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PSYCHOLOGIE ITNT) NEUROLOGIE

ORGAN

DES KAISER WILHELM-INSTITUTS FOK HIRNFORSCHUNO

UND DES NEURO-BIOLOOISCHEN INSTITUTS

DER UNIVERSITÄT OERLIN

: BAND 2} =

AUOUST FOREL UDO OSKAR VOGT

Zur Lehre der Erkrankungen des striären Systems

Von

Cfdle und Oskar Vogt

Mit 0 Abtitjdunpcn im Text aaii 76 DofipeltiUeln

LEIPZIG

VinimM. 10

VeRlAO VON JOHANN AMDROSIUS BARTH

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Verlag von Johann Ambrosius Barth in Leipzig

Journal für Psychologie und Neurologie

Organ dea Kiiis"-^ und des Nnuro-Ci

'i'uU für Htrnlorschufiij IS der Univorsilät Berlin

August Forel und Oskar Vogt

Enchdnt in Bindiui von 6 H«flen mit Abhilduni^en im T«rct und Tftteln.

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JOURNAL FÜR Psychologie und Neurologie

Band 23. '•^<^<|>e^^ Ergänzungsheft 3.

Zur Lehre der Erkrankungen

des striären Systems

Von

C^iie und Oskar Vogt

Mit 9 Textabbildungen und 78 Doppeltafeln

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Leipzig

Verlag von Johann Ambro-sius Barth

1920

Da.

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten.

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Druck von Mettger & Wittig in Leiptig.

A Monsieur le Professeur

PIERRE MARIE

mit dem Ausdruck aufrichtigster Verehrung und unwandelbarer Dankbarkeit

von den Verfassern gewidmet

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'^ra^^' 8 ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES Sf RlfT<jeN SYSTEMS. 63 I

Inhaltsangabe.

Einleitung: Seite

VJnscrc Bemühungen um Förderung der Lehre von den Erkrankungen des Nervensystems.

Die speziellen Motive für unsere Erforschung der striären Erkrankungen 633

Normalanatomische Vorbemerkungen:

A. Dit Bestandteile des striären Systems 641

a) Beschreibung der Textfiguren i und 2 641

b) Kritische Bemerkungen zu diesen Textfiguren 645

c) Bestandteile des striären Systems im engeren und weiteren Sinne 647

B. Zur Anatomie einiger Bestandteile des striären Systems 648

a) Zur groben Morphologie und zur Myeloarchitektonik 648

b) Zur Cytoarchitektonik 651

c) Zur Histologie 653

d) Zur Synaptologie 654

e) Zur Myelogenie 655

I. Fälle von Etat marbrö:

A. Beschreibung der einzelnen Fälle 660

1. Barr6scher Fall Jacquel. (J5i j^) 660

2. Barr^scher Fall Denis (ßi j6) 667

3. Gallus' Fall Massat {Biel ig) 668

4. Freunds Fall Gustav Scholz (J5/ 6) 673

5. Nachtrag zu Freunds Fall Steinberg (ß/ 4) 679

6. Nachtrag zu Oppenheims Fall Wiemer-Tochtcr 2) 679

7. Nachtrag zur Krankengeschichte von Oppenheims Fall Wiemer-Muiter 68a

8. Gallus' Fall Marie S. {Biel 32) 682

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen 686

a) Zur Symptomatologie des Etat marbr6 686

b) Zur Patho Physiologie dieser Symptomatologie 687

c) Zur pathologischen Anatomie und Genese des Etat marbr6 691

II. Fälle von stationärem Etat fibreux als Teilerscheinung des Bielschowskyschen

Typus von zerebraler Hemiatrophie:

9. Gallus' Fall Fritz G. (Diel 28) 695

III. Fälle von progressivem Etat fibreux:

A- Beschreibung der Fälle ." 704

a) Beim Erwachsenen als isolierte Nervenerkrankung auftretender Etat fibreux des Striatum 704

10. Bielschowskys Fall Otto L. (Biel 10) 704

11. Bielschowskys Fall E. {Biel 21) 709

12. Schusters Fall Heinrich N. {Biel 35) 710

Zusammenfassung 712

5

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632 ..••••V.- C. in^D O. VOGT. """SS! LS^J^S?**

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and Neurologie^

Seite

b) Mit einer» typischen Großhirnerkrankung verbundener progressiver Etat fibreux des

, S{fjatum (Huntingtonsche Chorea) 713

•/W» 3. 'Freunds Fall H. B. {Bf 10) . . . 713

'•*" 14. Liepmanns Fall Julie R. (D 26) 717

15. Maass' Fall Poersch (5. /5) 728

16. Thomallas Fall Anna D. (Bf 23) 73»

17. Thomallas Fall Paul B. {Bf 20) 73»

Zusammenfassung 732

c) Etat fibreux als Folge des progressiven paralytischen Prozesses im Striatum 732

18. Liepmanns Fall Karl R. (!> 25) 732

19. Reichs Fall Georg M. (He 12) . 742

Zusammenfassung 745

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen 745

IV. Fälle von Etat dysniy^linique:

A. Beschreibung der Fälle . T 747

20. Gallus' Fall Gerhard F. (Biel 2$) 747

21. Thomallas Fall Oskar M. (Bf 18) 757

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen 762

V. Fälle von Totalnekrose des Striatum:

22. Thomallas Fall Alfred L. {Bf 17) 765

VI. Fälle von Neuroglia-Proliferationsherden im Striatum bei gleichzeitigen präsenilen Veränderungen des striären Systems:

23. Westphals Fall Johann Reichardt {B 4) 776

Vll. Fälle von Etat de d^sint^gration:

A. Beschreibung der Fälle 783

a) ohne schwere Demenz 783

24. Bielschowskys Fall Karoline V. (Biel 12) 783

25. Bielschowskys Fall Wilhelmine P. (Biel ii) 786

26. Freunds Fall Paulinc H. (Bf 16) 789

27. P. Maries Fall Renoult (Bi 21) 793

28. Freunds Fall Bertha Z. (B/ 25) 796

29. Schusters Fall Maria B. (Ho i) 798

30. Lemos'*Fall J. D. (P 7) 799

31. Lemos' Fall loojähriger Neger (P 8) , 806

32. Westphals Fall P. Grobe (B 5) .' 808

b) mit schwerer Demenz 810

33. Reichs Fall Hermann W. (He 10) 810

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen 816

a) Zur Symptomatologie 817

b) Zur Pathophysiologie 818

c) Zur pathologischen Anatomie und Ätiologie nebst historischen Bemerkungen 820

VIII. Fälle von groben Herderkrankungen:

34. Liepmanns Fall Elisabeth L. (D 24) 828

Schlußbetrachtungen:

Antwort auf die allgemeinen Fragen, welche uns zu den vorstehenden Untersuchungen ver-

anlaßten 831

Literatur 844

SLSL^^ ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYST^IMS. 633

ErginninnKheft 3

Einleitung.

Von vornherein nur Mediziner geworden, um später einmal aus patho- logischen Veränderungen Schlüsse auf normale Erscheinungen des Seelen- und Nervenlebens ziehen zu können, haben wir beide schon während unserer Studienzeit' zu unserem größten Schmerze festgestellt, wie weit die Lehre von den Erkrankungen des Nervensystems hinter der Klinik anderer Organe zurück- stand. Aus diesem Grunde haben wir neben einer Vermehrung unserer Kennt- nisse von den Entstehungsmechanismen psychogener Krankheitserscheinungen eine Förderung der sehr im Rückstand gebliebenen normalen und pathologischen Anatomie des Zentralnervensystems angestrebt.

Von der Pflege der normalen Anatomie erwarteten wir eine Vertiefung der Lokalisationslehre. Diese aber sollte uns verständlich maclien, welche Funk- tionen bei den einzelnen Erkrankungen gestört sind. Dem pathologisch- anatomischen Prozeß glaubten wir dagegen ganz und gar die Entscheidung darüber einräumen zu müssen, ob die Krankheitsphänomene in der Form von Reiz- oder Ausfalls- erscheinungen auftreten. Die Intensität der Störung, die Zeit ihres Beginns und ihr Verlauf endlich schienen uns durch zwei Momente bedingt zu sein, den pathologisch-anatomischen Prozeß und die Funktionstüchtigkeit der gesund gebliebenen Hirnteile. Für die letztere galt es bei dieser Sach- lage, durch Schaffung einer IndividtuUanatomie einen morphologischen Maßstab zu finden.

Wir haben zunächst die normale Anatomie und hier speziell diejenige des Großhirns zu fördern versucht. Die klinisch-anatomische Methode hat bis zum Anfang dieses Jahrhunderts beim Menschen neben einigen stummen Zonen etwa neun Rindenfelder mit besonderen Funktionen voneinander getrennt.^) Cber einzelne dieser Rindenfelder war man sich dabei nicht einig geworden. Scharfe Grenzen der einzelnen Territorien wurden von keinem Autor in ein* wandsfreier Weise nachgewiesen. Inzwischen haben wir nun gelernt, auf Grund von architektonischen Verschiedenheiten, d. h. Differenzen in der Anordnung, der Zahl und der groben Form der Zellen und Markfasern, in der menschlichen Großhirnhemisphäre zweihundert haarscharf gegeneinander abgegrenzte Rinden- felder zu unterscheiden. Tierexperimente berechtigten uns dabei allmählich zur Annahme, daß alle diese Felder auch von physiologischer Ungleichheit sind. Es hat sich weiter herausgestellt, daß manche Rindenfelder bei Mensch und Tier, wie bei verschiedenen Tieren einen ganz identischen Bau zeigen. Zugleich haben wir für verschiedene Tiergruppen den Nachweis liefern können, daß derartig identisch gebaute Rindenfelder auch auf experimentelle Eingriffe

^) O. Vogt wird eine eingehendere und aUgemein verständliche Darstellung der Ausführungen dieses Absatzes in seinem Aufsatz „Zur topistischen Erforschung des menschlichen Seelen- und Nerven- lebcns" bringen. Dieses Journal. Bd. 26.

7

^34 _S:}^^:^^2^ ''^LlSSSS^'^

identisch reagieren. Damit hat sich uns die Möglichkeit eröffnet, am Tier einwandsfreier festzustellende lokalisatorische Befunde ohne weiteres auf den Menschen zu übertragen. Wir verfügen auch schon über entsprechende klinische Bestätigungen mit derjenigen Präzision, welche der klinisch- anatomischen For- schung auf Grund der Tatsache möglich ist, daß die in Betracht konmienden Hirnverletzungen niemals gerade mit unseren anatomisch- physiologischen Rinden- feldem zusammenfallen. Wir haben sodann festgestellt, daß das menschliche Gehirn nicht etwa einfach ein großes Affenhirn bildet, sondern daß in ihm ganz bestimmte Rindenbezirke ein besonderes Größenwachstum und einen einzig dastehenden Zerfall in a^rchitektonische Einzelfelder auf- weisen. Wir haben auch in mehreren Fällen bereits den Nachweis liefern können, daß diese spezifisch menschlichen Rindenfelder auch die Träger spezifisch menschlicher Funktionen sind. Mit der Auffindung einer unerwartet großen Zahl haarscharf gegeneinander abgegrenzter Rindenfelder und einer gewissen individuellen Variabilität derselben hat sich uns ferner die Möglichkeit eröffnet, für das einzelne Gehirn die Größe der verschiedenen Rindenfelder den individuellen Zerfall einzelner derselben in besondere Unterfelder sowie auch einen speziellen individuellen Sonderbau einzelner Felder aufzudecken und damit eine Indivtdtml- anatomie zu begründen. Auf ihre Bedeutung für die Gestaltung des einzelnen Krankheitsfalles haben wir schon oben hingewiesen und werden wir später zurück- kommen. Die Individualanatomie scheint uns aber noch nach anderer Richtung von sehr großer Wichtigkeit zu sein. Vereinigt mit einer Indtmdtuäpsyckologie wird sie unserer Ansicht nach die Himlokalisationslehre über das hinausführen können, was das Studium krankhaft veränderter Gehirne zu leisten vermag. Das letztere hat große methodologische Schwächen. Die Herde fallen wie wir schon hervorhoben nicht mit den architektonischen Feldern zusammen. Sehr oft sind mehrere Herde vorhanden. Eindeutige lokalisatorische Rückschlüsse sind dann unmöglich. Die Herde sind vielfach die Folge diffuser Erkrankungen des Gehirns. Dieses Moment verhindert eine richtige Erkennung der Herd- symptome. Dazu kommen noch die individuellen Differenzen in der Stärke der kompensatorischen Kräfte. Endlich können vielfach die Kranken keine genügende Auskunft über ihre seelischen Störungen geben. Eine Ergänzung der klinisch- anatomischen Methode durch die psychologische und anatomische Analyse individueller Besonderheiten ist deshalb ein dringendes Bedürfnis. Schließlich muß heute nach der Aufdeckung einer so großen Zahl architekto- nischer Rindenfelder ihre Kenntnis als eine unentbehrliche Grundlage für die Feststellung pathologischer Veränderungen der Architektonik bezeichnet werden.

Seit 1910 hat C. Vogt nun aber daneben eine systematische Erforschung der Erkrankungen des Striatum in Angriff genommen.

Die Motive zu dieser Untersuchung waren sehr mannigfache. Man war

zur Zeit des Beginns der Studien C. Vogts im allgemeinen der Meinung, daß

man weder etwas von der normalen Funktion, noch von den klinischen

Symptomen der Erkrankungen des Striatum oder des striären Svstems wußte. 8

^SiJSn % 2:UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 635

Die klinisch-anatomischen Feststellungen von Landouzy (1878), Murre 11 (1879), Hebold (1892), Eichhorst (1894), Anton (1895), Loewy (1903), Berger (1903) und Jelgersma (1908), sowie die Ausführungen P. Maries (1886 und später), Brissauds und Haliprös (1894 96) hatten keine allgemeine Anerkennung gefunden. Wir weisen nur auf Edingers, in unserer Arbeit „Zur Kenntnis usw." zitierten Ausführungen aus dem Jahre 191 1 und darauf hin, daß J. D^jerine noch 1914 unter Ignorierung eines selbst von ihm zusammen mit SoUier (1888) gemachten Befundes jeden Einblick in die Funktion von Striatum und Pallidum leugnete.

Es handelte sich aber nicht nur darum, die Funktion des Striatum bzw. die Symptomatologie seiner Erkrankung zu klären, sondern durch die Auf- deckung der Striatumphysiologie einen Einblick in die Art und Weise zu be- kommen, in welcher die Funktion dieses uralten Organs sich in die Leistungen der phylogenetisch jüngeren Hirnrindenfelder einordnet.

Ferner müssen wir daran erinnern, daß C. Vogt ihre Studien zu einer Zeit anfing, wo unsere physiologischen Experimente uns noch nicht berechtigten, in jeder architektonischen Differenz den Ausdruck einer physiologischen zu sehen und vor allem noch nicht einen Parallelismus zwischen der Stärke architek- tonischer und funktioneller Verschiedenheiten zu behaupten. Das Striatum ist nun aber hinsichtlich seines Baues mit keinem unserer kortikalen Areae ver- gleichbar. Es mußte also eine ganz andere Funktion haben, wenn die Stärke architektonischer Differenzen derjenigen physiologischer Verschiedenheiten parallel geht. Ferner zeigen Striatum und Pallidum unter sich einen ganz ungleichen Bau. Auch diese Tatsache mußte ihren funktionellen Aus- druck haben. Eine Klärung der Funktion des Striatum und des Pallidum bzw. der Erscheinungen ihrer Erkrankungen war daher wenigstens bei Beginn der Studien C. Vogts von weittragender Bedeutung für die physiologische Be- wertung unserer architektonischen Feststellungen.

Dazu kam noch ein weiterer anatomisch-physiologischer Gesichtspunkt.

Entsprechend der Tatsache, daß alle Zentren des Nervensystems £uf mehr oder wenigtr direktem Wege miteinander verbunden sind, könnte man daran denken, daß jede Erkrankung des Nervensystems die Funktionen des Striatum beeinflusse und somit striäre Symptome zeitige. Das ist aber in einer klinisch hervortretenden Form in weitestem Maße nicht der Fall. Nur die Erkrankung ganz bestimmter, fasersystematisch sehr eng mit dem Striatum verknüpfter Grisea, bzw. ihrer Fasersysteme führt zu klinisch faßbaren striären Symptomen. Wir halten uns deshalb für durchaus berechtigt, von Er- krankungen des striären Systems zu sprechen, wenn wir auch noch nicht wie wir weiter unten sehen werden den Umfang des striären Systems genau feststellen können. Wir wollen nur darauf hinweisen, daß wir schon heute in der Lage sind, dieses System und seine Erkrankungen zum System der Area gigantopyratnidalis (dem ,, Pyramidensystem** der Autoren) und dessen pathologischen Veränderungen in Gegensatz zu bringen.

In der i. Serie unserer ,, Allgemeinere Ergebnisse usw.** (i. Ergänzungsheft ds. Bd. d. Journ.) glauben wir den schon oben erwähnten Nachweis geliefert zu

9

636 C. UNDO. VOGT^ _,_,_^^^^^^^'

haben, daß wir jedem architektonisch besonders gebauten Griseum eine beson- dere Funktion und seiner Erkrankung deshalb auch eine spezielle Symptomato- logie zuzuschreiben haben. In dem Ausbau dieser Symptomatologien sehen wir eine wesentliche Aufgabe der künftig vereinigten und dabei noch durch das physiologische Experiment unterstützten klinischen und anatomischen For- schung. Neben der Ergründung der Funktionen und dei pathologischen Sympto- matologien der einzelnen Grisea erwächst aber nach unserer Ansicht der Neuro - pathologie der nächsten Jahrzehnte als ein weiteres Ziel die Aussonderung derjenigen Neuronensysteme, welche in so enger Beziehung zueinander stehen, daßeine Störung dieser Systeme an einer beliebigen Stelle wesentliche Funktionsleistungen des ganzen Systems aufhebt und dementsprechend beliebig lokalisierte Erkrankungen dieses Systems zu nahe verwandten klinischen Krankheitsbildern führen. In dem Versuch, aus der großen Gruppe von Heid- erkrankungen diejenigen des striären Systems herauszuschälen, sehen wir einen Schritt auf dem Wege dieser Art neuro-pathclogischer Forschung.

Daneben waren es dann aber noch allgemeine pathologisch- anatomische Fragen, welche C. Vogt zu ihren Studien veranlaß ten.

Wir haben früher schon öfter ausgeführt, wie wir zum Ausbau der „archi- tektonischen** Gliederung des Großhirns und der mit ihm fasersystematisch eng zusammenhängenden subkortikalen Grisea gekommen sind. Wir hatten die Fasersysteme als „die Gesamtheit aller der Nervenfasern, welche ein ner- vöses Zentrum zu einem anderen entsendet**, definiert. Eine solche Definition mußte „in uns das Streben nach einer anatomischen Begrenzung dieser nervösen Zentren zeitigen**. Als O. Vogt unserem neuen Mitarbeiter Brodmann seinerzeit vorschlug, diese Begrenzung zusammen mit ihm systematisch in Angriff zu nehmen, hoffte er durch feinste Messung der Zellgrößen, -mengen usw. zu Re- sultaten zu kommen. Die Untersuchungen unseres Institutes und anderer For- scher haben dann ergeben, daß bereits viel gröbere, in der Zahl, der Anordnung und der groben Morphologie der Nervenzellen und der Markfasern sich äußernde, d.h. O.Vogts ^^architektonische''^ Unterschiede existieren und zu einer ganz un- erwartet weitgehenden und scharfen Gliederung führen. In einer ähnlichen Situation befand sich nun C. Vogt, als sie das Studium der striären Erkran- kungen in Angriff nahm. Dieselben galten damals vielfach als „funktionelle**, d. h. als auf so feinen Veränderungen beruhende, daß sie der heutigen anato- mischen Forschung unzugänglich wären. Unsere gegenwärtige architektonische Rindengliederung hätte seit der Mitte der 80 er Jahre, d. h. seit der Entdeckung der elektiven Zelleibfärbung durch Nissl und der Markscheidenfärbung durch Weigert durchgeführt werden können. Sie ist wegen Mangels einer präzisen Fragestellung und wegen der Tendenz, gleich die Präparate mit stärksten Ver- größerungen zu betrachten, zunächst nicht in Angriff genommen. Dieser Sach- verhalt mußte C. Vogt die Frage aufdrängen, ob nicht auch die striären Erkrankungen sich bereits in einer pathologischen Architektonik äußerten und ob diese Tatsache bisher nicht einfach ebenfalls deswegen übersehen wäre, weil man gar nicht auf diesen Gedanken gekommen war. 10

KrJäki^^Mt'a. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 637

Weiter stand C. Vogt vor dem Problem, wie scharf eventuelle archi- tektonische Veränderungen gegeneinander abgegrenzt seien. O. Vogt hat sich in seinen Studien über das Variieren einzelner Insektengattungen davon überzeugt, daß gewisse Arten bei Verhinderung von Vermischungen in zahlreiche, scharf gegeneinander abgegrenzte geographische Unterarten zerfallen, daß aber inner- halb der einzelnen Subspezies alle Tiere die speziellen Merkmale zeigen. Die große Gleichheit der Individuen der Unterarten läßt sich nach O. Vogt nur durch die Annahme erklären, daß alle Individuen einer Gegend auf bestimmte Milieuänderungen mit einer gleichartigen Variation reagiert haben. Würden nun eventuell pathologisch-anatomische Prozesse sich teilweise untereinander gleichen, teihxreise aber sich scharf gegeneinander abheben, so müßte sich uns nach Ana- logie die Annahme aufdrängen, daß für die einzelnen Gruppen ein außerhalb des striären Systems gelegener pathogener Faktor von überragendem Einfluß gewesen ist, selbst wenn er seine Rolle vielleicht schon in der Aszendenz gespielt hat.

Solche Milieureize veranlassen nun in dem gleichen geographischen Bezirke verwandte Arten in der gleichen Richtung zu variieren (geographische Kon- vergenz O. Vogts). Aber die Intensität dieser Variation zeigt für die einzelnen Spezies ungleiche Grade. Diese Differenz hängt von den durch die verschiedene erbliche Konstitution bedingten Reaktionstendenzen der einzelnen Spezies ab. Feinere Unterschiede in dieser Reaktionstendenz kann man auch bei den In- dividuen der gleichen Spezies finden. Im Rahmen der im allgemeinen gleichen exogenen striären Erkrankung müssen wir deshalb doch familiäre und für einzelne Rassen charakteristische Verschiedenheiten erwarten.

Wir sehen ferner bei den betreffenden Insektengattungen, daß einzelne Arten auf einen bestimmten Milieureiz garnicht reagieren, also an der geographi- schen Konvergenz nicht teilnehmen. Eine der Ursachen ist eine zu abweichende erbliche Konstitution. Wir dürfen dementsprechend auch erwarten, daß es pathologische Prozesse im striären System gibt, welche nur bestimmte Menschen- rassen befallen.

O. Vogt ist in seinen Insektenstudien schließlich zu der Feststellung ge- kommen, daß das einzelne Merkmal sich bei stark variierenden Insektenarten nicht beliebig, sondern nur in ganz bestimmten Richtungen verändert. Diese Tatsache muß uns vermuten lassen, daß wir nur eine relativ beschränkte Zahl verschiedener Krankheitsprozesse im striären System aufdecken werden.

Wir wissen des Weiteren, daß Schmetterlinge, deren Puppen starker Kälte oder Hitze ausgesetzt waren, nahezu identische Aberrationen zeigen. Gilt diese Tatsache auch für die pathologische Anatomie des striären Systems, so müssen wir erwarten, daß der einzelne Krankheitsprozeß durch ungleiche äußere Ursachen ausgelöst werden kann.

Bei dieser Sachlage fragt es sich dann aber, ob verschiedene Ätiologien dem im Prinzip gleichen pathologisch- anatomischen Prozeß doch einen speziellen Charakter verleihen.

Femer mußten C. Vogts l^ntersuchungen bei positiven Ergebnissen die Frage klären, ob das striäre System bzw. Teile desselben eine besondere Dis-

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638 C. UND O. VOGT. '"^5'ieÄ^

Position oder Nichtveranlagurg zu einer Erkrankung bei Einwirkung gewisser Schädigungen zeigen. Wie wir schon in unserem Aufsatz ..,Zur Kenntnis usw." ausgeführt haben, müßte eine derartige positive oder negative Reaktionstendenz in letzter Linie auf dem speziellen Chemismus des betreffenden nervösen Zen- trums beruhen. Die Aufdeckung der Existenz eines solchen speziellen Chemis- mus ist aber wenigstens der erste Schritt zur Erkenntnis seines Wesens und damit zur Anbahnung einer Chemotherapie.

Sodann war C. Vogt zur Hoffnung berechtigt, bei Aufdeckung der den verschiedenen Erkrankungen des striären Systems zugrunde liegenden morpho- logischen Veränderungen zu einer Bewertung ihrer Bedeutung für eine Klassi- fikation der betreffenden Krankheiten zu gelangen. Wir haben oben darauf hingewiesen, daß die Intensität, der Beginn und der Verlauf von zwei Faktoren abhängt: von dem pathologisch-anatomischen- Prozeß und von der Funktions- tüchtigkeit der gesund gebliebenen Hirnteile. Es galt nun zu entscheiden, ob bei Erkrankungen des striären Systems der erste dieser beiden Faktoren so überragend ist, daß man auf ihn eine wissenschaftliche Klassifikation aufbauen kann, d. h. eine Klassifikation, welche wie wir in früheren Arbeiten ausgeführt haben nicht nur eine möglichst schnelle Diagnose gestattet, sondern auch ,,aus den Erfahrungen über den Verlauf einzelner Krankheitsfälle einer Gruppe prognostische, therapeutische und prophylaktische Schlußfolgerungen für die ganze Krankheitsgruppe zu ziehen gestattet'*.

Sollte die pathologische Anatomie dieses für die Erkrankungen des striären Systems leisten, so würde die Frage entstehen, wie weit da, wo ungleiche Ur- sachen annähernd den gleichen pathologischen Prozeß hervorrufen, seine trotz- dem eventuell vorhandene ätiologische Färbung das Zustandsbild und den Krankheitsverlauf beeinflußt.

Aus der pathologisch- anatomischen Gruppierung der striären Erkrankungen hoffte C. Vogt endlich die für eine pathologisch- anatomische Klassifikation charakteristischen klinischen Symptome ableiten zu können, um so Fingerzeige für die gleiche, aber vorläufig nur auf klinischem Wege anstrebbare Einteilung der zurzeit pathologisch-anatomisch noch nicht faßbaren Erkrankungen des Nerven- systems zu gewinnen.

Die aus allen diesen Gründen von Seiten C.Vogts unternommene Unter- suchung der einschlägigen Gehirne unserer Sammlung ist später von uns beiden gemeinsam zu Ende geführt worden. Wir legen hiermit die Ergebnisse unserer Studien den Fachgenossen vor. Wir beschränken uns dabei auf eine eingehende B.eschreibung der vo« uns selbst anatomisch untersuchten Fälle. Soweit diese bereits früher von uns ausführlich dargestellt sind oder ihre klinische Seite von anderen Kollegen eine gründliche Bearbeitung erfahren hat, bzw. er- fahren wird, verweisen wir auf die betreffenden Arbeiten. Wir setzen dem- entsprechend beim Leser die Kenntnis der folgenden Veröffentlichungen voraus: I. H. Oppenheim und C.Vogt, Wesen und Lokalisaticn der kongenitalen und infantilen Pseudobulbärparalyse. Dieses Journal. Bd JS. Er- gänzungsheft I. 191 1. 12

S^^;JSSP'5i ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 639

8.

2. C6cile Vogt, Quelques considörations gön6rales ä propos du Syndrome du Corps stri6. Dieses Journal, Bd. jS. Ergänzungsheft 4. 191 1.

3. C. S. Freund und C. Vogt, Ein neuer Fall von Etat marbr6 des Corpus striatum. Dieses Journal, Bd j5. Ergänzungsheft 4. 191 1.

4. C. und O. Vogt, E>ster Versuch einer pathologisch -anatomischen Ein- leifung striärer Motilitätsstörungen nebst Bemerkungen über seine all- gemeine wissenschaftliche Bedeutung. Dieses Journal, Bd. 24, 1918.

5. C. Thomalla, Ein Fall von Torsionsspasmus mit Sektionsbefund and seine Beziehungen zur Athötose double, Wilsonscher Krankheit und Pseudosklerose. Zeitschr. f. d. ges. Neurologie tnd Psychiatrie. Bd. XLI. 1918.

6. A. Westphal, Über doppelseitige Athetose und verwandte Krankheits- zustände (,,striäres Syndrom*'). Archiv für Psychiatrie und Nerven- krankheiten. Bd 60. 1919.

Manche der im folgenden erörterten Fragen sind ferner bereits angeschnitten und teilweise sogar eingehender behandelt worden in:

C. und 0. Vogt, Zur Kenntnis der pathologischen Veränderungen des Striatum und des Pallidum und zur Pathophysiologie der dabei auf- tretenden Krankheitserscheinungen. Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Mathem.-naturwiss. Klasse. Abteil. B. Jahrgang 1919. 14. Abhandlung. Endlich wird der Leser Ergänzungen in den folgenden, später in* diesem Foumal erscheinenden Arbeiten finden:

1. Reich, Zwei Fälle von Erkrankungen des striären Systems.

2. Thomalla, Ein Fall von progressiver Athetose.

3. Thomalla und C. Vogt, Drei Fälle von bilateraler progressiver Chorea.^

Zum Schluß möchten wir noch auf einigC Punkte aufmerksam machen.

Die weiter unten beschriebenen Fälle enthalten vielfach auch pathologische Veränderungen anderer Teile des Zentralnervensystems. Die Berechtigung, in diesen Fällen die ,, striären Symptome'* ebenfalls auf die Erkrankung des striären Systems zu beziehen, leiten wir dabei aus der Tatsache ab, daß wir den gleichen Krankheitserscheinungen bei reinen Erkrankungen des striären Systems begegnen. Wir sehen uns ab^r in dieser Auffassung noch dadurch gestützt, daß wir in einer ganzen Anzahl von Fällen nach Kenntnis der Krankheitsgeschichte den pathologisch-anatomischen Befund im striären System voraus- gesagt oder auf Grund des letzteren das uns zurzeit unbekannte klinische Bild richtig erschlossen haben. Wir werden bei den einzelnen Fällen darauf zurückkommen.

Die Figuren bringen wo nicht das Gegenteil gesagt ist die wieder- gegebenen Hirn teile bei Frontalschnitten von hinten und bei Horizontalschnitten von oben gesehen, so daß das links im Gehirn Befindliche zur linken Seite des Lesers gelegen ist.

Die Tafelabbildungen werden im allgemeinen in der Reihenfolge der Nummern von Tafeln und Figuren beschrieben werden. Wo von dieser Kegel eine .Xus-

13

6aO r TTNn O VOOT JoütdaI f. Psychologie

^^^ ^ _^ ^' ^^^ ^' ^^^^- and Neaiologi».

nähme gemacht wird, ist an der Stelle, wo die betreffende Abbildung eigentlich hätte erläutert werden sollen, die Seite ihrer Beschreibung angegeben.

Entsprechend der in unserem Institut herrschenden Arbeitsteilung haben wir uns selbst auf die architektonischen Veränderungen in den von uns studierten Erkrankungen beschränkt. Die histopathologischen Untersuchungen sind vom Vorsteher der Histologischen Abteilung, Herrn Professor Bielschowsky, ausgeführt worden. Für die Überlassung seiner Protokolle sprechen wir ihm auch an dieser Stelle unsern verbindlichsten Dank aus.

Der Darstellung der folgenden Fälle von Erkrankungen des striären Systems schicken wir einige normaUancUomische Vorbemerkungen voraus. Die Fälle selbst werden darauf unter Innehaltung jener pathologisch- anatomischen Gruppierung beschrieben werden, die wir bereits in unserem Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw.'* durchgeführt haben.

Das Material verdanken wir den Herren Barre- Paris, Bielschowsky- Berlin, Freund- Breslau, Gallus-Treuenbrietzen, Lemos- Porto, Liepmann- Berlin, Maass-Berlin, P. Marie- Paris, Oppenheim- Berlin, Reich-Berlin, Schuster- Berlin, Tho^malla- Berlin (Breslau) und Westphal-Bonn. Es ist uns eine angenehme . Pflicht, allen diesen Kollegen für die Überlassung des betreffenden Materials unseren verbindlichsten Dank auszusprechen.

Eis ist uns dabei ein Herzensbedürfnis, Herrn Professor Pierre Marie noch unsere besondere Dankbarkeit auszudrücken. Herr Marie hat nicht nur C. Vogt in die Neuropathologie eingeführt, Herr Marie hat nicht nur schon sehr früh die theoretische und klinische Wichtigkeit der Aufdeckung der Funktion des striären Systems und der Symptomatologie seiner Erkrankungen erkannt, Herr Marie hat nicht nur grundlegende Beiträge zu dieser Aufdeckung geliefert, sondern Herr Marie hat uns mehr als ein anderer Neurologe in unseren ent- sprechenden Studien wie in unserer lokalisatorischen Erforschung der Hirn- rinde — ermuntert und mit Mafferial unterstützt und auch über die letzten trüben Jahre hindurch die Freundschaft gehalten. So möge Herr Marie uns die Widmung dieser Arbeit als ein kleines äußeres Zeichen unserer dauernden Dankl^arkeit gestatten !

14

JSr^DsnJ^flft 8 ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 64 1

Normal-anatomisohe Vorbemerkungen.

A. Bie Bestandteile dei itriären Systemi.

Nach der in der Einleitung gegebenen Definition stellt das ^^striäre System'' einen physiologischen Begriff dar. Es handelt sich um eine Zusammenfassung derjenigen Grisea und Faserungen, die in so engem funktionellen Zusammenhang mit dem Striatum stehen, daß eine Schädigung derselben an irgendeiner Stelle Bestandteile des Striatumsyndroms auslöst. Unsere experimentell-physiologischen (v. Economo und Karplus), wie auch unsere klinisch-anatomischen Erfahrungen reichen nun aber vorläufig nicht aus, dieses striäre System so scharf zu um- schreiben, wie es eines Tages immerhin möglich sein wird. Wir müssen uns des- halb vorläufig auf die Wiedergabe eines Schemas (Textfigg. I und 2) beschränken, dessen Begründung in unserem Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw.** gegeben ist und daselbst eingesehen werden muß. Es enthält alle diejenigen Grisea und Bahnen, welche sicher oder wahrscheinlich in mehr oder weniger direkter Beziehung zum Striatum stehen. Dabei braucht für gewisse Bestandteile des Schemas der funktionelle Zusammenhang mit dem Striatum nicht ein so intimer zu sein, daß ihre pathologischen Veränderungen Striatumsymptome auslösen. Wir werden eben Neuronensysteme im engeren und im weiteren Sinne unterscheiden müssen. Eine beliebig lokalisierte Schädigung der ersteren zeitigt sehr ähnliche und ziemlich konstant bleibende Ausfälle. Eine pathologische Veränderung der nur im weiteren Sinne zu dem System gehörigen Neurone hat dagegen nur sehr partielle oder bloß vorübergehende Symptome des Syndroms des eigentlichen Systems zur Folge. Wir werden auf diesen Punkt später zurück- kommen. Zuvor werden wir aber das Schema beschreiben und daran eine Reihe kritischer Bemerkungen anschließen, von welchen wir hoffen, daß sie zu einer weiteren Erforschung des striären Systems anregen werden.

a) Beschreibung der Textfiguren i und 2.

Die Textfigur 2 bringt den mittleren Teil der Textfigur i bei stärkerer Vei^rößerung.

In der Ebene / kommt ein Frontalschnitt durch den oralsten Teil des Thala- mus zur Darstellung. Ein entsprechender Schnitt ist Taf. 41, Fig. 3, ein etwas kaudalerer Taf. 4, Fig. i zur Abbildung gelangt. Außer den Thalamuskcrnen^) /, vtlf vtm und aa begegnen wir bereits dem oralsten Abschnitt von mv und den von Friedemann im Cercopithecinengehirn näher beschriebenen Kernen des Tuber cinereum [t). Ventral von mv liegt als Bestandteil des Hypothalamus

') Vgl. über die Thalamus kerne C.Vogt, La myeloarchitecture du thalanius du t*ercopithe(|ue! Dieses Journal, Bd. 12, Ergänzungsheft, 1909.

B«.u. igeo,

ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS.

643

das oralste Gebiet von Foreis Feld W mit seinem medialen, ins Tuber cinereum eichenden Ausläufer X. Wir haben außerdem noch das Segmentum posterius csqtsulae internae {Cip), den Anfang des Pes pedunculi {P} und das Corpus mammiilare {Cm) abgebildet.

Bei II ist ein Stück des Corlex praefrontalis gezeichnet.

In der Ebene III (vgl, speziell Fig. 2!) ist der Thalamus in der Frontalebene des Corpus Luysi und das Striatum -\- PaUidum zur Abbildung gelangt. Man vergleiche Taf. 4, Fig. 2! Im Thalamus sind Jetzt die Kerne /, aa, ma, vtl, vtm und tnv getroffen. Im Hypothalamus begegnen wir den Forelschen Bündeln H^ und H* sowie ihrer medialen Vereinigung: S. Ramöns Nucleus campi Foreti [ncF], der Pars dorsalis [Zid] und der Pars ventralis {Ztv) der Zona incefta und dem Corpus Luysi [CL). Im Himfuß ist neben dem Pes {P) der oralste Teil der Substantia nigra [Sn) angeschnitten. Ganz medial haben wir dorsal die Com- missura mollis {Cmo) und ventraler die Decussatio Foreli {DF). Dorsoiateral v«n Thalamus ist das Caudatum {Nc), lateral vom Segmentum posterius cap- sulae internae [Cip) das Putamen \,Put) + Pallidum zur Abbildung gelangt. Das Pallidum ist lateral von der Lameila pallidi externa [Le), ventral von der Alisa lenticularis {At\ und medial von der Lameila pallidi limitans (L/) begrenzt. Die Lamella pallidi interna (Li) gliedert das PaUidum in eine Pars externa [Ge] und eine Pars interna (Gi). Die letztere wird durch die Lamella pallidi accessoria {La) in Gil und Gim zerlegt.

6aA C und O VOGT Journal f. Psychologie 2ZZ VU<Ji- und Neurologie.

In der Ebene von IV haben wir ein Stück aus der Area gigantopyramidalis (sog. motorischen Region) dargestellt.

Bei V ist der Hypothalamus in der annähernd Taf. 5, Fig. 2 dargestellten Frontalebene des Nucleus ruber [Nr) wiedergegeben. Dorsal ist diese Gegend jetzt von den Thalamuskernen va^y vb und mb begrenzt. Medial haben wir noch den kaudalsten Abschnitt der Decussatio Foreli [DF). Ventral sind noch 5n, P und der Anfang des Pons abgebildet. Außerdem ist ganz schematisch ein Stück des Cortex cerebelli mit dem Dentatum [Dt) der anderen Seite wiedergegeben.

Bei VI sind im Anschluß an das Schema Muskens' die Commissura posterior (Cp), der Nucleus Darkschewitschi = Commissurae posterioris [ND) und S. Ramöns Nucleus interstitialis [ni) dargestellt.

Bei VII sind der Nucleus Bechterewi [nB) und der Nucleus Deitersi (wD), sowie der Canalis semicircularis horizontalis (C^.A.) und der Canalis semicircularis verticalis anterior [C.s,v.a.) ganz schematisch abgebildet.

Die ganz oder wahrscheinlich sicher gestellten Teile der im folgenden be- schriebenen Bahnen sind durch ausgefüllte Kreise und Linien, die zweifelhaften durch offene Kreise oder Striche wiedergegeben.

Vom Cortex praefrontalis sehen wir eine Faserung 1 zum Thalamuskern ma ziehen. Von ma lassen wir ein hypothetisches Assoziationsneuron 2 in die Gegend von mv + t-\-ncF ausstrahlen.

Von der Area gigantopyramidalis geht eine absteigende Bahn 3 zum Thala- muskern va^. . Auch von demselben lassen wir dann ein hypothetisches intra- thalamisches Neuron 4 die Verbindung mit mv-^t+ncF herstellen.

Aus der Gegend mv + t + ncF ziehen Fasern als thalamo-pallidäre -f- striäre (5) durch den Thalamus, sowie als hypothalamo-pallidäre + striäre (6) durch H^ zum Pallidum und Striatum. Wir lassen 5 ausschließlich in Gim endigen, um das Schema nicht zu sehr zu komplizieren. Von 6 haben wir dagegen alle denk- baren Endigungen eingezeichnet. Außerdem geht aus der Gegend mv + t + ncF auch eine Faserung 7 durch DF zum kontralateralen Pallidum.

Soweit 6 in Put und Nc endigt, tritt sie zu den Assoziationsneuronen 8 in Beziehung. Diese stehen wiederum mit einem Neuron 9 in Verbindung, welches striopallidäre Fasern nach Ge und Gi entsendet. Im Pallidum entspringt dann eine Bahn 10 zum Corpus Luysi [CL) und in geringerem Maße zur Sub- stantia nigra (5n) (in Fig. 2 mit 10a bezeichnet). Über eine dritte noch nicht geklärte Endigung vgl. unseren Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw."! Eine zweite Bahn 11 läuft vom Pallidum durch /}/ nach //* und teilt sich hier in fünf Unterabteilungen IIa 11 e, IIa zieht durch den medialen Teil der Capsula nuclei rubri und endigt wahrscheinlich im Nucleus Darkschewitschi (ND) und nach Durchsetzung der Commissura posterior im gekreuzten Nucleus interstitialis [ni). IIb endigt in der frontalen Partie des Nucleus ruber. 11c hilft zunächst die laterale Kapsel des roten Kerns bilden. Die Fasern gehen dann zum Teil in diesen Kern, zum Teil nach Durchsetzung der Decussatio Foreli in den entgegengesetzten roten Kern und zum Teil in die Commissura posterior. Wir lassen diese letztere Partie hypothetischerweise im gekreuzten Nucleus interstitialis (nt) endigen. 11 d endigt in der Gegend von ncF-\-mv-\-i. 11 e geht in der Decussatio Foreli zur anderen 18

yi^JÄ' , ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 645

Seite. Eine dritte Neurongruppe 12 entsendet ihre Axone durch den Thalamus in die Gegend von mv.

Vom Cortex cerebelli verlaufen die Achsenzylinder der Purkinjcschen Zeilen (13) in das Dentatum [Dt). Die Fasern des Dentatum [14) ziehen teils zum Nucleus ruber, teils diesen nur durchsetzend zu va^. Den letzteren Fasern schließen sich solche aus dem Nucleus ruber an (75).

In 16 haben wir die im einzelnen noch unbekannte Haubenfaserung zu mv + i + ncF angedeutet.

Der Canalis semicircularis horizontalis (C.s.h.) wir geben die folgenden Bahnen nach Muskens wieder entsendet Fasern {17} zum Nucleus Bechterew! (n B) und zum Nucleus Deitersi [nD), Der Canalis semicircularis verticalis anterior [C.s.v.a.) sendet ein System zwnD{18). Von nD geht eine Faserung (19) zum ge- kreuzten ND, von nB eine zum gleichseitigen ND (20) und wahrscheinlich eine (21) zum gleichseitigen ni. Von ND und ni steigt je ein System (22 = Fasciculus commissuro-medialis und 23 = Fasciculus interstitio-spinalis) im Tractus longitudinalis dorsalis abwärts. Endlich haben wir in der Commissura posterior verlaufende Commissurfasern (24) zwischen den beiden ND,

b). Kritische Bemerkungen zu diesen Textfiguren.

Wie aus der vorstehenden Beschreibung der Textfiguren i und 2 hervor- geht, halten wir die Existenz einer Faserverbindung zwischen Cortex einerseits und Striatum und Pallidum andererseits nicht für erwiesen. Die von uns in unserem Aufsatz „Zur Kenntnis usw.** noch nicht zitierte entgegengesetzte Ansicht Ficklers ist inzwischen schon von Spiegel als eine auf keinem zwingen- den Schluß beruhende zurückgewiesen worden. Es sind aber bei der funda- mentalen Wichtigkeit dieser Frage weitere Nachprüfungen noch dringend an- gezeigt. Ebenso leugnen wir eine pallido-striäre Faserung. Die striofugalen Fasern (<j) lassen wir ausschließlich im Pallidum endigen. Dabei bilden die aus dem ventralwärts umbiegenden Teil der Cauda caudati und ihrer ventrooralen Fortsetzung stammenden strio-pallidären Fasern zusammen mit den in diesen Striatumteil ziehenden Fasern jene „Nebelflecke*', welche v. Monakow in der 2. Auflage seiner Himpathologie S. 95 beschrieben hat.

Die pallido- (5 + 6) und die strio-petale (6) Faserung bringen wir ebenso wie die vom Pallidum zum Thalamus ziehende (12, 11 d) nur zu dem oro-medio- ventralen Teil des Thalamus und dem anstoßenden Teil des Hypothalamus, d. h. zu der Gegend des Kerns mv, der Kerne (/) des Tuber cinereum, sowie des Nucleus campi Foreli (ncF) in Beziehung. Wie weit die genannten Kerne selbst oder benachbarte Gebiete beteiligt sind, wie weit die striären und die pallidären_ Fasern und unter letzteren diejenigen von Ge und Gi einen ungleichen Ursprung oder eine differente Endigung haben, wie weit sich endlich der Ursprung oder die Endigung dieser Fasern noch auf andere Teile des Thalamus ausdehnt, ob endlich die Faserung ^ wie wir es im Anschluß an J. und A. D6jerine und im Gegensatz zu Wilson im Schema dargestellt haben wenigstens teilweise in //* verläuft, sind Fragen, welche erst durch weitere Forschungen zu klären sind. Es ist der viel zu früh der wissenschaftlichen Forschung entrissene Fi ekler

!• 19

646 C. UND O. VOGT. "^Ji^S^""

gewesen, welcher glaubt, aus einem Fall von vollständiger sekundärer Degeneration der Capsula interna schließen zu können, daß in der ganzen Ausdehnung des hinteren Segments der Capsula interna durch diese ein Faseraus- tausch zwischen Thalamus und Striatum + Pallidum erfolgt. Vom Thalamus läßt dieser Autor den vorderen, lateralen, medialen und ventralen Kern daran teilnehnien. Es wäre sehr wünschenswert, wenn eine bessere bildliche Darstellung dieses zweifellos sehr interessanten Falles gegeben und dabei zwischen der Faserung des Striatum + Pallidum und den dazu nicht gehörigen Bestandteilen der Sub- stantia innominata unterschieden würde. Wilson nimmt auch die Endigung einiger pällido- thalamischen Fasern im ventralen Thalamuskern an. Eine wesent- lich komplizierter verlaufende Bahn glaubte C.Vogt aus myelogenetischen Bildern herleiten zu müssen. Wir sehen aus H^ dicke Faserbündel in den Thalamus- kern vtl einstrahlen. Man vergleiche z. B. Taf . 4, Fig. 2! Diese Fasern sieht man nicht aus vtl in die Capsula interna übertreten. Sie müssen also Ursprung öder Ende in vtl finden. Weiter muß man speziell aus Bildern von Horizontal- schnitten durch das Gehirn des Neugeborenen (vgl. dieses Journal, Bd. J2, Ergänzungsheft, Taf. 7!) schließen, daß die fraglichen Fasern nicht zur Kapsel des roten Kerns (= Faserfeld H) in Beziehung stehen, sondern daß sie unter U-förmiger Umbiegung in das Faserfeld //* übertreten. Diese Auffassung wird auch durch die Tatsache gestützt, daß diese Fasern in den Fällen von Degeneration des Feldes H^ stets proportional gelitten haben (Fälle 20 und 21). In demsub VIT, B, c zitierten Jelgersmaschen Fall mit der stärksten, von uns beobachteten De- generation von //* sind sie auch am meistea geschwunden. Wir haben aber trotz- dem im Scheina keine Bahn gezeichnet, welche sich von vtl durch H^ und H^ zum Pallidum (+ Striatum) erstreckt. Denn erstens ist diese Bahn nicht von denjenigen Autoren bestätigt worden, welche mit sekundären Degenerationen nach Herden gearbeitet haben. Und dann wäre noch möglich, daß die Zellen des an der Umbiegungsstelle liegenden Nucleus campi Foreli oder auch die von mv und / eine Umschaltungsstelle. darstellten.

Weiter kann man heute noch nicht das Vorhandensein von strio- und pallido- petalen Fasern aus anderen Teilen der Regio subthalamica und dem Tegmentum mit Sicherheit in Abrede stellen.

Ferner ist es vorläufig unbekannt, wie weit die pallido-fugalen Bahnen 10, IIa 11 e und 12 ungleiche Ursprungsgebiete im Pallidum haben. In- bezug auf 10 kann zunächst festgestellt werden, daß die oralen Partien des Pallidum mit den oralen des Corpus Luysi und die kaudaleren mit den kaudaleren von CL in Beziehung stehen (vgl. z. B. den 22. Fall!). Ferner rufen isolierte Zerstörungen von Ge so umfangreiche Degenerationen im Corpus Luysi hervor (22. Fall), daß man dazu neigen möchte, CL wenigstens vorzugsweise mit Ge in Verbindung zu bringen.

Wir müssen ferner darauf hinweisen, daß nie eine Schädigung der Pallidum- faserung ohne eine gewisse Verkleinerung von CL beob^htet wurde, daß sie dagegen nicht regelmäßig von einer sicher erkennbaren Verschmälerung der Felder //* und //* begleitet war (bloß die Fälle 20 und 21 sowie der Jelgersma- sche ergaben zweifellos positive Befunde), nur einmal mit einer zweifelhaften 20

iSmamS^t ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 647

Verkleinerung der Substantia nigra (10. Fall) sich verband und niemals zu einer für uns wahrnehmbaren Veränderung des roten Kerns oder seiner Kapsel geführt hat. Diese Feststellung bedarf noch der Aufklärung, wenn speziell die im Schema angeführten Bahnen 10a und IIa 11c in der dargestellten Form wirklich existieren.

Die große Rolle, welche das Pallidum + 5 triatum als Vermittler von Aus- dnicksbewegungen spielt, und die starke emotive Beeinflussung des Striatum- und des Pallidumsyndroms fordert eine Verbindung zwischen allen Teilen des Cortex cerebri und dem Pallidum + Striatum. Da wir eine direkte Bahn leugnen, sprechen wir die cor tico- thalamische Faserung als den Träger dieser Verbindung an. Wie weit dabei im Schema unter 2 und 4 wiedergegebene intrathalamische Assoziationsneurone, an deren Existenz an sich nicht gezweifelt werden kann, eine Rolle spielen, hängt von zwei noch nicht genügend geklärten Momenten ab: von der schon erörterten Ausdehnung des Urspnmgsgebietes der Pallidum + Striatumfasern im Thalamus und dem Umfang der direkten Faserverbindung dieses Ursprungsgebiets mit dem Cortex.

Der weiter unten (S. 649) erwähnte Tangentialstreifen an der dem Ven- trikel zugewandten Oberfläche des Caudatum ist im Schema unberücksichtigt geblieben, da seine Beziehung zum Caudatum noch nicht genügend geklärt ist. Ob die Capsula externa ein Homologon für das Putamen enthält, muß auch erst die weitere Forschung entscheiden.

c) Die Bestandteile des striären Systems im engeren und weiteren Sinne,

Au{ Grund der in unserem Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw.** berücksichtigten fremden und der im folgenden geschilderten, von uns anatomisch untersuchten Krankheitsfälle sind wenigstens folgende Grisea und Fasermassen bzw. Faserungen zum striären System im engeren Sinne zu rechnen:

1. Das Striatum (Nc+Put),

2. das Pallidiun {Ge+Gi; Gi=Gil+Gim)f

3. das Corpus Luysi (CL = Corpus subthalamicum),

4. die Gegend mv und das Tuber cinereum des Thalamus,

5. die Lamella pallidi externa {Le), ^

6. die Lamella pallidi interna (Li),

7. die Lamella pallidi accessoria (La),

8. die Ansa lenticularis (AI),

9. die Lamella pallidi limitans (L/),

10. Foreis Bündel H^ mit Foreis Faserung X und

1 1 . die im Thalamusgebiet zwischen Thalamus und Pallidum + Striatum verlaufende Fasening.

Wahrscheinlich gehören ferner dazu:

1 . Die noch unbekannte, vom Corpus Luysi weiter distalwärts leitende Bahn,

2. die das Pallidum mit den Nuclei Darkschewitschi [ND) et interstitialis (n i) verbindende (teilweise noch hypothetische) Faserung sowie

3. diese Kerne selbst.

21

648 C. UND O. VOGT. ^°3's.SSg"'

Zweifelhaft bleibt die Stellung von:

1. Foreis Bündel H\

2. Ramöns Nucleus campi Foreli [ncF),

3. der Substantia nigra (5n) und

4. dem Nucleus ruber [Nr).

Nur eine Beziehung im weiteren Sinne dürfte für:

1. denjenigen Teil des Thalamus, aus welchem keine Fasern zum Pallidum + Striatum entspringen, und

2. die zu diesen Teilen des Thalamus aus dem Cortex oder aus subthala- mischen Gebieten ziehenden Fasern existieren.

Endlich müssen wir auf Grund aller unserer Erfahrungen erklären, daß dek" Nucleus sübstantiae innominaiae mit dem striären System überhaupt nichts zu tun hat.

B. Zur Anatomie einiger Beitandteile dei striären Syitemi.

Die Erkennung pathologischer Veränderungen in den uns hier interessierenden Grisea und Faserungen, sowie die Deutung der durch diese Veränderungen be- dingten Sjmiptome erfordern eine Reihe normalanatomischer Feststellungen, welche bisher nicht erhoben oder wenigstens nicht allgemein bekannt geworden sind. Wir beginnen mit solchen, welche die grobe Morphologie und die Myeloarchitektonik betreffen und ziehen als Belege auch von C.Vogt in den Ergänzungsheften des 18, Bds. und von uns im 24, Bde. dieses Journals veröffentlichte Abbildungen heran.

a) Zur groben Morphologie und zur Myeloarchitektonik.

Zunächst ein Wort über die Morphologie des Kopfes des Caudatum [Nc) ! Derselbe ragt auf Frontalschnitten mit einem ventrikelwärts ausgesprochen konvexen Bogen in den Ventrikel hinein. Die Breite des Ventrikels beträgt nur Bruchteile von derjenigen des Caudatum. Taf. 43, Fig. lO der Ergänzungshefte des 18. Bds. dieses Journals gibt die normalen Verhältnisse wieder. Auch die von pathologischen Fällen stanmienden jetzigen Taf. 9, Fig. i und Taf. 14, Figg. I und 2 können nach dieser Richtung als normal gelten. Einen pathologischen Hydrocephalus unter Schrumpfung von Nc und Abplattung seiner Oberfläche zeigt Taf. 43, Fig. 9 der Ergänzungshefte des 18, Bds. dieses Journals bereits deutlich, während wir in der jetzigen Taf. 25, Fig. i eia Extrem dieser Caudatum- schrumpfung vor uns haben. Die normale Vorwölbung von Nc in den Ventrikel in kaudaleren Frontalebenen geht gut aus Taf. 44, Figg. 12 und 14 der Ergänzungs- hefte des jS. Bds. dieses Journals und aus der gegenwärtigen Taf. 43, Fig. 2 hervor.

Die soeben genannten Abbildungen des Caudatum zeigen femer insgesamt einen gröberer Markfaserbündel fast ganz entbehrenden Außenteil und einen solche reichlich aufweisenden Innenteil, Taf. 77 , Fig. i ^) gibt diese Verhält-

^) Wir empfehlen dem Leser das Studium aUer in dieser Arbeit enthaltenen Tafelfigiiren mit einer Lupe von umfangreichem Gesichtsfeld. Die auf rein photochemischem Wege wiedergegebenen Reproduktionen vertragen durchaus eine derartige Betrachtung und erleichtern dem Ungeübten 22

^^L^^^' Q ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 649

nisse bei stärkerer Vergrößerung wieder. Die oberen drei Fünftel der Abbildung gehören zum Außenteil. Hier sind gröbere Bündel selten. Und die wenigen sind dabei auf die inneren Gebiete dieses Außenteils beschränkt. Dagegen sieht man eine Reihe schmaler, längs getroffener Faserbündelchen sich allmählich ventrikelwärts verlieren. An der Ventrikeloberfläche selbst begegnen wir dann noch einigen besonderen Schichten. Auf den bei 50 f acher Vergrößerung nicht ganz i mm breiten Ependymstreifen folgt eine etwa 7 mm breite marklose Zone. Nach innen von dieser befindet sich ein von Markfasern gebildeter Tan- gentialstreifen^ welcher noch in eine äußere dichtere und eine innere lockerere Unterabteilung gegliedert werden kann. Außerdem zeigt diese Abbildung, daß da, wo nicht prämortal eine wohl meist einem Erstickungstod parallel gehende anormale Hyperämie aufgetreten ist, die Blutgefäße im Markfaser- bilde ganz zurücktreten. Im Zellbild ist wie Taf. 58, Fig. 3 lehrt die mark- lose Zone in ihrer äußeren Hälfte sehr arm, in ihrer inneren sehr reich an Glia- zellen. Die äußere Unterabteilung des Tangentialstreifens ist sehr zellarm. Sie enthält aber bereits Nervenzellen. Die innere Unterabteilung ist schon etwas zellreicher.

Wir kommen nun zum Putamen (Ptit). Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß das Put im Gebiet des Segmentum anterius capsulae internae auf Frontal- schnitten ungefähr die doppelte Breite zeigt wie die Capsula interna. Man vgl. Taf. 2, Figg. 2 und 4 sowie Taf. 44, Figg. 12 und 14 der Ergänzungshefte des iS.Bds. und die jetzige Taf. 43, Fig. 2! Dementsprechend kann die Schmal- heit des Put in Taf. 56, Figg. 4 und 5 ebenso wie die anormale Breite, welcher wir Taf. 42, Figg. 2 und 3, sowie Taf. 43, Fig. i begegnen, ohne weiteres als pathologisch bezeichnet werden. Im oralen Gebiet des Segmentum posterius capsulae internae ist das Put auch noch annähernd doppelt so breit wie der zwischen Gi und Thalamus gelegene Abschnitt der Capsula interna. Wir ver- weisen auf Taf. 3, Fig. 7 und Taf. 45, Fig. 18 der Ergänzungshefte des 18. Bds. sowie auf Taf. i, Fig. 3 des 24. Bds. dieses Journals. Man vergleiche damit die pathologische Breite des Put Taf. 44, Fig. i und Taf. 46, Figg. i und 2 und seine krankhafte Schmalheit Taf. 55, Fig. i und Taf. 57, Fig. 1 1 Weiter kaudal- wärts nimmt die relative Breite von Put alhnählich ab' Aber noch in der kaudal- sten Frontalebene von Ge zeigt das normale Put die Breite der Capsula interna (Taf. 6, Fig. 13 der Ergänzungshefte des 18. Bds. dieses Journals). Taf. 47, Fig. i bringt dagegen eine pathologische Breite des kaudalsten Teils von Put,

Neben einem Vergleich der Breite von Put mit derjenigen von Ci scheint uns eine solche zwischen derjenigen von Put und der von Ge + Gi angezeigt. In der Frontalebene des Übertritts der Commissura anterior von der einen Seite auf die andere zeigt im normalen Gehirn das Pallidum die gleiche Breite (Taf. 2, Fig. 2 in den Ergänzungsheften von Bd. 18) und in der Frontalebene der Forel-

wesentlich, sich in die Details der Abbildungen hineinzuarbeiten. Bezüglich der Abbildungen sei noch betont, daß sie gänzlich unretuschiert sind, soweit nicht das Gegenteil bei der Beschreibung gesa^ wird. Bei der in Betracht kommenden Retusche handelt es sich aber auch nur um eine geringe Verstärkung der im Negativ dunklen Criblüren. Die Retusche hatte bloß den Zweck, die in dem Ne- gativ weniger hervortretenden Kontraste bis zu der im Präparat vorhandenen Intensität zu verstärken.

23

650 C. UND O.VOGT. '"ISS'n^Ä'"*

sehen Faserung X die doppelte Breite des Put (Taf. 3, Fig. 7 und Taf. 45, Fig. 18 in den Ergänzungsheften von Bd. 18).

Weiterhin sei darauf hingewiesen, daß sich auch im Putamen ein der Cap- sula interna benachbarter Innenteil mit zahlreichen Faserbündeln von einem dieser mehr entbehrenden, etwa ein Dritteil der Gesamtbreite einnehmenden Außenteil unterscheiden läßt. Wir verweisen auf die schon erwähnten Abbil- dungen normaler Putamina. Es muß dabei aber hervorgehoben werden, daß bei gut gelungenen Markfaserpräparaten (die meisten Sammlungen enthalten keine genügend gefärbten Präparate) sich auch im Außenteil des Put noch ein dichtes Fasernetz markhaltiger Fasern vorfindet. Taf. yy^ Fig. 4 gibt uns cfine annähernde Vorstellung von der starken Ausbildung dieses Filzes. Dieser un- gewöhnlich starke Markfaserfilz muß zu der Annahme führen, daß die Achsen- zylinder wenigstens der meisten Ganglienzellen von Nc und Put von einer Markscheide beim Erwachsenen umgeben sind. Bezüglich der Faserbündel des Innenteils ist noch darauf aufmerksam zu machen, daß sie im normalen Putamen in dorsal- ventraler Richtung eine gleichmäßige Verteilung zeigen (vgl. z. B. Taf. 21, Fig. 2 /!). Es sei dann weiter erwähnt, daß in einem Silberpräparat eines normalen Put die Kapillaren nicht hervortreten (Taf. 31, Fig. 2). End- lich möchten wir noch darauf hinweisen, daß uns Taf, 2, Fig. 4 und Taf. 3, Fig. 7 in den Ergänzungsheften von Bd. JA, sowie die jetzige Taf. 43, Fig. 2 über die normalen Farbendifferenzen zwischen Ge-\-Gi und Put im Markfaserpräparat aufklären.

Über die normale* Größe des Pallidum in den verschiedenen Frontal- ebenen orientieren uns außer den früher von uns veröffentlichten Abbildungen in der jetzigen Arbeit Taf. 43, Fig. 2, Taf. 44, Fig. 3 und Taf. 45, Fig. 3. In der Frontalebene, in welcher das Pallidum in seiner größten Ausdehnung getroffen ist, ist Ge 3 4 mal hdher als breit und sind Gil + Gim ohne LI 1V2 2 so breit wie Ge (Taf. 44, Fig. 2 und Taf. 45, Fig. 3, sowie in den Ergänzungsheften von Bd. 18 Taf. 3, Fig. 7 und Taf. 45, Fig. 18). Gil ist dabei nur wenig schmäler als Gitn. Gil ist im Markfaserbild etwas markhaltiger als Ge, etwas markärmer als Gim. Die Zahl der Faserbündel in Ge, Gil und Gim nimmt parallel dem Mark- reichtum zu. Der oralste Teil von G^ ist von Faserbündeln erfüllt, welche aus den ganz dünnen strio-pallidären und wenigen etwas dickeren strio-petalen Fasern bestehen. Zwischen diesen Bündeln verzweigen sich dicke Einzelfasern. Taf. 43, Fig- 4 gJbt uns hiervon ein gutes Bild. In kaudaleren Schnitten ist der dorsalste Teil von Ge markärmer als das übrige Gebiet von Ge. Das gilt in schwächerem Maße auch von Gil und in noch geringerem Grade ebenfalls von Gim. Die feinere Myeloarchitektonik dieses dorsalen Teils von Ge ist bereits von C. Vogt in den Ergänzungsheften des 18, Bds, beschrieben und abgebildet (S. 303 und Er- gänzungsheft Taf. 4, Fig. 9 sowie Taf. 5, Fig. 11). Es sei noch darauf hingewiesen, daß das menschliche Ge in diesen myeloarchitektonischen Verhältnissen durch- aus mit denjenigen des Cercopithecinengehirns übereinstimmt, diesem gegenüber also weder eine Weiter-, noch eine Rückentwicklung aufweist.

Taf. 16, Fig. 2 und Taf. 26, Fig. 8 bringen normale Corpora Lu3rsi (CL) des Erwachsenen in ihrer größten Ausdehnung auf Frontalschnitten. Der Höhen- 24

I

Er^^E^^^'s. ^UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 65 1

durchmesser beträgt in diesen Fällen bei achtfacher Vergrößerung unter Aus- schluß der Kapsel 25 26 mm. Der größte von uns beobachtete Höhendurch- messer (29 mm) betraf das Gehirn einer an Paralysis agitans leidenden Frau (Taf. 64, Fig. 6). Derjenige des Taf. 44, Fig. 5 abgebildeten CL eines 14 jährigen Knaben beläuft sich auf 23 mm, der des Taf . 4, Fig. 2 und Taf. 5, Fig. i dar- gestellten CL eines 5 Monate alten Kindes auf etwa 27 mm. Es erreicht also CL bereits sehr früh seine definitive Größe.

Bezüglich des Nucleus ruber verweisen wir auf die spätere Beschreibung der einzelnen Fälle.

Was ferner die Forelschen Bündel H^ und M^ anbelangt, so ist das letztere in Frontalschnitten am stärksten in den oralsten Ebenen des Corpus Luysi [CL) entwickelt (vgl. Taf . 4, Fig. i!). Dann nimmt es schnell im Höhendurchmesser ab (Taf. 4, Fig. 2 und Taf. 45, Fig. 3), um schließlich nur noch eine dünne dorsale Kapsel des Corpus Luysi zu bilden. H^ zeigt seine stärkste Entwicklung in den oralsten Ebenen des Nucleus ruber (Taf. 5, Fig. i). Oraler fließen H^ und H^ zusanmien (H^ + H^ in Taf. 4, Fig. 2; Gegend des Nucleus campi Foreli Ramöns). Man sieht in Taf. 4, Fig. 2 und Taf. 5, Fig. i sehr gut die schon oben (S. 646) erwähnte Ausstrahlung der //^-Fasern in den Thalamuskern vtl.

Endlich sei darauf hingewiesen, daß C. Vogt in den Ergänzungsheften des 18. Bds. dieses Journals Taf. 47, Fig. 23 das Faserbild eines normalen Pes pedunculi, Taf. 43, Figg. i und 3 solche von normalen Pyramiden und Taf. 43, F'gg- 5 uJ^d 8 solche von normalen Brachia conjunctiva abgebildet hat.

b) Zur Cytoarchüektonik des Striatum, des Pallidum und des Nucleus sub-

stantiae innominatae.

Tat 1, Fig. 1 bringt bei 5ofacher Vergrößerung das Nisslbild des normalen Putamen. Die rechte Hälfte gibt den faserbündelarmen Außenteil, die linke Hälfte den durch das Vorhandensein von. Faserbündeln ausgezeichneten Innenteil desselben wieder. Wir sehen das Putamen bei dieser Vergrößerung gleichmäßig durchsetzt von kleinen Ganglienzellen, in die ganz zerstreut größere Nervenzellen eingelagert sind. Der Innenteil zeigt außerdem in weiten Abständen durch die reihenweise angeordneten Gliakeme erkennbare, schmale Faserstreifen. Im übrigen treten die Gliakerne im Putamen vollständig zurück.

TaL 1, Fig. 2 zeigt im äußersten rechten Abschnitt noch etwas vom Innenteil des Putamen, Wir sehen den gleichen Bau wie im linken Gebiet der vorigen Abbildung: gleichmäßig verteilte kleine Ganglienzellen, vermengt mit einzelnen größeren; daneben einige längs getroffene Faserbündel mit zahlreichen Gliakernen, während diese sonst im Bilde vollständig zurücktreten. Diese Struktur hört nach links zu plötzlich auf und macht einem durch eine ungleichmäßige Verteilung von Gliakernen und das stellen- weise Vorhandensein von einer einzigen Art meist spindelförmiger Ganglienzellen ausgezeichneten, schmalen Streifen Platz. Es handelt sich um nichts anderes als um die Lamella pallidi externa (Le). An diese schließt sich dann nach links das den Rest der Abbildung ausfüllende Pallidum externum (Ge) an. Es ist ziemlich reich an Glia- kernen und zeigt diese in ziemlich gleichmäßiger Verteilung. Außerdem sind in dem- selben — teilweise nesterförmig die schon in Le beobachtete Art von Ganglien- zeUen vorhanden.

TaL 2, Pig. 1 bringt bei der gleichen 50 fachen Vergrößerung ein Stück des normalen Kopfes des Caudatum (Nc). Wir sehen hier wie C. Vogt es früher in ihren ,,Consid^rations genörales etc." von dem identisch gebauten Affen bereits ab-

25

<^52 ^}'''^_^^il "^w.^'iy

gebildet hat einen dem Putamen analogen Bau, d. h. gleichmäßig verteilte kleine Ganglienzellen mit einzelnen eingelagerten größeren unter starkem Zurücktreten der Gliakeme. Die kleineren Nervenzellen sind aber insgesamt, wie C. Vogt schon früher hervorgehoben hat, deutlich etwas größer als die des Putamen. Bezüglich des Ependym- streifens und des subependymären Gebietes vergleiche die auf die Beschreibung von Taf. 2, Fig. 3 folgende der Taf. 58, Fig. 3!

Tal. 2, Fig. 2 gibt uns ein Bild von der Architektonik des Pallidum internum (Gt). Vom Pallidum externum ist dasselbe dadurch unterschieden, daß die Ganglienzellen deutlich ein etwas größeres Volumen zeigen. Die in dieser Abbildung vorhandene geringere Zahl von Gliazellen ist ein weniger typischer Befund.

TaL 2, Fig. 3 bringt den ventralsten Teil des Lentiforme mit der die dorsalste Etage der Substantia innominata (Sin) bildenden Linsemkernschlinge (AI) und dem ventral sich anschließenden Nucleus substantiae innominatae (NSin), Wir sehen, wie dieser durch zahlreiche multiforme Ganglienzellen charakterisiert ist, deren Zell- leib an Größe denjenigen der Ganglienzellen des Striatum und des Pallidum beträcht- lich übertrifft. Rechts unten begegnen wir in der Abbildung einem kleinen Abschnitt des Putamen (Put). Er zeigt den früher bereits geschilderten charakteristischen Bau. Durch Le geschieden, stößt dann links und dorsal der ventralste Teil des Pallidum externum (Ge) an ihn an. Auch dieser zeigt den schon aus der Beschreibung der Taf. i, Fig. 2 bekannten Bau. Die Lamella pallidi interna (Li) trennt das Pallidum externum von einem den linken oberen Zipfel der Figur ausfüllenden Abschnitt des Pallidum internum. Der bei der Beschreibung der Taf. 2, Fig. 2 hervorgehobene Unterschied von Gi gegenüber Ge (etwas geringere Zahl von Neurogliakemen und deutlich größeres Volumen der Ganglienzellen) gilt auch für diesen ventralen Teil von Gi, tritt aber nicht so deutlich hervor wie in den aorsaleren Partien. Außerdem zeigt die Abbildung noch bei G ein Nest kleinerer Ganglienzellen.

TaL 58, Fig. 3 bringt einen Schnitt durch den Aüßenteil des Caudatum. Zu äußerst begegnen wir dem uns schon aus dem (S. 649) erwähnten Markfaserbild der Fig. i der Taf. 77 bekannten Ependymstreifen. Er tritt uns hier als einschichtiges Epithel ent- gegen. Darauf folgt eine der Nervenzellen ganz entbehrende und nur spärliche Neuro- gliakerne enthaltende äußere Hälfte der marklosen Zone. Nach innen schließt sich ihr die an Gliazellen reiche Innenhälfte dieser Zone an. Dann folgt ein an Zellen sehr armes, aber unter ihnen Nervenzellen enthaltendes Gebiet, die äußere Unterabteilung des Tangentialstreifens. Eine gewisse Zunahme der Nervenzellen markiert im Zell- bild die innere Unterabteilung dieses Streifens. Ein ziemlich breites, noch deutlich zellärmeres Gebiet bildet dann den Übergang zu dem zelldichteren Hauptgebiet des Außenteils des Caudatum.

Die eben gegebenen Beschreibungen einer Reihe von Zellbildern lassen sich folgendermaßen zusammenfassen.

Das Caudatum ist von einem, aus einem einschichtigen Epithel gebildeten Ependymstreifen bedeckt. Das auf ihn folgende subependymäre Gebiet zerfällt in die sich aus einer wenige Gliazellen enthaltenden äußeren und einer zahl- reiche aufweisenden inneren Unterabteilung zusammensetzenden marklose Zone und den wenige Ganglienzellen enthaltenden, ebenfalls in eine zellärmere und eine zellreichere Unterschicht teilbaren Tangentialstreifen. Ein immerhin noch zellarmes Übefgangsgebiet stellt die Vermittlung zum Rest des Caudatum dar. Dieser und das Putamen enthält sehr zahlreiche kleine und eingestreute größiere Ganglienzellen. In Teilen des Caput caudati sind dte kleinen Zellen etwas größer. Sonst besteht zwischen der Cytoarchitektonik von Caudatum und Putamen kein Unterschied.

Das Pallidum zeigt einen ganz anderen Bau, indem es für unser jetziges 26

Bd. tb, 1020,

S.

ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS.

653

Unterscheidungsvermögen nur eine Sorte von Ganglienzellen enthält. Diese sind meist spindelförmig. Die Lamella externa^ interna und accessoria enthalten die gleichen Zellen.

Der Nucleus stibstantiae innominatae besteht aus größeren und oft multi- polaren Ganglienzellen.

c) Zur Histologie der Nervenzellen des Striatum und Pallidum.

Von sehr großer Wichtigkeit sind nun noch feinere histologische Diffe- renzen, welche Bielschowsky zwischen den großen Ganglienzellen des Striatum und den Nervenzellen des Pallidum aufgedeckt hat.

Die großen Nervenzellen des Striatum zeigen auch im Bielschowskybild keine Besonderheiten (Nisslbilder der Striatum- und Pallidumzellen bei stärkerer Vergrößerung finden sich dieses Journal Bd. 25, Taf. i, Figg. 2 4). Ebenso

Fig. 3.

entbehren sie wie die meisten Zellen der Hirnrinde jeder besonderen Kontakt-

foimation der an die Oberfläche ihres Zellleibs und ihrer Dendriten herantretenden

Endbäume anderer Neurone.

Die Zellen des Pallidum sind dagegen durch Protoplasmafortsätze von einzig

dastehender Länge ausgezeichnet, so daß Koelliker diese Zellen als Strahlen-

Zellen benannt hat. Der Zellkörper wie die langen Dendriten sind ferner von

6senförniigen Endkörperchen in ganz ungewöhnlich dichter Anordnung bedeckt.

Endlich zeigen besonders günstige Gliafärbungen, daß der Zelleib und vor allem

27

6S4

C. UND 0. VOGT.

die Dendriten von einem anderswo so nicht in Erscheinung tretenden „Plasma- mantel gliogener Herkunft" umkleidet sind. Die der Bielschowskyschen Arbeit entnommene Textfig. 3 zeigt links oben die Endknöpfe und rechts unten den Plasmamantel der Dendriten (D).

Hunt hat 1916 die p'oßen Zellen des Striaium, die Slraklemsellen d^ PaUidum und die Zellen des Nucleus suhstantiae innominalae miteinander identifiziert und darauf einen pathophysiologischen Erklärungsversuch für die verschiedenen Krankheitsbilder der Erkrankungen des Striatum und des Pallidum aufgebaut. Nach unseren Ausführungen müssen wir zu unserem Bedauern die anatomische Grundauffassung Hunts als eine unrichtige bezeichnen.

d) Zur Synaptologie der Neurone des Striaium. Marchi, J. und A. D^jerine, P. Ram6n und andere sind bemüht ge- wesen, mit Hilfe der G o 1 gi -Methode die synaptologischen Verhältnisse im Striatum aufzudecken. Textfig. 4 bringt das Ergebnis der Studien Ramöns, Bei A, D,

22;2l^Ä a ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 65 S

8.

