Durch immer wiederholte Anstöße wurde so der Processus postglenoidalis mehr und mehr rückwärts gedrängt, damit seiner widerstandleistenden Stellung beraubt, schließlich reduziert und zum Verschwinden gebracht. Auf solche Weise erlangte der Unter- kiefer die eigenartige, rückwärts geschobene Stellung, welche ihm bei allen Nagern zukommt. In gleicher Weise wurde aber auch die Stellung der Molaren, die weiter am Schädel zurückgeschoben sind als bei irgendeiner anderen Ordnung der Säuger, und auch die Richtung der Molaren verändert; erst senkrecht stehend, nehmen sie dann schräge, in beiden Kiefern entgegengesetzte Richtungen an. Im Unterkiefer wurden sie aufwärts und vor- wärts, im Oberkiefer abwärts und vorwärts verschoben. Durch die oben beschriebene eigentümliche nach rückwärts gerichtete Be- wegung der Unterkiefer wurde bei den Nagern aber auch die Struktur der Molaren geändert. Ursprünglich waren es kurze Kronen mit Querkämmen und Querjochen, die durch seichte Ein- stülpungen des Schmelzes gebildet waren, und zuletzt wurden daraus Kronen, welche aus senkrechten Schmelzlamellen bestanden, indem die Einstülpungen des Schmelzes immer tiefer hinabgriffen. Die Umbildung vollzog sich dadurch, daß die mit Querkämmen versehenen, also wie eine grobe Feile gestalteten Kauflächen der Molaren sich bei jedem Biß nach entgegengesetzter Richtung hin- drängten. Während so bei den Nagern die riesigen Schneide- zähne gewaltsam den Unterkiefer nach rückwärts drängten und zugleich mechanisch die oben besprochenen Veränderungen der Zähne erzeugten, vollzog sich nach BrAncA bei den Carnivoren das Umgekehrte. Auf Verhältnisse allgemeinerer Art, die möglicherweise auch für die vorliegende Frage von Wert sind, hat LuBoscH in zwei Arbeiten hingewiesen: „Das Kiefergelenk der Monotremen“ und „Das Kiefergelenk der Edentaten und Marsupialier“. 1) Cf. Ryper, On the mechanical genesis of tooth forms. Palaeont. Philad., 1877, p. 45, Rodentia. 436 Hermann Höfer, Diese Abhandlungen behandeln ausführlich die Topographie des Os squamosum. Es wird dort gezeigt, daß die Lage des Squamosums am Schädel von verschiedenen Einflüssen abhängt, vor allem vom Kauakt, aber auch von den Verhältnissen der Schlundmuskulatur und des Gehörorganes. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß bei den ältesten Formen (Monotremen) das Alisphenoid vor der Gelenkfläche liegt, und daß noch bei den Edentaten und bei Didelphys Anklänge an diese Lagerung vorkommen. Des weiteren ergibt sich aus LuoschHs Darstellung ein ge- nauerer Einblick in die Beziehungen der spezialisierten Gelenk- flächen der Säugetiere zueinander und zu älteren, weniger spezialisierten Formen. Aber auch hier steht die beim Wombat vorkommende der bei Nagetieren ähnliche Spezialisierung völlig unvermittelt da. Genauere Angaben über den Gang der Spezialisierung inner- halb des Stammes der Säugetiere finden sich in der Schrift des- selben Autors „Universelle und spezialisierte Kaubewegungen bei Säugetieren“. Es stellte sich heraus, daß allen Differenzierungen zum Ausgang dient eine Fläche, wie sie sich bei Insectivoren, in- sectivoren Marsupialiern, Prosimiern und Primaten findet und die charakterisiert ist durch eine quere Fossa glenoidalis, einen diese Fossa hinten abschließenden Processus retroglenoidalis und eine vor der Fossa liegende erhabene Fläche, die in ihrer höchsten Ausbildung ein „Tuberculum articulare“ bildet. Der Autor stellt die von hier aus sich entfaltenden Formenreihen fest, die zu Carnivoren und Ungulaten führen. Innerhalb dieser Reihen macht sich eine fortschreitende Spezialisierung geltend, was namentlich für die Ungulaten gezeigt wird. Auch hier wird der unvermittelten Stellung der Nagetiere gedacht. Es wird versucht, Parallelen im Verhalten von Hyrax zu finden. Der Autor findet bei Hyrax eine eigentümliche Kombination von Wiederkäuer- und Nagetier- Bewegung und erinnert dabei an die nahe verwandtschaftliche Beziehung der Hyracoidea zur Wurzel des Ungulaten- und Rodentierstammes. Nach WEBER und SCHLOSSER besitzen einige fossile Ordnungen, von denen man die Rodentia ableiten Kann, eine quergestellte, hinten abgeschlossene Fossa glenoidalis mit Processus retroglenoidalis zur Aufnahme des breiten konvexen Gelenkkopfes. Bei Hyrax findet sich nach LuBoscH eine solche Form gelegentlich, während neben dieser Form auch eine zweite Form auftritt: hinten und seitlich offen, eine Rinne, wie bei Rodentia. Das Kiefergelenk der Rodentier. 437 Soweit die Vorarbeiten, die also die Frage, auf die es an- kommt, nur noch schärfer hervortreten lassen. Ich wende mich nunmehr zur Darstellung meiner eigenen Untersuchungsergebnisse und werde im I. Teil die anatomischen Verhältnisse schildern. In der Gruppierung der Formen schließe ich mich hierbei an das System der Rodentier an, wie es Max WEBER in seinen „Säugetieren“ angibt. Im II. Teil sollen dann physiologische Beobachtungen mitgeteilt werden, da eine Be- urteilung der Gelenkfläche des Kiefergelenkes auch im weiteren Sinne die Berücksichtigung physiologischer Leistungen des ganzen Tieres erfordert (Kauakt, Bezahnung, ferner, wo nötig und möglich, der Einfluß seiner Sinnesorgane, Auge und Ohr, vor allem aber endlich seine Lebensweise). In einem III. Schluß- abschnitt will ich dann das Ergebnis aus Anatomie und Physio- logie des Kiefergelenkes ziehen und sehen, wie es sich für die Morphologie verwerten läßt. I. Deskriptiver Teil. Spezielle Beschreibung der Gelenkfläche bei Nagetieren'), Duplicidentata. 1. Leporidae. (Taf. 19, Fig. 1—3.) a) Lepus, Läufer, und b) Lepus cuniculus, Gräber, Ochoton-ähnlicher. Lepus: vorhanden und untersucht sind 330 Schädel. Das Intermaxillare trägt in seinem unteren starken Teil die 4 Nagezähne und umschließt zwei ungemein große Foramina incisiva; der obere Teil des Maxillare ist fenestriert (porös), begrenzt die Nasalia, die solid gebaut sind, und bildet den größten Teil 1) Wenn ich hier neben anderem auch die größte Länge und die größte Breite (z. B. 4:3 cm), die ein Schädel ausmißt, angebe, so geschieht dies, um im allgemeinen einen Schluß auf die Größe des untersuchten Objektes ziehen zu können, ferner aber auch, um anzugeben, ob der Schädel kurz, gedrungen oder lang- gestreckt ist. 438 Hermann Höfer, des ungemein schmalen harten Gaumens, an dessen Bildung das Palatinum nur gering beteiligt ist. Ein weites Diastema scheidet die Nage- und die wurzellosen 5 Backzähne. Hoch hinauf in die Nase springt als spitzes Dach das Präsphenoid, dem sich occipital das Pterygoid mit zwei starken Flügeln anschließt, zwischen diesen liegt das Basisphenoid, von Basioceipitale durch eine scharfe Naht getrennt. Das Os oceipitale trägt die beiden stark hervortretenden Condylen für den Atlas, distal derselben liegt das Petrosum und das Tympanicum mit der Bulla auditiva, deren Gehörgang nach hinten gewendet und nach hinten und oben offen ist (Taf. 19, Fig. 1 u. 3). In der Orbita, die groß und weit und von einem Processus supraorbitalis des Frontale überschattet ist, sehen wir nasal die Alveolen der Backzähne, denen sich nach oben das Lacrymale, nach hinten das Alisphenoid anschließt (Taf. 19, Fig. 3). Aus der occipitalen Wand der Orbita schiebt sich das kräftige Squamosum mit einer starken Jochbogenwurzel dem Jugale entgegen. Das Jugale ist schmal auf die hohe Kante ge- stellt und verbindet sich kräftig mit dem Maxillare. An der Bildung der Fossa glenoidalis ist wie bei allen Rodentiern nur das Squamosum beteiligt. Eine Teilnahme des Alisphenoids daran konnte nirgends festgestellt werden. Während wir bei den Simpli- cidentaten mindestens eine rinnenförmige Fossa finden, die allerdings hinten und vorn offen ist, sehen wir bei Lepus eigentlich überhaupt keine „Fossa“. Die schmale Wurzel des Jochbogens trägt eine schmale konvexe Gelenkfläche, welche der länglich- ovalen, gleichfalls konvexen Gelenkfläche des Processus condy- loideus des Unterkiefers den einzigen knöchernen Widerstand bietet (Taf. 19, Fig. 1 und 3). Liegt der Unterkiefer in Ruhestellung, d. h. am meisten nach hinten gezogen, so liegt sogar der Processus condyloides vollständig frei nach oben und hinten sichtbar da (Taf. 19, Fig. 3). Das Collum des Processus condyloides verbreitert sich schaufel- förmig, ruderblattförmig in der sagittalen Richtung, und zwar oft zu einer breiten Fläche. Außerdem scheint neben dem — hier außer acht gelassenen — Bandapparat der Jochbogen die Führung des Capitulum und seine äußere Stütze zu übernehmen; er bildet einen mehr oder weniger langen „Hamulus“, der sich der Bulla tympanica ent- gegen erstreckt. Der „Hamulus“ erreicht bei keinem Schädel der Das Kiefergelenk der Rodentier. 439 Berliner Sammlung die Bulla; doch fand ich bei Lyon, „Classi- fication of hares‘“, Abbildungen, die ich mir abgepaust habe. Diese zeigen bei einem Ochotona einen Hamulus, der bis zur Bulla herankommt, bei Conothoa sogar einen Hamulus, der mit der Bulla knöchern verbunden ist (Textfig. 1). Textfig. 1. a Oryctolagus, b und c Ochotona, d Conothoa. Während das verbreiterte Collum außen diesem Hamulus an- liegt, schleift es mit seiner Innenfläche an der äußeren Seiten- wand des Sqamosums. Hier bildet sich, von der Wurzel des Jochbogens ausgehend, eine ganz schwache, flache, schuppen- förmige Mulde, eine Usur (bei Cuniculus deutlicher; Taf. 19, Fig. 3). Lepus zeigt wie alle Rodentia eine grosse Bulla; diese ähnelt in der Form den italienischen Kürbis-Pilgerflaschen (Taf. 19, Fig. 1), sie steht seitlich, tief unterhalb der Fossa glenoidalis. Der Condylus steht sehr hoch über den Zahnreihen, höher als bei den Simplicidentata. Zahnformel: I s C i P - M . Der Unterkiefer ähnelt dem allgemeinen Typus desjenigen der Säuger mehr, als ein solcher der Simplicidentaten. Der Kieferwinkel ist stumpf, dem rechten Winkel sehr nahe. Der gebogene Angulus trägt außen eine Crista für den mächtigen Masseteransatz; dieser Crista entspricht auch eine ebensolche innere für den Pterygoideus internus. Der Processus coronoides!) ist nicht, wie in der Regel, hakenförmig ausgezogen, bildet also keine Fossa semilunaris mit dem Collum, sondern ist nur eine dünne, flache, schwache Lamelle Bar. 19, Fig. 2). 1) Lyox leugnet einen Proc. temp. bei Lepus. 440 Hermann Höfer, Aus der Familie der Hasen wurden von mir folgende unter- sucht: Lepus timidus L. (s. variabilis Paun.). I] 02 Pr>M-. 42 Schädel. 10:4,5 cm, also mehr langgestreckt. Der harte Gaumen ist ungemein schmal. Jochbogen nach unten scharfkantig. Besondere Abweichungen von der allgemeinen Beschreibung ergeben sich nicht. Orbita groß. Zähne wurzellos. Die Nage- zähne haben noch nicht die riesige Ausdehnung wie bei den Simpli- cidentata, weder im Unter- noch im Oberkiefer. Bei Lepus californicus, 4:3 cm, ist die Bulla auffallend groß; der Processus coronoides nur eben angedeutet. Bei Lepus australicus und Lepus gabbi s. Sylvilagus, 2:3,2 cm, ist der Processus coronoides nur eine schmale Leiste. Ein Lepus (sax)-Embryo, 5,5:3,2 cm, läßt uns die Fossa schlecht sehen, da der Processus jugularis angedrückt und nicht abhebbar ist; der Hamulus übernimmt seitlich außen deutlich die Führung des Unterkiefercollums. Die Wurzel des Jochbogens am Squamosum trägt bei Lepus mediterraneus eine gut ausgebildete, seitlich nach innen und oben tiefe, nach außen und hinten offene Fossa für die Ruhe- stellung des Unterkiefers, hat dafür also keinen Hamulus. Die Zahnreihen des V-förmigen Unterkiefers stehen bei den Leporiden so eng, daß sie mit den bedeutend weiter stehenden ellipsoiden Oberkieferzahnreihen immer nur einseitig artikulieren können, dann aber sehr gut. Diese Unterkieferenge habe ich auch an halbtrockenen und frischen, feuchten Exemplaren (Taf. 19, Fig. 1u.2) oft konstatiert, es liegt also hier kein Beobachtungs- fehler vor, entstanden durch schlechtes Zusammenfügen der zwei Unterkieferhälften oder durch verschiedenartiges Eintrocknen des schwächeren Unterkiefers gegenüber dem kompakteren Oberkiefer. (Dasselbe fand ich bei Cuniculus.) Die in der Seitenansicht sägeartig gezackten Backzähne gestatten ein Vor- und Zurück- gleiten. Die Regel ist hier, daß das Vorschieben des Unter- kiefers nur gleichzeitig mit dem Oeffnen der Kiefer, und das Zurückziehen des Unterkiefers nur bei gleichzeitigem Schließen stattfindet; bei der letzteren Bewegung konstatieren wir ein Ein- rücken der Unterkieferzähne in die feste Artikulation mit den oberen (Taf. 19, Fig. 3). Auch bei Lepus cuniculus L. (Oryctolagus) finde ich einige Abweichungen von dem oben als Norm gekennzeichneten Das Kiefergelenk der Rodentier. 441 Zustand. Das Squamosum bildet durch die Jochbogenwurzel nach lateral, medial und vorn eine besondere Fossa für die Ruhe- stellung des Unterkiefers; dies ist eine wirkliche Fossa glenoidalis. Beim Vorgleiten zur Nagestellung treten die Backzahnreihen, leicht geöffnet, außer Artikulation; der Unterkiefer ist stark ge- senkt. Die Gelenkflächen des Processus condyloides — einen sagittalen Wulst darstellend — gleiten unter dem Processus jugularis nach vorn. Der Gelenkkopf entspricht mit seiner Gelenkfläche der Fossa genau. Maße des Schädels: 5:2,9 cm; 8,8:4,2; 8,5:3,8; 11,3:5 = größter Schädel eines Belgiers. Der Kieferwinkel ist schon stumpfer als bei Lepus, der Processus angularis wenig mehr ausgezogen, der Unterkiefer kürzer. Die obere Ecke des Processus angularis ist spitzer als bei Lepus, daher entsteht eine tiefere Bucht zwischen Collum und Angulus; die Masseter-Crista und also der Masseter-Ansatz ist mehr nach vorn gerückt. 2. Ochotonidae. Untersucht 20 Schädel gut, 10 halbtrocken. Ochotona ist für uns wichtig, denn es zeigen sich viele Be- sonderheiten. Die Fossa ist breit; Jochbogenwurzelansatz innen schmal, nach außen sich verbreiternd, bildet dorsal zwei nach außen geschwungene Hamuli (Taf. 19, Fig. 4). Diese dienen unzweifelhaft dem Capitulum des Processus con- dyloideus als gute seitliche Stütze, denn die Condyli (resp. ihre Gelenkfläche) erheben sich so hoch, daß sie mit dem Frontale in einer Ebene stehen. Das Foramen ocecipitale steht senkrecht zum Os frontale; ich erwähne dies als besonders auffällig hier, um auf diese Tatsache weiter unten noch einmal hinzuweisen, wenn ich die eigentümliche, oft aufrechte Sitzart der Rodentier und die dadurch wagrecht gebrachte Kopfhaltung besprechen muß. Das Collum des Unterkiefers ist schaufelartig flach verbreitert. Die Unterkieferzahnreihen stehen V-förmig und artikulieren ebenso wie bei Lepus. Es wurden von mir untersucht von Lagomys rufescens 8 Schädel, 5:2,6 cm; Ochotona pusillus Parır. 1 Schädel. Beide zeigen keine Abweichungen (Taf. 19, Fig. 4). Bei Ochotona princeps, 43:2,1, ist der freie Hamulus 0,7 cm lang! Ochotona nepalensis zeigt das breiteste Collum 442 Hermann Höfer, des Processus glenoidalis. Der Unterkiefer von Ochotona rutilus, 5:2,7 cm, ist, hinter den Molaren gemessen, nur 0,6 cm hoch. Bei Ochotona hyperboreus, 3,7:2,8 cm, ist das Collum sehr flach und breit. Die Ochotonidae haben alle den oberen großen Nagezahn tief gerillt und sägeartig eingeschnitten, so daß es den Anschein erweckt, als seien es je zwei Zähne; auch die Alveole ist noch ein Stück gerillt; hinter diesen stehen noch zwei kleinere Zähnchen, über welche weg die unteren Incisivi artikulieren. Zahnformel: I a\ © L P = M = 1, 03 aaa Molar III. Eine Bestätigung meiner Befunde erblicke ich in den Angaben Lyvons über amerikanische Leporiden: „Ihe mandible of the (amerikanischen) Leporidae is charac- terized by the great development of the angular process and of the condyloid process and by the almost complete absence of the coronoid process. [Der Unterkiefer der Leporiden ist gekennzeichnet durch eine große Entwickelung des Processus angularis und des Processus condyloideus und durch die fast vollständige Abwesenheit des Pro- cessus coronoideus.] The mandible of the (amerikanischen) Ochotonidae, although presenting many differences from that of the Leporidae, is built on the same general plan. [Der Unterkiefer der Ochotonidae, obgleich er viele Ab- weichungen von dem der Leporiden aufweist, ist nach demselben allgemeinen Plan gebaut.] In Ochotona the ascending ramus is relatively much wider. The groove on the anterior surface of the ramus and the thin plate of bone forming the outer border of this groove in the hares is not found in the pikas. [Bei Ochotona ist der Ramus ascendens verhältnismäßig breiter. Die Grube an der vorderen Außenfläche des Ramus und die dünne Lamelle, die die äußere Grenze dieser Grube bei den Hasen bildet, ist bei Cunieulus nicht zu finden.] Just below the middle of the anterior surface of the ascend- ing ramus ot the mandible of Ochotona is a more or less pro- minent tubercle that is lacking in Lepus and its allies.“ [Gerade unter der Mitte der vorderen Außenfläche des Ramus ascendens des Unterkiefers von Ochotona findet sich ein mehr oder weniger vorstehendes Tuberkulum, das bei Lepus und seinen Ver- wandten fehlt.) also fehlt bereits der obere Simplicidendata. Schädelknochen. (Taf. 19, Fie. 5.) Das große Intermaxillare trägt die beiden Nagezähne und je ein langgestrecktes Foramen incisivum, das oft mit dem anderen Das Kiefergelenk der Rodentier. 445 verschmilzt. Nach hinten schließt sich das kräftige Maxillare an, in dem, durch ein weites Diastema von den Incisiven getrennt, die 3—4 Backzähne stehen. Der harte Gaumen wird in der Haupt- sache vom Maxillare gebildet, an das sich das Palatinum mit seinem Foramen palatinum anfügt. Der harte Gaumen ist am schmalsten bei Georychus (Taf. 19, Fig. 7) und bei Bathyergus (Taf. 21, Fig. 29), sagittal schmal bei Dolichotis (Taf. 21, Fig. 35), nach hinten am längsten er- streckt er sich bei Mus (Taf. 21, Fig. 27) und Myocastor. Die Gaumenleisten (rugae) sind meist gering, bei Spalax und Geomys (Taf. 20, Fig. 17 und 18, Fig. 24 und 25) sagittal parallel ver- laufend. Seitlich und hinter dem Foramen palatinum liegt das Foramen ovale. Oberhalb des Palatinum erscheint das Präsphenoid, dem anschließend das Basisphenoid; seitlich von beiden das Alisphenoid mit dem Canalis alisphenoideus. Der Processus jugularis des Maxillare ist kräftig und das mit ihm verbundene Jugale meist stark ausgebuchtet und weit aus- holend (zum Tragen der Backentaschen). Nach außen und seitlich vom Pterygoid bildet das Alisphenoid die Fossa pterygoidea, und wiederum seitlich neben diesem und nach außen liegt das Squamosum mit der Gelenkfläche. Wir erkennen sie meist als eine Rinne, mehr oder weniger breit und tief, hinten und vorn offen, innen von der meist an- steigenden Fossa pterygoidea, außen von der Wurzel des Processus jugularis begrenzt. Die Rinne wird stets nur vom Squamosum gebildet. Keine „Rinne“, sondern eine halbkugelförmige Fossa zeigen die wichtigen Formen: Geomys und Spalax. Bei diesen Arten schließt sich die Rinne erst nach vorn an die Fossa an. Den Abschluß der Fossa nach hinten bildet in diesen höchst interessanten Fällen der Meatus auditorius externus und mehr zur Schädelbasis hin der Processus postglenoidalis; oft fand ich auch ein Foramen postglenoidale. Occipital von der Fossa pterygoidea liegt das Petrosum und das Tympanicum sowie die immer sehr große, meist kugelige, oft zellige Bulla auditiva mit dem oft langen knöchernen Meatus auditorius externus. Zwischen beiden, durch Naht und Foramen lacerum anterius und posterius getrennt, schaltet sich ein kräftiges, länglich-quadra- 444 Hermann Höfer, tisches Basioceipitale ein; hinter und seitlich von diesem das Exoccipitale, dann das Occipitale mit dem Condylus für den Atlas, oberhalb dieses das Supraoccipitale. Die soeben ‘erwähnte halbkugelige Fossa von Geomys und Spalax etc., durch welche das rinnenförmige Gleit- oder Schiebe- gelenk der Rodentier zum Scharniergelenk wird, tritt nicht gänzlich unvermittelt auf, sondern es finden sich schöne Ueber- gänge von Andeutungen einer Einsenkung hinter der Rinne an bis zur tiefsten Grube bei Geomys. Die ersten Andeutungen finden wir bei Gerbillus Desm., der äußere knöcherne Rand des Meatus auditorius schließt die Rinne hinten ab; bei Anomalurus eine leichte Grube, bei Pedetes einen Abschluß hinten — Spermo- philus eitillus, Dipus sagitta, Haplodon, Spalax, Geomys. So steigt die Reihe. Unterkiefer. Der Unterkiefer der Simplicidentaten ist von dem der Duplici- dentaten in vielem verschieden. Vor allem ist der Kieferwinkel viel stumpfer (beginnt schon bei Ochotona). Der Condylus steht im allgemeinen nicht so hoch über den Zahnreihen wie bei den Duplicidentaten (am niedrigsten bei Coelogenys, Taf. 21, Fig. 38, bei Rhynchomys [Hydromyinae], Alagtaca [Dipodoidea], Taf. 20, Fig. 23). Hoch steht der Condylus bei Castor, Cricetomys, ziemlich hoch noch bei Sciurus. Ein Processus coronoideus ist fast stets vorhanden, meist hakenförmig ausgezogen (er fehlt bei Myocastor); am gewaltigsten nach oben noch über den Condylus ausgezogen bei Castor (Taf. 20, Fig. 16). Der Processus angularis ist nach hinten ausgezogen ent- weder in der Flucht des Unterkieferkörpers oder nach außen um- geknickt oder abgebogen. Er erreicht seine größte Ausdehnung bei Bathyergus (Taf. 21, Fig. 30); er ist bald quadratisch, bald spitz, bald abgerundet, fehlt fast ganz bei Pedetes (Taf. 20, Fig. 21). Die meisten Simplicidentaten haben eine lose Symphyse. Ueber diese wird im physiologischen Teil im allgemeinen und bei Sciurus noch im besonderen abgehandelt. Mag die Form des Unterkiefers noch so mannigfaltig sein, eins habe ich festgestellt: die Form des Unterkiefers wird durch den Nagezahn diktiert. Das Kiefergelenk der Rodentier. 445 Ich wende mich nunmehr den speziellen Befunden zu: 1. Haplodontoidea. (Taf. 19, Fig. 8 u. 9.) Aplodonta: Sewellels, Gräber in N.-Amerika. Untersucht wurde Aplodon rufus, von dem leider nur 2 Schädel vorhanden sind, 7:5,1 und 7:5,5 cm. Ich fand einen flachgedrückten, breiten Schädel. Die Rinne ist breit, flach, seitlich außen begrenzt durch die senkrecht aufsteigende Wurzel des Jochbogens; sie wird nur von dem Squamosum gebildet, nach hinten und außen ist sie offen, dorsal aber begrenzt durch den Meatus auditorius externus der Bulla, welche in Form einer Pistole mit dem langgezogenen Meatus senk- recht zur Sagittalachse des Schädels steht. Der zweite Schädel (Taf. 19, Fig. 8 links) zeigt vor dem Meatus eine tiefere Grube für den Gelenkkopf. Die Verhältnisse des Unterkiefers und seine Stellung ähneln sehr denjenigen der Duplicidentata. Der Gelenkkopf, höher als die Zahnreihe, tiefer als der Processus coronoideus, tritt hinter dem Jochbogen frei zu tage. Der Processus coronoides steigt neben einer breiten Furche hoch und kantig auf, gemeinschaftlich mit dem Processus glenoi- dalis, der ein deutlich abgesetztes Köpfchen trägt. Der Processus angularis ist nach hinten und unten, besonders nach außen vierkantig herausgebogen. Der ganze Unterkiefer ist breit, flach, kräftig. Die schmelzfaltigen Zähne lassen nur ganz geringe antero- posteriore Mahlbewegungen zu. 1 0) 2 3 Formel: I-C7PrIMz 3 wurzellos. 2. Seiuroidea. (Taf. 19, Fig. 10, 11, 13, 14.) a) Sciurinae b) Pteromyinae c) Nanno-sciurinae. Sciurus. Sammlung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, noch un- geordnet. Große Menge Schädel, meist Sciurus vulgaris (Taf. 19, Fig. 10 und 11). Die Rinne ist breit, nach vorn konvergent, immer 446 Hermann Höfer, nur vom Squamosum gebildet, vorn und hinten offen; seitlich be- grenzt nach außen durch den Jochbogen, der nach hinten zu einem Hamulus ausgezogen ist, seitlich innen begrenzt von der steil an- steigenden medialen Wand des Squamosums. Der Meniscus!) bildet eine sehr deutliche Kappe auf dem Condylus. Im Unterkiefer sieht der sehr kräftige Incisivus, der den Unterkiefer seiner ganzen Länge nach durchzieht, auch vorn noch sehr weit heraus. Foramen mentale um Zahnbreite vor den Molaren. Bei allen Sciurus (auch schon bei fossilen Formen) zeigt der Unterkiefer innen zwei Leisten (Taf. 19, Fig. 11). Die erste entspringt oben am unteren Rand des Condylus und zieht, dem Processus condyloides folgend, schräg nach vorn und unten, wo sie in der Biegung des abgehenden Angulus endigt; von ihr ab nach oben wendet sich eine zweite Leiste zum Alveolarrand der Molaren. Aehnlich verlaufende schwächere Leisten finden wir auch auf der Außenseite. Diese Leisten ent- sprechen teils der mächtigen Alveole des Incisivus, teils dienen sie sichtlich dem Unterkiefer als Verstärkungsbalken. Der nach hinten stark verlängerte Angulus bietet an einer kantigen Crista dem M. masseter vorzügliche Ansatzpunkte. Der Ramus ascendens ist unterhalb des Processus coronoides transversal sehr breit. Der Unterkiefergelenkkopf findet auch in der Ruhelage einen Halt an der Wurzel des Jochbogens. Für die immerhin geringen Mahl- bewegungen greift auch an der vorderen Seite des Jochbogens der Processus coronoides hakenförmig um die Jochbogenwurzel; der Jochbogen liegt in der Incisura seminularis (noch stärker tritt dies bei Castor hervor). Bei der Nagestellung sind die Musculi trans- versarii sicher stark kontrahiert, pressen so die Unterkieferhälften zusammen und, mit den Kaumuskeln vereint, in die Rinne, ver- stärken also die sonst lose Symphyse. Der Unterkiefer hat bei dieser breiten Rinne und bei seiner losen Symphyse eine große Bewegungsfreiheit. Das eigentliche Kauen wird weiter unten ein- gehend beleuchtet. a) Sciurinae. Untersucht wurden Seiurus vulgaris: größter Schädel 8:5 cm; kleinster 4:2 cm. Sciurus cinereus, 7:36 cm. Befund derselbe wie oben. Ebenso ergeben keine Abweichungen: Sciurus anomalus, 5,2:3,2 em; Sciurus japanicus, 4,2:2,8 cm; Sciurus hutsonius, 4:2,3 cm; Seiurus fossor, 6,5: 3,5 cm; Sciurus Aberti, 6: 7,3 cm. 1) Sektion vieler frischer Präparate. Das Kiefergelenk der Rodentier. 447 Dagegen zeigt Sciurus carolineus einen kleinen Hamulus, Sciurus sibiricus, 5:3, eine lange und breite Rinne, Sciurus migratorius hat wohl die breiteste Rinne, bei Sciurus hippurus ist die Rinne medial lang, Sciurus leucomys zeigt nichts Neues. Bei Sciurus giganteus, 8: 4,6 cm, ist ein großer Hamulus vorhanden, die Rinne ist breit, die Foramina orbitalia sind klein. Vorhanden sind noch: Eosciurus affinis, Xerus erythropus, dessen Collum des Proc. condyl. schaufelförmig verbreitert ist, der Angulus aber nach außen um- gelegt; 6,5 :3,3 cm, Fossa 4:4 mm. Bei Xerus leucoumbrinus, 7:3,5, finde ich einen kräftigen langgestreckten Unterkiefer. Zahn- formel: P4M4(!, Herosciurus mit breiter Rinne; ein Erdeich- hörnchen, zeigt die Zahnformel: PIM&(!). Ein Exemplar mit Prognathie hat sehr lockere Symphyse und breite Fossa. Sciurus(?) Madagascar, Orbita nach oben offen, Auge also nach oben gerichtet. (Gräber?) 23:13 cm, kleinster Schädel. Sciurus Ambangula Marızsssen. 5,2:2,9 cm. Die Bulla ist flach; Squamosum medial der Fossa glen. blasig aufgetrieben, der Jochbogen ist hochkantig sehr schmal. Der Processus coronoideus ist höher gelegen als der Condylus. Tamias, Backenhörnchen, mit inneren (echten) Backentaschen. 9 Schädel. P3 fehlt —P1M3. Schädel: 4,6 :2,7 cm, 3,5: 2,1 cm. Spermophiluseitillus, Ziesel (Taf. 19, Fig. 12). Spermo- philus erythrogalus, 4: 2,3. Bulla riesig, 1: 0,8. Der Meatus auditorius externus bildet einen kleinen Vor- sprung und würde so ein Weiterrückwärtsgleiten des Condylus aufhalten, falls nicht die Artikulation der Backzähne schon genügte. Von diesem Vorsprung zieht ein starkes Ligament zum Joch- bogen (Ligamentum zygomatico-tympanicum). Die Fossa glenoi- dalis wird zum Vorwärtsgleiten nie ganz ausgenützt; auch hier ziehen Ligamenta vom Os pterygoides zum Jugale. Viele halb- trockene Exemplare zeigen den starken, straffen Bandapparat. Sie zeigen bei festgeschlossenem Unterkiefer die Nagezähne in den beiden möglichen Stellungen, bald den oberen vor dem unteren und umgekehrt. Das Unterkieferspreizen ist gut möglich, die In- ceisivi nähern sich also nicht so weit, daß approximale Abnutzungs- flächen entstünden. Cynomys, Präriehund, zeigt nichts Besonderes. Arctomys marmota (Taf. 19, Fig. 5), Murmeltier: breite Fossa. Arctomys Bobac, 9,5:6,7 cm; 9:6 cm, zeigt alle Charak- teristika von Sciurus. Bd. XLVII. N. F. XL. 30 448 Hermann Höfer, b) Pteromyinae: Flughörnchen (Taf. 19, Fig. 13). Pteromys nitidus. 32 Schädel. 6,7:4,8 cm; 3,7:2,3 cm. Orbita weit, Jochbogen ausladend. Fossae glenoidales konvergieren stark. Die Rinne ist offen wie bei Sciurus, eine hintere Grenze ist nicht da. Gelenkfläche entsprechend Fig. 5 u. 6, Taf. 19, auch Lage zur Bulla. Unterkiefer gleitet aus der Ruhestellung bis zur Nagestellung bei einem kleinen Exemplar (3,7:2,3 cm) um 5 mm (!) vor. Sciuropterus volans: 4:23 cm; 32:2 cm; 4,3:2,3 cm; 6,2:3,8 cm; große Tiere mit kleinem Schädel. Orbita sehr weit. Am Jochbogen dorsal ein Hamulus. Unterkiefer- Nagezähne ap- proximal sehr stark abgeschliffen. Ligamentum von Jugale zum Meatus auditor. ext. gut zu sehen. Bulla knospenförmig, dreiteilig. Unterkiefer gleicht völlig Sciurus; Processus angularis erleidet eine Beugung und Biegung nach innen. c) Nannosciurinae, Zwerghörnchen, einziges genus:Nanno- sciurus: Es sind 11 Tiere in Spiritus, 4 Bälge, kein Schädel vorhanden, winzige Tierchen. Also für meine Zwecke schwer zu untersuchen. 3. Castoroidea. (Taf. 20% Kig. 15%02 16) Zahnformel: 4.9.1.3. „Praemolares und Molares von gleicher Größe, ja Praemolares noch größer! Canalis orbitalis eng. Unter- kiefer in der Symphyse verwachsen. An den Hinterfüßen Schwimm- häute, der glatte Ruderschwanz trägt Schuppen.“ (WEBER.) Untersucht wurden von Castor canadensis 10 Schädel. 13:10 em; 14:9 cm; 17:12 cm; 12:9,5 cm. Rinne breit, weit, nicht konvergent, sondern parallel zur Sagittalachse des Schädels; transversal breit, doch longitudinal schmal, nur vom Squamosum gebildet. Der steile Ansatz der Jochbogenwurzel ist seitlich an der Bildung der Fossa beteiligt. Der ganze Schädel ist kräftig gebaut. Die im Vergleich zu den übrigen Nagern und im Vergleich zur Größe des Tieres großen Backzähne stehen im Öberkiefer stark schräg nach außen und nach hinten geneigt; im Unterkiefer nach innen und nach vorn oben, die Unterkieferzahnreihe steht breiter als die des Oberkiefers. Die Unterkieferzahnkronen sind rinnenförmig ausgeschliffen. Kauakt völlig nach Art der Rodentia: Aufsperren, Nahrung Einschieben, Schließen und Vorgleiten des Unterkiefers. Der erste untere Prämolar ist nur dorsal abgenutzt, vorn hat er eine schräg ansteigende Spitze, ein deutlicher Beweis für die nur von hinten nach vorn stattfindende Gleitbewegung des Unterkiefers. Die drei kantigen Nagezähne sind mächtig (nur von Geomys im Verhältnis übertroffen). An der Vorderseite sind sie braungelb gefärbt, nicht weiß, wie die blinkenden Waffen des Ebers. Am Unterkiefer ist der kantige Processus coronoides hoch über die Das Kiefergelenk der Rodentier. 449 Condyli emporragend; greift um die Jochbogenwurzel, welche dann in der Incisura semilunaris liegt. Der Condylus ist kurz, breit, kräftig, der Fossa entsprechend. Processus angularis ist nicht so mächtig wie bei vielen anderen Rodentiern, schuppenförmig nach hinten und unten vergrößert. Die Symphyse ist lang und solide, abgehend vom Incisivus in der ganzen Höhe des Unterkiefers; sie bildet nach unten noch eine Spina mentalis interior (Taf. 20, Fig. 16). Castor fiber ist dem C. canadensis völlig gleich. | Ein Leitsatz für die Rodentia (Simplicidentata) ist es, daß die Form des Unterkiefers von den mächtigen Nage- zähnen diktiert wird). 4. Geomyoidea. Taschenmäuse, Nordamerika, mit großen äußeren Backentaschen. Zahnformel: 4.9.1.3 obere Nagezähne gerillt, ähnlich Ochotona. Symphyse lose (Taf. 20, Fig. 17). Geomys bursarius Suaw (Ascomys)?). Vorhanden sind 6 Schädel; ca. 5,5:3,7 cm; 4,5:2,7 cm; 6,5:4 cm. Rinnen kon- vergierend.. An die breite Gleitrinne schließt sich nach rückwärts eine deutliche tiefe, halbkugelförmige Fossa an, die fast vollkommen knöchern umschlossen und nur nach außen wenig offen ist. Es beteiligt sich an der Rinnenbildung wie immer nur die Wurzel des Jochbogen- fortsatzes des Squamosums. An der Bildung der tiefen, runden Fossa beteiligte sich ebenfalls hauptsächlich die Jochbogenwurzel; die aufsteigende hintere Wand der Fossa bildet der Meatus auditorius ext., dessen Oeffnung nach vorn umbiegend nach außen sieht. Da sich bei allen Rodentiern nur noch bei Spalax etwas Aehnliches findet, bilden diese beiden einen sehr schönen wich- tigen Befund. Diesem gleichen fast völlig: Platygeomys, Geomys heterodus, Macrogeomys. Sitzt der Condylus in der runden Fossa, so artikulieren die Molaren genau. Dieser Unterkiefer mahlt leicht und gut seitlich. (transversal) und auch von hinten nach vorn, doch nie — wie man bei dieser runden Fossa wohl annehmen möchte — ähnlich den 1) Wınge nimmt an, daß sich Castor schon früh von den übrigen Sciuromorphen abgezweigt habe; primitivere Merkmale sind: es ist kein Processus postorbitalis vorhanden, Bulla ist hohl u. s. £. 2) GiEBEL, „Säugetiere“, 1859, nennt Geomys auch Sciurospalax; er will damit wohl die allgemeine Aehnlichkeit mit Eichhorn und Maulwurf kennzeichnen, es interessiert uns aber hier dies, da ich Geomys und Spalax als nahe Verwandte infolge ihrer halbkugel- förmigen Fossa bezeichne. 30 * 450 Hermann Höfer, Ruminantiern. Die Oberkiefermolaren sind schwach konvex, die des Unterkiefers daher schwach konkav abgeschliffen. Namentlich die Zähne des Unterkiefers stehen jeder um eine kleine Stufe tiefer als sein Vordernachbar, treppenähnlich nach hinten abfallend, daher kann die ganze antero-posteriore Bewegung nur um eine Zahnbreite erfolgen. Was ist die Nahrung dieser Gräber? Wohl meist Kerfen und deren Larven. Bei Macrogeomys ist die Stellung der Zähne bald isognath, bald anisognath, individuell verschieden; im Oberkiefer von oben- vorn nach hinten-unten gerichtet, im Unterkiefer umgekehrt (Taf. 20, Fig. 18), doch sind alle Zähne gleichmäßig abgeschliffen; Macro- geomys mahlt transversal gut, antero-posterior fast gar nicht. Bei einem anderen Exemplar von Geomys wird die Rinne, vorn eng be- ginnend, oceipital breiter und sinkt dann in die Tiefe zu derselben halbkugelförmigen Fossa, die lateral durch Ligamente, sonst all- seits knöchern umschlossen ist. Der kleine röhrenförmige Meatus auditorius ext. liegt inner- halb und vor einem Processus paroceipitalis, der, oben verstärkt durch eine Crista, gebildet vom Squamosum und dorsalen Teil des Parietale, sich nach außen verlängert und verschiebt. Von diesem Processus geht ein kurzes, starkes Ligament zu einer kleinen seitlichen Platte am Unterkiefer (Taf. 20, Fig. 19). Diese wagrecht unterhalb des Condylus vom Unterkiefer heraus- strebende Platte sprach ich anfangs nur als verstärkten Masseter- ansatz an, doch zeigte ein halbtrockenes Exemplar dies Ligament. So tragen Kiefer und Zahnstellung, runde Fossa und starke Ligamente von allen Seiten dazu bei, das Gelenk zu einem äußerst kräftigen zu gestalten. Zu diesem Zweck muß eine enorme Kraft mit großer Beweg- lichkeit und hoher Stabilität gepaart sein. Thomomys bottae. Eine breite, flache Rinne lenkt die Condylen nach rückwärts in eine halbrunde Fossa (jetzt artikulieren die Molaren). Die Fossa ist nicht völlig knöchern umschlossen, sondern ist nach außen offen. Direkt nach oben bildet auch hier die Wurzel des Jochbogens des Squamosums allein die Grube, nach hinten der steil ansteigende, etwas nach vorn konkav gebogene Meatus auditorius ext. Zwischen Fossa und Bulla bleibt ein Foramen lacerum (post- glenoidale?) offen, dies ist durch Knorpel und Ligamente ver- schlossen, wie einige halbtrockene Exemplare deutlich zeigen. Die Zahnreihen stehen bei Thomomys oben enger (anisognath); die Das Kiefergelenk der Rodentier. 451 Zähne sind nach allen Seiten gleichmäßig abgeschliffen ; transversale Mahlbewegungen gut, antero-posteriore nicht gut. Thomomys perpallidus s. talpoides. 12 Schädel. 4:2,4 cm; 4,5:3 cm; 3,6:2,2 cm; meist halbtrockene Exemplare, deshalb ist gut sichtbar ein Ligamentstützapparat vom dorsalen Ende des Jochbogens zur Bulla, angefügt zum Schluß der seitlichen, kleinen Oeffnung der Fossa, die dadurch zur geschlossenen, tiefen, runden, halbkugelförmigen Grube wird, an die nach vorn sich die Gleitfossa (Rinne), stets mit der anderen konvergierend, anschließt. Dipodomys Gray. Dipodomys, Kängururatte, mit verlängerten Hintergliedmaßen. 17 Schädel, dabei ein einziger Unterkiefer. 3,7:3,2 cm. Die Bulla ist riesig groß und bildet eine steile Rückwand für die tiefe und bogenförmige zweite Fossa, die aber so einen guten Rückhalt für den Condylus bietet. Die Rinnen konvergieren nach vorn. Perognathus: 6 halbtrockene, unbrauchbare Be oberirdisch Schädel lokehr Heteromys: 1 Schädel, 3,2:1,5 cm Wenn WEBER hier schreibt: „Jochbogen und Jugale klein“, so mag dies auf Dipodomys allenfalls stimmen, bei Geomys ist der Jochbogen breitgestellt ausladend zum Tragen der „falschen“ äußeren Backentaschen, wie ich mich hier und stets bei allen in der Balg- sammlung durch Augenschein überzeugt habe. Die Nagezähne, besonders die unteren, sind im Verhältnis zum Schädel und zur Größe des ganzen Tieres hier am stärksten und kräftigsten (Taf. 20, Fig. 18). Zeigt uns dies Genus die größte Abweichung vom Herkömm- lichen der Nagerrinne im Oberkiefer, so ist auch die Form des Unterkiefers eine durchaus abweichende, und oft sehen wir so sonderbare Gebilde, die uns zu verwirren imstande sind, daß wir uns nur an diesen Unterkiefern zurechtfinden, wenn wir uns den von mir aufgestellten, für Rodentia stets geltenden Leit- satz vor Augen halten (s. oben S. 444): Die Form des Unter- kiefers wird diktiert durch den Nagezahn. Der Unterkiefer bei Geomys (Platygeomys, Macrogeomys, Thomomys) hat keinen Kieferwinkel und keinen Processus angularis. Die Mandibula ist wiegenförmig (Taf. 20, Fig. 18). Der Nagezahn (resp. seine Alveole) erstreckt sich dorsal nicht nur bis zum Processus condyloideus, sondern sogar über diesen hinaus, drängt ihn nach innen und bildet einen abgerundeten, warzenähnlichen Fortsatz, dessen Bedeutung ich mir anfangs absolut nicht erklären konnte und dessen Erklärung mir sehr schwer fiel, bis ich an einem defekten Exemplar, bei dem auch noch die Nagezähne lose in der Alveole saßen, diese vermittelst eines eingeschobenen Drahtes nach vorn herausschob. Nachdem ich dies wußte, sah ich den mächtigen Nagezahn in einem zarten Unterkiefer, den ich gegen ein grelles Licht hielt, auch durchscheinen. 452 Hermann Höfer, Da ich von diesen wenigen seltenen Exemplaren doch keines zerstören durfte und ich an eine Röntgenphotographie gar nicht dachte, war ich vordem zu den eigentümlichsten Annahmen ge- kommen. Seitlich außer- und unterhalb des dorsalen Teils der Alveole strebt wagrecht eine kleine Platte heraus, die ich oben für den Anheftepunkt eines Ligamentes in Anspruch nahm; es könnte aber doch auch eine kurze kräftige Portion des Masseter dort noch In- sertion finden (Taf. 20, Fig. 18). Weiter nach vorn sieht man am unteren Rand eine starke Crista für den vorderen Teil des Masseter. Wenn man den Unter- kiefer von vorn betrachtet, so sieht man hier hinter der losen Symphyse die Insertionsstellen für den Musculus transversalis noch aus der Linea mylohyoidea herausgezogen, am besten von allen Rodentiern bei diesem Genus zu sehen; also ist auch der Musculus transversalis sehr stark, welche Annahme auch die stark konver- gierenden Rinnen vollauf bestätigen. Der lange, spitze Processus coronoideus ragt über den Condylus empor und greift über die Jochbogenwurzel hinaus und hinauf. Der Unterkiefer von Thomomys ist nicht mehr wiegenförmig, sondern länger gestreckt. Processus coronoideus dem obigen gleich, wohl noch höher als dort, ragt weit über das Capitulum auf, der Condylus steht nicht viel höher als die Zahnreihen, von der Alveole etwas nach innen gedrängt. Dem allgemeinen Typus nähert sich noch mehr als dieser der Unterkiefer von Dipodomys. Der spitz nach außen abgezogene Processus angularis ragt über den engstehenden Joch- bogen, von unten betrachtet, hinaus; er bildet nach innen-unten und schräg nach außen einen flachen Verschluß und Anschlag von unten an die Bulla; er steht tiefer als der Condylus, dieser wieder steht kaum höher als die Zahnreihen. Auch bei Perognathus ist der spitze Angulus nach außen umgeknickt. Ebenso bei Heteromys, bei dem der Processus temporalis sehr klein und niedrig ist. 5. Anomaluroidea. a) Anomalurus: mit Flughaut. b) Pedetes Ir. (Taf. 20, Fig. 20 u. 21). Südliches Afrika (M #), mit Wurzeln. Symphyse lose. a) Anomalurus WaArerH. 45 Schädel. 6:3,8 cm; 4,4:2,9 cm. Die Rinne ist lang, nach hinten nur nach innen sich zu einer leichten Grube senkend, die durch die breite hintere Wurzel des Jochbogens gebildet wird. Das Collum des Unterkiefers ist hier einmal deutlich ab- gesetzt. Das Kiefergelenk der Rodentier. 455 Idiurus Marscn. 11 Schädel. Rinne nach hinten offen, Ramus ascendens des Unterkiefers verbreitert. 2,7:1,6 cm; 4,7:2,3 cm; 3:1,8 cm; Angulus (Processus angularis) hakenförmig. Idiurus Zenkeri s. Zenkerella, dem vorigen gleich (ohne Flughaut). b) Pedetes caffer Par. 29 Schädel. 9:6 cm; 9,5:6 cm 8,8:5 cm (Taf. 20, Fig. 20). Rinne sagittal schmal, wird nur durch die schmale Jochbogenwurzel gebildet, in der Ruhestellung finden die Condylen dorsal einen Anschlag an die Bullavorderwand, doch ist dies auch nicht stark ausgebildet (vergl. Taf. 20, Fig. 20 links). Fossa pterygoidea (ectopterygoidea) ist gut entwickelt. Der Jochbogen ist in der Mitte sehr kräftig. Der Unterkiefer ist kurz, gedrungen gebaut, der Angulus ist wie abgeschnitten, der Processus temporalis sehr klein. Prämolar und Molaren gleich groß, wurzellos. Die Unterkiefernagezähne ragen nur ein kurzes Stück aus ihrer Alveole vorn heraus (Taf. 20, Fig. 21), man darf aber nicht sagen, die unteren Nagezähne sind kurz, das wäre falsch. 6. Myoxoidea (Myoxiformes). Schläfer, Kletterer, Bilche. „Die meisten Forscher billigen den Myoxoidea eine frühe Abzweigung vom allgemeinen Stamm der Nager zu, sie nehmen so frühzeitig eine selbständige Stellung ein.“ (Weser.) Zähne mit‘ Wurzeln. P4M 32. Graphiurus F. Cvv. u. Georrr. 1 Schädel, 4:2 cm. Rinne lang, schmal, stark konvergierend, Unterkiefer also mit loser Sym- physe. Bei Kopftotallänge, 4 cm, mißt die Rinne 0,4 cm (!), die Rinne wird aber hier und sonst bei anderen (fast) nie ganz ausgenutzt, sondern der Condylus durch Bänder (Gelenkkapsel) am gänzlichen Heraustreten verhindert. Processus angularis ge- dreht: vordere Ecke nach innen, hintere nach außen. Myoxus Schr, Myoxus glis L., Siebenschläfer, 4: 2,3 cm, größter Schläfer Europas. Fossa zeigt auch hier einen ligamentösen Rückhalt, sonst gleich den obigen. Myoxus nitedula Parr. oder nitela, Baumschläfer. Rinnen konvergierend. Muscardinus Kaur. Muscardinus avellanarius, Haselmaus. Kleinster Schläfer. 3,5:1,8 em; 2,5:1,4 cm; 2,5:1,3 cm. Rinnen konvergent. Processus angulares des Unterkiefers hinten, seitlich nach außen-oben und innen gedreht. Die Schläfer ähneln alle Sciurus. Platacanthomys Bryru., in Ostasien. 3,5:2 cm. P, fehlt. Rinnen lang, schmal, konvergierend; oben an der Wurzel des Joch- bogens hat der Condylus hinten einen geringen Anschlag. Aehnelt sehr den Myodes, ebenso Typhlomys M.-Epw. Eliomys Waen,, in Afrika. Eliomys microtus. 3 Schädel, 2,7:1,8 cm. Bulla flachgedrückt, zellig. Eliomys quercinus, Gartenschläfer; halbtrockene Exem- plare, schwer zu untersuchen. 454 Hermann Höfer, 7. Dipodoidea. (Tas: 20, Fig. 22 u. 23,) P+—2M3, ohne Wurzeln, älteren Ursprunges als Myoidea. a) Sminthinae, rattenartige Kletterer; b) Dipodinae, Springmäuse. a) Sminthus Keys. et Bras. Sminthus vagus Parı,. s. Sminthus subtilis Parr. 1,8:1 cm; 1,9:1 cm; winzige Tiere, Fossa tief konvergent. b) Zapus Couks, vacat. Alactaga saliens Cm. (Scirtetes Wacn.) Nordafrika. 4,5:3,2 cm; 2,6:2,3 cm. Alactaga jaculus Scar. 4,6:3,2 cm. Kurze, gedrungene Schädel. Fossa breit, flach, seicht, vorn offen, konvergent, die Bulla bildet an einer kleinen Stelle eine Rückwand. Augen (Orbita) groß, weil Springer. Der Unterkiefer ist langgestreckt, die Alveole des J. reicht bis unter den Condylus, der Processus angu- laris ist gefenstert. Processus temporalis schwach. Dipus sagitta (Taf. 20, Fig. 22 u. 23). 3,3:3 cm. Steppen- springmaus. P* fehlt. Jochbogenwurzel breit ausladend, bildet allein die Rinnen; dlese sind flach, breit, konvergent; an der Vorder- seite der riesigen Bulla zeigt sich eine kleine halbmondförmige Fossa! Da WınGe bereits die nahen Beziehungen erwähnt, die zwischen Dipus und Spalax als primitiveren Formen bestehen, so stimmt der Befund dieser halbmondförmigen Fossa, die ich für die Folge der Ausbildung eines Processus postglenoidalis (retroglenoidalis) halte, damit völlig überein, denn bei Spalax fand ich (ähnlich Geomys) das Doppelgelenk am besten ausgebildet, das hier bei Dipus seine erste Andeutung findet. Der viereckige und mit einer oberen Spitze versehene Angulus ist fenestriert. 8. Myoidea. (Taf. 20, Fig. 24—26.) Hier fehlen nun die Prämolaren gänzlich, auch von den Molaren kann je einer schwinden. P@M3— 3, mit und ohne Wurzel (Taf. 20, Fig. 24—26). a) Spalacidae: Spalacidae stellt Wınae zu Dipodinae, be- dingungsweise auch TULLBERG, was uns hier besonders interessiert, da wir bei Alactaga und Dipus bereits Ansätze zu einer zweiten runden Fossa rückwärts der Gleitrinne fanden. Jedenfalls sind auch sie primitivere Formen. Canalis infraorbitalis weit. Prämolar fehlt. Starke Grabkrallen. Das Kiefergelenk der Rodentier. 455 Spalaxtyphlus Pırı., Blindmaus, ohne Lidspalte. 5:3,8 cm; 4,5:3,8 cm. Die Bildung der doppelten Gelenkfläche ist fast gleich der von Geomys. Die Rinne ist sehr lang (0,5 cm), stark kon- vergierend, occipital breiter und weiter und geht fast unvermittelt in die tiefe halbkugelförmige Fossa über. Diese Fossa wird parietal und oceipital gebildet von einer starken verbindenden Wurzel des Squamosums; in der Tiefe medial wird nun bei Geomys ein Teil der Rückwand von dem Meatus aud. der Bulla gebildet, hier bei Spalax aber grenzt eine deutliche Naht nach innen das beteiligte Petrosum ab, der Meatus auditorius ist nach hinten gedrängt und endet nicht wie bei vielen anderen Rodentiern röhrenförmig, sondern ganz kurz dicht an der Bulla. Bei einigen Exemplaren ist die oft nicht so tiefe Fossa seitlich offen, den Hauptanteil hat aber auch hier stets das Squamosum. Da mich naturgemäß dieser Fund des Scharniergelenkes in diesem zweiten Fall stark interessieren mußte, untersuchte ich das zur Verfügung stehende Material aufs genaueste und fand einige schöne Belege gerade in sonst wohl wertlosen Bruchstücken. Bei einem sehr zertrümmerten Schädel von Spalax konnte man seitlich in die eröffnete Fossa hineinsehen; ebenso war an einem anderen sehr defekten Exemplar die Fossa von unten freigelegt. Bei einem anderen stark zerstörten Schädel fand ich in der Fossa ein Foramen, kann aber nicht den bestimmten Nachweis liefern, daß es ein Foramen postglenoidale ist. Spalax giganteus, 75:6 cm, zeigt eine tiefe Fossa, namentlich medial am meisten ausgebildet, ausgebuchtet, (Petrosum ?) seitlich offen, angeschlossen an eine auffällig lange Rinne. Spalax istricus und Spalax hungarius (4,3:3,2 cm) geben dasselbe Bild einer im Verhältnis (0,5 cm!) sehr langen Gleit- rinne. Spalax microphthalmus (5:4,5 cm) ebenso, Rinne 0,8 cm! Wenn der Processus condyloideus ganz tief in der Fossa sitzt, so stehen die Molaren in richtiger Artikulation in Ruhestellung auf- einander; es können von da aus transversale Verschiebungen statt- finden, vielleicht sogar Rotationen, die aber, da Spalax nur noch 3 Backenzähne besitzt, für ihn keinen großen Wert als reine Mahl- bewegungen haben können. Deshalb komme ich auch hier wieder zurück auf die Nagebewegung oder auf die durch diese runde Fossa ermöglichte Stellung der im Öberkiefer steilstehenden, im Unterkiefer stark nach vorn geschobenen Nagezähne. Wenn nämlich die Kiefer nur wenig geöffnet werden, so stehen sich die Spitzen der zwei Paar Nagezähne genau gegenüber (nicht so bei Geomys; Taf. 20, Fig. 18). Vergleiche auch LusoscHh, Kiefergelenk der Marsupialier und Edentaten (Fig. 21), Pseudochirus, weiter unten. 456 Hermann Höfer, In dieser Stellung kommt das Scharniergelenk am meisten zur Geltung, in dieser Stellung wird die Fossa am meisten benötigt und am zweckmäligsten ausgenützt, in dieser Stellung hat das Gebiß die größte Kraft; auf den ersten Blick erkennen wir hier die Zweck- mäßigkeit der nunmehr hinten festgeschlossenen Gelenkgrube, die ja hier allein zur „Grube“ wird. Ich stehe nicht allein (Weser, BREHM) mit der Behauptung, daß Spalax seine Zähne sogar zum Graben !) verwendet; jedenfalls muß er auch sich ihm entgegenstellende Wurzeln leicht glatt durchbeißen, durchschneiden können, um sich freie Bahn zu schaffen. Die genau gegenüberstehenden Zähne sehen aber fast so aus, als ob Spalax die mit ihnen erfaßte Beute wegschleppen sollte, ähnlich den Oarni- voren, oder trägt er, dem Biber gleich, im Vergleich zu seinem kleinen Körper recht großes Material zum Hausbau herbei? Denn zum Nagen ist diese Stellung der Nagezähne völlig ungeeignet, zum Nagen muß der Unterkiefer wie bei allen Rodentieren stets vorgleiten in die Rinne. Wenn wir uns bei den übrigen Nagern fragten, weshalb kam es zum Schwunde der hinteren Begrenzung der Fossa, und diese Frage später beantworten wollen, so müssen wir uns hier eben fragen: warum ist hier die Begrenzung noch erhalten? Soweit es möglich war, habe ich diese Frage soeben beantwortet; genauere Kenntnis vom Leben dieser Dunkelmänner haben wir nicht. Geomyidae mit seinen nur Afrika bewohnenden Arten sind lebend wohl schwer zu haben; vielleicht könnte man Spalax aus Istrien und Ungarn leichter erhalten, denn nur aus den Gewohnheiten seiner unterirdischen Lebensweise und seiner darum sicher auch modifizierten Ernährung könnten wir Schlüsse ziehen auf dies unter Rodentia einzigartige Scharniergelenk. Siphneus Brants (Siphneus armandi), 7 Schädel; 4,5: 3,2 cm. Die runde Fossa ist tief, seitlich offen, völlig knöchern umschlossen, die Gleitrinnen sind konvergent. Die Fossa entspricht dem Condylus völlig, sie ist nicht rund, fast warzig. Die Zähne sind allseitig abgeschliffen. Hat Spalax in der Fossa glenoidalis die merkwürdigsten Be- funde geliefert, so steht auch der Unterkiefer in seiner extremsten Form etwas abseits vom Gewöhnlichen. Der untere Nagezahn und mit ihm also seine Alveole hat hier die allergrößte Ausdehnung erlangt. Das hintere Ende der Alveole erstreckt sich noch weit über den Condylus nach rückwärts fort und drängt ihn nach innen. (Taf. 20,'Fig.25nu. 26) 1) Auch das Eichhörnchen, das ich lange lebend beobachtete, warf aus der halbrunden tiefen Nußschale mit weitgeöffnetem Unter- kiefer, die unteren Nagezähne als Schaufel benutzend, die dort fest- sitzenden letzten Reste des Kernes wie mit dem Grabscheit grabend heraus. Das Kiefergelenk der Rodentier. 457 Der Kieferwinkel ist hier deutlicher, als bei dem wiegenförmigen Unterkiefer von Geomys. Aus dem Kieferwinkel heraus zieht sich die knöcherne Ansatzplatte des Masseter, bald mehr oder weniger spitz; oft bildet sie nur eine Spitze unterhalb der Alveole und fehlt auch manchmal. Die Alveole für den Incisivus gibt die Form für den Unterkiefer an. Spalax hat eine lose Symphyse; die Differenz der Entfernung der Condylen voneinander, wenn sie inder Rinne ganz vorn oder in der Fossa ganz hinten stehen, beträgt 4 mm. Die beiden unteren Nagezähne stehen meist weit voneinander entfernt, approximale Abnutzung findet nicht statt. Bei den nun folgenden Genera Rhizomys, Tachyoryctes ete. kann ich mich mit WEBERS System nicht ganz einverstanden er- klären, denn keines zeigt bedeutende Anklänge an Spalax; andere stellen sie auch zu den Arvicolinae. Rhizomys Gray, Sumatra. 8,5:6,5 cm; 8:6,5 cm; 5:3,5 cm. Rinne vorn und hinten geöffnet. Bei einem Exemplar fand ich am vorderen Rand der Rinne eine kleine rundliche Aushöhlung, in dieser liegen die Condylen, wenn die Nagezähne senkrecht aufeinander stehen. Diese kleine Grube wurde nur sichtbar durch hier eingetrocknetes (Knorpel-) Bindegewebe. Wahrscheinlich ist diese vordere Begrenzung (durch die Gelenk- knorpel) öfters vorhanden, denn wenn man die Condylen soweit vorschiebt, daß der untere Incisivus vor den oberen articuliert, so stehen die Condylen noch nicht am vordersten Ende der Rinne; diese wird also nicht ganz ausgenützt. Tachyoryctes Rürp. Tach. splendens, Afrika; 4,5:3,5 cm. Rinnen lang; konvergierend; breit. Jugale neben der steil an- steigenden Begrenzung der Fossa (Naht) beginnend. In der Ruhe- stellung sehen die Condylen aber hinter der Jochbogenwurzel heraus. Symphyse lose. Processus temporalis hoch aufstrebend, höher als der Processus condyloides. Processus condyloides be- deutend höher als die Kauflächen der Molaren. Kieferwinkel stumpf, fast rechtwinklig. Nagezähne approximal stark abgenutzt, vorn braun gefärbt. b) Nesomyidae: Madagascar, vacant. ce) Muridae: zu mit und ohne Wurzeln. 1) Cricetinae: Hamster, Zähne mit Wurzeln. Cricetus cricetus L. (C. vulgaris Desw.; frumentarius Parr.), 5:3 cm; 52:3 cm; 4,2:2,6cm; 23:1,4cm (juv.).. Rinne lang, schmal, vorn und hinten offen, konvergent. Gehöröffnung der Bulla direkt neben der occipitalen Oeffnung der Rinne. In der Ruhestellung sieht der Condylus des Unterkiefers hinten- oben und rückwärts hinter der Jochbogenwurzel heraus. Der Processus tem- poralis überragt den Processus condyloides, welcher wenig höher als 458 Hermann Höfer, die Kronenflächen liegt. Die Alveole des Incisivus geht fast durch den ganzen Unterkiefer. Die inneren häutigen (echten) Backen- taschen sind am oberen Rand des Diastema und am aufsteigenden Rand desselben bis an den Alveolarrand, dieser Rundung folgend, befestigt. Bei einem Unterkiefer von 3 cm Länge (Knochen) sind die Taschen 3,3 cm tief, die Oeffnung vorn 0,8 cm im Durchmesser, an der hinteren unteren Seite trägt der Hautsack ein starkes Ligament, welches sich an dem Schultergürtel befestigt, oben am vorderen Rand heftet er sich mit plattenartiger Sehne hinter die Ineisivi des Öberkieferss. Die Taschen werden schon beim Einsammeln der Körner von innen gefüllt, mit den Vorderpfoten nach außen entleert. Ein ähnliches, sehr schönes Präparat befindet sich in GoETHES anatomischer Sammlung im anatomischen Institut zu Jena. Orizomys Baırp. Nordamerika. Rinne lang, hinten und vorn offen, konvergent. Hesperomys WATERH. Derselbe Befund. 2) Lophiomyinae: Lophiomys M. Epw., afrikanische Hügelmaus, vacat. In der Berliner Sammlung ist kein Exemplar vorhanden. Ich fand in dem Sitzungsbericht der naturforschenden Freunde Berlin 1867 einen Bericht von Prrers: „Lophiomys, auch genannt Phractomys aethiop. PETERS, sehr ähnlich dem Hamster; Prrers stellt sie zu den Murini hinter Cricetus.“ Merkwürdig ist dabei die Notitz: „Das Schläfengrubendach gleicht dem der Seeschildkröte“ ! 3) Mierotinae s. Arvicolinae (Agricolinae), Wühl- oder Feldmäuse mit stumpfer Schnauze, plumper als die Murinae. Gräber. Evotomys glareolus ScHkrke. (s. Hypudaeus rutilus, s. Mus rutilus). Obgleich Evotomys insectivor ist, hat er die gleiche Bezahnung wie die anderen Microtinae 2,4 :1,4 cm; 2,2:1,3 cm; 2,2:1,2 cm. Fossa: einfache, gleichmäßige Rinne. Unterkiefer hat ein deutlich ausgebildetes Collum, eine Seltenheit bei der Rodentia, Angulus spitz ausgezogen. Microtus amphibius, 4:23 cm; 2,6:1,6 cm. Fossa wie oben; offen, Rinne. Arvicola arvalis (Mus arvalis), 21:1 cm; tiefere Rinne. Arvicola riparius zeigt nichts Neues. Migrot agrestis L. zeigt nichts Neues. Fiber OCvwv. Fiber zibethicus L. Bisamratte. 7 Schädel; 6,7:43 cm; 5,8:3,4 cm; 6:3,7 cm. Rinne lang, hinten und vorn geöffnet. Die ganze Länge der Rinne wird vom Condylus nie ausgenutzt, es hindert ihn also ein Bandapparat; oft fand ich ein Ligament vom Meatus auditorius ext. zur Wurzel des Jochbogens (Ligamentum zygomatico-tympanicum). Das Kiefergelenk der Rodentier. 