“ Ser, A d a: N, “ uRT, Ay I a Me N ik a 2 va Br EN N EN or sr Pr TE a I a Le DR NR ar se \ x a er Le ee SR N & BL ALS in Aa a AL 2 r I Re —— 1} RER Mes RA ; og R en Be N er Var 1: MINE I URTE 1X AN hi er in u e vr IR 2 a y3 ji TUR - EV, al h h ET ) AT TaR. 4 En AR BES | | ni GL DEN \ TIONEN Abt AN RENT n 5 KA le N DT DR Ar er % Fa h Ne Kleine El, Mira ug Bel ve Abi iu an EN n ' NEN? N j NR Nun 1*) \ AO ORAEBEER RIB) RE AT e." VOORESEBRNS AI SUR N F \ I N N K r = [DE u NZ LAT 5 ar x 1. ’ a = ee fl ZUR &% X Een Er e 2 >: ET, JOURNAL ORNITHOLOGIE, GEGRÜNDET VON J.- CABANIS. Im Auftrage der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft mit Beiträgen von H. Grote, O.Heinroth, E. Hesse, C. Kayser, A. Koenig, K. Lambrecht, F.v. Lucanus, H. Reichling, R. Schlegel, K.M. Schneider, L. Schuster, E. Stresemann, J. Thiene- mann, H. Weigold, Wendehorst, O.GrafZedlitz, R. Zimmermann herausgegeben von Prof. Dr. Ant. Reichenow, Geh. Regierungsrat, Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 69. Jahrgang. Leipzig 1921. Verlag von L. A. Kittler. London, Paris, New-York, William & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67, Lemcke & Buechner Henrietta Street, Coventgarden. 30—32 West, 27th Strest Bi) j i : hi vr VEN rn “ Inhalt des 69, Jahrganges (1921). Seite W. R. Eckardt, Die neueren Ergebnisse der ee in Naar A 5 469 H. G rote, Ueber eine Alerstion der "Nebelkrähe TRLEND DILELES — Ueber eine Vogelsammlung aus West-Usambara . . . . . 121 — Vögel der Ukerewe-Insel des Vietoria-Nyanza . . . . 406, 457 — Der Saxaulhäher des lligebiets. Von M. Menzbier u. W. Schnit- nikow. (Uebersetzung) . . NEUN BAT O0. Heinroth, [Schwingenmauser junger Hühnervögel] ABER 5 Ir —_ FReziehüngen von Jahreszeit, Alter und Geschlecht zum Feder- wechsel] . . . - DEU ER 1: — [Braut- und Mandarinente in der Umgebung Berlins] ara 116 — [Brüten von Motacilla boarula und alba im Berliner Zoolog. Garten] . . RE Ole) — [Ueber einen künstlich erbrüteten "Gänsegeier] 2.12.06... 468: 46 E. Hesse, Coccystes und Oxylophus. . . 40 C. Kays er, Die Vögel der Umgebung von Lissa i. hp: (Schlußs) 218 A. Koenig, die Fänger (Uaptores) Aegyptens. . . . 426 H. Krohn, Altes und Neues über den Farbensinn der Vögel . 505 K. Lambrecht, Erwiderung auf das kritische Referat des Frh. Geyr v. Schweppenburg . er U SHARED F. v. Lucanus, [Nachruf an O, Haase] ENTE TOR ATI — [Orientierungsvermögen der Vögell - - » 2 2 2.2.....106 — [Einfluls des Wetters auf den Vogelzug] - » » 2» 2 .2...%459 — Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier . . . 2 2.....289 — [[Nachruf an F. Heine und G. Schillings] . . 259 H. Poll, Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmisch- lingen (mit Tafel) . . . a er Ant. Reicheneow, Ueber Buteo vuipinus ae —: Neue Vogelarten aus Kamerun . . I |: — Die spitzhaubigen Turakos . . . . 2 2 2 2 202.05 211 — Bemerkungen über Buteo vulpinus -. » : » 2 2 2... 217 — [Neue Vogelaten] . . RER AN 0). — Ueber Scopus umbretta und bannermanni] . ER ae NEO — [Ueber Hirundo puella und Abarten]. » » 2 2 2.2. 265 — [Crateropus plebeius elberti n. sp.) . 461 H. Reichling, Der kleine Krabbentaucher, Alle ale, in Westfalen . » . 139 R. Schlegel, Bemerkungen z zu: "Dr. R. Hoss, Ergänzungen En (:%.:0::1920, 8..8889): 2:7. % ALTE K. M. Schneider, Fulmarus glacialis in Sachsen . . . 41 ee 330g IV L. Schuster, Kleine Mitteilungen . — Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs re 158, E. Stresemann, [Mauser der Ent. im Dienste der Sy- stematik] i MOSE IE — Nochmals über Buteo vulpinus . j J. Thienemann, XIX. Jahresbericht (19 19) der Vogelwarte Rossitten der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft . . . H. Weigold, [Verhindern des Anfliegens der Zugvögel an Genchttärme] u... SD NE ee Wendehorst, [Ueber die Vogelschutzkolonien auf den Frie- sischen Inseln] : 0. Graf Zedlitz, Die Avifauna des westlichen Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung deutscher Ornithologen in den Jahren 1915—1918 (Fortsetz. u. Schul) . . 2. 2 2... 50, — [Ornithologische Reiseskizzen aus Schweden] — [[Unverträglichkeit von Nestgeschwistern der Rauvögel] . — [Langsames Wachstum von Hühnervögeln] . R. Zimmermann, Einige Ergänzungen zu R. Schlegels Auf- zeichnungen über Vorkommen unserer Drosselarten in Sachsen Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die Septembersitzung 1920 . Bericht über die Jahresversammlung 1920 . Bericht über die Novembersitzung 1920 Bericht über die Dezembersitzung 1920. Bericht über die Januarsitzung 1921 Bericht über die Februarsitzung 1921 Bericht über die Märzsitzung 1921 Bericht über die Aprilsitzung 1921 Bericht über die Maisitzung 1921 . . Bericht über die aufserordentliche Junisitzung 1921. ; Bericht über die Septembersitzung 121 . 2... 20“ 112 115 258 259 457 461 464 572 578 Dem Herausgeber zugesandte Schriften . . .„. . „119, 266, 466 i j u iR N. FH AN In hi Hi | ‚r ‚r ala K { JOURNAL ORNITHOLO Neunundsechzigster Jahrgang. No. 1. Januar. 1921. XIX. Jahresbericht (1919) der Vogelwarte Rossitten der Deutschen Ornithologischen &esellschaft. Von J. Thienemann. Im vorigen Jahresberichte stand die Flagge der Vogelwarte auf Halbmast. Uber viel Unerquickliches war zu berichten. Manches häfsliche Bild mufste ich zeigen. Es ist jetzt besser geworden., Allerdings kann ich die Fahne noch nicht bis zur höchsten Spitze des Mastes emporziehen und lustig flattern lassen — welches Institut vermöchte das gerade jetzt in dieser kritischen Zeit, und noch dazu in unserm hart bedrängten Ostpreufsen — aber der Grundton im allgemeinen Teile des Jahresberichtes 1919 kann in Freude und Dank ausklingen, denn die Vogelwarte hat einen gewaltigen Schritt vorwärts getan — sie hat ein neues schönes, geräumiges Heim bekommen. In hochherziger Weise ist die Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Berlin zu Hilfe geeilt und hat in Rossitten ein geeignetes Haus angekauft, dassie der Vogelwarte zur Verfügung stellt. Nun sind. wir über den schrecklichen toten Punkt hinweg, und ehrerbietigster, verbindlichster Dank sei der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft sowie allen Behörden und Einzelpersonen abgestattet, die an dem Werke mit geholfen haben. Dank vor allem auch Herrn Oberstleutnant von Lucanus, der im Namen des Kuratoriums die Ver- bandlungen in Berlin geführt hat. Sobald die Instandsetzung des Hauses beendet ist, soll Einzug gehalten werden. Ist das nicht Grund genug die Flagge höher zu ziehen ? Auch der Etat der Vogelwarte ist angesichts der teuren Zeiten von den hohen Ministerien etwas erweitert und ebenso - sind Mittel bereit gestellt worden, um die zerstörte Beobachtungs- hütte Ulmenhorst wieder aufzubauen — alles Grund genug zu danken; und der Unterzeichnete entledigt sich im Namen der — Vogelwarte mit Freuden dieser Dankespflicht, Journ, f, Orn, LXIX, Jahrg. Januar 1921, ' ui 7 nr br as p J. Thienemann: Über Ulmenhorst selbst ist allerdings nichts Gutes zu be- richten. Es war unmöglich, die Hütte zu halten. Man fing an, das jetzt so wertvolle Bretter- und Balkenmaterial zu stehlen. Die ganze Hütte wäre nach und nach verschwunden. So war ich gezwungen, das Häuschen abbrechen und nach Rossitten fahren, zu lassen. Ulmenhorst besteht vorläufig nicht mehr! Was nun? Eine Wohngelegenheit mu/fs an der Ulmenhorststelle mitten in der Vogelzugstrafse wieder geschaffen werden. Die Wissenschaft kann und darf sich diesen einzigartigen Platz nicht entgehen lassen. Wer schon mit dort gewohnt hat, der wird mir ohne weiteres zustimmen, und wer zweifelt, der mag an einem guten Zug- tage herkommen. Er wird sich leicht und sofort bekehren. Eine so günstige Stelle, wo man das interessante Schauspiel des Vogel- zuges tage-, ja wochenlang, so bequem geniefsen und studieren kann, gibt es so leicht nicht wieder. Aber jetzt schon wieder eine feste Hütte dort zu errichten, ist leider ausgeschlossen. Wir lesen es ja alle Tage in den Jagdblättern, wie auch anderwärts die Waldhütten heimgesucht werden, und hier auf der Nehrung fällt erschwerend ins Gewicht, dafs die litauischen, vom jenseitigen Haffufer stammenden Fischer jetzt ganz nach Belieben an den einsamsten Gestaden der Nehrung mit ihren Booten anlegen und Unfug treiben. Sie sagen, die Landungen wären notwendig, um die Netze zu trocknen. Nun, ich habe die Leute zehn Jahre lang bei meinem Wohnen in Ulmenhorst beobachtet, aber ich entsinne mich nicht je ein Netz zum Trocknen aufgehängt gesehen zu haben. Wohl aber habe ich beobachtet, wie die Leute Holz stahlen und wilderten. Ja einmal hatten sie sich nackend ausgezogenund schlugen im tollsten Übermut die hohe Sturzdüne herunter Rad in’s Haff hinein. Sind das etwa alles Beschäftigungen, die ein Landen notwendig machen?! Wenn es der Behörde gelingen sollte, diesem Un- wesen zu steuern — und sie ist nach der Richtung hin an der Arbeit — dann stünde es auch um den Wiederaufbau von Ulmen- horst besser. Vorläufig denke ich an einen transportabeln Wohnwagen und gehe mit Neid an jedem Zigeuner- und Karussell- wagen vorüber, denn die Dinger sind jetzt empfindlichteuer. Es wird schon Rat geschafft werden. Im Sammlungsraum steht jetzt eine Sammelbüchse. Die Besucher fragen so oft nach der Be- sichtigung der Sammluug, was sie schuldig sind. Da mag die Büchse als Blitzableiter für alle freundlichen Spendiergelüste dienen. Und ‚oft finde ich namhafte Beträge darin. Auch sonst sind Spenden für den Ulmenhorstverlust eingegangen. Herr Landrat Schlu[s vonunserem Kreise Fischhausen stiftete aus Privatfonds 200 M., Herr von Sanden, Kl. Guja 136 M., Herr Karl Stemmler-Vetter Schaffhausen 100 M., Herr Volz Berlin 10 M., der Verein der Vogelliebhaber in Königsberg 10 M.,ein Herr, der nicht genannt sein will, 500 M. Allen freundlichen Gebern sei im Namen der Anstalt der allerverbindlichste Dank abgestattet. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 8 Im vorigen Jahresberichte war die Rede von Schiefsübungen, die auf der Kurischen Nehrung unternommen waren und sehr störend wirkten, ja das einzigartige Landschaftsbild zu vernichten ‚drohten. Auf eine Eingabe des Berichterstatters an den Herrn 'Reichswehrminister traf zur Freude aller wahren Nehrungsfreunde die Antwort ein, dafs „mit Rücksicht auf die Naturschönheiten der Nehrung“ militärische Übungen hier unterbleiben sollen, und die Belegung der Nehrung mit Militär nur dann erfolgen soll, wenn die Landesverteidigung solche notwendig erfordert. — Über besondere Besuche auf der Vogelwarte sei folgendes berichtet. Am 30. Juli hatte die Station die Freude und Ehre, den früheren Oberpräsidenten von Östpreulsen, Herrn von Windheim zu begrüfsen. Auch Herr Oberpräsidialrat von Hassell war wieder zum Besuch hier anwesend. Am 8. Mai traf die Sachverständigen-Kommission für den oben erwähnten Hauskauf hier ein. Es waren die Herren Regierungs- und Bau- rat Dr. Meyer und Prof. Dr. Dethlefsen. Von Ornithologen und Vogelfreunden, die hier besondere Studien machen wollten, seien genannt: Hermann Grote, der zwei sehr praktische Fangkäfige für die Beringungsarbeit stiftete, ferner Dr. Lütt- schwager, Dr. Speyer, Tischler, Ulmer. Freund Tischler hat dann im Winter in seinem Wohnsitz Heilsberg vor Schülern und Gästen der Realschule einen Vortrag über die Arbeiten der Vogelwarte, besonders über den Beringungsversuch, gehalten. Ich schickte Lichtbilder dazu hin, aber das nette Kistehen wurde unterwegs als Buttersendung angesehen und lag aufgebrochen auf dem verschwiegensten Orte des Südbahnhofes in Königsberg. Neun Mark sind mir als Ersatz für die verloren gegangenen Bilder gezahlt worden, aber ich wurde reich ent- schädigt durch ausgedehnte „vernehmungsschriftliche Verhand- lungen“, Rückfragen, Berichte, Listenausfüllungen und dergleichen. Im Dezember war Herr Trautwein im Auftrage des „Stuttgarter Bundes für Vogelschutz‘“ in Rossitten anwesend, um Elche kinematographisch aufzunehmen. Der rührige Bund hat es sich zur Aufgabe gestellt, alle seltenen und aussterbenden Tierarten Deutschlands in lebenswahren Bildern festzuhalten und hatte die Unterstützung der Vogelwarte beim Elchphotographieren angerufen. Aber die Jahreszeit war zu ungünstig, und obgleich der hiesige Herr Oberförster Hahn das Unternehmen zu fördern suchte, blieb der Erfolg aus. Herr Trautwein will zur Brunst im September wiederkommen, und dann sollen, wenn möglich, auch Vogelzugbilder geschaffen werden. Zur Hilfeleistung auf der Vogelwarte war, wie im vorigen Jahre, auch in diesem Sommer wieder Herr cand. rer. nat. Glasewald in Rossitten anwesend. h Vom 7.—11. Juni fand wieder der übliche Pfingstkursus SR über Vogelkunde und Vogelschutz statt. Diese Kurse scheinen sich grofser Beliebtheit zu erfreuen. Teilnehmerzahl diesmal 25. Bi jr 4 J. Thienemann: ! a Für den Winter war ich zur Mitwirkung an der Volkshoch- schule in Königsberg aufgefordert. Ostpreulsens Vogelleben stand zur Behandlung. Es war recht rege Beteiligung. Mit 81 Hörern und Hörerinnen stand dieses Fach von 32 Fächern an 6. Stelle. Ich muls sagen, dafs mir diese regelmäfsigen Vorträge viel Freude bereitet haben. Sie fanden im Hörsaal des zoologischen Museums statt, den Herr Geheimrat Braun freundlichst zur Verfügung gestellt hatte. Möchten sie auch in den Herzen der Zuhörer etwas Interesse an unserer Vogelwelt erweckt und An- regung zum Selbstbeobachten gegeben haben. Es tut wirklich not dafs die Kenntnisse über die Tierwelt in unserm Volke er- weitert werden. Dann kommt der Tierschutz ganz von selbst. Aufklärung wirkt mehr wie alle Gesetze zusammen. Im September hatte der Berichterstatter eine Reise nach Neu-Morschen bei Cassel zu unternehmen, wo er die reich- haltig Naturaliensammlung des im vorigen Jahresberichte als verstorben erwähnten Herrn Matsko begutachten sollte. Die Angehörigen möchten im Sinne des Verstorbenen etwas Gutes mit der Sammlung stiften, da sie mit so unendlicher Liebe und mit so ausdauerndem Fleifse zusammengebracht ist. Hoffentlich läfst sich der Gedanke verwirklichen, dafs sie als Ganzes in der dortigen Kreisstadt zur Belehrung für das grofse Publikum aufgestellt wird. Bei der Durchreise durch Berlin wurde eine Kuratoriumsitzung abgehalten, ebenso konnte der Unterzeichnete wieder einmal eine Sitzung unserer Deutschen ornithologischen Gesellschaft mitmachen und dabei einen kleinen Vortrag halten. An die Bibliothek haben folgende Autoren, der Zeitfolge nach aufgeführt, Schriften eingeschickt: L. Dobbrick, Altfliefs i. Westpr. F. Tischler, Heilsberg. F. Koske, Greifswald. Ornithol. Institut und Vogelschutz-Station Salzburg. (Eduard Paul Tratz.) Dr. H. Fischer-Sigwart. Alfred Richard, Neuchatel. Dr. J. Gengler, Erlangen. L. A. Jägerskiöld, Stockholm. Wilhelm Rüdiger, Eisenhammer. Raimund Schelcher, Dresden. Hans von Boetticher, Colberg S. M. Prof. Ibarth, Danzig-Langfuhr. Rudolf Zimmermann, Dresden. A. Klengel, Meifsen. Arnold Jacobi, Dresden. Albert Hefs, Bern, Naturhist. Gesellschaft in Nürnberg. Pastor C. Lindner, Naumburg a./S. Dr. F, Lindner, Quedlinburg. br XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 5 Dr. F. Steinecke. Cornel Schmitt und Hans Stadler, Lohr a./Main. A. Viebig, Berlin. Dr. Nicolaus Ostermayr, Budapest. E. Gebhardt, Nürnberg. Werner Hagen, Lübeck. Viktor Tschusi - Schmidhoffen (stiftet ein Exempl. des Ornith. Jahrbuches). Dr. Herbert Constantin Müller, Königsberg i./Pr. Dansk Ornithologisk Forenings Tidsskrift (0. Helms). Hugo Hildebrandt, Altenburg. Landsborough Thomson, Aberdeen. Hermann Schalow (stiftet sein Werk: Beiträge zur Vogel- fauna der Mark Brandenburg). Prof. R. Poncy, Genf. Dr. Hugo Weigold, Helgoland. Werner Sunkel, Marburg. Wilhelm Blohm, Lübeck (stiftet sein Buch: „Natur — mein Leben“). Geh. Rat. Prof. Dr. Ant. Reichenow (stiftet sein Buch: Die Kennzeichen der Vögel Deutschlands). Prof. Dr. E. Stechow, München. Ornith. Gesellschaft in Bayern (C. E. Hellmayr). Ornithol. Station des „Lotos“ Liboch a./Elbe (Kurt Loos). Prof. Dr. Karl Eckstein, Geh. Reg. Rat, Eberswalde. Bund für Vogelschutz, Stuttgart (E. V.). Societe zoologique de Geneve. Eng. Rauber, Neuendorf (Schweiz). Dr. Alexander Sokolowski, Hamburg. Versuchs- und Musterstation für Vogelschutz auf Burg ‘ Seebach. H. F. Witherby, London. Dr Hermann Reichling, Münster i./W. Karl Krall, Elberfeld. Verbindlichsten Dank allen freundlichen Gebern! Zum Schlufs ist nun noch über eine Reise nach Holland zu berichten, und da sie unter so eigenartigen Umständen statt- fand, soll sie etwas ausführlicher erzählt werden. Schon im Jahre 1914 war von Holland aus an den Bericht- erstatter die Einladung ergangen, in Groningen einen Vortrag über die Arbeiten der Vogelwarte, besonders über den Beringungs- versuch und andere Vogelzugsforschungen zu halten. Der Aus- bruch des Weltkrieges machte alle Reisepläne zu nichte. Nun - wurde im Herbst 1919 die Aufforderung in freundlichster Weise wiederbolt, und man konnte dem Gedanken näher treten, Zwei Vorträge waren in Aussicht genommen: in Amsterdam und in a a a TE Ti 2 1 6 J. Thienemann: Groningen. In Amsterdam hatte die „Niederländische Ornitho- logische Vereinigung“ in Gemeinschaft mit dem „Niederländischen Vogelschutzverein* und dem „Verein zum Schutze der Natur- denkmäler“ die Sache in die Hand genommen, und in Groningen die „Natuurkundig Genootschap,“ die ein eigenes grofses Haus besitzt und in jedem Herbst und Winter eine Reihe von Vor- trägen veranstaltet. Es wurde mir darüber ein gedrucktes Pro- gramm zugeschickt. Mein Vortrag fiel auf den 16. März; der in Amsterdam war auf Sonnabend den 20. März festgesetzt. Für Amsterdam führte die Korrespondenz der Sekretär der Nieder- ländischen ornithologischen Vereinigung, Herr Dr. L. F. de Beau- fort in Leusden, für Groningen Herr Prof. Dr. J. C. Kapteyn, der Astronom an der dortigen Universität. Nun hiefs es Reisevorbereitungen treffen. O, es ist gar nicht so einfach, jetzt ins Ausland zu reisen! Was muls da alles erledigt werden! Da durch Herrn Dr.de Beaufort der Hol- ländische Herr Minister des Äufseren für die Sache interessiert worden war, wickelten sich alle Vorbereitungen noch verhältnis- mäfsig glatt ab, und ich konnte am Freitag den 12. März früh 8 Uhr wohlgemut und bester Hoffnung loszieben. Ich hatte den Weg von Königsberg über See nach Swine- münde gewählt, um allen Weitläufigkeiten im polnischen Korridor aus dem Wege zu gehen. Aufenthalt durfte unterwegs nicht stattfinden, denn ein fester Vortragstermin lag kurz vor mir. So hatte man sich alles so schön zurecht gelegt, und wie anders kam es nachher! Die Fahrt war nicht besonders angenehm. Zu viel Menschen. Und das ewige Kontrollieren und schief Ansehen heutzutage beim Reisen hier in der Nähe wirkt höchst lästig. Ich entsinne mich noch einer sehr komischen Szene beim Besteigen des Dampfers in Pillau. Ein etwas fremdländisch aussehender Herr schleppte einen schweren Koffer. Er mufste ihn öffnen. Mindestens ein halbes geräuchertes Schwein war drin. „Das ist nicht gestattet.“ „Meine Wegekost.“ „Sie können doch nicht bis Berlin ein halbes Schwein auf- essen.“ . 0 78 Alles wandte sich lachend ab. In Berlin auf dem Bahn- hofe sah ich den Mann seinen Koffer weiterschleppen. Er war glücklich durchgekommen. Ich gratulierte ihm zu seinem doppelten „Schwein“ „Habe ich das Schwein von Kurland bis hierher geschleppt, dann schleppe ich es auch noch weiter‘ war seine Antwort. Alles Zeichen der Zeit. Zunächst zum Lachen, aber ander- seits doch so traurig. Ankunft in Berlin Sonnabend früh 8 Uhr. FreundLucanus war an der Bahn. Aber was ist los? Die Stadt in heller Aufregung? u # XIX, Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 7 Unter den Linden ein Heerlager, am Potsdamer Bahnhofe Maschinengewehre — ich bin mitten in die Kapp-Affäre hinein- geraten. Man konnte ja die Tragweite der Sache noch gar nicht übersehen, und ich hatte auch herzlich wenig Sinn für solche Dinge. Mein Sehnen stand nach Westen. Schnell Fahrkarten besorgt, Gepäck befördert, und wirklich fuhr mein Zug abends noch pünktlich ab und kam bis Hannover — da sals ich fest. Mitten in der Nacht war ich angekommen. Nach langem beschwerlichen Suchen fand ich endlich noch ein unbesetztes Zimmer. Am andern Morgen waren der Bahnhof und die Hauptstraßsen bereits mit Stacheldraht abgesperrt. Glücklicher- weise depeschierte ich sofort nach Groningen und erhielt auch noch Antwort, dafs mein Vortrag auf den 25. März verschoben sei. Eine Stunde später war auch aller Telegraphenverkehr gesperrt. Nun hatte ich Zeit bis zum 20., dem Vortragstermin in Amsterdam, und heute schrieben wir ja erst den 14. Bis dahin war ja sicher alles wieder in schönster Ordnung!? „Und ich safs“ und safs, und ein Tag nach dem andern verging. Und draufsen auf den Stralsen die wütendsten Strafsenkämpfe. Tote und Verwundete sah man vorbeifahren, und bei einem Ausgange geriet ich selbst in das Bereich einer Handgranate, und die Lebensmittel schienen knapp zu werden, denn fast täglich kamen Kommissionen in die Hotels, um die Speiseausgabe zu überwachen, und wenn nun bei diesen teuren Preisen mein Geld zu Ende ging? „Und ich sals.“ Es mufste etwas geschehen. Nur aus Hannover raus! Mit Auto? Ja! für 5000 M. bis an die Holländische Grenze, und aufserdem nur in gröfster Verschwiegenheit, denn alle ausfahrenden Autos wurden angehalten oder beschossen. 0, du schönes Hannover, in deinen Mauern soll sich’s so nett leben lassen, aber wenn ich mal wieder in deine Nähe kommen sollte, dann mache ich einen grofsen Bogen um dich herum. Du hast mir fürchter- liche Tage bescheert. Nun legte ich mich aufs Beobachten der Bahnhofssperren. Der Betrieb da kam mir nicht ganz geheuer vor. „Zurück bier ! Es verkehrt kein Zug“. Die Worte konnte man, wenn man wollte, am Tage tausendmal hören, aber trotzdem vernahm ich manchmal Wagengerassel auf dem Bahnsteige. Ich verschaffte mir also mit grofsen Schwierigkeiten Zutritt zum Bahnhofe, und wirklich da fuhr mir ein Zug gerade vor der Nase fort. Er sollte, wie es hiefs, eine Streikkommission befördern. Wohin er ging, das wulste ich nicht; wäre mir auch ganz gleichgültig gewesen — nur aus Hannover raus! Peim Passieren der Sperre auf dem Rückwege machte ich dem Posten Vorhaltungen, kam aber schön an! Der Mann war nun mein persönlicher Feind, der liefs mich ganz gewifs nie wieder durch die Sperre. Warum der Mann das Publikum falsch unterrichtete, weils ich heute noch nicht, gebe mir allerdings 8 J. Thienemann: auch keine grofse Mühe, dieses tiefe Geheimnis zu ergründen, denn jeder tat ja damals, was ihm beliebte. Am selben Abend noch kaufte ich mir meinen Futtersack voll Semmeln, schlich mich am andern Morgen in aller Herrgottsfrühe durch eine Sperre, wo mein „Feind“ nicht stand, und beschlofs nun vom Bahnhofe nicht zu wanken und zu weichen, bis einmal ein Zug abging. „Und ich safs.‘“ Aber wirklich am 18. abends wurde die Abfahrt eines Zuges gemeldet. Nach Cöln hiefs es. Ich stieg ein, und wir fuhren in die Nacht hinaus. Das Abteil war gedrängt voll aufgeregter Menschen. Wie ich auf diesem Wege nach Holland kommen sollte — denn ich mufste nach meinem Pals die Grenze bei Oldenzaal überschreiten — war mir noch unklar. Plötzlich hält der Zug auf der Strecke. Was ist los? Der Lokomotivführer streikt, er will nur Güter, keine Personen befördern. Langes Warten. Endlich wieder Abfahrt. Nach einiger Zeit abermaliges Halten. ,„Vorn werden die Schienen aufgerissen“. Trotzdem setzte sich der Zug nach einer Weile gespannten Wartens wieder in Bewegung. Aber o weh, da hält er schon wieder. „Der Zug wird beschossen“ hiels es. Wir haben in unserm Abteil nichts davon gemerkt. Die Leute spielten Skat, und ich ver- teilte Semmeln an solche, die lange nichts gegessen hatten. Not schliefst die Menschen zusammen. Unter solchen mancherlei Abwechslungen kamen wir glücklich bei stockfinsterer Nacht in Oberhausen an. Da mulste ich aus- steigen. Ich befand mich mitten im Industriegebiet und war auf das Schlimmste gefalst, aber siehe da, die angenehmsten Überraschungen wurden mir beschert. Der Wartesaal hell er- leuchtet und behaglich geheizt, man bekam zu essen und zn trinken, und am Schenktisch safsen bei heller Lampe zwei Damen und machten feine Handarbeiten. Ich habe sie angestaunt wie zwei Heilige. So beruhigend wirkte dieser friedliche Anblick. Schliefslich konnte man sich auch noch eine Stunde lang auf einer Bank ausstrecken, bis mein Zug nach Bentheim in aller Frühe noch im Dunkeln abging. Wir fuhren mi.ten durchs dicht besetzte Industriegebiet. Von Gebäuden und sonstigen Anlagen konnte man nichts erkennen, nur ringsum ein Lichtermeer. Hie und da flammte ein Hochofen auf, elektrische Lampen aus schwindelnder Höhe herabblitzend, lange weite Lichteralleen — ein imposanter Anblick, den man nie vergessen kann. Und kurz darauf sollte gerade diese Gegend der Schauplatz wüster Kämpfe werden. Wir kamen glücklich in Bentheim, der deutschen Grenz- station an, von da gleich Anschlufs nach Oldenzaal — ich war über der Grenze. Aus dem Hexenkessel heraus im Paradies Holland. Man atmete auf. OÖ, wie schön war das, wieder einmal in einem friedlichen Lande zu leben. Ganze Kleinigkeiten, denen man früher keine XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 9 Bedeutung zugemessen hätte, erweckten zunächst das Interesse. Sie kamen einem jetzt so hochwichtig vor und wirkten so wohl- tuend, Da wurde in Oldenzaal gerade die grofse Bahnhofshalle mit Seife aufgewischt, und im Waschraum grofse Stücke Seife und blendend weifse Handtücher, und überhaupt die holländische Sauberkeit! Und auf dem Schanktische ganze Berge der zartesten belegten Brötchen, an denen der Schinken zu beiden Seiten lang heraushing, und man durfte seinen Pelz und seinen Koffer unbewacht im Wartesaale liegen lassen — der Kultur- mensch kam zum Vorschein. Man fühlte sich wie in einer höheren, bessern Welt. In Oldenzaal hatte ich Aufenthalt, und da sollte ich doch noch den schrecklichsten Augenblick der ganzen Reise erleben, denn nicht leibliches Wohl und Wehe kam in Betracht; sondern es schien mir an die Ehre zu gehen. Ich safs im Wartesaal zweiter Klasse. Da trat plötzlich ein uniformierter holländischer Beamter an mich heran und forderte mich in deutscher Sprache ziem- lich kurz auf, in den Wartesaal dritter Klasse zu gehen. Na nu, dachte ich, sind wir etwa so weit, dafs man als Deutscher im Auslande nicht mehr zweiter Klasse sitzen darf? Das Blutschofs mir in den Kopf, die Handgranate in Hannover war Kinderspieldagegen. Kurz darauf erfuhr ich aber, dafs ein rein äufserlicher Grund vorlag. Der Wartesaal dritter Klasse war geeigneter zum Revi- dieren der Reisepapiere. Nach und nach mufsten alle Fahrgäste dorthin gehen. Gott sei Dank! Man ist ja schon ganz kopf- scheu geworden. Hätte ich allerdings im Voraus gewufst, welch freundliche Aufnahme ich in Holland finden sollte, dann wären mir solche schwarzen Gedanken nicht gekommen. Ich depeschierte an Herrn Dr. le Beaufort und wurde von ihm bei meiner Ankunft in Amersfoort auf dem Bahnhofe herzlichst empfangen. Zu Wagen ging es nun durch prächtige Landschaft hinaus nach Leusden, nach dem herrlichen Landsitze des Herrn Doktor, nach dem Hause „De Treek“. In Ostpreufsen war ich in tiefster Winterlandschaft abgefahren, und hier grünte alles. Das Vieh war schon auf der Weide, Bäume und Büsche trugen Blättchen. Ich habe den Frühling in diesem Jahre zweimal er- lebt. Der „Treek“, ein schlofsähnliches Gebäude, liegt inmitten eines schönen Parkes, umgeben von Teichen und weiten Wal- dungen, und hier fand ich von Seiten der Gemahlin des Herrn Dr. le Beaufort bei meiner Ankunft rührend freundliche Auf- nahme und sollte herrliche Tage hier verleben. So war ich doch noch am 19. abends kurz vor Toresschlufs am Ziel angelangt. Am nächsten Tage fand der Vortrag in Amsterdam statt. Herr Doktor fuhr mit mir mit Auto nach Amersfoort und von da mit der Bahn nach Amsterdam nach dem Zoologischen Garten. Hier wurde ich von mehreren Herren der „Niederländischen Or- nithologischen Gesellschaft“ freundlichst empfangen und zum Frühstück geladen. Herrn Dr. Büttikofer und Herrn Prof. 1 Aa J. Thienemann: Dr. J. Ritzema Bos hatte ich schon auf dem letzten inter- nationalen Ornithologen Kongrefs in Berlin kennen gelernt. Auch der Direktor des Zoologischen Gartens, Herr Dr. Kerbert, war anwesend. Kurz vor dem Vortrage konnte ich noch den Garten, wenn auch nur flüchtig, besichtigen. Was für schöne Sachen gab es da zu sehen, und wie gepflegt sahen alle Tiere aus! Man merkte auch da die Segnungen des Friedens. Ich entsinne mich noch der reichhaltigen Entenkollektion auf den Teichen. Auch durch die grofse Sammlung ausgestopfter Vögel wurde ich von den Herren geführt. Das meiste war in prächtigen lebenswähren Gruppen aufgestellt. Eine sehr sehenswerte Sammlung. . Um 3 Uhr fand der Vortrag statt, zu dessen Einleitung Herr Dr. Büttikofer freundliche Worte der Begrüfsung vor- brachte. OÖ, es war eine Lust, vor diesen Hunderten von Zu- hörern zu sprechen, deren Gemüt nicht bedrückt war von der Sorge, ob sie zu Hause Butter, Schuhe und Kohlen haben. Man fühlte sich so frei, und Begeisterung kam über einen. Nach dem Vortrage wurde ich von Herrn Dr. Birnie ge- beten, nach Rotterdam zu kommen und auch da einen Vortrag zu halten. Der Tag wurde auch festgesetzt, aber der Plan konnte der Kürze der Zeit wegen leider nicht zur Ausführung kommen. Durch die Verschiebung des Groninger Vortrages hatte ich nun mehrere Tage Zeit für den Aufenthalt in Holland gewonnen und durfte die Gastfreundschaft auf dem „Treek“ weiter geniefsen. Der nächste Tag war ein Sonntag, und da wurde eine weite Autofahrt ins Land unternommen. Ich habe auf die Weise ein gutes Stück von Holland kennen gelernt. Wir sind in Amerongen vor dem Schlofs vorgefahren, wo unser früherer Kaiser damals wohnte. Wir haben das Schlofs Doorn besehen, das er sich dann zum Aufenthalt gewählt hat. Wir haben den Rhein gesehen. Und diese herrlichen Strafsen! Glatt wie auf dem Tische. Die Folge davon ist, dafs in Holland alle Welt Rad und Auto fährt. Krankenschwestern in Tracht auf dem Rade, Liebespärchen, nach Möglchkeit fest umschlungen, auf dem Rade, Frauen mit dem Marktkorbe hoch zu Stahlroßs. Auf jeder Landstrafse läuft an der Seite ein besonderer Fahrradweg, der stets in bestem Zustande erhalten wird. Für Dienstag den 23. März war damals eine längere ornithologische Exkursion nach dem südöstlich von Amsterdam gelegenen Naardermeer verabredet. Das ist ein 800 Hektar grolser See mit ausgedehnten verwachsenen Sumpfpartien und weiten Rohrbeständen. Es lag früher die Gefahr vor, dafs die Stadt Amsterdam ihre Abwässer dahin leitete, und so wurde dieses interessante Gebiet vom Verein zum Schutze der Natur- denkmäler angekauft und als Vogelreservat gehalten. Ich fuhr mit der Bahn bis Weesp und wurde da von Herrn Burdet nebst Frau Gemahlin mit dem Auto abgeholt. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 11 Herrn Burdet hatte ich nach dem Vortrage in Amsterdam kennen gelernt. „Ich habe auch ein Ulmenhorst‘‘ so redete er mich gleich an. Es war überhaupt erstaunlich, wie genau die Herrschaften in Holland teilweise mit den bescheidenen Rossittener Verhält- nissen vertraut waren. ÖOfter redeten mich Damen an, sie hätten ihren Kindern schon viel von der Vogelwarte Rossitten erzählt. Da merkte man, dafs die unscheinbaren Aluminiumringlein, die von den Zugvögeln, der politischen Grenze nicht achtend, weit auf den Erdball umhergetragen werden, den Verkehr zwischen den einzelnen Völkern zu fördern vermögen, und man bedauert tief, dafs das in Blüte stehende internationale Beringungs- unternehmen durch den Weltkrieg einen harten Stofs be- kommen hat. Herr Burdet ist der Jagdpächter des Naardermeeres. Nach kurzer Autofahrt bestiegen wir einen flachen Kahn und sind nun stundenlang auf dem See umhergefahren. Zwei für mich neue Vogelarten lernte ich da am Brutplatz kennen: den Löffelreiher und die Bartmeise. Die Purpurreiher waren noch nicht da, aber wirkonnten die vorjährigen im dichten Rohre stehenden Horste besichtigen. An die Löffelreiher kamen wir einmal ziemlich dicht heran. Am Rande eines Rohrdickichts standen diese herrlichen Vögel, erhoben sich dann und liefsen ihr Flugbild bewundern. Zwanzig bis dreifsig Stück sahen wir. Bartmeisen kamen mehr- fach zur Beobachtung und liefsen ihren eigenartigen Lockton hören. Flinke, unruhige Vögel sind das. Dafs auch zahlreiche Enten der verschiedensten Arten und Wasserhühner dieses günstige Schutzgebiet bevölkerten, ist selbstverständlich. Auch eine Entenrkoje besichtigten wir eingehend. Da könnte man schön Enten markieren! Zum Schlufs besuchten wir das „Ulmenhorst‘“ des Herrn Burdet. Ein niedliches Häuschen mitten in unverfälschter Natur gelegen, umgeben von einer reichen Vogelwelt, wo Herr Burdet oft wochenlang wohnt — genau wie im Rossittener Ulmenhorst. - Herr Burdet hat sich mit grofsem Geschick auf das Vogelphoto- graphieren geworfen und schon viele Serien grofsartiger Bilder gefertigt. Ein ganzes Paket durfte ich zum Andenken mitnehmen, und wenn man die Bilder in’s Stereoskop stellt, dann sieht man in lebenswahren Stellungen die Löffelreiher bei der Jungenpflege, Brachvögel, Säbelschnäbler, Rohrdommeln am Neste, Rohrweihen mit Jungen in den verschiedensten Altersstadien u.s. w. Herrn Burdet nochmals vielen Dank für das schöne Geschenk. Von Naardermeer fuhren wir nach Amsterdam und dann kreuz und quer durch die Strafsen, um ein Bild von der Sadt zu bekommen. Mehrfach nisteten Saatkrähen und Ringeltauben auf den Promenadenbäumen. Am Abend durfte ich auf dem „Treek“ noch die Geburts- tagsfeier des Hausherrn mitmachen. Familie le Beaufort wird mich auslachen, wenn ich sage, dafs es mir ganz eigen zu Mute 12 J. Thienemann: war, als ich wieder einmal an reich geschmückter und wohl be- setzter Festtafel sals, ganz wie im Frieden. Am andern Morgen hiefs es nun Abschied nehmen. Mit innigstem Dank schied ich aus diesem gastlichen Hause. Wenn es in Deutschland zu schlimm wird, dann sollte ich den „Treek“ als Zufluchtsstätte für meine Familie betrachten. Diese Worte wurden beim Abschied im Ernst gesprochen. Es war rührend. Von Amersfoort gings über Zwolle nach Groningen. Man hatte Gelegenheit, sich unterwegs das Gelände näher anzusehen. Holland bietet sehr reichliche Nistgelegenheit für die Kleinvögel. Viel natürliche Vogelschutzgehölze. Niedriges Buschwerk, das in Zwischenräumen von mehreren Jahren abgetriebeu wird. Man sollte erwarten, dafs es da von Kleinvögeln wimmeln würde. Aber nein. Ich habe den Eindruck bekommen, dafs die Klein- vogelwelt, was Individuenzahl anbetrifft, nicht auf der Höhe steht. Sollten daran die vielen Elstern schuld sein? Es ist ja ganz unglaublich, was man dort an Elstern und Elsternestern sieht. Die niederländischen Ornithologen mögen mir verzeihen, dafs ich mir nach so oberflächlicher Beobachtung ein Urteil erlaube. In Groningen erwartete mich Herr Prof. Kapteyn auf dem Bahnhofe. Ich wohnte bei Herrn Prof. Dr. Heymans, dem Vertreter der Philosophie an der Universität und fand da die freundlichste Aufnahme. Für den Abend war eine zwangslose Zusammenkunft verabredet. Ich lernte den Vertreter der Zoo- logie, Herrn Prof.Dr. van Bemmelen, und den Theologen, Herrn Prof. Dr. van Veldhuizen kennen. Das Vogelzug- problem, das Herrn Prof. Kapteyn ganz besonders interessiert, lieferte meist den Gesprächsstoff. Ich mufste viel von Rossitten er- zählen. Prof. Kapteyn berichtete über seine vielen Reisenin Amerika. I; Am nächsten Tage fand der Vortrag im Konzerthause statt. Der Vorstand der „Naturkundig Genootschap“ setzt sich aus folgenden Herren zusammen: Prof. Dr. Hamburger als Vorsitzender, W.Lindenburgals Sekretär. Zum Vorstand der wissenschaftlichen Abteilung gehören die Herren Prof. Dr. Kapteyn und Dr. J. de Haan Es hatte sich eine noch gröfsere Zahl von Zuhörern und Zuhörerinnen eingefunden wie in Amsterdam. Der grofse Saal war gefüllt, und fast zwei Stunden lang konnte ich vortragen. Es war herzerfreuend das grofse Interresse zu beobachten, das dem Gegenstande entgegengebracht wurde. Nun ging es mit meiner Reise bergab. Der Abschied von Holland stand vor der Tür. Den nächsten Tag blieb ich noch in Groningen. Es mufste erst noch telegraphischer Bescheid ein- geholt werden, ob die Züge in Deutschland überhaupt wieder regelmälsfg verkehrten. „Trein loopt tot Berlyn“ lautete die Antwort. Die Bahn war also frei. Nun wurden noch die Stadt und die Schaufenster besichtigt und die eigenartigen Trachten auf den Stralsen bewundert: a ne AL. £ BAR XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 18 die Frauen mit ihren doppelten und dreifachen Hauben. Zu unterst eine gelbe Blechhaube. Wenn da so ein Gesicht darunter hervorschaut nach Art der Schwiegermuttergesichter der „Fliegen- den Blätter“, so ist das gar nicht so leicht zu nehmen. Es war gerade sogenannte Kolonialwoche. Man merkte an der Art der Ausschmückung der Schaufenster und auch sonst, dafs Holland schöne reiche Kolonien besitzt. Auch auf der Uni- versität wurden Vorträge über die Kolonien gehalten. Lieber Leser, frag aber nicht nach den Preisen all der schönen in den Fenstern liegenden Sachen. Der Gulden stand damals 35 Mark. Am nächsten Morgen um 7 Uhr fand die Abfahrt statt. Herr Prof. Heymans und seine Hausdame Fräulein van Binnendyk liefsen es sich nicht nehmen, mich trotz der frühen Tageszeit nach der Bahn zu begleiten. Ich konnte nur immer wieder danken für alle Freundlichkeiten, die mir in so reichem Mafse erwiesen wurden. Der Zug fuhr los — ade! ade! “ Wir kamen jetzt durch interessantes Gebiet: weite Heide- landschaften mit dürftigstem Boden. Man sah kleine ärmliche Wohnhäuser aus Heideplaggen aufgeführt. Manches erinnerte mich an die Verhältnisse auf der Kurischen Nehrung. Bald wurde die Grenze bei Oldenzaal wieder überschritten, und da merkte man sofort an dem ganzen Betriebe und an der Behandlung, dafs man wieder in unserm armen gequälten, nervös gewordenen Deutschland war. Der Zug fuhr glatt durch. In Berlin besorgte ich mir das Polnische Visum, was nur die kurze Spanne Zeit von früh 8 bis abends 6 Uhr erforderte. Ich wollte doch die Vorgänge im „Korridor“ mal aus eigener Anschauung kennen lernen. Mir ist nichts Übeles passiert. In Danzig besuchte ich das Provinzialmuseum, holte mir aus dem Zimmermann’schen Nachlafs noch schnell den berühmten dünnschnäbligen Brachvogel ab, der seiner Zeit von Zimmermann in Rossitten geschossen und für die Vogelwartensammlung bestimmt war, und kam mit mehrstündiger Verspätung glücklich in Königsberg wieder an. — Ich habe für meinen Jungen und für mich je ein Paar echte Holländer Holzschuhe mitgebracht, und wenn wir damit durch das Haus klappern, so klingt das nicht gerade schön. Und wenn ich die Holländer Tonpfeife rauche, so schmeckt das durch- aus nicht besser, wie aus einem echten Holzkopfe, aber dennoch sind das alles höchst angenehme Empfindungen. Erinnern sie mich doch immer an die unvergefslich schönen Tage in Holland. Bericht über den Vogelberingungsversuch im Jahre 1919. Jetzt laufen schon wieder öfter wie früher Meldungen aus dem Auslande ein. England, Italien, Spanien, Portugal schicken oder melden die erbeuteten Ringe — nur Frankreich schweigt. Und wie waren gerade diese Leute vor dem Kriege begeistert für die internationale Arbeit am Beringungsversuche! 14 J. Thienemann: Zu Hochzeitsfeiern haben sie mich vor Entzücken nach Frankreich eingeladen, wenn sie einen recht interessanten Ring- vogel erbeutet hatten — und jetzt Totenstille.. Nach den vor dem Kriege gesammelten Erfahrungen müssen aber gerade in Frankreich zahlreiche erbeutete deutsche Ringe liegen. Die Zahl der getreuen Mitarbeiter mehrt sich erfreulicher- weise. Am manchen Orten wird das Beringen in grofszügiger Weise unternommen. Es ist eine wahre Herzensfreude, den regen Eifer zu beobachten, mit dem manche jungen Vogelfreunde sich dem Beringungsgeschäft hingeben, dabei immer mehr in die Ge- heimnisse der Natur eindringend. Viel und vielen hat die Vogel- warte zu danken, und hoffentlich kann sie den Zeichnern recht oft die ersehnte Nachricht über den Verbleib der durch ihre Hände gegangenen Vögel übermitteln. Auf der Vogelwarte selbst habe ich.das Markieren teils freiwillig, teils gezwungen eingeschränkt, um namentlich die aus- wärtigen Mitarbeiter mit Ringsendungen befriedigen zu können. Man mufs mit den kostspieligen Rirgen jetzt sehr Haushalten. Ein G-Ring zum Beispiel, der früher 31/, Pf. kostete, kostet jetzt 15 Pf. Junge Lachmöwen habe ich darum jetzt nicht in grofsen Mengen auf dem hiesigen Bruche gezeichnet. Ich halte mit den Resultaten Nachlese von früheren Markierungen her. Und jetzt von den hiesigen Fängern lebende Krähen kaufen, um sie zu be- ringen? Ausgeschlossen! Viel zu teuer, und die meissen Fänger würden bei der Fleischknappheit gar nicht verkaufen. Folgende Vögel sind in Rossiten beringt worden: 1 Mantelmöwe (Larus marinus) 39 Heringsmöwen (Larus fuscus) 13 Sturmmöwen (Larus canus) 6 Lachmöwen (Larus ridibundus) 1 Grauer Fliegenschnäpper (Muscicapa grisola) . 2 Dohlen (Lycos m. spermologus) 1 Star (Sturnus vulgaris) 1 Goldammer Emberiza citrinella) 1 Kohlmeise (Parus major) 50 Rotkehlchen (Krithacus rubecula) Summa 115 Vögel. Das Rotkehlchenmarkieren möchte ich in recht grofsem Mafsstabe fortsetzen. Diese Kleinvogelart, die doch in der Vogelhaltung eine so grofse Rolle spielt und daher viel in Menschenhände gelangt, müfste meines Erachtens Resultate bringen. Nach auswärts wurden folgende Ringe abgeben: Größse A: 34 Stück. + B: 291 Hl, n O:u:.D: ‚866! ,.7;, N BERN Prag XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 15 Größe E: 720 Stück. y F: 909 „ ie G: 1747 sa Summa 4567 Stück. Im ganzen wurden also 4682 Ringe gebraucht. Zurückgeliefert oder zurückgemeldet wurden im Jahre 1919 folgende Vögel: 3 Nebelkrähen. 11 Störche (Ciconia ciconia). 14 Lachmöwen. 2 Silbermöwen. 1 „grofse weilse Möwe“. 1 Flufseeschwalbe. 1 Brandseeschwalbe. 12 Stockenten. Löffelente. Pfeifente. Krickenten. Kampfläufer (Pavoncella pugnax). Grünfüfßsiges Teichhuhn (Gallinula chloropus). Ringeltaube. Sperber. Mäusebussard (Buteo buteo). Gabelweihe (Melvus milvus). Schwarzer Milan (Milvus migrans). Turmfalk. „Eule“, Rauchschwalbe (Hir. rustica). Mehlschwalbe (Delichon urbica). Grauer Fliegenschnäpper. Stare. | Haussperlinge. Buchfink. Grünlinge. Kohlmeisen. Blaumeise. Sumpfmeisen. Heckenbraunelle, deutsche Singdrossel (Turdus musicus brehmi). Amseln. Gartenrotschwänze. 1 Rotkehlchen. 2 Sprosser. Summa 96 Vögel in 36 Arten. Es finden sich darunter wieder recht bejahrte Stücke. DO SU ud ed 5 ed TI IND bed IND He heud fen fund fe Deu Ju pen fund DAT) fe fuch Dead ID end Dem 16 J. Thienemann : Nebelkrähen (Corvus cornix). Zunächst eine Rossittener Zugkrähe und dann zwei aus- wärts im Neste markierte Jungkrähen, die besondere Beachtung verdienen. Das Zugbild für die Rossittener Krähen bleibt immer dasselbe, ein Beweis für die grofse Regelmälsigkeit im Krähen- zuge. Vor allem verdient darauf hingewiesen zu werden, dafs im Verlauf von 17 Jahren nie eine Ringkrähe während der Brut- zeit im Winterherbergsgebiete erbeutet worden ist. Immer sind die Vögel nach ihrer Brutheimat zurückgekehrt. 1) Nr. 16678 D. Gezeichnet mit 59 Artgenossen am 2. April 1913 auf dem Hofe der Vogelwarte Rossitten. Geschossen auf der Krähenhütte am 6. April 1917 bei Dickursby 16 km nördlich von Helsingfors, Finland, von Herrn Rob. W. Huber, Helsingfors, Kanalgatau 2. Zeit: 4 Jahre, 4 Tage. Entfernung: 530 km nach NO. Die Krähe benahm sich nach Meldung des Schützen ganz normal und stiefs wütend auf den Uhu. Es ist anzunehmen, dafs sie in der Nähe des Brutplatzes angelangt war. 2) Nr. 26487. D. Gezeichnet am 10. Juni 1916 als halbwüchsiger Nestvogel bei Lenzen a./Elbe, Westpriegnitz, durch Herrn Bartelt. Geschossen am 9. Juni 1919 — also während der Brut- zeit — abends 9 Uhr auf dem RittergutKietz II bei Lenzen a./Elbe von Rittergutspächter Otto Schnutenhaus. Der beringte Fuls wird eingeschickt. An den Rändern ist der Ring etwas. abgeschliffen, sonst sehr gut erhalten. Zeit: 3 Jahre. Die Krähe ist an Ort und Stelle geblieben oder immer wieder dahin zurückgekehrt. 3) Nr. 27972. Gezeichnet am 26. Mai 1918 als fast flügger junger Vogel im Neste bei Fischamend in Nieder- österreich durch Herrn Dr. O. Wettstein. Geschossen am 22. Juni 1919 im Au-Revier Manns- wörth bei Wien an der Donau. Ein Weibchen mit Brutfleck. Meidung durch den Schützen selbst, Herrn Fabrikdirektor Heinrich Hierhammer Wien XVII Kötzergasse 8. Zeit: ] Jahr, 1 Monat. Entfernung: 3—4 km. Nach dem Berichte des Herrn Dr. Wettstein ist die Nebel- krähe in den Tiefebenen Niederösterreichs (Wienerbecken, Tell- nerfeld) sehr häufig und vertritt dort die in den Bergen vor- kommende Rabenkrähe. Sie ist nach Meinung des Autors im Gebiete nicht Zugvogel, wenigstens wird sie das ganze Jahr über beobachtet. Im Herbst und Winter sind die Nebelkrähen bei ne Strichvögel und kommen dann auch in das Weichbild von Wien. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 17 Störche (Ciconia ciconia). Es ist ganz erstaunlich, wie rasch und wie gewaltig der Storchbestand in den letzten Jahren in Deutschland zurück- gegangen ist. Nach meinen Erfahrungen tragen die Haupt- schuld daran die Verfolgungen auf den Winterreisen im Auslande. Bis jetzt sind der Vogelwarte aus Deutschland 56 und vom Auslande 57 beringte Störche zurückgeliefert oder zurückgemeldet worden. Diese Zahlen stehen in keinem Verhältnis zu einander, wenn man die günstigen Umstände in Deutschland den Schwierigkeiten gegen- überstellt, wie sie sich einer Auffindung und glücklichen Rück- meldung im unkultiviertesten Auslande oft boten. Dort müssen Unmassen toter Störche in Menschenhände gelangt sein, wenn so günstige Resultate erzielt werden konnten. Direkte Meldungen von Massenauffindungen verendeter Störche liegen ja auch vor. Endlich wieder einmal ein Storch aus Afrika. a)Der Zug nach Afrika. 1) Nr. 9333. Gezeichnet am 17. Juli 1913 in Adamsdorf im Kreise Scldin, Neumark, von Herrn Tierarzt H. Conrad. In erkranktem Zustande aufgefunden im Juni 1915 im Nil- Delta. Der Ring befindet sich im zoologischen Museum in Giza. — (Aus dem Kreise Soldin, von demselben Herrn markiert, liegt bereits ein Storch aus dem nördlichen Ungarn vor. siehe VOII. Jahresbericht). Nachricht durch Herrn H.F.Witherby, dem der Vorfall von Herrn M. J. Nicoll aus dem zoologischen Garten in Cairo gemeldet wurde. Zeit: Fast 2 Jahre. Entfernung: ca. 2100 km. Bemerkenswert ist an dem Falle erstens der Auffindungs- termin (Juni) und zweitens, dafs der Auffindungsort in dieselbe Zugstralse fällt wie zu Friedenszeiten. Eine Ablenkung des Zuges durch die Kriegsverhältnisse konnte also nicht beobachtet werden. b) Rückkehr der Störche. 2) Nr. 10495 BB Gezeichnet im Sommer 1916 in Seligenfeld bei Königsbergi./Pr. durch Herrn Wilhelm Kahl. Geschossen Ende Mai 1919 ebenda. Der Vogel trieb sich als Einzelstorch bald auf diesem, bald auf jenem Neste umher und störte durch seine Zänkereien die Bruten. Nachricht durch Herrn Wilhelm Kahl - Seligenfeld, der auch das beringte Bein einschickt, das von tadelloser Beschaffen- heit ist. Herr Wilhelm Kahl meldet gleichzeitig, dafs im Jahre 1918 auf zwei Seligenfelder Nestern je ein Ringstorch gebrütet und auch Junge grofsgezogen habe. In Seligenfeld sind früher viel Störche beringt worden. Zeit: 3 Jahre. Der Vogel ist von seinen weiten Wanderungen immer in dasselbe Dorf zurückgekehrt. Journ, f, Orn, LXIX, Jahrg, Januar 1921, 2 18 J. Thienemann : 3) Nr. 9087 Be Gezeichnet am 23. Juni 1913 in Lindenhof bei Domnau Ostpr. von Herrn Zimmermeister Reiche. Erbeutet am 9. Juli 1919 in Canditten Kreis Pr. Eylau, Ostpreufsen. Der Vogel wurde in der Nähe des Dorfes mit beschädigtem Flügel aufgefunden. Nachricht und Ring durch Herrn Pfarrer Rousselle. Zeit: 6 Jahre- Entfernung: ca. 30 km. nach SW. Am Ringe die bekannte Kerbe eingeschliffen, wo die Marke auf der Hinterzehe aufliegt. Sonst Ring und Schrift tadellos. Der Storch hat sich in der weiteren Umgebung seines Geburtsortes angesiedelt. 4) Nr. 9902. Gezeichnet am 16. Juni 1914 in Bebensee bei Segeberg, Schleswig Holstein. Erbeutetam 9. August 1919 in Steenfeld bei Hanerau Kreis Rendsburg, Holstein. Der Vogel wurde tot aufgefunden. Nachricht und Ring durch Herrn F. Pfau, Kanalbeamter a.D. Zeit: 5 Jahre, 2 Monate. Entfernung: ca. 60 km nach NW. Ring sehr gut erhalten. _ Hat sich in der weiteren Umgebung seines Heimatortes angesiedelt. 5) Nr. 8426. Gezeichnet am 13. Juli 1913 in Uchtdorf bei Wolmirstedt Bez. Magdeburg durch die Oberförsterei Burgstall Bez. Magdeburg. Angeschossen aufgefunden am 24. Juni 1919 auf der Feldmark der Domäne Grimnitz bei Groß-Ziethen, Ucker- mark. Nachricht und Ring durch Herrn Oberamtmann E. Ziegler der gleichzeitig meldet, dafs die beiden jungen Störche von der Storchmutter aufgefüttert worden seien, nachdem der Vater auf der Nachbarjagd angeschossen war. Zeit: 6 Jahre. Entfernung: 155 km nach NO. 6) Nr.4338B. Gezeichnetim Sommer 1910 in Norgau be Thierenberg, Samland, Ostpreufsen. Erbeutet am 7. August 1919 in Lützlow, Uckermark. Der Erleger und Einsender will nicht genannt sein. Der Kadaver leider verludert. Zeit: 9 Jahre. Entfernung: ca 430 km nach SW. Das ist wieder einmal einer von den seltenen Ausnahme- störchen, die sich weiter ab von der Heimat angesiedelt haben. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 19 Allerdings fällt der Erbeutungstermin auf den 7. August. Sollte der Storch etwa schon auf dem Zuge gewesen sein? Aber die Zugrichtung würde dann nicht passen. 6) Beobachtung einesberingten Storches. <) Herr M. Berte meldet unterm 6. Mai 1919 aus Pik- taszen Kreis Memel, dafs im April 1919 im Nachbardorfe ein beringter Storch beobachtet worden sei. Dort sind im Jahre 1916 drei Jungstörche markiert worden. — | Es folgt ein Storch, der seines körperlichen Zustandes wegen nicht als vollwertiges Versuchsobjekt gelten kann. Ich möchte ihn aber nicht unerwähnt lassen. 8) Nr. 11650. Im Sommer 1919 in Diebzig Kr. Cöthen Anhalt aus dem Neste gefallen und markiert. . Am 1. September 1919 gegen Abend landete dieser Storch am Dorfteiche in Breitenheerde bei Stadtremda Sachsen- Weimar. Er war krank und voll Ungeziefer. Ein Mädchen brachte ihn in die Schule, wo er bald darauf verendete. Nach- richt durch Herrn A. Bär. Zeit: ein paar Monate. Entfernung: ca. 110 km nach SSW., Die Entfernung ist zu kurz, um mit Sicherheit daraus zu ersehen, ob der Storch nach SO oder nach SW abgewandert wäre. Schliefslich noch eine nachträgliche Meldung aus dem Felde | 9:10; 11) Nr. 11352; 11353; 11354 -B. Unterm 9. Dezember 1919 schreibt Herr Lehrer Reinhold Eichhorst aus Alt-Temmen Prov. Brandenburg, dafs ihm während des Sommers 1917 bei seinem Aufenthalte in einem kleinen russischen Dorfe in den Rokitno-Sümpfen ein erschlagenes Geheck junger flügger beringter Störche gezeigt worden sei, das in der vergangenen Nacht von den Soldaten von den Dächern heruntergeholt worden war. Die Tiere sollten aufgegessen werden. Sie waren kurz vorher von Herrn Rüdiger im Neste markiert worden. So ist es vielen jungen Störchen ergangen. Das Markieren im Felde lohnte des Soldaten-Fleischhungers wegen schliefslich nicht mehr. Lachmöwen (Larus ridibundus). 1. Auf dem Rossittener Möwenbruche im Halbdunenkleide markiert. 1) Nr. 27388. Gezeichnet am 21. Juli 1915. Erbeutet am 22. Februar 1916 in Samora Cor- reia Bez. Santarem in Portugal nach einer Notiz im „Se- culo“ vom 23. 2. 1916. 2* 20 } | J. Thienemann: Nachricht durch Herrn W. Tait in Oporto an Herrn H. Chr. C. Mortensen in Viborg, der den Brief nach Rossitten weiter gibt. Zeit: 7 Monate. Entfernung: ca. 2850 km nach SW. 2. Auf den Werderinseln bei Zingst vom „Anhaltischen Bund für Vogelschutz‘‘, sowie vom „Deutschen Bund für Vogelschutz‘“ markiert. 2) Nr. 11351. Gezeichnet am 21. Juni 1913. Erbeutet am 29. Dezember 1919 bei King’s Lynn, Norfolk, England. Nachricht durch Herrn Witherby, London. Zeit: 6 Jahre, 6 Monate. Entfernung: ca. 1400 km nach W. In der Winterherberge geschossen. 3) Nr. 17969. Gezeichnet am 17. Juni 1916. Erbeutet, und zwar von einem Fischer in seinem Fisch- netze gefangen im März 1917 bei La Rochelle, Departement Charente inf6rieure, Frankreich. Nach „Le Matin“ 17. 3. 1917. Nachricht durch Herrn Alfred Ungemach, der diese Notiz unter seinen aus der Kriegsgefangenschaft zurückgeretteten Pa- pieren mit heimgebracht hat. Zeit: 9 Monate. Entfernung: ca. 1300 km nach SW. Ein noch nicht fortpflanzungsfähiges Stück, dafs’sich noch im März weit von der Heimat umbhertreibt. 4) Nr. 11544. Gez. am 29. Juni 1913. Erbeutet im Januar 1914 bei Ria de Zaro in Por- tugal. Meldung durch Herrn C. Tait aus Oporto. Zeit: 7 Monate. Entfernung: Ist nicht festzustellen, weil der Ort auf der Karte nicht zn finden ist. Ein nicht fortpflanzungsfähiges Stück. 5) Nr. 25555. Gezeichnet am 26. Juni 1917. Erbeutet am 20 Januar 1918 in Caxias, Bezirk Lissa- bon in Portugal. Nachricht durch Herrn W. Tait in Oporto. Zeit: 7 Monate, Entfernung: ca. 2400 km nach SW. Ein nicht fortpflanzungsfähiges Stück. 6) Nr. 17891. Gezeichnet am 8. Juli 1913. Erbeutet am 14. Dezember 1916 bei Lissabon in Portugal. „Seculo“ 15. 12. 1916. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 21 Nachricht durch Herrn W. Tait in Oporto. Zeit: 3 Jahre, 5 Monate. Entfernung: ca. 2400 km nach 8.W. ‚ Ein in der Winterherberge geschossenes fortpflanzungs- fähiges Stück. <) Nr. 8700. Gezeichnet am 23. Juni 1912, Geschossen Ende Juli 1919 im Ostseebad Herings- dorf an der Pommerschen Küste. Nachricht durch Herrn Viktor Blasendorff Berlin N 6, Langenbeckstr. 13. Zeit: 7 Jahre, 1 Monat. Entfernung: ca. 105 km nach SO. Ein fortpflanzungsfähiges Stück, das in seiner Brutheimat selbst wieder gebrütet und sich nach Vollendung des Brut- geschäftes in der Umgebung umhergetrieben hat. Die Fundstellen der Werder-Lachmöven sind also in diesem Jahre: England, französische Küste, Portugal und pommersche Küste. 3. Auf dem Hemmelsdorfer See beif!Lübeck von Herrn Wilh. Blohm markiert. 8) Nr. 23741. Gezeichnet am 7. Juni 1914. Erbeutet am 3. Januar 1917 in Selaya, Provinz Santander, an der Nordküste Spaniens am Biskaischen Meerbusen. Nach einer Zeitungsnotiz. Zeit: 2 Jahre, 7 Monate, Entfernung: ca. 1050 km nach SW. Ein fortpflanzungsfähiges Stück in der Winterherberge ge- schossen. 9) Nr. 23947. Gezeichnet am 7. Juni 1914. Erbeutet am 19. November 1919 bei Geestemünde an der Wesermündung. Tot aufgefunden. Nachricht und Ring durch das Hafenamt in Geestemünde, Ring dünn geschliffen. Schrift aber tadellos erhalten. Zeit: 5 Jahre, 5 Monate. Entfernung: ca. 140 km nach W. Ein fortpflanzungsfähiges Stück, das in der Heimat gebrütet hat und auf dem Zuge nach Westen und Südwesten begriffen war. Die Fundstellen für die Lübecker Lachmöven sind dies- mal: Nordspanien und die Wesermündung. 4. Auf dem Wörthsee bei München markiert. 10) Nr. 21805. Gezeichnet am 17. Juni 1914. Geschossen am 29. November 1915 bei Barcelona von dem Spanier Mariano Canet Bella. 22 J. Thienemann: Nachricht und Ring durch das Kaiserlich deutsche General- konsulat für Spanien in Barcelona unterm 30. November 1915. Der Brief traf erst am 22. August 1919 in Rossitten ein. Er war von der britischen Zensurstelle solange zurückgehalten worden. Zeit: 1 Jahr, 5 Monate. Entfernung: ca. 1000 km nach SW. Ein nicht fortpflanzungsfähiges Stück. 5. Bei Schwandorf in der Oberpfalz von den Herrn Erwin Gebhardt und Inspeetor Braun markiert. 11) Nr. 21476. Gezeichnet am 4 Juni 1914. Erbeutet am 17 Oktober 1919 bei Plymouth, England. Nachricht durch Herrn H. F. Witherby, London. Zeit: 5 Jahre, 4 Monate. Entfernung: ca. 1150 km nach NW. Ein fortpflanzungsfähiges Stück. Es ist wieder die auffallende Zugrichtung nach NW zu be- obachten. Diese bayerische Möwe ist am 17. Oktober schon in England! 12) Nr. 27146. Gezeichnet am 4. Juni 1915. Erbeutet im Dezember 1915 in Povoa de Sta. Irla, Be- zirk Lissabon in Portugal. Nach einer Notiz im „Seculo“ vom 15. 12. 1915. Zeit: 6 Monate. Entfernung: ca 2050 km nach SW. Meldung durch Herrn W. Tait in Oporto und Herrn Dr. Hugo Mastbaum in Madrid, Alcäntara 4. Ein junges Stück. 13) Nr. 27043. Gezeichnet am 4. Juni 1915. Geschossen während der Brutzeit am 6. April 1919 im Naabecker Revier bei Schwandorf. Meldung durch Herrn Walter Sack in Chemnitz. Zeit: 3 Jahre, 10 Monate. Ein altes fortpflanzungsfähiges Stück, das zum Brüten in die alte Heimatkolonie zurückgekehrt ist. Die Fundstellen für die Schwandorfer Lachmöwen sind also in diesem Jahre: England, Portugal und die alte Heimatkolonie. 14) Unterm 9. Februar 1920 meldet Herr Konservator O0. NielsenausNykebing Falster, Dänemark, dafs eine Lachmöwe mit Rossittener Ring in seiner Nähe erbeutet worden sei. Nr. leider ganz abgeschliffen; nicht zu entzifiern. Nach den vorliegenden Erfahrungen ist es ohne Zweifel ein Rossittener Stück. Silbermöwen (Larus argentatus). 1) Nr. 4762. Gezeichnet im Juli 1910 auf dem { EEE N, Memmert bei Juist durch O. Leege. 54 | XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 28 Geschossen am 22. Juli 1919 in Greetsiel, Kreis Emden, Ostfriesland. Meldung durch den Fischer Herrn Arend Siebrands. Zeit: 9 Jahre. Entfernung: 22 km nach SO. 2) Nr. 2631 C. Gezeichnet am 13./14. Juli 1909 auf dem Memmert bei Juist durch Herrn O. Leege. Geschossen am 9. August 1919 im Hafen von Wil- helmshaven. Meldung und Ring durch Herrn Leutnant zur See Mirus und Torpedomatrose Kuska. Zeit: 10 Jahre. Entfernung: ca. 80 km nach ©. 3 Diese beiden neun- und zehnjährigen Silbermöwen sind jahrein jahraus in der Nähe der Heimatkolonie geblieben, „Grofse weilse Möwe“. Nr. 16109 D.?. Der Ring ist am 18. Dezember 1912 an Herrn v. Lucanus und von da weiter an die Obeıförsterei Johannisburg, Bez. Wiesbaden abgegangen. Die Verwendung ist nicht gemeldet worden. Auf Anfrage weils die Oberförsterei nichts mehr, von diesem Ringe. Weder Vogelart noch Markierungsort können genau festgestellt werden. Unterm 24. Mai 1919 meldet Herr Albert Collin aus Juurikorpi (Finnland) folgendes : Bei der Insel Tytärsaari im Fin- nischen Meerbusen etwas südlich von Hochland wurde Ende April oder Anfang Mai 1919 von Robbenfängern auf dem Eise ein „grofser weifser Vogel, wahrscheinlich eine Möwe“ geschossen, die diesen Ring trug. Die Inschrift leider schon sehr abge- schliffen, so dafs die Zahl nur schwer zu lesen war. (So kann also ein Lesefehler vorliegen). Die Möwe safs auf einem Kadaver und frals daran. — Im Anschlufs an diesen unsichern Fall mag noch über ein Vorkommnis berichtet werden, das mit dem Beringungsversuche in Beziehung steht und seiner merkwürdigen Begleitumstände wegen Interesse erwecken dürfte. Das englische Blatt „John Bull“ vom 24. März 1917 ent- hält folgende Notiz über eine markierte Möwe: „Eine bei Bromlay in England gefangene Möwe trug einen mit „Berlin“ gezeichneten Aluminiumring am Beine. Unsere Kenntnisse in der Naturgeschichte lehren uns, dafs Stare und Möwen keine Brieftauben sind; es mag aber sein, dafs irgend ein unterneh- mendes Volk sie für den Taubensport abrichtet. Sie sind doch erfinderisch, diese Hunnen!“ | Und wie kam diese Notiz zur Kenntnis der Vogelwarte ? Auf einem kleinen Umwege. Im Mai 1917 wurden nämlich von 24 J. Thienemanp: deutschen Truppen an der Kilwafront in Deutsch-Ostafrika englische Zeitungen erbeutet. Darunter fand Dr. Dampf, der Assistent am zoologischen Museum in Königsberg, der den Feldzug mit- machte, das betreffende Blatt, las die Notiz dort im Busch in Afrika und übermittelte sie mir dann nach Jahren. Vielleicht kann durch Veröffentlichung dieses Falles heraus- gefunden werden, wer _Ringe mit dem Aufdruck „Berlin“ ver- wendet? Flussseeschwalbe (Sterna hirundo). Nr 21547 F. Gezeichnet als junger Vogel am 7. Juli 1914 in der Brutkolonie in Ilmen bei Steinort, Ostpreulsen, durch Herrn Lehrer Quednau. > Erbeutet am 18. März 1916 bei Amieiria, River Sado, nordöstlich von Lissabon iin Portugal. Nach ‚„Seculo“ vom 25. März 1916. Meldung durch Herrn W.Tait, Oporto, an Herrn Mortensen, Viborg, der die Nachricht nach Rossiten gelangen läfst, ferner durch Herrn Dr. Mastbaum in Madrid. Zeit: 1 Jahr 8 Monate. Entfernung: ca. 2800 km nach SW. Dieser Fall ist von besonderem Interesse, weil noch nicht vielÖstpreufsische Flufsseeschwalben von auswärtszurückgemeldet wurden. Man konnte aber schon ersehen, dafs diese Art an der Küste entlang nach Westen und Südwesten zieht, genau so wie die Lachmöwen. Und der vorliegende Fall bestätigt diese Er- fahrung. Das Stück stammt aus dem Süden der Provinz Ost- preulsen. Es hat zunächst die Küste zu erreichen gesucht und ist dann nach Westen weiter gewandert. Brandseeschwalbe (Sierna cantiaca). Nr. 7718. (Möwenring E.) Gezeichnet am 6 Juli 1912 auf Mellum durch den Bund f. Vogelschutz, Ortsgruppe Kiel (Herr E. Hespe). Erlegt am 5. Juli 1919 bei Helgoland von Herrn Charles-Äuckens. Nächricht und Ring durch die Vogelwarte Helgoland. Zeit: 7 Jahre. In die Heimat zurückgekehrt. Der Ring tadellos erhalten. Gar nicht abgeschliefien. Es ist zu verwundern, dafs dieser weite Ring nicht abgefallen, denn für Seeschwalben palst Grölse F. Stockenten (Anas boschas). Die Entenmarkierungen haben noch keine festen Regeln er- geben. Es lohnt sehr, das Kennzeichnen dieser Vogelgruppe eifrig fortzusetzen. Die diesmal vorliegenden Stockentenfälle a ir ” Bee Po Der u ren nr XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 25 weisen auf ein Festhalten an der Heimat hin. Bei manchen Stücken ist es allerdings zweifelhaft, ob sie während der Zugzeit fortgewandert waren und dann zurückgekehrt sind. 1) Nr. 5854 D. Gezeichnet als junger Vogel, der mit den zahmen Enten auf dem Gutshofe aufgewachsen war, am 26. Juli 1914 inPodollen Kreis Wehlau Ostpr., durch Herrn G. v. Fr antzius. Geschossen am 1. Juli 1919 in Adl. Langendorf bei Eichen Ostpr. durch Herrn Gutsgärtner Schweighöfer. Meldung durch Herrn Huuck. Zeit: 5 Jahre. Entfernung: 2 km nach NW. An Ort und Stelle geblieben oder immer wieder dahin zu- rückgekehrt. 2) Nr. 25004 D. Gezeichnet als alter flugunfähiger Mauservogel am 12. Juli 1917 im Bärsdorf-Trach Bezirk Liegnitz in Schlesien von Herrn Förster Schaifler. Geschossen am 5. August 1919 in dem angrenzenden Revier Fuchsmühl, Dominium. Meldung und Ring durch Herrn Seminarlehrer F. Matzke. Zeit: 2 Jahre, 1 Monat. Der Erpel ist am alten Standorte geblieben oder immer wieder dahin zurückgekehrt. Ring tadellos erhalten. Das Wild- Dit von diesem 2 Jahre alten Vogel war zähe, wie Herr Matzke schreibt. 3) Nr. 24377 C. Gezeichnet als flugunfähiger Mau- servogel am 12. Juli 1919 am Ochsenweiher bei Freihalden in Schwaben durch Herrn Oberförster E. Schäffer. Gechossen am 16. September 1919 bei Markt Wald, bayr. Schwaben auf einem Weiher. Meldung durch Herrn Oberförster Jammann. Zeit: 2 Monate. Entfernung: 28 km nach SO. Die folgenden Stockenten sind alle in Lenzen an der Elbe vonHerrn Bar telt gezeichnet und durch Zufall leider schon sehr bald nach der Beringung an Ort und Stelle von demselben Herrn wieder geschossen worden. Herr Bartelt betreibt dieses Entenmarkieren mit dankenswertem Eifer und grolsem Geschick in ausgedehntem Malsstabe. 4) Nr. 24514 C. Gezeichnet am 4. Juli 1919 in Lenzen (halbwüchsig). Geschossen am 28. September 1919 auf dem Abend- zuge an der Beringungsstelle. Ist also auch während der Zug- zeit an der alten Stelle verblieben. 2, Zeit: fast 3 Monate. 26 J. Thienemann: 5) Nr. 24507 C. Gezeichnet am 29. Juli 1919 in Lenzen. Geschossen ebenda am 4. Oktober 1919 auf dem Abendzuge. Zeit: 2 Monate, 5 Tage. Entfernung: 6 km. 6) Nr. 23897 C. Gezeichnet am 6. Juli 1919 7 Wochen alt. War im Stalle ausgebrütet worden; 300 m von der Elbe entfernt ausgesetzt. Geschossen am 1. August 1919 an der Elbe, 300 m von der Aussetzungsstelle entfernt. War noch nicht flügge; ist also die 300 m über Land abgewandert. Zeit: 25 Tage. 7; 8; 9; 10) Nr. 24509 C; 24510 C; 24513 C; 24516 C. Sechs Stück aus einem Schoof am 2. August 1919 an der Elbe beringt; fast ausgewachsen. Der Schoof verschwand dann von der Bildläcke. Am 18. August 1919 wurden 8 Enten vor Herrn Bartelt hoch, von denen 5 mit der Browning herunterge- schossen wurden; darunter die obigen 4 Nummern. Zeit: 16 Tage. 11; 12) Nr. 24530 C; 26473 D; Am 23. Juni 1919 fand Herr Barteit ein Märzentennest mit Eiern. Am 15. Juli wurden 4 von den ausgefallenen Jungen etwa 600 m von der Elbe ent- fernt beringt. Bis zum 25. Juli wurde der Schoof noch beobachtet, dann war er verschwunden. Am 30. Juli brachte der Hund die Nr. C. 24530 auf einer etwa 3 km entfernten Lache und am4.August dieselbe Nr. nochmals, ebenso Nr. 26473 D. auf einer 2 km landeinwärts gelegenen Lache. Den Weg hierher kann der Schoof nur über Land gemacht haben. Die Enten waren am 4. August ziemlich ausgewachsen. Die Alte war bis dahin beim Schoofe gewesen und wurde an dem Tage leider abgeschossen. Die Enten waren, so lange die Alte bei ihnen war, ziem- lich schnell herangewachsen und hatten sich weit umhergetrieben, von einer Lache zur andern. Jetzt, nachdem die Alte weg war, blieben sie an Ort und Stelle, obgleich es sich nur um einen etwa 60 m langen und 2 m breiten Graben handelte. Am 23. August, wo wieder ein Stück zufällig geschossen wurde, waren die Enten dieses Schoofes voll ausgewachsen und gut genährt. Sie fogen sehr schwer auf und mufsten erst vom Hunde herausgestofsen werden. Ohne Hund waren sie überhaupt schwer zum Aufstehen zu bringen. Ferner hat Herr Bartelt bei seinen zahlreichen Entenmar- kierungen die Erfahrung gemacht, dafs die Störung, die mit der Beringung verbunden ist, sehr übel genommen wird, so lange die Alte dabei ist, Br + al. , Zu | | | XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten 27 Die Enten wandern oft weg. Sobald sie aber flügge sind, kehren sie oft, und namentlich auf dem Abendzuge, an die alte Stelle zurück. 'Löffelente (Spatula clypeata.) Nr. 26768 D. Gezeichnet als junger fast flügger Vogel am 29. Juli 1919 bei Lenzen an der Elbe von Herrn Bartelt. Geschossen am 20. September 1919 bei Altenwerder bei Hamburg durch Herrn W. Wegener. Zeit: fast 2 Monate. Entfernung: ca. 110 km nach NW. Instruktiv ist der Vergleich mit den vorhergehenden März- _ enten von Lenzen. Da waren Stücke von zwei und drei Monaten, die noch an der Geburtsstelle festsafsen. Und diese Löffelente ist mit 2 Monaten schon 110 km entfernt, in einem ganz anderen Gebiete. Pfeifente (Anas penelope). Nr. 19342 C. Ring mit anderen Ringen zusammen am 13. Februar 1913 an von Lucanus zur Verteilung an die Preufsischen Oberförstereien geschickt. Verwendung ist nicht gemeldet. Ort und Zeit der Markierung leider unbekannt. Auf eine in Jäger- zeitungen erlassenen Anfrage bis jetzt noch kein Bescheid. Eine Pfeifente mit diesem Ringe wurde am 14. Januar 1916 bei Foxford County Mayo in Irland geschossen. Nachricht untern 10. Oktober 1919 durch Herrn A. Landsborough Thomson, Natural History Departement University, Aberdeen Scotland. Zeit und Entfernung sind leider nicht festzustellen. Kriokenten (Anas crecca). 1; 2) Nr. 27276 E; 28363 E. Von einem aus 7 Stück bestehenden Schoof Krickenten, der am 11. Juli 1919 in fast függem Zustand in Lenzen an der Elbe durch Herrn Bartelt markiert worden war, wurden schon am 18. Juli auf dem Abendzuge die zwei obigen Nummern nicht weit von der Beringungsstelle herausgeschossen. Zeit: 7 Tage. Kampfläufer (Pavoncella pugnax). Nr. 27509 F. Gezeichnet als junger Vogel am 9. Juli 1919 bei Vitte auf Hiddensöe von Herrn Oberpfarrer Dr. F. Lindner. Erbeutet ebenda am 3. August 1919 1/, km vom Be- ringungsorte entfernt. Meldung und beringter Ständer durch Herrn Lehrer Gutzmann. 28 J. Thienemann: Zeit: 25 Tage. Entfernung: 1!) km. Grünfüssiges Teichhuhn (Gallinula chloropus). Nr. 28362 E.E Im XVIL Jahresberichte der Vogelwarte Rossitten S. 340 ist unter dieser Nummer ein Bläfshuhn (Fulica atra) aufgeführt. Nach neuester Mitteilung des Herrn Bartelt handelt es sich um ein Grünfüfsiges Teichhuhn. Dies zur Berichtigung. Das Teichhuhn war am 12. August 1916 bei Lenzen an der Elbe als junger Vogel beringt und nach 2 Monaten 13 Tagen ebenda wieder erbeutet, befand sich also Ende Oktober noch an Ort und Stelle. Ringeltaube (Columba palumbus). Nr. 5273. (Krähenring). Gez. als junger Nestvogel am 31. Mai 1914 in Rinau Bez. Königsberg i./Pr. im Jagen 4 durch Herrn Förster Klemusch. Geschossen aml. Oktober 1916 bei Commenda bei Montefiascone in der Umgebung von Viterbo in Mittel- italien von einem Abonnenten der Zeitschrift „Diana“, Nachricht unterm 14. Oktober 1919 durch die Schriftleitung der Zeitschrift Diana (‚Field d’Italia“) Florenz via Cavour. 5. Zeit: 2 Jahre, 2 Monate. Entfernung: ca. 1500 km nach SW. Der Fall ist von besonderem Interesse, erstens weil aus Mittelitalien aufser Möwen bisher recht wenig Ringvögel eingeliefert wurden, und zweitens weil es die erste ostpreufsische Wildtaube ist. Also nach Italien führt der Weg. Wie mag die Taube ge- zogen sein? Entweder direkt nach Süden über’s Festland, die Alpen rechts liegen lassend, zunächst nach Oberitalien, oder der Reiseweg ist teilweise mit der Zugstrafse der schlesischen Turtel- tauben zusammengefallen, die durch den Ringversuch bereits auf- gezeichnet wurde: Breslau, Epirus, Sizilien. Nur mülste unsere Ringeltaube eher nach Westen abgebogen sein. Die sächsischen Ringeltauben ziehen nach Südwestfrankreich. Sperber (Accipiter nisus). 1) Nr. 27221 E. Gezeichnet als junger Vogel im Horst am 29. Juni 1915 bei Kaltenbach, Kanton Thurgau, Schweiz, am Ausflufs des Rheins aus dem Untersee gelegen, von Herrn Karl Stemmler-Vetter in Schaffhausen. Es waren 5 Junge im Horste, die sämtlich beringt und photographiert wurden. Herr Stemmler schickt die Bilder ein. Erbeutet im Dezember 1916 bei Bucellas bei Lissabon, Portugal von Manuel Mendes Freixial. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 89 „Seculo* 28. Dezember 1916. Nachricht durch Herrn W. Tait-Oporto. Zeit: 1 Jahr, 6 Monate. Entfernung: ca. 1750 km nach SW. Der Sperber hat, obgleich im Süden geboren, eine weite Winterreise unternommen. 2) 28320 EE Gezeichnet als fast flügger Horstvogel Ende Juni 1916 im Revier Gierath der Staatsoberförsterei Königsforst Bezirk Cöln etwa 10 km östlich von Cöln durch Herrn Lehrer Grunow. Der Horst euthielt 4 Junge, von denen zwei bereits so flugfähig waren, dafs sie beim Besteigen des Horstes entkamen. Die beiden andern wurden beringt. Erbeutet am 23. Oktober 1916 drei km von Aveiro ent- fernt, an der Westküste von Portugal durch Jose Maio. „Commercio do Porto“ 28. 10. 1916. Der Vogel ist als „Hawk“ und „Kestrel“ bezeichnet. Nachricht durch Herrn C. Tait, Oporto. Zeit: ca. 4 Monate. Entfernung: ca. 1650 km nach SW. Auch dieser Sperber hat eine weite Reise nach SW. unter- nommen und war schon am 23. Oktober so weit von der Heimat entfernt. Um diese Zeit ist der Sperberzug hier auf der Nehrung a im Gange. Sperber erweisen sich als ausgeprägte Zug- vögel. Mäusebussard (Buieo buteo). Nr. 24811 C. Gezeichnet am 2. April 1919 als alter Vogel in Stobben bei Steinort Kreis Angerburg Ostpreufsen durch Herrn Lehrer Quednau. Geschossen ebenda überm Uhu am 14. September 1919 von demselben Herrn. Beringter Fang eingeschickt. Ein Schrot- korn ist auf den Ring aufgeschlagen, einen tiefen Eindruck hinterlassend. Zeit: 5 Monate, 12 Tage. Wohl Standvogel. Gabelweihe (Milvus milvus). Nr. 27570 C. Wurde vom 8. bis 12. Juli 1919 als junger Vogel von Herrn Dr. Stadler in Wiesenfeld bei Lohr am Main im Käfig gehalten und dann aufgelassen. R Geschossen am 27. August 1919 bei Aschaffen- urg. Nachricht durch Herrn Anton Büttner. Zeit: 1 Monat, 15 Tage. Entfernung: ca. 30 km nach SW. Hat sich in der weiteren Umgebung des Beringungsortes umhergetrieben. 30 J. Thienemann: Schwarzer Milan (Milvus migrans). Nr. 203812 C. Gezeichnet als Dunenjunges im Horst am 15. Juni 1913 im Landkreise Königsberg i,/Pr. durch Herrn Lehrer R. Blochberger. Erlegtam7.Juni 1919 inKallen beiFischhausen Ostpr. durch Herrn Förster Hirsch. Ring wird eingeschickt. Gar nicht abgenutzt. Zeit: 6 Jahre. Entfernung: ca. 32 km nach W. ist in die Umgebung seines heimatlichen Nestes immer wieder zurückgekehrt. Turmfalk (Oerchneis tinnunculus). Nr. 30301 EE Gezeichnet als Nestjunges im Horst am 1. Juli 1919 bei Leipzig durch Herrn Hellmut Schmidt-Tube. Tot aufgefunden am 9. August 1919 bei Grofsstädteln Post Gaschwitz bei Leipzig. Der Vogel hatte sich an den Telegraphendrähten totgeflogen. Meldung durch Herrn Förster Rost. Zeit: 1 Monat, 9 Tage. Vorläufig in nächster Nähe des heimatlichen Nestes ge- blieben. ' Eine „Eule“, Nr. 20402 C. Den Ring hat Herr Steinmetz im Sommer 1913 erhalten und dann mit nach Hiddensoe genommen. Er ist, wie Heer Steinmetz schreibt, jedenfalls von einem der vielen Besucher genommen und verwendet worden. Eine bestimmte Notiz liegt nicht vor. — Eine „Eule“, die diesen Ring trug, wurde am 10. August 1919 bei Neustrelitz in Mecklenburg geschossen. Meldung und Ring durch Herrn cand. Math. Wilh Kirch- ner, Rostock i./M., Augustenstr. 561. Die Art konnte nicht ermittelt werden. Schade, dafs der Fall so unsicher ist und keine Schlüsse zuläfst. Eulen haben sich (aufser Sumpfohreulen) bis jetzt als sehr seflshaft erwiesen. Wenn diese Eule wirklich in Hiddensoe markiert ist, so wäre sie etwa 130 km nach S. gezogen. Viel- leicht hat der Besucher den Ring mit nach Hause genommen und dort verwendet. Rauchschwalbe (Hirundo rustica). Eine Rauschwalbe, die Herr Studienrat Trincker am 14. Juni 1918 in Kamputschen bei Blumenthal Kr. Inster- burg Ostpr. markiert hatte, wurde ebenda im Sommer 1919, also nach einem Jahre, wieder beobachtet. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. - 81 Unterm 7. September 1919 meldet Herr Trincker weiter, dals von den im Jahre 1918 in Kamputschen beringten Schwalben im Sommer 1919 mehrere an denselben Nestern wieder festgestellt seien. Immer die alte Beobachtung von der Rückehr der Schwalben in ihrer engste Heimat. Mehlschwalbe (Delichon urbica). Nr. 27949 F. Gezeichnet als junger Nestvogl am 28. Juni 1919 in Kl. Guja Kreis Angerburg Ostpr. durch Herrn von Sanden. Am 25. September 1919 in Steinort ÖOstpr. ge- fangen und wieder frei gelassen. Nachricht durch Herrn Förster Krentz. Zeit: 3 Monate. Entfernung: ca. 26 km nach SO. Hat sich noch in der Umgebung des Heimatnestes aufge- halten. Später Termin. Grauer Fliegenschnäpper (Muscicapa grisola). Herr Erwin Gebhardt in Nürnberg meldet, dafs junge Fliegenschnäpper, die am 1. Juli 1919 beringt waren, noch bis zum 26. Juli an Ort und Stelle einzeln beobachtet wurden. Dann verschwanden sie mit den Alten. Stare (Sturnus vulgaris). a) Die Kurländischen Stare ziehen nach Westen bis Irland. 1) Nr. 24603. Gezeichnet als junger Vogel im Neste am 3. Juni 1916 auf dem Gute Ladsern, Kreis Talsen, Kurland, durch Herrn v. Frantzius. Fünf junge Stare waren im Neste, das unter dem Pfannendache des Gutshauses stand. Erf’oren aufgefundenbeillonmelinlIrland, Nach derselben Notiz in der Zeitung „John Bull“ vom 24. März 1917, die oben auf Seite 23 im Anschlufs an die Rubrik „grofse weilse Möwe‘ angeführt wurde. Als Ringauf- schrift ist in der Notiz angegeben: „Vogelwarte Rositten 34603.“ So hohe Nummern sind noch garnicht ausgegeben. Es mufs heilsen 24603. Zeit: unbestimmt; etwa 9 Monate. Entfernung: ca. 2000 km nach W. Der erste baltische Star aus Irland. Bis jetzt war England für diese Stare die weiteste Winterherberge. 82 J. Thienemann; 2) Nr. 24609 FE. Gezeichnet am 5. Juni 1916 in der Gemeinde Sarzen, Kreis Talsen Kurland durch Herrn von Frantzius. Tot aufgefunden am 14. März 1919 bei Cashel Gsch. Tipperary Irland. Nachricht durch Herrn Witherby, London. Zeit: 2 Jahre, 9 Monate. Entfernung: ca 2000 km nach W. Dieser und der vorhergehende Star, die beide aus dem- selben Brutgebiete in Kurland stammen und fast gleichzeitig markiert worden waren, wurden in verschiedenen Jahren in der- selben eng begrenzten Winterherberge in Irland aufgefunden, denn Clonmel und Cashel liegen nur etwa 21 km auseinander. Die Vögel ein und derselben Brutheimat haben also immer die- selbe Winterherberge aufgesucht. Zwei bemerkenswerte Fälle, die wieder als Beweis dafür dienen können, wie bekannt und geläufig den Zugvögeln die Reisewege werden müssen, wenn sie immer und immer wieder auf ihnen hin und her wandern. Ebenso müssen die Zugvögel nach und nach mit den Verhält- nissen in ihren Winterherbergen ganz vertraut werden. b) Die mitteldeutschen Stare ziehen nach Portugal. 8) Nr. 16322 F. Gezeichnet im Jahre 1914 in Behns- dorf, Bezirk Magdeburg, Prov. Sachsen. Erbeutet am 22. Januar 1916 in Tortozendo Bz. Castello Branco etwal80 km nordöstlich von Lissabon, von Jose Laco Pinto nach „Seculo* 28. 1. 16. Meldung durch Herrn W. M. C. Tait, Öporto, Zeit: 1 Jahr und ca. 7 Monate. Entfernung: ca. 2000 km nach SW. Der erste mitteldeutsche Star, der aus weiter Winter- herberge eingeliefert wird, und zwar aus Portugal. Bisher lagen nur die Reisewege und Winterherbergen der norddeutschen und baltischen Stare vor, die in England und Irland zu suchen sind. Ob die Magdeburger Stare übers Festland nach SW. ge- wandert sind, oder erst nach Westen zur Küste und dann die Küste als Richtschnur haltend nach SW,, läfst sich bis zur Fest- stellung von Zwischenstationen nicht genau entscheiden. Auf den letztgenannten Weg weist vielleicht ein in Hannover mar- kierter Star hin, der in Holland erbeutet wurde. c) Die Stare kehren in ihre Heimat zurück. ..&) Nr. 25137. F. Gezeichnet als flügger Junger am 20, Mail918 in Volkmanndorf Kreis Neisse, Schlesien durch Herrn Melcher in Zaborze. XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 33 Geschossen beim Kirschenrauben am 15. Juli 1919 in Hillersdorf Friedland Bez. Oppeln Schlesien. Nachricht und Ring durch den Kirschenpächter Herrn Krusch Zeit: 1 Jahr, 2 Monate. Entfernung: ca. 8 km. In die Heimat zurückgekehrt. Haussperling (Passer domesticus). 1) Nr. 16103. S' ad. Beringt am 24. Oktober 1916 von Herr Erwin Gebhardt in Nürnberg. Beobachtet am gleichen Orte den ganzen Sommer 1919. Kam so nahe an’s Küchenfenster dafs man die Ringnummer lesen konnte. 3 Jahre an ein und derselben Stelle verblieben. 2) Nr. 29034; F; 0. Gezeichnet am 18. Oktober 1919 in Stettin-Neuwestend Johannesplatz 5 von Herrn Reg. Bau- meister E. Schulz. Der Herr schreibt dazu, dafs Haus- sperlinge am Fangbauer bald Erfahrungen sammeln und nicht so oft hineingehen wie z. B. Meisen. Erbeutet am 7. November 1919 in Warsow Post Züllichow bei Stettin durch Herrn Obergärtner H. Paul. Zeit: 20 Tage. Entfernung: 4 km. Hat sich im Herbst in der Umgebung umhergetrieben. Buchfink (Fringilla coelebs). Der von Herrn Lehrer Müller in Eberswalde im Jahre 1917 markierte Buchfink, der schon im vorigen Jahresberichte erwähnt wurde, hat auch im Jahre 1919 in demselben Garten genistet. Nun schon das dritte Jahr an ein und derselben Stelle. Grünling (Chloris chloris). Nr. 23694. S'ad. Beringt am 2. April 1919 von Herrn Erwin Gebhardtin Nürnberg. Verendet aufgefunden am 12. Oktober, 1919 in Ziegelstein, 31/, km vom Beringungsorte entfernt. Meldung und Ring durch Herrn Julius Schneider, 1. Vors. des Vereins „Waldvögel“, Nürnberg-Steinbühl. Zeit: 6 Monate, 10 Tage. Entfernung: 31, km nach N. Den ganzen Sommer über an derselben Stelle geblieben. Nr. 20910. Gezeichnet am 23. Januar 1919 in Frei- halden in Schwaben durch Herrn Oberförster Schäffer. Journ. f. Orn, LXIX, Jahrg. Januar 1921, 3 r 4 84 J. Thienemann: Wiedergefangen ebenda am Futterplatze am 1. April 1919 bei 30 cm Schnee. Zeit: 2 Monate, 9 Tage. Kohlmeise (Parus major). 1) Nr. 19905. G. Gezeichnet am 2. März 1919 in Hermsdorf bei Berlin durch Herrn Neunzig. Erbeutet ebenda am 10. Oktober 1919 in einer Mause- falle. Nachricht und beringten Fufs durch Herrn Stadtsekretär Eduard Difselmann und durch die Schriftleitung der „Herms- dorf-Weidmannsluster Zeitung“. Zeit: 7 Monate, 8 Tage. An ein und derselben Stelle geblieben. 2) Nr. 23875 G. Gezeichnet am 15. November 1919 durch Herrn Manfred Grote in Berlin-Friedenau, Wies- badenerstr. 4 1. Erbeutet am 28. Januar 1920 ebenda am Haus schräg gegenüber. Nachricht nebst Ring von Frau Eugenie Epp ler. Zeit: 2 Monate, 13 Tage. Während der Wintermonate an ein und derselben Stelle geblieben. 3) Nr. 16153. 0‘ ad. Dieser Vogel, der am 1. November 1918 von Herrn Erwin Gebhardt in Nürnberg Sulzbacherstr. 54 markiert worden war, ist schon im XVIIIl. Jahresberichte er- wähnt, und zwar als wiedergefangen am 26. Dezember 1918, nach 56 Tagen. Jetzt liegt ein neuer Fang vom 9. Februar 1919 vor, also nach 3 Monaten, 8 Tagen. 4) Nr. 16128 Q@ ad. Beringt am 10. November 1918 ebenfalls von Herrn Gebhardt in Nürnberg. Wiedergefangen am 9. Februar 1919, also nach 3 Monaten. Dann tot aufgefunden im Garten am 6. April 1919, also fast 5 Monate . nach der Beringung. Den ganzen Winter über am gleichen Orte geblieben. Die alten Meisen sind Standvögel. Bein und Ring tadellos. Sumpfmeisen. 1) Nr. 23751 G. Gezeichnet am 11. Oktober 1919 in Friedenau bei Berlin von Herrn Manfred Grote. Wiedergefangen ebenda am 27. Oktober 1919 an einer Wohnung, die 300 m eutfernt liegt (bei Herrn Rechnungsrat Gravenhorst)- Zeit: 16 Tage. Entfernung: 300 m. | | | | | XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 35 2) 23746. Gezeichnet an derselben Stelle wie die vorhergehende am 26. Juni. 1919. Den ganzen Sommer 1919 hindurch ebenda beobachtet, auch öfters wiedergefangen, und schliefslich wiedergefangen am 17. Januar 1920 und folgende Tage nach 7 Monaten. — Es folgen drei Sumpfmeisen, die in Nürnberg von Herrn E. Gebhardt markiert sind: 3) Nr. 23597 ad. Beringt am 2. März 1919. Wiedergefangen am 3. April nach 1 Monat und am 16. April nach 45 Tagen. Beobachtet mit Gatten bis 4. Juni 1919. Hat vielleicht in der Nähe gebrütet. Junge aber nicht beobachtet. 4) Nr. 23594. ad. Beringt an derselben Stelle wie die vorhergehende am 26. Dezember 1918. Wiedergefangen am 1. Februar 1919 nach 1 Monat 5 Tagen ; ständig beobachtet bis 1. März 1919, also 2Monate, 3 Tage. 5b) Nr. 23595. ad. Beringt an derselben Stelle wie die vorhergehende am 3. Januar 1919. Wiedergefangen nach 6 Tagen; ständig beobachtet bis 31. März 1919. Wiedergefangen am 14. Dezember 1919, also nach 11 Monaten 11 Tagen. War schon wochenlang vorher zu beobachten und leicht kenntlich, da am linken Fufse beringt. An Ort und Stelle verblieben. — Kleinvögel. (Kohlmeisen, Blaumeisen, Sumpfmeisen, Rotkehlchen, Trauerfliegenschnäpper.) Auch die Herren stud. phil. Rudolf Neunzig in Herms- dorf bei Berlin und Rittmeister Wegener in Danzig- Langfuhr haben das Fangen und Markieren von Kleinvögeln am Futterplatze sehr eifrig und mit grofsem Geschick betrieben. Auch ihre Resultate weisen darauf hin, dafs sich diese Vögel immer und immer wieder an derselben Stelle und mit denselben Fangapparaten in kurzen Zwischenräumen fangen lassen. Es liegen z. B. vor zwei Kohlmeisen mit 2 Tagen und mit 1 Monat, 21 Tagen; eine Blaumeise mit 11 Tagen; eine Sumpfmeise mit 40 Tagen; ein Rotkehlchen mit 1 Tage; auch Trauerfliegenschnäpper, die sehr bald nach der Beringung an derselben Stelle wieder gefangen wurden. Heckenbraunelle (Accentor modularis). Nr. 22087 G. Gezeichnet als junger Vogel im Neste am 10. Mai 1918 in Münster in Westfalen durch Herrn Kuhk jun. Geschossen ebenda am 25. August 1919 in einem städtischen Garten. Wurde mit einen Sperlinge verwechselt. 3% 86 J. Thienemann: Meldung und Ring durch Herrn Studienassessor Dr. Kuhl- mann, Münster i/W., Mecklenbeckerstr. 11. Zeit: 1 Jahr, 3 Monate, 15 Tage. An die Geburtsstelle zurückgekehrt. Deutsche Singdrossel (Turdus musicus brehmi). Nr. 26481 F. Gezeichnet im Juni 1919 in Göttingen durch Herrn B. Quantz. Erbeutet im September 1919 ebenda. Nachricht und Ring durch Herrn Architekt Rud. Hannig. Zeit: 3 Monate. Entfernung: Vorläufig in der Heimat verblieben. War im September noch nicht fortgezogen. Amsel (Turdus merula). 1) Nr. 28099 F. Gezeichnet am 27. Juli 1919 als junger Vogel, der schon ausgeflogen war, in der Heil- und Pflege- anstalt Lohr a/Main Unterfranken durch Herrn Werkmeister Schwind, Geschossen am 18. September 1919 beim Plündern eines Birnbaumes in einem Garten in Lohr, also ganz in der Nähe der Auflafsstelle.e Nachricht und beringten Fufs durch Herrn Dr. Stadler. Zeit: 2 Monate. War Jungvogel in September noch im der Heimat. 2%; 35 4) Nr. 28021, 28023 und 28025. Von diesen drei jungen Amseln, die am 24. April 1919 ebenfalls in Lohr a/Main beringt waren, wurde die eine am 6. Mai, die andere am 25. Juni, die dritte am 25. Juli ebenda noch angetroffen. Bis Ende Juli als Jungvögel noch in der Heimat beobachtet. 5) 26480 F. Gezeichnet als Jungvogel am 3. Juni 1919 in Göttingen durch Herrn B. Quant. Geschossen ebenda beim Kirschenrauben am 27. Juni 1919, also nach 24 Tagen. Nachricht durch Herrn Prof. Sethe. Eine sofortige Abwanderung der jungen Amseln nach dem Flugbarwerden wird durch die diesmal vorliegenden Fälle, die sich auf Westdeutschland beziehen, nicht bewiesen. Noch in der zweiten Hälfte des September wird eine Jungamsel in der Heimat angetrofien. Gartenrotschwanz (Erithacus phoenicurus). 1) Ein am 18. Juni 1919 von Herrn “Erwin Gebhardt in Nürnberg beringter junger Gartenrotschwanz wurde am gleichen Orte bis 25. Juni noch beobachtet und verschwand dann mit den tw XIX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten, 37 Alten. Herr Gebhardt bemerkt dazu: „Dieses Verschwinden der Gartenrotschwänze gleich nach dem Flüggewerden der Jungen wurde von mir schon seit Jahren beobachtet. Gleiches berichtet Prof. Dr. Ries-Bamberg von Bamberg in seinen „Vögeln Bambergs‘“ Seite 337. (22./23. Bericht der Naturforschenden Ge- sellschaft Bamberg 1915). — 2) Herrn B. Volz in Hermsdorf bei Berlin schreibt über einen ungewöhnlich vertrauten Gartenrotschwanz folgendes an die Vogelwarte: „Von einem in Nachbargarten nistenden Rotschwanzpaare fing ich am 16. Mai 1919 das Männchen und liefs es nach der Beringung sofort frei. In den nächsten Tagen nahm der Vogel wiederholt Mehlwürmer von dem Fensterbrett vor dem Kammer- fenster auf. Er wurde dann am 7. Juni wiedergefangen und über Nacht in einem Kistenkäfig gehalten, der 1!/, Meter vom beständig offenen Kammerfenster entfernt stand. In der nächsten Zeit holte sich der Vogel täglich die Mehlwürmer aus dem Kisten- käfig, dessen Tür (ca. 15 cm breit und hoch) stets geöffnet war. Hierbei wurde er durch Zuziehen der Tür aus dem Nebenraume wiederholt gefangen (am 11., 15., 16., 23. und 25. Juni) und bis- weilen über Nacht zurückbehalten, um nach Feststellung der Ringnummer am nächsten Morgen freigelassen zu werden. Am 28. Juni wurde er um 6 Uhr morgens im Garten und um 7 Uhr eine Stunde später im Kistenkäfig gefangen und 4 km von der Fangstelle um 9 Uhr im Walde bei stürmischem Wetter und be- wölktem Himmel freigelassen. Um 13, Uhr nahm er schon wieder die Mehlwürmer aus dem ihm vertrauten Kistenkäfig auf und konnte um 3!/, Uhr gefangen und seine Identität festge- stellt werden. Am 30. Juni wurde er über Nacht im Käfig zurückbehalten, desgleichen am 3. Juli. Am 4. Juli morgens nahm ich den Vogel nach Berlin mit und liefs ihn dort in der Invalidenstr. frei. Er setzte sich in ein Gebüsch bei der Land- wirtschaftlichen Hochschule. Von da ab erschien er nicht wieder vor dem Kammerfenster. Vielleicht kehrt er im nächsten Jahre an seinen Nistort zurück.“ Sprosser (Erithacus philomela). Gelegentlich eines; Vortrages, den der Verfasser am 6. Februar 1920 im „Verein der Vogelliebhaber in Königsberg i./Pr.“* hielt, machte ihm Herr Zimmermeister Mohns aus Königsberg, ein begeisterter Vogelpfleger, folgende interessante Meldung: 1) Am 10. Mai 1914 wurde in Neuhäuser im Samland ein Sprosser mit dem Schlagnetz gefangen, mit einem kleinen Kupferring am Bein versehen und sofort wieder aufgelassen. Im Mai 1915 wurde derselbe Sprosser fast genau an derselben Stelle wiedergefangen. 38 Reichenow: 2) Noch ein zweiter solcher Fall liegt vor von einem Sprosser, der am 3. oder 4. Mai 1916 bei Rauschen im Samland gefangen war. Der Netzbügel hatte dem Vogel das Bein zerschlagen. Im Mai 1917 wurde anscheinend derselbe Sprosser, der an seinem schadhaften Beine kenntlich war, an derselben Stelle wieder gefangen. Die Vögel waren also immer aus der Winterherberge an ihren alten Standort zurückgekehrt. \ Diese beiden Fälle sind allerdings nicht durch nummerierte Ringe einwandfrei bewiesen. Da aber der Beringungsversuch für eine ganze Reihe von Vögeln die Rückkehr in die Heimat festgestellt hat, und zwar auch für solche Arten, die dem Sprosser sehr nahe stehen, so darf man auf Grund der beiden erwähnten Bone dieselbe Gewohnheit gewifs auch für den Sprosser an- nehmen, Über Buteo vulpinus Leht. Von Reichenow. In seiner Abhandlung über die Avifauna des westlichen Pripjet-Sumpfes, Journ. f. Orn. 1920 S. 355, hat Graf Zedlitz, einem nicht näher begründeten Vorgange Dr. Stresemanns folgend, für den nordrussischen Steppenbussard den Namen vulpinus Gloger (ex Lichtenstein M. S.) angewendet und fängere Erörterungen daran geknüpft. Damit wird ein Name in die Nomenklatur ein- geführt, der höchst anfechtbar ist und vor dessen Weiterver- breitung schleunigst gewarnt werden mulfs. Dr. Stresemann hat als erster in seiner „Avifauna Macedo- nica“ (S. 220) den Steppenbussard Buteo buteo vulpinus (Glog.) genannt und sich auf „Gloger, Abändern der Vögel durch Ein- flufs des Klimas 1833 S. 141“ bezogen. Die Stelle lautet: „9. Der Mäusebussard. Falco buteo L. Im Norden sehr oft ins Weifsliche fallend, mit nicht vielem Braun gefleckt; — aber nie so im Süden. Hier vielmehr immer dunkler schwarzbraun, und beinahe schwarz; die rostgelben und roströthlichen Kanten der Federn immer dunkler und breiter; der bei unserem schon öfters rostroth angeflogene oder gebänderte Schwanz an der Wurzel, der Bauch, und die Hosen, bei den afrikanischen häufig rost- und bisweilen rothbraun, schwarzbraun gemischt. (Falco tachardus Daud.,? Falco vulpinus Lcht., Buteo tachardus Dumont).“ Es ergibt sich hieraus doch ganz klar, dafs Gloger nicht die Artbezeichnung vulpinus für die von ihm beschriebene afrikanische Abänderung des Mäusebussards einführen wollte, sondern den Namen Falco vulpinus Lcht. nur als ein Synonym Über Buteo vulpinus Leht. 89 zu F. tachardus Daud., noch dazu als ein fragliches, an- geführt hat. Dr. Stresemann war auch nicht berechtigt, als „terra typica Südostafrika zu fixieren“, denn Lichtenstein hat seinen Namen Buteo vulpinus, freilich als „nomen nudum“, selbst veröffentlicht (Nomenclator Avium 1854 S. 3) und als Vorkommen der Art. „Kafferland“ angegeben. Dagegen hat Gloger nach der oben wiedergegebenen Stelle sich keineswegs „auf die von Krebs ge- sammelten Stücke vom Kaffernland im Berl. Mus.“ bezogen, wie Graf Zedlitz irrtümlich angibt. Was nun die 4 im Berliner Museum befindlichen, von Krebs im Kaffernland gesammelten Vögel betrifft, so ist zunächst die Bemerkung hinfällig, dafs „nicht festzustellen sei, ob ur- sprünglich mehr vorhauden waren“ und „vielleicht ursprünglich zu der Serie noch andere rötere Exemplare gehörten, welche heute nicht mehr erhalten, vertauscht oder sonstwie wegge- kommen sind“. Wie der Museums-Katalog nachweist, sind s. Z. nur 4 Stücke in das Museum geliefert, und Lichtenstein führt im „Nomenklator Avium“ auch nur diese 4 Vögel auf und zwar 3 als Buteo vulpinus, 1 als B. tachardus. Von den 4 Museums- vögeln sind 3 gröfser, augenscheinlich Weibchen, und vermutlich die von Lichtenstein B. vulpinus bezeichneten Stücke, das vierte ist kleiner, augenscheinlich Männchen, hat rötlicheren Schwanz und auch rötlichere Federsäume auf dem Rücken und könnte auf den B. iachardus Lichtenstein bezogen werden. Doch das sind Vermutungen und zur Benutzung für die Nomenklatur ohne jegliche Bedeutung. Wenn die Herren Dr. Stresemann und Graf Zedlitz „ex Lichtenstein M. S.“ schreiben, so ist das ungenau. Dafs die von Gloger benutzte Lichtensteinsche Bezeichnung Manuskriptname sei, läfst sich nur vermuten, nicht als gewifs annehmen; denn es könnte immerhin — wenn es auch nicht sehr wahrscheinlich ist — eine Stelle im Schrifttum gefunden werden, wo Lichten- stein den Namen vor Gloger veröffentlicht hat. Anschliefsend möchte ich noch einen Vorwurf richtig stellen, den mir Graf Zedlitz in derselben Arbeit S. 371 macht. Unter Asio flammeus heilst es: „Wenn Reichenow 1918 den Namen accipitrinus benutzt, so setzt er sich in Gegensatz zu seiner Ausführung J. f. O. 16, 348, wo flammeus die Priorität zuer- kannt wird.“ Es liegt hier aber keineswegs ein Widerspruch, vielmehr eine Unachtsamkeit des Herrn Kritikers vor, der die von mir in der Novembersitzung 1917 der D. O. G. dargelegte, im Journ. f. Orn. 1918, 116 veröffentlichte Begründung meiner Namenänderung nicht gekannt oder nicht berücksichtigt hat. Wie ich an der angegebenen Stelle ausgeführt, habe ich den “zunächst auf Harterts Autorität hin angenommenen Namen flam- meus wieder verworfen, nachdem ich Gelegenheit gehabt, das 40 E. Hesse: Coccysies und Oxylophus. Pontoppidansche Werk einzusehen, und gefunden, dafs darin die binäre Nomenklatur nicht folgerichtig durchgeführt ist, die in dem Werk gebrauchten Namen deshalb — wie das in derartigen Fällen stets geschieht — verworfen werden müssen, Coccystes und Oxylophus. Von Dr. Erich Hesse. Unter „Coccystes, Gloger 1842“ gibt Koenig im Journ. f. Orn. 1920, Sonderheft p. 8 Anmerkg. 2, folgenden Vermerk: „Obschon dieser von Swainson aufgestellte Name“ — Ozylo- phus — „zuerst gegeben wurde, erfreut sich der von Gloger aufgestellte Name Coceystes allgemeiner Annahme und Anwendung“. Der Name Coceystes ist jedoch von Gloger bereits 1834 ge- schaffen in: „Vollständiges Handbuch der Naturgeschichte der Vögel Europas, mit besonderer Rücksicht auf Deutschland,“ 1. Teil. Breslau 1834; p. 449 steht: „Coccystes glandarius mh.“ Der Titel des 1842 erschienenen Werkes von Gloger, in dessen I. Band p. 203 der Name Coccystes ebenfalls aufgeführt ist, heifst dagegen: „Gemeinnütziges Hand- und Hilfsbuch der Naturge- schichte.“ Mithin hat Coceystes Gloger 1834 ohnehin Priorität vor Oxylophus Swainson 1837 (Natur. History a. Classific. Birds, Vol. II, 322). Shelley führtim Catal. Birds Brit Mus., Vol. XIX, 1891, 211 unter Coccystes die folgende Synoymie an: „Cocceystes Gloger, Handb. Naturg. p. 203 (1842). Oxylophus, Swains. Classif. B. ll. p. 322 (1837).“, stellt also den bei ihm jüngeren Coceystes Gloger vor den älteren Oxylophus Swainson! Dasselbe tut auch Hartert in Vögel pal. Fauna, Hft. VII, 1912, 955: „Ooceystes Gloger 1842 — Oxylophus Swainson 1837.“! Während also auch Hartert— abgesehen von der anachronistischen Anordnung — wieder „Gloger 1842“ schreibt, wird schon von Dresser, Hist. Birds Europe, Vol. V, 217 unter „Coccystes‘“ (1880) richtig zitiert: „Coceystes, Gloger, Handb. Vög. Eur. p. 449 (1834).“ Reiche- now, Vögel Afrikas, Bd. Il, 1902—1903, bringt zunächst p. 75 ebenfalls, wie Shelley und Hartert, „Coccystes Glog. Handb. 1842, 203° vor dem älteren Oxylophus Swainson 1837, berichtigt dies aber dann ]. c. p. 715 in den Nachträgen: „In der Synonymie mufs es heilsen: Coceystes Glog. Handb. Nat. Eur. 1834, 449.“ Er schliefst danach noch an: „Ferner ist der Gattungsname Cbceystes durch Clamator zu ersetzen. Wie L. Stejneger in Proc. Bioiog. Soc. Washington XV. 1902, 37 nach- gewiesen hat, kommt dem Gattungsnamen Clamator Kaup (Ent- wickelungsgesch. Europ. Tierw. 1829, 53) das Zeitvorrecht vor dem Namen Coccystes zu.“ (Die gleiche Bemerkung findet sich auch in den „Nachträglichen Berichtigungen“ in der ersten Auflage der „Kennzeichen Vög. Deutschl.“, 1902, eingefügtzwischen p. 132u. 133). ' \ ui A A A a. ee a Me Mh Se 1 a Ve A ben rn A Eu I LE nn a DE aa 1 uud. u 8 ns mal id u a a di ar de Sa F | i \ K. M. Schneider: Fulmarus glacialis in Sachsen. 41 Die richtige Reihenfolge der drei Namen nach der Priorität ist somit: Clamator Kaup 1829. Ooccystes Gloger 1834. Oxylophus Swainson 1837. Fulmarus glacialis in Sachsen. Von K. M. Schneider. Am 8. 10. 19 wurde in den Leipziger Zoologischen Garten ein Fulmarus glacialis als „Möwe“ eingeliefert. Das Tier kauerte bez. lag meist im dunkeln Teil des Käfigs, ohne von der Stelle zu gehen. Beim Laufen fiel sein breitspuriger Gang auf. Es war sichtlich ermattet und krank. Zeitweise legte es den Kopf vor sich hin auf den Boden. Da es wenig Futter annahm, wurden ihm zwangsweise einige Stücke Fleisch eingegeben. Einen Teil des aufgenommenen Fleisches brach es wieder heraus; kleinere Fische, die ihm angeboten wurden, liefs es liegen; als sie ihm eingestopft worden waren, brach es sie nach einer Stunde eben- falls wieder heraus. Es kann sich dabei nicht nur um jene Ge- pflogenheit der Möwensturmvögel gehandelt haben, in der Abwehr dem Angreifer ihren tranigen Mageninhalt entgegen zu spritzen; denn der in Rede stehende Fulmar hat auch in Abwesenheit des Wärters gebrochen. Am 14. 10. 19 früh war er verendet. Neben dem toten Tier lag noch etwas Mageninbhalt. Der Trangeruch war nicht zu verkennen. Am Unterarm der einen und am Oberarm der anderen Seite zeigten sich beim Balgen blutunterlaufene Verletzungsstellen. Ein Knochenbruch lag nicht vor. Das Tier hatte kein Fett, war also wohl abge- magert (Naumann, 2. Aufl, XI. S. 17: „meistens sehr fett“). Der sackartige Drüsenmagen, welcher den ganzen ventralen Teil der Bauchhöhle einnahm, war mit halbverdauten Fleischstücken gefüllt, die dem Vogel hier im Garten gegeben worden waren. Das Tier war weiblich, ein vollkommen ausgefärbter Vogel; es hatte einen auffällig kleinen Eierstock. Der Balg verbleibt bis auf weiteres in der Sammlung des je- weiligen Vorsitzenden des Leipziger Ornithologischen Vereins, z.2. Herrn Oberlehrer Richard Schlegel, mit dem ich gemeinsam die Sektion des Tieres vornahm und dessen Liebenswürdigkeit ich auch mehrere wichtige Literaturnachweise danke. Über die Herkunft des Vogels konnte ich folgendes er- mitteln. Herr Handelsgärtner Karl Maschke, Wurzen, Lüptitzer Strafse 20, fuhr in-der Nacht vom 5. zum 6. Oktober 19 gegen 12 Uhr mit dem Rad vom Bahnhof Wurzen nach seiner am Weg nach Lüptitz gelegenen Gärtnerei und zwar ohne Beleuchtung. 42 K. M. Schneider: Obwohl es etwas regnete, war die Nacht ziemlich hell. Plötzlich flog ihm etwas Weilses vors Rad. Er stieg ab und fing jenen Vogel. Laufen konnte das Tier gut, aber nicht fliegen. Geschrieen hat es blofs, wenn es angefalst wurde, „nicht ängstlich, sondern ich hatte das Gefühl, dafs es sich wehren wollte; natürlich pro- bierte es auch zu beifsen“. Herr Maschke hatte den Eindruck, als ob es recht matt sei. Ferner fiel ihm sofort der starke Fischgeruch des Tieres auf. Da er nicht wufste, wie er den Vogel ernähren sollte, brachte er ihn in den Leipziger Zoo. Der Fundort befindet sich ungefähr 2000 Meter östlich der Mulde, nicht weit vom Wurzener Flugplatz. In der Nähe führt eineStarkstromleitung vorbei. — Die Wohnung des Herrn Maschke liegt ganz im freien Feld. Bisher hat er noch nie derartige Vögel bemerkt. Am 2. 11. 19 willer aber 2 ähnliche „Möwen“ beobachtet haben, die an seinHaus anflogen, dann aber in Richtung der Mulde weiterflogen. Ich halte jedoch diese Beobachtung für ganz unsicher, zumal bei der grofsen Ähnlichkeit von Eissturm- vogel und Sturmmöwe. Bei der Feststellung der in Frage kommenden Wetterlage sind mir Fräulein Dr. Luise Lammert, Assistentin am Leipziger Geophysikalischen Institut, und Herr Prof. Dr. Kurt Wegener von der Deutschen Seewarte, Hamburg, in überaus dankenswerter Weise behilflich gewesen. Danach ergibt sich über die Witterungs- verhältnisse im nördlichen atlantischen Ozean, in der Nordsee und im Gebiet von der Nordseeküste bis nach Sachsen hinein für die Zeit vom 20. 9. bis 6. 10. 19 folgendes: Anden isländischen Küsten wehten vom 21. bis 30. 9. heftige nördliche und besonders Östliche Winde: am 21. 9. bei Reykjavik (Südwestküste von Island) Ey; am 24. und 25. bei Isafjord (an der nordwestl. Halbinsel von Island) N,; am 25. bei Reykjavik NNE,; am 26. bei Seydisfjord (an der Ostküste von Island) NE, und bei Reykjavik N,; am 27. bei Seydisfjord N,; am 29. bei Isafjord NNW, und bei Seydisfjord NE,; am 30. bei Isafjord NNE,. Von Thorshavn auf den Fär-Öer-Inseln werden in der Zeit vom 20. 9. bis 6. 10. Stürme verschiedener Himmelsrich- tungen gemeldet. Erwähnt seien der 20. 9. mit NNE, und der 27. 9. mit NNW;. Die Nordsee und ihre deutsche Küste haben vom 20. bis zum 27. 9. stürmisches Herbstwetter mit vorherr- schendem West. Am 28. und 29. 9. und 3. und 4. 10. setzen schwache Nordwinde ein. Am 20. 9. hat die See NW,; die Küstenstationen melden von der vorhergehenden Nacht starken Weststurm. Kräftige Niederschläge und Gewitter treffen auch das Elbestromgebiet. Am 21. 9. zeigt Helgoland noch früh SW, an; die Nordsee hat nachts wieder schweren Sturm. An der Küste herrscht am 25. 9. W, und am 27. 9, NW, a Fulmarus glacialis in Sachsen. 48 Im Gebiet vn Hamburg bis Nordsachsen be- stehen zu dieser Zeit ähnliche Windverhältnisse. Vom 20. bis 27. 9. sind es zuweilen stürmische Weste, die am 28. und 29. von schwachen Nordwinden, bis zum 2. 10. von geringen Süd- winden, am 3. und 4. wieder von mäfsigen Nordwinden und vom 5. an von geringen Ostwinden abgelöst werden. Die Höhen- beobachtungen an der Nordseeküste ergeben in jener Periode durchschnittlich nur geringe Drehung des Windes nach der Höhe zu und wechselnd in recht- oder rückläufiger Bewegung. Der in jenen Wochen auf der Nordsee bez. Nordseeküste rubende Luftdruck unterscheidet sich nicht wesentlich von dem auf dem Gebiet von Hamburg bis Nordsachsen liegenden. Meist hat das Binnenland mehrere Millimeter mehr zu verzeich- nen. Vom 20. 9. ab steigt die Quecksilbersäule über der Nord- see, an deren Küste und auf dem Festland bis Sachsen hinein von 750 mm langsam an, erreicht am 30. 9. den Stand von 770, sinkt bis zum 2. 10. wieder beinahe auf 750, um vom 4. 10. an dauernd auf und über 770 zu bleiben, Auch die innerhalb des in Rede stehenden Zeitraums auf der Nordsee bez. Nordseeküste und von Hamburg bis Nordsachsen heirschenden Temperaturen weichen — mit einer Aus- nahme — nicht erheblich von einander ab. Sie schwanken von —+-6° bis 4 15°C, halten sich aber meist auf etwa 410°. Nur in der Nacht vom 30. 9. sinkt die Temperatur im Binnenland bis nahe an dem Gefrierpunkt. Die Wolkenhöhe beträgt in der angegebenen Zeit an der Küste etwa 500 m; sie geht nur am 22. 9. auf 300 m herab. Die Sichtweite an der ‘Küste hält sich zur selben Zeit im allgemeinen in den Grenzen von 5 bis 20 km. Am 26. 9. jedoch macht sie nur 0,5—1 km aus und nimmt weiter- hin vom 1. 10. an ab, sodafs am 3. 10. nur 0,5 km notiert werden. Vom 4. bis 6. 10, verzeichnen die Küste und Nord- - deutschland viel Nebel. Im Ganzen haben also Küste und Norddeutschland vom 20. bis 27. 9. normale Herbstwitterung, vom 28. 9. bis mit 3. 10. schönes Wetter und vom 4. bis 6. 10. viel Nebel gehabt. Den Haupteinflufs auf das Verhalten des Vogels dürften die Wind- und Sichtverhältnisse ausgeübt haben. Höchstwahr- scheinlich ist das Tier von den Ende September und auch noch Anfang Oktober im nördlichen atlautischen Ozean (bei Island am 24. 9. N, und N,, am 25. N,, am 26. N,, am 27, N,, am 29.NNW,; bei den Fär Öer am 26. 9. N,, am 27. NNW,, am 3. 10. SW,) und von den bis zum 27. 9. in der Nordsee herrschenden an- ‘ haltenden Herbststürmen (am 20. und 27. 9. NW, bei Helgoland am 21. 9. früh noch SW,) schon ermattet an die Küste und zwar in die Elbmündung gedrückt worden. Von hier aus könnte es, zumal unter der Einwirkung der allerdings schwachen Nordwinde (28. und 29. 9., 3. und 4. 10.), den Elblauf weiter südwärts ver- 44 K. M. Schneider: Fulmarus glaciulis in Sachsen. folgt haben und so in das Flufsgebiet der Mulde gekommen sein. Vielleicht hat sich der Sturmvogel aber auch in der Elb- mündung bis Anfang Oktober aufgehalten und ist — worauf Herr Prof. Wegener hinweist — in der Zeit vom 4. bis 5. 10. bei sehr schlechter Sicht am Elbufer nach Süden oder über dem für Wasser gehaltenen Nebel elbaufwärts geflogen und so in die Mulde gekommen. Allerdings bleibt im letzteren Fall zu be- denken, dafs der Eissturmvogel immer sehr tief über der Wasser- oberfläche hinfliegt. Für die erste Möglichkeit (der Vogel habe im Nebel das eine Elbufer für Küste gehalten und sich dabei nach Süden verflogen) scheint mir die Vermutung des Herrn Prof. Wegener: der Vogel habe seine Schwierigkeiten bei dem gleichen Wetter wie der Menschenvogel, also weniger bei Wind und Regen als bei Dunst oder Unsichtigkeit und Nebel — sehr wohl er- wägenswert. Bei Wurzen dürfte sich der erschöpfte Fulmar seine Ver- letzungen durch Anfliegen an Leitungsdrähte zugezogen haben, die hinreichten, um ihn flugunfähig zu machen. Soweit ich die Literatur eingesehen habe, handelt es sich. im vorliegenden Falle um die erste einwandfreie Fest- stellung über das Vorkommen von Fulmarus glacialis im Innern Deutschlands, wenn nicht gar über sein Vorkommen im tiefen Binnenland überhaupt. Von umfassenden Literaturstudien glaubte ich absehen zu dürfen, da eben erst eine Arbeit Fr. Lindners über die Verbreitung von Fulmarus glacialis erschienen ist (Journ. f. Ornith. Okt. 1919. Heft 4 S. 383 fi.). Es wird darin ausdrücklich festgestellt, dafs im Innern Deutschlands diese Art nie gefunden worden ist. Übrigens wird dort das Vorkommen von Fulm. glacialis im Oktober 1903 bei Lübeck (W. Hagen: „Die Vögel des Freistaats und Fürstentums Lübeck“. 1913 S. 19) als das einzige Vor- kommen des Vogels an der deutschen Ostsee bezeichnet. Ich finde in den Ornith. Mon. Ber. 1901. S. 53 von Otto le Roi über Procellaria glacialis die Notiz: „Am 1. 12. 99“ sind „vier Vögel dieser Art in der Nähe von Rostock erbeutet worden“ usw. „Für Mecklenburg ist Proc. glac. bisher noch nicht nachgewiesen, möglicherweise dürfte dies der erste Fall des Vorkommens auf der Ostsee überhaupt sein.“ Die Zeit des Vorkommens bei dem vorliegenden Stück — An- fang Oktober — ist verhältnismälsig früh, mindestens im Ver- gleich mit anderen Feststellungen des Vogels an der holländischen und deutschen Küste (vgl. z. B. Ornith. Mon. Ber. 1900. S. 116, betr. das Vorkommen an der holländischen Küste im Dezember). Es ist mir nur ein Fall bekannt, wonach Fulm. glacialis im Hochsommer an der südlichen Nordsee aufgetreten ist, und zwar in Holland. Am 22. 7. nämlich wurde ein Exemplar auf Texel gefangen (Ornith. Mon. Ber. 1909. S. 19: Ornithologische Notizen aus Holland von Baron R. Snouckaert van Schauburg). ee A K. Lamprecht: Erwiderung. 45 Als der Balg dem Leipziger Ornithologischeu Verein vor- gelegt wurde, erkannte Herr Präparator Teichmann, dafs zu ihm vor ungefähr zehn Jahren ein Vogel ganz derselben Art im Fleisch gebracht worden sei, der im 25-km-umkreis von Leipzig geschossen worden war. Der Balg ist damals von ihm fliegend, zum Aufhängen an die Decke, präpariert worden. Ein Zweifel über die Artzugehörigkeit sei ausgeschlossen. Über einen zweiten, etwa in den achziger Jahren unmittelbar bei Leipzig geschossenen Eissturmvogel ist Herrn Teichmann von einen Kunden berichtet worden. Das Tier ist damals als Eissturmvogel bestimmt worden und in eine südvorstädtische Leipziger Sammlung übergangen. — Wir werden versuchen, die beiden Bälge ausfindig zu machen. Selbst wenn es uns gelingen sollte, die Belegstücke für das frühere Vorkommen des Fulmars in Sachsen beizubringen, muls jener nordische Vogel als äufserst seltener Gast im inneren Binnenland angesehen werden. Erwiderung auf das kritische Referat des Frhr. &eyr von Schweppenburg. Von Dr. K, Lamprecht. Frhr. Geyr von Schweppenburg hat sich die Mühe genommen, mein Werk über die pleistozäne Vogelfauna der Felsnische Pilisszänt6 in dieser Zeitschrift einer eingehenden Besprechung zu unterziehen. Kürzlich habe ich erst erfahren, dafs das mit aulserordentiicher Sorgfalt durchgeführte Referat schon längst er- schien. Ich bin dem Herrn Reterenten für sein Unternehmen sehr dankbar, mufs aber in Kürze folgendes bemerken. Auf 8.203 des Referates (Journ. f. Ornith. 67. Jahrg. 2. H. April 1919) sind Tetrao urogallus und weiter unten der Bunt- specht als von mir als Steppenvögel vorgezählte Arten mit Aus- rufungszeichen hervorgehoben. Der Herr Referent vermutet, dals ich von Nehring irregeleitet wurde Nein! Nehring schreibt (Tundren und Steppen 8. 116), „dals zu Pallas’ Zeiten das Auerhuhn in den Steppengebieten der mitt- leren Wolga an geeigneten Orten vorkam.“ | Was den Buntspecht anbelangt, äufserte ich mich in meiner AbhandInng über die pleistozäne Vogelfauna der Felsnische Re- metehegy (Aquila Band 21, 1914 S. 97—98) folgenderweise: „Die grofse Anzahl der Stücke von Dendrocopus major entspricht völlig dem Charakter der Pleistozänzeit. Schon Nehring sagt: „Im übrigen ist es hervorzuheben, dafs auch sonst viele Vögel, welche wir in Deutschland als entschiedene Waldbewohner zu betrachten pflegen, in den russischen und westsibirischen Steppen- gegenden als Brutvögel (nicht etwa nur als Durchzügler) vor- kommen ... mehrere Spechtarten, welche bei uns meist als 46 Reichenow: spezifische Waldvögel betrachtet werden, kommen an vielen Punkten der russichen und südwestsibirischen Steppengebiete vor“ (Über Tundren und Steppen S. 121). Übrigens stützte ich mich nicht ausschliefslich auf die Au- torität Nehrings; P. P. Sushkin, einer der besten Kenner der Steppenfaunen unserer Zeit, schreibt z. B. in seiner Monographie über die Vogelfauna des Minussink Gebietes (Die Vogelfauna des Minussink Gebietes, des westlichen Teils des Sajan Gebirges und des Urjanchen-Landes, Bull. Soc. Inıp. Nat. Moscou 1912 8. 275-276): „Viele Vögel kommen in beiden Regionen vor, in der Steppe, wie in der Waldsteppe; .. . Es gehört noch in dieses Gebiet Pica pica, welche überhaupt in die typische Taige (dichte Walddecke) vordringt.“ Meine Reise in; Südwest-Rulsland, die ich im Sommer 1918 unternahm, hat mich übrigens überzeugt, dafs wir hier in West- europa über die Steppenfaunen der Jetztzeit vielfach „irregeleitet‘‘ sind, und dies ist in Bezug auf die Steppen der Vorzeit be- deutend leichter. Neue Vogelarten aus Kamerun. Von Reichenow. Dem Berliner Museum ist eine gröfsere Sammlung Vogel- bälge zugegangen, die der verdiente Afrikareisende Tessmann im Jahre 1914 im östlichen Steppenlande von Kamerun zu- sammengebracht hat und die nach Rückzug der Verteidigung 5 Jahre auf Fernando Po gelagert hat. In der Sammlung be- finden sich aulser vielen zoogeographisch wichtigen Formen die nachfolgenden augenscheinlich noch unbeschriebenen Arten. Da mir die ornithologische Literatur des feindlichen Auslandes seit 1914 gröfstenteils nicht zugängig ist, so bleibt dahin gestelllt, ob darin nicht die eine oder andere der hier beschriebenen Arten schon bekannt gemacht ist. Prodotiseus regulus camerunensis, Dem P. regulus sehr ähnlich, aber das Braun der Oberseite heller, der Schnabel zierlicher, sonst in der Gröfse nicht ab- weichend. Bosum 16. V. 14. Lybius leucocephalus adamauae, Von dem nordöstlichen L. leucocephalus dadurch unter- schieden, dafs das Weis des Halses sich auch auf die Brust ausdehnt, so dafs nur der Bauch braunschwarz ist mit weilser Strichelung. — Tibatihochland 10. IX. 14. Auch von Riggenbach bei Garua 13. VII. 09 und Duli 28. VI. 09 gesammelt. ® < 06% - F ’ . & 4 a Bali ia a1 Bl I m a nn ZZ tl En mn a lzun daS mam, Zu nun Neue Vogelarten aus Kamerun. 47 Vögel von Uganda bilden einen Übergang zwischen 'der typischen Form und der Form adamauae, indem das Weils nicht über die ganze Brust, aber doch mehr oder weniger weit auf diese ausgedehnt ist. Wer derartige Ubergangsformen benennen will, könnte sie als Z. l. ugandae unterscheiden. Dendromus chrysurus tessmanni. Dem D.chrysurus suahelicus in dem hellen Rot des Hinter- kopfes gleichend, Strichelung der Unterseite schmal, wie bei jenem, aber die Grundfarbe der hell quergebänderten Oberseite dunkel graubraun, nur ganz unbedeutend grünlich verwaschen, gegen- über der viel grüneren Oberseite des D, ch. suahelicus. Unter- seite nur auf der Brust schwach schwefelgelblich verwaschen, Grundfarbe des Bauches reinweifs, ebenso die der Unterflügel- decken; auch die Randflecke am Innensaum der Schwingen sind reinweils, nicht gelblichweils, wie bei D. ch. suahelicus. Tachornis uamensis. Von Z. brachypterus durch helleren und bräunlicheren Ton des Gefieders abweichend, aber dunkler als Z. parvus. Fl. 130, Schw. 90 mm. — Oberes Sangagebiet. Psalidoprocne nigra, Diese schon seit längerer Zeit im Berliner Museum vor- handene, von G. Zenker in Kamerun gesammelte Psalidoprocne sei hier eingefügt: Eintönig grauschwarz und stumpf, ohne Glanz, nur auf den Flügeln ein sehr schwacher Glanz, Unterflügeldecken eben- falls mattschwarz. Schwanz nicht gabelförmig, sondern nur aus- gerandelt, mittelste Federn nur 5 mm kürzer als die längsten. Lg. etwa 110, Fl. 97, Schw. 50 mm. — Jaunde (Zenker). Lanius tessmanni. Schwanz nicht stufig, die mittleren 6 Federn gleichlang die drei äufseren jederseits stufig, aber nur wenig, kürzer, äulserste, nur 8 mm kürzer als mittelste. — Oberkopf und Nacken bräun- lichgrau, Rücken, Schulterfedern und kleine Flügeldecken brauner, schmales Stirnband weifslich, ein braunschwarzer Fleck vor dem Auge und ein braunschwarzes Band über Auge und Ohrgegend. Wangen und Kehle weils, übrige Unterseite und Unterflügel- decken ockergelb, lebhafter auf den Körperseiten. Oberschwanz- decken rotbraun, die kürzeren heller, die längeren gesättigter. Schwanzfedern schwarzbraun, die äufserste schmaler und mit hellerem End- und Aufsensaum. Schwingen und grofse Armdecken schwarzbraun, die inneren mit rotbraunem Aufsensaum. Lg. 165, Fl. 76—80, Schw. 65, Schn. 14, L. 23 mm. — Ngaundere Hochland 2. IX, 14. 48 Reichenow: Estriülda nigrifacies. Zu der larvata-Gruppe gehörig, mit schwarzen Wangen und Kehle. — Schmales Stirnband, Zügel, Wange, Ohrgegeud und Kehle schwarz; Körpergefieder grau, Rücken und Flügel etwas bräunlicher als Oberkopf und Nacken, Unterseite etwas heller und schwach rötlich angehaucht, mit kleinen weilsen, schwarz umsäumten Pünktchen auf den Körperseiten; Steils und - Unterschwanzdecken schwarz; Oberschwanzdecken, mittelste Schwanzfedern und Aufsenfahne der übrigen Schwanzfedern wein- rot. Amöähnlichsten E. togoensis, aber dunkler und etwas grölser, Schnabel stärker. Fl. 50—55, Schwanz 43—48 mm. — Bosum. Lagonosticta sannagae. Der L. congica sehr ähnlich, aber Oberkopf und Rücken viel brauner, das Rot von Unterseite und Oberschwanzdecken lebhafter. Oberer Sannaga VIII. 14, Bafiagebiet 18. XII. 14. Anthoscopus eitrinus. Dem A. parvulus am Ähnlichsten, aber oberseits gelber, trübgelb (wachsgelb), Stirn bis oberhalb der Augen und Unter- seite reingelb, Stirn fein schwarz getüpfelt, Unterflügeldecken gelblichweils, Flügel und Schwanzfedern braun, aufsen gelblich oder weilslich gesäumt, Schwingen mit weilsem Innensaum. Lg. 85—90, Fl. 49—50, Schw. 30, Schn. 8-10, L. 12—13 mm. — Bosum 10.—17. VI. 14. Zosterops savannae. Dem Z. aurifrons Heugl. am ähnlichsten, aber Oberseite grüner, Unterseite blasser, Stirnbinde schmaler, aber jederseits in einem Bande bis oberhaib des Auges ausgedehnt. Lg.100—110, Fl. 52—53, Schw. 35—40, Schn. 10—11, L. 12—13 mm. — Bosum 1. V. 14, 22. V. u. 17. VL 14, Oberes Sannagagebiet 22. VIII. 14. [Der Vogel von Sannaga zeigt etwas kräftigeren Gefiederton.] Zosterops pusülus. Durch seine geringe Gröfse von den verwandten Arten unterschieden. Lg. 90, Fl. 50, Schw. 32, Schn. 9, L. 11—12 mm. Oberseits gelbgrün, Stirn bis oberhalb der Augen gelb, Unter- seite gelb, an den Körperseiten grünlich, Unterflügeldecken blafsgelb. — Nola Mbaiki 16. X. 13. Crateropus uamensis. Dem ©. platycercus nahestehend, aber oberseits heller und viel brauner, nicht so grau, unterseits ebenfalls heller und brauner. Oberseite fahlbraun, Kopf und Nackenfedern mit schwarzbraunem Mittelteil und heller Umsäumung, von N | | | | | | F | ; Neue Vogelarten aus Kamerun. 49 schuppenartigem Ansehen. Ohrfedern braun mit hellem Schaft- strich. Kinn weifslich. Übrige Unterseite fahlbraun, die Kropf- und Brustfedern weils gesäumt, wie bei ©. platycercus, Bauchmitte weilslich.. Schnabel schwarz, Füfse bräunlich. L. 230—250, Fl. 95—105, Schw. 93— 105 (stark gerundet), Schn. 20, L. 32 mm. — Bosum 10.19. VI. 14. Aurdus tessmanni, Zur pelios-Gruppe gehörig mit weilsen Unterschwanzdecken und schwacher brauner Strichelung an den Kehlseiten. Von T. pelios durch viel dunklere, braune Oberseite und viel lebhaftere Rostfarbe der Unterflügeldecken unterschieden. Oberseite, Flügel und Schwanz braun, Bürzel etwas grauer, Kehle weils, seitlich mattgraubraun gestrichelt, Kropfgraubräunlich, Unterkörper weils, die Seiten rostgelb, Unterflügeldecken lebhaft rostfarben, Unterschwanzdecken weils mit mattgraubraunen Seitensäumen, Schwingen innen blafsrostfarben gesäumt. Schnabel gelb, Fülse hellbraun. Lg. 245, Fl. 118, Schw. 95, Schn. 21, L. 32 mm. — Bosum 24. VI. 14, pull. 13. VI. 14. Pentholaea limbata. Schwarz mit weifs:r Stirn, kleine Flügeldecken am Flügel- bug schmal weils gesäumt. Lg. 140, Fl. 78, Schw. 55, Schn. 13, L. 23 mm. — Bosum 29. VI. 14. Cossypha tessmanni. Der Oossypha nigriceps sehr ähnlich, mit schwarzer Kopf- platte und weilsem Zügelstrich, aber Oberseite nicht olivenbraun, sondern sehr stark ins Rotbraune ziehend (eine Mischung von Olivenbraun und Kastanienbraun), Schwanz und Oberschwanz- . decken wie Unterseite viel lebhafter, brennender, rotbraun. Lg. 150, Fl. 75—82, Schw. 55—65, Schn. 13—15, L. 25 mm. — Oberes Kadeigebiet 7.—12. VIII. 14. Phoenicurus tessmanni. Am ähnlichsten Ph. falkensteini, aber Oberseite nicht grau- braun, sondern ins Rotbraune ziehend, Ohrgegend rostfarben, Säume der Flügelfedern rostbraun, auch die Körperseiten rost- bräunlich, Flügel länger, Schnabel viel kleiner. Lg. 150, Fl. 80—82, Schw. 58—60, Schn. 12—13, L. 21 mm. — Bosum 19. VI. 14. Buera. Ph. familiaris ist durch breite schwarzbraune Binde am Schwanzende und braune Unterseite unterschieden, Ph. tessmanni hat wie Ph. falkensteini fahlgraue Kehle und Kropf, die Bauch- mitte ist weils. Journ. f, Orn. LXIX, Jahrg, Januar 1921, 4 50 Die Avifauna des westlichen Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung deutscher Ornithologen in den Jahren 1915—1918. Von ©. Graf Zedlitz. (Fortsetzung von Jahrg. 1920 8. 388.) 126. Alcedo atthis ispida L. Dennler „Natur“ 18/19, p. 49: A. ©. — Dobbrick O. MB. 17, p- 36: A. ©. — Gralsmann J. f. O. 18, p. 304: A. i. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183: A. ©. — Zedlitz O. MB. 15, 2.7465; 3.4.0317, 1°P!232: Wegen A. atthis ıspida statt A. ispida ispida bitte ich Laubmanns ausführliche Darlegungen in den Verh. 0. G. i. B XII, Heft 4, p. 238—241 nachzulesen, ieh kann mich seinen Ausführungen nur anschliefsen. Gar zu zahlreich sind die Mit- teilungen über den Eisvogel nicht, obgleich an Wasserläufen und Fischen wahrlich kein Mangel herrscht. Mit Ausnahme von Dobbricks Notiz über das Vorkommen Anfang Juli am Njemen, beziehen sich die meisten. Beobachtungen auf den Pripjet-Sumpf und Bialowies. Reichenow erwähnt Alcedo als Brutvogel an der Orlowka, auch am Schlofsteich von Bialowies kommt er vor. Gralsmann sah ihn im Sommer mehrfach an der Pina, wo er offenbar auch gebrütet haben mufs. Dennler stellte fest, dafs er nicht den ganzen Winter seinen Stand beibehielt, dagegen konnte ich in dem sehr strengen Winter 1916/17 ibn täglich an der Issa im Park von Alpertyn bei Slonim begrüfsen, es dürften wohl die Eisverhältnisse entscheidend sein für sein Bleiben oder Ab- wandern. Für Polen erwähnt ihn gleichfalls Gralsmann (Winter 1914/15 an der Pilica bei Spala), ich sah 2. Ex. in der Sammlung zu Kielce. Befund: Brutvogel in der Polesje und am Njemen, über- wintert dort auch, soweit offenes Wasser vorhanden ist. 127. Coracias garrulus garrulus L. Bacmeister Falco 16, p. 41. — Cordes Zeitsch. f. O. u. O. XXIV, p. 59. — Dennler Falco 17, p. 3; „Natur“ 18/19, p. 45. — Dobbrick O. MB. 17, p. 19. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 76. — Grafsmann O. MS. 16, p. 233; J. f. O. 18, p. 304; O. MS. 19, p. 50. — Neumann J. f. O. 18, p. 238. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 19. — Schalow O. MB. 17, p. 37. — Schlüter Falco 16, p. 34. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 375. — Zedlitz O. MB. 15, p. 136, 165; J. f. O. 17, II, p. 292. Die Blaurake ist Charaktervogel der Polesje, auch in den Nachbargebieten, in Polen und Litauen bis hinauf nach Kurland, ist sie vielfach recht häufig. Da alle oben angeführten Autoren Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. bi hierin übereinstimmen, will ich mich möglichst kurz fassen. Es liegen folgende Beobachtungen vor, in der Regel über häufiges Erschelnen: Gouv. Ljublin (Bacmeister), Gegend von Wloszczowa, Süd-Polen (Zedlitz), Nord-Polen (Neumann u. Stolz), Ost-Polen (Gengler), Bialowies (Reichenow), Slonim, Tuchowitschi (Zedlitz), Pripjet-Sumpf (Dennler, Gralsmann), Gouv. Kowno (Dobbrick), Narosz-See (Schalow), Smorgon (Schlüter), Dünaburg (Cordes), Eckau, Kurland (Rüdiger). Das Laubholz wird bevorzugt vor dem Nadelholz, Mischwald und ganz kleine Feldhölzer werden keineswegs gemieden. Die Brut beginnt Ende Mai, der Vogel sitzt von Anfang an sehr fest, Cordes berichtet, dafs er die Nist- höhle in einer Pappel erst mit dem Beil erweiterte und dann den nur auf einem Ei sitzenden Vogel noch mühelos mit der Hand fing. Ein ganz ähnlicher Fall wurde mir aus der Gegend von Baranowitschi mitgeteilt, der dort gefangene Vogel ad. wurde innerhalb weniger Wochen ganz zahm. Nach Dobbrick ist in Litauen die Blaurake mehr an den Grünspecht als an den Schwarsspecht gebunden, für die Polesje trifft dies nicht zu, weil hier der Grünspecht fast ganz fehlt. Alle Beobachter stimmen darin überein, dafs der Wegzug im Laufe des September erfolgt, oft schon Anfang dieses Monats, z. B. sah Grafsmann i. J. 1916 die letzte am 5. IX. Über die Ankunft im Frühjahr stehen mir leider nicht soviel Daten zur Verfügung, als sich bei der Häufig- keit und Auffälligkeit des Vogels erwarten liefse, es sind nur folgende: ; 27. IV. 15 Wloszezowa, Süd-Polen (Zedlitz), 30. IV. 16 bei Ostrow südl. Baranowitschi (A. Marx), 1. V. 16 Tuchowitschi, obere Schara (Zedlitz), 2. V. 16 Konschizy (Grafsmann), 8. V. 16 Bialowies (Reichenow). In Nord-Afrika (Süd-Tunesien) erscheinen die Blauraken in der zweiten Hälfte des April, selten vor dem 20. IV., auf ihrem ‘Frühjahrszuge, !). dieReise mufs also dann ziemlich schnell weiter- gehen. Befund: gemeiner Brutvogel im ganzen Gebiet. 128. Upupa epops epops L. Bacmeister Falco 16, p. 42. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Görnitz O. MB. 18, p. 133. — Grafsmann O. MS. 16, p. 232; J. £. O. 18, p. 305; O. MS. 19, p. 49. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV. Heft 1, p. 26. — Zedlitz. O..MB. 15,:p. 1355: 0.°MB. 16, 2.:179; J..f. O.:17,71, BUS $-0. 17,11, p. 292% 1) vgl. Zedlitz „Ornith. Beobachtungen in Tunesien“, J. f. O0. 09, p. 195 4* 52 O0. Graf Zedlitz: Wie zu erwarten war, zeigt sich durch den Vergleich der einzelnen Meldungen, dafs der Wiedehopf im Süden und Südosten nnseres Gebietes wesentlich häufiger auftritt als im Norden. In, der Gegend von Konschizy westlich Pinsk gehört er nach Grals- mann zu den gewöhnlichsten Vögeln, ich selbst zählte ihn zu den alltäglichen Erscheinungen im Sumpfwalde bei Tuchowitschi, auch bei Slonim ist er noch häufig. In Bialowies tritt er nach Reiche- now nur noch vereinzelt als Brutvogel auf, nördlich des Njemen im Gouv. Kowno fand ihn Dobbrick „sehr spärlich“. In Süd-Polen, . dem Gouv.Ljublin bis hinauf zum Bug, sah Bacmeister ihn wiederum durchaus ntcht selten; dasselbe kann ich von der Gegend um Wloszczowa berichten. Auch in Galizien beobachtete Schelcher mehrfach Bruten und später herumstreichende Familien. Hier wählt der Hopf seinen Nistplatz meist im Laubwalde und schliefst sich dem Menschen nicht an, im Pripjet-Gebiet dagegen fand ihn Grafsmann auch mitten in den Ortschaften angesiedelt, aulserdem bevorzugt er dort als Nistplatz leere Bienenstöcke im Walde, diese Wohnung teilte er einmal sogar mit Motacilla alba. In den letzten Tagen des August pflegte er fortzuziehen, doch erwähnt Görnitz noch ein Stück vom 7. IX. 17 im Pripjet-Gebiet. Über die Ankunft im Frühjahr liegen folgende Daten vor: 26. (28.) III. 16 Konschizy (Gralsmann), Autor nennt in den O0. MS. 16 den 28. III, später in J. f. O. 18 den 26. III. 6. IV. 16 bei Baranowitschi der erste, am 10. IV. 16 bei Slonim mehrere (Zedlitz). 7. IV. 16 bei Bialowies, 15. IV. bei Konnik (Reichenow). Auch hier wie bei den meisten relativ zeitig eintreffenden „Vögeln liegt das Datum des Erscheinens an der Pina um mehrere Tage früher als an der Schara und in Bialowies, späte Wanderer dagegen, z. B. Coracias, trefien an allen drei Orten fast gleich- zeitig ein. In meinen Notizen aus der Gegend von Wloszezowa in Südpolen (0. MB. 15, p. 135) ist ein Druckfehler zu berich- tigen: ich hörte dort regelmäfsig den Paarungsruf vom 23. April an, nicht vom 23. März. Befund: häufiger Brutvogel im eigentlichen Sumpfwalde, nach Norden zu schon von Bialowies an seltener; in Süd-Polen gleichfalls gemein. 129. Caprimulgus europaeus europaeus L. Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Grafsmann ©. MS. 16, p. 233; J. f. O. 18, p. 305. — Puhlmann ©. MS. 18, p. 208. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Schlüter Falco 16, p. 34. — Zedlitz ©. MB. 15, p. 135, 165; I. Q. 77, IE 232) Ähnlich wie der Wiedehopf ist auch der Ziegenmelker _ über das ganze Gebiet verbreitet, im Süden zahlreicher als im Norden. Gralsmann hat zweifellos Recht, wenn er ihn als häufigen Brut- vogel auf den mit Kiefern bestandenen Sanddünen der mittleren Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 58 Sumpfregion bezeichnet, in hellen Sommernächten konnte er ihn scharenweise an der Pina auf Insekten jagen sehen. Mein Be- obachtungsfeld bei Tuchowitschi in April und Mai 16 war natur- gemäfs auf die Stellung des Regiments beschränkt, und die Boden- formation dort im Winkel zwischen Schara und Myschanka wies nur wenige Sanddünen im Walde auf, die auch zumeist mit hohen Eichen, weniger mit Kiefern bestanden waren. Daher er- klärt es sich, dafs ich dort den Ziegenmelker nicht antraf (vgl. J. f. O. 17, II, p. 292). In den hochgelegenen Forsten mit viel- fach sandigem Boden östlich Slonim hörte ich dann von Ende Mai ab oft das „Spinnen‘ und machte auch einzelne Nachtschwalben bei Nachsuchen auf Rehböcke hoch. Besonders liebten sie die lichten Kiefernschonungen beim Waldgute Hutka Michajlowka ca. 15 km östlich Slonim. Reichenow führt Caprimulgus unter den Brutvögeln von Bialowies auf, doch scheint er hier schon weniger häufig zu sein. Dobbrick hörte ihn nur an einer Stelle im Gouv. Kowno bei Sziliniki; Schlüter erbeutete ein juv. bei Smorgon am 1. VIII. 16; Puhlmann sah ihn an einigen Juliabenden bei Wischnew. \ Als Ankunftsdatum für die Gegend an der Pina nennt Grafsmann den 6. V. 16, für Bialowies gibt Reichenow den 10.V., für Konnik den 14. V. an. In Süd-Polen bei Wloszezowa hörte ich die ersten Nachtschwalben schon am 22. IV. 15. Befund: regelmäfsiger Brutvogel in der Polesje, im Süden häufiger, nördlich des Njemen nicht mehr zahlreich. 130. Oypselus apus apus L. Dobbrick O0. MB. 17, p. 37. — Grafsmann J. f. 0. 18, p. 305: Apus a.; O. MB. 19, p. 49. — Pax „Tierw. Polens“, p. 235: Apus a. — Puhlmann 0. MS. 18, p. 208: Apus a. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Rüdiger A. f. N. 16,p. 19: Mieropus a. — Stolz J. f. ©. 17,1, p. 375: Micropus a. — Zedlitz J. f. O. 17, I, p. 105; J. £. 0. 17, IL, p. 292. Man sollte meinen, der Turmsegler käme als Brutvogel in einem Lande nicht vor, wo es schon sehr selten Steinhäuser, unter diesen aber nur ganz ausnahmsweise Hochbauten gibt. Ich selbst dachte zunächst auch so, bin aber später eines besseren belehrt worden, denn der Segler weils sich den Verhältnissen anzupassen und wählt als Brutstätte die Löcher alter Bäume, an denen ja nirgends Mangel ist.!) Recht zahlreich bevölkert er so den Wald von Bialowies an der grofsen Stralse nach Pruzana (Reichenow), auch tief im Sumpfwalde an der Pina fand Gralsmann kleinere Kolonien. Puhlmann sah ihn bei Wischnew im Juli in 1) Ebenso fand ich den Segler brütend in Västergötland (Schweden), obgleich in dieser Waldprovinz ein Steinhaus zu den seltensten Er- scheinungen zählt. 54 0. Graf Zedlitz: mälsiger Zahl, Dobbrick dagegen nur ganz spärlich an einem Orte in Litauen, Rossienie, er ist bier viel seltener als im be- nachbarten Preufsen. In Kurland beobachtete ihn Rüdiger wiederum zahlreich an verschiedenen Stationen der Bahn nach Mitau, Juni 16. In Polen ist er ganz gemein in den meisten Städten, Stolz zählt eine ganze Reihe auf. Ich kann noch hin- zufügen, das die Klosterruine auf dem höchsten Gipel des Wald- gebirges Lysa Gora östlich Kielce Anfang Juni 15 von unzähligen Brutpaaren bewohnt war. Pax stellte ihn als Brutvogel auf den Türmen Warschaus sowie in den Kalkfelsen des Polnischen Juras fest. Grafsmann notierte als Tag des Abzuges den 8. VIII, 16, _ die Zugrichtung war westwärts entlang der Pina. Am 12. V.16 sah Marx den ersten Segler bei Ostrow zieben, von den anderen Beobachtern sind leider keine Daten über den Frühjahrzug an- gegeben. Befund: Brütet stellenweise in Sumpfwalde in Baumlöchern weiter nördlich in Litauen seltener, in Kurland wieder häufiger, in Polen gemein in den meisten Städten und im Polnischen Jura. 131. Hirundo rustica rustica L. Bacmeister Falco 16, p. 42. — Cordes Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 58. — Dennler Falco 17, p.3; „Natur 18/19, p. 44.— Dobbrick O. MB. 17, p. 34. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 76: Chelidon r. r. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Gralsmann 0. MS. 16, p. 233; J. f. O. 18, p. 305; O. MS. 19, p. 50. — Lucanus J. f. ©. 16, p. 424. — Puhlmann O. MS. 18, p. 208. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 19; Zschft. f. ©. u. O. XXIV, p. 3. — Schalow O. MB. 17, p. 37. — Schelcher V. 0.G.i.B. XIV, Heft 1, p. 25. — Schlüter Falco 16, p. 32/33. — Zedlitz O. MB. 15, p. 135, 151, 165; J.f. O. 17, I, . 292. & Da die Rauchschwalbe von allen Beobachtern als gewöhnlicher Brutvogel bezeichnet wird, erspare ich es mir, die Einzelangaben zu wiederholen. Eine Ausnahme macht nur Dobbrick, der sie im Gouv. Kowno nirgends häufig fand. Durch die Kriegs- handlungen liefsen sich die Vögel nicht im geringsten stören, hingegen besiedelten sie sofort die militärischen Bauten, welche in dem an Gebäuden armen Sumpfwalde entstanden. Recht interessant ist die Zusammenstellung der Zugbeobachtungen, wenden wir uns zunächst dem Frühjahrszuge und den ersten An- kunftsdaten zu, welche gemeldet wurden: 11. IV. 17 Ost-Galizien (Schelcher), 19. IV. 16 bezw. 14. IV. 17 an der Pina (Grafsmann), 17. IV. 16 bei Ostrow, obere Schara (Marx u. Zedlitz), 16. IV. 17 Konnik : 3. V. 17 Bialowies N (Reichenow), 24. IV. 15 Wloszezowa, Süd-Polen (Zedlitz), Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 55 28. IV. 16 Smorgon (Schlüter), 25, IV. Durchnitt für Rossitten 6. V, X „ Dondangen, Kurland N (Lucanus). Über den Wegzug im Herbst wird folgendes berichtet: „Die letzten Ende IX. gesehen“, Pripjet-S. (Dennler), „Abzug um den 20. IX.“, »„ ». (Grafsmann), „vom 16.1X. auf einmal verschwunden“, Ost-Polen (Gengler), „Anfang bis Mitte IX. nahm die Zahl merklich ab“, Ost- Galizien (Schelcher), „am 1. X. noch drei, am 3. u. 6. X. noch je eine gesehen“, Bialowies (Reichenow), „am 7. X. nach da“ am Narosz-See (Schalow). Hiernach scheinen die Rauchschwalben im Süden des Ge- bietes etwas zeitiger zu verschwinden als im Norden, sie haben offenbar verschiedene Zugstrafsten und Zugrichtungen. Im Früh- jahr fällt es auf, dafs die Ankunftstermine im Pripjet-S. um reich- lich eine Woche früher liegen als der Durchschnitt von Rossitten und das Datum für Südpolen 1915, auch dieses deutet wieder auf ganz getrennte Zugstralsen hin. Ich vermute, dafs die Herbst- Reise das eine mal südostwärts den Pripjet abwärts und am Schwarzen Meer entlang, das andere mal zunächst südwestwärts durch Mitteleuropa geht bzw. die” Frühjahrsreise umgekehrt. Befund: überall gewöhnlicher Brutvogel, nur in Litauen spärlicher. 132. Delichon urbica urbica L. Bacmeister Falco 16, p. 42. — Borchert O0. MB. 17, p. 108—110. — Cordes Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 58: Cheli- donaria u. u. — Dobbrick O. MB. 17, p. 34. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 76: Hirundo u. u. — Grafsmann J.f. O. 18, p. 306: O. MS. 19. p. 50. — Puhlmann O.MS. 18, p. 208. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Rüdiger A.f. N. 16, p. 20. — Schalow O. MB. 17, p. 37. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, Heft 1, p- 25. — Schlüter Falco 16, p. 33. — Zedlitz O. MB. 15, p. 135, 16573. £0. 17, Il, .p. 293. Mit wenigen Ausnahmen lautet das Urteil dahin, dafs die Mehlschwalbe zwar überall als Brutvogel vorkommt, jedoch bei weitem nicht so häufig als die Rauchschwalbe. Nur im Norden ändert sich das Bild zu Gunsten der Mehlschwalbe, welche ja auch als Brutvogel viel weiter nördlich vordringt als jene, z. B, fand ich sie 1912 äufserst zahlreich in Schwedisch-Lappland am Nordufer des Torne-Träsk. Fangen wir im Süden an. Für Ost- Galizien, das südöstliche und östliche Polen sprechen sich Schelcher Bacmeister und Gengler übereinstimmend in dem oben angegebenen Sinne aus: Delichon viel weniger häufig als Hirundo. In Süd- westpolen bei Wloszezowa konnte ich im Frühjahr 1915 überhaupt keine brütenden sondern nur durchziehende Mehlschwalben fest- 56 0. Graf Zedlitz: stellen, in und bei Kielce gab es jedoch hier und da Brutpaare. Grafsmann berichtet von den Ufern der Pina, dafs Delichon dort nur selten in Kolonien, wohl aber vereinzelt überall brüte. Bei Tuchowitschi bewohnte eine kleine Kolonie die Försterei, in welcher ich lag, bei Slonim gab es eine ganze Menge, aber doch weniger als Rauchschwalben. Reichenow macht für Bialowies keinen Unterschied in der Häufigkeit beider Arten, im Gouv. Kowno sind nach Dobbrick beide gleich schwach vertreten. Bei Wischnew bezeichnet Puhlmann die Mehlschwalbe als sehr häufig, bei Smorgon scheint sie nach Schlüters Notizen die Rauchschwalbe an Zahl übertroffen zu haben, in Kurland sah Rüdiger sie über- all. Aus der Gegend von Reval — also einer noch nördlicheren Region — erzählt uns Borchert (l. c.) sehr anschaulich von einer so massenhaft besetzten Brutkolonie unter dem überhängenden Dache eines alten Dorfkruges, dafs diese für die Städter als Sehenswürdigkeit galt, allerdings liegt diese Beobachtung ca. 30 Jahre. zurück. Die Ankunft im Frühjahr wurde nur von wenigen Autoren notiert, das Bild ist also sehr unvollständig: Wloszezowa, S.-Polen, am 20. IV. 15 zuerst Durchzug (Zedlitz), Bialowies, die erste am. 10. IV. 17, Hauptzug Ende; IV. (Reichenow), Tuchowitschi, obere Schara, 22. IV. 16 die ersten, bald darauf mehrere — (Zedlitz). ber den Wegzug im Herbst gehen die Angaben ausein- ander, Bacmeister sah in SO. Polen die letzten am 31. VIII. 15, Gengler in Wrotkow noch einige am 13. IX. 15, bei Bialowies wurde gar noch am 9. XI. 16 eiu frisch eingegangenes Stück gefunden. Am Narosz-See zogen die Mehlschwalben früher als die Rauchwalben fort (Schalow). Befund: vereinzelt oder in kleinen Kolonien fast überall Brutvogel, im Süden nicht so häufig wie H. rustica, im Norden jedoch zahlreicher. 133. Riparia riparia riparia L. Bacmeister Falco 16, p. 43. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 44. — Dobbrick O. MB. 17, p. 36. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 306. — Pax. „Tierw. Polens“ II, Aufl. p. 256: Olivicola r. — Puhlmann O. MS. 18, p. 209.— Rüdiger Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 3. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 293. Görnitz (l. c.) weist darauf hin, dafs ein Vogel im Jugend- kleide, erlegt am 12. IX. 17 im Pripjet-Gebiet, weilse Federsäume habe statt der braunen bei deutschen Jungvögeln. Einige frisch vermauserte Schwanzdeckfedern zeigen ebenfalls ganz schwache weilse Säumung. Mir liegen keine Jugendkleider aus West- Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 57 Rufsland vor, ich kann aber bei einem © ad., das ich am I. VII. 16 ander Schara sammelte, keinen Unterschied gegenüber deutschen Stücken finden, die Oberschwanzdecken und Bürzelfedern zeigen ganz feine weifsliche Säume. Da nun die Schwalben im Alter von ca. 1/, Jahr eine Wintermauser durchmachen, die Schwanz- deckfedern aber nach Angaben des Autors frisch vermausert sind, so sind auch vielleicht die übrigen Federn mit den hellen Säumen schon frisch und haben diejenigen des Jugendkleides mit den braunen Kanten bereits ersetzt. Diese Verbrämung des neuen Kleides stöfst sich durch Abnutzung später zum grölsten Teil wieder ab, sodafs im vorgeschrittenen Stadium von den hellen Säumen so gut wie nichts übrig bleibt. Jedenfalls kann die Frage nur an der Hand gröfseren Materials entschieden werden. Die Verbreitung ist keine gleichmäßige, an vielen Orten fehlt die Erdschwalbe ganz, stellenweise ist sie ziemlich häufig, so am Njemen nach Dobbrick. Bei Wischnew fand sie Puhlmann mälsig vertreten, also seltener als die andern Arten. Im Sumpf- . gebiet nistet sie vielfach in ganz kleinen Kolonien, so an der Pina (Grafsmann) und der Schara (Zedlitz), auch Dennler erwähnt sie. Rüdiger sammelte ein Ei bei Lubiacz am Pripjet, 1. VII. 17, an demselben Tage flogen Junge aus. Im August sieht man dann bisweilen sehr grofse Schwärme) die letzten verschwinden Ende September. In Polen fand Bacmeister sie nicht, wohl aber Pax „allenthalben im Weichselgebiet“; aus Galizien erwähnt Bac- meister eine grolse Kolonie am Janower See. Befund: Brutvogel in der Polesje, in Polen, Galizien und Ben, meist in kleinen Kolonien und nur sporadisch auf- tretend. 134. Bombyeilla garrula garrula L. Neumann J.f. O. 18, p. 238: Ampelis g. — Reichenow „Bialowies‘ 18, p. 183. — Schalow O. MB. 17, p. 38. — Schlüter Falco 16, p. 29. — Zedlitz O. MB. 15, p. 166; J. f. O0. 17, I, p. 104; J. f. O. 17, II, p. 293. Die Seidenschwänze unseres Gebietes gehören der typischen Form an und unterscheiden sich nicht von den deutschen Winter- gästen, schwedische Stücke liegen mir allerdings nicht vor. Erst in Innerasien tritt eine auf der Oberseite grauere Subspecies auf, welche von Poljakow als B. g. centralasiae (Ornith. Mitt. 1915, Heft 2, p. 137—138 [russisch]) neu beschrieben worden ist. Als terra typ.' hat der Altai zu gelten, ich besitze J'QY dieser Form aus Naryn, Tian-Schan, vom 31. I. und 3. Ill. 09, also wahrscheinlich Wintergäste. Der Unterschied in der Rücken- färbung springt in die Augen, ich hatte die Absicht, sie neu zu beschreiben, ersah aber inzwischen aus der russischen Literatur, dals dies schon erfolgt ist. "Das Flügelmafls beträgt 115—117 mm, übertrifft also nicht das von Hartert für garrula angegebene Maximum von 120 mm, (V. d. p. F. p. 457). Im fernen Osten 58 0. Graf Zedlitz: Sibiriens lebt dann noch eine extrem hellgraue Form B. g. ussuriensis Buturl. (Orn. Mitt. 15, Heft 3, p. 223). Über Ver- schiedenheiten im Kleide bei beiden Geschlechtern sowie Mauser- fragen verdanken wir Tischler sehr interessante und wertvolle Aufklärung. !) Der Seidenschwanz berührt anscheinend auf seinen Winter- zügen nur den nördlichen Teil unseres Gebietes, wenigstens wurde er in der Gegend von Pinsk während der Winter 1915/16 und 1916/17 nicht beobachtet, dabei fällt der dicke zutrauliche Bursche schon meist dem Laien auf, einem Grafsmann würde er sicher nicht entgangen sein. Im allgemeinen gewinnt man den Eindruck, dafs er nicht eigentlicher Wintergast sondern Durchzügler im späten Herbst und zeitigen Frühjahr ist. Am Narosz-See traf er Ende November 15 und 16 in Flügen von 30—50 Stück ein (Schalow). Bei Smorgon wurden vereinzelte Exemplare im Januar 16 erlegt, am 14. III. 16 zeigte sich dann ein grolser Schwarm (Schlüter). Bei Bialowies erschienen zwischen dem 20. X. und 10. XI. 16 zahlreiche Flüge auf dem Durchzuge, kleinere Gesell- _ schaften auch noch im Dezember; von Anfang März bis zum 28. IV. 17 als spätestem Termin erfolgte der Rückzug in kleinen Gruppen (Reichenow). Mir wurden im Dezember 15 gröfsere Schwärme zuerst von Pruzana (zwischen Bialowies und Slonim) gemeldet, zu Ausgang des Winters zeigten sich häufig Seiden- schwänze auch in der Gegend von Slonim. Im Winter 1916/17 bemerkte ich nichts vom Herbstzuge und sah die ersten am 2. II. 17 bei Albertyn, es waren etwa ein halbes Dutzend. Aus diesem Grunde betonte ich das seltene Auftreten in diesem Winter (J. f£. O. 17, II, p. 293). Erst nachdem mein Manuskript schon abgesandt war, erschienen zwischen dem 1. und 4. III. gröfsere Schwärme, welche sich jedoch nie lange aufhielten, obgleich noch scharfer Frost herrschte bei tiefem Schnee. Die Vögel suchten die Wachholdersträucher, welche dort massenhaft im Kiefern- Altholz wachsen, nach Früchten ab und lebten dabei sehr gut, denn alle von mir erlegten Exemplare trugen unter der Haut eine dicke Speckschicht. In Nordpolen bei Lomza und Ossowiec beobachtete O. Neumann im Winter 1916/17 mehrfach Seiden- schwänze, doch sind in seinem Vortrag genauere Daten nicht angegeben, es dürfte sich auch hier um Durchzügler handeln. Befund: Erscheint im Norden des Gebietes zahlreich im November und Dezember, kehrt in der Mehrzahl Ende Februar und im März wieder zurück, in der Zwischenzeit spärlich vertreten. 135. Muscicapa grisola grisola L. Bacmeister Falco 16, p. 43. — Cordes Zschft. f. O. u. O, XXIV, p. 58. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Gralsmann !) vgl. Tischler O, MB. 18, p. 85—89 und O. MB. 20, p. 90-92. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 59 J. f. O. 18, p. 306. — Puhlmann O. MS. 18, p. 209. — Reichenow „Bialowies‘“ 18, p. 183. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 20; Zschft. f. O. u. 0. XXIV, p. 3. — Schlegel V.O. G. i. B. XIII, 4, p. 333: M. striata striata. — Zedlitz J. f. O. 17, Il, p. 293. Die Verbreitung des grauen Fliegonschnäppers ist eine ganz unregelmäfsige, an einzelnen Orten im Norden wie im Süden ist er gemein, an anderen wieder selten, eine Erklärung dafür vermag ich nicht zu geben. Selten ist er nach meinen Beobachtungen in der Region von Wloszezowa, Kielce und Ivan- gorod, dagegen traf ihn Bacmeister mehrfach als Brutvogel im Gouv. Ljublin. Bei Wischnew ist er „wenig vertreten“ (Puhlmann), dagegen im Gouv. Kowno ‚an allen geeigneten Ortlichkeiten zu finden“ (Dobbrick). Für die Gegend westlich Pinsk nennt ihn Grafsmann „sehr häufig, besonders in der näheren Umgebung der Dörfer“, ein ähnliches Urteil fällt Reichenow mit Bezug auf Bialowies, Rüdiger sammelte 4 Gelege bei Dolsk im Mai/Juni 17, während ich in der näheren Umgebung von Slonim trotz aller Aufmerksamkeit nur wenige Brutpaare entdecken konnte. Cordes berichtet von einem Gelege, 6. VI. 17 am Disna-See. In Kurland fand Rüdiger Juni 16 unschwer bei der Durchreise zwei Nester, also ist der Vogel dort wohl nicht selten. Zur Systematik kann ich mich aus Mangel an Material nicht äufsern. Das Erscheinen im Frühjahr wurde zuerst beobachtet: bei Bialowies am 17. IV., Konnik zwischen dem 20. und 23. IV. (Reichenow), bei Ostrow südlich Baranowitschi am 25. IV. 16 (Marx). Befund: Brutvogel im ganzen Gebiet, teils häufig, teils nur spärlich vertreten. 136. Muscicapa atricapilla atricapilla L. Dobbrick O. MB. 17. p. 20. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 306. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 20; Zschft. f..O. u. O. XXIV, p. 3. — Schlegel V. O0. G. i. B. XIII, 4, p. 333: M. hypoleuca hypoleuca. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 375. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, Heft 1. p. 15: Ficedula hyp. hypoleuca. — Zedlitz O. MB. 15, p. 135, 165: M. hyp. hypoleuca; J. f. O. 17, II, p. 293. | Ebenso wie sein grauer Vetter ist der Trauerfliegen- schnäpper im ganzen Gebiet Brutvogel, in den meisten Gegenden ziemlich häufig, dazwischen hie und da spärlich, so bei Slonim, Tuchowitschi und Ostrow. An der Pina, bei Bialowies, im Gouv. Kowno und in Nord-Polen ist er eine gewöhnliche Erscheinung (Grafsmann, Reichenow, Dobbrick, Stolz), in Ost-Galizien kommt er mehr vereinzelt vor (Schelcher), in Kurland sah Rüdiger ein Brutpaar schon bei flüchtiger Durchreise, bei Dolsk (Pripjet) fand er am 5. VI. 17 ein 6er Gelege. / 60 0. Graf Zedlitz: Die Mitteilungen über das Datum des Eintreffens im Früh- jahr stimmen beim Sumpfgebiet überein: Bialowies 20. IV. 17 (?), (Reichenow), Ostrow 20. IV. 16, (Marx); bei Wloszczowa in Südwest-Polen sah ich das erste Pärchen am 24. IV. 15, dagegen beobachtete Schelcher in Ost-Galizien das erste Stück schon am 29. III. 17, also rund einen Monat früher. Befund: Brutvogel im ganzen Gebiet; in den meisten Misch- waldungen nicht selten. 137. Muscicapa collaris Bechst. Bacmeister „Gef. Welt“ 17, XLVI, Heft 17, p. 3. — Reiche- now „Bialowies“ 18, p. 183. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, Heft 1, p. 16: Ficedula albicollis. Hartert schreibt in V. d. p. F. p. 484: In Nordost-Deutsch- land .... und Polen wurde er (der Halsbandfliegenfänger) bis- her nur vereinzelt auf dem Zuge beobachtet“. Inzwischen ist er für Schlesien mehrfach als Brutvogel nachgewiesen worden und für Bialowies mufs mindestens mit der Möglichkeit des Brütens gerechnet werden, denn zwischen dem 17. IV. und Mitte V. wurde er dort häufig gesehen, später allerdings nicht mehr. Ich halte es für sehr möglich, dafs mit Beginn der Brut- zeit die Vögel viel heimlicher geworden und so in dem Riesen- forst den Blicken der wenigen Beobachter entgangen sind. Ähn- liches berichtet Schelcher aus Ost-Galizien, er sah im Mai wiederholt dasselbe Exemplar an derselben Stelle, später aber nur noch einmal am 29. VII. 17. ein Junges, also haben die Vögel doch wohl in der Gegend gebrütet, sich aber in dieser Zeit versteckt gehalten. Sehr anschaulich beschreibt auch Bac- meister seine Beobachtung eines Pärchens am 3. V. 15 im Park Yan Udva in den Ost-Beskiden, das Q hatte offenbar noch nicht gelegt. Befund: im Frühjahr im Walde von Bialowies, aber nicht sicher als Brutvogel, nachgewiesen. 138. Muscicapa parva parva Bchst. Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 183. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, Heft 1, p. 16: Erythrosterna parva parva. — Schlegel V. 0. G. i. B. XIII, 4, p. 333: Erythrosterna p. p. — Zedlitz J. f.O. 17, II, p. 293. Es ist keineswegs leicht, den Zwergfliegenschnäpper zu er- kennen, zumal wenn man noch nie seinen Gesang gehört hat, denn er lebt anscheinend zumeist im hochstämmigen Laubwalde und zwar in den Kronen der Bäume. Da gehört schon eine ganze Portion Glück und Geschicklichkeit dazu, um den winzigen Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 61 Burschen überhaupt zu finden und dann noch sicher zu erkennen. Aus diesem Grunde kann ich mich Reichenows Vermutung nur anschliefsen, dafs Muscicapa parva wohl etwas häufiger vor- kommen dürfte, als es nach den eingegangenen Meldungen den Anschein hat, aber gemein ist er jedenfalls nirgends. Noch am häufigsten tritt er anscheinend in den unterholzlosen Buchenbe- ständen Ost-Geliziens auf, wo Schelcher im Mai und Juni 17 mehrere Exemplare sah und 3 Q'O' sammelte. Im Pripjet-Gebiet wurde ein @ von Rüdiger am 18. VIII. 17 geschossen, das leider beim Versand verloren ging (Görnitz), ein @ vom gleichen Fund- ort erhielt Schlegel; Marx sah ein Stück am 3. VIII. 16, ich selbst ein Pärchen am 4. V. 16 bei Tuchowitschi in hohen Eichen. In Bialowieser Forst wurde ein Exemplar 1916 erlegt, am 20. und 25. IV. 17 kamen mehrere bei Konnik zur Beobachtung. Dobbrick fand nur einmalein jüngeres Q' in den Obstgärten von Rossienie, glaubt aber nicht, dafs es sich um einen Brutvogel handelte. Befund: seltene Erscheinung im Pripjet Gebiet und Gouv. Kowno, nicht sicher als Brutvogel dort bestätigt, häufiger in Öst-Galizien. 139. Lanius excubitor excubitor L. Domaniewski F. Pass. Ok. Sar. 16, p. 75. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Kleinschmidt Falco 17, p. 11; J. £. ©. 18, p- 279—282. — Puhlmaun O. MS. 18, p 209. — Schlüter Falco 16, p. 30. — Schlegel V. O0. G. i. B. XIII, 4, p. 332. — Zedlitz @EMB. 15, P.'135;)J. 2.10: 17,1, p: 294. Im J. f. OÖ. 18 haben Bacmeister und Kleinschmidt sich eingehend mit den europäischen Raubwürgern beschäftigt und die Form galliae Klschdt. (Falco 1917, p. 24) näher begründet. Die Autoren konnten feststellen, dafs die Malse im Westen kleiner, im Osten gröfser sind, am kleinsten bei der südlichen Subspecies .meridionalis Temm., am gröfsten beim sibirischen mollis Eversm. afs Variationsweite wird angegeben: für meridionalis Fllg. 10,2—11,0 cm, ik galliae „ 10,7—11,6 „, „ excubitor 2 NOS, IT, £ mollis „ 11,3—122 „, Die Färbung der Oberseite ist im Westen in der Regel dunkler, doch kommen anscheinend auch helle Stücke dort vor. Bei den weiten Winterwanderungen der nördlichen und östlichen Raubwürger und dem Mangel an Serien sicherer Brutvögel aus dem Westen ist darüber z, Z. kein abschliefsendes Urteil zu fällen, ob auch die Tönung des Rückens von Westen nach Osten zuimmer heller wird. Imübrigen wird die blasse ostrussische Form homeyeri von den Autoren anerkannt, wie aus mehreren Textstellen hervorgeht, doch nicht näher auf dieselbe eingegangen, nur findet sich die Bemerkung über deutsche Vögel: „Jeden- falls ist die Drei-Teilung der deutschen Würger bezw. ihre Be- 63 Ö. Graf Zedlitz: stimmung als major, excubitor und homeyeri in den meisten Fällen unrichtig, weil sie individuelle Variation mit geographisches ver- wechselt.“ Unter „major Pall. nec. Gmel.“ ist hier der gröfsere nordöstliche Vogel verstanden, ein Synonym zu excubitor typ., wie ausdrücklich betont wird, also offenbar nicht der einspiege- lige Würger, auf letzteren komme ich später noch zurück. In Betreff von Verwechselungen von aufsergewöhnlich hellen ex- cubitor mit homeyeri spricht auch Hartert (V.d.p. F.p. 420) eine Warnung aus, aber auf Grund meines Materials und desjenigen im Berl. Mus. mufs ich doch behaupten, dafs entweder das Brutgebiet von homeyeri bis zum östlichen Schlesien reicht, oder dafs noch eine Zwischenform in Frage kommt, vielleicht eben die von Hartert als „aufsergewöhnlich hell‘‘ bezeichneten excubitor. Übergänge kommen offenbar auch vor, denn von den bei Hartert angeführten Kennzeichen für homeyerö fehlt öfters eins oder das andere, ohne dafs man den Vogel nach seinem Gesamtcharakter deshalb anderswohin stellen könnte. Es sei mir gestattet, dies an den auf den folgenden Seiten stehenden Tabellen zu erläutern. Nach diesem Befund mufs ich schon Nr. 5—7 meiner Sammlung sowie die angeführten Berliner Exemplare mit Aus- nahme von Nr. 10, 11, 14, 15, 16, 19, 211) zu homeyeri ziehen, darunter also die beiden schlesischen Sommervögel, welche be- stimmt dort heimisch waren, wie ich bezeugen kann. Bei den beiden auf dem Herbstzuge bei Slonim von mir erlegten Würgern könnte man das Q' noch eben zu excubitor typ. rechnen wegen der Schwanzfärbung, allerdings erscheint die Oberseite schon reichlich blafsgrau. DasQ muls ich zu homeyeri ziehen, es zeigt neben den aus der Tabelle ersichtlichen Unterschieden gegenüber dem Q’ auch eine weifsliche Stirn sowie weilse Augen- brauen- und Schläfenstreifen. Das einzige Moment, welches gegen einen typischen homeyeri sprechen könnte, sind die hell- grauen aber nicht weilslichen Oberschwanzdecken. Bei den Berliner Stücken handelt es sich zumeist um Winter- und Zug- gäste, deren Brutheimat unbekannt ist. Von den beiden Rumänen ist © ein typischer homeyeri, @ ausgesprochener excubitor, viel- leicht der eine Stand-, der andere Zugvogel? Die Stücke vom Kaukasus tragen leider kein Datum, das abgetragene Gefieder deutet zumeist auf Brutvögel hin. Die Abgrenzung der Brutgebiete von excubitor und homeyeri erscheint mir z. Z. noch nicht möglich, es fehlt eben an Serien von Brutvögeln, andererseits verwischen die fremden Zuggäste immer wieder leicht das Bild. So berichtet Domaniewski (l. c.) von einem bei Saratow am 10. IV. 15. erlegten Raubwürger, den er. zu exubitor rechnet und nicht zu homeyeri, welchen man dort 2) Nr. 14 und 15 stehen m. E. zwischen typischen excubitor und homeyeri in der Mitte. 68 0. Graf Zedlitz a) Coll. Zedlitz. a D = = A .. on =| Datum Fundort E Flügelspiegel Oberseite | Armschwingen nz E s: S$ a "8 > BE za“ ö 1.) 2| 5. XI 05 ne 112 nur einer sehr dunkel | nur Spitzen weils] dunkel grau | schwarz | nur z.T. weils z. Breslau | - 2. |$ |11. XII. 01 117| 2 mittelgrofse dunkel grau 3. |? |24. X. 08 4 114 | 2,einer sehr klein | etwas heller n » * Es weils 4 R 5 4. |S$| 2.X1.16 Slonim 115| 2 mittelgrofse er schwarz | 5„ » 9 5. 192130.%. 16 5 112 * & hell grau auch a. d. Innen- hellgrau, z.T.| weils ganz weils fahnen weils weils 6. 13130. VII. 11 Gabel 113) 2 sehr grofse ae ER "” ».» | mausert nei Bz. Breslau 7. |S| 9. IX. 09 Militsch 113 ha) ” »n N „ m. m 9 weils ” ” b) Berliner Museum. 8. |$| 80.90 Zion bei [113 2 grolse hell grau |etwas weils a.d.| hellgrau bis | weils ganz weils 'Schwiebus + Innenfahnen weilslioh 9. |&|17.X. 98. | Wirschkowitz | 116] 2 mittelgrolse ee nur Spitzen weils| hell grau n z. gr. T. weile (Schlesien) 10. |&| 4. XI. 04 Bukowina |112| „ & mittel grau | „ “ - „. |z. T. weils weils 11. | XI. 04 In 115 ” )) „ EEE ” ” ” Ds) fast ganz weils 12. |? ? # Ilelec, “ heller graü | „ R Ri vll? z.T.| weils a weils 13. |&| 15. II. 05 % 112 2 sehr grolse e „ jauch weils a.d.| hell grau ug weils Innenfahnen 14. |? |19. XIL.16 | Kronstadt |114| 2, der 2. klein hell grau a v Mr 2.T. Ds fast ganz weils pitzen 1) No. 1 ist ein rapd, welchen ich nur der Vollständigkeit halber mit aufführe. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 64 Way 5 Hp wodos pun 20hamoy OSIe UAFNIPAA USTBWNLON U9SHIP moJe uf 799993 zIeMyds Y1eIs Jy99ı 770 'sJIom ur s[ewoIU PuIs UIOP9JIENDIS UAFSIASTNE 9Ip 'ZIBMy9S Zued 45%) I9po Zued PuIs UIHPOJZUBMUIS U9FS[AIJTUL d9p ujoziny ep ‘uayony uonvwı3 [9yunp zued 3omyd9ınp uagey 9ıs ‘yıem Aop pun uredup) ‘pueL -Spny-IsoM ‘uejog ‘uopamgsg sne (Zıfadaıdsurs) Xudns ‘9 "T 6 WEPAIOSTnE Jzyısaq "sum 'TIag SBAq sjroa sprom yorsamM oumeg osjIeMm |ngıd [eg Iyos 85J013 Z 211 “ d & | 28 som °L, 19 °Z SJIOM 'L'Z 7 “ [9 « 7 perl wog 'z 10p 2 cıı “ F &|’ez “ sprom neı3 Troy “ “ [3 ve En [X “ 9IL “ & ER 7 (osuogo) de Nosnuı neı3 spam uozyıdg mu “ & osjpoasfegrw g |CTI ee R & el’ jy2nu9sgq8 f [13 [13 “ [13 EIG ERBER GHN [13 3 [13 8J013 zZ 0ZI ‘HOrgosypeN & al 'ez neı3 [ey se ss neı3 ey |sjrem uezyıdg ımu apa yyoru esJoF[oyIm Z GIT | segaugıpei m | 80 IX '08| & | "Tg odnguy ueyor Som sem |yoısjpem-neız| oumes esjiem |-unzıq u ıroy 88J018 Z FII # Te DE ‘08 nel y ! 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XII. 17 gt, Flle. 117), Oberförster Bähr bei Goroditsche am 18. III. (vgl. Schlegel l. c.) und mir gesammelt; auch von-den nicht selten nur ge- sehenen Wintervögeln dürften viele oder die meisten hierher gehört haben. Ob die von mir in Südpolen am 9. IV. 15 be- obachteten Durchzügler hierher oder zu homeyeri gehörten, kann ich natürlich nicht sagen, da sie sehr scheu waren. Aus den nördlicheren Landstrichen liegt aber der Beweis des Brütens vor: Puhlmann sah bei Wischnew, wie 2 Alte ihre eben aus- geflogenen 5 Jungen noch fütterten. Aus der Gegend von Smorgon erhielt Kleinschmidt (l. c.) 3 Exemplare durch Schlüter mit einem Flügelmafs von 115—116 mm. Im Winter liegt dieser Würger mit Eifer der Mäusejagd ob, (vgl. auch Puhlmann |. c.), er schlägt sogar mit Erfolg die grölseren Wühlmäuse und trägt sie mit den Krallen ein Stück fort, wenn er gestört wird, wie ein absolut zuverlässiger Be- obachter im Winter 1916/17 bei Baranowitschi festgestellt hat. Befund:-Brutvogel anscheinend nur in Litauen, als Durch- zügler und Wintergast sonst im ganzen Gebiet nicht gerade selten. 140. Lanius excubitor homeyeri Cab. Dennler Falco 17, p. 3; „Natur“ 18/19, p. 47. — Doma- niewski Mat. 4 I. f. orn. d. Pologne 15; F. Pass. Ok. Sar. 16, .p. 75. — Kleinschmidt J. f. O. 18, p. 279—282. ber das z. T. noch ungeklärte Verhältnis zu excubitor typ. habe ich mich schon oben geäufsert. Über Bruten in unserem Gebiet konnte ich nichts feststellen, hingegen liegen mehrfach im Herbst und Winter erlegte Exemplare vor, so von Dennler (Kleinschmidt J. £. O. 18, p. 281), Rüdiger!) und mir. Doma- niewski erwähnt in seiner Arbeit über das Material zur polnischen Avifauna in den Warschauer Museen ein im Branicki-Mnseum befindliches @ von Lubez. Das von Kleinschmidt (l. c.) be- sprochene’g‘ von Maliny, Gouv. Warschau, Bacmeister leg. 16. III. 15, dürfte auch vielleicht zu homeyeri gehören, wenn auch Autor die Frage vorläufig noch offen läfst. Für die Gegend von Sara- tow nennt übrigens Domaniewski ausdrücklich neben dem schon oben zitierten L. c. excubitor auch einen L. c. homeyeri vom 25. IV. 14, letztere Form dürfte wohl dort heimisch sein. Befund: Erscheint nicht ganz selten vom Spätherbst an im Pripjet-Gebiet und auch in Polen. 1) Das Berl. Mus. besitzt ein von Rüdiger bei Dolsk am 8. XI. 17 gesammeltes Stück. Journ, £, Om, LXIX, Jahrg, Januar 1921, 5 66 0. Graf Zedlitz: 141. Lanius excubitor rapax Br. Dennler Falco 17, p. 3; „Natur“ 18/19, p. 47: L. e. major. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 306; O. MS. 19, p. 51: Z. e. major. — Reichenew „Bialowies“ 18, p. 184. — Schalow O. MB. 17, p. 38: L. e. major. — Schlegel V. O0. G. i. B. XIII, 4, p. 232: L. e. major. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 294. Die Frage, ob der einspiegelige Würger subspezifisch getrennt zu halten ist, bleibt immer noch strittig, vorläufig neige ich mit Reichenow dazu, sie zu bejahen. Als Begründung möchte ich - anführen, dafs alle von mir untersuchten rapax eine auffallend dunkle Oberseite zeigen, etwa so wie die in dieser Richtung extremsten excubitor, während alle helleren Stücke stets einen zweiten Flügelspiegel haben, wenn er auch oft sehr klein ist (vgl. dazu auch Hartert unter homeyeri, V. d. p. F. p. 420). Mein Material stammt aus Schweden, der Mark, Schlesien, Ostro- lenka am Narew und Pruzana, ein Exemplar im Berl. Mus. aus Ungarn ist nicht mehr ganz typisch. Leider fällt die Erlegung durchweg in den Herbst und Winter, nur ein Q' von Zion bei Schwiebus stammt aus dem April, ist aber noch kein sicherer Brutvogel.!) Ob diese Form im Pripjet-Gebiet brütet, ist noch nicht einwandsfrei nachgewiesen, es erscheint aber wahrscheinlich, da Marx dort im Mai ein Stück sammelte (Marx in litt.). Anfang Mai 1916 hielt sich ein Paar Raubwürger ständig auf den sehr sumpfigen, stellenweise mit Gebüsch bestandeneo Wiesen an der Schara gegenüber der nördlichen Mündung des Oginsky-Kanales auf, ich vermute, dafs es rapax waren, da ich nur wenig Weils am Flügel gesehen habe, mit Bestimmtheit kann man aber den lebenden Vogel natürlich nicht ansprechen. Ich schofs zunächst keinen, weil ich durch Auffindung des Nestes gern den sicheren Beweis erbringen wollte, dafs es sich um Brutvögel handelte. Mitte Mai wurde ich dann wieder nach Slonim versetzt, und so ist mir dieses interessante Belegstück leider entgangen. Schlegel (l. c.) berichtet von einem älteren Exemplar aus der Gegend von Goroditsche, welches das Kleingefieder mauserte, Obwohl kein Datum angegeben wird, mufls es sich um einen Sommervogel handeln, denn alte Raubwürger haben nur eine Mauser und zwar im Sommer. . Die anderen Notizen über L. e. rapax (major auct.) beziehen sich auf den Herbst bis zum Frühjahr, sie sprechen nicht für das Brüten in der Gegend, aber auch nicht unbedingt dagegen. Dennler erlegte ein Stück im November 16 und erwähnt das Vorkommen im Winter neben L. e. homeyeri. Gralsmann be- obachtete einspiegelige Raubwürger nur vom Oktober — frühester 3) Schalow tritt neuerdings auch für die Berechtigung der Form rdpax ein in den „Beiträgen zur Vogelfauna der Mark Brandenburg“ p. 328—328, wo die Frage sehr eingehend erdıtert wird. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 67 Termin 5. X. 17 — bis März. Reichenow erwähnt ein am 19. III. 16 bei Bialowies geschossenes © ad., später erhielt das Berl. Mus, noch &‘ von Pruzana, 17. XII. 16. Auch nördlich der Po- lesje zeigte sich diese Form vereinzelt, so am Narosz-See zwischen dem 25. X. und 5. XI. 16 (Schalow), wo auch ein Belegstück gesammelt wurde. Aus Polen besitzt das Berl. Mus. ein Exemplar, das O. Neumann bei Ostrolenka am 27. XI. 16 erlegt hat. Befund: Erscheint im ganzen Gebiet nicht selten während der Zugzeit Oktober/November bezw. März, überwintert hie und da, das Brüten in der nördlichen Polesje ist durch Erlegung im Mai und Sommer wahrscheinlich geworden, aber nicht einwands- frei erwiesen. 142. Lanius minor Gm. Bacmeister Falco 16, p. 43. — Dennler Falco 17, p. 3. — Dobbrick O. MB: 17, p. 20. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 306. — Stolz id. £ ©. 17, 1, p. 375. — Zedlitz J. f. O. 17, IL, p. 294. Es besteht ersichtlich die Neigung, nicht unerheblich indi- viduell zu variieren, das schwarze Stirnband schwankt sehr in seiner Breite, auch das Grau der Oberseite ist bald reiner und lichter, bald düsterer und mehr rauchfarbig, Das Schwanken der Mafse erwähnt schon Hartert V. d. p. F. p. 417. Ich be- sitze 4 Brutvögel aus der Gegend von Slomin, Mai 16, sie sind auch nicht ganz gleich, aber doch alle um eine Spur oder auch merklich reiner grau als Maivögel meiner Sammlung aus Ungarn oder gar schlesische Brutvögel aus dem Sommer. Bei letzteren kann man die „schmutzige“ Rückenfärbung vielleicht auf die starke Abnützung des Gefieders schieben, das ist jedoch ausge- schlossen bei einem Vogel meiner Sammlung von Dire Daua, Nord-Somaliland, Ausgang des Winters erlegt; derselbe hat ganz frisches Gefieder und doch erheblich dunklere Oberseite als meine Russen und selbst die Ungarn. Die Flügelmafse sind folgende: 4 S'g' Slonim 16. und 18. V. 16: 114, 117, 118, 120 mm (das im J. f. O. 17, II, p. 294 angegebene kleinste Mafs von 1ll mm beruht auf einem Druckfehler); 2 So Cs. Somorjan (Ungarn) 18. und 21. V. 18: 115, 116 mm; Q, J'G' Gegend von Schwentnig, Bz. Breslau, 27. VI. und 12. VII. 07, 30. VII. 09: 119, 115, 118 mm; ? Dire Daua (N.- -Somali) Anfang 09: 119 mm. Dieser Würger, der am dichtesten den Südosten Europas - besiedelt, ist naturgemäls auch im Südosten unseres Gebietes am gemeinsten, nach Norden zu nimmt seine Zahl schnell ab. In der Polesje ist er ganz gewöhnlicher Brutvogel, fast so gemein wie L. collurio, doch trifft man ihn nur in oder dicht bei den Ortschaften, wie Grafsmann und ich übereinstimmend festgestellt haben. Auch Dennler hat ihn zur Brutzeit im Juli erbeutet. In 5* 68 0. Graf Zedlitz: Südost-Polen sah Bacmeister am 24. VII. 15 Alte und eben flügge Junge, ich beobachtete die ersten függen juv. am 12. VII. 16. Schon in den letzten Tagen des Juli zogen alle fort, vom 1. VIII. an habe ich keinen mehr gesehen. In Nord-Polen bei Lomza sammelte Stolz ein Q' am 22. V., also auch zur Brutzeit. Von den nördlichsten Fundorten berichtet Dobbrick aus dem Gouv. Kowno, doch ist der Vogel dort nur noch vereinzelt an- zutreffen. Nach Hartert (V. d. p. F. p. 417) reicht seine Ver- breitung sogar bis Livland, aber es liegen mir darüber aus den Kriegsjahren keine Nachrichten vor. Befund: gewöhnlicher Brutvogel in den Dörfern der Polesje, auch in Polen nicht selten, vereinzelt in Litauen. Lanius senator senator L. Unter die Vögel der Polesje und angrenzenden Landstriche vermag ich den rotköpfigen Würger nicht aufzunehmen, möchte aber darauf hinweisen, dafs Stolz ein Exemplar in Litauen kurz vor der preufsischen Grenzstation Alexandrowo beobachtet hat (J. £. 0. 17, I, p. 375). Da die Art schon in Nord-Deutschland nach Hartert (V. d. p. F. p. 436) sehr selten ist, verdient dieser neue extrem nördliche Fundort besonderes Interesse. 143. Lanius collurio collurio L. Bacmeister Falco 16, p. 43. — Dennler Falco 17, p. 3. — Dobbrick O.MB. 17, p. 20. — Domaniewski F. Pass. OR. Sara- towa 16, p. 76 u. 145: Enneoctonus eollurio subsp. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 74. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Grals- mann O. MS. 16, p. 234; J. f. O. 18, p. 306. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 20; Zschft. f. O. u. OÖ. XXIV, p. 3. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 184. — Schlegel V. O. G. i. B. XIII, 4, p. 333. — Stolz J. £. O, 17, L p. 375. — Zedlitz O. MB. 15, p. 1386; I. £ O. 17, II, p. 294. Eine östliche Form des Neuntöters, welche sich durch weniger ausgedehnte und blassere braune Rückenfärbung von der typischen unterscheiden soll, L. c. kobylini Buturl. (Ibis 06, p. 416), wird von Hartert in den V. d. p. F. p. 441 anerkannt, wenn auch mit Vorbehalt. Später hat Weigold (J. f. O. 12, p. 384) darauf hingewiesen, dafs bei der grofsen von ihm in Mesopotamien gesammelten Suite alle Übergänge von der west- lichen zur östlichen Form vorkommen, d. h. die Rückenfärbung variiert zwischen sattem Kastanienbraun in breiter Aus- dehnung und ganz diffusem nicht mehr mefsbarem Mattbraun. Nach diesem Befund mufsten mit Recht dem Autor Zweifel an der Berechtigung der Form kobylini aufsteigen. Im Orn. Jbch. 13, p. 134—136 ist dann Laubmann erneut dieser Frage näher- getreten und auf Grund sehr sorgfältiger Untersuchungen zu dem Resultat gekommen, dafs Z. c. kobylini einzuziehen und ia Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 69 künftig als Synonym zu L. ce. collurio aufzufassen ist. Ich möchte vorausschicken, dafs ich nach Vergleich meiner west- russischen Stücke und des ganzen Materials im Berliner Museum mich Laubmanns Ansicht anschliefse, will aber den Befund noch kurz mitteilen: Das Braun des Rückens ist keineswegs bei allen Vögeln aus dem Kaukasus (terra typ. für kobylini ist Südseite des Kaukasus) in geringer, sondern bisweilen auch in derselben Ausdehnung vorhanden wie bei collurio typ. Eine Neigung zu einem helleren Ton dieses Brauns finde ich bei vielen Vögeln aus Rufsland und Rumänien, doch ist dieser Charakter nicht konstant, auch noch im Kaukasus und in Kl.-Asien kommen ganz dunkelbraune Stücke zwischen blasseren vor; in meiner Sammlung ist ein 9° von Wladimir Wolhynsk (Wolhynien), ges. 5. V. 17, auf dem Rücken relativ hell, ebenso ein Q' von Slonim, 17. VII. 16, dagegen ist ein 0° von Slonim, 16. V. 16, oberseits ganz bedeutend dunkler; ebenso erhielt Schlegel vom Pripjet- Geb. 3 9'9' mit gesättigt dunklem Rücken. Eine Neigung zu - heller Stirn findet sich bei genanntem Ex. aus Wolhynien sowie dem dunklen Stück aus Slonim, bei vielen Rumänen sowie ver- einzelt — keineswegs immer — bei Kaukasiern und Vögeln aus Kl.-Asien. Auch Domaniewski fand bei seinen Vögeln von Saratcw das Grau des Kopfes und Braun des Rückens heller als bei polnischen Stücken. Einen weisen Augenbrauenstreifen oder Andeutungen davon zeigen bei guter Präparation viele Rumänen, Westrussen und Kaukasier, aber auch bei Deutschen kommt er vor, wenn auch nicht so häufig. Auch die hellen Säume der Flügeldecken sind individueller Variation unterworfen. Danach bleibt kein Kenn- zeichen, welches zur subspezifischen Unterscheidung verwertet werden könnte. Der Neuntöter ist keineswegs an menschliche Niederlas- sungen gebunden wie L. minor, sondern ein echter Waldvogel, daneben liebt er auch die z. T. mit Buschwerk bestandenen Sumpfwiesen, wie Grafsmann sehr richtig bemerkt. In der Wild- nis sind seine Nester recht schwer zu finden, da sie gut ver- steckt stehen, immerhin konnte Rüdiger bei Dolsk 19 Gelege sammeln. Daneben meidet dieser Würger aber den Menschen keineswegs, in der Gegend von Slonim brütete er allenthalben in den Obstgärten ganz wie bei uns, dabei bisweilen unmittelbar neben Z. minor. In Bialowies ist er nach Reichenow sehr häufig, während dort anscheinend ZL. minor fehlt. Dennler und Görnitz haben auch mehrfach Belegexemplare im Pripjet-Gebiet gesammelt. In Polen fand ihn Stolz häufig, so bei Lomza, Suwalki, Czensto- chau, Bacmeister im Gouv. Ljublin, Gengler ein Exemplar bei Cholm (nahe der ukrainischen Grenze) noch am 14. IX. 15, dies ist ein abnorm später Termin. In Südpolen bei Kielce war er nicht selten nach meinen Beobachtungen im Frühjahr 15. Im Norden scheint er spärlicher aufzutreten nach den Berichten 70 0. Graf Zedlitz: von Dobbrick aus dem Gouv. Kowno und Rüdiger aus Kurland, Juni 16. Der Wegzug im Herbst erfolgte bei Slonim etwa zur gleichen Zeit wie gewöhnlich in Mittelschlesien, d. h. Ende August. Der Neuntöter zog somit rund 4 Wochen später als L. minor. Die Ankunft notierte Grafsmann bei Konschizy am 8. V. 16, ich bei Tuchowitschi erst am 11. V. 16. Befund: Gemeiner Brutvogel in der ganzen Polesje und in Polen, weniger häufig in Litauen und Kurland. 144. Corvus corax corax L. Bacmeister Falco 16, p. 43. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 49. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 64; J. f. O. 19, p. 218/219. — Grafsmann O. MS. 16, p. 57—59; J. f. O. 18, p. 306. — Neu- mann J. f. O. 18, p. 238. — Puhlmann ©. MS. 18, p. 209. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 184. — Schalow O. MB. 17, p. 38. — Schlüter Falco 16, p. 32. — Stolz J. f. O. 17, 1, p. 375. — Zedlitz O0. MB. 15, p. 152; 18, p. 83-39; J. f.. O. 17, Il, p. 294. Gengler hat in seinem Aufsatz „Einige kritische Bemer- kungen zu den paläarktischen Corviden“ im J. f. 0.19 uns sehr interessante Tabellen über Färbung und Mafse von 3 Raben gegeben, deren Heimat die Schweiz, das Gouv. Kaluga und die Sarpasteppe ist. Im Anschlufs daran weist er auf eine Reihe von Unterschieden hin, deren wesentlichste für Rufsland der schlankere Schnabel und der etwas bräunlichere Ton bei einzelnen Gefieder- partien sind. Autor hat jedoch, wohl mit Rücksicht auf das sehr geringe vorliegende Material, von der Aufstellung neuer Subspezies Abstand genommen. Ich teile vollkommen diese Auffassung und habe sie schon in meiner kleinen Arbeit „Beobachtungen an Rabenvögeln im westlichen Rufsland“ (0. MB. 18, p. 34) aus- gesprochen. Da ich in meiner Sammlung sogenannte echte (©. c. corax nur aus Skandinavien, Mecklenburg und der Polesje be- sitze!), also durchweg aus anderen Gegenden als die von Gengler besprochenen, so können sich unsre Befunde leider nicht gegen- seitig kontrollieren, sie laufen durchaus nebeneinander her, wenn auch einige Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dafs die Raben von Slonim und Kaluga derselben Form angehören könnten. Bei meiner Serie scheiden für den Vergleich ein Q vom Nordkap und ein Q‘ aus Mecklenburg aus, da sie im August bezw. Mai gesammelt sind und ziemlich stark abgenutztes Gefieder tragen. Es verbleiben aus den Monaten November—Januar nur Q Tromsoe, &' Mecklenburg und Q'QQ Slonim, das ist ganz unzureichend, um systematische Schlüsse zu begründen. Ich bemerke nur, dafs !) Die südlichen Formen sardus, tingitanus, krausei, canariensis | sowie die Gruppe umbrinus (ruficollis) kommen für Vergleiche hier ja nicht in Betracht. E # _ Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 71 auch meine russischen Stücke etwas bräunlicher erscheinen — besonders auf Schwanz und Flügeln — als Skandinavier und Mecklenburger, C. c. sardus hat wiederum deutlich violetten Glanz auf dem frischen Grofsgefieder. Meine Flügelmalse sind erheblich kleiner als die von Gengler angeführten, ich habe sie nochmals nachgeprüft und kann sie wirklich nicht ändern, nur beim 9 Slonim I sind die Spitzen der Handschwingen etwas bestolsen und zerfafsert, sodals man den intakten Flügel mit ca. 2 mm länger rechnen kann, also mit 408 statt 406, wie ich s. Z. geschrieben habe Meine Malse sind folgende nach dem Muster der Gengler’schen Tabelle Schnabelläinge höchste Höhe Flügellänge O0 Tromsoe XI: 76 28 425 mm Q' Mecklenburg XIL: 71 27 416 „, co Slonim Xl.: 75 26 Altar, Q Slonim XL: 70 23 406 „, @ Slonim L: 70 24 408 „ Q, ©. c. sardus. Sardinien, III.: 7 27 425 Diese Zahlen beweisen, dafs die Schnäbel der Sionimen Raben relativ zierlich sind, es stimmen also im ganzen genommen meine Befunde durchaus mit dem Urteil Genglers überein, das er schon im Orn. Jbch. 16 in die Worte gekleidet hat: „auf- fallend kleinschnäblig und fast durchweg von braunem Gefieder- glanz.“ Es sind so viel Kolkraben in Rufsland von deutscher Hand erlegt worden — zu viel für meinen Geschmack! — Dals es jetzt im Frieden möglich sein mülste, ein stattliches Material zusammenzubringen. Ich zweifle nicht daran, dafs es dem scharfsichtigen Forscher an der Hand einer guten Suite demnächst gelingen wird, die schon beim ersten Anblick erkannten Unterschiede so zu präzisieren, dafs eine Sneunmnz als geson- derte Form erfolgen kann. Auf die Biologie habe ich keine Veranlassung hier wiederum einzugehen, nachdem ich meine Beobachtungen in den O. MB. 18 niedergelegt habe. Ich mache als Ergänzung zu denselben auf Grafsmanns Schilderungen in der O. MS. 16, p. 57—59 noch besonders aufmerksam. Es bleibt nur noch die Verbreitung zu besprechen. Im Süden Polens kommt der Rabe im Gouv. Ljublin schon vereinzelt vor (Bacmeister), im mittleren Polen rechts der Weichsel ist er schon nicht mehr ganz selten (Gengler, Zedlitz), in Nord-Polen regelmäfsig am Narew und Bobr anzutreffen (Neumann), auch Brutvogel in der Gegend von Lomza (Stolz). Westlich der Weichsel hat ihn nur Gengler einmal bei Radom am 16. IX. 15 gesehen. Im ganzen an Polen östlich anstofsenden Gebiet ist er als Brutvogel vertreten, in vielen Gegenden sogar gemein. Gralsmann zählte im Frühherbst 15 bei Wladimir Wolhynsk (Wolhynien) auf einer Strecke von 4 klm über hundert, 12 0. Graf Zedlitz: ich selbst sah bei Slonim im gleichen Herbst oft 20 und mehr Stück innerhalb ganz kurzer Zeit (10—20 Minuten) und stellte später 1916 mehrere besetzte Horste fest. Reichenow nennt für Bialowies den Raben einen recht häufigen Brutvogel, ich kann bestätigen, dafs er dort geradezu Charaktervogel des Forstes war. Dennler fand ihn nur vereinzelt im Pripjet-Gebiet, das dürfte z. T. darin seinen Grund haben, dafs die Beobachtungszeit zum grofsen Teil in der Sommer, also die Horstzeit, fiel, wo der Rabe viel heimlicher ist als im Winter. Am auffallendsten ist seine Erscheinung zur Zeit der Balzflige vom Januar bis April. Weiter im Norden nennt ihn Puhlmann bei Wischnew „ziemlich häufig‘; Schalow erwähnt sein wiederholtes Erscheinen im Oktober 16 am Narosz-See; Schlüter endlich kann von einem Paar berichten, das im April 16 „in unsrem Walde“ nistete, also offenbar in nächster Nähe. Befund: Besonders häufiger Brutvogel vom Bug bis Pripjet, gemein in Wolhynien, nicht ganz selten in Litauen und Polen östlich der Weichsel, westlich derselben wohl nur Irrgast. 145. Corvus cornix cornix L. Bacmeister Falco 16, p. 43. — Cordes Zschft. f. O. u. XXIV, p. 59. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 45. — Dobbrick MB. 17, p. 33. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 64; V. O0. G. i. XII, 4, p. 216; J. f. O. 19, p. 220—221. — Grafsmann J. f. 18, p. 307. — Puhlmann O. MS. 18, p. 209. — Reichenow O. MB, 16, p. 131; „Bialowies“ 18, p. 185. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 20; Zschft. f. O. u. OÖ. XXIV, p. 3. — Schalow O. MB. 15, p. 88; 17, p. 38. — Schlüter Falco 16, p. 27, 32. — Zedlitz O. MB. 15, p. 165; 16, p. 165; 18, p. 63—64; J. f. O. 17, II, p. 295. Wollte ich „hochmodern“ sein, würde die Überschrift statt C. cornix cornix lauten: CO. corone cornix, denn in neuester Zeit scheint sich die Waage immer mehr zu Gunsten der Auf- fassung zu neigen, dafs Raben- und Nebelkrähe in eine Kollektiv- art oder Realgattung — je nachdem wir mit Stresemann und Laubmann oder mit Kleinschmidt reden wollen — zusammen- zufassen sind. Ich stehe diesem Gedanken keineswegs schroff ablehnend gegenüber, halte aber vorläufig die Erforschung der einzelnen geographischen Formen für noch nicht genügend vor- geschritten, um ein wirklich klares Bild zu ergeben, eiß® Ansicht, welche auch Laubmann teilt (V.O.G. i.B. XIII, Heft 3, p. 211, Anm. 3). Auch Baron Geyr behandelt in seiner neuesten Krähen- studie (Falco 1920, Heft 4,p;-17—26), die Nebel- und Raben- krähen noch als getrennte Gruppen. Übrigens ist es auch noch zweifelhaft, ob der Name „corone“ überhaupt anwendbar ist, nach Kleinschmidt (Falco 17, Heft 1, p. 8 u. Heft 3, p. 17—21) bezieht er sich nämlich auf die junge Saatkrähe Bis zur end- 0. 0. B. 0. a A ee A ee Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 78 gültigen Klärung dieser verwickelten Frage bleibe ich also bei den alten Bezeichnungen. In puncto Nomenklatur vermag ich der Ansicht Laubmanns (l. c.) nicht ganz beizupflichten, meine Auffassung habe ich am Beginn des speziellen Teils dieser Arbeit ja in kurzen Worten erläutert: ich stimme für jede nur mög- liche Konzession, welche dem Anfänger und Nicht-Spezial-Syste- matiker das Studium erleichtern kann, aber nur in neben- sächlichen Punkten, zu welchen ich allerdings die Namen ansich rechne, niemals in prinzipiellen Fragen, welche die Kenntnis der Tiere selbst betreffen, da gibt es kein paktieren! Über die Gruppe der Nebelkrähen liegen aus neuester Zeit zwei ausgezeichnete Spezialarbeiten vor: Laubmann „Die geogra- phische Variation des Formenkreises Corvus cornix“ (V. O. G. i. B. XIII, Heft 3, p. 211—220) und Gengler „Einige kritische Bemerkungen zu den paläarktischen Corviden“ (J. f. O. 19, p. 215—223). Kleinschmidt und König haben im Falco 1918 bezw. J. f. O. 1920 inzwischen zu beiden schon kritisch Stellung ge- nommen und zwar wesentlich in ablehnendem Sinne, also es steht hier Ansicht gegen Ansicht. Hier für diese Arbeit interes- siert uns zunächst die viel umstrittene Trennung in eine nörd- liche bezw. nordöstliche Form, C, c. cornix, und eine mittel- europäische, ©. c. subcornix Br.; sie ist bei Laubmann nur zur Diskussion gestellt, von Gengler dann tatsächlich durchgeführt worden. Nun hat sich König (J. f. O. 20, Sonderheft, p. 111—114) gegen diese subspezifische Teilung ausgesprochen, ebenso wie er auch die anderen neu aufgestellten Formen verwirft. Ich vermag ihm hierin nicht zu folgen, wie ich später auseinandersetzen werde, begrüfse aber mit Freuden bei ihm die ganz positive Feststellung, dafs bei allen Nebelkrähen das frische Gefieder reiner grau, das abgetragene Kleid dagegen mehr oder weniger bräunlich ist, das deckt sich durchaus mit meinem eigenen Be- fund und kann nicht oft genug betont werden. Kleinschmidt (Falco 18, p. 7—9) spricht sich dahin aus, dafs er die Abwei- chungen von blaugrau zu graubraun, auf welchen im wesentlichen die neu beschriebenen Formen basieren, überhaupt nur für Zeichen der Abnützung und Ausbleichung hält, nicht aber für dauernde Rassen-Kennzeichen, er erkennt demnach von allen Subspezies nur „aegyptiaca Br.“ als einwandfrei an. Gerade diese zieht aber wieder König (l. c.) auf Grund gröfseren Materials mit aller Bestimmtheit ein, und auch Hartert verhält sich ihr gegenüber skeptisch (B. B. O.C. No. 243, p. 85). Neu benannt wurden von Kleinschmidt Wintervögel aus dem Nordosten als „bacmeisteri“ auf Grund der grauen Unterflügel-Handdecken. Daraufhin hat Laubmann (l. c. p. 214, Anm.) am Material des Münchener Museums aber festgestellt, dafs es sich bei der Färbung der Unterflügel-Handdecken nicht um ein konstantes Merkmal, sondern nur um „individuelles Variieren“ handelt, es 74 0. Graf Zedlitz: scheint also, dafs diese Form sich nicht aufrecht erhalten läfst. Endlich besteht zwischen Laubmanns und Genglers Einteilung noch insofern ein Unterschied, als ersterer die Krähen der Faröer und von Schweden einerseits denen von Rufsland und Mittel- Europa bis Italien andererseits gegenüberstellt, während letzterer Schweden, Rufsland und Polen zusammenfafst, auf die andere Seite aber die mitteleuropäischen Brutgebiete stell. Da also fast jeder der genannten mafsgebenden Forscher in seiner Auf- fassung von dem anderen abweicht, habe ich versucht, mir ein eigenes Urteil zu bilden. Zunächst möchte ich meine Zweifel daran äufsern, dafs Sonnenbrand die Federn „bleicht und bräunt“, wie Kleinschmidt (l. c.) meint. Ich habe mich an der Hand des Materials meiner Sammlung eingehend mit der Frage des Ausbleichens und der Abnutzung des Gefieders bei den verschiedensten Arten be- schäftigt und bin zu dem Resultat gekommen, dafs in süd- lichen Gegenden mit sehr wenig Deckung, z. B. den südlichen Teilen der Atlasländer, der Sahara, dem Sinai, den Wüsten am Roten Meere, allerdings eine merkliche Aus- bleichung durch die intensive Sonnenbestrahlung bis- weilen zu konstatieren ist, dagegen ist mir kein Vogel vor- gekommen, der von der Sonne dunkel gebrannt wurde. Im allgemeinen wird aber das Ausbleichen durch Licht- wirkung m. E. meist überschätzt, besonders fürlebende Vögel unserer Breiten. Hier basiert der Unterschied zwischen dem frischen und älteren Kleide zum allergröfsten Teil nur aufAbnützung, d. h. dem Abstofsen der Strahlen, welche seitlich an den Fensterästen sitzen, sodafs schliefslich nur die kahlen Äste übrig bleiben. Ein Parallelfall dazu ist das Ab- werfen der „Balzstifte‘“‘ bei unseren Tetraonen im späteren Früh- jahr. Dieser Prozefs erfolgt meist ziemlich plötzlich etwa während der ersten Brutzeit. Innerhalb weniger Wochen ändern dann die Vögel — Ausnahmen seien ausdrücklich zugestanden! — ihr Aussehen ganz auffällig, während dieses vom Oktober bis März kaum gewechselt hatte. Ich will nicht behaupten, dafs alle Strahlen in dieser kurzen Zeit abgeworfen würden, aber doch zum gröfsten Teil diejenigen, welche die vorderen Feder- säume bilden, und das ist für das Aussehen entscheidend. Im Laufe der folgenden Monate nimmt dann natürlich die Abnutzung noch zu, die Federsäume verschwinden immer mehr, die Mittel- teile kommen entsprechend zur Geltung, also z. B. Vögel mit dunklen Schaftflecken werden dann immer dunkler, das hat aber mit der Sonne nichts zu tun. Arten mit buntem Mittelteil und grauen oder braunen Säumen der Federn, z. B. 910° Acanthis cannabina, werden mit fortschreitender Abnützung immer röter, also „schöner“. Kehren wir zu den Nebelkrähen zurück: Stücke mit starken Längsflecken auf der Oberseite (subcornix Br.) werden im abgestolsenem Kleide am dunkelsten aussehen, bei x Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 75 allen anderen macht sich eine Veränderung insofern geltend, als die grauen Töne des frischen Kleides sich mehr und mehr in bräunliche beim Brutgefieder wandeln. Der Grund dafür ist erstens Verschmutzung, der gerade die Krähen oft ausgesetzt sind, sodann aber die veränderte Brechung des Lichtes auf der ihrer Strahlen beraubten, nur noch aus Kiel und kahlen Ästen bestehenden Feder. Der "zart blaugraue Ton ist umgekehrt nur sichtbar bei Strahlenbrechung des Lichtes auf der unversehrten Feder. Gege Ende der Tragezeit be- findet sich das Gefieder meist in einem so stark zerschlissenen und verstofsenen Zustande, dafs in diesem Stadium sich feinere Unterschiede kaum noch dürften feststellen lassen, vgl. hierzu auch Gengler (Orn. Jbch. 16, p. 65). Die gleiche Entwickelung wie die alte Krähe im Laufe von 9—10 Monaten macht die junge in den ersten 3—4 Monaten nach dem Flüggewerden durch, also wesentlich schneller und dabei noch in potenzierter Form: beim Verlassen des Nestes trägt der Jungvogel ein leidlich sauberes, ziemlich hellgraues Kamisol (ich spreche hier von grauen Formen), doch das Kleingefieder stölst sich hier aufserordentlich schnell ab, nach wenigen Wochen ist. es schon ganz bräunlich, nach etwa 3 Monaten fast chokoladenbraun, also brauner als bei einem stark abgenutzten Alterskleide. Im 4. Monat wird das Kleingefieder gemausert, also, je nachdem es sich um frühe oder späte Bruten handelt, zwischen Ende August und Oktober, und zwar scheint das ziemlich langsam vor sich zu gehen. Wer solche mausernden Stücke zur Hand hat, wird sich leicht von dem grofsen Unterschied zwischen den alten braunen und den - frischen blaugrauen Federn überzeugen können. Dieses Jugend- gefieder mit seinen Wandlungen ist eine Sache ganz für sich und sollte m. E. nur mit äufserster Vorsicht als Beweis für oder gegen die Berechtigung einer Subspezies ins Treffen geführt werden, höchstens kann es als supplementäres Argument ver- wendet werden zur Ergänzung des an alten Vögeln Festgestellten. Es kommen also im Frühherbst bei uns noch sehr bräunliche, unvermauserte Junge neben blaugrauen, frisch vermauserten Alten vor. Der Unterschied springt natürlich in die Augen. Auf solche braunen Jungkrähen bezieht sich auch die Be- obachtung von F. v. Lucanus bei Rossitten, welche Schalow (Vogelfauna d. Mark Brandenburg. p. 332) als Beweis gegen die Trennung der Formen anführt. Auf meine Frage teilte mir v. Lucanus mündlich mit, dafs er bei den alten Krähen, welche über die Nehrung zogen, keinen bräunlichen Ton bemerkt habe, hingegen die jungen auf dem Herbstzuge noch vielfach unvermausert und deshalb bräunlich erschienen. Ich hoffe, das kleine Mifsverständnis hiermit aufgeklärt zu haben. Überhaupt ist bei unseren systematischen Untersuchungen immer zu berücksichtigen, dafs, die europäische Nebelkrähe zu- meist ein Zugvogel ist. Über das Ziel ihrer Herbstreisen 76 0. Graf Zedlitz: wissen wir auf Grund des Rossittener Ringversuches Bestimmtes nur bei den finnischen und baltischen ©. cornix, überall sonst sind wir noch im wesentlichen auf Vermutungen angewiesen, wenn auch hie und da durch die Ausbreitung des Ringexperi- mentes das Dunkel sich etwas erhellt hat. Die Krähen, welche alljährlich Rossitten auf dem Herbst- und ebenso dem Frühjahrszuge passieren, stammen aus Nord-Rufsland, Finnland, den Baltischen Provinzen, der nördlichste festgestellte Brutort ist Savonlinna in Finnland unter 61940‘. Ihre Winterquartiere suchen sie zumeist im mittleren Nord- Deutschland, südwärts gehen sie äufserstens bis ins nördliche Niederschlesien, hingegen dringen manche Wanderer nach Westen hin noch über das Rhein- land hinaus bis Nord-Frankreich vor. Der westlichste und zu- gleich südlichste Fundort für diese Wintergäste ist Solesnes unter 50° 12° nördlicher Breite, das Zuggebiet der nordrussischen Krähen umfafst also nach unserem derzeitigen Wissen-die statt- liche Ausdehnung von rund 11!/, Breitengraden. Eine ähnliche Zugrichtung nach Westen und Südwesten dürften auch die deutschen Brutkrähen einschlagen, ein bei Pillau beringter Nest- vogel wurde im Oktober desselben Jahres bei Nauen geschossen. Leider sind wir hier — abgesehen eben von Rossitten — noch meist ohne positive Beweise durch Ringvögel. Meine oben- stehenden Angaben sind entnommen aus der Arbeit von F. v. Lucanus (J. f. O. 19, p. 42/43). Auf dem Zuge oder im Winterquartier erlegte Krähen lassen sich wegen des frischeren Gefieders zwar leichter klassifizieren, doch darf man aus ihrem Vorkommen nicht ohne weiteres Schlüsse auf ihre Brutheimat herleiten. Als „ortsangehörig“ können nur solche gelten, welche bei uns Anfang April, in Rufsland und Schweden von Mitte April an erlegt sind; am sichersten ist natürlich die Erbeutung’ am Nest, doch ist, wie oben gesagt, während der Brutzeit die Abnützung des Gefieders eine so starke, dafs feinere Unterschiede bald verschwinden. Zu diesen Schwierig- keiten kommt noch eine Neigung zu individueller Variation auch bei Brutvögeln aus derselben Gegend, wie sie noch neuerdings König (l. c.) mit Bezug auf die ägyptischen Krähen besonders hervorgehoben hat. Durch alle die angeführten Momente wird die Materie überaus kompliziert, und ich verstehe es vollkommen, wenn so mafsgebende Gelehrte wie König und Kleinschmidt, denen sich auch Reichenow nach seinen Äufserungen mir gegen- über im wesentlichen anschliefst, eine Aufstellung von Lokal- rassen im allgemeinen ablehnen bezw. ihr äufserst skeptisch gegenüberstehen. Ich möchte mir aber doch die Freiheit nehmen, mich zur Auffassung von Gengler und Laubmann zu bekennen. Zwar kann ich nicht jede der neu beschriebenen Formen nach- prüfen und mir selbst über sie ein Urteil bilden, aber die Ab- trennnng einer westlichen bezw. südwestlichen Rasse Ü. c. sub- corniz von der östlichen bezw. nordöstlichen cornix typ. erscheint Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 7? mir doch nicht ganz unberechtigt. Eine scharfe Grenze ist aller- dings nicht möglich zu ziehen, wenigstens nicht auf Grund des mir vorliegenden Materials, das an sicheren Brutvögeln keines- wegs sehr reichhaltig ist, soweit das Berliner Museum in Frage kommt. Wenn ich zunächst einmal Jungvögel vor vollendeter erster Herbstmauser vergleiche, die ja niemals mit älteren Stücken zusammengeworfen werden dürfen, so ergibt sich fol- gendes Bild: Weitaus am braunsten und zugleich dunkelsten sind 2 juv. von den Faröer-I., 18. VIII. 11 (Berl. Mus.), welche bereits einen Teil des Kleingefieders mausern: Die alten Federn sind auffallend bräunlich-schokoladenfarbig, die neuen tief dunkelgrau. Ziemlich Ähnlich ist ein juv. von Zion b. Schwiebus, 22. VIII. 82 (Berl. Mus.), gleichfalls in der Mauser: Die alten Federn sind auch bräunlich, die frischen trüb grau, jedoch sind beide Farbentöne nicht ganz so akzentuiert wie bei den Faröer-Vögeln. Ganz anders sieht ein Jungvogel aus, den ich in Västergötland, Schweden, ‘am 4. VII. 20 gesammelt habe, er war seit etwa 8 Tagen aus- geflogen und zeigte noch keine Anfänge der Herbstmauser: Die Unterseite ist ausgesprochen licht grau, die Oberseite ebenfalls vorwiegend grau mit nur sehr geringem bräunlichen Schatten und im ganzen keineswegs dunkel. Dieses relativ recht frische Jugendkleid zeigt weniger braunen Anflug als das schon sehr stark abgenutzte Gefieder eines an demselben Platze im Juni erlegten oJ‘ ad., es verhält sich also bier — frisches Jugendkleid neben abgetragenem Alterskleid — umgekehrt als gewöhnlich, denn in der Regel sind ja — wie oben gesagt — juv. Stücke bräunlicher als alte. : Vergleiche ich nun Brutvögel — oder doch solche ad., welche zwischen Mitte April und Ende Juni erlegt sind — so herrscht die gröfste Übereinstimmung zwischen Schweden und Ostdeutschen, speziell auch Schlesiern; sie alle zeigen das ur- sprünglich reine Grau je nach dem Grade der Federabnutzung ganz schwach oder etwas stärker bräunlich überflogen, besonders auf der Oberseite; eine starke dunkle Schaftfleckung finde ich nirgends. Russische Brutvögel meiner Sammlung aus der Gegend _ von Slonim vom Juni/Juli — also sehr stark abgerieben — sind trotzdessen vielleicht um einen Schein weniger bräunlich und auch etwas lichter auf der Unterseite als Schweden und die meisten Ostdeutschen; breite dunkle Schaftflecke sah ich nicht. In der südlichen Mark Brandenburg finde ich nun den östlichsten Vertreter von ©. c. subcornix unter den Brutvögeln, es ist ein bei Nauen von dem leider so jung verstorbenen H. Brehm ge- sammeltes Stück mit sehr starken schwarzen Schaftstrichen. Der- selbe Vogel wird auch von Kleinschmidt (Falco 17, p. 42) erwähnt wegen seiner „übernormalen schwarzen Streifung“. In meiner ‘Sammlung befindet sich ein ebenso stark geflecktes Exemplar aus dem Böhmerwald vom 28. III, 18. Das Berl. Mus, verfügt 78 0, Graf Zedlitz: über einen ganz ähnlichen Vogel aus der Süd-Schweiz,!) wie überhaupt Sommervögel von dort durchweg mehr oder weniger starke schwarze Längsflecke auf der Oberseite zeigen. Bei Herbst- und Wintervögeln bis Anfang März, also solchen im frischen Kleide, vermag ich zwischen Exemplaren aus Schweden, Rufsland (Slonim, Bialowies), Ost-Deutschland (Rossitten, Zion, Schlesien) keinen merkbaren konstanten Unter- schied festzustellen, letztere sind ja auch wohl durchweg als Gäste aus dem Osten anzusehen; einzelne Vertreter dringen übrigens weit über die Elbe bis nach Mittel-Deutschland auf ihrem Zuge vor.” Diese ©. c. cornix im frischen Kleide zeigen ein reines Blaugrau (Taubengrau) auf der Ober- sowie Unterseite und wirken im allgemeinen etwas dunkler als ©. c. subcornix, soweit letztere nicht die Neigung zu starken Schaftflecken zeigen; ist dies der Fall, dann tritt allerdings neben der schwarzen Zeichnung das Grau dazwischen so zurück, dafs solch ein „Schwarzschecker“ un- bedingt dunkler erscheint als die schönste blaugraue cornix typ. Es wäre also falsch, von einer der Formen behaupten zu wollen, sie sei „heller“ oder „dunkler“ als die andere, zunächst einmal wird das frische Alterskleid bei jeder stets dunkler sein als das abgetragene Kleid der einen wie der andern, zweitens ist die oben erörterte Wirkung der bei subcornix bisweilen — aber nicht immer — auftretenden dunklen Längsfleckung zu berücksichtigen, Zu erwähnen wäre noch, dafs nach Genglers Befund, dem ich nicht widersprechen möchte, die Federwurzeln bei cornix weilslich, bei subcornix mehr grau erscheinen. Einen ähnlichen Unterschied, wie ich ihn zwischen ostdeutschen und westrussischen Brut- vögeln angab, fand auch Gengler in den Donauländern, er schreibt (V. O. G. B. XII, 4, p. 216): „übrigens sind die galizischen und auch schon die ungarischen Nebelkrähen viel mehr grau, oft geradezu blaugrau, als die deutschen.