E und F haben wir Zellen mit kleinem Zelleib, vielen Dendriten und kurzem Axon. Es ist wohl nicht zu gewagt, diese Zellen mit den kleinen Ganglienzellen des erwachsenen Striatum zu identifizieren. Bei B und C sind Zellen zur Ab- bildung gelangt, welche durch einen größeren Zelleib, weniger Dendriten und einen längeren Achsenzylinder ausgezeichnet sind. Wir sind unserer Ansicht nach berechtigt, sie mit' den großen Ganglienzellen des erwachsenen Striatum zu identifizieren. Während die Achsenzylinder der kurzaxonigen Zellen sich inner- halb eines engumschriebenen Bezirks des Striatum aufsplittern, dürften unter den großen Ganglienzellen kleinere, wie B in Textf ig. 4, existieren, deren Achsen- zylinder in entfernteren Teilen des Striatum endigen, und größere wie C in Textfig. 4 , welche den Ursprung für die striopallidären Fasern (9 in Text- figg. I und 2) bilden. Der ganze Leitungsmechanismus gestaltet sich dann wohl so, daß die striopetalen Fasern in der Umgebung der kurzaxonigen und der kleineren langaxonigen Zellen endigen, diese beiden Gruppen von Zellen dann auf die größeren langaxonigen Zellen einwirken und letztere endlich die Erregung auf die Fallidumzellen übertragen. Bei der sehr großen Zahl der von den kurz- axonigen und den kleineren langaxonigen Zellen gebildeten Schaltzellen erweist sich das Striatum gegenüber dem Pallidum als ein kompliziert gebautes Regu- lationsorgan. Es ist ims nicht verständlich, warum Spiegel sich noch jüngst gegenüber dieser schon von C. Vogt 191 1 ausgesprochenen Auffassung so reser- viert verhält, zumal die von ihm geforderte klinische Stütze schon der damaligen Auffassung C. Vogts zugrunde lag. Wie wir bereits in unserem Aufsatz „Zur Kenntnis usw.** ausgeführt haben, haben wir dabei die Neigung, den striopalli- dären Neuronen nicht nur eine klinisch mehr in die Augen tretende Denervations-, sondern auch eine Innervationsfunktion zuzuschreiben. Ob aber die Träger dieser beiden Funktionen einen verschiedenen Bau und eine ungleiche Endigungs- weise oder vielleicht nur das letztere haben, entzieht sich zurzeit noch voll- ständig unserer Kenntnis.

e) Zur Myelogenie des striären Systems.

Die myelogenetische Methode ist nach unseren Feststellungen (1902, S. 120) sehr wenig geeignet, Faserzusammenhänge mit Sicherheit aufzudecken. Wir haben diese Methode deshalb auch nur ganz nebenbei in dieser Richtung ver- wendet. Von Bedeutung scheint uns aber die Tatsache zu sein, daß zwischen der Markreifung der einzelnen Bestandteile des striären Systems sehr starke zeit- liche Differenzen bestehen. Auf diese, schon in unserem Aufsatz ,,Zur Kennt- nis usw.** kurz gestreifte Tatsache möchten wir im folgenden auf Grundlage bestimmter Belege zurückkommen.

Auf Taf. 7 des Ergänzungsheftes des 12, Bds. dieses Journals hat C. Vogt frOher vier Abbildungen von Horizontalschnitten eines neugeborenen Kindes gebracht. Es ergab sich hier bereits eine sehr starke Markreifung im Pallidum^ vor allem in Gm, im Corpus Luysi (CL), in den Feldern //*, //^ und ihrer Ver- bindung //^+//*. Dagegen erschien Put (vgl. Fig. 23 !) bei der abgebildeten zehn- fachen Vergrößerung noch vollständig marklos. Erst bei wesentlich stärkerer Ver- größerung erkennt man einzelne markhaltige Fasern in den Bündeln des Striatum.

29

656 C. UND 0. VOGT. '"'S^NeSay*

Wie nun aus den jetzt zur Beschreibung gelangenden 6 Abbildungen von Frontalschnitten durch die Bestandteile des striären Systems eines fünf Monate alten Kindes hervorgeht, tritt uns dieser myelogenetische Gegensatz auch noch sehr schroff in diesem Alter entgegen.

TaL 8, Fig. 1. Nc läßt erst bei wesentlich stärkerer Vergrößerung in seinen Bündeln einzelne Markfasem erkennen. Dieselben entsprechen den dicken Fasern des erwachsenen Nc. Auch in den zwischen Put und Ge verlaufenden Bündeln sind die feinen Facsem, welche dip Hauptmasse dieser Bündel bei dem Erwachsenen bilden, noch marklos. Nur die viel weniger zahlreichen dicken Fasern dieser Bündel haben sich bereits mit Mark umhüllt. In Le und Ge sind in der gegenwärtigen Figur ebenfalls nur die dicken Fasern des erwachsenen Gehirns markhaltig. Bei stärkerer Vergrößerung sieht man einen Teil der Fasern von Le in Ge hineinziehen, hier bald einen ventral- dorsalen Verlauf einschlagen und sich dann verlieren. Einen weiteren Zufluß an bereits markhaltigen Fasern erhäjt Ge aus der Regio fibrarum pallidi extemi (JGe), In dieser Regio bilden die Ge zustrebenden Fasern Bündel, um dann bald nach ihrem Eintritt in Ge sich in wiederum vornehmlich ventral-dorsal verlaufende Einzelfasem aufzulösen. Ein dritter Teil der bereits matkhaltigen Fasern von Ge stammt aus Li, Sie bilden im Anfang, namentlich im ventralen Abschnitt, in medial-lateraler Richtung ziehende Bündel, um sich dann auch bald in Einzelfasem zu zerteilen und dabei ebenfalls im wesentlichen einen ventral-dorsalen Verlauf einzuschlagen. Der dorsalste Teil von Ge ist am ärmsten an derartigen Markfasern. Am zweitärmsten ist der äußerste Teil des übrigen Ge. Die bereits stark markhaltige Li trennt Ge von Gi. In Gi scheidet in der ventralen Hälfte La ein Gil von Gim. Die Trennung erhält sich auch weiter dorsal in dieser Figur dadurch, daß Gim markhaltiger ist als Gil. Dabei zeigen beide Abschnitte schon den für den Erwachsenen charakteristischen Bau, d. h. die Zusammen- setzung aus einzelnep mehr oder weniger lateral-medial verlaufenden Faserbündeln und zwischen ihnen sich verzweigenden Einzelfasem. Li und La setzen sich ventral- wärts in ^/ fort. AI geht ihrerseits medial wärts in die weiter dorsal Gim begrenzende dreieckige dunkle Fasermasse über, welche neben dem Faserzuwachs aus A l direkten Faserzufluß aus Giw und der Gi dorsomedial begrenzenden Lamelle (Lid) erhält. Wir bezeichnen diese Fasermasse als H*+LL Der Grund wird aus den folgenden Figuren hervorgehen. Zum striären System gehört endlich noch der mit X bezeichnete feine Ausläufer jenes Teiles des Fo reischen Feldes H^, der zum Tuber cinereum in Be- ziehung steht. Von den übrigen Bezeichnungen bedeutet:

Ca = Commissura anterior,

Ci = Capsula interna, deren ventraler, aus dem Stirnhim stammender, noch markloser Abschnitt als a bezeichnet ist,

CM = Commissura Meynerti,

Ft = die noch in dieser Ebene marklose Pars tmncalis fornicis,

Jnvs = die Pars superior des Stratum ventrale substantiae innominatae (3. Meynertsche Schicht der Substantia innominata),

Jnvi = die Pars inferior dieses Stratum (4. Meynertsche Schicht),

Sg = Stratum griseum substantiae innominatae, d. h. 2. Meynertsche Schicht oder Gegend des Nucleus substantiae innominatae (NSin),

Tth = Stria thalami,

11 = Tractus opticus.

Taf. 8, Pig. 2. Nc und der abgebildete Teil von Put zeigen die gleichen Ver- hältnisse wie in der vorigen Figur. Dasselbe gilt von Ge, Gil + Gim, Le, Li, La und Lid. AI ist stärker geworden. Zwischen LI und H^ ist eine gewisse Trennung eingetreten. Das Bündel X erscheint hier in wesentlich stärkerer Form und schon in Faseraustausch mit H^. Die Pars truncalis des Fornix (Ft) ist in diesem Schnitt markhaltig. In Cm ist zum erstenmal das Corpus mammillare, in aa C. Vogts Nucleus anterior principalis thalami angeschnitten. Der ventrale, markarme, aus dem Frontallappen stammende

30

gj^^i^gSS j. ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 65 7

und kaudaler in die Pars interna des Pes pedunculi (Pt) übergehende Teil cc von C ist weiter ventralwärts gerückt. Die sonst nicht erwähnten Bezeichnungen sind die- selben wie in der vorigen Figur.

TaL 4, Fig. 1. Die Capsula externa (Ce) enthält bereits eine Reihe markhaltiger Fasern. Ein Teil dieser verliert sich in die Außenschicht- von Put, Form und relative Größe von Pui sind schon diejenigen erwachsener Gehirne. In den aus Ge in Put ver- folgbaren Faserbündeln sind auch hier nur die dicken Einzelfasem des erwachsenen Ge- hirns markhaltig. Ge + Gi zeigen ebenfalls in dieser Schnittebene unter sich und gegen- über ihrer Umgebung bereits die definitiven Größenverhältnisse. In Ge kann man einen ausgesprochen faserarmen dorsalsten und einen kleinen ziemlich faserarmen ventralsten Abschnitt vom Hauptteil abtrennen. Dieser zeigt hier wie in älteren Gehirnen (vgl. z. B. Taf . 44, Fig. 3!) keine weitere etagenförmige Gliederung. Da- gegen kann man deutlicher als in späteren Entwickelungsstadien von innen nach außen drei Abschnitte unterscheiden. Das innerste Drittel enthält zahlreiche aus Li in medial- lateraler Richtung in dasselbe eintretende Bündel. Diese Fasern biegen dann im mittleren Dritteil in eine ventral-dorsale Richtung um und verschwinden darauf bald. Das äußere Dritteil ist faserarm. Gt zeigt jenen ganz anders gearteten Bau, wie er schon aus Taf. 3 hervorging und auch für das erwachsene Gehirn charakteristisch bleibt. Dieser Kern ist von lateral-medial verlaufenden Bündeln durchsetzt, in deren Zwischenräumen sich Einzelfasem verzweigen. Der dorsalste Teil von Gi enthält markdünnere Faser- bändel. Außerdem ist der ventralste Teil von Gim dadurch ausgezeichnet, daß die Faserbündel schräg getroffen sind. fGe hat sich gegenüber Taf. 3, Fig. 2 stark ver- schmälert, Le, Li, La, AI und Lid zeigen keine wesentliche Veränderung. Dagegen ist CS durch das Hinunterrücken der Fasern der Capsula interna (a) in den Pes pedunculi (Pt) za einer klaren Trennung der stark verschmälerten LI von H^ gekommen. Dabei sieht man deutlich Fasern aus LI durch den ventralen Teil der Capsula interna nach H^ ziehen. Ventral davon sieht man die von LI in den oralsten Teil des jetzt zum ersten- mal angeschnittenen Corpus Luysi (CL) ziehenden Fasern mehr oder weniger quer getroffen.

DF bedeutet die Decussatio Foreli und stellt in diesem Schnitt noch sehr mark- arme Commissurfasern zwischen den beiden CL dar.

Sn bildet die hier zum erstenmal angeschnittene Substantia nigra.

VA bezeichnet den in dieser Schnittebene noch ganz marklosen Tractus Vicq d'Azyri.

Zi = Zona incerta Forels.

/ = dorsaler Teil des Fore Ischen lateralen Thalamuskerns.

ma = Forels medialer Thalamuskern.

vtl und vtm = oralster Teil des ventralen Abschnitts von Forels lateralem Thalamuskern (Homologa von C. Vogts vtl und vtm des Cercopithecidengehirns).

TaL 4, Hg. Ce zeigt die gleichen Verhältnisse wie in der vorigen Figur. Put ist dagegen etwas verschmälert, ohne andere Abweichungen aufzuw«isen. Auch Ge -i-Gi zeigen eine leichte Abnahme des Breitendurchmessers. Der dorsale markarme Teil von Ge hat sich vergrößert. Ein kleiner ventralster Abschnitt zeichnet sich auch in dieser Abbildung gegenüber dem Rest von Ge durch eine leichte Faserabnahme aus. Der mittlere Hauptteil von Ge läßt nicht mehr die scharfe Dreigliedenmg der vorigen Figur erkennen; insbesondere ist das äußere Drittel faserreicher geworden. Der faser- ännere Dorsalteil von Gi hat ebenfalls an Ausdehnung gewonnen. Im übrigen ist Gim hier im wesentlichen durch einen etwas größeren Faserreichtum von Gil verschieden. Alle bei den früheren Beschreibungen erwähnten, das Pallidum entweder umgrenzen- den oder dasselbe gliedernden Lamellen sind faserärmer geworden. Sehr deutlich sieht man von LI die Fasern durch die Capsula interna nach H^ ziehen. H^ selbst ist wesent- Hdi verschmälert unter gleichzeitiger deutlicherer Ausbildung von Zi. Weiter medial sehen wir dann H^ in eine stark angeschwollene Fasermasse übergehen. Der dorsale Teil gehört zu Forels Bündel H^, der ventrale bildet die Faser Verbindung zwischen

3'

6S8 C. UND 0. VOGT. '°3'ji-.^iS^'?^

H^ und H^, Von H^ sehen wir jetzt deutliche Faserbündel in die laterale Hälfte des ventralen Dritteils von Forels lateralem Thalamuskem ziehen, d. h. in C. Vogts vtl. Es sei noch darauf aufmerksam gemacht, daß C.Vogts vtl+vim nicht wesentlich an Breite dem mit / bezeichneten dorsalen Teil von Forels lateralem Thalamuskem nachsteht. CL zeigt hier seinen größten dorsal-ventralen Durchmesser. Er beträgt wie schon oben erwähnt etwa 27 mm. Die aus LI durch die Capsula interna ihm und seiner Kapsel zustrebenden Fasern sind auch in dieser Abbildung, vollständig quer getroffen. In INr ist zum ersten Male der oralste Teil der lateralen Faserkapsel des Nucleus ruber getroffen.

TaL 6, Fig. 1. Ce und Put bieten keine nennenswerte Veränderung dar. Das- selbe gilt von Ge. Nur haben sich die Faserbündel des inneren Dritteils so verdichtet, daß sie schwer von Li zu trennen sind und so an dieser Stelle eine scheinbare Ver- breiterung von Li zustande kommt. Gi hat sich etwas verkleinert, zeigt aber sonst die in der vorigen Figur festgestellten Eigentümlichkeiten. Nur ist La rudimentärer und LI noch schmäler geworden. Man sieht auch hier noch deutlich Fasern aus LI durch die innere Kapsel in H^ hineinziehen. H^ selbst ist weiter in seinem Volumen verringert und nunmehr von H^ vollständig getrennt. Von H^ ziehen hier wie in der vorigen Figur dicke Faserbündel in vtL vtl + vtm sind auch hier nicht wesentlich schmäler als der weiter dorsal gelegene Teil von Forels lateralem Thalamuskem. CL beginnt schon etwas im dorsal-ventralen Durchmesser abzunehmen. Die quer getroffene Faserverbindung zwischen CL und LI durch die Capsula interna hindurch besteht auch hier. Vom Nucleus ruber (Nr) ist nunmehr der oralste Teil getroffen. Dabei kann auch jetzt von keinem stärkeren Faseraustausch zwischen H^ und H^ einerseits und INr andererseits die Rede sein.

Taf, 6, Pig. 2. Ce zeigt in den dorsalen Teilen gegen früher eine starke Verbreiterang. Der ventrale Teil von Put ist verschwunden. An seine Stelle ist jetzt eine Fasermasse getreten, die zum Teil die orale Fortsetzung des Stratum posterius externum (e Fasciculus longitudinalis inferior) darstellt. Den jetzt ventralsten Teil von Put sehen wir von Fasern (/ 7*^) durchsetzt, welche zur Markfaserung des Gyrus temporalis superior in Beziehung stehen. Auch das Pallidum ist verkürzt, indem jetzt zwischen dem Tractus opticus (//) und dem Pallidum der zum Teil Fasern des Türckschen Bündels enthaltende Campus Amoldi {Ä) gelegen ist. Vom Pallidum ist außerdem nur noch Ge in ver- schmälerter Form vorhanden. Der äußere markarme Teil entspricht dem mittleren und äußeren Längsdrittel früherer Abbildungen. Der innere markhaltige, mit Li be- zeichnete Teil ist mit der Lamella interna und dem inneren, aus Li stammende Mark- fasem enthaltenden Längsdrittel von Ge früherer Abbildungen identisch. Vom Palli- dum intemum ist nur noch der dasselbe kaudal begrenzende Abschnitt der Lamella limitans {LJ) übrig geblieben. Das Corpus Luysi {CL) ist auf eine kleine, sehr mark- haltige Fasermasse reduziert. Das Präparat gewährt den Eindruck, daß die mit X be- zeichnete Fasermasse in engerer Beziehung zu CL steht. Der Nucleus ruber (Nr) ist hier in seiner größten Ausdehnung getroffen und zeigt uns damit, welches Volumen er bei einem 5 Monate alten Kinde einnimmt.

TM = Tractus Meynerti.

w«, mb, va^ und vh stellen Homologa der entsprechenden, von C. Vogt beim Affen unterschiedenen Thalamuskerne dar.

Wir sehen einerseits aus der oben erwähnten Taf. 7 des Ergänzungsheftes des 12. Bds. dieses Journals, daß die Fasersysteme zwischen Thalamus + Hypo- thalamus und Pallidum zu einem großen Teil bereits bei dem Neugeborenen markreif sind. Andererseits lehren uns die eben beschriebenen Abbildungen neben anderen Details die Tatsache, daß die striopallidäre Faserung (9 in Textfig. i) selbst noch bei dem fünf Monate alten Kinde marklos ist. Bei aller Bekämpfung der Auffassung, daß der Beginn der Markreifung denjenigen der 32

'^tJ^JSSt ^ ^UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIAREN SYSTEMS. 659

Funktion anzeige, scheint uns doch diese große Differenz in der Markreifung darauf hinzuweisen, daß das neugeborene Kind eine Zeitlang durch das Striatum nicht beeinflußte Pallidumbewegungen ausführt. Wir haben schon in unserem Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw.** darauf hingewiesen, daß sich so die Ähnlichkeit zwischen der Motilität des kleinen Kindes und den bei Erkrankungen des Stria- tum auftretenden Muskelspasmen, Mitbewegungen, choreatischen, sowie atheto- tischen Spontanbewegungen und Pulsionen durch den ursprünglichen oder sekundären Fortfall der Funktion des strio-pallidären Systems erklärt. Wir werden in unseren Schlußbetiachtungen noch einmal auf diesen Punkt zurück- kommen.

) JoarAal f. Ptfchologie und Neurologie. Bd. ay Krgll. 3

33

66o C. UND O.VOGT. ' ""^ ».Xt"*

I. Fülle von Etat marbr^

A. Beschreibung der einzelnen Fälle.

Wir gehen in folgendem zunächst näher auf die beiden Fälle Barrys ein, welche C.Vogt in ihren ,, Quelques consid6rations gÄi6rales etc.** schon be- rücksichtigt hat. Darauf folgen die beiden in unserem ,, Erster Versuch usw." bereits erwähnten Beobachtungen Gallus' und Freunds. Wir fügen dann noch einen neuen Fall hinzu.

C, Vogt hatte zunächst die Absicht, die eingehende DarsteUung der beiden Barr6schen Fälle zusammen mit Herrn Barr6 zu veröffentlichen. Da ein Zusammen- arbeiten aber auch jetzt noch wohl für längere Zeit unmöglich sein wird, erlauben wir uns, unsere anatomischen Befunde in der gegenwärtigen Arbeit zu veröffentlichen. Dem einen der beiden Fälle fügen wir einige klinische Notizen hinzu, welche wir Herrn Barr 6 verdanken. Die klinische Beschreibung des anderen Falles sowie die eingehende klinische Würdigung beider Beobachtungen überlassen wir Herrn Barr 6.

1. Barriicher Pall Jacqnel. {Bi 34),

A, Klinische Notizen.

Jacquel., mort ä 59 ans ä Bicetre.

Ath6tose double.

Ant6c6dents :

P^re mort alcoolique; m^re de vieillesse. Ils ^taient six enfants. II ^tait Tainö; le deuxi^me avait des mouvements involontaires des mains. Parmi les autres enfants, deux sont morts d'affections varides, deux sont bien portants.

Le malade prötend n'avoir jamais rien eu d'important en dehors d'une legere blennorrhagie, en plus de sa maladie nerveuse.

Le malade est n6 en 6tat de mort apparente. Ses parents lui ont dit que sa maladie nerveuse ne d6buta qu'ä 3 ans, apr^s des convulsions. C'est sans doute \k le d6but apparent, car il a toujoürs mal parlö et n*a pas march^ seul avant Vage de 7 ans. Ce qui frappa sa famille, quand il avait 3 ans, ce sont les grimaces qu'il faisait döjä.

Etat präsent:

Ath6tose double typique, interessant d'une fa9on sensiblement ^gale les deux cöt6s du corps et de la face.

Force normale pour un malade peu habitue ä se servir de ses masses muscu- laires.

Reflexes tendineux forts.

Tr^pidation 6pileptoide.

Reflexe cutan^ plantaire: impossible de donner une r6ponse pr^cise k cause des mouvements invonlontaires.

Aucun trouble des sphincters, pas de troubles oculaires^ röactions pupillaires nor- males, vue normale, pas d'h^mianopsie.

Motilit6 linguale normale et facile.

£n 1910, le malade a une hömipl^ie droite et leg^e qui dure quelques jpwcs seulement. Bientöt le malade se l^ve de nouveau et reprend sa vie ordinaire. Au moment de T^tablissement de rh6mipl6gie crise ä type 6pileptique.

34

»i^Lil«»'3. ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 66l

Mentalit^ normale. II exprime difficilement et lentement des pens6es raison- nables, comprend parfaitement tout ce qu'on lui dit, meme ä demi-mot; ignorant parce qu'on ne lui a rien appris^ mais nuUement imböcile.

Apris rh^mipl^ie, il devient tr^ triste^ Supporte mal ses infirmit6s^ attente inteUigemment k ses jours^ des amis le tirent de son suicide^ mais quelques mois apr^ il meurt en 1911 brusquement^ d'une brusquerie voulue probablement.

Zusammenfassung der klinischen Notizen.

Die. Krankengeschichte lehrt uns, daß es sich um eine typische Athdtose double des Gesichts und des Körpers handelt, ohne Lähmungsersoheinungen, ohne Sphinkteren- und ohne schwerere Intelligenzstörungen bei gesteigerten Sehnenphänomenen und Fußklonus. Ein Bruder hatte unwillkürliche Bewegungen in den Händen. Der Kranke ist asphyktisch geboren. Die Entwicklung der SfM^ache war viel weniger gehemmt als diejenige des Gehens. Interessant für die Beurteilung anamnestischer Angaben ist die Tatsache, daß die Eltern den Beginn der Krankheit in das dritte Lebensjahr verlegen, während die Tatsache, daß der Patient immer schlecht gesprochen hat und erst mit sieben Jahren gehen lernte wie Barr 6 mit Recht hervorhebt auf das Bestehen der Krankheit seit der Geburt hinweist. Endlich sei noch betont, daß eine Sprachstörung bestand, obgleich die Zunge eine normale Beweglichkeit aufwies.

Zu dieser angeborenen Krankheit kam dann noch in der letzten Lebenszeit vorübergehend eine leichte rechtsseitige Hemiplegie hinzu.

Tod im 59. Lebensjahr, Avahrscheinlich durch Suicid.

B. Anatomischer Befund.

a) Makroskopische Untersuchung.

Äußerlich bot das Gehirn nichts Anormales^ wenn es auch zu den kleineren Ge- hirnen gerechnet werden muß (16 cm Längendurchmesser), Auf einem Frontalschnitt durch die linke, in Formalin gehärtete Hemisphäre unterschied sich das Piäamen wie C. Vogt schon in ihren „Quelques consid6rations g^nerales etc." angegeben hat in seiner Färbung sehr wenig vom Pallidum. Man hatte den vagen Eindruck, daß das Putamen' eine größere Zahl von kleinen Fasermassen enthielte als unter ngrmalen Verhältnissen. Es handelte sich dabei allerdings um eine Gegend, in der das Putamen auch bei dem mikroskopischen Examen nur einen geringen Grad von Etat marbr6 darbot. Vgl. Taf. 7, Fig. i !

b) Mikroskopische Untersuchung.

a) Befunde an herausgeschnittenen Stücken.

Es wurden von der zunächst in Formalin gehärteten linken Hemisphäre ein Rindenstück aus der Area giganiopyramtdalis, ein Stück Rinde des CerebeUum sowie ein Block aus dem Striatum -\- Pallidum und seiner Umgebung herausgeschnitten^ Neben von uns angefertigten Nissl- Präparaten hat Bielschowsky dann noch von diesen Blöcken Präparate nach seiner S'lberreduktionsmethode, sowie solche mit Hamatoxylineosinfärbungen hergestellt. Die entsprechenden mikroskopischen Unter- sudiungen ergaben folgendes:

TUL 6^ Fig. 1 gibt das Nissl-Bild der Area gigantopyramidalis wieder. Die be- treifende Rindenstelle zeigt keine anormalen Befunde. Speziell befinden sich an der Grenze von /// und Var weder anormal viel Körner noch pathologisch vermehrte Gliakeme und enthält Vy Riesenpyramidenzellen von normaler Größe und Struktur.

3 OD

66^ r TTND O Vont Journal f. Psychologie

^^ ^' ^^^ U. vuLri. und Heurologte^

TaL 6, Pig. 2 zeigt uns bei 5ofacher Vergrößerung das Putamen dieser Hemisphäre. Ein Vergleich mit Taf. 1, Fig. 1 lehrt sofort, daß die für das normale Putamen charakte- ristische alleinige Unterbrechung der gleichmäßigen Verteilung der GanglienzeUen durch die vereinzelten Faserbündel für die vorliegende Abbildung nicht gilt. Hier haben wir eine ganze Reihe von Inseln (sie sind zum Teil in der Figur mit „i** bezeichnet)^ in welchen die Ganglienzellen mehr oder weniger vollständig verschwunden sind, dafüi aber Neurogliakeme in größerer Menge in Erscheinung treten. Es sind das die Stellen, welche im Faserbilde eine anormale Zahl feinster Markfasem darbieten und demselben das marmorierte Aussehen verleihen.

TaL 6, Fig. 3 gibt das Nissl-Bild des Pallidum externum wieder. Anomalien lassen sich bei dieser Färbung nicht erkennen.

TaL 6, Fig. 4 zeigt dagegen in einem Eosinhämatoxylinpräparat eine ganze Reihe im Hämatoxylinpräparat intensiv gefärbter Kügelchen, die in der vorliegenden Mikrophotographie durch ihre Größe, mehr rundliche Form und etwas hellere Färbung von den Ganglienzellen verschieden sind. Es sind das jene, die AmyloYdreaktion zeigenden Körner, welche von Bielschowsky im Bd. i8 dieses Journals und im gegen- wärtigen Bande (S. Qf.) beschrieben und nach diesem Autor innerhalb der sehr langen Dendriten der Ganglienzellen des Pallidum externum gelegen sind. Wie Bielschowsky schon dieses Journal Bd. i8, S. 518 hervorgehoben hat, dürften diese Körner mit den „Amylotdkörperchen*' identisch sein, welche Lafora im gleichen Jahre in Ganglien- zellen der verschiedensten Teile des Zentralnervensystems bei einem Fall von „Myoklonus- epilepsie" beobachtet und die A. Westphal ebenfalls in einem Fall von „Myoklonus- epilepsie*' soeben wieder aufgefunden hat. In unserem Falle waren diese eigenartigen Einschlüsse nach den Feststellungen Bielschowskys auf das Pallidum externum beschränkt.

TaL 6, Pig. 5 bringt einen Ausschnitt aus dem Paüiduvi tnternum. Auch dieser zeigt nichts Außergewöhnliches.

TaL Fig. 6 gibt einen Teil des Nucleus substantiae innominatae wieder. Die Zellen dieses Kernes bieten, wie ein Vergleich mit Taf. 2, Fig. 3 lehrt, das gewöhn- liche Bild.

TaL 6, Fig. 7 zeigt uns eine Windung aus dem Kleinhirn, Diese Abbildung liefert ebenfalls durchaus einen normalen Befund. Insbesondere weisen die Purkinjeschen Zellen nach Zahl und Struktur keine Abweichung von der Norm auf.

ß) Befunde an der Markfaserserie.

TaL 7, Fig. 1 zeigt in einem den oralen Teil \'om Pallidum treffenden Öchnitt der linken Hemisphäre eine beträchtliche Erweiterung des Ventrikels. Nc bietet unter einer gleichzeitig mittleren Atrophie eine deutliche Abplattung seiner in den Ventrikel hineinragenden Oberfläclie dar. Auch Put zeigt man vgl. seinen Breitendurch- messer mit dem des Pallidum! eine gewisse Volumenreduktion. ^) Man vergegen- wärtige sich wie aus annähernd dem gleichen Schnitt der Taf. 2, Fig. 4 der Ergänzungs- hefte des Bandes 18 dieses Journals hervorgeht , daß in diesei Frontalebene im normalen Gehirn das Putamen beinahe die gleiche Breite besitzt wie das PaUidum! Außerdem begegnen wir im dorsalen Abschnitt des Innenteils von Nc und dem dorsalen Hauptgebiet des Außenteils von Prä einem leichten Etat marbr^. In dem Innenteii von Nc und von Put sind die Markfaser bündel wie ein .Vergleich mit Taf. 12, Fig. 2 dieser Arbeit und der eben erwähnten Fig. 4 der Taf. 2 der Ergänzungshefte des Bandes 18 dieses Journals lehrt mäßig vermehrt. In der Umgebung der Commissura ante,rior

^) Zur sicheren Erfassung geringfügiger Volumenverminderungen reicht die Betrachtung von. Schnitten nicht aus. Im Einzelfall kann ja einer Verkleinerung auf dem Frontalschnitt eine oralokaudale Längenzunahme parallel gehen. Zur ein wandsfreien Feststellung der Größe der Be- standteile des striären Systems bedarf es daher Wachsrekonstruktionen. Die jn Deutschland herrschende ökonomische Lage verhindert uns aber, zurzeit solche auszuführen.

36

E^Sii^iJS^ 3. 2:UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 663

begegnen wir jener Erweiterung des perivaskulären Lymphraumes um die Blutgefäße, die ons als Etat crtbli unter VII eingehend beschäftigen wird. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man überall im Striatum einen sehr ausgesprochenen feinen Etat cribli. Weiter oral von diesem Schnitt zeigt das Striatum eine dem Grade des abgebildeten Schnittes entsprechende, mit einem gleichen Etat cribl^ verbundene Atrophie mit konsekutivem Hydrocephalus internus. Der Etat marbr6 ist aber noch geringer als in der vorliegenden Figur. Das Pallidum externum zeigt in der Abbildung nicht jene besondere Faserarmut seines dorso-lateralen Teils, welche entsprechend einem stärkeren Etat marbr6 des Kopfes von Nc in dem Fall Wiemer-Tochter (Band 18 dieses Journals) und ebenfalls in Taf. 15, Fig. 4 vorhanden ist. Auch- fehlt in ihm ein Etat cribH. Andere Anomalien lassen sich in dieser Figur nicht feststellen.

TaL 7, Fig. 2 zeigt neben einer gewissen Atrophie des Striatum und deutlichem Hydrocephalus internus nunmehr einen sehr ausgeprägten Etat marbr^ in den dor- salen zwei Dritteilen des Putamen, Stärkere Vergrößerungen decken ferner einen ausgesprochenen Etat cribl^ im Striatum, einen nur sehr geringen im Pallidum auf. Außerdem erkennt man hier eine deutliche Verminderung der strio-pallidären, im wesent- lichen in lateral-medialer Richtung verlaufenden Fasern des Pallidum externum. Da- gegen wei^t das Bündel H^ Foreis keine Anomalien auf. Auch sonst sind in dem Schnitt keine greifbaren Abweichungen von der Norm zu erkennen. Nur sehen wir an der Basis des Nucleus medialis a des Thalamus eine Aufhellung, die mit einer weiter kaudal gelegenen Erweichung zusammenhängt.

TU. 7, Hg. 8 bringt das Putamen desselben Schnittes bei kürzerer Expositions- zeit. Wir erkennen die reelle Dunkelheit des Etat marbr6, wenn man nicht mit Rück- sicht auf eine genügende photographische Durcharbeitung der Capsula interna und anderer sehr markhaltiger Fasergebiete die intensivste Wiedergabe des Etat marbr6 durch Überexponierung unmöglich macht. Die Erweiterung der perivaskulären Lymph- räume um nicht zu kleine Blutgefäße ist schon bei der vorliegenden Vergrößerung erkennbar.

TU. 7, Fig. 4 zeigt uns das Striatum in ähnlicher Weise atrophiert wie bisher und im Putamen einen ebenso intensiven Etat marbr^ wie ihn Taf. 7, Fig. 3 darbot. Die spezielle Schmalheit von Put geht gut aus einem Vergleich mit Taf. 6, Fig. 13 der Erganzungshefte des Bandes 18 dieses Journals hervor. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man femer einen ausgesprochenen Etat cribl^ in Put und Nc. Außerdem fehlen im dorsalen Teil des Pallidum externum in beträchtlichem Maße die strio-pallidären Fasern. Dagegen ist das Corpus Luysi gut entwickelt. Im Thalamus befindet sich an der Basis des Nucleus medialis a einer der kleinen, in den letzten Lebensjahren akquirierten Erweichungsherde. Die oralste Folgewirkung dieses kleinen Herdes hatten wir schon bei Beschreibung der Taf. 7, Fig. 2 festgestellt. Ebenso haben wir dorsolateral von Nc im Stratum retictdatum eine kleine Aufhellung auch als Folge eines benachbarten kleinen Erweichungsherdes. Außer dem Hydrocephalus internus sind sonst weitere Anomalien nicht zu konstatieren.

Die r. Hemisphäre bot durchaus identische Veränderungen des striären S>'Stems dar. An einer Stelle zeigte Put auch eine Lakune auf vaskulärer Basis (vgl. darüber unter VII.»).

TU. 7, Kg. 5 weist normale untere Oliven und auch der Anlage nach gleich große und gut entwickelte Pyramiden auf. Die leichte Aufhellung in der /. Pyramide kann nur als eine im spätesten Alter erworbene angesehen werden, weil eine durch einen viele Jahre vorher eingetretenen Herd bedingte Schädigung der Pyramiden bahn zu einer vollständigen Resorption der verletzten Pyramidenfasern und damit zu einer Volumenreduktion der l. Pyramide geführt haben würde.

Außerdem muß hervorgehoben werden, daß über das ganze Gehirn zerstreut eine Reihe kleiner Erweichungsherde relativ frischen Datums vorhanden ist. Einzelnen dieser Herde bzw. ihren degenerativen Folgewirkungen sind wir ja schon hei Bcschreibunt; der Abbildungen begegnet.

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66a r TINT) O VOHT Journal f. Ptychologie ^"^ _____ ________' und Neurologie.

Die Dentata und die Brachia conjunctiva sind normal.

Endlich sei noch festgestellt, daß die Hirnrinde einige Plaques fihromyiUniques aufweist. Ihre Zahl steht aber durchaus unter der Höchstzahl, die wir bei „nor- malen" Personen gefunden haben, d.h. bei solchen, welche keine erkannten Anomalien des Zentralnervensystems intra vitam dargeboten hatten.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Vor allem fand sich ein Etat marbri des gleichzeitig deutlich in seinem Vo- lumen verminderten Striatum, Dieser Etat war vornehmlich in den kaudaleren Partien des Putamen ausgeprägt. Wir konstatierten daselbst eine deutliche Abnahme der strio-pallidären Fasern im Pallidum extemum. Wir beobachteten ferner im Gegensatz zu den Fällen Wiemer-Tochter und Steinberg (Bd. i8 dieses Journals) einen beträchtlichen Hydrocephalus internus. Endlich deckten stärkere Vergrößerungen einen diffusen Etat cribl6 im Striatum auf, während das Pallidum nur wenig Criblüren zeigte.

Die 2^hl der Plaques fibromyiUniques der Hirnrinde hielt sich durchaus in normalen Grenzen. Die Area giganiopyramidalis, //* das Corpus Luysi und das Cerebellarsystem waren intakt. Die /. Pyramide wies nur eine aus der jüng- sten Zeit stammende Faserverminderung auf.

Außerdem zeigte das Gehirn eine Reihe kleiner, aus den letzten Lebens- jahren stammender Erweichungsherde. Einer derselben hatte zu der schon eben erwähnten leichten Degeneration der linken Pyramide geführt.

Endlich hat Bielschowsky ,,Amyloidkörperchen'* in den Dendriten der Zellen des Pallidum extemum festgestellt.

C. Epikrise.

Der auf Grund der Krankengeschichte von uns vermutete Etat mnrbri ist vorhanden.

Die Tatsache, daß wir obgleich durch die Krankengeschichte darauf aufmerksam gemacht makroskopisch den an der betreffenden Stelle freilich nicht sehr entwickelten Etat marbrö in dem allerdings schon längere Zeit in Formalin aufbewahrten Gehirne nicht mit Sicherheit erkennen konnten, läßt vermuten, daß er in anderen Fällen bei der makroskopischen Sektion un- bemerkt geblieben ist, ja, daß das letztere auch bei solchen mikroskopischen Untersuchungen vorgekommen ist, bei denen die Markscheidenpräparate nicht besonders kräftig gefärbt waren und deshalb der Etat marbrö nicht so augen- fällig in Erscheinung trat.

In dem von C.Vogt zum Etat marbri gerechneten Antonschen Fall Cassian H. betraf die pathologische Veränderung hauptsächlich die kaudalen V? des Putamen. ^) Der Patient war zum Stehen, Gehen und Sitzen unfähig, aber Sprache, Kauen und Schlucken waren relativ intakt. Im Oppenheimschen

^) Anton spricht von einer ausschließlichen Erkrankung dieses Gebietes. Nach unseren eigenen Erfahrungen haben wir niemals ein Striatum gefunden, welches nicht auch außerhalb des einen deutlichen Etat marbri zeigenden Gebietes bei stArkeren Vergrößerungen pathologische Ver- änderungen in diesem Sinne zeigte. Wir sprechen deshalb absichtlich nur von einer vorherrschenden Lokalisation des Prozesses in dem den Etat marbr6 offensichtlich zeigenden Teil.

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22;^2«2S'3. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 665

Falle Wiemer-Tochter (vgl. Taf. 14 1) waren die oralen Partien des Striatum stark miterkrankt. Die Patientin fing erst im zehnten Jahre an, etwas zu sprechen, und zeigte schwere Kau- und Schluckbeschwerden. C.Vogt brachte dem- entsprechend die Funktionen der Artikulation, Mastikation und Deglutition zum oralen Teil des Striatum in Beziehung. In Freunds Fall Steinberg waren Sprache, Kauen und Schlucken relativ ungestört. Die äußere Kopfmuskulatur wie die des übrigen Körpers zeigte dagegen stärkere striäre Motilitätsstörungen. Hier waren der oro-dorsalste Teil von Nc und der oralste Teil von PtU relativ gesund. Der Fall bestätigte also im wesentlichen C. Vogts somatotopische Gliederung des Striatum.

Eine uns nicht ganz klar gewordene somatotopische oral-kaudale Dreigliederung des Pniamen nimmt Mingazzini in einem schon in unserem ^,£rster Versuch usw/' erwähnten Aufsatz vor, der auch sonst teilweise Ausführungen enthält^ welchen wir nicht folgen können. In seiner Textfigur zeichnet Mi n g a z zi n i eine ^^phasisch -motorische Bahn'' vom „ajrfiasisch-motorischen" Rindengebiet zu dem oralen Dritteil des Puta- men, während er im Text das mittlere Dritteil des Putamen zur Dysarthrie in Be- xiehung bringt. Dabei behauptet der Verfasser, daß Sprachstörungen nur bei Verletzung des linken Putamen vorkommen^ In einem Fall von Monotremor des Vorderarms und der Hand sei der mittlere Teil des kontralateralen Putamen verletzt gewesen.

Im hier zu kritisierenden Fall Barrys lernte Jacquel. relativ früh sprechen, aber erst im siebenten Lebensjahre gehen. Bei einem Zugrundelegen der von C. Vogt vorgenonunenen somatotopischen Gliederung des Striatum müßten wir ein relatives Intaktsein der oralen Partien des Striatum, aber eine schwere Erkrankung der kaudalen erwarten. Diese Vermutung ist durch unseren anatomischen Befund bestätigt worden.

Es ist dann darauf aufmerksam zu machen, daß wir in Taf. 6, Fig. 2 zum ersten Male das cytoarchitektonische Bild des Etat marhri bringen. Wir sehen, wie an den durch pathologische Fasermassen ausgezeichneten Stellen des Striatum im Zellbild nicht nur die Ganglienzellen geschwunden sind, sondern die Zahl der Neurogliakerne eine deutliche Vermehrung aufweist. Es muß dabei hervorgehoben werden, daß das Zellbild aus dem oralen Teil des Putamen stammt, d. h. einem Gebiete, in welchem der Etat marbr^ wenig entwickelt war. Das Zellbild, welches den in Taf. 7, Figg. 2 und 4, abgebildeten Teilen des Putamen entspricht, muß eine wesentlich stärkere Abweichung von der Norm zeigen.

Ferner mag hervorgehoben werden, daß ein Vergleich der Taf. 7, Fig. 2 mit der Taf. 25, Fig. 5 lehrt, daß die anormalen Markfasergebiete des Etat marbr6 so zahlreiche Fasern enthalten, daß sie bei der vorliegenden Volumenreduktion des Striatum nie imd nimmer durch ein Zusammenrücken der im normalen Striatum angelegten Fasern zustande kommen können. Denn selbst bei der sehr starken Schrumpfung des Striatum, die wir in der Taf. 25, Fig. 5 vor uns haben, konunt es bei weitem nicht zu einer solchen Ansammlung von Fasern. Die Abbildungen der Taf, 7' sind also von neuem ein Beweis dafür, daß dem Etat marbr^ ein Auftreten anormal vieler Markfasern bei Fehlen gewöhnlich vor- handener Ganglienzellen zugrunde liegt. Da ein solcher Befund als Folge einer nach der Geburt auftretenden Erkrankung bis heute nicht bekannt ist, sind wir nach wie vor gezwungen, den Etat marbr6 (wie die ihm gleichwertigen Plaques

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f\f\f\ r iTXTT^ n \TC\i'\ Journal f. Psychologie ""^ _ C. UND Q.VQOi. und Neurologie.

fibromyöliniques des Cortex) als angeborene Erscheinungen anzusehen. Wir wollen damit nicht behaupten, daß nicht exogene Elemente wir werden auf diesen Punkt in der Epikrise des Falles 8 zurückkommen in einem frühen embryonalen Stadium zur Hervorrufung dieser Anomalie nötig sind. Wir wollen nur konstatieien, daß wir nach unseren heutigen Kenntnissen der Histo -Pathologie des Nervensystems den Etat marbr6 als einen bei der Geburt gegebenen pathologischen Zustand auffassen müssen und daraus auch' einie Reihe in unserem ,, Erster Versuch usw.*' näher ausgeführter klinischen Folgerungen zu ziehen haben.

Entsprechend dieser Auffassung des Angeborenseins des Etat marbr^ müssen wir deshalb auch im Fall Jacquel., wie wir es schon in unserem ,, Erster Versuch usw.*' ausgeführt haben, die Tatsache, daß er asphyktisch geboren ist wenn diese Tatsache überhaupt zum Etat marbr^ in eine Be- ziehung zu bringen ist nicht als Ursache, sondern als Folgewirkung desselben auffassen.

Es ist dann sehr interessant, daß wir in der Hirnrinde nur eine iiahl von Plaques fibromy61iniques finden, die durchaus unter dem Höchstmaß an- scneinend ,, normaler" Gehirne liegt. Wenn wir unseren früheren Feststellungen hinzufügen, daß wir bei der Durchsicht einer ganzen Reihe von Schnitten vom Falle Wiemer-Tochtcr überhaupt keine einzige Plaque und im Falle Steinberg weniger Plaques als im vorliegenden Falle gefunden haben, so ergibt sich, daß absolut keine Proportion zwischen dem Auftreten eines Etat marbrö und der Zahl der Plaques fibromy^liniques der Hirnrinde besteht. Die schon oben erwähnte Tatsache, daß der bei Jacquel. vorliegende starke Hydrocephalus internus in den früher von C. Vogt beschriebenen Fällen von Etat marbr6 (Fall Wiemcr-Tochter und Fall Steinberg) nicht vorlag, läßt uns in ihm eine vom F^tat marbr6 unabhängige, wohl vornehmlich erst in den letzten Lebensjahren entstandene Erscheinung erblicken. Sahen wir doch schon in der Tatsache, daß die 77jährige Steinberg einen etwas größeren Ven- trikel zeigt als die 24jährige Wiemer- Tochter, eine Alterserscheinung! Im vor- liegenden Fall bringen wir den Hydrocephalus zu einer ebenfalls erst im späteren Lebensalter entstandenen, einem gleichzeitig sich entwickelnden Etat cribl^ parallel gehenden Schrumpfung des Striatum in Beziehung.

Ferner lehrt dieser Fall, daß wir eine beträchtliche Verminderung des aus dem Putamen in das Pallidum externum tretenden Faserbündel vor uns heben können, ohne daß das Bündel H^ oder das Corpi^ Luysi eine Volumenreduktion erkennen lassen. Wir müssen also daraus schließen, daß diese Fasern wenigstens vornehmlich zwischen dem Striatum und dem Pallidum verlaufen. Wir haben damit eine Bestätigung der in den normalanatomischen Vorbemerkungen von uns vertretenen Auffassung bezüglich dieser Faserbündel, ohne daß wir natür- lich aus der gegenwärtigen Feststellung auf den Sitz der Ganglienzellen der betreffenden Fasern einen Schluß ziehen können. ^

Die vorübergehende, kurz vor dem Lebensende beobachtete rechtsseitige Hemiplegie findet ihre Erklärung in jenem Herde, welcher zu der oben fest- gestellten Degeneration der linken Pyramide geführt hat. 40

ErSto^^b^t 3. '^^'^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 667

Mit Bielschowsky sehen wir in den von ihm in den Dendriten der Zellen des Pallidum cxtcrnum gefundenen ,,Amyloidkörperchen" eine Erscheinung des späteren Lebens und bringen sie deshalb" in keine ursächliche Beziehung zur Athetose.

Endlich sei noch hervorgehoben, daß bei Jacquel, wie bei Antons Fall Cassian H. eine offenb?r gleichartige Erkn^nkung noch bei einem der Ge-

schwister aufgetreten ist.

m

2. Barriioher Fall Denis {Bt 36).

A. Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Von diesem Fall wissen wir nui aus persönlicher Mitteilung Barrys, daß es sich auch hier um eine typische Ath6tose double handelte.

B. Anatomischer Befund.

TaL7, Fig. 6 bringt den dorsalen Abschnitt des oralen Gebiets des Striatum. Wir sehen hier unter gleichzeitiger, deutlich erkennbarer Schrumpfung des Caudatum einen stark entwickelten Etat marbrd im ganzen Innenteil von Nc und im wieder- g^ebenen Abschnitt von Put bei gut entwickelter Capsula interna.

TaL 7, Fig. 7 zeigt, daß auch weiter kaudal im Innenteil des geschrumpften Nc ein Etat marbrd vorhanden ist, sowie daß ein solcher den ganzen abgebildeten dorsalen Abschnitt von Put ausfüllt.

Auch in einem Schnitt, den uns Barr 6 aus der von ihm selbst angefertigten Schnitt- scrie durch die andere Hemisphäre zur Verfügung gestellt hat, ist der Etat marbr6 deutlich erkennbar.

Außerdem zeigt das relativ kleine Gehirn beiderseits einen beträchtlichen Hydro- ccphalus internus bei schwach entwickelten Centrum semiovale und Corpus callosum.

Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Wir haben einen stark ausgeprägten Etat marbri des gleichzeitig kleinen Striatum festgestellt. Der ganze orale Innenteil von Nc und der oro-dorsale Abschnitt von Pm/. .waren sehr intensiv betroffen. Außerdem bestand ein be- trächtlicher Hydrocephalus internus bei geringer Volumenentwicklung des Centrum semiovale und des Corpus callosum.

C. Epikrise,

Da uns die Einzelheiten der Krankengeschichte nicht bekannt gewerden sind, können wir epikritisch nur feststellen, daß sich der in diesem Fall von uns auf Grund der klinischen Mitteilung Barrys vermutete Etat marbri in aus- geprägtem Maße vorfand.

Aus der Lokalisation und unserer somatotopischen Gliederung des Striatum niüssen wir auf schwerere Störungen in der Artikulation, Mastikation und De- glutition schließen. Es wäre sehr interessant, wenn die spätere Veröffentlichung der Krankengeschichte durch Herrn Barr^ diese Vermutung bestätigen würde.

Den beträchtlichen Hydrocephalus internus bringen wir nicht zum Etat marbri y sondern zur Volumenreduktion des Centrum ovale und des Corpus callosum in Beziehung. Diese Volumreduktion läßt uns in Verbindung mit der all- gemeinen Kleinheit des (jehirns vermuten, daß gleichzeitig Schwachsinn bestand

41

y

668 C. UND 6. VOGT. '°°5Sg lfi?5?y

3. GUlu' FftU Mauat (Bül 15).

Den folgenden Fall verdanken wir der Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Gallus, Direktor der Heil- und Pflegeanstalt in Treuenbrietzen.

A. Krankengeschichte,

Margarete Massat.

Anamnese: Geb. am 30. Jan. 1891 in Charlotten bürg. Vater Potator, starb an Diabetes, der 1893 begonnen haben soll. Mutter lebt.

Das Kind soll den ersten epileptischen Anfall im Alter von sechs Wochen gehabt haben. Seitdem häufig epileptische Anfälle in unregelmäßigen Zwischenräumen. Manchmal treten sie täglich auf, manchmal bleiben sie wochenlang fort. Dem ein- zelnen Anfall gehen heftige Kopfschmerzen voraus, dann Krämpfe mit Bewußtlosig- keit und Unsauberkeit. Die Anfälle dauern bis zu zwei Stunden. An diese schließt sich Schlafsucht an. Außerdem zeigt die Kranke spastische Lähmung beider Beine, Abnahme der Geisteskräfte und Zunahme der Reizbarkeit. Ohne besondere Neigungen und Angewohnheiten. Das Kind hat eine Zeit lang die Schule besucht; die Leistungen waren mittelmäßig.

Das Kind wird in die Potsdamer Anstalt für Epileptische am 27. Februar 1902 aufgenommen.

Status präsens:

Größe: 1,30 m. Körpergewicht: 32,5 kg. Kräftiger Körperbau. Bindehäute der Augen ohne Besonderheiten. Die Schneidezähne fehlen fast vollständig. Mammae auffallend stark entwickelt. Naevus an der /. Mamma und am r. Schulterblatt. Herz- grenze nicht verbreitert. Töne rein. Puls = 100. Über den Lungen voller Schall und keine abnormen Geräusche. Unterleib weich, nicht druckempfindlich. Urin ohne Ei- weiß und Zucker.

Schädel ohne besondere Difformi täten, nicht empfindlich auf Druck und Beklopfen. Gesichtshälften ziemlich gleich. Augen bew^ungen frei. Pupillen mittelweit, rund, gleichmäßige Verengung auf Licht und Konvergenz. Zunge weicht beim Hervorstrecken etwas nach links ab, zittert. Das Zäpfchen hängt gerade herab. Die vorderen Gaumen- bögen heben sich gleichmäßig beim Anlauten. WSrgreflex vorhanden. Stimme ist klar. Keine Artikulationsstörungen.

Vasomotorische Erregbarkeit der Haut ist erhöht.

Bei vorgestreckten Armen und gespreizten Fingern Tremor. Deutliches Intentions- zittem, r. stärker als /. D)mamometrischer Händedruck r. = 5, /. = 12. Die Musku- latur der ganzen /. Körperhälfte ist kräftiger entwickelt. '

Pat. vermag nur zu stehen, wenn sie von zwei Personen an ihren Armen fest- gehalten wird. Dabei ist der r. Fuß in Pes-equinus-Stellung, während /. mit der ganzen Fußsohle aufgetreten wird. Patellarsehnenreflex /. lebhaft, r. träge. Achillessehnen«^^ Phänomen beiderseits gleich stark. Fußklonus. Fußsohlenreflex beiderseits gleich stark. Lagegefühl der unteren Extremitäten ohne erhebliche Störung. Grobe Kraft gut, wenn auch das r. Bein schwächer ist. Knie-Hacken- Versuch sehr unsicher. Das Schmierz- gefühl ist an den Beinen, besonders r., etwas gesteigert, am ganzen Rücken dag^en herabgesetzt.

Pat. macht einen ziemlich geweckten Eindruck, die Stimmung ist eine verschiedene. Pat. beantwortet die an sie gerichteten Fragen prompt und sicher. Sie ist orientiert über Ort und Zeit, über ihre persönlichen Verhältnisse; sie hat Krankh ei ts Bewußtsein, sie beurteilt ihre Umgebung richtig. Über Schulkenntnisse befragt, gibt sie bei nicht zu hohen Anforderungen richtige Antworten. Bezüglich ihres Leidens bestätigt sie die anamnestischen Angaben, ohne etwas Wesentliches hinzuzufügen. Sinnestäu- schungen oder Wahnideen sind nicht nachweisbar. Pat. bringt keine Klagen vor.

Bettruhe bis zum 2. November. 42

ff:4ng^' 3. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 669

10. Nov. 1902. Pat. ist jetzt den Tag im Lehnstuhl. Munter, gutmütig und heiter.

30. Nov. 1902. Im November wurde ein Schwindelanfall und siebenmal Zuckungen beobachtet. Der Schwindelanfall verläuft in folgender Weise: Pat. klagt über Übel- sein, wird blaß, klappt nach vom etwas zusammen, ohne das Bewußtsein vollständig zu verlieren. Die Dauer des Anfalls beträgt etwa 5 Sekunden. Nachher ist Pat. noch einige Zeit auffallend still, die blasse Gesichtsfarbe verliert sich erst allmählich. Die Zuckungen treten in der Weise auf, daß Gesicht, Arme und Beine plötzlich zu- sammenfahren. Dauer derselben etwa eine Sekunde. Die Gesichtsfarbe ist dann nicht verändert.

I.Dezember 1902. Gewicht: 33 kg. Täglich dreimal je 0,5g Kalium bromatum. Besucht von heute ab die Schule.

31. Dezember 1902. Pat. ißt mit der /. Hand, schreibt aber mit der r. Das Hantieren mit der /. Hand ist ihr bequemer.

I. Juni 1903. Die Zuckungen sind seit Februar fortgeblieben. Immer ruhig und gutmütig. Die Fortschritte in der Schule sind gut. Das Brom wird ausgesetzt.

30. September 1903. In diesem Monat drei Zuckungen beobachtet, die ersten seit Januar ds. Jahres.

31. Dezember 1903. Keine Seh wind elanf alle. Täglich etwa fünf Zuckungen. Pat. ist ruhig, willig, besucht gern die Schule, in der sie Befriedigendes leistet.

22. Dezember 1904. Täglich etwa fünf bis zehn Zuckungen. Das körperliche Be- finden ist befriedigend. Die Fortschritte in der Schule sind zufriedenstellend.

I. Juli 1905. Bekommt täglich Brom. Juni 15 Zuckungen. Größe: 1,35 m. Gewicht: 43,5 kg. Pat. ist ruhig, vergnügt, bringt keine Wünsche vor. Lernt gut, nimmt jetzt Handarbeiten auf und fängt allerdings unter Schwierigkeiten an, am Stickrahmen zu arbeiten. Liest viel, deklamiert recht hübsch.

4. Juli 1905. Arme-, Macht alle aufgegebenen Bewegungen, doch langsam, wie unter Überwindung von Widerständen. Es zeigen sich dabei oft unnütze (chorea tische) Bewegungen, namentlich der Finger. Händedruck /. stärker als rl, beiderseits mäßig stark. Kein Tremor der gespreizten Finger. Sehr bedeutende Ataxie, namentlich bei schwierigeren Aufgaben, z. B. dem Halten eines vollen Glases Wasser. Spastische Starre mäßigen Grades im Triceps.

Beine: Alle Bewegungen gut und kräftig. Athetose der Zehen und des Vorder- fußes. Fußklonus f . Allgemeine spastische Starre erheblichen Grades in den Beinen. Beim Gehen schleifen die Zehen /. Gang nur mit Unterstützung möglich, wenn eine Pfl^erin sie von hinten in den Achseln stützt. Gang breitspurig, stampfend. Patellarreflex beiderseits gleichmäßig stark. Babinski beiderseits. Bei den athe- totischen Bewegungen geraten die Füße häufig spontan in eine der Babinskireaktion ähnliche Stellung. Beim Knie-Hacken-Versuch starke cboreatische Unruhe und Ataxie.

Haltung: Sitzt meist mit eingezogenem und gesenktem Kopf. Kann sich aus der Horixontallage nicht ohne Hilfe aufrichten. Mit Unterstützung der Arme geht es aus Jeicfat geneigter Lage. Dabei fühlt man die Bauchmuskeln sich kräftig anspannen. Pat. kann allein stehen, wenn sie sich an einer Stuhllehne festhält. Auch hierbei starke Unruhe der Muskulatur. Die Füße krampfen sich zusammen, die Beine verbiegen sich, doch hütet energischer Anruf sie immer vor dem Fallen. Zweifellos bedarf sie, um stehen zu bleiben, starken psychischen Zuspruchs.

Schmersgefühl lebhaft.

Sprache gut, nur das „d" wird nicht deutlich artikuliert. Sie deklamiert auf Festen. Zunge grob fibrillär zitternd und grade vorgestreckt. Gaumen gleichmäßig gdioben.

Pupillen gleich weit, reagieren auf Licht.

Macht Gehübungen in einem Laufgestell.

«7. Mai 1906. Ist jetzt öfter gegen ihre Umgebung dreist und ausfallend, obwohl sie auf deren Hilfe beständig angewiesen ist.

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670 ^- !!^^_0^^°Jl .. J '°°Sd HegM!*' '

I. August 1906. Gewicht: 46^5 kg. Hat dauernd jeden Monat einige Zuckunger Erhielt zur Besserung der Körperhaltung ein Koisett und auch ein Paar Kröcker mit denen sie sich aber sehr ungeschickt anstellt. Soll sich am Stickrahmen über zeigt aber wenig Interesse dafür, obwohl sie es wenn auch mit Mühe bis zu le« baren Buchstaben gebracht hat. Großmäulig. Körperlich wohl. Gehfähigkeit ent schieden gebessert.

4. Januar 1907. Gewicht: 46,5 kg. Größe: 1,37 m. Erhält ein nach Gipsmode gearbeitetes Stützkorsett, um die nach vom geneigte Haltung zu bessern.

I. Januar 1909. Gewicht: 46,9 kg. Seit November 1906 sind keine Zuckunge oder Schwindelanfälle aufgetreten. Nimmt dauernd täglich Brom. Auch ihre Geh fähigkeit hat sich sehr gebessert. Sie geht allein die Treppen in die Höhe. B< einer Führung durch eine Person geht sie auch draußen. Sie ist viel sicherer ii ihren Handbewegungen geworden. Macht jetzt auch relativ rasch Handarbeiten Sie ist ziemlich kindisch, putzsüchtig, großmäulig und anspruchsvoll.

13. September 1909. Seit August sind wieder Zuckungen notiert. Sie selbst bc hauptet, daß sie nie aufgehört hätten. Sie hätte dieselben bis zu 20 am Tage; sie seie aber so leise, daß man sie äußerlich kaum merken könne. Nur wenn sie etwas in de Hand halte, verschütte sie es leicht.

17. Januar 1910. Hat immer noch häufige Zuckungen. Ist fleißig, macht Haue arbeiten mit ziemlichegi Geschick.

6. Juli 1910. Fast täglich noch Zuckungen, kann sich mit ihren Krücken gar gut bewegen.

18. Januar 1911. Gewicht: 47,7 kg. Hat in den letzten 2 Monaten nur je siebe Zuckungen bei gleicher Bromdosis gehabt. Arbeitet in der Nähstube fleißig und m etwas Erfolg.

21. Juni 1912. Hatte im Januar d. J. achtmal Zuckungen. Seitdem ist sie gänzlic frei. Sie möchte gern entlassen werden, um als Schneiderin ihr Geld zu verdienei

21. April 1913. Ab und zu erregt und sehr anspruchsvoll. Beschäftigt sich m Näharbeit.

24. Juli 191 3. In der letzten Nacht mit Erscheinungen der Darmverschlingun erkrankt. Tot um 2,40 Uhr nachmittags.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Eis handelt sich um ein seit der frühesten Kindheit bestehendes Leider Dieses äußerte sich zunächst in Anfällen. Dieselben waren nacn der Ananmes in den ersten Jahren typisch epileptische Attacken mit Krämpfen, Bewußt losigkeit und Unsauberkeit. Später hatte Patientin zwei Formen von Anfällen Schwindelanfälle und Zuckungen. Die ersteren bestanden in Übelsein, Er blassen und Zusamipenklappen nach vorn ohne vollständigen Bewußtseins Verlust. Sie dauerten etwa 5 Sekunden. Die Zuckungen stellten ein kurzes plötz liches Zusammenfahren des ganzen Körpers dar.

Außerdem zeigte die Patientin motorische Störungen, die gering ir den oberen Extremitäten, stark in den unteren entwickelt waren, um zwar rechts stärker als links. Die grobe motorische Kraft war r. ge ringer als /. Keine Sensibilitätsstörungen Rechts war Pes equinus Stellung. Außerdem war beiderseits Babinski. Die Willkür bewegungen dei oberen Extremitäten zeigten nur eine gewisse Ungeschicklichkeit und wurden voi falschen Zwischenbewegungen begleitet. Dagegen waren die Symptpme in dei unteren Extremitäten so stark, daß zu Anfang der Anstaltsbehandlung eil alleiniges Gehen unmöglich war. Ferner zeigte sich bei Gehversuchen stark 44

SmiJLhSt'tr ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 67 1

motorische Unruhe. Außerdem existierte eine Athctose der Zehen (öfter in der Form dei Babinskistellung) und Vorderfüße.

Die Haltung war nach vorn übergebeugt.

Die ganzen Motilitätsstörungen haben sich während der Anstaltsbehanülung zunehmend gebessert.

Die Kopf muskulatur war frei. Pat. deklamierte gut.

Eine gröbere Intelligenzstörung lag nicht vor.

5. Anatomischer Befund,

a) Makroskopische Untersuchung.

Diese ergibt nichts Pathologisches. Die Hemisphäre zeigte einen Längendurch- messer von 17 cm.

b) Mikroskopische Untersuchung.

a) Cytoarchitektonische Befunde.

TU. 8, Fig. 1 bringt eine Abbildung der Area gigantopyramidalis aus der kon- vexen Seite der Beinregion. Die /// ist relativ schmal und enthält auch in ihren tieferen Schiebten verhältnismäßig kleine Pyramidenzellen. Der innerste Teil von /// und For zeigen Körner in normaler Zahl. Außerdem ist die Rinde durchaus reich an großen und wohlausge bildeten Riesenpyramidenzellen.

ht 8^ Fig. 2 gibt ein Stück aus dem dorsalen Teil des Kopks des Caudatum wieder. Ein Vergleich mit Taf. 2, Fig. i läßt deutlich erkennen, daß inselförmig Stelle der mehr oder weniger ganz fehlenden Ganglienzellen eine Vermehrung der Neurogliakerne stattgefimden hat, wobei diese in so diffuser Weise auftreten, daß n»D die betreffende Stelle nicht mit dem Zellbild normaler Faser bündel verwechseln ^^. Die zum Teil mit „i" bezeichneten Inseln müssen vielmehr als der Ausdruck eines in dieser Schnittebene mäßig entwickelten Etat marbr6 bezeichnet werden.

M 8, Fig. 8 bringt von demselben Schnitt einen dem dorso-lateralen Teil des Puiamen entnommenen Ausschnitt. Auch hier sehen wir im Vergleich zu Taf. i, f j«. 1 inselförmig die Ganglienzellen zurücktreten und an ihrer Stelle in nicht sehr didter Anordnung Neurogliakeme auftreten. Eine Reihe derartiger Stellen sind mit iii" bezeichnet. Wir haben darin auch hier den cytoarchitektonischen Ausdruck eines "»^ßigen Etat marbre.

Bielschowsky hat außerdem die Kleinhimrinde, das Deniaium und das Rücken- '"^^ in der Zervikal- und Lendenanschwellung untersucht und an allen diesen Stellen normale Befunde erhoben.

ß) Markfaserbefunde.

ÄtS, Fig. 1 bringt uns den oralsten Teil des Striatum. Wir sehen in der dorso- lateralsten Partie von Nc und von Put Andeutung eines Etat marbr6 und zwar hnks deutlich etwas stärker als rechts. Von einer nennenswerten Schrumpfung des Striatum kaim in dieser Schnittebene niclit die Rede sein. Auch die Capsula in- terna (Cj) ist beiderseits von normaler Ausdehnung. Ebensowenig existiert ein Hydro- ^alus internus. _ ^19, Fig. 2. Auch hier zeigt vom Striatum nur A*6- eine deuthche, Put aber höchstens im lateralsten Gebiet eine gewisse Größenabnahme. Indem Innen teil von Nc finden sich beiderseits Andeutungen eines Etat marbre. Dasselbe gilt von der dorso- tateraJsten Partie des rechten Putamen. Im dorso-lateralen Gebiet des linken Put tritt der Etat marbr^ so stark auf, daß es fast zu einem geschlossenem Faserbande kommt. per oralste Teil von Ge zeigt keine faßbare Anomalie. YAn Hydrocephalus internus \^^ nicht vorhanden .

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672 C. UND O.VOGT. /""Ä.ÄJÜ"

Tai. 9, Pig. 8. Auch hier ist Nc beiderseits deutlich verkleinert. Außerde zeigt sein Innenteil einen leichten Etat marbr^. Dasselbe gilt von dem dors lateralsten Teil des rechten Put. Dieses Gebiet ist im linken Put unter gleichzeitig leichter Volumenreduktion des betreffenden Gebietes in einen streifenförmigen Et marbre umgewandielt. Das Pallidum zeigt auch in dieser Schnittebene keine faßbai Anomalie. Von einer Erweiterung des Ventrikels kann nicht die Rede sein.

TaL 10, Pig. 1 bringt in der linken Hemisphäre einen etwas reduzierten A'^. Beic Nc zeigen in ihrem innersten Teil einige pathologische Markfaserinseln. In beide Putamina ist der dorso-laterale, mit „1** bezeichnete Teil nimmehr in ein fast gar einheitlich aus dünnen Fasern gebildetes Markfaserband umgewandelt. Dieses Ban ist in der linken Hemisphäre breiter und faserreicher. Dabei zeigen beide Putamin eine anormale Kleinheit und einen Ausfall an Faser bündeln. Eine Vergrößerung de Seitenventrikels liegt höchstens spurweise /. vor. Auch die Pallida sind verkleiner wie ein Vergleich der vorliegenden Figur mit Fig. 7 der Taf. 3 der Ergänzungsheft des 18. Bds. ds. Joum. lehrt. Dementsprechend zeigen auch die striopallidären Fase bündel in den Pallida externa keine relative Verminderung.

TaL 10, Fig. 2 zeigt ebenfalls eine Verkleinerung des linken Nc und einen Et8 marbre im innersten Teil beider JV^. Außerdem haben wir einen ähnlichen, bandförmige Faserstreifen (1) in beiden Putamina wie in Taf. 10, Fig. i. Der linke ist faserreiche Der Ausfall der Faserbündel in den Putamina und die Volumenreduktion in de Pallida sind die gleichen wie in der vorigen Figur.

TaL 10, Fig. 8 stellt einen analogen Befund dar. A'^ ist auch hier links etwa atrophisch. Beide Nc zeigen im innersten Teil Spuren eines Etat marbr^, beide PuU mina im dorso-lateralen Teil den aus den vorigen Abbildungen bekannten Fasei streifen (mit „1" bezeichnet). Derselbe ist im linken Putamen dunkler. Von de Faser bündeln der Putamina und der Verkleinerung der Pallida gilt das bei der B< Schreibung der Fig. 1 Gesagte.

TaL 10, Fig. 4 gibt uns ein Bild aus der Brücke. Wir erkennen gut und beidei seits gleich stark entwickelte Bindearme (Bc) und Pyramiden (Py).

TaL 10, Fig. 6 läßt erkennen, daß das Gehirn ein normales linkes Dentatum, noi male untere Oliven und normale Pyramiden aufweist.

Die Großhirnrinde zeigt nur wenige, sehr schwach ausgebildete Plaques fibn my^liniques.

Tai. 11 und TaL 12 sind unter Fall 4 beschrieben.

TaL 18, Fig. 1 läßt im Bündel H^ keine Anomalie erkennen.

Taf. 18, Fig. 2 bringt H^ in einer für diese Ebene nicht als anormal anzusprecher den Ausbildung. Dasselbe gilt von H^. Das Corpus Luysi (CL) ist von typischer Markgehalt. Der Höhendurchmesser ist dagegen deutlich geringer als derjenige de abgebildeten normalen Gehirne (Taf. 26, Fig. 8 und Taf. 16, Fig. 2). Eine gewiss V^olumenreduktion von CL muß deshalb als gesichert gelten.

Die Markfaserverhältnisse des Cerebellura zeigen normale Befunde.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Mit unserer Untersuchungsmethode haben wir außer einer gewissen Ur

entwickeltheit der ///. Schicht der Area gigantopyramidalis nur eine Erkrankun

des striären Systems aufdecken können. Diese bestand vor allem in dem voi

uns schon im voraus vermuteten Etat marbr6 des Striatum. Die Figg. 2 und

der Taf. 8 bestätigen die auf Grund von Taf. 6, Fig. 2 gegebene Charakteristi!

des cytoarchitektonischen Bildes dieses Etat marbrö (Vorhandensein vermehrte

Neurogliakerne an denjenigen Stellen des Striatum, wo die im normale;

Striatum vorhandenen Nervenzellen fehlen). Es ist ferner hervorzuheben, da

der orale Teil des Striatum sehr wenig erkrankt ist. In etwas stärkerem Grad 46

5J;^|^JJ2S'8. ^"^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 673

gilt dieses von dem Innenteil des Corpus und der Cauda des Caudatum. Da- gegen zeigt in den kaudaleren Abschnitten die dorso-laterale Partie des Putamen eine so starke pathologische Veränderung, daß es hier zu der Entwicklung einer bisher noch nie beobachteten, fast reinen Fasermasse gekommen ist. Dieselbe ist links noch etwas stärker ausgebildet als rechts. Die kaudaleren Gebiete des Pallidum erwiesen sich als etwas verkleinert. Dasselbe dürfte auch für das Corpus Luysi gelten. Von einer leichten Ventrikelerweiterung kann nur da die Rede sein, wo der /. Nc reduziert ist. Diese einseitige und lokale Volumen- venninderung hat offenbar mit dem Etat marbr6 direkt nichts zu tun.

C, Epikrise.

Wie weit ein kausaler Zusammenhang zwischen der Epilepsie und der für die -Area gigantopyramidalis festgestellten geringen Entwicklung der ///. Rinden - Schicht besteht, muß weiteren Untersuchungen überlassen werden.

Die spastischen Zustände, die Zwischen- und Mitbewegungen, sowie die Athetose bringen wir zu dem schon auf Grund der Krankengeschichte vermuteten Etat marbrö des Striatum in Beziehung. Das stärkere Ergriffensein der rechten Körperhälfte führen wir auf die stärkere Ausprägung des Etat marbr^ im linken Potamen zurück.

Im vorliegenden Fall ist dei Kopf des Striatum sehr wenig in Mitleiden- schaft gezcgen. Die Kranke zeigte kein Grimassieren und die Fähigkeit zu gutem Deklamieren mit alleiniger Schwierigkeit, das ,,d'* auszusprechen. C. Vogts somato topische, bei der Epikrise des vorigen Falles näher erörterte Qirferung des Striatum wird also durch den Befund bei der Massat von neuem gestützt.

Gegen das Angeborensein der spastischen Erscheinungen und unwillkür- licken Bewegungen spricht die Anamnese in diesem Falle nicht. Wichtig ist ^€ zunehmende Besserung der betreffenden Krankheitserscheinungen.

Die auffallend geringe Zahl von Plaques fibromyäiniques in der Hirnrinde spricht von neuem gegen eine proportionale Beziehung zwischen ihrer Aus- f^ng und dem Auftreten des Etat marbrö.

Das Fehlen eines allgemeinen Hydrocephalus internus im vorliegenden Falle stützt unsere Ansicht, daß er da, wo er vorhanden ist, in keiner direkten kausalen Beziehung zum Etat marbrö steht.

4. Freimdi Fall GuitaT Sohols (Bföy

A. Krankengeschichte,

Geboren am 2. April 1872.

Anamnese:

Angaben der Mutter 1882:

^ne nachweisbare erbliche Belastung in der Familie bekannt. Drei Geschwister ^6, 4 und ii/i Jahren gesund. Pat. selbst habe sich bis zu 2V1 Jahren normal ent- ^^^Wt. Er war kräftig, konnte gehen, aber nicht deutlich sprechen. Zeigte auch Ventlndnis für alles. Im Alter von aVa Jahren wurde der Knabe überfahren. Hier- ***ch sprach er zunächst garnicht, fing erst nach einem halben Jahre wieder an, aber •^^U^tcr als frühe^. Auch war er nunmehr unbehilflich und ungeschickt im Gehen ufid in allen anderen Bewegungen.

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674 "^::_'^^?:I<^<^^- '""ÄeÄ"^

1879 wegen schlechten Sprechens auf ärztlichen Rat nach Kraschnitz gegeben. Dort blieb er 16 Monate. Die Eltern nahmen ihn zurück, weil er ein verstörtes Aus- sehen zeigte, unrein war und garnicht sprach. Zu Hause besserte sich sein Zustand.

Ende 1880 zeigte er die Tendenz, sich auf die Schienen zu werfen. Sah er. die Lokomotive, so sagte er „Der Puffer kommt" und deutete dann durch. 2^ichen an, daß sie ihm über den Hals gehen und er dann tot sein würde. Im Sprechen machte er keine Fortschritte. Mit seinen Geschwistern war er gut. Er urinierte vor anderen Kindern und, wenn er von anderen Menschen ausgelacht wurde, lief er diesen nach und bespritzte sie mit seinem Urin. Im Bett war er reinlich. Spielte sehr oft an seinen Genitalien.

Schon seit 1879 Anfälle im Schlaf, die darin bestanden, daß er einige Stunden nach dem Einschlafen aus dem Bett sprang, an allen Gliedern zitterte, röchelte und einen starren Blick zeigte. Diese Anfälle dauerten etwa 5 Minuten.

April 1881 ins Armenhaus gebracht, weil die Eltern fürchteten, er könnte von der Bahn einmal überfahren werden.