459 Unterkiefer: Processus coronoideus nicht viel höher, als der Processus condyloideus. Processus angularis dünn und spitz aus- gezogen. Der aufsteigende Ast unterhalb des Processus coronoideus und condyloideus sehr verbreitert. Lemmus Link, jetzt Myodes Par. Lemmus Lemmus L,, jetzt Myodes, Lemming. Skandinavien; 32:2 cm; vordere Jochbogenwurzel der Maxilla breit, kräftig. Die Rinnen sind lang und laufen parallel, nicht konvergent zur Sagittalachse. Foramen infraorbitale liegt am inneren vorderen Grund des Processus zygomaticus. Myodes obensis: defekt, nichts Neues. Myodes hudsonicus: 1 Schädel, 3:2,1 cm. Unterkiefer Collum abgesetzt, Processus angularis spitz. Der Kieferwinkel ist sehr stumpf. Myodes? 2,8:2 cm; Rinne klein, nicht konvergent, fast parallel. Myodes? 3:21 cm; Fossa lang, seicht, nicht konvergent, fast parallel. Unterkiefer langgestreckt, schaukelförmig; Collum deutlich; Angulus gebogen und spitz ausgezogen. 4) Murinae: 300 Arten. Mus L. 180 Arten (Taf. 21, Fig. 27 u. 28). Mus musculus L., Hausmaus; ganze Länge 9,5 cm, ohne Schwanz. Jochbogen schwach, Jugale kaum erkennbar. Geteilte Gaumenleisten; 2,8: 1,4 cm; 2,7:1,4 cm; 3,4:1,9 cm; 3,5 ::1,7 cm etc. Abmessungen zu winzig, besonders ist der Gelenkkopf nicht mehr zu unterscheiden, auch mit der Lupe finde ich wenig Positives, wenig Brauchbares. Bei der Zartheit der Schädel gibt es viel Defekte. Die Rinnen sind im allgemeinen lang, schmal, ohne beson- dere Begrenzung, konvergent, vorn und hinten geöffnet. Unterkiefer: Processus coronoideus und condyloideus in gleicher Höhe, Ramus ascendens breit. Angulus schwach, nach hinten aus- gezogen. Mus sylvaticus L. Feldmaus; fructivor und insectivor. Bezahnung den anderen völlig gleich. Mus agrarius PıArn, Brandmaus; 24 :1,2 cm; 2:1 cm; Rinne tief. Jochbogenwurzel verbreitert, tritt eng an Squamosa heran. R Mus minutus Par, Zwergmaus. Kleinste Maus; 6,5 cm Körperlänge. Für alle gilt das oben Gesagte. 1,8:0,9 cm; 1,6: 0,8 cm; 18:1 cm; Rinne tief, hinten und vorn offen, konvergent. Mus rattus L., Hausratte. Ungeteilte Gaumenleisten; 4:1,8 cm (Taf. 21, Fig. 27). Gelenkgrube rinnenförmig, flach, ohne deutliche Abgrenzung, hinten und vorn geöffnet, schwach konvergierend. Mol.I ist zweimal so groß wie Mol. II. Mus decumanus Paur., Wanderratte; 45:2 cm. Rinne der vorhergehenden gleich. 460 Hermann Höfer, Unterkiefer: Processus coronoides höher als Processus condy- loides, der Gelenkkopf, resp. dessen Gelenkfläche, eigentümlich klein trotz breitem Collum (Taf. 21, Fig. 28). Mus (faber?). 5,2: 2,8 cm. Befund derselbe wie oben (Taf. 20, Fig. 27 u. 28). Mus alexandrinus. 3,8:2 cm. Befund derselbe wie oben. Cricetomys WATErH. Afrika. DBuschratte. 7,6:3,5 cm; 8:4 cm; 6,5:3,2 cm. Rinne lang, mälßig breit, beiderseits offen. Ein Band vom Meatus auditor. ext. zur Jochwurzel begrenzt die Fossa oceipital. (Ligam. zygomatico-tympanicum.) Gelenkfläche des Capitulums des Processus condyloideus nimmt sagittal die ganze Breite des Collums ein. Angulus kantig. Saccostomys Per. 4 sehr kleine defekte Schädel; größter 3,2:1,5 cm. Collum des Unterkiefers riesig breit. Nesokia gigantea. Rinnen dieselben wie oben. Alveole des Ineis. reicht bis zum Processus condyloideus. Nesokia bandicota Becusr., s. oben dasselbe. Isomys: sehr klein, s. oben. Crateromys: groß, s. oben. Uromys: Rinne sehr lang. Chiruromys, Conilurus, vacant. Otomys (Oreinomys). 4,2:2,5 em. Lange, tiefe Rinne. Unter- kiefer gedrungene Form, Collum mächtig breit, zusammen mit dem niedrigen und kleinen Processus temporalis. Ich habe besonders hier bei Mus (die Sammlung ist noch nicht geordnet) versucht, die Gelenkfläche des Condylus im Profil und aus der Vogelschau in ihrem Verhalten zur Rinne selbst abzu- zeichnen, zu vergleichen — bei allen anderen Rodentiern auch. Die Verschiedenheit ist eine so große, innerhalb der Arten sogar noch individuell verschieden, daß ich weder Reihen, noch bestimmte Regeln auffinden konnte. Das Capitulum ist oft kugelförmig, meist reiskornähnlich- walzenförmig, dann auch vorn zugespitzt in das Collum scharf- kantig übergehend; meine photographischen Aufnahmen geben immerhin noch einigen Anhalt. Was ich in der Literatur (GANZER, WEBER, BREHM, LEUNIS) darüber fand, ist teils falsch und lückenhaft, teils unbrauchbar. 5) Gerbillinae: P4M3, mit Wurzeln. Leben in der Steppe, sroße äußere Ohren, große Augen. Hintergliedmaßen stark ver- längert. (WeEBER.) Rhombomys Waen. 4,55:2,6 cm. Die Wurzel des Joch- bogens (die Squamosa) teilt sich und bildet hinter der kurzen, tiefen Rinne einen seitlichen Halt für den Gelenkkopf des Processus condy- loideus; sie hält auch die riesige Bulla, diese zackig übergreifend. Obere Inecisivi im Vergleich zu anderen Rodentia klein. Das Kiefergelenk der Rodentier. 461 Psammomys ÜRETSCHMAR. Afrika. Sand-Rennmaus (Aegypten). 4,2:2,6 cm. Bulla mehr als ein Drittel des ganzen Schädels! Der Unterkiefer ist vccipital vom Processus condyloideus abwärts aus- gerundet bis zum Angulus und legt sich mit dieser Rundung genau passend an die große Bulla. Derselbe Befund bei Gerbillus. Collum deutlich. Gerbillus Des“. Gerbillus meridianus PAaır. 3,2:1,8 cm; 4,8:2,7 cm; 3:1,8 cm. Rinne tief, stark konvergent, vorn offen, Symphyse lose. Rückwärts ist der nach vorn hamulus- artig umgebogene äußere knöcherne Rand des Meatus auditor ext. am Abschluß der Fossa nach hinten (ocei- pital) beteiligt, vielleicht auch nur als Träger der Ligamente. Fossa nur seitlich nach außen offen; bei festem Schluß der Backzähne sitzt der Processus condyloideus tief in der Rund- fossa. Unterkiefer langgezogen, flach. Processus coronoid. klein. Meriones Iıuıe. Meriones tamaricinus Parr., Schenkelmaus. Rußland. 4:2,3 cm; 3,8:2,2 cm; 3,4:1,8 cm; 2,8:1,6 cm. M 3 oder auch M 3. Rinne tief, stark konvergent. Der Schädel macht mit seinem dünnen Jochbogen und den Haltespangen für die runde Bulla einen ungemein zierlichen Eindruck. Phloeomys (Cumingi), große Tiere. Schädel: 8,2:4,5 cm; 83:4 cm. 5 Schädel. Rinne mehr nach außen an der Innenseite der Wurzel des Jochbogens gelegen, schwach konvergent. 6) Hydromyinae: Hydromys Georrr. Australien. 5,2 :2,8 cm; 6:2 cm. Fossae rinnenförmig, weit vor der Bulla gelegen. Bulla klein, flach. Die Backzähne sind hier schließlich reduziert auf M 2!, ihre Nahrung besteht aus Fischen und Insekten. Der Unterkiefer ist kräftig. Processus coronoid. wenig über den Condylus erhaben. Oberhalb des starken Angulus eine mehr als halbkreisförmige Ausbuchtung. Rhynchomys Tuos. Rhynchomys soricoides, Rüssel- maus. Philippinen. Die an sich schon auf M 2% reduzierten Zähne schwinden auf kleine Stifte zusammen. Schnauze verlängert, Schädel langgestreckt, Jochbogen nach hinten geschoben. 1 Schädel, halb- trocken; 4,5:1,8 cm. Rinne lang, schmal (alles nur schwer zu er- kennen). Unterkiefer langgestreckt, schmal, dünn, schwach. 9. Bathyergoidea. (Afrika.) Bathyergus Irrıc (maritinus). (Taf. 21, Fig. 29 u. 30.) Nur 2 defekte Schädel. 8:5 cm; 6(?):4,2 cm. Unterirdisch lebende, kräftige Gräber, die wahrscheinlich be- sonders mit den starken unteren Incisivi graben. Canal. infra- orbitalis klein, Fossa breit, weit, seicht; innen von der Fossa ptery- goidea im Aufstieg begrenzt, außen ein Absatz des Jochbogens 462 Hermann Höfer, Augen und Ohren reduziert. B. besitzt den schmalsten harten Gaumen. Die 4 starken Backzähne des ÖOberkiefers divergieren nach unten gegen die weiter stehenden konvergenten unteren. Mahl- bewegungsebene schaukelföürmig. Wenn Weser schreibt: „Der M. temporalis erreicht ein außerordentliches Maß“, so kann ich damit nicht in Einklang bringen den sehr kleinen Processus coronoides (Taf. 21, Fig. 30). Hingegen muß der Masseter lateralis ganz enorm sein, da er ja dem enormen Processus angularis des Unterkiefers als seinem Ansatz entspricht; dieser ist nach hinten weit ausgezogen und nach innen zu einer Lamelle umgebogen; sein Abscheiden vom Corpus des Unterkiefers zeigt eine tiefe Einschnürung (Furche) (Taf. 21, Fig. 30). Die Alveole für den Incisivus reicht als starker Wulst bis zum Condylus. Die ganze Strecke vom Processus coronoideus bis zum Condylus (entspricht der hier nicht vorhandenen Ineisura semilunaris) artikuliert gleitend in der Fossa (Taf. 21, Fig. 30). Georhycehus Iruic. 45:26 cm; 5,0:3,3 cm; 5,8:4 cm. 20 Schädel, 5 brauchbar. Fossa sehr breit = 5:5 mm (!), weit, seicht; die leicht ansteigende Fossa pterygoidea begrenzt sie innen, nach außen verflacht sie ohne Begrenzung, sie wird gebildet von dem breiten Ansatz der Jochbogenwurzel. Canalis infraorbitalis klein. Incisivus erstreckt sich nach hinten bis hinter den letzten Molaren, seine halbkreisförmige Alveole tritt mesial vom Auge als Wulst hervor. Unterkieferzahnreihen stehen weiter (breiter) als die im Oberkiefer. Unterkiefer dem vorigen sehr ähnlich. Der Angulus stark nach außen abgezogen. Processus temporalis klein. Condylus ist oval. Heterocephalus Rürr., fast nackt, unterirdisch lebend, vacat. Myoscalops Tnos., sehr breite Fossa, breiter Condylus (defekt). Heliophobius, sehr breite Fossa. 10. Hystriecoidea. a) Hystricidae (Taf. 21, Fig. 31 u. 32). Hystrix L. Hystrix cristata L. Stachelschwein. Kommt vor in den Ländern um das Mittelländische Meer. 68 Schädel; größter 17:8,7 cm; mittel 11:6 cm. P4(=der4.Pr.)M 3. Ein Schädel eines Foetus von H. cristata capens. d leider unbrauchbar für meine Zwecke. Fossa breit, seicht, innen nur schwach begrenzt durch die ansteigende Fossa pterygoidea (sichtbare Naht des Pterygo- ideums), außen begrenzt durch die Wurzel des Jugale, welches von der mit dem Squamosum gebildeten Naht senkrecht aufsteigt. Unterkiefer gestreckt. Processus coronoides schwach, niedriger als der Processus condyloides. Processus angularis meist ziemlich schwach und kurz, manchmal zu einer Spitze ausgezogen. An der Innenseite kann man als starken Wulst die Alveole des Ineisivus verfolgen. (Taf. 21, Fig. 32.) Symphyse fest. H. mahlt antero- Das Kiefergelenk der Rodentier. 463 posterior; bei einigen Exemplaren gering transversal, also individuell verschieden. Hystrix Tunis. dem vorigen gleich. Trielup Günrte. Borneo. 13:6,8 cm; ebenso. Atherura Cuv., in Afrika. 10:5,5 cm. Rinne breit und tief. Fast in der Mitte, doch etwas mehr nach außen, verläuft die Sutur des Jugale. Es beteiligt sich also hier die Wurzel des Jochbogens mehr als bei anderen Rodentia an der Bildung der Rinne. Unter- kiefer langgestreckt, Processus coronoides sehr schwach. Mahlt gut antero-posterior. b) Erethizontidae: Stachelschweine Amerikas, Kletterer. Symphyse fest. Erethizon F. Cuv.: Bezahnung und Zahnstellung gleich Hystrix. Co&ndu Lackr. (Synetheres, Cercolabes F. Cuv., Cercolabes prehensilis.. 51 Schädel. 10:7 cm; 8,5:5,2 cm; 8:5 cm. Rinne innen gegen das ansteigende Pterygoid abgegrenzt. Bietet gegen Hystrix fast nichts neues. Rinnen parallel zur Sagittalebene, also auch Symphyse verschmolzen, fest. Unterkiefer: Collum kurz und breit, Processus coronoideus nur ganz schwach. Processus angularis abgesetzt und ausgezogen. Chaötomys Gray: 2 Schädel, ebenso. Chaötomys Novae-Hispaniae Bkıss: das gleiche. Dinomys Prr. Peru. 14:85 cm. Rinne 1,4 cm breit, innen 1,7 cm lang. c) Caviidae: Südamerika, nördlich nur bis Zentralamerika. „Hufartige Nägel und hohe Beine befähigen sie zu schnellem Lauf.“ (WeEBER.) Coelogenys F. Cuv., früher Paca, jetzt Aguti. Mittel- amerika. (Taf. 21, Fig. 37 u. 38.) 35 Schädel. 14:10 cm; 13,5:9 cm. Dicker Kopf, große Augen, kleine Ohren. Ein überaus merkwürdiger Schädel. P4M% stark gefaltet. Rinne tief, schmal, innen wulstig begrenzt, außen steil begrenzt durch die scharfe, steil aufsteigende Wurzel des Jugale, das so eine Gelenkfläche außen bildet. Das Jugale ist nach unten kiemendeckelähnlich ver- breitert und innen hohl. Wenn aber WeBkr schreibt: „Jochbogen aufgeblasen, umfaßt die weite, innere Backentasche“, so frage ich nur: wie wird diese Backentasche !) entleert, wenn sie vom Knochen fest umschlossen ist? Fast die ganze Oberfläche des Schädels ist eigentümlich gerauht. Pneumatische Räume zum Aufblähen! .(Bei einigen ganz wenigen Exemplaren fand ich diese Rauheiten nicht.) Die starken Backzähne sind rinnenartig ausgeschliffen, also ist nur antero-posteriore, keine transversale Bewegung des Mandibel mög- lich. Unterkiefer: Processus condyloides, Processus coronoides und 1) Breums Bemerkung: „Jochbogen mit Höhle versehen, gleichsam Fortsetzung der Backentaschen, die nur eine Hautfalte bilden“, ist ebenso unklar. Bd. XLVII. N. F. LX, 3l 464 Hermann Höfer, Zahnkronenoberfläche fast in einer Ebene. Processus angularis abgerundet (Taf. 21, Fig. 38). Die Incisivi sind an der Frontseite bräunlich verfärbt. Alveole der Incisivi reicht nicht bis zum Con- dylus, an ihrem occipitalen Ende finden wir das Foramen mandi- bulare post. Symphyse groß und fest. Ein jugendlicher Schädel von Coelogenys ergab keinen wichtigen Befund. 8:4,7 cm. Dasyprocta Iıuıs, früher Aguti, jetzt Paca (Taf. 21, Fig. 33 u. 34). 10,5:5 em; 10:5 cm. Schädel langgestreckt. Rinne tief, konvergent, innen an dem Squamosum länger, außen durch die Wurzel des Jugale des Squamosums gebildet, kürzer. Spitzer, kleiner Hamulus occipital aus der Jochbogenwurzel. Die Zähne des Oberkiefers stehen (anisognath) breiter als die des Unterkiefers. Die transversale Rinne, die die Zähne gegeneinander ineinander ausgeschliffen haben, verläuft nicht geradlinig und nicht in einer Ebene, sondern vielmehr schwach spiralig; auch dies beweist die Beweglichkeit der Symphyse bei Dasyprocta, trotz ihrer Länge, denn beim Vorschieben in diesen tiefen konvergenten Rinnen müssen die Unterkiefercondylen sich einander nähern. (Vergl. die feste Symphyse bei Coelogenys.) Der Processus angularis ist ziemlich lang ausgezogen, scheidet sich durch eine Furche vom Corpus des Unterkiefers. Collum breit, schaufelförmig. Processus coronoides klein (Taf. 21, Fig. 34). Cavia Parı., schwanzlos. Cavia cobaya Marcer., Meerschweinchen, domestiziert. Abstammung noch unbekannt. 56 Schädel, 13 halbtrockene Exem- plare; 7:4,2 cm größte; 6:3,8 cm; 5,2:3 cm; 5,8:3,5 cm. Die Genkfläche bildet eine scharfe Rinne, vorn und hinten geöffnet; kon- vergent zur Sagittalebene. Die Rinne ist innen begrenzt durch eine zur Fossa pterygoidea aufsteigende Leiste des Squamosums, außen setzt die steile Jochbogenwurzel eine Grenze fest. Unterkiefer langgestreckt. Processus condyloides wenig erhaben über die Zahn- kronen, Processus coronoides nur von innen sichtbar, klein, Pro- cessus angularis lang, occipital ausgezogen. Cav. cob., Foetus. 2,8:1,6 cm. Össifikation bereits beendet. Die Rinnen konvergieren so stark, daß die Winkelschenkel bereits in der Höhe der Prämolaren zusammenstoßen. Zur Zahnstellung ist zu bemerken: im Oberkiefer stehen die Zähne V-förmig, nach vorn fast zusammenstoßend, in 2 Bogen. Die fast in einer geraden Linie angeordneten Zähne des Unterkiefers stehen viel breiter. Antero-posteriore Gleitbewegung als Mahlbewegung der Back- zähne scheint schwer möglich, bei einzelnen Individuen aber doch! Transversales Bewegen ist nur schaukelnd möglich. Da Cavia zu vielen Versuchen benutzt wird, war es stets ein beliebtes Objekt zu allen möglichen Untersuchungen, und ich fand in der Literatur über Cavia mehr als über andere Nager; oftmals waren die Angaben unrichtig; man kann bei domestizierten Das Kiefergelenk der Rodentier. 465 Tieren bei allen Beobachtungen nicht vorsichtig genug sein, nament- lich bei allen Beobachtungen am lebenden Tier. Dolichotis patagonica Suaw. Der patagonische Hase (Taf. 21, Fig. 35 u.36). Cavia sehr ähnlich, Schnelläufer; äußerlich durch seine langen Ohren einem Hasen nicht unähnlich. 9,2:4,9 cm; juven. 6,5:3,4 cm. Rinne tief, nach vorn und hinten offen, Be- grenzung genau wie bei Cavia. Von hinten her ausgebuchteter kurzer harter Gaumen. Antero-posteriore Bewegung der Back- zähne gering, transversale möglich t. Die Unterkiefer-Zahnkronen- kauflächen steigen von hinten nach vorn an. Die Kiefer sind also vorn beim Zubeißen am weitesten voneinander entfernt und nähern sich beim Zurückgleiten des Unterkiefers immer mehr. Unter- kiefer: Processus condyloides und Processus coronoides gleich hoch, Processus angularis ein gutes Stück nach hinten ausgezogen. Die Alveole des Incisivus reicht nur bis zur Mitte des Unterkieferkörpers, ist also beträchtlich kürzer, als bei vielen anderen (als Wulst auch äußerlich gut sichtbar). (Taf. 21, Fig. 36.) Hydrochoerus Bekıss. Hydrochoerus capybara FErxu, Wasserschwein. Süd- amerika. 25 Schädel. 4 Embryonen. 24:14,5 cm; größter Nager. Rinne 3 cm lang, 1,6 cm breit. Nach innen steil begrenzt durch steil ansteigende Wand zur Fossa pterygoidea, außen senkrecht be- grenzt durch die Jochbogenwurzel, vorn und hinten geöffnet. Die Rinnen konvergieren schwach oder fast gar nicht. [Dies ist der Schädel der Mutter von Foetus I, s. unten.] Unterkiefer langgestreckt; Processus coronoides schwach; Processus condyloides abgerundet, nach hinten verlängert. Spina interna abgesetzt. Backzähne arbeiten nur antero-posterior. Zahn- fläche schräg nach innen geneigt, abgenutzt. Bei Foetus I, 4,3:3 cm, konvergieren die flachen Rinnen und zwar so stark, daß die Winkelspitze in den Incisivi liegt. Es ist also wohl der Zustand des Schädels mit konvergierenden Rinnen der primitivere. (Taf. 22, Fig. 39 u. 40.) Foetus II, 7:3,9 cm, derselbe Befund. Foetus III, 5:3,1 cm, die Rinnen konvergieren stark, die Spitze des von ihnen gebildeten Winkels liegt bereits im Foramen inci- sivum. Hydr. cap. juvenal. 10:6 cm; Rinne 1,1 lang, 0,6 cm breit. Die Rinnen konvergieren (defekt). Der Foetus hat noch die primi- tive Lage der Jochbogen, der Bulla, der Rinnen. d) Chinchillidae: Südamerika. Chinchilla Bern. laniger, Eriomys, Wollmaus. 3 Schädel; 6:35 cm; 6:3,4 cm; 5,3:3 cm. Die Rinnen sind sehr tief, die tiefsten, die ich gefunden habe, und untereinander parallel; 1) Da bei vielen Nagern die Backzähne wurzellos sind, so sind in den trockenen Schädeln fast alle Zähne ausgefallen und trotz langer Bemühungen oft nie ganz wieder zu reponieren. 51 466 Hermann Höfer, größte zellige Bulla. Der spitze Processus angularis schmiegt sich innig an den äußeren Teil der Bulla, daher ist ein Verschieben ‚des Unterkiefers transversal in Ruhestellung nicht um Haaresbreite möglich, nach vorn geschoben scheinbar aber doch ein wenig, oft sogar gut. Die Zähne sind völlig glatt geschliffen. Antero-posteriore Bewegung sehr gut. Symphyse verwachsen. Die Jochbogenwurzel bildet nach rückwärts eine gerade dünne Rippe (ähnlich dem Hamulus bei Lepus) als Halt und Stütze für den nach hinten ge- zogenen Unterkiefer !). Lagidium Meyen, Hasenmaus. 18 Schädel; 7:4 cm; 9:5 cm. Rinne gleich der vorigen, Unterkiefer ebenso. Lagostomus Brooks, der Viscacha. L. trichodactylus. 6 Schädel; 11,5:7 cm. Rinne innen breiter, außen schmäler; außen tiefer, innen etwas flacher. Die Jochbögenwurzel bildet außen eine steile Wand und umgreift das Capitulum des Processus glenoidalis. Processus coronoides, niedriger als Processus condyloides, ist schwach nach außen umgebogen. e) Campromyidae: Südamerika. Backenzähne mit Wurzeln, tiefe Schmelzfalten. Myocastor Kerr (Myopotamus Georr.), die Biberratte. Myocastor coypus Mor. 13:7 cm; 11,5:7,3 cm. Rinne breit und tief. 1,1 cm lang, 0,9 cm breit, en Könverzenii Die Jochbogenwurzel bildet außen eine Gelenkfläche und um- greift den Condylus; dem entspricht eine kleine Ausbiegung des letzteren. Fossa pterygoidea schwach. Condyli, von oben gesehen, birnförmig. Symphyse fest. Unterkiefer langgestreckt. Processus coronoides fehlt. Am Unterkiefernagezahn ist die vordere Seite braunrot gefärbt. Nagezahn kantig. Aulacodus Temm. (Thrionomys Fırz). Aulacodus variegatus. Aulacodus swinderianus. Südafrika. 40 Schädel; 75:46 cm; 95:7 cm; 7,5:5,5 cm. Rinne innen lang, außen kürzer. M. ptery- goideus int. hat innen am Unterkiefer eine scharfe Ansatzkante, ebenso findet sich am Ansatz des M. masseter außen eine vor- springende Leiste. Kurz vor dem hinteren Ausgang und kurz vor dem Eingang der Rinne verlaufen Bänder als Hemmung beim Vor- und Zurückgleiten des OCondylus. Capromys Ferkelratte, Jamaika. 13 Schädel; 9 : 4,5 cm; 8:4 cm. Rinne sehr lang, 1,3 cm (0,5 breit), außen tief, innen flacher werdend, nicht konvergent. Jochbogen greift um den Condylus.. Zähne nach allen Seiten flach abgenutzt, wie ge- schliffen (Usuren), Ansätze für die Musc. pterygoidei int. (u. ext.) 1) In der Sammlung des Zool. Museums der Universität Berlin (und in allen europäischen Samlungen) ist von amerikanischen Arten weniger vorhanden als von Afrika, Asien und Australien, da die amerikanischen Forscher fast alles far ihre amerikanischen Institute zurückbehalten. (Ebenso bei Lepus Amerika.) Das Kiefergelenk der Rodentier. 467 stark am Unterkiefer und an der Schädelbasis; ebenso für den M. masseter. Processus coronoides kurz, niedriger als der Processus condyloides. Processus angularis aus einer Lamelle nach hinten spitz auslaufend. Gute seitliche (transversale) Beweglichkeit. Symphyse fest. f) Octodontidae, Trugratten. Südamerika. (Taf. 22, Fig. 41 —44. eher DE Bramv., Kammratte. 12 Schädel; 4,5:2,5 cm; 4,8:3,5 cm. Rinnen breit, tief, leicht konvergent, in der Richtung der Fossa pterygoidea durch eine schwache Leiste, nach außen aber kräftig durch die Jochbogenwurzel begrenzt. Bulla groß. Unterkiefer kräftig; der schwache Processus coronoides ragt etwas über den Processus condyloides hinaus (Taf. 22, Fig. 41—44). Der Processus angularis geht weit ausladend nach hinten. Octodon Benn. 4,0:2,3 em; Rinne tief; Bulla groß; Zähne ähneln einer 8. Abrocoma WarerH. 5:2,5 cm. Rinne etwas flacher. Bulla groß. Der Processus angularis läuft nach hinten spitz aus und folgt der Bulla, welcher er sich anschmiegt. Echinomys, lange, schmale, tiefe Rinne. g) Ctenodactylidae: Afrika. Kammratten. Petromys A. Sm. 1 Schädel, defekt. Otenodacetylus Gray (Gundi). 7 Schädel, 4 halbtrockene. 5,5:3,5 cm; 5,5:3,4 cm. Die Rinnen sind breit, kurz, konvergent. P2M3. : ee schwach, langgestreckt. Processus coronoides ist nur eine kleine Lamelle.. Processus angularis lang. Processus condyloides erhebt sich mit dem kleinen Condylus wenig über die Zahnkronen. Pectinator Bıyra. 8 Schädel; 5:25 em. Rinne breit, nicht tief. P2M}3. Processus coronoides kaum angedeutet. Il. Allgemeiner Teil. Zusammenfassung der Befunde und Beziehungen zur Lebensweise der Nagetiere. A. Anatomie: a) Schädel. b) Gelerkrinne. c) Unterkiefer. * B. Physiologie: a) Bezahnung. b) Muskulatur. c) Ernährung und Lebensweise. d) Bewegungen der Gelenke. A. Anatomie. Nachdem wir im deskriptiven Teil die Formen der einzelnen Gelenke kennen gelernt haben, wollen wir — ehe wir auf die Fragen der Einleitung zurückgreifen — uns die Resultate zusammen- 468 Hermaun Höfer, fassend vergegenwärtigen und sie in Beziehung zur Lebensweise und zur Nahrungsaufnahme der Nager setzen. Die Art der Bewegung der Kiefer hat einen bedeutenden Einfluß auf die Form der Zahnkrone. Es besteht eine innige Beziehung zwischen der Stellung der Zähne, ihrer gegenseitigen Lage in den Kiefern und der Form des Kiefergelenkes. Dessen Form regelt aber die Bewegung der Kiefer, die ihrerseits wieder, als von der Art der Nahrung abhängig, das Gelenk beeinflußte. So müssen auch in dieser Arbeit sowohl Lebensweise und Nahrung, als auch Kieferbewegung und Zähne berücksichtigt werden. Alle Merkmale, die uns die Natur an einem Tiere zeigt, müssen wir zur Prüfung seiner phylogenetischen Stellung heranziehen und verwerten. Es gibt alte, solidierte, konservative, und es gibt leicht abändernde Merkmale, z. B. solche, die durch die Lebens- weise eines Tieres hervorgerufen werden. Zu letzteren gehören die hier untersuchten Merkmale. Die Natur zeigt immer Ueber- gangsformen. Solche anatomische Uebergangsformen kann man beim Kiefergelenk überhaupt und auch hier bei den Rodentia finden. Bei Nagern sind diese Uebergangsformen noch nicht untersucht worden. Es kommen Uebergänge vor zwischen der spezialisierten Form des Gelenkes der Rodentier: der offenen Rinne, und einer allgemeinen Form, wie mansiesonstbeiallen Säugern findet: einer occipital geschlossenen Grube. Osteologie der Gelenkfläche und des Schädels im allgemeinen. Für die Ausprägung der spezifischen Nagetiermerkmale ist bei den Rodentiern das Gehirn verhältnismäßig wenig von Einfluß, da das Gehirn im Verhältnis zur Körpergröße bei allen Nagern nicht groß wird. Auch ist das peripherische Geruchsorgan meist nicht sehr entfaltet; trotzdem sind die Schädel der Rodentia mehr langgestreckt als gedrungen zu nennen (gedrungen bei Sciurus, Cavia). Für uns am wichtigsten wird das Os squamosum, da es die Gelenk- fläche für den Unterkiefer darbietet. Selten beteiligt sich vorn oder lateral an der Bildung der Fossa noch das Jugale, noch seltener und darum um so beachtenswerter finden wir (bei Spalax, Geomys, Macro- geomys) noch die Bulla oder den Meatus auditorius externus zu einer oceipitalen und dorsalen Begrenzung herangezogen. Wie weit Das Kiefergelenk der Rodentier. 469 ein Processus postglenoidalis festgestellt werden konnte, ist im des- kriptiven Teil bei den einzelnen Familien hervorgehoben worden. Das Tympanicum ist stets blasig angeschwollen zur Bildung einer Bulla tympanica (Bulla auditiva). Trotz des meist starken Umfanges dieser Bulla bleibt sie ohne direkten Einfluß auf die Gestaltung der Fossa glenoidalis, da ihre Lage bei annähernd gleicher Gestalt der Fossa eine völlig verschiedene sein kann [vergl]. Abbildung von Hystrix (Taf. 21, Fig. 31), Pteromys (Taf. 19, Fig. 13), Bathyergus (Taf. 21, Fig. 29), Castor (Taf. 20, Fig. 15), Coelogenys (Taf. 21, Fig. 37), Cavia, Lepus (Taf. 19, Fig. 3) etc... Schwer zu beantworten ist die Frage nach den Ursachen der mächtigen Bullaentwickelung. Die Bulla ist stets hyperplastisch. Vermut- lich sollen die so entstandenen Lufträume den Schädel erleichtern, was besonders für Tiere mit aufrechtem Gang oder mit hockender Haltung von Wichtigkeit ist, denn die Gräber haben eine kleine Bulla. Die Augen beeinflussen den Schädel der Rodentia in sehr verschiedener Weise: bei Tieren, die sich schnell fortbewegen und deshalb schnell und gut orientieren müssen (Lepus), nehmen ‚sie einen größeren Umfang an; dagegen sind sie bei den unter- irdisch oder mindestens verborgen lebenden Tieren klein, um bei den Gräbern (Spalax ‚„typhlus“) selbst unter der äußeren Haut zu verschwinden. Die Gestaltung der Facies articularis scheint indessen von der Ausbildung der Orbita unabhängig zu sein. Das Maxillare wird für unsere Arbeit insofern wichtig, als es das Foramen infraorbitale trägt, welches sich bei den Ro- sores zum Canalis infraorbitalis vergrößert. Sein Umfang kann gelegentlich den der Orbita selbst übertreffen, da durch ihn eine Portion des Musculus masseter hindurchtritt. Der harte Gaumen ist transversal sehr schmal (am schmalsten bei Bathyergus, am breitesten bei Lepus). Das Jugale ist stets gut ausgebildet, bietet, mit den Processus zygomatici des Squamosums und der Maxilla verbunden, dem Masseter eine kräftige Ursprungsfläche. Durch den verschiedenen Umfang der Orbita wird auch Größe und Form des Jugale verschieden (s. Coelogenys p.). Das Palatinum ist bei den Rodentiern in longitudinaler Richtung schmal (bei Lepus ist der hintere Rand desselben schon in der Höhe der Prämolaren). Das Pterygoid bildet oft eine neben der Fossa glenoidalis gelegene Fossa pterygoidea (Pedetes) für den Ursprung des M. pterygoideus internus; dieser nimmt aber noch öfter seinen Ursprung an dem langen Pterygoid und dessen Hamuli (Sciurus). Das Intermaxillare 470 Hermann Höfer, schiebt sich in mächtiger Ausdehnung zwischen Maxillare und Nasale durch bis zum Frontale; die Größe des Intermaxillare wird bestimmt durch die Größe des oberen Nagezahns und seiner tiefen Alveole. An der Bildung des am weitesten dorsal gelegenen Teiles der Alveole beteiligt sich oft auch das Maxillare. Immer und immer wieder begegnen wir bei Rodentia den großen Veränderungen, welche die Nagefunktion an den verschiedenen Schädelteilen hervorgerufen hat. Die Bildung der Gelenkfläche geschieht also, wie wir gesehen haben, nur durch das Squamosum. Die Gelenkfläche (Fossa glenoidalis) ist bei Rodentia im allgemeinen eine mehr oder minder breite, mehr oder minder tiefe Rinne, die in sagittaler Richtung verläuft; der Unterkiefer-Condylus wird in seiner Be- wegungsfreiheit nur durch Bänder und Muskeln (eventuell durch die Form und Stellung der Backenzähne) gehemmt. Die Bewegung des Unterkiefers ist meist nur von vorn nach hinten gleitend möglich: antero-posteriore oder propalinale Bewegung. Seitliche Bewegung wird dadurch ermöglicht, daß die Gelenkfläche sich transversal weiter ausdehnt als der Condylus breit ist (Castor, Bathyergus). Ohne bestimmte hintere Begrenzung bleibt sie bei Mus und Sciurus, bei Lepus ist sie vorn und hinten völlig offen. Sie besteht hier nur aus der Wurzel des Processus zygomaticus des Squamosums. So oft sich von dieser allgemeinen Regel Ab- weichungen gefunden haben, und dies geschah ziemlich oft, ist es im beschreibenden Teil besonders betont worden. An dieser Stelle möchte ich aber noch erwähnen, daß bei Simplieidentaten die Gelenkrinnen fast immer nach vorn konver- gieren. Dies ist bei lockerer Symphyse des Unterkiefers wichtig, was ich besonders bei Sciurus bewiesen habe. Die Form der Rinne ist oft flach oder tief, einer längshalbierten Walze oder einem Futter- troge ähnlich, fast immer vorn und hinten offen. Eine von der Regel stark abweichende Form der Rinne er- gibt nun mein Befund bei Spalax, Geomys, Macrogeomys, As- comys, Thomomys. Hier fand ich occipitalwärts an die Rinne sich anschließend eine tiefe, runde oderhalb- kugelförmige, seitlich wenig offene Fossa. Diese Fossa wird gebildet in der Tiefe von der Wurzel des Processus zygo- maticus des Squamosums, rückwärts vom Petrosum mit einem Processus postgleneidalis, der sich direkt anschließt an die hier eingebuchtete Bulla oder an den Meatus auditorius ext. Am hinteren oberen Ende der Fossa finden wir das Foramen post- Das Kiefergelenk der Rodentier. 471 glenoidale, das in einen das Squamosum durchziehenden Kanal führt (hierdurch geht die Vena jugul. externa, deshalb auch Foramen jugulare spurium genannt); es führt oft nicht in den Kanal, sondern direkt in die Schädelhöhle; es liegt zwischen Mastoid und Squamosum oder durchbohrt das Squamosum. Dies Scharniergelenk kommt nicht ganz unvermittelt und nicht nur bei Spalax und Geomys zum Ausdruck; es lassen sich unter den übrigen Rodentiern leicht Uebergänge dazu finden. Einige haben nur eine rückwärtige Hemmung in der Rinne, andere zeigen die ersten Andeutungen einer Fossa: beginnend mit Gerbillus DESMm. und Anomalurus, steigert sich die Tiefe der Fossa von einer seichten Grube bei Spermophilus, Dipus sagitta, Haplodon, bis zu derjenigen Größe und Tiefe, wie wir bei Spalax und Geomys ge- funden haben (Taf. 20, Fig. 17, 18 und 24—26). Ein für die Beurteilung des Rodentiergelenkes wertvolles Merkmal ist der Processus postauditorius. Ganz ähnlich sind die Verhältnisse bei den Duplicidentata. In diesem Zusammenhange muß ich nun auf einen anderen Weg hinweisen, auf dem es zur Ausbildung einer geschlossenen Gelenkgrube kommt. Da der Gelenkkopf des Unterkiefers, wie oben im beschreibenden Teil erwähnt, nur nach oben (und seitlich gering) eine Stütze in der Jochbogenwurzel findet (Taf. 19, Fig. 3), so wird er nach hinten und außen durch starke Ligamente gestützt. Am occipitalen Ende des Jochbogens bildet sich nun bei den europäischen Arten von Lepus und Ochoton weniger, mehr aber bei den amerikanischen Arten, welche ja die größere Mehrzahl sind, ein Hamulus. Dieser Hamulus trägt den Anfang des zur Bulla strebenden Ligamentum zygomatico - tympanicum (Taf. 19, Fig. 4). Der Hamulus zeigt sich bei anderen Formen weiter oceipitalwärts ausgedehnt. Sylvilagus hat starke Hamuli, Oryctolagus trägt solche nach innen gekrümmt, bei Conothoa (Ochotona) endlich hat das völlig verknöcherte Ligament als knöcherner Hamulus die Bulla erreicht (s. Textfig. 1 auf S. 439). Diese Befunde bedürfen sicher der Ergänzung durch feuchte Präparate, doch stehen mir amerikanische frische oder frisch- konservierte Köpfe nicht zur Verfügung. Mandibula. Der Unterkiefer setzt sich aus zwei rechts- und linksseitigen Hälften zusammen. Vorn an der Innenseite lingual von den Ineisivi verbindet eine Symphyse die zwei Hälften. Die Symphyse kann fest verwachsen (Castor) oder kann durch Knorpel verbunden, lose bleiben (Sciurus). Außer bei Rodentia findet sich 472 Hermann Höfer, diese lose Symphyse nur bei Macropodidae und Soricidae. Beiallen Nagern, die nach vorn konvergierende Gelenkrinnen haben, und dies ist die große Masse, bleibt die Sym- physe lose. So verschiedenartig uns zuerst die Gestaltung des Unterkiefers erscheint, so leicht und sicher erkennen wir bei näherem Studium einen festen, von mir aufgestellten Leitsatz: Die Form des Unterkiefers wird diktiert vonden gewaltigen Nagezähnen. Der Nagezahn durchzieht den ganzen Unterkiefer bis zum Processus condyloides, ja selbst über diesen hinaus. Ein zweiter Faktor, maßgebend für die Form des Unterkiefers, ist der ver- größerte Ansatz für den Musc. masseter, der Processus angularis des Angulus mandibulae Der Processus angularis (bei Lepus finden wir nur eine Ürista masseterica am stumpfen Kieferwinkel) ist am weitesten dorsal ausgezogen und daher ein gutes Stück hinter dem Processus condyloides gelegen bei Bathyergus, Myocastor und Cavia, spitz bei Coöndu, breit bei Sciurus, quadratisch und fene- striert bei Dipus, seitlich und spitz ausgezogen bei Capromys (s. die Figuren). Außer den eben genannten bemerkenswerten Formen hat fast jedes Genus noch seine eigenen Abweichungen, welche im beschrei- benden Teil nie übergangen worden sind. Wenn jetzt neuere Systematiker (TULLBERG, WINGE u. a.) ihr System auf Lage, Stellung und Größe des Processus angularis aufbauen, so kann ich nach meinen Erfahrungen diesen Gedanken nur als fruchtbar bezeichnen. Der Processus coronoides (temporalis) ist, wie oben schon gesagt, meist hakenförmig ausgezogen und bildet vor dem Processus condy- loides die Incisura semilunaris (groß bei Castor), er wird, wenn die Tätigkeit des Musc. temporalis zurücktritt, kleiner und bildet bei den Duplicidentaten nur noch eine dünne, schwache Lamelle. Die Gelenkfläche des Capitulum des Processus condyloides ist immer auffällig klein, meist einer sagittal gestellten Walze ähnlich, und der Fossa glenoidalis ähnlich, doch ihr nicht immer kongruent (s. die Figuren, cf. Notiz bei Mus). Das Collum des Processus condyloides ist meist kurz, bei Lagomorphae aber transversal ungemein schmal, dabei sagittal ruderblattförmig ver- breitert. Die Condylen stehen nur bei Duplicidentaten sehr hoch über den Zahnreihen, bei den Simplicidentaten erheben sie sich nicht so hoch, stehen aber immer höher als die Zahnreihen, auch wenn sich der Unterkiefer noch so stark streckt. Coelogenys bildet hier die einzige Ausnahme (Taf. 21, Fig. 38), bei ihm stehen Prämolar IV und Condylus in einer Ebene. Wenn ich an dieser Stelle die im Teil I erwähnten Arbeiten einiger Autoren kritisch betrachte, so muß ich besonders hervor- heben: KIJELLBERG, „Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Das Kiefergelenk der Rodentier. 473 Kiefergelenks“, S. 181: „Wenn auch die Gelenkflächen bei einem typischen Nagetierkiefergelenk vollständig kongruent sind, so ist doch die Bewegung des Condylus im Unterschiede zum Verhalten bei den Raubtieren eine vor- und rückwärtsgehende.“ — Nein, die Gelenkflächen sind nicht kongruent. Der Condylus zeigt eben- soviel Variationen wie die Rinne, er macht im allgemeinen deren Veränderung mit, doch ist er ihr niemals oder selten kongruent. Ich hatte eine Menge Condylusköpfchen abgezeichnet und versucht, Reihen daraus zu entwickeln, da aber sogar noch individuelle Verschiedenheiten sich ergaben, habe ich dieses Material nicht veröffentlicht. Die Einpassung des Condylus in die Rinne übernimmt der Meniscus. Auch die Kronenführungslinie, die sonst fast immer maßgebend für die Form des Gelenkes ist, konnte ich hier damit in keinen bestimmten Zusammenhang, der sich einer bestimmten Regel fügte, bringen. Unzutreffend ist nun aber auch KIJELLBERGS Angabe: „Die Bewegung des Condylus ist eine vor- und rückwärtsgehende.“ Allerdings wird der Condylus beim Oeffnen immer vorgeschoben, bei der Kauarbeit gehter aber nurzurück, nicht vor und zurück. — Mit van KAmPpEn (s. Teil I) erkläre ich mich einverstanden und habe in diesem Teil einige darauf bezüg- liche Angaben gemacht. Doch stimmt seine Angabe: „Dieser nach oben gerichteten Verschiebung des Processus zygomaticus folgte der untere Rand des Squamosum und ist dadurch außerhalb des Bereichs des äußeren Gehörganges gekommen“ im ersten Absatz zwar mit meinen Angaben überein, mit dem letzten Absatz habe ich mich aber öfters in Widerspruch gesetzt; er kann nicht aufrecht erhalten bleiben. — ADLOFFs Arbeit erwähne ich dann im Schluß noch einmal, ebenso komme ich auf Ganzers Abhandlung am Schlusse dieses Teiles nochmals zurück. Die Richtigkeit von LusoscHs Bemerkung: „Die Ausdehnung des Squamosums an der Schädelbasis hängt vor allem vom Kauakt ab“, wird durch die von mir gemachten Angaben bestätigt. B. Physiologie. Auf ungeahnte Schwierigkeiten und auf viel Neues stieß ich bei der jetzt folgenden Beschreibung der Kaubewegung der Nager. Vorher ist zum Verständnis des Bewegungsaktes zu erörtern: a) die Bezahnung, b) die Muskulatur, c) die Lebensweise und die Ernährung, dann erst folgt schließlich: d) die Bewegungen des Kiefergelenkes. 474 Hermann Höfer, a) Bezahnung. Wenn auch nach ForsyTH MAJOR „die Bezahnung der Rodentier meist keine derartigen Abweichungen von der der übrigen Säuge- ,‚ tiere aufweist, so daß eine Notwendigkeit für einen den Nagern eigentümlichen Bauplan angenommen werden muß“, so ist doch die Nagestellung, die Nagefunktion des Kiefergelenkes, welche ja beide von den Nagezähnen beeinflußt sind, etwas völlig Allein- stehendes, nur den Rodentiern Eigenes, daß es uns in die Augen springen muß und einen geraden Weg vorzeichnet. Die Zähne der Nager sind schon oft Gegenstand eingehender Forschung ge- wesen. Die Backzähne sind in Form und Stellung so verschieden, wie die Lebensweise und Ernährung ihrer Träger. Die Nage- zähne, gegen deren dominierende Stellung im Gebiß die Back- zähne zurücktreten müssen, bilden das Hauptmerkmal für die Ro- dentier. Es sind nach ADLoFF die seitlichen, kleinen Ineisivi, welche eine derartige Umwandlung und Vergrößerung erfahren haben. Sie sind wurzellos mit offenbleibender Pulpa, permanent wachsend, nur an der Frontseite mit Schmelz überzogen (Aus- nahme: Duplicidentata). Die Form eines Meißels erhalten sie infolge der Art der Abnutzung durch den Antagonisten. Die Krümmung in eine schwache Spirale ist geboten durch die Raumverhältnisse. Im Ober- und Unterkiefer stehen je nur ein Paar Nagezähne bei allen Simplicidentata, im Gegensatz zu diesen haben die Duplicidentata. im Oberkiefer hinter den großen noch je einen weit kleineren Zahn stehen. Zwischen den Nagezähnen und den Backenzähnen ist ein großer Zwischenraum ; dieses Diastema wird (besonders bei Cri- cetus) zur Anheftung der unteren Kurvatur der Backtaschen be- nutzt. (Sehr schönes Präparat im Zoologischen Museum der Uni- versität Berlin.) Der Zahnwechsel der Rodentier ist beschränkt; gewechselt werden nur noch die vor den drei Molaren stehenden dritten (oder vierten) Prämolaren, auch diese zum Teil schon intra- uterin (prälakteal). Die großen Nagezähne haben infolge ihres immerwährenden Wachstums den Zahnwechsel auch schon auf- gegeben, so daß der Wechsel der Zähne der Rosores überhaupt dereinst ganz aufhören wird. KÜKENTHAL hat neben dem Milch- gebiß und dem bleibenden noch ein prälakteares und ein post- permanentes nachgewiesen; durch Verschmelzung zweier ver- schiedener Dentitionen wird ein besseres und vollkommeneres Produkt erzielt. „Während bei einem Teil der Sciuromorphen im Oberkiefer noch zwei Prämolaren zu finden sind, sicher Das Kiefergelenk der Rodentier. 475 aber bei allen im Ober- und Unterkiefer noch ein Prämolar, ist bei Hystricomorphen stets nur einer noch vorhanden; bei den Myomorphen kann auch dieser noch fehlen, ja sogar ein Molar kann der Reduktion anheimfallen.“ (ADLOFF.) So schwankt die & 1.0.23 20%: s Zahnformel zwischen 7.0.1.5 und 1.0.0.2; 50 daß bei den letzten also nur noch 12 Zähne in die Erscheinung treten; dagegen haben L ‚3. 5; ; die Lagomorphen u also noch 28 Zähne. Hieraus kann man neben anderen Bildungsverhältnissen den Schluß ziehen, daß die Lagomorphen älter sind und sich mit den übrigen Rodentiern nicht zu gleicher Zeit entwickelt haben. b) Muskulatur. Masseter. Da bei den Rodentiern die Gleitbewegung, und zwar eine mehr von vorn nach hinten gerichtete Gleitbewegung des Unterkiefers zur Hauptbewegung wird, und außerdem der Masseter beim Nagen die Hauptarbeit übernimmt, so teilt er sich, um bessere Ansätze zu gewinnen und sich besser ausbreiten zu können, in 2—3 Portionen, welche in Schichten übereinander liegen. TULL- BERG unterscheidet einen oberflächlichen Masseter lateralis und einen tiefer gelegenen Masseter medialis. An mehreren frischen Präparaten von Lepus und Sciurus finde ich: Der Masseter late- ralis entspringt mit schmaler Sehne von der vorderen Hälfte und dem unteren Rand des Arcus zygomaticus und inseriert, nach hinten und unten absteigend, an der äußeren Fläche des Unter- kieferkörpers, des großen Processus angularis, resp. an der Crista masseterica und am Ramus ascendens; der Ursprung an der Schädel- basis reicht nasal bis zum Maxillare einschließlich (bis vor die Jugale- wurzel bei Sciurus). Der mediale Teil des Masseter geht vom Jochbogen innen mehr nach vorn und unten zum Unterkiefer, bei Simplieidentata kommen sogar Fasern aus der Orbita, ja vom Maxil- lare und Intermaxillare und ziehen durch das zum Kanal erweiterte* Foramen infraorbitale. Dies angeblich dritte Faserbündel inseriert am oceipitalen Drittel des Arcus zygomaticus und wird von manchen dem Temporalis angegliedert. (ALLEN unterscheidet 4 Lagen des Masseter, deren innerste mit dem Temporalis vereinigt sei.) Der M. temporalis entspringt von der Fossa temporalis und der dorsal-lateralen Wand des Schädels. (ALLEN läßt bei Erethizon, Dasyprocta und Coelogenys die oberflächliche Portion des Temporalis in der Orbita mächtig entfaltet sei. Da seine Tätigkeit 476 Hermaun Höfer, infolge der erhöhten antero-posterioren Beweglichkeit des Unter- kiefers geringer geworden ist, so ist er auch in seiner Größe reduziert; er inseriert am Processus coronoides (s. Processus temporalis) des Unterkiefers, der bei den meisten Simplicidentaten klein, bei den Duplicidentaten zu einer schwachen Lamelle wird; aus ähnlichen Gründen fehlt auch jede den Ursprung des Muskels kennzeichnende Crista auf dem Os parietale und occipitale. Von den Musculi pterygoidei entspringt der M. pterygoideus externusmehr lateral vom Os pterygoideum (und dessen Hamulus), der M. pterygoideus internus aus der Fossa pterygoidea, die er bei einigen Rodentiern merkwürdigerweise durchbohrt, um noch in der Orbita Ansatz zu suchen; beide heften sich an die Innenfläche des Ramus ascendens des Unterkiefers. Nach TULLBERG rotiert der Pterygoideus internus die einzelnen Unterkieferhälften nach außen. Eine ganz selbständige Portion des Musculus mylobyoideus am Unterkiefer hat TEUTLEBEN gefunden: den M. transversus (transversalis) mandibulae. Er tritt nur bei Simpli- cidentaten auf und spannt sich zwischen die zwei beweglichen Unterkieferhälften, hinter der lockeren Symphyse beginnend. Kon- trahiert er sich, so zieht er die zwei Unterkieferhälften zusammen, also, da die Symphyse ein ruhender Punkt ist, die unteren Incisivi auseinander. Nach meiner Meinung hat er eine höhere Bedeutung, als ihm bis jetzt zugesprochen wurde, deshalb mußte ich oben im deskriptiven Teil namentlich bei Sciurus nochmals eingehend auf diesen eigentümlichen Muskel zurückkommen, ebenso bei den Nagebewegungen weiter unten. c) Lebensweise und Ernährung. Bei dem allgemeinen Ueberblick möchte ich an dieser Stelle auch an die Lebensweise der Rodentier erinnern. Im großen und ganzen betrachtet, sind die Nagetiere kleine, höchstens mittelgroße Säugetiere. Der kleinste Vertreter ist die Maus, der größte das Wasserschwein. Ueber ein Drittel aller bekannten Säuger gehört zu den Nagetieren. Sie sind über die ganze Erde verbreitet, besonders zahlreich vertreten in Nordamerika. Ihre Nahrung ist meist dem Pflanzenreiche entnommen: Wurzeln, Körner, Früchte, Pflanzen- stengel und deren Teile; viele sind Allesfresser!). Sie leben auf, unter und über der Erde als Schnellläufer, Gräber, Kletterer, ja als 1) Cf. Ros. Baums, Versuch einer Entwickelungsgeschichte des Gebisses, Leipzig 1882, p. 157 u. 296. Das Kiefergelenk der Rodentier. 47T Flieger (Pteromys, Anomalurus), sieleben am und im Wasser (Biber, Wasserratte, Wasserschwein etc.). Viele von ihnen halten in selbst- gegrabenen Höhlen einen Winterschlaf. Ihre Vermehrung ist eine riesige; wenn nicht verheerende Seuchen unter ihnen aufräumten — ihre zahlreichen Feinde könnten doch kaum mit ihnen fertig werden. Um selbst nach Möglichkeit stets ein lebendiges Bild des Ob- jektes meiner Untersuchung vor Augen zu haben, habe ich in der Balgsammlung des Zoologischen Museums in Berlin das präparierte oder ausgestopfte Tier aufgesucht, um mir den ganzen Habitus zu vergegenwärtigen, denn man muß auch bei dieser meiner Arbeit stets den ganzen Körperbau zum Vergleich heranziehen. Ueberall im Tierreich finden wir einen gewissen Zusammenhang zwischen Nahrung einerseits, Gebiß und Kiefergelenk anderseits. Oft — fast immer — kann man von dem einen auf das andere schließen. Den alten Satz: „Die Kaubewegung folgt aus der Anpassung des Tieres an eine bestimmte Nahrung“ möchte ich — z. B. im Hin- blick auf den zahnlosen Oberkiefer der Ruminantia und deren mächtige Mahlbewegungsmöglichkeit — zuerst folgendermaßen ver- ändern: „Die Kaubewegung folgt aus der Anpassung des Tieres an eine bestimmte Art des Erwerbs der Nahrung.“ Weiterhin möchte ich ihm folgende auf Rodentia passende Form geben: „Die Nagebewegung folgt aus der Anpassung des Tieres an die Not- wendigkeit, auf einem bestimmten Weg den Erwerb der Nahrung zu ermöglichen.“ Denn die Maus durchnagt Wände und Türen, um zu ihrer Nahrung zu gelangen, der Biber zernagt Bäume, um die feine Rinde zu verzehren (und sich seine Burgen zu bauen). Sehr interessant war mir im Zoologischen Garten ein ganz frisch von Castor in der charakteristischen zugespitzten Form benagter Baumstamm. Frische Späne lagen daneben. Es müßte fest- gestellt werden: wie lange braucht ein Biber, um einen Baum von 15 cm Durchmesser durchzunagen und zu fällen. Seine Nage- kraft muß eine immense sein! Da der Biber sich von Cellulose (neben Rinde etc.) ernährt, bilden seine „Burgen“ nicht nur Zu- fluchtsstätten beim Steigen des Wassers, sondern zugleich seine Vorratskammern. — Das Eichhörnchen schneidet Löcher in die harte Schale der Nuß und der Buchecker, um zu dem Kern zu gelangen, Erethizon zerbeißt die harte Schale der Früchte, der Hase den Cellulosepanzer der Getreidekörner und den Quarz- schutz der Gräser, die Gräber endlich beseitigen mit den Nage- zähnen jedes sich ihnen entgegenstellende Hindernis auf ihren unterirdischen Wegen. Keineswegs will ich behaupten, daß sich 478 Hermann Höfer, die Nager nur auf das Nagen beschränken, sondern ehe sie ihr spezialisiertes Gebiß und Gelenk besaßen, hatten sie die Möglich- keit, mannigfache andere Leistungen trotz der Nagezähne zu lernen und zu vollziehen. Das den Säugern eigentümliche, spezia- lisierte Drehgelenk zwischen Atlas und Epistropheus, dessen stammesgeschichtlicher Ursprung von GAuPpP beleuchtet worden ist (Vortrag in den Verhandlungen der Anatomischen Gesellschaft, XXII. Versammlung in Berlin 1898: „Ueber die Kopfgelenke der Säugetiere und des Menschen in morphologischer und funktioneller Beziehung“), erhält bei Rodentia eine Verschiebung: nämlich die Stellung des Kopfes in einen Winkel von 90° auch zum Graben geeignet, ähnlich Talpa. Bei Rodentia möchte ich hierzu auf die allen mir bekannten lebenden Vertretern eigentümliche Hock- stellung aufmerksam machen: der Hase macht Männchen, die Maus und die Ratte sitzen, gestützt durch den Schwanz, auf den Hinter- pfoten; ähnlich, doch ohne Schwanzstütze, die Eichhörnchen; die Murmeltiere, der Präriehund (Cynomys) und viele andere sichern stets sitzend; Dipus legt sogar die Vorderpfote beim Springen so an die Brust, daß es aussieht, als ob er nur zwei Füße habe, daher sein Name; der Biber hat diese aufrechtstehende Haltung auch bei der Begattung und den vorangehenden Liebesspielen inne. die großen Vertreter: Hydrochoerus, Dolichotis sitzen, mit den Vorderpfoten aufgestützt, in einer ganz eigentümlichen Stellung da, u. s. f. Diese Hockerstellung bedingt vielfach eine andere Einwinkelung des Kopf-Halsgelenkes. Sie hat wahrscheinlich auch Bedeutung für unsere Betrachtungen, indem sie das Kiefergelenk beeinflußt, doch konnte ich, da mir meist nur Schädel und nicht ganze Skelette zur Verfügung standen, darüber nichts Genaueres ermitteln. d) Bewegungen des Gelenkes. Das schönste Modell für eine Demonstration der Funktion der Nagezähne erhalten wir, wenn wir die nach unten gebogenen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand gegen die nach oben gebogenen gleichen Finger der linken Hand bewegen ; wir können so sehr schön alle Nagestellungen der Kiefer nachahmen. Zum Zweck des Nagens können sehr verschiedene Bewegungen gemacht, die Zähne (und also die Kiefer) in sehr verschiedene Stellungen gebracht werden. 1) Das Tier haut oder hackt die oberen Ineisivi in den zu be- arbeitenden Gegenstand; der Oberkiefer steht fest, der Unterkiefer bewegt sich mit den Ineisivi schabend gegen den fixierten Oberkiefer. Das Kiefergelenk der Rodentier. 479 2) Bei geringeren, dünnen oder runden Gegenständen arbeiten Ober- und Unterkieferzähne gleichzeitig schabend, kneifend, der Kiefer wird dabei nicht so weit geöffnet wie bei 1. 3) Auch der Unterkiefer kann zuerst eingehakt werden; um die oberen Ineisivi dann zur Wirkung zu bringen, muß der Kopf gegen den Unterkiefer bewegt werden. Es können bei 1—3 jedes- mal die oberen oder die unteren Zähne vor ihre Antagonisten treten. Ferner muß das Tier die unteren Zähne, um sie lingual, wo sie keinen Schmelz haben, meißelförmig zu neuem Gebrauch immer wieder anzuschleifen, vor die oberen bringen und an deren schmelzgepanzerten labialen Seiten wetzen, und umgekehrt, denn die Nagearbeit macht sie schnell stumpf. Sehr kompliziert wird nun noch die Nagebewegung bei Tieren mit verschieblicher Sym- physe Alle Tiere mit verschieblicher Symphyse haben konvergierende Gelenkrinnen. Warum? Ein in der Symphyse mit seinen beiden Hälften verwachsener Unterkiefer kann sich in konvergierenden Rinnen mit seinen fest- stehenden Condylen nicht nach vorwärts bewegen. Konvergierende Rinnen hätten gar keinen Zweck bei feststehenden Unterkiefer- hälften, also bei transversal unverschiebbaren Condylen, die der durch die Richtung der Rinnen dargebotenen nach vorn konver- gierenden (und nach hinten divergierenden) Leitung gar nicht folgen könnten. Zur Nagestellung wird der geöffnete Unterkiefer vorgeschoben, dabei werden in den konvergierenden Fossae die Condylen und damit die zwei Unterkieferhälften zu- sammengerückt, die Spitzen der langen Incisivi also von- einander entfernt, denn die Symphyse ist hier der ruhende Punkt. Das Vorschieben besorgen die Musculi pterygoidei externi und die vordere Portion des Masseter. Sie unterstützt jetzt der sich hinter der Symphyse zusammenziehende Musculus transversus mandibulae, denn der sich kontrahierende Muskel zieht die zwei beweglichen Unterkieferhälften zusammen, was sie wiederum nur dann können, wenn die Condylen in den konvergierenden Fossae, nach vorn gleiten. Beim Kieferschluß treffen nunmehr die Spitzen (Schneiden) der unteren Nagezähne auf die schräg nach oben keil- förmig abgeschliffenen Rückflächen der oberen ; je mehr der Kiefer sich schließt, desto mehr wird der Unterkiefer zurückgedrängt und wieder in die nach hinten divergierenden Rinnen gepreßt. Die zwei Unterkieferhälften, den Condylen folgend, werden also sinn- gemäß auseinandergedrängt; infolgedessen nähern sich aber die Spitzen der Incisivi einander. Bd. XLVII. N, F. XL. 32 480 Hermann Höfer, Deutlich sehen wir den Erfolg dieser ungemein komplizierten Bewegung: die haarscharfen unteren Incisivi werden gegen die: oberen Ineisivi gepreßt, aber gleichzeitig schräg gleitend und schneidend nach innen zusammengezogen. Die Bedeutung dieses ebenso kräftigen wie feinen Mechanismus scheint die zu sein, den Tieren mit beweglicher Symphyse eine breitere Fläche für die Bewegung zugänglich zu machen. Daß es sich hierbei um nicht unbeträchtliche Zahlenwerte handelt, zeigt ein Beispiel, wo die Condylen eines 3 cm langen Unterkiefers 2,4 cm weit auseinanderstanden, wenn sie sich hinten am Ende der Rinne befanden; dagegen waren sie auf 2 cm zusammengetreten, wenn der Unterkiefer nach vorn vorgeschoben wurde. Doch ist die Differenz nicht bei allen Tieren so bedeutend. Die Frage: Haben alle Tiere mit konvergierenden Rinnen und loser Symphyse auch den Musculus transversus? kann man nur mit vielem guten, feuchten Material beantworten, dessen Beschaffung bei vielen Arten wohl unmöglich ist. TULLBERG schreibt ihn allen Simplieidentaten zu, er sei aber nur bei loser Symphyse gut ent- wickelt. Interessant ist die Tatsache, daß die ähnliche Wirkung bei verschiedenen Ordnungen der Säugetiere vorkommt, aber augen- scheinlich mit verschiedenem Mechanismus. Z. B. fehlt bei den Macropodidae unter den Marsupialiern ein Musc. transversalis mandibulae. Die Annäherung und Entfernung der unteren Ineisivi erfolgt hier nach Murıe und BARTLETT durch die Aktion des inneren Flügelmuskels, was Lugosc# (l. c. p. 598) als nicht ganz zutreffend nachgewiesen hat. Nach diesem Autor wirken hier die lateralen Masseterportionen, die sich vom Kieferwinkel zur Schädel- basis erstrecken, so, daß die beiden Anguli aneinander gepreßt werden. Ueber Sorex ist nichts bekannt. [Man könnte meinen, die beiden unteren Incisivi würden bei der Beweglichkeit der Unterkieferhälften zueinander approximal Abnutzungsflächen aufweisen: erstens stehen sie aber oft so weit auseinander, daß sie sich überhaupt nie berühren, und zweitens werden ja alle sich berührenden Zähne approximal abgenutzt, da sie ja alle beweglich in der Alveole stehen. Es sind also approximale Usuren der Ineisivi kein Beweis für lose Symphyse.] Die aus den anatomischen Einrichtungen erschlossenen, oben beschriebenen komplizierten Kau- und Nagebewegungen sind am lebenden Tiere der Beobachtung ungemein schwer zugänglich. Ich habe im Zoologischen Garten lange bei der Nahrungsaufnahme ver- schiedener Nager zugesehen. Ich hatte lange Zeit Hasen und Meer- Das Kiefergelenk der Rodentier. 481 schweinchen, ebenso Eichhörnchen in Pflege, zuletzt schaffte ich mir Mäuse an und setzte sie zur Beobachtung in einen Kasten ganz aus Glas. Mit Sicherheit ließen sich die erwähnten Be- wegungen nicht feststellen, so daß die physiologischen Beweise für die Deduktionen aus den anatomischen Einrichtungen noch zu erbringen sein werden. Nicht alle Simplicidentata haben eine lose Symphyse. Deren Kauakt wird also anders als jener ablaufen. Auch gibt es zahl- reiche Abweichungen in der Zahnstellung und Bezahnung überhaupt (Isognathie, Anisognathie), ferner Altersunterschiede, sodaß große Mannigfaltigkeiten beim Gebrauch des Gebisses obwalten, deren Verfolgung aber nicht im Rahmen des Arbeitsplanes lag. Wir kommen zur Beantwortung der Frage, inwieweit gegen- über den antero-posterioren Bewegungen transversale Bewegungen im Kiefergelenk der Nager möglich sind. Die Gelenkfläche scheint solche zuzulassen (vergl. den deskriptiven Teil), doch oft ist trotz breiter, nicht scharf begrenzter Gelenkfläche eine transversale Be- wegung nicht möglich. Die Abnutzungsfläche der Zähne läßt oft — doch nicht immer — einen sicheren Schluß auf die Form und Bewegungsmöglichkeit der Gelenkfläche zu. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, habe ich jeden einzelnen Fall genau geprüft und meine Ergebnisse in Form einer Tabelle niedergelegt. Tabelle für Gleit- und Mahlbewegungsmöglichkeit der Backzähne. Für Simplicidentata. | Gleit- Mahl- bewegung bewegung Bemerkungen möglich ? | möglich ? 1. Alagtaca jaculus ja — in den Zähnen: Rinne aus- geschliffen 2. Agouti ja bei großen | Zahnkronen in einer spi- Exemplaren raligen Rinne ausge- schliffen (Taf.21, Fig. 33), 3. Arctomys marmota nein gering Artikulation sägeartig 4. Atherura ja, gut - 5. Aulacodus ja E= Rinne in den Zahnkronen (Trionomys) ausgeschliffen 6. Bathyergus ja? ? nur 2 Schädel, eventuell Rinne 7. Capromys ja ja Zahnkronen glatt ge- schliffen 8. Castor ja (gering) ja beachte im Unterkiefer Prämolarenschliff 9. Cavia schwer, nur schau- | anisognath einzelne ja kelnd 32 * 482 Hermann Höfer, 10. re 12, 13. 14. 15. 16. Ur: 18. ieh 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. a. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 3. 40. 41. 42, 43. 44. Gleit- Mahl- bewegun bewegung möglich möglich ? Chinchilla ja ja Coendu ja, gut gering Ötenomys ja % Cricetomys ja nein Dipus ja nein Dipodomys ? ? Dolichotis patag. gering ja Echimys ja — Erethizon ja ja, bei einigen Exemplaren Geomys ? ja, vortreff- (Ascomys etc.) lich Georychus ja ja Haplodon ja, gering — Hydrochoerus ja — Hypogeomys ja ja Hystrix ja ja? Lagidium ja Ja (Chinchilla) Lagostoma ja ja? (Viscaya) Macrogeomys ja ja Myopotamus ja ja Myocastor Myoscalops unsicher ? Nesomys ja ja Octodon ja ja Pectinator nicht gut ja Pedetes caffer nicht gut ja Perognathus _ — Placothomys ja — Rhizomys ja (schwer) ja Saccostomys, s. 13 ja — Sciurus _ nur schaukelnd Spalax schwer schwer Sminthus unentschieden unentschieden Tachyoryctes ? ja Thomomys ? nein ja, gut Trionomys, s. 5 ja — Viscaya, s. 26 ja ja? Bemerkungen Zahnkronen flache Usuren in den Zahnkronen Rin- nen ausgeschliffen in den Zahnkronen Rin- nen ausgeschliffen kein Material da Unterkieferzähne Prä- molaren am längsten individuell verschieden individuel verschieden Zahnkronen flach ge- schliffen s. Capromys Zahnkronen glatt ge- schliffen isognath kein Material für diese Tabelle ähnlich Cavia in den Zahnkronen Rin- nen ausgeschliffen sehr kleine Formen in den Zahnkronen Rin- nen ausgeschliffen Das Kiefergelenk der Rodentier. 483 Ist aber eine transversale Bewegung des Kiefers möglich, so ist oft ein Mahlen unmöglich wegen der Form und der Stellung der Zähne. Eine transversale Bewegung braucht noch kein „Mahlen“ zu sein. Dies ist ja hier physiologisch leicht begreiflich, da die Nagezähne die Hauptleistung haben. Leider kam ich nun am Ende zu dem Schluß, daß die Auf- stellung der Tabelle fast unnütze Mühe war, denn die Kau- und Mahlbewegung tritt bei Rodentia gänzlich zurück gegen die dominierende Nagebewegung im Kiefer- gelenke. Dies ist derselbe Schluß, den ich oben bei Vergleich der ge- waltigen Nagezähne gegenüber den schwachen, oft wurzellosen Backzähnen bereits festgelegt habe; man denke hier auch an die Reduktion der Backzähne bis auf M 2! (bei Ichthyomys). Gewiß haben auch die Backzähne keine große Arbeit mehr zu verrichten, da die Nagezähne dünne Späne aus der Nahrung herausschaben. Nach dieser Aufstellung kann ich mich nicht mit allem einverstanden erklären, was H. GANZER in seiner Abhandlung: „Ueber die Bewegungsbahn des Unterkiefers, insbesondere beim Menschen und bei den Nagern“ geäußert hat. Oben habe ich schon bewiesen, daß man nicht sagen kann: „beim Kauen und Zerkleinern der Nahrung erfolgt bei allen (!?) Nagern eine aus- gesprochene Transversalbewegung“. Richtig ist aber sein Satz: „beim Beißen (?) und Nagen wird der Unterkiefer beim Oeffnen des Maules nach vorn geschoben, beim Schließen nach hinten gezogen“. Ebenso bin ich einverstanden mit: „beim Kauen findet eine Knirschbewegung in transversaler Richtung statt“. Dies paßt oft, besonders für isognathe Bezahnung tragende Tiere. „Eine Kaubewegung in longitudinaler Richtung besteht nicht.“ Einverstanden. Doch sind bei No. 1, 5, 13, 17, 43 longi- tudinale Rinnen in die Zahnkronen eingeschliffen. Sonst fand ich noch mehrere Irrtümer. GANZER macht darin Fehler: Be- obachtungen am lebenden Tier, Schlüsse aus Funden bei do- mestizierten Tieren, besonders Cavia, Versteifung auf fast nur eine Art, vielleicht durch Inzucht einander ähnlich gewordener Verwandter. Trotzdem sind in seiner Arbeit sehr gute, lehrreiche Momente. 484 Hermann Höfer, Il. Teil. Ergebnisse und Schluss. Kommen wir nun zu der Frage der Einleitung zurück: auf welchem Wege und zu welchem Grunde kommt es zur Bildung der Rinne und zum Schwunde der hinteren Begrenzung der Fossa bei Rodentia?, so gewinnen wir aus dem bisherigen Material eine ziemlich sichere Vorstellung vom Wesen dieses merkwürdigen Pro- zesses. BRANCA ist der einzige, der in seiner Schrift: „Art und Ursache der Reduktion des Gebisses bei den Wirbeltieren“ (s. Teil II) es versucht, die Gelenkfläche der Nager von einer älteren Form herzuleiten. Er gibt an: dadurch, daß die großen Nagezähne wuchsen, mußten sie den Unterkiefer nach hinten drängen. Dieser Druck schiebe den Processus condyloides nach rückwärts über den Processus postglenoidalis; durch diese immer wiederholten Anstöße werde so der Processus postglenoidalis nach rückwärts gedrängt und schließlich zum Verschwinden gebracht. Die Ansicht, die dieser Auffassung zugrunde liegt, ist durch meine bisherigen Darstellungen als irrtümlich nachgewiesen, denn die für die Nager charakteristische propalinale Bewegung führt den Unterkiefer, gegenüber universelleren Formen, nicht in ab- normer Weise nach rück wärts, sondern nach vorwärts. Mithin kann von einer Usurierung der hinteren Begrenzung und von einer stammesgeschichtlich erfolgten Durchreibung derselben schwer- lich die Rede sein. Der Auffassung von BrAncA gegenüber würde sich aus meinen Untersuchungen eine andere von der Rückbildung der hinteren Gelenkbegrenzung geltend machen lassen. Nicht in der Ruhestellung der Zähne, sondern im Gebrauch liegt der Anlaß für die Veränderungen in den Gelenkflächen ; denn um die Incisivi beim Gebrauch in Artikulation zu bringen, bedarf es einer starken Vorwärtsbewegung des Unterkiefers, und durch diese wird die Artikulation der Molaren gelöst. Es leuchtet ein, daß der als Gelenk-„Rinne“ beschriebene vordere Bezirk am Squamosum eine Anpassung darstellt an die abnorm weit nach vorn tretenden Ineisivi des Unterkiefers. Diese Bildung einer Rinne ist ein Aushilfsmittel der Natur, um herauszukommen aus den Schwierigkeiten, die entstanden sind durch die Verlängerung der Incisivi und der ursprüng- Das Kiefergelenk der Rodentier. 485 lichen Gestalt der Gelenkfläche. Sehen wir nun bei den meisten Simplicidentaten eine Hemmung dann eintreten, wenn der Gelenkkopf am hinteren Ende der Rinne steht, so hat sich offenbar während der stammesgeschichtlichen Entwickelung der Nagetiere eine andere mehr vorn gelegene Hemmung durch zweckmäßige Stellung der Molaren ausgebildet. Den Anlaß hierfür kann man in der mehr und mehr spezialisierten Kautätigkeit der Rodentia erblicken, denn im II. Teil habe ich bereits nachgewiesen, daß die Kautätigkeit (besonders das Mahlen) zurücktritt gegen die über- wiegende Nagetätigkeit. So wird eine hintere Begrenzung des Gelenkes, wie wir sie bei Spalax finden und wir sie uns bei der Urform der Rodentier sicherlich als vorhanden vorzustellen haben, entbehrlich, sowohl als Hemmung für das Zurücktreten des Condylus, als auch als Drehpunkt für die Mahlbewegung. Ihr Schwund erfolgt nach den Ergebnissen meiner Untersuchungen durch Inaktivitätsatro- phie und nicht durch Druckusur (Durchreibung). Durch diese Betrachtungsweise würde auch die Gelenkfläche bei den Nagern die bei den übrigen Säugern gemachten Er- fahrungen bestätigen (s. Lußosch, Morphol. Jahrbuch, Bd. XXV), daß alle Veränderungen in der Gelenkfläche Veränderungen des vorderen Teiles derselben sind, die als Facies praeglenoidalis weitgehendster Anpassung fähig ist, gegenüber der konservativeren stammesgeschichtlichen ältesten „Fossa“ glenoidalis. Im vor- liegenden Falle bildet die Facies praeglenoidalis sich zur Gelenk- rinne um, während die Fossa fast allgemein der Rückbildung unterliegt. Als Ausgangspunkt dieser Umbildung des Kiefer- gelenkes hätten wir ein Gelenk anzunehmen, in dem beide Teile: Rinne und Fossa gleichmäßig ausgebildet vorhanden gewesen wären. Es erhebt sich die Frage nach den Stützen, die unsere Annahme in dem vorhandenen Material findet. Paläontologisch läßt sich direkt nichts darüber feststellen, weil fossile Gelenk- flächen ältester Rodentier nicht vorhanden sind. Ich nehme an dieser Stelle Gelegenheit, hier in der Fußnote!) ganz kurz zu- 1) M. Scutosser beginnt seine umfangreiche Abhandlung „Die Nager des europäischen Tertiärs“ mit dem Satze: „Unsere Kennt- nisse der tertiären Nagetiere lassen noch immer ziemlich viel zu wünschen übrig“. Es sollen daher auch nur einige Zitate von ihm hier Platz finden. „Pseudosciurus lenkte nicht nur das Interesse SCHLOSSERS, sondern mehrerer anderer Forscher, z. B. Corps, auf sich; sie ver- gleichen seine Backzähne mit denen von Phascolarctus cinereus. Dafür, 486 Hermann Höfer, sammenzustellen, was aus Arbeiten verschiedener Forscher, die sich mit der Paläontologie und Genealogie der Nager beschäftigt daß der Nagezahn kein Caninus, sondern ein (kleiner) Ineisivus ist, führt ScHLossER sehr richtig seine Stellung im Intramaxillare an.“ Ferner: „Die herbivoren und omnivoren Marsupialier haben im Ober- kiefer drei, im Unterkiefer je einen Schneidezahn, dessen Pulpa (Alveole? der Verfasser) durchzieht, wie bei den Nagern, den ganzen Unterkiefer.“ (Vergl. Teil I.) (Anptorr hat uns den Beweis für die Richtigkeit der Ent- stehung des Nagezahns als Ineisivus auch phylogenetisch in seiner Arbeit über den Nagezahn der Rodentier gebracht, s. oben, Teil II). SCHLOSSER: „Der Wombat (Phascolomys) stimmt hinsichtlich des Baues der Incisivi mit den Nagern vollkommen überein.“ — „Es existieren demnach alle möglichen Uebergänge bei den herbivoren und omnivoren Marsupialiern vom echten Schneidezahn bis zum echten Nagezahn.“ + Aehnliches findet auch LusoscH in seiner Abhandlung „Kau- bewegung der Säugetiere“, p. 660: „Der Bau des Gelenkes beim Wombat findet Analogien nur bei den Nagern“ und „der Wombat zeigt ein Kiefergelenk, das die Prinzipien der Einrichtung des Nage- tiergelenks besitzt“. Autoren, die die Nager von Marsupialiern ableiten: Wine (1888) leitet die Rodentier von insectivorenartigen Tieren ab; WEBER bemerkt hierzu, daß schon die ersten Nagetiere sich darin von den meisten Insectivoren haben unterscheiden müssen, daß sie in erwachsenem Zustande kein ringförmiges Tympanicum hatten. (Nach diesem ringförmigen Tympanicum habe ich an Hunderten von Nagerschädeln vergeblich gesucht. Der Verfasser.) Charakteristisch für Rodentia ist nach Wıngs die geringe Entwickelung des hinteren Teiles des Squamosums (Ausnahme Spalax Geomys). Die Fortschritte der Nager seit dem unteren Eocän sind ge- ring — darin stimmen alle Paläontologen überein —, also muß die sehr spezialisierte Ausbildung der Kauorgane (und der Bulla) aus noch älteren Zeiten stammen: also aus dem Mesozoicum. Der Zusammenhang mit Tillodontia nach einer Hypothese von Core ist sehr problematisch, doch sollen Zitate ven MArsu und Zırteu hierüber folgen: MaArsu, From the American Journal of Science and Arts, Vol. VIIL, July 1874: „Tillodontia: Tillotherium. The two anterior upper incisors are large and salpiform, and faced in front with enamel. They grow from persistent pulps and strongly resemble the corresponding teeth in Rodents. The upper canines were quite small, and separated by a diastema from the first prae- molar.“ (Plate IX, Fig. 4, s. auch in Weser, Fig. 385.) ä Daß Tillotherium noch Canini hat, spricht gegen die Hypothese, daß diese aber klein und also im Verschwinden begriffen sind, spricht entschieden für dieselbe. Die Beschreibung der vorn mit Schmelz bedeckten Ineisivi und das Diastema stimmt genau für Rodentia. Das Kiefergelenk der Rodentier. ‚487 haben, für die verwandtschaftlichen Verhältnisse der Rodentier überhaupt festgestellt ist. Paläozoologie von Karu A. Zırter, IV. Vertebr., 1891—1893. Tillotherium: Obere Ineisivi vorne mit Schmelz bedeckt, hintere schräg abgenutzt. Untere Ineisivi lang, nagerartig gekrümmt, mit persistenter Pulpa, zugeschärft, vorn konvex. Canini sehr klein. — Auch Zittern betont, daß die Ineisivi nur vorn mit Schmelz bedeckt sind und daß die Pulpa persistiere. Canini sehr klein. Für die unteren Incisivi und deren Fortsetzung im Kiefer benutzt er wohl absichtlich den Ausdruck „nagerartig“ gekrümmt. So wenig Bestimmtes die Literatur der Paläontologie uns über die Nager gibt, so wenig ergaben leider auch die Originalunter- suchungen, die ich selbst anstellte: Im Paläontologischen Institut der Kgl. Universität in Berlin sind von Tillodontia keine Originale vorhanden. Es wird auf die einschlägige Literatur verwiesen. Als Anklänge an Ro- dentia wurden mir von Herrn Dr. STREMME in liebenswürfligster Weise folgende Originale vorgelegt und von mir untersucht: “ 1) T Pseudosciurus suevicus. Ob. Eocän. Ein Unterkiefer- fragment mit 4 Backzähnen; außen mit 2 charakteristischen Leisten, vergl. Unterkiefer von Sciurus. Die Zähne ähneln denen von Phascolarcetus cinereus. 2) Sciuroides Quercyi ScHLosszer. Ob. Eocän. Zwei Unterkieferfragmente, die 4 Backzähne gleichen denen von Sciurus (rezent) vollkommen. 3) Neoreomys austral. aus dem Myocän. Unterkieferfragment mit 4 starken Backzähnen, nager- ähnlich; der abgebrochene Incisivus sieht vorn noch ein Stück aus der Alveole heraus. 4) Hystromorphe aus dem Diluvium (?), Höhlen- fund. Unterkiefer mit 4 Backzähnen, kleinem Processus coronoides, der niedriger steht als der Condylus, aber höher als die Zahn- kronen. Nagezahn kräftig. Am Schädel ist die eine Fossa defekt, die zweite wenig gut sichtbar. Rinnen wenig konvergent. Bulla sehr groß, ohne Zusammenhang mit der Fossa und ohne Einfluß auf sie. 5) Sciuroides. Oligocän. Ganzer Schädel, an dem aber leider der Processus jugularis eingedrückt und abgebrochen ist, so daß man von der Fossa und dem Gelenk nichts mehr sehen kann. Der Unterkiefer zeigt die charakteristischen Leisten, s. oben bei l. 6) Myolagus, 2 cm lang (Lagomys), Unterkiefer gut erhalten, der fenestrierte Angulus ist abgebrochen. Nagezahn gut und kräftig. 7) Castor fiber aus dem Diluvium, fast rezent. (Wınae nimmt an,* daß sich Castor schon früher von den übrigen Sciuromorphen ge- trennt habe.) 8) Arvicola Henseli major, 2,5 cm lang. Obgleich das Präparat sehr klein ist, sieht man doch die schöne charakte- ristische Usur der nach hinten immer mehr abgeschliffenen Back- zähne, so daß der (4.) Prämolar vie] größer erscheint. 9) Neoreomys austral. aus dem mittleren Tertiär. Jederseits 4 nagerartige Back- zähne, rechts noch die maxillare Jochbogenwurzel erhalten. Es wird auch dem Paläontologen, schwer, aus diesem geringen Material in diesem schlechten Zustande bindende Schlüsse zu ziehen. 488 Hermann Höfer, Auch embryologisch ist gegenwärtig nichts darüber be- kannt, ob die Gelenkfläche am Schläfenbein von Anfang an als offene Rinne auftritt. Somit sind wir allein auf die Kritik der ausgebildeten Form angewiesen und haben zu beurteilen, ob wir ein Recht haben, Spalax und Geomys als Ausgangspunkte für die Entwicklung der Gelenkfläche zu betrachten. Wie sich die bei diesen Tieren noch vorhandene Fossa innerhalb der Ordnung der Nagetiere in ihren Umbildungen durch eine Reihe verfolgen läßt, habe ich im II. Teil nachgewiesen: Spalax und Geomys haben die tiefste halbkugelförmige Fossa, weniger ausgebildet ist sie schon bei Haplodon, noch weniger bei Dipus, Anomalurus; bei Gerbillus endlich finden wir nur als Andeutung eine kleine halbmondförmige hintere Begrenzung. Spalax und Geomys stellen wegen ihrer unterirdischen Lebens- weise Formen dar, die von einer spezialisierten Nagetierlebens- weise stark abweichen; genauere Angaben über ihre Nahrung habe ich nirgends gefunden (Insekten und deren Larven?). Gerade ihre einseitige Lebensweise als Gräber spricht dafür, daß sie sich vom Stamm der Nager abgezweigt haben zu einer Zeit, als dieser seine hohe spezialisierte Differenzierung noch nicht erfahren hatte. Die Tatsache, daß wir eine solche Form der Gelenkfläche, wie sie sowohl durch meine als auch durch Brancas Annahmen als älteste gefordert wird, bei solchen Tieren finden, die zum Rodentierstamm gehören, ohne doch die einseitige Spezialisierung der höheren Rodentier mitgemacht zu haben, läßt die Auffassung zu, daß ihre Gelenk- fläche uralte Zustände bewahrt hat. Hierdurch wären wir in die Lage versetzt, für die ältesten Nager eine Gestaltung der Gelenkfläche anzunehmen, wie sie den Phalangeriden, den Insecti- voren und den Creodontiern zukam. Ausgehend von einer den ältesten Nagern eigentümlichen, hinten geschlossenen Gelenkgrube, zeigt nun der Stamm der Ro- dentier einen doppelten Gang der Differenzierung; den einen Weg weisen die Simplicidentata in der mehrfach erwähnten Reihe auf: unter rinnenartiger Entfaltung der Facies praeglenoidalis kommt es zu einem Schwund der hinteren Begrenzung und zu einer Ver- ödung der Fossa. Den anderen Weg zeigen die Duplicidentata. Ob die Formen, von denen die Duplicidentata abstammen, nicht selbst bereits eine gegen die Urform veränderte Fläche besessen haben, läßt sich nicht entscheiden. Wahrscheinlich ist auch hier anfänglich eine parietale und oceipitale Begrenzung der Fläche Das Kiefergelenk der Rodentier. 489 vorhanden gewesen, ihre Rückbildung ist dann aber auf andere Weise erfolgt als bei den Simplicidentata, vermutlich durch Ein- schmelzen der parietalen Umwandung. Die nach ocecipital vor- springende Spange am Jochbogen der Hasen, die bei Ochotona noch ligamentös mit dem Tympanicum in Verbindung steht, würde den Rest der Gelenkwand darstellen, Ochotona also hier die ältere, Lepus die jüngere Form repräsentieren. Textfig. 2. Phascolomys Wombat, aus: LUBOSCH, Jenaische Denkschriften, ; Bd. VII, Taf. 34, Fig. 24a. Die hierdurch erschlossene Genese der Gelenkfläche der Ro- dentier veranlaßt uns, nach ähnlichen Vorgängen in der Säuge- tierwelt zu suchen, die etwa zum Vergleich oder zur Bestätigung dienen könnten. Nach hinten offene Gelenkflächen finden wir: 1) beim Wombat, 2) bei Hyrax. Eine direkte Stammesverwandt- schaft dieser Formen untereinander und mit den Nagetieren ist 490 Hermann Höfer, unwahrscheinlich; es muß also diese Erscheinung als Konver- genz aufgefaßt werden. Aber selbst für diesen Fall scheint der Mechanismus des Gelenkes, der zur Rückbildung der hinteren Ge- lenkbegrenzung führt, nicht überall der gleiche zu sein. Die Nager und Wombat zeigen wahrscheinlich die Wirkungen gleicher Ursachen; denn auch beim Wombat (s. Textfig. 2 und 3) besteht nachgewiesenermaßen eine Hemmung für die Rückwärtsbewegung des Unterkiefers infolge eines medial gelegenen Hakens am Squa- mosum (s. LuposcaH, Jenaische Denkschriften, Bd. VII). Bei Hyrax a Textfig. 3. Unterkiefer von Phascolomys Wombat (l. c. Fig. 24b). (s. Textfig. 4) dagegen ist wohl in der Tat mit einer Usur der ursprünglich vorhandenen hinteren Begrenzung zu rechnen oder auch mit Wachstumsverschiebungen am Squamosum selbst, die eine Analogie bei Rodentia nicht findet. In anderer Weise besteht bei einem Phalangeriden: Pseudo- chirus Herbertensis (s. Textfig. 5) eine Annäherung an die von mir für die ältesten Nager wahrscheinlich gemachten Veränderungen; auch hier besteht eine starke Vorwärtsrichtung der Ineisivi und im Zusammenhang damit eine stark nach vorn ausgedehnte Facies praeglenoidalis (Lusoscn, Jenaische Denkschriften, p. 535). Bei keiner Säugetierform aber ist die Umbildung der ursprünglichen Das Kiefergelenk der Rodentier. 491 Gelenkfläche so weit gediehen, wie bei der Ordnung der Rodentier. Hier könnte man unter Zugrundelegung obiger er sogar so weit gehen, die „Rinne“, wie sie sich etwa bei Coelogenys und ähnlichen Formen findet, im aller- strengsten Sinne nicht mehr für homolog der bei anderen Säuger- formen vorhandenen „Fossa“ zu erklären. Wenn auch natürlich die Kiefergelenke aller Säuger einander homolog sind, so ist bei den Nagern doch derjenige Teil, der sonst als Haupt- bestandteil fungiert — die Fossa — zurückgebildet, ja gänzlich verödet und restlos verschwunden, und ein anderer, der sonst gering entwickelt ist (z. B. bei Carnivoren), zum einzigen Bestandteil — zur Rinne — geworden. Man könnte im Kleinen hier einen ähnlichen Prozeß erblicken, wie er im Großen sich bei dem Neuerwerb des Säugetierkiefergelenkes von einer älteren bei Fischen, handenen abgespielt hat. Textfig. 5. sogar Textfig. 4. Procavia Erlangeri, aus: LUBOSCH, Das Kiefergelenk von Hyrax. Archiv f. mikr. Anatomie, Bd. LXXVIII, S. 355. Amphibien und Sauropsiden vor- Textfig. 6. Textfig. 5 und 6. Pseudochirus (LUBOSCH, l. c. Fig. 20 und 21). 492 Hermann Höfer, Ich möchte daher der von mir geschilderten Geschichte des Nagetiergelenkes zum Schlusse auch die allgemeinere biologische Folgerung entnehmen, daß der Natur ungeahnt weitgehende Um- gestaltungen eines Gelenkes möglich sind. Der Natur sind solche Veränderungen, durch die alte Teile eines Gelenkes zugrunde gehen und neue, vorher kaum entfaltete sich mächtig ausbilden, möglich ohne Sprung, der ja ohne empfindliche Störung der Lebens- tätigkeit des Tierstammes undenkbar wäre. Dies zeigt im Kleinen auch der Stamm der Nagetiere. Die Anregung zu vorliegender Abhandlung verdanke ich Herrn Professor Dr. W. LuBoscH in Jena, dem ich zugleich für die Leitung meiner Arbeiten während dreier Semester und für die Durchsicht der Korrekturen meinen Dank abstatte. Ferner aber möchte ich allen denen, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben, meinen besten Dank aussprechen. Dem Direktor des Kgl. Zoologischen Museums der Universität in Berlin, Herrn Professor Dr. BRAUER, meinen Dank für die liebenswürdige Ueberlassung seiner reichen Sammlungsschätze und seinem Assistenten Herrn Dr. Fritz NIEDEN für freundliche Hilfe- leistung; ebenso dem Direktor des Kgl. Paläontologischen Instituts in Berlin, Herrn Geheimrat Dr. BRAncA, und seinem Assistenten Herrn Dr. STREMME für freundliches Entgegenkonmen bei Durch- sicht der Sammlungen. Vor allem danke ich Herrn Geheimrat Professor Dr. MAURER, Direktor des Anatomischen Instituts der Universität Jena, für Anweisung eines Arbeitsplatzes, Zugänglich- machung der Sammlungen und der Bibliothek und für die Teil- nahme, die er den Fortschritten meiner Arbeiten geschenkt hat. Coburg, September 1911. Das Kiefergelenk der Rodentier. 493 Benutzte Literatur. Aptorr, P., Zur Entwickelungsgeschichte des Nagetiergebisses. Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. XXXII, N. F. XXV, Jena 1898. — Zur Kenntnis des Zahnsystems bei Hyrax. Zeitschr. f. 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Die Schädel sind meist — um die Gelenkpfannen der Kiefer zu zeigen — von unten aufgenommen, ‚dabei um eine Kleinigkeit um ihre Längsachse gedreht, damit die eine Fossa mehr Licht erhält. Tafel 19. Fig. 1. Lepus timidus. Von der Fossa ist lediglich die schmale Stelle der Jochbogenwurzel übrig geblieben. Mit der breiten Zahnstellung des Oberkiefers vergleiche die viel schmälere Stellung im Unterkiefer: 13 mm gegen 7 mm. Fig. 2. Unterkiefer, von oben gesehen. Fig. 3. Seitenansicht, zeigt das sägeförmige Ineinandergreifen der in geschlossener Artikulation stehenden Zähne und Usur im Squamosum. Fig. 4. Lagomys, soll besonders den langen Hamulus am oceipitalen Ende des Jochbogens zeigen. Fig. 5. Arctomys marmota. Zur Orientierung über Knochen, Nähte, Kanäle usf. Fig. 6. Dasselbe. Unterkiefer. Fig. 7. Georychus Irrıc. Seitenansicht. Fig. 8. Haplodon. Fig. 9. Dasselbe. Unterkiefer. Fig. 10. Sciurus vulgaris. Fig. 11. Oben Unterkiefer von innen (s. rauhe Symphyse und Verstärkungsbalken); unten Unterkiefer von außen. Fig. 12. Spermophilus citillus. Fig. 13. Pteromys nitidus (verkleinert), sehr ähnlich Sciurus; starke Processus supraorbitales, breite Jochbogenwölbung. Fig. 14. Dasselbe. Oben Unterkiefer von innen, unten Unter- kiefer von außen. Tafel 20. Fig. 15. Castor fiber. ?/, natürl. Größe. Prämolar IV sehr groß. Fig. 16. Dasselbe. Unterkiefer von innen; lange kräftige Symphyse; hochragender Processus temporalis; dreikantiger Nage- zahn. Fig. 17. Geomys, Macrogeomys, natürl. Größe. Die breite Rinne geht occipital in die halbkugelförmige Fossa über. Fig. 18. Dasselbe. Profilansicht. Geomys hat verhältnismäßig die größten und stärksten Nagezähne. Die Alveole des Ineisivus durchzieht den ganzen wiegenförmigen Unterkiefer. Fig. 19. Tachyoryctes. Rinne ähnlich Castor. Bd. XLVII. N. F. XL. 33 496 Hermann Höfer, Das Kiefergelenk der Rodentier. Fig. 20. Pedetes cafter. Fig. 21. Dasselbe. Unterkiefer: oben Innenansicht; unten Außenansicht. Der Incisivus sieht vorn nur wenig heraus, seine Alveole durchzieht den ganzen Unterkiefer. Processus angularis wie abgehackt. Fig. 22. Dipus sagitta. Bulla riesig. Jochbogen zierlich. Fig. 23. Dasselbe. Unterkiefer. Fig. 24. Spalax typhlus. Vgl. Fig. 17 Geomys, Rinne und Fossa. Fig. 25. Dasselbe. Seitenansicht, seitlich rückwärts auf- genommen, um die Alveole des Incisivus zu zeigen, die oceipital noch über den Condylus hinausragt. Fig. 26. Dasselbe. Seitenansicht. Alveolenrand abgetragen, damit der Condylus in seiner Lage in der Fossa sichtbar wird. Tafel 21. Fig. 27. Mus. Große chinesische Ratte, um die Rinne besser darstellen zu können, als an kleineren Vertretern von Mus. Fig. 28. Dasselbe. Unterkiefer. Fig. 29. Bathyergus. Besitzt den schmalsten harten Gaumen. Oceipitaler Teil stark defekt. Fig. 30. Dasselbe. Unterkiefer, oben: Innenansicht, unten: Außenansicht. Processus angularis enorm. Fig. 31. Hystrix. /, natürl. Größe. Fig. 32. Dasselbe. Unterkiefer von innen. Fig. 33. Dasyprocta aguti (jetzt paca). Die Abnutzungsflächen der Molaren verlaufen spiralig. Fig. 34. Dasselbe. Unterkiefer seitlich und von. oben. Fig. 35. Dolichotis patagonica. Fig. 36. Dasselbe. Unterkiefer oben: von innen; unten: von außen; gerade und langgestreckt. Fig. 37. Coelogenys, früher paca, jetzt aguti, */, natürl. Größe. Eigentümlich hohler breiter Jochbogen s. Text. Fig. 38. Dasselbe. Unterkiefer, oben: von innen; unten: von außen. Tafel 22. Fig. 39. Foetus von Hydrochoerus capybara. Fig. 40. Dasselbe. Unterkiefer, genau von oben aufgenommen. Fig. 41. Ctenomys brasiliensis, verkleinert. Molar IV sehr klein. Fig. 42. Dasselbe. Unterkiefer mit spitzem Processus angularis. Fig. 43. Ctenomys ps Buaımv. Riesige Bulla. Fig. 44. Dasselbe. Unterkiefer von oben. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau.) Untersuchungen über die Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. Von Dr. Hans Neumann. Mit 19 Figuren im Text. Einleitung. Eins der interessantesten Kapitel aus der Anatomie der Gorgonaceen ist die Frage nach der Struktur und der Herkunft der Achse. Hauptsächlich versuchte G. v. Koch, dieses Problem durch eine Reihe von Untersuchungen zu lösen. Seine Theorie, nach der die Holaxonierachse das Ausscheidungsprodukt eines ektodermalen Achsenepithels darstellen soll, wurde allgemein ak- zeptiert. Nur STUDER und seine Schüler traten der v. KocHschen Auffassung entgegen. Die Einwände STUDERS und SCHNEIDERS sind so wesentlich, daß es sehr wünschenswert erschien, die Ver- hältnisse eingehend zu prüfen, um womöglich die noch immer strittige Frage zu entscheiden. Die vorliegenden Untersuchungen gewinnen um so mehr an Bedeutung, als G. v. Koch auf Grund seiner Theorie im System die Seleraxonier streng von den Holaxoniern schied. In liebenswürdiger Weise stellte mir mein hochverehrter Lehrer, Herr Professor Dr. W. KÜKENTHAL, eine An- zahl von Arten echter Holaxonier zur Verfügung, die sich dadurch auszeichneten, daß ihre hornigen Achsen dem Mikrotommesser keinen erheblichen Widerstand entgegensetzten. So wurde mir die Bearbeitung der Frage möglich gemacht. Ich untersuchte eine größere Anzahl von Holaxoniern, von denen ich hier nur zwei Plexauriden und vier Gorgoniden näher behandelt habe. Meine Untersuchungen an diesen sechs Arten genügen schon, um die v. Kocnsche Theorie als unhaltbar hinzustellen und eine meso- dermale Entstehung der Holaxonierachse nachzuweisen. Eine um- fassendere Arbeit über die Achsen anderer Arten, bei denen die Verhältnisse ganz ähnlich liegen, behalte ich mir vor. 33 * 498 Hans Neumann, Material und Technik. Das mir vorliegende reiche Material wurde von den Herren Professor Dr. KÜKENTHAL und Dr. HARTMEYER auf ihrer For- schungsreise nach Westindien (1907/8) gesammelt. Die ausge- zeichnete Konservierung gestattete eine eingehende anatomische Untersuchung. Lophogorgia alba und Lophogorgia sp., die in Neufundland gesammelt waren, wurden von Herrn Dr. HENTSCHEL in Hambung Herrn Professor Dr. KÜKENTHAL zur Bearbeitung übersandt. Leider waren die beiden letztgenannten Arten weniger gut konserviert. Es gibt nur wenige Arbeiten, die sich eingehender mit dem Bau und der Bildung der Holaxonierachsen beschäftigen. Der Grund ist darin zu suchen, daß im allgemeinen die Hornsubstanz der Achsen dem Mikrotommesser außerordentlich widersteht. Darum wandte v. Koch eine Versteinerungsmethode an, um durch Dünnschliffe brauchbare Präparate zu erhalten. Die Anfertigung solcher Schliffe ist sehr zeitraubend. Doch die Methode hat auch noch den Nachteil, daß die Präparate feinere Strukturen nicht deutlich erkennen lassen, da die Objekte durch die langwierige, komplizierte Behandlung naturgemäß leiden. Darum gehe ich auf diese Methode nicht ausführlicher ein und verweise nur auf Röses kleine Abhandlung „Ueber die v. KocHsche Versteinerungsmethode“, in der auch die Geschichte der Methode behandelt ist (Anat. Anz., Jahrg. VII, 1892, No. 16 u. 17). Da mir ein reiches Material zur Verfügung stand, wählte ich zum Schneiden nur solche Arten, deren Zweige sich ganz besonders durch Biegsamkeit auszeich- neten, so daß ich die Versteinerungsmethode entbehren konnte. Die Spitzen lassen sich am leichtesten schneiden, weil in ihnen die Achse zum größten Teil aus dem weichen, breiten Zentralstrang besteht, den nur eine dünne Schicht von hartem Horn umschließt. Als Entkalkungsflüssigkeit bewährte sich außerordentlich eine Lösung, die sich aus 100 Teilen 70-proz. Alkohol, 3 Teilen konz. Salpetersäure und 2 Teilen konz. wässerigem Phloroglucin zu- sammensetzt (LEE und MAYER, Grundzüge der mikroskopischen Technik, p. 275, Haussche Flüssigkeit). In dieser Lösung blieben die Objekte 24—30 Stunden, je nach ihrer Größe. Es gelang, meistens Schnitte von 10 u Dicke zu erhalten. Allerdings muß man sehr sorgfältig beim Einbetten verfahren; sonst springt beim Schneiden das harte Horn aus dem weichen Gewebe heraus. Sehr empfehlenswert ist, als Intermedium Chloroform zu benutzen. Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 499 Aus dem absoluten Alkohol wurden die Objekte in Zedernholzöl gebracht, wo sie etwa 20 Minuten blieben. Aus dem Zedernholzöl führte ich sie in ein Gemisch von Paraffin und Chloroform über. Bleiben sie länger als 30 Minuten in diesem Gemisch, so werden sie meistens spröde. Im reinen Paraffin ließ ich sie 2—3 Stunden. Doch ist das Paraffin mindestens dreimal zu wechseln. Bei der Schnittfärbung erzielte ich gute Resultate mit allen von mir an- gewandten Lösungen. Nur die FREEBORNSsche ist nicht besonders zu empfehlen, da das Horn zu dunkel erscheint. Eine besonders schöne Färbung erhält man, wenn man mit Thionin vorfärbt und mit Eosin nachfärbt. Färbt man mit vAn GIESoN oder mit Hämato- xylin-Eosin oder Safranin, so nimmt das Horn eine leuchtend gelbe bzw. rote Farbe an. Historischer Ueberblick. Erst im 19. Jahrhundert stellten sich die Zoologen die Frage, aus welchem Keimblatt das Korallenachsenskelett entstehe. Be- sonders waren es EHRENBERG und MILNE-EDWARDS, die das Achsenskelett für eine Ausscheidung des Ektoderms hielten. Ihre Ansicht war vorläufig nichts weiter als eine Hypothese, denn bis 1864 lagen keine Untersuchungen über die Entwickelung der Hart- gebilde der Polypen vor. Hauptsächlich aus einer Vergleichung mit verwandt erscheinenden Hartgebilden (Molluskenschalen, Ge- häuse der Hydroidpolypen, Byssus) kam man zu dem erwähnten Resultat. Da entzog LAcAZE-DUTHIERS der Hypothese den realen Boden, indem er den Beweis führte, daß die Achse von Corallium rubrum keine Ektodermausscheidung sei, sondern vielmehr einer Verkalkung der inneren Lagen des Cönenchyms ihren Ursprung verdankt. Die im Mesoderm entstandenen Spicula verschmelzen zur Achse. LAcAZE-DUTHIERS’ Arbeiten wurden von KÖLLIKER wesentlich ergänzt. Denn was LACAZE-DUTHIERS an Corallium rubrum nachgewiesen hatte, fand KÖLLIKER an Mopsea, Melithaea, Sclerogorgia suberosa u. a. bestätigt. Er konstatiert eine ganz ununterbrochene Reihe von einfachem, weichem, gleichartigem Cön- enchym an bis zu solcheın mit scharf begrenzter Achse. Auch die einfach lamellösen, hornigen und verkalkten Achsen der Gor- goniden und Pennatuliden faßt er als Ablagerungen des Cönenchyms auf. KÖLLIKER sieht einen engen Zusammenhang zwischen Cön- enchym und Achse, weil die Achsen im Innern, „wenn auch nur zufällig“, Kalkkörper einschließen. Gegen die herrschende EHREN- 500 Hans Neumann, BERG-MILNE-EDwARrDSssche Theorie nimmt KÖLLIKER auch deshalb Stellung, weil er ein das Cönenchym gegen die Achse abgrenzendes Epithel vermißt. KÖLLIKER vertritt die Ansicht, daß die Längs- gefäße das Material liefern, aus dem die Achse sich bilden soll. Ohne näher auf die Begründung dieser Annahme einzugehen, die nach den neuesten Untersuchungen von KÜKENTHAL durchaus be- rechtigt ist, fügt KÖLLIKER nur noch hinzu, daß die Bildung einer homogenen Gorgoniden- und Pennatulidenachse im Großen das wiederhole, was ein spindelförmiger Kalkkörper im Kleinen zeige. Die 7—11 mm langen Nadeln von Pteroeides unterscheiden sich von der kleinen spindelförmigen Achse von Cavernularia pusilla nicht so sehr, wie es auf den ersten Blick das Aussehen habe. — 1873 stellt STUDER in seiner Arbeit über Gorgonia .Bertholoni (Berner Mitteilungen, 1873j74) fest, daß die Kalkspicula in die Bildung der Achse eingehen. Trotz der erwähnten Befunde von LACAZE-DUTHIERS, KÖLLIKER und STUDER versucht nun G. v. KocH, in einer Reihe von Arbeiten den Beweis zu erbringen, daß die Achsen von zahlreichen Gorgoniden ektodermalen Ursprunges seien. Da v. Kocns Arbeiten für das Korallenachsenproblem ganz be- sonders wichtig sind, fanden die von ihm vertretenen Ansichten bis in die neueste Zeit hinein in allen Hand- und Lehrbüchern Aufnahme. In den 1877 veröffentlichten Untersuchungen über Gorgonia verrucosa (Morph. Jahrb., 1878 Bd. IV, 2) erscheint v. KocH der Nachweis eines die Achse rings umschließenden Epithels be- sonders wichtig. Allein aus dem Vorhandensein dieses „Achsen- epithels“ glaubt v. KocH schon schließen zu dürfen, daß die Achse ein Ausscheidungsprodukt dieses Epithels sei. 1882 behandelt er die Entwickelung von Gorgonia verrucosa, hauptsächlich um das 1878 nachgewiesene Achsenepithel ontogenetisch abzuleiten und die Achse als dessen Ausscheidungsprodukt darzustellen. Doch es gelang ihm nicht vollständig, wie er selbst hervorhebt, die Entwickelung der Gorgonia verrucosa aufzuhellen. Er beobachtet die Achsenanlage an einem schon mit 8 Tentakeln versehenen Polypen. Das Hornskelett erscheint in diesem Stadium „in Form eines unendlich dünnen Blättchens, welches später etwas stärker wird und bald eine kleine Erhebung, den Anfang der späteren Achse zeigt“. STUDER hebt mit Recht hervor, daß aus der ganzen Darstellung nicht hervorgeht, ob und in welcher Weise dieses direkt beobachtet wurde. Schließlich kommt v. Koch zu dem Schlusse, daß die bisher unter dem Namen Gorgoniden zusammengefaßten Gattungen zwei ganz heterogenen Gruppen angehören, den Pseud- Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 501 axoniern mit einem aus Kalkkörpern verschmolzenen Skelett und den Holaxoniern mit einer ektodermalen Hornachse. Auch in den „Gorgoniden des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeres- abschnitte“ trennt v. Koch die Pseudaxonier scharf von den echten Gorgoniden (Axifera). Er stellt die Gorgonaceen den Pennatula- ceen gleich. Ihre nächsten Verwandten seien in der Nähe von Rhizoxenia zu suchen. Indem er den baumförmigen Habitus der Pseudaxonier nur als Analogie zu den Gorgoniden auffaßt, ordnet er die Pseudaxonier den Alcyonaceen unter. Ein Achsenepithel beschreibt er bei Gorgonella sarmentosa, Muricea chamaeleon, Bebryce mollis Prıuıppı, Gorgonia Cavolinü, Primnoa Ellisi und Isis elongata. Bei Gorgonia Cavolinü schildert v. KocH, in welcher Weise die Achse emporwächst. „Wenn der junge Polyp und gleichzeitig die Achse in die Länge wächst, so weichen beide mehr oder weniger in der Richtung voneinander ab. Dabei trennt sich auch die Höhlung des Polypen immer mehr von dem die Achse umgebenden Teil des ursprünglichen Hohlraums, und dieser sondert sich bald in mehrere Kanäle; auf diese Weise wird der Stamm des jungen Busches vorbereitet und dem ersten Polypen als selbständiger Teil entgegengestellt.“ STUuDEr tritt v. KocH besonders in zwei Punkten entgegen. Obwohl auch STUDEr her- vorhebt, daß seine Sektion der Scleraxonier, die im wesentlichen den Pseudaxoniern v. KocHs entspricht, von den zu den Hol- axoniern zu rechnenden Formen in vieler Hinsicht abweicht, so läßt er doch die beiden Gruppen als nebengeordnete Unter- abteilungen der Gorgonacea bestehen. Ferner steht STUDER mit v. KocH insofern in schärfstem Widerspruch, als er die Ableitung der Holaxonierachse von einem „ektodermalen Achsenepithel“ ent- schieden ablehnt. Er weist vielmehr auf den Nachweis HEIDERS an Cladocora hin (Heiner, Die Gattung Cladocora, Sitzungs- berichte der k. k. Akad. der Wissensch., I. Abt., 1881). Nach HEIDER bringt nämlich das im Mesoderm sich bildende Skelett im frühen Stadium das Ektoderm am Fuße des Polypen zum Schwinden ‘und kittet den Polypen auf der Unterlage fest. An die Stelle der v. Kocnschen Theorie setzt nun STUDER eine andere Hypothese, nach der die Holaxonier sich aus den Telestiden entwickelt haben sollen. Er vergleicht den Stamm der Gorgonidenkolonie mit dem axialen Polypen von Telesto, „an dem die von den acht Mesen- terialfalten gebildeten Fächer noch erhalten sind, dessen zentraler Hohlraum aber von einer epithelüberzogenen Achse ausgefüllt wird, die bewirkt, daß die acht Fächer zu ebensoviel Längskanälen 502 Hans Neumann, werden. Der Stamm einer solchen Kolonie wäre demnach als axialer Polyp aufzufassen, dessen zentrale Höhlung von unten her, von einer zur Achse sich differenzierenden Mesodermwucherung ausgefüllt wird, einem Gebilde, das sich am besten mit der Colu- mella der Madreporarier vergleichen läßt. Diese Spindel wird natürlich von dem Entoderm des axialen Polypen, das sie vor sich herschiebt, überzogen, und dieses bildet das Achsenepithel.“ Die Tatsachen nun, die v. Koch in StuDErs Arbeit vermißt, will SCHNEIDER gefunden haben (A. SCHNEIDER, Das Achsenskelett der Gorgoniden, Arch. f. Naturgesch., 1905). SCHNEIDER untersuchte Eunicella Cavolinü, Eunicella profunda, Gorgonella sarmentosa, Telesto arborea und Isidella elongata. In manchen Punkten stimmen SCHNEIDERS Untersuchungen mit meinen überein, wie ich später zeigen werde. Hier mag nur SCHNEIDERS Ansicht über die Achsenbildung von Eunicella Cavolinü Platz finden (p. 23): „Wir sehen einen Hohlraum, der mit einer Zellschicht ausgekleidet ist und den Hohlraum des axialen Polypen darstellt. In diesen Hohlraum schiebt sich dann von unten her die sich bildende Achse und wird infolgedessen von dem den Hohlraum auskleidenden Epithel überzogen. Dieses Epithel ist das von v. Koch fälschlich als Ektoderm angesehene Achsenepithel. Von der sich bildenden Achse ist erst der Rindenteil in Form eines unregelmäßigen, mit Ausbuchtungen versehenen Ringes vorhanden. Das Innere ist zum Teil mit einer feinkörnigen homogenen Masse und Spicula aus- gefüllt...“ Die diese Verhältnisse illustrierende Abbildung be- weist nicht eindeutig, daß der Kegel die sich bildende junge Achse darstelle. Vielmehr muß aus dem Umriß des Rindenteiles in Form eines unregelmäßigen, mit Ausbuchtungen versehenen Ringes auf einen nicht genau in der Längsrichtung geführten Schnitt ge- schlossen werden. So ist wohl auch der Hohlraum, der dem axialen Polypen angehören und in den sich die junge Achse einschieben soll, als entodermaler Längskanal aufzufassen. Ein ganz anderes Urteil als SCHNEIDER bildet sich ROBERT MÜLLER. In seiner Arbeit „Ueber die Bildung des Achsenskelettes von Corallium“ faßt MÜLLER seine Ergebnisse folgendermaßen zusammen: „Üo- rallium besitzt ein Achsenepithel entodermaler Herkunft; darin stimmt es mit den Gorgonaceen überein. Das Achsenskelett wird durch Ausscheidung kristallinischer Kalkmassen gebildet, wodurch eine Verkittung der mesodermalen Spicula zustande kommt. Die Vereinigung der letzteren mit dem Achsenskelett findet durch ein Auseinanderweichen der benachbarten Zellen des Achsenepithels Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 503 statt, welche sich konsekutiv wieder zusammenschließen.“ (Mit- teilungen aus der Zoolog. Station zu Neapel, Bd. XX, Heft 1, 1910.) Die Erklärung MÜLLErs, daß die Spicula sich „durch Auseinander- weichen“ des Achsenepithels mit dem ektodermalen Skelett ver- einigen, befriedigt nicht, wenn man an die ungeheure Zahl der die Achse zusammensetzenden Spicula denkt. Vielmehr scheint gerade der Nachweis eines Achsenepithels bei Corallium darauf hinzuweisen, daß das Achsenepithel mesodermalen Ursprunges ist und seine Existenz durchaus nicht ohne weiteres dazu berechtigt, die Achse als Ausscheidungsprodukt des Epithels aufzufassen. KınosHITAs neuerdings erschienenen Beobachtungen (Journ. of the College of Science, Imperial University of Tokyo, Vol. XXVII, Ar- ticle 14) über die postembryonale Entwickelung von Anthoplexaura dimorpha KÜKENTHAL lassen sich nicht vollständig mit v. Kocns Auffassung über die Koloniebildung der Gorgoniden vereinigen. Denn nach KınosHItTA sendet der primäre Polyp „von seiner Basis einige kurze, lappenförmige Stolonen aus, von welchen die sekun- dären Polyper ausknospen können. Die Skelettachse tritt nicht in die Magenhöhle des primären Polypen, sondern wächst in die Höhe, ganz von demselben unabhängig. Der Stamm der Gor- gonidenkolonie also gehört offenbar nicht zum primären Polypen, sondern zum eigentlichen Cönosark, ganz wie bei den Pseud- axoniern“. Eine sehr eigentümliche Achse, die in ihrem Bau einen Uebergang von der Scleraxonier- zu der Holaxonierachse darzu- stellen scheint, beschreibt KınosHItA bei Keroeides (On the Kero- eididae, a new family of Gorgonacea and some notes on the Suberogorgiidae, Annotationes Zoologicae japonenses, Vol. VII, Part. 4, 1910). Nach seinen Untersuchungen hat das Genus Keroeides, das bis dahin zu den Scleraxoniern gerechnet wurde, eine „axis rigid consisting of a central cord and of a cortical layer composed of smooth spicules conglomerated together by a horny matrix; Achsenepithel remaining only at the tip of branches“. Infolgedessen stellt KınosHita eine neue Familie „Keroeididae“ auf, die den Gorgonaceen unterzuordnen ist. Da jedoch der mikro- skopische Bau der meisten Scleraxonierachsen noch nicht genügend bekannt ist, könnten noch andere Scleraxonier Achsen haben, die der von Keroeides ähnlich sind. In diesem Falle würde die scharfe Abgrenzung der Pseudaxonier von den Holaxoniern zu verwerfen sein. Bis jetzt liegt nur eine Arbeit von J. J. SIMPSON vor, die diesen Gedanken bestätigt (On a new pseudaxonid genus Dendrogorgia, Proc. Roy. Phys. Soc. Edinburgh, Vol. XVII, No. 1, 504 Hans Neumann, 1910, p. 62—67). Denn auch Dendrogorgia, die SImPson zu der Familie der Suberogorgiidae rechnet, scheint einen Zentralstrang zu haben, der, wie auch KınosHıTA hervorhebt, „the same character as that of Keroeides“ hat. Zu meinem Bedauern konnte ich aus Mangel an Material entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen nicht anstellen und mußte mich darum auf vergleichend-anatomische beschränken. Bei der Beschreibung der einzelnen Achsen habe ich die entodermalen Längsgefäße nicht ganz außer acht gelassen, da sie für den die Achse umschließenden Cönenchymteil sehr charakteristisch sind. Pterogorgia pinnata Dana. Die Farbe der hornigen Achse von Pierogorgia pinnata DANA ist schwarz, ihre Form fast kreisrund, obwohl die Kolonie sehr stark abgeplattet ist. Das basale Ende des Hauptstammes ist sehr hart und wenig biegsam, während der apikale Teil des Haupt- stammes und ebenso auch die Seitenzweige äußerst elastisch sind. Die Zunahme der Festigkeit nach dem basalen Ende zu wird nicht nur durch die bedeutendere Dicke des Stammes erklärt, sondern auch durch das Verhalten des Zentralstammes, der im Innern der hornigen Rindenschicht gelegen ist. Am apikalen Ende nämlich besteht die Achse aus dem breiten, weichen Zentralstrang, der nur von einer dünnen Hornschicht umschlossen wird. An den älteren basalen Teilen der Kolonie entsteht durch die dauernde Auflagerung zahlreicher Hornlamellen eine relativ zum Zentral- strang dicke Rindenschicht, durch die die größere Festigkeit der Kolonie an den älteren basalen Teilen bedingt wird. Diese Ver- hältnisse bringt die folgende Tabelle zum Ausdruck: Dicke der Rinden- Dicke des Zentral- schicht stranges 0,008 mm an der Spitze 0,075 mm 0:2D 375; an einer mehr basalwärts 0,08 „ gelegenen Stelle Da der Zentralstrang beim Schneiden mit dem Mikrotommesser zu- weilen aus der Rindenschicht herausspringt, kann man ohne weiteres erkennen, daß seine äußere Wandung einen einheitlichen Horn- zylinder darstellt, der sich bei Anwendung der van GrEsonschen Färbung ebenso leuchtend gelb färbt wie die Rindenschicht. Von der Wandung des Zylinders aus springen mehr oder minder apikal- wärts gewölbte Scheidewände vor, die den Zentralstrang in zahl- Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 505 reiche Kammern gliedern. Die Scheidewände liegen bei Pterogorgia pinnata DAanA in einem Abstand von ca. 0,017 mm bis ca. 0,056 mm. Sie bestehen aus feinen Hornlamellen. Von den Scheidewänden zweigen sich noch zartere Fasern ab, so daß das Innere jeder Kammer von einem äußerst dichten Netzwerk feinster Fäserchen durchzogen wird. Nur bei stärkster Vergrößerung läßt sich erkennen, daß sich auch die feinsten Verästelungen aus Hornsubstanz zusammen- setzen. Außer dem feinen Fasernetz scheinen keine anderen Form- elemente in den Kammern vorhanden zu sein. Die hornige Rinden- schicht legt sich dem Zentralstrang dicht an. Die charakteristische _ Zentral- strang Spiculum Fig. 2. Von spindel- förmigen Löchern durch- setzte Rindenschicht an der Fig. 1. Längsschnitt durch die Achse Spitze von Pterogorgia pin- von Pterogorgia pinnata DANA. 48mal vergr. nata DANA. 180mal vergr. Struktur der aus dicht aneinander gelagerten Hornlamellen be- stehenden Rindenschicht ist nicht gleichmäßig, sondern es wechseln dünnere Hornlamellen mit dickeren ab, je nach der Zahl der Hornfasern, die miteinander verschmolzen sind (Fig. 1). Die‘ Rindenschicht ist durchaus lückenlos und auf der ganzen Fläche einheitlich gegen das Cönenchym abgegrenzt. Nur im obersten Abschnitt der Spitzen, wo sie nicht mehr als eine dünne Umhüllung des Zentralstranges darstellt, wird sie von zahlreichen flachen, spindelförmigen Löchern durchbrochen (Fig. 2). Aus dieser Tat- sache folgt, daß die Hornsubstanz hier nicht im ganzen Umfang der Achse gleichmäßig ansgeschieden wird, sondern daß sich von- einander getrennte Stränge entwickeln, die nach ihrer Verschmelzung 506 Hans Neumann, die erwähnten Lücken zurücklassen. Selbst wenn durch diese Lücken Wasser in den Zentralstrang dringen könnte, so ist doch nicht einzusehen, daß er, wie KÖLLIKER meint, eine physiologische Bedeutung haben soll, weil er „ein an Flüssigkeit reicher und für solche leicht permeabler Teil‘‘ zu sein seint. Bemerkenswert ist, daß auf einem etwas dickeren Schnitt ein deutliches Spiculum von derselben Form, wie sie im Cönenchym vorkommen, von Horn- lamellen umschlossen, mitten in der Rindenschicht lag (Fig. 1). Doch aus diesem einen, wenn auch immerhin merkwürdigen Befund schon auf die mesodermale Ableitung der Hornschichten zu schließen, scheint mir nicht angängig. Erst wenn sich, wie es tatsächlich bei noch zu beschreibenden Arten der Fall ist, zahlreiche Spicula im Horn beobachten lassen, muß auf die Erklärung dieser zweifel- los mesodermalen Einschlüsse näher eingegangen werden. Was die Verzweigung der Achse anbetrifft, so muß hervorgehoben werden, daß der Zentralstrang der Nebenachse mit dem der Hauptachse nicht in Verbindung steht, da er stets durch eine Hornlage (SCHNEIDERS „Demarkationslinie“) von dem letzteren abgeschlossen ist. Schon 1786 erkannten ELLıs und SOLANDER nicht nur den Zentralstrang (‚the pith or medulla“), sondern sie wiesen auch schon besonders bei Gorgonia ceratophyta auf die Art seiner Ver- zweigung hin, ErLıs, History of Zoophytes, p. 79: „In the Gorgonia the pith or medulla of the leading branch has no communication in the least with the side branches. The primary branch being surrounded with a horny tube to the extremity and when it is longitudinally dissected we plainly discover the septum, that is, the continued side of the tube, which prevents any communication. The branches here arise on the side of the leading branch, each form- ing or producing a medulla proper to itself without any communi- cation with the medulla of the primary branch.“ Trotzdem wurden diese Verhältnisse von den späteren Forschern wenig beachtet, MıLnE-EDwARDS erwähnt den Zentralstrang überhaupt nicht. Es ist nun sehr bemerkenswert, daß der in dem Seitenzweig ent- standene Zentralstrang sich um so mehr verbreitet, je näher er dem Zentralstrang der Hauptachse gelegen ist (Fig. 1). Denn es liegt der Schluß nahe, daß der Zentralstrang selbständig in der Mesogloea des Seitenzweiges entsteht, diese allmählich mehr und mehr verdrängt und sich so auf der Hauptachse ankittet. Deshalb scheint die Art der Verzweigung der v. Kochschen Theorie zu widersprechen. Wenn KınosHiTA im Hinblick auf die beschriebene Art der Verzweigung gleichwohl hervorhebt, daß „the possibility Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 507 can not be entirely excluded that there remain somewhere in the mesogloea, undegenerated epithelium fragments which at times may resume secretory activity“, so erscheint mir diese Erklärung sehr unwahrscheinlich zu sein, zumal sie bisher durch keine Beobachtung bestätigt ist. Die Ernährungsgefäße sind bei allen Gorgoniden von einer entodermalen Zellschicht ausgekleidet. Meistens liegen acht regelmäßig radiär um die Achse herum. Doch kann man auch nicht selten wie bei Pierogorgia pinnata Dana infolge starker Abplattung der Kolonie eine bilaterale oder biradiäre Anordnung beobachten. Zwei Längsgefäße, nämlich das dorsale und ventrale, haben einen großen Durchmesser und sind schon mit bloßem Auge wahrnehmbar. Sie verlaufen parallel zur Achse ohne Unterbrechung bis zur Spitze. Aus ihnen sprossen keine Polypen wie bei den Zentralstrang Hornige Rindenschicht Längsgefäß Fig. 3. Querschnitt durch die Spitze von Pterogorgia pinnata DANA. 6Smal vergr. lateralen, so daß die dorsale und ventrale Fläche des abgeplatteten Stockes glatt erscheint. Nur auf dem basalen Ende des Haupt- stammes sind nicht nur die lateralen Flächen mit Polypen besetzt. Denn es treten auch vereinzelte Polypen auf die dorsale und ven- trale Fläche über, da die Basis des Stammes viel weniger ab- geplattet ist, als die apikalen Enden. Fig. 3 zeigt, wie die Po- Iypen gegenständig aus den Lateralgefäßen hervorsprossen. Sehr merkwürdig erscheint der Querschnitt durch die obersten Zweig- spitzen. Man sieht hier nämlich einen regelmäßigen, fast kreis- runden zentralen Hohlraum, der mit Entodermzellen ausgekleidet ist (Fig. 4 u. 5). In diesen Hohlraum schiebt sich von unten her ein Mesodermkegel ein, in dessen zentralem Teil die Achse liegt. Der Mesodermkegel ist ebenfalls von Entodermzellen be- grenzt. Es bilden sich an der Außenwandung des Kegels leistenartige 508 Hans Neumann, Vorsprünge, die allmählich immer tiefer in den zentralen Hohl- raum hineinwachsen, so das sie schließlich mit dem peripheren Entkalkte Hohlräume Zentralstrang Fig. 4. Längsschnitt durch die Spitze von Pterogorgia pinnata DANA. 48mal vergr. Achsenepithel Hornige Rinden- schicht Zentralstrang Ektoderm AN S, Ö SIR SY "Entoderm EINE TE: Entkalkte SOSSE oil Fig. 5. Querschnitt durch Pterogorgia pinnata DANA. 86mal vergr. Hohlräume Mesoderm verschmelzen. Endlich verschwindet der zentrale Hohl- raum, indem das periphere Mesoderm mit dem zentralen durch Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 509 breite Querbrücken miteinander verwächst. Zwischen den Quer- brücken schnüren sich nun die entodermalen Längsgefäße ab (Fig. 6). Die in dem Mesodermkegel liegende Achse wird von einem Epithel umschlossen. Ich kann nicht umhin, diese Be- obachtungen als eine Bestätigung der Srupzrschen Theorie auf- zufassen, nach der bekantlich der Stamm der Gorgonidenkolonie als axialer Polyp anzusehen ist, dessen Höhlung „von unten her von einer zur Achse sich differenzierenden Mesodermwucherung ausgefüllt wird, einem Gebilde, das sich am besten mit der Columella der Madreporarier vergleichen läßt“. Nur darin möchte ich STUDER nicht beipflichten, daß das Achsenepithel von dem Entoderm des Achsenepithel all Alte), . D . ur es) RD= N \ gi ir BR aa £ Hornige Rindenschicht M N O6) Ne (6) [6 oO : [E> ’e: K) = = Fig. 6. Querschnitt durch die Spitze von Pierogorgia pinnata DANA. S6mal vergr. axialen Polypen abzuleiten ist, zumal es viel mehr abgeplattet ist als ein typisches Entodermepithel. Da nun aber die STUDERSche Auffassung, die ich durch die beschriebenen Beobachtungen be- stätigt finde, mit einem ektodermalen Achsenepithel nicht in Uebereinstimmung gebracht werden kann, bleibt nur die Annahme übrig, daß sich das Epithel aus dem Mesoderm herausdifferenziert hat. Diese Erklärung wird um so wahrscheinlicher, wenn man JUNGERSENS Arbeit über Pennatula phosphorea berücksichtigt. Denn bei Pennatula phosphorea entsteht die Achse als eine Bildung in der Längsscheidewand, die den Hohlraum des Primärpolypen in einen dorsalen und ventralen Raum scheidet. v. KocH schreibt freilich im Morph. Jahrb., Bd. XV, p. 647 (Kleinere Mitteilungen über Anthozoen), um ‘die ektodermale Herkunft der Achse zu retten, daß die von JUNGERSEN beobachtete Längsscheidewand 510 Hans Neumann, durch Vereinigung des ersten Septenpaares unterhalb des Schlund- rohres entstehe, daher könne der Zellenstrang, der später das Epithel der Achse liefert, vielleicht vom Ektoderm des Stomodaeums her- stammen. Doch diese Annahme besteht nicht zu Recht, denn nach Wırson bildet sich bei Renilla die Scheidewand vom basalen und nicht vom apikalen Ende des Primärpolyven aus. Gorgonia Sp. Die in konserviertem Zustande gelbe Achse ist sehr dünn, wie überhaupt die Kolonie äußerst zierlich erscheint. Infolgedessen nimmt man sofort die durch Schwammüber- wucherung bedingten Verdickungen wahr. Ob- wohl die Kolonie stark abgeplattet ist, ist die Achse nur wenig zusammengedrückt. An den schlanken Spitzen ist sie durchaus der von Pterogorgia pinnata Dana ähnlich gebaut. Auch der Abstand der Kammern des Zentralstranges an den Zweigspitzen stimmt mit den bereits beschriebenen Befunden überein. Daß die Kam- mern des Zentralstranges nach außen durch eine einheitliche Hornwandung zusammengehalten werden, zeigte ein Zentralstrang, der beim Schnitt aus der Rindenschicht herausgesprungen war (Fig. 7). Durchaus abweichende Verhält- nisse wurden auf Schnitten beobachtet, die durch infolge von Schwammüberwucherung außergewöhnlich verdickte Teile der Kolonie geführt wurden. Besonders interessant ist, daß dicht um die Achse hornige Schichten liegen, die weit in die Mesogloea hineinreichen (Fig. 8). Diese jüngeren, noch nicht so stark wie die inneren Teile der Rindenschicht verhornten Ablagerungen erinnern an die Gebilde, die Fig.7. Teileines LAACKMANN in der Mesogloea von Telesto ZI SERLE vn sprolifera und Telesto fruticulosa Dana fand terogorgia pinnata E Dana. 68malvergr. (LAACKMANN, Taf. VIII, Fig. 31, 32). Das Horn in der Mesogloea von Gorgonia sp. wird zwischen den Spicula ausgeschieden und verschmilzt zu einem dichten Maschenwerk, das ziemlich regelmäßig rings um die Achse ausge- bildet ist. Ohne Mühe kann man auf entkalkten Schnitten erkennen, Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 511 Schwamm- über- \wucherung N adeln eines Kalk- | schwammes Horniges Maschenwerk in der Mesogloea Hornige Rindenschicht \ Spicula Fig. 8. Querschnitt durch einen Seiten- zweig von Gorgonia sp. 6Smal vergr. Hornige Rinden- schicht Spiculum | Fig. 9. Längsschnitt durch Gorgonia sp. 86mal vergr. | Bd. XLVII. N. F. AL. 34 512 Hans Neumann, daß in den Hohlräumen des Maschenwerkes Spicula gelegen haben. Auf nur wenig entkalkten Schnitten sieht man sogar die Spicula mitten in den Hornstreifen liegen (Fig. 8). Doch die Hornablagerung entspricht keineswegs immer der Form der Spicula, denn es werden auch kreisrunde Hornringe gebildet, deren Durchmesser nicht weniger als ca. 0,25 mm betragen kann (Fig. 8). Gleichwohl muß man sich eine große Anzahl kleiner Hohlräume, deren kreisrunde oder ovale Form scheinbar nicht in Zusammenhang mit den Spicula gebracht werden kann, so entstanden denken, daß das Horn nach der Resorption der Kalksubstanz in kreisförmigen Lamellen aufgelagert wurde. Da das hornige Maschen- werk der Achse dicht anliegt, nimmt es zweifellos teil an dem Aufbau der Rindenschicht. Daß diese hornigen mesodermalen Schichten in der Tat zu einer charakteristischen Rinden- schicht verschmelzen, bringen Fig. 8 und 9 zum Ausdruck, die einen Längsschnitt durch einen von Schwamm überwucherten, dicken Seitenzweig darstellen. Nach dem vorher Gesagten überrascht es nicht, daß in diesen Teilen eine größere Anzahl Spieula eingelagert waren (Fig. 9 u. 10). Ebensowenig wird die Tatsache befremden, daß frei- liegende Spicula von Hornscheiden umschlossen werden. Das Vor- hi en kommen von Spicula in Gorgoniden- vergr. achsen haben LACAZE-DUTHIERS an Pterogorgia suleifera Lam., KÖLLIKER „bei allen Gorgoniden mit netzförmigem Hornskelett‘“‘ und bei Muricea elongala, STUDER bei Gorgonia Bertholoni Lmx. und SCHNEIDER bei Eunicella profunda beobachtet. Da ich nun diese Beobachtungen auch bei Gorgonia sp. bestätigt fand, so muß diese Achse auch aus diesem Grunde als eine mesodermale Bildung aufgefaßt werden. Die Verzweigung verhält sich so wie bei Pterogorgia pinnata Dana (Fig. 11). Nach alledem erscheint die mesodermale Herkunft von Gorgonia sp. analog der von Pterogorgia pinnata Dana nicht zweifelhaft. Auch was die Längs- Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 513 gefäße anbetrifft, stehen sich die beiden Arten sehr nahe. Ganz ähnlich verlaufen bei Gorgonia sp. auf der dorsalen und ventralen Seite je ein Längs- gefäß, die beide furchen- artige Eindrücke auf der abgeplatteten Fläche bedingen. Weiter nach der Basis zu hat der Hauptstamm und die den Verzweigungspunkten nahegelegenen Teile der Seitenäste eine mehr ab- gerundete Form. Dem entspricht dann, daß hier noch weitere Furchen auf den abgeplatteten Flächen wahrzunehmen sind. Die mehr lateral- wärts gelegenen Längs- gefäße biegen an den Verzweigungspunkten in die Seitenäste ab, während die medianen weiter am Stamme hoch- ziehen und Seitenzweige Fig. 11. Längsschnitt durch Gorgonia sp. in die Aeste abgeben. 