“ Hingegen zeichnen sich die slavonischen durch braungrauen Gefiederton aus (vgl. Gengler Orn. Jbch. 18, p. 3), es handelt sich hier wohl kaum um Über- gänge zur rumänischen Form valachus, die ja extrem hell sein soll, sondern eher um subcornix, deren Verbreitungsgebiet noch keineswegs festgestellt ist. Allgemein möchte ich meine Ansicht dabin zusammenfassen: Auch bei den Graukrähen zeigt sich wie bei so vielen anderen Vögeln die Neigung von Westen nach Osten (Südwesten nach Nordosten) ganz allmählich und ohne scharfe Abgrenzungen den Gefiederton vom Bräunlichen in immer reineres Grau zu verändern. Dabei stehen Schweden und Ostdeutsche einschl. Schlesiern etwa auf der gleichen Stufe; weiter östlich zeigen Westrussen, Galizier und Ungarn etwas reineres Grau und helleren 1) Vielleicht deutet die extrem starke schwarze Rückenfleckung auf eine Beimischung von Rabenkrähenblut hin, ich wage das nicht zu ent- scheiden. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 79 Gesamtton, doch können alle bisber genannten noch zwanglos unter Ü. ce. cornix zusammengefalst werden, da die Federwurzeln überall weifslich sind. Weiter westlich und südwestlich ist der Gefiederton bräunlicher, häufig zeigt sich starke Längsfleckung, welche die Oberseite wesentlich dunkler erscheinen läfst; die Federwnrzeln neigen meist zur grauen Färbung. Diese Vögel kann man als „subcornix“ abtrennen, doch erfordert diese sehr subtile Form weitere Erforschung ihres Charakters und ihrer Verbreitung. Insbesondere scheint mir noch nicht geklärt, in- wieweit vielleicht eine Verbastardierung mit Rabenkrähen hier eine Rolle spielt.1) In den Mafsen konnte ich keine kon- stanten Unterschiede entdecken, bei den Brutvögeln zeigen . Schweden und Russen durchweg recht grofse Flügelmalse (J'0° 327—330 mm), eben so grofse Exemplare kommen auch in Schlesien vor. Die mir vorliegenden Brutvögei von subcornix sind z. T. etwas kleiner, doch ist das Material noch ungenügend. Der nächste Nachbar von cornix typ. im Südosten dürfte die nach Laubmann und Gengler sehr hell graue CO. c. valachus Tschusi sein, welche neben deu Balkanländern von Bosnien an auch das südliche Rufsland bewohnt. Der Übergang von cornix zu valachus scheint ein ganz allmählicher zu sein, vermutlich sind die-Krähen von Slonim schon intermediär. Im Kaukasus lebt nach Gengler wieder eine braunere (dunklere) Gebirgsform ©. c. kaukasicus Gengler, die Vögel von Syrien und Palästina sind zuerst von Hartert als ©. c. judaeus abgetrennt worden, hierzu dürfte C. c. syriacus Gengler wohl als Synonym zu stellen sein, dem Autor war bei Aufstellung seiner Form offenbar Har- terts Veröffentlichung noch nicht zugänglich geworden. Hiermit “nun Schlufs mit der Systematik! Meine Beobachtungen biologischer Natur habe ich in den O0. MB. 18, p. 63/64 niedergelegt, ich möchte nur noch auf einige Ergänzungen verweisen, welche wir Gralsmann verdanken: Er ist ebenso wie ich der festen Überzeugung, dafs die Krähen unsres Gebietes Zugvögel sind, welche im Winter durch Gäste aus dem Nordosten ersetzt werden. Diese letzteren gehören zumeist derselben Form an und zeigen keine erkennbaren Unter- schiede, vereinzelt erscheinen aber auch im Winter viel hellere Exemplare, auf welche sich Grafsmanns Bemerkung be- zieht: „Die den Winter hier... . zubringenden Krähen sind nur in geringer Zahl Sibirier, die Heimat der meisten Winter- gäste dürfte wohl näher liegen.“ Ob diese heller gefärbten Fremdlinge wirklich zu ©. c. sharpii Oates aus West-Sibirien oder etwa zu ©. c. valachus gehören, deren Verbreitung bis Zentral-Rufsland reichen könnte, vermag ich nicht zu sagen. ‚ » Farder-Vögel scheinen mir nicht zu cornix typ. zu gehören, doch konnte ich nur juv., keine ad. untersuchen. 80 0. Graf Zedlitz: Mir selbst ist es nie gelungen, solch einen blafsgrauen Winter- vogel zu erlegen, sie waren, wie gesagt, recht selten. Alle Autoren sind sich einig in dem Urteil, dafs überall im Gebiet die Nebelkrähe ein recht häufiger Brutvogel ist. Bei den grofsen zusammenhängenden Forsten lebt sie lieber an den Rändern als im Innern. Cordes und Rüdiger sammelten zahl- reiche Gelege. Befund: Gemeiner Brutvogel im ganzen Gebiet, zieht im Winter fort, wird aber dann meist von Vertretern derselben Form ersetzt. 146. Corvus frugilegus frugilegus ® Bacmeister Falco 16, p. 43. — Cordes Zschft. f. 0.u.0. - XXIV, p. 59. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 46. — Dobbrick O. MB. 17, p. 33. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 65. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 307. — Pax „Tierw. Polens“, p. 235. — Reichenow O. MB. 16, p. 131; „Bialowies‘“ 18, p. 185. — Reichling O. MS. 16, p. 229—230. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 20; Zschft. f. O. u. ©. XXIV, p. 3. — Schalow O. MB. 15, p. 88; 17, p. 38. — Schlüter Falco 16, p. 32. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 376. — Zedlitz O. MB. 15, p. 137; 18, p. 64—65; J. f. O. 17, II, p. 295. Es erübrigt sich, die Notizen der Beobachter einzeln anzu- führen, sie betonen immer wieder die aufserordentliche Häufigkeit der Saatkrähe und ihre Vorliebe für stark belebte Punkte, Ort- schaften oder Stralsen, zur Anlegung ihrer Brutkolonien. Reich- ling stellte fest, dafs sofort nach Überschreiten der russischen Grenze von Preufsen aus sich in den Dörfern und Städtchen diese Kolonien vorfanden. Auch gröfsere Städte werden keines- wegs gemieden, z. B. Wilna (Schlüter), Praga, Vorstadt von Warschau (Stolz), Kielce (Zedlitz).. Meine biologischen Beob- achtungen, die übrigens recht bescheiden sind, finden sich zu- sammengefalst in den OÖ. MB. 18, p. 64—65. Befund: Gemeiner Brutvogel im ganzen Gebiet, bevor- zugt Ortschaften, streicht im Winter umher ohne eigentlich zu ziehen. 147. Lycos monedula soemmeringüü Fischer. Dobbrick O. MB. 17, p. 33/34: Coleus m. collaris. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 66: CO. m. collaris. — Gralsmann J. f. O. 18, p. 308: C. m. — Kleinschmidt Falco 16, p. 16: „collaris“. — Puhlmann O. MS. 18, p. 209: ©. m. — Reichenow O. MB. 16, p. 131; „Bialowies“ 18, p. 185/186: ZL. m. spermologus. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 20: „collaris“. — Schlüter Falco 16, p. 30, 32. — Stolz J. f. O. 17, 1, p. 376. — Zedlitz J. f. ©. 17, II, p. 295; O. MB. 18, p. 65—66. Zunächst hat Hellmayr in V. O. G. i. B. XIII, Heft 2, p. 184—187 nachgewiesen, dafs für die Halsbanddohle des Ostens der älteste Name „soemmeringii Fischer 1811" ist, terratyp. Moskau, vr Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 81 Sodann erläutert Gengler im J.f. O. 19, p. 222/23 die Unterschiede zwischen der Halsbanddohle von Rufsland und der von den Balkan- ländern, erstere ist auf der Unterseite viel dunkler als letztere, welche nun den Namen ‚„collaris Drummond 1846“ „weiterträgt, der bisher für alle östlichen Dohlen benutzt wurde, terra typ. ist Macedonien. Schliefslich ist aus dem äufsersten Osten noch von Kleinschmidt dieForm ultracollaris (Corvus ultracollaris, Falco 18, p: 16) beschrieben worden — auf Grund des grölseren Flügelmafses, beim Typus 25,5 cm. Ich besitze 2 Ex. direkt aus Naryn von der terra typ., sie haben eine Flügellänge von 24,3 bezw. 23,3 cm, sind also nicht so grofs wie der Typus. Trotzdem glaube ich, dafs diese Subspecies zu Recht bestehen dürfte, da im Osten der Halsfleck in der Regel ausgedehnter ist, auch erscheint die Unter- seite noch um einen Ton dunkler als bei soemmeringie. Während die meisten Vögel die Neigung zeigen, nach Osten zu immer heller und grauer zu werden, scheint es bei den Halsbanddohlen umgekehrt zu sein, hier ist collarss vom Balkan am grauesten, soemmeringii aus Rufsland schon dunkler, ultracollarıs aus Sibirien am dunkelsten (ich besitze auch typische collaris aus Macedonien). Alle Autoren sind sich nun einig, dafs in West-Rufsland nur L. m. soemmeringii (collaris auct.) vorkommt mit einziger Aus- nahme von Reichenow, welcher in den O. MB. 16, p. 131 und in „Bialowies“, p. 185, 186 die Dohlen von Konschizy westlich Pinsk und Bialowies zur westeuropäischen Form zieht. Dabei gibt er aber das Vorhandensein eines weifslichen Striches an den Hals- seiten zu, was ja gerade das Merkmal von soemmeringii ist, und zwar das einzig zuverlässige. Die von Hartert (V.d. p. F. p. 17) angegebene hellere Unterseite gegenüber spermologus trifit nur für collaris aus Macedonien, nicht für soemmeringw aus Rufsland zu. Es bleibt also nur der halbmondförmige Fleck an den Halsseiten, wie ihn Reichenow („Bialowies“ p. 185) abgebildet hat, seine Ausdehnung ist jedoch oft erheblich geringer als auf dem Bilde. Die Nackenfärbung, auf welche Reichenow grofsen Wert legt, ist m. E. überhaupt kein Unterscheidungsmerkmal, sie wird bei allen Formen mit fortschreitender Abnutzung des Gefieders immer heller, wie es Hartert in V. d. p. F. ganz treffend auseinandergesetzt hat. Allerdings ist bei der Urbe- schreibung von collaris die helle Nackenfärbung unter anderem erwähnt, das ist aber ein Irrtum, den schon Hartert in seine Beschreibung nicht mit anfgenommen hat. L. m. soemmeringü ist Zugvogel und erscheint im Winter in grofsen Scharen in Deutschland (vgl. Kleinschmidt Falco 16, p. 16), ich selbst habe manches Exemplar schon in Schlesien geschossen. Dafs mal ein einzelner Wintergast auch bei uns zurückbleiben kann, ist keines- wegs ausgeschlosssen, hingegen kommen östlich des Bug nur Dohlen mit schwächerem oder stärkerem weifsen Strich bezw. Fleck über dem Flügelbug vor. Ich kann dafür folgende Eides- helfer anführen: Dobbrick für Gouv. Kowno, alle yon ihm mit Journ, f, Orn, LXIX, Jahrg, Januar 1921, 6 82 O. Graf Zedlitz: dem Glase genau beobachteten Dohlen waren „collaris“; Gengler gibt den Bug als Grenze zwischen beiden Formen an; Klein- schmidt erhielt aus Litauen nur „collaris“ (Falco 16, p. 16) und legte eine Suite auf der Jahresversammlung der D. Orn. Ges. in Köthen 1916 vor (J. f. O. 17, I, p. 103); Rüdiger fand in Kur- land nur „collaris“; Schlüter sah und erlegte bei Smorgon mehr- fach Dohlen, sie haben sich alle als soemmeringü (collaris au.ct.) erwiesen. Stolz berichtet von einem bei Lomza am 19. V — also zur Brutzeit — erlegten Q“ ad., das hierher gehörte, obgleich sonst in Polen die Form turrium Br. (spermologus auct.) ohne Halsfleck brütet. Dies Stück mufs sich entweder auf dem Zuge verspätet haben oder es hat im Winterquartier an einer furrium- Jungfrau solches Gefallen gefunden, dals es bei ihr in Nord-Polen zurückgeblieben ist. Gleichfalls aus Lomza, jedoch aus dem Januar 18, besitzt des Berl. Mus. noch einQ, Köhler leg., im fast ganz frischen, also sehr dunklen, Kleide. Ferner befindet sich dort @ von Konschizy, Grafsmann leg. 11.1. 16. Beide QQ zeigen den seitlichen Halsfleck und gehören nach meiner Ansicht be- stimmt zu soemmeringit, Reichenow stellt sie allerdings zu „sper- mologus“ wohl wegen der dunklen Färbung des Winterkleides. Ich selbst sammelte bei Slonim eine Serie im Winter 1915/16 und im Mai 16 am Nest, alle Vögel haben den Halsfleck, wenn auch verschieden stark ausgeprägt; ein Stück vom Januar hat ihn so deutlich markiert und breit wie sonst uliracollaris, es kann dies ja vielleicht ein Wintergast aus dem fernen Osten sein, wie sie nach Kleinschmidt sogar noch in der Prov. Sachsen vor- kommen. Einige biologische Beobachtungen habe ich in den O. MB. 18, p. 65/66 zusammengestellt. Die Dohle nistet in der Polesje und ebenso in Litauen keingswegs blos in Gebäuden oder Ruinen, . sondern daneben auch im Walde in Baumlöchern, Spechthöhlen u. Ss. w., vielfach ist sie sogar im Walde sehr stark vertreten. Befund: gemeiner Brutvogel vom Bug an durch die ganze Polesje, Litauen und Kurland. 148. Lycos monedula turrium Br. Bacmeister Falco 16, p. 43: L. m. spermologus (?). — Neu- mann J. f. O. 18, p. 238: ©. spermologus. — Pax „Tierw. Polens“, p. 217: CO. monedula spermologus non typ. — Stolz J. f. ©. 17, I, p. 376: LE. m. sp. — Zedlitz O. MB. 15, p. 137: C. m. mone- dula, p. 165: CO. m. In Polen brütet bis zum Bug etwa nur die Form ohne Halsfleck, deren Unterseite auch etwas heller, grauer, ist als bei soemmeringü. Ich habe sie zuerst, als kein Vergleichsmaterial zur Hand war, in meinen Kriegsbriefen als monedula bezeichnet. Da nach Hartert spermologus dunkler sein soll als typische monedula, konnte ich die verhältnismäßig hellen polnischen a Ach Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung 83 Brutvögel nicht gut zu spermologus rechnen, denn sie waren eben weniger dunkel als meine am Nest erlegten Schweden. Auch Pax (l. c.) hat darauf hingewiesen, dafs die polnischen Dohlen nicht mehr typische spermologus seien. Inzwischen hat Klein- schmidt in der Ornis Germanica (1919, p. 5) die mitteldeutschen Dohlen als Zurrium Br. abgetrennt von den dunkleren spermologus West-Europas. Ich möchte vorläufig die Brutvögel Polens noch zu Zurrium ziehen, aber nicht den Hinweis unterlassen, dafs sie im Durchschnitt noch etwas grauer sind als Schlesier, in der ganzen Reihe sind also die Südfranzosen das dunkle, die Polen das helle Extrem, letztere sind noch etwas heller als typische monedula aus Schweden, welche in der Färbung der Unterseite etwa zwischen schlesischen und mitteldeutschen Exemplaren stehen dürften. Immer wieder mufs betont werden, dafs jede Dohle im Wintergefieder ganz anders aussieht als im Brutkleide, “man darf selbstredend nur Vögel im gleichen Stadium mitein- ander vergleichen. Im Berl. Mus. befinden sich Q'Y von Bielany bei Warschau, Neumann leg. 28. V. 17; die Unterseite ist recht hell und grau- lich, von Halsfleck nichts zu sehen. Ein Stück meiner Sammlung von Wladimir Wolhynsk, 11. Ill. 17, stimmt so genau mit den Schweden überein, dafs ich es als typische monedula auflassen muls, welche als Wintergast anzusehen wäre. Neumann betont ausdrücklich, dafs in Nord- und West- Polen nur „spermologus‘“ brüte, ‚collaris“ dagegen ausschliefslich gastweise erscheine. Bacmeister fand „spermologus“‘ ganz gemein im Gouv. Ljublin. Stolz nennt eine grofse Zahl von Orten, wo er „spermologus‘‘ brütend antraf. Ich selbst sah mehrere Kolonien, unter anderem in und bei Kielce, und sammelte Vögel ad. sowie juv. Der weilse Fleck anden Halsseiten ist übrigens kein Alters- zeichen, wie Reichenow meint, denn kein alter Vogel, den ich beobachtet oder erlegt habe, zeigte ihn, hingegen ist der Fleck bei den macedonischen collaris schon im Jugendkleide vor- handen (Gengler J. f. 0. 19, p. 223). Befund: gemeiner Brutvogel durch ganz Polen bis etwa zum Bug. 149. Pica pica pica L. Bacmeister Falco 16, p. 44. — Cordes Ztschft. f. OÖ. u. O., 17/18, p. 59. — Dobbrick O. MB. 17, p. 34. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 66. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 308. — Puhlmann O. MS. 18, p. 209. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 186. — Rüdiger A. f£N. 16, p. 21. — Schalow O. MB. 15, p. 88. — Schlüter Falco 16, p. 28: P. caudata. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 295. Es scheint mir recht bemerkenswert, wie unregelmälsig die Elster in ihrer Verbreitung ist: in Galizien, Süd-Polen und bis an den Rand des Pripjet-Gebietes gehört sie zu den gemeinsten Vögeln, auch in Litauen ist sie überall anzutrefien, dagegen in 6* 84 0. Graf Zedlitz: der Polesje selbst mufs sie als selten bezeichnet werden, und nördlich davon scheint sie nicht allzu häufig zu sein. Mit den Breitengraden hat dies natürlich nichts zu tun, denn in Skandi- navien fand ich die Elster als einen der gewöhnlichsten „Garten- vögel“ bis weit über den Polarkreis hinauf. Welche Gründe für das mehr oder minder zahlreiche Vorkommen malsgebend sein mögen, vermag ich nicht zu sagen, der Mangel an grölseren Ort- schaften und an ausgedehnder Feldwirtschaft in der Polesje kann für ihr seltenes Erscheinen dort nicht wohl ausschlaggebend sein, denn im schwedischen Waldlande Västergötland fand ich unter ganz ähnlichen Verhältnissen den Vogel recht häufig. Vorläufig müssen wir uns begnügen, die Tatsache festzustellen, welche Grafsmann in die Worte kleidet: „Sonderbarerweise gehört die Elster hier zu den selteneren Vögeln, im Gegensatz zu allen anderen Gebieten, wo ich während des Krieges hingekommen bin. In Belgien, Nordfrankreich, Polen, Ungarn, Galizien und der Bukowina, selbst in den Karpathen bis 1000 m Höhe gehört sie zu den gewöhnlichen Vögeln. Ich habe sie hier nur in wenigen Paareu am Südrande der Pinsker Landzunge getroffen.“ Auch Reichenow nennt sie für Bialowies „nur vereinzelt vorkommend“. Ich kann mich diesem Urteil vollkommen anschliefsen, nur am Nordrande des Sumpfgebietes bei Baranowitschi konnte ich sie feststellen, im eigentlichen Sumpfwalde habe ich sie nie gesehen und ebensowenig bei Slonim im Schara-Tale. Dagegen fand ich sie oft in Polen, am häufigsten im Gouv. Ljublin im Spätsommer 14, Bacmeister und Gengler erwähnen gleichfalls die Häufigkeit ihres Auftretens in Polen, auch Schalow sammelte sie dort unter den ersten Vögeln. Dobbrick nennt sie im Gouv. Kowno über- all gemein, von der Verbreitung sonst im Norden unseres Ge- bietes ergibt sich kein ganz klares Bila: Schlüter erwähnt ein im Januar 16 erlegtes Stück, Cordes sammelte am Disna-See (ca. 40 km südlich Dünaburg) 3 Gelege vom 5. V.—2 VI. 17; hingegen sah Rüdiger nur einmal eine Elster in Kurland und fand auch später kein Gelege in der Polesje, Puhlmann bemerkte den Vogel gelegentlich, bezeichnet ihn aber als selten in der Gegend von Wischnew. Befund: Sehr gemein in Galizien und Polen, im Pripjet-Ge- biet recht selten und nur an höheren Lagen (Pinsker Landzunge, Baranowitschi), nördlich davon anscheinend nur im Gouv. Kowno häufig, sonst mehr vereinzelt. 150. Garrulus glandarius glandarius L. Bacmeister Falco 16, p. 44. — Dennler Falco 17, p. 3; „Natur“ 18/19, p. 49. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 67, — Grafsmann J. f. O. 18, p. 308. — Klein- schmidt Falco 16, p. 14. — Puhlmann O. MS. 18, p. 209. — Reichenow O.MB,. 16, p. 131; „Bialowies‘‘ 18, p,. 186. — Rüdiger » Pd E Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 85 A. f. N. 16, p. 21; Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 3. — Schalow 0. MB. 17, p. 37. — Schlüter Falco 16, p. 28. — Zedlitz O. MB. 15, p. 165; 18, p. 66; J. f O. 17, II, p. 295. Über die Systematik bemerkt Kleinschmidt (Falco 16, p. 14): „Untersuchung schwierig, daher trotz vorhandenen Materials noch nicht abgeschlossen“. Er hat damit vollkommen recht und zwar liegt m. E. die Schwierigkeit zum grofsen Teil darin, dafs der Eichelhäher in unserem Gebiet im allgemeinen Zugvogel ist, sodafs wir zwischen Brutvögeln, Durchzüglern und Wintergästen zu unterscheiden haben. Da ich ihn bei Slonim zu allen Jahres- zeiten recht häufig angetroffen habe, glaubte ich zunächst nicht an einen nennenswerten Zug (vgl. O. MB, 18, p. 66), ich habe aber jetzt meine Ansicht doch geändert, nachdem übereinstimmend Dennler und Grafsmann betonen, dafs gerade in der Polesje der einheimische Häher fortzieht und durch Gäste aus dem Norden (sie können auch aus dem Osten stammen!) ersetzt wird. Diese Wintergäste scheinen in den diversen Beobachtungsgebieten ver- schieden zahlreich zu sein, Grafsmann nennt sie „in mäfsiger Zahl überwinternd“, Dennler berichtet von starkem Zuzug aus Norden von Ende November an, ich selbst fand den Häher bei Slonim im Winter fast häufiger als im Sommer. Seine aulserordent- liche Vertrautheit im Winter hob ich schon in den O. MB. 18, p. 66 hervor, es kann sich dabei sehr wohl um Gäste aus dem Nordosten handeln, welche die Tücke des Kulturmenschen nicht kennen ähnlich wie der Nucifraga caryocatactes macrorhynchos, welcher ja auch fast stets direkt dummdreist erscheint. Es han- delt sich also um die doppelte Frage: a) ist der in der Polesje überwinternte Eichelhäher verschieden von dem dort brütenden ? b) ist einer von ihnen verschieden von dem deutschen Brut- vogel? Dabei ist nicht zu vergessen, dafs höchst wahrscheinlich die in West-Rufsland fortziehenden Vögel im Herbst und Früh- jahr Deutschland — oder wenigstens Ost-Deutschland — pas- _ sieren bezw. dort überwintern, es dürfen also nur sichere Brutvögel aus beiden Gebieten miteinander verglichen werden und mit diesen dann wieder die Wintergäste in West-Rufsland. Ferner mufs man mittelschwedische Brutvögel haben, um genau zu wissen, was ist denn der @. glandarius typ.? Nun hat aber wieder einmal der Teufel sein Spiel getrieben, dafs von dem ganzen Material des Berliner Museums und meiner Sammlung aus Rufsland (B. M. 2 Ex., Coll. Zedlitz 7 Sa! 7 QQ) nur ein einziges vom 3. VI. 16. als sicherer Brutvogel bezeichnet werden kann, sonst sind sie alle in den Monaten November—März ge- sammelt, also als Wintergäste anzusehen. Reichenow erklärt allerdings in den O. MB. 16, p. 131 und in „Bialowies“ p. 186, die Westrussen zeigten nicht die geringste Abweichung von Deutschen, doch handelt es sich eben bei diesen Russen um Wintervögel mit einer einzigen Ausnahme. Wenn ich Nestvögel und ältere nicht tadellos erhaltene aufgestellte Stücke sowie 86 0. Graf Zedlitz : solche mit ungenauer Fundortsangabe ausschliefse, liegt mir folgendes Vergleichsmaterial vor: a) Berl. Mus.: Deutschland 34 Ex., Schweiz 7, Siebenbürgen 3, Rufsland 2 (9! Smorgon 3. VI. 16, Schlüter leg. und ' Kri- woschin 26. XI.17, Tessendorff leg.), Schweden 1 (Jämtland), Sa 47. b) Coll. Zedlitz: Schlesische Brutvögel 4, Mecklenburg 1, Slonim 7 So und 7 QQ, Schweden (Västergötland) 1 ad., 2 juv.; Sa. 22. Das gröfste Flügelmafs finde ich in Schweden und Rulsland: ? O' Jämtland 194, O' Västergöttland 15. VI (sehr abgestolsen!) 183, oO Kriwoschin 191, Q Smorgon (abgestofsen!) 185, 7 9'' Slonim 184, 184, 186, 186, 187, 187, 195, 7 QQ Slonim 178, 178, 180, 181, 181, 183, 184 mm. Die durchschnittlich kleinsten Mafse zeigen die Vögel aus Siebenbürgen und der Schweiz mit 179—186 (einmal in der Schweiz auch 189) mm, leider ist hier vielfach das Geschlecht nicht angegeben. Deutsche Häher stehen in der Mitte, doch erreichen sie anscheinend nicht das Maximum der nordöstlichen. Hartert (V. d. p. F. p. 29) gibt an für S'g' 185—196, 99 172—180 mm. Was nun die Färbung betrifft, so zeigen sich gewisse Unter- schiede auf der Stirn und in der Tönnng des Rückens. Allgemein besteht bei Q'0" die Neigung zu schmaleren schwarzen Schaft- strichen, welche sich von den fast weifsen Federsäumen der Stirnbefiederung scharf abheben, bei QQ sind diese Federränder mehr oder weniger grau mit weinrötlichem Anfluge, Stirn und Vorderkopf also im ganzen dunkler, die Schaftstriche jedoch : verschwommener, ebenso wie bei Jungvögeln. Am besten zeigt sich dieser Unterschied der Geschlechter bei meiner Serie von Slonim im durchweg ziemlich frischen Gefieder, hier ist trotz einer merklichen individuellen Variation das am Vorderkopf hellsteQ etwa dem dunkelsten 9° gleich. Bei deutschen Stücken tritt diese Verschiedenheit weniger hervor, vielleicht sind auch die Geschlechtsangaben nicht immer zutreffend, im allgemeinen überwiegt hier die Stirpfärbung, wie sie die russischen Q'G zeigen. Der graue Anflug auf dem weinroten Rücken!) ist nur im leidlich frischen Gefieder erkennbar und auch dann noch individueller Variation unterworfen. ImDurchschnittzeigen die Schweizer den hellsten, d. h. am wenigsten grauen, Rücken, ihnen stehen wieder die Siebenbürger am nächsten, das entgegengesetzte Extrem vertreten Russen und Schweden, von denen ich schlesische Brutvögel nicht zu unterscheiden vermag. Dieser graue Ton auf dem Mittelrücken ist aber selbst im Herbst und Winter nicht deutlich und konstant genug, um m. E. darauf allein eine ) Jungvögel im ersten Sommer sind auf dem Rücken stets bräunlicher und etwas dunkler als alte, meine Schweden machen darin keine Ausnahme. 3 Fr ; Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 87 artliche Abtrennung begründen zu können. Die Stirnbefiederung bietet, wie oben gesagt, keinen festen Anhalt, und die Malse lassen zwar Extreme erkennen, gehen jedoch zumeist so ineinander über, dafs wohl nur von einem ganz allmählichen Anwachsen derselben. nach Norden bezw. Nordosten zu gesprochen werden kann. Aus Italien (Toscana) hat jüngst Kleinschmidt die Form „albipectus“ meu beschrieben (Falco 1919/1920, Heft 4, p. 28) mit sehr heller Unterseite und gleichfalls lichtem Rücken. Die Flügelmafse von 6 Ex. sind angegeben mit 17,0; 17,6; 18,0; 18,1; 18,1; 19,0 cm, vergleicht man diese mit den von mir oben für Schweden und Rufsland genannten Zahlen,- So 184—195, 99 178—184 mm, so ist selbst bei Gegenüberstellung dieser äufsersten Extreme aus Nord- bezw. Süd-Europa die Differenz immer noch nicht sehr grofs. Mein Urteil über die Häher West-Rufslands möchte ich nun dahin zusammenfassen: Die Wintervögel (Gäste?) vermag ich von schwedischen und ostdeutschen (schle- sischen)Brutvögeln nicht zu unterscheiden; vergleicht man aber jene mit Stücken aus entfernteren Gebieten, z. B. der Schweiz oder Siebenbürgen, so zeigt sich im Norden bezw. Nord- osten die Neigung zu etwas grölseren Flügelmafsen, grauerem Rücken und vielleicht stärkerer Stirnfleckung, im Süden dagegen zu kleineren Mafsen, mehr weinrötlichem Rücken und anscheinend feinerer Stirnfleckung. Eine Grenze wage ich nicht zu ziehen und begnüge mich mit diesem Hinweise, der vielleicht für spätere Arbeiten von einigem Nutzen sein könnte. An westrussischen B rutvögeln ist mein Material, wie gesagt, ganz ungenügend, wesentliche Unterschiede gegenüber schwedischen und schlesischen Brutvögeln kann ich nicht entdecken. Die Wahrscheinlichkeit ‘ ist auch grofs, dafs sie deutlich von einander nicht abweichen dürften, da nicht einmal die aus entfernteren Regionen stammenden Wintergäste dies tun. Der Eichelhäher ist über die Wälder des ganzen Gebietes verbreitet und nirgends als selten zu bezeichnen. In Süd-Polen, Gouv. Ljublin, hält ihn Bacmeister für weniger häufig als die Elster, in der Polesje einschl. Bialowies ist er hingegen ganz gemein (Reichenow, Gralsmann, Dennler, Zedlitz), bei Slonim und Bialowies mufs ich ihn geradezu einen Charaktervogel des Mischwaldes nennen. Im Gouv. Kowno fiel er Dobbrick weder durch besondere Häufigkeit noch Seltenheit auf; Puhlmann zählt ihn bei Wischnew nicht gerade zu den gewöhnlichen Erschei- nungen. Festgestellt wurde er durch Einzelbeobachtungen noch für Ost-Polen (Gengler), die Gegend am Narosz-See (Schalow), Smorgon (Schlüter), Kurland (Rüdiger). Ich selbst bemerkte ihn keineswegs selten in der Gegend von Wloszezowa, SW. Polen; auch in der Sammlung zu Kielce war er vertreten. Das früheste Gelege bei Slonim fand A. Marx am 13. IV. 16, Rüdiger ent- deckte eins bei Dolsk am 19. V. 17. 88 0. Graf Zedlita: Befund: Über das ganze Gebiet verbreitet, ist der Eichel- häher besonders häufig im Pripjet-Sumpf und bei Bialowies, verhält sich gerade umgekehrt wie die Elster. 151. Nucifraga caryocatactes caryocatactes L. Gengler Orn. Jbch. 16, p, 67: N. c. subsp. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 308. — Reichenow J. f. O. 18, p. 407 ; „Bialowies‘ 18, p. 186. — Schlegel V. O0. G. i. B. XIII, 4, p. 325. — Schlüter Falco 16, p. 35. — Zedlitz J. f. O. 17, I, p. 295; O. MB. 18, . 66. i Wenn Reichenow (Bial. p. 186) schreibt: „der Tannenhäher, der in Skandinavien .. . beheimatet ist, bewohnt ebenfalls den Bialowieser Wald“, so klingt das, als seier dort Brutvogel. Dem mufs ich widersprechen, denn alle vorliegenden Stücke sind in den Monaten September, Oktober, Januar erlegt, auch haben eine Reihe zuverlässiger Beobachter das plötzliche Erscheinen auf dem Herbstzuge ausdrücklich bestätigt, hingegen hat ihn Niemand zur Brutzeit am Nest oder angepaart gesehen. Es liegt mir folgendes Material vor: a) Berl. Mus.: Rufsland 0'Q Smorgon, 16. u. 17. IX. 16, Schlüter leg.; als Vergleichsobjekte 1 Ex. Schweden (Upland), 13 Deutschland, 6 Schweiz, 6 Salzburg, 6 Ungarn, Galizien, 4 Bosnien, 2 Bulgarien. b) Coll. Zedlitz: 9' Slonim 13. I. 17, Zedlitz leg, u. Q' Kri- woschin 17. X. 15, Marx leg.; ferner 2 0'9' Schweden (Väster- götland), 18. u. 19. IX. 13, Zedlitz leg. Aufserdem verdanke ich der Güte von Herrn Jacquet genaue Notizen über eine Serie von 5 O'Q' 19, gesammelt in Bialowies am 25./26. IX, 26. X. 16, bezw. 28. I, 18. IX., X. 17. Schliefslich bespricht Schlegel (l. c.) noch 2 Stücke von Goroditsche bei Baranowitschi, indem er hinzufügt: „Da ich jedenfalls zu Recht annehme, zwei aus Goroditsche erhaltene Starkschnäbel als Brutvögel aufzufassen.“ Das Datum der Er- legung ist leider nicht angegeben, ich hege vorläufig die aller- stärksten Zweifel gegen diese Hypothese, welche mit allen sonstigen Beobachtungen in Widerspruch stehen würde. Bei allen ange- führten Stücken handelt es sich um typische caryocatactes, nur ein 0' von Bialowies vom 28. IX. 17 ist nach Mitteilung von Herrn Jacquet intermediär zwischen der dickschnäbligen und dünnschnäbligen Form, Die mir vorliegenden zeigen folgende Malse: oc" Slonim u. Kriwoschin Flig. 182, 184, Schn. 45, 42 mm, o'c" Västergötland »' ı18D, ABA; ı. Ab, Born oO Smorgon 2 1870 BR I il a ADE Schlegel gibt an für 2 Ex. Goroditsche Flig. 186, 181, Schn. 48, 431/, mm. " ah Keen bee eeure Avifäuna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 89 Reichenow erwähnt (J. f. ©. 18, p. 407) einen Vogel aus Kurland mit dem abnorm langen Schnabel von 50mm. Hinsichtlich der Färbung stimmen die Westrussen auch vorzüglich mit den Schweden überein. Die Breite der weilsen Schwanzspitze ist sehr wechselnd, am Schaft gemessen bei der äufseren Steuerfeder variiert das Weifs bei den Schweden zwischen 17 und 22, bei den Russen zwischen 18 und 23 mm. Nach allem mufs ich mich dahin aussprechen, dafs es sich um typische Dickschnäbel aus dem Norden handelt, welche alljährlich im Herbst als Gäste er- scheinen, zum kleinen Teil auch überwintern, im Frühjahr aber die Gegend wieder verlassen. Unter dem oben aufgeführten Vergleichsmaterial mülste auch die mitteleuropäische Form N.c. major Br. (vgl. Laumann V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 104) vertreten sein, welche von Reichenow s. Z. als „relicta“ bezeichnet wurde, von Kleinschmidt in der Ornis Germanica 1919, p. 5 als „alpestris‘“ Brehm 1855 auf- geführt wird (dieser Name wird von Reichenow und Laubmann verworfen). Ich finde nun überall eine ziemlich starke individuelle Variation der Schnäbel, sodafs ich beim einzelnen Vogel oft ganz aufserstande bin zu sagen, wohin ich ihn stellen möchte; so sind z. B. manche starkschnäblige Stücke aus der Schweiz und Salz- burg nicht von Schweden zu unterscheiden, daneben kommen aber dort auch feinschnäblige vor. Im Durchschnitt sind in den Gebirgen Mittel-Deutschlands die Schnäbel wohletwaszierlicher, am kleinsten bei den Stücken aus Ungarn, Bosnien, Bulgarien und zwar hier ziemlich konstant, denn der einzige Dickschnabel aus Ungarn stammt vom 28. X., ist also wohl ein nordischer Gast. Bei diesem kurzen Hinweis mufs ich es vorläufig bewenden lassen, mir scheint, ‘ dafs, wenn man überhaupt eine europäische Form von dertypischen abtrennen will, dies bei den Vögeln aus SO.-Europa am meisten berechtigt wäre, die Lösung der Frage wird aber dadurch sehr erschwert, dafs anscheinend — soweit der Schnabel in Betracht kommt — viele Übergänge vorkommen, wie es ja auch selbst intermediäre Stücke zwischen caryocatactes und macrorhynchos gibt. Nun möchte ich noch kurz die Notizen über das Vorkommen zusammenstellen. In Bialowies erschien der nordische Tannen- häher ziemlich zahlreich im September/Oktober 1916 und 17, ver- einzelt wurde er dort auch im Januar 17 erlegt. Im Oktober 15 sammelte Marx ein g‘ bei Kriwoschin südlich Baranowitschi, am 13. I. 17 zeigte sich ein kleiner Trupp von 7 Nucifraga bei Slonim, von dem ein Q’in meine Sammlung übersiedelte. Grals- mann hat überhaupt nur einmal einen Tannenhäher gesehen, es war Anfang Mai am Rande eines Kiefernwaldes; wäre der auf- fallende Vogel länger in der Gegend geblieben oder gar selshaft geworden, so hätte ihn der ausgezeichnete Beobachter sicher nicht übersehen. Um welche Form es sich handelte, bleibt ungewils. Das Erlegungsdatum der Vögel von Goroditsche (nördlich 90 0. Graf Zedlitz: Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes. Baranowitschi), welche Schlegel erwähnt, ist mir nicht bekannt. Aus der Gegend von Smorgon berichtet Schlüter (l. c.) unterm 31. VIII. 16: „im Walde bei G. sind Tannenhäher aufgetreten“, es handelt sich offenbar um eine Gesellschaft auf dem Herbst- zuge. Gengler beobachtete gleichfalls zur Zugzeit am 8. XI. 15 bei Ostrowiza 4 Stück, doch konnte er nicht genau feststellen, welcher Form sie angehörten. Befund: Erscheint alljährlich in mäfsiger Zahl in Litauen, Bialowies und der nördlichen Polesje, überwintert bisweilen, je- doch istsein Brüten dort nicht nachgewiesen und unwahrscheinlich, 152. Nucifraga caryocatactes macrorhynchos Br. Schlegel V.O.G.i. B. XIII, 4, p. 326. — Zedlitz O. MB. 15 165; r Bei seinen Inväsionen berührt der sibirische Tannenhäher auch das Pripjet-Gebiet. In den Jahren 1915 und 16 haben nun anscheinend keine solche Wanderungen stattgefunden, aus dem Herbst 1917 hingegen wird er auf einmal ziemlich häufig gemeldelt, Zunächst erwähnt Schlegel einen im Pripjet-Gebiet erlegten Dünnschnabel; ferner besitzt das Senckenbergische Museu’n 4 01%, 2 99, gesammelt in Bialowies zwischen dem 28. IX. und 22. X. 17, wie mir Herr Jacquet freundlichst mitteilte. Im Münchener Museum befinden sich laut gütiger Auskunft von Herrn Dr. Sachtleben 99'9' vom 27./28. IX. und 9. X. 17 aus dem Gouv. Grodno. Es hat also unzweifelhaft im September/Ok- tober 1917 eine Invasion von Sibiriern stattgefunden, welehe sich ja auch noch in Deutschland bemerkbar machte. In der Sammlung zu Kielce fand ich einen Dünnschnabel, welcher höchst wahrscheinlich aus dem Herbst 1912 stammt. Befund: erscheint gelegentlich gröfserer Wanderungen im September und verschwindet wieder nach einigen Wochen. (Schlufs folgt.) Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die Septembersitzung 1920. Verhandelt Montag, den 6. September 1920, abends 7 Uhr, im Konferenzzimmer der Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invalidenstr. 42. ‘ Anwesend: die Herren G. Schulz, Strahl, Doensch, Hauchecorne, Steinmetz, Staudinger, L. Schuster, Heck, Bogatsch, Helfer, Hesse, Paulick, Germers- hausen, v. Lucanus, Reichenow und Heinroth. Als Gäste die Herren Gottschlag, L. Heck jr, Heinrich, Wendehorst, Neubauer, Seitz, sowie Frau Heinroth, Frl, Beele und Frl. Rempen. ‚ zn _ er A ES 6 An N biiead.n. ihe. © ie A Ai Be Bericht über die Septembersitzung. 9 Vorsitzeuder: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Der Vorsitzende gedenkt zunächst des Hinscheidens des Kassenwarts der Gesellschaft, Herrn Haase: Am 24. Mai d. J. verstarb nach langem schweren Leiden Oscar Haase. Seit mehreren Jahren war er Kassenführer unserer Gesellschaft und hat dies Amt bis zu seinem Tode mit grofser Pflichttreue erfüllt, wofür ihm der Dank der Gesellschaft im vollen Mafse gebührt. Oscar Haase zeichnete sich durch eine selten grolse Sprachkenntnis aus. Aufser dem Englischen und Französischen beherrschte er die dänische, schwedische, nor- wegische und holländische Sprache, und hat mit seinen Kennt- nissen der ornithologischen Disciplin ganz hervorragende Dienste geleistet, indem er Schriften des Auslandes ins Deutsche über- trug und dadurch unsere Literatur sehr wertvoll bereicherte. So veröffentlichte Haase im Journal f. O. 1899 eine deutsche Über- setzung der in dänischer Sprache abgefafsten Arbeit von Helma „Ornithologische Beobachtungen vom nördlichen Atlantischen Ocean“. Im Jahrgang 1914 des Journals berichtet Haase aus- führlich über die dänische Arbeit von Gerhard Heilmann „Unser gegenwärtiges Wissen von der Abstammung der Vögel“, und in der zu Ehren des Herrn Geheimrat Reichenow herausgegebenen Festschrift hat Haase die Avifauna von Nowaja Semlja nach der gleichnamigen Arbeit des dänischen Ornithologen Schaaning ausführlich behandelt. Haase hat sich mit mit diesen und noch anderen Arbeiten grofse Verdienste erworben, für die wir ihm ein treues Andenken bewahren werden. Herr Reichenow legt die eingegangene Literatur vor ‘und geht besonders auf das sich seiner Vollendung nähernde Werk Harterts „Die Vögel der paläarktischen Fauna“ ein. Herr Heinroth zeigt eine Anzahl von Photographien, die von Herrn Oberförster Vorreyer in Stiege im Harz vor einigen Jahren aufgenommen sind und den Tannenhäher am Nest sowie dieses mit Jungen darstellen. Herr Schulz berichtet über eine kürzlich von ihm unter- nommene Reise nach Schweden zum Zwecke kinematographischer Vogelaufnahmen. Er war einer Einladnng des rühmlichst be- kannten Schrifstellers und Vogelphotographen Bengt-Berg gefolgt und hatte Gelegenheit, auf einer unter völligem Schutz stehenden Felseninsel das Leben und Treiben der dortigen sehr zahmen Vögel aus nächster Nähe zu beobachten und zu kino- matographieren. Er. berichtet über Leben und Treiben der Alke, des Steinwälzers, der Eiderente und vor allem von Sierna caspia, - von der dort 2 Kolonien mit je etwa 150 Paaren vorhanden sind, wahrscheinlich dieselben Stücke, die sich auch häufig bei Hidden- see sehen lassen. Von sonstigen Beobachtungen ist besonders erwähnenswert ein eigenartiger, hier nicht zur Beobachtung kommender Ton des Buchfinken, er entspricht wahrscheinlich 92 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. dem hiesigen sogen. Rülschen, und der sehr schlechte Gesang dieser Vogelart. Den Mauersegler traf er in Staarkästen, in nur Türhöhe brütend, an und schilderte anschaulich die sinn- reichen Vorbereitungen, die zum Kinematographieren von Reiher- horsten getroffen wurden. Um den Aparat höher zu stellen als den Horst und um so einen besseren Einblick in das Leben und Treiben darin zu bekommen, wurde die Kamera in der Krone eines Nebenbaumes befestigt, der Horstbaum unten abgesägt und eine Reihe von Metern an Seilen herabgelassen, ohne dafs die Reiher sich stören liefsen. Herr Heinroth legt hierauf 63 auf Tafeln zusammen- gestellte photographische Aufnahmen der Waldohreule vor, die diesen Vogel in seiner Entwicklung vom ersten Lebenstage an und später als ausgefärbtes Tier in den verschiedensten Stellungen zur Anschauung bringen, insbesondere hat er viel Wert darauf gelegt, den Gesichtsausdruck und die Körper- haltung bei verschiedenen Gemütserregungen auf die Platte zu bringen. Herr Reichenow macht Mitteilung darüber, dafs ein Hausstorch auf Schlofs Dorwangen überwinterte. Seine Nahrung erwirbt er an auch bei grolser Kälte offen bleibenden Weihern. Im folgenden Jahr hatte auch die Gattin an der Überwinterung teilgenommen. Zum Schlufs legt Herr Neubauer eine Anzahl von ihm selbst während der Jahre 1912/13 in Tsingtau gesammelter Vogelbälge vor. O. Heinroth. Bericht über die Jahresversammlung in Berlin am 9. und 10. Oktober 1920. Anwesend dieauswärtigen Mitglieder: Freiherr v.Berlepsch- Seebach, Kracht-Hamm, Jung- Weimar, Jacobi-Dresden, Stresemann-München, Gottschalk-Cöthen, Schneider- Liebertwolkwitz, A. Voigt-Leipzig, Domeier- Göttingen, Hildebrandt-Altenburg, Natorp-Myslowitz, Hoffmann- Dresden, Rüdiger-Eisenhammer, Graf v. Zedlitz u. Trützschler-Schwentnig. — Ferner die Berliner Herren: Reichenow, Heck, Grote, Bogatsch, Paulick, v.Strahlendorff,Doensch,v.Schuckmann, Helfer, Hesse,Steinmetz,Steinbacher,O. Neumann, Spatz, Geib, . Versen, Staudinger, Schulz,v.Lucanus und Heinroth. Aufserdem 45 Herren und Damen als Gäste. Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Y Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 98 Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung mit folgenden Worten: Hochgeehrte Damen und Herren! In Vertretung des 1. Vorsitzenden unserer Gesellschaft, des Herrn Professors Schalow, den eine Erholungsreise zu unserem lebhaften Bedauern an der Teilnahme an unserer Zusammenkunft verhindert, eröffne ich die Jahresversammlung der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft und heilseSie im Namen desVorstandes herzlich willkommen! Wir danken Ihnen allen aufrichtig für Ihr so zahlreiches Erscheinen, und ganz besonders den aus- wärtigen Ornithologen, die die heute mit vielen Unbequemlichkeiten und grofsen Unkosten verknüpfte Reise nicht gescheut haben, um in unserem Kreis zu weilen und die ornithologische Wissenschaft, die in Deutschland seit so langen Zeiten in hoher Blüte steht, mit uns zu pflegen. Unsere letzte Jahresversammluug fand im Oktober 1918 statt. Der Weltkrieg war damals noch im vollen Gange, unsere Armeen standen weit in Feindesland, und wohl niemand von uns hätte damals geahnt, das so bald darauf der Krieg für uns ein so trauriges Ende nehmen sollte, nicht durch einen siegreichen Schwertstreich des Feindes, sondern durch die unheilvollen Ver- hältnisse im Innern unserers Vaterlandes herbeigeführt, die unsere von den Feinden so gefürchtete Wehrmacht, unsere Freiheit gegen das Ausland und unseren Wohlstand zerbrachen. Möge bei unserer nächsten Jahresversammlung ein giücklicher Stern über unserem Vaterlande leuchten, der einem von starker Hand ge- führten und von wahrer Vaterlandsliebe beseelten Deutschand neuen Aufstieg und neue Blüte verheifst! Trotz der Schwere und des Ernstes der Zeit hat die Wissenschaft keineswegs eine Einbulse erlitten, was zu unserer Freude besonders für die Ornithologie gilt. Die Ornithologen, die im Felde standen, haben die langen Kriegsjahre eifrig dazu benutzt, um faunistische und biologische Studien zu machen und haben das im Kriege gesammelte Material in jüngster Zeit zu überaus wertvollen Arbeiten zusammengestellt. Die erschöpfende Bearbeitung der macedonischen Ornis durch Erwin Stresemann, der Vogelwelt desScharagebietes durch Graf Zedlitz und Trützschler, die Beiträge zur Ornithologie des südlichen Venetien von Paul Tratz, v. Bötticher’s ornithologische Schilderungen aus den Muss- Alla-Bergen in Bulgarien, Grote’s ornithologische Bearbeitung des südlichen Uralgebiets, die Studien Genglers über die Vogelwelt des Balkan, die Mitteilungen Kracht’s über die Vogelfauna im Steppengebiet der Wolga, soweit zahlreiche andere Arbeiten namhafter Ornitholgen zeigen, dafs die Ornithologie im Weltkrieg nicht vernachlässigt worden ist. Zu diesen Arbeiten, die ihre Entstehung dem Kriege verdanken, gesellen sich zahlreiche weitere Veröffentlichungen systematischer, faunistischer und bio- logischer Art. Unter ihnen verdienen die „Beiträge zur Vogel- 94 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. fauna der Mark Brandenburg‘ von Herman Schalow, die die brandenburgische Ornis und Ornithologie erschöpfend und vie- seitig behandeln, sowie die neue Ausgabe der „Kennzeichen der Vögel Deutschlands“ von Anton Reichenow besonders hervorge- gehoben zu werden. Alexander König hat in einem Sonderhefte des Journals für Ornithologie, das er aus eigenen Mittel herstellen liefs, die Sitzfüfsler, Klettervögel und Raben Aegyptens eingehend behandelt. Herrn Professor König sei für diese literarische Spende, die die Zeitschrift unserer Gesellschaft so wertvoll bereichert, aufrichtig gedankt. Alle diese Arbeiten legen beredtes Zeugnis ab, in wie grolser Blüte auch heute noch in Deutschland die Ornitbologie steht, und dafs Herz und Seele der deutschen Ornithologen, so sehr sie auch unter dem harten Schicksal unseres Vaterlandes leiden, ihre Arbeitsfreudigkeit keineswegs eingebülst haben. Im Gegen- teil, je härter die Zeit — umso grölser die Freude an der Ar- beit und umso köstlicher die Vertiefung in wissenschaftliche Forschung, die uns begeistert und die Not der Zeit vergessen lälst. Auch die Arbeiten der Vogelwarte Rossitten haben durch die Folgen des Krieges keine Unterbrechung erlitten. Der schon vor dem Kriege gefafste Plan, die Vogelwarte, deren Räumlich- - keiten nicht mehr ausreichten, zu vergröfsern, konnte in diesem Jahre Dank einer Stiftung der Kaiser - Wilhelm - Gesellschaft verwirklicht werden, die ein grölseres Gebäude in Rossitten an- kaufte und es der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft für die Vogelwarte unentgeltlich zur Verfügung stellte. Hierdurch wurde die Möglichkeit gegeben, die bedeutende Sammlung des Instituts und das reichhaltige Material, das Vogelzugforschung und Ringversuch geliefert haben, in vollem Umfange zur Gel- tung zu bringen, sowie dem Leiter der Vogelwarte und Ornitho- logen, die zu wissenschaftlicher Arbeit die kurische Nehrung - aufsuchen, eine gebührende Arbeitsstätte zu gewähren. Im Namen der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft spreche ich der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft unseren tiefempfundenen Dank aus für diese hochherzige Tat, die für die Vogelwarte und dieVogelzug- forschung von gröfster Bedeutung und unschätzbarem Wert ist. Das grofse Interesse für die Ornithologie zeigt sich ferner in der bedeutenden Zunahme, die die Mitgliederzahl unserer Ge- sellschaft in letzter Zeit erfahren hat. Im Jahre 1920 traten 38 neue Mitglieder der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft bei, sodals die Gesamtzahl der Mitglieder jetzt 185 beträgt. Leider hat auch der Tod manche empfindliche Lücke in unsere Reihen gerissen. Aufser dem zweiten Vorsitzenden unserer Ge- sellschaft, Paul Kollibay, und dem Kassenführer Oscar Haase verstarben seit unserer letzten Jahresversammlung die Mitglieder Georg Schiller, Wilhelm Schlüter, W. Rimpau und Friedrich Koske. Ihrer wollen wir auch heute in dankbarer Würdigung ihres ornithologischen Wirkens in Verehrung und Treue gedenken, — ar are er Meere ee ee ie E f i + 3 T “ e hi Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 95 Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse unseres Vaterlandes konnte das Journal für Ornithologie bisher regel- mälsig erscheinen, freilich mufste infolge der Teuerung der Um- fang geschmälert werden. So konnte von den zahlreichen Ar- beiten, die der Schriftleitung zugingen, bisher nur ein Teil ge- druckt werden, und wir bitten die Herren Autoren, dıe leider unvermeidliche Verzögerung in der Veröffentlichung ihrer Ma- nuskripte mit Nachsicht aufzunehmen. Nur eine bedeutende Vergröfserung der Geldmittel würde es ermöglichen, den frü- heren Umfang des Journals wieder herzustellen. Dies kann freilich nur durch eine wesentliche Erhöhung des Mitgliedsbeitrages unserer Gesellschaft erreicht werden. Der Vorstand hat daher beschlossen, der Jahresversammlung einen dahin gehenden Antrag zu unterbreiten, den wir im Interesse der ornithologischen Wis- senschaft gätigst zu unterstützen bitten. Nur hierdurch wird es möglich sein, unsere Gesellschaft durch die jetzige schwierige Zeit glücklich hindurchzuführen und den ruhmreichen Klang der deutschen Ornithologie auch weiter zu erhalten! Möge die Freude an wissenschaftlicher Forschung, die, wie es Häckel so trefflich sagt, das Gute, Wahre und Schöne erstrebt, uns deutschen Ornithologen stets bewahrt bleiben, als kostbarstes Gut in einer Zeit, die unserem Volke den idealen Sinn und die Ethik des Lebens immer mehr raubt. Herr Heinroth hält hierauf einen etwa 1?/, stündigen Vortrag über die körperliche und geistige Jugendentwicklung einheimischer Vögel. Er gibt einen Überblick über die Bedau- nungs- und Befiederungsweisen, die Wachstumsgeschwindig- keiten, die Zeitpunkte des Flüggewerdens, die Entwicklung verschiedener Instinkte, und führt dazu 108 Lichtbilder vor, wobei 42 Vogelarten als Hauptvertreter der verschiedenen Gruppen zur Anschauung gebracht werden. ‘ Herr Graf Zedlitz gibt hieran anschliefsend eine „Ornithologische Reiseskizze aus Schweden“, wobei er folgendes ausführt: Schweden, die Heimat Linnes, ist die Wiege der Natur- wissenschaften, besonders für den modernen Systematiker unter den Ornithologen ist eine genaue Kenntnis seiner Fauna uner- läfslich. Diese Überzeugung bricht sich immer mehr Bahn, bis vor wenig Jahren war das leider noch nicht der Fall, wie die Armut unsrer meisten Sammlungen an schwedischem Material beweist. Was ich auf 4 Sammelreisen 1912, 1913, 1914, 1919 an Bälgen zusammenbringen konnte, ist zwar wertvoll, aber nicht annährend genügend, um über die vielen systematischen Fragen Aufschlufs zu geben, zumal augenblicklich sehr grofse Schwierig- - keiten, vor allem pekuniärer Natur, sich einem intensiven Studium entgegenstellen. In systematischer Hinsicht sei heute nur so viel gesagt: Nach der Eiszeit scheint die Einwanderung der 96 Bericht tiber die Jahresversammlung im Oktober 1920, meisten Vogelarten von Osten her stattgefunden zu haben, wohl auf dem Wege, den die Fichte genommen hat, die meisten Be- ziehungen weisen nach dem nördlichen Rufsland und dem Balti- kum. In geringerem Malse zeigen sich Anzeichen einer Besiedelung von Süden her auf dem Wege, den s. Z. die Buche genommen hat. In Skandinavien selbst ist faunistisch ein Unterschied zwischen dem Osten — Schweden — und dem Westen — Norwegen- unverkennbar und in der klimatischen Abweichung auch wohl begründet. Innerhalb Schwedens scheint es, dafs Nord und Süd oder gar Nord, Mitte und Süd ebenfalls merkliche Verschieden- heiten aufweisen, ich vermag jedoch noch keine faunistischen Ge- biete abzugrenzen. Einige nicht uninteressante Befunde bei Einzelfällen sind in meiner Arbeit über das Pripjet-Gebiet West- Rufslands verwertet. In biologischer Beziehung ist der Forscher weit mehr als beim systematischen Studium auf die Mitarbeit Gleichgesinnter angewiesen, deshalb soll hier eine Frage zur Diskussion gestellt werden, welche ich selbst z. Z. noch nicht in voll befriedigender Weise beantworten kann, dieselbe lautet: „Wie erklärt es sich, dafs während der in der Regel zur Brut und Aufzucht der Jungen dienenden Monate zahlreiche Individuen mancher Vogel- arten überhaupt nicht angepaart sind, sondgin in engerem oder loserem Verbande gesellschaftlich leben‘ Als Beispiele möchte ich hier nur 2 Arten herausgreifen, welche ich speciell im letzten Sommer täglich ca. 6 Wochen lang beobachten konnte: Colymbus arcticus und Corvus corniz. Schauplatz ist de Kalfsjö in Västergötland, der mittleren Wald- provinz Süd-Schwedens. Bei beiden Arten war die Zahl der Paare, welche Junge hatten, erheblich geringer als die der nicht angepaarten Exemplare. Eine Reihe von scheinbar plausiblen Erklärungen dieses Mifsverhältnisses können in diesem Falle von vornherein ausgeschaltet werden: $ 1. Ein Ausnehmen der Eier durch Kinder oder Erwachsene ist bei dem schwedischen Volkscharakter von vornherein aus- geschlossen. 2. Gift wird nirgends und von Niemand gelegt. 3. Ein Abschufs — auch in den bescheidensten Grenzen — hat in der ganzen Gegend bestimmt nicht stattgefunden. 4. Eine Vernichtung von Gelegen oder Jungvögeln durch Natur- ereignisse erscheint gerade bei den behandelten Arten höchst unwahrscheinlich, wenigstens in irgend erheblichem Umfange. 5. Besondere Ungunst der Witterung lag nicht vor, auch kein abnormer Nahrungsmangel, das Frühjahr war normal, der Stand der Felder recht gut. 6. Etwa übrig gebliebene „Junggesellen“, welche kein passendes Q gefunden haben, können immer nur ingeringer Zahl auf- treten, meist halten sie sich einzeln. | 4 | Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 97 7. Gröfsere Gesellschaften von Q‘O', welche angepaart waren, und ihre Pflicht getan haben, kommen wohl gelegentlich vor, so bei manchen Anatiden, es handelt sich dann aber um einenspäteren Zeitpunkt kurz vor der Sommermauser. In den von mir beobachteten Fällen gab es aufserdem auch QOQ neben I'd". Mein Befund im letzten Sommer, dem aus früheren Jahren keine wesentlich abweichenden Beobachtungen an denselben Plätzen entgegenstehen, war in kurzen Umrissen folgender: Von Colymbus arcticus waren 1919 auf dem Ralfsjö sicher 1 Paar, wahrscheinlich aber deren 2 mit je 1 Jungen vorhanden, 1912 und 1914 fand ich je 2 Nester mit 2 Eiern. Alle Ein- geborenen bestätigten mir, dafs sie trotz der Gelege von 2 Eiern stets nur 1 lebendes Junges bei den Brutpaaren gefunden hätten. Die Zahl der nicht angepaarten Polartaucher auf demselbeu See, der ca. 10 klm. lang ist, betrug 7—10 Stück, ganz genau liefs sie sich nicht feststellen, weil diese Vögel auch den benachbarten. grolsen Seen nicht selten Besuche abstatteten, bezw. von dort vorübergehend Zuzug erhielten. Meist sah man 4—5 Exemplare beisammen, darunter auch die kleineren Q2. Von den Brutpaaren, deren J'CQ" sehr streitlustig sind, hielten sie sich fern. Die Eier werden, wie ich früher im J. f. O. eingehend be- schrieben habe, auf flachen Sandstellen des Ufers nahe dem Wasserrande abgelegt, man könnte daher an eine Vernichtung derselben bei Hochwasser denken. Der Legetermin um Anfang Mai fällt aber in der Regel — so auch in diesem Jahre — etwa mit dem höchsten Frühjahrs-Wasserstande zusammen, bald darauf fängt der Wasserspiegel an zu sinken, eine Gefährdung des Geleges wäre also nur in Ausnahmefällen denkbar. Sollten aber einzelne Eier doch weggeschwemmt worden sein, so wäre zum mindestens festzustellen, dafs die Vögel zu keiner Nachbrut ge- schritten sind, wie es auch die schlesischen Graugänse in der Regel nicht tun, wenn ihnen einmal die Eier verunglückt sind. Ein Abgang von Jungen durch Raubzeug ist nicht in Rechnung zu stellen, die Alten behüten ihren Spröfsling mit rührender Treue, tragen ihn in den ersten Wochen, nachdem er sich über- haupt zeigt, entweder auf dem Rücken oder lassen den Kleinen in ihrer Mitte schwimmen. Plötzlich nahe auftauchende Feinde, selbst Menschen im Boot, werden mit äufserster Wut und viel Schneid angenommen, während sonst der scheue Vogel sich kaum auf 200 m nahe kommen läfst. Alles zusammengefalst glaube ich also, dafs der geringe Prozentsatz der Brutpaare sich im wesenslichen überhauptnicht aufäußsere Einflüsse zurück- führen läfst, sondern dafs der wichtigste Faktor im Vogel selbst liegt, wobei eine relativ spät erreichte Geschlechtsreife wohl in erster Linie, wenn auch nicht als ausschliefslicher Grund, zu berücksichtigen wäre. Joura, f. Ora, LXIX, Jahrg. Jauuar 1021, 13 98 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. Von Corvus corniz nächtigten auf den Inseln im Ralfsjö regel- mälsig 60—100 Exemplare, wegen des nicht übersichtlichen Ge- ländes war eine genaue Zählung nicht möglich. Sie erschienen allmählich einzeln oder in kleinen Gruppen, die ersten schon 3—4 Stunden vor Sonnen-Untergang. Bei fast täglichen Besuchen von Anfang Juni bis Ende Juli konnte ich nennenswerte Schwankungen der Gesamtzahl nicht wahrnehmen, niemals sah ich unter ihnen einen Jungvogel desselben Jahres. Meine Be- obachtung begann gut 14 Tage, ehe die ersten Jungkrähen in den Uferwäldern ausflogen. Gegenüber der grofsen Zahl der nicht angepaarten vermochte ich nur 3 Brutpaare festzustellen, in allen 3 Fällen flogen nur je 2 Junge aus, welche noch lange sehr unselbständig waren und von den äußerst besorgten Eltern auch nicht eine Sekunde allein gelassen wurden. Jeder sich nähernde Raubvogel, Fuchs oder Mensch wurde von einem der Alten wütend angefallen, während der andere sofort die Kinder in Sicherheit brachte. Es hat mich viele Mühe gekostet, bis ich schiiefslich einen Jungvogel erlegen konnte, während die Alten bisweilen auf mich stiefsen wie auf einen Uhu. Die Familien lebten noch Wochen nach dem Ausfliegen der Jungen streng ab- gesondert und hielten mit den anderen Krähen keine Gemein- schaft. Von dem grofsen Schwarm der Ungepaarten sammelte ich nur ein 9, um die interessanten Beobachtungsobjekte nicht durch häufiges schielsen zu vergrämen; bei der Sektion zeigten sich die Eierstöcke durchaus im Ruhezustand, nach Knochen und Muskulatur halte ich das Stück für mehrjährig, eine genauere Altersbestimmung wage ich nicht. Das Mifsverhältnis zwischen gepaarten und nicht gepaarten Vögeln ist hier noch wesentlich gröflser als bei ©, arctieus. Diese „Ehelosen‘“ dürften sich ja zum Teil aus vorjährigen Jungen rekrutieren, da ©. corniz meines Wissens am Schlufs des ersten Lebensjahres noch nicht geschlechtsreif ist. Bei dem sehr ge- ringen Zugang an Jungvögeln können diese aber nur einen be- scheidenen Prozentsatz der ganzen Schar ausgemacht haben. Ich möchte der Erwägung anheimgeben, ob nicht unter den Übrigen auch eine Anzahl sehr alter Stücke sich befunden haben könnte, weche wegen seniler Erscheinungen nicht mehr zur Brut schritten. Dieser zuerst paradox anmutende Gedanke gründet sich auf’ folgende Erwägung: Die eben’ ausgeflogene Jungkrähe hält sich bei Tage meist am Boden auf und ist da in dem an Deckung reichen Waldgelände erheblicher Gefahr durch den Fuchs ausgesetzt, sonst wäre die nimmer müde Aufmerk- samkeit der Alten auch kaum erklärlich; in der Luft bedroht sie der Wanderfalk; von den 2 Nestgeschwistern, welche die Regel bilden, wird also häufig noch nach dem Ausfliegen ein Abgang zu verzeichnen sein, die Zahl der einjährigen noch nicht geschlechtsreifen Vögel im nächsten Sommer kann also nur relativ gering sein, Umgekehrt droben der einmal vollerwachsenen ELTIIHENP NE DET ETE ec Yale re ei PER Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 99 Krähe kaum noch Gefahren, vor Fuchs und Raubvogel schützt sie Schlauheit und Erfahrung, nie tut ihr ein Mensch etwas zu Leide, sie hat also alle Aussicht, das höchste Alter zu ereichen, das den Corviden ihrer Art überhaupt beschieden ist, und das mögen nicht wenige .Jahre sein! Dals sie dann ihren Lebens- abend ohne Eierlegen in einem otium cum dignitate auf einer hübschen Insel verlebt, erscheint mir gar nicht so dumm. Ich lasse es bei diesen Beispielen bewenden, bemerke aber, dals auch bei anderen Arten ähnliche, nur nicht so fortlaufende Beobachtungen zuGebotestehen. Meine bescheidenen Ausführungen würden ihren Zweck erreichen, wenn unsere Systematiker sich künftig recht lebhaft für schwedische Bälge interessieren und unsere Biologen an der Lösung der aufgeworfenen Frage etwas mitarbeiten wollten, letzteres kann natürlich auch hier in Deutsch- land geschehen. Der vorgerückten Zeit wegen wird der Meinungsaustausch über diese beiden Vorträge auf den folgenden Tag verschoben Am Sonnabend Vormittag um 9 Uhr trafen sich die Teil- nehmer im Amtszimmer des Herrn Reichenow im Zoologischen _ Museum, Invalidenstrafse 43. Bei der Neuwahl des Vorstandes wurde der alte einstimmig wiedergewählt, ebenso die satzungs- gemäfs ausscheidenden Ausschufsmitglieder. Auf Anregung des Vorsitzenden wird Herr Thienemann, Leiter der Vogelwarte Rossitten, mit in den Ausschufs gewählt. Auf einen Antrag, den Jahresbeitrag von 20 M. auf 40 M. zu erhöhen, wird folgender Beschlufs gefafst: der Jahresbeitrag erfährt einen Teuerungs- zuschlag von 100 %/,, auf besonderen Antrag kann bei einzelnen Mitgliedern ausnahmsweise eine Ermälsigung auf 50 °/, erfolgen. Der Teuerungszuschlag von 100 °/, hat sich infolge der jetzigen Teuerung als dringend notwendig gezeigt, um das Journal weiter erscheinen lassen zu können. — Herr Reichenow teilt mit, dals von den Herren Bünger, Stoll (Riga), Tischler und v. Tschusi- Schmidhoffen teils brieflich, teils tele- graphisch Glückwünsche zur Versammlung eingetroffen sind. Der- selbe macht ferner darauf aufmerksam, dafs Herr Grote es in dankenswerter Weise übernommen hat, Auszüge aus der russischen ornithologischen Literatur zusammenzustellen. Herr Klein- schmidt wird diese Sammlung herausgeben; der Subskriptions- preis für den Bogen beträgt 10 M, welcher Preis bei reger Be- teiligung wesentlich ermälsigt werden kann. Es folgt hierauf der Meinungsaustausch über die Vorträge des gestrigen Abends. Herr Heinroth hatte bei der Aufzucht junger Raubvögel aus dem Ei die Beobachtung gemacht, dafs sich Baum-, Turm- und Wanderfalken sowie Sperber je unter sich ausgezeichnet vertragen, während schwarze Milane und Bussarde namentlich in den ersten Tagen wütend über einander herfallen, so dafs man sie unter Umständen trennen muls. Er hatte angefragt, ob weitere Erfahrungen über diesen Punkt vor- Ph; 100 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. liegen und war der Ansicht, . dafs wohl das regelmälsige Verschwinden eines Steinadlerjungen auf die Unverträglichkeit der Nestgeschwister znrückzuführen sei. Graf Zedlitz erklärt hierzu folgendes: Am 2. Juni 1900 gelegentlich meiner ersten Reise nach Spitzbergen erhielt ich nördlich Tromsoe von einer Felseninsel 2 junge Seeadler, es waren ziemlich kleine Dunenjunge, in der Gröfse erheblich unter sich verschieden. Schon in den ersten Tagen fiel das stärkere der Geschwister trotz reichlicher Atzung über das schwächere her und verletzte es erheblich am Rücken, sodals ich sie von da an getrennt halten mufste. Trotzdem ging der jüngere Vogel bald ein. Anfang April 1905 entnahm ich einem Felsenhorst des Steinadlers in Djebel Sidi Ali ben Aoun (Südtunesischer Atlas) 2 etwas gröfsere Dunenjunge, unter sich wiederum merklich ver- schieden. Längere Zeit vertrugen sie sich gut, im allgemeinen konnte ich ihnen satt zu fressen geben, manchmal freilich war auch Schmalhans Küchenmeister. Eines Tages zeigte plötzlich der schwächere Adler wiederum auf dem Rücken eine Verletzung durch Schnabelhiebe des gröfseren, sie war aber nicht lebens- gefährlich. Ich sperrte beide sofort in getrennte Kisten. Nach meinem Dafürbalten mufs irgend ein besonderer Umstand, der mir jedoch verborgen blieb, bei dem älteren Adler aufser- gewöhnliche Regungen ausgelöst haben, welche ihn zu diesem Attentat veranlalsten im Gegensatz zu seiner sonst bewiesenen Friedfertigkeit. Gerade diesen Vogel habe ich in Deutschland noch bis zum Herbst gehalten und viel frei herumfliegen lassen, er blieb mir gegenüber durchaus gutmütig und verhältnismäfsig recht zahm, für Hunde hingegen war er so lebensgefährlich, dafs ich ihn schliefslic dem Breslauer Zoolog. Garten schenken mufste. Anfang Mai 1913 entnahm ich bei Ei Kantara (Südalgerischer Atlas) innerhalb einer Woche 2 Horsten des Habichtsadlers je 1 Junges im fast flugfähigem Alter, die dazu gehörigen Ge- schwister verunglückten, da die Horste sehr ungünstig standen. Diese beiden gleich gro/sen, aber nicht zusammengehörigen Adler vertrugen sich vom ersten Tage an ausgezeichnet, das Bild blieb dasselbe, als bald darauf noch ein dritter hinzukam. Alle wurden sehr schnell zahm und recht zutraulich. Später äbergab ich sie Herrn Spatz, da 3 erwachsene Habichtsadler kein ganz be- quemes „Handgepäck“ sind, er machte an ihnen dieselben Er- fahrungen. Diese wenigen Beobachtungen dürfen natürlich nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Es scheint jedoch folgendes aus ihnen hervorzugehen unbeschadet der Tatsache, dafs weitere Bestätigung sehr erwünscht ist: 1. Kleinere Geschwister sind untereinander weniger verträglich als grölsere. ae Bl m 2 te DE ee U DL m Hu U 2 EN, Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 101 2. Bei allen jungen Adlern, die ich ausgenommen habe (aufser den angeführten Arten auch beim Raubadler Abessiniens), waren beide Geschwister in der Gröfse erheblich verschieden, der Ältere dürfte im Durchschnitt um 3—5 Tage früher erbrütet worden sein als der Jüngere. 3. Dieser Gröfsen-Unterschied begünstigte Gewalttaten des Gröfseren an dem Kleineren ; sperrte man dagegen gleich grofse Adler verschiedener Bruten zusammen, so vertrugen sie sich gut. 4. Der Begriff von „Wildheit“ oder „Raubgier“, welchen der Mensch so gern mit dem einen oder anderen Raubvogel ver- bindet, zeigt sich durchaus nicht im Familienleben der be- treffenden Arten: beim Seeadler, den wir gern als ziemlich pflegmatisch und harmlos ansehen, waren die Jungen unter sich höchst „unliebenswürdig‘“; beim Raubadler, mit dem wir leicht die Vorstellung blutdürstiger Raubgier verbinden, zeigten die Jungen sich durchaus „manierlich“. Es zeigt sich also wieder einmal, dafs man menschliche Eigenschaften besser gar nicht auf Tiere überträgt, es gibt doch nur ein schiefes Bild. Ferner hatte Herr Heinroth auf das imfVerhältnis zu andern Vögeln sehr langsame Wachstum junger Hühnervögel auf- merksam gemacht und bierzu bemerkt Graf Zedliitz: Mitte Juni d. J. stellte ich auf einer kleinen Felseninsel im Kalfsjö (Schweden) eine Birkhenne fest, welche ganz kleine Dunenjunge führte Es gelang mir, eins zu fangen, ich schätze auf Grund meiner Erfahrungen an jungem Birkwild im Zoolog. Garten auf Skansen in Stockholm das} Alter des pullus auf -5—8 Tage, es befindet sich in meiner Sammlung. Ich besuchte die kleine Familie regelmäfsig in kürzeren Zwischenräumen, genau 28 Tage nach der ersten Begegnung konnten 2 Junge etwa 15—20 m weit flattern, ich sammelte widerum eins von ihnen. Es ist in der Gröfse etwa gleich einem ausgewachsenen Feld- hubn, die Gewichte konnte ich wegen Mangels einer Briefwage leider nicht festellen. Das Wachstum innerhalb 4 Wochen war also ein sehr langsames, meine Beobachtung bestätigt durchaus den Ausspruch von Herrn Dr. Heinroth, dafs junge Hühnervögel sich relativ recht wenig schnell entwickeln und im Vergleich zu anderen Familien erst spät sich voll auswachsen. Auch über die Behauptung des Herrn Heinroth, dals bei den meisten Singvögeln der Gesang nicht angeboren, sondern er- lernt sei, entwickelt sich eine Erörterung. Herr Stresemann bemerkt hierzu: Ein Ende September während des Gesanges geschossener Buchfink 0° erwies sich bei Untersuchung des Schädels nach dessen Verknöcherungszustand als Vogel vom Jahr. Er war der einzige Fink, der in weitem Umkreis sein Lied hören liefs, und der erste, der seit Ende Juli oder Anfang August in diesem Be- 102 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. zirk sang. Da es mich unwahrscheinlich dünkt, dafs ein Vogel den als Nestling vernommenen Artgesang nach einer Pause von mehreren Monaten aus dem Gedächtnis wiederzugeben vermag, scheint mir dieser Fall dafür zu sprechen, dafs dem Buchfirken der Gesang angeboren ist. Herr v. Lucanus bestätigt Heinroths Angaben, da er sehr genaue Versuche mit nestjungen Amseln gemacht hat, die Tiere‘ äufsern ihren Gesang schon sehr früh, d. h. etwa z. Z. des Flügge- werdens, wobei der junge Buchfink ja reichlich Gelegenheit hat, Alte_zu hören. Zu den Ausführungen des Herrn Grafen v. Zedlitz am gestrigen Abend über das Vorhandensein zahlreicher nicht gepaarter Nebelkrähen und Polartaucher zur Brutzeit entwickelt sich gleichfalls ein lebhafter Meinungsaustausch. Herr v. Lucanus weist darauf hin, dafs es durch den Ringversuch für den weilsen Storch sicher erwiesen ist, dafs während der Fortpflanzungszeit männliche und weibliche Stücke der verschiedensten Altersstufen ungepaart und gesellig lebend angetroffen werden, es scheint also, dafs diese Vögel durchaus nicht jedes Jahr sich paaren. Herr Stresemann bemerkt: Das Alter der während der Brutzeit gattenlos umher- schweifenden Nebelkrähen dürfte sich meist genau bestimmen lassen und nicht, wie der Vortragende annimmt, ein sehr hohes, sondern im Gegenteil ein jugendliches sein. Nach den Fest- stellungen Witherbys (British Birds VII, 1913, p. 126—139) ist die Saatkrähe in dem auf ihre Geburt folgenden Jahr noch nicht fortpflanzungsfähig, wie die Untersuchung der Keimdrüsen solcher Vögel einwandfrei ergab. Schiebel hat bei einjährigen Weibchen der gemeinen Krähe (Corvus corone und cornix) auch im Früh- jahr niemals ein entwickeltes Ovar gefunden (Waldrapp II, No. 3, 1920, p. 12). DBekanntlich sind die Corvus-Arten im ersten Lebensjahr unschwer von den älteren zu unterscheiden, und zwar an den bräunlicheren, viel rascher sich abnutzenden Schwung- und Steuerfedern ihres combinierten 1. Jahreskleides. Herr Reichenow macht darauf aufmerksam, dafs über die - Ansammlung von Vögeln zur Brutzeit bereits eine Reihe von Beobachtungen vorliegt, insbesondere über Stare und Ammern, an die auch Schlufsfolgerungen geknüpft seien (Ornith. Monatsberichte 1894, 1905, 1906, 1908, 1914). Herr Stresemann spricht sodann über die Mauser der Singvögel im Dienste der Systematik wie folgt: Wie bekannt, stellen sich einer natürlichen Gruppierung der Oscines noch immer grofse Schwierigkeiten entgegen, und wir sind wahrscheinlich noch weit von der Erreichung dieses Zieles entfernt. Der Grund ‘dafür ist nicht zum wenigsten darin zu suchen, dafs unsere anatomische Kenntnis grofser Gruppen noch ganz mangelhaft ist und zur Kennzeichnung der Familien und Gattungen nur äußserliche Merkmale wie das Schwingenver- Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 108 hältnis, die Schnabelform, das Verhältnis von Schwanzlänge zu Flügellänge herangezogen wurden, Merkmale, die z. T. in enger Beziehung zur Lebensweise des Vogels stehen und uns nur all- zu leicht veranlassen können, Analogien fälschlich als Beweis natürlicher Verwandtschaft anzusehen. Es drängt sich da die Vermutung auf, dafs die Kenntnis der Mauserverhältnisse, hin- sichtlich deren ja selbst in der zweifellos monophyletischen Gruppe der Oscines eine gewisse Mannigfaltigkeit besteht, ein Hilfsmittel bedeutet, um die Richtigkeit unserer bisherigen taxonomischen Anschauungen zu kontrollieren. Wir werden erwarten, nahe verwandte Gattungen und Arten in den Mauserverhältnissen über- einstimmend zu finden, denn die Lebensweise, die Nahrung und andere äufsere Faktoren, die in derselben Verwandtschaftsgruppe zuweilen von Art zu Art wechseln, werden den physiologischen Vorgang der Mauser schwerlich aus der ererbten Bahn leiten können. Wir können die Singvögel nach den Mauserverhältnissen zunächst einmal unter dem Gesichtspunkt einteilen, ob sie nach Erreichung der Geschlechtsreife jährlich einmal oder zweimal mausern. Eine zweite Betrachtungsweise ergibt sich aus dem wechselnden Umfang der Jugendmauser, d. i. des zur Ablage des Jugendkleides führenden Gefiederwechsels. Letzterer ergreift bei der einen Gruppe sämtliche Federn, bei der andern Gruppe das gesamte Kleingefieder, aber nicht die Flugfedern. War die Jugendmauser eine völlige, so trägt der Vogel nunmehr bis zur nächsten Mauser ein einheitliches Kleid; war sie hingegen eine teilweise, so folgt auf das Jugendkleid ein kombiniertes Kleid. - Um die Richtigkeit unserer Vermutung, dafs der Mauser- weise genealogische Beweiskraft zukomme, zu prüfen, wollen wir, m. H., zunächst einmal in gut umgrenzten Vogelgruppen Umschau halten. Alle Eulen stimmen in Hinsicht auf den Gefiederwechsel überein, insofern das Jugendkleid nur wenige Wochen getragen und dann gegen ein kombiniertes 1. Jahreskleid vertauscht wird. Auch in der grofsen Familie der Spechte herrscht, soweit ich bisher zu erkennen vermag, völlige Einheitlichkeit. Bei allen Arten ist die Jugendmauser eine völlige; dem Jugendkleid folgen die einheitlichen Jahreskleider. Genau so verhalten sich die Tauben und, unter den Öscines, die scharf umgrenzten Familien der Alau- didae und Hirundinidae. Diese Beispiele sind geeignet, uns Vertrauen zur taxono- mischen Bedeutsamkeit der Mauserstudien einzuflöfsen. Aber dieses Vertrauen wird arg erschüttert, wenn wir uns unter den Oscines weiter umsehen, Unter den Schmätzern mausert Oenanthe hispanica und Sazicola rubicola nur einmal, hingegen Oenanthe oenanthe und Sazxixola rubetra zweimal im Jahr. Unser Zeisig, Spinus spinus, trägt nach der Jugendmauser eine Folge von Jahreskleidern, der nordamerikanische Spinus tristis dagegen eine Folge von Ruhe- und Brutkleidern. Alle eurasischen Pieper, UT en a 104 Bericht tiber die Jahresversammlung im Oktober 1920. die ich bisher untersuchte, mausern zweimal im Jahre; bei den neotropischen Anthus-Arten jedoch konnte ich kein Anzeichen einer doppelten Mauser feststellen. Ich könnte diese Beispiele beträchtlich vermehren. Bei ihnen allen handelt es sich um den Gegensatz zwischen einmaliger und doppelter Mauser, der, wie wir daraus lernen, für die Erkenntnis der natürlichen Verwandt- schaft von keinerlei Belang ist. Wir dürfen daraus ableiten, dafs äufsere Einflüsse eine doppelt mausernde Art zur Aufgabe ihrer Ruhemauser (in der gemälsigten Zone —= „Winter“- oder „Frühjahrsmauser“) veranlassen können. WelcheFaktoren sind da- bei wirksam? Wenn wir feststellen, dafs die Mönchsgrasmücke, die in unseren Breiten nistet, in der Regel eine teilweise Ruhemauser im Winterquartier durchmacht, dafs diese Mauser dagegen von den auf Korsika brütenden und den Winter über in der Brutheimat ausharrenden Mönchsgrasmücken unterdrückt wird, so wird sich uns die Vermutung aufdrängen, dafs Beziehungen zwischen Zug und Mauser bestehen. Andere Beispiele scheinen diese Annahme zu bestätigen. Die Blaudrossel, ein Standvogel, mausert nur einmal, die Steindrossel, ein Zugvogel, dagegen zweimal im Jahre. Unter den europäischen Ammern besitzen nur die Kappen- ammer und der Ortolan eine das ganze Kleingefieder befallende Ruhemauser, und diese beiden Arten sind die einzigen ausge- sprochenen Zugvögel unter den europäischen Vertretern der Gattung Emberiza. Mag also unsere oben geäulfserte Vermutung für diese Fälle Gültigkeit besitzen — viele andere verlangen eine andere Erklärung. Sowohl unter den tropischen, wie unter den paläarktischen Standvögeln gibt es ein- und zweimal mausernde Arten; und im Widerspruch mit unserer Theorie mausert eine ganze Anzahl ausgesprochener Zugvögel, wie der Pirol, die Schwalben, der Karmingimpel nur einmal. Vererbung und Anpassung scheinen also hier im Kampfe zu liegen, und in einigen Gruppen (Alaudidae, die europäischen Motacillidae) der erste Faktor, in anderen (die Schmätzer, Emberiza) der zweite die Oberhand erlangt zu haben. Zuweilen haben sich als offenbare Folge dieses Widerstreites Mittelstufen zwischen normaler, das ganze Kleingefieder betreffender Ruhemauser, und völliger Unter- drückung derselben ergeben. Solche beschränkte Ruhemauser ist von grofsem theoretischen Interesse, denn sie ergreift oft nur diejenigen Federn, die den schönsten Schmuck des Gefieders bilden. Das Blaukehlchen legt vor der Brutzeit das blaue Hals- schild an, ohne andere Federn zu erneuern; nach Witherby wechseln sowohl die männliche Rohrammer wie Oenanthe pleschanka im Frühjahr die schwarzen Zügel-, Kinn- und Kehlfedern, während die schwach pigmentierten Gefiederelemente in dieser Jahreszeit unvermausert bleiben. Unsere Hoffnung, innerhalb eines engeren Verwandtschafts- kreises durch Trennung der einmal mausernden Arten von den doppelt mausernden die natürlichen Beziehungen der Arten zur Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 105 Darstellung bringen zu können, war also trügerich. Als wert- volleres Hilfsmittel erweist sicb das Mauserstudium, sofern es sich mit der Festellung des Umfanges der Jugendmauser be- fafst. Der Unterschied zwischen völliger und teilweiser Jugend- mauser ist ein fundamentaler. Sehen wir uns eine junge Drossel, eine junge Grasmücke oder Tannenmeise an und vergleichen wir sie mit einem alten Individuum derselben Art, so werden wir keinen deutlichen Unterschied in Bau und Färbung des Flügels und Schwanzes bemerken, denn wir haben es hier mit Arten zu tun, die bei der Jugendmauser nur das Kleingefieder erneuern. Stellen wir da- gegen denselben Vergleich beim Feldsperling, beim Star, bei den Lerchen, den europäischen Spechten, der Schwanzmeise an, so werden wir überfascht durch die zutagetretenden Verschiedenheiten. Nicht nur, dafs das Grofsgefieder des jungen Vogels zumeist anders gefärbt und kürzer ist als das des alten — auch das Schwingenverhältnis, die Flügel- und Schwanzformel weicht in vielen Fällen ab und entspricht dann beim jungen Vogel, im Einklang mit der biogenetischen Regel, primitiveren Verhältnissen. Hier liegt das echte Jugendgrofsgefieder vor, das bei der Jugend- mauser erneuer wird und in der ersterwähnten Gruppe nicht mehr zur Anlage gelangt, hier vielmehr sogleich durch das definitive Grofsgefieder ersetzt wird. Was uns am meisten am echten Jugendflügel auffällt, ist die in sehr vielen Fällen verhältnismäfsig bedeutende Länge der äufsersten, sog. ersten (besser zehnten) Handschwinge, der- jenigen Schwinge also, die bei den FPico-Passeres zur Ver- kümmerung neigt. Sie übertrifft die Länge ihrer Nachfolgerin öft beträchtlich, so bei manchen Spechten, Lerchen, der Bart- meisen, ganz besonders aber beim Wendehals, wo sie mehr als 3 mal so lang ist als diese. Neben Verschiedenheiten der Länge sind solche der Form bemerkenswert. VölligeJugendmauserer sind alle Alaudidae und Hirundinidde. In diesen morphologisch scharf umrissenen Familien habe ich keine Ausnahme finden können. Unter den Fringillidae gehören nur wenige Arten hierher. Dies sind einmal alle altweltlichen Sperlinge (über Sycalis habe ich mir kein Urteil bilden können), also die Gattungeu Passer, Fetronia, Gymnoris Auripasser etc. Sie dürfen wohl den Rang einer Unterfamilie der Fringillidae beanspruchen. Auch die Schneefinken, Montifrin- gilla (mit der Untergattung Leucosticie), sind Jugend-Vollmauserer, unterscheiden sich also scharf von der Gattung Fringilla, mit der sie wohl nicht näher als mit anderen Finkengattungen ver- wandt sind. Weiter ist zu erwähnen der Kardinal, Cardinalis cardinalis, und die Grauammer. Letzte weicht durch ihre völlige Jugendmauser von allen Ammern ab, die ich bisher untersuchen konnte. Ich glaube daher Ursache zu haben, für sie den früher gebräuchlichen Gattungsnamen Miliaria wieder einzuführen. 106 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. Alle Corvidae sind, soweit mir bekannt, Jugend-Teilmauserer. Die australische Gattung Gymnorhina, die von einigen Autoren zu den Raben gestellt wird, ist dagegen Jugend-Vollmauserer und gibt dadurch zu erkennen, dafs sie wohl kaum mit Recht in jenen Verwandtschaftskreis gestellt worden ist. Die Siurnidae verhalten sich verschieden. Die einen, wie Gracula und Aplonis, schliefsen sich durch ihre Jugendteilmauser den Corvidae, andere hingegen wie Siurnus, Pastor, Sturnopastor und Sturnia durch ihre Jugendvoll- mauser den von mir bisher untersuchten Paradisaeidae an. Die Gattungen, welche man gewöhnlich in der Fam. Paridae vereinigt, sind gröfstenteils Jugend-Teilmauserer; nichtso dieSchwanzmeisen und die Bartmeisen, welche durch das gemeinsame Merkmal der völligen Jugendmauser mit einander und wahrscheinlich auch mit Suthora und Paradoxornis, über deren Mauserverhältnisse mir leider noch nichts bekannt ist, verknüpft werden. Die bisherige Ausbeute an taxonomisch verwertbaren Er- gebnissen des Mauserstudiums ist noch sehr klein. Dies ist jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Natur der Sache, sondern in dem Umstand begründet, dafs sich unsere Kenntnis bisher fast ausschliefslich auf die europäischen und nordamerikanischen Arten beschränkt. Eine vornehme Aufgabe des Systematikers wird in Zukunft darin bestehen, die Mauser- verhältnisse der fern von den Kulturländern beheimateten Arten klarzustellen. Erst wenn grolfse Verwandschaftsgruppen nach dieser Richtung hin bearbeitet worden sind, wird die wissen- schaftliche Bedeutsamkeit der Mauserforschung in aller Schärfe hervortreten, und aus den Ergebnissen wird nicht nur die Systematik, sondern auch die Biologie manche Anregung schöpfen. Herr Heinroth bemerkt hierzu, dafs auch die Mauser der oberen grofsen Armdecken vielleicht von systematischer Be- deutung sein könne. Manche Singvögel wechseln sie in der Jugendmauser völlig, manche nur die inneren und manche endlich gar nicht. Auffallenderweise ist das erstere bei der Nebelkrähe, das letztere beim Kolkraben der Falle Die Rohrsänger verhalten sich in ihrer Jugendmauser dadurch sehr verschieden, dafs der Drosselrohrsänger und wahrscheinlich auch der Teichrohrsänger das Jugendkleid schon nach wenigen Wochen ablegen, während Binsen- und Schilfrohrsänger sowie der Gelbspötter und der Heuschrecken-Schwirl es bis zum Winter behalten. Durch Heraus- gabe einer photograph. Bilderreihe erläutert er die von ihm durch 2 Jahre beobachtete Winter Ruhe-Teilmauser eines Ortolanpaares. Herr Poll, als Gast, spricht über das Geschlechts- verhältnis der Vogelmischlinge. (Wird besonders abgedruckt.) Herr v. Lucanus hält einen längeren Vortrag über das Orientierungsvermögen der Vögel wie folgt: „Wie findet der Zugvogel den Weg in die Winterherberge, die unter Umständen viele Tausend Kilometer von seiner Heimat Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 107 entfernt ist? Wer sagt ihm, wo dieselbe liegt, und welchen Weg er einzuschlagen hat? Dies ist wohl die schwierigste Frage im Problem des Vogelzuges, die den Ornithologen schon viel Kopfzerbrechen gemacht hat. Die Annahme Palmens und Weilsmanns, dafs die Zugwege traditionell erhalten werden, indem die alten Vögel die jungen führen, und so die Kenntnis der Zugstrafsen von Generation auf Generation übertragen wird, pafst lediglich für solche Vogelarten, . bei denen Alte und Junge gemeinsam wandern, dagegen nicht bei den Arten, die einzeln ziehen, oder wenn auf dem Zuge eine Trennung nach dem Alter stattfindet. — ‘ Die Theorie, dafs die zunehmende Wärme den Vogel im Herbst in das südlich gelegene Winterquartier führt, scheitert daran, dafs nach dem Verlauf der Jahresisothermen in Europa die Wärme nicht nur von Norden nach Süden, sondern auch von Osten nach Westen und ebenso nach Südosten zunimmt. Die Wärme schreibt also dem Vogel keine bestimmte Richtung vor. — Nach einer anderen Auffassung sollen sich die Vögel von den Windströmungen leiten lassen. Im Herbst sollen es die vor- herrschend nördlichen Winde, im Frühjahr die südlichen Winde sein, denen sich der Zugvogel anvertraut. Die Jahresberichte der Vogelwarte Rossitten zeigen aber zur Genüge, dafs der Wind keinen entscheidenden Einfluls auf den Zug ausübt, denn dieser erfolgt ebenso gegen den Wind, wie mit dem Winde. Nach Marek sollen die Vögel den barometrischen Depres- sionen folgen, indem sie aus einem Hochdruckgebiet nach einem Gebiet mit niedrigem Luftdruck ziehen. Die Lage und der Verlauf der barometrischen Maxima und Minima ist aber so ver- schieden und wechselvoll, dafs dadurch die Richtung des Zuges, besonders in den einzelnen Zugperioden, beständige Schwankungen zeigen mülste und niemals jene Gleichmälsigkeit in den Zugbe- wegungen vorhanden sein könnte, die uns bei vielen Vogelarten, wie z. B. beim weifsen Storch, so auffällt. Wenn die Zugrichtung durch meteorologische Verhältnisse bestimmt würde, so mülsten alle Vögel aus demselben Brutgebiet bei gleicher Aufbruchszeit stets dieselbe Richtung einschlagen, was aber, wie der Ringversuch lehrt, durchaus nicht der Fall ist. — Middendorf legt den Vögeln einen magnetischen Sinn zu der sie im Frühjahr nach Norden führen soll. Diese Hypothese bezieht sich lediglich auf den Frühjahrszug und nicht auf den Herbstzug, wo sich die Vögel ja gerade vom magnetischen Pol entfernen. Aufserdem wissen wir wieder durch die Vogelberingung, dafs die Richtung des Frühjahrszuges keineswegs ausschliefslich von Süden nach Norden verläuft, sondern ebenso gut auch von Westen nach Osten und umgekehrt. — 108 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. Dewitz nimmt auf Grund eines umfangreichen statistischen Materials an, dafs die Zugvögel ein angeborenes Gefühl für die 4 Haupthimmelsrichtungen (N, S, W, O) haben und meint, dafs sich hierdurch die Vögel auf ihren Wanderungen orientieren. Für diese Theorie spricht das Verhalten eines in Gefangenschaft jung aufgezogenen Storches, der im Oktober seinem Besitzer in Ungarn entfloh. Der durch einen Ring kenntlich gemachte Vogel wurde dann im Winter in Italien erlegt. Italien liegt nun nicht auf der Zugstrafse der ungarischen Störche, die über den Balkan, Kleinasien und Palästina nach Afrika führt. Wenn dieser Storch auch nicht imstande gewesen war, ohne Führung der Alten den richtigen Zugweg zu finden, so ist es doch sehr auffallend, dafs er ganz zweckmälsig eine südliche Richtung eingeschlagen hatte, die ihn in ein zum Überwintern geignetes Land führte. So lälst sich der Zug dieses Storches vielleicht auf eine angeborene Em- pfindung für die südliche Richtung zurückführen. Die Dewitz’sche Hypothese, dafs die Zugvögel ein angeborenes Gefühl für die Haupthimmelsrichtungen besitzen, ist also nicht von der Hand zu weisen und verdient beachtet und weiter geprüft zu werden. Ein Vogel, dessen Orientierungssinn besondere Berühmtheit erlangt hat, ist bekanntlich die Brieftaube. Die Brieftaube ist freilich nicht imstande, aus jeder unbekannten Richtung ohne weiteres nach Haus zu fliegen, sondern nur aus der Richtung, für die sie besonders geschult und eingeflogen ist. Mit Hilfe erworbener Erinnerungsbilder findet sie sich in die Heimat zurück. Beim jungen Zugvogel, der die Reise ins Winterquartier zum ersten Male ausführt, liegen die Verhältnisse aber ganz anders. Er legt einen Weg zurück, den er gar nicht kennt und fliegt einem Ziele zu, das ihm ebenso wenig bekannt ist. Hieraus geht hervor, dafs die Orientierung der Zugvögel eine ganz andere sein muls, als die der Brieftauben, und man darf daher die Flüge der Brieftauben und die Reisen der Zugvögel nicht mit einander vergleichen. Das Seelenleben des Vogels wird ja in erster Linie von den Instinkten, d. h. den angeborenen Trieben beherrscht, die die Handlungsweisen des Vogels ganz maschinenmäfsig gestalten. Der im Zimmer erzogene Star zirkelt die Ritzen der Dielen genau so ab, wie der freilebende Vogel die Rasenfläche, der von Menschenhand erzogene Kleiber sammelt im Herbst in der Ge- fangenschaft ebenfalls Vorräte ein, obwohl er nichts von einer Wintersnot weils, noch von anderen Vögeln eine Anleitung hier- zu erhalten hat, und der junge Würger, der im Käfig aufwuchs, übt sich fleifsig im Aufspiefsen der Nahrung, obwohl er es nie- mals von seinen Eltern gesehen hat. In allen diesen Fällen, die sich noch in beliebiger Anzahl vermehren liefsen, kann der Vogel von dem eigentlichen Zweck seines Tun und Treibens gar keine Vorstellung haben, da er die Freiheit und die An- forderungen, die das Leben hier stellt, ja gar nicht kennt. Es „a ne N ji A Bericht tiber die Jahresversammlung im Oktober 1920. 109 muls sich also um einen angeborenen, rein maschinenmäßig zur Geltung kommenden Trieb handeln, der das Verhalten des Vogels bedingt. Wir sehen hieraus, eine wie geringe Bedeutung für das Leben des Vogels die Tradition hat und eine wie grolse Rolle dagegen die Vererbung spielt. Da der Fortzug vieler Vögel bereits im Hochsommer be- ginnt, also zu einer Zeit, wo sich weder Nahrungsmangel, noch ungünstige Witterung fühlbar machen, da ferner der Zugvogel in der Gefangenschaft während der Zugzeit stets eine grolse Un- ruhe an den Tag legt, so geht daraus hervor, dafs auch die Eigenschaft des Ziehens in der Hauptsache auf einem angeborenen Trieb beruht, der im Innern des Vogelkörpers periodisch er- wacht und den Zug automatisch auslöst. Wir sehen also, dafs das Wesen des Zuges in der Hauptsache eine rein mechanische Handlungsweise ist, deren Zweck der Vogel selbst gar nicht weils. Es liegt daher nahe, auch das Pfadfinden des Zugvogels auf einen ererbten Instinkt zurückzuführen, und man kann daher annehmen, dafs mit der Eigenschaft des Ziehens auch die zweck- mäfsige Richtung des Zuges dem Vogel angeboren ist, was viel- leicht mit einer automatischen Empfindung für die Kardinalpunkte der Windrose, wie es Dewitz annimmt, zusammenhängen mag. Die Annahme der Erblichkeit der Zugrichtung mag vielleicht auf den ersten Blick seltsam anmuten, ganz von der Hand zu weisen ist sie jedoch nicht, wenn man die grofse Bedeutung der angeborenen Triebe im Seelenleben des Vogels berücksichtigt. Ist doch sogar die Technik des Nestbaues dem Vogel angeboren, die er rein mechanisch nach bestimmten, ererbten Grundsätzen ausführt. Wenn das junge Schwanzmeisen- oder Zaunkönigpaar “ zum ersten Male zur Brut schreitet, so baut es dasselbe kunst- volle Nest wie die Eltern, ohne jemals in der Technik des Nest- baues unterrichtet zu sein oder auch nur die geringste Kenntnis von physikalischen oder mathematischen Begriffen zu besitzen. Wir Menschen können uns freilich überhaupt nicht vorstellen, dafs die Technik eines Handwerks, z. B. die Herstellung einer Uhr oder einer Maschine, uns angeboren sein könnte, für den Vogel sind aber ähnliche Dinge etwas ganz selbstverständliches, wie uns der automatische Nestbau zeigt. Es ist daher nicht unberechtigt, auch von einer Erblichkeit der Zugrichtung zu sprechen. Bei dem oben erwähnten Storch, der aus der Ge- fangenschaft entfloh und nach Italien flog, kann man vielleicht diesen südlichen Zug auf eine angeerbte südliche Zugrichtung zurückführen. Wie weit die Fähigkeit der Zugvögel, automatisch einer bestimmten Richtung zu folgen, gehen mag, läfst sich vorläufig noch nicht sagen. Für jenen Storch läfst sich zunächst nur ein Gefühl für die allgemein südliche Richtung nachweisen, die aber andererseits noch nicht genügte, um ihn die richtige Storchzug- stralse, die über Kleinasien und Palästina führt, finden zu lassen. 110 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. Für das Auffinden einer komplizierten Zugrichtung, die mehrfach abändert, scheint also aufser einem angeborenen Gefühl für eine bestimmte Himmelsrichtung auch noch die Tradition erforderlich zu sein. Sie kann natürlich nur für solehe Vögel in Frage kommen, die gesellig ziehen. Bei den einsam wandernden Vögeln müssen noch andere Momente hinzukommen, denn man kann unmöglich annehmen, dafs ein Zugvogel auf Grund reiner Vererbung erst einige Hundert Kilometer in einer bestimmten Ricktung fliegt, dann ebenfalls auf Grund von Vererbung diese Richtung plötzlich ändert, um sie nach einiger Zeit abermals zu ändern. Hier müssen noch irgend welche Reize von aufsen dazu kommen, die diese Änderungen des Weges veranlassen, denn wir dürfen nicht aufser Acht lassen, dafs alle automatischen Be- wegungen Reaktionen auf Reize darstellen. Ein Teil dieser Reize "kann freilich aus dem Körper selbst stammen. Es kann also das Innehalten einer allgemeinen Richtung sehr gut angeboren sein.. Um aber einen komplizierten Weg zurückzulegen, der mehrfach abändert, dafür genügt die Vererbung allein nicht. Wir müssen also im Orientierungsvermögen der Zugvögel eine doppelte Art unterscheiden, nämlich die grobe und die feine Orientierung. Die grobe Orientierung ist die angeerbte Fähigkeit, einer allgemeinen Richtung zu folgen, also z. B. im Herbst nach Süden oder Westen zu fliegen, die feine Orientierung dagegen kann nur auf äufseren Reizen beruhen. Der Ringversuch hat uns gelehrt, dafs folgende 3 grolfse Zugstrafsen durch Europa führen: 1. Aus dem nördlichen Osteuropa längs der Küsten der Ost- und Nordsee, durch das Gebiet des Ärmelmeeres, längs der Westküste Frankreichs nach Spanien und Afrika. 2. Aus Osteuropa an den Küsten der Adria entlang über Si- cilien nach Tunis. 3. Aus Osteuropa durch die Poebene über den Löwengolf nach Spanien und Afrika. Alle drei Wege führen an Meeresküsten entlang. Man kann daher annehmen, dafs hier die feine Orientierung durch die Wasserkanten gegeben wird, während die allgemeine Richtung durch den angeborenen Richtsinn festgelegt ist. Andere Vögel, die auf dem Zuge nicht den Wasserkanten folgen, sondern quer durch das Binfenland wandern, halten viel- leicht keine bestimmten, enger begrenzten Zugwege inne, sondern zerstreuen sich weit über das Festland, indem sie lediglich der allgemeinen Richtung, die ein angeborenes Gefühl ihnen vor- schreibt, folgen. Automatisch fliegt der Vogel in dieser Richtung und er zieht solange, als der Zugtrieb in ihm rege ist. . Erlischt dieser, dann stellt der Vogel seine Wanderung ein und verharrt an der betreffenden Örtlichkeit, bis im Frühjahr der Zugtrieb von neuem erwacht und ihn zur Heimreise forttreibt. — Be 2 Bericht über die Jahresversammlung im Oktober 1920. 11i Wenn wir in dem Wesen des Vogelzuges hauptsächlich eine automatische Seelenfunktion erblicken, so wird damit auch die schwierige Frage, wie der junge Vogel die weit entfernte, ihm unbekannte Winterherberge findet, von selbst gelöst. Der Vogel strebt überhaupt nicht einem bestimmten Ziel zu, sondern das Ziel der Reise ergibt sich aus dem’ Aufhören des Zugtriebes von selbst. Hierdurch läflst es sich auch erklären, weshalb manche Vögel ihre herbstlichen Wanderungen soweit ausdehnen und beispielsweise bis ins südliche Afrika ziehen, während sie doch ebenso gut in den Mittelmeerländern überwintern könnten. Die Ursache dieser Erscheinung liegt lediglich in dem stark ent- wickelten Zugtriebe. So kommen wir in dem Problem des Vogelzuges immer wieder in das Reich des Unbewufsten zurück, dem offenbar auch das Pfadfinden des Zugvogels angehört.“ Hieran schliefst sich ein allgemeiner Meinungsaustausch über das Orientierungsvermögen der Tiere überhaupt, wobei die ver- schiedensten Ansichten laut werden. Herr Heinroth weist dabei darauf hin, dafs die Versuche mit Brieftauben, Bienen und anderen Tieren sehr häufig mit grofsen Mifserfolgen enden. Für gewöhnlich erfährt man aber nur die Zahl der zurückgekommenen, nicht aber die der verirrten Tiere. Auch über die Entstehung der Zugstrafsen, die als die Einwanderungswege der betreffenden Arten aufzufassen sein sollen, ergeben sich verschiedene Meinungen, Herr v. Berlepsch regt hierauf die Frage an, in wiefern den Vögeln ein Geruchsvermögen zugesprochen werden könne. Nach der zum Teil sehr begründeten Ansicht der meisten An- wesenden spielt der Geruch für die meisten Vögel mit Ausnahme der Kiwis offenbar keine wesentliche Rolle, und zum mindesten sicher wohl nicht beim Auffinden der Nahrung, wie viele Ver- suche ergeben haben. Nach Schlufs der Vorträge führten die Herren Reiche- now und Hesse die Anwesenden durch die neuen Räume des Museums und zeigten insbesondere drei sehr schön ausgeführte, . das Tierleben der Hochalpen, die ausgestorbenen Tiere der Schweiz und das Vogelleben Islands darstellende Dioramen sowie eine Anzahl biologischer Vogelgruppen, einheimische Vögel mit ihren Nestern. Gegen !/,2 Uhr fand der Schlufs der Sitzung statt. Am Nachmittag trafen sich die Teilnehmer in der Wohnung des Herrn Heck im Zoolog. Garten zur Besichtigung seiner Vogel- bildersammlung, worunter sich sehr interessante Originale von Job. Fr. Naumann, Sturm und vielen anderen befanden. Im Anschlufs hieran begab man sich zu einem gemeinsamen sehr gutbesuchten Bierabend im Pschorrbräu gegenüber der Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche, wo ein reger Meinungsaustausch die Anwesenden noch lange vereinte. O. Heinroth, 112 Bericht über die November-Sitzung. Verhandelt Berlin, Montag, den 1. November 1920, im Konferenzzimmer der Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invaliden-Strafse 42. Anwesend 17 Mitglieder, 9 Gäste. Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Herr Reichenow legt die eingegangenen Bücher und Zeitschriften vor. Herr Heinroth spricht hierauf über die Schwingenmauser namentlich der jugendlichen Hühnervögel. Er gibt zunächst eine Übersicht über den Verlauf der Schwingenmauser dieser Vogel- gruppe sowohl bei alten wie bei jungen Tieren. Für einige Arten, namentlich für Rebhuhn und Rothuhn, war bisher als sicher fest- gestellt, dafs die äufsersten beiden Handschwingen bei der Jugendmauser nicht gewechselt werden. Nach Untersuchungen an Bälgen ist dies bei Auer-, Birk- und Haselhuhn, bei Pier- nistes infuscatus und Francolinus hildebrandti ebenso der Fall. An einer lebenden Schopfwachtel konnte das gleiche beobachtet werden. Ein Balg von Pi. cranchi zeigt ein abweichendes Ver- halten, ebenso der Pfau, wenigstens die jungen Pavo muticus- Kreuzungen. Bei diesen werden auch die beiden äufsersten Handschwingen mit gewechselt und zugleich setzt eine zweite Mauser der inneren ein. Auch das Haushuhn erneuert in der Jugendmauser alle Schwingen, also auch die äufsersten. Beim Hausperlhuhn werden die äufsersten Schwingen manchmal ge- wechselt, manchmal nicht, zugleich tritt im Winter, im Alter von einem halben Jahre, bereits eine neue, von der innersten Hand- schwinge ausgehende zweite Mauser ein. Für alle Hühnervögel scheint der Satz zu gelten, dafs die äufsersten beiden Handschwingen (bei vielen Formen auch noch die dritte) im Erstlingsflügel noch nicht vorhanden sind, ebenso die beiden äufsersten Armschwingen. Auch die Megapodiüidae machen keine Ausnahme Für die Tinamiformes gilt dieses Verhalten nicht, ihr Flügel entwickelt. sich genau ebenso wie der aller anderen Vögel. Der Vortragende gibt der Vermutung Ausdruck, dafs durch Vergleich der Jugendschwingenmauser der verschiedenen Hühnervögelgruppen untereinander Anhaltspunkte für ihre Blutsverwandtschaft gewonnen werden können. Merk- würdig ist, dafs die beiden äufsersten Handschwingen in ihrer Farbe gleich von Anfang an den übrigen 8 im vermauserten Zu- stande entsprechen, d. h. also: ein Schneehuhn hat einen braunen Erstlingsflügel, die beiden äufsersten erst später dazu kommenden Handschwingen sind dagegen von Anfang an weils, während die übrigen weifs nachwachsen. Dasselbe gilt für die beiden äufsersten Armschwingen. Ferner legt Herr Heinroth einige Jugendspechtflügel vor, die das für diese Gruppe bezeichnende Verhalten der beiden innersten Handschwingen darstellen, und Bericht über die November-Sitzung. 113 zeigt an einem Präparat eines Pfautaubenschwanzes die merk- würdigen Federverdoppelungen, die bei der hohen Federzahl dieses eigenartigen Gebildes eintreten. Ferner gibt Herr Heinroth als Ergänzung zu seiner in der Festschrift des Journals für Ornithologie 1917 erschienen Arbeit „Beziehungen von Jahreszeit, Alter und Geschlecht zum Feder- wechsel“ einige Nachträge, die hier kurz aufgezählt werden sollen. Kiebitz mit 1/, Jahr Kleingefiederjugendmauser, hierauf Sommer- vollmauser und Winterteilmauser usw. Grolstrappe mit 2 Monaten flugfähig, mausert mit 4 Monaten. Wasserralle: mit 28 Tagen Beginn der Jugendteilmauser, erstreckt sich auf das gesamte Kleingefieder mit Ausnahme der Flügel. Dauer 50 Tage, dann Vollmauser im Sommer. (Von Noll-Tobler: Ortyg. pusilla Jugendmauser zu Weihnachten, alles aufser Schwanzfedern. O. porzana bis Januar keine Jugendmauser. Orex crex Mitte Juli Vollmauser der Alten, Februar-März Teilmauser.) Nachtreiher: mit 7 Monaten Mauser des Kleingefieders und der inneren Arm- decken, Oberseite ungefleckt, Unterseite ähnlich Jugendkleid. Eulen: Jugendfrühmauser - Teilmauser, auch grofse Armdecken. Kolkrabe: 8 Wochen Jugendmauser-Teilmauser, Kleingefieder mit Ausnahme des Flügels. Nach 13 Wochen fertig. Nebel« krähe: Auch Flügel-Kleingefiedermauser einschliefslich der grofsen Armdecken. Zaunkönig: Jugendfrühmauser - Teilmauser, ein- schliefsliich Schwanz und äufsere Armdecken, die dann im Gegensatz zum Jugendkleid weifse Punkte erhalten. Turmfalk: Ein junges Weibchen mauserte das Kleingefieder im Januar; ein Männchen nicht, Vollmauser von Ende Mai ab. Sperber: Das sogen, 2. Daunenkleid (Pelzdaunen) wird beim Flüggewerden -und kurz nachher vermausert im Gegensatz zu den meisten anderen Raubvögeln. Die grofsen Armdecken werden bei der Jugendmauser beim Goldhähnchen und der Gebirgstelze nicht gewechselt, dagegen beim schwarzkehligen Wiesenschmätzer, Rotkehlchen und ähnlichen, bei anderen Vögeln wenigstens die inneren. Junge aufgezogene Gebirgstelzen mauserten in der Jugendmauser die Schwanzfedern nicht, dagegen die inneren Ellenbogenfedern. Fulica: mit 6 Wochen Beginn der Jugendteil- mauser, wobei die letzten Jugendfedern zumteil noch nicht er- wachsen sind. Tauben: Sämtlich Jugendvollmauserer. C. pa- lumbus: innerste Handschwingen und Kleingefieder beginnen mit 11), Monat, letzte Handschwingen fallen mit 51/, Monaten. C. oenas: erste Handschwingen mit 12/ „Monat, letzte mit 6 Mo- naten. O©. livia: Erste Handschwingen mit 11/, Monat letzte erst zum Frühjahr hin. Der Pirol mausert sein eigentümtich kurzes und wolliges Jugendkleingefieder im Alter von 3 Wochen ab, in der Farbe verändert er sich dabei nicht. Rotschenkel: Gegen 4 Monate Beginn der Jugendteilmauser, das distale Flügelklein- gefieder bleibt dabei stehen. 2 Monate später neue Kleingefieder- mauser, dann ab Januar 3. (Noll-Tobler: Brachvogel, Numenius Journ, f. Orn, LXIX, Jahrg. Januar 1921, 8 114 Bericht über die November-Sitzung. arquatus Jugendteilmauser Januar-Februar.) Bei einem aus dem Ei aufgezogenen Mandschurenkranich, Grus japonensis, wurde das Kleingefieder langsam im Laufe des zweiten halben Jahres ge- wechselt. Die Schwingen bleiben anscheinend 2 Jahre stehen, überhaupt scheint es, als wenn auch die alten Kraniche nicht jedes Jahr die Schwingen wechseln. Herr Bla au w hat beiseinen Kranichen ähnliches beobachtet. Der nackte Kopf erscheint erst im 2. Jahr. Herr Hesse zeigt einen von einem rotrückigen Würger in eine Astgabel eingeklemmten Wiesenpieper. Es ist dies der erste von L. collurio gespiefste Vogel, den Herr Hesse gefunden hat. Ferner zeigt er ein von 1856 stammendes Buchfinkennest, dessen’ Aufsenbau nicht wie üblich aus Flechten sondern aus Schlupf- wespencocons besteht. Er macht dann noch die Mitteilnng, dafs er am 24. Oktober, nach bereits längere Zeit dauerndem Frost den Hausrotschwanz beobachtet habe. Es scheint also, dafs auch dieser Vogel sich nicht nach dem Wetter, sondern nur da- nach richtet, wenn seine Zugzeit eingetreten ist. Herr Reiche- now bemerkt hierzu, dafs auch eine Beobachtung vorliege, dafs der Neuntöter einen jungen Buchfinken aufgespiefst habe. Herr Wendehorst macht hierauf ausführliche Mitteilungen über die Vogelschutzkolonien auf den Friesischen Inseln, er selbst war dort als Bauführer für die Küstenbefestigung tätig. Es hat sich ergeben, dafs durch das Vorhandensein vieler Vögel und die dadurch entstehende Düngung des Bodens dem Pflanzenwuchs auf das Beste Vorscbub geleistet wird, so dafs ein künstliches Festlegen des Dünensandes dann nichtmehr erforderlich ist. Darauf- hin bat sich die Wasserbauverwaltung sehr für den Vogelschutz interessiert und es ermöglicht, dafs die Kolonien unter wirksamen bewaffneten Schutz gestellt werden konnten. Während 1919 durch böswillige Eierräubereien in manchen Brutstätten über- haupt kaum Junge aufkamen oder grofs geworden sind, haben sich 1920 die Verhältnisse sehr gebessert. Auf dem Memmert brüteten etwa 4000 Silbermöwenpaare mit bestem Erfolg, Sterna cantiaca in 420 Paaren, &t. hirundo und macrura in etwa zu- sammen 2000 Paaren, wobei die letzterwähnte Art merkwürdiger- weiseüberwog. Siebrütete auch auf Baltrum. Die Zwergseeschwalbe hatte auf dem Memmert nur 32 Nester, deren Inhalt aber sämtlich grofs geworden worden ist. JZadorna war dort mit 40 bis 50 Paaren zu verzeichnen, auf Juist brachten sie 24 Gelege aus. In Norderney ist kaum ein Gelege ausgekommen, denn dort ist alles von unbefugter Hand ausgenommen und zerstört worden. Aufser 300 bis 400 Paaren $£. hirundo mit etwa 4, macrura und 60 Zwergseeschwalbenpaaren haben auf Baltrum 2 Paar Wiesenweihen, die übrigens fast ausschliefslich von Feld- mäusen lebten, ihre Jungen grofs gebracht. Auf Langerog waren bis dahin alle Eier weggeholt worden, dann aber wurden 8000 junge Silbermöwen groß. Merkwürdigerweise lebte diese Art Bericht über die Dezember-Sitzung. 11& eine Zeit lang von winzigen Rüsselkäfern. Ferner brüteten 8 Paar Sturmmöwen, 30 Paar Austernfischer, 12 Paar Brand- gänse und einige Paar Rebbühner sowie verschiedene Kampf- läufer dort. 6 junge Kuckucke, davon 5 in Wiesenpiepernestern, - wurden beobachtet. Die Kuckuckseier ähnelten den Eiern der Wiesenpieper nicht. Der Kuckuck ist der Hauptbekämpfer der Raupenplage des Sanddorns. Ferner berichtete der Vor- tragende noch über manche Einzelbeobachtungen. So fand sich ein Piepernest mit jungem Kuckuck am Rande eines Silbermöwen-Nestes. Die Möwen hatten also offenbar von dem Fortpflanzungsgeschäft dieser Kleinvögel keine Notiz genommen. Zwergseeschwalben fütterten ihnen untergeschobene junge Flufs- seeschwalben ohne Bedenken auf. Der Star brütet regelmälsig zweimal, manchmal sogar in einem Ofenrohr. Die weilse Bach- stelze legt ihr Nest häufig in Ermanglung eines besseren am Boden an und benutzt dazu zufällig daliegende Geschofskörbe. O. Heinroth, Bericht über die Dezember-Sitzung. Verhandelt: Berlin, Montag, d. 6. Dez. 1920, abends 7 Uhr, im Konferenzzimmer der Landwirtschaftlichen Hochschule, In- validenstr. 42, Anwesend 20 Mitglieder und 8 Gäste. Zur Verlesung des Sitzungsberichts vom November bemerkt Herr Weigold, dafs auch in diesem Jahre Sterna hirundo auf dem Memmert häufiger als macrura gewesen ist, wie er aus der ‘anatomischen Untersuchung dort aufgefundener toter Stücke schliefst; er hat diese Insel im Wasserflugzeug besucht. Herr Reichenow bespricht die eingegangenen Bücher und Zeitschriften und hält dann einen Vortrag über deutsche beste nnter Vorlage der wichtigsten in Betracht kommenden rten. Herr Heinroth bemerkt hierzu, dafs die aus dem Süd- osten erscheinenden Irrgäste wohl meistens im Frühjahr und Sommer hier erscheinen, was dafür spricht, dafs die Tiere über ihr Ziel hinausgezogen sind. Es handelt sich vielleicht um Stücke, deren Zuginstinkt zu lange angehalten und so die Weiter- reise bewirkt hat. Ferner weist er darauf hin, dals der Jungfern- kranich vor dem Kriege jährlich zu hunderten als Parkvogel ein- geführt worden ist, sodafs die Vermutung naheliegt, dafs hier Stücke entflogen sind. Wasden einspiegelligen Raubwürger betrifft, so erwies sich ein Nestjunges, das er aus der Umgebung von Hamburg erhalten hatte, als solcher. Sazxicola leucorrhoa kann wohl nicht unter die Irrgäste gezählt werden, denn er erscheint im Herbst regelmäfsig in grofsen Mengen anf den Nordseeinseln, zu manchen Zeiten häufiger als $. oenanthe. 8r 116 Bericht über die Dezember-Sitzung. Herr Weigold. macht Ergänzungen, die sich auf Helgo- länder Irrgäste beziehen und erwähnt, dafs auf Helgoland in diesem Herbst ein Steinrötel erlegt ist. Diese Art kommt dort öfter einmal vor, sodafs man vielleicht daran denken kann, dafs sie auf Skandinavien noch Brutplätze hat. Locustella lanceolata ist am Leuchtturm 1911 und 1920 gefangen worden. Die Tat- sache, dafs manche Formen nur im Frühjahr, manche nur im Herbst zur Beobachtung kommen, spricht dafür, dafs zu den beiden Zugzeiten verschiedene Wege eingeschlagen werden, was auch aus anderen Beobachtungen hervorgeht. Ferner- macht Herr Weigold die Mitteilung, dafs eine Albino der Dreizehenmöwe und eine unterseits schwarze Trollume auf Helgoland erlegt sind. Zu der in dem Vortrage erwähnten Marmelente, bemerkt Graf Zedlitz, dafs sie in Nordafrika an geeigneten Orten überaus zahlreich anzutreffen sei. Ferner weist er darauf hin, dafs der Schneefink auch in den Karpathen vorkomme und vielleicht auch von dort aus gelegentlich im Winter nach Deutsch- land, insbesondere nach Schlesien ziehe. Herr Baron von Loudon ist der Ansicht, dafs die Lapp- landseule im östlichen Deutschland nur der Kultur gewichen sei, denn sie brüte an der ostpreufsischen Grenze, in Litauen und auch sonst im Baltikum. Sie wird aber wegen ihres auffallenden Benehmens regelmäfsig auf der Auerhahnbalz erlegt und so aus- gerottet. Der Zug nordostasiatischer Drosseln nach Deutschland sei schwer zu erklären, da es sich dabei um Ueberquerung ganzer Zugstralsen handeln muss. Die Rosenmöwe zieht von ihren in der nörd#ächen Tundra im Binnenlande gelegenen Brutplätzen nach Norden und zwar tun dies bereits die Jungen, den Flufsläufen folgend, ehe sie flugfähig sind, wie Buturlin beobachtet hat. Lanius homeyert ist im Winter häufig im Baltikum. Nach Herrn Weigold brütet die Marmelente regelmäfsig in Portugal. Pierocles arenarius ist in diesem Jahre in einem kleinen Trupp in Belgien gefunden worden. Herr v. Lucanus macht noch die Mitteilung, dafs in diesem Jahr auf Rossitten gleichfalls ein Steinrötel erlegt worden ist, was wohl auch für das Vorkommen nördlicher Brutplätze spricht. i Herr Heinroth berichtet über die Braut- und Madarin- ente in der Umgebung Berlins. Bekanntlich hat er bereits vor 12 Jahren den Versuch gemacht, durch Freilassung der im Ber- liner Zoologischen Garten gezüchteten Brautenten diese Form einzubürgern. Die Tiere vermehrten sich anfangs gut, bald aber stellte sich heraus, dafs in den Gelegen zahlreiche Eier etwa nach der ersten Woche ausstarben und dafs die übrigen Eier zu kleine und nicht recht lebenskräftige Junge ergaben. Nur solche wurden grols, die aus Gelegen stammten, bei denen alle Eier gut aus- kamen. Öfter wurden alte an der Tuberkulose eingegangene Stücke aufgefunden. Durch allmählichen völligen Rückgang der u ee en ee ee Bericht über die Dezember-Sitzung. 117 Vermehrung sind die Tiere anscheinend ganz ausgestorben, wenigstens kamen in diesem Herbst keine mehr zur Beobachtung. Madarinenten vermehrten sich gut und zwar bis in die letzten Jahre hin, jedoch nahm ihre Zahl dadurch, dafs im Zoolog. Garten nur sehr mangelhaft gefüttert und den Tieren wegen der herr- schenden Fleischnot stark nachgestellt wird, sehr ab. Es kamen vor einigen Wochen im Zoolog. Garten 10 Erpel und 8 Enten zur Beobachtung. Auffallend war, dafs zwei Gelege, die im Zoo aufgefunden wurden, zwar in Zahl und Eigröfse durchaus regel- recht waren, dafs aber das eine nur unbefruchtete und das andere nur zwei keimfähige Eier enthielt, trotzdem die zu- gehörigen Enten stets mit ihren Männchen beobachtet worden waren. Vielleicht tritt also auch-hier ein Rückgang in der Fruchtbarkeit aus unbekannten Gründen ein. Mischlinge von Mandarinenten mit irgend welchen anderen Entenarten, auch mit - Brautenten, konnten wiederum weder hier noch anderswo erzielt werden, obgleich sich diese Art leicht mit anderen paaren lälst und man viele Begattungen beobachten kann; es scheint demnach, als wenn irgend welche anatomischen Gründe vorliegen, die eine Unfruchtbarkeit der Mandarinenten in beiden Geschlechtern mit anderen Anatiden ausschliefst. Bei der Brautente ist das bekannt- lich nicht der Fall Herr Weigold hat seit längerer Zeit eingehende Stu- dien darüber gemacht, wie dem Anfliegen und Zugrundegehen der Vögel in dunklen Nächten an die Leuchttürme gesteuert werden kann. Bekanntlich verhalten sich die Leuchttürme je nach ihrer Bauart in Bezug auf ihre Gefährlichkeit für Vögel sehr verschieden. Am schlimmsten sind diejenigen, die keinerlei 'Seitenlicht durchlassen und nur einzelne, schmal abgegrenzte Lichtstrahlen in die Nacht senden. Das Anbringen von Leitern und anderen Sitzgelegenheiten, wie dies in Holland bisweilen versucht ist, hat keinen wesentlichen Erfolg, jedoch kann man viel erreichen, wenn man an vorspringenden Punkten des Leucht- turms nach aufsen gut abgeblendete Glühlampen anbringt, die den Turmkopf beleuchten, so dafs die ankommenden Vögel also das Gebäude als solches erkennen und sich vor weiterem Schaden hüten können. Es genügen für den Helgoländer Leuchtturm etwa 8 kleine Glühlampen von je 25 Kerzen, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Besonders wichtig sind solche Vorkehrungen für Leuchtschiffe und solche Leuchttürme, die im Wasser stehen, weil dort die geblendet heruntergleitenden Vögel ertrinken. Ein vollkommen sicheres Allheilmittel stellt die beschriebene Vor- richtung übrigens nicht dar, denn manche Vogelarten, insbe- sondere Gartengrasmücken, Rohrsänger, Schwirle und bis zu einem gewissen Grade auch Dorngrasmücken und Gartenrot- schwänze lassen sich anscheinend durch nichts abhalten, sinnlos in die Lichtquelle hineinzufliegen. O, Heinroth. 118 Bemerkungen zu: Dr. E. Hesse, Ergänzungen ete. (J. f. O. 1920, S. 388/89). Um eventuellen weiteren Mifsverständnissen vorzubeugen, bemerke ich zu oben angeführten „Ergänzungen“ Dr. Hesse’s im allgemeinen, dafs ich in meiner angeführten Arbeit (J. f. O. 1920, p. 299 ff.), sowie in ev. weiteren Einzelarbeiten über besagtes Ge- biet die Literatur absichtlich nicht berücksichtigte, resp. nicht berücksichtigen werde, wie ich in früheren Arbeiten eingehend getan (J. f. O. 1917, 1918; O. M. Schr. 1920), da mich gleich- zeitig eine grölsere Arbeit über das Leipziger Gebiet beschäftigt, in der alles Bekannte über die hiesige Ornis zusammenge- stellt werden wird. In meinen, von Dr. Hesse „ergänzten“, resp. in weiteren Einzelarbeiten sollen nur eigene sowie die in den Berichten des Ornithologischen Vereins zu Leipzig niedergelegten, noch unveröffentlichten Beobachtungen niedergelegt werden. Die darin sowie die,in der weiteren Literatur festgelegten Daten bilden das Fundament, auf dem meine gröfsere Arbeit basiert. „Eine faunistische Zusammenstellung“, wie Dr. Hesse meine Arbeit auffafst, war also diesmal nicht beabsichtigt, wie beim Fehlen aller Literaturfeststellungen ohne weiteres anzunehmen war; ich hätte sonst die Literatur noch weiter berücksichtigen müssen, als dies Dr. Hesse in seinen „Ergänzungen“ tat. Rich, Schlegel. Über eine interessante gesetzmäfsige Aberration- der Nebelkrähe. Der bekannte russische Entomologe Sergius Alpheraky (dem die Ornithologie u. a. das grofse Werk „The Geese of Europe“ verdankt) beschrieb in seiner Arbeit „Vögel der Ostküste des Asow’schen Meeres“ (russisch!) in Poljakow’s Zeitschrift „Ornith. Mitteil.“ 1910 auf S. 164—165 eine bemerkenswerte Aberration der Nebelkrähe Die von ihm am 8. März (russ. St.) 1883 dicht bei seinem Wohnhause in Taganrog geschossene Nebelkrähe (Q) sah folgendermalsen aus: alle Körperteile, die beim normal ge- färbten typischen Corvus cornix grau sind, waren bei Alpheraky’s Krähe von einer „schönen intensiven Himbeerfarbe‘“, während die normalerweise schwarz gefärbten Teile des Gefieders hier eine dunkelbraune (schwarzbraune) Färbung mit rötlicher Tönung zeigten. Später teilte der Entomologe Hugo Christoph dem Er- leger mit, dafs er seinerzeit drei ebenso gefärbte Nebelkrähen . bei Sarepta erbeutet habe. Ferner bat, wie Alpheraky |. c. mitteilt, späterhin ein Herr Syssojew in der russischen Zeitschrift „Priroda i Ochota“ („Natur und Jagd“) über eine himbeerfarbene Nebelkrähe berichtet. Und bereits in seiner „Ornithofauna des Orenburger Gebiets‘ (Beilage z. LVII. Bd. d. Verhandl. d. Russ. ah Da a A a N du . 7 u Zu ie ee Be er ee ee ee nn FT A er Da Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 119 Akad. d. Wissensch., 1888) schrieb N. Sarudny: „Sehr selten trifft man bei uns eine rote Spielart der Nebelkrähe, bei welcher alle grauen Töne durch schmutzig-rötlich- himbeerfarbene, die schwarzen Töne auf Kopf und Hals durch rötlich - dunkelbraune ersetzt sind. Auf den Schwung- und Steuerfedern sind die- rötlichen Farbentöne nur auf den Basalteilen und auf den Aufsen- fahnen vorhanden, während auf den übrigen Teilen dieser Federn die normalerweise schwarze Färbung durch eine falbbraune er- setzt wird. Vorstehende Beschreibung ist auf Grund eines Ende Juli 1882 erbeuteten!) Exemplars verfalst.* — Diese Mitteilungen sind von hohem Interesse. Es handelt sich hier offenbar nicht um eine Zufallserscheinung oder eine Spielart im landläufigen Sinne, sondern um eine gesetz- mäfsige Variation, um ein seltenes erythristisches Kleid, das vielleicht nur im Osten auftritt. Wenn Alpheraky diese ständig wiederauftretende Aberration mit einem besonderen Namen, Corvus cornix varietas christophi?), belegt hat (I. c.), so ist dagegen m. E. nichts einzuwenden. Derartige gesetz- mälsige Aberrationen (genannt seien z. B. auch Zmberiza citri- nella aberr. mollessoni Sarud., Parus caeruleus aberr. languidus Grote, Syrnium aluco aberr. wilkonskii Menzb.) mögen ruhig be- nannt werden. Im Namen muls aber natürlich unbedingt durch Hinzufügung der Bezeichnung aberratio zum Ausdruck gebracht werden, dafs es sich hier nicht um eine geographische Rasse (Subspecies) handelt! H. Grote, Dem Herausgeber zugesandte Schriften. Aquila. Tom. XXVI Budapest 1919. Club van Nederlandsche Vogelkundigen. Jaar- bericht Nr. 10, Aflevering IV, 1920. F. Braun. Über die Entwicklung der artlich verschiedenen Vogellieder. (In:-Die Naturwissenschaften, 8. Jg., Heft 41, 1920. R. Dabbene. Las especies y subespecies argentinas de los generos, Geositta Swainson y Cinclodes Gray. (Abdruck aus: Anal. del Museo Nacion. de Hist. Natur. de Buenos Aires Tom XXX, 1919.) W. Hennemann. Über den Uhu und andere Eulen des Sauerlandes einst und jetzt. (Abdruck aus: Sauerländischer Gebirgsbote, 28. Jg., Nr. 9/10, 1920.) 1) beim Kosakenposten Burännaja am Ilek. 2) in der Diagnose werden die „himbeerfarbenen‘“ Teile coccineae, die übrigen (die bei normalen Nebelkrähen schwarz sind) rubido-brunnes- centes genannt, 120 . Dem Herausgeber zugesandte Schriften. B. Hoffmann. Zur Vogelstimmenfrage. (Abdruck aus: Naturw. Monatshefte f. d. biolog., chem., geogr. und geolog. Unter- richt, XIX. Bd., 10./11. Heft, 1920.) — Der grofse Krieg und unsere Vogelwelt. (Abdruck aus: Mitteil.e. d. Landesvereins Sächs. Heimatschutz Bd. IX, Heft 10-12, 1920.) A. Ibarth. Neue Beiträge zur Kenntnis der Vogelwelt des Schutzgebietes bei Östlich Neufähr. (Abdruck aus: 43. Be- richt d. Westpreufs. Botan. Zoolog. Vereins, 1920.) A. Krüger. Volkshochschule und ; Vogelkunde. (Abdruck aus: Ornith. Monatsschr. XLV, Nr. 10, 1920.) E. Lönnberg, Till Kännedomen om östra Kinas fägelfauna (Fauna och Flora 1920 S. 254—262). H. Reichling. 47. und 48, Jahres-Bericht der zoologischen Sektion des Westfälischen Provinzial- Vereins für Wissen- schaft und Kunst für die Rechnungsjahre 1918/20. Münster i. W., 1920. O0. Schnurre, Die Schwalben in der deutschen Urlandschaft. (In: Naturw. Wochenschr., Nr. 42, 1920.) — Ruinenvögel. (In: Die Umschau, XXIV. Jg., Nr. 41, 1920.) A. Schwan. Vogelgesang und Wetter, physikalisch-biologisch untersucht. Vorläufige Mitteilung. (Abdruck aus: Pflügers Archiv f. d. ges. Physiologie, 180. Bd., 1920.) L. Sclater. and C. Mackworth-Praed. A list of the Birds of the Anglo-Egyptian Sudan. (Abdruck aus: The Ibis July 1918 to October 1920.) A. Szielasko. Die Gestalten der normalen und abnormen Vogeleier. Mit 5 Figuren auf 2 Tafeln und 34 Tabellen Berlin 1920. (W. Junk.) J. Thienemann. Libellenflüge und weichschalige Hühnereier (In: Georgine, Land- und Forstwissenschaftl. Zeitung, 13. Jg. Nr. 55/56, 1920.) — Festellungen über die Höhe des Vogelzuges durch Flieger- beobachtungen.‘ (Abdruck ans: Schriften d. Physik.-ökonom. Gesellsch. zu Königsberg i. Pr., LX1./LXII. Jg., 1920.) A. Voigt. Wasservogelleben. Ein Führer zum Strande (Wissenschaft und Bildung, Bd. 161.) 1921. — Exkursionsbuch zum Studium der Vogelstimmen. 8, Auflage. 1920. C. Wood. The eyes of the Burrowing Owl. (Abdruck aus: Contribut. Medic. a. Biologic. Research 1919.) — Animal experimentation in ophthalmology. (? Abdruck ? Jahr.) Druck von Otto Dornblüth Nashf, in Bernburg. E d “ ‘ E . . j 1 JOURNAL ORNITHOLO Neunundsechzigster Jahrgang. No. 2. April. 1921. * Über eine Vogelsammlung aus West-Usambara. Von Hermann Grote. Dank der Freundlichkeit von Herrn Geheimrat Reichenow durfte ich die Vogelsammlung, die Missionar Pastor Karl Roehl in der Zeit von 1904 bis 1907 in Mlalo bei Wilhelmstal im westlichen Usambara (Deutsch-Ostafrika) zusammengebracht und dem Zoologischen Museum zu Berlin überwiesen hat, einer zu- sammenfassenden Bearbeitung unterziehen. Wenngleich diese Sammlung bezüglich der Zubereitung der Bälge mancherlei zu wünschen übrig läfst, so ist sie doch in mehr als einer Hinsicht aufserordentlich wertvoll. Vor allem fällt die Fülle der neuen ‚Arten auf, die auf Grund der Roehl’schen Kollektion beschrieben werden konnten: nicht weniger als 20 Formen haben sich als für die Wissenschaft neu erwiesen! Ferner konnten nachfolgend die bisher nicht bekannt gewesenen Jugendkleider einer Reihe von Vogelarten beschrieben werden. Ein Vorzug der Sammlung besteht darin, dafs von vielen Formen grolse Reihen gesammelt worden sind, in mehreren Fällen weit über hundert Specimina von ein und derselben Art. Besonders wertvoll für die Wissen- schaft ist die Sammlung dadurch geworden, dafs sie in zoogeo- graphischer Beziehung viele Überraschungen barg und durch sie die bis dahin bekannt gewesenen Verbreitungsgebiete verschiedener Vogelarten sehr wesentlich erweitert worden sind. Überblicken wir die aufgeführten Ergebnisse, so müssen wir gestehen, dafs die Roehl’sche Sammlung aus Usambara zu dem ornithologisch Interessantesten gehört, was in den letzten Jahr zehnten überhaupt aus Ostafrika gekommen ist. — Usambara ist ein Gebirgsland, das sich unvermittelt aus der es rings umgebenden Steppe erhebt und das durch ver- schiedene Flufstäler in eine Anzahl von Einzelmassiven zer- schnitten wird. Der niedrigere Teil desHochlandes, Ost-Usambara, Joumn, f, Orn, LXIX, Jahrg. April 1921, 9 122 Hermann Grote: ist von dem uns hier interessierenden West-Usambara, dessen Hochflächen 1400 m vielfach noch übersteigen und dessen Gipfel sich bis zu 2300 m Höhe erheben, durch das tief eingeschnittene Luöngera-Tal vollkommen getrennt. Dieses Bergland ist reich an Urwäldern, die sich durch aufserordentlich dichte Unterbe- stände auszeichnen. Am Fufse des Gebirges dehnt sich die trockene, mit dornigen Holzgewächsen untermischte Grassteppe aus. Mlalo, das Standquartier desSamnmlers, liegt im nördlichsten West-Usambara, etwa 1450 m über dem Meeresspiegel, ganz nahe an dem östlichen Abfall in die Steppe. Sehr viele Vögel der Sammlung stammen, wie mir Herr Roehl freundlichst brief- lich mitteilte, aus dem etwa eine Stunde nördlich von Mlalo be- ginnenden erofsen Urwalde des nördlichen Usambara (1700—1900 m über dem Meere). Anatidae. 1. Anus sparsa leucostigma Rüpp. Rallidae. 2. Sarothrura rufa Vieill. Ein altes 9‘, das sich von Q'g‘ aus Südafrika nicht unterscheiden läfst. Flügel 722 mm. Ein sehr interessantes Vorkommen! Scopidae. 3. Scopus umbreita Gm. Columbidae. Vinago wakefieldi Sharpe.) Turturoena delegorguei Del. . Aplopelia larvata Tem. Columba arquatrix Tem. Nur ein junges Stück, so dafs ich keine Schlüsse betr. der Rassenzugehörigkeit ziehen möchte. aene 1) Das eine Roehl’sche Expl. hat 172, das andere 161 mm lange Flügel. Ersteres nähert sich also den Gröfsenverhältnissen nach der von J. W. Gunning und A. Roberts abgetrennten Rasse V. orientalis (von Boror in Portugiesisch-Ostafrika). Herr Prof. Neumann hatte die Freundlichkeit, mir aus seinen unveröffentlichten Manuskripten die von ihm genommenen Malse der Fruchttauben der wakefieldi- Gruppe des Berl. Mus. zur Verfügung zu stellen. Es messen danach: wakefieldi : QQ von Pangani 160 und 165, Q von Tanga 157, ein Expl., ges. von v. d. Decken 157, @ von Tambire (Usambara) 162, von Amani 164 mm; orientalis: Q von Langenburg 165, von Perondo 1791, von Kindungulu, Urungu 177!, & von Namwala, Maschona 181!, ein Stück ohne Geschl. 182; damarensis: Okawango 184 mm Flügellänge. BA, 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17, 18. 19. 20. "Über eine Vogelsammlung aus West-Usambara. 123 Phasianidae. Numida reichenowi ? uhehensis Rchw. Das einzige Stück der Sammlung gehört augenscheinlich dieser Form an, die offenbar nur als Mischrasse aufzufassen ist. Francolinus hildebrandti Cab. Falconidae. Astur tachiro orienticola Oberh. -Das einzige von Roehl ge- sammelte Exemplar (unbestimmten Geschlechts) ist auffallend klein. Es ist zur kleinwüchsigen hellen Form orienticola zu stellen, wie Graf Zedlitz dies bereits getan hat (cfr. Journ. f. Ornith. 1914 p. 665). Strigidae. Bubo lacteus Tem. — Ein pullus. Syrnium woodfordi A. Sm. (subsp.). — Ein pullus. Psittacidae. Poicephalus fuseicapillus Verr., Des Murs. Musophagidae. Turacus hartlaubi Fschr. u. Rchw. Turacus fischeri Rchw. Cuculidae. Centropus superciliosus Hempr. u. Ehrenb. Indicatoridae. Indicator minor Steph.. Zwei Exemplare von den drei Zwerghoniganzeigern der Sammlung Roehl stelle ich zur typischen Form (Flügellänge 90 und 91 mm), das dritte, wohl ein jüngeres Stück, hat nur 79 mm Flügellänge; ich halte es für die von O. Neumann beschriebene Form teitensis. Capitonidae. Lybius melanopterus Ptrs.. Die Flügellänge von 49 Stück der Sammlung Roehl schwankt zwischen 89—95 mm, meist. beträgt sie 9I—92 mm. Tricholaemalacrymosum Cab. Die zweigesammelten Exemplare gehören zur typischen Form; die neuerdings von Prof. O. Neumann aufgestellte Rasse ruahae von Uhehe ist unterseits erheblich kleinfleckiger. Buccanodon kilimense Shell. 53 von Roehl gesammelte Stücke haben 88—96, meist 92-94 mm Flügellänge. g* 124 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29, 30. 31. 32, Hermann Grote: 9) : Barbatula leucomystac Sharpe. Die 32 Exemplare der Sammlung haben 52—57, meist 53 mm Flügellänge. Picidae. Dendropicos guineensis hartlaubi Malh. Die 4 vorliegenden Stücke der Sammlung Roehl sind typische harilaubi und von der m. E. in den meisten Fällen ganz gut unterscheidbaren Rasse D. g. massaicus Neum. wohl zu unterscheiden. Coliidae. Colius striatus affinis Shell. Die Flügellängen von 57 von Roehl gesammelten Exemplaren schwanken zwischen 83—100 mm (83—87 mm: 10 mal; 883—90 mm: 10 mal; 91—94 mm: 23 mal; 95—98 mm: 13 mal; 100 mm: 1 mal). Die Färbung des Oberkopfes ist bei den meisten Stücken etwa von der gleichen Farbe wie die des Rückens, bei einigen aber er- heblich heller (grauer), bei einem Stück hell und fahl graubraun. Nacken und Oberrücken sind bei Vögeln in frischen Kleidern fast durchweg recht deutlich quergewellt. Die Kehlfärbung ist bei fast allen mehr schwarzgrau, als grauschwarz. Die Ohrgegend ist verschieden rein weils: meist ziemlich rein, doch auch graulich- bis bräunlichweils. Trogontidae. Heterotrogon vitiatum Shell. Ein Stück: Flügellänge 130 mm. Im Berliner Museum sind auch zwei Exemplare aus Ost- Usambara (Amani) vorhanden. Bucerotidae. Bucorvus cafer Schl. Bycanistes bucinator Tem. Bycanistes ceristatus Rüpp. Lophoceros melanoleucos suahelicus Neum. Alcedinidae. Haleyon albiventris orientalis Ptrs, Die 4 Exemplare haben 97, 98, 98, 105 mm Flügellänge. Meropidae. Melitiophagus variegatus oreobates Sharpe. Mit dem Nach- weise des Vorkommens in Usambara ist das bisher bekannt gewesene Verbreitungsgebiet dieses Bienenfressers beträcht- lich nach Süden erweitert worden. Upupidae. Irrissor erythrorynchos Lath. Die Usambaravögel sind | typische erythrorynchos. Rinopomastus eyanomelas schalowi Neum. 33. 34. 35. 36. 37. 38, 39. 40. 41. 42. 43. Über eine Vogelsammlung aus West-Usambars. 125 Caprimulgidae. Caprimulgus europaeus L. | Caprimulgus pectoralis guttifer nov. subsp. Vermutliches @: Durch die grofsen bräunlichen Tropfen- flecke auf den Flügeln, sowie die geringe Gröfse gekennzeichnet. Besonders das erstere Merkmal hebt den Vogel deutlich aus einer gröfseren Reihe seines südafrikanischen Verwandten heraus, der viel kleinere Tropfenflecke zeigt. Flügel 150 mm. Hab: West-Usambara (Mlalo bei Wilhelmstal), Roehl Samml. Obwohl nur ein Exemplar vorliegt, halte ich dasselbe für so gut kenntlich, dafs ich es wage (in Übereinstimmung mit Geh. Rat Reichenow) auf dieses eine Stück hin den Usambaravogel als besondere geographische Form abzu- trennen. Cypselidae. Cypselus apus roehli Rchw. Diese neue Form wird von Prof. Reichenow in den Ornith. Monatsber. 1906 folgender- malsen beschrieben: „Von Apus apus und Verwandte da- durch unterschieden, dafs der Vorderrücken fast schwarz ist, die einzelnen Federn haben schwarze Spitze; der Unterkörper ist schwarzbraun, wesentlich dunkler als der Kopf, Bürzel und Flügel; die weifsen Kehlfedern haben dunklen Schaft- strich. Lg. 180, Fl. 160, Schw. 80, mittelste Schwanzfedern 50 mm.“ Cypselus aequatorialis ? reichenowi O. Neum. — Unter Vor- behalt rechne ich das einzige Exemplar der Roehl’schen Sammlung zu dieser Form. Es ist ein junger Vogel mit sehr kurzen Flügeln (166 mm). Hirundinidae. Riparia rufigula Fschr. u. Rchw. Hirundo puella Tem. u. Schleg. Hirundo emini Rchw. Muscicapidae. Bradornis pallidus murinus Finsch u. Hartl. Melaenornis ater tropicalis Cab. Die 2 So‘ der Sammlung Roehl haben 101 und 105 mm lange Flügel. Alseonax caerulescens Hartl. Alseonax murinus roehli Grote. Diese von mir in den Ornith. Monatsber. 1919, Heft 5/6 beschriebene neue Form unterscheidet sich von typischen murinus des Meru und Kilimandjaro durch erheblich dunklere Unterseite, die bei murinus hell und fahl graubraun, bei roehk dunkel braun- grau ist. Zwei Stücke von Mlalo haben 60 und 61 mm Flügellänge. Ein drittes Exemplar von demselben Fundorte ist intermediär zwischen murinus und roehli. 126 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. Hermann Grote: Ein anscheinend hierher gehöriger junger Vogel ist stark gefleckt.- Von Amani (Ost-Usambara) liegt mir ein Vogel vor (Vosseler leg.), den ich für einen typischen murinus ansehe. Oryptolopha minulla Rchw. Neue, von Pastor Roehl ent- deckte Art. Sie ist laut Reichenow der ©. ruficapilla ähn- lich, hat aber zierlicheren Schnabel; der Bürzel ist nicht grau, sondern olivengrün wie der Rücken, und nur die Kehle ist gelb, der übrige Unterkörper vom Kropfe an ist blafsgrau, in der Mitte gelblichweifs, Schenkel und Steifsseiten sind olivengrün verwaschen. Flügel 50—55, Schwanz 37—42 mm. Es liegen von diesem Fliegenschnäpper 5 Bälge vor. Chloropeta natalensis aff. massaica Fschr. u. Rchw. Leider liegt nur ein einziges adultes Stück aus Usambara vor. Es steht der typischen Ch. n. massaica sehr nahe, unter- scheidet sich aber durch die olivenbraunen Kropfseiten,?) die bei massaica gelb sind. — Ein junger Vogel ist in allen Teilen matter gefärbt, besonders auf der Unterseite, die mehr ockerbräunlich als gelb ist. Ein Nestvogel ist noch fahler, die ganze Unterseite ist bei demselben blafs und hell _ ockerbraun. Der adulte Vogel hat 63 mm Flügellänge. Batis molitor littoralis Neum. 2 0'091, 1 Q. Die beiden 9° haben 56 mm lange Flügel, also etwas grölsere Malse, als sie Prof. Neumann (Journ. f. Ornith. 1907, p. 357) für diese Form angibt. Das Q hat 53 mm Flügellänge; in der Inten- sität der braunen Färbung des Brustbandes und Kehlflecks steht es zwischen den QQ von puella und soror. Platysteira peltata Sund. Trochocercus albonotatus Sharpe. Bei einigen (nicht allen!) Usambaravögeln hat das Grau des Rückens einen blauen Schein, was auch Prof. O. Neumann bereits festgestellt hatte. — 10 Expl. der Sammlung Roehl haben 58—65 mm Flügellänge. Tchitrea perspicillata suahelica Rchw. Aufser 5 adulten Stücken ist in der Sammlung ein Nestvogel enthalten. Dieser ist oberseits rotbraun, doch viel matter als der alte Vogel, der Kopf ist dunkler braun als der Rücken, die Unter- seite ist bis auf den weilsen Bauch rauchbraun. Laniidae. Sigmodus reteii graculinus Cab. Ein Stück; Flügellänge 126 mm. Harpolestes australis minor Rchw.. 7 Usambaravögel haben 72—75, einmal 77 mm Flügellänge. !) Falls dies nicht etwa an der mangelhaften Balgzubereitung liegt, (G.) cc u De Me en u 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. Über eine Vogelsammlung aus West-Usambara. 127 Harpolestes minutus reichenowi Neum. Die Flügel von 4 SS‘ aus Mlalo messen dreimal 71, einmal 74 mm, bei zwei Q9 ebendaher beträgt die Flügelläinge 68 mm. (Das Q@ unter- scheidet sich vom Q' durch breiten weiflsen Augenbrauen streifen.) Zwei vorliegende Nestvögel sehen folgendermalsen aus: Die Ränder der mattschwarzen Federn des Oberkopfes blafsbräunlich, besonders auf dem Scheitel, so dafs eine blafs- bräunliche Blesse gebildet wird, die von einem breiten mattschwarzen Bande um den Kopf herum umsäumt ist. Der Rücken ist blasser rotbraun, als der des alten Vogels, die Rückenfedern und Flügeldecken mit mattschwarzen Mittelstreifen. Die Kehle ist wie die übrige Unterseite blafs ockerbraun. Chlorophoneus ? abboiti Richm. Das einzige Stück der Samm- lung Roehl ist derart schlecht erhalten, dafs es nicht ganz zweifelsfrei identifiziert werden kann. Das schwarze Kopfband und die tief orangegelbe Brust lassen es aber höchst wahr- scheinlich erscheinen, dals es sich um diese Würgerart han- delt. Der linke wohlerhaltene Flügel mifst 91 mm. — Das Vorkommen dieses Hochgebirgsvogels in Usambara ist sehr interessant, Laniarius sublacteus Cass. Die beiden adulten Exemplare der Sammlung haben 90 und 91 mm. Flügellänge. Dryoscopus affınis G. R. Gr. Dryoscopus cubla hamatus Hartl. Lanius collaris humeralis Stanl. 4 Q'S' haben 90 und 91, ein @ 92 mm Flügellänge. Es liegen ferner 9 junge Stücke, vom Nestkleide bis zum ins Alterskleid ummausernden Vogel vor. Corvidae, Corvultur albicollis Lath. Oriolidae. Oriolus oriolus L. Oriolus auratus notatus Ptrs. Sturnidae. Pholia sharpei Jacks. 5 adulte, 6 jüngere, unterseits ge- fleckte Stücke. Onychognathus walleri Shell. Flügellänge von 24 g'g' der Sammlung Roehl 124—132, von 17 99 118—125 mm. Amydrus morio rüppelli Verr. Stilbopsar kenricki Shell. Die Unterschiede zwischen Q' und Q hat Shelley in seinem Werke „The Birds of Africa“ Vol. V, Part. I, p. 120 angegeben und beide Geschlechter abge- bildet. Es sind aber ein paar Ergänzungen zu machen: Das @ hat weniger bräunlichen Glanz auf dem Rücken als 128 65. 66. 67. 68. 69. 70. Al. 72. 73. 74. 75. 76. FR 78. 79. Hermann Grote: das o‘, sondern glänzt oft mehr bläulich. Das junge J* hat gleich den 92 — ebenso wie die jungen Jo‘ von SEl- bopsar stuhlmanni und Poeoptera lugubris — Rotbraun auf den Schwingen. Zu erwähnen ist, dafs — dem Material des Berliner Museums nach zu urteilen — der Kilimandjarovogel zu $t. kenricki, nicht zu 82. stuhlmanni gehört. 5 0'0" aus Usambara haben 100—104, 10 29 eben- daher 97—102 mm Flügellänge, Ploceidae. Anaplectes melanotis Lafr. Ein weibliches Stück. Ploceus reichenowi Fschr. 10 og‘ aus Usambara haben durchschnittlich etwa 77, 10 Q2 ebendaher etwa 75 mm Flügellänge. Ploceus ocularius suahelicus Neum. Ploceus nigriceps Lay. Amblyospiza unicolor Rchw. Quelea sanguinirostris aethiopica Sund. Ein Expl. hat schwarzen Stirnrand. Euplectes capensis xanthomelas Rüpp. Coliuspasser ardens Bodd. Spermestes cucullata scutata Heugl. Spermestes nigriceps Cass. 35 von Roehl gesammelte Exem- plare haben 46—48, 2 Stück 49 mm Flügellänge. Amauresthes fringilloides Lafr. 36 von Roehl gesammelte Stücke haben 57—62, meist 60 mm Flügellänge. Hypargos niveoguttatus Ptrs. Hypargos nitidulus ? chubbi O.-Grant. (Pytelia chubbi Grant Bull. Br. O0. C. 29. 1912, 64.) Es liegen mir 4 Bälge aus Usambara dieses seltenen Webefinken vor, von denen offen- bar nur ein Stück ganz ausgefärbt ist. Dieses Expl. kommt dem Mittelafrikaner vom Victoria-Niansa sehr nahe, hat das Rot am Gesicht aber weniger weit ausgedehnt. Zwei junge, unterseits ungefleckte Stücke entsprechen der Reiche- now’schen Beschreibung eines jungen Vogels aus Südafrika (Vög. Afr. III, p. 160). Die Flügelmafse der beiden erwachsenen Exemplare der Roehlschen Sammlung betragen 50 resp. 5l mm. Pytilia afra Gm. Oryptospisa reichenowi salvadorii Rehw. Wie Prof. Reiche- now („Die Vogelfauna des Mittelafrikanischen Seengebiets“, Wiss. Ergebn. d. Dtsch. Zentralafr. Exp. 1907—08) bereits richtiggestellt hat, haben die Q'Q' der ostafrikanischen Form gleichfalls Rot an den Kopfseiten; die rote Färbung ist aber vielleicht etwas weniger ausgedehnt, als bei den Formen reichenowi und ocularis. Zu unterscheiden sind Ostafrikaner Pe TE 80. 8l. 82. 83. 84. 85. 86. 87. Über eine Vogelsammlung aus West-Usambara. 129 an dem graueren Ton der düster olivengrünen Unterseite, die bei West- und Mittelafrikanern grüner ist. Estrilda astrild litoris Grote. Es ist dies die von mir jüngst (Journ. f. Ornith. 1919, p. 301) beschriebene Rasse des deutschostafrikanischen Küstengebiets, die in ihren Mafsen zwischen E. a. minor Cab. von Taita (Brit. Ostafrika) und den grofsflügeligen Rassen massaica Neum. und nyassae Neum. steht und gleichfalls reinweilse Wangen besitzt. Die von mir aufgestellte Form hat 43—45, seltener 46 mm. Flügelläpge; ich konnte eine stattliche Reihe von Vögeln aus Usambara und vom unteren Ruvu messen. Dieser Form scheint der schöne rosenrote Anflug der Unterseite fast ganz zu fehlen. Beiläufig sei auf den Wellenastrild der Komoren hier aufmerksam gemacht. Das Museum in Berlin verfügt leider nur über ein Stück, das von Prof. Voeltzkow auf Mayotte gesammelt worden ist. Es hat ebenso grofse Flügel wie das einzige im Berliner Museum vorhandene Exemplar von E. - a. cavendishi von der Mossambikküste, nämlich 47 mm, und wie dieses graue Wangen. Dagegen ist die Färbung des Oberkopfes heller als die des Rückens, während bei dem Exemplar von cavendishi umgekehrt der Kopf dunkler als der Rücken ist. Wegen Mangels an Material kann hier vor- läufig nicht entschieden werden, ob der Komorenvogel eine neue, abzutrennende Rasse darstellt. Estrilda rhodopyga Sund. Lagonosticta rubricata hildebrandti Neum. Neisna quartinia kilimensisSharpe. Diese Rasse unterscheidet sich von der typischen N. quartinia und der von Neumann aufgestellten N. gu. nyansae durch etwas dunkleres Grau des Kopfes, auch ist der Rücken und die Unterseite dunkler. Die heller oder dunkler rote Färbung des Bürzels und der Oberschwanzdecken wechselt bei Vögeln aus derselben Gegend. ‘35 von mir gemessene Usambaravögel haben 41—45, in der Mehrzahl 43 mm Flügellänge. Vidua serena L. U. a.: ein vermutlich hierher gehöriges 9 (offenbar kein junger Vogel) hat aufserordentlich kleinen, schwarzen Schnabel. Linura fischeri Rchw. Steganura paradisea L. Fringillidae. Poliospiza striolata Rüpp. Die vier von Roehl gesammelten Stücke sind unterseits kräftiger und bis auf die Unterschwanz- decken hinunter gestrichelt, und ich hätte sie von den mir vorliegenden fünf Exemplaren vom Kilimandjaro und der Merugegend, die ganz oder beinahe ganz ungestrichelte 130 88. 89. 90. 91. 92. 93. Hermann Grote: Bauchmitte haben, als geographische Rasseabgetrennt, wenn mir nicht auch ein von Prof. Sjöstedt am Meru gesammeltes Exemplar vorgelegen hätte, das ich von den Usambaravögeln nicht zu unterscheiden vermag. In den Malsen sind sich die Vögel ungefähr gleich. Mit dem Nachweise des Vorkommens in Usambara er- weitert sich das bekannt gewordene Verbreitungsgebiet dieses Vogels nicht unwesentlich nach Süden. Spinus citrinelloides hypostictus Rchw. Bei den 36 Exem- plaren der Sammlung Roehl messe ich 61—65, meist 62 mm . Flügellänge. Linurgus olivaceus kilimensis Rchw. u. Neum. Dieser Vogel war bisher nur für den Kilimandjaro und Meru bekannt. — Das © beschreibt Prof. Y. Sjöstedt in „Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zool. Exp. nach d. Kilimandjaro“ etc. auf p. 133. Zwei vermutliche Q2 der Sammlung Roehl sind ober- und unterseits viel dunkler grün als ein durch seinen schwarzen Schnabel als junges Stück gekennzeichnetes @ vom Meru im Berliner Museum (Sjöstedt S.). Die Stirn ist schwärzlich; Gesicht und Kehle sind schwärzlich gefleckt. Ich würde diese beiden Exemplare für unausgefärbte junge ‘0 halten (diesen fehlt gleichfalls das Schwarz des Kopfes), wenn nicht in der Berliner Sammlung vorhandene als QQ be- zeichnete Stücke von L. olivaceus aus Westafrika den » gleichen Färbungscharakter zeigten, wie bei den oben er- wähnten vermutlich weiblichen Usambaravögeln. Motacillidae. Motaceilla longicauda Rüpp. Anthus lineiventris Sund. Es liegt leider nur ein Stück aus Usambara vor. Dasselbe hat lebhaft gelbgrünliche Aufsen- säume der Schwingen und ist im allgemeinen grünlicher, als mir zum Vergleich vorliegende Stücke aus Mossambik und dem Niassagebiet (vielleicht nur, weil es in frischem Kleide ist.) Mit dem Nachweise des Vorkommens in Usambara ist das bisher bekannt gewesene Verbreitungsgebiet dieses Piepers weit nach Norden hinausgedehnt worden. Pycnonotidae. Phyllastrephus cerviniventris Shell. — Ein Exemplar. Phyllastrephus strüfacies Rchw. u. Neum. Mir liegen 73 von Roehl in Usambara gesammelte Bälge vor. Ihre Flügel- mafse schwanken zwischen 90—100 mm, wobei etwa zu gleichen Teilen langflügelige und kurzflügelige Stücke — also So und 92 — vertreten sind. 2 A ee Be 94. 95. 96. Über eine Vogelsammlung aus West-Usambara. 181 Der junge Vogel scheint noch nicht beschrieben zu sein. Er ist im ganzen trüber gefärbt, als der adulte Vogel, ins- besondere ist der Oberkopf nicht so satt grün; die Unter- seite ist fahler; der Kropf ist olivengrün; das Kinn blasser und undeutlicher gestrichelt, als beim alten Vogel. Phyllastrephus tephrolaemus usambarae Grote. Diese von Roehl entdeckte neue Form habe ich jüngst in den Ornith. Monatsber. (1919, Heft 5/6) beschrieben. Sie steht dem Phyllastrephus_ t. kikuyuensis Sharpe am nächsten, unter- scheidet sich aber auf den ersten Blick dadurch, dafs das Grau des Halses bis auf den Bauch hinunter reicht. Der dunkelgraue Oberkopf hat nie die reingraue Färbung, ‚wie sie oft bei kikuyuensis vorkommt, sondern er ist grün- lich verwaschen, auch ist das Grau der Kehle und Vorder- ‘brust trüber, als bei vielen Stücken von Arkuyuensis. Der Kropf ist grünlich verwaschen. Die Körperseiten und der Bauch sind gemischt grau und grün gefärbt; bei Ph. kikuyuensis bildet die helle grüngelbe oder gelbgrüne Mitte der Hinter- brust und des Bauches die vorherrschende Färbung der Unterseite. Die Flügellängen von 53 von mir gemessenen Usambara- vögeln schwanken zwischen 82 und 91 mm; die gröfseren Mafse gehören zweifellos Q'O', die kleineren QQ an. Infolge der ausgedehnten grauen Färbung der Unter- seite erinnert dieser Haarvogel flüchtig an Phyllastrephus fusciceps Shell., unterscheidet sich aber in der Färbung so- fort durch weilslich gestrichelte Ohrgegend, durch das Vor- handensein von Grün auf Körperseiten und Bauch, das reinere Grau von Hals und Brust, sowie durch das bedeutend lebhaftere, reine Grün des Rückens. Phyllastrephus flaviventris mombasae Shell- 7 von Roebl ge- sammelte Vögel haben 96 (QQ) bis 107 (SC) mm Flügel- länge; der Oberkopf ist von dunklerer Färbung als der Rücken. Die nahe verwandte Form Ph. f. kilimandjaricus Sjöstedt hat dagegen nach dem Autor 88 mm Flügellänge!) und der Oberkopf ist ebenso wie der Rücken gefärbt (cfr. Prof. Yngve Sjöstedt, Wiss. Ergebn. d. Schwed. Zool. Exped. n. d. Kilimandjaro etc., 3. Vögel, p. 140. Upsala 1908.). Phyllastrephus fischeri cognatus Grote. Neue, von Roehl ent- deckte Form. Ich habe sie in den Ornith. Monatsber. 1919, Heft 5/6 wie folgt gekennzeichnet: „Dem Phyllastrephus f. placidus Shell. vom Kilimandjaro am ähnlichsten, aber die Unterseite — die bei placidus gelblich weils, an den Körper- seiten hell graulicholiv gefärbt ist — viel dunkler, besonders die Kropfseiten düster olivengraugrün, fast so dunkel wie der Rücken. Die Körperseiten sind gleichfalls erheblich 1) Wohl ein jüngeres Q! (G.) 132 97. 98. Hermann Grote: dunkler als bei placidus. Der Schwanz ist braun, zuweilen fast rotbraun, doch kommen auch Vögel mit grünen Schwanz- federn vor. Flügellänge 75—82, einmal 88 mm (10 Vögel gemessen).“ Nachdem diese Beschreibung verfafst war, haben sich noch 7 weitere von Roehl gesammelte Exemplare im Museum gefunden. Diese messen 75, 77, 79, 83, 85, 87 und 88 mm Flügellänge. Wie bei den meisten Phyllastrephus- Arten sind auch hier die gröfseren Mafse auf 0'C“, die kleineren auf QQ zu beziehen. Auch die Schnabelstärke und -länge wechselt; die 0'C' dürften im allgemeinen erheblich stärkere Schnäbel besitzen als die OO. In der Färbung der Unterseite entspricht die stattliche Reihe der vorliegenden 17 Bälge fast durchweg der gegebenen Beschreibung, höchstens nähern sich zwei oder drei Stücke dem typischen placidus insofern, als sie etwas heller als die anderen Usambarastücke sind, doch ist auch bei ihnen die Unterseite immerhin noch nicht so hell, wie bei dem Kili- mandjarovogel. Andropadus roehli Rehw. Diese neue Art kennzeichnet Prof. Reichenow in den Ornith. Monatsber. 1905 p. 181 folgender- malsen: „Steht dem 4A. masukuensis am nächsten und hat wie dieser keine deutliche Schnabelzähnelung, ist also vor den grünen Arten der Gattung Fhyllastrephus nur durch den viel schwächeren Schnabel ausgezeichnet. Von A. masukuensis unterscheidet sich A. roehli durch trüberen, etwas graulichen Oberkopf, der zwar unbedeutend, aber doch deutlich von der olivengrünen Färbung der übrigen Oberseite ab- sticht, durch grauliche Zügel und Kopfseite, reingraue Kehle und blasseren Ton des Unterkörpers. Lg. etwa 170—190, Fl. 78—85, Schw. 80—85, Schn. 12—14, L. 20—23 mm." — Dieser Haarvogel mufs in Usambara ungemein häufig sein, denn der Sammler hat dem Museum 193 Exemplare dieser Vogelart überwiesen. Diese grofse Reihe bestätigt durch die von mir durchgeführten Flügelmessungen die von Reichenow genannte Variationsweite der Flügelmalse, nur bei zwei Stücken messe ich 86 mm. Pycnonotus barbatus micrus Oberh. Neben einigen Exem- plaren mit verstümmelten Schwingen liegen mir 83 mefsbare Bälge der Sammlung Roehl aus Usambara vor. Sie haben in den Flügelmalsen eine Variationsweite von 82—95 mm, und zwar messe ich: 82 mm 5 mal, 83 mm 6 mal, 84 mm 2 mal, 85 mm 11 mal, 86 mm 9 mal, 87 mm 4 mal, 88mm 8 mal, 89 mm 7 mal, 90 mm 12 mal, 91 mm 9mal, 92 mm 4 mal, 93, 94 und 95 mm je 2 mal. Die Malse entsprechen fast genau den von Oberholser für die Form micrus ange- gebenen (84—94 mm). 99. 100. 101. 102. 103. 104. Über eine Vogelsammiung aus West-Usambara 133 Zosteropidae. Zosterops flavilateralis Rchw. Zosterops virens usambarae Rehw. Dieser von Pastor Roehl entdeckte neue Brillenvogel wird von Reichenow folgender- mafsen gekennzeichnet: „Steht der Z. euryericota am nächsten, ist aber ober- wie unterseits grünlicher, jene gelber; das Gelb der Keble ist blasser, Augenring weniger breit, Grölse im allgemeinen geringer. Lg. etwa 100—110, Fl. 55—57, Schw. 40—45, Schn. 10, L. 16—17 mm.“ (Ornith, Monatsber. 1909, p. 42). Es liegen 58 Bälge vor. Nectariniidae. Anthreptes collaris zambesianus Shell. 20 Q'9' der Sammlung Roehl haben 49—52 (meist 51) mm, 27 99 47—51 (meist 48) mm Flügellänge. Anthreptes rubritorgques Rchw. Neue Art. Reichenow be- schreibt sie folgendermalsen: Der A. iephrolaema sehr ähn- lich, aber ohne das metallisch glänzende Kropfband; Kehle und Kropf grau, unten von einer schmalen roten Binde ge- säumt; Unterkörper und Unterschwanzdecken fahlgrau, gelb verwaschen;, Brustbüschel orangegelb; Unterflügeldecken grauweils. Lg. etwa 110, Fl. 56—60, Schw. 35, Schn. 12—13 L. 16 mm.‘ Ornith. Monatsber. 1905, p. 181). Nachzutragen ist die Beschreibung des Jugendkleides. Dieses ist viel matter gefärbt, als das Alterskleid, besonders . ist der Unterrücken beinahe ganz ohne Metallglanz; die rote Brustbinde fehlt; die Kehle ist wie die übrige Unterseite gelblichgrau. Anthreptes longuemarei orientalis Hartl. Die Unterseite ist bei den vorliegenden 8 Exemplaren durchweg grau bis rahm- farben verwaschen, nicht reinweils. Flügelmalse: 65—72 mm. Cinnyris obscurus neglectus Neum. Eine noch strittige Form. Aus einer grofsen Zahl vonz. T. mangelhaft präparierten Exemplaren der Sammlung Roehl habe ich 125 brauchbare Stücke herausgesucht, über die folgendes gesagt werden kann: Die Oberseite ist in den weitaus meisten Fällen grüner als bei beiden im Berliner Museum befindlichen Typexem- plaren von neglectus; ich vermag in der Rückenfärbung kaum einen Unterschied von obscurus zu finden (echte ragazszii von Schoa stehen mir nicht zur Verfügung). Auch die Färbung der Unterseite ist nicht einheitlich. Während die meisten Stücke unterseits blafs graugrünlich sind, haben mehrere Exemplare fast graulicholiven gelbe Brust. Alle 125 Exemplare haben gelbe Achselbüschel, diese sind also wohl beiden Geschlechtern eigen. Die Flügellänge schwankt bei den 125 von mir gemessenen Usambarastücken zwischen 134 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112, Hermann Grote: 54 und 66 mm; die kleineren Mafse gehören zweifellos QQ, die grölseren JO“ an. Bei der grofsen Variationsweite der Flügelmalse von Vögeln von demselben Fundorte glaubte ich den vonE. Mearns (Smiths. Misc. Coll., Vol. 56, No. 14, Dec. 1910, p. 4) auf Grund einesQ (!) mit etwas geringeren als den üblichen Malsen aufgestellten ©. o. changamwensis („Uyanomitra changamwensis“) von Mombassa gänzlich unberücksichtigt lassen zu dürfen. Cinnyris amethystinus kirki Shell. 34 von Roehl gesammelte ausgefärbte Q'0° haben 63—67 mm Flügellänge. Cinnyris venustus falkensteinn Fschr. und Rchw. 37 mir vorliegende gQ'O' aus Usambara erreichen zwar nicht die tiefgelbe Färbung der Unterseite, wie sie bei Stücken vom Kilimandjaro vorkommen, doch bin auch ich der Meinung Prof. Reichenow’s (Vög. Afr. III, p. 474), dafseine Sonderung der „Vögel der Ebene‘ unter dem Namen C. v. stierlingi nicht durchführbar ist. Die 37 o'o' der Sammlung Roehl haben 50—55, meist 53 mm Flügellänge, Cinnyris mediocris afl. fülleborni Rchw. Die mir vor- liegenden 29 von Pastor Roehl in Mlalo gesammelten J'o0" dieser Vogelart stehen zwischen dem typischen mediocris vom Kilimandjaro und fülleborni aus dem Nissagebiet in- sofern in der Mitte, als sie etwas gelblichen Unterkörper haben, der bei Kilimandjarovögeln fast rein grau, bei Niassa- vögeln fast olivengrün ist. Lediglich um keine neue schwache Subspecies aufzustellen, rechne ich die Usambara- vögel zu fülleborm, da sie mir dieser Rasse am nächsten .zu stehen scheinen. — Flügellänge (910°) 52—56 (meist 53—54) mm. Nectarinia famosa cupreonitens Shell. Drepanorhynchus reichenowi Fschr. Dieser prachtvolle Blütensauger war bisher von Kikuju bis zum Kilimandjaro nachgewiesen, jetzt ist er durch die Roehl’schen Samm- lungen auch für das Usambaragebiet bekannt geworden. 4 ausgefärbte Q'C' haben 75—78, 2 unausgefärbte J'I" 72, 12 vermutliche QQ 64—67 mm Flügellänge. — 260 22 und unausgefärbte Stücke verschiedener Arten von Nectarinien der Sammlung Roehl habe ich wegen Zeitmangels nicht weiter berücksichtigt. Sylvildae. Cisticola ruficapilla soror Rehw. Cisticola erythrops Hartl. Bradypterus nyassae usambarae Rchw. Neue Form. Reiche- now’s Beschreibung derselben lautet: „Dem B. nyassae am | | | | | | | ru a a A 113. 114. 115. 116. Über eine Vogelsammlung aus West-Usambara. 185 ähnlichsten, Oberseite ebenso dunkel rostbraun, aber Schnabel dünner und Kehle wie Mitte des Unterkörpers reinweils, nicht gelbbraun verwaschen. Lg. etwa 140, Fl. 55, Schw. 55, Schn. 10 mm“. (Journ. f. Ornith. 1917, p. 391). Bradypterus roehli Grote. Diesen von Roehl gesammelten Vogel habe ich jüngst als neu abgetrennt, da er von den bisher bekannten Bradypterusarten nicht unerheblich abzu- weichen scheint. Er ist recht dunkel, hat reinweilse Kehle und zwar spärlich, aber doch deutlich gestrichelten Kropf. Ausführlicheres bitte ich in der Urbeschreibung in den Ornith. Monatsber. 1920 p. 6—7 nachzulesen. Prinia mystacea Rüpp. ? Prinia metopias Rchw. Neue Art. „Stirn rotbraun, nach dem Hinterkopf zu in rostolivenbraun übergehend ; Kopfseiten hell rostfarben; Rücken nnd Flügel olivenbraun; Kehle und Mitte des Unterkörpers, weils; Körperseiten . graubraun; Schwanzfedern dunkel olivenbraun; Schnabel schwarz, Füfse hornbraun. Lg. etwa 100, Fl. 48, Schw. 40, Schn. 12, L. 22 mm.“ (Reichenow, Ornith. Monatsber. 1907, p. 30). Apalis ruficeps Rchw. Neue Art. „Mit auffallend kurzen und schmalen Schwanzfedern. Stirn brennend rotbraun, auf dem Hinterkopfe in mattes Rotbraun übergehend; Kopf- seiten hellrotbraun; Kehle weils, hellrotbraun verwaschen; Unterkörper weils; Körperseiten graubräunlich; Rücken bräunlichgrau, etwas ins Olivenbräunliche ziehend; Flügel- decken grau; Schwingen dunkelgraubraun, aufsen oliven- bräunlich gesäumt; Schwanzfedern grau, die äufseren mit schmalem weilsen Endsaume. Länge etwa 105, Flügel 45—47, Schwanz 37—40, Schnabel 11, Lauf 20 mm.“ (Reichenow Ornith, Monatsber. 1908; p. 119). Eine Abbildung dieser Art findet sich im Journ. f, Ornith. 1908, Taf. 11. Apalis griseiceps thescela Oberh. Die beiden hierher ge- hörigen mangelhaft präparierten Bälge der Sammlung Roehl stelle ich vorbehaltlich zu dieser von Oberholser nach Kilimandjarovögeln aufgestellten Form.!) Von dem Typus von A. murina Rchw. (von Mararupia, Rowumagebiet) unter- scheiden sich die Usambaravögel durch stärker grünlich verwaschene Oberseite und blassgelben Bauch, der bei murina nur gelblich verwaschen ist. 1) Wie ich nachträglich ersehe, hat O. Neumann in den Orn. Mtsber. 1914 p. 10 bereits dieselbe Ansicht ausgesprochen. Ihm lag damals nur ein Exempl. vor; das mittlerweile aufgefundene zweite Stück hat dieselbe Färbung. (G.) 156 Hermann Grote: 117. Suaheliornis kretschmeri Rchw. u. Neum. Das einzige von 118. 119. 120. 121. 122. Roehl gesammelte Stück weicht etwas vom typischen S. kreischmeri vom Kilimandjaro (Typen untersucht) ab, und zwar durch deutlichere und grünere Längsstreifung der Unterseite und etwas weniger grün verwaschenen grauen Kopf; es nähert sich damit etwas dem grauköpfigen 8. k. griseiceps Grote von der deutschostafrikanischen Südküste, ist aber viel grüner. Suaheliornis albigula Grote. Diese neue, von Pastor Roehl entdeckte Art, die ich kürzlich in den Ornith. Monatsber. (1919, Heft 5/6) beschrieben habe, ist von.der vorher- gehenden durch die weilsliche Kehle, die gelben Unterflügel- decken, geringere Grölse, kürzeren Schnabel und die dunklen und kürzeren Fülse leicht zu unterscheiden. Oberseits olivengrün, Kopf grau verwaschen; Ober- schwanzdecken olivengrün; Kehle graulichweils; Unterseite hellgrau, olivengrünlich längsgestreift; Unterflügeldecken blafsgelb; Innenfahnen der Schwingen blafsgelb gesäumt (bei 8. kreischmeri weifslich); Schwanz wie bei S. kretschmeri, aber etwas kürzer; Fülse am Balge fast schwarz (bei kreischmeri hellbraun). Fl. 63, Schw. 65, Schn. 13, Lf.20 mm. Phylloscopus trochilus L. Crateropus plebejus hypostictus Cab. u. Rchw. Ein Exemplar. Greoeichla gurneyi usambarae Neum. — Acht Exemplare. Turdus abyssinicus roehli Rehw. Diese neue Form, die mir in 170 von Roehl gesammelten Exemplaren vorliegt, be- schreibt Reichenow folgendermalsen: „Dem T. abyssinicus am ähnlichsten, aber oberseits dunkler und grünlicher, Kropf grauer, das Orangerotbraun des Unterkörpers, das sich auch über die Körperseiten erstreckt, bei recht alten Vögeln noch brennender, Flügel und Schwanz kürzer. Lg. etwa 200—220, Fl. 105-110, Schw. 75—85, Schn. 21, L..30—31 mm. Schnabel orangerot, Fülse anscheinend im Leben gelb. Von T. milanjensis durch etwas grünlicheren Ton der Oberseite, orangerotbraune, nicht oliven verwaschene Körperseiten und kürzere Flügel und Schwanz unterschieden.“ (Ornith. Monatsber 1905, p. 182). — Die Ausdehnung der weilsen Färbung am Kinn ist verschieden. Bei manchen Stücken ist nur die Stelle unterm Schnabel weiß, beianderen erstreckt sich das Weifs über die ganze Kehlmitte hinunter. Jüngere Vögel sind unterseits schwarzbraun gefleckt (fast gebändert), und zwar auf der Hinterbrust und dem Bauche auf rotbraunem, auf dem Kropfe auf hellgelbbraunem Grunde. Die Fleckung schwindet zuerst auf dem Bauche, am längsten hält sie sich auf der Vorderbrust. Bei jungen Vögeln haben ferner die Flügeldecken rostfarbene Spitzen und Schäfte, die Federn des Oberkopfes und des Rückens #7 - f u Ei Äe e Sa AU Sn a nn 0 \ u a a Se Fe ee ee a ee Fe a a Ve en Br ü E bi 123. 124. 127. 128. Über eine Vogelsammluug aus West-Usambaraä. 137 haben dunkle Endsäume, so dafs auch die Oberseite schwach gefleckt erscheint. Monticola sazxatılis L. Thamnolaea cinnamomeiventris usambarae Neum. Diese neue Form charakterisiert Neumann in den Ornith. Monats- ber. 1914, p. 11 folgendermafsen: „g‘ sehr ähnlich dem 1 von T. c. subrufipennis Rchw., aber durch die vollkommen fehlende oder kaum angedeutete weilse Zone unterhalb der schwarzen Kehle verschieden. Das Rotbraun der Brust Mech wie bei Z. semirufa unmittelbar an die schwarze ehle. Q' wie Q auch etwas dunkler rotbraun auf Brust, Bauch und Bürzel als bei T. c. subrufipennis. Beim Q sind auch die grauen Teile etwas dunkler“. — Flügelläinge von 6 091: 108—113, von 4 99: 100—106 mm. R Pratincola torguata salax Verr. (Über P. salax und P. axillaris vgl. Reichenow, „Die Vogelfauna des Mittelafri- kanischen Seengebiets‘, p. 369). Turdinus stictigula Rehw. Neue, von Roehl entdeckte Art. „Oberseits olivenbraun, etwas ins Rotbraune ziehend, auf dem Oberkopfe sehr stark ins Rotbraune ziehend; Ober- schwanzdecken rostbraun; weifser Augenring; Ohrfedern trüb rostbraun, an der Wurzel grau oder weifslich; Kehle weils, rostfarben verwaschen und grauschwarz gefleckt (am Ende jeder Feder ein grauschwarzer Fleck); Brust- und Bauchmitte zimtfarben, auf dem Bauche blasser, nach hinten zu weißslich; Körperseiten olivenbraun; ÜUnter- schwanzdecken zimtfarben; Unterflügeldecken grau oder weifslich; Schenkel graubraun; Schwingen schwarzbraun, aufsen olivenbraun gesäumt; Schwauzfedern schwarzbraun, aulsen rostbraun gesäumt. Lg. etwa 160, Fl. 76—80, Schw. 70, Schnabel 16, L. 30 mm“ (Reichenow, Ornith. Monatsber. 1906, p. 10.) Alcıppe abyssinica Rüpp. Ich vermag keinen Unterschied zwischen den vorliegenden 4 adulten Usambaravögeln und Exemplaren vom Kilimandjaro und von Kikuju zu finden. Das Braun der Oberseite wechselt etwas im Ton bei Vögeln von denselben Fundorten. Die Usambaravögel haben 66—67 mm Flügellänge, also kleine Mafse. Ein junger Vogel der Sammlung Roehl ist bis auf den sehr stark braun verwaschenen Oberkopf wie die alten Vögel gefärbt. Mit dem Nachweise des Vorkommens dieses Vogels in Usambara ist das Verbreitungsgebiet desselben weiter nach Süden auszedehnt, als bisher bekannt war. Alethe fülleborni usambarae Rehw. Neue Form. „Der A. fülleborni sehr ähnlich, aber der rotbraune Ton der Ober- seite mehr ins Gelbliche zıehend. Fl. 103, Schw. 75, Journ, £, Orn, LXIX, Jahrg. April 1921, 10 138 H. Grote: Über eine Vogelsammlung aus West-Usambara. Schn. 19, L. 32—33 mm.“ (Reichenow, Opnitlı. Monatsber. 1905, p. 182). Es liegen 5 Exemplare vor. 129. Aletheanomala montana Rchw. NeueForm. „Der A. anomala Shell. sehr ähnlich, aber ganze Oberseite olivenbraun, nach dem Bürzel zu ins Gelbliche ziehend, Oberschwanzdecken rotbräunlich, aber düsterer als bei A. anomala; Lg. etwa 140, Fl. 80, Schw. 60, Schn. 14, L. 21 mm.“ (Reichenow Ornith. Monatsber. 1907, p. 30). Nachzutragen ist die Beschreibung des Jugendkleides Dieses hat oberseits denselben Grundton, wie beim adulten Vogel, doch sind Oberkopf und Kopiseiten, sowie der Unter- rücken hellbraun gefleckt, bzl. auf dem Scheitel mehr ge- strichelt. Die weifsliche Kehle ist grau. gestreift, die graue Unterseite blafsbraun gesprenkelt. 130. Cossypha caffra volaema Rchw. Die vorliegenden 3 Usambara- stücke haben auf den Körperseiten sehr viel Braun, der Ton der Oberseite ist olivenbraun, ebenso wie bei dem im Berliner Museum befindlichen Stück aus Mau, worauf O. Neu- mann seine Form mawensis begründet hatte, die aber nicht aufrecht zu erhalten ist. 131. Cossypha natalensis A. Sm. DBetreffs der von E. Mearns abgetrennten vermeiatlichen Subspezies verweise ich auf das vom Grafen Zedlitz im Journ. f. Ornith 1916, p. 107 Mit- geteilte. 132. Cossypha heuglini intermedia Cab. 133. Pogonocichla margaritata orientalis Fschr. u. Rchw. Prof. Reichenow hat den Usambaravogel als Zarsiger johnstoni montanus abgetrennt; ich vermag keinen Unterschied zwischen dem Typus von 7. orientalis (vom Pangani) und Usambaravögeln zu finden. Die Flügellänge von 20 adulten Usambaravögeln beträgt 77—85 mm, der Typus von orientalis hat 85 mm. Das Jugendkleid ist bisher nicht beschrieben. Es ist dem als „Zarsiger olivaceus Rchw.“ vom Niassagebiet be- . schriebenen jungen Vogel ähnlich, aber oberseits kräftiger grün, unterseits lebhafter gelb gefleckt. Nachträglich haben sich noch folgende Arten gefunden: Totanus ochropus L.; Turtur semitorquatus intermedius Erl. (ein Expl., Flügellänge 178 mm); Tympanistria tympanistria Temm.; Chalcopelia afraL. (Flügelfleck stahlblau); Oxculus solitarius Steph.; Ohrysococeyx& klaasi Steph.; Coracias garrulus L.; Corvus albus P. L. S. Müller = (0. scapulatus Daud.). 189 e Der Kleine Krabbentaucher, Alle alle L., in Westfalen, - sein Vorkommen im Innern von Deutschland und an den deutschen Küsten. Von Dr. Hermann Reichling, Leiter des Westfälischen Provinzialmuseums für Naturkunde, Münster in Westf, In „Falco“ (Herausg. O. Kleinschmidt-Dederstedt) Jahrg. 1920, Nr. 1, p. 6 fand ich vor kurzem in einer von W. Seemann- Osnabrück veröffentlichten Arbeit!) eine Notiz über die Er- beutung eines Kleinen Krabbentauchers, Alle alle L., im Osna- brücker Lande; das Belegstück sollte Ende November 1916 bei Natruphagen von einem Bauern gefangen und in dessen Besitz verblieben sein. Die Angabe über das Vorkommen eines so hochnordischen und typischen Seevogels an einer so weit — über 120 km — von der Küste abgelegenen Stelle interessierte mich natürlich lebhaft, zumal die Art freiwillig nie das Meer verläfst und nach den vorliegenden Literaturberichten bisher nur äufserst selten ins Binnenland verschlagen worden ist. Jedenfalls ist Alle für das gesamte deutsche Binnenland erst einige wenige Male einwandfrei nach- gewiesen. Behufs Aufklärung dieses interessanten Vorkommnisses er- kundigte ich mich sofort bei Seemann nach näheren Einzelheiten der Erbeutung, indem ich zugleich nach dem Namen des be- treffenden Bauern anfragte. Seemann konnte mir jedoch nicht die gewünschten Angaben mitteilen, sondern nur die Richtigkeit seiner Notiz auch mit dem Hinweis darauf bestätigen, dals er das Stück persönlich in Augenschein genommen habe. Natürlich liefs ich den Fall nicht auf sich beruhen, besprach vielmehr das seltene Vorkommnis mit mehreren ornithologisch interessierten Herren, u. a. auch mit Herrn Rudolf Koch-Münster, einem der besten Kenner unserer westfälischen Avifauna. Koch entsann sich, Ende November 1916 hier im Provinzial-Museum einen Krabbentaucher gesehen zu haben, der für eine Osnabrücker Firma in Komission präpariert worden sei. Dasselbe bestätigte mir der Museumspräparator Müller. Ich setzte mich daraufhin sofort mit der genannten Osnabrücker Firma in Verbindung und erfuhr so den Namen des glücklichen Besitzers, der den Krabben- taucher seinerzeit dort eingeliefert und präpariert zurückerhalten \ ) W. Seemann: „Irrgäste und Ausnahmeerscheinungen im Osnabrücker Lande“, 10* 140 Hermann Reichling:: hatte. Noch an demselben Tage fuhr ich nach Natruphagen i. Westf. und fand zu meiner Freude beim Gastwirt B. Rieke das seltene, guterhaltene Exemplar vor. Der Sohn des Gastwirts, August Rieke (Schriftsetzer in Lengerich) hatte den aulfser- ordentlich seltenen Binnenlandgast unfern Lengerich erbeutet. So konnte ich denn auch alle näheren Einzelheiten dieses inter- essanten Falles in Erfahrung bringen und selbst wenige Tage später die merkwürdige Fundstätte besichtigen. Der hier in Rede stehende Krabbentaucher, ein altes Weibchen in reinem Winterkleide, wurde von letztgenanntem am 21. November 1916, gelegentlich eines sonntäglichen Spazierganges, in den Kalksteinbrüchen bei Lengerich in Westf. lebend gefangen. A. Rieke durchstreifte am Morgen dieses Tages mit einem Be- gleiter die unmittelbar hinter den Lengericher Cementwerken gelegenen Kalksteinbrüchke und gewahrte plötzlich an einer gröfseren, steil abfallenden Wand einen auffälligen, nie gesehenen Vogel, der noch dadurch seine besondere Aufmerksamkeit erregte, dafs er eine ganze zeitlang vor einem bestimmten Vorsprung herumflatterte und auch gar keine Miene machte, abzustreichen, als seine Verfolger sich eilenden Schrittes bis auf 20 Schritt ge- nähert hatten. Um des, wie er wohl annahm, flügelverletzten Vogels habhaft zu werden, erklomm Rieke schnell die sehr steile Felswand und überstieg den Vogel von der Seite her, während sein Begleiter am Fulse des Kalksteinbruches verblieb und von hier aus das Stück im Auge behielt. Vorsichtig stieg Rieke nun die jäh abfallende Wand herunter, um den betreffenden Fels- vorsprung zu gewinnen, auf dem inzwischen der merkwürdige Vogel gefufst hatte. Beim Anblick seines Verfolgers flog der- selbe jedoch nicht ab, sondern verkroch sich ins Kalksteingeröll. Rieke hatte inzwischen den Felsvorsprung erreicht. Als er An- stalten machte, das Stück mit den Händen zu greifen, setzte es sich stark zur Wehr, bifs heftig um sich und stiefs andauernd ein rauhes „Räck, Räck, Räck, Räck“ aus. Der Angreifer wurde sogar mehrmals in die Finger gebissen, ehe es ihm gelang, den Vogel aufzunehmen. Die seltene Beute wurde lebend mit nach Hause genommen. Doch war der Vogel hier nur einen Tag lebend zu erhalten, da er jede Nahrung verschmähte und auch gewaltsam eingegebenes Futter sofort wieder ausspie. Die eigenartige Fundstätte, der icb selbst in Begleitung des Genannten am 19. Februar d. Js. einen Besuch abstattete, liegt ca. 2 km östlich vom Bahnhof Lengerich, inmitten eines ausgedehnten Kaiksteinbruches, einige Minuten hinter der am höchsten gelegenen Cementfabrik. Rechts am Fulse der lang- gestreckten Wand ist ein gröfseres rundes Cementbecken er- richtet, welches als Wasserreservoir dient und den nahe gelegenen Fabriken die nötigen Wassermengen zuführt. Ob der seltene Irrgast schon mehre Tage hier verweilt und vielleicht auch das gefüllte Wasserbassin benutzt hat, vermag ich nicht zu sagen. Der Kleine Krabbentaucher in Westfalen. 141 Beachtenswerterweise liegt die Fundstätte ca. 20 km von der Ems ab, wohl die einzige Wegstrecke, die das Stück bei seiner Binnenlandreise vom Dollart an emsaufwärts eingeschlagen haben dürfte Es zeigt dieser Fall somit, dafs der hier in Rede stehende Krabbentaucher sich nicht ausschliefslich an den Flufs- lauf der Ems gebunden hat, ferner, dafs sein Flugvermögen gar nicht so gering zu veranschlagen ist, wie es gemeiniglich an- genommen wird. Was nun die Frage betrifit, warum der Taucher gerade an dieser Stelle seine verhängnisvolle Irrfahrt unterbrochen hat, so dürfte man die Beantwortung derselben wohl mit der.eigenartigen Beschafferbeit der Fundstätte in Zusammenhang bringen. Es ist vielleicht nicht ausgeschlossen, dafs der so tief ins Binneniand verschlagene typische Seevogel durch das Wasserbassin und die anschliefsende steile Feiswand — ein in gewisser Hinsicht seinen natürlichen Lebensverhältnissen entsprechender Aufenthaltsort — veranlafst worden ist, gerade hier seine ziellose Irrfahrt abzu- brechen. Der Felsvorsprung, d. bh. die Stelle, wo das Stück erbeutet ‘wurde, liegt genau 13 m über dem Fufse der Kalksteinwand. Die Witterung am Tage der Erbeutung war trübe, regnerisch, ohne starke Luftströmungen. Wie ich schon eingangs andeutete, gehört die Erbeutung dieser hochnordischen Art im Binnenlande, an einer so weitvon der Küste abgelegenen Stelle, zu den seltensten Ausnahmeerscheinungen. Auffallenderweise liegen aber aus dem Spätherbst 1916 über das Vorkommen von Alle in der deutschen Nordsee keine Angaben vor, doch dürfte dies sicherlich auf den durch die Kriegslage bedingten Mangel an Beobachtern zurückzuführen sein. Jedenfalls werden auch um diese Zeit kleinere Krabben- tauchergesellschaften — eine stärkere Invasion dürfte wohl nicht stattgefunden haben — unsere Nordseegewässer besucht haben, da Anfang November 1916 in Westeuropa recht stürmische Witterung vorherrschte Nach den mir vorliegenden amtlichen Wetterberichten des Meteorologischen Observatoriums Essen, die mir Dr. Eckhardt gütigst übermittelte, wehten in der Zeit vom 1. bis 11. November 1916 auf der Nordsee infolge sehr niedrigen Barometerstandes lebhafte, vielfach auch stürmische südliche oder südwestliche Winde Am 12. und 13. ds. Mts. flaute und drehte der Wind nach Nordwest ab. Am 14. fand auf der Nordsee eine weitere Drehung des schwach entwickelten Windes nach Ost. statt, die infolge Hochdruckcharakters bis zum 17. an- hielt. Am 18. und 19. setzte stürmischer Ostwind ein, da von Südwesten her tiefer Druck herannahte.e Am 20. drehte der Wind wieder über Südosten nach Süden ab. Das nordwest- deutsche Binnenland war in der fraglichen 142 Hermann Reichling: Zeitkeinen besonders starken Luftströmungen ausgesetzt. Der Besitzer des Krabbentauchers war so gütig, mir das seltene Objekt zu überlassen. Ich habe den interessanten Irr- gast als eins der wertvollsten Belegstücke unter den Ausnahme- erscheinungen der westfälischen Avifauna den Sammlungen unseres Pronvinzial-Museums überwiesen. Um auch die eigen- artige Fundstätte im Präparat zur Veranschaulichung zu bringen, liefs ich das Stück auf einer dem Original ausgezeichnet nach- gebildeten Kalksteinwand zur Aufstellung bringen. Was die Verbreitung von Alle betrifit, so ist derselbe als Brutvogel auf den eircumpolaren Norden beschränkt. Besonders häufig besiedelt die Art die Küsten von Spitzbergen, Franz Josefs-Land, Novaja Semlja, Neusibirien, noch zahlreicher, sogar in Myriaden die Westseite Grönlands und die gegenüberliegende Küste von Nordamerika (Davidsstrafse, Hudsonsbai, Baffinsmeer). Wie erstaunlich hoch in solchen Gegenden die Individuen- anzahl der dort brütenden Krabbentauchermassen sein mulfs, darüber geben uns die Berichte der Seefahrer, die bis in jene abgelegenen Eismeerregionen vorgedrungen sind, eine annähernde Vorstellung. Nicht Tausende, sondern Aber- und Abertausende, besiedeln hier in den Sommermonaten die steilen Meeresküsten und die jäh abfallenden Inselberge und zwar in so unmittelbarer Nachbarschaft, dafs das Gestein von all den zahllosen Brutvögeln buchstäblich verdeckt wird, während die angrenzende See von weiteren Scharen meilenweit bevölkert ist. Beachtenswert ist das unglaublich wetterharte Naturell dieser echten Seevögel, die selbst bei starkem Wogengang im Element sind und unentwegt nach Nahrung tauchen. Nur nach Eintritt äufserst strenger Kälte, oder wenn ihnen das Treibeis die offenen Meeresstellen verschliefst, wandern die Krabbentaucher- scharen südlicher, aber auch nur soweit, als sie wieder auf gröfsere eisfreie Flächen stofsen. Daher ist es auch erklärlich, dafs die englischen und norwegischen oder gar die deutschen Gewässer, auch wenn einmal gröfsere Gesellschaften dort im Winter als Vorboten strenger Kälte oder stürmischer Witterung angetroffen werden, immer nur von einem Bruchteil jener Massen- verbände aufgesucht werden, welche in den Eismeerregionen be- heimatet sind. Über das Vorkommen der Art im Innern von Deutschland liegen bisher nur einige wenige zuverlässige Angaben vor. Für das nordwestdeutsche Binnenland ist Alle mit Ausnahme des von mir behandelten Falles noch niemals bestätigt worden. Ein Exemplar soll nach Dr. Fischer!) im Winter 1838/39 in der Nähe von Ludwigsburg, bei Hoheneck am Neckar, lebend 1) Dr. W. J. Fischer: Die Vogelwelt Württembergs, Stuttgart 1914, p. 56. \ Der Kleine Krabbentaucher in Westfalen. 143 gefangen und in die Landsbeck’sche Sammlung gelangt sein. Ob dieses Stück später in die Tübinger Sammlung übergegangen und mit dem dort befindlichen Exemplar identisch ist, vermag Fischer nicht zu entscheiden. _ Für Ostpreufsen ist der Krabbentaucher nach mir soeben zugegangener Mitteilung der Herren Amtsgerichtsrat Tischler- Heilsberg und Professor Dr. J. Thienemann-Rossitten noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen, d. h. auch nicht für die ostpreufsische Küste. i In Brandenburg ist die Art nach A. Krause (Helios, 1891, 9. Jahrg., p. 18—19) und nach H. Schalow !) nur ein einziges Mal und zwar im Jahre 1891 vorgekommen; dieser Fall ist auch des- wegen beachtenswert, weil das betreffende Stück sogar mehrere Tage innerhalb der Grofsstadt Frankfurt a.O. beobachtet werden’ konnte. Der Taucher hielt sich dort von Ende Januar bis An- fang Februar 1891 in Gesellschaft mehrerer Mittlerer Säger. (Mergus serrator L.) an einer eisfreien Stelle der Oder auf, eifrig nach Nahrung tauchend. Das betreffende Stück wurde nicht erlegt und war am 3. Februar verschwunden. Schalow erwähnt in seiner schon vorher zitierten Fauna ferner einen Binnenlandgast, welcher nach einer ihm von Tischler zugegangenen Mitteilung im Winter 1916/17 an einem märkischen See erlegt worden sei. Herr Tischler war so liebenswürdig, für mich den genauen Erlegungsort und den Verbleib dieses Stückes zu erkunden; dasselbe ist im Januar oder Februar 1917 auf dem Gutlacksee bei Lindow, unweit Rheinsberg, erlegt und befindet sich im Besitz des Kreistierarztes Gude-Ragnit (Ostpr.). Mit Recht hebt Schalow (ebenda) hervor, dafs die von E. von Homeyer (Schilling, Hornschuh) über Alle alle für Pommern und von Zander und von Maltzahn (von Grävenitz) für Mecklen- burg angeführten, allgemein gehaltenen Bemerkungen, da sie nicht zu belegen sind, keinen Anspruch auf Zuverlässigkeit erheben dürfen. gi Im Bereiche der deutschen Küsten kommt der kleine Nord- länder für das Ostseegebiet nur als sehr seltene Erscheinung in Betracht, während die Art in der Nordsee zu den regelmäfsigen, allerdings nicht gerade häufigen Spätherbst- und Frühwintergästen gehört. Fast regelmäfsig zeigte sich Alle in den letzten Jahren bei Helgoland und zwar nach Eintritt sehr stürmischer, schlechter Witterung im November und.Dezember, zuweilen auch häufiger und in kleinen Trupps. Wie unglaublich wetterhart diese echten Seevögel sind, erhellt auch daraus, dafs die Nordee-Krabben- taucher nicht den Ausgang der Wintermonate abwarten, sondern trotz Sturm und Kälte schon Ende Januar oder in den ersten Februartagen wieder abgewandert sind. Beobachtungen über 1) H. Schalow: Beiträge zur Vogelfauna der Mark Brandenburg, Berlin 1919, p. 162. 4 ©. ah 7 Y 144 Hermann Reichling \ Vorkommen der Art ebenda nach Mitte Februar oder im März sind bisher nicht gemacht, wie auch kein in den Nordseegewässern erbeutetes Stück im Frühlingskleide bekannt geworden ist. Au! Helgoland zeigte sich Alle nach Gätke’s!) Beobachtungen, die sich auf einen mehr als 50jährigen Zeitraum (1837 —1890) erstrecken, alljährlich vereinzelt, in manchen Jahren sogar ziem- lich zahlreich. In neuerer Zeit, seit Bestehen (1909) der Vogel- warte Helgoland, hat Dr. H. Weigold eine Reihe genauer Beob- achtungen über das Vorkommen von Alle bei Helgoland und in der Nordsee veröffentlicht; dieselben sind enthalten in den Jahresberichten der Vogelwarte Helgoland (Sonderhefte des Journals für Ornithologie: 1910, 1911, 1912, 1915, 1917). Ich möchte im folgenden die Weigold’schen Angaben im Auszuge wörtlich wiedergegeben: | 1910 (Sonderheft 1911) p. 24: „Heuer gab es im November nach einer längeren Periode nördlicher und nordwestlicher Winde eine kleine Invasion der ganzen deutschen Nordsee durch ‚diese allerliebsten Taucher. Nur langanhaltendes, stürmisches Wetter bringt eben die kleinen Nordländer, deren südlichster Brutplatz auf der Insel Grimso an der nördliehsten Küste Islands liegt, in unsere Breit:n. Schon am 12. November wurde mir berichtet, eben sei ein Krabbentaucher um die Nordostecke der Insel ge- flogen. Geradezu häufig traten sie aber während meiner Abwesenheit vom 21. bis 24. auf. Am 21. sah der Fisch- meister in O. S. OÖ. etwa 1 km vor der Aade (Südspitze der Düne) wiederholt kleine Gesellschaften, im ganzen, doppelte Beobachtung angenommen, etwa 6-7 St. Die- selben waren es wohl, die am 22. (5) und am 24. (mind. 2) gelegentlich eifriger Wasserjagd geschossen wurden. Es ist anzunehmen, dafs noch der eine oder andere mehr da gewesen ist.“ Auswärtige Beobachtungen. „Am 20. November, also fast zu gleicher Zeit wie auf Helgoland, ward gleichzeitig 1 St. am Feuerschiff Elbe III von Dr. Keilhack und 4 St. am Feuerschiff Borkum -Riff von mir beobachtet.“ Über letztgenaunte Vorkommnisse hat Weigold eine Arbeit: „Krabbentaucher an der deutschen Küste“ (Orni- thologische Monatsschrift 1911, p, 123—125) gebracht, aus der noch hervorzuheben wäre, dafs die Witterung in der Zeit vom 17.—24. November 1910 auf der Nordsee durch lebhafte nördliche und nordwestliche Winde ohne direkte Stürme charakterisiert war. ı) H. Gätke: Die Vogelwarte Helgoland, Braunschweig 1900, 2. ’ Au Der Kleine Krabbentaucher in Westfalen. 145 1911 (Sonderheft 1912) p. 30: „Im November ward am 16. nach Jak. Reymers einer gegriffen, am 19. schofs Ch. Auckens zwei, am 23. kaufte ich einen.“ 1912 (Sonderheft 1917) p. 7 „5. Januar 1 Alle alle erlegt, sehr mager. Früh Regen, bedeckt. Wind schwächer 55 W—WNW.“ „24. Januar (p. 10) 1 Alle alle lebend gefangen, der mar- kiert wird. Schwacher O—SSO, trüb, Regen, Nebel, kalt.“ „3. Februar (p. 12) 1 Alle alle. Starker Frost. Früh 8,7%. Tags auch — 8°. Fast still, später leichter N—O.“ „d. Februar (p. 12) 1 Alle alle. Sehr kalt — 10°. Sonnig, heiter. SO—SOS aufgefrischt. See gröber.“ „6. November (p. 59) 1 Alle alle. - Mäfsiger abflauender ONO—S. Vorm. heiter, nachm. bedeckt. Schönes stilles Wetter.“ „17. Dezember (p. 64) 1 Alle alle wurde gegriffen und markiert. Mälsiger WNW-—W-Sturm, öfters Regen, Graupel, einmal eine Gewitterböe.“ 1916 (Sonderheft 1918) p. 52: „Am 12. Dezember waren an der Düne mehrere (12— 20 oder mehr) Krabbentaucher (Alle alle), die 5—6 Tage dort blieben.“ 1917 (Sonderheft 1918) p. 81: „11.—13. November. Nach Berichten von Fischern sind jetzt auf See recht viele Krabbentaucher (Alle alle), z. T. in grofsen Scharen. Schwache und mälsige nordwestliche Winde, am 11. und 12. ziemlich sichtig, 13. diesig, meist bedeckt.“ Aus den Weigoid’schen Notizen geht hervor, dafs Alle in den Jahren 1913, 1914, 1916, 1918 und 1919 bei Helgoland nicht zur Beobachtung gelangte. Wie mir Dr. Weigold soeben be- richtet, zeigten sich im Januar 1920 wiederum drei Stücke, von denen eins am 2. Januar lebend ergriffen, ein zweites totgeschlagen wurde. Das dritte Exemplar wurde von Fischmeister Lornsen am 3. Januar auf See gesichtet. Über das spätherbstliche Vorkommen der Art in der Nähe der ostfriesischen Inseln liegen ebenfalls einige Angaben vor. Der hervorragende westfälische Ornithologe, Ferdinand Baron Droste-Hülsboff, der in den Jahren 1862—1869 auf Borkum und an der ostfriesischen Küste eingehend dem Studium der Seevögel oblag und seine vorzüglichen Beobachtungen in dem geschätzten Werke: „Die Vogelwelt der Nordseeinsel Borkum“, Münster 1869, niedergelegt hat, erwähnt (p. 371) über Alle, dafs er sich in Ost- friesland hauptsächlich nach strengen Winterstürmen einstellte 146 Hermann Reichling: und dann oftmals tot am Strande ausgeworfen wurde. Droste führt (ebenda) auch ein bei Norden erlegtes Exemplar auf. Nach Otto Leege!)-Ostermarsch zeigte sich der Krabben- taucher in neuerer Zeit verschiedentlich auf Juist und zwar regelmälsig in strengen Wintern, sowohl einzeln wie in kleinern Gesellschaften, letztere z. B. am 14. November 1899. ,„Wieder- holt wurden mir im Dezember oder Januar lebende, anscheinend durchaus gesunde Vögel gebracht, die ich, auf einem grölseren Zuber hielt, um mich an ihren Schwimm- und Tauchkünsten zu erfreuen. Jede dargebotene Kost wurde hartnäckig verschmäht, und selbst gestopfte Fleisch- und Fischstücke wurden sofort wieder ausgespien, bis die niedlichen Burschen nach kurzer Zeit eingingen.“ Im Dezember 1899 flogen, wie Leege ebenda be- richtet, drei Krabbentaucher bei starkem Frost und Schneetreiben in rasender Fahrt durch den Ort (Juist), um sich bei einem Hause niederzulassen, Schutz vor der Witterung suchend. Leege sind auch des öfteren glaubwürdige Angaben über erlegte Krabben- taucher aus dem umliegenden Nordseegebiet mitgeteilt worden, allerdings nicht mehr aus den allerletzten Jahren, wie ich gerade von ihm erfahre. Leege erwähnt ebenda (p. 4) ziemlich regelmälsiges Vor- kommen an der oldenburgischen Küste, vor der Weser- und Elb- mündung sowie an der Westküste Schleswigs. In sehr kalten Wintern sollen Krabbentaucher auch ins Kattegat und in den Sund vordringen, sogar in grölserer Anzahl zuweilen die Ostküste Jütlands und deren Buchten besuchen, desgleichen die Westküste dieser Halbinsel (vergl. Neuer Nau- mann, Bd. XII, p. 151). Verbürgte Fälle werden jedoch nicht aufgeführt. “ In den eigentlichen Ostseegewässern hat Alle sich nach den vorliegenden Beobachtungen bisher nur ganz vereinzelt gezeigt. Ein einzelnes vor 1880 bei Travemünde erlegtes Exemplar, welches sich nach E. v. Homeyer im Lübecker Museum befinden soll, wird von demselben in seiner „Reise nach den Nordseeinseln“ auf- geführt. Nach W. Hagen?) ist es dort nicht mehr vorhanden. Durch Hagen®) sind 3 weitere Fälle bekannt geworden, von denen ein Stück am 21. November 1912 auf der Lübecker Bucht er- beutet wurde. (Dasselbe wird jedoch in seinem unter ?) be- zeichneten Werke (p. 16) als von Niendorf (Fehmarn) stammend aufgeführt.) Ein weiterer Krabbentaucher (Belegstück des Lübecker Museums) wurde nach Hagen®) in der zweiten Hälfte Dezember 1) 0. Leege: Die Vögel der ostfriesischen Inseln, Emden u. Bokum 1905, p. 4. 2) W. Hagen: Die Vögel des Freistaates und Fürstentums Lübeck, Berlin 1918, p. 16. °») W. Hagen, Krabbentaucher in der Ostsee (Ornith. Monats- berichte 1918, p. 71—72). Der Kleine Krabbentaucher in Westfalen. 147 1917 dem Lübecker Präparator Röhr aus Travemünde eingeliefert, während das dritte Stück nach einer Hagen durch Sanitätsrat Dr. Schulz-Flensburg zugegangenen Mitteilung am 9. Dezember 1916 auf der Flensburger Förde erbeutet wurde. Für Westpreufsen (Küstengebiet) wies Professor Ibarth!)- Danzig-Langfuhr im Jahre 1914 die Art zum ersten Male nach, wo Genannter am 12. Dezember auf dem Danziger Fischmarkte ein Exemplar erstand; das betreffende Exemplar war westlich Neufähr in der Danziger Bucht in ein Fischnetz geraten (Beleg- stück in Ibarths Besitz). Für die pommersche Küste konnte Ibarth 2) die Art ebenfalls einmal bestätigen; das Stück, im Be- sitze des Regierungsbaumeisters Radke in Treptow a. d. R., wurde am 3. Dezember 1917 auf der Rega bei Treptow, ca. 6 km von der See, erlegt. Die Witterung an diesem wie an den vorher- gehenden Tagen und Wocher war wiederum sehr stürmisch, Windrichtung Nordwest. Für das Ostseegebiet vermag ich selbst noch einen bisher nicht bekannt gewordenen Fall anzuführen. Es handelt sich um ein von Alsen stammendes Stück ; dasselbe wurde am 26. Januar 1913 auf Taxensand, ca. 1200 m von der Küste, von dem seiner- zeit dort ansässigen Herrn B. Pabst-Flügge (Fehmarn) erlegt, ebenfalls nach sehr stürmischer Witterung, NW4. Herr Pabst überwies mir vor kurzem das Exemplar als Geschenk; es ist in- zwischen den Sammlungen unseres Proviuzial-Museums einverleibt. Soweit ich unterrichtet bin, ist dieser Krabbentaucher das erste sichere Belegstück für die schleswig-holsteinsche Ostküste. Kleine Mitteilungen. Von Ludwig Schuster. Einige bemerkenswerte Beobachtungen, die ich im Frühjahr und Sommer 1919 über die Vogelwelt Bad Nauheims machte, seien hier mitgeteilt; eingehender über die dortige Vogelfauna werde ich an anderer Stelle berichten, Die Singdrossel trittim Park und in den Anlagen des Bades sehr häufig, fast zu häufig auf; sie ist auch entsprechend zutrau- lich und singt dicht neben dem Spaziergänger, von Hecken, Zäunen, Bäumen, sogar vom Telegraphendraht herab ihr Lied. Im Frühjahr 1919 schlug am 16. Il. das Wetter um, ynd die Kälte wich warmer Witterung, Am 22. II. schlugen die Singdrosseln im Park und zwar waren dies, wie ihre Vertrautheit bewies, die hier beheimateten. Während der wochenlangen kalten Zeit ist l) Ibarth; Alle alle L., Ornith. Monatsschrift 1915, p. 252. 2) Alle alle an der pommerschen Küste erlegt, Ornith. Monats- berichte 1918, p. 29—80. mir nie ein Stück zu Gesicht gekommen, obschon ich täglich stundenlang im Freien war. Wenige Tage nach dem Witterungs- umschlag waren die Standvögel eingetroffen. Aus welchen Fernen ? Damals lag ganz Mitteleuropa wochenlang unter Eis und Schnee, Ich habe im Laufe des Frühlings und Sommers 23 bewohnte Singdrosselnester eingesehen; ein Nest stand nicht im Gebüsch, sondern war an einem Häuschen im Park auf einen Pfosten unter das überspringende Dach gesetzt. Auch ein typischer Beitrag zu dem Kapitel über die Einwanderung der Singdrossel in die Städte. Jourdain erwähnt ähnliche Fälle aus England, wo sich die Singdrossel ganz allgemein vertrauter zeigen soll als in Deutschland. Zu den sehr häufigen Vögeln des Parks gehört auch der Zaunkönig. Dieser Zwerg pflegt sein Nest an allen möglichen Stellen und Schlupfwinkeln anzubringen. Dafs er es aber auch wie jeder andere Vogel frei in die Äste von Nadelbäumen setzt, habe ich erst in diesem Sommer in mehreren Fällen erfahren. Zwei seiner Nester standen in der Spitze junger Fichtenbäumchen, zwischen die Quirlzweige gesetzt, 2,40 m und 2,30 m hoch, und schienen ausschliefslich als Schlafnester zu dienen. Ein drittes stand in einer Taxushecke, ganz wie ein gewöhnliches Nest in die schütteren Zweige in einer Höhe von ca. 2,0 m eingebaut, und wurde, nachdem es schon im Mai gebaut worden war, im Juli zum Aufbringen einer Brut verwendet. Das vierte war auf einen sich wagrecht über das Wasser des grofsen Teiches hin- streckenden Ast einer Eibe, 2,50 m über dem Wasserspiegel angebracht; es war auf eine Gabel des Astes aufgesetzt und seitlich an ein drittes dünnes Ästchen angelehnt, seine Form und sein Umfang waren entsprechend zusammengedrückt und klein. Ein fünftes Nest war zwischen den beiden letztjährigen Quirl- trieben einer Nordmannstanne in 0,40 m Höhe befestigt. Nach - meinen Erfahrungen macht hier in Bad Nauheim der Zaunkönig zwei Bruten, die Naumann im Gegensatz zu Bechstein für das aufsergewöhnliche hält; am 8., 15., 18., 25. Juni, 19. und 11. Juli fand ich frisch belegie Nester; die letzte Brut schlüpfte Ende Juli aus (Naumann schreibt, dafs er Ende Juli niemals mehr ganz junge Zaunschlüpfer gesehen habe) und verliefs Mitte August das Nest. Den Baumläufer sah ich auf eigentümliche Weise seine Jagd betreiben. Am 25. V., einem heifsen Tag, an dem die Luft voller Insekten war, las ein Vögelchen seine Beute nicht am Stamm ab, soudern fing sie aus der Luft weg; es rutschte lang- sam den Stamm einer Pappel hinauf und stiefs alle halb-, alle viertelminute, oft sogar in Zwischenräumen von wenigen Sekunden einen halben Meter bis 1 und 2 Meter weit in die Luft hinein, um mit sicherem Griff ein Insekt zu erhaschen. Diese Jagd be- trieb unser Vogel sehr eifrig und sehr lange, und nach der Geschicklichkeit zu urteilen, mit der er seine Beute grifl, mufs 143 Ludwig Schuster: En Kleine Mitteilungen. 149 sie ihm schon etwas vertrautes gewesen sein. Am 20. VI. sah ich an einer anderen Stelle des Parks einen Baumläufer auf gleiche Art Insekten fangen. Der Girlitz legt sein Nest bald hoch, bald niedrig, bald in den äufsersten hängenden Zweigen, bald mehr im Innern der Kronen auf schon etwas festeren Aestchen an; die äulsersten, hängenden und schaukelnden Zweige der Fichte werden gern als Nistplatz ausgewählt. Das Nest besteht aufsen aus Würzelchen, Stengeln, Moos oder Gespinnst, und ist im Vergleich mit anderen Nestern innen aufsergewöhnlich dicht und in starker Lage mit Federn ausgepolstert. Trotzdem kann ich das Nest nicht mit Naumann als eins der niedlichsten Vogelnester bezeichnen; es hat vielmehr auf mich stets den Eindruck des Unordentlichen und Flüchtigen gemacht. Eine besondere Eigentümlichkeit ist mir an diesem Nest aufgefallen, sobald es Junge enthielt. Dann häuft sich nämlich allmählich deren Kot iu einem dicker und -dieker werdenden Wall um den Nestkrarz auf. Offensichtlich pflegen die Eltern den Unrat der Jungen nicht wegzuschaffen, der sich nun langsam um den Nestrand ansetzt und diesen er- höht. Man findet Spuren dieser Unreinlichkeit bisweilen bei anderen Finkennestern, aber es bleiben dann eben nur Spuren, die sich weiter nicht unangenehm bemerkbar machen. Beim Girlitz fällt diese Unreinlichkeit sehr auf, und sie ist so typisch für alle Girlitzuester ausnahmslos, dafs man daran das Nest, auch wenn die Jungen es lange verlassen haben und es schon halb zerzaust ist, sofort unfehlbar erkennen kann. Ich habe in Afrika an Nestern tropischer Finken ähnliche Beobachtungen gemacht, und auch in dieser Hinsicht erweist sich mir der Girlitz als echter Südländer. Hier möchte ich einmal gänz allgemein meinem Zweifel Ausdruck geben, ob das Forttragen des Kotes aus dem Nest, wie es von den meisten Vögeln in sorgsamster Weise be- sorgt wird, überhaupt irgendwelchen Wert hat. Wir wissen, dals z. B. der Wiedehopf diesen Reinlichkeitstrieb nicht hat, und ich glaube, dafs noch keiner hat feststellen können, dafs etwa der Girlitz seine Brut seltener hochbringt als andere Vögel, die das Nest und ihre Jungen peinlich sauber halten; aus seinem hiesigen Auftreten darf man eher das Gegenteil folgern. Wozu also, darf ich fragen, macht sich denn der Vogel überhaupt diese Mühe? Hier möchte ich noch eine Beobachtung anfügen, die mir wieder zeigt, wie rein instinktmäfsig alle Handlungen des Vogels aus- gelöst werden. Ich hatte von einem Baumläufernest, das ich Mitte Juni hinter der Rinde eines Akazienbaumes fand, und das fast erwachsene Junge enthielt, die nach aufsen Nest und Jungen ab- schliefsende und schützende Rinde weggesprengt. Die Jungen salsen auf dem platten, winzig schmalen Nestchen eng zusammen- gehockt; jede Entleerung der Vögelchen mulste nun unbedingt ins Freie erfolgen, sodafs der Schmutz ganz von selbst zu Boden fiel, Der Baumläufer hatte aber aus der neuen Lage nichts ge- 150 Ludwig Schuster: lernt. Er safs nach jeder Fütterung geduldig am Nest und wartete auf die Entleerungen der Jungen, um den Kot, der ganz von selbst zu Boden gefallen wäre, sorgfältig wegzutragen, eben weil er es vorher auch so gewohnt gewesen war. Um nochmals auf den Girlitz zurückzukommen, so glaube ich, dafs eine zweite Brut in unserer Gegend durchweg die Regel ist. Wir hatten in diesem Frühjahr ein ziemlich starkes Auf- treten der Lärchenminiermotte (Tinea laricella) zu verzeichnen. Am 24. IV. beobachtete ich einen Trupp Distelfinken, 20—30 Köpfe stark, der in einem befallenen Lärchen-Jungbestand die Säckchen der Motte, die Larven und Puppen enthielten, eifrig verzehrte. Mit Hilfe eines vortrefflichen Glases konnte ich genau beobachten, wie die Finken aus den Nadelbüscheln der Lärche die Säckchen wegpickten, und eine gleich darauf vorgenommene Ökularbesichtigung der Aeste und Zweige zeigte deutlich, dafs da, wo ein Distelfink gearbeitet hatte, die Säckchen verschwunden waren. Am 4. V. beobachtete ich nochmals ein Pärchen, das: dieser sehr nützlichen Beschäftigung oblag. Es ist mir aufgefallen, wie aufsergewöhnlich tief der Buch- fink im Park zu Bad Nauheim oft seine Nester setzte. Naumann sagt, dafs er nie ein Buchfinkennest gefunden, das tiefer gestanden hätte, als dafs ein grofser erwachsener Mensch nur so eben mit der Hand hätte hineinlangen können. Der Bearbeiter des „Neuen Naumann“ fügt hinzu, dafs auch tiefstehende Nester vorkommen. Im Bad Nauheimer Park sogar sehr oft. Hier wird der Buchfink in der Tat fast zu einem halben Buschbrüter, und namentlich ist es der Hollunderstrauch und der Taxus, die von ihm gern als Niststrauch benutzt werden. Ich kann mich übrigens ent- sinnen, ähnliche Beobachtungen schon früher in anderen Anlagen gemacht zu haben. Von 20 in diesem Sommer im Nauheimer Park gefundenen Nestern notierte ich bei elfen derselben eine Standhöhe unter 2 m, nämlich: 1,0 m, 1,0 m, 1,10 m, 1,30 m, 1,40 m, 1,50 m, 1,70 m, 1,70 m, 1,80, 1,90 m, 2,0 m. Von den übrigen neun Nestern standen höchstens zwei höher als 3 m, die übrigen durchweg in Höhen von 2,0—2,50 m. — Die Färbungs- extreme in der Eıfarbe, auf die Naumann hinweist, sind mir früher nie so sehr aufgefallen wie gerade hier. Nester, in denen die Eier den einförmigen grünlichen Typus, mit ganz kleinen spar- samen braunen Pünktchen besetzt, hatten, fanden sich dicht neben solchen, in denen die Eier einen rötlichen Grund mit schönen grofsen Brandflecken aufwiesen; und es war manchmal wirklich schwer zu glauben, dafs beide Typen von ein und derselben Vogelart herrühren sollten. Uoser Haussperling ist im Gegensatz zu vielen anderen Vögeln ein ausgesprochener Langschläfer. Wenn ich des Morgens - in aller Frühe, um 4° vor Sonnenaufgang durch den Park in Bad Nauheim streifte, die mir bekannten Vogelnester revidierte und neue aufsuchte, dann war das Konzert der Drosseln, Gras- Kleine Mitteilungen. 