Angaben der Mutter nach dem Tode 1910:

Jetzt gibt die Mutter an, während der Schwangerschaft an hysterischen An- fällen gelitten zu haben. Sie rollte sich aus dem Bett heraus, das Bewußtsein war ge- trübt, aber nie ganz geschwunden. Kein Zungenbiß, aber klonische Zuckungen der Glieder und Zittern. Der Patient habe schon in den ersten Lebensjahren Krämpfe gehabt. Er zuckte mit dem ganzen Körper, die Augäpfel waren nach oben verdreht«

Weiterer Aufenthalt des Patienten und Befunde an ihm:

18. April 1882. Der Pat. wurde vom Armenhaus in die Städtische Irrenanstalt zu Breslau verlegt wegen Unruhe und Zerstörungssucht.

29. Dezember 1882. Nach dem Wenzel-Haukeschen Krankenhaus gebracht.

25. März 1889. Wieder in die Städtische Irrenanstalt zu Breslau überführt. Gewicht: 88 V2 Hund.

16. Mai 1889. In das Armenhaus gebracht.

13. Juli 1889. Wieder in das Wenzel-Haukesche Krankenhaus verlegt.

23. Oktober 1889. Zum dritten Male in die Städtische Irrenanstalt zu Breslau aufgenommen.

Hier zeigte sich der idiotische Pat. in keiner Weise bildungsfähig und erzieh bar. Er hat nur einige wenige Worte zur Verfügung und drückt sich mit Vorliebe durch ungeschlachte Gebärden aus. Seine Begriffe beschränken sich auf wenige konkrete Dinge. Er ist zu den einfachsten Beschäftigungen unbrauchbar und zeigt fast nur für das Essen Interesse. Er ist im allgemeinen gutmütig und friedlich. Bisweilen kommt er aber r~ weniger durch eigene Schuld mit anderen Kranken in Streit. Hin und wieder treten äußerlich völlig unmotivierte Erregungszustände auf, in welchen Pat. weint und jammert, seine Kleider zerreißt und wütend um sich schlägt. Derartige Ausbrüche dauern nur wenige Minuten. Auch in ruhigen Zeiten zeigt Pat. die Neigung, seine Kleider zu zerzupfen usw. Nicht selten beschädigt er sich auch selbst, indem er sich rücksichtslos tiefe Wunden kratzt.

Pat. ist bei der Nahrungsaufnahme selbständig und leidlich manierlich, ißt aber sehr hastig und hat unersättlichen Appetit. Pat. kann sich nicht allein an- und ausziehen, weil er dazu tu ungeschickt ist. Er hält sich in der Regel sauber und braucht an Harn- und Stuhlentleerung nicht erinnert zu werden. Dagegen« muß er gewaschen und gekämmt werden. Pat. hat auf dem linken Auge Strabismus convergens, linksseitige Fazialisparese, Zungenabweichung nach rechts beim Vorstrecken, Skoliose der Wirbelsäule und schleppenden Gang. Der letztere ist mehr einem Hopsen ähnlich. Erhöhte Patellarreflexe.

9. Juli 1891. Nach der Provinzial-Irrenanstalt Kreuzberg verlegt.

4. August 1893. Es wird von dieser Anstalt ein dahin gehendes Attest ausgestellt,

48

Si.'iS'Jw?' n ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 675

8.

daß Pat. in den letzten Jahren von Erregungsparoxysmen gänzlich frei geJHieben ist und das Bild eines gutmütigen^ ruhigen^ nicht bildungsfähigen Idioten dargeboten iiat. Daraufhin ins Breslauer Entenhaus verlegt.

10. Januar 1899. Pat. wird vom Armenhaus in das Ciaassen sehe Siechenhaus zu Breslau gebracht.

16. Januar 1899. Pat. hat einen epileptischen Anfall gehabt.

l6. April 1899. Die Anfälle wiederholen sich alle 6 8 Wochen und zwaF meistens nadits. Pat. ist sehr scheu und unzugänglich im Verkehr mit normalen Menschen, während er eine besondere Liebe für andere Idioten hat. Er ist ziemlich schmutzig und zerreißt seine Kleider. '

i8. August 1900. Blöder, scheuer Gesichtsausdruck. Hat ein scheues Wesen, verkehrt fast gar nicht mit den anderen Zimmergenossen. Neigt zum Jähzorn, schon bei Kleinigkeiten wütend. Leidet an Krämpfen. Mitunter bleiben dieselben tagelang aus, um dann oftmals am Tage 6 7 mal aufzutreten. Stets gleich eigenartige Ver- laufsart: Pat. fällt plötzlich auf die Kniee, steht sofort wieder auf. Das Bewußtsein bleibt anscheinend ungetrübt. Pat. sieht meist gerötet aus und verlangt nachher häufiger als sonst nach den Angehörigen.

Pat. steht sehr viel am Fenster, ist schwer in den Garten zu bringen, höchstens wenn man ihm sagt, daß sein Vater dort sei.

Pat. spricht keinen Satz richtig nach. Spontan spricht er nur „Der Vater soll kommen'* oder ,J)ie Mama soll kommen** oder „Enz ist er**. Auch auf Fragen antwortet er immer mit diesen Sätzen bzw. den Hauptwörtern in denselben. Kann nicht zahlen. Keine Enuresis nocturna. Ißt sehr gierig und schnell. Pat. flucht öfter, z. B. „Verfluchtes Aas**. (Wie heißen Sie?) „Enz, der Vohter'*.

Körperlänge 1,61 m.

Spitzbogenförmig gewölbter Gaumen.

Genua valga.

i8. Oktober 1901. Nach .Untersuchung Prof. Uhthoffs: Kein ophthalmo- skopischer Befund. Strabismus convergens des linken Auges. Ob Amblyopie am linken Auge vorliegt, läßt sich wegen unsicherer Angaben des Pat. nicht entscheiden.

21. Juli 1903. Anfall. Schimpft sehr laut unter Benutzung krasser Schimpf- worte. Klappte die Fenster auf und zu, etwa ein dutzendmal hintereinander. Fiel dann plötzlich nach links. Lag der Länge nach am Boden mit graden Beinen, ohne Zähneknirschen^ etwa 5 Minuten lang ganz still da. Als er dann aufgehoben und auf einen Stuhl gesetzt wird, sitzt er still und matt da. Nach etwa 3 4 Minuten fängt er dann von selbst an zu essen.

30. März 1908. Die Beine werden gekrümmt gehalten. Beim passiven Strecken starker Widerstand der Flexoren. Neigung der großen Zehe zur Dorsalflexion, oft noch vor der Berührung der Fußsohle. Auch beim passiven Hochheben der Füße bzw. Unterschenkel Babinskiein- stellung. Strümpellsches Phänomen.

Tod am 6. Mai 1910. Saktionsbefund ergab Lungenödem.

Angaben der Wärterin nach dem Tode:

Pat. bediente sich hur weniger Worte: „Heut nicht, morgen kommt er", „Warte, du Lump** usw. Beim Stehen und beim Gehen war der Oberkörper leicht vorgebeugt. £r ging Jangsam mit durchgedrückten Knieen. Er allein, be- schmutzte sich aber öfter dabei. Besorgte seine Notdurft allein. Er pflegte nur zu den Mahlzeiten zu sitzen, sonst stand er oder ging in seiner schwerfälligen, lang- samen Art im Korridor herum. Hatte kein Interesse für die ihn umgebenden Men- schen. Ging niemals die Treppe herunter, wehrte sich dagegen. Wenn man ihm sagte, er scrfl in den Garten gehen, sagte er „Nicht runter". Lachte nicht, sah nie zum Fenster hinaus, spielte auch nicht.

JoanuJ lir Fkyckologit und Neurologie. Bd. 25. Ergh. 3. 49

4

676 C. UND O.VOGT. "^iiJS&a^

Ergänzungen des. Herrn Geheimrat Freund: Pat. stand den größten Teil des Tages oder ging in einer auffallend langsamen^ schwerfälligen Art mit durchr gedrückj^en Knieen ohne richtiges Schleifen der Füße. £r stand dt stunden-r lang an derselben Stelle mit leicht vorgebeugtem Oberkörper und gestreckten und dabei im Schultergelenk adduzierten Armen, die Hände meist geballt. Er voll- führte mit dem Oberkörper fast andauernd leichte seitliche Bewegungen^ ^twa wie ein Eisbar. Beim Gehen wurde die Rumpfbeugung noch stärker und kam es häufig vor, daß Pat. in die Hände klatschte, sie dann auf die Oberschenkel schlug, dann wieder in die Hände klatschte, von neuem auf die Oberschenkel schlug usw. Eigentliche athetotische Bewegungen sind mir nicht in Erinnerung, ebensowenig der Wärterin oder einem Zimmergenossen, der den Pat. gut kannte. Auch zu seinen Zimmergenossen sprach er immer nur in so kurzen Sätzen, wie sie in der Kranken- geschichte angegeben sind.

Zusammenfassung des klinischen Befundes. Nach der Krankengeschichte handelt es sich also. um einen Pät., der neben epileptischen Anfällen, einer starken Herabsetzung der Intelligenz sowie Neigung zu stereotypen Stellungen und Bewegungen von uns in das Gebiet der Athetose gerechnete, unwillkürliche Dorsalflexionen der großen Zehe, Strabismus con- veigens des linken Auges, erschwerte Sprache, Ungeschicklichkeit in allen Be» Wjegwngen, gekrümmten Rücken und vor allem durch Flexcrenkontraktur ge- beugte Beine und einen auf diese Flexorenkontraktur zurückzuführenden schwer- fälligen, hopsenden Gang zeigte. Wie wir schon in'unserem ,, Erster Veisuch usw.** hervorgehoben haben, decken sich diese Krankheitssymptome wesentlich mit dem Krankheitsbili, welches Freud unter dem Namen der paraplegischen Starre als besondere Unterart der Litt Je sehen oder reinen Starre beschrieben hat. Auf den mutmaßlichen Beginn der Erkrankungserscheinimgen werden wir in der Epikrise zurückkommen.

B. Anatomtscher Befund. a) Makroskopische Untersuchung.

Das Gehirn war klein und wog nur looo g. Sonst zeigte es äußerlich keine be? sonderen Anomalien.

b) Mikroskopischer Befund.

TaL 11, Pig. 1 gibt das oralste Gebiet vom Striatum wieder. Der Innenteil voü Nc und der dorsale Abschnitt von Put zeigen einen ausgesprochenen Etat marbr6. Die Zahl der Faserbündel in den Innenteilen voniiV^ und Put ist anormal gering. Die innere Kapsel (Ci) und das Corpus callosum (Cc) zeigen keine wesentliche Faservern^iinderUng« Eine Ventrikelerweiterung fehlt. . ,

TaL 11, Pig. 2 gibt einen ähnlichen Schnitt der rechten Hemisphäre wieder. Der Etat marbr6 ist in dem Innenteil von Nc wie auch in Put in ähnlicher Weise vor- handen, aber zweifellos etwas stärker ausgeprägt. Auch hier kann von eirlem Hj^ro- cephalus internus nicht die Rede sein. ...

TaL 11, Fig. 8 zeigt grob morphologisch und in bezug auf Ci, Ce und Cc annähetüd norniale. Verhältnisse. In dem Innenteil von Nc begegnen wir noch. einem ausge* prägteren Etat marbr6 als in dem vorigen Schnitt. In Put finden wir jetzt eine Reihe von pathologischen Faserinseln. Dagegen ist das zusammenhängende Fastrgebiet im dorsalsten Teil von Put verschwunden.

TaL 11, Fig. 4. Der etwas oraler gelegene Schnitt aus der rechten Hc^misph&rct zeigt annähernd den gleichen Etat marbr6 im Innenteil von Nc. In Put haben wir in etwas verminderter Form noch dieselbe Gestaltung des Etat marbr6> wie wir SO

Bd. tf. 19S0. 2UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 677

pbtA 8.

ihn in der Fig. 2 kennen gelernt haben. In der groben Morphologie und in den das Stri<i.tum umgebenden Fasermassen ist keine pathologische Veränderung zu kon- statieren. Dasselbe gih von Cft, Dagegen ist die Zahl der Faserbündelchen im Striatum, vor* allem im Put, herabgesetzt.

^ütfi 11^ Flgr« 6. In diesem Schnitt der linken Hemisphäre zeigt. noch die dorsale Hälfte des Innen teils von Nc einen Etat marbr6. Außerdem ist ein solcher im dorso; latex^en Gebiet von Put zu erkennen. Sonst sind faßbare pathologische Veränderungen in cier Abbildung nicht" festaiustellen. Speziell fehlt auch ein Hydrocephalus intern\is. Ttt 11, Ffe. 6. In dem annähernd entsprechenden Schnitt der rechten Hemi- sphäre ist der Etat marbr^ sowohl in den dorsaleren Abschnitten des Innen teils von JV^ wie in Put stärker ausgeprägt als in der linken Hemisphäre. Andere pathologische Verandeningen weist der Schnitt nicht auf.

Ät 12, Hg. 1 ist wiederum der linken Hemisphäre entnommen. Wir begegnen in dem Innenteil von Nc und in der dorsalen Hälfte von Put pathologischen' Faser- klampen. Weitere Abweichungen von der Norm sind mit Sicherheit nicht festzustellen. Auf alle Fälle fehlt ein Hydrocephalus internus.

TW. 12, Hg. 2. Ein annähernd der gleichen Ebene entnommener Schnitt der rechten Hemisphäre zeigt ähnlich lokalisierte Faserstellen, aber diesmal deutlich in geringerer Ausdehnung als links. Dagegen ist Nc gegenüber links etwas reduziert, ^dan hat femer. den Eindruck, daß die Zahl der aus dem Putamen in das Pallidum ein- dringenden Faserbündel im dorsalsten Teil vom Pallidum deutlich gegenüber der linken Hemisphäre herabgesetzt ist.

fct 12, ftg. 8. Nc zeigt nur noch Spuren eines Etat marbr^, Put größere Faser- Idumpen bloß in seinem dorso-lateralsten Abschnitt. Andere Anomalien lassen sich nicht mit Sicherheit erkennen.

lUL 12, Hg. 4. In dem annähernd der Fig. 3 entsprechenden Schnitt der rechten Hemisphäre ist Nc wesentlich reduzierter. Gleichzeitig ist eine geringe Erweiterung des Seiten Ventrikels vorhanden. Der Etat marbr^ ist im innersten Teil voii Nc jetzt ebenso minimal wie links. Dagegen zeigt der dorsalste Teil von Put größere Faser- klumpen, als wir sie links konstatiert haben.

fct 12, Hg. 6 bringt nur noch relativ faserarme und deshalb wenig hervortretende Faserinseln. In iV^ treten dieselben faserarmen Inseln kaum hervor, dagegen sind sie in Put über seine dorsalen zwei Drittel verteilt. Andere pathologische Abweichungen sind nicht festzustellen. /

TU. 12, Hg. 6 zeigt in einem annähernd gleich gelegenen Schnitt der rechten Hemisphäre wiederum eine beträchtliche Volumen Verminderung von Nc mit ent- sprechender Ventrikelerweiterung. Dabei zeigt Nc den Etat marbr6 in der gleichen gtfingfij^'gen Weise wie Fig. 5. In Put finden wir noch ganz dorsal eine größere Faser- insel. Sonst sind auch hier nur kleine, relativ hell gefärbte Inseln diffus über Put verbreitet.

TU. 12, Hg. 7 bringt normale Dentata, Resiiformia, untere Oliven und Pyramiden{Py). TU. 12, Hg. 8 gibt einen normalen rechten Bindearm und eine normale Hauben- region wieder.

TU, 12, Hg. 9 zeigt noch einmal normale Pyramiden und normale untere Oliveti, Die Rinde des Großhirns zeigt sehr wenige Plaques jihromyiliniques . TW. 18, Hgg. 1 und 2 sind oben S. 672 bereits beschrieben. TW. 18, Hg. 8 zeigt gegenüber anderen, an Etat marbrd leidenden Gehirnen eine Volumenreduktion von //*. Man vergleiche die Abbildung nur niit Taf. 13, Fig. 7! Aber man darf nicht vergessen, daß es sich um ein kleines. Gehirn handelt. Dagegefi sieht man gut die dicken Bündel von H'^ in den Thalamuskern vil einstrahlen.

TW. 18, Hg. 4. Das Corpus Luysi (CL) ist von typischem Markgehalt. Es ist zweifellos kleiner als ein normales. Wie weit dabei nur eine allgemeine oder auch eine spezielle Volumenreduktion dieses Organs eine Rolle spielt, wagen wir nicht zu ent- scheiden. Das orale Mark des roten Kerns (/A>) zeigt keine faßbare Anomalie.

4*

Ö78 C. UND O.VOGT. ■"'SS'n.SSi^'

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Abgesehen von der Klei^iheit des Gehirns haben wir nur spezielle Ve änderungen im striären System gefunden. Diese betiafen vor allem das Vo handersein eines Etat marbr6 des Striatum. Derselbe war ziemlich stark au geprägt im Innenteil des Caput und des Corpus des Caudatum. Er war geringerem Umfang und in wechselnder Intensität über die Putamina ausgedehr Nur ihre ventralsten Partien waren mehr oder weniger ganz frei von ihm. Aufk dem war die kaudale Partie des Caudatum rechts reduziert. Dieser Reduktii ging wie im Falle Massat eine lokale leichte Ventrikelerweiterung p rallel. Endlich war die Zahl der s^rio-pallidären Fasern im dorsalen Teil d Pallidum externum vermindert. //• und CL waren gegenüber normalen Vc hältnissen leicht reduziert.

C, Epikrise.

Die spastischen Störungen des Pat. finden in dem Etat marbr^ ihre vol Aufklärung. Auch die erschwerte Sprache dürfte wenigstens eine striäre Kor ponente haben. Eis ist dabei interessant, daß einerseits der Innenteil des orale Abschnittes von Nc und das dorso-oralste Gebiet von Put besonders vom EtJ marbr6 befallen sind: d. h. gerade jene Gegend, welche C.Vogt zur Sprache ; Beziehung bringt. Selbstverständlich gilt dabei für das Striatum dieselbe Ta Sache, die Jelgersma noch kürzlich für das Cerebellum hervorgehoben ha striäre Störungen treten tm so stärker hervor, je unausgebildeter das Großhii in dem betreffenden Falle ist.

Im vorhergehenden Fall war die Rumpf- und Beinmuskulatur viel schwer erkrankt als diejenige des Arms. Unsere somatotopische Gliederung des Striata ist aber noch nicht eine so scharfe, daß wir behaupten könnten, die Armreg ii sei ebenso schwer erkrankt wie die Beinregion. Im vorliegenden Fall ist ni ebenfalls die Beinmuskulatur wesentlich mehr betroffen. Hier müssen wir nt aber unbedingt bei Zugrundelegung unserer somatotopischen Gliederung d( Striatum eine gleichmäßige Erkrankung für die Arm- und Beinregion koi statieren. Die Tatsache, daß trotzdem die Beinsymptome überwiegen, habe wir schon in unserem „Erster Versuch usw.** durch die Annahme zu erkläre versucht, daß die Großhirnkompensation für die obere Extremität eine intei sivere sei. Wir leiteten diese Tatsache aus der Feststellung ab, daß die au: gesprochenere Störung des Arms bei einer allgemeinen Hemiplegie auf eir stärkere Repräsentation des Arms im Großhirn hinwies. Wir halten auch heul noch an dieser Erklärung fest.

Bei unserer Auffassung des Etat marbr^ als einer angeborenen Anomal müssen wir die Krankheitserscheinungen als von Geburt an bestehend au fassen. Die Angaben der Mutter aus dem Jahre 1882 sind vielleicht absichtli< unrichtig. Die unserer Ansicht nach angeborene Ungeschicklichkeit des Ps im Gehen war möglicherweise schon die Ursache dafür, daß er als 2Vajährig Knabe überfahren wurde.

Da häufig Strabismus sich mit der Litt leschen Starre verbindet, lie es endlich nahe, auch eine durch später zu erörternde Krankheiisbilder g 52

SiSS^' a. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 679

Stützte Vertretung der Augenmuskeln im Striatum anzunehmen, und die Augenstörung auf die Striatumerkrankung zu beziehen.

Es ist interessant, daß wir nach Aufdeckung des Etat marbrö in der uns bis dahin unbekannten Krankengeschichte durchaus die Symptome der reinen oder Littleschen Starre aufgefunden haben.

Speziell sei noch auf .die Tatsache hingewiesen, daß der Kranke jenes Ver- halten der großen Zehe zeigte, welches wir in unserem Aufsatz „Zur Kenntnis usw." als Pseudobabinski bezeichnet haben, d. h. eine Dorsalflexion der großen Zehe, welche als eine athetotische Bewegung spontan, und noch leichter nach

Reizen und unter diesen auch nach dem typischen Babinski-Reiz auftreten kann.

Auch hier besteht keine proportionale Beziehung zwischen dem Etat marbrö und den Plaques fibromy61iniques.

Endlich fehlt in diesem Falle ebenfalls ein allgemeiner Hydrocephalus internus.

5. Haohtrag sn Freund IUI Steinberg {Bf 4).

TilL 18, Hg. 5 bringt das Bündel H* in größter Ausdehnung. Wie schon C. Vogt in ihrer früheren Beschreibung dieses Falles hervorgehoben hat, läßt sich eine patho- logisdie Volumenreduktion dieses Faserbündels nicht erkennen.

TU. 18, Fig. 6 zeigt das Corpus Luysi (CL) in größter Ausdehnung. Es ist von typisdiem Markgehalt. Aber es bietet eine gewisse Verminderung seines Höhendurch- nicssm dar. Wie weit dieselbe mit dem Etat marbre in Beziehung zu bringen ist oder in wcfchcm Grade eine senile Atrophie eine Rolle spielt, wagen wir nicht zu entscheiden.

6. Hachtrag sn Oppenheim! Fttll Wiemer-Tochter {O2).

fct 18, Hg. 7 zeigt ein sehr gut entwickeltes Ä*- Bündel.

Iltf.18, Fig. 8 bringt das Corpus Luysi (CL) in seiner größten Ausdehnung. Gegenüber den normalen Abbildungen Taf. 16, Fig. 2 und Taf . 26, Fig. 8 ist eine leichte Vohimenrcduktion vorhanden. Es ist dieses auch schon früher von C. Vogt angegeben worden.

C. Vogt hat in ihrer früheren Arbeit den oralsten Teil der beiderseitigen Striata nicht abgebildet. Wir möchten dieses mit der Taf. 14 nachholen.

fü» 14, Fig. 1 zeigt, daß auch im oralsten Teil von Nc keine Ventrikelerweiterung ^'orKcgt. Beide Nc weisen im dorso-lateralen Dritteil ihrer oralsten Partie einen Etat nttrbr^ auf. Cc und die Nc lateral begrenzende Fasermasse zeigt die für dieses Gehirn charakteristische sehr gute Markfaserentwicklung.

M 14, Hg. 2. Für die Seitenventrikel, Nc, Cc und die lateral von den Striata gelegenen Fasermassen gilt das bei Beschreibung der vorigen Abbildung Gesagte. Dm /. eben angeschnittene Put zeigt in seinen dorsalen zwei Dritteilen einen aus- gesprochenen Etat marbr^.

TU. 14, Hg. 8. Die Seitenventrikel sind auch hier nicht erweitert. Das dorsale

Dritteil des Inncnteils von Nc zeigt beiderseits einen sehr ausgesprochenen Etat marbr^.

Im /. Put zeigt das dorsalste Drittel einen sehr starken, das mittlere einen mäßigeren,

das ventrale keinen Etat marbr^. Im r. Put zeigt die dorsale Hälfte einen mittelstarken

Status noArmoratus.

Wir sehen also, daß der Etat marbr6 bis in die dorso- oralste Partie von

Nc und Put reicht. Es ist also hier bei einer Kranken, die erst mit neun Jahren

zu sprechen angefangen hat, der von C. Vogt zur Artikulation in Beziehung

53

^80 C. UND 0. VOGT. ""^kJ^^^

gebrachte orale Teil des Striatum auch tatsächlich bis in seinen oralsten Ab- schnitt pathologisch verändert.

r-

(

7. Kliniioher Haohtragp sn Oppenheimi Fall Wiemer-Mntter^

Im Frühjahr 191 1 hat H.Oppenheim noch einmal in unserer G^enwart die Wiemer-Mutter einer eingehenden klinischen Untersuchung unterworfen. Da wir einerseits nicht wissen, ob wir Gelegenheit haben werden, noch einmal auf diesen Fall zurückzukommen, wir uns andererseits aber auf Grund unserer Untersuchung des Gehirns von Wiemer-Tochter eine annähernde Vorstellung von der bei Wiemer-Mutter vorliegenden pathologisch- anatomischen Ver- änderung machen können, möchten wir wenigstens hier den Befund mitteilen.

Gesichtsausdnick ähnlich wie früher beschrieben. Lippen aufeinander gepreßt. Mundwinkel herabgezogen. * Etwas Speichelfluß. Häufig sieht man Grimassieren der unteren Gesichtshälfte und hört dabei Schluckbewegungen. Diese unwillkürlichen Bewegungen spielen sich besonders in den Lippen und Kinnmuskeln ab und sind wdhl emotiven Ursprungs. Die Muskelspannung macht sich auch darin bemerkbar, daß sich die Lippen passiv schwer voneinander entfernen lassen. Doch ist das alles sehr wechselnd. Besonders stark ist die Spannung der Kiefermuskeln. Patientin kann die Lippen 2 cm weijt voneinander entfernen. Auch die Zahnreihe kann sie ein wenig auseinander bringen. Doch sieht man deutlich, wie sie Muskelwiderstände zu überwinden hat. Unterkiefer- sehnenphänomen deutlich, aber nicht gesteigert. Kein Freßreflex.* Auch kein harter Gaumenreflex. Der Lidschluß ist gut. Die Musculi orbiculares scheinen für gewöhnlich auch etwas angespannt. Seitwärtsbewegungen der Unterkiefer fehlen ganz. " Pfeifen gelingt nicht. Auch Lippenspitzen wird zunächst nicht ausgeführt. Im Affekt beim Lachen ausgiebige Bewegungen der Gesichtsmuskulatur. Die Zunge wird ziemlich vollkommen vorgestreckt. Dabei kommt es auch zu einer besseren Kieferöffnung imter Subluxation. Seitwärtsbewegungen der Zunge langsam, aber vollkommen. Augenbewegungen frei. Die Muskelkraft ist speziell beim Kieferschluß vollkommen. Auch die Öffnung des Unterkiefers erfolgt mit ziemlich guter Kraft.

Gegenwärtig kann man Patientin nicht dazu bringen, ein Wort nachzusprechen. Nachher sagt sie dagegen „Ja** und „Nein**; allerdings mit starkem Näseln und mit etwas übermäßigen Unterkieferbewegungen. Ebenso spricht sie das Wort „Uhr" nach. Die Zunge wird beim Sprechen stark gegen die untere Zahnreihe gepreßt. Im ganzen scheint Patientin einsilbige Wörter zu bevorzugen. So sagt sie statt „Wasser" „Wass". Eine Störung aphasischen Charakters scheint nicht vorzuliegen. Schreiben und Lesen hat sie nie gelernt. Die Dysarthrie ist aber doch so erheblich, daß sie das Wort „Geld** nicht verständlich aussprechen kann. Statt „Schlüssel** sagt sie ,,Lüss**.

Anscheinend bewegt Patientin das Gaumensegel beim öffnen des Mundes, doch läßt sich eine Prüfung der aktiven Beweglichkeit desselben nicht durchführen. Sehr charak- teristisch ist die Art und Weise, wie der subluxierte Unterkiefer erst auf der einen und dann auf der anderen Seite eingerenkt wird. Beim Trinken verliert Patientin etwas Flüssigkeit zwischen den Lippen. Der Schluckakt vollzieht sich schwierig, aber ohne wesentliche Störung. Auch Kauen von Brot erfolgt langsam, aber ziemlich gut. Dabei öffnet sich der Unterkiefer aber auch viel weiter als beim einfachen Willkürakt. Man sieht aber ausschließlich senkrechte Kieferbewegungen. Auch hört man Schluck- nachgeräusche, welche über die physiologischen an Zahl und Intensität hinausgehen.

Die Kopfbewegungen sind frei und kraftvoll.

Die Finger der /. Hand in Schrei bstellung, der Daumen eingeschlagen. R. ist diese Stellung ebenfalls angedeutet. Doch sind diese Haltungen nicht fixiert. Ein ihr hingereichtes Glas umgreift sie nur sehr mühselig mit den Fingern. Man sieht wenn •auch zurzeit nur selten deutliche athetoYde Bewegungen in den Fingern beider Hände.

54

ÄriSLiffi' j. ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 68 1

Es vergehen Minuten^, ohne daß solche auftreten. Mitbewegungen von einer Hand auf die andere sind nicht zu bemerken. Beim Versuch zu sprechen, treten dagegen sehr ausgiebige Fingerbewegungen auf. Die weitere Beobachtung lehrt aber, daß es mehr das praparatorische Moment des Sprechens ist, das zu diesen Bewegungen führt. Dabei ist das typisch Athetotische in unwillkürlichen und Mit-Bewegungen der Finger nicht zu verkennen. Derartige Bewegungen treten aber nur zeitweise auf. Supinatorphänomen besonders t, gesteigert. Es sind die groben aktiven Bewegungen an der r. Hand ajle erhalten. Auch die motorische Kraft ist fast normal. Die Fingerbewegungen sind ver- langsamt. Ebenso werden Zielbewegungen noch mit einiger Geschicklichkeit aus- geführt. Patientin kann auch den Zeigefinger isoliert ausstrecken, dagegen nicht den kleinen. In der /. oberen Extremität entwickelt sie ebenfalls volle Kraft, nur kaiin sie die Hand nicht strecken. Es kommt dabei zu Mitbewegungen in Lippen- und Schluck- muskeln. Die /. Fingerbewegungen sind noch verlangsamter. Patientin kann aber auch hier den Zeigefinger isoliert ausstrecken. Im Daumen sowie beim Spreizen und der Abduktion der Finger ziemlich gute Kraft.

Vom Stuhl kömmt Patientin etwas schwierig auf. Sie zieht sich allein an und aus. Sie behauptet auch, die Küche allein zu besorgen.

Interessant ist es, daß ihre Gestikulation sich fast ausschließlich in den Orbi- culares oculorum und in den Halsmuskeln abspielt.

Der Gang ist typisch spastisch-paretisch ; Füße in varo-equinus- Stellung, be- sonders /..

Beim Bestreichen der /. Fußsohle Dorsalflexion des ganzen Fußes. /?. sicherer Babinski. L. sehr geringfügige, nicht ganz regelmäßige Dorsalflexion der großen Zehe. Ebenso .dorsales Unterschenkelphänomen beiderseits. Jedoch r. nur Anspannung des Musculus tibialis anticus, während die Zehen gebeugt werden. Kein Rossolino. Kein Bechterew-Mendel. Kein Fußklonus. Steifigkeit in den Beinen erheblich.

Kniesehnenphänomene entschieden gesteigert, aber nicht bis zum Klonus. Aktive Bewegungen in den verschiedenen Muskelgruppen des r. Beines mit ziem- Udi erheblicher Kraft.

Im Z. Ober- imd Unterschenkel auch ziemlich kräftige Willkürbewegungen. Bei »Wver Dorsalflexion des /. Fußes kommt es vorwiegend zu unvollkommener, un- g^end kraftiger Adduktion und zu Mitbewegungen der anderen Seite. Besonders beeinträchtigt ijt die Adduktion des /. Fußes und die Bewegungen der /. Zehen. Diese ^Mntrachtigung erklärt sich nicht aus einer Kontraktur der Zehen. I. Unterschenkel weniger voluminös als der r. , Keine Harn- und Stuhlbeschwerden.

In den unteren Extremitäten zurzeit nur ganz vereinzelte athetolfde Bewegungen. Empfindungen von Pinselberührungen und Najdelstichen an den Füßen und an ^ Fingern normal.

Zusammenfassung und Epikrise.

£s handelt sich um die Mutter derjenigen Patientin, welche in abgeschwächter Weise das Krankheitsbild der Mutter und als einzigen pathologischen Hirn- Wund den Etat marbr^ des Striatum mit leichten sekundären Veränderungen ^ übrigen striären System zeigte. Wir neigen daher dazu, denselben patho-- topsch-anatomischen Prozeß nur noch in ausgeprägterer Form bei der Mutter anzunehmen.

Prüfen wir nun die einzelnen Symptome, so ergibt sich, daß die paralytische '^ßponente für die meisten Muskeln so zurücktritt, daß höchstens nur noch von einer leichten Herabsetzung der motorischen Kraft die Rede sein **ön. Zweifelhaft sind in dieser Hinsicht nur einige Muskeln des /. Fußes. Ob

55

682 C. UND O. VOGT. ""gSf feeSSÄT^

hier eine gewisse Inaktivitätsatrophie eine Rolle spielt, wagen wir nicht zu ent- scheiden. Von Bedeutung ist weiter die ausgeprägte Amimik: ,,Die Gestikulation spielt sich fast ausschließlich in den Orbiculares oculorum und in den Hals- muskeln ab."

Wichtig ist ferner, daß die Starre und die durch sie bedingten Haltungs- anomalien wenigstens in den oberen Extremitäten „nicht fixiert** sind.

Bezüglich des Babinski ist es interessant, daß derselbe gerade in dem stärker affizierten /. Fuß zurzeit ,,sehr geringfügig" war. Wir werden durch diese Tat- sache darin bestärkt, die in diesem Fall beobachtete Dorsalflexion der großen Zehen auch als ^^Pseudobabinskt'' aufzufassen.

Die Sehnenreflexe zeigen keine pathologische Steigerung.

Dagegen führt die durch die Spasmen bedingte Verlangsamung der Be- wegungen zu einer später noch eingehender zu erörternden Pseudoadiadokokinesis.

Ferner ist darauf hinzuweisen, daß sich wohl Mitbewegungen zeigen, daneben aber auch in der Ruhe unwillkürliche Bewegungen auftreten. Beide Formen von Bewegungen sind teilweise typisch athetoid. Ihre Zunahme beim Affekt ist sehr deutlich.

Endlich sei noch hervorgehoben, daß die Patientin, die mit 31 Jahren noch vollständig stumm war, im fünften Jahrzehnt etwas Sprechen gelernt hat. Auch die athetoiden Bewegungen in den Händen haben im Vergleich zu dem Status vom Jahr 1895 abgenommen.

8. Gallns' TaU Marie 8. {BieL 32).

A. Krankengeschichte,

Geboren den 10. Juni 1898.

Anamnese :

Uneheliches Kind; erbliche Belastung nicht bekannt. Das KLind war von vorn- herein geistig wenig rege. Es hatte im ersten Jahr Krämpfe. Es spricht in seinem jetzigen 8. Lebensjahr noch kein Wort, sondern stößt nur einige unartikulierte Laute aus, ist bisweilen unsauber, gewalttätig gegen andere Kinder und kam mehr- mals in Gefahr, überfahren zu werden.

Status präsens am 22. März igo6:

Die körperliche Entwickelung entspricht kaum dem Alter. Haut etwas welk. Geringes Fettpolster. Knochenbau gracil. Muskulatur ziemlich dürftig.

Schädel zeigt keine wesentliche Abweichung von der Norm. Stirn schmal^ mittel- hoch. Ohrmuscheln ziemlich gut ausgeprägt. Mund symmetrisch geformt. Zahne in gehöriger Ordnung, zum Teil kariös. Harter Gaumen mittelbreit und mittelhoch.

Brustkorb gut gewölbt. Lungenschall normal. Atemgeräusch vesikulär, keine Nebengeräusche. Herztöne rein. Puls regelmäßig. Bauchorgane o. B.

Lidspalten gleich groß. Augen bewegungen frei. Sehvermögen vorhanden. Pat. greift nach vorgehaltenen Gegenständen und führt sie, soweit es möglich ist, zum Munde.

Hörvermögen vorhanden, Pat. reagiert auf Geräusche und freut sich über den lauten Ton der Stimmgabel.

Weicher Gaumen symmetrisch innerviert.

Zunge gerade vorgestreckt.

Extremitäten aktiv und passiv in normaler Exkursion beweglich. Das Kind kann gehen, stehen, laufen; greift in gehöriger Weise mit Armen und Fingern.

56

Bd. tft, IMO.

, ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 683

Gesichtsausdruck freundlich^ blöde.

Geistesfähigkeit sehr mangelhaft entwickelt. Freut sich über vorgezeigte Bilder, Spiebachen und sonstige Gegenstände, greift nach ihnen, scheint aber keinerlei Ver- ständnis fflr ihren Zweck oder Wert zu haben. Nur den Löffel versteht sie zu gebrauchen und aus der Tasse zu trinken, ohne sich viel zu besudeln. Brot, Fleisch, Kartoffeln führt sie mit dem Löffel oder den Fingern zum Munde. Ist in der Nahrungsaufnahme nicht wählerisch. Ißt ihre Portionen auf, verlangt aber noch mehr. Sie spielt mit kleineren Spielsachen, Papierfetzen usw., ohne irgendeine Vorliebe für einen beson- deren Gegenstand zu zeigen.

Motorische Sprache so gut wie nicht vorhanden. Die einzige Lautäußerung, die sie hören läßt, ist „Dia", und zwar als Ausdruck der Freude, des Unbehagens, des Verlangens und aller sonstigen Gefühlszustände. Ihre Bedürfnisse vermag sie nicht anzumelden, bei einiger Abwartung bleibt sie aber bei Tage und auch nachts sauber.

3. April 1906. Bleibt meist für sich allein und stößt ihren einzigen Laut ^^Dia" aus. Sie ist gänzlich bildungsunfähig, spielt für sich allein und ist ruhig.

10. April 1906. Ist öfter nachts naß. Kratzt sich oft blutig, ohne an Erregungs- zuständen zu leiden. Körperlich gesund und munter. Weil sie ihre Kleider zerreißt, trägt sie dauernd einen unzerreißbaren Kittel.

12. Juni 1906. Gewicht: 18,5 kg. Status idem.

34. September 1906. Leidet öfter an vereiterten Fingern infolge Beknabbems der Fingernägel. Verbände reißt sie ab.

31. Dezember 1906. Gewicht: 21kg.

4. Februar 1907. Körperlich ist Pat., abgesehen von vorübergehenden Ver- dauungsstörungen, dauernd gesund und munter. Ihre geistige Entwicklung macht fast keine Fortschritte. Betragen ruhig und freundlich. Spielt am liebsten für sich allein mit ihren Puppen. Zeigt Zerstörungssucht.

4. Oktober 1907. Pat. hat gestern zum ersten Male am Tage zwei Krampf- anfäll e gehabt. Zuckungen in allen Gliedern. Verdrehung der Augen. Bewußt- losigkeit. Dauer etwa 8 Minuten. Hernach Mattigkeit.

20. November 1908. Leidet viel an Krampfanfällen. Tuberkulose fest- gestellt.

8. Februar 1909. Ejrampfanfälle alle 2 4 Wochen. Dann stark gehäuft bis zu sechs an einem Tage. Im Anschluß daran starke Benommenheit. Pat. hat kein Interesse för ihre Umgebung und ist vielfach unsauber. Gewicht: 31 kg. Urin klar und frei von Eiweiß imd Zucker. Seitens der Lungen keine Erscheinungen.

24. Februar 1909. Neuer Status auf einer anderen Station: Leichte Spannung in den Armen und Beinen, besonders stark im rechten Bein. Gang breit- ^ beinig. Vielleicht wird linkes Bein etwas nachgeschleppt. Haltung nach vorn gebeugt. Finger und Hände rot gedunsen, die Füße weniger. Sehnenreflexe leb- haft. Beiderseits Babinski. Beiderseits Fyßklonus.

Pupillen mittel weit, gleich prompte Lichtreaktion.

Stößt zumeist nur einen Ton aus: „du, du, du", äußert auch „Anna", „Puppe", (wenig deutlich). Einfache Aufforderungen versteht Pat. Sie zeigt auf Er- suchen ihre Nase, auch ein Haus auf einem Bilde, versagt aber in bezug auf sonstige Prüfungen ganz. Bekommt Brom.

Status am 20. Apwril 1909: Stumpfer, blöder Gesichtsausdruck. Antwortet auf alle Fragen mit „Puppe", „Na ja"; sonst kann sie anscheinend nichts sagen. Ein- fache Aufforderungen versteht sie und führt sie richtig aus. Sie zeigt z. B. auf Ver- langen eine Flasche, Schlüssel, Streichhölzer und gibt diese Dinge der Wärterin. Die Aufforderung, aus der Streichholzschachtel eins heraus zu nehmen, ist ihr anscheinend zu kompliziert. Ferner steht sie auf Befehl auf, setzt sich, hebt die Arme hoch. Vor- gezeigte Bilder kann sie nicht beurteilen, freut sich aber sichtlich darüber. Ist durch Abwarten sauber zu halten.

Hatte vor einigen Tagen einen epileptischen Anfall.

57

^^4 C. UND 0. VOGT. ^^^NeSSSff

Leichter Strabismus divergens links.

Größe: 1^25111. Kopfumfang: 48 cm.

Gang breitbeinig^ etwas schwerfällig«

Patellarreflex beiderseits gesteigert.

Beiderseits Babinski,

Kein Fußklonus.

Sensibilität anscheinend intakt.

Pupillen gleich- und mittelweit, reagieren prompt.

12. April 1910. Status idem,

15. November 1910. Erkrankte fieberhaft mit Odem der Beine und blutig Sugillationen an den Beiner. Gleichzeitig Durchfälle.

19. November 1910. Fiebert dauernd mäßig, auch Blutaustritt am Rumpfe.

21. November 1910. In den letzten 3 Tagen gehäufte Krampfanfälle bis zu zw< am Tage. Nach den letzten Anfällen rascher Verfall und Exitus.

Zusammenfassung des klinischen Befundes.

Es handelt sich um ein stark schwachsinniges Kind, welches linken Strs bismus divergens und leichte Spannungen der Arme und Beine zeigt infolgedessen einen breitbeinigen, etwas schwerfälligen Gang hatte, bei beide seits gesteigerten Patellarreflexen und wiederholt festgestelltem beiderseitig« Babinski. Außerdem war das Kind motorisch fast vollständig aphasiscl während es einfache sprachliche Aufforderungen richtig verstand und verarbeitet

B, Anatomischer Befund. a) Makroskopische Feststellungen.

Das Gehirn ist klein. Die linke Hemisphäre zeigt in der Gegend des linken Gyr angularis eine leichte Mikrogyrie. Außerdem ist die linke Hemisphäre am Okzipitalp um etwa i cm verkürzt. Sonst zeigt die Oberfläche des nicht zerlegten Gehirns kei Anomalien. Ein makroskopischer Querschnitt läßt einen starken Hydrocephalus i temus mit gering entwickeltem Corpus callosum und Centrum semiovale erkenne Der Hydrocephalus ist im allgemeinen links etwas stärker.

b) Mikroskopische Untersuchungen.

Taf« 16, Fig. 1 gibt einen Frontalschnitt durch das Gehirn in der Gegend d oralen Beginns des Striatum. Wir sehen die Windungen durchaus normal gebilde Dagegen konstatieren wir im Großhirn eine pathologische Faserarmut nach innc von der U-Faserung und im Corpus callosum. Beiderseits ist ein starker Hydrocephab internus vorhanden. Außerdem zeigt der Innenteil des linken Caudatum einen typische Etat marbr^.

TaL 16, Fig, 2 bringt das Striatum und seine Umgebung von einem etwas kai daler gelegenen Schnitt. Auch hier konstatieren wir die Schmalheit des Corpus callosu und den enormen Hydrocephalus internus. Links, weist der Innenteil des Caudatu und das eben angeschnittene Putamen einen ausgesprochenen Etat marbrö auf. Rech gilt dasselbe von dem Innenteil des hier noch allein getroffenen Caudatum.

TaL 16, Fig, 8 zeigt ebenfalls ein sehr verschmälertes Corpus callosum und beide seits einen stark erweiterten Ventrikel. Die Caudata zeigen ventrikelwärts eine A plattung. In ihrem Innenteil wie in denPutamina ist ein Etat marbre deutlich vorbände

TaL 16, Fig. 4 bringt das linke Striatum mit seiner Umgebung. Auch hier sehe wir die Projektionsfaserung relativ gut entwickelt, dagegen das Corpus callosum schm und einen ausgesprochenen Hydrocephalus internus. Im Innenteil des Caudatu begegnen wir wie früher einem Etat marbre. Im Putamen läßt sich ein solcher nicht mel

Bd. SS, 1980,

, ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 685

mit Sicherheit nachweisen. Die auch im normalen Pallidum externum faserärmere dorso-Iaterale Spitze scheint hier von anormaler Helligkeit (Ausfall caudato-palli- darer Fasern).

TaL 16, Pig, 6 zeigt P5rramiden und untere Oliven ohne pathologischen Befund. TaL 16, Fig. 1 zeigt auch noch einen erweiterten Seitenventrikel, speziell /. Der Innenteil beider Nc weist nach wie vor einen Etat marbr6 auf. Außerdem finden sich kleine Inseln davon im dorsalen Teil der Putamina. H^ ist r. gut entwickelt. Das- selbe gilt auch vom l, CL.

TtL 16, Fig. 2 bringt das Corpus Luysi (CL) und seine Umgebung von einem nor- malen Gehirn. CL ist hier in seinem größten Höhendurchmesser getroffen.

TaL 16, Fig. 8 ist einem Schnitt des jetzt zur Beschreibung stehenden patho- logischen Gehirns, Biet 32, entnommen. CL ist mit Rücksicht auf die Jugend des Gehirns höchstens etwas gegen die Norm verkleinert. Die Farbendifferenz gegenüber CL von Fig. 2 dürfte vornehmlich technische Gründe haben.

TaL 16, Kg. 4 bringt bei 5ofacher Vergrößerung aus einem nach van Gieson behandelten Präparate die Pia mater und die Arachnoidea von jenem Teil des Sulcus calcarinus (calc), der wie aus Taf. 17, Fig. i hervorgeht eine Mikrogyrie zeigt. Im dorsalen Teil bildet die sehr verdickte Arachnoidea (Ar) grobe Bündel. In den ven- traleren zwei Dritteilen sind die letzteren dünner. Zwischen denselben befinden sich viele in der Abbildung als kleine runde Punkte erkennbare Kömchenzellen.

TiL 17, Kg. 1. Es handelt sich um Teile eines Schnittes durch jenes Gebiet des I. Gyrus angularis, der entsprechend den oben gemachten Feststellungen eine Mikro- gyrie zeigt. Man erkennt aus der Abbildung, daß Teile des Sulcus calcarinus (calc) und seiner Umgebung ebenfalls wie schon bei Beschreibung von Taf. 16, Fig. 4 er- "fnioit wurde eine Mikrogyrie aufweisen.

TU, 17, Fig. 2 gibt bei 5ofacher Vergrößerung den unmittelbar dorsal von oa

gelegenen Teil des Gyrus angularis wieder. Man .erkennt zunächst, daß diese mikro-

Kyrische Rinde ihre spezielle Architektonik hat. Im dorso-medialsten Teil begegnen

wir 6tam aber weiter noch abnormen Fasermassen, welche C. Vo gt s Plaques f ibro-

royfliniques wenigstens sehr ähnlich sind.

TU, 17, Fig. 8 zeigt uns bei 5ofacher Vergrößerung denjenigen Rindenteil, welcher ^'^otral von oa gelegen ist. Auch hier haben wir nicht nur im allgemeinen eine anormale speaelle Myeloarchitektonik vor uns, sondern zwei Fasermassen, welche wir vorläufig wdit von C. Vogts Plaques fibromyöliniques unterscheiden können.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Ein kleines Gehirn zeigt äußerlich eine Mikrogyrie /. im Gyrus angularis wnd in der Gegend des Sulcus calcarinus. Hier weist die Verdickung der Arach- noidea und das Vorhandensein von Kömchenzellen auf einen ehemaligen Ent- zündungsprozeß hin. Das mikrogyrale Gebiet ist nicht nur durch eine besondere Myeloarchitektonik, sondern auch noch durch anormale Faseranhäufungen charak- terisiert, welche wir wenigstens vorläufig nicht von den Plaques fibromy61iniques zu unterscheiden vermögen. Außerdem fand sich ein starker Hydrocephalus internus, besonders /., mit Verkümmerung des Balkens und gewisser Faser- anteile des Centrum semiovale. Endlich zeigten die Caudata nicht nur eine J?eduktion, sondern in ihrem Innenteil einen ausgesprochenen Etat marbr6. Auch die Putamina wiesen stellenweise einen solchen auf.

C. Epikrise.

Wenn auch bei Jera komplexen pathologischen Befund dieser Fall zur Heraus- schälung der striären Symptome ungeeignet ist, so ist doch wenigstens hervor-

59

686 C. UND 0. VOGT. ^^^NeSSgSl

zuheben, daß diejenigen Erscheinungen, auf welche wir auf Grund des E marbr6 und seiner Lokalisation im vorliegenden Fall zu schließen die Neig haben würden, uns im Strabismus divergens, leichten Spannungen in den Ex mitäten und fast vollständiger Stummheit tatsächlich entgegentreten. Spe: der letzteren möchten wir eine striäre Komponente unter keinen Umstän absprechen.

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen.

a) Zur Symptomatologie des Etat marbri.

Die ersten sechs der hier erwähnten Fälle zeigen den Etat marbri des St tum in so isolierter Form, daß wir schon heute seine Symptomatologie jenem Krankheitsbild identifizieren können, das Little in der Mehrzahl se Fälle vor sich gehabt hat.

Im Vordergrund stehen Hyperkinesen.

Diese äußern sich vor allem in spastischen Zuständen. Es gilt a noch, zu untersuchen, ob bei richtiger Behandlung je Dauerkontrakturen < stehen. Jedenfalls zeigen die Spasmen vielfach nur einen rein temporären Chai ter. Die bei der kortikalen spastischen Lähmung bevorzugten Prädilektic muskeln sind sicherlich nicht speziell befallen. Ob nur die Topographie Etat marbr6 die jedesmalige periphere Lokalisation bedingt oder ob bestimi Muskeln im striären System besonders vertreten sind und deshalb auch seiner Erkrankung besonders von Spasmen und Haltungsanomalien befa! werden, bedarf weiterer Untersuchungen.

Eine zweite Form von Hyperkinesen wird von unwillkürlichen ] wegungen choreatischer und vornehmlich athetoider Art gebildet. Di unwillkürlichen Bewegungen treten in den leichteren Fällen von Etat mar gegenüber den spastischen Zuständen zurück. Auf eine geringfügigste Tend zu ihnen führen wir die Dorsalflexion der großen Zehe im 4. Fall zurück, wir denn überhaupt die in den verschiedenen Krankengeschichten noti( Dorsalflexion der großen Zehe im Anschluß an den typischen Babinskii nur als eine einen ^^Pseudobabinski'' darstellende athetoide Bewegung auffass weil sie einerseits bei Applikation des Babinskireizes inkonstant ist und ande: seits auch auf andere periphere Reize hin oder ,, spontan" erfolgt.

Inzwischen haben wir gefunden, daß schon Guillain und Dubois 19 14 einem Fall von Ath^tose double feststellten, daß die Dorsalflexion der großen Z durch andere periphere Reize, z. B, solche des Thorax, ausgelöst werden kon: Die Autoren sehen dabei aber in so ausgelösten Dorsalflexionen der große Z einen echten Babinskireflex, far den sich nur infolge einer dauernden „Demistrycl sation" der motorischen Bahnen die äußerliche Auslösungszone ausgedehnt hc

Daneben haben wir Mitbewegungen, Zwangslachen und Zwan; weinen. Die Mitbewegungen bedürfen noch einer feineren Analyse. Es g aber schon aus unseren Krankengeschichten hervor, daß sie vorzugsweise ,,A drucksbewegungen** darstellen.

Periphere Reize, Intentionen und Emotionen steigern diese Hyperkines Neben diesen zweifellosen Hyperkinesen haben wir eine Verminderi 60

*J3?*8. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 687

der A^ijsdrucksbewegungen bei Wiemer-Mutter festgestellt. Im 4. Fall lag ein auch x:EOch bei einer lebenden Kranken von uns beobachteter Mangel an Tendenz vor, 1-i.nbequeme Stellungen zu ändern. Daneben existiert eine Langsamkeit und eine Ungeschicklichkeit der Bewegungen. Wir sehen, wie diese zu schwersten StöfLsxigen in der Artikulation, Phonation, Mastikation und Deglutition führen könft^xi. Endlich geht aus den Krankengeschichten eine gewisse motorische SchvSche hervor, ohne daß ausgesprochene Lähmungen vorhanden sind.

Eline eingehende Analyse dazu geeigneter Fälle muß die Frage entscheiden, 'wic "^Äreit die eben aufgezählten Störungen der Motilität auf entgegenwirkende Hyperkinesen oder auf Akinesen zurückzuführen sind.

Ob der Etat marbr6 allein epileptische oder epileptoide Anfälle auslösen kann, ist noch nicht geklärt.

Alle Erkrankungen waren bilateral, waren trotz teilweise anders lauten- der Anamnese unserer Ansicht nach angeboren und zeigten bis ins 5. Jahr- zehnt zunehmende Besserungen.

Es ist schon in der Literatur öfter darauf hingewiesen worden, daß bei der Littleschen Starre die unteren Extremitäten meist stärker erkrankt sind als die oberen. Auch für unsere Krankengeschichten gilt dieses. In unserem 4. Fall konnten wir dabei sogar zweifelsfrei (s. oben S. 678!) nachweisen, daß unser hypothetisches Beinfeld im Striatum nicht schwerer erkrankt war als unser Annfeld. Wir haben deshalb das stärkere Befallensein der unteren Extre- mität durch eine intensivere Großhirnkompensation der Armleistungen <äMk einer stärkeren Repräsentation des Arms im Großhirn zu erklären versucht. Inimerhin könnte aber einer ausgesprocheneren Vertretung der oberen Extremität Großhirn eine geringere im Striatum parallel gehen. Hier können nur von der Geburt an genau beobachtete Fälle eine volle Klärung bringen. Zeigen *fee zunächst eine vollständig gleich intensive Erkrankung von Arm und Bein und dann eine stärkere Besserung de/* oberen Extremität, dann würde unser ErUäningsversuch als ein allen Tatsachen gerecht werdender anzusehen sein. Von unseren sieben anatomisch untersuchten Fällen hatten wir im ersten (Oppenheims Fall Wiemer-Tochter) wenigstens im Voraus die richtige topo- P^hische Diagnose gemacht. Wir selbst waren dazu in erster Linie durch die Arbeiten P. Maries und Brissauds veranlaßt. Von den übrigen sechs Fällen haben wir in drei nach Kenntnisnahme der Krankengeschichten (Barrys Fälle Jaquel. und Denis und Gallus Fall Massat) den Etat marbr6 vorausgesagt und in den drei anderen nach Feststellung des Etat marbr6 striäre Symptome aus den uns erst später bekannt gewordenen Krankenjournalen herauslesen können.

b) Zur Pathophysiologie der Symptome des Etat marbri,

I Wenn wir uns jetzt einer pathophysiologischen Erklärung der Syn>gtdfmc

des Etat marbri zuwenden, so sind wir uns sehr wohl bewußt, daß diese heute noch keine vollkommene sein kann. Hierzu fehlt uns nicht nur ein genügendes fasersystematisches und synaptologisches Wissen, sondern vor allem eine wirk- lich gesicherte Kenntnis von der Funktion der bisher aufgedeckten Neuron-

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688 C. UND O.VOGT. "^iiJXg^

gruppen des striären Systems. Wenn wir trotzdem einen Versuch unternehmen, so leiten uns dieselben heuristischen Motive, welche uns zu den entsprechenden Ausführungen in unserem Aufsatze „Zur Kenntnis usw.** veranlaßt haben. Wir erhoffen wie damals von einem solchen Versuch nicht nur eine För- derung der kausalen Erklärung der bisher festgestellten Symptome des Etat marbr6, sondern auch die Anregung zu einer Aufdeckuilg noch nicht beachteter Symptome und ihrer ursächlichen Deutung, sowie die Schaffung einer Basis für uns vor allem interessierende Rückschlüsse auf die normale Funktion des striären Systems.

Wir haben in unserem Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw.** eine gemeinsame Pathophysiologie der Krankheitserscheinungen der einzelnen Teile des striären Systems bei den verschiedensten pathologischen Prozessen angestrebt. Wir möchten heute die Symptomatologie jedes einzelnen pathologischen Pro- zesses getrennt behandeln. Wir werden, so gezwungen, auch auf die Ursache der spezifischen Besonderheiten der Einzelgruppe einzugehen und damit auch jener in den letzten Tagen noch von v. Economo und Schilder hervor- gehobenen Vielfältigkeit der Symptome gerecht zu werden, welche wir bis- her unter C. Vogts „Syndrome du corps stri^** und unter dem ,,Pallidumsyndfom*' zusammengefaßt haben.

Besonders der Fall Wiemer-Tochter lehrt uns, daß die volle Sympto- matologie des Etat marbr^ in Erscheinung treten kann, wenn auch die nicht zum striären System gehörenden Hirnteile sämtlich eine sehr gute Aus- bildung zeigen. Wir halten uns also für berechtigt, alle Symptome auf die Erkrankung des striären Systems zurückzuführen. Von diesem System konnte eine Reduktion der Faserung zwischen Thalamus + NcF und Pallidum nicht festgestellt werden. Von den subthalamischen Grisea und Faserungen zeigte nur das Corpus Luysi eine leichte Volumenverminderung. Das Pallidum war dagegen stark verkleinert. Aber diese Tatsache ist in ihrer . Hauptsache auf einen Ausfall der striopallidären Faserung zurückzuführen (9 in Textfigg. i und 2). So sehen wir die Ursache der Kfankheitssymptome vornehmlich in der Er- krankung des Striatum. Diese ist bereits eine im Embryo aufgetretene Miß- bildung. Es handelt sich also um eine/ Funktionsstörung des Striatum, die sich bereits im embryonalen Gehirn etabliert hat.

Welcher Art ist nun diese Funktionsstörung?

Von vornherein ist durch das Wesen des pathologischen Prozesses aus- geschlossen, daß er zeitlebens zu pathologischen Reizen Veranlassung geben konnte.

Auch die Idee, dem am Status marmoratus erkrankten Striatum eine posi» tive, aber anormale Funktion, also eine Parafunktion, zuzuschreiben und darauf die Krankheitserscheinungen zurückzuführen, glauben wir schon in unserem Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw.*' widerlegt zu haben, indem wir darauf hinwiesen, daß leichte und schwere Fälle von Etat marbr6 nur quantitative, der Intensität der pathologischen Veränderungen parallel gehende Differenzen in der Sympto- matologie darbieten, bei den schwersten aber wenigstens für gewisse somato- topische Bezirke jede Funktion des Striatum aufgehoben ist. 62

iS^iSft s 2U^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 6,89

Wir kommen so zu dem Schluß, daß die Symptomatologie des Etat marbrö auf den Ausfall der Striatumfunktion zurückzuführen ist.

Die vorhandenen Hyperkinesen erweisen sich damit als Enthemmungen. Ußd zwar scheint es uns dabei am nächsten zu liegen, an eine Enthemmung des in seinen aus dem Thalamus + Hypothalamus zuführenden und dahin abführenden Fasern sicherlich nicht schwer geschädigten Pallidum zu denken. Auf Grund unserer bisherigen anatomischen Kenntnisse müssen wir uns den Vorgang so vorstellen. Durch die Bahnen 16, 14, 15 und andere nicht gezeichnete der Textfig. i fließen Erregungen dem Thalamus zu. Ein Teil dieser Erregungen wird direkt (16) oder indirekt (durch 4 und andere Assoziationsneurone) auf dem Wege von 5 und 6 dem Pallidum zugeführt. Normalerweise erhält das Striatum gleichzeitig Erregungen, welche durch <S+9 hemmend^) auf das Palli- dum einwirken. Fällt diese Hemmung fort, so wird die von der Peripherie über den Thalamus dem Pallidum zugeleitete Reizenergie ungehemmt vor allem über das Corpus Luysi [10) der Peripherie wieder zufließen und so die oben erwähnten Hyperkinesen veranlassen. Bei dieser Sachlage ist es verständlich, daß besondere periphere Reize diese Hyperkinesen verstärken. Ferner ist aber die ganze Hirnrinde durch kortikofugale Bahnen mit dem Thalamus verbunden 11 und j in Textfig. 1). Auch die auf diesem Wege dem Thalamus zufließenden Erregungen können auf mehr oder weniger direktem Wege ins Pallidum ge- langen. Wir verstehen 30, wie kortikale Vorgänge, welche sich in ,, Intentionen** und „Emotionen** äußern, die Pallidumhyperkinesie steigern.

Eine größere Schwierigkeit wird der Pathophysiologie von seiten der- jenigen oben abgesonderten Motilitätsstörungen bereitet, bei welchen es schwer ^ zu entscheiden, ob sie hyperkinetischer, akinetischer oder gemischter Natur sind. Die veröffentlichten Krankengeschichten beantworten nicht die Frage, '^ weit die motorische Schwäche auf die Überwindung spastischer Zu- stande zurückzuführen ist. Falls dieses nicht restlos der Fall sein würde, falls vielmehr der Etat marbrö eine positive motorische Asthenie zur Folge h^ben sollte, so wären wir doch noch nicht direkt gezwungen, die Erkrankung ^ Striatum als Ursache heranzuziehen. Man könnte daran denken, das immer- hin geschädigte Pallidum dafür verantwortlich zu machen.

Was dann die Langsamkeit und die Ungeschicklichkeit der Bewegungen beim Etat marbr^ anbelangt, so lehrten uns eingehende Beobachtungen an einer iebenden Kranken, bei welcher wir die Diagnose des Etat marbr6 gemacht haSen, zweierlei. Einerseits gibt es einen so schnell aus den einzelnen Muskelgruppen verschwindenden Spasmus mobilis, daß er sicherlich bei der gewöhnlichen klini- schen Untersuchung oft übersehen wird. Andererseits aber scheinen uns die in diesem Fall zur Beobachtung gelangenden spastischen Erscheinungen nicht die Tatsache genügend zu erklären, daß das heute achtjährige Kind zahlreiche Bewegungen in den verschiedenen Muskeln gar nicht oder nur höchst langsam und ungeschickt ausführen kaim. Wir haben aus diesem Fall den Eindruck

^) Auf den Mechanismus dieser Hemmung wird O. Vogt in seinem Aufsatz „Zur topistischen Erlonchung des menschlichen Seelen- und Nervenlebens", dieses Journal, Bd. 26^ näher eingehen.

63

690 C. irND O. VOGT. ^^\^ jSfeSSgg^

gewonnen, daß die Willkürbewegungen aus dem striären System zahlreicl primitive striäre Bewegungskomponenten in sich aufnehmen und bei dem Foi fall der letzteren wenigstens anfänglich in weitem Maße versagen.

Hier entsteht nun zunächst die Frage, auf welchem Wege Reflexe des striärt Systems in die den Willkürbewegungen in erster Linie zugrunde liegenden kc tikalen Reflexe eingeschaltet sind. Man muß daran denken, daß kortikale E regungen entweder über den Thalamus oder aber auf dem Wege über die Pei pherie ins Pallidum und Striatum geraten.

Es ist dann aber weiter zu entscheiden, ob die ausgefallenen Bewegung komponenten des striären Systems nur durch das Striatum denervatorisch | zügelte oder auch innervatorisch beeinflußte Pallidumkinesen darstellen. E Ungeschicklichkeit beim Etat marbr6 könnte durch die erstere Auffassung \ nügend erklärt werden. Dagegen scheint uns für eine Deutung der Langsa keit der Bewegungen als einer reinen Pallidumakmese die Erkrankung Pallidum beim Etat marbre keine genügend starke zu sein.

Wir kommen endlich zur Einschränkung der Gestikulation auf die Or culares oculorum und die Halsmuskeln bei Wiemer-Mutter und das lange V harren anderer Kranken in unbequemen Stellungen. Diese Störungen dürft doch auf dem Fehlen einer so fein abgestuften akinetischen Komponente ' ruhen, daß wir für ihren Sitz unbedingt das Striatum in Anspruch nehir müssen.

Zum Schlüsse möchten wir noch kurz auf eine Form von Langsamk und Ungeschicklichkeit eingehen, die deswegen in der Klinik eine besond( Rolle spielt, weil Babinski auf sie speziell aufmerksam gemacht und sie j Adiadokokinens beschrieben hat. Es handelt sich um die Verlangsamung ui schichtiger antagonistischer Bewegungen, z. B. der Supination und Pronati der Hand. Der Rechtshänder macht diese Bewegung mit der rechten Ha schneller. Gleichzeitig konstatiert man aber eine Verringerung der Exkursi der einzelnen Bewegung gegenüber derjenigen der linken Hand. Die Adiac kokinesis der Imken Hand beruht also auf einer nicht genügend prompten He mung oder Denervation (vgl. darüber weiter unten) der im Moment stattfindend Innervation. Der gleichen Störung begegnen wir in noch stärkerem Maße 1 Kleinhirnerkrankungen. Da Babinski seine Adiadokokinesis bei Kleinhi erkrankungen beschrieben hat, so beschränken wir den Begriff der wahi Adiadokokinesis auf die durch Störung der willkürlichen Denervati bedingte. Wir verfügen bisher über keine Tatsache, welche zeigt, daß diese w kürliche Denervation Komponenten des striären Systems enthält, obw< dieses theoretisch möglich ist. Dagegen gibt es zwei andere Formen \ Störungen der Diadokokinesis, die wir wegen ihrer anderen Verursacht als Pseiidoadiadokokinesis bezeichnen. Die eine ist eine innervatorische. ] Innervation ist verlangsamt und ungeschickt und führt so zu einer Pseu adiadokokinesis. Sie wird bei dem Etat marbr6 so weit eine Rolle spielen, Ungeschicklichkeit und Langsamkeit der Bewegung auf dem Ausfall von Kine des striären Systems beruhen. Die Bewegung ist aber beim Etat marbr6 v fach wenigstens teilweise bloß infolge von spastischen Zuständen verlangsamt i

64

•J2^, ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 69I

ungeschickt. In allen diesen Fällen muß eine spastische Pseudoadiadokokinesis entstehen.

Charakteristisch für die Hyperkinesen und die Akinesen des Etat marbr6 ist nun weiter die Tatsache, daß sie sich bia ins höhere Alter bessern. Wie ist diese Erscheinung zu erklären.^

Soweit die Akinesen in Betracht kommen^ nehmen wir eine sich steigernde innervatorische Leistungsfähigkeit des Großhirns an.

Aber auch die Hyperkinesen bessern sich. Die Wiemer-Mutter zeigte z. B.

1911 viel weniger atheto tische Bewegungen in den Händen als 1895. Hier tritt

unserer Ansicht nach die denervatorische Leistung des Großhirns in

stärkere Tätigkeit^) : eine Leistung, welche bisher in der Literatur viel zu sehr

vernachlässigt worden ist und für die es nach unseren Feststellungen (vgl. dieses

Journal, diesen Band, S. 427 !) besondere Rindenzentren gibt, soweit eine De-

nervation der Agonisten ohne Innervation der Antagonisten in Betracht kommt.

Diese unsere Auffassung wird noch durch den therapeutischen Erfolg gestützt,

welchen v. Stauffenberg in seinem Fall vorübergehend durch systematische

willkürliche Entspannungsübungen erzielte. Wir sehen dabei in dieser Besserung

striärcr Hyperkinesen wie vieler Hysterischer nur einen Spezialfall jener

nach unserer Auffassung auf einer fortgesetzten Erstarkung der Denervations-

med^nismen beruhenden zunehmenden „Selbstbeherrschung", wie wir sie beim

Menschen bis ins Mannesalter verfolgen und an der Abnahme von Ausdrucks-

bcwegungen und Affekthandlungen konstatieren können.

Ausnahmslos bestätigen unsere 7 anatomischen Befunde C. Vogts somato- topische Gliederung des Striatum, derzufolge der orale Teil zum Kopf, der mittlere ^ den Armen und der kaudale zum Rumpfe und "äu den unteren Extremitäten in Beziehung steht.

c) Zur pathologischen Anatomie und Genese des Etat marbri.

Der Etat marbrö ist wie wir schon in unseren früheren Arbeiten hervor- gehoben haben pathologisch- anatomisch etwas ganzEinzigartiges. Ganglien- zellen fallen aus und an ihrer Stelle findet sich ein dichter Markfaserfilz. Nur in C.Vogts Plaques fibromyiliniques der Hirnrinde glauben wir eine homologe Veränderung vor uns zu haben. Da wir nicht ganz sicher sind, ob die Taf. 17, F^. 2 und 3 wiedergegebenen Abbildungen wirkliche Plaques fibromyiliniques darstellen, geben wir in Taf. 18 zweifellos als solche anzusprechende pathologische Veränderungen.

ÜÜL 18, Fig. 1 gibt uns das Zellbild einer derartigen Plaque fibromy^linique aus der Kuppe des Gyrus centralis posterior. Wir sehen in der Mitte der Abbildung von der Oberfläche bis in die V. Schicht hinein ein trichterförmiges Gebiet, in welchem die Ganglienzellen fast vollständig fehlen und an ihrer Stelle eine gewisse Anzahl Neuro- gUazellen vorhanden sind. Gleichzeitig' ist diese Stelle an der Oberfläche durch eine kleine Delle charakterisiert.

') Vgl. darüber unseren künftigen Aufsatz „Zur Psychophysiologie der Motilität", dieses Journal Bd. J6t S jowBAl Ar Pkychologi« und Neurologie. Bd. 95. Ergh. 3. 65

692 C. UND O VOGT. ""Sld »tSStojff^

TaL 18, Fig, 2 gibt uns von einem anderen Gehirn aus derselben Himregion eine solche Plaque fibromy^linique im Markfaserbild wieder. 'Wir sehen hier m noch stär- kerer Ausprägung an der Oberfläche eine Delle und von dieser bis an die 4. Schicht reichend einen anormal dunklen Faserstreifen.

TaL 18, Fig, 8 zeigt aus dem* Gyrus centralis anterior der anderen Hemisphäre desselben Gehirns eine Plaque fibromyelinique, welche außen an einer Delle be- ginnt, sich aber in den tieferen Schichten von j und 4 beuteiförmig ausdehnt. Wenn in den tieferen Schichten auch nicht alle normalen Fasern zum Schwund gekommen sind, so sind dieselben doch nur zum Teil vorhanden ; dafür finden wir aber einen Grund- faserfilz von einer Faserdichtigkeit, wie er unter normalen Verhältnissen nicht vorkommt.

Tal. 18, Fig. 4 zeigt uns endlich aus F* eine Stelle, in der vier verschiedene Plaques fibromy^liniques getroffen sind. Bei 1 haben wir eine solche pathologische Faseransamm- lung" in der j. Schicht, die in dieser Schnittebene auf die anderen Schichten nicht über- greift. Bei 2 sehen wir eine oberflächliche Delle und von dort eine pathologische An- sammlung feiner Fasern sich bis in die oberflächlichen Schichten von j fortsetzen. Bei 3 beginnt eine pathologische Faservermehrung in i, sie nimmt in j unter Verbreiterung zu, läßt sich auch noch in den äußeren Schichten von 4 erkennen und hat dann noch zur Folge gehabt, daß in den weiter nach innen gelegenen Schichten bis zu 6 die nor- malen Radii fast vollständig fehlen, ohne daß von einer direkten pathologischen Zu- nahme der Fasern gesprochen werden kann. Bei 4 haben wir endlich in den innersten Schichten von j und im anstoßenden Teil von 4 eine Plaque getroffen und, wie bei 3, nach innen davon eine beträchtliche Abnahme der Radii. ,

Es gibt wohl kaum ein „normales** menschliches Gehirn, welches dieser Plaques vollständig entbehrt. Dagegen haben wir sie bisher niemals so zahl- reich gefunden, daß sie zu irgendwelchen, während des Lebens aufgefallenen pathologischen Erscheinungen geführt haben. Wir sind ihnen, wenn auch viel seltener, ebenfalls in der Hirnrinde der Affen begegnet. Sollten also die Plaques fibromyöliniques des Cortex cerebri und der Etat marbr6 des Striatum auf eine gleiche Ursache zurückzuführen sein, so müssen wir aus unseren Befunden schließen, daß das Striatum auf diese Ursache viel intensiver reagiert.

Weiterhin sind folgende drei Tatsachen hervorzuheben : i . Der Etat marbre ist eine verhältnismäßig häufige Erkrankung; 2. ist er dabei gegen andere pathologische Veränderungen des Striatum scharf abgegrenzt; 3. ähnelt er sich in den verschiedenen Fällen sehr. Diese drei Momente müssen uns nach den Ausführungen unserer Einleitung (S. 637) darauf hinweisen, daß ein extra- striärer pathogener Faktor die Hauptursache darstellt. Der Umstand, daß die Erkrankung öfter mehrere Geschwister befällt, ohne in der Aszendenz nach- gewiesen zu sein, läßt an eine frühzeitige Keimschädigung denken. Für diejenigen, welche im Gegensatz zu uns die Vererbung ,, erworbener Eigen- schaften*' leugnen, muß auch die Vererbung des Etat marbr6 wie sie im Fall Wiemer wahrscheinlich ist für eine solche Keimschädigung sprechen. Die Art der Keimschädigung ist uns allerdings vorläufig ganz unbekannt. Diese .Schlußfolge macht es dabei natürlich nicht unmöglich, daß auch noch spätere Schädigungen des Embryos denselben Zustand hervorrufen können. In dieser Richtung ist der Fall Gallus Marie S. von Wichtigkeit. Hier verbindet sich mit einer wahrscheinlich Plaques fibromy^liniques aufweisenden, partiellen Mikro- gyrie eine Meningealentzündung, Wollen wir den gleichzeitigen Etat marbr^ mit diesen pathologischen Veränderungen in einen ätiologischen Zusammen- 66

mLSiÜS*« zur lehre der ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 693

hang bringen, so müssen wir hier den Etat marbr^ direkt auf eine embryonale extrastriäre Schädigung zurückführen.

Sollte es derartig verschieden verursachte Etats marbr6s geben, so dürfte eine feinere histologische Analyse auch charakteristische Merkmale für die einzelnen Formen aufdecken.

Der Etat marbr6 zeigt innerhalb des Striatum zweiffellos Prädilektions- stellen. Im Caudatum ist es vornehmlich der Innenteil, im Putamen das dorsale Gebiet.

67

694

C. UND O. VOGT.

Journal t Psyiehologle und Keorologta.

L Stationirer Etat fibreux als Teilerscheinung des Bielschowskyschen Typas

von zerebraler Hemiatrophie (bzw. Diplegie).

Wie wir in unserem ,, Erster Versuch usw.** (S. yi,) ausgeführt haben, kann in dem Striatum eine eleküve Nekrose der Ganglienzellen und feinsten Nerven- fasern auftreten und dann ein starkes Zusamnjenrücken der erhalten geblie- benen groben Markfasern zur Folge haben. Das so entstandene myeloarchi- tektonische Bild hat C. Vogt als Etat fibreux bezeichnet. Als Ursache dieser elektiven Nekrose hatten wir in einem Falle die nachbarliche Lage zu einem beim Erwachsenen sich abspielenden fncephalüischen Prozeß aufgefunden. Diesen Fall müssen wir im übrigen bei unseren gegenwärtigen Studien deswegen vernachlässigen, weil zerebrale Motilitätsstörungen so vorherrschten, daß striäre überhaupt nicht in Erscheinung traten oder bei unseren heutigen Kenntnissen wenigstens noch nicht nachträglich ausgesondert werden können. Wir hatten ferner festgestellt, daß der gewöhnlichen progressiven bilateralen Chorea^ wie der Huntington sehen Chorea eine derartige progressive Ganglienzellennekrose zugrunde liegt. Im ersteren Fall ist die Ätiologie unklar, im zweiten Fall kann die Erkrankung als eine Heredodegeneration aufgefaßt werden.