68mal vergr. Verzweigung der Achse EST o o x, R e Lophogorgia alba Duch. u. Mich. Der Querschnitt durch die gelbe Achse unterscheidet sich auf den ersten Blick von den bereits beschriebenen durch die eigentümliche Form der hornigen Rindenschicht. Sie ist nämlich nach der Mesogloea zu ausgezackt und ausgebuchtet. Diese Form. bietet nichts Auffallendes, wenn man die Achse als die innere Produktion der Mesogloea auffaßt. Doch ist es schwieriger, sich vor- zustellen, daß eine solche, durchaus unregelmäßige Form zustande kommen könne, wenn sie von einem Epithel im von KocH- schen Sinne ausgeschieden würde. Ein Achsenepithel konnte nicht festgestellt werden, was vielleicht mit der schlechten Konser- vierung dieser Art zusammenhängt. Die Verzweigung stimmt bis auf alle Einzelheiten mit der Beschreibung überein, wie sie schon 34° 514 Hans Neumann, bei Pterogorgia pinnata DAanA gegeben wurde. Bei Untersuchung von Schnittserien durch Zweigspitzen kann man unter den Längs- gefäßen besonders zwei verfolgen, während dieses bei den anderen sehr dadurch erschwert wird, daß sie von den zahlreichen bis dicht an die Achse herantretenden Polypen sehr häufig unter- brochen werden. Diese Tatsache weist darauf hin, daß die Kolonie abgeplattet ist. Das ist auch in der Tat der Fall, obwohl die Zweige auf den ersten Blick fast kreisrund erscheinen. Bei genauerem Zusehen erkennt man nämlich, daß auf den schwach abgeplatteten Seiten die Polypen ziemlich regelmäßig in zwei Reihen angeordnet sind, während sie an den anderen Teilen der Kolonie verstreut liegen. Lophogorgia sp. Bei dieser Art konnte ich den Speciesnamen nicht feststellen. Daß sie mit Lophogorgia alba Ducn. u. MıcH. sehr nahe verwandt ist, beweist nicht nur der äußere Habitus und die Aehnlichkeit der Spicula, sondern auch der mikro- skopische Bau. Auch was die Achse Zentral- und die Längsgefäße anbetrifft, so sang sind wesentliche Unterschiede nicht vorhanden. Sogar die hornige Rinden- schicht erscheint bei beiden Formen in durchaus gleicher charakteristi- scher Weise ausgezackt und aus- gebuchtet (Fig. 12). Lophogorgia sp. Fig. 12. Umriß des Quer- unterscheidet sich von der weißen schnittes durch die Achse von E Lophogorgia sp. 168mal vergr: Lophogorgia alba DucH. u. MıcH. (ca. 12 cm hoch) nur durch die auch in konserviertem Zustande leuchtend rote Farbe und durch die Größe. Bei der roten Kolonie (ca. 25 cm hoch) entspringen nämlich nicht weit oberhalb der Basis starke Nebenäste, die den größeren Umfang der Lophogorgia sp. bedingen. Nur nebenbei mag noch erwähnt werden, daß sich auf Lophogorgia sp. mehrere Balanus festgesetzt hatten und mit den Aesten fest verwachsen waren. Auch zahlreiche Brachyuren, die beim Fixieren haften geblieben waren, saßen dicht angeklammert auf den schlanken Zweigen. Plexaura flavida. Die dunkelbraune Achse von Plexaura flavida ist relativ zu dem umgebenden Cönenchym ziemlich dick. Sie unterscheidet Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 515 sich morphologisch sehr wesentlich von den bisher beschriebenen Achsen. Während man bei diesen ohne weiteres erkennt, daß sich die Achse nur aus dem Zentralstrang und der einheitlichen Rindenschicht zusammensetzt, ist die Achse von Plexaura flavida komplizierter gebaut. Was zunächst die Rindenschicht anbetrifft, so erscheint ihr Umfang nicht gleichmäßig kreisförmig, sondern es sind im ganzen Umkreis zahlreiche Ausbuchtungen zu beobachten, so daß der Querschnitt eine wellenförmig gebogene Achse zeigt. An den Ausbuchtungen der Rindenschicht sind die Hornlamellen zuweilen weniger dicht aufeinander gelagert, so daß zwischen manchen feine Zwischenräume bemerkbar sind. Nach innen ist Zellen in der Rindenschicht Fig. 13. Hornige Rindenschicht von Plexaura flavida. 135mal vergr. die Rindenschicht durch eine festere Hornlage abgegrenzt, die sich durch die Färbung meistens scharf abhebt. Vor allem schien mir für die Entscheidung der Frage nach der Entstehung der Achse von großer Wichtigkeit zu sein, daß im Innern der hornigen Rinden- schicht Nester von Zellen, an deren mesodermaler Abkunft nicht gezweifelt werden kann, beobachtet werden konnten (Fig. 13 u. 14). Die Zellen, deren Kerne ebenso scharf hervortreten wie die der Mesogloea, sind von der Mesogloea durch das Horn der Rinde völlig abgeschlossen. Doch nicht nur in der lamellösen Hornschicht der Rinde liegen vereinzelte Zellgruppen, sondern man kann die Zellen in ungeheurer Zahl zwischen dieser Schicht und dem Zentral- strang ohne Mühe beobachten. (Fig. 14, 15 u. 16.) Bei sehr starker Vergrößerung werden in manchen Zellen feine Veräste- lungen sichtbar, die nichts weiter als ausgeschiedene Hornfäserchen 516 Hans Neumann, sind. Daß diese Zellen in der Tat verhornen, konnte ich aus zahlreichen Schnitten nachweisen. Je weiter nämlich die Zellen im allgemeinen von der hornigen Rindenschicht entfernt liegen, um so plasmareicher erscheinen sie, während die dem Horn der Rindenschicht naheliegenden Zellen stärker verhornt sind (Fig. 16). Doch es liegen auch hier, zwischen den plasmareichen Mesoglöal- zellen verstreut, bereits stark verhornte Gebilde, die auf dem Zentral- strang Mesogloea- zellen in der Rinden- schicht Verhornte Zellen Fig. 14. Querschnitt durch Plexaura favida. 74mal vergr. Längsschnitt manchen Diatomeenformen täuschend ähnlich sind. Die verhornten Gebilde schließen sich zu eigentümlichen Paketen zusammen, die an die Bilder von Knorpelnestern erinnern. Der Querschnitt durch solche Pakete erscheint aus zahlreichen Horn- kügelchen zusammengesetzt, die dicht aneinander geballt sind (Fig. 16). Häufig liegen die verhornten Zellen auch bänderartig dem inneren Rande der lamellösen Rindenschicht an. Meistens Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 517 Zentralstrang Hornige Rindenschicht Verhornte Zellen Fig. 15. Querschnitt durch Plexaura flavida. 75mal vergr. Hornige Rindenschicht Verhornte Rindenschicht Fig. 16. Querschnitt durch einen Teil der Achse von Plexaura Havida. 27Smal vergr. 518 Hans Neumann, ist der Verhornungsprozeß am besten an den Stellen zu be- obachten, wo die Rindenschicht sich ausbuchtet. In den bereits stark verhornten Gebilden sind Plasmareste im allgemeinen nicht mehr zu erkennen. Bei manchen kann man noch mit Mühe den Kern wahrnehmen. Mit diesen Tatsachen stimmen auch SCHNEIDERS Beobachtungen überein. Obwohl SCHNEIDER plasmareiche Zellen, die mit Sicherheit als Mesoglöalzellen aufgefaßt werden müssen, nicht abgebildet hat, so hat er doch bei Eunicella profunda und Eunicella Cavolinii kleine, runde Körperchen beschrieben, die den Kammern des Zentralstranges Fig. 17. Verzweigung der Achse von Plexaura flavida. 30mal vergr. von mir beobachteten verhornten Zellgebilden ähnlich sind. Sicher- lich können diese Zellen auch Kalk abscheiden. Darum möchte ich sie unter dem Namen Calco- und Ceratoblasten zusammen- fassen. Um den Zentralstrang liegt eine Schicht zahlreicher Fächer, die KÖLLIKER die „fächerige Rindensubstanz“ genannt hat (Fig. 17). Besonders schön kaun man auf Längsschnitten er- kennen, daß die fächerige Rindensubstanz und der Zentralstrang wesentlich aus demselben Gewebe bestehen. Die Fächer sind meistens nicht scharf, sondern nur durch dünne Hornlamellen gegen den Zentralstrang abgegrenzt. Die Fasern sind ebenso Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 519 zart und fein wie die im Zentralstrang. Selbst die Anordnung der Fasern im Zentralstrang und in der fächerigen Rindensubstanz unterscheidet sich nicht wesentlich, denn in beiden Gebilden ver- laufen die zarten Fasern mehr oder minder strahlenförmig. Die Größe der Fächer der Rindensubstanz wechselt außerordentlich. Die Fächer sind meist sichel- oder halbmondförmig. Insofern sind sie stets gleichartig gebaut, als die sie begrenzenden Hornlamellen sich immer unter spitzen Winkeln schneiden, ganz ähnlich wie die Fischschuppen. Was die Verzweigung anbetrifft, so ist auch hier festzustellen, daß der Zentralstrang der Seitenäste niemals aus der Hauptachse herauswächst, sondern immer durch eine Hornschicht von dem Zentralstrang der Hauptachse geschieden ist. Ein sehr charakteristisches Aussehen gibt das Verhalten der fächerigen Rindensubstanz den Verzweigungspunkten (Fig. 17). Die Fächer werden hier sehr groß. Sie lehnen sich dicht an die breiten Kammern des Zentralstranges (ca. 0,225 mm) an. Hier sieht man deutlich, daß sie sich von den gleichmäßig übereinander gelagerten Kammern des Zentralstranges nur durch Form und Größe unter- scheiden. Nach alledem muß man schließen, daß der Zentral- strang ebenso aus Mesoglöalzellen entsteht, wie es für die Rinden- schicht bereits nachgewiesen wurde. Es ist bemerkenswert, daß ein Achsenepithel, obwohl die Schnitte gut gefärbt waren, nicht beobachtet werden konnte, Damit ist erwiesen, daß nicht alle Holaxonier ein Achsenepithel haben, ebensowenig wie die Pennatu- liden. Um die Achse liegen zahlreiche Längsgefäße, die einen Durchmesser von ca. 0,125 mm haben, doch sind auch Gefäße mit doppelt so großem Durchmesser zu erkennen. In diesem Falle handelt es sich um Verschmelzungen von zwei benachbarten Längsgefäßen. Die Längsgefäße kommunizieren nicht nur mit dem Gefäßnetz der Mesogloea und den Polypenhöhlen, sondern auch untereinander. Die Anzahl der Längsgefäße ist infolge der Schmelzungen nicht konstant, meistens zählt man 12. Plescanurella dichotoma. Die komplizierte Achse von Plexaurella dichotoma erinnert in ihrem Bau an die von Plexaura flavida. Der Zentralstrang ist sehr breit, sein Durchmesser beträgt in den Zweigspitzen ca. 0,5 mm. Unmittelbar an den Zentralstrang schließt sich eine Schicht fächeriger Rindensubstanz an, die die zentrale genannt werden mag, da sich noch eine periphere beobachten läßt. Die 520 Hans Neumann, einzelnen Fächer haben keine konstante Form und Größe. Immer- hin erscheinen auch sie wie die von Plexaura flavida auf dem Querschnitt meistens halbmondförmig. Ihre Wandungen sind zum Teil ziemlich zart, zum Teil aber auch ca. 0,005 mm dick. Ihre Struktur stimmt mit der von Plexaura flavida überein, denn jedes Fach ist von einem zusammenhängenden Flechtwerk feinster Fäserchen gefüllt. Wenn man die bogenförmige Außenwandung eines Faches als ein Kreissegment auffaßt, so erscheint der Inhalt des Segmentes wie von einem Strahlenbüschel durchzogen, da die RUN u DI CHR £ I Na z KL. DIE DL > “ un Fächerige Rinden- substanz Fig. 18. Querschnitt durch die Achse von Plexaurella dichotoma. 74mal vergr. stärkeren Fasern in der Richtung der Radien des Kreises an- geordnet sind. An die zentrale fächerige Rindensubstanz grenzt nach außen ein schwammiges Gewebe, das die periphere und zen- trale Rindensubstanz trennt und darum als schwammige Zwischen- substanz zu bezeichnen ist (Fig. 18). Merkwürdigerweise wurden in dieser Zone der Achse vereinzelte Globigerinen beobachtet (Fig. 18). Diese Tatsache ist um so eigentümlicher, als ich in der Mesogloea nicht Globigerinen finden konnte. Man kann diese organischen Einschlüsse nur erklären, indem man sie mit den entodermalen Längsgefäßen in Zusammenhang bringt. Man muß annehmen, daß die Globigerinen durch entodermale Gefäße in Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 521 diese Zonen der Achsen gelangten, bevor der Hornmantel der Rindenschicht jede Kommunikation mit den Gefäßen der Mesogloea unmöglich machte. Ueberhaupt ist nicht von der Hand zu weisen, daß sich in manchen Fällen die entodermalen Gefäße an dem Auf- bau der Achse beteiligen. Besonders mag das an Verzweigungs- stellen der Fall sein, weil sich dort die Achse außerordentlich verbreitert. Trotzdem gehören derartige Entstehungen bei den Gorgonaceen zu den Ausnahmen, während bei den Pennatulaceen, wie KÜKENTHAL neuerdings nachgewiesen hat, gerade die ento- dermalen Gefäße die Elemente für die Achse liefern. Doch davon wird noch die Rede sein. Die peripher gelegenen Fächer der Achse sind kleiner als die mehr zentralwärts angeordneten. Auf Schnittserien läßt sich verfolgen, daß sich vor der Bildung der Fächerige Rinden- substanz Fig. 19. Querschnitt durch einen Teil der Achse von Plexaurella dichotoma. 98mal vergr. Fächer Horn ablagert. Zwischen den Hornstreifen entstehen dann die Fächer, deren Zahl demnach um so größer ist, je weiter von der Spitze entfernt der Schnitt geführt wird. Am äußeren Rande der Achse wird eine Hornschicht von relativer Dicke dadurch gebildet, daß die Wandungen der zahlreichen winzigen Fächer miteinander fest verschmelzen (Fig. 19). Diesen verschmolzenen, wellenförmig gebogenen Hornstreifen liegt das Achsenepithel dicht an (Fig. 19). Es hat durchaus den Anschein, als ob sich das Epithel aus der Mesogloea herausdifferenziert. Denn die Basal- membran sendet Ausläufer in die Mesogloea. Hiermit stimmen KınosHitAs Beobachtungen überein. Er wies nämlich bei Kero- eides Koreni WRIGHT u. STUDER nach, daß die Zellen des Achsen- epithels in der Mesogloea verschwinden (Pl. VI, Fig. 2). Die Längsgefäße stehen direkt mit dem Polypen in Verbindung, da die Polypen tief in das Cönenchym eingesenkt sind. Sie liegen sehr 522 Hans Neumann, regelmäßig um die Achse herum. Meistens zählt man 16, die einen Durchmesser von ca. 0,125 mm haben. Zusammenfassung. Die Achse der Plexauriden und Gorgoniden ist kein Aus- scheidungsprodukt eines ektodermalen Achsenepithels. Vielmehr haben meine Untersuchungen ergeben, daß die Achse als meso- dermale Bildung aufgefaßt werden muß, und zwar zwingen folgende Gründe zu diesem Schluß. Zunächst ist einwandfrei durch STUDER, SCHNEIDER und die vorliegenden Untersuchungen bewiesen, daß zahlreiche Spicula, an deren mesodermaler Entstehung Kein Forscher zweifelt, in der hornigen Rindenschicht vieler Achsen eingebettet liegen. In den meisten Fällen läßt sich ein Achsenepithel be- obachten. Der Achse von Plexaura flavida fehlt es indessen. Wenn nun das Fehlen eines Achsenepithels mit der v. KocHschen Theorie unvereinbar ist, so zwingt dessen Existenz allein nicht, die Achse im v. KochHschen Sinne als ein ektodermales Aus- scheidungsprodukt aufzufassen. Das Achsenepithel nimmt seine Entstehung aus der Mesogloea. Ich stimme mit KınosHITA darin überein, daß sich das Achsenepithel in der Mesogloea zu verlieren scheint. Auch das bei Corallium von FrıtTz MÜLLER nachge- wiesene Achsenepithel kann nur als eine Differenzierung der Meso- gloea verstanden werden. Denn die aus zahlreichen Spicula ver- schmolzene Achse von Corallium bildet sich sicher in der Meso- gloea, obwohl FrıTz MÜLLER diese mesodermalen Einschlüsse durch das Auseinanderweichen des Achsenepithels erklären will. /weifellos wird der Zentralstrang der Achse bei allen untersuchten Formen in den Seitenzweigen selbständig gebildet. Niemals ist er mit dem Zentralstrang der Hauptachse verbunden, sondern immer durch eine Hornschicht abgeschlossen. Bei Pterogorgia pinnata DAnA und Gorgonia sp. verbreitert er sich um so mehr, je näher er dem Zentralstrang der Hauptachse gelegen ist. Er verdrängt die Mesogloea allmählich und kittet sich so auf der Hauptachse auf. v. Koch legte seiner Theorie hauptsächlich Achsen zugrunde, deren Rindenschicht einen aus regelmäßig aneinander gelagerten Schichten zusammengesetzten Hornzylinder darstellt. Solche Achsen könnte man vielleicht als Epithelausscheidungen ansehen, wenn dem nicht andere Gründe entgegenstünden. Doch diese An- nahme ist sehr unwahrscheinlich, wenn man die Zacken und Vor- sprünge der Rindenschicht von Lophogorgia und den äußerst Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen, 523 komplizierten Bau der Plexauridenachsen betrachtet. Es ist oft der Einwand erhoben worden, daß die Mesogloea der Anthozoen nicht Horn abscheiden könne. Selbst wenn man KÖLLIKERS merk- würdige Beobachtung von geschichteter Hornsubstanz, „ähnlich der Achse der Gorgonien“, in der Mesogloea von Alcyonium palmatum außer acht läßt, da eine derartige Bildung bei den Alcyonaceen sonst nicht wieder beobachtet worden ist, ist der Einwand hin- fällig. Schon das hornige Maschenwerk und die Hornscheiden der Spicula von Gorgonia sp. beweisen die Fähigkeit der Mesogloea, Horn abzusondern. Diese Feststellung wird nicht befremden, wenn man LAACKMANNs Untersuchungen an Telestiden berücksichtigt, die bekanntlich mit den Holaxoniern nahe verwandt sind. (LAACK- MANN, Die Telestiden, Zoolog. Jahrb., Suppl.-Heft 1, 1908.) Bei den Telestiden entwickelt sich nämlich in der Mesogloea ein Horn- zylinder, der an den 8 Ansatzstellen der Septen verdickte Horn- leisten trägt. Auch wird das Skelett bei allen Telestiden durch zwischen den Spicula abgeschiedene Hornsubstanz verstärkt. End- lich mag noch auf meine Beobachtungen an Plexaura flavida hin- gewiesen werden. Sie allein genügen, um die v. Kochsche Theorie zu widerlegen und die mesodermale Entstehung der Holaxonier- achse zu beweisen. Bei Plexaura flavida fand ich nämlich in der hornigen Rindenschicht und in der Zone zwischen Zentralstrang und Rindenschicht deutliche Zellen, deren Zugehörigkeit zur Meso- gloea mit Sicherheit festgestellt werden konnte. Ferner ließ sich konstatieren, daß diese Zellen mehr und mehr verhornen und so das Horn für den Aufbau der Achse liefern. Nach alledem kann nicht mehr an der mesoglöalen Entstehung der Holaxonierachse gezweifelt werden. Infolgedessen hat das wichtigste Unter- scheidungsmerkmal, das v. KocH dazu veranlaßte, die Scleraxonier von den Gorgonaceen abzutrennen, keine Geltung. Daß man diese beiden Gruppen nicht so scharf voneinander trennen darf, erhellt auch aus KınosHitas Befund über die Koloniebildung von Antho- plexaura dimorpha KÜKENTHAL. Bei dieser Art tritt die Skelett- achse nicht in die Magenhöhle des primären Polypen, sondern sie wächst in die Höhe, so daß der Stamm der Gorgonidenkolonie ganz wie bei den Pseudaxoniern zum eigentlichen Cönosark gehört. Zum Schluß mögen noch einige Bemerkungen über die Skelett- ausscheidungen der übrigen Anthozoen Platz finden. Bei den Alcyonaceen sind es in erster Linie die mesodermalen Spicula, die die Festigkeit der Kolonien bedingen. Bei den höheren Alcyona- ceen wird ein hoher Grad von Festigkeit erreicht, indem die 524 Hans Neumann, Spicula miteinander in feste Verbindung treten, um das Mesoderm der Polypen wie der Stolonen zu soliden Röhren umzugestalten, wie z.B. bei Tubipora. Bei den Scleraxoniern werden die Spicula durch Hornsubstanz verbunden oder sie verkitten durch Kalk- abscheidung zu einer steinharten Achse. Immer sind die Spicula noch deutlich zu erkennen. Die Achsen der Keroeididae leiten zu den Holaxoniern über. Denn im Innern ihrer aus verschmolzenen Spicula bestehenden Achse liegt ein Zentralstrang, der für die Achsen der Holaxonier charakteristisch ist. v. Koch hat seine Theorie bekanntlich auch auf die Entstehung der Pennatuliden- achsen angewandt. Demgegenüber hat W. KÜKENTHAL in neuester Zeit festgestellt, daß sich die Pennatulidenachse „aus in der Meso- gloea eingelagerten Zellsträngen entodermalen Ursprungs und bindegewebigen Fasern“ bildet. KÜKENTHAL konstatiert nämlich bei Funiculina quadrangularis, Umbellula pellucida, Umbellula antarctica und Virgularia juncea außerhalb der eigentlichen Achse akzessorische Hornstränge, die durch einen Verhornungs- prozeß entodermaler Zellen entstehen. Diese Entdeckung gibt auch die Erklärung für die Entstehung von kleineren Achsen, die neben der Hauptachse zuweilen auftreten können. Eine kürzere Achse fanden DALvELL (1839, p. 187) und JUNGERSEN (1904, p. 31) bei Virgularia mirabilis. Auch BuJoR beobachtete bei einem Exemplar von Veretillum cynomorium außer der kleinen Achse noch eine zweite ganz kleine oben am apikalen Ende des Polypars. Endlich ist für die bis dahin strittige Frage nach der Entstehung der Pennatulidenachsen entscheidend, daß KüÜKENTHAL im Innern der Achse bindegewebige Fasern und Reste verhornter Zellen fand. Nach alledem steht fest, daß bei den Octocorallia ganz allgemein das Mesoderm die Elemente für das Skelett liefert. Aus diesem Ergebnis geht deutlich hervor, daß die Octocorallia eine scharf abgegrenzte einheitliche Unterabteilung der Anthozoeen darstellen. Denn im Gegensatz zu den Octocorallia ist das Skelett der Hexacorallia stets eine Bildung des Ektoderms. KLUNZINGERS Bemerkung (1877, p. 66), daß im Cönenchym von Palythoa tuber- culosa stellenweise auffallend große Spicula von keilförmiger oder konischer Gestalt vorkommen, beruht sicher auf einem Irrtum, da sie von keinem Forscher bestätigt werden konnte. Nach KREMPF scheidet das Ektoderm der Fußscheibe von Discosoma, Rhodactis und Corynactis eine dünne, chitinige Lamelle aus, wenn es mit einer Alge in Berührung kommt. Doch wenn KREMPF deshalb die genannten Familien unter dem Namen von „Asclerocoralliaires“ Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 525 vereinigen will, so ist dieser Versuch falsch. Nach Pax kommt nämlich die Ausscheidung kutikularer Substanzen auch in Actinien- familien vor, die phylogenetisch nicht miteinander zu verknüpfen sind. Auch bei den Madreporariern wird das Skelett vom Ekto- derm ausgeschieden, das gleiche gilt von dem der Antipathiden. v. Koch führt auch das Antipathidenskelett auf das Basalektoderm des ursprünglich einer fremden Unterlage aufsitzenden Primär- polypen zurück. Diese Entstehung erscheint um so merkwürdiger, als die hornige Beschaffenheit und der baumförmige Habitus der Antipathidenachsen außerordentlich an das Gorgonidenskelett er- innern. Diese Tatsache ist daher als Konvergenzerscheinung zu deuten. 526 Hans Neumann, Verzeichnis der zitierten Literatur. 1) Busor, P., Sur l’organisation de la Veretille. Arch. Zool. exper. gen., (3) T. IX, 1911. 2) Cook, Frank. O., The chemical composition of some Gorgonian Corals.. Amer. Journ. Physiol., Vol. XII, p. 9. 3) Darvyeır, J. G., Rare and remarkable animals of Scotland, London 1848, 4) Dana, James D., Zoophytes. U. S. Explor. Expedit. 1838—42, Philadelphia 1846. 5) Derage, Yves, et HnRovARD, EpGArD, Trait& de Zoologie con- erete. II, 2. Les Coelenteres, Paris 1901. 6) Ducnassıng, P., et Micaevorrı, M&moire sur les Üoralliaires des Antilles. 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(Der Verfasser schildert zwei Entwickelungs- stadien von Pieroides spinoculosus.) 24) — Die Antipathiden des Golfes von Neapel. Mitteil. Zool. Station Neapel, Bd. IX, 1889/91. 25) Die Alcyonacea des Golfes von Neapel. Ebenda, Bd. IX, 1889/91. 26) KörLuıker, A., Die Bindesubstanz der Üölenteraten. Icones histologicae, 2. Abt., Heft 1, 1865. 27) Krempr, A. E., Sur l’heterogeneite des Stichodactylines. C. R. Acad, Sc. Paris, T. CXXXIX, 1904. 28) KükentHar, W., Die Stammesgeschichte und die geographische Verbreitung der Alcyonaceen. Verhandl. d. Deutsch. Zool. Gesellschaft, 1906. 29) — Japanische Gorgoniden. Abhandl. math.-phys. Kl. Kg]. Bayer. Akad. Wissensch., Suppl.-Bd. I, 1909. 30) — u. Broca, H. J., Pennatulacea. Wissensch. Ergebn. Deutsch. Tiefsee-Exped., Bd. XIII, 1911. 31) LaAckmann, H., Zur Kenntnis der Alcyonarien-Gattung Telesto Lmx. Zoolog. Jahrb., Suppl.-Bd. XI, 1908. 32) Lacaze-Dutaisrs, Histoire naturelle du corail, 1864. 33) Mıune-Eowaros, H., et Haıme, J., Histoire naturelle des Coral- liaires ou polypes proprement dits, Paris 1857. ; 34) Müuter, R., Ueber die Bildung des Achsenskelettes von Corallium. Mitteil. Zool. Stat. Neapel, Bd. XX, 1910. 35) Pax, F., Studien an westindischen Actinien. Zool. Jahrb., Suppl.-Bd. XI, 1910. 36) Röse, C., Ueber die v. Kocusche Versteinerungsmethode. Anatom. Anzeig., Jahrg. VII, 1892. 37) Schneiver, A., Das Achsenskelett der Gorgoniden. Arch. f. Naturgesch., 1905. Bd. XLVII. N. F. LX. 35 528 H. Neumann, Bildung d. Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. 38) Schurtze, L. S., Die Antipatharien der deutschen Tiefsee-Ex- pedition. Wissensch. Ergebn. Deutsch. Tiefsee-Exp., Bd. III, 1902. 39) Sımpson, J. J., On a new pseudaxonid genus Dendrogorgia. Proc. Roy. Phys. Soc. Edinburgh, Vol. XVIII, 1910. 40) Stuper, Tr, Ueber Bau und Entwickelung der Achse von Gorgonia. Bertoloni Lamx. Mitteil. Naturforsch. Ges. Bern, 1874. 41) — Versuch eines Systems der Alcyonaria. Arch. f. Natur- geschichte, 1887. 42) Verrıß, A. E., The Bermuda Islands; Coral Reefs. Transact. Connectieut Acad., Vol. XVII, 1907. 43) Wıuson, E. B,, The development of Renilla. Phil. Trans. London, 1883. Untersuchungen über das Darmsystem der Fische und Dipnoer. Von Eduard Jacobshagen, Medizinalpraktikant am Anatomischen Institut der Universität Jena. Die verschiedenartigen Ansichten über das Wesen der Appen- dices pyloricae, die in den zoologischen und vergleichend - ana- tomischen Lehr- und Handbüchern zutage treten, reizten mich im Jahre 1908, Untersuchungen über diese Organe anzustellen. Je mehr ich mich in die Materie einarbeitete, um so unzureichender erschienen mir unsere Kenntnisse über das Darmsystem der Verte- braten überhaupt. Diese Erkenntnis bildete die Ursache, daß ich den Rahmen der ursprünglich geplanten Untersuchungen bald wesentlich überschritt. Während die älteren Autoren (CuUVIER, RATHKE, MECKEL) zwar meist ein einigermaßen umfangreiches Material benutzt haben, fehlt es in ihren Arbeiten doch vielfach an Gesichtspunkten, und sucht man selbst solche aus ihrem Material zu gewinnen, so sieht man bald, daß selbst ihr Material doch nicht ganz ausreichend ist. Dagegen fehlt es den neueren Forschern — man möchte vielleicht nur wenige, zumal GEGENBAUR, ausnehmen — umgekehrt an den not- wendigen empirischen Grundlagen. Es wurde zumal die makro- skopische Betrachtung fast durchweg sehr vernachlässigt; hier sind fast immer noch CUVIER, MECKEL, RATHKE und STANNIUS die einzige Quelle, und oft wurde auch sie nur mangelhaft benutzt. So kommt es, daß man bei nur einigermaßen zureichender Literatur- kenntnis Mut und Phantasie in vielen neueren Arbeiten in gleicher Weise bewundern muß. Um den Mängeln der bisherigen Betrachtungsweisen zu ent- gehen, schien es sich mir darum zu verlohnen, zunächst eiumal ein möglichst großes Material von Fischen selbst genauer zu unter- suchen. Um dies zu können, reiste ich im Oktober 1908 nach Hamburg, wo ich auf dem Altonaer Fischmarkt eine Anzahl von 35 * 530 Eduard Jacobshagen, Süß- und Brackwasserfischen lebend erhielt und auch einzelne See- fische in noch brauchbarem Zustand kaufen konnte. Da aber das Material nicht genügte, wandte ich mich um Rat an den Fischerei- direktor von Hamburg, Herrn Lübbert, welcher mich in der liebens- würdigsten Weise damit unterstützte und mich nach Cuxhaven verwies, wo ich durch seine Vermittelung und das ganz außer- ordentliche Entgegenkommen des Fischerei-Inspektors Duge-Cux- haven eine sehr ansehnlicne Menge von Fischen zur Untersuchung bekam, die ich größtenteils sogar in einem mir freundlichst über- wiesenen Raume des Fischerei-Inspektionsgebäudes gleich bearbeiten konnte. Ich möchte nicht versäumen, beiden hochverehrten Herren auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Während ich die kleineren Brackwasserfische, wie die Cottus, Gobius, Zoarces, viele Pleuronectiden, junge Clupeiden und Gadiden, gleich an Bord eines zum Krabbenfang bestimmten Fahrzeuges sezierte und fixierte, erhielt ich die großen Arten und die eigent- lichen Hochseefische durch Fischdampfer und auf Eis gelegt. Sie wurden erst in Cuxhaven fixiert und dann in formolgetränkten Tüchern nach Jena geschickt. Trotz dieser rohen Methode zeigten sich die Därme zu meiner Ueberraschung noch als ganz leidlich brauchbar sogar zu mikroskopischen Studien, weswegen ich im Herbst 1910, als es mir darauf ankam, noch einige sonst schwer zu beschaffende Gadidendärme auf das Vorhandensein und die Ausbildung echter Darmdrüsen zu untersuchen, nochmals auf diese Methode zurück- griff. Auch diesmal nahm ich die so außerordentlich liebenswürdig angebotene Hilfe des Herrn Fischerei-Inspektors Duge in Anspruch. Die nicht große Zahl untersuchter einheimischer Südwasser- fische stammt aus Hamburg, aus der Aller, der Leine und der Saale, die Coregonus-Arten und Osmerus aus dem Madue-See in Pommern. Der Liebenswürdigkeit von Herrn Dr. RAUTHER danke ich die Därme von Ophiocephalus striatus, einiger Gobien und Lepado- gaster, Herrn Prof. v. EGGELING die einiger Crenilabren, von Serranus cabrilla und von Blennius tentacularis, meinem Freunde, Herrn cand. med. Rauch, die tadellos fixierten Eingeweide einiger Pleuronectiden, Gadiden und von Zoarces. Eine größere Anzahl von Mittelmeerfischen konnte ich durch das große Entgegenkommen von Herrn Prof. R. DoHrn-Neapel untersuchen. Allen diesen Herren sage ich nochmals herzlichen Dank für ihre Unterstützung, insbesondere auch Herrn Geheimrat MAURER, der mir die Be- nutzung der reichhaltigen Materialsammlung des Anatomischen Instituts in liberalster Weise gestattete. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 531 Das so zusammengebrachte Material enthält etwa 100 ver- schiedene Arten, und zwar in weit über 200 Exemplaren, denn es war mein Bestreben, auch die Breite der individuellen Variationen im Darmsystem einigermaßen kennen zu lernen. Die Bearbeitung dieses Materials war eine verschiedene, je nach den Zwecken. Sollte der Situs studiert werden, so habe ich eine gute, nicht zu schwache Formolfixierung (5—10-proz.) allem vorgezogen. Da sie die Farben gut erhält, ist sie trotz der unangenehmen Dünste allen anderen mir bekannten Fixierungen für Situspräparate überlegen. Sehr viel benutzt habe ich für gleiche Zwecke Pikroformol, das bessere Reliefbilder und besonders meist sehr gute histologische Resultate liefert. Auch 70-proz. Alkohol mit 5, ja 10-proz. Eisessig gab gute Situspräparate (ich fand das besonders bei dickwandigen Därmen). Was nach dem Situs zuerst studiert wurde, war das Relief der Schleimhautoberfläche. Für diesen Zweck liebe ich die Pikro- formolfixierung oder eine solche mit Alkohol. Die fixierten Därme wurden möglichst in ganzer Länge aufgeschnitten, und darauf erst wurde entweder der ganze Darm oder einzelne Partieen für die Her- stellung von Trockenpräparaten ausgewählt. Die von v. EGGELING für unseren Zweck so erfolgreich angewandte Methode der Trocken- präparate wandte ich in etwas modifizierter Form an. Ich ließ die auf Korkplatten gespannten Reliefs auch bei der Entwässerung wenigstens bis zum 94-proz. Alkohol auf den Korkplatten sitzen, in allen schwierigeren Fällen später sogar im absoluten Alkohol und im Terpentin. Und zwar ließ ich die Korkplatten auf dem Alkohol oder Terpentin so schwimmen und stellte sie auch nachher im Wärmeschrank so auf, daß das Relief nach unten hing. Der Erfolg dieses Verfahrens war sehr viel besser als bei einer anderen Be- handlung, da die hohen, zarten Falten und Fortsätze nicht zu- sammensanken und so das Relief verwirrten. Oft wurden auch frische Reliefs oder solche fixierter Därme zur Kontrolle oder aus anderen Gründen unter Wasser angesehen. In einzelnen Fällen untersuchte ich auch durch Terpentin oder Xylol aufgehellte Reliefs, die nicht getrocknet waren, um Grundformen festzustellen, oder aber ich präparierte ein Trockenrelief oder ein frisches Relief — dann unter Wasser — sorgfältig bis auf die Basis ab. Die Methoden wurden oft alle nebeneinander geübt an ein und dem- selben Tier. Zum Aufkleben dünner Trockenpräparate benutzte ich geschmolzenen Kanadabalsam, bei dem ein erneutes, uner- wünschtes Aufhellen des Reliefs fast immer unterbleibt. 532 Eduard Jacobshagen, Für mikroskopische Zwecke kann ich von den zahllosen be- nutzten Fixierungen Pikroformol und ZEnkersche Flüssigkeit am meisten empfehlen. Man soll Darmstücke zur Fixierung niemals läugs aufschneiden! Im übrigen hatte ich bei derselben Fixierungs- art nicht überall gleich gute Resultate, oft waren sie im Vorder- darm günstiger als im Mittel- oder Enddarm. Die Mikrotomschnitte wurden meist sehr dünn (5 u) gewählt wegen der kleinen Form- elemente. Von den vielen Färbungen wurde die Hämalaun-Eosin- Doppelfärbung im ganzen vorgezogen, daneben kamen gelegentlich aber auch viele andere Methoden zur Anwendung. Außer den eigenen Untersuchungen wurde natürlich die Literatur eifrigst zu Rate gezogen, insbesondere wurde die „Histoire naturelle dies poissons“ von CUVIER et VALENCIENNES, die viel in den Literatur- nachweisen aufgeführte, leider aber selten gründlich benutzte, ein- gehend studiert, desgleichen die Arbeiten RATHKEs und HYRTLS sowie vieler anderer. Um die in das Studium der Literatur ver- wandte Arbeit auch anderen nutzbar zu machen, habe ich mich auf die Anregung von Herrn Prof. v. EGGELInG und Herrn Geheim- rat MAURER dazu entschlossen, das in der Literatur zerstreute Material systematisch geordnet zusammen mit den eigenen Unter- suchungen zu veröffentlichen. Da dies Unternehmen ebenso zeit- raubend wie mühsam ist, bin ich noch immer nicht damit zu Ende gekommen. Doch wird diese Arbeit bald nachfolgen. In einem dritten Teile werden die Appendices pyloricae einer Betrachtung unterzogen und ebenso die Resultate über die mikroskopischen Darmuntersuchungen mitgeteilt werden. Ferner werde ich später noch einiges über den Vorderdarm und die Mundhöhle der Fische mitteilen und hoffe, noch einmal Gelegenheit zu finden, auf das Schleimhautrelief gründlicher einzugehen. Zu dieser letzten Arbeit liegt ein reiches Material vor, dessen Vervollständigung und kritische Bearbeitung indessen noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Ein Verzeichnis der benutzten Literatur sowie ein Register der untersuchten Fische wird dem zweiten Teile dieser Arbeit angefügt werden. Die Untersuchungen wurden sämtlich im Anatomischen Institut begonnen und auch fast alle dort abgeschlossen. Herrn Geheimrat MAURER bin ich zu Dank verpflichtet für die Ueberlassung eines Arbeitsplatzes sowie für das Interesse, das er dem Fortschreiten der Untersuchungen entgegengebracht hat; desgleichen Herrn Prof. LusoscH, der mich in Fragen der mikroskopischen Technik oft in liebenswürdiger Weise mit seinem Rate unterstützt hat. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 533 Teil 1. Beiträge zur Charakteristik des Vorder-, Mittel- und Enddarms der Fische und Dipnoer. Mit 4 Figuren im Text. Aus der großen Zahl der Naturforscher, die sich mit dem Darmsystem der Fische beschäftigt haben, sind es zwei, denen die Morphologie zu besonderem Danke verpflichtet ist. Der eine ist HEINRICH RATHKE, der 1824 in seiner äußerst sorgfältigen Arbeit: „Ueber den Darmkanal der Fische“ die Begriffe „Munddarm“, „Mitteldarm“, „Enddarm“ einführte und in dieser sowie in seiner späteren Abhandlung: „Zur Anatomie der Fische“ zu charakte- risieren trachtete. Der zweite ist CARL GEGENBAUR, der 1877 in seinen kurzen, höchst geistvollen „Bemerkungen über den Vorder- darm niederer Wirbeltiere“, auf RATHKE fußend, die Sonderung des Magens und seine spätere Form und Lage zu erklären ver- suchte und die prinzipiellen Differenzen zwischen dem Vorder- darm und den beiden späteren Darmabschnitten mit Nachdruck betonte. RATHKE rechnete zum Vorderdarm den Schlundkopf, die Speiseröhre und den Magen, sah also bei den mit einem Magen versehenen Fischen den Pylorus als Ende des Munddarms an. Bei den Fischen aber, bei denen er einen Magen nicht fand, wie bei den „Cyprinen“, Belone, Gobius niger, Misgurnus fossilis und Cobitis taenia, und ferner (1837) „bei den Syngnathen und Crenilabren“, Gobius melanostomus, Blennius sanguinolentus und Atherina Boyeri besteht nach ihm der Vorderdarm nur aus dem gleichfalls mit einer äußeren Ringmuskulatur versehenen Schlund- kopfe. Hier ist das Ende entweder wie bei Gobius melanostomus, den Cyprinus-, Syngnathus- und Crenilabrusarten durch eine „von der Schleimhaut gebildete, mehr oder weniger deutliche Klappe“ kenntlich, oder aber, es ist die Vorderdarmschleimhaut in der Regel hier aus „einigen groben Längsfalten“ zusammengesetzt, derber und fester als in den übrigen Teilen des Darmkanals und scheint nicht geeignet zu sein, an der Verdauung teil- zunehmen“. Stehen bei RATHKE strukturelle Momente in erster Reihe bei der Entscheidung der Frage, was Vorderdarm sei und wo sich 534 Eduard Jacobshagen, seine kaudale Grenze finde, so wählt GEGENBAUR, „abgesehen von anderen, eine Scheidung vom Mitteldarm darstellenden Einrich- tungen“, die Verbindungsstelle der Leber mit dem Darme als Kriterium der Grenze der beiden ersten Darmhauptabschnitte. Denn „es wird unbestritten bleiben, daß die Leber nicht an be- liebiger Stelle sich aus der gemeinsamen Darmanlage sondert, daß vielmehr jene Stelle eine durch die Reihe der Wirbeltiere gleiche ist, daß demnach auch die spätere Mündung des Leber- ausführganges an gleicher Stelle statthat. Diese Stelle ist der Anfang des Mitteldarms.“ Nun fällt aber die Stelle des Pylorus oder des anderweitig von RATHKE charakterisierten Vorderdarmendes keineswegs in allen Fällen mit der Mündungsstelle des Ductus choledochus zu- sammen. Vielmehr besteht zwischen der RATHKESchen Grenze und der Lebermündung — die, wie GEGENBAUR offenbar an- nimmt, zusammenfallen — in nicht wenigen Fällen ein mehr minder großer Zwischenraum, dessen Beurteilung für viele Dinge von einiger Bedeutung ist, z. B. für das Problem der Appendices pyloricae. Bietet schon die Festlegung der Grenze zwischen dem Vorder- und Mitteldarm einige Schwierigkeit, denn gegen die GEGENBAURSche Argumentierung wird man zunächst kaum etwas einwenden wollen, so verursacht die Bestimmung der Grenze zwischen dem Mitteldarm und dem Enddarm oft weit mehr Kopf- zerbrechen. Bei Selachiern bietet nach GEGENBAURS „Vergleichender Anatomie der Wirbeltiere“ (Bd. IL, p. 170) der Enddarm, in die Kloake fortgesetzt, eine bedeutende Kürze, allein es beginnen an ihm mancherlei Differenzierungen. „Die Abgrenzung gegen den Mitteldarm geht von letzterem aus, indem bei voller Entfaltung der Spiralklappe, wie z. B. bei den Notidaniden, diese Klappe mit einer queren Falte den Mitteldarm abschließt. Aus einer solchen bei Rückbildung der Spiralklappe bestehenbleibenden Einfaltung geht vielleicht die scharfe Grenzstelle hervor, welcher wir später begegnen. Eine neue Erscheinung ist ein in die hintere Wand des Enddarms der Selachier mündendes fingerförmiges Organ, dessen Wandung auf einem ansehnlichen terminalen Abschnitte mit Drüsen besetzt ist. Den Chimären fehlt es, dagegen liegen dieselben Drüsen an der der Einmündungsstelle des Schlauches bei Selachiern entsprechenden Stelle des Enddarms (LeypıG). Die durch eine Art Ausführgang vermittelte Mündung des Schlauches entspricht Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 535 genau dem Anfange des Enddarms, indem sie dem Ende der Spiralklappe gegenüber sich findet, so daß das Sekret mindestens der ganzen Enddarmstrecke zugeteilt wird.“ „Den Ganoiden und Teleostei fehlt dieses Gebilde und in der Regel auch die präzisere Abgrenzung gegen den Mitteldarm, allein zuweilen ist der Beginn des Enddarmes bei Teleostei durch eine Falte ausgezeichnet, und sehr allgemein kennzeichnet ihn eine andere Beschaffenheit der Schleimhaut. Auch die Verschiedenheit des Kalibers, bald größere Enge, bald eine schwache Erweiterung, wie diese auch unter den Ganoiden besteht, dient zuweilen als Auszeichnung. Die Er- weiterung des Enddarms ist bei einiger Länge nicht selten unter den Knochenfischen.“ Auch RATHKES Angaben über die Befunde bei Knochenfischen stimmen damit im wesentlichen überein. Betrachten wir zunächst einmal die Grenze des Vorderdarms gegen den Mitteldarm an der Hand der von RATHKE gegebenen Kriterien. Am einfachsten ist die RATHKesche Vorderdarmgrenze ent- schieden an den mit einem Magen versehenen Fischen festzustellen. Hier stellt der Pylorus das Ende des Vorderdarms dar. Einen Magen besitzen, soweit mir bekannt ist, unter den Plagiostomen alle Squalaceen und Rajaceen, unter den Teleostomen die Crossopterygier, Holosteer, Chondrosteer und der größte Teil der Teleosteer. Unter letzteren fehlt ein Magen bestimmt den meisten Cypriniden, den Syngnathiden, einigen Gobiiden, den Labriden, Scariden, Callionymiden, einigen Blenniiden und Lepado- gaster. Ziemlich sicher fehlt er ferner Stomias boa, den Cyprin- odonten, Oentriscus, den Scombresociden, Atheriniden und Pholis gunellus. Wahrscheinlich fehlt er ferner Solenostoma und Pegasus und möglicherweise den Plectognathen, den zu den Salmoniden gestellten: Salanx, Retropinna, Nansenia und Bathylagus und vielleicht auch Loricaria, wo nach Srtannıus kein Magen be- steht, doch scheint mir die Sache höchst fraglich zu sein. Wenn EDINGER seinerzeit Gasterosteus pungitius einen Magen absprach, so ist ihm hier sicherlich ein Versehen untergelaufen; denn dies Tier hat ebenso entwickelte Magendrüsen wie der dreistachlige Stichling. Komplizierter liegen die Verhältnisse bei den magenlosen Fischen. Hierher rechnen unter den Plagiostomen die Holocephalen. Es zählen gleichfalls hierher alle Dipnoer und von den Teleostomi die Familie der Cypriniden bis auf Nemachilus barbatulus, ferner 536 Eduard Jacobshagen, die Syngnathi, einige Gobiiden — ausgenommen sind Gobius niger und G. cruentus nebst Anarrhichas lupus — die Labriden, Scariden, Callionymiden, wenigstens zum Teil die Blenniiden und Lepadogaster. Für die übrigen oben genannten Fische besteht nur eine mehr minder große Wahrscheinlichkeit des Magenmangels. Betrachten wir bei diesen Fischen ohne Magen nun den Vorderdarm, so finden wir ihn bei den Holocephalen leicht ab- zugrenzen. Außer einer äußeren Ringschicht quergestreifter Muskulatur charakterisieren ihn dickere Wände und ein Längs- faltenrelief der Schleimhaut. Eine Klappe von geringer Länge und Entwickelung bildet die scharfe Grenze gegen den Mitteldarm. Dies Verhalten zeigten mir Chimaera monstrosa und Callorhynchus antarcticus. Unter den Dipnoern hat Lepidosiren nach HYRrTL, wie ich GEGENBAUR entnehme, keine eigentliche Magenerweiterung des Verdauungskanales, sondern „der Oesophagus geht, ohne an Durchmesser zuzunehmen, in den Darm über. Diese Uebergangs- stelle ist durch eine Pylorusklappe bezeichnet.“ Aehnlich verhält sich der Vorderdarm von Protopterus annectens. Auch hier be- steht eine Pylorusklappe und ein Längsfaltenrelief im davor ge- legenen Vorderdarm. Bei Ceratodus Forsteri finde ich zwar auch Längsfalten, die mit scharfer Grenze nach hinten hin abschließen, allein eine Pförtnerklappe habe ich nicht gesehen. Der einzige Cyprinide, von dem in der älteren Literatur eine Pylorusklappe beschrieben wird, ist Cirrhina, doch ist hier die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß ähnlich wie bei Nemachilus ein Magen be- steht. Alle anderen Cypriniden sind nach den meisten Autoren ohne Pförtnerklappe. Indessen machte schon RATHKE (1824) die Angabe, daß auch den Fischen, denen ein eigentlicher Magen fehle, trotzdem eine Pylorusklappe zukommen könne. Im allgemeinen sei sie kurz „bei den Karpfen“. Ich selbst fand in der Tat eine solche kurze Klappe als Abschluß des Vorderdarms bei Squalius cephalus und eine Andeutung davon bei Tinca tinca und Aspius aspius. Dagegen vermißte ich sie bei Abramis vimba und Cyprinus carpio völlig. RATHkE fand am Vorderdarm der Cypriniden all- gemein außen eine Ringschicht von quergestreifter Muskulatur und die Schleimhaut innen zu Längsfalten erhoben, die bei verschiedenen Individuen einer und derselben Fischart der Zahl nach verschieden sind und sich hier und da unter spitzen, nach hinten gekehrten Winkeln verbinden. „Jene Falten sind bei allen Fischen, die keinen eigentlichen Magen besitzen, also bei den Cyprinen, einigen Cobiten ... hinten glatt abgeschnitten, und zwar immer dann eine Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 537 jede in gleich großer Entfernung vom Schlunde, so daß die Grenze aller, oder doch der meisten gleich einem im Darmkanal herum- gehenden Ringe erscheint.“ Und zwar reichen alle Falten so weit hinaus wie der Schlundkopf. Im Mitteldarm ist ein sehr ab- weichendes Schleimhautrelief zu finden. Bei Squalius cephalus, Aspius aspius und bei Tinca tendierten die Längsfalten des Vorderdarms zur Netzbildung. Doch ist in allen Fällen die Grenze gegen den Mitteldarm eine ganz scharfe. Syngnathus besitzt gegen den Mitteldarm hin nach RATHKE eine Klappe, nach CuvIEr nur eine leichte Einschnürung. Einen jähen Wechsel des Schleimhautreliefs an jener Stelle führen beide Autoren an. Gobius niger, G. paganellus und G. minutus haben ein Längsfaltenrelief im Vorderdarm und besitzen daselbst eine äußere Ringschicht von quergestreifter Muskulatur. Während G. niger und paganellus eine Pförtnerklappe aufweisen, vermisse ich sie bei G. minutus, doch gibt der plötzliche Reliefwechsel auch hier sofort die Grenze an. Der ähnliche Vorderdarm der Labriden ist wohl sehr oft durch eine Klappe nach hinten hin abgeschlossen. Ich fand das bei Labrus merula, CUVIER-VALENCIENNES geben es für L. bergylta und Crenilabrus pavo an. Auch Rırukz (1837) hat bei Crenilabrusarten eine Klappe gesehen. Ebenso kommt unter den Scariden bei Odax eine Klappe vor. Ob aber bei Labriden oder Scariden eine Klappe besteht oder nicht, stets macht das gröbere Längsfaltenrelief einem zierlichen Mitteldarm- relief unvermittelt Platz. Eine Klappe besitzt auch Lepadogaster, ebenso Centriscus und Pholis gunellus. Dagegen fehlt sie bei Stomias boa, Belone, Atherina, vielleicht auch bei Callionymus und den Cyprinodonten. Längsfalten im Vorderdarm und ein jäher Reliefwechsel an seinem Ende finden sich bei Lepadogaster, Centriscus, Pholis gunellus und Belone, über die anderen Fische herrscht Dunkelheit. Wahrscheinlich gelten aber auch hier die RATHkeschen Charakteristika. Man erkennt also, daß mit Hilfe der Rarukeschen Methode sich sehr gut in allen bisher bekannten Fällen die Vorderdarm- grenze festlegen läßt. Werfen wir jetzt einen Blick auf das Verhalten der Leber- ausführwege zu dieser Grenze. Ich beginne mit den magenlosen Fischen ! Bei einem 78 cm langen Exemplar von Chimaera monstrosa fand ich die Mündungsstelle des Ductus choledochus 1/,—3/, cm hinter dem Vorderdarmende RATHKEsS gelegen. Etwas größer, 538 Eduard Jacobshagen, nämlich gleich 2 cm war diese Entfernung bei einem 63 cm langen Exemplar von Callorhynchus antarcticus. Verhältnismäßig gleich groß war die Länge des zwischen der RATakeschen Vorderdarm- grenze und der Einmündungsstelle der Leberausführwege gelegenen Darmstückes bei Protopterus und Ceratodus. Unter den Cypriniden ist nach RATHKE die Mündungsstelle des Gallenganges in den Darm bei den Cobiten von der Pförtnerklappe, „wenn sie sich nach hinten anlegt, durchaus verdeckt“. Da dies sich nicht nur auf Nemachilus, sondern auch auf Cobitis und Misgurnus bezieht, ist daran zu erinnern, daß den beiden letzten allgemein eine Pförtnerklappe abgesprochen wird. Bei den übrigen Cypriniden ist, soweit bekannt, die Entfernung bis zur Einmündungsstelle des Gallenganges nur gering. Dagegen ist sie ansehnlicher bei Belone. Hier fand ich einmal einen 1,2 cm langen Vorderdarm, und die Länge des übrigen Darms war 12,9 cm. In diesem Falle mündete der Ductus choledochus 1,1 cm hinter der RATHKESchen Grenze. Bei Atherina, den Labrusarten, den Scariden und Gobiiden mündet er dicht hinter derselben, weniger dicht bei Crenilabrus. Wirk- lich groß scheint die Entfernung aber nur bei Tetrodon reticulatus zu sein, wo nach HyrrL der Gallengang 3!/, Zoll hinter dem „Magen“ in den Darm mündet. Es besteht also schon bei den meisten Magenlosen ein freilich meist kurzes Zwischenstück zwischen der RATHKEschen und GEGEN- BAurSschen Grenze. Ich bezeichne es fernerhin als „Zwischenstück“. Dieses Zwischenstück, ebenfalls noch kurz bei den meisten Magen- fischen, gelangt bei einigen von ihnen gleichwohl zu größerer Länge und Differenzierung. Gleich die Selachier zeigen solche Zustände. Ganz dicht hinter dem Pförtner mündet hier der Gallengang bei Carcharias glaucus und C. obtusirostris, bei Scyllium canicula, Mustelus laevis, Centrophorus granulosus und Cestracion Philippi; desgleichen nach REDEKE bei Acanthias vulgaris, Dicerobatis giorna und Galeus canis. Größer schon ist die Länge des Zwischen- stückes bei Rhinobatis columnae (REDEKE), Zygaena malleus, Scymnus lichia (B. HALLER, HELBING) und einer von mir unter- suchten Carchariasart. Lang ist es bei Taeniura Iymna (REDEKE), sehr ansehnlich bei Spinax niger (REDEKE) und am meisten ent- faltet bei Laemargus borealis (REDEKE) und L. rostratus (HELBING) (siehe Fig. 1, 2 u. 5). Sehr kurz ist das Zwischenstück bei Crossopterygiern, Hol- osteern und Chondrosteern und bei der Mehrzahl der Teleosteer. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 539 Aber bei weitem nicht bei allen! Wir betrachten am einfachsten bei Teleosteern die Lage der Einmündungsstelle des Ductus chole- ‚dochus in ihrem Verhältnis zur Mündung der Pförtneranhänge, da letztere gleich hinter dem Pförtner beginnen. Bei einem großen Teil der Knochenfische mündet der Ductus choledochus zwischen den Appendices und dem Pylorus. Oft aber mündet er in größerer Entfernung von ihm. So mündet er inmitten der Appendices pyloricae bei Labrax lupus, Priacanthus macrophthalmus, Mullus surmuletus, Cottus platycephalus, Holacanthus tricolor, Argyriosus vomer, Zeus faber, Zeus pungio, Lampris guttatus, Acanthurus chirurgus, Naseus fronticornis, Trachypterus leiopterus, Gymnetrus gladius, bei Clupea harengus, Meletta thryssa, Salmo hucho und Macrodon tahira. Aber nicht nur zwischen, auch hinter den Appendices pyloricae kann der Gallengang münden. Er tut es bei Uranoscopus eirrhosus, Otolithus guatucupa, Pogonias fasciatus, Chaetodon striatus, Ch. vagabundus und Ch. capistratus, bei Pomacanthus niger, Mugil cephalus, den Gadus- und Merlangus- Arten, bei Merlucius und Lota. Sehr lang ist das Zwischenstück auch bei Brosmius (bei einer gesamten Mittel- und Enddarmlänge von 55 cm lag die Mündungsstelle des Ductus choledochus 2,9 cm hinter dem Pylorus) und nach RATHKE beim Hecht. RATHKE ver- gleicht darum den Darm des Hechtes mit dem der Säugetiere, weil im Gegensatz zu den meisten Fischen „bei ihm der Gallen- gang in einer beträchtlichen Entfernung vom Pförtner mündet“. Freilich stimmen MEckELs Angaben damit nicht überein. Indessen konnte ich RATHKEs Angabe an zwei Exemplaren vom Hecht be- stätigt finden. Beim ersten betrug die Gesamtlänge des Mittel- und Enddarms 35,5 cm, von denen die letzten 6,0 cm auf den Enddarm entfielen; beim zweiten die Gesamtlänge 38,5 cm, von denen 7,5 cm auf den Enddarm kamen. Beim ersten mündete der Ductus choledochus 2,3 cm, beim zweiten genau 4,6 cm hinter dem Pylorus! Diese individuelle Verschiedenheit ist hoch interessant! Nachdem auf die ungleiche Länge des zwischen der RATHKE- schen und GEGENBAURschen Grenze gelegenen Zwischenstückes bei den Fischen hingewiesen ist, soll jetzt das strukturelle Ver- halten des Zwischenstückes gewürdigt werden. Wenn man die Selachier auf unsere Frage hin untersucht, so wird man bald geneigt sein, zu glauben, daß die größere Länge des Zwischenstückes in einem gewissen Verhältnis zur Entfaltung jenes klappenlosen, der Pylorusfalte folgenden Abschnittes steht, der lange unter dem Namen der Bursa Entiana aufgeführt wurde, den 540 Eduard Jacobshagen, GEGENBAUR Bursa pylori nennt und ich mit HELBING nach dem Vorgange REDEKESs als „Zwischendarm“ bezeichne. Es will nämlich scheinen, daß überall da, wo der Zwischendarm fehlt, auch der Ductus choledochus sofort hinter der Pylorusklappe in den Darm einmündet. Das ist auch wohl meist der Fall, indessen nicht immer! So mündet nach Heusına bei Pristis Perrotteti der Ductus choledochus „in den oberen Abschnitt des Spiraldarms“, und REDEKE sagt von Acanthias vulgaris: „In den meisten Fällen liegt die Oeffnung des Gallenganges in der dorsalen Wand un- mittelbar über der ersten Spiraltour, einmal fand ich sie halbwegs zwischen der ersten und der zweiten.“ Ja REDEKE verallgemeinert diese Angabe sogar noch, indem er angibt: „Die Mündung des Ductus choledochus zeigt sich in ihrer Lage äußerst variabel auch bei Individuen derselben Species. Sie liegt bald hinter, gleichsam versteckt unter der Valvula pylori, bald mehr kaudalwärts, der ersten Windung der Spiralfalte mehr genähert, bisweilen sogar zwischen den beiden ersten Spiraltouren. So fand ich die Ver- hältnisse bei den meisten Haien und vielen Rochen.“ Man er- kennt also ein unbeständiges Verhalten auch am Spiraldarm. Mit der Entwickelung des Zwischendarms aber scheint gleichwohl jene Unbestimmtheit der Gallengangsinsertion zu wachsen. Bei Rhino- batis columnae ist nach REDEKE der Zwischendarm „sehr kurz“. „Der Ductus choledochus und der Ductus pancreaticus münden jedoch nicht in den Zwischendarm, sondern rechts oder dorsal, resp. links oder ventral von der ersten Spiraltour.