151 mücken, Finken etc. schon in vollem Gang, während ich die Hausspatzen um diese Zeit und noch fast eine halbe Stunde später schlaftrunken aus ihren Nachtquartieren in den die Bade- häuser umwuchernden Schlangpflanzen heraustrieb Den vielleicht ausgesprochensten Gegensatz zeigt die Rabenkrähe; sie gehört zu denjenigen Vogelarten, die am spätesten zur Ruhe gehen und am frühesten rege sind. Ich habe im verflossenen Winter einen Trupp Krähen längere Zeit beobachten können; er hatte sein Nachtquartier ganz nahe bei meiner Wohnung in einer hohen Fichtengruppe, fiel abends erst ein, wenn völlige Dunkelheit herrschte, und verliefs des morgens seinen Platz, lange bevor die Dämmerung gewichen war, sodafs ich mich oft mit Verwunderung nach den Gründen gefragt habe, die das unzweckmäfßsige Ver- halten der Vögel veranlafsen mochten; denn es war auf alle Fälle unzweckmälsig, zu einer Zeit die Ruhestätte zu verlassen, zu der der Vogel wegen der herrschenden Dämmerung noch auf eine ganze Weile hin seinem Nahrungserwerb nicht nachgehen konnte. Bacmeister hat in seinen „Bemerkungen zum Brutgeschäft des Mauerseglers“ (Ornith. Monatsberichte, 1919, S. 21 ff.) unter anderem auch einige Angaben über das Zuruhegehen und das morgendliche Verlassen des Nestes gemacht und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dafs die Segler sich nicht allzuspät zur Nachtruhe begeben und nicht sehr frühe ihr Nest verlassen. Ich habe in diesem Sommer ein Seglerpaar, das direkt über dem Fenster meines Wohnzimmers nistete, und zwei andere, die an einem mir gegerüberliegenden Haus ihr Heim bezogen hatten, oftmals abends und auch morgens beobachtet und habe dabei festgestellt, dafs die Vögel früh ihr Nest verliefsen und abends erst spät, in der Dämmerung, zur Ruhe gingen, wenn sie auch keineswegs zu den ganz spät zur Ruhe gehenden Vögeln gehörten, wie etwa Hausrotschwanz und grauer Fliegenfänger, die ich regelmäfsig jeden Abend noch ca. 10 Minuten länger ihre Jagd betreiben sah als den Turmsegler. In der Regel erfolgte abends das Einfliegen in die Nester mit grofser Genauigkeit fast zu der- ‚selben Minute und verschob sich ‚zeitlich mit dem früheren oder späteren Untergang der Sonne. Dazwischen gab es dann wieder Tage, an denen einzelne Pärchen ganz gegen die Regel sehr frühe einflogen, während ihre Genossen noch lange draulfsen herum lärmten. Während man tagsüber oft stunden- und halbe Tagelang keinen einzigen Segler zu Gesicht bekam — sie schienen dann alle weit aufserhalb der Stadt über den Feldern zu jagen —, sammelten sich abends gegen acht Uhr die Züge in Trupps, um mit dem bekannten reifsenden Flug nicht allzu hoch über den Häusern ihre Flugspiele zu treiben. Wie manchen Abend habe ich mich da der Vögel erfreut, die mit ihren eleganten, be- wunderungswerten Flügen das Auge ebenso zu entzücken ver- stehen wie mit dem Farbenkontrast ihrer schwarzen Silhouetten gegen den klarblauen Himmel, Wenn es dämmerig wurde, dann 4 ne x u — schien ihr Flug hastiger und unruhiger zu werden, und wenn nun die Zeit des Einfluges gekommen war, so war in wenigen Minuten die ganze Schar verschwunden. Was Bacmeisters Be- wunderung erregt hat, das rasende Hineinschiefsen in das Nestloch, ohne Verzögerung des Fluges, ohne sich an den Nest- eingang anzuklammern, .das hat auch gar manchesmal mein Er- staunen erregt. Auch morgens sind die Vögel meist zeitig rege; ist das Wetter aber rauh, kalt, der Himmel bedeckt, so können viele oder alle Morgenstunden vergehen, ehe die Segler ihr Nest verlassen. Wenn andererseits Bacmeister die Vögel morgens um 6° im Nest traf, so beweist das noch nicht, dafs sie solange auch wirklich geruht hätten. Es ist sehr leicht möglich, dafs die Segler schon morgens früh draufsen und gegen 6° ins Nest zurück- gekehrt waren, wie ich z. B. an meinen „Hausvögeln“ beobachtet habe, dafs sie morgens um 45 schon im Freien waren und dann um 62° und 6% wieder einflogen, um während der nächsten halben Stunde, in der ich das Nest im Auge hielt, nicht wieder auszu- fliegen. Bei kaltem und regnerischem Wetter sieht man manch- mal 2—3 Tage lang. keinen Segler. Vermutlich liegen sie dann ruhig in ihren Nestern. Selbst die Jungen können ja — ein einzig dastehender Fall — mehrere Tage ohne Nahrung aushalten, wie Bertram in seinen prächtigen Arbeiten über den Turmsegler nachgewiesen hat (Ornithol. Monatsschrift 1906 und 1908). Die Wachtel war in diesem Jahr sehr sparsam in der Wetterau vertreten. Ich habe sie im ganzen nur viermal an 4 verschiedenen Orten dieses gesegneten Landstrichs, den ich im Lauf des Sommers in grofsen Fufstouren nach allen möglichen Richtungen durchwandert habe, schlagen hören. Von Landwirten und Jägern wurde dieselbe Beobachtung gemacht. Im Vorjahr soll der Vogel dagegen häufig gewesen sein. Unbefruchtete taube Eier findet man verhältnismälsig oft in den Nestern. Ich habe solche in der Brutperiode 1919 in den Nestern von Rotkeblchen, Fitislaubvogel, Gebirgsbachstelze und Girlitz gefunden. Im September 1919. 152 Ludwig Schuster: Kleine Mitteilungen. ww‘ 6) 153 Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. Von Ludwig Schuster. Es war im Juli 1914. Ich stieg nach über zweijährigem zum gröfsten Teil dem Expeditionsleben gewidmeten Tropen- aufenthalt um die Mitte des Monats in Daressalam zu Schiff, um einen längeren Heimatsurlaub in Deutschland zu verbringen. Wer draufsen in der fernen Welt gelebt hat, kennt die Freude und das Glücksgefühl, das den Heimkehrenden da überkommt. Pläne und Wünsche folgen sich in lockenden Farben. Wie lachte da mir die Welt! Noch lag der tiefste Frieden über der Erde; zum wenigsten war uns in unserer afrikanischen Ab- geschiedenheit der kriselnde Zustand in Europa noch wenig zum Bewulfstsein gekommen. Aber als wir im roten Meer waren, da kamen bedenkliche Nachrichten. Die Kriegserklärung an Rufsland und Frankreich überraschte uns im Suezkanal, mit Mühe und Not, gerade vor Torschlufs, kamen wir am 4. VIII in Neapel an. Mitte August traf ich in Deutschland ein, trat zu- nächst zum Ersatzbataillon und rückte Ende Oktober 1914 ins Feld. Volle 4 Jahre, bis zum Waffenstillstand und dem Rückzug habe ich in der Front in der eigentlichen fechtenden Truppe ge- standen. Ich war Feldsoldat mit Lust und Liebe; die Auf- regungen und Gefahren der Stunde mit ihrer ständigen Nerven- aufpeitschung, das entsagungsvolle Leben in den Schützengräben (als Artilleriebeobachtungsoffizier) und in der Batterie (an das viele andere nur mit Entsetzen zurückdenken), der Wechsel der Kriegs- schauplätze, das Zigeunerhafte des ganzen Daseins — all das hat mir das Kriegsleben reizvoll gemacht und läfst mir heute in der Erinnerung diese Zeitspanne in Verbindung mit dem vor- ausgegangenen fast fünfjährigen Tropenexpeditionsleben in Afrika als einen der schönsten Abschnitte meines Lebens erscheinen. Ich habe die Kriegsjahre ausschliefslich im Westen gestanden und aus der langen Frontlinie einzelne Abschnitte nur vor- übergehend, andere sehr eingehend kennen gelernt. Im Herbst 1914 kam ich an die Nordfront von Verdun, ins Maastal, und blieb hier bis zum August 1915. Alsdann siedelte ich zu einer anderen Batterie in den eigentlichen Argonnenwald über. Ende Januar 1916, kurz vor dem Beginn der deutschen Verdunoffen- sive, übernahm ich die Führung einer Batterie an der Nordwest- front der Festung (zwischen Maas und Argonnen), im September 1916 kehrte ich in den eigentlichen Argonnenwald zurück und blieb hier bis Anfang März 1917. Nun lernte ich die Champagne kennen. Wir wurden am 8. Ill. in den Kämpfen bei Ripont ein- gesetzt, rückten nach 4 Wochen in die westliche Champagne nach St. Marie und Mitte Juni unmittelbar vor das Plateau von Moronvillers. Im August erfolgte ein kurzer achttägiger Einsatz Journ. £, Orn, LXIX, Jahrg. April 1921, 11 ir „P 5 154 Ludwig Schuster: in der Woövreebene bei Etain, und als die französische Verdunoffen- sive losbrach, wurden wir an die Nordostfront der Festung ge- worfen. Mit dem November begann eine lange, der Ausbildung zur Offensive gewidmete Ruhezeit, die wir zuerst in Braumont bei Longuyon und von Mitte Dezember ab in der Wo&vreebene (Hatrize und später Friauville) verbrachten. Dann kam der Aufmarsch zur grofsen Offensive. In den ersten Tagen des März 1918 wurden wir durch Luxemburg und Belgien nach der Picardie befördert. Wir traten im Raum von Bellicourt zur Märzoffensive an, jagten hinter dem fliehenden Engländer her über Peronne-Bray durch das Sommetrichterfeld-und kamen Ende März vor Amiens, im Raum von Villers-Bretonneux-Hamel-Somme zum Stehen. Am 12. V. verliefsen wir diese Stellung; wir marschierten von der Somme durch die Picardie über Valenciennes nach Belgien, um in einem der schönsten und fruchtbarsten Teile des Hennegau, in der Nähe von Peruwelz 6 Wochen lang der Ruhe zu geniefsen. In den ersten Tagen des Juli standen wir wieder mitten in der Champagne; am 15. VII. setzte die Champagne- offensive ein; als ihr Mifserfolg feststand, wurde unsere Division als sogenannte Angriffsdivision aus diesem Abschnitt herausge- zogen und über die Vesle in den Marnebogen in Marsch gesetzt; hier nahmen wir an den Rückzugschlachten teil, überschritten in der Nacht zum I. VIII. wieder die Vesle und marschierten quer durch die Champagne über Rethel bis dicht vor Charle- ville, wo wir sechs Wochen in dem Dörfchen This in Ruhe blieben. Im September wurde die Batterie an die Laffauxecke geworfen; nach kurzem Verweilen marschierten wir über Laon in die West- champagne, wurden am Brimont eingesetzt, lagen hier bis in die ersten Tage des Oktober und gingen dann in kurzen Abständen hinter die Aisne zurück; hier hielten wir unter furchtbaren Verlusten und schwersten Kämpfen stand, bis Ende des Monats und Anfangs November das langsame Zurückweichen hinter die Maas, die meine Batterie nördlich von Charleville überschritt, erfolgte. Am 2. XI. kam der Waffenstillstand. Am 12. XI. traten wir den Rückmarsch durch die Ardennen, Luxemburg und die Eifel zum Rhein an — unbesiegt und doch wie vernichtet, nicht geschlagen und doch wie zerschmettert. Am 1. XII. betrat ich die Schwelle des Vaterhauses; der Krieg war au — — —. Die vorstehende knappe Schilderung zeigt, dafs ich mich in den einzelnen Landschaften Ostfrankreichs sehr verschieden lange aufgehalten, dafs ich jedoch in dem Landstrich, der von der Grenze bis zur Champagne reicht, am längsten, ca. 3 Jahre gelebt habe. Die Resultate, die ich in diesem abgeschlossenen und als einheitliches Ganzes zu betrachtenden Gebiet gewonnen habe, sind daher der Grundstock meiner gesamten Beobachtungen. Ich glaube sagen zu dürfen, dafs ihnen für das genannte Gebiet eine gewisse Allgemeingeltung zugesprochen werden darf; dagegen messe ich den Beobachtungen in den anderen Gebieten, die ich | | | | j j | Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 155 nur verhältnismälsig kurze Zeit kennen gelernt habe, lediglich relativen Wert bei. Ich habe im Laufe der 4 Jahre jede Gelegenheit zur Er- forschung des Landes benutzt. Die beste Möglichkeit bot sich natürlich in den Ruhezeiten; ich suchte dann gleichzeitig die Gegend im weiteren Umkreis des Ruhequartiers durch aus- gedehnte Tagesritte etc. kennen zu lernen. In den Zeiten des Einsatzes war die Beobachtungsmöglichkeit sehr verschieden. Es gab immer wieder Perioden, die Grofskampfzeiten, in denen wochenlang fast jede Möglichkeit zur Erforschung der Fauna genommen war und sich meine ornithologische Tätigkeit nur auf Gelegenheitsbeobachtungen erstreckte. Dazwischen schoben sich dann wieder Wochen und Tage, in denen ich trotz des Einsatzes der Batterie noch gute Gelegenheit fand, mich ornithologisch zu betätigen. Immerhin waren wir Frontsoldaten in einer ganz anderen Weise beschränkt und gefesselt wie die ornithologischen Kollegen in der Etappe, die sich, sei es als Stabs- und Kolonnen- offiziere,Ortskommandanten, Lazarettärzte etc.,einer unvergleichlich gröfseren Freiheit erfreuten, die innerhalb ihres Standbereiches ihre Schritte hinlenken konnten, wohin sie wollten, und die, was die Hauptsache war, vor allem die innere Ruhe und Sammlung zur Forschung besafsen. Man macht sich nur eine unvoll- kommene Vorstellung davon, wie sehr, die Offiziere nicht aus- genommen, unser Leben, unsere Freiheit, unsere Bewegungs- möglichkeit beim Einsatz in der Front eingeengt war, wie schwer uns die innere Sammlung ward; nie empfand ich dies so sehr als dann, wenn ich selber die köstlichen Tage der Ruhe ge- niefsen konnte! Wie oft hat man da nicht die Etappenmenschen um ihrer gröfseren Freiheit und ihrer inneren Ruhe willen be- neidet und — — — doch wieder nicht beneidet! Und heute, nachdem ich trotz Verwundung aus allen Mühen und Gefahren des Krieges mit gesunden Gliedern herausgekommen bin und mir die gewaltigste Erinnerung an 4 Schlachtjahre mit all ihren Schrecken und ungeheuerlichen Erschütterungen geblieben ist, beneide ich sie weniger denn je! — Ostfrankreich, soweites in den Kreis der kriegerischen Er- eignisse gezogen wurde, ist natürlich kein gleichgeartetes Land. Der Unterschied in der geologischen Formation bedingt innerhalb des ganzen Landkomplexes tiefgreifende Unterschiede und anderer- seits innerhalb ausgedehnter Untergebiete eine weitgehende Gleichmäfsigkeit. Die geologische Formation ist das Fundament, auf dem sich Natur und Leben aufbauen. Mit der geologischen Formation eng verknüpft ist die Zusammensetzung und Frucht- barkeit des Bodens, die Steilheit des Geländes, der grölsere oder geringere Wasservorrat, der Reichtum an offenen flielsenden Bächen und Flüssen, die Erwärmungsfähigkeit des Bodens (Wintervögel); die geologische Formation hilft die Flora und damit das Tierleben beeinflussen; eine Folge der geologischen ur 156 Ludwig Schuster: Verhältnisse sind ferner die Besiedlungsweise, die Dichtigkeit der Bevölkerung, die Ausdehnung der Industrie, die Ausstattung mit Wegen, Strafsen, Eisenbahnen, Kanälen, schiff- oder floßs- baren Flüssen — kurz, die geologische Formation bedingt den Charakter der Natur, der Lebewesen inkl. des Menschen und seiner Wirtschaft.!) Wenn auch die geologische Formation für den leichtbeschwingten Vogel nicht dieselbe Rolle spielt wie etwa für die bodenstete Pflanze, so ist ihr Einfluss auf die Avifauna doch ganz unverkennbar. Man darf mit Recht sagen, dafs die Charakterisierung einer Flora oder Fauna nach staatlichen Gesichtspunkten meist zu ganz unzutreffenden Vorstellungen führen mufs. Eine Ornis, abgegrenzt nach der politischen Grenze, ist ein Unding und im Grund genommen etwas ebenso Lächer- liches als die alte Kleinstaaterei; eine Ornis, die Landesteile verschiedener geologischer Zugehörigkeit, etwa Buntstandstein, Basait etc. zusammentassend behandelt, ist ein ebensolches Un- ding und durchaus unwissenschaftlich. Folgerichtig entbehrt eine Ornis, die aus einem gröfseren geologisch einheitlichen Ge- biet nur einen Ausschnitt, sei er auch von der Gröfse einer 1) Dies hat schon bezüglich des Menschen der Kulturhistoriker W. H. Riehl empfunden, der in seinem rheinischen Volksbild „Die Rfälzer“, 1857, S. 20/21 schreibt: „Die ganze bayrische Pfalz zerfällt für den Geologen in drei massenhafte Hauptgruppen: das Alluvialland der Rheinebene, das Buntsandsteingebiet des gebirgigen und das Stein- kohlengebiet des hügeligen Westrichs, drei Gruppen, die auch in unserer ethnographischen Gliederung wieder hervortreten, denn auf anderem Boden wächst ein anderer Mensch.“ Ein selten instruktives Beispiel dafür, wie sehr die geologische Formation die Wirtschaftsweise des Menschen beeinflulst, gibt eine Arbeit Langes: „Die Grofsviehzucht des Ngaundere-Distriktes in Adamaua und ihre scheinbaren geologischen Grundlagen‘ (Deutsches Kolonialblatt 1917, 8. 255): „Es ist eine seit langem bekannte Tatsache, dafs sich der Grofsviehzucht in Adamaua in Kamerun stellenweise dadurch ein unüber- windliches Hindernis entgegenstellte, dafs das Rindvieh an Rachitis zu grunde ging. Der Kalkmangel in den pflanzlichen Nährstoffen, den die Tiere zu sich nehmen, hängt logischerweise von dem Kalkmangel des Mutterbodens, der ja wieder aus den ihm unterliegenden Gesteinen entstanden ist, ab. Eine solche aus relativ kalkarmen Gesteinen [Granit und Gneis. D. Verf.] aufgebaute Gegend breitet sich nun im Süd- osten und Süden der Steppengebiete der Kamerunkolonie aus.“ Hier können daher die Gräser nicht den zur Viehzucht unbedingt notwendigen Kalkgehalt liefern. Infolgedessen zeigt „das eintönige Gneis-Granitgebiet keine Rindviebzucht, während diese in dem westlichen Teile”von Adamaua, wo junge Eruptivgesteine dem geologischen Aufbau des Landes reichen Wechsel verleihen, sowie im Norden, in dem ältere und jüngere Sedimente nebst den Alluvionen des Tschadsees die Granite und Gneise an Ausdehnung. übertreffen, von nomadisierenden Eingeborenen rationell betrieben wird.“ 3 “ 8 “ % in Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 157 Provinz, behandelt, des grofsen wissenschaftlichenGrundgedankens; ihr Wert als gehaltvolle Kleinarbeit soll damit nicht in Zweifel gestellt werden. !) Ich habe mich in der nachfolgenden Arbeit aus leicht- begreiflichen Gründen nicht an die strengen Forderungen halten können, die man an den Verfasser einer. Ornis stellen mußs (zumal ich keine „Ornis“ Ostfrankreichs schreiben will); ich habe gleichwohl versucht, den Landkomplex ÖOstfrankreich nach seiner geologischen Entstehung und Bodenbildung in Teilgebiete auf- zulösen und jeweils die Avifauna jedes Teilgebietes besonders zu behandeln. Ich unterscheide im ehemaligen besetzten Nordostfrankreich vier grofse einheitliche Teilgebiete, die ich im Text der Kürze halber stets die Gebiete A, B, C und D genannt habe; ihre Grenzen sind nachfolgend nur grob umrissen. Das erste, das Gebiet A, gehört vorzugsweise der Jura- formation an. Es erstreckt sich von der deutsch-französischen ?), bzw. luxemburgischen und belgisch-französischen Grenze nach Westen über die lothringische Hochebene weg bis jenseits der Maas und ‚bis in den Argonnenwald hinein; ich setze als klare Westgrenze die Aisne, obwohl in Wirklichkeit die Juraformation nicht ganz so weit reicht; der Zug des Argonnenwaldes gehört schon der unteren Kreide an, weicht allerdings, da die Kreide von hohen Tonschichten überlagert wird, in seinen Vegetations- und sonstigen Verhältnissen von denen des Gebietes A nicht ab. Von da, wo die Aisne in scharfem Knick aus der Süd-Nordrichtung in die Westrichtung umbiegt, folgt die Grenze einer ungefähren 1) Mit groben Strichen gezeichnet würde man m, E. in Deutschlands - Faunenbeschreibung etwa folgende geologische Teilgebiete unterscheiden können: die norddeutsche Tiofebene, getrennt in west- und ostelbisches Gebiet; das Devon und Silur des Rheinlandes (Eifel, Hunsrück, Wester- wald, Taunus); das Trias rechts und links des Oberrheins und Mittel- deutschlands (Hardt, Osthälfte des Schwarzwaldes, schwäbisch-fränkische -Terassen, Odenwald, Spessart, Rhön, hessisches Bergland, Teutoburgerwald), wobei die Urgebirgsformation des westlichen Schwarzwaldes, das Alluvial und Tertiär des Rheintales, das Eruptivgestein des Vogelsberges, das Devon des Harzes einer ausscheidenden Unterbehandlung unterworfen werden mülsten; der schwäbische und fränkische Jura; die schwäbisch- bayrische Hochebene; die kristallinischen Gesteine des Thüringer- und Böhmerwaldes, des Erzgebirges, Riesengebirges und der Sudeten. 2) Ich bezeichne als deutsch-französische Grenze die alte Grenze zwischen Deutschland und Frankreich. Ich werde sie auch im speziellen Teil immer als deutsch-französische Grenze bezeichnen; niemand von uns zweifelt wohl in seinem Innern daran, dafs eine glücklichere Zukunft uns wieder in den Besitz des deutschen Elsasses und Lothringens setzen wird. Um dieses Landes willen kann nie Friede werden mit Frankreich, „Immer daran denken .... “ ’ „® 158 Ludwig Schuster: | Linie vom Knickpunkt des Flusses bis etwa in die Gegend von Hirson; die Nordgrenze folgt einer ungefähren Linie von Hirson | über Charleville bis zur belgisch-französischen Grenze; die Süd- grenze wurde durch die Stellungen des Heeres gegeben. Die Formation setzt sich über die Südgrenze noch tiefer nach Frank- reich hinein fort und erstreckt sich im Osten durch Südbelgien nach Luxenburg und im deutschen Gebiet über Metz hinaus. | Da die Zwecke der vorliegenden Arbeit es nicht wünschens- wert erscheinenliefsen, verschwindend kleine, geologisch gesonderte Gebiete für sich zu behandeln, ich andererseits aber alle Be- obachtungen der Kriegsteilnehmer aus Ostfrankreich zusammen- stellen wollte, so habe ich an das grolse Gebiet A zwei kleine, einer anderen Formation angehörende Untergebiete an- geschlossen. Dies ist einmal der schmale, wenige Kilometer breite und dem kristallinischen Gestein angehörende Streifen zwischen der Nordgrenze des Gebietes A und der belgisch-fran- zösischen Grenze; und zum zweiten das im Trias liegende Be- obachtungsgebiet Stresemanns am Westfuls der Vogesen, als dessen Mittelpunkt der Ort Blämont bezeichnet werden kann. Der Charakter des Gebietes B läfst sich am besten durch das Wort „Lausechampagne“ bezeichnen; wer dort gelebt hat, dem wird bei der Nennung dieses Namens sofort die ganze Eigenart des Landstriches vor Augen stehen. Hier herrscht die Kreide- formation. Die Grenzen des Gebietes sind folgende: Im Osten die Westgrenze des Gebietes A (Aisne und Linie von dem Ost- Westdrehpunkt der Aisne bis Hirson), im Süden die Stellungen des Heeres, im Westen eine ungefähre Linie Reims-Laon-La Fere; im Norden die Oise von La Fere bis Hirson. Mit diesem Gebiet sind aus den obengenannten Gründen einige Beobachtungen zusammen behandelt, die ich im Tertiär zwischen Aisne und Marne machte; obwohl der Charakter dieses Landstriches von dem der Champagne grundverschieden ist, so sind die Beobachtungen doch so wenig zahlreich, dafs sich ihre gesonderte Behandlung nicht verlohnte. Das dritte Gebiet C, das ich der Kürze halber als Picardie bezeichne (obwohl sich der Umfang des Gesamtgebietes und der- jenige der Picardie keineswegs ganz decken), gehört ebenfalls der Kreide an; in seinem nördlichen Teil befinden sich viele Inseln tertiärer Entstehung. Die Grenzen sind folgende: im Süden die Linie Hirson längs der Oise über La Fere bis Noyon; im Westen die Stellungslinie; im Norden eine ungefähre Linie von Lens über Douai und Valenciennes bis zur französisch-belgischen Grenze; im Osten die belgisch-französische Grenze. Angefügt sind diesem Gebiet die Beobachtungen, die aus dem Tertiär der Gegend von Soissons-Noyon vorliegen. Das vierte Gebiet D umfafst das französisch-belgische Tief- land. Es ist Quartärbildung. Die Grenze im Süden deckt sich mit der Nordgrenze des Gebietes C; die Westgrenze bildet die nn Ei u u 1 en ee ee de Sa 2 Me ne a a ne ee De he 1 Fe a a de a En nn nn Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 159 Stellungslinie, die Nordgrenze das Meer; die Ostgrenze habe ich nicht wie bei den anderen Gebieten mit der politischen Grenze zusammen fallen lassen, sondern einigermafsen willkürlich un- gefähr von Mons über Gent bis zum Meer gezogen, um meine eigenen Kriegsbeobachtungen aus diesem Landstrich und die der anderen Beobachter mitverwerten zu können. Die Formation erstreckt sich über die gezogene Ostgrenze hinaus noch weit nach Belgien hinein fort. Ich möchte nochmals betonen, dafs die Umrisse der Gebiete nur skizzenhaft bezeichnet sind und keineswegs scharf der geo- logischen Grenze folgen; diese minutiöse Kleinarbeit, die für eine Lokalornis . bestimmter geologischer Gebiete Vorbedingung ist, konnte für die Zwecke der vorliegenden Arbeit aufser Acht ge- lassen werden. Ich komme nunmehr zu einer näheren Beschreibung der einzelnen Gebiete. Das Gebiet A erstreckt sich über die Departements Ar- dennes, Meuse, Meurthe et Moselle. Das Beobachtungsgebiet ist zum gröfsten Teil ein schwach welliges Hügelland mit einer Durchschnittshöhe von ca. 200-300 m; im südöstlichen Teile flacht es sich von Ost nach West ab, um schliefslich in der Woevreebene!) auszulaufen, aus der unvermittelt und schroff die Cöte Lorraine ansteigt; im westlichen Teil des Gebietes kulmi- niert das Hügelgelände in dem von Nord nach Süd streichenden Argonnenwald (höchster Punkt, soweit das Gelände in deutschem Besitz war, 285 m). Die Neigung der Hügel ist meist sanft, bier und da aber sehr schrofi, besonders im Argonnenwald, in den Tälern der gröfseren Flüsse und am Steilabhang der Cöte Lor- raine, die fast ohne Übergang unvermittelt um 50—100 m an- steigt. Die hauptsächlichsten Wasserläufe des Gebietes sind die Maas, die Aire und Chiers ; im übrigen ist das Land sehr wasserreich, es wird von vielen kleinen Rinnsalen durchschnitten und ist mit einer grofsen Menge von Quellen gesegnet. Allgemein kann man sagen, dals die Eigenart der Landschaft uns Westdeutsche verwandt berührt; denn es herrschen hier Naturformen vor, die uns aus dem deutschen Mittelgebirge und den Tälern des Rheins und seiner Nebenflüsse bekannt sind. Das Grundgestein ist ein der Juraformation angehörender Kalk, dem etwas Sand beigemengt ist, und der vielfach, namentlich an den Hängen, in verbröckelten Platten zu Tage tritt. An und für sich gibt das Verwitterungsprodukt einen guten Lehmboden, der zum Getreidebau wohl geeignet ist. Meist aber überlagert hn als oberste Schicht ein schwerer Lehm, der in gröfserer oder 1) Ich habe im speziellen Teil den ganzen Landstrich zwischen der - lothringischen Grenze, etwa von Briey bis Pont & Mousson, und der Cöte Lorraine oft kurzweg Woövre genannt, obwohl diese Bezeichnung eigentlich nur dem kleineren Teil dieses Landstriches zukommt. 166 Ludwig Schuster : geringerer Tiefe eine wasserundurchlässige Schicht von Ton führt. Diese Tonschicht wird meist schon in geringerer Tiefe gefunden und ist von ungewöhnlicher Mächtigkeit; im Winter und in der Regenzeit erschwert sie mit dem oft vorhandenen geringen Fall des Geländes den Abfiufs des Wassers; die obere Lehmschicht ist dann vollgesogen wie ein Schwamm; kein Soldat, der nicht mit Gruseln des „Dreckes“ von Verdun oder im Argonnenwald gedächte! Bei Trockenheit hingegen tritt schon nach kurzer Zeit Wasserarmut ein, weil die Kapillarkraft die Oberschicht rasch auspumpt, sodafs tiefe Risse das dürre Land durchziehen. Der Boden neigt infolge der Undurchlässigkeit der Tonschicht zur Versumpfung; fast in allen Tieflagen treten versumpfte Stellen auf, selbst auf den Höhen fehlen sie nicht. Zur Seen- bildung kommt es aber fast nur in der flacheren Wo&@vreebene. Die Jahrestemperatur des Gebietes A beträgt (nach Meyer, Physikalischer Handatlas) im Durschschnitt 9—10° C. Die Januar-Isotherme von + 2° C, die Juli-Isotherme von + 20° C verläuft durch unseren Landstrich. Die Entfaltung der April- blüte trifft zum Teil mit der von Berlin zusammen, zum Teil liegt sie 1—5 oder gar 6—10 Tage früher. Die jährliche Niederschlagsmenge ist grofs und beträgt 70—80 cm; der Nieder- schlag vollzieht sich vorwiegend in der Form von Regen, Schneefall tritt im allgemeinen nach Aussage der Einheimischen nur seltener ein, in der Regel verschwindet die Schneedecke sehr bald wieder. Die geschilderten Faktoren des Bodens, Temperatur, Nieder- schlagsverhältnisse usw. bedingen die Eigenart der Pflanzenwelt und die Wirtschaftsform des Landes. Ca. 60 °%, des Bodens sind der Landwirtschaft, d. h. dem Ackerbau und der Weide- wirtschaft gewidmet; gerade die von der letzteren Form der Bodenausnutzung beanspruchten Teile machen einen verhältnis- mälsig grofsen Prozentsatz aus, da die Weidewirtschaft noch eine mafsgebende Rolle in dem landwirtschaftlichen Betrieb der Gegend spielt. Die Ackerbewirtschaftung wird nach ganz ver- altetem System betrieben, beispielsweise fehlt eine durchgreifende Entwässerung der Acker, die bei der Eigenart des Bodens viel- fach die Vorausbedingung einer besseren Wirtschaft wäre. Da die Feldbereinigung noch ganz unbekannt ist, so ist das Land von gewaltig viel Hecken und Dorngestrüpp durchsetzt; band- artig ziehen sich die Hecken an den Halden zwischen den Feldern entlang und stellenweise, in den abgelegenen Teilen der Ge- markungen, fliefst das Dorngestrüpp zu kleinen Beständen zu- sammen. Der Weinbau war früher an den Hängen der Maas, der Argonnen etc. weit verbreitet. Heutzutage ist er als Folge der Reblauskalamitäten in den 70—80er Jahren des vorigen Jahrhunderts gänzlich ver$chwunden, nur die Vorliebe der Bauern für den Weintrunk ist geblieben. An Stelle des Weinbaues ist zum Teil der Obstbau getreten, dessen Ertrag in Friedenszeiten in grofsem Umfang nach Deutschland ging. u ü - Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs, 161 Grofs ist der Reichtum des Landes an Wald.!) Da der Boden mit seinen zeitlichen und örtlichen Schwankungen im Wassergehalt die krassesten Gegensätze aufweist, so ist er zum Kahlschlagbetrieb schlecht geeignet; das natürliche Ergebnis der Standortsverhältnisse ist notgedrungen der herrschende Mittel- wald, und der französische Forstmann hat guten Grund, aus- schiefslich diese Wirtschaftsform zu erhalten und zu pflegen; mit weitausschauenden Plänen der Landesverteidigung, wie man während des Krieges in den Zeitungen lesen konnte, hat dagegen der Mittelwald nichts zu tun, und Behauptungen dieser Art ge- hören in das Gebiet der Legende. Die herrschenden Holzarten des Waldes sind Stieleiche, Rot- und Hainbuche; das Zahlen- verhältnis dieser drei Arten zu einander wechselt örtlich sehr stark, derart, das bald die eine, bald die andere Art vorherrscht. Dazu treten Ahorn, Esche, Ulme, Traubeneiche, Aspe, Birke, Saalweide, Pappel, Elsbeere, Mehlbeere etc; im allgemeinen ist der Artenreichtum im Vergleich zu unseren deutschen Forsten sehr grofs. Das Vorkommen von Nadelholz ist sehr selten; es beschränkt sich neben Zierbäumen in Parks auf sehr kleine Flächen mit jungem Holz; man kann tagelang durch die Wälder wandern, ohne einen einzigen Nadelholzbaum zu sehen. Trotz der Mannigfaltigkeit der Holzarten ist das äufsere Bild des Mittel- waldes meist von eintönigem Eindruck. Das liegt daran, dafs sich viele Beihölzer nur im Unterholz vorfinden und sich nicht in die Klasse des Oberholzes hinaufretten, und dafs ferner die Gleichförmigkeit, ich möchte sagen die Charakterlosigkeit des Unterholzes, das als Busch- und Stangenholz einen zweiten Wald unter dem Oberstand bildet, die Manigfaltigkeit in der Holzarten- zusammensetzung nicht zum Bewulfstsein kommen läfst. Im Unterholz herrschen meist die unedlen Holzarten, wie Hainbuche und Aspe, daneben Hasel, Schwarzdorn etc. vor. Die Tätigkeit des Wirtschafters beschränkt sich im wesentlichen auf den Ernte- akt. In 25—40jährigem Turnus wird das Unterholz (Hainbuche) auf den Stock gesetzt, während von der Eiche und der Buche, die den Oberbestand bilden, nur soviel entnommen wird, als der Vorrat erlaubt; von einer bestimmten Umtriebszeit und Klassen- zahl des Oberbestandes läfst sich nicht reden; die Abtriebsalter schwanken zwischen 100—200 Jahren. Im übrigen ist die Wirt- schaftsweise, selbst unter der Zubilligung, dafs die Mittelwaldform die standortsgemälse ist, sehr veraltet; beispielsweise sei ange- führt, dafs dieselbe für den Gemeindewald Aix im Jahre 1773 festgelegt, im Jahre 1860 unverändert für die Folge übernommen wurde und heute noch in Kraft ist. 1) Eine ungefähre Übersicht über den Anteil von Acker, Wiese und Wald an der Bodenfläche geben die Zahlen für das Departement Meuse: Gesamtfläche 622787 ha, darunter Ackerfläche 356950 ha, Wiesen 48674 ha, Wald 182280 ha. 162 Ludwig Schuster: Der reiche Kalkgehalt des Bodens begünstigt das Auftreten kalkholder Pflanzen. Auf den Feldern sind es Distelarten, Orchideen und andere, die sich in seltener Menge und Reich- haltigkeit vorfinden; im Wald und in den Hecken treten Stein- mispel, Weichsel, Stechpalme und andere kalkliebende Sträucher häufig auf, nicht zu vergessen der Kornelkirsche, deren mit gelben Blüten überdeckte Sträucher zum Entzücken des Natur- freundes im zeitigsten Frühjahr aus allen Hecken des Landes hell aufleuchten. Die Mistel ist sehr häufig. !) Die Bevölkerungsdichte des ganzen Gebietes ist sehr gering; . sie entspricht etwa derjenigen der schwächer besiedelten Teile der Provinz Brandenburg mit ca. 40—60 Einwohnern auf den Quadratkilometer; im Argonnenwald sinkt sie noch unter diesen Stand herab, in den nördlichen und östlichen Teilen des Gebietes steigt sie auf 60—80. Die Bevölkerungsdichte ist früher gröfser gewesen; man sieht noch heute in den entlegeneren Teilen vieler Feldmarken gröfsere oder kleinere Flächen, die, wie sich aus der Parzellierung, aus Terassierungen, Mauergrenzen, verwilderten Obstbäumen etc. ergibt, einst unter Kultur gestanden haben. Als Beispiel des langsamen Sinkens der Volkzahl sei angeführt, dals der Canton Grand Pre 1811 7945 Einwohner, 1846 9843, und 1876 8556 Einwohner zählte. Eine im Jahre 1838 erschienene Beschreibung des Maasdepartements gibt, von einigen Städten I) Die Mistel ist eine derjenigen Pflanzen, deren Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit bzw. der geologischen Formation aufs merkwürdigste hervortritt; ihre Verbreitung deckt sich auffällig mit der des Kalkes. Prof. Dr. Klein sagt in seiner Schrift „Die Mistel und ihre Verbreitung im Grofsherzogtum Luxemburg‘ im Kapitel „Verbreitung der Mistel im Verhältnis zur chemisch- geologischen Beschaffenheit des Bodens“, Seite 36 ff.: „Laurent hat über Belgien auf dem Wege der amtlichen Umfrage ein sehr ansehnliches Material sammeln können, das er in einer Karte zusammenstellt. In dieser Karte ist die Zone der grölsten Häufigkeit eingenommen von kretazischen, devonischen und karbonischen Kalkgesteinen; geringere Häufigkeit ist festzustellen für die Jurakalke, die Tertiärkalke und die Gebiete der Maas, wo Karbonkalke mit den Condrozpsammiten abwechseln. Alle übrigen Gebiete zeigen sich ganz oder fast ganz mistelfrei, und es sind auch zugleich die kalkfreien oder kalkarmen“. Für Luxemburg hat Klein die Verbreitung der Mistel fest- gestellt. Drei instruktive Karten über die Häufigkeit ihres Vorkommens und die Beziehung der Häufigkeit zur geologischen Grundlage geben die gewonnenen Resultate in anschaulichster Weise wieder; danach wächst die Verbreitung der Mistel in Luxemburg in steigendem Malse von Norden nach Süden und Südosten; die oberen Ardennen kennen die Pflanze gar nicht, längs der Mosel ist sie in Überzahl vorhanden; d. h. sie fehlt den kalkarmen Devonböden ganz oder fast vollständig, ist da- gegen auf den kalkhaltigen Böden allgemein und auf den ausgesprochenen Kalkböden massenhaft verbreitet. | | a erde er ei ehe Knien Sees ee ee ie A Beiträge zur Ornithologie Nördostfrankreichs. 163 abgesehen, für fast alle Ortschaften höhere Bevölkerungsziffern an als unsere modernen Karten. Nach dem Urteil eines Arztes um die Mitte des 19. Jahrhunderts ist unsere Gegend eine von denjenigen, die am langsamsten durch Geburtenüberschufs ge- wachsen sind ; schon damals wurden kinderreiche Familien immer seltener; der Durchnitt auf eine Ehe beträgt 2,8 Geburten. Der Krieg hat die Bevölkerungzahl weiter stark gemindert; sie wird sich in absehbarer Zeit kaum wieder auf den Vorkriegsstand hinaufheben lassen. Im Gebiet B, der sog. Lausechampagne, habe ich die Früh- jabrs- und Sommermonate 1917 (März bis August), einige Tage im Sommer 1918 und den September und Oktober 1918 ver- bracht. Das Gebiet gehört politisch zu den Departements Ar- dennes, Aisnes und Marne. Topographisch stellt sich das Land als schwach wellige, ca. 200 m über dem Meer erhobene Hoch- fläche dar, die nach Osten mauerartig in Steilhängen von 60—70 m Höhe zu der Aisne hin abfällt; die Bäche haben durch die rück- wärts sich einengenden Wasser Bresche gelegt und die Mauer in vorspringende Bergrücken aufgelöst, von denen sich meist eine beherrschende Rundsicht bietet. Die ursprüngliche Hochebene ist durch eine Anzahl Bäche, deren Täler meist von Ost nach West laufen, in eine Reihe von gleichlaufenden Bergkämmen zerlegt worden, die ebenfalls von Ost nach West streichen und für unsere Verteidigung ein günstiges Gelände boten. Da die Kreide sehr leicht verwittert, fehlen der Champagne schroffe Bergformen, die Täler sind ungewöhnlich breit, die Gehänge sanft. Lesage beschreibt das Land in seiner Geographie historique et statistique du Departement de la Marne 1840: „Dort sind Ebenen von 2—3000 ha, flach, einförmig, vergleichbar einem un- bewegten Meer. Der Boden findet teilweise Benutzung, indem man die „Genfer Kiefer“, fälschlich Tanne genannt, anpflanzte, oder die Birke, sodafs der Blick. von Zeit zu Zeit auf einigen Baumgruppen ausruht, wo er kurz vorher nur durch den ein- förmigen, in gerader Linie verlaufenden Horizont begrenzt war.“ Geologisch gehört das Gebiet der Kreideformation, und zwar der oberen Kreide an. Von den vielen Varietäten dieses Schichtensystems findet sich hier am meisten der Kreidemergel. An der Luft zerbröckelt er bald in kleine würfelige Stückchen. Dazu tritt an zahlreichen Orten der Kalk in reinster Form als weiche weilse Schreibkreide; schon in einer Tiefe von kaum mehr als 30 cm findet man sie unverwittert an; sie ist sehr weich und leicht bearbeitbar; wie oft haben wir in Stunden des Nichtstuns aus Langeweile aus den rohen Kreideblöcken mit dem Messer allerhand Figuren geschnitzt. Es war leicht, in verhält- nismäfsig kurzer Zeit mit der Spitzhacke in dem weichen Gestein Schützengräben auszuheben. Das Verwitterungsprodukt der Kreideböden liefert sowohl der Landwirtschaft wie dem Walde ungünstige Standorte, die 164 Ludwig Schuster: vorwiegend aus Kalksand bestehen; im allgemeinen sind sie heifs und arm an Humus. Die Eigenschaften des Bodens werden verbessert mit dem steigenden Gehalt an Ton. Die wasserhaltende Kraft der Kreideböden ist gering, die Durchlässigkeit grofs und der Boden deswegen trocken. Höhen und Hänge sind quellen- arm; die Sickerwasser vereinigen sich im Untergrund zu einem zusammenhängenden Grundwasserspiegel, der langsam in der Richtung des nächsten Flusses oder Baches abströmt. Die Mulden und Täler sind mit verschwemmter Lette und mit Lehm ausgefüllt. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt über 410° C. Die Entwicklung der Aprilblüte findet 5—10 Tage vor derjenigen Berlins statt. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 55—70 cm. Die Bodenfläche teilt sich in Ackerland, Odungen und Wälder; Wiesen sind selten und, mit Ausnahme der Aisne- niederung, die die Champagne von Ost nach West laufend teilt, nur in schmalen Bändern an die wenigen Bäche und Flüfschen gebunden. Die Felder dehnen sich in weiten Flächen über die unteren und mittleren Hänge der Bergrücken; bei der geringen Besiedlungsdichte und der Ertragslosigkeit des Bodens sind die Gemarkungen meist sehr grofs. Feldhecken fehlen fast gänzlich. Noch vor hundert Jahren war die Champagne gänzlich un- bewaldet und nur der Schäfer trieb seine Herden über die end- losen Heiden!); diese Schafzucht legte den Grund zu einer be- deutenden Hausweberei, die sich in der ganzen Champagne nachweisen läfst und die im 19. Jahrhundert ihre höchste Blüte erreichte. Dieses Verhältnis wurde gelöst, als die Einführung der Maschinenweberei die Hausweberei vernichtete. Die ihres Unterhaltes beraubten Hausweber standen jetzt vor der Wahl, entweder sich nur der Landwirtschaft zu widmen oder in die Städte abzuwandern. Da ihnen zu der ersteren Möglichkeit die Mittel zum Landerwerb fehlten, taten sie das zweite. Die Folge war eine allgemeine Abnahme der Bevölkerungszahl der Champagne.?2) Mit dem Ausscheiden der bodenständigen Hilfs- kräfte wurden Anbau und Ernte, insbesondere auf den geringeren und weit vom Dorf gelegenen Standorten immer schwieriger. Unter diesen Umständen liefs sich ein Bodenwert nur noch bei meine Wechsel der Wirtschaftsform erwarten, d. h. bei dem bergang von Land- und Weidewirtschaft zur Waldw rtschaft. Die Durchführung dieser Aufgabe blieb den Gemeinden und Pri- vaten überlassen. Ein jeder konnte nach seinem Geschmack die Holzart und die Art der Bestandesgründung wählen. Wenn man bedenkt, dafs in der Champagne auf diese Art sicher weit über 1) Beispielsweise betrugen die Ödländereien der Gemarkung St. Etienne 180 ha bei einer Gesamtgröfse von 8000 ha. 2) St. Etienne hatte beispielsweise 1776 600 Köpfe, 1788 655, 1846 728, 1900 400 Köpfe. Beiträge zur Ormnithologie Nordostfrankreichs. 165 100 000 ha in Wald übergeführt wurden, dann wird man zwar dem Fleifs die Anerkennung nicht versagen können; aber auf der anderen Seite umsomehr bedauern bzw. rügen müssen, dafs das ganze Werk ohne jeden Plan durchgeführt wurde und deshalb zu einem ziellos aufgebauten Wirtschaftskörper führte, der wegen der Unzahl sehr kleiner, nicht, zusammenhängender Bauernwirt- schaften nicht lebensfähig ist. Über weite Flächen von Hunderten, ja selbst Tausenden Hektaren erstreckt sich scheinbar geschlossener Wald. Bei näherem Zusehen zerfällt er aber in zahllose Parzellen und Parzellchen: hier ein Streifen Kiefern, ein Saum Birken, ein Band, bestockt mit Niederwald aus einem Mischmach. aller mög- lichen Laubhölzer und Hecken, eine Wiese, hier Akazien, dann Lärchen, dann Odland. So reiht sich dies endlos aneinander, bald parallel verlaufend, bald senkrecht auf einander stofsend oder in spitzem Winkel sich treffend. Gemeine und Schwarz- kiefer nebst der Birke sind diejenigen Holzarten, die den be- trächt ichsten Teil der Gesamtwaldfläche einnehmen. Daneben finden sich gelegentlich Grauerlen als Aufforstungsholz. Wach- holder tritt reichlich auf. Diese vorwiegend in dem letzten halben Jahrhundert entstandenen Waldungen müssen, auch wenn sie heute durchweg noch nicht zu Hochwald erstarkt sind, auf die Zusammensetzung der Avifauna und das Vorkommen mancher Arten einen starken Einfluls ausgeübt haben; ich komme im Text noch öfters darauf zurück. Unter den Kleinpflanzen begünstigt auch hier der Kalk- gehalt des Bodens das Auftreten kalkholder Pflanzen; ich habe namentlich prächtige Orchideen (Spinnen-, Hummel- etc. Orchis), die schöne blaue Muskathyazinte und andere häufig gefunden. Die Lausechampagne gehört, wie schon bemerkt, zu den armen dünnbesiedelten Gegenden Frankreichs. Die Bevölkerungs- dichte beträgt zum Teil nur 0—29 Bewohner auf den Quadrat- kilometer, sie steigt aber, je mehr man sich dem Gebiet C nähert (bis zu 60—80 auf den qkm). Die Bewohner sind vorwiegend Bauern, Industrie fehlt fast gänzlich. Die Landwirtschaft be- findet sich, ebenso wie die des Gebietes A in einem sehr primi- tiven Zustand; auch der Obstbau ist sehr gering und rückständig. Die Dörfer sind schmutzig und armselig, die Häuser kleine Fachwerkbauten, zeilenartig links und rechts der Stralse an- einandergereiht, aus Kalkstein gebaut und mit dem Kreideschlamm der Strafse verputzt. Das geringschätzige Urteil, das man über die Kultur des französischen Landvolkes fällen darf, findet hier seine beste Stütze. y— Ich komme nun zu dem dritten grolsen Untergebiet, dem Gebiet C, dasich im speziellen Teil oft kurzerhand mit dem Wort „Picardie‘“ bezeichnet habe, obschon die Grenzen nicht ganz mit dieser Landschaft zusammenfallen; denn auch Teile des Artois gehören zum Gebiet C. Politisch erstreckt sich das Gebiet C über die Departements Aisne, Somme, Nord und Pas 166 Ludwig Schuster: de Calais. Ich habe mich in diesem Landstrich im ganzen 6 Wochen aufgehalten; allen meinen Angaben über das Vor- kommen und die Häufigkeit der Vogelarten kann daher nur ein bedingter Wert beigemessen werden. „Langgestreckte Hügelwellen formen den Charakter der nordfranzösischen Landschaft; sie heben und senken sich sacht in leichtgeneigten Flächen und bieten dem Auge eine Fülle reiz- voller Überschneidungen und wechselnder Bilder. Keine Er- hebung ist so eigenwillig, dafs sie das Bewulfstsein des ferneren Horizontes versperren könnte.“ Vielfach fordert der Charakter des Landes zu Vergleichen mit der rheinhessischen Pfalz. heraus; die Ähnlichkeit dieser beiden Landschaften hat mich oft lebhaft überrascht. Endlos dehnen sich die Getreidefelder aus. Fliefsendes und stehendes Wasser ist vielerorts nicht selten. Geologisch gehört auch dieser Landstrich, was das Grund- gestein anbetriftt, zur Kreideformation. Aber die Kreide wird durchweg von einem roten Ton mit Feuersteinknollen bedeckt, der sich aus der Verwitterung der Kreide bildet und vielfach noch von Lehm überzogen wird, der Böden von reicher Frucht- barkeit, zum Getreidebau vortrefflich geeignet, schafft. Dem- entsprechend ist das Land gut und fast restlos angebaut und stark besiedelt; es gehörte im Frieden zu den wohlhabendsten und reichsten Landstrichen Frankreichs. Die Bevölkerungsdichte beträgt 75—150 Bewohner auf den Quadratkilometer. Der Acker- bau herrscht vor; Wiesen sind weniger vorhanden. Grölsere Waldungen, in ihrer Zusammensetzung denen des Gebietes A ähnlich, sind selten. Wohl aber findet man viele kleine Feld- gehölze von geringerem Umfang, baum- und buschreiche Parks um die Landsitze, ferner in den Tälchen, an den Landstrafsen oder in und bei den Ortschaften hohe Pappelhaine und Pappel- reihen. Feldhecken und Gebüsch ist bei dem intensiven Boden- bau nur wenig vorhanden. Ein Gebiet von eigenartigstem Charakter ist das Tal der Somme; ein träge fliefsender Flufs mit dunklem moorigem Wasser, der sich durch ein breites, vertorftes und verschilftes Tal schlängelt, zu beiden Seiten von einer endlosen, fast ununter- brochen sich aneinander reihenden Seenkette umgeben, Moor- wiesen, Schilf und Rohrfelder, Weidengestrüpp und Pappelreihen Een dem Bild die Würze des Ursprünglichen und Charakter- vollen. Das vierte Gebiet D umfalst das französisch-belgische Tiefland, dort Teile des Departements Nord, hier insbesondere die Provinzen Hennegau und Flandern. Ich habe in diesem Ge- biet 6 Wochen zugebracht. Ich beschränke mich ebenso wie bei dem Gebiet C auf eine kurze Beschreibung des Landes, da ich hier nicht wie in den Gebieten A und B Zeit fand, mich mit den geologischen, botanischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnissen des Landes zu beschäftigen. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs, 167 Am Nordfuls der Schwelle_von Artois gegen die nach Nordosten gerichteten Flüsse des belgischen Flachlandes (Schelde und Lys), der ungefähr durch den von Calais nach Valenciennes zur Schelde ziehenden Kanal bezeichnet wird, taucht die Kreide unter die Tertiärinsel, die von breiten Schwemmlandböden unter- brochen wird; in erreichbarer Tiefe erstreckt sich das produk- tive Carbon. Das Land ist Flachland und meist fruchtbare Ebene, doch fehlt auch waldreiches Hügelland nicht; es wird von zahlreichen Strömen, Gewässern und Kanälen durchschnitten. Man kann von Norden nach Süden schreitend eine Polderzone (Südgrenze über Ypern-Thorhout-Brügge), Sandzone (Grenze über Ypern-Courtrai- nördlich Brüssel) und Lehmzone unter- scheiden. Der Boden wechselt dementsprechend und zeigt stellenweise versumpfte Landschaft oder unfruchtbare Sand- strecken, ist aber im allgemeinen von einer sehr grofsen Frucht- barkeit. Flandern und der Hennegau gleichen in ihrer üppigen Fruchtbarkeit strichweise einem wahren Garten Gottes, der in seinen Erträgen stellenweise noch die Ertragsfähigkeit der Lom- bardei übertreffen soll. Das ganze Land steht unter intensiver Kultur; es ist in verhältnismäfsig kleine Stücke geteilt, die oft von Sträucherhecken oder von den der Landschaft eigentümlichen Bäumen, der Pappel und Rüster, deren Kronen von dem regel- mälsig wehenden Seewind alle nach Osten umgebogen sind, um- geben sind. Die Wirtschaft ist die eingehendste, auf persönlicher Wartung jedes Stückleins Erde beruhende Ausnutzung des Bodens. Getreidefelder, Wiesen und Weiden wechseln in bunter Folge. Wälder fehlen fast gänzlich, Parks und Obstgärten sind häufig, auch kleine lichte Feldhölzer sind über das Land zerstreut. Charakteristisch sind die vielen Pappel- und Ulmenalleen. Die Besiedelungsdichte ist sehr hoch (insbesondere da, wo das unter- liegende produktive Carbon ausgenutzt wird), 150—200 Bewohner auf den Quadratkilometer. Vielfach herrscht an Stelle der ge- schlossenen Dorfschaft die Einzelsiedlung. — Ich habe im speziellen Teil nicht nur die von mir selbst beobachteten Arten aufgeführt, sondern zur Vervollständigung des Bildes der nordostfranzösischen Ornis auch jene Arten auf- genommen, die von anderen Kriegsbeobachtern festgestellt worden sind; alle von mir nicht beobachteten Arten sind durch ein vor- gesetztes j kenntlich gemacht. Ich habe ferner für jede Art und für jedes Gebiet die Beobachtungen der anderen Kriegs- teilnehmer insofern verwertet, als ich die Belegstellen durch Anführung der Nummer der betreffenden Arbeit aus dem nach- folgenden Verzeichnis und der Seite zusammengestellt habe. Ich konnte im Text aus Gründen der Raumersparnis auf die vor- liegenden Beobachtungen meist nicht näher eingehen. Doch kann der Leser das, Vorkommen einer Art in irgend einem Gebiet, auch wenn von mir keine persönliche Beobachtung vorliegt, so- fort aus der Zusammenstellung der Literaturangaben feststellen E7 168 Ludwig Schuster: und in der Regel auch aus der Zahl der Belegstellen auf das häufigere oder seltenere Auftreten der Art schlielsen. Die über die Vogelfauna des besetzten Frankreichs und Westbelgiens erschienenen Arbeiten führe ich nachstehend in alpha- betischer Reihenfolge auf. Aus dem Verzeichnis habe ich die Arbeit Thienemanns (Nr. 60) nicht benutzt, da sie handgreifliche Unrichtigkeiten enthält. Aufser den aufgezählten Arbeiten sind noch eine Reihe kleinerer Notizen in Zeitschriften mehr unter- haltender Natur und in Jagdzeitschriften erschienen; ich habe dieselben, da sie meist nur ganz allgemeine Angaben enthalten, nicht namentlich aufgeführt; soweit sich in ihnen brauchbare Notizen vorfinden, ist im Text darauf hingewiesen worden. Zum Vergleich wurde auch die Arbeit von Diederich: Ornithologische Beobachtungen in Belgien, Oologie 1919, S. 102 herangezogen; sie bezieht sich auf einen Landstrich, der dem Gebiet D benach- bart, von mir aber nicht mehr in den Bearbeitungsbereich ein- bezogen worden ist. 1. Backmeister, Aufzeichnungen über den Bestand der Ar- sonnenvögel. Falco 1916, 8. 21 fi. 2. — Zum Vorkommen des Zaunammers (Ernb. cirlus) insbesondere in Nordostfrankreich. Ornith. Monatsberichte 1917, S. 81 ff. 3. — Über Parus salicarius. Journal f. Ornithologie 1917, Band II, S. 1 ff. 3a.— Vorkommen der Weidenmeise im nördlichen Argonnen- wald. Berajah 1916, Anlage II, S. 1. 4. Backmeister und Kleinschmidt, Zur Ornithologie von Nordost-Frankreich. Journal f. Ornithologie 1918, S. 245 fl. und 1920 8. 1 ff. S. 97 ff. von Berlepsch, Über Nistweise des Gartenammers (Emb. cirlus und Misteldrossel (Turdus viscivorus) in Nordfrankreich Ornithologische Monatsberichte 1918, S. 39 ff. oa 6. Böker, Aus Nordfrankreich. Ornithologische Monatsberichte 1915, S. 152 fl. 1. — el Nordfrankreich. Ornithol. Monatsberichte 1915, Ss. 177 fi. 8. — Der Herbstzug bei Reims 1915. Ornith. Monatsberichte 1916, S. 103 ft. 9. — Ornithologische Beobachtungen in Frankreich und Belgien 1914—1916. Ornith. Monatsschrift 1917, 8. 211 ft. 10. Brinkmann, Vögel in der Gefechtslinie.e Ornith. Monats- schrift 1915, S. 383 £. 11. — Vogelleben hinter der Westfront. Ornith. Monatsschrift 1916, S. 183 £. 12. Büsing, Ungewöhnliches Verhalten der Misteldrossel. Ornith. Monatsschrift 1918, S. 158 £. | 13. — Bilder aus der Vogelwelt Nordirankreichs. Ornith. Monats- schrift 1919, 8. 33 ft. 13a. — Berichtigung. Ornith. Monatsschrift 1920, S. 112. 14. 15. 16. #7. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 258. 26. 27. 28. 29. 29a. 30. 31. 32. 33. Beiträge zur Örnithologie Nordostfrankreichs. 169 Franz, Das Vogelleben im Aisnegebiet. Ornith. Monats- berichte 1917, S. 112 ff. (Berichtigung in Ornith. Monats- berichte 1918, S. 15). Die Arbeit enthält mancherlei un- richtige Angaben. Gengler, Notizen ausFeldpostbriefen. Ornith. Monatsberichte 1915, S. 88 ff. — Kriegsbeobachtungen äus Belgien und Frankreich. Journal f. Ornithologie 1916, S. 398 ff. — Weitere Kriegsbeobachtungen aus Belgien und Frankreich. Ornith. Monatsberichte 1917, 8. 4 fi, S. 20 ft. Gerlach, Vom Zwergtrappen und Triel. Ornith. Monatsschrift 1918, S. 45. — Vom Eisvogel. Ornith. Monatsschrift 1918, S. 138, S. 143. — Von Schwarzdrossel und Feldlerche. Ornith. Monats- schrift 1918, S. 143. — Von der Wasserralle. Ornith. Monatsschrift 1918, S. 144. — Kehren die Zugvögel in Norddeutschland oder in Nord- frankreich früher zurück? Ornith. Monatsschrift 1919, S. 131 ff. — Zum Vorkommen der Rallenvögel in Nordfrankreich Ornith. Monatsschrift 1919, S. 137 £. — Ornithologische Beobachtungen aus der Gegend östlich von Reims. Journal für Ornithologie 1919, S. 211 ff. un [Bussardzug]. Journal f. Ornithologie, 1917, — Beobachtungen über den Kranichzug. Ornith. Monats- berichte 1915, S. 141/2. Handmann, Ornithologische Beobachtungen in Flandern im Winter und Frühjahr 1914/15. Ornith. Monatsschrift 1915, S. 247 ft. Heyder, Einige Gelegenheitsbeobachtungen an der Vogelwelt der weiteren Umgegend von Verdun (Frankreich). Ornith. Monatsberichte 1917, S. 121 ff. Kleinschmidt, Einiges über die Vögel der von uns besetzten feindlichen Gebiete. Falco 1916, S. 9 ff. — Aegithalos caudatus expugnatus forma nova. Falco 1916, S. 18. — Über die Kriegssammlungen der Herren Bacmeister, Schlüter, Rüdiger, Dennler u. a. Falco 1917, S. 20 ft. — Neubeschreibung von Vögeln und Schmetterlingen. Falco 1918, S. 15 ff. Plake, Brief aus dem Felde. Ornith. Monatsschrift 1917, S. 118/119. Rüdiger, Zusammenstellung der von mir gesammelten Vogel- eier in Rufsland und Frankreich. Zeitschrift für Oologie und Ornithologie 1919, S. 11 ff, S. 50/51. Schelcher, Ornithologische Beobachtungen an der Westfront. Ornith. Monatsschrift 1916, S. 298 ff, Jouxa, f, Orn, LXIX, Jahrg, April 1921, 12 170 Ludwig Schuster: 33a. Graf Schmising, Wasserrallen in Nordfrankreich. Ornith. Monatsschrift 1920, S. 189. 34. Sehaei L. an ei Kriegslärm. Ornith. Monatsberichte 1916, 8. 7 ft. 35. — Über die Brutzeit der Waldohreule. Ornith. Monatsberichte 1916, S. 40/41. 36. — [Zug des Bussards]. Journal für Ornithologie 1917, 8.113. 37. — Kriegsnotizen. Ornith. Monasschrift 1916, S. 149. 38. — Ornithologische Notizen. Ornith. Monatsschrift 1917, 5.290. 39. — Über Vorkommen der Weidenmeise in Ostfrankreich. Ornith. Monatsberichte 1917. S. 145/6. 40. — Über das Vorkommen der Ammern in Nordostfrankreich Ornith. Monatsberichte 1917, S. 160 ft. 41. — Einige ornithologische Beobachtungen aus der Cham- pagne. Ornith. Monatsberichte 1917, S. 170 fi. 42. — Nachtrag: Über die Verbreitung des Girlitzes in Ost- frankreich. Ornith. Monatsberichte 1918, S. 46. 43. — Der Vogelzug in den Argonnen im Herbst 1916. Ornith. Monatsberichte 1918, S. 96 ff., S. 119 ft. 44. — Die Misteldrossel (Turdus viscivorus) als Dorf-, Park- und Gartenvogel. Ornith. Monatsschrift 1919, S. 44 ff. 45. — Der Vogelzug in Ostfrankreich im Herbst 1917. Ornith. Monatsberichte 1919, S. 34 ff., S. 54 fl. 46. — Der Vogelzug in Ostfrankreich im Herbst 1918. Journal für Ornithologie 1920, S. 156 ff. 47. Stadler, Weidenmeisen in Nordfrankreieh. Ornith. Monats- berichte 1919, S. 73/74. 48. Stresemann, Drei Jahre Ornithologie zwischen Verdun und Ru DL NerLen. d. Ornith. Gesellschaft in Bayern 1918, S. 245 fl. 49. Sunkel, Einige Winterbeobachtungen aus Frankreich. Ornith. Monatsberichte 1917, S. 169 £. 50. — Flandrischer Spätsommer. Gefiederte Welt 1917, 8. 14/15. 51. — Vorfrühling in Flandern. Gefiederte Welt 1917, S. 189/90, 52. — a in der Champagne. Gefiederte - Welt 1917 S. 253 ff. 53. — Von Höhlenmenschen und Vögeln unter dem Himmel. Gefiederte Welt 1917, S. 338/9. 54. — Ornithologische Beobachtungen aus Nordfrankreich. Ornith. Monatsberichte 1918, S. 72 ff. 55. — Ornithologische Beobachtungen aus Flandern. Ver- handlungen der Ornith. Gesellschaft in Bayeru 1918. 8.225 fi. 56. 5" UAIERRER ER LELEL; Zoologischer Beobachter 1918, .150. 57, — Aus Nordfrankreich. Ornith. Monatsschrift 1919, S. 74/5. Beiträge zur Örnithologie Nordostfrankreichs. 171 58. Sunkel, Zur Avifauna von Nordfrankreich. Ornith. Monats- berichte 1919, S. 32 ff. 59. — Über _Vorkommen und Lebensweise der Weidenmeise (Parus salicarius rhenanus Kleinschm.) in Nordfrankreich. ÖOrnith. Monatsberichte 1919, S. 93 ft. 60. Thienemann, Ornithologische Feldpostbriefe und Karten. Ornith. Monatsschrift 1915, S. 150 ff. 61. v. Versen, [Vogelzug bei Reims]. Ornith. Monatsberichte 1918, S. 30/1. 62. Wendehorst, Die Vogelwelt Nordfrankreichs. Ornith. Monats- schrift 1919, S. 111/2. 63. Zimmermann, Ornithologische Aufzeichnungen aus Sedan. Journal für Ornithologie 1919, S. 302 ft. Zweifelhafte Arten wurden nicht nummeriert. Belegexemplare, deren Bälge meist dem Berliner Museum überwiesen wurden, wurden von folgenden Arten gesammelt: Grofser Buntspecht (3), Zwerg- specht (1), Elster (1), Häher (1), Grünfink (2), Distelfink (5), Leinzeisig (1), Blutfink (5), Girlitz (3), Grauammer (1), Gold- ammer (6), Zaunammer (3), Wiesenpieper (2), Wasserpieper (1), Feldlerche (1), Haubenlerche (8), Baumläufer (11), Kleiber (8), Blaumeise (10), Nonnenmeise (9), Weidenmeise, (23), Hauben- meise (2), Schwanzmeise (4), Schilfrohrsänger (1), Zaunkönig (1), Misteldrossel (3), Rotkehlchen (2), Steinschmätzer (2). In der Systematik bin ich Reichenow „Kennzeichen der Vögel“ 2. Auflage gefolgt. Der Wirrwarr, der heute in Nomen- klaturfragen herrscht und für den Reichenow in den Ornith. . Monatsberichten 1915. S. 112!) und Reichenow und Hesse in ihrer Arbeit im Journal für Ornithologie 1916, S: 325—28?) die richtigen verurteilenden Worte gefunden haben, macht es tat- sächlich notwendig, zur Verständigung und Vermeidung von Verwechslungen dem lateinischen Namen die landesübliche Be- zeichnung hinzuzufügen. Ich selbst habe in Nomenklaturfragen nie praktisch gearbeitet, babe aber nicht versäumt, alle be- deutenderen einschlägigen Veröffentlichungen der beiden letzten 1) „Der beständige Wechsel in der Benennung unserer einheimischen Vögel fängt nach gerade an, auf Fernerstehende komisch zu wirken; er ist geradezu zum Unfug ausgeartet.‘“ %) „Dieser ständige Namenwechsel ist nachgerade zum Unfug ge- worden. Die Namen, die doch nebensächlich und das Mittel zum Zweck sind, werden jetzt in systematischen wie faunistischen Werken zur Haupt- sache gestempelt.‘“ und: „Tatsächlich pflegen denn auch manche Verfasser zur Verständigung die landesüblichen Namen beizufügen. Man ist also dahin gelangt, den wissenschaftlichen Namen, der international verständlich sein sollte, durch einen Trivialnamen erklären zu müssen.“ Sehr ver- ständige Worte über Nomenklaturfragen hat Stefan v. Chernel in „Aquila“ 1918, Anhang, 8. 14 ff. gesprochen. 12* 172 Ludwig Schuster: Jahrzehnte sorgsam zu studieren. Ich glaube daher ohne An- malsung sagen zu dürfen, dafs ich gerade deshalb, weil ich mich stets über den Stand dieser Fragen auf dem Laufenden gehalten habe, von jedem Vorurteil und jeder Verkennung freigeblieben bin und deshalb ebensowohl die starken positiven Seiten zu würdigen verstehe, wie ich andererseits die Schwäche und die lächerlichen Auswüchse dieses Wissenszweiges vielleicht leichter erkenne als andere Fachkollegen, die vorzugsweise oder fast aus- schliefslich auf diesem wichtigen Gebiet gearbeitet haben und daher nur zu leicht in eine starre Einseitigkeit verfallen. Und gerade deshalb halte ich die scharfen Worte Reichenow’s und Hesse’s für voll berechtigt. Es ist immer noch wahr, heute wie damals, was Friedrich der Grofse in seinem Antimachiavell sagt: „Der Hang zum Systematisieren war zu allen Zeiten für das menschliche Denken eine bedrohliche Klippe. Oft fuhr jemand daran fest und hatte doch eben noch geglaubt, die Wahrheit zu erhaschen, war in seinen geistreichen Einfall ganz vernarrt und glaubte ihn seinem ganzen Gedankengebäude zugrunde legen zu können. Und doch stak er mitten in den Vorurteilen drin, und die sind immer der Tod aller Wahrheitsforschung.“ 1. Colymbus ceristatus L. Haubensteifufs. Wintervogel. Gebiet A: Nr. 16, S. 411. — Nr. 27, 8. 122. — Nr. 63, S. 306. Gebiet B: Nr. 14, 8.1113. Gebiet D: Nr, 17, S. 24. 72. Colymbus nigricollis Brehm. Schwarzhalstaucher. Gebiet A: Nr. 63, S. 306. Wintervogel. 3. Colymbus nigricans Scop. Zwergtaucher. Gebiet A: Im Winter ist der Zwergtaucher auf den gröfseren und kleineren Flüssen Ostfrankreichs regelmälsig anzu- treffen. 1914 beobachtete ich ihn zuerst am 25. X. in einzelnen - Exemplaren auf der Maas bei Sedan und dann den ganzen Winter über in der Umgebung von Vilosnes; hier zählte ich bis zu 18 Stück, die allein, zu zweien oder zu dreien vereint ihr Wesen trieben; sobald kaltes Wetter und Frost eintrat, sammelten sie sich in gröfseren Trupps, obwohl der Strom niemals zufror und höchstens an seinen Rändern einen schmalen Eisrand auf- wies; sobald der Frost wich, sonderten sich auch die Taucher wieder in Einzelgänger, zu zweien und zu dreien. Diese Beob- achtung habe ich im Laufe des Winters mehrmals gemacht, Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 4173 Anfang März 1915 war die Art verschwunden. Im Herbst 1916 beobachtete ich am 22. X. zwei Stück auf der Maas bei Sedan, 1 Stück auf einer Wasserblänke bei Remilly an der Maas. Am 28. XII. 1 Stück auf der Aire bei Fleville.. Im November 1917 sah ich auf den überschwemmten Maaswiesen bei Vilosnes 8—10 Stück, im Dezember 1917, Januar und Februar 1918 mehrere auf der Orne bei Hatrize (Woäwreebene). Der Zwergtaucher ist aber auch Brutvogel in Nordost- frankreich, und zwar habe ich ihn als solchen im Sommer 1917 in der Champagne festgestellt. Am 22. IV. dieses Jahres ritt ich an dem Ort Mont St. Remy vorbei und beobachtete auf einem bei dem Dorf befindlichen Teich, der durch die auf hohem Damm geführte Strafse in zwei Teile geschnitten wurde und un- gefähr 11/, ha grofs war, und von dessen etwa 2 m hohem Ufer man eine gute Übersicht über das auf ihm sich abspielende Leben hatte, mehrere Zwergtaucher, die sich unter vielem Trillern jagten, rauften und bissen. Sobald sich mir Gelegenheit bot, besuchte ich den Teich wieder; dies war am 7. Mai. Ich fand ein Nest, das nicht weit vom Ufer stand und das ich, indem ich bis an die Knie ins Wasser watete, mit! einer langen Stange nach vieler Mühe zu mir heran ziehen konnte; auf dem aus modernden Stoffen gefertigten Bau lag neben den Eischalen ein eben ge- schlüpftes Junges;!) dasselbe war kaum erst bewegungsfähig, seine Gesamtfärbung war schwärzlich, der Schnabel fleischrötlich; die Alten liefsen während meiner Anwesenheit am Nest dauernd ihre trillernde Stimme hören. Am folgenden Tag war ich wieder am Teich und bemerkte tiefer im Schilf und weiter vom Ufer ab ein zweites Nest, in dem ich von meinem erhöhten Stand aus mit dem Glas die Eier erkennen konnte; die Alte sals auf dem /Nestrand und bosselte daran herum, derweil die andere Ehehälfte dicht um das Nest herumpaddelte, bald untertauchte, bald das Nest umschwamm und sich auch daran zu schaffen machte. Am 18. Mai war ich wieder am Teich; diesmal nahm ich alle Entschlufskraft zusamınen, kleidete mich aus und watete bis zur Brust im beifsend kalten Wasser zum Nest, in dem 3 Eier lagen. Wie ich vom Ufer aus zunächst festgestellt hatte, sals die Alte und deckte das Gelege. Während ich durch das Schilf watete, verliefs sie das Nest, mufs sich aber doch noch die Zeit genommen haben, ihr Gelege mit Pflanzenstoffen zuzu- decken; zum wenigsten fand ich es bedeckt vor, als ich am Nest ankam. Die drei Eier nahm ich für meine Sammlung mit. Am 8. Mai sah ich vom Ufer aus ein zweites Nest, auf dem ein Taucher sals; als er sich beobachtet sah, verliefs er seinen Bau, hinter ihm rutschte ein Junges vom Nest ins Wasser. Am 22. Mai stellte ich zwei weitere besetzte Nester fest; das eine 1) Die Brutzeit fällt also hier bedeutend früher als in Norddeutsch- land. _ 174 Ludwig Schuster: stand sehr frei und war vom Damm aus gut zu sehen; es ent- hielt zwei oder drei Eier. Auf dem zweiten salsen die Alten neben 2 wolligen Jungen; als sich die Schar beobachtet sah, ging sie sogleich ins Wasser; nach 5 Minuten, während deren ich mich ruhig verhielt, safsen alle 4 wieder auf dem Nest. In den Gebieten C und D haben ihn.die anderen Beobachter als Wintervogel festgestellt. Literatur: Gebiet A: Nr. 4, S. 249. — Nr. 11, 8. 184. Nr. 16, S. 41l. — Nr. 27, S. 122. — Nr. 48, S. 284/55. — Nr. 63, S. 306. Gebiet B: Nr. 4, S. 249. — Nr. 58, 8. 33. Gebiet C: Nr. 58, S. 33. Gebiet D: Nr. 17, S. 24. — Nr. 33, S. 301. — Nr. 62, S. 112. +4. Larus argentatus L. Silbermöve. Literatur. Gebiet D: Nr. 55, S. 244. (Küste bei Ostende.) 5. Larus ridibundus L.L Lachmöve. Am 26. Januar 1915 sah ich erstmals 6 Stück im Maastal bei Vilosnes, am 4. III. wieder eine Schar an der Maas, am 16. III. rastete ein grofser Schwarm auf der Durchreise. Am 19. VI. 1916 revierte ein Stück über den Feldern bei Cornay (Argonnen). Literatur. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. Gebiet D: Nr. 9, S. 212. — Nr. 33, S. 303. — Nr. 55, S. 244. 76. Mergus albellu L.L Zwergsäger. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. Wintervogel. 77. Nyroca fuligula L. Reiherente. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. — Nr. 63, S. 306. Wintervogel. 78. Nyroca ferina L. Tafelente. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. Wintervogel. +9. Spatula clypeata L. Löffelente. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. Wintervogel. 10. Anus boschas L. Stockente. Die Stockente ist Winter- und Sommervogel in Ostfrankreich. Gebiet A: Im Winter 1914/15 beobachtete ich sie öfters sowohl in kleinen Ketten als auch, gegen das Frühjahr hin, in gewaltigen Flügen bis zu ein-, zwei- und dreihundert Stück auf der Maas und den überschwemmten Maaswiesen zwischen Dun und Sivry. Am 15. V. 15. trieb ich auf einem Altwasser der Maas bei Sivry Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs, 175 einen alten Vogel auf, der 10 Dunenjungen führte; die Kleinen verschwanden sehr schnell im Schilf. und Rohr, während die Alte laut quackend abflog. Auch im Juli 1915 beobachtete ich ge- legentlich einige Stockenten auf der Maas. Im Januar 1916, als ich mit meiner Batterie in den Argonnen lag, sah ich eine Kette über das Gebirge wegstreichen. Im Sommer 1916 ein Pärchen bei St. Juvin an der Aire; im Winter 16/17 mehrfach an der Aire. In der Woövre sah ich am 19. VIII. 17 ein Stück bei Domremy. Im Winter 17/18 war der Vogel auf der ruhig fliefsenden moorigen Orne (Woövreebene) nicht selten; hier habe ich während der Wochen, die ich in dem Ort Hatrize lag, öfters auf Enten gejagt und auch 2 Erpel und eine Ente zur Strecke gebracht. Die Ente war in Begleitung eines Erpels (es war am 5.1l.), der nach dem Schufs noch lange rufend in hoher Luft umher flog, immer wieder in die Nähe des Tatortes kam und sich schliefslich ca. 500 m davon entfernt mitten in den Wiesen niederliefs und hier noch eine ganze Weile rufend verharrte, ehe er abflog. Gebiet B: In der Champagne habe ich die Stockente nicht beobachtet. Gebiet C: Im Sommetal habe ich die Art im April und Mai 1918 auf der Somme und ihren vielen den Lauf umgrenzenden Tümpeln bei Mericourt und Feuilleres gesichtet; letzter Beob- achtungstermin am 19. V. (ein Pärchen). Literatur: Gebiet. A: Nr. 4, S. 249. — Nr. 16, 8. 411. — Nr. 27, S. 122. — Nr. 48, S. 284/5. — Nr. 63, $. 307. Gebiet B: Nr. 4, S. 249. — Nr. 14, S. 113, 114, 116. — Nr. 24, S. 215. — Nr. 49, S. 170. — Nr. 54, S. 75/76. Gebiet C: Nr. 9, S. 212. — Nr. 62, S. 112. Gebiet D: Nr. 33, S. 301. Ich habe aufser der Stockente keine anderen Entenarten in Frankreich beobachtet. Den meisten anderen Beobachtern scheint es ähnlich ergangen zu sein. Nur Heyder hat eine gröfsere Anzahl Arten in der Woävreebene (am Amelsee) an- getroffen. Ich habe am 24. II. 18 den ca. 4—5 qkm grolfsen Lachaus6e-see in der Wo&@vreebene besucht, eigens zu dem Zweck, wenn möglich einige Entenarten zu sichten. Doch war an jenem Tag überhaupt kein Vogel auf dem See zu sehen, nicht einmal ein Teichhuhn, das man sonst in Ostfrankreich im Winter auf jedem kleinen Gewässer beobachten kann. T11. Anas penelope L. Pfeifente. Wintervogel. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. Gebiet B: Nr. 14, $. 113, 115, 116. 176 Ludwig Schuster: 12. Anas ucuta L. Spieflsente. Wintervogel. Gebiet A: Nr. 27, S. 122 (Woövre),. — Nr. 63, $. 307 (Sedan, Maas). T 13. Anas querquedula L. Knäckente. Wintervogel. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. Gebiet B: Nr. 14, S. 113. 714. Anas crecca L. Krickente. Gebiet A: Nr. 16, S. 411. — Nr. 27, S. 122 (Woe&vre). Gebiet B: Nr. 14, S. 114. Gebiet D: Nr. 33, S. 303 !(Belgisch -Flandern) Nr. 62, S. 112 (Französisch-Flandern und Artois). Anser spec.?. Am 4. II. 1915 sah ich bei Vilosnes im Maastal 6 Wild- gänse in nordöstlicher Richtung fliegen. Stresemann erwähnt des Vogels in Nr. 48, S. 284 (Lothringen und Woe&vre), für die Champagne wird der Durchzug bezeugt von Böker Nr. 8, S. 106, 107) und von v. Versen (Nr.61, 5.31). Die Art ist von keinem Be- obachter festgestellt worden. Oygnus cygnus. Angeblich als Durchzügler beobachtet (Nr. 14, S. 113, 115); erscheint unwahrscheinlich, weshalb ich die Art nicht durch- nummeriere. Arenaria interpres. Aus Gebiet B (Nr. 14, S. 113) als vorkommend erwähnt; sichere Gewähr liegt nicht vor. 7 15. Charadrius dubius Scop. Flufsregenpfeifer. Gebiet B: Nr. 24, S. 215. Soll Brutvogel an der Aisne sein. 16. Vanellus vanellus L. Kiebitz. Der Kiebitz scheint in Ostfrankreich kein Brut-, sondern nur Durchzugsvogel zu sein; zur Zugzeit tritt er aber oft in grolsen Schwärmen auf. Gebiet A: Die ersten sah ich im Herbst 1914 am 22. XI. bei scharfem Frost auf den überschwemmten Maaswiesen bei Vilosnes (2 Stück), am 30. XI. nochmals 3 Stück. Den Winter über kamen sie nicht mehr zur Beobachtung. Am 6. III. 1915 stellte sich die erste Schar von ca. 60 Köpfen auf den Maas- wiesen wieder ein, und von jetzt ab zeigten sich bis zum 20. III. Beiträge zur Ornithologie Nordoatfrankreichs. 177 täglich grofse Scharen von vielen hunderten von Exemplaren, die sich bald auf den Wiesen der Nahrungssuche widmeten, bald in förmlichen Schwärmen und Wolken die Luft durchkreuzten; auch als wir am 9. III. wieder Frost bekamen (—3°C), verschwanden sie nicht. Im Frühjahr 1916 sah ich am 19. III. 2 Stück bei Grand Pr& nach Osten streichen, am 22. X. lagen zwei grofse Scharen auf den Maaswiesen bei Stenay. Im Frühjahr 1918 be- obachtete ich in der Zeit vom 25. Il. — 6. III. mehrmals kleine Trupps von wenigen Köpfen auf dem Zug nach Osten. Bei Braumont, im Nordosten des Gebietes A, war ich am 4. XIl. 17 Zeuge eines kräftigen Durchzuges, der nach starkem nächtlichem Schneefall und nach dessen Beendigung am Morgen sogleich ein- setzte und im Laufe des Vormittages mehrere Scharen vorbei- führte (s. Nr. 45, S. 54 ff). In der Woävreebene sah ich am 19. VII. 17 elf Stück bei Domremy; auch diese rechne ich zu den Durchzüglern trotz des frühen Beobachtungsdatums. Im Gebiet B, der Champagne, ist der Kiebitz ebenfalls nur Durchzügler.) Am 22. III. 17 sah ich bei Monthois im Tal der Aisne einen Schwarm von 200—300 Stück; am 24. III. rastete ein vereinzelter Vogel auf der weiten öden Heide, die sich bei dem Ort Fontaine vor meiner Batteriestellung hinzog. Am 6. X. 1918 zogen 4 Stück über die Höhe bei Vieux (Westchampagne), auf die wir damals in Erwartung eines französischen Angriffes gegen das Suippestal vorgezogen worden waren und auf deren nackten Feldern, gepeitscht von einem rauhkalten Wind, wir stundenlang in grolser Spannung lagen; aus solchen erwartungs- vollen Stunden bleiben einzelne Beobachtungen, die augenblicks die Gedanken ein wenig ablenken und erheben, in besonders guter Erinnerung; und wenn ich heute an jenen Nachmittag zurückdenke, wenn ich den erschauernden Wind wieder fühle, die bleiernschwere Stimmung der Champagnelandschaft vor meinem Geiste ersteht, dann sehe ich auch die 4 Kiebitze wieder durch den fahlen Himmel streichen, und mein Auge folgt ihnen im Geist so, wie esihnen damals in der Leiblichkeit sehnsüchtig nachgeschaut hat. Im Sommegebiet beobachtete ich am 19. III. 18 bei West- wind und Regen 13 Stück auf ihrem Zug nach Osten. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 249. — Nr. 16, S. 410. — Nr. 27, 8. 122. — Nr. 48, S. 285. Gebiet B: Nr. 14, S. 113, 114. — Nr. 16, S. 410. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, S. 170. Gebiet D: Nr. 33, S. 301, 303, 305. — Nr. 55, 8. 244. 1) Hugo Reinhardt bat in „Wild und Hund“ 1918, S. 271 in interessanter Weise den von den Landeseinwohnern im Tal der Aisne Isg triebenen Kiebitzfang beschrieben. 178 Ludwig Schuster: 17. Oedienemus oedicnemus L. Triel. Im Argonnen-, Maas- Woevregebiet ist mir der Triel nie- mals begegnet; ich glaube auch nicht, dafs er hier als Brutvogel auftritt. Denn obwohl diesem Landstrich viele öde, weitgedelnte Triften nicht fehlen, so ist das Gelände als dauernder Aufenthalt für die Art doch gänzlich ungeeignet. - Umso häufiger ist der Triel im Gebiet B, der Champagne; er ist hier Charaktervogel aller unfruchtbaren öden Strecken, und sein flötender, vielfach modulierter Ruf belebt die einsamen Triften und webt eine geheimnisvolle Note in den Zauber der Sommernächte. Ich glaube, dafs selbst der einfachste Soldat mit Freude sowohl wie mit einem gewissen Schauer der klagenden Stimme gelauscht hat, wenn er in stillen Nachtstunden auf Posten stand oder ihn die Gänge von und zur Stellung über die öden Felder führten. In früheren Jahren, als die Champagne noch gänzlich unbewaldet war und nur der Schäfer seine Herde über die weitgestreckten, fast unabsehbaren Halden trieb, mag er noch viel häufiger gewesen sein als heutzütage, und er muls dann auch in jenen Zeiten noch viel mehr bedeutet haben im Charakterbild dieser endlosen Triften, deren wunderbarer Stimmung ich mich nie habe entziehen können, einerlei, ob ich in Ruhe- tagen sorglos und fröhlich zu Pferde über die Halden trabte und galoppierte oder rauchend und dem sülsen Nichtstun er- geben mich auf dem kurzen Rasen räkelte; einerlei auch, ob ich in Stellung und des unschätzbaren Genusses der freien Bewegung beraubt war; der Champagnezauber webte immer und überall; und so ist gerade eine meiner köstlichsten Erinnerungen an die Allgewalt des Stimmungszaubers der Champagne jener Abend des furchtbaren Julitages 1918, als wir nach dem Versagen unseres Angriffes bei Sonnenuntergang mit der Infanterie zu- sammen in dem vordersten der wenigen eroberten französischen Schützengräben lagen; da, als die Sonne unterging, da über- streute sie das weite, fast unübersehbare Land mit einem so wunderbaren Schimmer, dafs man für Augenblicke aller An- strengungen und Qualen der Stunde vergals und selbst jener gedrücktesten Stimmung Herr wurde, der sich auch der willens- stärkste Mensch nach einer entscheidenden Niederlage nicht entziehen kann. Wie nun der Krieg in der Champagne endlose neue Wüs- tungen geschaffen, die Verwilderung riesiger Feldmarken herbei- geführt hat — an deren Wiederbebauung ich bei der Indolenz und Minderwertigkeit der Franzosen nicht glaube —, so wird wohl auch der Triel in Zukunft hier wieder mehr bedeuten als in den vergangenen Jahrzehnten. ber das Brutgeschäft des Triels und meine sonstigen Be- obachtungen über diesen interessanten Vogel habe ich in Nr 41, S.. 170 ff. eingehender berichtet und darf hier darauf verweisen. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 179 Im Gebiet C, der Picardie, habe ich den Vogel ebenfalls festgestellt; zwar ist dieses Land an und für sich sehr fruchtbar, gut bestellt, reich besiedelt und damit der ausgesprochenste Gegensatz zur Champagne; da ist eigentlich auch kein Fleck- chen Erde, das nicht ausgenutzt wäre. Gleichwohl scheint der Triel dem Land nicht zu fehlen und im Frühjahr die weit- gedehnten Saatfelder zu bewohnen; wo er sich im Hochsommer aufhält, kann ich nicht einmal vermutungsweise sagen. Am 6. IV. 1918, — die grolse Offensive war zum Stillstand gekommen und wir lagen im Frontabschnitt Villers Bretonneux- Hamel-Somme —, sah ich daselbst das erste Exemplar; am 10. V. strich ein Stück über meine Batterie weg, die in einem Tal neben Warfuse-Lamotte in Stellung stand.) Am 11. V,; börte ich ihn bei Morcourt auf den Saatfeldern trillern, am 15. V. rief er abends nordöstlich des Städtchens Bray und am 19. V. hörte ich ihn bei Bussu mitten im Sommetrichterfeld; also alles so späte Termine, dafs man auf das Brüten des Vogels schliefsen mufs. Wenn der Vogel schon vor dem Krieg Bewohner dieses Landstriches gewesen ist — und ich nehme es an und bin nicht der Meinung, dafs er das nur wenige Kilometer hinter unserem Rücken liegende Sommetrichterfeld erst nach seiner Entstehung neu in Besitz genommen habe und nun von dieser neuen Kolonie aus den unverwüsteten Teilen der Picardie seine Besuche abstattete —, so mufs er ‚nunmehr, nachdem der Ver- wüstungskrieg weite ausgedehnte Odungen geschaffen hat (das Sommetrichterfeld ist ca. 20 km breit), recht eigentlich zunehmen. Das ganze verwüstete Sommegebiet, das ich mehrfach durch- quert habe, scheint mir für unseren Vogel wie geschaffen; wie überhaupt der lange verwüstete Streifen von der See bis zur Champagne eine geeignete Wohnstätte für diesen Vogel geworden 1) Von allen. Kriegserinnerungen wird mir dieses „Todestal‘“ stets in ebenso lieber wie wehmütiger Erinnerung bleiben. Hier haben wir in gemeinsamer Not schwere und fröhliche Stunden erlebt. Die englische Artillerie hielt uns fast ständig unter Feuer, sodafs wir kaum die Nase aus der „Stahlkammer“, einem in die Erdböschung gegrabenen Fuchsloch mit ca. 30 cm Erddeckung, herausstrecken konnten, Fliegergeschwader suchten uns ständig heim, Gasschiefsen zwang uns nächtelang-die Maske vors Gesicht, bis der Kopf zuletzt vom Druck der fest anschliefsenden Bänder zum Zerspringen schmerzteı Manchen wackeren Mann meiner Batterie habe ich da sterben sehen. Ich selbst entging, nicht zum ersten und letzten Mal im Krieg, — es war wirklich mehr wie eine Tonne Eisen nötig, um einen Menschen zu töten — wie durch ein Wunder dem Tod und kam mit einer Verwundung ohne nachteilige Folgen davon. Aber wir ertrugen alles Ungemach gern. Noch lebte der Schwung der grofsen Märzoffensive, die eben zum Stillstand gekommen war, in uns allen, wir hofften auf neue Erfolge in kurzer Frist, Wie gut, dals man die Zukunft nicht voraus schauen kann! 180 Ludwig Sebuster: sein dürfte; vom Aufbau des verwüsteten Landes wird zwar viel gesprochen; ich glaube aber, wie ich schon sagte, bei der Indo- lenz der Franzosen nicht daran, und wenn Deutschland die Durchführung dieses Werkes übernimmt, dann fehlen Frankreich die Menschen, um das Land zu besiedeln. Literatur. Gebiet B: Nr. 6, S. 154. — Nr. 7, S. 177. — Nr. 9, S. 212. — Nr. 14, S. 113, 114. — Nr. 18, S.45. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 41, S. 170. — Nr. 52, S. 254. — Nr. 56, S. 18. 18. Tringoides hypoleucos L. Flufsuferläufer. Zur Zugzeit im Herbst und Frühling begegnet man dem Flufsuferläufer öfters an den Strömen, Flüfschen, Kanälen und Teichen des Landes, im Argonnen-, Maas- und Wo&ävregebiet geradesogut wie in der Champagne und dem Sommegebiet. Im März und April 1915 jagte ich ihn öfters an der Maas bei Vilosnes und dem den Strom begleitenden Kanal auf. Im Herbst 1918 sah ich ihn an der Aisne bei Balham. Ich nehme an, dafs die Art auch Brutvogel in Ostfrankreich ist, denn ich habe sie in den Monaten Mai— Juli 1915 mehrfach paarweise an der Maas hochgemacht; in der Champagne am 8. V. 17 ein Pärchen am Teich von Mont St. Remy, am 20. V. 17 ein Stück an der Retourne bei Neuflize, in der Picardie am 19. V. 18 ein Pärchen an der Somme bei Feuilleres beobachtet. Literatur. Gebiet A: Nr. 58, S. 33. — Nr. 63, $. 307. Gebiet C: Nr. 6, S. 153. — Nr. 9, S. 212. — Nr. 14, S. 113. — Nr, 58, S. 33. Gebiet D: Nr. 33, S. 302. — Nr. 55, S. 244. — Nr. 58, 3. 33. 7 19. Pavoncella pugnax L.L Kampfläufer. Brutvogel? Literatur. Gebiet C: Nr. 17, S. 24. T 20. Totanus totanus L Rotschenkel. Durchzugsvogel. Literatur. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. 7 21. Totanus fuscus e Dunkler Wasserläufer. Durchzugsvogel. Literatur. Gebiet D: Nr. 33, S. 304, 305. 1 22. Totanus nebularius Gunn. Heller Wasserläufer. Durchzugsvogel. Literatur. Gebiet D: Nr. 33, S. 304. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 181 1 23. Totanus ochropus L.. Waldwasserläufer. __ Durchzugsvogel. Literatur. Gebiet B: Nr. 14, S. 113. T 24. Limosa limosa L. Uferschnepfe. Durchzugsvogel. Literatur. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. + 25. Numenius arquatus L. Grolser Brachvogel. Zugvogel. Literatur. Gebiet A: Nr. 27, S. 122. — Nr. 63, S. 307. Gebiet B: Nr. 14, S. 113. Gebiet D: Nr. 33, S. 300. — Nr. 55, S. 244. — Nr. 62, S. 112. 26. Gallinago gallinago L. Bekassine. Ich habe die Bekassine verhältnismäfsig aufserordentlich selten zu Gesicht bekommen. Im Winter 1914/15 habe ich ver- geblich nach ihr gesucht und. ausschliefslich ihretwegen oftmals die Maassümpfe, feuchte Wiesenstellen und Quellen abgegangen, wie ich sie von meiner Vogelsberger Heimat her als beliebte Stellen kannte, an denen man im Winter stets das eine oder andere Exemplar hochmachen konnte; all mein Suchen war ver- geblic.. Am 23.1. 17 traf ich die ersten, 3 Stück, die am Ufer der Aire bei Varennes3 lagen; ich beobachtete sie auch noch an den folgenden Tagen bei Schnee und Frost bis zu 15 Grad C unter Null. Gleichzeitig hörte ich von einem erfahrenen Jäger, dafs er im Herbst 1916 ein Stück auf den Triften bei Apremont (Ostrand der Argonnen) aufgejagt habe. Im Gebiet B sah ich 1 Stück am 22. III. 1917 im Aisnetal bei Monthois; eine andere trieb ich am 4. IV. 17 auf den nassen Wiesen zwischen Grivy und Cond& auf. Weiter habe ich die Bekassine nicht mehr beobachtet, trotzdem ich in jedem Gebiet, in dem ich mich aufhielt, mit Fleifs nach ihr gesucht habe; auch in dem Sumpfland der Somme ist es mir nicht geglückt, sie zu sichten. Schon die spärliche Literatur läfst auf ihr immer nur vereinzeltes Vorkommen schlielsen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S., 250. — Nr. 27. S. 122. Gebiet B: Nr. 14, S. 113. Gebiet D: Nr. 33, S. 302, 305. — Nr. 55, S. 243. 27. Scolopax rusticla L. Waldschnepfe. Die Waldschnepfe habe ich nur im Gebiet A, und nur ver- hältnismäfsig selten beobachtet, da ich kaum die freie Zeit hätte aufbringen können, auf dem Strich anzusitzen; so -beschränkt 182 Ludwig Schuster: sich meine Begegnung mit ihr nur auf zwei am 19. III. und am | 30. IV. 1915 im Wald von Harraumont aufgestöberte Stücke, und auf ein drittes Stück, das am 1. Xl. 16 nachmittags über die Argonnen strich. Von erfahrenen Jägern, die infolge ihrer Be- schäftigung in der Etappe als Stabsoffiziere, Kolonnenführer, Ärzte, Ortskommandanten etc. reichlich Zeit zu Jagden hatten, hörte ich, dafs die Waldschnepfe den ganzen Winter über im Argonnen- und Maasgebiet Lagerschnepfe ist, dafs ihre Strichzeit schon Ende Februar beginnt bzw. in vollem Gange ist und dafs dann jedesmal eine gröfsere Anzahl auf dem Strich erbeutet wurde. Die Waldbestandsverhältnisse des Gebietes sind derart günstig, dafs es eine Merkwürdigkeit wäre, wenn die Waldschnepfe nicht als Brutvogel vorkäme. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 250. — Nr. 27, S. 123 — Nr. 48, S. 285. Gebiet B: Nr. 4, S. 250. — Nr. 14, S. 113. Gebiet D: Nr. 55, S. 243. — Nr. 62, S. 112. 128. Otis tarda L. Grofstrappe. Gebiet A: Nr. 4, S. 251; nach Bacmeister soll die Art im Jahre 1915 in dem Argonnengebiet erlegt worden sein. Gebiet B: Nr. 4, S. 251. — Nr. 14, $. 113, angeblich Brut- vogel. 29. Otis tetrax L. Zwergtrappe. Die Zwergtrappe besiedelt in erster Linie die Champagne. Hier habe ich sie im Frühjahr und Sommer 1917 kennen gelernt; meine Beobachtungen habe ich in Nr. 41, S. 172/3 niedergelegt; es sei hier darauf verwiesen. Im Sommer 1918 sah ich vom Marsch aus, den ich mit meiner Batterie von der Vesle bis Charleville machte, die Zwergtrappe nordöstlich von Rethel; hier ist ungefähr das nördliche Grenz- land der Champagne, ihr Übergang in das Gebiet A macht sich schon bemerklich. Aber auch zwischen Marne uud Vesle, also in einem Landstrich, der mit der Champagne nichts mehr gemein, sondern einen ganz anderen landschaftlichen Charakter hat, und der sehr fruchtbar und gut bestellt ist, habe ich die Zwergtrappe am 25. VII. 1918 bei Sapicourt beobachtet; viel Beobachterfreude hatte ich damals nicht, denn wir waren in jenen Tagen vielzu- sehr in die Rückzugsschlachten, die sich zwischen Marne und Vesle abspielten, verstrickt, als dafs ich die innere Ruhe und Freude zu Naturbeobachtungen gehabt hätte. Literatur. Gebiet B: Nr. 7, S. 177. — Nr. 8, 8. 104. — Nr. 9, S. 213. — Nr. 14, S. 113, 115. — Nr. 18, S. 45. — Nr. 24, S, 214. — Nr. 41, S. 172/3. Gebiet C: Nr. 17, 8. 24. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs, 183 30. Grus grus L. Kranich. Auf seinen Herbst- und Frühjahrszügen kommt der Kranich regelmäfsig durch Ostfrankreich. Ich habe ihn alljährlich im Argonnen-, Maas-, Wo&evre- und Champagnegebiet gesehen. Den Herbstzug der Jahre 1916, 1917, 1918 habe ich in den jeweiligen Zugberichten (Nr. 43, Nr. 45, Nr. 46) geschildert, sodafs ich hier - darauf verweisen kann und mirnur noch dieAufgabe verbleibt, den Herbstzug 1915 und die Frühjahrszüge kurz zu besprechen. Im Frühjahr 1915 zog am 15. IV. bei Vilosnes eine Schar nordost- wärts und kam dabei in ein Fliegerabwehrfeuer, wodurch sie zu mehrmaligem Verbandswechsel veranlafst wurde. Im Herbst 1915 zogen die ersten Geschwader am 6. X.; am 15. X. abends 91), Uhr zogen 2 Scharen unter anhaltendem Geschrei über Cornay (Argonnen), um 10: Uhr und um 11 Uhr wieder je eine Schar; am 16. X. sah icn abends gegen 6 Uhr ca. 50—60 Stück bei Grand Pr& die Argonnen überfliegen, um 9 Uhr und um 10 Uhr abends hörte ich je eine Schar über Cornay rufen, die zweite Schar zog sehr niedrig; am 18. X. querten ca 50—60 St. nachmittags um 4 Uhr die Argonnen. Auch der Frühlingszug 1916 führte recht zahreiche Geschwader über die Argonnen- und Maasgegend; die beiden ersten Flüge passierten am 12. III. vor- mittags und mittags gegen 3 Uhr; am 13. III. geht mittags um 21/,, um 5 und abends um 81/, Uhr je ein Schar vorbei; am 14. III. ein Geschwader gegen 111/, Uhr vormitttags, am 21. III. ein Trupp von ca. 150 gegen 12 Uhr mittags, ca. 90 St. um 1 Uhr, die sehr hoch fliegen und zeitweiseim Gewölk verschwinden. Im Frühjahr 1917 sah ich nur am 6. IlI. eine Schar von ca. 80 St. ostwärts wandern. Flöricke bemerkt in seinem deutschen Vogelbuch, dafs der Kranich nur nachts wandere; dies ist ein Irrtum. Der Kranich wandert ebensowohl tags wie nachts, sowohl in dunklen wie in hellen Nächten, in den frühen Abend- und Morgenstunden sogut wie um Mitternacht und Mittag. Wenn man die Beobachtungen aus Ostfrankreich über die Durchwanderung des Kranichs zusammenstellt, so ergibt sich, dals der Wanderzug quer über ganz Ostfrankreich hingeht, mit anderen Worten, dafs der Durchzug, und damit auch der im an- schliefsenden Deutschland in breiter Front erfolgen mufs. Diese Tatsache der Frontwanderung wird auch dadurch nicht erschüttert, dafs der Vogel in einzelnen Landstrichen seltener auftritt (s. Hildebrandt: Noch einige Worte über die Zugstrafsen, Ornithol. Monatsberichte 1919 S. 8/9). Ein Vogel, der nur sporadisch als Brutvogel vorkommt, kann unmöglich in allen Teilen Deutschlands in Massen auf der Durchwanderung erscheinen; wenn er trotzdem in keinem Teil Deutschlands unbekannt ist, bezeugt gerade dies am allereindringlichsten die Tatsache der Frontwanderung. 184 Ludwig Schuster: Literatur. Gebiet A: Nr. 27, S. 123. — Nr. 48, S. 285. — Nr. 54, 8.76. Gebiet B: Nr. 8, S. 104 f. — Nr. 9, 8. 213. — Nr. 14, S 113. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 25a S. 141/2. — Nr. 54, 6. Gebiet D: Nr. 55, $. 243. 31. Rallus aquaticus LL Wasserralle. Am 10. II. 1917 schofs ich eine Wasserralle an einer kleinen rieselnden Quelle, die in den Argonnen in der Nähe meiner Batterie am Fufse eines Steilhanges hervorsprudelte und auf - einer Strecke von ca. 15 m Länge als schwaches Rinnsal weiter- lief, ehe sie unter einer Schnee- und Eisdecke verschwand; wir hatten damals ca 10° Celsius unter Null. Der Vogel war feist und gut bei Leibe und gab, indem ich ihn seiner natürlichen Be- stimmung des Gegessenwerdens zuführte, einen sehr schmack- haften Braten. Ein anderes Exemplar sah ich am 19. XII. 1917 bei —2° C., aber schneefreiem Boden bei St. Marie unmittelbar am Dorfausgang an einem kleinen Rinnsal; St. Marie liegt auf lothringischem Boden dicht an der alten Grenze. Literatur. Gebiet A: Nr. 27, S. 123. Gebiet B: Nr. 21, S. 144. — Nr. 23, S. 137. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 33a, S. 189. — Nr. 57, S. 74/5. Gebiet C: Nr. 13, 8. 43. 732. Orex cree L. Wachtelkönig. Sommervogel. Von mir nicht beobachtet. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 251. — Nr. 63, S. 307. Gebiet B: Nr. 22, S. 132, — Nr. 23, S. 138. — Nr. 24, S. 214. Gebiet C: Nr. 13, S. 43. Gebiet D: Nr. 33, S. 300. 33. Gallinula chloropus L. Teichhuhn. Das Teichhuhn ist in allen Teilen Ostfrankreichs und Belgiens ein gemeiner Vogel, den man sowohl zu Sommer- wie zu Winterzeiten auf allen gröfseren und kleineren Gewässern beobachten kann. Gebiet A. Wenn Gengler unseren Vogel (Nr. 16, S. 411) in Hinsicht auf sein Vorkommen als Wintervogel einen recht seltenen Standvogel nennt, so dürfte dieses Urteil wohl auf zu kurzer Bekanntschaft mit der französischen Gegend beruhen; denn in Wahrheit ist die Art sehr gemein. Im Frühjahr 1915 habe ich in der Zeit vom 5. V. als erstes Datum und dem 12. VI. als letztes Datum 15 belegte Nester auf der Maas und ihren Altwassern zwischen Sivry und Vilosnes, das ist auf einer ca. 11/, km langen Strecke, gefunden; ein Teil hiervon war zweite un Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 185 Brut oder Nachgelege; ich habe aber anderseits keineswegs alle Nester der Strecke ausfindig gemacht. Aus den ersten 7 oder 8 Nestern nahm ich, um unserem Namen als „Barbaren“ auch Ehre zu machen, die Eier mit, lies sie mir kochen und fand sie überaus wohlschmeckend. Im Sommer 1916 beobachtete ich den Vogel auf der Aire und gelegentlich von Fahrten durch das Maastal bei Sedan, Pouilly und Sassey. Im Winter 1916/17 war das Hühnchen auf der Aire zwischen Varennes und Grand Pr& nicht selten; es verliefs uns auch nicht, als das Thermometer bis zu 15° C sank, eine Schneedecke längere Zeit den Boden deckte und der Frost die meisten Gewässerchen zum Zufrieren brachte; es sammelte sich an offenbleibenden Quellen, oft mehrere auf kleinen, wenige Quadratmeter grofsen Stellen. Im Herbst 1917 sah ich die Art wieder einige Male auf der Maas bei Vilosnes, im November und Dezember im Nordosten des Gebietes auf der Chiers bei Viviers, und im Dezember 1917, Januar und Februar 1918 im Woövrelandstrich auf der Orne bei Hatrize. Im Gebiet B, der Champagne, ist Gallinula ebenfalls ge- mein; auf der versumpften Arne (hier lernte ich die Strecke von Etienne bis Betheniville kennen) und auf der verschilften Re- tourne (von Mont St. Remy bis Chätelet) ist es ein häufiger Vogel. Auf dem Teich von Mont St. Remy hielten sich mehrere Paare auf; am 7. V. 18 fand ich daselbst ein Nest mit 8 Eiern. Natürlich begegnete ich der Art auch auf der Aisne und Suippes, an denen ich im Herbst 1919 gelegentlich unserer Rückzugs- schlachten für kurze Zeit lag. Im Gebiet C, an der Somme und in ihrem versumpften Tal, darf unser Hühnchen als der gemeinste Wasservogel Ost- frankreichs selbstverständlich auch nicht fehlen. Ich fand am 30. IV. 18 und 7. V. 18 so nebenbei, ohne danach gesucht zu haben, je ein Nest bei Mericourt und am 16. und 18. V. je ein Nest bei Cappy; bätte ich mich auf die Suche nach Nestern be- geben, so hätte ich ihrer sicherlich eine ganze Anzahl auf kurzen Strecken finden können. Auch in Belgien ist der Vogel nicht selten. Im Dezember 1916 sah ich gelegentlich einer Eisenbahnfahrt nach Brüssel die Art mehrfach auf der Strecke Namur-Brüssel in den Tümpeln links und rechts der Bahn. In der Umgegend von Basecles, in der Gewässer seltener sind, ist es dennoch ein regelmälsiger Bürger; in dieser Gegend wird eine rege Steinindustrie be- trieben; in den verlassenen Steinbrüchen bilden sich gröfsere und kleinere, oft recht tiefe und an Krebsen reiche Tümpel, die dem Teichhuhn Gelegenheit zur Ansiedelung bieten. So fand ich bei Basöcles in einem dicht an die Häuser angelehnten Steinbruch am 5. VI. 18 ein Nest; auf einem Teich in dem ent- zückend schönen Park von Beloeuil am 6. VI ein zweites und ein drittes am 13. VI. auf einem kleinen Wasserlauf im Wald bei Bas£cles. Jonzn, f, On, LXIX, Jahrg. April 1921, j 13 186 Ludwig Schuster: Die Eizahl in den vollbelegten Nestern scheint am meisten zwischen 7 und 10 Stück zu schwanken. Das Teichhuhn macht wie bekannt zwei Bruten; am 13. VII. 15 sah ich es noch ganz kleine Jungen auf der Maas führen. Der Abstand, in dem das Nest vom Ufer entfernt steht, wechselt in der Regel nicht allzu- stark; meist steht es, wie sich schon aus der Bewachsung der Flüsse und stehenden Gewässer ergibt, nicht weit vom Ufer weg; die 23 Nester, die ich im Laufe der 4 Jabre fand, waren durchschnittlich 1—3 Meter vom Ufer entfernt, nur in wenigen Fällen weiter wie 3 oder 4 Meter. Acht von ihnen standen im Schilf, sechs im Rohr, zwei in Segge, eins in Schachtelhalm, eins in einem Gemisch von Schachtelhalm und Rohr, eins in einem Gemenge von Schilf und Binsen. Ein am 17. V. 15 gefundenes Nest stand unter einem überhängenden Weidenbusch und war auf den untersten Ästen, die auf dem Wasser auflagen, aufge- baut; geradeso war ein am 22. V. 15 gefundenes Nest angelegt; Ähnlichkeit in der Anlage zeigte ein Nest vom 15. V. 15, das unter einem Weidenbusch stand und in seiner Lage durch ganz wenige Rohrhalme festgehalten wurde, die unter dem über- hängenden Weidenbusch kümmerlich aufgesprofst waren. Den merkwürdigsten Stand hatte das am 13. VI, 18 bei Basecles in Belgien gefundene Nest; es stand im Wald auf einem kleinen Wasserlauf, der nicht breiter war, als dafs man ihn grade über- ‘springen konnte, ziemlich lebhaft flofs und beiderseits steile Ufer ohne die allergeringste Vegetation hatte; der umgebende Wald war Stangenholz, dicht geschlossen und lies nur ein Halb- dunkel über dem Boden zu; an einer Stelle des Bächleins wuchs mitten in seinem Lauf eine Erle auf einer Art Inselchen von höchstens 20 Zentimeter Durchmesser, und hierauf hatte das Teichhuhn sein Nest in Anlehnung an den Erlenstamm, nach den Seiten und nach oben gänzlich frei und ungedeckt hingesetzt. Das Gelege bestand aus 7 Eiern. Bei den im Jahre 1915 ge- gefundenen Nestern habe ich mir jedesmal das Nistmaterial notiert, bei dem im Jahre 1918 gefundenen Nestern habe ich dies leider unterlassen; ich stellte fest, dafs als Baustoffe durch- weg Schilfblätter verwendet wurden, nur in einem einzigen Fall bestand das Nest aus Stücken von Rohrhalmen; sonst aber war auch dann, wenn das Nest im Rohr, Schachtelhalm etc. stand, ausschliefslich Schilf zum Aufbau benutzt; das Material war bald abgestorbenes Schilf, bald ein Gemenge von alten und neuen Blättern. Die Nestmulde war in vielen Fällen mit frischem Schilf ausgelegt, und dieses Material scheint gelegentlich erneuert zu werden; wenigstens war bei einem am 21. V. entdeckten Nest die grüne Schilfunterlage der Eier am 28. V., als ich das Nest wieder revidierte, ganz bedeutend verstärkt. Nach oben standen die Nester durchweg frei; nur bei einem am 6. V. 15 gefundenen waren die das Nest umgebenden Schilfblätter etwas, bei einem am 28. V. gefundenen Nest sehr stark zu einer Art Haube über Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 187 der Wohnstätte zusammengezogen. In der Regel steht wie be- kannt die unterste Nestschicht auf dem Wasser; bei dem am 30. IV. 18 im Sommesumpf gefundenen Nest ruhte der Bau da- gegen auf einer starken Unterlage von allerhand Genist, sodals sich der obere Nestrand ca. 30—40 cm über dem Wasserspiegel befand. Gelegentlich scheint der alte Vogel beim Verlassen des Nestes sein Gelege zuzudecken; ich beobachtete in einem Falle (am 2. V. 15), dafs die Eier mit Schilf etwas überdeckt waren, und bin geneigt anzunehmen, dafs dies vom Teichhuhn beim Verlassen des Nestes geschehen war. Ein recht liebliches Familienidyll sah ich am 5. VI. 15; ich revidierte ein am 27. V. entdecktes und mit 9 Eiern belegtes Nest; gerade kurz vor meinem Erscheinen müssen die Eier ausgefallen sein; denn das Nest sals voller kleiner Kügelchen, die in Nu über Bord huschten, purzelten und sprangen bis auf das Nesthäkchen, das, noch feucht, in der Mulde sitzen blieb. Es ist mir im übrigen aufgefallen, wieviele Nester des Teichhuhns zerstört werden, sei es durch Menschen, die namentlich im ersten Frühjahr dem dann recht ungeschützten und oft weithin sichtbaren Nest ge- fährlich werden, sei es durch vierfüfsige Räuber, die die Eier wohl ebenso schmakhaft finden mögen wie der Mensch. Das Teichhühnchen sucht seine Nahrung gerne auf dem festen Land; hier läuft es, nicht weit vom Wasser entfernt, wie ein Haushuhn im Gras umher, pickt hier und da herum und scheint sich bei seinem Tun recht behäglich zu fühlen. Nament- lich zur Winterzeit, wenn das Gras kurz ist, wird es auf dem Lande mehr bemerkbar wie im Sommer. Im Winter scheint es gefiederten Räubern recht oft zur Beute zu werden; ich fand am 16. II. 17, als ich sofort nach der Schneeschmelze das Ufer der Aire zwischen Apremont und Montblainville streckenweise abging, drei- oder viermal die Rupfungen unseres Vogels in allernächster Nähe des Ufers. Ob: die im Winter in Ostfrankreich in grofser Zahl ver- bleibenden Teichhühner Standhühner oder zugewanderte Vögel sind, läfst sich ohne das Ringexperiment nicht mit Sicherheit ent- scheiden. Ich möchte aber mit ziemlicher Bestimmtheit annehmen, dafs es sich vorzugsweise um Zuzügler handelt. In West- deutschland wandert das Teichhuhn zum gröfsten Teil im Winter ab. Im Vogelsberg habe ich es iin milden Winter 18/19 auf allen Tümpeln und Teichen, auf denen es im Sommer nirgends fehlt, vergeblich gesucht. In der Wetterau sah ich im gleichen Winter nur am 9. II. 19 zwei Stück auf der Wetter. Im Winter 19/20, der ja ganz besonders mild war, traf ich es auf dem Rhein,? den ich wöchentlich einmal auf kilometerlanger, mit vielen Tümpeln usw. begränzter Strecke zwischen Budenheim und Heidesheim abging, nur einmal an. Und doch ist das Klima in Ostfrankreich, zum mindesten im Gebiet A, sicherlich nicht milder als in der Wetterau und dem Rheintal, Was für das 13* 188 Ludwig Schuster: Teichuhn gilt, hat in ähnlicher Weise für manche andere Vogel- arten, die in der grofsen Winterherberge Ostfrankreich die rauhe Jahreszeit verbringen, Geltung. Da fragt man sich natürlich nach der Ursache, die in dem einen Fall den Vogel aus der einen Gegend abwandern läfst, und auf der anderen Seite ibn zurück- hält in Länderstrecken, die um nichts wärmer, ev. sogar kälter sind als die geräumten Gebiete. Ich kann hierfür keinen stich- haltigen Grund angeben, und mit Vermutungen ist nicht gedient. Das aber hat sich mir als Gewilsheit eingeprägt: unser Winter- klima, mit Ausnahme der ganz strengen Winter, würde, was ja auch immer wieder durch Einzelfälle bewiesen'wird, einer ganzen Anzahl von Arten das UÜberdauern des Winters in ihrer Heimat ohne weiteres gestatten; so gut, wie sie in Ostfrankreich ihren Lebensunterhalt finden, ebenso bestimmt würden sie sich auch in der Wetterau, dem Rheingebiet etc. durchschlagen können. Es erweckt aber den Eindruck, als ob die Natur sich hierbei aus- schliefslich auf den extremen Ausnahmefall eingestellt hätte. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 251. — Nr. 9, S. 213. — Nr. 11, 8. 184. — Nr. 16, 8. 411. — Nr. 27, 8.123. — Nr. 48, S. 285. — Nr. 63, S. 308. Gebiet B: Nr. 4, S. 251. — Nr. 9, S. 213. — Nr. 14, S. 114 ff. — Nr. 23, S. 138. — Nr. 49, S. 170. — Nr. 52, S. 254. — Nr. 56, S. 17. — Nr. 57, S. 74. Gebiet C: Nr. 6, S. 153. — Nr. 9, S. 213. — Nr. 13, S. 37. — Nr. 17, S. 24. — Nr. 62, S. 112. Gebiet D: Nr. 17, 8. 24. — Nr. 26, S. 250. — Nr. 33, S. 301 f. — Nr. 55, S. 243. 34. Fulica atra L. Wasserhuhn. Die Verbreitung des Wasserhuhns in Ostfrankreich hat mir viel Kopfzerbrechen gemacht. Im Winter 1914/15 traf ich den Vogel als Wintervogel auf der Maas bei Vilosnes; er war da gar nicht selten. So ver- zeichnet ihn mein Tagebuch vom 29. X. 5, 9, 10 (viele), 16, 29. XI. (bei dem Frostwetter, das einige Tage vor diesem Datum herrschte, hatte ihre Zahl merklich abgenommen), 3, 7, 15, 26, 28. I.; unter dem 7. V. habe ich vermerkt, dafs die Vögel ganz verschwunden sind. In der Folgezeit kam die Art weder im Maas-, Argonnen-, Woevre- noch im Champagnegebiet zur Be- obachtung; ich habe sogar im Oktober und November 1917, als ich wieder ganz in allernächster Nähe meines Standortes im Winter 1914/15 lag, der Maas mehrere Besucbe abgestattet, mit in erster Linie, um mich nach dem Wasserhuhn umzusehen; alles vergeblich, der Vogel war nicht mehr zu sichten. Auch im wasserreichen Sommetal sah ich zunächst nichts von ihm. Am 14. V. 18 kam ich zufällig nach P6ronne; und siehe da, auf den breiten Wasserblänken, die im Süden und Westen des Städtchens Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 189 von der Somme gebildet werden und in welche ausgedehnte Binsenbestände grüne Inseln weben, tummelte sich eine grofse Zahl von Wasserhühnern; überall trieben sich die Vögel umher, hier in Trupps, dort einzeln und paarweise, sprangen plump in die Höhe, um unterzutauchen, und belebten mit ihrem Gebaren und ihrem Ruf das Wasser aufs angenehmste; ich zählte über 100 Stück, ungeachtet der Vögel, die in den Binsen umher- paddelten oder dort brütend auf ihren Nestern salsen; denn dals der Vogel hier als Brutvogel auftritt, darf man aus dem Beob- - achtungsdatum sicher schliefsen. Als ich am 19. V. auf dem Marsch meiner Division nach Belgien wieder an P£eronne vorbei kam, hatte ich nochmals Gelegenheit, mich an dem Treiben der Vögel zu erfreuen. Am verwunderlichsten war mir die Tatsache, dafs ich die Art ausgerechnet nur in der Umgebung von P&ronne antraf. Im Sommetal bei Morcourt-Mericourt bis nach Cappy hin, das sind ca. 15 km westlicher als die Fundstelle bei P&ronne, kam es damals, wie ich ziemlich bestimmt glaube versichern zu dürfen, nicht vor; auch bei Feuilleres an der Somme, wo ich einen halben Tag auf dem Marsche gerastet habe, ist es mir nicht bemerklich geworden. Dabei reiht sich von P@ronne bis Amiens See an See, Tümpel an Tümpel, bestanden mit einer reichen Wasserflora, sodafs man wohl versucht sein könnte an- zunehmen, es könne dort nicht auftreten, ohne auch hier vor- kommen zu müssen. Die anderen Beobachter bestätigen die Tatsache, dafs wenigstens im Gebiet A das Wasserhuhn selten und wohl nur Wintervogel ist. Heyder, Zimmermann, Bacmeister, Gengler, Brinkmann haben es nur im Winter und meist nur vereinzelt beobachtet. Aus Gebiet B (Champagne) bezeichnet es Franz als fehlend, Gerlach als nicht so häufig wie das Teichhuhn, Sunkel als Wintervogel. Ich habe es weder im Sommer 17 noch im Herbst 18 irgendwo in der Champagne getroffen. Aus dem Norden des Landes wird es von Büsing mehrfach erwähnt, in Belgien haben es Gengler und Schelcher beobachtet; Dietrich (Oologie 1919, S. 104) nennt es häufig als Sommervogel bei Brüssel, im Winter wurde es zu Dutzenden an offenen Stellen des Tombeckbaches beobachtet. Ich selbst sah es gelegentlich einer Bahnfahrt nach Brüssel am 29. XII. 16 mehrmals auf den Tümpeln links und rechts der Bahn. Es. scheint also, als ob das Wasserhuhn als Brutvogel grolsen Strecken Ostfrankreichs trotz günstiger Geländebeschaffen- heit fehlt und dafs es erst in den nördlichen Departements als Brutvog®l auftritt; genauere Untersuchungen müssen hier noch Klarheit schaffen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 251. — Nr. 11, S. 184. — Nr. 16, S. 411. — Nr. 27, 8. 123. — Nr. 63, S. 307. Gebiet B: Nr. 14, S. 113. — Nr. 23, S. 138. — Nr, 24, S. 214. — Nr. 49, S. 170. 190 Ludwig Schuster: 7 Gebiet C: Nr. 9, S. 213. — Nr. 13, S. 37. Gebiet D: Nr, 17, 8. 25. — Nr. 33, S. 301. 35. Oiconia ciconia L. Storch. Ich selber habe den Storch nur ein einziges Mal gesehen und zwar am 25. III. 1915 auf den Maaswiesen bei Vilosnes; am 20. III. 15 war schon von dritter Seite ein Storch bei Drillan- court in der Nähe der Maas gesichtet worden. Bacmeister hat ihn ebenfalls nur zweimal zur Frühlingszugzeit beobachtet, Gengler hat ibn in Belgien ziehend gesehen. Wendehorst be- richtet von einem Stück aus dem Artois; alle anderen Beobachter erwähnen seiner nicht. Storchnester bekommt man in ganz Ostfrankreich nirgends zu sehen, sodals man mit Bestimmtheit sagen kann, dafs Adebar diesem Land als Brutvogel, mit sicht- barem und bekanntem Erfolg auf die allgemeine Volksvermehrung, fehlt. Dies erscheint um so merkwürdiger, als das Maas-, Ar- gonnen-, Wo&vre- und Sommegebiet überaus reich an Quellen, Bächen, Sümpfen und nassen Wiesen ist. Sollte die Art durch anhaltende Verfolgung seitens des Menschen zum Aussterben gebracht worden sein? Stresemann berichtet, dafs der Storch schon frühzeitig in Lothringen ausgerottet worden sei, und das Gleiche könnte ja auch in Ostfrankreich der Fall gewesen sein; zum wenigsten wäre es bei der gemütlosen rohen Veranlagung des Franzosen nicht von der Hand zu weisen.!) Die andere Möglichkeit wäre die, dals er von je dem Land als Brutvogel ganz oder in nennenswertem Malse gefehlt hat. In dieser Be- ziehung scheint mir bemerkenswert, dals er zur Zugzeit so wenig zur Beobachtung gekommen ist; es scheint, als ob der Zug der östlicher wohnenden Störche nicht über Ostfrankreich weg ginge; wenn die Art das Gebiet in der Zugzeit mehr berühren würde, so wäre sie auch sicherlich auf der Rast in den grofsen Flufs- tälern oder auf dem Zug öfters beobachtet worden. Sie würde aber, meine ich, diesen Landstrich auf dem Zug noch heute über- fliegen, wenn sie denselben im Zusammenhang mit den besiedelten Landstrichen Deutschlands früher bewohnt hätte. Es wäre auch in Bezug auf die etwaige Ausrottung des Storches durch die Franzosen wünschenswert, einmal festzustellen, ob er im fran- zösischen Volk dieselbe Verehrung geniefst wie im deutschen oder ob er sich der Sympathie des französischen Landvolkes nicht erfreut. Literatur: Nr. 4, S. 252. — Nr. 16, S. 410. — Nr. 62, S. 112. 1) Naumann: „Ebenso ist er in Frankreich aus manchen Landes- teilen durch Nachstellungen vertrieben“, und Gätke: „im nördlichen Frank- reich... . hat ibn Nachstellung oder zu geringe Schonung vollständig vertrieben“. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs, 191 36. Nycticoraw nyeticorax L. Nachtreiher. Ich war sehr erstaunt, als ich am 22. V. 1915 gelegentlich einer Streife längs der Maas zwischen Vilosnes und Sivry plötz- lich einen Nachtreiher aus den das Ufer begrenzenden hohen Weidenbüschen dicht vor mir hoch gehen sah. Da ich den Vogel oft in Afrika gesehen, beobachtet und geschossen habe, so liegt ein Irrtum in der Beobachtung nicht vor. Es handelte sich wohl um ein Durchzugsexemplar, das sich auf seinem Flug nach Belgien oder Holland befand. 737. Botaurus stellaris L.L Rohrdommel. Von drei Beobachtern für die Gebiete B und C erwähnt. Nr. 13, S. 37. — Nr. 14. S. 113. — Nr. 49, S. 170, 38. Ardea cinerea L. Fischreiher. Den ganzen Winter 1914/15 beobachtete ich den Fisch- reiher im Maastal bei Vilosnes und sah hier zeitweise bis zu 9 Stück zusammen. Im Verlauf des Sommers sah ich die Art nur einmal am 20. VllII. 15 über das Maastal fliegen; es handelte sich wohl um ein schon auf dem Strich befindliches Stück. Am 22. X. 16 sah ich gelegentlich einer Bahnfahrt von Sedan nach Dun 8 Einzelgänger im Maastal. Auch an der Aire habe ich den Fischreiher im Herbst 16, in der Woövre im Januar 18 einige bei Conflans beobachtet. Im Gebiet B sah ich den Fischreiher im Herbst 1918 bei Aire und bei Herpy an der Aisne. In dem Gebiet C habe ich die Art nicht gesehen, obwohl das sumpfige Sommetal sie wenigstens zur Winterzeit beherbergen dürfte. In Belgien habe ich sie nicht beobachtet. | Als Brutvogel hat anscheinend keiner der Beobachter die Art festgestellt; Sunkel vermutet ihr Brüten im Houthoulster Wald, Büsing in Französisch-Flandern. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 252..— Nr. 16, S. 410. — Nr. 27. S. 123. — Nr. 63, S. 308. Gebiet B: Nr. 4, S. 252. — Nr 9, S. 213. — Nr. 14, S. 113 f. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, 170. Gebiet C: Nr. 6, S. 152. — Nr 9, S. 213. — Nr. 17, S. 24. Gebiet D: Nr. 13, S. 40. — Nr. 33, S. 304. — Nr. 55, S. 243. 39. Phasianus colchicus L. Fasan. Ich selbst habe die Art in den Argonnen und in dem Gebiet zwischen Maas und Argonnen, ebenso in den nordwestlichen und nordöstlichen Teilen des Gebietes A nicht beobachtet, habe aber von einem Jäger gehört, dafs im Herbst 1916 im eigentlichen Kampfgebiet der Argonnen Fasanen hochgemacht wurden. Da- 192 Ludwig Schuster: gegen habe ich den Vogel im Wo&vregebiet festgestellt und zwar im Januar 1918 in den Waldungen bei Hatrize; wir haben auf den Vogel einige Male gejagt und ihn, wenn auch vergeblich, beschossen. In der Champagne haben Bacmeister, Gerlach, Böker und Franz die Art beobachtet; mir ist dies nicht geglückt. Auch nicht im Gebiet der Somme und der Picardie, wo der Mangel an Waldungen streckenweise ihrem Vorkommen grofse Hindernisse in den Weg legen mag. Dagegen war die Art in Belgien in den Waldungen zwischen Basecles und Peruwelz sehr häufig. Belgien ist ja überhaupt das Land der Fasanenhege und Fasanenjagden. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 252. — Nr. 16, S. 412. — Nr. 48, S. 286. — Nr. 63, S. 308. Gebiet B: Nr. 4, S. 252. — Nr. 7, S. 178. — Nr. 9, S. 214. — Nr. 14, S. 213. — Nr. 24, S. 214. Gebiet C: Nr. 9, S. 214. Gebiet D: Nr. 26, S. 250. — Nr. 33, S. 305. — Nr. 55, S. 242. 40. Perdix perdix L. Rebhuhn. Überall in Nordostfrankreich, in jedem seiner Landstriche und in Belgien ist das Rebhuhn häufig, und wäre noch viel häufiger anzutreflen gewesen, wenn nicht jeder berufene und un- berufene Mensch an der Front sich verpflichtet gefühlt hätte, einen Schiefsprügel aufzutreiben und sich als Jäger aufzutun; was für Gesellen man da jagen und auf welche Art und Weise man die Jagd betreiben sah, das spottete oft genug jeder Be- schreibung; glücklicherweise war Unteroffizieren und Mannschaften die Jagd verboten. Dem Rebhuhn widmeten diese „Jäger“ sehr gerne ihre besondere Aufmerksamkeit. In dem Argonnen-, Maas- und Woövregebiet ist das Feld- huhn überall gemein; hier, wie auch anderwärts, war es besonders zahlreich in der Nähe der vorderen Linie, wo es weder durch Feldarbeiten gestört wurde, noch von den Etappenhelden bejagt werden konnte. Im Maastal, im Hügelland zwischen Argonnen und Maas, bei Sedan und Charleville, überall lagen die Ketten in den Feldern, gradeso wie in der Campagne, in der Picardie und in Belgien; in der Flur von Apremont (Argonnen) wurden z. B. im Herbst 1915 ca. 200 Stück geschossen. Besonders häufig schien es mir im Herbst 1918 in der Westchampagne in dem Landstrich zwischen Reims und der Aisne und nördlich der Aisne bis zum Beginn des Hügellandes zu sein. Im Frühjahr 1916 sah ich die Art am 7. II. (Argonnen), 1918 am 12. II. (Woevre) in Paare gesondert. Bacmeister beob- achtete im Jahre 16 ebenfalls genau am 7. II. die ersten Paare (Argonnen), in der Champagne am 16. II. 17. Man darf also wohl den Zerfall der Ketten und die Sonderung in Paare für Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 198 Nordostfrankreich ziemlich allgemein auf den Anfang des Februars ' setzen. Dieser Monat ist ja auch in Ostfrankreich im allgemeinen so mild und in der Regel schneefrei, sodafs nicht nur Rebhühner, sondern auch manche andere Vögel sich in Paare sondern. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, 8. 252. — Nr. 11, S. 185. — Br. 16, S. 411. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 48, S. 286. — Nr. 63, . 308. Gebiet B: Nr. 4, S. 253. — Nr. 7, S. 178. — Nr. 9, S. 214. — Nr. 14, S. 113. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, S. 170. Gebiet C: Nr. 13, S. 37. — Nr. 17, S. 25. Gebiet D: Nr. 26, S. 250. — Nr. 55, S. 242. 41. Coturnix coturnix L. Wachtel. Erfreulicher Weise hört man in Ostfrankreich und in Belgien den Wachtelruf noch recht oft, strichweise sogar sehr häufig, auf alle Fälle häufiger als man ihn in Deutschland zu . hören bekommt. Ich glaube sogar, dafs der Krieg auf den Be- stand der Wachtel günstig eingewirkt hat. Denn ungeheure Landstrecken blieben während dieser Zeit oder doch während 2 bis 3 Jahren gänzlich brach liegen, besamten sich mit tausenderlei Unkräutern und boten der Wachtel reiche Asungs- und ruhige Brutplätze. Und auch in der Etappe war die Be- stellung der Felder und damit die Beunruhigung und Brut- gefährdung lange nicht so grofs wie in Friedenszeiten. Im Argonnen-, Maas- Woövregebiet hörte ich 1915 den ersten Wachtelruf am 16. V. bei Vilosnes, 1916 am 12. V. bei Very. Die Art war in diesem Gebiet recht häufig, ich hörte z. B. am 23. V. 16 allein in der Flur von Very 4 Stück schlagen; es gab eigentlich so gut wie keine Gemarkung, in der man nicht ‘in Jauen Sommernächten 1 bis 2 Schläger hätte verhören können. Im Sommer 1916 ertönte der Wachtelruf bis zum 1. VIIIL. noch ganz allgemein, dann verstummte er sehr rasch und fast gleich- zeitig allenthalben; am 9. VIII. hörte ich den Schlag zum letzten Male. Aehnlich im Herbst 1918, als ich im nordöstlichen Teil des Gebietes lag; hier hörte ich den Vogel bei This am 6. VIII, am 8 VIII vernahm ich bei meinen abendlichen Spaziergängen durchs Feld seinen Ruf an zwei Stellen, ebenso am 10. VIIL, und dann erklang nochmals am 12. VIII. abends gegen 10 Uhr ganz kurz sein Abschiedsruf durch die Stille der "Nacht, In der Champagne war der muntere Schläger ebenfalls nicht selten. Hier hörte ich 1917 seinen Ruf zum ersten Male am 3. V. in der Flur von Machault; den ganzen Sommer über habe ich mich bei Machault, bei Etienne, bei meiner Batterie- stellung in St. Marie & Py etc. oftmals über den fröhlichen Dreitakter gefreut. Auch als wir im Sommer 1918 zur Offen- sive in die Champagne kamen, hörte ich die Art bei St. Lambert 194 Ludwig Schuster: und später bei Juvincourt rufen; und in den fruchtbaren Gefilden südlich der Vesle, bei Sapincourt, habe ich mich in den wenigen Tagen, die ich mit meiner Batterie dort stand, an ihrem lieb- lichen Schlag erfreuen dürfen. In der Picardie hörte ich am 17. V. 18 den Ruf der Wachtel zum erstenmale bei dem Ort Cappy. Ich habe sie in den fol- genden Tagen in dem Sommegebiet mehrfach gehört, über ihre Häufigkeit in diesem Gebiet will ich mir aber kein Urteil erlauben, da wir schon am 19. V. diesem Landstrich den Rücken kehrten. Häufig war die Wachtel auch in Belgien: in der Flur von Bas£ecles, später auch in der von Autreppe hörte ich sie im Mai und Juni 1918 täglich schlagen; Zuch an anderen Orten, wie Tourpes, Lens etc., durch die ich gelegentlich von Spazierritten kam, vernahm ich ihren Ruf. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 255. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 48, S. 286. — Nr. 63, $. 308. 2 Gebiet B: Nr. 9, S. 214. — Nr. 14, 8. 113 f. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 56, 8. 19. Gebiet C: Nr. 13, S. 37. — Nr. 22, S. 132. Gebiet D: Nr. 33, S. 300. 42. Tetrao urogallu L. Auerhuhn. Stresemann beobachtete die Art in Lothringen am Fulse - des Vogesenkammes, Nr. 48, S. 287. 43. Lyrurus teirix L. Birkhuhn. A In Lothringen (Vogesen) vereinzelt, s. Stresemann, Nr. 48, ‚ 287. f 44. Bonasa bonasia L. Haselhuhn.. Am 3. 1. 1918 schofs auf einer von den Offizieren meiner Batterie und der zugehörigen Kolonne veranstalteten Treibjagd im Wald bei Hatrize (Wo&vre) einer der Schützen ein Haselhuhn. Ich selbst war damals auf Urlaub und habe die Beute nicht gesehen. Doch hat mir einer der Teilnehmer, ein Gutsbesitzer aus Norddeutschland und firmer weidgerechter Jäger, versichert, dafs es sich tatsächlich um ein Haselhuhn gehandelt habe. Ich habe den Fall für erwähnenswert gehalten, kann mich aber für die absolute Richtigkeit nicht unbedingt verbürgen und würde deshalb die Art ohne Durchnummerierung in das Verzeichnis aufgenommen haben, wenn Stresemann dieselbe nicht als Stand- vogel aus den Nadel- und Mischwaldungen des Vogesenfulses in Lothringen aufgeführt hätte. Nr. 48, S. 287. 45. Columba palumbus L. Ringeltaube. ‚Die Ringeltaube ist in ganz Nordostfrankreich und in Belgien als Sommervogel gemein und als Wintervogel häufig. TE Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 195 Wenn Gengler sie im Winter 1914/15 nur einmal angetroffen hat, so ist das ein Zufall; man ersieht daraus wieder, wie vorsichtig man mit einem abschliefsenden Urteil über die Avifauna eines Landes sein mufs, selbst wenn man ein halbes Jahr und noch länger in einem Land gelebt hat. Gebiet A. Im Maastal und den angrenzenden Strichen war die Taube im Winter 1914/15 ständig vertreten; sie hielt sich in gröfseren Scharen in den Waldungen und Feldern auf und verliefs uns auch nicht, als im November 14 das Thermometer auf ca. 10° C unter Null fiel. Im Sommer 15 war sie überall, in den Hochwaldungen wie kleinen Feldgehölzen, anzutreffen, 1915/16 beobachtete ich sie als Überwinterer in den eigentlichen Argonnen. Im März 16 und noch bis in den April hinein habe ich neben gepaarten Vögeln kleine geschlossene Trupps beob- achtet; so verzeichnet mein Tagebuch vom 19. III. 16 eine Schar bei Morthomme, 31. III. 16 eine Schaar bei Baulny, 2. IV. paar- - weise und noch in kleinen Trupps, 13. IV. paar- und noch immer truppweise. Im Sommer 16 fand ich am 9. VI. an der von Varennes nach Montfaucon ziehenden Stralse ein Nest auf einer Esche, ca. 5—6 m hoch, an dem ich die Alten schon am 31. V. bauend beobachtet hatte, und am 11. VII. ein Nest auf einer Hainbuche, ca. 4 m hoch, dicht bei unserem Unterstand an der genannten Stralse; es war am 19. VII. zerstört. Im Winter 16 zu 17 sah ich die Art wieder öfters in den Argonnen, bei Varennes, Forge Ferme, im eigentlichen Wald; bei Grand Pre& kam am 2. III. morgens nach Sonnenaufgang aus den Waldungen _ nördlich des Städtchens eine Schar von ca. 100 Köpfen, darunter befand sich ein ganz hellsemmelgelbes Exemplar. Auch in dem nordöstlichen Teil des Gebietes beobachtete ich den Vogel im November und Dezember 17, so u. a. am 24. XI. eine Schar von ca. 200 Stück; ferner im Woevregebiet im Januar und Februar 18; hier hielt sich eine Schaar von ca. 100 Stück bei Friauville auf, die abends in den nicht weit vom Ort entfernten Wald zum Schlafen einfiel, und die ich öfters frühmorgens und spätabends, wenn auch vergeblich, anzuschleichen versuchte; es durfte abends noch so düster sein und ich mich noch so vor- sichtig nähern, die Vögel merkten doch immer den Braten und polterten in der Dunkelheit ab. In der Champagne ist die Taube ebenfalls gemein; ihr zahlreiches Überwintern bezeugt Bacmeister. Auch hier fiel mir das lange Zusammenhalten der Scharen im Frühjahr auf. Noch Anfangs Mai, das letzte Mal am 6. V. 18, sah ich auf den Feldern bei Machault einen geschlossenen Trupp von ca. 50 Stück, während zur gleichen Zeit überall gepaarte Vögel in den Gärten, wo einige Bäume standen, in den Kiefern- und Birkenwaldungen, ihr Wesen trieben und die Tauben heulten und klatschten. Häufig war die Art auch in dem Gebiet der Somme und der Picardie. In kleinen Wäldchen, im Weiden- und Pappelgehölz 196 Ludwig Schuster: an der Somme, in den Pappelreihen bei den Ortschaften, überall zeigte sie sich. Und nicht minder häufig begegnete ich ihr in Belgien. Im Wald bei Basecles war sie gemein, und auch sonst überall im Land anzutreffen, wo hohe Baumgruppen ihr nur irgendwie die Möglichkeit zur Ansiedlung boten. Am 13. VII. 15 beobachtete ich an der Strafse Varennes- Montfaucon 7 Ringeltauben, die gegen Abend auf einem an der Strafse stehenden Wildkirschbaum eingefallen waren und sich über die reifen Früchte hermachten; um sie zu erreichen, gingen sie bis in die äufsersten Zweigspitzen vor, wo sie sich kaum noch oder nur flatternd halten konnten. Ich halte die zahlreich überwinternden Ringeltauben für Zuwanderer und nicht für einheimische Vögel. Über den herbst- lichen Durchzug der Art habe ich in den jährlichen Zugberichten genügendes Material veröffentlicht. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 255. — Nr. 16, S. 411. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 32, S. 12. — Nr. 48, S. 286. — Nr. 63, S. 308/9. Gebiet B: Nr. 4, S. 256. — Nr. 7, S. 178. — Nr. 8, 8. 104 fi. — ng 9, 8. 214. — Nr. 14, 8. 113 f. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, >; 170. Gebiet C: Nr. 13, S. 36. — Nr. 17, S._25. Gebiet D: Nr. 26, S. 248. — Nr. 55, S. 242. 46. Columba oenas L. Hohltaube. Im Gegensatz zur Ringeltaube habe ich die Hohltaube recht, um nicht zu sagen sehr selten beobachtet. Als Sommervogel habe ich sie überhaupt nicht kennen gelernt und nur ihren Durchzug im Herbst 17 und 18 in vereinzelten Trupps einwand- frei festgestellt. In der Champagne, die nur niedriges halb- wüchsiges Kiefernholz trägt und in der hohle Bäume so gut wie ganz fehlen, kann sie von vornweg nicht vorkommen. Im Argonnen-, Maas- und Woövregebiet sind trotz seines reichen Waldbestandes hohle Bäume als Folge der Art und Weise der dortigen Waldbewirtschaftung durchweg nicht vorhanden; der Schwarzspecht, der ihr vorarbeiten könnte, fehlt. So habe ich denn die Hohltaube. als Sommervogel niemals beobachtet; die anderen Beobachter tun ihr auch kaum Erwähnung. Über meine Beobachtung der Art während der Zugzeit verweise ich auf meine Zugberichte. Literatur: Gebiet: A: Nr. 16, 411. — Nr. 48, S. 286. — Nr. 63, S. 309. Gebiet C: Nr. 17, S. 25. Gebiet D: Nr. 26, S. 248. — Nr. 45, 8. 242. 0 Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs.' 197 47. Turtur turtur L. Turteltaube. Gleichmälsig über das ganze Gebiet verbreitet. Gebiet A. Im Frühjahr 1915 sah ich die ersten am 29. VI. in Maastal, am gleichen Tag des Jahres 1916 die ersten in den Obstfeldern von Cornay (Argonnen), Mitte Mai war die allgemeine Besiedlung des Landes volizogen. Den ganzen Sommer 1916 über rucksten einige Pärchen in dem Feldgehölz an der Strafse Varennes-Montfaucon, in dem mein Unterstand lag; aber so viel ich auch nach ihren Nestern Umschau hielt, so konnte ich sie Kae nicht finden, obwohl sie selbstverständlich hier genistet aben. In der Champagne sah ich die ersten Vögel am 4. V. 17 bei Machault. Den Sommer über lebte die Art überall in den Kiefern- und Birkenwäldern und in den Galeriewaldungen längs der Flüfschen und Bäche; auch hier war ihre Zahl bedeutend. In der Picardie und an der Somme war das Täubchen ebenfalls zahlreich vertreten; die ersten beobachtete ich am 5. V. 18 bei Feuilleres an der Somme. Im Hennegau ist die Art ebenfalls nicht selten. Im Wald von Basecles riefen ihrer viele; am 5. VI. 18 fand ich hier ein Nest mit 2 Eiern auf einem Buchenstämmchen ca. 4,50 m hoch Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 256. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 48, S. 286. — Nr. 63, S. 309. Gebiet B: Nr. 6, S. 154. — Nr. 9, 8. 215. — Nr. 14,8. 113. — Nr. 24, S. 214. Gebiet C: Nr. 6, S. 153. — Nr. 13, S. 36. — Nr. 17, 8. 25. — Nr. 22, S. 132. Gebiet D: Nr. 33, S. 299. — Nr. 55, S. 242. f 48. Circus aeruginosus L. Rohrweihe. Aus dem Gebiet A aufgeführt von Zimmermann (Nr. 63, S. 309), aus dem Gebiet D von Schelcher (Nr. 33, S. 309). \ 49. Circus cyaneus L. Kornweihe. Jeder, der im Argonnen-, Maas- und Woevregebiet oder in der Champagne gewesen ist, hat sicher diesen Räuber hie und da über den Feldern revieren sehen, bald das schönere Männchen mit seiner prächtig silbergrauen Farbe und den schwarzen, sich scharf abhebenden Flügelspitzen, bald das unscheinbarere bräun- liche Weibchen, gut kenntlich an der sich abhebenden helleren Schwanzwurzel. Im Winter 1914/15, 15/16 und 16/17 habe ich die Weihe im Gebiet A überall vereinzelt zu sehen bekommen, nicht gerade häufig, aber ich konnte doch, wenn ich zu Pferde einen weiteren Ritt durch das Land machte, fast immer das eine oder andere Exemplar sichten; im Winter 17/18 beobachtete ich die Art auch öfters in der Woevre. Den ganzen Sommer 1915 / 198 Ludwig Schuster: über hielt sich ein Pärchen an einem gröfseren Rohrfeld mit weit versumpften Rändern bei Sivry an der Maas auf; sicherlich hat der Vogel hier auch genistet, es gelang mir aber nicht, den Horst ausfindig zu machen. Am 28. V. 16 beobachtete ich über den ausgedehnten Sumpf- und Rohrfeldern und Weidenanlagen bei Busancy ein Männchen, das kickernd umherschwärmte und seine Flugspiele zeigte, während das Weibchen niedriger über dem Sumpf umherflog. In der Champagne ist der Vogel ungefähr ebenso stark vertreten wie in dem eben besprochenen Gebiet. Im Sommer 17 beobachtete ich ihn daselbst verschiedentlich; im Juli des folgenden Jahres, zur Zeit der verunglückten unseligen Champagne- offensive, sah ich ihn wieder um meine Batteriestellung südlich St. Souplet umhergaukeln, im Herbst 18 im Aisnetal umherrevieren. Am 18. X. 18 zog mittags ein Weibchen in hoher Luft nach Westen; wenige Tage später, am 18. X., sah ich bei Logny eiu Weibchen spielend in der warmen Spätherbstsonne umherfliegen; es stiels dabei öfters seinen hellklingenden Ruf: klikliklikli aus. Auch im Sommegebiet tritt die Kornweihe auf. Am 16. V.18 beobachtete ich ein Exemplar im Trichterfeld bei Biaches und am 19. V. sahich ein Pärchen über den Sumpffeldern bei Feuillöres an der Somme; am Mittag desselben Tages trieben dort zwei Männchen in hoher Luft ihre Flugspiele, lange und unermüdlich. Wir hatten schönstes Maiwetter mit klarem Himmel und warmer Luft. Das Spielen schien den Vögeln rechte Freude zu machen. Jetzt treibt sich der Weih mit raschen Flügelschlägen schnell, fast schiefsend vorwärts, nun wirft er im Vorwärtsjagen blitz- schnell den Körper nach rechts und links, fünf-, sechs-, acht-, zehnmal hintereinander, dafs er bald in der Sonne hell aufblitzt, um im nächsten Augenblick dunkel fast zu verschwinden. Nun steigt er steil in die Höhe, um sich gleich darauf fallen zu lassen, jetzt macht er blitzschnelle Wendungen zur Seite oder dreht sich im vorwärtsgehenden Flug fast um sich selber und auf den Rücken. Undalle diese Bewegungen, in ständigem Wechsel sich folgend, immer neu und überraschend, werden mit einer Zierlichkeit und Leichtigkeit ausgeführt, dafs man des Bewunderns kein Ende findet. Noch steht mir der ganze Zauber jener Stunde wie gegen- wärtig vor Augen. Wir hatten damals einen anstrengenden Nachtmarsch hinter uns; ich hatte mir etwas abseits vom Biwak einen Stuhl auf den Damm des Kanals stellen lassen und sals ‚ausruhend, halb träumend da; die warme Mailuft strich kosend durch das Tal, der goldgrüne Glanz des jungen Laubes wob ge- heimnisvolle Schimmer, über uns blaute der Himmel, ein viel- seitiger Chor von Vögeln sang die Pracht des Tages: eine Stimmung zum Träumen und Einschlummern; aber das Spiel der Weihen rifs mich bald aus dem lethargischen Zustand und gefesselt sah ich lange zu. Eine Stimme hörte ich von den beiden spielenden Männchen nicht. Ich vermute, dafs die Korn- \ $ Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 199 weihe im Tal der Somme ziemlich zahlreich auftritt, denn hier n. ihr Nistgelegenheiten in Ruhe und Sicherheit übergenug ge- oten. In Belgien habe ich die Kornweihe nicht beobachtet. “ Diese Art gehört wohl auch zu denjenigen Vögeln, auf deren Bestand der Krieg günstig eingewirkt hat. Vor Nachstellungen ist sie infolge ihrer Vorsicht ziemlich sicher; die Verwilderung und Nichtbebauung grofser Strecken des Landes, ihr Übergang in triftähnliches Gelände, mufs ihr günstige Jagd- und Brut- möglichkeiten schaffen. Und der Vogel belebt so sehr die Land- schaft, dafs ich wünschen möchte, er möge noch mehr zu- nehmen, so schädlich er auch sein mag. Doch hat ja schon Bacmeister darauf hingewiesen, dafs die Weihe auch, und zwar nicht zum geringsten Teil, von Mäusen lebt. Wenn übrigens Riesenthal nach dem von Bacmeister angeführten Zitat meint, dafs die Kornweihe besonders gefährlich für die Kleinvögel sei, weil sie in der frühen Morgen- und Abenddämmerung jage, so meine ich dem gegenüber, dafs sich schliefslich jeder Raubvogel im Laufe des Tages genügend satt frifst, dafs er nicht mehr jagt als er verzehren kann und dals es einerlei bleibt, ob er seine Tagesration frühmorgens oder im Laufe des Tages fängt, mit anderen Worten, dafs das Jagen in den frühen Morgen- und Abendstunden für die Schädlichkeit eines Vogels ohne jede Be- deutung ist. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 256. — Nr. 48, S. 283. — Gebiet B: Nr. 4, S. 257. — Nr. 9, S. 215. 150. Circus pygargus LE. Wiesenweihe. Nr. 4, S. 258. Am Ostrand der Argonnen erlegt. 51. Astur palumbarius L. Habicht. Der Hühnerhabicht scheint ein seltener, man kann vielleicht sagen ein sehr seltener Vogel Ostfrankreichs zu sein. Ich habe ihn nicht oft beobachtet; es ist mir da gerade so gegangen wie Backmeister und Heyder, die den Räuber auch nur in vereinzelten Fällen?festgestellt haben. Im Winter 1916 glaube ich ihn zwei- mal am Ostrand der Argonnen gesehen zu haben, bin mir aber in der Bestimmung nicht ganz sicher geworden. Am 17. X. 17 kreiste ein Exemplar über dem Wald von Reville nördlich Verdun, dessen Farben durch das Glas gut erkennbar waren: am 21. X. 17 zog ein Stück nach Westen, das ich ebenfalls aufser der Gestalt an den Farben erkennen konnte; und am 18. X. 18 sah ich ein Stück durch die Champagne ziehen. Das ist alles, was ich vom Hühnerhabicht beobachtet habe. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 258. — Nr. 16, S. 410. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 63, S. 309. Gebiet B: Nr. 6, S. 154. — Nr. 9, S. 215. 200 L. Schuster: Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 52. Accipiter nisus L.L. Sperber. Dieser Strauchritter ist in Ostfrankreich ebenso häufig wie in Deutschland. Ich habe ihn in allen Landesteilen gleich häufig vorgefunden. Ich entsinne mich noch des Entsetzens, das das Erscheinen eines Sperbers unter einer Meisenschar verursachte, die bei meiner Batterie in den Argonnen eben noch voller Lust und Leben in den Bäumen umher turnte und nun beim Erscheinen des Räubers vor Furcht zu erstarren schien und mit fast plumpem Fall in das Unterholz hinabtauchte. Am 4. II. 15 schofs ich mit einer alten französichen Donnerbüchse, die wir in Vilosnes unter den Sparren eines Hauses versteckt gefunden hatten, auf einen Sperber, der vor Schreck einen eben geschlagenen weib- lichen Hänfling fallen Hiefs. In der Stärke seines Auftretens im Sommer gegenüber dem im Winter habe ich keinen Unterschied bemerkt; er ist das ganze Jahr über gleich häufig. Trotzdem halte ich die Wintervögel für Zuwanderer, nicht für Standvögel. Im Herbst ist mir die Art öfters auf dem Zug begegnet; ich habe in meinen diesbezüglichen Berichten aus den Jahren 1916—1918 eine Reihe von Fällen angeführt, in denen ich den Sperber wandern sah, und gleichzeitig darauf hingewiesen, dafs er sich auf seinen Herbstwanderungen gerne mit dem Bussard vergesellschaftet (s. Nr. 43, 45 und 46). Bezeichnend ist auch, dafs Kleinschmidt von 4 von Bacmeister in den Wintermonaten gesammelten Sperbern nur einen für einen sicheren französischen Vogel hält, und dieser eine wurde am 22. II. erlegt, also zu einer Zeit, wo für den Sperber die Rückwanderung in seine verhältnismäfsig milde Heimat Ostfrankreich sicher schon wieder im Gange ist. Hier mufs das Ringexperiment auch noch viel Aufklärung bringen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 258. — Nr. 16, S. 410. — 8 27, S. 123. — Nr. 29a, S. 24. — Nr. 48, S. 283. — Nr. 63, .. 309. Gebiet B: Nr. 4, $. 258. — Nr. 9, $. 215. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 56, 8. 18. Gebiet C: Nr. 13, S. 35. — Nr. 17, S. 24. Gebiet D: Nr. 26, S. 249. — Nr. 55, S. 242. (Fortsetzung folgt.) 201 Einige Ergänzungen zu Rich. Schlegels Aufzeichnungen über das Vorkommen unserer Drosselarten im Leipziger Flachlandsgebiet, in Mittelsachsen und im Erzgebirge. Von Rud. Zimmermann. Zu den „Aufzeichnungen über das Vorkommen der Drossel- | arten im Leipziger Flachlandsgebiet, in Mittelsachsen und im Erzgebirge“ von Rich. Schlegel im Journ. f. Ornith., 68, 1920, 292—308, die sich aber nicht, wie man wohl aus dem Titel schliefsen könnte, über die von Schlegel genannten Landschaften in ihrer Gesamtheit, sondern — besonders soweit Mittelsachsen und das Erzgebirge dabei in Frage kommen — auf kleinere Teilgebiete erstrecken und zum weiteren sich auch wieder nur - im wesentlichen auf eigene oder mündlich mitgeteilte Er- - _ fahrungen Dritter stützen, das vorhandene Schrifttum aber, wo- rauf auch schon Hesse (J. f. O. 68, 1920, 388/89) hingewiesen } „hat, nur zu einem geringen Teil benutzen, seien mir im nach- folgenden einige Ergänzungen hauptsächlich für die zum mittel- - sächsischen Gebiet gehörende Rochlitzer Gegend gestattet. nn: ee 3 l. Turdus pilaris L. | Das Brutvorkommen der Wacholderdrossel, das für die Rochlitzer Gegend mit Sicherheit nachzuweisen erst im Jahre 1908 Rich. Heyder glückte (Z. f. Ool., 19, S. 11) ist ein nur spärliches und, wie auch Schlegel für Leipzig andeutet (a. a. O,, 292), sowie Hildebrandt es für das angrenzende Ostthüringen („Beitr. z. Ornis Ostthüringens“ in Mitt a. d. Osterlande, N. F. 16. Bd., S. 366) nachweist, ein recht unregelmäfsiges. Der Vogel liebt es, zigeunerhaft sein Domizil bald hier, bald dort aufzu- schlagen. Die von Heyder s. Z. aufgefundene kleine Kolonie in den Penna’er Schieferbrüchen nördlich von Rochlitz, die nur 4—5 Brutpaare umfalste, bestätigte für 1909 dann auch P. Weifsmantel (Z. £. Ool., 19, 170), der am 28. IV. (in seiner Mitteilung in der Z. f. Ool. ist infolge eines Druckfehlers der 28. V. ge- nannt) einige brütende OY feststellte (leider gibt er ihre Zahl nicht an) und am 19. V. die ersten Jungen beobachtete. 1913 und 1914 besuchte ich dieses Brutgebiet, bekam aber trotz mehrmaliger Besuche die Art hier nicht mehr zu Gesicht. Eine weitere Kolonie von mehreren Pärchen meldete mir für 1911 eben- falls P. Weilsmantel aus dem an das Rochlitzer Stadtgebiet un- mittelbar angrenzenden Flurort Lippe. Ebenso soll nach mir mündlich gemachten Mitteilungen M. Höpfner’s, der sich dabei aber wieder nur auf die Angaben.Dritter stützte, die Art um 1910 im Döhlener Tal östlich von Rochlitz genistet haben, Eine Ende Mai 1913 in der Nähe dieses Tales tot aufgefundene Journ, £, Om, LXIX, Jahrg. April 1021, 14 202 Rud. Zimmermann: Wachholderdrossel, die mir s. Z. auch vorgelegen hat und die einen deutlichen Brutfleck besafs, scheint die Höpfner’sche Mitteilung zu bestätigen. 1913 fand ich in einem kleinen Feldgehölz bei Narsdorf (8 km südwestlich von Rochlitz) 4—5 Paare (von den 5, etwa 10 m hoch auf Laubhölzern stehenden Nestern konnte ich als einwandfrei besetzt vier bestätigen) brütend, traf hier aber bereits im darauffolgenden Jahre die Art nicht wieder an. Dagegen begegnete ich im Juni 1916 einigen Vögeln in einem kleinen Waldteil (Mischbestand von vorwiegend Laubhölzern), der den, von dem letztgenannten, einen ganz ähnlichen forstlichen Charakter besitzenden Brutplatz etwa 2!/, km entfernten Hege- teich bei Ossa umgibt. Nester beobachtete ich hier allerdings nicht, halte aber das Brüten der Art schon im Hinblick auf die späte Beobachtung hier oder in der Nähe für unbedingt wahr- scheinlich. Etwa 10 km südlich von Rochlitz stellte die Art 1908 eben- falls Rich. Heyder bei Göritzhain (Z. f. Ool., 19, S. 11) sowie noch weiter südlich 1910 im Königshainer Wald zwischen Burg- städt und Mittweida fest (Heyder, „Die Vogelwelt der Burg- städter Gegend“ in Aus der Heimat für die Heimat Nr. 10 und 11, ° Burgstädt 1913). Nach einer brieflichen Mitteilung brüteten an dem letztgenannten Orte nicht weniger als gegen 40 Paare. In den Jber. d. ornith. Beob. Stat. Sachs. 1887 wird Z. pilaris endlich auch noch für Waldenburg an der Mulde als häufiger Zug- und Brutvogel bezeichnet; eine Angabe, der ich bei der geringen Zuverlässigkeit des Waldenburger Beobachters aber nur einen bedingten Wert zuerkennen kann. Häufiger als wie als Brutvogel ist die Art als Durchzügler ; auf dem Rochlitzer Berge beispielsweise erscheint sie alljährlich im Herbst (die Ankunft der ersten fällt in den September) in bald kleineren, bald gröfseren Flügen, um dann bald kürzer, bald länger hier zu verweilen und sich mitunter auch während des ganzen Winters an dem Ort umherzutreiben. II. Turdus viscivorus L. Ebenfalls nur spärlich nistet in der Rochlitzer Gegend die Misteldrossel, deren Feststellung als Brutvogel uns erstmalig im Jahre 1906 möglich war (Z. f. Ool., 16, 109; Ornith. Jbuch. 18, 91; Falco 2, 74) und die als solchen dann augh Weifsmantel (Z. f. Ool., 19, 170) erneut bestätigte. Die Art scheint hier als Brutorte im allgemeinen Kiefernalthölzer oder Mischbestände zu bevorzugen, an deren Zusammensetzung die Kiefer einen grofsen Anteil hat. Für die Burgstädter Gegend führt Heyder (Vogelw. d. Burgstädter Gegend, a. a. O.) die Misteldrossel als seltenen Brutvogel auf, er beobachtete nach einer brieflichen Mitteilung 1910 im Königshainer Wald einige Pärchen unter 7. pilaris; Ergänzungen zu Schlegels Aufzeichnungen über Drosselarten. 208 z für Penig wird sie in den Jber. ornith. Beob. Stat. Sachs. 1888 als Standvogel angegeben. | Im Leipziger Flachlandsgebiet sah ich am 24. IV. 1919 im Altenhainer Wald in einem Kiefernaltholz ein Pärchen, von dem 1 Vogel Nistmaterial eintrug, während ich vor dem Kriege die Art an den Haselbacher Teichen, die politisch zwar nicht, mehr zu Sachsen, geographisch aber noch zum Leipziger Flachland- gebiet gehören, und an denen sich übrigens bis 1913 auch eine Kolonie der Wachholderdrossel befand (vergl. Hildebrandt, a. a, O.), als Brutvogel kennen lernte. Im übrigen gilt für die Rochlitzer Gegend von unserer Art auch das schon von der Wachholderdrossel Gesagte; ungleich häufiger als wie als Brutvogel tritt sie als Durchzügler auf, scheint als solcher aber nicht nur an Häufigkeit, sondern auch an Regelmälsigkeit des Erscheinens um ein Geringes hinter Z. pilaris zurückzustehen. III. Turdus musicus L. Die Singdrossel ist in der gesamten Rochlitzer Gegend ein recht häufiger Brutvogel, dessen Ankunft in die Zeit zwischen Anfang und Mitte März fällt — mein frühester Ankunftstag ist der 6. III. 1910 —, während der Abzug normalerweise Anfang Oktober stattfindet. Die ersten Herbstdurchzügler treffen oft schon Anfang September, also noch vor Abzug der in der Ge- gend beheimateten Vögel, hier ein — grölsere Scharen beispiels- - weise, die aber nicht identisch waren etwa mit den sich noch überall umhertreibenden einheimischen Vögeln, sah ich am 7. IX. 1920 in kleinen, zusammenhaltenden Gesellschaften auf den Ebereschen an der Strafse Rochlitz-Rochlitzer Berg (die in meinen weiteren Mitteilungen hier kurzweg Bergstralse genannt wird) den in diesem Jahre besonders reich hängenden Beeren nachgehen —, und gelangen einzeln auch noch bis in den November hinein zur Beobachtung. Weifsmantel sah 2 Stück noch am 9. XII. 1910 und mir brachte man eine tot aufgefundene Singdrossel sogar noch in der Weihnachtswoche 1913. Auch in Rochlitz ist 7. musicus längst schon zu einem Stadtvogel geworden, und ich kenne sie von hier als solchen, in Stadtgärten nistenden Vogel (wenn schon auch-nicht in der Häufigkeit wie die Amsel) bereits seit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts. — Meine frühesten Daten voller Gelege sind der 13. IV. 1906 und der 12. IV. 1911; auffallenderweise scheint hier_ unter den frühesten Gelegen die Viererzahl vorzuherrschen, und erst in den späteren, im letzten Drittel des April voll werdenden Gelegen der ersten und denen der zweiten Brut die hier das normale bildende Fünferzahl erreicht zu werden. . Sechsergelege kommen spärlich vor, 3 Eier im Gelege habe ich wiederholt ge- funden auch unter Umständen, die in keiner Weise auf ein Nach- 14* TE, IH YO ni de Kai A A a a DT el nd u ln Sn 204 | Rud. Zimmermann: gelege deuteten. Hohe Neststände, wie sie Schlegel im Gegensatz zu den Rey’schen Angaben erwähnt, sind auch in der Roch- litzer Gegend keine Seltenheit, ich habe öfters Nester bis über 6 m hoch besonders in Fichtenstangenhölzern gefunden, und ebenso konnten hier auch schon Nester am oder dicht über dem Boden festgestellt werden. Ein Nest in einem Lindenbusch auf einem dürren, in den Strauch gefallenen und in ihm ganz locker liegenden Ast errichtet, wie deren eins auch Schlegel beschreibt, und in dem das Q nur ein Zweiergelege bebrütete (am folgenden Tage war das Nest zerstört und die mittel bebrüteten Eier lagen zerbrochen am Boden), fand ich am 19. VI. 1916 am Hegeteich bei Ossa; in einer Aufnahme habe ich es bildlich festgehalten. Über einen anderen eigenartigen Nestfund habe ich früher schon berichtet (Z. f. Ool. 16, 108; Falco 2, 72): in einem, aus dem Vorjahre stammenden Nest mit 2 gleichfalls vorjährigen, im Innern eingetrockneten und äufserlich stark von Wind und Wetter angegriffenen Eiern, auf denen die im Winter herabgefallenen Nadeln des Nestbaumes lagen, brütete eine Sing- drossel auf zwei neu hinzugelegten Eiern. IV. Turdus tliacus L. Die Rotdrossel nennt M. Höpfner (O. Mschr. 31, 1906, 71) einen seltenen Durchzügler der Rochlitzer Gegend. Aber zu Unrecht; der Vogel wird zwar nicht mit der Regelmälsigkeit wie pilaris und viscivorus, aber durchaus auch nicht selten auf dem Frübjahrs- und Herbstzuge beobachtet. Eine gewisse Unregel- mäfsigkeit in dem Erscheinen der Art, wie sie hier vorkommt, beobachtet man ja auch anderwärts. Im Herbst trifft sie kaum vor Oktober ein, läfst sich einzeln und in kleinen Gesellschaften auch einmal im Winter beobachten (so z.B. am 2. I. 1909 fünf und am 9. I. zwölf Stück) und verschwindet dann auf dem Frühjahrszug in der ersten Aprilhälfte wieder aus der Gegend. Ihre grölsten Scharen wurden hier im Herbst 1911 be- obachtet, sie zogen damals in Massen durch, wie ich sie vordem noch niemals gesehen hatte und seitdem auch nicht wieder be- obachtet habe. Da dieser Drosseldurchzug — es waren an ihm neben iliacus auch pilaris, viscivorus, merula und musicus be- teiligt — sich auch sonst noch in vielerlei Hinsicht auszeichnete, seien meine damals gemachten Aufzeichnungen, die ich übrigens früher schon veröffentlichen wollte, hier wortgetreu wiedergegeben. 1. X. Auf den Ebereschen an der Bergstrafse grolse Scharen von Drosseln: neben merula und musicus vor allem pilaris, deren Zahl sich zu der der beiden anderen Arten zusammen etwa wie 10:1 verhalten und mindestens 4—500 betragen mag. T. viscivorus kann ich mit Sicherheit nicht ausmachen, ein ferner Flug von 8—10 Vögeln im Buchenwald scheint aber dieser Art anzugehören. ee ee Ken 5 ee ee ee ee Fe Ergänzungen zu Schlegels Aufzeichnungen über Drosselarten. 205 4. X. Unter den Drosselscharen, die an der Bergstrafse die Ebereschen zollen, hat merula seit gestern ganz auffallend an Zahl zugenommen; unter wenig scheuen Vögeln, die auch beim Herankommen an die Bäume nicht abfliegen, und sich, trotzdem ich direkt unter ihnen stehe, ungestört dem Genusse der Beeren hingeben, sind andere, die kleine Gesellschaften von 6—10 Vögeln bilden, sich ungleich scheuer geben und schon, sich gesellig zu- sammenhaltend, abfliegen, wenn man noch 2—11!/, Baumweiten von ihnen entfernt ist. Ich schätze ihre Zahl auf etwa 100. Turdus musicus einzeln, pilaris weit spärlicher als am 1., dafür seit dem 2. aber iliacus in heute etwa pilaris gleichkommender Häufigkeit. Sie ist auch die scheueste der anwesenden Drosseln. 11. X. Unter den Drosselscharen an der Bergstrafse ist heute musicus besonders häufig, während merula dagegen in weit geringerer Zahl vorhanden ist. Z. pilaris spärlicher als am Anfang des Monats (100—120), viscivorus in einzelnen Flügen von 15—25 Vögeln, die sich aber weniger auf den Ebereschen aufhalten, sondern sich meistens in den angrenzenden Altholz- beständen in den Wipfeln der Bäume umhertreiben. Von iliacus nur 2 Vögel unter musicus, dagegen sehe ich später an der Narsdorfer Strafse unter einzelnen pslaris und wenigen merula etwa 50 Stück. — Nachmittag um vier sind nur noch einige ee 4—5 merula und wenige pilaris an der Bergstrafse vor- anden. 17. X. An der Bergstrafse und im Bergwalde Z. pslaris in einzelnen Flügen, viscivorus etwa in gleicher Zahl wie am 11. T. merula in wenigen, musicus in zwei Vögeln, iiacus überhaupt nicht. — Auf den Ebereschen am Elternhause gegen 40 pilaris und etwa 10 merula. Ein Vogel der letzten Art, den ich lange und deutlich im Glase habe, besitzt auf der Brust und dem rechten Flügel einige reinweifse Federn und ebenso ist auch die linke oder die beiden linken Steuerfedern reinweils, die rechte Schwanzseite und der linke Flügelteil aber durchaus normal. Das Weifs tritt in dem schwarzen Gefieder ganz besonders auffallend in Erscheinung und der Vogel (dunkler Schnabel) hebt sich schon von weitem von den übrigen Amseln deutlich ab. Schade, dafs man kein Schiefserlaubnis besitzt! 18. X. In vielen Hunderten von Vögeln, denen gegenüber heute pilaris und viscivorus ganz in den Hintergrund treten, ist T. iliacus im Bergwalde anwesend und zehntet die,die Bergstrafse säumenden Ebereschen. Die Vögel sind auffallend scheu und einzelne auch recht zänkisch und streitsüchtig. Am Elternhaus, wo die gestern beobachteten pilaris durch ikacus ersetzt sind, suche ich, trotzdem noch einige merula vorhanden sind, vergebens nach der gestern beobachteten abnormen Amsel. 19. X. Wie gestern, bestimmt auch heute iWacus wieder das Vogelleben an der Bergstrafse und im Bergwalde; in ungezählten 206 Rud. Zimmermann: Mengen naschen die Vögel die roten Beeren und fliegen ununter- brochen zwischen dem Wald und den Stralsenbäumen hin und her. T. pilaris und viscivorus, die zweifellos auch an Zahl ab- genommen haben, verschwinden den Rotdrosseln gegenüber fast gänzlich. Z. merula einzeln, ihre Zahl dürfte über das normale Mals kaum hinausgehen. Nachmittag in der fünften Stunde sind die Strafsenbäume fast vogelleer, einige wenige iliacus und pilaris sowie ein paar Amseln sind noch die letzten Gäste. Eigentümlicherweise ist auch im angrenzenden Walde nichts von den am Mittag so grofsen Scharen zu spüren. 20. X. Unter den Drosselscharen — :liacus überwiegt noch immer — ist heute merula auch wieder in gröfseren Mengen vor- banden. Die Vögel halten sich bald einzeln, bald aber auch wieder inkleinen Gesellschaften von 4—6, wohl auch 8—10 Vögeln unter den Rotdrosseln und fliegen mit diesen an der Strafse zu und ab, während die viel spärlicheren »ilaris und viscivorus sich von jenen mehr abgesondert halten. Die Amseln zeigen auch heute wieder die schon früher beobachtete verschieden grofse Scheu, die weniger scheuen, sich einzeln haltenden, dürften wohl die ortsangesessenen, die andern aber Durchzügler sein. — Interessant waren mir heute die Beobachtungen an der Strafse während der verschiedensten Tagesstunden. Vormittag gegen neun bestimmten die Rotdrosseln das ornithologische Bild: unter ihnen war aufser merula und 2 musicus kaum eine andere Art zu sehen, gegen 11 war iliacus aber nur spärlich verhanden, ohne dafs man aber hätte sagen können, wo sich die Hauptmasse auf- hielt; merula wie am Morgen, pilaris und viscivorus aber zahl- reicher und fast häufiger als @liacus. Gegen 2 waren die öliacus- Scharen wieder vollzählig geworden, während dagegen die Amseln an Zahl abgenommen zu haben schienen. In der fünften Stunde endlich entsprach das Bild etwa dem gestern beobachteten. Zwei Beobachter, an der gleichen Stelle zwar, aber zu verschiedenen Tageszeiten beobachtend, könnten daher leicht zu sich wider- sprechenden Ergebnissen gelangen! 29. X. Seit einigen Tagen haben sich die Scharen der Rot- drosseln auffallend gelichtet und ich schätze ihren jetzigen Be- stand kaum auf den zehnten Teil des früheren. Turdus pilaris, die namentlich die Ebereschen am Elternhause zehntet, und viscivorus dagegen sind wieder häufiger geworden; .sie mischen sich auf den Ebereschen zwar auch unter die sliacus, bilden sonst aber von dieser abgeschlossene, bald kleinere, bald grölsere Gesellschaften. — Ein Gegenstand, den eine Misteldrossel am Boden eifrig mit ihrem Schnabel bearbeitete, erwies sich als eine — frisch getötete Waldmaus. Ob sie von der Drossel selbst getötet worden ist, kann ich nicht sagen. I. XI. Heute hat ein neuer grofser siacus-Zug stattgefunden; die Vögel, die mir schon der Strafsenwärter als etwas von ihm | 8 i N Ergänzungen zu Schlegels Aufzeichnungen über Drosselarten. 207 noch nie gesehenes ankündigte, als ich die Stadt verliefs, sind in Massen anwesend, wie ich sie bisher noch nie beobachtet habe, und ihre Scharen gehen in die Tausende. Das Leben an der Bergstrafse ist ein mit Worten kaum zu schilderndes, in dicht gedrängten Massen — auf manchem Baum bis zu 40 und mehr Vögeln — pflücken sie die Beeren, die trotz der nun schon Wochen währenden Anwesenheit von Drosseln noch immer reich- lich hängen, und fliegen ohne Unterlafs zwischen Wald und Strafse hin und her. ZT. musicus stelle ich mehrfach unter ihnen fest, merula aber verschwindet unter ihnen ebenso wie pilaris und viscivorus, deren Flüge heute die Strafsenbäume fast Eenkeh zu meiden scheinen und sich mehr im Walde umher- treiben. 2. XI. Böttcher bringt mir heute eine lebende 7. vhiacus, die er gestern auf der Mittweidaer Strafse flugunfähig gefunden hat und deren rechter Flügel gebrochen ist. Nach seinen Mit- teilungen haben grofse Massen der Vögel in den an der genannten Stralse liegenden Gehölzen genächtigt, sodafs von diesem ge- waltigen Zuzug von Drosseln nicht nur blos das Gebiet des Roch- litzer Berges betroffen zu sein scheint, sondern auch weitere Teile der Rochlitzer Gegend ibn erhalten haben. — An der Bergstrafse und im Bergwalde herrscht das gleiche Leben wie gestern. 3.—5. XI T. :iliacus bevölkert noch immer in den gerade- zu unglaublich grofsen Massen die Bergstrafse und den Bergwald, T. merula scheint mir wieder zahlreicher geworden zu sein, während pilaris und viscivorus an Zahl abgenommen haben und nur noch ganz vereinzelt zur Beobachtung gelangen. Man gewinnt den Eindruck, als ob neuankommende Massen auf die schon rastenden einen Druck ausüben und sie zum Weiterziehen veranlassen, ähnlich wie dies bei der Völkerwanderung der Fall gewesen sein mag. 7. XI. Bei einer mehrstündigen Beobachtung der sliacus- Scharen an der Bergstrafse sah ich heute unter einem Flug Rot- drosseln eine aus der Schar der übrigen sich durch das vor- herrschende rötliche Braun im Gefieder scharf abhebende Drossel, die ich nirgends unterzubringen vermochte und der ich bei der grolsen Scheu der Vögel auch nicht so beikommen konnte, um sie zweifelsfrei zu bestimmen. Nach dem Durchsehen des „Naumann“ am Abend möchte ich fast an eine Turdus naumanni glauben. Wenigstens kam der beobachtete Vogel dem auf Taf. 24, 1 abgebildeten alten 9° am nächsten. Von der auf Taf. 27, 2 abgebildeten, dunkel gefärbten Rotdrossel, dem er vielleicht noch etwas ähnelte, unterschied er sich doch noch sehr eben durch den ins rote gehenden Ton. 13. XI. Turdus iliacus wird spärlicher, an ihrer Stelle beobachte ich visciworus in gröfseren Flügen und einige ptlaris. 208 ° Rud. Zimmermann: Den zweifelhaften, Turdus naumanni ähnelnden Vogel sehe ich heute nochmals unter einem Flug Rotdrosseln fast genau an der gleichen Stelle, wo ich ihn schon kürzlich sah. Auch heute glückt es mir nicht, seine Identität zweifelsfrei festzustellen; beim vor- sichtigen Anpirschen im Stralsengraben streichen die Vögel auf die Warnrufe einer Amsel ab und verschwinden jenseits einer Fichtendickung, obne mir trotz fast einstündigen Wartens den Gefallen ihrer Rückkehr zu erweisen. Einen ebenfalls zweifelhaften Vogel sah ich gestern eben- falls wieder in einer zliacus-Gesellschaft; er. war größer als iacus und zeichnete sich durch eine deutlich rote Kehle aus, die scharf von der hellen Körperunterseite abgesetzt erschien. Er erinnerte an T. ruficollis. Trotzdem wage ich bei der nur flüch- tigen Beobachtung nicht zu behaupten, dafs es ein Vogel dieser Art gewesen ist. Innerlich bin ich sowohl in diesem wie auch - in jenem Fall überzeugt, eine mir noch unbekannte Art vor mir gehabt zu haben; ohne aber die beiden Vögel als Belegstücke vorlegen zu können — schade, das man derartige zweifelhafte Stücke nicht sofort abschiefsen kann — werden beide Beobachtungen wohl nur wertlose Fragmente bleiben müssen. 15. XI. Neben :liacus, deren Scharen sich immer mehr lichten, beobachte ich heute im Gegensatz zu dem 13. an dem viscivorus an Zahl pilaris überwog, gröfsere Flüge der letzteren - und nur spärlich die Misteldrossel. Es ist ganz auffallend, wie in diesem Jahre die einzelnen Arten ununterbrochen in ihrer Zahl wechseln. 16. XI. Unter T. ikacus zwei musicus, pilaris nur noch in einigen kleinen Flügen, viscworus überhaupt nicht zu sehen. 19. XI. Die grofsen Drosselscharen Nr abgezogen, nach- dem ich gestern bereits vergeblich nach ihnen ausgeschaut habe, sah ich heute mittag während meines Ganges von der Stadt nach dem Berge nur noch einige wenige T. iliacus auf Ebereschen Beeren naschen. Nach Tische einen Gang durch den Wald, wo- bei ich nur noch einen Flug von etwa 15 viscivorus antraf, die auf den im Glanze der Nachmittagssonne goldigglänzenden Wipfeln von Lärchen safsen, mein Kommen aber bereits schon auf eine recht weite Entfernung bemerkten und scheu abstrichen. Selbst die in diesem Jahre in so grofsen Mengen vorhanden ge- wesenen 7. merula haben es bis auf nur wenige noch ihren Gattungsgenossen nachgetan und sind weitergewandert. 20. XI. An der Bergstrafse einige wenige ikiacus neben etwa gleich vielen merula (aber wenigeren, als wie man sie sonst um diese Zeit bei uns noch antrifit). Ein Flug von etwa 30 visci- vorus. Die Vögel sitzen in den laublosen Kronen der Buchen, werden hoch, fallen rufend wieder ein und treiben dieses Spiel etwa eine Stunde lang, bis ich die Beobachtung abbrechen muß. | Ergänzungen zu Schlegels Aufzeichnungen über Drosselarten. 209 21. XI. An der Bergstrafse ein Flug von etwa 150 »slar:s, die von den Wipfeln der Buchen herabkommen auf die Eber- eschen und die mir etwas weniger scheu als die in den letzten Wochen beobachteten Drosseln vorkommen. — Vom 14. November an beobachtete ich auf dem Rochlitzer Berge aufser den einheimischen überwinternden Amseln keine fremde Drossel mehr. Erst um Weihnachten stellten sich neben spärlichen viscivorus etwas häufiger wieder die Wachholder- drosseln ein, deren Zahl dann zunahm, als am 6. Januar der erste Schneefall einsetzte, und neben denen vereinzelt dann auch wieder iliacus zur Beobachtung gelangte. V. Turdus merula L. Vergesellschaftungen der Amseln eines bestimmten Bezirkes im Herbst und Winter habe ich in der Rochlitzer Gegend oft beobachtet, und immer ist es dann wohl der Nahrungserwerb, der die Vögel zusammenführt. So habe ich unsere Art wohl alljährlich in mehr oder weniger grofsen Scharen auf beeren-. tragenden Bäumen und Sträuchern (Ebereschen, schwarzer Ho- lunder usw.) angetroffen und dabei feststellen können, dafs die weitere Umgebung derartiger Futterstellen von den sonst häufigeren Amseln ziemlich entblöfst scheint. In anderen Fällen traf ich auf meinen früher alltäglichen Gängen von Rochlitz nach dem Rochlitzer Berge in bestimmten Waldteilen unmittelbar hinter der Stadt die Amsel in gröfseren Mengen an, die futtersuchend den Boden durchwühlten: in den nahen Gärten usw. dagegen fehlten die Vögel. Aberwenn dann Schlegel auf dievon HeyderaufGrund seiner Beobachtungen gleichfalls in der Rochlitzer Gegend geäufserte Ansicht, dafs die im Herbste in der Gegend sich in gröfseren Scharen einstellenden und auf den beerentragenden Ebereschen zu Gaste gehenden Amseln nördlicher beheimatete Durchzügler sind (Ornis Saxonica, J. f. O. 64, 1916, 480), zurückkommend, der Ansicht zuneigt, dafs auch diese einheimische, sich infolge der gleichen Interessen des Nahrungserwerbs vergesellschaftete Vögel sind, so vermag ich ihm darin nicht zu folgen. Gewils läfst sich der unbedingte Nachweis für die Richtigkeit der einen oder anderen Ansicht ohne umfassende Markierungen nicht führen, aber man kann doch immerhin aus seinen Beobachtungen Schlüsse ziehen, die die eine Annahme kräftiger stützen als wie die andere. Und hier sprechen die Beobachtungen eben zwingend für die von Heyder ausgesprochene, von mir immer auch geteilte Annahme. Sie veranlalste mich ebenfalls mit, die oben wiedergegebenen Tagebuchaufzeichnungen hier wortgetreu zu wiederholen; die während des damaligen Drosseldurchzuges, des gröflsten von mir bis dahin jemals beobachteten, gemachten Beobach- tungen deuten doch wohl zwingend darauf hin, dafs unter den gesehenen Amselscharen neben heimischen sich auch offenbare 219 Rud. Zimmermann: Durchzügler befunden haben. Und auch spätere Beobachtungen stützen diese Annahme: manchesmal habe ich an unserer, von mir täglich begangenen Bergstrafse Amselscharen beobachtet, die ein von einander abweichendes, auch anderen, die im Be- obachten zwar ungeschult, aber doch ein grofses Interesse an unserer Vogelwelt besafsen und daher auf alles auch achteten, auf- gefallenes Verhalten zeigten: neben Gesellschaften, deren Zu- sammenhalt ein nur lockerer war, die dabei wenig scheu waren und den Beobachter an sich herankommen liefsen, konnten andere festgestellt werden, die sich enger zusammenbielten, ungleich scheuer waren und meistens schon aus gröfserer Entfernung ab- flogen. Ist hier nicht der Schluls gerechtfertigt, dafs diese nur Durchzügler, die ersteren aber in der Gegend heimatsberechtigte Vögel waren? Für die Annahme von Durchzüglern spricht ferner auch noch der Umstand, dafs diese letzten Gesell- schaften häufig gleichzeitig oder fast gleichzeitig mit »pilaris- und viscivorus-Gästen erscheinen und mit diesen auch wieder ver- schwinden. Der Beginn der Brutzeit scheint in der Rochlitzer Gegend im allgemeinen ein etwas späterer als in der Leipziger zu sein, volle Gelege vor Mitte April gehören hier zu den Ausnahmen, und mir will dabei auch scheinen, als ob Zurdus musicus die ihren oft einige Tage früher vollzählig hat als wie die Amsel. Jenes Ineinandergreifen von 1. und 2. Brut, wie es Schlegel an- deutet, und das ein sicheres Auseinanderhalten der beiden Bruten erschwert, ja, unmöglich macht, gilt auch für die Rochlitzer' Gegend. Ich fand beispielsweise 1913 Gelege an folgenden Tagen — die Zahl der beobachteten Eier ist dabei in () an- gegeben und zweifelsfrei frische bezw. erst kurz bebrütete Ge- lege sind mit — bezeichnet —: 14. 4. (+ 3); 16. 4. (+3 u.-+ 5); 20.4. (+5); 2.5. (5); 3. 5. (3); 15.5. +5 u 5); 24.5.(3 u 5); 1. 6. (6); 26. (4); 3. 6. (+ 4); 14. 6. (4); 15. 6. (+ 5); 23. 6. (+ 9); 1. 7. (5); 10. 7. + 2 u. +45); 21. 7. (5) und 2. 8. (3). Die durchschnittliche Eizahl im Gelege beträgt 5; weniger häufig (aber doch noch nicht selten) sind Gelege von nur 4 und weit spärlicher solche von 6 Eiern. Die Dreizahl habe ich eben- falls mehrfach beobachtet (Nachgelege?), eine höhere Zahl als 6 aber nur ganz ausnahmsweise gefunden; ich entsinne mich nur eines Nestes von 7 Eiern und eines anderen, das 8 Junge enthielt. Die durchschnittliche Nisthöhe- beträgt im Rochlitzer Bergwalde, in dem das Nest vorwiegend in jüngeren Fichten angelegt wird, 1!/,—3 m, Nester unter 1!/), m sind seltener. Vereinzelt habe ich aber auch das Nest in Stockausschlägen hart über dem Boden gefunden; in dem Gehölz, das den westlich von Rochlitz bei Narsdorf/Ossa gelegenen Hegeteich umgibt, wird die Nist- ‚weise in Stockausschlägen direckt über dem Boden schon zu einen Regel, Nester dieser Art sind hier fast häufiger als die höher es die a U m N el a Z Aus Ba Fi A a a un U ln nad u Te Kr ra A Ben Ergänzungen zu Schlegels Aufzeichnungen über Drosselarten. 211 errichteten. In den Ortschaften ist der Standort des Nestes den gröfsten Schwankungen unterworfen, und man könnte leicht Seiten füllen, um ihn auch nur einigermalsen vollkommen zu kennzeichben. Mehrfach habe ich es in Dörfern an Dorfteichen und Bächen auf überhängenden Sträuchern und strauchartigen Bäumen direkt über dem Wasser bis zu 11/, und 2 m vom Ufer entfernt ge- funden. Dann steht es wieder häufig an einem Gebäude oder Schuppen auf einem Fensterstock, einem vorstehenden Balken, Sims oder dergl., und sogar völlig frei und ungedeckt auf einem Staketenzaun, angelehnt an die Gartensäule, habe ich es bereits beobachtet. Der höchste mir bekannt gewordene Standort in einem Stadtgarten betrug etwa 8 m; es war auf einer dicht an einer Villa stehenden Pappel errichtet und liefs sich von den oberen Fenstern derselben bequem einsehen. Die spitzhaubigen Turakos. Von Reichenow. In einer schon 1915 erschienenen, mir aber erst kürzlich bekannt gewordenen Abhandlung über Vögel von Britisch Ost- afrika und Uganda (The Ibis 1915 S. 400 u. ff.) hat Herr C. H. B. Grant auf $. 408-411 eine Übersicht über die spitz- haubigen Turakos gegeben, in der die Mehrzahl der Arten un- richtig gedeutet ist. Die Irrtümer sind dadurch entstanden, dafs Herr Grant einer von Herrn O. Neumann veröffentlichten Arbeit über die Musophagiden (Novit, Zool. 1908 S. 366—378) gefolgt ist, in der die von mir beschriebenen Arten ganz anders gekenn- zeichnet sind, als in meiner Urbeschreibung geschehen, was dem- gemäfs eine gänzlich verschiedene Beurteilung zur Folge gehabt hat. Da mir wohl das mafsgebendste Urteil über die von mir selbst aufgestellten Arten zusteht und mir aufser meinen auch die Typen anderer Arten vorliegen, so will ich die bestehende Verwirrung, die übrigens bei Beachtung meiner Darstellung in meinem Werke „Vögel Afrikas Bd. 2 S. 51—54“ nicht hätte entstehen können, aufklären, wobei ich an die Grant’sche Arbeit anknüpfe. Es handelt sich um 8 Arten und Formen. Von diesen ist die älteste von G. R. Gray benannt: T. liwingstonei 1864, 1 von G. A. Fischer: 7. reichenowi 1880, 4 sind von mir beschrieben: T. cabanisi 1883, T. schalowi 1891, T. hybridus 1898 und T. schalowi var. marungensis 1902, 2 von O. Neumann: T. chalco- lophus 1895 und T. livingstonei loitanus 1908. Auf S. 408 der oben genannten Abhandlung wird von Herrn Grant ein Turako vom Amalafluls (einem von Osten her in den Viktoriasee sich ergiefsenden Flufs) auf den von mir erwähnten Turacus schalowi var. marungensis bezogen. Schon der Fundort 2 12 Reichenow: erregt Bedenken gegen diese Deutung. Die Form marungensis würde sich danach von Marungu im Südwesten des Tanganjika ostwärts bis zum Niassasee und in nordöstlicher Richtung. über Tanganjika und Viktoriasee bis in Gegenden östlich des Viktoria verbreiten, also Ostafrika in einem Halbkreis umziehen und am. Endpunkt seiner Verbreitung im Nordosten das Wohngebiet mit T. loitanus teilen, denn dieser stammt vom Ngare Dobasch (Nebenflufs des Amala oder gleichbedeutend mit diesem) und dem östlieh unmittelbar darüber sich erhebenden Loitahochland. Den letztgenannten bedenklichen Umstand beseitigt Herr Grant freilich dadurch, dafs er 7. loitanus als Synonym zu marun- gensis zieht. Was zunächst die Form .marungensis betrifft, so hatte ich unter diesem Namen Vögel von Marungu und solche vom Nord- ende des Niassasees als „varietas* von 7. schalowi gesondert, weil bei diesen der Schwanz etwas mehr blau (tief stahlblau) und weniger veilchenfarben, der weilse Strich unter dem Auge etwas breiter zu sein schien. Später in das Berliner Museum ge- langte Bälge aus den Gegenden zwischen dem Südosten des Tan- ganjika und dem Nordende des Niassasees haben indessen gezeigt, dafs die genannten Abweichungen innerhalb der artlichen Ab- änderungsbreite von T. schalowi liegen und dafs eine Form marun- gensis nicht unterschieden werden kann. Auch der von O. Neu- mann betonte, etwas vorhandene Metallglanz an den Haubenfedern gegenüber Vögeln von Angola liefert keinen stichhaltigen Unter- schied. Der Name marungensis fällt also in die Synonymie von T. schalowi zurück. T. loitanus unterscheidet sich nun von 7. schalowi und der damit zusammenfallenden Varietät marungensis keineswegs, wie O. Neumann angibt, durch „purple tail“, denn der Schwanz hat genau den gleichen tiefblauen, mehr oder weniger ins Veilchen- farbene ziehenden Ton bei beiden Arten, sondern nur durch die blaugrünen und metallisch glänzenden, bei schalowi (und marungensis) grünen und matten, nur bisweilen wenig seidenglänzenden Haubenfedern. Daraus ergibt sich, dafs C. H. B. Grant irriger Weise den Vogel vom Amala auf marungensis bezieht und mit letztgenannter Form ZT. loitanus vereinigt. Vielmehr mufste der Vogel als T. loitanus gedeutet werden, wie ja schon der Fundort vermuten läfst, denn nach den Karten fliefsen Amala und Ngare Dobasch zusammen oder sind vielleicht sogar nur verschiedene Namen desselben Flusses, und der andere Fundort, Loitahochland, ist östlich unmittelbar benachbart. T. loitanus fällt aber wiederum mit 7. chaleolophus zusammen, - den Herr Grant als besondere Art aufführt, als dessen typisches Vorkommen der drei Grad südlicher gelegene, Guruiberg an- gesehen wird. Da mir die Typen von Z. chalcolophus, sowohl der zuerst vom Autorals Typ angenommene vom Ngare Dobasch wieauch . { A, a aa un 29 DoAule nu a Aal Aha ud a kl a ad An 1 u a de ul an I N N a ai as ee ai nn Fa Die spitzhaubigen Turakos. 218 der nach Abtrennung des T. loitanus als solcher bezeichnete vom Gurui, ferner Cotypen des 7. loitanus vom Loitahochland zum Vergleich vorliegen, so bin ich in der Lage, unzweifelhaft festzustellen, dafs die angegebenen Unterschiede, Fehlen des weifsen Striches unterhalb des Auges und der weilsen Säume an den kürzesten Haubenfedern im Genick, nicht zutrefien. Der an Sich nur schmale weilse Wangenstrich ist beim Typ von T. chalcolophus ganz deutlich vorhanden, und die Genickfedern haben deshalb keine weifsen Säume, weil sie ausgerissen sind; soweit sie vorhanden sind, zeigen sie auch weilse Säume. Da T. chalcolophus der ältere Name ist, so mufs also in der Grantschen Abhandlung für die Vögel vom Amala statt 7. schalow: marungensis vielmehr 7. chalcolophus (syn. T. loitanus) gesetzt werden. Wie T. marungensis ist S. 410 der Abhandlung auch 7. ca- banisi unrichtig gedeutet. T. cabanisi ist von mir nach einem angeblich von Bagamojo stammenden Vogel beschrieben worden, der aber nach Beschaffenheit des Balges anscheinend vorher lebend in Gefangenschaft gehalten war und dessen Herkunft deshalb unsicher ist. Da mir seiner Zeit keine Vögel vom Niassaland, dem engeren Wohngebiete des 7. livingstonei, Vor- lagen, konnte ich das vorgenannte Stück nur mit solchen von Angola vergleichen, die man damals allgemein für typische T. livingstonei hielt. In Anbetracht der kurzen Haube schien -mir der Vogel von Bagamojo dem ZT, reichenowi näher zu stehen als den Angolavögeln, dem vermeintlichen T. kvingstone:, und ich beschrieb ihn folgendermafsen: „Form der Haube gleich der von T. reichenowi, aber mit stahlgrünen, bei diesem prächtig blauen Flügeln, Rücken- und Schwanzfedern.“ Wie man mit dieser Be- schreibung die spätere von 7. Ahybridus für gleichartig halten und hybridus als Synonym mit cabanisi behandeln kann, ist mir unerfindlich. Die Beschreibung von 7. hybridus lautet: Rücken und Flügel blaugrün, grüner als der Schwanz, nicht blau glänzend mit veilchenfarbenem Schimmer wie bei Z\. reichenowi. Also bei T. ca- banisi: Rücken, Flügel und Schwanz grün, bei T. hybridus: Rücken und Flügel blaugrün, Schwanz blau glänzend. — Als ich sodann Vögel aus dem Niassa- land, typische 7. livingstonei, zum Vergleich bekam, konnte ich leicht feststellen, dafs T. cabanisi mit diesen in jeder Hinsicht übereinstimmte, schlofs daraus, dafs der angebliche Fundort „Bagamojo“ unrichtig sei, und stellte dementsprechend (in Vög. Afr. S. 51) 7. cabanisi als Synonym zu T. liwvingstonei. Für die ostafrikanischen Vögel kann nach dem Gesagten der Name ZT. cabanisi gar nicht in Betracht kommen, sondern nur der Name ZT. hybridus. Es fragt sich allein, wie dieser zu T. reichenowi steht. ZT. hybridus liegt mir vor aus Mahenge, Uluguru und Useguha, also Gegenden zwischen 6/, und 91/,°s. Br. Von reichenowi habe ich Vögel von Nguru (Typ) 6°s. Br; ferner 214 Reichenow: von Dar-es-Salaam und vom Mawudji. Daraus könnte man schliefsen (so weit sich aus den wenigen Stücken überhaupt Schlufsfolgerung ziehen läfst), dafs 7. hybridus dem Binnenlande bis zum 6.°, T. reichenowi aber nördlicheren Breiten und dem Küstenlande augehört. Nun zeigen sich aber Übergänge zwischen beiden Formen. Während das typische Stück von Nguru eine gleichmäfsigere dreieckige Haube hat (Fig. 5 auf Tafel V Journ. f. Orn. 1885), ist sie bei den Stücken von der Küste hinten aus- gerandet und nähert sich mehr der spitzen Form der Haube von T. hybridus und T. livingstonei (trefiende Abbildung Journ. f. Orn. 1885 T. V Fig. 4), auch zeigen beide weniger tiefes Blau, mehr Grünblau, auf Rücken und Flügeln, ähnlicher dem von ein- zelnen T. hybridus. Von diesem dagegen zeigen einige Vögel ein tiefes Blaugrün auf Rücken und Flügeln, andere neigen mehr zu Grün und nähern sich darin dem 7. livingstonei. Man könnte danach vermuten, dafs 7. reichenowi vielleicht der voll ausge- färbte recht alte Vogel, die Färbungsstufe T. hybridus aber auf jüngere Vögel zu beziehen wäre. Dann würde also hybridus als Synonym zu reichenowi zu ziehen sein. Somit glaube ich durch- aus richtig verfahren zu sein, als ich (Vög. Afr. II. S. 53) die Form als T. reichenowi hybridus bezeichnete. Endlich bleibt noch 7. livingstonei zu besprechen. C. H.B,. Grant gibt auf S. 409 Fig. A eine Abbildung, die eine abge- rundete Haube gegenüber .der spitzen von 7. schalowi (Fig. B) zeigt. Nach den mir vorliegenden Vögeln aus dem Niassaland, Sammlung Whyte, von Milandschi (Milange) und Somba (Zomba), gibt diese Abbildung ein gänzlich falsches Bild. Die mir vorliegenden Vögel haben eine spitze Haube, die dieselbe Form wie die von Z. schalowi zeigt, nur kürzer ist, deren längste Federn weniger weit die kurzen überragen. Im Journ. f. Orn. 1885 Taf. V zeigt die irrtümlich als 7. livingstones bezeichnete Figur 3 sehr treffend die Haube von 7. schalowi und die als C. cabanisi bezeichnete Fig. 4 die Haubenform von 7. livingstonei. Den Widerspruch vermag ich nicht aufzuklären. Ob bei den rundhaubigen Vögeln die Haube noch nicht völlig entwickelt ist oder ob die Haubenform überhaupt schwankt, bleibt weiteren Untersuchungen .vorbehalten. Sonach komme ich nach nochmaliger Nachprüfung eines inzwischen vermehrten Vergleichsmaterials hinsichtlich der spitz- haubigen Turakos zu derselben Anschauung, wie ich in meinem Werk, Vögel Afrikas Bd. 2, dargelegt habe, und ich bin gewils, dafs eine sorgfältige Untersuchung der im British-Museum und in Tring befindlichen Bälge zum gleichen Ergebnis führen wird. Ich wiederhole noch kurz die Kennzeichen der 5 Arten: 1. Rücken, Flügel und Schwanz erzgrün glänzend, Schwanz kaum etwas bläulicher schimmernd ; kurze Haube: 7. livingstonei (cabanisi). — Im Berliner Museum vom Niassaland. Die spitzhaubigen Turakos. 215 2. Rücken, Flügel und Schwanz stahlblau glänzend; kurze Haube: T.reichenowi. — Im B. M. von Nguru (Ussagara), Dar- es-Salaam und vom Mawudji. 3. Rücken, Flügel und Schwanz blaugrün glänzend, Schwanz bisweilen blauer, stahlblau; kurze Haube: 7. hybridus. — Im B. M. von Mahenge, Uluguru und Useguha. 4. Rücken und Flügel erzgrün glänzend, Schwanz stahlblau bis veilchenblau; lange Haube: 4a. Längste Haubenfedern mattgrün: 7. schalowi (marun- gensis).. — Im B. M. von Angola, Marungu, Urungu, Ufipa, Ukinga und Kondeland. 4b. Längste Haubenfedern blaugrün glänzend: T. chalcolophus (loitanus).. — Im B. M. vom Ngare Dobasch und Loitahochland. Anhang: In der oben angezogenen OÖ. Neumann’schen Arbeit (Novit. Zool. 1908 S. 375) hat der Verfasser den von mir be- schriebenenen 7. ugandae als Synonym zu T. emini gezogen. Damit nicht Schweigen als Zustimmung aufgefalst wird, bemerke ich, dafs ich die Form ugandae durchaus aufrecht halte. Es gibt ja viele Menschen, die grüne und blaue Töne schwer unter- scheiden. Für normale Augen aber ist der Unterschied sehr auffällig. 7. emini hat blaugrüne Flügel, Rücken- und Schwanz- federn, der Schwanz zieht auf den mittelsten Federn und gegen das Ende hin ins Tiefblaue. Bei 7. ugandae sind Rücken, Flügel und Schwanz erzgrün, am Ende des Schwanzes etwas ins Stahl- bläuliche ziehend, auf dem Rücken aber häufig ins Messing- gelbliche. Übergänge zwischen beiden Formen sind bisher nicht nachgewiesen. 7. emini ist bisher nur aus dem Ituri-Gebiet be- kannt, 7. ugandae aus den Gegenden im Osten des Albertsees (Uganda) bis zur Nordspitze des Tanganjika, wo er westlich des Sees von Grauer gesammelt ist. MEERE Nochmals über Buteo vulpinus. Von E, Stresemann. In der Meinung, dafs der heute so knappe Raum unserer Zeitschriften für wissenschaftlich wertvolle Auseinandersetzungen freigehalten werden sollte, suche ich mich bei Erörterungen nomenklatorischer Fragen (da diesen eine naturwissenschaftliche Bedeutung nicht innewohnt) möglichster Kürze zu befleilsigen. Die Bemerkungen, welche Herr Geheimrat Reichenow auf p. 38—39 des 69. Jahrganges dieses Journals über den Namen Buteo vulpinus (Gloger) gemacht hat, belehren mich jedoch darüber, dafs allzu grofse Knappheit hier zuweilen vom Übel sein kann. In der „Avifauna Macedonica“ habe ich den Steppenbussard Buteo vul- 216 E. Stresemann: pinus Gloger 1833 genannt und mich darauf beschränkt, die Stelle anzugeben, an der sich die Urbeschreibung findet. Nach Prüfung derselben verwirft Herr Geheimrat Reichenow die An- nahme des Namens unter ausführlicher Begründung. Er hat bei der Niederschrift seiner Bemerkungen jedoch übersehen, dals Gloger auf p. XIII, Anm.* des gleichen Büchleins, das den Namen Falco vulpinus zum erstenmal enthält, alle Bedenken be- | hebt, welche die ausschliefsliche Kentnisnahme des Textes zum „Mäusebussard. Falco buteoL.“ (p. 41) erwecken konnte. Gloger erklärt hier die Bedeutung des dem Namen Falco vulpinus vor- gesetzten Fragezeichens und gibt die Herkunft des Namens sowie das Material an, das ihm bei der Beschreibung vorlag. Dies geschieht mit folgenden Worten: „Das kurz beschreibende Ver- zeichnis der klimatischen Varietäten der europäischen Landvögel, als ein Nachtrag zu jedem Werke über Europa’s Ornithologie zu betrachten, enthält unter den Synonymen alle Namen derjenigen dahin gehörenden vermeintlichen Species, welche mir als solche bekannt geworden sind. Hierbei fühle ich mich in Bezug auf die Ansichten und das Verfahren des Hrn. Geheimen Rath Lichtenstein eben so verpflichtet, wie ich es in Beziehung 1 auf mich für erlaubt und zugleich für sehr ehrenvoll halte, zu er- klären: dals es auf die ausdrückliche Zustimmung und selbst den Wunsch des Hrn. G. R. L. geschehen ist, wenn auch alle von ihm früher, zum Theile schon vor langer Zeit, einstweilen provisorisch unter. dem vorläufigen Namen von Arten im zoologischen Museum zu Berlin aufgestellten klim. Varietäten hierunter mit aufgeführt werden: (und zwar, indem ein ver- ständliches Vorzeichen [?] den Sinn und die Umstände andeutet, in welchem und unter welchen das Aufstellen zu seiner Zeit ge- schah;) — um, wo es etwa nötig sein sollte, Meinungen zu berich- tigen, welche sich bei dem häufigen Besuche der reichen Sammlung durch fremde Ornithologen gebildet haben könnten.“ Hieraus ergibt sich m. E. mit aller Deutlichkeit: 1. Der Name Falco vulpinus Gloger ist ein Lichtensteinscher Manuskriptname; es war nicht ungenau, als ich „ex Lichtenstein M. S.“ schrieb. 2. Gloger bezog sich auf die von Krebs im Kaffernland ge- sammelten Stücke des Berliner Museum, da s. Z. keine anderen Steppenbussarde dort vorhanden waren. 3. Ich war berechtigt, als terratypica Südostafrika zu fixieren, da Krebs als Sammler nur hier tätig war und sich dieser Be- sriff mit dem Ausdruck „Kaffernland‘“ deckt. 4. Der Name Falco vulpinus wird von Gloger nicht als fragliches Synonym zu F. tachardus Daud. eitiert. Das Zeichen (?) ist kein Fragezeichen in dem Sinne, den ihm Herr Geheim- rat Reichenow untergelegt hat. Die Beschreibung, welche Gloger vom Steppenbussard ge- liefert hat, erfolgte nicht nach der Abbildung Levatlants, die als _ Nochmals über Butdeo vulpinus. 217 Grundlage für den Namen Falco tachardus Daudin gedient hat, denn diese stellt einen Wespenbussard dar; Glogers Vorlage bildeten vielmehr die im Berliner Museum aufgestellten Steppen- bussarde. Wenn er Daudin’s Falco tachardus als Steppenbussard deutete, so folgte er darin lediglich dem Gebrauch seiner Zeit. Die technische Auswertung der Glogerschen Stelle gestaltet sich daher folgendermalsen: Falco vulpinus Gloger ex Lichtenstein M. S. = Falco tachar- dus Gloger nec Daudin 1800. Beiläufig sei bemerkt, dafs in dem gleichen Werk Glogers noch einige andere Erstbeschreibungen unter Anwendung (mit vorgesetztem ? versehener) Manuskriptnamen Lichtensteins ent- halten sind; so wird auf p. 142 die bisher Bubo bubo sibiricus (Schlegel & Susemihl 1843) genannte Eule als Strix sibirica sehr gut gekennzeichnet. Bemerkung zum Vorstehenden. Die in der vorstehenden Erklärung des Herrn Dr. Strese- mann angezogene Anmerkung auf S. XIII des Glogerschen Buches ist so unklar gehalten, dafs verschiedener Sinn untergelegt werden kann. Das „verständliche Fragezeichen [?]‘“ kann aber wohl nichts anderes bedeuten, als dafs der Verfasser der richtigen Deutung der Lichtensteinschen Namen nicht sicher war. Da nun unter Falco buteo S. 141 zweimal die Bezeichnungen ‚tachardus“ angeführt werden: ‚Falco tachardus Daud. und Buieo tachardus Dumont“, die doch zweifellos nicht als verschiedene Varietäten, sondern als Synonyme erwähnt sind, so kann der als dritter beigefügte Name F\, vulpinus Lcht. ebenfalls keine andere Be- deutung haben und nur als vermutliches Synonym von B. tachardus aufgefafst werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dafs Lichtenstein von den 4 Bussarden aus dem Kafferlande 3 als B. vulpinus und 1 als B. tachardus bezeichnet hat (Nomenclator S. 3), wobei es ungewifs bleibt, welchen der 4 Vögel der Name vulpinus zu- gedacht war, da alle 4 in den Kätalog des Berliner Museums als B. tachardus eingetragen sind. Sonach bleibe ich bei meiner auf S. 38 dieser Zeitschrift dargelegten Anschauung. In gleicher Weise sind auf S. 154 des Glogerschen Buches unter Hirundo rustica dem Namen Hirundo rufa Gm. als Synonyme H. americana Wils. und ? H. fumaria Lcht. bei- gefügt, auf S. 155 der H. riocourii Aud. die Synonyme H. sa- vignyi Steph. und ? H. cahirica Leht. u. a. im Übrigen halte ich daran fest, dafs einer der auf die Levail- lantsche Abbildung begründeten Namen Buteo desertorum oder rufocanus dem Steppenbussard verbleiben muls, welche Anschauung seit Sundevall bisher allgemein war. Die Abbildung gibt den Journ, t, Orm, LXLX, Jahrg, April 1821, 15 218 Bemerkung zum Vorstehenden. Vogel treffend wieder. Wegen des vom Maler gelb anstatt schwarz gemalten Schnabels kann sie nicht verworfen werden. Im Journal f. Ornith. 1915 S. 296 habe ich mich weiter darüber ausgesprochen. Jedenfalls wäre es verfehlt, an Stelle eines zweifelhaften Namens einen noch strittigeren zu setzen (Vergl. auch Ibis 1919, S. 253). Reichenow. Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. Von ©. Kayser. (Schlufs von Jahrg. 1920 8. 340.) 47. Emberiza hortulana L. Der Ortolan ist an Alleen und Waldrändern häufig. In den 4 Jahren 1913—1915 und 1917 war das erste Ankunftsdatum der 30. IV., das letzte der 9. V. und das durchschnittliche der 3. V. Manche singen keine Schlufslaute, sondern nur den ersten Teil der Strophe. Einer hängte noch einen tieferen Schlufston an, sang also in drei Tonlagen. 1917 war er am 22. VII. noch im Gesang, ja sogar am 27. VII. hörte ich noch einen, allerdings etwas leise, singen. 48. Emberiea citrinella L. Die Goldammer ist häufig. Erster Gesang 1914 am 21. II. 49. Emberiza calandra L. Die Grauammer ist eben- falls häufig. Während ich diese Vogelart in Schlesien nur als Zug- bezw. Strichvogel kennen lernte, ist sie hier auch im Winter anzutrefien. Der hiesige Ausstopfer erhielt Ende Januar 1914 eine Grauammer. Am 9. II. 14. eine Anzahl Grauammern an der Gostyner Chaussee beobachtet. 1913 erster Gesang am 12. IL, 1914 am 22. II. Am 12. XI. 13 an der Gostyner Chaussee eine Anzahl beobachtet, welche noch öfters sangen, allerdings nicht so abgerundet, als in der Brutzeit.e. Am 3. VII. 13 auf dem Felde eine zerrissene Grauammer. Der Gesang ertönt bis tief in den Juli, so am 27. VII. 16 und 27. VII. 17. 50. Passerina niwalis L. Die Schneeammer wurde 1914 oder 1915 von Herrn Förster Paul in Lasswitz bei Heinrichs- hof im Winter beobachtet. _ 5l. Pyrrhula europaea Vieill. und rubicilla Rchw. Der Gimpel kommt im Winter hier vor. Ob es sich dabei um die gröfsere oder kleinere Form handelt, vermag ich beim Mangel an Belegexemplaren nicht zu entscheiden. Ich notierte am 17. 1. und 19. I. 14 auf der Ostpromenade ein 9, am 1.1I. 14 ebenda 3 S'J' und 1 9. Sie fralsen dort den Samen von Syringa vul- garıs. Am 27. II. 14 ein 2 in einem Hausgarten. 1915 am 24. I. ein @ in einem Hausgarten der Stadt. Am 18. II. 15 4 QQ und 1 Q' an der Ostpromenade, wo sie die Knospen einer Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 219 Rüster frafsen. Am 11. XII. 16: 2 Stück. — Eine interessante Varietät des Gimpels sah ich lebend vor Jahren bei dem hiesigen Ausstopfer. Es war ein sonst normalfarbiges Q' mit etwas mattem Rot. Auf der rechten Seite des Kopfes hatte er vom Schnabel über die Augen bis auf die Kopfmitte einen hellgraurötlichen Streifen, etwa von der Farbe des Bauches eines 9. Der Vogel war hier im Januar 1912 gefangen und Anfangs ganz normal- farbig. 52. Serinus hortulanus Koch. Der Girlitz ist hier häufig. In den 5 Jahren 1913 und 1915—1918 war das früheste Ankunfts- datum der 3. IV., das späteste der 3. V. und das durch- schnittliche der 15. IV. Auffallender Weise kam der Girlitz in den Jahren 1913 und 1914 in den etwa 48 km südöstlich von hier gelegenen Trachenberg erheblich eher an als hier. 1913 hörte ich ihn dort schon am 23. IIL, hier am 3. IV. 1917 sang er noch am 31. VII. Aufser dem gewöhnlichen Lockton, den Naumann mit hitzriki treffend wiebergibt, hörte ich vom Girlitz noch häufig einen einsilbigen wie piep klingenden Lockton, welcher dem des zahmen Kanarienvogels täuschend ähnlich, aber in der mir zugänglichen Literatur nirgends erwähnt ist. 53. Carduelis elegans Rchw. Der Stieglitz ist hier in mälsiger Zahl vertreten, dürfte auch Brutvogel sein. In den Promenaden, Friedhöfen und gröfseren Gärten. Am 12. XI. 13 frafsen Stieglitze im Kankeler Walde Erlensamen. Am 29. VI. 14 an der Ostpromenade 4 flügge Junge. 54. Chrysomitris spinus L. Der Erlenzeisig kommt hier nur selten vor. 55. Acanthis cannabina L. Der Bluthänfling ist hier ziemlich häufig. Einmal — 10. V. 15 — sah ich ihn auch auf dem evang. Friedhof. Auch in den Gärten der Stadt kommt er zuweilen vor. Nach Acanthis flavirostris L. habe ich bisher immer ver- geblich geforscht. 56. Acanthis linaria L. Der Birkenzeisig ist hier seltener Durchzugsvogel. Nach Angabe des Ausstopfers kamen sie hier im Winter 1913/14 zahlreich vor. 57. Chloris hortensis Rchw. Der Grünling ist hier sehr häufig auf Promenaden, Kirchhöfen u. s. w. 1913 erster Gesang am 11. 1I. Am 9. VI. 15 im Erlenbusch Nest mit 6 Eiern in Manneshöhe. — Im Winter steht an meinem Fenster ein Futterhäuschen, welches 2 enge, runde Eingangslöcher für Meisen hat. An der offenen Rückseite ist zwischen dem Futterhäuschen und der Fensterscheibe ein schmaler Spalt, welcher an den Seiten, um die Sperlinge abzuhalten, mit Pappstreifen verschlossen war. Dessenungeachtet flog ein Pärehen Grünlinge durch den oberen Spalt (zwischen der Decke des Futterhäuschens und der 15* 220 C. Kayser: Fensterscheibe) aus und ein und stillte seinen Hunger im Innern des Futterhäuschens. — Am 4. VI. 15. Nest mit Jungen auf einem Lebensbaum in Mannshöhe. Der alte Vogel ist beim Füttern aufserordentlich vorsichtig. Am 3. VII. 15 auf der Promenade der Federnkranz eines Grünlings. Im Frühjahr 1916 hörte ich einen Grünling, welcher einen Ruf wie huit, dem Lockton des Phylloscopus rufus sehr ähnlich und ganz verschieden von dem gewöhnlichen Lockpfiff der Grünlinge, hören liefs. 58. Fringilla coelebs L. Der Buchfink ist hier sehr häufig. Manche haben ihren Stand auf Chaussebäumen, fern von Gärten und Wäldern, und nisten auch dort. 1913 den 20. IH: 2 Stück gesehen. 1913 den 11. III. erster Schlag auf dem Schlofsplatz, wahrscheinlich von einem hier überwinterten Fink. Am 13. III. war der Finkenschlag allgemeiner und am 21. Ill. war er auch im Walde zu hören. Am 9. XII. 13 einige Finken auf der Promenade. Mitte Januar 1914 suchten sich Finken ihr Futter auf den Strafsen. 1914 am 22. II. erster Schlag, laut und fleilsig, aber noch nicht abgerundet, im Wolfsruhmer Garten. Man hört in hiesiger Gegend ganz wohlklingende Schläge z. B. eine Art Reitzug mit „Amen“ und den Ausgang Reitja- wick. — Am 26. V. 13 brütete ein Q auf 4 Eiern und am 22. V. 13 ein anderes im Kankeler Walde in Augenhöhe ebeu- falls auf 4 Eiern. Auffallend bei dieser anscheinend ersten Brut war die Vierzahl des Geleges. Am 7. VI. 14 flügge Junge. Ein 9° schlug noch am 6. IX. 13 eifrig, aber unbeholfen, vielleicht ein junger Vogel. — Am 10. IV. und 28. IV. 14 Federkränze ern Buchfinken im Schiestwerderwalde bezw. Reisener alde. Im Winter 1914/15 nur ein überwinternder Fink . 1915 erster Schlag am 22. III. und zwar offenbar von diesem über- winternden Vogel. An diesem Tage waren auch einige zurück- gekehrte Finken zu sehen. Am 30. III. 15 waren sie noch in Flügen zusammen. Am 2. IV. 15 sah ich das erste 9. Am 5. IV. 15 erster Finkenschlag im Walde. Am 17. IV. 15 das erste Nest gesehen. Am 13. V. 15 in einem Nest in Augen- höhe 2 Eier. Ein anderes Nest war in reichlicher Mannshöhe in einer noch unbelaubten Astgabel sehr auffallend und weithin sichtbar gebaut. Dieses. fand ich später zerstört, wie überhaupt von keiner Vogelart soviel zerstörte Nester zu finden sind, als von dieser, allerdings auch besonders häufigen Art. Am 15. VL. 15 flügge Junge. Letzter Schlag am 14. VII. 15. Im Mai 1915 sah ich mehrere Buchfinken auf einer baumlosen Stralse der Stadt umherlaufen. Im Restaurationsgarten Wolfsruhm sind sie so zahm geworden, dafs einer in eine Semmel hineinpi@kte, an welcher ich noch die Hand hielt. — 1916 erster Schlag am 12. III. Am 23. VI. 16. ein Nest im Walde kaum 1 m hoch mit fast flüggen Jungen, Letzter Schlag am 14. VII. 16. Im nächst- | | Die Vögel der Umgebung von Lissa ı./P. - 221 folgenden Winter am 2. XL 16 und 16. I. 17 vier überwinternde Buchfinken beobachtet. Im Gymnasialgarten überwinterte wieder ein Q', wohl dasselbe wie in früheren Jahren. 1917 erster Schlag am 20. III. — Ein g' lockte füidpink füidpink, die erste Silbe genau wie Erithacus phoenicurus. Letzter Schlag am 23. VII. und bezw. 26. VII. 1917. 59. Fringilla montifringilla L. Der Bergfink ist hier ein seltener Durchzugsvogel. Am 15. XII. 15 sah ich auf einem - mit Unkraut bewachsenen Militärreitplatz unter Feldsperlingen, Goldammern und Buchfinken auch 3 Bergfinken. Sie frafsen den Samen von FPolygonum aviculare. 1918 sah H. Major Kutter schon am 16. X. einen Bergfink im Reisener Walde. 60. Coccothraustes vulgaris Pall. Der Kernbeilfser ist hier ein spärlicher Brutvogel. Ein Pärchen brütete 1914 in einem kleinen Garten an der Ostpromenade. Das Nest stand auf einem Obstbaum 4—5 m hoch. 1915 beobachtete ich ihn zuerst in den Gärten der Stadt am 17. IV. 1916 zeigten sich die ersten an der Ostpromenade schon am 14. II. Während ich sie sonst im Winter nie beobachtete, sah ich trotz des so strengen Winters am 12.1. 17 einen Kernbeilser in einem Garten an der Ostpromenade. 61. Passer montanus L. Der Feldsperling ist hie so häufig wie ich ihn noch nirgends fand. 62. Passer domesticus L. Der Hausperling ist hier sehr häufig. Am 5. IV. 15 sah ich auf dem Schlofsplatz ein Q mit völlig kahlem Oberkopf, wie skalpiert. Die Federn schienen durch Anfliegen an einen Drath oder andern harten Gegenstand abgestofsen zu sein. Infolge des ungewöhnlich strengen Winters 1916/17 sind mehrere Sperlinge tot gefunden worden und an- scheinend viele eingegangen, da man eine Abnahme dieser Vögel be- merkte. Aberleidersah man sie gegen Ende Maiwieder in grölserer Anzahl. Im Juni nährten sie sie sich ebenso wie die;Buchfinken viel von dem am Boden liegenden Rüstersamen. 63. Sturnus vulgaris L. Der Star ist Brutvogel, aber nur stellenweise, so im Park der Konfirmandenanstalt in Wolfskirch und im Lauber Bruch. 64. Oriolus galbula L. Der Pirol ist in hiesiger Gegend trotz des Wassermangels ein zahlreicher Brutvogel. In der Stadt selbst sind mehrere Paare vorhanden, ferner im Reisener Walde an Stellen mit eingesprengtem Laubholz, im Kankeler Walde, in den Brüchen und in parkartigen Gärten. In den 6 Jahren von 1913—1918 war der früheste Ankunftstermin der 2. V., der späteste der 12. V. und der durchschnittliche der 6. V. — H. Lehrer Parusel in Neuguth beobachtete in gedeckter Stellung bei nur etwa 5 m Entfernung, wie ein Pirol eine Raupe von Harpyia vinula L. frafs. Im Mai 1913 erhielt der Ausstopfer 322 C. Kayser: ein an einem Drath verunglücktes Stück. Ein dunkelchromgelbes co‘ hatte neben den gewöhnlichen tiefflötenden Strophen der älteren Männchen auch hoch und dünn klingende Pfiffe, wie man sie sonst von jungen Männchen hört. An Orten, wo viele Menschen verkehren, sind diese Vögel weniger scheu, so z. B. auf dem hiesigen evang. Friedhof. Am 11. V. 15 waren dort 2 hochgelbe Männchen, ferner ein einjähriges und ein zweijähriges (nach der Färbung zu urteilen) zusammen und liefsen fleifsig ihre Pfiffe und den Ruf „hihähä“ ertönen. Sie hielten sich auf fast un-- belaubten Bänmen in mittlerer Baumhöhe und liefsen sich auch durch mehrere sie beobachtende Personen nicht stören. — Am 18. V. 15 brachte das 9 des dortigen Brutpaares Niststoff herbei. Am 29. VI. 15 ebenda ein flügges Junges, vom Alten gefüttert. Im Frühjahr 1916 fand ich im Priebischer Bruch ein vorjähriges Nest, welches bis auf ein Loch im Boden noch gut erhalten war. Es stand nur etwa 7 Fufs hoch auf einer jungen Linde dicht am Wege. — Am 25. VI. 16 war schon ein junger Vogel flügge. 1918 hörte ich einen alten Pirol noch am 12. VIII. pfeifen. Wie in anderen Gegenden, so legt auch hier das Volk den ins Gehör fallenden Strophen des Pirols Worte unter und zwar die polnischen Worte: „Zofia wywija“ oder mit der hier üblichen Umlautung: „Zofio wywijo“ (zu Deutsch: „Sofie tanzt“), eıne lautlich in der Tat treffende Wiedergabe der Pirol- strophen. Der Vogel selbst heifst hier wilga oder wywilga. Im Kreise Rosenberg O./S. spricht das Volk die Pirolstrophen in polnischer Sprache folgendermalsen nach: „Bogu wola — Chopu rola — Panu pat“ zu deutsch: Gott (gehört) der Wille —- dem Bauern das Land — dem Herrn der Zins!“ Offenbar ist dies ein uralter Spruch aus der Robotzeit. Neuerdings wird von Prof. Voigt und Kleinschmidt die Ansicht vertreten, das Zwitschern des Pirols — nicht die Flötenrufe — sei als seineigentlicher Gesang anzusehen. Als Grund für diese Auffassung gibt Voigt an, dafs Vogelkundige diezusammenhängenderen, komplizierten Produk- tionen als Gesang ansprächen. (Vgl. Verhandlungen des V. Ornith. Kongresses S. 976.) Kleinschmidt bezeichnet in seinem Buch „Sing- vögel der Heimat“ die klangvollen Flötenrufe als Locktöne, da- gegen das schwatzende, nicht sehr laute Geplauder als Gesang. Diese Auffassung ist nach meiner Überzeugung irrig. In früherer Zeit habe ich Pirole in gröfserer Zahl Jahre lang im Käfig unterhalten, worüber ich an anderer Stelle (Ornith. Monats- schrift 1898 S. 331 fi.) berichtet habe. Ich besafs ein Männchen, welches diesen Zwitschergesang niemals hören liefs, obwohl ich es über 3 Jahre besafs und es fleifsig pfiff. Andere Pirole liefsen ihre Flötenstrophen wohl mehr als hundertmal am Tage hören wie im Freien, das Zwitschern aber brachten sie nur selten. Genau so ist es auch im Freien. Ich habe der Beobachtung *einer andern Vogelart soviel Zeit und Interesse gewidmet als der des Pirols, aber das Zwitschern verhältnismälsig selten ge- — Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 223 hört, während die Flötenstrophen innerhalb der Gesangszeit bei entsprechendem Wetter stets sehr fleifsig ertönen. Schon hier- aus folgt, dafs die Flötenstrophen den eigentlichen Gesang des Pirols bilden, nicht aber jenes balzartige Zwitschern, welches ja auch andere Vögel z. B. Erithacus phoenicurus in ähnlicher Weise neben ihren eigentlichen Gesang hören lassen. 