Inzwischen haben wir nun gefunden, daß jene Nekrobiose, welche sich im Bielschowskyschen Typus der Hemiatrophie (vgl. den 22. Bd. ds. Journals!) an einen in der Jugend aufgetretenen lokalen Krankheitsprozeß anschließt, in den uns bisher bekannt gewordenen drei Fällen^) stets auch die Zellen des Striatum befällt. Soweit die gleichzeitigen kortikalen Störungen die striären nicht wenigstens für unsere heutige klinische Analyse verdecken, sind Fälle der erwähnten Form von Hemiatrophie durch striäre Motilitätsstörungen aus- gezeichnet.

Wir haben endlich festgestellt, daß die progre'ssive Paralyse ebenfaUs zum Etat fibreux führen und auf diesem Wege striäre Motilitätsstörungen auslösen kann.

Wir sind deshalb heute bereits in der Lage, vier ätiologisch differentc Formen von Etat fibreux zu unterscheiden, welche sich klinisch in erkennbaren striären Motilitätsstörungen äußern, nämlich:

1. Etat fibreux als Teilerscheinung des Bielschowskyschen Typus von zerebraler Hemiatrophie (bzw. Diplegie),

2. isolierten Etat fibreux,

3. Etat fibreux als partiellen Prozeß der Huntingtonschen Chorea,

4. Etat fibreux als Folge des progressiv-paralytischen Prozesses im StriatüOL

') Weitere Fälle werden bereits zurzeit in unserm Institut technisch verarbeitet. Ihre schafiliche Beschreibung wird Sache Bieltchowskyt sein.

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M.». in^ 2UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 695

8.

Von diesen vier Foimen können wir die erste als eine nach ihrer infantilen Entstehung stationäre den drei anderen als im späteren Lebensalter auf- tretenden progressiven Typen gegenüberstellen. Wir werden dementsprechend in diesem Kapitel die erste Form, im folgenden die drei anderen behandeln.

Wir verfügen bisher nur über einen zur ersten Form gehörigen Fall, in welchem striäre Motilitätsstörungen in für uns zurzeit erkennbarer Art hervor- traten: und zwar in Form einer Athetose.

Wir verdanken das Gehirn unserem Kollegen Bielschowsky, dem es wiederum mit der Krankengeschichte Herr Dr. Gallus, damaliger stellver- tretender Direktor der Potsdamer Anstalt für Epileptische, überlassen hat. Vom Standpunkt der HemiatropHie wird Bielschowsky das Gehirn bearbeiten. Wir behandeln hier nur den pathologischen Befund, soweit er unserer Ansicht nach zur Athetose in Beziehung steht.

9. OaUns' FaU Fritz 0. (Bie/ 28}.

A. Krankengeschichte.

Fritz G.

Geboren am 14» Mai 1889.

Anamnese:

Uneheliches Kind. Von Seiten der Mutter angeblich keine erbliche Belastung vorhanden. Im Alter von zwei Jahren bekam er zum ersten Male Krämpfe^ die im weiteren Verlauf alle vierzehn Tage auftraten und zwar meist am Tage. Gewöhn- lich treten stundenlang vorher als Vorboten Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit auf. Sodann folgt der Anfall^ bestehend in Zuckungen und vollständiger Bewußtlosigkeit. Nadi dem Anfall schläft der Elranke bis zum anderen Tage und ist auch dann noch sehr abgespannt und müde. Dauer des Anfalls 4 5 Stunden^ nur ab und zu durch eine Ruhepause von höchstens einigen Minuten unterbrochen. Während des Anfalls lifit der Kranke Stuhl und Urin unter sich.

Im Verlauf des 3. Lebensjahres entwickelte sich allmählich eine Lähmung der linken Hand und des linken Fußes ^ die aber den Gebrauch dieser Gliedmaßen nicht ausschloß. ;

Erst im Alter von 4 Jahren lernte der Fat. gehen.

In den anfallsfreien Zeiten war der Knabe gedächtnisschwach und zeigte Lücken in seiner Intelligenz.

Andere Krankheiten soll der Fat. nicht gehabt haben.

Status pfäsens am i^. August iSg6:

Fat. ist für sein Alter leidlich entwickelt, hat ein gesundes Aussehen.

Schädel normal.

Leichte Andeutung einer Hasenscharte.

Brust- und Abdominalorgane ohne Veränderung.

Linke obere und untere Extremität verkürzt. Muskulatur atro- phisch. Pes-equinus-Stellung des/. Fußes. Fat. kann die linke Hand und den linken Vorderarm in erheblichem Grade hyperextendieren. In der linken Hand sehr charakteristische Athetosebewegungen, Beim Gehen wird das linke Bein geschleudert.

35. August 1896. . Fat. ist lebhaft und munter. Macht nicht den Eindruck^ als ob er geistig wesentlich hinter seinen Altersgenossen zurückgeblieben wäre. Die sprach- liche Entwicklung ist eine ganz normale. Auffallend ist nur seine Unfähigkeit^ richtige Angaben über Farben machen zu können.

X.April 1897. Körpergewicht: 22kg.

69

60 C. UND O. VOGT. "^lk£SSS^

I. Juni 1903. Regelmäßige Krampf- und Schwindelanfälle. Zeitweilig auch kurz dauernde Wutanfälle. In der Schule macht Pat. leidliche Fortschritte, doch ist die Intelligenz erheblich herabgesetzt. Besonders rechnet er schlecht. Zur Verbesserung des Ganges trägt er am linken Bein einen Stützapparat. Er geht damit leid- lich. Der linke Arm ist stark atrophisch. Seine Bewegungsfähigkeit ist zwar nicht aufgehoben, aber für Arbeitsleistungen nicht ausreichend.

In weiterem Verlauf blieben die epileptischen Anfälle bestehen und nahm die Intelligenz weiter ab. Die Lähmungserscheinungen wurden nicht schlimmer,

Tod an Pneumonie im Alter von 21 Jahren.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Nachdem im zweiten Lebensjahr epileptische Anfälle eingesetzt haben, entwickelt sich im Verlauf des dritten allmählich eine Lähmung der /. Extremi- täten. Diese führt zu einer Pes-equinus- Stellung des Fußes, aber zu keiner vollständigen spastischen Lähmung des /. Armes, dagegen zu ausgesprochenen ath et o tischen Bewegungen in der /. Hand. Keine Verschlimmerung der Lähmungserscheinungen bis zum Tod im 21. Lebensjahr an Pneumonie.

B. Anatomische Untersuchung.

a) Makroskopischer Befund.

Die rechte Hemisphäre des überhaupt kleinen Gehirns ist deutlich weniger volu- minös als die linke; die Differenz ist aber wie wir noch bei Beschreibung der Taf. 23, Fig. 1 sehen werden wesentlich geringer als in den beiden Fällen, welche Biel- schowsky im Band 22 dieses Journals beschrieben hat. Aus dem Bielschowsky- schen Protokoll der makroskopischen Sektion sei dann noch folgendes hervorgehoben: „Pia über beiden Hemisphären milchig getrübt und verdickt, aber nur an der Kon- vexität. An der Basis ist die Pia von normaler Zartheit. Am rechten Stimlappen sind die Sulci tief eingezogen und verbreitert. Die Windungen treten stellenweise kämm- artig hervor. Im mittleren Teil von T* rechts (im Übergangsgebiet zum Gyrus supra- marginalis) liegt eine etwa fünfpfennigstückgroße Stelle, in deren Bereich die Gehimsub- stanz unter der Pia fehlt und durch einen zystischen, mit Flüssigkeit erfüllten Hohlraum ersetzt ist. Okzipi talwärts von dieser Zyste sind die Windungen des Okzipitallappens auffällig verschmälert. Die Klein hirnhemisphären sind von annähernd gleicher Größe. Auch das Volumen der Oblongatapyramiden ist auf beiden Seiten annähernd gleich. Raumdifferenzen an den beiden Ponshälften sind nicht zu konstatieren."

b) Mikroskopischer Befund.

a) Untersuchung an herausgeschnittenen Stücken.

Die Beschreibung des Defektes in der ///. Schicht des Cortex der r. Hemisphäre sowie die Würdigung der stärkeren Atrophie des Thalamus überlassen wir unserem Kollegen Bielschowsky.

TaL 19, Pig. 1 bringt uns einen Ausschnitt aus dem /. Nc, und zwar von demselben zwischen den Taf. 21, Fig. 2 und Taf. 22, Fig. 1 abgebildeten Schnitten gelegener Schnitte, welchem auch alle übrigen Figuren dieser Tafel unter Verwendung der gleicher 50 fachen Vergrößerung entnommen sind. Wie ein Vergleich mit Taf. 2, Fig. 1 lehrt ist eine Abweichung von der normalen Architektonik in diesem Ausschnitt nicht er kenn bar.

Tal. 19, Pig. 2 macht uns mit der Architektonik des r. geschrumpften Nc be

kannt. In dem in der Abbildung oben gelegenen, in Wirklichkeit dem Ventrikel zu

gekehrten Teil sind der Ependymstreifen und die nach innen folgende marklose Zom

von annähernd normalem Bau. Dagegen sind weiter nach innen in großer Ausdehnun;

70

JiiiJJ^JfJ^ . ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 697

8;^

fast alle Nervenzellen verschwunden. An ihre Stelle sind Neurogliakerne getreten. I>iesesind aber giößer und blasser (Kerne von Astrocyten) als die der Capsula interna (Ci) und ebenso als diejenigen, welche Taf. 34, Fig. 1 in einem Fall von Huntingtonscher Chorea in Nc an die Stelle der untergegangenen Ganglienzellen getreten sind. In Taf, 34, Fig.l ist außerdem die Zahl der Neurogliakerne eine deutlich größere. Kleine, der Capsula interna benachbarte Teile von Nc zeigen in der vorliegenden Figur dagegen annähernd einen normalen Bau.

KiL 19, Fig. 8 gibt einen Ausschnitt aus dem ventro-lateralen Gebiet des /. Put. Die Architektonik ist eine durchaus normale, wie ein Vergleich mit Taf. 1, Fig. 1 ohne weiteres lehrt.

TU. 19, Fig. 4 stellt die identische Stelle des f. PuL dar. Auch hier läßt sich nichts Anormales erkennen.

TaL 19, Pig. 6 bringt den dorso -lateralen Teil des /. Put. Hier beobachtet man. ebenfalls keine Abweichungen von der typischen Architektonik.

Tbl 19, Pig. 8 zeigt uns medialwärts weiter ausgedehnt die entsprechende Stelle vom r. Put. Hier ist im Vergleich zur vorigen Figur zweifellos eine Rarefi zierung der Ganglienzellen und eine Zunahme der Neurogliakerne zu erkennen.

TaL 19, Pig. 7 stammt aus dem r. Pallidum externum. Ein Vergleich mit Taf. 1, Flg. 2 laßt nichts Pathologisches erkennen.

TaL 19, Pig. 8. Hier ist ein Ausschnitt aus dem r. Pallidum internum reproduziert. Auch dieser zeigt gegenüber Taf. 2, Fig. 2 keine erkennbaren Abweichungen.

TU. 19, Pig. 9. Die Zellen des Nucleus substantiae innominatae sind auch hier von normaler Größe und normaler Zahl. Blutgefäße und Neurogliakerne zeigen keine Vennehrung.

TU. 19, Pig. 10 bringt eine Photographie des Patienten.

ß) Feststellungen an der Markfaserserie.

TaL 80, Pig. 1 bringt von diesem Gehirn den oralen Anfang der beiden Striata. Wir erkennen hier im rechten Striatum neben einer deutlichen Atrophie der Capsula interna (Ci) eine unter Abplattung der dem Seiten Ventrikel zugekehrten Obei fläche sidi vollziehende Volumenreduktion von Nc, Gleichzeitig wird ein Streifen an der Oberflache von Nc ausschließlich durch Fasern gebildet. Hier hat sich unter der Taf. 19, Fig. d cytoarchitektonisch zur Darstellung gebrachten Atrophie der Ganglienzellen in bandförmiger Weise ein Etat fibrcux entwickelt. Andeutungen eines solchen finden sich auch nach innen von diesem Streifen im dorsalen Teil von Nc und dem dorsalsten von I^ut, Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man gut, daß der Ependymstreifen, die tnaiklose Zone und die Außenschicht des Tangentialstreifens eine normale Entwicklung »igen. Die Innenschicht des letzteren geht ohne Grenze in die pathologische Faser- mas&e über. Man sieht schon bei «der schwachen Vergrößerung der Figifr, daß der Innenteil der pathologischen Masse besonders dunkel, d. h. speziell faserreich ist. Ttf. 20, Pig. 2 zeigt bei 4facher Vergrößerung die Striata des weiter unten be- schriebenen, in Taf. 23, Fig. 1 in toto wiedergegebenen Gehimschnittes. Wir sehen hier r. eine noch intensivere Atrophie von Nc mit einem breiten Bande eines Etat fibreux an seiner dem Ventrikel zugewendeten Oberfläche.

Ein Vergleich von Taf. 20, Figg. 1 und 2 mit den Abbildungen der Taf. 11 zeigt

um in klarer Weise die typischen Differenzen zwischen dem in Taf. 20 vorliegenden

Etat fihreux und dem Etat marbti. Wir können in Nc der Taf. 11 wie in dem normalen

VIc der linken Hemisphäre der Taf. 20 entsprechend unseren normalanatomischen

Vorbemerkungen eine äußere, der Faserbündel entbehrende Hälfte {Außenteil von Nc)

und eine solche aufweisende innere Hälfte {Innenteil von Nc) unterscheiden. Diese innere

Hälfte ist in Taf. 1 1 durchsetzt von atypischen Klumpen anormaler feiner Fasermassen,

ohne daß irgendeine Anomalie in der äußeren Konfiguration von Nc in Erscheinung tritt.

ßn ähnliches Bild wie das der Taf. 11 haben wir in Taf. 9, Figg. 2 und 3. Dagegen ist

in der rechten Hälfte der Figg. 1 und 2 der Taf. 20 die äußere, der Faser bundel ent*

71

^98 C. UND O. VOGT. "^hJS^Sg^

behrende Hälfte von Nc etwa um zwei Drittel geschrumpft und zwar wie Taf. 19, Fig* 2 lehrt unter Zugrundegehen der Ganglienzellen bei Erhaltenbleiben der Mark- fasern« Sie sind nun so dicht aneinander gereiht, daß sie schon bei der vorliegenden 4fachen Vergrößerung sichtbar sind, während man zur Erkennung der durch Ganglien- zellen voneinander getrennten Markfasem des Außenteils des normalen Nc stärkerer Vergrößerungen bedarf.

Tat 21, Pig. 1. Ein Vergleich der beiderseitigen Striata zeigt hier noch deutlicher die pathologische Veränderung des rechten Nc. Wir sehen sehr klar, wie der Außen- teil von Nc unter starker Abflachung geschrumpft ist und sich in einen Etat fibreux verwandelt hat. Das Putamten und das hier zum ersten Male in seinem oralsten Teil getroffene Pallidum lassen keine anormalen Verhältnisse erkennen.

Tat 21, Pig. 2 zeigt ebenfalls eine starke Atrophie des rechten Nc mit einem deut- liclien Etat fibreux. Im Putamen und Pallidum läßt sich kein anormaler Befund nach- weisen. Die Verschmälerung der inneren Kapsel wie auch die Volumenreduktion des Fomix tritt deutlich hervor.

TaL 22, Pig. 1. Auch hier ist der rechte Nc auf ein Drittel seines normalen Vo- lumens reduziert. Putamen und Pallidum zeigen dagegen keine erkennbare Abweichung von der Norm. Wir machen speziell noch darauf aufmerksam, wie sich hier Gi in normaler

Weise durch stärkeren Fasergehalt von Ge unterscheidet. Indessen muß hervorgehoben werden, daß wie Taf. 19, Fig. 6 lehrt in dem zwischen dem hier und dem Taf. 21, Fig. 2 abgebildeten Schnitte gelegenen Gebiet der dorso -laterale Teil des Put einen leichten Schwund der Ganglienzellen, also einen geringen Grad jenes pathologischen Prozesses aufweist, welcher bei stärkerer Ausprägung zu einem Etat fibreux führt. Das Corpus Luysi zeigt gegenüber der linken Hemisphäre keine Volumenreduktion. Dasselbe gilt von den For eischen Bündeln H^ und H^, Dagegen ist die leichte Größenabnahme des Nucleus ruber gegenüber der linken Hemisphäre für die ganze rechte Hemisphäre charakteristisch. Endlich ergibt diese Abbildung die sehr be-

trächtliche Volumenreduktion des Thalamus. Dabei läßt aber ein Vergleich mit Taf. 23, Fig. 3 deutlich erkennen, daß der Thalamus, speziell in seinen dorsalen Partien, zweifellos nicht so stark verkleinert ist, wie in Bielschowskys, von ihm in Band 22 dieses Journals beschriebenen Fall Klara L.

TaL 22, Pig. 2 bringt nur die rechten zentralen Ganglien. Wir erkennen hier eine ähnliche Reduktion von Nc und ebenso von Nc"^ wie in den früheren Abbildungen. Der ebenfalls im Vergleich zu demjenigen der nicht abgebildeten l. Hemisphäre etwas verkleinerte Nucleus ruber zeigt sonst normale Verhältnisse wie auch alle Teile seiner Kapsel. Der Thalamus zeigt eine Größenabnahme, die der in Taf. 22, Fig. 1 ab- gebildeten entspricht.

Tat 22, Pig. 8 zeigt einen Querschnitt durch die Brückenregion. Wir erkennen eine leichte Reduktion des zur rechten Hemisphäre in Beziehung stehenden, hier also in der linken Hemisphäre gelegenen Brachium conjunciivum. Dagegen kann von einer Volumenreduktion der rechten Pyramide gar nicht die Rede sein.

TaL 22, Pig, 4 zeigt uns einen Ausschnitt aus den zentraleren Partien des Cerebeüum. Wir sehen, daß nur eine leichte Volumenreduktion der linken Kleinhirnhemisphäre in Betracht kommen kann. Dasselbe gilt vom Dentaium.

TaL 28, Pig. 1 gibt jenen ganzen Schnitt wieder, von dem die Striata in Taf. 20, Fig. 2 abgebildet sind. Ein Vergleich mit dem in Taf. 23, Fig. 2 dargestellten, an- nähernd gleichen Schnitt des Bielschowskyschcn Falles Klara L. zeigt deutlich, daß die Atrophie der rechten Hemisphäre in dem von uns hier beschriebenen Fall Fritz G. wesentlich geringer ist als in dem Fall Klara L.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Aus den mitgeteilten Befunden ergibt sich, daß ein in diesem Fall in T^ gelegener primärer ,,encephalitischer'; Herd zu einer Hemiatrophie geführt 72

2i2iS?'Ä Z^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 699

hat, welchem in der Großhirnrinde, wie Bielscho^ky noch zeigen wird, eine partielle Nekrose der III. Rindenschicht zugrunde liegt. Außerdem liegt eine starke Atrophie des Thalamus vor, während der Hifnfuß annähernd normal ist und speziell die Pyramidenfaserung nicht die geringste Volumenreduktion erkeimenläßt. Es handelt sich also um einen neuen Fall jener von Bielschowsky im 22. Bde. ds. Journals auf Grund von zwei Fällen Klara L. und Bertha St. zum ersten Male klar abgegrenzten besonderen Form von Hemiatrophie.

Es ist nun sehr interessant, daß sich der elektiv-nekrotische Prozeß bei Fritz G. nicht auf die ///. Rindenschicht beschränkt, sondern auch zu einer so starken Zellnekrose des Außenteils von Nc geführt hat, daß hier dann infolge Zusammenrückens der erhalten gebliebenen Markfasern ein Etat fibreux ent- standen ist. Im oralsten Gebiet des Striatum zeigt auch die dorsale Region des Innenteils von Nc und der dorsalste Abschnitt von Put Andeutungen eines Etat fibreux. Das Zellbild lehrt weiter, daß ein abgeschwächter pathologischer Prozeß der gleichen Qualität sich auch noch außerhalb der Peripherie des er- kennbaren Etat fibreux abgespielt hat. Dagegen ist das Zellbild des Pallidum ohne erkennbare Abweichungen und das Corpus Luysi von normaler Aus- biUung. Auch das Bündel //• zeigt keine sicher erkennbare Volumenvermin- dening.

Es muß endlich noch hervorgehoben werden, daß die Neurogliareaktion im vorliegenden Falle nicht ganz identisch mit derjenigen der weiter unten zu beschreibenden Formen von Etat fibreux ist.

C. Epikrise,

Entsprechend diesem Befund möchten wir die athetotischen Bewegungen auf den Etat fibreux von Nc zurückführen, ohne dabei der Funktionsuntüchtig- keit des r. Thalamus jede Rolle absprechen zu wollen. Die in diesem Fall relativ leichten Erscheinungen der einseitigen typischen spastischen Kinderlähmung bringen wir dagegen in erster Linie zur Erkrankung der ///. Schicht in Beziehung, wobei wir uns den Mechanismus dieser Lähmung ganz so denken, wie ihn Biel- schowsky in seiner wichtigen Arbeit dargestellt hat. Ob in späterer Zeit aus der spastischen Lähmung eine striäre Komporiente herausgeschält werden kann oder diese ganz durch das kortikale Syndrom verdeckt wird, 'müssen künftige Untersuchungen entscheiden.

Es ist nun aber wie eine daraufhin gerichtete Betrachtung der beiden von Bielschowsky beschriebenen Fälle lehrt eine elektive Zellnekrose des Striatum keine Besonderheit der Erkrankung von Fritz G., sondern auch eine Begleiterscheinung der beiden von Bielschowsky beschriebenen Fälle.

Betrachten Vir zunächst zwei von uns in Taf. 23, Fig'g. 2 u. 3 gebrachte neue Abbildungen der ersten Beobachtung Bielschowskys (Kb.ra L.)!

TaL 28, Pig. 2 läßt neben der Atrophie der rechten Hemisphäre, welche wie schon bei Beschreibung von Taf. 23, Fig. 1 erwähnt wesentlich stärker ist als die von Fritz ^G., im f. Striatum und Pallidum gegenüber der normalen linken Seite wesent- lich mehr Fasern erkennen. Diese Erscheinung ist soweit sie das r. Striatum be- trifft — unserer Ansicht nach auf seine beträchtliche Volumenreduktion in oral-kaudaler

73

70O C. UND O. VOGT. "^i\^SSl^.

Richtung vornehmlich infolge Zellausfalls zurückzuführen, während die Faseru intakter geblieben ist. Die Markzunahme des Pallidum erklären wir durch Volum< Verminderung unter gleichzeitiger Abnahme der sich im Pallidum verzweigenden u dabei seine gröberen Fasern voneinander getrennt haltenden feinen strio-pallidäi Fasern. Außerdem erkennt man auch hier schon bei dieser Vergrößerung spezi einen Faserstreifen am lateralen Teil der deutligh etwas abgeplatteten Oberfläche \ Nc, der nichts anderes ist, als jener in dem eben beschriebenen Fall Fritz G. stärl ausgeprägte lokale Etat fibreux.

TM. 28, Pig. 8 gibt einen weiter kaudal gelegenen Schnitt desselben Gehirns wied Hier ist in der atrophischen rechten Seite Nc bis zu einem schmalen Bändchen schrumpft. Das Putamen und vor allem das Pallidum sind auch hier wesentlich ma haltiger als in der normalen Hemisphäre. Dagegen zeigen die Corpora Luysi und For eischen Bündel H^ und H^ keine wesentlichen Differenzen in den beiden Seit Andererseits erkennt man hier eine so starke Atrophie des rechten Thalamus, daß wie schon oben bei der Beschreibung det Fig. 1 der Taf. 22 erwähnt wurde < bei Fritz G. vorliegende, und zwar besonders in den dorsalen Partien, deutlich übertriJ

Es weist also Klara L. eine ähnliche Erkrankung des Striatum auf 'v Fritz G., zeigt aber eine stärkere Atrophie der Großhirnhemisphäre und d Thalamus,

Derselbe Befund kann nun für den anderen von Bielschowsky ve öffentlichten Fall, Hertha St., erhoben werden. Auch hier zeigt die linke Hen: Sphäre eine deutlich stärkere Reduktion als bei Fritz G., wie aus den Bie schowskyschen Abbildungen hervorgeht. Zugleich zeigen unter diesen d Figg. 3 u. 4 der Taf. 4 deutlich die Tatsache, daß das gesamte linke Striaiu unter stellenweiser Ausbildung eines Etat fibreux und unter Vermehrung sein» Faserfaszikeln wie MarkzunahmeNles Pallidum eine merkliche Volumenve minderung erfahren hat.

Diese Feststellungen veranlassen uns zur Entwicklung einer Reihe vc Anschauungen, die uns insgesamt wenigstens von heuristischem Wert zu se scheinen.

a) Zur Verdeckung des striären Syndroms durch dasjenige des spino-kortikal(

Reflexbog ens.

In unserem ,, Erster Versuch usw." wkren wir zu dem Resultat gekomme ,,daß wenigstens eine weitgehende Intaktheit des spino-kortikalen Reflexboge eine unerläßliche Vorbedingung für das Zustandekommen des striären Sy droms darstellt", daß mit anderen Worten überall da, wo ein in der Literat häufig als ,,Pyramidcnsyndrom" bezeichneter Komplex spino-kortikaler St rungen in Erscheinung tritt, dieser das striäre Syndrom verdeckt.

Klara L. und Hertha St. zeigten nun beide klinisch im Vergleich zu Fritz einerseits eine stärkere spastische Hemiplegie und andererseits keine erken -^ ha.ren striären Symptome. Nach unserer Auffassung hat die stärkere Grc hirnerkrankung in diesen beiden Fällen zu bedeutenderen kortiko-motorisch Ausfallserscheinungen geführt und auf diese Weise das striäre Syndrom v< deckt. Hei Fritz G. gest2.ttete die geringere kortikale Erkrankung ein t( weises Hervortreten striärer Symptome. Die .Stärke des Verdecktsei des Striatumsyndroms steht in proportionaler Beziehung zur Inte sität der kortiko-motorischen Störungen. 74

■JiyS' . ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. JO l

b) Das übersehen striärer Erkiankungen.

In unserem Aufsatz „Zur Kenntnis usw." haben wir schon hervorgehoben, wie nochganz neuerdings v. Economo als „längst bekannt'* hinstellt, ,,daß sich gerade bei Kindern in zartem Alter nach den allerverschiedensten Lokalisationen einer Hirnsdiädigung eine Athetose entwickeln kann**, v. Economo bezieht sich dabei allen Ernstes auf eine Mitteilung Magendies aus dem Jahre 1823! Für uns sind nur Befunde an solchen mikroskopischen Schnittserien beweisend, welche mit modernen Färbungen behandelt sind. Und da können wir auch heute noch die vor einem Jahr in unserem ,, Erster Versuch usw.** aufgestellte Behauptung bestätigen, daß unter unseren inzwischen noch weiter vermehrten Schnitt- scrien keine vorhanden ist, in welcher eine isolierte , »irgendwie lokalisierte Sub- stanzzerstörung des Großhirns oder seiner Faserung" lähmungsfreic Stp.rre und Athetose hervorgerufen hat. Der eben beschriebene Fall Fritz G. mag aber einen Schlüssel geben, wie eventuell Athetose auf eine Großhirnerkrankung bezogen werden kann. Die Hemiatrophie des Großhirns war schon bei der . maiffoSkopischen Untersuchung augenfällig. Die Veränderung des Striatum erforderte ein Studium ei/ier nach modernen Methoden angefertigten Schnitt- seric. So hebt denn auch H. Oppenheim in diesem Journal, Bd. 18 (S. 294), bei der Wiederbeschreibung eines Falles, in welchem er früher Pthetotische Be- legungen auf eine Großhirnerkrankung zurückgeführt hatte, hervor, daß ihm derartige Veränderungen des Striatum, wie wir sie hier im Auge haben, bei «inen „damals unvollkommenen Präparaten entgangen sein würden**. Es schont uns deshalb auch in dieser Richtung der Fall Fritz G. lehrreich zu sein.

^) Die Athetose als Ausfallsreaktion einer embryonalen oder ganz jugendlichen,

primär rein striären Erkrankung.

Das Streben nach Erklärung der Tatsache, warum eine striäre Erkrankung

das eine Mal Athetose, das andere Mal Chorea, ein drittes Mal Paralysis agitans

und ein viertes Mal noch andere Hyperkinesen hervorruft, hat naturgemäß alle

Autoren erfüllt, welche sich eingehender mit den striären Motilitätsstörungen

beschäftigt haben. Kleist hat neuerdings die Ansicht geäußert, daß bei der

Athetose das Pallidum inmier mit erkrankt sei. Er zieht auch C. Vogts Fest-

*^ung eines Ausfalls strio-pallidärer Fasern bei Wiemer-Tochter als Beleg

heran. Wir werden weiter unten zu zeigen haben, daß der Etat fibreux des

Striatum zu wenigstens ebenso starken sekundären Veränderungen im Pallidum

führen und trotzdem eine Chorea hervorrufen kann. Dagegen möchten wir im

Anschluß an den Fall Fritz G. auf einen anderen Gesichtspunkt hinweisen. Fritz G.

hat mit Athetose und nicht mk Chorea als Ausfallserscheinung reagiert. Dasselbe

gilt für alle obigen, unserer Ansicht nach im embryonalen Leben entstandenen

Fälle von Etat marbr6. Wir haben dieser Feststellung hinzuzufügen, daß auch

Antons Fall Cassian H. unter den unwillkürlichen Bewegungen echte athetotische

(Athetose der Hände, Babinskistellung der großen Zehen, Fächerbewegungen

der übrigen Zehen) zeigte. Es ist uns ferner aus der Literatur kein Fall bekannt

geworden, wo eine auf das Striatum beschränkte fötale oder im ersten Kindes-

altcr auftretende Striatumerkrankung ausschließlich zu choreatischen Spontan-

75

702 C. UND 0. VOGT.

bewegui^en geführt hat. Andererseits beziehen sich die von uns in der älteren Literatur aufgefundenen Fälle von „Athetose", in denen man geneigt sein möchte, dieselbe auf eine alte pathologische Veränderung des Striatum zurückzuführen (Beobachtungen vonEichhorst, Murrell, Landouzy, D^jerine und Solliev sowie A. Berger) alle auf Erkrankungen in den ersten Lebensjahren. Wirmöchbezi deshalb vorläufig folgende Arbeitshypothese aufstellen. Eine rein striäre Erkrankung muß im embryonalen Leben oder im ersten Kindesalter auftreten, um sicher als Ausfallserscheinung zur Athetose zu rechnende Spontanbewegungen hervorzurufen. Später einsetzende, das Striatum allein betreffende pathologische Veränderungen bedingen als Ausfalls- erscheinungen meist nur andere unwillkürliche Bewegungen. Das Fehlexx athetotischer im größten Teil dieser Fälle möchten wir dabei darauf zurückführen.» daß das übrige Nervensystem nach Vollendung der ersten Lebensjahre auf ein^ Striatumerkrankung anders reagiert als in der Fötalzeit und der frühesten Kindheit -

d) Der Etat fibreux als Ausdruck der besonderen Vulnerabilität der Striatum ^ Zeilen. Die bisher als solche erkannten drei Falle des Bielschowskyschen Typu^ der zerebralen Hemlatrophie zeigen neben einer elektivcn Nekrose der ///. Rin— denschicht samtlich eine solche der Striatumzellen . Bielschowsky hat die Frage der Ursache des elektiven Absterbens der 111. Rindenschicht zu beant- worten gesucht und kommt zu dem Resultat, daß die besondere Vulnera- bilität der ///. Rindenschicht eine wichtige Ursache sei. Wir werden im weiteren Verlauf unserer Ausführungen mehr Gründe für die Annahme einer solchen besonderen Empfindlichkeit der Striatumzellen kennen lernen. Je mehr wir aber dieselbe als die Ursache des weit verbreiteten und durch sdir verschiedene Momente ausgelösten Etat fibreux sicherstellen, um so mehr wird dadurch auch die Auffassung gestützt, daß dem elektiven Zugrundegehen der ///. Rindenschicht eine besondere Vulnerabihtät derselben zugrunde Hegt.

e) Teile des Caudatum als Bestandteil des striären Armgebiets. Wenn wir mit Recht in dem vorliegenden Falle die Athetose auf die schwere Erkrankung des Caudatum zurückführen, so geht daraus hervor, daß ein Teil des Caudatum zur Armmusloilatur in Beziehung steht. Betont werden muß dabei, daß vor allem das Corpus des Caudatum erkrankt ist. Es wüide die Inanspruchnahme dieses Teiles des Caudatum für das Armgebiet mit der soma- totopischcn Gliederung des Striatum von C. Vogt durchaus in Einklang zu bringen sein. Ob ein Teil des zerstörten oralen Gebietes des Csudatum zu bulbären Symptomen Beziehung hat, ist aus dem vorliegenden Fall bei der Einseitigkeit der Erkrankung und noch speziell bei der Tatsache, daß der Herd im rechten Nc liegt, nicht zu ersehen.

f) Das klinische Bild des Etat fibreux des Striatum als einer Teilerscheini^g des Bielschowskyschen Typus der zerebralen Kinderlähmung. Fragen wir uns endlich, durch welche klinischen Symptome der den Bielschowskyschen Typus der zerebralen Kinderlähmung begleitende Etat

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I

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- yj^jy», ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 703

fibreux des Striatum charakterisiert ist, so müssen wir zunächst hervorheben, daß wir bei unseren heutigen Kenntnissen nicht in der Lage sind, aus den spastiscnen Erscheinungen eine striäre Komponente herauszuschälen. Es bleibt also nur in den Fällen einer relativ geringfügigen spastischen Lähmung eine Athetose übrig, welche keinen progressiven Charakter zeigt, nach- dem sie sich im frühen Kindesalter einmal entwickelt hat.

Die Diagnostizierung einer solchen Athetose als Partialerscheinung des Biclschowskyschen Typus der zerebralen Kinderlähmung hängt davon ab, daß wir das Vorliegen des Biclschowskyschen Typus bei einer Kinderlähmung erkennen. Dieser Typus ist soweit wir bisher wissen durch einen Beginn mit sich auch weiterhin erhaltenden epileptischen Anfällen, eine erst nach dem Auftreten dieser Anfälle im Verlauf einer Reihe von Monaten allmählich einsetzende spastische Hemiplegie und eine im weiteren Leben in Erscheinung tretende Hypoplasie der Muskulatur und des Skeletts charakterisiert. Wir zweifeln aber nicht daran, daß die bisher ungenügende klinische Untersuchung zum Biclschowskyschen Typus ge- hörender Fälle T speziell in bezug auf sensible und sensorielle Störungen die Differentialdiagnose gegenüber anderen Formen zerebraler Kinderlähmungen weiter vertiefen wird.

In den drei bisher aus unserem Institut veröffentlichten Fällen handelte es sich immer um eine einseitige Erkrankung. Selbstverständlich kann die Er- krankung auch einmal in beiden Hemisphären auftreten, also zu einer ent- sprechenden Diplegie führen.

Daß auch andere Formen zerebraler Kinderlähmung mit einer Erkran- kung des Striatum verbunden sein können und sich dann da, wo die korti- kalen Ausfallset scheinungen der Aiea gigantopyramidalis einen nicht zu starken Grad erreicht haben, die Erkrankung des striären Systems bemerkbar macht, ist eine Möglichkeit, mit der wir für die Zukunft zu rechnen haben. Aber wir verfügen in unserem Institut noch nicht über derartige Fälle.

77

704 C. UND 0. VOGT. »«"J iJSSSS*

und Neurölogte,

III. Progressiver Etat fibreux.

A. Beschreibung der Fälle. a) Isolierter Etat fihreux*

Wir bringen hier zwei Fälle, welche wir unserem Kollegen Bielschow'sky verdanken und die wir schon in unserem ,, Erster Versuch usw." erwähnt haben, und einen dritten Fall, welchen Herr Prof. Schuster uns überlassen hat.

10. BieUohowskys Fall Otto L. [Biet lö).

A. Krankengeschichte.

Anamnese:

31 Jahre alt, unverheiratet.

Keine erbliche Belastung. Lues geleugnet.

Potus: 5 6 Glas Bier, für etwa 10 Pfennig Schnaps täglich.

An Krankheiten machte der Pat. Masern, Typhus und Magenkatarrh durch.

Die jetzige Krankheit begann vor et)ya 3V2 Jahren mit Zuckungen in den Beinen. Später traten auch solche in der Rumpfmuskulatur, den oberen Extremitäten und in der Zunge auf. Die Sprache wurde erschwert und wenig verständlich. Der Gang wurde sehr schleppend.

Status praesens: *

Etwas gelbliche Gesichtsfarbe. Tiefe Einsenkungen der Fossae supraspinatae. Hochgradige Kyphoskoliose der Brustwirbelsäule. Die rechte Schulter steht höher als die Hnke.

Pupillen gleich weit, reagieren prompt auf Licht und Konvergenz. Augenbe- wegungen frei.

Schwäche in den beiden oberen Faciales.

Choreatische Bewegungen in der gesamten Gesichts- und Zungen- muskulatur. Sprache lispelnd, erschwert, von schnalzenden Lauten begleitet.

Eigentümliche/ laute, sich oft wiederholende ins'piratorische Be- wegungen.

Hochgradige mechanische Muskel^rregbarkeit.

Motorische Kraft intakt.

Sensibilität am ganzen Körper normal.

Triceps- und Patellarsehnenphänomene beträchtlich gesteigert.

Kein nennenswerter Intelligenzdefekt. Rechnen und Lesen dem Bildungs- grade des Kranken angemessen.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Es handelt sich um einen Fall progressiver bilateraler Chorea fast der ge- samten Körpermuskulatur, mit Erschwerung der Artikulation und des Gangs, ohne nachweisbare erbliche Belastung, sowie ohne Störung der Augen- bewegungen, der motorischen Kraft und des psychischen Verhaltens bei Stei- gerung der Sehnenphänomene. 78

S!i'JLi2?'< ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 70$

8.

B, Anatomischer Befund.

a) Makroskopische Untersuchung. Das Gehirn zeigt keine makroskopischen Veränderungen.

b) Mikroskopische Untersuchung.

a) Befunde an Nissl-^) und Silberreduktions-Präparaten herausgeschnittener

Hirnpartien.

TbL 24, ng. 1 gibt uns eine Abbildung der Area gigantopyramidalis. Im cyto- architektonischen Bilde lassen sich Abweichungen von der Norm nicht feststellen. Die Pyramidenzellen der ///• zeigen die normale Zahl und Größe. Die innersten Partien von ///'sind nicht kömer- oder ghareicher als in normalen Schnitten. Das gleiche gilt von Vor.

Bei stärkerer Vergrößerung ergibt sich nach Bielschowsky, daß in den Riesen- pyramiden von Vy die chromatophile Substanz im Zentralgebiet der Zellen auf- gestaubt und der Kern nach der Peripherie des Zellkörpers hin verschoben ist. Hier handelt es sich aber bloß um eine akute Veränderung leichter Art, welche erst gegen Ende des Lebens entstanden sein kann und mit der Chorea in keine Beziehung zu bringen ist.

TiL 24, Fig. 2 gibt uns ein Nissl-Bild von dem Claustrum (C/), der Capsula externa (Cr) und dem äußeren Teil des Putamen. Cl und Ce zeigen keine Anomalie. Put zeigt eine starke Vermehrung der Gliakeme und einen fast vollständigen Schwund der Ganglien- xellen. Von den wenigen erhaltenen Ganglienzellen gehören die meisten zu den großen Ganglienzellen.

Bielschowsky hat die histologischen Veränderungen des Putamen und auch des Pallidum an Zellbildem und mit dem Silberreduktionsverfahren behandelten Prä- puaten näher studiert und ist dabei zu folgendem Resultate gekommen:

,JDcr Ganglienzellengehalt des Putamen ist erheblich vermindert. Dabei scheinen die in der Norm nur spärlich vorhandenen großen Zelleft etwas weniger als die kleinen gelitten zu haben. Die ersteren boten aber fast sämtlich Zeichen einer Pigmentdegenera- tion. In den stark tingierten Zellkörpern (Toluidinblau, Cresylviolett) fanden sich fast überall kömige Einlagerungen von bräunlich-schwarzer Eigenfarbe in ziemlich gleichmäfiiger Verteilung, welche z. T. von staubförmiger, z. T. aber auch von ziemlich groUDÖmiger Beschaffenheit waren. Ahnliche Pigmentkörnchen fanden sich in ziem- lich reichlicher Menge auch in den Zellkörpern der Glia und in den Adventitiazellen der Gefäße. Die Hauptveränderung bot die gliöse Grundsubstanz. An Silberpräparaten wird ersichtlich, daß die faserige Substanz des gliösen Stützgewebes stark proliferiert i«t. Überall fanden sich große Astrocyten mit zahlreichen Fortsätzen und großen Kernen. An einzelnen Stellen des Putamen hat man den Eindruck, als ob das Gesamtgewebe nur von derartigen Zellen und ihren sich mannigfach über kreuzenden und durch - flechtenden Fortsätzen gebildet wird. Im Gegensatz zu diesen verfilzten Stellen stehen andere, in denen das Gesamtgewebe eine schwammig poröse Struktur aufweist. Hier liegen zwischen den Gliazugen kleine zystische Hohlräume, deren Wandung von feinen, gliösen Faserzügen gebildet wird. Veränderungen dieser Art präsentieren sich immer in Form kleinster Herdchen. Sie sind ganz vereinzelt in das übrige gleichmäßig ver- diditete Gewebe eingezwängt.

Besonders bemerkenswert ist auch das Verhalten der Gefäße. An den gröberen GefäBen sind die Adventitialräume und die perivaskulären Räume letztere infolge der Schrumpfung des benachbarten Gewebes stark erweitert. In den Adventitial- riumen finden sich neben mäßigen Mengen von Rundzellen auch vereinzelte Fett-

^) Du Gehirn hatte bereits sehr lange in Formalin gelegen. Deshalb sind die Nissl- Bilder wenifer gut gelungen als in den anderen FÜlen.

79

706 C. UND O. VOGT. '**'^He5S

körnchenzellen und außerdem ein feinkörniger, stellenweise aucl» staubförmiger Det

Die Media der gröberen Gefäße zeigt an einzelnen Steller beginnende hyaline Met

phosen. Das Struktur bild dieser Gefäßhaut verschwindet, und an ihrer Stelle

wickelt sich eine strukturlose, den Kern- und Anilinfarbstoff gleichmäßig stark c

tierende Membran. Noch viel stärker machen sich die Veränderungen an den Kapi

bemerkbar. Das günstigste Beobachtungsobjekt bilden hier Silberpräparate. An

sieht man, daß die Kutikularsubstanz der Kapillarwand überall verdickt ist um

Farbstoff viel stärker annimmt, als es unter normalen Verhältnissen geschieht.

erhebliche Kern Vermehrung der Wandzellen hat dabei nicht stattgefunden.

selten begegnet man den bekannten Bildern der Kapillarfibrose. Hier entwickeL

an der Kapillarmembran dichte Züge feinster Fäserchen, welche das Kapillarr(

Spiraltouren umziehen. Hier und da entfernen sich diese fibrösen Züge von den ]

laren und dringen in das benachbarte Gewebe ein. Man begegnet auch den Erschein

einer deutlichen Sprossung an den Kapillaren, welche sich dadurch kund tut, da

an ihnen buckeiförmige Erhebungen mit Kerneinlagerungen am Kulminations

bilden. Ferner sieht man, daß benachbarte Kapillaren durch feine Bindegewebsst

welche kein Lumen tragen, miteinander verwachsen sind. Die Frage, ob es sie

um verödete Kapillaren oder um Produkte einer unvollendeten Sprossung ha

ist schwer zu entscheiden. Die Tatsache, daß aber an anderen Stellen ünz^eife

Sprossungsphänomene nachweisbar sind, macht die letzte Annahme wahrscheinH

Tat 26— Tat 80 folgen nach Taf. 31, Figg. 1 und 2.

Tat 81, Pig. 1 gibt bei 50 f acher Vergrößerung ein Bild von der eben erwä

pathologischen Vermehrung der Kapillaren auf Grund eines Bielschowskj

Silberpräparates wieder.

Tat 81, Fig. 2 zeigt uns ein nach gleicher Art behandeltes normales Put Man erkennt hier deutlich, wie die Kapillaren in dem Präparat gegenüber der vollständig zurücktreten.

„Schließlich ist", fährt Bielschowsky fort, „zu erwähnen, daß im Pn auch zahlreiche Konkremente vorkommen. Sie nähern sich ir ihrer Form meii Corpora amylacea, zeigen wie diese eine starke Affinität zu Kernfarbstoffen un moniakalischer Silberlösung und weisen häufig eine konzentrische Schichtuni Mitunter versintem die benachbarten Gebilde dieser Art zu größeren maulbeera Körpern.

Das Pallidum zeigt ähnliche Veränderungen wie das Putamen, nur sind s von geringerer Stärke. Insbesondere scheint der Zellgehalt des Pallidum geringem Maße gelitten zu haben. Die oben geschilderten Veränderungen an den laren sind auch hier in quantitativ verringertem Maße vorhanden. Die das Pa quer durchziehenden Nervenfaserbündel, die sich im verringerten Maße auch i tamen finden, sind an dem Krankheitsprozeß nicht beteiligt. Sie boten bezüglic Nervenfaser- und Glia-Gehaltes überall das gewöhnliche normale Bild.

In schroffem Gegensatz zum Linsenkern steht das Verhalten des Clat Hier ist an den Ganglienzellen und an der Glia kaum etwas Krankhaftes wahmel Auch die dem Linsenkem benachbarte Capsula interna erwies sich bei genauei logischer Untersuchung als unverändert.

Das histologische Bild spricht für folgende Auffassung: Die primäre Sc Veränderungen liegt in einer Degeneration der parenchymatösen Bestandteile des j kerns, und zwar besonders des Putamen, in geringerem Maße aber auch des Pa Dieser Degenerationsprozeß ist ein langsam fortschreitender und ergreif zugs weise die Ganglienzellen, ohne indessen die feinen marklosen Nervenfäi der grauen Substanz ganz intakt zu lassen. Denn die Silberpräparate lehren, in noch hinzugefügt werden mag, daß ein Ausfall der feinsten marklosen Element« gefunden haben muß. Dieser Parenchymausfall ist sekundär durch eine starke E Wucherung der Glia fast überall gedeckt worden, mit Ausnahme der schui porösen Herdchen, wo die Gliafaserwuchenmg mit der Parenchymdegeneratioi 80

JJJJJgg'^ ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 707

Schritt gehalten hat^ und wo es dann zur Bildung kleiner zystischer Hohlräume ge- konunen ist.

Die geschilderten Veränderungen an den Kapillaren sind gleichfalls als Folge- endieinung des parenchymatösen Degenerationsprozesses aufzufassen. Wir sehen ja nidt selten, daß in alten Degenerationsgebieten sich Verdickungen an den Gefäß- windea und Kapillarfibrosen entwickeln. Die Erscheinung der Kapillarsprossung ist sonerklären, daß in ähnlicher Weise, wie beim paralytischen Prozeß^ die mesodermalen Elemeiite Ansätze zur Deckung des Raum Verlustes machen.''

/!) Befunde andernach Weigert-Pal behandelten Schnittserie durch das Gehirn.

ftLK, Flg. 1 zeigt die beiderseitige enorme Atrophie des Caudaium und jene ini<dgedessen entstandene Abplattung der dem Ventrikel zugekehrten Seite des Cau- ittm, welche die schon in unserem „Erster Versuch usw." erwähnte, geradlinige literale B^renzung des Seitenventrikels zur Folge hat. In Nc zeigt außerdem der InncQtdl eine deutliche Vermehrung der Markfasern. Ein Vergleich mit normalen Mparaten lehrt aber, daß der Gesamtmarkfasergehalt von Nc keine Zunahme er- Muren hat, sondern daß es sich hier nur um ein Zusammenrücken der in ihrer abso- luten Zahl sogar verringerten Markfasem im Anschluß an einen Schwund der Ganglien- «llen handelt, mit anderen Worten um jenes histologische Bild, welches C.Vogt als Etat ßreux bezeidmet hat.

hL 26, Fig. 2 zeigt in einem kaudaleren Schnitt der rechten Hemisphäre den

gkidien starken Schwund und den abnormen Fasergehalt von Nc, Dasselbe gilt von

Put, Außerdem fällt hier die abnorme Breite der inneren Kapsel (Ci) auf. Es handelt

sid) dabei um nichts anderes, als um eine sekundäre Verbreiterung der infolge dei

Sduumpfung der Striata in ihrer Länge verkürzten inneren Kapsel, wie sie C. Vogt

sdion fttther vom Fall Wiemer-Tochter beschrieben hat. Man vergleiche zur Würdigung

der eben beschriebenen Anomalie diese Figur mit der linken Hälfte der Taf . 20, Fig, 1 !

1U.86, Fig. 8 zeigt einen analogen Befund. Wir erkennen ein sehr, stark ge-

schmmpltes, aber zugleich anormal faserreiches Striatum und ebenso eine außer-

feivdhnlich breite Capsula interna (Ci).

Sri. 86, Fig. 4 läßt ebenfalls eine fast vollständige Atrophie von Nc erkennen. Dis gkicfazeitig in seinem Volumen beträchtlich reduzierte Putamen ist nach wie vor «normal faserreich. Auch das zweifellos geschrumpfte Ge ist faserreicher als imter nor- malen Verhältnissen. Man überzeugt sich am besten von diesen Tatsachen, wenn man die voiii^ende Figur mit der linken Hälfte von Taf. 20, Fig. 2 Vergleicht.

At 26, Fig. 5 zeigt ebenfalls einen vollständig rudimentären Nc. Das Putamen ist gleichfalls stark reduziert, dafür aber anormal faserreich. Ge und Gi sind weniger mni auch immerhin beträchtlich geschrumpft imd gleichzeitig gegenüber der Norm markfaaltiger.

Sri. 26, Fig. 1 läßt eine Anomalie in H^ nicht mit Sicherheit erkennen. At 26, Fig, 2 zeigt ein normal faserhaltiges Corpus Luysi {CL). Es erreicht aber nicht den Höhendurchmesser des normalen CL der Fig. 8 dieser Tafel. Es liegt zweifellos eine gewisse Kleinheit des CL vor.

Tlrf.26, Figg. 8 und 4 werden S. yogf., Tai 26^ Figg. 6 und 6 S. 716 und TaL 26, Kgg. 7 und 8 unter Fall 15 beschrieben.

IML 27, Fig. 1 läßt in dem Pes pedunculi (P), dem Nucleus ruber {Nr) und seinem Ifark, speziell auch der lateralen Partie des letzteren (/iVr)^ keine Anomalien erkennen. Dagegen scheint die Substantia nigra {Sn) in ihrem Höhendurchmesser vermindert zu sein.

TaL 27, Fig. 2 wird S. 716, TaL 27, Figg. 8 und 4 werden sub VIII beschrieben.

TiL 28, Fig. 1 zeigt in bezug auf die Pyramiden, die Brücke, die Hßubenregion

und speziell auch in bezug auf die Bindearme (Bc) durchaus normale Verhältnisse.

ÄL 28, Fig. 2 weist intakte Dentata, Restiformia, untere Oliven und Pyramiden

{Py) auf.

6 jownal für PqrdMlogie and MMrologie. Bd. 95. Ergh. 3. 8^

708 C. UND O. VOGT. ^^j^eSSy

Tat 28; Yigg. 8 und 4 finden ihre Beschreibung unter FaU 15, Tat 28^ Figg. 5—7 auf S. 716.

Das Markfaserbild des Coriex cerebri und des Cereheüum ist überall normal.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Vom gesamten Nervensystem weist nur das Striatum und in wesentlid^^ geringerer Weise das Pallidum sowie in noch schwächerem Grad das Carpu^s Luysi eine seit längerer Zeit existierende Erkrankung auf. Es handelt sich eine Schrumpfung. Ihr liegt im Striatum ein sehr weitgehender Unterganj der Ganglienzellen und zwar speziell derjenigen des kleinen Typus {8 i] Textfigg. 1 und 2) mit sekundärer Gliawucherung und nach Bielschowsk" ebenfalls sekundären Reaktionen des Gefäßsystems (Verdickungen der Gefi wände, Kapillarfibrose und Kapillarsprossungen) zugrunde. Da sich die Marl tasern des Striatum, d. h. vornehmlich die strioi>etalen (6 Textfigg. 1 und relativ gut erhalten haben, ist es durch ihr Zusanmienrücken zu einem fibreux gekonmien. Die Schnmipfung des Pallidum beruht vor allem auf eineiran Untergang jener feinen, zum System 9 der Textfigg. 1 und 2 gehörigen FaserKT», welche das Striatum mit dem Pallidum verbinden. Es handelt sich also mn wesentlichen um eine primäre Nekrose der Neurone des Striatum (vor allem 5, aber auch 9 der Textfigg. 1 und 2).

C, Epikrise. ^

Auf die Erkrankung des Striatum führen wir die Chorea zurück. Dieselbe ist unserer Ansicht nach auf den Ausfall der Striatumfunktion imd die dadurch bedingte Enthemmung der Tätigkeit des Pallidum eines nicht mehr in den ersten Lebensjahren stehenden Menschen zurückzuführen, 4 Die striäre Bewegungsarmut, die wir theoretisch bei einem Ausfall des ' Striatum postulieren, wird nach unserer Vermutung nur von der substriären Unruhe verdeckt, dürfte aber bei besonders darauf eingestellter Beobachtung in Momenten substriärer Ruhe nachzuweisen sein. Die künftige klinische For- schung wird das Urteil über die Richtigkeit unserer theoretischen Anschauung zu fällen haben. Ihr wird auch die Entscheidung darüber vorbehalten sein^ wie weit die in der Krankengeschichte erwähnte Erschwerung der Artiku- lation und des Ganges auf striärer Akinesie beruht.

Die schwere Atrophie des oralen Gebietes des Striatum erklärt uns bei unserer somatotopischen Zerlegung des Striatum die schweren Störungen der bulbären Funktionen.

Die Tatsache, daß das Pallidum hier eher stärker erkrankt ist als in unseren Fällen von Etat marbr^, widerlegt die Kleistsche Ansicht, daß die Miterkrankung des Pallidum in den Fällen von Etat marbr6 Athetose an Stelle einer Chorea hervorrufe.

Der Umstand, daß unser vorliegender Fall eine isoliertere Erkrankung des Striatum darstellt als die des v. Economoschen Falles Karl P., zeigt andererseits unsere Berechtigung, die choreatischen Spontanbewegungen zum ^jSyndrame du corps strii'' hinzuzurechnen. 82

I

JJjJjyjUJ'g ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 709

11. Bielsohowskys Fall E. (Biel 21). A, Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Es handelt sich hier um einen FalJ, von dem wir leider die Kranken- geschichte nicht besitzen. Er betrifft eine ungefähr 65 jährige Frau, welche aber einmal von Bielschowsky persönlich untersucht worden ist. Sie zeigte am ganzen Körper stärkste motorische Unruhe, wälzte sich im Bette herum und machte mit den Extremitäten heftigste Schleuderbewegungen. Ein Intelli- genzdefekt bestand nicht.

B, Anatomische Untersuchung,

a) Makroskopischer Befund. Die äußere Oberfläche zeigte keine Anomalien.

b) Mikroskopischer Befund.

a) Untersuchung am Nissl- und Fibrillen bild .

Bielschowsky hat die Liebenswüidigkeit gehabt, Stücke aus dem Gyrus centralis

oftUricr \xTi^ dem Fuftdes Gyrus frontalis superior im Nissl- und im Fibrillen-Bild zu

untersuchen. Die von ihm gemachten Feststellungen hat er folgendermaßen zusammen- gefaßt:

„Die größeren Zelltypen der Lamina pyramidalis und die Riesenpyramiden weisen einen hohen Gehalt von gelbem Pigment (Lipochrom) auf. Sonst sind qualitative Ver- indenuigen an den Ganglienzellen nicht vorhanden. Nach senilen Plaques und Zellen mitdem Alzheimerschen Fibrillenprozeß wurde vergeblich gesucht. Der hohe Pigment- gebalt der Ganglienzellen entspricht der Altersstufe der Verstorbenen, Bezüglich der GefiAe ist zu bemerken^ daß die Kapillaren überall das typische Bild der Kapillar- Mump bieten. Auch die Wandung der gröberen Gefäße ist stellenweise stark verdickt. -Auch hier ist die Adventitia der Sitz starker fibröser Verdickungen. In den adventitiellen Uumen der gröberen Gefäße finden sich stellenweise rostbraune^ kugelige Körper und rostbraune Kömchenkonglomerate (Blutpigment?).''

/3) Ergebnisse der Untersuchung der Weigert -Falschen Schnittserie.

Sit 28j Fls. 1 zeigt uns durchaus einen Befund^ welcher mit dem in Taf. 25^ Figg. 3 und 4 vom vorigen Fall abgebildeten identisch ist; nur sind die in der Taf. 25 konstatierten Anomalien hier etwas weniger ausgeprägt. Nc ist in hohem Maße atro- phiert und hat zu einem Hydrocephalus in der für eine Volumenreduktion von Nc typischen Form geführt. Dabei zeigt Nc ebenso wie das atrophierte Putamen einen deutlichen Etat fihreux. Das angeschnittene Pallidum ist zweifellos ebenfalls ver- kleinert und markhaltiger als in der Norm. Dafür zeigt auch hier die innere Kapsel {Ci) eine ungewöhnliche Breite.

TUL 88^ Fls. 2 erinnert in allem an die in Fig. 4 der Taf. 25 erhobenen Befunde. Nur ist auch hier die Atrophie des Striatum und sein Etat fibreux etwas weniger ausgeprägt.

TUL 90, Fig. 8 gibt uns einen Schnitt, der annähernd dem in Taf. 25, Fig. 5 ab- gebildeten entspricht. Auch hier haben wir analoge, wenn auch etwas weniger pronon- cierte Verhältnisse.

üaL 88, Fi|^ 4 zeigt uns die Pyramiden (Py), die unteren Oliven, die Haubenregion und die Bindearme (ßc) ohne pathologische Befunde.

lUL 88, Fls. 5 lehrt uns, daß dasselbe vom Dentatum und dem umgebenden Klein- kimgebiet gilt.

TaL 86, ng. 8 zeigt keine erkennbare Volumenreduktion in H^ oder H\

33

7 lO C. UND 0. VOGT. ^"^ jiJSSlÄ**

7

TaL 2ß, Fig. 4 bringt ein CL, welches nicht an Fasergehalt^ wohl aber an Ab- nahme des Höhendurchmessers das Taf. 26^ Fig. 2 abgebildete CL des vorigen Falles noch etwas übertrifft.

Das Markfaser bild des Cortex cerebri und des Cerebeüum ist überall ein normales.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Als einzigen wesentlichen pathologischen Befund haben wir eine starke Schrumpfung des Striatum unter Ausbildung eines ausgesprochenen Etat fibreuXy ein mäßig geschrumpftes und etwas anormal markhaltiges Pallidum^ sowie ein verkleinertes Corpus Luysi feststellen können.

C. Epikrise.

Wir sehen hier wie im vorigen Fall das Striatum als das vornehmlich erkrankte Organ an und führen auf seine pathologische Veränderung die Chorea zurück. Unsere in der Epikrise des vorigen Falles gegebene physiopatholo- gische Erklärung der Chorea, sowie die Einwände gegen Kleist und v. Economo halten wir auch für diesen Fall aufrecht.

12. Schusters Fall Heinrich H. {Bif/ 35),

A, Krankengeschichte. 1

57 Jahre alter Arbeiter. I

Am 4. Juni 1902 im Lazarett des Städtischen Arbeitshauses aufgenommen. \

Anamnese: Fat. hat vor 4 Jahren Veitstanz bekommen ohne besondere Ursache, j Es ist keine akute Erkrankung^ speziell kein Gelenkrheumatismus vorangegangen, i Früher immer gesund gewesen. Seine Krankheit hat zunehmend sich verschlechtert. ; Lues wird geleugnet. Gewisser Potus wird zugegeben. Litt vor einem Jahr an einem ausgebreiteten Ekzem der Unterschenkel.

Status am 8. August 1903: i

Kräftig gebauter, genügend genährter Mann. Am ganzen Körper, vorzüglich 1 in den Armen, in den Beinen, in den Augen und der Zunge, dauernd ungewollte i Bewegungen von ganzen Muskelkomplexen. Dieselben nehmen bei Ruhe i ab, hören im Schlafe fast ganz auf, steigern sich aber erheblich bei Gemüts- ' bewegungen. Fat. kann sich allein anziehen, auch allein essen. Es werden aber bei diesen Verrichtungen die unwillkürlichen Bewegungen in den nicht beteüigten Musk^ ' gruppen stärker.

Die Stimmung ist im allgemeinen gleichmäßig. Fat. fühlt sich aber deprimiert^ ! wenn sein Leiden zur Sprache kommt. . '

Abgesehen von den unwülkürlichen Augcnbewegimgen keine Störungen in der ' wülkürlichen Innervation der Augen.

Pupillen gleich. Lichtreaktion vorhanden.

Zunge gerade vorgestreckt. i

Fazialismuskulatur ohne pathologischen Befund. \

Patellar- und Achillessehnenphänomene leicht gesteigert. 1

Haütreflexe normal.

Sensibilität überall intakt.

Nervenstämme nicht besonders druckempfindlich.

Herztöne rein. Zweiter Aortenton verstärkt. Puls regelmäßig. Wand sehr rigide.

Limgen hinten unten beiderseits etwa 2 Finger breit zu tief stehend.

Leber an normaler Stelle fühlbar.

Bauchorgane sonst ohne pathologischen Befund. 84

I j

^ Bf ti. lyeo. 2,VR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 7 1 1

■■ r '

An der Vorderseite des rechten Unterschenkels ein Ekzem von Talergröße. Urin sauer^ ohne Eiweiß und Zucker.

4. April 1906. Pat. ist bei der Unterhaltung sehr aufgeregt und stößt un- motivierte Schimpfworte aus. Sprachstörung im choreatischen Sinne. Sagt z. B. sutt „Ja" „Jan", statt „Nussbeck" „Nussibeck".

Rechnen kann er nur die einfachsten Multiplikationsexempel.

Während der Unterhaltung nehmen die choreatischen Störungen zu.

Bei intendierten Bewegungen, z. B. beim Händedruck, werden die unwill- kürlichen Bewegungen geringer.

Pat. steht nachts häufig auf.

23. November 1907: Pat. schläft sehr wenig infolge vermehrter choreatischer Zuckungen. Er steht sehr häufig des Nachts auf. Beschmutzt sich selbst und das Bett.

5. Mai 1908: Pat. wird während der Visite schlafend angetroffen. Er schläft mit offenen Augen und ziemlich engen, aber reagierenden Pupillen. 66 Pulse, dagegen aber nur 12 Atemzüge. Normale Patellarreflexe. Pat. liegt ruhig, in völliger Reso- lution aller Körperteile da und ist durch die Berührung nicht aus dem Schlaf zu bringen.

16. August 1908: Temperaturerhöhung auf 38® und heftige Kopfschmerzen. 28. Oktober 1908: Exitus.

Diagnose: Chronische Chorea.

Zusanunenfassung der Krankengeschichte:

Es handelt sich um einen Patienten, der 10 Jahre lang an zunehmender typischer Chorea gelitten hat. Interessant ist die Beteiligung der Augenmuskulatur. Von Heridität ist nichts festzustellen gewesen. Ob das zeitweise aufger^e Benehmen und die geringe Rechenfähigkeit als Ausdruck eines erworbenen IntelligenzJefektes bezeichnet werden muß, geht aus der Krankengeschichte nicht genügend hervor.

ß. Anatomischer Befund.

#

a) Makroskopische Untersuchung.

Das kleine Gehirn zeigt äußerlich keine Anomalien. Auf dem Querschnitt er- kennt man schon makroskopisch die typische Atrophie des Striatum,

b) Mikroskopische Untersuchung.

a) Untersuchung an herausgeschnittenen Stücken.

T9L 20, Fig. 1 bringt die Area gigantopyratnidalis von der Mantelkante. Über feinere Veränderungen möchten wir uns kein Urteil erlauben, da das Gehirn vor seiner Verarbeitung 10 Jahre in Formalin gelegen hat. Jedenfalls fehlt aber jede Gliakem- vermehrung, speziell auch an der Grenze von /// und V.

ALSO, Fig. 2 lehrt uns, daß die Purkinj eschen Zellen des Cerebellum nicht verändert sind.

ß) Untersuchung der Markfaserserie.

TaL 80, Fig. 8. Wir konstatieren einen sehr starken Hydrocephalus internus, eine intensive Atrophie des Caudatum mit der typischen Abflachung seiner inneren Oberfläche imd einen ausgesprochenen Etat fibreux in demselben.

TiL 80, Fig. 4 zeigt Nc und Put stark atrophiert und durch einen deutlichen Etat fibreux ausgezeichnet. Den Grad der Atrophie erkennt man bereits durch einen Vergleich mit den an sich auch noch subnormalen Größen Verhältnissen der Abbildungen:

85

7»2 C. UND O. VOGT. ''^i'^^SSl?

Taf. 21, Fig. 2, Taf. 67. Fig. 3 und Taf^ 72, Fig. 3. Noch instruktiver wirkt die Herai Ziehung von ganz normalen|Bildern, wie wir sie Taf. 3, Fig. 7 und Taf. 45, Fig. 18 d( Ergänzungshefte des Bd. 18 dieses Journals vor uns haben.

TaL 80, Fig. 6. Auch hier findet sich eine starke Atrophie von Nc und Pt mit konsekutivem Etat fibreux. Man vergleiche nur die wesentlich größeren Dimei sionen der betreffenden Organe bei der nur kurze Zeit vor dem Tode aufgetretene Chorea eines Paralytikers in Taf. 41, Fig. 3 ! Das Pallidum ist deutlich, wenn auc weniger geschrumpft. H^ hat sich in ziemlich gut^r Ausdehnung erhalten.

Das Corpus Luysi zeigt die Kleinheit des vorigen Falles.

TaL 80, Fig. 6. Die Brachia conjunctivae die Brachia pontis und die Pyramide zeigen normale Entwicklung.

Taf. 81, Figg. 1 und 2 sind S. 706 beschrieben.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Als sicheren anatomischen Befund ergab sich nur eine Erkrankung d< striären Systems, und zwar: ein ausgesprochener Etat fibreux des sehr star geschrumpften Striatum^ eine geringere Volumenabnahme des Pallidum un eine noch geringere des Corpus Luysi.

C. Epikrise,

In diesem Falle haben wir also auch den aus der Krankengeschichte bereit erschlossenen Befund erheben können: schwere, in Atrophie und Etat fibreu sich äußernde elektive Zellnekrose des Striatum mit den Folgeerscheinunge in Pallidum und Corpus Luysi bei Intaktsein des Cortex cerebri.

ZusammenfAsiimg.

Es gibt beim Erwachsenen eine Erkrankung des Zentralnervensystem welche in einer isolierten elektiven Nekrose der Ganglienzellen ur zwar vor allem derjenigen des kleinen Typus {8 in Texfigg. 1 und 2) d Striatum mit konsekutiver Reaktion der Neuroglia und des Blutgefäßsysten besteht, infolge des Zusammenrückens der erhalten gebliebenen Markfasem d^ Striatum zu einem Etat fibreux desselben führt und sonst nur noch vc einer viel geringeren Schrumpfung des Pallidum und einer noch wenige ausgesprochenen, wohl nur durch sekundäre Faserdegeneration bedingten d< Corpus Luysi begleitet ist.

Der Prozeß ist stets bilateral.

Klinisch entspricht diesem pathologischen Prozeß eine progressive bi laterale Chorea.

Wir haben außer den drei oben beschriebenen Fällen noch einen (Bf 19 in Bearbeitung. Nach Aufdeckung des pathologisch-anatomischen Befunde im ersten Fall haben wir in den drei anderen Fällen auf Grund des klinische Berichts die pathologisch-anatomische Veränderung vorausgesagt.

Die Ätiologie ist unbekannt.

Einen derartigen pathologischen Befund ohne Chorea haben wir nid in unserer Sammlung.

86

5tÜ^.' , ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 7 1 3

3.

b) Mit einer typieehen Qroßh4rnerkrankung verbundener Etat ftbreux

(Hunitngtaneche Chorea).

18. Freund I Pall H. B. [Bf lo).

A, Krankengeschichte.

Anamnese aus dem Jahre 1910:

Die Chorea laßt sich durch drei Generationen nachweisen. Der Großvater litt an chronischer Chorea, die Großmutter war geisteskrank. Alle ihre Kinder drei Söhne litten an chronischer CSiorea. Der älteste Sohn erkrankte mit 44 Jahren und starb im Alter von 56 Jahren an Schlaganfall. In seinem letzten Lebensjahr war er .^besonders auf die Sprache ganz gelahmt und wie irre". Er hatte außer sieben, im Alter von 1 2 Jahren gestorbenen Kindern vier noch lebende Kinder : eine Toditer und drei Söhne. Die erstere, jetzt 52 Jahre alt, ist, wie ihre drei Töchter und ihr Sohn gesnnd. Von den drei Söhnen soll einer, jetzt 40 Jahre alt, an Zittern leiden. Ein zweiter, jetzt 45 Jahre alt, ist mit ^^ Jahren an Chorea erkrankt. Der dritte, auf den sich die folgende Krankengeschichte bezieht, erkrankte vor 6 Jahren im 44. Lebensjahr. Der vorletzt erwähnte Kranke hat vier Töchter und zwei Söhne ohne nachweisbare Krank- heit. Unser Pat. hat einen 24jährigen, bisher gesund gebliebenen Sohn.

Die Krankheit begaim im Anschluß an eine Grippe. Zuerst wurden die Arme und das Gesicht von einem imfreiwilligen 2^ppeln und von Grimassenbewegungen be- troffen. Seit 3 4 Jahren war Pat. infolgedessen zu seinem Schuhmacherhandwerk unffliig.

Kein Alkoholmißbrauch. In der Eandheit kein Veitstanz. In der Schule war Pat. wenig befähigt, er wurde aber ein tüchtiger Handwerker. Er war bis zu seiner Er- knnhing körperlich recht gewandt und bis vor sieben Jahren ein flotter Tänzer. SttOus praesens am 30. April 1910: PajHllenreaktion gut. Augenhintergrund normal.

Ständig vom Erwachen an ein ununterbrochenes Zappeln der Arme ond Beine, ein Wackeln des Kopfes und ein unfreiwilliges Gcbichter- schneiden. Aufregungen verstärken diese unwillkürlichen Bewegungen, Keine Schmerzen. Kein Gefühl Innerer Unruhe. Auch kein Müdigkeitsgefülil Wm Sitzen, wohl aber beim Gehen, so daß Pat. nach einer Viertelstimde sich setzen muß. Gehör, Sehkraft, Geschmack und Geruch ohne Störungen. Appetit gut, Schlaf ungestört.

Kein Herzklopfen. Keine Atemnot. Kein Rückenschmerz. Keine Gelenkschmerzen. Keine Schweiße. Keine Durchfälle.

Die Zuckungen zeigen den typischen Charakter der Chorea. Sie erscheinen wie gewollt, sie hindern aber in ihrer Planlosigkeit beabsichtigte Bewegungen. Dies tritt ^^^Wödcrs bei Widerstandsbewegungen hervor, insofern die beabsichtigte Wirkung ®ri$t erst dann geleistet werden kaim, wenn Pat. die anderen Körperabschnitte fest- steOt und dadurch störende Mitbewegungen, speziell seitens der Antago- nisten, verhindert.

Wegen der Mitbewegungen kein deutliches Resultat bei der Prüfung des Gelenk- (cßhls. Intaktheit der anderen Gefühlsqualitäten. Die passive Beweglichkeit fflißig erhöht. Ataxie nur angedeutet. Treffsicherheit leidlich gut. Sehnen - Phänomene normal.

ICtbewegiingen verhindern das Stehenbleiben auf einem Bein, ebenso das Vor- strecken der Zunge. Es besteht eine schwere Artikulationsstörung, analpg der- jen^n der progressiven Paral)rse. Textfig. 5 (S. 714) gibt in einer Verkleinerung um ein Drittel den vom Pat. geschriebenen, ihm diktierten Satz „Breslau ist eine schöne Stadt" wieder.

Der Kranke kann traben, sich * wenn auch ungeschickt und langsam um die Längsachse drehen, auch tiefgebückt ohne Gleichgewichtsstörungen dasteheni

87

714 C. UND O. VOGT. [°^ji^^

Intellektuelle und affektive Störungen sind bisher wenig be^nerkb Es zeigt sich vor allem eine schlechte Merkfähigkeit für Aufträge, Besorgungen u;

7. Februar 1911. Seit 3 4 Wochen fällt dem Pat. das Einschlafen schwer, li unter ist er ganz schlaflos, höchstens schläft er 3 4 Stunden. Als Grund gibt I

^7/

Fig. 5-

an, daß ihm vor 6 7 Wochen im Anschluß an ein Vorkommnis seine Krankheit sonders zum Bewußtsein kam.

Herztöne unrein. Stark erhöhte passive Beweglichkeit der untei Extremitäten. Gang mit nach hinten libergeneigtem Rumpf. Kein Rombc Keine gleichmäßig wirkende Druckkraft, sondern eine oft unterbrochene. Ke Bauchreflexe. Plantarreflex mittelstark. Achillessehnenphänomen lebhaft. Kr Sehnenphänomen mittelstark. Lebhafte Reaktion auf einen Stich in den Fuß. K Babinski. Rumpf bewegungen nach vom erschwert. Muskelerregbarkeit eher her gesetzt. Sehnenphänomene an den oberen Extremitäten schwach. Auch in Rück läge unwillkürliche Zuckungen. Kann nicht pfeifen. Knie-Hacken-Versuch m einigen mißlungenen Anfangsversuchen gut. Fällt nicht im Gehen. Kann Wi kurlich die choreatischen Zuckungen vorübergehend unterdrücken. D selben treten aber hernach dann stärker hervor.

Tod am 3. XII. 1914 an Bronchopneumonie.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Es hanJelt sich hier um einen typischen Fall von Huntingtonscher Chor d. h. einer Chorea, deren Erblichkeit einerseits festgestellt ist und die ander seits von den typischen psychischen Störungen dieser Krankheit gleitet war.

B. Anatomischer Befund.

m

a) Makroskopische Untersuchung.

Die makroskopische Untersuchung der Hirnoberfläche ließ nichts Wese liches erkennen. Das Hirngewicht betrug ii8og.

b) Mikroskopische Untersuchung. a) Zellbefunde an herausgeschnittenen Stücken. .

I. Hirnrinde. TaL 81, Fig. 8 bringt einen Schnitt aus der Area gigantopyramidalis aus der B< region. Im Vergleich mit einem normalen Schnitt dieser Gegend . z. B. dem in Tai Fig. 1 abgebildeten erkennt man wesentliche Veränderungen. Vor allem stellt*!) eine bedeutende Zunahme der Gliakeme fest. Dieselben sind in den äußersten Schich am wenigsten vermehrt. Sie bilden in dem im normalen Schnitt mit Var bezeichne Gebiet und den nach außen anstoßenden Teilen von /// ein direktes Zellband ^ mit n bezeichnet), welches um so mehr als solches hervortritt, als die normalerw in diesem Gebiet vorhandenen Pyramidenzellen zum größeren Teil geschwunden si Besonders bei einem Vergleich mit Taf. 52, Fig. 1 erkennt man dabei »ehr deuti daß es sich bei diesen kleinzelligen Elementen nicht etwa um kleine Pyramidcnzel sogenannte „Kömer", sondern wie wir schon früher (ds. Joum. ds. Bd. S. 358) hauptet haben um die sehr viel kleineren Neurogliakeme handelt. Nach innen diesem mit n bezeichneten Streifen sind die Neurogliakeme wesentlich stärker 88

irtimirV^' 8. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 7 1 S

mehrt als weiter nach außen. Die Riesenpyramiden als solche haben dabei keine £in- bufie erlitten.