“ Bei Dicerobatis giorna mündet der Gallengang in den vorderen Teil des Zwischen- darms „unmittelbar hinter den beiden Pylorusklappen“ (REDEKE). Die Spiralfalte von Torpedo marmorata fängt „weit nach hinten an. Auf der Grenze zwischen dem eigentlichen Spiraldarm und dem Zwischendarm liegt die Mündung des Ductus choledochus“. Trygon violacea, pastinaca und Kuhlii sind durch den Besitz eines „ziemlich langen Zwischendarms“ ausgezeichnet. „Der Anfangsteil dieses Zwischendarmes . . . schaut nach vorn. An der Um- biegungsstelle liegt der Anfang der Spiralklappe, deren oberes Ende gerollt erscheint. Der Ductus choledochus mündet noch etwas mehr kaudalwärts und stets in den eigentlichen Spiraldarm. Taeniura Iymna schließt sich in jeder Beziehung den eben ge- nannten Formen an, nur ist der Zwischendarm verhältnismäßig etwas kürzer.“ Bei dem Torpediniden Hypnos subnigrum Dum. ist der durch eine ‘tiefe Einschnürung vom Magen abgesetzte Zwischendarm mehr schlauchförmig als gewöhnlich, Laemargus Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 541 ausgenommen. Dieser Zwischendarm besteht aus zwei durch eine halbmondförmige Erhebung der posterolateralen Darmwand ge- schiedenen Abteilungen, in deren hintere der Ductus choledochus mündet (nach Howes s. REDEKE). Anders liegt die Mündung an Fig, 1. Fig. 2. Fig. 1. Darmkanal von Spinax niger, nach REDEKE. M Magen, Pp Pars pylorica desselben, D Ductus choledochus, Z Zwischendarm, $ Spiraldarm, E Enddarm, A fingerförmiges Organ. Fig. 2. Darmkanal von Laemargus borealis, nach REDEKE. M Magen, Pp Pars pylorica desselben, ?P Pylorus, € Zwischendarmcoeca, D Ductus chole- dochus, Z Zwischendarm, S Spiraldarm, E Enddarm, A fingerförmiges Organ. dem langen Zwischendarm von Spinax niger. „Dieser setzt sich nach vorn zu fort und biegt sodann kaudalwärts um. Gerade an der Umbiegungsstelle öffnet sich der Ductus choledochus, und unweit von dessen Mündung liegt der Anfang der Spiralfalte, das Ende 542 Eduard Jacobshagen, des Zwischendarms“ (REDEKE). Hieran schließen sich unmittelbar die Befunde bei Laemargus borealis und L. rostratus (HELBING), die aus den Figuren sich erläutern. Ich komme somit zu dem Schlusse: der stets hinter der Pylorusklappe ge- legene „Zwischendarm“ der Plagio- stomen ist keineswegs durch das Ver- halten der Gallengangsmündung zu ihm zu charakterisieren. Der Gallengang mündet bald ganz vorn an seinem Anfang (Dicerobatis), bald mehr in der Mitte (Laemargus), bald gegen Ende (Hypnos, Spinax), bald überhaupt erst hinter ihm in den Spiraldarm (Rhino- batis, Trygon, Taeniura). Es stellt somit unser „Zwischenstück“ zwischen der RATHKeEschen und GEGENBAURSchen Ma. Mt A Fig. 3A und B. Darmkanal von Laemargus rostratus, nach HELBING. Ma Magen, B Magenblindsack, Pp Pars pylorica, P Pylorus, © Zwischendarm- coeca, De Ductus choledochus, Mi Milz, Sp Spiraldarm, R Enddarm, 4A finger- förmiges Organ. Grenze manchmal den ganzen Zwischendarm dar, manchmal aber nur die Hälfte oder weniger. Es ist also kein morphologisch ein- heitliches Gebilde, ja es braucht überhaupt nicht zum Zwischen- darm zu gehören, sondern kann ein Stück Spiraldarm sein. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 543 Ich schweife hier einen Augenblick von unserem Thema ab, um bei dieser Gelegenheit auf einige Irrtümer aufmerksam zu machen, die über den Zwischendarm der Selachier verbreitet sind. B. HALLER betrachtet in seinem Lehrbuch der vergleichenden Anatomie die doch vom Zwischendarm ausgehenden Cöcalbil- dungen von Laemargus als zum Vorderdarm gehörend, denn sie seien vor der Pylorusfalte gelegen. Da ich aus diesen Angaben schloß, Herr Professor HALLER habe selbst Laemargus untersucht und andere Verhältnisse gefunden, als wie sie von TURNER und GEGENBAUR dargestellt waren, wandte ich mich brieflich an ihn mit der Bitte, mir seine Auffassung erklären zu wollen, und machte ihn später auf die Arbeiten von REDEKE und HELBING aufmerksam. Herr Professor HALLER vertrat in einem Briefe an mich trotzdem seine Ansicht weiter und suchte auch mich davon zu überzeugen. Er betonte, daß die Pylorusfalte, hinter welcher sonst sofort der Dünndarm beginnt, bei den Selachiern jenen Zwischendarm, „nach hinten zu‘ abschließe, „womit dieser als dem Magen zugehörig sich erweist.“ Woher Herr Professor HALLER jene Kenntnis hat, ist mir unklar, jedenfalls nicht aus der Arbeit von REDEKE und der von HELBING, auch nicht aus dem Studium der Därme von Rhinobatis columnae, Torpedo marmorata, Trygon violacea und pastinaca, die ich selbst untersucht habe!). REDEKE und HELBING beschreiben die Pylorusfalte stets als vor dem Zwischendarm gelegen und erwähnen nirgends eine Falte am Ende des Zwischendarms. Auch ich habe stets den Zwischendarm hinter der Pylorusfalte ge- funden und nie eine Falte am Ende des Zwischendarms gesehen. Ferner möchte ich darauf hinweisen, daß, wenn Herr Professor HALLER an seiner Behauptung noch festhalten will, der „Magen“ von Dicerobatis, Spinax und Scymnus lichia — von jenem Autor selbst so abgebildet — der Laemargi und von Hypnos das einzigartige Phä- nomen bieten würde, daß der Ductus choledochus in ihn einmündet! Da ich jene dem Zwischendarm angehörenden Blindsackbil- dungen der Laemargi mit GEGENBAUR und anderen als Homologa der Appendices pyloricae betrachte, so glaubte Herr Professor HALLER mich gleichsam mit meinen eigensten Waffen, dem Studium der Appendices der Teleosteer schlagen zu können, indem er her- vorhob: Der Gallengang münde bei allen mit Appendices pyloricae 1) Inzwischen habe ich auch Spinax niger untersuchen können. Hier liegt die sehr entwickelte Pylorusfalte am Anfang des Zwischen- darms, wie bei den anderen Arten, oder richtiger vor dem Zwischen- darm, denn sie gehört fast ganz zum Vorderdarm. Bd. XLVII. N. F. XL 36 544 Eduard Jacobshagen, ausgerüsteten Fischen vor jenen in den Darm, bei den Selachiern aber hinter den Cöcalbildungen! Letzteres ist völlig richtig, falsch ist nur die Behauptung, daß die Appendices pyloricae der Teleosteer allgemein hinter der Einmündungsstelle des Ductus choledochus gelegen seien. Oder will Herr Professor HALLER z. B. bei Brosmius die ersten 14 vor dem Ductus choledochus gelegenen Blindschläuche zum Vorderdarm rechnen, und nur die letzten beiden als Appendices pyloricae betrachten? Was will man dann mit jenen Fischen machen, von denen seit über 70 Jahren bekannt ist, daß der Ductus choledochus in eine Appendix pylorica hineinmündet ? Der Zwischendarm gehört ohne Zweifel zum Mitteldarm und darum nicht weniger, weil Blindsäcke von ihm ausgehen, hinter denen der Ductus choledochus — fast möchte man sagen: zu- fällig — mündet. Hieran ist festzuhalten: Die Entwickelung des Zwischendarms aus dem Spiraldarm unter Reduktion der Spiral- falte ist ein gemeinsamer Prozeß bei Selachiern und Ganoiden. Wie hier, so ist HALLER mit der ganzen übrigen Darm- anatomie in seinem Lehrbuch verfahren. Es mag hier und dort ein Fünkchen Wahrheit in seinen kühnen Ausführungen stecken, aber mit den bekannten Tatsachen stimmt sein Gebäude in fast keinem Punkte überein, wovon sich jeder leicht überzeugen kann, der die im folgenden Teil dieser Arbeit zusammengetragenen Tat- sachen auch nur flüchtig durchsieht. Der vergleichende Anatom sollte von den Tatsachen ausgehen, nicht von der Spekulation ! Nachdem die Verhältnisse bei den Plagiostomen klargelegt sind, betrachte ich kurz die Zustände des Zwischenstückes bei den Teleostomen. Wo sich bei ihnen ein größeres Zwischenstück entfaltet hat, kann es, wie bei Paralepis, Mugil cephalus, Gadus und Merlangus, z. B. der Ausgangspunkt, ja der ausschließliche Ausgangspunkt komplizierter Bildungen werden: der Appendices pyloricae, deren Zahl bei Merlangus carbonarius über 800 beträgt! Aber die Ver- gleichung liefert die klarsten Beweise, daß trotz jener Sonderungen das Zwischenstück keine morphologische Selbständigkeit bean- spruchen kann. Das zeigen Befunde bei Brosmius, Clupea harengus, Meletta thryssa, Salmo hucho, Macrodon tahira usw., wo der Ductus choledochus zwischen den Appendices pyloricae mündet, oder Zu- stände, wie man sie antrifft bei Platycephalus insidiator, Hemi- tripterus americanus, Pelor filamentosum, Eleginus maclovinus und bursinus, Amphacanthus siganus, Acanthurus coeruleus und Naseus marginatus, wo sich der Gallengang in eine Appendix pylorica öffnet. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 545 Ebensowenig wie die Lage und Abgrenzung das Zwischen- stück als selbständiges Gebilde nachzuweisen vermögen, wie auch die Entwickelung eines komplizierten Appendices-Apparates dazu ausreicht, gibt die feinere Struktur irgendwelche besonderen Kri- terien an die Hand. In nichts unterscheidet sich die Muskulatur, in nichts das Schleimhautrelief, in nichts die histologische Struktur vom Mitteldarm. Nicht einmal bei jenen Gadiden, deren Darm- kanal gewiß der höchstentwickelte ist, den man bei Fischen findet, bei denen man echte Drüsen nachgewiesen hat!), zeigt jener Ab- schnitt Besonderheiten. Ueberall fand ich auch in den Appendices pyloricae absolut kein besonderes Verhalten, beeinflußt durch die Lage des Gallenganges ). Wenn wir rein anatomisch verfahren, werden wir also unbedingt die RaTukesche Grenze als die wichtigere ansehen. Aber wir können noch von einem höheren Standpunkt aus den Widerspruch beleuchten, den GEGENBAURS Definition der Vorderdarmgrenze schafft. i Zuvor aber soll kurz auf den Enddarm noch eingegangen werden. Ich beginne mit den Fischen, deren Darmkanal durchweg am höchsten entwickelt ist, den mit einem Magen versehenen. Für die Squalaceen und Rajaceen ist die Abgrenzung des Enddarms nach GEGENBAUR oben bereits angegeben. Jene Auf- fassung ist die allgemein übliche. Neu daran ist nur die hypo- thetische Ableitung der Enddarmklappe aus der Spiralklappe. Schwierig ist es, bei den früher unter dem Namen der Ganoiden zusammengefaßten Teleostomen-Gruppen der Crossopterygier, Hol- osteer und Chondrosteer den Enddarm abzugrenzen. Zwar ist es fast allgemein üblich, das hinter der Spiralfalte bei jenen Tieren gelegene Endstück als Enddarm zu betrachten, ob man indessen hierzu wirklich berechtigt ist, ist mir fraglich. In keinem Falle besteht eine Bauninsche Klappe. Ferner zeigen Polypterus und 1) Motella trieirrata (Pıruıer, 1885), Gadus morrhua (Tuesen, 1890), Lota (Jung u. Fuurmann, 1900), Gadus callarias, G. aegle- finus, Merlangus pollachius, M. carbonarius, M. merlangus, Brosmius brosme, Molva molva (JAcoBsHAGEN). Merlucius fehlen Darmdrüsen (JACOBSHAGEN). 2) Alle genannten Gadiden bis auf Motella, die ich nicht histo- logisch untersuchen konnte, zeigten in den Appendices pyloricae Drüsen wie im Darm, auch Gadus morrhua, wo es Tuzsen nach Jung und FUHRMANN bestritten hatte. 36* 546 Eduard Jacobshagen, Lepidosteus kein besonderes Schleimhautrelief an dieser Stelle, und ob das von Amia als besonders charakteristisch zu bezeichnen ist, möchte ich zurzeit nicht behaupten. Diese Frage ist nur an einem größeren Untersuchungsmaterial zu lösen. Etwas günstiger hin- sichtlich des Schleimhautreliefs liegen offensichtlich die Dinge bei den Chondrosteern. Indessen ist hier die Enddarmlänge nicht konstant, ja bei Acipenser rubicundus wurde keine Spur von einem Enddarm in einem Falle gesehen. Die Spiralfalte reichte bis in die Afteröffnung hinein. In allen Fällen, wo am Darmende ein klappenfreies Stück besteht, ist dessen Weite beträchtlicher als eine Spiralwindung. Aber dasselbe ist auch im Zwischendarm der Fall und scheint mit der Rückbildung der Spiralfalte verknüpft zu sein. Bei den Teleosteern kann der Enddarm bei entwickeltem Magen fehlen. Wenigstens hat man eine Klappe vermißt bei Mormyriden, Silurus glanis, Symbranchus und Theutis hepatus. Von diesen gehören die Mormyriden sicher in eine später zu besprechende Kategorie. Daß in den andern Fällen ein Enddarm doch besteht, der sich nur im Relief ausspricht, mag sein, doch glaube ich nicht daran, da ich etwas derartiges nicht gesehen habe!). Bei den allermeisten Fischen besteht jedenfalls — das muß im Gegensatz zu GEGENBAUR betont werden — ein End- darm, der äußerlich oft nicht erkannt wird, innen aber mit. einer Klappe beginnt und meist durch ein etwas abweichendes Schleim- hautrelief vom Mitteldarm unterschieden ist. Ein besonderes Verhalten zeigen einige zu den Malacoptery- giern gehörigen Fische. Bei diesen Tieren ist das letzte Stück des Darmkanals mit Ring- oder Spiralfalten besetzt, die manche Autoren früher geneigt waren als einen Rest der Spiralklappe bei Teleosteern zu betrachten. Hierher rechnen Clupea, Engraulis, Meletta, Alosa, Salmo, Coregonus und Thymallus, ferner Chiro- centrus dorab, Heterotis Ehrenbergii, Alepocephalus rostratus und wahrscheinlich auch alle Mormyriden. Während bei Clupea, Meletta Alosa, bei Salmo, Coregonus, Thymallus und bei Alepocephalus nach vorn zu jene Bildungen früher oder später verschwinden, durchziehen die Spiralfalten von Heterotis und ofienbar auch von Chirocentrus den Darm schon vom Pförtner an. Die nicht genau 1) Bei Malapterurus electrieus, der inzwischen untersucht wurde, fehlt eine Baunmsche Klappe sowie irgendeine Sonderung im Relief, die zur Unterscheidung eines Mittel- und Enddarmabschnittes be- nutzt werden könnte. Hier fehlt ein Enddarm also gänzlich. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 547 bekannten Zustände von Engraulis dagegen dürften sich an die der anderen Clupeiden anschließen. Von den Autoren pflegte bei Clupeiden und Salmoniden bisher der ganze Darm vom Beginn der Ringfalten an als Enddarm bezeichnet zu werden. Allein ich möchte mich dieser Sitte nicht anschließen. In zwei Fällen ist man nach den bisherigen Beobachtungen vielleicht zu der erwähnten Auf- fassung berechtigt. Der eine wird von Alepocephalus dargestellt, der andere von Thymallus. Bei beiden setzt in der Tat der Ring- faltenteil mit einer ganz besonders entwickelten und gezähnelten Klappe ein, die man als BAunHinsche Klappe bezeichnen könnte. Aber es verdient Beachtung, daß bei Thymallus, wo ich die Ver- hältnisse selbst kenne, die vorher runden Maschen des einfachen Netzes quergestreckt und polygonal werden, und daß schon einige flache quere Wülste auftreten kurz vor der Baunnsschen Klappe. Der Befund ist genau derselbe, wie ihn v. EGGELING von Salmo fario an jener Stelle abgebildet hat. Gleichfalls ähnlich ist der Befund bei drei von mir untersuchten Coregonusarten. Bei Clupea geht ein einfaches, wenig regelmäßiges, weites Netz all- mählich in den Querfaltenabschnitt über, in dem die schrägen und queren Falten höher werden und ganz allmählich einen geraden Verlauf in der Querrichtung des Darmes annehmen. Ganz ähnlich liegen die Dinge bei Meletta sprattus, dagegen täuschen Alosa finta und A. vulgaris namentlich dicht hinter dem Pylorus Längsfalten vor, die aber gleichfalls einem Netzwerk entstammen, wie eine genaue Untersuchung lehrte. Die Querfalten sind sehr zahlreich, aber niedrig, erst am Ende findet man ein ähnliches Netz wie bei Clupea und Meletta und denselben Uebergang in das sogenannte Ringfaltenrelief, das in der Tat denen der Kerkrıngschen Falten ähnlich ist. Bedenkt man dies, ferner, daß jenes Klappenstück bei den Clupeiden zumal eine enorme Länge erreicht hat und schon dicht hinter den Appendices pyloricae beginnt!), so erscheint es vielleicht doch zweifelhaft, ob man die Grenze des Enddarms wirklich hier zu suchen hat. Ferner ist zu beachten, daß nur bei Clupeiden, offenbar aber niemals bei Salmoniden der Klappenteil bis zum After reicht. Bei Salmoniden besteht stets ein klappenfreies End- stück, woraus sich ergibt, daß nicht der Besitz von Klappen als 1) Am auffallendsten ist das Mißverhältnis des mit einem Netz- werk versehenen Anfangsstückes und des riesigen mit Ringfalten besetzten Abschnittes bei Sardinella aurita. 548 Eduard Jacobshagen, Charakteristikum des Enddarms jener Tiere anzusehen ist, und da eine vordere scharfe Abgrenzung unseres Stückes durch eine Bauninnsche Klappe in der Regel fehlt, ist es schwer, ein brauch- bares Kriterium zu finden. Endlich möchte ich bemerken, daß es wohl kaum angeht, die Bildungen bei Heterotis und Chirocentrus von denen der Clupeiden trennen zu wollen; hier erfüllen jene Spiralfalten aber den ganzen Darm. Entsprechend ihrer primitiven Vorderdarmentwickelung zeigen die magenlosen Fische vielfach auch hinsichtlich des Enddarms sehr einfache Zustände )). | Während Syngnathus, die Gobiusarten, Callionymus, Blennius, Clinus und Lepadogaster eine Bauninsche Klappe und einen dif- ferenzierten Enddarm besitzen und ebenso die wahrscheinlich zu den magenlosen Fischen zu stellenden: Anableps, Centriscus, Belone, Hemirhamphus, Atherina, Pholis und Pegasus, fehlt eine Enddarm- klappe bei den Cypriniden-Genera: Catostomus, Cyprinus, Carassius, Barbus, Tinca, Aspius, Idus, Squalius und vielleicht bei allen anderen. Fehlt bei diesen Cypriniden ein Enddarm oder nur eine End- darmklappe ’? CuVIER und MECKEL geben vom Karpfendarmrelief an, daß es ganz in der Nähe des Afters wieder höher werde. MECKEL fand hier eine Querrichtung der Falten überwiegend. Indessen erwähnen die anderen Forscher davon nichts, und ich selbst habe bei aller Sorgfalt keine Spur eines Enddarmreliefs auffinden können. Auch bei Aspius aspius, wo man nach RATHKES Darstellung viel- leicht ein besonderes Enddarmrelief vermuten könnte, fand ich keine Andeutung einer Differenzierung; auch nicht bei Squalius cephalus, wo man nach der Beschreibung CUVIER-V ALENCIENNES’ auf ähnliche Gedanken kommen könnte. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich auch Idus idus (RATHKE) und Gobio fluviatilis (CUVIER), wo die Berichte ähnlich lauten, ein Enddarmrelief abspreche. Otfenbar fehlt den Cypriniden jede Spur eines Enddarms. Künftige Untersuchungen werden das zu bestätigen haben. Es ist also ersichtlich, daß die bei den Plagiostomen leicht zu findende Enddarmgrenze bei den Teleostomi nur in wenigen Gruppen fehlt oder schwer zu definieren ist. Sie fehlt Silurus, Malapterurus, Symbranchus, Theutis hepatus und den Cypriniden, vielleicht den Ganoiden, sie läßt sich nicht feststellen bei vielen Malacopterygiern. 1) Ueber die Holocephalen S. 534. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 549 Wir verlassen jetzt die bisher gewählte Betrachtungsweise, die sich im Prinzip an die RATHKEsS und der älteren Anatomen anschloß, und wenden uns zu einer Vergleichung des Schleimhaut- reliefs des Darmtraktus. Hierbei werde ich mich an die mir ver- trauten Verhältnisse bei den Teleostomen halten und nur gelegent- lich einige Bemerkungen über die betreffenden Zustände bei den Plagiostomen und Dipnoern machen, von denen ich nur wenige untersucht habe. Wenn ich im folgenden den Ausdruck „Vorder- darm“ gebraucht habe, so meine ich damit den Vorderdarm im Sinne RATHKES. Als ich vor 3 Jahren meine Untersuchungen über die Appen- dices pyloricae begann und die Arbeiten RATHKEs und v. E66GE- LInGs über das Relief der Mitteldarmschleimhaut las in der Hoff- nung, aus diesem Studium doch noch vielleicht Nutzen für das Verständnis des Schleimhautreliefs in den Appendices pyloricae zu gewinnen, obgleich v. EGGELING eine Beziehung zwischen Ernährung und Dünndarmrelief und somit der vermeintlichen Funktion und dem anatomischen Befund nicht hatte feststellen können, fiel mir auf, wie neben der außerordentlichen Variabilität des Reliefs nach Arten, Familien, Unterordnungen und Ordnungen doch überaus häufig als Grundlage des Ganzen ein Netzwerk wieder- kehrt; wie in weit entfernten Gruppen und bei sehr differenter Lebensweise und Ernährung doch meist ein Netzwerk die Grund- form des Reliefs bildet. Da ich von der Notwendigkeit des Gedankens ganz durch- drungen war, daß nur die Funktion des Mitteldarms sich in diesem anatomischen Verhalten widerspiegeln könne, sammelte ich zu- nächst Angaben über das Relief des Mitteldarms und des höchst ähnlichen Enddarms und wandte der Ernährungs- und Lebensweise der Fische mein Interesse zu. Seit dem Sommer 1910 dehnte ich diese Studien auch auf den Vorderdarm aus, wozu mein aus über 90 Arten bestehendes Material die beste Gelegenheit bot. Die Einzelheiten dieser Untersuchungen werden im speziellen Teil be- richtet. Hier soll nur das allgemeine Resultat klargelegt werden. Ich beginne mit der Betrachtung des Mitteldarmreliefs. Nach- dem mir die außerordentliche Häufigkeit der netzförmigen An- ordnung der Schleimhautfalten im Mitteldarm der Teleostomen auf- gefallen war, fragte ich mich zunächst: ist jenes Netz allgemein verbreitet oder nicht ? Die Untersuchung meines Materials wie der Fischliteratur zeigte, daß ein Netzwerk die Grundform des oft außerordentlich kom- 550 Eduard Jacobshagen, plizierten und verwickelten Reliefs bildet!) im Mitteldarm von Poly- pterus, Lepidosteus, Amia, Elops*, Clupea, Meletta sprattus, Sardi- nella aurita, Alosa finta, A. sardina und A. vulgaris, Salmo fario, S. salar*, S. dentex*, S. salvelinus*, Coregonus maraena, C. albula, C. oxyrhynchus, Thymallusthymallus, Osmerus eperlanus, Gonostoma denudatum*, Erythrinus unitaeniatus*, Gymnotus electricus*, Cy- prinus carpio, C. Kollarii*, Carassius carassius*, Gobio fluviatilis*, Tinca tinca, Abramis vimba, A. brama*, A. ballerus*, Idus idus*, Blieca björkna*, Squalius cephalus, Scardinius erythrophthalmus*, Nemachilus barbatulus*, Misgurnus fossilis*, Cobitis taenia*, Clarias gabonensis, Silurus glanis*, Pimelodus Stegilichii, Bagrus spec.*, Malapterurus electricus, Callichthys spec., Symbranchus marmo- ratus*, Anguilla anguilla, Conger conger, Conger niger*, Muraena helena*, Esox lucius*, Anableps tetrophthalmus*, Gasterosteus acu- leatus, G. pungitius, Spinachia spinachia*, Belone acus, Exocoetus volitans*, Ophiocephalus striatus, Gadus callarias, G. morrhua, G. aeglefinus, Merlangus carbonarius, M. merlangus, M. pollachius, Molva molva, Lota lota, Brosmius brosme, Merlucius merlucius, Motella trieirrata*, M. maculata*, Phycis mediterraneus*, Perca fluviatilis, Lucioperca zandra*, Aspro asper, A. apron*, Acerina cernua, Labrax lupus*, Serranus cabrilla, S. scriba*, S. hepatus*, Cepola rubescens, Umbrina vulgaris*, Smaris vulgaris“, Oblata melanura, Box salpa, B. boops, Sargus annularis*, Charax puntazzo, Pagellus centrodontus, Chrysophrys aurata*, Mullus barbatus*, M. surmuletus*, Chaetodon ciliaris*, Labrus bergylta*, L. turdus*, L. viridis*, L. merula, L. festivus, Crenilabrus Roissali, Cr. mediterraneus, Cr. fuscus*, Cr. perspieillatus*, Coris julis*, Lachnolaimus aigula*, Scarus cretensis*, Scomber scomber, Auxis Rochei, Sarda sarda, Luvarus imperialis*, Brama Rayi*, Zeus faber*, Pleuronectes limanda, Pl. platessa, Pl. nasutus*, Pl. luscus*, Pl. microcephala, Rhombus maximus, Rh. laevis, Solea solea*, Flesus flesus, Fl. passer*, Gobius niger, G. ophiocephalus*, G. melanostomus*, G. paganellus, G. minutus, Remora remora, Sebastes dactyloptera*, Scorpaena scrofa*, Sc. porcus*, Cottus groenlandicus, C. scorpius, C. gobio, C. niloticus*, Hemitripterus acadianus, Cyclopterus lumpus*, Agonus cataphrac- tus, Trigla gurnardus, Tr. hirundo, Tr. lyra, Tr. spec.“, Peristedion cataphractum*, Trachinus draco, Uranoscopus scaber, Callionymus festivus, ©. Iyra*, Lepadogaster Decandollei, L. Gouani, L. bicilia- 1) Die mit einem * versehenen Tiere habe ich nicht selbst untersucht. Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 551 tus“, Anarrhichas lupus*, Batrachus Dussumierii*, Pholis gunellus, Zoarces viviparus, Ophidium barbatum*, Lophius piscatorius, L. budegassa”, Orthagoriscus mola*, Acipenser ruthenus, A. sturio*, A. nasus”, A. Nakarii*, Scaphirhynchus cataphractus, Polyodon folium. Aber hiermit ist sicherlich die Reihe der mit einem Netzwerk versehenen Fische noch lange nicht beendet. Es fehlt indessen leider vielfach an exakten Angaben, da viele Forscher nur ober- flächlich untersucht und die Grundform nicht beachtet haben. Namentlich dürfte dies bei den Cypriniden der Fall sein. Im Zickzack verlaufende Längsfalten werden Atherina, Chaet- odon arcuatus, Ch. triostegus, Ch. ephippium, Pomacanthus arcuatus, Coricus rostratus und Gobius batrachocephalus zugeschrieben. Ich stehe nicht an, zu behaupten, daß bei allen diesen Tieren ein Netz- werk die Grundlage bilde. Man wird mir vielleicht vorwerfen, daß dies ein Tyrannisieren der Literatur sei, das von einer vor- gefaßten Meinung ausgehe, allein ich möchte darauf hingewiesen haben, in wie vielen Fällen zickzackartig verlaufende Längsfalten angegeben sind, wo eine gründlichere Untersuchung ein wunder- volles Netzwerk zeigte. Ich habe keinen einzigen Fall solcher Falten gesehen, alle erwiesen sie sich als die stärker ausgeprägten Teile eines einfachen Faltennetzes. Dazu kommt, daß von den Chaetodon-Arten bei einer ein Netzwerk beschrieben ist, daß bei den nächstverwandten Formen von Coricus und allen Gobien außer unserer Art Netzwerke bekannt sind. Einer zweiten Gruppe werden Längsfalten zugeschrieben. Hierher gehören Alepocephalus rostratus, Balistes capriscus !), Monacanthus und ÖOstracion cubicus, ferner Arius Herzbergii, Bagrus bayad, Agriopus verrucosus. Bei Corvina nigra verbinden sie sich hier und da unter spitzen Winkeln, bei Loricaria und Stromateus fiatola sind sie wellenförmig in ihrem Verlauf. Ich möchte auch hier ein Netzwerk annehmen, in dem z. B. wie bei Silurus die Längsfalten bei weitem überwiegen, wie das sehr häufig sich findet (z. B. bei Labrax). Besonders schwierig ist das sehr interessante Relief der Cypriniden und noch lange nicht gründlich genug untersucht. Ganz einwandfreie, ziemlich regelmäßige, einfache Netze sah ich bei Cyprinus carpio und Tinca, aber schon beim Karpfen be- obachtete ich an einigen Orten Zustände, die z. B. bei Aspius 1) Inzwischen fand ich bei Balistes capriscus ebenfalls ein Netz vor, in dem die Längsfalten aber sehr überwiegen (vergleiche den folgenden Teil der Untersuchungen). 552 Eduard Jacobshagen, und Abramis vimba, Squalius cephalus und offenbar nach v. EGGE- LInGs Abbildung bei Barbus fluviatilis in weit größerer Verbreitung anzutreffen sind. War beim Karpfen das Netzwerk zumeist ohne besonderes Hervortreten einer Faltenrichtung, so sind es nunmehr die queren Zickzackfalten, die das Bild beherrschen. Aber bei näherer Betrachtung erweist es sich, daß, wie beim Karpfen, jene Zickzackfalten einem Netzwerk entstammen und nur als dessen am stärksten entfaltete Teile zuerst in die Augen springen. Gestützt auf diese Beobachtung möchte ich eine gleiche Schleimhautanordnung auch bei dem von CUVIER-V ALENCIENNES beschriebenen Catostomus communis annehmen und ebenso bei Cyprinus chrysoprasius (RATHKE), Labeo niloticus (CuVIEr), Leuciscus rutilus, Chondrostoma nasus, Alburnus lucidus und Pelecus eultratus. Ich glaube mich somit zu dem allgemeinen Schlusse berechtigt, daß auch den Cypriniden ein Netzwerk zukommt, freilich ein meist sehr eigenartiges! Ob die Zustände, wie sie von ÜUVIER-VALENCIENNES Von Hemirhamphus angegeben sind, hierher gestellt werden dürfen, möchte ich nicht entscheiden. Ich schließe hier jene Formen an, bei denen Falten fehlen und nur noch Fortsatzbildungen vorkommen, die an ihrer Basis ganz oder fast ganz getrennt voneinander sind. Dahin gehören die Mugiliden in erster Linie, ferner Ammodytes, Centriscus und wahrscheinlich Tetrodon testudinarius, sowie Callyodon ustus. Für Mugil werde ich im speziellen Teil genügend Gründe an- führen dafür, daß man jene regelmäßig gestellten Fortsätze als Ecken eines alten Netzes anzusehen hat (vgl. auch v. EGGELINGS Abbildung!). Eine Entstehung der Fortsätze aus Falten gab ja schon RupoLpuı an. Außerordentlich lehrreich war das Auf- finden eines Netzwerkes in einer der Appendices pyloricae. Auch die Bildungen im Darm von Centriscus sind auf ein Netzwerk zurückzuführen. Die von Callyodon ustus sollen in gewundenen Längslinien, die von Tetrodon testudinarius ebenfalls längsgestellt sein. Auch über Ammodytes tobianus herrscht Keine genügende Sicherheit. Es kann nicht genügend betont werden, wie unzuverlässig so oft die Literaturangaben über das Schleimhautrelief sind, und nichts unberechtigter ist, als jene Literatur gegen meine Ab- leitungen anführen zu wollen. Wer selbst die oft ganz bedeutende Schwierigkeit kennt, die zu überwinden ist, bis ein aus hohen oder doch zarten lappigen Falten gebildetes Schleimhautrelief ganz entziffert ist, wer selbst an den verschiedensten Stellen eines Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 553 Darms an einem oder mehreren Exemplaren mit Hilfe der ver- schiedensten Untersuchungsmethoden den Grundstrukturen nach- geforscht hat, der wird erst zu einer Kritik befähigt sein, und er wird es begreiflich finden, daß die Aufzeichnungen oberflächlicher waren, solange ein nachhaltiges Interesse an jenen Zuständen voll- kommen mangelte, das heißt eben leider bis heute. Wenn trotzdem nicht nur die eigenen Untersuchungen benutzt und zitiert wurden, so geschah es zu einem Teil, um Forscher, denen die Möglichkeit gegeben ist, selbst die namhaft gemachten Tiere zu prüfen, auf die unzulänglichen bisherigen Angaben aufmerksam zu machen. Es ist dringend zu wünschen, daß speziell die Cypriniden sämt- lich und an einem möglichst reichen Material von Exemplaren verschiedenen Alters neu untersucht würden. Möchte der Um- stand, daß der einzelne beim Studium der Darmanatomie kaum glänzende Resultate zu erhoffen hat, in Zukunft nicht davon ab- halten, auf eine mühsame Detailforschung auf diesem Gebiet ein- zugehen. Es bleiben noch die Reliefs der oben erwähnten Malaco- pterygier übrig, die sich aus Ring- oder Spiralfalten zusammen- setzen. Vielleicht darf man auch das von MEcKEL beschriebene Relief von Xiphias als verwandt ansehen. Es wurden schon die Gründe erwähnt, die mich dazu bewegen, den Ringfaltenabschnitt nicht einfach als Enddarm anzusehen. Vielmehr enthält der Ringfaltenabschnitt einen großen Teil des Mitteldarms. Es ist wohl unzweifelhaft, daß jene Ringfalten der Salmoniden und Clupeiden mit der Spiralfalte der Selachier und Ganoiden nicht das geringste zu tun haben, daß sie einfache Abkömmlinge der Schleimhaut sind, die aus einem einfachen Netzwerk sich ableiten, aus einem Netzwerk, wie es den ganzen Mitteldarm und die Spiralfalte in ihm bei den Selachiern überzieht. Leider fehlen Angaben über die Ontogenese dieses schönen Reliefs offenbar noch gänzlich. Ich glaube, daß man Chirocentrus und Heterotis hier an- reihen muß. Bei Heterotis fand ich Spiralfalten, wie sie sich aueh bei Chirocentrus finden sollen. Leider sind die Angaben über diese Dinge nicht ausreichend. Doch kommt nach Hyrrtr bei Heterotis eine echte Netzbildung zustande. Man hat es wohl mit einem Netz mit spiraliger Anordnung der ursprünglichen Ringfalten zu tun. Ich glaube zu dem Schlusse berechtigt zu sein, daß in der Tat das Netzwerk bei Fischen die allverbreitete Grundform des Mitteldarmreliefs darstellt. Selbstverständlich die Grundform allein, aber nicht mehr. Von ihr aus entwickelte sich jene Verschieden- 554 Eduard Jacobshagen, artigkeit des zierlichen Oberflächenbildes, die im speziellen Teile beschrieben ist und deren Erklärung im letzten Sinne noch sehr fernliegt. Beachtenswert ist besonders die Fülle an individuellen Variationen und der Variationen nach Alter und Größe. Jene Variabilität ist es vorwiegend, die dem Morphologen eine tiefere Er- forschung der Ursachen der Reliefbildung erschwert. Nicht morpho- logische Studien allein werden zum Ziele führen, sondern eine Ver- bindung jener Studien mit dem kritikvoll unternommenen Experiment. Die große Variationsbreite — auf eine leichte Beeinflußbarkeit jener Bildungen hinweisend — berechtigt zu der Hoffnung, daß es ge- lingen wird, experimentell Klarheit in das Wesen der Relief- gestaltung zu bringen und ihre Gründe zu erforschen. Es zeigte sich aber, daß das Relief nicht nur im Mitteldarm, sondern auch im Enddarm vom Netzwerk ausgeht. Ein Netzwerk besteht im Enddarm von Polypterus, Lepidosteus, Amia, von Albula macrocephala*, Clarias gabonensis, Pimelodus Stegilichii, Callichthys spec., Anguilla anguilla, Conger conger, C. niger*, Muraena helena*, Esox lucius*, Lampris guttatus*, Gasterosteus aculeatus, G. pungitius, Spinachia spinachia*, Syn- gnathus variegatus*, S. argentosus*, Belone acus, Sphyraena sphyraena, Ophiocephalus striatus, Gadus morrhua, G. aeglefinus, G. callarias, Merlangus merlangus, M. pollachius, M. carbonarius, Molva molva, Brosmius brosme, Lota lota, Motella tricirrata*, M. maculata*, Phycis mediterraneus*, Merlucius merlucius, Perca fluviatilis, Lucioperca zandra*, Aspro apron, Acerina cernua, Labrax lupus*, Serranus cabrilla, S. scriba*, S. hepatus*, Umbrina vulgaris*, Smaris vulgaris*, Oblata melanura, Box salpa, B. boops, Pagellus centrodontus, Chrysophrys aurata*, Mullus barbatus“, Chaetodon ciliaris*, Ch. arcuatus*, Labrus turdus*, L. viridis*, L. merula*, L. festivus*, Crenilabrus Roissali, Cr. mediterraneus, Cr. fuscus*, Cr. perspieillatus*, Coris julis*, Coricus rostratus*, Lachnolaimus aigula*, Scarus*, Scomber scomber, Auxis Rochei, Sarda sarda, Zeus faber*, Pleuronectes platessa, Pl. microcephala, Pl. imanda, Rhombus maximus, Rh. laevis, Flesus flesus, Fl. passer*, Gobius niger*, G. ophiocephalus*, G. melanostomus”, G. paganellus, G. minutus, Remora remora, Sebastes dactyloptera, Scorpaena scrofa*, Sc. porcus*, Cottus groenlandicus, C. scorpius, CO. gobio, C. niloticus*, Hemitripterus acadianus, Cyclopterus lumpus”, Agonus cataphractus, Trigla gurnardus, Tr. hirundo, Tr. lyra, Trachinus draco, Uranoscopus scaber, Callionymus lyra*, C. festivus, Lepado- gaster Gouani, L. Decandollei, Blennius sanguinolentus“, Bl. lepidus*, Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 555 Anarrhichas lupus*, Pholis gunellus, Zoarces viviparus, Ophidium barbatum*, Lophius piscatorius, L. budegassa*. Ich selbst sah wiederum keinen Enddarm, dem unsere Grund- form gefehlt hätte! Doch sind Längsfalten beschrieben von Bagrus spec., Ana- bleps tetrophthalmus, Polynemus sexfilis, Pinguipes chilensis, Labrus bergylta, Cottus quadricornis, Uranoscopus guttatus, Balistes capriscus!), Monacanthus, Ostracion cubicus, Tetrodon hispidus. Ferner sollen geschlängelte Längsfalten besitzen: Synanceia horrida, Lepadogaster biciliatus und Tetrodon oblongus. In allen diesen Fällen liegt sicherlich ein Netzwerk vor. Die Schwierigkeit der Reliefuntersuchung und die Ungenauigkeit der Angaben muß auch hier wieder nachdrücklichst betont werden. Ich selbst glaubte eine Zeitlang, daß in der Tat im Enddarm eines großen Zoarces reine Längsfalten zu finden seien. Als ich jedoch später zufällig zwei weitere Enddärme desselben Fisches unter- suchen konnte, fand ich, daß jenes erste Relief mich sehr gründ- lich irregeführt hatte und daß auch bei Zoarces ein ausgesprochenes Netzwerk vorkommt. Wie im Mitteldarm zeigt auch im Enddarm die Schleimhaut Gebilde, die nicht mehr selbst Netze sind, sich aber von einem Netzwerk mit großer Sicherheit ableiten lassen. Es rechnen hierher besonders die isoliert stehenden Fortsatzbildungen von Charax puntazzo, den Mugilarten und Centriscus und von Fischen, die ich nicht untersucht habe, wahrscheinlich die zottenartigen Ge- bilde von Ammodytes tobianus, Sargus annularis, Chaetodon triostegus, Ch. ephippium, Brama Rayi, Echeneis naucrates und Tetrodon testudinarius. Des Ringfaltenreliefs vieler Malacopterygier wurde bereits gedacht. Findet man nun das Netzwerk als allgemeine oder wenigstens fast allgemeine Grundlage des ganzen Mittel- und Enddarmreliefs der Teleostomi und, wie ich hinzufügen möchte, wohl auch aller Plagiostomi und Dipnoi — wenigstens habe ich keine Ausnahme hiervon gesehen — so heißt es der Ursache dieser allgemein ver- breiteten Erscheinung nachzuspüren! Es liegt zunächst auf der Hand, daß es nicht angeht, in der Art der Ernährung den Grund für die Netzbildung zu suchen. 1) Inzwischen fand ich bei Balistes capriscus ein echtes Netz- werk vor, in dem die Längsfalten überwiegen. 556 Eduard Jacobshagen, Bei allen Arten von Ernährung tritt ja jene Grundform zutage. Ja, nicht nur das, gelegentlich kommen sogar bei ganz differenter Ernährung in ihrer speziellen Ausbildung gleiche oder fast gleiche Reliefs vor. So ist z. B. das Relief im Mitteldarm von Box salpa, Box boops und Charax puntazzo dem mancher Trigla, Zeus, Tra- chinus, Sebastes usw. oft sehr ähnlich. Gleichwohl sind die Box- arten und Charax als fast ausschließliche Pflanzenfresser anzusehen. Ich fand bei ihnen meist den Darmkanal vom Schlund bis zum After gefüllt — ja bei einem Charax ganz enorm voll gefüllt! — mit Massen in den verschiedensten Zuständen der Verdauung, die sich aus Fucoideen und Florideen fast allein zusammensetzten und nur selten einmal kleine Amphipoden enthielten. Auch das Mikroskop zeigte nichts anders. Dagegen sind die anderen Tiere rein karnivor, deren Ernährung sehr abweichend sich verhält. Es mag an dieser Stelle erwähnt sein, daß sich die Verwandtschaft der Tiere unter- einander meist viel deutlicher in ihrem Darmrelief widerspiegelt, als die Lebensweise oder gar die engere Form der Ernährung. Wenn nicht die Ernährung die Ursache der Netzgrundform im Mittel- und Enddarm sein kann, deshalb, weil dieser Faktor sehr schwankend ist, das Netzwerk aber konstant, so muß es ein anderer Faktor sein, der allgemeine Verbreitung besitzt. Das ist aber die Peristaltik! Die Funktion, welche die stets aus einer inneren Ring- und äußeren Längsfaserschicht zusammengesetzte Mittel- und Enddarmmuskulatur ausübt, ist meines Erachtens die Ursache der Netzbildung. Ueber jene Funktion wissen wir leider noch sehr wenig. Nur dürfte für jeden denkenden Forscher fest- stehen, daß jene Muskulatur eine tiefere Bedeutung hat. Wir sehen sie am Fischdarm, wie am Darm der übrigen Verte- braten in ganz wechselnder Entfaltung, in einer Entfaltung, die nicht nur in den einzelnen Darmteilen äußerst verschieden sich verhält, sondern die auch nach Arten, ja nach Individuem deut- lichen Schwankungen unterliegt. Daraus muß mit Notwendigkeit der Schluß gezogen werden, daß jene Därme auch physiologisch ungleiche Leistungen vollbringen. Ein Oesophagus, ein Magen, ein Mitteldarm, ein Enddarm, der eine starke Muskulatur besitzt, wird in seinen physikalischen Leistungen von einem dünnwandigen sehr abweichen. Und wenn ein Physiologe wie PÜTTER an jenen anatomischen Kriterien vorübergeht, so zeigt sich darin eine große Einseitigkeit der Betrachtungsweise. Jeder, der sorgfältig Darmuntersuchungen bei Fischen macht, kann oft genug beobachten, daß bald der ganze Darm, bald einige Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 557 Teile desselben angefüllt, oft prall angefüllt sind mit chymösen oder fäkulenten Massen. Ein andermal findet man den Darm ieer, aber kann dann häufig genug sehen, wie zuvor der Fisch beim Fange, oder wenn man ihn aus dem Wasser herausnimmt, um ihn zu töten, ein- oder mehrmals mit einen Ruck im Strahl seinen Darminhalt entleert. Zumal bei Cypriniden sieht man das leicht. Bei jenen Fischen, deren Darm prall gefüllt ist, findet man die Muskulatur äußerst dünn, oft durchsichtig. Sind nur einzelne Stellen gefüllt, so sieht man deutlich das wechselnde Verhalten der Muskulatur. Um den Nahrungsballen herum zeigt sich die Muskulatur verdünnt, aber auch das Schleimhautrelief ist hier stark verändert. Es ist ganz niedrig geworden, so daß man oft, namentlich bei an sich nicht hohen Reliefs nur noch ganz flache Leisten vorfindet, die um das Vielfache niedriger sein können als vor und hinter dem Ballen. Damit ist klar erwiesen, daß die Darmmuskulatur physiologisch einer sehr starken Dehnung fähig ist, ferner, daß das Relief sich gleichzeitig abflacht, also vom Verhalten der Muskulatur abhängig ist. Da die Muskulatur einer starken Dehnung fähig ist, da demgegenüber das locker mit ihm verbundene Epithel der Schleimhaut ganz oder fast ganz dehnungs- unfähig ist, muß bei einem mittleren und minimalen Füllungs- zustand das Epithel stets eine gefaltete Oberfläche darbieten, und zwar werden die Falten senkrecht zur Richtung der verengenden Kraft verlaufen. Die Muskulatur besteht aus einer inneren Ring- schicht, deren Kontraktion also zur Entstehung von Längsfalten führt und aus einer äußeren Längsfaserschicht, deren Kontrak- tion notwendigerweise zum Auftreten von Ringfalten führen muß. Durch Anpassung der Schleimhaut an beide Muskelsysteme muß es also zur Entstehung eines Netzwerkes an der inneren Darmober- fläche kommen. So mag einmal dereinst das Darmrelief beschaffen gewesen sein. Die physiologischen Funktionen der Schleimhaut aber erforderten eine sehr ausgedehnte Verbreitung von Blut- und Lymphgefäßen unter dem Epithel, und da die prominierenden, in das Darmlumen und somit in die chymösen Massen hineinragenden Falten durch ihre Lage und größere Oberfläche geeigneter als die tieferen Maschen für die Resorptionsvorgänge sein mußten, mußte sich morphologisch die Tendenz geltend machen, das ephemere Netzwerk zu einem konstanten umzuwandeln, in dessen Falten dann die Hauptmenge der zahlreichen Blut- und Lymphbahnen verlaufen. Indessen lag der Grund für das Auftreten eines konstanten Netzes vielleicht doch weniger in der höheren Entwickelung des resorptiven 558 Eduard Jacobshagen, Apparates, sondern war am Ende auch durch die physikalischen Funktionen der Muskulatur bedingt. Darauf verweisen sehr viele Tatsachen! Es ist ja das Netzwerk eine weitverbreitete Art der Oberflächengestaltung auch außerhalb des Darmsystems. Nament- lich findet man es häufig an der Innenfläche muskulöser Hohl- organe. Ich erinnere daran, daß es sich in der Gallenblase des Menschen und sehr vieler Tiere findet, daß es ferner auftritt in der Ampulle des Vas deferens und in den Tuben des Weibes und wohl auch noch an anderen Orten. Auch hier liegen konstante Netzwerke vor. Allein man wird bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse kaum geneigt sein, bei einem dieser Organe einen ana- logen Reiz anzunehmen, wie ich ihn oben für die Entwickelung des konstanten Darmnetzes angenommen habe. — Daß ich das Vorhandensein jener Netze ebenfalls aus den Wechselbeziehungen zwischen Muskulatur und Schleimhaut ableite, dürfte selbstverständ- lich sein. Schon vor längerer Zeit nahmen die bei sero-fibrinöser Peri- carditis des Menschen sich auf dem visceralen Pericardblatt ab- scheidenden Fibrinauflagerungen, die zum Cor villosum führen können, mein lebhaftestes Interesse in Anspruch. Wenn bei einer sero-fibrinösen Pericarditis die Flüssigkeitsmenge so groß ist, daß ein Aneinanderlegen der Pericardialblätter, wenigstens an den am meisten beweglichen Teilen des Herzens, nicht möglich ist, zeigen die sich abscheidenden Fibrinmassen zuweilen eine besondere An- ordnung. Es lagern sich nach KAUFMANN (Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie, 1909, p. 5) über dem linken Ventrikel kammartig angeordnete Massen ab. „Letztere sind oft annähernd parallel untereinander und quer zur Längsachse des Ventrikels gerichtet. Auf den dem Vorhofe zu gelegenen Teilen des Ven- trikels und über dem Conus pulmonalis, Teilen, welche bei der Herzaktion geringere Bewegungen machen, ist das Fibrin meist in Form dichter Netze oder bienenwabenartiger Lamellen ange- ordnet.“ „Die Erklärung für diese eigentümliche Anordnung liegt in den unausgesetzten, gleichmäßigen, ausgiebigen Bewegungen des Herzmuskels, vorzüglich bei der Kontraktion.“ Es will mir nun so scheinen, als ob sich das Fibrin an den Orten der schwächsten Bewegung ablagern müsse und daß seine Anordnung ähnlichen oder denselben Gesetzen folge, wie die Ver- teilung der Sandkörnchen auf einer schwingenden elastischen Platte beim Cntapnischen Versuch. Wie hier die ruhenden Knotenlinien Sammlungszentren für den Sand bilden, stellen wohl auch die Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 559 physikalischen Zustände des sich kontrahierenden Herzmuskels die Ursache jener gesetzmäßigen Ablagerung des Fibrins dar. Aehnulich liegen vielleicht die Verhältnisse im Darm! Freilich geht die peristaltische Bewegung möglicherweise (die gleichmäßige Entfaltung der Muskulatur spricht dafür) in fortschreitenden Wellen vor sich. Ob dann beide Muskelschichten gleichmäßig arbeiten oder nicht, muß exakt erwiesen werden. Künftige Untersuchungen physiologischer und anatomischer Art werden Licht in die mathematisch-physikalischen Gesetze der Darmbe- wegungen bringen. Sie werden auch zu zeigen haben, ob der Vorderdarm zu jenen Vorgängen in einem aktiven physikalischen Verhältnis steht oder nicht. Der Anatomie aber steht noch der exakte Nachweis bevor, ob die Muskulatur des Darmes eine reine Ring- und Längsmuskulatur ist, oder ob sie nicht vielmehr, was mir wahrscheinlich ist, noch weitere Komplikationen aufzuweisen hat. Da ich den Standpunkt einnehme, daß das Netzwerk die all- gemeine Grundform des Schleimhautreliefs der Fische und Dipnoer sowohl im Mitteldarm wie im Enddarm darstellt — daß es auch bei den höheren Vertebraten als Grundform höchstwahrscheinlich fortbesteht, soll nur erwähnt werden; ein reicheres empirisches Material, als es mir zu Gebote steht, wird darüber entscheiden !) — da ich ihre Ursache in den mechanischen Vorgängen im Darm sehe, liegt es nahe, zu fragen, ist etwa das ganze Relief ein Produkt der mechanischen Leistungen? Das ist sicherlich keineswegs der Fall! Aber es finden sich noch einige Beziehungen zwischen dem Verhalten der Muskulatur und dem Schleimhautrelief, die kurz erwähnt werden sollen. Vielleicht kann ich später noch einmal auf diese Dinge näher eingehen. Wenn, wie zumeist, die Musku- latur am Anfang des Mittel- oder Enddarms relativ dicker und kräftiger ist als am Ende, womit übrigens gleichzeitig gewöhnlich eine Abnahme des Darmlumens verknüpft ist, so ist stets das Schleimhautrelief auch anfangs höher als hinten, ganz So, wie wir es nach unserer Schleimhauttheorie annehmen mußten. Indessen ist darauf hinzuweisen, daß die absolute Stärke der Muskulatär zur Höhe des Reliefs in keinem bestimmten Verhältnis steht. Unabhängig von der Stärke der Muskulatur ist das Auftreten von zottenartigen Fortsätzen, dagegen scheint ihre Länge doch in Beziehung zur Muscularis zu stehen. 1) Beim Menschen finde ich die Ileumzotten in ganz ähnlicher Anordnung wie bei Mugil! Bd. XLVII. N. F. XL. 37 560 Eduard Jacobshagen, Es wird also ein großer, wichtiger Teil des Reliefs anders erklärt werden müssen als durch die Peristaltik. Ich sehe davon ab, noch weitere Gründe für diese Ansicht anzuführen. Gründ- liche Studien werden hier Klarheit schaffen. Sie werden zu unter- scheiden haben, was stammesgeschichtlich zu beurteilen, und was dem speziellen Einfluß der Ernährung zuzuschreiben ist. Bei letzterem sollte aber beachtet werden, daß unsere physiologisch- biologischen Kenntnisse von den allermaßgebendsten Faktoren noch sehr gering, ja fast gleich Null sind. Wir haben über die Funk- tion des Fischdarms fast nichts als die, wie später gezeigt werden soll, höchst kritiklosen und fast ganz wertlosen experimentellen Untersuchungen von KRUKENBERG, STIRLING, BLANCHARD, DECKER und Boupouy. Wer sagt uns, daß zwei Fische, die genau dasselbe fressen, auch genau den gleichen Verdauungsprozeß haben, daß sie Gleich- artiges resorbieren? Man darf sicherlich behaupten, daß das nicht der Fall ist. Während man bei Crustaceenfressern z. B. bei manchen Arten noch im Enddarm Chitinreste findet, vermißt man sie bei anderen hinter dem Magen vollkommen. Bei Fischfressern fand ich einigemal noch im späteren Mitteldarm zu meinem Er- staunen noch ganze Wirbel mit den scharfen Spitzen. Bei Core- gonus maraena sah ich Schneckengehäuse im ganzen Darm, alle waren durch die Verdauung stark angegriffen, keins aber zerstört. Bei anderen Schneckenfressern fand ich schon im Magen nur noch Trümmer von Molluskengehäusen, im Darm aber nichts mehr. Unser Problem öffnet der Forschung ein weites und wenig bebautes Feld, dessen Bearbeitung teilweise sehr schwierig sich ge- stalten wird. Was fehlt, sind vor allem zunächst einmal Tatsachen, deren Beschaffung jedem Biologen ans Herz gelegt werden muß. Da die Reliefverhältnisse in den vom Mitteldarm ausgehenden Appendices pyloricae in einer besonderen Arbeit gewürdigt werden sollen, wende ich mich jetzt gleich dem Vorderdarm zu, der, wie wir sehen werden, gegenüber den soeben betrachteten Abschnitten sehr verschieden sich verhält. Ich beginne mit dem Relief des undifferenzierten Vorder- darms. Es wurde erwähnt, daß sowohl die Holocephalen als auch unter den Dipnoern Protopterus und Ceratodus ein aus Längs- falten gebildetes Vorderdarmrelief besitzen. Auch die magenlosen Teleosteer besitzen Längsfalten, die zwar bei einigen Cypriniden sich in der schon von RATHKE beschriebenen Art verbinden, Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 561 ja gelegentlich zu einem ganz ungeordneten, lokal beschränkten Netzwerk sich verbinden, aber im ganzen auch hier ihre engen Beziehungen zum allverbreiteten Längsfaltensystem bewahren. Wenden wir uns jetzt zu den einen Magen besitzenden Fischen ! Hier bringt die Sonderung in den kranialwärts gelegenen Oeso- phagus und den mehr kaudal gelegenen Magen zunächst einen wichtigen Unterschied im Relief zustande. Während der Oeso- phagus die größten Anklänge an den ungesonderten Vorderdarm im Persistieren des Längsfaltenreliefs im ganzen beibehält, besteht das Relief des Drüsenmagens in einem ein- oder mehrfachen, zarten, meist niedrigen und oft mit zottenartigen Verlängerungen versehenen engmaschigen Netzwerk. Wir betrachten somit beide Teile gesondert und beginnen mit dem Magen. Wenn im speziellen Teil immer in den Angaben der Autoren von Längswülsten, Runzeln oder Längsfalten als Teilen des Magenreliefs die Rede ist, so stellen diese ganz allgemein ephemere Gebilde dar, die unter dem konstanten Relief liegen und vielfach nicht einmal an einen bestimmten Ort in ihrem Auftreten gebunden sind. Da es aber doch im ganzen als Gesetz gelten darf, daß sich die konstanten Längsfalten des Oesophagus in den Magen hinein als ephemere unter dem Relief fortsetzen, verdienen sie doch bei einer vergleichenden Betrachtung des Vorderdarm- reliefs Beachtung. Das eigentliche Magenrelief wird von dem er- wähnten engmaschigen Netzwerk gebildet, das zuerst von RATHKE beschrieben wurde und ich überall verbreitet fand. In seinen Maschen liegen die Magenkrypten, von deren Grund aus sich die tubulösen Drüsen selten einzeln, meist zu mehreren in die Tiefe senken. Dies Netzwerk kann von ganz wechselnder Höhe sein, je nach dem Füllungszustand des Magens, vielleicht auch nach den Arten. Die Maschengröße ist verschieden bei den Fischen, aber nur in engen Grenzen. Oft ist sie im Magenblindsack oder auch im Pylorusast etwas größer als an den übrigen Stellen. Eine Anbahnung an die Befunde im Darm, oder gar nach PETERSEN einen kontinuierlichen Uebergang in die Zustände im Darm, $ah ich im Pylorusast nicht, auch nicht bei Acanthias. Ja, ich muß betonen, daß die Grenze am Pylorus eine äußerst scharfe ist, wie schon RATHKE wußte. Während die dem Magen zugewandte Seite der Pylorusklappe ein Magenrelief trägt, hat die der Darmwand zugekehrte ein ausgesprochenes Darmrelief. Beide berühren sich am Rande, gehen aber nicht ineinander über, genau so wenig, wie das an der durch keinerlei Klappe bezeichneten Vorderdarmgrenze 30: 562 Eduard Jacobshagen, vieler Eypriniden der Fall ist. Die RarTakzsche Grenze zwischen dem Vorder- und dem Mitteldarm ist eine haarscharfe, die einzig wirklich scharfe im ganzen Darmkanal. Verfolgen wir dagegen die Grenze des Magens gegen den Oesophagus hin, so bietet das Schleimhautrelief hier ganz andere Zustände. Es zeigt sich, daß die Oesophaguslängsfalten sich an der Magengrenze mehr oder minder rasch erniedrigen und zu unscheinbaren Leistchen werden, und daß diese seltener einheitlich, sondern meist rasch sich auf- zweigend, in das Netzwerk des Magens übergehen. Oft liegt jene Aufzweigung schon etwas höher, vor dem Oesophagusende, so daß hier dann eine Art Netz besteht, das aber weitmaschiger und un- regelmäßiger ist als im Magen. Während oft die an dem Beginn des engmaschigen Netzwerkes sehr leicht kenntliche Magengrenze rings um den Oesophagus herum in gleicher Höhe einsetzt, bieten andere Formen Abweichungen dar. Hier ragt das Magenrelief mit seinen Drüsenmündungen an einzelnen Orten höher, zapfenartig, in den Oesophagus hinauf, oder man findet bei Netzen am Oeso- phagusende hier schon vereinzelte Drüsenöffnungen. Wenn wir nach den Ursachen dieses Magennetzes fragen, so ist zweierlei von großer Wichtigkeit. 1) Die Oesophaguslängsfalten setzen sich, wenn auch stark modifiziert, in das Schleimhautnetz des Magens fort, während srobe ephemere Längswülste als Fortsetzung der Oesophagus- falten im Magen fortbestehen. 