65. Nucifraga caryocatactes L. Der Tannenhäher ist hier seltener Durchzugsvogel. Nach Angabe des hiesigen Aus- stopfers sind diese Vögel etwa im Jahr 1911 hier aufgetreten. Er zeigte mir ein Belegstück. Wie mir H. Major Kutter hier mitteilt, schofs ein Offizier gegen Mitte Oktober 1917 in einem Garten der hiesigen Vorstadt einen Tannenhäher. Welcher Form die hiesigen Vögel angehörten, vermag ich nicht zu sagen, da ich die Belegstück nicht untersuchen konnte. 66. Garrulus glandarius L. Der Eichelhäher ist hier häufig, besonders im Oktober nach eingetretener Reife der Eicheln. Am 10. V. 17 flog ein Flug von 20—30 Stück von West nach Ost. Sie kommen auch in die Friedhöfe der Stadt. Am 16. V. 17 war einer dieser Vögel auf dem evang. Friedhof so dreist, dafs ich ohne Deckung unter dem nicht sehr hohen Baum stehen konnte, auf dem er safs und mich ansah. 67. Pica rustica Scop. Die Elster ist hier ein seltener Brutvogek, Am»7. und 10. VIII. 14 kamen 2 Elstern, von denen eine einen normalen, die andere (infolge Mauser?) einen kurzen Schwanz hatte, während der Morgenstunden in die hiesige Stadt und in die Höfe. Da sie ganz auffallend dreist waren und die weilsen Gefiederpartien sehr stark durch Schmutz geschwärzt waren, schienen es Vögel zu sein, die aus der Gefangenschaft entflogen waren. — Am 22. IV. 16 ein Paar bei Fürstenwalde beobachtet. Von dort erhielt ich auch ein Gelege von 7 Eiern. 68. Colaeus monedula spermologus Vieill. Die Dohle ist hier häufig. In frühen Morgenstunden — so am 26. V. 14 um 4 Uhr früh — laufen sie auch auf freien Plätzen der Stadt Futter suchend umher. Sie hatten es anscheinend auf die Reste von Nahrungsmitteln abgesehen, weiche die Besitzer von Schaubuden u. drgl. zurückgelassen hatten. Auch im Winter lassen sie manchmal, ebenso wie Corvus frugilegus, den Spaziergänger nahe herankommen. — Am 20. Il. 15 zogen grolse Flüge von Dobhlen von Ost nach West. Die hiesigen Dohlen dürften nach einigen Stücken, die ich beim Ausstopfer sah und die in hiesiger Gegend zur Brutzeit geschossen waren, zur Form spermologus gehören, zu collaris zeigen sie keine Annäherung. 69. Corvus frugilegus L. Die Saatkräbe ist hier häufig und hat auffallender Weise in den Kriegsjahren noch an Zahl zuge- nommen. Am 13. Il. 16 kamen sie auf den belebten Platz vor dem hiesigen Bahnhof. Am 8. V. 16 sah ich gegen 30 Saat- 224 C. Kayser: TS krähen im Striesewitzer Walde. Der dortige Förster H. Paul sagte mir, dafs die daselbst befindliche Brutkolonie verlassen sei. Im Frühjahr 1918 brütete ein Paar werkwürdigerweise in dem mitten in der hiesigen Stadt belegenen und von Häusern um- schlossenen Garten des Hotels Kaiserhof auf einem hohen Baum. Ich selbst sah den Horst und an der Artbestimmung kann kein Zweifel sein, da H. Hotelbesitzer Foest mir den Vogel in A Weise beschrieb und H. Major Kutter denselben» auch sah. 70. Corvus cornix L. Die Nebelkrähe ist häufig. 71. Lanius collurio L. Der rotrückige Würger ist hier ebenfalls häufig. 1914 beobachtete ich den ersten am 9. V., 1916 am 13. V. — 1918 sah ich den letzten am 2. IX. Im Erlenbusch befanden sich am 6. VI. 15 in geringer Entfernung von einander 3 Nester dieser Art mit Eiern uud ein leeres Nest. Ein © hatte schon am 3. VI. 15 ein Gelege von 5 Eiern. Einen flüggen Jungen sah ich am 3. VIl. 1917. — H. Lehrer Parusel in Neuguth erzählte mir, dafs er im Jahre 1916 einen jungen Neuntöter in ein Bauer steckte und ihn von den Alten weiter- füttern liefs. Letztere verfütterten merkwürdiger Weise viele Falter von Malacosoma neustria L., aber keine von der damals häufigen Euproctis chrysorrhoea L. 72. Lanius minor Gm. Der graue Würger ist hier selten. Ich sah nur zwei ausgestopfte Exemplare aus der Um- gegend von Grune. Vom Vorkommen des Lanius senator L. in hiesiger Gegend erhielt ich noch keine Kenntnis. | 73. Lanius excubitor L. Der Raubwürger ist hier selten. Ein ausgestopftes Stück stammt aus der Gegend von Grune. Am 7. IV. 16 ein Exemplar an der Kraschener Chaussee beobachtet. 74. Muscicapa atricapilla L. Der Trauerfliegen- schnäpper ist hier ziemlich - häufig, sein Bestand wechselt aber sehr. In den Promenaden, Gärten und Friedhöfen der Stadt hörte ich in manchen Jahren mehrere (etwa 3), in andern gar keine singenden SO. Im Kankeler Walde kommt er in den Eichenbeständen vor, am häufigsten ist er im Striesewitzer Walde, wo er in Spechtlöchern brütet. Der Gesang endigt bei diesen Vögeln frühzeitig, wohl weil er bei ihnen in noch engererer Verbindung mit dem Fortpflanzungstriebe steht, als bei andern Vogelarten. Voigt sagt zutreffend (Exkursions- buch 6. Aufl. S. 170): „Ende Mai lälst der Sangeseifer plötzlich nach, und im Juni hört man nur selten noch ein Trauerfliegen- schnäpperlied.“ Ausnahmsweise hörte H. Prof. C. Schulz noch am 21. VI. 14 im Striesewitzer Walde einen singen. 1917 kamen sie erst am 4. V. an, es war überhaupt ein spätes Jahr. Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 225 Am 6. V. sah ich auf dem Durchzug ein tiefschwarzes &‘. Merkwürdigerweise zeigen die hier ansässigen Männchen entweder ein graues oder ein nur schwärzliches Kleid. 1917 am 4. IX. den letzten gesehen, 1918 am 13. IX. Ein Balg eines alten 9, aus hiesiger Gegend stammend und zur Zugzeit erbeutet, zeigt auf dem Rücken schwarze Be- fiederung, an den meisten Stellen mit braunem Anflug. A. infr. mens. 80 mm. 75. Muscicapa grisola L. Dergraue Fliegenschnäpper ist hier häufig. In den 5 Jahren 1913—1917 war ihr erster Ankunftstag der 28. IV., ihr letzter der 6. V. und ihr durch- schnittlicher der 2. V. — 1912 sah ich noch am 15. IX. einen grisola. 1918 zog die grofse Mehrzahl dieser Vögel in der Nacht zum 22. VIII. ab, zurück blieb etwa ein drittel des Be- standes. Die letzten bemerkte ich etwa Mitte September. Diese Vogelart nimmt hier zu. Am 9. VI. 13 schon ein flügger Junger mit ausgewachsenem Schwanz — sehr frühe Brut! Am 23. VL, 3. VII. und 16. VII. 13 ebenfalls flügge Junge, ebenso am 23. VL 15, 14. VI. 16, 17. VI. 16 und 5. VII. 17. Es findet offenbar in manchen Fällen eine zweite Brut statt. Am 17. VI. 16 flog ein alter Vogel dem zu fütternden Jungen auf den Rücken und reichte ihm so das Futter. Die flüggen Jungen sind so zu- traulich, dafs ich am 24. VII. 17 einen solchen mit der Hand berühren konnte, obwohl er vollkommen flugfähig war. Am 25. VI. 18 konnte ich ebenfalls ein flügges Junges berühren und anfassen. 76. Bombyecilla garrula L. Der Seidenschwanz ist hier ein seltener Durchzugsvogel. Er kam im Januar 1914 hier vor, ich sah ein Stück beim Ausstopfer. Im Winter 1915/16 oder dem darauf folgenden Frühjahr wurde er von H. Förster Paul-Lafswitz beobachtet. Am 8. XI. 16 sah ich einen Flug Seidenschwänze von etwa einem Dutzend. Sie hielten sich längere Zeit in der Nähe der Stadt und in deren Gärten auf. 77. Delichon urbica L. Die Mehlschwalbe ist hier weit weniger zahlreich als die Rauchschwalbe und ist nur in der Vorstadt z. B. bei der Ziegelei neben Wolfsruhm und auf den Dörfern anzutreffen. Am 7. IX&17 sah ich noch eine Anzahl Schwalben über Alt-Laube, die dieser Art anzugehören schienen. Am Nachmittage desselben Tages hatten sich einige Dutzend Rauch- und einige wenige Mehlschwalben auf den Telegraphen- drähten über der Roonstrafse hierselbst versammelt und veran- stalteten Flugübungen. 78. Chiwvicola riparia L. Die Uferschwalbe kommt hier in mehreren Kolonien vor. Einige derselben befinden sich in Sandgruben an der Chaussee nach Reisen und fand ich am 17. VII. 18 dort mindestens 2 Kolonien besetzt. Das nächste 226 : C. Kayser: s r Gewässer, es sind dies der Teich und die Ziegellöcher an der Badeanstalt, sind hiervon etwa 2 km entfernt. ' Aufserdeu be- | findet sich, wie mir H. Major Kutter [Di BON) noch eine Kolonie | bei Storchnest. 79. Hirundo rustica L. Die Rauchwalbe ist hier häufig und die eigentliche „Stadtschwalbe“. In den 4 Jahren 1913—1916 war der erste Ankunftstag der 6. IV., der letzte der 28. IV. und der durchschnittliche der 18. IV. 1914 sah ich die letzten (3 Stück) am 9. X. Am 17. VI. 15 und 17. VII 16 flügge Junge. 1918 die letzten (6 Stück) am 6. X. und dann noch 3 Stück am 18. X. gesehen. 80, Micropus apus Rehw. Der Mauersegler ist bier häufig, eine Abnahme nicht zu bemerken. In den 4 Jahren ae eu an 1913—1916 war der erste Ankunftstag der 29. IV., der letzte der 4. V. und der durchschnittliche der 1. V. — 1913 sah die ich die letzten am 8. VIII. 81. Caprimulgus europaeus L. Der Ziegenmelker kommt hier nur spärlich vor. Beim Ansitz auf den Birkhahn habe ich ihn in hiesiger Gegend nie gehört. Am 25. IX. 12 flog ein Ziegenmelker über die hiesige Promenade. Im Jahre 1918 wurde nach glaubhafter Mitteilung ebenfalls einer in der Stadt gesehen. 82. Coracias garrulus L. Die Blaurake kommt hier in mälsiger Zahl vor im Kankeler und besonders im Striesewitzer Walde. Der Schwarzspecht sorgt hier für Bruthöhlen. In jüngster Zeit hat sie sich in dem zuletzt erwähnten Revier verringert, vielleicht infolge der überhand nehmenden Eichhörnchen. 83. Upupa epops L. Der Wiedehopf ist nur spärlich vorhanden, und zwar in den Brüchen und im Striesewitzer Walde, hauptsächlich an Orten, wo Vieh geweidet wird. 84. Alcedo ispida L. Der Eisvogel kommt nur spärlich vor. Der hiesige Ausstopfer erhielt ihn nach seiner Angabe mehrfach aus der Gegend von Priebisch. 85. Picus viridis L.L Der Grünspecht ist ziemlich häufig. Er besucht auch öfters die städtischen Promenaden und Gärten. Im Oktober 1914 liefs einer auf der Promenade sein „Lachen“ erschallen und war so zutraulich, dafs er sich einmal auf einen Baum setzte, von dem ich nur etwa 10 Schritte ent- fernt war. . Selbst ein auf der dicht daneben gelegenen Strafse heranfahrendes Auto veranlafste ihn nicht zum Abfliegen. 86. Dendrocopus minor L. Der Kleinspecht wird hier zuweilen, auch in der Stadt, beobachtet. Welcher Form die hiesigen Exemplare angehören, vermag ich mangels eines Beleg- exemplares nicht zu sagen. Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 227 87. Dendrocopus major L. Der grofse Buntspecht ist hier ziemlich häufig und auch Brutvogel. Er besucht auch die Gärten und Friedhöfe der Stadt. 88. Dryocopus martius L. Der Schwarzspecht ist ein ständiger Bewohner des Kankeler und Striesewitzer Waldes. 89. Jynx torquilia L. Der Wendebals ist hier ziemlich, in manchen Jahren sogar rechthäufig. In den 4 Jahren 1914—1917 war der erste Ankunftstag der 16. IV., der letzte der 3. V. und der durchschnittliche der 24. IV. 90. Cueulus canorus L. Der Kuckuck ist hier in den Brüchen sehr häufig, sonst spärlich vertreten. 1912 sah ich einen noch am 14. IX. Im Mai 1915 wurden 2 am Draht verunglückte Kuckucke zum Ausstopfen eingeliefert. Ein am 21. VIII. 14 zum Ausstopfen gebrachter Kuckuck war am Unterleib ganz mit gelbem Fett belegt. Nach Mitteilung des H. Lehrers a. G. Remus flog Mitte Mai 1915 ein roter Kuckuck gegen die Glasscheibe eines hiesigen Gebäudes. Wahrscheinlich war er auf der Nestersuche behufs Eiablage begriffen. Anfangs Juli 1915 erhielt Lenhard einen Kuckuck zum Ausstopfen, bei welchem eine Primärschwinge und auf jeder Seite eine Sekundärschwinge rot — von der Farbe der Turmfalkenfedern — war, während der Vogel sonst normal blaugrau war, — jedenfalls ein jüngeres, in der Umfärbung be- griffenes Exemplar. 91. Strix flammea L. Die Schleiereule ist hier selten. Im Frühjahr 1918 wurde ein Paar zum Ausstopfen eingeliefert. 92. Athene noctua Retz. Der Steinkauz war früher hier häufig, hat aber in den letzten Jahren sehr abgenommen. Der Grund liegt wohl darin, dafs er aus abergläubischen Gründen getötet und häufig zum Ausstopfen eingeliefert wird. Ein Mann auf einem benachbarten Dorfe hatte beobachtet, dafs ein bei seinem Gehöft rufender Steinkauz in einer inneren Höhlung des Brunnens nächtigte. Da er eine kranke Frau hatte und in dem Steinkauz den Verkünder des Todes erblickte, zog er den- selben Abends aus seiner Höhlung und tötete ihn. 93. Syrnium aluco L. Der Waldkauz ist häufig, auch im Weichbilde der Stadt. 1914 brütete er auf einem der hiesigen Kirchplätze in einer hohlen Linde. Am 29. V. 15 sah ich durch das Lärmen von Amseln und andern Vögeln aufmerksam gemacht, im dichten Laub einer Linde auf dem reform. Friedhof einen Waldkauz der roten Varietät. H. Lenhard zeigte mir am 9. VII. 15 einen Kohlenmeisenschädel, den er nebst dem ganzen, noch un- zerkleinerten Körper der Meise einem toten Waldkauz ent- nommen hatte. 94. Asio accipitrinus Pal. Die Sumpfohreule wurde einmal Anfangs Oktober 1913 von Priebisch zum Ausstopfen ein- geliefert. 228 C. Kayser: 95. Asio olus L. Die Waldohreule ist hier Brutvogel und ziemlich häufig. Fräulein Kurzmann, Präparandenlehrerin hier, zog im Frühjahr 1917 eine Waldohreule auf, welche ihr als Dunenjunges aus dem Kankeler Walde gebracht wurde. Der Vogel war gegen die Besitzerin zahm, gegen Fremde, wie ich mich ügerzeugte, recht ängstlich und scheu. Mit dem Kater von Fräulein Kurzmann beäugelte sich die Eule, — alleingelassen wurden die beiden Tiere nicht. Die Eule entflog schliefslich, in- dem sie sich in der Nacht durch die herabgelassene Fensterjalousie hindurchzwängte. Am 16. VIII. 18 teilte mir Fräulein Kurzmann mit, dafs die ihr entflogene Waldohreule sich noch zeitweise in der Nähe ihres Hauses aufhält. Sie schliefst dies daraus, dafs eine Eule in der Nacht auf dem ihrem Hause gegenüberliegenden Hause sich aufhält, von da Rundflüge macht und gerade so ruft, wie früher die von ihr aufgezogene Waldohreule, nämlich hub (der 2. Ton höher, kürzer und betont). 96. Cerchneis tinnunculus L. Der Turmfalk ist hier häufiger Brutvogel. Ein im hiesigen Tierpark verpflegtes g', welches 1913 als Nestling aufgepäppelt wurde, war bis zum Oktober 1915 am Kopf nur an der Backengegend etwas blau, die Schwanzfedern waren doppelfarbig, nämlich in der Mitte blau und an den beiden Seiten rot. Interessant ist diese späte Ver- färbung, auf welche allerdings auch die Gefangenschaft von Einflußs sein könnte, obwohl der Vogel recht munter und schön befiedert war und im Freien gehalten wurde Im März 1915 erhielt der hiesige Ausstopfer einen Turmfalken, welcher die Färbung des 9, aber im Schwanz eine blaue Feder trug, wahr- scheinlich ein junges unausgefärbtes 9. Das Geschlecht wurde leider nicht untersucht. Im Jahre 1918 hatte H. Lenhard einen Turmfalken, welchen er durch Untersuchung des Eierstockes als ® feststellte und den ich später selbst sah, welcher einen blau- gebänderten Bürzel und im Übrigen ein sehr helles Gefieder trug — also ein teilweise hahnenfedriges 9. — Am 17. IX. 1917 sah ich eine Krähe auf einen Turmfalk stofsen, welcher die Flucht ergriff. — Am 4. VII. 18 wurde mir ein junger, noch nicht völlig flügger Turmfalk überbracht. 97. Cerchneis merilla (Gerini)., Der Merlinfalk ist hier selten. Ich sah bis jetzt nur ein ausgestopftes Exemplar, erlegt etwa 1914 in hiesiger Umgegend, nach Farbe und Grölse scheint es @ zu sein. Es befindet sich in meiner Sammlung. 98. Falco subbuteo L. Der Baumfalk ist hier ziemlich häufig und horstet dem Vernehmen nach in den nahen Wäldern nach Guhrau zu. H.Lenhard hatte im Mai 1914 einen lebenden, sehr schönen männlichen Baumfalk im Alterskleide Derselbe wurde bei Witschenske hiesigen Kreises dnrch einen Schufs in den Flügel leicht verletzt. Nach der Mitteilung des ersten Be- . | 3 | % | b. | E g F . > r : i i ® « Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 229 sitzers, eines Försters, hat er sich anfangs immer auf den Rücken geworfen und die bei Raubvögeln übliche Abwehr- stellung angenommen. Er gab di@s indessen bald auf und wurde völlig zahm. Wenn er auf dem für ihn bestimmten Kreuzholz safs, konnte ich ihm ruhig mit dem Finger über den Kopf streichen, er wehrte sich nie und flog auch nicht ab. Den vielen in seiner Nähe befindlichen Käfigvögeln schenkt er keine Beachtung. Selbst wenn er durch ein plötzliches Öffnen der Stubentür aufgescheucht, an einen Vogelkäfig flog und die darin befindlichen Singvögel scheu umherflatterten, nahm der Falke hiervon keine Notiz. Im Gefieder hielt er sich schön und un- bestofsen. Mäuse hat er dem Vernehmen nach gern angenommen. H. Lenhard fütterte ihn mit den abgebalgten Körpern kleiner Vögel, vop denen er mit Vorliebe die Bruststücke frafs. Be- sonders fielen seine grofsen Augen auf, mit denen er den Be- schauer lebhaft und ausdrucksvoll anblickte. Die grofse Zahm- heit des Vogels war wohl auch eine Folge seiner Verwundung. Ein zweiter Baumfalk, den H. Lenhard bald darauf erhielt, war schon in früher Jugend in Gefangenschaft gelangt, — benahm sich aber bei Weitem nicht so zahm und gutartig, wie der oben geschilderte Wildfang. 99. Falco peregrinus Tunst. Der Wanderfalke kommt hier zuweilen vor. Am 21. Xl. 15 wurde ein Wanderfalk aus Witoslaw zum Ausstopfen eingeliefert, der vorwiegend das Alterskleid, aber noch manche Federn aus dem bräunlichen Jugendkleid trug. Die beiden ersten Handschwingen jedes Flügels waren in der Mauser bezw. im Wachsen begriffen. Gegen Mitte Oktober 1916 wurde wiederum ein Stück zum Ausstopfen einge- liefert, ebenso am 17. I. 1917 von Kankel. Am 14. VII. 1918 sah ich einen toten Wanderfalk, welcher im Walde bei Blotnik etwa 25 km von hier tot gefunden wurde, nach Färbung und Gröfse ein 9’ im Jugendkleide Er war am Kopf stark blutbe- fleckt und hatte sich offenbar durch Anfliegen verletzt. 100, Falco cherrug Gr. Das einzige Exemplar hiesiger Gegend vom Würgfalk wurde in der zweiten Hälfte des Oktober 1914 in Görkaduchowna Kreis Schmiegel, etwa 11 km von hier, erlegt und befindet sich in meiner Sammlung. Es ist ein jüngeres Stück mit blauen Fängen, über welches ich schon Orn. Monatsberichte 1915 S. 43 berichtete. Die Mittelzehe ohne Kralle ist kürzer als der Lauf, Aufsen- und Innenzehe sind gleichlang. Die Färbung entspricht im Wesentlichen der Ab- bildung im Neuen Naumann Bd. V. Tafel 13. Der Unterleib ist gelblichweils mit dunklen Schaftstrichen, die kreisförmigen bezw. elliptischen Flecke auf dem Schwanz sind weilslich. 101. Pandion haliaetus L. Den Fischadler beobachtete ich einmal am 26. VI. 14 am Tharlanger Bruch und aufserdem 230 | C. Kayser: — vielleicht dasselbe Exemplar — vorher am 20. VI. 14 am Domniker See, etwa 20 km von hier. 102. Haliaetus albicilla L. Vom Seeadler sind 3 Fälle des Vorkommens bekannt. Am 22. VII. 16 erhielt H. Lenhard einen Seeadler im Alterskleide 91, noch lebend. Derselbe wurde zwischen Blotnik und Grotnik, etwa 22 km von hier, ange- schossen und liefs sich merkwürdiger Weise von dem Schützen im Rucksack gutwillig hierher transportieren. H. Lenhard fafste ihn dann am Kopf an und nickte ihn ab. Er wahr recht wohl- genährt. — Ein zweiter Seeadler im noch dunkelbraunen Ge- fieder wurde vor 6—8 Jahren bei Storchnest geschossen und steht ausgestopft in der Delikatessenhandlung von Krischker hier. — Ein dritter, ebenfalis dunkelbraun, wurde etwa 1911 im Revier Kraschen durch den H. Hegemeister Grunert daselbst er- legt, in dessen Besitz ich ihn sah. 103. Milvus korschun Gm. Der schwarze Milan brütete nach Angabe des H. Hegemeisters Grunert 1906 oder 1907 im Kraschener Bruch. Im Frühjahr 1917 beobachtete ihn H. Förster Paul-Lafswitz. Ebenso sah ihn H. Forstmeister Dommes im Kraschener Bruch in demselben Jahr. 104. Milvus ictinus Sav. Die Gabelweihe wurde nur einmal. etwa 1910 oder 1911 von H. Förster Paul-Lafswitz beobachtet. 105. Pernis apivorus L. Der Wespenbussard wurde einmal — im Mai 1913 — bei Priebisch erlegt und hierher zum Ausstopfen eingeliefert. 106. Archibuteo lagopus Brünn. Der Rauhfufsbussard wird hier öfters erlegt. 107. Buteo vulgaris Leach. Der Mäusebussard kommt ziemlich häufig vor und ist in den umliegenden Wäldern Brutvogel. Auffallend ist, dafs hier öfters Mäusebussarde mit rost- rötlicher Färbung zum Ausstopfen eingeliefert werden, wie ich solche in Schlesien nie sah. So am 18. Il. 14 ein bei Bojanowo erlegter Bussard, welcher reichliche Mafse zeigte. Seine Ober- seite war braun, die Unterseite ebenfalls dunkel, aber stark rostrot angeflogen, die Unterschwanzdeckfedern mit rötlichbraunen (nicht rostroten) Querbinden und ohne breiteres Querband, Bänderung des Schwanzes deutlich. Ende Februar oder Anfangs März 1914 wurde wieder 2 Bussarde derselben Färbung einge- liefert. Den Artkennzeichen von Buteo desertorum Daud. ent- sprechen diese Vögel nicht, es scheint sich vielmehr um dieselbe Färbungsvarietät zu handeln, welche schon anderweitig (Journ. f. Ornith. 1871 S. 236) besprochen wurde und welche einen Über- gang in der Färbung zwischen Buteo vulgaris und Buteo aeser- forum zu bilden scheint. — Im Juni 1915 war im hiesigen Tier- Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 231 park ein jung aufgepäppelter Mäusebussard, der merkwürdiger Weise eine rötlichweifse Unterseite mit Längsflecken hatte, ähnlich einem Hühnerhabicht im Jugendkleide. Es handelt sich dabei wohl um eine nur in der Gefangenschaft vor- kommende Farbenvarietät, wie eine ähnliche ja auch beim Wanderfalk in der Gefangenschaft beobachtet wurde. (Hartert, Die Vögel d. paläarkt. Fauna II. S. 1045, Kleinschmidt, Berajah 1912 und 1913). 108. Accipiter nisus L. Der Sperber ist hier ziemlich häufig und nach Mitteilung des H. Hegemeisters Grunert im Kraschener Bruch Brutvogel. Gegen Ende Juni 1915 flog ein Sperber nach einem Sperling in die Stube eines Tischlers in Lasswitz, wurde erschlagen und zum Ausstopfer gebracht. ‘ Zwei der mittelsten Schwanzfedern waren ausgefallen und erst in kaum halber Länge nachgewachsen. Es war ein 9. Im Jahre 1918 schofs H. Forstmeister Dommes ein 9‘, welches soeben eine Singdrossel geschlagen hatte. 109. Astur palumbarius L. Der Hühnerhabicht ist hier ebenfalls häufig und Brutvogel. Gegen Anfang März 1915 erhielt der hiesige Ausstopfer einen jüngeren Hühnerhabicht von Murke hiesigen Kreises. Die Iris war schon rotgelb, obwohl der Vogel noch das Jugendkleid trug, allerdings war die rötliche Unterseite schon stark in’s Weifsliche verschossen. Er schien 1913 erbrütet zu sein. Am 12. V. 1916 wurde von Alt-Laube ein Hübnerhabicht @ mit legereifem Ei eingeliefert, im Eierstock waren noch 4 Eier ausgebildet. — Im Juli 1916 erhielt H. Lehrer Hausdorf einen jungen flüggen Hühnerhabicht, den Landarbeiter bei Friebisch in noch nicht völlig flugfähigem Zustand aufgegriffen hatten. Der Vogel hatte graugrüngelbe Iris, war lebhait gefärbt, kräftig und so gefräfsig, dafs er Fleisch kröpfte, während wir unmittelbar vor seinem Käfig standen. H. Hausdorf erzählte mir, dafs der Vogel, als die Tür seines Kistenkäfigs einmal einen Augenblick offen stand, ihn, seinen Pfleger, sofort angegriffen und an der Hand verletzt habe. Auf meine Veranlassung kam der Vogel in den zoolog. Garten in Breslau. — H. Hegemeister Grunert erzählte mir, dafs er vor längerer Zeit junge Hühner- habichte in den hiesigen Tierpark brachte. Der eine, in die Voliere gesetzt, zerfleischte sogleich einen dort befindlichen Turm- falk, obwohl H. Grunert ihn vorher zu Hause satt gefüttert hatte. Nach Mitteilung dieses Gewährmannes hat der Hühnerhabicht auch in diesem Jahr — 1918 — bei Tharlang gebrütet. 110. Circus cyaneus L. Die Kornweihe ist hier häufig und Brutvogel in den hiesigen Brüchen. Ein jüngeres, hier zum Ausstopfen eingeliefertes Stück hatte grüngelbe (nicht, wie man immer in naturgeschichtlichen Werken liest: gelbe) Fülse. Vorn hatten dieselben sogar eine blaue Farbe, vielleicht eine Folge 282 | ©. Kayser: N einer nach dem Tode eingetretenen Verfärbung. Im Mai 1915 erhielt ich ein altes Q, erlegt bei Priebisch. Nach Mitteilung des Ausstopfers hatte es 4 Eier am Eierstock ausgebildet und übrigens im Innern 2 Eidechsen und 1 Frosch. 1916 wuurde das erste Stück zum Ausstopfen, ebenfalls ein 9, am 12. Il. aus Gurschno hier eingeliefert, welches einen Frosch im Magen hatte. 1918 sah ich das erste Stück, ein altes Weibchen, am 5. III — Über die Schädlichkeit der Kornweihe machte mir H. Hegemeister Grunert interessante Mitteilungen. In dem einen Jahr fand er sehr viele ausgefressene Eier von Fasan, Wildente, Numenius arcuatus u. Ss. w. Da er Krähen für die Täter hielt, stellte er Eisen mit Hühnereiern als Köder. In diesen Eisen fing er drei- mal hinter einander je eine Kornweihe. Von da an lagen keine ausgefressene Eier mehr umher. Trotzdem wäre es schade, wenn die Kornweihen zu stark verfolgt würden, denn der „weifse Hans“, wie sie in Kurland wegen der hellen Farbe der Männchen ge- nannt werden, ist eine grofse Zierde für die Landschaft. Die Wiesen-, Steppen- und Rohrweihe habe ich für die hie- sige Gegend nicht feststellen können. Alle die zahlreichen Weihen, welche ich hier beim Ausstopfer untersuchte und bezw. im Freien mit dem Triederglase genau erkannte, waren Korn- weihen, die nur hier manchmal, weil sie in Brüchen wohnen, von Förstern irrtümlich als „Wiesenweihen“ bezeichnet werden. 111. Tetrao tetrix L. Das Birkhuhn ist hier in manchen Revieren häufig, hat aber in den Kriegsjahren sehr abgenommen. Der Grund liegt offenbar teils in Kulturverbältnissen (Grasver- pachtung u. s. w.), teils in der Zunahme der Füchse. Am 18. X. 1916 wurde hier ein jüngerer, in der Mauser be- findlicher Birkhahn zum Ausstopfen eingeliefert. Am Hals und an den Schultern trug er noch die Federn des Jugendkleides, im Übrigen ein trübes, bräunliches Alterskleid. 112. Ooturnix communis Bonn. Die Wachtel ist hier spärlich vertreten. In der näheren Umgegend ist bisher keine Zunahme zu verzeichnen. Dagegen ist sie bei Feuerstein etwa 17 km von hier, nach Mitteilung des H. Studienrates Schulz neuer- dings häufiger geworden. Mein Gewährsmann führt dies auf den dortigen Anbau von Hirse zurück, da die Wachtel nach seinen 30jährigen Erfahrungen mit Vorliebe in Hirsefeldern wohnt. Da indessen auch aus andern Gegenden über Zunahme der Wachtel in jüngster Zeit berichtet wird, dürften vielleicht auch noch andere Ursachen für die Zunahme in Frage kommen. 113. Perdix cinerea Lath. Das Rebhuhn ist hier häufig und Brutvogel. H. Studienrat Schulz schofs, wie er mitteilte, im Herbst 1917 ein Rebhuhn, welchen die Schädeldecke vollständig fehlte, so dafs man das Gehirn arbeiten sah. Er nimmt an, dafs die Verletzung durch eine Mähmaschine oder Sense ver- ursacht war. ln ec he ee ie ee a Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 288 114. Turtur communis Selby. Die Turteltaube ist hier ziemlich häufig und stellenweise — wie im Priebischer Bruch — auch jedenfalls Brutvogel. 115. Columba palumbus L. Die Ringeltaube ist hier recht häufig. H. Lehrer Parusel sah bei Neuguth einen Flug von schätzungsweise 75 Stück. Am 9. VI. 15 volles Gelege. Ihr Benehmen ist je nach dem Standort sehr verschieden. Während sie stellenweise — z. B. in Alt-Laube — sehr zutraulich ist und den Beobachter nahe herankommen läfst, flieht sie im Walde den Schützen schon auf weite Entfernung. 116. Columba oenas L. Die Hohltaube ist Brutvogel im Striesewitzer und Kankeler Walde. In ersterem Revier sind mehrere Paare vorbanden und brüten meist in Schwarzspecht- höhlen. 117. Phoenicopterus roseus Pall.e. Der Flamingo wurde einmal von H. Lehrer Hubrich am 3. V. 14 an dem Wege von Garzyn nach Frankowo hiesigen Kreises in einem Wassertümpel beobachtet. Sein Schnabel war gelblich, an der Spitze schwarz, der Körper des Vogels weils, der Rücken mit rosigem Anflug, die Schwingen schwarz, die Ständer rot. Nach dieser von H. Hubrich gegebenen Beschreibung handelt es sich um ein jüngeres, aber nicht mehr im Jugendkleid befindliches Exemplar. Der Vogel liefs sich auf etwa 30 m nahe kommen und flog dann im Halbkreise an das andere Ufer des Tümpels. Das Tier be- nahm sich weder scheu, noch zeigte es Zeichen von grofser Er- mattung. Auf einen Kreischlaut, wie ihn etwa Wildenten beim Hochgehen hören lassen, hob der Vogel aufhorchend den Kopf und antwortete mit einem schnarrenden Gekrächze Gegen 5 Uhr war er verschwunden. Nach einer Meldung der „Breslauer Zeitung‘ vom 7. VI. 14 schofs Graf Rothkirch aus Bärsdorf-Trach bei Haynau einen Fla- mingo. Es scheint dies dasselbe Exemplar zu sein, welches H. Hubrich beobachtete. Es dürfte sich um einen der Gefangen- schaft entflogenen Flamingo handeln, wofür schon die Tatsache spricht, dafs der Vogel die dieser Art eigentümliche Scheu vor den Menschen gänzlich vermissen liefs. Nachträglich in Görlitz eingegangene Nachrichten lassen ja auch darauf schliefsen, dafs der am 17. X. 05 in der Görlitzer Heide erlegte Flamingo aus dem zoologischen Garten in Hannover entflogen war. 118. Ardea cinerea L. Der Fischreiher kommt hier öfters an den Landgräben vor. Brutvogel ist er nur in einer etwa 18 km entfernten Kolonie im Luschwitzer Forst. Der Reiherstand befindet sich dort im gut belaubten Eichenhochwald mit einigen eingesprengten Kiefern. Es sind über 40 Horste vorhanden, von denen allerdings der gröfste Teil unbewohnt ist. Sie stehen fast sämtlich auf Eichen, bis 8 Stück auf einem und Jourm, £ Or, LÄIX, Jahrg. April 1921, 16 284 ©. Kayser: demselben Baum, — nur einer befindet sich auf einer Kiefer. Am 21. V. 15 flügge Junge. — Junge Fischreiher wurden in dem hiesigen Tierpark eingeliefert, wo man sie an einem Flügel koupierte, wie man dies bei Enten zu tun pflegt. Infolgedessen brachen sie aber den einen Ständer. 119. Ardelta minuta L. Die Zwergrohrdommel wurde nur einmal — im Mai 1916 — bei Retschke erlegt. 120. Ciconia ciconia L. Der weilse Storch ist ver- einzelter Brutvogel, so in Priebisch und Kraschen. Auf dem Durchzug ist er manchmal sehr häufig. So beobachtete H. Forst- meister Dommes Anfangs August 1916 bei Kraschen Hunderte von Störchen. Am 1. VI 15 in Priebisch fast flügge Junge. Die Schnäbel der letzteren sind immer schwarz. Einem der zahmen Störche im hiesigen Tierpark näherte sich mehrmals spielend eine junge, halbwüchsige Ziege mit stolsbereitem Kopf. Der Storch hackte sie jedesmal bei der Annäherung mit dem Schnabel fest auf den Kopf, zuletzt verfolgte er fauchend die Fliehende. 121. Ciconia nigra L. H. Forstmeister Dommes teilte mir mit, dafs er im Frühjahr 1917 am Kraschener Bruch einen schwarzen Storch sah und ebenso einmal — wohl das- selbe Exemplar — auf den Fürstenwalder Wiesen. Auch er- hielt H. Lenhard im August 1915 ein Stück im Jugendkleide von Görka duchowna. 122. Fulica atra L. Das Bläfshuhn ist hier ein nicht seltener Brutvogel auch an kleinen Tümpeln, besonders zahlreich ist es in Lindensee. Im Frühjahr 1917 erhielt der Ausstopfer ein überwintertes Bläflshuhn. 123. Gallinula chloropus L. Das grünfülsige Teich- huhn ist weniger zahlreich als das vorhergehende, aber auch Brutvogel. 124. Ortygometra porsana L. Das Tüpfelsumpfhuhn ist spärlich vertreten. Der hiesige Ausstopfer erhielt es aus der Gegend von Grune. 125. Orex pratensis Behst. Der Wachtelkönig kommt ziemlich spärlich im Priebischer, Tharlanger und Kraschener Bruch usw. vor, ist auch Brutvogel. 126. Rallus aquaticu L. Die Wasserralle wurde wiederholt hier zum Ausstopfen eingeliefert, so gegen Ende Januar 1914 aus der Gegend von Leiperode, ferner gegen Anfang April 1914. 127. Grus communis Behst. Der Kranich ist hier Brut- vogel in verschiedenen Revieren. Im Lauber Bruch sollen früher 2 Brutpaare gewesen sein, sie scheinen aber abgenommen zu Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 235 haben. Im Kraschener Bruch brüten nach Annahme des H. Hegemeisters Grunert ebenfalls 2 Paar. Auch im Tharlanger und Priebischer Bruch ist der Kranich öfters zn sehen. 128. Otis tarda L. Die grofse Trappe ist ebenfalls Brutvogel, mindestens in einem Paar bei Garthe. Aufserhalb der Brutzeit sieht man Flüge von 30—40 Stück. In strengen Wintern kommen sie bis an das Dorf Lasswitz heran. Dominial- äcker ziehen sie der gröfseren Ruhe wegen den Bauernäckern vor. Am 8. VII. 16 sah ich vom Eisenbahnwagen aus unweit Striesewitz 2 oder 3 Trappen und dann an demselben Tage bei Garthe 2 alte und 3 junge Trappen, letztere stärker als Haus- hühner. Der dortige Vogt sagte, es seien sonst 5 alte Trappen dort. Ihr Flug ist langsam und mit flachen Flügelschlägen, ihr Flugbild mit dem starken ausgestreckten Hals erinnert sehr an Anser ferus. Mit dem Trieder konnte ich genau sehen, dafs sie im Fluge die Ständer nach vorn, lose an den Körper gezogen, halten. Danach ist die Angabe Naumann’s von dem Nachhinten- strecken irrig, dagegen die Darstellung in Brehm’s Tierleben 4. Aufl. Bd. VII. S. 203 zutreffend. 129. Scolopax rusticola L. Die Waldschnepfe kommt bier in mäfsiger Zahl vor. Wie mir H. Forstmeister Dommes mitteilte, war sie im Jahre 1918 häufiger, er hat sie auch z. B. am 16. V. 18 beobachtet und nimmt an, dafs sie im Reisener Revier brütet. 130. Gallinago coelestis Frenz. Die Bekassine kommt hier gleichfalls in mälsiger Zahl vor — z. B. im Priebischer Bruch. Am 22. X. 16 traf ich ein Stück an einem Lehmaus- stich hinter Wolfsruhm. 131. Numenius arquatus L. Der grofse Brachvogel ist hier Brutvogel und ziemlich häufig, so am Priebischer Bruch, Kraschener Bruch, auf den Wiesen bei Fürstenwalde u. Ss. w. In der Nähe ihrer Nester fliegen sie viel umher, pfeifen laut und häufig und greifen nach Art der Kiebitze andere Vögel an. Sie pfeifen einsilbig tüt, zweisilbig tui (der Ton auf der letzten Silbe) und manchmal auch dreisilbig. Aufserdem lassen sie ein Trillern wie lülülülülü hören. Einer dieser Vögel griff einen vorüberstreichenden Kranich an, und dieser öffnete, wie ich durch das Fernglas erkennen konnte, zur Abwehr etwas den Schnabel. — Im März 1917 wurde ein Exemplar bei Reisen tot aufgefunden, wohl ein Opfer des strengen Winters. — Manchmal fliegt dieser Vogel mit ziemlich schnellem Flügelschlag und senkt sich dann im Gleitflug, um sodann wieder von Neuem mit diesem Flugspiel zu beginnen. 132. Limosa aegocephala L. Die Uferschnepfe wurde nach Mitteilung des H. Lehrers a. G. Remus einmal im Prie- bischer Bruch geschossen. 16* 286 C. Kayser: 133. Tringoides hypoleucos L. Vom Flufsuferläufer sind nur zwei Fälle des Vorkommens bekannt geworden. Im Juni 1914 verunglückte bei Deutsch- Wilke ein Exemplar im Jugendkleide an einem Drabt und kam in meine Sammlung. Am 28. IV. 16 wurde ein zweites Stück aus Woynowitz zum Aus- stopfen eingeliefert. 134. Totanus fuscus L. H. Lenhard erhielt einendunklen Wasserläufer Anfangs Oktober 1914. Er war in hiesiger Gegend tot aufgefunden. 135. Totanus calidris L. Der Rotschenkel kommt auf den Wiesen bei Priebisch und Kraschen als Brutvogel vor. 136. Totanus littoreus L. Vom hellen Wasserläufer wurde ein Exemplar Ende August 1915 bei Gurschno erlegt. 137. Oedicnemus scolopax Gm. Der Triel ist hier ziem- lich häufig an Kiefernfeldhölzern auf sandigem Boden. Auch traf ich ihn wiederholt auf einem Schlage im Reisener Walde, auf welchem die jungen Kiefern etwa 1 Fufs hoch und ziemlich at stehen. Dieser Schlag ist vom Waldrand über 500 m entiernt. 138. Vanellus capella Schäff. Der Kiebitz ist hier ziemlich häufig am Priebischer Bruch, bei Neuguth, Grune u. Ss. w. 139. Charadrius apricarius L. H. Lenhard, welcher einen Goldregenpfeifer aus Kuttlau in Schlesien erhielt, ver- sicherte mich, diese Art auch aus hiesiger Gegend schon erhalten zu haben. 140. Oygnus olor Gm. Im Jahre 1917 schofs ein hiesiger Offizier auf einen wilden Schwan im Tharlanger Bruch. Die Art steht leider nicht fest, aber im Februar 1917 wurden zwei Höckerschwäne bei Zedlitz unweit Fraustadt erlegt, von denen ich einen selbst sah, und in demselben Monat wurden nach Mitteilung von H. Major Kutter bei Oberleschen Kreis Sprottau mehrere Wildschwäne erlegt, welche teils als C©. olor, teils als musicus bestimmt wurden und von denen er selbst einen olor schofs. Im halbzahmen Zustande lebt ©. olor auf dem hiesigen Schlofsteich. Sie sorgen durch : Verzehren von Schmarotzer- pflanzen für die Klarheit des Wassers. Während sie sich früher fortpflanzten, haben sie von 1914 ab infolge des Kriegsfutters sich zwar gepaart, aber nicht mehr Eier gelegt, leiden auch an einer abnorm langen Mauser. Der Singschwan COygnus musicus ist hier in der näheren Umgegend noch nicht vorgekommen, wohl aber im März 1914 bei Blotnik etwa 24 km von hier, von wo H. Lenhard 2 geschossene Exemplare erhielt. Dem Vernehmen nach wurden 15 (!) Stück erlegt. Man sieht hieraus, wie wenig den berechtigten Anforderungen des Naturschutzes Rechnung ge- tragen wird. | Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 287 141. Anser ferus Brünn. Die Graugans Ist nach Angabe des H. Hegemeisters Grunert im Kraschener Bruch in einem Paar Brutvogel. 142. Anas crecca L. Die Krickente brütet ebenfalls nach demselben Gewährsmann im Kraschener Bruch. 143. Anas querquedula L. Die Knäckente, sowie 144. Anas acuta L. Die Spiefsente und 145. Anas penelope L. Die Pfeifente sind nach Mit- teilung des H. Hegemeisters Grunert im Kraschener Bruch schon vorgekommen. Ein im hiesigen Tierpark gehaltener Erpel der Spielsente gedeiht seit 9 Jahren tadellos und vermausert auch trotz des Kriegsfutters gut und vollständig. 146. Anas.boschas L. Die Stockente brütet im Prie- bischer und Kraschener Bruch und anderwärts. Ferner befinden sich halbzahme, freifliegende Stockenten auf dem hiesigen Schlofs- teich, wo sie bis vor Jahresfrist auch brüteten. Am 8. V. 13 sah ich dort ein Junges von Wachtelgröfse. Die andern Jungen sind nach Aussage des Wärters durch das kalte Wetter zu Grunde gegangen. Die Jungen nähren sich viel von den über dem. Wasserspiegel fliegenden Insekten, nach welchen sie schon in frühester Jugend mit gröfster Schnelligkeit und Gewandtheit schnappen. Eine Mückenplage war am Schlofsteich noch nie zu bemerken, wie man ja auch in andern Städten halbzahme Stock- enten zur Bekämpfung der Mückenplage mit bestem Erfolg an- gesiedelt hat. Da die nähere Umgebung der Stadt wasserarm ist, gewährt es einen um so reizvolleren Anblick, wenn ein Flug dieser Enten über die Häuser und Stralsen hinwegstreicht. 1914 hatten 2 Erpel schon am 15. IX. das Prachtkleid angelegt, während die andern noch das Sommerkleid trugen. Am 30. V. 15 flogen 2 Entenmütter,—welche kleine Junge führten, auf einen Schwan los und schlugen denselben in die Flucht. Die Erpel überlassen die Führung der Jungen ganz den Müttern. Ein Paar begattete sich am 27. X. 15 bei 4- 1° R. Ebenso beobachtete ich eine Begattung am 1. I. 17 nach mehrfachem gegenseitigen „Antrinken“ im Wasser. Das o' streckte darauf den Kopf vorn gerade über das Wasser und schwamm um das @ herum. Bei der Begattung hörte ich keinen Laut. — Bei den Jungen Jiefs das © ein leises, unterdrücktes „wag“ hören, das nur in der Nähe hörbar ist. 147. Spatula clypeata L. Die Löffelente ist nach Mitteilung des H. Hegemeisters Grunert im Kraschener Bruch Brutvogel. 148. Fuligula clangula L. Die Schellente ist nach demselben Gewährsmann schon im Kraschener Bruch vorgekommen. 238 6. Kayser: 149. Fuligula nyroca Güld.e Die Moorente wurde in einem Exemplar im August 1914 aus Reisen zum Ausstopfen hier eingeliefert. 150. Fuligula cristata Leach. Im März 1915 wurden 2 Stück Reiherenten in Grätz bei Storchnest erlegt, die ich beim Ausstopfer sah. 151. Hydrochelidon nigra L. Die Trauerschwalbe ist nach Angabe des H. Lenhard nicht selten bei Lindensee. Ich sah bei ihm ein Belegstück. Die Flufsseeschwalbe Sterna hörundo L. ist, soweit mir be- kannt, in der näheren Umgebung noch nicht vorgekommen. Ich sah nur einmal — 20. VI. 14 — ein Exemplar am Domniker See, etwa 20 km von hier. 152. Rissa tridaciyla L. Eine dreizehige Möwe wurde am 18. II. 16 hier zum Ausstopfen eingeliefert. Es war ein 1915 erbrüteter Vogel. Ein Mann hatte ihn bei Schwetzkau tot auf dem Felde gefunden. Es war jedenfalls 'dieselbe Möwe, welche ich am 7. XII. 15 überwinternd in Wolfskirch — also 4 km von Schwetzkau — an einem kleinem, von Hausenten be- wohnten Teich antraf, der in nächster Nähe des Weges und der Gebäude liegt. Die Möwe war ziemlich dreist und flog aufge- scheucht über dem Dorf umher, kehrte aber bald zu dem Teich wieder zurück. 153. Larus ridibundus L. Die Laehmöwe kommt hier ‚nicht selten vor. 1914 sah ich die ersten am 15. III. 154. Larus fuscus L. Von der Heringsmöwe wurde ein Stück im Alterskleide aus Retschke am 8. X. 15 zum Aus- stopfen hierher eingesandt. Iris gelb. 155. Stercorarius parasiticus L. Eine Schmarotzer- raubmöwe wurde 1912 bei Retschke erlegt. Ich sah sie ausgestopft. 156. Colymbus nigricans Scop. Der Zwergsteilsfuls ist, wie mir H. Hegemeister Grunert mitteilte, vorübergehend im Kraschener Bruch, vorgekommen. 157. Colymbus nigricollis Brehm. Am 25. IV. 15 sah ich beim Ausstopfer ein Paar Schwarzhalssteifsfülse, _ von Klein-Kreutsch eingeliefert. Iris blutrot. 158. Colymbus cristatus L. Der Haubensteilsfuls kommt auf den hiesigen Seen — Klein-Kreutscher, Storchnester See u.s.w. — ziemlich häufig vor. Ende Februar 1915 erhielt H. Lenhard aus der Gegend von Murke einen Haubensteilsfufs, der sich dort schon längere Zeit herumgetrieben haben soll. Die Spitze des Oberschnabels fehlte, wohl infolge eines Schusses. Die Vögel der Umgebung von Lissa i./P. 289 159, Urinator arctieus L. Vom Polartaucher wurden im November 1915 3 Stück im Jugendkleide bei Retschke erlegt und zum Ausstopfen eingeliefert. — Zum Schlufs will ich noch einer interessanten Beobachtung Erwähnung tun, welche vor langen Jahren hier gemacht wurde und von welcher mir die H. Rechnungsräte Gimmler und Wiczienski Mitteilung machten. Ein junger Vogel, welcher an- scheinend in einem Tümpel in den hiesigen Bahnhofsanlagen gebadet hatte und zu tief in das Wasser geraten war, wurde von einem großsen, grünen Wasserfrosch erfafst, welcher ihn in die Tiefe zu ziehen suchte Als H. Rechnungsrat Wiczinski den Vogel herauszog, hing der Frosch noch an ihm er hatte dem Vogel an der Seite gepackt. Der Vogel, welcher alsbald tot war, soll ein junger Insektenfresser, Nachtigall oder Grasmücke, gewesen sein. Über ähnliche Fälle berichten Lenz, Naturgeschichte Bd. III. S. 60 und Prof. Hennicke, Handbuch des Vogelschutzes S. 90. Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. Von Friedrich von Lucanus. Mit dem. Brutparasitismus des europäischen Kuckucks steht die Frage nach der Anpassungserscheinung der Eier im engsten Zusammenhang. Sie wurde von den älteren Autoren teils bejaht, teils verneint, oder auch als „unentschieden“ offen- gelassen, und auch heute sind die Meinungsverschiedenheiten der Ornithologen und Oologen noch immer geteilt. Unter den älteren Forschern treten Kunz, Gloger und Baldamus voll und ganz für die Anpassungstheorie ein, indem die beiden Erst- genannten sogar soweit gehen, dafs sie dem Kuckucksweibchen die Fähigkeit zuschreiben, sein Ei der jeweiligen Färbung der Eier desjenigen Vogelpaares, in dessen Nest es gerade legt, an- zupassen, während Baldamus meint, dafs dasselbe Kuckucks- weibchen stets gleichgefärbte Eier legt, die in ihrer Farbe den Eiern der Stiefmutter ähneln, und’ dafs die Anpassung dadurch zu Stande kommt, dafs das Kuckucksweibchen in der Regel nur die Nester derjenigen Vogelart wählt, von der es erzogen wurde. Im Gegensatz hierzu verwerfeno Kowley, Landois, Rey und Walter die Anpassungstheorie vollständig. So behauptet Rey in seinem „Haushalt des Kuckucks“, dafs unter den von ihm aufgefundenen Kuckuckseiern nur 9°), eine Über- einstimmung mit den Nesteiern zeigten, hingegen 91°/, in Färbung und Zeichnung völlig abwichen, und Walter berichtet, dafs von den big zum Jahre 1888 von ihm gesammelten 250 Kuckucks- eiern noch nicht ein Dutzend den Nesteiern ähnlich war. Noch weiter gehen die Gebrüder Müller mit der Behauptung, dals 240 Friedrieh von Lucanus: sie in ihrer Dezennien lange Praxis niemals ein Kuckucksei gefunden haben, das nur entfernt mit den beiligenden Nesteiern hätte verwechselt werden können. Walter gibt freilich eine gewisse Anpassung insofern zu, als er meint, dafs in uralter Zeit der Kuckuck nur solche Vogelarten als Pflegeeltern gewählt habe, deren Eier den seinen ähnlich waren, dafs aber diese Zeit längst vorüber ist, und der Kuckuck heute keine Rücksicht mehr hier- auf nimmt. In den „Verhandlungen der Ornithologischen Ge- sellschaft in Bayern“, Jahrgang IV und VI befindet sich eine vortreflliche Arbeit von J. A. Link „Der europäische Kuckuck“, die eine eingehende Zusammmenstellung der gesamten Li- teratur über den Kuckuck unter genauer Anführung der Autoren gibt. Link sagt hier, dafs die Anzahl der mit den Nesteiern in Farbe und Zeichnung übereinstimmenden Kuckuckseier eine verschwindend kleine ist und niemals 10 vom. Hundert erreicht, und bezeichnet es als einen grofsen Irrtum, wenn man als Regel eine Färbungs- und Zeichnungsgleichheit annehmen will, wie Baldamus dies als Gesetz hinstell. An anderer Stelle freilich meint er, dafs das Kuckucksei bei seiner grolsen Variabilität im allgemeinen sich bestens zum Ver- tauschen mit anderen Eiern eignet und dafs es deshalb in manchen Fällen, die Gröfse abgerechnet, nicht besonders auffält und zu den meisten Eiern der Brutvögel in auffallender Weise stimmt. Link wagt also die Frage nach der Anpassungserscheinung des Kuckuckseies nicht ohne weiteres zu entscheiden; denn er leugnet sie nicht ganz, stellt sie aber auch nicht als Regel hin. Einen ähnlichen Standpunkt nimmt auch Schlegel ein in seiner Ar- beit! „Beobachtungen betreffs einiger Punkte in der Fort- pflanzungsgeschichte unsers Kuckucks, die u. a. weiterer Auf- klärungen bedürftig sind“, Ornith. Monatsberichte 1915, wenn er sagt, „dafs die oft zum Verwechseln Anlafs gebende Aehnlich- keit der Kuckuckseier mit den Pflegereiern hinsichtlich Färbung und Zeichnung nicht als Regel aufgefalst werden darf, sondern immerhin nur eine Ausnahme bedeutet“, und andererseits von den Kuckuckseiern in Nestern des Lanius collurio und Acro- cephalus streperus zugibt, „dals eine gewisse Anpassung im Ge- samtcharakter oft nicht hinwegzubeweisen ist.“ In Friderichs Naturgeschichte der Deutschen Vögel wird nur gesagt, dafs bei der vielfach variierenden Färbung der Kuckuckseier häufig auch eine Ähnlichkeit mit den Nesteiern stattfindet, und in der neuen Ausgabe von Brehms Tierleben ist die Anpassungserscheinung der Kuckuckseier über- haupt nicht erwähnt. Im neuen Naumann heilst es es, „dafs abgesehen von den blauen Kuckuckseiern in den Nestern von „Ruticilla phoenicurus und den wie die Nesteier gefärbten Kuckuckseiern, die bei Fringilla montifringilla gefunden werden, wo die imitative Anpassung allerdings die Regel zu sein scheint, die Anzahl der übereinstimmenden Eier nur 3,5%, beträgt.‘ an Ser SE ee ee en ie ee ee Duke u 0 ee ee ee Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. 241 Hartert dagegen vertritt in seinem Werke „Die Vögel der paläarktischen Fauna“ die Anpassungstheorie und sagt: „Merk- würdiger Weise haben sonst sorgfältige Beobachter geleugnet, dafs die Eier in vielen Fällen auffallende Nachahmungen von Singvögeleiern sind, in deren Nester der Kuckuck häufig legt. Man kann getrost behaupten, dafs im Durchschnitt fast die Hälfte der Kuckuckseier Ähnlichkeit mit den Nesteiern der Pflegemütter hat und dafs diese Ähnlichkeit in vielen Fällen frappierend ist.“ Die Anschauungen über die Mimikry der Kuckuckseier weichen also noch immer sehr voneinander ab, und die Frage ist auch heute noch keineswegs gelöst. Zu ihrer Klärung sind daher weitere Untersuchungen und Vergleiche an der Hand eines möglichst umfangreichen Materials erforderlich. Die Eiersammlung des Museums für Naturkunde in Berlin, die durch den Erwerb der Sammlungen des Majors Krüger- Velthusen, Majors v. Treskow und Amtsrats Nehrkohrn eine überaus wertvolle Bereicherung erhalten hat, besitzt eine an- sehnliche Kollektion von Kuckuckseiern, die ein ebenso reich- haltiges wie vielseitiges Material für vergleichende Studien über die Anpassungserscheinung des Kuckuckseies an die Hand gibt, das ich einer eingehenden Durchsicht unterzogen habe. Die Sammlung des Berliner Museums entbält 728 Gelege 30 verschiedener Vogelarten mit zusammen 765 Kuckuckseiern und 62 einzelne Kuckuckseier. In 20 Fällen sind 2 Kuckucks- eier gleichzeitig in demselben Nest gefunden worden. 17 andere Gelege enthalten ebenfalls mehrere Kuckuckseier, die aber einzeln an verschiedenen Tagen gesammelt worden sind. Das wieder- holte Legen’ des Kuckucks in ein und dasselbe Nest ist hier offenbar die Folge von dem Raub des ersten Kuckuckseies. Nach der Färbung lassen sich 2 Gruppen unterscheiden: 1. die gezeichneten, 2. die einfarbigen Kuckuckseier. Erstere bilden bei weitem die Mehrzahl, während die geringe Anzahl von nur 17 Stück die grofse Seltenheit der einfarbigen Eier zeigt. Die gezeichneten Eier haben eine schmutzigweilse, grün- liche, bläuliche, gelbliche oder rötliche, jedoch stets helle Grund- farbe. Die Zeichnung besteht in bräunlichen, schwärzlichen, grauen, oder rötlichen Flecken, Tupfen, Stricheln, Punkten, Kritzeln oder Linien, die bald gröfser, bald kleiner sind, bald zahlreicher auftreten und dichter stehen, bald nur spärlich er- scheinen und auch in der Intensivität der Färbung sehr variieren. Je nach der Zeichnung erscheinen die Eier entweder ge- fleckt, betupft, gewölkt, bekritzelt, gestrichelt oder bespritzt. Häufig findet auch eine Vermischung von mehreren Typen statt. Sehr selten sind die mit ammerartigen Kritzeln und Schnörkeln gezeichneten Kuckuckseier. Nur 2 Eier der Sammlung tragen diesen Charakter in ausgeprägter Weise. Das eine Ei befindet sich in einem Rotkehlchengelege der Sammlung Krüger-Velthusen, 242 Friedrich von Lucanus: das andere in einem Gelege von Emberiza ciopsis der Sammlung Nehrkorn und ist den Nesteiern hervorragend angepalst. In Betreff der Färbung sind die Eier mit schmutzigweilsem oder grünlich angehauchtem Grunde und bräunlicher, tupfenartiger Zeichnung die häufigsten, die rötlich gefärbten, besonders mit rötlichem Grunde, die seltensten. Von Letzteren sind in der Sammlung 7 Stück vorhanden. Von den 17 einfarbigen Eier durchlaufen 16 alle Abstufungen vom tiefen Blaugrün bis zur milchweifsen Farbe, ein Ei ist lehmgelb (in einem Rotkehlchen- gelege der Sammlung Krüger-Velthusen). Die Kuckuckseier mit zugehörigen Nesteiern verteilen sich auf folgende Vogelarten (Nomenklatur nach A. Reichenow und E. Hesse, Neue Namensliste der Vögel Deutschlands, Journal für Ornithologie 1916): *1. Muscicapa grisola L. 1 Gelege. Fliegenschnäppereier: auf schmutzigweifsem Grunde hell- braun gewölkt. Kuckucksei: auf grünlichweilsem Gruude braun gewölkt. Bis auf den geringfügigen, nicht sehr auffällenden Unterschied in der Grundfarbe, ist das Kuckucksei den Nesteiern aufser- ordentlich ähnlich und erscheint daher gut angepalst. *2, Lanius collurio L. 4. Gelege. 2 Würgergelege sind auf grünlichweilsem Grunde mattbraun gefleckt. Die zugehörigen Kuckuckseier haben dieselbe Farbe und Zeichnung, die nur etwas spärlicher auftritt, und sind daher den Würgereiern sehr ähnlich. 2 Würgergelege sind auf hellrosafarbenem Grunde rötlich gefleckt. Die Kuckuckseier gleichen den Erstgenannten und unterscheiden sich daher durch ihren grünlichen Farbenton von den Nesteiern. Da der Farbenton der collurio-Eier zwischen grünlich und rötlich variiert, so kann man auch in den beiden letzten Fällen von einer Anpassung der Kuckuckseier an die collurio-Eier sprechen, denn in einem Würgergelege mit grün- licher Färbung würden sie zu den Nesteiern ebenso gut passen, wie es in den beiden anderen Gelegen der Fall ist. *3. Lanius senator L. 1 Gelege. Die Eier des Rotkopfwürgers zeigen auf gelblichem Grunde grolse braune Tupfen. Das Kuckucksei ist bis auf eine etwas spärlichere Fleckung genau ebenso gefärbt, und stimmt mit den Nesteiern fast völlig überein. 4. Acanthis cannabina L. 6 Gelege. Die Bluthänflingseier zeigen auf weilsem, zart grünlich oder bläulich angehauchtem Grunde rotbraune Fleckchen und Punkte, die hauptsächlich am stumpfen. Ende auftreten. In 2 Gelegen sind die Eier fast einfarbig weils mit schwachem bläulichen Hauch. In einem dieser fast einfarbigen cannabina-Gelege be- Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. 243 findet sich ein einfarbig blauweilses Kuckucksei, das abgesehen von dem sehr auffallenden Gröfsenunterschied vorzüglich zu den Nesteiern palst. Da jedoch weifse Kuckuckseier selten sind und auch fast einfarbige Hänflingseier zu den Ausnahmen gehören, . so handelt es sich in diesem Falle wohl nur um eine rein zu- fällige Anpassungserscheinung, Ein Kuckucksei ist auf gelblichem Grunde fein rötlichbraun gefleckt und infolgedessen den rotbraun gepunkteten Nesteiern ziemlich ähnlich. In den 4 anderen Gelegen sind die Kuckuckseier auf schmutzigweilsem Grunde braun gewölkt und haben keine Ähnlichkeit mit den Nesteiern. 5. Emberiza citrinella L. 1 Gelege. Goldammereier: rötlichweifs mit braunen Kritzeln und Schnörkeln; Kuckucksei: auf grünlichem Grunde graubraun ge- wölkt; keine Ähnlichkeit. 6. Emberiea calandra L. 1 Gelege. Eier der Grauammer: auf gelblichem Grunde schwarsfraiihe Flecke und Kritzeln. Das auf grünlichkem Grunde mattbraun getupfte Kuckucksei ist von dem Ammergelege völlig verschieden. *7, Emberiza ciopsis Bp. Ammereier und Kuckucksei zeigen auf weilsem a in sich verschlungene, schwarzbraune Linien und Schnörkel, die am stumpfen Ende kranzartig um den Pol verlaufen. Das nur wenig gröfsere Kuckucksei stimmt in Farbe und Muster mit den Nest- eiern vollkommen überein. Bei der höchst eigentümlichen Zeichnung dieser Ammereier eine grofsartige, geradezu einzig dastehende Anpassungerscheinung! “8. Anthus pratensis L. 2 Gelege. Wiesenpiepereier: schmutzig weifs mit dichten graubraunen Tupfen. In dem einen Gelege ist das etwas hellere und schwächer gefleckte, aber im gleichen Farbenton gezeichnete Kuckucksei den Nesteiern ziemlich ähnlich, in dem zweiten Gelege gleicht das Kuckucksei bis auf die etwas spärlichere und kleinere Fleckung in Farbe und Art der Zeichnung völlig den Pieper- eiern. *9, Motacilla alba L. 16 Gelege, davon 3 Gelege mit 2 Kuckucks- eiern, Bachstelzeneier: weils, mit braunen Fleckchen und kleinen Strichen dicht besät. In 9 Gelegen mit 12 Kuckuckseiern sind die auf schmutzig- weilsem oder gelblichweilsem Grunde mit bräunlichen, sehr kleinen Flecken dicht besäten Kuckuckseier den Motacilla-Eiern sehr ähnlich. In 6 Gelegen unterscheiden sich die Uuculus-Eier durch ihre gröbere Zeichnung, die in etwas gröfseren Flecken und Tupfen besteht, sind aber den Nesteiern immerhin ziemlich ähnlich 244 Friedrich von Lucanus: und ganz gut angepalst. Ein einfarbig hellblaues Kuckucksei unterscheidet sich scharf von den Nesteiern. *10. Budytes flavus L. 6. Gelege. ai Schafstelzeneier: auf gelblichem Grunde matt hellbraun ge- wölkt. 3 Kuckuckseier gleichen den Schafstelzeneiern in Farbe und Zeichnung sehr, 2 Kuckseier sind infolge gröberer, stärker hervortretender Fleckung den Nesteiern nur ziemlich ähnlich, 1 Kuckucksei trägt auf schmutzigweilsem Grunde einzelne scharf abgesetzte schwarzbraune Flecke und ist den Nesteiern nicht ähnlich. f 11. Accentor modularis L. 3. Gelege. Die gemusterten Kuckuckseier sind von den einfarbig blauen Braunelleneiern völlig verschieden. 12. Accentor atrogularis Brandt. 1 Gelege. Ebenso wie bei A. modularis keine Ähnlichkeit. 13. Sylvia nisoria Bchst. 6. Gelege. Sperbergrasmückeneier: schmutzigweifs mit zarten blau- grauen Tupfen, die besonders am stumpfen Ende auftreten. In einem Gelege zeigt das Kuckucksei auf hellgrünlich weifsem Grunde zarte bläuliche Fleckung am stumpfen Ende und ist den Nesteiern überaus ähnlich. In den übrigen 5 Gelegen sind die Kuckuckseier schmutzigweils mit über die ganze Ober- fläche verteilten matten bräunlichen Tupfen und Flecken und den Nesteiern nur ziemlich ähnlich. "14. Sylvia borin Bodd. 481 Gelege mit 502 Kuckuckseiern (9 Gelege mit 2 gleichzeitig gefundenen Kuckuckseiern und 12 Gelege mit 2 an verschiedenen Tagen gefundenen Kuckucks- eiern). Die Gartengrasmückeneier variieren sehr in Farbe und Zeichnung. Die Grundfarbe ist fast reinweils, schmutzigweils oder gelblich; die Zeichnung besteht in gröfseren oder kleineren mehr oder wenig hervortretenden Flecken, Tupfen, Punkten oder Kritzen von graubrauner, dunkelbrauner, rötlicher oder grau- blauer Färbung. Die Gartengrasmückeneier treten also in den- selben Variationen auf, wie wir sie bei den gezeichneten Kuckucks- eiern finden, und hierin liegt schon von vornherein eine grolse Ähnlichkeit zwischen den Eiern von Cuculus canorus und Sylvia borin, die fast in allen Gelegen sofort auf den ersten Blick auf- fällt. Betrachtet man die Kästen der Treskow’schen Sammlung, die je 100 Gelege enthalten, nur flüchtig, so bemerkt man überhaupt nicht, dafs es sich in den einzelnen Gelegen um Eier von 2 ganz verschiedenen Vogelarten handelt, erst bei näherer Unter- suchung fallen die meist nur geringfügigen Unterschiede auf. Von den 502 Kuckuckseiern sind 453 den Nesteiern aufser- ordentlich ähnlich, ja in vielen Fällen kaum von diesen zu unter- Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier, 245 scheiden. In 49 Gelegen macht sich im Farbenton oder in der Art, der Zeichnnng ein gröfserer Unterschied bemerkbar. So sind z. B. in einigen Fällen die Kuckuckseier sehr hell und wenig gezeichnet, die Grasmückeneier dagegen aufsergewöhnlich dunkel oder es ist das Umgekehrte der Fall; durch ein Ver- tauschen der Kuckuckseier würde sich in diesen 49 Gelegen un- schwer eine vorzügliche Uebereinstimmung der Kuckuckseier mit den Nesteiern herstellen lassen, da die Kuckuckseier, auch wenn sie im einzelnen Falle den Nesteiern wenig ähneln, doch in die Variationsreihe des Gartengrasmückeneies völlig hinein- passen. Es tritt also bei allen 502 Kuckuckseiern eine ganz vorzügliche Anpassung an die Eier von Sylvia borin in Erscheinung. Aus diesem Grunde sind auch in der später folgenden Tabelle über die Ähnlichkeit der Kuckuckseier alle 502 Kuckuckseier der Sylvia borin-Gelege in der Rubrik „sehr ähnlich“ aufge- nommen. 15. Sylvia communis Lath., 15 Gelege, darunter 1 Gelege mit 2 Kuckuckseiern. Dorngrasmückeneier: schmutzigweifs mit sehr feinen grün- lichbraunen Strichelchen und Punkten dichtbesät. 9 Kuckuckseier stimmen in Farbe und Zeichnung mit den Grasmückeneiern fast völlig überein, die übrigen 7 Kuckuckseier unterscheiden sich von den Nesteiern nur durch eine gröbere, in Tupfen bestehende Zeichnung, sind aber den Nesteiern sehr ähnlich und passen ganz gut zu ihnen. 16. Sylvia curruca L. 2 Gelege. Eier der Zaungrasmücke: weils mit aschgrauen und hell- braunen Tupfen und Punkten, die sich am stumpfen Ende verdichten. Die Kuckuckseier zeigen denselben Farbenton und dieselbe Zeichnung; die Flecke und Punkte sind jedoch etwas spärlicher vorhanden und gleichmäfsig über die ganze Eierschale verteilt. Der Unterschied ist aber nur geringfügig und fällt wenig auf. Im Gesamteindruck sind die Kuckuckseier den Nesteiern sehr ähnlich und erscheinen gut angepalst. 17. Sylvia orphea Tem. 4 Gelege. Eier der Orpheusgrasmücke: weils mit spärlichen dunkel- braunen, scharf abgesetzten kleinen runden Flecken, die sich am stumpfen Ende kranzartig verdichten. Alle 4 Kuckuckseier stimmen in Bezug auf Farbe und Zeichnung mit den Nesteiern völlig überein. 4 Fälle von ganz vorzüglicher Mimikry! Von den 4 Gelegen stammen 2 aus Dalmatien, 2 aus Malaga. Diese an zwei ganz verschiedenen Örtlichkeiten auftretende Uebereinstimmung des Kuckuckseies mit den Eiern von Sylvia orphea ist jedenfalls eine auffällige und sehr beachtenswerte Erscheinung, die zweifellos sehr zu Gunsten der Anpassungstheorie spricht. 246 ‘ Friedrich von Lucanus: 18. Sylvia atricapilla L. 14 Gelege. Eier der Mönchsgrasmücke: gelblichweifs mit hell gelblich braunen verwischten Tupfen. In 8 Gelegen sind die Kuckuckseier den Nesteiern aufser- ordentlich ähnlich. Sie haben denselben Typ in Farbe und Zeichnung. 2 Kuckuckseier mit grünlichweilsem Grunde und braunen Flecken sind den Nesteiern nur ziemlich ähnlich. In 4 Gelegen sind die Kuckuckseier weils, mit scharf abgesetzten schwarzbraunen Fleckchen und Punkten gezeichnet, und den Nesteiern nicht ähnlich. Diese 4 Kuckuckseier wurden vom Major Krüger-Velthusen in der Spandauer Stadtforst bei Berlin am 17. 6., 27. 6., 8. 7. 95 und am 3. 6. 97 gesammelt und von ihm als Eier ein- und desselben Weibchens bezeichnet. Für die 3 Eier aus dem Jahre 95 mag dies zutreffen, für das Ei aus dem Jahre 97, das erst 2 Jahre später gefunden wurde, mufs diese Annahme recht zweifelhaft erscheinen; denn es kann sich ebenso gut um einen Nachkommen des betreffenden Kuckucks a was dann für eine Vererbung des Eitypus sprechen würde 19. Phylloscopus sibilator Bchst. 4 Gelege. Eier des Waldlaubsängers: weils mit dunkelbraunen Punkten dicht übersät. Die grasmückenartig mattbraun geflekten nnd gewölkten Kuckuckseier sind den Nesteiern nicht ähnlich. 20. Phylloscopus collybita Vieill.e. 5 Gelege, darunter 1 Gelege mit 2 Kuckuckseiern. Eier des Weidenlaubsängers: weifs mit rotbraunen Punkten. 3 Kuckuckseier einfarbig grünlichweils, die anderen grasmücken- - artig getupft; keine Ähnlichkeit mit den Nesteiern. 21. Acrocephalus arundinaceus L. 2 Gelege. Eier des Drosselrohrsängers: grofse grünlichbraune oder braune Flecke auf grünlichweilsem Grunde. Ein Kuckucksei ist den Nesteiern sehr ähnlich und nur durch die etwas mattere Fleckung zu unterscheiden. Das andere Kuckucksei ist auf gelbem Grunde schwach bräunlich bespritzt und pafst nicht zu den Rohrsängereiern. 22. Acrocephalus sireperus Vieill. 8 Gelege. Eier des Teichrohrsängers: grünlichweils mit grünlichbraunen etwas verwischten Flecken. In 5 Gelegen gleichen die Kuckuckseier bis auf die etwas schwächer hervortretende Zeichnung den Nesteiern sehr. 3 Kuckuckseier sind rosafarben mit rötlichen Flecken und den Nesteiern nicht ähnlich. 23. Acrocephalus palustris Bchst. 4 Gelege. :: Eier des Sumpfrohrsängers: auf grünlichweilsem. Grunde grolse braune Flecke. \ ı Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier, 247 3 auf schmutzigweilsem Grunde mattbraun bespritzte Kuckuckseier sind den Nesteiern nicht ähnlich. 1 Kuckucksei ist auf schmutzigweilsem Grunde mattbraun gefleckt und den Eiern des Sumpfrohrsängers ziemlich ähnlich. 24. Acrocephalus schoenobaenus L. 4 Gelege. Eier des Schilfrohrsängers: auf schmutzigweifsem Grunde sehr fein und dicht hellbraun bespritzt, sodafs im Gesamteindruck das Ei fast einfarbig hellbraun erscheint. In 2 Gelegen sind die Kuckuckseier den Nesteiern in Farbe und Muster aufserordentlich ähnlich, nur die Zeichnung ist etwas gröber. Die beiden anderen Kuckuckseier sind bedeutend heller gefärbt und daher den Nesteiern nur ziemlich ähnlich. 25. Troglodytes troylodytes L. 109 Gelege, darunter 6 Gelege mit 2 gleichzeitig gefundenen Kuckuckseiern und 5 Gelege mit 2 an verschiedenen Tagen gefundenen Kuckuckseiern. Zaunkönigeier: weifs mit zarten roten Punkten. Die im Gartengrasmückentyp in allen möglichen Variationen gezeichneten Kuckuckseier sind den Nesteiern nicht ähnlich. 26. Saxicola oenanthe L. 2 Gelege. Die grasmückenartig gezeichneten Kuckuckseier sind den einfaribg bläulichweifsen Steinschmätzereiern nicht ähnlich. 27. Erithacus titys L. 1 Gelege. Das einfarbig blaugrüne Kuckucksei hebt sich von den reinweilsen Eiern des Hausrotschwanzes sehr ab. 28. Erithacus phoenicurus L. 12 Gelege. In 8 Gelegen sind die einfarbig heller oder dunkler blau- grünen Kuckuckseier den einfarbigen, blaugrünen Eiern des Gartenrotschwanzes vorzüglich angepalst. In den anderen 4 Ge- legen sind die. Kuckuckeier grasmückenartig gezeichnet und den Nesteiern nicht ähnlich. Die Fundorte der erstgenannten 8 Ge« lege sind: 4 Finnland, 2 Mähren, 1 Magdeburg, 1 Frankfurt a. O,, von den Gelegen mit gemusterten Kuckuckseiern stammen 2 aus Mähren, 1 aus England, 1 aus Oslawan. 29. Erithacus rubecula L. 11 Gelege. Rotkehlcheneier: weils mit hellrostfarbenen, am stumpfen Ende dichter stehenden Tupfen. 4 Kuckuckseier sind auf schmutzigweilsem Grunde matt rötlich gefleckt und den Nesteiern sehr ähnlich. 5 Kuckuckseier sind auf schmutzigweilsem Grunde mit schwarzbraunen Flecken, Punkten und Kritzeln gezeichnet uud den Nesteiern nicht ähn- lich. 1 einfarbig lehmgelbes und 1 weilses mit ammerartigen, dunkelbraunen Wurmlinien gezeichnetes Kuckucksei passen eben- falls nicht zu den Rotkehlcheneiern. 30. Erithacus cyanecula M. W. 1 Gelege. Das auf schmutzigweilsem Grunde matt hellbraun betupfte Kuckucksei ist von den einfarbig stahlgrauen Blaukehlcheneiern völlig verschieden, — 248 Friedrich von Lucanus: In Bezug auf die Ähnlichkeit oder den Unterschied, die zwischen dem Kuckucksei und den Nesteiern bestehen, kan man 3 Abstufungen unterscheiden: 1: 3. Sehr ähnlich, d. h. das Kuckucksei stimmt mit den Nesteiern in Farbe und Muster bis auf ‚geringfügige, nicht auffällige Abweichungen überein, die in einem etwas helleren oder dunkleren Farbenton oder in einer etwas schwächeren oder stärkeren Zeichnung bestehen können. . Ziemlich ähnlich, d. h. in der Farbe oder in der Zeichnung treten gewisse Uuterschiede hervor, trotzdem aber palst im Gesamteindruck das Kuckucksei noch gut zu den Nesteiern, und man kann ganz gut von einer Anpassung sprechen. Unähnlich, d. h. Kuckucksei und Nesteier haben ganz verschiedene Farbe und Zeichnung. Auf Grund dieser Einteilung läfst sich aus dem Ergebnis der vorstehenden Untersuchungen folgende Tabelle aufstellen: Kuckuckseier : Zahl der ehr Vogelart Gelege ähnlich aemlich unähnlich Muscicapa grisola ltr: 1 Lanius collurio 4 2 2 Lanius senator 1 1 Acanthis cannabina 6 1 l 4 Emberisa citrinella 1 1 Emberisa calandra 1 1 Emberiza ciopsis 1 l Anthus pratensis 2 l l Motacilla alba 16 (mit 12 6 1 19 Kuckuckseiern) Budytes flavus 6 3 2 1 Accentor modularis 3 3 Accentor atrogularis 1 l; Sylvia nisoria 6 1 5 Sylvia borin 481 (mit 502 502 Kuckuckseiern) Sylvia communis 15 (mit 16 16 Kuckuckseiern) Sylwia curruca 2 2 Sylvia orphea 4 4 Sylvia atricapilla 14 8 2 4 Phylloscopus sibilator 4 4 Phylloscopus collybita 5 (mit 3 IR 6 Kuckuckseiern) Acrocephalus arundinaceus 2 1 1 576 556 19 27 (mit 602 Kuckuckseiern) lack nr un 69 > k Beh u rn u Du ur Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. 249 Kuckuckseier: zur Vogelart de) Ananlen ziemlich unähnlich 576 556 19 27 (mit 602 Kuckuckseiern) Acrocephalus sireperus 8 5 3 Acrocephalus palustris 4 1 3 Acrocephalus schoenobaenus 4 2 2 Troglodytes troglodytes 109 (mit 120 120 Kuckuckseiern) Saxicola oenanthe 2 2 Erithacus tilys 1 1 Erithacus phoenicurus 12 8 4 Erithacus rubecula 11 4 7 Erithacus cyanecula 1 1 728 575 22 168 (mit 765 Kuckuckseiern) Aus der Tabelle geht hervor, dafs unter den 765 Kuckucks- eiern nur 168 den Nesteiern unähnlich sind, dagegen 597 den Eiern der Pflegeeltern angepalst' sind, da auch die als „ziemlich ähnlich‘ bezeichneten Eier noch ganz gut zu den Nesteiern passen. Es sind also in der Sammlung des Berliner Museums 78 °/, aller Kuckuckseier den Nesteiern ähnlich und nur 22°/, unähnlich. Unter den „ähnlichen‘ Eiern entfällt die grölste Anzahl auf die zu den Gelegen von Sylvia borin gehörigen Kuckucks- eier, die alle 502 eine vorzügliche Anpassung zeigen, während sämtliche in den Gelegen von Phylloscopus und Troglodytes be- findlichen Kuckuckseier (zusammen 130) den Nesteiern gar nicht angepalst sind. Das Zahlenverhältnis zwischen den „ähnlichen“ und „unähnlichen“ Kuckuckseiern wird also in erster Linie von der Anzahl der Gartengrasmücken, Zaunkönig- und Laubsänger- gelege bestimmt. Je nachdem in einer Sammlung entweder die Ersten, oder die beiden Letzteren in der Mehrzahl vorhanden sind, wird dies Verhältnis ein ganz verschiedenes sein. Um die Frage nach der Anpassungserscheinung der Kuckuckseier zu entscheiden, ist es daher richtiger, die Kuckuckseier in den Gelegen von Sylvia borin, Droglodyies und Phylloscopus auszuschalten. Es müssen also von den 765 Kuckuckseiern die 502 Eier in den Gelegen von $. borin und die 130 Eier in den Gelegen von Phyllo- scopus und Troglodytes abgezogen werden; alsdann bleiben noch 133 Kuckuckseier zum Vergleich über, von denen 95 (72°/,) den Nesteiern ähnlich und 38 (28 °/,) unähnlich sind. Das Verhältnis hat sich also nicht wesentlich geändert, da die erste Berechnung aus der Anzahl der gesammten Kuckuckseier 78°/, ähnliche und 22°/, unähnliche Eier ergeben hatte. Von den Kuckuckseiern der Sammlung des Berliner Museums ist also der grölste Teil den Nesteiern ähnlich, und es tritt eine Jonm, f, Orn, LXIX, Jahrg. April 1921, 17 250 Friedrich von Lucanus: grofse Anpassungserscheinung deutlich und unverkennbar zu Tage. Die zahlreichen Variationstypen des Gartengrasmückeneies, die gespritzte Zeichnung des Dorngrasmückeneies, das fein ge- strichelte Muster vom Ei der Bachstelze, die braune Wölkung des Fliegenschnäppereies, die blaugrüne Farbe, die das Ei des Gartenrotschwanzes zeigt, sowie die Zeichnung und Farbe der Würgereier kehren in geradezu verblüffiender Weise bei den Kuckuckseiern wieder! Eine einzig in ihrer Art dastehende Mimikry zeigt das Kuckucksei in dem Gelege von Emberiea ciopsis der Nehr- korn’schen Sammlung. Die völlige Übereinstimmung der höchst eigenartigen Zeichnung. mit ihren kranzartig um das stumpfe Ende gewundenen Wurmlinien übertrifft in ihrer Vollendung und Eigentümlichkeit alle anderen Anpassungserscheinungen! Eine besondere Beachtung für die Frage nach der An- passung gebührt ferner den Kuckuckseiern in den 4 Sylvia orphea-Gelegen, die mit den Nesteiern in Farbe und Zeichnung völlig übereinstimmen. Besonders interessant ist aber, dals diese Mimikry sowohl bei den Gelegen aus Dalmatien, wie bei denen aus Malaga genau in derselben Weise auftritt. Ebenso erwähnt Baldamus in seinem „Leben der europäischen Kuckucke“ ein von Reiser in der Herzegowina gesammeltes Sylvia orphea-Gelege mit einem Kuckucksei, das den Nesteiern auffallend ähnlich war. Diese in 5 Fällen und an 3 verschiedenen Ortlichkeiten nachgewiesene Mimikry des Kuckuckseies in den Nestern der Orpheusgrasmücke ist jedenfalls eineäufserst auffallende Erscheinung, die darauf hindeutet, dafs der Kuckuck im Brutgebiet der Orpheusgrasmücke gerade ihre Nester mit Vorliebe für sein Schmarotzertum auswählt, und dafs die Anpassung vielleicht hiermit in Zusammenhang steht. Nach Walter sollen in Finnland blaue Kuckuckseier besonders häufig in den Nestern des Garten- rotschwanzes vorkommen und in der Heimat des Bergfinken Fringilla montifringilla L., sollen nach Rey’s Angabe im „neuen Naumann“ die in den Bergfinkennestern gefundenen Kuckuckseier sich in der Regel durch eine auffallende Mimikry auszeichnen. Alle diese Fälle sprechen dafür, dafs in gewissen Gegenden das Kuckucksei sich in der Zeichnung dem Eie derjenigen Vogelart angepafst hat, in deren Nester der Kuckuck mit Vorliebe legt. Es liegt daher der Gedanke nahe, dafs der auffallenden Mimikry des„Kuckuckseies in dem ‚Emberisa ciopsis-Gelege dieselbe Ur- sache zu Grunde liegt. Es wäre daher von grolsem Interesse, zu erfahren, ob in der Heimat dieser Ammer der Kuckuck ge- rade ihre Nester zum Unterbringen seiner Eier bevorzugt, und ob diese den Nesteiern in der Regel angepalst sind. Im Gegensatz zu all diesen Fällen, in denen eine gute Anpassuug klar uud deutlich hervortritt, stehen die Kuckucks- eier in den Gelegen von Phylloscopus und Zroglodytes, die den Nesteiern gar nicht ähnlich sind. Kuckuckseier im Typ der er j e j E27 Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. 251 Laubsänger- und Zaunkönigeier scheint es überhaupt nicht zu geben, oder sie sind so selten, dafs sie nur als eine Ausnahme gelten können. Trotzdem vertraut das Kuckucks- weibchen in vielen Gegenden mit Vorliebe gerade den Nestern des Zaunkönigs seine Eier an. Diese Erfahrung hat wohl in erster Lienie so viele Autoren dazu verleitet, die Mimikry der Kuckuckseier überhaupt in Abrede zustellen, was aber auf Grund des von mir aufgeführten Materials keineswegs berechtigt er- scheinen kann. Die Anpassungserscheinung wird freilich durch das aufser- ordentlich starke Variieren der Kuckuckseier sehr begünstigt, dafs es sich aber in all’ den Fällen, wo das Kuckucksei den Nesteiern ähnlich ist, nicht ausschliefslich um Zufälligkeiten handelt, dafür sprechen die so oft im Nest des Gartenrotschwanzes befindlichen blauen Kuckuckseier, die fast regelmäfsig auftretende grofse Ähnlichkeit der Kuckuckseier in den Gelegen des Berg- finken, die glänzende Anpassung der Kuckuckseier in den Ge- legen der Orpheusgrasmücke, und vor allem das mit den Em- beriza ciopsis Eiern übereinstimmende Kuckucksei, dessen Ähn- licheit in Anbetracht des sonderbaren Musters dieser Ammer- eier kaum eine Laune des Zufalls sein kann, sondern sich offen- bar aus einem Naturgesetz herleiten muls. Man hat versucht, die verschiedene Färbung der Kuckucks- eier mit der Nahrung, die der junge Kuckuck von seinen Pflege- eltern erhält, in Verbindung zu bringen, durch die der Farb- stoff beeinflufst werden soll. Mit dieser von Baldamus zuerst aufgestellten Theorie würde es sich freilich ohne Schwierigkeit erklären lassen, dafs der vom Gartenrotschwanz aufgezogene Kuckuck blaue Eier legt, dagegen der vom Rotkehlchen erzogene rötlich gefleckte, wenn die Sache so einfach wäre, wie sie aussieht. Wenn man aber bedenkt, dafs die Nahrung der verschiedenen Pflegeeltern aus Insekten besteht und daher im wesentlichen die- . selbe ist, so kann man nicht recht einsehen, auf welche Weise der verschiedene Farbstoff für die Eibildung zustande kommen soll. Dann mülsten z. B. auch Rotkehlchen und Nachtigall, die doch im wesentlichen dieselbe Lebensweise führen und ihre Insektennahrung auf dem Erdboden suchen, gleichgefärbte Eier legen, was aber durchaus nicht der Fall ist, denn das Ei von Erithacus rubecula L. ist auf hellem Grunde rötlich gefleckt, das Ei von Erithacus luscinia L. dagegen einfarbig olivbraun. Der- artige Beispiele liefsen sich noch in gröfserer Menge anführen, Auch die Eier der in Gefangenschaft gezüchteten Vögel, die häufig mit ganz anderer Nahrung als im Freien grolsgezogen - werden, mülsten dann eine Veränderung ihrer Farbe zeigen. Meines Wissens nach gibt es aber keinen einzigen verbürgten Fall dieser Art. Selbst das Ei’ des gezähmten Kanarienvogels, der seit Jahrhunderten unter wesentlich veränderten Verhältnissen lebt, gleicht noch immer völlig dem Ei des Kanarienwildlings. 17* 2b2 Friedrich von Lucanus: Die Baldamus’sche Theorie vom Einflufs der Nahrung auf die Färbung der Eier scheitert ferner an der völligen Unähnlichkeit des Kuckuckeies und der Zaunkönigeier. Wenn die Nahrung, die Grasmücke, Rotschwanz oder Ammer dem Kuckucksweibchen spenden, die Farbe der Eier, die dieses später legt, bestimmen soll, so mülste dies für Zaunkönig und Laubsänger ehenso gut zutreffen, was aber nicht der Fall ist und daher ebenfalls gegen die Ansicht von Baldamus spricht. Vom rein physiologischen Standpunkt aus ist es überhaupt ganz unwahrscheinlich, dafs die kurze Zeit, in der der junge Kuckuck von den Pflegeeltern ernährt wird, genügen soll, um den Farbstoff für die Eier, die er später legt, dauernd zu be- stimmen. Die Aufzucht durch die Pflegeeltern währt kaum einen Monat, die ganze übrige Zeit bis zur Fortpflanzungsperiode im Frühjahr lebt aber der Kuckuck wie alle seine Artgerossen von der normalen Kuckucksnahrung, die doch auf die Erzeugung des Pigments einen gröfseren Einflufs haben mülste als die erste Nahrung des Jungvogels, da infolge des Stoffwechsels der Körper bedeutende Veränderungen erleidet. Das durch die Nahrung die Farbe der Eier nicht unmittelbar beeinflufst wird, beweisen ja die zur Mauser mit Cayennepfeffer gefütterten Kanarienvögel, die zwar einen rötlichen Farbenton im Gefieder annehmen, aber trotzdem ganz normal gefärbte Eier legen. Für die Ähnlichkeit der Kuckuckseier mit den Nesteiern kommt aulfser der Farbe auch die Art der Zeichnung in Betracht. Diese kann mit der Ernährung des jungen Kuckucks noch weniger in Zusammenhang gebracht werden als die Färbung; denn dafs der eigenartige Ammertyp beim Kuckucksei dadurch hervor- gerufen werden soll, dafs der junge Kuckuck von einer Ammer aufgezogen wurde, ist völlig unglaubwürdig! Aber gerade das Muster ist in vielen Fällen für die Mimikry von entscheidender Bedeutung, z. B. bei einer Anpassung an die Eier von Embe- riea ciopsis, oder an die fein gestrichelten Eier von Motaeilla alba und Acrocephalus schoenobaenus. Mit der Auffassung, dafs die Mimikry der Kuckuckseier durch die Nahrung, die der junge Kuckuck von seinen Pflegeltern erhält, hervorgerufen wird, ist also nicht viel anzufangen. Für eine richtige Beurteilung der Anpassungserscheinung des Kuckuckseies ist es notwendig die Verhältnisse der ver- wandten Formen unseres Kuckucks zum Vergleich heranzuziehen. Hier finden wir bei vielen Arten eine grofse Übereinstimmung ihrer Eier mit den Eiern der Pflegeeltern. So legt der Häher- kuckuck, Cossystes glandarius L., seine elsternartig gefärbten Eier in die Nester der Elster oder Nebelkrähe, während Chaleco- coccyx maculatus Gm. seine einfarbig rotbraunen Eier zu den ebenfalls einfarbig rotbraunen Eiern von Neornis und Horornis legt. Die Pflegeeltern von Coceystes jacobinus Bodd. sind die Oratero- pusarten, die ebenso wie jener einfarbig blaue Eier legen. Der TATRA x ‘ r A ee a ee 00 np" 3 un : RN ; a Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. 255 Koel, Eudynamis niger Cab., legt seine Eier ausschliefslich in die Nester der beiden indischen Krähen Corvus culminatus und splendens Vieill., deren Eier das Koelei sehr ähnlich ist. In allen diesen Fällen ist es also vollauf berechtigt von einer Mimikry der Kuckuckseier zu sprechen. Das Schmarotzertum des Kuckucks hat sich offenbar in der Weise entwickelt, dafs die Vögel anfingen zu mehreren ein- und dasselbe Nest zu benutzen und gemeinschaftlich zu brüten, wie es bei einigen ausländischen Kuckucken heute noch der Fall ist. Mit der Zeit gewöhnten sich dann einzelne Individuen das Brüten, ab, andere folgten ihnen, bis dann schliefslich der Brutinstinkt ganz verloren ging, womit gleichzeitig auch der Trieb zum Nest- bau erlosch. Von diesem Augenblick an waren aber die Vögel gezwungen, ihre Eier in die Nester fremder Vögel zu legen, und es ist nur natürlich, dafs sie die Nester solcher Vogelarten wählten, deren Eier den ihrigen möglichst ähnlich waren, die sie also gewissermalsen für Eier ihrer Artgenossen hielten. So brachte denn Coccystes glandarius seine elsternartig gefärbten Eier in den Nestern der Elster und Krähe unter, Coccystes ja- cobinus seine blauen Eier in den Nestern der Orateropus-Arten u. 8. w. Bei dem einheitlichen Typus der Eier dieser ausländischen Kuckucke lässt sich auf diese Weise die Anpassung ganz einfach und natürlich erklären. Anders liegt es aber bei Oueulus canorus, dessen Eier so sehr in Farbe und Muster variieren. Es ist kaum anzunehmen, dafs unser Kuckuck zu der Zeit, als er noch selbst brütete, schon so verschiedene Eier gelegt hat, die bald gefleckt, bald ammertig bekritzelt, bald ein- farbig blau oder weils waren. Das auffällige Variieren der Eier ist wohl erst später erworben worden, als der Kuckuck bereits Brutschmarotzer geworden war. Die meisten Kuckuckseier ähneln den Eiern der Grasmücken, und zwar in erster Linie der Gartengrasmücke, wie die 502 Kuckuckseier in den Gelegen von Sylvia borin zeigen. Ich möchte daher annehmen, dafs das ursprüng- liche Kuckucksei in seiner Färbung dem Gartengrasmückenei glich im Gegensatz zu Rey, der in seiner Arbeit „Grund über die Variabilität der Kuckuckseier‘“, Ornithol. Monatsschrift 1895, meint, dafs der Kuckuck ursprünglich einfarbig blaue Eier gelegt hat, weil dies seine nächsten amerikanischen Verwandten heute noch tun. Dies ist aber kein stichhaltiger Grund; denn phylo- genetisch sich nahestehende Formen legen nicht immer gleich gefärbte Eier, wie wir es z. B. bei der Singdrossel und der Misteldrossel oder beim Rotkehlchen und der Nachtigall sehen. Hat also der Kuckück, als er noch selbst brütete, gras- mückenartig gezeichnete Eier gelegt, so wird er, bei seiner Um- wandlung zum Brutschmarotzer ebenso wie die oben erwähnten ausländischen Kuckucke, zunächst ausschliefslich solche Vogelarten als Pfleger gewählt haben, die möglichst ähnliche Eier legten, also in erster Linie die Grasmücken. Dieser Instinkt ging später 254 Friedrich von Lucanus: verloren, und der Kuckuck wählte auch andere Vögel, wie z. B. Rotschwanz, Ammer, Laubsänger und Zaunkönig, obwohl sie völlig abweichend gefärbte Eier legen. Die Eier der Gartengrasmücke variieren bekanntlich sehr und haben daher häufig mit den Eiern verwandter Formen sowie anderer Singvögel, die gefleckte Eier legen, grofse Aehnlichkeit. Dasselbe wird auch beim ursprünglichen Kuckucksei der Fall ge- wesen sein; denn die zahlreichen Farbenvarietäten des heutigen Kuckuckseies deuten darauf hin, dafs eine solche Veranlagung vorhanden war. So war also von vornherein eine gewisse Aehn- lichkeit mit den Eiern vieler Singvögel, wie der Stelzen, Pieper, Fliegenfänger und Würger vorhanden, die dem Kuckuck bei seinem Schmarotzertum zu Gute kam. Seine Eier brauchten also den Eiern vieler Pfleger nicht erst angepafst zu werden, sondern die Möglichkeit einer Mimikry war bis zu einem gewissen Grade bereits vorhanden. Mit Hilfe der Darwin’schen Selektionstheorie läfst sich dann die auffällige Mimikry, wie wir sie in den Gelegen vieler Vogelarten finden, ohne Schwierigkeit erklären, namentlich wenn man annimmt, dafs das Kuckucksweibchen vorzugsweise nur der- jenigen Vogelart sein Ei unterschiebt, von der es selbst grofsgezogen wurde, oder dafs in manchen Gegenden eine bestimmte Vogelart als Pflegewirt allgemein bevorzugt wird, wie es im nördlichen Europa bezüglich des Bergfinken, im südlichen Europa bei der Orpheusgrasmücke der Fall zu sein scheint. BAR. Dadurch dafs alle unähnlichen Eier von den Nestinhabern stets entfernt, und nur die ähnlichen angenommen wurden, wurde in den verschiedenen Gegenden mit der Zeit ein Kuckucksstamm herangezüchtet, dessen Eier sich durch eine grofse Anpassung auszeichnen. Auch auf die einfarbig blauen Kuckuckseier in den Nestern des Gartenrötels und auf die eigentümliche Anpassung des Kuckuckeies im Emberiza ciopsis-Gelege läfst sich die Selek- tionstheorie anwenden, nur mit dem Unterschied, dafs diese Farbentypen, die in der ursprünglichen Variationsreihe des Kuckuckseies nicht vorhanden waren, erst von neuem herange- bildet werden mulsten. Die Annahme das die Mimikry des Kuckuckseies infolge einer natürlichen Auslese, die durch die Stiefeltern bewirkt wurde, entstanden ist, setzt freilich voraus, dafs Letztere die unähn- lichen Kuckuckseier auch wirklich entfernten. Für den Unter- schied zwischen Kuckucksei und Nesteiern kommt aufser der Farbe auch die Gröfse in Betracht. An die Eier der meisten Pflegeeltern, wie der Grasmücken, Würger, Pieper, Stelzen und Vögel gleicher Körpergröfse ist das Kuckucksei bezüglich seiner Gröfse vortrefflich angepafst, denn der Kuckuck, der an Körper- gröfse etwa einer Amsel gleicht, legt ein Ei, das nicht gröfser ist als ein Sperlingsei. Dagegen übertrifft das Kuckucksei die Eier Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. 255 der Laubsänger und des Zaunkönigs ganz bedeutend an Grölse, und unterscheidet sich auch, wie wir gesehen haben, auffallend in der Färbung. Trotzdem wird es nicht aus dem Nest entfernt, sondern von den Laubsängern und dem Zaunkönig ruhig ausge- brütet, ein Zeichen, dafs diese Vögel gegen Fremdkörper in ihren Nestern sehr unempfindlich sind. Infolgedessen konnte auch hier keine Anpassung zustande kommen. Es fragt sich nun, ‘wie verhalten sich die übrigen Vögel, die sich der Kuckuck als Wirt erkoren hat, gegenüber fremden Eiern in ihren Nestern. Leverkühn hat in seiner 1891 heraus- gegebenen Schrift „Fremde Eier im Nest‘‘ den Versuch gemacht, diese. Frage zu beantworten, in dem er alles, was in der Literatur hierüber bekannt war, zusammengestellt hat. Aus seinen Angaben geht hervor, dafs sich die Vögel gegen unter- geschobene Eier aufserordentlich verschieden verhalten. Am unempfindlichsten zeigen sich die Raubvögel. Roter Milan, Mäusebussard, Wespenbussard und Wanderfalk nahmen unter- gelegte Hühnereier, sogar wenn sämtliche Eier des Geleges aus- getauscht wurden, ohne weiteres an und brüteten sie aus, obwohl sich die reinweilsen Hühnereier von den dunkel gefleckten Raubvogeleiern doch sehr auffällig unterscheiden. Rauchschwalben nahmen Grasmückeneier an, entfernten dagegen ein Kuckucksei. Stare erbrüteten in einem Falle ein Misteldrosselei, warfen aber in einem anderen Falle ein Singdrosselei aus der Nist- höhle heraus. Krähen und Elstern brüteten in den meisten Fällen untergeschobene Hühnereier aus. Der Neuntöter brütete auf 5 Sperbergrasmückeneiern, die mit der gleichen Anzahl Nest- eier vertauscht waren, weiter, verzehrte dagegen ein Ei des Drosselrohrsängers, das zu seinen 4 Nesteiern hinzugelegt war, und verliefs sein Nest, als man nach Entfernuug des vollen Geleges ein Buchfinkenei hineingelegt hatte. Einem anderen aus 6 Eiern bestehenden Neuntötergelege wurden 3 Eier eninommen und dafür ein Singdrosselei zugelegt. Das Würgerpaar liefs sich dadurch nicht stören, verliefs aber das Nest, nachdem man noch die übrigen 3 Würgereier entfernt hatte und das Sing- drosselei nur allein im Nest lag. Ähnliche Erfahrungen wurden beim Neuntöter auch mit untergelegten Ammereiern gemacht. Der graue Fliegenschnäpper nahm einzelne Grasmücken- und Rotkehlcheneier ohne Zögern an, warf aber 3 Eier des Hausrot- schwanzes, die man seinem aus 5 Eiern bestehenden Gelege hin- zugefügt hatte, hinaus. Hier gab offenbar die großse Zahl der fremden Eier die Veranlassung zum Entfernen; der Vogel hätte sich wahrscheinlich anders verhalten, wenn man ihm nur ein Rot- schwanzei untergeschoben hätte. Eine Heckenbraunelle verliefs ihr Nest, als man ihre 5 Eier genommen und an deren Stelle ein Neuntöterei hineingelegt hatte, dagegen wurden einzeln zu- Rupie Grasmückeneier zusammen mit dem eigenen Gelege er- rütet. 256 Friedrich von Lucanus: Der Drosselrohrsänger liefs sich durch einzelne Eier anderer Singvögel gleicher Gröfse zum Teil im Brutgeschäft nicht stören, zum Teil entfernte er die fremden Eier. Eine Zaungrasmücke brütete zusammen mit ihrem Gelege ein Singdrosselei aus, während eine andere dreimal hintereinander ein Sperlingsei aus dem Nest herauswarf. Die Dorngrasmücke nahm in 6 Fällen Stiefeier von Sylvia curruca, Sylvia atricapilla, Erithacus rube- cula und Hippolais icterina an, und entfernte in 9 Fällen die Eier von Acanthis cannabina, Passer domesticus, Fringilla coelebs, Lanius collurio, Regulus regulus, Turdus musicus, sowie Sylvia atricapilla;, sie verliefs dagegen das Nest, als das ganze Gelege von 5 Eiern fortgenommen und durch ein einzelnes Buch- finkenei ersetzt wurde. Die Amsel nahm in 5 Versuchen Eier der Misteldrossel und Singdrossel nicht an, sondern verliefs entweder das Nest, oder entfernte die fremden Eier. Ebenso empfindlich zeigte sich die Misteldrossel, während die Singdrossel 2 mal ein Amselei mit ihren eigenen Eiern ausbrütete Garten- und Hausrotschwanz nahmen Sperlingseier an. Das Blaukehlchen entferntein 2 Ver- suchen untergelegte Hänflingseier. Die Goldammer nahm 2 mal ein Sperlingsei und einmal ein Kuckucksei an, während sie in allen übrigen, zahlreichen Versuchen entweder die fremden Eier (von Cuculus canorus, Passer domesticus, Chloris chloris, Lanius collurio und Turdus musicus) fortschaffte, oder das Nest verliefs. Der Buchfink warf ein Gimpel- und ein Hänflingsei heraus, nahm ein Neuntöterei. an und verliefs sein Nest, als man das volle Gelege entfernt und durch ein Neuntöterei ersetzt hatte. Vom Bluthänfling wurden Eier des Buchfinken, Gimpels, Grünlings, Stieglitz, Drosselrohrsängers und der Mönchsgrasmücke angenommen. Der Haussperling erbrütete Eier des Raubwürgers, Grün- lings und 'Kanarienvogels, entfernte aber in 7 Fällen die Eier des Hausrotschwanzes. Eier des Bartfinken die Hauth nach einem Bericht in der Gefiederten Welt 1886 durch Haussperlinge ausbrüten lassen wollte, wurden von diesen stets entfernt. Einen Beitrag zu dem Werke Leverkühns gibt Rhezak in der Ornithologischen Monatsschrift 1894 in seiner Arbeit „Fremde Eier im Nest“, die zwei interessante und lehrreiche Beob- achtungen enthält. Rhezak nahm aus einem Amsel- und einem Singdrosselnest die bereits stark bebrüteten Eier und vertauschte sie mit einander. Beide Vögel brüteten auf den fremden Ge- legen weiter und zogen die Jungen grofs. Diese Beobachtung steht scheinbar im Gegensatz zu den Leverkühn’schen Mit- teilungen, nach denen fremde Eier von Zurdus merula stets ent- fernt wurden, in Wirklichkeit aber verhält sich die Sache wohl so, dafs die Amsel die im Nest vorgenommene Veränderung des- wegen nicht wahrnahm, weil alle Eier vertauscht waren, und ee F \ > £ F j Ö J , Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier., 257 sich infolgedessen kein Unterschied bemerkbar machte, der natür- lich deutlicher in Erscheinung tritt, wenn ein fremdes Ei dem eigenen Gelege zugesellt wird. Aus all den genannten Versuchen geht hervor; dafs das Verhalten der Vögel gegen fremde Eier in ihren Nestern ab- Aeneir ist: Von der Vogelart. Raubvögel lassen sich durch untergelegte fremde Eier im Brutgeschäft gar nicht stören, während die Singvögel zum Teil auf derartige Eingriffe rea- gieren, was bei den Ammern und anscheinend auch bei der Amsel und Misteldrossel wieder stärker hervortritt als bei vielen anderen Arten. 2. Von der individuellen Veranlaguug. Fremde Eier werden von Vögeln derselben Art teils angenommen, teils verweigert. 3. Von der Art der Veränderung, die im Nest vorgenommen wird. Ein Zulegen einzelner fremder Eier wird hänfig nicht bemerkt; wird dagegen das ganze Gelege entfernt und nur durch ein artfremdes Ei ersetzt, so wird das Nest in der Regel verlassen. Andererseits wird ein Vertauschen aller Nesteier gegen ein fremdes Ge- lege gleicher Eierzahl weniger leicht wahrgenommen, wie ein einzelnes fremdes Ei zwischen den Nesteiern. — Für unsere Frage nach der Mimikry der Kuckuckseier kommen in erster Linie die Singvögel in Betracht, die fast aus- schliefslich den Ammendienst des Kuckucks übernehmen müssen. Die angeführten Versuche zeigen uns, dafs ihr verschiedenes Verhalten gegenüber fremden Eiern wohl hauptsächlich durch die individuelle Veranlagung bestimmt wird. So nimmt z. B. die Zaungrasmücke in einem Fall das bedeutend gröfsere und durch seine blaue Grundfarbe sehr auffallende Singdrosselei ohne weiteres an, während sie ein ander Mal ein Sperlingsei aus dem Nest herauswirf. Aehnliche Fälle liefsen sich noch in gröfserer Anzahl anführen. Wir seben daraus, dafs der Unterschied des fremden Eies in Farbe und Gröfse nicht immer von ausschlag- gebender Bedeutung für das Verhalten des Vogels ist. Ein fremdes Ei, das den Nesteiern sehr unähnlich ist wird unter Umständen angenommen, während ein anderes Ei, das sich weniger von den Nesteiern unterscheidet, herausgeworfen wird. Auf Grund dieser Erfahrungen läfst sich die Mimikry des Kuckuckseies nicht durch die Darwin’sche Selektionstheorie er- klären. Eine natürliche Auslese kann doch nur dann zur vollen Geltung kommen, wenn alles Unzweckmälsige auch wirklich be- seitigt wird. Eine Anpassung des Kuckuckseies kann also nur dann erzielt werden, wenn alle Eier, die den Nesteiern unähnlich sind, regelmäfsig dem Untergang preisgegeben werden. Nach den von Leverkühn angeführten Versuchen ist dies aber nicht der Fall. Dasselbe beweisen ja auch alle die Fälle, in denen 258 Fr. v. Lucanus: Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier.. das Kuckucksei den Nesteiern nicht ähnlich ist und trotzdem von den Stiefeltern nicht entfernt worden ist. So duldet Zri- thacus phoenicurus nicht ausschliefslich einfarbig blaue Kuckucks- eier in seinem Nest, sondern läfst ebenso gut auch buntgefleckte Stiefeier liegen. Dasselbe gilt von Saxicola, Accentor und manchen anderen Vogelarten, wie aus der oben gegebenen Zusammen- stellung der Kuckuckseier des Berliner Museums hervorgeht. Wenn wir auch vorläufig nicht imstande sind, eine zutreffende Erklärung für die Anpassungserscheinung des Eies von Cuculus canorus L. zu geben, so berechtigt uns dies keineswegs, eine solche überhaupt zu leugnen. Eine so ausgeprägte Mimikry wie wir sie aulser bei den Sylvien auch in den Gelegen von Mus- cicapa grisola, Lanius collurio und senator, Motacilla alba, Budytes flavus, und besonders bei Emberiea ciopsis finden, wo sie geradezu verblüffend wirkt, kann man unmöglich übersehen oder als eine Laune des Zufalls betrachten. Es handelt sich hier offenbar um ein Naturgesetz, dessen Erkenntnis weiterer Forschung vorbehalten ist. Mögen die Hypothesen Darwins vom Kampf ums Dasein, sowie der natürlichen und geschlechtlichen Zuchtwähl für viele Erscheinungen zutreffend sein, die alleinigen Werkzeuge, mit denen die Natur ihre Geschöpfe schafft und formt, sind sie a nicht. Die Wege sind vielleicht vielseitiger als wir ahnen. Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die Januar-Sitzung. Verhandelt Berlin, Montag den 3. Januar 1921 abends 7 Uhr im Konferenzzimmer der Landwirtschaftlichen Hochschule, In- validenstr. 42. Anwesend: 17 Mitglieder, 8 Gäste. Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Der Vorsitzende begrüfst die Mitglieder im neuen Jahr und verliest die Namen der 1919 neu eingetretenen. Herr Reichenow legt die eingegangene Literatur vor und bespricht namentlich eine Arbeit von Beebe über die ver- schiedenartige Schwanzmauser der Hühner und über die künst- liche Beeinflussung der Sommer- und Wintermauser in der Ge- fangenschaft. Auch die Herren v. Lucanus und Heinroth be- teiligen sich an der Besprechung der Bücher und Zeitschriften. Ersterer weist auf die des „Vereins Schlesischer Ornithologen“, Jahrgang 1920 hin, sie enthalten eine Arbeit von E. Drescher: „Meine Ringversuche an Nestvögeln auf dem Rittergut Ellguth bei Ottmachau-Oberschlesien 1912—1914*, die eine interessante biologische Beobachtung bringt. Drescher entnahm einem \ ! Bericht über die Februar-Sitzung. 259 Wacholderdrosselnest ein Ei und legte es in ein in der Nähe stehendes Singdrosselnest. Später beringte er m beiden Nestern die Jungen. Als die Jungen beider Bruten ausgeflogen waren, verliefs die von den Singdrosseln erbrütete und aufgezogene Wacholderdrossel sofort ihre Stiefeltern und schlofs sich ihren rechtmälsigen Eltern an. Offenbar hatte der Lockton der in der Nähe befindlichen alten Wacholderdrosseln die junge, unter den Singdrosseln aufgewachsene Wacholderdrossel angelockt — ein Beweis, dafs die Rufe der Artgenossen von den Vögeln auf Grund reiner Vererbung instinktiv und automatisch verstanden werden. Herr Heinroth hält hierauf einen Lichtbildervortrag über die Artgewohnheiten unserer Wild- und Haustauben. Er hat, um diese zu erforschen, Turtel-, Hohl-, Ringel- und Felsen- tauben als Nestjunge zu Hause aufgezogen. Dabei ergab sich, dafs die Felsentauben bei weitem die unternehmendsten und zu- traulichsten sind, die sehr rasch zu dem Pfleger in ein näheres Verhältnis treten. Die Felsentaube hat, ebenso wie die Haus- taube, als gesellig brütende Form wesentlich andere Gewohn- heiten, als die vereinzelt brütenden anderen Wildtauben, auch fehlt dieser Art der eigentliche Lockruf des Täubers, wie wir ihn von Turtel-, Hohl- und Ringeltaube kennen. Der Vortragende geht ausführlich auf die körperliche und geistige Entwicklung der in Rede stehenden Arten ein. O. Heinroth. Bericht über die Februar-Sitzung. Verhandelt Berlin, Montag, den 7. Februar 1921 abends 7 Uhr, im Konferenzzimmer der Landwiıtschaftlichen Hochschule Invalidenstrafse 42. Anwesend: 21 Mitglieder und 13 Gäste. - Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Der Vorsitzende gedenkt zunächst des Hinscheidens des Amtsrats Heine und des Professors C. G. Schillings mit folgenden Worten: „Dem Vorstand ist es erst jetzt bekannt geworden, dals unser ältestes Mitglied, Herr Amtsrat Heine in Halberstadt, am 12. II. 1920 verstorben ist. Er gehörte unserer Gesellschaft seit dem Jahre 1862, also 58 Jahre als Mitglied an. Der Name Heine hat in der deutschen Ornithologie einen guten Klang! Der Vater des Verstorbenen begründete das Museum Heineanum, das in damaliger Zeit die gröfste ornithologische Privatsammlung enthielt. Sie wurde 1909 von seinem Sohn, dem im vorigen Jahre verstorbenen Amtsrat Heine, der Stadt Halberstadt als Geschenk überwiesen. Cabanis stellte zusammen mit Amtsrat Heine einen Katalog der Sammlung des Museum Heineanum auf, der der älteste systematische Museumskatalog ist und noch heute als Quellenwerk Bedeutung hat. Ein neues Verzeichnis 260 Bericht über die Februar-Sitzung. der Sammlung hat Heine zusammen mit Reichenow im Jahre 1885 bearbeitet und herausgegeben. Verschiedene neue Vogelarten sind von dem Verstorbenen beschrieben und mehrere ihm zu Ehren benannt worden. Wir werden dem Entschlafenen, dessen Namen durch das Museum Heineanum ein dauerndes Denkmal gesetzt ist, allezeit ein dankbares und ehrenvolles Andenken bewahren. Am 29. Januar dieses Jahres verstarb der Afrikaforscher Professor Carl Georg Schillings, der Begründer der modernen Tierphotographie. Als begeisterter Sportsfreund, Jäger und Tier- beobachter ging er im Jahre 1896 zum ersten Mal in die afri- kanische Wildnis hinaus und kehrte mit einer gewaltigen Ausbeute von Jagdtrophäen heim, die auf der Jagdausstellung in Berlin im Jahre 1898 grofses Aufsehen erregte. Die Begeisterung für die Natur liefs in Schillings den Plan reifen, das Leben der afrikanischen Tierwelt auf die photographische Platte zu bannen. Nach sorgfältiger Vorbereitung zog er 1899 mit der Kamera aus- gerüstet zum zweiten Male in die wildreichen Gefilde Afrikas hinaus. Mancher Erfolg, aber auch manche Entäuschung ward ihm beschieden, und so ging er sofort nach seiner Rückkehr ans Werk, die Tierphotographie durch nächtliche Blitzlichtaufnahmen, die von den zu photographierenden Tieren selbsttätig ausgelöst werden sollten, zu vervollkommnen. Dies genial erdachte Ver- fahren war dann von jenem groflsen Erfolg gekrönt, der den Namen Schillings weit über Deutschlands Grenzen hinaus so berühmt und populär gemacht hat. Es gelang Schillings auf seinen späteren Expeditionen über 2000 Lichtbilder lebender Tiere herzustellen, die Natururkunden im vollsten Sinne des Wortes sind, und von denen ein grofser Teil in dem Werke „Mit Blitz- licht und Büchse‘“ enthalten ist. Unter diesen Aufnahmen, die in erster Linie das Leben des afrikanischen Grofswildes dar- stellen, befinden sich auch vorzügliche Bilder von Vögeln: fliegende Geier, Raben, Flamingos, Gänse und Pelikane, auf Beute lauernde Schlangenhalsvögel, Kormorane, die in der Sonne ihr nasses Gefieder trocknen, Geier am Horst, sowie grofse Scharen von Marabus, Edelreihern und Kronenkranichen. Das Photographieren der Tiere liefs jedoch Schillings nicht vergessen, auch wissenschaftlich zu sammeln. Nicht weniger als 115 Säugetierarten und 355 Vogelarten brachte er in zahlreichen Stücken von seinen Reisen heim, mit denen er die Museen von Berlin, Stuttgart, München, Wien, Weimar und Karlsruhe in hochherziger Weise beschenkt hat. In seinen letzten Lebensjahren widmete sich Schillings hauptsächlich den Fragen des Tierschutzes. Das afrikanische Grofswild, das ihm infolge der fortschreitenden Kultur und der Schiefswut der Jäger dem Untergange geweiht schien, wollte er durch durchgreifende gesetzliche Mafsnahmen schützen und ebenso die durch die Mode hart bedrängten Paradiesvögel und Bericht tiber die Februar-Sitzung. 261 Edelreiher vor ihrer völligen Ausrottung bewahren. Mögen diese idealen Bestrebungen auch nach seinem Tode noch gebührende Beachtung finden! So eigenartig und genial Geist und Gemüt des Verstorbenen waren, so mystisch und eindrucksvoll war auch die Trauerfeier. Auf Löwen- und Leopardenhäuten war der Sarg gebettet, Männer der Wissenschaft vertraten den Geistlichen und gedachten der Werke des Toten in markigen Worten, bei den Klängen von Wodans Abschied und des Feuerzaubers aus Wagners Walküre senkte sich der Sarg zur Einäscherung in die Tiefe, Das Verdienst dieses Mannes, der auf dem Gebiete der Zoologie Grofses geleistet hat, wird allezeit gewürdigt werden !“ Die Anwesenden erheben sich zum Gedächtnis der Ver- storbenen von ihren Sitzen. Herr Reichenow macht bekannt, dafs der frühere lang- jährige Vorsitzende, Herr Schalow, aus persönlichen Gründen sein Amt niedergelegt hat. Da die Wahl eines Vorsitzenden eilt, so wurden satzungsgemäfs durch Rundschreiben an die Ausschufs- mitglieder die Herren v. Lucanusals 1. undGrafv. Zed- litzund Trützschler als stellvertretender Vorsitzender vorbehaltlich der Bestätigung durch die nächste Jahresver- sammlung gewählt. Herr v. Lucanus erwidert hierauf: „Meine Damen und Herren, gestattenSie, dafs ich den Mitgliedern des Vorstandes und Ausschusses unserer Gesellschaft für die Auszeichnung und das grofse Vertrauen, das mir durch die Wahl zum Vorsitzenden erwiesen worden ist, meinen aufrichtigsten und tiefempfundenen Dank ausspreche. Der Entschluls, die Führung unserer Gesellschaft zu übernehmen, wird mir freilich nicht leicht; denn ich bin mir wohl bewufst, wie schwer es ist, die Nachfolgerschaft unseres bisherigen Vorsitzenden, des Herrn Pro- fessor Schalow, anzutreten, der sein Amt, das er 14 Jahre in hervorragender Weise verwaltete, jetzt niedergelegt hat, was bei der grofsen Verehrung, die Prof. Schalow geniefst, von allen Seiten lebhaft bedauert wird. Für seine grofsen Verdienste um die Entwicklung unserer Gesellschaft und die Förderung der ornithologischen Wissenschaft werden wir ihm stets unsere vollste und wärmste Dankbarkeit bewahren. Seien Sie überzeugt, meine Damen und Herren, dafs ich in gemeinsamer Arbeit mit den Mitgliedern des Vorstandes alles daransetzen werde, die Interessen unserer Gesellschaft nach jeder Richtung hin zu wahren, ihre Blüte und ihren grolsen wissen- schaftlichen Ruf, den’ sie als älteste Vereinigung deutscher Ornithologen im In- und Auslande besitzt, auf voller Höhe zu erhalten, und die guten Beziehungen zu den auswärtigen Ornitho- logen weiter zu pflegen. Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn alle Mitglieder unserer Gesellschaft dem Vorstande auch weiter ihr Vertrauen schenken, und wenn jeder einzelne gern bereit ist, unser gemeinsames Werk zu unterstützen und zu 962 Bericht über die Februar-Sitzung. fördern. Nur so werden wir unsere Gesellschaft durch die jetzige Zeit, in der die traurigen wirtschaftlichen Verhältnisse uns so unheilvoll bedrohen, glücklich hindurch führen können. Möge uns dies gelingen, und möge der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft auch fernerhin in fruchtbringender wissenschaftlicher Arbeit ein glückliches Gedeihen beschieden sein! Mit diesem Wunsche und in dieser Hoffnung werde ich Ihrem ehrenvollen Rufe, die Führung der Gesellschaft zu übernehmen, gern folgen.“ — Herr Grafv. Zedlitz schliefst sich den Dankesworten des Herrn v. Lucanus an. Die D. Ornith. Gesellschaft hat der um den Vogelschutz so hochverdienten Frau Kommerzienrat Haehnle zu ihrem 70. Ge- burtstag ihre Glückwünsche dargebracht. Der Kasse ist eine Stiftung Seiner Majestät des Königs Ferdinand im Betrage von300M. für das Journal und der Verkauf des alten Vogelwartegebäudes in Rossitten mit M. 30000,— zugute gekommen. Der Vertrag über die Uebernahme des von der Kaiser Wilhelm - Gesellschaft der Vogelwarte geschenkten Hauses in Rossitten ist nunmehr rechtskräftig geworden. Herr Reichenow berichtet über den Verbleib einiger baltischen Sammlungen. Die Middendorfsche ist verhältnismälsig gut nach Berlin gekommen, es fehlen von den 1700 Stücken nur 250. Diejenige des Barons Loudon ist durch die Zerstörungs- wut der Bolschewicki so gut wie wertlos geworden, von der Buturlinschen sind nur noch Bruchstücke ohne Schilder vorhanden, das übrige war an Putzmacher verteilt worden. Derselbe er- wähnt ferner, dafs die aus 3600 Vogelbälgen bestehende von Herrn Weigold zusammengebrachte Sammlung der Stötznerschen Setschuan-Expedition vom Dresdner Zoolog. Museum erworben worden ist. Herr Reichenow legt die neuen Bücher und Zeitschriften vor und verliest ein Schreiben der Mecklenburgischen Regierung, wonach der von D. O. G. beantragte Schutz der Lewitz wohl ge- sichert erscheint und die wichtigsten Vogelarten geschützt sind. Herr G. Schulz legt das neueste Werk des Herrn Bengt Berg, Schweden, „Reiher und Störche“ vor, das wieder wunder- voll in Kupferdruck hergestellte Aufnahmen dieser Tiere zeigt. In dem sich über die immer weiter fortschreitende Abnahme des Weifsen Storchs anschliefsenden Meinungsaustausch betont Herr Graf v. Zedlitz, dafs dieser Vogel auch in den Pripjet-Sümpfen, wo ihm niemals nachgestellt wird und wo alle Nistgelenheiten er erhalten bleiben, aus unbekannten Gründen immer seltener wird. Herr Graf v. Zedlitz hält hierauf einen längeren Vortrag über neue Vogelarten und gibt dabei einen Auszug aus der Literatur der letzten Jahre, wobei insbesondere die Veröffent- lichungen Harterts über Zwergtrappe, Wachtel, Columba pale- stinae, Kemisa, Calandrella, Sturnus, Muscadivora, Ptilinopus, CENTRE VE y e us 0 a > 2 - K 2 F Bericht über die Februar-Sitzung. 268 Treron, Col. guinea, Galerida und die Arbeiten von Do- maniewski- Warschau über Falco rusticolus, F. subbuteo, Serinus canarius, Oerchneis naumanni, Oynchramus, Parisoma subcoeruleum und verschiedene Drosseln besprochen werden. Ferner geht er auf das grofse Verdienst der Herren Klein- schmidt, Rothschild und Hartert ein, die die na- mentlich sehr viele Typen enthaltende Sammlung Christian Ludwig Brehms im Tring-Museum zusammengebracht haben, woselbst sich übrigens im ganzen nicht weniger als 338 Typen befinden. Der Vortragende weist ‘bei der Besprechung der Artberech- tigung vieler Formen besonders darauf hin, dafs nur Vögel mit Kleidern derselben Jahreszeit verglichen werden können, nicht aber Herbst- mit Frühlingsvögeln, wie dies leider immer noch geschieht. Im Meinungsaustausch bemerkt HerrNeumann, dals der Karmingimpel zu Taszanowskis Zeiten bei Warschau . gemein gewesen sei, aber jetzt dort aus unbekannten Gründen nicht mehr vorkomme. Die Tiere verlassen übrigens bereits im Juli ihr Nistgebiet. Herr Spatz bemerkt, dafs Hartert in einer seiner Veröffentlichungen sich auf eine Angabe von Spatz stütze, die dahin geht, dafs er am Fetsarasee Einfarbstare gesehen habe. Dies ist eine Verwechslung, denn er, Spatz, hatte nur behauptet, dals dort massenhaft Stare (nicht Einfarbstare) zu Speisezwecken erlegt werden. Auf eine Aufrage des Herrn Schulz, ob der Bergfink nachweilslich in Deutschland gebrütet habe, erwidert Herr Reichenow, dafs dies für Sachsen und die Rheinprovinz an mehreren Stellen nachgewiesen sei. Herr Reichenow legt sodann eine Anzahl neuer Arten vor: Arboricola collaris n. Sp. Sehr ähnlich dem Arboricola gingicus Gm. von den Philip- pinen, aber anstelle des dreieckigen schwarzen Fleckes hinter der Kehle ein schwarzes Halsband, das bis zum Nacken reicht. Schnabel schwarz, Füfse am Balge ebenfalls schwärzlich, während bei A. gingicus nach der Abbildung in Ibis 1892 T. 9 Schnabel und Fülse gelb sein sollen. Provinz Kuantung, China. Turtur logonensis n. Sp. Sehr ähnlich dem Turtur shelleyi, Stirn, Scheitel, Kopf- seiten und Kehlseiten grau, nur ein Strich längs der Kehlmitte weils, aber Handdecken nicht grau, sondern schwarz, auch die mittleren Schwingen schwarzbraun, nicht grau bestäubt, wie bei T. shelleyi, ferner das Braun der Oberseite und das Grau des Bauches und der Unterflügeldecken etwas dunkler. Ein Vogel von Bekaba südlich Gore am östlichen Logone (auch Penndü genannt) in Ostkamerun. Der Logone fliefst vor Mündung in den Tschadsee mit dem Schari zusammen, 264 Bericht über die Februar-Sitzung. Jlurtur kafuensis n. Sp. Wie die vorgenannte Art dem T. shelleyi gleichend und durch schwarze Handdecken sowie schwarzbraune, nicht grau bestäubte mittlere Schwingen von diesem unterschieden, aber das Grau des Bauches und der Unterschwanzdecken viel heller und Bauchmitte rein weifs, Unterschwanzdecken viel breiter weils gesäumt. 2 0' von Namwala, südlich des mittleren Kafue, im früheren Marutsereich in Südafrika. Ostafrikanische Vögel von Turtur capicola damarensis zeigen gegenüber- solchen aus Südwestafrika ein dunkleres Braun der Oberseite und die Flügel messen 143—150 mm, bei 7. c. damarensis dagegen 150—160 mm. Auf Grund dieser Unterschiede könnte die östliche Form als Z, c. suahelicus gesondert werden. Bezüglich des auf Seite 47 des Journals beschriebenen Lanius tessmanni liegt die Vermutung nahe, dals dieser Vogel das Weibchen von Lanius strümpelli ist, in welchem Falle die Weibchen der beiden einander sehr nahe stehenden Arten E. qubernator und sirümpelli viel mehr unterschieden wären als die Männchen, was ja vielfach vorkommt. Sollte die Vermutung sich bestätigen, so würde dagegen ein anderer Würger, den ich von Crampel am obersten Schari erhielt, und den ich bisher zu ZL. strümpelli gestellt babe, als Lanius schariensis zu unterscheiden sein. Das Männchen gleicht dem Typ von Z. strümpelli, nur zieht sich das Grau des Oberkopfes weiter auf den Nacken herab und das Rotbraun von Rücken und Flügeln ist bedeutend dunkler; auch die Unterseite ist dunkler. Ein als @ bezeichneter Vogel unterscheidet sich vom g' nur dadurch, dafs das Grau von Scheitel und Nacken heller ist, Stirn und breites Augenbrauen- und Schläfenband dagegen weils sind. Alseonax murina grotei n. sp. Der Form A. m. pumila am nächsten, aber das Braun der Oberseite fahler. Bosum, Ost-Kamerun. Apalis niassae n. Sp. Der Apalis neglecta sehr ähnlich, aber das Grau des Kopfes heller, das Gelbgrün von Rücken und Flügeln heller und gelber. Langenburg am Nordende des Niassesees, Apalis uamensis n. SP» Kopf grau wie bei A. neglecta und golei, aber etwas bräun- licher als bei diesen, Rücken bräunlichgrün, nicht so lebhaft grün wie bei A. neglecta, Flügel fahl braun, gelbgrün verwaschen; Schwanzfedern braun, an den Seitenrändern etwas gelbgrünlich verwaschen, mit weilsem Endsaum, Kehle, Unterkörper und Bericht über die Februar-Sitzung. 265 Unterschwanzdecken weils, Kropf gelb, Unterflügeldecken weils, schwach gelblich verwaschen; Schnabel schwarz; Füfse bräunlich. L. 119, Fl. 51, Schw. 40, Schn. 12, L. 17—18 mm. Bosum im Uamgebiet (Ost-Kamerun). Von Claude Grant sind zwei Formen des Schattenvogels, Scopus umbreita, unterschieden worden. Für die typische Form, die sich vom Senegal bis zum Niger verbreiten soll, gibt Grant die Flügellänge auf 248—256 mm an, für die andere, das übrige Afrika bewohnende Form, Se. u. bannermanni, 300—330 mm. Bei den im Berliner Museum befindlichen Bälgen finde ich diese Angabe für das Gebiet von Togo bis Niger nicht bestätigt. 11 Vögel aus Togo zeigen die Flügelmafse 295—315 mm. Genau innerhalb derselben Längen bewegen sich die Malse ostafrikanischer Stücke und solcher von Angola (30 St... Nur 7 Vögel über- schreiten das Mafs: 1 Q@ von Bosum (Ostkamerun) milst 330, 1 9‘ von Tschingogoland (Kiwusee-Gebiet) 322, 1 St. aus Abes- sinien 320, 1 Q von Madagaskar 328 und 3 St. -von Ukerewe f (Victoria Niansa) 318—330 mm. Von Senegal bis Goldküste liegen mir keine Vögel vor. Danach würde die Verbreitung der typischen nordwestlichen Form südwärts bis zur Goldküste zu beschränken sein, wenn anders die Anzahl der gemessenen nord- westlichen Vögel hinreichende Gewähr für die Ständigkeit der geringeren Gröfse liefert. Von Hirundo puella Tem. Schl. sind neuerdings mehrere Abarten unterschieden worden. Die typische Form von Nord- | westafrika soll unterseits fein gestrichelt sein und 95—102 mm i Flügellänge haben, bei H. p. abyssinica Guer. von Abessinien soll die Strichelung gröber, aber nicht dicht, die Flügellänge | 105—110 mm, bei H. p. unitatis Scl. Mackw. von Ostafrika, Süd- afrika und dem Kongogebiet die Strichelung sehr grob und dicht, die Flügellänge 105—115 mm sein. Es scheint aber, dafs die angegebenen Unterschiede noch fernerer Bestätigung bedürfen; das mir vorliegende Material wenigstens widerspricht zum Teil jenen Angaben. 8 Vögel vom Senegal, von der Goldküste und vom Benue bestätigen allerdings die geringere Grölse und die feine Strichelung der Unterseite als Kennzeichen der nordwest- lichen Form, alle übrigen von Nordost-, Ost-, Süd- und Südwest- afrika sind aber gleichmäfsig grob und dicht gestrichelt, und die Flügellänge schwankt zwischen 102 und 115 mm. Zu bemerken ist noch, dafs junge Vögel immer fein gestrichelte Unterseite haben, auch aus Gegenden, wo die alten Vögel breit und dicht ge- strichelt sind. Ich gebe nachstehend die Flügelmalse von 45 Vögeln: mm 2 J } i | F ö h A. fein gestrichelt: mm 5. @ Dengi, Benue 7.96 1. Q' Senegal 1065 6. PN 96 F 2. 2 103 7. 9‘ Ribau in Kamerun, 3. — Fanti 97 etwa 11,5% ö. L. u. 6,5° 4, 9‘ Dengi, Benue 100 8. Br. 105 266 Dem Herausgeber zugesändte Schriften. mm mm 8. 0‘ Bosum in Uam, Ost- 25. 0° Kawende 111 kamerun 101 26. — a 108 e 27. @ Tabora 108 B. grob und dicht gestrichelt: 28. Q Nguruman 108 9. © Bula, Süd-Kamerun 115 29. @ Morogoro 105 10. 9' Loango 11l 30. — Mkalama 105 ER ERAN: 101 31. 9‘ Marungu, westl. Tan- 12.9 r 107 ganjika 112 1 106 32. — Mombassa 105 Ja I RE 105 33. S‘' Magogoni am Rufu 105 ee 110 34. Q a 102 Br 103 35. 9 e\ 106 17. — Abessinien 105 36. 9 Songea 106 18. 0° Bukoba 108 37. — Mtiras 108 19. S' Kawirondo 105 38. Q' Ungoni 112 20. Q' Ulu-Berge 110 39. — Ukinga 108 21. 0° Ischangi, Kiwusee- 40. — Langenburg 107 Geb. 11ll 41. — S 109 22. a a 113 42. — Neu-Helgoland 107 23. 9° Kissenji % 113 43. — “ 105 24.9 = A 112 44. — Natal 106 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. M. Bartels und G. Dennler. Über die äufsere Augen- muskulatur des Uhu. (Abdruck aus: Zoolog. Anzeiger, Bd. LII, Nr. 3/4, 1920.) GrafG. Be&ldi. Ornithologische Notizen aus Westpersien und Mesopotamien. . (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1918.) F. Chapmann. Descriptions of apparently new birds from Bolivia, Brazil, and Venezuela. (American Museum Novitates Nr. 2, 1921.) St. Chernel von Chernelhäza. Die sibirische Drossel (Turdus sibiricus Pall.) eine neue Erscheinung in der Vogel- fauna Ungarns. — Herbstbeobachtungen aus der Gegend vom Balatonsee im Jahre 1918. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1918.) — Nomenklator avium regni Hungariae. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1919.) — Internationaler Vogelschutz. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXVI, 1919.) | — Vogelwarten, (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXVI, 1919.) E. Csiki. Positive Daten über die Nahrung unserer Vögel. Zehnte Mitteilung. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXVI, 1919.) . - N ; hr x R- Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 267 T. Csörgey. Über die Saatkrähen in Törökkanizsa. Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1918.) W. Eckardt. Meeresvögel. (Th. Tomas) Leipzig 1921. 'J. Gengler. Der Formenkreis Emberiza eitrinella. Eine z00- geographische Studie. (Abdruck aus: Archiv für Naturgesch. 85. Jahrg. 5. Hft.) E. Greschik. Der Verdauungskanal und der obere Kehlkopf des gelbköpfigen Goldhähnchens (Regulus ceristatus Koch.) — Zur Morphologie des Zungengerüstes des Haus- und Feld- sperlings. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1918.) S. Hersey. A list of the birds observed in Alaska and North- eastern Siberia during the Summer 1914. (In: Smithson. Miscellan. Collect. Vol. 66, Nr. 2, 1916.) A. Hess. Ein schweizerischer Micropus melba melba (L.) in Bayern gefunden. (Abdruck aus: Verhandl. Ornith. Gesellsch. Bayern, XIV, Heft 4, 1920.) — Der Purpurreiher, Ardea »purpurea, als Sommergast in der Schweiz. (Abdruck aus: D. Ornith. Beob., XVIII. Jg., Heft 3, 1920.) B. Hoffmann. Führer durch unsere Vogelwelt. 2. Auflage, 1921. A. Ibarth. Bartmeisen (Panurus biarmicus L.) bei Danzig. (Abdruck aus: Ornith Monatsschr. XLVI, Nr. 2, 1921.) K. Lambrecht. Die komparativ-osteologische Sammlung der ungarischen Ornithologischen Zentrale. (Abdruck aus: Aquila Tom. XXV, 1918.) — Paläontologische Mitteilungen. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1918, J. Lewis. Some considerations on sight in birds. (In: Smith- son. Report for 1916 (1917), Publ. 2463.) A. Frh. v. Mannsberg. Daten über den Vogelzug und über das Vorkommen einiger Vogelarten in Siebenbürgen, aus den Jabren 1915—1917. (Abdruck aus: Aquila, Tom, XXV, 1918.) E. Mearns. Descriptions of seven new subspecies and one new species of African birds (Plantain-Eater, Courser, and ne, (In: Smithson. Miscellan. Collect. Vol. 65, Nr. 13, 1915. J. Montell. Fägelfaunan i Muonio socken. (Acta Soc. Fauna et Flora Fennica 44, Nr. 7, 1917.) C. Mortensen. Maerkede Storke. (Abdruck aus: Dansk. Ornith, Foren. Tidsskrift 1919—1920.) 268 Dem Herausgeber zugesandte Schriften, Ch. Righmond. Descriptions of two new birds from Haiti. (In: Smithson. Miscellan. Collect. Vol. 68, Nr. 7, 1917.) J. Riley. Three remarkable new species of birds from Santo Domingo. (Smithson. Miscellan. Collect. Vol. 66, Nr. 15, 1916.) J. Schenk. Übersicht der Geschichte der Ornithologie in Ungarn. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1918.) — Die einstigen und gegenwärtigen Brutkolonien der Edelreiher in Ungarn. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXV, 1918.) — Bericht über die ungarischen Vogelberingungen in den Jahren 1916—1919. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXVI, 1919.) — Vogelzugsdaten aus Ungarn. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXVI, 1919.) P.Skovgaard. Den sorte Stork saerlig i Danmark. Viborg 1920.) R. Zimmermann. Über einige Beobachtungen an höhlen- brütenden Kleinvögeln. (Abdruck aus: Ornith. Monatsschr. XLVI, Nr. 1, 1921.) Kleinere Mitteilungen. (Abdruck aus: Aquila, Tom. XXVI, 1919.) Zeitschrift für Oologie und Ornithologie. Herausgegeben von W. Rüdiger. XXV. Jg, Nr. 9/10, 1920. The Oologists’ Record. Published by Harrison u. Sons. Vol. 1-08: 1, 1921. Diesem Heft liegt eine Ankündigung über die neue Auflage von Floericke, Deutsches Vogelbuch der Franckh’schen Verlagshandlung in Stuttgart bei, desgleichen Anzeige von O. Schnurre, Die Vögel der deutschen Kulturlandschaft der N. G. Elwertschen Verlags- handlung in Marburg a. L. Drusk von Otto Dornblütk Naehf. ie Bernburg. a. Ui a KL za 20 JOURNAL ORNITHOLOGIE. Neunundsechzigster Jahrgang. No. 3. Juli. 1921. Die Avifauna des westlichen Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung deutscher Ornithologen in den Jahren 1915— 1918. Von ©. Graf Zedlitz. (Schluls von Jahrg. 1921 8. 90.) 153. Oriolus oriolus orvolus L. Dennler Falco 17, p. 2. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20 u. 34. — Gralsmann O. MS. 16, p. 233; J. f. O. 18, p. 308; O. MS. 19, p. 49. — Neumann J.f. O. 18, p. 238. — Puhlmann O. MS. 18, p- Fr — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 186. — Rüdiger A. f.N. 16, — Schalow O. MB. 17, p. AL Schlegel V. ©. @. i. B. Ku, 4, p- 326. — Stolz J. f. 0. 17, I, p. 377. — Zedlitz O. MB. 15, p. 136 u. 332.2.1.213 0% 37, IL, p. 296. Der Pirol ist über das ganze Gebiet verbreitet, speziell im Sumpf und vielleicht noch mehr an seinen Rändern kann man ihn zu den Charaktervögeln des Waldes rechnen. Er belebt den ödesten Kiefernforst auf sandigem Boden, meidet aber daneben keineswegs das Laubholz und siedelt sich auch gern in Gärten an. Im Pripjet-Sumpf nennt ihn Grafsmann „recht häufig‘; Dennler sammelte ihn dort im Juli und August 16; Reichenow bezeichnet ihn für Bialowies als „gewöhnlichen Brutvogel“; Schlegel erhielt Q aus Dolsk bei Iwanowo; ich kann mich den Herrn Vorrednern auch in Bezug auf das Schara-Gebiet nur an- schliefsen, hier ist er bei Slonim auftrockenem Höhenboden wohl noch häufiger als im Sumpfwalde bei Tuchowitschi. Für die Wälder Nord-Polens ist er Charaktervogel nach Neumann, auch Stolz sammelte bei Lomza ein 9 ad., das als Fortsetzung des Zügel- streifens noch einen schwarzen Fleck hinter dem Auge zeigt. In Süd- und Mittel-Polen war er nach meinen Beobachtungen vom Sommer 15 fast überall heimisch, die ersten Jungen traf ich in einem Eichenwäldchen bei Zwolen westlich Novo Alexandria am Journ, f, Orn, LXIX, Jahrg. Juli 1921, 18 270 0. Graf Zedlitz: 20. VII. 15 während unserer Durchbruchsschlacht. Gen Norden scheint seine Häufigkeit abzunehmen nach den Notizen Dobbricks für Kowno, Puhlmanns für Wischnew und Rüdigers für Kurland. Schalow erwähnt nur das Verschwinden im Herbst, ohne auf die Verbreitung im Sommer näher einzugehen (Narosz-See). Folgende Zugdaten liegen vor: Ankunft am 3. V. 16 bezw. 6. V. 17 westlich Pinsk (Grals- mann), 2 „ 4. V. 16 bei Tuchowitschi (Zedlitz), an „(?) 21. IV. bezw. 7. V. 17 bei Bialowies resp. Konnik (Reichenow), Ankunft am 9.V. 15 bei Wloszezowa, Südwest-Polen (Zedlitz). Der 21. IV. 17 ist ein ganz abnorm früher Termin, ich kann nicht umhin, zunächst ein Fragezeichen dazu zu setzen, es könnte sich doch wohl um einen Irrtum irgendwelcher Art, einen Schreibfehler oder ähnliches Versehen dabei handeln. In Schlesien habe ich den Pirol noch nie vor den ersten Maitagen beobachtet oder gehört, über den äufßsersten Südwesten Deutschlands, die Gegend von Freiburg in Baden, berichtet Schelcher (V. ©. G.i. B. XII, 1, p. 56) folgende Ankunftsdaten: 30. IV. 11; 29. IV. 12; 1. V. 13. Der Pirol ist wie die meisten späten Ankömmlinge im Frühjahr weniger von der Witterung abhängig und deshalb recht pünktlich, ich mufs also sein Erscheinen in Bialowies zu einem so verfrühten Termin zunächst in Frage ziehen, so lange keine Bestätigung oder Parallel-Beobachtung vorliegt. Im Jahre 15 ist es wohl möglich, dafs einzelne Vögel schon etwas vor dem 9. V,, an dem ich zuerst wieder den Ruf hörte, eingetroffen waren, ich konnte damals nicht ganz regelmäfsig alltäglich draufsen be- obachten. Als Abzugsdaten nennt Gralsmann den 10. VIII. 16 und 8. VII. 17. Befund: Häufiger Brutvogel in ganz Polen und in der Polesje, nordwärts anscheinend an Zahl langsam abnehmend. 154. Sturnus vulgaris vulgaris L. Bacmeister Falco 16, p. 44. — Cordes Zschft. f. O. u. 0.19, p. 59. — Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 46. — Dobbrick O. MB. 17, p. 34.— Gengler Orn. Jbch. 16, p. 67. — Görnitz O. MB. 18, p. 133. — Grafsmann O. MS. 16, p. 230; J. £. O. 18, p. 308. — Kleinschmidt Falco 16, p. 14. — Lucanus J. f. O. 16, p. 424. — Pax ‚‚Tierw. Polens“ II. Aufl. p. 257. — Puhlmann O. MS. 18, p. 210. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 186. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 21. — Schlüter Falco 16, p. 31. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134 u. 165; 16, p. 165; J. £. 0. 17, IL, p. 29. Kleinschmidt meint (l. c.) „2Russen haben sophiae-Charakter“, und Reichenow hebt den lebhaften veilchenroten Glanz auf dem Rücken bervor, allerdings mit dem Zusatz, dafs sonst keine Ab- weichungen von deutschen Stücken zu erkennen wären. Das gibt B et _ Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 271 dem Systematiker natürlich zu denken, und ich habe das Material des Berliner Museums sowie das meinige deshalb sorgfältiger Nachprüfung unterzogen. Aus Rulsland, soweit es hier für uns i in Frage kommt, besitzt Berlin 9° von Lomza XII (also ein - überwinternder Vogel!), ein Stück von Dolsk bei Iwanowo III, Rüdiger leg., und Q' von Smorgon VI, also ganz frische, halb 5 frische und stark abgetragene Kleider. Ich selbst besitze J ad. vom Mai, Brutvogel bei Tuchowitschi, und juv. vom Sommer. - — Ein Vergleich dieser Stare mit dem grofsen vorhandenen Material - an deutschen und anderen Stücken ergab keinerlei konstante - Unterschiede, jedenfalls nicht im Sinne des sophiae-Charakters, \ eher könnte man umgekehrt sagen, dafs bei den meisten Russen‘ | der grüne Glanz vorherrscht. Nach meiner Überzeugung ist der violette Glanz ein Attribut, weiches mit dem Alter erst sich ein- findet, bei sehr alten Stücken stark hervortritt, bei jüngeren ganz oder fast ganz fehlt, jedenfalls finden sich überwiegend grünliche und daneben mehr violette Exemplare überall in Deutschland und West-Rulsland. Meine Stare sind dann noch von Herrn Dr. v. Jordans als Material für eine Arbeit untersucht worden, derselbe teilte mir freundlichst brieflich mit, dafs er die Russen für typische vulyaris halte, also stimmen wir vollkommen überein. Alle Autoren sind sich einig darin, dafs im Spätsommer und Herbst überall im ganzen Gebiet ungeheure Scharen von Staren erscheinen (vgl. Bacmeister, Gengler, Puhlmann, Zedlitz), - als Brutvogel tritt hingegen Sfurnus keineswegs überall und meist nicht so häufig wie bei uns in Deutschland auf. Er ist im all- gemeinen ein Waldvogel, der verstreut in einzelnen Paaren den ganzen Sumpf sowie die Randzonen bewohnt, aber zu den Charaktervögeln wird man ihn nur an wenigen Orten rechnen — können; auch Pax betont, dafs der Star sich in Polen noch sehr i wenig dem Menschen angeschlossen habe. Bruten wurden fest- gestellt durch Dennler, Grafsmann, Reichenow und mich im | Pripjet-Gebiet und bei Bialowies, durch Puhlmann bei Wischnew, Dobbrick im Gouv. Kowno, Cordes am Disna-See südlich Düna- burg (Gelege vom 16. und 25. V. 17) und Rüdiger in Kurland, wo am 11. VI. 16 die Jungen noch im Nest gefüttert wurden. Folgende Ankunftsdaten wurden notiert: 13. III. 16 die ersten Scharen in Richtung W.-O,, am 18, IN. mehrere hundert; 23. III. 17 die ersten Scharen (Gralsmann), 18. III. 16 die ersten zeigen sich bei Slonim (Zedlitz), 19. III. 18 Ankunft bei Wischnew (Puhlmann), 25. III. Durchschuitt in Dondangen, Kurland a Dennler und Gengler erklären übereinstimmend, dafs Mitte Ok- tober die letzten weggezogen seien, Bacmeister vermifste sie schon seit dem 20. IX. 15. Gelegentlich scheinen einzelne Exemplare zu überwintern, doch wohl aber viel seltener als bei uns, so be- 18* 272 0. Graf Zedlitz: obachtete Puhlmann 5 Stück am 22. XII. 17, aufserdem besitzt das Berliner Museum, wie schon erwähnt, einen bei Lomza im Dezember erlegten Vogel. Befund: Als Waldvogel über das ganze Gebiet verbreitet, vielfach jedoch nicht häufig zur Brutzeit, im Herbst hingegen in sehr grolsen Scharen. 155. Passer domesticus domesticus L. Bacmeister Falco 16, p. 44. — Cordes Zschft. f. O. u. ©. 1919, p. 58. — Dennler Falco 17, p. 2; Natur 18/19, p. 45. — Dobbrick O. M. B. 17, p. 34. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 69. — 'Görnitz O. M. B. 18, p. 130. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 309. — Kleinschmidt Falco 16, p. 11; Falco 18, p. 18. — Puhlmann O. MS. 18, p. 210. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 186. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 22; Zschft. f. ©. u. O. 1919, p. 3. — Schalow O. MB. 15, p. 88. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 9. — Schlegel V. 0.G. i. B. XIII, 4, p. 327. — Schlüter Falco 16, p. 27, 33. — Zedlitz O. MB. 15, p. 166; J. f. O. 17, II, p. 297. Bei der grofsen Neigung zu individueller Variation ist es leicht erklärlich, dafs zunächst, als noch verhältnismäfsig wenig Material vorlag, dieses einige Unterschiede gegenüber deutschen P. domesticus aufzuweisen schien, auf derartige Abweichungen haben Gengler und ich mit allem gebührenden Vorbehalt hin- gewiesen. Je grölser nun die Serien wurden, desto mehr stellte sich heraus, dafs deutliche konstante Unterschiede anscheinend doch nicht festzustellen waren, es kam also auf Harterts Ansicht heraus, vgl: V. d. p. F. p. 148. In diesem Sinne sprechen sich Kleinschmidt (1916), Reichenow (1918), Görnitz (1918) und Schlegel (1918) aus, letzterer auf Grund sorgfältiger Vergleiche von 8 Q'0' aus dem Pripjet-Gebiet mit deutschen Stücken. Folgende Flügel- malse werden angegeben: Gengler 9'0' 80—82 mm, Görnitz Q'Q' 79—84,5 mm, Kleinschmidt 16 J'9' 77—83, 15 99 73—79 mm, Coll. Zedlitz 0‘ Wloszczowa 80, 0'0' Pripjet-Geb. 78, 78, Q 74 mm, Hartert gibt an für Q'O' 76—83 mm (V. d. p. F. p. 148). Die Neigung zu ausgedehnter rotbrauner Färbung am Kopf und besonders im Nacken, auf welche Gengler hingewiesen hat, finde ich ziemlich deutlich bei einem ©‘ meiner Sammlung von Dolsk, Rüdiger leg. 5. IV. 17, sowie bei Stücken von Bialowies und einem Q* aus Livland im Berliner Museum, bei anderen 1‘ aus Polen, dem Pripjet-Gebiet und selbst aus dem südöstlichen Rufsland (Berl. Mus.) fehlt aber wieder dies Charakteristikum. Die vielfach recht ausgeprägten schwarzen Kropfschilder, welche ich s. Z. erwähnte, fand auch Dennler (1916), doch ist auch Ä si Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 278 dieses Merkmal nicht konstant. Manchmal ist das schwarze Kropfschild auch mit Rotbraun vermischt nach Görnitz und Bacmeister, eine Aberration, welche auch anderswo vorkommt. Das Braun auf dem Rücken ist bei der mir vorliegenden Serie recht wechselnd, bald fahler, bald düsterer, im äufsersten Osten (Sibirien) herrscht die blasse Färbung anscheinend vor. Die Ohrdecken und Wangen sind in der Regel deutlich grau über- laufen, wie es sich für typische domesticus gehört, nur mein ' von Dolsk zeigt fast weilse Wangen. Solche Anklänge an P.d. indicus erwähnt Hartert (V. d. p. F. p. 148, 151) von Trans- kaspien, ich finde sie auch z. B. bei 9‘ von Lenkoran, Fritsche leg. 2. V. 02, Berl. Mus. Aus dem Gesagten geht zur Genüge hervor, wie grofs die Variationsbreite ist, daneben kommt auch noch Hahnenfedrigkeit von QQ (Schlegel 1. c.) und Albinismus (Zedlitz 1915) vor. Einen anscheinenden Bastard von P. do- mesticus und montanus erhielt Kleinschimdt (Falco 18, p. 18). Die Verbreitung des Haussperlings in unserem Gebiete ist eine unregelmäfsige: Zunächst hat er die — übrigens biologisch leicht erklärliche — Gewohnheit, zerstörte Ortschaften nicht nur vorübergehend zu meiden, sondern auch im nächsten Jahre dort nicht wieder sich anzusiedeln, das hat schon Bacmeister 1915, Grafsmann 1915 und 1916 beobachtet, ich selbst kann diese Tat- sache aus vielfachen eigenen Erfahrungen durchaus bestätigen. Aber auch da, wo der Krieg nicht reinen Tisch gemacht hatte, war der Haussperling keineswegs überall gemein. Dobbrick er- klärt sein stellenweise sehr spärliches Auftreten im Gouv. Kowno mit der Unverträglichkeit der dort brütenden Dohlen. Schalow betont (1915) ausdrücklich, dafs er wohl in der Stadt Mlawa (Nord-Polen), nicht aber in den umliegenden Dörfern zu finden sei. Schlüter fand am Narosz-See nach einem Quartierwechsel im Juli im neuen Gutshof den Sperling nur ganz wenig vertreten, im alten Quartier war er zur Winterszeit offenbar nicht selten gewesen, denn Verfasser erlegte dort trotz schlechten Wetters mehrere an einem Tage Anfang Januar. Demgegenüber wissen von einer ziemlich gleichmäfsigen Verbreitung und häufigem Vor- kommen folgende Autoren zu berichten: Dennler, Gralsmann und ich für das Pripjet-Gebiet, Reichenow für Bialowies, Schelcher für Ost-Galizien, wo er besonders viel Baumnester sah, Puhlmann für die Gegend südlich Wilna, Rüdiger für Kurland. Letzterer sammelte später in Dolsk (Pripjet-Geb.) 18 volle Gelege und mehrere Einzeleier in der Zeit vom 12. V.— 7. VII. 17. Cordes führt 2 Gelege von Ende Mai aus der Gegend des Disna-Sees auf. Befund: Standvogel im ganzen Gebiet, an den meisten be- wohnten Orten gemein, stellenweise aber nur spärlich vertreten. 156. Passer montanus montanus L. Bacmeister Falco 16, p. 44. — Cordes Ztschft. f. O. u. O. 1919, p. 58. — Dennler Falco 17, p. 2; Natur 18/19, p. 45. — 274 0. Graf Zedlitz: Dobbrick O. MB. 17, p. 34. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 69. — Görnitz O. MB. 18, p. 130. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 309. — Puhlmann ©. MS. 18, p. 210. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies‘“ 18, p. 186. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 22; Ztschft. f. ©. u. O. 19, p. 3. — Schalow O. MB. 15, p. 88. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 9. — Schlegel V. ©. G. i. B. XI, 4, p. 327. — Schlüter Falco 16, p. 27, 33. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 378. — Zedlitz J. f. O. 17, IL, p. 297. Die Formen des Feldsperlings hat in neuerer Zeit J. v. Domaniewski ausführlich behandelt in seiner Arbeit „Sur les formes orientales de Passer montanus L.“ (Compt. Rend. d. 1. Soc. d. Sc. d. Varsovie, Fasc. 7, p. 556—567, 1915). Er gibt folgende Verbreitung an für den Osten: 1. P. m. montanus L. — Polen und Rufsland bis zum Kaukasus, ostwärts durch Sibirien bis zum Baikal-See; . P. m. saturatus Stejn. — Gegend am Amye, Grenze gegen montanus typ. liegt noch nicht fest; 3. P. m. dybowskii Doman. — Ussuri-Tal und Ka 4. P. m. volgensis Ognew. — Saratow, mittlere Wolga (unsichere Form); 5. P. m. dilutus Richm. — Ferghana, Transkapien; von P. m. Iranscaucasicus lag dem Verfasser kein Material vor, er konnte sich also auch kein Urteil über ihn bilden. Auf die von Poljakow 1911 beschriebene Form P. m. zaissanensis von West-Sibirien nimmt Autor keinen Bezug. Ich bin nicht in der Lage, die Berechtigung dieser Subspezies nachzuprüfen, das ist auch im Rahmen dieser Arbeit nicht nötig, da alle Ansichten darin übereinstimmen, den Feldsperling West- Rufslands zur typischen Form zu rechnen. Ein 5 meiner Sammlung von Dolsk bat 74 mm Fllg., @ von Slonim 69 mm, dagegen messen 4 J'O' aus der Gegend von Wloszezowa (SW.- -Polen) recht gleichmälsig 71—72 mm; das 9‘ von Dolsk hat einen sehr ausgedehnten schwarzen Kehlfleck. Die Lebensweise des Feldsperlings im Pripjet-Gebiet macht seinem deutschen Namen alle Ehre, er bevorzugt den Aufenthalt in den Feldern, Feldgehölzen und an Waldrändern, brütet dort, lebt dann in Familien und zuerst kleineren, dann gröfseren Gesellschaften, tut sich im Spätherbst auch wohl mit Hausper- lingen, Goldammern und Grünfinken zusammen, und rückt schliefs- lich meist erst bei hohem Schnee geschlossen in die Ortschaften, wo er sonst seltener auftritt als P. domesticus. Das ist so un- gefähr das Bild, welches sich aus den Beobachtungen von Grals- mann und mir ergibt. Absolut betrachtet scheint er in den meisten Gegenden, wo domesticus sehr gemein ist, seinerseits spärlicher aufzutreten und umgekehrt. Weniger häufig als seinen Vetter fanden ihn Bacmeister in SO.-Polen, Schelcher in O.- Galizien, Puhlmann südlich Wilna. Schlüter sammelte im Januar r u =, ‚ve Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 275 dort, wo domesticus häufig war, nur einen montanus, dann hin- gegen nach dem Quartierwechsel im Juli „beherrschte montanus die Situation“, während domesticus recht spärlich vorhanden war. Ebenso fand im Februar 15 Schalow in N.-Polen, wo er dome- sticus vielfach ganz vermifste, dafür monianus in sehr grolser Anzahl. Über das mehr oder minder häufige Vorkommen im Pripjet-Gebiet liegen noch die Zeugnisse von Dennler, Görnitz, Reichenow, Schlegel und Rüdiger vor, welcher bei Dolsk 3 Gelege am 20. V. und 1. VI. 17 sammelte. Von zablreichen Beobach- tungen in fast allen Teilen Polens melden Gengler und Stolz. Befund: Überall als Brutvogel verbreitet, im Herbst in grofsen Flügen herumstreichend, tritt er am häufigsten dort auf, wo P. domesticus spärlicher vertreten ist, und umgekehrt. 157. Coceothraustes coccothraustes coccothraustes L. Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Grafsmann J.f. O. 18, p. 309. — Puhlmann O. MS. 18, p. 210. — Reichenow „Bialowies‘‘ 18, p. 186. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134; J. f. O. 17, IL, p. 296. Die Nachrichten über den Kirschkernbeilser stammen zu- meist aus der Polesje oder den nördlich nahe benachbarten Landstrichen. Im Pripjet-Gebiel westlich Pinsk und bei Bialowies ist er nach Grafsmann und Reichenow ein recht häufiger Brut- vogel, bei Slonim fand ich ihn im Frühjahr regelmäfsig in einem Mischwalde auf trockenem Boden, weniger im Sumpfwalde. Dafür ist er den ganzen Winter über gelegentlich in kleinen Gesell- schaften anzutreffen, welche sich von Erlensamen und allerhand Unkrautsämereien vortrefflich ernähren, sodafs sie sehr fett sind. Ich sah sie zu dieser Jahreszeit meist auf Feldern am Waldrande und auf den vereinzelt stehenden Erlengruppen an den Wiesen- gräben. Aus dem Inneren des Sumpfwaldes verschwinden sie im Winter und erscheinen dort erst wieder Ende März, wie Grafsmann berichtet. Für das Gouv. Kowno nennt Dobbrick die Art als sehr spärlich auftretenden Brutvogel; Puhlmann sah einige im August und Dezember bei Wischnew, also überwintern sie auch dort ebenso wie bei Slonim. | Befund: Im Sumpfgebiet einschl. Bialowies ziemlich häufiger, nördlich davon seltener Brutvogel, überwintert nicht im eigent- lichen Sumpfwalde, wohl aber an dessen Rändern, wenn auch in bescheidener Anzahl. 158. Fringilla coelebs spiza Pall. Bacmeister Falco 16, p. 45: F. c. — Dobbrick O0. MB. 17, p. 18. — Domaniewski Faun. Pass. Ok. Sar., p. 34 u. 147. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 68: F.c.c. — Graismann O. MS. 16, p. 231; J. f. O. 18, p. 309: F. c. — Lucanus J. f. O. 16, p. 424. — Puhlmann O. MS. 18, p. 210: F. ce. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 187: F.c. — Rüdiger Ztschft. 276 0. Graf Zedlitz: f, 0.u. ©. 19, p. 3: F. e. — Schalow O. MB. 17, p. 37/38: F. c. — Schelcher V. 0.G. i. B. XIV, 1, p. 9: F. e. ce. — Schlüter Falco 16, p. 30: F. ec. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 378: F. ce. — Zedlitz 0. MB. 15, p. 134, 151, 166; O. MB. 16, p. 165; J. £. ©. 17, II, p: 29753. f. O. 18, p. 411/12: ER. e. Im J. f. O0. 1917, Bd. II, p. 33—42 finden wir eine aus- gezeichnete Arbeit von Gengler über den Formenkreis Fringilla coelebs L. In derselben ist darauf hingewiesen, dafs nordische Buchfinken im Hochzeitskleide (Mitte April etwa) sich durch sehr dunkle, rotbraune Wangenfärbung, breite schwarze Stirn, dunkles Blaugrau des Kopfes und auffallend dunkles Braun des Rückens von deutschen Brutvögeln unterscheiden. Ich kann diesen Befund auf Grund meines Materials voll bestätigen, natürlich mufs man nur wirklich alte Q'g' vergleichen und nicht vorjährige Jungvögel dazwischen bringen. Wie ich schon im J. f. O. 18, p. 411 aus- geführt habe, glaube ich, dafs den dunklen nordischen Buchfinken, zu welchen ja speziell auch die schwedischen gehören, der Name coelebs L. zukommt und nicht Zristis Floer.; für deutsche Brut- vögel käme zunächst die Bezeichnung horiensis und sylvestris Brehm (1831) in Betracht, von denen erstere die Seiten-Priorität hat. Gewils gibt jeder von beiden Namen an sich ein falsches Bild, wie Gengler sehr treffend bemerkt, daran kehren sich aber leider unsre starren Nomenklatur-Regeln gar nicht, wie oft heilst die gröfsere Form „minor“ oder kommen ähnliche „Unstimmig- keiten“ vor! Für die Vögel vom östlichen Rulsland, Gegend von Saratow, benützt Domaniewski den Namen „spisa Pall.“, welcher sich zweifellos auf Rufsland zunächst bezieht („per omnem Ros- siam et Sibiriam occurrit“) und stellt fest, dafs sein Material von dort (7 9'S' vom März— September) sich von solchem aus Polen und Frankreich unterscheide durch hellere Unterseite, besonders auffallend blasseren Bauch. Leider fügt er keine Mafstabelle bei. Ein g' meiner Sammlung von Tuchowitschi, 20. IV. 16, zeichnet sich gleichfalls durch sehr helle Unterseite aus, vertritt also das den dunklen Nordländern entgegengesetzte Extrem. Aufserdem hat er aber noch das kleine Flügelmafs von 85 mm, solche zwerghaften Vögel erwähnt schon Hartert (V. d. p. F. p. 126) mit den Worten: „Flügel 87—92 (höchstens), manchmal kürzer, nur etwa 82“ und „Im Herbst und Winter kommen in Deutschland und England viele kleine Stücke vor (O' Flügel nur etwa 82 mm)“. Die Heimat dieser kleineren Form dürfte übrigens nicht im Norden sondern im Osten zu suchen sein, und es erscheint mir nicht ausgeschlossen, dafs die russischen F. c. spiea sich auch noch durch kleinere Mafse neben der blasseren Unterseite auszeichnen. Darüber können nur Unter- suchungen an gröfseren Serien von Brutvögeln Aufschluls geben, wie sie mir aus Rufsland leider nicht zur Verfügung stehen. Das Berliner Museum besitzt nur eine Suite aus dem Kaukasus, darunter mehrere noch nicht ausgefärbte jüngere 0'0', die Flügel- j | Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 277 mafse sind 85, 85, 86, 87, 88, 88, 89, 89, 90, 91, also nur etwas geringer als Harterts Zahl 87—92 mm, die Schwingen und Flügel- decken sind durchweg gelblich gesäumt. Dagegen befindet sich im Berl. Mus. ein og‘ ad. aus Persien (vermutlich Wintergast) mit nur 82 mm Flig. und weifsen Schwingensäumen, es gleicht darin vollkommen meinem &* von Tuchowitschi. Danach ziehen Vertreter dieser kleinen Form im Winter nicht nur nach Westen — Deutschland, England —, sondern auch nach Süden oder Südosten — Persien; das braucht uns nach den neueren Unter- suchungen über den Vogelzug durchaus nicht stutzig zu machen, aber die Frage nach der genau begrenzten Brutheimat bezw., ob die kleinen Mafse überhaupt einer bestimmten Form eigen sind, bleibt vorläufig noch ungelöst. Die in Polen brütenden Buch- finken scheinen zur mitteleuropäischen Rasse zu gehören, die Grenze gegenüber der typischen coelebs im nördlichen Rufsland wäre auch noch festzustellen. f Alle Beobachter sind sich darin einig, dafs in West-Rufs- land wie in Polen der Buchfink im Winter fortzieht und zwar o'Q' wie Q9: Bacmeister hat vom Dezember 14 — 27. März 15 im Gouv. Warschau keinen einzigen gesehen; Gengler beobachtete den letzten am 8. XI. 15, seit dem 11. X. schon nur noch ver- einzelte S'Q'; Gralsmann sah im Oktober 15 und 16 ziehende Scharen von 50—200 Exemplaren, jedoch kein überwinterndes Q'; Reichenow schreibt über Bialowies: „zieht anscheinend voll- ständig weg‘ und berichtet von Scharen, welche im Oktober getrennt nach Geschlechtern zogen, wie es beim Buchfink die Regel bildet; Schalow beobachtete vereinzelte Spätlinge noch am 7. und 25. X. 16 am Narosz-See; auch Schelcher betont das vollständige Verschwinden zur Winterszeit in Ost-Galizien; ich selbst habe in 3 Wintern nie eine Fringilla coelebs vor Ende März zu Gesicht bekommen (vgl. J. f. O. 18, p. 411). Normaler- weise erfolgt die Abreise im Oktober, die Wiederkehr nach Beginn des Tauwetters, einzelne Vögel verspäten sich auch, so besitzt das Berl. Mus. Q vom 23. Xl. 15 aus Bialowies, und Puhlmann, der schon im September bei Wischnew einen grofsen Schwarm ziehen sah, stellte noch am 10. XII. ein rufendes Q' fest, das ist wohl der späteste bekannte Termin für jene Landstriche. Über die Ankunft im Frühjahr liegen folgen Daten vor: 27. III. 15, Gouv. Warschau (Barmeister), 23. III. 15, Wloszezowa (Zedlitz), 24. III. 16, Konschizy (Grafsmann), Ende III. 16, Slonim (Zedlitz), 28. III. 16, Smorgon (Schlüter), 2. bezw. 3. IV. 17, Bialowies (Reichenow), 4. IV. Durchschnitt von Dondangen, Kurland (Lucanus), Befund: Als Brutvogel über das ganze Gebiet verbreitet, im Sumpfwalde besonders häufig ebenso im Gouv. Kowno, über- wintert nicht, 278 O. Graf Zeälitz: 159. Fringilla montifringilla L. Dennler Falco 17, p. 2; Natur 18/19, p. 46. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 69. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 309; O. MS. 19, p. 50. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 187. — Schalow O. MB. 15, p. 88. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, 1, p. 9. — Schlüter Falco 16, p. 30. — Zedlitz O. MB. 15, p. 166; J. f. O. 17, II, p. 297. Der Bergfink ist zumeist nur auf der Durchreise anzutreffen, hie und da sieht man auch mal einen kleinen Flug mitten im Winter, aber die grofsen Schwärme bestehen aus Durchzüglern. Der Herbstzug fällt in den Okober—Dezember. Grafsmann sah im Oktober 1916 Scharen von 800—1000 Stück auf den Brach- feldern, in den Jahren 15 und 17 blieben sie aus; Dennler be- richtet gleichfalls aus dem Pripjet-Sumpf von kleineren Trupps, die er im November 16 sichtete; in Bialowies zeigten sich ver- einzelte Bergfinken Anfang Oktober; Gengler traf in Polen grofse Scharen in der zweiten Hälfte September 15, darunter einen Schwarm von tausenden, wobei beide Geschlechter gemischt waren. In Ost-Galizien hörte Schelcher die Stimme von Berg- finken am 2. XI. 17. Der Frühjahrszug fällt zumeist in den April, frühestens auf die letzten Märztage. Reichenow und Grals- mann nennen den April, Schlüter sammelte ein Exemplar bei Smorgon schon am 28. III. 16, Schelcher beobachtete grölsere Scharen am 31. III. und 1. IV. 16. Winterberichte geben Schaiow für den Februar 15 (Nordpolen) und ich für Slonim, wo ich am 28. XI. 15 mehrere SS" aus einem Schwarm sammelte. Befund: Im Herbst und Frühjahr an vielen Orten Zuggast, bisweilen in ungeheuren Scharen, aber unregelmälsig; im Winter seltener. 160. Chloris chloris chloris L. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 67. — Grafsmann, J. f. O. 18, p. 309. — Puhlmann O. MS. 18, p. 210. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 186. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 22; O. MB. 18, p. 5/6; Ztschft. f. O. u. O. 19, p. 3: Fringella chloris. — Schalow O. MB. 17, p. 38. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 7. — Schlegel V. O. G. i. B. XIII, 4, p. 326. — Schlüter Falco 16, p. 27. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 378. — Zedlitz O. MB. 15, p. 151; O. MB. 16, p. 165; J. f. ©. 17, II, p. 296; 9. £.0. 18, p. 418. Ein jüngeres Q' meiner Sammlung, Slonim 8. IV. 16, ist im Vergleich zu schlesischen Stücken in dem gleichen Stadium recht hell gefärbt, besonders auf der Oberseite. Der Grünfink ist Jahresvogel, der überall im Gebiet brütet, meist ziemlich häufig, im Herbst sich zunächst zu kleinen Trupps zusammenfindet, im Winter schliefslich mit anderen Körnerfressern grofse Schwärme bildet, welche ziemlich unstät umherstreichen. So zahlreich wie er F aa F* Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 279 Stieglitze, Feldsperlinge und Ammern ist er in der Regel hierbei nicht vertreten (vgl. Bacmeister, Gengler, Schalow, Schelcher). Interessant ist Rüdigers Befund, dafs die ersten Bruten mit Vor- liebe in oder an Gebäuden stattfinden, weil zu so früher Jahres- zeit im Laubwald noch nicht genügend Deckung vorhanden ist und Gärten mit dichten Hecken fehlen. Für die späteren Bruten sucht der Vogel dann wieder gern grüne Büsche, Flechtzäune oder ähnliche Deckungen auf. Diese Beobachtung wird von Schelcher für Ost-Galizien bestätigt. In Polen hält ihn Stolz für nicht gemein, bei Kielce brütete er nach meinen Aufzeichnungen nicht selten, allerdings wohl nicht so zahlreich wie bei Slonim und im Sumpfwalde. Befund: Jahresvogel, meist recht häufig, im ganzen Sumpf- gebiet einschl. Bialowies sehr gemein zur Brutzeit, in einigen Teilen Polens und im Gouv. Kowno anscheinend seltener. 161. Acanthis cannabina cannabina L. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Cordes Zschft. f. O. u. O. 1919, p. 58. — Dennler Falco 17, p. 2. — Dobbrik O. MB. 17, p. 18. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 68. — Görnitz O. MB. 18, p. 130. -— Grafsmann O. MS. 16, p. 231; J. f. O. 18, p. 309. — Puhlmann, OÖ. MS. 18, p. 210. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 186. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 23; O. MB. 18, p. 5/6; Zschft. f. O. u. O. 1919, p. 3. — Schalow O. MB. 15, p. 88; OÖ: MB. 17, p. 37/38. — Schelcher V. 0.G. i. B. XIV, 1, p. 7. — Schlegel V. O0. G. i. B. XIII, 4. p. 327. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 378. — Zedlitz O. MB. 15, p. 136; J. f. O. 17, II, p. 296. Görnitz weist darauf hin, dafs ein ©* seiner Sammlung aus dem Pripjet-Gebiet (Frühjahr) eine scheinbar etwas hellere graue Kopffärbung habe als mitteldeutsche Vögel aus derselben Jahres- ‘zeit. Ich vermag mich zu dieser Frage nicht zu äufsern aus Mangel an sicheren deutschen Brutvögeln als Vergleichsmaterial. Der Bluthänfling wird einstimmig von allen Autoren als sehr häufiger Brutvogel für die ganze Region von Polen und Ost- Galizien bis Kurland bezeichnet, ich verzichte deshalb auf die Aufzählung der einzelnen Beobachtungen. Nicht dieselbe Einig- keit herrscht mit Bezug auf das Überwintern, daraus kann also nur der Schlufs gezogen werden, dafs dieses wohl vorkommt aber keineswegs die allgemeine Regel bildet. Am bestimmtesten dafür spricht sich Reichenow aus, welcher den Bluthänfling einfach als „Jahresvogel“ in Bialowies bezeichnet; das Berl. Mus. besitzt auch von dort o', 4. XII. 15. Gengler gibt eine gröfsere Reihe genau datierter Beobachtungen, von denen die späteste auf den 12. XII. 15 fällt (Polen. Puhlmann und Schelcher betonen nicht aus- drücklich, dafs die Art den ganzen Winter über zur Beobachtung kam, doch lassen die Bemerkungen über ihre Zugehörigkeit zu ‘den grolsen Fringilliden-Schwärmen dies nicht als ausgeschlossen 280 0. Graf Zedlitz: erscheinen. Demgegenüber stehen die Feststellungen von Graßs- -mann und mir, nach denen der Hänfling im Herbst fortzieht und erst im zeitigen Frühjahr unter den ersten Rückwanderern wieder im Sumpfwalde erscheint. Grafsmann sah den ersten gröfseren Schwarm schon am 17. III. 16, in Slonim hielten sie etwa 10 Tage später ibren Einzug. Also für die Polesje mufs die Art unter den Zugvögeln aufgeführt werden, in den benachbarten Gebieten scheinen einzelne Trupps bis in den Dezember sich herumzu- treiben, doch ist es mir zweifelhaft, ob sie den ganzen Winter dort aushalten. Über die Bruten machte Rüdiger dieselbe Beobachtung wie beim Grünfink, ich kann sie durchaus bestätigen, die ersten Nester standen sämtlich an Gebäuden, Veranden, Lauben usw., die späteren fanden sich auch in Büschen. Die Vögelchen waren vollkommen vertraut. Übereinstimmend berichtet auch Schelcher von einem ©, das sich überhaupt nicht vom Nest vertreiben liels, sondern in den berührenden Finger bifs. Die g'g' singen den ganzen Sommer durch, nach Gengler sogar bis in den Oktober. Befund: Sehr zahlreicher Brutvogel im ganzen Gebiet, im Sumpfwalde Zugvogel, sonst an einigen Stellen bis in den Winter hinein beobachtet. 162. Acanthis flavirostris flavirostris L. Gengler Orn. Jbch. 16, p. 68. — Schalow O. MB. 15, p. 88. Von den 4 Fällen der Beobachtung, welche Gengler anführt, beziehen sich die letzten zwar auf Polen, beim ersten ist jedoch keine nähere Ortsangabe beigefügt, es mufs sich um Lukow oder Biala handeln, also Orte, welche unserem Gebiete immerhin so nahe benachbart sind, dafs ich die Art hier nicht unerwähnt lassen möchte. Schalow traf Berghänflinge im Februar 15 unter den Scharen von Körnerfressern im nördlichen Polen. Befund: Herbst- und Wintergast in Polen, dürfte daher auch gelegentlich in unserem Gebiet auftreten, wo er jedoch bisher nicht sicher bestätigt ist. 163. Acanthis linaria linaria L. Gengler Orn. Jbch. 16, p. 68. — Gralfsmann J, f. O. 18, p. 310; O0. MS. 19, p. 50. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 186. — Schelcher V. ©. G. i. B. XIV, 1, p. 8. — Schlegel V. 0. G. i.B. XIII, 4, p. 327. — Schlüter Falco 16, p. 27. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 296. Der Leinzeisig erscheint nur auf dem Zuge, einzelne Scharen treiben sich den ganzen Winter über im Lande herum, sind aber ziemlich unstät. In manchen Jahren dürften sie häufiger er- scheinen, in anderen spärlicher. Grafsmann sah sie vom Dezember an in beiden Wintern auch bei strengster Kälte; Reichenow er- Br ad Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 281 wähnt den Durchzug bei Bialowies im November 16 und Februar 17 (genau übereinstimmend sind Schelchers Angaben für Ost- Galizien!). Aus dem Pripjet-Sumpf erhielt Schlegel 3 Ex. im Januar 16, von Goroditsche bei Baranowitschi 6 Ex. vom November 17. Schlüter sammelte ein g' bei Smorgon Anfang Januar 16. Anfang März 16 bei hohem Schnee erzählte mir ein Bekannter von einem gröflseren Schwarm, der längere Zeit in einem Guts- park unweit Baranowitschi sich aufgehalten hatte. Als ich hinkam bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, waren die Vögel verschwunden, ich weils also nicht, ob es sich um linaria typ. oder holboelli gehandelt hat. Gengler beobachtete wiederholt Flüge von linaria an verschiedenen Orten Polens ostwärts bis Brest-Litowsk Oktober—Dezember 15. u. Befund: Als Wintergast nicht gerade selten im ganzen ebiet. 164. Acanthis linaria holboelli Br. Domaniewski Mat. äl. f. orn. d. Pologne 1915, p. 663—678. Nach Domaniewski’s Untersuchungen auf Grund des Mate- rials in.den Warschauer Museen ist die grofse nordische Form gar nicht seltener Wintergast in Polen, sie dürfte daher höchst wahrscheinlich auch in den östlich angrenzenden Landesteilen, erscheinen, zumal sie bis in die Ukraine vordringt. 165. Acanthis hornemanni exilipes Coues. Domaniewski Mat. al. f. orn. d. Pologne, 1915, p. 665— 678. Im Branicki-Museum zu Warschau befindet sich ein Exemplar aus der Ukraine, im Dezember erlegt. Nach der geographischen Lage des Fundortes ist mit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen, dals diese Art auf dem Zuge zwischen ihrer nördlichen Brut- heimat und dem Winterquartier auch gelegentlich unser Gebiet passiert. 166. Spinus spinus L. Dobbrick ©. MB. 17, p. 18: Carduelis s. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 68: Acanthis s. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 310: Chrysomitris s. — Puhlmann O. MS. 18, p. 210: Chrysomitris s. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 186: Chrysomitris s. — Schalow O0. MB. 17, p. 38: Chrysomitris s. — Schlüter Falco 16, p. 30: Acanthis s. — Schelcher V. O. G. i.B. XIV, 1, p. 8. — Schlegel V. ©. @. i. B. XIII, 4, p. 327. Da Reichenow und Hesse in der „Namenliste“ keinen Grund angeben, weshalb sie statt des älteren Gattungsnamens „Spinus“ den jüngeren „Ohrysomitris‘“ benutzen, vermag ich mich in diesem Falle nicht ihnen anzuschliefsen, will mir aber damit keineswegs ein endgültiges Urteil anmafsen. Ich halte mich einfach an den älteren Namen, so lange seine Unverwendbarkeit nicht er- wiesen ist. 282 Ö. Graf Zedlitz: Fast alle Meldungen berichten von gröfseren oder kleineren Flügen des Erlenzeisigs oder Einzelexemplaren, welche sich unter andere Körnerfresser gemischt hatten, aus den Frühjahrs- oder Herbstmonaten, hingegen ist der Vogel zur Brutzeit offenbar sehr selten. Nur ein ganz sicherer Fall liegt vor: Gralsmaon fand im Juli einen geschlagenen Zeisig in einem Sperberhorst, lebend hat er den Vogel auch nicht gesehen. Dobbrick gibt bei seinen Beobachtungen aus dem Frühjahr im Gouv. Kowno kein genaues Datum an, wenn er schreibt: „Carduelis spinus zeigten sich hin und wieder im Waldgebiete nördlich von Tau- roggen und nördlich Klussy, im Walde von Kniebiany und Borki“. Es kann sich hier um Brutvögel handeln, ist aber nicht ganz klar erwiesen. Im allgemeinen erscheinen die Zeisige im Oktober (Reichenow, Schalow), sind im November anscheinend besonders zahlreich (Gengler, Schelcher, Puhlmann), manche überwintern (Reichenow), häufiger zeigen sie sich dann wieder im März und April (Schlüter, Schelcher). Bei Wischnew, wo offenbar die Art mit am häufigsten vorkommt, sah sie Puhlmann sogar schon vom August an. Im eigentlichen Sumpfwalde überwintert sie nicht, wenigstens ist es unwahrscheinlich; Schlegel erwähnt allerdings ein g', dals er von Dolsk erhielt, doch fehlen Angaben über die Zeit der Erlegung. Befund: Sehr seltener Brutvogel, häufiger Gast im Herbst, nicht selten im Frühjahr, überwintert auch, meidet aber zumeist den Sumpfwald. 167. Carduelis carduelis carduelis L. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 46: Acanthis c.. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 67: Acanthis c. c. — Görnitz O. MB. 18, p. 130: A.c. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 310; O. MS. 19, p. 50. — Kleinschmidt Falco 16, p. 13. — Puhlmann O. MS. 18, p. 210. — Reiehenow O. MB. 16, p. 132; J. f. O. 18, p. 408; „Bialowies“ 18, p. 186. — Schalow O. MB. 17, p. 38: O. elegans. — Schelcher V. 0. @. i. B. XIV, 1, p. 7. — Schlegel V. 0. G. i. B. XII, 4, p. 326. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 378. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p- 296. Gengler erlegte im Herbst 1915 einige Belegstücke aus einem Schwarm, welche bei gleichem Geschlecht eine schlankere und eine stumpfere Schnabelform zeigen, auch ist „das braune Brustband recht verschieden in Lebhaftigkeit der Farbe wie in der Ausdehnung“. Bei den von mir im Winter bei Slonim ge- sammelten Stieglitzen zeigen YQ einen sehr zierlichen, Q' einen stärkeren Schnabel, doch ist er stets spitz. Die Färbung der Unterseite ist durchaus rein, wie man das bei russischen Vögeln im frischen Gefieder so oft findet, das Weils ist gar nicht grau überflogen, das braune Brustband sehr ausgeprägt ; als Kennzeichen einer getrennten Form möchte ich diese Eigenschaften aber nicht Jg ä Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 288 auffassen. Auch Görnitz, Kleinschmidt, Reichenow und Schlegel sind zu demselben Resultat gekommen. Die Angaben über das Flügelmafs stimmen recht gut überein, es sind folgende: Görnitz 7,9—8,3 cm; Kleinschmidt 7,7—8,0 cm; Reichenow 76—82 mm; Schlegel 76 und 80 mm; Zedlitz 77—80 mm.!) Wenden wir uns nun der Verbreitung zu. In der Polesje ist der Stieglitz Brutvogel auf den höher gelegenen trockenen Teilen, z. B. der Pinsker Landzunge (Grafsmann), bei Bialowies (Reichenow) und bei Slonim (Zedlitz). Nach der Brutzeit streift er in Familien oder kleinen Gesellschaften umher, im Winter tut er sich zu grölseren Flügen zusammen. Solche Schwärme, welche nur aus der einen Art bestanden, beobachteten Dennler im November, Gralsmann im Januar (ca. 100 Ex.), Puhlmann sehr häufig im Herbst und Winter, Reichenows Gewährsleute im Oktober, November, Januar und Anfang April und ich im No- vember bis Januar. Seltener mischt sich der Stieglitz unter die anderen im Winter vergesellschafteten Fringilliden, es kommt zwar auch vor nach Schalow und Schelcher (l. c.), doch bemerkt letzterer ausdrücklich, carduelis scheine sich dabei etwas gesondert zu halten. Im übrigen stimmen seine biologischen Beobachtungen aus Ost-Galizien genau mit denjenigen im Pripjet-Geb. überein. Im Gouv. Kowno ist nach Dobbrick auch diese Art selten, in Polen wieder zahlreicher, besonders häufig im südlichen Hügel- lande (Stolz). Befund: Brutvogel im ganzen Gebiet; in der Polesje gemein in höheren, mehr trockenen Lagen, meidet hingegen den eigen- licher Sumpf. Überwintert massenhaft, hält sich dabei in kleinen, bisweilen auch gröfseren Flügen und zwar mit Vorliebe getrennt von anderen Könerfressern. 168. Serinus canarıus serinus L. Domaniewski Compt. Rend. Soc. Sc. Varsovie 1917, Fasc. 8, p. 1001: 8. c. polonicus. — Pax „Tierw. Polens“ p. 219 u. 232. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 8. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 378. Ehe ich auf die Systematik eingehe, möchte ich einen kurzen Überblick geben über die Besiedlung Polens durch den Girlitz auf Grund der oben angeführten Arbeit von Domaniewski (l. c. p. 991—1002) und der Angaben von Pax, welche sich auf Domaniewski stützen dürften: 1840 Festgestellt in der Bukowina und bei Zaleszczyki (Zawadzki); 1849 das erste 9‘ in den Skolskie-Bergen (Siemuszowa Pietruski); 1850 ein Pärchen ebendort (derselbe); 1) Über Carduelis-Formen erschien soeben eine wertvolle Arbeit von Sachtleben im „Archiv f. Naturgeschichte“ 1918, p. 88—158. 284 0. Graf Zedlitz: 1852 auf Pappeln ebendort 2 Nester gefunden, in den fol- genden Jahren zeigte sich die Neigung, immer zeitiger zu erscheinen und später wegzuziehen, so 1858 ein Pärchen noch am 9. XI. beobachtet, 1859 Ankunft am 19. III. festgestellt (S. Pietruski); bis 1850 bestimmt bei Ojcow nicht vorkommend (Wodzicki); 1853 gemein bei Ojcow und nordwärts bis Czenstochau sowie Zloty Potok vorgedrungen (Taczanowski); 1859 ein Q' gefangen bei Wilanow | unweit Warschau 1860 ein O‘ singend bei Sielce (derselbe); 1861 festgestellt bei Bochnia, West-Galizien (Schauer); 1877 die ersten 2 Pärchen bei Petrikau (Stroncezynski); seit 1876 häufig überall bei Warschau (Taczanowski); 1878 bei Krakau, westlich Bochnia Dzi ER 1880 gemein an den ganzen Karpathen N (Dzieduszycki); 1881 am Fulse der Tatra (Karlinski); 1884 häufiger Brutvogel bei Pulawy, Polen (Tarnani); 1915/16 häufig im ganzen südlichen Polen einschl. Gouv. Lublin, durch das mittlere Polen verbreitet bis Pulawy und Ciechocinek nahe der preufsischen Grenze, dagegen noch nicht gesehen bei Lomza und Suwalki in NO.- Polen (Stolz). Aus diesen Daten möchte ich folgende hervorheben: In den Skolskie-Bergen ist durch denselben Beobachter an seinem ständigen Wohnort einwandsfrei die Neuein- bürgerung innerhalb der Jahre 1849 bis 1859 festgestellt worden, erst erschien ein 9‘, dann ein Pärchen, dann kamen mehrere, dann trafen sie immer zeitiger ein und zogen später fort, bis die Normaltermine erreicht waren. Es ist dasselbe Bild, das sich jedesmal bietet, wenn eine Art ihr Verbreitungsgebiet erweitert: zunächst schiefsen einzelne Q'Q' gegen Ende des Frühjahrszuges über die bisherigen Grenzen hinaus, später gesellen sich — natürlich nur im günstigsten Falle! — ihnen auch QQ zu, es finden Bruten statt usw. Aufserordentlich interessant erscheint mir auch der Fall von Ojcow. Am Ausgange dieser Schlucht lebte auf seinem Gute Korzkiew der anerkannte Ornithologe Graf Wodzicki bis 1850 und brachte dort in dieser Zeit eine be- achtenswerte Vogelsammlung zusammen, es unterliegt also keinem Zweifel, dafs hier ein Fachmann dauernd und scharf beobachtet hat, aber nie hat er einen Girlitz gesehen. Als Taczanowski 1853 an denselben Ort kam, war der Vogel dort ziemlich gemein, wo- von sich bald Wodzicki selbst gelegentlich eines Besuches zu seinem gröfsten Erstaunen überzeugen konnte, ein Q' sang sogar direkt vor seiner Haustür, es war ganz ausgeschlossen, die Art zu übersehen. Ich meine, diese beiden so gut beglaubigten Fälle müfsten genügen, um diejenigen Ornithoiogen zu bekehren, welche die Ansicht verfechten, der Girlitz sei gar nicht bei uns eingewandert, sondern nur früher aus Mangel an geschulten a;® fl Bi. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 285 Beobachtern einfach nicht gemeldet worden. Ich möchte noch hervorheben, dafs der Vorstofs offenbar in unserer Region nicht von Süden, sondern von Südosten her erfolgt ist und zwar in mehreren parallel vordringenden, später strahlenförmig ausein- anderstrebenden „Sturmtrupps“, deren Spitzen z. B. um 1860 die Gegend von Warschau in Polen, in West-Galizien aber Bochnia erreichten, 1884 eroberten sie Pulawy in Nord-Polen, 1878 Krakau im westlichen Galizien. Ebenfalls in der Richtung aus SO. hat der Girlitz — wohl schon vor 80 Jahren beginnend — Schlesien besiedelt, indem er die March-Beczwa-Oderfurche als Einfallstor benutzte (vgl. hierzu auch Kollibay „Vögel d. pr. Prov. Schlesien“, p. 266). Diese gleiche Richtung, aus welcher die Einwanderer kamen, legt die Vermutung nahe, dafs die heutigen Brutvögel von Polen und Schlesien derselben Form angehören im Gegensatz zum mitteldeutschen $. c. germanicus Laubm., der aus dem Südwesten oder Süden zugewandert sein dürfte. Nun hat Domaniewski 1917 (l. c.) die polnischen Vögel als „polonicus‘“ neu beschrieben. Dafs sie nicht zu germanicus gehören, wird wohl von allen neueren Forschern anerkannt, sie mögen vielleicht auch von serinus typ. artlich verschieden sein, aber Domaniewskis Beweisführung vermag ich nicht an- zuerkennen. Er hat nämlich verglichen 5 polnische Brutvögel vom V., VII. und 2. VIIL — also durchweg im stark ab- genutzten Kleide— mit4Wintervögeln vomX.,Xl, II. — also im ganz frischen Gefieder — von Dalmatien, Cremona, Smyrna, Ajaccio. Bei letzteren ist keinerlei Gewähr dafür vorhanden, dafs es sich um typische serinus handelt, es können ebensogut zugewanderte Gäste aus dem Norden sein, wer weils, ob nicht die „Wiege“ des einen oder anderen gar in Polen stand ? Aufserdem ist es ganz unzulässig, wie immer wieder be- tont werden muls, aus einem Vergleich frischer Kleider mit ab- getragenen Schlüsse ziehen zu wollen. Ganz selbstverständlich erscheint ein Serinus im Winter heller und im Sommer dagegen goldiger gelb, weil dann die Federsäume abgestolsen sind, genau wie der Bluthänfling erst im Sommer intensiv rot wird. Ich besitze in meiner Sammlung z. B. an sicheren Brutvögeln vom typischen Serin«s 8 910° aus den Atlasländern: 5 0Q'0' Nord- Tunesien (Sommer bis IX.), 3 JO! Algerien (Biskra 22. 1V., El. Kantara i. Atlas 29. 1V, Fetzara-See 30. V. 13); sie alle zeigen so reines Goldgelb auf Brust und Bürzel wie keins meiner Stücke aus Ost-Deutschland und den angrenzenden Ge- bieten, beim Vergleich wäre man geneigt, gerade die Nord- afrikaner abzutrennen, weil sie das goldigste Gelb und das reinste Weifs auf der Unterseite zeigen. Über die terra typ. von serinus sagt Linn nur: „Hab. in Europa australi“. Übrigens käme für polnische Vögel auch vielleicht der Name „luteolus Homeyer“ (J. f. O. 73, p. 223) in Betracht, der sich auf Schlesien bezieht. Stolz und Pax haben ihre polnischen Girlitze als serinus Journ, £ Orn, LXIX, Jahrg. Juli 1921, 19 286 0. Graf Zedlitz: typ. bestimmt, und ich schliefse mich ihnen vorläufig an. Ichwil nicht bestreiten, dafs die polnisch-schlesische Form sich doch von | der mediterranen unterscheiden könnte, halte dies sogar für wahrscheinlich, aber die von Domaniewski gegebene Begrün- dung muls ich zurückweisen, der Beweis kann nur durch Ver- gleich grölserer Serien von Brutvögeln aus den ver- schiedenen Gebieten erbracht werden. Bei den ostgalizischen Girlitzen erklärt Hellmayr (V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 8, Anm.) die Artzugehörigkeit für zweifelhaft, die Wahrscheinlichkeit spricht für serinus typ., da von hier aus ja West-Galizien und Polen besiedelt worden sind. Befund: Der Girlitz ist vor ca. 70 Jahren von Südosten in Polen eingewandert und hat bis 1915 das ganze Land mit Aus- nahme des Nordens erobert, ähnlich ist der Verlauf in West- Galizien und Schlesien gewesen. Durchweg handelt es sich hier nicht um grüngelbe $.c. germanicus, sondern um reingelbe 8. c. serinus;, die Form $. c. polonicus ist bisher nicht genügend begründet. 169. Carpodacus erythrinus Pall. Dobbrick O. MB. 17, p. 36. — Neumann J. f. O. 18, p. 237. — Pax „Tierw. Polens“ p. 222. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 187. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 23. — Zedlitz O. MB. 15, 91, : Von relativ häufigem Auftreten des Karmingimpels können uns Neumann mit Bezug auf das nordpolnische Weichselgebiet und Dobbrick aus dem Dubissatale sowie von beiden Ufern des Njemen berichten. An diesen Orten brütet er auch zahlreicher, als man bei oberflächlicher Beobachtung meinen sollte (vgl. Neu- mann). Ferner nennt Pax ihn an erster Stelle- unter den „charakteristischen Bewohnern der polnischen Niederung“. Rü- diger fand am 11. VI. 16 beim Gute Mifshof in Kurland ein Fünfergelege (siehe dort genau Beschreibung des Nestes). Für Bialowies ist die Art noch nicht einwandfrei nachgewiesen, im Pripjet-Sumpf scheint sie nicht vorzukommen. Befund: Regelmäfsiger Brutvogel im nördlichen uud mittleren Polen, Gouv. Kowno und Kurland, sonst anscheinend sehr selten, fehlt in der inneren Polesje. 170. Pyrrhula pyrrhula pyrrhula L. Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 49. — Dobbrick O0. MB. 17, p. 18. — Görnitz O. MB. 18, p. 130. — Grafsmann J. f.O. 18, p. 310; O. MS. 19, p. 50. — Kleinschmidt Falco 16, p. 12. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 187. — Schalow O. MB. 17, p. 38: P. major. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, 1,p.8. — Schlegel V. O0, G. i. B. XIII, 4, p. 327. — Schlüter Falco 16, er Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 287 p- 29. — Zedlitz O. MB. 15, p. 166; J. f. O. 17, I, p. 104; J. #0. 17, II, p. 297. Auf systematische Fragen brauche ich nicht näher ein- zugehen, nachdem Stresemann erst soeben in den „Beiträgen z. Zoogeorgr. d. paläarkt. Region“ 1919, Heft 1, p. 25—56 den europäischen Gimpel eingehend besprochen hat. Ich kann ihm nicht in allen Punkten und Schlufsfolgerungen vorbehaltslos bei- pflichten, insbesondere legt Autor m. E. bei Fragen der Ver- breitung den Wintergästen und Durchzüglern einen wohl etwas zu grolsen Wert bei. Zieht man z. B. bei P. p. minor alles Material ab, das zwischen X. und Ende III. erlegt worden ist, dann bleibt nicht gar viel übrig. Die Verbreitungskarte wird also — unbeschadet ihres grofsen Wertes — mit der Zeit wohl noch einige Korrekturen erfahren, die ersten hat schon der Verfasser selbst in einem Nachtrage (V. 0. G. B. XIV, 3, [1920], p. 218—220) gegeben; mit dem Grundprinzip der Dreiteilung für die in Deutschland vorkommenden Gimpel bin ich aber durchaus einverstanden, denn es sind mir schon früber auf Grund des Materials meiner Sammlung Zweifel aufgestiegen, ob man mit Harterts Zweiteilung auf die Dauer auskommen könne. Auch Kleinschmidt in seiner „Ornis Germanica“ 1917, p. 1 plädiert für eine „Zoxia Pyrrhula germanica Br.“. In Stresemanns interessanter Arbeit sind unter P. p. pyrrhula auch Vögel aus dem Pripjet-Gebiet aufgeführt, und sie gehören auch nirgends anders hin als zur typischen Form, darüber sind sich wohl alle Autoren einig. Soweit Flügelmalse angegeben werden, bestätigen sie durchaus diese Tatsache: Görnitz 9° 9,6 cm; Kleinschmidt 9‘ 9,6 em; Reichenow @ 90 mm; Schlegel 9 J'', 6 99 8,9—9,5 cm (als Druckfehler steht dort mm); Zedlitz 0° 95 mm (Coll. Kielce), Q'9' Slonim I. XII. 16 haben 92,93 mm, Q Sionim I. 16 hat 88 mm (Coll. Zedlitz). Ganz entsprechend messen meine selbstgesammelten Brutvögel aus Västergötland (Schweden): 6 Q'S' vom IV. und V. haben 90, 90, 91, 92, 93, 93 mm, 2 QQ9 vom IV. und V. 90, 91 mm Flig. Im Priepjet- Gebiet besteht übrigens die überwiegende Zahl der dort er- beuteten Exemplare aus nordischen (vielleicht nordöstlichen) Wintergästen, nicht aus Brutvögeln. Wenn Schlegel (l. c.) das reine und ausgedehnte Grau des Rückens bei den QQ aus dem Pripjet-Gebiet erwähnt, so kann ich zur Bestätigung dieser Beobachtung bemerken, dafs auch das Q von Slonim oberseits reiner oder lichter grau ist als schwedische und schlesische 92 meiner Sammlung. Da aber ersteres vom Januar stammt, letztere im April/Mai bezw. März erlegt sind, so könnte immerhin die Gefiederabnutzung hier etwas mit- sprechen. Für besonders alt halte ich mein russisches © nicht, im Gegenteil auf Grund des kurzen Flügelmalses für jung. Es Einafiblt sich jedenfalls, auf die Rückenfärbung der QQ genau zu achten, 19* 288 0. Graf Zedlitz: Die meisten Beobachter erwähnen den grofsen Gimpel nur als Wintergast, der im Oktober oder November erscheint und bis zum März oder April dableibt (Dennler, Grafsmann, Puhlmann, Reichenow, Schalow, Schelcher, Schlüter). Im späteren Frühjahr bezw. Sommer wurde er von Dobbrick einige mal im südwestlichen Gouv. Kowno bei Tauroggen und einmal im nördlichen Teil bei Matwie festgestellt, ebenso vereinzelt zur Brutzeit in Bialowies (Reichenow) und an der oberen Schara bei Ostrow im Mai 16 (Zedlitz bezw. Marx). Als Brutvoget scheint er überall selten zu sein, als Wintergast ist das Gegenteil der Fall. Die meisten Autoren berichten von seinem Erscheinen in den Ortschaften zur Winterszeit, ich bestreite das keineswegs, möchte aber betonen, dafs der Gimpel zu den wenigen Vögeln gehört, welche auch den tief verschneiten russischen Winterwald beleben (vgl. J. f.O. 18, p. 418: „Im winterlichen Walde haust in grofsen Scharen der nordische grofse Gimpel, . . . . er ist sehr munter, lockt fleifsig an schönen Tagen und lebt zumeist von Unkrautsämereien auf den Kahlschlägen. Die von mir abgebalgten Exemplare... waren stets gut bei Leibe“). Die rotbrüstigen 9'C" auf dem glitzernden Schnee, als Hintergrund dunkelgrüner Nadelwald oder rauhreifbehangenes Laubholz, darüber die strahlende Sonne am lichtblauen Winterhimmel, das gab ein Bild, das mich oft entzückt hat. In den einzelnen Schwärmen überwiegt stets eins der beiden Geschlechter sehr stark, doch sind fast immer auch einige Vertreter des anderen Geschlechts dabei. Diese von mir gemachten Beobachtung bestätigt auch Dennler. Befund: Wintergast im ganzen Gebiet, als Brutvogel spärlich. 171. Loxia curvirostra curvirostra L. Dobbrick ©. MB. 17, p. 18. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 187. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 379. — Zedlitz 2.20.37, 11, 9.297 Zu den häufigen Erscheinungen gehört der Fichtenkreuz- schnabel nicht, am wenigstens im Sumpfwalde, da ja auch dort die Fichte so gut wie ganz fehlt. Am Rande desselben, wo die Höhe gemischte Nadelholzbestände trägt, erscheint er hie und da und dürfte auch dort vereinzelt brüten, da Marx ein 9° im Hochzeitskleide noch Ende Mai 16 bei Ostrow beobachtete. Im Walde von Bialowies ist er nach Reichenow sogar eine häufige Erscheinung und auch im Sommer erlegt worden, also ziemlich sicher Brutvogel. Das Gleiche gilt vom Gouv. Kowno, wo Dobbrick im nördlichen Teil Anfang und Ende Juni je einen kleinen Flug, im südlichen Teil am 2. VII. eine Familie beobachtete. Unfern davon bei Suwalki im nördlichsten Zipfel von Polen fand Stolz 1916 den Kreuzschnabel recht zahlreich und sammelte Jungvögel im August. Befund : Seltener Brutvogel am Nordrande des Sumpfes, zahlreicher bei Bialowies und in Nord-Polen, stellenweise auch Br, Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 289 im Gouv. Kowno; streicht nach der Brutzeit den Herbst und Winter hindurch in kleinen Flügen herum. 172. Loxia pytyopsittacus Borkh. Gralsmann J. f. O. 18, p. 310: Z. curvirostra p. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 187. In der Namenliste von Reichenow und Hesse (p. 359) ist der Kiefernkreuzschnabel als Subspecies von L curvirosta auf- geführt. Da beide in einer gröfseren Region nebeneinander brüten, kann ich nach meiner Auffassung der geographischen Form mich diesem Vorgehen nicht anschliefsen, sondern muls Hartert (V. d. p. F. p. 116, Anm.) und Hellmayr (V. 0.G. i.B. XII, 1, p. 97) folgen. Übrigens benutzt Reichenow selbst später („Bialowies“ p. 187) die binäre Bezeichnung. Diese Art wurde von Grafsmann nur einmal am Rande eines Kiefernwaldes in einem Trupp bestätigt, in Bialowies er- legte Herr Dr. Rubner ein Exemplar am 27. IV. 17. Befund: Seltener Gast im Pripjet-Gebiet und in Bialowies. 173. Lozxia leucoptera bifasciata Br. Domaniewski Mat. ä 1. f. orn. d. Pologne, 1915, p. 663—678. Nach Domaniewski erscheitt der Binden-Kreuzschnabel nicht gar zu selten in Polen und Galizien, am 19. X. 09 wurde ein oJ ad. bei Kutno, Gouv. Warschau, erbeutet. Nach Dr. Ottow ist die Art in den Baltischen Provinzen häufiger, auch für Ost- preufsen ist sie neuerdings durch Tischler nachgewiesen.!) Befund: Für Polen und Baltikum festgestellt, für die Polesje bisher noch nicht. 174. Plectrophenax nwalis nivalıs L. Dennler „Natur“ 18/19, p. 46: Emberisa n. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 310; O. MS. 19, p. 50: Passerina n. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 187: Passerina n. — Schlegel V. O0. G. i. B. XII, 4, p. 330. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 297: Passerina n. Zur Winterszeit erscheint dieser nordische Gast nicht allzu selten in der Polesje, Dennler beobachtete zwei mal Schwärme von etwa 80 Stück und ein Pärchen noch am 26. III. 17. Ebenso berichtet Grafsmann von einigen Trupps aus dem Winter 1916/17, er sah sie auch gemischt mit Goldammern und Leinfinken. Allerdings handelt es sich hier nicht um Scharen von Tausenden, wie sie ihm in Ungarn Januar 15 zu Gesicht kamen. Bei Bialo- wies wurden Schneeammern im Januar 17 beobachtet und ein Pärchen erlegt. Bei dem von mir in meiner früheren Arbeit er- 1) Reichenow erwähnt (,„Bialowies“ p. 187) ein auffallendes Stück, das als Blendling zwischen Fichten- und Binden-Kreuzschnabel angesprochen werden könnte, 290 O0. Graf Zedlitz: wähnten kleinen Trupp, der am 17. XI. 16 östlich Slonim ge- sichtet wurde, dürfte es sich bestimmt um diese Art gehandelt haben, wie spätere Mitteilungen ergaben, die Vögel sind noch mehrfach bemerkt worden. Schlegel erhielt ein Q' ad. vom 25. Xl. aus Goroditsche. Befund: Nicht ganz seltener Wintergast in der Polesje. ? 175. Montifringilla nivalis subsp. Domaniewski Rev. crit.d. !’Avif. d. 1. Galizie, p. 63. — Zedlitz 3. #. 0.17, 11.297: Da kein Belegstück gesammelt werden konnte und die Be- leuchtung am Nachmittag des 28. X., 15, als ich die fraglichen 7 Vögel bei Slonnim antraf, aufserodentlich schlecht war, führe ich diese Art unter Vorbehalt auf. Meine Vermutung, dafs es sich um Schneefinken handelte, wird dadurch einigermafsen ge- stützt, dafs Domaniewski in seiner Avifauna von Galizien bemerkt, nach mehreren Autoren käme M. nivalis nivalis in den Gebirgen dieses Landes, z. B. der Tatra, vor. Es wäre also nicht gar so auffallend, wenn im Spätherbst diese Hochgebirgsbewohner auch gelegentlich im Flachlande, das nördlich angrenzt, sich blicken liefsen. a 175. Emberiga calandra calandra L. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 49. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 70. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 310. — Kleinschmidt Falco 17, p. 23. — Neumann J. f. O0. 18, p. 238. — Reichenow ‚,„Bialowies“ 18, p. 187. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 23; Zschft. f. ©. u. O. 1919, p. 4. — Schalow O. MB. 15, p. 88. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 9. — Schlegel V. ©. G. i. B. XII, 4, p. 327. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 379. — Zedlitz O. MB. 15, p. 137, 166; J. f. O. 17, II, p. 298. Die systematischen Fragen bieten hier besondere Schwierig- keiten, selbst Hartert hat in den V. d. p. F. p. 166 sich noch eine Entscheidung vorbehalten. Was er über die Verschiedenheit zwischen Jungvögeln (dunkelbraun mit lebhaft rostgelben Feder- rändern) gegenüber alten Stücken sowie über die starke Ver- änderung sagt, welche das Gefieder durch Abnützung erfährt, ist so zutreffend und beherzigenswert, dafs dieser Passus gar nicht dick genug unterstrichen werden kann. In dankens- werter Weise hat auch neuerdings Schlegel (l. c.) wieder auf die grundverschiedene Gefiedertönung im Herbst und Frühjahr hin- gewiesen, seine Forderung, dafs aus verschiedenen Gegenden nur Vögel mit annährend gleichen Erlegungsdaten verglichen werden dürfen, kann ich nur wärmstens unterstützen. Tischler hat in seiner sehr wertvollen Arbeit über die Grauammern (J. f. O. 18, p. 425—436) auf p. 433 die bisher beschriebenen Formen zusammengestellt, konnte aber auch über die Berechtigung jeder r r Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 291 einzelnen noch kein Urteil abgeben. Die Untersuchungen werden - dadurch sehr erschwert, dafs — scheinbar ganz regellos — die Gerstenammern bald Stand-, bald Zug- oder doch Strichvögel sind. Näheres darüber findet sich bei Tischler (l. c.), auch habe ich kürzlich (J. f. O. 20, p. 396, Vortrag in der Februar- Sitzung.) diese interessante Tatsache näher besprochen, sodafs ich hier nicht weiter darauf eingehen möchte. Es genügt die Feststellung, dafs wir an vielen Orten aufserhalb der Brutzeit mit fremden Gästen ebenso wie mit einheimischen Vögeln zu rechnen haben, mithin können zu systematischen Untersuchungen nur sichere Brutvögel ein ganz einwandfreies Material liefern; um diese Zeit hindert aber die vorgeschrittene Abnutzung des Gefieders vielfach schon die Feststellung feinerer Unterschiede, damit ist der eirculus vitiosus geschlossen! Uber die Veränderungen durch Abnutzung möchte ich kurz_Folgendes sagen: Im frischen Ge- -fieder ist die Unterseite stets gelblich überlaufen, es handelt u 3 2 sich dann um eine „Gilbammer“, wie Schlegel sehr richtig sagt. Diesen Charakter betont auch Gengler (l. c.) beiseinen November 1915 in Polen erlegten Stücken, ich fand ihn durchweg bei Vögeln vom Oktober bis tief in den Winter hinein. Dieser gelbliche Ton sitzt in den Federsäumen, er verliert sich durch Abreiben derselben so gut wie ganz bis zum Frühjahr — das Tempo ist dabei verschieden! — gleichzeitig werden die dunklen Kropfflecke schmaler, z. T. bestehen sie schliefslich nur noch in „Spritzern“, hingegenkönnendie Flecke selbst nicht blasser werden, weil ja die Federmitten dunkel sind, das Ge- samtbild der Uhterseite wirkt aber dann lichter, weil eben die Fleckung feiner geworden ist. Die Oberseite verändert sich vom Herbst bis zum April — bisweilen bis Anfang Mai — nicht sehr wesentlich, dann — also meist um die Wende des April — werden die Federstrahlen innerhalb einer kurzen Zeit von 2—3 Wochen zum grolsen Teil abgeworfen (ähnlich wie z. B. die Tetraonen ihre „Balzstifte‘ im Mai abwerfen), sodafs nun die mehr oder weniger kahlen Federäste, welche blasser als die Strahlen sind, den Ton angeben. Dadurch entstehen helle Säume, und das ganze Gefieder erscheint mehr grau als braun. In diesem Stadium ähneln auf den ersten Blick Vertreter der braunen Färbung, welche eben durch Abnutzung — grau geworden sind, den wirklich grauen Formen im frischen Ge- fieder. Eine genaue Untersuchung wird natürlich bald feststellen, dafs es sich einmal um das abgestofsene, das anderemal um ein frisches Kleid handelt. Bei Vergleich von gleichmäfsig abge- nutzten Kleidern unter sich ist ein Unterschied zwischen ur- sprünglich grauen und braunen Exemplaren in den meisten Fällen noch erkennbar, aber manche feine Nüance geht eben doch leider mit dem Verschwinden der Federsäume verloren. Wenn ich unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte das Material in Berl. Mus, und in meiner Sammlung durchsehe, so er- 292 0. Graf Zedlitz: gibt sich ganz deutlich das allgemeine Bild: im Westen braune Färbung, im Osten graue, dazwischen alles mögliche durch- einander, aber im allgemeinen ist eine Zunahme der grauen Töne mit dem Vordringen nach Osten wahrnehmbar. Vertreter der braunen Phase ist E,c. projer P. L. S. Müller in Frankreich, das Extrem in Grau finden wir bei E. c. buturlini Joh. in Sibirien. Dazwischen lebt E. ce. ger- manica Br. in Deutschland und Süd-Polen, auf der Oberseite ist der braune Ton noch vorherrschend;; daran schliefst sich nach Osten eine grauere Zwischenform, welche anscheinend Nord- Polen !), das Pripjet-Gebiet, Zentral-Rufsland, Ost-Ungarn und die Dobrudscha bewohnt — ich nenne hier nur die Gegenden, von denen mir Material vorliegt. Ich konnte mir leider keine schwedischen Stücke beschaffen; in den baltischen Provinzen kommt E. calandra nicht mehr vor, also weifs ich nicht, wie die westrussischen Vögel sich zu typischen calandra verhalten. Mit germanica stimmen sie jedenfalls nicht überein, ich be- zeichne sie deshalb vorläufig als calundra. Diese grauere — aber noch nicht extrem blasse — Form entsendet im Winter ihre Vertreter weit nach Westen, mir liegen im Berl. Mus. ver- schiedene solche Stücke — meist aus Coll. Ehmke — vor, welche in der östlichen Mark im März oder April gesammelt sind, das Gleiche ist in Polen festgestellt worden; bemerkenswert ist dabei, dafs wiederholt am gleichen Datum braune und graue Stücke erlegt sind, es ist von Domaniewski?) festgestellt worden, dafs sie sich in ein und demselben Schwarm befanden. Einzelne graue Gerstenammern finden sich sogar im Januar noch bei Biskra in Süd-Algerien, daneben sammelte ich dort Stücke, welche zu projer zu gehören scheinen. Auf die nordafrikanischen Brut- vögel hoffe ich später noch einmal zurückzukommen, es handelt sich dort m. E. um eine oder gar zwei Rassen. Ebenso könnten vielleicht die Gerstenammern aus Kleinasien, welche ganz schwach gefleckt erscheinen, abgetrennt werden, doch liegen mir von dort nur stark abgenutzte Kleider aus dem Juni vor. Dazwischen fand Gengler (Balkanvögel p. 74/75) in Südost-Europa von Slavonien an bis Serbien wiederum durchweg Vögel mit stärkerer schwarzer Zeichnung auf dem Rücken als sie sonst bei typischen bezw. mehr nordischen E. calandra üblich ist. In Mazedonien stellte er die Form E. c. graeca Parrot (Orn. Jbch. 1910, p. 144) fest in einem 9‘ vom 30. III. 17 (Fllg. 102 mm). Ich mufs es bei diesen Hinweisen vorläufig bewanden lassen. Mein Befund betr. russische E. calandra wird übrigens bestätigt durch Schlegel (l.c.) und Kleinschmidt, welcher (].c.) schreibt: „Die Grauammern des Ostens sind von denen des Westens überraschend verschieden, 1) vgl. Stolz J. f. O. 17, I, p. 279. #2) Ich beziehe mich hier auf eine mündliche Mitteilung von Prof. 0. Neumann über Domaniewski’s Privat-Sammlung. BL} Be a A Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 298 im Osten grau oder frisch gelbgrau, im Westen brauner und dunkler.“ Ich besitze ein Ex. juv., Slonim 29. VI. 16, das auf der Unterseite blasser, oberseits graulicher ist als die meisten deutschen Jungvögel. Die Flügelmafse schliefsen sich bei benach- barten Formen nicht aus, doch finde ich das Minimum bei projer (englische Vögel liegen mir nicht vor), das Maximum bei Stücken aus Rufsland und der Dobrudscha. Von der Verbreitung ergibt sich folgendes Bild: Polen: im Gouv. Ljublin in geringer Zahl VII. und VIII. 15 (Bacmeister), einige im XI. 15 (Gengler), graues Q' 19. V. 16 bei Lomza erlegt (Stolz), bei Mlawa I. und II. 15 in riesigen Schwärmen (Neumann) im mittelpolnischen Flachlande in grofsen Maßen II. 15 (Schalow), bei Wloszezowa IV. 15 selten, bei Kielce V., VI. 15 häufiger, in der Sammlung zu Kielce ein Rein-Albino (Zedlitz). Ost-Galizien, ebenso häufig wie Goldammern, im Winter gemein (Schelcher). Pripjet-Gebiet: erwähnt ohne nähere Angaben (Dennler), co, 2 99 von Dolsk (Görnitz), „gehört zu den selteneren Brutvögeln, im Winter ganz ver- einzelt‘ (Gralsmann),' kommt bei Bialowies vor (Reichenow), 3 Gelege und Einzeleier bei Dolsk gesammelt 25. V,‚—10. VIL 17 (Rüdiger), 5 Ex. vom 16. I.—23. V. gesammelt bei Dolsk (Schlegel), bei Slonim einige Brutpaare, erscheint erst im April, im Winter nie beobachtet (Zedlitz). Gouv. Kowno, „geradezu selten“ (Dobbrick), nur 1 Ex. 24 Kim von der ostpreufsischen Grenze beobachtet, kommt nach Russow (1880) in den Ostsee-Prov. nicht vor (Rüdiger). Befund: E. c. germanica ist im Sommer in Süd- und Mittel- Polen vertreten, jedoch nicht sehr häufig, in Nord-Polen lebt anscheinend schon E. e. calandra, im Winter grofse gemischte Schwärme in Nord- und Mittel-Polen sowie Ost-Galizien; im Pripjet-Gebiet spärlicher Brutvogel, überwintert nur ausnahms- weise; im Gouv. Kowno zur Brutzeit sehr selten; in den beiden letzten Fällen handelt es sich um E. c. calandra. 176. Emberisa citrinella erythrogenys Br. Emberica citrinella citrinella L. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Cordes Ztschft. f. O. u. O. 1919, p. 58. — Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 49. — Dobbrick O0. MB. 17, p. 18. — Domaniewski F. Pass. Ok. Sarat. p- 38; Compt. Rend. Soc. Sc. Varsowie 1918, Fasc. 4, p. 493, 294 0. Graf Zedlitz: ’ f 494, 499. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 70. — Görnitz Ö. MB. 18, p. 130. — Gralsmann J. f. O. 18, p. 311; O. MS. 19, p. 50. — Kleinschmidt Falco 16, p. 13. — Neumann J. f. O, 18, p. 238. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 187. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 23; Zschft. f. O. u. O. 1919, p. 4. — Schalow O. MB. 15, p. 88; O. MB. 17, p. 37. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, 1, p. 10. — Schlegel V. O. G. i. B. XIII, 4. p. 328: — Schlüter Falco 16, p. 26, 28, 36. — Stolz J. f.O. 17, I, p. 379. — Zedlitz O. MB. 15, p. 152; O. MB. 16, p. 165; J. £. ©. 17, I, p. 104; J. f. O. 17, II, p. 298. Wohl bei keiner Art ist die Liste der Autoren, welche sie erwähnt haben, so vollständig wie bei der vorliegenden. Ich habe alle Notizen über Goldammern hier zusammen aufgeführt, da es bei vielen unmöglich ist, festzustellen, ob sie sich auf citrinella typ. oder eryihrogenys beziehen. Unter den Gelehrten, welche den systematischen Fragen näher getreten sind, herrscht keines- wegs Einigkeit darüber, zu welcher Form die Goldammern West- Rufslands zu rechnen sind, hat doch die Systematik gerade in diesem Formenkreise schon seit einer Reihe von Jahren viele unsrer besten Federn in Bewegung gesetzt, ich greife nur einige Arbeiten (alphabetisch geordnet) heraus, welche sich speziell mit den östlichen Formen beschäftigen: Gengler J. f. O. 07, p. 249—282, = Orn. Jbch. 11, p. 177—182, „ „ „ 12, pP. 88— 92, 3. „ „ 14, p. 27—30; Hartert V. d. p. F. I, p. 168, 169; II, p. XXII, Anm. 8; Hesse Mitt. a. d. Zool. Mus. Berlin, 6. Bd., 3 Heft, 1913, p. 421—423; Kleinschmidt J. f. O. 03, p. 145; T. VII, Fig. 1—4; Parrot Orn. Jbch. 05, p. 42—47; Popham Ibis 01, p. 453, T. 10 (E. c. brehmi); Rotschild Nov. Zool. 02, p. 168; Sarudny Orn. Jbch. 02, p. 58 (E. mollesson:); Schalow J. f. O. 08, p. 222/23. Speziell mit Bezug auf unser Gebiet — im weitesten Sinne genommen — finden sich in der einschlägigen oben zusammen- gestellten Literatur folgende Ansichten vortreten: . Dobbrick hält Brutvögel des Gouv. Kowno für citrinella typ.; Domaniewski behandelt eingehend E. c. eryihrogenys von Saratow, terra typ.; war Gengler fand im Winter 1915/16 zahlreich in Polen citrinella typ., daneben sammelte er auch einige eryihrogenys; > | Görnitz stellte fest, dafs Pripjet-Vögel zu eryihrogenys neigen; Kleinschmidt findet „die erwarteten Unterschiede an Keble und Rücken kaum erkennbar“, doch lagen ihm nur 2 Russen und 1 Franzose damals als Material vor; Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 295 "Reichenow erklärt Wintervögel von Bialowies wiederholt mit Bestimmtheit für citrinella; Schelcher rechnet Winter- und Brutvögel Ost-Galiziens zu cstrinella typ. Schlegel verglich 11 Pripjet-Vögel sehr sorgfältig, kommt jedoch zu keinem abschliefsenden Urteil. Stolz bezeichnet Brutvögel aus Nord- und Süd-Polen als sylvestris, ich selbst bin dafür eingetreten, die Brutvögel vom Pripjet- Gebiet zu erythrogenys zu ziehen, und muls bei dieser Ansicht bleiben, wie ich hierunter auseinandersetzen werde. Es würde weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen, wollte ich die vielen, sich oft widersprechende Ansichten in ihren Einzelbeiten wiedergeben und eine Nachprüfung versuchen, das wäre Sache einer Monographie über E. citrinella. Ich will mich möglichst kurz fassen und nur die Gründe anführen, welche für meine eigene Stellungnahme mafsgebend gewesen sind. Auf einen Umstand mufs ich vorher noch hinweisen, durch welchen leicht Unklarheiten entstehen können: Reichenow und Hesse (vgl. auch Namenliste p. 359) erkennen ebenso wie Hartert nicht die deutsche Form sylvestris an, sondern bezeichnen auch deutsche Vögel beim Vergleich mit erythrogenys als typische citrinella. Die meisten anderen Autoren unterscheiden neuerdings zwischen eitrinella typ. aus Skandinavien, Nord-Rufsland und sylveströs aus Mittel-Deutschland (vgl. Kleinschmidt Ornis Germanica 1919, p. 1; Hellmayr Nomenclator, p. 4; Schalow „Beiträge zur Vogel- fauna der Mark Brandenburg, 1919, p. 145; Gengler l.c.) Wenn also z. B. Reichenow (,„Bialowies“, p. 187) sagt, dafs das Gelb der Unterseite „bei der typischen E, eiztrinella blasser ist und etwas ins Grünliche zieht“, so meint er damit in erster Linie deutsche Vögel, welche wir als sylvestris bezeichnen würden. Die Unterschiede, um welche es sich bei den 3 Formen citrinella, syWestris und erythrogenys handelt, sind sehr fein, nebenher läuft eine recht erhebliche individuelle Variationsbreite, welche natur- gemäfs die artlichen Unterschiede zu verdunkeln geeignet ist. Das geht schon daraus hervor, dafs bald auf Kehlfärbung, Kropf- und Nackenband, bald auf die Farbe der Oberseite, bald auf den Ton des Gelb an der Unterseite als wesentlichste Merkmale hingewiesen worden ist. Ich möchte im Anschlufs an Genglers neueste Veröffentlichungen der Zeichnung des Nacken- und Brust- bandes keine erhebliche Bedeutung beilegen, die Intensität des Gelb hingegen für ein wichtiges artliches Kennzeichen er- achten; aber allein damit dürften wir doch kaum auskommen, es mufs schon noch die Rückenfärbung mit zu Hilfe ge- nommen werden, obgleich gerade sie durch Abnützung der Federn sich stark verändert. Deshalb habe ich mein Material in Gruppen geteilt: I. umfafst die frischen Kleider etwa vom Oktober bis Februar, II. die nicht mehr frischen von Anfang März bis Mitte Mai, III. die abgetragenen aus dem Sommer. In jeder Gruppe 296 0. Graf Zedlitz: kommt das am lebhaftesten gefärbte — vermutlich älteste — g*° auf den rechten Flügel, die übrigen schliefsen sich an, sodafs das matteste 0‘ am linken Flügel die Reihe beschliefst, natürlich werden die Geschlechter .getrennt gelegt. Schliefslich kann nun die Arbeit losgehen, indem von den zu untersuchenden Formen immer nur die Gruppen I untereinander usw., innerhalb der Gruppen aber die buntesten Stücke unter sich und ebenso die matteren nur unter sich verglichen werden. In dieser Weise hat mir folgendes Material ans dem Berl. Mus. und meiner Sammlung vorgelegen: 32 Ex. typische erythrogenys vom Altai, Tian-Schan, Turke- stan, Kaukasus; 21 Ex. aus W.