M.S1; Fig. 4 ist der Höhe der Beinregion der Area 89 0. Vogts entnommen. Audi hier sehen wir in den Außenschichten eine geringe, in den Innenschichten eine bctikhtlichere Gliose und an der mit n bezeichneten Grenze zwischen /// und V eine so starke, daß es hier beinahe zu einem Neurogliabande kommt.

BezSglich der feineren strukturellen Veränderungen dieser Himrindenstellen stellt Biclschowsky zahlreiche chronisch und wabig veränderte Ganglienzellen fest. Dies gilt besonders für den von uns mit n bezeichneten Streifen, da«m aber auch für einzelne Riesenpyramidenzellen von Vy und Zellen der VI, Schicht.

2, Kleinhirn.

M.81, Fig. 5 bringt einen Schnitt von einem Teil des Kleinhirns. Derselbe zeigt keine Anomalien. Speziell zeigen sich die Pur kinj eschen Zellen in normaler Zahl rad von normaler Struktur.

3. Striatum und Umgebung.

M. 82, Fig. 1 zeigt uns das ganze Putamen von Neurogliakemen erfüllt. Dabei sind in dem Außenteil des Putamen alle, in dem Innen teil fast alle kleinen Gan- glienzellen zugrunde gegangen. Dagegen erscheint als Folge de; Schrumpfung des Pntamcn in der gleichen Raumeinheit die Zahl der größeren Zellen genau wie in dem Innenteil die Zahl der Markfaserbündel eher vermehrt. Dabei erweisen sich aber auch diese größeren Zellen durch ihre blasse Färbung als pathologisch verändert. Zor Würdigung der pathologischen Verhältnisse werfe man nochmals einen Blick auf dasTaf. 1, Fig. 1 wiedergegebene normale Putamen!

Von den wenigen erhaltenen kleinen Ganglienzellen des Putamen stellt Biel- schowsky fest, daß ihr Zellkörper schwere Veränderungen darbiete. Der letztere Wdet fast ausschließlich nur noch einen ganz zarten, häufig stark pigmenthaltigen S^ um den Kern, welcher meist von gleichmäßig dunkler Farbe ist und dann keine ferneren Strukturen mehr aufweist. Die größeren 2^11en des Putamen zeigen viel- Wi wabige Veränderungen ihres Zellkörpers. Dieselben sind die Ursache ihrer blassen ^bung. Auch in diesen Zellen ist der Pigmentgehalt stellenweise ein recht beträcht- licher. Ihre Kerne zeigen wie die der kleinen Zellen pyknotische Veränderungen, ^•k. Schrumpfungserscheinungen bei gleichmäßig dunkler Färbung infolge Verdeckung ^*r Chromat in kömer durch dunkler gefärbtes Kernplasma.

lU. 82, Fig. 2 weist links in dem innersten Teil des Putamen die aus der vorigen Abbildung bekannten Veränderungen auf. Der im rechten Teil getroffene Abschnitt des ^^um extemum (Ge) zeigt ebenfalls eine sehr starke Vermehrung der Neuroglia- ^t und infolge der Schrumpfung eine Zunahme der großen Ganglienzellen für die ^iche Raumeinheit im Verhältnis zum normalen Bilde. Man ziehe zum Vergleich <Jw Kg. 2 der Taf . 1 heran !

lÜ. 82, Pig. 8 bringt eine analoge Veränderung des Pallidum internum (Gi), ^^ sehen auch hier im Vergleich zu Taf. 2, Fig. 2 eine beträchtliche Vermehrung ^ Neurogliakeine und ein Aneinanderrücken der Ganglienzellen.

Unter den Zellen des Pallidum und zwar besonders des Pallidum internum ^^ sich nach Biclschowsky geschrumpfte Exemplare mit pigmentreichem, gleidunäßig dunklem Zellkörper, in dem die normalerweise stichochrom angeordneten Nisslkörpcrchen gar nicht oder nur andeutungsweise hervortreten. Die Dendriten Wtzen an derartigen Stellen häufig einen auffällig gewundenen, fast korkenzieher- Ärtigen Verlauf. (Chronischer Zerfallprozeß in mäßiger Entfaltung.)

Itf. 82, FJg. 4 läßt den Nucleus sübstantiae innominatae gegenüber den in Taf. 2, Fig. 3 abgebildeten normalen Verhältnissen nicht sehr beträchtlich verändert er- scheinen. Vielleicht hat die 2^hl der Neurogliakeme etwas zugenommen. Dagegen zeigen die Ganglienzellen selbst keine Veränderung.

89

(

7 '6 c. UND o. VOGT. ^°"5Sd iri55biSy

TaL 82, Fig. 6 zeigt eine deutliche Zunahme der Neurogliakerne im Clan strum (Cl),

4. Rückenmark.

Am Rückenmarksquerschnitte aus dem untersten Abschnitt des Dorsalmarke ist nach Bielschowsky der geringe Flächeninhalt auffallend. Die motorischen Vor derhomzellen sind hier fast sämtlich von der chronischen Zellverändenmg Nissl betroffen und weisen einen hohen Gehalt an gelbem Pigment auf. Systematisch Strangveränderungen treten nicht hervor. (Kongenitale Mikromyelie).

ß) Befunde an der Markfaserserie.

TaL 28, Fig. 5. Ein Schnitt durch den oralsten Teil des Striatum zeigt ims eir deutliche Schrumpfung von Nc unter charakteristischer Ausbildung der dafür typische Form des Hydrocephalus internus, wenn auch andere Fälle, wie z. B. der Taf . ^ Fig. 1 abgebildete Fall Lücke, eine noch stärkere Atrophie darbieten.

TaL 28, Fig. 6 läßt die Atrophie von Nc und Put, ihren Etat fibreux, den ano malen Faserreichtum des eben angeschnittenen Paütdum und die pathologische V& breiterung der inneren Kapsel (Ct) deutlich erkennen.

TaL 26, Fig. 5 zeigt keine faßbare Volumenreduktion des Bündels H^.

Taf. 28, Fig. 6 bringt ein gegenüber dem Taf . 26, Fig. 8 abgebildeten normal« CL um ein Dritteil verschmälertes CL. Der ganze Schnitt ist stärker entfärbt. I> Helligkeit von CL ist deshalb nicht ohne weiteres als pathologisch anzusprecbe:

TaL 27, Fig. 2. In dem ebenfalls stärker entfärbten Schnitt als dem Taf. 27, Fig. abgebildeten läßt sich mit Sicherheit nichts Pathologisches erkennen. Speziell kar von einer Volumenreduktion von Nr nicht die Rede sein.

TaL 28, Fig. 7 lehrt die Existenz normaler Bindearme (Bc) und normaler Pyf^4 miden (Py).

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Wir haben im Zentralnervensystem eine weitgehende Neurogliose unte Zugrundegehen des rfervösen Parenchyms, speziell der Ganglienzellen, festgestellt Dieser Prozeß ist am stärksten im Striatum ausgebildet. Er führt in diesen zu einer beträchtlichen Schrumpfung und der Ausbildung des Etat fibreux, Auch im Pallidum erreicht er einen Gr^d, welcher über denjenigen der einfachen sekundären Degeneration hinausgeht. CL ist ebenfalls anormal klein.

In z^^^eiter Linie ist der Cortex cerebri von diesem Prozeß betroffen, und zwar besonders die IV. Schicht, bzw. in den sekundär agranulären Gebieter die Grenze zwischen /// und V. Diese Tatsache hat zuerst der leider so frül der Wissenschaft entrissene KöJpin in unserem Institut festgestellt (ds. Jouin Bd. 12). Wie wir aber in der vorstehenden Beschreibung und bereits in de ersten Serie unserer ,, Allgemeine! e Ergebnisse usw.** (ds. Journ., ds. Bd., S. 35J u. S. 378) ausgeführt haben, hat ei diese Kerne fälschlicherweise als erhaltei gebliebene Reste der ontogenetischen Körnerschicht gedeutet.

C. Epikrise.

Wir sehen in der Erkrankung des striäreu Systems die Ursache de Chorea. Wir halten tns dazu für vollständig berechtigt, weil in der vorige Gruppe von Etat-fibreux-Erkiankungen eine isolierte derartige Erkrankun dieses Systems dieselben choreatisohen Zuckungen hervorrief. 90

[jlimMr?^ t. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 7 1 7

Unsöe Vorgänger in dieser Auffassung, besonders P. Marie und J. Lher- mitte, sind in unserem ,, Erster Versuch usw.** S. 8 bereits gewürdigt worden. Wir hatten aber übersehen, daß 1909 Anglade in einem typischen Fall von Huntingtonscher Chorea eine starke Gliose der ,,noyaux gris centraux" auf- gefunden und auf sie die Chorea zurückgeführt hat. 1914 haben dann Lherm i t tc und Porak nach der Riv. di pathol. nerv, e ment. einen weiteren Fall in der uns nicht zugänglichen Revue neurolog., Vol. 13, veröffentlicht. Ferner hat Hunt 1916 angegeben, daß er in vier Fällen von Huntingtonscher Chorea einen ausschließlichen Untergang der kleinen Ganglienzellen des Striatum gefunden habe. Wir halten die Einschränkung des krankhaften Prozesses auf die kleinen Ganglienzellen nicht für gerechtfertigt.

Unsere obigen Ausführungen (S. 708) über den Mechanismus der Chorea, sowie unsere Kritik Kleistscher und v. Economoscher Anschauungen gelten auch für diesen, wie die übrigen Fälle der Huntingtonschen Chorea.

In der an einen Zellunterg^ng, besonders in der IV. bzw. dem Grenzgebiet zwischen der ///. und V, Schicht des Cortex cerebri sich anschließenden Gliose sdien wir das Substrat der psychischen Störungen des vorliegenden Falles. Wir werden auf diesen Punkt noch zurückkommen.

14. Liepmanni Fall Julie E. [D. 26-)

A. Krankengeschickte.

Geboren am 33. Oktober 1866.

I. Hospitalbehandlung 1894 im ^ankenhaus Friedrichshain wegen Gastroenteritis ^uta infolge Schwefelsäureintoxikation. Anamnese am 16. September 1894:

Dienstmädchen. Vater war Schneider, an der Schwindsucht gestorben. Mutter *w nervenkrank, soll Krampfanfälle mit Schaum vor dem Munde gehabt haben, ^t. kann sich selbst auf frühere Erkrankungen nicht besinnen. Menstruation seit dem 18. Lebensjahre regelmäßig. Vor der ersten Gravidität wahrscheinlich zwei Aborte. Ein normaler Partus vor 7 Jahren; das betreffende Kind lebt. Jetzt zum zweiten Male gravid im dritten Monat. Gestern abend wegen der neuen Schwangerschaft Schwefel- säure getrunken.

Status praesens am 16. September 1894:

Mittelgroße^ ziemlich kräftig gebaute Person von gutem Ernährungszustand. Gcüunde Gesichtsfarbe. Brustorgane ohne Befund. Unterleibsorgane, abgesehen von der Gravidität, normal. In der Mundhöhle, an den Wangen und in der hinteren Rachen- ifand oberflächliche weiße Schorfe.

Magensaft ohne Schwefelsäurereaktion. Stuhlgang ohne pathologischen Befund. Am 26. September 1894 als geheilt entlassen.

2, HospiUdaufnahme in der Kgl. Universitäts-Frauenklinik zu Berlin am 14. Fe- bruar 1895.

Das Kind wurde in Sturzgeburt geboren. Das Wochenbett normal. Das Kind bat gesunde innere Organe, litt vorübergehend an Eczema capitis.

3. Aufnahme in der Anstalt Herzberge am 4. Februar 1904. Anamnese-.

Bis vor 4 Jahren nach Angabe von Bekannten normal. Vor 4 Jahren schnitt Pat. sich ein Bild des Prinzen X von Baden aus einem Buch heraus. Sagte, der Prinz >ei ihr Bräutigam, sie habe ja immer mit ihm abends auf der Treppe gesessen. Sagte in einer Gesellschaft zu einem fremden Mann: „Du verfluchter Kerl hast dich vor

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7l8 C. UND O. VOGT. ^^"^^i'^SSSS^

einem Jahr mit mir verlobt, jetzt hast du eine andere". Verkannte zeitweise Per- sonen. Verlor meist ihre Stellung, weil sie den Leuten zu verrückt war. Ihr Schlaf war unruhig, schreckhaft, sie flog immer hoch.

Seit etwa 3 Jahren hat sie Krampf an fälle, bei denen sie das Bewußtsein nich'^ vollständig verliert, keinen Zungenbiß zeigt, keinen Urin unter sich läßt. Die Anfällt treten zuweilen alle 14 Tage auf, zeitweise auch nur alle 6 Wochen.

Die Pat. selbst leugnet zurzeit Geschlechtsverkehr.

Status am 15. Februar 1904:

Größe: 1^48 m. Gewicht: 49 kg. Temperatur: 36,5*.

ChoreUorme Bewegungen in Armen, Schultern und Kopf, angeblioli seit einem Jahr.

Leugnet Lues, Alkoholismus und Kopftrauma. Sei so intolerant gegen Bier, da^ sie nach einem halben Glase „duselig" werde. ,

In der Schule habe sie leicht gelernt. /

örtlich und zeitlich orientiert. /^

Vor 6 Jahren Tod des Bräutigams, darüber habe sie sich sehr gegrämt.

Früher immer in Stellung als Mädchen für alles, später vorübergehend Kellnerin.

Vor 4 Jahren lernte sie ihren Vetter kennen. Er sagte ihr, er sei Kaiser Friedrich. Sie glaubte es anfangs nicht, da er keinen Vollbart hatte. Später glaubte sie es. 'Er sagte, er wolle niemanden heiraten außer ihr. Er wollte ein Geschenk von ihr. Da schenkte sie ihm zwei Photographien, eine von Kaiser Friedrich imd eine von der Königin Luise. Auf die Frage, ob der Vetter denn wirklich Kaiser Friedrich gewesen sei, antwortet sie: „Ja, wie soll ich das wissen, ich weiß ja von so was nicht. Verstehe das nicht. Bin ja vom kleinen Ort in Ostpreußen". Sie habe in Büchern gelesen, daß ihr Vater König Ludwig IV. gewesen sei. So habe sie schließlich auch herausgelesen, daß ihr Vetter der Kaiser Friedrich sei.

Vor mehreren Jahren sagten die Leute, als sie vor einem Bilderladen stand: „Das ist eine Prinzessin". Sie wußte nicht, ob sie es auf sich beziehen sollte oder auf Bilder im Schaufenster; aber sie dachte ojft darüber nach und meinte, daß sie eine Prinzessin sei.

Leugnet Verfolgungsideen. Visionen und Stimmen nicht mit Sicherheit nach- weisbar.

Pat. wird immer weniger zugänglich, will nichts mehr erzählen. Sie sei nicht verrückt. Man halte sie aber dafür, denn sonst wäre sie nicht hier. Habe immer sehr schwer arbeiten müssen.

7. Februar 1904.' Habe in einem Buch gelesen, daß die Prinzessin Helene vcm Hessen an demselben Tage wie ihre Tochter Geburtstag habe. Da dachte sie: na ja das kann ja dann stimmen. Und so sei ihr manches eingekommen.

Der Körper sei in Ordnung bis auf die Zuckungen.

Pat. kann die choreYformen Bewegungen eine Zeitlang willkürlich unterdrücken; bei Ablenkung der Aufmerksamkeit beginnen diese jedoch wieder von neuem.

Asymmetrischer Schädel.

Angewachsene Ohrläppchen.

Zähne und Zunge ohne Befund.

Innere Organe ohne Besonderheiten.

Pupillen beiderseits gleich. Reaktion auf Licht und Konvergenz beiderseits prompt. Augen bewegungen frei.

Facialis beiderseits gleich.

Kniesehnenphänomen beiderseits vorhanden.

Plattfüße.

Keine Sprachstörung.

Sensibilität scheint nicht gestört.

Kein Romberg.

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M.»,l9y,^ 2UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 7 1 9

CS

Gang ohne pathologischen Befund (Plattfußgang).

Gedächtnis gut. Rechnen etwas mangelhaft. Eigentliche Intelligenz- prüfung nicht möglich^ da Pat. dabei unwillig wird. 4. Mär2 1904.

I. Mundwinkel steht in Ruhe und Bewegimg ein wenig tiefer als der r.. Die Zungen- spitze weicht deutlich nach r . ab. Hoher Spitzbogengaumen. Abweichen des Zäpfchens und Verhalten der Gaumenbögen ist nicht festzustellen^ weil Pat. beim Einführen des Spatels den Mund sofort schließt. L. Lidspalte etwas enger als die f..

In den Händen kleinschlägiger Tremor. Außerdem werden Hände, Arme und einzelne Finger in ruckartigen Spontanzuckungen bewegt, die selbst beim Auflegen der Glieder auf eine feste Unterlage nicht fehlen, beim Sprechen zunehmen und auch während der Arbeit (Kartoffel- schalen) zu beobachten sind. Dieselben Zuckungen finden sich im Ge* biete des Mundfacialis und im r.« Bein, während sie im /. Bein seltener zu sein scheinen.

Alle Sehnenphänomene an den Armen und Beinen sehr lebhaft. Kein Fuß- klonus. Plantarreflex beiderseits schwach.

Pupillen beiderseits gleich, entrundet, mittelweit. Reagieren auf Licht und Kon- wgcnz.

Keine Ovarie, keine Mastod)rnie.

Herzdämpfimg: Mitte des Sternum, 3 Interkostalraum, 1 Finger außerhalb der /. Mimillarlinie. An der Mitralis ein kurzes, schabendes, systolisches Geräusch. Langen ohne Besonderheiten.

30. Mai 1904. In der Schälküche beschäftigt. Die Chorea wurde mit Arsen be- IwüKlclt. Darauf As-Exanthem. Arsen ausgesetzt. Die choreatischen Bewegungen und gering.

4. Juni 1904. Körperliche Untersuchung (Pat. ist sehr ungeschickt): Rachennarben, soweit Prüfung möglich, nicht zu sehen. Gaumendefekte fehlen. Zunge ohne Befund. Nasenkonfiguration normal.

Hab* und Nackendrüsen sowie Achselhöhle- und Ellenbogendrüsen fehlen. Inguinaldrüsen vorhanden. \

Keine Knochenauftreibungen.

Zurzeit leichte Psoriasis. Außerdem im Nacken und auf der Brust zahlreiche weißliche Flecke (Leukoderma?). Schmerzen im rechten Arm.

Motilität der Beine und Arme aktiv und passiv frei. Grobe Kraft gleichfalls ungestört. Dyn. r. 19, /. i8.

Beim Knie-Hackenversuch mit geschlossenen Augen werden die Bewegungen ruckartig und andeutungsweise ausfahrend ausgeübt. Die Ejiiescheibe wird auch nicht immer getroffen.

Auch der Finger-Nasenspitzenversucb wird, selbst unter Berücksichtigung der choreatischen Bewegungen, unsicher ausgeführt. Manchmal fährt der Finger erst an der Nasenspitze vorbei. Dieses Phänomen tritt besonders deutlich hervor, wenn die Pat. den Versuch langsam ausführt. R. scheint es etwas stärker ausgeprägt zu sein ab i..»

Lokalisation für Berührungen ungestört. Lagegeffihl desgleichen.

Taktile Sensibilität und Schmerzempfindung ungestört. Es ist aber nicht aus- geschlossen, daß trotzdem Sensibilitätsstörungen bestehen. Pat. gibt z. B. an, daß sie im r. Oberarm besser fühle als im Unterarm. Es sind aber keine Grenzen zu er- zielen.

Triceps- und Radiussehnenphänomen beiderseits lebhaft, anscheinend gleich.

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720 _ C UND O. VOGT. ^^^^^^,

Patellarsehnenphänomen beiderseits sehr lebhaft, r. vielleicht etwas lebhafter als /..

PJanJ;arreflex nur bei sehr starken Schmerzreizen zu erzielen.

Kein Babinski.

Achillessehnenphänomen beiderseits lebhaft, r. etwas lebhafter ajis /..

Bauchdeckenreflex wegen der Zuckungen, die sich auch auf die Bauchmus- kulatur erstrecken, nicht sicher zu erkeimen. Es scheint, als ob er im obersten Teil vorhanden ist und zwar r. stärker als /..

Schmerzen im r. Arm.

Pupillen sind r. eine Spur enger als /. (?), etwa mittelweit, reagieren auf Licht und Konvergenz /. prompt, r. ein wenig langsamer. Augenmuskeln frei.

L. Mundwinkel steht tiefer als der f.. Zunge weicht nach r. ab. Tremor derselben. Zäpfchen weicht nicht deutlich ab. Keine merkliche Differenz in den GaumenbSgen.

15. Juni 1904. Ihr Vater sei König Ludwig IV., König von England urd von Österreich. Daß sie Prinzessin sei, habe sie erst jetzt von anderen Leuten erfahren. ,,lch habe es in Geschichten gelesen, daß die Tochter von König Ludwig denselben Geburtstag hat wie ich. Deshalb glaube ich, daß ich die Tochter bin. Ich habe ein Gut bei Picheisdorf. Ich werde Baron von Dörnberg heiraten". Daß sie als Prinzessin hier Kartoffeln schäle, schade ja nichts. Sie habe in Berlin in der Lotterie looooo M. gewonnen. Wo das (jeld sei, ob es verbraucht sei usw., wisse sie nicht. Sie sei hier, weil sie krank sei. Werde schon auf ihr Schloß kommen. Sie habe sich überarbeitet und sei nervös geworden. Sie arbeite trotz ihrer vornehmen Herkunft, Sie habe es von Jugend auf nicht anders gelernt. Sie habe z. Vieh getrieben; ihr Vater, der König, habe das gewollt.

„Seit I. Februar 1904 hier, 4 Monate, in der Anstalt Herzberge für Irre." Sie sei nicht irre. Heute sei der 14. Juni 1904. Sie sei 37 Jahre alt, am 23. Oktober 1S66 geboren. Im Oktober werde sie ^S Jahre. Habe zwei Kinder, es seien zwei Prin- zessinnen. Hier gefalle es ihr gut, sie schäle Kartoffeln. Sie möchte entlassen werden, auf ihr Gut gehen; ohne die paar tausend Mark könne sie aber dort nichts anfangen. Sie brauche das Geld für die Bewirtschaftung. Sie wisse nicht, ob die looooo Mark schon dafür verausgabt seien.

5 mal 7 = 35. 7 mal 9 = ?

Sie sei hier in Brandenburg; die Hauptstadt sei Berlin.

29. Juni 1904. Die beobachtete Pupillendifferenz (l^O ist heute deutlicher.

Seit 30. Juni 1904 Jodkali, 1,0 p. d. .

4. Juli 1904. Geruchsprüfung: Nelkenöl riecht nach Spiritus. OL menth. pip. wird erst im Glase mit Plätzchen, später im Zahnpulver vorgesetzt und nicht erkannt. Senfspiritus kann nicht angegeben werden.

Sehschärfe = 6/6.

Levator palpebrae superior steht l, tiefer als r, .

Lidspalte r. 1,1 cm, l. 0,9 cm.

Rectus superior bleibt l, eine Spur zurück.

Die übrigen Augenmuskeln zeigen keine deutlichen Unterschiede zwischen r. und /..

Beide Bulbi zucken.

Sensibilität des Kopfes für taktile Reize und Schmerzempfindung auf beiden Hälften gleich. Spitz und stumpf wird richtig unterschieden. Lokalisation ungestört. Warm und kalt wird gleichfalls richtig angegeben.

Pupillen (/. etwas. größer als r.) unter mittelweit, leicht verzogen, reagieren auf Licht direkt und indirekt etwas träge und wenig ausgiebig, ebenso auf Konvergenz. Bei Fixieren auf die Nähe tritt die Pupillendifferenz noch deutlicher zutage.

Di#J. Nasolabialfalte ist flacher als die r.. L. Mundwinkel beim öffnen und Lachen tiefer als der r.. Zuckungen in der Stirn, in Wangen und Lippen beiderseits. Im Stim- 94

ffJ^rJS*'^ ZUR LEHRE DER ERKilANKüNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 721

facialis keine deutliche Differenz. Zungenspitze weicht nach r. ab. Starker Tremor der Zunge. Keine Bißnarben. Fibrilläre Zuckungen fraglich. L. Zungenhälfte scheint etwas schmäler als die r.. Zäpfchen weicht nach /. ab. L, Gaumenbogen etwas steiler als der f.. Zapfchenabweichung auch bei Bewegung.

Bei Drehbewegungen nach r. und /. leichte Unsicherheit^ kein Schwindel.

Bnistorgane ohne Befund.

Der X[opf wird etwas nach vorn und r. übergehalten.

Geschmacksprüfung :

Bitter +; sauer r. vom, salzig l. vom als bitter empfunden. Sonst keine Ge- schmacks Wahrnehmungen .

Kcnijunktival- und Komealreflexe beiderseits gleich.

Uvolarwürgreflex nicht zu prüfen.

Patellarsehnenphänomen beiderseits sehr lebhaft, l. etwas mehr (?) als r..

Achillessehnenphänomen beiderseits gesteigert.

L. bei ziemlich starken taktilen Reizen kein Plan tarref lex; ganz leichte Andeu- tungen vcm Babinski. R. schwer auslösbarer Plantarreflex.

Sehnenphänomene an den Armen lebhaft, kein deutlicher Unterschied.

Bauchdeckenreflex nicht erzielbar.

Motilität ungestört, grobe Kraft desgleichen. Grobe Kraft der /. Hand scheint etwas schwächer als r. zu sein, auch bei Beugung und Streckung.

Keine Atrophien oder Hypertrophien.

Der r. Facialis ist leicht kontrakturiert.

Keine Stönmg der Tast-, Schmerz- und Temperaturempfindung.

Stereognostischer Sinn imgestört.

Lagegefühl desgleichen.

An den Beinen Varizen, infolgedessen leichte Ödeme.

Keine trophischen Störungen der Haut.

Fat. gibt an, viel zu schwitzen.

Vasomotorische Stönmgen fehlen.

Blasen-, Mastdarm- und Genitalstörimgen fehlen.

Finger-Nasenspitzenversuch ist beiderseits, namentlich bei geschlossenen Augen, unsicher.

Beim Stehen mit geschlossenen Augen imd Füßen leichtes Schwanken.

Auch der Knie-Hackenversuch ist beiderseits unsicher. Eine Differenz zwischen r. und /. ist nicht nachweisbar. ^

Die üblichen Paradigmata werden ohne Anstoß und deutlich nachgesprochen.

Schwindel und Erbrechen fehlen.

Schmerzen im r. Arm.

Injektion: 0,06 Hydrargyr. salicylic.

5. Juli 1904. Von heute ab 1,5 Jodkali.

12. Juli 1904. Zweite Injektion: 0,08 Hydrargyr. salicylic.

39. Juli 1904. Von einer weiteren Injektion muß zunächst abgesehen werden, da Fat. sich weigert, eine solche vornehmen zu lassen. Ist ziemlich wütend. Hat ge- droht, dem Arzt einen Schemel an den Kopf zu werfen, wenn er sie noch einmal spritzen würde.

I.August 1904. Von heute ab 2,0 Jodkali.

16. August 1904. Die Zuckungen sind geringer geworden. Pat. bekommt seit heute 2,5 g Jodkali.

26. August 1904. Bis heute 102,5 g Jodkali.

Hat vor einigen Tagen den Arzt angesprochen und ihn gefragt, ob ein Brief, den rAC geschrieben hatte, al^eschickt worden sei. Dabei fing sie an, von ihrem Bräutigam zu sprechen. Der sei sehr dumm. Mehr als 2000 Mark brauche sie doch nicht zum Ankauf einer Restauration und die hätte sie doch.

37. Augnst 1904. Verlangt heute einen Briefbogen, sie müsse einen Brief schreiben

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wegen ihrer Brauerei. Sie hätten (d. h. ihr Mann und sie) außerhalb eine I die augenblicklich an ein Fräulein verpachtet sei. Diese gedenken sie im 1 wieder selbst zu übernehmen. Deshalb müsse sie schreiben^ dann aber au wegen der Kinder. Sie habe deren mehrere und es würden wohl noch welche l Sie fühle es«

12. September 1904. Fat. hat bis heute inklusive 152 g Jodkali bei Eine Besserung ist insofern eingetreten^ als die Chorea tischen Bewegungei Ruhe überhaupt kaum je auftreten. Auch wenn Fat. arbeitet, is viel von denselben zu bemerken. Wird sie durch eine plötzliche oder sonst irgendwie überrascht oder erschreckt, so finden sn einzelte Zuckungen in den Extremitäten und im Kopf. Doch s Ausschläge nicht so groß wie früher, die Zuckungen erfolgen auc so zahlreich.

Mit Jodkali wird zunächst ausgesetzt.

14. September 1904. Fat. hat sich bereit erklärt, sich weitere Injektionen zu lassen. Heute eine Spritze Hydrarg. salicylic. = 0,1.

Nach der Injektion gibt Fat. folgendes an: Ihr sei aufgefallen, daß ihre warze seit 4 Wochen stärker geworden sei. Bei objektiver Untersuchung Richtigkeit der Angabe bestätigt. (An der r . Mamilla fällt außerdem eine Na alter Mastitis herrührend, auf). Femer fällt auf, daß Fat. einen aufgetriebei hat. Sie sagt, sie fühle darin gerade solche Bewegungen wie früher, wenn sie in Umständen war.

22. September 1904. Injektion von 0,1 Hydrarg. salicylic. 30. September 1904. Injektion von 0,1 Hydrarg. salicylic.

12. Oktober 1904. Choreatische Bewegungen im r. Arm und in den Be stehen noch fort, wenn Fat. lebhafter wird.

ELleine Zeitungsabschnitte werden nur mangelhaft aufgefaßt und^edei Äußert ohne Affekt ihre Größenideen. Zuletzt imzugänglich, will nicht sovic werden.

Kniesehnenphänomen vorhanden.

Keine deutlichen Sprachstörungen.

20. Dezember 1904. Ruhig, unauffällig, beschäftigt sich mit Stricken, und zu. um Briefpapier und schreibt dann Briefe, die nicht abgeschickt werden

23. Februar 1905. Fat. hat am l, oberen Mahlzahn ein Geschwür, L Waj geschwollen. Wenn Fat. spricht, treten die früheren choreatischen Beweg den Armen und Schultern wieder auf.

21. März 1905. Glaubt nicht mit zum Vergnügen gehen zu können. Sa^ doch so hoch schwanger, alle Leute sähen sie schon an.

9. Mai 1905. Glaubt sich in anderen Umständen von dem hiesigen Dr. I ihn manchmal treuer Schwelow. Schreibt Briefe, die sich auf ihre Nieder! ziehen.

7. August 1905. Wie oben.

10. Oktober 1905. Fsychisch unverändert.

I. Dezember 1905. Auch körperlich unverändert. 3. März 1906. Wie oben. Immer dieselben Ideen.

22. Mai 1906. Dr. F. sei ihr Bräutigam^ von ihm habe sie zwei Kinder, d sei 12 Jahre alt. Dr. F. sei doch früher beim Militär gewesen. Jetzt wolle er si< und wolle mit ihr zusammen eine Brauerei in Fichelsdorf laufen. Das G< sie wohl geben müssen. Sie habe ja reiche Verwandte, die es ihr borgen v

5. September 1906. Zuckungen bestehen in gleicher Intensität. Trotzden sie fleißig in der Schälküche.

7. November 1906. Schreibt wiederholt wegen des Restaurants.

15. Januar 1907. Hält an ihrem Gedanken fest, sich draußen ein Rest kaufen.

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im.

, ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 723

5. März 1907. Will sich zum Fenster hinausstüizen^ falls sie nicht entlassen würde.

4. September 1908. Die choreatischen Zuckungen im ganzen nicht sehr auffallend, werden aber deutlich stärker bei Erregungen ^ ja sogar beim ge- wöhnlidien Anreden. Es verhält sich mit dem Stottern ähnlich.

Ziemlich schwachsinnige, bisweilen eigensinnige und boshafte, im ganzen aber harmlose und fleißige Person.

23. November 1911. Sehr ausgeprägte choreatische Zuckungen. Spricht oft vor sich allerlei unverständliches Zeug hin. Schälte früher Kartoffeln, nuurhte infolge ihrer Koordinationsstörungen mit dem Messer die unglaub- lichsten Bewegungen um die Kartoffel herum. Hat sich dabei in den Finger ge- sdmitten. Deshalb zum Kartoffelschälen nicht mehr zugelassen. Unsauber in ihrer Kleidung, schmierig. Wäscht sich jedoch allein.

25. November 191 3. Täglich Erbrechen (choreatische Bauchzuckungen). Wenn man sich mit Pat. beschäftigt, werden die Zuckungen stärker. Spridit viel unverständlich und zusammenhanglos vor sich hin. ^

10. Februar 1914. Gegen das Erbrechen täglich 10 Tropfen Morphium. Langsame Besserung des Erbrechens.

Laryngoskopische Untersuchung ist nicht möglich.

28. Märzi9i4. Erbrechen läßt auf zweimal 10 Tropfen Tinct. opii nach. Be- finden unverändert.

Laryngoskopische Untersuchung unmöglich.

Gefäße im Augenhintergrund von normaler Füllung. Papiüengrenzen deutlich.

Wenn Pat. anfängt zu sprechen, sind die ersten Worte verständlich, dann nehmen die Zuckungen zu und man versteht nichts mehr.

Bei dreimal täglich lo Tropfen Morphium werden die Würge bewegungen sel- ber. Ebenso ist Nährklystier von Erfolg. Gewichtszunahme i kg.

10. Oktober 1915. Pat. ist augenblicklich weder somatisch zu untersuchen noch pychisch zu explorieren. Ih-re Sprache sind abgerissene, hervorgewürgte Laute, aus denen klug zu werden schlechterdings unmöglich ist. Sie fährt dauernd im Zimmer auf und ab, stößt an Stühle, Betten usw. an, ^«dreht die Arme, biegt und neigt sich.

Reflexe sind augenblicklich nicht zu prüfen.

18. Oktober 191 5. Pat. erhält gegen ihr Erbrechen vor der Mahlzeit 6 Tropfen MorpWum.

30. Dezember 1915. Liegtdauernd im Bett,hat starke choreatische Zuckungen in der ganzen Körper muskulatur. Kann infolge der Zuckungen nicht allein essen, ^B gefüttert werden. Bekommt nur flüssige und breiartige Nahrung. Die Nahrungs- aufnahme geht sehr langsam vonstatten, da auch in der Zunge choreatische ^«wegungcn sind. Infolgedessen ist auch die Sprache ganz unverständlich. Ab und zu hat sie Erbrechen.

15. Mai 1916. Hat in letzter Zeit an Gewicht abgenommen . Status somaticus ^ psychicus unverändert.

10. Januar 191 7. Ist in letzter Zeit sehr elend geworden, wiegt nur noch 36,0 kg. Dauernd unsauber mit Kot und Urin, daher ins Holzwollbett.

9. Februar 1917. Morgens 10,15 ^^^ Exitus letalis an Herzschwäche.

« Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Die Pat. war 17 Jahre lang krank. Das Leiden begann mit dem Auftielen teilweise erotisch gefärbter .Größenideen, als die Pat. 34 Jahre alt war. Der- artige Ideen wechselnden Inhaltes ließen sich wenigstens die ersten 7 Jahre npchweisen, ohne daß Sinnestäuschungen festgestellt wurden. Sie wird am E^de dieser Zeit als ,, ziemlich schwachsinnig** bezeichnet. Ein Jahr nach

7 Jounul fftr Psychologie und Neurologie. Bd.. 95. Ergh. 3. 97

724 C. UND O.VOGT. ^^°£Sdire£tt

Krankheitsbeginn sollen für einige Zeit Krampfanfälle ohne vollständigi Bewußtseinsverlust aufgetreten sein. Nach zwei weiteren Jahren Auftreten ch rea tischer Zuckungen. Diese befielen .zunächst die Arme, die Schultern ui den Kopf. Pat. konnte diese Zuckungen zunächst willkürlich eine Zeitlai unterdrücken. Dieselben nahmen beim Sprechen zu. Sie ergiiffen auch bald c Beine und die Bauchmuskulatur. Auch wurden schon nach wenigen Monat Zuckungen der Bulbi konstatiert. Grobe Kraft, Motilität und Muskelton waren ungestört. Die Sehnenphänomene waren gesteigert, ohne einen patt logischen Grad zu erreichen. Nach Quecksilber- und Jodkalibehandlung vi übergehend Abnahme der Zuckungen. Sie treten jetzt nur noch bei plötzlict Anrede oder Erschrecktwerden auf. 8 Jahre nach Krankheitsbeginn auch ch reatisches Stottern festgestellt, ii Jahre nach Krankheitsbeginn so au&gepräg choreatische Bewegungen, daß Pat. arbeitsunfähig und ihre Sprache zieml» unverständlich geworden ist. Vom 13. Jahre des Leidens an so starke chöre tische Bauchzuckungen, daß sie täglich zu Erbrechen führen. Bei Beschäftigun mit der Pat. nehmen die Zuckungen zu. Im 15. Jahre der Erkrankung vol ständig unverständliche Sprache. Verdrehungen des ganzen Körpers. Muß forta gefüttert werden. Tod an Herzschwäche. Lues nicht mit Sicherheit nacl" gewiesen. Eine erT)liche choreatische Belastung unbekannt.

B. Anatomische Unterstuhung.

a) Makroskopischer Befund.

Das in allen Dimensionen kleine Gehirn bot äußerlich keine herdartige ErkrankuD dar. Auf einem Frontalschnitt macht sich ein sehr starker Hydrocephalus intemi bemerkbar.

b) Mikroskopischer Befund.

a) Befunde an herausgeschnittenen Stücken.

I. Cortex.

Tai 38^ Pig. 1 bringt einen Schnitt aus der Beinregion der Area gigantopyramidali Derselbe läßt eine beträchtliche Verschmälerung der Rinde erkennen, ohne daß die fi diese Gegend charakteristische Schichtung verloren gegangen ist. /, // und der äußci Hauptteil von /// zeigen eine mäßige Vermehrung der Neurogliakerne. Das im normal« Schnitt der Taf . 6, Fig. 1 mit Var bezeichnete Gebiet und der unmittelbar anstoßen« Abschnitt von /// sind durch einen weitgehenden Schwund ihrer normalen Ganglie Zellen und das direkt bandförmige Auftreten von Neurogliakemen charakterisiei Das so entstehende Band ist in der Figur mit n bezeichnet. Die Riesenpyramiden in l sind auffallend klein. Auch Vy zeigt wie die weiter nach innen gelegenen Rinde partien eine pathologische Vermehrung der Neurogliakerne.

Tai 88, Pig. 2 gibt die Area 89 0. Vogts wieder. Auch hier begegnen wir in be» auf die Vermehrung der Neurogliakerne ähnlichen Verhältnissen wie in der vorig Figur, An der Grenze zwischen /// und V hat sich unter weitgehendem Zugnmdeg^ der im normalen Schnitt an dieser Stelle befindlichen Ganglienzellen direkt ein a besonders zahlreichen Neurogliakemen bestehendes Band gebildet (n).

Tat 88, Fig. 8 bringt einen Ausschnitt aus 0. Vogts Area 69 (kaudaler Lippe c Sulcus centralis). Neben zweifelloser Verschmälerung zeigt sich auch hierin den Schicht // IV eine deutliche Zunahme der Neurogliakerne. Das gilt insbesondere von J

Tat 88, Pig. 4 ist O.Vogts Area 70 (oralem Teil der Kuppe des Gyrus centn posterior) entnommen. Auch hier ist die Rinde deutlich verschmälert^ zeigen die grol 98

jyjJJJt. " ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 72$

Pyramidenzelkn nirgends die normale Größe und ist eine allgemeine Zunahme der NeuTOgliakeme vorhanden^ die insbesondere in IV stärker hervortritt.

Diesen architektonischen Befunden hat Bielschowsky eine Reihe histologischer hinzugefügt:

ffitLS Stratum zonale ist stark verdichtet. Um die hier vorhandenen Gliakerne sind hiufig kreisrunde und farblose Höfe gelegen. An den Ganglienzellen der Rinde fillt im allgemeinen auf, daß die Differenzierung der plasmatischen Bestandteile des Zcllkörpers sehr schwach hervortritt. Auch an den großen Ganglienzelltypen, ins- besondere an den Riesenpyramiden, sind die Nissl-Körperchen von der gleichmäßig (junkel gefärbten plasmatischen Grundsubstanz kaum trennbar. Auch die Zellkerne haben den Farbstoff im allgemeinen stark akzeptiert und heben sich vom Zellkörper nnr wenig ab. Viele Pyramidenzellen der ///. Schicht sind dabei geschrumpft und «igen zuweilen eine korkzieherartige Schlängelung der Gipfeldendriten. Andere Zell- eumplare weisen eine grobwabige ^Zerklüftung ihrer Zellkörper und Dendriten auf. Andiesen chro^sch und wabig veränderten Zellen sind die Trabantzellen häufig ver- nehrtimd in die Randzone des 2^11eibs eingestanzt. Die Gliakerne haben häufig einen Slam (dasmatischer Substanz, welcher von feinen Körnchen mit gel blich -grüner Eigen- liebe erfüllt ist. Auch die Adventiazellen der Gefäße sind in reichlichem Maße von pigmentartigen Abbauprodukten ähnlicher Beschaffenheit erfüllt."

2. Striatum und Umgebung.

Titf.88, Pig. 5 zeigt gegenüber den normalen Verhältnissen (Taf. 1, Fig. 2) im PüUiium externum eine starke Gliose und ein beträchtliches Aneinandergerückt- scinder sonst gut erhaltenen Ganglienzellen.

M 88, Pig. 6. Es lehrt ein Vergleich mit Taf. 32, Fig. 3, daß in dem vorliegenden Fall das Pallidum internum wesentlich geringer von der Gliose befallen ist. Die gut rtakenen Ganglienzellen sind aber auch hier entsprechend der Schrumpfung des Pallidum internum näher aneinander gerückt.

U. S8, Fig. 7 bringt einen kleinen Ausschnitt aus dem Nucleus substantiae in- ^naiae. Von der Norm (Taf. 2, Fig. 3) weicht diese Abbildung höchstens durch *ö» geringfügige Zunahme 'der Neurogliakerne ab.

U. 84, Fig. 1 zeigt im Caudatum (Nc) eine beträchtliche Gliose, einen fast voll- ständigen Schwund der kleinen Ganglienzellen und auch nur ein sehr gering- fügiges Erhaltensein der größeren.

M 84, Fig. 2 zeigt Im Putamen {Put) gegenüber Taf. 32, Fig. i eine noch weitere Zunahme der Gliose. Infolge der noch stärkeren Schrumpfung sind die erhalten §*UiebcneD großen Ganglienzellen genau so wie die Faserbündel noch dichter **öUUKicrg^ückt als in Taf. 32, Fig. 1. Es sind aber offenbar etwas mehr kleine ''•Hglienzellen erhalten als in dem Taf. 32, Fig. 1 abgebildeten Fall.

Unsere architektonischen Feststellungen am Striatum und Pallidum ergänzte Kelschowsky durch folgenden histologischen Befund:

iiDic Gliakerne des Striatum sind von hellen Höfen umgeben. In den Höfen selbst

sumI häufig radiär angeordnete feine Plasmabälkchen die Reste der dazu* gehörigen

Mkörper kenntlich. Hier und da finden sich Exemplare von amöboider Glia mit

*®kel gefärbtem und unregelmäßig gestaltetem Plasmakörper. Wie in der Hirnrinde

^ auch hier in den Gliazellen vielfach pigmentähnliche Abbauprodukte nachweisbar.

Bezü.^lich des Gefäßapparates ist noch zu bemerken, daß alle Gefäße des Striatum

und des I^Uidum stark erweitert und prall gefüllt sind. Hier und da finden sich frische

{Knvaskuläre Blutungen. Einzelne -^terien dieser Region haben eine stark verdickte

ond veränderte Wandmig. Am stärksten betroffen ist die Media, welche in ein glasig

^usseheodes, kemarmes Rohr verwandelt ist. In die veränderten Wandteile sind häufig

jgrohkÖmige^ Anilinfarbstoff stark akzeptierende Niederschläge abgelagert (hyaline

Metamorphose mit konsekutiver Petrifikation)."

;• 99

726 C. UND O.VOGT. '°^H«£o!Ä!'

3. Rückenmark.

Bielschowsky stellte eine ungewöhnliche Schmächtigkeit des ganzen Rücke; marks fest. ,,Die Durchmesser entsprechen nicht den Maßen eines erwachsenen Me sehen. Feinere histologische Veränderungen sind aber nirgends nachweisbar. (Ka genitale Mikromyelie.y

ß) Befunde an der Markfaserserie.

TaL 85^ Flg. 1 gibt den oralsten Teil des Striatum der rechten Hemisphäre wied< Wir erkennen in der Abbildung die starke Schrumpfung des Striatum, die ffir< Schrumpfung von Nc charakteristische Abplattung seiner in den Ventrikel hinei ragenden Oberfläche^ in dem erhaltenen Striatum das uns als Etat fibreux bekanx Zusammengerücktsein der Markfasem und einen beträchtlichen Hydrocephal internus.

TaL 85; Fig. 2 weist den gleichen Befund auf. Welche beträchtliche Sdirumpfu das Striatum zeigt, lehrt ein Vergleich mit Taf. 11^ Fig. 6! Dem Stijcitum gegen&b ist das Pallidum sehr viel weniger verkleinert.

TaL 35; Fig. 3 bringt bei 25facher Vergrößenmg den dorsalen Teil des linki Pallidum externum eines etwas kaudaler gelegenen Schnittes. Zur Würdigung der AI bildung muß man diese Figur mit den Figg. 10 und 11 der Taf. 5 der Ergänzungshefl des 18. Bandes dieses Journals vergleichen. In der betreffenden Fig. 11 verlaufe sehr zahlreiche dünnfaserige Faserbündel in lateral-medialer Richtimg im normale Pallidum externum (Ge). Daneben sehen wir zahlreiche dicke Fasern, vomehmlic in dorso-lateraler Richtung. Sie sind im mittleren Teil des Pallidum externum dorsa wärts bis zu der Bezeichnung „Ge" in größerer Zahl vorhanden. In Taf. 5, Fig. M welche von dem Fall Wiemer-Tochter (fetat marbr^) stammt, liegt eine starke Schrumi fung von Ge unter gleichzeitiger beträchtlicher Abnahme der das Pallidum in latera. medialer Richtung durchlaufenden Faserbündel vor. C6cile Vogt hat schon der damaligen Beschreibung dieser Figur darauf hingewiesen, daß es sich hier um eifl sekundäre Degeneration von Fasern handelt, die zwischen dem Striatum imd dci Pallidum verlaufen, und daß speziell die dorsal von der Bezeichnung „Ge" gelegen Fasenmg zum Caudatum in Beziehung steht. In u/iserer jetzigen Figur sehen wi diese strio-paUidären Fasern ganz und gar zurücktreten. Dagegen ist das stark gi schrumpfte Pallidum externum ausgefüllt von den dickeren Fasern und zwar zeige diese wie schon bei der vorliegenden Vergrößerung erkennbar ist gegenüber de beiden, eben aus dem 18. Bande dieses Journals zitierten Abbildungen eine ohne weiter« als anormal zu bezeichnende Verdickung ihrer Markscheiden. In dem kleinen, noc mit abgebildeten Teil vom Putameti tritt der Etat fibreux fleckweise besonde intensiv auf.

TaL 85, Fig. 4 stammt von der linken Hemisphäre eines weiter kaudal gelegen< Schnittes. Wir sehen in diesem ziemlich lange exponierten Schnitt die starke Schrum] fung des Striatum, Man vergleiche zur Abschätzung dieser Schrumpfung die Fig. der Taf. 3 der Ergänzungshefte des 18. Bandes dieses Journals ! Das Pallidum seine Unterabteilungen ebensogut wie seine Aksa lenticularis erkennen, zeigt kl gegenüber normalen Verhältnissen wie die genannte Fig. 7. deutlich lehrt ei beträchtliche Verkleinerung. Außerdem existiert auch hier ein starker Hydr cephalus internus.

TaL 35, Fig. 5 gibt Nc desselben Schnittes bei geringerer Expositionsdauer wied Man erkennt dann deutlich in ihm den Etat fibreux.

TaL 85, Fig. 6 bringt von derselben Figur bei der gleichen geringen Expositioi dauer das Putamen. Man ersieht aus dieser Abbildung deutlich den Etat fibrev Und zwar zeigt es sich, daß er wie wir schon bei der Beschrdbung der Fig. 3 herv gehoben haben hier nicht in der Form eines gleichmäßigen Zusammenrückens i erhalten gebliebenen Markfasem auftritt, sondern daß er herdförmig besond starke Faseransammlungen bildet. 100

J^JMS?"« ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 727

I!d.S6^ Fig. 7 läßt die Forelschen Bündel H* und H^ erkennen. Vv'enn man auch die allgemeine Kleinheit des Gehirns in Betracht zieht^ so kann doch eine spezielle Sdunächtigkeit der beiden Bündel nicht geleugnet werden.

I!d.S5^ Fig. 8 stammt von einem etwas kaudaleren Schnitte der rechten Hemisphäre und zwar aus jener Gegend, wo das Corpus Luysi soeben begonnen hat. Die beträcht- lidie Atrophie des Siriaium geht gut aus einem Vergleich mit Fig. 13 der Taf. 6 der Ergänzungshefte des Bandes 18 dieses Journals hervor. Auch ein Blick auf die linke Hälfte der Fig. 3 der Taf. 23 dieser Arbeit läßt die Schrumpfung deutlich er- kennen. Ein entsprechender Vergleich zeigt dabei, daß die Schrumpfung auch das VtSMum betrifft, aber doch in deutlich geringerem Maße, was namentlich aus der Verschiebung der Breitendurchmesser zwischen Putamen und Pallidum ^ Taf. 35, Fig. 8 gegenüber den beiden genannten, normale Verhältnisse darbietenden Figuren hervorgeht. Man sieht femer einen deutlichen Hydrocephalus internus, im Vergleich zu Fig. 13 der Taf. 6 der Ergänzungshefte des 18. Bandes dieses Journals r ein verschmälertes Corpus caüosum und einen in seiner Gesamtheit etwas kleineren Thdamus. Zieht man auch diese allgemeine Kleinheit in Betracht, so muß man den \ Mangsteil des Corpus Luysi doch noch als speziell verkleinert bezeichnen.

Cd. 86, Fig. 9 bringt von einem kaudaleren Schnitt der linken Hemisphäre noch einmal das Corpus Luysi. Verglichen mit den bei Beschreibung der vorigen Figur heran- gengenen normalen Bildern muß es als speziell gegenüber seiner Umgebung ver- kkinert angesehen werden.

Das Cerebellunty die Brachia conjunctiva, die Pyramiden und die unteren Oliven »gen keine speziellen Veränderungen.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Abgesehen von einer kongenitalen Mikromyelie haben wir es mit einer veitgehenden, zu Parenchymzerfall und Gliose führenden Erkrankung IQ tun.

Dieser Krankheitsprozeß hat in intensivster Weise das Striatum er- griffen. Er hat dabei das Pallidum zweifellos in einem über eine sekundäre Degeneration hinausgehenden Maße in Mitleidenschaft gezogen. Dabei wigcn die Markscheiden der groben Fasern des Pallidum externum ein außer- gewöhnliches Kaliber. CL ist zweifellos verkleinert. Auch H^ und H^ sind etwas «ditticrt.

Iföchst dem Striatum ist der Cortex cerebri und in ihm vor allem die /^.Schicht, bzw. in den sekundär a granulären Gebieten die Grenze zwischen /// und V am schwersten betroffen.

C. Epikrise,

Die Chorea bringen wir natürlich auch hier mit der Striatumer krankung in Beziehung. Die vorliegende sehr schwere pathologische Veränderung des Striatum macht die sehr starke Chorea der letzten Jahre verständlich.

Die Partizipierung der oralen Teile des Striatum an dem schweren Krank- heitsprozeß ist mit unserer Tendenz, dieses Gebiet zu den bulbären Funk- tionen in Beziehung zu bringen, in vollem Einklang.

Was die psychischen Störungen anbelangt, so ist in den letzten Jahren *in Schwachsinn urid ein Benehmen der Kranken konstatiert worden, wie *s typisch für die Huntingtonsche Chorea ist. Wir sind deshalb natürlich geneigt, die von uns oben beschriebenen pathologischen Veränderungen des

lOI

728 C. UND O.VOGT. ^^yeSgtoSi

Cortex cerebri deswegen mit den genannten psychischen Störungen in 1 Ziehung zu bringen, weil wir denselben Befund in Freunds Fall H. B. erhob haben und in den weiteren Fällen von Huntingtonscher Chorea stets wie< konstatieren werden. Ob die in den ersten Krankheitsjahren aufgetreter Größenideen auch noch als Symptome dieses pathologischen Prozesses u dementsprechend als ein gelegentliches Teilsymptom der Huntingtonscli Chorea aufzufassen sind oder ob sich neben der typischen seelischen 1 krankung der Huntingtonschen Chorea noch eine zweite Psychose abgespi hat, möchten wir unentschieden lassen.

15. Maats' FAU Poertoh (S 15).

A. Krankengeschichte.

Auguste P. Geschäftsfrau.

Geboren 12. August 1839.

Status am 9. September 1908, also im Alter von 69 Jahren.

Eine Anamnese ist infolge des psychischen Zustandes der Kranken nicht zu erheb

Auf die Frage: „Sind Sie krank?" antwortet sie: „Husten."

,Sind Sie sonst völlig gesund ?" „Ja." ,Sind Sie früher krank gewesen ?" „Niemals."

Status corporis:

Der Körper der Kranken befindet sich in dauernder Bewegung, fortwähn wird der Kopf hin und her geworfen, der Mund geöffnet und wieder geschlossen, wird der Unterkiefer auch seitwärts verschoben^ die Extremitäten werden eb falls dauernd bewegt. Diese Bewegungen erfolgen niemals mit der Langsamk wurmförmiger athetolfder Bewegungen, erinnern auch weder an c Wackeln bei multipler Sklerose, noch an die Ataxie bei Tabes. Je der Bewegungen, einzeln für sich betrachtet, gleicht einer normal intendierten Bewegung, und nur durch die Häufung und Zwecklosigk( der Bewegungen wird der krankhafte Charakter erkennbar.

Die Sehnenphänomene sind an den Armen nicht mit Sicherheit auslösbar. Lähmu der Arme besteht nicht. Einfache intendierte Bewegungen, wie z. B.: „Mit dem Zei] finger die Öffnung des Stethoskops berühren" führt Pat. auf Aufforderung oft pron und fehlerlos aus. Auch ist sie imstande, an ihrer Schürze auf dem Rücken die Bän( zur Schleife zu binden.

An den Beinen sind Kniephänomene und Achillesreflexe sicher vorhanden, al infolge der unwillkürlichen Bewegungen ist die Stärke der Reflexe nicht mit Sicherh zu beurteilen. Es besteht starke Plantarhyperästhesie. Beim Bestreichen der Fußso erfolgt plantare Reflexbewegung der Zehen. Alle aktiven Bewegungen der unte Extremitäten sind ausführbar.

Auf Nadelstiche erfolgt an beiden Beinen prompte Reaktion; genaue Gefül prüfung ist infolge des psychischen Zustandes nicht ausführbar.

Der Knie-Hackenversuch gelingt, aber während der Bewegung und auch nachd der Fuß das Knie erreicht hat, sieht man dauernd unwillkürliche Bewegungen beiden Beinen.

Bauchreflex ist beiderseits nicht auslösbar, vielleicht infolge Sp>annung der Bai decken.

Facialis, Hypoglossus sind frei, ebenso Augen bewegungen. Pupillarreaktion infolge Widerstandes der Pat. nicht zu beurteilen.

Schlucken ist ungestört.

Sprache:

Die Artikulation aller einzelnen Laute gelingt; bei zusammenhängendem Spree 102

JjJJJJJg», ZUR LEHRE DER ERKRÄNKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 729

ist aber die Sprache außerordentlich undeutlich. Oft bildet Pat. dabei keine richtigen Sitze. Es besteht keine Störung der Wortfindung beim Anblick von Bildern. Das Spradiverständnis ebenso wie das Lautlesen und Verstehen kleiner gelesener Sätze sind ungestört. Das Diktatschreiben einzelner Worte gelingt, wenn auch mit ortho- graphischen Fehlem.

IntdHgenzprüfungi

Die Merkfähigkeit ist grob gestört. Pat. ist bei mehrfacher Prüfung nicht imstande^ seds einzelne^ ihr vorgesprochene Zahlen nachzusprechen; auch bei fünf Zahlen macht sie noch Verwechslungen ; erst vier Zahlen werden ri<^htig nachgesprochen.

örtlich ist sie orientiert.

Auf die Frage: „Welches Jahr ist jetzt?" sagt sie: „Kann nicht antworten." Den Monat kann sie richtig angeben^ den Wochentag aber nicht.

Den Namen des Kaisers weiß sie, kann aber nicht sagen, wo er wohnt.

Nach dem Unterschiede zwischen Baum und Strauch gefragt, sagt sie : „Am Baum können mehr Sträucher hängen."

Unterschied zwischen Treppe und Leiter? „Treppe geht man rauf. Leiter hängt man hin, hat mehr Stufen."

Kopfrechnen :

3+4 wird richtig gerechnet, ebenso 7 + 18 sowie 19 6. Auf die Frage 25 14 Mgtsie: „Kann ich nicht." 5x8 rechnet sie 45. Auf die Frage 7x9 sagt sie: „7 x 10 ist 70."

Es wird die Diagnose der Huntington sehen Chorea mit erheblicher Demenz gestellt.

Tod am 4. April X910.

Eme Änderung im Zustande der Pat. ist bis zum Tode nicht beobachtet worden«

c) Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Es handelt sich um eine im 71. Lebensjahr verstorbene Kranke, die in den tetcn Lebensjahren eine sich auch auf die Kopfmuskulatur beziehende Chorea oebcn deutlicher Demenz aufwies. Von einer Erblichkeit ist nichts bekannt.

B, Anatomischer Befund.

a) Makroskopische Untersuchung.

I Das Gehirn zeigt abgesehen von seiner Kleinheit keine besonderen äußerlichen Vcrindcningen. Auf dem Querschnitt ist ein deutlicher Hydrocephalus internus 1 Ahtbar.

b) Mikroskopische Untersuchung.

a) Befunde an Nissl- Präparaten herausgeschnittener Rindenstücke.

Stf. M, Fig. 1 bringt einen Ausschnitt aus der Area gigantopyramidalis. Die

Äinde ist durch Nervenzelldichtigkeit, verhältnismäßig kleine Riesenpyramidenzellen

öod Vermehrung der Gliakeme ausgezeichnet. Diese sind besonders zahlreich an der

Grenze zwischen /// und Var. Nach außen davon zeigen sie die geringste, nach innen

eine weniger starke Zunahme.

TU. 86, Fig. 2 ist O. Vogts Area 39 entnommen. Auch hier begegnen wir den gleichen Veränderungen wie in der vorigen Figur, d. h. einer Verschmälerung der lUnde, einem Aneinanderrücken der Nervenzellen und daneben einer Vermehrung der Gliakeme. Diese ist am geringsten in den äußeren Rindenschichten. Sie tritt am stärksten in dem mit n bezeichneten Grenzgebiet zwischen /// und V auf. Hier hat' ^Idchzeitig ein stäiicerer Zerfall von Ganglienzellen stattgefunden, so daß die zahl- richen in Erscheinung tretenden Gliakeme an dieser Stelle eine Pdeudokömerschicht

103

730 C. UND 0^ VOGT. ^^'SdJtoS

bilden. Die weiter nach innen gelegenen Schichten zeigen eine weniger starke G sie ist aber immerhin deutlich ausgeprägter als in den Außenschichten.

TaL'd6, Fig. 8 macht uns mit der Struktur des Feldes 69 0. Vogts be (hinterer Lippe des Sulcus centralis). Gegenüber dem in Fig. 6 dieser Tafel abgebi] normalen Bilde fällt eine Verschmälerung. ein Zusammenrücken der Ganglien und eine sehr beträchtliche Zunahme der Gliakeme auf. Die letztere ist besc zahlreich in IV, aber auch ziemlich ausgeprägt in den Außenschichten, währei hier im Gegensatz zu den beiden eben beschriebenen Figuren in den Innensch; weniger deutlich hervortritt.

TaL 86, Figg. 4 7 werden S. 731 f. beschrieben.

ß) Befunde an der Markfaserserie.

Tat 28, Fig. 8. Der orale Teil des Striatum ist in der in den letzten Fäll< schriebenen Art geschrumpft und weist daher einen Etat fibreux auf. Si>eziell auch hier die dem Ventrikel zugekehrte Seite des Caudatum die typische Abfla und führt damit zu der in dieser Frontalebene für die Chorea charakteristischen | linigen Begrenzung des erweiterten Seitenventrikels. Zum Vergleich möge spezic die normale Figur 12 der Taf. 44 der Ergänzungshefte des 18. Bds. dieses Jo hingewiesen werden! Dabei sei noch darauf aufmerksam gemacht, daß die C interna keine Verschmälerung erfahren hat, ihre Bündel aber sekundär, d. h. i Schrumpfung von Striatumsubstanz dichter aneinandergerückt sind. Außerdem das Striatum einen deutlichen Etat criblö (vgl. unter VII!).

TaL 28. Fig. 4 lehrt uns, wie auch in den kaudaleren Partien Nc und P schrumpft sind und es dabei speziell in den dorsaleren Gebieten von Put zu ausgesprochenen Etat fibreux gekommen ist. Das Pallidum (Ge + Gi) zeigt auc Höhenreduktion und ist zweifellos anormal markhaltig. Die Volumenveränc ist aber im Vergleich zu derjenigen des Striatum eine deutlich geringere. Ma gleiche zur Würdigung dieser Verhältnisse Taf. 3, Fig. 7 und Taf . 45, Fig. 18 d gänzungshefte des 18. Bds. dieses Journals! Die Faserung der Substantia innon speziell auch ihr dorsalster, zur Ansa lenticularis gehöriger Abschnitt zeigt Anomalien. Dasselbe gilt vom abgebildeten Teil des Thalamus. In den verschic Partien des Schnittes, speziell aber im Putamen und im Pallidum begegnen wir j zeitig einem Etat cribl^.

TaL 26, Kg. 7. Das Corpus Luysi (CL) ist ausgesprochen markhaltig, aber über den normalen Verhältnissen in seinem Höhendurchmesser um über ein ] reduziert.

TaL 26, Pig. 8 bringt aus einer normalen Serie das Corpus Luysi (CL) in j größten Höhendurehmesser. Wir begegnen ihm an derjenigen Stelle, wo die oroh Markkapsel des Nucleus ruber {INr) getroffen ist. Man erkennt in der Abbildun CL dorsal und ventral von einer schmalen Faserkapsel umgeben ist und wie der gehalt der Zona incerta (Zi) deutlich hinter demjenigen von CL zin*ücksteht.

*

Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Im kleinen Großhirn zeigt die Rinde eine Verschmälerung, ein Anein; rücken der in ihrer absoluten Zahl verminderten Ganglienzellen und eine oder in den sekundär agranulären Feldern an der Grenze von /// und sonders stark auftretende Gliose.

Das Striatum ist stark geschrumpft und zeigt einen deutlichen Etat fi

Diese Schrumpfung hat zu einem Hydrocephalus internus geführt. Das Pa

•ist auch noch ziemlich stark, das Corpus Luysi immerhin in faßbarer

verkleinert. Die Capsula interna zeigt keine Faserverminderung. Auß

weist das Gehirn und speziell Striatum + Pallidum einen Etat cribl(

104

>

JJ*2g'g^ ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄ1fti51S-§y-§TEMS. 731

C. Epikrise.

Es handelt sich um einen Fall, der ohne jede Anamnese erst im 69. Lebens.-: jähr zur Untersuchung kam und dann neben einer Chorea einen Intelligenzdefekt: /-•" ' . zeigte, der auch seniler Natur sein konnte. Es bot aber neben dem Striatum * /" aiKhder Cortex einen Befund dar, wie er für die Huntingtonsche Krankheit charakteristisch ist. Man vergleiche z. B. die in Taf. 76, Fig. i abgebildete, ganz anders gestaltete Area gigantopyramidalis einer senilen Demenz! Der Etat cribl6 hat gegenüber dem Etat fibreux nach der Krankengeschichte sich nicht klinisch geäußert.

16. Thomallas Fall Anna D. [Bf 23).

Es handelt sich um eine 48 Jahre alte Patientin. Neben einer Charakter- veränderung und Intelligenzstörungen zeigte sie eine typische Chorea bei ent- sprechender erblicher Belastung. Die Einzelheiten der Krankengeschichte und des anatomischen Befundes werden später zusammen mit Thomalla ver- öffentlicht werden. Wir wollen nur auf einige Rindenbefunde des kleinen Groß- hirns hinweisen.

bL 86^ Fig. 4. Es handelt sich um die Area gigantopyramidalis. Sie ist zweifel- los gegen die Norm verschmälert. Ihre Riesenpyramidenzellen sind klein. Ein besonderer Ausfall an Nervenzellen macht sich im innersten Teil von /// und in Var bemerkbar. Hier dnd auch die Gliakeme am stärksten vermehrt. Es existiert hier direkt ein von GKikemen gebildetes Band. Eine weniger ausgesprochene Gliose befindet sich weiter nd innen, eine noch geringere weiter nach außen.

lULM, Fig. 5. Die Area 69 0. Vogts (kaudale Lippe des Sulcus centralis) zeigt ttch hier die in den bisherigen Fällen von Huntingtonscher Chorea festgestellten Abveichnngen von den in Taf. 36, Fig. 6 abgebildeten normalen Verhältnissen. Die Made ist verschmälert. Die großen Pyramidenzellen sind anormal klein. Vor allem Mt aber die große Zahl von Gliakemen auf. Dieselben sind in IV besonders zahlreich.

bL M^ Rg. 6 bringt dieselbe Area von einem normalen Erwachsenen. Man er- kennt hier sehr gut alle diejenigen Merkmale wieder, welche wir neben den schon von •öderen Autoren, vor allem Brodmann, festgestellten, zum ersten Male in diesem Joonalband S. 306 beschrieben und S. 305 in Textfig. 17 schematisch zur Darstellung [5*^dit haben. Wir verweisen auf diese Beschreibung. Gegenüber den Taf. 33, Fig. 3 WJd Taf. 36, Figg. 3 und 5 abgebildeten pathologischen Veränderungen dieser Area ^konstatieren wir in der gegenwärtigen Figur eine größere Breite, eine geringere ^Wrtigkeit der Ganglienzellen, eine deutlichere Ausprägung der großen P>Tamiden- »Den in ///» und eine viel geringere Zahl von Neurogliakemen, insbesondere in der ^^•Sdiicht. Vergleicht man speziell diese mit derjenigen der vorigen Figur, so er- kennt man deutlich, wie die IV der Fig. 6 zwar von kleinen, aber eine dreieckige Form zeigenden Bestandteilen, also echten Körnern, gebildet wird, während die IV der Fig. 5 kleinere rundliche Neurogliakerne vornehmlich aufweist. Der Ungeübte betrachte die Abbildungen mit der Lupe!

17. Thomallas Fall Paul B. [Bf 20\

Es handelt sich um einen 19 jährigen Patienten aus einer an Huntigton- schcr Chorea leidenden Familie, der drei Monate nach Beginn der Erkrankung bereits zugrunde ging. Der Kranke zeigte in der ersten Periode einen an das sogenannte ,, Delirium acutum* erinnernden Erregungszustand, in der zweiten

105

*

732 ,••.■':'•.'••■ C. UND O.VOGT. * '"Sld j^,*3*S!j*

V

Phase\eineii ,, Stupor". Die genauere Krankengeschichte und der gesamte ana- .^toniische Befund werden später zusammen mit Thomalla veröffentlicht werden. . ' * TaL 86, Pig. 7 ist der Area gigantopyramidalis des ziemlich großen, d. h. wohl "infolge der erst kurzen Krankheitsdauer noch nicht geschrumpften Großhirns ent- nommen. Man beobachtet auch hier eine Verschmälerung der Rinde, eine anormale Dichtigkeit der Nervenzellen, einen besonderen Untergang derselben in For, eine hiw am stärksten, weiter nach innen weniger und nach außen noch geringer ausgeprägte Gliose. Dagegen sind die Riesenpyramiden in dem abgebildeten Schnitt von normaler Größe.

Zusammenfatsimg.

Wir haben hier Fälle zusammengestellt, die anatomisch folgenden gemein- samen Befund darboten:

Starke Schrumpfung des Striatum, beruhend auf einem Untergang der meisten Ganglienzellen unter gleichzeitiger so starker Ersatzwucherung der Gliazellen, daß sie an Intensität diejenige der vorigen Gruppe zu übertreffen scheint. Infolge Erhaltenbleibens der groben Markfasern des Striatum einen durch Zusammenrücken derselben entstandenen Etat fibreux. Konsekutiven Hydrocephalus internus, in den oralen Partien mit typischen gradlinigen Wänden.

Eine weniger intensive Verkleinerung des Pallidum mit gleichzeitiger Gliose.

Eine Volumenabnahme des Corpus Luysi.

Ein kleines Großhirn mit schmaler, nervenzelldichter Rinde und besonders in der Gegend der embryonalen IV auftretender Gliose.

Verkleinerung des übrigen Zentralnervensystems, teilweise mit gleicfc» zeitiger Gliose.

Alle Fälle zeigten klinisch neben einer ausgesprochenen Chorea psychiscl^ Störungen.

Von den fünf Fällen waren drei sicher gleichsinnig belastet.

In der geschilderten pathologischen Veränderung des Striatum und dc^ Cortex sehen wir den für die Diagnose der Huntingtonschen Chorea notwendige^ pathologisch- anatomischen Befund. Die Vererbung scheint uns für das KranW- heitsbild nicht unbedingte Voraussetzung zu sein.

c) Etat fibreux als Folge des progressiven paralytischen Prozesses

im Striatum.

18. Liepmanns Fall Karl E. {D 25).

A, Krankengeschichte.

Geboren am 11. Oktober 1875. Ledig. Hausdiener.

I. Ej-ankenhausbehandlung im Sanatorium Beelitz vom 10. April 1909 b^ 15. Mai 1909.

Anamnese: Keine erbliche Belastung. Keine Geschlechtskrankheiten. Mäßigt Alkoholgenuß. War Soldat; bekam dabei Gelenkrheumatismus. Seit der Zeit öftc" Rückfälle und Atembeklemmung ; zuweilen Herzklopfen. In den letzten Tagen groß^ Mattigkeit, Gedächtnisschwäche, schlechten Schlaf, Kopfs chwindel. August 190S plötzlich Lähmung im rechten Fuß. Im letzten Halbjahr in der hydrotherapeutischen Anstalt Ziegelstr. laut Ausweis wegen Gelenkrheumatismus, Herzklopfens und Chorea erfolglos behandelt. 106

M. U, IMO. 2uj( LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 733

s.

Status praesens:

Körperbau und Muskulatur kräftig. Mittelm^Eiger Ernährungszustand. Blasse Hautfarbe. Körpergewicht ca. 75 kg.

Longe ohne pathologischen Befund.

Herz: Töne rein, Grenze normal, Tätigkeit leicht arythmisch.

Bauchorgane ohne pathologischen Befund.

Die Gelenke der Gliedmaßen äußerlich nicht verändert. In den Kniegelenken leidites Reiben.

R. Unterschenkel im Umfang V2 cm geringer als der /.. Seine Muskelkraft herab- gesetzt.

Beim Gehen wird der r. Fuß mehr gehoben. Beugen des Fußes geschieht ohne Kraft (Peroneuslähmung ?).

Schmerz- und Berührungsempfindungen normal. Am r. Unterschenkel wird Kälte itiiker imd Wärme schwächer als am /. empfunden.

Reflexe vorhanden.

Leichtes Stocken beim Sprechen.

Leichte stoßartige Bewegungen im ganzen Körper.

Gutes Seh- und Hörvermögen.

I.Mai 1909. Die Beschwerden sind noch dieselben. Seit den letzten Wochen besteht auch erschwertes Urinlassen.

IX. Mai 1909. Keine wesentliche Besserung. Der Mund steht etwas schief. Leichte choreatische Bewegungen in der r. Hand, deutliche Lähmung des Peroneus •"t^^Fuß. Außerdem klagt Pat. über Gedächtnisschwäche. Zeigt häsitierende Sprache, Steigerung der Patellarreflexe.

15- Mai 1909. Pat. wird als unheilbar entlassen,

4* März 191 o. Aufnahme im Krankenhaus Moabit.

^«gnoie: Polyarthritis rheumatica. Dementia paralytica?

^^^ 3 Wochen von neuem heftige Schmerzen in den Fuß- und Kniegelenken, ^^tus praesens: Mittelgroßer, gut ernährter Mann. JJ* om melschlägerf inger . r^^örmiger Thorax, ^^rz von Lunge ziemlich überlagert. 2. Aorten ton mäßig akzentuiert.

^- I'Ungenlappen hinten zwei Finger breit gedämpft, ^cto^alfremitus abgeschwächt, «attcl-^ Knie- und Fußgelenke geschwollen.

^•'^Äi-z 1910. Abgeschwächtes Atmen, kleinblasige Rasselgeräusche. o.JC&Yz 1910. Kann nicht Urin lassen, wird katheterisiert. '^•^Ä^wz 1910. L. Pupille weiter als die r., beide reagieren höchst träge. Faci ^ijs i^ paretisch. Km ^schnenphänomen gesteigert.

^ ^^r Nacht ist Pat. sehr unruhig, glaubt verfolgt zu werden. Sp^^-chstörung is.t nicht vorhanden.

Rccl^net schlecht. Kann 5 Zahlen nicht nachsprechen. Spricht verwirrt.

i5'^ärz'i9io. Psychische Störungen unverändert nachweisbar. XucK die Sprache ist gewissermaßen verwaschen, murmelnd. PÄ^- hat nur noch geringe Gelenkschmerzen, ao. März 1910. Cystitis.

i4*Vlrz 1910. Geistig in desolatem Zustand. Die Fiebersteigerungen werden gu{ ein« aufsteigende Infektion seitens der Blase bezogen. Gelenke nicht mehr nachweisbar verändert. ]^tn ohne pathologischen Befund .

107

734 C. UND O. VOGT. '^'^wJ

Nßck DaUdorf verUgt.

25. März X910.

Status :

Gestern Abend in ruhigem Zustand eingeliefert. Temp. 37,2*.

Kein Alkoholgeruch.

Bei der Morgen visite ruhig, geordnet, über Ort und seine Person orientiert, es sei 191 1 (er habe solange Fieber gehabt).

L. Pupille weiter als die r..

Lichtreaktion beiderseits schwach, Konvergen2Teaktion beiderseil

Paradigmen werden ziemlich gut nachgesprochen, nur ab und zu leii deutlichkeit („Brigarde").

Am Kreuzbein handtellergroßer Decubitus.

Unrein mit Urin.

Untere Extremitäten paretisch.

Kniesehnenphänomen beiderseits vorhanden.

Sprache nicht deutlich gestört.

Pat. gibt sinngemäße und geordnete Auskunft.

Monate rückwärts werden richtig angegeben.

Für Dementia paralytica bestehen keine sicheren Zeichen; gewisse Oberflächlichkeit in der Beurteilung seiher Person ist verdächtig.