2) Dieses Netzwerk kommt nur in Drüsenmägen vor, nicht in drüsenlosen. Diesen letzten Punkt müssen wir noch kurz würdigen. OPPEL kommt das Verdienst zu, die wichtige Entdeckung gemacht zu haben, daß bei Syngnathus, wo man einen undifferenzierten Vorder- darm vor sich zu haben meinte, eine histologische Sonderung gleichwohl besteht, daß man einen vorderen, mit einem mehr- schichtigen, an Becherzellen reichen Epithel versehenen Oesophagus von dem mit einem einschichtigen Zylinderepithel ausgekleideten hinteren Vorderdarmstück trennen müsse, das als Magen anzu- sprechen sei. Leider bin ich mit meinen Vorderdarmunter- suchungen noch im Rückstande, hoffe aber, OPpeLs Entdeckung bald noch mehrere derartige Fälle anreihen zu können. Die- Tatsache, daß man bei Syngnathus einen Magen findet, der aber noch der Drüsen entbehrt, daß dieser Magen sich in seinem Relief nicht vom ÖOesophagus unterscheidet, ist höchst beachtens- wert und wirft ein Licht auf die Phylogenie des Vertebraten- Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 563 magens. Sie zeigt, daß die Entstehung des Drüsenmagenreliefs ein später Vorgang ist, wie dies auch der Uebergang des Oesophagus- reliefs in das Magenrelief lehrt. So fällt neues Licht auf die EpinGersche Theorie der Ableitung der Drüsen aus Krypten. CATTANEO bekämpfte sie, weil beim Lachs die Magendrüsen sich bildeten, ehe eine Spur von Schleimhautfalten zu sehen war. Auch PFETERSEN sah in der „gänzlich getrennten ontogenetischen Entwickelung“ von Drüsen und Falten einen Hauptgrund, die Epvingersche Theorie abzulehnen. Diese ontogenetische Beweis- führung meine ich indessen ablehnen zu müssen. Das Auftreten von Magendrüsen ist ein phylogenetisch später Prozeß bei Fischen. Sicherlich sind die Falten weit älter als die Magendrüsen. Das zeigen nicht nur die magenlosen Fische, die alle ein Längsfalten- relief haben, das beweist auch die eiserne Konstanz, mit der die Längsfaltung als Grundprinzip im Vorderdarm durch die ganze Reihe der Wirbeltiere wiederkehrt, auch da, wo nachher von Längsfalten nichts mehr zu sehen ist. Wie GEGENBAUR bereits ausgeführt hat, ist die Entwickelung des Magens an das Wachstum des von der Kiemenhöhle ausgehenden Vorderdarms geknüpft. Die Fische bieten alle Stadien dieser Entwickelung dar. An die Be- funde bei Cypriniden und Labriden, wo der Vorderdarm noch ganz ungesondert und kurz ist, schließen sich die von Syngnathus, wo bei differenziertem Vorderdarm bereits eine größere Länge erreicht ist. Dann folgen, bisher noch in weitem Abstand, der aber viel- leicht schon in Kürze durch eine gründliche Untersuchung der Gobiiden wird überbrückt werden können, die Fische mit echtem Drüsenmagen. Auch ich vermag, wenigstens für den Magen, nicht, mich der Epıngerschen Theorie anzuschließen, und halte mit PETERSEN Falten und Drüsen für sehr differente Bildungen, allein die Onto- genie gibt kaum ein klares Bild von der Entstehung des Magens, und ich möchte dem ontogenetisch scheinbar früheren Auftreten der Drüsen als irgendwelcher Falten nicht jene Bedeutung zu- sprechen, wie CATTANEO und PETERSEN. . Ich glaube vielmehr, daß das Netzwerk des Drüsenmagens aus dem Längsfaltensystem des undifferenzierten Vorderdarms abzu- leiten ist, und daß das selbständige Auftreten von Drüsen, deren Phylogenie noch höchst rätselhaft ist, modifizierend auf das Vorder- darmrelief einwirkte. Indem die Drüsen zu höherer Entfaltung kamen, machte sich die Schleimhaut mit ihrer Muskulatur in höherem Grade selbständig und führte zu der allverbreiteten Netz- 564 Eduard Jacobshagen, form, während der Einfluß der eigentlichen Magenmuskulatur ein weniger unmittelbarer wurde und in der Bildung ephemerer Wülste seinen Hauptausdruck findet. Weit mehr Interesse als bisher verdient der Oesophagus. Er wird in Kürze bei Selachiern und Dipnoern durch meinen Freund C. FAHRENHOLZ bearbeitet werden. Möchten die Amphibien und zumal die Reptilien, anderweitig bearbeitet, bald folgen! Es wurde bereits betont, daß das Relief des Oesophagus der Fische im ganzen außerordentlich ähnlich ist dem des primitiven Vorderdarms. Bei nahezu allen bekannten Formen kommen Längsfalten vor, ich verzichte darum auf eine Aufzählung der Tiere. Diese Längs- falten haben selten oder nie einen glatten Rand, sondern sind mehr minder gezackt und mit Fortsatzbildungen verschiedenster Art versehen oder bis an ihre Basis zerklüftet. Verhältnismäßig selten treten, wie bei Polypterus, einer Amia calva, Mormyrus spec., Heterotis, Salmo, Coregonusarten und einer Anzahl anderer, Verzweigungen auf, so daß eine Art Netzwerk entstehen kann. Stets sind auch hier das Wesentliche aber die Längsfalten. Nur wenige Fische machen hiervon eine Ausnahme. Es sind dies Alosa sardina, Chanos lubina und Chanos mento. Bei Alosa sardina umlaufen eine Anzahl paralleler Falten die Oesophaguswand in einer Spiraltour, bei Chanos lubina gibt VALENCIENNES 13 Spiral- touren an, bei Chanos arabicus 20. Die Untersuchung von Alosa sardina lehrte mich, daß jene Spiraltour individuell sehr ver- schieden entwickelt ist und bei einigen Exemplaren so lang ge- zogen erscheint, daß sie keine volle Spirale mehr bildet und nur wenig von gewöhnlichen Längsfalten abweicht. Es dürfte darum naheliegen, jene seltenen Spiralfaltenreliefs der Chanosarten auch aus Längsfalten abzuleiten. Die Ursache jener Umbildung dürfte schwer anzugeben sein. Außer und oft neben Falten kommen auch isolierte Fortsatz- bildungen in Gestalt mehr minder dicker Papillen vor. Man ist ihnen begegnet bei Acipenser sturio, A. ruthenus, A. rubicundus, wo sie an Placoidorgane erinnern können, ferner bei Tetragonurus Cuvieri, Mugil cephalus, M. capito, M. auratus, M. chelo, Naseus fronticornis, Scorpis georgianus, Box boops, Caesio tile, C. lunaris, Stromateus fiatola, Str. candidus, Rhombus xanthurus und Seserinus. Im speziellen Teil werden längsgestellte, lappenartige Papillen bei Scaphirhynchus aus Längsfalten abgeleitet werden, es wird dieselbe Ableitung auch für die quergestellten zackigen Papillen Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 565 von Acipenser dort versucht. Auch bei den Mugilarten sind zweifel- los Längsfalten der Ausgangspunkt der späteren Papillen, die stets in Längsreihen stehen bleiben. Die einfachsten Zustände finden sich bei Mugil auratus, M. chelo und M. capito, ein sehr hoch ent- wickelter bei M. cephalus. Auch das Relief von Box boops wird weiterhin aus Längsfalten hergeleitet. Ueber Tetragonurus, Naseus, Scorpis, Caesio, Stromateus, Seserinus und Rhombus fehlt es leider sehr an genauen Angaben, die hoffentlich bald erfolgen werden, da sich an jene Befunde wenigstens bei Caesio, Stromateus, Seserinus und Rhombus sehr interessante Probleme knüpfen. Bei diesen Tieren sind die Papillen hart und werden als Zähne bezeichnet. Wir finden also, daß dem Vorderdarm der Fische bis auf Chanos und Alosa sardina ganz allgemein ein aus Längsfalten gebildetes oder aus solchen abzuleitendes Relief zukommt, das mit dem Auftreten des Drüsenmagens in diesem zwar als konstantes Relief verloren geht und einem feinmaschigen Netzwerk Platz macht, sich aber in seiner alten Form im Oesophagus forterhält und auch in den schwachen ephemeren Längsfalten des Magens eine Spur zurückgelassen hat. Es steht in diesem Verhalten der Vorderdarm den übrigen beiden Teilen sehr fern, ja ihnen prinzipiell gegenüber, wie in seiner Vagusinnervation und dem vorwiegenden Vorkommen quer- gestreifter Muskulatur in seinen Wandungen. Wir finden von diesem allgemeineren Gesichtspunkt aus also gleichfalls, daß die RATuHKesche Grenze wertvoller als die GEGEN- BAuRsche ist. Was hat es nun aber mit der GEGENBAURSchen Grenze für eine Bewandtnis? Es zeigte sich, daß die GEGENBAURsche Grenze nicht mit der RATHKeEschen zusammenfällt. Wie, wenn der Ductus choledochus niemals genau am Mitteldarmanfang gemündet hätte? Wenn die Leber sich dicht hinter dem Mitteldarmanfang, nicht aber genau am Darmanfang entwickelt hätte? Die Ontogenie läßt uns darüber bisher im unklaren. Aber die Tatsache, daß auch bei den magen- losen Fischen der Ductus choledochus niemals ganz genau auf der Rarnkeschen Vorderdarmgrenze mündet, legt den Gedanken sehr nahe, daß die Leber ein Stück dahinter ihren Ursprung nahm. Es würde dann die wechselnde Länge des „Zwischenstückes“ nichts darstellen als eine ungleiche Entfaltung des späteren Duodenums der höheren Vertebraten. Diese Lösung dürfte die einfachste sein, und sie findet in der Darmanatomie, soweit ich sehe, nirgends einen Widerspruch. Indem wir uns nochmals dem Vorderdarm zuwenden, fragen 566 Eduard Jacobshagen, wir uns, woher mag jener charakteristische Vorderdarm sich ab- leiten? Bekanntlich hat GEGENBAUR diese Frage beantwortet. Er: leitete den Vorderdarm von der Kiemenhöhle ab. Und diese Ab- leitung liegt sehr nahe. Bei den Cypriniden sehen wir vielfach, daß der ganze undifferenzierte Vorderdarm nur ein leicht zu über- sehendes, ganz kurzes Rohr darstellt, das gegen die oft ansehn- liche Länge des übrigen Darms gar nicht in Betracht kommt. Aber schon bei Belone, Syngnathus, einigen Gobius- und Lepado- gasterarten sehen wir es viel ansehnlicher werden, ja bei Syn- gnathus sich histologisch bereits in einen Oesophagus- und einen Magenabschnitt differenzieren. Mit der Entwickelung des Drüsen- magens — wahrscheinlich würde eine umfassende Untersuchung z. B. der Gobiiden die phylogenetische Reihe in der Magenentwicke- lung noch sehr vervollständigen — nimmt die Länge und Formen- mannigfaltigkeit des Vorderdarms fortwährend zu, bis wir schließ- lich Mägen wie bei Regalecus glesne, Mugil cephalus und den Mormyriden vor uns sehen. Ueber die Ursachen der mannig- fachen Richtung der Vorderdarmentwickelung herrscht Dunkel; der GEGENBAURSChe Gedanke aber, daß die in ihrer Lage fixierte Leber die Form und Lage des Magens beeinflusse, besteht zu Recht und läßt hoffen, daß auch eine Erklärung der Magen- formen nicht allzulange mehr auf sich warten lassen wird. Es läßt sich nach meinen Erfahrungen überraschend deutlich erkennen, wie die erste, den Magen enthaltende Schlinge des Darmkanals an dem einen Ende am Ductus choledochus gleichsam hängt. Aber nicht fällt der Pylorus gerade an jene Befestigungsstelle (siehe Fig. 1, 2 und 3B). Er eben ist unabhängig, wenigstens inner- halb gewisser Grenzen, von der Form der Magenschlinge. Der Pylorus steht am Ende des aus der Kiemenregion stammenden, vom Vagus noch innervierten und ein Längsfaltenwerk als Grundform aufweisenden Vorderdarms, der ein morphologisch selbständiges Gebilde darstellt, das dem vereinigten Mittel- und Enddarm gleich- wertig gegenübersteht. Es stellt somit die RATHKEsche Vorderdarm- grenze eine höchst wichtige Stelle dar, gegen die die Mitteldarm- Enddarmgrenze geringe Bedeutung für sich in Anspruch nehmen kann. Und wir sehen ja auch, daß letztere bei den Cypriniden, Silurus, Malapterurus, Symbranchus und Theutis hepatus, und vielleicht den Ganoiden nicht besteht, daß bei vielen Malacopterygiern nur die Willkür bisher eine Enddarmgrenze anzugeben vermag. Ueberall steht bei Fischen und Dipnoern der Enddarm noch auf einer sehr tiefen Stufe, und wenn auch die winklige Ver- Untersuchungen über das Darmsystem d. Fische u. Dipnoer. 567 bindung von Mittel- und Enddarm bei Trigliden, Pleuronectiden, bei Galeichthys und Box, die zur Bildung eines kleinen Enddarm- coecums führen kann, an höhere Zustände erinnert, so zeigt doch die Inkonstanz dieser Verhältnisse, desgleichen die sonst meist höchst geringe Differenzierung in der Länge, Weite, Muskulatur und dem Schleimhautrelief des Enddarms zumal bei Trigla, daß man diese Fortschritte nicht zu hoch einschätzen darf. Vermag uns nun die Ableitung des Vorderdarms aus der Kiemen- höhle jenes Längsfaltenrelief zu erklären? Diese Frage hat mich lange beschäftigt, aber ich wage nicht, sie jetzt schon zu beantworten. Beachtenswert ist, daß bei den meisten Teleostomen jene Vorder- (darmlängsfalten sich weit nach vorn hin in die Mundhöhle fortsetzen, daß auf ihnen auf der Zunge, am Gaumen, am Vomer wenigstens gelegentlich — meine Untersuchungen darüber sind nicht sehr aus- gedehnt — Zahnbildungen und Sinnesorgane anzutreffen sind! Beachtenswert ist ferner, daß im Oesophagus in manchen Fällen Papillen angetroffen sind, die beim Stör an Hautzähne er- innern, die bei Caesio tile, Caesio lunaris, Stromateus fiatola, Stromateus candidus, Seserinus sowie bei Rhombus xanthurus hart und zahnartig sind oder sein sollen! Haben wir auch hier echte, von Placoidorganen abzuleitende Abkömmlinge des äußeren Keim- blattes vor uns? Die Zukunft wird es lehren! Von sehr großer Bedeutung aber ist eine bereits 1886 erkannte Tatsache, die aber bisher nicht beachtet worden zu sein scheint, nicht einmal von ihrem Entdecker: MACALLUM. Im Oesophagus von Aci- penser rubicundus kommen auf den dicken, fleischigen Papillen Sinnesorgane in großer Zahl vor, die MACALLUM „taste buds“ nennt und abbildet. Ich selbst fand bei Acipenser ruthenus diese Ent- deckung bestätigt, ja auch bei meinen leider nicht gut fixierten Präparaten von Scaphirhynchus cataphractus glaube ich Fig.4. Sinnesorgane von Sinnesorgane auf den längsgestellten einer Oesophaguspapille von i Acipenser rubicundus, nach Papillen gefunden zu haben. Schon Macarıum. MACALLUM hob hervor, «daß diese Sinnes- organe jenen der Mundhöhle glichen. Aber er bedachte die ekto- dermale Herkunft dieser Gebilde offensichtlich nicht, denn nirgends drückt er sein Erstaunen aus über diesen Befund, der den herrschenden Anschauungen gegenübersteht. 568 Ed. Jacobshagen, Unters. üb. d. Darmsystem d. Fische etc. Die ektodermale Mundbucht reicht bei keinem Fische bis zur Kiemenhöhle. Trotzdem fand man bei vielen Selachiern Abkömm- linge von Placoidorganen auch in der Kiemenregion bisher bis genau an den Anfang des Oesophagus! Bei Teleosteern liegen die Dinge ähnlich. Hier sind Sinnesorgane bisher bei Cypriniden, Gadus und anderen (siehe MERKEL, Ueber die Endigungen der sensiblen Nerven in der Haut der Wirbeltiere, Rostock 1880) bis zum Anfang des Oesophagus hin gefunden. Ich selbst sah dies bei Tinca tinca und Mugil auratus bis jetzt. Es reicht also schon nach dem heutigen Stand unserer Kenntnisse das Ektoderm sicher bis zum Oesophagus!! FAHRENHOLZ, der diese Dinge zusammenhängend bearbeitet, wird demnächst über seine Ergebnisse berichten. Bei Acipenser reichen Sinnesorgane, ebenfals dem äußeren Keimblatt entstammend, weit in den Oesophagus hinein bis zum Magen hin !), offenbar auch bei Scaphirhynchus! Es ist die Frage, wo und wieweit man sonst noch im Vorder- darm niederer Wirbeltiere Spuren des Ektoderms findet. Ich selbst werde wenigstens einen kurzen Bericht über meine Ergebnisse bei den Teleostomi bald folgen lassen. Hinsichtlich der Selachier und Dipnoer verweise ich auf die FAHRENHOLZsche Arbeit. Die Vorgänge, die sich während des soliden Stadiums des Vorderdarms und der Kiemenhöhle an der Ektodermgrenze ab- spielen, sind noch keineswegs klar. Undenkbar erscheint es mir keineswegs, daß sich am undifferenzierten, kurzen Vorderdarm der Nachweis wird erbringen lassen, daß der gesamte Vorderdarm dem Ektoderm angehört. Indessen fehlen für eine solche generelle Abteilung zurzeit noch die Materialien. Die Längsfalten aus dem Verhalten der Muskulatur abzuleiten, wage ich nicht. Ich werde später auf diese Dinge zurückgreifen. 1) Ueber den Begriff des Magens bei Ganoiden werde ich in einer späteren Arbeit eingehend mich äußern. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. Von Hermann Braus (Heidelberg). Hierzu Tafel 23 u. 24 und 7 Figuren im Text. Die Untersuchungen, über welche ich hier berichte, wurden im Frühjahr 1909 im Ozeanographischen Institut zu Monako be- gonnen. Sie konnten infolge beruflicher Abhaltungen nur in größeren Abständen weitergeführt werden. Ich benutzte dazu in den Jahren 1909 und 1910 je einen Aufenthalt in Neapel und Triest; auch in Heidelberg konnte ich an lebend aus Triest bezogenem Material operieren. Schließlich vermochte ich im Anatomischen Institut zu Brüssel bei Gelegenheit des internationalen Anatomen- kongresses (August 1910) den grundsätzlich wichtigsten Befund durch Nervenreizungen an lebenden Rochen zu demonstrieren. In Monako und hier in Heidelberg arbeitete ich gemeinsam mit Herrn vV. UEXKÜLL, welchem ich für die Einführung in die Methodik der Nervenreizungen und für vielfache Ratschläge und Demonstrationen zu besonderem Dank verpflichtet bin. In Neapel und Triest experimentierte ich allein. Den Vorständen der genannten Institute möchte ich auch an dieser Stelle meinen ergebensten Dank für die Förderung dieser Untersuchungen aussprechen. Die wesentliche Aufgabe dieses Aufsatzes besteht darin, das gesamte Material, welches untersucht wurde, im Zusammenhang mitzuteilen und dadurch die verstreuten Mitteilungen, welche ich bereits veröffentlicht habe!), zusammenzufassen und (be- 1) Siehe Anatomischer Anzeiger, Bd. XXXIV, 1909, p. 529 —551; Anatomische Hefte, Bd. XL, 1910, p. 423—488; Ver- handlungen der Anatomischen Gesellschaft 1910, p. 14—30. Nachträglicher Zusatz: Ich habe früher (1909, p. 537 u.a.) auf diese Abhandlung hingewiesen, aber angegeben, daß siein den „An- nales de l’Institut oc&anographique (Monaco)“ erscheinen würde. Es wurden auch die Figuren am 26. Nov. 1910 und der Text am 9. April 570 Hermann Braus, sonders durch die Publikation der Versuchsprotokolle) zu ver- vollständigen. Auf die polemischen Teile, welche in den früheren Mitteilungen enthalten sind, verweise ich nur, ohne hier auf sie zurückzukommen !}). 1911 an die Redaktion von mir eingereicht, da aber bis zum September d. J. noch nicht mit der Reproduktion der Figuren begonnen war, zog ich es vor, die Arbeit an dieser Stelle zu publizieren. Text und Figuren sind unverändert geblieben. Einige nachträgliche Zusätze wie dieser sind als solche bezeichnet (Heidel- berg, im Oktober 1911). 1) (Nachträglicher Zusatz) Es kann mich darin die inzwischen erschienene Arbeit von E. Mürzer (Anatomische Hefte, Bd. XLIII, 1911, p. 1—147) nur bestärken. In Wirklichkeit hat sich der Autor in ihr meiner Beschreibung der tatsächlichen Be- funde sehr genähert. Denn die Hauptfragen unserer Kontroverse waren: 1) ob und in welchem Grad die Flossenmuskulatur polyneur sei? und 2) ob die langen Nervenstämme in der Flosse, auf welche M. den höchsten theoretischen Wert legt, außer von anderen auch von mir übersehen und also von M. entdeckt worden seien? Ad 1 glaubte M. ursprünglich, daß abwechselnd ein Muskel haploneur, der folgende dineur, der dritte haploneur, der vierte dineur sei usw., daß also jeder Nerv nur drei Muskeln versorge. Jetzt gibt er zu, daß bei Acanthias — das war das Objekt, auf welches sich anfänglich unsere Kontroverse beschränkte — bis zu sieben Muskeln von einem Nerv versorgt werden (siehe im übrigen den nachträglichen Zusatz bei Acanthias und bei Torpedo in dieser Arbeit). Ad. 2 erkennt M. jetzt an (p. 7, 8), daß ich 1892 jene Nervenstämme beschrieben habe. Anstatt einer loyalen Fixierung dieses veränderten Stand- punktes überhäuft der Autor seinen Gegner mit einer Flut neuer Vorwürfe, die zum Teil auf mißverständlichen Ausdeutungen, zum Teil auf direkt unrichtigen Wiedergaben meiner Befunde be- ruhen. Die Widerlegung wäre leicht, würde aber wiederum ein ganzes Buch erfordern. Ich verweise hier auf einen Fall wegen dessen besonderer Konsequenz. Die oben unter No. 2 erwähnten langen Nervenstämme habe ich nicht nur beschrieben, sondern auch früher als M. abgebildet. M. kann nicht leugnen, daß diese Abbildungen der Natur und seinen späteren entsprechenden Abbildungen und Beschreibungen ent- sprechen. Er bemüht sich aber zu zeigen, daß ich eine meiner früheren Abbildungen bei der Reproduktion in der Streitschrift gegen ihn (1910, p. 440, Textfig. 4) „verändert“ und trotzdem als die „genaue Wiedergabe“ meiner früheren Figur bezeichnet hätte (p. 15); er legt dadurch dem Leser nahe, daß ich jene Nerven, soweit sie nicht in den früheren Abbildungen enthalten seien, erst nach Kenntnis seiner Arbeiten hinein komponiert haben könnte, Die Sache ist in Wirklichkeit einfach die, daß ich früher stets Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 571 Die allgemeineren Beziehungen der Fragestellung und der Befunde zur Morphologie der Nervengeflechte bildeten den Gegen- stand meines Vortrages in Brüssel (siehe Anm. 1, p. 569). Die betreffenden Teile dieser Abhandlung (Abschnitt 1 und 4) stimmen zum Teil wörtlich mit jenem Vortrag überein. 1. Die Fragestellung. Die wichtigen Untersuchungen aus neuerer Zeit über die An- ordnung der sensiblen Nerven in der Haut des Menschen haben es zur Gewißheit gemacht, daß bestimmte Bezirke von mehr als außer dem Skelett und den Nerven auch die Muskeln eingetragen . hatte und dort, wo einzelne Nerven von den Muskeln auf kurze Strecken verdeckt sind, durch beigesetzte Ziffern angab, welche Nervenstämme zueinander gehören. In besonderen Abbildungen wurden auch die Muskeln so abgebildet, daß die in jenen anderen Figuren verdeckten Nervenpartien naturgetreu zu sehen sind. Die beanstandete Figur ist nun so entstanden, daß die Muskeln in der Originalzeichnung weggelassen wurden; dadurch ließen sich einzelne, sonst von den Muskeln verdeckte Partien der Nervenstämme ein- tragen. Die Eintragungen entsprechen genau den Bezifferungen und den Ergänzungsfiguren der früheren Arbeiten von mir. Auch habe ich in meiner Streitschrift gegen M. (p. 467, Anm. 9) aus- führlich erläutert, daß ich und in welcher Weise ich jene frühere Figur verändert habe; außerdem ist die unveränderte Originalfigur dort reproduziert und zum Vergleich auf sie verwiesen. Wie wäre es überhaupt denkbar, daß ich bei Anfertigung meiner früheren Figuren da, wo die Nervenstämme scheinbar unter- brochen sind, das distale Ende mit der richtigen Bezifferung hätte verseben können, wenn ich den wahren Zusammenhang nicht durch Präparation aufgedeckt hätte? So unsinnig und leichtfertig M.s Vorwurf fundiert ist, so ent- hält er doch implicite nichts anderes als die Behauptung, der Gegner habe gefälscht. Ich lehne deshalb jede weitere Polemik mit diesem Autor ab. Rekapituliere ich den Verlauf dieser Polemik, so hat M. meine früheren Arbeiten (1892—1900) zuerst in sehr scharfer Weise an- gegriffen (Anat. Hefte, 1909). Ich habe in einer Replik geantwortet (Anat. Hefte, 1910). M. bezeichnet sich in seiner Duplik (Anat. Hefte, 1910, 1911) als „angegriffen“ und spricht von „Angriffen“ und „Ausfällen“, welche ich gegen ihn gerichtet hätte. Die deutsche Sprache kennt aber dafür nur das Wort „Verteidigung“, und der Franzose formuliert in gleicher Weise mein Verhalten, über welches sich M. entrüstet ähnlich dem Vers: „Cet animal est tres mechant, Quand on l’attaque, il se defend.“ 572 Hermann Braus, einem segmentalen Nerv (plurisegmental) versorgt werden und auch dann noch für Reize empfänglich bleiben, wenn einer der beteiligten Nerven experimentell ausgeschaltet wird. Ein solches vikariierendes Eintreten eines bestimmten Spinalnervs für einen anderen muß darauf beruhen, daß die letzten Ausläufer des einen mit denen des anderen so verschränkt sind, wie etwa die durch- einander gesteckten Finger bei gefalteten Händen. Die englische Bezeichnung „overlapping“ hierfür bringt sehr anschaulich zum Ausdruck, daß das physiologische Resultat einer Ueber- einanderschichtung der einzelnen Nervenendzonen entsprechen würde, so daß bei Wegnahme einer Zone infolge der Zerstörung des betreffenden Spinalnervs gleichsam die darunterliegende, intakte Zone vikariierend eintreten kann. Diese Bezeichnung hat sich bei Physiologen und auch Klinikern bereits vielfach eingebürgert. Ich erwähne sie deshalb, obgleich sich zeigen wird, daß die eigent- liche anatomische Grundlage dieses Verhaltens durch sie nicht gekennzeichnet, sondern vielmehr Mißdeutungen ausgesetzt ist. Ob sich die motorische Innervation der Muskeln ähnlich verhält, ist weniger genau bekannt, obgleich an sich die Methodik der experimentellen Untersuchung motorischer Nerven eine be- sonders günstige ist; denn in der Kontraktion der zugehörigen Muskeln haben wir ein objektives Maß, welches mit Evidenz das Ausdehnungsgebiet des in Erregung gesetzten Nervs angibt. Trotz- dem die Versuchsbedingungen bei den sensiblen Nerven in dieser Hinsicht viel komplizierter sind, ist man dort weiter gekommen, weil diese Nervenart in ihren letzten Ausbreitungen an der Ober- fläche des Körpers zugänglicher ist als die meist vielfach über- einander geschichteten Muskeln. Die sensiblen Elemente, die hier in Betracht kommen, sind im wesentlichen zweidimensional, die motorischen dagegen bei den meisten Objekten dreidimensional angeordnet. Darauf ist es hauptsächlich zurückzuführen, daß die feinsten Verzweigungen der motorischen Nerven noch nicht ein- wandfrei durch die experimentelle Methode verfolgt werden konnten. In besonderem Maß gilt dies für die Extremitätennerven, deren Geflechte für das Studium dieser Einrichtungen des Nervensystems besonders günstig sind; gerade die zylindrische Gesamtform der meisten Gliedmaßen bringt es mit sich, daß die Muskeln sehr stark übereinander geschichtet und deshalb in den tieferen Lagen oder auch an der Unterfläche der oberen Schichten nicht immer deut- lich genug zu überblicken sind, während die flächenhafte An- ordnung der Haut bei noch so verschiedenartiger Gestaltung im Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 573 einzelnen doch immer die Uebersichtlichkeit der sensiblen Nerven- ausbreitung garantiert. Es gibt aber unter den Wirbeltierextremitäten ein Objekt, bei welchem auch die Muskeln in einer Fläche ausgebreitet sind und bei welchem deshalb die motorischen Nervenausbreitungen wegen ihrer annähernd zweidimensionalen Anordnung ebenso übersicht- lich für den Experimentator daliegen, wie bei den höheren Tieren nur die sensiblen: es ist das die Selachierflosse. Am deut- lichsten ist an der Brustflosse eines beliebigen Rochen zu sehen (Fig. 1, Taf. 24), daß die Muskeln sämtlich in nebeneinander liegenden Streifen wie die Saiten eines Musikinstrumentes auf- gereiht sind. Reizt man einen die Rochenflosse versorgenden Spinalnerv, so kontrahieren sich die von ihm beschickten Muskel- streifen. Man kann also bei richtiger Ausführung des Experi- mentes von den verschiedenen beteiligten Spinalnerven aus die Muskeln so ansprechen lassen, wie der Musiker durch Anschlag der Tasten seines Instrumentes die Saiten desselben in Schwingung versetzt. Diesem günstigen Objekt verdanke ich es, daß die Ausbreitung der motorischen Nerven durch die Geflechte hindurch bis zu ihren letzten Enden auf das deutlichste aufgezeigt werden kann. 2. Untersuchungen am lebenden Objekt, A. Methoden. Die gebräuchlichen mechanischen Mittel, Nerven zu reizen, sind für die Selachier wenig geeignet. Einzelreize, wie Kreifen, Quetschen oder Zerschneiden der Nerven, rufen so flüchtige Re- aktionen hervor, daß eine Begrenzung des erregten Muskelterri- toriums nur ganz selten gelingt. Im allgemeinen kommen nur Teile davon zur Beobachtung; denn derselbe Nerv, welcher auf diese Weise nur ein, zwei oder drei Muskelfascikel zur Kontraktion brachte, vermochte bei anderen Methoden bis zu 3 Stück zu er- regen. Doch sah ich mit Sicherheit auch auf mechanische Reize hin bei Raja 5—7 Fascikel ansprechen. Es gelang allerdings nur bei einem Exemplar, durch seitliches Anknipsen des Nervs (26. Sp.-N.) mit der Scherenpinzette, aber mehrmals hinterein- ander. Tetanisierende mechanische Reize, welche für eine allge- meine Anwendung allein in Betracht kämen, erwiesen sich leider als ganz unwirksam. Es wurde sowohl der HEIDENHAINSche Tetanomotor wie auch der UExkÜLusche Neurokinet versucht unter 574 Hermann Braus, Kontrolle von Parallelversuchen am Froschnerv. Letztere ergaben positive Resultate, die Selachiernerven aber gar keine Reaktion. Ganz ausgezeichnete Resultate bewirken dagegen ganz schwache, eben wirksame Induktionsströme. Die sekundäre Rolle des Induktoriums wurde meistens aus der Schlittenführung ganz herausgezogen, um möglichst schwache Ströme zu erhalten. Solche sind auf der Zunge nicht entfernt spürbar. Selbstverständ- lich wurde bei jedem Versuch festgestellt, daß bei der gewählten Stromstärke direktes Aufsetzen der Elektrode auf den Muskel keine Reaktion gibt. Erfolgt dann eine solche bei Aufsetzen auf den Nerv, so kann die Erregung nur durch eine spezifische Tätig- keit des Nervs selbst hervorgerufen sein. Das Experimentum crueis besteht darin, den Nerv jenseits der Reizungsstelle durch eine Ligatur durchzukneifen. Derselbe Strom, welcher vorher eine deutliche Reaktion auslöste, ist dann an der früheren Nervenstelle unwirksam, wird aber sogleich wirksam, wenn die Elektrode distal von der Ligatur aufgesetzt wird. Wird dieser Versuch bei der Austrittsstelle des Nervs aus der Wirbelsäule ausgeführt, so läßt sich die Erregungsleitung auf den betreffenden Spinalnerv ein- schränken und die Beteiligung anderer Spinalnerven wie überhaupt aller anderen Dinge inner- und außerhalb des Präparates aus- schließen. Dieser Fundamentalversuch ist eingehend bei Raja cla- vata, Ex. 16, beschrieben. Er ist bei Rochen deshalb leichter auszuführen als bei Haien, weil bei ihnen die Distanz der Nerven von der Körperoberfläche gering ist; besonders günstig ist bei ihnen dorsal eine Stelle unter dem Schultergürtel, zu deren Frei- legung es nur der Resektion eines Stückes der knorpeligen Scapula bedarf. Hier gelingt deshalb die Präparation leicht ohne Zerrungen und sonstige Läsionen des betreffenden Spinalnervs. Bei Haien, bei welchen große Muskelmassen präparatorisch weggeräumt werden müssen, um den Nerv bis zum Austritt aus der Wirbelsäule frei- zulegen, gelang es mir nicht, an dieser Stelle eine einwandfreie Reaktion zu erzielen. Die Resultate an den weiter distal liegenden Stellen des Nervs stimmen aber bei Rochen so genau mit den am proximalen Stück gewonnenen überein, daß erstere auch bei Haien völlig ausreichen. Es sei noch besonders hervorgehoben, daß die zu unter- suchenden Nerven auf eine längere Strecke aus ihrer Umgebung herauspräpariert und frei in der Luft hängend über die Elektroden gelegt wurden. Das proximale Ende wurde mit einem Faden umschlungen, um das immerhin kurze Nervenstück besser Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 575 dirigieren zu können, und dann gegen die Wirbelsäule zu durch- schnitten. Der Faden wurde gleichzeitig als Marke benutzt, indem für jeden Nerv Fäden einer bestimmten Farbe gewählt wurden. Solche dienten nicht nur zum Anschlingen des Nervs selbst, sondern auch zur Bezeichnung der Grenzen des zugehörigen Kontraktions- gebietes. Zwischen den äußersten auf den Strom ansprechenden Muskelstreifen und seinen reaktionslosen Nachbar wurde ein Stück- chen Faden der betreffenden Farbe angedrückt (siehe Taf. 24, Fig. 1, ausgezogene Linien zwischen den Muskeln und die Ligaturen der Nerven). Zum Schluß wurden alle Marken durch Fäden er- setzt, welche unverrückbar durch die Muskulatur und das Skelett hindurchgezogen waren und durch ein untergeschobenes Streifchen Papier vor dem Einsinken in die Muskeln geschützt wurden. Dann wurde das gesamte Präparat konserviert, um nachträglich die seriale Bezifferung der gereizten Nerven zu bestimmen. In Fig. 1, Taf. 24 ist ein Teil der Nerven (20—23) durch die darüber liegende Flosse verdeckt. Am Präparat selbst ist die Strecke bis zum Eintritt in die Flosse lang genug, um sie so über die Doppelelektrode legen zu können, daß nicht nur die gereizte Stelle, sondern auch der Ligaturfaden frei in der Luft hängt. Es werden auf diese Weise mit Sicherheit alle Stromschleifen vermieden. „Kein Physiologe wird auch nur einen Moment zögern, die Induktionsreizung und den Dusoisschen Schlitten an einem so übersichtlichen Objekt anzuwenden.“ Das ist das Urteil, welches hierüber einer der besten Kenner dieser Methode, v. UEXKÜLL, auf Grund der eigenen Kenntnis des Objektes und der Versuchs- anordnung in einem mir freundlichst überlassenen Essay „Ueber die elektrische Reizung der Selachiernerven“ (Verhandl. d. Anat. Gesellsch., Brüssel, 1910, p. 28) ausgesprochen hat. Dieser Autor sagt weiter an jener Stelle: „Die Induktionsreizung birgt zwei Quellen der Täuschung in sich. Das sind erstens die Stromschleifen und zweitens die uni- polare Wirkung. Ob die Stromschleifen einen Fehler herbeiführen, vermag man leicht zu prüfen, indem man den Nerv peripher von der Reizstelle durchkneift. Hört darauf die Reizwirkung auf, so ist bewiesen, daß keine Stromschleifen über die durchgekniffene Stelle hinüber- reichen. Die unipolare Wirkung läßt sich streng prinzipiell überkaupt nicht ausschließen, denn es ist immer theoretisch möglich, daß der Widerstand, den der Reizstrom bei seinem Durchgang durch den Bd. XLVII. N. F. XL. 38 576 Hermann Braus, Nerv findet, einen Teil des Stromes zur Abzweigung durch die Erde zwingt. Es stellt dann das gesamte Präparat einen Teil einer offenen Säule dar, die sich nach der Erde zu entladen kann. Ist das Präparat kompliziert gebaut und besteht es aus Teilen von sehr verschiedener Leitungsfähigkeit, so kann in der Tat die unipolare Wirkung störend eingreifen. Davon ist aber im Flossen- präparat nicht die Rede; denn bei ihm sind die feinen Nerven- bahnen, deren unipolare Reizung das Ergebnis verschleiern würde, alle in einem gleichmäßig leitenden Gewebe eingebettet. Sie er- halten demgemäß bei einem richtig angestellten Versuch im schlimmsten Falle so geringe Stromanteile, daß sie millionenfach erregbarer sein müßten als der freie Nervenstamm, um daraufhin anzusprechen — wofür gar keine Ursache vorliegt. Es gibt außerdem ein Mittel, praktisch dieses Bedenken aus- zuschließen, nämlich die beabsichtigte Anwendung der uni- polaren Reizung am Nervenstamm selbst. Man schneidet das Flossenpräparat aus dem Tier heraus, packt es auf in Seewasser getränkte Watte und verbindet die Metallschale, in welcher sich die getränkte Watte befindet, mit dem einen der kupfernen Leitungsdrähte der sekundären Rolle; den anderen Draht, der mit einer feinen Spitze versehen ist, be- nutzt man zur unipolaren Reizung. Der frei herauspräparierte Nerv, welchen man reizen will, wird an seiner Eintrittsstelle in die Muskulatur völlig in mit Seewasser getränkte Watte eingepackt. Die Stelle des Nervs, welche gereizt werden soll, legt man am besten über ein Goldstück (das bekanntlich aus einer Legierung aus Gold und Kupfer besteht). Nun hat man die Möglichkeit, den Nerv mit der feinen Elektrodenspitze abzutasten, man sieht dann, daß dadurch die verschiedenen Muskelstreifen einzeln und nacheinander tetanisiert werden. Es ist das gerade das Gegen- teil von dem, was als Fehlerquelle in Betracht kommen könnte.“ Ich verweise wegen der speziellen Ergebnissse der unipolaren Reizung auf das Protokoll über Scyllium canicula (Ex. 20). Sie sind eine Bestätigung der Resultate der gewöhnlich gebrauchten Versuchsanordnung. Nimmt man stärkere Ströme als die gerade wirksamen oder läßt man den Strom längere Zeit hintereinander auf den Nerv einwirken, so wird dieser sehr geschädigt. Dies ist besonders bei den sehr empfindlichen Rochennerven der Fall. Die Haie sind resistenter dagegen. Ich habe aber, um möglichst viele ver- schiedene Reizungen an einem Tier vornehmen zu können, und Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 577 wegen der erhöhten Sicherheit gegenüber den genannten Fehler- quellen nur minimale und momentane Reize einwirken lassen. Bei Haien bleibt dann ein und derselbe Nerv bis zu 4 Stunden nach Beginn der Versuche gut erregbar, bei Rochen findet eine deutliche Abnahme der Erregbarkeit schon nach !/, Stunde statt. Doch bleiben auch bei ihnen die noch unbenutzten Nerven 2 Stunden lang und länger gut erregbar. Der Indikator für die Tätigkeit des Nervs ist die Kontrak- tion der zugehörigen Muskelfasern. Diese ist unverkennbar, wenn man die Haut mit der Fascie völlig entfernt und den Muskel ganz freilegt. Man sieht dann selbst bei ganz kleinen Muskeln den Kontraktionswulst deutlich vorquellen und kann durch häufiges Wiederholen desselben Versuches immer wieder die gleiche Er- scheinung hervorrufen. Bei langen Muskeln (Rochen) läßt sich sogar der Teil des Muskels bestimmen, welcher aktiv kontrahiert ist. Bloß passive Mitbewegungen, welche durch den bindegewebigen oder sonstwie gearteten Zusammenhang der Muskelstreifen unter- einander veranlaßt werden, sehen ganz anders aus; denn bei ihnen tritt kein Kontraktionsbauch auf. Sie können, wenn man hierauf achtet, nicht zu Verwechslungen Anlaß geben und nicht eine stärkere Ausdehnung des Kontraktionsgebietes vortäuschen, als tatsächlich vorhanden ist. Wohl aber können sie dadurch hinder- lich werden, daß eine tatsächlich vorhandene Kontraktion schwer zu sehen ist oder kachiert wird. Es ist dann das Territorium des betreffenden Nervs scheinbar kleiner, als es in Wirklichkeit ist, ein Fehler gerade entgegengesetzter Art als der von GOODRICH !) befürchtete. Durch zweckentsprechende Lagerung der Flosse lassen sich die Muskeln und Muskelverbindungen jedoch meistens so er- schlaffen, daß die Mitbewegungen verschwinden und die geringste aktive Kontraktion sichtbar wird — eventuell bei ganz kleinen Muskeln (z. B. der Squalidenflosse) unter Kontrolle des binokularen Mikroskops. Im einzelnen Falle wurde der Versuch in folgender Weise vorbereitet: Das Tier wurde durch Einpinseln einer konzentrierten wässerigen Kokainlösung in das Spritzloch, die Kiementaschen und den Schlund betäubt; dann wurde der zu untersuchende Nerv und die entsprechende Muskelzone auf Grund der anatomisch be- kannten gröberen Situation freigelegt. Dabei dienen Sandsäcke 1) GooprıcH, On the segmental structure of the motor nerve- plexus. Anat. Anz.,, Bd. XXXVI, 1910, p. 110. 38* 578 Hermann Braus, zur richtigen Lagerung und Fixierung des Tieres. In 15—20 Min. sind diese Vorbereitungen beendet. Der Blutverlust ist dabei minimal. Es wurde dann mit so schwachen Strömen begonnen, daß keine Reaktion eintrat, und durch allmähliches Verstärken der eben wirksame Strom gefunden. Dieser diente dann zu allen folgenden Versuchen an dem betreffenden Objekt. Die Abbildungen sind nach photographischen Aufnahmen der fixierten Objekte gezeichnet. B. Befunde bei Squaliden. a) Scyllium. Scyllium canicula L. Ex. No. 2 (48 cm lang). Monako. Die Serratusmuskulatur überdeckt einen großen Teil der Dorsalfläche der Brustflossenmuskulatur (Fig. 2, Taf. 25). Sie wird samt der Spitze des Schultergürtels abgetragen und nach dem Rumpf zu zurückgeklappt. Es lassen sich dann leicht die hintersten Flossennerven, deren letzter selbständiger Ast vom 13. Spinalnerv kommt, freilegen. Fig. 1, Taf. 23 zeigt sämtliche Nerven nach vollständiger Freilegung. Es wurde von diesen elektrisch bei unserem Exemplar der 9., 10., 11., 12. und 13. Nerv untersucht. Der 9. Nerv (blau markiert) bringt 6 Muskelstreifen zur Kontrak- tion, der 10. Nerv (gelb markiert), zwei, welche auch der blau markierten Zone angehören, und außerdem alle folgenden bis zum kaudalen Rand der Flossenmuskulatur. Es sind insgesamt etwa 8—9 Fascikel, doch sind die kaudalsten so undeutlich getrennt, daß die Zählung eine etwas willkürliche ist. Ich steckte deshalb Drähte an den Grenzmarken zwischen den Muskelterritorien von 9, 10 und 11 (letzteres rot markiert) bis durch das Skelett und bestimmte nach Beendigung des Versuchs die Lage der Nerven- zonen zu den Knorpelradien. In Fig. 2, Taf. 23 ist die Markierung auf der Oberfläche der dorsalen Muskulatur, in Fig. 3 derselben Tafel die Beziehung zu den Radien wiedergegeben. Die gelbe Zone umfaßt 6 Radien und läßt nur den innersten Skelett- strahl frei. Die rote Zone bedeckt 4 Radien, welche auch von der gelben Zone überlagert sind, und außerdem den kaudalsten Radius. Von Nerv 12 wird ungefähr die gleiche Muskelfläche wie von Nerv 11 erregt. Zahlen lassen sich wegen der Undeutlichkeit der Muskelgrenzen bier nicht geben. Eine Uebertragung auf das Skelett unterblieb, um die übrigen Marken nicht zu stören. Nerv 13 ergibt nicht die geringste Spur von Reaktion bei den dorsalen Muskeln. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 579 Scyllium canicula L. Ex. No. 1 (44 cm Länge). Monako. Die Nerven zur dorsalen Muskulatur wurden in ihrer ganzen Ausdehnung freigelegt und Nerv 5, 6, 7, 8, 9, 11 und 13 gereizt. Nerv 13 ergab wiederum nicht die geringste Zuckung bei den dorsalen Muskeln. Die übrigen waren an der Stelle, wo sie aus dem Rückenmark austreten, unerregbar, oder es zuckten ganz blitzartig nur ein einziges, zwei oder einige wenige Fascikel, deren Zahl nicht zu bestimmen war. Ganz anders deutlich war die Reaktion, wenn dieselben Nerven weiter distal, kurz vor ihrer Teilung in den dorsalen und ventralen Hauptast zu der Hebe- und Senkmuskulatur, gereizt wurden. Das Resultat war dann das gleiche wie bei Ex. No. 2. Die vorderen, dort nicht untersuchten Nerven bringen jeder etwa die Hälfte aller Muskelstreifen zur Kontraktion. Bei Nerv 5 sind die vordersten (kranialen) Fascikel sämtlich mitbeteiligt. Bei Nerv 6 und den folgenden entfernt sich die Zone immer mehr vom kaudalen Rand. Eine Markierung wurde nicht vorgenommen. Seyllium canicula L. Ex. No. 3 (45 cm Länge). Monako. Um die ventrale Muskulatur untersuchen zu können, wurde die Unterseite der Flosse freigelegt, dann die Bauchwand in der Bauchmittellinie geöffnet und Nerv 12, 13, 14 und 15 kurz vor dem Durchtritt des Flossenastes (Ramus pterygialis communis) durch die Bauchwand aufgedeckt. Bei Reizung von Nerv 12 spricht fast die ganze kaudale Hälfte der ventralen Flossenmusku- latur an. Eine Zählung der Fascikel ist bei der ungenauen Ab- grenzung der kaudalsten nicht möglich, ihre Lage korrespondiert mit der dorsalen Zone, welche zu Nerv 12 gehört. Nerv 13 und selbst Nerv 14 sind imstande, dieselbe Region, nur ein wenig mehr entfernt von der Mitte der Flosse, zu erregen. Erst Nerv 15 gibt keine Zuckung in der Flosse. Nach Freilegung der dorsalen Flossenseite konnte ich die dorsale Zone von Nerv 12 nicht zum Ansprechen bringen, während sie doch in den beiden vorbeschriebenen Fällen sicher reagierte. Nerv*13 und 14 geben auch bei diesem Exemplar dorsal nicht die geringste Reaktion. Bei Reizung der Nerven 12—15 wird auch die Fortsetzung des Stammes erregt, welche die ventrale Bauchmuskulatur inner- viert. Sie liegt bei dieser Versuchsanordnung frei vor Augen; Kontraktionen treten im Rectus abdominis bei Reizung eines der genannten Nerven stets in mehr als einem „Myomer“ auf. Ich 580 Hermann Braus, zählte sicher 3 und 4 als Minimalzahlen der beteiligten Zone. Es. besteht also an dieser Stelle der Bauchwand eine „Pseudo- metamerie“ („sekundäre Metamerie“), d. h. die wohlausgebildeten Inscriptiones tendineae begrenzen im Rectus nicht je ein Rumpf- myomer, wie ursprünglich in der Entwickelung, sondern durch eine Vermischung der benachbarten Myomere ist die innere metamere Struktur verloren gegangen, die äußere Einteilung der Muskeln durch regelmäßige Zwischensehnen ist aber geblieben. Dasselbe ist im Rectus bei Reizung der Nerven 24 und 25 weiter kaudal- wärts der Fall. Nerv 24 ist nicht imstande, in der Beckenflosse weder dorsal noch ventrale Kontraktionen auszulösen. Der erste, der dies vermag, ist der 25. Nerv. Bei Nerv 25—27 und Nerv 29. achtete ich auf die Ausdehnung der Kontraktionen in der ventralen Muskulatur der Beckenflosse. Jeder Nerv bringt ganz wie in der Brustflosse mehrere Fascikel zum Ansprechen. Scyllium canicula L. Ex. No. 20 (35 cm lang). Heidelberg. Die Bauchwand wird aufgeschnitten und die metazonalen Nerven werden freigelegt, ebenso die ventrale Muskulatur der Brustflosse. Es sprechen stets mehrere Muskelstreifen bei Reizung eines Nervs an, bei Nerv 9 werden die zugehörigen markiert. Es sind 7 Stück. Die Zone korrespondiert mit der dorsalen des gleichen Nervs (Taf. 23, Fig. 2, blau). Obgleich sich der Neurokinet technisch gut an die Nerven anlegen läßt, sind keine Reaktionen mit ihm zu erzielen, ebenso- wenig mit dem Tetanomotor. Parallel gehende Kontrollversuche mit diesen beiden Apparaten am Frosch ergaben positive Resultate. Faradisch bleiben die Nerven bis zuletzt gut erregbar. Es wurde nun Nerv 9 unipolar in der von v. UExKÜLL beschriebenen Weise (p. 576) gereizt. Indem man mit dem feinen Draht, welcher als Elektrode dient, den Nerv an verschiedenen Stellen seines Um- fanges betastet, kommt jedesmal ein Muskelstreifen oder eine Gruppe von 2, 3 oder 4 Muskelfascikeln zur Kontraktion. Es sind aber nicht immer dieselben Gruppen, sondern es sind mehr kranial gelegene, wenn die Elektrode den Vorderrand des Nervs berührt, und mehr kaudale bei Reizung des Hinterrandes des Nervs. Insgesamt kommen 7 Muskelstreifen (die gleichen wie bei der Reizung des Gesamtnervs) zur Kontraktion. Innerhalb dieser Zone sprechen die Fascikel wie die Orgelpfeifen an, wenn man Punkt für Punkt des Nervs abtastet. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 581 Seyllium catulus M. H. Ex. No. 4, 5 (75 cm lang). Neapel. Einer der metazonalen Nerven (15. Spinalnerv) wird nach Er- öffnung der Bauchhöhle vom Peritoneum aus freigelegt, und die Zone der zugehörigen ventralen Muskelstreifen wird markiert. Es sind 9 Stück. Alle sind scharf begrenzt. Sie liegen so in der Flosse, daß der Rayon von einer Stelle ein wenig kranial vor der Mitte bis fast an den kaudalen Rand reicht. Es ist das ungefähr die Hälfte der Gesamtbreite der Flosse. Während es bei Sceyllium canicula wegen der minutiösen Größen- verhältnisse nicht gelang, die Nerven der Dorsalflosse isoliert zu reizen, war dies in diesem Fall möglich. Ein Ramus dorsalis der Spinalnerven, welche die kaudale Hälfte der Flosse versorgen, wurde rechts freigelegt, und gleichfalls wurde die Muskulatur der 1. Dorsalis dieser Seite präpariert. Es zucken 6 Fascikel. Diese entsprechen nicht ganz, aber ungefähr der Hälfte der Gesamtausdehnung der Flosse. b) Mustelus. Mustelus laevis Rısso. Ex. No. 9 (78 cm lang). Triest. Der Gang der Versuchsreihe war der gleiche wie bei Scyllium No. 2 (p. 578). Der Schultergürtel steht bei dieser Form sehr schräg, und die Serratusmuskulatur ist besonders stark entwickelt. Infolgedessen ist noch mehr von der Dorsalfläche der Flosse ver- deckt als bei Scyllium. Doch lassen sich durch Zurückklappen des dorsalen Stückes der Scapula und des Serratus die Nerven 12, 13 und 14 freipräparieren, ohne sie zu schädigen. Zum Schluß drang ich noch weiter nach vorn vor und präparierte noch Nerv 9. Die Nerven und Reizungszonen wurden sämtlich mit entsprechenden bunten Fäden markiert. Nerv 12 (blau) reagiert mit mindestens 11 Fascikeln. Diese blaue Zone beginnt ziemlich genau in der Mitte der Flosse und reicht bis in das Gebiet der undeutlich gegeneinander begrenzten Muskelstreifen am kaudalen Rand der Flosse; deshalb ist auch die Zahl der Fascikel nicht genau zu fixieren. Nerv 13 (rot) erregt mindestens 9 Muskelstreifen. Die rote Zone beginnt um zwei Fascikei weiter kaudal als die blaue. Alle übrigen sind Blau und Rot gemeinsam (also mindestens 9 Stück). Nerv 14 (der letzte Flossennerv, gelb markiert) erregt eine Zone, welche drei Muskelstreifen am vorderen Rande von Rot frei läßt und von dort ab alle Fascikel bis zum kaudalen Rand der Muskulatur umfaßt. Von den Muskeln sind nur die 582 Hermann Braus, kranialen in deutliche Streifen geschieden (5 Stück); die folgende, nicht geringe Muskelmasse ist nur undeutlich gesondert. Es gibt also die Zahl der Fascikel nur einen Teil der wirklichen Größe der Zone an. Alle fünf sind auch der blauen und roten Zone gemeinsam. Bezeichne ich den ersten (kranialsten) Muskelstreifen der blauen Zone mit 1 und die kaudalwärts folgenden mit 2, 3 etc., so lassen sich die Resultate bei Mustelus folgendermaßen veranschaulichen: Blaue Zone (Nerv 12) umfaßt Fascikel:1,2,3,4,5, 6,7, 8,9, 10, 11etec. Rote Zone (Nerv13) umfaßt Fascikel: 3,4,5,6, 7,8, 9,10, 11 ete. Gelbe Zone (Nerv 14) umfaßt Fascikel: 6,7,8, 9, 10, Ilete: Ich verzichte auf eine Reproduktion der Abbildungen des Objektes, da nach dieser Zusammenstellung und nach Analogie der Fig. 2, Taf. 23 die Zustände bei Mustelus leicht vorstellbar sein dürften. Nerv 9 (grün) wurde bis zur Wirbelsäule freigelegt. Auch hier sind wie bei allen Squaliden große Muskelmengen zu ent- fernen, um die Wirbelsäule zu erreichen. Trotz aller Vorsicht gibt der Nerv nicht die geringste Zuckung von den proximalen Partien aus. Er wurde nachträglich da, wo er aus der Rumpf- wand heraus zur Flosse tritt, gereizt und ergab von dieser Stelle sehr deutliche Resultate. Die grüne Zone umfaßt 6 Fascikel. Sie beginnt ganz dicht beim kranialen Flossenrand (obgleich kranial vom 9. Nerv schon 5 Nerven in die Flosse eingetreten sind!). Sie endet ein wenig vor der Mitte der Flosse, und zwar durch 4 Fascikel von dem Vorderrand der blauen Zone getrennt. Mustelus vulgaris M. T. (62 cm lang). Triest. Einer der Nerven in dem Zwischenraum zwischen Brust- und Bauchflosse (seriale Nummer nicht bestimmt) wurde nach Er- öffnung der Bauchhöhle vom Peritoneum aus freigelegt und zwar nahe der Wirbelsäule. An dieser Stelle tritt der Nerv aus der Rumpfmuskulatur heraus unter die derbe Facie der Bauchinnen- fläche, zwischen diese und den Obliquus. Der Nerv läuft schräg über ein Myomer des Obliquus (A) und erreicht im ventralen Teil des Muskels das kaudad folgende Myomer (B). Bei Reizung des Nervs ist es schwierig, die sich kontrahierenden Muskeln scharf zu begrenzen, weil die derbe Fascie lebhafte Mitbewegungen einer ganzen Reihe von Nachbarmyomeren veranlaßt!). Es ist auch 1) (Nachträglicher Zusatz.) Ich halte es nicht für un- möglich, daß E. Müruer (1911, p.135 u.a.) sich dadurch hat täuschen Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 583 nicht möglich, die Fascie zu entfernen, weil die ungemein feinen Seitenästchen der Intercostalnerven unmittelbar der Fascie an- liegen und dabei nicht mit Sicher- heit würden geschont werden können. Ich kann mich nur von aktiven Kontraktionen in Myomer B überzeugen, in A und den übrigen sehe ich keine. Erst gegen die Vena parietalis hin, also im ventralen Teil des Obli- quus und im ganzen Rectus ist die wahre Metamerie durch Pseudo- metamerie(sekundäre Metamerie) ersetzt. Hier zeigen sich wie bei Scyllium (p. 580) aufs deut- lichste Kontraktionen in mehreren Muskelbändern. Die Inscriptiones tendineae sind jedoch an dieser Stelle nicht deutlich genug durch die derbe Fascie hindurch wahr- zunehmen und zu zählen. Aus äußeren Gründen war es nicht möglich, das Objekt zu kon- servieren und nachträglich zu präparieren. ec) Acanthias. Acanthias vulgaris Rısso. Ex. No. 10 (50 cm lang). Triest. Die Ventralseite der Brust- flosse wird nach Freilegung der Nerven 10 und 11 (innen in der Bauchhöhle) untersucht. Die Kon- traktionszonen sind aus Textfig. 1 lassen. Textfig. 1. Ventrale Muskulatur der Brustflosse von Acanthias mit den Grenzmarken der elektrischen Untersuchung von Nerv 10 und Bl. 2?/,mal vergrößert. Doch wären gut fundierte Nachuntersuchungen sehr er- wünscht; ich selbst betrachte meine diesbezüglichen Versuche nur als vorläufige. (Die entwickelungsgeschichtlichen Beweise MÜLLERS für die Polyneurie der dorsalen Obliquuspartien sind nicht über- zeugend. Herrn hat derartige Konnexe, wie M. sie findet, schon früher für embryonale Muskelsehnenverbindungen erklärt; siehe auch Verhandl. Anat. Ges. 1911, Vortrag O. ScHULTZE.) 584 Hermann Braus, zu entnehmen. Bei Nerv 10 sprechen 9 Fascikel an (ö— u), bei Nerv 11 reicht die Zone von ı bis an den Kaudalen Rand der Muskulatur, wo die Fascikel sehr fein und nur undeutlich gegen- einander abgegrenzt sind. 6 Muskelstreifen (Ö—.ı) sind beiden Zonen gemeinsam N). 1)(Nachträglicher Zusatz.) E. Mürtzr (Anat. Hefte, 1911, p. 42—44) teilt eigene Versuchsreihen bei Acanthias mit. Er findet, daß sich bei verschiedenen Exemplaren ganz verschiedene Muskel- fascikel auf Reizung desselben Nervs hin kontrahieren können, z. B. bei Spinalnerv 5 Muskel 1—7 (7 Stück, Ex. No. 5) oder Muskel 6—8 (3 Stück, Ex. No. 10). Er nimmt an, daß wirklich so große individuelle Verschiedenheiten in der Ausbreitung der Nerven be- stehen, und glaubt bewiesen zu haben, daß bei Acanthias häufig nur drei Muskeln von einem Nerv versorgt würden. Diese Varia- bilität widerspräche der Konstanz der Nerventopographie, welche im entwickelungsgeschichtlichen Teil der Arbeit von M. selbst an- genommen (p. 115) und zu Angriffen gegen meine Arbeiten benutzt wird. Es ist aber gar nicht berücksichtigt, daß die Verschieden- heit der Resultate zum Teil oder stellenweise ganz auf der ver- schiedenen Frische der Präparate und anderen akzessorischen Um- ständen beruhen könnte. Wie ich in dieser Arbeit gezeigt habe, beruht sie tatsächlich oft darauf. Zieht man dies in Betracht, so gewinnen die Beobachtungen von M. ein ganz anderes Gesicht. Er fand (ich habe dies aus seinen 10 Tabellen zusammengestellt), daß Muskel 1, 4, 7, 9, 14 und 21 von 4 verschiedenen Spinainerven 1 1 2,3,5,0,8,.10.12,13u.20,,,25 „15. 16, 18und? 19 6 17 ” ” ” ” ” 7 ” ” versorgt werden kann; wenn man nach denselben Tabellen bestimmt, zu welchen Muskeln etwa Nerv 10 und 11 gehen können, so ergibt sich für Nerv 10 Muskel 10—17 und für Nerv 11 Muskel 12—19. Ich habe aber fast identische Resultate für dieselben Nerven 10 und 11 bekommen und zwar bei ein und demselben Exem- plar (1910, p. 453, Textfig. 9, welche hier als Textfig. 1 wieder- holt ist). Denn bezeichnet man in dieser Figur die Muskeln analog der Bezifferung von M., so versorgt Nerv 10 die Muskeln 9—17 und Nerv 11 die Muskeln 12—20. Ich schließe daraus, daß die Einzelfälle von M. meist nur partielle Ausschnitte des wirk- lichen Innervationsgebietes eines jeden Spinalnervs wiedergeben, daß aber die Gesamtheit der addierten Einzelbefunde einen ziem- lich richtigen Ueberblick über die Größe der Innervationszonen gewährt. Bezüglich der Rochen bitte ich den nachträglichen Zusatz zu Torpedo ocellata zu vergleichen. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 585 C. Befunde bei Rochen. a) Raja. Raja clavata L. Ex. No. 16 (71 cm lang). Triest. Das Tier lag auf dem Bauch. Die Verbindung des Schulter- gürtels mit der Wirbelsäule wurde reseziert, das Dach der Wirbel- säule an dieser Stelle abgetragen, und auf diese Weise die dorsale und ventrale Wurzel von Nerv 25 freigelegt. Die entsprechende Partie des Flossendorsum war präpariert. Beim Durchschneiden der dorsalen Wurzel am Rückenmark ist keine Reaktion sichtbar, bei der ventralen Wurzel zucken blitzartig zwei nebeneinander liegende Fascikel. Um denselben Nerv elektrisch reizen zu können, schnitt ich unter dem Präpariermikroskop das Stückchen Knorpel, welches den Kanal für die ventrale Wurzel umschließt, mit Ver- meidung jeder Zerrung, aus der Wirbelsäule heraus. Während dieser Prozedur war nichts von Kontraktionen zu sehen, ein Zeichen dafür, daß sie ohne Verletzungen des Nervs verlief. Eine Viertelstunde nach Beginn des Versuches wurde der Nerv zuerst gereizt, und zwar dicht neben der Austrittsstelle aus dem exzidierten Knorpelplättchen (Textfig. 2, durch Pfeil bezeichnet). Im basalen Teil der Flosse sprechen 6 Muskelstreifen an, im distalen deren 8. Von diesen reagierte das vorderste (kraniale) nur im Anfang der Versuche zweimal, die übrigen gaben bei zahlreichen Wiederholungen immer wieder das gleiche Resultat. Die ausgezogenen dicken Striche in Textfig. 2 sind die für die vordere und hintere Grenze der Zone ermittelten Marken. An zwei Stellen sind in der Figur die äußersten, einander gegenüber- liegenden Marken durch ein getüpfeltes Band verbunden. Beide umfassen 6 Fascikel. Die Gesamtzahl 8 kommt also dadurch zustande, daß an den verschiedenen Stellen der Flosse nicht dieselben Gruppen von Muskelstreifen, sondern anders zusammen- gesetzte ansprechen. So ist die distale Zone um ein Fascikel kranialwärts gegen die numerisch gleiche basale Gruppe verschoben. In der Zwischenzone zwischen den getüpfelten Bändern kommt "zu der basalen Gruppe noch ein Muskelbündel hinzu, welches kaudal- wärts auf dieselbe folgt. Denkt man sich die vordere und hintere Bägdenahbäknie der Gesamtnervenzone durch die ermittelten Grenzmarken gezogen, so ist klar, daß beide schräg von basal-kaudal nach distal-kranial ver- laufen. Im Detail wurden beide Begrenzungslinien in besonderen Versuchsreihen studiert (siehe weiter unten: Raja Ex. No. 14 und 15). 586 Hermann Braus, Nachdem die beschriebenen Marken mehrfach kontrolliert waren, wurde eine Ligatur fest um den Nerv distal von der Reizstelle geschnürt. Es war jetzt von dieser Stelle aus nicht die Spur einer Reaktion zu erzielen. Doch trat sie in der früheren Deutlichkeit sofort auf, als der Nerv distal von der Ligatur kranial Textfig. 2. Raja cl. Ex. No.16. Mittlere Partie der dorsalen Seite der Brustflosse. */, nat. Gr. Der abgebildete Nerv ist der 25. erregt wurde. 7 Fascikel kontrahierten sich wieder im ganzen. Beim Anlegen der Ligatur (mechanische Reizung) waren es 2, Es wurden bei diesem Objekt noch zwei Versuchsreihen an- geschlossen. Bei der ersten wurde der Nerv in der Mitte des Abstandes der Wirbelsäule von der Eintrittsstelle des Nervs in das Loch des Schultergürtels, welches er auf dem Weg zur Flosse u Tr EEE EEE Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 587 zu passieren hat, gereizt, in der zweiten ganz in der Nähe dieses Loches, also unmittelbar vor der Teilung in den dorsalen und ventralen Ast zur Flosse. Beide Male wurde das Kontraktions- gebiet durch besondere Marken festgelegt, um zu ermitteln, ob sich dasselbe etwa durch Hinzutreten von Elementen anderer Segmente zwischen Wirbelsäule und Schultergürtel vergrößeren könne. Die Marken der ersten Reihe sind in Textfig. 2 mit punktierten Strichen, diejenigen der zweiten Reihe mit schräg gestreiften Strichen wieder- gegeben. Die ersteren wurden 30—45 Minuten nach Beginn der Versuche, die letzteren 45—75 Minuten nach diesem bestimmt. Anstatt einer Vergrößerung der Gesamtzone ist eine deutliche Ab- nahme vom vorderen und hinteren Rand aus zu konstatieren. Im allgemeinen liegen die punktierten Marken um 1—2 Fascikel gegen das Zentrum der Gesamtzone zurück; es sprechen insgesamt 5 Muskelstreifen an. Die schräg gestreiften Marken haben eine ähnliche Lage; sie begrenzen insgesamt 6 Fascikel. An keiner Stelle überschreiten diese Zonen bei diesem Objekt die mit aus- gezogenen Strichen markierte Region der ersten Versuchsreihe. Beim Freilegen von Nerv 25 mußte distal in der Nähe des Schultergürtels die dort befindliche bindegewebige Verbindung mit Nerv 26 gelöst werden. Dabei wurde letzterer einige Male mit einer feinen Schere leicht angeknipst. Es zuckte dann mehrfach ein Gebiet von der gleichen Größe wie das punktiert begrenzte in Textfig. 2, aber ein wenig weiter kaudal. Es waren sicher mehrere Fascikel. Raja cl. Ex. No. 12 (70 cm lang). Triest. Wie bei dem vorhergehenden Fall wurde auch in diesem die Ausbreitung dorsaler Flossennerven untersucht. Die letzten Nerven, welche durch das erste (oder Haupt-)Nervenloch des Schultergürtels verlaufen, sind der 18., 19. und 20. Nerv. Sie wurden kurz vor ihrem Eintritt in den Knorpel gereizt; die Marken wurden mit verschiedenen Farben bezeichnet. In Textfig. 