-Rufsland, Pripjet-Geb., Bialowies, Poltawa ; 3 5» Kongreßs-Polen; 10 ,„ von Skandinavien und Livland; 22 ,„ aus den Provinzen West-Preufßsey, Posen bis zur märkischen Grenze (Zion); 23 Ex. aus Schlesien und Nord-Böhmen; 46 „ ,„ dem übrigen Ost- und Mittel-Deutschland; 2 » „ West-Deutschland; 13 „ , Österreich und Ungarn; £ ll „ ,„ Frankreich. Dies Material von 182 Stück ist natürlich ganz ungenügend um ein allgemeines Bild zu ergeben, es erscheint mir aber die Möglichkeit vorhanden zu sein, über die Identität der west- russischen Vögel einige Aufschlüsse zu erhalten, da diesen 21 Ex. auf der einen Seite 32 anerkannte eryihrogenys, auf der anderen 69 syWvestris gegenüberstehen, abgesehen von den 25 Vertretern von Polen, Westpreufsen und Posen. Da E. ciirinella im Norden allgemein und vielfach noch im mittleren sowie östlichen Rufsland Zugvogel ist, so haben wir bei den Wintervögeln natürlich damit zu rechnen, dafs es sich bei ihnen vielfach um Gäste handelt, das braucht uns aber nicht zu hindern, ihre Identität zu bestimmen, wenn wir es vermögen. Unter der Pripjet-Suite befinden sich 12 Ex. aus den Monaten März, April, Juli, und eins vom Oktober, diese sind als Brutvögel des Gebietes anzusprechen, 8 Ex. sind im November, Dezember, Januar, Februar gesammelt, ihre Brut- heimat ist also nicht bekannt. Der Ton des Gelb auf der Unter- seite ist allgemein schon im frischen — Winter- — Kleide ganz gut erkennbar; auch wenn die Federn noch feine weilse Spitzen _ tragen, ist der gelbe Grundton doch entweder intensiv und rein, oder matt und etwas grünlich. Das Gelb hält sich ziemlich lange unverändert, zwischen Gruppe I und II ist hier der Unterschied noch sehr gering, erst nach starker Abnützung im Sommer wird die Tönung allgemein matter. Sehr viel rascher fangen die hellen Federsäume der Oberseite an sich abzureiben, die Ver- änderung des ganzen Aussehens ist hier viel auffallender, weil mit fortschreitendem Verschwinden der Säume die ganz abweichend N wi Susi Pu TE re _ Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 297 gefärbten Federmitten immer mehr zur Geltung kommen, also bei jeder Form ist im frischen Gefieder die Oberseite relativ hell, im abgenutzten hingegen dunkel, Man ersieht daraus, welcher heillose Wirwarr entstehen mülste, wollte man Stücke aus ver- schiedenen Jahreszeiten einfach mit einander vergleichen. Gruppe III — Sommervögel — stehen mir in gröfserer Serie nur aus Deutschland zur Verfügung, ich mufs sie deshalb bei Vergleichen aufser Betracht lassen, doch scheinen bei ihnen die schon an sich feinen artlichen Unterschiede fast ganz verwischt zu sein. Wenn ich nun hier die nach meinem Dafürhalten charakteristischen Merkmale der Gruppen. I und II einander gegenüberstelle, so handelt es sich um einen Befund, den ich ausschliefslich aus eigenen Vergleichen gewonnen habe ohne jede Voreingenommen- heit; dafs er sich im wesentlichen mit Genglers Diagnosen deckt, zeigt nur, dafs wir bei selbständigem Arbeiten jeder an seinem Material zu fast gleichen Resultaten gekommen sind. E. c. erythrogenys Br. vom Kaukasus bis Altai. o'C" Unterseite reingelb, Kehle besonders intensiv gefärbt, alte Q'S' ausgesprochen goldgelb, jüngere etwas matter. Ober- seite erhält durch die mehr grauen als grünlichen Federsäume einen hellen Gesamtton, solange die Abnutzung nicht vorge- schritten ist. QQ auf der Unterseite relativ lebhaft gefärbt mit viel Gelb, Neigung zu scharfen dunklen Flecken an den Kehl- seiten, auf Kropf und Brust. Oberseite zeigt einen mehr blassen, graulichen Ton. Fllg. 0'9' 89, 90, 91, 5 mal 92, 2 mal 93, 94, 95 mm, QQ 83—88 mm. j E. c. erythrogenys vom Pripjet-Geb., von Bialowies und Poltawa. Jo fast ganz wie die vorigen; auf der Unterseite ist im Durchschnitt das Gelb nur an der Kehle leuchtend goldig, auf Brust und Bauch nicht ganz so rein; Oberseite ebenfalls über- wiegend grau, bisweilen jedoch leicht olivfarbig überhaucht. QQ ganz wie vorige in der starken Betonung das Gelb, auch sonst nicht zu unterscheiden, höchstens die Kehlflecke vielleicht etwas ver- schwommener. Filg. 9'9' 4 mal 89, 2 mal 90, 3 mal 91, 92, 93 mm, 99 83—88 mm. Gengler (Orn. Jbch. 12, p. 92) gibt für typische erythrogens 9\—95 mm an; Domaniewski für Q'I' 89,5—95, QY 85,5—89,5 (Gegend von Saratow, terra typ.). Görnitz fand bei 7 9'0' aus dem Pripjet-Geb. 88, 91, 2 mal 93, 2 mal 94, 95 mm. E. ce. sylvestris Br. aus Schlesien, Nordböhmen, Mittel-Deutschland. ‘SQ haben auf der Unterseite einen grünlichen Ton im Gelb, sodafs dieses nicht rein, leuchtend, sondern matt und düsterer erscheint; ganz vereinzelt zeigen sehr alte Q'" eine rein goldgelbe Kehle (z. B, Q' Renthendorf 6. X. 08, A. H. Brehm 298 0. Graf Zedlitz: leg., Berl. Mus.). Auf der Oberseite ziehen die Federsäume mehr ins Graugrünliche oder Bräunliche, deshalb sind z. B. schlesische Januarvögel trotz des frischeren Kleides schon oberseits merklich dunkler als Pripjetvögel vom März und April. 99 im Durch- schnitt weniger lebhaft gelb auf der Unterseite, die dunklen Längsflecke matter als bei eryihrogenys. Flig. 910° 85—91 (meist 86—90), 99 81—88 mm. Die Frage, wohin die Pripjetvögel zu stellen sind, kann ich nur in dem Sinne beantworten, dafs sie erythrogens am nächsten stehen, wenn auch in der Färbuug zu erkennen ist, dals es sich um Bewohner eines Grenzgebietes handelt. Die Abweichungen von typischen Stücken sind so gering und sporadisch auftretend, dafs ich nicht zu sagen vermag, ob es sich um Anklänge an citrinella typ. oder an sylvestris handelt, ersteres erscheint wohl wahrscheinlicher. Es wäre nun noch Einiges über die Vögel von Polen, Posen, Westpreulsen zu sagen. Stolz rechnet die polnischen Brutvögel zu sylvestris. Ein von mir am 11. IV. 15 bei Wloszezowa ge- sammeltes Q', das angepaart war, unterscheidet sich in keiner Weise von schlesischen sylvestris. Ein Paar Wintervögel, welche Neumann im Januar bei Lomza erlegt hat, stehen m. E. schwe- dischen citrinella am nächsten. Domaniewski betont schon in seiner Arbeit über die Vögel von Saratow, dafs die Goldammern des Wolga-Tales nicht mit denen von Polen übereinstimmten. Später im III. Teil seiner Monographie über die Vögel Polens!) behandelt er die systema- tischen Fragen eingehender und kommt zu folgendem Resultat: a) die Brutvögel von Polen und Galizien gehören zu syWestris; b) die meisten Wintergäste derselben Region gehören zu citrinella typ.; c) gleichfalls vertreten unter den Wintergästen ist ery- throgenys. Dieser Befund widerspricht nirgends den oben mitgeteilten Urteilen unserer Feldornithologen. Wir dürfen demnach als er- wiesen ansehen, dals Galizien und Polen zum gröfsten Teil die Form E. c. sylvestris ausschliefslich als Brutvogel beherbergen, während sowohl die nördlich wie die östlich angrenzende Sub- spezies die Wintergäste stellen, erstere anscheinend die über- wiegender Zahl. Ob im äußersten Nordosten von Polen die typische ciörinella nur als Wintergast und nicht vielleicht auch als Brutvogel auftritt, lasse ich vorläufig noch dahingestellt aus Mangel an sicheren Nachrichten. Das Vordringen von erythro- genys im Winter bis zur Weichsel konstatierte auch Gengler (l. c.). !) ‚„‚Materiaux & la faune ornith. de Pologne“ III, Compt. Rend. d. 1. Soc. d. Sc. d. Varsovie 1918, Fasc. 4, p. 498/94 u, 499, | 3 ; j Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 299 Die Vögel aus Westpreulsen und Posen bedürfen noch weiterer Prüfung, zu sylvestris scheinen sie mir nicht zu gehören, die Oberseite ist aufserordentlich „bunt“ mit viel grünlichen und rotbraunen Tönen. Am meisten ähneln sie wohl nach typischen eitrinella, doch ist die Unterseite im Durchschnitt etwas matter gefärbt. Daneben kommen auch grauere Stücke vor, welche wohl Wintergäste aus dem Osten sein dürften. Exemplare aus Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen scheinen mir heller und reiner gefärbt zu sein als deutsche sylvesiris, es machen sich hier wohl schon Anklänge an den Osten (E. e. ro- maniensis Gengler) bemerkbar. Typische ciirinella aus Skandinavien sollen nach Gengler dunkler im Gelb sein als erythrogenys. Vielleicht liegt es an meinem unzureichenden Material, dafs ich auf der Unterseite keinen wesentlichen Unterschied entdecken kann — bei beiden ist das Gelb rein und im Alter goldig — hingegen ist die Oberseite bei ciirinella lebhafter und dunkler, bei erythrogenys grauer und heller, citrinella ähnelt hierin sehr den deutschen sylvestris. Alte QQO zeigen auf der Unter- ‚seite noch mehr Gelb als QQ eryihrogenys. Fllg. '9' 85—93 mm. Bei Goldammern aus Frankreich finde ich die Unterseite lebhaft gelb, ähnlich Vögeln aus dem Osten, die Oberseite ist stark mit olivgrün durchsetzt. Im übrigen erlaube ich mir kein Urteil, aber zu sylvestris kann man sie nicht gut rechnen. Schon westdeutsche Stücke sind unten satter gelb, oben bunter als Schlesier und Märker. Wie man sieht gibt es bei den euro- päischen E. ceitrinella- Formen noch viele Unklarheiten und un- gelöste Fragen, aber ich glaube und hoffe, dals wir auf dem richtigen Wege zu ihrer allmählichen Lösung sind. Überall in Polen, dem Pripjet-Gebiet und Litauen ist die Goldammer häufiger Brutvogel. In Gegenden mit starkem Feld- ° bau sieht man den ganzen Winter über grofse Schwärme, teils nur aus dieser Art, teils aus den verschiedensten Körnerfressern bestehend, ziemlich unstät umherstreichen. In der Polesje ziehen viele Goldammern während des Winters fort, meine diesbezüg- lichen Beobachtungen hat Grafsmann inzwischen noch bestätigt. An der Wolga bei Saratow stellte Domaniewski fest, dafs ein Teil des Bestandes fortzog, ein anderer dablieb, die Zugmonate waren der März und Oktober. Bei Smorgon sah Schlüter die ersten Schwärme schon am 1. IX. 16. | Gelege wurden mehrfach von Cordes und Rüdiger ge- sammelt. Befund: Im Pripjet-Gebiet stehen die Brutvögel der Form erythrogenys am nächsten, in Polen brütet schon überwiegend syWvestris, beide überall sehr häufig. Als Wintergast dürfte auch eitrinella typ. nicht selten erscheinen, eryihrogenys wandert im Winter weit nach Westen. 800 OÖ. Graf Zedlitz: 177. Emberiza hortulana L. Dobbrick O0. MB. 17, p. 19. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 70. — Gralsmann J. f. O. 18, p. 311. — Reichenow „Bialo- wies“ 18, p. 187. — Pax „Tierw. Polens“, p. 234. — Stolz J. f£ ©. 17, L, p. 379. — Zedlitz O0. MB. 15, p. 136 u. 152; 3. £.. 0. 17, IL, p.' 298. Das Vorrücken des Ortolans in östlicher bezw. nordöstlicher Richtung habe ich in einem Vortrag in der Februarsitzung 1920, J. f. O. 20, p. 396, schon besprochen unter besonderer Be- rücksichtigung Polens. Hier fehlte er noch 1839 (nach Stron- czynski) bei Petrikau und Warschau vollkommen, wo er einige Jahrzehnte später schon zu den gemeinen Brutvögeln zählte. Für die 80er Jahre vorigen Jahrhunderts gibt Taczanowski!) die Nordgrenze, bis zu welcher er ganz sporadisch vorgedrungen war, als bei Lomza liegend an und betont sein Fehlen im Gouv. Suwalki. Im Jahre 1916 fand Stolz die Gartenammer bei Lomza schon gar nicht mehr selten und erheblich über Suwalki hinaus nach Norden verbreitet, bei Kalwarya z. B. häufig. Selbst im Gouv. Kowno konnte sie Dobbrick an 2 Punkten feststellen, natürlich gehört sie dort noch zu den seltenen Erscheinungen und dürfte ihre Vorposten erst kürzlich so weit vorgeschoben haben. Innerhalb von rund 75 Jahren hat also eine Besiedelung von fast ganz Polen einschl. Suwalki und Kowno statt- gefunden. Augenblicklich ist der Vogel in West-Polen ge- mein (Stolz), bei Wloszezowa und Kielce durchaus nicht selten (Stolz, Zedlitz), doch fand ihn Stolz nur vom Tale der Nidda an, dagegen nicht im polnischen Jura nördlich von Krakau, die Kalk- formationen dort scheinen ihm nicht zuzusagen. Vielleicht be- siedelt er aber demnächst auch dieses Gebiet. Im östlichen Polen sah Gengler im September 1915 vielfach Ortolane, die letzten am 21. X. Auch die Polesje wird von E. hortulana be- wohnt, der Sumpfwald selbst sagt ihr zwar nicht zu, doch hört man im Frühjahr überall ihr Liedchen auf den hochgelegenen, dünen- artigen Sandinseln, mögen sie nun zum Feldbau benutzt werden oder als ÖOdland brach liegen. Die Beobachtungen von Grals- mann und mir decken sich hierin vollkommen. Bei Bialowies ist die Gartenammer nach Reichenow ein häufiger Brutvogel, natürlich auch hier auf freiem Gelände, nicht im Walde. Die Ankunft im Frühjahr wurde notiert für Bialowies Anfang Mai (Reichenow), Wloszezowa 1. V. 15, 2 Pärchen (Zedlitz), Tuchowitschi (obere Schara) 6. 5. 16 (Zedlitz). Befund: Brutvogel in den meisten Teilen Polens und über- all in der Polesje an geeigneten Orten, ist neuerdings nordwärts über Suwalki hinaus bis ins Gouv. Kowno vorgedrungen. !) Liste des oiseaux observ6s depuis 50 ans dans le Royaume de Pologne, Ornis 1888. Be Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 801 Es wäre vielleicht recht interessant, über die Besiedlung von neuen Brutgebieten im Osten dnrch den Ortolan gröfseres Material zu sammeln. Es handelt sich bei diesem Vordringen nicht nur um das nördliche Polen, sondern es scheint mir, dals dieser noch vor einigen Jahrzehnten im Osten keineswegs überall heimische Vogel im Begriff steht, allgemein auf kultiviertem Boden zu einer der gemeinsten Erscheinungen zu werden. In meiner engeren Heimat am Zobten südlich Breslau kam er in den 80er und 90er Jahren vorigen Jahrhunderts im allgemeinen nicht als Brutvogel vor, wenigstens habe ich trotz dauernder Aufmerksamkeit nie ein singendes JO‘ damals feststellen können. Im Jahre 1910 erschienen auf einmal einzeln Brutpaare, einige der singenden Q'J‘ wurden als Belegstücke meiner Sammlung ein- ‘ verleibt. Von da an nahm die Zahl sehr schnell zu, heute ist E.hortulana fast in jeder der unzähligen Obst-Alleen, welche die Dörfer verbinden, in einem oder mehreren Paaren vertreten und so gemein wie die Goldammer. Die früher häufige Gerstenammer ist hingegen seit 1910 fast ganz als Brutvogel verschwunden. 178. Emberiza schoeniclus schoeniclus L. < pallidior Hart. Cordes Zschft. f.O. u. O. 1919, p. 58. — Dobbrick O0. MB. 17, p. 35. — Domaniewski F. Pass. Ok. Saratowa, p. 33—45, 140—143; Compt. Rend. Soc. Sc. Varsovie, 1918, Fasc. 6, p. 741—751. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 70. — Gralsmann 0. MS. 16,‘ p. 230; J. f. O. 18, p. 311. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies“ 18, p. 187. — Rüdiger Zschft. f. ©. u. 0. 1919, p. 4. — Schlegel V. O. G. i. B. XIII, 4, p. 330. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 380. — Zedlitz J. f. O. 17, Il, p. 298. Ein 9‘ ad., das ich am 10. IV. 16 bei Slonim erlegt habe, kann weder zu schoeniclus typ. noch zu £schusüü oder pallidior gestellt werden, von ersterer Form weicht es durch sehr viel hellere Oberseite, von den beiden letzteren durch die Schnabel- form ab (vgl. 9. f. O. 17, II, p. 299). Inzwischen hatte Tischler das Glück, am 29. IIL. 19 bei Bartenstein ein ganz ähnliches S' zu erlegen, welchem er eine Besprechung in den O. MB. 19, p. 117—119 gewidmet hat, auf welche ich hiermit verweise. Nach Vergleich meines 9° mit dem seinigen schreibt mir der Autor: „Das Q‘ aus Slonim stimmt in der Färbung sehr gut “ mit meinem überein, nur sind die Federränder bei Ihrem Stück ein wenig mehr abgerieben, auch ist der Flügel kürzer. Meiner Meinung nach gehören beide derselben Form an.“ Ebenfalls hierher rechne ich ein sehr blasses 9, das bei Bialowies am 1. XII. 15 gesammelt wurde, also zu einem abnorm späten Termin. Weiteres hierher gehöriges Material konnte ich nicht finden, ich folge also Tischler, indem ich vorläufig eine Formel ‘ benutze, obgleich die Vermutung sehr nahe liegt, dafs wir es mit einer bisher unbenannten selbständigen Form zu tun haben, Journ, f. Orn, LXIX, Jahrg. Juil 1921, 20 802 O. Graf Zedlitz: E. sch. volgae Stresem. (Anz. O. G. i. B. 1919, Heft 2, p. 9) kommt hier nicht in Betracht, da sie noch dickschnäbliger ist als die dickschnäbligsten Z/schusi, terra typ. ist Sarepta. Das Senckenbergische Mus. besitzt nur 9° juv. aus Bialowies vom 20. X. 16, über welches mir Herr Dr. Jacquet sehr freundliecher- weise folgendes: schreibt: „Oberseite nicht heller wie bei deutschen Exemplaren (Hessen-Nassau), Oberschnabel sehr spitz, wenig ge- wölbt, 11), mm über den Unterschnabel überstehend, sonst aber vollständig mit den deutschen Ex. übereinstimmend, Feder- säume nicht heller“ Soweit man überhaupt nach einem Jungvogel Schlüsse ziehen kann, dürfte es sich um schoenichus typ. handeln. In der Kollektion aus dem Gouv. Grodno (Münchener Mus.) befinden sich 2 ad., 1 juv. vom Mai und Juni im ziemlich abgestofsenen Gefieder. Herr Dr. Sachtleben hatte die Liebenswürdigkeit, mir diese Stücke zur Ansicht zu über- senden, ich stimme durchaus mit seiner Auffassung überein, dafs es sich auch hier nur im typische schoeniclus handeln kann, sie ‘sind vielleicht etwas dunkler als schlesische Rohrammern, schwedische stehen mir leider nicht zu Gebote. Nun hat J. v. Domaniewski in seinem Aufsatz „Formes nouvelles et peu connues de Oynchramus schoeniclus“ (1918, zwei neue Formen aufgestellt, mit denen wir uns noch beschäftigen müssen. Es ist dies zunächst „CO. sch. curvirostris“, terra typ. das Wolga-Tal bei Saratow, Verbreitung vom Gouv. Minsk bis zur Wolga, Pinsk ist dabei ausdrücklich genannt.: Danach mülsten eigentlich also Vögel der Polesje hierher gehören, die Beschreibung stimmt nun aber garnicht: Nach dem Autor ist der Schnabel der neuen Form weniger hoch, gestreckter und an der Spitze gebogener als bei canneti,!) dagegen stärker als bei goplanae und viel stärker als bei schoeniclus. Die Färbung auf Unter- wie Oberseite soll sehr düster sein, es ist nach D. die dunkelste Rasse von allen untersuchten. Unsere Vögel hin- gegen zeigen im Schnabel keine oder nur sehr geringe Ab- weichungen von schoeniclus, die Färbung ist sehr hell, ähnlich der von pallidior. Domaniewski hat seine Beschreibung auf 5 g'C' gegründet, welche offenbar ein stark abgeriebenes Brut- kleid trugen, das geht daraus hervor, dafs er ausdrücklich von den sehr schmalen helleren Federsäumen auf der Oberseite spricht, Erlegungsdaten sind allerdings nicht angegeben. Dem- gegenüber stammen seine zum Vergleich herangezogenen pallidior aus den Monaten X, XI, I, II, tragen also ganz frisches Ge- fieder. Ich habe immer wieder in dieser Arbeit darauf _hin- gewiesen, dafs man frische Kleider einerseits und abgetragene andererseits nicht in Vergleich stellen soll, ganz ausgeschlossen ist dies aber bei allen Arten, deren Federn einen dunklen 1) Die Form tschusit von Rumänien und Süd-Rufsland wird gar- ° nicht berücksichtigt! De ia an ll u a a m 24. LU EU un urn 2 $ Pr tn, Pr R | Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 8083 Mittelteil und hellere Säume zeigen, hier sind im gut erhaltenen St adium durchaus die Säume für das Aussehen mafsgebend, im abgestofsenen Gefieder aber die Mittelteile. Was ich hier über curvirostris gesagt habe, gilt gleicherweise für goplanae aus Polen, von der dem Autor auch nur 5 JO! — offenbar aus dem Sommer — vorgelegen haben. Dieangegebenen Malse sind folgende: pallidior ' Q curvirostris S' goplanae Q' Flig. 81—86, 74—77 80—83 80-86 mm. Die Schnabelformen werden durch Abbildung erläutert, sie wären nunmehr allein entscheidend, da ich, wie gesagt, den Be- weis für Färbungs-Unterschiede nur für erbracht an- sehen kann beim Vergleich von Stücken im gleichen Stadium. Ich halte nun in Anbetracht der unleugbaren individuellen Neigung zur Variation in der Schnabelform dies vorliegende Material für etwas gering, um damit subspezifische Unterschiede zu begründen. Der Autor selbst erwähnt auch aus der terra typica von curvi- rostris wie von goplanae kleinschnäblige Stücke, die er als durch- ziehende schoeniclus ansieht, doch zeigen auch diese noch Unter- schiede in der Schnabelstärke, indem die Exemplare von Saratow etwas zierlichere Schnäbel haben. Es dürfte aber nicht immer ganz leicht sein, bei Frühjahrsvögeln den strikten Beweis zu er- bringen, in wie weit es sich um Zuggäste oder Brutvögel im Einzelfalle handelt. Es erscheint auch nicht sehr wahrscheinlich, dafs einerseits schoeniclus typ. von Spanien und England durch Deutschland, Skandinavien und das ganze nördliche Rufsland bis West-Sibirien sollte verbreitet sein, während südöstlich davon auf verhältnismäfsig kleinem Raume nicht weniger als 6 Formen = — goplanae, canneti, tschusü, curvirostris, volgae, pallidior — 7 2 - P. als Brutvögel vertreten wären. So werden auch von Domaniewski selbst für Saratow, von wo reichlicheres Material vorliegt, gleich 3 Formen erwähnt, curvirosiris als Brutvogel, pallidior und schoeniclus als Durchzügler. Ich möchte meine Ansicht in fol- gender Weise festlegen: Domaniewski hat sich unzweifelhaft ein Verdienst erworben durch sein sorgfältiges Studium der Schnabel- mafse; seine Feststellung, dafs von Westen nach Osten zu, schon von Polen beginnend, die Neigung zu einer Verstärkung der Schnäbel besteht, dürfte durchaus den Tatsachen entsprechen und kaum ernstlichen Widerspruch finden. Dagegen kann man über die Einzelheiten und die unterscheidbaren Subspezies sehr verschiedener Meinung sein. Der Ansicht von Domaniewski über goplanae als trennbare Form auf Grund von 5 Exemplaren stehen immerhin die Untersuchungen von Stolz an 3 polnischen Brutvögeln und von Schlegel an zwei Stücken von Dolsk gegen- über, wobei übereinstimmend die Diagnose auf schoeniclus typ. lautete. Ich halte also dafür, dals curvirostris ebenso wie goplanae noch der Bestätigung bezw. einer schärferen Charakterisierung bedürfen, auch mülste ihr Verhältnis zu volgae und ischusi 20* 804 OÖ. Graf Zedlitz: klargestellt werden; sollten ceurvirostris von Saratow und volgae von Sarepta Synonyme sein, so hätte ersterer Name die Priorität. Über die Verbreitung erfahren wir von unseren Feld- ornithologen folgendes: Nicht seltener Brutvogel in ganz Polen, | besonders an der Weichsel, auch im Nordosten am Zuwinty-See | bei Kalwarya vertreten (Stolz); ein ganzer Flug am 21. X. 15 bei Lobatzschow (Gengler). Im Pripjet-Gebiet ist die Art häufig bei Konschizy und Slonim (Grafsmann und ich); ebenfalls zahl- reich als Brutvogel an der Narewka (Reichenow); Rüdiger fand ein 5er Gelege bei Dolsk am 15. V. 17 und sandte 2 Ex. ad. an Schlegel (l. c.). Weiter nördlich im Gouv. Kowno fand Dobbrick nur wenig Robrammern, hingegen sammelte Cordes am Disna-See 3 Gelege am 12. — 22. — 29. V. 17. Die Ankunft notierte Gralsmann schon am 16. III. 16, ich. sah das erste Q' erst am 10. IV. 16 bei Slonim. Befund: Gemeiner Brutvogel in Polen uud der Polesje, nördlich davon stellenweise spärlicher (Kowno). Im Pripjet-Gebiet kommen schon sehr helle Stücke vor, welche bestimmt keine schoeniclus typ. mehr sind, vielleicht curvirosiris. 179. Anthus pratensis L. Dobbrick ©. MB. 17, p. 35. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 72. — Grafsmann O. MS. 16, p. 232; J. f. O. 18, p. 311. — Puhlmann O.- MS. 18, p. 211. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 187. — Rüdiger Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 4. — Schelcher V. 0. G.i. B. XIV, 1, p. 11. — Schlegel V.O. G. i.B. XIII. 4, p. 331. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 380. — Zedlitz O. MB. 15, p. 133. Der Wiesenpieper ist als Brutvogel an geeigneten Stellen über die ganze Region verbreitet, dabei im Süden und Westen häufiger als im Norden. Stolz falst sein Urteil in die Worte zu- sammen: „dürfte noch an sehr vielen Stellen Polens brüten“; Gengler fand ihn im Herbst 15 weit verbreitet in Polen vonder West- bis zur Ostgrenze und stellte das Verschwinden erst Mitte November fest. Im Sumpfgebiet an der Pina nennt ihn Gralsmann noch häufigen Brutvogel wenn auch nicht so zahlreich wie Rohr- sänger und Stelzen. Ebenso brütet er auf feuchten Wiesen bei Bialowies nicht selten, ist aber dort weniger gemein als A. tri- vialis. Schlegel erhielt aus dem Pripjet-Gebiet nur ein Exemplar; | Rüdiger sammelte bei Dolsk am 1. V.-17 ein 4er Gelege. Ich konnte bei Slonim den Wiesenpieper nicht mit Sicherheit zur | EEE WE OEREE Brutzeit feststeller. Bei Wischnew ist er nach Puhlmann nur mäfsig vertreten, im Gouv. Kowno sah ihn Dobbrick nur stellen- weise und in geringer Zahl. Also die Häufigkeit nimmt in dieser Richtung ab. Das erste Eintreffen im Frübjahr wurde beobachtet bei Konschizy (Pina) am 29. III. 16 (Grafsmann), bei Wloszezowa (SW.-Polen) am 21, III. 15 (Zedlitz). | Be Avifäuna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forsehung. 805 Befund: Weit verbreiteter Brutvogel, im Norden spärlicher vertreten. 180. Anthus trivialis trivialis L. Cordes Zschft. £. ©. u.0. XXIV, p. 58. — Dobbrick O. MB. 17, p. 17. — Grafsmann O. MS. 16, p. 232; J. f. O. 18, p. 311. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 187; J. f. O. 18, p. 408. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 24; Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 4: A. arboreus. — Schelcher V. ©. G. i. B. XIV, 1 p. 11. — Schlegel V. 0. G. i. B. XII, 4, p. 331. — Stolz J. f. O. 17,1, p. 380. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 299. Im Gegensatz zum vorigen ist dieser Pieper in Polen nicht so ganz gemein, im Sumpfgebiet dagegen der häufigste Vertreter der Anthus- Gruppe und bleibt dies auch weiter nördlich bis nach Kurland. Hier sammelte ihn Thienemann im September 17 (Reichenow), und fand ihn Rüdiger auch zur Brutzeit. Im Gouv. Kowno ist er „ungemein häufig“ (Dobbrick), in Bialowies (Reiche- now) und an der Pina (Grafsmann) der gewöhnlichste Pieper. Er bevorzugt ganz bestimmte Stellen, Grafsnann kleidet dies in die Worte: „recht zahlreich in lichten Gehölzen und Waldrändern.* Ich meinte genau dasselbe, als ich s. Z. schrieb: „belebt den Rand des Laub- und Mischwaldes, wo er an trockne Wiesen oder Kahlschläge anstöfst.“ Da wo die Landschaft parkartig ist, wo Laubwald, Wiese und Wasser abwechseln aber nicht zu sehr in einander übergehen, da trillert der Baumpieper unermüdlich im Mai bis Juli sein Liedchen bald in lerchenartigem Balzfluge, bald auf der Spitze eines Bäumchens sitzend. Die Brut fällt ziemlich spät, wie es im Osten wohl allgemein die Regel ist, Rüdiger sammelte bei Dolsk ein 4er Gelege am 26. VI. 17, Cordes am Disna-See eins am 22. VI. 17. ber die Ankunft im Frühjahr liegen leider nur wenige Notizen vor: Konschizy (Pina), 6. IV. 16 (Grafsmann), Slonim, das erste Q' erlegt am 14. IV. 16 (Zedlitz). Befund: Sehr häufiger und verbreiteter Brutvogel. 181. Anthus campestris campesiris L. Dobbrick O. MB. 17, p. 35. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 72. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 187. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 24. — Stolz J. f. O, 17, I, p. 380. — Zedlitz ©. MB. 15, p. 136; J. f. O. 17, I, p. 299. Unzweifelhaft seltener als die beiden vorigen ist der Brach- pieper, dessen eigentliche Brutgebiete wohl weiter im Norden und Osten liegen. Immerhin brütet er anscheinend hie und da an geeigneten sandigen Stellen in Polen, denn Gengler sah alte und junge Vögel vereint bei Garbatka am 16. IX. 15, welche er an dem Platz für heimisch hielt, und Stolz traf die Art mehrfach im Juli bezw. September im westlichen und südlichen Polen. Er konnte einige Exemplare sammeln und sie mit schlesischen, 806 0. Graf Zedlitz: westpreufsischen und märkischen Vögeln vergleichen, ohne irgend- welche Unterschiede zu finden. Meine Beobachtungen in Süd- Polen Mai 1915 lassen das Brüten dort gleichfalls als sehr wahr- scheinlich erscheinen. Im Pripjet-Gebiet, auch im weitesten Sinne aufgefalst, ist A. campestris sehr selten und wahrscheinlich nur Gast zur Zugzeit; es liegen nur je eine Beobachtung von Förster Löns für Bialowies und von mir für die Gegend von Sionim am 21. VI. 16 vor, dieser Vogel befand sich nach meiner berzeugung schon auf dem „Sommer-Bummel.“ Weiter nörd- lich tritt er weniger selten auf nach den Bekundungen von Puhlmann für Wischnew, Dobbrick für das Gouv. Kowno, Rüdiger für Kurland. Es ergibt sich also folgendes Bild von der Verbreitung der 3 Pieper: A. pratensis in Polen und Ost-Galizien häufig, in der Po- lesje stellenweise ziemlich häufig, weiter im Norden spärlich ver- treten; A. trivialis in Polen nicht sehr häufig, in Ost-Galizien und der Polesje ganz gemein und auch weiter nördlich noch häufig; i A. campestris in Polen spärlicher Brutvogel, für Ost-Gälizien nicht erwähnt, in der Polesje fehlend oder doch sehr selten, weiter nördlich nicht ganz selten. Über Anthus cervinus konnte ich keine bestimmte Nachricht erhalten, es ist anzunehmen, dafs er auf dem Zuge gelegentlich das Gebiet berührt, da er ja sogar für Schlesien nachgewiesen ist, zuletzt noch von Dr. Natorp (0. MB. 20, p. 15—17). 182. Motacilla alba alba L. Bacmeister Falo 16, p. 45. — Cordes Zschft. f. ©. u. ©. XXIV, p. 58. — Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 45. — Dobbrick O. MB. 17, p. 35. — Domaniewski F. Pass. Ok. Sara- towa, p. 55 und 143. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 72. — Görnitz OÖ. MB. 18, p. 131. — Grafsmann O. MS. 16, p. 231; J. f. 0.18, p. 311. — Kleinschmidt Falco 16, p. 14. — Lucanus J.f. 0. 16, p. 424. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow „Bialo- wies“ 18, p. 188. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 24; O. MB. 18, p. 5/6; Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 4 — Schalow O. MB. 17, p. 37. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 12. — Schlüter Falco 16, p. 31, 33. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 380. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134, 151; O. MB. 16, p. 179; I. f. 0. 17, U, p. 299. J. v. Domaniewski bespricht in seiner Arbeit über die Passeriformes von Saratow (l. c.) eingehend seine neu beschriebene Form intermedia, dieselbe steht nach seiner Ansicht zwischen alba typ. und dukhunensis Sykes vom Kaukasus und Transkaspien. Von alba (aus Polen) unterscheidet sie sich durch rein grauen u 1 ne a ne a "u ee Dr ef Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 807 Rücken, welcher dort etwas bräunlich überflogen Scheint, und ähnelt hierin sehr dukhunensis, die nur etwas dunkler ist. Die Säume der Flügeldecken sind reiner weils und oft breiter als bei alba, wo sie „wie geräuchert‘“ erscheinen, jedoch ist das Weils nicht ganz so ausgeprägt wie bei dukhunensis. In der Größe steht iniermedia auch zwischen den beiden anderen Formen. Die Verbreitung nach Norden reicht mindestens bis Chwalynsk und Orenburg, im Süden bis zum Kaukasus, wo dukhunensis sie vertritt. Eine Grenze nach Westen dürfte noch nicht bekannt sein, sie aber würde uns hier gerade am meisten interessieren. Es erscheint mir nicht ausgeschlossen, dafs diese Zwischenform zwischen alba und dukhunensis noch weite Gebiete im Inneren Rufslands bewohnt und vielleicht auf dem Zuge auch unser Ge- biet berührt. Im Berl. Mus. finde ich neben einer hübschen Suite dukhunensis (nördlicher Kaukasus bis Altai) auch 2 Zug- vögel von Rossitten, SQ 29. u. 30. III. 02, welche zu intermedia gehören könnten, soweit sich bei Einzelstücken ohne Vergleich von Serien überhaupt eine Ansicht äulsern lälst. Das g' zeigt auffallend breite reinweilse Säume der Oberflügeldecken, das Q eine recht blasse, graue Gesamtfärbung der Oberseite. Wenn übrigens Domaniewski schreibt, das Weils auf den Armdecken bei polnischen M. alba sehe aus „wie geräuchert‘“, so trifft dies nicht für alle typischen alba zu, vielmehr haben schön ausge- färbte — ältere — Exemplare im leidlich frischen Kleide oft ganz blendend weilse Säume an den Flügeldecken, nur sind die- selben nicht so breit wie bei Vögeln aus dem Osten. Ich möchte den Forschern, welche so glücklich sind, gröfseres Material aus verschiedenen Teilen Rufslands zur Verfügung zu haben, die Unter- suchung der Frage ans Herz legen, welchen Formen die central- russischen weilsen Bachstelzen angehören, b Als Brutvogel kommt M. a. intermedia für W.-Rufsland wohl noch nicht in Betracht, wenigstens werden die hier gesammelten Stücke von allen Autoren, welche sich mit der Systematik be- schäftigt haben, zu alba typ. gestellt (Görnitz, Kleinschmidt, Reichenow). Im allgemeinen scheint wenig Material gesammelt zu sein — ich selbsthabe auch Teil an dieser Unterlassungssünde —, es läfst sich also über den eventuellen Durchzug östlicher Vögel leider nichts sagen. Als Brutvogel ist die Bachstelze überall zahlreich vertreten, in Polen etwa ebenso stark wie die Schafstelze oder auch stärker, im Pripjet-Geb. und in Litauen dürfte jedoch letztere sie an Häufigkeit noch übertreffen; auch in Ost-Galizien ist sie ganz gemein. Gelege wurden gesammelt von Cordes am Disna- See, von Rüdiger bei Dolsk am 3. bezw. 20. VI. 17, ebenso sind Jungvögel zahlreich gesehen worden. Sehr hübsche biologische Nist-Beobachtungen finden wir bei Rüdiger (O0. MB. 18). Der ‚Abzug erfolgt im Pripjet-Gebiet Anfang Oktober, vereinzelt sieht man Durchzügler auch noch Ende dieses Monats, in Polen 808 0. Graf Zedlitz: verzögert sich die Abreise schon um rund 4 Wochen (Gengler sah sie regelmäfsig bis Mitte November 15). Über die Ankunft im Frühjahr liegen folgende Notizen vor: 25. III. 15 Wloszezowa (Zedlitz); 22. III. 16 Konschizy (Grafsmann); 18. III. 16 Slonim (Zedlitz); 4. IV. 16 Smorgon (Schlüter); 27. III. 17 an der Pina (Grafsmann); 17. 111. 17 Bialowies, 2. IV. 17 Konnik (Reichenow); 31. III. Durchschnitt von Dondangen, Kurland (Lucanus). Während bei den meisten früh heimkehrenden Arten die Frühlingsboten zuerst in der Gegend von Pinsk, hingegen bei Slonim und Bialowies erst mehrere Tage später einzutreffen pflegen, liegen diesmal Grafsmanns Beobachtungen durchweg später als die von Bialowies und Slonim. Es dürfte sich also diesmal um zwei ganz getrennte Zugstrafsen handeln, vielleicht kommt die eine von Süden, die andere von Westen. Hehe Sehr häufiger und allgemein verbreiteter Brut- vogel. 183. Motacilla flava beema Sykes (?). Zedlitz J. f. ©. 17, II, p. 299: M. f. flava. — Domaniewski F. Pass. OR. Saratowa, p. 54 u. 143. In meiner früheren Arbeit (l. c.), welche im Felde verfafst ist, wo mir genügendes Vergleichsmaterial und fast jede Lite- ratur fehlte, habe ich die hellköpfigen Kuhstelzen als „flava“, die dunkelköpfigen als „dombrowskii“ bezeichnet, aber gleich darauf hingewiesen, dafs die Frage mir nicht im entferntesten geklärt erschiene. Nach sorgfältigen Vergleichen meiner Brutvögel, unter denen sich ausgesucht dunkel- sowie hellköpfige Stücke befinden, bin ich nun zu einer anderen Ansicht gelangt. Es stimmt nicht, dafs, wie ich damals glaubte, „beide Extreme zur Brutzeit vorkommen“, vielmehr ziehen die ganz hellköpfigen Vögel durch, zur Brut bleiben nur mittlere und dunkelköpfige zurück. Auf diese werde ich später eingehen, zunächst seien den blassen Durchzüglern einige Worte gewidmet. Schon Hartert (V. d. p. F.) erwähnt in seiner Anmerkung zu M. f. beema auf p. 290, dafs bei Sarepta an der Wolga auffallend hellköpfige, im Gouv. Orenburg anscheinend intermediäre Stücke zwischen flava und beema vorkämen. Der Name „beema“ be- zieht sich aber auf Wintervögel aus Indien, welche den Kopf meist lange nicht so hell haben wie eben diejenigen von Sarepta. Domaniewski (l. c.) erwähnt ein bei Saratow am 9. VI. 04 — also zur Brutzeit — gesammeltes Exemplar ohne weitere Ein- schränkung als beema, es dürfte sich aber hier um die gleiche Form handeln wie bei Sarepta. Es bleibt also festzustellen, ob zwischen flava typ. und der echten beema in West-Sibirien noch eine bisher unbenannte Form im östlichen — centralen — Se ne en at Me ee Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forsekung. 809 Rufsland lebt und welches ihre Verbreitung ist. Auch das Material des Berl. Mus. macht das Vorhandensein dieser un- benannten Subspecies mit hellerem Kopf als echte beema wahr- scheinlich. Anfang Mai 16 erschienen also an der oberen Schara auf dem Frübjahrszuge mindestens 2 Formen, die eine mit hellerem, die andere mit dunklerem Kopf, sie waren so ver- schieden, dafs man dem einzelnen Vogel meist auf 20—30 Schritt ansehen konnte, zu welcher Gruppe er gehörte, vereinzelt kamen allerdings auch Stücke vor, die sich nicht ohne weiteres klassi- fizieren liefsen. Zuerst erschienen die dunkeln, einige Tage später die hellen, welche aber ziemlich schnell weiterzogen, es blieben nur dunkle und halbdunkle Vögel zur Brut dort. Mit fortschreitender Abnutzung des Gefieders verwischten sich die ‘ Unterschiede immer mehr, auch die dunklen Kopfplatten wurden im Sommer ziemlich blafs. Da die extrem helle Form schnell wieder verschwand, besitze ich leider keine Belegexemplare, die von mir gesammelten Brutvögel (6 0'0', 1 Q ad.) vermag ich in ihren hellsten Vertretern von meinen flava aus Schlesien und Böhmen nicht zu unterscheiden, die dunkleren zeigen den Charakter der Balkanform dombrowskiü, ich komme unter der nächsten Nummer. auf dieselben zurück. Nach meiner Über- zeugung passiert also im Frühjahr auf dem Zuge das Pripjet- Gebiet eine Schafstelze mit auffallend hellem Kopf; dieselbe dürfte zu einer Form gehören welche im östlichen — vielleicht auch centralen — Rufsland brütet und bisher noch unter der Be- zeichnung beema geht, besser aber unter einem eigenen Namen von der dunkleren beema.abzutrennen wäre. Soweit meine Hy- pothese, zur positiven Aufstellung einer neuen Form halte ich mich aber bei dem geringen vorliegenden Material noch nicht für berechtigt. 184. Motaeilla flava flava L. > dombrowskii Tsch. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 45. — Dobbrick O. MB. 17, p. 35. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 72. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Gralfs- mann O. MS. 16, p. 233; J. f. O. 18, p. 311: Budytes f. — Reichenow „Bialowies‘“ 18, p. 188. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 24: Budytes f. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p.:11. — Stolz, J. f. O. 17, I, p. 381: Budytes f. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134; O. MB. 16, p. 179; J. £. ©. 17, II, p. 299. Die im Pripjet-Gebiet brütenden Schafstelzen bezeichne ich als lava > dombrowskii, man könnte auch schreiben flava z dom- browskii. Vielfach macht sich die Neigung zu dunklen Ohrflecken bemerkbar, auch ist das Grau auf dem Kopf bisweilen dunkler als bei echten flava. So kommt es, dafs die hellsten Stücke durchaus /lava, die dunkelsten dombrowskiö gleichen und manche 810 0. Graf Zedlitz: zwischen beiden in der Mitte stehen. Ich möchte glauben, dafs es sich hier um eine Mischform — nicht Zwischenform — handelt, welche in einem Grenzgebiet die Merkmale beider Nachbarn bald vermischt, bald aber die der einen oder anderen fast rein zeigt. Auf der anderen Seite ist es wohl nicht ganz ausgeschlossen, dafs der Färbungscharakter, auf Grund dessen wir dombrowskii als eigene Form abtrennen, überhaupt keine artliche, sondern nur eine individuelle Abweichung bedeutet, welche zwar in Südost- Europa am häufigsten, aber auch sonst gelegentlich unter typischen flava vorkommt. Ein Umstand scheint mir allerdings mehr auf artliche als auf individuelle Variation hinzudeuten: alle meine 7 Exemplare haben einen kurzen Schwanz, der niemals 70 mm erreicht, meist nur ca. 65 mm mist. Das bedeutet nun wieder einen Anklang an die kurzschwänzige östliche Form beema, doch wird sich vielleicht dieselbe Eigenschaft auch bei. dom- browskü herausstellen, wenn diese Subspezies erst einmal an der Hand grofsen Materials genauer durchforscht ist. Denkbar wäre schliefslich auch der Fall, dafs nicht nur zwischen flava und dombrowskii, sondern auch zwischen flava und der (sogenannten) hellköpfigen beema von Ost-Rufsland eine Vermischung statt- gefunden hat. Ich möchte auf diese verschiedenen Möglichkeiten nur hinweisen, hier liegt noch ein weites Feld für künftige Forschungen. Görnitz findet in der Färbung seiner Pripjet-Vögel keinen Unterschied gegenüber flava und gibt das Flügelmafs mit 86 cm an; dafs auch einzelne Stücke von mir sehr gut im Kolorit mit schlesischen flava übereinstimmen, habe ich schon gesagt. Dennler scheint wiederum seine Exemplare als nicht ganz zu typischen flava stimmend anzusehen. Beide Urteile zu- sammengenommen bestätigen nur meine Ansicht. In der ganzen Region ist die Kuhstelze einer der häufigsten Brutvögel, vielfach noch gemeiner als die weilse Bachstelze. Überall verschwindet sie ziemlich gleichmäfsig in den ersten Tagen des September. Entsprechende Notizen von Verbreitung, Häufigkeit und Abzug geben Bacmeister, Gengler, Stolz, Zedlitz für Polen, Schelcher für O.-Galizien, Reichenow für Bialowies, Dobbrick für Kowno. Besonders fesselnd schildert Gralsmann das Leben und Übernachten der grofsen Schwärme von Bach- und Kuhlstelzen an der Pina im Hochsommer nach dem Aus- fliegen der 2. Brut. Gegen Abend wimmelt dort schliefslich das ganze Schilf von Stelzen, Piepern und Rohrsängern, diese Massen- Ansammlungen locken dann ihrerseits wieder zahlreiche Raub- vögel und Eulen an, sodafs sich ein äufserst interessantes Vogel- leben entwickelt. Der Herbstzug fällt hauptsächlich in den August, auch hierbei sind beide Arten von Stelzen vielfach vereinigt. Das Eintreffen im Frühjahr ist sehr unregelmälsig, als Ankunftsdaten wurden notiert: 23. III. 15 Wloszezowa (Zedlitz); 15. IV. 16 Konschizy (Gralsmann); Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 811 27. 1V. 16 Tuchowitschi (Zedlitz); 27. III. 17 Bialowies, 31. III. 17 Gajnowka (Reichenow); 12. IV. 17 O.-Galizien (Schelcher). Nach meinen schon in den O. MB. 15 p. 134 niedergelegten Beobachtungen kommt es vor, dafs verhältnismälsig recht zeitig — im März — mal ein einzelnes 9 erscheint, das bald weiterzieht; dann können Wochen vergehen, bis die Brutvögel eintreffen, was meist erst in der zweiten Hälfte des April stattfindet. Meine Beobachtung vom März 15 bezieht sich auf solchen vereinzelten Quartiermacher, ob dasselbe von den Notizen aus dem März 17 von Bialowies gilt, kann ich natürlich nicht sagen, möchte es aber vermuten, da damals noch tiefer Schnee lag. Als normale Daten für den allgemeinen Zug betrachte ich die April- Termine. Befund: Häufiger und allgemein verbreiteter Brutvogel. 185. Motacilla cinerea cinerea Tunst. Pax „Tierw. Polens“, p. 225: M. boarula. — Stolz J. f. O. 17, 1, p. 380: M. boarula. Die Gebirgsstelze ist in neuester Zeit keineswegs mehr eine ausschliefsliche Bewohnerin der Berge, im östlichen Deutschland ist sie vielfach bis weit in die Ebene vorgedrungen. In Schlesien z. B. brütet sie nicht nur regelmäfsig im Flachlande zwischen dem Zobten und Breslau, sondern sogar auf dem rechten Oder- ufer in der Bartsch-Niederung ist sie schon erschienen bei einer 'Meereshöhe unter 100 m. In Polen ist der Vorstofs ins Flach- land noch nicht erfolgt, höchstens vielleicht die Bewegung noch in den ersten Anfängen. Nur unweit der letzten Ausläufer der Karpathen im polnischen Jura bis Ojcow fanden Pax und Stolz diese Stelze ziemlich häufig als Brutvogel, in der Gegend von Czenstochau, Kielce, Radom und Ljublin suchte man sie dagegen vergeblich. Ich kann diesen Befund nur bestätigen, trotz dauern- der Aufmerksamkeit habe auch ich sie dort niemals zu Gesicht bekommen. Es dürfte interessant sein, diese Verbreitungsgrenze für 1915/16 festzulegen, schon in einigen Jahren könnte sie sich verschoben haben. Befund: Brutvogel im südlichsten Polen bei Ojcow. 186. Alauda arvensis arvensis L. < cineres Ehmcke. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Cordes Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 58. — Dennler Falco 17, p. 2. — Dobbrick O. MB. 17, p- 35.— Gengler Orn. Jbch. 16, p. 71. — Grafsmann O. MS. 16, p- 230; J. f. O. 18, p. 312. — Kleinschmidt Falco 16, p. 13. — Lucanus J. f. O. 16, p. 424. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 188. — Rüdiger A.f. N. 16, p. 24; Zschft. £.O. u. O. XXIV, p. 4. — Schalow O. MB. 17, p. 37. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 11. — Schlüter Falco 16, 812 Ö. Graf Zedlitz: p. 30. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 381. — Zedlitz O. MB. 15, p. 133; 0. MB. 16,..p.; 165; ,d: &70; 17,1, p. 1055 92.810: 717, 279.282: Bei der systematischen Behandlung der westrussischen Feld- lerchen mufs ich etwas weiter ausholen. Schon über die Be- rechtigung der bereits in der Literatur eingeführten und von vielen Forschern anerkannten Namen wird noch recht verschieden geurteilt, und auf der anderen Seite sind entschieden neue Sub- spezies in leichtfertigster Weise bei ganz ungenügendem Material „gemacht“ worden. Zur ersteren Richtung gehört Bianchi, welcher im Bull. Acad. Imp. Sc. St. Petersburg XXV, 1906 (1907)!) sich selbst gegen die Trennung von cantarella und arvensis ausspricht, weil überall grauere und braunere Stücke nebeneinander vor- kämen. Ähnlich, wenn auch viel vorsichtiger, drückt sich Hesse in seiner „Übersicht einer Vogelsammlung aus dem Altai“ p. 434 aus, wenn er sagt: „Von den obigen beiden 2 zeigt aber das eine eine mehr grauliche, das andre eine mehr rötliche Färbungs- phase, mir vorliegende dalmatinische Stücke aus dem Berl. Mus. z. B. aus gleicher Jahreszeit würden von diesen Vögeln nicht getrennt werden können.“ Das würde also auf eine Indentität von cinerea und caniarella hinauslaufen, und es fiele schliefslich alles unter arvensis zusammen. Daran glaube ich nun nicht! Die Beobachtungen Hesses und Bianchis, nach welchen in den verschiedensten Regionen neben grauen auch rötlichbraune Stücke vorkommen, sind durchaus zutreffend, letztere sind aber nach meinen Untersuchungen Jungvögel aus demselben Jahr, dürfen also keinesfalls mit den alten Exemplaren verglichen werden. Solche Stücke zeigen im ersten Jugendgefieder etwa 3—4 Monate lang — bei Spätbrüten also bis in den Winter hinein — auf der Oberseite viel buntere Farben als Vögel ad. zu derselben Zeit. Die Federmitten neben dem dunklen Schaft- fleck sind rötlichbraun, die Säume hell rostbraun bis weilslich. Solche frischen „Braunschecker“ müssen bei Vergleich von Serien noch sorzfältiger ausgeschaltet werden als etwa ganz verstolsene Sommervögel, sonst mufs ja das Bild bis zur Unkenntlichkeit getrübt werden. Diese Eigentümlichkeit der Jungvögel, im ersten Herbst ihres Lebens eine lebhafter braune Oberseite zu zeigen als jemals später, ist keineswegs einzig dastehend. Junge Nebel- krähen sind ebenfalls im Spätsommer fast chokoladenbraun, bei der Mauser des Kleingefieders im August— Oktober, je nach dem es sich um frühe oder späte Bruten handelt, kommen dann erst die mehr oder weniger rein blaugrauen Federn zum Vorschein, durch welche die einzelnen Formen sich unterscheiden, unver- mauserte Jungvögel sind m. E. nicht unterscheidbar. Auch junge Singdrosseln zeigen — allerdings nur 6—8 Wochen lang — eine so rotbraune Oberseite in ihrem ersten Jugendkleide wie niemals später und lassen noch nicht erkennen, ob sie der 1) vgl. I. f. 0, 08, p. 228, i re ee ee ee ee ein 2 nn a Ars Mile ie dee u 2.2 ee ee en ne Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 818 graueren nördlichen oder der brauneren mitteleuropäischen Form angehören. Genau derselbe ist bei den Lerchen der Fall, die Jungen sind braun-bunt und von der Adria bis zum Altai unter einander ziemlich gleich; solche aus frühen Bruten mausern dann schon im Frühherbst, spät erbrütete Vögel entwickeln sich lang- samer und mausern bisweilen erst im Winter. Nehme ich nun aber ausschliefslich schon vermauserte Stücke und lege sie neben- einander, so läfst sich an der Unterscheidbarkeit von arvensis und cantarella nicht zweifeln, daran anschliefsend ostwärts zeigt dann eine Reihe, welche über Attika-Cypern (Wintergäste!), .Rumänien, S.-Rufsland, W.-Rufsiand, Kaukasus, Turkestan bis zum Altai führt, ganz augenfällig, wie die graue Färbung der Oberseite nach Osten hin allmählich zugimmt, dabei immer reiner und lichter wird. Nun mulfs ich noch ganz kurz zur entgegengesetzten Richtung Stellung nehmen, welche Ehmcke mit seinem Pieonasmus an neuen Namen vertritt. An dieser wertlosen Belastung der Synonymie haben bereits Hartert (Int. Orn. Kongr. 1910) und Schalow (J. f. O. 08, p. 228/29) scharfe Kritik geübt, der ich mich nur an- schliefsen kann. Es ist möglich, sogar nicht unwahrscheinlich, dafs bei Vergleich grofser Suiten von sicheren Brutvögeln auf dem Balken sich noch die eine oder andere Übergangsform (Zwischenform) abtrennen lassen wird, am ehesten wohl noch in Rumänien. Vorläufig vermag ich dafür noch nicht einzutreten, und wenn künftig doch einer der Ehmcke’schen Namen noch zur Geltung kommen sollte, so liegt das Verdienst ausschliefslich bei dem späteren Bearbeiter, nicht bei dem ersten Autor. So- wohl in dieser Ablehnung wie in der Anerkennung der beiden Subspezies cantarella und cinerea befinde ich mich in Überein- stimmung mit Schalow und Hartert. Wenn ich nun an die Auf- gabe herantrete, die westrussischen Lerchen zu klassifizieren, so kann ich das nur tun, indem ich sie mit den benachbarten aner- kannten Formen, welche ich oben besprochen habe, vergleiche. Dies soll im folgenden geschehen auf Grund des Materials im Berl. Mus. und meiner Sammlung, das leider noch keineswegs reichhaltig genug ist, um durchweg Klarheit zu schaffen. I. Alauda a. arvensis L. Färbung: Oberseite mit bräunlichen Federrändern, in West-Deutschland am lebhaftesten braun, von der Elbe ostwärts etwas blasser, die dunklen Schaftflecke auf dem Mittelrücken nicht sehr breit. Unterseite: Die Fleckung auf dem Kropfe variiert stark, meist ist sie grob und ziemlich ausgedehnt, abe nicht immer. Mafse: 9'G' Fl. 109—117, Durchschnitt 112,52), Schn. 11—12 mm, 90 „ 99-101, E 100, a leo, 1) Ein Februarvogel aus der Mark, wohl sicher errore als Q be- zeichnet, mit 121 mm Filg. ist offenbar ein Gast aus dem Osten, «. 814 0. Graf Zedlitz: Untersucht 26 Ex. Berl. Mus., 6 Ex. Coll. Zedlitz aus Deutschland vom Rheinland bis Ostpreufsen einschl. der Zug- vögel von den Nordsee-Inseln und Rossitten (mit einer Ausnahme), welche ihre Heimat in Skandinavien und den baltischen Pro- vinzen haben dürften. Die schon erwähnte etwas fahlere Färbung findet sich aufser bei den ostdeutschen Vögeln auch bei den nordischen Wanderern, z. B. von Juist, wollte man also eine Trennung vornehmen, so wären diese als arvensis typ. zu be- zeichnen, die westdeutschen aber mit einem anderen Namen auszustatten. II. Alauda a. cantarella Bp. Färbung: Oberseite mit graulich-braunen Feder- rändern, die dunklen Schaftflecke aber breiter. Infolgedessen erscheint im frischen Gefieder der Rücken blasser, im abgetragenen hingegen viel dunkler als bei arvensis, denn im ersteren Falle wirken die helleren Säume, im letzteren die dunklen Mittelteile, weil die Säume inzwischen zum grölsten Teil abgestolsen sind. Also je abgetragener das Kleid, desto dunkler der Rücken! Unterseite: ropffleckung durch weg kräftig. Malse: Q'C' Fl. 107— 114, Durchschnitt 111,5; 99 98— 1041), Durchschnitt 101,5; Schn. 10—11 mm. Untersucht 13 Ex. aus Sardinien, Dalmatien, Süd-Ungarn, Siebenbürgen, Rumänien. Vögel aus Rumänien sind vielleicht nicht mehr typisch, vereinzelt findet sich hier anch ein grölseres Schnabelmafs von 12 mm, während cantarella aus dem Mittel- .meergebiet und S.-Ungarn sehr regelmälsig ein kleines Schnabel- mals von 10—10,5 mm zeigen. III. A. a. arvensis L. < cinerea Ehmcke. Färbung: Oberseite noch grauer als cantarella und blasser, die schwarzen Schaftflecke der Rückenfedern nicht so breit, daher tritt die hellere Tönung besonders deutlich bei etwas abgeriebenem Kleide hervor. Unterseite: Kropffleckung meist etwas schwächer als bei cantarella. Mafse: 9‘ Fl. 110—116, Durchschnitt 113; 92 102—108, Durchschnitt 105, Schn. 11-12 mm. Untersucht 11 Ex. von Slonim (Brutvögel Coll. Zedlitz), Sarepta, Terek-Gebiet (N.-Kaukasus), ein Zugvogel von Rossitten IV, 4 Wintergäste von Attika I, Cypern Il, XI und Mesopotamien XII (einige als Q etikettierte Stücke mit extrem grolsen Mafsen dürften in Wirklichkeit Q' sein). Den kleinsten Schnabel hat das _ von Rossitten, sonst sind die Schnäbel durchweg ziemlich star 1) Ein Brutvogel aus Ungarn vom April ist offenbar irrtümlich als I bezeichnet, er hat 118 mm Flig. u u - VOLLER EEE EEE RE EEE Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 815 IV. A. a. cinerea Ehmcke. Färbung: Oberseite ebenso grau und blafs wie bei voriger, im Osten (Altai) noch heller; die Säume der hinteren Hand- und Armschwingen weilslich und breiter als bei allen anderen Formen (bei starker Abnutzung verschwindet dieses Kennzeichen all- mählich, da gerade die Armschwingen sich bei Alauda sehr stark abstolsen). Unterseite: Kropffleckung nimmt nach Osten zu ab. Malse: Q'9' Fl. 110—115, Durchschnitt 113; Q9 101— 106, Durchschnitt 103,5; Schn. 10—11, selten 12 mm. Untersucht 10 Ex. von Lenkoran, Turkestan, Naryn, Tomsk (Typus), Altai. Der Typus hat den kürzesten Flügel mit 110, aber einen der längsten Schnäbel mit 12 mm. In den Malsen ist, wie aus den angeführten Zahlen hervorgeht, ein deutlicher Unterschied zwischen den einzelnen Formen nicht zu konstatieren, insbesondere finden wir im Osten keineswegs durchweg gröfsere Schnäbel als im Westen. In der Färbung stehen sich Gruppe III und IV aufserordentlich nahe, nur die breiten hellen Schwingen- säume finden sich deutlich markiert erst bei den Asiaten. Will man die Bezeichnung, wie ich sie gewählt habe, nicht gelten lassen, so kann man m. E. die russischen Alauda nur zu cinerea, niemals aber zu arvensis typ. ziehen. In Übereinstimmung mit meinem Befund hebt auch Kleinschmidt (l. c.) hervor, dafs russische Feldlerchen grauer seien als französische. Alle Beobachter bezeichnen unsre Lerche als sehr häufigen Brutvogel in ihrem Gebiet, ich erspare mir deshalb die Aufzählung der einzelnen etwa gleich lautenden Berichte aus Polen, Ost- Galizien, Wolhynien, dem Pripjet-Sumpf, Litauen bis zu den Baltischen Landen. Gelege wurden gesammelt von Cordes am Disna-See (10. VI. 17), Rüdiger bei Dolsk (1. VL. — 1. VIL 17) und Stolz bei Suwalki (29. V. 16). Im Pripjet-Gebiet fanden Grafsmann und ich nicht selten Alauda dicht neben Lullula an- gesiedelt, wenn auch jede ein bestimmtes Gelände bevorzugt, jene Wiesen und Felder, diese sandiges Unland und besonders Waldblöfsen. Über den Zug liegen erfreulich viel positive Mitteilungen vor, welche ein ziemlich klares Bild ergeben. Sehen wir zunächst den Herbstzug an, so zeigt sich wieder das übliche Bild, dafs die Vögel sich in Polen länger aufhalten als irgendwo anders in der ganzen Region, ein Zeichen, dafs die Zugrichtung annähernd eine ost-westliche sein mufs. Ich gebe die Angaben hierüber chronologisch: Litauen: Abzug Ende September (Puhlmann), Ost-Galizien: Herbstzug 22. IX. — 2. X. 17 (Schelcher), Pripjet-Gebiet: markanter Herbstzug im Oktober (Gralsmann), Narosz-See: noch beobachtet 7. X. 16 (Schalow), Bialowies: die letzte gesehen 22. X. 16 (Reichenow); Polen: Free » 14 XI 15 (Gengler). 816 Ö. Graf Zedlitz: Über den Frühjahrszug liegen folgende Ankunftsdaten vor: Czenstochau 10. 1II. 15 (Zedlitz), Konschizy (Pripjet) 15. IIL. 16 viele tausende, Durchzug bis 25. III. (Grafsmann), Slonim 17. III. 16 (Zedlitz), Smorgon 25. III. 16 (Schlüter), Ost-Galizien 20. III. 17 (Schelcher), Bialowies 26. III. 17 (Reichenow), Wischnew 19. III. 18 (Puhlmann), Dondangen (Kurland) Durchschnitt 27. III. (Lueanus). Die Feldlerche ist einer der ersten Rückwanderer im Früh- jahr, sie erscheint meist, wenn noch viel Schnee liegt und der Frost sein Regiment führt. Wenn dann bald darauf Tauwetter einsetzt, zum ersten mal wieder unter den Strahlen der Mittags- sonne schneefreie Fleckchen sich zeigen und schnell vergröfsern, dann steigt der kleine Frühlingsbote als Erster mit jubelndem Liede empor zum Preise des Sieges über den Winter, der fast 5 Monate lang ununterbrochen sein gestrenges Szepter geführt aber nun endgültig ausgespielt hat. Befund: Im ganzen Gebiet einer der häufigsten Brutvögel; die Grenze gegenüber A. arvensis typ. mufs noch festgelegt werden, die Brutvögel Polens dürften zu letzterer Form gehören, vielleicht auch diejenigen der Baltischen Provinzen. 187. Lullula arborea arborea L. Dobbrick O0. MB. 17, p. 35. — Grafsmann O0. MS. 16, p. 232; J. f. O. 18, p. 312. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 188. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 381. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134; J. £. ©. 17, II, p. 300. Über systematische Fragen vermag ich mich auch jetzt noch aus Mangel an Material nicht zu äufsern, unglücklicher- weise ist diese Art, vielleicht gerade weil sie vielfach gemein ist, von den meisten Feldornithologen überhaupt nicht gesammelt worden. Ich finde auch in der hier einschlägigen Literatur keine Bemerkungen zur Systematik. Der Beweis, dafs es sich tatsächlich um Z. arborea typ. handelt, mufls also — streng ge- nommen — erst noch erbracht werden. Die Heidelerche ist ein häufiger Brutvogel in den sandigen Kiefernrevieren Nord-Polens, wo Stolz auch am 21. V. 16 ein Q' bei Lomza erlegt hat. In der ganzen Polesje einschl. der sie im Westen bis Norden begrenzenden Höhenlagen ist sie zur Brutzeit eine gewöhnliche Erscheinung, Grafsmann hörte ihren Gesang auf ganz kleinen, rings von Wasser und Schilfwald um- gebenen Inseln im Sumpf; ich selbst fand sie vorzugsweise in den Nadelholzrevieren östlich Slonim auf Kahlschlägen und jungen Kulturen mit leichtem Boden. Im Gouv. Kowno konnte Dobbrick sie nur hie und da feststellen, ihre Häufigkeit nimmt re es ee ee Me a B 3 5 Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 31? also in dieser Richtung ab. An und für sich reicht aber die Verbreitung weit nach Norden, in Västergötland (Schweden) z. B. fand ich die Heidelerche in den sumpfigen Wald-Distrikten aulserordentlich zahlreicn auf den kleinen als Feld oder Wiese genutzten Blölsen. Über den Frübjahrszug kann ich nur spärliche Notizen zusammenstellen: Wloszezowa (S.-Polen): 31. III. 15 das erste singende ' (Zedlitz), Konschizy: Ankunft 2. IV. 16, am 22. IV. brütete schon Q auf 5 Eiern (Grafsmann), | Bialowies: Züge am 1.—3.—12. IV. 17 (Reichenow). Der Fortzug im Herbst vollzieht sich unauffällig, sodals ge- naue Daten sich darüber nicht geben lassen. Befund: Brutvogel in Polen, besonders häufig im Norden, ebenso in der ganzen Polesje, im Gouv. Kowno spärlicher ver- treten. 188. Galerida eristata erısiata L. > caucasica Tacz. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 44. — Dobbrick O. MB. 17, p. 35. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 70/71. — Görnitz O. MB. 18, p. 131. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 312. — Kleinschmidt Falco 17, p. 23. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow O. MB. 16, p. 132; „Bialowies‘ 18, p. 188. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 24; Zischft £. O0. u. O. XXIV, p. 4. — Schalow O. MB. 15, p. 88. — Schelcher V.0.G. i. B. XIV, 1, p. 10. — Schlegel V. ©. G. i. B. XII, 4, p. 330. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 382. — Zedlitz ©. MB. 15, p- 137, 166; J. f. O. 17, II, p. 300. Bei der systematischen Beurteilung der Haubenlerchen in den hier behandelten östlichen Gebieten gehen die Ansichten recht erheblich auseinander. Allerdings mufs man sich von vorn- herein klarmachen, dafs man kaum erwarten kann, von Polen und Kurland durch das Pripjet-Gebiet bis Ost-Galizien durchweg genau dieselbe Form anzutreffen. Zunächst scheint es, dafs wir an zwei Punkten der Peripherie unseres Kreises es mit typischen cristata zu tun haben: 4 Ex. Schelchers aus Ost-Galizien erklärt Laubmann nach ihrer Untersuchung für nicht unterscheidbar von cristata typ.!); bei 8 Ex. aus der Gegend von Smorgon erwähnt Kleinschmidt keinerlei Abweichungen von der typischen Form, sondern stellt ihnen nur französische Galerida als „gallica Br.“ gegenüber. Bei polnischen Vögeln meint Stolz an 8 Ex. aus dem Norden bis Warschau kürzere bzw. stumpfere, bei 9 Ex. aus dem Süden und Südwesten längere bezw. spitzere Schnäbel 1) Nach Hartert V. d. p. F. p. 228 ist Wien die terra typ. für Linnes @. cristata. Jourm, f, Orn, LXIX, Jahrg. Juli 1921, 21 sis Ö. Graf Zedlitz: konstatieren zu können — dabei sind alle zwischen Mai und September, also zur Brutzeit bezw. bald darauf, gesammelt. Gengler erklärt die Haubenlerchen von Polen und Wolhynien für Uebergänge zu den östlichen Formen, betont dafs starke | Variieren der Schnabelmalse und erwähnt, das ein- | zelne Stücke von den @. c. tenwirostris aus der Gegend von Sa- repta weder in Färbung noch Mafsen zu unterscheiden seien. | Die Variabilität der Färbung hebt dann wiederum | Dennler für das Pripjet-Gebiet hervor und führt dieselbe darauf | zurück, dafs der hellere Ton eine Anpassung an das sandige Dünengelände, der dunklere an das Ackerland bedeute. Ich kann mich dieser Auffassung nicht anschliefsen, denn nach meinen Beobachtungen brütet diese Lerche ausschließslich auf ganz leichtem oder sterilem Boden, nicht aber auf dunklem Humus, die Färbung variiert aber trotzdem bei Vögeln von Slonim ebenso wie von Bialowies. Schliefslich findet auch Schlegel bei Vergleich von 4 Pripjet-Vögeln mit sächsischen Stücken bald eine Übereinstimmung der Färbung auf der Unterseite, bald eine Ab- weichung nach der helleren Richtung, unter den Schnäbeln weist nur einer ‚mit dem abnorm grofsen Mafs von 22 mm deutich auf Zenuirostris bezw. eine östliche Form hin. Nicht unerwähnt lassen möchte ich zwei Arbeiten von Gengler, in welchen bei Be- handlung von Gebieten, die uns ferner liegen, doch wertvolle Fingerzeige zu der hier behandelten Frage gegeben werden: in den V. 0. G. i. B. XII, 4, p. 222 sagt er von östlichen Vögeln (Galizien), sie hätten „einen rotbrauneren Rücken und grazilere Schnabelform‘“, bei Jungvögeln sei das Rotbraun am lebhaftesten. In seiner neuesten schönen Bearbeitung der Balkanvögel werden für die Zoogeographie folgende Gesichtspunkte gegeben: @. c. meridionalis bewohnt Serbien, Macedonien, Bulgarien, Flig. J10* 109—113, 99 103—105; @. c. tenuirostris ist im Januar 17 als häufiger Wintervogel in der Dobrudscha angetroffen worden, Flig. 0'S' 106—112, © 106 mm. Die Schnäbel sind bei den gg! beider Formen gleich lang, beim Q tenwirostris ein wenig kürzer als bei den QQ meridionelis. Bei Bearbeitung des Materials im Berliner Museum und aus meiner Sammlung mufste ich schmerzlich das gänzliche Fehlen typischer tenuirostris von Süd-Rufsland mit in den Kauf nehmen, hingegen ist eine Serie von cawcasica vorhanden. @. c. tenuirostris beschreibt Hartert (V. d. p. F. p. 230) als „etwas graulicher als crisitata, zeichnen sich durch auffallend dünne Schnäbel aus“; von caucasica sagt er: „Die ganze Oberseite mit einem so deutlichen grauen Anfluge, dafs der Unterschied beim Vergleich einer Serie sofort in die Augen fällt. Schnabel scheint etwas dunkler, mehr horngrau zu sein, 9' Fl. 106—110, 9 99—104 mm.“ Danach sind beide Formen auf der Oberseite grauer als cristata, nur hat tenuirostris einen dünnen, längeren caucasica einen dicken, kürzeren Schnabel. Ich gebe nun hier- Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 319 unter das Resultat meiner Untersuchungen wieder, das sich, wie ich gleich vorausschicken kann, im wesentlichen mit Genglers und meiner schon früher ausgesprochenen Ansicht deckt. Der Ton der Unterseite ist sehr variabel, auch wenn stark abgenützte sowie verschmutzte Kleider — Schmutz spielt bei diesen Landstrafsenvögeln oft eine grofse Rolle! — von vornherein ausgeschaltet werden. Am stärksten gelblich über- laufen ist sie bei Stücken aus der Schweiz, gelblich mit rost- farbigem Anfluge bei der Form meridionalis von Dalmatien und dem Balkan, schwach sandfarbig getönt bei westdeutschen und auch noch manchmal — nicht immer — märkischen Vögeln, dagegen meist grau ohne gelblichen Ton bei ostdeutschen (Mecklenburg, z. T. Mark, Posen, Schlesien) und z. T. polnischen; dann macht sich wieder ein sandfarbiger Anflug bemerkbar von Bialowies an ostwärts bis zum Kaukasus, aber die individuelle Variation auch bei Vögeln von demselben Fundort und Monat ist ganz erheblich, ich glaube, dafs sie auf Alters-Unterschieden beruhen dürften. Auch bei den ungarischen Exemplaren ist der Ton bald gelblicher, bald grauer. Die Farbe der Unterseite kann somit m. E. garnicht oder höchstens als sekundäres artliches Merkmal angesehen werden, weil sie bei Vögeln aus derselben Gegend und Jahreszeit durchaus nicht konstant ist. Bei der Beurteilung der Oberseite müssen ebenfalls stark abgenutzte und verschmutzte Kleider, welche anormal dunkel sind (z. B. die meisten aus Bromberg im Berl. Mus.) ausgeschieden werden. Scharf von allen anderen heben sich hier wiedefum die schweizer Vögel mit dem hellen, gelblich- bräunlichen Rücken ab; in West- und Mittel-Deutschland bis zur Mark einschl. finde ich einen bräunlichen Ton der Oberseite, der von Mecklenburg und der Posen’schen Westgrenze an ost- wärts allmählich in Graubraun übergeht. Im Übergangsgebiet, speziell Posen, Süd- und Nordpolen, sind die Schattierungen meist etwas dunkler, um dann weiter im Osten über Bialowies, Pripjet-Gebiet bis zum Kaukasus allmählich immer heller und reiner grau zu werden. Scharfe Grenzen lassen sich nirgends ziehen, von Mittel-Deutschland bis Bialowies finden sich, wie schon oben erwähnt, gleichzeitig nebeneinander hellere und dunklere, mehr zur bräunlichen oder mehr zur graulichen Phase neigende Stücke, erst östlich von Bialowies kommt — bei meinem Material wenigstens — eine ausgesprochene bräunliche Färbung nicht mehr vor, von da an dominiert das Grau. Vögel aus Ga- lizien und Ungarn sind zumeist bräunlich (cristata typ.), doch kommen im Süden sowie in Siebenbürgen auch grauere vor, m. E. Übergänge zu meridionalis, welche ihrerseits bald über- wiegend grauliche (Brutkleid), bald mehr rostbräunliche Oberseite (frisches Kleid) hat aber stets sehr hell erscheint. . Um einen Vergleich der Mafse zu erleichtern, gebe ich hierunter eine Tabelle, dieselbe zeigt bei den Exemplaren aus 21* 820 Ö. Graf Zedlitz: Deutschland bis Ungarn fast völlige Gleichmälsigkeit der Malse, nach Osten zu ist dann ein ganz langsames Anwachsen zu konstatieren, und zwar zeigen die Vögel aus Polen und dem Pripjet-Gebiet im Durchschnitt schon längere Flügel aber kaum merkbar stärkere Schnäbel, erst die Kaukasier haben neben dem gröfseren Flügel- mals auch konstant etwas längere bezw. auch dickere Schnäbel. Wenn auch diese Gröfsen-Unterschiede minimal und nur bei Vergleich von Serien erkennbar sind, so lassen sie sich doch nicht wegleugnen, zumal sie mit der — ebenfalls sehr geringen — Änderung des Kolorits zusammenfallen, ich halte demnach die Form caucasica für berechtigt und die Vögel des Pripjet-Gebietes für ein Zwischenglied zwischen ihr und cristata typ. Inwieweit Anklänge an tenuirositris vorhanden sein könnten, kann ich wegen des schon erwähnten Mangels an Material nicht sagen, doch deuten die Schnabelmafse jedenfalls nicht auf nahe Verwandtschaft hin. Vereinzelt kommen Zenuirostris im Gebiete vor (vgl. Gengler und Schlegel), aber warum sollen junge Haubenlerchen im ersten Lebensjahre nicht weit von ihrer Kinderstube fortstreichen, wie es so viele andere Junge von sogenannten „Standvögeln“ tun? Im übrigen schliefse ich mich vollkommen Genglers Ausspruch (Orn. Jbch. 16, p. 71) an: „Einem geschäftsfreudigen Arten- fabrikanten wäre hier ein weites Feld der Betätigung geboten! Bei den Haubenlerchen West-Rufslands glaube ich, von einer Neubenennung schon deshalb absehen zu sollen, weil ihr Ver- hältnis zu Zenuirostris noch nicht genügend geklärt ist, ich glaube, die Formel nach Stresemann’schem Rezept genügt vorläufig durchaus. Inbetreff der Vögel aus der Schweiz behalte ich mir mein Urteil noch vor bis zur Prüfung einer grölseren Serie; solite diese den bisherigen Befund bestätigen, so wäre eine Ab- trennung allerdings gerechtfertigt. In Polen und in Wolhynien gehört die Haubenlerche zu den Charaktervögeln; im Winter besucht sie Land- und Dorf- stralsen und dringt bis mitten in die Städte vor, im Sommer lebt sie auf sandigem oder doch vorwiegend kahlem Gelände, am liebsten auf Hügelrücken oder an Flufstälern. Gengler zählt 50 Ortschaften auf, an welchen er sie festgestellt hat. Die Angaben von Bacmeister, Pax und Stolz stimmen dem Sinne nach durchaus mit den seinigen überein; ich fand sie als ge- wöhnlichen Brutvogel bei Wloszezowa und Kielce. Im Pripjet- Gebiet ist sie im eigentlichen Sumpf nicht so "stark vertreten wie Alauda und Lullula, dagegen sehr zahlreich überall in höheren Lagen wie auf der Pinsker Landzunge (Grafsmann, Dennler), bei Slonim und Bialowies (Reichenow, Zedlitz). Rüdiger sammelte Gelege bei Dolsk am 1. V., 3. V. und 21. VI. 17, sah die Art aber auch mehrfach in Kurland. Nach Puhlmann ist sie bei Wischnew haufig, Schalow berichtet von Flügen bis zu 30 Stück aus Polen, nur für das Gouv. Kowno bezeichnet Dobbrick sie als ganz vereinzelt im Sommer vorkommend, ee 821 Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. Mafstabelle. Gruppe Fundort 1 ee Datum Eh Flügelmals in mm Er Schnabel Ia | Deutschland, @. c. cristata B. M. 1 14 &&$ | 103, 104, 104, 105, 105, | 106 eher schlank 106, 106, 106, 107, 108, Länge 16—17 mm 108, 108, 108, 109 - » „ 799 98, 98,99,100,100,101,101 | 99,5 nen lmm ürzer Böhmen zZ. | 29. II. 77 s | 106 | 106 wie bei deutschen b Kom. Pressburg 4 7.2.16 |? <& 102 etwas kürzer als voriger Ungarn B.M. 3 dd 103, 106, 107 105 zierlich und kurz IIa | Süd-Pol nen üd-Polen } „IM. 1 ; “nl? : b | Nord-Polen B.M.| 11.117 g lie ee er 2 s 2 106 eutschen [nach Gengler: Polen 106—113 109,5] ce | Bialowies B.M.| X1. 15 5 88 I 107, 110, 110, 111 | 109 eher schlank, im Dolsk * x o 101 \ 100,5 Dee Ei Sionim Z. |LuX1.16 |5 3% | 107, 108, 109, 109, 110 | 108,5 dertshön ” ” „ 3099 100, 101, 107 103 ” 5 Nr ” VD. 16 Q 103 } [nach Göritz: Pripjet 4 38 10,3—10,9 cm 106] * . II | Terck-Geb., @. c. caucasica |B.M. ?4 && | 107, 107, 109, 109 108 stärker als bei » z » ? 399 | 102, 103, 104 103 \ allen vorigen IV | Dobrudscha, @. c. tenuirostris dd 106—112 109 nach Gengler { Q 106 106 V Balkan, G. c. meridionulis [6 Ye) 109—113 111 nach Gengler [er e) 103—105 104 Selbst untersucht habe ich einschl. 4 @. c. meridionalis von Castelnuovo und Rumänien sowie 4 schweizer Stücken im ganzen 54 Exemplare. Schnabelmafse in Zahlen habe ich nicht angegeben, da ich bei $& stets nur bis höchstens 18 mm messe, während Hartert für cristata 33 17,5—19,9 angibt, also sind anscheinend unsre Methoden verschieden. "Pu 822 0. Graf Zedlitz: man mufs aber berücksichtigen, dafs sie in dieser Jahreszeit dem Beobachter auch weniger vor Augen kommt als im Winter, wo sie die Nähe der Menschen aufsucht. Befund: Gemein als Standvogel im ganzen Gebiet, nur im Gouv. Kowno anscheinend seltener. Im Baltikum und in Galizien dürfte @. e. eristata leben, polnische Brutvögel variieren stark, solche aus das Polesje stehen zwischen ceristata und cau- CASTCaA, 189. Otocorys flava subsp. ? Neumann J. f. O. 18, p. 238. Wir verdanken O. Neumann die interessante Mitteilung, dafs im strengen Winter 1916/17 mehrfach Otocorys flava bei Lomza und Ossowiez sich blicken liefsen. Da mir Belegstücke nicht vorliegen, kann ich nicht mit Sicherheit diese seltenen Wintergäste einer bestimmten Subspecies zuweisen. 190. Certhia familiaris bacmeisteri Zedl. Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 45 und 48: >C. f. — Dobbrick 0. MB. 17, p. 20: CO. f. — Domaniewski „Mat. & 1. £. orn. d. Pologne“ 1915: ©. f. f.; „F. Pass. Ok. Sara- towa“ p. 57: ©. f. scandulaca. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 72: ©. f. f. — Görnitz O. MB. 18, p. 133: C. f. — Grafsmann J). f. O. 18, p. 312: CO. f. — Pax „Tierwelt Polens“ p- 218: O. f fi — Puhblmann O.MS. 18, p. 211: ©. f. — Reichenow O.MB. 16, p. 133; J.f£ O. 18, p. 408; „Bialowies“ 18, p. 188: O. f. — Schalow O. MB. 17, p. 38: ©. f. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 12: ©: f. f. — Schlegel V. O. G. i. B. XI, 4, p. 332: O©. f. f. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 382: ©. f. — Zedlitz 0. MB. 15, p. 136, 166; 9. f. 0.17, IL 2. 35002 OF Res -O©. 20, p. 72: ©. f. bacmeisteri subsp. nov. Über die Systematik liegen ausführliche Arbeiten von Stresemann (V. ©. G. i. B. XIV, 1, p. 39—741) und mir (J. £. 0. 20, p. 70—74) aus neuester Zeit vor, ich begnüge mich, auf dieselben zu verweisen. In Polen und in den baltischen Provinzen lebt nach übereinstimmendem Urteil die typische Form famsliaris (vgl. Domaniewski, Gengler, Stolz, Pax, Zedlitz) und ist dort im allgemeinen als häufig zu bezeichnen. Im Gegensatz zu Mittel- und West-Europa bevorzugt sie ‘aber den reinen Laubwald, besonders auch Parks, sowie gemischte Bestände. Auch in Galizien fand sie Schelcher regelmäfsig im Eichenwalde. Die 6 von ihm dort gesammelten 00° hat Laubmann s. Z. wegen der hellbräunlichen Oberseite als familiaris typ. bestimmt, ein Vergleich mit bacmeisteri, welche erst später beschrieben wurde, 1) vgl. auch Nachtrag hierzu in V. O. G. i. B. XIV, 8 (1920), p. 214—216. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 823 wäre jedenfalls interessant. Diese neue Form bewohnt das Pripjet-Gebiet, schon Görnitz betont bei seinem JS‘ von dort die sehr lichte Oberseite, es ist also offenbar eine bacmeisteri, das Flügelmafs von 6,7 cm ist noch innerhalb der von mir an- gegebenen Grenze von 61—67 mm bei 11 untersuchten Stücken aus Bialowies und der Sumpfregion. Schlegel erhielt von Dolsk gleich- falls ein helleres Exemplar, von Goroditscheein dunkleres ; letzteres stammt auch von der Nordgrenze des Gebietes und könnte sehr wohl eine typische familiaris sein. Das Datum der Erlegung ist leider nicht angegeben, warum sollten nicht Baumläufer im Winter auch gelegentlich Wanderungen unternehmen, wie es nachweisbar Spechte und Meisen — wenigstens Jungvögel dieser Familien — tun? Von Ende Februar bezw. Anfang März an fand ich die Vögelchen stets schon angepaart. Es erübrigt sich, die Mitteilungen der einzelnen Beobachter, soweit sie lediglich das Vorkommen betreffen, der Reihe nach zu registrieren, nur Dobbrick nennt die Art im Gouv. Kowno nicht häufig, alle anderen fanden sie zahlreich vertreten und zwar, wie ich nochmals betonen möchte, vorzugsweise im Laub- und Mischwald sowie in Parks, während sie in West-Europa den reinen Nadel- wald bevorzugt. Befund: C. f. bacmeisteri ist häufig im ganzen Sumpfgebiet einschl. Bialowies, in Polen westlich des Bug lebt ©. f. fami- liaris, die Vögel der baltischen Provinzen dürften auch zu letzterer Form gehören, wahrscheinlich schon die von Litauen, da bereits in Goroditsche ein dunkleres Stück erbeutet wurde. 191. Certhia brachydactyla neumanni Zedl. Kleinschmidt Falco 18, p. 18: ©. Brachyonyx. — Neumann J. f. O. 18, p. 238: C. brachydactyla. — Reichenow „Bialowies‘“ 18, p. 188. — Stresemann V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 55/56; XIV, 3, p. 216: ©. brachydactyla. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 382. — Zedlitz J. f. O. 20, p. 76: CO. b. neumannı. Nachdem schon Kleinschmidt (l. c.) darauf aufmerksam ge- macht hatte, dafs ein Vogel seiner Sammlung aus Bialowies eine auffallend grauliche Oberseite hat, konnte ich im J. f. O. 20, p. 76 auf Grund von 8 Exemplaren aus West-Rufsland und Polen die Form „neumanni“ neu beschreiben. Ihre Berechtigung dürfte kaum angezweifelt werden, dafs sie nicht bereits längst abgetrennt worden ist, liegt nur daran, dafs wir bisher über- haupt kein Material aus dem Osten besalsen. Noch Hartert gibt in den V.d. p. F. p. 324 folgende Verbreitung an: „äulserst selten in Ost- und Westpreufsen sowie in Hinterpommern, häufig in Mittel- und Süddeutschland.‘ Im übrigen ist schon Hartert s. Z. die abweichende Färbung der Stücke aus NO-Deutschland aufgefallen, doch fehlte es ihm, wie gesagt, an genügendem Material. Wie bei Klärung der meisten Fragen, welche unsere 924 0. Graf Zedlitz: Baumläufer betreffen, die Wahrheit sich nur sehr langsam durch- gerungen hat, so ist es auch der allerneuesten Zeit vorbehalten gewesen, das Vorkommen in NO-Europa festzustellen, obgleich der Vogel dort keineswegs überall sehr selten ist. Für Posen wurde er nachgewiesen durch Kayser (1917) und Hammling (1918), für Nord-Polen, Gegend von Suwalki, durch Stolz (J. £. O. 17 nicht 07, wie im J. f. ©. 20, p. 74 infolge Druckfehlers steht) und zwar als Brutvogel, ferner durch Neumann, der ihn im Winter 1916/17 bei Lomza sogar häufiger als ©. familaris antraf. Schliefslich finden sich in der Privatsammlung von J. v. Domaniewski 14 Ex. ad. und juv. aus der nächsten Umgebung von Warschau (vgl. Stresemann |. c.), während Neumann sonst in den Warschauer Museen keine Belegstücke aus Polen gesehen hat. Weiter nach Osten traf Dr. Stechow (Stresemann 1. c.) ©. brachydactyla „nicht selten“ im Nordostzipfel des Gouv. Grodno, aus Bialowies erhielten Kleinschmidt und das Berl. Mus. je ein Exemplar (1918), ich selbst sammelte bei Albertyn östlich der Schara ein Pärchen am 22. III. 17 und zwar im reinen Kiefern- hochwalde. Es ist also innerhalb von rund 3 Jahren die Ver- breitungsgrenze über die Provinz Posen, ganz Polen einschl. des äufsersten Nordens, Gouv. Grodno bis östlich der Schara hinausgerückt worden. Ob es sich um ein tatsächliches Vor- dringen der Art nach Osten handelt oder sie bisher nur immer übersehen wurde, lasse ich dahingestellt; der Umstand, dafs Domaniewski in letzter Zeit eine grölsere Serie sammeln konnte, während aus früherer Zeit kein Exemplar in Warschau vorliegt, könnte für eine Besiedlung neuesten Datums sprechen. Im übrigen verweise ich wegen weiterer Einzelheiten auf die Ausführungen von Stresemann und mir, wo sich auch die detaillierte Beschreibung von neumanni findet. Ich möchte aber auch an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen — wie es schon Stresemann getan hat — dafs man stets nur die Ge- schlechter unter sich vergleichen darf und bei dieser einzig richtigen Methode die Schnabelmalfse ein gutes Kennzeichen abgeben auch gegenüber familiaris. Auf die Merkmale, welche beide Arten unterscheiden, hat auch Reichenow (l. c.) in dankenswerter Weise aufmerksam gemacht, ich stimme ihm vollkommen bei, wenn er der Färbung auf der Unterseite — rein- weils gegen silbergrau — grofsen Wert als Charakteristicum bei- milst. CO. brachydactyla, welche in West-Europa Parks und Laub- waldungen bewohnt, scheint im Osten gerade Nadelhölzer bezw. gemischte Bestände zu bevorzugen, also haben hier beide Baumläufer so ziemlich die Rollen getauscht, ohne dals etwa eine der Arten ausschliefslich an eine bestimmte Waldform gebunden wäre, Befund: In Polen ziemlich häufig bei Warschau, im Norden gleichfalls sicherer Brutvogel, im Gouv. Grodno nicht selten, in Bialowies und an der Schara spärlich vertreten. Die Vögel Ost- preufsens gehören wahrscheinlich auch zu neumanni (vgl. Hartert), u Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 825 192. Sitta europaea homeyeri Hart. Bacmeister Falco 16, p. 45. — Dennler Falco, 17, p. 2: S. stolemanni; „Natur‘‘ 18/19, p. 48. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20: 8. e. homeyeri. — Domaniewski Compt. Rend. d. 1. Soc. d. Sc. Vars. 1913. Fasc. 9, p. 1037—1044; V. 0. G. i. B. XII, 2, p. 174—180: 8. e. setolemanni. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 73: S. e. homeyeri; V.O.G.i. B. XII, 4, p. 224: 8. e. caesia, — Görnitz O. MB. 18, p. 133: $. e. sztolemanni. — Grafsmann J,. f. O0. 18, p. 312: S. caesia. — Kleinschmidt Falco 16, p. 12: 8. e. caesia; Falco 17, p. 20—23. — Pax „Tierw. Polens“, p. 219. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211: $. e. homeyeri. — Reichenow O. MB. 16, p. 133: $. euorpaea u. S. caesia sordida; „Bialowies“ 18, p. 188; J. f. O. 16, p. 414; J. f. O. 18, p. 408. — Schalow O. MB. 17, p. 38. — Schelcher V. ©. G. i. B. XIV, 1, p. 12: ©. e. caesia. — Schlegel V. O0. G. i. B. XIII, 4, p. 332: 8. e. selolc- manni. — Schlüter Falco 16, p. 30. — Stolz J. f. O. 17, 1, p. 382/83: $. e. caesia. — Stresemann V. O. G. i. B. XIV, 2, p. 139—147; — Zedlitz O. MB. 15, p. 133; $. e. caesia; 0. MB. 16, p. 166; J. f. ©. 17, II, p. 300: $. e. homeyeri. Wohl bei keiner anderen Gruppe gehen die Ansichten über die Berechtigung und das Wesen der einzelnen Formen so weit auseinander und ist der Widerstreit der Meinungen ein so leb- hafter wie bei unserer Sitia. Ich möchte deshalb gleich voraus- schicken, dafs ich mir durchaus die konziliante Auffassung zu eigen mache, welche Kleinschmidt (Falco 17, 21 u. 22) vertritt: „So wie es in unserem Belieben liegt, ob-wir nach Zentimetern oder nach Millimetern messen, so liegt es auch in unserem Be- lieben, ob wir zwei, drei oder vier Kleiberrassen in Deutschland ‘ annehmen. Nur darf man nicht an einem Ende nach Millimetern am andern nach Zentimetern messen.‘ Wenn ich also im Folgenden meinen persönlichen Standpunkt rein sachlich klar- lege und begründe, so bitte ich das nicht so aufzufassen, als hielte ich die gegenteiligen Ansichten durchweg für „verkehrt“, ich habe mich nur, um im Bilde zu bleiben, dafür entschieden, nach Millimetern meinerseits zu messen, es liegt mir aber völlig fern, Andere, welche nach Zentimetern messen, deshalb angreifen zu wollen. Wenn positive Befunde von mir im Widerspruch stehen zur Auffassung anderer Forscher, so fühle ich mich ver- pflichtet, meine Bedenken offen auszusprechen, denn wir wollen doch jeder an seinem Teil zur Klärung der schwierigen Fragen beitragen, aber es liegt mir die Anmalsung ganz fern, als hätte ich nun immer Recht und die Andern Unrecht, das wird sich erst viel später entscheiden. Reichenow bezeichnet den weils- bäuchigen Kleiber binär als $. europaea, hingegen den fahl- bäuchigen ternär als $. caesia sordida. Ich würdige seine Gründe vollauf, da aber meine Auffassung von „Subspecies“ von der seinigen abweicht, mufs ich konsequenterweise alle Formen 826 | 0. Graf Zedlitz: ternär benennen, da sie nach meiner Ansicht unzweifelhaft zu einem Kreise gehören. Vor allem mufs ich mich nun mit den prinzipiellen Fragen auseinandersetzen, welche Stresemann (l. c.) in seinem Aufsatz „Sitta europaea homeyeri: eine reine Rasse oder eine Mischrasse?“ behandelt. Die sehr geistreichen Aus- führungen des von mir hoch geschätzten Autors haben unzweifel- haft etwas sehr Bestechendes, und in vielen Punkten bin ich ganz mit ihm einig, eben das Fundament, auf welchem. sie aufgebaut sind, scheint mir doch vereinzelte Lücken auf- zuweisen. Ich halte es z. B. für bedenklich, die Selbständig- keit einer Form deshalb anzuzweifeln, weil sie ein kleineres Ge- biet bewohnt als eine oder zwei andere ihr nahe verwandte. Unsre zoogeographischen Gebiete können auf „Symmetrie“ in Anordnung und Gröfse nun einmal keinen Anspruch machen, dort wo auf sehr grofsen Flächen die wesentlichen Komponenten (geologische Entwicklung, Klima, Bodenform, Vegetation u. S. w.) ziemlich gleichartig sind, können zoogeographische Gebiete eine riesige Ausdehnung haben, z. B. im Norden und in den grofsen Wüsten oder Steppen, anderswo treffen wiederum auf engem Raum die Gegensätze hart zusammen und spalten die Region in kleinere Faunengebiete.e In unserem Spezielfall hat zunächst die typische $. europaea eine recht grofse Verbreitung, das Gleiche finden wir bei fast allen nordischen Formen unseres Erdteils, es scheint eben, dafs das östliche Skandinavien mit Finnland und dem nördlichen sowie nordöstlichen Rufsland im wesentlichen ein geschlossenes Gebiet bilde. Naeh Osten schliefsen sich dann weitere sehr helle Formen an, zunächst S. e. uralensis Glog., über deren westliche Grenze uns Grote (J. f. O0. 19, p. 374) nähere Ausschlüsse gibt, sie erscheint schon im Gouv. Orenburg — hier vielleicht nur als Wintergast —, brütet aber sicher am Ik, der oberen Sakmara, in Teilen des Gouv. Ufa und im Ural. Dann käme 8. e. biedermanni Rchw. vom Altai, welche zwar Hartert eingezogen hat, doch möchte sie Hesse!) aufrecht erhalten auf Grund der Flügelmafse, welche kleiner sind als bei wralensis. Auch 8. e. baicalensis Tacz. von Daurien und dem Baikal-See hält Hellmayr im Gegensatz zu Hartert für begründet.?2) In Kamtschalka schliefslich finden wir S. e. albrifrons Tacz. Reicher gegliedert als die weilsen Formen im Norden sind erklärlicherweise die rostbraunen in der ge- mälsigten Zone. In Europa sehen wir von Westen nach Osten fortschreitend: $8. e. hispaniensis With. (1913, Spanien, Portu- gal); S. e. affinis Blyth (Frankreich), $. e. britannica Hart. 1) Mitt, Mus. Berlin Bd. 6, 1918, Heft 8, p; 437. ?) Hartert selbst hat zwar V. d. p. F.p. 830 $. baicalensis als Synonym zu wuralensis gestellt, bezeichnet aber p. 831 $. e. albifrons als „sehr ähnlich $. e. baicalensis“. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 827 (England.), $. e. eisalpina Sachtl.!) (1919, Italien), $. e. hassica Kischdt. (1917, Rheinland), $. e. caesia Wolf (Mittel-Deutsch- land, Böhmen, Österreich, Ungarn, Galizien, Rumänien), in Macedonien und warscheinlich Griechenland lebt eine dunklere Form als caesia, welche affinis am nächsten zu stehen scheint, soweit ich aus dem Material im Berl. Mus. er- sehe (Gengler [Balkanvögel p. 96] hat leider in Serbien nur '3 mal Kleiber gesehen mit lebhaft gefärbter Unterseite, jedoch keine gesammelt); 5. e. caucasica Rchw. (Kaukasus); in Asien setzt sich die Reihe och fort, ich kann mir die Aufzählung wohl ersparen. So weit befinde ich mich mit Stresemann durchaus im Einklange, wie ich ja seine tatsächlichen Feststellungen in keiner Weise anfechten will. Nicht ganz einverstanden bin ich jedoch mit seiner Auffassung, dafs „ein schmaler Gürtel, dessen Breite 400 km kaum übertrifft, den klaffenden Gegensatz zwischen weilsbäuchigen und ockerbäuchigen Kleibern plötzlich überbrückt.* Diesen Übergang stellen doch in Europa die Formen reichenowi sordida, homeyeri, sztolemarni her, bezw. ist die Übergangszone gleichbedeutend mit ihrem Verbreitungsgebiet (über meine Stellung zu den einzelnen Formen erkläre ich mich später), also rechne ich dieselbe etwa von Lübeck über Königsberg bis Smorgon oder vom Riesengebirge bis über Pinsk hinaus, das sind Strecken von 1000 km und mehr, welche von Formen be- wohnt werden, welche zwischen „hell“ und „dunkel“ stehen. Mifst man neben der Breite dieser Zone auch ihre Länge, etwa von den Dänischen Inseln bis Podolien — vielleicht gehört sogar noch die Krim hierher — so ergibt sich wiederum eine recht achtbare Strecke, welche noch wesentlich länger ist als die vorigen. Innerhalb dieser immerhin nicht ganz kleinen Region vollzieht sich nun der Übergang nicht plötzlich, sondern in der Weise, dafs im Südwesten nahe der caesia-Grenze die Unterseite am reichsten an Pigment ist, das mit dem Fortschreiten nach Nordosten immer mehr verschwindet, bis nahe der europaea- Grenze viele Stücke nicht mehr von typischen europaea zu unterscheiden sind. Man kann nun unzweifelhaft den Stand- punkt vertreten: alle diese Übergänge, welche unter einander wieder durch zahlreiche intermediäre Stücke verbunden sind und sich offenbar schnell an ihren Grenzen verbastardieren, bezeichne ich durch Formeln und nicht durch eigne Namen. Dem wider- spricht m. E. zweierlei: 1. würde die Klarheit des Bildes durch eine so ausgedehnte Benutzung von Formeln keineswegs ge- winnen, 2. ist gleichfalls starke individuelle Variation und Ver- mischung nahe den Grenzen bei den Formen mit ockergelber Unterseite zu konstatieren, also was dem Einem recht, ist dem 1) 8. cinerca Doderlein (1869) ist nach Dr. Sachtleben kein älterer Name für den italienischen Kleiber, sondern lediglich eine Umbe- nennung von S. e. caesia, vgl. Anz. O. G. i. B. 1919, Nr. 2, p. 7. 828 0. Graf Zedlitz: Andern billig: entweder ich benenne nur gauz dunkle und ganz helle, alles andere bezeichne ich mit Formeln, oder ich belasse die Namen aller Formen, welche sich ausreichend charak- terisieren lassen und ein bestimmtes Gebiet bewohnen, mag es auch bald gröfser, bald kleiner sein. Auf letzteren Standpunkt stellt sich Kleinschmidt (Falco 17, p. 21/22), seine Reihe lautet: europaea-sztolemanni -homeyeri- sordida - reichenowi- caesia-hassica- affınis u.s. w. Es liegt mir fern, dieser Auffassung ihre Be- rechtigung absprechen zu wollen, ich möchte aber durch Aus- schaltung zweier Namen diese Kette etwas verkürzen, ein Ver- fahren, welches der Autor an genannter Stelle ausdrücklich für zulässig erklärt, wofern man nur das Bestehen der Stufenleiter zugibt, was ich natürlich tue. Meine Bedenken gelten zunächst der Form setolcmanni (stolamanni), sie ist schon unter einem unglücklichen Stern geboren, denn J. v. Domaniewski hat bei der Neubeschreibung!) als Vergleichsmaterial von komeyeri seine Stücke aus Polen (einschl. Gegend von Kielce) und sogar solche von Galizien benutzt, dassindabergarkeinehomeyeri sondern caesia, höchstens reichenowi, wenn man diese anerkennt. Dieses Versehen läfst sich gar nicht in Abrede stellen, denn bei Angabe der Verbreitung der einzelnen Formen am Schlufs der Arbeit, wird für Ahomeyeri unter anderem angegeben: Polen, Galizien bis an die Karpathen und ausdrücklich die Gegend von Kielce mit einbegriffen. Dafs im südlichen Polen und in Galizien ausschliefslich caesia (reichenowi) vorkommt, dürfte durch Bacmeister (Gouv. Ljublin nur dunkle Stücke, ein helles erst im Gouv. Sjedlec östlich Warschau), Gengler (V. O. G. i. B. XI, 4, p. 224: in Galizien nur caesia), Kleinschmidt (Falco 16, p. 12: S. c. caesia im Gouv. Ljublin und Sjedlec), Pax („Tierw. Polens“ p. 219: im Südosten caesia, in Mittelpolen sordida), Stolz (J. f. O0. 17, I, p. 382/83: 20 Ex. aus den Gouv. Petrikau, Radom, Warschau, Lublin durchweg rein ockergelbe caesia) und meine Beobachtungen aus der Gegend von Wloszcezowa ausreichend er- wiesen sein. Nun will ich trotz dieses Mifsgeschickes bei der Urbeschreibung nicht leugnen, dafs die Kleiber der Polesje tat- sächlich ein Bindeglied zwischen homeyeri, welche ostwärts bis Bialowies reicht, und der typischen europaea bilden. Die Zahl der Stücke, insbesondere der Q'0' aus jenem Gebiet, welche ich absolut nicht von typischen europaea aus Schweden unterscheiden kann, ist jedoch so grofs — etwa 50°, —, dafs ich mich doch frage, ob hier die Anwendung einer Formel statt eines eigenen Namens nicht richtiger sein sollte. Eine Mischform wie diese könnte m. E. an und für sich sehr wohl durch eigenen Namen be- zeichnet worden, wenn (um mit Stresemann ?) zu sprechen) „das 1) „Contribution & la distribution g6ographique du genre Sitta‘ Compt. Rend. d. 1. Soc. d. Sc. d. Varsovie 1918, Fasc. 9, p. 1087—1044. 2) „Beiträge z. Zoogeographie“, München 1919, p. 28. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 829 von ihr eingenommene Gebiet ziemlich ausgedehnt und die Mischrasse auf grölseren Strecken einheitlich geworden ist“; das trifft aber hier nicht zu, vielmehr liegen mir von allen Fund- orten Stücke mit ausgesprochenem europaea-Typus in so grofser - Zahl aus allen Jahreszeiten vor, dals von einem einheitlichen Typus von sztolemanni nicht wohl gesprochen werden kann. Ich wäre deshalb geneigt, diese Vögel teils als „euwropaea“, zu- meist aber als „europaea > homeyeri zu bezeichnen. Etwas anders verhält es sich mit reichenowi. Wenn ich das grofse mir vorliegende Material durchgehe, so fällt es mir nicht schwer, eine Anzahl „heller caesia“ herauszusuchen, welche aus dem östlichen Deutschland bezw. aus Polen stammen, dabei untereinander ganz gut übereinstimmen. Aus der Zusammen- stellung der Fundorte vermag ich mir aber beim besten Willen kein annehmbares Verbreitungsgebiet zu konstruieren. In der Urbeschreibung ist ‚Schlesien angegeben. Die Form soll ihrer Färbung nach zwischen homeyeri und caesia, andererseits sor- dida zwischen homeyeri und reichenowi stehen, also die Reihen- folge wäre: caesia-reichenowi-humeyeri oder reichenowi - sordida- homeyeri. Nun stölst aber Schlesien, die terra=typ. von reiche- nowi, nicht an das Gebiet von homeyeri, sondern hier trefien caesia und sordida zusammen, es ist also hier reichenowi ein Übergang zwischen diesen beiden, mithin dritte Reihenfolge: caesia-reichenowi-sordida. Bei einer so starken Variationsbreite, dafs reichenowi bald heller bald dunkler als sordida sein soll, scheint mir auch hier die Anwendung von Formeln zunächst noch richtig zu sein, bis über Verbreitung und Färbungscharakter weitere Studien Klarheit verschafft haben. Ich selbst besitze aus dem Kreise Militsch in Schlesien sowohl typische sordida wie sehr helle caesia, welche wohl als reichenowi bezeichnet werden könnten. Selbst vom Südabhange des Riesen-Gebirges erhielt ich noch eine sordida, ich bin also bei meinem Material nicht in der Lage, für reichenowi ein Verbreitungsgebiet anzugeben, einzelne Stücke, welche der Beschreibung entsprechen, finden sich anscheinend von Mecklenburg an durch Schlesien, Polen bis Ost-Galizien. Es handelt sich aber dabei m. E. um Bastarde aus verschiedenen Formen, welche alle mehr oder weniger wie blasse caesia aussehen. Jedenfalls bedarf die Form reiche- nowi noch weiterer Untersuchung. Unbedingt möchte ich jedoch für meine Person die Namen sordida und homeyeri weiter be- nutzen. Dafs Verbastardierungen in grofsem Umfange vor- gekommen sind und wahrscheinlich beide Formen überhaupt auf diesem Wege entstanden sind, also Mischrassen darstellen, will ich gar nicht bestreiten. Die Gründe, welche Stresemann in diesem Sinne bei homeyeri anführt, sind nicht von der Hand zu weisen, auch vertritt ja Reichenow dieselbe Ansicht (mit Bezug auf homeyeri). Wie ich aber schon oben sagte, kann man unter bestimmten Bedingungen einer Mischrasse sehr wohl einen eigenen 830 0. Graf Zedlitz‘: Namen zubilligen, Stresemann tut dies z. B. auch bei Pyrrhula pyrrhula germanica Br. sowie Aegithalos-Bastardformen. Ver- breitung von sordida: Pommern, Westpreufsen, das westliche Ostpreufsen, Brandenburg, Posen, der gröfste Teil von Schlesien, Teile des westlichen Polen. Abgesehen von den intermediären Stücken an den Grenzen sind im Innern dieses Gebietes die Exemplare so weit gleichmälsig, dafs man wohl von einem kon- stanten Typus sprechen kann, das zeigt die grolse Suite im Berl. Mus. Bei homeyeri umfalst die Verbreitung: das östliche Ostpreufsen, Litauen, Nordpolen, das Pripjet Gebiet, Wolhynien, Podolien (nach Domaniewski reicht sztolemanni ostwärs bis Pol- tawa und Pskow, diese Grenzen kämen also für homeyeri in Frage, wenn man szlolemanni nicht als eigene Form ansieht). Will man homeyeri und sstocmanni trennen, so würde Bialowies zum Gebiet von ersterer, die Polesje zum Gebiet letzterer Sub- species gehören. Ich füge eine ganz kurze Übersicht meines Materials hier bei, ohne weiter auf Einzelheiten einzugehen; B = Berl. Mus, SR Senkenberg. Mus, Z= Coll. Zedlitz: Ia. 8. e. europaea typ. aus Schweden. 3, 5 99 Unterseite überwiegend weils, jedoch ist nichtsel- Br 3 00 ten der Bauch leicht gelblich überlaufen bei bei- ! den Geschlechtern, bei 92 häufiger, Weichen flecke bei Q'O' stets dunkler, fast kastanienbraun. og, 1 Q aus Norwegen zeigen eine mehr grauliche Unter- seite, was z. T. auf Verschmutzung zurückzu- führen sein dürfte, es müssen aber jedenfalls norwegische Vögel noch näher untersucht werden. S. B. Z 8 Ib. 8. e. europaea aus Rufsland, welche ich von typischen nicht zu unterscheiden vermag. S. 4 '0' Bialowies I, II, III R B. 3 9’ Dolsk, Pinsk, Bialowies X, XI, XI ee ganz B. S' (Typus setolemanni) Pinsk 14. VI. 13 g 4er mr ganz Z. 6 Sg Slonim II, III, IV. VII, XII ER Ic. Intermediäre Stücke ähnlich den gelblichsten schwedischen, S. 9° Ostpreufsen IV Unterseite schwach B. 0° (?) Ostpreufsen III rahmfarbig, stehen S. 3 90" Bialowies I, IV, XII zwischen den gelblichsten 5.509 »„ » IH, IX, XI, davon | Schweden und blassen 2 angepaart mit weilsen J'O' homeyri. (s. unter Ib), gerade diese am gelblichsten, zeigen fast homeyeri-Charakter 2. 3 9'0' Slonim XI, XI. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 381 IIa. Stücke mit deutlichem homeyeri-Charakter. : : eine gewisse Variationsbreite Bu ee Dual, II ist unverkennbar, 99 im Sg "Pinsk XI Durchschnitt etwas reicher an S 3, © Bialowies VII, III Pigment, der allgemeine Cha- : rakter ist: Kehle rein weils a ne Unterkörper sonst blals rost- R ) : gelb überlaufen wie sehr = ee Minsk blasse caesia ohne den : r graulichen Ton von sordida. Z. 6 99 Slonim I, II, III, IV, XII, davon 4 QQ angepaart mit weilsen 9'C' (s. unter 1b), eins mit intermed. J' (8. unter Ic). lIb. Intermediäre Stücke mit Neigung zu sordida. B. 4 0'0', 4 99 Bialowies und Pripjet-Geb. (Winter), die Unter- | seite ist teils nur lebhafter gelb als bei vorigen, teils auch etwas dunkler und nähert sich dann sehr dem sordida-Charakter, 3 dieser 9Q von Dolsk sind angepaart mit helleren o'0' aus Gruppe Illa. B. 9' Lomza kann ebensogut als dunkles Exemplar zu Ila wie als helles zu IIb gezogen werden, es hat graulichen Anflug ist aber blasser als typische sordida. III. Blasse $. e. caesia (reichenowi). B. ©‘ Bielany b. Warschau X Unterseite hell ocker- B. 0'0' Gewezin, West-Mecklenburg II } gelb ohne den grauen Z. 3 juv. Militsch, Schlesien, VIII, IX. Ton von sordida. Daneben habe ich im östlichen Mecklenburg b. Tessin wieder typische caesia, in Schlesien gleichfalls im Kreise Militsch typische sordida gesammelt. Von sordida aus Ost-Deutschland sowie caesia aus Mittel-Deutschland, Böhmen Österreich, Ungarn, - Rumänien liegen mir grofse Serien vor, auf die ich wohl nicht näher einzugehen brauche. Eine gewisse nicht ganz unerhebliche Variationsbreite ist überall zu konstatieren. Die hier erfolgte Aufzählung des Materials nach Gruppen bezweckt natürlich nicht, jede einzelne als systematisch trennbar hinstellen zu wollen. Ich will nur zeigen, wie aufserordentlich schwierig gerade eine zu weit durchgeführte Trennung wäre, finden wir doch in Bialowies alle Abstufungen von typischer europaea bis zu sordida, und an anderen Punkten würde man ähnliche Erfahrungen machen, wenn man ein ebenso grolses Material zusammenbringen könnte. Charakteristisch ist der Umstand, dafs bei zusammengehörigen Paaren stets das 9‘ merklich oder doch etwas heller ist als das 9. Mir liegen vor 2 Paare von Bialowies, 4 von Dolsk, 5 von Slonim, bei Bialowies tragen o'Q! europaea-Charakter, 99 ähneln hlassen homeyeri; bei Dolsk zeigen 2 Paare in beiden 832 0. Graf Zedlitz: Geschlechtern homeyeri-Typus, nur haben die Q‘O' eine weilsere Kehle, bei den andern 2 Paaren ähneln nur die O0“ homeyeri, die 92 sind merklich gelblicher, etwa wie blasse caesia; bei Slonim gleichen 4 J'G‘ typischen europaea, das 5. einem sehr blassen homeyeri, alle QQ zeigen homeyeri-Charakter. Ich fasse mein Urteil nun nochmals kurz zusammen: Die Formen reichenowi und sztolcmanni bedürfen der Be- stätigung, vorläufig möchte ich “diese Namen lieber durch Formeln ersetzen. Die Formen sordida und homeyeri sind wahrscheinlich Mischrassen, da sie aber bestimmte Gebiete bewohnen und einen von den Nachbarformen abweichenden Charakter herausgebildet haben, halte ich die Beibehaltung dieser Namen für praktisch, fasse dann aber unter dieser Bezeichung alle in den betreffenden Gebieten wirklich heimischen Vögel zusammen, auch solche Exemplare, welche infolge von Rückschlägen nicht mehr von einer der Stammformen (z. B. europaea) sich unterscheiden lassen. Scharfe Grenzen lassen sich natürlich nirgends ziehen. Nach dieser langen systematischen Auseinandersetzung, welche ich leider nicht vermeiden konnte, mögen noch einige ganz kurze biologische Bemerkungen folgen. Der Kleiber lebt in Dauerehe, im Herbst gehen die erwachsenen Jungen auf Wohnungs- suche aus und mögen bei dieser Gelegenheit weit herumstreichen, wie es auch andere Höhlenbrüter tun. Das alte Paar hält treu an seiner Heimat fest und bewegt sich in der Regel nur auf einem recht beschränkten. Raume, wenn ihm alte Bäume, besonders Eichen oder Linden, genügende Nahrung uud Unterkunft bieten. Eine Vermehruug des Bestandes habe ich in meiner schlesischen Heimat trotz jahrelanger sorgsamster Schonung nie feststellen können. In ganz Polen ist an geeigneten Orten unsre Silla überall ziemlich häufig, in Bialowies und dem Sumpfgebiet ge- hört sie zu den Charaktervögeln, besonders an schönen Spät- wintertagen trägt das muntere Locken viel zur Belebung des sonst noch recht toten Waldes bei. Auch in Litauen und im Gouv. Kowno ist der Kleiber nicht selten, ich verweise auf die Eingangs zusammengestellte Literatur. Befund: Häufiger Standvogel in der ganzen Region; in Süd-Polen und Galizien lebt caesia, in Mittelpolen wohl sordida neben vielfachen Übergängen zu caesia, in Nord-Polen, Litauen, dem ganzen Sumpfgebiet finden wir homeyeri, die nach Osten zu eine Neigung zu immer hellerer Färbung zeigt, von Smorgon an nordwärts typische europaea. 193. Parus major major L. Bacmeister Falco 16, p. 46. — Dennler Falco 17, p. 2; Natur 18/19, p. 45. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 73. —"Görnitz O0. MB. 18, p. 132. — Gralsmann J. f. O. 18, p, 312. — Klein Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 888 schmidt Falco 16, p. 13. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow O. MB. 16, p. 133; „Bialowies“ 18, p. 189. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 24. — Schalow O. MB. 15, p. 88; O. MB. 17 p. 38. — Schlegel V. O. G. i. B. XIII, 4, p. 331. — Schlüter Falco 16, p. 27, 38. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134, 166; J. f. ©, 17, II, p. 301. “ Gengler schreibt von polnischen Kohlmeisen, sie seien „von einer Reinheit der Gefiederfarben, wie er sie nie gesehen hätte“, auch Görnitz bestätigt, dals Stücke aus dem Westen oberseits. bisweilen trüber gefärbt seien als seine Exemplare aus dem Pripjet-Gebiet, aufserdem konstatiert er ein allmähliches An- steigen der Mafse von Westen nach Osten. Schlegel erkennt die Reinheit der Farben bei russischen Vögeln an, kann aber doch 4 Kohlmeisen von Dolsk bezw. Goroditsche nicht von deutschen unterscheiden. Schlüter betont das intensive Gelb bei Januar- Vögeln von Smorgon; Kleinschmidt hält die systematische Frage noch nicht für spruchreif. Ich kann mich dem allgemeinen Urteil über die Reinheit der Farben nur anschliefsen, glaube aber ebenso wie Görnitz, dafs diese buchstäblich aufzufassen ist, also im Mangel an Verschmutzung besteht. Ich schofs z. B. am 19. III. 17 ein 91, das zu den Stammgästen unsrer Müllgrube in Schlofs Albertyn bei Slonim gehörte, es war oben wie unten ganz düster vor Schmutz, hatte daneben allerdings ein sehr kleines Flügelmafs (74 mm) und einen gestutzten Schwanz. Andererseits besitze ich ebenso rein gefärbte Stücke aus Schlesien und Böhmen wie aus Rufsland. Die Mafse variieren sehr stark, wie auch Kleinschmidt schon angibt, ich möchte aber Görnitz’ Ansicht beipflichten, dafs im Osten ein höheres Maximum er- reicht wird, einzelne auffallend kleine Wintervögel halte ich für Junge aus späten Bruten, die im Wachstum zurückgeblieben sind. Ich gebe hierunter einige extreme Zahlen, welche ich als Beweis aus meiner Sammlung herausgreife: S' Slonim 19. III. 17 — 74 mm, Färbung düster, ver- schmutzt, u 11. IV. 16 — 78 „, h sehr rein, gg‘ Schlesien VII — 77—78 „ ,„ganzabgestolsenes Gefieder, dunkel, gg" Schlesien IX — 75, 75 „„ frisches Gefieder, reine Farben, Q Schlesien II — 70 » , nicht sehr rein, an- scheinend aus einer späten Brut stammend, SQ Gr. Aupa, Böhmen, III — 77—78 mm, sehr rein, ebenso wie Russen, 99 Västergötland, Schweden, IV, V — 71—72 mm, Brut- vögel, etwas abgestofsen, eher dunkel. Auffallend ist das sehr geringe Flügelmafs der Schweden, Schlesier scheinen nicht kleiner als Russen zu sein, variieren aber stark. _ Journ, t, Orm, LXLX, Jahrg, Juli 1921, 22 834 0. Graf Zedlitz: Im allgemeinen‘ berichten die Beobachter übereinstimmend von dem häufigen Vorkommen dieser Art. Für das südöstliche bezw. östliche Polen nennt Bacmeister sie zwar nicht ganz ge- mein, aber doch zahlreicher vertreten als P. caeruleus, Gengler zählt sie schon zu den nicht seltenen Standvögeln, und Schalow fand, dafs der Wald von P. major im Februar wimmelte. Ich kann sie für die Gegend von Wloszczowa und Kielce als gemein bezeichnen, an letzterem Ort beobachtete ich vom 13. VL 15 an eine zweite Brut in einem Astloch. Im Pripjet-Gebiet, bei Bialowies, Wischnew, Smorgon, am Narosz-See und in Kurland ist P. major ein Charaktervogel des Waldes (Grafsmann, Reichenow, Dennler, Zedlitz, Puhlmann, Schlüter, Schalow, Rüdiger), im Sumpfgebiet die häufigste Vertreterin der Meisenfamilie. Befund: Als Standvogel über die ganze Region verbreitet, in Polen und der Polesje besonders durch reine Farben aus- gezeichnet. 194. Parus caeruleus caeruleus L. < orientalis Sar. u. Loud. Bacmeister Falco 17, p. 46: P. c. — Dennler Falco 17, p. 2: P. coeruleus pallidus; „Natur 18/19, p. 49. — Domaniewski „F. Pass. Ok. Saratowa“, p. 61: Oyanistes caer. orientalis. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 73: P. c.c. — Görnitz O. MB. 18, p. 132: P.c. — Grafsmann J. £. O.: '18, p. 312: P.e. — Puhl- mann OÖ. MS. 18, p. 211: P. c. — Reichenow O. MB. 16, p. 134; „Bialowies“ 18, p. 189: P. c. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 24. — Schalow O. MB. 15, D- 88; O.MB. 17, p. 38: P.c. — Schelcher V. 0.G@. i. B. XIV, 1, p. 13: P. c. c. — Schlegel V. 0.G.i.B. XIII, 4, p. 332: P.c. e. — Schlüter Falco 16, p. 29, 38. — Stolz 1. f. 0. 17. I, p. 383: P.c. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134; J.f. O. 17, II, p. 301: Ric. Für die Blaumeisen des Pripjet-Gebietes kommen 3 Formen in Frage, welche bereits beschrieben sind: P.c. caeruleus typ. — P. c. languidus — P. c. orientalis. Polen dürfte von caeruleus typ. bewohnt werden (vgl. Domaniewski, Bacmeister, Gengler, Stolz), Dennler bestimmte seine Meisen vom Pripjet als pallidus (= languidus), Schlegel hebt bei Vögeln aus derselben Gegend den intensiven, leuchtenden Farbenton hervor, Görnitz und Reichenow gehen auf die Frage nicht ein, scheinen also keine Unterschiede gegenüber typischen caeruleus zu finden. Der Name languidus ist von Grote (J. f. O. 04, p. 307) als Umbenennung für pallidus Grote (0. MB. 02, p. 181), welcher durch pallidus Br. präokkupiert ist, eingeführt und von Hartert (V. d. p. FE. p. 347) als Synonym zu caeruleus wieder eingezogen worden. Dagegen wehrt sich nun der Autor (J. f. O. 19, p. 77, Anm. 1.) sehr energisch, ich habe nicht genügend Material, um mir in dieser strittigen Frage eine eigene Meinung bilden zu können. Zutrefiend bei meinen Exemplaren von Slonim ist jedenfalls am Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 885 ehesten die Diagnose für orienzalis, welche die gelbe Beimischung!?) in der grünlichen Rückenfärbung hervorhebt, dadurch wirkt die ganze Oberseite heller als bei einer Serie aus Schlesien und Böhmen in meiner Sammlung. Die Farben der Unterseite sind bei den Russen reiner und etwas lichter, allerdings besitze ich ein Stück aus dem östlichen Mecklenburg vom 21. IX. 11 im ganz frischen Gefieder, welches den Russen in der gelbgrünen Färbung der Oberseite sehr nahe kommt, auf der Unterseite ist es lebhafter, goldiger als diese. Im Berl.. Mus. befindet sich ein typischer orientalis von Sarepta, 17. III. 91 Thienemann leg,, doch bedarf es eines Vergleichs von Series, um ein bestimmtes Urteil über die Zugehörigkeit der Pripjet-Vögel zu fällen. Bei Saratow hat Domaniewski die Form orientalis in einer grofsen Suite gesammelt. Bei Besprechung der Verbreitung kann ich mich kurz fassen, Widersprüche treten nicht hervor, alle Autoren er- wähnen die Blaumeise als regelmäfsigen Standvogel, meist an Zahl etwas hinter der Kohlmeise zurückstehend. Spärlich findet sie sich nur im eigentlichen Sumpfwalde (Gralsmann), hingegen recht häufig an den Rändern desselben z. B. bei Slonim, ebenso um Bialowies, zwischen Bug und Weichsel sowie in Litauen bis hinauf nach Kurland. Befund: Standvogel im ganzen Gebiet, meist häufig, im Sumpf seltener; in Polen lebt caeruleus typ., im Pripjet-Gebiet eine Zwischen- oder Mischform, welche orientalis anscheinend nahesteht. 195. Parus ater ater L. Dobbrick O0. MB. 17, p. 20. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 73. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 313. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow O0. MB.14, p. 134; „Bialowies“ 18, p. 190. — Stolz J. £. 0. 17, I, p. 383. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 301. Die Verbreitung umfafst nach Hartert (V. d. p. F. p. 357) fast ganz Europa und Nord-Asien, doch ist über eine Teilung in ater typ. — Skandinavien, Rufsland, Ostpreulsen — und abietum Br. — Mittel- und Süd-Europa — noch nicht das letzte Wort gesprochen. Da auch in neuester Zeit weder Hellmayr im „Nomenklator“ noch Kleinschmidt in der „Ornis Germanica“ für die Trennung eingetreten ist, wage ich bei dem nicht sehr um- fangreichen mir vorliegenden Material z. Z. kein Urteil. Diese Meise ist ein echter Waldvogel, sie bevorzugt er- sichtlich grofse geschlossene Nadelholzforsten, Feldgehölze meidet sie abgesehen von gelegentlichen Besuchen in Ausnahmefällen. - Verhältnismäfsig häufig ist sie im eigentlichen Sumpfwalde, dem es ja stellenweise nicht an Schwarzholzbeständen fehlt; Grals- mann, der sie vielfach antraf, bezeichnet sie als gewöhnlichen Jahresvogel, welcher den Kiefernwald auf den trockenen Höhen- 1) Vgl. hierzu Grote J. f. O. 19. p. 877. 22* 336 0. Graf Zedlitz: lagen liebt. Nach meinen Beobachtungen steht die Tannenmeise an Zahl doch wesentlich hinter Kohl- sowie Blaurmeisen zurück, in demselben Sinne äufsert sich Reichenow mit Bezug auf Bialowies. Nach Norden hin scheint sie eher zu- als abzunehmen, nach Puhlmann ist sie sehr häufig im Walde bei Wischnew, nach Dobbrick bevorzugt sie die geschlossenen Forsten im Süden des Gouv. Kowno. Was Polen anlangt, so konnte Stolz diese Art im äufsersten Süden bei Ojcow (Polnischer Jura) sowie im Westen, Gouv. Petrikau, sammeln; Gengler sah kleine Flüge in Föhrenwäldern Ost-Polens, jedoch nur westlich des Bug, X. und XII. 15. * Befund: Festgestellt in den gröfseren Nadelholzforsten von Polen, vom Gouv. Kowno und in Litauen, ebenso in der Polesje, hier und in Litauen eher häufig, sonst mehr sporadisch auf- tretend. 96. Parus palustris palustris L. Bacmeister Falco 16, p. 47: P. p. — Cordes Zschft. f. O. u. 0. XXIV, p. 58: Poecile fruticeti. — Dennler Falco 17, p. 2: P. communis; „Natur 18/19, p. 45: P. meridionalis. — Domaniewski „Mat. a l. f. Orn. d. Pologne" 1915, p. 663—678: Boecile ». stagnatilis. — Gengler Orn. Jbch. 16, p 74: P,».». — Görnitz O. MB. 18, p. 132: P. p. balticus. — Gralsmann J. f. 0. 18, p.313: P.».— Kleinschmidt Falco 16, p. 13: P. fruticeti. — Pax „Tierw. Polens“, p. 219: P. p. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211: P. p. — Reichenow O. MB. 16,.p. 134: P. ».; p. 169: „PB. p. balticus n. sp“; J. f. O. 18, p. 407; „Bialowies“ 18, p. 190: P.p.b. — Schalow O. MB. 17, p. 38: P. p. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 13: P, p. p. — Schlegel V. O. G. i. B. XIII, 4, p. 332: P. p. p. — Schlüter Falco 16, p. 28, 38: P. communis. — Stolz J. f.O. 17, I, p. 384: P.p.b. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134; J. f. O. 17, II, p. 301: P. p. p. Domaniewski (l. c.) in seiner Arbeit über die polnische Avifauna auf Grund des Materials in den Warschauer Museen gibt folgende Verbreitung an: P. p. communis Bald. bewohnt Süd-Posen und Schlesien, P. p. palustris L. Nord-Posen, Ostpreufsen, Nord-Polen, Litauen, Baltische Länder, Finnland, P. p. stagnatilis Br. Süd-Polen, Polesje. Malse sind beigefügt, für S'QY von Pinsk und Zamose sind angegeben: culmen 10—10,4, Flig. 63, 62, 62 mm. Reichenow gibt als Verbreitung seiner neubeschriebenen P. p. balticus neben der terra typ., den Ostsee-Provinzen, auch Bialowies an, erwähnt hingegen siagnatilis weder bei der Urbeschreibung noch später in „Bialowies“. Dieselbe Ansicht wie Reichenow vertreten Görnitz, welcher 3 Pripjet-Vögel als balticus bestimmt hat (Flig. ist angegeben mit 6,4—6,45— 6,5 cm), und Stolz, der jedoch nur ein ©* bei Lomza im Mai 16 Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 887 sammeln konnte, da seine Munition für so kleine Objekte nicht geeignet war. Wenden wir uns zu den Vertretern entgegenge- setzter Ansichten. Hartert (V.d. p. F. p. 371) führt P.». stag- natilis zwar auf, erklärt aber, dafs sie noch der Bestätigung bedürfe. Kleinschmidt (l. c.) bemerkt, die Form stagnatilis sei unklar, die Schnäbel seien im Sommer ganz anders als im Winter; Vögel von Smorgon (Schlüter leg.) und Janow, Gouv. Siedlec (Bacmeister leg.) bestimmte Autor infolgedessen als fruticeti = palustris typ. Bei 4 Ex. von Dolsk und 8 von Goroditsche in der Sammlung Schlegel sind letzterer und Klein- schmidt gleichfalls einig in dem Votum, dafs sie der typischen Form angehören. Schliefslich hat Laubmann (V. O. G.i. B. XIV, 1, p. 13/14) auf Grund von 8 Ex. aus Ost-Galizien, Schelcher leg., mit aller Bestimmtheit siagnatilis eingezogen und als Synonym von palustris erklärt. Es bleibt nun noch balticus übrig. Die Pripjet-Vögel gehören nicht dazu, wie Kleinschmidt und Schlegel festgestellt haben, aber auch Puhlmann erklärt aus- drücklich, ‚dafs es sich bei den Meisen, die er in Litauen fand, um typische palustris handle. Daraufhin habe ich die Bälge des Berl. Mus. und meiner Sammlung einer Prüfung unterzogen, darunter befinden sich allein 22 „balticus“ (B. M.), 5 „balticus“ (Z.), 6 palustris typ. aus Schweden (Z.) und 13 „stagnatilis“ (B. M.). Die Berliner „balticus‘“‘ stammen aus den Ostsee-Pro- vinzen, von Ostpreulsen, Lomza, Bialowies und der Polesje, die „stagnatilis“ von Ungarn, den ’Karpathen, Rumänien, dem Kau- kasus. Alles in allem genommen finde ich so gut wie keine konstanten Unterschiede, wohl aber eine nicht unerhebliche Variationsweite, welche anscheinend im Süden grölser ist als im Norden. Ich vermag den helleren und bräunlicheren Ton in der Rückenfärbung, welcher allein balticus von palustris unterscheiden soll, nicht als konstantes Merkmal zu erkennen. Bei den sogenannten „stagnatilis‘‘ lasse ich es dahingestellt, ob die Stücke aus Ungarn und Rumänien sich nicht vielleicht doch von palustris unterscheiden, wenn auch der Name Brehms mit der terra typ. Galizien nicht aufrecht erhalten werden kann. Für Lösung dieser Frage ist mein Material nicht ausreichend. Die westrussichen Vögel möchte ich jedenfalls als palustris be- zeichnen. Wenn Schlüter die im I, III, X bei Smorgon ge- sammelten Glanzköpfe ursprünglich als communis bezeichnet hat, so handelt es sich um Notizen, welche im Felde ohne Vergleichs- material gemacht wurden, das Ergebnis der genauen Untersuchung finden wir später bei Kleinschmidt, und er hat die Stücke als „fruticeti“ bestimmt. Ob in den Teilen Polens, welche an Schlesien grenzen, die echte communis vorkommt, wie Pax mut- malst, lasse ich dahingestellt, möchte es aber für wahrscheinlich halten. Nach Beendigung meiner Untersuchungen habe ich mein Material noch an Herrn Dr. Sachtleben nach München auf seinen Wunsch geschickt, derselbe teilt mir freundlichst seine Ansicht 838 0. Graf Zedlitz: mit, dafs die Pripjet-Vögel typische palustris seien. In der sehr wertvollen Bearbeitung der europäischen Mattkopfmeisen (P. atri- capillus) durch Stresemann und Sachtleben!) sind auch manche interessante Bemerkungen über die Gruppe P. palustris ein- gestreut. Die Meldungen über Verbreitung fasse ich hierunter kurz zusammen: Polen: Wloszezowa Frühjahr 15 (Zedlitz), Lomza Mai 16 (Stolz), in Mitte- und Nord-Polen sicher nachgewiesen (Pax), polnische Stücke in Warschauer Museen (Domaniewski), beobachtet an vielen Orten des südlichen, westlichen und östlichen Polens XI. und XII. 15 (Gengler), 2 Ex. erlegt bei Janow (Gouv. Siedlec) IX. 15 (Bacmeister); Ost-Galizien: häufig, jedoch auf den Wald beschränkt, Nest mit Jungen 8. VI. 17; Flügelmafse J'0' 66—68, 92 62—66 mm (Schelcher); ‘ Pripjet-Gebiet einschl. Bialowies: im Herbst und Winter festgestellt (Dennler), 3 Ex. erhalten (Görnitz), zahlreich im Sumpfwalde (Grafsmann), gröfsere Serie von Bialowies (Reichenow), 12 Ex. von Dolsk u. Goroditsche erhalten (Schlegel), im Frühjahr 16 bei Tuchowitschi, im Winter bei Albertyn gesammelt (Zedlitz); Litauen bis Dünaburg: am Narosz-See X. 16 häufig (Schalow), zu allen Jahreszeiten bei Smorgon (Schlüter), im XI. im Tannenwalde bei Wischnew (Puhlmann), ein bebrütetes 5er Gelege gefunden am Disna-See, 28. V. 17 (Cordes). Befund: als Standvogel über das ganze Gebiet verbreitet» im Sumpfwalde und an dessen Rändern häufig. 197. Parus atricapillus borealis Selys. Bacmeister Falco 16, p. 46: J. salicarius subsp. — Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 45: P.salicarius. — Domaniewski „Mat. ä& l. f. orn. de Pologne“ 1915, p. 663—678. — Dobbrick O0. MB. 17, p. 20. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 74. — Görnitz O. MB. 18, p. 132. — Kleinschmidt Falco 16, p. 13; Falco 17, p. 23 (Neubeschreibungen). — Neumann J. f. O. 18, p. 238. — Reichenow J. f. O. 18, p. 407. — Schlegel V. O0. G. i. B. XIH, 4, p. 332. — Zedlitz O. MB. 16, p. 166; J. f. O. 17, II, p. 301. Bei dieser Meise herrscht im Gegensatz zur vorigen absolute Einmütigkeit inbezug auf die Klassifizierung der Vögel aus unserem Gebiet, alle Autoren einschl. Stresemann und Sachtleben in ihrer neuesten gründlichen Arbeit ‚die europäischen Matt- kopfmeisen“ 2) erklären sie für typische borealis. Kleinschmidt 1) v.0.@.i. B. XIV, 3 (1920), p. 2283—269. 2) V.0,G. i. B. XIV, Heft 8 (1920), p. 228—269, P. a. borealis speziell p. 252, Avıfauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 889 machte s. Z. darauf aufmerksam, dafs 2 Stücke aus SO.-Polen, Bacmeister leg., an den Körperseiten etwas lebhafter getönt er- schienen als echte borealis aus dem Norden und vielleicht Über- gänge zu assimilis darstellen; diese Exemplare werden später ' von Stresemann und Sachtleben (l. c. p. 253/54) für Zschleri er- klärt, die nähere Begründung ist dort nachzulesen. Domaniewski gibt auf Grund des Materials in den Warschauer Museen folgende Fälle an, dafs auch andere Formen in Polen erbeutet wurden: „goecile atricapillus assimilis Br.“, Q aus der Tatra (1882), „P. a. salicarius Br.“, ein Ex. „Polonia‘‘ ohne nähere Angabe, „P. a. bianchii Sarud. und Härms“,!) ein Ex. v. Jeziorna b. Warschau. Für das Pripjet-Geb. sind typische borealis nachgewiesen durch Dennler, Görnitz (2 26. II. mit 6,2 cm Flig.), Schlegel (2 Ex. Goroditsche); aufserdem besitzt das Berl. Mus. mehrere Stücke von Bialowies und der Pinsker Gegend, welche jedoch von Reichenow in „Bialowies“ übergangen sind. In den Kreisen ° Ljublin und Sjedlec traf Bacmeister die Mattköpfe von der gali- zischen Grenze an immer wieder im. VIII. und IX, 15. Sehr mit Recht macht er darauf aufmerksam, dafs der lebende Vogel oft nicht mit Sicherheit angesprochen werden kann; das dürfte mit ein Grund sein, weshalb nicht mehr Meldungen über ihn vorliegen. Neumann konstatierte die Art mehrfach bei Lomza und Ossowiec im Winter 1916/17. Dobbrick konnte diese Meise mit Sicherheit an drei Stellen des Gouv. Kowno im Juni be- stätigen, es mufs sich also höchst wahrscheinlich um Brutvögel hier gehandelt haben. Befund: weit verbreitet, jedoch an den meisten Orten nicht gemein, wurde wohl vielfach auch nicht richtig erkannt. Östlich des Bug brütet nur P. a. borealis, im Westen angrenzend P. a. tischleri (terra typ. Ostpreufsen), deren Verbreitung nach Strese- mann und Sachtleben (l. c.) von Östpreufsen durch Polen bis NW.-Galizien und zu den W.-Beskiden reicht. Die Form „natorpi Klschdt.“%) aus Schlesien möchten Stresemann und Sachtleben lieber nicht als selbständig anerkennen und stellen anheim, dafür die Formel P. a. tischleri = salicarius zu setzen. Das ist schliefslich Ansichtssache, ein eigenes Urteil vermag ich mir aus Mangel an Material nicht zu bilden, Kleinschmidt hält „natorpi“ aufrecht in seiner hochinteressanten Monographie. ®) 1) P. a. bianchii (Umbenennung von „neglecta“ derselben Ver- fasser) ist keine konstante Form, sondern nur eine Aberration, vgl. Kleinschmidt Falco 18, 1917, p. 23 sowie Stresemann und Sachtleben V. 0. @. i. B. XIV, 8, p. 252. 2) Kleinschmidt Falco 18, 1917, p. 23. 8) „Parus salicarius“ Berajah 1919/20, speziell p. 10 u. T. X: 840 O. Graf Zeälitz: 198. Parus eristatus eristatus L. Bacmeister Falco 16, p. 46. — Dennler Falco 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 49. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Gengler O. Jbch. 16, p. 74. — Görnitz O. MB. 18, p. 133. — Gralsmann J. £. O0. 18, p. 313. — Kleinschmidt Falco 16, p. 13. — Reiche- now J. f. O. 18, p. 407; „Bialowies“ 18, p. 190. — Schalow O. MB. 17, p. 38. — Schlegel V. O0. G. B. XII. 4, p. 331. — Schlüter Falco 16, p. 28, 38. — Stolz J. f. O. 17. I, p. 384, — Zedlitz J. ££ O. 17, II,:p. 301. Bei den westrussischen Haubenmeisen ist die Rückenfärbung sehr variabel; schon Hartert erwähnt (V. d. p. F. p. 364 unter cristatus), dafs Vögel von Pskow, Sarudny leg., von milratus kaum zu unterscheiden seien. Kurz darauf (p. 364/65, unter mitratus) erklärt er, dafs einzelne westrussische Exemplare solchen vom Rhein vollkommen ähneln; in denselben Wäldern fanden sich graulichere und bräunlichere Individuen neben’ einander, auch glichen manchmal selbst westeuropäische Vögel den nordischen, allerdings wohl nur im nicht mehr frischen Gefieder. In dem- selben Sinne äufsert sich Kleinschmidt (l. c.), wenn er feststellt, dafs in einem Falle ein Franzose und ein Russe!) nicht zu unterscheiden seien, ein anderer Russe sei wiederum grauer und dunkler. Ich finde nun gleichsfalls, dafs 9‘ Slonim 17. II, 16 (Coll. Zedlitz) in der etwas bräunlichen Tönung der Oberseite ganz ausgezeichnet zu 4 Schlesiern Militsch VIII. und IX. 09, pafst, hingegen ein schwedisches Exemplar vom IX. 19 recht abweichend und auf dem Rücken merklich grauer ist. Der rost- gelbliche Anflug an den Körperseiten ist bei den Schlesiern am stärksten, fast ebenso beim Russen, am schwächsten beim Schweden — alle Stücke tragen frisches Gefieder. Ich will nun nicht etwa behaupten, dafs die Schlesier typische metratus seien, auch soll die Berechtigung dieser Form keineswegs angezweifelt werden, ich möchte nur die Ansicht vertreten, dafs im westlichen Rufsland schon gelegentlich Haubenmeisen vorkommen, welche kaum noch als typische cristatus sondern eher als eine Misch- oder Übergangsform anzusprechen sein dürften. Es handelt sich hierbei wobl mehr um den eigentlichen Pripjet-Sumpf, denn von Bialowies an nordwärts berichten alle Beobachter aus- schliefslich von typischen cristatus. Gralsmann hingegen, dessen Standquartier ja verhältnismäfsig weit südlich lag, meint, dafs „bier noch die in Deutschland - vertretene Form ist, nieht die nordische.“ Dazu käme das von Bacmeister im Gouv. Sjedlec gesammelte Stück, das Kleinschmidt den Franzosen sehr ähnlich fand, und mein Exemplar von Slonim. Wenn Stolz Q von Ojcow (Poln. Jura) und ©‘ von Czenstochau für typische cristatus er- klärt, so ist zu bedenken, dafs diese Stücke aus dem Juni und Juli im stark zerschlissenen Kleide doch nur mit einen gewissen 1) Bacmeister leg. im Gouv. Sjedlec. Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 841 Vorbehalt klassifiziert werden können. Schlegel sagt von seinen 4 Exemplaren (3 Dolsk, 1 Goroditsche): „sie zeigen die Kontraste der Oberseite gegenüber mifratus nicht so ganz auffällig, wie sie die Tafel Kleinschmidts im Neuem Naumann darstellt. Die leb- haftere und ausgedehntere Seitenfärbung unsrer mitratus fällt gegen cristatus gut in die Augen“. Also auch hier keine ganz typischen cristatus! Dagegen erhielt Görnitz aus derselben Gegend 4 Haubenmeisen, welche graurückig waren wie echte cristatus. Für Bialowies und Kurland stellte Reichenow gleich- falls die nordische Form fest. Aufser den bereits genannten wären noch folgende Fund- orte zu erwähnen: in verschiedenen Teilen Polens gesehen IX, X, XI. 15, stets nur wenige Stück (Gengler); im Gouv. Ljublin VII. 15 festgestellt (Bacmeister) ; überwintert im Pripjet-Gebiet (Dennler); im Herbst vertreten unter den Meisenschwärmen am Narosz- See (Schalow); bei Smorgon gesammelt I. und X. (Schlüter); im Gouv. Kowno beobachtet zur Brutzeit (Dobbrick). Befund: über die ganze Region vom Polnischen Jura bis Kurland verbreitet, jedoch nirgends sehr häufig; in der Polesje und SO.-Polen vielfach Übergänge, sonst in der Regel typische cristatus. 199. Aegithalus caudatus caudatus L. Domaniewski „Rev. crit. d. l’Avif. d. 1. Galizie“, p. 45: A. c. rvoseus. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 74. — Grafsmann J. £. O. 18, p. 313. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190. — Schalow 0. MB. 17, p. 37: Aeredula c.; p. 38: Aegethalos ce. — Schelcher V. 0. @. i. B. XIV, 1, p. 14. — Schlüter Falco 16, p. 28, 38. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 301. In den „Beiträgen z. Zoogeogr. d. paläarkt. Region“ 1919, Heft 1, p. 3—24 ist aus der bewährten Feder Stresemanns eine Abhandlung erschienen; „Über die Formen der Gruppe Aegithalos caudatus und ihre Kreuzungen‘“,!) welche zur Klärung mancher bisher strittigen Frage beiträgt. Ich kann auf den sehr interes- santen Inhalt hier nur verweisen, es würde zu weit führen, näher auf denselben einzugehen. Erwähnt sei nur, dafs nach diesen neuesten Untersuchungen die Grenze zwischen caudatus typ. und der mitteleuropäischen Mischform (A. c. europaeus) etwa in folgender Linie verläuft: Karpathenkamm — Oder bis Breslau — quer durch Posen bis Westpreulsen. Ganz vereinzelt kommen im Gebiet von caudatus auch anders gefärbte Stücke vor, welche Stresemann als Resultate einer regressiven Sprungvariation er- 1) Nachtrag dazu s. V. O. @. i. B. XIV, 3 (1920). p. 216—218. En 342 O. Graf Zedlitz: klärt.) Hierher gehören zwei als A. c. roseus von Domaniewski (l. c.) und Sitowski?) angeführte Stücke von Sokal in Ost-Galizien bezw. dem oberen Duajec sowie eine Schwanzmeise mit Kopf- streifen, welche Natorp®) bei Pless feststellte. Abgesehen von diesen Ausnahmen sind mir aus der ganzen Region nur typische weilsköpfige caudatus bekannt. Mein 0‘, Slonim 23. II. 17, stimmt vollkommen überein mit Q'Q'Q von Västergötland IV./V. sowie Q'gQ' Schwentnig, Schlesien, I., VII. Die Meldungen über das Vorkommen sind nicht gerade zahlreich. Für Polen tritt nur Gengler auf, welcher am 22. X. 15 bei Biala 5 Ex. beobachten konnte. In Ostgalizien fand Schelcher die Art im Sommer seltener, im Winter häufiger und zwar bald in kleinen Gesellschaften, bald in gemischten Schwärmen mit anderen Meisen p. p. Im Pripjet-Gebiet nennt Grafsmann sie nicht sehr häufig, am 6. IV. 16 fand er bereits ein Nest mit Eiern. Ich sah am 10. IV. 16 dicht bei Slonim ein Pärchen im Eichenwalde, in den Wintern 1915/16 und 1916/17 habe ich wohl 5—6 mal kleine Gesellschaften angetroffen teils in niederem Gebüsch, teils im Laub- und Mischwalde. Reichenow hält das Brüten in Bialowies für wahrscheinlich. Am Narosz-See konnte sie Schalow im Oktober 16 mehrfach konstatieren; bei Smorgon sah Schlüter einige im Januar und dann erst wieder am 10. XL, im Sommer scheinen sie ganz gefehlt zu haben. ’ Befund: in Polen seltener, im Pripjet-Gebiet und nördlich davon ‚etwas häufiger, nirgends gemein und sehr unstät. Über das Vorkommen von Bart- oder Beutelmeisen finde ich keine Notizen BuE der Kriegszeit. 200. Regulus regulus regulus L. Bacmeister Falco 16, p. 47. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 45. — Dobbrik O0. MB 17, p. 20. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 74. — Görnitz O. MB. 18, p. 132. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 313. — Kleinschmidt Falco 16, p. 14. — Puhlmann O. MS. 18, p. 212. — Reichenow O. MB. 16, p. 134; „Bialowies“ 18, p- 190. — Schalow O. MB. 15, p. 88; O. MB. 17, p. 37 u. 38. — Schlegel V. 0. @. i. B. XIII, 4, p. 332. — Schlüter Falco 16, p. 28 u. 30: R. flavicapillus. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 385. — Zedlitz O. MB. 15, p. 166; J. f. O. 17, II, p. 302. Neue Gesichtspunkte in systematischer Beziehung haben sich nicht ergeben, mehrfach wird von den Autoren ausdrücklich betont, dafs die westrussischen Goldhähnchen sich nicht von deutschen unterscheiden. Kleinschmidt falst sein Urteil dahin ) . c. p. 19/20. ” 2) „Ptaki Pienin, Spraw. Kom. fizyogr. Akad. Um., Krakowie 1916, P. . ®») Orn. MS. 1909, p. 154. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 848 zusammen: „Geringe, sehr schwankende Unterschiede in der Flügelgestalt, wahrscheinlich durch östliche Zugvögel verwirrt.“ Die Verbreitung erstreckt sich über das ganze Gebiet. Aus. der Polesje liegen folgende Meldungen vor: im Winter beobachtet (Dennler); © 25. II. 17 (Görnitz); häufig im Winter, im Sommer seltener (Grafsmann), 2 Ex. von Dolsk, Rüdiger leg. (Schlegel); ein Pärchen am 11. IV. 16 bei Slonim, wahrscheinlich Brutvögel, im Winter nicht sehr häufig (Zedlitz). Recht zahlreich ist die ‚Art in Bialowies vertreten, Reichenow berichtet von 6 Ex., welche dort Ende XI. und Anfang XII. 15 von Oberpräparator Lemm gesammelt wurden, und fügt später hinzu, dafs dies Gold- hähnchen auch „als häufiger Brutvogel nachgewiesen sei“. In Polen sammelte Bacmeister 2 Ex. am 20. VIII. 15 bei Kolacze (Gouv. Ljublin); Gengler berichtet von zahlreichem Vorkommen im gemischten Bestande sowie Föhrenwalde aus dem X. XI. X. 15; Schalow sah das Vögelchen mehrfach im II. 15; Stolz, sammelte 9° bei Suwalki V. sowie Q‘ im Gouv. Radom IX.; ich selbst fand 1 Stück aufgestellt in der Sammlung zu! Kielce. Über häufiges Vorkommen in Litauen berichten Dobbrick — Gouv. Kowno, Sommer —, Puhlmann — bei Wischnew im Kiefern- und Tannenwald —, Schlüter — I. 16 bei Smorgon, ebendort viele am 28.- III. 16. Befund: Über die ganze Region verbreitet, als Brutvogel Io nur stellenweise häufig, im Winter fast durchweg nicht selten. 201. Regulus ignicapillus ignicapillus Temm. Gengler Orn. Jbch. 16, p. 74. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 313. — Reichenow „Bialowies‘“ 18, p. 190. Wie nicht anders zu erwarten war, konnte das feuerköpfige Goldhähnchen, dessen Verbreitung ja mehr nach Süden weist, nur ganz vereinzelt festgestellt werden. Gengler beobachtete am 15. IX. 15 einige Stück im Laubwalde bei Ugrusk; aus Bialowies liegen nach Reichenow 2 Meldungen vor vom 15. X. und 9. XI. 16. Grafsmann betont ausdrücklich, dafs es ihm im Sumpfwalde nie zu Gesicht gekommen sei, ich mufs mich ihm in Bezug auf die Gegend von Slonim und Tuchowitschi anschlielsen. Befund: Sehr seltene Erscheinung in Polen und Bialowies. 202. Troglodytes troglodytes troglodytes L. Bacmeister Falco 16, p. 47. — Dennler „Natur“ 18/19, p. 49. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 313. — Puhlmann O. MS. 18, p. 212. — Reichenow „Bialowies 18, p. 190. — Schalow O. MB. 17, p. 37. — Schlüter Falco 16, p. 31. — Zedlitz O. MB. 15, p. 166; J. f. O. 17, U, p. 302. Der Zaunkönig scheint mehr sporadisch aufzutreten als das Wintergoldhähnchen. Nur aus dem Pripjet-Gebiet (im weiteren Sinne) wird er als häufig gemeldet: Dennler fand ihn dort über- - winternd; Grafsmann nennt ihn „einen gewöhnlichen Jahres- vogel“; Reichenow schreibt: „Unter den Sängern nimmt an Häufigkeit im Bialowieser Walde wohl der Zaunkönig die erste Stelle ein“; ich selbst fand ihn als „Standvogel im ganzen Ge- biete“, Überall in den angrenzenden Landstrichen scheint er dagegen nur spärlich vertreten zu sein: Bacmeister sah ihn „sehr vereinzelt“ im Gouv. Ljubin (VIII.) und Sjedlec (IX. 15); ich fand 1 Ex. in der Sammlung zu Kielce. Dobbrick nennt ihn im Gouv. Kowno „überall nicht häufig“, Puhlmann bei Wischnew „mäfsig vertreten“; Schalow erwähnt ihn vom Ufer des Narosz- Sees (X. 16), Schlüter sah einige Stücke am 4. IV. 16 bei Smorgon. Befund: Nur im Sumpfwalde und bei Bialowies häufig, sonst meist spärlich vertreten. 844 0. Graf Zeälitz: 203. Prunella modularis modularis L. Pax „Tierw. Polens“, p. 225. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190: Accentor m. — Zedlitz O. MB. 15, p. 165; J. f. O. 17, II, p. 303: Accentor m. Die Nachrichten über das Vorkommen der Heckenbrauneile sind so dürftig, dafs man vermuten möchte, der so heimlich lebende Vogel ist an manchen Orten, wo er lebt, übersehen worden. Pax fand ihn nur an einer Stelle in ganz Polen und zwar im Polnischsn Jura, also im äufsersten Süden. Nach Reichenow ist er bei Bialowies „mehrmals, sowohl im Herbst wie im Frühjahr, gesehen worden“. Nach meinen eigenen Be- obachtungen ist er bei Slonim ünd Tuchowitschi nicht ganz selten; mit Marx zusammen hörte ich den Gesang Anfang April 1916, bei meinem mangelhaften musikalischen Gehör würde ich diese Tatsache nicht also unbedingt sicher hinstellen, wenn ich nicht einen so zuverlässigen Kenner der Vogelstimmen als Zeugen hätte. Bei Tuchowitschi fand ich durch Zufall Anfang Mai ein Nest mit Eiern in einem verwilderten Garten, es stand ca. 30 cm über den Boden ziemlich versteckt, wurde aber doch nach einigen Tagen zerstört, vermutlich durch eine Katze. Befund: Bisher nur im Polnischen Jura, bei Bialowies und im nördlichen Teil der Polesje vereinzelt festgestellt. 204. Sylvia nisoria nisoria Behst. Dobbrick ©. MB. 17, p. 18. — Grafsmann O. MS. 17, p. 81; J. f. O. 18, p. 313. — Rüdiger Zschf. f. O. u. O. XxIV, p. & — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190. — Schlegel V. 0. G. i. B. XIII, 4, p. 333. — Zedlitz 1.00; 17, II, p. 303. Die Sperbergrasmücke ist ein launischer Gesell, der an einer Stelle zahlreich sich ansiedelt, um daneben auf weitere Strecken gänzlich zu fehlen. In unserem Spezialfalle zeigt sich das recht deutlich, denn es kann nicht angenommen werden, 5 4 Avifauna des westl. Pripjet Sumpfes im Lichte der Forschung. 945 dals dieser Sänger mit der lauten Stimme und dem unrubigen Wesen dort, wo er in nennenswerter Zahl heimisch ist, sollte übersehen worden sein. In den Gegenden, aus welchen keine - Meldungen vorliegen, dürfte die Art also im allgemeinen wohl auch nicht vorkommen, an den Orten wiederum, welche ihr zu- sagen, kann man fast von einem „Brüten in Kolonien“ reden. Im Gouv. Kowno konnte Dobbrick die Sperbergrasmücke nur an einer Stelle in einiger Anzahl beobachten, es war in den Hecken des Gutes Ameryka im Laufe des Juni; sonst liegen keine Be- richte aus Litauen und Polen vor. In Bialowies ist sie zwar festgestellt worden, erscheint dort aber eher vereinzelt nach Reichenow. Im eigentlichen Sumpfwalde gehört sie hingegen zu den ausgesprochenen Charaktervögeln. Grafsmann, der sie im J.f.O. 18 als „die häufigste Grasmücke“ bezeichnet, widmet ihr in den O. MS. 17 eine reizvolle kleine Studie. Sie bewohnt dort vorzugsweise die Dickichte aus Salweiden, an einer solchen Stelle konnte der Autor einmal 9 balzende g'C' im Umkreise von 60—70 Schritte feststellen. Beim Balzfluge wurden bisweilen die Flügel hörbar zusammengeschlagen, was vielleicht auf die grolse Er- regung durch die zahlreiche Nebenbuhlerschaft zurückzuführen ist. Weitere hübsche biologische Einzelheiten sind an genannter Stelle nachzulesen, ihre Wiederholung würde zu weit führen, Ich konnte im Frühjabr 1916- mehrfach Kämpfe zwischen eifer- süchtigen 9°" ansehen, bei Slonim bevorzugte diese Grasmücke Dämme und Gräbenränder, welche mit Weiden und niederem Gebüsch bestanden waren. Da ich sie an ganz ähnlichen Stellen im wasserreichen Kreise Militsch (Schlesien) gleichfalls häufig antraf, scheint eine besondere Vorliebe für feuchtes Gelände er- wiesen zu sein. Rüdiger sammelte bei Dolsk in der westlichen Polesje 13 volle Gelege nebst 1 Einzelei zwischen dem 27. V. und 19. VI. 17, von mehreren Q2 waren 2, von einem sogar 3 Gelege darunter. Am 17. VII. 16 schofs ich bei Slopim einen voll erwachsenen Jungvogel. Befund: im Sumpfgebiet an geeigneten Stellen sehr zahlreich, bei Bialowies seltener, im Gouv. Kowno nur stellenweise vor- kommend, aus anderen Gegenden nicht gemeldet. 205. Sylvia borin borin Bodd. Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 313; $. simplex. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 28; Zschft. f. O. u. O0. XXIV, p. 4: S. hortensis. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 21: $. h. hippolais — Schlüter Falco 16, p. 35. Hartert (V. d. p. F. p. 538) bezeichnet die östliche Form S. b. pallida Joh. (terra typ. West-Sibirien, Barnaul und Kainsk) als noch der Bestätigung bedürftig. Domaniewski (Fauna Pass. Ok. Saratowa p. 86/87 u. 146) zieht 7 Q'0' aus der Umgegend von Saratow zu pallida auf Grund folgender Unterschiede gegenüber Vögeln aus Polen und Litauen: „Der Bauch ist rein- 846 0. Graf Zedlitz; weifs mit kaum sichtbarem sandfarbigen Schimmer, während die Stücke aus Polen unterseits einen grauen Schimmer zeigen. Auf der Oberseite ist die Olivfärbung bei den Vögeln aus Polen viel schwächer ausgeprägt, wodurch die Farbe des Rückens heller erscheint.“ Das Flügelmafs wird mit 75—85,5 mm an- gegeben, stimmt also ziemlich genau überein mit Harterts Messungen von 75—84 mm. Bei Vergleich von Exemplaren des Berl. Mus. aus Naltschik (Nord-Kaukasus) mit solchen aus Deutschland und Rumänien kann ich nun nicht zu dem gleicen Resultat wie Domaniewski gelangen: einzelne Vögel mit fast reinweilsem Bauch kommen nicht nur im östlichen Rufsland, sondern auch in den beiden anderen genannten Ländern vor. Die Olivfärbung der Oberseite, welche ihr einen dunkleren Ton verleiht, ist ein Attribut des frischen Gefieders, wie übrigens schon Hartert erwähnt („das Herbstkleid ist in der Regel etwas lebhafter, dunkler... . .“). Ich finde bei Stücken des Berl. Mus. von Helgoland, aus der Mark und bei schlesischen Vögeln in meiner Sammlung noch deutlicher ausgeprägten Olivton auf Unterrücken und Bürzel als bei denen vom Kaukasus. Die Frage der Verbreitung von $. b. pallida nach Westen scheint mir demnach noch weiterer Klärung zu bedürfen, es ist aber ein Verdienst Domaniewskis, sie überhaupt aufgerollt zu haben. Nach Grote (J. f.O. 20, p. 40)'ist pallida vermutlich Synonym zu clarae Klschdt. In der Polesie ist die Gartengrasmücke im allgemeinen sehr selten, Gralsmann sah sie nur 2 mal, Reichenow und ich können überhaupt nichts von ihr berichten. Nur nahe am Westrande scheint sie häufiger aufzutreten, Rüdiger sammelte bei Dolsk 5 Gelege und 1 Einzelei zwischen dem 22. V. und 25. VI. 17. In den Wäldern Ost-Galiziens kommt sie nach Schelcher vor, jedoch nicht sehr zahlreich. Schlüter fand sie am 5. VIII. 16 bei Smorgon, wo einige sich in einem Garten tum- melten; Dobbrick bezeichnet sie für das Gouv. Kowno als gemein. Rüdiger hörte in Kurland mehrere singende J'C". Befund: nur im Gouv. Kowno häufig, sonst sehr lokal vor- kommend, im Sumpfgebiet mit Ausnahme des Westrandes recht selten. 206. Sylvia communis communis Lath. Cordes Zschft. f. O0. u. 0. XXIV, p. 57: 8. sylvia. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 313: S. sylvia. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190. — Rüdiger A.f.N. 16, p. 25; Zschft. f.O.u. O. XXIV, p. 4: S. cinerea. — Schelcher V. 0. G.i. B. XIV, 1, p. 21. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 384. — Zedlitz J. f. O. 17, Il, p. 303. Domäniewski!) bestimmte 2 Brutvögel, Q'g' VI. und VIL, aus der Gegend von Saratow als 8. c. volgensis Doman. Diese 1) Fauna Passerif. Ok. Saratowa, p. 85. Pe But: Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 347 von ihm i. J. 1915 neu beschriebeue Form!) unterscheidet sich von 8. c. icterops M&n6tr. durch kleinere Maßse, von communis typ. durch hellere Färbung, besonders auffallend am Rücken und an den Schwingensäumen, die bei volgensis grauer, bei communis braunersind. Daan dieser Stelle ausdrücklich die Dorngrasmücken von Polen und Litauen als typische communis bezeichnet werden, trage ich kein Bedenken, auch diejenigen aus der Polesje vor- läufig so zu bezeichnen, eine Nachprüfung an gutem Material wäre natürlich erwünscht, mir steht z. Z. solches an volgensis nicht zur Verfügung. Alle mir vorliegenden Exemplare aus Deutschland, Ungarn, Rumänien zeigen deutlich braunen Rücken — je nach Ab- nützung dunkler oder heller — nur 2 Stücke aus Schlesien (V) weisen einan graueren Ton auf. Es scheint demnach auch hier wie in vielen anderen Fällen, dafs die ersten Anzeichen der nach Osten hin zunehmenden Grautönung sich schon in Schlesien be- merkbar machen. Die Abgrenzung von volgensis nach Westen gegen communsis typ. sowie nach Osten gegen öcierops mufs noch genauer festgestellt werden. Über die Verbreitung der so- genannten typischen communis (vielleicht volgensis) und von icterops im südlichen Uralgebiet macht Grote (J. f. O. 20, p. 40/41) einige Angaben. Die Verbreitung der Dorngrasmücke dürfte eine gleich- mälsigere sein als bei den beiden vorher besprochenen Arten. Von Polen an, wo Stolz sie bei Czenstochau (VII) und Praga (V) sammelte, geht sie über Bialowies und die Polesje als gewöhnlicher Brutvogel bis ins Gouv. Kowno und nach Kurland (vgl. Reiche- now, Grafsmann, Zedlitz, Dobbrik, Rüdiger). In Ost-Galizien fand Schelcher sie nicht selten im Walde, regelmäfsig aufserdem im Schilfgras am Seeufer. Auch ich beobachtete sie speziell im schilfdurchwachsenen niederen Buschwerk auf den sumpfigen Schara-Wiesen am Potocki-Damm ; im Gegensatz dazu bezeichnet Gralsmann die dünn bewaldeten Sanddünen, also ganz trockene Plätze, als ihre beliebten Brutreviere. Rüdiger sammelte bei Dolsk am 7. VI. 17 ein Gelege und 1 Einzelei, Cordes am Disna- See je ein Gelege am 4. VI. 16 und 14. VI. 17. Befund: als Brutvogel über die ganze Region verbreitet, fällt im allgemeinen weder durch besondere Häufigkeit noch Seltenheit auf. 207. Sylvia curruca curruca L. Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 313. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 21. Bei den sehr spärlichen Meldungen über das Vorkommen der Klappergrasmücke ist es nicht gut möglich, ein klares Bild von ihrer Verbreitung, zu entwerfen. Im Gouv. Kowno ist sie nach 1) Compt. Rend. d. 1. Soc. d. Sc. d. Varsovie, 1815, Fasc. 7, p: 550—555, 848 0. Graf Zedlitz: Dobbrick weder besonders selten noch häufig; Grafsmann fand sie sowohl auf Dünengelände wie im Sumpfwalde, sie war dort offenbar keine Seltenheit. Schelcher beobachtete sie in Ost-Galizien, wo sie nicht besonders häufig war, in Gärten und im lichten Walde, die erste sah er am 15.1V. 17. Trotz des ungenügenden Materials halte ich es für nützlich, hierunter auf die systematischen Fragen näher einzugehen. Befund: Nicht sehr häufiger Brutvogel in Ost-Galizien, am Pripjet und im Gouv. Kowno. Sylvia curruca-Formen. Hartert rechnet in V. d. p. F. p. 588 das Verbreitungs- gebiet der typischen curruca ostwärts bis „mindestens zum Ural“ mit dem Zusatz: „anscheinend ist es auch diese Form, welche die Gebirge Persiens, Palästina, Kleinasien und den Kaukasus bewohnt“. Im Gegensatz hierzu führt Domaniewski (F. P. O. Saratowa p. 88—90, 146) die bei Saratow von ihm erbeuteten beiden Exemplare vom August als affinis auf, leider ohne irgend- wie dabei die bisher noch etwas zweifelhafte Form halimodendri zu berücksichtigen, welche man am ehesten noch dort vermuten sollte, denn für sie ist terra typica die Kirgisensteppe nördlich des Aral-Sees, affinis hingegen soll das nordöstliche bezw. östliche Sibirien bewohnen (nach Hartert). Übrigens drückt Hartert sich bez. beider Formen, affınis sowie halimodendri, mit grofser Vorsicht aus, bei letzterer führt er lediglich die Worte ihres Entdeckers Suschkin an und überläfst ihm die Verantwortung, bei ersterer erwähnt er ausdrücklich, dafs „ein- zelne Stücke sich nicht von der westlichen Form unterscheiden lassen, auch sind anscheinend (nach Pleske u. A.) in den Grenz- gebieten die Unterschiede nicht immer wohl entwickelt, und selbst in Sibirien: kommen Stücke mit längerer II. Schwinge vor.“ Mir scheint, dafs bei beiden die Diagnosen nicht ganz scharf und richtig bisher gestellt sind, daraus entstehen dann vielerlei Unklarheiten und Widersprüche, und die Ursache davon ist wohl sicher ein nicht genügend grofses und vielseitiges Vergleichsmaterial bei der Beschreibung. Ich möchte deshalb den Forschern, welche über schöne Serien ostrussischer und sibirischer sowie transbaikalischer Bälge verfügen, dringend ans Herz legen, sich einmal eingehend mit den östlichen Subspecies von 8. curruca zu beschäftigen. Ich selbst kann z. Z. leider nur wenig zur Klärung dieser Fragen tun, da mir im Berliner Museum und in meiner Sammlung nur ungenügendes Material vorliegt. Ich mufs mich deshalb darauf beschränken, auf folgende Gruppen hinzuweisen, welche mir zusammengehörig er- scheinen, ohne neue Namen dafür einführen zu wollen: Ia. Sylvia curruca curruca L. Hartert findet zwischen schwedischen und mitteleuropäischen Vögeln keinen Unterschied, mir selbst liegen z, Z. keine Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 849 Exemplare aus Skandinavien vor, ichrechne also im Vertrauen auf Harterts Autorität alle mitteleuropäischen Klappergras- mücken zur typischen Form. Aus Deutschland besitzt das Berl. Museum eine grölsere Serie von Brutvögeln aus den Monaten April— August, dazu kommen ein Dutzend schlesische und nordböhmische Brutvögel meiner Sammlung. Hierher gehören auch 3 Ex. aus Rumänien und 20 Ex. aus Mace- donien im Berl. Mus., welche durchaus mit den Deutschen übereinstimmen. Durchweg ist die II. Schwinge länger als die VL, das Flügelmafs ist 63—68 mm (Hartert gibt an 64—67, seltener bis 69,5). Färbung: Oberseite ziemlich dunkel, Rücken mit bräunlichem Ton, das Grau des Kopfes bräunlich verwaschen, es hebt sich infolgedessen von der Rückenfärbung nicht scharf ab. Das Weils der äufsersten Steuerfedern ist nicht ganz rein und nur auf die Aufsenfahne beschränkt. Der allgemeine Charakter dieser Färbung ändert sich durch Abnutzung des Gefieders im Zeit- raum April—Juli nur wenig, das ursprünglich reine Weils der Unterseite wird etwas graulich, das Graubraun der Oberseite wird schmutziger und diese erscheint dadurch dunkler. b. Brutvögel aus Cypern (April) und Kleinasien (Taurus, Mai) gleichen im Schwingenverhältnis und allen Mafsen vollkommen den typischen curruca, doch weicht die Färbung insofern etwas ab, als auf der Oberseite das Grau mehr hervortritt, dadurch erscheinen sie noch im Anfang der Brutzeit um einen Schatten dunkler, im stark abgenutzten Gefieder kann man jedoch von „dunkler“ oder „heller“ nicht mehr sprechen, der Gegensatz liegt im „grau“ und „braun“. Diesen Unterschied habe ich im J. f. ©. 1912, p. 552 noch nicht richtig erkannt, weil ich damals frischere und ab- getragene Kleider nicht ausschliefslich untereinander ver- glich, sondern vermengte. Hierher scheint auch ein Vogel aus der Jordan-Ebene zu gehören, er ist im März gesammelt und dürfte sich auf dem Zuge befunden haben. . In Mafsen und Schwingenverhältnis übereinstimmend mit curruca typ. sind ferner Vögel aus dem Nord-Kaukasus (Terek-Gebiet, Mai), in der Färbung der Oberseite vertreten sie aber genau die entgegengesetzte Richtung wie Ib, sie sind gegenüber typischen curruca bedeutend bräunlicher und merklich blasser, der Oberkopf zeigt nur wenig graue Farbenmischung und hebt sich fast gar nicht von der Rückenfärbung ab. Hierher könnten wohl die von Domaniewski als affinis aufgeführten Stücke von der Wolga bei Saratow gehören, denn Verfasser hebt ausdrücklich als Unterschied gegenüber polnischen Vögeln die hellere Oberseite hervor, ohne vom Schwingenverhältnis etwas hinzu- zufügen. Ferner möchte ich hierher rechnen 2 Ex. im Berl. Journ, f£, Orn, LXIX, Jahrg. Juli 1921, 23 850 Ö. Graf Zedlitz: Mus., welche auf dem Zuge in Nord-Palästina (Februar) und bei Urfa in Mesopotamien (18. IV.) gesammelt sind, bei letzterem hat Dr. Weigold ausdrücklich auf dem Etikett vermerkt, dafs die Testikeln noch nicht geschwollen waren, es ist also kein Brutvogel jener Gegend. Da mir von Ib nur 7, von Ic nur 4 Ex. vorliegen, verzichte ich darauf, aus den angegebenen Unterschieden weitere Folgerungen zu ziehen. Für die grauen Vögel von Kleinasen kann Brehms Namen „obscura“ (Vogelf. 1855, p. 228) nicht in Frage kommen, da er sich auf einen auffallend kleinen Vogel bezieht: 9" Attika IV, Flig. 60 mm. Da Reiser!) ein ähnliches Exemplar mit 62 mm Flig. von Strimeneas und ebenso kleine Stücke im Museum zu Athen fand, auch Eier griechischer Herkunft anscheinend sehr zierlich sind, rechnet Hartert (Nov. Zool. XXV, 1918, p. 32) mit der Wahr- scheinlichkeit, dafs der Name $. c. obscura auf die griechisch Rasse Anwendung finden könnte. Von „sordida Heugl.“ (terra typ. Sennaar) ist meines Wissens der Typus nicht mehr vorhanden, der Name wäre auch wohl nur als Synonym zu „assimilis Brehm‘ (Vogelf, 1855, p. 228) aufzufassen, für welchen gleichfalls das Sennaar als terra typ. genannt ist. Der Typus hierzu, @ XII, befindet sich im Tring. Mus., Hartert sagt darüber (Nov. Zool. XXV, 1918, p. 32 unter No. 161): „Dieses Stück ist sehr interessant. Das Weis an der äufsersten Steuerfeder umfalst die äufsere Fahne, die Spitze und einen breiten Streifen längs des Schaftes auf der Innenfahne und ist ganz rein und scharf abgegrenzt. Ob- gleich dies recht ungewöhnlich ist, kann dies Stück kaum etwas anderes sonst sein als S. c. curruca. Ein anderes 9, erlegt am gleichen Platze und zu gleicher Zeit (auf dem Etikett ebenfalls assimilis benannt), hat das Weifs auf der Innen- fahne bei der äufsersten Schwanzfeder mehr beschränkt und etwas mit braun überwölkt, wie dies bei 8. c. curruca üblich ist“.2) Also „assimilis“ bezieht sich auf ein aberrantes Stück. ®) Für die braunen Vögel des nördlichen Kaukasus und von der Wolga halte ich die Bezeichnung als „affinis Blyth“ nicht für anwendbar, denn einerseits palst die Beschreibung weder im Schwingenverhältnis noch in der Färbung, anderer- seits wurde dieser Name an Wintergäste in Indien ver- liehen. Es kommen also für diese Form nur Vögel in Be- 1) Ornis Balcanica, Bd. III, p. 164, 165. #) Wörtliche Übersetzung des englischen Textes durch mich! ®) Sclater in „Birds of Anglo-Egyptian Sudan“ Ibis 1918, p. 662 erwähnt nur typische curruca unter den angeführten 15 Wintergästen vom XI, bis V. im Sudan. II. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. $5i tracht, deren Brutheimat in Asien so weit östlich liegt, dafs sie ihr Winterquartier in Indien suchen. Soweit bisher unser Wissen reicht, gehen aber die Zugvögel von der Wolga und dem Kaukasus beim Herbstzuge in südwestlicher Richtung und überwintern — sofern sie überhaupt eine weite Reise antreten — in Afrika und nicht in In- dien. Es liegen hierfür so viele Beispiele vor, dafs ich mir eine Aufzählung wohl ersparen kann. Auch „halimodendri Suschk.“ scheint mir für die fragliche Gruppe kaum anwendbar, da abgesehen von der Flügel- formel auch hier die Beschreibung der Färbung nicht stimmen will, denn nach ihr soll der Oberkopf deutlich grau, also abweichend von dem brauneren Rücken, gefärbt sein. Wer also die Gruppen Ib und Ic als getrennte Sub- species auffassen will, wird ihnen wohl neue Namen geben müssen. Ich meinesteils verzichte zunächst darauf, da das mir vorliegende Material meiner Ansicht nach keineswegs aus- reicht, um sichere Schlüsse daraus zu ziehen. Ich wollte aber nicht verfehlen, die anscheinend vorhandenen Unter- schiede für spätere Forschungen einem genaueren Studium zu empfehlen. Laubmann in seiner sehr wertvollen Arbeit über die Kaukasus-Vögel (Orn. Jbch. 1915) konnte leider kein Material von $. curruca besprechen, ihm lag an ‘echten Sylvien nur $. atricapilla vor. 8. c. halimodendri Suschk. Mit einigem Vorbehalt, der mir durch das spärlich zu Gebote stehende Material bedingt erscheint, möchte ich! folgende Exemplare hierzu rechnen: gQ vom östlichen Transkaspien, Baron Loudon leg. V, im Berl. Mus. als affinis bezeichnet. Die II. Schwinge ist = VII. oder steht zwischen der VI. und VII. Der Rücken ist aus- gesprochen bräunlich und lichter als bei curruca typ., der Oberkopf jedoch rein grau, vom Rücken sich scharf abhebend. Das Weils auf den äufsersten Steuerfedern ist meist rein und auf beide Fahnen aus- gedehnt. Die Malse sind bisweilen, aber nicht durchweg, - kleiner. Hierher passen recht gut nach der Färbung 6 Vögel meiner Sammlung, welche ich im April 1911 bei Suez und im Sinai auf dem Durchzuge sammelte. Schon im J. f. ©. 1912, p. 552 erwähnte ich bei ihrer Besprechung die „lebhaft gefärbte Oberseite mit einem olivbraunen Schimmer und das Mausgrau des Oberkopfes“. Allerdings stimmt die Flügelformel in einem Falle nicht: bei o* von Suez ist II. Schwinge = VI. oder um ein Minimum kürzer; aber bei den 5 andern Vögeln ist die II, Schwinge eher etwas länger als die VI. Ich glaube, darauf kein ent- scheidendes Gewicht legen zu sollen, da nach Hartert selbst bei der viel östlicher lebenden Form affinis die Flügelformel nicht konstant ist. Dem gegenüber dürfte die charakteristische 23* 852 I. IV. O0. Graf Zedlitz: Färbung doch ausschlaggebend sein. Zu derselben Gruppe ziehe ich auch 3 Wintergäste aus NO-Afrika, ein Exemplar des Berl. Mus. von Dire Daua (N.-Somali, XII.) und 2 aus meiner Sammlung aus SW-Eritrea (Tacazz&€ und Barentu, IV). Das Gefieder der letzteren ist übrigens viel mehr abge- stofsen als das der Sinai-Vögel, welche ebenfalls im April gesammelt sind. Wesentlich verschieden von allen bisher Genannten ist Q' von Deschlagar am Westufer des Kaspi-Sees, 12. V. 97, Berl. Mus. Die II. Schwinge steht zwischen der VI. und VII. wie bei halimodendri und affinis, aber die Färbung der Oberseite ist sehr dunkel mit ausgeprägt grauem Ton, sie stebt der Gruppe Ib hierin am nächsten ist, aber noch düsterer. Flig. 67 mm, Schnabel nicht kleiner als bei cur- ruca typ. Vielleicht handelt es sich hier um eine weit nach Westen versprengte durchziehende S$. c. affiinis, ich kann dies nicht entscheiden, da mir sichere affinis zum Vergleiche fehlen. 8. c. minula Hume. Hier scheint mir endlich wieder jeder Zweifel über die Zugehörigkeit ausgeschlossen bei den Exemplaren des Berl. Mus. aus den Steppen südlich des Aral-Sees von dem Flufs- gebiet des Amu-Darja und Syr-Darja. Alles stimmt annähernd mit der Beschreibung, die II. Schwinge ist = VII. bezw. etwas kürzer oder länger; die Färbung ist wesentlich ver- schieden von allen anderen und zwar viel heller, der Rücken sandfarbig, der Oberkopf blafsgrau, leicht gelblich überflogen, aber doch vom Rücken sich ‘noch merkbar abhebend. Die äulsersten Steuerfedern sind zum gröfsten Teil reinweils. Flig. 62—65 mm, Schnabel zierlicher als bei allen andern Formen. Sehr nahe dieser Gruppe steht Q' aus Kultuk (O.-Sibirien), Dybowski leg. 6. IX. 70, Berl. Mus. Die II. Schwinge ist — VI. Die Oberseite ist um einen Ton satter und dunkler im Braun als bei den vorigen minula-Stücken, doch handelt es sich hier um ein ganz frisches Gefieder. Da wir in den vorigen Gruppen kein einziges Exemplar im gleichen neuem Kleide zum Vergleich haben, kann ich vorläufig nur fest- stellen, dafs dieser Ostsibirier zum mindesten der Form minula sehr nahe steht, obgleich er eigentlich zu affinis ge- hören mülste. Es bleiben also über die östlichen Formen von 8. curruca, ihre Zahl, genauen Diagnosen, Verbreitung u. s. w. noch viele Fragen offen, deren Lösung eine dank- bare Aufgabe sein wird für Ornithologen, welche über ent- sprechendes Material verfügen. 208. Sylvia atricapilla atricapilla L. Bacmeister Falco 16, p. 47. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gralsmann O. MS. 16, p- 233; J. f. O, 18, p. 314. — Reichenow — ” Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 858 ; „Bialowies“ 18, p. 190. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 25; Zschft. f. ©. u. ©. XXIV, p. 4. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 21. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 384. Der Mönch ist die in der ganzen Region am weitesten und gleichmäßsigsten verbreitete Grasmücke. In Polen fehlt sie nirgends an geeigneten Plätzen, besonders häufig ist sie im Polnischen Jura und Hügellande (Stolz). Bacmeister sah sie im VII. 15 im Walde bei Wojciechow. In Ost-Galizien bezeichnet Schelcher sie als die häufigste Vertreterin von Sylvia. In der Bialowieser Forst ist sie als nicht seltener Brutvogel nachgewiesen (Reichenow); im Süden der Pinsker Landzunge gehört sie zu den gewöhnlichen Brutvögeln in Parks sowie nicht zu feuchten Laubhölzern (Grafsmann). Rüdiger sammelte ein Gelege bei Dolsk am 26. VI. 17. Im Gouv. Kowno ist $. atricapilla direkt gemein (Dobbrick), anscheinend gilt das Gleiche von Kurland (Rüdiger). Befund: über das ganze Gebiet als Brutvogel verbreitet, meist ziemlich häufig. Leider liegen in betreff der Grasmücken nur ganz wenig Daten über ihr Eintreffen im Frühjahr vor, sodafs irgendwelche Schlüsse sich nicht daraus ziehen lasse: S. communis 25. IV. 16 Tuchowitschi (Zedlitz). S. curruca 15. IV. 17 Sarukigorne, Ost-Galizien (Schelcher), S. atricapilla 3. V. 16 Konschizy (Grafsmann), 4 1 7. V. 17 Bialowies (Reichenow). 209. Acrocephalus arundinaceus arundinaceus L. Grafsmann J. f. O. 18, p. 314. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 20. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 302. Nach Grafsmann ist der Drosselrohrsänger ein gewöhnlicher Brutvogel in den dichteren Rohrbeständen an der Pina, ich kann dasselbe von Albertyner See sagen. Schelcher fand am See von Saruki dolne (Ost-Galizien) 6—8 Brutpaare, die ersten trafen dort Mitte April 17 ein. Diese Art ist zweifellos viel verbreiteter, als es nach diesen knappen Notizen den Anschein hat, anderer- seits wird man sie im reinen Sumpfwalde vergeblich suchen, sie verlangt unbedingt geschlossene Rohrgelege. Befund: in der Polesje wie in Ost-Galizien ein nicht seltener Bewohner geschlossener Rohrpartien. 210. Acrocephalus streperus streperus L. Grafsmann J. f. O. 18, p. 314. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 20: A. scirpaceus. Für die Gegend an der Pina gilt auch für den Teichrohr- sänger das oben bei A. arundinaceus Gesagte. In Ost- Galizien am See von Saruki dolne ist er nach Schelcher der häufigste Vertreter seiner Gruppe, am 7. V. 17 vernahm derselbe Autor ‘ I; 954 0. Graf Zedlitz: 1 den Gesang auch im Tale der Narajowka, es dürfte sich hier an- nähernd um den Termin der Ankunft handeln. 211. Acrocephalus palustris Bechst. Dobbrick O. MB. 17, p. 35. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 314. — Reichenow „Bialowies“ p. 190. — Schelcher V. 0.G. 1L.!B: XIV; 1, 9.20. 3 Im Gouv.-Kowno ist dies der einzige Rohrsänger, welchen Debbrick feststellen konnte und zwar an mehreren Stellen. Für Bialowies ist er als Brutvogel nachgewiesen; an der Pina be- zeichnet ihn Grafsmann als „weiter verbreitet als die beiden vorhergehenden Arten, aber nicht besonders häufig“. Zahlreich | vertreten fand ihn Schelcher in Ost-Galizien, wo er sich im ver- sumpften Niederwalde sowie im Gebüsch an Grabenrändern gern aufhielt. Ein 0° zeigte sich dort als Meister im „spotten“, es ahmte die Stimmen von Rotschwanz, Hänfling und Schwalbe nach, Befund: weiter verbreitet als die beiden vorigen, lebt statt im Rohr mehr im Gebüsch auf sumpfigem Boden. | 212. Acrocephalus schoenobaenus schoenobaenus L. Cordes Zschft. f. ©. u. O. XXIV, p. 58: Calamodus sch. — Dennler Falco 17, p. 2. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 3l4. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190. — Rüdiger Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 4. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 385. — Zedlitz J. f. 0.17, II, p. 302. Unter den Rohrsängern dürfte diese Art in unserem Gebiet die weiteste Verbreitung haben und an den meisten Stellen auch an Zahl dominieren. In Polen kommt sie nach Stolz überall in ‘ den Weidendickichten längs der Flüsse, Sümpfe und Seen vor; Autor hebt die Fertigkeit im „spotten“ hervor. Für Bialowies ist sie als Brutvogel nachgewiesen. Im Sumpfwalde ist sie wohl der häufigste Vertreter ihrer Sippe, an der Pina sehr zahlreich (Gralsmann); an der Myschanka nicht selten (Zedlitz); Dennler sammelte sie im August 16; Rüdiger fand am 17. VI. 17 ein Gelege bei Dolsk, Cordes deren zwei am Disna-See am 28. V. und 10. VI. 17. Die früheste Beobachtung notierte ich am 8. V. 16. Auffälligerweise wird diese Art von Schelcher für Ost- Galizien nicht aufgeführt, wo sonst Acrocephalus und Locusiella in allen möglichen Spezies vertreten sind. Befund: Weit verbreitet von Polen durch das Pripjet-Gebiet bis Dünaburg, im Sumpfwalde recht häufiger Brutvogel. 213. Acrocephalus aquaticus Gm. | Grafsmann J. f. ©. 18, p. 314. — Rüdiger Zschft. f. ©. u. 0. ; XXIV, p. 4 — Schelcher V. ©. G. i. B. XIV, 1, p. 20. Im Gegensatz zum vorigen scheint der Binsenrohrsänger nirgends gemein zu sein. Grafsmann hat ihn an der Pina hie = Vu Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 855 und da beobachtet; Rüdiger sammelte bei Dolsk 2 Gelege am 20. V. und 7. VI. 17. Schelcher erkannte ein Stück — ver- mutlich beide mal dasselbe — am 31. VIII. und 1. IX. 17, das mitten in einer Ortschaft im Weidengebüsch umherkletterte. Befund: Spärlicher Brutvogel in der Polesje, vereinzelt in Ost-Galizien. 214. Locustella naevia naevia Bodd. Dobbrick O. MB. 17, p. 35. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 314. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190. — Rüdiger Zschft. f. ©. u. 0. XXIV, p. 4. — Schelcher V. O0. @. i. B. XIV, 1, 37: Es ist bekanntlich recht schwierig, den Feldschwirl zu Ge- sicht zu bekommen, und um ihn an der Stimme mit Sicherheit ‘vom Flufsschwirl zu unterscheiden, gehört schon eine bescheidene Portion musikalischen Gehörs, das mir leider vollständig fehlt. Ich wage deshalb nicht mit Bestimmtheit zu behaupten, dafs ich ihn bei Slonim in den Scharawiesen habe schwirren hören, halte es aber für höchst wahrscheinlich. Nach Grafsmann ist er häufig im hohen Gras und niederen Buschwerk, dringt aber auch tief in den Laubwald ein; am lebhaftesten schwirrt er Abends zwischen 9 und 10 Uhr. Rüdiger fand bei Dolsk ein Gelege am 26. VII. 17. Im Bialowieser Walde wurde der Heuschrecken- fänger bei Konnik (V und VI) gehört, von Dobbrick im Norden des Gouv. Kowno sowie am Njemen festgestellt. Wertvoll sind die genauen Beobachtungen des ganzen Gebarens beim Gesange, welche uns Schelcher mitteilt, ich möchte auf diese interessanten Ausführungen (l. c.) hier besonders hinweisen; in Ost-Galizien ist die Art häufig. _ Befund: In der Polesje nicht selten, weiter nördlich sehr lokal vertreten, in Ost-Galizien gemein. 215. Locustella fluviatilis Wolf. Dobbrick O. MB. 17, p. 35. — Gralsmann J. f. O. 18, p. 314. — Neumann J. f. O. 18, p. 237. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 18. — Zedlitz J. f. O. 17, Il, p. 302. Der Flufsschwirl beginnt mit seinem Gesang schon oft am hellen Tage, also früher als der Feldschwirl, bleibt aber gleich- falls in den allermeisten Fällen unsichtbar, sodafs man seine Stimme schon genau kennen mufs, um ihn daraus zu identifizieren. Diese Schwierigkeit dürfte mit ein Grund dafür sein, dafs nicht mehr Meldungen über sein Vorkommen uns vorliegen, obgleich er ziemlich weit verbreitet sein dürfte. Für Polen erwähnt ihn Neumann, der ihn im Weichselgebiet nicht selten hörte, aber auch die sehr versteckte Lebensweise hervorhebt. An der Pina scheint nach Gralsmann L. fluviatilis weniger gemein als Z. naevia zu sein, immerhin gehört er dort keineswegs zu den Seltenheiten. Bisweilen konnte der Autor beide Arten gleichzeitig hören und 856 0. Graf Zedlitz: ihre Strophen vergleichen. In der Bukowina fand er den Fluß- schwirl „in unvergleichlicher Häufigkeit“. Ich kann bestätigen, dafs auch im nördlichen Teile des Sumpfwaldes der Vogel sich an mehreren Orten hören liefs, und als Zeugen für die richtige Bestimmung nach dem Gesange den sehr guten Vogelstimmen- kenner A. Marx anführen, zu sehen bekommen haben wir beide niemals den kleinen Sänger. Schelcher hatte auch bei dieser Art das Glück, genauere Beobachtungen über Lebensweise sowie Gesang anstellen zu können, in den Wäldern Ost-Galiziens war sie ziemlich häufig, erstmalig wurde das Schwirren dort am 17.V.17 gehört. Schliefslich liegen auch noch Angaben von Dobbrick über das Vorkommen an verschiedenen Stellen im Gouv. Kowno vor, wo anscheinend das Verhältnis zu L. naevia umgekehrt ist wie bei Pinsk. Befund: Häufiger Brutvogel im Gouv. Kowno sowie in Ost- Galizien an geeigneten Stellen, nicht selten an der Weichsel und in der Polesje. 916. Locustella luscinioides luscinioides Savi. Pax „Tierwelt Polens“ p. 222. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 18—20. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 302. Pax bezeichnet den Nachtigallschwirl als einen charak- teristischen Bewohner des mittelpolnischen Flachlandes und. stellt ihn in dieser Hinsicht auf einen Stufe mit Picus viridis und Carpodacus erythrinus. Das Vorkommmen in Polen ist auch schon früher festgestellt worden und wird z. B. auch von Hartert (V. d. p. F. p. 549) erwähnt. Es ist sonderbar, dafs sonst weder Stolz noch ein Anderer der Autoren aus jüngster Zeit den Vogel für Polen anführen. Aus der Polesje liegt kein ganz schlüssiger Beweis des Vorkommens vor, ich glaube, den Gesang auf den mit Rohr und Weidengebüsch stellenweise ziemlich dicht be- wachsenen Schara-Wiesen gehört zu haben, wage jedoch die Tat- sache nicht mit Bestimmtheit zu behaupten, da ich eben gar zu un- musikalisch bin. Schelcher fand auch diese dritte Schwirlart ziemlich zahlreich in Ost-Galizien und konnte sehr hübsche Be- obachtungen des kleinen Sängers aus nächster Nähe anstellen, auf welche ich hiermit besonders aufmerksam machen möchte. Da L. Iuscinioides in Polen wie in Galizien stellenweise gar nicht selten ist, dürfte höchst wahrscheinlich die Art auch in den dazwischen liegenden Gebieten nicht fehlen sonder nur über- sehen worden sein. Befund: Für Mittel-Polen und Ost-Galizien sicher nachge- wiesen, kommt sehr wahrscheinlich auch in der Polesje vor. 217. Hippolais icterina Vieill. Bacmeister Falco 16, p. 47. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gralsmann J. f. O. 18, p. 314: H. hippolais. — Reichenow Bi _— Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung 857 „Bialowies“ 18, p. 190. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 25; Zschft. f. O0. u. ©. XXIV, p. 4 — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p- 21. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 385. — Zedlitz O0. MB. 15, p- 136; J. £. O. 17, II, p. 303: HA. hippolais. In Polen ist der Gartenspötter gemeinsowohlim Norden wieim südlichen Berg- und Hügellande (Stolz), er bewohnt vielfach den Wald, doch hörte ich ihn auch in Gärten, z. B. am 17. VW. 15 zwischen Wloszezowa und Kielce.. Bacmeister fand ihn im August/September 1915 auch in den Gouv. Ljublin- und Sjedlec. In der Polesje bingegen kann man den Vogel eher als selten bezeichnen, der eigentliche Sumpfwald sagt ihm jedenfalls wenig zu. Gralsmann fand ihn vereinzelt auf der Pinsker Landzunge, Reichenow im Park von Bialowies, Rüdiger sammelte bei Dolsk ein Gelege am 10. VI. 17, ich hörte nur einmal am 17. V. 16 ein ©‘ im Garten eines verbrannten kleinen Gutshofes bei Slonim singen. Auch in Ost-Galizien traf ihn Schelcher nur vereinzelt in Parks an. Dobbrick nennt ihn für das Gouv. Kowno weder auffallend häufig noch selten; Rüdiger stellte ihn auch in Kur- land fest. Befund: Häufiger Brutvogel nur in Polen, sonst eher spärlich vertreten, im Pripjet-Gebiet selten. 218. Phylloscopus sibilator erlangeri Hart. Dobbrick 0. MB. 17, p. 18. — Grafsmann 0. MS. 16, p-. 233; J.f. O. 18, p. 315. — Kleinschmidt „Falco“ 16, p. 15. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190. — Rüdiger A. f. N. 16, p- 25. — Schelcher V. ©. G. i. B. XIV, 1, p. 17. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 384. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 303. Alle genannten Autoren, mit Ausnahme von Kleinschmidt, benutzen die Namen Ph. sibilator oder sibilatrix, ohne zumeist sich weiter mit der Systematik zu beschäftigen. Schelcher be- zeichnet das von ibm gesammelte J' als Ph. s. sibilatrix, doch ist den biologischen Notizen keine Bemerkung darüber beigefügt, ob die Zugehörigkeit zur typischen Form einwandfrei festgestellt wurde, wie es sonst in dieser so sorgfältigen Arbeit fast stets der Fall zu sein pflegt. Ich möchte daraus den Schlufs ziehen, dafs dieses eine Stück zur zweifellosen Überweisung an die eine oder andere Form nicht ganz geeignet war, was bei der schweren Unterscheidbarkeit von erlangeri und sibilator sehr oft vorkommen dürfte. Stolz, welcher in Polen 5 SS, 1 9 vom Mai—Juli sammeln konnte, erklärt, dafs die 4 09‘ aus.Lomza vom Mai (also noch im nicht ganz abgetragenen Kleide) an Stirn, Kopf- seiten und Bürzel etwas lebhafter gefärbt seien als schlesische und brandenburgische, jedoch nicht so abweichend wie ungarische, süddalmatinische und italienische Exemplare. Autor hält den Unterschied nicht für ausreichend zu einer Trennung und meint, einer Zurechnung zu erlangeri stünden auch geographische Be- 358 Ö. Graf Zedlitz: denken gegenüber. Letzteren Einwand vermag ich nicht als stichhaltig anzusehen, denn bisher stand die Brutheimat der Form erlangeri ja noch gar nicht fest, es mufs also zunächst einmal zwischen Brutvögeln und Durchzüglern unterschieden werden, zweitens könnte aber erlangeri als eine südost-europäische Sub- species sehr wohl ihre Vorposten bis Nord-Polen und Litauen entsenden. Die tatsächliche Feststellung von Stolz, dafs ein Unterschied — gering, aber doch erkennbar — zwischen nord- polnischen und schlesischen Stücken besteht, deckt sich durchaus mit meinem eigenen Befund, es fragt sich nur, welche Schlüsse man daraus zieht. Kleinschmidt (l. c.) erklärt nun mit aller Be- stimmtheit ein Pärchen, welches bei Smorgon durch Schlüter am 15. V. 16 gesammelt ist, für Ph. s. erlangeri (flavescens Erl.). Ich möchte mich ihm anschliefsen und nur einschränkend be- merken, dafs vielleicht nicht alle Waldlaubvögel aus W.-Rufsland und N.-Polen ganz typische erlangeri sind, sondern z. T. wohl auch intermediär, da wir uns hier ja unmittelbar an ihrer nörd- lichen Verbreitungsgrenze befinden, wie es scheint. Zu dem mir in meiner Sammlung vorliegenden Material möchte ich kurz folgendes bemerken: a) Ph. s. erlangeri Hart. 1. 9, 3. IV. 13, Qued Takouzet, 120 km. östl. Temassanine, Algerische Wüste; 2. 9, 18. IV. 13, Bordj Saada südl. Biskra; 3.Q, 6. IV. 05 Madjen el Fedj bei Gafsa, Süd-Tunesien; 4. 9‘, 30. IV. 16 Tuchowitschi, Polesje. Von diesen 4 Ex. hatte nur das letzte stark entwickelte Geschlechtsteile und ist mit Sicherheit als Brutvogel anzusprechen, die anderen befanden sich wohl auf dem Zuge, oJ" unter 1) ist von Spatz, die anderen sind von mir gesammelt. Die 3 10° zeigen lebhaft gelbe Zügel und Kopfzeichnung, auf der Oberseite, besonders dem Oberkopf und Bürzel, ist ein goldgrüner Ton wahrnehmbar; das © ist ihnen ähnlich, nur der Zügelstrich ist matter gefärbt. Fllg. beträgt 77, 75, 74, 76 mm. b) Ph. s. sibilator Bechst. 1. ? 91, 14. IV. 11 Oase Firan, Sinai, Zedlitz leg., Fllg. 73 mm, 2.2? 9, 2. V. 18 Görkau, N.-Böhmen, Friedrich leg., Flig. 74 mm. Ersteres Exemplar ähnelt sehr dem oben unter 3) ange- führten Q, es ist also immer noch recht lebhaft gefärbt, wenn auch nicht so intensiv gelb am Kopf wie die typischen erlangeri g'O* (nach Hartert [V. d. p. F. p. 516] gehören die Vögel aus Palästina auch zur typischen Form). Das Stück unter 2) ist durchweg matter, auf der Oberseite grünlicher gefärbt. Ich halte diese Vögel für Q' und Q von sibilator typ., obgleich bei dem von mir gesammelten die Geschlechtsorgane infolge der Schufs- verletzung nicht mehr zu erkennen waren und beim andern die er R 8 Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 359 Angabe des Geschlechts auf dem Etikett leider fehlt. Eine genaue Abgrenzung der beiderseitigen Brutgebiete ist natürlich noch lange nicht gegeben. Hartert hat in den V. d. p. FE. p- 516 darüber noch nichts Bestimmtes sagen können, sicher ist nur, dafs erlangeri in Marokko nur bis zum April, im sonstigen N.-Afrika bis zum Mai gefunden wurde, also dort durchwandert, wenn auch z. T. noch recht spät im Frühjahr, was auf eine weit nördlich gelegene Brutheimat hindeutet. Auch in seinem späteren Werk „Orpith. Exploration of Algeria“, welches die sehr reichen Resultate mehrerer ausgedehnter Sammelreisen zusammen- fafst (Nov. Zool. XVII, Januar 1912, p. 503), berichtet Hartert wieder nur von Durchzüglern, welche er im April südlich Biskra sowie Anfang Mai in den Nadelwäldern Algeriens fand, hingegen hörte er weder den Gesang noch fand ein Nest. Daraufhin können wir diese Form nun wohl ohne Bedenken als Brutvogel ausschliefslich für Europa in Anspruch nehmen, und zwar kommen Italien, Dalmatien, Ungarn, Polen, West-Rufsland nordwärts bis Litauen, vielleicht auch noch der Kaukasus in Betracht, genaue Feststellungen sind der Zukunft vorbehalten. Im Gebiet, welches uns hier beschäftigt, dürfte der Wald- laubsänger fast überall im hochstämmigen Laub- und Mischwalde vorkommen, ob unten viel oder wenig Unterholz steht, scheint wenig auszumachen. In diesem Sinne berichtet Schelcher von Ost-Galizien, wo er ihn häufig antraf, Stolz von Polen, Reiche- now von Bialowies, Grafsmann von der Pinsker Landzunge, wo Ph. sibilator in nicht zu nassen Beständen der häufigste Laub- sänger sei. Ich selbst konnte ihn in den hohen Eichen bei Tuchowitschi feststellen, wo die ‘0 zur Balzzeit sehr erbitterte Kämpfe ausfochten. Dobbrick sah ihn hin und wieder in den Hochwäldern des Gouv. Kowno, Rüdiger hörte mehrfach den Ge- sang in Kurland. ber die Ankunft werden nur wenige Angaben gemacht: Ost-Galizien, der erste Gesang gehört 10. IV. 17 (Schelcher); Konschizy, erste Beobachtung 12. IV. 16 (Gralsmann); Tuchowitschi, zuerst gehört und gesehen Ende IV. 16 (Zedlitz). Befund: Als Brutvogel über Polen, Litauen, Pripjet-Gebiet bis Ost-Galizien verbreitet; in N.-Polen, Litauen und dem Pripjet- Gebiet kommt anscheinend Ph. s. erlangeri vor, Grenzen gegen sibilator müssen noch festgelegt werden. 219. Phylloscopus trochilus acredula L. Bacmeister „Falco“ 16, p. 47. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Görnitz O. MB. 18, p. 132. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 315. — Reichenow J. f. O. 18, p. 408; „Bialowies“ 18, p. 190. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 25; Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 4. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, 1, p. 17. — Stolz J. fi 0. 17, I, p. 385, — Zedlitz J. £. O. 17, II, p. 302. 3860 0. Graf Zedlitz: Alle Autoren benutzen den Namen Ph. trochilus. Eine Klärung der systematischen Fragen ist mir z. Z. leider noch nicht ganz möglich, da es aus einzelnen Gebieten, speziell auch aus der Polesje, an Material fehlt. Bekanntlich sind die Laubsänger sehr weiche Vögelchen, welche oft durch die Schrote so stark mitgenommen werden, dafs man beim An- fertigen des Balges in Verzweiflung gerät. Wenn nun eine Art obendrein so häufig ist, dann wartet man immer wieder mit dem Schiefsen, wirft wohl auch stark lädierte Stücke fort, und — schliefslich kehrt man mit leeren Händen heim. So ist es offen- bar nicht nur mir, sondern anch den meisten Feldornithologen an der Ostfront gegangen, nur Stolz brachte 2 Q'0" aus N.-Polen, Q von Czenstochau mit, Görnitz erhielt vom Pripjet lediglich ein juv., im Berl. Mus. fand ich überhaupt kein westrussisches Exemplar, Thienemann sammelte in Kurland auch nur ein Stück bei Kalitzen am 5. IX. 17. Da nun aber von Stolz die syste- matische Frage angeschnitten worden ist, indem dieser Autor seine Vögel aus N.-Polen zur Form eversmanni stellt, möchte ich u doch einige allgemeine Bemerkungen zu diesem Thema er- auben. Zunächst gilt es, genau festzustellen, was eigentlich „zro- chilus“ ist. Ich verweise hierbei auf Hartert (V. d. p. F. p. 507 unter Motacilla Trochilus), welcher ausführt, dafs Linnes Be- schreibung (Fauna Svecica No 236), die lediglich aus Willughby (Orn. 164) entnommen ist, „ziemlich sicher“ den Fitis erkennen läfst, wir können also den Namen beibehalten. Die Abbildung in Frisch’s „Vorstellung der Vögel“ (Bd. II, Taf. 24, Bild 2) ist allerdings nicht charakteristisch, sie könnte sich auch auf den Waldlaubsänger beziehen, dessen Gesang auch Willughby (l. c.) irrtümlich an der Stelle beschreibt, auf welche Linne dann Bezug: "nahm, ein Versehen, welches auch Hartert (l. c.) konstatiert hat. Trotzdem möchte ich in dem Bestreben, alt eingebürgerte Namen, wenn nur irgend möglich, zu erhalten, ebenso wie Hartert auch „Zrochilus‘‘ fernerhin benutzen als Bezeichnung für den Fitis, die terra typ. ist England. Zwischen englischen und deutschen Vögeln macht Hartert keinen Unterschied, sollten sich letztere aber doch abtrennen lassen (worüber ich mir z. Z. kein Urteil bilden kann), so käme für sie der Name „fitis Bchst.‘“ in Be- tracht, welchen Kleinschmidt (Ornis Germ. 1919, p. 4, No 120) bereits anwendet, da er „trochilus“ verwirft. Das ist schliefslich Ansichtssache. Hingegen mufs ich durchaus Kleinschmidt folgen im Gegensatz zu Hartert bei der Trennung der deutschen und schwedischen Fitis, welche er in der Ornis Germ. durchgeführt hat. Für den Schweden kommt der Name „acredula L.“ (Syst. Nat. X, p. 189 ex Fauna Svecica No. 237) mit Recht zur An- wendung, die terra typ. ist Upsala. Schwedische Stücke im Berl. Mus. und aus meiner Sammlung sind matter gefärbt, auf der Oberseite grauer, düsterer, dals Flügelmals ist Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 861 im Durchschnitt etwas gröfser. Deutsche Brutvögel sind da- gegen im ganzen lebhafter, auf der Oberseite grün- licher und zeigen im Durchschnitt ein kleineres Flügel- mals. Es messen g'O 9 aus Schweden V und VI: 70, 70, 69 mm Flig., 14 ad. Coll. Zedlitz aus Schlesien und N.-Böhmen: 63, 63, 65, 65, 66, 66, AX67, 68, 69, 70, 70 mm, 15 ad. Berl. Mus. aus verschiedenen Teilen Deutschlands 63—69 mm, dabei entfallen die kleineren Malse meist auf 99. 3 Vögel aus dem östlichen und südöstlichen Rufsland (Sarepta, Naltschik, Ural) im Berl. Mus. stimmen in der matten, grauen Oberseite und den grölseren Malsen mit schwedischen acredula gut überein, das Flügelmafs beträgt 70, 70, 69 mm. Hierher gehören offenbar auch 3 00‘, welche Ende IV. und Anfang V. wohl auf dem Durchzuge in der Mark (Königswuster- hausen, Spandau, Zion bei Schwiebus) erlegt worden sind, sie zeigen die gleiche graue Tönung der Oberseite, Flig. beträgt 71, 69, 70 mm. Keins der bisher erwähnten Exemplare zeigt eine auffallend verlängerte II. oder verbreiterte I. Schwinge, sie dürften also sämtlich nicht für eversmanni Bp. in Betracht kommen. Die Frage betr. Kennzeichen und Verbreitung dieser Form ist meines Wissens immer noch wenig geklärt und etwa in demselben Stadium geblieben, das Hartert (V. d. p. 509) ge- kennzeichnet hat. Jedenfalls kann die mattere, grauere Tönung der Oberseite allein nicht als Merkmal von eversmanni gelten, denn dadurch unterscheidet sich gerade die typische acredula aus Schweden von deutschen Zrochilus. Damit wird auch die Annahme von Stolz (l. c.) hinfällig, welcher seine nordpolnischen Fitis wegen ihrer düsteren, stumpfen Rücken- färbung und dem grofsen Flügelmafls (68—70 mm) zu eversmanni stellt, beide Charakteristika sprechen gerade für typische aere- dula. Es bliebe als Kennzeichen für eversmanni nun noch das Schwingenverhältnis. Da finde ich unter dem Material im Berl. Mus. 2Ex. mit auffallend langer II. Schwinge, welche gleich der V. ist, nicht kürzer als diese. Aufserdem erscheint die I. (ver- kümmerte) Schwinge etwas breiter nnd stärker als bei den andern Zrochilus. In der Färbung sind nun aber beide gerade etwas lebhafter, grünlicher als die anderen Skandinavier und Russen, in den Mafsen noch etwas gröfser. Trotz der grün- licheren Oberseite möchte ich der Flügelform entscheidendes Gewicht beimessen und diese Vögel für eversmanni ansprechen, leider sind sie nicht zur Brutzeit erlegt, geben uns also über die noch nicht sicher bekannte Heimat dieser Form auch keine Aufschlüsse. Es handelt sich um 9‘, Spandau 1. V., Flig. 72 mm, sowie Q Kursk (Central-Rufsland) 26. VIIL, Flig. 72 mm, ersteres befand sich bestimmt auf den Frübjahrszuge, letzteres vielleicht auch nicht mehr am Brutplatze. Jedenfalls ist das Brutgebiet von eversmanni nur im Nordosten von Rufsland zu suchen, wie es auch Hartert tut, da ja im Südosten, wie oben 862 6. Graf Zedlitz: schon gesagt, wieder Vögel leben, welche von echten acredula wohl nicht zu unterscheiden sind. Die volle Berechtigung der Form eversmanni muls also erst noch erwiesen werden. Da mir im Berl. Mus. und in meiner Sammlung ein un- gewöhnlich reiches Material an Wintervögeln aus Afrika zu Ge- bote steht, sei es mir gestattet, diesem noch wenige Worte zu widmen: Wintergäste aus Tunesien, Algerien, der Sahara, Eritrea, Abessinien, O.-Afrika gehören im allgemeinen zur kleinen grüneren Form Zrochilus; Ausnahmen bilden 1 Ex. Coll. Zedl., bei Stadt Tunis IX., sowie 9° Berl. Mus., Langenburg (D. O. Afr.) IV., bei beiden beträgt die Flig. 71 mm, die Oberseite ist sehr graulich, besonders beim Tunesen. Wintergäste aus SW.-Afrika zeigen häufiger Neigung zu graulicher Oberseite sowie Flügelmalse von 69 kis 71 mm. Dies erinnert an Harterts Bemerkung über eversmanni „Scheint auch in S.-Afrika im Winter vorzukommen ...“, allerdings halte ich diese Wintergäste eher für acredula. Übrigens sind viele Wintervögel sehr schlecht im Gefieder, manche mausern auch die Schwingen, es lassen sich also an ihnen feinere Nüancen nicht feststellen. Ich fasse das über die drei Formen Gesagte nochmals kurz zusammen: 1. Ph. trochilus trochilus L., terra typ. England. Oberseite mehr grünlich als grau und lebhaft ge- färbt; Flig. 63—70 mm. Bewohnt aufser England ganz West-, Süd- und Mittel-Europa; überwintert im nördlichen (seltener) und tropischen Afrika. 2. P. t. acredula L., terra typ. Mittel-Schweden. Oberseite mehr grau als grün und matt gefärbt; Flig. 69—71 mm. Bewohnt Schweden, Baltische Provinzen, (Ostpreulsen ?), N.-Polen, Litauen, geht südostwärts bis zum Kaukasus; überwintert anscheinend meist im tropischen Afrika, auf dem Zuge in Tunesien. 3. ? P. t. eversmanni Bp., terra typ. Gouv. Kasan und nörd- liche Orenburg. Oberseite anscheinend von der von irochilus nicht immer verschieden; Flig. meist über 70 (nach Hartert 68—72 mm) die II. Schwinge etwa gleich der V, nicht kürzer wie bei den vorigen Formen, I. Schwinge oft etwas länger und breiter als bei den vorigen. Bewohnt anscheinend das nordöstliche Rufsland; überwintert weit südlich in Afrika. Der Fitis dürfte über das ganze hier behandelte Gebiet verbreitet sein, er wird von folgenden Beobachtern erwähnt: Stolz für das nördliche (Lomza, Suwalki V) und westliche (Czenstochau VII) Polen; | singend; Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 368 Bacmeister für die Gouv. Ljublin VIII und Sjedlec IX noch Schelcher für Ost-Galzien, ebenso häufiger Brutvogel als Ph. sibilator ; Reichenow für Bialowies als Brutvogel; Gralsmann, Görnitz, Zeditz als Brutvogel der Polesje; Rüdiger fand bei Dolsk ein Gelege am 22. V. 17; Dobbrick nennt ihn den häufigsten Vertreter seiner Sippe im Gouv. Kowno; Rüdiger und Thienemann fanden ihn in Kurland, ersterer häufig im Juni. Als Lieblingsaufenthalt nennt Bacmeister den Föhrenwald, Dobbrick mittelhohe und feuchte Waldpartien, besonders Grauerlen- bestände, ich selbst fand ihn ebenso im Laub- wie im Nadelwald, am meisten in angehenden Stangenorten oder kleineren Feld- hölzern. Den ersten Gesang hörte Schelcher am 12. IV. 17. Befund: Häufiger Brutvogel im ganzen Gebiet; in West- Polen und Ost-Galizien lebt anscheinend die Form Zrochilus typ., in Nord-Polen, Litauen und im Balticum aeredula, letztere wahr- scheinlich auch in der Polesje, da ihre Verbreitung bis SO.- Rufsland reicht. 220. Phylloscopus collybita abietinus Nilss. ‚Bacmeister „Falco“ 16, p. 47: P.c. — Dennler „Falco“ 17, p. 2: P. rufus. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gengler O. Jbch. 16, p. 75: P.c. ce. — Görnitz O. MB. 18, p. 132. — Grals- mann °O. MS. 16, p. 232; J. f. O. 18, p. 315; O. MS. 19, p. 50: P. rufus. — Reichenow J. f. O. 18, p. 408; „Bialowies“ 18, p. 190: P. c. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 25: P. c. — Schelcher v.’0.G@. i. B. XIV, 1, 2.16: £.c. c. — Zedlitz O..MB. 15, p. 136; O. MB. 16, p. 166; J.£.O. 17, I, p. 105; J.£. 0. 17, I, p. 303. Die Ansichten über Kennzeichen und Verbreitung von colly- bita gegenüber abiefinus gehen weit auseinander, Reichenow rechnet z. B. sogar einen Vogel aus Kurland noch zu collybita, während nach Hartert (V. d. p. F. p. 503) die Brutvögel von Ostpreufsen, vermutlich auch die von Pommern und Schlesien schon zu abietinus gehören. Inzwischen ist nachgewiesen worden, dafs seine Vermutung durchaus das Richtige trifft, und zwar So- gar für Vorpommern, die Gegend von Greifswald, durch Koske (J. f. ©. 19, p. 191), für Schlesien durch Schalow.!) Von beiden Autoren wird sehr mit Recht das entscheidende Gewicht auf das Flügelmafs gelegt, welches Koske mit 62—64, Schalow mit 63—64 mm angibt. Nun ist vielfach dadurch Verwirrung hervor- gerufen worden, dafs Hartert bei abietinus sagt, er sei im Ge- fieder „meist etwas lichter“. Hier sind jedoch ausdrücklich „Beiträge zur Vogelfauna der Mark Brandenburg,“ p. 410. 864 0. Graf Zedlitz: Vögel aus dem Osten und dem Norden Europas zusammengefalst, die lichtere (grauere) Oberseite findet sich aber nur bei den östlichen, die nördlichen sind im Gegenteil zur Brutzeit ausge- sprochen düster mit einem braunen Anfluge. Ferner sind offen- bar manche Autoren bei Vergleichen von der Voraussetzung ausgegangen, mitteldeutsche — ja vielleicht sogar ostelbische — Stücke seien typische collybita. Auch dem kann ich nicht bei- pflichten, echte collybita mit lebhafter Färbung kommen nach meiner Ansicht, soweit Deutschland in Frage steht, nur im äufsersten Westen vor. Der gröfste Teil Deutschlands bis Brandenburg einschl. nach Osten wird von einer Zwischenrasse bewohnt, welche zwar die kleineren Malse von collybita, jedoch eine dunklere, mehr bräunliche Rückenfärbung zeigt. Hierin weich t sie gar nicht so erheblich von abietinus, der östl. bezw. nordöstlich sich anschliefsenden Form, ab, nur ist diese wieder gröfser. Schliefslich im Osten tritt dann anscheinend eine gleich- falls grofse, aber auf dem Rücken blassere, d. h. grauere, Sub- species auf. An den Grenzen sind die Übergänge überall so ver- wischt, dafs es bisweilen schwer hält, einzelne Exemplare mit Sicherheit zu, klassifizieren, hier scheinen sich die Formen zu mischen.!) Überhaupt ist ein grofses Material aus Nord- und Ost-Europa nötig, um völlige Klarheit zu schaffen, zumal das Bild vielfach verdunkelt wird, indem fremde auf dem Durchzuge erlegte Gäste nicht immer als solche erkannt werden. Ich möchte deshalb die östliche, graue und grofse Form bis auf weiteres noch mit einem Fragezeichen versehen, ganz übergehen konnte ich sie nicht, da sie ja zur Klärung von Milsverständnissen beiträgt. Ob man die Rasse, welche den gröfsten Teil Deutsch- lands bewohnt, mit einem eigenen Namen belegt, muls dem Er- messen des einzelnen Forschers überlassen bleiben, Formeln ge- nügen schliefslich, andererseits steht auch ein Name zur Verfügung: pinetorum Br. 1831. Mein Urteil möchte ich also dahin zu- sammenfassen: Wir haben es bestimmt mit 2 gut unterscheidbaren Formen zu tun, abietinus und collybita; von jeder derselben spaltet sich wiederum anscheinend eine Rasse ab, deren Charakter jedoch nicht so scharf ausgeprägt erscheint, sodals es sich vielleicht hier nur um Mischrassen handelt, welche besser durch Formeln als durch eigene Namen bezeichnet werden. Die beiden unzweifelhaft vorhandenen Subspecies möchte ich im Folgenden nach Möglichkeit charakterisieren und hoffe, damit im Einzelnen einiges Neue zu bringen, wennn auch im All- gemeinen mein Standpunkt von dem Harterts nirgends wesentlich abweicht. 1) Auf die Teilung in eine östliche (Pleskei) und eine westliche (occidentalis) Form hat schon vor langen Jahren Floericke hingewiesen und tatsächlich Recht damit („Versuch einer Avifauna d. Prov. Schle- sien“ 1. Lieferung, p. 114, 1892). ir E Ia. Ib. Ila. Arifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 365 Phylloscopus collybita collybita Vieill. Färbung: Oberseite im Herbst und Winter zunächst olivbräunlich mit grünlichem Ton, welcher im Laufe der Zeit immer mehr hervortritt, im Frühjahr und zur Brutzeit ist der Rücken deutlich grünlich und bedeutend heller als im Winter, bei starker Abnutzung wird das Grün zum Schlufs matter und schmutziger. Unterseite bei Vögeln ad. verhältnismälsig stark mit Gelb vermischt. Malse: Fllg. 9'901 58—62, 99 53—58 mm. Terra typica: Frankreich. Untersucht 7 9'091, 2 99, 1? von Grafschaft Bentheim, Sardinien, Süd-Algerien, Algerischer Sahara, Kamerun, letztere Wintergäste IX, XII, ]). P. c. pinetorum Br. (vielleicht nur Mischform). Färbung: Oberseite mehr bräunlich auch im Frühjahr, Unterseite meist weniger lebhaft mit Gelb vermischt. Malse: Flig. meist 59—61 (vgl. auch Schalow 1. c.), ver- einzelt bis 64 mm, wie Reichenow (J. f. O. i8, p. 408) angibt und ich selbst gleichfalls an einem Sommervogel aus der Gegend von Berlin messe. Untersucht 9 deutsche Ex. meist aus der Mark. FP. c. abietinus Nilss. Färbung: Oberseite im Herbst und Winter braun mit einem grauen Ton, in dieser Zeit etwas heller als bei collybita, fast ohne grüne Beimischung, später kommt das Grün etwas mehr durch, doch überwiegt stets der grau- braune Ton. Also im Winter ist der Rücken etwas lichter, im Frühjahr und Sommer umgekehrt düsterer als bei collybita typ., gegenüber pinelorum besteht oft wenig oder kein Unterschied, besonders im frischen Kleide. Unterseite überwiegend grau mit wenig gelb. Malfse: Fllg. S'I' 63—68, 992 56—61 (meist 59—61) mm. Terra typica: Schweden. Untersucht: Brutvögel 4 9'9', 2 99, 1? aus Schweden, Slonim, Schlesien, N.-Bömen; Zug- und Wintervögel 8 J'O', 5 2Y, 3? von Helgoland, Ungarn, Galizien, Attika, dem Taurus, Mesopotamien, Jerusalem, Suez, Massaua, Ghinda, Asmara (letztere 3 Orte Eritrea) und ein Q aus der Sahara, Qued Tifist östl. Temas- sanine, 31. III. 13, ein typischer abietinus nach Mafsen und Färbung. Die Vögel aus Schlesien sind etwas grauer und lichter als die schwedischen und westrussischen; ein Galizier (2 Fl. 62) ist ganz auffallend grau und gleicht darin den Stücken vom Kaukasus, ich rechne ihn deshalb als Durch- zügler, da die galizischen Brutvögel nach Laubmann (V. ©. Journ. f. Or. LXIX, Jahrg. Jail 1921, 24 866 0. Graf Zedlitz: G. i. B. XIV, 1, p. 16) zu collybita gehören mit einer Flig. von nur 59,5— 61 mm. IIb. ? P. c. obscurus Radde (vielleicht Mischform mit Zristis Blyth). Färbung: Oberseite anscheinend lichter und grauer als bei abietinus. Mafse: Flig. 65—66 mm. Terra typica: Tiflis. Untersucht: 3 Ex. von Sarepta und dem Nord-Kaukasus. Diese Form bedarf, wie schon oben gesagt, einer genaueren Nachprüfung, auch ist es unsicher, ob Raddes Namen hier Anwendung finden kann, da seine Beschreibung sich gerade auf einen sehr dunklen Vogel bezieht. Kehren wir nach dieser Abschweifung nach dem westlichen Rulsland zurück, um zu sehen, was zur Systematik seitens der dort tätig gewesenen Ornithologen gesagt wird: Dobbrick erklärt die Weidenlaubsänger des Gouv. Kowno ohne Einschränkung für abietinus. Zu demselben Urteil gelangt Görnitz mit Bezug auf ein von Dr. Dennler im Pripjet-Gebiet am 31. III. 17 erlegtes o', das bei 64 mm Flügellänge eine lichte Rückenfärbung zeigte (anscheinend also Anklänge an die hellen Vögel des Ostens!). Reichenow gibt von den beiden ihm vorliegenden Stücken von Bialowies nur einmal das Flügelmafs mit 63 mm an, erklärt aber die Rückenfärbung nicht für blals; ebenso zeigte ein von Thienemann in Kurland gesammeltes Exemplar aus dem Herbet bei langem Flügel (64—65 mm) eine dunkle Färbung der Oberseite. Das ist bei frisch vermauserten typischen abietinus ganz in der Ordnung, in diesem Stadium sind sie, wie ich oben ausgeführt habe, keineswegs heller als sogenannte collybita — besser wohl pinetorum — aus der Mark, welche offenbar Reichenow als Vergleichsmaterial benutzt hat. Also auch Reichenows Befund weist unbedingt auf abielinus hin, die Färbung darf uns nicht stutzig machen. Mir selbst ver- sicherte A. Marx, das auch im Gesange ein Unterschied zwischen den J'0" abietinus im Sumpfwalde und deutschen J'O* bestünde, ich kann das als ganz unmusikalischer Mensch nicht beurteilen. Im Gegensatz zu dem Befund in W.