Fieber.

29. März 1910. Sauber, ruhig und geordnet in seinem Verhalten. Nin ständig Nahiung zu sich.

31. März 1910. Autoanamnese: Vater ist plötzlich an Apoplexie gestorben angeblich gesund. Zwei Geschwister sind klein gestorben, fünf lebende solle sein. In der Familie soll außer Pat. niemand nervenleidend sein.

Pat. besuchte in seinem Heimatsort die Dorfschule; hat nicht besonders gu

Psychischer Befund:

Pat. gibt seinen Namen, Alter, Geburtsort und -jähr sowie heutige richtig an.

Auf die Frage, weswegen er hier sei, antwortet Pat.: „Ja, Herr Doktor, verschiedenes gehört, ich soll schon so langsam gesprochen haben, aber ich ] jeher langsam gesprochen. Ich war damals sehr schwer krank, hatte hohes

Nach zweimaligem Vorsprechen spricht er fünf- und sechsstellige Zahl

Zeigt seiner Bildung entsprechende gebgraphische und historische Kc

Kopfrechnen mäßig (vielleicht nur auf ungenügender Schulbildung b<

Unterschied zwischen Baum und Strauch und zwischen Fluß und Teich wii angegeben.

Sprache: Artikuliert gut, keine Mitbewegungen dabei.

Körperlicher Befund:

Mittelgroßer Mann von kräftigem Körperbau und gutem Ernährung! Temperatur abends unbedeutende Steigerung.

Haut weiß, elastisch. Querverlaufende Narbe an der Stirn, oberhalb des herrührend von einer Verletzung vor acht Jahren. Am Rücken einige Aki und ein kinderhandtellergroßer Decubitus.

An den Gelenken keine Schwellungen mehr nachweisbar.

Klagen über Schmerzen im r. Kniegelenk und beiden Fußgelenken.

Zunge belegt.

Rachenorgane gerötet.

Lungen: Thorax gut gewölbt. R. Grenze etwas höher als die /.. Im übrig überall voll, Atemgeräusche vesikulär, einige bronchitische Geräusche.

Herz in normalen Grenzen, Töne rein.

Abdomen ohne pathologischen Befund.

Mundwinkel /. tiefer stehend als r.. 108

*!J!J?^ ^ ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 735

Pupille /. weiter als r., reagieren beide sehr wenig auf Lichteinfall.

Konvergenzreaktion der Pupillen normal.

Motilität der Arme ohne pathologischen Befund.

Gang ist mit Rücksicht auf die Gelenkerkran kimg nicht zu prüfen.

Kniesehnenphänomene vorhanden, /. anscheinend stärker als r..

3. April 1910. Anhaltende Temperatur bis über 38^.

Starke Schwellung des /. Kniegelenks. Tanzen der Patella.

Puls ca. 100.

Herz nihil.

Therapie: 2stündlich i Eßlöffel Mixt, antirheum.

4. April 1910. Schwellung zurückgegangen. Subjektives Wohlbefinden., Kein Fieber mehr. Urin sehr trübe, enthält reichlich Leukozyten. Dreimal tägl. i g Salol.

S.April 19x0. Puls leicht arythmisch. Frequenz 100. Therapie: Inf. digit, drei- stündlich.

9. April 1910. In voriger Nacht sehr unruhig und andauernd laut, warf das Bett- aug öfter von sich.

15. April 1910. Keine Gelenkschmerzen mehr. Abends immer noch Temperatur bis über 38^. Puls leicht schnellend, ca. 100. Herzgrenzen normal. Keine Neben- gerausche.

Decubitus hat Fortschritte gemacht.

19. April 1910. Abendlich leichte Temperatursteigerungen. Urin noch immer trotz Fol. uvae ursi und Salol stark getrübt. Keine Gelenkschwellung und Schmerzen mehr.

Fortgesetzt unsauber mit Urin. Entschuldigt dies damit, er könne manchmal Ä€ Flasche nicht finden. Gegen die Sache an sich völlig stumpf.

17. Hai 1910. Ist jetzt vollkommen fieberfrei. Keine Schwellung und Schmerz- htftigkeit der Gelenke mehr. Decubitus in guter Heilung begriffen.

Urin allerdings noch immer sehr trübe. Hat sich in letzter Zeit seltener verunreinigte

Ist geistig klar.

Steht nachmittags aus dem Bett auf.

jo. Mai 1910. Verhält sich ganz geordnet und wird mit etwas Hausarbeit be- scbiftigt.

16. Juli 1910. Hat zu keinerlei Klagen in letzter Zeit Anlaß gegeben. Verhält «ch gec^dnet. Hilft dem Pfleger etwas bei der Hausarbeit, bringt aber nicht viel fertig.

Stumpfer Gesichtsausdruck.

R. Nasolabialfalte verstrichen.

Sprache: Artikuliert gut, höchstens unbedeutende Mitbewegungen.

Pupillen jetzt gleich weit.

Lichtreaktion /. spurweise, r. aufgehoben.

Kopfrechnen jetzt schlechter als früher.

30. August 1910. Verhält sich geordnet und hilft etwas bei der Hausarbeit mit. Decubitus noch nicht ganz geheilt. Drängt auf seine Entlassung. Hat sich nicht mehr mit Urin venmreinigt.

3. September 1910. Gibt an, daß er sich subjektiv wohl fühle und wünscht dringend seine Entlassung. Hofft, sich draußen mit leichter Arbeit beschäftigen zu können.

Pat. ist fortgesetzt sauber und will auch keine subjektiven Beschwerden mehr beim Urinieren empfinden.

Keine choreatischen Bewegungen in der r. Hand mehr. Im r. Fußgelenk werden sämtliche Bewegungen ebensogut wie im l, ausgeführt. Keine Schwäche bei der Dorsalflexion. Gang ohne pathologischen Befund.

22. Oktober 1910. Weiter geordnet in seinem Verhalten. Hilft bei der Hausarbeit, bringt aber nichts Ordentliches fertig.

Bei der Unterhaltung zeigt er leichte motorische Unruhe in seinen

Gesichtszügen.

109

736 _^ C. UND O.VOGT. ^"^iJSSSSü^

Sprachdefekt nur ganz leicht. •Schwerer Defekt beim Kopfrechnen. Lichtreaktion der Pupillen aufgehoben.

14. November 1910. Von heute ab nach Berlin in Pflege gegeben.

14. Dezember 191 7. Aufnahme in der Irrenanstalt Hersberge mit der Diagnose: Paralyse.

15. Dezember 1917. Liegt ruhig im Bett, schläft ohne Schlafmittel. Bisher sauber. (Gewicht: 58 kg. Temperatur 37,3®. Urin frei.

Beginnender Decubitus.

Pat. hat Fieber infolge einer ausgedehnten Phlegmone des /. Unterarms, ödem des Handrückens.

Wird ins Untersuchungszimmer gefahren.

Gibt seine Personalien richtig an.

Dauernde Unruhe der Muskulatur der Stirn, der Arme und Beine.

Keine Sprachstörung.

Rechnen kann er nicht.

Reaktion der Pupillen auf Licht beiderseits erloschen, auf Konvergenz erhalten

Facialis und Zunge symmetrisch innerviert.

Vorgestreckte Zunge zittert.

Zittern der gespreizten Hände.

Kjiiesehnenphänomen beiderseits gesteigert.

Brustorgane ohne pathologischen Befund.

Diagnose: Dementia paralytica??

17. Dezember 1917. Starke choreaähnliche Unruhe der Gesichts muskulatur, der Arme und Beine, ganz besonders r. Auch Zunge beteilig'

Macht kindlichen Findruck, zutraulich, artig und zufrieden. Gedankenlos. Ds Zucken der Gesichtsmuskulatur merkt er gar nicht.

Psychisch nicht wie ein Paralytiker, mehr wie ein angeborene Schwachsinniger oder wie ein Huntington.

Aber Pupillenreaktion auf Licht erloschen.

Rechnet 2 x 17, S + g und 21 3 richtig,

4. Januar 1918. Eiweiß im Urin.

6. Februar 1918. Dauernd ruhig im Bett. Choreatische Bewegun-gen. H& sich noch leidlich sauber. Zeitweise Urinretention. Läßt dann aber wieder vo selbst Urin, Die ödematösen Schwellungen sind ganz zurückgegangen.

Psychisch unverändert.

13. Februar 1918. Heute äußerst schwach, kollabiert. Hatte die letzten Tag Durchfall. Kein Schleim und Blut. Tannalbin.

14. Februar 19 18. Heute früh 7,15 Uhr Exitus letalis.

Sektionshericht.

Allgemein bef und: Ausgedehnte Verwachsungen der Pleura an beiden Lungei desgl. des Herzens mit dem Zwerchfell. Herz vergrößert, von mittlerer Festigkei Klappen ohne pathologischen Befund, desgl. die Lungen. Leber stark vergrößer dunkelrot. Milz vergrößert, etwas matsch. Nieren beide vergrößert. Auf der Außei fläche und dem Durchschnitt zahlreiche kleine eitrige Herde (Tbc.?). Nierenkaps schwer abziehbar. Blase gefüllt, starkwandig. Keine Entzündungserscheinungen i der Innenwand.

Hirn- und Rückenmarks bef und: Pia zart und durchscheinend. Nur an einig« Stellen (Fu''chen) leicht getrübt. Arterien der Basis zart. Keine Arteriosklerose d Basalarte ien.

Gehirngewicht: 1445 g.

Gehirn und Rückenmark werden in toto dem Neuro-Biologischen Institut übe/liefe HO

2;2Liiffi 8 ^U^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 737

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Es handelt sich um einen Kranken, der zehn Jahre hindurch zeit- weise, zuletzt dauernd an choreatischen Zuckungen gelitten hat. Die Gesichtsmuskulatur wai ebenso wie die der Extremitäten betroffen. Die Sprache war aber wenig gestört. Zwei Jahre nach Beginn dieser Er- krankung wurde Trägheit der Lichtreaktion der Pupillen, zeitweilige Verwirrtheitszustände, speziell nachts, und ein leichter Schwachsinn konstatiert, so daß man an die Möglichkeit einer beginnenden progressiven Paralyse dachte. In jener Zeit wurde auch der ,, stumpfe Gesichtsausdruck** des Pat. hervorgehoben. Aber noch drei Monate vor dem Tode wurde fest- gestellt, daß das psychische Verhalten des Kranken nicht dasjenige ! eines Paralytikers, sondern das eines an Huntingtonscher Chorea Leiden- \ den oder eines angeboren Schwachsinnigen sei. Die Trägheit der Lichtreaktion \ der Pupillen ging allmählich in vollständige Starre über. Außerdem litt Pat. t in den letzten acht Jahren zeitweise an Retentio urinae. Endlich zeigte Pat. öfter Rezidive eines Gelenkrheumatismus.

B. Anatomischer Befund.

a) Makroskopische Untersuchung.

Das Gehirn zeigte nirgends auf der Oberfläche eine greifbare Anomalie. Ent- *prediend dem hohen Himgewicht sind die Großhirnhemisphären nicht wie diejenigen •Her unserer länger krank gewesenen Fälle von Huntingtonscher Chorea durch Klein- heit ausgezeichnet.

b) Mikroskopische Untersuchung. a) Befunde an herausgeschnittenen Stücken.

I. Cortex.

TllL87, Rg. 1 bringt die inneren fünf Schichten vom Culmen der Area giganto- pyfMüialis aus der Beinregion. Gegenüber dem normalen Bilde (vgl. z. B. Taf. 6, % i!) fallt das Fehlen wirklich großer Riesenpyramiden in Vy auf. Außerdem ist VI ^ seinen äußeren Teilen zweifellos anormal zellarm. Femer dürften in V und VI die Ncurogliakeme gegenüber der Norm vermehrt sein. Endlich sieht man schon bei dieser y*^ößerung die Verdickung der Gefäßwände. Ein Vergleich mit Taf. 31, Fig. i ^ T»f. 33, Fig. I zeigt, daß das architektonische Bild ein ganz anderes ist als in den '*Ucn der Huntingtonschen Chorea. Von einem Zellschwund nach außen von Vy "deinem Ersatz dieser Gegend durch ein Neurogliaband kann nicht die Rede sein. ^^(*öso zeigen die weiter nach innen gelegenen Schichten nicht annähernd die Neuro- ^Ittkcmvermehrung, wie sie uns z. B. in Taf. ^^, Fig. i entgegentritt.

hL 97, Fig. 2 i^t in derselben Höhe dem im Sulcus centralis gelegenen Ab- ritt der Area gigantopyramidälis entnommen. In dieser Gegend ist normalerweise ^flf und der angrenzende Teil von /// reicher an kleinzelligen Elementen als das das Culmen bildende Gebiet derselben Area. Daß es sich trotzdem nicht um das architek- tonische Bild der Huntingtonschen Chorea handelt, zeigt auch hier ein Vergleich mit Taf. 31, Fig. i und Taf. 33, Fig. i. Denn erstens bleibt die Zahl der kleinen Ele- mente in dieser dem Sulcus entnommenen Abbildung hinter derjenigen der eben ge- kannten Abbildungen zurück, obgleich diese vom Culmen stammen. Dann sind aber weiter die kleinzelligen Elemente zu einem gewissen Teil gröberer Natur. Und endlich sind sie in weit stärkerem Maße von größeren Pyramidenzellen durchsetzt, d. h. es ist nicht wie in den beiden herangezogenen Figuren der Huntingtonschen Chorea

III

;38

. UND O. VOGT.

zu einem Untcrf^ang der Pyramidenzellen in Var und in dem innersten Teil \'on gekommen.

Tat 87. Fig. 8 gibt O. Vogts Area 71 wieder, d, h. die kaudale Hälfte des G) cenlralis posterior, und zwar in der Höhe der Beinregion. Die Abbildung zeigt gtf über normalen Verhältnissen eine Verminderung der großen PjTamidenzellen im im sten Teil von ///. Dagegen fehlt hier durchaus jene Vermehrung der NeurogÜakemi speziell in IV —, welche die benachbarte j\rea 70 in Taf. 33, Fig. 4 zeigt. Es hau sich also auch hier um ein architektonisches Bild, welches in keiner Weise an das die Huntingtonsche Chorea charakteristische erinnert.

Tal 87. Fig. 4 macht uns mit der Architektonik der Area BS 0. Vogts (d der hinteren Lippe des Sulcus centralis) bekannt. Auch hier fehlt die Neurogliaki Vermehrung, wie dieselbe Taf. 36^ Fig. 3 in einem Falle der Huntingtonschen Ch( vorhanden ist. Außerdem mangelt dieser Area wie der in Figg. t und a abgebildt Area gigantopyramidalis die für die Huntingtonsche Chorea charakteristische Riix sehmalheit und Zelldichtigkeit.

Die an den architektonischen Bildern erhobenen pathologischen Feststellun ergänzt Bielschowsky durch folgenden histo- pathologischen Befund:

,.Bei der feineren histologischen Untersuchung der Hirnrinde stellt sich hen daß ein paralytischer Prozeß vorliegt. An den kleineren Gefäßen der grauen Substi

insbesondere an denjenigen der äußeren Zellschichten, begegnet man einer zell Infiltration mäßigen Grades, an welcher vorwiegend Lymphozjten hier und da ■■ auch Abbau- und Plasmazellen {Plz) von prägnanter Struktur beteiligt sind 1 TfXtfig, 61). Im Nisslpraparat finden sich in den Ganglienzellen aller Schic

iMv Si^ Al^Mpf

3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 739

schwer veränderte Exemplare^ welche vorwiegend einer wabigen Degeneration anheim gefallen sind. Stellenweise sind die Zellen bis auf dürftige Reste und Schatten ver- schwunden. In der linken Hälfte der Textfig. 6 sind einige degenerierte Pyramiden- allen der ///. Schicht (Ggz) abgebildet. Trotz der im allgemeinen recht schweren Verändeningen an manchen Ganglienzellen sind die reaktiven Erscheinungen von Seiten der Neuroglia (Neuronophagie) wenig ausgeprägt. Trotzdem kann an der Dia- gnose „Progressive Parah'se" kein Zweifel bestehen, weil sie auch durch das Verhalten der Geföße insbesondere durch den Nachweis der Plasmazellen - - ausreichend ge- sichert wird.*'

2. Striatum und Umgebung.

M. 97, Kg, 6 lehrt uns, daß der Nucleus substantiae innominatae in diesem Fall dordttus normale Verhältnisse zeigt. Speziell bieten auch hier die großen Ganglien- ttUen keine pathologische Veränderung dar.

fiL 88, Flg. 1 bringt das Caudatum. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß der Sdmitt dem Corpus des Caudatum entnommen ist, so fallen zunächst seine starke Vohunenreduktion und die vollständige Abflachung seiner in der Abbildung rechts gelegenen, in den Ventrikel hineinragenden Oberfläche auf. An ihre Stelle sind zahl- rcid» Neurogliakeme getreten. Diese bilden außerdem noch besondere nesterförmige Anhäufungen. Femer haben sich die Kapillaren nicht nur vermehrt, sondern zeigen »ndi die etwas größeren Blutgefäße Infiltrate in ihren Wänden. Man vergleiche zur Würdigung aller dieser pathologischen Abweichungen die vorstehende Abbildung mit Ttf. 2, Fig. 1 1

'hL 88; Rg. 2 macht uns mit der .\rchitektonik des Putamen bekannt. Wir begegnen hier einem Ganglienzellenschwiind, welcher noch etwas größer ist als der ifi den Taf. 32, Fig. i und Taf. 34, Fig. 2 abgebildeten Huntingtonschen Chorea- Bllen. Dabei gehören auch hier die meisten der erhalten gebliebenen Ganglienzellen TO größeren Typus an. Aber sie sind ausnahmslos schwer verändert. Dafür ist •WC betrachtliche Wucherung der Neuroglia eingetreten. Aber diese hat bei weitem ■Wit den Grad erreicht, wie er uns in Taf. 32, Fig. i und Taf. 34, Fig. 2 entgegentritt, Ke starke Vermehrung der Faserbündel speziell in der rechten (medialen) Hälfte ffficnüber der in Taf. i, Fig. i wiedergegebenen, von der anderen Himhälfte stammenden ^ deshalb umgekehrt orientierten Abbildung weist wie in Taf. 32, Fig. i und **^' 34» Fig. 2 auf eine starke Atrophie des Putamen hin. Außerdem begegnen wir *wh hier einer deutlichen Zellinfiltration der Gefäßwände.

TI1L88, Fig. 8 zeigt vom Pullidum externum gegenüber Taf. i, Fig. 2 eine starke ^«nndining der Neurogliakeme ohne wesentliches Aneinandergerücktsein der Ganglien- ^^^ Jfit Rücksicht darauf, daß. es sich hier wie wir noch weiter unten bei der «idireibung der Faserbilder sehen werden um ein geschrumpftes Pallidum handelt, ®WKn irir einen partiellen Untergang der Ganglienzellen des Pallidum externum an- "*taen. Man vergegenwärtige sich, wie z. B. in Taf. ^^, Fig. 5 bei einer annähernd *^<Urken Schrumpfung die Ganglienzellen dichter liegen und auch schärfer hervor- ^'ttcn! Außerdem muß auf die Infiltration der Gefäßwände hingewiesen werden.

TU. 88, Kg. 4 zeigt uns ähnliche Verhältnisse vom Pallidum iniernum. Im Ver- fi^ zu Taf. 2, Fig. 2 ist die Zahl der Ganglienzellen nicht vermehrt. Sie sind aber 'Cellos verschwommener in ihrer Struktur. Dagegen ist eine deutliche Vermehrung wr Neurogliakeme nachweisbar. Auch hier müssen wir daneben einen direkten Aus- M von Ganglienzellen annehmen, denn bei der vorliegenden Schrumpfung müßten sonst die Ganglienzellen so dicht zusammen liegen, wie wir es in Taf. 32, Fig. 3 fest- ^^eljt haben. Endlich findet sich hier ebenfalls eine Infiltration der Gefäßwände.

Diesen architektonischen Befunden fügt Bielschowsky folgende histo-patho- Jogischen Feststellungen hinzu:

„Im ganzen Gebiet des Schwanz- und Linsenkerns sieht man Gefäße mit leichten U'acherungserscheinungen in der Intima und zelliger Infiltration der Außenwand -

$ JmvBftI r. Piqrchologi« u Neurologie. Bd. 7$, Ergh. 3. I I 3

740

C. VtiD O. VOGT.

bcstandteile. Auch hier sind es vorwiegend Elemente von Imphczytärer Beschaffen- heit, welche die Gefäßwand durchsetzen. Daneben finden sich wieder typische Plasmi- (Pli) und vereinzelte Abbauzellen mit lipoldem und pigmentösem Inhalt (vgl. Tcxtfig. 7). Auffallend ist femer das Bestehen einer mehr oder minder ausgesprochenen Petrifikation an den Wanden größerer Gefäße, besonders im Bereich des Pallidum. Hier siebt man

Ä »»^ ••w*

%*•

Fig. 7.

auf zahlreichen Querschnitten kömige und schollige Konkremente, welche vorwiegend in der Adventitia abgelagert sind, nicht selten aber auch auf die Media übergreifen- Die Media derartiger Gefäße bietet häufig das Aussehen einer beginnenden hj-alineU Metamorphose. In dem an Ganglienzellen sehr verarmti'n Putamen zeigen die noch erhaltenen Exemplare vom größeren T\pus schwere Seh rümpf ungserscheinungen mit Verlust der Protoplasmafortsätze und Pigmentanhäufungen in der Nachbarschaft des häufig pyknotisch veränderten Kernes. Einzelne Zellen bieten das Bild einer wabigcs Degeneration in ähnlicher Form, wie sie an den KindenzcUen besteht." ,

ß) Befunde an der Markfaserserie,

TaL 89, Fig. 1 bringt einen Schnitt vom oralsten Teil des rechten Stritüum. Wir erkennen die deutliche Atrophie desselben, die Abplattung der dem Ventrikel zugekehrtai Oberfläche von Nc. die dadurch bedingte dreieckige Gestaltung des erweiterten Ven- trikels und die Andeutung eines Etat fibreux im Striatum.

TaL 39, Fig. 2. Es handelt sich hier um einen etwas kaudaler gelegenen Sdinitt der anderen Hemisphäre, der den gleichen Befund ergibt wie der in der vorigen Rgui erhobene. Das Caudatum ist stark atrophisch und abgeplattet, der Ventrikel erweitcit und dreieckig. Put ist ebenfalls atrophisch. In den inneren Partien von A'e und den Außenpartien von Put sehen wir einen deutlichen Etat fibreux. 114

^m ■?!??' 1 ZURLEH'REDER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 74 1

3. ^ _

Tli 89, Kg. 8 zeigt einen entsprechenden Befund von der rechten Hemisphäre. Auch hier ist das Striatum stark atrophisch und weist der innere Teil von Nc und der äußere von Put einen ausgesprochenen Etat fibreux auf. Die Capsula interna erscheint hier wie in den vorigen Abbildungen entsprechend der Atrophie des Striatum etwas massiger als normal.

Ttf. 89; Fig. 4 bringt einen weiter kaudal gelegenen Schnitt. Nc und Put sind audi hier atrophisch. Nc zeigt im inneren, Put im dorso-lateralen Teil einen deutlichen Etat fibreux. Das Pallidum ist ebenfalls geschrumpft und erscheint faserreicher als im normalen Bilde. Bei stärkerer Vergrößerung zeigen die meisten Markfasern des Pallidum eine ganz enorme Verdickung, welche die in Taf. 35, Fig. 3 von Ge abgebildete nod) beträchtlich übertrifft. Die Verdickung ist auch in Gi vorhanden, nimmt aber nach LI zu allmählich ab.

fiL 89, Hg. 5 stellt das gleiche Putamen bei geringerer Expositionsdauer dar. Man erkennt nun besser den Etat fibreux. Eine stärkere Vergrößerung dieses Etats bringen wir Taf. 77, Fig. 5.

fiL 89, Fig. 6. Der etwas kaudalere Schnitt der /. Hemisphäre zeigt Nc und Put noch stärker atrophiert. Ebenso weist das Pallidum eine beträchtliche Reduktion seines Höhendurchmessers auf. Die Markscheiden seiner Fasern sind dabei wie stärkere Vergrößerungen lehren ebenso verdickt wie in der Fig. 4 abgebildeten redten Hemisphäre. Sonst ist noch auf den beträchtlichen Ilydrocephalus internus hinzuweisen. Corpus callosum (Cc), Capsula interna (Ci) und der Anfang des Thalamus hssen dagegen keine faßbaren Anomalien erkennen.

TaL89, Fig. 7 zeigt dasselbe Putamen bei kürzerer Exposition. Man erkennt Wer gut den Etat fibreux. Die Capsula externa (Ce) läßt dagegen keine Anomalien erkennen.

W. 89, Fig. 8. Im Hirnfuß sieht man nirgends eine lokalisierte Degeneration. Die Bündel H^ und H^ sind vielleicht etwas schmächtiger als im ganz normalen Gehirn. Sie können aber nicht als degeneriert bezeichnet werden. Das Virq d'Azyrsche Bündel (y^l) und der Fomix (Fo) lassen keine Anomalien erkennen.

W. 89, Fig. 9. Das Corpus Luysi ist annähernd so verkleinert wie in den Fällen <Jfr Huntingtonschen Chorea: d. h. sein Höhendurchmesser ist um ein Drittel verringert.

Brachium conjünctivum und Pyramide sind von einer gewissen Kleinheit, aber ö^ne andere Anomalien.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Der architektonische Befund in der Hirnrinde ist ein relativ normaler, ß« Hauptabweichung von der Norm sind die Infiltrationen in den Blutgefäß- Bänden. Aus den Feststellungen Bielschovvskys folgt, daß diese Gefäß- ^''^nuiderung eine typisch paralytische ist und daß bei stärkeren Vergröße- •^cn auch ein paralytischer Prozeß an den Zellen festgestellt werden kann. ^ handelt sich also um eine progressive Paralyse, die in der Hirnrinde ^tz des langen Bestehens der Erkrankung relativ geringe Verheerungen hervor- genifen hat.

Dagegen zeigt das Striatum eine sehr beträchtliche Atrophie. Ihr liegt in

ostcr Linie ein Untergang der Ganglienzellen zugrunde, während die dickeren

Markfasem sich relativ gut erhalten haben. Es hat also der paralytische Prozeß

Wer jene elektive Nekrobiose der Gangricnzellcn veranlaßt, welche zu dem

architektonischen Bilde des Etat fibreux führt. Dabei ist die Vermehrung der

Keurogliakerne speziell im Putamen keine so starke wie in unseren Fällen

der Huntingtonschen Chorea. Daneben begegnen wir den paralytischen

!• 115

I

742 C. UND O. VOGT. ^^^^dyJSS?'

Veränderungen des Gefäßsystems, welche den bisher studierten Untergruppe des Etat fibreux selbstverständlich abgingen. Auch das Pallidum zeigt hi neben einer Schrumpfung und paralytischen Gefäßveränderung eine Zellabnatm und eine Erkrankung der übrig gebliebenen Ganglienzellen in solcher Intensita wie wir sie bisher in unseren Fällen von Etat fibreux nicht gefunden habei Dabei weisen die dicken Markfasern des Pallidum externum eine pathologiscl Verdickung (Quellung?) von einer Intensität auf, die auch noch die im i^.Fal festgestellte beträchtlich übertrifft. CL ist etwas verkleinert.

Die anderen subkortikalen Gehirnteile zeigen keine Veränderungen, welcl neben den eben beschriebenen für die Erklärung der klinischen Symptome i Betracht kommen.

C. Epikrise.

Die Klinik ließ es zweifelhaft, ob den Intelligenzstörungen in diesem Fal eine progressive Paralyse zugrunde lag. Die anatomische Untersuchung tu den paralytischen Prozeß einwandsfrei nachgewiesen, gleichzeitig aber durc die Feststellung, daß in diesem Falle trotz der langen Erkrankung die Rinc relativ intakt geblieben ist, eine Erklärung dafür gegeben, daß die psychischi Störungen der progressiven Paralyse so wenig hervortraten.

In der fast vollständigen Nekrobiose der Ganglienzellen des Striatum sehi wir die Ursache der Chorea. Die Erkrankung des Pallidum dürfte erst allmähli« hinzugetreten sein. Die Tatsache dieser Erkrankung im vorliegenden Fall leb uns, daß sie auftreten kann, ohne den choreatischen Charakter der unwillkL liehen Bewegungen zu ändern.

Ferner ist es interessant, daß die choreatischen Zuckungen im Krankhei verlauf zeitweise vollständig geschwunden sind.

Wir wagen nicht zu entscheiden, ob die periodenweise auftretende Retea urinae in diesem Fall auch ein Striatumsymptom bedeutete. Ebensowenig fühl wir uns berechtigt den schon zwei Jahre nach dem Krankheitsbeginn konstatiert ,, stumpf sinnigen Gesichtsausdruck" mit Sicherheit als Folge einer striän Amimik anzusprechen.

Der vorliegende Fall beansprucht endlich nach zwei Richtungen hin ci besonderes Interesse. Erstens beweist er die Tatsache, daß in seltenen Falk der paralytische Prozeß vor allem das Striatum befallen kann. Und zweita zeigt er uns, daß der paralytische Prozeß im Striatum im Gegensatze zu des was man auf Grund der Großhirnrindenbefunde erwarten sollte, nicht a einer diffusen, sondern zu einer elektiven Nekrose der Ganglienzellc führt. Wir sehen in dieser Tatsache einen neuen Beweis dafür, daß die Ganglie Zellen des Striatum eine ganz besondere Vulnerabilität besitzen.

19. Beiohs Fall Georg M. {He 12).

A. Zusammenfassung der Krankengeschichte. Ein 37jähriger Mann hat wenigstens das letzte Lebensjahr die typisch Störungen einer Taboparalyse geboten. 2^/2 Wochen vor dem Tode bega eine heftige Chorea. Reich wird die Krankengeschichte ausführlicher v öffentlichen. 116

JJÜJJJ a ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 743

B. Anatomischer Befund,

a) Makroskopische Untersuchung.

Eine gröbere Herderkrankung war an der Himobetfläche nicht zu konstatieren. Das Gehini ist dabei von mittlerer Größe.

b) Mikroskopische Untersuchung.

a) Befi^nde an herausgeschnittenen Stücken.

I. Cortex.

An einem dem Frontallappen entnommenen und zu Nisslpräparaten verarbeiteten Block fand Bielschowsky „das typische Bild der Paralyse. Mannigfaltige Verän- dcmi^en, vorwiegend akuter Art, an den Ganglienzellen. (Schwellung und Abblassung des Zcllkörpers mit Aufstäubung der chromatophilen Elemente). Starke Inf iltrations- ersdicinungen (Lymphozyten "und Plasmazellen) an den Gefäßwänden. In den tieferen Rindenschichten sind außerordentlich zahlreiche Kapillaren und kleine Blutgefäße von Infiltrationszellen dicht umrahmt. In den Außenschichten der Rinde zahlreiche Stäbdienzellen."

2. Striatum und Umgebung.

Till. 40,^^Fig. 1 zeigt im Putamen bei einem Vergleich mit Taf. i, Fig. i einen teilweise nesterförmig auftretenden Ausfall von Ganglienzellen. In diesen Nestern ist eine maßige Vermehrung der Neurogliakeme sichtbar. Die Blutgefäße sind erweitert nnd ihre Zellwände deutlich infiltriert.

Bielschowsky hat diesen architektonischen Befund noch durch folgende histo- pitix>]ogischen Feststellungen ergänzt : „An den noch vorhandenen Ganglienzellen viel- fech akute Veränderungen. An den Gefäßen dieselben Infiltrationserscheinungen mit Lynphozyten (Lz in Textfig. 8, S. 744) und Plasmazellen (Plz in Textfig. 8) wie in, der ffinrinde. Einzelne Gefäße sind von dicken, aus Infiltrationszellen zusammengesetzten VaHnln umgeben. Neben den Infiltrationszellen finden sich besonders im Putamen atetiche Abbauzellen, welche mit einem pigmentähnlichen Körper von gelbbrauner Efgenfarbe angefüllt sind.'*

lU. 40, Kg. 2 bringt bezüglich des Putanien (Put) denselben Befund. Dagegen

weist das Pallidum externum gegenüber Taf. i, Fig. 2 keine pathologischen Verän-

' demngen auf. Es ist sehr interessant in der Figur zu beobachten, wie der paralytische

ftoicß an den Blutgefäßen im Putamen bei 5ofacher Vergrößerung als ein sehr starker

erkennbar ist, andererseits aber in dieser Intensität scharf auf Put begrenzt ist und nicht

«tf Le und Ge übergreift.

lU. 40, Fig. 8 weist im Pallidum internum (Gi) und dem Nucleus suhstantiae tmomnatae nur vereinzelte Blutgefäße mit infiltrierten Wandungen auf. Sonst zeigt &sc Abbildung keine Abweichungen von den in der rechten Hälfte von Taf. 2, Fig. 3 «tgelnldeten normalen Verhältnissen.

ß) Befunde an der Markfaserserie.

Tai 41, Fig. 1. Nc und Put sind wie z. B. ein Vergleich mit der /. Hälfte von Taf. 20, Fig. I lehrt deutlich verkleinert. Auch ist die innere Kapsel (Ct) etwas massiger. Dagegen zeigt ein Vergleich mit Taf. 39, Fig. 2, daß die Schrumpfung des Striatum erst im Anfangsstadium sich befindet. Nc zeigt an seiner Ventrikeloberfläche Kigar noch eine leichte Wölbung. Der erweiterte Seitenventrikel hat dorsolateral jene Rundung, welche für denjenigen Hydrocephalus internus charakteristisch ist, der irenigstens teilweise auf Schrumpfung des Centnmi ovale beruht. Entsprechend der nt\ geringeren Volumveränderung des Striatum ist Ci auch weniger kompakt und ver- >reitert als in Taf. 39, Figg. i 3.

117

744

r. UND o. vor.T.

Tai 41. Fig. 2. Das Striatum ist deutlich etwas geschrumpft. Auch das Paäii

zeigt eine leichte Hühenabnahme. .W hat dabei eine gewisse Wölbung behalten. 1 erweiterte Seiten \-fntrikel zeigt auch dir in der vorigen Abbildung festgestellte dm laterale Rundung.

Ab1)ildungen entsprechenden Grad -Gl ;teigcn die leichte Schrumpfung

Tat 41, Kg. S weist einen den frühmr Hydrocephalus internus auf. AV, Put. Ge - vorigen Figuren. fP ist gut entwickelt.

Tat *l. Kg. 4 ergibt denselben Befund. Mit einem leichten Hydrocephi internus verbindet sich eine mäßige Schrumpfung des Striatum. Ge weist noch i geringere Atrophie auf. Cl. zeigt einen nur um ein Fünftel verringerten Höhendui messer des Taf. 26, Fig. 8 abgebildeten normalen Corpus Luysi.

Brafhiuiii fonjunctivuni und Pyramidf sind etwas verkleinert, sonst von norm« Befund.

c) Zusatnincnfassung des anatomischen Befundes. Neben eineiTi ausgesprochen paralytischen Befund in der Uimrinde ha wir zahlreiche typisch pamly tische fiefäßverändcrungen im Puiatnen. 1 selben finden sich im Pallidum nur in sehr <;eringer Menge. Dazu kommt 1 partielle, stellenweise nesterfömiig auftretende elektive Zellnekrose im Strial Sie hat erst zu einer geringen Schrumpfung und noch /.a keinem deutlic

üth^Si % ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 745

8.

Etat fibreux im Striatum geführt. Im Vergleich zu den starken Veränderungen im Striatum sowie den schwächeren im Pallidum und Corpus Luysi zeigen die übrigen subkortikalen Hirnteile nur geringe pathologische Abweichungen von der Norai.

C. Epikrise,

Die Aufdeckung einer erst einsetzenden elektiven Zellnekrose im Striatum deckt sich gut mit der klinischen Tatsache einer nur wenige Wochen alten Chorea.

ZuBammenfassung.

In den beiden vorstehenden Fällen hatten wir auf Grund der Kranken- gcsdiichten eine Striatumerkrankuhg diagnostiziert. Es ergab sich jedesmal ein im Blutgefäßapparat typisch paralytischer Prozeß, der gleichzeitig im Striatum zu einer Zellnekrose geführt hatte. ,

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen.

Allen diesen Fällen ist gemeinsam, daß sich bei ihnen im erwachsenen Striatum progressiv eine elektive Nervenzellnekrose ausgebildet hat. Gleich- »itig trat eine so weitgehende Ersatzwucherung der Neuroglia auf, daß es zu keinen größeren Hohlräumen kam, aber eine starke Striatumschrumpfung nicht unterblieb. Da sich bei dieser Erkrankung die dickeren (strio-petalen) Markfasem wenigstens zu einem großen Teil erhalten, werden die Reste te Striatum anormal markhaltig. So entsteht ein Etat fibreux. An der Nerven- allnekrose nehmen auch die großen Ganglienzellen des Striatum teil, wenn sie aodi länger dem. Zerfall widerstehen.

Dieser pathologische Prozeß kann nun als ein im wesentlichen identischer

'*>liert, in Verbindung mit der typischen Großhirnveränderung der Hunt ington-

8ch«i Chorea und als Teilerscheinung einer progressiven Paralyse auftreten.

Wir haben hier also die annähernd gleiche anatomische Veränderung als

Reaktion auf wenigstens drei ungleiche Ätiologien.

Andererseits zeigt jede der drei Formen des progressiven Etat fibreux eine spezifische Färbung: diejenige der Huntingtonschen Chorea zeigt eine Volkere Gliose, diejenige der progressiven Paralyse typisch paralytische Gefäß- ^^derungen.

Von größtem Interesse ist dann weiter die Tatsache, daß der annähernd identische Prozeß im Striatum stets die gleiche progressive bilaterale Chorea 'hervorrief, mochte nun die Erkrankung isoliert, in Verbindung mit der Hunting- tonschen Großhirnerkrankung oder im Verlauf einer progressiven Paralyse auftreten.

Die Erkrankung des Striatum war einerseits eine so starke, die begleitende

des Pallidum (und des Corpus Luysi) meist eine soviel geringere, daß wir die

choreatischen Bewegungen auf eine Enthemmung des Pallidum zurückführen

möchten. Die Erkrankung des Pallidum kann dabei eine stärkere sein als in

unseren Fällen von Etat marbrö (speziell Fall i8), so daß man unmöglich die

athetotischen Bewegungen des Etat marbr6 mit Kleist auf eine stärkere Mit-

119

746 C. UND O. VOGT. ^"^N J

erkrankung des Pallidum bei diesem pathologischen Prozesse zurüc kann. Einen anderen Erklärungsversuch für diese verschiedenen Krai bilder haben wir oben S. 70if. unternommen.

Endlich seien die Kliniker für die Zukunft vor allem darauf hing( in Augenblicken relativer Ruhe auf Akinesen zu achten und femer zi suchen, wie weit und unter welchen speziellen Umständen die heute physiologisch noch ganz unklare, öfter von Autoren so auch von I im Fall 13 beobachtete Hypotonie in Erscheinung tritt.

120

J*J?Lj£t . ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 747

IV. Pille von Etat dysmyäiniqtte.

Unter dem Etat dysmyilinique (Status dysmyelinisatus) möchte C^cile Vogt das Ergebnis eines pathologischen Prozesses verstanden wissen, welcher unter gleichzeitiger Volumenverminderung zu einer Verarmung der striären Mark- faserung führt und zwar besonders im Gebiet des Pallidum. Die beiden uns zur Verfügung stehenden Fälle stellen seit der frühesten Kindheit bestehende Erkrankungen dar und bilden klinisch das Bild einer progressiven reinen Starre. In enger Beziehung zu diesem pathologischen Prozeß und seinem Krankheitsbilde dürfte entsprechend den Ausführungen in unserer Mit- teilung „Zur Kenntnis usw.*' Oskar Fischers i. Fall stehen. Er zeichnet sich von den beiden jetzt zunächst näher zu schildernden Fällen dadurch aus, daß er nicht eine schon in frühester Kindheit, sondern erst im juvenilen Alter entstandene Erkrankung darstellt. Ein Bindeglied zwischen diesen beiden Unter- gruppen von Etat dysmyilinique scheint ein Fall Rothmanns zu bilden.

Derselbe betraf ein Mädchen, welches im 12. Jahre verstarb. Es handelte „sich ^ ein anfangs anscheinend normales Kind, das nur langsam laufen und sprechen lernte. Erst vom 6. Lebensjahre an entwickelten sich spastische Zustände an den Extre- mitäten mit choreatisch-athetotischen Bewegungen ; doch lernte das Kind noch lesen, schreiben und rechnen. Erst vom 10. Lebensjahr an verschlimmerte sich der Zustand Mdtuemd, die Zwangsbewegungen, die auch auf Gesicht- und Schlundmuskulatur itepiffen, verstärkten sich derart, daß sie jede brauchbare Willkürbewegung sowohl io <ien Extremitäten als auch in der Sprachmuskulatur fast unmöglich machten. Nur ' im zusammengekauerten Zustande fand das Kind noch bisweilen Ruhe. Interessant *ar das Aufhören der Zwangsbewegungen unter Wiederauftreten leidlicher Willkür- bew(^ngen und verständlicher Sprache bei leichtem Anchloroformieren. Exitus in schwer besinnungslosem Zustande. Am Gehirn fiel makroskopisch bereits eine eigentüm- lich dunkle Verfärbung und Schrumpfung des Globus pallidus des Linsenkerns beider- seits auf. Die Hirnrinde erwies sich als intakt." ,,In Weigertpräparaten der großen Ganglien" waren ,, zahlreiche sklerotische Herde mit reichlicher Gefäßneubildung im GeWct des Globus pallidus bei intaktem Putamen und Nucleus caudalus sichtbar".

A. Beschreibung der Fälle. 20. Oallns' Fall Gerhard E. [Biel 25).

A. Krankengeschichte.

Gerhard F., ehelicher Sohn eines Eisenbahnarbeiters, geb. am 17. Januar 1907 u Berlin. Die Eltern sind nicht blutsverwandt und nicht lungenkrank. Auch sind Msteskrankheiten aus der Aszendenz nicht bekannt. Die Mutter soll acht Fehl- ;cburten gehabt haben und fünf andere Kinder, von denen zwei an Krämpfen, einer luTch einen Unfall und zwei an Lungenentzündung gestorben sind.

Der Patient ist als Siebenmonatskind zur Welt gekommen; die Geburt lauerte lange. Es lag Steißlage vor und es ist eine Wendung vorgenommen worden. >as Kind ist fünf Monate mit Muttermilch ernährt worden. Die Krankheit begann lach Angabe der Mutter im sechsten Lebensmonat mit Krämpfen. Das Kind

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748 C. UND O. VOGT. '"^^^i)

und NeorcÄiglA.

machte die ersten Sprechversuche mit einem Jahr. Es hat nie laufen gelernt. Die geistige Entwickelung war angeblich gut, die Gemütsart gutmütig. Die Krämpfe und die Spannungserscheinungen sollen seit dem ersten Krampf- anfall im sechsten Lebensmonat allmählich zugenommen haben. Patient wurde 191 1 im Oskar- Helenen- Heim (Prof. Biesalski) aufgenommen.

Aufnahmesiatus: Unruhiges Kind mit fortwährenden athetotischen Bewegungen^ einschließlich des Gesichts. Dauerndes unverständliches Stammeln. Auf Fragen antwortet es ganz verständig. Es bezeichnet einen Xorgehaltenen Gegenstand richtig, scheint bildungsfähig zu sein.

Bei irgendwelchen Einwirkungen psychischer Art wie Fragen, Ansehen von Bildern oder mechanischer Art (Berührung der Haut oder Streckung eines Gelenks) steigern sich die unwillkürlichen Bewegungen zu äußerster Unruhe der ganzen Körpermuskulatur.

Spasmus der Arme und Schultern, ebenso in schwerer Form der Beine, die meist in rechtwinkliger Beugung in Hüfte und Knie gehaHen werden.

Bei Beugung der Knie sind die Strecker in extremer Kontraktion.

Füße meist supiniert, plantarflektiert, adduziert.

Reflexe bei der ewigen Unruhe schwer auszulösen.

Bei leichter Berührung der Sohlen gehen die Zehen in die Höhe.

Leise Berührung der Außenseite des Thorax ruft eine sofortige Bewegung von Becken und Schultergürtel nach derselben Seite hervor.

Gehen, Stehen, Sitzen unmöglich.

Starke Spasmen der Adduktoren; es gelingt unter Anwendung großer Kraft, die Beine etwas zu spreizen.

13. 11. 191 1. Patient erkrankt mit Fieber an Bronchopneumonie und wirft sich unruhig im Bett hin und her.

19. 11. 1911. Durch kräftige Ernährung ist es gelungen, den Allgemeinzastand und das Körpergewicht zu heben.

28. 2. 1912. An den Spasmen keinerlei Veränderung eingetreten; dagegen ge- winnt man den Eindruck, daß die athetotischen Bewegungen etwas zurückgegangen sind.

16. 3. 1912. Foerstersche Operation. Resektion von L2, L3, L5, Si und S2 der rechten Seite.

15. 4. 1912. Nach längeren Eiterungen der Narbe ist die Wunde jetzt fast voH^ ständig zugeheilt.

25. 4. 1912. Das rechte Bein ist viel beweglicher als das linke.

15. 5. 1912. Die Operations wunde ist völlig verheilt. Das rechte Bein ist weniger gespannt als das linke.

I. 6. 191 2. Es werden täglich Übungen gemacht. Das rechte Bein ist leicht zu bewegen, das linke setzt den Bewegungen starken Widerstand entgegen.

15. 8. 1912. Passive Bewegungen werden fortgesetzt. Lagerung mit Sandsäcken.

20. 9. 19 12. Nach vorübergehender Unterbrechung der Übungen infolge von Temperatursteigerungen und Furunkulose werden jetzt die Übungen täglich fortgesetzt. Die passiven Bewegungen des rechten Beines begegnen geringerem Widerstand als diejenigen des linken. Sonst ist in dem Zustand des Jungen keine Änderung ein- getreten.

21. II. 1912. Angina.

*30. I. 1913. Da die Kontrakturen am linken Knie und in beiden Hüftgelenken nicht nachgelassen haben, beiderseits Tenotomie der Adduktoren und der Beuger des linken Knies. Gips mit Einschluß des Beckens in Abduktion und Über- » Streckung des Kniegelenks.

.9. 2. 1913. Temperaturerhöhung bis zu 40®. Der Junge hustet viel, hat schleimig- eitrigen Auswurf. Über beiden Lungen giemende und schnurrende laute Geräusche. Keine Dämpfung.

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4

i

2ii5:JJ22' s ^^r lehre der Erkrankungen des striären Systems. 749

s^

14. 2. 1913. Temperatur normal, Auswurf reichlich, Geräusche über den Lungen unverändert.

24. 2. 19 13. Pirquetsche Hautreaktion stark positiv. Temperatur andauernd nonnaL

17. 3. 1913. Starker Furunkel in der Scapulagegend.

20. 3. 1913. Allgemeinstatus gut. Temperatur normal. Kein Husten und Auswurf .

8. 4. 191 3. Die täglichen Übungen werden fortgesetzt. Fortschritte nur gering. Die athetotischen Bewegungen sind immer noch stark. Der Knabe wird täglich aufgesetzt und in sitzender Stellung angebunden. Normale Temperatur. Gutes Allgemeinbefinden. Gewicht: 13,5 kg.

10. 5. 191 3. Fortsetzung der Übungstherapie und der Sitzübungen. Status unverändert.

15. 6. 191 3. Die Übungen haben nur einen sehr geringen Erfolg gehabt. Der Zustand ist nicht verschlechtert, aber auch nicht gebessert.

22. 7. 1913. Zustand unverändert. Die Übungen für beide Beine und Arme werden fortgesetzt, auch die Sitzübungen. Gewicht: 13,5 kg.

16. IG. 1913. Unveränderter Zustand. Gewicht: 15,2 kg. Erfolge der Übungen nur sehr gering. Die athetotischen Bewegungen bestehen weiter in gleicher Stärke fort.

14. 11. 191 3. Kinderfaustgroßer Abszeß auf dem Rücken.

4. I. 1914. Inzwischen neue Abszesse, die alle inzidiert werden mußten und zum Teil zu Fisteln führen.

15. 5. 1916. Patient ist sehr wenig intelligent, ist in fortwährender Bewegung. Seine Muskeln sind sämtlich gespannt. Darauf ist wahrscheinlich zurückzuführen, daß Sehnenreflexe schwierig auszulösen sind. Die Spasmen am Arm wie am Bein sind sehr erheblich. Patient liegt mit überstrecktem Knie- gelenk. Die Füße sind auswärts rotiert. Alle Glieder sind sehr mager. Aktiv ist CS Patient anscheinend unmöglich, irgendeine gewollte Bewegung auszuführen. Vom Stehen oder Gehen kann keine Rede sein.

23. 6. 1916. Patient hat viele Krampfanfälle am Tage.

25. 10. 1916. Zustand hat sich im allgemeinen nur wenig verändert und die athetotischen Bewegungen bestehen nach wie vor. Auch Krampfanfälle treten noch zeitweilig auf. Patient liegt im Bett auf dem Rücken, unfähig sich aufzurichten.

In die Brandenburgische Provinzialheilanstalt für Epileptische in Potsdam über- führt.

Aus der Anamnese dieser Anstalt ist noch hervorzuheben, daß bei den einzelnen Krampfanfällen das Bewußtsein nur teilweise schwindet und daß Patient nachher nicht schlafsüchtig oder aufgeregt ist. Die Dauer des Anfalles ist verschieden. Eine Abnahme der Geisteskräfte ist nicht beobachtet worden. Patient hat keine Schul- kenntnisse. Er kann nicht nur weder stehen noch gehen, sondern auch nicht allein essen.

Status am 4. 11. 1916:

Körpergewicht: 14 kg. Größe: 105 cm.

Knochenbau gracil, Muskulatur und Ernährungszustand dürftig.

Atrophie der Beinmuskulatur.

Keine Dermographie, Exantheme oder Ödeme.

Behaarung: 0. B.

Verletzungen: o

Schädel dolichocephal, Umfang 49 cm.

Ohren groß, anliegend, wohlgebildet.

Augenbewegungen anscheinend frei.

Pupillen mittelweit, gleich, rund. Direkte Lichtreaktion erhalten. Konvergenz- reaktion nicht prüfbar. da Patient nicht fixiert.

Gesichtsausdruck: blöde.

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7 so C. UND O. VOGT. "^St&l^

Fazialis: linksseitige Parese.

Zunge weicht nach links ab.

Würgreflex vorhanden.

Zähne: obere Schneidezähne stehen spitzwinklig schief. Gebiß defekt.

Sprache undeutlich und schwer verständlich.

Hals: o. 6.

Brustkorb flach^ Perkussion der Lungen o. B.^ vereinzelte bronch. Geräusche beiderseits, Husten, kein Auswurf.

Herz: Töne rein; Puls: kräftig, regelmäßig; Grefäße: weich.

Unterleib: o. B. ; keine Hernien. ' Genitalien: kindlich, Phimose, kein Ausfluß, keine Narben oder L^^mphdrüsen.

Obere Gliedmaßen: R. Oberarm im Schultergelenk spitzwinklig fixiert.

Am Schultergelenk mehrere bis 2 cm lange, eingezogene und mit dem Knochen verwachsene Narben. Arme in Beuge- stellung leicht kontrahiert. Hände machen athe- totische Bewegungen; nur mit der /. Hand vermag er Gegenstände festzuhalten. Reflexe: vorhanden.

Untere Gliedmaßen: 10 cm lange Narbe über der unteren Wirbelsäule, 9 cm

lange Narbe über /. Kniekehle. An beiden Inguinalgegenden feine, etwa 3 cm lange Narben. R. Patella schaut nach innen. Beine in Streckstellung kontrahiert. Passive Bewegungen sind schmerzhaft, /. nur in geringem Grade möglich. R. Fuß in überstreckter Stellung.

Gang: kann weder stehen, sitzen noch gehen.

Patellarreflex: nicht auslösbar.

Achillesreflex: vorhanden.

Sohlenreflex: vorhanden.

Bauchdeckenreflex: schwach.

Berührungs- und Schmerzempfindlichkeit: anscheinend ungestört.

4. 11. 16. Ist freundlich und vergnügt, antwortet gern, ist aber schwer zu ver- stehen. Gibt Alter und Namen sowie Herkunft richtig an. Weiß, daß gr hier in Pots- dam jst und kennt die Pflegerin bei Namen. Liegt steif im Bett, kann sich nicht aufsetzen und auch nicht aufgesetzt werden. Kopf und Hände werden oft in un- geordnete Bewegungen versetzt.

6. 11. 16. Stimmung wechselnd. Oft heiter und gesprächig, dann wieder weiner- lich und unleidlich. Näßt viel ein.

20. 11. 16. Freundlich und zufrieden. Beteiligt sich gern am Unterricht der Kindergärtnerin.

27. 11, 16. Einige Tage leichte Temperatursteigerungen. Hatte etwas Durch- fall, hustete zeitweise und war etwas heiser.

15. 12. 16. Wieder unregelmäßige Temperatursteigerungen. Klagte viel über Kopfschmerzen, war zeitweise sehr unruhig. Sonst kein objektiver Befund.

31. 12. 16. Nur noch ab un3 zu leichte Temperatursteigerungen. Verhalten wechselnd: oft tagelang ruhig und zufrieden, dann wieder unruhig, krampf- artige Gesichtsverzerrungen, lebhaHFte ungeordnete und unwillkürliche Bewegungen des /. Armes und der /. Hand. Ist dann sehr unleidlich und klag- sam. — Gewicht: 15,0 kg.

1917.

31. I. Hin und wieder leichte Temperatursteigerungen. Ist öfter etwas heiser. Oft tagelang sehr unruhig, kann dann nicht still liegen, verzieht das Gesicht, bewegt/. Hand krampfhaft; ist dann sehr unleidlich. Gewicht: 12,0 kg. Chloral- hydrat bzw. Luminal nach Bedarf (0,5 bzw. 0,15). 124

^^mvSSt 8. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 75 1

20. 2. Gestern wieder subfebrile Temperaturen. Nachts etwas unruhig, dann zunehmende Schwäche.

Exitus letalis 2,30 Uhr Vorm.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Der sehr klein und körperlich dauernd unentwickelt gebliebene Pat. ist als Siebenmonatskind erst nach langem Geburtsakt zur Welt gekommen. Mit 6 Monaten Krämpfe. Dann zunehmende Spannungserscheinungen mit atheto- tischen Bewegungen in der gesamten Körpermuskulatur, welche zur normalen Zeit die Entwickelung einer allerdings nur schwer verständlichen Sprache er- n>|öglichten, aber nie ein Gehen, Stehen oder Sitzen gestattet haben. Pseudo- babinski. Foerstersche Resektion von L2, Lj, 7.5, Si und 52 der rechten Seite machte das rechte Bein dauernd beweglicher. Psychische und körperliche Reize steigerten die Spasmen und die athetotischen Bewegungen bedeutend. In den letzten Jahren vollständige Versteifung der Beine und des Rumpfes. Dabei tagelange Anfälle schwerer unwillkürlicher Bewegungen im Gesicht und den oberen Extremitäten mit Zeiten der Ruhe wechselnd. Mäßige Intelligenz. Der Gesichtsausdruck wird als „blöde" bezeichnet.

B. Anatomische Untersuchung.

a) Makroskopischer Befund.

Das Gehirn ist eher groß. Außerdem fällt es durch seine Breite auf. Sonst ergibt der makroskopische Befund nichts Pathologisches.

>

b) Mikroskopischer Befund.

TaL 42; Rg. 1. £s handelt sich um die oralsten Partien des Striatum. Sie zeigen* eine gute Volumenentwicklung. Dagegen ist die Zahl ihrer kleinen, meist quer getroffenen FaserbündelcheTl gegenüber der Norm beträchtlich reduziert. Man vergleiche Nc dieser Figur mit Nc von Taf . 56, Figg. i und 2 !

TaL 42, Fig. 2. Wir begegnen hier ebenfalls einer zweifellos pathologischen Armut an Faserbündeln im Striatum, Besonders auffallend tritt diese Erscheinung in dem linken Put hervor. Aulkrdem muß noch eine auffallende Vorwölbung des letzteren lateral wärts und eine anormale Breite des in der Figur allerdings nur teilweise abgebildeten Claustnim konstatiert werden.

Tat 42, Pig. 8. In Nc begegnen wir jetzt mehr Faserbündeln als oraler, wenn auch ihre Zahl und vor allem die Dunkelheit ihrer Färbung deutlich hinter der Norm zurückbleibt. Man ziehe zum Vergleich Taf. 49, Fig. 2 heran ! Dagegen entbehrt das ventrale Verbindungsgebiet zwischen Nc und Put und Put selbst auch hier noch in der bisherigen auffallenden Weise dieser Bündel. Die laterale Vorwölbung von Put ist jetzt ebenfalls in der rechten Hemisphäre erkennbar. In der linken Hemisphäre ist das Claustnim (C/) in voller Ausdehnung noch zur Abbildung gelangt und zeigt die schon bei Beschreibung der vorigen Figur kurz erwähnte auffallende Breite. Gieson- bilder dieser Gegend lassen keine sicheren Anomalien in der gröberen Cytoarchi- tektonik des Striatum erkennen.

TaL 48, Kg. 1. In Nc und dem dorsalen Teil von Put der hier allein abgebildeten linken Hemisphäre existieren jetzt mehr Faserbündel. Dagegen fällt auch hier die große Breite des Putamen und des Claustrum auf. Im Gegensatz dazu ist der jetzt zum ersten Male getroffene orale Anfang des Pallidum (ße) nicht verbreitert. Dagegen zeigt er eine auffallende Blässe, so daß er sich vom Putamen kaum abhebt. Dabei ist die dor- sale HäUte deutlich etwas dmikler als die ventrale.

125

752 C. UND O. VOGT. ^""Sd H.o^SS^''

Tat 48, Fig. 2. Es handelt sich hier um einen ähnlichen Schnitt einer Serie eines normalen Erwachsenen. Put ist hier nur i^j mal so breit als der orale Anfang des Pallidum, während es in der Fig. i dieser Tafel die doppelte Breite zeigt. Der Farben- Unterschied ist dabei zwischen den beiden Abschnitten des Lentiforme beträchtlidi größer als in der vorigen Figur. Außerdem zeigt das Putamen eine geringere laterale Vor- wölbung und das Claustrum eine wesentlich geringere Breite.

Tai 43, Fig. 8 gibt bei 5ofacher Vergrößerung einen Ausschnitt aus dem ventralen Teil des Pallidum von Taf. 43, Fig. i wieder. Bei einem Vergleich mit der folgenden Figur erkennen wir, daß hier die zahlreichen Bündel feiner Fasern, welcjie das normale Pallidum in dieser Schnittebene auszeichnen, vollständig fehlen, daß dagegen die dicken Fasern offenbar durch Aneinanderrücken eine scheinbare Vermehrung erfahren haben. Die dorsale, in Taf. 43, Fig. i etwas dunkler gefärbte Hälfte des Pallidum ent- hält dagegen jene Markfaserbündel, wenn auch in anormal geringer Zahl. Einige der- selben kann man auch dabei durch die Capsula interna hindurch bis in Nc hinein verfolgen.

Tai. 43, Fig. 4 zeigt dieselbe Stelle der r. Hemisphäre jenes Falles des Biel- schowskyschen Tj'pus zerebraler Hemiatrophie, von welchem wir Taf. 23, Figg. 2 und 3 bereits Abbildungen gebracht haben. Die betreffende Hemisphäre bot obwohl von einem 23 jährigen Individuum stammend die gleiche Größe dar wie das zurzeit studierte Gehirn. Im Gegensatz zu Taf. 43, Fig. 3 ist nun das Pallidum hier im wesent- lichen durch Bündel feiner Fasern ausgefüllt und sind die dazwischen gelagerten groben Fasern weniger zahlreich vorhanden als in der Fig. 3.

TaL 44, Fig. 1 bringt einen Schnitt aus der Gegend der rechten Hemisphäre, wo das orale Gebiet der Pars interna {Gil +Gim) des Pallidum bereits aufgetreten ist. Jetzt zeigen Nc und Put die normale 2^hl von Faserbündeln. Aber sie sind anormal hell. Man vergegenwärtige sich nur die Dunkelheit der Striatumbündel der nur 2 Jahre älteren Marie S. (Fall 8) in Taf. 15, Fig. 4! Dieser Differenz liegt in erster Linie kein Unterschied in der Zahl der Fasern, sondern im Kaliber (oder der Färbbarkeit ?) ihrer Markscheiden zugrunde. Es fällt endlich auch hier die laterale Vorwölbung von Put und seine große Breite auf. Die letztere gilt ebenfalls noch von Cl. Im Gegensatz zu Put + Nc ist Ge annähernd von normaler Breite, aber von verminderter Höbe, Gi dagegen deutlich in allen Richtungen reduziert. Man ziehe aus den Ergänzungsheft» des 18. Bds. Taf. 3, Fig. 7 heran! Man erkennt bei diesem Vergleich femer, daß jetzt Ge von Bündeln der feinen strio-pallidären Fasern erfüllt ist und zwar in einer patho- logisch dichten Weise. Die Zahl der dicken Fasern ist dagegen hier beträchtlich gegenüber der Norm vermindert. Dieses hat zu einem dichteren Aneinanderrücken der Bündel der strio-pallidären Faserung geführt. Gi ist in seiner Gesamtheit auffallend faserarm. Speziell hebt sich aber Gil durch besondere Helligkeit ab. Endlich zeigen auch Le, Li, La, AI und LI eine deutliche Faserarmut. Daß dieselbe überall auf Schwund dicker, früh markreifer Fasern beruht, lehrt ein Vergleich mit Taf. 3, Fig. 2 und Taf. 4. Fig: i.

Tal. 44, Fig. 2. Es handelt sich um einen Teil eines weiter kaudal gel^enen Schnittes der linken Hemisphäre. Ein Vergleich mit der Fig. 3 dieser Tafel von einem normalen Gehirn eines 14 jährigen Knaben zeigt die außergewöhnliche Faser- armut der abgebildeten Teile des Pallidum. Sie ist in allen Gebieten des Pallidum, seinen Lamellen und in der Ansa lenticularis in starkem Maße vorhanden. Ganz be- sonders aber tritt sie in den ventraleren Partien von Ge, Gil und Gim auf. Infolge dieser Faserarmut kommt es kaum zu einer erkennbaren La und zu einer wenig sich von Gim abhebenden LI. Dabei ist Gi auch deutlich in seinem Volumen reduziert; dies gilt vor allem von Gil. Femer zeigen die von LI zu H^ und Cl ziehenden Fasern eine starke Verringerung. Diese führt direkt zu ^iner deutlichen Aufhellimg der Über- gangsstelle zwischen Capsula interna und Pcs pedunculi unmittelbar lateral von H* und CL. Sie bedingt endlich eine starke Volumenreduktion sowie eine auch dabei 126

Br^^lph^^S. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS- 753

loch hervortretende Helligkeit des hier in seiner größten Dicke getroffenen Forel- >chen Bündels H^ und eine Kleinheit des eben angeschnittenen CL.

Das Giesonbild eines benachbarten Schnittes lehrt eine zweifellose Abnahme ier Ganglienzellen des Pallidum.

TbL 44, Fig. 8 bringt einen annähernd identischen Schnitt' von einem in bezug luf diese Himgegend normalen 14 jährigen Knaben (P 4r unserer Sammlung). Unter Hinweis auf das bereits in den normal-anatomischen Vorbemerkungen über das striäre System Gesagte seien an dieser Figur die folgenden Feststellungen erhoben. Im Ver- gleich mit Taf. 45, Figg. i und 2 begegnen wir in Ge einer wesentlich größeren Faser- nenge. Ein mittlerer Hauptteil von Ge ist am faserreichsten. Ihm gegenüber weist ier ventralste Teil eine gewisse und der dorsalste eine starke Faserabnahme auf. In 1er Fasening von G^ kann man dabei überall schon bei dieser Vergrößerung die bereits n den „Vorbemerkungen" unterschiedenen und auch später wiederholt erwähnten >eiden Faserkategorien voneinander trennen: die aus dem Striatum in lateral-medialer Achtung in Ge hineinziehenden strio-pallidären Faserbündel und die dicken, bis zu hrer baldigen Verzweigung vorwiegend ventral-dorsal verlaufenden Einzelfasem. h dem dorsalsten sehr hellen Teil treten beide Faserarten, in dem ventralsten dunkleren lur die zweite Art im Vergleich zum Hauptteil weniger zahlreich auf. Gegenüber •lg. 2 ist Fig. 3 femer durch ein größeres Gt, speziell durch ein voluminöseres Gil, Dwie durch ein viel faserreicheres Gi ausgezeichnet. Gil weist zahlreiche dicke lateral- ledial verlaufende Faserbündel und einen zwischen den Fasciculi gelegenen dunklen 'aserfilz auf. Mit Ausnahme der dorsalsten und ventralsten Abschnitte ist dabei der tau ein gleichmäßiger. Gim zeigt eine ähnliche Architektonik. Nur sind die Fasciculi mlb quer getroffen. Topische Strukturdifferenzen finden sich in Gim nicht. Ferner aöchten wir darauf aufmerksam machen, wie stark sich in der Fig. ^La,Liy AI und LI hirch ihren Fasergehalt von Ge und Gi abheben, wie zwischen LI einerseits und H^ uid CL andererseits keine helle Stelle an der Grenze zwischen Capsula interna und Pes pedunculi existiert und wie //* hier mehr als die doppelte Breite von H^ der Fig. 2 und eine wesentlich größere Dunkelheit zeigt.

TaL 44, Figg. 4 und 6. Ihre Beschreibung folgt auf diejenige von Taf. 46, Fig. i.

CiL 46, Fig. 1 gibt bei achtfacher Vergrößerung das Pallidum eines Schnittes wieder,

wcldicr etwa 7 mm kaudal von dem Taf. 44, Fig. 2 abgebildeten gelegen ist. Während

in der ganzen Längsausdehnung Markfaserbündel in ziemlich gleicher Menge aus Put

in Ge eintreten und dabei eine pathologische Verminderung der strio-petalen dicken

J^'ascm nicht konstatiert werden kann, fehlen in Ge die ventral-dorsalen dicken Einzel-

^^^em in weitem Maße. Ein Vergleich mit der Taf. 44, Fig. 3 zeigt deutlich diese Differenz.

7^ weitgehende Fehlen dieser dicken Fasern in Ge der vorliegenden Figur ist eine

^^^ beiden Ursachen dafür, daß die ventrale Hälfte von Ge heller erscheint als die dor-

''^. Der zweite Grund besteht darin, daß die bekanntlich vornehmlich aus feinen

'^^m bestehenden, strio-pallidären Faserbündel offenbar infolge von Schrumpfung

* dorsalen Teils von Ge und Abnahme seiner dicken Einzelfasem hier in anormal

^^^r Weise aneinandergerückt sind. Wir erkennen in dieser Figur ferner deutlich

einer Verschmälerung von Gil eine Höhenabnahme des gesamten Gi. Dabei

ein Vergleich mit Taf. 44, Fig. 3 und Taf. 45, Fig. 3, daß in dem ventralen Teil

^ ^^i eine einfache Faserverarmung vorliegt, daß aber im dorsalen Teil die lateral-

*^^1 verlaufenden Faserbündel bei gleichzeitiger Abnahme des Volumens des ein-

^^^ Bündels in pathologischer Weise aneinander gerückt sind. Aus diesen beiden

^^^^en hebt sich wie schon Taf. 44, Fig. 2 die dorsale Hälfte von Gi im Gegen-

^^ XU normalen Verhältnissen durch Dunkelheit vom ventralen Teil ab. Die schon

^y ^, Fig. 2 festgestellte, besonders starke Faserabnahme von La tritt auch in dieser

'^?^T hervor. Die Faserverminderung in LI ist daran gut zu erkennen, daß LI sich hier

i>i^^ Helligkeit von der anstoßenden Kapself aserung unterscheidet, während im nor-

mÄ\^u Präparat (vgl. Taf. 44, Fig. 3 und Taf. 45, Fig. 3!) eher das Gegenteil der Fall

\st- Endlich zeigen auch Li und AI eine deutliche Faserverarmung.

127

754 C. UND 0. VOGT. _ ^''"^NelJgtoSy

TaL 46, Pig. 2 bringt die in der vorigen Figur abgebildete Gegend von einem etwa 0.35 mm kausaler gelegenen, schwächer differenzierten Schnitt. Die bei Beschrei- bung der vorigen Abbildung festgestellten pathologischen Befunde gelten auch für diese Figur. Nur ist der dorsalste Teil von Ge gegenüber dem ventral wärts sich an- schließenden Abschnitt etwas heller geworden.

Tai. 45, Fig. 3. Es handelt sich um einen Schnitt von jenem normalen Knaben- gehirn, dem Taf . 44, Fig. 3 entnommen ist, und zwar aus derjenigen Gegend, welche annähernd der in den Figg. 2 und 4 dieser Tafel wiedergegebenen entspricht. Die Ab- bildung soll uns als Maßstab für die pathologischen Veränderungen der Figg. 1, 2 und 4 dieser Tafel dienen. In Ge konstatieren wir auch hier eine dorsale hellste, eine mittlere dunkelste und eine ventrale, nur noch in ihrer lateralen Hälfte etwas hellere Partie. Gtl und Gim zeigen annähernd dieselbe Breite. Sie sind in ganzer Längenaus dehnung gleich dunkel und in gleichmäßigen Abständen von Faserbündeln durchsetzt. La hebt sich als breites dunkles Band von Gtl und Gim ab. AI ist so faserreich, daß es in der Abbildung einfach als schwarzer Streifen erscheint. LI ist eher dunkler als die benachbarte Übergangsstelle zwischen Ci und P. Diese Übergangsstelle selbst ist nicht heller als die anstoßenden Partien von Ci und P. Man beachte femer die groBe Breite und Dunkelheit von H^j obgleich es schon die Hälfte seiner stärksten Dicke verloren hat. Man sieht aus H^ dicke Bündel in vtl einstrahlen. Endlich sei auf die Breite des eben erst angeschnittenen CL hingewiesen.

TaL 46, Pig. 4. Der Schnitt ist stärker differenziert als die Taf. 45, Figg. i und 1 abgebildeten. Er liegt etwa 0,35 mm kaudal von dem in Fig. 2 wiedergegebenen. Dai ganze Pallidum und seine Grenzlamellen zeichnen sich auch hier durch Faseiarmut aus. Der dorsalste Teil von Ge ist jetzt ausgesprochen heller als der Rest von Ge. Gil weist immer noch*die aus den Figg. i und 2 bekannte Verschmälerung gegenüber Gl« auf Im ganzen Gi ist auch hier noch der ventrale Teil faserärmer. Ein Vergleich wk Fig. 3 deckt gut die Dürftigkeit von La und LI auf. AI ist ebenfalls verschmälert und läßt daran, daß man in ^/ die einzelnen Faserbündel getrennt verlaufen sieht, ihre Faserverarmung erkennen. An der Übergangsstelle von Ci und dem Pes pedunaü begegnen wir einer Faseraufhellung. Diese beruht darauf, daß der Faseraustausch zwischen LI und Thalamus + Hypothalamus sehr reduziert ist. H^ zeigt dadurch seine Düiftigkeit, daß man im Gegensatz zu Fig. 3 seine einzelnen Faserbündel erkennen kann. CL ist gegenüber Fig. 3 deutlich reduziert. Die Decussatio Foreli (DF) ist gegen die Norm verschmälert. Man sieht femer keine dickeren Bündel aus W^ in vtl einstrahlen. vtly vtm und der sich medial anschließende Kern mv sind verkleinert. Die beiden letzteitn erweisen sich endlich auch im Vergleich zu Fig. 3 als sehr faserarm. Der dorsale Teil von Foreis lateralem Thalamuskem^ sowie ma und aa lassen ebensowenig eine patho- logische Veränderung erkennen wie die zum Pes ziehenden Fasern von Ci und der Pes selbst.

TaL 46, Pig. 1 gibt bei vierfacher Vergrößerung die zentralen Himpartien eines Schnittes wieder, der etwa i mm kaudal von dem eben beschriebenen gelegen ist. Wir sehen hier, daß Nc und Put eine normale Zahl von Faserbündeln aufweisen. Beide Grisea sind aber auch hier wie CI von anormaler Breite. Ge + Gi zeigen umgekehrt gegenüber normalen Verhältnissen die bei den übrigen Abbildungen dieses Gehirns beschriebene Volumenreduktion. Die pathologische Faserarmut -von Ge + Gi und die besondere Form, in der sie auftritt, entspricht der Beschreibung, die wir bei der gleich folgenden, doppelt so stark vergrößerten Fig. 4 dei Taf . 44 geben werden. CL ist deutlich gegenüber der Norm verkleinert. Der ventrale Teil {vtl + vtm) von Foreis lateralem Thalamuskern ist auch hier pathologisch verschmälert. Der medial von vtm zwischen ma und INr gelegene, in der Figur nicht mit einer Bezeichnung versehene Kern mv ist ebenfalls reduziert und faserarm. Der Rest des Thalamus weist normale Verhältnisse auf. Das Corpus callosum(C^) ist gut entwickelt. Auch zeigt die oro-latend aus dem Xucleus ruber und seiner Kapsel in den Thalamus einstrahlende Fasermässe {INr) was besonders hervorgehoben zu werden verdient keine erkennbare Anomalie. 128

Erjto'i^kid^'a. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 755

Ttd, 44, Pig. 4. Es handelt sich um eine achtfache Vergrößerung eines Teiles eines etwa 0,35 mm kaudal von dem in Taf. 46, Fig. i abgebildeten Schnitt gelegenen Schnittes. Die Faserverarmung sowie die Reduktion des Pallidum , insbesondere die- jenige von Gil, besteht weiter. Die bisherige Differenz in der Faserverminderung zwischen dorsalem und ventralem Teil von Gil +Gim hat sich ausgeglichen. CL ist hier nahezu in seiner größten Höhenausdehnung getroffen. Ein Vergleich mit Fig. 5 dieser Tafel zeigt, daß es beinahe um die Hälfte reduziert ist.

Tat 44, Kg. 5 gibt bei derselben achtfachen Vergrößerung das Corpus Luysi {CL) in seiner größten Ausdehnung von demselben normalen 14 jährigen Knaben wieder, von dem Taf. 44, Fig. 3 und Taf. 45, Fig. 3 stammen. Die Figur soll uns einen Anhaltspunkt dafür geben, wie weit CL in Fig. 4 reduziert ist.

TaL 46, Hg. 2. Es handelt sich um einen Schnitt, welcher etwa 0,7 mm kaudal von dem Taf . 44, Fig. 4 abgebildeten gelegen ist. Caudatum und Putamen zeigen auch hier eine pathologische Breite. Von einer Faserabnahme in ihnen kann gegenüber Taf. 46, Flg. I nicht die Rede sein, wenn man in Betracht zieht, daß der vorliegenden Abbildung eine längere ExpoÄtionszeit zugrunde liegt. Ge weist den Befund von Taf. 44, Fig. 4 auf. Gi zeigt im Vergleich zu oraleren Schnitten eine weitere Faserverarmung. Diese ist femer jetzt im ganzen Gi eine gleichmäßige. Man sieht auch helle Streifen sich aus Gi in die Übergangsstelle von Ci und P fortsetzen. Sie kommen durch den Ausfall von Fasern zwischen Pallidum und Thalamus + Hypothalamus zustande. Sonst zeigen Ci und P keine Anomalien. CL ist verschmälert. Der eben angeschnittene Nucleus ruber (Nr) und seine Kapselfaserung lassen ebensowenig wie die Substantia nigra (Sn) eine Anomalie erkennen. Der ventralste Teil von Foreis lateralem Thalamuskern ist noch etwas verschmälert. Sonst zeigt der Thalamus keine erkennbaren Abweichungen.