3 ist das Resultat abgebildet; die Ausdehnung einer jeden Zone°ist durch ein graues Band hervorgehoben, die bunten Marken sind durch Striche verschiedener Ausführung ersetzt (ausgezogene Striche für Nerv 18, abwechselnd punktierte und gestrichelte für Nerv 19, punktierte für Nerv 20). Da bestimmt werden sollte, wie stark die Ueberlagerung der Nervenzonen in maximo ist, wurde die distale Hälfte der Flosse bevorzugt; nach dem vorhergehenden Fall war dort eine breitere Ausdehung der Nervenzonen zu er- warten als basal. Die Abbildung zeigt, daß die drei Zonen 4—5 588 Hermann Braus, Muskelstreifen umfassen, und daß der ersten und zweiten Zone (Nerv 18 und 19) 2 Fascikel, der zweiten und dritten Zone (Nerv 19 und 20) 3 gemeinsam sind. Ein Muskelstreifen fällt in alle drei Zonen, wird also durch Nerv 18, 19 und 20 versorgt. ZOIEEETS Textfig. 3. Raja clav. Ex. No. 12. Mittlere Partie der dorsalen Seite der Brustflosse. °/, nat. Gr. Die Reizungszonen des 18., 19. und 20. Spinal- nervs sind durch die Originalmarken der Versuche begrenzt und noch be- sonders durch graue Querbänder je an einer Stelle hervorgehoben. 2 Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 589 In diesem Fall waren die Aeste der untersuchten Flossen- nerven, welche zu der ventralen Muskulatur gehen, vor Beginn der Reizungen durchschnitten worden, um die nervöse Leitung ganz auf die Dorsalseite zu beschränken. kaudal | Textfig. 4. Raja clav. Ex. No. 13. Kaudale Hälfte der ventralen Seite der Brustflosse. °/, nat. Gr. Die Marken für den 22. Nerv sind durch aus- gezogene Striche, für den 32. Nerv mit abwechselnd gestrichelten und punk- tierten Strichen, für den 33. Nerv durch rein punktierte und für den 34. Nerv durch rein gestrichelte Linien wiedergegeben. Graue Bänder wie in Textfig. 3. Raja cl. Ex. No. 13 (62 cm lang). Triest. Die ventralen Nerven der Brustflosse wurden durch Er- öffnung des Bauches von der Mittellinie aus und durch Abtragung der Bauchwand freigelegt. Letzteres ist nötig, weil die Bauchhöhle 590 Hermann Braus, viel enger ist als bei Squaliden, und deshalb erst ein breiter Zu- gang zu dem dorsalen Teil derselben und zu dem dort unter dem Bauchfell und der Bauchfascie liegenden Nervenstämmen ge- schaffen werden muß. Der Eingriff ist für die Reaktion der Flossen- nerven unschädlich. Allerdings lassen sich infolge desselben nicht die Innervationsverhältnisse der Bauchwand selbst elektrisch prüfen. In diesem Falle wurden zuerst 3 mittlere metazonale Nerven gereizt, nämlich Nerv 32, 33 und 34, und endlich der Nerv 22, welcher durch den zweiten (akzessorischen) Kanal des Schulter- gürtels verläuft. Es wurden nur je zwei einander gegenüberliegende Marken im distalen Teil der Flosse angebracht (Textfig. 4). Die Nerven versorgen an diesen Stellen 4—5 Fascikel. Der Zone des Nervs 32 und 33 sind drei Muskelstreifen gemeinsam und ebenso viele den Zonen 33 und 34. Ein Fascikel gehört allen drei Zonen an. Die Nerven wurden in diesem Fall zuerst unter Erhaltung des Astes zur dorsalen Flossenmuskulatur und dann nach Durchschnei- dung desselben gereizt; das Resultat war in beiden Fällen das gleiche. Raja cl. Ex. No. 15 (62 cm lang). Triest. Wie im vorhergehenden Fall wurden auch in diesem ventrale Muskeln gereizt. Die besondere Aufgabe dieser Versuchsreihe war, die vorderen (kranialen) Grenzen eines jeden Zuckungsgebietes in allen Details zu bestimmen. Es wurden dazu Nerv 20, 21, 22 und 23 gewählt. Mit den der Nervenfarbe entsprechenden Marken wurde an mehreren Stellen die vordere Grenze festgelegt und bei den drei vorderen Zonen auch an einer Stelle die hintere Grenze. Fig. 1, Taf. 24 gibt eine Uebersicht über die Ausdehnung der Nervenzonen an der durch ein entsprechend farbiges Band hervorgehobenen Stelle und zeigt den Verlauf der vorderen Grenzlinien, welche durch eine punktierte Ver- bindungslinie der Marken in deren Originalfarbe konstruiert wurden. Die Breite der Nervenzonen an der markierten Stelle beträgt wieder 4--5 Muskelbreiten. Doch umfaßt eine jede der 3 vorderen weiter apikal ein kraniales Fascikel mehr. Zu der Gesamtsumme wären außerdem solche Muskelstreifen zu rechnen, welche etwa noch am kaudalen Rand des Streifens hinzukämen, aber hier nicht be- stimmt wurden. Von den Nervenzonen decken sich je 3 oder 4 Fascikel, und 4 Fascikel sind je drei Zonen gemeinsam. Jede vordere Grenzlinie verläuft schräg von kaudal-basal nach kranial-distal. Es entspricht das dem Befund bei Nerv 25 (Textfig. 2, p. 586). Doch überkreuzen die Grenzlinien in Fig. 1, Taf. 24 mehr Fascikel als. dort. Anstatt eines sind es hier 2—3. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 591 Die dorsalen Flossenäste waren in diesen Versuchen nicht durchschnitten. Bei sorgfältigem Tasten konnte ich Kontraktionen der dorsalen Muskeln durch die Haut hindurch fühlen. Es dauerte die Erregbarkeit eines jeden der Nerven, von der ersten Reizung des betreffenden Nervs ab gerechnet, ca. 10 Minuten ungeschwächt an. Die Zeit reichte hin, um die vordere Grenze durch viele Kontrollen zu fixieren, aber für eine ebenso exakte Bestimmung der hinteren Grenze sprachen die Nerven nach Verlauf dieser Zeit nicht mehr zuverlässig genug an. Ich studierte deshalb diese bei denselben Nerven und Muskeln an einen besonderen, hier folgenden Exemplar. Raja cl. Ex. No. 14 (55 cm lang). Triest. Nerv 20—22 wurden in der gleichen Weise wie beim vorher- gehenden Fall gereizt und die zugehörigen ventralen Muskeln untersucht. Die kaudalen Grenzlinien der Nervenzonen und deren Breite an der einen, durch die vordere Marke festgelegten Stelle sind aus Textfig. 5 ersichtlich. Auf Nerv 22 reagierten zuerst 7 Fascikel, doch war das kaudalste von ihnen schon beim zweiten Versuch nicht mehr zu erregen. Bei Exemplar 15 sprachen bei Nerv 22 nur 5 Fascikel an. Bei diesem wurde der Nerv ?/, Stunden nach Beginn der Experimente gereizt, bei Exemplar 14 dagegen an erster Stelle, und zwar 1), Stunde nach jenem Termin. Bei Exemplar 13 sprachen nur 4 Fascikel bei Nerv 22 an (Textfig. 4, p. 589). Dort fand die Reizung 2 Stunden nach dem gleichen Termin statt. Diese Ab- nahme der Breite der Erregungszone mit zunehmender Dauer des Versuchs und der damit verbundenen Schädigungen der Gesamt- vitalität des Tieres stimmt überein mit den Befunden an Nerv 25 bei ein und demselben Exemplar (No. 16, p. 587). Dort ging die Zahl von 8 auf 6 bzw. 5 herunter. Weiteres hierüber im zusammen- fassenden Teil. Bei Nerv 20 sprachen 6 Fascikel an. Das Resultat ist das gleiche wie bei Exemplar 15; in beiden Fällen fand die Reizung 1 Stunde 10 Minuten nach Beginn der Gesamtversuche an *dem betreffenden Exemplar statt. Nerv 21 reagierte bei Exemplar 14 mit 5, bei Exemplar 15 mit 4 Fascikeln; die Reizung fand bei beiden 1 Stunde nach dem oben genannten Termin statt. Die Zone 22 deckt 3 Fascikel von Zone 21 (bei Exemplar 15 dagegen 4 insgesamt, aber auch nur 3 an der durch die breiten Farbbänder markierten Stelle). Die Zone 21 überlagert 4 Fas- cikel von 20, ebenso wie bei Exemplar 15. Wie bei letzterem gehören 2 Muskelstreifen den drei Nervenzonen 20—22 an. Bd. XLVII, N. F. AL. 39 592 Hermann Braus, Die kaudale Grenzlinie verläuft bei jeder Zone in eigener Weise. Es kommen aber .bei keiner Zone solche Fascikel hinzu, welche im basalen Gebiet weiter kaudal liegen, wie man nach dem Befund bei Nerv 25 (Textfig. 2, p. 586) hätte erwarten sollen. 22 21 20 N kranial ZA: Textfig. 5. Raja. clav. Ex. No. 14. Mittlere Partie der ventralen Seite der Brustflosse. ?/, nat. Gr. Die Marken für Nerv 22 sind durch punktierte Linien, für Nerv 21 durch abwechselnd gestrichelte und punktierte Linien und für Nerv 20 durch ausgezogene Striche wiedergegeben. Es ist deshalb die Zahl 6 für 20, 6 für 21 und 7 für 22 die Definitivzahl für diese drei Zonen. Bei Zone 20 ist die kaudale Grenzlinie in ihrem Verlauf um ein Fascikel kaudalwärts aus- gebogen, bei Nerv 21 verläuft sie der Grenze zwischen 2 Muskel- streifen entlang, ohne von ihr abzuweichen. Zone 22 zeigt wieder Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 593 ein anderes Verhalten; dort geht die Grenze schräg von basal- kranial nach distal-kaudal über 2 Fascikel hinüber, also gerade in umgekehrter Richtung, wie die kaudale Grenze von Zone 25 bei den dorsalen Muskeln (Textfig. 2, p. 586) und wie die kranialen Grenzen von Zone 20—23 bei den ventralen Muskeln verlaufen. b) Torpedo. Torpedo ocellata Rar. Ex. No. 6 (37 cm lang). Neapel. Gereizt wurden Nerv 25, 24, 21, 20 und 19, dabei wurde das Ansprechen der dorsalen Muskeln beobachtet. Die Reizstelle liegt zwischen dem Austritt des Nervs aus der Rumpfwand und der Teilung in den dorsalen und ventralen Flossenast (analog Raja Ex. No. 12, p. 587, und Ex. No. 16, letzte Versuchsreihe, p. 587). Durch einen Leitungsdefekt am Schlitten des Induktoriums, welcher sich erst während der Versuche herausstellte und nicht vor Beendigung derselben behoben werden konnte, ließ sich eine ganz geringgradige Stromstärke nicht erzielen. Der Strom setzte vielmehr sofort so stark ein, daß er gerade auf der Zunge spürbar war. Ich überzeugte mich jedoch auch in diesem Fall durch den bei Raja No. 16, p. 586 beschriebenen Kontrollversuch mittels Durchkneifens des Nervs, daß die Reizleitung eine rein nervöse war und Stromschleifen auszuschließen sind. Auch reagierten die Muskeln nicht direkt auf jene Stromstärke, wenn die Doppel- elektrode unmittelbar auf sie aufgesetzt wurde. Im allgemeinen reagierten bei jedem Nerv 3 Fascikel, und zwar bei zwei nebeneinander liegenden Zonen je eines, welches beiden gemeinsam ist. Ich sagte außerdem über die Reaktions- weise bereits in der Publikation von 1909, p. 545, nachdem ich auf den Defekt am Induktorium hingewiesen hatte: „Ich glaube mich auch nicht getäuscht zu haben, daß bei der ersten Reizung eines einzelnen Nervs mehr als 3 Fascikel zuckten“ !). In meinem 1) Ich zitiere diesen Satz hier wörtlich, weil E. MüÜLLEr in den Anatom. Heften, Bd. XL, 1910, p. 488b, e sagt: „Vor der-Be- kanntschaft mit meinen Untersuchungen erhielt Braus bei seinen Reizungsversuchen beim Zitterrochen sichere Kontraktionen bei drei nebeneinander liegenden Mm. radiales... Nun, nach der Publikation meiner anatomischen Untersuchungen, macht Braus sofort einige Reizversuche bei Raja. Dann kamen stets sieben oder acht Fascikel zur Kontraktion... Eine solche Plastizität, wie die BrAusschen Reizungsversuche zeigen, spricht nicht zugunsten für eine objektive Handhabung seiner Methode.“ Es entsteht hier der Anschein, als ob ich anfänglich gesagt hätte, es seien nicht mehr als 3 Fascikel bei Torpedo zu beobachten und später erst — 39* 594 Hermann Braus, unmittelbar nach Abschluß des Versuches niedergeschriebenen Protokoll ist erwähnt, daß ich speziell bei der ersten Reizung von Nerv 24 eine Reaktion von mehr als 3 Fascikeln sah, welche aber schon bei der zweiten Reizung auf 3 zurückging. Sie sank dann schnell, wie bei den übrigen Nerven, auf Null. Nach meinen späteren Erfahrungen bei Raja zweifle ich jetzt nicht daran, daß die erste Beobachtung ganz richtig ist und die Zonen wirklich breiter als 3 Fascikel sind; denn bei Raja war manchmal sicher zu beobachten, daß bei der ersten Reizung ein Fascikel ansprach, aber bei der zweiten oder dritten schon versagte. Die weitere (nicht publizierte) Notiz in meinem Protokoll, nach welcher von einem besonders markierten Nerv aus 5 Fascikel ansprachen, erwies sich jedoch als unrichtig, weil bei der Prä- paration des Stammes bis zum Rückenmark klar wurde, daß der betreffende Stamm aus zwei Nerven (20 + 21) bestand. Es sei hier eingeschoben, daß diese Kontrolle in sämtlichen Fällen und bei allen Exemplaren dieser Arbeit durchgeführt wurde, aber nirgends sonst einen solchen Fehler ergab. Ich entdeckte den Fehler leider erst, als mir kein frisches Torpedomaterial mehr zur Verfügung stand; sonst hätte ich die Versuche gleich fortgesetzt. bei Raja — mehr gefunden hätte. Ich habe aber schon in jener ersten Publikation über die Reizversuche gesperrt hervorgehoben, daß meiner Ueberzeugung nach mehr als 3 Fascikel beim Zitter- rochen zuckten, und nur aus besonderer Vorsicht diese Beobachtung nicht als ganz sicher hingestellt, weil es damals die einzige ihrer Art bei Rochen war und die Kontrolle der Wiederholung bei Torpedo fehlte. Uebrigens beschäftigt sich jene Abhandlung hauptsächlich mit den Reizversuchen bei Scyllium, nach welchen 6 und mehr Fascikel auf jeden der untersuchten Nerven ansprechen. Das unterdrückt MÜLLER ganz in jenem Passus. Ein Unterschied gegenüber den späteren Erfahrungen bei Raja besteht also bei mir nur insofern, als ich bei Kenntnis der letzteren schon 1909 meine positive Beob- achtung bei Torpedo, „daß bei der ersten Reizung eines einzelnen Nervs mehr als 3 Fascikel zuckten“, nachdrücklicher betont hätte. Nachträglicher Zusatz: E. MüLter hält auch in seiner neuesten Arbeit (1911, p. 41, 47, 121) für Raja daran fest, daß bei Reizung mit dem elektrischen Strom nur 3 Muskeln ansprechen und daß der mittlere von diesen haploneur sei. Dieser dürfte also, wenn MÜLLER im Rechte wäre, immer nur von einem Spinalnerv erregbar sein. Es ist aber gerade bei Raja leicht zu zeigen, daß jeder Muskel von mehr als einem Nerv durch Reizung eines ieden von diesen vikariierend erregt werden kann. Ich habe dieses überzeugende Experiment in Brüssel demonstriert (1910). MÜLLER nimmt in seiner Arbeit (1911) davon keine Notiz, obgleich er Kenntnis davon hatte (vergl. auch Verhandl. d. Anat. Gesellsch. zu Brüssel, 1910, p. 15, Anm.). Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 595 Torpedo marmorata Rısso. Ex. No. 18 (25 cm lang). Heidelberg. Ich beabsichtigte, meine früheren Erfahrungen bei Torpedo zu kontrollieren. Leider kam aber das Tier trotz sorgfältigen und schnellen Transportes von Triest hierher, welchen ein größeres Scyllium gut überstanden hatte, moribund zur Untersuchung. Das Herz machte spontan keine Schläge mehr, wohl aber nach Kneifen mit der Pinzette. Es wurden die dorsalen Muskeln, wie beim vor- hergehenden Versuch, freigelegt und die gleichen Nerven wie dort gereizt. Bei schwächsten Strömen und momentaner Reizung re- agieren die Nerven auch bei häufigen Wiederholungen. Es sprechen aber bei jedem der Nerven nur 2 oder 3 Fascikel an, in keinem Falle sah ich mehr als 3 sich kontrahieren. D. Zusammenfassung der Resultate an lebenden Haien und Rochen. a) Tabelle aller elektrisch untersuchten Nerven der Brustflosse. In der Tabelle (siehe S. 596) sind nur die Nerven der Brustflosse aufgezählt. Die Erfahrungen bei der Beckenflosse, Dorsalflosse und Bauchwand sind in späteren Abschnitten zusammengestellt. Die Ziffern der Spinalnerven bilden in der Tabelle die Skala (links), nach welcher sich die Stellung der gereizten Nerven in der senkrechten Kolumne eines jeden der untersuchten Exem- plare richtet. Wurden dorsale Muskeln untersucht, so ist der Nerv durch d markiert, bei ventralen durch v. Das vordere und hintere Ende des Innervationsgebietes der Brustflosse ist, soweit es mir aus meinen anatomischen Untersuchungen bekannt ist!), durch einen quer verlaufenden Strich an der Stelle des ersten und des letzten Flossennervs angegeben. In der Tabelle sind 44 Befunde an einzelnen Nerven ver- zeichnet. Die Brustflossennerven insgesamt decken ein Spinal- nervengebiet von 39 serialen Elementen. Auf diese Zone sind die Untersuchungen so verteilt, daß wir wenigstens einen Ueberhlick über den Gesamtbestand der Flossennerven gewinnen. Geht man die Tabelle vom 2.—40. Spinalnerv durch, so findet man für die meisten einen oder manchmal auch zwei oder mehr Repräsentanten bei den untersuchten Tieren. Die Zusammenstellung im nächsten Abschnitt (b) wird zeigen, daß die Resultate bei den verschiedenen 1) Siehe meine frühere Tabelle: Jenaische Zeitschr. f. Natur- wissensch., Bd. XXXI, 1898, Taf. 17, und in dieser Abhandlung: Kap. 3. 596 Hermann Braus, as |d,s Seyll. No. 1 Sceyll. Sp.-N Acanth. No. 10 Sceyll. No. 2 No. 3 Sceyll. No. 20 Scyll. No. 4 Mustel. No. 9 No. 16 No. 12 Raj No. 13 Raj. No. 15 Raj No. 14 Tor N | SOON WOD- - < namnmnnmn: ee. . — rn [en — . . < . . . . . . . je?feffor Ta Je} I (eFfehfen © fe 86) D wm anal ae: aan <<44<4 << [96] [JE] < Zi sk Ic Wa VOR I | Tieren und Nerven sich sehr wenig voneinander unterscheiden (siehe auch dort über Torpedo). Aus der Tabelle ergibt sich des- halb für die Brustflosse, daß die charakteristischen Eigen- schaften ihrer Nerven überall die gleichen sind. Diese Eigenschaften können nicht etwa eine Besonderheit einzelner Nerven sein, welche vielleicht unabhängig sein könnte von der Be- ziehung zur Brustflosse. Wir erkennen vielmehr in der Verbreitung dieser Eigenschaften durch das Gesamtgebiet der Brustflosse hin- durch den Typus dieser Nerven. Da es bei der angewendeten Methode nur möglich war, wenige Nerven oder nur einen an einem Objekt zu untersuchen, mußte Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 597 das Gesamtresultat in dieser Weise aus einzelnen Stücken zusammen- gesetzt werden. Es wurde dadurch eine möglichst scharfe Präzision der Einzelbeobachtung und ihre Kontrolle durch zahlreiche Wieder- holungen der Reizung an derselben Stelle erzielt. Die stehenge- bliebenen Lücken, zu deren Ausfüllung mir selbst leider die Ge- legenheit fehlte, sind bei genügendem lebenden Material leicht auszumerzen. Es bedarf noch die Bezeichnung des 13. Nervs bei Scyllium in der Tabelle einer Erläuterung. Die Reizung dieses Nervs und selbst des folgenden (14) löste Zuckungen der ventralen, aber nicht der dorsalen Muskulatur aus. Deshalb sind die auf letztere verweisenden Buchstaben d in der Tabelle eingeklammert. Ich habe leider bei Scyllium unterlassen, den ventralen Flossenast durchzuschneiden, um die Irritabilität ganz in den dorsalen Weg, falls ein solcher zu den Muskeln führen sollte, zu zwingen. Bei Raja habe ich diesen Versuch häufig angestellt (Ex. No. 12, 13), allerdings ohne einen Unterschied konstatieren zu können gegen- über den Fällen, in welchen der Ast erhalten war. Es ist damit nicht ausgeschlossen, daß das negative Resultat im dorsalen Ge- biet der Scylliumflosse ein nur zufälliges ist. Wahrscheinlicher erscheint es mir freilich, daß der dorsale Ast von Nerv 13 rein sensibel ist und daß von Nerv 14 überhaupt kein dorsaler Ast zur Brustflosse geht. b) Die Größe der Nervenzonen in der Brustflosse. Alle oben mitgeteilten Untersuchungen haben übereinstimmend eine beträchtliche Größe der Nervenzonen ergeben. Ehe ich die erzielten Einzelwerte zusammenstelle, habe ich einen Einwand zu besprechen, welchen GoopkıcH (1910) glaubt aus meinen eigenen Beobachtungen ableiten zu können. Er beruft sich darauf, daß bei Scyllium von mir nur dann eine Ausbreitung der Nervenzone über 6—7 Fascikel gefunden worden sei, wenn die Nerven in der Nähe ihres FEintrittes in die Flosse erregt wurden, daß-gda- gegen bei Reizung in der Nähe der Wirbelsäule nur 1—2 Muskelbündel angesprochen hatten. Er fährt fort: „What other explanation can be given of this discrepancy in the results but that the electric current spread from one segment to the next, when applied at the base of the fin? At that point the nerves come very close together and branch“ (l. c. p. 110). Rein textkritisch wäre dagegen daran zu erinnern, daß ich in jener Beschreibung, auf welche sich Gooprıca beruft, gar 598 Hermann Braus, keinen so scharfen Gegensatz zwischen den verschieden lokali- sierten Reizungen feststellen konnte. Ich habe zwar gesagt, daß „sehr häufig“ von der Stelle an der Wirbelsäule aus nur 1—2 Fascikel ansprechen, setzte aber ausdrücklich hinzu: „Gibt man aber genau acht, so sieht man doch manchmal eine Ausbreitung der Kontraktion auf die Nachbarfascikel, aber nur in ganz mini- maler und undeutlicher Weise.“ Undeutlich sind die Zuckungen insofern, als sie blitzartig auftreten, sich nicht wiederholen und deshalb nicht ermöglichen, in dem Moment des Auftretens exakt die Zahl der erregten Muskelstreifen festzustellen (siehe hier Scyllium Ex. No. 1, p. 579). Doch gebe ich zu, daß es bei Squaliden bisher nicht gelungen ist, von dem Ursprung der Nerven am Rücken- mark gleich klare Resultate zu erzielen wie von weiter distalen Partien der gleichen Nerven, was ich übrigens selbst gleich in meiner ersten Publikation betont habe. Dies kann nun aber nicht den Grund haben in einem Ueber- springen des elektrischen Stromes auf benachbarte segmentale Nerven, falls man in der Nähe der Flossenbasis reizt. Dieser Einwand von GOODRICH würde wohl von ihm selbst nicht erhoben worden sein, wenn ihm meine Resultate bei Raja, die ich kurz vor Erscheinen seiner Arbeit publizierte, bekannt gewesen wären. Denn bei Raja (Ex. 16, p. 585) ist die Reaktion beim Nerven an seinem Austritt aus der Wirbelsäule von der gleichen Deutlichkeit wie bei Reizungen an den weiter distal gelegenen Stellen. Es läßt sich deshalb bei Raja zuverlässig bestimmen, wieviel Muskel- streifen ansprechen, wenn man den proximalen Beginn des Nervs reizt: es sind 8 Fascikel! Sicher ist die Zahl nicht kleiner als diejenige, welche bei Erregung weiter distal liegender Punkte des gleichen Nervs festgestellt wurde. Nur wenn dies der Fall wäre, könnte man annehmen, daß durch die Lokalisation der Reizung in der Nähe der distalen Verzweigungen der Flossen- nerven die Fehlerquelle entstände, an welche GooprICH denkt. In Wirklichkeit war bei dem betreffenden Exemplar von Raja sogar eine Abnahme der Ausdehnungsgröße im Kontraktions- gebiet zu konstatieren, als weiter distal gereizt wurde, ein Befund, auf welchen ich weiter unten im Zusammenhang mit anderen gleichartigen Ergebnissen zurückzukommen habe. Auch kann ich die Befunde von GooprIcH selbst bei Raja nicht gelten lassen. Er hat zwar seine früheren Resultate, daß eine strenge Metamerie bei Raja bestände, und zwar daß immer nur je 2 Fascikel bei Reizung eines Nervs ansprächen, in der genannten neueren Arbeit ausdrücklich als unrichtig anerkannt. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 599 Aber er betont, daß er auf elektrische Reize hin nur dreimal 4 Muskeln ansprechen sah. Auch dies hält er nicht für zuverlässig, weil die „with the help of excellent instruments“ angestellten mechanischen Reize höchstens 3 Muskelstreifen auf einmal zur Kontraktion brachten. Leider erfahren wir nicht, welcher Art diese Instrumente und Methoden waren. Es ist aber auf alle Fälle unzulässig, aus dem Ausbleiben von Reaktionen, also aus negativen Befunden, positiv zu schließen, daß solche unmöglich sind; sie berechtigen nur zu einem „non liquet“. Entscheidend sind dagegen alle positiven Fälle. Ist nur in einem Fall sicher festgestellt, daß viele Muskeln ansprechen, so beweisen tausend andere, in welchen nur wenige reagieren, selbstverständlich nichts gegen die Beweiskraft des einen Falles für die effektive Potenz der Nerven. Ich kann aber statt eines Falles zahlreiche überein- stimmende Beobachtungen anführen, von welchen viele bei demselben Objekt (Raja) und an derselben Stelle (Bauchinnenwand) wie in den Versuchen von GOODRICH angestellt wurden, aber meist 6 oder 7 Fascikel als Komponenten einer Nervenzone nachwiesen (siehe die Zusammenstellung weiter unten). Die Sicherheit dieser Beobachtungen liegt in der Zuverlässig- keit der faradischen Reizungen; ich verweise dieserhalb auf das im Abschnitt über die Technik Ausgeführte (p. 575). Außerdem aber stimmen mit den elektrischen Befunden gelegentliche Re- sultate bei mechanischer Reizung (p. 587) und das Ergebnis der Präparationen der Nerven (siehe den späteren Abschnitt 3) genau überein. Dagegen ist, wenn man den Verlauf der Nerven innerhalb der Flosse kennt, ohne weiteres klar, warum GOODRICH durch die Methode, welche er als die beste betrachtet, nur in- komplette Ergebnisse erzielen konnte. Er reizte nämlich neuer- dings die Muskelnerven auf einem Schnitt, welcher quer durch die Flosse selbst gelegt wurde und auch Muskeln und Nerven quer zertrennte (l. c. p. 111). Nun gehen von den Nervenstämmen innerhalb der Flosse von Anfang an zahlreiche Aestchen ab, welche mit anderen Aesten Geflechte bilden und sich weithin in der Flossenmuskulatur verzweigen (siehe Textfig. 6, 7). Von diesen Aesten kommen alle diejenigen, welche proximal von dem Schnitt abgehen, welchen GoopriıchH anlegte, für seine Reizungen in Fortfall. Auf alle Fälle mußte also sein Resultat ein unvollständiges werden. Eine Beurteilung im einzelnen ist unmöglich, weil nicht gesagt ist, wo der Schnitt gemacht wurde (ob proximal oder distal). Es wäre sehr unwahrscheinlich, anzunehmen, daß Scyllium und die Squaliden überhaupt sich in dieser Hinsicht anders ver- 600 Hermann Braus, hielten als Raja, während sich sonst in allen Punkten Ueberein- stimmung in den elektrischen Befunden ergeben hat. Ich konnte aber gerade bei Scyllium die Ansicht GOODRICHS noch von einem anderen Gesichtspunkte aus prüfen. Es fragt sich nämlich, ob denn überhaupt Reizungen von Nervenfasern auf andere über- greifen können, wie zunächst stillschweigend GooDRICH zugegeben wurde. Die Frage läuft auf das hinaus, was die Physiologen als Ueberspringen der Erregung bei Nervenfasern „der Quere nach“ bezeichnen. Seit JOHANNES MÜLLER gilt es als eine der wichtigsten Tatsachen der allgemeinen Physiologie des Nervensystems, „der man den Rang eines Grundgesetzes der Nervenleitung zusprechen kann“, daß eine jede periphere Nervenfaser gegen alle übrigen isoliert ist; sie leitet nur in der Richtung längs zu ihrem Ver- lauf, ist aber quer zu ihrer Achse nicht imstande, nach den Nachbarfasern hin zu leiten !). Dies gilt für die Nervenfasern inner- halb des Nervenstammes, welchen sie zusammensetzen; erst recht also für Fasern verschiedener Nervenstämmchen, welche sich einander nähern. Damit steht GooDRrIcH offensichtlich im Wider- spruch, indem er behauptet: „the electric current spread from one segment to the next, when applied at the base of the fin“. Es würde sich also um eine höchst bedeutungsvolle Ausnahme von allen bisher bekannten Tatsachen handeln, wenn die Annahme GOODRICHS richtig wäre, oder wir müßten uns denken, daß die Nerven an der Basis der Flosse teilweise in ein indifferentes Nervennetz (im Sinne APATHys) übergehen, obgleich die Präparation dieser Nerven und die mikroskopische Untersuchung gerade das Gegenteil lehren (siehe Abschnitt 3). Ein einfacher Versuch entscheidet hier. Wie v. UEXKÜLL nachgewiesen hat (siehe p. 576), ist die Künnesche unipolare Reizung bei den Flossennerven mit positivem Erfolg möglich. Diese Methode ist es gewesen, welche schon früher die wichtigsten Beweise für das Gesetz der Isolation der Nervenfasern lieferte. Sie wurde von uns an der betreffenden Stelle bei Scyllium an- gewendet, auf welche sich die Behauptung GoopricHs bezieht. Das Resultat (Ex. No. 20, p. 580) beweist, daß innerhalb des unter- suchten Nervs (9) Isolation der einzelnen Nervenfasern besteht. Beim Abtasten des Nervenstammes werden bei der unipolaren Reizung immer nur einige Fasern seines Gesamtquerschnittes 1) Vgl. W. Bıepermann, Elektrophysiologie, Jena 1895, p. 485 u.a. Das Zitat ist aus Lucıanı, Physiologie des Menschen, bearb. von BAGLionı-WINTerstein, Jena 1907, p. 213, entnommen. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 601 gereizt. Es sprechen bei Scyllium auch nur einzelne Fascikel der ganzen Zone an, welche zu dem Nerv gehört. Tastet man mit der Elektrode den Nerv ab, so kontrahieren sich nacheinander alle Fascikel der Zone, aber kein Fascikel außerhalb derselben. Es ist dies ein ganz analoger Befund zu den Resultaten KÜHNnkEs am Ischiadicus des Frosches (siehe Anm. 5 BIEDERMANN |. c.). Es kann also bei Scyllium weder eine Ueberleitung der Erregung von Nervenfaser zu Nervenfaser quer zur Achse stattfinden, noch kann ein Nervennetz an der Basis der Flosse bestehen, in welches die Nervenfasern unter Verlust ihrer Selbständigkeit aufgehen. Wenden wir uns jetzt zu den Zahlen, welche die einzelnen Untersuchungen ergaben und die wir gerade im Gegensatz zu den besprochenen Angriffen für besonders zuverlässig halten, weil die meisten an einer Stelle gewonnen sind, welche leicht zugänglich und deshalb ohne Schädigung der Nervenleitung zu erreichen ist, eben an der Stelle, wo der Nerv die Bauchwand verläßt, um die Flossenbasis zu erreichen. Ich fand: Species Protokoll au U RE Spinalnerv Seyllium can. Bxr#t 2 6 Id e 4 v 2 8—9 (= 6 Rad.) 10d ” ” ” 20 7 IV 5 cat. - 4,5 9 15v Mustelus laev. > ) 11 12d E a a 9 mehr als 9 13d „ „ n I 6 Id Acanthias 2m 9 10v a BEN AU I) mehr als 9 ilv Raja clav. SL: 8 25d „ ” ” 12 ) 18 d B N as 12 4 19d N 1 ie Ka 5 20.d B „13 5 34V : . ANLIErRe ko 5 33V ; 13 5 32V 3 " Erae YARs) 6 20V % = „ 14/15 6 21v , + „ 14/15 7 22 v Torpedo oc. s 6 mehr als 3 24 .d > 3 # 6 3 19—21d, 25d „ marm. > 2—3 19—21d, 24d, 25d Die Fascikelzahlen in der Tabelle sind zum Teil (auch da, wo es nicht besonders angegeben ist) Minimalzahlen, d.h. wahrscheinlich ist die Gesamtzahl in der betreffenden Zone deshalb 602 Hermann Braus, größer, weil die ermittelte Zahl nur für einen kleinen Bezirk gilt, in anderen Bezirken derselben Zone aber ein Zuwachs zu erwarten wäre. Es gilt dies z. B. für die meisten Zahlen bei Raja. Da wo alle Bezirke einer Zone durchforscht wurden, also die Definitiv- zahl bestimmt ist, ist sie fett gedruckt. Ich habe die Minimal- zahl, falls für die gleiche Zone die Definitivzahl festgestellt wurde, nicht in die Tabelle aufgenommen. Bei Nerv 22v von Raja z.B. fand ich als Minimalzahl 4 Fascikel (p. 589), als Definitivzahl 7 (siehe Tabelle). Diese Differenz von durchschnittlich 2--3 wird man in Betracht ziehen müssen, um von den Minimalzahlen bei denjenigen Zonen von Raja, bei welchen die Definitivzahlen nicht ermittelt sind und die deshalb als solche (nicht unterstrichen) in die Tabelle aufgenommen wurden, auf die Definitivzahlen zu schließen. Statt 4—5, wie in der Tabelle, erhalten wir dann ca. 6—8, also die gleichen Werte wie bei den unmittelbar ermittelten, in der Tabelle fett gedruckten Zahlen. Bei den Squaliden sind diejenigen Zahlen fett gedruckt, welche sich auf gut abgrenzbare Fascikel beziehen. Bei den nicht fett gedruckten handelt es sich um die Beteiligung von schmalen Rand- fascikeln, die schwer zu begrenzen sind, so daß auch ein oder zwei Fascikel mehr oder weniger gezählt werden können. Es sind also approximative Werte. Nur bei Mustelus ist die Zahl 6 (Nerv 9d) eine Minimalzahl, weil sie kurz vor Abbruch der Versuche gewonnen wurde, als die Reaktionsfähigkeit fast zu Ende war. Es ist bei Scyllium auch die Zahl der knorpeligen Radien in Klammern in einem Fall vermerkt. Die Radien entsprechen ziemlich genau der Breite der gut entwickelten mittleren Fascikel der Flosse und behalten ihre Breite auch da, wo die Muskelstreifen schmal und undeutlich sind. Es sind in dem Fall bei Scyllium in der Tabelle statt 8—9 Fascikel nur 6 Radien, welchen die Nervenzone ent- sprach. Die absolute Breite ist, wenn wir für Mustelus Aehn- liches annehmen, also auch bei Squaliden innerhalb enger Grenzen die gleiche und wird durch die fettgedruckten Ziffern der Tabelle für die mittleren Fascikel der Flosse mit 6—9 allgemein richtig normiert. Es sind das Werte, welche mit denen bei Raja (6—8) gut übereinstimmen. Einen gewissen Abstand davon scheint nur Torpedo zu haben. Doch gilt von den Zahlen bei T. marmorata das oben für Mustelus Nerv 9d Gesagte in erhöhtem Maße. Das Tier war von Anfang an moribund; die Zahlen bleiben deshalb vielleicht weit hinter der Reaktionsfähigkeit der Muskeln bei lebensfrischerem Material Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 603 zurück. Leider habe ich bei Torpedo selbst zum Vergleich nur den einen Fall bei Nerv 24d von T. ocellata. Auch hier steht nur das eine fest, daß die Zahl größer als 5 war, aber eine ge- nauere Fixierung war wegen eines Defektes am Induktorium (siehe p. 593) nicht möglich. Ich halte es für das weitaus Wahr- scheinlichste, daß Torpedo nur durch Zufälligkeiten, welche mit dem Objekt gar nichts zu tun haben, scheinbar eine besondere Stellung in der Reihe der übrigen Selachier einnimmt. Unmög- lich wäre es allerdings nicht, daß die eigene Elektrizität des Tieres den Untersuchungen mit dem faradischen Strom Schwierig- keiten machen könnte. Doch wissen wir darüber sonst nichts. Wie dem auch sei, keinesfalls ist ein scharfer Gegensatz zwischen Torpedo und den anderen Selachiern nachgewiesen oder irgendein Grund gegeben, daraufhin an der Gültigkeit der oben ermittelten Zahlen (6—8 oder 9) zu zweifeln. Präparatorisch stimmt außer- dem der Nervenbefund bei Torpedo mit dem bei Raja überein (Abschnitt 3). Es scheint, daß die Schwankungsbreite des Wertes 6—8 oder 9, welcher nach diesen Erläuterungen aus der Tabelle als typisch abzuleiten ist, auf verschiedenen Ursachen beruht. Einmal scheinen topographische Bedingungen eine Rolle zu spielen, so daß vordere und hintere oder mittlere Zonen in der Flosse kleine Differenzen zeigen. Auch gibt es zwischen dorsal und ventral bei demselben Nerv Differenzen geringer Art. Doch könnte es sich in diesen Fällen auch um individuelle Variabilitäten handeln, die mit den angewendeten Methoden deshalb in den Vordergrund geschoben sein könnten, weil zu umfassenderen Prüfungen immer mehrere Exemplare wegen der Frische des Materials dienen mußten. Es gehört hierhin auch die scheinbare Verkleinerung, welche die Nervenzonen erleiden, wenn der Nerv bei nicht tadel- losem Zustand des Präparates untersucht wird. Ganz abgesehen von den groben Störungen, von welchen oben (Torpedo marmorata) die Rede war, kommt es nicht selten vor, daß ein Fascikel*nur ein- oder zweimal anspricht und später nicht mehr. Diese flüch- tigen, aber darum nicht minder sicheren Reaktionen erlöschen zweifellos sehr bald nach Beginn der zu den Versuchen nötigen Vorbereitungen und kommen dann gelegentlich gar nicht mehr zur Beobachtung. Bei Nerv 22 von Raja fand ich bei verschiedenen Exemplaren 7, 5 und 4 Fascikel, und zwar ging die Abnahme parallel der Zeit, welche seit Beginn des Versuches veıflossen war 604 Hermann Braus, (Y,—2 Stunden, siehe p. 591). Außerdem habe ich bei Nerv 25 von Raja (Ex. No. 16, p. 585) Reizungen in bestimmten Zeitab- ständen vorgenommen. Die Zone verkleinerte sich dabei von 8 auf 6 bzw. 5 Fascikel. Es wurden allerdings andere (distalere) Stellen des Nervs bei den späteren Reizungen erregt, so daß man den Einwand machen könnte, es seien in der Zwischenstrecke Aestchen vom Nerv abgegangen, welche gerade die ausfallenden Fascikel versorgen. Doch sprechen dagegen die Erfahrungen bei Nerv 22 (siehe oben), welche auf Reizungen an Korrespon- dierenden Stellen beruhen. Außerdem ist eine zufällig bei Nerv 25 selbst zu beobachtende Besonderheit ein deutlicher Gegen- beweis gegen diesen Einwand. Es sprach dort bei dem späteren Versuch einmal noch ein Fascikel an, welches bei dem Versuch an einer weiter proximal liegenden Stelle vorher nicht mehr re- agiert hatte (siehe Textfig. 2, p. 586, das zweite Fascikel von hinten an der Stelle zwischen der schräggestreiften und punktierten Marke). Die betreffenden Nervenfasern können also nicht ver- schwunden sein, wie es der Fall wäre, wenn sie den Nerv auf der Zwischenstrecke verlassen hätten; sie ermüden nur und können deshalb gelegentlich einmal, wie in dem obigen Fall, sich wieder so weit erholen, daß sie nachträglich wieder ansprechen. Alle genannten Faktoren üben, wenn nur bei der Untersuchung die nötigen Kautelen beobachtet werden, nur in geringem Grade auf die Breite der Nervenzonen ein, verglichen mit deren absoluter Breite. Die Schwankungsbreite ist infolgedessen keine große. Als Resultat der Untersuchungen über die Größe der Nervenzonen sind sechs bis sieben Fascikel als Mittelwert zu nennen. c) Die Vermischung der Nervenzonen in der Brustflosse. Daß die Nervenzonen, von denen jede haploneur, also von einem Spinalnerv versorgt ist, nicht nebeneinander angeordnet sein können, geht aus der einfachen Ueberlegung hervor, daß dann beispielsweise Scyllium mit seinen 11 Brustflossennerven 11x 6= 66 Fascikel in der Brustflosse haben müßte, während es in Wirklichkeit deren 28 hat. Aehnlich klein im Verhältnis zur Nervenziffer sind diese Zahlen bei allen Selachiern. Es muß also eine Mischung der Nervenzonen in den Randpartien („over- lapping“) stattfinden. In einer Reihe von Fällen wurde ermittelt, wie groß die Randpartien sind, d. h. wie viele Fascikel zwei Nachbarzonen gemeinsam sind. In der folgenden Tabelle sind Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 605 die Zahlen der doppelt versorgten Muskelstreifen für die be- treffenden Objekte und Nerven zusammengestellt. Zahl der a Species Protokoll gemischten Muskel- Ta fascikel Kira Seyllium can. Ex. 2 2 (= 2 Radien) 9 und 10 ? R RR — (4 Radien) 1075, 18 Mustelus laev. 9 mindestens 9 1 n “ EN) mindestens 6 De Acanthias 10 6 109, PR Raja clav. „12 2 130005A19 h ” ae 3 19,09;420 ” „ ” 13 3 32 ” 33 ” ” ” 13 3 33 ” 34 ” ” ” 15 4 20 ” 21 x " „15 4 21.4229 15 3 220,023 Man vergleiche mit diesen Zahlen vor allem die Fig. 1, Taf. 24. Denkt man sich in dieser die bunten Nervenzonen nicht nur als bandförmige Streifen, sondern komplett ausgemalt, so würden die Farbenmischungen, die dann entstehen, den Grad der Vermischung der Nervenzonen verdeutlichen. Aus der Tabelle geht hervor, daß bei den Rochen verhältnismäßig schmale Mischzonen vorhanden sind, daß dagegen bei den Squaliden die Zahlen viel höher an- steigen, besonders nach den Randpartien der Flosse zu, wo die Fascikel besonders schmal sind. Es ist dies zweifellos eine Folge der geringeren Größe der Flossenspreite bei den Squaliden gegen- über den Rochen. Es drängen sich bei ersteren die Nervenzonen auf einen engen Raum zusammen, obgleich nicht vergessen werden darf, daß auch die Zahl der Nervenzonen bei Raja eine absolut größere als bei den Squaliden ist. Hier können wir die Knorpel- radien benutzen, um uns Relativwerte vor Augen zu führen. Denn sie sind wegen ihrer relativ konstanten Breite ein brauchbares Maß für die Größe der Flossenspreite im Verhältnis zur Größe und Körperbildung des Tieres im allgemeinen. Scyllium hat 14— 15, Raja 79 Knorpelradien. Da der Squalide 11, der Roche 38 Brustflossennerven hat, so würden bei ersterem auf 100 Radien etwa 73, bei letzterem nur etwa 48 Nerven kommen). Es steht danach bei Sceyllium, an den Knorpeln gemessen, den Nervenzonen nur ca. ?2/; des Raumes zur Verfügung, den sie bei Raja inne- 1) Außer den in dieser Arbeit mitgeteilten Zählungen benutzte ich meine früheren, siehe Jen. Zeitschr., Bd. XXXI, 1898, p. 446. 606 Hermann Braus, haben. Bei anderen Species werden diese Indices andere sein, aber der Unterschied zwischen Squaliden und Rochen list immer ein beträchtlicher. Außer den ziffernmäßigen Bestimmungen wurde bei vielen der untersuchten Nerven der Squaliden festgestellt (Protokoll Ex. 1. und Ex. 3, p. 579, Ex. 4, 5, und Ex. 9, p. 581), daß die Kontraktionszone etwa die Hälfte der ganzen Flossenspreite umfaßt. Da nun die Flossennerven immer ein Vielfaches von zwei sind, so können sich nicht nur zwei benachbarte Nervenzonen wischen, sondern es müssen deren mehrere sein. Es müssen mit anderen Worten die Muskelfascikel polyneur sein. Ziffernmäßig ist das am deutlichsten bei Raja zu zeigen, weil dort die Zahlen wegen der langen Fascikel leicht und sicher zu bestimmen sind. In Fig. 1, Taf. 24 sind 2 Fascikel zu sehen, welche von Nerv 20, 21 und 22 (rot, grün und gelb) versorgt werden; zwei fallen in die Nervenzone 21, 22, 23 (grün, gelb, violett). Man sieht dies noch besser in dem Durchschnitt durch die Muskelstreifen a—q der Fig. 2, Taf. 24. Es sind hier e und f die von Nerv 20, 21 und 22 versorgten Fascikel, g und A die von 21, 22 und 23 in- nervierten. In diese Wiedergabe der Befunde ist auch Nerv 25 auf- genommen, obgleich das betreffende Protokoll (No. 16, p. 585) sich auf dorsale und nicht auf ventrale Nervenäste bezieht, wie Nerv 20—23. Auch ist Nerv 24 in Ermangelung einer direkten Beobachtung an diesem Nerv analog Nerv 25 angenommen. Es sind das zwei Schematismen, welche nach den Ausführungen im vorigen Abschnitt das Wesentliche richtig wiedergeben. Bei Nerv 25 (und entsprechend bei 24) ist die Gesamtzahl der Fa- scikel der Nervenzone mit 8 Stück eingetragen. Durch diese maximale Ausbreitung kommt es bei Fascikel zur Innervation durch 4 Nerven (21—24). Es ist das allerdings keine direkte Beobachtung aus dem zufälligen Grund, weil in meinem Material gerade Nerv 25 ohne Nachbarn dasteht; die Nervenzählung Konnte immer erst nach der Konservierung stattfinden; sonst hätte ich bei den Versuchen selbst die Nachbarzonen von 25 leicht ziffer- mäßig bestimmen können. Daß das Resultat das hier wieder- gegebene gewesen wäre, und daß in der Tat tetraneure Muskel- bündel bei Raja vorkommen, ist aber nicht zu bezweifeln. Trineure Fascikel wurden außer den oben genannten noch bei Nerv 18, 19, 20 (ein Stück, Ex. 12, p. 587) und bei Nerv 32, 33, 34 (ein Stück, Ex. 13, p. 590), also in den verschiedenen Regionen der Flosse, direkt beobachtet. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 607 Auch bei Squaliden sind trineure Fascikel unmittelbar be- obachtet (Mustelus, Tabelle p. 582). Tetraneure sind höchstwahr- scheinlich in größerer Verbreitung als bei Raja vorhanden, ob- gleich es leider wegen der minutiösen Verhältnisse bei den unter- suchten Formen nicht gelang, exakte Zahlen zu gewinnen. Doch geht dies z. B. aus den bei Scyllium gefundenen Werten fast ebenso sicher hervor. Nach Protokoll 1, p. 579, kontrahierten sich bei Nerv 5—9 gleich große Bezirke, deren vorderster (Nerv 5) mit dem vorderen Rand der Muskulatur beginnt. Außerdem kennen wir bei Scyllium ziffermäßig die Zonen 9 und 10 genau. Be- zeichne ich nun die Muskelfascikel, vom kranialsten angefangen, mit 1, 2, 3 usw., so ergibt sich etwa folgende Verteilung der Nerven auf die Muskelstreifen (die direkt beobachtete Nervenverteilung ist durch fetten Druck angegeben): Hlsscikele 7511253 425,6 7.8,9,10 11 19.137,14. 15: 16. 17,18719 Nervenzone: 555555 @ 666666 n Te 70T n BSP MEN h, SEIEN f 10 10 10 10 10 10 10 10 (10) Die Fascikel 6—8 wären bei dieser Gruppierung von je 4 Spinalnerven versorgt. Es ist jede Nervenzone nur mit 6 Muskel- streifen angenommen. Bei höheren Ziffern, die ja häufig vor- kommen (siehe Abschnitt b), wäre die Zahl der tetraneuren Fa- scikel noch größer. Verkleinern würde sie sich wohl, wenn die Nervenzonen anders zueinander gestellt wären, als in der Auf- stellung angenommen ist; aber es ist auf Grund der tatsächlichen Beobachtungen keine Situation denkbar, bei welcher keine tetra- neuren Fascikei herauskämen. Dasselbe gilt für Mustelus und Acanthias, wenn man in ähnlicher Weise, wie hier für Scyllium durchgeführt wurde, alle Nervenzonen den gefundenen Werten ent- sprechend zu verteilen sucht. Ich brauche das nicht im einzelnen auszuführen. a Ob noch mehr als 4 Nerven an der Innervation eines Muskel- streifens beteiligt sein können, ist ungewiß. Die im vorigen Abschnitt besprochene scheinbare Verkleine- rung der Nervenzonen (p. 603) ergibt natürlich auch eine schein- bare Verringerung der Mischzonen und der Polyneurie der Fascikel. Beide können bis auf Null sinken. Man fragt sich dabei, warum Bd. XLVII. N. F. LX, 40 608 Hermann Braus, gerade diejenigen Nervenfasern nicht mehr ansprechen, welche hauptsächlich die höheren Grade der Polyneurie bedingen? Es sind die wegfallenden Fasern die Randfasern der betreffenden Nervenzone. Es ist das sehr schön in Textfig. 2 (p. 586) bei Raja zu sehen, wo die wegfallenden Muskelstreifen an der kranialen und kaudalen Seite der Zone markiert sind. Denkt man sich in der Zusammenstellung für Scyllium (p. 607) jede Nervenzone von den beiden Rändern aus auf 3 oder noch weniger Stellen statt der 6 zusammengeschrumpft, so sind die Fascikel scheinbar dineur oder mononeur. So sind alle inkompletten Reizungen, namentlich bei mechanischen Methoden, zu verstehen. Die Tatsache, daß die zentral gelegenen Muskelstreifen einer Zone die resistenteren sind, die Randfascikel dagegen schon manchmal nach den ersten schwachen Reizungen versagen, scheint mir verständlich zu sein, wenn wir eine Innervation der Randfascikel durch einige wenige Fasern des betreffenden Spinalnervs annehmen, für die zentralen Fascikel der Zone aber viel zahlreichere Fasern desselben Nervs postulieren. Geht bei einer solchen Verteilung der Nervenfasern eine größere Zahl von ihnen durch ungünstige technische Ver- hältnisse für die Reizung verloren, so behalten nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung die zentralen Fascikel länger re- agierende Elemente als die Randmuskeln. Diese Annahme wird in der Tat durch die anatomischen Verhältnisse und durch die Entwickelung der Nervengeflechte bestätigt (siehe Abschnitt 3). d) Der Verlauf der Grenzlinien bei den Nervenzonen der Brustflosse. Bei den untersuchten Squaliden gelang es nicht, den genauen Verlauf der Grenzen einer jeden Nervenzone festzustellen. Es hat bei den Reizungen den Anschein, als ob immer ein Fascikel bei ihnen seiner ganzen Länge nach sich kontrahierte; wenn dies richtig wäre, würde die Grenzlinie längs des Randes des äußersten Fascikels am Anfang und Ende der Zone verlaufen. Nach den präparatorischen Befunden über die Verteilung der Nervenästchen in der Flosse von Acanthias (siehe Abschnitt 3) ist das nicht richtig. Es ist deshalb anzunehmen, daß die winzigen Verhältnisse bei den untersuchten Squaliden es sind, welche eine genauere Unterscheidung des in Erregung befindlichen Teiles des Fascikels von nicht erregten Teilen verwehren. Hier kommt uns Raja mit seinen langen Fascikeln zu Hilfe, bei welchen es leicht ist, im Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 609 Verlaufe eines einzigen Muskelstreifens verschiedene Strecken ge- sondert zu untersuchen und zu markieren. Und wirklich ist das Ergebnis das gleiche, wie es die Präparation für die Squaliden lehrte, daß nämlich die Grenzlinien der Nervenzonen für sich und nicht konkordant mit den Fascikelrändern verlaufen. Wenn sie es tun, so ist das nichts Gesetzmäßiges, sondern ein mehr zufälliges Zusammenfallen. Die besten Objekte bei Raja selbst sind die der stärksten seitlichen Ausladung der Flosse entsprechenden Fascikel, weil sie von allen die längsten sind. Ich bestimmte die kraniale und kaudale Grenze von Zone 25 (Ex. 16, p. 585), 23, 22, 21 und 20 (Ex. 14, 15, p. 590), welche alle dieser Gegend angehören. Text- figur 2 (p. 586), Textfig. 5 (p. 592) und Fig. 1, Taf. 24 lassen den schrägen Verlauf der meisten Grenzen erkennen. Ich stelle sie hier nach dem Grad des Abweichens von der Längsrichtung der Muskelstreifen zusammen, indem ich die Zahl der Fascikel angebe, über welche die Grenze schräg hinwegzieht: Fascikel Richtung Zone 21 kran. 3 rostrad ” 23 ” 3 ” UNE 2 oder mehr 2 ” 22 ” 2 ”„ „ 22 kaud 2 kaudad Be ER 1 a und rostrad n„ 25 kran 1 rostrad „ 25 kaud. d kaudad 21 0) = ” Unter diesen 9 Bestimmungen ist also nur eine, welche nicht von der Richtung der Muskelstreifen abweicht, die anderen ver- laufen schräg. Die kranialen Grenzlinien laufen alle rostrad, d.h. von basal-kaudal nach distal-kranial (siehe besonders Fig. 1, Taf. 24). Bei der kaudalen Grenze ist dies nur in einem Fall und auch dort nur partiell beobachtet; sie ist sonst gerade ent- gegengesetzt zur kranialen gerichtet. 2 Leider hatte ich bisher keine Gelegenheit, mehr Material zu dieser Frage zu sammeln. e) Die Nervenzonen der Bauchflosse und der Dorsalflossen. Ueber diese Flossen stehen mir nur Stichproben zur Verfügung, welche in der Absicht angestellt wurden, nachzusehen, ob grund- sätzlich ähnliche Verhältnisse wie bei der Brustflosse vorhanden 40 * 610 Hermann Braus, seien. Als sich dies positiv bei jedem ersten untersuchten Fall ergab, wurden keine weiteren Versuche an diesen Flossen unter- nommen, sondern die Arbeit auf die in vieler Beziehung günstigere Brustflosse konzentriert. Die Beckenflosse wurde bei Seyllium canic. (Ex. 3, p. 580) untersucht. Sowohl Nerven, welche durch den Beckengürtel hin- durchpassieren (25., 26., 27.), als auch ein metazonaler Nerv (29.) erregen ganz wie die Brustflossennerven mehrere Fascikel. Bei der ersten Dorsalis von Sceyllium catul. (Ex. 4, 5, p. 581) wurde ein Nerv mit dem gleichen Resultat geprüft. Es kontra- hierten sich 6 Fascikel. f) Die segmentale Gliederung der Bauchwand und die ventralen Nervenstämme. Auch hier kann ich nur einige Stichproben mitteilen. Es ist bekannt, daß die gesamte Bauchwand durch Inscriptiones tendineae segmentiert ist. Trotzdem zucken im Rectus bei Reizung eines Spinalnervs 3—4 Segmente (Scyllium Ex. 3, p. 579, Mustelus p. 582). Es besteht also „Pseudo- (sekundäre) Metamerie“. Dies stimmt mit den Angaben derer überein, welche diese Gegend präparierten und ausgedehnte Nervengeflechte fanden !). Im Obliquus abdominis ist dagegen bei Mustelus vulg. (p. 583) reine Metamerie zu konstatieren entgegen BARDEEN ?), welcher angibt, daß jeder Spinalnerv zu 2 be- nachbarten Myotomen Aeste abgebe. Es ist für die Nervenreizungen von Wichtigkeit, daß die Flossennerven bis zu ihrem Abgang von den Intercostalnerven keine Anastomosen besitzen. Bei Raja wurde das in der Weise ermittelt, daß ein solcher Nerv bei seinem Austritt aus der Wirbel- säule und ferner weiter distal gereizt wurde (Ex. 16, p. 587). Kämen bis zur Abzweigung der Flossennerven Seitenäste eines oder mehrerer Nachbarnerven für die Extremität zu dem unter- suchten Nerv hinzu, so müßte sich das in der Reaktion von anderen Fascikeln als im Ausgangsversuch äußern. Oder es müßten Nachbarmyotome im Obliquus ansprechen, wenn die fraglichen 1) WIKsTroEm, Anatom. Anz., Bd. XIII, Jena 1897, p. 401—408. Braus, in Semon, Zoolog. Forschungsreisen, Bd. I, Jena 1900, p. 168—171. van BisseLick, K. Akad. Wetenschappen, Amsterdam 1905, p. 708— 711. 2) Barpeen, Proc. Assoc. Americ. Anatomists, 1903 (Americ. Journ. Anatomy, Vol. VIII). Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 6ll Anastomosen zur Bauchwand gingen. Letzteres wäre aus dem Experiment bei Mustelus vulg. (p. 582) zu erkennen gewesen. Beides ist nicht der Fall. Auch präparatorisch sind Geflechte der Flossennerven nur an der Basis der Flosse und in ihr drin nach- zuweisen, und in der Bauchwand uur solche ventral von der Vena parietalis, d. h. im Rectus. Die Vereinigungen bindegewebiger Art, welche häufig zwischen den vorderen Flossennerven bestehen („Plexus cervico-brachialis“), enthalten, wie die Reizung lehrt (und auch präparatorisch nachgewiesen ist), völlig gegeneinander isolierte Nervenstämme. Nerv 25 ist bei Raja (Ex. 16, p. 587) mit Nerv 26 bindegewebig vereinigt. Nur in der Nähe der Wirbelsäule sind sie es nicht, so daß 25 zuerst dort für sich und dann, nach Tren- nung der Vereinigung mit 26, weiter distal gereizt werden konnte. Es war, wie oben berichtet, keine zuführende Anastomose auf dieser Strecke vorhanden. In den Fällen, in welchen Nerv 18, 19, 20, 21, 22 und 23 von Raja gereizt wurden, welche alle mit ihren Nach- barn einen solchen Kollektor bilden, wurde bei der Auflösung des Bindegewebes mit dem Messer von einem Assistenten genau darauf geachtet, ob während der Arbeit Muskelfascikel zuckten, wie zu erwarten stände, wenn irgendwelche Verbindungen zwischen den bloßgelegten Nerven beständen. Bei sorgfältigem Präparieren lassen sich aber alle Reizungen der Nerven vermeiden. 3. Präparatorische und mikroskopische Untersuchungen an konserviertem Material. A. Methoden. Die Flossennerven außerhalb der Flosse auf ihrem Weg von der Wirbelsäule bis zur Wurzel der Extremität freizulegen, bietet in den meisten Fällen keine besonderen Schwierigkeiten. Denn es finden keine Verästelungen der Nerven statt, sondern die Stämme ziehen unverändert bis an die Basis der Flosse. Bei einigem Geschick ist es nicht schwer, die bindegewebige Verlötung vieler dieser Nerven zu einem oder mehreren Kollektoren (Plexus cervico-brachialis oder PJ. omopterygialis) aufzulösen. Die tech- nischen Kunstgriffe, welche das erleichtern, hat M. FÜRBRINGER!) beschrieben. Größer ist die Schwierigkeit, auch wirklich alle Nerven, welche zur Flosse gehen, zu finden; denn die vordersten und vor 1) M. FürBRInGeR, Festschr. f. Gr@unBAUR, Leipzig 1897, p. 389. 612 Hermann Braus, allem die hintersten Nerven können ganz ungemein zart und dünn sein. Die gleiche Schwierigkeit treffen wir in der Flosse selbst überall an. Denn hier verästeln sich auch die dickeren Flossen- nerven, welche außerhalb der Flosse leicht darzustellen sind, mit vielen zarten Aesten so sehr, daß es besonderer Methoden bedarf, um alle darzustellen. An frischem Material ist es unmöglich. Notwendig ist vor allem das binokulare Mikroskop. Mit diesem kann man an gutem Spiritusmaterial zurechtkommen, während Formol sehr wenig günstig wirkt. Die souveräne Methode ist aber die Konservierung des ganzen Tieres vom Gefäßsystem aus durch die in der histologischen Technik üblichen Mittel). An bestimmten, für die Anwendung der Methode passenden Stellen kann die Osmiummethode sehr schöne Erfolge geben. NUSSBAUM ?) hat seine Präparate zuerst mit verdünnter Essigsäure behandelt, um die Nerven frei zu mazerieren. Es ist das bei unseren Objekten aber nur in den wenigsten Fällen möglich, da die feineren Aestchen meistens zwischen Muskelfasern so fest ein- gebettet liegen, daß sie verloren gehen, wenn die Muskulatur ent- fernt wird. Ohne Entfernung der Muskulatur und der Binde- gewebssepten zwischen ihr gibt die nachfolgende Behandlung auch mit sehr stark verdünnten Osmiumlösungen keine Nervenfärbung. Es bleibt deshalb nur übrig, die Nussgaunsche Methode so anzu- wenden, daß diejenige Seite der Muskulatur freigelegt wird, auf welcher die Nerven teilweise oberflächlich liegen. Es ist das die dem Skelett] zugewendete Unterfläche der Flossenmuskeln. Ich habe das Skelett bei den mit Essigsäure vorbehandelten Präparaten vorsichtig weggenommen und dann durch die Osmiumfärbung sehr schöne Resultate bekommen (Textfig. 7). Allerdings färben sich die Nerven auch dann nur bis zu der Stelle, wo sie in die Mus- kulatur oder in die Septen zwischen den Fascikeln eindringen, 1) H. Braus und L. Drüner, Ueber ein neues Präpariermikro- skop und über eine Methode, größere Tiere in toto histologisch zu konservieren. Jen. Zeitschr. f. Naturwiss., Bd. XXIX, 1895, p. 434 bis 442. 2) M. Nusssaum, Verhandl. d. Anat. Gesellsch. Basel, 1895, p. 27 und 241. Nachträglicher Zusatz: Diese Methode stammt nicht von MaAys; denn Mays hat den Zusatz von Gold nicht für entbehrlich gehalten. Die Osmiumessigsäure-Methode, wie sie NussBAum ein- geführt hat, wendete Mays, wie er mir auch mündlich versicherte, nie an. Siehe dazu E. MürLter, 1911, p. 24—28. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 613 so daß das Bild nur einen Bruchteil der wirklich vorhandenen Nerven wiedergibt. Braucht man diese Vorsichtsmaßregeln nicht (vgl. meine Ausführungen gegen E. MÜLLER, Anat. Hefte, 1910), so gehen fast alle feineren Nervenäste verloren. Schonender ist es bei unserem Objekt, anstatt der von Nuss- BAUM empfohlenen verdünnten Essigsäure mit der REICHERTSchen Salpetersäuremischung vorzubehandeln. Ich nahm auf den Rat von Prof. Corı in Triest 20 Teile Salpetersäure, 10 Teile Glyzerin und 70 Teile Wasser. Während die Essigsäure das Bindegewebe in eine glasige, gequollene Masse verwandelt, welche nach wie vor alles zusammenhält, kann man bei der Selachierflosse nach ge- nügender Einwirkung des Salpetersäuregemisches Muskelfaser um Muskelfaser unter dem Präpariermikroskop herausziehen, ohne die Nervenfasern zu lädieren. Die Färbung mit Osmium wird gerade so schön wie bei den Essigsäurepräparaten. Diese Kombination von Mazerieren, Zupfen und Färben wendete ich an, um die Nerven von der Oberfläche der Flosse aus zu präparieren. Sie bleiben auf dem Knorpelskelett liegen und können bequem auf dieser Unterlage in Kanadabalsam eingebettet werden und zur mikroskopischen Untersuchung mit stärkeren Linsen dienen (Textfig 6B). Die Salpetersäuremethode hat jedoch den Nachteil, daß feine Nerven, welche nicht nahe dem Skelett liegen und bei dem Her- auszupfen der Muskeln ohne Unterlage frei flottieren, nachträglich zerreißen, auch wenn sie bei der Präparation erhalten blieben. - Einer wirklich vollständigen Darstellung der Nervenverzweigungen innerhalb der Flosse nähert man sich nur mit der Präparation tadellos konservierten Materials. Bei diesem ist eine nachträg- liche Färbung der bloßgelegten Nerven leider nicht mehr möglich, und es ist tatsächlich schwer, die Nerven wegen ihrer Zartheit und Durchsichtigkeit zu finden, selbst wenn sie freipräpariert offen zutage liegen. Man braucht aber nur eine dunkle Unterlage (mit Hämatoxylin gefärbte Seidenpapierstückchen) unter die Nerven zu schieben, so sieht man sie schon mit bloßem Auge. So schwer es also auch sein mag, diese Nerven zu präparieren, so leicht ist es, das fertige Präparat zu demonstrieren und die Existenz der feinen Aestchen und Geflechte auch für andere zu beweisen (das in Textfig. 