-Rufsland konstatierte lLaubmann, dafs die von Schelcher in O.-Galizien gesammelten Laubvögel typische collybita seien, was ja auch durchaus wahr- scheinlich ist. Was die Verbreitung: betrifft, so ergibt sich kein wesent- licher Unterschied gegenüber den anderen Laubsängern, am einzelnen Ort ist bald die eine, bald die andere Art häufiger. Für Polen liegen Meldungen vor von Bacmeister aus dem Gouv. Ljublin und von Gengler aus mehreren Punkten meist im Osten. Die anderen Forscher habe ich zumeist schon im systematischen Teil erwähnt, es sind: Schelcher für O.-Galizien, Dennler, Gralsmann, Marx und ich für das Pripjet-Gebiet, Reichenow für 1, Du Ar Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 867 Bialowies, Dobbrick für das Gouv. Kowno, Rüdiger und Thienemann für Kurland. Die erste Beobachtung im Frühjahr wird gemeldet: für O.-Galizien vom 30. III. 17 (Schelcher), „ Konschizy ,„ 31. III. 16 (Gralsmann), „ Pripjet-Geb. „ 31. III. 17 (Dennler bezw. Görnitz), „ Slonim „ 10. IV. 16 (Zedlitz), letzteres Datum ist im J. f. O. 17, II, p. 303 irrtümlich unter P. irochilus vermerkt. Relativ späte Beobachtungen aus dem Herbst notierten: Dennler für den September 16, Gengler „ , September und Oktober 15, Gralsmann für den 20. Oktober 17, Schelcher „ ,„ 23. September 17. Befund: P. c. abietinus ist Brntvogel, meist häufig, stellen- weise spärlicher, von Kurland durch Litauen bis zum Pripjet und Polen; in O.-Galizien lebt anscheinend schon P. c. collybita. 221. Turdus musicus brehmi Zedl. Dennler „Natur“ 18/19, p. 45. — Dobbrick O. MB. 17, p. 18: T. m. — Gengler O. Jbch. 16, p. 75: T. p. philomelos. — Gralsmann O. MS. 16, p. 231; J. f. O. 18, p. 315: T. m. — Lucanus J. f. O. 16, p. 424: T. m. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 190: 7. m. — Rüdiger A.f. N. 16, p. 26; Zschft. f. O. u. 0. XXIV, p. 4: 7. m. — Schelcher V. 0.G. i. B. XIV, 1, p. 21: T. p. philomelos. — Zedlitz O. MB. 15, p. 134: T. ph., O. MB. 15, p. 167; O. MB. 16, p. 166; J. £. O. 17, II, p. 306; ZT. m. subsp.; J. f. O. 19, p. 489; T. m. brehmi subsp. nov. Ueber die Systematik habe ich mich bereits im J. f. ©. 19, p. 485—490 geäulsert, ich habe dem dort Gesagten nichts hin- zuzufügen. Die Brutvögel der Slonimer Gegend gehören zur mitteleuropäischen brauneren Form brehmi, wohin diejenigen von Litauen und den Baltischen Provinzen zu stellen sind, vermag ich nicht zu sagen. Im allgemeinen ist die Singdrossel in der ganzen Region häufig als Brutvogel wie als Durchzügler. In Polen beobachtete Gengler sie zahlreich auf dem Herbstzuge im September 15 bei Zawadowek und Garbatka, ich fand sie im Frühjahr bezw. Sommer 15 als keineswegs seltenen Brutvogel in Parks und Feldhölzern bei Wloszcezowa wie auch in den Wäldern um Kielce, wo sie auch in der Sammlung vertreten ist, und bin erstaunt, dals Stolz diese Drossel gar nicht erwähnt hat. Für das Pripjet-Gebiet nennt Grafsmann sie „einen gewöhnlichen Brutvogel, aber nirgends häufig“, Dennler beobachtete sie zahlreich auf dem Zuge im September. Nach meinen Erfahrungen war sie im Sumpfwalde bei Tuchowitschi nicht selten, in den trockeneren Wäldern sowie Gärten bei Slonim recht stark vertreten. Reichenow bezeichnet 24* 868 O. Graf Zedlitz: sie für Bialowies als sehr häufigen Brutvogel. Auch in O.- Galizien siedelt sie sich nach Schelcher ebenso in Parkanlagen wie in Wäldern gern an. Im Gouv. Kowno fand Dobbrick sie verhältnismäfsig selten im Hochwalde mit eingesprengten Fichten- gruppen. Rüdiger vernahm einige mal den Gesang auf seiner kurzen Fahrt nach Kurland VI. 16. Die Ankunft im Frühjahr notierten: für Konschizy am 25. IIl. 16 Gralsmann, „ Bialowies „ 31. IIl. 17 : 2 KORDIK ne NT, Reichenau „ Slonim Ende III. 16 und 17 Zedlitz, „ 0O.-Galizien am 27. III. 17 Schelcher, „ Wloszezowa, S.-Polen, am 28. III. 15 Zedlitz. Das erste volle Gelege fand Marx am 19. IV. 16 bei Ostrow, Rüdiger sammelte bei Dolsk 4 Gelege und ein Ei zwischen dem 12. und 23. V. 17. Die ersten ausgeflogenen Jungen stellte ich bei Slonim am 24. V. 16 fest. Befund: ZT. m. brehmi ist im. Osten die einzige Drossel, welche in Gärten brütet, daneben aber auch im Walde, zahlreich in S.-Polen, bei Bialowies und Slonim, im eigentlichen Sumpf- walde etwas spärlicher vertreten. Welche Form die Brutvögel Zn Litauen und Kurland angehören, bleibt noch eine offene rage. 222. Turdus vliacus iiacus L. Dennler „Natur“ 18/19, p. 45. — Gralsmann O. MS. 16, p. 232; J. f. O. 18, p. 315. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191. — Schlüter „Falco“ 16, p. 35. — Zedlitz O. MB. 16, p. 165; J. £'O. 17, II, p. 306. Es liegt mir so gut wie kein Material aus W.-Rufsland vor, sodafs ich auf systematische Fragen nicht eingehen kann. Ob die nordische Z. &.. coburni Sharpe, welche ich überein- stimmend mit Lucanus für eine gut unterscheidbare Form halte, gelegentlich unser Gebiet auf der Reise berührt, vermag ich nicht -zu sagen. Übereinstimmend berichten die meisten Be- obachter aus der Polesje von zahlreichem Erscheinen der Wein- drossel zur Zugzeit, d. h. im April bezw. September, sie ist dann m. E. wesentlich häufiger als z. B. in meiner schlesischen Heimat. Bemerkenswert ist, dafs der Herbstzug zumeist in den September fällt, im östlicheu Deutschland jedoch auf die zweite Hälfte des Oktober. Schlüter notierte den Anfang des Herbstzuges und zu- gleich das Erscheinen der ersten Weindrosseln schon am 31. VIII. 16; Dennler nennt den September als Hauptzugzeit für alle Drosseln. Die Ankunft im Frühjahr beobachtete Grafsmann bei Konschizy am 6. IV., grofse Scharen sah er dann am 9. IV. 16, sie zählten nach vielen Hunderten. Am 11. IV. 16 kon- statierten Marx und ich bei Slonim starken Durchzug. Man konnte allerdings nicht von Hunderten, aber doch von Dutzenden ER, EEE. rw N. ee ee ee Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 869 sprechen. Ausdrücklich sei betont, dafs diese Wanderer sich stets in Gesellschaften hielten. Daneben sah und hörte ich im hohen Mischwalde nordwestlich Slonim auch einzelne eifrig singende J'O', welche immer zu ihrem Lieblingsbaum zurückkehrten. Solch ein Exemplar, das von einer hohen Rottanne herab sein Lied ertönen liefs, habe ich auch geschossen, leider blieb es in den dichten Ästen hängen und gelangte trotz aller Mühe nicht in meine Hände. Ich bin fest überzeugt, dafs es sich in diesem Fall um einen Brutvogel handelte. Von anderer Seite sind Bruten in unserem Gebiet nicht festgestellt worden. Befund: Zahlreich auf dem Zuge im Frühjahr und Herbst, als Brutvogel selten in der Polesje. 223. Turdus visciworus jubilaeus Luc. und Zedl. Dennler „Natur“ 18/19, p. 45: T. v. — Grafsmann O. MS. 16, p. 230; J. f. O. 18, p. 315: T. v. — Lucanus J. f. O. 17, 1, p- 506—512. — Reichenow O. MB. 16, p. 134: T. v.; „Bialowies‘‘ 18, p. 191. — Rüdiger Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 5: Z.v. — Zedlitz O. MB. 16, p. 165: J. f. O. 17, II, p. 304/05, J. v. Domaniewski hat in seiner „neuesten Arbeit über Drosselformen!) auf p. 447—450, 464—467 bei Besprechung von T. v. viscivorus unsere 7. v. jubilaeus wieder eingezogen. Ich halte die Begründung seines Standpunktes für unzureichend und mufs ihm widersprechen. Wenn eine Unterart auf Grund von genau angegebenem Material und aus einer deutlich bezeichneten terra typica beschrieben worden ist, so wird niemand mehr als der Autor sich über eine fachmännische Nachprüfung von anderer Seite freuen, denn dadurch werden seine eigenen Untersuchungen entweder bestätigt oder berichtigt, und beides liegt im Interesse der Wissenschaft. Er hat aber das Recht zu verlangen, dafs ein Kritiker, der ihm widerspricht, sich mindestens auf gleichwertiges, womöglich noch besseres Material stützt. In diesem Falle hat aber Domaniewskiüberhaupt kein Material ausdem eigentlichen Verbreitungsgebiet von jubilaeus gehabt, sondern sich bei der Einziehung dieser Form nur auf Exemplare aus Polen und Mittel-Asien gestützt, wo jubilaeus ent- weder nicht als Brutvogel oder überhaupt gar nicht vorkommt. Also m. E. sind diese Ausführungen an sich ganz interessant, aber mit der Art-Selbständigkeit von jubilaeus haben sie kaum etwas zu tun, darüber kann nur entschieden werden durch Vorlage von Brutvögeln aus der terra typica bezw. der anerkannten Region für ihre Verbreitung. 1) Compt. Rend. d. 1. Soc. d. Sc. d. Varsovie, 1918, Fasc. 4, p. 448—473, 870 0. Graf Zedlitz: Aus Asien lagen dem Autor überhaupt nur 3 Exemplare vor: & XII von Merv, Fl. 157 mm, Oberseite eher dunkel, bräunlich ; 9 II. von Askhabad, Fl. 153 mm, Oberseite eher hell, graulich; & V. von Kultuk a. Baikal-S., Fl. 156 mm, Oberseite eher hell, graulich. Es handelt sich also in 2 Fällen um Wintervögel, deren Brutheimat gar nicht bekannt ist, ob diese 3 Stücke unter sich der Färbung nach übereinstimmen oder nicht, ist bei der grolsen Entfernung der Fundorte von einander ziemlich belanglos, denn es können hier die verschiedensten Formen in Frage kommen. Bei seinem Material aus Polen gibt Domaniewski keine Aufstellung der Einzelexemplare, erklärt aber ebensowenig, dafs er die starke individuelle Variation von braun zu grau,” welche er unterstellt, auch bei sicheren Brutvögeln gefunden habe. Sind aber Durchzügler oder Wintergäste mit berücksichtigt, dann bestätigt sein Befund ja nur meine Beobachtungen aus Weils-Rufsland, nach denen die dort brütenden jubilaeus bis Ende September fast restlos fortziehen und dann typische viscivorus aus dem Norden sich einstellen. In seiner Arbeit „Materiaux & la faune ornith. de Pologne“ hat Domaniewski mit grofsem Fleifs aus den Sammlungen der verschiedenen Museen in Warschau und Lem- berg eine Fülle interessanter und beglaubigter Fälle zusammen- gestellt, in welchen neben den für Polen als Brutvögel festge- stellten Subspecies noch mehrere andere Formen desselben Kreises als Gäste im Lande gefunden worden sind. Wenn neben der einheimischen ‚Emberiza citrinella sylvestris auch noch besuchs- weise E. c. citrinella und E. c. erythrogenys regelmälsig in Polen erscheinen, wenn neben Dryobates minor minor und D. m hortorum sogar D. m. kamtschatkensis gelegentlich auftritt, dann ist es eigentlich selbstverständlich, dafs auch die beiden so nahe benachbarten Formen von 7. visciwvorus sich finden. In Trans- kaspien konstatiert Domaniewski ja auch neben der bodenständigen „viscivorus“ noch bonapartei als Wintergast. Aber selbst, wenn sichere Brutvögel aus Polen bald mehr zu jubilueus, bald zu viscivorns neigen sollten, so wäre das noch keineswegs ein Beweis gegen die Berechtigung ersterer Form, denn wir haben hier ein Grenzgebiet vor uns, das sehr wohl von einer Misch- Population bewohnt sein kann mit einer sehr grofsen Variations- breite, sodafs nach beiden Extremen Individuen auftreten, welche von typischen Vertretern der Rassen, die sich hier vermischen, kaum oder garnicht zu unterscheiden sind. Wenn schliefslich Domaniewski ältere Autoren als Kronzeugen für das Vorkommen von typischen „viscivorus“ in Transkaspien anführt, so können m. E. Veröffentlichungen von 1896 (Zarudny) oder gar 1889 (Radde und Walter) in systematischen Fragen der Gegenwart doch nur sehr bedingt mitsprechen, denn auf die damals noch nicht beschriebenen Formen »pseudohodgsoni und jubilaeus konnte 20—30 Jahre vorher natürlich noch nicht Bezug genommen Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 871 werden. Hingegen möchte ich unterstreichen, was auch der Autor beiläufig erwähnt, dafs schon Laubmann in seiner Arbeit über Kaukasus-Vögel (Orn. Jbch. 1915, p. 41) die Exemplare vom Nord-Kaukasus gegenüber deutschen Vögeln als etwas heller und zwischen diesen und bonapartei stehend bezeichnet hat, sein Be- fund stimmt also mit dem vom Lucanus und mir ganz gut überein. Er führt diese Vögel zwar als 7. v. loudoni auf, betont aber, dafs sie besonders in Mafsen nicht mit der Beschreibung Loudons übereinstimmmten, es sind eben auch keine loudons, sondern jubilaeus, die damals noch nicht beschrieben waren. Wertvoll für die Zoogeographie ist die Feststellung, dafs die Form ZT. v. loudoni Sar. (T. v. sarudnyi Loud.), terra typ. Talysch, nordwärts anscheinend bis in den südlichen Kaukasus gelegentlich vordringt. Die von Domaniewski angeführten 3 Exemplare von Lagodechi im Kuratale sind bei dem kleinen Flügelmafs von 149, 150, 152 mm und der stark gefleckten Unterseite wohl tatsächlich loudoni, aber gleichzeitig Wintergäste aus dem November, über deren Brutheimat man nichts weils. Die Einziehung von Klein- schmidts Form »pseudohodgsoni durch Domaniewski erweckt bei mir ernste Bedenken, da nach unseren neueren Forschungen sehr wohl Subspecies auf Grund ihrer durchschnittlichen Flügellänge unterscheidbar sein können, wenn auch die Extreme noch ziemlich weit in den Zahlen übereinander greifen, sich also keineswegs ausschliefsen. Ich betrachte es als selbstverständlich, die Re- sultate des Studiums bei einem ernsten und anerkannten Forscher so lange unbedingt zu achten und seine Neubeschreibungen an- zuerkennen, bis mir nicht ein an Zahl und Qualität überlegenes Material vorliegt, das mich zu einer abweichenden Stellungnahme zwingt. Ich sehe in der Auffassung, welche neuerdings nicht selten durchblickt: „Ich erkenne eine neue Subspecies erst an, wenn ich selbst sie habe nachprüfen können!“ eine grofse Selbst- überhebung und meine, ich bin es der Achtung vor jedem wirk- lich ernsten und bereits bewährten wissenschaftlichen Arbeiter schuldig, dafs ich seine Arbeitsfrüchte auch ohne Nachprüfung so lange als vollwertig annehme, als nicht ganz gewichtige be- sondere Gründe dagegen sprechen. Nach diesem kleinen Turnier in der systematischen Arena wende ich mich wieder der Biologie unserer Misteldrossel zu, und zwar handelt es sich zunächst um Z. v. jubilaeus. Zur Brutzeit findet sich in der Polesje ausschliefslich diese Form, sie geht ostwärts bis zum Kaukasus, die Grenze nach Westen ist noch nicht genau festgelegt, schlesische Brutvögel sind ziemlich ähnlich aber doch nicht mehr typische jubslaeus. Im Laufe des September verlassen diese Misteldrosseln ihre Brutheimat, ein Teil wandert nach Westen, denn ich fand einzelne am Südabhang des Riesengebirges überwinternd; gelegentlich — ‚jedoch seltener — werden echte jubilaeus auch auf dem Zuge in Rossitten erlegt,. Am 23. XI. 15 sammelte Oberpräparator Lemm 872 O. Graf Zedlitz: noch ein Stück in Bialowies, es handelt sich hier um einen Aus- nahmefal. Nach übereinstimmendem Urteil von Reichenow, Grafsmann und mir ist diese Drossel ein recht häufiger Brut- vogel im trockenen Kiefernwald.. Sie legt ihr Nest keineswegs immer sehr hoch an, wie es in Deutschland üblich ist, sondern nach Grafsmann in einer durchschnittlichen Höhe von 3—5 m, bisweilen steht es auch nur mannshoch über dem Boden. Schon am 22. IV. 16 fand Grafsmann ein Q auf 4 Eiern brütend, ich sah die ersten ausgeflogenen Jungen am 21. V. 15. Bei dem am 10. VI. 17 von Rüdiger bei Dolsk gesammelten 'Gelege zu 3 Eiern dürfte es sich um eine Nachbrut handeln. Schon am 14, III. 16 sah Grafsmann die erste Misteldrossel. Befund: Häufiger Brutvogel in der Polesje; welche Form Polen und Litauen bewohnt, mufs erst noch festgestellt werden. 224. Turdus viscivorus viscworus L. Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gengler O. Jbch. 16, p. 75. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 26. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 21. — Schlüter „Falco“ 16, p. 28, 34, 37. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 386. — Zedlitz O. MB. 15, p. 167. Hier sind alle Literaturstellen zusammengefalst, welche sich nicht bestimmt auf Z. v. jubilaeus beziehen, es ist aber sehr wohl möglich, dafs es sich hier z. T. auch um diese Form handelt, dann wir wissen ja bis jetzt noch nicht, wie schon oben gesagt, wohin die Brutvögel von Polen, Litauen und O.-Galzien gehören. Wenn die einheimischen 7. v. jubilaeus fortgezogen sind, dann erscheinen bei Slonim und Bialowies die brauneren Mistel- drosseln aus dem Norden und zwar in sehr grolser Zahl. Im Oktober 1917 wurde nur noch diese Form im Dohnenstieg bei Albertyn gefangen, ich besitze einige dieser Exemplare. Grolse wandernde Schwärme fand auch Stolz im Herbst in den Gouv. Ljublin, Radom und Petrikau; Gengler sah hingegen nur ein Exemplar Mitte Oktober 15 bei Kamiensk. Von häufigem Auf- treten zur Zugzeit (Herbst und Frühjahr) in Ost-Galizien be- richtet auch Schelcher, Bruten konnten jedoch von ihm nicht mit Bestimmtheit nachgewiesen werden, während Stolz die Art öfters während der Brutzeit im Walde bei Suwalki antraf. ° Dobbrick hat die Art nur zweimal während des Sommers im südlichen Waldgebiet des Gouv. Kowno gesehen. Schlüter beob- achtete im Juli 16 einige Paare im Walde bei Smorgon, sodann am 8 X. Schwärme gemischt mit Wacholderdrosseln, auch ein überwinterndes Exemplar erlegte er bei Schneesturm am 11.1. 16. In Kurland bei Gr. Eckau hörte Rüdiger im Juni ein singendes 2: Im Museum Kielce steht ein Stück aus dem Januar Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 878 Befund: Brutvogel in Kurland, Nord-Polen und im Gouv. Kowno, jedoch in der Regel dort nicht sehr gemein, es ist auch noch ungewils, um welche Form es sich hier handelt. Typische viscivorus erscheinen im Herbst von Anfang Oktober an in grolser Zahl, überwintern jedoch nur ganz ausnahmsweise. 225. Turdus pilaris L. Cordes Zschft. f. O. u. 0. XXIV, p. 57. — Denuler „Falco“ 17, p. 2; „Natur“ 18/19, p. 45. — Dobbrick O. MB. 17, p. 17. — Gengler O. Jbch. 16, p. 75. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 315. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 26. — Schalow O. MB. 17, p. 37.— Schelcher V. ©. G. i. B. XIV, 1, p. 21. — Schlüter „Falco‘‘ 16, p. 27, 34, 37. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 386. — Zedlitz O. MB. 15, p. 135 u, 166; O. MB. 16, p. 165; J. f. O. 17, II, p. 303. Zu systematischen Erörterungen bietet die Wacholderdrossel keine Veranlassung, hingegen scheinen mir einige biologische Momente bemerkenswert: bald scheint sie gewöhnlicher Brut- vogel zu sein, bald tritt sie nur zur Zugzeit auf, aufserdem ist es die einzige Drossel, welche regelmäfsig in nennenswerter Zahl überwintert. Vergleichen wir zunächt die Brutbeobachtungen: Gralsmann sah zwar kleine Gesellschaften in allen Sommer- monaten, konnte jedoch keine Nester finden, Reichenow erwähnt für Bielowies nur die im April und Oktober durchziehenden Scharen, demgegenüber fand ich bei Slonim mehrere Brutkolonien; bevorzugt wird Eichenwald, doch kann es auch Mischwald sein, und müssen nasse Wiesen unmittelbar anstofsen. Gleichfalls im Eichenwalde sah Schelcher diese Drosseln im April und Mai, doch ist er nicht ganz sicher, ob sie dort wirklich brüteten. Im nördlichen Polen bei Lomza fand Stolz mehrfach kleine Brutgesellschaften im Eichwalde und erlegte am 17. V. 16 ein, das Futter trug. Bei Wloszezowa konstatierte ich gleichfalls kleine Brutkolonien, welche vom 23. IV. 15 an besetzt waren. Schlüter sah Ende Juli 16 einige Paare im Walde bei Smorgon, welche wahrscheinlich dort gebrütet haben dürften. Cordes sammelte am Disra-See 3 Gelege vom 27. V.—18. VI. 17, die Nester standen auf Pappeln 3—10 m hoch. Rüdiger schliefslich fand bei seiner Spritzfahrt nach Kurland dort gleich 2 Brutkolonien. Dobbrick berichtet aus dem sonst an Vogelleben nicht sehr reichen Gouv. Kowno gleichfalls von gröfseren und kleineren Gesellschaften nistender 7. pilaris. Die ersten ausgeflogenen Jungen schofs ich bei Slonim am 22. V. 16. Durch diese Bekundungen dürfte nachgewiesen sein, dafs: die Wacholderdrossel in der ganzen Region an geeigneten Plätzen keineswegs zu den seltenen Brut- vögeln gehört. Über das häufige Auftreten zur Zugzeit sind. sich alle Autoren einig, ich brauche die einzelnen Meldungen darüber wohl nicht zu wiederholen. An Winter - Beobachtungen liegt folgendes Material vor: 3714 O0. Graf Zedlitz: Gengler sah einige T. pilaris IX. und X., viele am 15. XIL, mehrere am 24. XII. 15 an verschiedenen Orten Polens; Puhlmann bemerkte bei Wischnew am 18. XI, dafs 3 Ex. nach S. zogen, am 9. XII. notierte er ca. 30 Ex., an den folgen- den Tagen erschienen noch einzelne; Schlüter stellte bei Smorgon am 5. und 10.1. 16 einzelne Vögel sowie grofse Schwärme fest; ich selbst beobachtete wiederholt im Winter 1915/16 sowie 1916/17 einzelne Wacholderdrosseln bei Slonim und sammelte dort 9 am 15. 1. 16. Befund: Brutvogel an geeigneten Plätzen in der ganzen Region, bevorzugt dabei den Eichwald; im Herbst und Frühjahr sehr zahlreich auf dem Zuge, einige Vögel überwintern regel- mälsig. 226. Turdus merula merula L. Bacmeister „Falco“ 16, p. 47.— Dobbrick O. MB. 17, p. 18. — Gengler O. Jbch. 16, p. 75. — Gralsmann O. MS. 16, p. 232; J. f. O. 18, p. 315; O. MS. 19, p. 50. — Pax „Tierw. Polens“ II. Aufl., p. 257. — Reichenow „Bialowies‘“ 18, p. 191. — Rüdiger Zschft. f. O. u. 0. XXIV, p. 5. — Schalow O. MB. 17, p. 30. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, 1,p. 22: Planesticus m. — Schlüter „Falco“ 16, p. 37. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 386. — Zedlitz O. MB. 15,.n.' 134 u. 166; 0,.:MB; 16, 'p: 166: J.. £ 0.17, DU m308 Im Osten ist die Schwarzdrossel so aufserordentlich scheu und heimlich, dafs es anscheinend keinem unsrer Feldornithologen an der Front gelungen ist, ein Exemplar zu sammeln. Einige mal hätte ich wohl schiefsen können, doch. war bei dem dichten Unterholz die Entfernung dann immer so kurz, dafs der erlegte Vogel doch nicht mehr zum Präparieren getaugt hätte. Aus dem westlichen Rufsland liegt mir nur ein Q* im Berl. Mus. vor, Poltawa (Laubwald) 22. III. 06, Fofonoff leg. Die Malse sind: Fl. 131, Schw. 110, Schn. 20 mm. Bei diesem einzelnen Stück vermag ich nicht zu entscheiden, ob etwa Anklänge an 7. m. aterrimus Mad. von SO.-Europa vorhanden sind, die turkestanische Form ZT. m. intermedius Richm. mit ihren gröfseren Mafsen kommt jedenfalls nicht in Betracht. Ich kann kein Anzeichen entdecken, welches dagegen spräche, diesen Vogel als merula typ. anzusehen, und werde in dieser Auffassung bestärkt durch Domaniewski, der noch bei Saratow die echte merula festgestellt hat (F. Pass. Ok. Saratowa p. 105). Wenden wir uns nun zur Biologie. Mit seltener Einmütigkeit betonen alle Forscher, dafs die Amsel in Osten nirgends Garten- oder Stadtvogel, sondern ausschliefslich Waldbewohner sei, der sich vorzugsweise im feuchten Laubholz aufhält und äufserst scheu ist. Die Grenze der „Gartenamsel‘“ verläuft in der Linie Zoppot-Lissa-Ratibor, wie Pax (l. c.) festgestellt hat, östlich davon ist die Schwarzdrossel reiner Waldbewohner sowie Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 875 Zugvogel. Diese beide Eigenschaften werden bezeugt von Grals- mann, Schelcher und mir für den Osten unseres Gebietes, von Gengler, Pax und Stolz für Polen in gleicher Weise. Ganz ver- einzelt zeigen sich verspätete Durchzügler in Polen noch zu Anfang des Winters, so beobachtete Gengler je 1 9° noch am . 4. XI. 15 bei Suchedniow (südl. Radom) und am* 16. XII. 15 bei Ivangorod. Pax schreibt aus seinen Erfahrungen: „äufserst selten im Winter“. Grafsmann sah die letzte au 8. X. 17, an anderer Stelle gibt er den Termin des Wegzuges mit Ende X, Anfang XI an, im Winter hat er jedoch nie ein Stück gesehen. Ich kann diesen Befund in Bezug auf die Gegend von Slonim voll bestätigen, der späteste von mir notierte Be- obachtungstermin ist der 24. X. 15. Die Hauptzugzeit fällt in den August und September, schon Anfang Oktober waren nur noch selten einzelne JS" mehr zu sehen. Nur im eigentlichen Sumpfwalde ist die Schwarzdrossel zahlreich vertreten, das geht aus Gralsmanns und Rüdigers Mitteilungen hervor, letzterer sammelte bei Dolsk 8 Gelege vom 26. V.—22. VI. 17. Die Nester scheinen fast durchweg tief zu stehen, Grafsmann fand sie vielfach sogar vom hohen Grase be- deckt, Schelcher sagt von einem am 2. VI. 17 gefundenen Nest mit 6er Gelege, dafs es etwa 20 cm über dem Erdboden stand. In Polen und Galizien ist die Amsel überall im feuchten Laubwalde vertreten, jedoch nicht so häufig wie in der Polesjee Nach Reichenow zeigt sie sich schon bei Bialowies nur in spärlicher Zahl, ihr Brüten wird nur dort vermutet. Weiter nördlich be- richtet Dobbrick nur von einmaliger Beobachtung am Njemen, Schalow von Waldamseln Anfang Oktober am Narosz-See, Schlüter von dem ersten Eiutreffen bei Smorgon Ende März. Über das Erscheinen im Frühjahr liegen folgende Daten vor, Konschizy 2. IV. 16, nach späterem Bericht Ende Ill. (Gralsmann), Slonim Ende III. (Zedlitz), Smorgon 25. I1lI. 16 (Schlüter). Befund: Brutvogel in der ganzen Region, häufig nur in der Polesje, kommt nie in Gärten oder gar Ortschaften (städtische Anlagen), zieht spätestens im Oktober, meist schon im September fort und kehrt erst Ende März zurück; am Brutplatz aufserge- wöhnlich scheu. 227. Monticola saxatilis L. Pax „Tierw. Polens“ p. 226. Der Steinrötel ist an felsiges Gelände gebunden, wenn er auch kein ausschliefslicher Bewohner des:;Hochgebirges ist. Im Sumpf werden wir ihn vergeblich suchen, immerhin möchte ich ihn hier erwähnen, da er von Pax als Brutvogel in den Kalk- schroffen des Polnischen Jura gefunden worden ist. In neuester Zeit ist diese Art auch zweimal in Oberschlesien, bei Emanuel- segen bezw. Pr. Herby erlegt worden, ein Beweis, dafs gelegentlich 376 O0. Graf Zedlitz: auch Exkursionen über die Grenzen des Brutgebiets hinaus ins Flachland unternommen werden. E& handelt sich in beiden Fällen allerdings nur um relativ recht geringe Entfernungen. Befund: Brutvogel im südpolnischen Kalksteingebirge. 228./229. Sazxicola (Oenanthe) oenanthe grisea. Br. Sazicola (Oenanthe) oenanthe oenanthe L. Bacmeister Falco 16, p. 47: 8. o. — Dobbrick O0. MB. 17, p. 35. — Görnitz O. MB. 18, p. 131: 8.0. o. — Grafsmann OÖ. MB. 16, p. 232; J. f. O. 18, p. 315: 8. o. — Kleinschmidt Falco 16, p. 16: 8.0. o. — Pax „Tierw. Polens“ II. Aufl., p. 255: $. o. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 26; Z. f.O. u. O. XXIV, p. 5: 8.0. — Schelcher V. 0. G. i. B. XIV, 1, p. 22: O. o. grisea. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 386: $. o. grisea. — Zedlitz O. MB. 16, p. 179; J. £. ©. 17, IL: p. 307. '8..0. 0. Es ist nicht in allen Fällen möglich, mit Bestimmtheit an- zugeben, um welche Form es sich handelt, da vielfach nur flüchtige Beobachtungen, aber keine Belegexemplare vorliegen. Im grofsen Ganzen ergibt sich aber schon jetzt ziemlich deutlich, dafs die Brutvögel in Polen und Galizien zur mitteleuropäischen grisea, diejenigen vom Pripjet-Gebiet, Litauen und den Baltischen Ländern zur nordischen oenanthe gehören. Für Polen hat Stolz grisea nachgewiesen, ebenso ist ein von Schelcher am 30. III. 17 in Ost-Galizien gesammeltes 9° von Laubmann als grisea be- stimmt worden. Demgegenüber erhielten Kleinschmidt von Smorgon und Görnitz vom Pripjet typische oenanthe. Selbst- verständlich wird letztere Form auf dem Zuge auch die Gegenden passieren, in welchen eigentlich grisea ansässig ist. Deshalb läfst sich bei Zugbeobachtungen nicht ohne weiteres sagen, um welche Form es sich in jedem Einzelfalle handelt. Blicken wir auf die Verbreitung, so finden wir, dafs der Vogel seinem Namen eigentlich keine Ehre macht, er ist durch- aus nicht an felsiges oder auch nur steiniges Gelände gebunden, sondern bewohnt auch völlig steinlose Ebenen, wenn sie nur nicht feldmäfsig bebaut sind, sondern etwas Steppencharakter 3 tragen. Nur in Ost-Galizien fand Schelcher, dafs felsige Hänge bevorzugt wurden und Brutpaare sich z. B. in einem Steinbruch ansiedelten. In Polen ist der Steinschmätzer überall gemein (Pax, Stolz), im Hügelland wie in der Ebene. Bacmeister sah - ihn mehrfach im Gouv. Ljublin Ende August 1915, ich beobachtete ihn bei Wloszcezowa im April desselben Jahres auf ganz leichtem Sandboden. Auf der Feldmark von Bialowies ist er nach Reichenow häufiger Brutvogel, dasselbe gilt vom Pripjet-Gebiet. Hier fand ihn Grafsmann im Süden der Pinsker Landzunge auf Holzstapelplätzen und an alten Kartoffelmietenstellen mehrfach, ich sah Anfang Mai 16 einige Pärchen, welche sich in den Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 877 Knüppelstegen angesiedelt hatten, welche von uns auf den sehr sumpfigen Wiesen an der Schara angelegt waren; später traf ich bei Slonim eben ausgeflogene Junge gleichfalls auf den Schara- wiesen. Ein Gelege sammelte Rüdiger bei Dolsk am 21. V. 17. Für das Gouv. Kowno bezeichnet Dobbrick den Steinschmätzer als nicht seltenen Brutvogel, um den 1. Juni balzten dort J'g* allnächtlich. Schlüter sammelte Material bei Smorgon, Rüdiger beobachtete den Vogel auch in Kurland im Juni. Über die Ankunft im Frühjahr liegen folgende Daten vor:, Ost-Galizien im März, 1 Ex erlegt 30. III. 17 (Schelcher); Pinsker Landzunge 9. IV. 16 (Grafsmann); Ostrow (obere Schara) 9. IV. 16 (Marx); Tuchowitschi 18. IV. 16 (Zedlitz); Bialowies Anfang IV. (Reichenow). Befund: 8. 0. oenanthe ist Brutvogel vom Pripjet Gebiet an durch Litauen bis Kurland, ziemlich häufig auf sandigem Gelände mit Steppencharakter, daneben auch gelegentlich auf recht nassen Wiesen in den Flufstälern vertreten, sofern einzelne trockene Stellen — Holzstapelplätze, Knüppelstege — vorhanden sind. 8. 0. grisea bewohnt als Brutvogel ganz Polen, hier im allgemeinen re sowie Ost-Galizien, wo felsige Abhänge gern aufgesucht werden. 230. Saxicola (Oenanthe) oenanthe leucorhoa Gm. Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 22/23: O. o. |. Am 21. XII. 16 erbeutete Schelcher an einem kleinen offenen Wasserlauf ein 91, welches Laubmann als zu leucorhoa gehörig bestimmt hat. Es hat eine Flügellänge von 103 mm, die Färbung ist relativ dunkel. Es handelt sich also zweifellos hier um einen typischen Vertreter der grönländischen Form, welcher auf der Wanderung begriffen war. Interessant ist neben dem Faktum der Erlegung an sich auch noch der sehr späte Termin unmittelbar vor Weihnachten; man könnte geneigt sein, an einem überwinternden Gast aus dem Norden zu denken, wenn nicht das galizische Klima für einen Steinschmätzer doch gar zu unwirtlich wäre. Vermutlich berühren Vertreter dieser Form, öfter unser Gebiet, nur fehlt es an Belegexemplaren. Künftige Sammler sollten besonders darauf achten. ‘ Befund: Bisher nur in Ost-Galizien auf dem Zuge fest- gestellt. 231. Pratincola (Saxicola) rubetra noscae Tsch. Dobbrick O. MB. 17, p. 35: P. r. — Domaniewski „F. Pass. OB. Sar.“ p. 98 u. 147. — Görnitz O. MB. 18, p. 131: P. r. — Gralsmann J. f. O. 18, p. 316: P. r. — Pnhlmann O. MS. 18, p. 211: P. r. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191: P, r. — Rüdiger A. £f. N. 16, p. 27; Zschft. f. O. u. O0. XXIV, p. 5: R. r. — Schelcher V. 0. G.i.B. XIV, 1,p. 23: $. r. r. — Schlegel 878 Ö. Graf Zedlitz: V. 0. G. i. B. XILI, 4, p. 333: 8. r. r. — Schlüter „Falco“ 16, p. 33: 8. r. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 387: P. r. — Zedlitz O. MB. 16, p. 179; J. £. O. 17, II, p. 807: P. r. subsp. Görnitz (1. c.) hat darauf hingewiesen, dals ein braunkehliger Wiesenschmätzer aus dem Pripjet-Geb. von deutschen Vögeln abweiche, und vermutet hier eine neue Form. Ich stimme mit seinem Befund im wesentlichen überein, glaube jedoch, dafs wir ohne einen neuen Namen auskommen können. Auch Domaniewski ist bei Behandlung seiner Ausbeute aus der Gegend von Saratow!) auf die systematische Frage eingegangen, nach seinem Befund unterscheidet sich ein dort am 18. IV. 15 auf dem Zuge erlegtes S' nicht von Exemplaren aus der Pinsker Gegend, von Litauen und dem Kaukasus, nur die Malse sind ziemlich grofs. Wenn allerdings der Autor daraus schliefst, es handle sich um P. r. rubetra, so irrt er m. E., denn an keinem der angeführten Orte brütet rubeira typ., sondern überall die östliche Form, welche ich als noscae bezeichne. Zur Klarstellung muls ich etwas weiter ausholen: Bei Vergleich von Pratincola-Bälgen muls besonders scharf darauf geachtet werden, in welchem Stadium sich das Gefieder befindet. Es gibt eine doppelte Mauser des Kleingefieders, eine im Spätsommer, die andre zu Ausgang des Winters. Das ganz frische „Hochzeitskleid“, das bei letzterer angelegt wird, bekommen wir an heimischen Vögeln nur selten — eigent- lich nie — zu sehen, in unseren Sammlungen befinden sich aber solche eben vermauserten Stücke aus Afrika, die alten Q'0" sehen mit dem leuchtenden Rostrot auf der Unterseite und den lebhaft getönten breiten Säumen auf der Oberseite dann so prächtig‘ aus wie niemals zur Brutzeit in Europa erlegte Exemplare, man könnte an eine ganz neue Subspezies denken. Ich nenne hier einige Beispiele aus dem Berl. Mus. und meiner Sammlung und bitte, das Datum der Erlegung im zeitigen Frühjahr dabei zu beachten: go 5. II. 94, Süd-Kavirondo, Neumann leg, B. M. go" III. 08, Kassenji am Albert-See, Schubotz leg., B. M. g' 21. Ill. 09, Bamenda i. Kamerun, Adametz leg., B. M. g' 8. IV. 13, Biskra, Zedlitz leg., Coll. Zedl. Diese leuchtenden Farben sind schon etwas verblafst, wenn die Wanderer wieder bei uns eintreffen, obgleich dann natürlich das Kleingefieder im ganzen noch leidlich frisch ausschaut und die Federsäume der Oberseite noch relativ ziemlich breit sind. Nun aber werden, und zwar meist innerhalb einer kurzen Zeitspanne, die Strahlen der Federäste abgeworfen, sodals die bisher das Gefieder wie ein Mantel deckenden breiten Säume zum grofsen Teil verschwinden, die Mittelteile der Federn aber wesentlich mehr hervortreten. Charakteri- stisch für die uns hier besonders interessierende Form „noscae“ I) vgl. „Fauna Pass. Ok. Saratowa“ p. 98 u. 147. ” Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 379 ist nun zweierlei: 1) die sehr blassen Federsäume, 2) die ausgedehnten dunklen Längsflecke auf den Federmitten. Beitypischen rubeira sind die Säume wesent- lich dunkler, die Längsflecke jedoch weniger grofs. Bei „spate:“ sind die Säume heller als bei rubetra, aber etwas dunkler als bei »oscae, die Längsflecke am kleinsten. Daraus ergibt sich die interessante Tatsache, dafs vor dem Abstofsen der Federstrahlen folgende Reihenfolge in der Gesamtfärbung der Oberseite besteht: noscae am hellsten, spatei etwas dunkler, rubeira viel dunkler, denn in diesem Stadium sind die Federsäume entscheidend. Nach dem Abwerfen der Strahlen ist die Reihenfolge: spaisei am hellsten, rubetra etwas dunkler, noscae viel dunkler (also fast umgekehrt), dann jetzt sind die Federmitten entscheidend. Der Zeitpunkt dieser ziemlich plötzlichen und sehr durchgreifen- den Veränderung tritt nicht gar zu lange nach dem Eintreffen am Brutplatze ein, jedoch mit einem individuellen Spielraum von einigen Wochen, frühestens schon Ende April, meist in der ersten Hälfte des Mai, ausnahmsweise auch noch später im Mai. Einzelne Vögel, wohl alte Stücke, die früh gemausert haben, werfen schon auf der Reise einen grofsen Teil ihrer Federstrahlen ab; andere, wohl Junge, die spät gemausert haben, verspäten sich auch beim Abwerfen. So besitzt das Berl, Mus. ein @ vom Mai aus Naltschik (N.-Kaukasus), das noch ganz hell auf der Oberseite ist mit breiten Säumen, ähnlich sieht ein Q' semiad. meiner Sammlung aus, erlegt Schwentnig (Schlesien) am 5. V. 12. Ich vermute, dafs das von Görnitz erwähnte extrem blasse @ aus dem Pripjet-Gebiet vom 13. V. 17 ihnen ähnlich sein dürfte. Abgesehen von diesen Ausnahmen lassen im allgemeinen Mai- vögel vom Kaukasus (terra typ. für noscae), die ich im Berl. Mus. untersuchen konnte, zwar noch mehr oder weniger Reste der blassen Federränder erkennen, aber im ganzen genommen er- scheint ihre Oberseite doch schon merklich dunkler als bei typischen rubetra oder gar spatzi aus derselben Jahreszeit. Genau zu diesen typischen noscae stimmen meine Vögel von Slonim V und VI, während ein Zugvogel meiner Sammlung, g* 29. IV. 11 Wüste Kaa am Sinait), noch die breiten Federsäume trägt und deshalb viel blasser wirkt. Das Material in meiner Sammlung aus Mittelschlesien und dem benachbarten Böhmen steht typischen noscae jedenfalls sehr viel näher als meinen typischen rubetra aus Schweden. Letztere haben kleinere dunkle Längsflecke auf dem Rücken und lebhafter rostgelbe Säume, im abgestolsenen Brutgefieder erscheinen sie wegen der geringen Ausdehnung der dunklen Zeichnung heller als Schlesier und andre noscae. In der Mitte zwischen beiden stehen die Brut- 1) vgl. J, f. O. 12, p. 561, dort ist der Vogel durch Druckfehler als 9 aufgeführt. 880 6. Graf Zedlitz: vögel aus Nieder-Schlesien, Brandenburg, Mecklenburg und Mitteldeutschland (hier kommen als Durchzügler natürlich auch nordische Gäste vor!), die Fleckung ist hier etwas stärker als bei Schweden, ich möchte diese intermediären Stücke aber vorläufig doch noch zu rubetra ziehen, da mir das Material zur Abtrennung noch nicht ausreichend erscheint. Die Brutvögel aus Ungarn mit breiten sehr hellen Säumen im frischen und kleinen dunklen Rückenflecken im abgestofsenen Gefieder stehen spatei so nahe, dafs ich sie vorläufig hierzu rechnen möchte. Die bei allen Pratincola erst im abgetragenen Kleide so scharf hervortretende dunkle Färbung der Oberseite findet ein Gegen- stück z. B. bei Alauda a. arvensis, cantarella und cinerea: can- tarella ist gleichfalls im frischen Kleide blasser, im ab- getragenen aber dunkler als arvensis typ. Es ergibt sich also für die Formen von P. rubetra aus meinem Material folgendes Bild: I. Pratincola rubetra rubetra L. a. Vögel aus Schweden, der terra typica: Oberseite im leidlich frischen Gefieder wegen der rostbräunlichen Federsäume lebhaft gefärbt, imab- getragenen Kleide wegen der mälsig grofsen Längsflecke nicht sehr dunkel werdend. Flig. go! 75—78, 9 74 mm (Coll. Zedlitz). b. Vögel von Mitteldeutschland einschl. der Mark nach Osten: Färbung ebenso, nur scheint die dunkle Längsfleckung etwas verstärkt. Fllg. Q'Q' 72—77 mm. Görniz gibt als Maximum 78 an (l. c.). Ein 9° Gewezin b. Mölln 28. IV. mit Fllg.. 80 mm und Q© juv. Helgoland 10. IX. mit Flig. 76 mm sind m. E. nordische Gäste auf dem Durchzuge, würden also eigentlich zu a) gehören (Berl. Mus.). c. J' juv. Tunis 8. X. mit Fllg. 79 mm und lebhaft rostbraunen Federsäumen (ganz frisches Kleid!) sowie Q'Q juv. Lado am Weilsen Nil 20. u. 21. X. halte ich für ganz typische rubetra im Winterquartier (Coll. Zedlitz). ll. P. r. noscae Tsh. a. Vögel vom Nord-Kaukasus, der terra typica: Oberseite im frischen Gefieder wegen der sehr blassen Federsäume hell (dies Kleid beschreibt Hartert V.d.p.F. p. 703), im abgenutzten Stadium wegen der grolsen Längsflecke, auf welche auch Hartert hinweist, sehr dunkel. Nach Hartert mifst der Typus 80—81 mm Flig. bei abge- nutzten Schwingen, ich finde bei Q'Q' meist 76—80 mm, bei stark abgestofsenem Flügel auch nur 75 mm, QQ 74—76 mm. (Berl. Mus.). | Avifauna des westk Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 881 - b. Brutvögel vom Pripjet-Gebiet: Färbung wie bei vorigen; Flig. 0 78 mm (stark abge- stolsen), Q 73 mm (dito), (Coll. Zedlitz). Görnitz gibt an für SO! 78, 80, für Q9 75, 77 mm. c. Zugvogel vom Sinai: cQ' Wüste Kaa 29. IV. frisches Kleid, daher viel lichter, Flig. 79 mm (Coll. Zedlitz). d. Vögel von Mittel-Schlesien und Nord-Böhmen: Färbung wie bei vorigen, bisweilen sind die Federsäume im frischen Kleide einen Schatten dunkler, bei 8 Ex. Flig. 74—78 mm (Coll. Zedlitz). III. P. r. spatzi Erl. a. Winter-, Herbst- und Frühjahrsvögel von Tunesien (Gafsa ist terra typica), Algerien und der Sahara: Oberseite bei ziemlich hellen Säumen und sehr kleinen Längsflecken stets verhältnismäfsig blafs, auch im nicht mehr ganz frischen Kleide. Folgende Serie befindet sich in meiner Sammlung: © ad. 2 juv. bei Stadt Tunis 5. u. 1.IX, 2. X. — Fl. 73—76 mm, S' ad. Djebel Sitoun, S.-Tunesien, 15. IV. — Fl. 79 mm, Q ad. Lamböse, Central-Algerien, 12. V. — Fl. 75 mm, Q ad. El. Kantara, S.-Algerien, 29. IV. — Fl. 74 mm, 4 91, 9 Biskra, 8.—23. IV. — Fl. 75—76, 73 mm, o, 3 99 Ouargla, 5.—22. V. (Spatz leg) — FI. 74, 72—74 mm. Das Berl. Mus. besitzt 3 92 von S.-Tunesien, Spatz leg. mit 72-75 mm Flig, also haben hier J'g' ad. 74—179, OQ ad. 72-75 mm Flig, nach Görnitz 76—81 bezw. 73—77 mm. DBemerken mufs ich noch, dafs viele dieser Stücke weifse Säume an der 2. und 3. Steuerfeder zeigen, am deutlichsten die juv., also dürfte das kein Kennzeichen für die westsibirische Form margareiae Joh. sein (vgl. Hartert V. d. p. F. p...704), sondern einfach ein Attribut des ganz frischen Kleides. Auch der weilse Flügelspiegel ist sehr wechselnd in seiner Ausdehnung,| sodals, wie mir scheint, P. r. margaretae doch sehr der Nachprüfung bedarf. b. Brutvögel von Dalmatien und Bosnien: Färbung wie oben, die Längsflecke entsprechend dem stärker abgenutzten Kleide etwas stärker hervortretend. Flig. 'g' 78—79, 9 75 mm (Berl. Mus.). c. Vögel von Ungarn: Färbung wie bei vorigen; Flig. 'G' 76-77, 2 76 mm (Berl. Mus.). Jonra. f, Orn, LXIX, Jahrg, Juli 1921, 25 882 0. Graf Zedlitz: * Es ist sehr wohl möglich, dafs im Osten noch eine extrem blasse Form wohnt, auf welche der Name margaretae Anwendung finden könnte, vielleicht gehört ihr das abnorm helle Q an, welches Görnitz (0. MB. 18, p. 131) bespricht, das Erlegungs- datum, der 13. V. 17, schlielst gar nicht aus, dafs der Vogel sich noch auf dem Zuge befunden haben kann. Brutvögel aus der Polesje stimmen jedenfalls mit Stücken von Saratow und aus dem Kaukasus einerseits, mit solchen von Schlesien und Nord- Böhmen andererseits recht gut überein, sodafs ich sie alle zu- sammenfassen möchte im Gegensatz zu spatei in SO.-Europa und rubeira in Schweden (wohl auch in West-Europa). Im Pripjet-Sumpf wie an seinen Rändern gehört dieser Wiesenschmätzer von Mai an zu den häufigsten Erscheinungen, er belebt ebenso den eigentlichen Sumpf wie nasse und trockne Wiesen, ja sogar den lichten Wald und mit Vorliebe Waldblöfsen (Grafsmann, Zedlitz). Bei Bialowies ist er nicht selten, Schlegel und Görnitz erhielten Material vom Pripjet, Rüdiger sammelte bei Dolsk am 7. VI. 17 ein Gelege zu 6 Eiern. Ebenso ist Pratincola in O.-Galizien eine alltägliche Erscheinung in den Wiesenniederungen (Schelcher). Dasselbe gilt für Polen, Stolz fand am 29. V. 16 bei Suwalki ein 5er Gelege. Puhlmann nennt die Art sehr häufig bei Wischnew, Schlüter erlegte ein Ex. am 27. VII. 16 bei Smorgon, Rüdiger beobachtete sie im Juni sehr zahlreich in Kurland; nur Dobbrick traf sie im Gouv. Kowno stellenweise in geringer Zahl an. Die Angaben über das erste Eintreffen im Frühjahr sind spärlich: ; O.-Galizien am 16. IV. 17 zuerst gehört (Schelcher), Tuchowitschi „ 24. IV. 16 ,„ gesehen (Zedlitz). Befund: P. r. noscae ist ungemein häufig in der Polesje und nicht selten in Polen, die Grenze im Norden gegen rubeira sowie in Süden gegen spatei steht noch nicht fest; westwärts geht noscae bis Schlesien einschl., ostwärts bis zum Kaukasus. 232. Pratincola (Sazicola) torquata rubicola L. Pax „Tierw. Polens“, p. 228: P. r. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, 2.23: 8.4 r — Stolz J.£.0. 1, EL Der 2ER Der schwarzkehlige Wiesenschmätzer ist eigentlich im westlichen sowie südlichen Europa zu Hause, trotzdem ist eran zwei Stellen in der Nachbarschaft unseres Gebietes als Brutvogel nachgewiesen worden, im Pripjet-Sumpf selbst allerdings bisher nicht. Schelcher fand ihn in Ost-Galizien am Sereth Nicht selten und beobachtete mehrfach Junge, welche noch gefüttert wurden. Stolz und Pax erwähnen ihn für Polen, wo er jedoch auf den Jura und das Mittelgebirge beschränkt zu sein scheint. = Befund: Brutvogel in Ost-Galizien und dem südlichen olen. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 888 233. Cinclus ceinclus einclus L. Domaniewski „Mat.äl.f.orn.d. Pologne“ 1915, p. 663—678. — Pax „Tierw. Polens“, p. 225. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 387. Die nordische Wasseramsel ist Brutvogel des Njemen-Gebietes im nördlichsten Polen nach Pax, jedoch wohl selten, denn Stolz begegnete ihr dort nicht. Domaniewski berichtet von 2 Ex. in den Warschauer Museen, welche von Ljublin bezw. Bolimow stammen, doch kann es sich in beiden Fällen vielleicht um ge- legentliche Gäste handeln. 234. Oinclus cinclus medius Br.!) Pax „Tierw. Polens“, p. 225: C. c. aquaticus. — Stolz J.f. ©. 17, I, p. 387: ©. c. aquaticus. Nach den Untersuchungen von Pax und Stolz gehört der im südpolnischen Berglande brütende Wasserstar der mittel- europäischen Form an. 235. Cinclus cinclus orientalis Stresem. Schelcher V. ©. G. i. B. XIV, 1, p. 25. Im Januar 1917 hat Schelcher die Art gesehen bezw. ist sie ihm auch von anderer Seite gemeldet worden. Laubmann bemerkt hierzu, es sei mit Sicherheit anzunehmen, dafs es sich in diesen Fällen um die Form (©. ce. orientalis handle, da dieselbe für die Bukowina bereits nachgewiesen ist; die terra typ. ist Macedonien. Befund: C. c. cinclus Brutvogel in Nord-Polen, C. c. medius „ „ Süd-Polen, ©. c. orientalis „ „ Ost-Galizien, 236. Erithacus titys L. Bacmeister Falco 16, p. 47. — Pax „Tierw. Polens“ p. 235, II. Aufl. p. 257. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 24: Phoenicurus ochruros gibraltariensis — Stolz J. f. O. 17, I, p. 388. — Zedlitz O. MB. 15. p. 135 u. 152: Ph. o. g.; J. f. O. 17, II, p. 307. Beim Hausrotschwanz läfst sich in neuester Zeit eine Aus- breitung in nordöstlicher Richtung feststellen, Pax gibt uns darüber in beiden Auflagen der „Tierwelt Polens“ folgende interessante Daten: noch in der zweiten Hälfte des vorigen Jahr- hunderts bewohnte E.titys nur das südwestliche Hüggelland Polens etwa bis Czenstochau und Kielce, 1877 wurde er zuerst bei Warschau, 1896 in Pulawy beobachtet, jetzt ist er schon bis Wloclawek und Thorn vorgedrungen ; im Lubliner Hügelland bei Tomaszow hat ihn Stolz gefunden, ebenso Bameister einmal am 1) Vgl. auch Sachtleben „die bayrischen Wasserschmätzer“ V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 82—38 wegen der Nomenklatur, 25* 884 0. Graf Zedlitz: 18. VIII 15 in Cycow, bei Cholm hingegen scheint er nach Pax noch zu fehlen. Ich habe ihn bei Kielce im Mai 1915 gesehen, jedoch war er nicht häufig; bei Wloszcezowa notierte ich sein Eintreffen am 9. IV. 15, er brütet dort. Für Ost-Galizien be- zeichnet Schelcher den Hausrötel als regelmälsigen aber nicht sehr häufigen Bewohner der Ortschaften. Im Pripjet- Gebiet wurde er von Gralsmann niemals bemerkt, wie der Autor aus- drücklich hervorhebt, ich selbst begegnete ihm auch nicht, doch will ein zuverlässiger Beobachter ihn einmal im Frühjahr 1916 in den Gärten von Baranowitschi gesehen haben. Die ersten Q'Q' be- obachtete Schelcher am See von Sarnkidolne am 22. IV. 17. Befund: Hat im Laufe der letzten Jahrzehnte fast ganz Polen besiedelt, in Ost-Galizien Brutvogel, im Pripjet-Gebiet sehr selten. 237. Erithacus phoenicurus phoenicurus L. Cordes Zschft. f. O. u. O0. XXIV, p. 57: KRuticilla ph. — Dobbrick O. MB. 17, p. 20. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 75: Phoenicurus ph. ph. — Grafsmann J. f. O. 18, p. 316. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 26. — Schelcher V.0.G.i. B. XIV, 1, p. 23: Ph. ph. ph. — Stolz J. f. O. 17, I, p. 388. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 307. Der Gartenrotschwanz geht in seiner Verbreitung wesentlich weiter nach Norden als der Hausrotschwanz, aber zu den häufigen Erscheinungen zählt er in unserem Gebiet auch keineswegs. Relativ zahlreich tritt er nach Schelchers Befund in Ost-Galizien auf, wo er die Ortschaften und Parks anscheinend den Laub- waldungen vorzieht. Im ganzen Pripjet-Sumpf ist er eine seltene Erscheinung; Grafmann sah ihn nur einmal im April 16 auf dem Zuge, Marx und ich beobachteten ihn einige mal im Mai 16, konnten aber keine Brut mit Sicherheit feststellen; nur Reichenow zählt ihn zu den Brutvögeln im Walde von Bialowies. Nach Norden zu scheint er etwas häufiger zu werden: Dobbrick fand ihn im Gouv. Kowno, wo er auch künstliche Nistkästen annahm; Cordes sammelte am Disna-See ein 6er Gelege am 14. VI. 17, das Nest stand in einem hohlen Kiefernstumpf am Boden: Rüdiger beobachtete die Art im Juni in Kurland. Aeufserst spärlich lauten die Meldungen aus Polen, hier erlegte Gengler am 9. XI. 15 ein @ ad. bei Ostrowiza als einziges Exemplar, das ihm zu Gesicht kam; Stolz fand ihn nur im südlichen Hügelland und sammelte g' ad. bei Ojcow 17. VI. 16. Die Ankunft bei Sarnki- gorne notierte Schelcher am 2. V. 17. Befund: In Polen selten, im Pripjet-Gebiet sehr selten häufiger in Ost-Galizien, ebenso in Litauen und Kurland. 238. Erithacus rubecula rubecula L. Cordes Zschft. f. O. u. O. XXIV, p. 57. — Dobbrick O. MB. 17, p- 20. — Gengler Orn. Jbch. 16, p. 76. — Gralsmann J. £. 2 Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 885 O. 18, p. 316. — Lucanus J. f. O. 16, p. 424. — Puhlmann O. MS. 18, p. 211. — Reichenow O. MB. 16, p. 134; „Bialowies‘ 18, p. 191. — Rüdiger A. f. N. 16, p. 27: Dandalus r. — Schalow O. MB. 17, p. 37. — Schelcher V. O. G. i. B. XIV, 1, p. 25. — Schlüter Falco 16, p. 30. — Zedlitz J. f. O. 17, II, p. 307. Vergleicht man die einzelnen Berichte, so ergibt sich kein klares Bild, ob das Rotkehlchen als Stand-, Strich- oder Zug- vogel in unserem Gebiet anzusehen ist. Wahrscheinlich trifft keine dieser Bezeichnungen durchweg das Richtige, andererseits ist auch keine ganz falsch. Je weiter nördlich die Brutheimat liegt, _ desto eher wird der Vogel geneigt sein, sie im Winter zu ver- lassen. In Kurland rechnet E. rubecula nach Lucanus zu den sogar ziemlich spät eintreffenden Zugvögeln, im Juni hörte Rüdiger mehrfach dort singende Q'9. Auch am Disna-See bei Dünaburg ist das Brüten nachgewiesen durch ein 7er Gelege, das Cordes am 25. V. 17 sammelte. Im Gouv. Kowno fand Dobbrick gleichfalls im Frühsommer Rotkehlchen, zu Winter- beobachtungen hatte er keine Gelegenheit. Aus Litauen liegen, Berichte aus verschiedenen Jahreszeiten vor: Schlüter sah bei Smorgon eins schon am 25. III. 16 — das ist eigentlich noch im Winter! Schalow beobachtete die Art im Walde am Narosz-See im Oktober 16, sagt jedoch nichts vom Überwintern. Puhlmann fand bei Wischnew noch am 17. XI. ein Exemplar, das wäre für einen Zugvogel doch ein recht später Termin, ebenso wie der März eigentlich zu früh für ihn ist. Für Bialowies erwähnt Reichenow, für die -Pinsker Landzunge Grafsmann das Rot- kehlchen als Brutvogel, ohne etwas über den Zug oder ein Ver- weilen im Winter zu bemerken; es bewohnt im allgemeinen die trockneren Waldpartien mit viel Unterholz, fehlt hingegen nach Grafsmann in den ständig unter Wasser stehenden Teilen. Ich selbst habe im Winter 1915/16 vereinzelt Exemplare gesehen, im strengen folgenden Winter jedoch nicht. Nach Schelcher ist es in den Parks wie im Laubwalde von Ost-Galizien ein häufiger Brutvogel, Autor fand dort ein Gelege von 6 Eiern am 17. V. 17. In Polen endlich begegnete Gengler in den Monaten IX, X, XI. 15 einzelnen Stücken und hält auch dort ein gelegent- liches Überwintern für wahrscheinlich. Wenn ich hierunter einige Daten über erste Beobachtungen im Frühjahr zusammenstelle, so betone ich ausdrücklich, dafs es sich dabei auch teilweise um Vögel handeln kann, welche gar nicht fortgezogen waren: Ost-Galizien, zuerst bemerkt am 1. IV. 17, in der folgenden Woche eine merkliche Zunahme (Schelcher); Slonim, das erste Q' singt am 6. IV. 16 (Zedlitz); Smorgon, ein Ex. gesehen am 25. III. 16 (Schlüter); Dondangen (Kurland), _durchschnittliches Ankunftsdatum 27. IV. (Lucanus). Befund: Brutvogel in der ganzen Region, weder besonders selten noch häufig; im Norden Zugvogel, im Pripjet-Gebiet 986 ‘0, Graf Zedlitz: sowie in Polen scheinen jahrweise einzelne Stücke zu über- wintern. 239. Erithacus suecicus eyanecula Wolf. Dobbrick O. MB. 17, p. 36. — Gralsmann O. MS. 16, p. 233; J. f. O0. 18, p. 316. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191. — Zedlitz OÖ. MB. 16, p. 167; J. f. O. 17, II, p. 307. Das weifssternige Blaukehlchen ist so recht ein Charakter- vogel des eigentlichen Sumpfes, es kommt überall vor, wo der- selbe mit zusammenhängendem dichtem Gebüsch bestanden ist, am häufigsten in den „Weiden-Dschungeln“ (Grafsmann, Zedlitz). Die eifrig singenden JS‘ müssen jedem Naturfreunde, der etwas die Augen offen hält, auffallen, ich wurde auch immer wieder von Kameraden bei Tuchowitschi auf die vielen Blau- kehlchen angeredet. Sowie man den Sumpf verläfst, verschwinden auch die niedlichen Vögelchen, bei Slonim konnte ich sie schon nicht mehr feststellen, auch bei Bialowies sollen sie nach Reichenow nur auf dem Zuge durchkommen. Aus anderen Gebieten erwähnt sie nur Dobbrick vom Ufer des Njemen, doch ist nicht deutlich gesagt, um welches Blaukehlchen es sich dort handelte, Autor hörte nur den Gesang. Die Ankunft notierte Grafsmann bei Konschizy am 14. [V.16. Domaniewski!) erwähnt eine „Oyanecula suecica suecica“ ohne genaue Fundortsangabe, welche sich im Universitäts-Museum zu Warschau befindet. Nach Taczanowski ist die rotsternige Art für Polen sehr selten. Befund: Charaktervogel des Sumpfwaldes in seinen dich- testen Teilen, sonst nur auf dem Zuge beobachtet. In Polen er- scheint als sehr seltener Gast auch E. s. suecica. 240. Erithacus philomela Bechst. (Luscinia luscinia L.). Dobbrick O. MB. 17, p. 36. — Grafsmann O. MS. 16, p. 233 ; J. f.O. 18, p. 316. — Pax „Tierw. Polens‘ p. 217. — Reichenow „Bialowies“ 18, p. 191. — Rüdiger Zschft. f. O0. u. O0. XXIV, p. 5. — Schelcher V. O0. G. i. B. XIV, 1, p. 24: L. I. — Stolz J. f. O. 17, IL, p. 388. — Zedlitz O. MB. 15, p. 186: Z. L; 0: MB. 16, p- 167;5,d. €. 0.:17,:IL P.'808. Die neuesten Forschungen betr. Verbreitung von Sprosser und Nachtigall bestätigen im allgemeinen das Bild, welches schon Hartert in den V. d. p. F. entworfen hat, nur dafs der Sprosser in Polen westlich der Weichsel doch wohl nicht ganz so seltener Brutvogel ist, wie bisher angenommen wurde. Nach Pax brüten beide gemeinsam zwischen Oder und Weichsel, östlich der Weichsel findet sich der Regel nach der Sprosser. In den Parkanlagen von Warschau — also noch westlich des Flusses — hörte Stolz im Mai 16 ihn vielfach singen, noch häufiger fand 1) Vgl. „Mat. % la faune ornith. d. Pologne“ 1915, Fasc. 8, p. 668—678, | _ u ee ee en. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 887 er ihn allerdings im Narewtale bei Lomza. In der Polesje ist E. philomela aufserordentlich gemein, vielleicht nächst dem Buch- fink im feuchten Laubwalde der häufigste Brutvogel nach meinem Dafürhalten. Auch Grafsmann und Reichenow sprechen sich in ähnlichem Sinne aus. Rüdiger sammelte bei Dolsk ein Gelege zu vier Eiern am 28. V. 17. Ebenso betont Schelcher das sehr zahlreiche Vorkommen in O.-Galizien. Nach Dobbrick ist auch im Gouv. Kowno der Sprosser nicht selten. Die verschiedene Güte des Gesanges bezw. die wechselnden Motive werden von Dobbrick, die unermüdliche Ausdauer einzelner Sänger von Schelcher hervorgehoben, ich kann beides nur vollkommen aus eigenen Erfahrungen bestätigen. Der westlichste Punkt, wo ich ihn hörte, war das Tal der Lusosina ca. 20 km. westlich Kielce. Die Ankunft bezw. der erste Gesang wurde notiert: am 1. V. 16 bei Konschizy durch Grafsmann, „24. IV. 16 „ Tuchowitschi durch mich, „ 5. V. 17 in O.-Galizien durch Schelcher. Alle Beobachter stellten fest, dafs schon am Tage nach der ersten Begegnung überall im Walde der Gesang zu hören war, die Brutvögel treffen also in grofser Zahl fast gleichzeitig ein. Befund: Als Brutvogel sehr gemein im Pripjet-Gebiet und O.-Galizien, ziemlich häufig an der Weichsel, am Narew und im Gouv. Kowno, nicht ganz selten im westlichen Polen. 241. Erithacus luscinia luscinia L. (Luscinia m. megarhynchos Br.). Pax „Tierw. Polens“, p. 217. — Stolz J. f. O. 17, l,p. 388. Wie schon oben erwähnt wurde, reicht das Brutgebiet der Nachtigall bis zur Weichsel, die nur an wenigen Stellen über- schritten wird (Pax). Stolz hörte den Gesang einmal im Warschauer Lazienki-Park. Befund: Spärlicher Brutvogel zwischen Oder und Weichsel, je weiter östlich, desto seltener. Schlussbemerkung. In dem vorhergehenden faunistischen Teil habe ich mich bemüht, die Verbreitung der einzelnen Arten und Unterarten anzugeben, soweit der augenblickliche Stand der Forschung es ermöglichte. Viele Fragen sind natürlich noch offen geblieben, aber unsere Kenntnis der Avifauna des Pripjet-Gebietes und der Nachbarregionen hat durch die Arbeit der deutschen „Front- Ornithologen“ doch eine wesentliche Bereicherung erfahren. Es liegt nun der Wunsch nahe, zu einem Urteil darüber zu gelangen, nach welcher Seite hin das Pripjet-Gebiet faunistisch gravitiert bezw. wie es in der Zoogeographie zu klassifizieren ist. Es liegt in der Mitte zwischen dem baltischen, dem mitteleuropäischen, dem südosteuropäischen und dem pontisch-kaukasischen Gebiet, danach wäre die Frage zu beantworten, ob es einem von diesen 8838 0. Graf Zedlitz:: zuzurechnen oder etwa als selbständige Zone aufzufassen ist. Eine Antwort darauf zu geben, ist natürlich nicht so einfach, da neben den augenblicklichen Verhältnissen auch manche Momente ‘der Vergangenheit, z. B. die geologische Entwicklung, zu be- rücksichtigen sind, über welche wiederum noch keineswegs volle Klarheit herrscht. Gehen wir zunächst einmal von der Vogel- welt aus, wie sie sich uns in der Gegenwart präsentiert, und versuchen wir die Vertreter des einen oder anderen Faunen- gebietes unter den Bewohnern der Polesje zusammenzufassen. Dabei kommen natürlich ausschlie[slich sichere Brut- vögel in Betracht — Wintergäste und Durchzügler sind für diese Untersuchungen ganz ohne Belang — und unter jenen wieder nur solche Arten, welche in ihrer Verbreitung auf Nord-, Mittel-, Süd- oder Südost-Europa beschränkt sind, bezw. Sub- species, welche sich in den einzelnen genannten Zonen, gegen- seitig vertreten. Es kommt mir hier nicht darauf an, möglichst viel, sondern nur, möglichst zuverlässiges Material zu- sammenzustellen, sonst gelangt man gar zu leicht zu Trugschlüssen. Von ausgesprochenen nordischen Arten finde ich unter den Brutvögeln nur zwei: Limosa lapponica und Turdus pilaris; hin- gegen sechs, welche dem südlichen bezw. östlichen Europa an- gehören: Larus minutus, Circus macrourus, Hieraaetus pennatus, Circaetus gallicus, Lanius minor. Muscicapa collarıs. Von den Schreiadlern ist Aqguila pomarina nur nördlich der Pinsker Landzunge, Aguila clanga nur südlich derselben be- obachtet worden, doch ist bei ersterer Art der Beweis des Brütens nicht einwandfrei erbracht. Zu erwähnen wären hier noch Car- podacus erythrinus erythrynus und Locustella luscinioides luscinioides als Bewohner des Ostens bezw. Südostens, doch ist ersterer bis- her nur für Litauen und Polen, letztere für Polen und Ost-Galizien als Brutvogel sicher festgestellt; dafs sie auch in der Polesje vorkommen, erscheint wahrscheinlich jedoch nicht gewils. Ein wesentlich reicheres Material bieten uns die im Norden, Süden und Osten vikarierenden Formen: Lyrurus tetrix tetrie — Mittel- und Süd-Schweden, L. t. subsp? — Nord- Schweden, Finnland, L. t. t. < viridanus — Pripjet, L. t. viridanus — Steppen Süd- bezw. Südost-Rulslands, L. t. juniperorum — Deutschland. Bonasia bonasia bonasia — Schweden, Finnland, B. b. grassmanni — Baltische Provinzen, Ostpreufsen, Pripjet, (B. b. volgensis — Wolga, konnte nicht untersucht werden |) B. b. rupestris — Ost-Deutschland, Ungarn, B. b. syWwestris — West-Deutschland. N Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 889 Buteo vulpinus intermedius — Pripjet und Zentral-Rufsland, B. v. vulpinus — Südost-Rufsland, West-Sibirien, Turkestan. Dendrocopos major major — Skandinavien, Baltische Provinzen bis ‘Pripjet, Dendrocopos major pinetorum — Süd-Polen, Deutschland (seltener Gast in Bialowies). Dendrocopos minor minor — Skandinavien, Nord-Rufsland (Gast am Nordrande der Polesje), D. m. transitivus — Balticum, Pripjet, D. m. hortorum — seltener Gast im Westen der Polesje, Polen, Deutschland. Picoides tridactylus tridactylus — seltener Wintergast in der A sonst nördlicher, P.t. alpinus — von Grodno südwärts durch die Polesje bis Mittel-Europa. zn nz viridis viridis — Skandinavien bis Litauen und an den (,® P..0. 2 WISRORR — Polen, Deutschland. Corvus cornix cornixe — von Skandinavien durch Nord- und West-Rufsland bis Posen und Schlesien; C. c. subcornixe — von Brandenburg an west- und südwärts. Coloeus monedula monedula — Schweden, | C. m. soemmeringii — Baltische Provinzen bis Pripjet und Zentral- Rufsland, nur östlich des Bug, | ©. m. turrium —. Polen westlich des Bug, Ost und Mittel- Deutschland. | C. m. spermologus — Frankreich, West-Deutschland (?) Fringilla coelebs coelebs — Schweden, F. c. spisa — Pripjet, Zentral-Rufsland (?) ä c. hortensis — Polen, Deutschland. yrrhula pyrrhula pyrrhula — Skandinavien, Rufsland einschl. ", Pripeh Karpathen, Ungarn, P. p. germanica — Süd-, Mittel- u. z. T. Ost-Deutschland.. abnsse calandra calandra — Süd-Schweden, Kowno, Nord- Polen, Pripjet, E. c. germanica — Süd-Polen, Deutschland. Emberiza ceitrinella citrinella — Schweden, Balticum, vielleicht ER pad” Polen, c. erytrogenys — Pripjet, Zentral- und Ost-Rufsland, a in Polen. E. c. sylvestris — Polen mit Ausnahme des Nordostens Galizien, Deutschland. Rn) Picus canus ist in seinen Formen noch so wenig geklärt, dafs ich ibn hier übergehe. 390 0. Graf Zedlitz: Emberisa schoenielus schoenielus — Schweden, Balticum, Grodno, Polen (E. sch. goplanae Doman.?), Deutschland, E. sch. sch. < pallidior — Pripjet, (E. sch. curvirostris Dom an.?) E. sch. pallidior — Turkestan, vielleicht schon an der Wolga, E. sch. tschusii — Küsten des Schwarzen Meeres, E. sch. canneti — Ungarn, Südost-Europa. ee arvensis arvensis — Schweden, Balticum, Deutschland, olen, A. a. a. < cinerea — Pripjet bis Nord-Kaukasus, A. a. cinerea — Turkestan bis Altai, A. a. cantarella — Sardinien, Dalmatien, Südost-Europa. Galerida ceristata cristata — Süd-Schweden, Balticum, Deutsch- land, Polen, Ungarn, G. ce. c. = caucasica — Pripjet, östlich von Bialowies, @G. ec. caucasica — Kaukasus, @. ce. tenuirostris — Süd-Rulsland. Certhia familaris familaris — Schweden, Balticum, Ost-Deutsch- | land, Polen ostwärts bis zum Bug, Galizien, C. f. bacmeisteri — Pripjet, ©. f. macrodactyla — Zentral- und West-Deutschland. ( Certhia brachydactyla neumanni — Ostpreulsen, Polen, Pripjet, ©. b. brachydactyla — Mittel- und Ost-Deutschland. Sitta europaea europaea — Schweden, Balticum, Nord-, Nordost- | u. Zentral-Rufsland, 8. e. homeyeri — östl. Ostpreufsen, Nord-Polen, Pripjet, Podolien, S. e. sordida — Deutschland östlich der Elbe. (S. e. reichenowi u. 8. e. stolemanni betrachte ich als Misch- formen). Parus palustris palustris — Skandinavien, Rufsland, Ostpreulsen, Nord-Polen, Galizien. Parus p. communis — Deutschland, Süd-Polen, Österreich, Ungarn. Parus atricapillus borealis — Skandinavien, ganz Rufsland von Litauen bis zum Ural, FP. a. tischleri) — Ostpreufsen, Polen, eis West-Beskiden, P. a. natorpi!) Schlesien, P. a. assimilis — Ost-Galizien, Transsylvanische Alpen, P. a. salicarius — Mittel-Deutschland, Österreich. ee ee ee ee 1) P. a. tischleri und natorpi konnte ich nicht an aus reichendem Material nachprüfen, Stresemann und Sachtleben setzen statt P. a. natorpi die Formel P. salicarius = bhischleri (V. O. i. B. XIV, 8, p. 268), Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 891 Parus ceristatus eristatus — Skandinavien, Rufsland bis Bialo- wies, Nord-Polen, P.c.c X mitraius (P. ce. c. S mitratus) — Polesje, Südost- Polen, ® P. c. mitratus — Deutschland, Österreich, Ungarn, Balkan. Aegithalos caudatus caudatus — von Skandinavien bis West- preufsen, Schlesien, Karpathen, A. c. ce. X pyrenaicus (A. c. europaeus auct.) — ganz Deutsch- land westlich dieser Linie. ’ [ Cinelus einclus einclus — Skandinavien, Balticum, nördlichste Polen, ©. c. medius — Süd-Polen, Schlesien, ©. e. orientalis — Bukowina, Balkan. Phylioscopus sibilator sibilater — Mittel- u. Süd-Schweden Balticum, Deutschland, Ph. s. erlangeri — Nord-Polen, Pripjet, Litauen. Phylloscopus trochilus acredula — Schweden, Balticum, Nord- u. Ost-Polen bis Südost-Rufsland, Ph. t. trochilus — Süd- u. West-Polen, Deutschland. Phylloscopus collybita abietinus — Schweden, Balticum, Litauen, Pripjet, Polen, Ost- u. Westpreufsen, Pommern, Schlesien, Ph.c. collybita — West-und Süd-Deutschland, Österreich, Ungarn, Ost-Galizien. Turdus musicus musicus — Schweden, N ord-Rufsland bis Ural { T. m. brehmi — ganz Deutschland, Polen, Pripjet, Süd-Rufsland Turdus viscivorus viscivorus — Schweden, Nord-Rufsland, T. v. jubilaeus — Pripjet bis Nord-Kaukasus, Wintergast auch in Schlesien, T. v. loudoni — Süd-Kaukasus, Talysch, (Die Misteldrosseln Mittel- und West-Deutschlands bedürfen weiteren Studiums). Sazxicola oenanthe oenanthe — Skandinavien, Balticum, Litauen, Pripjet, | 5. 0. eiste — Polen, Galizien, Deutschland. Pratincola rubetra rubetra — Schweden, Vögel aus Nordost u. Mittel-Deutschland stehen dieser Form am nächsten, P. r. noscae — Nord-Böhmen, Schlesien über Pripjet-Gebiet I bis Kaukasus, | ?. r. spatsi — Dalmatien, Süd-Ungarn, Bosnien. Natürlich habe ich hier bei jeder Gruppe nur die Formen so weit augeführt, als sie uns für unsre Spezialfrage interessieren, dasselbe gilt von den Angaben über die Verbreitung, sie machen nicht immer Anspruch auf Vollständigkeit. Sehen wir uns nun diese 31 Gruppen einmal von dem Gesichtspunkte aus an: wohin gravitiert die im Pripjet-Gebiet brütende Form, nach Norden, 892 0. Graf Zedlitz: Osten, Westen, oder haben wir es mit einer eigenen Lokalrasse bezw. einer erkennbaren Zwischen- oder Mischrasse zu tun? I. Nordische Formen, welche auch in Schweden vorkommen, sind folgende: 1. Dendrocopos major major, ?2. Picus viridis viridis, 3. Corvus corniz corniz, 4. Pyrrhula pyrrhula pyrrhula, 5. Emberiza calandra calandra, 6. Parus palustris palustris (nach Einziehung von P. p. balticus und stagnatilis), 7. Parus atricapillus borealis, 8. Aegithalos caudatus caudatus, 9. Phylloscopus trochilus acredula, 10. Pylloscopus collybita abietinus, 11. Saxicola oenanthe oenanthe. Der Grünspecht unter 2 kommt in der Polesje so selten vor, dafs man ihn, um ganz vorsichtig zu sein, vielleicht besser fortläfst. Parus cristatus kann ich bier nicht mit aufzählen, da neben typischen auch intermediäre Stücke (vielleicht Bastarde) vorkommen. Cinclus scheidet gleichfalls aus, da er anscheinend im Sumfgebiet (in seinem engeren Sinne) nicht lebt. No 4 Pyrrhula »pyrrhula phyrrhula ist sehr seltener Brutvogel. Emberiea c. calandra unter 5 ist mit einem Fragezeichen ver- sehen, sie kommt in Schweden nur für den südlichen Teil in Betracht, ich selbst besitze kein Material von dort. Wenn ich den schwedischen vom deutschen Vogel trenne, so tue ich es fide Kleinschmidt (Orn. Germ. 1917, p. 1), es bedarf aber noch einer sorgfältigen Nachprüfung, ob degrauen Gerstenammern West-Rufslands wirklich zur typischen oder zu einer bisher noch nicht scharf erkannten östlichen Form gehören. Es bleiben also nur 8 einwand- frei nordische Subspecies übrig. Von diesen gehen wiederum 3 in ihrer Verbreitung noch wesentlich weiter nach Westen und zwar bis Schlesien bzw. Pommern, es sind Corvus c. corniz, Aegi- thalos c. caudatus und Phylloscopus c. abietinus. Diese können bei der sehr ausgedehnten Region, welche sie bewohnen, nicht unbedingt als Beweise für den faunistischen Zusammenhang der Polesje mit Nord-Europa gelten, wenn sie auch andererseits nicht ganz aulser Acht gelassen werden dürfen. Zweifellos auf Be- ziehungen zum Norden weisen also schliefslich nur die 5 Formen hin: Dendrocopos m. major, Parus ». palustris, Parus atricapillus borealis, Phylloscopus irochilus acredula und Sawicola oenanthe oenanthe. Il. Formen, welche in ihrer Verbreitung nach dem Osten weisen: 1. Buteo vulpinus intermedius, 4 2. Fringilla coelebs spisa, Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 898 3. Emberiza citrinella erythrogenys, . Alauda arvensis arvensis < cinerea, 4 5. Galerida eristata eristata _ caucasica, S | » Turdus viseivorus jubilaeus, 7. Pratincola rubetra noscae. Die unter 1—6 Aufgeführten erreichen im Pripjet-Geb. un- gefähr ihre westliche Verbreitungsgrenze und gehen von dort ostwärts durch Rufsland meist bis zur Wolga oder zum Kaukasus. Nur Pratincola r. noscae dringt westwärts bis Schlesien vor, ost- wärts aber auch bis zum Kaukasus einschl. III. Formen, welche in ihrer Verbreitung mehr nach Westen bezw. Südwesten weisen: 1. Picoides tridactylus alpinus, 2. Emberiza hortulana, 3. Turdus musicus brehmi. Beim Dreizehenspecht ist es schon an und für sich ein Phänomen, dafs dieser Gebirgsvogel sich hier mitten im flachsten Lande angesiedelt hat. Es müssen ganz besondere Umstände ihn von den Karpathenhängen in den Sumpfwald gelockt haben, wahrscheinlich hängt das irgendwie mit der Nahrung zusammen. Die mittel-europäische Singdrossel hat eine aufserordentlich weite Verbreitung von Frankreich bis zum Kaukasus, faunistisch ist an ihrem Vorkommen nur interessant, dafs es sich eben hier im Pripjet-Geb. nicht um die nordische Form handelt. Emberiza hortulana geht ostwärts sogar bis Persien. IV. Formen (Zwischenformen), welche nur im Pripjet-Geb. oder daneben noch in nahe benachbarten Regionen (Litauen, Ost- preufsen, Polen, Zentral-Rufsland vorkommen: . Lyrurus tetriex < viridanus, . Bonasia bonasia grassmanni (auch im Balticum), . Dendrocopos minor transitivus (auch im Balticum), . Coloeus monedula soemmeringii (bis Mittel-Rufsland), . Emberiga schoeniclus schoenielus < pallidior, . Certhia familiaris bacmeisteri, . Certhia brachydactyla neumanni (auch Ostpreulsen, Polen), . Sitta europaea homeyeri (auch Ostpreufsen, Nord-Polen, Podolien), 9. Phylloscopus sibilator erlangeri (auch Litauen, Nord-Polen), Gruppe II und IV können bei unserer noch unvollkommenen Kenntnis der Verbreitungsgrenzen nicht immer scharf geschieden werden, vielleicht ist es richtiger, No 4, die Dohle, statt unter IV lieber unter II zu rechnen, das ist übrigens für das End- Resultat unserer Untersuchungen unerheblich. Ich fasse es, wie folgt, zusammen; Der Einflufs aus dem Westen (Mittel-Europa) ist nur durch 3 Formen angedeutet und ofienbar sehr gering. Der Einflufs aus [990 wm - 394 Ö. Graf Zedlitz: dem Norden (Schweden) ist beträchtlich stärker durch 8 Formen betont, von denen allerdings 3 eine noch weit über West-Rufsland hinaus reichende Verbreitung zeigen. Am stärksten ist der Einflufs von Osten, denn neben 7 Formen mit ausgesprochen östlichem Gepräge reichen auch von den 9 Eigenformen des Gebietes mehrere weit ins Innere Rufslands hinein, nach Westen hingegen gehen einige höchstens bis Nord-Polen, nach Norden bis in die Baltischen Provinzen. Man könnte also, wenn es sich um den Gegensatz gegenüber West- und Nord-Europa handelt, auch von 16 osteuropäischen Formen mit verschieden weiter Verbreitung sprechen. Es stehen sich also gegenüber: a) an Arten: 2 nordische gegen 6 östliche (südöstliche), b) an Formen: 8 (5) nordische gegen 3 mitteleuropäische und 16 östliche bezw. lokale. Ich überlasse es jedem Leser, seine Schlüsse aus dieser Zusammenstellung zu ziehen, es ist durchaus Ansichtssache, ob man nun die Polesje als eigenes zoogeographisches Gebiet be- trachten will oder lediglich als ein Grenzgebiet, in welchem mehrere Faunen aufeinander stofsen. Nach meiner Auffassung stehen letzterer Auffassung immerhin ernste Bedenken entgegen: unter „Grenzgebiet‘‘ verstehe ich eine Zone, welche des eigenen ausgeprägten Charakters ermangelt und im wesentlichen ein Ge- misch aus den angrenzenden Gebieten uns bietet. Man kann z. B. Kongrefs-Polen vielleicht als solches Grenzgebiet auffassen (vgl. hierzu die Ausführungen von Pax u. A. im „Handbuch für Polen“), denn hier findet sich eine auffallende Mischung von mittel- und osteuropäischen Formen, aber man darf doch auch aus grofser Vorsicht nicht zu weit gehen, sonst hat man schliels- lich mehr Grenz- als wirkliche zoogeographische Gebiete. Von diesen bildet jedes mehr oder weniger einen Übergang zwischen seinen Nachbarn, das ist ganz natürlich, es kann aber m. E. als Einheit schon dann betrachtet werden, wenn es eine — wenn auch beschränkte — Zahl von Formen hervorbringt, welche den Nebenregionen fehlen. Auf die Frage nach einer zoogeographischen Etikette für die Polesje würde ich also antworten: ein Über- gangs- aber kein Grenzgebiet. Der Umstand, dafs nur der westliche Teil des grofsen Sumpfes durchforscht werden konnte; der östliche aber noch fast ganz unbekannt ist, und auch die zoogeogrophische Bearbeitung des zentralrussischen Plateaus noch keineswegs durchgeführt ist, machen es uns z. Z. unmöglich, über die faunistischen Grenzen nach Osten Positives zu sagen. Es mufs die Frage ofien bleiben, ob besser der Sumpf als eigenes Gebiet anzusehen oder mit mehr oder minder weiten Strecken von Inner-Rufsland zu vereinigen ist. Ich möchte diese Arbeit nicht abschliefsen, ohne noch kurz auf die immerhin auffällige Tatsache einzugehen, dals trotz des unleugbaren Gravitierens nach Osten doch im Pripjet- Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 895 Gebiet auch eine verhältnismäfsig starke Zahl nordischer Arten bezw. Formen Heimatsrechte genieflst. Die Erklärungen, welche ich dafür geben möchte, beruhen natürlich auf Hypothe- sen, denn ältere zoologische Forschungen, auf die wir uns stützen könnten, liegen für diese Region ja leider nicht vor Ich möchte aber meine „Speculation“ hier doch zur Diskussion stellen, es ist ja Niemand gezwungen, mir beizupflichten. Natürlich können solche komplizierten Fragen überhaupt nicht einseitig vom Standpunkte der Ornithologie aus gelöst werden, es müssen die anderen Zweige der Zoologie sowie verwandte Wissenschaften, z. B. die Geologie, unbedingt auch herangezogen werden, wie es bei der Erforschung Polens im „Handbuch für Polen“ in so mustergültiger Weise geschehen ist. Entsprechende Forschungen sind ja auch in der Polesje angestellt worden, aber meines Wissens nicht in der Weise zu einem Abschlufs gekommen und übersichtlichtlich zusammengestellt, wie es bei Polen der Fall ist. Ich bin deshalb darauf angewiesen, miraus dem beschränkten ornithologischen Gesichtswinkel heraus ungefähr ein Bild zu machen, dasselbe kann natürlich nur unvollkommen und ver- schwommen sein. Zur Zeit der gröfsten Ausdehung des Inlandeises war die ganze Polesje von demselben bedeckt!) und zwar gerade hier eine Stelle, wo das Inlandeis besonders weit gegen Süden vor- drang, bis es einen Damm an den Vorläufern der Karpathen fand. Also die Südgrenze des Eises und der Polesje fielen an- nähernd zusammen. In der folgenden Periode allmählicher Er- wärmung gingen nun die Gletscher entsprechend zurück, aber nicht in gleichmäßsigen Zeitabschnitten, vielmehr wechselten Zeiten schnellerer Schmelze ab mit längeren Pausen. Dann häuften sich die Endmoränen, der Untergrund wurde fester, und es ent- standen diluviale Gebilde wie die Pinsker Landzunge. Der Landesteil südlich derselben dürfte also schon längere Zeit vom Eise frei gewesen sein, als dasselbe die nördlich anstofsende Region noch bedeckte, und die sich in der Süd-Polesje an- sammelnden Schmelzwasser werden in jener Zeit zunächst nur durch den Pripjet abgeflossen sein. Bei dem später einsetzenden weiteren Rückzug der Gletscher sammelten sich dannin dem riesigen Stauweiher des grolsen Sumpfes solche Wassermassen, dafs der Abflufskanal des Pripjet nicht mehr genügte, vielmehr erfolgte ein Durchbruch nach Norden, und es entstand die Schara in ihrem heutigen Mittel- bezw. Unterlauf. Der Oberlauf dieses Flusses in nord-südlicher Richtung deutet m. E. noch auf den alten Weg des Abflusses, die scharfe Biegung erst nach West, dann bald nach Nordnordwest im Mittellauf dürfte hingegen jüngeren Ursprungs sein. Bei einigen Flüssen Polens wird in 1) Ich folge hier den Ausführungen von Leisner, „In den Rokitno- Sümpfen“, p. 6/7. 896 Ö. Graf Zedlitz: ähnlicher Weise erst ein späterer Durchbruch nach Norden im „Handbuch für Polen“ angenommen. Dem Zurückgehen des Eises entsprach ein Vordringen der postglazialen Pflanzen und Tierwelt. Nach dem vorher Gesagten glaube ich nun, annehmen zu können, dafs die wiederkehrenden Vogelarten zunächstfürlängereZeit nur die südliche Polesje besiedeln konnten und dafs sie zumeist am Pripjet entlang, also von Südosten, kamen, nur ausnahms- weise aber vom steilen Hang der Karpathen mit ihren Gletschern. Als in einer späteren Periode auch das Land nördlich des Pinsker Höhenrückens sich der Besiedelung erschlofs, erfolgte diese wohl teils von Süden, teils auch von Osten her, wo inzwischen der Schmelz-Prozefs gleichmäfsiger fortgeschritten sein könnte, da keine ähnlich starken diluvialen Ablagerungen auf eine lang an- haltende Unterbrechung hinweisen. Das Vordringen der östlichen und südöstlichen Einwanderer in unserem Gebiet scheint nun vielfach am Bug seine westliche Grenze gefunden zu haben. Dafs der Flufßslauf allein ihren Vormarsch gehemmt haben sollıte, erscheint mir nicht sehr wahrscheinlich, wir stofsen wohl h,er schon auf den Einflufs der sogenannten „polnischen Schwelle“ ) des waldlosen Gürtels, welcher in der letzten Eiszeit vom Süd- rande des baltischen Inlandseises bis an die Karpathen reichte ‘ und somit West-Rufsland von Ost-Deutschland trennte. Für alle ausgesprochenen Waldvögel dürfte diese ein wesentlich gröfseres Hindernis gebildet haben als ein Flufslauf. Andererseits läfst sich nicht von der Hand weisen, dafs auch Flüsse nicht allzu selten faunistische Grenzen bilden, so z. B. der Njemen als (frühere) Südgrenze für das Moor-Schneehuhn in Polen, ebenso die Weichsel: Pax (Handbch. Polen p. 228) hat fest- gestellt, dafs die Zahl der Arten, welche das Polnische Mittel- gebirge (linkes Ufer) mit dem Ljubliner Hügelland (rechtes Ufer) teilt, auffallend gering ist. Er erklärt dies daher, dafs die Ein- wanderung der meisten montanen Tiere ins Polnische Mittel- gebirge aus den Karpathen über das Bergland von Clkusz, hin- gegen diejenige ins Ljubliner Gebiet mehr von Osten her statt- fand. Ohne dem widersprechen zu wollen, möchte ich nur hin- zufügen, dafs auf dem rechten Ufer des Bug die östlichen Formen noch mehr hervortreten als im Ljubliner Lande, im übrigen ist Pax’ Befund über den östlichen Einschlag in der Ljubliner Fauna nur geeignet, meine Auffassung von dem Über- wiegen der östlichen Charaktere im Pripjet-Gebiet zu stützen. Auch während der letzten Eiszeit, als die Gletscher in Deutsch- land nur noch hart südlich der Ostsee und in Rufsland in den Ostsee-Provinzen längeren Widerstand leisteten, können noch neue Siedler in der Polesje eingewandert sein, Östliche Arten, welche sich südlich der Eisgrenze entlang schoben, um ein etwas !) Vgl. Stresemann u. Sachtleben „Die europäischen Mattkopf- meisen“, V. 0, @. i. B. XIV, 3, p. 289. Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 897 kühnes. Bild zu gebrauchen. Jedenfalls erscheint es mir sehr wahrscheinlich, dafs unser Gebiet schon von einer reichen Vogel- fauna belebt war zu einer Zeit, als Skandinavien noch unterm Eis begraben lag. Als dann schliefslich auch dessen Besiedelung erfolgte, geschah dies ganz überwiegend von Osten her über Finnland. Ich halte es durchaus nicht für ausgeschlossen, dafs auch noch in dieser relativ späten Zeit einige Züge aus dieser Wanderung durch irgendwelche Gründe südwärts abgesprengt sein könnten und in der Polesje statt in Schweden ihren Einzug gehalten haben. Schliefslich können auch noch in allerneuester Zeit Vorstöfse in nord-südlicher Richtung — vielleicht längs der Schara — stattgefunden haben. Es ist ja der Nachweis erbracht, dafs manche Arten, z. B. Erithacus titys und Emberiza hortulana, sich im Laufe des letzten Jahrhunderts sehr weite Länderstrecken erobert haben, diese allerdings in der allgemeinen Richtung SW—NO. Nach meinen eigenen Beobachtungen in Schlesien habe ich die Überzeugung gewonnen, dafs viele Arten in ihrer. Häufigkeit und Verbreitung viel stärker fluktuieren, als es bis- her meist angenommen wurde. Vielfach ist der Beweis dafür bisher wohl nur deshalb nicht einwandfrei erbracht, weil es an genügend präzisen älteren Beobachtungen fehlt. Jedenfalls dürfen wir bei faunistischen Studien wie den vorliegenden nicht allein unser Augenmerk auf die um viele Jahrtausende R zurückliegenden ersten postglazialen Perioden richten, sondern müssen uns vergegenwärtigen, dafs gewisse Verschiebungen, wenn auch weniger allgemeine und weitgehende, dauernd statt- gefunden haben und sich noch heute gar nicht ganz selten konstatieren lassen. Aus dem Gesagten lassen sich viele faunistische Züge unsres Bildes zwanglos erklären, welche sonst Befremden erregen mülsten. Die Besiedelung setzte zunächst aus südöstlicher Richtung ein, bevölkerte Anfangs nur den Teil südlich der Pinsker Landzunge, später auch den nördlich gelegenen, wobei neuer Zuzug aus Osten stattgefunden haben kann. Die natürliche Folge ist, dafs die südöstlichen bezw. östlichen Arten und Formen dem Ge- biet den Charakter gegeben haben, den es im wesentlichen bis heute sich bewahrt hat. Das langsame Zurückgehen des Eises nach Norden und das Hemmnis der polnischen Schwelle nach Westen begünstigten die allmähliche Bildung von Lokalrassen. Die polnische Schwelle bildete ein Hindernis speziell für Wald- bewohner z. B. Turdus viscivorus jubilaeus, Phylloscopus sibilator erlangeri, Coloeus monedula soemmeringü (ursprünglich natürlich Höhlenbrüter des Hochwaldes wie noch jetzt teilweise), Bonas« bonasia grassmanni, Auch für einen Vogel, der ausschliefslich im Sumpfwalde brütet, wie .Buteo vulpinus intermedius bildete . dieser baumlose Gürtel eine natürliche Grenze, während ein Steppenvogel wie Pratincola rubeira noscae sie nicht respektiert hat, sondern westwärts bis Schlesien vorgedrungen ist. Journ, f, Orn, LXIX, Jahrg. Juli 1921, 26 398 Ö. Graf Zedlitz: Demgegenüber sehen wir einen ziemlich sicheren Zuzügler aus Südwesten in Picoides tridactylus alpinus. Was ihn ver- anlafst hat, von den Karpathen herabzusteigen, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen. Ich wülste keine ausgesprochen alpine Baumart, welcher er bis in den Sumpf gefolgt sein könnte, eher möchte ich glauben, dafs er durch zahlreiches Vorkommen irgend eines Forstschädlings aus der Insektenwelt, den er besonders schmackhaft findet, so weit ins Flachland gelockt worden ist. Jedenfalls handelt es sich hier um eine Ausnahme-Erscheinung. Eine Art, welche im Laufe der letzten 70 Jahre von Westen kommend einen grofsen Teil Schlesiens und ganz Polen mit Aus- nahme des äufsersten Südens sich erobert hat, ist Emberiea hortulana. Auch in der Polesje ist sie ein nicht seltener Brut- vogel auf den dünenartigen Höhenlagen. Nachdem die Ein- wanderung in neuester Zeit für Polen erwiesen ist, vermute ich den gleichen Vorgang für das Pripjet-Gebiet. Weniger wahr- scheinlich, wenn auch nicht ganz ausgeschlossen, erscheint mir die Möglichkeit einer schon weit zurückliegenden Besiedelung aus Südosten, welche am Bug halt gemacht und mit dem neu- zeitlichen west-östlichen Vorstofs nach Polen nichts zu tun hätte. Von den Arten, welche aus Südost oder Ost kommend West-Rufsland kolonisiert haben, werden nach der letzten Eis- zeit, als Nord-Rufsland und Skandinavien wieder bewohnbar wurden, manche bis in diese nördlichen Regionen weiter © vorgedrungen sein, sie haben also zuerst am Pripjet und erst viel später in Finnland oder Schweden ihren Einzug gehalten. Hierher gehört vielleicht Limosa lapponica, welche dann ge- wissermafsen als ein Relikt aus der baltischen (letzten) Eiszeit angesehen werden könnte. Im übrigen hat an manchen Stellen der versumpfte Birkenbusch Schwedisch-Lapplands recht viel Ähnlichkeit mit manchen Teilen des lichtesten westrussischen Sumpfwaldes, die Vorliebe der rostroten Uferschnepfe für letzteren ist mir also vollkommen begreiflich. Auch Parus palustris pa- lustris, nach Stresemann ‘und Sachtleben!) eine von Süden nach Norden vordringende Art, dürfte von Süd-Rufsland aus längst die Polesje besiedelt haben, ehe sie nach Fenno-Skandia kam. Auf diese Weise erklärt sich ganz natürlich für unser Gebiet das Vorkommen mancher Formen, welche wir im gewöhnlichen Sprachgebrauch als „nordische‘“ bezeichnen, was wohl für heute zutrifft, nicht aber für die Vergangenheit. Neben diesem allmählichen Vorrücken von Süden nach Norden käme noch in Betracht die grofse Einwanderung von Osten über Finnland nach Skandinavien in einem relativ jungen Zeitabschnitt längst nach der letzten Eiszeit. Bei dieser Ge- legenheit können sehr wohl Teile des „linken Flügels“ abge- sprengt und im westlichen Rufsland „hängen geblieben“ sein,’ 1) V. 0, 0. i, B. XIV, 8, p. 283, Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 399 sodals wir es in diesem Falle mit einem ungefähr gleich- zeitigen Einrücken im Süden und Norden zu tun hätten. Welche dieser Möglichkeiten im Einzelfalle zutrifft, werden wir zumeist - heute nicht mehr mit Sicherheit erkennen können. Solche von Osten her kommenden Formen, welche West-Rufsland ebenso wie Skandinavien bevölkert haben — sei es nun nacheinander oder etwa gleichzeitig — sind z. B. Dendrocopos major major, Corvus cornix cornixz, Pyrrhula pyrrhula pyrrhula, Aegithalos caudatus caudatus, Phylloscopus trochilus acredula, Phylloscopus collybita abietinus, Saxicola oenanthe oenanthe. Parus ceristatus typ. würde auch hierher gehören, doch scheint im westlichen Teil der Polesje schon eine Vermischung mit P. c. mitratus . stattgefunden zu haben. Neben dieser Besiedelung durch“ so- genannte „nordische‘‘ Arten, welche jedoch eigentlich aus dem Osten kamen, können in neuester Zeit auch noch Vorstölse direkt von Nord nach Süd, vielleicht der Schara folgend, statt- gefunden haben. Dieser Weg könnte für Parus atricapillus borealis in Frage kommen bei seiner Tendenz, in umgekehrter Richtung wie P. palustris seine Wohngebiete auszudehnen. - Wahrscheinlich trifft dieser Fall zu bei Zurdus pilaris, dessen Einwanderung in Schlesien 1819, also erst vor 100 Jahren, nachgewiesen worden ist. Aehnlich mag noch eine oder die andere Art in ihrem Drange nach Expansion sich südwärts vorgeschoben haben, naturgemäls ist auch nördlich der Pinsker Landzunge der nordische Einschlag etwas stärker als weiter südlich, aber in sehr aus- gedehntem Mafse vermag ich ihn doch nicht zu erkennen: Ich fasse das Gesagte noch einmal kurz zusammen: 1. Die Besiedelung hat zuerst von SO., dann wohl auch von O. her eingesetzt, ist im W. durch die polnische Schwelle, im N. durch Stockungen der Eisschmelze wesentlich aufgehalten worden. Resultat: eine Avifauna mit stark östlichem Ein- schlag und Neigung zur Bildung von Lokalrassen. 2. Der Einflufs von Westen her ist dem gegenüber ganz un- erheblich. 3. In späteren Perioden haben manche Arten beim Vordringen nach Nordeuropa (Fenno-Skandia) teils vorher West-Rufs- land bevölkert, teils von Osten kommend nördliche und süd- liche Regionen gleichzeitigerobert. Hierauseerklärtsich das Vorkommen nicht weniger „nordischer“ Formen in der Polesje. 4. In neuester Zeit scheint auch in geringem Malse eine wirk- liche Einwanderung von Norden in das Gebiet stattgefunden zu haben, welche sich hauptsächlich nördlich der Pinsker Landzunge bemerkbar macht. 5. Der Pripjet-Sumpf unterscheidet sich faunistisch erheblich von Polen und vielfach auch von Skandinavien, man mulfs ihn mit dem südlichen Central-Rufsland vereinigen oder als eigenes zoogeographisches Gebiet auffassen. 26* 400 O0. Graf Zedlitz: Nachtrag. Da mein Manuskript zu Anfang des Jahres 1920 abgeschlossen und der Schriftleitung des J. f. O. behufs Drucklegung eingereicht worden ist, konnte dienach diesem Zeitpunkt erschienene Literatur naturgemäfs nicht mehr im Text von mir berücksichtigt werden. Ich halte es jedoch für geboten, jetzt am Schlufs noch einige ganz kurze Notizen zusammenzustellen, welche zur Beantwortung der systematischen Streitfragen sowie zur Lösung biologischer Probleme wie Brutvorkommen und Zug nicht unwichtig sind. Ich schöpfe diese Mitteilungen teils aus der jüngsten Literatur, wobei ich mich äußserster Kürze befleifsige, teils aus brieflichen Anregungen, welche ich sehr geschätzen Kollegen in der Ornitho- logie verdanke. Zu Buteo vulpinus intermedius Menzb. (J. f. O. 20, p. 355). Im J. f. O, 1921, p. 38—39 vertritt unser Altmeister der ornithologischen Systematik Reichenow in Bezug auf die nomen- klatorische Frage betr. * „vulpinus Glog.“ einen Standpunkt, welcher von dem von Stresemann und mir durchaus abweicht. Wenn ich auf diese Ausführungen nicht näher eingehe, so bitte ich das nicht als ein Zeichen von Geringschätzung aufzufassen, aber das Tempo, in welchem für den unglücklichen Steppen- bussard immer neue Namen — neuerdings etwa pro Jahr einer! — „ausgegraben‘ werden, ist nachgerade ein so schnelles geworden, dafs ich die weitere Entwicklung ruhig erst einmal abwarten will. Nach dem Ibis 1919, p. 254 „A note on the Buzzards of the Ethiopian Region“ von W. L. Sclater ist der „modernste“ Name jetzt „BDuteo rufiventer Jerdon“ von 1844, welchen Hartert in V. d. p. F. p. 1127 noch unter den Synonymen von BD. b. ja- ponicus aufführt. Sclater hat nun im Brit. Mus. das Original für Jerdons Abbildung des B. rufiventer entdeckt, das seiner An- ' sicht nach als Typus anzusehen und identisch mit dem Steppen- bussard ist, welcher früher unter dem Namen B. desertorum ging. Danach muls der Vogel wohl „rufiventer“ heilsen, bis — der nächste noch ältere Name für ihn entdeckt wird. Ansichts- sache bleibt es nach wie vor, ob man die Steppenbussarde mit in den Kreis „bduteo“ einbezieht oder getrennt hält, wie es mir aus den früher erörterten Gründen sympathischer ist. Zu Asio flammeus flammeus Pont. (J. f. O. 20, p. 371). Zur Frage der Nomenklatur hat Reichenow im J. f. O. 1918, p. 116 sowie J. f. O. 1921, p. 39 das Wort ergriffen und die Gültigkeit der Pontoppidan’schen Namen bestritten. Die erstere dieser beiden Notizen hatte ich bei meiner Arbeit leider übersehen, deshalb war es mir nicht ohne weiteres verständlich, Arvifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 401 weshalb Reichenow neuerdingsstatt „Aammeus“ wieder „accipitrinus“ benutzt. Was die prinzipielle Frage betrifft, so dürfte auch diese wie so manche andere noch einige Zeit strittig bleiben; es ist eben Ansichtssache, ob einzelne Fälle, in welchen ‚die binäre Nomenklatur nicht folgerichtig durchgeführt ist“, dazu berechtigen, das ganze Werk zu verwerfen, wie es Reichenow tut, oder nicht, wie es die Auffassung von Hartert, Hellmayr, u. A. ist. Ouculus canorus canorus L. (J. f. O. 20, p. 374). Fenk hörte den ersten Kuckuckruf am 17. IV. 17 (J. £. O. 20, p. 311). Jynz torquilia torquilla L. (J. f. O. 20, p. 375). „Fleifsig rufend schon am 15. IV. 17.“ (Fenk, 1. c. p. 311). Dendrocopos minor minor L. (J. f. O. 20, p. 381). Der typische D. minor aus dem Pripjet-Gebiet (Goroditsche) in Schlegels Sammlung ist erlegt am 15. XI. 17, (Schlegel in litt.), also ein Wintergast, wie ich schon vermutete. Dendrocopos leucotos leucotos Bechst. (J. f. O. 20, p. 332). Dieser schöne Specht gehört tatsächlich „zusammen mit D. major zu den häufigsten Spechten im Waldgebiet [von Bialowies] und ist auch unter den dort gesammelten Bälgen mit am zahlreichsten vertreten“... Zimmermann in litt.); Reichenow hat also Recht behalten! Hirundo rustica L. und Delichon urbica L.(J. f. O. 21, p. 54, 55). Auch die Mehlschwalbe im Bialowieser Waldgebiet „bleibt an Häufigkeit hinter Z. rustica zurück“ (Zimmermann litt.). Am 26. IX. 17 die letzten gesehen (Fenk, |. c. p. 311). Museicapa atricapilla atricapilla L. (J. f. O. 21, p. 59). Den Beweis für das Brüten an der oberen Schara hat Fenk erbracht, er fand am 24, VI. 17 das Nest ca. 3 m hoch in einer Pappel (l. c. p. 312.) Muscicapa collaris Bechst, (J. f. O. 21, p. 60). Dank den sorgfältigen Beobachtungen Zimmermanns in Bialowies erhalten wir von der Verbreitung des Halsband-Fliegen- schnäppers ein wesentlich} anderes Bild und zugleich eine Be- stätigung meiner |. c. ausgesprochenen Vermutung: Diese südost- europäische Art, welche bisher für unser Gebiet als äulfserst selten gelten mufste, ist in Bialowies sicherer Brutvogel, Z. konnte ein Pärchen am Nest photographieren, wovon ich ein wunderhübsches Bild besitze, und meint, dafs M. collaris „an 402 0. Graf Zedlita: Häufigkeit dem zahlreichen Trauerfliegenfänger kaum nachsteht.‘ (Zimmermann in litt) Demnach treten beide Arten in der Bialowieser Forst weit häufiger zur Brutzeit auf, als man bisher annahm. Muscicapa parva parva Bechst. (J. f. O. 21, p. 60). Auch für den Zwerg-Fliegenfänger mehren sich die zuver- lässigen Beobachtungen: Ein Nest mit Gelege wurde im Sommer 1918 in der Bialowieser Forst aufgefunden; aufserdem stellte Dr. Bischoff die Art mit Sicherheit zur Brutzeit fest; Rüdiger bestätigte das Vorkommen sofort nach seinem Eintreffen dort im Spätsommer, in seinem Besitz befindet sich auch das erwähnte Gelege (Zimmermann in litt... Fenk glaubt die Art an der . oberen Schara gleichfalls angetroffen zu haben (1. c. p. 312). Lanius excubitor rapax Br. (J. f. O. 21, p. 66). Schlegel besitzt ein Exemplar vom Pripjet-Gebiet, erlegt am 18. III (l), welches bei besonders stark verstosfenem Schwanz das Kleingefieder mausert (Schlegel in litt... Dasselbe gilt von einem excubitor typ. aus dem Winter. Danach dürfte die Frage der Mauser bei den Raubwürgern noch eines eingehenden weiteren Studiums bedürfen, da die bisher geltende Auffassung mit diesem neuesten Befunde im Widerspruch steht. Lanius minor Gm. (J. f. O. 21, p. 67). Nachträglich ist auch dieser Würger für Bialowies nach- gewiesen worden, er wurde dort von Hpt. Franke beobachtet und erlegt (Zimmermann in litt.). / Lycos monedula soemmeringü Fisch. (J. f. O. 21, p. 80). In Bestätigung meiner Auffassung teilt mir als weiterer wertvoller Zeuge auch Zimmermann seine Beobachtungen wie folgt mit: „Die von mir gesehenen Bälge — ich besitze selbst einen solchen — und auch alle im Freien beobachteten Vögel, die ich deutlich genug ins Glas bekommen konnte, besafsen das Halsband.“ (Zimmermann in litt.) Nucifraga caryocatactes caryocatactes L. (J. f. O. 21, p. 88). Von zwei Seiten erhielt ich die Bestätigung meiner Ansicht, dafs der Tannenhäher im Pripjet-Gebiet nicht Brutvogel ist. Zimmermann (in litt.) schreibti: „Bezüglich N. c. stimme ich Ihrer Auffassung zu, die Art gehört nicht zu den Brutvögeln.“ Schlegel, welcher ursprünglich vermutet hatte, es handle sich bei 2 Ex. von Goroditsche um Brutvögel der Gegend, teilt mir auf meine Anfrage freundlichst mit, dafs er sich in diesem Sinne nur fide Reichenow geäufsert habe, seine „Meinung komme also d h- Fahr Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 408 über den Wert einer blofsen Annahme nicht hinaus“. Damit dürfte die Einstimmigkeit über diese Frage erreicht sein, die Diskussion kann wohl geschlossen werden. Oriolus oriolus oriolus L. Erstmalig hörte Fenk den Pirol am 11. V. 17 (l. ce. p.313.) Ohrysömitris spinus L. Sehr interessant sind Fenks Beobachtungen über diese Art (l. c. p. 314), deren Verbreitung offenbar eine unregelmäßige ist: den meisten Ornithologen im Pripjet- Gebiet ist der Erlzeisig höchst selten oder nie zu Gesicht gekommen (vgl. Grafsmann, Dennler, Zedlitz u. a.), hingegen kann ihn Fenk für sein enges Forschungsgebiet an der „Grofsen Moskauer Strafse“ als .„Charaktervogel“ bezeichen, den er „fast en im April, Mai, Juni und später an verschiedenen Stellen .... traf“. Einzelne Stücke beobachtete derselbe Autor dort auch im Herbst, so am 11. IX. bezw. 1. XI. 17 (in litt.). Pyrrhula pyhrrhula pyrrhula L. Weder für Bialowies (Zimmermann in litt.) noch für die obere Schara im Sommer 1917 (Fenk, 1. c. p. 314) konnte der Gimpel zur Brutzeit nachgewiesen werden, während er überall im Herbst, Winter und Frühjahr nicht selten war. Emberiea citrinella erythrogenys Br. Leider war mein Manuskript schon abgeschlossen, als aus der bewährten Feder Genglers, unseres Spezialisten auf dem Ge- biete des Goldammer-Studiums, ein neuer sehr wertvoller Beitrag erschien: „Der Formenkreis Emberisa ceitrinella“ (Archiv f£. Naturgesch. 85. Jahrgg. 1919 [ausgeg. August 1920], p. 75—102 nebst zwei Tafeln.) Der Raummangel verbietet mir, ur diese aus- gezeichnete Arbeit näher einzugehen, ich bin überzeugt, dafs sie einen wesentlichen Schritt vorwärts bedeutet auf dem Wege der Spezialforschung, und konstatiere mit Genugtuung, dafs die An- schauungen des Autors in den wesentlichsten Punkten sich mit den- _ jenigen decken, welche ich selbst in dieser Studie vertreten habe. Wenn der Eine bei Unterscheidung der Formen mehr Gewicht auf die Färbung der Unterseite, der Andere mehr auf den Ton der Oberseite legt, so bedeutet das m. E. keinen Gegensatz, sondern eine Ergänzung, da ja in beiden Fällen die Schlufs-Resultate übereinstimmen. Fenk (l. c. p. 315) glaubt auf Grund der Beobachtungen am Gesange, dals es sich bei den Anfang April 1917 an der oberen Schara zahlreich auftretenden Goldammern vielfach um Strichgäste handelte, welche dort nicht heimisch waren. Dies deckt sich vollkommen mit meiner eigenen Auffassung. 404 YA; 0. Graf Zedlitz: Motacilla flava-Formen. Fenk (l. c. p. 315) fand bei näher gesehenen Kuhstelzen wiederholt „etwas fremdärtiges am Kopfe; dafs das nicht die heimische Form war, fühlte ich sofort... “ Leider konnte er keine Brutvögel der Gegend sammeln. Parus atricapillus borealis Selys. Vor vielen anderen „Feldornithologen“ hat Fenk das vor- aus, dafs er die meisten Arten Dank seinem musikalischen Gehör mit Sicherheit nach der Stimme ansprechen kann, eine beneidens- werte Fähigkeit, welche mir z. B. durchaus abgeht. Daraus erklärt es sich, dafs manche Arten, von denen keine grolsen Balgserien vorlagen, doch nachträglich auf Grund ihrer Stimmäufserungen als recht häufig festgestellt werden konnten. Dazu gehört auch die Mattkopfmeise, von der Fenk (l. c. p. 317) schreibt: „Wohl keinen Vogel hörte ich im ganzen oberen Scharagebiet so häufig und so regelmäßig ... . .‘“ Autor verwertet bei dieser Gelegen- heit auch die Stimmäulfserungen als Beweis für die Richtigkeit der Auffassung, die altweltlichen Mattköpfe mit den neuyweltlichen zusammen in den Formenkreis „atricapillus‘‘ zu gruppieren. Im Gegensatz zn dieser Art traf Fenk die „glanzköpfige Nonnen- meise“ nur wenige Male im Laufe des Juli 1917 sowie RENT im September und November an. Acrocephalus palustris Bechst. Fenk hörte am 9. VI. 17 mitten in der Nacht den Gesang einiger Stücke, er vermutet Durchzügler. Am 30. VI. hörte er noch einmal eine einzelne Stimme (l. c. p. 319). Phylloscopus collybita abietina Nils. _ Erstmalig gehört am 6. IV., häufig ab 9. IV. 17 (Fenk, 1. c. p: 320). Phylloscopus sibilator erlangeri Hart. Ich verweise auf Fenks (p. 320—323) ausführliche Erörterung der Fragen betr. Systematik und Verbreitung. Sylvia nisoria Bechst. Die Sperbergrasmücke bezeichnet Zimmermann (in litt.) für Bialowies als „etwas spärlich“ vorkommend, Fenk fand sie an der oberen Schara „nicht selten“ (p. 324). Sylvia borin borin Bodd. Für Bialowies ist die Gartengrasmücke ebenso wie die folgenden Arten aus ihrer Verwandtschaft nach Zimmermanns Avifauna des westl, Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung. 405 Befund als „besonders häufiger“ Brutvogel zu bezeichnen (in litt.). Auch Fenk (p. 324) hörte sie mehrfach im Juni 1917 an der oberen Schara, wo sie doch nicht so selten sein dürfte, als man zuerst annehmen mulfste, nachdem der „Vogelstimmenkenner“ die „Balgsammler“ und „Augenmenschen“ ergänzt hat. Sylvia atricapilla atricapilla L. Die Mönchsgrasmücke ist um Bialowies gleichfalls ganz gemein nach Zimmermann (in litt.); an der oberen Schara hörte Fenk sie zum ersten mal am 9. V. 17, später dann noch mehr- fach (p. 324). Sylvia communis communis Lath. Bei Bialowies nicht -selten nach Zimmermann (in litt.). Sylvia curruca curruca L. Vom „Müllerchen“ berichtet Fenk (p. 324) das Gleiche wie vom Mönch, die erste Feststellung fällt gleichfalls auf den 9. WiclT. Hippolais icterina Vieill. Der Gartenspötter war im Beobachtungsgebiet von Grafs- mann und mir als selten zu bezeichnen, Fenk hörte im Juni 1917 wiederholt mehrere Stücke unweit der Moskauer Heerstrafse (p. 334), offenbar tritt die Art hier also häufiger auf. Erithacus phoenicurus phoenicurus L. Nach dem neuesten Befunde von Zimmermann (in litt.) ge- hört der Gartenrotschwanz zu den häufigen Brutvögeln der Bialowieser Forst. Auch Fenk sah bezw. hörte ihn regelmäfsig an der oberen Schara, erstmalig am 21. IV. 17 (p. 325.) Erithacus rubecula rubecula L. Über das Rotkehlchen schreibt mir Zimmermann in seinen sehr wertvollen brieflichen Mitteilungen: „Z. r. wurde mir bei meiner Ankunft in Bialowies als „besonders selten“ genannt, die Art war aber ein ganz besonders häufiger Waldvogel und wurde auch Winters über-festgestellt (ein im Januar 18 während meiner Anwesenheit geschossenes Belegstück).“ An der oberen . Schara hörte Fenk (p. 325) die ersten am 8. IV. 17 singen, später war offenbar auch dort das Rotkehlchen keineswegs selten. Vergleicht man die Beobachtungen von Zimmermann um Bialowies 1918 und von Fenk an der oberen Schara 1917 mit den über beide Plätze bereits vorliegenden — verhältnismäfsig doch reichlichen — ornithologischen Notizen, so ergibt sich in beiden Fällen eine nicht unwesentliche Vervollständigung des ursprüng- lichen Bildes. Dieser Umstand beweist m. E. ganz deutlich, wie 406 0. Graf Zedlitz: Avifauna des westl. Pripjet-Sumpfes. schwierig es ist, in einem grofsen und schwer gangbaren Wald- gebiete die Avifauna nach ihrer Verbreitung und Häufigkeit wirklich richtig einzuschätzen. Die Zeit der militärischen Be- setzung, welche uns für unsere Studien zu Gebote stand, umfalst im ganzen etwas über 3 Jahre — September 1915 bis 1918—, aber meines Wissens war es keinem deutschen Feldornithologen vergönnt, diese ganze Periode über ununterbrochen im Pripjet- Gebiet zu beobachten bezw. zu sammeln. Daher ist es ganz selbstverständlich, dafs man seine ornithologische Erforschung keineswegs als abgeschlossen betrachten kann, denn zur Be- wältigung einer solchen Aufgabe würden — die nötige Zahl von Fachmännern vorausgesetzt — Jahrzehnte gehören. Immerhin gestatten die gewonnenen Grundlagen einen Einblick in die "wesentlichen Züge, welche für die zoogeographische Beurteilung unseres Gebietes malsgebend sein dürften. Die Hauptlinien des Bildes stehen fest, und dafs dies erreicht ist trotz der meist recht widrigen Verhältnisse, die der Krieg nun einmal bedingt, das verdanken wir dem selbstlosen Fleifs unserer feld- grauen Ornithologen, ihnen — besonders den Gefallenen — soll die hier vorliegende Zusammenstellung ein bescheidenes Denkmal setzen. Vögel der Ukerewe-Insel des Vietoria-Nyanza. Von Hermann Grote, Ukerewe, mit 523 qkm die gröfste Insel des Victoria- Nyanza, liegt in der Südostecke des Sees und zwar in unmittel- barer Nähe der Küste, von welcher es durch den nur 200 m breiten Rugesikanal getrennt ist. Von der gegenüberliegenden Festlandsküste waren in früheren Jahren mehr oder weniger umfangreiche Vogelsammlungen durch Emin Pascha, Stuhlmann, G. A. Fischer, Oscar Neumann u. A. in deutsche Museen gelangt; von der Insel Ukerewe wulste man in ornithologischer Beziehung so gut wie nichts. Das wurde mit einem Schlage anders, als der deutsche Missionar Pater Conrads 1908 und 1909 mit be- wundernswertem Fleifs und grofsem Verständnis eine Vogel- sammlung auf Ukerewe (wohl hauptsächlich in der Umgegend der im südlichen Teile der Insel gelegenen Missionsstation Neu- wied) zusammenbrachte, die in der Folge in den Besitz des Staatl. Zoolog. Museums zu Berlin überging. Diese Sammlung, die einen guten Überblick über die Vogelfauna Ukerewe’s er- möglicht, umfalst 174 Arten in etwa 750 Exemplaren. Sie bildet einen sehr schätzenswerten Beitrag zur Kenntnis der Ornis des in mancher Hinsicht so überaus interessanten grölsten der afrika- nischen Seen, — 1 Die Insel besteht nach Prof. Uhlig ganz aus Granit, der vielerorts die fruchtbare Roterde in mächtigen plumpen Blöcken Vögel der Ukerewe-Insel. 407 überragt. Häufig sind auch stattliche, gerundete Hügel aus nacktem Fels, die Glazialformen täuschend ähnlich sehen; die höchsten Bodenerhöhungen erheben sich bis zu 138 m über den See. Stellenweise dehnen sich immergrüne Wälder (halb Alluvial-, halb Regenwald) aus; daneben finden sich Grasfluren. Kleine Bananenhaine sind über ganz Ukerewe verbreitet. Im Osten der Insel überwiegt das Kulturland, während im dünn be- siedelten Westen der Urwald das Landschaftsbild bestimmt. Das Klima ist viel regenreicher, als das der benachbarten südöstlichen Küste des Sees. Schon Reichenow hat wiederholt hervorgehoben (vgl. z. B. „Die Vogelfauna, des Mittelafrikanischen Seengebiets‘, Einleitung), dafs die Süd- und Südostküste des Victoria-Nyanza faunistisch nicht mehr in das eigentliche Mittelafrikanische Seengebiet fällt. Viele Formen, die für das Seengebiet charakteristisch sind, fehlen hier bereits. So finden wir auch auf der Ukerewe-Insel z. B. schon nicht mehr den „Kässuku“ der Eingeborenen, den Grau- papagei.!) Aber andererseits ist hier ein sehr auffälliger Charaktervogel des Mittelafrikanischen Seengebiets häufig: Muso- phaga rossae. Eine Reihe von weiteren Mittelafrikanern — ich nenne nur Eminia lepida, Turdus pelios centralis, Ploceus cucul- latus femininus, Spermestes cucullata, Pytilia melba belli, Lagono- sticta senegala ruberrima, Harpolestes minutus, Artomyias fuligi- nosa — geben der Ornis einen westlichen Einschlag. Arten, die wir nach unserer gegenwärtigen Kenntnis als typisch-östliche ansehen müssen, kommen auf Ukerewe offenbar nur in verhältnis- mäfsig geringer Zahl vor; genannt seien z. B. Bradornis griseus und Uraeginthus cyanocephalus. Alles in allem wird man die Ornis der Ukerewe-Insel zweckmälsig als eine Mischfauna, als einen Übergang von der mittelafrikanischen Seenfauna zur Fauna des binnenländischen Deutsch-Ostafrika (die wiederum von der des deutschostafrikanischen Meeres-Küstengebiets verschieden ist) " bezeichnen. Auf Grund der Conrads’schen Sammlung konnten — schon vor einigen Jahren — drei Vogelformen als neu beschrieben werden: der eigenartige Reiher Tigribaphe leucolaema Rchw., die Subtil- form BRhinoptilus cinctus emini Zedlitz, sowie Üoliuspasser macroura conradsi Berger. Eine zusammenfassende Bearbeitung der Conrads’schen Sammelausbeute lag bis jetzt nicht vor. Verhältnismälsig grofs ist die Zahl der paläarktischen Wintergäste, die von der Ukerewe-Insel bekannt geworden sind: Acrocephalus arundinaceus, Pratincola rubetra, Budytes flavus thunbergi, Lanius collurio, Hirundo rustica, Merops apiaster, 1) Der Conrads’schen Sammlung, in der der Graupapagei fehlt, nach zu schliefsen. Er könnte möglicherweise aber doch im westlichen (waldigen) Teile der Ukerewe-Insel vorkommen; indessen fehlt vorläufig jede Unterlage für diese Annahme. (G.) 408 Hermann Grote: Ooracias garrulus, Ciconia ceiconia, Tringa glareola, auch den Allerweltsvogel Zringa hypoleucos kann man hierher rechnen; Reichenow zählt auf Grund der Sammlungen Dr. Fischer’s (cfr. J. f. O. 1887, p. 38—78), bzw. Emin Pascha’s und Stuhlmann’s (efr. J. f. O. 1892, p. 1—60) noch verschiedene weitere Arten für das Südufer des Victoria Nyanza auf. Das Gebiet ist dem- nach ein starkbesuchtes Winterquartier vieler paläarktischer Vogelarten. — Bei der Zusammenstellung der nachfolgenden Artenliste konnte ich ein in den Akten des Museums vorhandenes hand- schriftliches Verzeichnis benutzen, das aber, da es offenbar nur die ersten Conrads’schen Eingänge berücksichtigt hat, sehr lücken- haft und unvollständig ist. Es schien mir daher geboten, die ganze Sammlung nochmals durchzubestimmen. Herr Geheim- rat Reichenow ermöglichte mir das gütigst durch vollständige Freigabe der Benutzung des gesamten im Museum vorhandenen Vergleichsmaterials. Meinen wärmsten Dank an Herrn Geheimrat en möchte ich auch an dieser Stelle zum Ausdruck bringen ürfen. Verzeichnis der von Pater Conrads auf Ukerewe gesammelten Vögel. Sylviidae. 1. Cisticola chiniana A. Sm. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 546]. — Ein Expl. (0, VID. 2. Cisticola lugubris nyansae O. Neum. [Journ. f. Ornith. 1906 p. 271]. — Das (einzige) Stück der Conrads’schen Sammlung (vom VII) gehört seinem geographischen Fundorte nach zu dieser Rasse. Ich enthalte mich jeglicher Kritik in der schwierigen Frage der Unterscheidbarkeit der Form und führe sie hier lediglich auf die Autorität ihres Autors hin auf. 3. Acrocephalus arundinaceus L. [Rchw. Vög. Afr. IIL p. 585]. — Ein Expl. 4. Prinia mystacea Rüpp. (subsp.) [Rchw. Vög. Afr. III, p. 590]. — In der Conrads’schen Sammlung liegt nur ein Expl. dieser systematisch so aufserordentlich schwierigen Vogelart vor. Dafs sie — schon aus zoogeographischen Gründen — in verschiedene Rassen zerfällt, steht wohl fest!); es wäre zu wünschen, dafs der ornithologischen Wissenschaft bald eine übersichtliche Bearbeitung und Kennzeichnung dieser Rassen beschert würde! Freilich würde dazu ein sehr grofses Material nötig sein. 1) Es sind ja bereits welche beschrieben (G.). 10. 11. 12. -13. Vögel der Ukerewe-Insel. 409 Eminia lepida Hartl. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 613]. — Ein adultes 9‘ (VIII) und ein gleichfalls altes Stück ohne nähere Angaben. Sylvietta jacksoni Sharpe. [Rehw. Vög. Afr. III, p. 627]. — Drei Stücke, die — wie von vornherein anzunehmen — sehr typisch sind: das Lehmbraun der Unterseite ist leb- haft rostfarben. . Argya rubiginosa emini Rehw. [Ornith. Mtsber. 1907, p. 30]. — Zwei Expl. (S' und 9). Orateropus melanops sharpei Rchw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 661]. — Ein adultes Q' und ein junger Vogel, beide vom VII. Dem Jugendkleide fehlen die hellen Federränder auf dem Kopfe, Kehl- und Vorderbrustfedern sind nur undeutlich mit hellen Spitzenrändern versehen, die übrige Unterseite ist eintönig rauchbraun. Turdus pelios centralis Rcehw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 690]. — Fünf ausgefärbte (VII und IX) und zwei junge Stücke, eins davon vom VII, das andere ohne Daten. Ich vermag keinen Unterschied zwischen den Conrads’schen Exemplaren und dem Typus (von Aluganja, Wadelai) zu finden. Diese Form ist aur aus dem mittelafrikanischen Seengebiet bekannt. Junge Vögel haben braun gefleckten Kropf und helle Schaftstriche auf den Flügeldecken; Kehlmitte und Hinter- brust sowie Bauch sind wie beim alten Vogel weils, die Körperseiten ebenfalls wie beim alten Vogel rostgelb. Bei einem ganz jungen Pullus, den Dr. Fischer bei Kageji am Südufer des Victoria-Nyanza gesammelt hat (Berl. Coll.), ist das Rostgelb der Unterseite bis weit auf die Brust hinab sowie auf die Kehle ausgedehnt; aufser den hellen Schaft- flecken auf den Flügeldecken zeigt er schmale Schaftstreifen auf den Federn des Unterrückens. Pratincola rubetra L. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 731]. — Ein Stück vom XI; ein anderes, ein schönes Q', ohne Daten. Cossypha heuglini intermedia Cab. [Cossypha heuglini — Rchw. Vög. Afr. III, p. 758]. — Eine Reihe von zehn aus- gefärbten Exemplaren der Sammlung Conrads liegt vor. Man kann fast in Zweifel sein, ob man die Vögel nicht lieber zur typischen Form heuglini Hartl. stellen soll, denn einige Exemplare scheinen eher dieser Form, als intermedia anzu- gehören. Erythropygia brunneiceps soror Rchw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 774]. — Zwei g'Q' vom VII, ein Stück ohne Daten. Nectariniidae. Cinnyris senegalensis aequatorialis Rchw. [Chalcomitro aequa- torialis — Rchw. Vög. Afr. III, p. 464] und 410 14. 15. 16. Hermann Grote: Cinnyris senegalensis gulturalis L.1) [Chalcomitra gutturalis — Rchw. Vög. Afr. III, p. 464]. — Eine reiche Serie von ins- gesamt 24 Exemplaren von der Ukerewe-Insel liegt vor. Läfst man die zwölf QQ resp. unausgefärbten Stücke bei- seite, so gibt das übrigbleibende Material immer noch ge- nügend Stoff, um sich ein Bild zu machen. Danach scheint aequatorialis die auf der Insel häufigere Form zu sein. Da hier die Verbreitungsgebiete beider Formen zusammenstofsen, kommen auf Ukerewe auch Mischlinge vor: als einen solchen möchte ich wenigstens ein schönes ausgefärbtes Stück be- zeichnen, das am Buge des linken Flügels einen kleinen Metallfleck aufweist, während der rechte Flügel keinen solchen hat. Ein Stück vom Juli mausert. Das Schwarz- braun des Gefieders, besonders der Schwung- und Steuer- federn bleicht in abgetragenem Kleide schnell aus. — Die Flügellängen der ausgefärbten 9'0' schwanken zwischen ca. 70 und 77 mm. Cinnyris venustus falkensteini Fschr. u. Rchw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 474]. — Sechs (unterseits tief gelb gefärbte) Stücke der Sammlung Conrads liegen vor; ihre Flügelmalse sind 51—55, meist 53 mm. Cinnyris cupreus ? chalceus Hartl. [Cinnyris cupreus — Rchw. Vög. Afr. III, p. 475]. — Schon aus der umfangreichen Synonymie dieser Art ist zu ersehen, dafs einer ganzen Reihe von Autören die Verschiedenartigkeit der Vögel von den verschiedenen Fundorten aufgefallen ist. Ich habe leider nicht die Möglichkeit, auf dieses interessante Thema einzu- gehen. Nur kurz will ich hervorheben, dafs auf Grund des zwar nicht unwesentlichen, aber immerhin doch nicht ge- nügenden Materials des Berliner Museums sich zwei (oder vielleicht auch drei) unterscheidbare Formen wohl erkennen lassen. Zwar ist die Färbung auch in denselben Gegenden nicht konstant, doch läfst sich feststellen, dafs im Nord- westen des Verbreitungsgebiets der prachtvoll rotviolette Glanz des Rückens entschieden überwiegt. Vögel vom Senegal bis Nordkamerun sind klein (Flügel 55—59 mm) und lassen sich von den gröfseren Mittelafrikanern sowie von den Angolavögeln (Flügel gegen 65 mm) fast immer unterscheiden. Entsprechend den allgemeinen Gröfsenver- hältnissen haben die nordwestlichen Vögel kleine, die Ost- afrikaner grofse Schnäbel. — Zwei Vögel von der Ukerewe- Insel haben 62 und 63 mm Flügellänge. 1) Zwei Exemplare der Conrads’schon Sammlung haben einen — wenn auch recht kleinen — Metallfleck am Flügelbuge. Nach Prof. O0. Neumann’s zoogeographischer Übersicht im J. f. O0. 1906, p. 254 müfsten sie vermutlich zur (fraglichen) Form inaestimatus Hark, ge- zogen werden. I; Br RT. 18. 19. 20. 21. 22, 23. 24. Vögel der Ukerewe-Insel. 411 Oinnyris mariquensis suahelicus Rchw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 479]. — Fünf Expl., darunter vier ausgefärbte I'd". Flügellänge 62—67 mm. Nectarinia erythrocerca [Heugl.] Hartl. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 495]. — Ein ausgefärbtes Q' hat 62 mm Flügellänge. Nectarinia melanogastra Fschr. u. Rchw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 497). — Acht Exemplare, darunter vier ausgefärbte og". Letztere haben 60—62 mm Flügellänge. Pycnonotidae. Phyllastrephus flavigula pallidigula Sharpe. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 395]. — Ein Expl. (9), Fundortsangabe Speke-Golf, Flügellänge 101 mm. Pyenonotus barbatus minor Heugl. [.Pycnonotus trieolor minor — Rchw. Vög. Afr. III, p. 421]. — Neun Ükerewe- vögel haben 95—97, je einmal 92 und 99 mm lange Flügel. Motacillidae. Motacilla vidua Sund. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 296). — Sechs Expl. Budytes flavus thunbergi Billb. [.Budytes boreais — Rehw. Vög. Afr. III, p: 304]. — Vorbehaltlich rechne ich den ein- zigen, mangelhaft erhaltenen Balg der Conrads’schen Sammlung zur nordischen Schafstelzenform. Von einem Superziliar- streifen ist nichts zu merken, der Kopf ist tief grau. — Die Nordische Schafstelze war in Afrika als Wintergast m. W. bisher nur für Nordostafrika nachgewiesen. Anthus leucophrys ? sordidus Rüpp. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 318]. — Im Journ. f. Ornith. 1906, p. 234—237 hat Prof. Neumann auf Grund eines riesigen Materials die leucophrys- Gruppe einer eingehenden Revision unterzogen. Von den am Victoria-Nyanza vorkommenden Vertretern dieser Art schreibt er l. c.: „Am Victoria Nyansa scheinen mehrere Formen aneinanderzustolsen. Einige der Exemplare sehen dem zenkeri, andere dem omoensis, noch andere dem angolensis ähnlicher‘. Ich führe daher — Reichenow folgend, der sordidus von Senegambien bis zum Kongo, ferner in Nord- ostafrika vorkommen läfst — die Ukerewevögel als ? sor- didus auf, ohne damit aber in Abrede zu stellen, dafs geo- graphische Rassen unterschieden werden können. Das im Berl. Zoolog. Museum befindliche Material zeigt zweifellos deutliche Färbungsverschiedenheiten. Allerdings ist es in vielen Fällen ganz unmöglich, die» Rassen geographisch ab- zugrenzen. — Flügellänge der vier Exemplare der Sammlung Conrads: 94 und 95, einmal nur 87 mm. 412 25. 26. 28. 29. 30. 31. 32. Hermann Grote: Macrony& croceus Vieill. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 321]. — Eine Serie von dreizehn Exemplaren liegt in der Sammlung Conrads vor. — Es sei hier beiläufig auf die beachtens- werten Ausführungen des Grafen Zedlitz über M. croceus ‘und verwandte Formen im Journ. f. Ornith. 1916, p. 53—54 hingewiesen. Fringillidae. Passer griseus ugandae Rchw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 230, 231]. — Ich stelle die vier vorliegenden Exemplare von der Ukerewe-Insel zu dieser Form, und nicht zu suahelicus, da sie etwas rotbraun verwaschenen Rücken zeigen. Flügel- länge 81—84 mm. . Emberiza flaviventris Steph. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 284]. — Drei Expl. mit 79—84 mm. Flügellänge. Fringillaria septemstriata tahapisi A. Sm. [Fringillaria taha- piss — Rehw. Vög. Afr. III, p. 289]. — Ein Expl. (9°) mit 76 mm Flügellänge. Ploceidae. Anaplectes melanotis Lafr. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 26]. — Vier 9'9', Flügellänge 82—86 mm. Ploceus nigricollis melanoxanthus Cab. [.Ploceus melano- xanthus — Rchw. Vög. Afr. III, p. 43]. — Zwei gg! von der Ukerewe-Insel haben 79 und 81, ein 2 78 mm Flügel- länge. Ploceus ocularius crocatus Hartl. [Rehw. Vög. Afr. III, p- 46]. — Zwei Expl. (I'C"). Ploceus cucullatus femininus O.-Grant [Hyphantornis femi- nina O.-Grant, Bull. Brit. Orn. Club 21, 1907, p. 15]. — Der Autor gibt als Kennzeichen dieser Form an, dafs das Q unterseits mehr Gelb habe, als das Q von abyssinicus. Dies trifft in der Tat in den weitaus meisten Fällen zu. Von den Ukerewevögeln, die vielleicht nicht mehr ganz typische femininus sind, haben einige QQ auf der Unter- seite allerdings nicht mehr Gelb, als Abessinier. Das Q' soll sich nach Grant) vom oO des abyssinicus nicht unter- scheiden. Soweit ich mir auf Grund des etwas ungenügenden Materials im Berliner Museum ein Urteil erlauben darf, ist aber doch ein Unterschied vorhanden, und zwar erstreckt sich das Schwarz des Oberkopfes etwas weiter nach hinten, als bei abyssinicus, wenngleich nicht so weit, wie bei bohn-. dorffi. FPloceus femininus steht in dieser Hinsicht also wohl in der Mitte zwischen den beiden genannten Formen. In der Conrads’schen Sammlung liegen vier ausgefärbte o'g' und zehn Exemplare im weiblichen Kleide vor. Die OO" haben 87—91, die 2Q 80-87 mm Flügellänge. Da Pr nn nn 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. ; Vögel der Ukerewe-Insel. 418 Ploceus monachus pelzelni Hartl. [Ploceus pelselni — Rchw. Vög. Afr. III, p. 75]. — Zwei ausgefärbte JG! mit 60 und 62 mm Flügellänge. Ploceus vitellinus uluensis O. Neum. [Rchw. Vög. Afr. III, p- 82]. — Nur ein weibliches Stück (Flügellänge 73 mm), das aus zoogeographischen Gründen zu dieser Form zu rechnen ist. Ploceus xanthops Hartl. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 88]. — Ein Expl., Flügelmafs sehr grofs: 99 mm. Amblyospiea albifrons ? unicolor Fschr. u. Rchw. [Amblyo- spiea unicolor — Rehw. Vög. Afr. IH, p. 99]. — Leider liegt nur ein Q in der Conrads’schen Sammlung vor. Es hat 84 mm Flügellänge. Unter Vorbehalt wird es als zu unicolor gehörig aufgeführt. Quelea sanguinirostris aethiopica Sund. — [Rchw. Vög. Afr. III, p. 109]. — Zwölf Exemplare, davon zwei schwarzkehlige o'g‘, diese vom VII resp. X. Sie haben kein Schwarz an der Stirn. Flügellänge: 65—70 mm. Quelea eryihrops Hartl. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 111], — Vier Exemplare, drei davon vom Sammler als g'g1, eins als Q bezeichnet, alle vom X und im unscheinbaren Winter- gefieder, nur ein Q' hat am Gesicht etwas Rot. Flügellänge der g'o' 65—66, des 9 62 mm. Pyromelana friederichseni Fschr. u. Rchw. [Rchw. Vög. Afr. UI, p. 117]. — Sieben 9'0' von Ukerewe haben 79—83 mm Flügelläinge. — In den Sammlungen scheint diese pracht- volle Art noch recht selten zu sein. ? Pyromelana diademata Fschr. u. Rchw. [Rehw. Vög. Afr. III, p. 117]. — Zwei Q2 (VIII resp. X) der Conrads’schen Sammlung können auf diese seltene Art bezogen werden. Pyromelana nigrifrons Böhm [Rchw. Vög. Afr, III, p. 122]. — Ein ©‘ im Prachtkleide; Flügel 62 mm. Urobrachya azillaris phoenicea Heugl. [| Urobrachya phoenicea — Roehw. Vög. Afr. III, p. 130]. — Ein Q' im Prachtkleide; Flügel 83 mm. Coliuspasser macroura conradsi Berger [Dr. Berger, Journ. f. Ornith. 1908, p. 487]. — Auf Grund der Conrads’schen Sammlung beschriebene neue Form. Es liegen 6 Exemplare (9'I9') vor, die eine Flügellänge von 78—86 mm haben. Spermestes cucullata Sw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 149.] — Es ist interessant, dafs das Vorkommen dieser west- afrikanischen Form bis an die Ostküste des Viktoria-Nyanza reicht. Die drei Q'Q' der Sammlung Conrads haben deutlich stahlschimmernden Kropf, können folglich nicht zur ost- afrikanischen Form scutata gerechnet werden. Ferner sind zwei weibliche Stücke in der Sammlung vorhanden. Flügel- länge: Q'0' 49—51, 99 48 mm. Jonrn, 2, Om, LXIX, Jahrg, Juli 1921, 27 414 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. Hermann Grote: Nach Reichenow („Die Vogelfauna des Mittelafrikanischen Seengebiets‘ p. 330—331) kommt im Seengebiet neben cucullata auch scutata vor. Pytilia melba belli O.-Grant. [Bull. Brit. Orn. Club 21, 1907, p. 14]. — Acht Exemplare (sechs 9'0', zwei QQ) von Ukerewe liegen vor. Alle haben gebänderte Unterschwanz- decken; die JG" viel Gelb auf dem Kropfe. Flügellänge sehr gleichmälsig 57—58 mm. Estrilda astrild nyansae O. Neum. [Oscar Neumann, Journ. f. Ornith. 1907, p. 596]. — Nur ein mangelhaft erhaltenes Stück mit 45 mm Flügellänge. Estrilda erythronotos delamerei Sharpe [Estrilda charmosyna — Rechw. Vög. Afr. III, p. 190 (partim)]. — Ein Expl., dessen Unterschwanzdecken kaum schwärzlich verwaschen sind. Flügellänge 50 mm. " Lagonosticta senegala ruberrima Rchw. [Lagonosticta brunnei- ceps ruberrima — Rchw. Vög. Afr. III, p. 198]. — Zwei gg‘ mit 49 und 50 mm Flügellänge. Uraeginthus cyanocephalus Richm. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 210]. — Von ganz besonderem Interesse ist das Vor- kommen dieses Kilimandjarovogels im Victoria-Nyanza-Ge- biet. An einer von Conrads auf Ukerewe gesammelten Reihe von sieben Exemplaren (darunter sechs 9'C") kann ich keinen Unterschied von typischen Vögeln finden. Flügellänge: J'C' 55—56, 9 53 mm. Hypochera ultramarina funerea Tarrag. [Hypochera funerea — Rchw. Vög. Afr. III, p. 215]. — Die Vögel von Ukerewe rechne ich zu dieser Form. Der Gefiederglanz wechselt etwas, einige Stücke sind dunkler, einige blauer. Acht J'g‘ messen 64—69 (meist 65), ein unausgefärbtes Stück 66 mm Flügellänge. Vidua hypöcherina Verr. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 216). — Ein prachtvolles altes Q' mit etwa 250 mm langen mittleren Schwanzfedern. — Zum erstenmal für das Seengebiet nach- gewiesen. Vidua serena L. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 217]. — Zwölf ausgefärbte J'Q' und zwölf QQ resp. unausgefärbte Stücke sind in der Sammlung vorhanden. Steganura paradisea L. [Rcehw. Vög. Afr. III, p. 223]. — Nach Reichenow „Die Vogelfauna des Mittelafrikanischen Seengebiets“ p. 336 war die Paradieswitwe noch nicht im Seengebiet nachgewiesen. Conrads hat drei Q'Q' im Pracht- kleide (VII) auf Ukerewe gesammelt. Sie haben gelbbraunen Nacken, gehören also zur typischen, östlichen Form. u ee re "Aa irn u. Due 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. Vögel der Ukerewe-Insel. 415 Sturnidae. Buphagus erythrorhynchus Stanl. [Rchw. Vög. Afr. II,p. 667]. — Sieben Expl. Cinnyricinclus leucogaster verreauxi [Boc.] Finsch. u. Hartl. [Cinnyrieinclus verreauxi — Rchw. Vög. Afr. II, p. 680]. — Lamprotornis purpuropterus Rüpp. [Rchw. Vög. Afr. II: p. 710]. — Acht Exemplare haben 145—162 mm Flügellänge; die kleineren Malse beziehen sich' auf Weibchen, die gröfseren auf Männchen. Oriolidae. Oriolus larvatus ? rolleti Salvad. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 659]. — Vier 9'0' mit grofsen Flügelmalsen: 133, 133, 142 und 145 mm. — Graf Zedlitz (J. f. O. 1916, p. 1—4) führt den Maskenpirol unseres Gebiets als Oriolus larvatus subsp. ? auf. Dicruridae. Dierurus adsimilis divaricatus Licht. [Dierurus afer — Rchw. Vög. Afr. II, p. 646]. — Acht Exemplare, davon sieben aus- gefärbte. Diese haben folgende Flügelmalse: 121, 124, 125, 127, 127, 131, 132 mm. Corvidae. Corvultur albicollis Lath. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 640]. Laniidae. Harpolestes australis afl. minor Rchw. [.Pomatorhynchus australis minor — Rchw. Vög. Afr. II, p. 547], — Die Ukerewevögel sind keine echten minor, sondern leiten zur Subtilform H. a. emini Rchw. — die die Länder um den Vietoria-Nyanza herum mit Ausnahme dessen südöstlicher Ecke bewohnt — hinüber. Ihre Flügelmafse sind sehr grofs (bis fast 80 mm.) Da der Typus von minor aber von Kageji (Südufer des Victoria-Nyanza, Fischer leg.), also aus gröfster Nähe von Ukerewe, stammt, müssen die Conrads’schen Vögel wohl zweckmälsig zu minor gerechnet werden. [Beiläufig bemerkt, scheinen mir die Vögel der Meeresküste, z. B. von Daressalam, Magogoni am Ruvu usw. mit solchen aus dem Innern Deutsch-Ostafrikas nicht identisch zu sein]. — Die Conrads’sche Sammlung weist je vier S'O' und 99, zwei Expl. ohne Geschlechtsangabe sowie ein junges Stück auf. Harpolestes minutus Hartl. [Pomaiorhynchus minutus — 'Rchw. Vög. Afr. II, p. 552]. — Zwei Expl. (S' und 9). Ein Bewohner West- und Mittelafrikas. 27* 416 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. Hermann Grote: Chlorophoneus sulfureopectus suahelicus O. Neum. [Chlorö- phoneus sulfureopectus chrysogaster — Rchw. Vög. Afr. II, p. 562]. — Zehn Exemplare (VI—VIII). Laniarius funebris Hartl. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 574]. — Die beiden Conrads’schen Vögel sind in ihrer Färbung deutlich verschieden. Das eine Stück (9) ist unterseits merklich dunkler, der Bürzel ist nur spärlich gefleckt; das andere (ohne. nähere Angaben) hat reichlich gefleckten Unterrücken. — Flügellänge 89 und 90 mm. Laniarius erythrogaster Cretzschm. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 586]. — Acht Exemplare, die (soweit Daten auf den Etiketten angegeben) im V, VII, VIII und X gesammelt worden sind. Dryoscopus cubla hamatus Hartl. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 594]. — Acht Q'g' von Ukerewe messen 83 bis 90, zwei QQ 78 und 83 mm Flügellänge; sie weisen also recht grofse Mafse auf und dürften zur Neumann’schen Subtilform D. e. occidentalis (die Reichenow wieder eingezogen hat) hinüber- leiten. Malaconotus poliocephalus ? interpositus Hart. [Hartert, Bull. Brit. Orn. Ciub 29, 1911, p. 36]. — Das einzige Stück der Conrads’schen Sammlung kann man m. E. nicht zur ost- afrikanischen Form approximans Cab. (= hypopyrrhus Hartl. apud Reichenow) stellen, denn der Kropf ist bei diesem Stück nicht „ausgesprochen goldbraun‘ wie bei typischen Ostafrikanern, sondern nur goldbraun verwaschen. Der Vogel dürfte der von Hartert beschriebenen Rasse interpositus (terra typ.: Gegend nordwestlich des Tanganyika) nahe stehen, vielleicht mit ihr zusammenfallen. — Wie Graf Zedlitz bereits mitgeteilt hat (J.f. O. 1915, p. 63), hat das Exemplar’ von Ukerewe sehr starken Schnabel und grofse Flügelmafse (122 mm). Eurocephalus anguitimens fischeri Zedlitz (cfr. Journ. f. Ornith. 1915, p. 46—50). — fn der Conrads’schen Sammlung liegt ein einziges Exemplar vor, das auf Grund der vom Grafen Zedlitz verfalsten Zusammenstellung (l. c.) zu dieser (m. E. kaum differenzierten) Subtilform zu stellen ist. Lanius collaris humeralis Stanl. [Lanius humeralis — Rchw. Vög. Afr. II, p. 609]. — Je ein 9‘ und @ (vom VIID; Fundortsangabe: Speke-Golf. Lanius excubitorius böhmi Rchw. [Lanius böhmi — Rchw. Vög. Afr. II, p. 616]. — Zwölf Exemplare, davon ein jüngeres. Flügellänge meist gegen 120 mm, einmal über 125 (126), einmal unter 115 (112) mm. Diese verhältnismälsig geringen Mafse weisen auf die Subtilform L. e. intercedens O0. Neum. (J. f. O. 1905, p. 228) hin, die, aus dem Hauaschgebiet be- 70. Tr. 72. 73. 74. 75. 76. LIKE 78. 79. 80. Vögel der Ukerewe-Insel. 417 schrieben, sich nach Westen bis an die Nord- und Ostküste des Victoria-Nyanza verbreiten soll. Ich vermag bei den Ukerewevögeln keinen Unterschied in der Färbung. von echten .L. e. böhmi zu finden. Lanius collurio L. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 622]. — Ein 9 (IX). Campephagldae. Campephaga nigra Vieill. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 518]. — Sieben (weibliche) Stücke. Muscicapidae. Brodornis pallidus murinus Finsch u. Hartl. [Rchw. Vög. Afr. Il, p. 436]. — Zwei Exemplare (QYQ) — 94 und 97 mm Flügellänge. Bradornis griseus Rcehw. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 438]. — Acht Exemplare. Flügellänge 84—89, einmal 91 mm. — Ein sehr westlicher Fundort. Empidornis semipartitus kavirondensis O. Neum. [.Empidornis kavirondensis — Rchw. Vög. Afr. II, p. 448]. — Die Färbung der Unterseite variiert selbst bei. Stücken von demselben Fundorte; von den vier Exemplaren von Ukerewe sind zwei (S'Q') unterseits etwas heller als die beiden anderen (Q und ? sex.). Flügellänge: J'0' 109, 102; @ 99; ? sex. 96 mm. Artomyias fuliginosa Verr. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 462]. — Ein Exemplar, im gefleckten Jugendkleide. Ukerewe ist der östlichste bisher bekannte Fundort dieser west- und mittel- afrikanischen Art. Batis molitor puella Rchw. [.Batis puella — Rchw. Vög. Afr. II, p. 483]. — Fünf Exemplare (2 9'5‘, 19, 2 iuv.). Flügel. länge: 9'C' 61 und 58, 257 mm. — Das eine Q' zeigt da- schwarze Brustband mit vereinzelten rotbraunen Federn vermischt, auch auf der Kehle finden sich ein paar rostrote Federchen. Tehitrea perspicillata suahelica Rehw. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 509]. — Vier Exemplare. Hirundinidae. Hirundo rustica L. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 406]. — Ein Expl. Caprimulgidae. Caprimulgus fossei [Verr.] Hartl. [Rchw. Vög. Afr. I, p-365]. — Sechs Expl. Macrodipteryz vexillarius J. Gd. [Rehw. Vög. Afr. II, D» 371).— Ein Expl. (O°). 418 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90, Hermann Grote: Upupide. - Irrisor erythrorhynchos marwitei Rchw. [Ornith. Mtsber. 1906, p. 171]. — Die beiden Exemplare der Conrads’schen Sammlung möchte ich zu dieser Form stellen. Sie haben blaugrünen Gefiederglanz und purpurviolette mittlere Schwanzfedern. Rhinopomastus cyanomelas schalowi O. Neum. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 347]. — Fünf Expl. Meropidae. Melittophagus pusillus meridionalis Sharpe [.Melittophagus meridionalis — Rchw. Vög. Afr. II, p. 307]. — Siebzehn Expl. Aerops albicollis maior Parrot [Dr. Parrot, Ornith. Monatsber. 1910, p. 12]. — Die sieben von Conrads gesammelten Stücke haben 98, 99, 100, 101, 105, 107, ein offenbar jüngerer Vogel 96 mm Flügellänge. Merops apiaster L. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 320]. — Zwei Expl. Merops superciliosus L. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 325]. — Zwei Expl. Alcedinidae. Halcyon chelicuti Stanl. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 271]. — Fünf Expl. Halcyon semicaeruleus Forsk. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 276]. — Die schöne von Conrads gesammelte Reihe von 14 Exemplaren zeigt deutlich, wie sehr das Blau bei dieser Art abändert: von meergrünem Blau bis zu reinem Kobaltblau; ein Exemplar zeigt sogar etwasveilchenfarbenen Glanz. Reichenow („Die Vogelfauna des Mittelafrikanischen Seengebiets“ p. 289) hat bereits die „Formen“ centralis Neum. und hyacinthinus Rchw. auf das zurückgeführt, was sie in Wirklichkeit sind: individuelle Abänderungen. Die Flügellänge der 14 Ukerewe- vögel schwankt zwischen 100—106 mm., einmal beträgt sie fast 109 mm. Halcyon senegalensis cyanoleucus Vieill. [Halcyon eyanoleucus — Rchw. Vög. Afr. II, p. 284]. — In der Färbung weichen die 6 Exemplare der Conrads’schen Sammlung von der Ukerewe-Insel nicht merklich von senegalensis ab; sie haben aber ein ganz klein wenig Schwarz hinter dem Auge und sind somit zu cyanoleucus zu rechnen. Ispidina picta Bodd. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 286]. — Die acht Expl. haben 51—55 mm Flügellänge. 91. 92. 93. 94. 95. 96, 97. 98. 99. Vögel der Ukerewe-Insel. 419 Corythornis ceristatus cyanostigma Rüpp. [Corythornis cyano- stigma — Rehw. Vög. Afr. Il, p. 289]. — Sechs Expl. Ceryle rudis L. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 295]. — Acht Expl. Bucerotidae. Lophoceros nasutus epirhinus Sund. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 258]. — Acht Expl. Coraciidae. Coracias garrulus L. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 217]. — Ein Expl. Coracias caudatus suahelicus Neum. [Oscar Neumann, Journ. f. Ornith. 1907, p. 593]. — Die elf Exemplare von der Ukerewe-Insel zeigen alle ein dunkles Blau, insbesondere ist auch der Unterrücken bei den meisten Stücken fast purpurblau. Die von Prof. Neumann beschriebene Rasse scheint mir in den meisten Fällen gut kenntlich zu sein. Coliidae. Colius striatus berlepschi Hart. [Colius leucotis afinis — Rehw. Vög. Afr. II, p. 205]. — Auf Grund der grofsen Flügelmafse (97—105, meist etwa 100 mm) stelle ich die vorliegenden achtzehn Exemplare von der Ukerewe-Insel zu dieser von Hartert beschriebenen Form. In der Färbung — die, wie in letzter Zeit verschiedentlich ausgeführt wurde, nicht unerheblich variiert — ist wohl kaum ein Unterschied von afinis festzustellen. Colius macrourus pulcher OÖ. Neum. [Colius macrourus — Rchw. Vög. Afr. II, p. 210]. — Von dieser sehr schwach differenzierten Rasse liegen in der Conrads’schen Sammlung sechs Exemplare vor, auf welche die von Prof. Neumann (Journ. f. Ornith. 1900, p. 190) angegebenen Merkmale für pulcher passen. Flügellänge 92—96, meist 92 mm, Picidae. Dendromus malherbei nyansae O. Neum. [.Dendromus mal- herbei — Rchw. Vög. Afr. II, p. 172]. — Drei Exemplare mit 101 — 105 mm Flügellänge. Ausführlicheres findet sich in Dr. E. Hesse’s „Kritische Untersuchungen über Piciden“ (Mitteil. a. d. Zool. Mus. in Berlin, 1912, Heft 2, Bd. 6) p. 253—256. Dendromus abingoni suahelicus Rchw. [Dendromus chry- surus suahelicus — Rchw. Vög. Afr. II, p. 174]. — Ein Expl. mit 117 mm Flügellänge. 420 100. 101. 102. 103. "104. 105. 106. 107. 108. 109. Hermann Grote: Dendromus nubicus Gm. [Rchw. Vög. Afr. IL, p. 178]. — Ein Expl. (2) mit grofsen weilsen Oberkopfflecken. Flügel- länge 110 mm. Mesopicos goertae rhodeoyaster Fschr. u. Rchw. [Mesopicos spodocephalus rhodeogaster — Rchw. Vög. Afr. II, p. 188]. — Ein Expl (9°) mit 111 mm Flügellänge. Dendropicos guineensis hartlaubi Malh. [.Dendropicos hart- laubi — Rchw. Vög. Afr. II, p. 193]. — Eine Reihe von zehn Exemplaren von Ukerewe liegt mir vor, auf welche die von Prof. Neumann für seine Form centralis (J. f. O. 1900, p. 206) angegebenen Merkmale nicht passen wollen. Vor allem sind die Mafse kleiner: Flügellänge 85—89 mm (gegen 90—93 apud Neumann). Auch die angegebenen Färbungsmerkmale treffen nicht unbedingt zu. Capitonidae. Lybius leucocephulus usukumae Neum. [O. Neumann, Bull. Brit. Orn. Club 21, 1908, p. 46]. — Wie Reichenow bereits (Journ. f. Ornith. 1918, p. 71) angegeben hat, geht bei den vorliegenden Vögeln von Ukerewe das Weils des Unter- halses bald mehr, bald weniger weit auf die Brust herab. Die acht Exemplare haben 95—102 mm Flügellänge. Tricholaema lacrymosum Cab. [Rchw, Vög. Afr. II, p. 132]. — Fünf. Expl., die alle 70 mm Flügellänge haben. Von ihnen schreibt Graf Zedlitz: „Stücke des B. M. von der Ukerewe- Insel sind intermediär zwischen radchffei und lacrymosum (Journ. f. Ornith. 1910, p. 748). Über die Form radeliffei cfr. Reichenow „Die Vogelfauna des Mittelafrikanischen Seengebiets“, p. 278. Tricholaema diadematum massaicum Rchw. [Tricholaema mas- savcum — Rchw. Vög. Afr. II, p. 136]. — Ein Expl. mit 77 mm Flügellänge. Barbatula pusilla affınis Rchw. [Barbatula affınis — Rchw. Vög. Afr. II, p. 152]. — Neun Exemplare von Ukerewe liegen vor. Sie haben verhältnismälsig grofse Flügelmalse: 54—57, meist über 55 mm. Trachyphonus darnaudi usambiro Neum. 2 Neumann, Bull. Brit. Orn. Club CXLVI, 1908, p. 30]. — Vier Expl., Flügellänge 81—86 mm. Indicatoridae. - Indicator minor Steph. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 110]. — Ein Expl. mit 90 mm Flügellänge. Cuculidae. Centropus superciliosus Hempr. u. Ehrenb. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 65]. — Elf Expl. 1 110. 111, 112, 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. Vögel der Ukerewe-Insel. 421 Olamator cafer Leht. [Coceystes cafer — Rchw. Vög. Afr. II, p. 76]. — Ein junger Vogel. Clamator jacobinus Bodd. [Coceystes jacobinus — Rehw, Vög. Afr. II, p. 78]. — Zwei Expl. Clamator glandarius L. [Coceystes glandarius — Rehw' Vög. Afr. II, p. 81]. — Fünf Expl. Chrysococeyx cupreus Bodd. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 94]. — Achtzehn Expl. Ohrysococeyz klaasi Steph. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 98]. — Drei Expl. Musophagidae. Musophaga rossae J. Gd. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 29]. — Fünf Expl. Chizaerhis. sonura Rüpp. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 31]. — Vier Expl. Gymnoschizorhis personata leopoldi Shell. [G@ymnoschisorhis leopoldi — Rchw. Vög. Afr. II, p. 37]. — Ein Stück, das seiner dunklen Haube nach der Form ceniralis OÖ. Neum. angehören könnte. Da Reichenow diese Form aber wieder eingezogen hat („Die Vogelfauna des Mittelafrikanischen Seengebiets“, p. 270), führe ich den Ukerewevogel als leopoldi auf. Psittacidae, Poicephalus meyeri matschiei O. Neum. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 12]. — Fünf Exemplare; Flügellänge 149—152 mm. Agapornis fischeri Rchw. [Rchw. Vög. Afr. II, p. 23]. — Zwei Exemplare, mit 95 bzw. 96 mm Flügellänge. Strigidae. Bubo maculosus Vieill. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 654]. — Ein Exemplar. (Über B. m. amerimnus Oberh. cfr. Reichenow „Die Vogelfauna des mMittelafrikanischen Seengebiets‘‘, p. 265) Strix alba maculata Brehm [Sirix flammeamaculata — Rehw. Vög. Afr. I, p. 676]. — Zwei Expl. Falconidae. Melierax canorus ? metabates Heugl. [Melierax metabates — Rchw. Vög. Afr. I, p. 544]. — Ein Expl. Circaötus cinerascens Müll. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 573]. — Fünf Expl. Lophoaetus occipitalis Daud. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 582]. — Ein Expl. 422 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133, 134. 135. 136. Hermann Grote: Haliaetus vocifer Daud. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 605. — Ein Expl. Mivus migrans parasitus Daud. [Milvus aegyptius — Rchw. Vög. Afr. I, p. 609 (partim)]. — Zwei Expl. ° Elanus caeruleus Desf. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 615]. — Ein Expl. Falco chicquera ruficollis Sw. [Falco ruficollis — Rchw. Vög. Afr. I, p. 631]. — Ein Expl. Oerchneis ardosiacea Vieill. [Rchw. Vög. Afr. I; p. 636]. — Vier Expl. Oerchneis tinnunculus L. (carlo Hart. u. Neum. ?) [Rchw. Vög. Afr. I, p. 641]. — Ein Expl. (9). Vulturidae. Neophron monachus Tem. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 522]. — Ein Expl. Phasianidae. Numida reichenowi Grant. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 437]. — Vier Expl. mit Fundortsangabe Speke-Golf. — [Es scheint mir etwas zweifelhaft, ob die Vögel in der Tat zur Nominatform zu stellen, oder vielleicht als neu abzutrennen sind. Ein Stück hat aufserordentlich weit nach hinten übergebogenen Helm, ein anderes scheint sich mehr intermedia zu nähern. Die Schnabellappen dürften weniger breit sein, als bei typischen reichenowi, was aber an den trockenen Bälgen nicht mit unbedingter Sicherheit festzustellen ist.] Pternistes rufopictus Rehw. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 464]. — Zwei 09'0'. Leider ist auf den Begleitzetteln nicht die Färbung der nackten Kehlhaut angegeben. Bei den beiden vorliegenden Bälgen von der Ukerewe-Insel sieht sie dunkler aus, als bei den übrigen im Berliner Museum vor- handenen Bälgen dieser Vogelart; man könnte auf orange- rot schliefsen (gegen hellgelb bei den übrigen). Ob sich die Ukerewevögel im Leben durch andere Kehlfärbung von typischen Stücken unterscheiden, oder ob es sich nur um besonders intensiv ausgefärbte Hähne handelt, mufs einst- weilen dahingestellt bleiben. Francolinus hildebrandti Cab. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 477]. — Ein Expl. (2). Columbidae. Vinago calva salvadorii Dubois. [Vinago calva nudirostris — Rchw. Vög. Afr. I p. 396 (partim)]. — Neun Expl. Columba guinea longipennis Rchw. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 402]. — Die vier vorliegenden Exemplare von Ukerewe haben 223, 227, 229 und 236 mm Flügellänge. PRRE 137 138. 139. 140, 141. 142. Vögel der Ukerewe-Insel. 428 Streptopelia semitorguata erythrophrys Sw. [Turtur semi- torquatus — Rchw. Vög. Afr. I, p. 409.] Ein Expl., Flügel- länge 185 mm. Chalcopelia afra L. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 426]. — Zwei typische Vögel mit blau glänzenden Flügelflecken. Chalcopelia afra chalcospilos Wagl. [Chalcopelia afra — Rchw. Vög. Afr. I, p. 426 (partim)]. — Auffälligerweise kommt neben der vorigen auch dieses Täubchen auf Ukerewe vor: in der Conrads’schen Sammlung befindet sich ein Stück mit rein erzgrün glänzenden Flügelflecken. Oena capensis L. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 429]. — Vier Expl. Ardeidae. Nyeticorax leuconotus Wagl. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 363]. — Ein Expl. Tigribaphe leucolaema Rchw. [Ornith. Monatsber. 1912, p. 61.] — Dieser von P. Conrads entdeckte neue Reiher wird von Geheimrat Reichenow 1. c. wie folgt beschrieben: „Zigribaphe n. g. Art der Befiederung und Färbung . ganz wie Tigrisoma, ohne jegliche Schmuckfedern, aber durch einen ganz verschiedenen Schnabel unterschieden. Dieser ist nicht gerade und schlank wie bei Tigrisoma, sondern gleicht dem von Nycticorax, ist kräftig, seitlich etwas aufgetrieben, schwach gebogen und nur so lang wie der Lauf. Tigribaphe leucolaema n. sp. Der Tigrisoma leuco- lophum sehr ähnlich, aber mit weilsem Streif längs der Kehlmitte, Kehlseiten breit nackt und weils umsäumt, keine weilsen Federn im Genick, Bauch rahmfarben, schwach grau gefleckt. Kopf und Hals schwarz und rostfarben quergebändert, Kehle wie vorher angegeben, längs der Mitte des Unter- halses ein aus weilsen und schwarzen Strichen gebildeter Streif; Rücken und Flügel braunschwarz mit olivgrünlichem Schimmer und schmalen zackigen rostfarbenen Querbinden, die auf den Flügeln dichter stehen; Schwanz schwarz mit schmalen welligen weifsen Querbinden; Schwingen schiefer- schwarz mit weilsem Endsaum, die äufseren mit weilsen oder blafsrostfarbenen Querbinden auf der Aufsenfahne; Bauch rahmfarben mit einzelnen grauen Flecken; Weichen schieferschwarz und weils gebändert; Unterflügeldecken schieferschwarz und weils gefleckt; Unterschwanzdecken schiefergrau mit weilsen Wischflecken. — L, etwa 650, Fl. 310, Schw. 110, Schn. 90, Lf. 90, Mtz. 80. Ukerewe-Insel im Viktoria Niansa (Conrads S.)“. Ein Exemplar. 424 143. 144, 145. 146. 147. 148. 149. on 150. 151. 152, 153. 154, Hermann Grots; Butorides striatus atricapillus Afzel. [.Butorides atricapillus Rchw. Vög. Afr. I, p. 370]. — Zwei Expl. Ardea goliath Cretzschm. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 376]. — Ein Expl. Ardea melanocephala Vig. u. Childr. [Rchw. Vög. Afr. I, | p. 380]. — Zwei Expl. Bubuleus ibis L. [Rchw. Vög. Afr. I, p.' 381]. — Zwei Expl. Egretta alba L. [Herodias albuo — Rchw. Vög. Afr. I, p. 388]. — Zwei Expl. Scopidae. Scopus umbretta bannermani Cl. Grant. [Scopus umbreita — Rchw. Vög. Afr. I p. 353]. — Fünf Expl. Ciconiidae. Anastomus lamelligerus Temm. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 335]. — Vier Expl. (Oiconia ciconia L. [Rehw. Vög.} Afr. I, p. 345]. — Der Storch ist in der Conrads’schen Sammlung nicht vertreten. Die Art wird hier aber aufgeführt auf Grund eines Stückes, das mit dem Rossittener Aluminium- ring No 3022 am 1. August 1909 im Kreise Heiligenbeil (Ostpreufsen) markiert worden war und am 30. November 1909 auf der Westspitze der Ukerewe-Insel von Negern gefangen und dem Sanitätsfeldwebel M. Sacher ge- bracht wurde. dCfr. Prof. J. Thienemann, IX. Jahres- bericht der Vogelwarte Rossitten, Journ. f. Ornith. 1910, p. 623). Ibididae. Threskiornis aethiopica Lath. [Ibis aethiopica — Rehw. Vög. Afr. I, p. 321]. — Fünf. Expl. Hagedashia hagedash Lath. (subsp.) [Theristicus hagedash — Rchw. Vög. Afr. I, p. 325]. — Vier Expl. — Die Ukerewe- vögel zu einer der von Prof. O0. Neumann aufgestellten Subspezies zu stellen, wage ich vorläufig nicht, solange diese Rassen überhaupt noch sehr fraglich und vielum- stritten sind. Man könnte wohl auf »slotica (?) schliefsen. Rallidae. Orecopsis egregia Ptrs. [Orex egregia — Rchw. Vög. Afr. I, p. 278]. — Ein Expl. Limnocorax niger Gm. [Rchw. Vög. Afr, I, p. 279]. -3 Sechs Expl. Gallinula angulata Sund. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 295]. — Zwei Expl. (O' und 2). — Anscheinend zum erstenmal für das Seengebiet nachgewiesen, 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. . Vögel der Ukerewe-Insel. 425 Fulica cristata Gm. [Rehw. Vög. Afr. I, p. 296]. — Ein Expl. Jacanidae. Actophilus africanus Gm. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 267]. — Vier Expl. Otididae. Otis melanogaster Rüpp. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 256]. — Zwei Expl. (0° und 9). Charadriidae. Tringa glareola L. [Totanus glareola — Rchw. Vög. Afr. I, p. 222]. — Vier Expl. (Ende IX und X). Tringa hypoleucos L. [Tringoides hypoleucos — Rchw. Vög. Afr. I, p. 224]. — Zwei Expl. (VIII)., Rhinoptilus einctus emini Zedlitz [Graf Zedlitz, Journ. f. Ornith. 1914, p. 624]. — Fünf Expl. Diese Form wurde auf Grund der von Conrads auf der Ukerewe-Insel ge- sammelten Vögel beschrieben. Näheres cfr. 1. c. Charadrius tricollaris Vieill. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 176]. — Ein Expl., Fundortsangabe Speke-Goltf. Stephanibyx coronatus Bodd. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 180]. — Vier Expl. Hemiparra crassirostris hybrida Rchw. [Hemiparra hybrida — Rchw. Ornith. Monatsber. 1909, p. 42]. — Vier Expl. Lobivanellus senegallus lateralis A. Sm. [.Lobivanellus late- ralis — Rchw. Vög. Afr. I, p. 194]. — Zwei Expl. Burhinidae. Burhinus vermiculatus Cab. [Oedienemus vermiculatus — Rchw. Vög. Afr. I, p. 200]. — Zwei Expl., die zu dieser Form gerechnet werden müssen. Anatidae. Dendrocygna viduata L. [Rehw. Vög. Afr. I, p. 124]. — Neun Expl. Nettopus auritus Bodd. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 127, — Ein Expl. (9°). Sarkidiornis melanotus Penn. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 129]. — Zwei Expl. Alopochen aegyptiaca L. [|Chenalopex aegyptiacus — Rehw. Vög. Afr. I, p. 131]. — Ein Expl. Plectropterus gambensis L. [Rehw. Vög. Afr. I, p. 134], — Drei Expl. 436 Hermann Grote: Vögel der Ukerewe-Insel. Phalacrocoracidae. 171. Phalacrocorax carbo lugubris Rüpp. [| Phalaerocorax lucidus. lugubris — Rchw. Vög. Afr. I, p. 90]. — Sieben Expl. 172, Phalacrocorax africanus Gm. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 93]. — Sieben Expl. 173. Anhinga rufa Lacep. u. Daud. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 95]. — Fünf Expl. Laridae. 174. Larus cirrocephalus Vieill. [Rchw. Vög. Afr. I, p. 44]. — Drei Expl. | Die Fänger (CapZores) Aegyptens. Bearbeitet von Alexander Koenig, Bonn a./Rhein. Die Familie der Würger (Laniidae) wird in Aegypten nur durch eine Gattung: Würger (Lanius) vertreten. Auf sie ent- fallen 5 Arten, nämlich Lanius elegans, Swains., Lanius minor, Gmel., Lanius (rufus) nilotieus, Pucher., Lanius collurio, L. und Lanius nubicus, Licht. Lanius,!) L, 1766. Syst. Nat. I, pag. 134. Rostrum rectiusculum, dente utringue versus apicem, basi nudum. Lingua lacera. Lanii accedunt Accipitribus laniena, Picis moribus, Passeribus statura adeoque tamquam, inter hos medii. Würger. Diagnose der Gattung: Schnabel kräftig und grofs, seitlich stark zusammengedrückt, von der Wurzel an grade verlaufend mit hakenförmig herabgebogener Spitze des Oberkiefers.. Vor der Spitze befindet sich ein kleiner, scharfeckiger Ausschnitt: 1) Lanius, ii, m. vom Verbum länio, ävi, ätum, äre zerfleischen, zerfetzen, zerreilsen gebildet — der Fleischer, Metzger, Schinder. Der Name ist anscheinend zuerst gebraucht von Conrad Gesner, dessen grofsem Werke De Auibus, Lib. III anno 1555 pag. 557 folgende Stelle zu entnehmen ist: „Lanium cinereum nostrum, cuius effigiem in fine libris ponemus, alii aliter, Latine Graeceve nominavi pPosse coniecerunt, ego cum nulli ueterum descriptioni satis eam accedere uiderem, nouo nomine lanium appellare malui: quod in alias aues non solum se minores sed maiores etiam aliquas laniando saeuire soleat. Die Fänger (Captores) Aegyptens. 487 Der Zahn. Der Unterschnabel legt sich mit einer leicht aufwärts gebogenen Spitze in den Zahn hinein. Die Mandibeln sind sehr stark und kräftig. Mundwinkel mit starren Borsten umgeben. Nasenlöcher am Schnabelgrunde seitwärts liegend, rundlich oval ohne Hautdeckel von starren Borstenfedern umgeben und nahezu von ihnen bedeckt. Zunge gestreckt, lanzettförmig mit unregelmälsig geteilter (zerfetzter) Spitze. Der Hinterrand ist gezähnelt und trägt einen Eckzahn. i Flügel kurz und abgerundet. 10 Handschwingen. Die erste Schwinge auffallend kurz, die zweite fast doppelt so lang wie die erste, aber kürzer als die dritte, welche mit der vierten die längste ist. Füfse mittelmäfsig, proportioniert zum Körper, aber stark und kräftig, in der Miniaturausgabe Krähenfülsen gleichend. Lauf entsprechend lang, vorn getäfelt, hinten geschient. Von den Zehen sind drei nach vorne, eine nach hinten gerichtet; die nach vorn gerichteten Zehen sind am Grunde völlig frei (nicht en) — Spaltfüfse — (Pedes fissi); Fulsrücken grob ge- täfelt. Der Schwanz ist lang und breit, seitlich stark abgerundet. Die beiden Mittelfedern ragen als die längsten ein wenig hervor. Das Kleingefieder ist sehr weich und zart, äufseren Einflüssen gegenüber überaus empfindlich. ‘Die Hauptfärbung ist nach den Gruppen verteilt in Grau und Rotbraun vorherrschend, wobei Schwarz und Weifs hervor- ragend kontrastieren. Es sind unruhige, dabei äufserst gewandte Vögel, welche überall, wo sie sind, in die Erscheinung treten. Ihr Flug ist leicht, meist in einer leichtgeschwungenen Bogenlinie vor sich gehend. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich in Insekten, aber auch in kleinen Säugetieren und jungen Vögeln, welch’ letztere sie gerne aus den Nestern holen. Sie bewohnen Hecken und lichtere Baumbestände und haben die eigenartige Gewohnheit, ihren Fang, wie Käfer, Heuschrecken und auch Warmblüter. auf die Dornen zu spiefsen (Neuntöter). Die in Büschen und Bäumen meist niedrig angebrachten Nester sind offen, fest zusammen- geschichtet, tiefnapfig, die Eier gefleckt. Die grofse umfangreiche Gattung hat ihre Vertreter in der ganzen Alten Welt sowie in Nord-Amerika. Die Gattung ist ziemlich einheitlich, sodals sich eine weitere generische Auf-. teilung erübrigt. 78. Lanius elegans, Swains. 1831. Faun. Bor. Am. II, pag. 122. — Lanius hemileucurus, Finsch u. Hartl. 1880 Vög. Ost- Afrikas, pag. 329. 428 A. Koenig: Ad. supra pulchre canus, scapularibus et uropygio imo albis: subtus pure albus: linea frontali, loris cum regione oculari et parotica nigris, albo anguste marginatis: tectricibus alarum minimis canis, maioribus cum ala spuria nigris: remigibus nigris, primariis ad basin albis, secundariis albo marginatis et spicatis: rectricibus centralibus nigris anguste albo spicatis, duabus ex- ternis omnino albis: scapis tantum nigris, proximo pogonio interno fere nigro: subalaribus et secundariis subtus in pogonio interno albis: rostro pedibusque nigricanti — corneis, iride fusca. Diagnosis in Dresseri opere „A History of the Birds of Europe.“ Vol. IX Supplement pag. 167. Blafsfarbener Grauwürger; Wüsten-Raubwürger. Französisch: Pie-grieche!) päle. Englisch: Pallid Shrike. Arabisch: Der arabisch-aegyptische Name ist mir unbe- kannt geblieben. Der dunkelschwarze, seitlich stark comprimirte Schnabel ist kräftig und dick, 2,5 cm lang, an der Basis, 1 cm hoch. Der Oberschnabel fällt auf der Kuppe nach der Spitze zu sanft ab, greift hakenförmig über den Unterschnabel und bildet kurz vor der Spitze den Zahn, in welchen die sanft aufwärts gebogene Spitze des Unterschnabels passend eingreift. Der Unterkiefer, welcher von sehr starken Mandibeln ge- bildet wird, ist von starren, abwärts gerichteten Federborsten umgeben. Das ungedeckelte Nasenloch ist rundlich oval und liegt seitwärts am Schnabelgrunde auf beiden Seiten des glatten Oberschnabels. Kopf, Nacken, Mantel, Rücken und Bürzel lichtaschgrau. Vom Schnabelgrunde zieht sich durch das Auge bis hinter die Ohrgegend ein tiefschwarzes Band, welches sich hinterwärts ver- breitert. Ein zartweifser, fadenartig dünner Superciliarstreifen vorhanden oder angedeutet. Kinn, Kehle, Wangen sowie die ganze Unterseite bis zu den Unterschwanzdeckfedern reinweils. Alle Federn von ungemeiner Zartheit und gegen jede Berührung mit Fremdstoffen äufserst empfindlich, leicht Schmutz annehmend und saugend wie ein Löschblatt, sodafs nur im Leben des Vogels die Reinheit der Färbung gewahrt bleibt. Ein durch den Magen geschossener Vogel ergiefst das säure- und Ölhaltige Drüsen- sekret aus Rachen und Nasenlöchern und verunreinigt das zarte Gefieder derart, dafs die sorgfältigste Waschung die beschmutzten 1)... alii pie griaysche, id est pica Graeca uel pie escrayere ... Gesner, De Auibus, Lib. IH, pag. 557. Die Fänger (Captores) Aegyptens. 429 Federn zu reinigen nicht mehr im Stande ist. Flügel schwarz, leicht braun gesäumt. Die Handschwingen zeigen einen grolsen, weilsen Spiegel, der sich aber nicht auf die Armschwingen fort- setzt und durch das Schwarz der letzteren scharf und ausdrucks- voll eingefalst wird. Armschwingen schwarz, am Endrande breit, weils gesäumt und auch wohl längsseitig weilsgerändert. Schulter- fittich weils, von den grauen weitstrahligen Spitzenfedern des Mantels befallen. Das Weifs der Schwanzfedern variiert stark. Die beiden äufseren Steuerfedernpaare pflegen meist ganz weils zu sein, während ihre Federschäfte schwarz sind. Oft zeigt jedoch das zweite Steuernfedernpaar nach dem Grunde zu bereits eine starke Verdickung des schwarzen Schaftstriches, der in breiter Ausdehnung die ganze Basis bedeckt, wie das bei meinem im Fayum erlegten Vogel der Fallist. Dann nimmt das Schwarz der übrigen Steuernfedernpaare von innen nach aulsen immer mehr zu, bis die beiden mittleren Schwanzfedern ganz schwarz werden mit kaum angedeuteter, zartweilser Endspitze. Die meist licht- aschgraue Färbung der Oberseite läuft viele Abstufungen durch von einer dunkleren Schattierung bis zu einer auffallend hellgrauen. Schnabel und Fülse glänzend schwarz, Nägel scharfrandig, dunkel hornfarben; Iris umbrabraun. Die ganze Länge des Vogels beträgt 25 cm. Flügellänge 10,5 cm. Schwanzlänge 10,5 cm. Der in der ausgesprochenen Wüstenregion beheimatete Vogel zieht sich südlich der Atlaskette von Algier und Tunis über Tripolis und Barka bis nach Aegypten hin. Die schwierige Frage, welche Art der grofsen Gruppe der Grauwürger Aegypten bewohnt, ist weder von den älteren noch von den jüngeren Forschern entschieden worden. Erst in der neuesten Zeit sind wir darin einer Klärung entgegengegangen. Alfred Brehm lälst Lanius excubitor! südwärts bis in die Wälder am Blauen und Weifsen Nil vorkommen; Rüppell sagt, er wäre häufig in Aegypten und Arabien und Hemprich und Ehrenberg wollen ihn in Nubien, Aegypten und in Süd- und Nord-Arabien beobachtet haben. Heuglin sagt ansdrücklich, dafs er den europäischen großsen Würger nur im Winter in Aegypten und im Peträischen Arabien erlegt habe und. dafs seine Erscheinung dort keineswegs eine gewöhnliche sei. Hier mufs offenbar eine Verwechselung resp. Verkennung der Arten vorliegen. Der Europäische Raub- würger (Lanius excubitor, L.) ist für Aegygten ausgeschlossen; er wird dort ersetzt durch die ihm nahestehende, jedoch gut abgerundete Art des blafsfarbenen Grauwürgers (Lanius eleguns, Swains). Aber auch diese Form ist eine durchaus nicht häufige Erscheinung in Aegypten. Im eigentlichen Niltale bin ich ihr nirgends begegnet und habe nur gelegentlich eines Ausfluges Journ, f, Om, LXIX, Jahrg. Juli 1981. 28 480 A. Koenig: nach dem Fayum eben dort ein Stück gesehen und erlegt. Vom Fayum wird diese Art mehrfach erwähnt; sie wird selbstredend aber auch noch anderwärts vorkommen, wie z. B. in den öst- lichen Berg- und Wüstentälern Aegyptens, welche sich dem Sianitischen Charakter nähern. Ob der dort vorkommende Vogel aber identisch ist mit vorstehender Art, mufs ich ohne vorherige Untersuchung dahingestellt sein lassen, da der im Sinai von mir häufig angetroffene Raubwürger einer anderen Art zugehört, nämlich Zanius Aucheri, Bp. Somit würde L. elegans im Fayum gewissermalsen auslaufen, indem diese Art am Südabhang des Atlas westlich — also in Algier und Tunis — einsetzt und in einer Linie über Tripolis und Barka bis nach Aegypten vordringt, um am Nilflusse zu endigen. Sie ist aber, was nochmals her- vorgehoben zu werden verdient, in Aegypten keine häufige Er- scheinung, sicherlich nicht in den von mir besuchten Gegenden. Im Gegensatze zu meiner Beobachtung steht ein Satz, den ich in Conrad Gefsner’s Werk De Avibus, pag. 557 lese: Bellonius scribit uidisse in Aegypto in saepibus uolantes aues illas quae Gallice dicuntur pies grieches (id est picae Graecae) quae (inquit) mures deuorant ut tinnunculi. bersetzt: Bellonius schreibt, er habe des öfteren jene Vögel in Aegypten fliegen sehen, welche auf gallisch pies grieches (d. h. griechische Elstern) genannt werden, die Mäuse verschlingen wie die Turmfalken. Es scheint nicht ausgeschlossen, dafs die Zeit eine Wandlung hierin hervorgebracht hat, insofern nämlich, als früher Grauwürger häufiger in Aegypten gesehen worden sind, als heutzutage. Im übrigen ist es ja auch wohl zu verstehen, dafs diese Vögel, sobald sie gesichtet werden, ohne weiteres der europäischen Art excubitor zugewiesen werden, da nur durch eingehenden gründlichen Vergleich an toten Stücken die vorbandenen Unterschiede festgestellt werden können. Es herrschte daher bis in die neueste Zeit ein heilloser Wirrwarr in der Synonymie bei den Angaben der Autoren. Unter dem Namen Lanius lahtora, (Sykes) 1832 = Lanius dealbatus, Defil. 1853 wurden die meisten Grauwürger gefafst, welche der Saharischen . Wüsten- und Steppenregion angehören und die sich im Allgemeinen durch eine hellere Gesamtfärbung von den übrigen unterscheiden (v. Dresser, Birds of Europe, Band III und Shelley, Birds of Egypt. pag. 115, welch’ letzterer sich darin auf die Autorität von Dresser und Sharpe stützt). Nun ist aber der Name ZLanius lahtora, Sykes ganz auszuschalten, da derselbe einer ausgesprochenen Art in Indien (Typus aus Dekan) zukommt, während Lanius dealbatus, Defil., unter welchem Namen auch ich die Wüsten- raubwürger von Tunis und Algier gefalst habe, ein Synonym zu L. leucopygos, Hempr. und Ehrenbg. 1828 darstellt und von Defi- lippi im Jahre 1858 für einen Vogel vom Weifsen Nil gebraucht wurde. Die Klärung dieser höchst schwierigen Materie haben wir Hartert zu verdanken, der mit peinlichster Gewissen- Die Fänger (Captores) Aegyptens. 481 haftigkeit die Typen untersuchte und die Namen nach der Priori- tät richtig stellte, wie wir dies in seinem grofsen Werke „Die Vögel der paläarkt. Fauna“ pag. 428 u. ff. lesen können. Ich habe den Swainson’schen Namen L. elegans stets zurückgewiesen, weil ich nach der Beschreibung annehmen mufste, dafs derselbe für einen Vogel aus dem nördlichen Amerika gegeben wurde, einen Namen, den ich naturgemäfs unmöglich mit dem Vogel der paläarktischen Region identifizieren konnte. Hartert weist aber in seinem Werke pag. 427 darauf hin, dafs der Typus dieses Namens augenscheinlich aus Algier oder Tunis stamme und dem- nach die Bezeichnung Swainsons „Fur Countries‘ d.h. also Nord- Amerika irrtümlich sei. Finsch und Hartlaub haben denselben Vogel in ihrem Werke: Die Vögel Ost-Afrikasin Baron Claus von der Deckens Reisen in Ost-Afrika 1870 pag. 329 unter Lanius hemileucurus gefalst. Damit wäre der Name und Synonymie für den hell- farbigen Wüstenraubwürger endgültig festgestellt. So selten an sich das Vorkommen dieses Vogels für das Niltalgebiet des Pharaonenlandes auch erscheint, so häufig dürften andererseits Vertreter aus seiner Gruppe in den für diese zu- sagenden Örtlichkeiten vorkommen. Denn der geographische Begriff dieses Landes umfafst nicht nur die durch seine Frucht- barkeit berühmte Niltalzone, sondern begreift auch die ariden, überaus weiten Wüstendistrikte westlich und östlich des Stromes ein. Leider sind wir über die Vogelfauna der Libyschen Wüste und deren Oasen ebenso wenig unterrichtet wie über die Ornis der Arabischen Wüste. Beide aber bedürfen dringend einer gründlichen Durchforschung. Sehr wahrscheinlich werden die Bergwüstendistrikte östlich des Nilflusses den Grauwürger der asiatischen Seite beherbergen, den ich in den mit spärlichem Baumwuchse bestandenen Bergtälern (Wadis) des Sinaistockes häufig angetroffen habe. Dies ist der Lanius Aucheri, Pucheran. Mus. Paris. ex persia Aucher 1840. Similis pracedenti (Lahtora, Sykes) medius quasi inter Lahtoram et excubitorem, sed ob- scururior et dorso sine albo; cauda longiore, rectricibus an- gustioribus et cum remigibus minus albo variis; remigibus secundariis brevissimis. Bonaparte, Revue et Magaz. de Zoologie, Paris 1853, pag. 294. Eine Reihe der von mir im Sinai erlegten Vögel stimmt mit denen aus Palästina und auch mit denen von.Härms in Persien gesammelten Stücken überein. Das Hauptmerkmal dieser Art besteht in einem grauen Anfluge des Kropfes und der Weichen; Rücken und Bürzel sind grau, bald in dunkler, bald in hellerer Abtönung. Die beiden äufseren Schwanzfedernpaare sind bei einigen Vögeln oft ganz weifs mit schwarzen Schäften, bei anderen wieder an der Basis schwarz umrändert, sodals dieses Merkmal ebenso wie bei Lanius elegans grofser Variabilität unterliegt. 28* 483 - A. Koenig: Im Aegyptischen Sudan (Provinz Döngola und südlicher) habe ich Würger geschossen, bei welchen man zweifelhaft sein kann, ob man sie der Species Aucheri oder elegans zuweisen soll. Eine Verschmelzung und Verbastardierung der beiden Arten halte ich nicht für unwahrscheinlich, da sich dieselben äufserst nahe stehen. Ferner habe ich im Aegyptischen Sudan noch zwei andere Arten aus der Raubwürgergruppe kennen gelernt, die gut abgerundet und fest begründet zu sein scheinen, nämlich 1. Lanius leucopygos, Hempr. u. Ehrbg. 1828 beschrieben von Dongola. = Lanius dealbatus, Defil. 1853 Typus vom Weilsen Nil, von Brun Rollet gesammelt. == Lanius leuconotus, Chr. L. Br. J. f. Orn. 1854 pag. 147. Den weifsbürzeligen Grauwürger, der im all- gemeinen geringere Körperverhältnisse aufweist und durch einen reinweilsen Bürzel gekennzeichnet ist und 2. Lanius pallidirostris, Cassin 1852 Proc. Acad. Philad. V. pag. 244. == Lanius assimilis, Chr. L. Brehm 1854 J. f. Orn. 1854 pag. 146. Den fahlschnäbligen Grauwürger. Leicht kenntlich durch den fahlgrauen Schnabel, einfarbig graue Oberseite und rosigen Anflug an Kropf und Brust, gänzlich fehlenden oder nur bei adulten Stücken angedeuteten (vorhandenen) schwarzen Querstreifen am vordersten Stirnrande. Handschwingen mit grofsem weilsem Spiegel; innere Armschwingen an den Innen- fahnen nahezu ganz weils. Diese beiden vorstehenden Arten dürften sich auf der süd- lichen, richtiger gesagt auf der südlich-östlichen Grenze des Palaearktischen Faunengebietes bewegen und allenfalls noch eben das Bürgerrecht derselben in Anspruch nehmen; ganz tropisch dagegen ist die von mir am Bahr el Ghazäl häufig angetroffene Art Lanius excubitorius, Des Murs 1850, welche sich von weitem schon durch den auffallend langen Schwanz kennzeichnet. 79. Lanius minor,!) 6mel. 1788. Syst. Nat. I, pag. 308. L. cinereus, gula alba, pectore et abdomine roseis, fronte, linea oculari, caudaque nigris. Remiges nigrae; primariae macula ad basin, secundariae apice albo, rectrices extimae albae. 1) minör, öris Comparativ zu parvus = Kleiner, der Kleinere — hier wohl im Sinne der Vergleichung zu excubitor und seinem Formen- kreis gebraucht, Die Fänger (Cuptores) Asgyptens. 483 Habitat in Italia, Hispania, Russia nengetae affinis. Diagnosis apud Gmel. 1. c. Kleiner oder Schwarzstirniger Würger. Französich: Pie grieche d’Italie. Englisch: Lesser Grey Shrike. Arabisch: unbekannt. Diese ausgezeichnete, gute Art stellt gewissermalsen ein Bindemittelglied zwischen den eigentlichen Grauwürgern und den übrigen Würgern dar. Das adulte o* ziert am oberen Schnabelgrunde auf der Stirn bis in den Scheitel hinein ein breites tiefschwarzes Band, das über, durch und unter den Augen sich bis in die Ohrgegend hinzieht und halsseitig verläuft. Die ganze übrige Oberseite würgerartig aschgrau. Kinn, Kehle und Halsseiten reinweils, ebenso die Steifs- und Unterschwanzdeckfedern. Die übrigen unteren Partien, namentlich Kropf, Oberbrust, Brust und Bauch- seiten sind lebhaft rosarot angehaucht, was dem Vogel ein un- gemein liebliches Aussehen verleiht. Durchgreifende Unterschiede, welche ihn von der Raubwürgergruppe trennen, liegen in der Flügelbildung. Die erste Schwinge ist nicht etwa halb so lang wie bei den Grauwürgern, sondern nur von der Länge der Hand- decken, wohingegen die zweite Schwinge nicht erheblich kürzer ist als die dritte, welche die längste ist. Bei den Raubwürgern pflegen die dritte und vierte Schwinge die längsten zu sein. Schwingen schwarz, die Handschwingen mit breiter weilser Basis, vor den schwarzen Handdecken einen deutlichen Spiegel bildend. Die Handschwingen tragen zarte, lichtbraune Säume, die Arm- schwingen dagegen weilse, ziemlich breite Ränder, welche sich jedoch im Laufe des Sommers stark abreiben. Die beiden mittleren Schwanzfedernpaare durchweg schwarz, die übrigen mit weilser Basis, welche an Ausdehnung nach aufsen hin rasch wächst und die beiden äufseren Steuernfedern- paare ganz weils erscheinen läfst. Iris lebhaft nufsbraun, Schnabel und Fülse schwarz. Flügellänge durchschnittlich 11,5 cm. Das adulte Q trägt genau dasselbe Farbenkleid des 9‘, ist aber im Schwarz nicht so ausdrucksvoll und auch wohl etwas geringer in den Flügelmalsen. Beim jungen Vogel fehlt noch die schwarze Stirnbandseite. Oberseite bräunlich grau mit aus- geprägten Federrändern. Hand- und Armschwingen tragen breite weilse Säume. Brust und Bauchseite schmutzig rostfarben überflogen. Kropfseiten gewellt. Die Angaben über das Vorkommen des schwarzstirnigen Würgers in Aegypten schweben in ungenauem Rahmen, bestimmtere Daten vermifst man beiallen älteren Autoren. Die meisten sprechen von dieser Art als einem Zug- und Wintervogel des tropischen 434 - A. Koenig: Afrikas. Heuglin hat ihn öfters von den Küsten des Roten Meeres erhalten und zwar im Mai und August, im September junge und alte Vögel bei Keren in Bogosland und vom Bahr el Abiad. Alfred Brehm führt ihn als Herbstzugvogel im September in den Wäldern des Blauen und Weilsen Nils an. Ich bin dieser ausgezeichneten Art weder im tropischen Afrika noch in Aegypten begegnet. Doch sah ich einige Stücke ausgestopft in der Medizinischen Schule in Cairo, welche von Dr. Walter Innes-Bey auf dem Durchzuge im Herbst (Monat September) im Delta geschossen worden sind. Ein Stück ist auch ein Frühjahrsvogel, es trägt das Datum vom 1. April 1897 und stammt aus der Umgegend von Cairo. Lanius rufus,!) 6mel. 1788. Syst. Nat. I, pag. 301 ex Brisson, Ornith. II pag. 147, 1760. Rotkopfwürger. Unter diesem Namen mufls m. A. nach die Gruppe oder der Formenkreis der Rotkopfwürger gefalst werden. Der in der X. Ausgabe seiner Syst. Nat. pag. 94 von Linne& aufgestellte Name senator ist anfechtbar, weil er die Bezeichnung des Vaterlandes ex Indiis trägt, ganz abgesehen davon, dafs die X. Ausgabe nicht für die Aufrechterhaltung der darin aufgenommenen Namen herangezogen werden sollte; in diesem Falle noch um so weniger, als sich in Linnö’s XII. Ausgabe seines Natursystems der Name senator überhaupt nicht wiederfindet, letzterer also offensichtlich von Linne selbst als nicht zu Recht bestehend anerkannt und daher eliminiert worden ist. Gmelin’s Beschreibung: Ampelis dorso griseo macula ad oculos longitudinali ist zwar recht dürftig, aber die heran- gezogenen Autoren lassen nach ihren Zitaten keinen Zweifel über die Artzugehörigkeit aufkommen. Es ist nur zu verwundern, dafs die Art als solche nicht richtig aufgefafst wurde, da man nach Gmelins Einreihung unter ß, y, d, s eine Unterart (Sub- species) zu collurio vermuten mufs, mit welcher Begriffsauffassung der Rotkopfwürger nichts zu tun hat. Dagegen beweist die Heranziehung der Rotkopfwürger aus dem Senegal, worunter wir Lanius rutilans, Temm. zu verstehen haben, die richtige Deutung vorstehender Art. Während ich nun die in Tunis und Algier vorkommenden Rotkopfwürger wegen der beim weiblichen Vogel durchweg fahl- grauen Rückenfärbung als gute Art anspreche und sie mit der im Senegal vorkommenden identifiziere, vermag ich die an sich 1) rüfus a, um Adject. Stamm RU auch ruber und rutilus) = rot, und zwar lichtrot, fuchsrot, aber auch (von Personen) rothaarig, rot- köpfig z. B. rufus quidam == Rotkopf. Die Fänger (Oaptores) Aegyptens. 485 leichten, und wie mir scheint auch beweglichen Unterschiede der weifsen Schwanzwurzelfedern bei niloticus und des Fehlens des weilsen Spiegels auf den Handschwingen bei badius nur als leichte Unterarten zu Lanius rufus anzuerkennen. 80. Lanius (rufus) nüotieus,!) (Bp.) 1853. Rev. et Magaz. de Zool. 1853 pag. 439. Mus. Par. ex Nilo albo. Simillimus praecedentibus (Enneoctonus rufus, Gmel. et E. rutilans, Temm.) sed rostro longiore, pallido! capitis cervicisque castaneo colore intensiore minus in dorso producto; nigredine frontis magis extenso; superciliis nullis. = Lanius paradoxus,?) A. E. Brehm J. f. Orn. 1854 pag. 75. Ä Ostafrikanischer Rotkopfwürger. Französisch: Pie-grieche rousse. Englisch: Woodchat-Shrike. Arabisch: Ob dieser Vogel ebenso wie im Westen (Moghrab) naBas d. i. Rotkopf genannt wird, ist mir unbekannt ge- ieben. Das alte Männchen ist ein prachtvoller Vogel, der sich durch das gesättigte Rotbraun des Kopfes, das wiederum zum übrigen Weifs und Schwarz des Gefieders in wundervoller Har- monie steht, schon von weitem abhebt. Die Vorderstirn ziert ein breites, intensiv schwarzes Band von 10 bis 11 mm Tiefe, welches sich durch die Augen in die Schläfengegend fortsetzt und bis in die Nackenseiten verläuft. Dieses schwarze Band stölst nicht direkt an den Schnabelgrund, sondern wird hier von einer rahmweilsen Linie eingefalst, welche die Zügelgegend fleckartig ausfüllt und sich in einen zarten Superciliarstreifen fortsetzt. Scheitel, Oberkopf und Nacken gesättigt dunkelbraunrot, etwa der Schalenfarbe der Rofskastanie gleichkommend, Ober- rücken tiefschwarz, lichtbraun gerändert, was hauptsächlich nach der Mauser bei den neuen Federn in die Erscheinung tritt, aber 1) niloticus, 0, um Adject = (verAwrıxds griechisch) = vom Nil stammend, zu ihm gehörig, nilotisch, 2) pärädoxös, ön (mag«do&og griechisch) = wider Erwarten, wunder- bar, selten — paradox. Mit letzterem (Lanius rufus) kann man leicht eine neue Art verwechseln, die wir Lanius paradoxus genannt haben. Sie unter- scheidet sich von ibm hauptsächlich dadurch, dafs das hintere Viertel des Schwanzes ganz weifs ist: während bekanntlich die beiden mittleren Schwanzfedern bei Lanius rufus durchaus schwarz sind, und die nächsten blofs eine Spur von Weifs haben. 486 A. Koenig: auch noch im Hochzeitskleide nicht ganz verschwindet. Unter- rücken perlgrau, Oberschwarzdecken weils, oft mit zartem rost- rötlichem Anfluge. Schwingen bräunlich schwarz mit weifsen Innensäumen. Der Grund der Handschwingen ist nahezu zur Hälfte weißs. Die schwarzen Handdecken decken das Weils wiederum zur Hälfte, sodafs vor ihnen ein deutlicher Spiegel entsteht. Innere Handschwingen weils gesäumt; Armschwingen mit grofsen weifsen Aufsensäumen. Oberflügeldecken braunschwarz, hell- braungrau gerändert. Schulterfittiche reinweils, bei jüngeren Vögeln mit roströtlichem Anfluge. Kinn, Kehle, und Halsseiten zart weils; Unterseite eben- falls weifs, jedoch mit starkem rostfarbenen Einschufs über- flogen, namentlich in den Weichen, desgleichen auf dem Unter- schenkel und den Afterdeckfedern. Die Basis der mittelsten Steuerfedern ist in einer Tiefe von 2—3 cm reinweils, die derübrigen Steuerfedernebenfalls, das Weils an Ausdehnung zunehmend, oberseits schwarz mit weilsem Endsaume, unterseits im Basalteile weils, sonst schwärzlich grau; die drei äufseren Schwanzfedern tragen an der Spitze einen grölseren weilsen Fleck. Iris braun; Schnabel und Fülse hornfarben ; Flügellänge 10 cm. Das alte Q ist von dem alten 9' sofort an den blasseren Farben zu erkennen. Der schwarze Stirnfleck ist meistens nur angedeutet, mitunter gar- nicht vorhanden; er verliert sich vor dem Auge und setzt in der Ohrgegend wieder schwach ein. Dagegen ist das Weils der Vorderstirn breiter, ebenso ein Fleckchen hinter dem Auge. Das Braun des Kopfes ist matter (verschossener). Die Deckfedern des Flügels viel stärker gesäumt und zwar mehr rostfarbig, als weils. Der Rücken ist schwärzlichgrau, doch immer noch eine Stufe dunkler als bei L. rutilans, Temm., welcher Art sonst der weibliche wie auch der männliche Vogel sehr nahe stehen. Die jungen Vögel tragen ein eigenartiges braungraues, wie ge- schuppt aussehendes Gefieder und sind von den Jungen des eigentlichen Neuntöters (Lanius collurio, L.) kaum oder fast garnicht zu unterscheiden. Wahrscheinlich wird das Alterskleid erst nach einer vorangegangenen Mauser angelegt. Auch die Gruppe der Rotkopfwürger bereitet dem Systematiker viel Mühe und Kopfzerbrechen. Die Vögel der verschiedenen Länder sehen sich ähnlich, sind aber doch nicht gleich, die unterscheidenden Merkmale sind geringfügig, und doch nicht zu übersehen. Eins scheint mir aber gewils: Die Stammform rufus lälst sich keineswegs mit den in Nordwest- und Nordost-Afrika leben- den Vögeln identifizieren. Sie ist ein Mittel- und Südeuropäischer Vogel, der als Brutvogel im Rheinland und in Westfalen seine nördlichste Verbreitung hat und sich dann bis in die Mittelmeer- Die Fänger (Oaptores) Aegyptens. 487 länder erstreckt. Er hebt sich durch die dunkelen Contrast- farben des Gefieders stark ab und steht gewissermafsen auf der höchsten Höhe der Entwicklungsstufe seines Formenkreises. Bei ihm sind die mittleren Schwanzfedern an der Basis wohl stets schwarz und niemals weils wie bei der vorstehenden Nord-Ost- Afrikanischen Art. Das durchschlagende Kennzeichen liegt aber bei den Q-lichen Stücken. Die des Lanius rufus sind immer schwarzrückig und zeigen oberseits m. W. niemals die fahlgraue Färbung, wie sie den Brutvögeln Afrikas eigen ist. Ich habe ein grolses, umfangreiches Material ‘durch meine Hände gehen lassen, habe aber niemals ein Q unseres Europäischen resp. Deutschen Vogels ohne schwarzen Rücken gesehen, während ich bei der Nord-Afrikanischen Form speciel Nord-West-Afrikanischen (Tunis, Algier) niemals ein © als Brutvogel mit dunkelem Rücken angetroffen habe. Eine deutlich ausgesprochene Parallele zu dieser Erscheinung finde ich bei den Nonnensteinschmätzern. Diese trennen sich ebenfalls durch die dunkelrückige Form des Ostens von der hellrückigen Form des Westens. Jene ist die echte Sazicola lugens, Licht., welche Aegypten, Palästina, Persien bewohnt, diese die Saxicola halophila, Tristr., welche in Tunis und Algier heimatet. Auch hier springen die Unterschiede der Arten nur bei den weiblichen Vögeln in die Augen, während sich die S'O' in Nichts von einander unterscheiden. Die gründlichen und eingehenden Untersuchungen Hartert’s haben ergeben, dafs die von Bonaparte aufgestellte Art Enne- octonus nilotieus eine tiefere Begründung durch die weilse Wurzelbasis der mittleren Schwanzfedern erfährt, als durch die vom Autor (l. c.) aufgestellte Diagnose, die das durchschlagende Merkmal überhaupt nicht aufgenommen hat. Somit hat Bona- parte unbewulst eine Vogelform zu einer Art erhoben, die ohne Zweifel der Berechtigung nicht entbehrt, wenn auch der Autor das Hauptmerkmal garnicht herausgefunden hat. Seine Hinweise auf den blasseren und längeren Schnabel sowie auf die geringere Ausdehnung des Braunrots auf dem Kopfe nach dem Rücken zu sind irelevant. Dagegen wird die weilse Basis der mittleren Schwanzfedern zum Kriterium für die Ost-Afrikanische Art. Die West-Arifkanische Art, die ich entgegen Hartert’s An- sicht im Temminckschen Namen Lanius rutilans durchaus aufrecht halte, steht der östlichen Lanius niloticus, Bp. äufserst nahe, ist aber im weiblichen Geschlechte immer noch fahler aufdem Rücken und unterscheidet sich von letzterem im wesentlichen dadurch, dafs die mittleren Schwanzfedern durchweg schwarz sind. Doch mufs ich hier bemerken, dafs fünf von mir in Tunis gesammelte Vögel eine ausgesprochene weilse Schwanzwurzelbasis haben, die Mittel- federn mit einbegriffen. Hartert weist bereits darauf hin, indem er sagt: „bisweilen, wenn auch sehr selten, tritt die weilse Basis der mittelsten Steuerfedern auch in anderen Gegenden auf“ und zieht zwei Vögel dazu heran, nämlich ein von Paul Spatz in 438 A. Koenig: Tunis gesammeltes © und ein O‘ aus der Thüringer Gegend. In meiner Sammlung befinden sich fünf alte S'g' mit diesem Ab- zeichen, welche ich persönlich in Tunis erlegt und eingesammelt habe. Während aber nun dieses Merkmal bei den Vögeln des nördlichen Westafrikas nur vereinzelt und ausnahmsweise auf- tritt, beherrscht dasselbe die Form des Ostens vollständig, sodals dort umgekehrt anscheinend niemals Vögel gefunden werden, die auf den beiden Mittelfedern des Schwanzes eine schwarze Wurzel- basis haben. Im Übrigen aber stehen sich beide Arten aufser- ordentlich nahe, namentlich was die fahle Rückenfärbung des Q anbetrifit. Immerhin halte ich die beiden Arten für gut unterscheidbar und weise ihnen deshalb auch den Rang einer Species und nicht Subspecies zu. Der Ost-Afrikanische Rotkopfwürger gehört in Aegypten keineswegs zu den häufigen Erscheinungen. Er scheint ein aus- gesprochen südlicher Bewohner dieses Landes zu sein. Denn seine nördliche Grenze notierte ich bei Assuan, wo ich auf den Inseln des Schelläl’s einige Stücke erlegt habe. Ferner erlegte ich ein angegattetes Paar in Toschke (Nubien) am 16. März 1897 — auch bei Wadi-Halfa ein Stück. Im mittleren Aegypten sah und schofs ich nur einen Vogel, nämlich ein @ mit noch unentwickelten Eiern im Eierstocke in Minnye am 30. April 1899. Vielleicht ist diese Art in Aegypten ein später Brutvogel. Entgegen meinen Beobachtungen läfst Shelley unseren Vogel unter dem Namen Lanius auriculatus, Müll. zahlreich und weit verbreitet (plentiful and evidently distributed) in Aegypten und Nubien vorkommen. Er glaubt, dafs er in den Wintermonaten nicht im Delta: zurückbleibt, und dafs er erst nach Mitte März dort wieder erscheint. Auch ich halte den Rot- kopfwürger für einen Zugvogel, der Aegypten im Winter verläfst und im Frühjahr dorthin wiederkehrt. Heuglin sagt, dafs dieser Vogel auf dem Zuge von August bis April in Nord-Ost-Afrika vorkommt, und dafs er ihn bis zum 5.° nördl. Br. beobachtet habe. Er läfst ihn sowohl im Nil-Gebiete als in Arabien und auf den Inseln des Roten Meeres vorkommen, spricht sich aber des Weiteren über ihn als Brutvogel nicht aus. Die dürftigen Hin- weise auf diesen ausgezeichneten Vogel seitens eines Forschers wie Vater Heuglin bestärken mich in meiner Annahme, dafs wir es bei dieser Art nur mit einer sporadisch auftretenden Erscheinung in Aegypten zu tun haben. Dafs er stellenweise Brutvogel im Pharaonenlande ist, möchte ich wohl sicher annehmen, da ich in Nubien ein angegattetes Paar angetroffen und geschossen habe. Auf meiner Marschroute im Sinaigebirge bin ich Lanius niloticus. ebenfalls, wenn auch nicht häufig, begegnet; häufiger wird er im Aegypt. Sudan, namentlich am Bahr el Abiad und am Bahr el Djebel, wo wir diesen Vogel noch in der Ladö Enclave angetroffen haben. Biologische Momente, welche eine Die Fänger (Captores) Aegyptens. 489 wesentliche Verschiedenheit von denen des Nord-West-Afrikanischen Vogels aufweisen, vermag ich nicht vorzubringen. Meistens hielten sich die beobachteten Vögel nach Würgerart auf den Spitzen der Bäume auf und konnten mühelos davon herab- geschossen werden. 81. Lanius collurio,!) L. 1766. Syst. Nat. I, pag. 136. (Linnaeus scripsit Collurio). L. cauda subcuneiformi, dorso griseo, rectriecibus quatuor intermediis unicoloribus, rostro plumbeo. Habitat in Europa. Scarabaeos Pruno spinosa perforat, cerebra avicularum effodit, earum Simia. Linnaeus, 1. c. Rotrückiger Würger; Dorndreher; Neuntöter. Französisch: Pie-griöche &cocheur. Englisch: Red-backed Shrike, Arabisch: unbekannt. Das erwachsene Q' ist ein in den gefälligsten Farben stehender Vogel. Oberkopf, Hinterhals und Nacken reinaschgrau; an der Schnabelwurzel zieht sich ein schmales schwarzes Band über die Stirn und setzt sich in der Zügelgegend durch das Auge bis zu den Ohrdecken breit fort. Über dem Auge ein feiner, weilser Superciliar-Streifen. Rücken, Achselfedern und Oberflügeldecken gesättigt braunrot, im ersten Frühjahr am schönsten, darnach verblassend. Unterrücken und Bürzel von der gleichen aschgrauen Färbung wie der Oberkopf. Schwingen dunkelbraun. Armschwingen mit rostbraunen Aufsensäumen, bisweilen, wenn auch sehr selten, tritt vor den Handdecken ein kleiner weilser Spiegel auf. Unterflügeldecken weifs, an der Wurzel dunkelgrau; Unter- deckfedern einen schwarzgrauen Fleck bildend. Von unten er- scheinen die Schwingen weifslich. Kinn, Kehle und Halsseiten weifs; desgleichen Kropf und Vorderbrust mit zartem weinrötlichem Hauch überflogen, welcher sich bis in die Bauchgegend fortsetzt. Weichen bräunlichrot. 1) Das Wort collurio soll eine lateinische Übersetzung von Gaza 1476 aus dem bei Aristoteles, Hist. Anim. IX, Kap. 23 ge- brauchten xoAAvgiwv darstellen. Dortlesen wir: x0AAvgiwv de ra dura eodieı Ti xorripw' TO de ueyehog xal Tovrov Taurov Toig TOGTENoV" @kioxstaı dE xara ysıuova udlıore — übersetzt von Aubert und Wimmer: Der Kollyrion nährt sich von denselben Dingen wie die Amsel, ist von derselben Gröfse wie die vorgenannten und wird haupt- sächlich im Winter gefangen. 440 A. Koenig: Mittelstes Steuerfedernpaar ganz schwarz, die übrigen mit weilser Wurzel; die äufseren Schwanzfedern weils mit schwarzem Spitzenfleck. Schäfte schwarz. Unterseits erscheinen die Schwanz- federn weifs mit schwarzen Endflecken, welche wiederum hell- weils eingesäumt sind. Iris braun; Schnabel tiefschwarz. Läufe vorn breit geschildert, hinten geschient. Füfse dunkelhornfarben. Flügellänge durchschnittlich 9,6 cm. Q ad. Oberkopf braun mit aschgrauem Anfluge, der im Nacken und auf den Hinterhalsseiten deutlicher wird. Stirne am Schnabelgrunde grauweils, über den Augen ein heller Super- ciliar-Streifen; Ohrdecken braun. Oberrücken und Oberflügel- decken fahl rostbraun, ebenso der Unterrücken und Bürzel. Schwingen schwärzlichgrau, lichtbraun gerändert und umsäumt. Kinn und Kehle reinweifls; Halsseiten muschelartig schwärzlich- grau gewellt, ebenso die Flanken und Weichen, während Brust- und Bauchmitte weifs bleiben. Desgleichen After- und Unter- schwanzdeckfedern. Unterschnabel am Grunde hellweißslich, sonst wie die Füfse dunkel-hornfarben. Steuerfedern braungrau mit weilslichen Aufsen- und Spitzensäumen. Die jungen Vögel ähneln den QQ sehr, sind aber sofort an den deutlich schwarz geränderten Federn der ganzen Ober- seite zu erkennen, welche eben im Charakter des Jugendgefieders stehen. Schnabel und Füfse sind hell hornfarben. Diese sonst so gemeine und häufigste Art gehört in Aegypten zu den selteneren Erscheinungen, wenigstens im eigentlichen Nil- talgebiete, wo ich während meiner Sammelzeit keinen einzigen Vogel beobachtet habe. Häufiger mufs er im Herbst und Früh- jahr auf dem Zuge in Unter-Aegypten vorkommen, denn ich sah einige Stücke im Museum der Medizinischen Schule in Cairo, welche von meinem Freunde Dr. Walter Innes-Bey bei Alexandrien erlegt worden sind. | Heuglin stempelt ihn zu einem der gewöhnlichsten Zug- vögel N. O. Afrikas, den er in Aegypten, Arabien, auf den Inseln des Roten Meeres, im Bogos-Lande, Habesch, Nubien und süd- wärts bis in das Gebiet des Abiad und des Gazellenflusses ge- funden habe. Doch sagt Heuglin ausdrücklich, dafs er nicht an- geben könne, ob vielleicht einzelne Paare in Aegypten und am Roten Meere nisten, was er aber für wahrscheinlich hält. Shelley (B. of Eypt, pag. 117) sagt, dafs der Vogel nach Aegyten frühzeitig im August käme und weit südwärts ziehe, um im März und April wieder nordwärts zu gehen: „but is never plentiful.“ Ich persönlich habe den Rotrückigen Würger weder in Aegypten noch in Nubien und ebenso nicht im Aegyp- tischen Sudan jemals zu Gesicht bekommen. Von welch’ grofser Bedeutung langjährige sichere Beob- achtungsdaten aus Unter-Aegypten wären, sehen wir wieder an diesem Vogel. Es würde sich aufserordentlich lohnen, wenn 15 WA u rn nee ee ee EI Die Fänger (Capiores) Aegyptens. 441 tüchtige Forscher sich am Nildelta für Jahre niederliefsen und sich dort der Aufgabe unterzögen, die Zugvögel Aegyptens fest- zustellen und eingehend zu beobachten, um damit zugleich das Rätsel der schwierigen Frage des Zugvogelproblems lösen zu helfen. 82. Lanius nubicus,!) Licht. 1823. Verz. der Doubl. pag. 47. L. supra niger, sincipite, vitta brevi superciliari, pennis scopularibus, macula media alari et rectricibus extimis albis, subtus ferrugineus, gula, abdomine medio et crisso albis. Longit. 7“ Nubia. Mas supra ater, coloribus laetioribus. Fem. supra cinerea, pictura obsoleta. Pulli, capite dorsoque squamati, uti congenerum plurimi prima aetate solent. Diagnosis apud Lichtenstein |. c. = Lanius personatus,*) Temm. 1823 Pl. Col. III, Tab. 256. Maskenwürger. Französisch: Pie-grieche masquee. Englisch: Masked Shrike. Arabisch: Unbekannt. Das geschlechtsreife Q' hebt sich in seinen weils-schwarzen Kontrastfarben wundervoll ab. Der Schnabel ist würgerartig. mit deutlich ausgeschnittenem Zahn, aber kleiner und zierlicher wie bei den vorhergehenden Arten. Fin grofses breites, weilses Stirnband, welches sich über das Auge bis zur Schläfengegend zieht. Die ganze Oberseite von einem glänzenden etwas bläulich- schimmerndem Schwarz. Einige seitlich stehende Oberschwanz- decken weifsgerändert; Schulterfittiche blendend weils. Hand- schwingen schwarz, an der Basis weils, einen grolsen weilsen Spiegel bildend. Armschwingen und Oberflügeldecken ebenfalls schwarz mit weilsen Aufsensäumen. Unterflügeldecken und Achselfedern reinweils; Unterhanddecken dunkelgrau. Der Schwanz ist lang und schmal, von oben gesehen schwarz, von unten gesehen weils. Die beiden mittelsten Steuerfedern- paare ganz schwarz, das dritte mit schmalem weifsen End- und Aufsensaume, das vierte nahezu ganz weils mit schwarzem Innen- saume an der Basis und schwarzem Schafte; äufserstes Paar weils mit schwarzem Schafte. Kinn, Kehle sowie Bauchmitte und Steifsfedern (Unter- schwanzdecken) zart reinweils, Kropf und Flanken stumpf rost- 1) nübicus, a, um Adject, — nubisch. 2) persönätus, a, um Adject. von persöna, ae f. die Maske, Larve des Schauspielers, die den ganzen Kopf bedeckte (griechisch : wgöcwnov — maskiert, in der Maske, — AR A. Koenig: rötlich überflogen. Iris braun, Schnabel und Füfse dunkelhorn- farben. Ein bei Korosko am 4. März 1897 von mir erlegtes J‘ ergab frisch im Fleisch gemessen folgende Malse: Länge: 18,5 cm; Breite: 26 cm; Flügellänge: 9,2 cm; Brust- umfang: 5 cm; Schwanz: 9 cm; Lauf: 2,2 cm. Das geschlechtsreife © ist in den dunkelen Farben fahler und grauer, in den weifsen oberseits verwaschener und rostfar- biger; nur das Weils des Spiegels leuchtet ebenso rein wie beim g', ebenso Kinn und Kehle. Schnabel hornfarben. Die jungen Vögel sind mir unbekannt gebieben; sie sollen auf fahlgrauem Gefieder oberseits schwarzgraue Querwellen tragen, ebenso auch unterseits gewellt sein. Der Maskenwürger ist einer der lieblichsten und auf- fallendsten Vogelerscheinungen im eigentlichen Niltale Er ist jedoch, was hier hervorgehoben zu werden verdient, für Aegypten ein ausgesprochener Zugvogel, keineswegs ein Standvogel wie Alfred Brehm!) glaubte. Auf diesen Irrtum hat bereits Heuglin?) hingewiesen. Shelley reiht den Maskenwürger richtig unter die Zugvögel ein. Den ersten Vogel sah und erlegte ich gelegentlich eines Rundganges durch die Gärten von Kene am 15. Februar 1897, während ich ihn vor dieser Zeit im Lande der Pharaonen gänz- lich vermifste. Von da ab begegnete ich ihm, wenn auch nicht täglich, so doch öfters, bis im Monat März ein so starker Einzug stattfand, dafs man diesen Vogel überall antreffen konnte. Trotz- dem aber, dafs der Maskenwürger in Aegypten so früh seinen Einzug hält, gehört er durchaus nicht zu den Frühbrütern. Im April schläft noch der Eierstock, wie ich bei der Sektion einer Reihe weiblicher Vögel feststellen konnte, nahezu vollständig. Es war mir daher zu meinem gröfsten Bedauern nicht beschieden, die Nester mit den Gelegen dieses Vogels zu finden, obschon ich unausgesetzt darnach suchte. Immerhin mögen einige Paare früher zur Fortpflanzung schreiten, wie ich anzunehmen geneigt bin, denn ich entsinne mich in der Medizinischen Schule in Cairo ein Anfang Mai 1899 meinem Freunde Walter Innes-Bey frisch zugetragenes Nest mit dem Gelege des Maskenwürgers ge- sehen zu haben. Damals war ich der Meinung, bei den wieder- holt in Aussicht genommenen Reisen nach Aegypten noch genügend nidooologisches Material dieser Species persönlich einsammeln zu können, was sich aber leider nicht verwirklicht hat. Gar zu gern hätte ich ein vollständiges Lebensbild dieser noch nicht ausgiebig genug bekannten Art entworfen, das man ja am besten durch die Beobachtung der Brutvögel an Ort und Stelle !) v. Cab. Journ. f. Orn. 1854, pag. 75. 2) Ornith. N. O, Afr. I, pag. 485. Eu - Die Fänger (Capiores) Aogyptens. 