TaL 46, Pig. 8. Die Abbildung bringt bei achtfacher Vergrößerung Teile eines Schnittes, welcher 0,7 mm kaudal von dem Taf. 46, Fig. 2 wiedergegebenen gelegen ist. Die von Put in Ge eindringenden Faserbündel zeigen keine Abnahme. Jetzt ist der dorsalste Teil von Ge wieder eher dunkler als das übrige Ge. Gi zeigt dieselbe Kleinheit und gleichmäßige Faserarmut der vorigen Figur. Die faserarmen Stellen an der Über- gangBStalle zwischen Ci und P treten hier dagegen weniger hervor. CL ist nach wie vor durch seine Verschmälerung etwa um die Hälfte charakterisiert. Die übrigen ab- gebildeten Himteile lassen keine Anomalien erkennen.

TaL 46, Fig. 4 gibt bei der gleichen achtfachen Vergrößerung A> in seinem grö0ten Umfang wieder. Wir können weder an Nr selbst, noch an seiner Umgebung irgend etwas Anormales erkennen.

liaL46, Hg. 5 bringt bei der gleichen achtfachen Vergrößerung A> und seine Umgebung von jenem normalen 14 jährigen Knaben, dessen Gehirn schon Taf. 44, Figg. 3 und 5 sowie Taf. 45, Fig. 3 entnommen sind. Das der Abbildung zugrunde liegende photographische Negativ war etwas länger exponiert als dasjenige der vorigen Figur. Ein Vergleich mit der Fig. 4 dürfte bei Berücksichtigung dieser Tatsache unsere Ansicht stützen, daß Nr und seine Umgebung in Fig. 4 keine Anomalien erkennen läßt*

liaL 47, Fig. 1 zeigt uns das linke Striatum dicht vor dem kaudalen Ende von Ge. Auch hier weisen Nc und Put eine pathologische Breite und Ge eine anormale Helligkeit auf. Die den kaudalsten Teil von Put durchsetzenden Faserbündel stammen aus dem Gyrus temporalis superior.

Wir bringen jetzt einige Schnitte aus dem kaudalsten Teil der rechten Hemisphaere.

liaL 47, Fig. 2. Das gesamte Pallidum ist auch hier anormal klein und faserarm. In Ge fehlen wie links vornehmlich die dicken Fasern. Auch hier ist Gil schmäler als Gim. Die krankhafte Faserarmut ist eine gleichmäßiger verteilte als /. . La ist ganz reduziert. Auch die anderen Grenzlamellen sind in ihrem Fasergehalt verarmt. Das hier in seiner größten Ausdehnung getroffene H^ ist etwa um die Hälfte reduziert. Man vgl. Taf. 44, Fig. 3! Von H^ sieht man nicht die normalen dicken Bündel in vtl ein- ziehen, vtl + vtm sind schmäler als der dorsalere Teil des lateralen Thalamuskerns Foreis.

9 Joanal Hir Psychologie imd Neurologie Bd. «5. Ergh. 3. 1^9

75^ C. WD 0. VOGT. ^^yiSy

Fat 47, Fig. 3. Es handelt sich hier um einen Schnitt, der beinahe 3 mm kaudaler liegt als der Taf. 47, Fig. 2 abgebildete. Neben den in der vorigen Figur beschriebenen Defekten im Fasergehalt des Pallidum ist hier noch speziell ein solcher von Gim hervor- zuheben. Die Reduktion von //*, CL und den dicken Faserbündeln in vtl geht sehr gut aus einem Vergleich mit Taf. 45, Fig. 3 hervor. Außerdem zeigt der medial von vtm gelegene, in der Figur nicht bezeichnete Kern mv eine Verkleinerung und einen Faser- schwund.

TaL 47, Fig. 4. Nc und Put sind auch hier gegenüber dem Pallidum auffallend breit, wenn auch diese Eigentümlichkeit nicht so hervortritt, wie in der linken Hemi- sphäre. Die Faserarmut von Ge läßt sich speziell auch daran erkennen, daß Ge heller « ist als der dorsale Teil des Campus Amoldi (A). CL zeigt hier die gleiche Verschmalerung, die wir in der linken Hemisphäre bereits konstatiert haben.' Andere Anomalien haboi wir in dieser Abbildung nicht feststellen können.

TaL 47, Fig. 5 zeigt einen Schnitt aus der Brückenregion. Die ganzen Dimen- sionen sind gegenüber der Norm etwas verkleinert. Das gilt auch von den Bindearpen und Pyramiden. Man ziehe zum Vergleich Taf. 57, Fig. 4 heran! Einseitige Anomalien sind nicht festzustellen.

Das Markfaserbild zeigt überall in der Hirnrinde eine dürftige Entwickelung- Eine Reihe daraufhin durchgesehener Schnitte läßt aber keine qualitativen Abweichungem von der normalen Architektonik erkennen. Das Giesonbild der Area gigantopyratnd dalis weist verhältnismäßig kleine RiesenpjTamiden, aber sonst normale Schichtung Verhältnisse auf. Das Giesonbild des Cortex cerebelli läßt nichts Pathologisches ^^ kennen. Auch das Mark, die Stiele des Cerebellum und die Dentata zeigen außer ei«*^* gewissen Kleinheit nichts Anormales.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

In einem allgemein kleinen und markarmen Gehirn zeigt das Ptäa?^^-' eine anormale Breite und Vorwölbung nach außen. Ebenso ist das Claustr^^ auffallend breit. Umgekehrt sind das Pallidum (in ihm vor allem G|t/), Corpus Luysi und in geringerem Grade die Thalamuskerne vtl^ vtm und speziell klein. Die oralsten strio-pallidären Fasern sind zum Teil verschwand Dagegen kann von einer Verminderung der dicken strio-petalen Fasern, weni innerhalb des Putamen, nirgends die Rede sein. Statt dessen ist ein Teil der dicken Fasern, welche zwischen Ge und Thalamus -f Hypothalam^ verlaufen, geschwunden. In weit stärkerem Maße fehlen aber die dicken Fas^^ welche Gi und Thalamus + Hypothalamus miteinander verbinden. So z^^ H^ eine Reduktion um die Hälfte und ist ein großer Teil der pallido-Luysiscf^ Fasern ausgefallen. Das etwa um die Hälfte geschrumpfte Corpus Luysi z^^^ in der erhaltenen Größenausdehnung annähernd normalen FasergehalL -* vtl treten die typischen dicken Faserbündel nicht hervor, vtm und mv si^ faserarm. Faserausfällc in der Substantia nigra, dem Nucleus ruber und seio^ tCapsel konnten nicht festgestellt werden.

C. Epikrise,

Die erst nach der Geburt einsetzende, allmählich zur Versteifung führende progressive Athetose ließ uns von vornherein eine progressive Erkrankung des striären Systems vermuten. Wir haben diese vornehmlich in jenem Untergang der Faserung des Pallidum gefunden, wie er uns aus den Fällen Fischers und Rothmanns bei etwas später im Leben einsetzenden Erkrankungen bekanntwar. 130 4

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KrS^^^^'^- ZUR LEHRE DER ERKRANKÜN(iEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 757

Wieweit der ,, blöde Gesichtsausdruck'* eine Amimik darstellt, wagen wir nicht zu entscheiden.

Mit den in unseren normalanatomischen Vorbemerkungen gemachten faser- systematischen Feststellungen stimmt die Volumen- und Faserreduktion in vtl^ vtm und mv und die Faserverminderung in der Decussatio Foreli überein. Dagegen bedarf die Tatsache, daß es uns nicht möglich war, Veränderungen im Nucleus ruber ^ seiner Kapsel und in der Substantia nigra festzustellen, weiterer Aufklärung.

Auf die schon oben S. 646 hervorgehobene Bedeutung der Verminderung der dicken //^-Bündel in vtl werden wir noch S. yt'i zurückkommen.

31. ThomaUas FaU Oskar M. [Bf 18),

Herr Kollege Thomalla wird eine ausführliche Darstellung des Krankheits-

Wles später in diesem Journal bringen. Wir geben hier nur ein ganz kurzes

Resümee.

A. Zusammenfassung der Krankengeschichte,

Als Achtmonatskind schwierig, aber nicht asphyktisch geboren. Tod mit ^S Jahren.

Jn den ersten Lebensmonaten bereits konstatierte, zeitweilige, durch -•»oJenlcung zu beseitigende Spannungen in der Hals- und Extremitäten- '''üsJculatur führten schließlich zu einer allgemeinen, auch im Schlafe nicht '''^ar schwindenden spastischen Versteifung. Die Verschlimmerung voU- ^ sich schubweise unter dem vorübergehenden Auftreten durch Willkür- ^^^^^SUngen und psychische Erregungen gesteigerter spastischer Krampf- ant^]]^ und noch schneller wieder aus dem Krankheitsbild geschwundener, ^"^ "Während, ihrer Existenz dauernd im Wachsein vorhandener athetotischer Öcwegi2ngen. Die /. Körperhälfte war im allgemeinen etwas stärker betroffen. Aliinä.liiich auch Störung der Sprache, zuletzt auch solche des Schluckaktes und fl^g Urinlassens. Vor der allgemeinen Versteifung mäßige Steigerung der Sennenphänomene, Erhaltensein der Hautreflexe, beiderseitiger Babinski. Dieser aucrx noch am Ende des Lebens im Amylenhydratschlaf festgestellt. Bei Nach- lassen ^j^j. Spannungen Hypotonie.

*^eine Lähmungserscheinungen oder Sensibilitätsstörungen, kein Intelligenz- defelct,

ß. Anatomische Untersuchung,

a) Makroskopischer Befund.

. ^i der Sektion wurde ein ödem über den zwei kaudalen Dritteilen der Kon- ^exit^t des Großhirns festgestellt. Gehimgewicht = 1190 g.

Das nach Formalinhärtung uns zugesandte Gehirn zeigte eine gute Entwickelung ^^'^^r Oberfläche, hier wie auf mehreren Frontalschnitten keine herdförmigen Ver* awlctungen und nur vom eine ganz leichte Erweiterung der Seitenventrikel. l)as Rückenmark fiel durch seine Kleinheit auf.

b) Mikroskopischer Befund.

a) Untersuchung an herausgeschnittenen Stücken.

Tai 48, Pig. 1 gibt uns einen Ausschnitt aus dem dorsalsten Teil der Kuppe de.s G)Tus centralis posterior. Links haben wir 0. Vogts Feld 69. Bei dem t geht dieses

v' 131

7S^ ^ ^.^^^^_i^^?I: '^^i^^^

unter Zellverarmung und Auftreten größerer Pyramidenzellen in ///, gleichzeitiger Verbreiterung von IIP sowie einer Verarmung von IV in das Feld 70 über. Der ganze Rindenschnitt zeigt die normale Architektur und keine pathologischen Befunde. Es kann hier weder von einer ontogenetischen Retardierung, noch von einem Zelluntergang von Ganglienzellen mit nachfolgender Neurogliawucherung die Rede sein.

TaL 48, Fig. 2 stammt aus dem frontalen agranulären Gebiet. Wir begegnen hier einer durchaus normalen Architektur. Speziell befindet sich an der Grenze zwischen /// und Va weder eine aus einem frühen ontogenetischen Stadium zurückgebliebene Kömerschicht, noch ist ein Untergang von Ganglienzellen oder eine Neurogliawucherung festzustellen. Auch das Gefäßsystem tritt nur in normalen Grenzen in Erscheinung.

TaL W, Rg. 2. Wir haben hier die Area gigantopytamidalis vor uns. Sie zeigt die für die einzelnen Schichten charakteristischen architektonischen Merkmale. Es besteht weder eine durch Nervenzellarmut und Ersatzneuroglia charakterisierte Kfl, noch eine pathologisch stark erhaltene IV. Die Riesenzellen sind von normaler Größe. Das geringere Volumen vieler Mlen im Vergleich zu der von einem 43 jährigen Mann stammenden Fig. i beruht vor allem auf einer stärkeren Entfärbung. Der weniger entfärbte Schnitt, dem Taf. 48, Fig. 2 entnommen ist, zeigt die Klobigkeifr der Zellen von Taf. 58, Fig. i. Der großen Differenz in der Zelldichtigkeit dürfte hauptsachlich eine Differenz in der Schnittdicke zugrunde liegen. Gerade die vorliegende Figur zeigt den hohen Grad technischer Fehlerquellen.

TaL 48, Fig. 3. Dic^ Nervenzellen vom kleinen Typus des hier zur Abbildung gelangten Ausschnittes aus Nc sind wie ein Vergleich mit Taf. 2, Fig. i und auch Taf. 19, Fig. I lehrt zweifellos etwas kleiner als in der Norm. Vielleicht ist auch die Zahl der Ganglienzellen des großen T\'pus verringert. Andere pathologische Ver- änderungen können nicht konstatiert werden. Die Abbildung ist wie die folgenden dem gleichen Schnitte entnommen. Derselbe stammt aus der Gegend, wo die Com- missura anterior auf die andere Seite übergeht, ist also zwischen den in Taf. 49, Fig. 3 und Fig. 4 abgebildeten Schnitten gelegen.

TaL 48, Fig. 4. Ein Vergleich mit Taf. i, Fig. i läßt in dem hier abgebildeten Putamen keine Anomalien in der Architektonik erkennen. Wir haben wenigstem annähernd die normale Zahl und Größe der Ganglienzellen, ein normales Zurück- treten der Neurogliakerne und kein pathologisches Hervortreten des Gefäßsystems.

TaL 48, Fig. 5 bringt einen Ausschnitt aus dem oralsten Teil des Pallidum exiemum. Als pathologischer Befund ist zunächst eine große Zahl sehr dunkel gefärbter, über den ganzen Schnitt zerstreuter Konkremente aufzuführen. Die 2^hl der Ganglien- zellen zeigt gegenüber der Norm keine Verminderung. Es fällt aber schon bei dieser 50 fachen Vergrößerung auf, daß die Dendriten anormal stark gefärbt sind. Die Zahl der Neurogliakerne hat sich nicht vermehrt, ebenso weist das Gefäßsj'stem keine Ano- malien auf.

TaL 48, Fig. 6. Das Pallidum internum zeigt sehr viel weniger Konkremente. In der Abbildung haben wir nur ein einziges ganz links unten. Auch hier fällt aber die anormal starke Färbung der Dendriten auf. Sonst läßt die Figur nichts Pathologisches erkennen.

Bielschowsky fügt noch auf Grund seiner Präparate vom Pallidum folgendes hinzu :

„Die unter normalen Verhältnissen in diesem Kemgebiet vorkommenden Kon- kremente treten hier in anormal großer Zahl auf. Sie sind meist klumpige oder eiförmige Gebilde, welche sich mit basischem Hämatoxylin und basischen Anilinfarbstoffen intensiv färben. Durch Versinterung benachbarter Kügelchen entstehen häufig Maul- beerformen. Auch an der Oberfläche von Kapillaren und präkapillaren Gefäßen liegen häufig feine Kömchengebilde mit denselben Farbreaktionen. Es fehlt jeder Anhalts- punkt, daß diese Körperchen durch Inkrustation präformierter Gewebsbestandteile entstehen. Es spricht vielmehr vieles dafür, daß sie aus einer allmählichen Umwandlung von Niederschlagsprodukten der Gefäßlymphe hervorgehen. Für diese Auffassung 132

Er^ili^^Sft 3. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRÜREN SYSTEMS. 759

spricht auch die Tatsache, daß' die perivaskulären und adventitiellen Lymphräume der gröberen Gefäße häufig von einer blaßgefärbten, homogenen, aus Lymphnieder- schiägen hervorgegangenen Masse erfüllt sind. Die Färbungsintensität der Körperchen schwankt übrigens in weiten Grenzen.

Die Zellen des Pallidum sind im Nisslpräparat abgeblaßt. Die chromatophilen Elemente ihres Zellplasmas sind verwaschen. Ihre Kerne sind häufig geschrumpft und zeigen Falten in der Kernmembran. Die plastischen Randstreifen, welche die 2^1Ikörper und noch deutlicher ihre Dendriten schon in der Norm besitzen, treten als ungewöhnlich breite Bänder hervor. Dieser Umstand läßt die Dendriten schon im ardiitektonischen Bild anormal stark hervortreten. Dagegen fehlen in den Silber- präparaten trotz guten Gelingens der Färbung sowohl an den Zellkörpem wie an den Dendriten der Pallidum zellen die unter normalen Verhältnissen an ihnen zahlreich vorhandenen Auerbach- Hei dschen Endformationen.**

Es muß bei allen diesen Befunden am Pallidum darauf aufmerksam gemacht werden, daß sie am oralsten, relativ gesunden Teil desselben erhoben sind. Leider haben wir den zum Zweck der feineren histologischen Untersuchung herausgeschnittenen Block nicht dem am stärksten erkrankten Teile von Ge +Gi entnommen.

TU. 48, Fig. 7 lehrt uns, daß auch hier der Nucleus substantiae innominatae normal ist.

Im Dentatum fand Bielschowsky normale Verhältnisse. Keine quantitativen und qualitativen Veränderungen an den Ganglienzellen.

Das Rückenmark ist nach Bielschowsky in seiner ganzen Länge auffallend dünn und schmächtig (Mikromyelia congenita).

„Im Zervikalmark ist die Verkürzung des dorso- ventralen Durchmessers sehr auffällig. Ein distinkter Faserausfall hat in der weißen Substanz nicht stattgefunden. Auch in der grauen Substanz sind Zellausfälle in den einzelnen Zellgruppen nicht zu konstatieren. Im Gliapräparat ist eine diffuse Vermehrung des gliösen Fasergerüstes und der weißen Substanz n,achweisbar, welche sich aber in mäßigen Grenzen hält.

Bemerkenswert ist die Tatsache, daß der Zentralkanal in seiner ganzen Länge vom Zervikal- bis Sakralteil offen geblieben ist und stellenweise kleine Divertikel bildet, welche nach dem Septum longitudinale posterius hin gerichtet sind.**

ß) Untersuchungen an der Markfaserserie.

TU. 49, Kg. 1 zeigt aus der Brückenregion normale Brachia conjuniiva und Pyra- miden^ wie auch keine pathologischen Abweichungen in der Haube.

TU. 49, Pig. 2. Das Striaium weist normale Größenverhältnisse auf. Der Innen- teil von Nc enthält auch die normale Zahl von Faserbündeln. Der Faserbündelgehalt von Put sinkt hier ebenfalls nicht unter die Norm. Das Corpus callosum {Cc) ist nor- mal entwickelt.

TaL 49, Fig. 8. Das Striatum und das eben angeschnittene Pallidum extemum zeigen eine normale Faserbündelzahl. Auch existiert die t>T)ische Farbendifferenz zwischen Striatum und Pallidum. Im Vergleich zum vorigen Fall ist das Striatum kleiner (vgl. Taf . 43, Fig. i !).

' TaL 49, Fig. 4. Putamen und Pallidum zeigen hier eine starke Breiten- und eine geringe Höhenausdehnung. Bezüglich des Putamen erinnert dieser Befund an den- jenigen des vorigen Falles. Dabei weisen die Markfaserbündel von Nc und dem dor- salen Teil w)n Put zweifellos eine pathologische Abnahme auf. Bei stärkerer Ver- größerung kann dabei keine Abnahme der dicken striopetalen Fasern mit Sicherheit festgestellt werden. Ge ist in seiner dorsalen Hälfte und vor allem in seinem dorsalsten Viertel krankhaft markarm. Man ziehe die normale Fig. 3 und die in anderer Form pathologisch veränderte Fig. i der Taf. 44 heran ! Dabei lehrt die mikroskopische Be- trachtung, daß an dem Faserschwund in erster Linie die strio-pallidären Faserbündel beteiligt sind. Aber auch die dicken Einzelfasern des Pallidum sind dünner und weniger zahlreich. Ebenso begegnen wir im dorsalsten Teil des Pallidum internum einer krank-

haften Aufhellunj;. Auch hier lehrt ein Vergleich mit normalen Gehirnen, daß es sich dabei nicht nur um ein Fehlen von pallido-striären Bündeln handelt, sondern daß auch die dicken Fasern eine Einbuße erfahren haben. Außerdem sind hier wie an der entsprechenden Stelle des Pallidum externum die wohl als End Verästelungen auf- zufassenden, feinen P^inzelfasern vollständig verschwunden. Die Ansa lenticularis und ihre mediale Fortsetzung sowie die Lameila limitans zeigen gegenüber einem normalen Präparat eines gleich alten Kindes eine geringere Faserzahl und eijj durchgängig ge- ringeres Kaliber der Markfasem. In dieser, wie in den folgenden Abbildungen sind der ventrale Teil von Ci. Faserinseln im Stratum reticulatum lateral von Nc, Ca und andere aus sehr dünnen Markfasern bestehende Fasermassen so hell wie in einem sehr stark differenzierten Schnitt. Eine so starke Differenzierung liegt aber in diesen Schnitten nicht vor. Es haben vielmehr alle dünnen Markscheiden dieses Gehirns eine außer- gewöhnliche Tendenz, bei der Entfärbung das Hämatoxylih wieder abzugeben. Wir verfügen aber auch über Präparate, in welchen diese dünnen Markfasem alle gut ge- färbt sind. In derartigen Präparaten zeigen Striatum und Pallidum die gleichen patho- logischen Faserverhältnisse wie in den abgebildeten Schnitten.

Taf. 49, Fig. 5. l^r 2 mm weiter kaudal gelegene Schnitt bestätigt in jeder Weise den bei der vorigen Abbildung erhobenen Befund. Hervorzuheben sei nur noch, daß offenbar parallel der Volumenreduktion des dorsalen Teils von Ge die LatnelU externa in ihrem dorsalen Teil eine pathologische Einbiegung nach innen aufweist.

Tai 50, Fig. 1. Zunächst sei auf die pathologische Faserarmut des Caudatum der /. Hemisphäre hingewiesen. Dann sei hervorgehoben, daß auch hier das ganze Lentiforme eine anormale Einbuße in seinem dorsal- ventralen Durchmesser erfahren hat. Dagegen hat aber das Putamen an Breite zugenommen, wahrend das Pallidum auch in diesem Durchmesser reduziert ist (vgl. Taf. 16, Fig. ir, Taf. 44, Fig. 3 und Taf. 45, Fig. 3!). Dabei ist hier aberG^ anormaler Weise ebenso breit wie Gi und auch gegenüber normalen Schiritten pathologisch breit. Dementsprechend erweist sich in dieser Schnittebene Ge als etwa um die Hälfte, Gi als noch stärker geg^ die Norm verkleinert. Im Innenteil von Put zeigt der dorsale und der ventrale Ab- schnitt eine so geringe Zahl von Faserbündeln, daß sie entsprechend unseren Aus- führungen auf S. 650 als pathologisch bezeichnet werden muß. Dabei lehren stärkere Vergrößerungen auch hier ein gutes Erhaltensein der dicken strio-petalen Fasern. Der dorsalste Teil von Ge ist stark verschmälert und entbehrt fast vollständig der strio-pallidären Fasern. Parallel seiner Reduktion weist Le die für die r. Hemisphäre schon aus der vorigen Figur bekannte Knickung auf. Gi läßt im dorsalen und ventralen Viertel eine Faserverarmung deutlich erkennen. La, AL LI und H^ zeigen gegenüber normalen Präparaten eine mehr oder weniger ausgesprochene Reduzierung.

Die r. Seite der Abbildung ist in ganzer Ausdehnung deutlich heller als die /., während diese Differenz für die Hirnrinde nicht existiert. Es handelt sich dabei um eine Tatsache, die durch die ganze Serie zu verfolgen ist. wenn sie auch um so geringer hervortritt, je weniger weit man den Differenzierungsprozeß bei der Entfärbung ge- trieben hat. Eine Erklärung können wir für diese Tatsache nicht geben. Die Größen- verhältnisse von Put und Ge + Gi sind annähernd die gleichen wie Z. . Innerhalb von Gi hat sich das Verhältnis noch zu Ungunsten von Gil verschoben. In Put ist vornehm- lich der dorsale Teil faserarm. Le zeigt auch hier ihre dorsale Einknickung. In Ge ' ist der dorsalste Abschnitt ganz besonders hell. Aber noch die ganze dorsale Hälfte ist faserärmer als die ventrale. Dieser Faserarmut liegt auch ein beträchtlicher Aus- fall dicker Fasern zugrunde. In Gi sehen wir nicht nur eine dorsale, besonders helle Zone, sondern auch die ventralen drei Fünftel von Gil zeichnen sich durch spezielle Faserarmut aus. In Gim ist auch der ventralste Teil heller als die mittlere Haupt- partic. La ist besonders faserarm und hebt sich deshalb nur sehr wenig von ihrer Umgebung ab. AI. LI. die durch Pi zu //*- ziehenden Fasern und H^ selbst sind schmäler als in normalen Präparaten gleich alter normaler Kinder. Ebenso ist vil zweifellos reduziert.

nff;^,!ffPf 3. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 761

TU. 50, Fig. 2. Der der Abbildung zugrunde liegende Schnitt liegt etw^ i mm kaudaler von dem in der vorigen Figur wiedergegebenen.

In den /., zum striären System gehörigen Gebilden hat sich nichts Wesentliches geändert. Im einzelnen sei nur nochmals folgendes hervorgehoben. Put ist breit. Ge zeigt die Breite von Gi. Die Faserbündel im mittleren Teil von Put sind zahlreicher als dorsaler und ventraler. Die dorsalen zwei und das ventralste Fünftel von Ge weisen eine anormale Helligkeit auf. Das gesamte Gi ist ausgesprochen faserärmer als das dritte und vierte Fünftel von Ge, Dabei fällt speziell der ventrale Teil von Gi durch seine Helligkeit auf. La (in der Figur nicht bezeichnet, direkt über der Bezeichnung ,,AV* gelegen) hebt sich infolge ihrer Faserarmut kaum von der Umgebung ab. AI, LI, die Verbindung zwischen LI und H^ sowie H^ selbst sind verschmälert. Femer treten die aus H^ in den Thalamuskem vtl einstrahlenden gröberen Bündel sehr zurück. Endlich ist der dorsal und dorso-medial von VA gelegene Thalamuskem mv, wie die Commissura mollis sehr markarm. Man vergleiche Taf . 16, Fig. i /. !

Die f. Hälfte der Abbildung ist in ihrer Gesamtheit ebenfalls schwächer gefärbt als die /.*. Aber der Unterschied zwischen den beiden Teilen ist geringer als in Fig. i dieser Tafel. Die stärkere Faserabnahme in Ge +Gi gegenüber /. ist daher auf die diffuse Farbendifferenz nicht zurückzuführen. Diejenigen Partien von Ge +Giy welche /. am markhaltigsten sind, sind es auch r . . Aber der absolute Faserschwund ist r. ein viel beträchtlicherer. An ihm sind die dicken Fasem stark beteiligt. Die Grenzlamellen, H*, vtl und mv verhalten sich wie /. .

TaL 61, Hg. 1. Die beiden Putamina haben die gleiche Form wie in den vorigen Abbildungen. Dabei zeigt auch hier das wesentlich deutlichere Hervortreten der Mark- fasern in den mittleren Abschnitten gegenüber den dorsalen und den ventralen Partien eine entschiedene Abweichung von der Norm. Die auch in dieser Figur vorhandene gröEere Faserarmut des rechten Putamen scheint uns aber hier ebenfalls nicht einfach auf die allgemein etwas schwächere Färbung der rechten Zentralganglien zurück- geführt werden zu können. Die Pdüi^a sind wie in der vorigen Figur gegenüber den Putamina in pathologischer Weise verkleinert. Dabei ist Ge beiderseits deutlich breiter als Gi, während im normalen Schnitt dieser Gegend das Gegenteil der Fall ist. Im /. Ge sind hier wie in der vorigen Figur die dorsalen zwei Fünftel pathologisch faserarm. Dagegen weist die ventrale Aufhellung eine geringere Ausdehnung auf. Das /. Gi zeigt zunächst wie in der vorigen Figur gegenüber dem mittleren Teil von Ge in seiner Gesamtheit eine pathologische Faservermindemng und dann eine spezielle in der dorsalsten und der ventralsten Partie. Im r . Ge ist die dorsale und die ventrale Aufhellung noch intensiver als in der vorigen Figur. Ebenso begegnen wir im dorsalsten Teil von Gi einem Gebiete, welches eine Faserarmut von einer bisher noch nicht be- obachteten Intensität darbietet. Einen weiteren besonderen Fasermangel zeigt dann noch der ventralste Teil von Gil, Es ist femer als durchaus pathologisch zu bezeichnen, wenn in dieser Schnittebene eine La in keinem der beiden Gi deutlich erkannt werden kann. Die Faserreduktion in AI, LI und H^ äußert sich /. darin, daß diese Fasermassen nur wenig dunkler sind als das Corpus Luysi. Auf der r. Seite ist die Differenz, speziell in bezug auf LI, noch geringer. CL selbst ist verkleinert. 'Man ziehe zum Vergleich die doppelt so stark vergrößerte Fig. 3 der Taf. 45 heran ! Die im normalen Schnitt aus H'^ in den Thalamuskem vtl eindringenden dickeren Faserbündel treten in der vorliegenden Figur ebenfalls in beiden Hälften ganz zurück, mv ist auch hier beider- seits auffallend markarm.

Tat 51, Fig. 2. Beide Caudata sind kleiner und ärmer an Faserbündeln als Kon- trollpräparate gleich alter normaler Gehirne. Ebenso entbehren die beiden in ihrer Höhe verkürzten, aber normal etwas verbreiterten Putamina fast jeglichen Faseraus- tausches mit dem Pallidum. Die in den Putamina hervortretenden Bündel stellen größten- teils fibres of passage dar. Die Markfaserung beider speziell in ihrem Höhendurch- messer stark verkleinerten Pallida ist so verringert, daß sie nicht dunkler erscheinen als die ventral von ihnen, unmittelbar lateral vom Tractus opticus {IT) gelegenen Campi

135

762 C. UND O. VOGT. ^""u^ ^J^XfiH!^

Arnoldi. Die Corpora Luysi (CL) sind hier bereits jenseits ihrer größten Ausdehnung p:etroffen. Sie zeigen an der Stelle ihres größten Volumens eine Verminderung ihres Höhendurchmessers um ein Viertel. Das orolaterale Mark des Nucleus ruber {INr) sowie die Substantia nigra {Sn) lassen ebensowenig eine pathologische Veränderung erkennen wie der Rest der Abbildung.

Kaudaler gelegene Schnitte gestatten uns nicht, im \ucleus ruber od^r seiner Kapsel etwas Pathologisches festzustellen.

Die Myeloarchitektonik der Hirnrinde ist soweit die Betrachtung einer Aus- wahl von Schnitten entsprechende Schlüsse gestattet eine durchaus normale und für das Alter gut entwickelt. Die Area gigantopyramidalis zeigt im Giesonbild zahl- reiche und gut entwickelte Riesenp>Tamiden sowie keine anderen Abweichungen von der normalen Architektonik.

Färbungen einzelner Schnitte der Serie nach van Gieson lassen keine Anomalien im Cortex cerehelli erkennen.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Das Großkim eruies sich im Gegensatz zum vorigen Fall als gut entwickelt. Speziell waren auch die Riesenpyramidenzellen der Area gigantopyramidalis von normaler Zahl und Größe.

Die Striata waren wenn auch hier die Putamina noch eine anormale Breite darboten kleiner als im vorigen Fall. Vor allem aber zeigten sich die PaUida und speziell Gi stärker reduziert als in der vorhergehenden Beobachtung. Inner- halb der Pallida kam es stellenweise zu einem starken Faserausfall. Dieser war aber anders lokalisiert als im vorigen Fall. Die oralsten strio-pallidären Fasern zeigten sich intakt. Dagegen waren worin unsere vorläufige Angabe in unserem Beitrag ,,Zur Kenntnis usw." ergänzt werden muß diejenigen der Cauda von Nc sowie der dorsalen und ventralen Partien der mittleren Gebiete und des kaudalen Abschnittes des Putamen stark reduziert. Alle diese Faserausfälle traten r. stärker auf als Z. . Die Grenzlamellen des Pallidum und //* waren faserhaltiger als im vorigen Gehirn. Die dicken Fasern von vtl traten sehr zurück, mv und die Commissura tnollis erwiesen sich als markarm. Das Corpus Luysi war etwa. um ein Viertel reduziert, aber von normalem Fasergehalt. Andererseits könnt wir auch hier keine Anomalien in Nr^ seiner Kapsel und Sn erkennen.

Speziell die markarmen Fasersysteme hatten eine anormale Tendenz, Hämatoxylin bei der Differenzierung abzugeben. Die ganzen Zentralgangli^ der r. Hemisphäre waren in allen Schnitten etwas schwächer gefärbt als die der /—

C, Epikrise.

Die Ähnlichkeit des klinischen Bildes mit dem in der vorigen Beobachtung wiedergegebenen ließ uns einen Etat dysmyelinique annehmen, wenn überhau] eine der bisher von uns beobachteten pathologischen Veränderungen in Betracl kommen sollte. Die Untersuchung hat unsere Vermutung bestätigt.

Die stärkeren Symptome in der /. Körperseite erklären sich durch die stärkc^^ Erkrankung des r. striären Systems.

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen.

Die Ursache des Untergangs von Neuronen, wie wir sie im Etat dysmy^liniqu^ vor uns haben, ist uns ebenso verborgen geblieben wie O. Fischer. Jelgersm^ 136

764_ C.UND O. VOGT. '""ISdK.^Sy

chronischen Halluzinanten wie es öfter geschehen ist derartige mechanische Reize anzunehmen, sondern wir können seine Sinnestäuschungen wie O. Vogt es 1895 für die unseres normalen Traumlebens versucht hat auf eine Stauung neuro-dynamischer Reizenergie infolge herabgesetzter Ableitungsmöglichkeiter zurückführen. Diese herabgesetzten Ableitungsmöglichkeiten äußern sich gleicli zeitig in einer Kritiklosigkeit des Halluzinanten gegenüber den Sinnestäuschungen welche man als eine Störung der Koordination des Denkens bezeichnen könnte Auf einen ähnlichen, also schon heute mehr in seine Einzelheiten zerlegbare?: Mechanismus könnte man bei einer Zerstörung eines Teiles der Nervenbahn^ des Pallidum jene pathologisch intensiven und zugleich inkoordinierten Hypei kinesen zurückführen, welche uns in der Athctose und in Anfällen von Musk^ Spasmen entgegentreten. Wird doch erstens bei der uns hier beschäftigende Erkrankung die thalgimo-pallidäre Reizenergie infolge Zerstörung zahlreichie thalamo-pallidärer Bahnen in die übrig gebliebenen Leitungen zum Pallidiu: hmeingezwängt ! Ist doch zweitens ein Teil der pallido-fugalen Nervenbaha^ vernichtet! Und kann endlich drittens nach einer partiellen Nekrose des Pallid die Einwirkung an sich intakt gebliebener Striatumpartien doch nur noch ei eingeengte sein!

•38

5|Ü*Li^ 3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 765

V. Fälle von Totalnekrose des Striatum.

32. Thomallas FaU Alfred L. {Bf, 17).

A. Zusammenfassung der Krankheüsgeschichte.

'\t in der S. 639 zitierten Arbeit von Thomalla sehr ausführlich wieder- :ne Krankheitsgeschichte wollen wir nur kurz resümieren.

s handelt sich klinisch um einen Torsionsspasmus, welcher in ^/4 Jahren Tode führte und in der letzten Lebenszeit in eine allgemeine Muskelsteifig- ganzen Körpers überging.

jr Patient erkrankte im Alter von 12^/2 Jahren mit Torsionsbewegungen chten Bein. Bald nahmen auch der Rumpf und der rechte Arm an nfallsweise auftretenden Verdrehungen teil. 4 Monate nach Krankheits- kamen Sprachstörungen hinzu. 2 Monate später traten auch Schluck- *■ ^J ngen auf und lief der Speichel aus dem halb offen stehenden Munde heraus.

Öei der dann folgenden Aufnahme im Krankenhaus zeigte der Patient Dreh- ^<^lcen des ganzen Körpers mit Ausnahme des frei bleibenden linken Arms. ^ Ciefühl, beobachtet zu werden, steigerte die Symptome zeitweise; aktive ^^Siingen der an den Krampfanfällen teilnehmenden Körperteile taten ' 3tets.

^-^ie Sprache wurde nach einigen Worten unmöglich.

-allmählich gingen die anfallsweise auftretenden Spannungen in dauernde

i ^ "

**Skeit über. Der /. Arm nahm an dieser- Versteifung ebenfalls teil.

C>er Schlaf milderte in der ersten Zeit des Krankenhausaufenthaltes bis ^*^em gewissen Grade die Erscheinungen.

^robe motorische Kraft, Sensibilität, Intelligenz intakt.

^ehnenphänomene und Hautreflexe auslösbar.

«abinski höchstens zeitweise rechts angedeutet.

^^och keine Behaarung an den Geschlechtsteilen und in den Achselhöhlen. ^ unentwickelte Genitalien.

Vorübergehend während 14 Tage durch passive Bewegungen, aber nicht '^«ctirlich überwindbare Fixationskontraktur in den Armen. Während ^^^ Zeit große Neigung zu Mitbewegungen in den Beinen bei jedem Versuch Girier aktiven Bewegung, liin einziges Mal im Hyoscinschlaf athetotischc Bewegungen in der rechten ■^^d und Babinski beiderseits. Am folgenden Tage noch andeutungsweise ^^^ Bewegungen im Wachen. Tod an Schluckpneumonic

766 ^. UND 0. VOGT. '°3'w.£Sä

I

B. Anatomische Untersuchung. a) Makroskopischer Befund.

Außer einer Pneumonie wurde eine Kollo'idstruma der Thyreoidea und eine fallend kleine und an der Oberfläche grobhöckrige Leber festgestellt.

Das Gehirn wog 1340 g und zeigte äußerlich keine Anomalien. Die Ventrikel hielten nur kleine Mengen klarer Flüssigkeit.

Das Rückenmark und seine Häute zeigten makroskopisch keine Besonderhe

Bei einem Frontalschnitt durch das Gehirn in der Gegend des Putamen l\ schwere Veränderungen in diesem auf. Das Putamen erscheint auf beiden Seiten a verschmälert. Das Gewebe ist teilweise zerklüftet und sinkt unter das Niveau Schnittfläche hinab. Die Konsistenz des Putämen ist auf beiden Seiten weiche; diejenige der Nachbarteile.

b) Mikroskopischer Befund. a) Untersuchung an herausgeschnittenen Hiinstücken.

I. Cortex.

TaL 52, Fig. 1 bringt einen Schnitt aus der Area gigantopyratnidalis. Es ist wenn auch immer noch in rudimentärer Form, die IV. Schicht besser vorhandei in einem normalen menschlichen Gehirn dieses Alters. Andererseits lehrt um Vergleich mit Taf. 31, Fig. 3 und Taf. ;^^j Fig. i vor allem unter Benutzung < Lupe , daß es sich in der vorliegenden Figur nicht um die für die Huntington Chorea charakteristische, einem Untergang der größeren Pyramidenzellen pai gehende Vermehrung der Neurogliakeme handelt, sondern daß neben größeren I midenzellen kleinere zellige Elemente in größerer Menge vorhanden sind, die alle mehr oder weniger die Form von Pyramidenzellen zeigen, also Ganglienzellen in Form von echten Körnern darstellen. Es handelt sich also hier um das Erhaltengeblic sein eines ontogenetischen Durchgangsstadiums bis zum 14. Lebensjahr.

2. Putamen.

Tat 52, Fig. 2 gibt im Spiegelbild einen Teil des rechten Putamen eines Sehn wieder, der etwas kaudal von dem Taf. 56, Fig. 2 abgebildeten gelegen ist. Der n befindliche Teil der Abbildung stößt unmittelbar an die innere Kapsel. In diesem schnitt beobachten wir ein weitgehendes Zugrundegegangensein der Ganglienz und eine gegenüber Fällen von Huntingtonscher Chorea z. B. Taf. 32, Fig. i ge fügige Ersatzwucherung der Glia. In den linken Partien der Abbildung ist der Ui gang der Ganglienzellen ein noch beträchtlicherer. Die Ersatzwucherung der ist dabei aber eine so geringfügige geblieben, daß es hier zur Entstehung eines schv migen, zahlreiche Lücken aufweisenden Gewebes gekommen ist. Nach Bielscho*« existieren in diesem Gebiet auch zahlreiche kleine Fettkömchenzellen. ,, Faserbild Astrozyten sind nur in spärlicher Menge vorhanden. Die Gefäße treten in diesem gli Retikulum stark hervor, sind aber quantitativ nicht vermehrt. An einzelnen Gefi findet sich eine schwache Rund Zelleninfiltration der Außenwand.**

ß) Befunde an der Markfaserserie.

Das Gehirn wurde uns in stark deformierten Blöcken eingeliefert. Dieser stand erklärt die eigentümliche Gestaltung der abgebildeten Schnitte. Er hat aber gleichzeitig ein sicheres Urteil über die Größenverhältnisse gewisser Teile Zentralganglien und der hypothalamischen Region unmöglich gemacht.

Die Markfaserfärbung ist in allen Schnitten gegenüber solchen eines norm

Gehirns des gleichen Alters eine geringere. So sind z. B. in der Hirnrinde die 2,

3. Schicht auffallend markarm. Wie weit dieser Tatsache eine allgemeine Hemn

der Markfaserentwickelung. prämortale Schädigungen des Marks oder ungeeig

140

^^ii^i^Si 8. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 767

Vorbehandlung der Blöcke vor ihrem Einlegen in die Chromkalilösung zugrunde liegen, ^'ennögen wir nicht zu entscheiden. Wir werden in der^ folgenden Beschreibung von dieser allgemein abgeschwächten Markfärbung abstrahieren.

I. Linke Hemisphäre.

TU. 68, Kg. 1 bringt ein Caudatum (Nc), welches wir trotz der Schwierigkeit

der JBntscheidung solcher Fragen bei der vorliegenden Deformation doch als patho-

Ic^sch verkleinert zu bezeichnen wagen. Der Innenteil zeigt die normale Zahl von

^rJc faserbündeln. Dagegen erkennt man unter dem Mikroskop im ganzen Nc ebenso

aÄlireiche geschwärzte, d. h. infolge des Erstickungstodes prall gefüllte Kapillaren

wie in der Taf. 77, Fig. 2. Put ist nicht nur zweifellos verkleinert, sondern besteht

bis nalie an die innere Kapsel heran aus einem Gewebe, welches durch seine besondere

Blässe und das fast vollständige Fehlen an Markfasern von der Norm abweicht.

Ci tst in ganzer Ausdehnung durchaus erkennbar, aber speziell in ihrem mittleren

Hauf>"t"tcil durch Markarmut ausgezeichnet.

In einem benachbarten, nach van Gieson behandelten Schnitt hebt sich der

im soolDen beschriebenen Faserpräparat durch seine Faserarmut charakterisierte Teil

^^^ C^ schon bei bloßem Auge durch Blässe x'on dem übrigen Himmark ab. Unter

dem Mikroskop erkennt man eine Aufhellung der Grundsubstanz und eine Zunahme

^^ Nexirogliakeme. Eben^ erscheint Put in ganzer Ausdehnung schon bei Betrachtung

™*^ bloßem Auge heller als Nc und die Substanzbrücken zwischen Nc und Put. Unter

dem Mikroskop nimmt man auch hier eine fleck weise Aufhellung der Grundsubstanz,

einen partiellen Schwund der Ganglienzellen und eine deutliche Vermehrung der Neuro- glia

^^.«. S8, Fig. 2 zeigt Nc deutlich verkleinert, aber von annähernd nörmalei Archi-

tektonii^ j)|e ^ei Beschreibung der vorigen Abbildung hervorgehobene starke Füllung

. ^Ä^Mllaren tritt auch hier bei stärkerer Vergrößerung hervor. Put ist nicht nur nach

^"^ "Vo^r durch eine starke Verschmälerung ausgezeichnet, sondern entbehrt wenn wir

^.** *«inem allerdorsalste» Abschnitt und seiner ventralsten Partie absehen fast

.wner gesamten Markfaserung. Außerdem erkennt man bei genauer Betrachtung der

rf^xr \xi der Mitte von Put bereits einige Substanzdefekte. Ce ist in ihrem ventralen

^***I^^«tbschnitt durch anormale Helligkeit ausgezeichnet. Die Ge von Put abgrenzende

L0ffBe22^ externa ist gegen die Norm deutlich verschmälert und nur durch etwas stärkere

*!,**^*^ichtigkeit von dem übrigen Ge verschieden. Dieser Verschmälerung liegt die

***^^lle zugrunde, daß die normalerweise in großer Zahl Le duichflechtenden putamino-

.P*~?^*Ären Faserbündel vollständig fehlen. Ge selbst zeigt bei stärkerer Vergrößerung

' . ^*5^ unmittelbar dorsal von der Commissura anterior {Cd) gelegenen Abschnitt einen

. -.^^^s^n Ausfall der strio-pallidären Faserbündel. Direkt oberhalb dieses Gebietes

Q^^^^t sich noch in der Mitte ein in der Figur eben erkennbarer linearer Faserausfall.

^..J^^ ^eigt Ge in normaler Zahl strio-pallidäre (d. h. wohl ausschließlich caudato-

^*^ ^*^re) Faserbündel, umschlungen von dickeren Einzelfasern in gewöhnlicher Zahl

^On typischem Bau.

~ . ^%1. 68, Flg. 8. Nc läßt auch hier mit Sicherheit keine architektonischen Ver-

II *^*igen erkennen. Man kann nur eine gewisse Volumenverminderung außer Zweifel

g . ^*^- Put ist in ganzer Ausdehnung nekrotisch. Die Nekrose hat stellenweise zu

^^^ ^^tizdefekten geführt. Sie greift hier femer auf die mittleren Partien der Capsula

, I ^^^ (C^) über. Dabei möchten wir in suspenso lassen, ob die in dieser und den *

^ ^«^^en Abbildungen sichtbaren Spaltbildungen an der Grenze von Put und Ce

S^tcns teilweise keine* Kunstprodukte darstellen. Erst bei stärkerer Vergrößerung

^ ^^*it man in Put Reste dicker Fasern. Dagegen fehlen die feinen putamino-pallidären

^^^^^ündel vollständig. Dieser Umstand führt auch hier dazu, daß nur eine sehr

scB^al^ und bloß durch etwas stärkere Dunkelheit abgehobene Lamella externa Put

^eft^'n Q^ abgrenzt. In Ge selbst zeigt die dorsale Hälfte einen normalen Bau. Dagegen

\«»t die ventrale Hälfte im Volumen stark reduziert. In ihr fehlen alle feinfaserigen

141

768 C. UNDP, VOGT. ^;;Ä^^^

(putamino-pallidären) Faserbündel. Die infolge dessen dichter aneinander gerückten dicken Markfasern zeigen äußerst zahlreiche variköse, kugelige Anschwellungen. Daß diese etwas Pathologisches darstellen, geht daraus her\'or, daß die dicken Fasern im dorsalen Teil von Ge diese Varikositäten nicht oder fast nicht zeigen. Das eben an- geschnittene Gi ist auch in normalen Gehirnen in diesem oralsten Abschnitt heller als der dorsalste Teil von Ge. £s geht aber doch aus einem Vergleich mit normalen Präparaten eine Abnahme seiner dicken Fasern hervor. Ein mittlerer Teil von £f ist vollständig ausgefallen. Der Rest von Li ist reduziert. Dagegen weisen AI und LI keine sicher als solche anzusprechenden Anomalien auf.

Taf. 63. Rg. 4. Für Nc wagen wir es jetzt nicht, einen pathologischen Befund zu erheben. Das auch hier stark verschmälerte Put ist nach wie vor vollständig nekro- tisch. Der Krankheitsprozeß greift in noch intensiverer Weise auf Ce über. Die ihrer Natur nach zweifelhaften Spaltenbildungen an der Grenze von Put und Ce, wie auch die innerhalb von Put vorhandenen, zweifellos präformierten Substanzdefekte haben sich vermehrt. Bei stärkerer Vergrößerung stellt man in Put t— wie bisher nur eine sehr reduzierte Zahl dicker und dabei noch morphologisch veränderter Fasern fest. Die dünnen Fasern fehlen nach wie vor. Nur ganz ventral unmittelbar über Ca gibt es ein paar aus markdünnen Fasern bestehende Bündel. Le ist ebenfalls in dieser Figur schmal und wenig von Ge abgehoben. Wie in der vorigen Abbildung muß man in Ge eine dorsale, normal gebaute Hälfte von einer ventralen unterscheiden. An der Grenze beider befindet sich die Bezeichnung j,Ge'\ Der ventrale Abschnitt ist wie in Fig. j— durch das Fehlen feiner Faserbündel und den starken varikösen Charakter der erhal- tenen und dichter aneinander gerückten dicken Fasern ausgezeichnet. Er dürfte etwa den ventralen zwei Dritteilen des normalen Ge entsprechen. Li ist zweifellos reduziert. Für die übrigen Gi begrenzenden Lamellen gilt dieses weniger. Dagegen ist die Zahl der dicken Fasern in Gi deutlich vermindert. Die feinfaserigen Bündel nehmen an dieser Verarmung nicht teil. Die vorhandenen dicken Fasern zeigen keine pathologischen Varikositäten.

Tat 58, Fig. 5. Der bei der makroskopischen Zerschneidung erhalten gebliebene Rest von Nc läßt keine Anomalien erkennen. Der nekrotische Prozeß umfaßt hier nicht nur Put, sondern hat sich lateralwärts über Ce etwas auf das Claustrum und medialwärts auf den ventrolateralen Teil von Ge ausgedehnt. In Put finden sich attch in dieser Abbildung erst bei stärkerer Vergrößerung sichtbare Reste morphologisdi stark modifizierter dicker Fasern. Im ganzen Ge fehlen jetzt die dünnfaserigen strio- pallidären Faserbündel. Wir begegnen nur noch dicken Einzelfasern und diesen aus- schließlich in ausgesprochen variköser Entartung. Den Rest des striären Systems studieren wir besser an der folgenden, diese Teile bei doppelt so starker (achtfacher) Vergrößerung wiedergebenden Abbildung. Dagegen sei in der vorliegenden Figur noch darauf aufmerksam gemacht^ daß die Capsula interna (Ci) und der ThaioMus keine Abweichungen von der Norm zeigen. Das gilt speziell auch von der Zona fith culata und der Lameila thalami externa.

Taf. 64, Fig. 1. Man ziehe zum Vergleich Taf. 44, Fig. 3 und Taf. 45, Fig. 3 von einem gleichaltrigen normalen Gehirn heran! Li zeigt jetzt eine normale Breite. Es fehlen aber die in der gesunden Li zerstreut vorhandenen strio-pallidären Bündel. Außerdem zeigen die dicken Markfasem eine Verschmälerung. Das Volumen von Gi hat nicht wesentlich abgenommen. Dagegen zeigt Gil nicht nur absolut, sondern auch im Gegensatz zu Gim eine pathologische Helligkeit. Sie beruht auf einer Faserverannung der lateral-medial Gil durchsetzenden Bündel und vor allem auf einer Reduktion der zwischen diesen Bündeln sich verflechtenden Fasern. Gith zeigt demgegenüber eine viel geringere Faserverminderung. Das Volumen von La, AI und LI ist normal. Da- ^'egen gibt sich ein gewisser Grad von Faserabnahme in diesen Lamellen dadurch kund, daß sie heller sind als das anstoßende Übergangsgebiet zwischen Ci und P. Die weiBen Lücken in diesem Gebiet sind wie in den folgenden Abbildungen darauf zurückzoführto, (hiß infolge Überhärtung beim Schneiden .Substanzteile herausgesprungen siiid, Sic 142

tJSu^JSSi 8 ^UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 769

Steilen also ^Vrtefakte dar. Im Gegensatz zur Faservermindening der pallidären La- mellen zeigt H* eine so starke Ausbildung und eine so starke Färbung^ daß man keine Degeneration in ihm nachweisen kann. Man ziehe zum Vergleich das normale H^ von Taf . 44, Fig. 3 und das stark degenerierte von Taf . 44, Fig. 2 heran ! Ebenso scheinen uns H^ wie auch v// und in diesem die für den normalen vtl charakteristischen dicken Faserbündel gut erhalten, wenn man der schon oben erwähnten künstlichen Defor- mierung Rechnung trägt.

TaL 64, Kg. 2. Man vergleiche die Abbildung mit der normalen Fig. 3 der Taf. 45! //*, H* + H^, H^ und vU zeigen keine sicher erkennbare Abweichung von der Norm^ wenn man vom künstlichen Plattgedrücktsein dieser Gegenden in dorsal-ventraler Richtung absieht. Dagegen dürfte CL auch bei Berücksichtigung dieser künstlichen Deformität eine Reduktion seines dorsal-ventralen Durchmessers erfahren haben. Auf alle Fälle zeigt es eine deutliche Faserabnahme, besonders in seinen lateralen Ab- schnitten. Dieses geht klar aus der geringen Farbendifferenz zwischen CL und Zi hervor, während diese in einem normalen Gehirn eine beträchtliche ist. Auch die Kapsel von CL weist eine ausgesprochene Faserverminderung auf.

Tal 54, Fig. 8. Es handelt sich um eine küizere Zeit exponierte Photographie einer lateraleren Partie des gleichen Schnittes. Infolge dieser kurzen Expositionszeit erscheint das Pallidum zu Unrecht markhaltiger als in Taf. 54, Fig. i. Das abgebildete Stück von Put zeigt den bisherigen Grad von Nekrose. Le ist hier wie in Taf. 53, Fig. 5 auf einen schmälen Streifen reduziert. Strio-pallidäre Faserbündel fehlen auch jetzt in Ge vollständig. Das dorsale Gebiet, welches noch an Einzelfasern relativ reich ist, hat sich zugunsten des auch an diesen Fasern ganz verarmten ventralen Teils verkleinert. Li zeigt ähnliche Verhältnisse wie in Taf. 54, Fig. i. Gi weist auch hier im Gegensatz zu Ge bloß eine geringe Volumenreduktion auf. Im ventralen Teil von Gil finden sich nur noch einige ganz verdünnte lateral-medial verlaufende Bündel. Die zwischen ihnen gelegene graue Substanz zeigt nur noch schlecht gefärbte Reste der sich in ihr ver- zweigenden Faserung. Das letztere gilt auch vom dorsalen Teil von Gil. Hier sind aber die durchziehenden Faserbündel zwar ebenfalls verdünnt, aber in anormal dichter Aneinanderreihung vorhanden. Gim hat gegenüber Taf. 54, Fig. i eine beträchtliche Faserverarmung erfahren: eine Tatsache, die allerdings infolge der ungleichen Expo- sitionszeiten aus einem Vergleiche der beiden Abbildungen nicht hervorgeht. La, AI, LI und Lid zeigen auch jetzt bei nur geringer Volumenreduktion eine pathologische H^igkeit gegenüber den zum Himfuß ziehenden Kapselfasem. Endlich sei darauf *^cwiesen, daß auch bei der kurzen Expositionszeit dieser Figur kaum eine Farben- Differenz zwischen dem lateralen Zipfel von CL und zwischen Zi besteht.

lUL 64, Hg. 4. Es ist hier CL in seinem größten dorsal-ventralen Durchmesser «^troffen. Seine starke Verschmälerung erkennt man sofort bei einer Betrachtung der ^?^ einem ebenso alten normalen Gehirn stammenden Fig. 5 der Taf. 44. Seine gleich- j^^'^e pathologische Faserarmut ist leicht festzustellen, wenn man in den beiden ^^^rexi die Dunkelheit von CL mit derjenigen der Substantia nigra (Sn) vergleicht. r- . •» -W^ und vtl lassen auch hier keine Anomalien mit Sicherheit erkennen. AI und «5^^t>cn sich nach wie vor durch eine pathologische Helligkeit von der zum Himstamm

^*^den Faserur^ ab. j ^t»L 64, Kg. 6 wird nach Taf. 55, Fig. 2, S. 770, Tat 64.. Fig. 6 nach Taf. 55

3, S. 770 beschrieben.

^Caf. 66, Flg. 1 bringt von neuem eine Gesamtübersicht über die Zentral-

, V^V^n eines etwa 0,35 mm kaudal von der eben beschriebenen Abbildung gelegenen

^^^^ttcs. Die Nekrose läßt hier den allerdorsalsten, zwischen den Bezeichnungen

^yj^ * "^öd „Cf" gelegenen Zipfel und die ventralste Partie von Put frei. Sie greift

T^^ ebenso stark wie in Tat. 53, Fig. 5 auf Ce und Cl über. Das Pallidum zeigt die

^^ ^^*- 54, Fig. 3 bei stärkerer Vergrößerung wiedergegebenen Verhältnisse. Die Faserung

H "V- ^* ist nicht von der in Taf. 54, Fig. 4 abgebildeten verschieden. Das hier, eben-

\^Y '"^duzierte CL ist nicht dunkler gefärbt als Zi. Ci, Pes pedunculi und Thalamus

143

770 C. UND O. VOGT. ^"""^ vJSSSSH*

lassen abgesehen von ihrer äußeren artifiziellen Deformation keine Abweithungei mit Sicherheit erkennen. Auch von der Substantia nigra kann nicht bestimmt behauptet werden, daß ihre auffallende Schmalheit nicht ausschließlich auf ihre künstlidie Ab plattung zurückzuführen ist.

TaL 65^ Fig. 2 betrifft einen etwa i mm kaudaler gelegenen Schnitt. Der nekio tische Prozeß zeigt in Put, Ce und Cl die gleiche Ausdehnung und Intensität wie ii der vorigen Abbildung. Strio-pallidäre Bündel fehlen nach wie vor. «Das inzwiscbe: schon kleiner gewordene Pallidum zeigt die in den letzten Abbildungen festgestellt Faserverarmung. CL weist auch hier die Helligkeit von Zi auf. Ct, Pes pedunaä Substantia nigra, der zum ersten Male angeschnittene Nucleus ruber und seine Kafu^ sowie der Thalamus zeigen normale Größenrelationen und Faserverhältnisse.

TaL 64, Rg. 5 bringt den Nucleus ruber (Nr) und seine Nachbarschaft von einei 1,4 mm* kaudaler gelegenen Schnitt. Nr sowie seine Kapsel bieten auch hier ketii Volumenverkleinerung oder Faserverarmung dar. Man ziehe zum Vergleich die male Fig. 5 der Taf. 46 unter Beachtung der äußeren Deformation der Schnitte <k jetzt zur Erörterung stehenden Falles heran! Der Thalamuskem vb imd die ac geschnittenen Teile von mb und va^ weisen keine Anomalien auf. Dagegen ist C* nach wie vor nicht dunkler als Zi,

TaL 65; Fig. 3. Auch hier fällt die auf den nekrotischen Prozeß zurückzuführend Aufhellung von Ce, die vollständige Faserarmut des Hauptteils von Put und die seil geringe Färbung des in seinem kaudalsten Teil getroffenen Pallidum externum au CL zeigt nach wie vor die Faserarmut von Zt. Der Thalamus zeigt zweifello« ein anormale Aufhellung von va^ (dorso-medial von der Bezeichnung „Ci"). Sonst W er keine Anomalien erkennen. Dasselbe gilt wie wir noch näher bei Beschreiboo der nächsten Figur sehen werden vom Nucleus ruber und seiner Kapsel. Die »i Ci in den Pes pedunculi ziehende Faserung erscheint normal. Von der Substanüa nip gilt hier ebenfalls die schon früher hervorgehobene Tatsache, daß es nicht ausgeschl088< jst, daß ihre Schmalheit ausschließlich auf der Deformation des Gehirns beruht.

TaL 64, Fig. 6 gibt den Nucleus ruber und seine Umgebung des gleichen Schnitt bei der doppelt so starken Vergrößerung wieder. Man findet auch bei dieser stärker Vergrößerung die Tatsache bestätigt, daß CL ebenso markarm ist wie Zi, Das lateti Mark des Nucleus ruber (INr), vb und der abgebildete Teil von mb lassen keine Ai malien erkennen. Dasselbe gilt vom Nucleus ruber (Ar) und dem Rest seiner Kap- Die Helligkeit seines dorso-medialen Abschnittes halten wir nicht für pathologis

TaL 66, Fig. 4. Ce ist auch hier in ihren mittleren Partien aufgehellt. Der tralste Teil von Put enthält eine normale Zahl von f ihres of passage und erweist s auch in einem benachbarten Giesonbild als normal. Der mittlere Abschnitt von / ist noch krankhaft faserarm. Er ist auch im bereits genannten Giesonbild nekrotis verändert. Der dorsalste Teil von Put ist normal. Außerdem fällt eine noch stärk« Faserverarmung des Thalamuskerns va^ (ventro-medial von der Bezeichnung .,Ci**) < als in Taf. 55, Fig. 3.

2. Rechte Hemisphäre.

TaL 66, Fig. 1. Auch der orale Teil des r. Caudatum (Nc) erscheint uns verkleinci wenn auch diese Feststellung durch die künstliche Deformation erschwert ist. Dageg kann von einer Abnahme der ihm eigenen Faserbündei nicht die Rede sein.

Tai. 66, Fig. 8. Vom Caudatum (Nc) gilt das bei Beschreibung der vorigen A bildung Gesagte. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man deutlich im Caudatt einen ausgeprägten Faserfilz. Also auch bei der vorliegenden, nicht einwandsfrci Färbung ist dieser immerhin bis zu einem gewissen Grade zur Darstellung gekomm Das in dieser Abbildung zum ersten Male angeschnittene Put entbehrt dagegen ei großen Teils seiner Faserbündel und vollständig des Faserfilzes. Der letztere Man kann auf Grund des für Nc festgestellten Befundes nicht auf einen technischen Fei

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Bd. Sft. 1980.

3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. H I

zuruckgdührt werden. Ce ist in ihrer ganzen Ausdehnung gegen die Norm abgeblaßt. Das g^t besonders von ihren inneren Partien.

In einem benachbarten^ nach van Gieson behandelten Schnitt erkennt man in der M^i-tte von Put einen kleinen nekrotischen Herd. Sonst ist Fut im Zellbild annähernd normstl. Dag^en ist C^ namentlich in ihren inneren Partien von eine Auf- hellung der Grundsubstanz darstellenden weißen Fleckchen und Adern durchsetzt und zeigt außerdem eine Vermehrung der Neurogliakeme. Die den ventralsten Teil von I^ Mt begrenzende^ in Taf . 56, Fig. 2 viel dunkler gefärbte ventro-mediale Fort- setzuri^ von Ce ist im Zellbild durch gleichförmige Färbung der Grundsubstanz und eine geringere Zahl von Neurogliakemen gut vom dorsaleren Gebiet von Ce ab< ^^rez^zt: Ein reichlich i mm weiter kaudal gelegener, nach van Gieson gefärbter Schutt: zeigt das ganze Putamen bereits nekrotisch verändert imd zwar in der Form, wie «ie die rechte Hälfte von Taf. 52, Fig. 2 zeigt: unter Abnahme der Ganglienzellen und V^olumenreduktion ist es zu einer ziemlich starken Vermehrung der Neuroglia gekontirnen, so daß hier noch kein Substanzdefekt aufgetreten ist.

X>icht an diesen Schnitt schließt sich dann der Block an, der nach Nissl behandelt bt und von dem wir einen Teil des Putamen im Spiegelbild Taf. 52, Fig. 2 ab- gebildet: haben. Hier sind bereits infolge nicht genügender Neurogliäwucherung Hohl- räume vorhanden.

M^ir wenden uns. nunmehr den Schnitten der kaudal von dem für Zellfärbimg l^ciÄUsgr^schnittenen Block gelegenen Hälfte der rechten Hemisphäre zu.

Eaner der ersten Schnitte dieses Himabschnittes (Bf 17 r a, 287), welcher dem TäI- S3, Fig. 3 von der /. Hemisphäre abgebildeten annähernd entspricht, weist im ^^'Slcich zu diesem ein etwas kleineres Caudaium auf. Das in seiner Längenausdehnung auch et^as kleinere Put zeigt ebenfalls in ganzer Ausdehnung neben seiner pathologischen VcTBdmialerung eine Totalnekrose. In seiner Mitte befindet sich ein 5 mm langer und inm breiter Defekt. Der Prozeß hat außerdem zu einer stärkeren Vernichtung der ^'^'^^en Hälfte der Capsula externa geführt als L Le ist ebenso reduziert wie /. In ^^^^ ^er noch strio-pallidäre Bündel enthaltende dorsale Teil im Vergleich zur Z. Hemi- auf Kosten des ventralen verringert. Der letztere enthält die dicken Einzel- in demselben varikösen Zustand wie l. Dagegen zeigt Li keine Lücke, wie wir 2j^^ <icr anderen Hemisphäre in dieser Gegend beobachteten. Gegenüber normalen S^*Mtten weist Li aber auch hier eine pathologische Schmalheit auf. Gi ist im Ver- ^*^*^ *ur anderen Hemisphäre etwas faserhaltiger, bleibt aber noch an Markreichtum ™?^'' <icr Norm zurück. Dagegen lassen AI und LI auch in dieser Ebene der r. Hemi- ^P^*^ keine Abweichungen von der Norm mit Sicherheit erkennen.

Iti einem etwa 0^3 mm oraler gelegenen^ nach van Gieson behandelten Schnitt

'T^^^ix^t Nc architektonisch durchaus normal, wenn wir von der schon einmal er-

. .^^I^^xi Blutfülle der Gefäße absehen. Dagegen gibt sich der nekrotische Herd bereits

. .j "^^titachtung mit bloßem Auge durch seine helle Färbung kund. An dieser Auf-

. ^K nimmt der allerdorsalste Teil von Put und Ce nicht teil. Er zeigt aber, schon

^y^^rmchrung der Neurogliazellen. Der Hauptteil von Put weist neben Aufhellung

p^^^^'txndsubstanz einen weitgehenden Untergang seiner Ganglienzellen und nur jenen

'^on Gliavermehrung auf, der eine teilweise Lückenbildung ermöglicht hat. Der

„•^ 'tische Prozeß greift im mittleren Teil von Ce auf den innersten Teil des Claustrum

" * t)ie ventraleren Partien von Ge zeigen annähernd eine ebenso starke Aufhellung

.^^^"tmndsubstanz, Zunahme der Neurogliakeme und stellenweise zweifellose Ver-

^^'v^^r^ng der Ganglienzellen. Es handelt sich also bei den bei Beschreibung der

vor*^^^^ Figur erwähnten Faserveränderungen des ventralen Teils von Ge nicht nur

y3^ ?^Vundäre Degenerationen, sondern um ein Übergreifen des nekrotischen Prozesses

a,w^TOi. Der dorsale Teil von Ge und das eben angeschnittene Gi lassen im van Gieson-

\5ÄV* keine pathi^ogischen Veränderungen erkennen.

lU. M, flf. 8 . entspricht annähernd dem Taf. 53, Fig. 4 abgebildeten Schnitt ^c^ ^' Hemisphäre. Put ist ventralwärts bis zur Bezeichnung „Puf' hier ebenso

^0 J*«iiil fftr Fqrckologi« md Ncurologi«. Bd. 95. Ergh. 3. I45

772^^ ■_ C. UND O. VOGT. ^_ "^»«53$^*

nekrotisch wie /. £s zeigt nach wie vor in der Mitte eine große Lakune. Die Nekrose greift dabei auch in diesem Schnitt intensiver auf Ce über als in der anderen Himhalfte. Li ist nicht ganz so verschmälert wie /. Dagegen existieren strio-pallidäre Bündel nur noch im dorso-medialen Teil von Ge. Das übrige Ge enthält nur dicke^ im ZerfoU be- griffene imd varikös veränderte Fasern. Von Gi und seinen Lamellen gilt das für Taf. 53, Fig. 4 Gesagte: d. h. von den Lamellen ist vor allem Li reduziert up4 in Gi sind die dicken Fasern vermindert. Dabei zeigen die erhaltenen dicken Fasern wie i. r- keine pathologischen Varikositäten.

In einem benachbarten, nach van Gieson behandelten Schnitt hebt sich der nekrotische mittlere Haupttei] von Ce durch Aufhellung der plasmatischen Gründe Substanz und starke Vermehrung der Neurogliakeme von den normalen Partien ab. Eine ähnliche Veränderung hat den anstoßenden Abschnitt des Claustrum ergrtffen. In Put zeigt der ventralste Abschnitt neben fleck weiser Aufhellung der Gnindsubatanz eine Abnahme der Ganglienzellen und eine teilweise nesterweise -r- auftretende Vermehrung der Neuroglia. Es handelt sich um eine Veränderung, welche der in der r. Hälfte der Fig. 2 der Taf. 52 alDgebildeten des Nisslbildes entspricht. Der dorsale Teil zeigt neben einer großen Lakime eine Nekrose von der Intensität der i. Hälfte des eben genannten Zellbildes. Der nekrotische Prozeß hat endlich auch das ganse Ge erfaßt, aber in abgeschwächtem Grade. Hier äußert er sich durch diffuse Aaf- hellung der Grundsubstanz und eine mittelstarke Vermehrung der Neurogliazellen.

Taf. 56^ Fig. 4. An Nc können pathologische Veränderungen nicht festgestäh werden. Ce ist hier besser erhalten als in der vorigen Abbildung. In Put sind jetzt eine Reihe von Faserbündeln vorhanden. Dieselben sind aber gegenüber der Norm ver- schmälert. Außerdem treten ihre dicken Einzelfasem wenig hervor. I/e ist auch hier etwas breiter als /. InGe sind die feinen Fasern der striären Bündel nicht so vollständig resorbiert wie /. Dagegen sind die dicken Fasern deutlich schmäler. Li ist breiter als L; die dicken Fasern treten aber weniger scharf hervor. In Gi zeigt der nicht in Gim und Gil zerteilte dorsalste Teil, sowie Gil eine pathologische Aufhellung. Für Gim und seine Lamellen läßt sich eine Abweichung von der Norm nicht feststellen. Ci und der Thäknmts zeigen keine Anomalien. Insbesondere lassen die Zona reticulata und die LameUa thaUum externa keine Reduktion erkennen.

Tal 66, Fig. 5. Nc, Ce, Put, Le und Ge zeigen das Verhalten der yoi^gen Ab- bildung. Im Gegensatz zu dem korrespondierenden Schnitt der anderen Hemispbte (Taf. 53, Fig. 5) ist auch hier die Nekrose in Put geringer und zeigt Ge in seiner ganxoi Längsausdehnung ein ziemlich gleichartiges Verhalten. Überall sind in Ge mehr feine Fasern der striären Bündel und des Grundfaserfilzes vorhanden. Dagegen ist auch hier ebenfalls ein geringeres Kaliber der dicken Fasern zu konstatieren. Gil ist 1^ oraler r. und wie in der korrespondierenden Ebene Z. durch pathologisch gröBeit Faserarmut von Gim unterschieden. Dabei ist aber auch hier im Gegensatz mr L Hemisphäre im ganzen Gi der Gnindfaserfilz besser erhalten. An AI und LI wag^ wir nach wie vor keine pathologische Verminderung festzustellen. Das hier zum ersten Male getroffene Bündel H^ und seine zum Tuber cinereum hinziehende Spitze zeigen keine erkennbare Volumenreduktion. Dassdbe gilt von dem gerade angeschnittenen oralsten Teil von H^ und vil. Der übrige Thalamus ist ebenfalls normal. Das letztere trifft speziell auch für seine Zona reticulata und Lametta externa, wie femer auch..f&r Ci und den Fomix truncalis zu. .

Tai. 67, Fig. 1. Von Nc und Ce gilt nach wie vor der bisher an der r, Hemisphäre erhobene Befund. Ferner ist auch hier in Pu t die Nekrose nicht so weit vorgeschritten wie /., indem nicht nur der ventralste Teil intakt ist, sondern wie weitey oral r im dorsalen Teil mehr Faserbündel erhalten geblieben sind. Ge zeigt gegenüber /. da& gleiche Verhalten wie in der vorigen Abbildung. Dasselbe gilt von Gi. An AI und U Jcöimett wir auch hier keinen pathologischen Befund erheben. //* erscheint uns nicht anormal. Dasselbe gilt von der dorsal und ventral angeschnittenen Zona incerta und dem *sidi 146 . .

S^^ifff 8. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 773

an ihren ventralen Teil medialwärts anschließenden oralsten Abschnitt von CL. H^, sowie der übrige Thalamus mit Einschluß der Zona reticulata und der Lameüa externa sind ebenso normal wie Ci und der Pes pedunculi,

TU. n, Hg. & Ce ist ganz wesentlich besser erhalten als /. (vgl. Taf . 55, Fig. 2 !). Ptit ist weniger verschmälert. Außerdem ist ganz dorsal ein etwas größerer Abschnitt und auch ganz ventral ein ausgedehnteres Gebiet normal. Der nekrotisch veränderte mittlere Hauptteil enthält endlich weniger Substanzlücken. Das Pallidum ist natür- lich auch geschrumpft und markarm. Bezüglich der Markarmut ziehe man Taf. 44, Fig. 5 zum Vergleich heran' Aber gegenüber L smd Le und Ge deutlich weniger redu- ziert und ist auch das in seinem kaudalsten Teil getroffene Pallidum intemum mark- haltiger. Das Corpus Luysi ist hier in seiner größten Ausdehnung getroffen* Es ist aniÄhemd so reduziert wie L, d h. es ist kleiner als im 21. Fall (Taf. 51, Fig. 2) und annähernd so groß wie im 20. Fall (Taf. 47, Fig. 4), aber deutlich markärmer als in diesen Beiden Fällen. An Ci, P, Sn, dem übrigen Hypothalamus und dem Thalamus haben wir keine pathologischen Veränderungen feststellen können. Nur zeigt der mittlere Teil von Foreis lateralem Thalamuskem eine anormale Faserverarmung.

TUL W, Hg. 8. Von einer pathologischen Aufhellung, wie Ce sie /. (Taf. 55, Fig. 4) auch in dieser Ebene zeigt, ist hier nicht mehr die Rede. Put bietet desgleichen in einem benachbarten, nach Gieson gefärbten Schnitt keine pathologische Veränderung dar. Die Helligkeitsdifferenz zwischen dem kaudalen Rest von Ge und zwischen Cv ist dagegen eine krankhafte. Außerdem weist der ventrale Teil von Foreis lateralem Thalamuskem (unserem va^) wie l, in Taf. 55, Fig. 4 eine starke Faserverarmxmg auf. Spnst können wir nichts Anormales an der Abbildung erkennen. Speziell vermögen wir an Nr und seiner Kapsel keine Abweichung von der Norm festzustellen. Ebenso kann die Schmalhcit der SubstanHa nigra wie l. ihre Erklärung in der kühst- lidien Deformierung des Gehirns finden.

3. Hirnstamm.

Tiid. W, Flg. 4. Brachia conjunctiva, Pyramiden wie der Rest der Abbildung sind normal.

TU. n, Hg. 6. Auch hier ist nichts Anormales zu konstatieren. Das gilt speziell von den Deniatä, dem Mark der r. Kleinhirnhemisphäre, den unteren Oliven und den Pyramiden,

y) Befund an der Leber.

Die äußere Kleinheit und Höckerigkeit der Leber führt Bielschowsky auf Grund der von ihm angestellten mikroskopischen Untersuchung auf eine atypische Bildung der Acini und auf herdförmige Stellen zurück, in welchen die Leberzellen unter sekundärer Bindegewebswucherung verkleinert sind. Der der Bildung dieser Herde zugrunde liegende Prozeß ist ein „entschieden progressiver". Er dürfte mit demjenigen identisch sein, welcher bei der Wilsonschen Krankheit und der Pseudo- slderose beobachtet worden ist.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Im Cortex cerebri fanden sich keine gröberen myeloarchitektonischen Ver- änderungen. Nur fiel eine allgemeine Markarmut auf. Es konnte aber nicht entschieden werden, wie weit sie bloß auf technischen Fehlern beruhte. Das cytoarchitektonische Bild der Area gigantopyramidalis zeigte ein anormal starkes Erhaltensein der embryonalen Körnerschicht [IV).