6A abgebildete Präparat wurde in Brüssel auf diese Weise demonstriert). Die Präparation gibt meinen Er- fahrungen nach nur dann gute Resultate, wenn sie von der Skelett- seite aus beginnt, weil man dabei von den dickeren Stämmen all- 614 Hermann Braus, mählich zu den feineren und feinsten vordringt (siehe meine Arbeit von 1900). B. Die Nervengeflechte innerhalb der Brustflosse. In meinen früheren Arbeiten habe ich die Geflechte der Brust- flosse bei Acanthias und den Verlauf der Nervenfasern eines jeden Flossennervs in ihnen beschrieben (1898, 1900; siehe hier Anm. 1, p. 595, und Anm. 1, p. 610). Da ich die Nerven der Geflechte größtenteils in den Muskeln endigen sah, beschrieb ich sie als die motorischen Nerven der Flosse. GoopkricH!) hat die Existenz dieser Nerven nicht bestritten, wohl aber auf Grund von Reizungen am lebenden, Tier behauptet, die Geflechte beständen aus sen- siblen Nerven. KRALL?) bestätigte meine Befunde insofern, als er selbst an einem großen Objekt (Hexanchusbeckenflosse) keine Fortsetzungen der betreffenden Nerven zur Haut finden konnte. Einen wirklich schlüssigen Beweis erbrachte aber erst die Reizung der Flossennerven mit schwächsten faradischen Strömen; sie be- weisen, daß die Geflechte nicht nur bei Acanthias, sondern bei allen untersuchten Squaliden und auch bei Raja motorisch sein müssen. Es beruhen die Resultate von GooDRICcH auf einem Irr- tum, wie dieser selbst zum Teil jetzt zugegeben hat. Die Kontro- verse zwischen uns besteht aber noch insofern fort, als GOODRICH eine soweitgehende Ausbreitung der motorischen Nerven in den Geflechten leugnet, wie ich sie beschrieben habe. Ich muß deshalb darauf zurückkommen, daß ich z. B. bei Nerv 11 von Acanthias vulgaris in den Arbeiten von 1898 und 1900 eine Ausbreitung der Verzweigung von Fascikelı bis an den kaudalen Rand der Flosse (9 Fascikel) angab. Genau das gleiche Resultat ist aus der Mar- kierung des elektrisch untersuchten Exemplars (Textfig. 1, p. 583) abzulesen, bei dessen Untersuchung mir nicht bekannt war, daß es gerade Nerv 11 und 10 waren, die ich vor mir hatte. Da die Bezifferung des Nervs und die Buchstabenbezeichnung der Fascikel erst später vorgenommen werden konnten, ist die Markierung sicher unbeeinflußt durch die Kenntnis der früheren Präparationen. Um so beweisender ist die völlige Uebereinstimmung der Resultate beider Methoden. Auch bei Nerv 10 ist sie da. Präparatorisch 1) Gooprıcn, Quarterly Journal of microsc. Science, Vol. L, 1906, p. 369. 2) Krauı, Morphol. Jahrb., Bd. XXXVII, Leipzig 1907, p. 529 bis 585. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 615 wurde gefunden, daß er Fascikel &—-A, wahrscheinlich auch Teile von ß—6 versorgt, also 8 resp. 11 Muskelstreifen. Elektrisch gereizt, sprachen d—u, d.h. 9 Stück an (Textfig. 1, p. 583). Be- denkt man die Schwierigkeiten der Präparation und des An- sprechens gerade der Randfascikel bei der Reizung, so ist auch hier die Uebereinstimmung eine frappante. Ebenso überzeugend sind die früheren Feststellungen über die Polyneurie der Muskeln im Vergleich zu den jetzigen Befunden. Ich sagte auf Grund der Präparation 1898 (p. 308): „Die Musculi radiales bei Acanthias werden von 3—4 aufeinander folgenden Metameren gebildet“ und erinnere an das gleiche Resultat der elektrischen Untersuchungen bei Squaliden, das in dieser Arbeit mitgeteilt ist (p. 607). Es sind außer den Geflechten keine Nervenbahnen in der Brustflosse vorhanden, welche die Ausbreitung der motorischen Erregung von einem Nerv über durchschnittlich 6—7 Fascikel erklären könnten. Denn die Fortsetzungen der Spinalnerven folgen als dicke Stämmchen der Richtung der Radien und Fascikel. Dagegen sind in den Geflechten durch präparatorische Auflösung solche Aestchen von den größeren Nervenstämmen zu verfolgen, wie sie die Reizleitung erfordert. Dies ist der Beweis für die motorische Natur der Geflechtsnerven. Die Präparation hat etwas bei Acanthias deutlich ergeben, was ich durch den Reizversuch bei Squaliden nicht feststellen konnte, nämlich die schräge Richtung der Begrenzungslinien der meisten Nervenzonen. Sie tritt aber bei Raja auch bei der elek- trischen Methode deutlich hervor (p. 609). Der positive Nachweis des gleichen Phänomens bei Acanthias durch die Präparation ist beweisend für die Existenz desselben bei Squaliden. Es liegt nicht an der elektrischen Methode, sondern an der geringen Länge der Fascikel, daß sie stets im ganzen anzusprechen scheinen, während in Wirklichkeit wahrscheinlich auch hier wie bei Raja nur kleine Distrikte eines jeden Fascikels erregt sind. Es ist wichtig, mit Rücksicht auf die Anatomie der höheren Tiere, daß bei Acanthias fast alle und bei Raja alle untersuchten kranialen Grenzlinien "die gleiche Richtung (von basal-kaudal nach distal-kranial) einschlagen wie die metameren Nervenzonen bei allen Tetrapoden. Die von FÜRBRINGER!) aufgestellte Regel sagt, daß sich die Zugehörigkeit der Muskeln des Armes zu den Metameren des Körpers so in 1) M. FürBRINGER, Untersuchungen zur Morphologie und Syste- matik der Vögel, Jena 1888, p. 980. 616 Hermann Braus, schräger Richtung erstreckt, daß die äußerste kaudale und distale Partie, beim Menschen der Kleinfinger, vom letzten Nerven des Plexus brachialis versorgt wird, daß dagegen die vorderste Zone am vorderen Rand der Gliedmaße basal liegt. In der gleichen Richtung schieben sich die Nervenzonen in ihrer typischen Reihen- folge zwischen beide Grenzzonen ein. Dieses Verhalten finden wir also schon bei den Selachiern, die darin typische Gliedmaßen- merkmale der Wirbeltiere aufweisen. Dazu gehört, daß die haplo- neuren Nervenzonen nicht der Richtung und den Grenzen der Skelettstäbe entsprechen. Besondere Sorgfalt wendete ich der Präparation der Geflechte in der Flosse von Raja zu. Früher hatte ich mich nur durch eine kurze orientierende Präparation überzeugt, daß auch dort solche vorkommen. Dies habe ich durch neue Untersuchungen bestätigt und ergänzt. An einem fast 1 m langen, ausge- zeichnet erhaltenen Exemplar von Raja vomer Fr. legte ich den Plexus frei, welcher von den Nerven 23. 24 und 25 in der ven- tralen Muskulatur gebildet wird. In Textfig. 6A ist ein Stückchen aus dem basalen Teil der Brustflosse im Bereich dieser Zonen, welche dem mittleren Teil der Flosse angehören, in ca. 3-facher Vergrößerung abgebildet. Die Stelle liegt basal und zwar in nächster Nähe der Grenze zwischen dem Basale metapterygii und dem Basale mesopterygii. Sie gehört zu der Zone, an welcher E. MÜLLER!) alle seitlichen Ausbreitungen der Nerven vermißte und welche ihn veranlaßte zu behaupten: „Das Innervationsgebiet eines jeden Nerven umfaßt in dem regelmäßigsten Teile in der Mitte der Flosse einen ganzen Radialmuskel plus einen halben kranialwärts von diesem und einen halben kaudalwärts von diesem belegenen Radialmuskel.“ Die Nerven kehren sich aber keineswegs an diese ihnen von MÜLLER gezogenen Grenzen, wie ein Blick auf das durchlaufende Geflecht in Textfig. 6 A lehrt. In der Figur ist das Präparat von der Skelettseite aus ab- gebildet. Die Grenzen der einzelnen Muskelstreifen a—f sind mit gestrichelten Linien angegeben. Da die größeren Nervenäste, von welchen alle kleineren entspringen, auf der dem Skelett zu- gewendeten Fläche der Muskeln ganz oberflächlich liegen, kann man sie hier leicht aufsuchen und von dieser Seite aus zeichnerisch darstellen, ehe etwas von der Muskulatur durch die Präparation zerstört wird. Diese größeren Nervenäste sind unmittelbare Fort- 1) E. Müruer, Anat. Hefte, Bd. XXXIX, 1909, p. 555 u. a. m. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 617 24 Textfig. 6A. Ein Stück aus der ventralen Musku- ' \ latur der Brustflosse von Raja vomer. @ Gefäß (dieses Textfig. 6B. zieht in der Figur über die Nerven hinüber und ist des- halb durchsichtig gedacht); a—f 6 aufeinander folgende Fascikel; 23, 2/, 25 drei aufeinander folgende Nerven. Die hell gelassenen Nerven liegen oberflächlich, die dunklen tiefer. An 3 durch Kreise markierten Punkten zerrissen die feinen Nervenfäden nachträglich (nachdem sie gezeichnet waren). Oben ist basal und unten ist distal. Vergr. 3'/,-fach. Textfig. 6B. Raja clavata. Brustflosse. Nervengeflechte und -knoten. 63'/,-fach vergr. Osimiumfärbung. Mikroskop. Präparat in Kanadabalsam. 618 Hermann Braus, Figur tragen. E. MürLer (]. c.) hat gezeigt, daß diese Nerven- äste abwechselnd einem Skelettstrahl und also auch dem ent- sprechenden Muskelfascikel folgen und den Nachbar überspringen. So ist auch in dem abgebildeten Stückchen auf den Muskelstreifen b, d und f je ein serialer Nervenast zu sehen, während den dazwischen liegenden Fascikeln c und e (und ebenso «) keiner zukommt. Ich finde nun, daß von diesen großen Nervenästen zahlreiche feine Aestchen in die Muskelstreifen eindringen; soweit diese ober- flächlich (also dem Skelett zugewendet) liegen, sind sie in der Textfig. 7. Ventrale Muskulatur von Raja clavata (Brustflosse). Stelle in der Nähe des Basale metapterygii gegen dessen kaudalen Teil hin. Die Knorpelstäbe sind an ihrer Gabelungsstelle basalwärts reseziert. Rechts und links von dem Fenster sind komplette Skelettstäbe stehengeblieben. Die Nerven sind osmiert, soweit sie auf den Muskeln liegen. Vergr. 2-fach. Zeichnung hell wiedergegeben, während die tief im Inneren der Muskelstreifen eingebetteten Nerven dunkel gezeichnet sind. Die letzteren, also gerade die in den Muskeln selbst gelegenen Aeste, sind zu langgestreckten, zahlreichen Maschen verbunden. Ganz dieselben Geflechte finde ich aber auch an allen anderen Stellen der Flosse in der gleichen Dichtigkeit. Weiter nach dem freien Rand der Flosse zu liegen sie oberflächlicher (nach der Skelettseite der Muskeln zu) und werden dort durch die Osmium- Essigsäuremethode nachweisbar. In Textfig. 7 ist eine Stelle aus Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 619 der kaudalen Partie der Flosse (Metapterygium) abgebildet, die in der Zone liegt, wo die Knorpelstrahlen sich in zwei Teile zu gabeln beginnen. Auch dieses Präparat ist von der Knorpelseite her abgebildet. Da, wo die Nerven in der Zeichnung unterbrochen sind, hat meistens nicht eine Unterbrechung im Präparat, sondern nur das Ausbleiben der Färbung die Schuld. Wenigstens ist dies an den Grenzlamellen zwischen den Muskelfascikeln so, wo die Nerven streckenweise von Muskelgewebe verdeckt sein können und dann nicht osmiert werden. Betrachtet man die Knotenpunkte aller dieser Geflechte bei stärkeren Vergrößerungen unter dem Mikroskop (Textfig. 6B), so sieht man, daß die einzelnen Nervenfasern sich in komplizierter Weise in ihnen überkreuzen. Es bilden sich also hier neue Kom- binationen von Nervenfasern. Vergleicht man etwa die Zusammen- setzung der drei Aeste a, b und c, welche in den unteren Knoten der Abbildung hineintreten, mit dem Inhalt der Aeste d, e und f, welche diesen Knoten. verlassen, so ergibt sich, daß keiner seinen Faserbestand beisammenhält, sondern daß a, 5b und ciihre Inhalte in verschiedener Weise gegeneinander austauschen, bis schließlich beim Austritt aus dem Knoten in d, e und f ganz andere Faser- kombinationen vorliegen als in a, b und c. Dabei behalten alle Fasern ihre Selbständigkeit. Nervennetze im Sinne APpÄTHYys liegen also in diesen Gebilden nicht vor. Es fragt sich, wie weit die von einem bestimmten Spinalnerv ausgehenden Aeste sich auf dem Weg dieser Geflechte verzweigen ? Nicht undenkbar wäre es, daß die einzelnen Fasern durch die neuen Kombinierungen in den Knoten zwar zu großen Umwegen veranlaßt werden, daß diese Umlagerung aber keine definitive ist, sondern daß sich schließlich die Aeste der einzelnen Nerven bis zu ihren Endigungen wieder zusammenfinden, um ein relativ eng begrenztes Territorium zu versorgen. Etwas Aehnliches ist von RAMSTROEM für die Nerven des Rectus abdominis des Menschen be- schieben worden (Anatom. Hefte, Bd. XXIX, 1905, p. 409). Es ist bei Raja ganz besonders schwierig, durch Präparation einzelne Gruppen von Nervenfasern durch die Knotenpunkte der Geflechte hindurch zu verfolgen, um auf diese Weise festzustellen, wie weit sich in Wirklichkeit die letzten Endigungen eines Spinalnervs durch die Geflechte verbreiten. Da wir bei Squaliden nachweisen konnten, wie genau die elektrische Untersuchung dem Präparations- befund entspricht, habe ich bei Raja die Auflösung des Geflechtes nicht durchgeführt. Die Nervenreizung hat ja auf das deutlichste 620 Hermann Braus, bewiesen, daß jeder Spinalnerv sich mit seinen Aesten auf durch- schnittlich 6—7 Fascikel verteilt. Bei Torpedo habe ich mich durch Stichproben überzeugt, daß auch dort in der Flosse ein ähnlich dichtes Geflecht wie bei Raja besteht. Außer den Seitenästen der Nerven, welche in den Plexus ein- treten, finde ich bei Raja (Textfig. 6A) noch andere, mehr ober- flächlich in der Zeichnung gelegene, welche nur auf kurze Strecken zu verfolgen sind. Viele konnten nur bis in das dem Nerv un- mittelbar anliegende Fascikel aufgedeckt werden, andere ge- langen bis in das jenem rechts und links benachbarte Fascikel. Jedenfalls kommen also außer den durch die Geflechte den Muskel- streifen zugeführten Fasern noch solche hinzu, welche direkt aus den großen Aesten stammen. Es stimmt damit überein, daß die zentralen Muskelstreifen einer jeden Zone auf Grund der Reizungen als die resistenteren und wahrscheinlich von mehr Nervenfasern beschickten bezeichnet wurden (p. 608). Wir müssen uns hier der Entwickelung der Nervengeflechte erinnern. Anfänglich geht ein Nerv nur zu einer der beiden dorsalen oder ventralen Muskel- knospen, welche dem betreffenden Myotom entstammen. Erst später bilden sich in der Entwickelung Verbindungen mit dem Nachbar der gleichen Herkunft und dann die Geflechte d. h. die Bahnen zu den entfernter liegenden Muskelanlagen aus, wie ich dies früher beschrieben habe). Es liegt deshalb nahe, anzunehmen, daß die frühesten Verbindungen auch später die stärksten bleiben und daß infolgedessen die zentralen Fascikel einer Zone von mehr Nervenfasern ihres Spinalnervs versorgt werden als die Rand- fascikel. Während GooDprIcH die Nervengeflechte der Squaliden nicht bestritt, sondern den motorischen Charakter dieser Nerven leugnete, hat E. MÜLLER (1909) überhaupt die Existenz der von mir früher (1892—1900) gefundenen Nerven in Abrede gestellt. Er hat sie 1) Braus, Morpholog. Jahrbuch, Bd. XX VII, 1899, p. 539 u. f. — (Nachträglicher Zusatz.) Ich habe in jener Arbeit ausdrück- lich gesagt (p. 531), daß ich — gerade so wie MorLıer und ©. Ragın — auch bei meinem Objekt anfänglich immer nur Nerven zur vorderen der beiden Knospen finde. E. Mürrrr (1911, p. 65, 111 ete.) macht mir durch mißverständliche Interpretation einer anderen Stelle meiner Arbeit (p. 542), in welcher gar nicht von den Knospen die Rede ist, den Vorwurf, dies übersehen zu haben. Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 621 weder bei Acanthias noch bei Raja entdecken können. Ich habe sie aber bei Raja gerade so einwandfrei gefunden wie früher bei Acanthias. C. Die seriale Bezeichnung der Nerven und der präparatorische Nachweis der Flossenmetameren. Um vergleichbare Werte zu erhalten, wurden alle Nerven der untersuchten Tiere bis zum Austritt aus dem Schädel und aus der Wirbelsäule verfolgt. Die spino-occipitalen Nerven habe ich nicht mitgezählt. Mit 1 ist jedesmal der erste aus der Wirbel- säule austretende Nerv bezeichnet. Bei den untersuchten Squa- liden ist das nicht mißverständlich. Bei Raja clav. liegen jedoch die Verhältnisse für die Zählung nicht so einfach, weil die Reihe der spinalen Nerven meistens erst in einer Entfernung von ca. 10 mm vom vorderen Ende der Wirbelsäule beginnt. M. FÜr- BRINGER hat 1897 (p. 384, 442) bereits einen solchen Fall von Raja clav. publiziert und ihn durch Verschwinden des 1. Spinal- nervs erklärt. E. MÜLLER (1909), welcher bei Raja clav. immer eine Distanz von 12 mm beobachtete, bezeichnet ebenfalls den Nerv als 2. Spinalnerv. Es kommen nun aber zahlreiche Fälle vor, in welchen ein Nerv den Knorpel unmittelbar neben dem Anfang der Wirbelsäule passiert. FÜRBRINGER (l. c.) hat bereits zwei solcher Fälle gefunden und auch ein Bild davon gegeben (Taf. 2, Fig. 5). Ich habe ebenfalls früher (1898, p. 265) diesen vordersten Nerv gesehen und ihn jetzt in zwei weiteren Fällen beobachtet. Es ist mir eine Zeitlang zweifelhaft gewesen, ob nicht dieser vorderste Nerv in jenen anderen Fällen einfach ein wenig kaudalwärts verschoben sei. Dann wären alle mit 1 zu be- zeichnen. Doch ist das nicht richtig. Denn ich fand in einem Fall einen sehr klaren Beweis dafür, daß wirklich der erste Nerv verschwindet. In diesem Fall bestehen links beide Nerven nebeneinander. Der erste geht unmittelbar neben der Schädel- Wirbelsäulengrenze durch den Knorpel der Wirbelsäule und ist sehr dünn; der zweite, dickere liegt in einer Distanz von 5 mm kaudal davon. Auf der anderen Seite desselben Exemplars ist nur der hintere von beiden Nerven vorhanden. Danach ist unzweifelhaft der letztere mit 2 zu bezeichnen. Ich bin so in allen Fällen verfahren, in welchen der vorderste Nerv durch eine Distanz von ca. 5—10 mm von der Schädelgrenze ent- fernt lag. 622 Hermann Braus, Die Präparation der Nerven bis zur Flosse ergab mit einer Ausnahme immer das gleiche Resultat wie die elektrische Reizung. Der 25. Spinalnerv bei Scyllium z. B. ist der vorderste Nerv, von welchem aus Kontraktionen in der Beckenflosse ausgelöst werden konnten (Ex. 3, p-580). Auch präparatorisch ging von ihm bei dem gleichen Exemplar, das elektrisch untersucht worden war, ein Aestchen in den vorderen Kollektor der Beckenflosse (Plexus pelico-pterygialis anterior) hinein. Bei Nerv 24 war ein solches nicht zu finden. Die erwähnte Ausnahme ist an der Brustflosse von Scyllium beobachtet. Hier sprach bei Reizung des 14. Spinalnervs (innen an der Bauchwand) deutlich der kaudale Teil der ventralen Brust- flossenmuskulatur an, aber niemals die dorsale Muskulatur. Prä- paratorisch konnte ich dagegen keine Spur eines Aestchens von Nerv 14 zur Brustflosse finden, auch nicht an demselben Exemplar, welches elektrisch den positiven Befund gegeben hatte (Ex. 3, p. 579). GoopricH (1906, p. 361) gibt allerdings an, gelegentlich einen Ast vom 14. Nerv zur Brustflosse gesehen zu haben; doch dürfte seine Bestimmung der serialen Nervenziffern kaum die richtige sein; denn weder die Angaben über die Gesamtzahl der Brust- und Beckenflossennerven, noch die Bezifferung des ersten Nervs der Flossen und der diazonalen Nerven, die er gibt, stimmen mit dem überein, was ich an den untersuchten Exemplaren (4 Stück) finde, und mit dem, was zum Teil von M. FÜRBRINGER schon vor GoopkrichH darüber publiziert worden ist (l. c. p. 389). Ich lege dem positiven elektrischen Befund den entscheidenden Wert bei gegenüber dem negativen präparatorischen, indem ich annehme, daß doch an irgendeiner versteckten Stelle eine Ana- stomose zwischen Nerv 14 und 13 besteht, die nur mit unseren heutigen präparatorischen Hilfsmitteln nicht zu finden ist oder von mir trotz allen Suchens danach übersehen wurde. Ueber die diazonalen Nerven bei Acanthias und Raja orien- tieren meine früheren Mitteilungen (1898, Taf. 17), die ich be- stätigen kann. In einigen Fällen verhielt sich aber Raja anders, als dort angegeben ist; es verlief einmal der 21. Nerv durch den Hauptkanal des Schultergürtels, während ihn gewöhnlich der 20. Nerv als letzter passiert. Der erste metazonale Nerv ist gewöhn- lich der 27., doch war es in zwei Fällen erst der 28. Ich erwähne dies, um solche, welche meinem Wunsch nachkommen und meine Befunde nachkontrollieren möchten, vor Irrtümern bei der Zählung zu warnen; nur die Bestimmung des vordersten Spinalnervs, Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 623 nicht etwa die Lage in den Kanälen darf für die Benennung der Nerven maßgebend sein. Bei Scyllium can. verlaufen meist Nerv 4 ganz und 5 partiell durch das Loch des Schultergürtels; doch kann auch Nerv 5 total durch den Knorpel gehen, so daß Nerv 6 der erste metazonale Nerv (statt 5) ist. Durch das Becken passieren Nerv 25—27. Alle Nerven wurden bis zum Austritt aus der Wirbelsäule verfolgt und in vielen Fällen auch bis zum Ursprung der dorsalen und ventralen Wurzeln aus dem Rückenmark. Dadurch ist meiner Ansicht nach sichergestellt, daß jeder Spinalnerv, der in dieser Arbeit erwähnt ist, ein typischer metamerer Nerv ist. Die nachgewiesene Polyneurie der Muskelstreifen (Musculi radiales) der Flosse will also sagen, daß jedes dieser Gebilde nicht einem Metamer entspricht, sondern so vielen Metameren, wie Nerven zu ihm treten. C. RABL!) ist aber der Ansicht, daß von ihm auch angesichts aller geschilderten Innervationsverhältnisse „nicht der geringste Be- weis für die Polymetamerie der Radialmuskeln“ zugestanden werden könne. Er behauptet nämlich, die einzelnen Spinalnerven seien — entgegen der allgemein herrschenden Meinung — gar nicht metamer; wenigstens könne er durch Präparate von Säugetier- embryonen „beweisen, daß die Annahme, daß eine motorische Wurzel nur Fasern eines einzigen Rückenmarksegmentes enthält, unrichtig ist; sie enthält vielmehr Fasern aus mindestens drei Segmenten.“ Natürlich würde durch diesen „Beweis“ ?2), welchen 1) C. Ragı, Bausteine zu einer Theorie der Extremitäten der Wirbeltiere, 1. Teil, Einleitung, Leipzig 1910, p. 39. 2) Die Existenz der Spinalnerven ist meines Erachtens das einzige Sichere, was wir wissen, um daraus auf eine metamere Segmentation des Rückenmarks zu schließen. Da Rası leugnet, daß die Spinalnerven metamer seien, so muß man fragen: woher kommt seine Kenntnis von den Grenzen der Neuromeren im Rücken- mark, die er zwar mit roten Strichen in einem Schema (p. 41) zeichnet, die aber doch schwerlich in seinen Präparaten zu sehen sind? — Das, was RagL selbst als „Beweis“ anbietet, wäre nur ein Beweis, wenn er seine Neuromeren und die scharfen Grenzen der- selben demonstrieren könnte. Denn Ueberkreuzungen von Wurzel- bündelchen je zweier benachbarter Spinalnerven in und außerhalb des Rückenmarks — das einzige, was als Beobachtung mitgeteilt wird — beweisen wohl, daß sich etwas verschoben hat, aber nicht, welche Elemente es sind. RABL meint, es müßten die Nerven- fasern sein, die nicht die gewöhnliche Bahn in die zunächst ge- Bd. XLVII. N. F. XT.. 41 624 Hermann Braus, RABL mit großer Wahrscheinlichkeit als „gültig für alle Wirbel- tiere“ bezeichnet, zunächst die Schlußfolgerung von allen solchen betroffen, welche aus der Versorgung zweier oder weniger be- nachbarter Fascikel durch einen Spinalnerv eine „metamere“ Struktur der Flossenmuskulatur beweisen wollen. Denn ein Nerv, der nicht metamer ist, kann natürlich auch nicht als Be- weismittel für die Metamerie benutzt werden. Wenn auch RABL keine Stellung zu der Tatsächlichkeit der Befunde von E. MÜLLER und mir einnimmt, so hätte er doch auf Grund seiner Entdeckung theoretisch gegen MÜLLER seine Stellung präzisieren müssen; denn MÜLLER tut nichts anderes, als aus der „Metamerie“ der Spinalnerven zu schließen, die Selachierflosse sei metamer. Es ist also zum mindesten inkonsequent von RABL, zu sagen, es liege „nicht der geringste Grund vor, an der Metamerie der Selachierflosse zu zweifeln“ und nur gegen mich, aber mit keinem Wort gegen MÜLLER zu polemisieren. Gegen mich richtet sich nämlich dieser „Beweis“ in der von RABL gewählten fragmentarischen Kürze der Mitteilung gar nicht einmal. Denn wenn ich auch zugeben würde (obgleich ich sehr weit entfernt davon bin, es zu tun), daß wirklich jeder Spinalnerv der Wirbeltiere „Fasern aus mindestens drei Segmenten“ enthält, so ist damit noch gar nicht gesagt, wohin diese Fasern in den Nervengeflechten der Flosse verlaufen. Es wäre, wenn man sich die Sache überlegt, doch dann am wahrscheinlichsten, daß die Polymetamerie der Fascikel noch viel hochgradiger ist, als ich angegeben habe. Denn wenn jeder Nerv, der in die Geflechte eintritt, statt aus einem, mindestens aus drei Metameren stammt, so werden dadurch die Kombinationen dieser Nerven, nämlich die legene Nervenwurzel einschlagen, sondern zu der Nachbarwurzel verlaufen und sich so mit Fasern dieser überkreuzen. Man kann aber auch meinen, es seien die motorischen Ganglienzellen schuld an der Ueberkreuzung, wenn man annimmt, daß sich die Kerne der Spinalnerven allmählich so weit vergrößert haben, bis schließlich zwei benachbarte sich überlagern. Dann müssen sich die Ausläufer der am stärksten verschobenen Ganglienzellen an den Enden der Kerne überkreuzen. Solche Prozesse nehmen wir bei den Gehirnnerven allgemein an. Oder ist die Vorstellung, daß die cerebrale Accessoriuswurzel nachträglich bis in die Mitte des Cervicalmarks vorgedrungen sei und sich deshalb in der Ent- wickelung mit spinalen Elementen überkreuze (siehe z. B. STREETER, Amer. Journ. Anat., Vol. IV, 1904, p. 112, Fig. 14), auch nur „eine bequeme Phrase“ ? Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 625 Geflechte und deren Aeste, höchstwahrscheinlich noch komplizierter. Hier setzt jedoch eine Hypothese ein, welche RABL mit seinem „Beweis“ zu einem besonderen Schema für die Innervation der Selachierflosse verarbeitet hat. Er nimmt an, daß alle metameren Fasern sich in den Geflechten so sortieren, daß schließlich jedes Fa- scikel zahlreiche Fasern nur eines einzigen Metamers und wenige Fasern der beiden benachbarten Metameren empfängt. Das sehr komplizierte System von Linien, das diese Hypothese erfordert, steht vorläufig nur auf dem Papier, ohne ein Wort der Begründung. Es ist, wie gesagt, der einzige essentiell gegen mich gerichtete Teil der Argumente RABLs. Ich hätte eigentlich keinen Grund gehabt, mich jetzt schon damit zu befassen; noch weniger habe ich daraufhin an meinen Resultaten etwas zu ändern. Da es aber nicht gewöhnlich ist, daß so komplizierte Nervenbahnen, wie die von RABL postulierten, bloß als Idee konzipiert werden, und da gerade dieser Autor einmal sehr wegwerfend von scheinbaren Be- obachtungen gesagt hat: „nicht sie stützen die Theorie, sondern die Theorie stützt sie“, so haben wir zu erwarten, daß uns in den in Aussicht gestellten Fortsetzungen der Raguschen Arbeit klare Präparate mitgeteilt werden, auf welche sich sein Schema der peripheren Nervenbahnen stützen kann. Darauf wollte ich von vornherein hinweisen; es fehlt ja nicht an Methoden, durch Kern- degeneration so etwas bei Selachiern wirklich zu prüfen. 4. Schluss, Statt einer Zusammenfassung aller Details will ich versuchen, für einen besonders geeigneten Fall eine möglichst eindringende Durcharbeitung zu geben und dadurch den Wert der Befunde zu illustrieren. Die Ergebnisse am lebenden Objekt sind bereits in Abschnitt 2D (p. 595—611) zusammengestellt. In Fig. 1, Taf. 24 sind 4 nebeneinander liegende Nerven der mittleren Flossenregion von Raja mit bunten Fäden (rot, grün, orange und violett) ligiert. Die Grenzen wurden bei den Reizungen mit Marken von entsprechender Farbe bezeichnet. Es wurde nur an einer Stelle für jeden Nerv die Breite der Ausdehnungszone bestimmt. Besonderer Wert wurde auf die Festlegung der kra- nialen Grenzlinie eines jeden Zuckungsgebietes gelegt. Die betreffenden Marken sind in der Figur durch Linien von der ent- sprechenden Farbe miteinander verbunden. 41* 626 Hermann Braus, An diesem Präparat ist zweierlei sehr deutlich zu demonstrieren. Erstens gibt die Lage der Farbbänder zueinander an, in wie hohem Grad die serialen Nervenbezirke miteinander verschränkt sind. Man könnte die 4 Farbbänder, anstatt sie nebeneinander zu legen, auch so bei entsprechender Markierung einzeichnen, daß sie auf dieselbe Stelle zu liegen kommen. Sie würden sich dann größtenteils decken und das „overlapping“ der englischen Autoren illustrieren. Zweitens sieht man, daß die Grenzlinie der einzelnen Nervengebiete nicht mit einer der Grenzlinien zwischen den Muskel- streifen zusammenfällt, sondern schräg zu diesen, also ganz un- abhängig von ihnen verläuft. An anderen Präparaten wurde auch die kaudale Grenzlinie bestimmt, die zwar nicht so regelmäßig schräg, aber auch nicht oder nur ausnahmsweise zusammen mit den Grenzen der Muskelstreifen verläuft. Es folgt daraus, daß die Einteilung der Muskulatur in einzelne Streifen keine Beziehung zur Metamerie besitzt. Es besteht be- kanntlich die erste Anlage der Flossenmuskulatur bei den Haien aus rein metameren Knospen der Ursegmente. Aber die Selb- ständigkeit der Knospen geht sehr bald verloren, da durch die von MOoLLIier entdeckten Anastomosen zwischen den Knospen Zu- sammenhänge entstehen. Die bis dahin selbständigen segmentalen Nerven beginnen auch, wie ich gezeigt habe, sich zu Geflechten zu vereinigen. Wir können also in der embryologischen Entwicke- lung der Selachier den ganzen Umformungsprozeß streng segmen- taler Muskeln und Nerven zu dem komplizierten Endzustand der fertigen Muskelindividuen und Nervengeflechte verfolgen. Wie ist nun diese Komplikation beschaffen ? Die Analyse wird uns erleichtert durch eine andere zeichne- rische Wiedergabe der besprochenen experimentellen Befunde. In Fig. 2, Taf. 24 ist das Resultat der Reizung der 4 Nerven (20—23) mit denselben Farben wie in Fig. 1, aber im übrigen so wieder- gegeben, daß man die Nervenbahnen verfolgen kann. Zu dem Zweck sind die Muskelstreifen im Querschnitt gezeichnet (a, b, ce usw.). Ohne Rücksicht auf die anatomische Lage der Nerven, über welche wir aus dem Experiment nichts Direktes erfahren, ist durch gerade Verbindungslinien in den entsprechenden Farben wiedergegeben, welche Nervenbahnen zwischen jedem der Erregungspunkte 20, 21, 22, 23 und den einzelnen Muskelstreifen bestehen. Die Figur ist also kein Schema, sondern der graphische Ausdruck eines be- stimmten, durch zahlreiche Parallelversuche kontrollierten Befundes. Die Nervengeflechte der Haid und Rochen. 627 Bei den Nerven 24 und 25 ist die Darstellung insofern eine andere, als bei den von ihnen versorgten Muskelstreifen durch das Querschnittsbild nicht ein bestimmter einzelner Querschnitt durch die Muskelstreifen wiedergegeben ist, sondern die Projektion sämtlicher Querschnitte ein und desselben Fascikels auf- ‘einander. Man sieht an diesen naturgetreuen Darstellungen, daß ein Muskelstreifen an einer bestimmten Stelle von drei ver- schiedenen Spinalnerven versorgt wird (siehe c, d, e, f, 9), daß aber die Faseikel im ganzen von einer größeren Zahl (4 bei Fascikel k) innerviert werden. Infolgedessen kann man ein und denselben Muskelstreifen von verschiedenen Spinalnerven aus zur Kontraktion bringen. Ich habe dies bei der Demonstration am lebenden Tier in Brüssel demonstrieren können. Es ist also der eine Nerv durch den anderen ersetzbar, ein Vikariieren entsprechend den bei sen- siblen Nerven in der Einleitung erwähnten Feststellungen. Ich habe versucht, diese experimentellen Ermittelungen mit dem präparatorischen Befund zu vereinigen. Fig. 3, Taf. 24 gibt für eine Stelle, welche der Nervenverteilung in Fig. 1, Taf. 24 und in Textfig. 6A, p. 617, entsprechen würde, eine schematisierte Uebersicht der Nervenbahnen innerhalb der Geflechte.e Um von den direkten Fortsetzungen der Spinalnerven 20—23, welche die gleichen Farben wie in Fig. 1 und 2 erhalten haben, zu den Muskelstreifen zu gelangen, müssen Ueberkreuzungen innerhalb der Knotenpunkte der Geflechte stattfinden, welche auch unmittelbar am Präparat wahrgenommen wurden (Textfig. 6B). In einem Punkt ist besondere Rücksicht auf die präparatorischen und ex- perimentellen Ergebnisse genommen. Unter den Aesten, welche von den Hauptstämmen abzweigen, befinden sich viele, welche nur in das dem Nerv unmittelbar anliegende Fascikel eindringen und nicht weiter verfolgt werden können. Von anderen sieht man, daß sie rechts und links in die jenem zunächst benachbarten Muskel- streifen gelangen; weiter konnte ich sie nicht verfolgen. Jedenfalls kommen also außer den durch die Geflechte den Muskelstreifen zugeführten Fasern noch solche hinzu, welche direkt aus den großen Aesten stammen, zum wenigsten bei den den letzteren zu- nächst liegenden Fascikeln. Bei diesen sind sie in der Fig. 3, Taf. 24 abgebildet. 628 Hermann Braus, Es ist ferner angenommen, daß nicht nur durch diese be- sonderen Aestchen, sondern auch auf dem Wege der Geflechte sich die Zahl der Nervenfasern zu den Muskelstreifen stufenweise vermindert: für die jedem Hauptast zunächst liegenden Fascikel sind 5 Nervenästchen angenommen, welche sich nochmals gabeln und dann in die Fäden zu den einzelnen Muskelfasern auflösen ; für die zunächst benachbarten Muskelstreifen sind 3 solcher Aeste gezeichnet und für die darauf folgenden nur je einer. In Fig. 2 sind diese Aestchen durch entsprechend viele Punkte bezeichnet, welche in den Querschnitt der Muskelstreifen eingetragen wurden. Alle diese Ziffern sind als solche schematisch und wilikürlich. Es liegt ihnen aber die Tatsache zugrunde, daß die Reizleitung zu der Peripherie des Zuckungsgebietes eine schwächere ist als zum Zentrum und daß sie zu letzterem hin zunimmt. Man erkennt dies, wenn man bei demselben Spinalnerv die Reizungen längere Zeit hindurch fortsetzt. Man sieht dann, daß die Grenzen nach dem Zentrum des Gebietes zusammenrücken. Dieser Prozeß läßt sich beschleunigen, wenn man zu starke Reize nimmt. Gerade die Nerven der Rochen sind darin sehr empfindlich. Es zucken dann oft schon nach den ersten Reizen nur noch 4, 3 oder 2 Muskelstreifen. Ich habe auch sichere Fälle gesehen, in welchen nur ein einziger ansprach. Bei mechanischen Reizen habe ich fast stets 1, 2 oder 3 Fascikel reagieren sehen. Solches Verhalten bei allmählichem Absterben des Präparates oder bei ungeeigneten Reiz- methoden ist so zu verstehen, daß diejenigen Muskelstreifen am längsten erregbar bleiben, welche die größte Zahl von Nervenfasern des betreffenden Spinalnervs empfangen. Geht ein bestimmter hoher Prozentsatz von Nervenfasern eines Spinalnervs durch irgend- welche Schädigung zugrunde, so wird der Ausfall an denjenigen Aesten, welche die geringste Faserzahl enthalten, am ehesten zu merken sein. Ich halte also das der numerischen Verteilung der Nervenfasern in der Abbildung zugrunde gelegte Prinzip für sehr wahrscheinlich, während sich bestimmte Zahlen zurzeit nicht an- geben lassen. Diese sind nach dem ungefähren Eindruck gewählt, welchen die beschriebenen Experimente machen. Die Figuren 2 und 3 der Taf. 24, welche die hier mitgeteilten Ergebnisse übersichtlich vereinigen, vermitteln am klarsten den Ueberblick über die eigentliche Struktur und das Wesen der motorischen Geflechte. Das Charakteristikum beruht darin, daß sie neue Kombinationen von Nervenfasern schaffen. Denken Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 629 wir uns alle Aeste eines jeden metameren Flossennervs ursprüng- lich beisammen, wie dies in der Selachierentwickelung tatsächlich zu sehen ist, und bezeichnen wir die Aeste des rot gezeichneten Nervs mit R(1—x), die des grünen Nervs mit G (1—x), die des orangenen mit O (1—x) und die des violetten mit V (1—x), so stehen anfänglich die Gruppen getrennt nebeneinander: Ries ae or Wü) Durch die Geflechte zwischen den einzelnen Nerven verschieben sich die Bestandteile der einzelnen Gruppen etwa in folgender Weise: R(1—35) G (1-3) O.(l) R(1) G (1-5) O(1) G (1—3) 0 (1-3) V (1) usw. Diese Gruppen sind den Muskelquerschnitten e, f und g in Fig. 2, Taf. 24 entnommen. Solche Umstellungen werden von den Mathematikern als „Kombinationen“ bezeichnet. Damit wird das Wesen der Ein- richtung deutlich illustriert, während die Bezeichnung mit ,„over- lapping“ dieses nicht trifft. Ich schlage deshalb vor, Nerven- geflechte von solcher Struktur „kombinierte Geflechte (Kombi- nationsplexus)“ zu benennen. Ist die Vereinigung von Nerven zu einem Geflecht nichts anderes als eine durch Bindegewebe vereinigte Anhäufung, in welcher keine neuen Kombinationen gebildet werden (ein sicheres Beispiel dafür sind die Collectoren der Selachierflosse), so nenne ich das ein „aggregiertes Ge- flecht*. Der Kombinationsplexus eröffnet dem Nervensystem für die Erregung der Muskeln ganz neue Möglichkeiten. Aus den Figuren 2 und 3, Taf. 24 läßt sich erkennen, daß nicht nur ein Punkt des Muskels von verschiedenen Stellen des Zentralorgans und um- gekehrt viele Stellen des Muskels von einem Punkt des letzteren aus erregbar werden, sondern daß auch die Mischung der serialen Reize in den einzelnen Muskelabschnitten je nach dem physio- logischen Zustand der beteiligten Nerven sehr schwanken kann (siehe die Verteilung der bunten Punkte in den Muskelquer- schnitten der Fig. 2). Vikariierungs- und Variierungsmöglichkeiten der hier aufgezeigten Art machen — wenn sie auch noch dringend der näheren funktionellen Erforschung bedürfen — doch jetzt schon die Bedeutsamkeit dieser Einrichtungen vor allem für Muskeln mit feineren Verrichtungen verständlich. 630 Hermann Braus, Daß wir hier einen Typus kennen gelernt haben, welcher auch bei höheren Tieren und dem Menschen vertreten ist — be- sonders in den Extremitäten —, ist nicht nur aus allgemeinen Gründen wahrscheinlich, sondern auch durch spezielle Unter- suchungen von Physiologen (SHERRINGTON) und Anatomen (v. SCHU- MACHER) nahegelegt'). 1) SHerRIngTon, The integrative action of the nervous system, London 1908. v. SCHUMACHER, Sitzungsberichte K. Akademie d. Wiss. Wien, math.- naturw. Klasse, Bd. CXVII, 1908, p. 131. N Die Nervengeflechte der Haie und Rochen. 631 Erklärung der Tafeln. Tafel 23. Präparate von Scyllium canicula L., nat. Größe. Fig. 1. Sämtliche Nerven, Teile des Gehirns und der Anfang des Rückenmarks, sind freigelegt. Die Nervenzonen sind mit Farben entsprechend den bunt markierten Nerven versehen. Vom Dorsum der PBrustflosse ist die Haut abgetragen, die dorsalen Radialmuskeln sind völlig freipräpariert, nachdem die Serratus- muskulatur reseziert worden war. (Der Stumpf, auf welchem Ziffer 12 steht, ist der Rest dieser Muskulatur.) Fig. 2. Brustflosse vor Abtragung der Serratusmuskeln (Serr). Se der dorsale Teil des Schultergürtels. Fig. 3. Die dorsale Flossenmuskulatur ist entfernt. Die Knorpel- radien sind mit lateinischen Ziffern bezeichnet. Tafel 24. Präparat und Schemata von Raja clavata L. Fig. 1. Ventrale Muskulatur der Brustflosse. Nervenzonen wie in Taf. 23. Der Pfeil zeigt kranialwärts. 3/, nat. Gr. Fig. 2. Ausbreitung der Reize bei elektrischen Versuchen von Nerv 19 bis 25. Die Muskeln sind als Querschnitte (a bis q) ge- dacht. Innerhalb der Querschnitte ist schematisch durch die ver- schiedene Anzahl bunter Punkte illustriert, wie verschieden stark die Versorgung durch Fasern desselben Spinalnervs ist. Fig. 3. Mit Benutzung von Textfig. 6A, p. 617, und Fig. 2 und 3 dieser Tafel ist ein Schema der Ueberkreuzung der Nervenfasern im Plexus von Nerv 20 bis 23 entworfen. Die breiten, von schwarzen Linien eingefaßten Bänder sind die Radialmuskeln der Flosse. Es liegt auf den unpaaren Muskeln ein Nervenstamm, auf den paarigen keiner. Die Zahl der schematisierten Endverästeilungspaare der Nervenfasern entspricht der Zahl der Punkte in Querschnitt «a bis k der Fig. 2 dieser Tafel. 632 Hermann Braus, Die Nervengeflechte d. Haie u. Rochen. Inhaltsverzeiehnis. Einleitung 2 ala 1. Die len. 2 ; 2. Untersuchungen am hen Objekt. A. Methoden ; B. Befunde bei Suualiaen : a) Seyllium . b) Mustelus . c) Acanthias 2 C. Befunde bei Rochen . a) Raja b) Torpedo . D. Zusammenfassung der in an Aebenden Haren Ds Rochen s a) Tabelle aller elektrisch nlesachten Nerven der Brustflosse : b) Die Größe der ee in er Brustlodee ; c) Die Vermischung der Nervenzonen in der Brust- flosse . ; d) Der Verlauf der en Bi a Nonne der Brustflosse . e) Die Nervenzonen der Benohtiosse und Döraaldoten f) Die segmentale Gliederung der Bauchwand und die ventralen Nervenstämme . ; 3. Präparatorische und er opinche Ta suchungen an konserviertem Material. A. Methoden . . . - B. Die Nervengeflechte nnd der Be ae E C. Die seriale Bezeichnung der Nerven und der präpa- ratorische Nachweis der Flossenmetameren . 4. Schluß Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 3993 Pag. 569 571 573 578 578 581 583 585 585 593 595 595 597 604 608 609 610 611 614 621 625 We re Un. Zi 0 ( It 1 W \ { ü ; Bar MT fr y ® D U % a PR Kr Te ! it MN j un a ' we De > Dad u Yu I LL} ® u u “ % « [1 u ‘ [ > # Br - F ın u Ze 0 ” Jenaische Zeitschrift, Bd. ALVIT. Verlag von | E ‚Maurer gez. To 1. scher in Jena. Lith. Anst.v. A. Giltsch, Jen Be Tal 1. ‚Jenaische Zeitschrift, Bd. XL. Lith. Anst.v.A, Giltsch, Jena ° 17: /Tenopoma a ee.‘ a b El. £ c d 12 e /Tenopoma Lith, Anst.v. A.Giltsch ‚Jena. 2 [aurer gez. KT 15.0 U HANSE 2 Pu As Kon u Ba ’ AR Eu 4 HK u P RN Amphiuma = De Verlag von Gustav Fischer in Jena. IE Lith, Anst.v. A.Giltsch ‚Jena. | 10. Menopoma 2% Jenaische Zeüschrift, Ba.XLVI. Menobranchus _ Verlag von \ Maurer gez. A) . ge a 7 ‚cher in Jena. - Lith. Anst.v. A.Giltsch Jeı ot EUER ne, ASCHE i j h A “ s i j Al i j j 223% —— x PNp | a BI LT ae Fe RE OL a BA Bi w Ku ni EN k I ar Ä X j j ms z P BY ur j uw l 1 ” | f - % ' Pd Jenaische Zeilschrift, Bd. XLVIT. T ! 10. Menopoma Verla von Gust . T u = 9 in — I. we i Be ae Gr Fe { HR En” ae = e >; nn... Din U ° _ MI. ‚Jenaische Zeitschrift. Bd. NLVTI. per 7: Trn Njun 7 Z | L.@ N.SC Y N.Ihr I N.md Tırn N.l dr Nm d Pietschker. Ai ENG N.fun N.sce Verlag von Gı Tafel 4. Fig: 1a. 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Obernetter B. J. Jenaische Zeitschrift Bd. XLVL. IS} o-! | | | dr ten nn 6% D- ä E Verlae von Gustav Fischer in Jena. 3. Obernetter in München Jend J. B. Obernetter in München. Jenaische Zeitschrift Bd. XLVI. Su >72 S Dy ı# Ss n E- "= Verlag von Gustav Fischer in Jena. Jenaische Zeitschrift Bd.XLVI. rm Hase gez. EE Verlag von Gu has Me 2: Lith AnstvKWesser,Jena er ın Jena. Taf. 9. Jenaische Zeitschrift Bd.XLVI. Verlag von Gustd/fiScher in Jena LithAnstvKWesser,Jena Jenaische Zeitschrift Bd.XLVI. . T pn = HFÄENS Verlag von Gustav Fi se gez. | Lith.AnstvKWesser,Jena. in Jena. BU EZATN ww Mu A „Jenaische Zeitschrift Bd. XLVIL. L „Sch | Lith.AnstvK Wesser,Jena Verlag von Gustav Fischer in Jena. er ı EHEN? rift Bd, XLV. N | | Taf. 1 ’ 5 ase u. Felsch nhor. Crayondruck von J. B. Obernetter in München. Verlag von Gustav Fischer in Jena. u“ 4 N ı € ge | oL er 007° 1 4 x E ee oO x ‚ n N .# Pr 9 } ke» . cQ P w : air j nn - - n Fr T - - n oo f [°7 mansche Zeitschrift Bd. XLVI. Fig. 21a. 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Verlag von GustavFischer in Jena £ Lith AnstvKWesser,Jena. | } —— BE — ER | Jenaische Zeitschrift Bd. XIVII. - Verl.v.Gus A{Giltsch und Hase gez. Taf. 15. Fig.10. E herin Jena. Lith.Anstv.A.Giltsch, Jen | Taf. 15. Jenaische Zeitschrift Bd. XIV. | 2 Bros ger. Verl.v.Gustavfischerin Jena. Lith.Anstv.A.Giltsch, Jena. A wa nA i rn ee 4 Eur" - , . x B ft N d Ps . Pi a un & = 2 er © “ f d v. . - - - . . >4 E Er 3 “ e Pr [ en Mi. “ u . ei kr r m - e = N = “ - - R T . “ “ E= x e x Mi Fi Yin . 5 z v - >: ı® . ar - - - = Pr D hy s fh ed = . * Pr - $ z e: ’ A 7 “ f 5 £ $ - - ” E37 e ” k nd { « 2 & 3 - BR [7 En 5 . u Pr 2 [2 u E ‘ 5 B L R . E- >s 2 . 2 h „ i * > . f # i e” - | : “ r = Im Pe Pr “ R “ = . = . . E oe » Pi Du. * - v a - t - 5 = = = 5 a’ EBEN) Ey Jenaische Zeitschrift Bd. XIV. Fig.#5. A.Giltsch und Hase gez. Verl.v.Gust: Tat. 16: nst.v.A.Giltsch Jena. < ler in Jena. Jenaische Zeitschrift Bd. XIV. Taf: 16. — \ Zn ZEN an ‘ HN fl #1 A.Giltsch und Hase gez. Verl-v Gustav Fischer in Jena. IBUR ı A} N) \ Ze I 72 ER N \ u, L 1/4 AYPRe) UN, NEN, INT h) MH RA 72. o Lith.Anst.v.A.Giltsch,Jena u « L ER 2} z . ze E ! 6} ” f R B j | De Mi „Jenaische Zeitschrift Bd.XLVL. r re x 01 Er ar, Era) a zZ * ‚i an Verlag von ( IathAnstyKWesser, Jena scher in Jena. Jenaxsche Zeitschrift Bd.XLVUN. Gr Mem:-- Bra gl, a Lith AnatvKWesser Jena Verlag ‚en Gustav Fischer | Jenaische Zeitschrift Dd.XLVT. Fig. 1. Jenatsche Zeitschrift bd.XLVT. : Taf: 18. Lmlber Gustav fischer ir Jena t . Jenaische Zeitschrift Bd. NLVL. \ E 4 NY x | A 4) Fig. 6. Höfer photogr. Ad. Giltsch gez, Petrosu Alisphenoü Fossa pterys Verlag von ( 3 Fig. 4. Foramen magnum post. oceipitale > ’uroceipitale Basioceipitale Bulla —— Basisphenoid Fossa glenoid. (Rinne) _For. ovale (ant.) Jugale Palatinum For. palat. Maxillare Intermaxillare her in Jena. x ® N ur 2 Ei Pa Du hr pe N a}, 3 n SE tete a: bie f ri u r' % h A E. » ri 2 k i be Pi f Fat) 42 FA Jenaische Zeitschrift Bd. XLV. | | | Fig. 4. Foramen magmuım For. lecerum post. | oceipitale ’uroceipitale Basioceipitale Bulla ——-Basisphenoid Petrosum — Alisphenoid\ _% Fossa glenoid. Fossa pteryg.| (Rinne) _For. ovale (ant.) Fugale Palatinum For. palat. Mazxillare Intermaxillare Fig. 6. Höfer photogr. Ad. Giltsch gez. = Verlag von Gustav Fischer in Jena, F ‚Jennische Zeitschrift Bd. XLVII. Condylus ___. Alveole —— Blatte Höfer photogr. Ad. Giltsch gez. Verlag von @u Alveolen wand abgetragen Kis26b. r in Jena. % 64 ‚Jenaische Zeitschrift Bd. XLVI. Höfer photogr. Ad, Giltsch gez. Alveolenwand abgetragen Fig. 26b. Sr 4, u Verlag von Gustav Fischer in Jena. Jenaische Zeitschrift Bd. XLVL. Fig. 36. Ilöfer photogr. Ad. Giltsch gez. Verlag von @u Tape. un Y D ) r in Jena, \ Taf. 21. ‚Jenaische Zeitschrift Bd. XNLVL. Fig. 36. | ” Höfer photo, i Ei n Gustav gr. Ad. Giltsch gez, eon ö Verlag von Gustav Fischer in Jena. Jenaische Zeitschrift Bd. XLVI. Top, 20. Fig. 43. Fig. 44. Höfer photogr. Ad. Giltsch gez. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Jenaische Zeitschrift Bd. XLVN. A. Vierling gez. Braus. Verlag von Gust | Tafel 23. Fig. 2. [2 ; ‚ ischer in Jena. ee Ras a EB AALEN Yan, 2 A er r „ . AR, aM is. 2 END, RE a a BR ae WR. ee 3% K> dr : 4 Sr u HER URENG Aare BI SR er N a ERTL RN IR DIE 2 WS EN RN NT On A A Jenaische Zeitschrift Bd. NLVH. Tafel 23. Fig. 1. Fig. 2. | A. Vierling gez. Braus. Verlag von Gustav Fischer in Jena. PA Pr Jenaische Zeitschrifl Bd. XLVII. Verlag von s u.J.Melms gez. H.Brau R ‚ BR we ee 1 Ei f ee ® u pr ee a =. # - PS BR Fels - Ehe = ur er De EN nn = u Es > Pr on Jenaische Zeitschrift Bd. XLVII. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Neueste Veröffentlichungen. Wissenschaftliche Ergebnisse der Deutschen Tieisee-Expedition auf FRRE RT m Auftrage des Reichsamtes des dem Dampier „Valdivia‘“ 1898-1899. rn Enno yon Carl Chun; Professor der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition. X1II. Band. 2. Heft. Pennatulacea von Willy Kükenthal und Hjalmar Broch. Mit 17 Tafeln, 17 Karten und 290 Abblidungen im Text. 1911. Preis für Abnehmer der „Wissenschaftl. Ergebnisse“: 65 Mark 50 Pf., Einzelpreis: 75 Mark XIX. Band. 5. Heft. Die Anthomedusen und Leptomedusen der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899 von E. Vanhöffen. Mıt 1 Tatel u. 21 Abbildungen im Text. 1911. Preis für Abnehmer der ‚‚Wissenschaftl. Ergebnisse“: 4 Mark 50 Pf. Einzelpreis: 6 Mark. N : :, aliarumqgue regionum neotropiecarum. Abhandlungen zur ‚una Ghilensis Kenntnis der Zoologie Chiles und anderer neotropischer Gebiete nach den Sammlungen von Dr. L. Plate. Band 4, erstes Heft. Mit 11 Tafeln ınd 7 Abbildungen im Text. (Zoolog. Jahrbücher. Herausgegeben von Professor Dr. J. W. Spengel, Gießen. Suppl.-Bd. XIll, Heft 1.) 1911. Preis: 20 Mark. Inhalt: W. Schumann, Ueber die Anatomie und die systematische Stellung an Gadinia peruviana Sowerby und Gadinia garnoti Payraudeau. Mit Tafel -6 und 7 Abbildungen im Text. — Werner Haeckel, Beiträge zur Anatomie r Gattung Chilina. Mit Tafel 7—11. ihre Erreger ie Pflanzengallen (Cecidien) Mittel- und Nordeuropas ® Erieser und Bestimmungstabellen. Von Dr. H. Ross, Konservator am Kgl. Botanischen Museum in München. Mit 233 Figuren auf 10 Tafeln nach der Natur gezeichnet von Dr. G. Dunzinger, München, und 24 Abbildungen im Text. 1911. Preis: 9 Mark. Die Vielseitigkeit der Gallenkunde bringt es mit sich, daß sie für die auf den »rschiedensten Gebieten Arbeitenden sowohl in wissenschaftlicher wie in prak- ‘scher Hinsicht von Wichtigkeit ist. Den zahlreichen Interessenten für die Gallen- ande wie den Botanikern, besonders Biologen und Phytopathologen, den Zoologen, yr allem Entomelogen, den Forstleuten, Laudwirten und Gärtnern sowie den ehrern der Volks- und Mittelschulen wird hier zum ersten Male ein Buch dar- eboten, das sowohl einen Ueberblick über die Gallenerreger und deren allgemeine ebensverhältnisse bringt als auch die Möglichheit darbietet, die in Mittel- und ‘ordeuropa bisher bekannten Cecidien zu bestimmen. Zum ersten Male werden "ier auch die ausgeprägtesten, auffallendsten und verbreitetsten Pilzgallen zusammen nit den Tiergallen in den Bestimmungstabellen behandelt, eine vom biologischen nd praktischen Standpunkt aus bedingte Notwendigkeit. Das in dem Buche behandelte geographische Gebiet umfaßt Deutschland, )Jesterreich-Ungarn, Schweiz — die beiden letzteren mit Ausschluß der zum medi- ‚erranen Gebiet gehöreden Teile — Holland, Dänemark, Norwegen, Schweden und las westliche Rußland. . Von Dr. Carl Pulfrich, wissenschaftl. Stereoskopisches Sehen und Messen. Mitarbeiter der Firma Carl Zeiß, Jena. Mit 17 Figuren im Text und Literaturverzeichnis seit 1900. 1911. Preis: 1 Mark. Ein hervorragender Kenner stereoskopischer Probleme, der Leiter der stereo- skopischen Abteilung des Zeißwerkes, erörtert hier in durchaus kfarer und ver- ständlicher Form das Wesen des stereoskopischen Sehens nach allen Richtungen. Für die verschiedensten Zweige der naturwissenschaftlichen Forschung ist eine genauere Kenntnis des stereoskopischen Sehens und Messens von Bedeutung, und es wird vielen Experimentalforschern auf den mannigfachen Gebieten der Natur- wissenschaften willkommen sein, die jetzt vorliegende kleine Monographie über den Gegenstand kennen zu lernen. . Von Dr. Hans Friedenthal, Nicolassee bei Berlin. Mit 989 Ab- Tierhaaratlas. bildungen auf 16 mehrfarbigen und 19 einfarbigen Tafeln. 1911. Preis: 40 Mark. Für die Erforschung der Behaarung hat Dr. Friedenthal bereits eine Reihe wertvoller Beiträge geliefert. Der neue Atlas gibt das Material zu einer ver- gleichenden Betrachtung. Den makroskopischen Bildern der verschiedenen Säuge- tierordnungen folgen zahlreiche mikroskopische Haarbilder, zusammen in den fast 1000 Abbildungen also ein Anschauungsmaterial, das seinesgleichen noch nicht hat. Zoologen, Anthropologen und Anatomen werden auch dieses neueste Werk des Forschers mit besonderer Freude begrüßen. ee A en nn rn rn re en NEE Neueste Veröffentlichungen. Arbeiten aus dem Gebiet der experimentellen Physiologie. Yo" O7, Hans Nicolasee bei Berlin. Teil II (1909/1910). Mit 5 Tafeln und 37 Figuren im Text. 1911. Preis: 5 Mark. Diese neue Reihe von Arbeiten enthält aus der Feder Friedenthals und. seiner Mitarbeiter Geheimrat Prof. Fr. Kraus, Dr. Agnes Bluhm, Prof. Werner Magnus, Dr. Paul Friedenthal, Dr. Hilary Lachs, Dr Frida Ichak u.a. folgende Beiträge: Ueber einen neuen morphologischen Nachweis der Verwandschaft zwischen Mensch und anthropoiden Affen. — Ueber die Wirkung der Schilddrüsen- stoffe. — Familiärer Alkoholismus und Stillfähigkeit. — Ueber das Wachstum des menschlichen Körpergewichtes. — Haarparasiten und Haarbau als Hinweis auf Blut- verwandtschaft. — Die wichtigsten physikalisch-chemischen Untersuchungsmethoden der Biochemie. — Methoden zur Bestimmung der Reaktion tierischer und pflanz- licher Flüssigkeiten und Gewebe. — Ueber die Eigenschaften künstlicher Milchsera und über die Herstellung eines künstlichen Menschenmilchersatzes. — Ueber die Hormone der Sexualorgane. — Daten und Tabellen betreffend die Gewichtszunahme des Menschen und anderer Tierarten. Früher erschien: Teil I. Mit Beiträgen von San.-Rat Auerbach, Dr. Ulrich Friedemann, Dr. Max Lewandowski, Priv.-Doz. a. d. Univ. Berlin, Dr. Magnus Werner, Priv.-Doz. a. d. Univ. Berlin, Prof. Immanuel Munck, Dr. Miyamota, Japan, - Dr. Eduard Salm, Dr. Schaternikoff, Simon Schipp, Ingenieur, Dr. Paul Szily, Dr. van Westenrijtk, Assist. a. Inst. d. Großfürstin Pawlowna, St. Petersburg. Mit 4 Tafeln und 14 Abbildungen im Text. 1908. Preis: 8 Mark. Bedeutung der Entwicklungsmechanik für die Physiologie. ner Privatdozent der Physiologie in Halle a. S. (Sammlung anatom. und physiol. Vorträge und Aufsätze, Heft 16 [Bd. II, Heft 3]. 1911. Preis: 1 Mark 20 Pf., für Abonnenten 1 Mark. : Von Dr. Leonhard S Zur Kenntnis der melanesischen Sprache. }°; D’- ‚eonhard Schurtach 1911. Preis: 3 Mark. Protessor Leonhard Schultze, der kürzlich von einer Forschungsreise aus Neu-Guinea zurückgekehrt ist, bringt hier Beiträge zu einer bisher relativ wenig bekannten Sprache bei und hat einige wesentliche Züge dieser Sprache gegenüber der bislierigen Lehre zu korrigieren gefunden. Außer für den Geographen und Forschungsreisenden, den Missionar, den Anthropologen und Ethnographen wird die kleine Schrift für alle Sprachforscher von großem Interesse sein. Die Analyse der Empfindungen nd as Verkilne Ani hen Psychischen. Professor an der Universität Wien. Sechste, vermehrte Auflage. Mit 38 Ab- bildungen. 1911. Preis: 5 Mark, geb. 6 Mark. Inhalt: I. Antimetaphysische Vorbemerkungen. — LI. Ueber vorgefaßte Meinungen. — III. Mein Verhältnis zu R. Avenarius und anderen Forschern. — IV. Die Hauptgesichtspunkte für die Untersuchung der Sinne. — V. Physik und Biologie. Kausalität und Teleologie. — Vl. Die Raumempfindungen des Auges. — VII. Weitere Untersuchungen der Raumempfindungen. — VIII. Der Wille. — IX. Eine biologisch-teleologische Betrachtung über den Raum. — X. Beziehungen der Gesichtsempfindungen zu einander und zu anderen psychischen Elementen. — XI. Empfindung, Gedächtnis und Assoziation. — XIl. Die Zeitempfindung. — XIII. Die Tonempfindungen. — XIV. Einfluß der vorausgehenden Untersuchungen auf die Auffassung der Physik. — XV. Die Aufnahme der hier dargelegten An- sichten. — Zusätze. — Sachregister. — Namenregister. Machs bekanntes Buch gehört zu denen, dıe zur Zeit ihres ersten Erscheinens viel zu weit vorgeschritten waren, um sogleich Beachtung zu finden. 14 Jahre dauerte es, bis der ersten Auflage eine zweite folgen konnte, seit der zweiten wird in immer kürzerer Zeitspanne jeweils eine neue notwendig. Die vorliegende sechste Auflage weist einige Ergänzungen auf. Sie wird weiter dazu beitragen, einige Grundfragen der Psychologie, und zwar die allerinteressantesten, in weitere Kreise der Gebildeten zu tragen. Denn dieses Werk dient in gleicher Weise dem Fachgelehrten wie dem denkenden Laien; es ist für Lehrer und Natugforscher, fü f Rn und Diesem Heft liegt ein Prospekt bei von der Verlagsbuchhandlung Gustav Fischer in Jena betr. „Ziegler, Der Begriff des Instinktes einst und jetzt (2. Aufl.)‘ Psychologen in gleicher Weise bedeutsam. RITTER TREU I ERBETEN vr FE FR rer Verlag von &ustav Fischer in Jena. ” DANAG | R A) E f iR Pr SRLHIN IR vr UT TION LIBRARIES 55 Ill ut hen 3 vude ame NEIN win IR UL yats PRCH SER N RE N EA Kurpace.) se aa aa dur ANA RR REINE NE IE NE TED Di un vun“ ERDE N IT Katar a TIERE % vera EUER EN NEN car DATE II Seo nA De wwne ERTL AN rd RAR N ERITREA RE A RE N re TareT AREROENRE RER TE NEED DET TUE De Ze ERRcBe IN: ALTEN | vunt m MILITIITENE VERHALTEN AR Kl AR ERLERNTE KUN UR rg hr dn Ai . RR UM N N “ RUE ERERN LEE MN h ENT ‘ var Hr Wr KOT ENKALTLUE HR 2) \ PERLE ERLERNTE BB BI HLNLN NL AR ALS A HR RE TE SR RER NEIN REN LER \ a AA Em AH N AT A u ER EN TERN BE IE RR, VON FER TUE RL ua 4 ERSTEN RR AR NT N ) RENE RRIEN NE ZEN TA ER PET RU RR \ N DE NE AL DR NEN KT IE RE Verkehr K N au DUYUTEN KHK au erd Kae u TE HE v URDTERAE DL U ER NIE RL) EEE AN ae RT T 4 ng. 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