448 gewinnt, was mir nun auch aus demselben Grunde in der ge- wünschten Abrundung zu geben nicht möglich ist. Immerhin ver- mag ich einiges über die Lebensweise auszusagen. Der Masken- würger ist entgegen seinen übrigen Verwandten eher ein heim- licher als aufdringlicher Vogel. Zu übersehen ist freilich der schmucke Gesell in seinem wundervollen kontrastierenden Feder- kleide nicht. Im März sieht man ihn allenthalben: in Gärten und Plantagen, in Palmenhainen und einzelnen Ssunt-Bäumen; seinen Lieblingsaufenthalt bilden jedoch anscheinend die dick- stämmigen jungen Palmenbestände mit ihren bis zum Erdboden kerabreichenden Wedeln. Dort fühlt er sich so recht eigentlich zu Hause. In dem dichten stacheligen Blättergewirre treibt er sein Wesen, weniger gern auf die Spitze der Bäume fliegend und sich dort zeigend. Meistens sitzt er in den Zweigen auf hohen Fufswurzeln aufrecht da, emsig hin ünd her spähend. Seinem scharfen Auge entgeht so leicht nichts. Hat er eine, begehrliche Beute erblickt, die anscheinend durchweg in Insekten besteht, so nimmt er auch wohl eine wagerechte Haltung an, schlägt in Erregung den langen Schwanz bald nach der einen, bald wieder nach der anderen Seite, macht eine zierliche Ver- beugung, spreizt die Flügel und fliegt zu Boden, wobei das viele Weifs in den Flügeln besonders schön in die Erscheinung tritt und zu der dunkelschwarzen Oberseite des 9° prachtvoll kon- trastiertt. Er hat einen rätschenden Warnungsruf und eine melodienreiche, leise murmelnde Strophe, die mir aber im Ein- zelnen nicht fest genug im Gedächtnis haften geblieben ist. Ich habe ihn öfters einen Käfer oder eine Heuschrecke vom Boden aufnehmen und dann immer unter energischen Würgbewegungen verschlucken sehen, kann aber nicht sagen, ob er die Eigenschaft seiner übrigen Verwandten, die Beute auf Dornen zu spielsen, teilt. Mit anderen kleinen Vögeln scheint er nicht in Fehde zu leben, wenigstens sah ich ihn niemals diese verfolgen oder dafs er von ihnen belästigt wurde. Dagegen halte ich ihn für einen sehr starken Fresser und Insektenvertilger. Alles in Allem ist der Maskenwürger ein bescheidener, liebenswürdiger Vogel, der der ganzen Niltalzone zu einer hervorragenden Zierde wird. Seine im Grundton lehmbraunen, mit einem Stich ins Olivfarbene stehenden, braungrau und aschgrau gesprenkelten Eier sind ge- nügend bekannt, auch haben uns Lindermayer, Tristram und Th. Krüper mit dem Neste und Nestbau sowie mit dem Standorte desselben einigermafsen bekannt gemacht. Letzterer, der als hervorragender Sammler wohlbekannte, vortrefiliche Forscher hat den Maskenwürger bei Smyrna in Klein-Asien kennen gelernt und dort eine ganze Reihe von Gelegen gesammelt, die allen grölseren Eiersammlungen Europas überkommen sind. In Europa gehört der Maskenwürger zu den Ausnahme- Erscheinungen. Lindermayer hat ihn in Griechenland fest- gestellt, dem einzigen bisher sicher nachgewiesenen Lande unseres 444 A. Koenig: Erdteiles, wo er Brutvogel ist. Häufiger tritt er als aus- gesprochener Sommervogel in Palästina und Kleinasien auf. Während meiner Reise durch das Sinaigebirge (1898) bin ich ihm im Monat März im Wadiel Arisch, jenem grofsen mit Vegetation reichlich bestandenen, trockenen Flufsbette, das sich in der Tal- senke nördlich des Djebel el Tih hinzieht, begegnet. Auf meiner Marschroute von Wadi-Halfa nach Charthum (1903) habe ich ihn in der ganzen Provinz Döngola und darüber hinaus nahezu täg- lich beobachtet, wenngleich er mir dort nicht so häufig zu sein schien, wie im eigentlichen Aegypten. Auch am weilsen Nil (Bahr el Abiad) habe ich ihn angetroffen, von wo ich eine Reihe Bälge mitgebracht habe. | Die vier vorstehenden Würgerarten sind die eigentlichen Vertreter aus ihrer Gruppe in Aegypten. Ich möchte vermuten, dafs auch Lanius isabellinus, H. und Ehrb. hier und da in Ober- Aegypten vorkommt, obschon ich keinen sicheren Anhaltspunkt für meine Vermutung habe. In der Provinz Döngola bin ich dieser distinguirten Art begegnet, ebenso am Bahr el Abiad und Bahr el Djebel, wo ich sie fast stets in der Nähe menschlicher Ansiedlungen, namentlich in den Sariben,!) angetroffen habe. Auffallend ist auch, dafs kein Erdwürger (Tschagra) Aegypten bewohnt. Erst im südlichen Teile der Provinz Dön- gola stofsen wir auf den Telephonus remigialis, Finsch und Hartl., dem dann weiter südlich (Bahr el Abiad und Bahr el Djebel) die Species Telephonus senegalus, L. mit der Subsp. .Erlangeri Neum. folgt. Vermutlich werden die östlichen Bergtäler Aegyptens nach dem Süden zu die Form remigialis bereits aufweisen. Die ia Marokko, Algerien und Tunis heimatende, gute, aus- gesprochene Art Telephonus cucullatus, Temm. ist bis heute noch niemals in N. O. Afrika zur Beobachtung gekommen und scheint somit auf die Nordwestecke Afrikas südlich bis zum Atlas be- schränkt zu sein. 1) Unter Säriba oder Zäriba versteht man die aus abgehauenen Dornensträuchern hergerichteten Wälle um die Höfe und Häuser der Eingeborenen, die zum Schutze gegen unberufene, gefährliche Eindring- linge, Menschen sowohl wie Tiere, vorsorglich angelegt werden. Die Fänger (Captores) Aegyptens. 445 Die Familie der Fliegenfänger (Musecicapidae) wird in Aegypten durch eine Gattung: Museicapa, L. und diese wieder durch eine Art: Muscicapa grisola, L. vertreten. Museicapa, L.!) 1766. Syst. Nat. I, pag. 324. Rostrum subtrigomum, utrinque emarginatum apice incurvo, vibrissae patentes versus fauces. Nares subrotundae. Linnaeus |. c. i Fliegenfänger. Schnabel kräftig und kurz, aber flach und breit, an der Wurzel platt eingedrückt, leicht dreikantig, indem die Firstlinie deutlich markiert ist mit sanft abfallender Hakenspitze am Ober- schnabel und seichter Zahnauskerbung, an die Form der echten Schwalben (Hirundinidae) erinnernd. Nasenlöcher am Grunde des Schnabels seitlich liegend, rund ohne Hautdeckel. Schnabelborsten stark ausgebildet, oft sehr lang und. kräftig, nur in wenigen Fällen fehlend. Zunge breit und kurz, an der Spitze gefasert. 10 Handschwingen, von denen die erste sehr kurz ist und die Handdecken eben überragt oder erreicht. Die 3. und 4. Handschwinge pflegen die längsten zu sein. Der aus 12 Steuer- federn bestehende Schwanz ist mittellang, in der Mitte leicht ausgeschnitten. Fülse kurz gedrungen, schwach, Lauf von der Länge der Mittelzehe mit Nagel; 4zehig; von den drei nach vorn ge- richteten Zehen sind die äufsere und mittlere Zehe an der Wurzel ein wenig verwachsen — Gang- oder Wandelfülse (Pedes ambulatorii). Nägel im Verhältnis zu den Fülsen gut ausgebildet, leicht gekrümmt. Vorderseite des Laufes und Zehenrücken ge- täfelt. Die Fufsbildung ist zum Hüpfen und Schreiten wenig ge- eignet, dagegen hervorragend geschaffen zum Festhalten an den Zweigen und Spitzen der Bäume. Das Kleingefieder ist weich und locker. Es sind kleine muntere Vögel, welche ihre Nahrung, die in fliegender Kerfe be- steht, meist von einer Warte aus in der Luft fangen oder schnappen, woher ihr Name stammt und nur bei kaltem reg- nerischen Wetter Insekten vom Boden auflesen. Die Vertreter dieser Gattung verbreiten sich über Europa, wo sie ausgesprochene Zugvögel sind, über Afrika und Asien 1) Der anscheinend von Albertus Magnus herrührende Name ist zusammengesetzt aus dem Subst. musca, ae, f. (griechisch: wviox«, Deminutivum von wvie) = Die Fliege und dem Verbum eäpi», cepi, cAptum, öre — zugreifend nehmen, fassen. Journ, f. Orn. LXIX. Jahrg. Juli 1921, 29 446 A. Koenig: südlich bis zu den Mollukken. Für die Aufteilung der Gattung Muscicapa in Butalis, Museicapa und Erythrosterna liefsen sich wohl Gründe vorbringen, die auf verschiedener Lebensweise, Nestanlage und auf den verschiedenen Eiern beruhen, doch liegt eine absolute, zwingende Notwendigkeit dafür nicht vor. 83. Muscicapa grisola,‘) L. 1766. Syst. Nat. I, pag. 328. Linnaeus scripsit Grisola. M. subfusca, subtus albicans, collo longitudinaliter macu- lato, crisso rufescente. Habitat in Europa. Linnaeus |. c. Grauer Fliegenfänger; Fliegenschnäpper. Französisch: Gobe-mouche gris. Englisch: Spotted Flycatcher. Arabisch: Unbekannt. Ganze Oberseite mausgraubraun, Bürzelgegend mit leichtem bräunlichen Schimmer; Kopf platt, schwärzlich gestrichelt mit hellgrauer Einfassung. Stirn und Wangen graubraun. Kinn’ und Kehle weils, Kropf und Halsseiten breit braungrau gestrichelt, Flanken und Weichen graubraun überflogen. Die Bauchmitte bis zur Steilsgegend weils. Schwingen schwarzbraun. Armschwingen und Flügeldecken mit feinen, weifslich-grauen Säumen. Steuerfedern schwärzlich braungrau, an den Seiten olivfarben, an den Enden leicht weils gesäumt. Unterflügeldecken und Achselfedern chamoisfarben überflogen, am Grunde grau. Iris dunkelbraun. Fülse und Schnabel dunkelhornfarben. Unterschnabel am Grunde hellbräunlich. Flügellänge durch- schnittlich 8,5 cm. Das adulte Q trägt dasselbe unscheinbare Federkleid wie das geschlechtsreife oO". Die jungen, dem Neste entflogenen Vögel tragen grolse braungraue Federränder, die sich fleckenartig oder tropfförmig über die ganze Oberseite hinziehen. a Armschwingen stark braungrau gesäumt. Unterseits weils, Kropf, Oberbrust und Flankenfedern mit schwärzlichen Säumen eingefalst, wodurch eine undeutliche Strichelzeichnung entsteht. Das Nestkleid wird bald mit dem ersten Jugendkleide vertauscht, 1) grisola —= grau, nach Salvadori von den Bolognesischen Jägern zur Bezeichnung unseres Vogels gebraucht, also wohl neu- italienischen, nicht lateinischen Ursprungs. Man beachte auch, dals Linn$ diesen Namen mit grofsem Anfangsbuchstaben geschrieben hat. All m Die Fänger (Captores) Aegyptens. 447 welches indessen die tropfartig strichelförmige Zeichnung auf der Ober- und Unterseite noch festhält. Der graue Fliegenfänger ist anscheinend eine seltene Vogel- erscheinung im eigentlichen Niltalgebiete.e Er gehört zu den Durchzugsvögeln, die Aegypten natürlich alljährlich berühren, aber nur kurze Zeit daselbst verweilen und daher übersehen werden können. Ich habe nur ein einziges Exemplar (9) bei Assiut gesehen und geschossen am 23. April 1899. Ebenso wie mir ist es Shelley ergangen, der auch nur ein einziges Stück bei Alexandrien im April beobachtet hat. Umsomehr mufs es daher auffallen, dafs Heuglin den grauen Fliegenfänger in Unter- Aegypten und um Suez als Brutvogel vermutet. Diese Vermutung begründet Heuglin auf einen in seiner Erinnerung vorschwebenden jungen Vogel, den er in Schubra bei Cairo erlegt haben will. Der Fall wäre sehr bemerkenswert und mufs unbedingt von künftigen Forschern im Auge behalten werden. Die Gruppe der Trauerfliegenfänger (M. atricapilla, L. und M. collarıs, Bechst.) dürfte Aegypten auf dem Durchzuge ebenfalls berühren, wie dies auch Heuglin bereits festgestellt hat. Ebenso dürfte der Zwergfliegenfänger (M. parva, Bechst.) auf dem Durchzuge nicht fehlen. Ich unterlasse es jedoch, diese Arten unter fortlaufender Nummer hier aufzuführen, da sie mir nirgends zur Beobachtung gekommen sind und ich auch keine Belegstücke gesehen habe. Die’zu dieser Familie gehörenden Gattungen Tehitrea (Terpsiphone) und Batis kommen in Aegypten noch nicht vor; sie gehören dem tropischen Afrika an. Aus der grofsen umfangreichen Familie der Honigsauger (Nectariniidae), die nahezu reintropisch ist, kommt für Aegypten eine Gattung: Nectarinia, Ill. und diese wiederum mit einer Art: Nectarinia metallica, Licht. in Betracht. Nectarinia,') Il. 1811. Honigsauger; Sonnenvogel. Schnabel ziemlich lang, meist mehr oder minder gebogen, fein und dünn cylindrisch geformt, indem die Schneiden des 1) Gattungsname von Illiger, gebildet aus dem lateinischen Substantivum nectär, äris n (griechisch vexr«g) — der Nektar, der Göttertrank — übertragen für alles Süfse, Angenehme, Liebliche, hier im besonderen in Beziehung gebracht zu den Nectarien, welche drüsenartige Gebilde bei den Pflanzen darstellen, die sich in zahlreichen Blüten am Grunde der Blütenblätter oder auf dem Blütenboden finden und die einen zuckerhaltigen Saft absondern (Honigdrüsen), wovon sich diese Vög z. T. ernähren. Der Verfasser. 20% 448 A. Koenig: Oberschnabels übergreifen und eine Höhlung bilden. Mit der Lupe betrachtet, erweisen sich die Schneiden an beiden Schnabel- hälften überaus fein gesägt, Wiederhäckchen darstellend, worin die erfalste Beute unentwindbar dem Schlunde zugeführt wird. Zunge lang röhrenförmig, weit vorschiebbar in eine ge- spaltene Röhre endigend, zum Einsaugen geeignet. Nasenlöcher seitlich am Schnabelgrunde liegend, frei ohne Federbekleidung, aber mit einem breiten rundlichen Hautdeckel versehen. Schnabelborsten kaum oder garnicht vorhanden. 10 Handschwingen. 1. Schwinge auffallend klein verkümmert, aber deutlich vorhanden. 3., 4. u. 5. Schwingen die längsten. 10 Steuerfedern, von denen die beiden mittleren beim ge- schlechtsreifen 9° weit über die anderen und zwar über das doppelte verlängert sind. Fülse kräftig. mit gekrümmten, scharfrandigen Krallen ver- sehen. Lauf und Zehenrücken geschildert. Die Nectarinien, welche man Honigsauger oder Sonnenvögel genannt hat, können in etwa mit den Kolibris der Neuen Welt verglichen werden. Die im Hochzeitskleide stehenden JO sind mit den glänzendsten Metallfarben versehen, während die 99 ein unscheinbares, oberseits meist graues, unterseits gelblich grünes Federkleid tragen. Sie gehören ausschliefslich den Tropen der Alten Welt (Afrika und Asien) an und entsenden ausnahmsweise einen Vertreter in das Paläarktische Gebiet. Gleich den Trochi- liden nähren sie sich von kleinen Insekten, welche die Blüten befallen, sehr wahrscheinlich aber auch vom Nektar der Blüten, den sie mit ihrer röhrenförmigen Zunge aufnehmen. Im Gegen- satz zu den Kolibris schwirren diese Vögel nicht vor den Blüten, sondern klammern sich an dieselben, wenn sie ihre Nahrung daraus holen. Sie bauen kunstvolle, meistens oblong geformte, mit seitlichem Einschlupfloche versehene Nester, die im Ge- zweige hängend angebracht werden. Das Gelege besteht aus 2—3 Eiern, die weils in der Grundfarbe, auch wohl mit feinen rötlichen Punkten und Haarzügen versehen sind. ber die Mauser ist man noch nicht genügend unterrichtet; ich glaube, dafs sie eine doppelte ist und vor und nach der ‚Brutzeit stattfindet. 84. Nectarinia metallica,*) Licht. 1823. ad Dongolam Nubiae. Verz. der Doubl. pag. 15. N.viridi aenea, uropygio et fascia pectorali violaceis, pectore abdomine et crisso ranunculaceis. Rectrices duae intermediae ‚longissimae. ; E 1) mötällfeus, a, um Adject. vom Substantiv metallum, i, n. (griechisch weraAAo») Metall = zum Metall gehörig, metallisch, hier ge- braucht im Sinne von metallisch glänzend, Die Fänger (Captores) Aegyptens. 449 Longit. 7‘ ad apicem rectricum lateral. 4° Adulta utriusque BEXUS. Diagnosis |. c. Erzhonigsauger. Französisch: Souimanga metallique. Englisch: Blue-Collared Long-tailed Sunbird; Yellow-breasted Sunbird. Arabisch: Abu Risch d. h. Vater der Feder, hier in dem Sinne der Prachtfeder, der Glanzfeder. Das geschlechtsreife © ist ein wahrhaft herrlicher, einem Edelsteine vergleichbarer, in den glänzendsten Metallfarben prangender Vogel. Der Schnabel ist zierlich, kürzer als der Kopf, leicht ge- bogen, glänzend schwarz. Kopf, Kehle, Hals, Oberrücken und kleine Flügeldecken irisirend glänzend metallgrün. Unterrücken, Bürzel und Oberschwanzdecken glänzend dunkelviolettblau. Die grün irisirende Kehle wird von einem metallisch veilchenblau glänzenden Bande eingefafst. Ober- und Unterbrust gesättigt dunkelorange-gelb, etwa der Farbe der Sumpfdotterblume (Caliha palustris) gleichkommend. Bauch blafsfarbener. Steifs und Unterschwanzdeckfedern weils mit gelblichem Einschufs. Schwingen stumpf, schwarzbraun mit zarten, lichtocker- farbenen Säumen und Rändern. Schwanzfedern schwarz, zart dunkelblau überhaucht. Die beiden mittleren weit über die anderen Schwanzfedern hervorragenden Steuerfedern verdicken sich spatelförmig am Ende und tragen stahlblau übergossenen Schimmer. Gegen das in den wunderbarsten und verschiedensten Glanzfarben prangende 9‘, das sich überdies noch durch die verlängerten mittleren Schwanzfedern besonders ausdrucksvoll abhebt, fällt das Q sehr ab. Es ist unscheinbar gefärbt, hat ein stumpf abgerundetes Schwänzchen und verrät nur durch Schnabel und Fufsbildung äufserlich die Zugehörigkeit zu dieser im J'lichen Gefieder so prunkvoll ausgestatteten Art. Es ist oberseits maus- grau, auf Scheitel, Nacken und Mantel etwas dunkeler gestrichelt und gewellt. Schwingen dunkelgrau, lichtockerfarben gesäumt und gerändert. Steuerfedern schwarz, die äufseren Paare mit weilsen Spitzenflecken und hellen Aufsensäumen, Kehle weifslich, ebenso die Unterschwanzdecken. Die übrige Unterseite schwefelgelb. Augen tiefschwarz leuchtend; Füfse dunkelhornfarben. Der” Dimorphismus beider Geschlechter ist sehr grofs. Zwei von mir im Fleisch gemessene Vögel hatten folgende Malse: a) Q' ad. leg. A. Koenig auf der Insel Philae 27. III. 1897. Länge: 15,8 cm; Breite: 15,5 cm; Flügellänge: 5,7 cm; Brustweite; 3,5 cm; Schwanz mit den Mittelfedern 9,6 cm; ohne diese Federn 3,7 cm; Tarsus: 1,5 cm. 4 PR" ey RR F > j , 450 A. Koenig: b) @ ad. leg. A. Koenig auf der Insel Philae 27. III. 1897. Länge: 9,6 cm; Breite: 15 cm; Flügellänge: 5,5 cm; Brust- weite: 3,5 cm; Schwanz: 3,7 cm; Tarsus: 1,7 cm. Dem Glanze funkelnder Saphire und Smaragden ist das | wunderliebliche, im Hochzeitskleide prangende Q' zu vergleichen. Sonnenvogel heilst er: ein Sonnenvogel ist er. Gleich als ob die schöpferische Kraft der Natur den Pinsel in flüssiges Gold getaucht und dem Vogel damit die Unterseite bestrichen hat, während gleichzeitig das Blau des Saphirs und das leuchtende Grün des Smaragds in ein Fluidum gelöst und er damit über- gossen wurde. Wenn der Sonnenglanz über diesem liebreizenden Vögelchen liegt und dieses zwitschernd in den duftenden Aka- zienblüten sich bewegt, dann meint man ein Wundergeschöpf aus Arabiens Märchenland vor sich zu haben und will es kaum fassen und glauben, dafs es solche feenhafte Dinge in der Natur wirklich gibt. Hingerissen und geblendet hängt der Mensch an dem brillierenden, die duftigen Blüten umschwebenden Geschöpfchen. Er kann nimmer aufhören es mit den Augen zu verfolgen, wenn es durch die Zweige der Bäume schlüpft in immerwährendem Auf- und Abwallen zu den honigduftenden, blütentragenden Kronen, um schliefslich selbst sich mit den goldgelben Blüten zu vermählen und mit ihnen in Eins zusammenzufliefsen. Hat sich dann das menchliche Auge trunken gesehen am lebenden Edelsteine, dann siegt auch wohl die Begierde, das unvergleich- liche Vögelchen in seinen Besitz zu bringen, um es zu besehen und es genauer kennen zu lernen. Eine abgeschossene, nur halb gefüllte, mit feinem Dunste geladene Patrone erfüllt dies Ver- langen. Hastig greift die Hand nach dem leblosen Körper, hebt das Wundergeschöpf vom Boden und kann sich vor Staunen | und Bewunderung nicht genug tun beim Anblick dieses form- 4 vollendeten und farbenprächtigen Gebildes. | So ist es mir ergangen auf der oberhalb der ersten Strom- schnellen liegenden, mit den malerischen Tempeln aus der Ptole- mäerzeit geschmückten Insel Philae Im Jahre 1897 war der mächtige Staudamm bei Assuan noch nicht errichtet, der in barbarischem Egoismus der an die Erdscholle und ihre Erzeug- nisse gefesselten Menschheit jene Insel mit den geheiligten Tempelbauten dem Verfall ausliefern mufste. Damals lag sie noch frei und unangetastet da, nur an ihrer Basis umflutet vom gött- lichen Nilstrome; majestätisch erhoben sich die Tempel auf der © geweihten Stätte und waren umschattet von hoch aufgeschossenen Palmen und Ssunt-Akazien. Mühsam hatten wir uns im Februar auf unserer Dahabiye durch die Strudel des Katarakts hindurch- gewunden, hatten darauf die Fahrt nach dem Zweiten . oder Grofsen Katarakt bei Wadi-Halfa unternommen und lagen nun eines Abends im März, auf der Rückfahrt begriffen, wieder im Anblick der lieblichen Insel Philae, welche gerade vom Vollmond- Die Fänger (Captores) Aegyptens. 451 glanze umgossen wurde. Noch hatten wir keine Zeit Ihgginen Besuch abzustatten, da der nächste Morgen für die Durthfahrt der Stromschnellen bestimmt war und die Vorbereitungen dazu getroffen werden mufsten. Aber als jene glücklich überstanden waren und unsere Dahabiye „Mansura“ wie ehedem vor der Insel Elefantine lag, da verlangte es uns mächtig, die abends im Mond- schein bewunderte Insel Philae im Lichte der Sonne genauer zu besehen und kennen zu lernen. Ein kurzer Ritt durch die Wüste brachte uns zum Dörfchen Schelläl, von wo wir uns durch arabische Bootsleute zur geheiligten Insel übersetzen liefsen. Gleich als ob ich es heute erlebt hätte, weils ich es noch: Als meine Frau in Staunen versunken, sich in die reizvolle Bauart der Ptole- mäerzeit vertiefte und über den Isistempel gerade eifrig im Bae- deker nachlas, fiel mein Blick auf die mit gelben Blüten über- säeten, die Tempel umschattenden Ssunt-Akazien. Die Blüten lösten sich von den Bäumen und wurden lebendig. Funkelnden Edelsteinen gleich huschte es durch die Zweige, verweilte einen Augenblick hier und da und hing sich dann an die duftenden Blütenköpfe. Da liefs ich Frau und Tempel im Stich, eilte mit gewaltigen Sätzen die Stufen herab, ergriff meine treue Flinte und erlegte die kostbaren Vögel. Jauchzend vor Freude hob ich die tötlich getroffenen vom Boden, zeigte sie stolz meiner Gattin und wandte die Blicke nicht mehr ab von den Bäumen, bis ich derlebenden Edelsteine genug für meine Sammlung erlegfähatte. Für mich bedeutete die Erlangung dieser neuen lart unter den begleitenden Umständen die verkörperte Poesie im höchsten Sinne des Wortes. Innige Dankbarkeit bewahre ich dem gütigen Geschick, dafs es mich gerade an jenem Orte und zu jener Zeit mit diesem Juvel unter den Vögeln bekannt gemacht hat. Ausgerechnet auf der zauberhaftesten Insel des ganzen Nilstromes mufste mir dieses Glück zu Teil werden! Bewältigt von der Macht des Zaubers, den die stummen Zeugen einer hochentwickelten, zu Grabe getragenen Menschheit uns über- lieferten, liefs ich die Gedanken in ehrfurchtsvollem Staunen in die längst verflossene Zeit zurückgleiten, während mir zu- gleich die Natur in ihrer nie zerfallenden Kraft ein Geschöpf vor Augen führte, das schöner war wie alle Kunst, die je Menschenhände hervorzubringen vermochten. Und heute, nachdem ich dies nach über 20 jähriger Spanne Zeit niederschreibe, um- fängt mich die ganze Macht der Erinnerung an jene a Tage der Forschung im glücklichen Lande der ewigen Sonne und der milden Luft. Kein Wunder, dafs die Hammerschläge leidenschaftlicher Sehnsucht nach diesem entschwundenen Para- diese mächtig an mein Herz pochen, in der stillen Hoffnung, den Lieblingswunsch, Aegypten wiederzusehen, nicht zu Grabe zutragen, sondern ihn wieder lebendig erstehen zu sehen. Und wenn auch die Elastizität der Glieder und Schärfe der Sinne naturgemäls im vorgeschrittenen Alter nicht die der früheren Zeit sein 452 A. Koenig: können: die Liebe zum Berufe würde alle Mängel und Gebrechen überbrücken. Leuchtend vor meinem Auge steht mir da als ein Beispiel ohne Gleichen die ungebrochene Gestalt meines hoch- verehrten väterlichen Freundes, des berühmtesten Afrikaforschers aller Zeiten: Georg Schweinfurth. Weit über der dem Menschen zugemessenen Lebenszeit stehend, zog er noch immer be- geistert hinaus in die lieblichen Wüstentäler Aegyptens, um mit Pflanzenpresse unter dem Arm, mit Hammer und Meifsel in der Hand seine fruchtbaren Forschungen fortzusetzen, wahrlich ein beneidenswertes Loos, das die Götter einem Menschen zuteil werden liefsen! Die Neectarinia metallica, welche in diesen beiden lateinischen treffllich gewählten Worten den Inbegriff ihres ganzen Wesens darstellt, tausendmal besser, als alle schleppenden, nachahmen- wollenden Übersetzungen unserer neuen Sprachen, — ist ein echtes Kind des Nubierlandes. Den Brennpunkt ihrer Verbreitung zeigt sie in der Provinz Dongola und strahlt von da aus nahezu gleichmälsig nach Süden wie nach Norden aus. Bis in die Ge- send von Charthum vordringend und von dort aus weiter nach Süden durch die die Farbe des dritten Voll-Edelsteines (des Rubin) wiederspiegelnde Art Nectarinia pulchella ersetzt werdend, schiebt sie sich nordwärts bis zum Wendekreise des Krebses vor und ent- sendet von da aus ihre letzten Ausläufer bis zu den Strom- schugllen des alten Syene (Assuan). Weiter nördlich bin ich diesem hübschen Vögelchen nicht begegnet, würde mich aber nicht wundern, wenn neue Forschungen diese Art bis etwa in die Gegend von Edfu in Ober-Aegypten, das zoogeographisch betrachtet, noch ganz zu Nubien gehört, verlegen würden. Sie muls für Ober-Aegypten als ein ausgesprochener Zugvogel be- zeichnet werden, der erst gegen Ende Februar dort seinen Ein- zug hält. Nach den Ssunt-Akazien (Acacia nilotica, D.) bevorzugt unser Vögelchen die Uscherpflanze (Calotropis procera), welcher wir südlich des Wendekreises bereits durchweg schon in sStatt- licher Baumform begegnen. Diese eigenartige Pflanze scheint unserem Vögelchen die liebste von allen zu sein. Ich bringe dies in Zusammenhang damit, dafs die auffallend honigreichen Blüten der Calotropis, abgesehen von ihrem Nectar, eine reich- liche Anzahl von kleineren Insekten beherbergen. Immer sieht man die eigenartigen Doldenblüten umschwirrt vou den ver- schiedensten Hymenopteren, Coleopteren, Dipteren und Lepido- pteren. Die Danaisfalter beleben die Stauden zu Hunderten und legen ihre Eier an die fleischigen, von giftigem Milchsafte strot- zenden Blätter; die violett flügelige Holzbiene (Xylocapa) um- fliegt die Dolden mit starkem Gebrumm, während die am Thorax gelb bestäubte (behaarte) nahverwandte Hummel ganz in die Blütenkelche eindringt. Ein wahres Heer von kleineren Lebe- wesen drängt sich dazwischen, und oft habe ich die lichtvioletten Die Fänger (Captores) Aegyptens. 458 Blüten wie besäet davon gefunden. Wo immer aber nur eine Calotropis-Staude in Blüte stand, da wiegte sich auch das Sonnen- vögelchen davor, hing sich an die Blüten, stach eifrig mit dem gekrümmten Schnäbelchen hinein und liefs sich ohne Scheu in seinen Hantierungen betrachten. Eine mit Calotropis bestandene Wüstenfläche ist geradezu undenkbar ohne Anwesenheit unseres Vögelchens. An dieser Pflanze kann man auch das von heifser Leidenschaft durchglühte oO" in begehrlichem Liebesspiel zu seinem Q beobachten. Es schlägt heftig mit den Flügeln auf und ab, spreizt und stelzt den langen Schwanz, ihn steil in die Höhe stellend, zittert. und vibriert mit jeder einzelnen Feder, wodurch das Brillieren der Farben in wundervollen Reflexen zum Ausdruck kommt und lälst dabei seine eigentümliche, laut zwitschernde, ein wenig hart klingende Stimme kreischend vernehmen. Es erweckt den Ein- druck, als ob dieses Vögelchen ein überaus sinnliches Geschöpf- chen ist und von der Mutter Natur durch diesen Trieb zum einzigartigen, farbenprächtigen Spiel ausersehen wurde. Dem eigentlichen Balzvorgange voran geht ein energisches, seitliches Hin- und Herbewegen — gewiflsermalsen ein Wiegen des kleinen Körpers. Die nervös erregten Q'O" setzen sich dann mit Vorliebe auf die Spitzen oder freiabstehenden Zweige und bewegen sich lebhaft; indem sie sich ganz nach Stieglitz-Art links und rechts hin drehen, wobei die goldgelbe Brust weithin leuchtet, Kopf und Kehle blendend grün irisiert und das violette Halsband sich tief- blau abhebt. Diesem auffallenden Werbespiel der männlichen Vögel habe ich mit wabrem Entzücken lange Zeit zugesehen und dabei beobachtet, dafs sich die unscheinbaren Weibchen schein- bar teilnahmslos durch die Zweige wandten, von den zudring- lichen Galanen verfolgt, sich aber geschickt im Gewirr der Zweige verbargen, wohin diegliebestollen Q'O' nicht gleich nach- folgen konnten. Trotzdem weils sich aber auch das J' vortrefi- licb durch die Zweige hindurchzuwinden. Unabläfsig verfolgt es das 9, bis sich dieses ihm ergibt. Auch in der Provinz Döngola scheint der Erzhonigsauger Zugvogel zu sein, da ich vor Februar keinen Vogel dort gewahrte. Die ersten ankommenden J'cG* befinden sich noch durchweg in der Mauser. Die keimenden Federn stecken noch in den Blut- kielen und lassen die farbenprächtige Färbung nur erraten und vermuten, keineswegs aber erkennen, während die mittleren Steuerfedern kaum über den kleinen, stumpf abgerundeten Schwanz hervorragen. Die jungen, zum erstenmal in das Hochzeits- kleid vermausernden 9'Q‘ tragen im Grolsen und Ganzen das Gefieder der QQ und verraten sich nur durch eine hier und da hervorbrechende Glanzfeder. In kürzester Zeit aber verändert sich das Bild. Die Mauser des Kleingefieders ist vollendet, die mittleren Schwanzfedern haben die vorschriftsmälsige Länge er- reicht: ein Prachtjuvel ist aus dem anfänglich unscheinbaren 454 A. Koenig: Vogel geworden. Ebenso schnell aber wie die Höhe der voll- endeten Entfaltung erreicht wurde, ja wahrscheinlich viel schneller noch, tritt der Verfall des farbenprächtigen Gefieders ein. Ich habe beobachtet, dafs während die 92 auf den frischen Gelegen salsen, die Q'0° bereits den herrlichen Schmuck ihrer langen Mittelschwanzfedern eingebüfst hatten. Die mit den glänzendsten Metallfarben ausgestatteten Federn vermögen ihre Haltbarkeit und ihre Widerstandskraft vor dem Einflufs der zersetzenden Sonne und den verreibenden und aufteilenden Elementen nicht lange zu behaupten, während ich an den Qlichen Vögeln keine wesentliche Veränderung in ihrem anspruchslosen Gefieder wahr- nehmen konnte, ja, mir wollte es scheinen, als ob die Haltbar- keit des Federkleides bei den QQ im Gegensatz zu der bei den oO‘ eine bedeutend gröfsere sei. Die hohe geschlechtliche Er- regung, welche einen riesigen Kräfteverbrauch des Körpers ver- langt, bewirkt auch wohl nach der Extase einen um so schnelleren Verfall der äufseren Sexualcharaktere. Es ist selbstverständlich, dafs die Nectarinia metallica sich nicht nur an die beiden angegebenen Baumarten bindet. Wir finden sie auch auf allen anderen Bäumen und Sträuchern, mit Vorliebe aber in den mit scharfen Dornen bewehrten Akazien. In den grolsen mächtigen Härräs- Bäumen (Acacia albida, D.) habe ich wiederholt ihre beutelförmigen Nester gefunden, eben- falls in den Talh-Akazien (Acacia Seyal, Del.) und in den Ssellemakazien (Acacia Ehrenbergiana). Auch in den eigenartigen schief schirmdachförmigen Ssämrakazien (Acacia spirocarpa, H.) in der Bajudasteppe sowie in dem Ssidrstrauche (Zieyphus spina Christi) habe ich sie wahrgenommen. Die wunderhübschen beutelförmig geformten, mit einem seitlichen Einschlupfsloche versehenen Nester findet man im letzten Drittel des März oft und unschwer in den Zweigen der«vorgenannten Bäume fest ein- gewoben, wo sie deutlich erkennbar sind und sich dem mensch- lichen Auge verhältnismäfsig leicht verraten. Das volle Gelege scheint nur aus 2 Eiern zu bestehen. Beschreibung und Mafse dervonmir gesammelten Nester und Eier. I. Nest ohne Eier, leg. A. Koenig, Wadi Näga (Aeg. Sudan) 20. 3. 1903. Das wunderhübsche, einer Geldbörse gleichende, cylindrisch geformte, oblong gestaltete Nestchen ist aus Pflanzenbast und Samenwolle künstlerisch zusammengeschichtet und hing mit seinem oberen Ende an einem Seitenzweige des Ssidr-Strauches (Zizyphus spina Christi), woran es fest umsponnen (verwebt) war. Die Wandungen siod im oberen Drittel — namentlich aus der dem Flugloche entgegengesetzten Seite noch nicht dicht verfilzt, während die Unterseite vollkommen dicht ist. Der Bau des lieb- 3 Die Fänger (Captores) Asgyptens. 455 lichen Nestchens war demnach noch nicht vollendet. Eier be- fanden sich nicht darin. Länge des Nestes: 10 cm; Durch- messer: 5 cm; Umfang: 14 cm. II. Nest mit einem Ei. leg. A. Koenig, Wadi Näga (Aeg. Sudan) 20. III. 1903. Das aus verschiedenen Pflanzenfasern, Bast, Blütenschalen und Grannen verfertigte Nestchen ist dickwandig verfilzt. Es ist ausgesprochen beutelförmig, indem es an der Basis breiter ist und sich nach oben konisch verjüngt. Das Einschlupfloch steht ganz am oberen Rande, ist kreisrund und hat einen Durch- messer von 2,5 em. Länge: 9 cm; Umfang am Grunde: 17 cm. Umfang am Einschlupfloche: (oberes Ende) 14 cm. Tiefe der Nestmulde bis zum untersten Rande des Einschlupfloches 5,4 cm. Es lag im Nest nur ein Ei, welches ganz frisch war. Die Grundfarbe des schön eigestaltigen Eichens ist kalkweils, sparsam besäet mit feinen rotbraunen Tippeln und Punkten. Auf dem stumpfen Pole stehen kranzartig angelagert einige feinver- schlungene, haarartig ausgezogene, ebenfalls rotbraun gefärbte Geilseln, ähnlich wie wir sie auf den Eiern der Emberiziden finden. 2,7 em= 0 a. Nchm 0,05 gr. III. Nest ohne Eier, leg. A. Koenig in Acacia Ehrenbergiana am Hagr el Asl (Honigstein) 21. III. 1903. Das äufserst dicht verfilzte, länglich ovale Nestchen ist aus den feinsten pflanzlichen Gewebestoffen hergestellt und mit Samenfäden und Flocken, Stengeln, Grannen, losen Blättchen, Samenkapseln und vereinzelten Grashalmen umsponnen. Es ist mit seinem oberen Ende um einen Zweig der Ssellemakazie ‘ verwoben und so fest an ihn gefügt, das es unlösbar von ihm ist. Das ganze Nestchen macht einen überaus weichen und molligen Eindruck; es enthielt, obschon fertiggestellt, keine Eier. Das kreisrunde Schlupfloch befindet sich im oberen Drittel des Nestes und hat einen Durchmesser von 2,1 cm. Länge: 10 cm; Umfang: 18,5 cm. IV. Nest mit 2 Eiern (Gelege), leg. A. Koenig, etwa 25 Kilom. nördlich von Chartum in Acacia albida (Härräz) 24. III. 1903. Das wunderhübsche, oben etwas vornüber geneigte Nestchen ist aus den verschiedensten Pflanzengeweben, -fasern und Bast- fäden zusammengeschichtet und verwoben. Es hängt mit seinem oberen Teile an einem Zweige der Härräz-Akazie, um den es fest verwoben ist. Das in seinem oberen Teile angebrachte Schlupfloch erscheint ein wenig erweitert und milst 3 cm im Durchmesser. Länge: 11,5 cm; Umfang an der Basis: 18 cm; Tiefe der Nestmulde: 5 cm. 456 A. Koenig: Die Fänger (Captores) Aegyptens. In der tiefnapfigen Nestmulde liegen die ein Gelege bildenden 2 Eier. Diese sind gefällig eiförmig gestaltet, von kalkweilser Grundfarbe und zeigen nur wenige, hieroglyphenartige, rotbraune Haarzüge. Das Schalengefüge erscheint ziemlich fest mit zahlreichen Grübchen durchsetzt. a) 1,7 cm x 1,1 cm, 0,02 gr. e V. Nest mit Gelege von 2 Eiern, leg. A. Koenig, etwa 25 Kilom. nördlich von Charthum’am 24. III. 1903 in Acacia albida, D. Das Nest ist länglich oval, am Grunde breit, nach oben zu sich verjüngend und trägt ein nach oben aufgeschlitztes, sehr verbreitertes Einschlupfloech. Es ist aus Pflanzenwolle und Pflanzenfasern fest zusammengeschichtet und war an einem Zweige der Häräzakazie aufgehängt. Länge 11,5 cm; Umfang an der Basis 16,5. ; Die beiden ein Gelege bildenden Eier sind länglich oval, in der Grundfarbe milchig weils mit nur wenigen, ganz spärlich 1,5 cm X L,l em, b) 0,02 gr. ; r: " \ über die Oberfläche verteilten rotbraunen Strichen und Punkten. Durch das Bohrloch gesehen leuchtet die Innenschale hellweils durch. Das eine Ei ist etwas gröfser als das andere. ya cm X 1,2 cm, b) 1,6 cm X 1,1 cm, 0,05 gr. ; 0,02 gr. r VI. Nest mit Gelege von 2 Eiern leg. A. Koenig, 25 Kilom. nördlich von Charthum am 24. III. 1903 in Acacia albida, D. Das beutelförmig geformte Nest ist aus Samenwolle und Pflanzenfasern fest zusammengeschichtet und damit verwebt. Es hängt mit seinem oberen Teile an einem Zweige der Härräzakazie. Länge: 11,5 cm; Umfang an der Basis: 18 cm. Durchmesser des anscheinend etwas erbreiterten Flugloches: 4 cm. Tiefe der Nestmulde bis zum unteren Rande des Einschlupfloches: 5,5 cm. Die beiden Eier — ein Gelege bildend — sind von gefälliger Eiform, von verhältnismäfsig starkem Schalengefüge, welches viele nadelstichartige Grübchen zeigt. Die Grundfarbe ist weils am stumpfen Pole stehen einige tief dunkelrotbraune Punkte und lang ausgezogene Haarzüge, welche sich dem Ei b in Kranz- form auflagern. Die übrige Oberseite zeigt nur ganz vereinzelte rotbraune Pünktchen. a) 1,6 cm. 76712 cm, 1,6 cm X 1,2 cm 0,02 gr. y ; Be 0,02 gr. 457 Nachschrift zu: Vögel der Ukerewe-Insel. In meiner Arbeit über die Vögel von Ukerewe ist als 175. Art nachzutragen: Mirafra fischeri Rchw. [Rchw. Vög. Afr. III, p. 339]. — Zwei g9'g' vom VIII. resp. XL; Flügellänge 79 und 83 mm. — Bei der Abfassung der genannten Abhandlung (ebenso der im Aprilhefte ds. Jhrggs. abgedruckten Arbeit über die von Roehl in Usambara gesammelten Vögel) war mir die neueste englische ornithologische Literatur leider nicht zugänglich; erst kürzlich sind mir die während des Krieges und nach demselben erschienenen englischen Arbeiten, soweit sie in „The Ibis“ bezw. den „Bulletins‘ veröffentlicht wurden, bekannt geworden — leider zu spät, als dafs ich sie in meinen obengenannten Aufsätzen noch hätte berücksichtigen können. Eine Übersicht über die Rassen der Prinia mystacea (die ich auf S. 408 als ein Desiderat bezeichnet hatte) liegt jetzt vor: in ihrer aufserordentlich wertvollen Arbeit „A List of the Birds of the Anglo-Egyptian Sudan“ usw. (Ibis 1918) geben W.L. Sclater und C. Mackworth-Praed auf S. 676 —677 eine Zusammenstellung der bis dahin bekannten Rassen; 1920 wurde von van Someren eine weitere Form (immutabilis) von Uganda beschrieben. Der Busch- würger Harpolesies australis minor vom deutschostafrikanischen Küstengebiet, auf dessen vermutliche Verschiedenheit von ty- pischen minor aus dem Innern Deutschostafrikas ich (S. 415) hinwies, ist 1921 als besondere geographische Rasse littoralis abgetrennt worden. Zeit- und Raummangel verbieten mir leider, auf Weiteres einzugehen. H. Grote. Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die März-Sitzung 1921. Verhandelt: Berlin, Montag, d. 7. März, abends 7 Uhr, im Konferenz-Zimmer der Landwirtschaftlichen Hochschule, Invaliden- stralse 42. Anwesend: die Herren Ohnesorge, Doench, v. Stralen- dorff, Strahl, Heck, Helfer, Paulick, Stein- bacher, Schuster, Sachtleben, Freger, v. Ver- sen, Nyncke, Frhr. v. Berlepsch, v. Lucanus, Reichenow, Spatz, Steinmetz, Hesse, Hauche- corne, Heinroth und Frl. Friedrich sowie 12 Gäste. Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Der Vorsitzende begrüfst Herrn v. Berlepsch und teilt der Gesellschaft das Hinscheiden des Forstmeisterss Wagner 458 Bericht über die März-Sitzung 1921. auf Steinbusch in der Neumark mit. Der Verstorbene hat es verstanden, in dem ihm unterstellten Bezirk den Seeadler, den Kormoran und den Polartaucher als Brutvögel zu erhalten und wird einen dauernden Platz in der Geschichte der märkischen Ornithologie einnehmen, Die Anwesenden ehren sein Hinscheiden durch Erheben von den Sitzen. Die Herren Reichenow und Heinroth legen die ein- gegangenen Bücher und Zeitschriften vor. — Ein Aufruf für die Lina Haehnle-Stiftung wird herumgereicht. — Herr Steinmetz gibt eine Übersicht über die Kassenverhältnisse des verflossenen Jahres. Zu Kassenprüfern werden darauf die Herren Strahl und Sachtleben gewählt. Herr Heinroth berichtet über das Brüten der Gebirgs- stelze, Motacilla boarula, im Berliner Zoolog. Garten. Bereits seit einigen Jahren hielten sich Gebirgsstelzen an den Teichen auf und erschienen des Öfteren mit ausgeflogenen Jungen, ohne dafs es möglich gewesen wäre, das Nest selbst zu finden. Als die Tiere 1920 wieder mit fliggen Jungen ankamen, wurden sie dauernd weiter beobachtet, und es gelang, festzustellen, dafs sie bald unter einem Hohlziegel am Dachfirst des Stelzvogelhauses wieder zum Nestbau schritten. Am 26. Juni hatten sie 5 etwa zwei- bis dreitägige Junge, die dann von dem Berichterstatter sämtlich aufgezogen wurden und sich als 5 Männchen erwiesen. Jetzt im März mausern sie zum zweitenmal das Kleingefieder und die innersten Ellenbogenfedern. Es ist wohl das erste Mal, dafs diese Art als Brutvogel innerhalb Berlins sicher festgestellt wurde. Photos des Nestplatzes in der Jugendentwicklung ver- anschaulichen seine Ausführungen. Von der weilsen Bachstelze, Mot. alba, berichtet er folgendes: Unter dem Dach eines Büffelhauses brütete ein Paar dieser Art 1920 dreimal hintereinander mit bestem Erfolge im selben Nest, wobei auf die alte Nestmulde wieder neue Neststoffe aufgelegt wurden. Die erste Brut enthielt 7, die beiden folgenden je 6 Eier. Ein Ei davon war schlecht, eins wurde für Versuchs- zwecke benutzt, insgesamt 17 Junge kamen zum Ausfliegen, die sämtlich beringt wurden. Die alten Vögel waren in der Nähe des Nestes auffallend heimlich, näherte man sich dem Neste, so strich der im Nest befindliche Alte, indem er sich fast senkrecht herabfallen liefs, lautlos dicht über dem Boden ab, und beide waren, so lange die Störung anhielt, nicht zu bemerken. Das Hantieren mit den Eiern und Jungen übte keinen nachteiligen Einflufs aus. Die drei Bruten erfolgten mit genau sechswöchigem Abstand, so dafs die etwa 10Otägigen Jungen je am 11. 5., 26. 6. und 9. 8. beringt wurden. An den Jungen der letzten Brut schmarotzten sehr zahlreiche Fliegenlarven, die die Tiere schon stark geschwächt hatten und wahrscheinlich vollständig umge- bracht haben würden, wenn die Schädlinge nicht entfernt und die Neststoffe durch frisches Heu ersetzt worden wären. Aus ’ ’ " Bericht über die März-Sitzung 1921. 459 den Larven konnten bis jetzt noch keine Volitiere gezogen und ihre Artzugehörigkeit noch nicht bestimmt werden. Hierauf hält Herr v. Lucanus einen Vortrag über den ie des Wetters auf den Vogelzug, wobei er folgendes aus- ührt: „Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Vogelzug und Witterung haben die österreichischen und ungarischen Ornitho- logen mit besonderem Eifer behandelt und sie in den Zeit- schriften „Aquila“ und „Schwalbe“ eingehend besprochen. Nach Hegyfoky wird der Zug durch gutes Wetter mit steigender Temperatur begünstigt, durch Depressionen mit fallender Tempera- tur dagegen verzögert. Eine Ausnahme macht nach: seiner An- gabe die Rauchschwalbe, die gerade die Depressionen auf ihrem Zuge bevorzugt. Gallenkamp, der ebenfalls die Zugverhältnisse von Hirunda rustica eingehend untersucht hat, kommt zu einem entgegengesetzten Ergebnis, nämlich dafs die Rauchschwalbe ebenso wie die übrigen Zugvögel mit Vorliebe bei hohem Luft- druck zieht. Nach Hübner soll sich der Frühjahrszug an den Verlauf der Isothermen eng anlehnen. Dieser Auffassung wider- spricht jedoch die Erscheinung, dafs der Frühjahrszug bedeutend schneller verläuft als das Vorrücken der Isothermen. Die Wan- derung der Isothermen von Afrika bis zum Nordkap dauert ein — halbes Jahr, die Zugvögel dagegen vollführen ihre Reise von Afrika bis Nordeuropa in wenigen Wochen! Braun schreibt den Haupteinflufs den Windströmungen zu, deren Richtung die Zug- vögel folgen. Im Gegensatz hierzu stehen die seit 2 Jahr- zehnten auf der Vogelwarte Rossitten gesammelten Erfahrungen, wonach die Vögel bei jedem Winde ziehen, sowohl bei Rücken- wind, wie bei Gegenwind und Seitenwind. Bretscher hat auf Grund eines nach vielen Tausend Zugdaten zählenden Materials den Zusammenhang des Vogelzuges mit der Witterung unter- sucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dafs der Zug unab- hängig vom Wetter verläuft. In seiner interessanten und sehr lesenswerten Arbeit „Der Vogelzug im Schweizerischen Mittel- land in seinem Zusammenhang mit den Witterungsverhältnissen“ (Neue Denkschrift der Schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft Band LI, Abh. 2) weist er nach, dals Zugbewegungen im starken Umfange sowohl bei hohem, wie bei niedrigem Luftdruck, bei warmer und kalter Temperatur, sowie bei jeder Luftströmung stattfinden und dafs es daher nicht möglich ist, irgend einen Zusammenhang zwischen dem Vogelzuge und dem Wetter her- auszufinden. Auch auf den Beginn und Verlauf des Zuges üben die Temperaturverhältnisse keinen Einfluls aus. So kann z. B. der Zug einer bestimmten Art in einem Frühjahr trotz niedriger Durchschnittstemperatur sehr früh beginnen, in einem anderen Jahr trotz hoher Durchschnittstemperatur sehr spät. Früher und später Zug, hobe und niedrige Durchschnittstemperatur wechseln willkürlich mit einander ab. Ebenso steht auch der En / i 460 Bericht über die März-Sitzung 1921. kürzere oder längere Verlauf des Zuges in gar keiner Beziehung zu der Durchschnittstemperatur. Diese Untersuchungen, die durch statistische Tabellen vorzüglich erläutert werden, ver- dienen für die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Vogel- zug und Wetter die gröfste Beachtung. Mit ihnen stehen die Erfahrungen, die seit 2 Jahrzenten auf der Vogelwarte Rossitten gewonnen wurden, durchaus im Einklang. Aus den Berichten der Vogelwarte geht hervor, dafs sich kein inniger Zusammenhang zwischen Vogelzug und Witterung erkennen läfst. Während sich das eine Mal bei nafskaltem, windigen Wetter kein Vogelzug be- merkbar macht, erscheinen an einem anderen Tage mit derartiger Witterung zahlreiche Zugvögel. Häufig haben wir bei klarem, warmen Wetter guten Zug, ein andermal Mal dagegen fehlt bei schönem Wetter jede Zugbewegung, selbst wenn nach vorauf- gegangenen ungünstigen Tagen das Einsetzen eines starken Zuges eigentlich zu erwarten war. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft läfst sich die von vielen Autoren vertretene Ansicht, dafs der Vogelzug in enger Verbindung zu den meteorologischen Verhältnissen steht, nicht mehr aufrecht erhalten. Diese Theorie entstand wohl hauptsächlich daraus, dafs man von vornherein eine Abhängigkeit des Zuges vom Wetter voraussetzte und dann nur die hierfür passenden Fälle auswählte, während man auf die doch auch sehr häufigen Ausnahmen zu geringen oder keinen Wert legte. In dieser Beziehung übertrifft die objektive Be- urteilung Bretschers die meisten anderen Arbeiten. — Wir dürfen freilich nicht übersehen, dafs gewisse abnorme Witterungs- erscheinungen, wie Nebel und starker Sturm, die Vögel zwingen können, ihren Zug einzustellen, im ersteren Falle, weil sie dann die Orientierungsmöglichkeit verlieren, im letzteren Falle, weil sie ihre Flugfähigkeit einbüfsen. Ebenso verursachen im Frühjahr plötzlich eintretender starker Schneefall und grofse Kälte häufig rückläufige Zugbewegungen, um die Vögel vor dem Hungertode zu schützen. Dies sind aber auch die einzigen engeren Be- ziehungen zwischen dem Vogelzuge und der Witterung, die aber nur eine untergeordnete Rolle spielen im Vergleich zu der Be- deutung, die man so oft der Witterung beigelegt hat.“ — Einige der Anwesenden bestätigen die Tatsache, dafs die Witterungsverhältnisse wohl kaum einen wesentlichen Einflufs auf den Vogelzug haben können aus ihren Erfahrungen. Herr Reichenow regt die Frage an, ob nicht nur die Haubenhähne (Holländer Weifshauben, Paduaner und andere), sondern auch die Hennen die bekannten Knochenauftreibungen unter der Federhaube hätten. In der Literatur widersprechen die Angaben einander. Ferner legt er einen Trauerfliegen- schnäpper (Muscicapa atricapilla) vom Westen des Albertsees in Mittelafrika vor, der dort im März erlegt worden ist. Der Vogel trägt sein erstes geflecktes Jugendkleid, die äufsersten Schwingen und auch die Schwanzfedern sind an der Wurzel noch nicht ganz Bericht über die April-Sitzung 1921. 461 vollständig verhornt. Er betont, dafs man mit drei Möglich- keiten rechnen könne: entweder handelt es sich um ein junges Stück einer dort als Brutvogel vorkommenden unbekannten, unserem Trauerfliegenschnäpper sehr ähnlichen Form, oder unsere Musc. atricapilla hat ausnahmsweise im Winter in Afrika ge- brütet, oder es liegt ein krankhafter Zustand von zurückge- haltener Mauser vor. Herr Heinroth hält die letztgenannte Vermutung nach dem Gefieder des Vogels nicht für begründet. Es handelt sich augenscheinlich um ein etwa 6 Wochen altes Tier, das demnach etwa im Beginn des Februar in den Tropen erbrütet sein muls. Herr Reichenow legt einen neuen Drossling vor: Crateropus plebeius elberti Behw. Dem C. p. gularis von Adamaua am ähnlichsten, aber Ober- seite wie Unterseite etwas dunkler, Oberkopf breiter schwarz- braun gestrichelt, Kopfseiten dunkler grau, vordere Kehle grau, nicht weils. Aus dem Uamgebiet in Ostkamerun. Nach dem Sammler benannt. O. Heinroth. Bericht über die April-Sitzung 1921. Verhandelt Berlin, Montag, 4. April 1921, abends 7 Uhr im Konferenzzimmer der Landwirtschaftlichen Hochschule, Invaliden- stralse 42. Anwesend die Herren: Schuster, v. Boxberger, Junk, Steinbacher, Nyncke, Preufls, Strahl, Heck, Berger, Paulick, Neumann, Sachtleben, v. Schuck- mann, Freyer, Bogatsch, Staudinger, Schalow, Hauchecorne, v. Lucanus, Reichenow, Spatz und Heinroth sowie 8 Gäste. Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Der Vorsitzende richtet an den Generalsekretär, Herrn Reichenow anläfslich seiner Amtsniederlegung folgende Worte: „Am 1. April sind Sie, sehr verehrter Herr Geheimrat, aus dem Staatsdienst ausgeschieden. Seit dem Jahr 1874 am Museum für Naturkunde in Berlin tätig, übernahmen Sie vor 33 Jahren als Nachfolger Ihres Schwiegervaters Cabanis das Amt als Kustos der ornithologischen Abteilung. So verlassen Sie jetzt eine in vielen Jahren Ihnen ans Herz gewachsene Arbeitsstätte, in der es Ihnen vergönnt gewesen ist, in hervorragender Weise für die ornithologische Wissenschaft zu wirken und sich grofse, unver- gängliche Verdienste zu erwerben. Als Verfasser zahlreicher wertvoller Arbeiten, unter denenen Ihr monumentales Werk „Die Vögel Afrikas‘‘ an der Spitze steht, und als Autor von fast 1000 neuen Vogelarten haben Sie sich unvergänglichen Lorbeer erworben! Als Sie im Jahre 1888 die Verwaltung der Museums- Journ. f. Orn, LXIX, Jahrg. Juli 1921, 30 462 Bericht über die April-Sitzung 1921. sammlung übernahmen, umfafste diese cr. 27000 Vögel, heute ist sie unter ihrer bewährten Leistung zu der stattlichen Anzahl von fast 100000 Stück angewachsen. Für alles dies ist Ihnen der unauslöschliche Dank der ornithologischen Wissenschaft für alle Zeiten gesichert! Als Pionier der ornithologischen Diseiplin haben Sie es verstanden, das Amt des Kustos der ornitbologischen Abteilung desZoologischen Museums in Berlin zu ganz besonderem Ansehen zu bringen und der hiermit verbundenen Stellung einen klangvollen Ruf weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus zu erwerben. Möge es Ihren Nachfolgern gelingen, das Werk, das sie aus Ihrer Hand empfangen, in seiner Grölse zu erhalten und es würdig fortzuführen. — Besondere Anerkennung verdient die überaus grofse Bereitwilligkeit und Güte, mit der Sie die Sammlung und die Literatur des Museums allen Ornitho- logen, die dort arbeiten wollten, stets zur Verfügung gestellt haben. Man durfte zu ihnen kommen, wann man wollte, niemals liefsen Sie es merken, dafs Sie in Ihrer Arbeit gestört wurden, stets waren Sie in der liebenswürdigsten Weise bereit, alle Wünsche, mit denen man an Sie herantrat, zu erfüllen. Sie haben sich hierdurch um die Förderung der ornithologischen Wissenschaft besonders verdient gemacht. Hierfür möchte ich Ihnen heute im Namen aller Mitglieder unserer Gesellschaft, im Namen aller derer, die unter Ihrer Leitung auf dem Museum arbeiten durften, den herzlichsten und wärmsten Dank aussprechen. Möge Ihre bewährte Kraft als Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft und als Herausgeber des Journals für Ornithologie uns noch lange erhalten bleiben, und möge es Ihnen, sehr verehrter Herr Geheimrat, beschieden sein, noch viele Jahre in völliger Frische und Rüstigkeit sich der Ihnen so ans Herz gewachsenen Ornithologie erfreuen zu können.“ Herr Reichenow dankt dem Vorsitzenden für seine freundlichen anerkennenden Worte und führt in seiner Er- widerung aus, dafs das Zoologische Museum und die Deutsche Ornithologische Gesellschaft in engsten Wechselbeziehungen zu- einander ständen. Während einerseits die Gesellschaft einen grolsen Vorteil dadurch habe, dafs sie auf das Museum sich stützen könne, erwüchse andererseit auch dem Museum aus den Beziehungen zur Gesellschaft schätzbarer Nutzen, nicht allein der allgemein wissenschaftliche durch die Tätigkeit der Gesell- schaft, sondern auch unmittelbarer Gewinn, wobei er auf die Stiftungen hinwies, die dem Museum durch Mitglieder der Ge- sellschaft zugeflossen sei. Er selbst gedenke mit Dank der An- regung, die er als junger Mann im Kreise der Gesellschaft em- pfangen habe und die er später zum Nutzen des Museums habe verwerten können. Er hoffe und wünsche, dafs die Beziehungen zwischen Gesellschaft und Museum auch ferner erhalten bleiben mögen zum beiderseitigen Nutzen und zum Gewinn für die Ornithologie. Bericht über die April-Sitzung 1921. 463 Herr Heinroth bemerkt zum Bericht über die Märzsitzung, dafs bei den Haubenhühnern auch die Hennen die Schädelauf- treibung haben, wie er sich durch Abtasten von Hennen ver- schiedener Rassen habe überzeugen können. Herr und Frau Heinroth zeigen hierauf einen lebenden, 5 Tage alten Gänsegeier, Gyps fulvus. Das Ei war von einem Paar des Berliner Zologischen Gartens am 5. Februar gelegt worden. Nach 49tägiger Bebrütung wurde es weggenommen, und das Junge entschlüpfte am 30. April im Brutapparat. Es ‚gedeiht bis jetzt vorzüglich; von der Art der Nahrungsaufnahme konnten sich die Anwesenden überzeugen. Das Tier pickt Fleisch- stücke von der Greifzange, neigt aber auch dazu, sie vom Boden aufzunehmen, so dafs die Annahme nahe liegt, dafs die Alten die im Kropf herbei gebrachten Fleischstücke auf den Nestrand legen und sie auch ihrem Spröfßsling durch Vorhalten oder Vor- schieben noch mundgerechter machen. Das Junge ist etwa nach Falken- oder Circus-Art mit gleichmäfsig langen weifslichen Daunen bedeckt, jedoch sind diese an Kopf und Hals der Befiederung der Alten entsprechend kürzer und plüschartiger. Die Augen sind offen, Beine und Flügel noch sehr wenig entwickelt. Das Gewicht des Neugeborenen des im frischen Zustande wohl etwa 280 g. wiegenden Eies betrug gegen 200 g. Die Stimme des jungen Vogels besteht in einem eigentümlichen glucksenden Piepen, das an den Ton gewisser Quietschpuppen erinnert. Das Männchen des alten Paares kam am 4. Februar 1914 als junger Vogel in den Besitz des Gartens. Es hat gegenwärtig noch bräunliche Augen, und seine Krause besteht aus lanzettförmigen Federn. Das Weibchen ist seit dem 29. 4. 08 in Berlin. Es ist gelbäugig und besitzt die Daunenkrause. Die Tiere brüteten in der Weise abwechselnd, dafs sie ziemlich genau immer je 2 Tage auf dem Ei safsen. Als dieses unter dem Männchen weggenommen wurde, safs der Vater bis zum nächsten und vom folgenden Tage ab sogar noch die Mutter einen Tag auf dem leeren Nest. Herr Heinroth ging bei der Besprechung des Brutgeschäfts dann auch noch auf die sonst in zoologischen Gärten gemachten Er- fahrungen bei der Fortpflanzung von Altwelts- und Neuwelts- geiern ein und bespricht die dabei festgestellten Brutdauern. Herr Reichenow hat über einige russische Ornithologen Nachricht erhalten: Am 10. 1. 20 ist Dr. Bianchi gestorben, Alpheraki, schon 1918. Buturlin lebt in Alotyri, Gouvern-Ssimbisk in Ostrufsland, Menzbier in Moskau. Nachfolger Bianchis in Petersburg ist Prof. Suschkin. Ferner legt Herr Reichenow im Verein mit den Herren Schalow, Junk und Heinroth die neu eingegangenen Bücher und Zeitschriften vor. Herr v. Boxberger spricht hierauf über gelegentliche Beobachtungen aus dem tropischen Afrika, wobei er insbesondere auf den Vergleich des vogelreicheren Ostafrika mit dem vogel- ärmeren Waldgebiet Westafrikas eingeht. Er gibt ein anschau- 30* 464 Bericht über die Mai-Sitzung 1921. liches Bild der dem Auge und Ohr besonders auffallenden Vogel- welt und weist darauf hin, dafs man auch dort durch Schaffung von Nistgelegenheiten für Höhlenbrüter viele Vögel heranziehen könne. Herr Neumann bemerkt hierzu, dafs seiner Ansicht nach der Vogelbestand im Urwald nur scheinbar geringer sei, als in der Steppe, er entzieht sich nur mehr der Beobachtung. Es sei erstaunlich, wie viele Vögel man durch Auslegen von Schlingen im Walde erhalten könne. Herr Reichenow er- wähnt, dafs in den Tropen auffallend viele Vogelarten wohl des- halb geschlossene Nester bauen, um der Sonnenbestrahlung und den fürchterlichen * Regengüssen besser entgehen zu können. Über die Frage, ob unsere heimischen Singvögel in der Winter- herberge singen, entspinnt sich ein lebhafter, aber widerspruchs- voller Meinungsaustausch. Herr Schuster macht die Mitteilung, dafs er in den letzten Märztagen auf dem 1140 m hohen Brocken 6—8 Hausrot- schwänze und einen Trupp Buchfinken beobachtet habe, und ist der Ansicht, dafs man daraus auf eine beträchtliche Zughöhe dieser Vögel schliefsen müsse. Herr v. Lucanus widerspricht dieser Vorstellung und meint, dafs sich die Tiere nahe der Erd- oberfläche gehalten hätten und dabei zufällig auch über das Gebirge weggezogen seien. Herr Neumann weist darauf hin, dafs man in der Winterherberge verflogene Vögel der Ebene im Gebirge finde und erwähnt, dafs der Graue Kranich in Abessinien in einer Höhe von 3000 Metern zu überwintern pflege, was seinen Grund darin hat, dafs er dort besonders günstige Ernährungs- möglichkeiten vorfindet. Ferner bespricht Herr Neumann die afrikanische Gruppe Chlorophoneus und kommt zu dem Schlufs, dafs die ursprünglich rot gefärbte Waldform durch den steten Aufenthalt in der Steppe vielleicht wegen des Fehlens bestimmter Nahrungstoffe zum Gelbwerden neigt. O. Heinroth. Bericht über die Mai-Sitzung 1921. Verhandelt Berlin, Montag, den 2. Mai, abends 7 Uhr, im Hörsaal 6 der Landwirtschaftlichen Hochschule, Invalidenstrafse 42. Anwesend die Herren: v. Lucanus, Schalow, Reichenow, Spatz, Staudinger, Grafv.Zedlitz, Grote, Baron Loudon, Neumann, Berger, Ohne- sorge, Paulick, Bogatsch, Sachtleben, Ham- burger,Steinmetz,Stresemann,Arndt,Preufs, Heck, Nyncke, Hauchecorne, G. Schulz, Stein- bacher, Strahl, v. Stralendoff, Heinroth und Frl. Friedrich, sowie 22 Gäste. Vorsitzender Herr vv. Lucanus, Schriftführer Herr Heinroth. Der Vorsitzende macht die Traueranzeige, dafs am 25. April ein langjähriges Mitglied Herr Prof. Dr. v. Rabenau, Direktor Bericht über die Mai-Sitzung 1921. 465 des Museums der Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz, ge- storben ist. Die Anwesenden ehren sein Andenken durch Erheben von den Sitzen. Die Kassenprüfer, Herr Strahl undHerr Sachtleben, haben die Kasse für richtig befunden, es wird daher dem Kassenführer, Herrn Steinmetz, Entlastung erteilt. Einige Vorschläge, die die Kassenprüfer zu machen haben, sollen in der Vorstandssitzung weiter beraten werden. Herr Schalow, der 14 Jahre Vorsitzender der Gesell- schaft gewesen ist und sein Amt seit Jahresfrist niedergelegt hatte, wird zum Danke für seine überaus erspriefsliche und auf- opfernde Tätigkeit zum Ehrenmitglied der Gesellschaft ernannt. Herr Schalow dankt in bewegten Worten für diese Ehrung. Herr Heinroth zeigt hierauf im Anschlufs an seine Aus- führungen in der April-Sitzung zwei lebende junge Geier, von denen ein Gyps fulvus nunmehr 33 Tage alt ist und den Beginn der Federentwicklung zeigt. Aufserdem wird ein im Zoolog. Garten Halle a. $S. gezüchteter, jetzt 6tägiger Mischling von männlichem Gänse- und weiblichem Kuttengeier herumgezeigt. Das Ei ist in Halle erbrütet und in gepicktem Zustande nach Berlin gebracht worden, wo es dann am selben Abend aus- schlüpfte. Es war in dem Geierhorst dadurch gefährdet worden, dafs die Eltern beide brüten wollten und dabei in Streit gerieten. Der Geiermischling unterscheidet sich durch einen breiteren Kopf, den schwarzen Schnabel und die dunklere Bedaunung erheblich von Gyps. Hierauf hält Herr Granvik aus Lund einen von schönen Lichtbildern begleiteten Vortrag über seine Reise zum Elgon in Afrika und gibt ein anschauliches Bild über das Wald- und Steppengebiet dieser Gegenden wie ihrer tierischen und menschlichen Bewohner. Der ungemein unterhaltende und an- regende Vortrag wird von der Versammlung mit lebhaftestem Beifall aufgenommen. Der Vorsitzende spricht dem Redner den Dank der Gesellschaft aus. O. Heinroth. Am Sonnabend, d. 7. Mai 1921, fand ein Ausflug in das Golmer Luch statt. Die Teilnehmer fuhren um 2.25 Uhr vom Potsdamer Fernbahnhof ab, um sich auf dem Bahnhof in Werder um 3.20 Uhr zu treffen. Von dort wurde die Wanderung über die Werder-Brücke ins Golmer Luch über Einhaus und Nattwerder nach Bornimgrube angetreten, von wo man mit der Eisenbahn um 8.52 Uhr abfuhr und in Berlin um 10.24 Uhr wieder eintraf. Herr Rechnungsrat Beckel hatte in liebenswürdigster Weise als Vogelsachverständiger dieses Luchgebietes die Führung übernommen und dafür gesorgt, dals den Teilnehmern belegte Nester der Bekassine, der Löffelente, des Jagdfasans und anderer 466 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. Vögel gezeigt werden konnten. Natürlich kamen auch die übrigen Vertreter der Vogelwelt der Sumpf- und Wiesenlandschaft zur Beobachtung, insbesondere machten sich für das Ohr Brachvogel, Rotschenkel, Rohrdommel und sehr zahlreiche Schilf- und Drossel- rohrsänger bemerkbar. Auch ein Blaukeblchen konnte verhört werden. Herrliches Wetter begünstigte den von Anfang bis zu Ende prächtig verlaufenen Ausflug. Es nahmen teil die Herren: Arndt, v. Stralendorff, Hamburger, Sachtleben, Ohnesorge, Strese- mann, Berger, v. Loebenstein, Bogatsch, Neu- mann, Steinbacher, Helfer, Freyer, Beckel, und Heinroth, sowie 10 Gäste. O. Heinroth., Dem Herausgeber zugesandte Schriften. Club van Nederlandsche Vogelkundigen. Jaarbericht No. 11 Afl.1. F. Braun. Die Geselligkeit der Vögel im Verhältnis zu ihrem Triebleben. (Die Naturwissenschaften Heft 13, 1921.) — Über die Verschiedenheit der Individualität bei den Ange- hörigen derselber Vogelarten. (Ebenda Heft 19, 1921.) F. Broili. Paläozoologie (Systematik). Sammlung Göschen 1921. St. Chernel von Chernelhäza. Entwurf für eine Ver- ordnung oder eines Gesetzes betreffend den Schutz der hei- mischen Vögel. (Abdr. aus: Aquila 1920.) G. Clodius. 10. Ornithologischer Bericht über Mecklenburg für die Jahre 1914—1920. (Abdruck aus: Archiv Fr. Natur- gesch. Meckl. 74, 1920.) T. Csörgey. Studien über den Vogelschutz in Ungarn 1919—20. (Abdr. aus: Aquila 1920.) F. Gröbbels. Die Morphologie des Vogelhirns in ihren Be- ziehungen zur Biologie. (Abdruck aus: Pflügers Archiv f. Phyisol. 187. Bd. Heft. 4/6 1921.) H. Grote. Über die zoologischen (bauptsächl. ornith.) Gebiete der aufserhalb der Tropen gelegenen Teile unseres Kontinents. Von N. Sewerzow } (Übersetzung). (Dultz u. Co., München.) — Aus der ornithologischen Literatur Rufslands. Berichte und bersetzungen II. E. Hartert. Die Vögel der paläarktischen Fauna. System. Übersicht der in Europa, Nord-Asien und der Mittelmeer- region vorkommenden Vögel. Heft XV (Bd. III, 1). K. F. Heikertinger. Nomenklaturprinzipien und wissen- schaftliche Praxis. (Abdruck aus: Zeitschr. f. angew. Ento- mologie Bd. 5.) Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 467 J. cr rtling. Harelda hyemalis. (Finlands Jakttidskrift 1921 0. 2—4.) 5 — Filygbilder (Finl. Jakttidsk. Häft 5 1920.) — Fägelstudier ute i det Fria. (Svenka Lyceet i Helsingfors.) A. Laubmann. Die Quaternäre Nomenclatur und ihre An- wendung in der Ornithologie. (Abdruck aus: Club v. Nederl. Vogelk. Nr. 11 1921.) G. M. Mathews and T. Iredale. A Manual of the Birds of Australia. Vol. 1 (London 1921.) R. Ridgway. Diagnoses of some new genera of birds. (Ab- druck aus: Smiths. Misc. Coll. Vol. 72 No. 4.) E. v. Riesenthal. Zur Geschichte der Beizjagd. (Illustrierte Jagdwochenschrift. St. Hubertus, Cöthen, Anhalt.) J. Schenk. Vogelzugdaten aus Ungarn. (Abdr. aus: Aquila 1920.) — Die Vögel Siebenbürgens. Hinterblieb. Manuskript v. N. Zeyk. (Abdr. aus: Aquila 1920.) B. Schmid. Liebe und Ehe im Tierreich. (Thomas, Leipzig.) O0.Schnurre. Die Vögel der deutschen Kulturlandschaft. (Elwert, Magdeburg 1921.) — Die Ringeltaube und ihr Verhältnis zu den menschlichen Siedelungen. (St. Hubertus 1921 Nr. 14.) R. W. Shufeldt. Published Figures and Plates of the Extinct Passenger Pigeon. (Sc. Monthly May 1921.) K. L. Skinner, The Oologists’ Record. Vol. 1. No. 21921. F. Stuhlmann. Die Tagebücher von Dr. Emin Pascha. Bd. VI. Zoologische Aufzeichnungen Emins und seine Briefe an Dr. G. Hartlaub. Von H. Schubotz. (Westermann, Braunschweig.) W. Sunkel. Rhönvögel im Frübjahr. (Mitteil, über die Vogelwelt No. 3/4 1921.) — Zehn Jahre Vogelwarte Rossiten. (St. Hubertus 1921 Nr, 14.) — Zum Vorkommen seltener Flugwildarten. (Deutsche Jäger- Zeitung Bd. 76 Nr. 48.) L. Szemere. Über den Schreiadler. (Abdr. aus: Aquila 1920.) L. Vitänyi, Versuche und Beobachtungen auf dem Gebiete des Vogelschutzes. (Abdr. aus: Aquila 1920.) J. B. Szilägyi. Beschreibung des grofsen Särret - Sumpfes im Komitat Bihar aus dem Jahre 1827. (Abdr. aus: Aquila 1920.) 468 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. M. Brinkmann, Die Vogelwelt der Stadt Hildesheim. (Heimat- kunde, Hildesheim 1919/20.) ‚K. Floerickes Vogelbuch. Gemeinverständliche Naturge- schichte der mitteleuropäischen Vogelwelt. Mit 50 Taf. in Buntdruck. (Franckh, Stuttgart.) Lief. 1. B. Hoffmann, Rufe und Gesang der Goldammer (Emberiea citrinella). (Verhandl. Orn. Ges. Bayern XV Heft 1.) E. P. Tratz, Der Waldrapp. Mitteilungen des deutsch-österr. Ds Instituts und der Vogelschutz-Station in Salzburg. 111. No. 1. Druck von Otto Dornbltith Nachf. in Bernburg. JOURNAL Er a fe NE für u: ar Il © td f T N y ORNITHOLOGIE \ er, ° — NV 2 Neunundsechzigster Jahrgang. No. 4. Oktober. 1921. Die neueren Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. Ein erweitertes, kritisches Referat von Dr. W. R. Eckardt, Leiter der Essener Wetterwarte. Zahlreiches Material über den Zug der nordamerikanischen Vögel findet sich besonders in den beiden Zeitschriften: The Condor, Bulletin of the Cooper Ornitholog. Club of Cali- fornia 1899 ff. sowie in The Auk, Quart. Journal of Ornitho- logy publ. by the Amer. Ornithologists Union, Boston, New York, Cambridge 1884 ff. (bezw. 1876—1883 im Bulletin of the Nuttall Ornitholog. Club). Systematisch wurden indessen die Vogelzugforschungen Nordamerikas betrieben auf Veranlassung des U. St. Department of Agriculture, welches insonderheit Professor W. W. Cooke mit dem diesbezüglichen Forschungs- zweig betraute. Aus seiner Feder stammen in erster Linie die folgenden Abhandlungen: 1. Report on Bird Migration in the Mississippi Valley in the Years 1884 und 1885, Washington 1888. 2. Distribution and Migration of North American Ducks, Geese and Swans, Washington 1906. 3. Distribution and Migration of North American Shorebirds. Washington 1910. 4. Bird Migration, Washington 1915. Auch das weiter unten genannte grofse Werk von Nehrling enthält zahlreiche Angaben über den Zug nordamerikanischer Vögel. Die zuletzt genannte Abhandlung W. W.Cookes, übrigens die letzte aus seiner Feder, denn dieser Forscher starb 1916 — falst die in der Vogelzugforschung Nordamerikas bisher ge- wonnenen Ergebnisse kurz und treffend zusammen und verall- gemeinert dieselben, soweit das angängig ist. Die Ergebnisse selbst sind gewonnen auf Grund einer mehr als 25 jährigen Berichterstattung von über 2000 zwischen Panama und dem Polar- kreis wohnenden Beobachtern, welche ihre Mitteilungen über den Vogelzug an das biologische Institut des Vereinsstaatlichen Journ. t. Ora. LXIX, Jahrg. Oktober 1821, 3 470 Dr. W. R. Eckardt: Landwirtschaftsministeriums regelmäfsig einsenden. Sehr richtig wird in dem Schriftchen der Standpunkt vertreten, dafs eine ge- naue Kenntnis der Zeiten der Vogelwanderungen als Grundlage für erfolgreiche Studien der wirtschaftlichen Beziehungen der Vogel- welt in jeder Hinsicht wesentlich und unbedingt notwendig sei für die Bildung der eigenen Gesetzgebung in puncto Vogelschutz: „zwei Dinge, welche wichtige Teile der Aufgabe des Biologischen Institutes bilden“. Dieser hier überaus zutreffend gekennzeichnete nordamerikanische Standpunkt sollte eine schnell zu beherzigende Lehre für alle altweltlichen Staaten und Länder sein, nicht in letzter Linie für Deutschland. Denn nur bei genauester Kenntnis des zeitlichen und örtlichen Verlaufs des Vogelzuges ist der wahre Vogelschutz, d. h. der im eigenen Lande wie der in der Fremde auf Grund internationaler Abmachungen möglich. In dieser Erkenntnis habe ich den seinerzeit in verschiedenen ornithologischen Fachzeitschriften !) veröffentlichten Aufruf eines Zusammengehens von Meteorologie und Ornithologie dem Preu- fsischen Landwirtschaftsministerium als Vorschlag zur weiteren Ausgestaltung eines planmälsig arbeitenden Beobachtungsnetzes unterbreitet. Seine Ausführung ist inzwischen in Angriff genommen worden. Es sei gleich an dieser Stelle vorausgeschickt, dafs die bisher, d. h. bis 1915, in Nordamerika erzielten Ergebnisse der Vogelzugforschung noch nicht mit Hilfe des Rivgexperimentes gewonnen sind. Immerhin sind sie hinsichtlich ihres Wertes sehr hoch anzuschlagen und zeigen somit, dafs auch ohne Ring- experiment mit Hilfe eines dichten Beobachtungsnetzes das Vogelzugproblem in sehr wesentlichen Punkten seiner Lösung näher gebracht werden kann. Um aber jedem Mifsverständnis von vornherein zu begegnen, möchte ich hier ausdrücklich be- tonen, dafs ich den Ringversuch unter allen Umständen für durchaus nötig erachte. Seine Bedeutung hat man in vollem Umfange nun auch in Amerika erkannt, indem man das Ring- experiment seit einigen Jahren in die Vogelzugforschung ein- führte. Ich werde weiter unten noch mehrfach Gelegenheit haben, aufden Wert seiner Einführung zurückzukommen. An dieser Stelle will ich nnr noch folgendes ergänzend hinzufügen: Der Vogelzug ist in der neuen Welt infolge der Schmalheit der beiden Con- tinentalmassen — und diese Verhältnisse gelten in stark erhöhtem Mafse da, wo sich in subtropischen Breiten das Zugphaenomen aus geographischen Gründen zusammendrängt — und inbezug auf ihre Isoliertheit gegenüber den gewaltigen Festlandmassen der Östfeste sowie iubezug auf den einfacheren und gleich- förmigeren orographischen Aufbau eine an sich schon leichter zu überblickende Erscheinung. Und wenn wir uns nach Süden wenden, so finden wir im Gegensatz zu Afrika und dem zer- 1) Orn. Mon. Schr. 1919 und Orn. Mon. Ber. 1919. Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 471 stückelten asiatisch-australischen Inselreich in der neuen Welt kulturell vielfach höher entwickelte und ornithologisch schon ziemlich gut durchforschte Länder vor. Jedenfalls zeigen diese Umstände, dafs mit Hilfe eines sehr ausgedehnten Beobachtungs- netzes der Vogelzug auch ohne Ringexperiment in sehr wesent- lichen Punkten — wenn natürlich bei weitem auch nicht in allen — bis zu einem gewissen hohen Grade seiner Lösung bereits näher geführt werden konnte. Vogelzug und Wetter Von wenigen bekannten Ausnahmen abgesehen sind die Witterungserscheinungen von untergeordneterer Bedeutung für den Vogelzug.!) Bei jeder Zugvogelart findet vielmehr die Ankunft und der Abzug zu einer gewissen Zeit statt. Der Zeitpunkt des Aufbruchs wie der der Wanderung selbst, und zwar am deutlichsten der Frühlingszug, ist eine im Wege der Selektion entwickelte Lebensäufserung, die sich ganz automatisch einstellt; er wird nur innerhalb be- stimmter Grenzen durch die Witterung beeinflulst, ohne dafs er sich durch rein meteorologische Faktoren erklären lielse. Es sind vielmehr in erster Linie Ursachen rein biologischer (pbysiologischer) Natur, die im Vogel selbst liegen und ihn zum Ziehen bestimmen, und gerade die Verschiedenheit der zahl- reichen Ursachen ist für die Erhaltung der Arten von der aller- höchsten Bedeutung. Nur im Laufe langer Zeiträume konnten sich die Gewohnheiten der Wanderung so entwickeln, dafs unter deren Antrieb der Vogel seine Wanderbewegungen so ausführt, dafs er am Nistplatz durchschnittlich zur passenden Zeit anlangt. Das Wort „Durchschnitt“ willCooke mit Recht besonders betont wissen. Es ist das Durchschnittswetter an einem gegebenen Ort, das die Durchschnittszeit der Ankunft der Vögel bestimmt. Indem der Vogel physiologischen Antrieben folgt, wandert er zur gewöhnlichen Durchschnittszeit und rückt nach Norden vor mit der gewöhnlichen Durchschnitts- eile, wenn dies nicht durch widriges Wetter (Sturm, starken Regen, Nebel) vereitelt wird. Die Witterungsverhältnisse selbst sind nicht die Ursache der Vogelwanderung, aber das Wetter ist dadurch, dafs es den Nahrungsvorrat bedingt, der Hauptfaktor, der die Durchschnittsankunft in den Brutorten bestimmt. Wenn der Vogel, physiologischen Antrieben gehorchend, abgezogen ist, so beeinflufst ihn das Wetter auf der Wanderung in nur unter- geordneter Weise, indem es das Vorschreiten um einige Tage verzögert oder beschleunigt, wobei es im allgemeinen nur einen geringen Einflufs auf den Ankunftstermin am Nistplatze ausübt. Oertliche Witterungsverhältnisse am Ankunftstage an dem in Frage kommenden Orte sind unbedeutendere Faktoren für die 1) Vgl. hierüber: W. R. Eckardt, Ueber die Beziehungen zwischen dem Vogelzug und den Erscheinungen im Luftmeere. Natur- wiss. Woch. Schrift 1919 Nr. 17 und die hier zitierte Literatur. 3l* 472 Dr. W. R. Eckardt: zeitliche Bestimmung des Erscheinens einer Zugvogelart an jenem Orte. Die wichtigeren Faktoren bei dem Problem bilden die Witterungsverhältnisse, wie sie weiter im Süden herrschen, wo etwa der Nachtflug begann. Viele, wenn nicht die meisten Fälle der Ankunft von Zugvögeln bei widrigen Witterungs- bedingungen lassen sich wahrscheinlich unter der Voraussetzung erklären, dafs der Flug unter günstigen Aussichten begonnen wurde und dafs das Wetter später umschlug, ohne indessen so schlecht zu werden, dafs die Vögel ihre Reise hätten unterbrechen müssen. Richtung und Stärke des Windes scheinen nur wenig Einfluls auf die Wanderung zu haben; nur wenn sich der Wind zum Sturme steigert, und dann, wenn plötzliche und sehr be- deutende Temperaturänderungen dabei auftreten, müssen die Vögel ihren Zug unterbrechen. Soviel steht fest, dafs das Wetter in der Brutheimat im Frühling in keiner Weise un- mittelbar bestimmend wirkt auf die vom Süden abziehenden Vögel. Nur einige Enten- und Gänsearten drängen, gleichwie in Europa, oft zu ihrem Verderben nordwärts, sobald wieder -mildes Wetter eintritt und die Gewässer sich öffnen. In klaren Nächten, besonders wenn der Mond hell scheint, fliegen die Vögel in bedeutender Höhe und man kann kaum ihre Stimmen vernehmen. Wenn Wolken den Himmel bedecken, fliegen die Vögel näher der Erde und ihre Lock- und Warnrufe sind leichter hörbar. Ja, in sehr dunklen Nächten kann man sogar das Ge- räusch ihres Fluges in wenigen Fufs Höhe vernehmen. Selbst in den dunkelsten Nächten vermögen die Vögel über das Karibische Meer oder den Golf von Mexiko zu fliegen, ohne die Richtung zu verfehlen; sie erreichen das jenseitige Ufer glücklich auch bei Nebel und beim Drehen des Windes; nur darf sich dieser nicht zum Sturme steigern, sodafs die Vögel ermatten, abgetrieben werden und in den Wellen ein feuchtes Grab finden. Nicht nur die Stürme über dem Karibischen Meere und über dem Golf von Mexiko, sondern auch solche über den grolsen Binnenlandseen erfordern oft ungeheure Opfer unter den Zugvögeln. Durch ungewöhnliche Stürme soll übrigens nach Tremaine Ward die Vernichtung der Wandertaube beschleunigt, bzw. nach dem sinnlosen Wüten unter ihren Beständen seitens des Menschen so gut wie vollendet worden sein. Denn Schiffs- kapitäne erzählten, sie hätten auf ihren Fahrten um die kritische Zeit ihres Aussterbens über dem Golf von Mexiko gewaltige nach dem Norden zurückwandernde Scharen gesehen, die durch kalte heftige Gegenwinde so erschöft gewesen wären, dafs sie un- fehlbar hätten zugrunde gehen müssen. !) Die in Amerika erzielten Feststellungen über die Beziehungen zwischen Vogelzug und Wetter decken sich im wesentlichen mit !) Brehms Tierleben. 4. Aufl. Vögel. 2. Bd. S. 412—18. Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 478 denen der Ornithologen Deutschlands, Ungarns usw. Doch mufs darauf hingewiesen werden, dafs die Amerikaner von vornherein den Einflufs der Witterungserscheinungen auf das Zugphaenomen allem Anschein nach weit weniger überschätzt haben als namentlich deutsche Örnithologen, dafs sie in vereinzelten Fällen diesen Einflufs aber allem Anschein nach auch wieder ein wenig zu gering einschätzen. Denn es gibt z. B. eine kleine Reihe von Zugvögeln (Schnepfen!) die von der Witterung der- artig abhängig sind, dafs ihre Zugstrafsen von Jahr zu Jahr ganz andere sein können. Derartigen in Europa gemachten Beob- achtungen können die Amerikaner scheinbar noch nichts Analoges an die Seite stellen. Tag- und Nachtwanderer. Eine Anzahl Vögel wandert am Tage, wie z. B. Raubvögel, Schwalben, Schornustein- segler, Chordeiles virginianus Gm. u. a., aber die übergrofse Mehrzahl der Zugvögel sucht den Schutz der Dunkelheit. Zu den Nachtwanderern gehören alle grofsen Familien der Sänger Drosseln, Fliegenfänger, Vireos, Pirole, Tangaren, Stärlinge und Finkenarten. Sie beginnen in der Regel ihren Flug kurz nach Dunkelheit und beenden ihn vor der Dämmerung, indem sie im allgemeinen mehr vor als nach Mitternacht zurücklegen; Enten und Gänse ziehen sowohl tagsüber wie nachts. Die Nacht- wanderung bedeutet für den Vogel im allgemeinen sicherlich einen hervorragenden Vorteil in der Ernährungsfrage. Cooke bringt folgendes Beispiel: Ein Vogel nährt sich den ganzen Tag am Ufer des Golfes von Mexiko. Wenn er nun bis zum nächsten Morgen warten würde, um seinen Flug über den Golf am Tage zurückzulegen, so würde er bei Einbruch der Nacht die mexi- kanische Küste erreichen und bis zum folgenden Morgen warten müssen, um seinen Hunger stillen zu können. So würde er 36 Stunden lang ohne Nahrung sein, während dieselbe Reise bei der Nachtwanderung mit nur 12 Stunden Fasten zurückgelegt werden kann. Was die Zuggeschwindigkeit der einzelnen Vögel anlangt, so dürfte diese für die amerikanischen Vögel nach Cookes Schätzungen in der Regel zwischen 30 und 40 Meilen in der Stunde betragen und nur in seltenen Fällen 50 Meilen überschreiten. Flüge von einigen Stunden Dauer in der Nacht, abwechselnd mit Rasten eines oder mehrerer Tage, lassen das Vorrücken im Frühling nur sehr langsam vor sich gehen, indem man angesichts grofser Verschiedenheiten des täglichen Malses wohl bei den verschiedensten Arten im Mittel nicht mehr als 23 Meilen pro Tag rechnen kann. So wandert z, B. der Schorn- steinsegler tändelnd im Zickzackfluge, der in die gewünschte Richtung führt und den Vogel täglich nur wenige Meilen vor- wärts bringt. Die genaue Meilenzahl, die ein einzelner Vogel während einer Tagesreise zurücklegt, ist für Nordamerika noch nicht bestimmt worden und konnte bisher auch nicht ermittelt 474 Dr. W. R. Eckardt: werden, da hierzu eine Kennzeichnung der Vögel mittels Alu- miniumringen auf weit umfassenderer Weise durchgeführt werden mufs, als es bis jetzt geschehen ist. Die Ausdehnung der Wanderungen ist bei den einzelnen Zugvogelarten sehr verschieden. Einige Vögel, wie das Waldhuhn, (grouse), die Wachtel (qua:l), der Kardinal und der Carolina-Zaunkönig sind Standvögel. Einige andere Arten wandern eine so kurze Strecke, dafs ihre Bewegungen kaum be- merkber sind. So werden in der Nähe von New York das ganze Jahr hindurch die zu den Stärlingen gehörenden Wiesenlerchen (Sturnella magna Swainson) angetroffen, aber wahrscheinlich ziehen die Individuen, die hier nisten, im Winter ein wenig weiter nordwärts und an ihre Stelle treten Wanderer aus dem Norden, oder nur ein Teil einer Art wandert, während der andere sefshaft bleibt, wie der Kiefernsänger (Dendroica vigorsii Steinj.), ferner Habia melanocephala Steinj. und der schwarzköpfige Kernbeilser (Black-beadet Grosbeak), die es nicht wagen, den Flug im Winter nach Süden zu lenken. Bei ihnen ist die Herbstwanderung nur Zurückweichen vom nördlichen und ein Sichsammeln im süd- lichen Teile des Brutgebietes, indem der Kiefernsänger nur etwa /, und der Schwarzkopfkernbeilser kaum 1/, der Fläche des gesamten Sommerareals besiedelt. Von der fälschlich „Rotkehlchen‘ genannten Wanderdrossel, dem Robin, (Merula migratoria Swains.), die in den mittleren . Bezirken der Union das ganze Jahr hindurch, in Canada nur im Sommer und den Golf von Mexiko entlang nur im Winter vorkommt, ist wahrscheinlich kein einziges Exemplar in irgend einem Teile dauernd sefshaft, aber die Wanderdrossel, die ange- nommenermafsen in Süd-Missouri nistet, verbringt den Winter nahe am Golf, während ihr abgehärteterer Canada-Vetter wahr- scheinlich der Winterbew ohner der verlassenen Sommerheime der südlichen Vögel ist. Auch diese Frage sowie das Problem der Erscheinung einer gegenseitigen Ueberwanderung der Zugvögel, und wo diese „Vertauschung der relativen Stellung“ der Zug- vögel stattfindet, über alles das kann erst durch das Ringex- periment völlige Klarheit geschaffen werden; es erwächst daher der nordamerikanischen Vogelforschung noch ein reiches Feld der Betätigung Ein ähnliches Problem wie die Frage der Ueberwanderung ist auch das der Besiedelung im Frühjahr durch die sogenannten milden Einfallspforten. Aber weder in Europa noch in Amerika ist bislang hierüber genügend Klarheit erzielt worden. Es ist nach den bisherigen Feststellungen nur soviel zu vermuten, dafs von den frühen Wanderern, die nach besonders milden Gegenden eilen, die Einfallspforten teils auf direktem Wege über rauhere und von der Art noch unbesiedelte Gebiete, wie auch auf den milderen Umwegen, die oft nicht in der allgemeinen Zugrichtung liegen, erreicht werden. Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 475 Cooke erörtert in diesem oder ähnlichem Zusammenhange den Frühlingszug der Piranga ludovieiana Rich. Diese erscheint aus ihren Winterheimen in Guatemala in den Vereinigten Staaten ungefähr am 20. April; nach weiteren 10 Tagen ist die Vorhut im mittleren Neu-Mexiko, Arizona und Südkalifornien eingetroffen, und zwar auf annähernd ostwestlichem Zuge. In der folgenden Dekade rücken die östlichen Vögel nur bis Süd-Colorado vor, während die westlichen bereits Nord-Washington erreicht haben. Am 10. Mai erstreckt sich die Linie der Vorhut in einer grofsen Kurve von Vancouver Island nordöstlich nach Zentral- Alberta und von da südöstlich nach Nord-Colorado. Cooke nimmt wohl mit Recht an, dafs die Alberta- Vögel ihre Brutstätten auf einem Wege über den Ostabhang der Rocky Mountains nicht er- reichen, obwohldiese Stralse angesichts der Lage der Winterherberge der Vogelart die natürlichste wäre; die Vögel dürften vielmehr an der pazifischen Küste nach dem südlichen Teile Britisch-Colum- biens gekommen sein und dann über die Hauptkette der Rocky Mountains gezogen sein, obwohl diese zu dieser Jahreszeit (am 20. Mai) noch kalt und teilweise mit Schnee bedeckt sind. Die Anzahl der Standvögel ist nach Wallace!) in Nord- amerika viel kleiner als die derjenigen in den entsprechenden Breiten Europas. In Massachusetts z. B. gibt es nur 30 Vogel- arten, die dort das Jahr über bleiben, und die Zahl der regel- mäßsigen Sommerbesucher beträgt 106. In England, das in be- deutend höheren Breiten liegt, ist das Verhältnis dagegen umgekehrt: bier giebt es 140 Standvögel und 63 Sommerbesucher. Zweifellos ist dieser Unterschied eine Folge des strengen Winters und der grofsen Hitze des Sommers in Amerika. Die meisten Wandervögel Nordamerikas verlassen im Herbste die ganze von ibnen während des Sommers besiedelte Gegend und suchen eine Winterherberge auf, die räumlich nicht an das Sommerbrutgebiet grenzt, die also durchaus weiter südlich liegt. Sommer- und Winterquartiere sind nun durch sehr verschiedene Entfernungen von einander getrennt. Viele Arten aus Canada überwintern in den Vereinigten Staaten, andere, die in den nördlichen Vereinigten Staaten nisten, überwinten in den Golfstaaten, während mehr als 100 Arten die Vereinigten Staaten für den Winter verlassen und diese Jahreszeit in Mittel- oder Südamerika verbringen. Auch begnügen sie sich vielfach nicht damit, nach dem Norden Südamerikas zu reisen, sondern viele überschreiten den Aequator und ziehen weiter zu den Pampas Argentiniens, einige sogar nach Patagonien. Zu diesen grofse Strecken wandernden ge- hören Piranga erythromelas Vieill. die von Canada nach Peru wandert, die „Bobolinks“, die in Neuengland nisten und in Brasilien überwintern, ferner verschiedene Schwalbenarten, 1) A. R. Wallace, Die geographische Verbreitung der Tiere, Dresden 1876. I. Bd. 8. 29. 476 Dr. W. R. Eckardt: mehrere Drosseln u. a. Die auf Alaska brütenden Buntsänger (.Dendroeca striata Forst.) überwintern im nördlichen Südamerika, mindestens 5000 Meilen vom Sommerheim entfernt. Nach alledem hat also H. Nehrling in seinem Werke: „Die nordamerikanische Vogelwelt‘“ bereits 1891 (S. XIX) im allgemeinen über den Vogelzug ganz richtig geurteilt, wenn er sagt: „Es gibt Standvögel, welche jahrein jahraus in ihrer Heimat bleiben. Zu diesen gehören fast alle Häher, die Meisen, verschiedene Raubvögel u. a. Andere streichen, wenn die Nahrung knapp zu werden beginnt, von einem Ort zum andern, ohne sich an die Witterung zu kehren. Man nennt diese Strichvögel. Finken verschiedener Art, Spechtmeisen, viele Spechte u. a. ge- hören in diese Kategorie. Die meisten unserer Sommergäste sind aber eigentliche Zugvögel. Viele derselben finden schon in den Südstaaten eine passende Winterherberge. In den dichten immergrünen Dickichten der Flufs- und Bachniederungen und der Waldränder Floridas, Louisianas, Texas und anderer Golf- staaten wimmelt es den ganzen Winter hindurch von unzähligen Vögeln, meist Finkenarten. Die zarten Insektenvögel über- wintern meist in Süd-Mexiko, Guatemala, Nicaragua, Costa Rica, Honduras, Westindien und südlicher im nördlichen Südamerika. Der Robin der nördlichen Gärten findet sich im Winter in den Wäldern der Golfregion, während die im Geisblattstrauche brü- tende Katzendrossel und der auf hohen Ulmen nistende Balti- more-Oriol sich in den Bäumen und Dickichten Centralamerikas umhertummeln. Die Schwalben, welche unter den Dächern und in den Nisthäuschen brüten, tummeln sich im Winter über dem Wasser des Örinocos, des Amazonenstromes und des Magdalena, wo sie zwischen Palmen und anderen Tropen- bäumen munter dahinfliegen. Manche Arten bleiben nur solange im Norden, als das Brutgeschäft dauert. Spät im Mai, wenn die Bäume blühen und ihr zartes Laub zu entfalten beginnen, ziehen die kleinen buntgefärbten Waldsänger nördlich. Anfangs Juni erreichen die meisten erst ihre nördlich von uns gelegene Heimat. Sie bauen, brüten, ziehen ihre Jungen auf und erscheinen bereits im September wieder, um bis Mittel- und Südamerika zu wan- dern. Andere Vögel trennen sich spät von der Heimat und kehren früh zurück. Der Vogel, welcher zuerst fortzieht, kommt zuletzt wieder, und derjenige, welcher uns am spätesten verläfst, stellt sich am frühesten wieder ein.“ Es ist daher ganz unverständlich, wie H. Simroth zwanzig Jahre später in seinem bezüglich seiner Tendenz durch- aus verfehlten Buche „Die Pendulationstheorie“ Seite 350 ein Zitat aus Kobelt „Die Verbreitung der Tierwelt“ (Seite 470) bringen konnte, wonach der Vogelzug in Amerika sich sehr viel einfacher gestalten soll als in Europa. Es lautet: „Die ameri- kanischen Zugvögel haben anscheinend ihrer weitaus gröfseren k ee ee ee I) sa Kahn Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 477 Masse nach nicht wie die unsrigen eine Sommerheimat und eine Winterheimat, zwischen denen sie regelmäfsig wechslen, sondern sie weichen dem Winter nur soweit aus, als sie unbedingt müssen; sie gleichen also mehr unseren Strichvögeln, und in ihren Wan- derungen tritt räumlich wie zeitlich die direkte Abhängigkeit von den Witterungsverhältnissen hervor. Sie haben, um ein subtropisches oder selbst tropisches Land zu erreichen, weder Alpen noch Mittelmeer zu passieren, sie brauchen sich nicht an besonders günstigen Stralsen, Pässen und Meerengen zusammen- zudrängen, und sie haben nicht mehr zu befürchten, dafs plötzlich hereinbrechende Wüstenstürme sie von milderen Regionen ab- schneiden, wie das in den Alpen und auf dem Mittelmeere so leicht geschehen kann. Der amerikanische Vogelzug ist somit ein viel einfacheres Phänomen, wie der altweltliche, und die drüben erlangten Resultate lassen sich nicht ohne weiteres in der Alten Welt verwerten, aber sie geben ein ganz vorzügliches Vergleichsmaterial, und es wäre zu wünschen, dafs recht bald ein Ornithologe von Fach diese Vergleichung unternähme‘. Soweit Kobelt 1902 und Simroth 1914. In der Tat ist ja auch der nordamerikanische Vogelzug in manchen Punkten etwas einfacherer Natur, wie wir sehen werden, aber das lange nicht in dem Mafse, wie Kobelt und Simroth vermuten. Die gröfsten von den Landvögeln zurückgelegten Entfer- nungen werden von einigen Wasservögeln und bemerkenswerter Weise von einigen Strandvögeln übertroffen, die die längsten Wanderstrafsen von allen Zugvögeln aufzuweisen haben. 19 Arten von Strandvögeln brüten nördlich des Polarkreises, von denen jede im Winter Südamerika besucht; 6 von ihnen gelangen bis Patagonien; sie legen demnach eine Wanderstrafse von mehr als 8000 Meilen zurück. Der gröfste Wandermeister der Welt ist jedoch die Polar- seeschwalbe (Sterna paradisea); sie ist der wohl am weitesten im Norden brütende Vogel, denn selbst in einer Entfernung von nur 71/,° vom Nordpol ist sie schon brütend angetroffen worden. Das Nest dieses Vogels besteht aus einer seichten, von den alten Vögeln ausgescharrten Vertiefung im Schnee und enthält ein Junges. Wenn dieses ausgewachsen ist, verläfst die ganze Fa- milie den Pol und wird einige Monate später hart an der Grenze des antarktischen Festlandes angetroffen. Der Verlauf ibrer in Luftline auf 11000 Meilen berechneten Wanderstrafse ist nicht bekannt. Nur wenige zerstreute Exem- plare hat man bis jetzt längs der Küste der Vereinigten Staaten südlich von Long Island bemerkt, aber die grofsen Scharen von Tausenden dieser Seeschwalbenart sind auf ihrem Zuge noch von keinem Ornithologeu festgestellt worden. Die Polarseeschwalben gelangeu ungefähr am 15. Juni zum hohen Norden und verlassen ihn ungefähr am 25. August, indem sie also 11 Wochen am Nistplatz bleiben. Allem Anschein nach verbringen sie in der 478 Dr. W. R. Eckardt: Winterheimat einige Wochen mehr als an der Brutstelle, sodafs ihnen kaum 20 Wochen für die grofse Weltreise von 22000 Meilen übrig bleibt. Nicht weniger als 150 Meilen, in der Luft- linie gemessen, mus demnach ihre tägliche Flugleistung sein; sie wird aber sicherlich durch die Zickzackflüge und sonstigen Flugstrecken, wie sie die Nahrungssuche des Vogel mit sich bringt, verfielfältigt. Die Polarseeschwalbe hat mehr Stunden Tag- und Sonnenlicht als jedes andere Geschöpf auf der Erde; sie ist der „Sonnenvogel“ im wahrsten Sinne des Wortes. Denn an den nördlichsten Nistplätzen ist die Mitternachtssonne schon vor der Vögel Ankunft aufgegangen und geht niemals während ihres ganzen Aufenthalts am Brutort unter. Während zweier Monate ihres Aufenthaltes in der Antarktis erleben die Vögel ebenfalls keinen Sonnenuntergang, und für die übrige Zeit taucht die Sonne nur ein kleines Stück unter den Horizont, und das helie Tageslicht ist beständig. Daher haben die Vögel 24 Stunden Tageslicht wenigstens 8 Monate lang im Jahre, und während der anderen 4 Monate haben sie mehr Tageslicht als Dunkelheit. Die Zugstrafsen. Wenn das amerikanische Gebiet von Canada bis Brasilien eine einzige ebene Landfläche wäre mit den allgemeinen Eigenarten des mittleren Teiles des Missis- sippitales etwa, so würde, wie Cooke treffend bemerkt, das Studium des Vogelzuges viel von seinem Reiz verlieren, weil der Zug dann nichts anderes wäre als eine einfache rhythmetische Schwingung des Wanderpendels vor- und rückwärts. Da indessen ein grolser Teil der Erdoberfläche zwischen Brasilien und Canada vom Golf von Mexiko, dem karibischen Meere und Teilen des Atlantischen Ozeans eingenommen wird, wo die Zugvögel weder Rast noch Nahrung finden, so haben sich grofse Verschieden- heiten in den Wanderbewegungen der nordamerikanischen Vögel herausgebildet. Ja, die verschiedenen Richtungen, die von den Vögeln eingeschlagen werden, um die dazwischen liegenden Meeresteile zu überwinden, sind beinahe ebenso zahlreich wie die Familien, ja selbst Gattungen oder Arten, die sie durch- queren. Wenn im folgenden nur die wichtigeren Zugstralsenkate- gorien kurz erörtert werden können, so sei vorausgeschickt, dafs die kartographisch skizzierten Stralsen nach Cookes eigener Ansicht nicht als ganz bestimmte, scharf begrenzte Wege aufzu- fassen sind, sondern dafs sie im Gegenteil lediglich gewisse häufig besuchte Strecken eines mehr oder weniger breiten Flug- weges darstellen, der sich von Nord- nach Südamerika ausdehnt. Es gibt wahrscheinlich keine einzige Meile in der ganzen Ost- und Westlinie von Nordamerika bis zu den Antillen, die nicht jeden Herbst von wandernden Vögeln durchkreuzt wird, jedoch in der Weise, dals die grolse Masse weitaus der meisten Arten wie der Individuen den Golf von Mexiko durchkreuzt, indem ihre Zahl ostwärts ständig geringer wird. Im allgemen dürfte sich wa.) Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 479 also die Auffassung Cookes vom Begriff „Zugstralsen‘‘ mit der vonFr. von Lucanus decken!), welcher unter Zugstralse „ein breites, aber doch abgegrenztes Zuggebiet‘‘ versteht. Ferner scheint aus dem von Cooke bearbeiteten Material soviel her- vorzugehen, dafs, vom Herbstzug gesprochen, ein Zusammenströmen der Zuglinien vom gesamten Festland nach Jukatan nebst Hinterland zu einerseits und ein Divergieren von Florida über die grolsen und kleinen Antillen hinweg nach Südamerika andrer- seits stattfindet. Spätere Forschungen werden jedenfalls noch genauer zu zeigen haben, ob von den Zugvögeln in der Tat die Wanderung, abgesehen von der Bobolinkstrafse und in gewissem Sinne auch von Piranga erythromelas Vieill.2), in der Haupt- sache in der Weise zurückgelegt wird, dafs die einen nur den Golfvon Mexiko überfliegen und dann ihre Weitereise über Festland zurücklegen, während die anderen entweder die Insei- stralse ganz oder nur von Cuba ab die Karibische See überfliegen, sodals von den Zugvögeln eine Ueberquerung des Golfes und des Karibischen Meeres in südöstlicher Richtung in der Regel nicht unternommen würde. Inselstrafsen. Die Vögel sind oft sehr eigentümlich in der Wahl ihres Wanderweges, und viele schlagen nicht den kürzesten Weg ein. So wählen die 50 Zugvogelarten aus Neu- england, die in Südamerika überwintern, nicht den geraden, 2000 Meilen betragenden Flug über den Atlandischen Ocean, sondern sie wählen einen längeren Weg, welcher der Küste nach Florida folgt und sich von da über Inseln oder Festland nach Süd- amerika zieht. Die auf den ersten Blick überaus natürlich und günstig erscheinende Wanderstrafse von Florida über die Bahama- Inseln oder über Cuba nach Haiti, Porto-Rico, die kleinen An- tillen und von da nach Südamerika wird auffallender Weise jen- seits Cubas nur wenig benutzt. Ungefähr 25 Arten setzen die Reise bis Porto-Rico fort, wo sie den Winter über bleiben. Nur Abenteurer unter ihnen — ungefähr 6 Arten — gewinnen das südamerikanische Festland, indem sie die Inselkette weiter ver- folgen. Den Grund hierfür erblickt Cooke im Nahrungsmangel. Das gesamte Areal von Westindien östlich von Porto-Rico ist etwas kleiner als das der Rhode-Inseln. Sollte ein kleiner Teil von den gefiederten Bewohnern der östlichen Staaten allein diesen Weg wählen, so könnte selbst die üppige Fauna und Flora der Tropen ihr Nahrungsbedürfnis kaum befriedigen. Eine direktere Stralse, die jedoch längere Einzelflüge ver- langt, erstreckt sich von Florida nach Südamerika über Cuba und Jamaika. Die zwischen Florida und Cuba betragende Ent- fernung von 150 Meilen wird von Abertausenden von 60 ver- 1) Zug und Wanderung der Vögel Europas nach den Ergebnissen des Ringversuchs Journ. f. Orn. 1919 No. 1. S. 60. %) S, weiter unten. 480 Dr. W. R. Eckardt: schiedenen Zugvogelarten zurückgelegt. Ungefähr die Hälfte der in Frage kommenden Arten nehmen den nächsten” Flug von 90 Meilen nach den Bergen Jamaikas. Dann aber tritt ihnen eine 500 Meilen betragende Strecke insellosen Ozeans ent- gegen, und kaum ein Drittel ihrer Zahl verläfst die wal:be- deckten Hügel, um das unsichtbare Nordufer Südamerikas zu erreichen. Der Charaktervogel unter diesen Wanderern ist der Bobolink (Dolichonyx oryzivorus Sw.), der in grofsen Scharen in den Pampas des südlichen Brasiliens überwintert. Man hat daher diese Route über das Caribische Meer treffend als die „Bobo- linkstrafse“ bezeichnet. U. a. schliefsen sich als Reisegesell- schaft dieses Stärlings noch eine Walddrossel oder Tangare, bezw. die beiden Neuengland-Kuckucke, die Uferschwalbe aus Quebee und der Buntsänger (eigentlich Black-poll Warbler- Schwarzkopfsänger, Dendroica striata), und zwar z. T. nur ge- legentlich an. Golfstrafse. Von ganz hervorragender Bedeutung für die meisten nordamerikanischen Zugvögel ist aber der über den Golf von Mexiko führende Luftweg, da er am meisten benutzt wird. Denn über den Golf ziehen Nacht für Nacht nahezu acht Monate lang im Jahr Millionen von Zugvögeln einem un- sichtbaren, aber doch sicherem Ziele entgegen. Die Vögel östlich des Alleghany-Gebirges bewegen sich im Herbste in südwest- licher Richtung, ungefähr parallel zur atlantischen Küste, und halten allem Anschein nach diese Richtung über dem Golf nach dem östlichen Mexiko bei. Die Vögel des mittleren Mississippi- tales ziehen in südlicher Richtung nach und über den Golf. Die Vögel zwischen dem Missouri und der Grenze der Ebene und die von Canada östlich der Rocky-Mountains ziehen südost- wärts und südwärts, bis sie die anderen auf ihrem Wege zum Golf treffen. Mit anderen Worten: die grofse Mehrzahl der nordamerikanischen Vögel, die ihren Winteraufenthalt in Mittel- oder Südamerika nehmen, wählen einen kürzeren Weg über den Golf von Mexiko, indem sie diesen einem längeren Landweg über Florida oder Texas vorziehen. Ja, gerade an seiner brei- testen Stelle, wo ein Einzelflug von 500 bis 700 Meilen er- forderlich ist, wird der Golf von Millionen von Zugvögeln über- schritten. Wir haben also in dieser Beziehung in der neuen Welt ein vollkommenes Analogon zu den Zugverhältnissen in der Sahara, wo ebenfalls keine bestimmten Zugstrafsen vorhanden sind, sondern Zugvögel in allen Teilen der Wüste!) angetroffen werden. Weder die Sand- noch die Wasserwüste vermögen dem- nach einen wesentlichen Einflufs auf den Vogelzug auszuüben. Die frühere Annahme der nordamerikanischen Ornithologen, die dahin ging, dafs die meisten Zugvögel längs der Floridaküste Vgl. hierüber: H. Frhr. Geyr von Schweppenburg, Vogelzug in der westlichen Schara. J. f. Orn. 1917. 8. 48 fi. Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 481 entlang zögen und dann hinüber nach dem Westzipfel von Cuba flögen, um von hier aus die nahe Halbinsel Jukatan zu erreichen, bat sich demnach in keiner Weise bestätigt, nur von sehr wenigen Vögeln, und dann vielfach nur von Irrgästen, wird dieser Weg gelegentlich benutzt. Eine kürzere Stralse von einigen Hundert Meilen erstreckt sich von der Küste von Texas nach dem nördlichen Vera Cruz; auf ihr ziehen einige Sänger, wie der Kentuckysänger (Geothlypis formosa Wils.), Worm-eating warbler (Herminterus vermworus Gm.) der Golden winged w. (Helminthophila chry- soptera L.) und mehrere andere Arten, die auf diesem Wege eine spärlich mit Baumwuchs versehene Gegend vermeiden. Noch mehr westlich vom Golf von Mexiko verlaufen zwei weitere Stralsen, die die Landwege derjenigen Vögel aus den westlichen Vereinigten Staaten darstellen, die in Mexiko und Mittelamerika überwintern; ihre Reisen sind daher verhältnismäfsig kurz. Höchst merkwürdig ist die atlantische Wanderroute, die vom Golden Plover (Charadrius dominicus St. Müll.) im Herbst beflogen wird. Dieser Regenpfeifer nistet an der Nordküste von Alaska und auf den Inseln sowie im gesamten Küstengebiet der Dominion von Canada, östlich bis zur Hudsonbai. Sobald in dem kurzen arktischen Sommer die Jungen einigermafsen selbst- ständig geworden sind, brechen die Vögel auf und wandern süd- ostwärts bis Labrador; dort verweilen sie bei reichlicher Nahrung einige Wochen. Dann fliegen sie über den Lorenzgolf nach Neu- schottland, wo sie sich in grofsen Massen sammeln, ehe sie den grofsen Flug über den Ozean antreten, indem sie von hieraus ineinem grofsen Fluge zumeist ohne Zwischenstation bis Südamerika fliegen. Das ist aber nur möglich bei einigermafsen günstigem Wetter. Denn bei starken nordöstlichen Winden werden die Vögel gegen den Kontinent oder gegen die Bermuda- Inseln gedrängt; ja, bisweilen machen sie dann auch eine Station auf einer der nördlichsten Antillen. Den südamerikanischen Kontinent erreichen sie in Guayana, von wo sie über Venezula und Brasilien auf unbekannten Wegen in das Winterquartier nach Argentinien und Ostpatagonien gelangen. Der Frühjahrs- zug geht auf ganz anderem Wege vor sich, nämlich über das Festland: über Bolivia nach Zentralamerika, dann von Jukatan nach Texas und dann langsam das Mississippital aufwärts und schliefslich quer durch Canada zum Brutgebiet. Die grofse Achse dieser riesigen Wanderellipse hat eine Länge von mehr als 11000 km. Innerhalb welcher Zeit der 2400 Meilen betragende Flug von Nowa Scotia nach Südamerika zurückgelegt wird, ist nicht genau bekannt, aber sicher ist, dafs der Tag und Nacht fliegende Goldregenpfeifer ein sehr schneller und gewandter Flieger ist, und den Weg in etwa 48 Stunden zurücklegt. Es ist ferner zu bedenken, dals er auf seinen Flügen die Keilform wählt, die dem 482 Dr. W. R. Eckardt :: nicht an der Spitze fliegenden Vogel die Ueberwindung des von der Luft dargebotenen Gesamtwiderstandes um nicht weniger als zwei Drittel erleichtert, wie ich an anderer Stelle nachgewiesen habe.!) Es wird daher auch verständlich, dafs der Vogel nicht unbedingt des fördernden Nordwindes für seine grofse Seereise gebraucht. Denn auf eine besondere Anfrage schrieb mir Herr E. W. Nelson, der Chef der Biologischen Instituts vom Vereinsstaatlichen Landwirtschaftsministerium, am 30. Januar 1920: „We have no definite information regarding weather condi- tions under which the bulle of Charadrıus dominicus leaves Newfoundland for South Amerika but we should think it possible for tbem to travel success fully even though the wind were not directly from the north“. Dafs dieser virtuose Wanderweg sich erst allmählich aus einem Landweg und einer Küstenstrafse entwickelt hat, wie Cooke meint, dürfte sicher sein. Auf den ersten Blick könnte man vieileicht vermuten, dafs die vom Karibischen Meere aus- gehenden, den Taifunen der Südsee entsprechenden und ihren Weg in parabolischen Bahnen besonders im Herbste über den Golf nehmenden Wirbelstürme, die Ternados oder Hurricanes, es seien, denen die Regenpfeifer ausweichen. Allein warum machen es die anderen zur selben Zeit nach Südamerika ziehen- den Vögel dann nicht ebenso? Ich selbst möchte daher vielmehr glauben, dals die ehemalige nacheiszeitliche Pflanzenbedeckung Nordamerikas Östlich vom 100.° westl. L. v. Gr. die aus einem ununterbrochenen Urwald von Mittelamerika und von der Küste der Südstaaten bis über das Gebiet der grofsen kanadischen Seen hinaus bestand, mit bestimmend war für jene abgekürzte Meeresstralse. Denn ein floristisch derartig beschaffenes Terrain bot einem Steppen- und Tundrenvogel auch keine besseren Be- dingungen als das unfruchtbare Meer. So ist der Atlantikflug von Oharadrius dominicus jedenfalls ein Musterbeispiel, und zwar das gewaltigste, von der Erscheinung der Abbreviation. Einen Flug von annähernd gleicher Länge legt überdies auch ein naher Verwandter von Charadrius dominicus, der auf Alaska und im noröstlichsten Asien brüterde Ch. fulvus Gm. zurück, indem er von hieraus alljährlich von Alaska nach den Hawaischen Inseln direkt über den nördlichen Teil des Stillen Ozeans zieht und ebenso wieder zurück. Uebereinstimmend mit dem Zuge dieses Goldregenpfeifers ziehen auch einige Entenarten 1) Vgl. hierüber W. R. Eckarädt, „Vogelzug und Aeromechanik“ Deutsche Luftfahrer Ztsch. Juni 1919 sowie W.R. Eckardt, „Wann ziehen gröfsere Zugvögel in der bekannten Keilform?“ Orn. Mon. Ber. 5/6 1919 sowie Eckardt, „Nochmals Vogelflug mit Aeromechanik“. Deutsche Luftfahrer Zeitschr. No. 2, 1920 und C. Wieselsberger, „Beitrag zur Erklärung des Winkelfluges einiger Zugvögel“. Ztsch. £, Flugtechnik und Motorluftschiffahrt. V. Jg. 1914 No. 15. Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 488 des nordwestlichen Nordamerika über die Aleuten nach den polynesischen Inseln. So erscheinen auf den Marschallinseln Ende Oktober und Anfang November Anas carolinensis Gm., A. acuta americana Bp. und Nyroca vallisneria Wils., welche die Inseln in nordsüdlicher Richtung überfliegen. Sie durch- kreuzen demnach das Weltmeer von Alaska aus in südlicher Richtung auf die ungeheure Strecke von 40 Breitengraden. Da diese Vögel bisher weder an den Küsten Neuguineas oder Australiens, noch auf den Neuhebriden oder Neeseeland nachge- wiesen worden sind, so hat die Vermutung Reichenows) doch wohl etwas für sich, dafs die Enten zur Winterherberge im allgemeinen gar kein Land aufsuchen, sondern auf dem Korallenmeere zwischen Neuguinea, der Ostküste Australiens und den Neuhebriden überwintern. Hier mülste die nordamerikanische Vogelzugforschung ebenfalls mit dem Ringexperiment einsetzen. Direkte Wanderstra[lsen und Umwege. Die in Alaska brütenden Buntsänger (Dendroica striata) ziehen im Frühling direkt über das Karibische Meer nach Florida, um sich nordwestwärts zum Missisippi zu wenden. Hier im Missisippitale schlagen sie aber bald eine nördliche Richtung ein nach Nord- Minnesota, um die baumlosen Ebenen von Nord-Dakota zu ver- meiden. Sobald sie jedoch die Wälder des Saskatchewan er- reichen, nehmen sie wieder die nordwestliche Zugrichtung an, die sie mit einer leichten Neigung nach Westen innehalten, bis sie ihre Niststätten in den Alaskatannen erreicht haben. Winternachbarn der Buntsänger in Südamerika sind die Traufschwalben (Petrochelidon lunifrons Brd.), welche in Nowa Scotia brüten, also genau nördlich ihrer Winterherberge. Trotz- dem beginnt diese Schwalbenart ihre Reise mit einem westlich gerichteten Flug von mehreren 100 Meilen Länge nach Panama. Von da bewegen sie sich gemächlich längs der Westküste des Caribischen Meeres nach Mexiko und fliegen, jede längere Reise über das Wasser vermeidend, um das ganze westliche Ende des Golfes herum. Von da ab, wo sie Louisiana Kreuzen, ist ihre Weiterreise der ursprünglich in Südamerika begonnenen west- lichen Flugrichtung genau entgegengesetzt. Ein nordöstlicher Flug von Louisiana nach Maine und ein östlicher nach Nowa Scotia vollenden dann die Frühlingswanderung. Dieser Umweg vergröfsert den Reiseweg dieser Vogelart um mehr als 2000 Meilen. Das bedeutet indessen für diese keine verschwendete Leistung. Denn die Schwalbe ist ein Tagwanderer, die ihre Frühlings- wanderung mehrere Wochen früher beginnt als die Sänger, und sie fängt ihren Tagesbedarf an fliegenden Insekten während einiger Stunden langsamer Fortbewegung, die gleichzeitig das Werk der Wanderung ausfüllt. Indem sie sich längs der insekten- reichen Küstengebiete hält, sind die 2000 Extrameilen zu der 1) Orn. Mon. Ber. 1901. 8. 17/18 und 131. 484 Dr. W. R. Eekardt: Wanderstrafse hinzugefügt, noch nicht ein Zehntel der Entfernung, die der Vogel auf der Suche nach seiner täglichen Nahrung ver- bringt. Ganz anders zieht Dendroeca siriata: diese Art zieht bei Nacht in einem Fluge weit gröfsere Strecken in gerader Richtung, um dann, an einer Raststation Futter suchend, daselbst tagsüber oder auch mehrere Tage und Nächte lang zu verweilen. So besteht ihre Reise aus einer Reihe langer Einzelflüge von einem Futterplatz zum andern, und die in der Hauptrichtung ihres nordwestlichen Zuges gelegenen Gegenden, die von dem Gros der Vögel berührt werden, werden natur- gemäfs auch am ehesten besiedelt, wie aus dem zungenartig nach Nordwesten ausgebuchteten Isepiptesen deutlich hervorgeht. Die Isepiptesen der Petrochelidon lunifrons zeigen hingegegen angesichts des geschilderten Weges, dafs diese Vögel längs der pazifischen Küste Mexikos naturgemäfs bedeutend schneller als längs der Golfküste, wo der Umweg stattfindet, vorrücken, s0- dafs z. B. am 20. März, wenn die Vorhut noch nicht den unteren Rio Grande von Texas erreicht hat, sie schon weit nordwärts in Californien vorgedrungen ist. Villeicht hängt der Umweg, den Petrochelidon lunifrons auf ihrem Frühjahrszuge beschreibt, mit der Tatsache zusammen, dafs diese Schwalbe erst um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts ihr sommerliches Verbreitungs- gebiet nach dein zentralen und nördlichen Nordamerika vor- geschoben hat. Ungewöhnliche Wanderstrafsen. Die normale Wanderstrafse für die Vögel Nordamerikas ist eine nordöstliche und südöstliche Richtung, annähernd parallel zu der Richtung der Atlantischen Küste. Die Vögel, die im Innern brüten, nehmen eine Fluglinie, die im allgemeinen parallel zu der Rich- tung der drei grofsen Flufstäler — Mississippi, Red und Macken- zie — ist, die eine an Nahrung reiche Heerstafse zwischen ihren Winter- und Sommerheimen bildet. Manche Vögel folgen jedoch Wanderstrafsen, die weit von der normalen Richtung verschieden sind. Eine elliptische Wanderstrafse haben wir schon bei Chara- drius dominieus Müll. kennen gelernt; auch der Connecticut- Warbler (Oporornis agilis Wil.) legt eine solche zurück. Dieser Sänger zieht von seinem im Nordwesten der grofsen Seen ge- legenen Brutgebiete im Herbst in rein östlicher Richtung bis zur Küste, um sich dann hinunter nach Florida und dessen Ost- küste entlang in südöstlicher Richtung hinüber nach Cuba zu wenden. Der Frühjahrszug erfolgt aus derselben Gegend, also aus südöstlicher Richtung, und behält diese Richtung unmittelbar bei, bis das Brutgebiet erreicht ist. Noch eigentümlicher ist der Zug eines anderen Vogels: Oidemia deglandı Bp. Diese Ente brütet im Innern Canadas und überwintert in den Küstengewässern des Ozeans, und zwar längs der atlantischen wie der pazifischen Küste der Vereinigten Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 485 Staaten. Aus ihrem Sommerheim, welches westlich der Hudson- bai liegt, wandert ein Teil der Individuen, die am Atlantischen Ozean überwintern, 1500 Meilen in fast gerader östlicher Richtung zur Küste von Labrador. Von da überfliegen sie den Lorenzgolf und folgen der neuenglischen Küste bis zu ihrem Winteraufenthalt, der sich vom südwestlichen Maine bis zur Chasepeakbay erstreckt. Im Frühling kehren die Vögel zu ihren Brutstätten auf einer Binnenlandreise durch die Täler des Connecticut, des Hudson und Otawa zurück. Ein anderer Teil der Individuen dieser _- Entenart überwintert längs der pazifischen Küste von Washington bis Südkalifornien. Etwa da, wo unterm 59. N. Br. die pazi- fische Küste sich westwärts wendet, verschwinden die Vögel auf ihrem Zuge, und auch in dem 500 Meilen langen Streifen zwischen der pazifischen Küste und dem Mackenzietal sind sie noch nicht bemerkt worden. Möglicherweise wird diese Gegend in einem einzigen Fluge von den Enten durchflogen. Noch eine andere ganz merkwürdige Zugstralse eines Wasser- vogels, wahrscheinlich die einzige ihrer Art, ist die der Rofs- schneegans (Chen rossi Cass.). Diese Gans brütet auf den Polar- inseln nördlich der Flüsse Mackenzie und Athaberta zusammen mit Tausenden von anderen Wasservögeln, die nach ihren Winter- heimen an den Küsten des östlichen Teiles der Vereinigten Staaten und des Golfes von Mexiko ihren Weg nehmen. Die Rofsschnee- gänse ziehen hingegen mit diesen Wasservögeln nur bis an die nördliche Grenze der Vereinigten Staaten gemeinsam, und während jene Wasservögel ihren Zug südlich und südöstlich längs der ge- wöhnlichen Zugrichtung fortsetzen, wendet sich die Rofsschnee- gans nach Südwesten, kreuzt den Hauptkamm der Rocky Moun- tains und verbringt den Winter in Kalifornien. Breite undenge Wanderstrafsen. Die geogra- phische Beschaffenheit Nordamerikas hat ein Zusammenströmen der Wanderlinien auf den Golf von Mexiko zu zur Folge, und infolgedessen ist die westöstliche Ausdehnung der Wanderstrafsen gerade südlich der Vereinigten Staaten gewöhnlich geringer als die entsprechende Breite des Brutgebietes. Die westöstliche Ausdehnung, zu der die Wanderstrafsen sich zusammenziehen, ist bei den einzelnen Arten sehr verschieden. Das Rotschwänzchen (Setophaga ruticilla Swains.) wandert in Scharen in breiter Front mit einer westöstlichen Ausdehnung von 2500 Meilen, d. h. von Mexiko bis zu den kleinen Antillen. Der entgegengesetzte extremste Fall, d. h. eine sehr enge Wanderstrafse wird vom Rosenbrustknacker (Zamelodia ludovieiana L.) innegehaiten. Das Brutgebiet dieses Vogels erstreckt sich von Nowa Scotia nach Mittel-Alberta — 2500 Meilen — unddie Wanderlinien konvergieren solange, bis die Vögel die Vereinigten Staaten in einer Breite von 800 Meilen an der Golfküste (von Westflorida bis Mitteltexas) verlassen. Auch das Beispiel des Bobolink ist in dieser Beziehung für viele Arten typisch, die in Nordamerika nisten und in Süd- Journ, f, Orn, LXIX, Jahrg. Oktober 1921, 32 486 Dr. W. R. Eckardt: amerika überwintern. Das Sommerheim erstreckt sich von Cape Breton Island nach Saskatchewan — 2300 Meilen — und die Wanderstrafsen konvergieren nach dem südöstlichen Teile der Vereinigten Staaten und verlaufen dann gerade über Westindien nach Südamerika. In diesem Teil ibrer Reise zieht sich der Wanderweg zu einer ostwestlichen Ausdehnung von ungefähr 800 Meilen zusammen und ein sehr grofser Teil der Vögel be- schränkt sich auf die östliche Hälfte ihres Weges. In Südamerika hat die Gegend, die als Winterasyl dient, ungefähr nur 4), an Breite und 1/, Flächeninhalt vom Brutraum. Die Straßse von Piranga erythromelas Vieill. ist ein aufsergewöhnliches Beispiel für eine enge Wanderstrafse, die zweimal im Jahre zwischen Winterasyl und Sommerheimat benutzt wird. Der Brutraum dehnt sich 1900 Meilen von Neubraunschweig nach Saskatschewan aus. Der Wanderstreifen ist auf 800 Meilen von Florida nach Texas, wo die Vögel die Union verlassen, zusammengeschrumpft. Die Wanderlinien gehen fortwährend zusammen, bis die Grenzen im südlichen Mittelamerika nicht mehr als 100 Meilen von einander getrennt sind. Sehr auffallend aber ist ferner bei diesem Wanderweg, dafs er von der südlichen Golfküste bis nach Honduras verläuft, nur die Nordostecke von Jukatan berührend, sodals der Weg eine sehr grofse Strecke über das Wasser verläuft. In dem Kapitel über langsame und schnelle Wanderer und über Verschiedenheiten in der Schnelligkeit der Wanderung stellt auch an Hand sehr instruktiver Kärtchen Cooke lediglich das zeitliche Vor- rücken einzelner Arten in die Sommerheimat dar; positive Zahlen für die Geschwindigkeit der Wanderung der Einzelindividuen der betreffenden Arten an sich können diese Feststellungen natürlich nicht geben. Hierfür ist das Ringexperiment erforder- lich. Immerhin sind die Darstellungen für die Biologie der be- sprochenen Arten aufserordentlich lehrreich und interessant. Im allgemeinen kann man sagen, dafs die Durchschnittsgeschwindig- keit eines ziehenden Vogels desto gröfser ist, je später er in der Zugzeit wandert. Es ist natürlich, dafs die etwa in einer Nacht zurückgelegte Wanderstrecke viel gröfser sein kann. Die frühen Wanderer haben oft unter schlechtem Wetter zu leiden, und nach einem Nachtflug kann oft eine Verzögerung von mehreren Tagen bis zum nächsten Etappenflug eintreten. Die späten Wanderer finden in der Regel weniger ungünstige Nächte für ihr Vorwärts- kommen, sodals kürzere Flüge in günstigen Nächten die Durch- schnittsgeschwindigkeit erhöhen können. Geographisch scheint mir die Enge und Weite des Zugge- bietes hauptsächlich durch folgende Umstände mit bedingt zu sein: 1. Die nur oder in der Hauptsache westlich vom Felsengebirge brütenden Zugvögel ziehen in der Regel nur nach Mittel- amerika. Beispiel: Piranga ludoviciana. “ Ko 2 ah 0 nl ul Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 487 2. Die östlich vom Felsengebirge brütenden Zugvögel, deren Winterquartiere in Mittelamerika oder im westlichen, bezw. nordwestlichen Südamerika liegen, benutzen mehr oder weniger enge Wanderstrafsen. Beispiel: Zamelodia ludovi- ciana oder Vireosylvia olivacea, und in extremster Form: Piranga erythromelas. 3. Diejenigen Zugvogelarten Nordamerikas, welche bereits im südlichsten Teile der Union oder in Mittelamerika und auf den Antillen überwintern, halten ein breites Zuggebiet inne, z. B. Mniotilta varia und Setophaga ruticilla. Es ist mehr als wahrscheinlich, dafs Ausnahmen von diesen Regeln vorkommen. Sie festzustellen, ist eine Hauptzukunfts- aufgabe der nordamerikanischen Vogelzugforschung. Die an der westöstlich sich erstreckenden Golfküste des nordamerikanischen Festlandes bei den verschiedenen Zugvogelarten festgestellte verschiedene Breite des Zuggebietes hängt mit der westöstlichen Ausdehnung des Brutgebietes der betreffenden Vögel nicht ohne weiteres zusammen. Denn zahlreiche Zugvögel haben im zentralen Nordamerika ihr Brutgebiet weit nach Westen vorge- schoben, ziehen aber gegenwärtig noch auf dieser ihrer Prolon- gation erst die Strafse ihrer Ausbreitung in Richtung der Breiten- kreise sowohl im Frühling wie Herbst, ehe sie den Flug in meri- dionaler Richtung antreten. Die zwischen Sommerheimat und Winterquartier liegenden und von zahlreichen Zugvogelarten überflogenen insellosen Meeres- teile werden naturgemäls auf kürzestem Wege überflogen. So wird der Golf von Mexiko in südlicher und südwestlicher Rich- tung überquert; über die östliche Hälfte des Golfes von Mexiko und die westliche der Karibischen See führt die Bobolinkstrafse in südöstlicher Richtung zum Wintergnartier, welches im zen- tralen Südamerika liegt; über den Atlantischen Ocean führt von Nowa Scotia nach Guayana die Zugstrafse des Goldregenpfeifers in fast genau meridionaler Richtung. Die Frage, in welcher Breite diese Meeresteile von den betreffenden Zugvögeln über- flogen werden, scheint vor allem in engerer Beziehung zu stehen mit der Breite des Winterquartiers, bezw. des Versammlungsortes, weniger aber mit der westöstlichen Ausdehnung des Brutgebietes, worauf ich eben schon hinwies. Es wäre überdies m. E. vielleicht nicht ausgeschlossen, dafs die Breite des Zuggebietes über Mittelamerika und den zentral- amerikanischen Meeresteilen mit der Länge der Zeit, seit diese Wanderungen ausgeführt werden, wenigstens z. T. in näherer Beziehung stehen könnte, uud zwar derart, dafs je breiter und abgekürzter der Wanderweg ist, desto länger er auch von der betrefieuden Vogelart benutzt würde, weil danu die Abbreviation in vollem Mafse erreicht ist. Auch in dieser Beziehung hätten die nordamerikanischen Ornithologen noch wichtige Aufgaben zu lösen. Nach alledem würde statt der Be- 32* 488 Dr. R. W. Eekardt: zeichnung „Zugstralse“ besser das Wort „Zugbahn“ oder „Zug- gebiet‘‘ treffender sein. Die Frage: „Wie finden die Vögel ihren Weg?“ ist in dieser Formulierung vom streng wissenschaftlichen Stand- punkt überhaupt nicht zu beantworten. Sie mülste logisch etwa lauten: „Wie erreichen die Zugvögel Brutheimat und Winter- quartier?* So ähnlich möchte auch Dr. H. Weigold!) die Frage gestellt wissen. Ich mufs ihm recht geben und komme gleich noch darauf zurück. Wenn die Vögel nur über Land zögen, dann wäre die Ver- mutung berechtigt, dafs Ausblick und Gedächtnis sie allein auf der Wanderung unterstützten. Da jedoch die Vögel über grolse Wasserflächen ziehen und auch in dunklen Nächten, ja selbst bei dichtem Nebel sich von der eingeschlagenen Bahn nicht abbringen lassen und den Zug so auch meist glücklich vollenden, dann können Sicht und Gedächtnis keine Rolle spielen. Wohl durch- aus mit Recht vermutet daher Cooke bei den Zugvögeln das Vorhandensein eines stark ausgeprägten „Richtungssinnes“, der ja bei allen höheren Lebewesen mehr oder weniger entwickelt zu sein scheint und nur beim Kulturmenschen stark rudimentär geworden ist. Ohne Zweifel kann der Zugvogel seine Brutheimat, sein altes Nest, nur mit Hilfe eines ausgezeichneten Ortssinnes wieder- finden. Anders steht es bezüglich der Auffindung des Winter- quartieres, denn dieses kann ebenso wie die zu ihm hinführenden Zugstralsen bei bestimmten Vögeln von Jahr zu Jahr wechseln. Es sind das jedenfalls Vögel, deren Zuginstinkte offenbar äufseren Faktoren, vor allem wohl Witterungseinflüssen, weit mehr unter- liegen als den inneren, d. h. den im Vogel selbst liegenden. Ferner aber wäre es auch möglich, dafs manche Vogelarten, die ihre Zugbahnen wechseln, oder die als junge Tiere allein ohne Führung der Alten den Weg in der Richtung zum Winter- quartier zum ersten Male zurücklegen, Lokalitäten von einer bestimmten Beschaffenheit (z. B. Meeresküsten, wie die kurische Nehrung,) wählen, wobei der Verlauf oder die gegenseitige Reihenfolge dieser Lokalitäten es sein könnte, welche die Zug- richtung im allgemeinen bestimmt. Oft freilich werden den Vögeln solche Merkmale auch entbehrlich sein. Es fliegen also die betreffenden Vögel gar „keiner zuvor fixierten Winterstation zu, sondern diese ist die Endstation der Zugstrafsen, und die Lage wird durch die Zugstrafse bestimmt“. (Weigold)?) 1) Wie können wir das biologische Problem des Vogelzuges exakt erforschen? Orn. Mon. Schr. 1912 No 1. 2) Vgl. hierüber auch: Sven Eleman, sind die Zugstrafsen der Vögel die ehemalige Ausbreitung der Arten? Zool. Jahrb. Abt. f. Biol. System. u. Geographie 83. Bd. 6. 1912. Auch die Arbeit von ee a re Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 489 Bei allen Zugvögeln, mögen sie festliegende oder wech- selnde Zugstrafsen, bzw. Winterquartiere haben, ist nun die Frage von besonderer Bedeutung, wie der Vogel den passenden Ueberwinterungsort überhaupt findet, dafs er nicht vorher Halt macht, oder gar über das „Ziel“ hinausschiefst, wenn er nicht von erfahrenen alten Individuen geführt wird. Ich glaube, dafs dies in der Hauptsache nur dadurch ermöglicht wird, dafs bei den verschiedenen Zugvogelarten der jeweilige Organismus mit dem in ihm tätigen Wandertriebe auf ganz bestimmte Leistungen ' gestimmt ist, die innerhalb einer gewissen Zeit — es ist die Rede vom Herbste! — sich abwickeln müssen. Andere Ursachen könnten trotzdem auch noch in Frage kommen. Der Zug selbst wäre also eine innerhalb einer ganz bestimmten Zeit vor sich gehende Arbeitsleistung, die sich aus mehr oder weniger langen Einzelflügen und dementsprechend langen Ruhepausen zusammen- setzt. Fördern den Vogel dagegen lange anstrengende Einzel- flüge, so müssen diesen entsprechend lange Ruhepausen folgen, und umgekehrt sind keire langen Ruhepausen erforderlich, wenn die Einzelflüge kurz und wenig anstrengend sind. Die Summe der vom Vogelorganismus auf dem Zuge geleisteten Arbeit und die dazu aufgewandte Zeit, innerhalb der allein der Zugtrieb rege ist, bleiben bei den einzelnen Arten durchschnittlich immer die- selben. Daher denn auch die durchschnittlich nur sehr wenig schwankenden Ankunfts- und Abzugstermine der Vögel. Zahl- reiche — vielleicht alle — sicherlich aber diejenigen Zugvögel, die nicht von älteren Artgenossen geführt werden, „wählen“ also ihr Winterquartier überhaupt nicht, sondern sie werden wohl lediglich durch Instinkte, die im wechselnden Mafse sowohl innneren wie äufseren Faktoren unterliegen können, in ihr Winterasyl geleitet. Wahrscheinlich ist die von den Vögeln auf dem Zuge ausgeübte Eigentätigkeit im allgemeinen ziemlich gering, und Altum hat Recht, wern er sagt: „animalnonagit, sed agitur“. So zeigt sich z. B. der Zug der Schnepfen stark von den Witterungsverhältnissen abhängig. Immerhin dürften die äufseren Faktoren wohl öfter, als man glaubt, in den Hintergrund treten, wie aus folgendem her- vorgeht: Eine beliebte Theorie der amerikanischen Ornithologen ist die, dals die Küstenlinien, Gebirgsketten und besonders die grofsen Flufsläufe und ihre Nebenflüsse die geeigneten Heer- strafsen bilden, an denen entlang die Vögel zu ihren Nist- plätzen oder Winterquartieren fliegen. Nach dieser Theorie würde ein Vogel, der in Nord-Indiana brütet, bei seiner Rück- wanderung den nächsten kleinen Bächen zum Wabash-Flusse zufliegen, dann zum Ohio, und nachdem er den Mississippi er- reicht hat, demselben bis zum Golf von Mexiko folgen. Gleich- J. Schürer, Einzelfragen des Vogelzuges, Orn. Mon. Schr. 1905, ist für die Beurteilung der hier angeschnittenen Fragen sehr des Studiums wert. 490 Dr. R. W. Eckardt: falls würde er denselben Weg für die Rückreise benutzen. In der Tat besitzt denn auch jede Provinz in den Zentralstaaten nistende Vögel, die zu Beginn der Herbstwanderung sich gegen die Hälfte der Richtungen der Himmelsrose zerstreuen. Ja, man kann unter Umständen sogar mit Bestimmtheit sagen: „nach allen Richtungen der Himmelsrose“, da einige junge Reiher ihre regelmäfsige Südreise mit einer kleinen Vergnügungsreise nach Norden einleiten. Auch beim europäischen Kranich hat man bekanntlich vereinzelt derartige Züge nach entgegengesetzter Richtung zu den beiden Zugzeiten festgestellt. Derartige Fälle sind aber wohl zu unterscheiden von den bei einigen Vögeln der Alten Welt festgestellten Gewohnheiten, wenigstens z. T. nörd- licher zu überwintern, als ihr Brutgebiet liegt. Ich denke an die Lachmöwen und an den Flamingo!) der im westlichen Teile des Mittelmeergebietes nur auf Sardinien überwintert, während er im Sommer auch in Nordwestafrika vorkommt. Zwar ziehen im Herbst die meisten der in Neuengland brütenden Landvögel in einer Linie nahezu parallel mit dem Alleghanygebirge südwestlich, aber man kann aus dieser Tat- sache, wie Cooke selbst sehr treffend bemerkt, nicht feststellen, dafs der Weg so gewählt sei, dafs das Gebirge als Richtung dient. Denn zu derselben Zeit erscheinen zu Indiana, Illinois und nordwestwärts Tausende von Vögeln, welche das Gebirge im rechten Winkel überschreiten, um Südkarolina und Georgia zu erreichen. Dies zeigt besonders deutlich das Beispiel von Mnio- tilta varia Vieill. Diese Vögel überwintern in den Golfstaaten von Louisiana ostwärts und auf den grofsen Antillen bis Porto- rico. Sie brüten in Canada vom Mackenzietale bis nach Neu- fundland hin. Um auf der Wanderung der geographischen Be- schaffenheit des Landes Rechnung zu tragen, mülste der in Louisi- ana überwinternde Palmensänger (Dendroica palmarum Baird) der breiten Heerstralse des Mississippistromes nach seiner Quelle folgen, um von hier aus die Brutplätze zu erreichen, während die auf den Antillen überwinternden Vögel die Alle- ghanys als Führer benutzen müfsten. Es steht fest, dafs die Louisiana-Vögel in Labrador nisten, und dafs jene von den An- tillen in der Diagonale die Vereinigten Staaten durchqueren, um im mittleren Canada zu brüten. Diese beiden Strafsen der Palmwarbler kreuzen sich fast im rechten Winkel in Georgia, und zwar ist es möglich, die Wanderroute der Palmwarbler ge- nauer zu verfolgen, denu jene Vögel, die östlich der Hudsonbay nisten, unterscheiden sich genügend in der Farbe von jenen, die weiter westlich nisten, um selbst in ihrem Winterkleid durchaus 1) Vgl. hierüber: W. R. Eckardt, Der Zug des Flamingos Nat. Woch. Schr. 1918. 8. 607. sowie: Schwab, die Bedeutung Ita- liens für den Vogelschutz. Naturw. Ztsch. für Forst- und Landwirtschaft 15. Jg. 1917. Heft 2. ei Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 491 unterschieden werden zu können. Cooke macht überdies mit Recht darauf aufmerksam, dafs diese beiden Gruppen der Palm- warbler, die beide von gleicher Abstammung sind, mit der Zeit in ihrem Aeufsern sich unterschieden, weil sich allmählich Ver- schiedenheiten in ihren Brutplätzen und Wanderstrafsen heraus- bildeten, dafs sie aber nicht etwa jene verschiedenen Wege wählten, weil sie in ihrer Art verschieden sind. Wahrscheinlich spielt bei Ausbildung dieser beiden Unterarten oder „Lokal- rassen‘‘ die Eiszeit eine Rolle, wie es bei so zahlreichen Vogel- gruppen (östlichen, westlichen und mittleren Arten) in Europa weit mehr noch der Fall zu sein sehÄöint. In Wirkiichkeit scheinen die Zugvögel in Nordamerika den natürlichen Heerstrafsen wenig Aufmerksamkeit zu schenken; nur grofse Wasserflächen können gewisse Arten zwingen, von ihrer ursprünglichen Flugrichtung abzuweichen. Die Nahrungs- verhältnisse bilden jedenfalls den Hauptfaktor beim Zustande- kommen der Wanderwege der verschiedenen Zugvogelarten, und sicher ist der für jede Art mehr oder weniger andere Weg zwischen Brutheimat und Winterquartier vor allem so beschaffen, dafs er für jede Art genügend Ruheplätze mit genügend Nah- rung bietet. Merkwürdiger Weise wird von Cooke die von mir oben schon kurz berührte Frage nicht erörtert, ob es in Nordamerika Zugvögel gibt, die, wie unser Storch, der klassische Zugstrafsen- voge! Europas, jahraus jahrein ganz bestimmte Strafsen allem Anschein nach deswegen innehalten, weil die Benutzung des Weges auf der Kenntnis der alten erfahrenen Tiere beruht, die ihn schon geflogen sind. Angesichts der grofsen Bedeutung dieser Frage für das gesamte Zugproblem müssen wir einen Augenblick bei ibr verweilen. Nach Schenk!) ist es auf Grund der Zugs- weise und der Reiseroute mehr als wahrscheinlich, dafs den Störchen der Weg in das Winterquartier bekannt ist, und dafs sich die Störche mittels der Sehkraft auf Grund der Bodenverhält- nisse orientieren. Gesetzt den Fall, es träfe diese an sich durchaus berechtigte; und gut begründete Annahme Schenks in der Tat zu, so ist es doch noch ein Problem, ob die Auffindung des Weges in das Winterquartier und von der zum Brutort zurück durch- gehends eine intellektuelle Gesamtleistung ganz bestimmter einzelner älterer Individuen ist, oder ob sie erst dadurch zu- stande kommt, dafs die auf der bestimmten Reiseroute aus der näheren und weiteren Umgebung mitihrem Nachwuchs eintreffienden alten Tiere in weit bescheidenerem Mafse beteiligt sind. Ich möchte glauben, dafs das letztere mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat. Denn der Reiseweg des Storches von Mitteleuropa nach Südafrika dürfte sich aus so vielen einzelnen Erinnerungsbildern 1) J. f. O0. 1909 und Verb. des V. Internat. Ornith. Kongr. Berlin 1911. S. 175 £. 492 Dr. W. R, Eekardt: zusammensetzen, dafs die Zahl derselben eine viel zu grofse ist, um sich dem Gedächtnis bestimmter Einzelwesen bei einmaliger oder selbst bei wiederholter Zurücklegung des Weges einprägen zu können. Man mag hiergegen einwenden, dafs sich gerade dem Storch markante Landschaftspunkte deswegen gut einprägen müfsten, weil er als Sumpfvogel nur an ganz bestimmten und besonders geeigneten Nahrungsplätzen, die in bestimmten Zwischen- räumen liegen, zu rasten pflegt, und die er aus grolser, einen weiten Ausblick gewährender Zughöhe leicht erspähen könne, weil er aufserdem ein sehr hohes Alter erreiche und so infolge von möglicherweise Jahrzehnte hindurch fortgesetzten Wanderungen doch nach und nach den Reiseweg immer besser kennen lernen könnte. Indessen kann m. E. der Storchzug der östlich der Weser brütenden Störche bis nach Südafrika in der Hauptsache sehr wohl auch auf einer blofsen partiellen Kenntnis des Weges bei bestimmten Einzelwesen beruhen, und zwar könnte der immer genau innegehaltene Zugweg etwa auf folgende Weise zustande kommen: Ein Storchenpaar eines Ortes in der Wesergegend kennt die weitere Umgebung seines Wohnsitzes, ganz besonders die östliche oder südöstliche, woher es eingewandert ist, und wo seine nächsten Stammverwandten sitzen, die während des Sommers öfter seinen Besuch empfingen. Mit ihnen und dem gesamten Storchennachwuchs auch der weiteren Umgebung aber findet sich das betreffende Paar mit eigenem Nachwuchs an dem nächsten Sammelplatze ein, um dann nach einiger Zeit, alter Gewohnheit folgend, die Herbstreise nach Osten und Südosten fortzusetzen. So geht es weiter bis zum nächsten Sammel- oder Futterplatz, wo sich weitere Störche anschliefsen und nun diese wieder als bessere Kenner der Oertlichkeit ein Stück die Führung übernehmen. Dieser Vorgang kann sich beliebig oft bis zu den vorderasiatischen Brutplätzen des Storches wiederholen. Etwa von Südpalaestina, bzw. von der Sinaihalbinsel aus könnte es dann lediglich die Beschaffenheit der Landesnatur sein in Verbindung mit dem an- geborenen „Richtungssinn“ (im allgemeinen Süden und Norden), die den Storch bis Südafrika leitet. Ob nun jahraus jahrein in Afrika der Zug (infolge der Erinnerungsbilder?) auch immer vollkommen der gleiche ist, wie z. B. an der Porta ciconiarum im südöstlichen Europa, oder ob die Zugwege hier weniger fest- liegen, das festzustellen, wird noch eine dankbare Aufgabe der künftigen exakten Vogelzugforschung sein. Ein ungefähres Gefühl für die Richtung, nach der sie fliegen müssen, haben offenbar alle Zugvögel, selbst die unerfahrensten Jungen solcher Arten, die als Zugstrafsenvögel von alten erfahrenen unbe- dingt geführt werden müssen. So ist z. B. ein junger, zu Mar- burg in Oesterreich der Gefangenschaft entflohener Storch nicht in südöstlicher Richtung abgewandert, nachdem einige Wochen vorher seine freilebenden Artgenossen diesen Weg gewohnheits- Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 495 gemäfs gezogen waren, sondern in unmittelbarer südlicher Rich- tung nach Italien, wo sonst kaum mitteleuropäische Störche durch- ziehen. Man ersieht jedenfalls, dafs{das Problem der Orientierung auf dem Zuge das schwierigste in der ganzen Vogelzugfrage ist. Auch diese Teilfrage kann nur durch den Versuch ihrer Lösung näher gebracht werden, worauf ich am Schlusse noch kurz zu sprechen komme. Wanderung und Federwechsel. Diejenigen Zugvögel, die nach dem Heranwachsen der Jungen noch längere Zeit in ihrer Brutheimat verbleiben, mausern daselbst auch, be- vor sie ihren Zug nach Süden antreten. Die Vögel jedoch, die jenseits des Polarkreises nisten, haben einen zu kurzen Sommer, um mausern zu können. Sie beginnen ihre Wanderung vielmehr so bald wie möglich, nachdem die Jungen flügge geworden sind und mausern dann im Winterquartier, was aber auch manche Vogelarten tun, die nicht im hohen Norden, sondern in mittleren Breiten brüten, so z. B. der Bobolink und Piranga erythromelas. In dem Kapitel „Unglücksfälle während der Wanderung“ sind die nachfolgenden Ausführungen besonders interessant und beherzigenswert: Gewaltig ist auch in Amerika die Zahl derjenigen Vögel, die auf ihren Wanderreisen, und zwar besonders im Herbste, den Leuchttürmen zum Opfer fallen. Leuchttürme sind alle paar Meilen an der 3000 Meilen langen Küste zerstreut, aber zwei Leuchttürme: Fowey Rocks und Sombrero Key verursachen mehr Todesfälle als alle anderen. Die Ursache ist eine zweifache: die geographische Lage und die Art des Lichtes. Beide Lichter sind am Südende Floridas, wo Tausende von Vögeln jedes Jahr nach und von Cuba kommen. Beide Leuchttürme tragen Lichter erster Gröfse in 100 bis 140 Fufs Höhe. Fowey Rocks hat ein ruhiges weifses Licht, das ver- derblichste von allen, während ein aufblitzendes Licht die Vögel abschreckt und ein rotes Licht wie ein Zeichen der Gefahr von ihnen gemieden wird. Aber ein beständiges weilses Licht, aus dem Nebel oder völliger Dunkelheit grell hervorleuchtend, gleicht gewifsermafsen einem Magneten, der die Wandervögel anlockt und wie Motten ins Verderben zieht. Sind die Vögel nach langem Fluge er- schöpft? Während des Frühlingszuges 1903 verbrachten zwei erfahrene Ornithologen ihre ganze Zeit an der Küste von Nordwest-Florida, indem sie auf jeden Aufenthalt acht gaben. „Sie waren äufserst erfolgreich in der Feststellung der Arten, aber ihre Aufzählung ist noch bemerkenswerter hinsichtlich dessen, was sienicht enthält.“ Etwa 25 Arten kleinerer Land- vögel der östlichen Staaten wurden nicht gesehen, einschliefslich eines Dutzend gemeiner Arten. Zu diesen gehören -der Katzen- vogel (Galeoscoptes carolinensis Cab.) Setophaga ruticilla und der Indigofink (Passerina cyanea Veill.), 3 Arten, die im ganzen nördlichen Gebiet häufig sind. Die Erklärung ihrer Abwesenheit 494 Dr. W. R. Eckardt: liegt nach Cooke darin, dafs die Vögel, wenn sie den Golf von Mexiko überschritten haben, weiter landeinwärts fliegen und so dem Beobachter an der Küste entgehen. Tatsache scheint da- her zu sein, dafs viele von den von Natur meist mit einem wundervollen Flugvermögen ausgestatteten Zugvögel den Golf von Mexiko nicht nur an seiner breitesten Stelle überqueren können, sondern auch noch ohne Pause über die niedrigen sumpfigen Küstenebenen zum höher liegenden Innern des Landes fliegen. Die Vögel sind dem ÖOzeanfluge so wenig abgeneigt, dafs viele von Osttexas nach der Golfküste von Südmexiko fliegen, obgleich diese 400 Meilen weite Wasserreise die Entfernung um kaum eine Stunde kürzt. Es vermeiden indessen auf diese Weise die Vögel die Hitze, baumlose Ebenen und spärliche Nahrungs- vorräte des südlichen Texas durch einen direkten Flug aus den feuchten und insektenreichen Wäldern des nördlichen Texas in ein ähnliches Gebiet von Südmexiko.. Kein Wunder, wenn eine Ermüdung nict stattfindet! Denn der im raschen und an- haltenden Fluge die Luft durcheilende Vogel befindet sich nach Fritzsche fast im Zustande der Apnoe. Entwicklung der Wanderstrafsen. Alle Zug- bewegungen sind zunächst nur sehr unbedeutend gewesen. Aus solchen kurzen Wanderungen ging aber ein Vorteilfür die Individuen, bezw. ihre Nachkommen hervor. Die Wanderung wurdezu einer be- stimmten Gewohnheit und die Entfernung, in einem regelmälsigen Zuge zurückgelegt, nahm allmählich zu, wenn die Ausdehnung sich als vorteilhaft erwies. Man darfaber nicht annehmen, dals jede versuchte Ausdehnung erfolgreich war; es ist vielmehr wahr- scheinlicher, dafs nur ein kleiner Teil der „Versuchsstrecken“ dauernd angenommen wurde. Es mufs ferner beachtet werden, dafs die für die Entwicklung der gegenwärtigen Fluggewohn- heiten erforderliche Zeit nach geologischen Zeitabschnitten ge- wertet werden mufs. Es ist kein Grund zu der Annahme vor- handen, dafs Aenderungen, die in den Fluggewohnheiten einge- treten sind, schneller sich vollzogen als heute. Wenn daher eine der neuen Versuchsstrecken sich als nachteilig erwies, wurde sie aufgegeben. Bei verschiedenen Strecken ist es leicht, die verschiedenen Stufen der Entwicklung festzustellen. So war der Weg über den Golf von Mexiko von der Müudung des Missis- sippi nach Campeche am Ende der Eiszeit zweifellos eine Reise über Land durch Texas. Als dann die Oststaaten vom Eise be- freit wurden, hätte die Wanderstrafse folgerichtig an ihrem Nordende abbiegen und ostwärts verlängert werden müssen, um in die jetzt unbevölkerten Gebiete einzumünden. Der Weg dürfte zu dieser Zeit ein Halbkreis gewesen sein, und bald dürfte sich das Bestreben gezeigt haben, die Kurve von Texas durch einen kurzen Flug über den Golf von Mexiko zu verkleinern. Dieser kurze Flug ist dann wahrscheinlich langsam verlängert worden und die Stellen des Festlandes, an denen dasselbe ver- Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 495 lassen oder betreten wurde, wurden allmählich weiter östlich verlegt, bis die Kurve durch einen Flug gerade durch den Golf ersetzt wurde. Nach den Feststellungen von Chas. C. Adams!) brütet der kleine Singvogel Dendroeca kirtlandii Brd. in den Nadel- wäldern des Gebietes der grofsen kanadischen Seen, besonders in Michigan, und hat sein Winterquartier auf den Bahamas. Die Wanderung im Frühjahr erfolgt aber nicht längs der at- lantischen Küste, sondern den Mississippi und seine nördlichen Quellströme aufwärts. Die Zugstrafsen decken sich ungefähr mit den Rückzugslinien des diluvialen Inlandeises, besonders den Abflüssen des Schmelzwassers. Der Vogel schlägt aber den alten Weg der Ausbreitung ein. Das Brutgeschäft findet in Nadel- wäldern statt, die sich ihre Gebiete ebenfalls an den ihnen günstigsten Pässen, d. h. jenen Flufstälern, wiedergewannen. Also schob der Vogel sein Brutgebiet entsprechend dem Vorrücken des Pflanzenwuchses vor. Ganz ähnlich verhält sich auch Protonotaria citres Brd., eine echt südliche Form, die im Mississippitale brütet, aber ihr Gebiet ständig nach Norden erweitert, in ähnlicher Weise wie es der Kirtlandsänger einst getan hat. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dafs der Vogelzug lange vor der Eiszeit aus den kleinsten Anfängen heraus sich entwickelt haben mufs. Referent hat über dieses Thema sich bereits seit längerer Zeit wiederholt eingehend verbreitet ?). Schon in der warmen Tetiärzeit mufste ein Vogelzug existieren, weil infolge der schiefen Stellung der Erdachse die damals zwar auch im Winter milderen Polarzonen doch zur Zeit des niedrigen Sonnenstandes ebenso dunkel waren wie heute, und weil andrer- seits gerade wegen ihrer Klimagunst die hohen Breiten von den Vögeln, sobald sich ihr Flugvermögen genügend entwickelt hatte, zum Zwecke der Fortpflanzung aufgesucht wurden. Es war vor allem der auch im Sommer verhältnismälsig grofse Regenreichtum der höheren Breiten im Gegensatz zu den in mittleren und sub- tropischen Breiten gelegenen Ländern, welcher diese Klimagunst hervorrief und damit die Fortpflanzung der Vögel begünstigte. Dieser Regenreichttum der hohen und die Niederschlags- armut der mittleren und subtropischen Breiten wurde verursacht durch das in den warmen Erdperioden bezüglich des barischen Gradienten stark abgeschwächte planetare Windsystem, das zu beiden Seiten polwärts vom Aequator einen besonders im Sommer der betreffenden Halbkugel sehr weit in höhere Breiten hinaufreichenden Wüstengürtel zur Folge hatte, während der regenbringende Polarwirbel damals im Gegensatz zu heute in- 1) Bull. Michigan. Ornith. Club 1904. 2) Vgl. vor allem: W. R. Eckardt, Ueber die Entstehung des Vogelzuges. „Prometheus“ 1919. 31. Jg. No. 7 und 8. 496 Dr. W. R. Eckardt: folge der fehlenden polaren Eiskappen ungestört zur Entwicklung kam. Auch für die Erklärung des nordamerikanischen Vogelzuges existieren die beiden bekannten einander entgegengesetzten Theorien. Die eine: Heimat der Zugvögel der Norden, infolge Eintritts der Eiszeit allmähliches Zurückweichen nach Süden; die andere: Heimat der Süden, Ausbreitung nach Norden infolge Ueberfüllung (oder ungeeigneter Fortpflanzungsbedingungen überhaupt), nach beendetem Brutgeschäft Rükkehr nach dem Süden. Unnützer Streit um den Wert dieser Theorien, denn beide haben Recht! Cooke gibt denn auch allem Anschein nach mit Recht keiner einen besonderen Vorzug. Denn er sagt: „Welche Theorie man auch annehmen mag, zweifellos waren die Anfänge der Wanderung vor Zeiten innig mit periodischen Aenderungen in dem Nahrungsvorrat verknüpft. Während Nord- amerika ungeheure Sommervorräte an Vogelnahrung besitzt, müssen die Vögel für den Winter nach Süden zurück oder unter- gehen. Die Ueberfüllung, die notwendigerweise folgen würde — denn das Winterasyl zahlreicher Arten ist oft um ein Vielfaches kleiner als ihr Sommerbrutgebiet — wird durch den Frühlings- auszug nach dem nahrungsreichen grolsen Nordkontinent ver- hindert. Keine einigermafsen entsprechende Bewegung findet gegen die südlichen Breiten von den Tropen her statt. Süd- amerika hat fast keine wandernden Landvögel, denn das rauhe Patagonien und Tierra del Fuego bieten keinen Reiz für die ge- fiederten Bewohner der grenzenlosen Urwälder des Amazonas“. Was Cooke inbetreff Nordamerika sagt, besitzt zweifellos volle Gültigkeit. Denn auf diesem Kontinent wächst die Zahl aller Brutvögel, je mehr wir uns nach Norden wenden, und zwar bis Canada, wo mehr Arten brüten, als in den warmen Südstaaten der Union. Selbst im äufsersten Norden jenseits der Waldgrenze gibt es nicht weniger als 60 brütende Arten; in Canada etwa 160, in Carolina nur 135 und in Louisiana 130. Die Zahl der Standvögel nimmt natürlich regelmäfsig zu, je mehr wir uns nach Süden wenden, wie beiläufig bemerkt sein mag. Bezüglich des gemälsigten Südamerika aber sei bemerkt, dafs es doch auch hier, wenn naturgemäfs auch in keinem Vergleich zu Nord- amerika, Winter- und Sommerbesucher, von Patagonien einerseits und von den Tropen andrerseits, gibt. Zählen doch Pyrocephalus, Milvulus, Schwalben zu den regelmäfsigsten Sommerbesuchern, und sogar zwei Kolibri-Arten: Patagona gigas und Eustephanus galeritus werden selbst auf Feuerland angetroffen, und zwar sind das alles insektenfressende Vögel. Von Patagonien kommen ZTaenioptera, Cinclodes und Centrites im Winter, zusammen mit zwei Möwen, zwei Gänsen, sechs Schnepfen und Regenvögeln. Fünf Arten von Schwalben erscheinen in Buenos Aires im Frühjahr, von denen einige zum Brüten dort bleiben, während die anderen nach gemälsigteren Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 497 südlichen Regionen weiterziehen. Auch Oygnus melanocoryphus wandert von der Südspitze des Festlandes im südhemisphaerischen Winter bis hart an die Südgrenze der Tropen. Auch für die nordamerikanischen Zugvögel ist daher eine Unterscheidung zwischen Sommerfrischlern und Winterflüchtern durchaus gerechtfertigt. Denn gleichwie uns der Mauersegler mitten im Sommer bei reichlichem Nahrungsvorrat verlälst, so beginnen in Nordamerika sogar schon kurze Zeit nach der Sommersonnenwende im Juli manche Vögel mit ihrer Wanderung nach dem Süden, wie z. B. Ieterus spurius L., Setophaga ruti- cilla, Dendroeca aestiva Brd. Was die grönländischen Brutvögel anlangt, so ziehen diese im Winter teils nach Amerika, teils nach Europa, je nachdem, woher sie nach der Eiszeit gekommen sind; sie halten also die Ausbreitungswege ihrer Art als Zug- gebiet inne. Einige Wanderstralsen haben sich überdies erst in neuerer Zeit so entwickelt, dafs sie noch jetzt ihren Ursprung erkennen lassen. Vireosylvia olivacea I. ist ein auffalleudes Beispiel hierfür. Dieser Waldvogel bewohnt die Staaten östlich der grofsen Ebene, aber ein Zweig der Brutzone erstreckt sich in der Waldzone von Britisch-Columbia nordwestlich bis zum Stillen Ocean. Wahr- scheinlich hat diese Ausdehnung durch eine westliche Bewegung vom unteren Missourigebiet aus stattgefunden, und die von Wash- ington bis Britisch-Columbia nistenden Vögel benutzen im Früh- ling und Herbst den gewöhnlichen Weg der Ausbreitung. Am 20. März trifft die Vorhut in den Vereinigten Staaten ein von ihren Winterquartieren in Südamerika her. Die Nordwärtsbe- wegung ist für die nächsten 5 oder 10 Tage, die die Vögel nach Ost-Nebraska, Süd-Michigan und dem südlichen Neuengland bringen, ziemlich einheitlich. Aber dann wird eine Aenderung bemerkbar: Die Vögel aus den östlichen Gebieten verlängern ihre Flugstrecken und gelangen meistens direkt nach ihren Brut- orten. Die Vögel der westlichen Brutgebiete indessen beginnen in einem grofsen Winkel von ihrem früheren Wege abzufliegen und schreiten nach einer nordwestlichen Abbiegung zum Stillen Ozean, indem sie auf diese Weise schon eine geringe Abbrevia- tion ihres Zuges erkennen lassen. Es ist weiter festgestellt worden, dafs die Tiere ihre Schnelligkeit verdoppeln, sobald sie ihren Kurs ändern; sie legen dann etwa doppelt soviel am Tage zurück, wie ihre östlichen Verwandten. Aufser den genannten Vögeln dehut übrigens auch heute noch unter unseren Augen der Bobolink sein Brutgebiet unter 50° N. Br. ständig nach Westen aus. Angesichts seiner Häufigkeit wäre bei ihm die Be- obachtung der Prolongation und etwaigen Abbreviation seiner Zugstrafsen wohl mitkeinen besonderen Schwierigkeiten verbunden. Eine der ungewöhnlichsten Wanderstralsen in Nordamerika ist die Wanderstrafse der Limosa fedoa L. (marbled godwit). Einige Exemplare dieses in Nord-Dakota gewöhnlichen Brut- 498 Dr. W. R. Eckardt: vogels nahmen einst bei ihrer Herbstreise nach Mittelamerika eine Richtung ein, die sie nach Cooke fast gerade Östlich nach dem canadischen Seengebiet zu führte; von dort folgten sie der Küste des Atlantischen Ozeans nach Florida, um von hier die Reise südwärts fortzusetzen. Andere Exemplare zogen zunächst vom Brutgebiet aus die entgegengesetzte Richtung, indem sie westlich nach Südalaska und südwärts längs der pazifischen Küste nach Guatemala zogen. So trennten sich die im Sommer nebeneinander wohnenden Vögel während der Wanderung bis zu 3000 Meilen weit, um aber schliefslich im Süden in engster Nähe wieder nebeneinander zusammen den Winter verbringen. Wir haben in diesem Falle in gewissem Sinne eine Analogie mit dem Zug des weilsen Storches in Europa vor uns. Ob sie freilich auf dieselben Ursachen (Besiedelung von Westen und Osten her), wie sie für den Storch angenommen werden kann, zurückzu- führen ist, erscheint fraglich. Cooke ist jedenfalls, wie gesagt, anderer Ansicht. In dem Kapitel über normale und abnorme Wanderstrafsen zeigt Cooke zunächst an Hand einiger trefflich gewählten Beispiele, dafs bei einer Anzahl Vögel die Wanderung eine Südwärtsbewegung der ganzen Art darstellt, während der die einzelnen Gruppen in ihrer zusammengehörigen Lage verbleiben. Der in seinem Benehmen z. T. ein wenig an unsere Certhia-Arten erinnernde Klettersänger black and white Warbler (Mnootilta varia Vieill.) brütet von Süd- karolina bis Neubraunschweig. Im Südteil der Zone .nistet er im April. Dagegen wird Neubraunschweig im allgemeinen vor Mitte Mai von den ersten Vögeln erreicht, wobei die Arten etwa 50 Tage zum Durchkreuzen der Brutzone brauchen. Wahr- scheinlich sind 60 Tage die kürzeste Zeit, in der die Vögel ihr Nest bauen, die Jungen aufziehen, mausern und dann die Rück- reise antreten. Danach ist dann kein Klettersänger aus Neu- braunschweig vor Mitte Juni zur Rückreise bereit, und 50 Tage Wanderung würden die ersten Klettersänger nach den Golfstaaten im September bringen. Aber sowohl alte wie junge Vögel sind Mitte Juni bei Key West gesehen worden, d. h. 500 Meilen süd- lich der Brutzone, am 10. August in Costarika und am 21. August an der Nordküste Südamerikas. Das führt zu dem Schlufs, dafs frühe Wanderer südlich der Vereinigten Staaten nicht aus den nördlichen Teilen der Brutzone kommen, sondern aus den süd- lichen Teilen stammen. Dendroeca caerulescens Gm. errreicht Cuba im Herbst fast zur selben Zeit, wo andere der Art in Nord- karolina erscheinen. Daraus folgt, dafs die Ankömmlinge in Cuba Vögel sind, die in den Südteilen der Alleghanys nisteten, während die in Nordkarolina erscheinenden aus Nordengland oder noch weiter nördlich herstammen. Rotschwänzchen (Seto- phaga ruticilla) und Sommersänger (Dendroica aestiva Brd.) er- scheinen an der Nordköste von Südamerika so zeitig (27. August Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika, 493 bis 2. September), dafs sie nur die südlichsten Vögel des Brut- gebietes sein können. In der Tat werden die Vertreter dieser Art in Südamerika fast genau zu derselben Zeit beobachtet, wo die nördlichsten Brutvögel Florida erreichen. „Neuere Feststellungen haben gezeigt, dals verschiedene Vogelarten nicht der normalen Wanderordnung folgen. Die am weitesten südlich erbrüteten Maryland yellowthroats (Geothlypis trichas Cab.) sind meistens keine Wanderer, denn sie bleiben das ganze Jahr in Florida. Jene, die im mittleren Gebiet brüten, wandern nur eine kurze Strecke, während die aus Neufundland nach Westindien wandern, indem sie die Wintergebiete ihrer Verwandten im Süden einfach überschreiten. Die red-winged blackbirds (Agelaius phoeniceus Swainson) des mittleren Gebietes von Nordtexas sind so gut wie Standvögel, aber im Winter ge- sellen sich zu ihnen wandernde Artgenossen aus dem entfernten - Mackenzietal. Die Palmensänger des inneren Canada durchfliegen im Verlauf ihrer 3000 Meilen langen Reise vom Grofsen Sklaven- See nach Cuba die Golfstaaten früh im Oktober. Nachdem das Gros vorbei ist, kommen die Palmensänger der nordöstlichen Provinzen allmählich zu den Golfstaaten und setzen sich hier für den Winter fest, indem sie sich mit einer nur 1500 Meilen langen Reise begnügen. Einige der Buntsänger (Dendrosca striata), die im Frühling durch Florida kommen, ziehen 1000 Meilen nord- östlich weiter, um im nördlichen Neuengland zu brüten, während andere, die in nordwestlicher Richtung mehr als 3000 Meilen reisen, in Alaska den Sommer verbringen. Unter den Maryland Goldkehlchen (Geothlypis triches), die im westlichen Pennsylvanien nisten, befinden sich zweifellos Individuen, die während des Winters über die Golfstaaten, Westindien und sogar Mittelamerika zerstreut sind. Diese Beispiele zeigen jedenfalls, dafs kein un- abänderliches Gesetz, Regel oder Gewohnheit bezüglich der Rich- tung oder Entfernung der Wanderung besteht. Wir müssen nun noch einen Augenblick bei dem bereits mehrfach kurz gestreiften Problem der Ueberwanderung verweilen. Zwischen Oktober und April findet bei zahlreichen Vogel- arten regelmälsig eine Vertauschung der relativen Lage inner- halb ihres gesamten Verbreitungsgebietes statt: die südlicher wohnenden Vögel überschreiten im Frühjahr die nördlichen, deren zeitiger Einzug in ihre Brutheimat durch die Nachwehen des Winters daselbst noch verhindert wird. Gerade wann und wo diese Vertauschung eintritt, ist ein Problem des Vogelzuges, das “erst noch gelöst werden mufs. Auch steht noch nicht fest, ob im Norden ausgebrütete Vögel durchaus in ihren Winterquar- tieren bleiben, bis ihre südlicheren Genossen vorbei sind, oder ob sie eine frühe Wanderung so langsam beginnen, dafs sie bald von ihren beständigeren Vettern eingeholt und überholt werden. Aus den in der Alten Welt erzielten Beobachtungsergebnissen scheint hervorzugehen, dafs die im höheren Norden beheimateten 500 Dr. W. R. Eekardt: Zugvögel in der Tat lange in ihren Winterquartieren verweilen, denn der Vogelzug derselben Vogelart oder ihrer nächsten Ver- wandten in der Sahara dauert ebenfalls monatelang. Ueber die Entstehung der Erscheinung der Ueberwanderung hat Referent an anderer Stelle!) folgendermalsen geurteilt: In der Tertiärzeit mufs in gewisser Entfernung von der Polarzone bei den günstigen Temparaturverhätnissen auch des Winters ein Zusammenhäufen von Vögeln eingetreten sein. Denn einerseits waren ja die ursprünglich in diesen Breiten be- heimateten Vögel z. T. auch während des Sommers nicht mit ihren Art- und Gattungsverwandten sämtlich nach Norden gezogen, sondern blieben als Standvögel auch den Winter an Ort und Stelle, da sie ja von Seiten des Klimas keine Veranlassung hatten, sich auf die Wanderschaft zu begeben, und andrerseis brachten die aus polarer Richtung her sich zugesellenden Vögel ihren Nachwuchs, den sie während des günstigen Polarsommers grols- gezogen, mit. Eine Uebervölkerung mulste hier also eintreten, und gegen eine solche werden sich vor allem diejenigen Vögel am hartnäckigsten und erfolgreichsten gewehrt haben, die als artgleiche Standvögel daselbst in gewisser Zahl dauernd be- heimatet waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach lernten allmäh- lich die mit dem stärksten Wandertrieb ausgestatteten, d. h. die am weitesten nordwärts wandernden Vögel auch am weitesten südwärts wandern, wo im Vergleich zum polaren Verbreitungs- sürtel, in dem sich Zug- und Standvögel als dieselben Arten z. T. trafen, infolge der klimatischen Bedingungen mehr als ein Minimum von Existenmöglichkeit für sie vorhanden war. Mit anderen Worten: es mulfste allmählich eine gleichmäßsige Ver- teilung der Winterquartiere eintreten, die die günstige Ausnutzung derselben für die Erhaltung möglichst vieler Individuen ge- stattete. So entstand wohl mit der Zeit die Erscheinung der Ueberwanderung bei vielen Zugvogelarten. Wahrscheinlich ist auch der Einflufs der Eiszeit hierbei als nicht gering anzu- schlagen. Denn sie z. T. hat vielleicht erst jene Entwicklung wahrer Weltreisen gewisser Zugvögel zur Folge gehabt, die ge- radezu an das Wunderbare grenzen. War doch zur Tertiärzeit zwischen der winterdunklen Polarzone und dem subtropischen Wüstengürtel die Gelegenheit zum Ueberwintern für zahlreiche Vögel gegeben. Diese Möglichkeit war aber zur Eiszeit minde- stens zum gröfsten Teil geschwunden. Die Zugvögel waren da- her gezwungen, in der grofsen Mehrzahl den benachbarten Sub- tropengürtel zu überschreiten und das Tropengebiet, ja selbst das bei gleichzeitig hohem Sonnenstande seine Regenzeit be- sitzende und damit gute Ernährungsbedingen bietende Suptropen- gebiet der entgegengesetzten Halbkugel aufzusuchen. Es würde ı) W.R. Eckardt, Die Entstehung des Vogelzuges. „Prome- theus“ 1919, No. 7/8. Ak Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika, 501 hier zn weit führen, auch noch die Gründe einer gleich- sinnigen Verschiebung der jahreszeitlichen Verbreitung be- - stimmter Vogelarten anzuführen, denn sie scheinen weit mannig- BR: faltigerer Natur zu sein. Die Verbreitung im Winter kann weder von dem Ort der Sommerheimat aus fest bestimmt werden, noch zeigt sie bestimmt jene Heimat an. Die Darlegung läfst sich nach Cooke noch ge- nauer ausführen: Jede Art setzt sich zusammen aus vielen kleinen Gruppen, von der jede eine hinsichtlich des Sommer- und Winter- aufenthaltes und der Wanderstrafse eine eigene Regel hat, und die Kenntnis dieser Tatsachen bei einer Gruppe bietet nur eine kleine oder auch gar keine Grundlage für eine Urteilsübertragung auf Mitglieder anderer Gruppen. So stellt gleichwie in Europa auch in Amerika jede Art ein eigenes Problem dar, das zum grölsten Teil nur durch geduldige, sorgfältige Beobachtung ge- löst werden kann; in erster Linie — möchte Referent hinzu- zufügen — durch das Ringexperiment. Wenn wir auch in Europa mit Hülfe des Ringexperimentes über eine gröfsere Zahl von exakten Einzeltatsachen verfügen, so lassen sich diese doch noch nicht zu einem so trefflichen übersichtlichen geographischen Ge- samtbilde zusammenfassen, wie es W. W.Cooke in seiner Schrift von 1915 vom amerikanischen Vogelzug entworfen hat. Das zeigt ohne weiteres den grofsen Wert eines dichten Beobachtungs- netzes, dessen Wichtigkeit ich neuerdings für Deutschland betont habe und das in dankenswerter Weise das Preufsische Mini- sterium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten in Verbindung mit dem öffentlichen Wetterdienst auf meinen Vorschlag hin mit einführen zu helfen im Begriff steht. Einbürgerungsversuche und Vogelzug. Auch diese Frage möchte ich zum Schlufs noch kurz erörtern, weii ich selbst schon kurz vor dem Kriege durch Aussetzen von Exoten in Thüringen in der Gegend von Hildburghausen auf dem besten Wege zu sein schien!), die Frage der Lösung näher zu bringen, ob diese Vögel in einem fremden Lande sich eine planmäfsige Zugstrafse schaffen können, die die betreffenden Vögel wieder an ihren Ausgangspunkt zurückführt. Dafs derartig systematisch durchgeführte Versuche geeignet wären, ein ganz neues Licht auf uszsere Ansichten über die Entstehung des Vogelzuges zu werfen, brauche ich Ornithologen wohl nicht näher auseinanderzusetzen. Leider wurde die Fortsetzung meiner so schön begonnenen Versuche durch die lange Kriegsdauer 1917 1) Vgl. hierüber: W. R. Eckardt, Einbürgerungsversuche als Möglichkeiten zur Erforschung des Vogelzuges. I. Mitteilung Naturwiss. Wochenschrift 1914 No. 10 und ebenda II. Mitteilung 1915 No. 15, sowie die hier zitierte Literatur, vor allem O. Heinroths Mitteilung im Journ. für Ornithologie, Jahrgg. 1915, Heft 1, S. 132. Journ, f. Orn, LXIX, Jahrg. Oktober 1921. 33 502 Dr. W. R. Eekardt: vereitelt, wo die letzten der betreffenden Mandarinenten wegge- schossen wurden. Es besteht heute kaum noch ein Zweifel darüber, dafs die Veranlagung für die einzuschlagende Richtung der Wanderung den Zugvögeln angeboren ist. H. Nehrling!) bemerkt daher in Anbetracht dieser Tatsache, dafs es nie gelingen dürfte, deutsche Singvögel, welche in Aegypten und Innerafrika über- wintern, in Nordamerika östlich vom Felsengebirge einzubürgern, da in Europa die Zugrichtung eine ganz andere sei, indem in Nordamerika eine direkt südliche Richtung diese Vögel in den offenen Golf geraten liefse. Ich glaube, dafs Nehrling im allgemeinen Recht hat. Denn gerade die wandernden Singvögel Europas, welche im Winter das palaearktische Gebiet verlassen, ziehen nach Harterts, Königs, GeyrvonSchweppen- burgs und anderer Beobachtungen vielfach in direkt südlicher Richtung in ihr (aethiopisches) Winterquartier. In Nordamerika aber wird die Fortsetzung eines südwärts gerichteten Zuges die Hauptmasse der Zugvögel garnicht nach Südamerika bringen, sondern in den offenen Stillen Ozean. Es könnten demnach für die Einbürgerung in Nordamerika lediglich westlich der Linie Florida — Südwestspitze der Alleghanys — Missouri — nur solche europäische Vögel in Frage kommen, die in in ihrer alt- weltlichen Heimat einen mehr südöstlichen Kurs im Herbste ein- halten. Zu diesen gehören aufser dem weilsen Storch nach Geyr.von Schweppenburg z. B. Lanius collurio, minor, Sylvia curucca, Muscicapa parva, Carpodacus erythrinus, Embe- riza melanocephala. Aber auch dann erscheint es noch mehr als fraglich, ob ein anderer, d. h. evtl. direkt südnördlicher Zug diese Vögel in der Neuen Welt zum Ziele gelangen liefse und ob überhaupt für Hin- und Rückreise in Amerika der Organis- mus der betreffenden Wandervögel auf die geographische Be- schaffenheit bezüglich der Etappen: Festland — Meer — Inseln — Meer — Festland einigermalsen eingestellt ist. Denn das nord- amerikanische Mittelmeer befindet sich weiter südlich als das altweltliche; ersteres entspricht in seiner Breitenlage ziemlich genau der Sahara, und eine Wüste mit ihren Oasen als Ruhe- stätten und ihrem festen Untergrund ist doch noch etwas anderes als ein mit Inseln sehr unregelmäßsig gespickter Meeresteil, wie wir ihn zwischen dem Norden und Süden der Neuen Welt finden. Zwar erwähnt Nehrling ,dafs im Frühling 1889 etwa 300 Pärchen deutscher Singvögel importiert und in der Umge- bung Portlands freigelassen worden seien, und zwar Nachtigallen, Schwarzplättchen, Amseln, Singdrosseln, Dompfaffen, Buchfinken, Hänflinge, Stieglitze, Zeisige, Feld- und Heidelerchen, Stare, Rot- kehlchen, Wachteln, Kreuzschnäbel, Bergfinken, Goldammern, und verschiedene Grasmücken. Es wurde allgemein wahrge- 1) a. a. 0. 8. XX. Ergebnisse der Vogelzugforschung in Nordamerika. 508 nommen, dafs sie brüteten und später mit ihren Jungen umher- flogen. Viele der Vögel verbreiteten sich auch sofort'nach ihrer Freilassung über angrenzende Counties des Staates, wo ebenfalls beobachtet wurde, dafs sie sich gleich fortpflanzten. Unseres Wissens sind die Vögel bereits über den ganzen Staat Oregon verbreitet, und selbst im Staate Washington bemerkte man sie in verschiedenen Ortschaften. Namentlich im Laufe des letzten Jahres zeigte es sich, dafs das Unternehmen mit Erfolg gekrönt war. Die Sänger sind nicht nur von ihrer Wanderschait zurück- gekehrt, sondern sie haben sich schon so vermehrt, dafs man sie nicht nur bei Portland, sondern auch überall sehen kann“. Eine weitere Mitteilung Nehrlings besagt, dafs der gröfste Teil der in Oregon ausgesetzten Vögel im Winter über- haupt nicht fortgezogen sei. Darüber brauchen wir uns einer- seits angesichts des milden, dem südeuropäischen ähnlichen Klima des Landes nicht zu wundern, ändrerseits aber auch deswegen nicht, weil es, streng genommen, in der Hauptsache überhaupt keine eigentlichen Zugvögel sondern nur Strichvögel waren, die dort eingeführt wurden. Was allerdings in den letzten drei Jahr- zehnten aus den Importen geworden ist, ob sie sich weiter ver- mehrt haben, und vor allem, wie sie sich hinsichtlich ihrer Wanderungen verhalten, darüber habe ich in der Literatur nichts auffinden können. Weitere Untersuchungen mit dem Ring- experiment wären sehr wünschenswert, da sie über die ganze Art und Weise, vor allem Entstehung und Verlauf des Zuges Aufschlüsse zu geben in hervorragendem Malse geeignet wären. Ich will hier nur kurz an die in den achtziger Jahren zu Ko- burg mit dem Aussetzen von Nachtigallen erzielten Erfolge er- innern. Es hat sich da gezeigt, dafs grade aus fernen Gegenden (Ungarn) nach dem südlichsten Thüringen eingeführte junge Nachtigallen zu ihrer Rückkehr in die Umgebung von Koburg im folgenden Frühjahr der Führung alter Vögel nicht bedurften, sondern ihren Geburtsort, bezw. den Ort, an dem sie als ganz junge Vögel ausgesetzt worden waren, allein aufzufinden ver- mochten. Erwacht mit dem Frühjahr der Trieb zu ihrer Rück- kehr, so kann derselbe als Ziel instinktmäfsig nur ihre Geburts- bezw. Ausflugsstätte haben. — Ganz anders dagegen verhält es sich mit in Freiheit gesetzten alten Nachtigallenpaaren. „Diese wenn sie wie das häufig der Fall sein mochte, früher bereits an anderen Orten gebrütet haben, dürften im nächsten Jahre nur zu leicht der angegebenen Neigung folgend, in die- jenige Gegend zurückkehren, wo ihre Geburtsstätte war.“ Aehnliche Erfahrungen wie Th. Köppen!) in der an- gegebenen Weise mit der Nachtigall, habe ich Ende der neun- ziger Jahre zu Hildburghausen an dort ausgesetzten jungen 1) Anleitung zur Züchtung und Ansiedelung von Nachtigallen auf Grund eigener Erfahrungen, 2. Aufl. Berlin 1886. 33* 504 Dr. W. R. Eckarät: Vogelzugforschung in Nordamerika. Störchen gemacht, von denen einer als im dritten Jahre stehender Vogel wieder in die ihm als jungem Tiere angebotene Heimat zurückkehrte, diese aber bald wieder verliefs, wohl deshalb, weil er seinen Jugendgefährten nicht mehr vorfand. Die mit Hilfe eines dichten systematisch arbeitenden Beob- achtungsnetzes gewonnenen Ergebnisse der nordamerikanischen Vogelzugforschung haben jedenfalls in weit höherem Malse als das in der Alten Welt auf Grund der mehr gelegentlichen Be- obachtungen möglich war, den Beweis erbracht, dafs jede Zug- vogelart ganz bestimmte Zuggebiete hat und dafs es innerhalb dieser Zuggebiete wieder bestimmte Streifen gibt, die von den Vögeln besonders benutzt werden. Diese könnte man schlecht- bin als „Zugstraßsen“ bezeichnen. Es gibt also Vögel, die so- wohl in „breiter Front“ wie auch solche, die auf enger be- grenzten Zugwegen ziehen. Viele Arten drängen sich an Ort- lichkeiten zusammen (z. B. Rossitten, Bosporus, Landenge von Panama), auch wenn sie vorher in Rücksicht auf die Ausdehnung ihres Brutgebietes in mehr oder weniger breiter Front ziehen. Man kann wohl diese Ortlichkeiten gewissermafsen als Mar- kierungspunkte ihres Zugweges bezeichnen. Das Herausfinden dieser Örtlichkeiten selbst beruht wahrscheinlich auf intellek- tuellen Fähigkeiten der Vögel; mögen nun alte Individuen mancher Arten diese Punkte ihres Zugweges aus Erfahrung kennen oder mag die Wahl dieses bestimmten Zugverlaufes bei anderen Arten oder überhaupt allgemein auf einer Fähigkeit der Vögel beruhen, diese für ihren Zug und damit für die Erhaltung der Art ganz besonders geeigneten Punkte herauszufinden. Dafs die Auffindung solcher Punkte durch die Ausbildung des „Richtungssinnes“, dem in mehr oder weniger verschiedener Aus- prägung jede Art instinktmälsig folgt, sehr erleichtert wird, ist selbstverständlich. Ganz ohne jede intellektuelle Leistung des Vogels geht aber der Zug an solchen Punkten jedenfalls nicht vor Sich, so automatisch und maschinenmäfsig der Vogelzug sonst auch erscheinen mag. Wenn aber die Auffindung mar- kanter, in der allgemeinen Zugrichtung gelegener Punkte wirklich 2. T. eine intellektuelle Leistung des Vogels sein sollte, dann können für die Einbürgerung von europäischen Zugvögeln in Nordamerika wohl nur solche Arten in Betracht kommen, die lediglich in breiter Front zu wandern pflegen, ohne sich an be- sondere Markierungspunkte zu halten. Darum zum Schlufs noch- mals das Losungswort: „Mehr Experiment in der Vogelzug- forschung!“ Nur dadurch wird das interessante und verwickelte Problem seiner Lösung allmählich nähergeführt werden können. Es 505 Altes und Neues über den Farbensinn der Vögel. Von H. Krohn, Hamburg. Die beiden Naturkräfte Schall und Licht hat der Mensch nicht nur weit über das Mafs des für seine Existenz Nötigen, sondern auch weit hinaus über die Verwendung, die andere Mit- geschöpfe davon machen, in sein Geistesleben hineingezogen. Alle, auch die tiefststehenden, Völker haben den Schall durch Formung in Musik und Gesang zu einem psychischen Bedürfnis erhoben, vielleicht ursprünglich unter dem lehrmeisterlichen Ein- fluls der Vögel. Auch das Licht, das gebrochene, also farbige, hat dieselbe Bewertung erfahren. Der menschliche Körper ist ja nicht sonderlich mit Farbe bedacht worden; augenfällig tritt aber hervor, wie sehr der Mensch das als Nachteil empfirdet und wie wenig er des Schmuckes glaubt entbehren zu können. Daber stellt er, aufser in mancher Weise sein eigenes Aeufseres, seine Kleidung, seinen Hausrat, seine Wohnung und vielfach sogar seine Nahrung in das Zeichen der Farbe. Es ist nicht verwunderlich, dafs sich aus diesem leicht die Meinung bilden konnte, ihm in dieser Hinsicht an die Seite zu setzen seien von anderen Lebewesen wiederum ganz vorzugsweise die Vögel. Ist diesen doch die Farbe so reichhaltig und mannigfach an den Leib geheftet, dafs sie nicht blofs alle anderen Tiere darin über- treffen, sondern auch, wie es so scheinen will, mehr als die tierischen Lebewesen im Ganzen von diesem Schmuck abhängig sind und dafs sie ihn so zu schätzen wissen, wie das nur bei einer sehr ausgebildeten Farbenfreude möglich ist. Die Voraussetzungen für Farbenfreude sind Lichtsinn und Farbensinn, und so sehr wir darin hinsichtlich des Menschen informiert sein mögen, so schwer ist es, am Tier das Nötige zu durchschauen. Eine, ohnehin in Bezug auf Farbe leicht ver- sagende, sprachliche Verständigung ist dem Tier gegenüber natürlich ausgeschlossen. Was wir ermitteln möchten, kann auch kaum durch kluges Belauschen erwirkt werden, sondern nur durch umständliche wissenschaftliche Forschung, und es darf nicht befremden, wenn dabei erkannt werden sollte, dafs wenn zwei dasselbe sehen, nämlich das tierische und das menschliche Auge, es doch nicht immer dasselbe sein wird. Mehr oder weniger bekannt ist eine Reihe von Erscheinungen, die viel weniger auf Farbensehen als einfach auf Lichtsinn schliefsen Jäfst, also auf das Vermögen, nur zwischen Hell und Dunkel unterscheiden zu können, woraus sich Zustände ergeben, wie sie vorübergehend bei noch ungenügend entwickelten Neu«- gebornen oder dauernd an mit Hemmungsfehlern belasteten Total-Farbenblinden wahrgenommen werden können. In Folgendem mögen Beispiele darüber Näheres dartun. 506 H. Krohn: Albinos werden von ihren Artgenossen oft schlecht be- handelt. Das helle Kleid der sich ihres Makels nicht bewulsten Eindringlinge wirkt auf die anderen befremdend und unangenehm. Auch hochgradige Fleckigkeit oder Scheckigkeit ist davon nicht ausgeschlossen, wenigstens berichtet Graba schon 1830 so in Be- treff soleher Raben auf den Färöern, die von anderen schwarzen gehafst und verfolgt würden. Lenz sagt von einem gefangen- gehaltenen Kranich, dafs er sich vor schwarzer Farbe fürchtete und ihn deswegen nur das blofse Erscheinen eines Schornstein- fegers in die Flucht jagte. Es mag zugegeben werden, dafs der Vogel zwischen dunklen und hellen Menschen zu unterscheiden vermochte, ohne dafs damit der Beweis für seinen Farbensinn erbracht werden kann. Aehnlich mag es sich verhalten bei den Krähenvögeln, die als Liebhaber von glänzenden Gegenständen bekannt sind, beim Buchfinken, der seine Nestwandungen aufsen mit hellen Flechtenstücken beklebt, und bei verschiedenen Ptilo- norhyuchiden, die ihre Spielplätze mit hellen Knöchelchen, Steinchen, Schneckenhäusern etc. zu verzieren pflegen. Eine ganze Anzahl von etwa hundert Arten exotischer sogenannter Prachtfinken baut mehr oder weniger festüberwölbte Nester und legt weilse Eier; einige Arten sind wiederum vollkommene Hohl- brüter, und wohl dementsprechend kommen vereinzelt auch glänzende Eier vor. Es mag dahingestellt bleiben, ob sie in ihren Fortpflanzungseinzelheiten unsere einheimischen Nestwölber (u. A. Zaunkönig, Wald-, Weiden- und Fitislaubsänger), die bei sicher ebenso finsteren Nisträumen dennoch gefleckte Eier haben, entwicklungsgeschichtlich übertreffen oder ihnen unterlegen sind; jedenfalls hat es den Anschein, als ob ihr erstes Jugendstadium ausnehmend fürsorglich bedacht sei. Ihre Nestlinge haben näm- lich aulsen am Schnabelwinkel zwei bis drei warzenartige Er- habenheiten von der Gröfse eines Mohn- oder kleinen Hirsekorns. Diese sind nach Rey manchmal alle rein weils, in anderen Fällen zu einer oder zweien blau und immer porzellanglänzend. Braune, der von der Gouldamadine spricht, fand, dafs diese Körper zur Zeit, wo der junge Vogel das Nest verläfst in ihrer höchsten Entwicklung sind und eine deutlich dunkelblaue Basis haben, welche nach oben in Türkisblau übergeht; auf der Höhe ist das Blau so glänzend, dafs es richtig silbern erscheint. Dr. Leweck in Hamburg hat sie zuerst als Leuchtorgane angesprochen, doch scheint es unentschieden geblieben zu sein, ob sie das wirklich sind oder blofs Reflektoren. Immerhin nimmt man an, dals sie als scheinende Punkte den Alten das Füttern der im Dunkeln sitzenden Jungen erleichtern. Gegebenenfalls hätte man es hier- bei mit einer komplizierteren Einrichtung zu tun, als es die gelben oder weifslichen, wulstigaufgetriebenen Mundwinkel sind, die an so zahlreichen Nestlingen — und nicht, wie Rey meint, nur als Haupteigenheit bei Hohlbrütern — auffallen, auch obigem Zwecke dienen sollen und, worauf es ankommt, mithin von dem alten Altes und Neues über den Farbensinn der Vögel. 507 Vogel beobachtet werden müssen. Bei Allem was für diese An- sicht spricht, bedarf sie wohl noch weiterer Erklärung nament- lich binsichtlich der blauen Punkte, wie sich später noch zeigen wird. Es ist ferner darauf hingewiesen worden, dafs bei einer weilsen, antarktischen Vogelart die Nestjungen seltsamer- weise schwarz gefärbt sind und zwar mit der Begründung, sie würden sonst von den Alten nicht wieder aufgefunden werden können, zu Zeiten, wenn noch heftige Schneegestöber die Brutstätten befallen. Alle selbstuntersuchten Nester von Uferschwalben waren reichlich mit weilsen Federn belegt, und es ist an vielen Stellen leicht nachweisbar, dafs auch andere Beobachter dieselbe Farbe gerade für Nestauspolsterungen dieser Hohlbrüterart her- vorheben. Es dürfte jedoch wohl nicht richtig sein, zu meinen, sie sei zur Aufhellung des Nistraumes da, denn es könnte nicht be- sonders nützlich sein, weilse Eier auf eine weilse Unterlage zu bringen. Es will mir erklärlicher sein, dafs der Vogel weilse Federn eher auffindet als dunkle oder bunte. Aus blofsem Augenschein über das Reagieren auf Farbe an höheren Tieren im Allgemeinen und Vögeln im Besonderen ge- wonnene Resultate sind nicht nur selten, sondern vielfach auch unzuverlässig. Das rote Tuch soll den Stier zu hoher Wut reizen, doch ist auch behauptet worden, dafs es weniger seinet- als der Zu- schauer wegen bei den Stiergefechten gebraucht werde. Auch den Truthahn soll Rotes wütend machen. Sollten sich diese Be- hauptungen wirklich auf Tatsachen stützen, so wäre schon allein hieraus bei beiden Tieren das Vorhandensein von Farbensinn er- wiesen und gleichzeitig als psychisches Reagens Abneigung gegen Rot überhaupt festzustellen. Das wäre also schon eine Grund- verschiedenheit der Aufnahme, die diese Farbe beim Menschen zu finden pflegt, von dem man sich vorstellen kann, dafs ihm Rot stets irgendwie lieb oder erträglich ist, z. B. im Kleide oder in einem Schmuck an einer anderen Person, und vielleicht nur am ungewöhnlichen Ort, etwa in der Rothäuptigkeit, seine Ab- lehnung erfährt. Zwecks Prüfung des Farbensinnes hat man Versuche mit untergeschobenen fremden Eiern angestellt. Man darf sich aber nicht durch die Erfahrungen beirren lassen, die am Verhalten des Vogels hierbei gemacht sind, also nicht von ihrer Annahme oder von dem Verlassen des Nestes auf Farbensinn schliefsen. Denn einerseits treten beim brutbeflissenen Vogel nicht selten physiologisch so abnorme Zustände ein, dafs er in blindem Eifer zum Unglaublichsten bereit ist, indem er z. B. ebenso {roh auf Steinen und Kartoffeln sitzt oder auf fremden bunten, wie auf den eigenen weilsen Eiern, und andererseits, krankhaft empfind- lich, bei nur geringsten Veränderungen am Nest sowie an der Menge, Gröfse, Form oder Struktur des Inhalts Verzicht leistet. 508 H. Krohn: Die Frage, wie weit die Fruchtfarbe den Farbensinn des Vogels reizt und jener letzterem namentlich beim Nachstellen von Beeren nützlich ist, läfst sich nicht als gelöst ansehen. Die Früchte beerentragender Gewächse sind in ihrem ersten Entwicklungsstadium im allgemeinen grün und werden dann nicht gefressen. Sehr viele zeigen zwischen dem Wachsen und der Reife verhältnismälsig satte Uebergangsfarben Rot oder Braun, bleiben aber unterdessen trotzdem ebenfalls unbeachtet. Eine ganze Anzahl endlich zeigt in der Reife das bekannte Farbenprangende und Glanzvolle, das sie gar nicht übersehbar macht und beim Laubfall vielfach geradezu herausfordernd wirkt. Man hat diese Färbung, wobl etwas leichthin, als eine Lock- farbe bezeichnet, deren die Pflanze sich bedient, Vögel zur Samenverbreitung zu bewegen. Hierfür die Notwendigkeit ein- sehen zu sollen, liegt aber wenig Grund vor, schon allein um deswillen, weil sich ergibt, dafs eine Menge prangender Beeren von den Vögeln überhaupt nicht gefressen wird, namentlich solche mit giftigen Eigenschaften, deren Verschmähung unmöglich auf Farbenunterscheidung zurückgeführt werden kann. Der Vogel frifst die ihm dienliche Kirsche, meidet aber die ihm schädliche Belladonnabeere. Beide haben dieselbe schwarze „Luck“-Farbe. Einheitliche Merkmale fast aller in Wachsen stehenden Früchte sind: 1. Unabänderlichkeit der Gestalt, 2. lange Dauer des Grünseins und 3. grofse Abweichungen von der reifen Frucht hinsichtlich der Festigkeit, des Geschmacks und des Nähr- gehalts. Will man annehmen, dafs erstmalige Prüfungen durch den Befund und nachfolgende durch die Bestätigung der Unge- niefsbarkeit beim Vogel Gedächtnisauslösungen bewirken, so liefse sich sagen, er sieht und kennt die unreife Frucht und er- innert, dafs er ihrer nicht zu achten hat. Es liefse sich dann weiter folgern : die verhältnismälsig kurzfristig eintretende Reife- färbung zaubert fast plötzlich inwendig und äußerlich ganz neu- artige Gebilde hervor, die um ihrer Unbekanntheit willen vom jungen Tiere beim Probieren und von alten schon durch das Gedächtnis als brauchbar angenommen werden. Da aber das erfolgte Probieren unreifer Beeren keine gewöhnliche Beobachtung ist und das Meiden giftiger nicht auf Gedächtnis beruhend sein kann, so ist nicht ersichtlich, dafs den Vogel in dieser Hinsicht Farbensinn leitet. Dafs Vögel nicht ohne Sinn für Farbe sein müssen, will man auch daraus schliefsen, dafs eine jede Art, oft sogar schon jedes Geschlecht, eine eigene Färbung hat. Nach der Darwin’- schen Auslegung wissen sie sogar zwischen einem hüscheren und einem häfslichen Kolorit zu unterscheiden. Immerhin äufßsert sich ihr Gefallen an Farbe denn doch nur innerhalb der Grenzen der eigenen Art; ein anderes schönes Tier, eine schöne Blume, Bacesh sie nicht, wenigstens nicht in einer uns erkennbaren eise. Altes und Neues tiber den Farbensinn der Vögel. 509 Denn so scheint mir auch Weir’s, Darwin’s Gewährsmannes, Ansicht aufzufassen zu sein. Dieser nennt einige Fälle von Eifersuchtsregungen bei Volierenvögeln, hervorgerufen durch Farbenerkennen. Ein schwarzscheitliger Dompfaff fiel über einen schwarzköpfigen Rohrammer her, eine blaue Spiza cyanea über eine blauköpfige $. eiris und ein Rotkehlchen griff alle Vögel mit Rot an. Es hat aber wohl nur wenig zu sagen, wenn er andererseits beobachtet haben will, dafs von Neueingebrachten einige Vögel sich zu denen setzten, welche ihnen am meisten in der Farbe glichen, da das ebensowohl dem Zufall zugeschrieben werden kann. dGewisse Insekten sollen von manchen Vögeln nicht angerührt werden, weil sie ein abschreckendes, z. B. wespen- ähnliches, Aussehen sich angeeignet haben. Ein für den Farben- sinn der Vögel sicher sprechender Schlufs ergibt sich aber auch daraus nicht, denn das Aussehen umfafst bei den gemiedenen Arten nicht blofs die Farbe, sondern auch die Gestalt. Darwin und mit ihm Wallace wollen bemerkt haben, dafs Vögel aus „Geschmacksgründen“ grünen Raupen vor burtgefärbten den Vorzug geben; ferner sagt auch noch der Erstere, dafs auffallende Farben (es handelt sich im Besonderen um eine hellgefärbte Heuschrecke, die von Vögeln und Eidechsen verschmäht wurde) gewissen Insekten dadurch von Nutzen sein mögen, dafs sie auf ihre Ungeniefsbarkeit aufmerksam machen. Zu seiner Zeit wulste man aber, wie auch heute noch, kaum etwas Fafsbares über ihr Geschmacksvermögen, so dafs es nicht angebracht scheineu will, letzteres mit Farbenreizungen in Verbindung zu bringen, wie das ähnlich denn auch schon bei der Beerenfärbung bewiesen wurde. Die frühere Anschauung, dafs Kolibris, Zuckervögel, Honigsauger etc. wirklich Nektar schlürften und sich zu seiner Erlangung buntfarbiger Blüten als Wegweiser bedienten, hat man ändern müssen, nachdem erkannt war, dafs sie Insekten nach- stellen. Insekten kommen aber außer in Blüten überall vor und müssen auch gefunden werden können, wenn die Gewächse nicht blühen, etwa auf einfach grünem Grunde, wie dafs ja auch hin- sichtlich der Blattläuse auf den mit diesen reichlich gesegneten Schilfblättern durch viele Vögel oft genug geschieht. Wohl kaum jemals sind Widersprüche schärfer zutage ge- treten als in Betreff der Ansichten über das Blau im Vogel- gefieder. Es ist in der Häufigkeit des Auftretens anderen Farben gegenüber keineswegs dominierend. Keeler’s Unter- suchungen an nordamerikanischen Landvögeln ergaben Orange bei 10, Grau bei 151, Braun bei 172 und Blau bei 51 Gattungen. Seine Hauptverbreitung findet es, wie die bunten Farben über- haupt in einer Reihe von tropischen und subtropischen Formen und zwar, nach Häcker und Meyer, als typisches Himmelblau vorwiegend in neotropischen und australischen und als weniger leuchtendes Blaugrau, Dunkelblau und Lila im äthiopischen Ge- biet. Nach den paläarktischen und nearktischen Gebieten hin 510 H. Krohn: nimmt es bedeutend ab, so dafs sich als ausgesprochene Blau- träger nur wenig Formen und Arten (Alcedo, Coracias, Gar- ralus mit dem Blaukehlchen und der Lasurmeise als letzte nor- dische Ausläufer) vorpostenartig dort hineinschieben, Es ist, wie verschiedene Forscher (Bogdanow, Gadow, Fatio) feststellen oder bestätigen konnten, im Gegensatz zu Braun, Gelb, Rot in Bezug auf Federn keine chemische, sondern stets nur eine Struktur- oder optische Färbung, zufolge Häcker und Meyer hauptsächlich im Flugapparat (Schwingen und Schwanz), dem- nächst als Sonderfärbung von Unterrücken und Bürzel, die sich bei den Balzbewegungen mancher Männchen grofse Sichtbarkeit verschaffen, endlich auch, in dritter Prädilektionsstelle, auf dem Kopfe der Vögel zu finden. Die Ebengenannten wollen die Frage, ob die Hauptlokalisierung auf Schwingen und Schwanz, d. i. also die bekannte, normal, wie auch im Albinismus oft auf- tretende Korrelationserscheinung, etwa mit dem Bestreben zu- sammenhängt, den Federästen und damit der Feder selbst ein höheres Mafs von Biegungsfestigkeit zu geben, noch nicht beantworten; sie sprechen aber auch die bisher allgemein an- genommene und erkannte Ansicht offen aus, dafs Blau morpho- logisch und entwicklungsgeschichtlich betrachtet ein Fortschritt gegenüber Grün und Gelb und daher auch augenscheinlich. die „wirksamere, das Auge vieler Vögel im hohen Mafse reizende Schmuck- (bezw. Erkennungs-) Farbe ist“. Das bisher so gefestigt scheinende Wissen soll nun aber neuerdings von einem stark erschütternden Stofßse getroffen worden sein, denn es wollen Untersuchungen von Hess’ beweisen können, dafs Hühner und andere Tagvögel ‚„blaublind“ sind. Ihnen erscheint farblos grau, was Menschen leuchtend blau sehen würden. Es wird auch widerlegt, dafs Nachtvögel total farben- blind seien, indes erscheinen ihnen farbige Lichter viel mehr mit Grau verhüllt als uns. Die Abweichung von unserer Farbenauffassung beschränkt sich bei Vögeln aber nicht auf Blau allein; es erscheinen ihnen sogar alle Farben in anderem Lichte als uns, denn sie sehen die Welt der Farben etwa so, wie sie sich uns, durch ein rötlich- gelbes Glas betrachtet, darstellt. Das prangende Blau des Eisvogels oder der Blaumeise würde diesen Arten demnach ihren Feinden, den Raubvögeln, gegenüber förmlich als Schutzfärbung dienen und die seither vielfach angenommene gefährdende Wirkung gar nicht besitzen können. Aber auch als Schmuck bezw. als Förderungsmittel in der geschlechtlichen Zuchtwahl dürfte man ihm jetzt keinen Wert mehr beimessen, da es auf die eigenen Artgenossen ja nur indifferent wirkt. Uttendörfer in Niesky hat die verdienstvolle Arbeit unter- nommen, die Gefiederreste von 2089 von Raubvögeln erbeuteten Vögeln (101 Art) zu untersuchen. Nach augenscheinlich häufigen Altes und Neues über den Farbensinn der Vögel. 511 Arten (Rephuhn, Buchfink, Haussperling, Star und Goldammer) erscheint als Blauvogel der Eichelhäher mit 100 Opfern gleich an sechster Stelle, die Blaumeise mit 27 an siebzehnter und die Bachstelze mit 17 an siebenundzwanzigster. Unter den weniger gefundenen Arten sind noch 3 Spechtmeisen und 2 Mandelkrähen. Es ist leider nicht möglich, die einzelnen Hauptfarben der xe- töteten Tiere rechnerisch zu behandeln, denn es wäre dazu die Berücksichtigung einer Menge von Umständen erforderlich (relative Häufigkeit einer Art, Vorliebe des Räubers für eine besondere Art u. s. w.), wofür die Unterlagen fehlen. Aber nur rein ober- flächlich genommen ergibt sich schon, dafs das Blau von 100 Eichelhehern und 27 Blaumeisen nicht viel unauffälliger gewirkt haben kann als das Gelb von 103 Goldammern und 58 Kohl- meisen, die in der Gesamtbeute eingeschlossen waren. Da wir nun gehört haben, dafs die Tagvögel Blau nicht, andere Farben aber, wenn auch anders als wir, doch wirklich sehen, so müssen wir erkennnen, dafs ihre Augen Farbenblindheit und Farbentüchtigkeit für die Gesamtheit mit einander verbinden. Unter Farbenblindheit (Daltonismus) versteht man bekannt- lich den Mangel an Empfindlichkeit des menschlichen Auges für gewisse Farben des Spektrums (Rot, Grün, Violett). Diejenigen Menschenaugen, welche diese von der allergröfsten Menge er- kannten Farben nicht sehen oder verwechseln, sind farbenblind, mitbin anormal; das sind aber z. B. vom männlichen Geschlecht nur 3 Prozent. Umgekehrt wären also diejenigen Vogelaugen, die Blau sehen könnten, anormal, da sie etwas vermöchten, was der Natur der Uebrigen fremd ist. Weil nun aber unmöglich behauptet werden kann, aller Vögel Augen seien anormal, blofs weil sie nicht so sehen wie unsere, verbleibt nur die Annahme, dafs ihr Farbenempfinden überhaupt ein anderes ist als das bis- her Angenommene. Wenn das denn auch nicht ausschliefst, dafs die 51 durch Blau „benachteiligten“ nordamerikanischen Gattungen, von denen vorhin die Rede war, wie natürlich eben- falls die Blaufarbigen anderer Gebiete, in ihren Erkennungsver- mögen wohl irgendwie ausreichend geschärft sein können, so mufs doch zunächst unsere Lehre von den Schmuckfarben hin- fällig werden. Also selbst dann, wenn sich nur ergeben sollte, dafs die Blaublindheit der Vögel zwar im menschlichen Sinne unumstöfs- lich als Farbenblindheit gedeutet werden muls, und andererseits wenn das Blaulichtprodukt, wie es dem Vogelauge erscheint, von diesem in gewissem Umfange doch noch als „Farbe“ gewertet würde, etwa wie man den Verstand des Hundes zugeben kann, ohne ihn deshalb mit dem menschlichen sich deckend wissen zu wollen, so mülsten sich in vieler Hinsicht zwingend ganz andere als die bisherigen biologischen Richtlinien aufwerfen. Es gehört viel dazu, an dieses neue, die bisherige Anschauung ganz auf den Kopf stellende, Forschungsergebnis sich gewöhnen 512 H.Krohn: Altes und Neues über den Farbensinn der Vögel. zu sollen; vielleicht gelingt es aber schon leichter, wenn man sich vergegenwärtigt, dafs v. Hess den Vögeln nur partielle Farbenblindheit nachsagt, während er Insekten, Kopffüfslern und Fischen sogar die totale zuschreibt. Vögel sind demnach ent- sprechend ihrer sonstigen Entwicklung auch hinsiehtlich des Farbensinnes vorgeschrittene Wesen. Ganz sonderbarer- und bedauerlicherweise haben aber v. Hess’ Ermittelungen bisher gar keinen Eingang in die ornitholo- gische Literatur gefunden. Zoologie und Botanik haben bisher mit einigen Abweichungen hauptsächlich die Anschauung ver- treten, dafs Farbe dazu da sei, gesehen zu werden, und dafs Alles was Augen hat, sie auch so sieht, wie wir sie sehen. Da aber, wie aus Obigem ersichtlich, die blofse menschliche An- schauung dieses nur kläglich zu erhärten vermag, so sind die genannten exakten und nicht widerlegbaren Forschungsresultate freudig zu begrüßen als Wendepunkt zwischen veralteter und ganz neuentstehender Auffalsung des Farbenwunders. Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. Von Heinrich Poll. (Mit Unterstützung der Jagor-Stiftung, Berlin.) (Hierzu Tafel.) Die allgemeine Biologie hätte kaum Anlafs, ihr besonderes Interesse dem Zahlenverhältnisse der Geschlechter zuzuwenden, wenn nicht wichtige Fragen der Abstammungslehre und der Erbkunde innige Beziehungen zu diesen Zahlwerten aufwiesen. Das Walten der „geschlechtlichen Zuchtwahl“ knüpft bis zu einem gewissen Grade, wenigstens bei den monogamen Formen, stillschweigend an eine Auswahlmöglichkeit auf Seiten des wählenden Geschlechtes an: setzt also eine verhältnismälsige Ueberzahl des singenden, kämpfenden, prachtgekleideten Ge- schlechtes voraus. Darwin hat bekanntlich mit besonderer Gründlichkeit in vier umfangreichen Abschnitten seines Buches über die „Abstammung des Menschen und die Zuchtwahl in ge- schlechtlicher Beziehung“ die sekundären, besser die äufseren und inneren accidentalen (1909), Geschlechtszeichen gerade der Vögel untersucht und erörtert. Die Tatsache des hier so häufig und so aufserordentlich auffälligen Unterschiedes der Geschlechter in Gestalt und Lebensart verwertete er mit als Grundstein für seine Hypothese über die Rolle der Geschlechtlichen Auslese beim Abändern der Lebewesen. „,.. 50 kann es nicht Wunder nehmen, wenn bis in die neueste Zeit hinein die Ueberzahl der Vogelmännchen gerade zu als ein Das Zahlenverbältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. 518 Lehrsatz verfochten wird. In seinem sehr ausgezeichneten Buche La genese des esp6ces animales führt z B. Cu@not (1911) unter den Tieren mit Männchen-Ueberschufs „beaucoup d’oiseaux sauvages et domestiques“ (Perdrix, Diudon, Canard, Passereaux) an und unter denen mit Gleichzahl der Geschlechter lediglich Huhn und Perlhuhn. Gewissermafsen als eine Reaktion gegen dieses Dogma finden neuerdings Tatsachen mehr Beachtung, die für eine Ueber- zahl der Vogelweibchen zu sprechen scheinen. So hat von Lucanus (1917) in seiner schönen Arbeit über das numerische Verhältnis der Geschlechter eine Anzahl derartiger Beobachtungen zusammengestellt. Auf Grund seiner eigenen Untersuchungen gelangt er zu dem Schlusse, dafs gewissermalsen beide Beob- achtungsreihen zu Rechte bestehen könnten. In den ersten Bruten, so vermutet von Lucanus, entstehen im all- gemeinen vorwiegend Weibchen, in den späteren vorherrschend Männchen. — Die neuzeitliche Erbkunde hat auf Grund umfangreicher morphologischer und physiologischer Tatsachenreihen eine G e- schlechtsbestimmungshypotbjiese entwickelt, die, so weit man ‘im Augenblicke übersehen karn, mit wesentlichen Tatsachen nicht in Widerspruch steht. Sie geht geradezu aus von der Annahme konstanter Zahlengleichbeit der Geschlechter. Im Erbversuche stellt sich dieses Zahlenverhältnis unter den Nachkommen immer dann ein, wenn sich zwei Sippen mit ganz bestimmter Erbverfassung paaren: wenn nämlich die eine Sippe eine Reinzucht oder reinerbig (homozygotisch) hinsichtlich einer bestimmten Erbeinheit, die andere aber in eben dieser Einheit Mischzucht oder mischerbig (heterozygotisch) ist. Die Reinerbigen haben diese fragliche Erbeinheit sowohl von Mutter wie Vater ererbt, sie bilden ihrerseits Keimzellen, die ebenfalls diese Krbeinheit allesamt führen und sie allen ihren Abkömmlingen weitergeben. Die Mischerbigen dagegen empfingen diese Erbeinheit nur von einem ihrer beiden Eltern, sonst wären sie eben nicht mischerbig, denn von anderen Eltern überkommen sie sie nicht. Sie enthalten gewissermalsen nur eine einfache, nicht eine doppelte Portion dieses Erbmassenteiles, sie sind daher auch nur im Stande, die Hälfte ihrer Keimzellen mit dieser Erb- einheit auszustatten. Bei ibnen sind mithin zweierlei Sorten von Samenfäden oder von Eiern vorhanden und diese beiden verschiedenen Keimzellensorten liefern naturgemäls bei der Befruchtung mit der einerlei Art von Geschlechtszellen mit der reinerbigen Sippe wiederum zweierlei verschiedene Nachkommensorten und zwar notwendiger Weise in gleicher An- zahl, da ja die Hälfte der zweierlei Keimelemente der Misch- erbigen ja zur einen und zur anderen Sorte gehörte. Je zur Hälfte entstehen an der Kreuzung wieder Reinarten und Misch- arten: das Zahlenverhältnis 1:1 bleibt also beständig erhalten. 514 Heinrich Poll: Die Erbkunde fafst nun die Verschiedenheit der beiden Ge- schlechter als eine Art von Sippenunterschied auf. Ein Geschlecht, bei den meisten Tieren das männliche, bei den Schmetterlingen und Vögeln das weibliche, ist das mischerbige; es entsteht aus zwei hinsichlich der Geschlechts-Erbeinbeit verschiedenen Keim- zellen und bildet seinerseits zweierlei Sorten, z. B. bei den Vögeln, zweierlei Sorten von Eiera, solche mit und solche ohne Geschlechtsbestimmer. Das andere, entgegengesetzte Geschlecht, in unserem Falle das Vogelmännchen, ist reinerbig hinsichtlich der Geschlechtsbestimmung, es entsteht aus einer Befruchtung von zwei gleichartigen Erbzellen, die beide den Geschlechts- bestimmer führen, und bildet ‚seinerseits auch nur eine Art von Samenfäden, alle mit dieser Einheit, aus. Man hat besonders beim Studium dieser Vorgänge bei In- sekten gute Anhaltspunkte dafür zu gewinnen gemeint, dafs man sich diese Geschlechtserbstücke in besonderen Körperchen, den Geschlechtschromosomen, im Kern der Zellen, zumal der Keimzellen angeordnet denken kann (Gutherz 1912). Nur gelegentlich, aber nicht eigentlich mit nachdrücklicher Schärfe hat man darauf hingewiesen, dafs diese Geschlechts- hypothese mithin in ihrer mustergültigen Reinheit und Eleganz mit der Zahlengleichheit der Geschlechter als eine ihrer festesten Grundlagen und Vorbedingungen steht und fällt. Allerdings nicht mit der Gleichzahl der lebenden, ausschlüpfenden, ge- boren werdenden — oder wie beim Menschen beim Standesamt angemeldeten — Nachkommen: sondern mit der Gleichzahl bei der Befruchtung. Und diese kann dann durch nachträgliche Einwirkungen, durch allerlei sekundäre Einflüsse abgeändert werden. Naturwissenschaftlich bedürfen dann also diese Einflüsse eines genauen Nachweises — und jeder Fall, in dem diese Zahlen- werte gut stimmen, ohne dafs man an verwickelte, einander entgegen- gesetzt wirkende Momente zu denken glaubt, entbindet die Bio- logie von der oft schwierigen und undankbaren Aufgabe, diesen Nachweis erst zu führen. Allerdings ist auch die Aufgabe, den exakten Nachweis für die Gleichzahl der Vogelgeschlechter zu liefern, nicht gelöst. Und die Methodik dieser Art von Beweisen stellt — das muls ein- mal allgemein ausgesprochen werden — sehr hohe Anforderungen an den Umfang der Untersuchnngen, der nur durch systematische, nicht durch gelegentliche Beobachtungen zu erreichen ist. Die wissenschaftliche Statistik lehrt nach der Methode der Fehler- rechnung bestimmen, wie grols ein uutersuchter Bestand sein muls, um die Genauigkeit eines Prozentergebnisses auch nur einigermalsen zu sichern. Die Zahlen müssen um so grölsere Reihen umfassen, je geringer der Fehler sein soll, mit dem man noch rechnen muls; und gerade je mehr sich ein Prozentver- hältnis der Gleichzahl, d. h. dem Werte 50°/,, annähert, desto um- fangreichere Beobachtungsziffern müssen notwendigerweise durch- Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. 515 gezählt werden, um den Fehler auf einigermalsen erträgliche Grenzen herabzudrücken. Nach einer Formel und auf eine Weise, die näher zu erörtern hier zu weit führen würde?), läfst sich folgende, recht eindrucksvolle Uebersicht berechnen, die das An- steigen der notwendig zu beobachtenden Mengen einmal mit dem Betrage des noch zuzulassenden Fehlers, zweitens mit dem An- nähern an die Gleichzahl deutlich erkennen läfst: Es müssen bei und statthafter Ungenauigkeit im Betrage einem Ergebnis von-[d. mie] von 1% 2% 5% 10% 99 % 2475 818,25 99 24,75 90% 22500 5225 900 225 80%, 40000 10000 1600 400 70% 52500 13125 2100 525 60%, 60000 15000 2400 600 50%, 62500 15625 2500 625 Fälle untersucht werden. Das bedeutet z. B.: um mit Sicherheit aussagen zu können, dafs bei einer bestimmten Vogelart ein beobachtetes Zahlenver- hältnis von 50%, Männchen und 50°, Weibchen von der Wirk- lichkeit, d.h. wenn man alle vorhandenen Vögel der Art unter- sucht hätte, nicht mehr abweicht: als dafs im schlimmsten Falle 49,5°/, vom einen, 50,5°%, vom anderen Geschlechte auf der Welt vorkämen, müfste man 62500 Tiere beobachtet haben. Solch ein Spielraum von 1°/, Ungenauigkeit, der mithin biologisch nur mit einem gewaltigen Kraftaufwand erreichbar ist, stellt sich in seiner ganzen Unzulänglickkeit erst ins rechte Licht, wenn man ihn auch nur mit der Genauigkeit besserer Maschinen- schlosserarbeit mit Fehlern von etwa 0,001, oder gar mit präzisionsmechanischen Exaktheitsgraden vergleicht, oder endlich gar mit den verschwindend geringen Fehlern wissenschaftlich physi- kalischer Messungen. Um die Fehlerbreite auch nur auf an- nähernd gleiche Gröfsenordnung hinabzudrücken, wären Be- obachtungen an Milliarden von Einzelfällen nötig! — Um diese naturgegebene Unzulänglichkeit einigermalsen wett- zumachen, bleibt uns der Weg offen, alle Möglichkeiten be- sonderer Art auszunutzen, die Beobachtung und Versuch dar- bieten. Der amerikanische Zoologe Guyer hat nun in einer Arbeit „On the sex of hybrid birds“ im Jahre 1919 (b) auf die Be- deutung hingewiesen, die gerade die Vogelmischlinge — 1) Diese Uebersicht ist berechnet nach der Formel für den 2,5 fachen mittleren Fehler m des Mittelwertes in Prozenten: n=+ Po %o' Ps %, wo p, zu p, die Prozentzahlen der Geschlechter, en n die Gesamtzahl der beobachteten Fälle bedeutet. (vgl. Lang, S. 352 ff.) 516 Heinrich Poll: die disharmonischen Verbindungen sehr verschiedener Erbmassen — für die Frage der Geschlechtsbestimmung besitzen. Er weist darauf hin, dafs z. B. nach den Erfahrungen an Zwitter- pflanzen, an Tieren mit zweierlei, mit gröfseren und kleineren Eiern, ein geschädigter Stoffwechsel das Entstehen vom Männchen, ein geförderter die Erzeugung vom Weibchen begünstige. Seiner Beobachtung nach besteht bei Vogelmischlingen ein ganz be- deutendes Ueberwiegen der Männchen, besonders beim Kreuzen sehr fer«stehender Arten. Er deutet diesen Ueberschufs als Wirkung des durch die Bastardierung geschädigten Stoffwechsels. | In einer zweiten Arbeit (1912) über die Hoden von Misch- lingen des Haushahns und der Perihenne kommt Guyer erneut auf die Frage der Männchenüberzahl zurück. Er führt nunmehr das Entstehen der Männchen in der Ueberzahl auf das leichtere Eindringen des kleineren Samenfadens zurück; in der Annahme: bei den Vögeln besitze das Männchen zweierlei Spermatozoen und die eine Sorte sei kleiner, wegen des fehlenden Erbmerk- mals, des mangelnden Geschlechtschromosoms in seinem Kerne. Abgesehen von der Grobheit dieser mechanischen Vor- stellung, ist, wie erwähnt, inzwischen von Guyer selbst die Theorie der Reinerbigkeit des Männchens beim Vogel anerkannt worden. Immerhin: die Hinfälligkeit dieses Deutungsversuches ändert ja nichts an der Tatsache, der von Guyer beobachtete Mänpchenüberschufs von mindestens 3:2 bleibt bestehen und heischt nach Aufklärung. Die oben erläuterte Wichtigkeit dieses Zahlenverhältnisses verpflichtet dazu, seinen wirklichen Betrag in den möglichen Grenzen, so genau als angängig festzustellen. — Seit dem Jahre 1903 wurden im Berliner Zoologischen Garten von Dr. O. Heinroth Vogelmischlinge gezogen und von mir in dauernder Zusammenarbeit hesonders auf die Struktur ihrer Keimorgane untersucht. Die Ergebnisse ermutigten dazu, Vogelmischlinge auch aus anderen Zuchten in grofser Zahl zu sammeln, im Leben zu beobachten und einwandsfrei mikroskopisch- zu untersuchen. Ueber die gewonnenen Anschauungen habe ich mehrfach berichtet: im folgenden gebe ich eine Zusammen- stellung sämtlicher 256 Vogelmischlinge wieder. Die römischen Ziffern der vorletzten Spalte geben die Grade der Stammesver- wandtschaft der Eltern des Mischlings an, die Nachweise der letzten Spalte die Arbeit, in der die Mischlinge bereits verwertet wurden. Die Zahlen von Guyer und anderer Vorbeobachter finden bei der Eröterung der gefundenen Werte Berücksichtigung. Das Zahlenverbältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. 517 A. Hühner-Mischlinge. 1. Gallus sonnerati Temm. 9 X Gallus gallus (L.) 2 0,1 1 20%, S. 84. 2. Gallus varius X Gallus gallus var. dom. (L.) 2,0 I. 3. au muticus L. © X Pavo nigripennis Sch. @ 1,1 I ’23, . 368. 4. zu eristatus L.L 9 X Pavo muticus L. © 1,0 I ’23, 968. 5. Eeinaeue swinhoei Gould X Gennaeus nyelhemerus (L.) EOLL 6. Calophasis mikado X Calophasis ellioti (Swinh.) 1,0 I. 7. Phasianus colchieus L. X .Syrmaticus reevesi J. E. Gray. 1.0.1 8. Syrmaticus reevesi J. E. Gray 9 X Phasianus ceolchicus L. © 1,0 114, 8. 129; ’17, 8. 34. 9. Phasianus sömmeringg Temm. 9 X Phasianus colchicus J. E. Gray © 1,0 I ’14, 8. 129; ’17, S. 35. 10. Phasianus versicolor Vieill.e 9 X Syrmaticus reevesi J. E. Gray. Q .1,K. 117,835, 11. Chrysolophus pietus (L.) © X Fhasianus colchicus L. 2 LE 114,129; \°17,.9. 435 12. Phasianus mongolicus Brandt X Chrysolophus pielus (L.) 1,0 I. 13. Phasianus mongolicus Brandt 9 X Chrysolophus amher- stiae Landb. 2,2 1. 14. Gennaeus nyethemerus (L). 9 X Phasianus torquatus Gm. 9 1,0 I ’14, S. 129; ’17, S. 35. 15. Chrysolophus pietus (L.) und Syrmaticus reesevi J. E. Gray 1,0% 714, ,S: 129; .17,:8:,.35. 1 16. Gennaeus melanonotus (Blyth). X Syrmaticus reevesi J. E. Gray 1,0 I. | 17. Gennaeus nycthemerus (L). und Chrysolophus pietus (L). 1,1 148. 19=°17, S. 35; °20, S. 71. 18. Catreus wallichi (Hardw). X Gennaeus nycthemerus (L.) 2,227. 19. Gennaeus nycthemerus (L). X Calophasis ellioti (Swinh.) 140.5 20. Phasianus colchieus L. S X Gallus gallus var. dom. (L.) 1,1 IV ’17, S. 49; ’22, 8. 864 ff. 21. Phasianus mongolicus Brandt 0 X Gallus gallus var. dom. (L). Q 9,5 IV 22, S. 864 ff. 22. Pavo eristatus L. &' x Numida meleagris L. 9 2,0 III ’23, S. 370 ff. 1) Die Nummern beziehen sich auf das Schriften-Verzeichnis am Schlusse der Arbeit und verweisen auf die Angaben über die stammes- geschichtlichen Beziehungen zwischen den Mischlingseltern. Journ. f, Orn. LXIX, Jahrg. Oktober 1921. 34 518 19. 20 Heinrich Poll: . Gallus gallus var. dom. (L.) &' X Numida meleagris L. © 2,11) II ’23, S. 383. B. Enten-Mischlinge. a. Anatinae. . Anas superciliosa Gm. 9 X Anas boscas var. dom. L. 9 2,14 . Nettium torguatum (Vieill.) S X Neitium brasiliense (Gın.) Q 21 219,793355°220, 8708. . Tadorna tadorna (L.) und Alopochen aegyptiacus (L). 3,1 1°’20, S. '84. . Casarca casarca (L.) 9 X Alopochen aeyyptiacus (L). 2 1,11 ! Tadorna tadorna (L.) 9' X Casarca tadornoides (J. u. 8.) Q 2,1.12°17,557 355:°20,.9:0818. . Chloephaga poliocephala Scl. ' X Casarca variegata (Gm.) Q 5,1.1 ’20,°9.,84: . Tadorna tadorna (L.) 9 X Anas,boscas L. 9 1,0 II. [Anas superciliosa Gm. 4 x Polionetta poeeilorhyncha (Forst) Q] S' x Anas boscas var. dom. Q 1,0 1 ’17 8. 49. . Mareca sibilatrix Poeppig 9' X Anas boscas var. nana L. 9 2,2 III ’17, 8. 47; ’20, S. 104. . Dafila acuta (L.) x Anas boscas var. dom. L. O,1 1. Chaulelasmus streperus (L.) 9° X Dafila acuta (L.) Q 2,2 1 ’17, 8. 35: ’20, S. 68. 5 Mareca penelope (L.) g X Chaulelasmus streperus (L.) 9 5.421.217, 8.385; 20, 8.8 . Mareca penelope (L.) und Dafila acuta (L.) 1 . Mareca ed Aa o'xX Dafıla Area, (Vieill.) Q 4,7 118: 17847720, S: 101 . Mareca ne '(Gm.) und Eunetta falcata (Georgi) 1,01. . Poecilonetta bahamensis (L.) 9 X Mareca sibilatrixz Poeppig Q 0.2. . FPoecilonetta buhamensis (L.) & X Nettium brasiliense (L.) Q 1,11 1708235; 20.8081. b. Fuligulinae. : Metopiana peposaca en OS x Netta rufina (Pall.) Q 2,0 1 714,.8.7129°977 7.25. Aythya ferina (L.) ei Rx Netta rufina (Pall) © 1,1 I ’14, S. 129; ’17, S. 35; ’20, S. 81. ec. Anatinae und Fuligulinae. . Netta rufina (Pall.) 9 X Anas boscas var. dom. L. 9 1,0. 1) Davon das eine Stück (B. Nr. 285) wegen Leichenveränderung nicht genau bestimmbar. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. | An Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. 519 Metopiana peposaca (Vieill.) und Anas superciliosa Gm. 1,0 II>14,.S.. 129. Netta rufina (Pall.) S und Polionetta poecilorhyncha (Forst.) Q 2,1 II ’17, S. 42; ’20 S. 100. Mareca americana (Gm.) S' X Neita rufina (Pall.) 2 [oder a falcata (Georgi) und Mareca ämericana (Gm.)) ©] LEik Fuligula fuligula (L.) 9 X Mareca penelope (L.) 9 0,2 III @) ’17, S. 47; ’20, S. 104. Dafila acuta (L.) und Netia rufina (Pall.) 1,1 II ’20, S. 100 Metopiana peposaca (Vieill.) &' X Dafila acuta (L.) Q 3,1 ER 717,8. 42;,20. 8. 101. Metopiana peposaca (Vieill.) oder Netta rufina (Pall.) und Dafila acuta (L.) 1,0 II. [Metopiana peposaca (Vieill.) 0 X Netta rufina (Pall.) 9] S' x Anas boscas var. dom. L.Q 4,3 ’14, S. 129; ’17, S. 50 205.8... 21. d. Anatinae und Plecetropterinae, Anas boscas var. dom. I. Q' X Cairina moschata (L.) 12,7 II ’24, S. 159 #,; ’17, S. 43; ’20, S. 86 fi. Cairina moschata (L.) & X Anas boscas var. dom. L. 2 23,27 IL ’24, S. 159 ff; ’17, S. 43; ’20, S. 86 fl. Anas boscas var. dom. L. und Cairina moschata (L.) 3,5 II DASS TH; 17,8. 43:.720,8..86 fi Anas boscas L. und Lampronessa sponsa (L.) 1,0 II. Mareca penelope (L.) 9 X Lampronessa sponsa (L.) © 2,1 IV ’17, S. 48; ’20, S. 105. Querquedula cyanoptera (Vieill.) 9 X Lampronessa sponsa (EDSLO TV. e. Plectropterinae und Fuligulinae. Lampronessa sponsa (L.) 9 X Metopiana peposaca (Vieill.) Q 2,1 II ’17, S. 43; ’20, S. 100. Aythya ferina (L.) 9 xX Lampronessa sponsa (L.) 9 2,4 IE 17, 8. 43; ’20, S. 86. [Metopiana peposaca (Vieill.) & X Netta rufina (Pall.) 2] S X Lampronessa sponsa (L.) Q 1,0 ’14, S. 129; ’17, 8. 50 ©. Tauben-Mischlinge. Columba oenas L. X Columba livia Bon. 0,1 1. . Columba palumbus L. S X Columba livia var. dom. Bon. Q. 1,2 II. . Streptopelia risoria (L.) 9 X Columba livia var. dom. Bon. Q 2,0 1 ’17, 8. 39. 4. Columba livia var. dom. Bon. X Streptopelia risoria (L.) &1 1 34* 520 Heinrich Poll: 5. Streptopelia risoria (L.) und Turtur turtur (L.) 0,1 I ’20, S. 84. 6. Zurtur turtur (L.) 9° X Columba livia var. dom. Bon. © 1,0 1.°17,,8.:39. D. Gänse-Mischlinge. 1. Branta canadensis (L.) ' X Anser anser var. dom. (L.) 1,0 I ’17, S. 50. 2. Chen nivalis (Forst.) 0 X [Branta canadensis (L.) 9 X Anser albifrons (Scop.) 9] 2 1,2 ’20, S. 71. E. Schwan-Mischlinge. 1. Chenopis atrata (Lath.) 0° X Oygnus olor Gm. 9 3,1. F. Ipis-Mischlinge. Ibis aethiopica (Lath.) und Ibis molucca Cuv. 0,1. 2. Carphibis spinicollis (Jameson) und Ibis aethopica (Lath) 01. u . G. Finken-Mischlinge. 1. Carduelis carduelis (L.) X Serinus canarius (L.) Q 2,1 1 ’24, S. 162; ’11, $. 84. 2. ern serinus (L.) 9 X Serinus canarius (L.) Q 1,1 1 ’17, .. 80, 3. Spinus spinus (L.) 9 X Serinus canarius (L.)Q 1,11’17, 8.35. 4. ne cannabina (L.) 9 X Serinus canarius (L) @ 1,1 I RT ENSEREHE D. en chloris (L.) ©' X Serinus canarius (L.) @ 1,1 1’17, sd: Das Erkennen des Geschlechts machen mehrfache Fehler- quellen bei Vogelmischlingen unsicher: Guyer (1909, $. 195 f.) führt die Hahnenfedrigkeit an. Wie weit hierbei die Irrtums- möglichkeiten gehen, lehren die Abbildungen auf der Tafel in anschaulicher Weise. Sie stellt nebeneinander erstens einen ausgezeichneten Fall von Hahnenfedrigkeit bei einer Stammform, einem Reinzucht-Goldfasan, ferner das in der Mitte als Nr. 2 ab- gebildete Stück: eine Henne, deren Eierstock völlig entartet gefunden wurde. Sie gleicht in keinem Teile ihres Gefieders mehr der Henne (Nr. 3), sondern hat vollkommen das Hahnen- kleid angelegt. Besonders sei hier noch darauf hingewiesen, dals sie, wenn der Ausdruck erlaubt ist, das männliche Kleid noch übertreibt, wofür es auch sonst in der Biologie interessante Parallelfälle gibt. Im Rückengefieder, an einer Stelle, wo der Hahn seine goldgelben Federn trägt, hat sie aufserdem noch männliche rote Federn ausgebildet. Als einzigen Unserschied aufser der etwas geringeren Gröfse des Stückes kann man an- führen, dafs ihr Gefieder im Glanz und Schimmer ein wenig Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. 521 hinter dem Männchen zurückbleibt; sie ist im ganzen ein wenig matter als der Hahn. Bei einer solchen Stammform kann man nun leicht über die Art der Befiederung nach ihrer Zugehörig- keit am Geschlechtskleide entscheiden. Wie aber, wenn beide im wesentlichen ganz gleich aussehen ? Die zweite Reihe (Nr. 4 und 5) der Tafel zeigt Bruder und Schwester einer Kreuzung von Silberfasan und Goldfasan. Verriete nicht das Stück Nr. 5 durch seine Schwäche beim Vergleiche mit Nr. 4 sein weibliches Ge- schlecht, hätte man etwa ausschliefslich solche kleinen Tiere in der Zucht erhalten, so würde niemand im Stande sein, die hahnen- fedrige Henne vom Hahn zu unterscheiden. Noch schlimmer wird der Fall bei anderen Kreuzungen, wo der Vergleich mit den Stammformen gar nicht helfen kann, wie bei dem 1920 ausführlich geschilderten Pfau X Perlhuhn-Mischling. Aufser diesem äufseren Gleichwerden bietet nun auch noch die innere Untersuchung nicht unbedingt volle Gewähr für die richtige Erkennung der Geschlechtszugehörigkeit. Alle hier be- handelten Vogelmischlinge wurden durch Zergliedern und weit- aus die überwiegende Mehrzahl durch eingehende mikroskopische Untersuchung der Keimdrüsen bestimmt. Es kann gar nicht nachdrücklich genug darauf hingewiesen werden, wie schwierig auch oft noch bei der Praeparation der Keimdrüsengegend die Ent- scheidung zu fällen ist. Dann z. B, wenn der Eierstock zu einem nur Bruchteile eines mm’s dicken bellgrauen oder braunen dreieckigen Schleier von wenigen mm Breite und oft nicht ein- mal einem cm Länge entartet ist. Selbst heute, nach mehr als 15 Jahren voll Erfahrung in dieser Richtung kommt es vor, dafs die gesamte Gegend der Keimdrüsen mit dem Mikrotom in eine Schnittreihe zerlegt werden mufs, um zu entscheiden, ob zu dem gefundenen Legeschlauch auch ein Eierstock, zu den Samenleitern auch Hoden vorhanden sind. Das-ist natürlich in allen irgendwie zweifelhaften Fällen bei den vorliegenden Misch- lingen geschehen, und daher gewinnt der gefundene Zahlenwert von 146 Q'S:110 QQ eine gewisse Sicherheit. Überflüssig zu bemerken, dafs im Berliner Zoologischen Garten eine grölsere Neigung, die schöneren männlichen Stücke zu sammeln, die nach Guyer (1909, S. 195 £f.) das Zahlenverhältnis in den Museen fälscht, völlig fortfiel: denn auch bei den angekauften Stücken waren zum Studium der Entartung der Keimdrüsen männliche und weibliche Mischlinge von gleich hohem Werte. 522 Heinrich Poll: Die nachstehende Uebersicht liefert den Vergleich der Ergebnisse über das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen nach Mischlinge der Buffon 2) Suchetet?) Guyer Poll Insgesamt A. Hühnervögel — 124,32 47,4 35,16 206,52 a) unigenere u 88,18 12,2 6,2 106,22 Gallus En — — 2,1 2,1 Pavo — — 1,0 2,1 5:1 Fasanen - 2,0 11,2 2,0 15,2 Tetrao - 83,17 — — 83,17 Andere Arten — 3,1 _ — 3,1 b) bigenere 2 36,14 135,2 29,14 100,30 Fasanen !) — — 15,2 15,7 30,9 Phasianus oder Syrmaticus und Gallus _ —_ 12,0 10,6 22,6 Gallusund Numida — — 6,0 9,1 8,1 Pavo und Gallus — — 2,0 _ 2,0 Pavo und Numida — — _ 2,0 2,0 Anderer Gattungen — 36,14 _ _ 36,14 B. Entenvögel 2 44,7 —_ 96,80 140,87 a) unigenere — 6,1 _ 4,2 10,3 b) bigenere, trigenere, bisubfamiliaere — 38,6 _ 92,78 130,84 C. Anderer Vogelgruppen 16,3 29,8 — 15,14 60,25 a) unigenere —_ 15,8 —_ 2,4 17,12 b) bigenere, trigenere 16,3 14,0 2 13,10 43,13 Insgesamt: 16,3 197,47 47,4 146,110 406,164 In Prozenten: — 81+2,5 92+3,8 52,2+3,14 71,5+1,9 Eine kritische Untersuchung über die Gründe, die trotz des im allgemeinen recht gleichartigen Kreuzungsmaterials eine so weite Abweichung zwischen den Zahlen der Vorbeobachter und den neuen hier eröterten bedingen, erübrigt sich; der Hinweis auf die verschiedene Untersuchungsmethodik, dort Sammlungs- 1) Guyer rechnet Phasianus und Syrmaticus zum gleichen Genus, giebt daher die Zahlen zu 14,1 bigenere an; hier sind beide Genera getrennt. 2) Angeführt nach Guyer 1909. S. 197. 8) Die kleinen Unstimmigkeiten mit Suchetets eigenen Angaben be- ru hen aufser dem von Guyer gefundenen, noch auf einen anderen Irrtum in der Addition; die Abweichungen von Guyers Zählung auf Weglassen der unsicheren Tiere usw. Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. 538 stücke und nur wenige Beobachtungen durch anatomische Unter- suchung, hier Zucht und Beobachtung im Leben, sowie Sektion und mikroskopische Untersuchnng, genügt. Der starke Männchen- Ueberschufs der Reihe von Suchetet mit einen Mindestwert von 74,75%,!1) und von Guyer mit dem Mindestwert von 83,5%/,2) Männchen wird auch von dem Höchstwerte der vor- liegenden Reihe mit 65,05°,%) Männchen bei weitem nicht er- reicht. Als statistisch und biologisch gleich unzulässig muls aber die Aufrechnung des amerikanischen Zoologen bezeichnet werden, auch nur bedingt und im äufsersten Falle alle Museums- stücke ohne Geschlechtsbezeichnung als mögliche Weibchen ein- zusetzen und so eine wenn auch noch so hypothetische Mindest- verhältniszahl von 3 '0°:2 29, d. h. von 60°/, Männchen, heraus- zurechnen. Dieser Zahlenwert läge allerdings, wenn auch an der oberen Warscheinlichkeitsgrenze unserer Beobachtungsreihe. Deren Endergebnis läfst sich, im Gegensatze zu den Verhältnis- zahlen der Vorbeobachter, die mit einer Gleichzahl der Ge- schlechter bei Vogelmischlingen schlechterdings unvereinbar sind, dahin zusammenfassen: Dergefundene Wert von 57,2+3,14%, rückt die Annahme eines Zahlenverhältnis von 1:l Männchen zu Weibchen durchaus in den Rahmen der Wahrscheinlichkeit, auchbei den Vogelmischlingen. Dieses statistische Rohergebnis wird biologischen Ge- sichtspunkten naturgemäfs in keiner Weise gerecht. Das hat auch Guyer empfunden. Darum hat er von dem Gedanken an die Rolle der Disharmonie der Stammeltern aus, die Misch- linge, um einen besseren und tieferen Einbick in die Verhält- nisse zu gewinnen, nach ihrem Ursprunge gesondert betrachtet. Er trennt sie in solche aus gleichnamigen und solche aus ver- schiedenen Gattungen: ersichtlich in der Vorstellung, der Gattung des natürlichen Systems liege eine mehr oder mindergrofse Stammesverschiedenheit der Mischlingseltern zu Grunde. Diese Annahme gipfelt in seinen Worten: „in hybrids between indivi- duals of distantly related genera or between individuals from different subfamilies (e. g. guinea X chicken) where the sex has been recorded it has been invariably male“ Der dritte Mischling, den ich von meinem Haushuhn Perlhuhn X = Kreu- zung öffnete, war ein weibliches Küken! Ein Blick auf die Mischlingslisten genügt, um solche Trennung als biologisch unhaltbar zu erweisen. Denn unter den Mischlingen aus gleichen Gattungen finden sich so einander nächststehende Fasanen wie Amherst- und Goldfasan mit doch wesentlich sich fernerstehenden wie Königs- und Jagdfasan friedlich zusammen; und in der Gruppe der gattungsverschiedenen 1) 81,0—2,5 2,5 — 74,75. 2) 92--2,5 3,8 — 83,5. %) 57,3 + 2,5 8,14 — 65,05. 524 Heinrich Poll: Stammeltern werden andererseits verhältnismäfsig doch so ähn- liche Formen wie Anas boscas und Chaulelasmus streperus gleich- berechtigt zusammengeordnet mit den Mischlingseltern von Pha- sianus vulgaris und Tetrao teirix (Suchetet, S. CXXVIIL) Will man die an sich äufserst wertvolle Vermutung näher prüfen, ob sich tatsächlich mit zunehmender Stammesverschieden- heit der Elterformen eine Verschiebung der Geschlechtergleich- zahl in dem einen oder anderen Sinne geltend macht: so muls man die mit einer zuverlässigen Methode bestimmte Stammes- verwandschaft einem solchen Vergleiche zu Grunde legen. Hier- zu kann man die Ergebnisse benutzen, die in den „Mischlings- studien“ seit vielen Jahren erörtert worden sind und die im wesentlichen, auf der Messung der Stammesverschiedenheit nach der mehr oder minder vollkommenen Ausbildung der Keimzellen bei den Mischlingen beruhen. Nicht ohne Grund erblickt man in der gradweisen Hemmung der Geschlechtszellenbildung einen Gradmesser für die Verschiedenheit der Erbkonstitution. Als Stammesverwandte I. Grades gelten alle Formen, deren Kreuzungs- produkte noch reife Keimzellen bilden, als solche IL, IIL, IV. usw. Grades alle die Stammeltern, bei den in fortschreitendem Mafse die Keimzellenbildung immer früher scheitert. Die ent- sprechenden Ziffern sind mit lateinischen Ziffern I, IL, III, IV hinter der Stückzahlangabe der Uebersicht auf S. 517—520 ver- merkt, mitsamt den dahinter zugefügten Schriftnachweisen. Ordnet man nach diesem Gesichtspunkte die beobachteten Mischlinge an, so ergiebt sich folgende Uebersicht: I. Protophylie II. Deuterophylie III. Tritophylie IV. Tetartophylie 59,36 68,52 10,12 13,7 62,1; 37,9 53,6; 46,4 45,5; 54,5 65,0; 35,0 +5% + 4,7% + 9,6% +10,6°% Der Stoff dieser Zusammenstellung zu I. Protophylia liefse sich aus den Zuchterfahrungen des Berliner Zoologischen Gartens noch leicht vermehren. Die vorliegenden Zahlen gewähren keinen Anhaltspunkt, umbeisteigender Verwandtschaftsform der Kreuzungs- eltern ein Steigen auch des Männchen-Ueberschusses anzunehmen oder auszuschliefsen. Sie sind vereinbar selbst mit der An- nahme einer Erhöhung der Weibchenzahl bei entfernterer Ver- wandtschaft. Reichen diese Zahlen nicht im Entferntesten aus, um eine allgemeine wenigstens an Sicherheit grenzende wahrschein- liche Aussage zu gestatten, so könnten doch einzelne Sonder- fälle dem Kern der Frage, ob beim Kreuzen sehr entfernter Stammeltern vorwiegend männliche Lebewesen entstehen, näher zu kommen erlauben. Erfahrungen, wie das von Heinroth (1906) beschriebene ausschliefsliche Schlüpfen männlicher Mischlinge aus den vom Sporengansert befruchteten Eiern der Türkenente, wie das ausschliefsliche männliche Geschlecht der bisher beobachteten Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen. 525 Mischlinge vom Pfau und der Perlhenne könnten den Ausgangs- punkt für neue Untersuchungen bilden. Negative Ergebnisse aber bei so geringen Zahlen, selbst bei solchen zwischen 10 und 20 Fällen wie bei Plectroplerus X Cairina, sind noch mit sehr erheblichen wiklichen Prozentvorkommen von Männchen durch- aus vereinbar. | Das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei Vogelmischlingen kann als Stütze oder Beweisstück gegen eine sonst gut gefügte Hypothese über Geschlechtsbestimmung o. Ä. nicht verwertet werden und macht auch vorläufig Hilfsannahmen zum Erklären von Abweichungen nicht erforderlich. Zur weiteren Klärung dieser und auch anderer Hybriden- Fragen, ist weitere Beschaffung von Mischlingen dringend er- wünscht. Der Berliner Zoologische Garten nimmt alle Angebote in dieser Hinsicht stets gern entgegen. Tafel-Erklärung: Photographische Aufnahme der photographischen Lehran- stalt des Lette Vereins Berlin, Direktor: Fräulein Marie Kundt; Kontourdruck von F. Bruckmann- München, bandkoloriert von Herrn Karl Neunzig, Berlin-Hermsdorf. 1—3. Chrysolophus pietus (L.) 1. 9‘ 2. hahnenfedriges 9 3.9. 4,5. Mischlinge von Gennaeus nyethemerus (L.) und Chry- solophus pictus (L.): 4 9,59. Im Bericht über die Verhandlungen des V. Ornith. Kon- gresses ist in der Arbeit über Vogelmischlinge auf Tafel IV irr- tümlich an Stelle eines Q' Casarca tadornoides ein Q abgebildet worden. Schriften-Verzeichnis. 1. Cu¬, L., 1911: La genese des especes animales, Paris Alcan. S. 84. 2. Darwin, Ch.: Die Abstammung des Menschen und die Zuchtwahl in geschlechtlicher Beziehung. Uebersetzt von Haek, Leipzig, Reclam, II. S. 42ff. Guyer, Michael F., 1900: Spermatogenesis of normal and of hybrid pigeons. A dissertation. Chicago. Derselbe, 1909a: Atavism in guinea-chicken hybrids. The Journal of experimental Zöology Bd. 8. S. 723— 745. Derselbe, 1909b: On the sex of hybrid birds. Biological Bulletin Bd. 16. H. 4. S. 193—198. Derselbe, 1909c: La livree du plumage chez les hybrides de pintade et de poule. Bull. du Mus&um d’histoire naturelle Nr. 1. p. 3—5. 7. Derselbe, 1909d; The spermatogenesis in the domestic gui- nea (Numida meleagris dom.) Anat. Anz. Bd. 34. S. 502— 513. 8. Derselbe, 1909e: The spermatogenesis of the domestic chicken (Gallus gallus dom.) Anat. Anz. Bd. 24. S. 573—580. 2m PP w 526 9. 10. 11; 12. 13. 14. 15. 2]. 22. 23. 24. 25, Heinrich Poll: Zahlenverhältnis der Geschlechter usw. Guyer, Michael F., 1912: Modifications in the testes of hybrids from the guinea and the common fowl. Journal of Morphology Bd. 23. S. 45—55. Heinroth, O., 1906: Beobachtungen an Entenmischlingen. Stz.-Ber. d. Ges. naturf. Freunde. Nr. 1. S. 3—4. Lang, Arnold, 1914: Die experimentelle Vererbungs- lehre in der Zoologie seit 1900. Jena, Gustav Fischer. S. Ä von Lucanus, Fr. 1917: Ueber das numerische Ver- hältnis der Geschlechter in der Vogelwelt. Stz.-Ber. d. Ges. naturf. Freunde. Nr. 8. S. 499-509. Poll, Heinrich, 1906: Mischlingsstudien. I. Der Ge- schlechtsapparat der Mischlinge von Cairina moschata (L.) JS und Anas boschas var. dom. (L.) 9. Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde Nr. 1. S. 4—7. Derselbe, 1908 a: Mischlingsstudien III. System und Kreuzung. Ebenda Nr. 6. S. 127—139. Derselbe, 1908b: Demonstration auf der 22. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft zu Berlin. Erg. Heft zum Anat. Anz. Bd. 32. S. 304. . Derselbe, 1909: Zur Lehre von den sekundären Sexualcha- rakteren. Sitz.-Ber. d. Ges. naturf. Freunde. Nr. 6. S. 331— 358. . Derselbe, 1910: Mischlingsstudien IV. Keimzellenbildung bei Mischlingen. Verh. der Anat. Gesellschaft 2. Internat. Kongr. in Brüssel. Ergänzungsheft zum Anat. Anz. Bd. 37, Ss. 32—57. Derselbe, 1911: Mischlingstudien V. Vorsamenbildung bei Mischlingen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 77, Abt. 2. S. 210— 239. . Derselbe, 1910: Ueber Vogelmischlinge. Bericht über den V. Internat. Ornithologenkongrefs. Berlin. S. 399—468. . Derselbe, 191la: Mischlingsstudien VI. Eierstock und Ei bei fruchtbaren und unfruchbaren Mischlingen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 78. Abt. 2. S. 63-127. Derselbe, 1911 b (Zusammenfassende Darstellung): Mischlings- kunde, Aehnlichkeitsforschung und Verwandtschaftslehre. Ar- chiv f. Rassen- und Gesellschaftsbiologie. 8. Jhrg. 4. Heft. S. 417—437. Derselbe. 1912: Mischlingsstudien VlI. Mischlinge von Phasianus und Gallus. Sitz.-Ber. der Kgl. Preufs. Akad. d. Wissenschaften. 38. S. 864 — 883. Derselbe, 1920: Mischlingsstudien VIII. Pfaumischlinge, nebst einem Beitrag zur Kern-Erbträger-Lehre. Festschrift für Oskar Hertwig. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 94. S. 365—458. Derselbe und Walter Tiefensee, 1907: Mischlings- studien II. Die Histiologie der Keimdrüsen bei Misch- lingen. Ebenda Nr. 6. S. 157—166. Suchet6t, Andr&6, 1898: Les hybrides a l’&tat sauvaged Classe des oiseaux. Lille. S. COXXXI—CXXXIV, S. 507. Journ. für Ornith. 192 ı Tafel l Klifchee und Druk Graph. Kunftanftalten F. Bruckmann A.G., Münden Handkoloriert von Herrn Karl Neunzig, Berlin-Hermsdorf 527 Der Saxaulhäher des Iligebiets. Von Prof. M. Menzbier und W. Schnitnikow. Ä (Russisch in: „Materialien zur Kenntnis der Fauna und Flora des Russischen Reiches“, Abt. f. Zoologie, Lfg. XIV, Moskau 1915, 8. 185—193.) Uebersetzt von H. Grote. Der Saxaulhäher, den Prof. Eversmann auf seiner Reise nach Buchara im Jahre 1822 in der Wüste Kisyl-kum entdeckte, hat seitdem nicht aufgehört, die Aufmerksamkeit unserer Naturfor- scher, die seine geographische Verbreitung und seine Lebensweise aufzuhellen bemüht waren, auf sich zu ziehen. Im Jahre 1841 beobachtete ihn A. Lehmann in ebenderselben Wüste Kisyl-kum wiederum, das von ihm gesammelte Material ging aber nach seinem Tode gröfstenteils verloren. Im 3. Teile seiner „Natur- geschichte des Orenburger Gebiets‘ (Vögel) teilte Prof. Evers- mann zuerst (1866—68) auf Grund früher gewonnener Daten einige Nachrichten über die Biologie des Saxaulhähers mit. Im Jahre 1857 fand N. Sewerzow diesen Vogel am Dschana-darja und äußerte die Ansicht, dafs, solange nicht die Saxauldickichte an den Unterläufen des Talafs, des Tschu und des Ili erforscht seien, man nicht sagen könne, ob nicht eben hier das Verbreitungs- zentrum des Saxaulhähers liege, der in diesem Falle im Darja- bezirk nur sporadisch verbreitet sei. Die Beobachtungen von A. Fedtschenko und besonders von M. Bogdanow haben unsere Kenntnisse hinsichtlich der Biologie des Saxaulhähers beträchtlich gefördert und gleichzeitig die bis dahin bekannt gewesenen Ver- breitungsgrenzen des Vogels erheblich nach Osten und nach Süden ausgedehnt. In seiner Arbeit über den Saxaulhäher (Journ. f. Ornith. 1877, S. 80—90) sprach sich M. Bogdanow auf Grund eines Fundes des Herrn Hermann, der diesen Vogel im Oktober 1878 bei Dschulek am rechten Ufer des Syrdarja angetroffen hatte, aufserdem dahin aus, dafs 1. der Vogel in den am Bal- chasch gelegenen Wüsten vorkomme, was bereits früher von Se- werzow gesagt worden war, 2. dafs er sich nach Norden zerstreut ansiedele und die Möglichkeit vorhanden sei, dafs diese Ausbreitung sich nach Westen bis an die Küsten des Kaspi erstrecke. In den achtziger Jahren gerät der Saxaulhäher in den Forschungs- rayon N. Sarudny’s, welch letzterer in das Verbreitungsgebiet dieses Vogels von Süden, von Transkaspien her eindraug, und viele biologische und geographische Tatsachen über den Saxaul- häher der Kara-kum-Wüste mitteilte (cfr. besonders seine Arbeit im Bull. de la Soc. Imp. d. Moscou 1889, S. 455--465). Fügt man dem eine Reihe von späteren Beobachtern gewonnener flüchtigen Beobachtungen über den Saxaulhäher hinzu, alle an- gestellt in ebendemselben Gebiet der Wüsten Kara-kum und Kisyl- kum, sowie endlich die jüngsten Daten N. Sarudny’s über seine Ver- 528 Prof. M. Menzbier und W. Schnitnikow: breitung in der Kisyl-kum, so liegt es auf der Hand, dafs die Verbrei- tung des Saxaulhähers in der aralo-kaspischen Gegend genügend aufgehellt ist. Zugleich kann versichert werden, dafs auf dem rechten Syr-darjaufer dieser Vogel lediglich zufällig dort vor- kommt, wo die Wüste Kisyl-kum an den Flufs herantritt, wie z. B. bei Dschulek. Nach dem Gesagten erscheint es klar, dafs über die Ver- breitung des Saxaulhähers in den Balchaschsteppen bis jetzt nichts bekannt war und dafs die Vermutungen Sewerzow’s und Bog- danow’s vorläufig eben nur Vermutungen geblieben waren. Dazu mufs noch hinzugefügt werden, dafs Bogdanow die Frage durch die Bemerkung, seiner Meinung nach verbreite sich besagter Häher nordwärts und werde sich wahrscheinlich auch westwärts verbreiten, sehr kompliziert gemacht bat. Folgt hieraus, dafs sein zu erwartendes Vorkommen in den Balchasch-Wüsten eine se- kundäre Ausbreitung ist, oder aber breitet er sich nach Norden zu nur lokal aus, über den Syr-darja hinaus, und das Balchasch- Becken fällt in sein Stammgebiet? Wegen der unbestimmten Abfassung des Bogdanow’schen Aufsatzes läfst sich hierauf keine Antwort geben. Man kann nur das eine sagen: je mehr Zeit verflofs, desto weniger wahrscheinlich wurde ein Auffinden des Saxaulhähers im Semirjetschjegebiet. Infolgedessen erregte es sofort Aufmerksamkeit, als uns vor fünf Jahren glaubwürdige Hinweise betreffs eines Auffindens des Saxaulhähers in den Sand- wüsten am Ilistrom gemacht wurden. Es war die Möglichkeit gegeben, nicht nur das, sozusagen, Ergänzungs-Verbreitungsge- biet des Vogels zu bestimmen, sondern auch, falls der Vogel er- beutet wurde, sein etwaiges Uebereinstimmen mit der typischen aralo-kaspischen Form oder aber ein Abweichen von letzterer festzustellen. Das erste Exemplar des Saxaulhäbers wurde im Kopalsk-Bezirk am 30. I. 1911 an der Grenzscheide der Maissara erbeutet und zeigte einige bestimmte Abweichungen von aralo- kaspischen Vögeln, was sich späterhin (1913) auch an weiteren erbeuteten Exemplaren (2 alten und 3 jungen) bestätigte. Es stellte sich folglich heraus, dafs der Saxaulhäher des Semirjetsch- jegebiets eine besondere Unterart von Podoces panderi darstellt, und zur Bewertung der Bedeutung dieses Umstandes wollen wir später noch zurückkommen, erst aber die Unterscheidungs- merkmale des Vogels angeben und dasjenige mitteilen, was über seine Verbreitung und Lebensweise bekannt geworden ist. Podoces panderi subsp. nov. dlensis. P. panderi typico (e deserto aralensi) similis, sed major, rostro plerumque obtusiore, alis, cauda, tarso longioribus, macula pectorali nigra majore, rostro nigro, nec plumbeo. R. 1,12°— 1,2" ; U. 5° —5,18" ; C. 4,2°'—4,25''; T. 1,62 — 1,65" Habitat: Semirjetschje, inter fl. Ili inf. et Karatal. Der Saxaulhäher des Jligebiets, 529 Ein Vergleich ilischer Saxaulhäber (adulte 9, 9 und ©) mit aralo-kaspischen hat gezeigt, dafs zwischen ihnen ein bestimmter Unterschied vorhanden ist, und zwar nicht nur in den plastischen Kennzeichen und den Mafsen, sondern auch in der Färbung, nämlich: die ilische Form unterscheidet sich in der Mehrzahl der Fälle durch stumpferen Schnabel, längere Flügel, Schwanz und Lauf, schwarzen Schnabel (bei der aralo-kaspischen ist er bleifarben), ferner durch die gröfsere Ausdehnung des schwarzen Flecks auf dem Oberteile der Brust!). Aufserdem kann man eine aufserordentliche Frische des Gefieders und dank diesem Umstande die gut ausgeprägten Besonderheiten der Färbung selbst zu einer solchen Zeit (Ende Mai)?) feststellen, wo die aralo-kas- pischen Vögel ihr Kleid bereits stark abgetragen und infolge der Abnutzung desselben ihre Normalfärbung in beträchtlichem Mafse eingebülst haben. Da unseres Wissens in der Literatur keine Beschreibung der Juugvögel des Saxaulhähers in völlig frischem Kleide vorhanden ist und wir solche Vögel nicht gesehen haben — alle uns bekannt gewordenen aralo-kaspischen, auch die noch lange nicht adulten, sind stark abgetragen — halten wir es nicht für unnötig, hier die Beschreibung fast erwachsener Jung- vögel des ilischen Saxaulhähers, die ebenfalls Ende Mai erbeutet wurden, anzugeben. Junger Vogel von ®/, Grölse eines adulten: Färbung der Oberseite hellaschgrau, mit ockersandfarbenen Federrändern, weswegen auf der Hinterseite des Halses eine merkliche ocker- sandfarbene Allgemeinfärbung; Bürzel rosig-ockerfarben; die oberen Schwanzdecken schwarz. Flügel und Schwanz wie beim adulten Vogel, doch die innere der Schwingen zweiter Ordnung nicht mit weilsem, sondern mit graulichem Randfelde, das seinerseits an der Spitze mit ockergelblichem Rande umzogen ist: eine eben- solche gelbliche Spitze hat auch die zweite Feder, und Spuren des gelben Randes sind gleichfalls bei der nächstfolgenden resp. auch noch übernächsten zu sehen. Die weilsen Flecke auf den 1) Es erscheint nicht überflüssig, hier auf die Ungenauigkeit der Abbildung von Podoces panderi in Dresser’s Birds of Europe, Suppl. vol. IX, pl. 685 hinzuweisen: bei beiden Figuren dieser Tafel ist hinter dem Auge in scharfer Weise ein schwarzer Streif angegeben, der gewisser- mafsen als eine Fortsetzung des schwarzen Flecks vor dem Auge erscheint. In Wirklichkeit ist ein solcher Streif überhaupt nicht vorhanden; wenn jedoch hinterm Auge ein paar Federn ausgefallen sind, so kommt es oft vor, dafs in solchem Falle an dieser Stelle die schwarze Basis der Nach- barfedern entblöfst wird, wodurch der Eindruck hervorgerufen wird, hinterm Auge befinde sich ein schwarzer Streif. Dresser tut auch in der Beschreibung eines kleinen schwarzen Flecks hinterm Auge Erwäh- nung, weil er offenbar nicht aufmerksam beachtet hatte, wodurch dieser vermeintliche Augenfleck hervorgerufen wird. 2) alle Daten nach altem, russischem Stil (d. Uebers.). 580 Prof. M. Menzbier und W. Schnitnikow: Schwingen erster Ordnung sind verhältnismälsig geringer ent- wickelt, als beim adulten Vogel, was daraus zu sehen ist, dafs beim adulten Vogel die erste Schwinge mit ihrer Spitze nicht über die Grenzen des weilsen Feldes der zweiten hinausgeht, während sie dies beim jungen merklich tut. Züge! aschgrau, Ohrdecken heller, silbergrau. Kehle und Bauchmitte seidenweils, erstere allmählich in die blafsgraue Färbung des Kropfes über- gehend, die ihrerseits wieder in die zarte rosig-ockerfarbene Färbung der Brust und der Seiten übergeht; letztgenannte Fär- bung tritt in der Mitte des weifsen Bauches immer mehr und mehr in den Hintergrund. Steils mit ausgeprägterem Ockerton, als die Brust, ebenso die Fufsbefiederung. Die unteren Schwanz- decken weils, mit ockerfarbenen Spitzen. Schnabel und Füfse mit Krallen hornfarben, Basis des Unterkiefers rosig gelb, die Fülse sind grauer als der Schnabel. Erkundungen über die geographische Verbreitung des ilischen Saxaulhähers sind ausschliefslich von dem einen der Verfasser dieses Aufsatzes (W. Schnitnikow) gesammelt worden. Nachfol- gend alle hierher gehörigen Daten: „Die ersten Nachrichten darüber, dafs irgend ein FPodoces im Kopalsk-Bezirk leben müsse — schreibt Herr Schnitnikow — hatte ich schon im Jahre 1909 erhalten. Diese Mitteilungen hatte ich vom örtlichen Bezirksleiter, Herrn N. Lebedew, erhalten, dem die Vogelwelt überhaupt nicht bekannt ist und der nur ge- legentlich während eines Gespräches sich interessierte zu erfahren, was das wohl für ein Vogel sein könne, den er zuweilen im Saxaul am Unterlaufe des Ili angetroffen und der durch sein rasches Laufen und seine Fähigkeit, jäh im Saxauldickicht zu verschwinden, seine Aufmerksamkeit erregt habe. Auf Grund seiner Beschreibung schlofs ich sofort, dafs dies nur der Saxaul- häher gewesen sein könne. Leider konnte ich aus dienstlichen Gründen lange Zeit nicht selber zum unteren Ili aufbrechen. Im Herbst 1910 gelang es mir nur eine einzige Fahrt durch richtige Saxauldickichte zu unternehmen, diese Exkursion gab aber zu meinem Leidwesen nicht die erwünschten Ergebnisse: ich reiste von der Stelle des Austritts des trockenen Armes Bakanass aus dem Ili direkt durch die Saxaulbestände und Sandwüsten zum Karatal, legte insgesamt durch prachtvolle Saxaulwälder etwa 200 Werst zurück — und begegnete nicht einem einzigen Häher. Ich denke, in diesem Rayon wird es auch wirklich keinen geben, denn ich hätte, falls er hier vorkäme, ihn wohl kaum verfehlen können. Am 30. I. 1911 wurde durch Herrn $. Iwanow ein Exemplar dieses Vogels in der Grenzscheide der Maissara (Ko- palsk-Bezirk) erbeutet und mir zugestellt. Ich habe die genaue Lage dieses Fundortes nicht feststellen können, doch ist mir be- kannt, dafs er sich im Gebiet des Unterlaufes des Ili, zwischen diesem Flusse und dem Karatal, befindet. Der Saxaulhäher des Iligebiets. 58i „Im Jahre 1913 glückte es mir endlich selber, den ilischen Podoces aufzufinden. Die Reise, während welcher die Vögel (91, 9 und 3 juy.) erbeutet wurden, umfalste eine riesige Fläche im Kopalsk-Bezirk längs des rechten Ufers des Ili, des linken des Karatal am Gestade des Balchasch zwischen diesen Flüssen, wobei Marschrouten innerhalb des Rayons unternommen wurden, und zwar: zum Trennungsplatze der drei Bakanasse und darauf vom unteren Ili auf geradem Wege über Altscha am Naryn zur Balchaschküste. Die Gesamtlänge des zurückgelegten Weges be- trägt ungefähr 1000 Werst (Km.) und auf dieser Flächen- ausdehnung reisten wir mal durch Saxaulwälder, mal durch lehmgründige Saxauldickungen, mal durch mannigartige Wüsten, mal endlich durch Sandflächen mit lichtem Saxaulgesträuch. Von Beginn der Reise an fragte ich sorgfältig die Kirgisen betreffs des Hähers aus, lange Zeit konnte aber niemand etwas über ihn melden, so dafs ich schon zu verzweifeln und die Hoffnung, den Vogel anzutreffen, aufzugeben begann, umsomehr, als die aller- sorgfältigsten Nachforschungen meinerseits und von seiten meiner Leute im Laufe von drei Wochen ganz und gar ergebnislos ge- blieben waren. Und erst als wir den Unterlauf des Kors-Ba- kanass (des mittelsten der drei) erreicht hatten, erklärte ein örtlicher Kirgise ganz bestimmt, er kenne den Vogel gut und teilte über ihn sogar einige Data mit. Dabei fügte er hinzu, wir würden auf unserem weiteren Wege in eine Gegend kommen, in der sich für gewöhnlich Häher aufhalten und dafs wir dort solche antreffen mülsten. Als wir einen Tag später zur genannten Stelle (Kara-Mergen) gelangten, fand ich unmittelbar am Fufs- stege ein leeres Nest, das ich sofort als dem Häher zugehörig erkannte, was auch der uns begleitende Kirgise, der früher Hähernester gefunden hatte, bestätigte. Als mein Kirgisischer Präparator meinen Fund sah, begann er sofort die Vögel zu suchen, und ehe wir noch unseren Lagerplatz erreicht hatten, war es ihm bereits gelungen, das erste Exemplar beizubringen. Bei diesem Brunnen Kara-Mergen legte ich einen Ruhetag ein und erbeutete zwei weitere Exemplare — junge Vögel ein und derselben Brut, im ganzen aber begegneten wir im Laufe des ° Tages einem alten Vogel sowie zwei vollen Gesperren, neben den beiden alten aus 4—5 jungen Vögeln bestehend. Weiter- hin trafen wir auf dem folgenden Tagemarsche noch eine Brut mit jüngeren Jungvögeln, aus der wir einen jungen Vogel sowie das alte Weibchen herausschossen, und dann sahen wir bis zum Abschlusse der Reise keinen einzigen Häher mehr. Folglich hatten wir auf der ganzen 1000 Werst weiten Strecke unserer Reise nur an einer Stelle Häber angetroffen, sodals es nicht wunderbar erscheint, dafs dieser Vogel bis jetzt von niemand im Siebenstromgebiet gefunden wurde, umsomehr als falls im Umkreise des Brunnens Kara-Mergen überhaupt Russen gewesen sind, es höchstens militärische Topographen, Ansiedlungsbeamte 532 Prof. M. Menzbier und W. Schnitnikow: und Beamte der örtlichen Administration gewesen sind, von Forschungsreisenden hingegen ist hier keiner gewesen. Laut mir von dem kopalskischen Bezirksleiter Lebedew gewordenen Mitteilungen hat dieser den Häher weiter südlich, am Wege Tüe-kuduk, aber auch im Gebiet zwischen dem Tschit-Bakanass und dem Kors-Bakanass angetroffen. An der Mündung des Tschit- Bakanass wurde vom Ansiedlungs-Hydrotechniker Kusmin eine Brut gefunden. Wo sich der Brunnen befindet, in dessen Nähe im Januar 1910 der erste Häher erbeutet worden war, habe ich nicht herauskriegen können, doch auf Grund dessen, was ich selbst beobachten konnte und was ich von Lebedew und den Kirgisen hörte, nehme ich an, dafs unsere Vögel im Kopalsk- Bezirk sich im Rayon zwischen dem Kors-Bakanass und dem Tschit-Bakanass aufhalten, wobei sie sich mitunter auch nach Osten von letzterem begeben. Wenigstens versicherten die Kir- gisen am Balchasch zwischen Tschit-Bakanass und Karatal, dafs der Häher hier vorkomme, doch nur zu der Zeit, wenn sich hier keine Menschen aufhalten. Also, denke ich, nistet der Häher nur im Gebiet zwischen den beiden genannten Bakanassen (aufser dem oben erwähnten fand ich hier noch zwei weitere alte Nester), drivgt aber auf dem Strich zuweilen über den Tschit- Bakanass hinaus, ohne aber jemals westlich über den Kors hinauszugehen. Den am Ili wohnenden Kirgisen ist er völlig unbekannt, hingegen haben die im Rayon des Tschit-Bakanass nomadisierenden Kirgisen für ihn sogar einen Namen: „dschurga- turgai“ d. h. Palsgängerspatz. Was biologische Daten betrifft, so habe ich ihrer nur wenige sammeln können. Nach Aussagen der Kirgisen brütet dieser Vogel sehr früh, wenn nicht gar schon im März, was sehr wohl möglich ist, da im aufserordentlich verspäteten Frühling dieses Jahres am 24. Mai die Jungen bereits ganz grols waren. Das Nest steht in Höhe von etwa 2 Arschin (d. i. beinahe 11/, m) auf einem Saxaulstrauche und ist aus Zweigen des Saxauls ge- baut und zwar nach Art der Elsternnester, d.h. es ist mit einem Dache versehen. Unbehelligt gelassen, ist der Vogel ziemlich vertraut, andernfalls aber erfalst er sehr bald die Sachlage und beginnt sich dann scheu zu zeigen, indem er zu Fufs flüchtet und sich ungewöhnlich. geschickt hinter Gesträuch versteckt. Sehr gern greift er auch zur Hilfe der Flügel, fliegt aber nicht besonders weit, wobei er im Fluge dank dem vielen Weils auf den Flügeln scharf in’s Auge fällt. Ich weifs nicht wie es mit kleineren Jungen bestellt ist, solche jedenfalis, wie ich sie an- traf, werden von den Alten ihren eigenen Kräften überlassen, und die alten Vögel sorgen mehr für sich selber. Eine Stimm- äufserung habe ich nur bei der Brut gehört, die Vögel lassen hier einen sehr angenehmen tremolierenden Pfiff hören. Die Jungen habe ich nicht genau zählen können, doch scheint mir, dafs in allen drei angetroffenen Bruten ihrer 4—5 vorhanden waren. Der Saxaulhäher des Iligebiets. 683 „Nach Aussagen der Kirgisen halten sich die Häher aus- schliefslich in menschenleeren Gegenden auf und verziehen sich sofort, sowie Kirgisen zu ihren Aufenthaltsplätzen hinwandern. Dadurch wird vielleicht auch das Brüten der Häher in dem oben erwähnten begrenzten Gebiet erklärt, da sich hier während der Brutzeit des Vogels keine Kirgisen aufhalten.“ „Betreffs des Charakters der von Saxaulhähern bewohnten Gegend ist zu bemerken, dafs letztere dargestellt wird durch sandige Hügel und wellige Flächen, die mit einer entsprechenden Grasflora und hier und dort verstreuten Saxaulsträuchern be- wachsen sind, mit lehmigen Bezirken und dichterem niedrigen Saxaul innerhalb des allgemeinen Sandgrundes. Von anderen besonders charakteristischen Sandpflanzen verzeichnete ich an Ort und Stelle folgende: Ammodendron Sieversi, Astragalus ammodendron, Eurotia ceratoides und Calligonum sp. Im echten Saxaulwalde lebt der Häher nie, und vergeblich habe ich eine Menge Energie aufgewendet, indem ich ihn in den kaum durch- dringbaren Saxauldickichten am Kors-Bakanass suchte.“ „In den Mägen der getöteten Vögel fanden sich lediglich Insekten“. — Es bleibt uns nun zu versuchen übrig, eine Antwort zu geben auf die Frage, in was für einer Beziehung der ilische Saxaulhäher zum arolo-kaspischen steht. Dafür liegen drei Möglichkeiten vor: 1. der ilische bildet eine Kolonie des aralo- kaspischen; 2. der aralo-kaspische ging aus dem ilischen hervor; 3. sowohl der eine wie der andere repräsentieren zusammen mit dem persischen P. pleskei die Relikte eines Saxaulhähers, der einst ein riesiges und dabei zusammenhängendes Verbreitungs- ae von Persien bis zum Siebenstromgebiet (Semiretschje) ein- nahm. Was die beiden ersten Annahmen anbelangt, so haben wir keine Data für eine direkte Uebernahme der einen oder der anderen, hingegen veranlassen uns einige Erwägungen sie abzu- lehnen. So, wissen wir, waren in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Saxaulbestände zwischen dem Aralsee und dem Balchasch unermefslich viel weiter entwickelt, nichtsdestoweniger ist der Saxaulhäher hier aber nicht gefunden worden. Es ist durchaus möglich, dafs dieser Vogel keine Mittel für einen Kampf mit der Schneedecke hat, und in diesem Falle ziehen gewisse klimatische Bedingungen seiner Verbreitung eine entschiedene Grenze. Als Standvogel und stellenweise nur vagabundierender, nicht einmal in strengem Sinne streichender Vogel, vermochte er mit diesen Bedingungen nicht zu kämpfen mittels periodischer Wanderungen. Aufserdem bedenke man, wie frühzeitig der Saxaulbäher zur Brut schreitet: in Semirjetschje bereits im März. In der Kara-kum beginnt die Eiablage von Ende Februar an und zieht sich bis Anfang Mai hin, doch zeigt schon die lange Dauer der Brutperiode allein, dafs wir es hier mit einer normalen Er- Journ. f, Orn, LXIX, Jahrg. Oktober 1921. 35 584 Prof. M. Menzbier und W. Schnitnikow: scheınung zu tun haben, die wohl am ehesten dadurch zu er- klären ist, dafs das erste Gelege oder gar die kleinen Jungen verloren gingen. Ferner deutet nichts auf eine etwa vor sich gegangene Ausbreitung des Saxaulhähers, wie dies M. Bogdanow hingestellt hat. Im Gegenteil, mit wenigen Ausnahmen meidet dieser Vogel von Menschen okkupierte Gegenden, und eben auf Grund dieser Tatsache nimmt seine Zahl in den letzten Dezennien, wo eine verstärkte Kolonisation des vom Saxaulhäher bewohnten Gebiets stattfindet, ab, und er zieht sich vor dem Menschen zu- rück, obzwar man vorläufig kaum von einer Einschränkung der Grenzen des von ihm besetzten Gebiets reden kann. Aufserdem spricht die aufserordentlich geringe Flächenausdehnung des vom ilischen Häher eingenommenen Gebiets ihrerseits dafür, dafs, wenn wir es hier schon mit einer Kolonie zu tun haben sollten, so jedenfalls mit einer alten und jetzt im Aussterben begriffenen. Es ist gänzlich unwahrscheinlich, dafs eine aus einigen Dutzenden von Familien bestehende Kolonie in sich bestimmte Unterart- unterschiede herausgearbeitet habe. Noch unwahrscheinlicher ist, dafs das ausgedehnte Gebiet der Wüsten Kisyl-kum und Kara- kum von Semiretschje her besiedelt worden wäre: dagegen spricht u. a. auch der Umstand, dafs die Balchaschwüsten nicht als ge- nügend ausgedehnt und nicht als typisch zur Hervorbringung von Wüstenfomen gelten können, und wir kennen keine solchen im Sinne von lokalen Formen. Es bleibt folglich nur übrig, zuzugeben, dafs die Verbreitung des Saxaulhähers in zwei gegenwärtig getrennten Gebieten — dem aralokaspischen und dem von Semiretschje — das Ueber- bleibsel eines einst ununterbrochenen Verbreitungsgebietes dieses Vogels darsteilt. Vielleicht hat dies ungetrennte Gebiet in ver- hältnismäfsig nicht weit zürückliegender Zeit (geologisch) existiert, jedenfalls in einer postglacialen Periode, als sich die Wüsten entwickelten, die in einem Halbkreise von N. W. das Tian-Schan- Massiv mit seinem Ausläufer, dem Kara-tau, umfassen. Mit diesen Wüsten drangen in die kirgisischen Steppen auch andere Kolonisten aus dem aralo-kaspischen Gebiet her ein, die ihrer- seits letzteres von Süden her besiedelt hatten (z. B. Kragen- trappe, Flughühner), aber die veränderten klimatischen Be- dingungen, im Verein mit der Verarmung des Gebiets an Wasser, die Entwicklung eines kontinentalen Klimas mit seinen strengen Wintern und Winterstürmen mufsten sich natürlich ungünstig in der Existenz der Fauna der Wüsten und der sterilen Steppen widerspiegeln. Unter dem Einflusse dieser Bedingungen konnte das Verbreitungsgebiet des Saxaulhähers durchbrochen werden und sich in zwei getrennten Bezirken, einem gröfseren — dem aralo-kaspischen, und einem kleineren — dem von Semiretschje, üufsern. Wann sich die unterscheidenden Merkmale des aralo- kaspischen Saxaulhähers und des von Semiretschje herausgear- beitet haben, wissen wir nicht. Durchaus möglich erscheint es, Der Saxaulhäher des Iligebiets. 535 dafs die südwestliche sowie die nordöstliche Gruppe der Vögel sich von einander auch zur Zeit ihrer ununterbrochenen Be- siedelung unterschieden, da eine Isolation durchaus nicht un- umgänglich nötig ist zur Herausbildung neuer Kennzeichen, also auch neuer Formen. Solcherweise stellen wir uns die Geschichte des Saxaul- hähers von Semirjetschje vor, soweit dies nicht mit den allgemeinen Auffassungen betreffs der Geschichte der innerasiatischen Fauna im Widerspruche stehen sollte. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. Von Ludwig Schuster. (Fortsetzung von S. 200.) 53. Buteo butee L. Mäusebussard. Neben dem Sperber ist der Mäusebussard der gemeinste Raubvogel Ostfrankreichs. Im Gebiet A war er allenthalben eine gewöhnliche Er- scheinung. Am 7. IV. 15 traf ich ihn brütend bei Sivry au der Maas; der Horst stand in einem Wäldchen auf einer Birke ca. 8-10 m hoch und schien äufserlich ganz aus Fichtenzweigen zu bestehen; später wurde er ausgeraubt. Am 22. IV. fand ich nicht weit von diesem Bau in einem ganz kleinen Feldwäldchen, das man eigentlich überhaupt nicht mehr als Wald, sondern nur noch als Baumgruppe bezeichnen konnte, einen besetzten Horst auf einer Pappel ca. 8-9 m hoch, vermutlich das Nachgelege des beraubten Paares; bisher habe ich Bussardhorste immer nur in gröfseren Waldungen gefunden. Ebenfalls am 7. IV. entdeckte ich einen anderen Horst im Buchenwald bei Liny an der Maas, ca. 9 m hoch; die beiden Alten waren sehr hell gefärbt, fast hellweifsgrau. Im Frühjahr 1916 beobachtete ich ein brütendes Paar in der Nähe meiner Batterie; ich lag damals im Wald von Very (zwischen Argonnen und Maas) und sah das Paar am 31. III. 16 mit der Ausbesserung des Horstes beschäftigt. Der eine Vogel trug ein ca. 75 cm langes Reis in den Fängen, schraubte sich hiermit langsam zu bedeutender Höhe und ging dann in mehreren steilen Abstürzen zum Horst herunter; ein zweites Mal sah ich ihn ein Reis zu Nest tragen, diesmal ging er aber eiliger und geraden Weges hin. Den ganzen Sommer über hatte ich dieses Paar gewissermafsen unter meinen Augen. Es fiel mir bald auf, wie spät abends die Vögel noch rege waren; bis in die späteste Dämmerung hinein trieben sie sich auf den Feldern vor meiner Batteriebeobachtungsstelle herum. Am 20. V. sah ich einen von den Alten im Dämmerlicht sogar die Maikäfer- jagd betreiben; wir hatten einen milden Maiabend, und die Luft 354 536 Ludwig Schüster ; schwirrte von Maikäfern; der Vogel safs auf einer erhöhten Boden- stelle, schwang sich jedesmal, wenn er auf einen Käfer losstürzte, rasch ein wenig in die Höhe, wobei er oft überraschend schnelle Wendungen machte und Haken schlug, kehrte zu seinem Sitz zurück, und dann sah man ihn seine Beute verzehren. Eine Verwechslung mit dem Wespenbussard liegt nicht vor. Man darf Nordostfrankreich wohl schon das Winterquartier nennen, in dem die östlicher wohnenden Bussarde die rauhe Jahreszeit verbringen; dafs ich dementsprechend die Abwanderung der französischen Brutvögel unterstelle, brauche ich wohl nicht besonders zu betonen. Wenn Ostfrankreich Winterherberge ist, dann mufs der Vogel im Winter entsprechend zahlreich auf- treten. Das ist auch der Fall; ich habe die im Winter 14/15 und 15/16 im Argonnen- und Maasgebiet überwinternden Exemplare auf das 8—10fache des Sommerbestandes geschätzt und glaube mich nicht überschätzt zu haben. Im Winter 14 lebten allein auf der kleinen Flur von Vilosnes 14 Stück und wurden von mir an verschiedenen Tagen festgestellt; wohin ich kam, welche Gemarkung ich durchritt, überall sah ich die Art häufig; mein Tagebuch verzeichnet eine ganze Reihe von Ge- markungen und Daten aus dem November 1914 bis Februar 1915. Als um den 20. XI 14 scharfer Frost einsetzte, nahm ihre Zahl anscheinend etwas ab, erhob sich aber wieder zur alten Bestands- höhe, als am 26. XI. Tauwetter den Frost ablöste. Auch im Winter 1915/16 waren die Mäusebussarde sehr häufige Ueber- winterer im Argonnengebiet. Umso erstaunter war ich daher, als ich im Winter 1916/17 ihrer in demselben Gebiet ganz bedeutend weniger gewahr wurde und ihre Bestandsziffer in diesem Winter kaum gegen die des Sommers erhöht fand; wenn ich in den beiden vorhergehenden Wintern einen 2—4stündigen Ritt oder eine Wagenfahrt durch die Landschaft machte, so sah ich stets bis zu 10 Stück, während ich jetzt oftmals nur einen oder zwei oder auch gar keinen bemerkte; welche Ursachen hier bestim- mend bzw. hemmend auf die Stärke des Auftretens gewirkt haben, kann ich nicht sagen. Dagegen war die Art im Winter 17/18 wieder zahlreich in der Gegend zwischen Longwy und Longuyon; z. B. lagen den November über fast am Dorfausgang unseres Ruhequartiers, des Dörfehens Braumont, sieben Mauser, die fast truppweise zusammenhielten. Und im Januar und Februar 18 begegnete ich ihm im Woövregebiet, das ich in jenen Monaten auf weitausgedehnten Ritten und Erkundungstouren durchstreift habe, ebenfalls häufig, Schon im August 17 hatte ich ihn in der Umgebung des Städtchens Etain beobachtet. In der Champagne habe ich ihn während meines Sommer- aufenthaltes von Anfang März bis August 17 niemals beobachtet. Ich wüfste auch nicht, wo der Vogel hier zur Brut schreiten könnte, da es an geeigneten hochstämmigen Waldungen durchaus fehlt; wenn in 40-50 Jahren die jetzt älteren Nadelholzkulturen Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 587 zu Starken Bäumen herangewachsen sind, wird hierin wohl eine Wandlung eintreten und der Champagne der Mauser als häufiger Brutvogel beschert sein. Im Herbst 1918, als ich in der West- champagne lag, sah ich ihn als Durchzügler. In der Picardie und dem Sommegebiet sowie im Hennegau "habe ich den Mäusebussard nicht beobachtet. Dafs er hier als Brutvogel zahlreicher auftreten könnte, halte ich für undenkbar, da die Gegend im grofsen und ganzen zu waldarm ist. Ueber den Zug des Bussards habe ich mich in meinen Zug- berichten öfters geäufsert. Ich halte die Art für einen ausge- sprochenen Zugvogel, die alljährlich ihre Wanderungen gerade so regelmälsig und pünktlich, wenn auch im Durchschnitt räumlich vielleicht nicht so ausgedehnt, unternimmt wie andere Vögel, welche die Theorie für echte Wanderer erklärt; nur die Tatsache, dafs die Stelle der bei uns überwinternden Vögel durch andere nordische unmerklich ersetzt wird, hat den Charakter des Bus- sards als Zugvogel verwischen helfen. Demgemäfs halte ich auch dafür, dafs die grofse Zahl der im Winter in Ostfrankreich vor- kommenden Bussarde nicht aus einheimischen, sondern aus zu- gewanderten Vögeln besteht. Zu welcher Jahreszeit im Herbst und Frühling der nordische Ersatz an Stelle der Einheimischen tritt, bzw. wieder abgelöst wird, läfst sich kaum annähernd be- stimmen. Ich habe im Frühjahr 1915 Mitte Februar und 1916 schon am 29. I. die ersten Paare in der Luft ihre Spiele auf- führen sehen und sie dabei anhaltend schreien hören, doch können das ebensogut zurückgekehrte Einheimische wie nordische Ueberwinterer gewesen sein. Die Art und Weise, gewissermalsen die Technik des Wander- fluges, wie ich sie in Frankreich in stets wiederkehrender Regel- mäfsigkeit beobachtet habe, unterscheidet sich anscheinend merklich von der Zugweise auf Rossitten; ich habe sie in den Zugberichten beschrieben und verweise daher hier darauf. Ich habe den Mäusebussard während der Wintermonate recht oft rütteln sehen, so oft, dafs ich das Rütteln keineswegs mehr als eine ausnahmsweise ausgeübte, sondern als eine unter Umständen regelmäfsige Jagdart bezeichnen möchte. Ich habe vom Januar bis März 1917 eine sehr gute Gelegenheit gehabt, das Rütteln zu beobachten. Die Hauptbeobachtungsstelle meiner Batterie lag damals am Südrande eines kleines Wäldchens an der Strafse Varennes-Montfaucon; vor mir dehnte sich freies Feld in sanfter Neigung zu einem Wiesental, stieg jenseits des Tales einige hundert Meter sanft an und ward dann durch Hoch- wald begrenzt und abgeschlossen. Auf diesen Feldern hielten sich ständig 2—3 Bussarde auf. Es war mir ein leichtes, die Burschen stundenlang im Scherenfernrohr zu beobachten, sie mir gewissermafsen dicht vor das Auge zu zaubern, in der Ver- srölserung eines Scherenfernrohrs jedes Federchen zu betrachten, jede Bewegung des Kopfes, der Fänge, fast möchte ich sagen 588 Ludwig Schuster: des Auges zu verfolgen. Und das habe ich denn auch gar manches Dutzend mal getan; wir standen damals in der Verdun- offensive, und da zwang mich der Dienst zu stundenlangem Auf- enthalt auf der Beobachtungsstelle. Was hätte ich angenehmeres tun können, als die oft reichlich langweiligen Stunden durch Beobachtung „meiner“ Bussarde auszufüllen? Da habe ich denn das Rütteln, die Fufshaltung im Fluge, beim Auffliegen, im Rütteln beobachtet. Beim Fliegen legt der Bussard bekanntlich die Fänge nach hinten aus; diese Frage ist jetzt hinreichend ge- klärt; ich selbst habe diese Wahrnehmung oftmals bei tro- pischen Raubvögeln, insbesondere bei dem die Schiffe um- schwärmenden Schmarotzermilan gemacht und sie auch beim Bussard durch das Scherenfernrohr immer wieder bestätigt ge- funden. Wenn der Bussard auffliegt, so streckt er, wie wohl auch alle anderen Raubvögel, zunächst die Fänge nach unten und schräg vorn; das hat wohl mit zu der Anschauung beitragen helfen, dafs der Vogel nun die Fänge ganz nach vorn vorschlage; man kaun aber im Scherenfernrohr ganz deutlich sehen, wie sie nach diesem momentanen Schrägvorwärtsstellen nach rückwärts geschlagen und gestreckt werden. Sobald der Bussard nun den Flug durch Rütteln unterbricht, läfst er die Fänge nach unten hängen, breitet den Schwanz fächerförmig aus, drückt ihn eben- falls etwas nach unten und stellt den Körper so, dafs er vom Wind von schräg vorne gefalst wird; niemals sah ich den Vogel beim Rütteln eine andere Stellung gegen den Wind einnehmen; in welcher Richtung er auch flog, jedesmal, bevor er sich zum Rütteln anschickte, drehte er sich erst so, dafs er den Wind schräg von vorne hatte. Auch der Turmfalke jagte oft auf den Feldern vor meinem Beobachtungsstand, und daher habe ich auch bei ihm das Rütteln oft durch das Scherenfernrohr beob- achtet; grundverschieden vom Rütteln des Bussards ist dabei die Erscheinung, dafs der Turmfalke in diesem Augenblick die Beine nicht nach unten ausstreckt, sondern sie an den Leib anzieht. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 259. — Nr. 9, S. 215. — Nr. 16, 8. 409. — Nr, 25, S. 236. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 32, Ss. 12. — Nr. 36, S. 113. — Nr. 48, 8. 283. — N. 63, S. 309. Gebiet B: Nr. 4, 8. 260. — Nr. 9, S. 215. — Nr. 14, S. 112. — Nr, 24. S. 214. Gebiet C: Nr. 13, S. 38. — Nr. 17, 8. 24. 54. Archibuteo lagopus Brünn. Rauhfuflsbussard. Diesen Vogel glaube ich einigemale sicher beobachtet zu haben. So verzeichnet ihn mein Tagebuch vom 10. XII. 16 bei Varennes, vom 12. II. 17 im Airetal (Ostrand der Argonnen), vom 3. III 17 bei Sechault (Champagne), vom 30. X. 17 bei UL LU LIE lU ALL ÖL Zu DL 2 u 2 A a a Du a a a Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 539 Harraumont (Maastal), vom 9. XII. 17 bei Tellancourt (Gegend von Longuyon). Literatur. Gebiet B: Nr. 54, S, 75. T 55. Pernis apirorus L. Wespenbussard. Von mir selbst nicht beobachtet. Wohl Brutvogel. Gebiet A: Nr. 4, S. 261. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 48, S. 283. Gebiet B: Nr. 14, S. 112. () 56. Milvus milvus L. Gabelweihe. Im Argonnen-, Maas- und Woevregebiet mit seinen grolsen Waldbeständen ist die Gabelweihe eine nicht grade häufige, aber auch nicht seltene Erscheinung, die man im Sommer in vielen Gemarkungen des Landes zu sehen bekommt. Im Frühjahr 1915 sah ich die ersten am 5. IIL, im Frühjahr 16 am 11. IIL, im Frühjabr 17 am 1. III. Den Sommer über beobachte ich öfters die. kreisenden spielenden Paare. Unzweifelhaft bietet die Gabel- weihe das schönste Flugbild unter den Raubvögeln; wie oft habe ich mich im Sommer 15 an einem Paar erfreut, das in den Waldungen von Sivry beheimatet war und mir gar manches Mal in hoher blauer Luft seine prächtigen Spiele vorführte,!) während ich auf einer der kurzrasigen Halden lag, das Auge im Blau des Himmels badete und mich dem Stimmungszauber der Stunde hingab. Im August 18 sah ich die Weihe auch bei This (Gegend von Charleville). Auch im Herbst sieht man die Art gelegent- lich durchziehen, so beobachtete ich am 11. IX. 15 8 Stück bei Champigneulles (Ostrand der Argonnen), am 10. X. 16 1 Stück ziehend, desgl. am 21. X. 17 und 15. X. 18. In der Champagne, der Picardie und dem Hennegau habe ich den Vogel nicht gesehen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 261. — Nr. 16, S. 410. — Nr. 27, S. 123. — Nr. 63, S. 309. Gebiet B: Nr. 24, S. 214. 1) Fast dasselbe ästhetisch schöne Bild wie der kreisende Raub- vogel bietet ein in grofser Höhe schwebendes Flugzeug. Wohl fast jeder Kriegsteilnehmer hat mit reinem Wohlgefallen die stählernen Vögel in der Luft kreisen und ziehen sehen und sich an dem hübschen Bild erfreut; je mehr ihrer zusammen waren, umso schöner der Anblick. Selbst als uns im Herbst 1918 in den Kämpfen an der Aisne grolse feindliche Geschwader, 50, 60 bis 80 Stück in Geschwadern vereinigt und geschwaderweise sich in kurzen Abständen folgend, mit einer Un- zahl von Bomben überschütteten, da ist mir doch noch in der Aufregung der Minuten das prächtige Bild, das die Geschwader gleich grofsen Kranichscharen in den Himmel zeichneten, in Augenblickswallungen so zum Bewulstsein gekommen, dafs es mir heute noch frisch vor der Seele steht. 540 Ludwig Schuster: 57. Milvus migrans Bodd. Schwarzer Milan. Nur zweimal kam mir diese Art zu Gesicht; am 15. V. 18 schwebte ein Exemplar über dem Sommetal bei Cappy, und am 10. VIII. 18 revierte ein Stück niedrig über dem Maastal bei Donchery (Sedan). Auch von den anderen Autoren liegen nur Gelegenheitsbeobachtungen vor. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 262. — Nr. 16, S. 410. — Nr. 27.8: 193. Gebiet B: Nr. 9, S. 216. — Nr. 24, S. 214. 1 58. Pandion haliaetus L. Flufsadler. Von Heyder einmal im Frühjahr 17 beobachtet; wohl nur Durchzugvogel. Nr. 27, S. 123. 59. Falco peregrinus Gm. Wanderfalke. Häufig ist dieser edle Vogel keineswegs. Ich babe ihn zum erstenmale am 17. XI. 14 bei Fontaines (Maasgebiet) und dann im Lauf der Jahre nur noch ganz wenig beobachtet. So am 23. IV. 16 ein Pärchen über dem Wald zwischen Montfaucon und Very, das sich in prächtigen Windungen neckte und jagte; am 8. VI. 16 daselbst ein Exemplar, das über den Feldern kreiste und dann plötzlich aus gewaltiger Höhe mit rapidem Sturz und rasend schnell zur Tiefe stiefs. Am 10. X. 16 zog ein Wander- falke niedrig und sehr rasch streichend über die Argonnen weg, er war ohne Zweifel auf dem Zuge. Ebenso sah ich am 21. X. 17 zwei Stück nach Westen streichen und am 10. X. 18 wieder ein Stück. Alle diese Beobachtungen stammen aus dem Gebiet A. So wenig man die Art zu Gesicht bekam (man vergleiche auch die spärlichen Literaturangaben), so war er anscheinend doch häufiger, als man anzunehmen geneigt war; so wurden z. B. im Winter 16/17 der Brieftaubenstation St. Juvin (zwischen Maas und Argonnen) nach Angabe des Wärters ca. 40 Tauben weggefangen; diese Taten dürften in erster Linie den Wanderfalken belasten, wenn auch natürlich die Mittäterschaft des Habichts nicht aus- geschlossen ist. Aufserhalb des Gebietes A habe ich den Wanderfalken noch am 1. VII. 17 im Tal der Semois, dem durch seine landschaft- liche Schönheit berühmten Nebenflufs der Maas, bei Haute Ri- vieres beobachtet; er sals auf einem der hohen Felsen, die das Flufstal einengen. Literatur. Gebiet A: Nr. 16, S. 409. Gebiet B: Nr. 49, S. 170. 60. Falco subbute L.L Baumfalke, Diesem prächtigen Fälkchen bin ich nur sehr selten be- gegnet. Und zwar einmal am 3. VII. 18 in der Nähe von Loup Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 541 Terrier (nordwestlicher Teil des Gebietes A); das andere Mal, am 25. IV. 17, glaube ich einen Baumfalken in der Champagne gesehen zu haber und zwar am Mont Blanc südlich St. Etienne; der Vogel strich aber so rasch über die Baumwipfel weg, dafs seine Identifizierung nicht ganz sicher war. Backmeister rechnet den Baumfalken zu den Brutvögeln des Maas- und Argonnengebietes, und mein Beobachtungsdatum vom 3. VII. 18 darf wohl ebenfalls dahin gewertet werden. Ferner hat Backmeister am 20. und 30. XI. 1916 den Falken in der Champagne bei Juniville beobachtet; dieses Datum erscheint. mir für den Vogel, der mit zu den kälteempfindlicheren Vögeln gehört und deshalb schon im September und Oktober wegzieht, so aufserordentlich, dafs ich hier auf irgendeine untergelaufene Verwechslung schliefsen möchte. Nach den Literaturangaben tritt er in der Champagne öfters auf als im Gebiet A. Büsing nennt ihn für die Gegend von Lille nicht allzuselten. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 262. — Nr. 27, S. 124. Gebiet B: Nr. 4, S. 262. — Nr. 9, S. 216. — Nr. 14, S. 112 ff. — Nr. 24, S. 214. Gebiet C: Nr. 13, S. 38. ‚Gebiet D: Nr. 13, S. 40/1. + 61. Falco regulus Pal. Merlin. Backmeister hat die Art als Ueberwinterer in der Cham- pagne festgestellt (Nr. 4, S. 263). Aus Lothringen erwähnt Stresemann sein winterliches Vorkommen (Nr. 48, S. 282). Böker spricht in Nr. 6, S. 152 von kleinen rotbraunen Falken, die im Winter Jagd auf Lerchen machten; auch hier handelt es sich vermutungsweise um den Merlin und nicht, wie Böker an- nimmt, um den Baumfalken. Büsing hat die Art bei Lille be- obachtet Nr. 13a S. 112. 62. Oerchneis tinnunculu L. Turmfalke. In allen Teilen Ostfrankreichs häufig. Gebiet A: Gewöhnlicher Sommer- und Wintervogel. Im Oktober—Dezember 1914 und im Januar/Februar 1915 beob- achtete ich ihn im Maastal, wo er einzeln oder zu zweien und mehreren die Fluren belebte; mein Tagebuch verzeichnet ihn aus jener Zeit aus einer ganzen Reihe von Gemeinden. Auch die scharfen Frosttage vom 19.—29. XI. 14 verscheuchten ihn nicht. Schon äm 4. II. 15 sah ich ein Pärchen unter hellem Kichern seine Paarunsspiele treiben. Am 22. IV. 15 fand ich bei Sivry an der Maas in einem Rabenhorst, der auf einer frei- stehenden Erle nur 4—5 m hoch stand und zu dem man auf den bis zum Boden gehenden Aesten bequem wie auf einer Leiter hinauf steigen konnte, zwei Turmfalkeneier neben einem Rabenei; am 26. IV. lagen 3 Turmfalkeneier im Horst 542 Ludwig Schuster: am 27. IV. war das Gelege zerstört; in diesem Fall hatte wohl der Falke nach Zerstörung seines eigenen Horstes von dem ver- lassenen Rabenhorst Besitz ergriffen. Ich fand im Laufe des Frühjahrs noch einen weiteren Horst auf einer hohen Pappel an der Maas, in dem die Jungen auch glücklich ausgebracht wurden. Im Herbst und Winter 1915/16 und im Sommer, Herbst und Winter 1916/17 sichtete ich die Art nachweislich meines Tage- buches regelmäfsig, auch in den Monaten Oktober, in dem Back- meister, wohl nur zufällig, sie nicht beobachtet hat. Im Früh- jahr 1916 liefs der Falke schon am 30. I. seinen hellen Paarungs- ruf hören. Im Oktober und November 17 traf ich ihn wieder im Berggelände nordöstlich Verdun, im November und Dezember desselben Jahres in der Gegend von Longuyon und im Januar und Februar 1918 in der Wo&vreebene. In der Champagne trafich den Falken im Sommer 17 eben- falls häufiger an; er ist hier zweifellos Brutvogel. Am 29. V. 17 sah ich ihn noch abends um 915 (Sommerzeit) ein ausgiebiges Staubbad nehmen. Im September und Oktober 18 war er in dem Landstrich zwischen Reims und Suippes sehr häufig. Zwei Stücke, die sich in der Nähe unseres Standes beim Brimont herumtrieben, sah ich am 3. X., einem schönen Tag, fröhliche Flugspiele ausführen; der eine liefs sich aus sehr grofser Höhe wie ein Stein zu Boden bis dicht über den Boden fallen, um dann wieder aufzusteigen. Aus Belgien habe ich den Falken am 16. VI. 18 bei Odomez notiert. Ueber die Art und Weise seines Rüttelns und dessen Unter- scheidung gegenüber dem Rütteln des Bussards habe ich schon oben gesprochen. Ich halte die Turmfalken, die in den Wintermonaten in ° Östfrankreich vorkommen, für zugewanderte und nicht für ein- heimische Vögel. Ich habe meinen Standpunkt zu dieser Frage schon in den vorhergehenden Abschnitten verschiedentlich betont, sodafs ich nicht mehr weiter darauf einzugehen brauche. Am 13. V. 17 sah ich einen Turmfalken mit einer Maus in seinen Fängen niedrig über den Bäumen schweben; er kröpfte seine Beute im Fliegen, wobei er gröfsere und kleinere unregel- mälsige Kreise beschrieb; um jeweils einen Bissen von der Maus abzureilsen, mufste er den Kopf zu den Fängen hinbeugen; so rifs er Stück für Stück ab und verschlang es im Flug. Der Falke entfernte sich allmählich während des Kröpfens aus meinem Gesichtskreis und verschwand schliefslich hinter den Bäumen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 264. — Nr. 11, S. 184/5. — Nr. 16, S. 409. — N. 27, S. 124. — Nr. 32, S. 12. — Nr. 48, 3. 282. — Nr. 63, S. 309. Gebiet B: Nr. 4, S. 264. — Nr. 7, 8. 178. — Nr. 9, S. 216. — Nr. 14, S. 112 f. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, S. 169. — Nr. 52, $. 254. een se ee Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 548 3 Gebiet C: Nr. 9, S. 216. — Nr. 13, S. 38. — Nr. 17, 28: Gebiet D: Nr. 13, S. 40. — Nr. 26, S. 249. — Nr. 33, S. 305. — Nr. 55, S. 241. 63. Asio otus L.L Waldohreule. Im Gebiet A mit seinem grofsen Reichtum an Wald und Feld ist die Waldohreule nicht selten; wenn man sie trotzdem verhältnismäfsig wenig zu Gesicht bekommt, so ist dieses durch ihre ganze Lebensweise bedingt. Am 7. IV. 15 entdeckte ich in der Nähe von Liny an der Maas einen ca. 5 m hoch stehenden besetzten Horst auf einem Feldaborn; der Ahorn stand im Wald- rand, ca. 10 m vom Feld entfernt, und hatte eine freie, nicht durch Nachbarbäume eingeengte Krone. Der Horst war ein alter Rabenhorst und weithin sichtbar; vom Boden aus sah man den brütenden Vogel sehr gut sitzen, und wenn er den Vorüber- gehenden mit aufgerichteten Ohrbüscheln und weit aufgerissenen Augen anschaute, da mufste er unfehlbar die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Im Horst lagen 2 Eier und 2 Jungen, die dicht mit Flaum bedeckt, aber noch blind waren und bei Berührung ein eigentümliches Zwitschern hören liefsen. Das eine Ei war angepickt, das andere erwies sich später als faul. Am 10. VII. war nur noch ein Junges (nebst dem faulen Ei) im Nest; die Alte deckte und kam, als ich zum Horst kletterte, wieder zurück, setzte sich ganz nahe wieder auf einen Baum, kzappte mit dem Schnabel und rief öfters leise „schuhu“. Am 22. IV. war der Horst leer. Ueber einen am 6. IV. 15 bei Sivry an der Maas ge- fundenen Horst habe ich schon in den Ornith. Monatsber. 1916, S. 40/1 berichtet; der Fund wurde mir deshalb besonders wichtig, weil ich an diesem Gelege eine Bebrütung von kaum 3 Wochen feststellte, wäbrend ich vor Jahren in einem Falle eine vier- wöchige Bebrütung nachweisen konnte (s. Zoolog. Beobachter 1903, S. 100). Am v. VI. enthielt der Horst drei Eier, am 21. VI 4 Eier, am 27. VI. 4 blinde Junge von verschiedener Gröfse; die kleinsten waren anscheinend eben erst geschlüpft. Unter der Annahme, dafs das vierte Ei am 6. oder 7. Juni ge- legt wurde, ergiebt sich eine Brutzeit von fast genau 21 Tagen. Als ich am 27. VI. bei dem Horst und den Jungen weilte, kam die Alte herbei, knappte, fauchte und winselte. Auch diese Jungen liefsen ein Zwitschern hören. Am 27. VI. hatten die beiden gröfsereren Jungen halboffene Augen, die beiden kleineren waren noch blind; am 7. VII. war der Horst zerstört. Im Sommer 1916 sichtete ich wiederholt eine Waldohreule in dem kleinen Wäldchen an der Strafse Varennes-Montfaucon, in dem mein Stand lag; den Horst konnte ich nicht auffinden. In den übrigen Teilen von Ostfrankreich habe ich die Waldohreule nicht beobachtet. Ich habe aber keinen Zweifel, 544 Ludwig Schuster: dafs sie insbesondere der Champagne mit ihren vielen Feld- gehölzen als Brutvogel recht zahlreich angehören muls. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 265. — Nr. 32, S. 13. — Nr. 35, S. 40. — Nr. 48, S. 281. — Nr. 63, S. 310. Gebiet B: Nr. 4, S. 265. — Nr. 9, S. 216. — Nr. 14, S. 113. — Nr. 24, S. 214. Gebiet C: Nr. 13, S. 34. Gebiet D: Nr. 13, S. 41. T 64. Asio aceipitrinus Pall. Sumpfohreule, Von mir nicht beobachtet. Von Backmeister bezeugt für das Argonnengebiet (hier sogar Brutvogel), Nr. 4, S. 266, von Sunkel Nr. 54, S. 75, und von Franz für die Champagne nach- gewiesen, Nr. 14, S. 113 £. Otus scps L. Zwergohreule. Heyder (Gebiet A Nr. 27, S. 124) glaubt ihren Ruf ver- nommen zu haben. Nach Franz soll sie laut ihm gewordener brieflicher Mitteilung in dem an die Champagne nördlich an- schliefsenden Gebiet vorkommen (Nr. 14, S. 124); die letztere Notiz schaltet als verwertbar ganz aus, die erstere Be- obachtung erscheint mir zu unsicher, um das Vorkommen des Vogels als zweifelsfrei annehmen zu dürfen; ich habe des- halb die Art nicht durchnummeriert. 65. Syrnium alucoL. Waldkauz. Gebiet A. Den Vogel selber habe ich zwar niemals zu Gesicht bekommen, wohl aber zu Sommers- und Winterszeiten in den Waldungen des Maasgebietes und der Argonnen gar manches liebe Mal seine heulende Stimme vernommen und mich daran erfreut. Der Waldkauz ist ja, ich möchte sagen, ein Heuler von Beruf, ein Vogel, der wie wenig andere die ganze Nacht über sich durch seine Stimme bemerklich macht; ein einziger Vogel kann einen ganzen grofsen Walddistrikt ständig beleben und ge- wissermafsen in Atem halten. Dafs die Art gerade häufig ist, möchte ich bezweifeln, da der Mangel an hohlen Waldbäumen seiner stärkeren Vermehrung hinderlich sein dürfte. In der Champagne habe ich den Vogel nicht verhört; er dürfte in diesem Landstrich wegen Mangels an Althölzern selten sein. In der Picardie und im Hennegau habe ich den Kauz eben- falls nicht beobachtet. Auch die Literatur über ihn ist spärlich. Literatur. Gebiet A: Nr. 27, S. 124. — Nr. 54, $. 75. — Nr. 63, S. 310. Gebiet B: Nr. 9, S. 216. — Nr. 14, $. 113. Beiträge zur Ornitholögie Nordostfrankreichs. 545 66. Athene noctua Scop. Steinkauz. Das Steinkäuzchen ist in ganz Nordostfrankreich und Bel- gien häufig. In allen Orten, in gröfseren Obstgärten, alten Kopf- weiden etc. tritt der muntere Vogel auf. Bald hört man abends im Dämmerlicht seine Stimme, bald sieht man ihn am hellichten Tage umbherstreifen. Nur in der Picardie habe ich das Käuzchen nicht gesehen, aber bei der Kürze der Zeit, die ich dort zuge- bracht habe, ist mir naturgemäfs mancher, sonst auch häufigere Vogel entgangen. Einer bedeutungsvollen Begegnung mit dem Steinkauz entsinne ich mich noch besonders gut. Es war im Herbst 1917, zur Zeit, als meine Batterie an den Nordosten der Front von Verdun zur Abwehr des grofsen französichen Angriffs geworfen worden war. Ich ritt am 19. X. nachmittags mit meinem Burschen durch den Ort Sivry a. d. Maas, der im Laufe der Offensive von den Franzosen durch tägliche ausgiebige Be- schielsungen in einen halben Trümmerhaufen verwandelt worden und von Menschen natürlich geräumt war. Wir eilten im Trab durch die langgestreckte Hauptstralse; denn es war um die Stunde, in der der Franzose mit üblicher Pünktlichkeit seine Feuerüberfälle in den unglücklichen Ort zu setzen pflegte. Ein trüber schwermütiger Herbstnachmittag lag auf dem Land. Laut klapperten die Hufe unserer Pferde in den langen leeren Gassen und weckten in den hohlen Häusern ein dumpfes schau- riges Echo. Kein Lebewesen, das den bedrückenden Eindruck etwas behoben hätte. Doch, eines! Auf dem Schornstein eines halb in Trümmer gesunukenen Hauses sals ein Steinkauz, schnitt uns Grimassen und machte seine höhnischen Bücklinge. Wie der böse Geist des zerstörten Ortes, wie ein Symbol der Ver- nichtung und des Todes kam mir der Vogel in diesem Augen- blick vor, und wenn er jemals seinem Namen als Totenvogel Ehre gemacht hat, so war es hier und jetzt. Ich ritt mit unheimlichen Gefühlen in verschärftem Trab weiter, aber das Bild der Ver- wüstung mit dem Käuzchen als Symbol der Vernichtung habe ich nie vergessen können. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 266.— Nr. 16, S. 409. — Nr. 27, S. 124. — Nr. 63, S. 310. Gebiet B: Nr. 6, S. 154. — Nr. 9, S. 216. — Nr. 14, 8113. — Nr. 24, $. 214. — Nr. 49, S. 170. Gebiet C: Nr. 13, S. 34/36. — Nr. 17, S. 23. Gebiet D: Nr. 13, S. 41. — Nr. 33, S. 305. — Nr. 55, S. 241. 67. Strix flammea L. Schleiereule. Ebenfalls in ganz Nordostfrankreich und im Hennegau ge- mein. Es dürfte kaum einen Ort geben, in dem man abends ihr Schnarchen nicht hört. Selbst in dem gänzlich zerstörten Ort Very (zwischen Maas uud Argonnen), in dem so gut wie kein Stein mehr auf dem anderen stand, hörte ich ihre Schnarchtöne 546 Ludwig Schuster: am 2. IV. 1916; am 27. IV. trieb ich in der Nähe dieses Ortes eine Schleiereule auf, die in einem kleinem von Efeu umsponnenen Bäumchen in einer Feldhecke safs; und am 2. V. machte ich sie wieder in der Nähe des Ortes im Feld unter einem Apfelbaum hoch. Der Vogel hielt in treuer Anhänglichkeit an seinem alten Heim fest, wenn es ihm auch kaum noch Wohnung bieten konnte. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 267. — Nr. 27, S. 124. — Nr.'63,°8.,8310. Gebiet B: Nr. 4, 8. 267. — Nr. 6, S. 154. — Nr. 9, S. 216. — Nr. 14, S. 113 f£. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, S. 170. Gebiet C: Nr. 9, S. 216. — Nr. 13, S. 34. Gebiet D: Nr. 13, S. 41. — Nr. 55, 8. 241. 68. Ouculus canorus LL Kuckuck. In allen Teilen Nordostfrankreichs und im Hennegau gemein. Gebiet A. 1915 hörte ich seinen Ruf am 13. IV.; 1916 schon am 3. IV.!); doch wurde der Vogel erst gegen den 20. IV. zahlreicher. Den Sommer 1916 über trieben sich Tag für Tag 1 bis 2 Stücke in dem kleinen Feldwäldchen umher, in dem mein Unterstand lag, und da ich hier in dem Eingang des im Boden versenkten Standes einen guten Platz zum Beobachten hatte, so habe ich die Vögel oft aus nächster Nähe belauschen können und mich oftmals an dem merkwürdig klingenden hei- seren „Lachen“ erfreut. Der Kuckuck ist, wie ich fast tag- täglich feststellen konnte, bis in die tiefste Dämmerung tätig und rege, und da er schon um 12 Uhr nachts mit seinem Ruf wieder anfängt, so mufs er mit erstaunlich wenig Schlaf aus- kommen können. Am 12. VII. 16 brachte man mir einen jungen Kuckuck, der einem Nest im Schützengraben, angeblich einem Zaunkönignest, das hinter der Reisigbekleidung der Grabenwand gestanden hatte, entnommen worden war. Ich schätzte das Alter des Kerlchens auf 15—18 Tage. Er war ein aufserordentlich zornwütiger Geselle und setzte sich gegen jeden, der sich ihm näherte, sofort in Angriffsstellung; er legte sich in solchen Augenblicken auf den Bauch, bog den Kopf nach rückwärts ge- gen den Rücken hin und sträubte Hals- und Kopffedern, sodals ein richtiger Federkragen den Schnabel und die glänzenden Augen umgab; dabei half die Wellenzeichnung auf Kopf- und Kehlfedern, die als konzentrische Kreise den Mittelpunkt, Augen und Schnabel, der halb geöffnet den orangeroten Schlund auf- leuchten liefs, umgab, das Schreckbild erst recht wirkungsvoll machen. Beim Angriff wurde der Kopf vorgeschleudert, der Rachen weit geöffnet. Als er etwas älter wurde, änderte sich auch die Art seiner Abwehrstellung; er blieb jetzt stehen, 1) Stresemann beobachtete 1915 u. 1916 schon im März je einen Vorläufer. u See. En ee ee Bieten Mi Eee ee ee Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 547 lüftete ein wenig die Flügel und sträubte Kopf- und Kehlfedern, aber nicht mehr so stark wie früher, wenn er die liegende Abwehrstellung einahm; der Kopf wurde auch nicht mehr nach rückwärts gebogen, sondern im Gegenteil etwas gesenkt und drobend hin und her bewegt, ähnlich wie dies eine gereizte Eule zu tun pflegt. Im allgemeinen und besonders im Hüpfen errinnerte mich seine Kopfform aufserordentlich an die Form des Hühnerkopfes. Der Vogel hatte ein sehr starkes Flüssig- keitsbedürfnis, woran die ihm verabfolgte ausschliefsliche Fleisch- nahrung Schuld gewesen sein mag; beim Trinken hob er nicht den Kopf, um das Wasser in den Schlund rinnen zu lassen, sondern er hielt seinen Schnabel im Wasser und „schmeckte“ die Flülsigkeit gewissermafsen in sich hinein. Leider entfloh mir der Vogel uach einiger Zeit. In der Champagne, wo die Art auch häufig war, hörte ich erst am 28. IV. seinen Ruf (ich kam damals fast nicht aus der Batterie weg, sodafs ich keine Beobachtungsmöglichkeit hatte, deshalb ist das Beobachtungsdatum auch nicht mafsgebend) und am selben Tag vernahm ich ihn im Frühjahr 1918 an der Somme. Im Wald bei Basecles (Hennegau) war er besonders häufig; hier fand ich an einer den Wald durchziehenden Strafse am 5. VI. ein Goldammernest mit 3 Eiern; am 7. VI. lag unter dem Nest im Graben ein zerbrochenes Ei von etwas abweichender Färbung, wahrscheinlich ein Kuckucksei; am Nest selber, bzw. in den Dornen des sehr dichten Heckenrosenstrauches, in dem das Nest stand, hingen 2 Bauchfedern des Kuckucks. Sollte der Gold- ammer das fremde Ei aus dem Nest herausgeworfen haben ? Literatur. Gebiet A: Nr 4, S. 270. — Nr. 16, S 409. — Nr. 27, S. 124. — Nr. 48, S. 279. — Nr. 63. S. 310. Gebiet B: Nr. 6, S. 154. — Nr. 9, S. 217. — Nr. 14, BEL HNT. 24,78, 214, Gebiet C: Nr. 6, S. 153. — Nr. 9, 8. 217. — Nr. 13, S. 36. — Nr. 17, S. 23. Gebiet D: Nr. 26, S. 248. — Nr. 55, 8. 241. 69. Jynz torquilla L. Wendehals. Im Argonnen- und Maasgebiet ist er ein spärlicher Vogel; meine Beobachtungen decken sich hier ganz mit denen von Backmeister. Welche Ursachen hieran Schuld haben, entzieht sich meiner Kenntnis; bei dem ausgedehnten Obstbau, der vielerorts getrieben wird und durch den naturgemäls viele Höhlen vorhanden sind, sollte man sein stärkeres Auftreten ver- muten dürfen. 1915 hörte ich am 26. IV. zum ersten Mal seinen Ruf bei Vilosnes; bier habe ich ihn dann im Laufe des Sommers noch öfters festgestellt. 1916 hörte ich ihn erst- malig am 25. IV. und traf ihn in diesem Jahr etwas häufiger in den Obstfeldern, die sich um das Dorf Cornay an den Argonnen hinziehen. 548 Ludwig Schuster: In der Champagne, der Picardie und dem Hennegau habe ich die Art nicht beobachtet; einer planmäfsigen Durchforschung des Gebietes stand eben das Kriegswerk immer hinderlich im Wege. Häufig scheint er auch hier nicht zu sein, wie die spär- lichen Literaturangaben vermuten lassen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 271. — Nr. 27, S. 124. — Nr. 48, S. 281. — Nr. 63, S. 310. Gebiet B: Nr. 14, S. 113. Gebiet D: Nr. 17, S. 23. T 70. Dryocopus martius L. Schwarzspecht. Stresemann hat die Art noch auf französischem Boden am Fuls der Vogesen beobachtet Nr. 48, S. 280. Sonst scheint die Art in Ostfrankreich gänzlich zu fehlen. Gerlach will sie einmal am 3. Xl. 17 bei St. Germainmont (Champagne-Aisnetal) beob- achtet haben (No. 24, S. 214); wenn hier, wie ich vermuten möchte, kein Beobachtungsfehler vorliegt, so würde es sich um einen ganz aulserordentlichen Fall des Vorkommens handeln. 71. Denprocopos major pinetorum Brehm. Gr. Buntspecht. Gebiet A: Der grofse Buntspecht ist zwar ein keineswegs seltener Vogel, aber doch erreicht seine Bestandsziffer durchaus nicht diejenige Höhe, auf der sie sich in den mitteldeutschen Wal- dungen hält. Ich suche den Grund für diese Erscheinung in der verschiedenen Bewirtschaftungsweise der deutschen und fran- zösischen Waldungen. Während dort der hochstämmige Wald vorherrscht, in dem die Lebensbedingungen für den Buntspecht günstig sind, treibt der französische Forstwirt einen kombinierten Mittel- und Niederwaldbetrieb, d. h. unter dem Oberbestand be- findet sich meist ein Unterbestand zum Zwecke der Brennholz- gewinnung und Bodenbedeckung; der Oberbestand steht weit- maschiger bei meist tieferem Kronenausatz, der Unterbestand er- reicht mit der Spitze seiner Gerten und Stangen oft den Kronen- ansatz des Oberbestandes. Ich vermute, dafs diese Waldbeschaffen- heit dem Specht weniger zusagt, da sie seine Bewegungsfreiheit hindern dürfte. Die französischen Rotspechte schienen mir be- deutend scheuer zu sein als ihre Genossen im deutschen Wald; es war wirklich sehr schwer, sich an ein Stück schufsgerecht anzuschleichen, und so habe ich denn auch nur zwei Exemplare erlegen können; ich war im Winter 18/19 gelegentlich eines Aufenthaltes im Vogelsberg geradezu überrascht, wie vertraut der Vogel hier war. In der Champagne fehlt die Art ebenfalls nicht, wenngleich sie hier infolge Mangels an Althölzern recht spärlich auftritt, z. T. sogar direkt selten ist und auf grofsen Strecken infolge des Fehlens von Wald überhaupt nicht vorkommen dürfte. Etwas häufiger fand ich sie in den Galeriewaldungen der Aisne. Auch Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs, 549 in dem Gelände südlich der Vesle, das viele Feldgehölze aufzu- weisen hat, beobachtete ich diesen Specht bei Sapicourt. In der Picardie traf ich den Rotspecht an den Pappeln der Somme. Im Hennegau habe ich die Art zwar nicht be- obachtet, doch wird sie dem Gebiet nicht fehlen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 271. — Nr. 16, S. 409. — Nr, 27, S. 124. — Nr. 28, S. 12. — Nr. 30, 8. 16. — Nr. 48, 280. — Nr. 63, S. 310. S Gebiet B: Nr. 4, S. 271. — Nr. 14, 8. 113. — Nr. 24, 214 Gebiet C: Nr. 13, S. 36. — Nr. 17, S. 23. Gebiet D: Nr. 26, S. 248. 72. Dendrocopos medius L. Mittelspecht. Fast vier Jahre lang habe ich nach dem Mittelspecht Aus- schau gehalten; immer umsonst. Im ganzen Gebiet A, in der Champagne, der Picardie war der Vogel nicht vertreten. Ich bin stets jedem Spechthämmern nachgegangen, mit in erster Linie, um den Mittelspecht festzustellen, und darf daher wohl sagen, dals die Art in Ostfrankreich zum mindesten sehr selten ist. Auch die anderen Beobachter erwähnen sie nicht (Stresemann hat den Vogel einmal in Lothringen auf deutschem Boden be- obachtet). Ich selbst traf die Art endlich im Hennegau an und zwar im Wald bei Basecles; hier trieb sich auf einem Schlag, auf dem zerstreut noch Eschen, Pappeln u. s. w. standen, am 14. VI. ein recht scheues Pärchen herum, am 16. VI. beobachtete ich es daselbst noch einmal, 73. Dendrocopos minor hortorum Brehm. Kleinspecht. Der Zwergspecht ist gewils nicht gerade selten in Ostfrank- reich, er ist aber noch viel weniger ein häufiger Bewohner dieses Landstriches. Ich habe ihn im grofsen und ganzen nur recht wenig zu Gesicht bekommen. Gebiet A. In den Obst- gärten bei Cornay sah ich ein Exemplar am 2. IV. 16 an seiner Höhle zimmern. Die von der Art herrührenden Höhlen bemerkte ich öfters in den Obstbäumen. Auch in dem nordwestlichen Aus- läufer dieses Gebietes stellte ich die Art fest. In der Champagne schofs ich im Herbst 1918 im Wald bei Coucy ein Weibchen. In der Picardie jagte ich im Frühjahr 1918 vergeblich auf ein Pärchen, das sich an den Pappeln der Somme bei Mericourt herumtrieb. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 274/5. — Nr. 16, 8. 409. — Nr. 28, S. 14. Gebiet B: Nr. 4, 8. 274. — Nr. 9, 8. 217. — Nr. 24, 8. 214. — Nr. 54, 8. 75. Journ, ft, Om. LXIX, Jahrg, Oktober 1821, 36 550 Ludwig Schuster: 74. Picus viridis L Grünspecht. Dieser Vogel ist im allgemeinen in ganz Nordostfrankreich und in Belgien nicht selten. Im Gebiet A habe ich eine ganze Reihe von Ortschaften und Daten verzeichnet, bei und an denen ich dem Grünspecht begegnet bin, bald einzeln, bald zu zweien, je nach der Jahreszeit; am 3. IX. 15 traf ich in der grofsen Pappelallee, die von Grand Pr& nach St. Juvin führt, gleich eine ganze Anzahl. 1915 hörte ich am 4. Il., 1916 ebenfalls Anfangs Februar zum ersten Male seine jauchzende Stimme erschallen; auch an schönen Herbsttagen dringt der fröhliche Ruf hallend durch Feld und Wald. In der Champagne bin ich dem Grünspecht ebenfalls begegnet, wenn auch nicht so oft wie in der vorhergehenden Zone; in den Waldungen zwischen Juniville und Machault, zwischen Machault und la Neuville habe ich ihn öfters vernommen. Im Herbst 1918 traf ich ihn ziemlich zahlreich im Gebiet zwischen Reims und der Aisne. Und im Sommer 18, als wir südlich der Vesle standen, kam er mir in dieser Gegend, die mit vielen Feldgehölzen geschmückt ist, recht häufig zu Gesicht. Im Hennegau habe ich ihn im Park von Beloeuil und im Wald bei Basecles festgestellt. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 276. — Nr. 9, S. 217. — Su 16, S. 408. — N. 27, S. 124. — Nr, 48, S. 280. — Nr. 63, . 310. Gebiet B: Nr. 4, S. 277. — Nr. 9, S. 217. — Nr. 14, 8. 113. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, S. 169. Gebiet C: Nr. 13, S. 36. — Nr. 17, S. 23. , Gebiet D: Nr. 13, S. 40. — Nr. 26, S. 248. — Nr. 33, S. 305. — Nr. 55, 8. 241. T 75. Picus canus viridicanus Meyer u. Wolf. Grauspecht. Diesen Specht habe ich niemals beobachten können. Ich habe fast jeden Grünspecht, den ich sah, mit dem auf allen Gängenmitgeführten vortrefflichen Artillerieglas genau betrachtet, um ja nicht ev. einen Grauspecht zu verpassen; doch alles ver- gebens.. Nur Gengler erwähnt sein Vorkommen als positiv, Böker vermutet dasselbe in der Champagne. Auf alle Fälle wäre der Vogel überaus selten; denn er ist sonst keinem der vielen Beobachter begegnet. Literatur. Gebiet A: Nr. 16, S. 409 (bezieht sich eigent- lich nicht mehr auf Ostfrankreich, da dieser von Gengler mitge- teilte Beobachtungsort schon auf belgischem Boden nahe der französischen Grenze liegt). Gebiet B: Nr. 9, S. 217 (nur Vermutung, keine positive Beobachtung). Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 551 Gebiet C: Nr. 17, S. 23 (der von Gengler mitgeteilte Fall der Beobachtung). 76. Alcedo ispida L. Eisvogel. Findet sich an jedem gröflseren Gewässer vor. An der Maas, Aire, Aisne, Chiers, Semoy im Gebiet A, an der Aisne im Gebiet B habe ich den prächtigen Vogel vielerorts festgestellt. Ich schätze die Stärke seines Auftretens etwa derjenigen gleich, _ die aus Mittel- und Westdeutschland bekannt ist. An der Somme habe ich den Vogel nicht getroffen, doch sind die Stunden, die ich an diesem Flufs verbrachte, viel zu kurz gewesen, als dafs ich daraus auf die Stärke seines Auftretens schliefsen dürfte. Im Hennegau habe ich ihn ebenfalls nicht gesehen, hier mag der Mangel an grölseren Gewässern lokal sein Nichtvorkommen be- dingen. Am 7. I. 15 sah ich einen in der Maas fischen- den Eisvogel, der mehrmals, aber jedesmal vergeblich ins Wasser sties. Am 14. VII. 16 schwirrte abends im Dämmerlicht dicht über den Boden fliegend ein Eisvogel vor meinem Stand vorbei und eilte ins Tal, das sich einige hundert Meter von uns ent- fernt hinzog; er kam von Norden und mufste vom nächsten Bach aus immerhin ca. 2 km über Land und über einen nicht allzu schwachen Höhenrücken hergeflogen sein. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 277. — Nr. 16, S. 408. — Nr. 48, S. 279. — Nr. 57, S. 74. — Nr. 63, S. 310. Gebiet B: Nr. 4, S. 277. — Nr. 9, S. 217. — Nr. 14, S. 113 f. — Nr. 19, S. 138, 143. — Nr. 24, S. 214. — Nr. 49, S. 169. — Nr. 57, S. 74. Gebiet C: Nr. 17, S. 23. Gebiet D: Nr. 13, S. 43. — Nr. 33, S. 304. — Nr. 55, S. 240. 77. Upupa epops L. Wiedehopf. Im Gebiet A ist der Vogel nicht gerade selten; er scheint mir häufiger zu sein, als man aus dem Stillschweigen, mit dem die meisten Beobachter den Vogel übergehen, annehmen könnte. In Friedenszeiten dürfte ihm die landesübliche Weidewirtschaft, bei der das Vieh den ganzen Sommer über draufsen in den Fenzen verblieb, eine unversiegbare Quelle der Ernährung ge- schaffen haben. Sowohl in der Maas- wie in der Argonnen- und Woevregegend habe ich die Art beobachtet; am Ostrand der Argonnen habe ich in den grolsen Obstplantagen im Mai 1916 gar manches liebe Mal seine Stimme vernommen, wenn ich in den frühen Morgenstunden am Steilhang der Berge safs und meinen Blick entzückt über das prächtige Landschaftsbild schweifen liefs. In der Champagne scheint mir der Wiedehopf ebenfalls nicht gerade selten zu sein. Hier habe ich den Vogel in den 36* 552 Ludwig Schuster: Kiefernwaldungen bei St. Etienne und ferner bei meiner Batterie St. Marie oftmals rufen hören. Und als wir am 15. VII. 1918, dem Tag der verunglückten Champagneoffensive unseligen Ange- denkens, wieder in der Champagne südlich St. Souplet lagen, da kam plötzlich vormittags ein Wiedehopf, ganz kopflos und verrückt vor Schreck und Furcht durch das himmel- und erder- schütternde Donnern aus hunderten von Geschützen, über meine Batterie weggeflogen und warf sich in eigentümlichem zuckendem Flug in das benachbarte Birkengebüsch. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 277. Gebiet B: Nr. 14, S. 113, 115. — Nr. 24, S. 214. 78. Coracias garrulu L. Blauracke, Diesen prächtigen Vogel habe ich einmal am 8. VI. 1915 beobachtet. Der Vogel safs an der von Vilosnes nach Liny a. d. Maas führenden Strafse auf dem Telegrafendraht; es handelte sich zweifellos um ein durchziehendes Exemplar; der Vogel kam später nicht mehr zur Beobachtung. 79. Caprimulgus europaeus L.L. Nachtschwalbe. Im Gebiet A und B habe ich die Nachtschwalbe öfters be- obachtet, sodafs ich sie einen nicht gerade seltenen, allgemein verbreiteten Vogel glaube nennen zu dürfen. So beobachtete ich die Art im Sommer 1915 im Wald bei Harraumont a. d. Maas, im Argonnenwald und bei Chatel (Ostrand der Argonnen), die Sommermonate 1916 über Öfters in dem Wäldchen an der Stralse Varennes-Montfaucon, in dem mein Stand lag, und dann im Sommer 1918 im nordwestlichen Teil des Gebietes bei This. In der Champagne begegnete ich ihr im Juni und Juli 1917 im Kiefernwald zwischen Pont Faverger und Moronvilliers, und am 2. VIII. 1918, als wir nach den Rückzugskämpfen zwischen Vesle und Marne in das Etappengebiet zurückmarschierten, trieb ich sie im Buschwald von Pont Faverger auf. In der Picardie und im Hennegau habe ich die Art nicht gesehen. Literatur. Gebiet A: Nr. 48, S. 279. — Nr. 63, S. 310. Gebiet B: Nr. 6, S. 154. — No. 9, S. 217. 80. Cypselus apus LL Mauersegler. Gebiet A: Im Frühjahr 1915 sah ich die ersten am 24. IV. im Frübjahr 1916 am 20. IV.; in diesem Jahr war der Wegzug schon Ende Juli erfolgt. Im Sommer 15 und 16 sah ich den Vogel eigentlich überall, in allen Ortschaften. Backmeister er- wähnt ihn nur von Grand Pr6 als sicheren Brutvogel; ich habe ebenfalls in meinem Tagebuch unterm 30. IV. 16 vermerkt: zahlreich in Grand Pre. Aber ich wülste eigentlich keine Ort- schaft, in der man den Segler nicht umherschwärmend und abends Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 553 um die Türme sausend angetroffen hätte; obwohl ich niemals genauer nachgeforscht habe, ob er jeweils in all diesen Orten auch bıüte, so nahm ich dies doch als ganz selbstverständlich au; auf den Kirchtürmen von Dun, Vilosnes, Cornay, Chatel, Grand Pr& brütet er ganz bestimmt. Im Herbst 1917 sah ich die letzten am 21. VIII, 5 Stück, die nachmittags durch den heiteren Himmel nach Westen stürmten; ich lag damals bei Etain. Im Frühjahr 17 lag ich in der Champagne und sah die ersten Segler am 24. IV. im Dorf Machault; in diesem Ort hat er, wie ich bestimmt glaube, auf dem klotzigen Kirchturm ge- brütet. Die anderen Beobachter bezeichnen ihn für die Cham- pagne als selten, Franz sogar als fehlend; diese letztere Angabe ist natürlich unrichtig. In der Picardie sah ich die ersten am 3. V. bei La Motte. Ueber die Stärke seines Auftretens habe ich keine Angaben gemacht. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 277. — Nr. 27, S. 124. — Nr. 48, S. 278. — Nr. 63, $. 310. Gebiet B: Nr. 7, S. 178. — Nr. 8, S. 104. — Nr. 9, S. 217. — Nr. 14, S. 113 (wird als fehlend bezeichnet, ist natür- lich falsch), Nr. 24, S. 213. — Nr. 52, S. 254. Gebiet C: Nr. 6, 8. 153. — Nr. 9, S. 217. — Nr. 13, 537 Nr: \17,:8.:23: Gebiet D: Nr. 55, S. 240. 81. Hirundo rustica L. Rauchschwalbe. Ein in allen Landesteilen häufiger Vogel. Im Gebiet A kamen im Frühjahr 1915 die ersten Rauchschwalben schon am 26. 1II. an; an diesem Tag sah ich 5—6 Stück über der Maas nach Futter jagen. Im Frühjahr 16 beobachtete ich die ersten am 1. IV.; bis gegen den 20. IV. blieb die Art immer noch recht vereinzelt und erst von diesem Zeitpunkt ab trat sie zahlreich auf. Noch am 2. VIII. traf ich in Very in einem Nest Junge in einem anderen 4 Eier, am 13. VIII. in einem Nest kleine, in einem anderen halbflügge Junge. Im Frühjahr 1917 sah ich die Rauchschwalben erst am 13. IV. in der Champagne. Möglich, dafs der damals so über- aus Jange Nachwinter die Wanderer so lange zurückgehalten hatte; da ich aber in jenen Wochen dauernd an meine Batterie gebunden und in der Beobachtungsmöglichkeit sehr beschränkt war, so ist es auch möglich, dafs die ersten Vögel schon etwas früher ihren Einzug gehalten hatten und von mir übersehen worden waren. In jenem Sommer nisteten zwei Pärchen in meiner Feuerstelluug in St. Marie; das eine baute sich unter einer der aus Eisenschienen gebauten Geschützdeckungen, das zweite unter dem vorspringendem Balken eines Unterstandsdaches an. Das erste Paar hatte am 26. V. sein Nest soweit fertig, dals es 554 Ludwig Schuster: Federn eintragen konnte, das zweite war noch mit dem Aufbau aus Lehm beschäftigt. Besonders das Pärchen unter der Ge- schützdeckung hatte einen schweren Stand; man mufs wissen, dafs das Geschütz unter einer Art Halle steht, unter der „Deckung“, und dafs naturgemäfs unter ihr der Abschuls in seiner vollen Wucht gefühlt wird. Mir ist es oft ein Rätsel gewesen, dafs die Schwalbe gerade diesen Platz zum Nisten auserkor. Im Frühjahr 1918 kamen in der Picardie die ersten Rauch- schwalben am 7. IV. an, am 14. IV. beobachtete ich sie dann zu mehreren über der Somme. Der Vogel ist in der ganzen Picardie häufig. Ebenso im Hennegau. Man sieht in Ostfrankreich recht oft Stücke mit mehr oder weniger rostroter Unterseite; namentlich ist mir die Häufigkeit dieser Farbenabänderung in der Champagne aufgefallen. Ueber den Herbstzug der Rauchschwalbe habe ich in den Zugschilderungen der Jahre 1916—1918 berichtet. Der Zug der Schwalben geht, wie ich schon früher betont habe, direkt nach Süden, höchstens einmal nach Südsüdwest im Gegensatz zu der Zugrichtung der anderen Vögel, die ebenso ausgesprochen nach Südwest oder West führt. Stets kreuzt die Zugbahn der Schwalben die der anderen Vögel unter einem spitzen Winkel. Diese Be- obachtung stimmt mit den Ergebnissen der Ungarischen Ornith. Zentrale über die Jahresbesiedlung Ungarns durch die Schwalbe. Rauch- und Hausschwalben scheinen sehr unempfindlich zu sein gegen das Krachen der einschlagenden Geschosse oder den dröhnenden Abschufs der Geschütze. Das Nisten unter einem meiner Geschützstände erwähnte ich schon; in St. Marie selber nisteten im Sommer 1917 Dutzende von Pärchen, obwohl dieser Ort täglich unter einem oft geradezu unerträglichen Feuer lag; ich habe es erlebt, dafs St. Marie an einem Nachmittag von mehreren feindlichen Batterien mit ca. 1000 Schufs schweren Kalibers bepflastert wurde; das tat aber den Schwälbchen weiter gar nichts; sie flogen während der Dauer der Beschielsung mit einer beneidenswerten Ruhe ruhig ihrer Nahrung nach, über und seitlich des Dorfes, und wenn die Kanonade vorbei war, so waren sie wieder an ihrem Heim. Mancher Bau mag dann wohl in die Brüche gegangen sein wenn die noch stehenden Ruinen unter dem Feuer einstürzten. Dals der ohrenzerreifsende Knall der krepierenden Geschosse den Eiern schädlich wird, glaube ich nicht; man behauptet ja bekanntlich, dafs heftige Geräusche in der Nähe brütender Enten, Hühner etc. einen schädigenden Ein- flufs auf den Embryo haben und ihn zum Absterben bringen sollen. Ich habe in St. Marie den Ausfall der Bruten nicht mehr beobachten können, da wir am 12. VI. weiter westwärts in die Champagne zogen, Ich weils aber aus einer Reihe von Fällen, dafs die, ich möchte sagen, höchste Summierung des Lärms, wie sie sich in dem Krepieren eines Geschosses ausdrückt, die die Luft in fühlbaren Stöfsen prefst und treibt und den Boden er- N A nn ee ec ee Te ee Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 555 zittern läfst, den Eiern nichts geschadet hat, sondern dafs die Gelege der Nester, die in Batterien, Schützengräben, stark be- schossenen Ortschaften standen, ebenso gut gezeitigt wurden wie die im einsamsten stillen Gehöft. Noch etwas hat mich bei den Haus- und Rauchschwalben aufserordentlich sympathisch berührt; das ist ihre rührende An- hänglichkeit an ihre alte Heimat. Wenn auch immer ihre Dörfer und Gehöfte zerstört waren, wenn Artilleriefeuer und Feuer- brünste die ehemaligen Wohnstätten der Menschen in Trümmer gelest und in Ruinen verwandelt hatten, wenn buchstäblich keine Wand mehr auf der anderen stand — die Schwaiben kehrten doch zu ihrer alten Heimat zurück und fanden immer wieder ein Plätzchen, an dem sie ihr Nest anbringen konnten, und wenn sie auch mit elenden Kellerlöchern vorlieb nehmen mulsten. Das war so an der Front von Verdun, in der Champagne, an der Aisne, überall wo der Krieg gewütet hatte, wo ein zerstörtes Dorf lag. Führwahr, für mich bedarf es keines Ringexperiments mehr, um mir zu beweisen, dafs die Schwalben stets wieder in ihre alte Heimat zurückkehren; da draulsen die Schwalben der zer- störten französischen Dörfer haben mich gelehrt, dafs der unbe- wulste Drang zur Heimat nicht des Menschen Brust allein durch- zittert. Oh, wie oft bin ich an schönen Maientagen oder an warmen Junimorgen, wenn ich zu meiner Batteriestellung ging, durch die Trümmer des zerstörten Very gewandert; und da zwitscherten die Schwalben, hier eine von den letzten Trümmern des Fensterbogens herab, dort die andere von dem gespensterhaft aufragenden brandgeschwärzten Mauerrest, da die dritte von dem zerfetzten Dachgiebel — zwitscherten, ach so fröhlich und anheimelnd ihr Liedchen, jagten und neckten sich, ganz so unbe- kümmert wie einst, als noch betriebsame fleifsige Menschen hier wohnten, litten, hofften und glücklich waren, Kinder in fröhlichem Lärm durch die abendlichen Gassen jagten und Mutterliebe ihre Schritte bewachte. Und heute? Gestorben, verdorben, ver- modert im Feld, in alle Winde zerstreut, jede Spur verwischt, niemant mehr, der zurückkommt ... „doch die Schwalbe singt, doch die Schwalbe singt Im Dorf wie einst.“ Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 278. — Nr. 11, S. 183. — Nr. 16, S. 408. — Nr. 27, S. 124. — Nr. 48, S. 277. — Nr. 63 Ss. 311. Gebiet B: Nr. 9, S. 218..— Nr. 14, S. 113. — Nr. 22 S. 132. — Nr. 24, S. 213. — 41, S. 174. — Nr. 52, S. 254. — Nr. 56, S. 17. Gebiet C: Nr. 6, S. 153. — Nr. 9, S. 218. — Nr. 13, 81:37: — Nr. 117,.8.,22, =: Nr./22, 8. 132. Gebiet D: Nr. 26, S., 249. — Nr. 33, S. 299, 301. — Nr. 55, S. 240. 556 Ludwig Schuster : 82. Riparia riparia L. Uferschwalbe. Ich habe die Uferschwalbe ın ganz Nordostfrankreich und in Belgien beobachtet. Allerdings in wechselnder Stärke je nach Landesteilen. Im Gebiet A ist die Uferschwalbe verhältnismäfßsig selten ; der schwere feuchte Lehmboden, in dem die Ausarbeitung der Nisthöhlen Schwierigkeiten begegnen mag, scheint die Häufigkeit ihres Auftretens zu beeinträchtigen. Im Maastal sah ich am 8. V. 15 eine leerstehende Kolonie. Ende Mai beobachtete ich einige Pärchen mehrere Tage lang in einem verlassenen Stein- bruch bei Vilosnes, die anscheinend zum Nestbau schreiten wollten, plötzlich aber wieder verschwanden. Im Jahre 1916 stellte ich am 30. IV. eine gröfsere Kolonie in der Nähe von Grand Pre am Ufer der Aire fest; die alten Vögel flogen leb- haft ab und zu. Noch sei einer Beobachtung aus dem Tal der Semoy Erwähnung getan, wo ich im Juli 17 einen Trupp bei Haulme& über der Semoy nach Futter jagen sah. In der Champagne ist die Art häufig. Gerade die Ufer- schwalbe scheint mit zu denjenigen Vögeln zu gehören, die durch die Bodenbeschaffenheit, also letzten Endes durch die geologische Formation in ihrer Verbreitung und der Stärke ihres Auftretens besonders stark beeinflufst werden. Das Argonnen-, Maas-, Woövregebiet vermag unseren Vogel, wie schon gesagt, durch die Schwere des Bodens oder richtiger ausgedrückt durch die Schwierigkeit der Bodenbearbeitung nicht anzuziehen. Umsomehr aber das Champagne-Kreidegebiet mit seinen Sandböden, in denen die Uferschwalbe allenthalben die geeignetsten Plätze zur Anlage ihrer Bruthöhlen findet ; dementsprechend habe ich den Vogel im Sommer 17 während meines Aufenthaltes in der Cham- pagne an einer ganzen Reihe von Plätzen festgestellt. Die ersten sah ich am I. V. in St. Marie a& Py, in dessen Trümmern ich damals mit meiner Batterie lag; hier versuchte Anfangs Mai ein Pärchen etwa 4 m vom Eingang meines Stollens entfernt zu nisten; durch das Hineintreiben der Batterie- und Unter- stände in den Grasrain waren steile Abstiche entstanden, in deren Sande das Pärchen seine Brutröhre ausarbeitete. Wir lagen aber in jenen Tagen unter dem schwersten, der Batterie viele blutige Verluste bringenden Zerstörungsfeuer, das der Gegner mit Fliegerbeobachtung auf meine Batterie legte; und da hatte denn leider auch unser Schwälbchen Unglück; bei einer der Be- schiefsungen drang eine schwere Granate in das Stück des Rains, in dem das Nest stand, und liefs den ganzen Rain einstürzen. Dieses Pärchen hat merkwürdigerweise ganz allein zu nisten versucht, die nächsten Paare wohnten erst gut eine Viertelstunde Weges entfernt. Im ganzen Tal der Py, von Somme Py bis St. Souplet waren überall kleine Trupps angesiedelt. Ich stellte ferner noch gröfsere Kolonien bei St. Clement, Bäth£niville, Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 557 St. Masmes uud Perthes fest; und im Sommer 1918 eine be- wohnte Kolonie bei Cauroy und am 24. X. eine leerstehende bei St. Fergeux. In der Picardie sah ich am 12. V. eine besetzte Kolonie bei Bray. Im Hennegau nistete die Art in einigen kleinen Kolonien in den verlassenen Steinbrüchen in der Umgebung von Bas£cles. Am 10. VI. brütete die Mehrzahl. Ich habe hier zum ersten und wiederholten Male gesehen, dafs die Vöglein sich zum Aus- ruhen auf die Telegraphendrähte setzten. Literatur. Gebiet A: Nr. 54, S. 75. — Nr. 63, S. 311. Gebiet B: Nr. 9, S. 218. — Nr. 14, S. 113. — Nr. 24, S. 213. — Nr. 54, S. 75. — Nr. 56, 8. 17. Gebiet C: Nr. 13, S. 37. — Nr. 17, S. 22. Gebiet D: Nr. 33, S. 301. Delichon urbica L. Hausschwalbe. Die Mehlschwalbe ist ebenfalls in allen Teilen Ostfrankreichs und in Belgien ein gewöhnlicher Vogel; doch ist sie nicht so häufig wie die Rauchschwalbe. Im Frühjahr 1915 sah ich die ersten am 3. V. im Maastal bei Vilosnes, also aufserordentlich spät; sie schienen vorher tatsächlich nicht eingetroffen zu sein; da ich täglich nach ihnen Ausschau hielt, so glaube ich nicht, dafs sie mir entgangen wären.!) Im Frühjahr 1916 sah ich die ersten am 28. IV. (Argonnen), im Frühjahr 1917 am 30. IV. (Champagne), im Frühjahr 1918 am 29. IV. (Somme). Im Herbst 1918 sah ich am 11. VIII. in den Dörfern der Umgebung von Charleville gewaltige Mengen auf den Dachfirsten und den Telegraphendrähten sitzen. Ueber den Herbstzug finden sich meine Beobachtungen in den jeweiligen Zugberichten nieder- gelegt. Auch die Hausschwalbe kehrt in ihre alte Heimat zurück, so zertrümmert die Dörfer auch sein mögen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 279. — Nr. 16, 5. 408. — Nr. 27, S. 124. — Nr. 48, S. 278. — Nr. 63, 8. 311. Gebiet B: Nr. 8, S. 104. — Nr. 9, S. 218. — Nr. 14, S. 113, 116. — Nr. 24, S. 213. — Nr. 52, S. 254. — Nr. 56, 8. 17. Gebiet C: Nr. 9, S. 218. — Nr. 13, 8. 37. — Nr. 17, S. 32. Gebiet D: Nr. 26, S. 249. — Nr. 33, S. 301. — Nr. 55, S. 240. 84. Muscicapa grisola L.L Grauer Fliegenschnäpper. Die Verbreitung des grauen Fliegenschnäppers scheint eine recht unregelmälsige zu sein. 1) Solcher ungewöhnlichen Verspätungen tut z. B. auch Ries: Frühjabrs- und Herbstzug bei Bamberg 1912 u. 1913, Verhandl. der Ornithol. Gesellschaft in Bayern, S. 809, Erwähnung. 558 Ludwig Schuster: Gebiet A. Backmeister hat schon darauf hingewiesen, dafs die Art im Argonnen-, Maas- und Woövregebiet sehr spärlich auftritt. Im Sommer 1915 habe ich im Maastal vergeblich nach dem Vogel Ausschau gehalten, mit Fleifs umsonst nach ihm ge- sucht. Erst 1916 beobachtete ich den Schnäpper in Cornay am Östrand der Argonnen; hier hielt sich den Sommer über ein Pärchen an dem Schlofs auf, wo es auch sicherlich gebrütet hat. Aber in allen anderen Dörfern des Argonnen- und Maaslandes konnte ich auch in diesem Sommer die Art nicht weiter auf- finden, obwohl ich ein ganz besonderes Auge auf sie hatte. Im Jahre 17 beobachtete ich die Art im nördlichen Teil des Gebietes und zwar am 31. V. ein Stück in Charleville, am 24. VI. einen Vogel auf den Chausseebäumen vor dem Lazarett von Mezieres und wieder daselbst am 28. VI. bei der Fütterung der Jungen. Am 3. VII. sah ich zwei Stücke in Dinant. Im August 17 traf ich ‘gelegentlich unseres Einsatzes in der Wo&vreebene den Schnäpper verhältnismäfsig zahlreich, am 17. VIII. im Tillywald nördlich Etain, am 19. VIII. bei der Sygnieferme, am 20. VIII. gelegentlich eines Rittes von Pienne nach Briey zwei Stück bei Mainville, 1 Stück bei Briey, 2 bei Lantefontaine, 1. Stück bei Lixieres. Das gehäufte Vorkommen in diesen wenigen August- tagen zeigt aber deutlich, dafs wir es hier schon mit wandernden Vögeln zu tun haben. Im August 18 beobachtete ich die Art wieder zahlreicher im nordwestlichen Zipfel des Gebietes A, am 10. VIII. bei Donchery bei Sedan, 11. VIII. bei Damouzy, 13. VIIL im Wald bei This. Auch in diesen Fällen halte ich die beob- achteten Stücke für Wanderer. Es bleiben also für das ganze Gebiet nur drei Fälle, die ich bestimmt auf Brutvögel beziehe: Sommer 16 in Cornay, Sommer 17 in Charleville und Dinant. In der Champagne kam die Art in den Brutmonaten etwas häufiger, wenn auch noch verhältnismälsig weniger als in Deutsch- land, zur Beobachtung. Ich habe sie festgestellt am 14. V. 17 bei St. Souplet, 19. V. an der Arne zwischen Etienne und Cle- ment, 13. VI. im Kiefernwald bei Moronvilliers, 15. VI. im ' Kiefernwald südlich Pont Faverger bei meiner Batteriestellung, daselbst am 7. VII. die Alten bei der Fütterung der Jungen und am 19. VII. junge Vögel. Aber alles in allem sind das doch nur recht spärliche Daten, sodafs, wie auch die Angaben der anderen Beobachter bestätigen, auch die Besiedelung der Champagne durch den Fliegenschnäpper in ihrer Intensität nicht der in Deutschland entspricht. Als Durchzugvogel sah ich die Art im Herbst 1918 am 22. IX. bei Balham an der Aisne, und am 29. IX. in zwei Waldstückchen zwischen Reims und Brimont je 1—2 Stück. In der Picardie bin ich dem Vogel nur einmal begegnet und zwar am 19. V. im Gehölz an der Somme bei Feuilleres. Hier dürfte es sich um einen Brutvogel gehandelt haben. Im Hennegau habe ich ihn in den sechs Wochen meines dortigen Aufenthaltes etwas häufiger beobachtet: am 30. V. Beiträge zur Ornithologio Nordostfrankreichs. 559 baute ein Pärchen am Nest auf einer dicken Eiche im Wald von Bas£cles; am 15. VI. in Braffe, am 25. VI. in Autreppe. Die Hauptzugzeit des grauen Fliegenschnäppers fällt in den Monat August; das zeigen deutlich die gehäuften Beobachtungen in diesem Monat aus den Jahren 18 und 19. Naumann nennt den August und den Anfang des September die eigentliche Zugzeit; nach der Mitte des letztgenannten Monats soll man nur noch selten einen auf der Durchreise aus dem Norden sehen. Ich glaube, dafs sich in Westdeutschland und Ostfrankreich die Zugzeit doch länger hinzieht als Naumann annimmt. Ich habe schon in der Ornitholog. Monatsschrift 1906, S. 416 darauf hin- gewiesen, dals der Fliegenschnäpper noch Ende September in Westdeutschland gelegentlich beobachtet wird. Die mitgeteilten Zugdaten aus der Champagne bestätigen diese Annahme auch für Ostfrankreich. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 279. — Nr. 48, S. 272. — Nr-.63.8. 311. Gebiet B: Nr. 9, S. 218. — Nr. 14, S. 113. — Nr. 24, S. 213. — Nr. 56, S. 18. Gebiet C: Nr. 9, S. 218. Gebiet D: Nr. 33, S. 303. — Nr. 55, S. 239. 85. Muscicapa atricapilla L.. Trauerfliegenfänger. Ende April und Anfang Mai und dann wieder im September zieht der Trauerfliegenfänger durch Ostfrankreich durch. Brut- vogel scheint er nicht zu sein. 1915 habe ich den Vogel nicht beobachtet. 1916 sah ich das erste Exemplar im Wald bei Very am 28. IV. Am 12. V. flatterte ein Männchen um einen von uns gezimmerten und bei dem Batteriestand ausgehängten Meisenkasten herum, und am folgenden Tage machte sich ein Weibchen daran zu schaffen; in der Folgezeit sah ich die Vögel aber nicht mehr, und ich glaube auch nicht, dafs sie hier ver- blieben sind. Im September 1916 stellte sich die Art wieder bei meinem Stand ein. Im Frühjahr 1917 sah ich am 4. V. ein Männchen bei Machault in der Champagne, im September des- selben Jahres begegnete ich dem Vogel öfters in den Waldungen nordöstlich Verdun. Im Frühjahr 1918 traf ich am 7. V. ein Weibchen im Park von Mericourt an der Somme. Im Herbst sah ich am 20. IX. 4—5 St. im Wald von Coucy östlich Laon, am 22. IX. 1 St. an der Aisne bei Balham und noch am 9. X. 1 St. in den Obstgärten bei Herpy an der Aisne; dies dürfte ein sehr spätes Beobachtungsdatum sein. Literatur. Gebiet A: Nr. 48, S. 272. — Nr. 63, S. 311. Gebiet B: Nr. 14. S. 113. — Nr. 52, S. 254. Gebiet D: Nr. 26, S. 250. — Nr. 55, S. 239. + 86. Muscicapa collaris Behst. Halsbandfliegenfänger. Ein Stück von Stresemann (Nr. 48, S. 272) bei Blämont durchziehend beobachtet. / 560 Ludwig Schuster: 87. Lanius excubitor L Raubwürger. Der Raubwürger ist eine allgemein bekannte Erscheinung in der Vogelwelt Ostfrankreichs. Ich habe ihn als Brutvogel festgestellt, er überwintert aufserdem zahlreich; Gengler nennt ihn zwar einen „recht spärlich auftretenden Wintervogel‘“; doch dürfte dieses Urteil aus einer zu kurzen Bekanntschaft mit dem Lande herrühren; die Art ist in Wirklichkeit ein häu- fiser Wintervogel in Ostfrankreich. Alles in allem dürfte Back- meister bezüglich der Allgemeinverbreitung recht haben, wenn er ihn häufiger als den rotrückigen Würger nennt. Gebiet A. Im Winter 1914/15 traf ich den Raubwürger im Maasgebiet überall an; von vielen Orten und von vielen Tagen verzeichnet ihn mein Tagebuch. Ich durfte stets damit rechnen, bei jedem gröfseren Spazierritt oder Gang durch das Land 2—4 Vögel, in den Gemarkungen verteilt, beobachten zu können; auf jeden Fall war die Zahl der überwinternden Vögel ganz erheb- lich gröfser als dies in den mir bekannten Gegenden Mittel- deutschlands der Fall ist. Anfangs März schien mir ihre Zahl abgenommen zu haben; wahrscheinlich waren die Wintervögel ab- und die Sommervögel eingerückt. Im April sah ich die Vögel ge- paart und am 22. IV. 15 fand ich das erste Nest in der Umgebung von Vilosnes; der Bau stand in einer grofsen dichten Schwarzdorn- hecke etwas über 2 m hoch und enthielt 6 Eier, die etwa 6—7 Tage bebrütet waren. Am 5. V. enthielt das Nest Junge, am 26. V. war es leer, die Jungen waren anscheinend ausgeflogen. Im Winter 1915/16 stand der Raubwürger wieder überall in den Feldern. Seit Anfang Februar beobachtete ich wochenlang täglich ein Paar bei meinem Unterstand. In einem grofsen wilden gebüsch- reichen Tal, das sich von Very nach Montfaucon nicht weit von meinem Unterstand hinzog, nisteten im Frühjahr 2 Pärchen. Das eine Nest fand ich schon am 11. IV., als es noch im Bau war; es stand ca. 2 m hoch in einer Schwarzdornhecke und enthielt am 23. IV. 4, am 25. IV. 6, am 27. IV. 7 Eier; am 16. V. lagen die Jungen im Nest, die von der Alten gedeckt wurden; am 22. V. waren sie schon recht grols, am 1. VI. war das Nest leer, und an Stelle der Jungen sals eine grolse Ratte im Nest. Das andere Paar nistete auf einem Obstbaum, ca. 5—6 m hoch; das Nest war am 13. IV. fertig und noch leer, enthielt am 17. IV. 4 Eier auf denen der alte Vogel safs, und war am 23. IV. zerstört. Das Nest war ein grofser schöner Bau, aufsen aus gröberen Halmen, dann aus feineren und weicheren Hälmchen gebaut und innen mit Rebhuhn- und Finkenfedern und Wolle dicht ausgepolstert. Das Paar schritt sofort zum Neubau, den es in der Nähe auf einem Obstbaum ca. 5 m hoch anlegte. Am 16. V. lagen 7 Eier im Nest, der alte Vogel brütete; am 23. 1V. deckte er, während sich drei alte Vögel in der Nähe bissen und rauften. Weiterhin babe ich das Nest nicht mehr kontrollieren können. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 561 Am 22. VII. sah ich eine Familie bei Landres. Im Herst und Winter 1916/17 war wie üblich der Würger wieder überall ein- zeln im Feld zu sichten. In der Woövreebene traf ich ihn im August 1917 im Laufe weniger Tage öfters an, wie er mir dann auch im Winter 17/18 in vielen Gemarkungen dieses Landstriches begegnet ist. Im Herbst und Vorwinter war er im Nordosten Verduns überall vertreten. Im Nordosten des Gebietes traf ich ihn in der Umgebung von Braumont, im Nordwesten im August 1918. Im Gebiet B, der Champagne, lernte ich den Raubwürger im Frübjahr 1917 kennen. Hier beobachtete ich im Mai und Juni des Öfteren ein Pärchen in der Nähe meines Protzenlagers bei St. Etienne; ich konnte aber trotz des eifrigen Suchens das Nest nicht finden, das wahrscheinlich in einem der vielen Kiefern- wäldchen, die in dieser Gegend zahlreich wie Sand am Meer sind, stand. Auch im Wald von Neuville bemerkte ich am 18. V. ein Stück. Am 9. VI. 18 gelegentlich der Champagneoffensive sah ich eine Familie von 5—6 Köpfen in der Nähe von St. Ouplet. Im September und Oktober, als ich wieder in den Westehampagne lag, hielt sich die Art als Einzelgänger zerstreut im Lande auf. 3 In der Picardie habe ich den Raubwürger nicht gesehen. Im Heenegau beobachtete ich im Mai und Juni 1918 öfters ein Pärchen am Waldrand bei Base£cles. Ich habe schon oben gesagt, dafs nach meinen Beobach- tungen die Zahl der Wintervögel in Ostfrankreich erheblich grölser ist als in den mir bekannten Gegenden Mitteldeutschlands. Auch die Zahl der in Ostfrankreich beheimateten Sommervögel ist geringer als die der Wintervögel. Mir schien es so, als ob schon im August die Zahl der Vögel beträchtlich zunehme und der September der Hauptzuzugmonat sei. Unmittelbar ziehend habe ich den Würger nur ein einziges Mal beobachtet, am 11. X. 16, an dem. ein Stück morgens um neun Uhr über die Argonnen wegstrick. Da der Raubwürger an und für sich ein sehr wetterfester Vogel ist, so hat mich eigentlich die bei ihm so frübzeitig wahrnehmbare Zugerscheinung im August und September einigermalsen in Erstaunen gesetzt. Dals ich die im Winter in Ostfraukreich auftretenden Vögel für Zuwanderer, nicht für Einheimische halte, brauche ich eigentlich nicht besonders zu betonen. Am 29. V. beobachtete ich an der Stralse bei dem Ort Baulny eine interessante Jagd des Raubwürgers auf eine Feld- lerche; es handelte sich dabei ganz offensichtlich um blutigen Ernst. Der Würger war unermüdlich hinter der Lerche her, die den Angriffen auszuweichen versuchte, Haken; schlug, hoch stieg und sich fallen liefs u. s. w. Der Würger liefs aber nicht locker, ‚Ich habe die Jagd ca. 2—3 Minuten lang beobachten können, dann kamen mir die Vögel aus dem Gesichtskreis. Eine ähn- liche Jagd sah ich am 8. X. 1919 bei Schorusheim in Rhein- 562 Ludwig Schuster: hessen; hier jagte ein Raubwürger auf eine Blaumeise, die er aus den Bäumen an der Landstrafse aufgescheucht hatte und nun in der Luft zu greifen versuchte. Die Blaumeise wich den unbeholfenen Stölsen jedesmal aus, stieg dabei immer höher in die Luft und wurde ungefähr eine Minute lang verfolgt; dann liefs der Würger ab, während sich die Meise in das Gebüsch eines nahen Baches stürzte. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 279. — Nr. 16, S. 405. — 3 27, 5. 124. — Nr. 28, S. 11. — Nr. 29a, S. 24. — Nr. 48, A Gebiet B: Nr. 4, S. 279. — Nr. 6, S. 154. — Nr. 9, S. 219. — Nr. 14, S. 112. — Nr. 24, S. 213. — Nr. 49, S. 169. Gebiet C: Nr. 13, S. 36. Gebiet D: Nr. 13, S. 40. — Nr. 55, 8. 239. 88. Lanius minor Gm. Grauwürger. Diesen Vogel habe ich nur zweimal beobachtet, beide Male in der Champagne Am 5. V. 17 trieben sich zwei Stücke in der Flur von Machault umher, sie fulsten auf den Telegraphen- drähten und stiegen nach Insekten stofsend in die Luft. Am anderen Tage waren sie aus der Gegend verschwunden, es waren offenbar Durchzügler. Dann sah ich ein Exemplar am 22. V. 17 bei Ville sur Retourne; hier dürfte die Wahrscheinlichkeit, dafs es sich um einen Brutvogel handelte, nicht von der Hand zu weisen sein. Aus der Gegend von Lille führt ihn Büsing als Brutvogel an. Auf alle Fälle ist sein Auftreten nur ein ganz sporadisches und seltenes. Literatur. Gebiet B: Nr. 14, S. 112. — Nr. 41, S. 173. Gebiet D: Nr. 13, S. 40. 89. Lanius collurio L. Rotrückiger Würger. Man trifft zwar den rotr. Würger in allen Teilen Ost- frankreichs an; aber er ist eigentlich nicht häufig, und im Maas- und Argonnengebiet ist er in anbetracht der schönsten und zahlreichsten Nistgelegenheiten, die ihm hier geboten werden, auffallend wenig vertreten, gar nicht zu vergleichen mit der Stärke seines Vorkommens, die ich z. B. aus dem buschreichen Vogelsberg, der Rhön etc. kenne. Woran des liegt, vermag ich nicht zu sagen. Gebiet A. Am 29. IV. 15 sah ich den ersten Würger bei Vilosnes und fand am 26. V. sein Nest in der Gemarkung Liny; es stand nur ca. einen Meter hoch in dichtem Dorngeschlinge; die Alte brütete; Eier von braungrauem Typus. Am 19. V. sah ich junge Vögel bei Harraumont, am 5. VII. mehrere gelegentlich einer Wagenfahrt nach Stenay an der Strafse Vilosnes-Dun- Stenay. Im Frühjahr und Sommer 1916 traf ich ihn ver- schiedentlich in der Gegend zwischen Maas und Argonnen, sah Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 563 ihn auch Ende Mai und Anfang Juli im Maastal von Charleville bis Revin und am 1. VII. mehrere im Tal der Semoy. Ebenso ist er mir, aber eigentlich immer nur spärlich, in der Wo&vre- ebene im Spätsommer 17 und im Landstrich zwischen Charle- ville und der Champagne im Herbst 1918 aufgestolsen. In der Champagne bin ich ihm nur einmal am 8. V. bei Annelles begegnet. Bei dem Mangel an Hecken dürfte er hier ganz allgemein selten sein; die anderen Beobachter bestätigen dies. | In der Picardie habe ich ihn in den wenigen Wochen meines dortigen Aufenthaltes nicht beobachtet. Büsing meldet, dafs hie und da ein Paar lebe. Im Hennegau sah ich ihn einige Male bei Basecles. Einigermafsen überrascht hat mich Backmeisters Bemerkung, dafs er den rotr. Würger nicht als Wintervogel beobachtet habe; denn ich hielt es bisher für allgemein bekannt, dafs die Würger- arten mit Auspahme des Raubwürgers sehr emfindliche Vögel seien, die mit zu den am spätesten erscheinenden Zugvögeln ge- hören und mit die ersten sind, die uns wieder verlassen. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S, 282. — Nr. 27, S. 124. — Nr. 32, S. 13. — Nr. 48, S. 271. — Nr. 54, S. 74. — Nr. 63, St73kl Gebiet B: Nr. 9, S. 219. — Nr. 24, S. 213. — Nr. 54 Ds 7422 Nr... 56, S. 18.:, Gebiet C: Nr. 13, S. 36. 90. Lanius senator L. Rotköpfiger Würger. Gebiet A. Im Sommer 1915 beobachtete ich die Art ver- schiedentlich in der Gemarkung von Vilosnes, im Juli auch Alte mit fiugfähigen Jungen. Im selben Jahre stellte ich ihn auch bei Brandeville fest. 1916 sah ich die ersten am 30. V. 16 in der Pappelallee zwischen St. Juvin und Grand Pre. Bei Cornay hielt er sich in den ausgedehnten Obstfeldern auf, und da ich ihn hier im Laufe des Sommers immer wieder beobachtete, so dürfte er auch daselbst genistet haben; in den Maitagen sah ich ihn Maikäfer von den Bäumen wegnehmen und verzehren. Bei Very fütterte er am 21. VII. flugfähige Junge. In der Champagne habe ich ihn bei St. Marie, zwischen Neuville und Pont Faverger und ein Pärchen wochenlang auf der sog. Adolfhöhe südlich Pont Faverger, wo ich meine Batterie- beobachtungstelle hatte, beobachtet; 1919 sah ich am 9. VII. 2 St. bei St. Souplet. In der Picardie habe ich ihn nicht wahrgenommen. Im Hennegau sah ich am 20. VI. 18 1 St. in der Nähe von Enghien. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 283. — Nr. 27, 8. 124. — N2463, 8. 31: Gebiet B: Nr. 9, S. 219. — Nr. 55, S. 33. — Nr. 56, S. 18. 564 Ludwig Schuster: 91. Corvus corone L. Rabenkrähe. Ein in allen Teilen des Landes weit verbreiteter Vogel. Gebiet A. Das waldreiche Argonnen-, Maas- und Wo&vre- gebiet beherbergt natürlich die Rabenkrähe in stattlicher Zahl. Im Frühjahr 1915 fand ich ihre Horste allenthalben, im Wald, auf vereinzelten Feldbäumen, besonders gerne auch auf den hohen Pappeln, die den Maaskanal umsäumten. Am 10. IV. er- stieg ich den ersten Horst, der ca. 10 m hoch am Waldrand auf einer Eiche stand und 2 Eier enthielt. Am 15. IV. brüteten zwei Paare auf den Pappeln am Maaskanal, am 17. V. jagte ich von zwei weiteren Horsten auf Pappeln die brütenden Alten her- unter. Am 18. IV. sah ich einen auffällig niedrig angelegten Horst; der schwache Nistbaum stand hart an der Strafse Dun- Sassey, und das Nest war so niedrig, dafs als ich vorbei ritt, ich mich mit der brütenden Krähe fast in gleicher Gesichtshöhe befand. Am 22. IV. fand ich zwei weitere besetzte Horste, der eine stand kaum 4—5 m hoch auf einer freistehenden Weide; er enthielt 3 Eier, am 24. IV. vier, am 26 IV. fünf Eier und war am 27. IV. zerstört. 30. IV. Horst mit 5 Eiern auf einem Wallnufsbaum, ca. 8 m hoch; 3. V. Horst mit 4 Eiern auf Wallnufsbaum, ferner Horst auf Lärche mit brütendem Vogel; 10 V. Horst mit zwei Eiern auf Erle 11. V. Horst mit 2 Eiern auf Erle. Zahlreich brütete die Krähe auch in dem Gelände zwischen Maas und Argonnen, in dem ich im Frühjahr 1916 lag. Am 1. IV. sah ich die Alten Material zu einem Nest tragen, das sie nicht weit von meinem Stand auf einem Stralsenbaum errichteten; beide Ehegatten beteiligten sich am Bauen. Am 14. IV. fand ich das erste Ei in einem sehr schief stehenden Horst auf einem Kirschbaum in der Nähe meines Unterstandes; 17. IV. 4 Eier, 18. IV. 5, 23. IV. 6 Eier; 5. V. drei Junge, ein Ei gepickt, zwei Eier noch nicht gepickt, 6. V. 4 Junge, 7. V. 5 Junge, das jüngste scheint eben geschlüpft zu sein, da es noch nicht im Stand ist, den Kopf zu heben, wie es die anderen unter heiserem Schreien tun. Das 6. Ei ist noch nicht ange- pickt. 9. V. nur noch 4 Junge, unter denen sich ein ganz bedeuten- der Gröfsenunterschied bemerkbar macht, zwei waren bedeutend weiter entwickelt als die beiden anderen; am 11. V. war nur noch ein Junges im Nest. Die Eltern haben während der ganzen Brutzeit sehr treu zu ihrer Brut gehalten. Der Host stand nur ca. 4-5 m hoch auf einem leichtersteigbaren Baum; als der Vogel eben brütete, wurden unmittelbar unter ihm tagelang Erd- löcher ausgehoben ohne dafs der Alte sich hätte bewegen lassen, die Eier aufzugeben; er wurde täglich mindestens ein halb Dutzend mal aufgestört, sals immer gewissermalsen wie auf glühenden Kohlen zur Flucht bereit — aber er hielt durch; als die Erdarbeiten fertig waren, hatte die Krähe deshalb noch lange keine Ruhe; denn der allein in der Nähe eines vielbegangenen Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 565 Weges stehende Baum lud täglich viele Soldaten zur Rast in seinem Schatten ein. Zur Ruhe kam der Vogel jedenfalls nicht, und er hat ja auch schliefslich seine Jungen nicht aufgebracht; vermutlich wurden sie ihm nach und nach von findigen Soldaten weggenommen und in den Kochtopf gesteckt. So wurde auch ein in der Nähe der Batterie stehender Horst auf hohem Buchen- baum, auf dem die Kräbe Mitte April brütete, Mitte Mai von den Kanonieren erstiegen. Von den entnommenen 5 Jungen ver- zehrten sie vier, das fünfte zogen sie grofs. Ich fand in diesem Frühjahr noch mehrere belegte Nester, das letzteam 2. VI. mit3 Eiern auf einer Ulme in der Nähe meines Standes. Bei einer furcht- baren Kartuschexplosion, die am 12. V. gegen Abend bei meiner Batterie infolge feindlicher Beschiefsung stattfand und unter erderschütterndem Knall eine turmhohe schwarze Rauchsäule in die Luft emporwirbelte, erhoben sich drei Rabenpärchen, die im Hochwald in der Umgebung der Batterie nisteten, mit ge- waltigem Geschrei und suchten unter nicht endenwollendem Zetern das Weite; die Hast, mit der sie ausrissen, wirkte direkt komisch, und man kann sich selbst in solchen Augenblicken, in denen einem das Herz bis zum Halse schlägt, eines flüchtigen Lächelns nicht erwehren. Im Herbst 1917 beobachtete ich die Art öfters beim Ver- zehren der Früchte des Elsbeerbaumes (Sorbus torminalis); ich lag damals vor Verdun und hatte mir im Wald von R£ville an meinen Ruhetagen einen Drosselschirm unter einem voll be- hangenen Eisbeerbaum angelegt, um einige Misteldrosseln, die tagelang von den Früchten dieses verstreut in den Waldungen stehenden Baumes zehrten, zu erlegen. Aufser Misteldrosseln und Schwarzamseln fanden sich auch öfters Rabenkrähen ein. Krähen kletterten, um die Früchte zu erreichen, auf den schwanken Aesten weit vor und bogen dann das letzte schwanke Ende des Zweigleins sehr geschickt mit dem Schabel bei, hielten es mit den Fängen fest und knabberten die Früchte ab; ich sah die Vögel 5—8 Früchte, die immerhin ca. 2 cm lang sind bei einem Durchmesser von 1/,—?®/, cm, als einmalige Portion genielsen. Zweierlei hat mich dabei am meisten in Erstaunen gesetzt: einmal die Elastizität der Zweiglein, die den schweren Rabenkörper ertragen konnten, ohne zu brechen, und zweitens die Vorsicht der Krähen, die, obwohl sie sich mitten im tiefen Wald weitab von jedem menschlichen Verkehr befanden, alle Augenblicke in ihrer Beschäftigung innebielten und kürzer oder länger sicherten: von mir selber konnten sie unmöglich etwas wahrnehmen, da ich in meinen Schirm zu gut versteckt safs. Hier habe ich auch recht gut beobachten können, wie stumpf das Gehör der Vögel ist: denn ob ich schon unmittelbar unter ihnen safs, kaum 20 m von ihnen entfernt, so reagierten sie auf Pfeifen und leise Rufe nicht im geringsten. Journ, f, Orn, LXIX, Jahrg. Oktober 1921. 37 566 Ludwig Schuster: In den nordwestlichen und nordöstlichen Teilen des Gebietes A sowie in dem Woövrestrich ist die Rabenkrähe ebenfalls gemein. Das Gleiche gilt von der Champagne; hier nistet sie nicht nur auf den Pappeln, Ulmen, Eschen etc., die als schmale Galeriewaldungen die Champagneflüfschen begleiten, sondern noch mehr in den zahllosen Kiefernwäldchen, die bald als einzelne Parzellen in den Fluren zerstreut sind, bald zu gröfseren Waldungen zusammenfliefsen. Da Altbestände so gut wie gauz fehlen, so nisten die Krähen auf den niedrigen krüppelhaften, kaum 8-10 m Meter hohen Stämmchen. Das erste belegte Nest fand ich am 23. IV. 17 in einem Kiefernbäumchen, kaum 3 m hoch; das Bäumchen stand in der Nähe von Machault am Rand einer kleinen Schonung, ganz isoliert und frei und war mehr Kussel als Baum. Die Brutzeit fiel im Frühjahr 1917 in- folge des lang anhalteuden Winters verhältnismäfsig spät; gegen den 20. IV. brüteten schon einzelne Pärchen, die gröflsere Zahl aber hatte eben ihre Nester fertig und hielt sich noch gepaart in den Feldern auf. Das letzte Nest fand ich in diesem Früh- jahr am 17. V. mit 5 Eiern; es stand in einer Baumhecke, die in der Nähe von St. Etienne ein kleines Rinnsaal umsäumte, auf einem Hollunderstrauch in etwa 2,50 m Höhe. Die Aeste des Strauches waren so schwach, dafs ich kaum zum Nest kommen konnte. Als Folge der ausgedehnten Aufforstungen, die in den letzten Jahrzehnten in der Champagne stattgefunden haben, mufs die Zahl der Rabenkrähen gegen frühere Jahren ganz be- deutend zugenommen haben; vor dem Beginn der Aufforstungen können eben nur die schmalen und auf das ganze Land ausge- schlagen nur verschwindend geringen Galeriewälder oder einzelne kleine Pappelwäldchen den Krähen die Möglichkeit zum Brüten gegeben haben; ihre jetzige starke Verbreitungsziffer darf daher wohl mit der Aufforstung in der Champagne in Verbindung ge- bracht werden. In der Picardie war die Art ebenfalls häufig; hier benutzt sie als Brutplätze die endlosen Pappelreihen an der Somme und die Pappelhaine, die das Wahrzeichen jedes Ortes bilden. Im Hennegau schien mir der Vogel seltener zu sein; über- aus intensive gartenmälsige Ausnutzung des Landes scheiut ihm nicht recht zu behagen. Im Winter schlägt sich die Rabenkrähe zu oft recht an- sehnlichen Scharen zusammen, die tagsüber in mehr oder minder lockerem Verband ihrer Ernährung leben, abends aber in ge- schlossenem Zug zu ihren Schlafplätzchen gehen. Diese ja auch aus Deutschland bekannte Erscheinung war auch oft in Frank- reich zu beobachten. Daneben aber habe ich zweimal, 1916 wie 1917, bemerkt, dafs schon in den Sommermonaten ein Zusammen- scharen stattfand. Im ersten Fall sah ich erstmals am 21. VII. 1916 und hernach noch öfters eine Schar von ca. 80 Stück in der Flur von Cornay, die tagsüber beim Futtersuchen gut Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. 567 zusammenhielt und abends geschlossen in den Wald zog. Im zweiten Fall trieb sich um die Mitte des Mai 1917 in der Champagne eine Schar von ca. 50 Stück in den Waldungen und auf den Halden bei meinem Protzenlager in der Nähe von Machault herum. Im ersteren Falle konnte es sich dem späten Zeitpunkt entsprechend um Alte mit ihren Jungen, um den Zu- sammenschlufs von Familien handeln; aber im zweiten Falle, im Mai, kann man nur auf eine Vereinigung von Vögeln, die aus irgend einem Grund nicht zum Brutgeschäft schritten, schliefsen. Neuerdings habe ich eine ähnliche Beobachtung in der Umgebung von Mainz gemacht; in den Kiefernwaldungen bei Gonsenheim beobachtete ich in den Monaten April und Mai 1920 einen Trupp von ca. 30 Rabenkrähen, die ständig auf denselben Kulturen an- zutreffen waren und in Trupps zusammenhielten; auch hier hatte ich aus dem ganzen Gebaren der Vögel den Eindruck, dals es sich um ungepaarte Vögel handelte. Sollte die Krähe etwa nur zum Teil im ersten Jahre zur Fortpflanzung schreiten!)? Es erübrigt sich eigentlich von selbst, besonders zu erwähnen, dafs keine Verwechslung mit der Saatkrähe vorliegt. Im allgemeinen gilt die Rabenkrähe für unsere mitteleuro- päische Gegend als strenger Standvogel. Ein gelegentliches Streichen halte ich aber keineswegs für ausgeschlossen. Ich machte z. B. Mitte und Ende Oktober 1917 die wiederholte Be- obachtung, dafs mehrere Exemplare, gewöhnlich 4—5 St., ganz wie andere Zugvögel in ausgesprochener Südwestrichtung flogen und dabei, soweit ich sie beobachten konnte, scharf die Zug- richtung inne hielten; und wenn ich auch den positiven Beweis, dafs es sich dabei um echte Zugerscheinungen gehandelt hat, nicht erbringen kann, so halte ich doch wenigsten die Wahr- scheinlichkeit für vorliegend.?) Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 1. — Nr. 11, 8. 184. — Nr. 16, S. 398. — Nr. 27, S. 125. — Nr. 32, S. 13. — Nr. 48, S. 248. — Nr. 63, 8. 311. Gebiet B: Nr. 7, S. 178. — Nr. 8, S. 104 f. — Nr. 9, 879219. Nr. 14, S. 113 £-— Nr. 24, 8. 213. —Nr. 52 S. 254. ‘Gebiet C: Nr. 13, S. 38. — Nr. 17, S. 4. Gebiet D: Nr. 13, S. 40. — Nr. 26, S. 248. — Nr. 33 S. 303. — Nr. 55, S. 239. 1) Neuerdings führt Schiebel im „Waldrapp“ II. Jahrg. Nr. 3 den Nachweis, dafs die Rabenkrähe erst im zweiten Lebensjahre geschlechts- reif wird. 2) Diederich (die geographische Verbreitnng des echten Raben) gibt Literaturbelege über das herbstliches Einwandern der Rabenkrähe in die nördlichen Departements Frankreichs. 37* 568 Ludwig Schuster: 92. Corvus cornixz L. Nebelkrähe. Die Nebelkrähe ist selbstverständlich nur Wintervogel in Ostfrankreich und Belgien. Die Stärke ihres Auftretens ist in den einzelnen Gebieten durchaus verschieden. Im Argonnen-, Maas- und Woävregebiet ist sie im Winter sehr selten. Eine Begegnung mit ihr bleibt immer etwas zu- fälliges. Weder im Winter 1914/15 noch 1915 habe ich den Vogel zu Gesicht bekommen. Erst am 16. Il. 16 sah ich ein Stück bei Fleville (Ostrand der Argonnen), das ich am 3. II. daselbst nochmals sichtete. Am 3. IV. sah ich bei Very ein ver- einzeltes Exemplar nach Osten streichen, an der gleichen Oert- lichkeit am 9. IV. 16 nochmals ein Exemplar, das anscheinend auch auf dem Zuge war. Im Winter 1916/17 sah ich am 23. XII. 16 ein Stück bei Le Grange Ferme (Ostrand der Ar- gonnen), am 4. III. ein St. bei Grand Pre. Im Herbst 1917 am 20. X. ein St. ziehend nördlich Verdun. Im Gebiet von Lon- guyon sah ich am 30. XI. 17 ein St. im Feld bei Braumont. In Luxemburg sah ich im Dezember 1917 gelegentlich einer Fahrt durch das Land wohl viele Saat-, aber keine Nebelkrähen. Im Woevregebiet beobachtete ich im Winter 17/18 ein St. bei St. Marie, ein St. am 22. I. 18 bei Harize und im Lauf des Februars mehrfach einige Stücke, bis zu 6 zusammen, bei Fri- auville, am 24. 1I. ein St. bei Hadonville, am 6. 11I. ein St. bei Puxieux. Mit meinen Beobachtungen decken sich die Angaben aller anderen Beobachter aus dem Gebiet A. Häufiger schon scheint die Nebelkrähe in der Champagne zu überwintern. Als ich am 18. I. 16 von Grand Pr& nach Rethel fuhr, sah ich die ersten Nebelkrähen nördlich Vouziers bei Terron, und noch weiter nördlich bezw. nordwestlich, bei Attigny und im Aisnetal, waren ihrer eine ganze Menge zu be- merken. Die gleiche Beobachtung machte ich am 21. I. 17 ge- legentlich einer Fahrt von Charleville nach Grand Pre Im Bergland von Charleville bis Amagne war nichts von der Art zu sehen, während ich sie im Aisnetal von Amagne Village bis nördlich Vouziers mehrmals sah. In der eigentlichen Champagne sah ich am 3. II]. 17 zwei Stück bei Sechault. Im Herbst 1918 beobachtete ich sie in der Westchampagne mehrmals auf dem Durchzug (18., 22., 23. X.) und sah einige Male überwinternde Vögel Ende Oktober und Anfang November im Land umherstreifen. In der Picardie bemerkte ich Mitte März 1918 viele im Land; die Art war hier häufig. Und dasselbe gilt von Belgien. Schon im Dezember 1916 sah ich sie gelegentlich einer Fahrt nach Brüssel, sobald wir in die Gegend nördlich Chivet a. d. Maas gekommen waren, häufig, und als wir im März 1918 zur grofsen Offensive fuhren und dabei in langsamer Fahrt 2 Tage lang durch Belgien gondelten, sah Beiträge zur ÖOrnithologie Nordostfrankreichs. 569 ich von der Bahn aus viele im Land in Mittel- und Westbelgien. Diederich (Oologie 1919, S. 107) sagt, dafs die Nebelhrähe sich in Belgien Mitte Oktober einstellt. Aus allen diesen Beobachtungen ergibt sich etwa folgendes Bild über die winterliche Verbreitung der Nebelkrähe: Teilt man Östfrankreich durch eine Linie, die sich etwa von Sedan-Charle- ville südwestwärts bis in die Gegend von Vouziers erstreckt, so ist die Nebelkrähe südlich dieser Linie ein seltener Wintergast, während sie nördlich davon umso zahlreicher auftritt, je weiter man sich nordwärts bewegt. Die aus dem Osten einwanderten Scharen ergiefsen sich also mehr in die nördlichen Departements Frankreichs und Belgiens, die fruchtbarer und milder sind als die gebirgigeren Gegenden Südbelgiens und des mittleren Ost- frankreichs und daher unvergleichlich besser als Winterquartiere sich eignen als jene unwirtlicheren Landstriche. Ueber die Winterquartiere in Frankreich hat Diederich (Die geographische Verbreitung der echten Raben) die in der französischen Literatur vorliegenden Angaben zusammengestellt; sie bestätigen das, was ich oben gesagt habe: dafs es vor allem die nördlichen und Küstendepartements sind, die als bevorzugte Winterquartiere gelten dürfen. Thienemann hat (in den Verhandlungen des V. Inter- nationalen Ornitholog. Kongresses, Berlin 1910: „Ringversuche der Vogelwarte Rossitten‘“) eine schematische Zeichnung über den Verlauf des Nebelkrähenzuges auf Grund der Erlegung beringter Rossittener Exemplare gegeben. Danach verbreiten sich die über Rossitten ziehenden Nebelkrähen vorzugsweise durch Nord- deutschland bis nach Westdeutschland und Belgien hin; man könnte vermuten, dafs der Weiterzug dieser Wanderscharen durch das nördliche Belgien und Ostfrankreich führt und dafs die hier überwinternden Vögel mit den über Rossitten und durch Ostpreufsen wandernden identisch sind; hierüber müfste das Ringexperiment noch Aufschlufs geben. Für die Zugstrafsen- theorie läfst sich hieraus, wie eine einfache Ueberlegung ergibt, keine Stütze herleiten. Uebrigens läfst die von Thienemann gegebene Karte (wie die Mehrzahl aller Zugkarten) insofern leicht eine unrichtige Auffassung aufkommen, als sie den Anschein erweckt, als ob der Zug der Nebelkrähe sich tatsächlich auf einer Strafse, d. h. einem räumlich begrenzten engeren Streifen bewege; sie berücksichtigt aber nicht — in diesem Fall mit Recht, da sie nur den Zug der Rossittener darstellen will — dafs die Nebelkrähe südwärts und nordwärts dieser „Stralse‘ eben- falls wandert, sodals der Gesamtzug das Bild der Vorwärts- bewegung in breiter Front ergeben dürfte. Literatur. Gebiet A: Nr. 4, S. 2. — Nr 11, S. 185. — Nr. 16, S. 398. — Nr. 27, 8. 125. — Nr. 48, $. 248. — Nr. 63, Di all: 570 L. Schuster: Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. Gebiet B: Nr. 4, S. 2. — Nr. 8, S. 104. — Nr. 9, $. 219. — Nr. 14, S. 113. — Nr. 24, S. 213. — Nr. 25a, S. 142, — Nr. 54, S. 73. Gebiet C: Nr. 6, S. 152. — Nr. 9, S. 219. — Nr. 13, 8.38.12 Nr..17,. 804. Nena ar Gebiet D: Nr. 26, S. 248. — Nr. 33, S. 303. — Nr. 55, S. 239, (Fortsetzung folgt.) Die Vogelzugbeobachtungen in Verbindung mit dem Oeffentlichen Wetterdienst im Frühling 1920. Im Jahre 1919 hatte ich in den „Ornithologischen Monats- berichten‘ sowie in der „Ornithologischen Monatsschrift“ Vor- schläge über ein Zusammenarbeiten zwischen Meteorologie und ÖOrnithologie gemacht. Dieser Anregung hat sich das Preufsische Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten in dankenswerter Weise angenommen, indem es die an der Vogel- welt interessierten Berichterstatter und Vertrauensleute des öffentlichen Wetterdienstes zur Mitarbeit auffordern liefs. Es liegen bis jetzt nur einstweilige, zumeist allgemein ge- haltene Berichte (46) einiger Vertrauensleute aus den Be- zirken Aachen, Weilburg, Berlin, Ilmenau und Königsberg vor. Die Wetterdienststelle Hamburg, bezw. die Deutsche Seewarte, bearbeitet ihre Beobachtungen selbst. — Die eigentlichen Zugbeobachtuugen erstrecken sich im wesentlichen auf Wildgänse und Kraniche. Ueber den Zug der Wildgänse berichtet ein thüringischer Beobachter, dafs die Richtung derselben bei Eichfeld (Rudolstadt) eine nordwestlich-südöstliche sei. Diese Zugrichtung ist bei einem Wasservogel an der besagten Oertlichkeit nicht weiter wunder- bar, wenn man bedenkt, dafs Eichfeld in der Verlängerung einer Linie liegt, die dem von Eichfeld bis zur Mündung der Schwarza nordwestlieh gerichteten Lauf der Saale entspricht. Besondere Beobachtungen über den Gänsezug aus dem Frühjahr 1920 liegen vor aus Görsdorf (Kreis Luckenwalde-Jüterbog) wonach am 31. Januar 1920 ein Zug wilder Gänse nach Nordwesten, am 7. Februar ein solcher nach Süden ging, während nach einer Meldung aus Eberswalde bereits am 8. Februar nachmittags und abends mehrere Züge wieder nach Norden gerichtet waren. Unstet, wie der Zug der Wildgänse überhaupt, war an den in Frage kommenden Tagen auch die Witterung: Trockenheit und Frost wechselten mit Tauwetter und Niederschlägen. Es wäre indessen verfrüht, aus diesen wenigen Beobachtungen bereits Schlüsse auf die Beziehungen zwischen dem Zug der Wildgänse und den Witterungsverhältnissen ziehen zu wollen. Der Zug der Kraniche verläuft im allgemeinen in südwest- lich-nordöstlicher, bezw. west-östlicher Richtung. Der Kranich En Zi einen u Die Vogelzugbaobachtungen im Frühling 1920. 571 ist derjenige Zugvogel, der am häufigsten zur Beobachtung ge- langt wegen seines auffallenden Flugbildes und seiner ziemlich regelmälsig bei Tage unternommenen Wanderungen. Im Aachener Bezirk verläuft der Zug von Südwesten nach Nordosten, bezw. umgekehrt bei Brücherhof, ferner bei Hillesheim (Eifel), des- gleichen bei Hennef (Krs. Siegburg), bei Waldbröl (Sieg) und bei Dülken Krs. Kempen. Dagegen wurde bei Overath bei Mül- heim-Rhein, sowie in Borken (Westfalen) ein westöstlicher Zug beobachtet. Auch über Essen führt nach meinen jahrelangen Beobachtungen besonders im Herbst der Kranichzug in ost-west- licher Richtung. Es wäre möglich, dafs der Zug am Nordabhang des Sauerlandes in westöstlicher Richtung stets dann erfolgt, wenn der sauerländische Gebirgsstock selbst in Nebel und Wolken gehüllt ist. Diese Frage kann nur durch weitere Beobachtungen geklärt werden. Keinesfalls aber kann das Gebirge allein ein Hindernis für den Zug sein, denn ziehende Kranichscharen sind sowohl auf dem Kahlen-Asten, wie auch über dem Knüllgebirge, wiederholt beobachtet worden. Kranichschwärme wurden beobachtet am 3. März zu Hennef (Sieg), und zwar 6 Stück in einem Schwarm, am 11. März in Schwarzenborn (Knüllgebirge), am 14. März (20 Stück) zu Hennef, am 21. und 22. März zu Waldbröl und am 29. März 34), Uhr nachmittags zu Borken (Westfalen). Die Zughöhe des Kranichs wurde zumeist mit 200 bis 300 Meter angegeben und damit wohl ziemlich richtig eingeschätzt. Der Kranichzug fand zu den an- gegebenen Zeitpunkten durchweg bei ziemlich ruhigem und sich- tigem Wetter statt. Am 11. März wurden zu Schwarzenborn nicht nur Kraniche auf dem Durchzuge beobachtet, sondern auch Schwärme von Berg- und Buchfinken. Eine bedeutende Zugvogelinvasion scheint um den 10. April herum (8. bis 12.) stattgefunden zu haben, denn von dieser Zeit ab werden in den verschiedensten Gegenden Westdeutschlands (Rheinprovinz und Hessen-Nassau) zum ersten Male bemerkt: Rauchschwalbe zu Schwarzenborn (Knüllgebirge) am 12., zu Westerfeld (Krs. Usingen) am 8., zu Linz am Rhein am 10. April, desgleichen hier Kuckuck, Nachtigall, Rot- schwänzchen und Wendehals; ferner in derselben Zeit zu Welleringhausen Wendehals und Kuckuck. Bemerkenswert ist dabei, dafs zu Anfang April bis zum 8. unbeständiges Wetter mit Regenfällen geherrscht hat, während es sich in der Zeit vom 8. zum 9. besserte und vor allem ein stärkerer Temperatur- anstieg erfolgte. Entsprechend der Lage des Hochdruckgebietes, wie sie überdies für Ungarn eine Zeit lebhaften Eintreffens zahl- reicher Zugvögel bedeutet, mochte auch teilweise föhnige Witterung herrschen. Fraglich ist dabei aber immer noch, ob die Zugvögel tatsächlich erst mit der Besserung des Wetters ankamen, oder ob sie nicht schon während des schlechten Wetters angekommen waren und sich erst bemerkbar machten, 572 Dr. W.R. Ecekardt: Vogelzugbeobachtungen im Frühling 1920. als sich das Wetter besserte. Nur durch zahlreichere längere Zeit fortgesetzte sorgfältige Beobachtungen wird sich diese Frage einwandfrei beantworten lassen. — Infolge des sehr zeitigen Frühlingseintrittes kehrten auch die Zugvögel zumeist sehr zeitig zurück. So wurden Stare in der Gegend von Jüterbog bereits am 14. Februar beobachtet zu gleicher Zeit auch bei Witzenhausen. Der Hausrotschwanz erschien bei Fritzlar schon am 29. Februar. Auch Zauneidechsen, sowie Zwergfledermäuse liefsen sich daselbst am gleichen Tage blicken. Auf dem Knüllgebirge waren die Feldlerchen bereits am 29. Februar eingetroffen, wo auch die Eulen mit dem Nest- bau und dem Legen beschäftigt waren. Dagegen erschienen die Mauersegler ganz zur gewohnten Zeit (30. April) auf dem Knüll- gebirge und im Unter-Westerwald. Bei einer gröfseren Anzahl von Meldungen gewissenhafter Beobachter, deren Wahl erst mit der Zeit zu treffen sein wird, kann das Vogelzugproblem somit auf einfachste Weise in manchen wesentlichen Punkten seiner Lösung näher gebracht werden, wie die vorstehenden Zeilen andeuten. — Dr. W. R. Eckardt, Essen. Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die ausserordentliche Junisitzung 1921. Verhandelt: Berlin, Montag, d. 13. Juni 1921 im Aquarium. Anwesend die Herrrn: v. Schuckmann, Scopnik, Arndt, Steinmetz, Hartert, Bogatsch, Stein- bacher, G. Schulz, L. Schuster, vw Boxbergezr: Jung, Beckel, Freyer, Heck, Staudinger, Scha- low, Heinroth, Neumann und Frl. Friedrich, sowie 7 Gäste. RrRERB BT: Herr Schalow, Schriftführer Herr Hein- roth. Der Vorsitzende begrüfst Herrn Hartert aus Tring, der auf der Durchreise in Berlin weilt, und beglückwünscht ihn zu dem Abschlufs seines grundlegenden Werkes „Die Vögel der palaearktischen Fauna“. Herr und Frau Heinroth zeigen darauf in ihrer Vogel- stube eine Anzahl gröfstenteils aus den Eiern aufgezogener Jung- vögel der verschiedensten Gruppen, und im- Anschlufs daran werden in einem Dunkelraum mit 2 elektrischen Eierschierlampen die Entwicklungsstadien von Vogelkeimlingen im lebenden, un- verletzten Ei gezeigt, wobei namentlich auf die deutlich erkenn- bare verschieden rasche Entwicklung bei den verschiedenen Arten aufmerksam gemacht wird. Auch sonst geht Herr Heinroth auf seine Erfahrungen bei der künstlichen und natürlichen Brut ein. de Bericht über die Septembersitzung 1921. 573 Herr Hartert dankt herzlich für die ihm vom Vorsitzenden zuteil gewordene Begrüfsung und berichtet in Gestalt eines kleinen Vortrags über den Stand der Ornithologie namentlich in England und den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, wobei er kurze Skizzen der betreffenden Forscher entwirft. Er kommt zu dem Schluß, dafs die Vogelkunde in allen mafsgebenden Staaten in den besten Händen liegt und sich gedeihlich ent- wickelt. O. Heinroth. Bericht über die Septembersitzung 1921. Verhandelt Berlin, Montag, d. 5. September 1921 abends 1/, Uhr im Erfrischungsraum des Aquariums,. Anwesend die Herren: Hamburger, v. Loebenstein, Steinbacher, Neumann, Heck, Berger, Paulick, Schuster, Nynceke, Preuss, Schulz, Freyer, v. Schuckmann, Helfer, Reichenow, v. Lucanus, Heinroth, Stresemann und Buchheim, sowie 7 Gäste, Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Heinroth. Der Vorsitzende begrülst die Anwesenden in dem neuen Raum der vom Zoologischen Garten zur Verfügung gestellt worden ist und hoffentlich für die Dauer einen behaglichen Auf- enthaltsort für die monatlichen Sitzungen abgeben wird. — Ferner teilt er wit, dafs Herr Graf von Zedlitz und Trüzschler die großse silberne Linne-Medaille von der Schwe- dischen Akademie der Wissenschaften verliehen bekommen hat. Herr Reichenow legt Bücher und Zeitschriften vor und gibt sodann einen Bericht über das von Herrn E. P. Tratz in Hell- brunn bei Salzburg gegründete Institut für Vogelkunde und Vogelschutz. Bewundernswert ist, was Herr Tratz hier in ein paar Jahren geschaffen hat. In der Hauptsache handelt es sich um ein Museum, das die Vogelfauna des Landes zur Darstellung bringen soll. Dieser Zweck wird aber durch die Ausführung bei weitem übertroffen. Nicht nur sind die Vögel Salzburgs in ihren verschiedenen Geschlechts- und Alterskleidern, ihre Nester und Eier in gefälliger und anschaulicher Weise aufgestellt, sondern es wird auch ihre Entwicklung, die Beschaffenheit der einzelnen Körperteile und die gesamte Biologie vorgeführt. Da- bei ist dem Schöpfer des Museums seine vorzügliche Begabung zum Zeichnen und Malen von grofsem Vorteil gewesen. So findet man die Naturdarstellungen durch farbige und schwarze Bild- tafeln und Karten erläutert. Da ist die Entwicklung des Vogels abgebildet, die Anatomie, die einzelnen Teile des Gefieders sind durch Zeichungen erklärt, die verschiedenen Flugarten der Vögel u. a. bildlich dargestellt. Alles, was zur Erläuterung der Lebens- weise, der Ernährung usw. dient, findet Ergänzung auf Bildern, Zeichnungen und Tabellen. In einem besonderen Raum sind die 574 Bericht über die Septembersitzung 1921. Hilfsmittel des Vogelschutzes untergebracht. Neben Nistkästen, Futteranstalten und Darstellungen von Nist- und Schutzgehölzen werden auch die verschiedentlich verwendeten Fangarten, Schlingen, Fangkästen und Netze gezeigt, unter anderem ist ein grofses Klebnetz aufgestellt. Eine mustergültige Lehranstalt ist ge- schaffen, so dafs der Berichterstatter sich veranlafst sah, dem Schöpfer und Leiter des Instituts den Rat zu geben, die gesamte Einrichtung des Museums in Wort und Bild auf ein Buch zu übertragen, womit ein Lehrbuch geschaffen würde, das dem Lehrer ein Leitfaden für den Unterricht, dem Schüler ein Hand- buch zum eingehenderen Studium und jedem Laien als Ein- führung in die Vogelkunde von ungemeinem Nutzen sein würde. Museumsverwaltern sei angelegentlich der Besuch der Tratzschen Anstalt empfohlen; sie werden eine Fülle von Anregung be- kommen. Eine wissenschaftliche Balgsammlung ist im Entstehen begriffen, so dafs auch die streng wissenschaftliche Forschung hier eine Stätte finden wird. Erfreulich ist es, dafs die öster- reichische Regierung Verständnis für die Bedeutung des Instituts gewonnen und dadurch betätigt hat, dafs der Anstalt nicht nur das für den Zweck sehr geeignete Schlofs Hellbrunn, sondern auch bedeutende Geldmittel zur Verfügung gestellt sind, so dafs die Erhaltung und Fortentwicklung des Instituts gesichert ist. Herr Heinroth weist auf die neue für Preufsen gültige Polizeiverordnung, den Schutz gewisser Tiere und Pflanzen be- treffend, hin, die in sehr anerkennenswerter Weise sich vieler immer seltener werdender Vögel annimmt. Nur ist leider die auf die Uebertretung gesetzte Strafe von M. 150,— viel zu gering, als dafs sie bei dem gegenwärtigen niederen Geldwert irgend je- manden abschrecken könnte. Hier mufs unbedingt Wandel geschaffen werden. Gelegentlich der Besprechung der Literatur führt Herr Schulz an, dafs in Elling bei Prenzlau vor 20 Jahren 39, jetzt aber nur noch 3 besetzte Storchnester vorhanden seien. Herr Stresemann legt eine Arbeit von Baldwins im Auk 1920 vor. Der Verfasser hat eingehende Versuche dar- über angestellt, ob die Paare des dortigen Hauszaunkönigs immer aus denselben Stücken bestehen, und durch Beringung dabei ge- funden, dafs die Gatten bisweilen bei jeder neuen Brut wechseln. Herrn v. Lucanus weist darauf hin, dafs in Ungarn mit Schwalben schon lange entsprechende Versuche gemacht worden sind, wobei sich herausgestellt hat, dafs meist eine Dauerehe von vielen Jahren vorhanden ist, dafs aber auch bisweilen die Gatten gewechselt werden, was vielleicht nach Heinroths Vermutung darauf beruhen kann, dafs nach Beendigung der ersten Brut die Paarungslust bei den beiden Eltern nicht zugleich wieder er- wacht und sich dann das brünstigere Stück einen entsprechenden Genossen sucht. Herr Heinroth erwähnt zu den Versuchen mit dem Hauszaunkönig, dafs man an der Beschaffenheit der EEE, REEL 20 EEE NONE Bericht tiber die Septembersitzung 1921. 575 Kloake die Geschlechter wohl hätte unterscheiden können und, um Männchen und Weibchen im Freien kenntlich zu machen, die Ringe links oder rechts anlegen konnte. Herr Reichenow bespricht eine Beobachtung Lönn- bergs, daß sich in Schweden unter 6 Silbermöwen 5 L. cachin- nans befunden haben. Daraus würde sich ergeben, dafs diese als südlichere Form unterschiedene Art nur eine Spielart ist. Herr Stresemann bespricht unter Vorweis von PBälgen Holsteinische Schwanzmeisen und kommt zu dem Ergebnis, dafs der dunkle Kopfstreifen der alten Vögel durchaus nicht an das weibliche Geschlecht gebunden ist. Ferner legt er einen Pristo- rhamphus vor mit dem Hinweis, dafs bei diesem Dicaeum- artigen Vogel das Weibchen merkwürdigerweise stets grölser sei als das Männchen. Herr Chapin (New York), der als Gast anwesend ist, hat vom Kongo Vogelarten mitgebracht, die äufserlich zum ver- wechseln ähnlich sind, die sich aber in Stimme und biologisch unterscheiden. Es sind 2 Trogone, 2 Pirole und 2 Kuckucke. Diesen entsprechen 2 Brillenvögel und 2 Paradiesvögel aus Neu-Guinea. Herr Neumann geht auf einen neuen, von Grauer im Hochgebirge von Abessinien gesammelten Girlitz ein, der dem sSerinus flavivertex ähnlich ist, sich aber durch andere Schwanzfärbung stark unterscheidet (8. sass%). Herr v. Lucanus hat während eines längeren Aufent- haltes im Rittergut Isterlies Bez. Magdeburg allabendlich das Vorhandensein einer Zwergohreule, die durch ihren Ruf „Hiu‘ leicht auffindbar war, festgestellt. O. Heinroth. Namenverzeichnis. Acanthis cannabina 74, En 242, 248, 256, 279, 0. 5 — carduelis 282. exilipes 281. flavirostris 219, 280, holboelli 281. hornemanni 281. — linaria 219, 280, — spinus 281. Accentor atrogularis 244, 248. — modularis 35, 244,248, 344. Accipiter nisus 28, 200, 2 31. Acredula caudata 341. Acrocephalus aquaticus 3 — arundinaceus 246, 249, 353, 407, 408. - palustris 246, 249, 354, 404. — schoenobaenus 247, 249, 252, 354. — seirpaceus 353. ES eDN 240, 246,249, 5 Actophilus africanus 425, Aegithalus caudatus 341, 391, 392, 399. — europaeus 341, 391. — pyrenaicus 391. — roseus 341. Aerops major 418, Agapornis fischeri 421. Agelaius phoeniceus 499, Alauda arvensis 311, 313, 380, 390, 393. — cantarella 312, 314, 380, 390, — cinerea 3ll, 314, 315, 380, 390, 393, Alaudidae 103, 104, 105. Alcedo ispida 2%, 551, 50. Alcippe abyssinica 137, Alethe anomala 138, — fülleborni 137, Alethe montana 138, — usambarae 137. Alle alle 139. Alopochen aegyptiacus Alseonax caerulescens125, — grotei 264 — murinus 125. — roehli 125. Amauresthes fringilloides 128, Amblyospiza unicolor 128, 413 Amydrus rüppelli 127, Anaplectes melanotis 128, 412 Anas acuta 176, 237. — americana 483. — boschas 24, 174, 237, 518, 519, 526. — carolinensis 483, crecca 27, 176, 237. leucostigma 122. penelope 27, 175, 237. — querquedula 176, 237. — superciliosa 518, 519. Anastomus lamelligerus 424, Andropadus masukuensis 132 — roehli 132. Anhinga rufa 426. Anser sp. 176. — albifrons 520, — anser 520. — ferus 237. Anthoscopus eitrinus 48. Anthreptes orientalis 133, — rubritorques 133, —:tephrolaema 133, — zambesianus 133. Anthus 104, — angolensis 411. — campestris 305, 306. — lineiventris 130. — omoensis 411. — pratensis 243, 248, 304, 306. Anthus sordidus 411, — trivialis 305, 306. — zenkeri 41]. Apalis murina 135, — niassae 264. — ruficeps 135. — thescela 135. — uamensis 264. Aplonis 106. Aplopelia larvata 122. Apus apus 53, Aquila clanga 388. — pomarina 388, Arboricola collaris 263. — gingicus 263. Archibuteo lagopus 230, 538 Ardea cinerea 191, 233. — goliath 424. — melanocephala 424, — purpurea 267. Ardetta minuta 234. Arenaria interpres 176. Argya emini 409. Artomyias fuliginosa 407, 417. Asio accipitrinus 39, 227, 401, 544. — flammeus 39, 400, — otus 228, 543, Astur orienticola 123. — palumbarius 199, 231. Athene noctua 227, 545. Auripasser 105. Aythya ferina 518. Barbatula affinis 420. — leucomystax 124. Batis littoralis 126. — puella 126, 417. — soror 126, Bombyeilla centralasiae 57. — garrula 57, 225. — ussuriensis 58, Bonasa bonasia 194, 388. — grassmanni 388, 393, 397. Bonasa rupestris 388. — sylvestris 388, — volgensis 388, Botaurus stellaris 191. Bradornis griseus 407, 417. — murinus 125, 417. Bradypterus nyassae 134. — usambarae 134 — roehli 135, Branta canadensis 520, Bubo amerimnus 421. — lacteus 123. — maculosus 421. — sibirieus 217. Bubuleus ibis 424. Buceanodon kilimense 123. Bucorvus cafer 124, Budytes borealis 411. — flavus 244, 248, 258, 309. — thunbergi 407, 411. Buphagus erythrorhyn- chus 415. Burhinus vermiculatus 25. Buteo buteo 15, 29, 535. — desertorum 217, 230, 400. — intermedius 389, 392, 397, 400. rufiventer 400. rufocanus 217. tachardus 38, 217. vulgaris 230. — vulpinus 38, 215, 217, 389, 400. Butorides atricapillus 424, Bycanistes bucinator 124, — ceristatus 124. Cairina moschata 519, 526. Calamodus schoenobaenus 54. Calandrella 262. Calophasis ellioti 517. — mikado 517. Campephaga nigra 417. Caprimulgus europaeus 52, 125, 226, 552. — fossei 417. — guttifer 125. Captores 426. Cardinalis cardinalis 105. Carduelis 283. — carduelis 282, 520. — elegans 219, 282. Namenverzeichnis. Carduelis spinus 281, 282. Carphibis spinicollis 520, Carpodacus erythrinus 286, 356, 502. Casarca casarca 518. — tadornoides 518, -- variegata 518. Catreus wallichi 517. Centropus supereiliosus Cerchneis ardosiacea 422. — carlo 422. — merilla 228. — naumanni 263. — tinnunculus 30, 228, 422, 541. Certhia bacmeisteri 322. 390, 393. -— brachonyx 323. — brachydactyla 323, 390 — familiaris 322, 390. — macrodactyla 390. — neumanni 323, 390, 393 — scandulaca 322. Chaleococeyx maculatus 252. Chalcomitra aequatorialis 09 409. — gutturalis 410. Chalcopelia afra 138, 423. — chalcospilos 423. Charadrius apricarius 236. dominicus 481, 482, 484. — fulvus 482. — tricollaris 425. Chaulelasmus streperus 518. Chen nivalis 520, — rossi 485. Chenalopex aegyptiacus 5 425. Chenopsis atrata 520, Chizaerhis zonura 421. Chloephaga poliocephala 518 Chloris chloris 33, 256, 278, 520. — hortensis 219, Chloropeta massaica 126. Chlorophoneus 464. — abbotti 127. — chrysogaster 416. — suahelious 416. 577 Chordeiles virginianus 473. Chrysococcyx cupreus421l. — klaasi 138, 421. Chrysolophus amherstiae _ pictus 517. Chrysomitris spinus 219, 281, 403 Ciconia ciconia 15, 17, 190, 234, 408, 424. — nigra 234. Cinclodes 119. Cinclus aquaticus 383, — cinclus 383, 391. — medius 383, 391. — orientalis 383, 391. Cinnyrieinelus verreauxi Ju ee aequatorialis — chalceus 410. changamwensis 134, cupreus 410. falkensteini 134, 410. fülleborni 134, gutturalis 410. inaestimatus 410. kirki 134 mediocris 134, neglectus 133. obscurus 133. regazzii 133. — stierlingi 134. — suahelicus 411, Circaetus cinerascens 421 — gallicus 388, Circus aeruginosus 197. — cyaneus 197, 231. — macrourus 388, — pygargus 199. Cisticola chiniana 408, — erythrops 134. — nyansae 408, — soror 134. Clamator cafer 421. — glandarius 421. — jacobinus 421. Clivicola riparia 56, 225. Coccothraustes cocco- thraustes 275. — vulgaris 221. Coceystes 40, — cafer 42], — glandarius 252, 421. ER Fa ie 252, 253, PER) 578 Colius affınis 124, 419. — berlepschi 419. — macrourus 419. — pulcher 419. Coliuspasser ardens 128. — conradsi 407, 413. Coloeus collaris 80. — monedula 389. — soemmeringi 80, 389, 393, 397. — spermologus 80, 223, 389 — turrium 389. — ultracollaris 81. Columba arquatrix 122. — guinea 263. livia 113, 519, 520. longipennis 422, — oenas 113,196,233,519. — palestinae 262. — palumbus 28, 113, 194, 233, 519. Colymbus arcticus 96, 97. — cristatus 172, 238. — nigricans 172, 238. — nigricollis 172, 238. Coracias garrulus 50, 138, 226, 408, 419, 552. — suahelicus 419. Corvidae 106. Corvultur albicollis 127, 415. Corvus aegyptius 73. — albus 138. — bacmeisteri 73. — canariensis 70. — christophi 119. — corax 70. zrj cornix 16, 72, 03: 76, 78, 96, 98, 102, 118, 224, 389, 392, 399. — corone 72, 102, 564. culminatus 253. frugilegus 80, 223. judaeus 79, kaukasicus 79. krausei 70. ruficollis 70. sardus 70, 71. scapulatus 138, sharpei 79. splendens 253. subcornix73,77,78,389. syriacus 79. tingitanus 70, ultracollaris 81. umbrinus 70, valachus 79, Namenverzeichnis. Corythornis cyanostigma | 1 Cossypha heuglini 409. — intermedia 138, 409. — iolaema 138. — mawensis 138, -- natalensis 138. — nigriceps 49, — tessmanni 49, Coturnix communis 232. — coturnix 193. Crateropus elberti 461, — hypostictus 136. — platycercus 48, — sharpei 409. — uamensis 48, Crecopsis egregia 424, Crex erex 113, 184. — egregia 424, — pratensis 234. Cryptolopha minulla 126. Cryptospiza ocularis 128. — reichenowi 128, — ruficapilla 126. — salvadori 128. Cuculus canorus 227, 239, 256, 401, 546. — solitarius 138. Cynecula suecica 386. Cyanistes orientalis 334. Cyanomitra changamwen- sis 134. rn Cygnus cygnus A = Asläneväphalls 497. — musicus 236. — olor 236, 520. Cynchramus 263. Cypselus apus 53, 552. — reichenowi 125. — roehli 125. — spinicauda 518. Wafıla acuta 518, 519. Dandalus rubecula 385. Delichon urbica 15, 31, 40, 55, 225, 557. Dendrocopos hortorum 389, 549. — leucotos 401. — major 45, 227, 389, 392, 399. — medius 549, — minor 226, 389, 401. — pinetorum 389, 548. — transitivus 389, 393. Dendrocygna viduata 425. Dendroica aestiva497,498,. — caerulesceng 498. Dendroica kirtlandi 495. — palmarum 490. — striata 476, 480, 483, 484, 499. — vigorsi 474. Dendromusmalherbei419, — nubicus 420, — nyansae 419. — suahelicus 419. — tessmanni 47. Dendropicos centralis 420, — hartlaubi 124, 420. — massaicus 124, Dierurus afer 415. — divaricatus 415. Dolichonyx oryzivorus 480 Drepanorhynchus reiche- nowi 134, Dryobates hortorum 370. — kamschatkensis 370. — minor 370. Dryocopus martius 227, 548 Dryoscopus affınis 127. — hamatus 127, 416, — occidentalis 416. Egretta alba 424. Elanus caeruleus 422. Emberiza 104. — brehmi 294, — buturlini 292. — calandra 218, 243,248, 290, 292, 389, 392. — canneti 302, 303, 390. 250, 252, 254, 258. — ceitrinella 14, 218, 243, N 267, 293, 298, 370, — curvirostris 302, 303. — erythrogenys293, 297, 298, 370, 389, 393, 403. — flaviventris 412, germanica 292, 389. goplanae 302, 303,390. ° graeca 292, hortulana 218, 300, 393, 397, 398. — melanocephala 502. — mollessoni 119, 294, — nivalis 28 alis 289, — pallidior 301, 303, 390, 393 — projer 292, — romaniensis 299, = et 301, 390, Emberiza sylvestris 295, 297, 298, 370, 389. — tschusii 301, 303, 390. — volgae 302, 303. Eminia lepida "407, 409. Empidornis kavirondensis Enneoctonus collurio 68, — niloticus 437 Erithacus cyanecula 247, 249, 386. — Juseinia 251, 387. — philomela 37, 386. — phoenicurus 36, 247, 249, 258, 384, 405. — rubecula 14, 247, 249, 251, 256, 384, 409. — suecicus 386. —- titys 247, 249, 383, 397. Erythropygia soror 409. Ertrilda cavendishi 129. — charmosyna 414. delamerei 414. litoralis 129. minor 129. nigrifacies 48, nyansae 414, nyassae 129. rhodopyga 129, Endynamis niger 253. Eunetta falcata 518, 519, Euplectes xanthomelas 128 Eurocephalus fischeri 416. Eustephanus galeritus496. Falco buteo 38, 216, 217. — cherrug 229. — peregrinus 229, 540. regulus 541, — ruficollis 422. — rusticolus 263. — subbuteo 228, 263,540. — tachardus 38, 216, 217- — vulpinus 38, 216, 217. Francolinus hildebrandti 112, 123, 422. Fringilla 105. — chloris 278. -- coelebs 33, 220, 256, 275. 276, 389. — hortensis 276, 389. — montifringilla 221, 240, 250, 278, — spiza 275, 276,389,392. -- sylvestris 276. — tristis 276. Fringillaria tahapisi 412. Namenverzeichnis. Fringillidae 105. Fulica 113. — atra 188, 234. — cristata 425. Fuligula clangula 237. — cristata 238. — fuligula 519. — nyroca 238. Fulmarus glacialis 41, Gialerida 263. — caucasica 317, 320, 321, 390, 393. _ cristata 317, 321, 390, 393. — gallica 317. — meridionalis 318, 321. — tenuirostris 318, 320, 321, 390. Gallinago coelestis 235. — gallinago 181. Gallinula angulata 424. — chloropus 15, 28, 184, 3 234. Gallus 522. — gallus 517, 518. — sonnerati 517. — varius 517. Garrulus albipectus 87. — glandarius 84, 223. Gennaeus melanonotus 517. -— nycethemerus 517. — swinhoei 517. Geocichla usambarae 136. Geositta 119. Geothlypis formosa 481. — trichas 499 Gracula 106. Grus communis 234, — grus 183 — japonensis 114, Gymnorhina 106. Gymnoris 10%. Gymnoschizorhis centra- lis 421. — leopoldi 421. Gyps fulvus 463, 465. EJabia melanocephala474. Hagedashia hagedash 424, — nilotica 424. Halcyon centralis 418, — chelicuti 418. — cyanoleucus 418, — hyacinthinus 418. — orientalis 124, — semicaeruleus 418, 579 Halcyon senegalensis 418, Haliaetus albicilla 230. — vocifer 422. Harpolestes littoralis 457- — minor 126, 415, 457. — minutus 407, 415. — reichenowi 127. Helminterus vermivorus 481. Helminthophila chrysop- tera 481. Hemiparra hybrida 425. Herodias alba 424. Heterotrogon vittatum 124 Hieraaetus pennatus 388, Hippolais hippolais 356, 397 — icterina 256, 356, 405. Hirundinidae 103, 105. Hirundo abyssinica 265. — americana 217. cahirica 217. — emini 125. — fumaria 217. — puella 125, 265. — riocourü 217. — rufa 217. — Tustica 15, 30, 54, 217, Be 401, 407,417, 459, — savignyi 217. . — unitatis 265. Hydrochelidon nigra 238, Hypargos chubbi 128. — niveoguttatus 128. Hyphantornis femininus 412. Hypochera funerea 414. Ibis aethiopica 424, 520. — molucca 520. Icterus spurius 497. Indieator minor 123, 420. — teitensis 123, Irrisor Ye — marwitzi 418. Ispidina picta 418, IE torquilla 227, 401. 547. Buagonosticta congica 48, — hildebrandti 129, — ruberrima 407, 414. — sannagae 48. Lampronessa sponsa 519. Lamprotornis purpurop- terus 415. 980 Laniarius erythrogaster 416 — funebris 416. — sublacteus 127, Laniidae 426, Lanius 426. — assimilis 432, — aucheri 430, 431. — auriculatus 438, — böhmi 416, — cullurio 67, 68, 114, 224, 240, 242, 248, 256, 258, 407, 417, 436, 439, 502, 562. 2 dealbatus 430, 432, — elegans 427. — excubitor 61, 224, 429, 560. — excubitortus 432. — galliae 61. — gubernator 264. — hemileucurus 427,431. — homeyeri 61, 65, 66, 16. humeralis 127, 416. intercedens 416. isabellinus 444, lahtora 430, leuconotus 432. leucopygos 430, 432. major 66. meridionalis 61. minor 67, 69, 224, 388, 402, 432, 502, 562. mollis 61. niloticus 435, 437, 438. nubicus 441, pallidirostris 432, paradoxus 435. personatus 441, rapax 64, 66, 402. rufus 434, 437. rutilans 436, 437. schariensis 264. senator 68, 242, 248, 258, 563. _ strümpelli 264. — tessmanni 47, 264. Larus argentatus 22, 174. — cachinnans 575, canus 14, eirrocephalus 426, fuscus 14, 238. marinus 14, minutus 388, er 14, 19,174, I I a a a Fe I MEISSEN 1 kit Bl Leucosticte 105. Namenverzeichnis. Limnocorax niger 424. Limosa aegocephala 235. 497. — fedoa — lapponica 388,*398. — limosa 181. Linura fischeri 129, Linurgus kilimensis 130, — olivaceus 130. Lobivanellus lateralis 425, Locustella fluviatilis 355, — lanceolata 116. — luscinioides 356. — naevia 355. Lophoaetus oceipitalis421, Lophoceros epirhinus 419, — suahelicus 124, Loxia bifasciata 289, — curvirostra 288, — leucoptera 289, — pytyopsittacus 289, Lullula arborea 316, Luscinia luscinia 386. — megarhynchos 387. Lybius adamauae 46, — leucocephalus 46, — melanopterus 123, — usukumae 420. Lycos collaris 80, 83, — monedula 81, 82. — soemmeringi ’80, 402. — spermologus 14, 80, 8. — turrium 82, — ultracollaris 82, Lyrurus juniperorum 388, — tetrix 194, 388, 393. — viridanus 388, 393, Hacrodipteryx vexillarius 417. Macronyx croceus 412, Melaconotus approxi- mans 416. — hypopyrrhus 416. — interpositus 416. Mareca americana 518, 519. — penelope 518, 519. — sibilatrix 518. Megapodiidae 112. Melaenornis tropicalis 125, Melierax metabates 421. Melittophagus meridiona- lis 418, — oreobates 124. Mergus albellus 174, Merops apiaster 407, 418. Merops supereiliosus 418, Merula migratoria 474. Mesopicos rhodeogaster ar0,. Metopiana peposaca 518, 519 — melba Miliaria 105. Milvus aegyptius 422, — ictinus 230. — korschun 230. 540 — milvus 15, 29, 539. — parasitus 422, Mirafra fischeri 457. Mniotilta varia 487, 498. an saxatilig 137, 375 Montifringilla 105. — nivalis 290, Motacilla alba 52, 243, > 252, 258, 306, _ ee 308. — boarula 311, 458. — cinerea 311. — dombrowskii 308, 309. — dukhunensis 306. — flava 308, 309, 404, _ intermedia 306. — longicauda 130. — trochilus 360, 362. — vidua 411. Motacillidae 104. Muscadivora 262. Museicapa 445. — albicollis 60. — atricapillla 59, 224, 401, 447, 460, 559, — collaris "60, 559, 388, 401, 447. - grisola 14, 31, 58, 225, Een 248, 258, 446, — hypoleuca 59. — parva 60, 402, 502. — striata 59. Muscicapidae 445, Musophaga rossae 407, 421. Micropus apus 53, 226. 267. Nectarinia 447. — cupreonitens 134. — erythrocerca 411. — melanogastra 411. - metallica 448, N I 2 ı Nectariniidas 447. Neisna kilimensis 129, — nyansae 129. — quartinia 129, Neophron monachus 422, Netta rufina 518, 519. Nettium brasiliense 518. — torquatum 518. Nettopus auritus 425, Nucifraga alpestris 89, — caryocatactes 88, 223, 402 — macrorhynchos 85, , — major 89, Numenius arquatus 113, 114, 131, Numida 522. — intermedia 422, — meleagris 517, 518. -- reichenowi 422, — uhehensis 123. Nycticorax leuconotus 423 — nyeticorax 191. Nyroca ferina 174. — fuligula 174. — vallisneria 483, @edienemus oedicnemus 178 — scolopax 236. — vermiculatus 425, Oena capensis 423. Oenanthe grisea 376, — hispanica 103, — leucorhoa 377. — oenanthe 103, 376, — pleschanka 104, Oidemia deglandi 484, a walleri Oporornis agilis 484, Oriolus galbula 221. — larvatus 415, — notatus 1297, -— oriolus 127, 269, 403, — rolleti 415, russ porzana 113, u en 113. Otis melanogaster 425, — tarda 182, 235, — tetrax 182, Ötooorys flava 322. Otus scops 544, Oxylophus 40, Namenverzeichnis, Pandion haliaetus 229, 540, Panurus biarmicus 267. Paradiseidae 106. Paradoxornis 106. Paridae 106. Parisoma subcoeruleum 63. Parus abietum 335. — assimilis 339, 390. — ater 335. atricapillus 338, — balticus 336, 392. — bianchi 339, — borealis 338, 390, 392, 399, 404. _ caeruleus 334. — communis 336, 390. — cristatus 340, 391, 392, 399. — fruticeti 336. — languidus 119, 334, — major 14, 34, 332, — meridionalis 336, — mitratus 340, 391, 399 — natorpi 390, — neglecta 339. — orientalis 334. — pallidus 334, _ a 336, 390, 392, 398, 399, — salicarius 338, 390. — stagnatilis 336, 392, — tischleri 339, 390, Passer 105. — dybowski 274, — montanus 221, 273. — saturatus 274. — suahelicus 412, — transcaucasicus 274, — ugandae 412, — volgensis 274. — zaissanensis 274, Passerina cyanea 493, — nivalis 218, 289. Pastor 106. Patagona gigas 496. Pavo 522. — cristatus 517. — muticus 112, 517. — nigripennis 517, Pavoncella pugnax 15, 27, 180 Pentholaea limbata 49. Journ. f. Orn, LXIX, Jahrg, Oktober 1921, 404. 581 Perdix cinerea 232, — perdix 192. Pernis apivorus 230, 539, Petrochelidon lunifrons 483, 484, Petronia 105. Phalacrocorax africanus 426 — lugubris 426, -— lucidus 426. Phasianus 522. — colchieus 191, 517. — mongolicus 517. — soemmeringi 517, — torquatus 517. — versicolor 517. Phoenicopterus roseus 233 Phoenicurus familiaris 49 — falkensteini 49, — gibraltariensis 383, — tessmanni 49, Pholia sharpei 127, Phyllastrephus cervini- ventris 130. — cognatus 131. — fuseiceps 131. — kikuyuensis 131. — kilimandjaricus 131. — mombasae 131. — pallidigula 411. — placidus 131. — striffacies 130. — usambarae 131. Phylloscopus abietinus 63, 365, 366, 391, 392, 399, 404. _ acredula 360, 361» 391, 392, 399. collybita 246, 248, "363, 365, 391. _ erlangeri 357, 358, 391, 393, 397, 404. — eversmanni 360, 362. — fitis 360. — flavescens 358, — obscurus 366, occidentalis 364, — pinetorum 364, 365. — pleskei 364. rufus 363. sibilator 246, 248. 357, 358, 391. — trochilus 136, 359, 391. 38 582 Pica caudata 83. — pica 46, 83. — rustica 223. Picoides alpinus 389, 393, 398. — tridactylus 389. Picus canus 389. — pinetorum 389. — viridicanus 550. — viridis 226, 356, 389, 392, 550. Piranga erythromelas 475, 479, 486, 487, 493. — Iudoviciana 475. Planesticus merula 374. Platysteira peltata 126. Plectrophenax nivalis 289. Plectropterus gambensis 425. Ploceus abyssinicus 412. — bohndorffi 412, — crocatus 412. — femininus 407, 412, — melanoxanthus 412, — nigriceps 128. — pelzelni 413. — reichenowi 128. — suahelicus 128. — uluensis 413. — xanthops 413. Podoces ilensis 528. — panderi 528. Poeoptera lugubris 128. Pogonoeichla orientalis 138. Poicephalus fuscicapillus 123. - matschiei 421. Polionetta bahamensis 518, — poecilorhyncha 518, 519. Poliospiza striolata 129. Pomatorhynchus minor 415, — minutus 415. Pratincola axillaris 137. — magaretae 381. — noscae 377, 379, 380, 391, 393, 397. — rubetra 377, 379, 380, 391, 407, 409, — rubicola 382. — salax 137, — spatzi 379, 381, 391. Prinia inmutabilis 457. — metopias 135. Namenverzeichnis. Prinia mystacea 135, 408, 457. Pristorhamphus 575. Prodotiscus camerunensis 46. Protonotaria eitrea 495. Prunella modularis 344, Psalidoprocne nigra 47. Pternistes eranchi 112. — infuscatus 112. — rufopietus 422. Pterocles arenarius 116. Ptilinopus 262. Pyenonotus micrus 132, — minor 411. Pyromelana diademata 413. — friderichseni 413. — nigrifrons 413. Pyrrhula europaea 218. — germanica 287, 389. — major 286. — minor 287. — pyırhula 286, 389, 392, 399, 403. Pytilia afra 128. — belli 407, 414, — chubbi 128, @uelea 413. -— erythrops 413. Querquedula cyanoptera 519. aethiopica 128, Brallus aquaticus 184,234. Regulus cristatus 267. — flavicapillus 342. — ignicapillus 343. — regulus 256, 342. Remiza 262. . Rhinopomastus schalowi 124, 418. : Rhinoptilusemini 407, 425. Riparia riparia 56, 556. — rufigula 125. Rissa tridactyla 238. Ruticilla phoenicurus 240, 384. Sarkidiornis melanotus 425. Sarothrura rufa 122. Saxicola grisea 376, 391. — halophila 437, — leucorhoa 115, 377, — lugens 437. — noscae 377. Saxicola oenanthe 115, 247, 249, 376, 391, 392, 399. — rubetra 103, 377. — rubicola 103. Scolopax rusticula 181, 235. Scopus bannermanni 265, 424, — umbretta 122,265, 424. Serinus canarius 263, 520. — germanicus 285. — hortulanus 219. — luteolus 285. — polonicus 283, 285. — sassii 575. — serinus 283, 285, 520. Setophaga ruticilla 485, 487, 493, 497, 498. Sigmodus graculinus 126. Sitta affıinis 326, — albifrons 326. — baicalensis 326. — biedermanni 326, britannica 326. caesia 325. caucasica 327. cinerea 327. cisalpina 327. europaea 325, 330, 390. hassica 327. hispaniensis 326. homeyeri 325, 330, 390, 393. — reichenowi 327, 331, 320. — sordida 325, 331, 390, — sztolemanni 325, 390. — uralensis 326. PER chypeata 27, 174, 23 Spermestes cuoullata 407, 413. — nigriceps 128, — scutata 128, 413. Spinus hypostictus 130. — spinus 103, 281, 520. — tristis 103. Steganura paradisea 129, 414. Stephanibyx coronatus 425. Stercorarius parasiticus 238. Sterna cantiaca 24, 114. — caspia 91. — hirundo 24, 114, 115, 238, Sterna macrura 114, 115. — paradisea 477. Stilbopsar kenricki 127, — stuhlmanni 128, Br popelis erythrophrys 9: — risoria 519, 520. Strix flammea 227, 545. — maculata 421. — gibirica 217, Sturnia 106. Sturnidae 106. Sturnopastor 106. Sturnus 106, 262. — vulgaris 14, 31, 221, 270. Suaheliornis albigula 136. — griseiceps 136. — kretschmeri 136. Suthora 106, Sylvia affinis 348, 351,352. — assimilis 350. — atricapilla 246, 248, 256, 352, 353, 405. — borin 244, 248, 249, 253, 345, 346, 404. — communis 245, 248, 346, 353, 405. — curruca 245, 248, 256, 347, 348, 353, 405, 502. — halimodendri 348. 351, 352, — hippolais 345. — hortensis 345, — ieterops 347. — minula 352. — nisoria 244, 248, 344, 404, obscura 350. orphea 245, 248, 250. pallida 345. simplex 345. sordida 350. sylvia 346. volgensis 347. Sylvietta jacksoni 409. Syrmaticus 522. — reevesi 517. yrnium aluco 227, 544. — wilkonskiü 119. — woodfordi 123. Altea! Tachornis uamensis 47, Tadorna tadorna 578, Tarsiger montanus 138, — olivaceus 138, ee suahelica 126, Namenverzeichnis. Telephonus cucullatus444. - erlangeri 444. — remigialis 444, — senegalus 444. Tetrao 522. — tetrix 232. — urogallus 45, 194, Thamnolaea semirufa 137. — subrufipennis 137. — usambarae 137. Theristicus hagedash 424, Threskiornis aethiopica 424, Tigribaphe leucolaema 407, 423 Tigrisoma leucolophum 423, Totanus calidris 236, — fuscus 180, 236. — littoreus 236. — nebularins 180. — ochropus 138, 181. — totanus 180. Trachyphonus usambiro 420, Treron 263. Tricholaema lacrymosum 123, 420. — massaicum 420. — radcliffei 420. Tringa glareola 408, 425. — hypoleucos 408, 425, Tringoides hypoleucos180. 236, 425. Trochocereus albonotatus 126. Troglodytes troglodytes 247, 249, 343. Turacus cabanisi 211. — chalcolophus 211, 215. emini 215. fischeri 123. hartlaubi 123. hybridus 211, 215. livingstonei 211, 214. loitanus 211, 215. marungensis 211, 215. reichenowi 211, 215. — schalowi 211, 215. — ugandae 215. Turdinus stictigula 137, Turdus abyssinicus 136. — aterrimus 374, — bonapartei 370, 371. — brehmi 15, 36, 367, 391, 393. — centralis 407, 409, — coburni 368, a ar a Ka Er 583 Turdus iliacus 204, 368, — intermedius 374, — jubilaeus 369, 371,372. 391,393, 39% — loudoni 371, 391. — merula 36, 209, 256, 374, y — milanjensis 13%. -— musicus 203, 256,367, 391. — philomelos 367. — pilaris 201, 373, 388, 399, — pseudohodgsoni 370, 311: — roehli 136. — sarudnyi 371. — sibiricus 266. — tessmanni 49. — viscivorus 202, 369, SZ oT, Turtur communis 233. — damarensis 264, — intermedius 138. kafuensis 264. logonensis 263. semitorquatus 423, shelleyi 263. suahelicus 264. turtur 197, 520. Turturoena delegorguei 122, Tympanistria tympanis- tria 138. Upupaepops 51, 551, 226. Uraeginthus cyanoce- phalus 407, 414. Urinator arcticus 239. Urobrachya phoenicea413. Fake Wanellus capella 236. — vanelllus 176. Vidua hypocherina 414. serena 129, 414. Vinago nudirostris 422, — salvadorii 422. — wackefieldi 122, rer olivacea 487, I Zamelodia ludoviciana 485, 487, Zosterops aurifrons 48, — eurycricota 133. — flavilateralis 133. — pusillus 48. — savannae 48. — usambarae 133. T B g 22 PR ER BR . a, » L y * I « \ rt v N t. Be , Do a “2 . — W > j . ne z : ä ‚ ri ı% r . 7 nt Kr Ha 3033 Dr "Druck von Otto Dornblüth Nachf. in Bernburg. GEGRÜNDET VON J. CABANIS. Im Auftrage der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft herausgegeben von Prof. Dr. Ant. Reichenow, x 4 Geh, EN Zweiter Direktor am Staatl. Zoologischen Museum in Berlin, 5; F Generalsekretär der Deutschen Omithologischen Gesellschaft. 69. Jabrgang. Leipzig 1921. Verlag von L. A. Kittler. London, Paris, New»York, Williams & Korg gate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. Lemcke & Buechner 2 ‚ Honrietta DIR Coventgardon. 30—832 West, 27th Street. a rc a Preis des Jahrganges 40 M. praen. a a 5 14. . Bericht über die Dezembersitzung 1920 . .». . . 2... Inhalt des 1. Heftes 1021. XIX. Jahresbericht (1919) der Vogelwarte Rossitten ‚der vr Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. Von J. Thienemann Über Buteo vulpinus Licht. Von Reichenow Coceystes und Oxylophus. Von Dr. E. Hesse. . Fulmarus glacialis in Sachsen. Von K. M. Schneider Erwiderung auf das kritische Referat des Frhr. Geyr v. Schweppenburg. Von Dr. K. Lamprecht Ar Neue Vogelarten aus Kamerun. Von Reichenow; Die Avifauna des westlichen Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung deutscher Ornithologen in den Jahren 1915— 1918. Von 0. &rafZedlitz.. (Forts) ..... Pia Bemerkungen zu: Dr. E. Hesse, Ereininigen. etc. * f. 0. 1920, S. 388). Von R. Schlegel, RR Kine Über eine Aberration der Nebelkrähe. Von H. ES s Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Bericht über die Septembersitzung 1920 . f | Bericht über die Jahresversammlung 1920. . 2... Bericht über die Novembersitzung 1920 . Dem Herausgeber zugesandts Schriften = . >» 2 2. 3 W. JUNK, Berlin W. 15. Soeben erschienen: Dr. A. Szielasko F | Die Gestalten der normalen und abnormen Vogeleier analytisch bearbeitet. er N EV Preis M. 15.— (ohne Verlegen aufgestellt. ; R Speziell die Bildungsgesetze der SbaornER Eier sind vllt neu Be Y % Druck von Otto Dornblüth Nachf. in Bernburg. Dt JOURNAL us TR (Br h \e | für n © IE -ORNITHOLO Pi GEGRÜNDET VON J. CABANIS. A A UNEaSe der ‚Deutschen Ornithologischen Gesellschäft: | herausgegeben von n = 0. Leipzig 1921. N yo BE - Verlag von L. A. Kittler. © London, Paris. Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. l.emceke & Buechn« etta Street, Coventgarden. 30—32. West, 27th St Preis des Jahrganges 40 M. praen. E 2 1. Über eine Vogelsammlung aus West- Usambara. 90 Grote. 2. Der. kleine Krabbentaucher, Alle all; in Westfalen. 2 Dr. H.Reichling . . EONRREN ver 3. Kleine Mitteilungen. Von L. Schu Sion % 4. Beiträge zur Ornithologie Nordostfrankreichs. Von L. Schuster 5. Einige Ergänzungen zu R. Schlegels. Aufzeichnungen „über Vor kommen unserer Drosselarten in Sachsen. Von R. Zim r= mann. . Die spitzhaubigen Turakos. Von Rei c chenow. . I, . Nochmals über Buteo vulpinus. Von E. Streseman 6 7 b:; Pr 8. Bemerkung zum Vorstehenden. Von Reichenow. .. AR 9 f] 0. Zur Frage der Mimikry der Kuckuckseier. ‚Von F. v ‚Lucanus Deutsche Ornithologische Gesellachate 11. Bericht über die Januarsitzung 1921 ... 12. Bericht über die Februarsitzung 1921. . 13. Dem Herausgeber zugesandte Schriften . - h Verlag von R. Friedländer & Sohn in Berlin NW. 6. 7 Br Dr. Ernst Hartert % Die Vögel der Paläarktischen Fauna.» Systematische Übersicht der in Europa, Nord-Asien und der kl vorkommenden Vögel. u; a } Soebeu erschienen: Heft XIIT- XIV (Band II, 1-8), Die ses Heft bildet den Schlufs von Band Il. Seite I-XXIV und 1601-176: ' mit 9 Abbildungen. Preis 16 Mark. Früher erschienen: Heft I-XU (Band I und II, 1 2 Preis 104 Mark. ZA In Vorbereitung: Heft XV (Band III, 1). Be ; Wir kamen in den Besitz ‚der geringen Restbostände von. stebendem Werk: b Nitzsch, Christian Ludwig a System der Pterylographie. Nach seiven handschriftlich aufbewahrten Untersuchungen ve 8 .. H. Burmeister. J Mit 153 in Kupfer gestochenen Abbildungen auf 10 Patein. Halte 1840. 4. (228 Seiten.) Kart. — Preis 36 Mark, “ Nitzsch’s Untersuchungen sind als bahnbrechend für das i der Stellung und der Zusammensetzung des, Vogelgefieders zu dr da sie der Gruppierung der Vogelarten neue Wege wiesen 7 Druck yon Otto Dornblüth Nachf. in Bernburg. ax 1 für & ; ORNITHOLOGIE GEGRÜNDET VON J. CABANIS. Im Auftrage der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft herausgegeben ' von Prof. Dr. Ant. Reichenow, Geh. Regierungsrat, Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 69. Jahrgang. Juli 1921. Leipzig 1921. Verlag von L. A. Kittler. London, 2 Paris, New-York, - Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. l.emcke & Buechner Henrietta Street, Coventgarden. 30—32 West, 27th Street. Preis des Jahrganges 40 M. praen. Inhalt des 3, Heftes 1921. A ‚Seite 1. Die Avifauna des westlichen Pripjet-Sumpfes im Lichte der Forschung deutscher Ornithologen in den Jahren 1915— 1918. Von: 0. Graf. ZedLitz' (Schluß): ey... a Zur 2. Vögel der Ukerewe-Insel des Victoria Nuanza. Von H.Grote 3. Die Fänger (Captores) a erunn. Von Alexander Koenig. % } BER, 4. Nachschrift- zu: Vogel der Vene ul Von H. @rote Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 5. Bericht über die Märzsitzung 121 ........ Bericht über die Aprilsitzung 1921 . . 7. Bericht über die Maisitzung 1921 . = 8. Dem Herausgeber zugesandte Schriften . » . 2.0.4 W. JUNK, Berlin W.:.15. Soeben erschienen: Dr. K. Lambrecht el y Catalogus Avium fossilium. "M. 2.— (indl. Verleger-Zuschlag). Ein Band des von Prof. C. Diener herausgegewsiun „Fossilium Catalogus“, 700 Arten mit Angabe ihrer Fi Verbreitung, Fundstätten, Synonymie, Literatur und Aufbewahrungsorten. (Der en von Lydekker kata- logisierte nur 200 Arten.) , | aher® Sg Zusendung franco gegen Einknung des Betrag, oder durch jede Buchhandlung. vw Druck von Vito- Dormblüth Nachf. in Bernburg. für GEGRÜNDET VON J. CABANIS. Im Auftrage der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft ER % herausgegeben S von « Prof. Dr. Ant. Reichenow, Geh, Regierungsrat, Generalsekretär der Deutschen Ornitholorischen Gesellschaft. = 69. Jahrgang. Oktober 1921 Leipzig 1921. Verlag von L. A. Kittler. _ »r 1, Paris. New-York, : Norgate, 14 F. Vieweg, raue Richelieu 67. Lemcke & Buechner u’ et, Coventgarden. - 30—32 West, 27th Street. kahl, 27 an a ‚L we FA =. RE h = > | > Te Pe wen) 4 SEHR RA AR NE Dr BR RR PAS BR I 2 % Se KORRRIRE BR Ban RE N a NN Er “ . L AL We / u NUNK FERN TS HL, In a We er; DENE rn w | BL WHOI Library - Serials 5 WHSE 0 ‚tr haft irtrsasernieh iii