Die pathologischen Befunde betrafen vornehmlich Teile des striären Systems.

774 C. UND O. VOGT. '"""^i.

und VeuralQglte

In der /. Hemisphäre fand sich eine leichte Verkleinerung von Nc. Das stark verschmälerte Put bildete das Zentrum einer zunächst die Zellen, dann aber auch die Fasern vernichtenden Totalnekrose, wie sie Wilson -in seinen Fällen beschrieben hat. Dieselbe hat sich lateral teilweise auf die Capsula externa und an einer Stelle sogar auf das Claustrum^ medial in sicher nachweisbarer Weise wenigstens auf Teile von Ge ausgedehnt. Auch Gi zeigt eine Faserreduktion. Femer ist das Corpus Luysi nicht nur stark verkleinert, sondern sehr faseranä, während der übrige Hypothalamus ebensowenig wie der Thalamus außerhalb des Gebietes von va^ oder der Pedunculus Anomalien erkennen läßt.

In der r. Hemisphäre zeigten sich die gleichen Gebiete krankhaft verändert Nur war der nekrotische Prozeß in den oralen Partien von Put und seiner Um- gebung stärker, in den kaudaleren schwächer. Im Thalamus zeigt die Gegeml von va^ eine ähnliche Faserverarmung wie /.

Die Leber, zeigte eine Zirrhose, welche mit der von Wilson beschriebenen Form identisch, sein dürfte.

C, Epikrise,

Das Krankheitsbild ist zweifellos das des Torsionsspasmus. Daß ihm eine progressive Erkrankung des striären Systems zugrunde lag, war uns von vorn- herein selbstverständlich. Wir sind aber erstaunt gewesen, einen pathologischen Prozeß aufgedeckt zu haben, den wir seiner Natur und seinem Sitze nach ebensot- wenig wie die begleitende Leberzirrhose von den Befunden der Wilsonschen Fälle und des klinisch nur eine progressive Starre zeigenden Falls v. Economos zu unterscheiden vermögen. Wir halten die Zeit noch nicht für gekommen, die Ursache für die große Verschiedenheit der klinischen Bilder klären zu wollen.

Im vorliegenden Fall ist das Putamen der primäre Sitz der Erkrankung. Nach* dem aber einmal die Totalnekrose begonnen Kat, greift sie peripherwärts ati£ die nervösen Nachbarorgane über, ohne daß deren ganz andere Struktur dieserm. irgendeinen Schutz vor der Miterkrankung zu gewähren scheint.

Die beiderseitige Faserverarmung in der Gegend des Thalamuskems va ~^- bedarf noch ihrer Klärung bezüglich Ursache und klinischer Bedeutung.

Ob das relativ lange Intaktsein des /. Armes mit der -geringeren ErkrankuhfMi der kaudaleren Partien des r. Putamen in Verbindung steht: das zu entscheidend* muß einer künftigen feineren somatotopischen Gliederung nicht nur des Putamc»^ sondern auch des Pallidum vorbehalten sein.

Sehr erstaunlich ist endlich der große Gegensatz zwischen der schweren^ Degeneration des Corpus Luysi und dem Intaktsein des übrigen HypothaUüiM und derjenigen Gebiete des Thalamus^ welche wir bisher zum striären System in Beziehung gebracht haben. Wir müssen daraus schließen, daß zum mindesten Ge nur wenig Fasern in die zuletzt genannten Hirn teile entsendet.

Der besser erhaltene Markgehalt der oralen Partien des /. Corpus Luysi spricht für seine fasersystematische Beziehung zum Caput caudati und dem oralsten Teil des Pallidum, 148

Bd. », IMO.

8.

ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 775

Mit Rücksicht darauf, daß die schwersten Fälle des Etat fibreux nicht zu einer allgemeinen Versteifung führen, sehen wir uns auch hier genötigt, die- selbe zu der sich auch in der starken Degeneration des Corpus Luysi äußernden tlrkrankung des Pallidum (speziell von Ge) in Beziehung zu bringen, sie als PaUidumsyndrom aufzufassen.

Dagegen möchten wir auf Grund der Tatsache, daß wir den Beginn des pathologischen Prozesses in das Striatum verlegen müssen, die anfänglich ohne R^Bidualerscheinungen verlaufenden Torsionsbewegungen und Bulbärsymptome als ein Syndrom des Corpus striatum deuten.

149

n(> C. UND O. VOGT. ^""^ '• Pifishpto^

md HciiralQilk

VI. FUle von Nettroglia-Proliferationsherden im Striatnm bei siddudtigai

prisenilen Verindernngen des striiren Systems.

28. Weitphals Fall Johann Beiehardt {B ^).

A, Zusammenfassung der Krankengeschichte,

Bei dem in der oben S. 639 erwähnten Arbeit Westphals eingehend be- schriebenen 43 jährigen Kranken sollen siqh in wenigen Tagen äthetofde Be- wegungen in den proximalen Gelenken des /. Beines und Armes sowie beider- seits im Gesicht und Zunge entwickelt haben. Nach einigen Wochen dehnten sich diese Störungen auf den ganzen Körper aus. Der Patient zeigte dann eine allgemeine, durch psychische Reize steigerungsfähige Athetose, an Torsionsspas- mus erinnernde Stellungen, eine nicht konstante, in ihrer Intensität schwankende^ durch passive Bewegungen nicht steigerungsfähige und durch aktive herabsetzbaie Rigidität, in zunehmendem Maße Dysphagie, Dysarthrie, Salivation, Brachy- basie mit vomübei^ebeugtem Rumpf, Retro- und mitunter Lateropulsionen, starren Gesichtsausdruck, Bewegungsarmut sowie Hamträufeln bei Erhalten- sein der Bauchreflexe und ohne Steigerung der Sehnenphänomene. An psydii* sehen Störungen war eine Herabsetzung des Gedächtnisses, speziell der Meifc- fähigkeit, zu konstatieren. Etwa 7 Wochen nach Beginn der Erkrankung traten Diarrhoen auf. Patient ging nach weiteren etwa 3 Wochen an Erschöpfung zugrunde.

B. Anatomischer Befund.

a) Makroskopische Untersuchung.

Das Gehirn zeigt äußerlich keine pathologischen Veränderungen. Ein Horizontil- schnitt lehrt, daß sich die kaudalen Enden beider Putamina in ein Gebiet von waben- artiger Struktur umgewandelt haben (vgl. Taf. 62, Fig. i !).

Von den inneren Organen sind Herz, Aorta, Nieren, Magen und Hoden auiffallend klein. Der Dickdarm ist stark hyperämisch mit zahlreichen Geschwüren. Die Leber war etwas vergrößert. Ihre Oberfläche war glatt.

b) Mikroskopische Untersuchung.

.Westphal hat kleine Stücke aus den l. F^, Ca und Cp sowie aus dem wabi^ veränderten r. Putamen entnommen und in Alkohol fixiert. Der Rest des Gehimi wurde in Formalin gelegt. Von diesem haben wir ein Stück von Ca + Cp aus der Gegend des Beinzentrums herausgeschnitten. Außerdem wurde das ganze übrig gebliebene Striatum + Thalamencephalon der r. Hemisphäre herausgeschält und in drei Hwi- zontalblöcke zerlegt. Alle diese Himteile wurden in Paraffin eingebettet und mit Oesyl- violett oder nach Heidenhain gefärbt. Die ganze l. Hemisphäre haben wir inCelloüdin eingebettet und ebenfalls in Horizontalschnitte zerlegt. Einen Teil der letstfifen färbten wir nach Weigert-Pal und nach van Gieson. Teile vom Rückenmaik wurden nach verschiedenen Methoden behandelt. Unter anderem hat Bielschowsky auch Gefrierschnitte angefertigt und an ihnen seine Gliafärbung durchgeführt. 150

^SSj^JSSi 8. ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 777

a) Befunde an herausgeschnittenen Rindenstücken.

In dem herausgeschnittenen Stück aus F^ fanden Westphal und Sioli in vielen Gefäßrandzellen grüne Pigmentkörner und in den adventitiellen Scheiden vieler Mark- gefäße reichliche Zellansammlungen ohne Plasmazellen. Die Ganglienzellen waren vielfach im Zustand der chronischen Veränderung in verschiedenen Graden des kömigen Zerfalls bei starker Vermehrung der Gliakeme. Die von Westphal imd Sioli untersuchte vordere und hintere Zentralwindung bot denselben Befund in stark ab- geschwächtem Grade.

TiL 68, Fig> !• An dem hier abgebildeten Stück der Area gigantopyramidalis vermögen wir keine architektonischen Veränderungen zu konstatieren.

TU. 68, Hg. 2 ist bereits nach Taf. 48, Fig. 2, S. 758 beschrieben worden.

ß) Befunde an den r. Zentralganglien.

TmL 58, Fig. 8 hat schon S. 652 ihre Beschreibung gefimden. TU. 58, ng* 4. Der Beschreibung dieser Figur lassen wir diejenige von Taf. 62, ffgg. 6 8 vorangehen.

Diese stellen 3 Ubersichtsbilder dar.

TU. 82, Flg. 8 bringt eine Heidenhainsche Färbung eines Schnittes des ven- tralsten Blockes (I). Nc ist leicht geschrumpft. In Put findet sich eine Reihe er- weiterter perivaskulärer Lymphräume oder „Criblüren". Eii^er sehr großen derartigen 4Mblare bi^egnen wir im ventralsten Teil des Pallidum. Kleinere Criblüren existieren •fn dem Claustrum,- der Insel und der Substantia innominata. Andere Anomalien sind nicht hervorzuheben. Speziell erweist sich der Nucleus ruber als ganz normal. Diesem nock sind entnommen: Taf. 59, Fig. i, Taf. 60, Figg. i und 2 und Taf. 61.

TU. 92, Fig. 7 stammt aus dem mittleren Block (III). Nc ist auch hier etwas sdunächtig. In Put sieht man eine Reihe von Criblüren. Die Faserung von Ce, Nc, Pui und Ge + Gi läßt nichts Pathologisches erkennen. Dasselbe gilt von beiden Sdienkeln der Capsula interna (Ci). Teile von- Schnitten dieses Blockes sind in Taf. 59, Figg. 2, 3, 5, und 6 sowie Taf. 60, Figg. 3 und 4 dargestellt.

TriL 92, Fig. 8 gibt einen Schnitt aus dem dorsalsten Block (II) wieder. Nc zeigt

Midi hier die leichte Volumenreduktion der früheren Abbildungen. In Put und dem

Zonalsten Teil des Pallidum begegnen wir einer gewissen Zahl von Criblüren. Ci sowie

^ Thalamus zeigen keinen pathologischen Befund. Zellbilder aus diesem Block

W)cn wir Taf. 58, Fig. 4 und Taf. 59, Fig. 4 vor uns.

Wir gehen nunmehr zu den Zellbildern aus diesen Blöcken über. lU. 86^ Fig. 4 ist dem Caudatum des obersten Blockes entnommen. Der ^P^fiiymstreifen zeigt gegenüber normalen Verhältnissen (vgl. Taf. 58, Fig. 3!) keine •wlndcrungen. Dagegen ist die marklose Zone sehr verschmälert und entbehrt voll- ^'^'^g ihrer zellarmen äußeren Unterabteilung. Die gliösen Elemente haben eine leichte ^J^™^ehrung erfahren. Besonders gilt das von den gliogenen Stäbchenzellen. Auch ^^^ dann folgende^ im Zellbild durch relative Zellarmut charakterisierte Tangential- ^.**/ett ist verschmälert und zellreicher geworden. Er enthält gegen die Norm mehr ^^**'*'~ie Stäbchenzellen. In dem eigentlichen Außenteil des Caudatum haben wir ganz Nester^ in denen sich die Gliakeme vermehrt haben. Hier und da ist diese Ver- um eine Ganglienzelle erfolgt und zeigt so das Bild der sogenannten Neuro-

. ^ ^U.59> lüg. 1 bringt einen Teil des Caudatum des untersten Blockes. Bei n sehen -• Zierde, in denen die Ganglienzellen zugrunde gegangen und an ihre Stelle Neuro- ^^^^llen getreten sind. Gleichzeitig beobachten wir eine Infiltration der Gefäßwände. ^^ Infiltrate bestehen nach Bielschowsky vorwiegend aus lymphocytären Ele- *]^^*^^*xi, enthalten aber auch Plasmazellen und vereinzelte Mastzellen. Man beobachtet

VK^^esen Proliferationsherden eine Reihe von Stäbchenzellen und außerdem gegen- der Umgebung eine gewisse Sprossung von Kapillaren.

151

77^ _C. UND O.VOGT. ^'''SdHaSSS!!*^

Taf. 59; Fig. 2 stammt vom Caudatum des mittleren Blockes. Auch hier haben * wir in der Mitte (n) einen großen Neurogliaproliferationsherd nach Untergang der Ganglienzellen. In demselben beobachtet man ebenfalls Stäbchenzellen. Außerdem zeigen die Blutgefäße perivaskuläre Infiltrate und tritt uns im Gegensatz zu der ge- sunden Umgebung eine auf Sprossung beruhende Zunahme der Kapillären entgegen. Oben f. in der Abbildung befindet sich bei i eine Vene, in deren Wandung besonders starke Zellinfiltrationen vorhanden sind.

TaL 69; Fig. 8 macht uns mit dem Putamen desselben Schnittes bekannt. Auch hier haben wir bei n in kleinerem Maßstabe Proliferationsnester von Gliakemen, wie wir sie bereits aus dem Caudatum kennen. Bei i tritt uns eine besonders intensive perivaskuläre Zellinfiltration entgegen.

Tai. 69, Fig. 4 zeigt uns bei n ein größeres Proliferationsnest aus dem Puiamen des obersten Blockes. Dieses Nest zeigt alle Merkmale, denen wir in der Fig. a im Caudatum begegnet sind: unter den Neurogliaelementen Stäbchenzellen, betracfat- liehe Zunahme der Kapillaren und perivaskuläre Infiltrate.

Tai. 59, Fig. 5. Hier findet sich in Le und dem lateralsten Teil von Ge des mittleren Blockes neben Blutgefäßen mit perivaskulären Zellinfiltraten (t) eine Fülle . von Kapillaren, deren Wände von größeren und kleineren Kalkkonkrementen bedeckt sind. Sehr vereinzelt liegen Kalkkonkremente auch isoliert im Gewebe. Man kann aber nicht entscheiden, ob sie nicht der Umgebung eines nicht getroffenen Blutgefa0ei angehören.

Tai. 69, Fig. 6 gibt einen Teil des Pallidum intemum (Gt) des gleichen Schnittes wieder. In der Mitte haben wir eine Zone vor uns, in der die kleinsten Blutgefäße von zahlreichen Kalkkonkrementen bedeckt sind. Die Bezeichnung i indiziert BlutgeBlfie mit perivaskulären Infiltraten. Mit c haben wir dagegen Blutgefäße mariciert, deren Media eine gleichmäßige Verkalkung, d. h. eine Petrifikation im Sinne Virchowti erfahren hat.

TaL 60, Fig. 1 bringt bei i5ofacher Vergrößerung einen aus Neurogliazelien bestehenden Proliferationsherd (n) von dem Putamen des ventralen Blockes. In der 'Mitte befindet sich eine Vene mit ausgesprochenem perivaskulären Zellinfiltrat. ÜB der Peripherie, z. B. bei mt, erkennen wir kleine normale Ganglienzellen des Putamen.

Tal 60, Fig. 2 stammt von demselben Schnitt. Wir haben hier mehrere GeflLfle mit starken perivaskulären Zellinfiltraten und stellenweise eine deutliche Vennehiui|g der Neuroglia. Bei mi sind kleine, bei m eine große Ganglienzelle des Putamen wieder gegeben.

TaL 60,. Fig. 8 ist dem Pallidum internum des mittleren Blockes entnommea Wir haben nebeneinander ein Blutgefäß, dessen Media petrifiziert ist {c), und ein sdcheft mit perivaskulärem Zellinfiltrat. Außerdem belehrt uns das Bild über die Größe^ welche die Ganglienzellen bei 150 facher Vergrößerung zeigen.

Tal 60, Fig. 4 gibt einen Ausschnitt aus dem Zentrum von Taf. 59, Hg. 6 bei 150 facher Vergrößerung wieder. Man erkennt hier besser die einzelnen Kalkkonkre— ^ mente, die zumeist in der unmittelbaren Umgebung von Kapillaren angehäuft sind.— - Außerdem sind die Ganglienzellen wenn auch etwas schattenhaft doch deutli sichtbar.

Tai. 61, Fig. 1 ist dem ventralen Block entnommen, und zwar einer G^efid die etwas dorsal von jenem PM/afw^nbezirk liegt, welcher beiderseits aus dicht anei liegenden Hohlräumen besteht. Wir haben in dieser Ebene nur noch relativ kleine erweiterte perivaskuläre Lymphräume. Aber auch ihre gliöse Wand bt von einem Hof (Ä) rarefizierten Gewebes (neben den Zellen ist auch die Grundsubstanz rareäxiect) umgeben. Diese Zellabnahme stempelt neben der Größe der Hohlräume dieselben zu einer anormalen Erscheinung, wenn sie sich auch häufig in Gehirnen von etva Vierzigjährigen finden, welche in allgemeinen Krankenhäusern als neurologisch „nor- male'' Kranke angesehen werden. In dem peripheren Lymphraiun links oben in der Figur befindet sich am unteren Rand des /. Blutgefäßes eine degenerierte große GangUen- 152

«

J^^^Li^ ^ ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 779

£rgiBmiikbeft S

zelle. . I Vi cm nach r. von ihr liegt eine ganz schattenhafte am Innenrand der gliösen Wand der Lymphscheide. Wir müssen aus solchen Bildern mit Bielschowsky schließen, daß der Erweiterung des peripheren Lymphraumes zum Teil eine Einschmelzung des Parenchyms zugrunde liegt. Rechts unten haben wir femer mehrere kleine Venen, die dunkel umgrenzt sind. Diese Umgrenzungen sind von Zellinfiltrationen gebildet. Außerdem weist die Abbildung eine Reihe von Nestern (n) auf, die durch Untergang von Ganglienzellen, Vermehrung der Gliakeme und Auftreten von Stäbchenzellen charakterisiert sind. Auch der Ungeübte erkennt die letzteren gut bei Lupenbetrachtimg der Figur. Endlich zeigen die großen Ganglienzellen eine anormal starke Neurono- phagie. Man kann diese Tatsache sehr gut in der Abbildung erkennen.

TiL 9i, Fig. 2 bringt einen sehr großen perivaskulären Lymphraum aus dem Pallidum externum (fälschlicherweise mit Gi bezeichnet) des gleichen Schnittes. Bei einer Durchsicht zahlreicher normaler Präparate haben wir in dieser Gegend höchstens einen perivaskulären Raum von Dreiviertel des vorliegenden Durchmessers gefunden. In allen normalen Präparaten reichten femer die großen Ganglienzellen wie die Neuro- gliaacellen von Ge ohne Abnahme ihrer Zahl bis an die periphere gliöse Scheide des Lymphraumes. Hier sehen wir dagegen wie in der vorigen Abbildung einen bveiten Hof um den Lymphraum mit nur noch schattenhaften Resten einiger Ganglien- zellen und einer verminderten Zahl von Neurogliakernen. Im Heidenhainschen Präparat erweist sich außerdem hier ebenfalls die Grundsubstanz rarefiziert. Von nonnaI*architektonischem Interesse ist dann noch die Tatsache^ daß in der morpho- logisch zweifellos zu G^ gehörenden oberen rechten Ecke der Abbildung größere Gan- gEenzellen vorhanden sind, als sie sonst in Ge vorkommen.

y) Befunde an den /.Zentralganglien.

- TU. 82, Hg. 1 gibt einen Weigert-Palschen Schnitt aus derjenigen Gegend wieder,

in welcher der käudalste Teil des Putamen aus großen perivaskulären Hohlräumen besteht.

Die mikroskopische Untei suchung lehrt, daß ihnen eine Einschmelzung von Parenchym

zugrunde liegt. Es muß aber betont werden, daß Präparate von sogenannten normalen,

mcht mehr ganz jugendlichen Gehirnen auch recht große Hohlräume in beträchtlicher

Zahl gerade an dieser Stelle zeigen (z. B. unsere Serie A. i8). Auch das übrige Putamen

^ind Nc wie ihre Umgebung bieten in der gegenwärtigen Figur Criblüren dar. Nc weist

aüBerdem eine leichte Volumenreduktion auf, die zu einer pathologischen Erweiterung

te Ventrikels geführt hat. Der Nucleus ruber und seine Kapsel erscheinen von normaler

Größe. Dasselbe gilt vom Corpus Luysi, Auch der Pes pedunculi zeigt nur ganz oral

einen zirkumskripten Faserausfall.

lUL tt| Fig. 2 ist etwa 0,3 mm weiter dorsal gelegen. Die Zahl und Größe der Criblüren im kaudalsten Teil von Put und seiner Umgebung sind bereits im Abnehmen ^^?*Tffcn. Im übrigen haben wir denselben Befund vor uns wie in der vorigen Figur.

^ Tltf. 82, Fig. 8 liegt etwa i mm dorsaler von dem in der vorigen Figur abgebildeten

i?~**itt. Die großen perivaskulären Hohlräume sind beinahe vollständig geschwunden.

j/^*8en zeigt auch hier das Putanien noch einige kleinere Criblüren und daneben

p, -Pallidum externum eine besonders große. Nc ist leicht atrophisch. Die striären

" 'Systeme lassen nichts Pathologisches erkennen. Ebensowenig sind das Corpus

der Nucleus ruber oder seine Kapsel geschrumpft. Endlich muß auch der

l^dunculi wie Ce und Ci als normal bezeichnet werden.

In«! ^'•'* ^> ^^* ^ ^^^ ^^^^ Reihe kleinerer Criblüren in Put, Eine noch größere

. ^^ sich im kaudalsten Teil von Li (in der Fig. fälschlicher Weise als „l^" be-

^^^^^et). Die weiße Lücke ^ welche im orsalsten Teil von G^ an der Stelle, wo dieses

. angrenzt, gelegen ist, stellt ebenfalls eine solche Criblüre dar. Nc ist nach

, Vor deutlich etwas geschrumpft. Dies hat auch hier zu einer Erweiterung des

S^Ufcnventrikeb geführt. Sonst können in der Abbildung keine pathologischen Fest-

sWlungen gemacht werden.

153

78o C. UND O. VOGT. ^^MtSSgy

Tai. 62, Fig. 5 weist ebenfalls in Put eine Reihe von Criblüren auf. Auch die hellere längliche Stelle^ die im oralsten Teil von Pui an Ci anstö0t^ ist eine tokbe. Nc zeigt wie bisher eine leichte Atrophie mit sekundärem Hydrocephalus intenms. Das jetzt in seinem dorsalsten Teil getroffene Pallidum läßt nur ganz kleine Criblüren erkennen.

Tai. 92, Figg. 6 8 sind bereits oben auf S. 777 beschrieben worden.

TaL 92, Fig. 9 wird nach Taf . 63, Fig. a auf S. 780 beschrieben werden.

Tai. 68^ Fig. 1 läßt immer noch im Putamen einige Criblüren erkennen.. Nc ist nach wie vor etwas verkleinert. Dieser Atrophie entspricht ein deutlich erkennbarer Hydrocephalus internus. Abgesehen von einer gewissen* Zahl von Criblüren zeigt das übrige Präparat keinen pathologischen Befund.

TaL rä, Fig. 2 zeigt noch einmal die Volumenreduktion von Nc mit dem dadurch bedingten Hydrocephalus internus. Sonst bietet das Präparat nichts Bemerkens- wertes dar.

S) Befunde am Hirnstanun.

Tai. 82^ Fig. 9. Die Pyramiden und die unteren Oliven erweisen sich als durcb- aus normal.

Tal. 88, Fig. 8 bringt einen Querschnitt vom Rückenmark, den Bielschowsky mit seiner Gliafärbung behandelt hat. Man erkennt eine Zunahme der Glia im Bereich der Seitenpyramiden und der GoUschen Stränge. Zu einem erkennbaren Faserausfiill im Wcigertpräparat ist es nicht gekommen.

Tat 88, Figg. 4 1 werden unter dem 27. Fall beschrieben.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Wir haben perivaskuläre Zellinfiltrate in einzelnen Blutgefäßen des Rinden- marks, Westphal und Sioli fanden chronische Veränderungen und gewisse Abbauprodukte in der Rinde von F^ und in geringerem Maße in Ca und Cp. Die Area gigantopyramidalis bot nach unseren eigenen Untersuchungen keine architektonischen Veränderungen dar.

Das Striatum und das Palliduni, zeigten um zahlreiche Blutgefäße perivas- kuläre Zellinfiltrate. Diese bestanden hauptsächlich aus Lymphozyten, ent- hielten aber auch Plasma- und Mastzellen. Die Media mancher Blutgefäße dieser Organe waren petrifiziert. Dieser Feststellung muß noch die auch schon von Bielschowsky hervorgehobene Tatsache hinzugefügt werden, daß die Media anderer Blutgefäße derselben Gegend und ebenfalls des Thalamus eine hyaline Degeneration aufwiesen. Außerdem waren die Kapillaren in gewissen Teilea des Pallidum von Kalkkonkrementen bedeckt, wie sie unseres Wissens bisher nur je einmal von Walbaum in einem Fall von Paralysis agitans (s. Anhang zur Epikrise!) und von Catola als Nebenbefund einer Autopsie bei einem Tabiker beschrieben worden sind.

Alle diese pathologischen Prozesse hatten zu keinem Parenchymzerfall geführt.

Außerdem fanden sich aber durch Parenchymzerfall entstandene Criblüren: und zwar vorzugsweise im Striatum und seiner Umgebung.

Die wesentlichste pathologische Veränderung wurde jedoch von zahl- reichen Herden gebildet, in welchen das normale Gewebe durch Neuroglia ersetzt war. Diese waren auf das Striatum beschränkt.

Die Ätiologie der ganzen pathologischen Befunde ist unaufgeklärt. 154

SnmJlffit 8. ^UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES ST RIÄREN »SYSTEMS. 78 1

C, Epikrise,

Es handelt sich um einen singulären Fall unserer Sammlung. Bei dem Kranken entwickelt sich in wenigen Tagen eine zirkumskripte Athetose, die sich bald generalisiert und von Erscheinungen begleitet wird, welche an Torsions- spasmus und Paralysis agitans sine agitatione erinnern, bis nach zehn Wochen der durch eine interkurrente Erkrankung des Rektum wenigstens be- schleunigte Exitus eintritt.

Die mikroskopische Untersuchung zeigt neben gewissen, teilweise auch in anderen Himpartien vorkommenden, aber doch vornehmhch auf das Striatum + Pallidum konzentrierten präsenilen Erscheinungen einen ausgesprochenen Parenchymausfall nur» im Striatum + Pallidum und hier vornehmlich im Striatum. Wir halten uns deshalb für berechtigt, die Krankheitssymptome in erster Linie zu diesen Parenchymausfällen in Beziehung zu bringen. Damit gelangen wir aber dazu, nicht nur Athetose und Torsionsspasmus, sondern auch die Symptome der Paralysis agitans sine agitatione als die Folgen einer Erkrankung des striären Systems aufzufassen: und zwar entsprechend der Tatsache, daß das Striatum in ganz überragender Weise der Sitz der patho- logischen Vorgänge war als eifie Form des .^Syndrome du corps strii'\ Wir neigen um so mehr zu dieser Ansicht, als sich bei dem Kranken noch keine Dauer^ ^Kontraktionen .die wir (wenigstens beim Erwachsenen) mit einer Schädigung I Pallidum in Verbindung zu bringen die Tendenz haben entwickelt hatten.

Anhang.

1 901 hat bereits Walbaum derartige Petrifikationen und Kalkkörperchen um

.^ kÜnen Blutgefäße wie wir sie im vorstehenden Fall festgestellt haben

^^den Zentralganglien bei einer achtzigjährigen, an Paralysis agitadS verstorbenen

itn beobachtet. In der Umgebung einzelner größerer Gefäße konstatierte er

einen Untergang der Ganglienzellen« Wal bäum fand diesen Befund viel

in der rechten Hemisphäre als in der linken, während die Symptome der

lysis agitans auf beiden Seiten völlig gleich waren. Wenn denn auch der Ver-

t* trotzdem bereit ist, eine Beziehung zwischen den Veränderungen im Thalamus

^ ^^ Entstehung des starren Gesichtsausdrucks anzunehmen, und das Zittern,

t't Muskelrigidität sowie die Parese auf Reizung der Fasern der Capsula interna

^^^^*8e einer durch die erwähnten Gefäßveränderungen und die Ansammlung von

^^*^örpern und Corpora amylacea bedingten Ischaemie imd Behinderung der

^T^phzirkuiation zurückzuführen, so kommt er doch zu dem Ergebnis, daß die

,^^xilysi8 agitans bis auf Weiteres zu den funktionellen motorischen Neurosen zu

tcärnen ist".

155

782 . C. UND O. VOGT. ^^""S^i

und Vamoloilti.

VII. Status desintegritioiiit (Etat de dMnt^[ratioii).

Die Befunde des vorigen Falles hatten in uns die schon früher von andereo und von uns gehegte Auffassung gestärkt, die Paralysis agitans wenigsten! soweit sie sine agitatibne auftritt als eine Erkrankung des striären Systems aufzufassen. C. Vogt hat deshalb alle unsere Fälle von Paralysis agitans erneut darauf untersucht, ob neben mehr oder weniger anderweitigen Erkrankungen des Gehirns ein konstanter pathologischer Befund im Striaium und PaiHdum nachzuweisen wäre. Sie hat ausnahmslos Veränderungen gefunden, wddie sie in engem Anschluß an Pierre Marie als Etat de disintigration zusammen^ gefaßt hat. Sie hat ferner alle unseren normalen Gehirne darauf untersudit und in keinem Falle, in welchem Paralysis agitans- Symptome sicher aus- geschlossen waren, derartige Veränderungen* gefunden. Sie hat dagegen ta zwei Fällen ohne Kenntnis der Krankengeschichte auf Grund des pathologndir anatomischen Befundes die Diagnose einer Paralysis agitans gemacht und her nach durch Mitteilung der Krankheitsbeobachtung ihre Diagnose bestätigt gefunden.

Wie wir schon in unserem Beitrag „Zur Kenntnis usw." ausgeführt habeiv verstehen wir dabei unter dem Status desintegrationis die folgenden, im einzelnen Krankheitsfall mehr oder weniger miteinander verbundenen Formen von Unter- gang des Striatuni' und Pa//uittm- Gewebes:

1. den zu einer Volumenverminderung führenden Untergang von Gan- ' glienzellen und Markfasern, der gelegentlich als ^^Etat paradysmyiUniqiuf' sich sehr dem Bilde des Etat dysmy^linique nähert,

2. kleine, durch Nekrobiose, Erweichung oder Hämorrhagie ent- stehende Lakunen (Etat lacunaire) und

3. eine Rarefizierung und daran sich eventuell anschließende mehr oder weniger vollständige Resorption des Gewebes um die Blutgefäße herum. Dieser nekrobiotische Prozeß beginnt mit einer Aufhellung der Grund- Substanz, wie man sehr gut an van Giesonpräparaten erkennen kann {vfjL z. B. Taf. 69, Fig. 1 1). Daran schließt sich ein Untergang der Ganglienzellen und der Neurogliakerne an, ohne daß es zu einer Ersatzwucherung von selten der Neuroglia kommt. Die Markfasern gehen erst an dritter Stelle zugrunde, Am längsten erhalten sich Bindegewebselemente und Blutgefäße. Bei den kleinsten Blutgefäßen führt dieser Vorgang zu dem von Durand- Fardel im Jahre 1854 beschriebenen Etat cribli (Status cribratus). Das einem vollständigen Untergang des Parenchyms vorangehende Stadium der Rarefizierung liaben wir in der eben zitierten Arbeit ab Status praecribratus [Etat pricribli) bezeichnet Die Resorption des Gewebes um die größeren Blutgefäße ist eine der Formen, welche zu dem Etat lacunaire Pierre Maries führt. Das vorangehende Stadium

156

Bd. U, 19M. 2UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 783

S.

der Rarefizierung kann dementsprechend als Etat prilacunaire bezeichnet werden. Wir möchten nun aber zunächst darauf aufmerksam machen, daß solche peri- vaskuläre Erweiterungen nicht nur um Arterien, sondern auch um Venen ent- stehen können. Wir haben dann weiter zu betonen, daß wie es übrigens Pierre Marie auch bereits hervorgehoben hat die Erweiterungen um größere Blutgefäße nicht wesensverschieden von denjenigen um kleinere Gefäße sind. Dagq;en ist ihre Ätiologie eine ganz andere als die der unter 2 erwähnten „La- kunen*'. Wir werden deshalb im folgenden alle Erweiterungen perivaskulärer Lymphräume als Criblüren und ihre Vorstadien als Präcriblüren bezeichnen und den Begriff der Lakunen auf die unter 2 ai^[eführten pathologischen Prozesse beschranken.

Eine Zusammenfassung aller dieser unter sich sehr verschiedenen patho- logischen Prozesse unter dem Begriff des Etat de disintigration erfolgt hier des- halb, weil in jedem einzelnen von uns bisher untersuchten Krankheitsfall mehrere dieser Desintegrationsarten zusanunen vorkamen, wenn auch ihre Kombination adir wechselte.

A. Beschreibung der Fälle.

Dieser Status desintegrationis kann ohne oder mit einer schweren arterio- sklerotischen oder senilen Demenz auftreten.

a) SUiiu» deHntegraUonis ohne aehwere Demenz.

Die im folgenden beschriebenen Fälle zeigten klinisch sämtlich das Krank- heitsbild der Paralysis agitans. Wir werden weiter unten in einem historischen Obert>lick über die bisherige Literatur feststellen, daß die nachstehenden, von uns beschriebenen Krankheitsprozesse bereits von anderen Autoren beobachtet worden sind. ' Wir werden dabei auseinandersetzen, warum eine Reihe von For- schem die enge Beziehung dieser pathologischen Prozesse 7ur Paralysis agitans nicht erkannt hat.

S4. BielacluiWikyi Fall Xsroline V. (Bül 12).

A. Krankengeschichte.

Witwe von 78 Jahren. Aufnahme am 22. 11. 1910 im Berliner städtischen Kranken- haus^ Gitschinerstraße.

Anamnese: Keine Nervenkraükheiten in der Familie nachweisbar. Keine eigenen sdiweren Erkrankungen im Vorleben. Ein gesundes Kind. Kein Abortus. Mit 40 Jahren Menopause. Seit Jahren leidet Patientin an Zittern in Händen und Füßen und vermag seitdem nicht mehr gut zu gehen.

Staius fräsens: Mittelgroße Person in leidlichem Ernährungszustand. Keine Ödeme, Exantheme, Drüsenanschwellungen. Decubitus in der Kreuzgegend. Über den Lungen heller Sdiall. Grenzen normal. In den unteren Partien Rasseln. Herz und Abdomen ohne pathologischen Befund. Lichtreaktion der Pupillen träge. Deutlicher Rigor. Andauernde Zitterbewegungen; in den Armen zeitweise in der Form des Pillendrehens, zeitweise bis zur Jactatio ngesteigert. Die Zitterbewegungen sind für eine Paralysis agitans ganz besonders intensiv. Maskenartiger Gesichtsausdruck.

1. 12. 10. Status idem. Der Decubitus ist stärker geworden.

19. 12. 10, In den letzten Tagen Temperatut anstieg. Rasseln in der rechten Lunge. Bedeutende Zunahme des Decubitus. Exitus letalis.

157

7^4 C. UND O. VOGT. ^"^Jimi^a^^

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Es handelt sich also um eine typische Paralysis agitans mit besonders heftigem Tremor.

B, Anatomischer Befund. a) Makroskopische Untersuchung.

Das Gehirn bot äußerlich nichts Anormales. Auf dem Querschnitt erkennt man eine beiderseitige deutliche Ei Weiterung des Seitenventrikels.

b) Mikroskopischer Untersuchung.

Die /. Hemisphäre und die ventrale Hälfte der r. Hemisphäre^ nebst Hirastämai wurden uns zur mikroskopischen Untersuchung überlassen. Wir haben sie chromkit und in eine Frontalserie zerlegt. Die Schnitte wurden nach Weigert-Pal und nach van Gieson gefärbt.

TaL 64j Fig. 1 bringt das Striatum der r. Hemisphäre. Der Außenteü des Cmh datum zeigt eine beträchtliche Schrumpfung, welche sich auch in Umwandlung der normal konvexen Oberfläche in eine gerade Linie äußert. Außerdem sehen wir eine Reihe größerer Criblüren und femer das ganze Striatum erfüllt von einer hdka Aderung und Fleckung. Es ist dies nichts anderes als ein Etat cribli oder pricnHL Auf Grund einer leichten Retusche tritt er etwas deutlicher hervor als in der OrigiiMl- photographie.

TaL 64, Figg. 2 8 werden nach Taf. 66, Fig. 3 auf S. 785 beschrieben werdqn.

TaL 86, Fig. 1 gibt bei 50 facher Vergrößerung den dorsalen Teil desselben Camli^ tum wieder. Wir sehen hier links eine größere längsgetroffene Lücke. Sie enthält OBe Reihe von Pigmentzellen und daneben geringfügige Reste von Substanzgewebe« ft handelt sich um dieselbe, ganz in ihrer Peripherie getroffene Criblüre^ welcher wir Taf . tf^ Fig. 2 wieder begegnen werden. Rechte liegt eine quergeschnittene Criblüre mit nns Arterie in der Mitte. An ihrer Peripherie befindet sich eine Ansammlung von Maifc- fasern. Neben diesen beiden größeren Criblüren gibt es aber femer um zahlreidie kleine Blutgefäße meist Kapillaren herum entsprechend kleine Criblüren oder Präcriblüren. Meist handelt es sich um Criblüren, d. h. um wirkliche. Hohlräume i&- folge einer vollständigen Resorption des gesamten Gewebes. In vereinzelten FilkB ist das Gewebe jedoch nicht ganz eingeschmolzen. Dann haben wir Präcriblüren ¥or uns. Peripherwärts von diesen Criblüren und Präcriblüren befindet sich eine Zdw rarefizierter Substanz.

TaL 86; Fig. 2 zeigt von einem benachbarten, auch nach Weigert-Pal geflLrbtCD Schnitt ebenfalls bei 5ofacher Vergrößerung den Etat cribH und pr6cribl6 des Außenteils des Putamen, Auch hier sehen wir unmittelbar um kleine Blutgefäße heiUB einen vollständigen Schwund oder eine sehr starke Rarefizierung des gesamten Gewdws und peripherwärts eine immer noch durch partiellen Untergang von Qewebe va^ gezeichnete Übergangszone.

Wir wollen noch hinzufügen, daß die den eben beschriebenen Abbildungen so* gründe liegenden Schnitte derartige feine Erweiterungen um die Blutgefilße in vielen Teilen des Marks der Hirnrinde mehr vereinzelt und zahlreicher in der Capsula extrema (vgl. Taf. 64, Fig. 4!), einer der beiden schon von Pierre Marie als Prädilektionsstelle für den Etat cribli bezeichneten Gebiete, aufweiseiL Eine Betrachtung von Schnitten dieser Gegend läßt aber keinen Zweifel darüber, daß das Striatum ganz wesentlich schwerer erkrankt ist als irgeiüdeine andere Himstdl^ selbst mit Einschluß der Capsula extrema. Die Hirnrinde zeigt keine schwereren Ver- ändenmgen im Sinne einer arterio-sklerotisch^ oder senilen Degeneration.

TaL 88, Fig. 1 zeigt uns bei der gleichen 5ofachen Vergrößerung den. Etat cribli des Caudatum eines anderen benachbarten, nach van Gieson behandelten Schnittes. Man sieht sehr gut, wie um die Kapillaren und kleinen Blutgefäße ein mehr odicr weniger 158

>

JSlSiJSit a ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 785

gewebsfreier Raum vorhanden ist und sich peripher an diesen eine Zone rarefizierten Gewebes anschließt.

TU. 66, füg. 2 bringt vom gleichen Schnitt jene perivaskuläre Criblüre des Cauda- tum, die in einer weiter peripheren Ebene Taf. 64, Fig. i und Taf. 65, Fig. i zur Ab- bildung gelangt war. Dieselbe ist dadurch entstanden, daß es links von einer Vene in weiter Ausdehnung zu einem fast vollständigen Schwund des Gewebes gekommen ist. Peripher von dieser Criblüre haben wir dann noch eine Aufhellung des Gewebes vor uns. Rechts von der Vene ist es bisher nur zu einer solchen gekommen. Die Vene liegt also durchaus nicht etwa in der Mitte der eigentlichen Criblüre.

TU. 66^ flf. 8 ist dem Putamen des gleichen Schnittes entnommen. Links oben haben wir unmijttelbar um eine- größere Arterie einen vollständigen Gewebsschwund und peripher davon eine Gewebsauf hellung vor uns. Im übrigen sehen wir über die ganze Abbildung den Status cribratus et praecribratus verbreitet.

TU. 66, Hg. 4. Wir finden die Beschreibung dieser Figur imter dem 26. Fall.

TU. 64^ Fig. 2 zeigt in einer leicht retuschierten Wiedergabe eines Schnittes der L Hemisphäre aus der Ebene des oralsten Teils des Pallidum extemum (Ge) den Elat cribl^ in dem abgeplatteten Nc und in G^.

TU. 64^ Hg. 8 stammt von einem etwas kaudaleren Schnitt der r. Hemisphäre. Dank einer leichten Retusche tritt der Etat cribl6 in Put deutlich in. Erscheinung. Im PalUdum exUrnum befindet sich medio-ventral von der Bezeichnung ,ße'' eine größere Criblüre. Bei genauerem Zusehen erkennen wir aber in dem nicht retuschierten Qbiigtt Ge und den PäUidumlameüen noch eine ganze Reihe kleinerer Criblüren.

TU 6t; füg. 4. In den lateralen Partien des Put haben wir einen mit Hilfe leichter Retusche deutlich hervortretenden Etat cribl6. An der Basis des Putamen haben wir envtiterte perivaskuläre Lymphräume^ wie sie an dieser Stelle so auch in angeblich „mrnialen" Gehirnen auftreten. Im Claustrum ist unmittelbar lateral von der Be- Mdmang j^Pül^* durch Hesorption eines erweichten Gewebes eine Lakune entstanden. Im döriib-ihedialen Teil von Put begegnen wir einer frischen Erweichung, die sich dovdi die Capsula interna (Ci) in das geschrumpfte Caudatum {Nc) fortsetzt. Ein umter, ebenso frischer Erweichungsherd befindet sich \n Ge, Nach einiger Zeit wfirden sich die beiden Erweichungsherde in Lakunen umgewandelt haben. In allen fibrigen Teilen der Abbildung begegnen wir noch (man benutze die Lupe!) Criblüren: den zahlreichsten im Pallidum und in der Capsula extrema:

TU. 6t, flg. 6. Man sieht in dem abgebildeten Teil des Thalamus eine Reihe vcm Criblüren. Sie sind aber bei weitem nicht so zahlreich wie im Striätum. H^ ist unter keinen Umständen in stärkerem Mäße atrophiert.

TU. 6t, Hg. 6. Das Corpus Luysi überragt an Größe das mancher normaler Gehirne. Man vergl. z. B. Taf. 26, Fig. 8! Und dabei zeigt es einen durchaus normalen Markfasergehalt.

TU 6t, Hg. 7. Der Nucleus ruber {Nr) und seine Kapsel lassen nichts Patho- logisches erkennen.

TU 6t,. lüg. 8. Die Abbildung zeigt normale Brachia conjunctiva und Pyramiden, Der Ventrikelist dagegen zweifellos erweitert.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Die Großhirnrinde zeigte keine schwere Veränderung im Sinne einer senilen oder arteriosklerotischen Demenz. Dagegen weisen manche Partien des Gehirns Criblüren auf: Sie treten aber zweifellos am stärksten im Striätum auf. Außerdem finden sich im Gehiiti einige kleine Erweichungen. Die größten sind Taf. 64, Fig. 4 abgebildet. Die im Striätum und Pallidum gelegenen sind aber so jungen Datums, daß- sie nicht als anatomische Grundlage des klinischen Bildes an- gesehen werden können. Außerdem ist Nc deutlich geschrumpft.

159

786 C. UND O.VOGT. '^'SJdNeÄll!!*

C. Epikrise.

Als wesentlichste pathologische Veränderung haben wir rieben einer Schrump- fung von Nc in verschiedenen Hirnteilen gelegene Criblüren festgestellt. Die- selben treffen wir aber speziell im Striatum so zahlreich an, daß dieser Mimteil den am stärksten veränderten darstellt. Wenn wir auf seine Anomalien die Para- lysis agitans im vorliegenden Fall zurückführen, so geschieht es also nicht nur durch den Nachweis, daß dieser Hirnteil überhaupt an einem diffuser verbreiteten pathologischen Prozeß teilgenommen hat, sondern in erster Linie von ihm be- troffen ist. Es sei noch darauf hingewiesen, daß dieser Fall mit vorherrschender Erkrankung des Striatum einen sehr starken Tremor zeigte.

25. Bieltohowtkyt FaU Wilhelmine P. [Biet tl).

A, Krankengeschichte,

Geboren 1842. Witwe.

Aufnahme in dem Berliner städtischen Krankenhaus, Gitschinerstraße, am 2. 3. 19x1.

Anamnese: Die Tochter gibt an, daß die Mutter in früheren Jahren immer gesund gewesen sei. Vor sieben Jahren sei sie die Treppe heruntergefallen. Seit fünf MoDateii könne sie sich nicht mehr bewegen und müsse an- und ausgekleidet werden. Jedodi sei sie geistig bis in die letzten Tage hinein klar gewesen. Vor (einigen Tagen sei tte plötzlich umgefallen. Seit dieser Zeit spreche sie alles mögliche durcheinander und k&ODt sich nicht mehr bewegen. Sie habe zu Hause über starke Kopfschmerzen geklagt.

Status präsens: Altersschwächliche Person in schlechtem Ernährungszustand.

Keine Ödeme. Keine Exantheme.

Lungen: Stellenweise Rasselgeräusche, sonst ohne Befund.

Herz: 2. Aortenton verstärkt, sonst ohne pathologischen Befund.

Abdomen ohne pathologischen Befund.

Urin ohne Eiweiß und Zucker.

Es besteht eine große Steifigkeit in allen Gliedern, die bei passiven Bewegungen nur mit großer Mühe überwunden werden kann.

Es besteht auch beträchtliche Nackensteifigkeit.

Die Sprache ist verhältnismäßig deutlich.

Bewußtsein klar.

Lichtreaktion der Pupillen träge und geringfügig.

Kniesehnenphänomene lebhaft.

Kein Babinski.

Bauchdeckenreflex undeutlich.

Die aktive Bewegung der Arme möglich, die der Beine nur gering.

Keine deutlichen Augenmuskellähmungen.

Die Patientin kann sich nicht aufsetzen.

Temperatur fieberhaft.

II. 3. 1911. Die Steifigkeit der Muskulatur ist die gleiche geblieben. Die Patientin ist fast völlig apathisch und liegt mit nach vorn gebeugtem Kpp^f und adduzierten Armen da. Die Beine sind im Kniegelenk gebeugt.

17. 3. 191 1. In den Lungen hinten unten beiderseits zahlreiche feuchte Rasse!: geräusche. Sonst Status idem.

30. 3. 191 1. In den letzten Tagen immer Fieber. Die Patientin ist benomm^ und die Steifigkeit der Muskulatur besteht fort. Nachmittags Exitus letalis.

Diagnose: Paral^'sis agitans sine agitatione. 160

\

Bd. ti^ 1«D,

3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SVSTEMS. 787

B. AnatomiscHe ^Untersuchung.

a) Makroskopischer Befund.

Das kleine Gehirn zeigt auf derOberfläche nichts AbsonderH dies. Auf einem jFrontaj- chnitt erweist sich der linke Seitenventrikel deutlich stärker erweitert als der rechte. Xc spatere. Schnittserie lehrt, daß dieses insbesondere vom Hinterhorn gilt.

b) Mikroskopischer Befund.

Das Gehirn wurde chromiert xxnd in eine Frontalserie zerlegt. Eine Reihe von >chnitten wurde liach Weigert-Palxund nach van Gieson gefärbt.

TiaL 97^ Hg. 1 läßt eine, leichte Atrophie des Caudatum (Nc) mit Abflachung seiner >berfläche erkennen. Außerdem sehen wir in Nc und in Put neben den leicht erweiterten perivaskulären Lymphräumen um die größeren Blutgefäße durch leichte Retusche twas starker hervorgehobene kleine helle Stellen: deh Anfang eines Etat pr6cribl6 ind Etat cribl6. Endlich zeigt das Mark der Insel diesen Etat cribl6 in sehr ausgeprägtem tfaBe.

TbL W, Kg, 2 zeigt nach Anwendung einer sehr leichten Retusche deutlich Icn Etat pr^cribl6 und cribl6 im Pallidum internum (Gt) und im abgebildeten Ab- chnitt des Pallidum externum. Die Capsula interna (Ci) ist dagegen frei von derartigen »ubstanzdefekten. *

TU. n, Fig. 8. Hier hat ausschließlich das Putamen eine leichte Retusche er- ahren. Man sieht nicht nur am Boden desselben einzelne stark erweiterte perivaskuläre ^3rmpbraiiine^ sondern solche das ganze Putamen durchsetzen. Die einzelne Criblüre st dunkel umrandet. Diese Umrandung beruht auf einer Ansammlung von Mark- asem^ die dadurch zustande kommt, daß dieselben wie wir schon S. 782 heWor- ehoben haben der Nekrose länger widerstehen als die Grundsubstanz und die zelligen ervöscn und gliösen Elemente. Abgesehen von großen Criblüren am Grunde von 'e sehen wir bei genauerer Betrachtung das ganze G^ und Gi sowie ihre Kapseln von riblüren erfüllt. Man ziehe zum Vergleich aus den Ergänzungsheften des 18, Bds. icses Journals Taf . 45, Fig. 18 heran ! Viele Criblüren finden sich außerdem in der nscl. Auch im Marke zahlreicher anderer Hirnwindungen speziell im Schlaf en- ippen beobachten wir solche Criblüren. Die Architektonik der Rinde weist keine roheren Störungen auf. Die Capsula interna {€%) ist frei von solchen Substanzdefekten benso wie das Corpus callosum {Cc), Nc ist atrophiert, seine Oberfläche abgeplattet nd der Scitenventrikel vergrößert.

T9L 97, Vig. 4 TaL 68, Rg. 4 sind nach Taf. 6g, Figg. i und 2 S. 788 beschrieben.

TbL 9ß, Rg. 6. Die Erklärung dieser Figur befindet sich S. 790.

TbL W, Fig. 1 zeigt uns von einem etwas kaudaleren Schnitt den Etat cribl^ ind prtoriW des Markes der Insel im van Gieson-Bilde. Den Etat pr^cribl6 haben rir z. B. bei a vor uns. Hier hat um das Blutgefäß herum das Gewebe eine Rarefi- ierung erfahren, ohne daß es zu einem gewebsfreien Hohlraum gekommen ist. Peripher- vsLTts nimmt die Rarefizierung ab. Um die meisten Blutgefäße ist es dagegen bereits XI einer vollen Nekrose des unmittelbar benachbarten Parenchyms gekommen: d.h. .US dem Etat prto-ibl^ hat sich ein Etat cribl6 entwickelt. Vielfach sieht man jn der Jmgebung des vollständig untergegangenen Gewebes eine peripherwärts allmählich kbndunende Rarefizierung desselben. In der Mitte der l. Hälfte der Abbildung haben rir eine SteUe^ wo die Nekrose des Gewebes nur auf der einen Seite des Blutgefäßes rfolgt ist.

TaL 08» Fig. 2. Es handüt sich um das Pallidum internum des gleichen Schnittes. Üer herrscht der Etat pr6crible vor, so daß wir seine allmähliche Entwicklung zum stat cribl6 noch besser studieren können als in der vorigen Abbildung. Man sieht dabei ehr gut, wie der erste Beginn der Nekrose sich in einer Aufhellung der Grundsubstanz uQett. Das ganze Zentrum der Abbildung zeigt eine solche Aufhelluiig, währfend wir n der Peripherie überall noch dunkel gefärbte Grundsubstanz vor uns haben.

1 joaroal für Psychologie' und Neurologie. Bd. 25. Ergh. 3. I6I..

788 ' C. UND O. VOGT '"^i-SSSff*'

und

Tal 69; Fig. 8 ist weiter unten S. 79^ beschrieben.

Taf. 67; Fig. 4 hat nur eine sehr leichte Retusche erfahren. Sie ist so gering; daft im Pallidum der Etat cribl6 im Originalpräparat mit bloßem Auge immer noch deut- licher sichtbar ist als hier in der Photographie. Put zeigt in seinem Hauptteil weniger große Criblüren als in Taf. 67^ Fig. 3. Sonst erinnert der Befund durchaus an den der Fig. 3. Speziell existiert ein deutlicher Gegensatz zu der der Criblüren entbehrenden Capsula interna (Ct) und dem diese in großer Zahl aufweisenden Pallidum.

TaL 67; Fig. 6 zeigt uns eine Abbildung der r. Hemisphäre. Der Seitenventrikei ist etwas weniger erweitert; das Caudatum weniger abgeflacht als /. Der Etat criUe des Puiamen gleicht demjenigen der anderen Seite.. Dagegen weist das Pallidum, und zwar vor allem das Pallidum intemum, einen ganz ausgesprochenen Etat cribl^ auf, der trotz leichter Retusche nicht einmal so deutlich hervortritt wie im Originalpraparat. Wir haben dann auch noch am dorsalen Rande von H^ eine Reihe von Criblüren. Da- gegen ist die Capsula interna (Ci) frei von solchen und auch der eben angeschnittene Thalamus läßt nur wenige erkennen.

Tal. 68, Fig. 1 macht uns bei achtfacher Vergrößerung mit dem PaUidum in- ternum und seiner Umgebung eines kaudaleren Schnittes bekannt. Die Criblüren im Pallidum sind durch Retuschen leicht verstärkt. Gil und Gim zeigen außerdem in ; ihrem ventralen Dritteil eine pathologische Faserverminderung. Ferner lassen •der abgebildete Teil von Ge sowie Gil +Gim einen Etat cribl6 erkennen, den wir weder im normalen Präparat (vgl. z. B. Taf. 44, Fig. 3 !) noch im Etat dysmy^inique (vgl. z. B. Taf. 45; Figg. i und 2 !) vor uns haben. Gleichzeitig lehrt dieser Vergleich, daß eine Volumenverminderung des Pallidum im vorliegenden Fall nicht stattgefunden hat. H^ zeigt keine deutlich faßbare Verminderung. In und im abgebildeten Thalamus- gebiet treten nach wie vor die Criblüren ganz zurück.

TaL 68; Fig. 2. Auch hier hat das Pallidum eine leichte Retusche erfahren. Mit Rücksicht auf die sehr dunkle Capsula interna ist der Rest der Abbildung übere3q>oniert. Er erscheint faserärmer als in der Wirklichkeit. Man erkennt aber deutlich im Paüidum die zahlreichen Criblüren. Der Zweck der Abbildung ist aber ein anderer: sie zeip uns das Corpus Luysi dieses Gehirns in seiner größten Ausdehnung und soll uns davon überzeugen, daß dieses gegenüber .der Norm ganz wesentlich verkleinert ist. Man ziehe zum Vergleich Taf. 64. Fig. 6 des vorigen Falles und die normale Abbildung der Taf. 26; Fig. 8 heran!

Taf. 68; Fig. 8 stellt den Nucleus rüber der gleichen /. Seite in seiner größten Aus- dehnung dar. Eine pathologische Veränderung läßt sich an ihm oder seiner Kapd nicht erkennen.

Taf. 68; Fig. 4 zeigt die Brachia conjunctiva, die Pyramiden und die unteren Oliven in durchaus normalem Zustande. Dagegen ist der Ventrikel vergrößert.

Die Rinde und das Mark des Kleinhirns zeigen keine gröberen pathologischen Veränderungen.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Im Marke mancher Hirnwindungen haben wir einen ausgesprochenen Etat

cribl6 gefunden. Derselbe hat aber nirgends zu einer erkennbaren Degeneration

eines bestimmten Fasersystems geführt. Das Caudatum zeigt eine deutliche

Atrophie, besonders /. Es weist ferner wie das Putamen einen mäßigen Etat

cribl6 auf. In letzterem betrifft dieser auch größere* Gefäße. Ferner finden wir

einen besonders intensiven Etat criblö im Pallidum und zwar vornehmlich

in seinen vorderen Partien. Außerdem zeigt dasselbe teilweise einen deutlichen

Faserschwund (partiellen Etat paradysmy^linique), der an denjenigen des

Etat dysmyelinique erinnert. Endlich ist das Corpus Luysi deutlich atrophiert. 162

Bd.tt, IMO

; 3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 789

C. Epikrise.

Auch in diesem Fall haben wir also eine krankhafte Veränderung des striären Systems im Sinne eines Etat de d6sint6gration als wesentlichste Gehirnver- änderung nachweisen können. Im Gegensatz zum vorigen Falle ist aber das PaUidum weit stärker erkrankt als das Striatum. Dieser Tatsache entspricht die deutliche Kleinheit des Corpus Luysi.

Klinisch war die vorli^ende Paralysis agitans dadurch ausgezeichnet, daß sie keinen Tremor aufwies, dafür aber eine sehr ausgesprochene Ver- steifung zeigte, also das Bild darbot, welches wir bereits in unserem Beitrag ,yZur Kenntnis usw.** und weiter oben als Pallidumsyndrom bezeichnet haben. Mit dieser theoretischen Auffassung deckt sich gut die Tatsache, daß wir im vorliegenden Fall eine besonders starke Erkrankung des Pallidum aufdecken konnten.

Endlich sei darauf hingewiesen, daß wir auch hier einen Gegensatz zwischen dem gut erhaltenen //* und dem deutlich geschrumpften CL haben.

26. Freund EaU Panline H. {Bf, IG),

A. Klinische Beobachtung.

Erste ärztliche Uniersiuhung am 3. 10. 1914:

Patientin sieht und hört ihrem Alter entsprechend gut. Sie zittert stark mit beiden Händen. Sie kann nur die Füße schleifend^ sich langsam vorwärts bewegen.

Patientin kann den Urin nicht halten^ die Blase träufelt dauernd.

Bnistorgane gesund.

Blutgefäße stark verkalkt.

Urin ohne Eiweiß und Zucker.

Aufnahme im CUuissenschen Stechenhaus, Breslau, am 5. 12. 191 4:

Anamnese:

74jährige Witwe.

Patientin hat mit 23 Jahren geheiratet, war 45 Jahre lang verheiratet. Hat niemals konzipiert. Mann tot vor 7 Jahren an Lungenentzündung. Mußte vor 4 Jahren ihre langjährige Wohnung aufgeben, hat seitdem vom Vermieten möblierter Zimmer gelebt und dabei viel Sorgen xmd Überarbeitung gehabt.

Anfang 1914 eines Morgens plötzlich Steifigkeit im ganzen linken Bein und im /. Arm. Infolgedessen 3 Wochen bettlägerig. Mit der Zeit besserte sich dieser Zustaad, doch blieb ein Steifheitsgefühl zurück. Auch war das Gehen seitdem erschwert. Juli 1914 trat eine schmerzhafte Steifigkeit im r. Bein ein. Patientin versuchte mit dem Stock zu gehen. Seit Ende 1914 auch eine Steifigkeit hinten im Kreuz, so daß ihr das Bücken schwer fiel. Ebenso lange auch ein Zittern in der /. Hand.

2^itweise kann sie frühmorgens beim Aufstehen sich schnell bewegen.

Nach ihren Angaben keine Neigung zu Pulsionen.

Seit Ende 1914 ständig schwermütig.

Status frOsens am 8. i. 191 5:

Patientin klagt zurzeit über keine innerlichen Beschwerden, hat kein Herzklopfen und keinen Schwindel.

Normaler Stuhlgang.

Sie ist aber sehr nervös, ängstlich und schreckhaft vor dem Neuen.

Etwas erstaunter, maskenartiger, unbeweglicher Gesichtsausdruck. Sie kann aber dabei ausdrucksvoll lachen. II» 163

790 C. UND 0. VOGT. ^^^^^^^^

An den oberen Extremitäten Muskelspannüng nur /., beim Abduzicren im Schultergelenk und beim Strecken im Ellenbogengelenk. An der /. Hand sind der 2. 5. Finger im Grundgelenk gebeugt, ist der Daumen leicht addu- ziert und zeigen sich leichte pillendrehartige Zitterbewegungen an den Fingern.

Passive Beugung an den Beinen durchweg beim ersten Bewegungsversuch etwas erschwert. Links sind die Muskelspannungen etwas stärker.

In den Hüftgelenken Flexion und Abduktion, in den Fußgelenken Dorsalflexion besonders erschwert.

Zehenreflex plantarwärts von mäßiger Stärke.

Kniephänomene mittelstark.

Achillessehnenphänomene nicht sicher auslösbar.

Sensibilität ohne pathologischen Befund.

Urin ohne Eiweiß und Zucker.

Diagnose: Paralysis agiians.

Tod: am 16. 2. 1916 an Lungenembolie.

Ergebnisse der Sektion der übrigen Organe:

Erweiterung des rechten Ventrikels. Arteriosklerose. Trombose an der Wand des rechten Herzventrikels. Lungenembolie. Adhäsion der Pleura. Atrophie der Leber und der Nieren.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Es handelt sich also um eine erst vor zwei Jahren entstandene Paralysis agitans, welche sich hauptsächlich in- einer Versteifung äußerte und nur zu einem mäßigen Zittern in den Händen, vielleicht sogar nur in der /. Hand, ge- führt hat. Die Rigidität beschränkte sich in den oberen Extremitäten auf die Z. Sie war in den Beinen stärker als im /. Arm und /. ausgesprochener als r.

«

B. Anatomische Untersuchung,

a) Makroskopischer Befund.

Das Gehirn zeigte äußerlich und auf dem Querschnitt keine besonderen patho- logischen Eigentümlichkeiten.

b) Mikroskopischer Befund.

Tai. 66, Fig. 4 bringt ein van Giesonbild vom oralsten Teil des r. Putamen, Man erkennt hier in enger Beziehung zu Blutgefäßen entweder kleine, zirkumskripte Stellen rarefizierten Gewebes oder ebensowenig umfangreiche Lücken mit einem Hof derartiger partiell eingeschmolzener Substanz: also einen tN-pischen Etat pr^cribK und cribl6.

Tal. 68« Fig. 6 zeigt uns ein leicht retuschiertes Bild des /. Striaium eines etwas kaudaleren Schnittes. Der Seitenventrikel ist nicht erweitert. Dagegen weicht das Striatufn durch sein Plattgedrücktsein und durch die fast horizontale Stellung der es durchsetzenden Kapself asem (Ci) durchaus von der Norm ab. Man ziehe zum Vergleich aus den Ergänzungsheften des 18, Bds. dieses Journals Taf. 44, Fig. 12 heran! Wir sind schon Taf. 41, Fig. i in einem Paralytikergehim einer ähnlichen Formveränderung des Striatum begegnet. Hier war dieselbe aber mit einem ausgesprochenen Hydro- cephalus internus verbunden. Nc läßt vornehmlich in seinem Außenteil einen deutlich sichtbaren Etat crible erkennen. In Put konstatiert man dasselbe.

Tat 70, Fig. 1 ist ebensowenig wie Fig. 2 retuschiert worden. Zunächst muß hervorgehoben werden, daß auch hier beiderseits keine Erweiterung des Seiten- ven/rikels vorliegt. Beide Striata sind anormal breit. Dabei sind die Putamina in ihrem dorsal - ventralen Durclimesser gegen die Norm deutlich verkürzt. iSie bieten

164

^JLJiSSi 3. ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 79 1

hier dieselbe Form dar, die wir in unseren beiden Fällen von Etat dysmyäinique kon- statiert haben. Man vgl. z. B. Tkf . 49, Figg. 4 und 5 ! Trotz des Fehlens jeder Retusche zeigt Nc in geringem^ Put in stärkerem Maße einen Etat crible. Das gilt besonders vom r. Putamen. Im /. Putamen existiert statt dessen eine größere Criblüre. Beide Paüida sind in ihrem Höhendurchmesser stark verkürzt. Zum Vergleich ziehe man aus den Ergänzungsheften des 18. Bds. dieses Journals Taf. 3, Fig. 7 und Taf. 45, Fig. 18 heran! Im /. Pallidum kann man abgesehen von einer großen Criblüre keinen Faserschwund mit Sicherheit nachweisen. Dagegen ist das r. Pallidum nicht nur kleiner als das /., sondern es zeigt bereits bei der vorliegenden Vergrößerung eine deutliche Faseraufhellung im ventralen Teil von Gi. Die mikroskopische Betrachtung lehrt daneben auch noch einen zweifellosen Schwund der dicken Fasern im lateralen Teil von Ge. Der dritte Ventrikel ist deutlich erweitert. Femer sehen wir noch eine Reihe von Criblüren in der Umgebung des Putamen. Der laterale Thalamuskem zeigt /. und r. einige kleine aufgehellte Stellen. Sonst erweisen sich die Thalamuskerne wie die Capsula interna normal.

TaL 70^ Fig. 2. Auch hier fehlt eine Erweiterung des Seitenventrikels, liegt aber eine solche des dritten Ventrikels vor. Die Putamina erscheinen nach wie vor anormal breit und lassen wie ihre laterale Umgebung eine Reihe von Criblüren er- kennen. Die Pallida sind hier ebenfalls beiderseits verkleinert und^ zwar wie in der vorigen Figur das r. stärker als das L Aber auch /. liegt jetzt zweifellos ein Schwund der dicken Pallidumfasern vor. Dies gilt insbesondere von dem ventralsten Teil des Pallidum intemum. Daneben weisen die zwischen Pallidum und Putamen ver- laufenden Faserbündel eine herabgesetzte Zahl ihrer dicken Fasern auf^ während die dünnen strio-pallidären Fasern keine Verminderung erkennen lassen. Im r. Palli- diun ist der Schwund der dicken Fasern noch ein wesentlich größerer. Die aus dem Pallidum in das Putamen eintretenden Faserbündel entbehren fast aller dicken Fasern, ohne daß die dünnen strio-paUidären Fasern eine Verminderung erfahren haben. Ganz besonders foserarm ist Gil. H^ ist /. bereits zweifellos etwas verschmälert. Man ziehe zum Vergleich das Paralytikergehiin Taf. 41, Fig. 3 heran ! R, ist die Schmäch- tigkeit von H* zweifellos noch größer. Die aus H^ in vtl hineinziehenden Einzelbündel treten beiderseits gegen die Norm zurück. Der Thalamus, die Capsula interna und der anstoßende Teil des Album centrale (Centrum semiovale) zeigen annähernd normale Verhältnisse. Hervorgehoben sei noch, daß das Mark der Inseln im vorliegenden Gehirn den Etat cribl6 sehr wenig zeigt.

TaL 71, Figg. 1 nnd 2 werden S. 795, TaL 71« Figg. 8 and 4 S. 797, Taf. 71, Fig. 6 S. 798, Tat 72 S. 803 f.* und Taf. 78 S. 807 f. beschrieben werden.

IW. 74, Rg. 1 bringt das Corpus Luysi {CL) in größter Ausdehnung. Es ist j^egen die Norm um mehr als die Hälfte verkleinert. Die Substantia nigra (5n) ist hier wie in kaudaler gelegenen Schnitten jedenfalls gegenüber manchen normalen Schnitten verschmälert. Die pathologische Bewertung dieses Befundes bedarf aber noch spezieller Studien, da überhaupt große Schwankungen in den Größenverhält- nissen dieses Organs im normalen Gehirn vorkommen. Jedenfalls ist kein Unterschied zwischen den beiden Seiten zu konstatieren, während CL der l. Hemisphäre um ein Viertel breiter ist als das hier abgebildete CL der r. Himhälfte.

TaL 74, Fig. 2 zeigt normale Rinde und Mark des Kleinhirns, normale Brachta conjunctivae untere Oliven und Pyramiden sowie normale Verhältnisse des übrigen abgebildeten Hirnstämms.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

An pathologischen Erhebungen haben wir neben einer Formveränderung des Strialutn und speziell des Putatnen einen deutlichen Etatcribl6im Ptäamen festgestellt. Derselbe war r. etwas deutlicher als /. Vor allem zeigte aber das Pallidum infolge Höhenabnahme eine starke Volumenverminderung. Diese

165

792 C. UND O. VOGT. ''^"Sd Ne^SSte!**'

war r, stärker als /. Außerdem waren im Pallidum und zwar speziell r. zahlreiche dicke Fasern geschwunden. Dieser Etat paradysmy61inique betraf auch diejenigen dicken Fasern, welche die aus dem Pallidum in das Striatum ein- tretenden Faserbündel begleiten. //* zeigte eine leichte Volumenvermindening. Diese war r. stärker als /. Die aus //^ in vtl eintretenden Faserbündel hoben sich gegen die Norm weniger ab. Das Corpus Luysi war beiderseits stark ver- kleinert, r. aber beträchtlich stärker als /.

C, Epikrise.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Hauptveränderungen im vor- liegenden Gehirn das striäre System betrafen. Neben einem Etat crible im Putamen lag vor allem ein teilweiser Schwund der dicken Fasern des Pallidum vor, welcher als Etat paradysmy^linique an unsere Fälle von Etat dysmy61inique er- innert und in seinem Intaktsein des strio-pallidären Systems vielleicht als An- fangsstadium des unter VII, B, c ausführlich erwähnten Jelgersmaschen Falles anzusprechen ist.

Die Ursache des teilweise an topographische Bezirke geknüpften Schwundes der dicken Pallidumfasern ist ebensowenig wie in den Fällen von Etat dysmyi- linique geklärt.

Es ist interessant, daß wir die pathologisch-anatomischen Hauptveränderungen dort gefunden haben, wo wir sie nach der Krankengeschichte entsprechend unseren bereits in unserem Beitrag ,,Zur Kenntnis usw.** ausgeführten An- schauungen erwarten mußten. Auf Grund der Tatsache, daß eine Versteifung im Vordergrunde des Krankheitsbildes stand, mußte in erster Linie eine Er- krankung des Pallidum vermutet werden. Diese Annahme ist vollständig be- stätigt worden. Wir mußten ferner entsprechend der Tatsache, daß nur der /. Arm eine Rigidität zeigte und das /. Bein eine stärkere als das r., eine schwerere und auch in oraleren Partien nachweisbare Erkrankung des r. Pallidum an- nehmen. Auch dieser Schluß hat sich als vollständig im Einklang mit den Tat- sachen erwiesen. Unsere Tendenz endlich, das Zittern mit Erkrankung des Striatum in Verbindung zu bringen, wird durch den Etat criblj6 und seine stärkste Ausprägung im r. Putamen durchaus gestützt.

Ferner geht auch hier dem Etat paradysmyelinique des Pallidum eine starke Verkleinerung von CL parallel, und ist diese entsprechend der stärkeren Erkrankung des r. Pallidum auch im r. CL ausgesprochener. Eine gewisse Verminderung von .//* und H^ stützt des Weiteren die positiveren Be- funde der Fälle 20 und 21 und des Jelgersmaschen Falles (vgl. S. 646!).

Schließlich sei unter Heranziehung unserer beiden Fälle von Etat dys- myölinique darauf hingewiesen, daß in allen diesen drei Fällen einer starken Höhenabnahme des Pallidum eine anormale Breitenentwicklung des Putamen parallel geht. Dabei ist nicht anzunehmen, daß die im vorliegenden Fall vorhandene Kleinheit des Pallidum und Breite des Putamen sich etwa in den zwei Krankheitsjahren ausgebildet haben sollten. Wir neigen vielmehr zu der Annahme einer angeborenen Kleinheit des Pallidum und möchten dem- entsprechend eine entwicklungsmechanische Beziehung zwischen angeborener 166

Id. 85. lOSO.

g ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 793

einheit oder in früher Kindheit auftretender Volumenverminderung des Jlidum und Breite des Putamen supjionieren. Als ein weiteres Problem der kunft entsteht dann aber noch die Frage, wie weit eine angeborene Kleinheit j Pallidum zu einem späteren Untergang seiner Markfasern prädisponiert. eine zur Verbreiterung des Putamen führende Kleinheit des Pallidum jeden- Is keine notwendige Vorbedingung ist, beweist der unter VII, B, c näher schriebene Fall Jelgersmas.

27. P. Marie 7aU Senralt [Bi 21).

A, Krankengeschichte.

Renoult, Louis, entr^ le lo. janvier 1902.

Anamnese:

Bitumier, äg6 de 72 ans.

M^e morte d'une maladie de poitrine; p^re mort de vieillesse. Les grands-p^res »nt eu aucune maladie nerveuse. Les fr^res (3) sont morts assez agös, mais il n'ont [lais eu de troubles du Systeme nerveux.

II n'a jamais fait de maladies. A la suite d'une chute du deuxi^me etage en mai 95 surle dos, sans aucune fracture. ilacommenc^ deux ou trois jours apr^s r- ä *mbler.de la main gauche. 1

Quelques mois apr^s le tremblement est pass^ ä la main droite et puis peu de nps apr^ ä la jambe gauche. La jambe droite ne tremble pas. II n'a jamais eu de Ision. La raideur, qui d'ailleurs n'a jamais 6t6 tr^s accentu6e, s'est manifest6e quel- e temps apr^s le tremblement.

Depuis 2 ans environ il a de l^g^res douleurs aux articulations.

Etat präsent:

Droitier, sait lire et 6crire. Tremblement des deux mains et du pied gauche. Lc mblement augmente sous les 6motions, sous Tinfluence de la fatigue. Lorsque le malade mdunobjet^ le tremblement diminue; il peut boire tout seul assez facilement ; il peut »i s'habiller. II peut faire tous les mouvements avec les mains, mais plus lentement avec une certaine difficult^ avec la main gauche. II ne peut plus bien 6crire. Avec la lont^ il ne peut pas du tout emp^er son tremblement. II peut l'arr^er au niveau la main en serrant la main, mais alors il se manifeste dans Tavant-bras et dans le [gnet qui tremblent en masse. Pendant le sommeil le tremblement s'arr^e. Les »uvements sont assez libres sauf pour le bras gauche. II fait encore des promenades ;ez longues.

Reflexes tendineux, particuli^rement les rotuliens, assez forts.

Le mouvement du pied gauche est en p6dale.

Le malade a remarqu^ une certaine faiblesse seulement au bras gauche.

Pas de troubles des organes des sens, pas de troubles de la sensibilit^.

Fonctions de la vie vegetative normales.

II ne transpire pas davantage qu'avant le tremblement.

Pas de Sensation de chaleur.

Pas d'atrophie. ni de d6formations.

Jamais de maux de tete, ni de vertigs.

Pas de troubles dans le domaine des nerfs bulbaires.

Pas de sialorrh^e.

Le facies parkinsonien n'est pas bien evident. II cligne souvent.

Pas de troubles psychiques.

I^ malade marche assez facilement, 16g^rement penche en avant.

Etat g^n^ral assez bon.

II scnt le besoin de se d^lacer tr^s souvent.

167

794 _ _ C. UND 0. VOGT. ^^y\MS?**'

II- est tr^s optimiste.

Les muscles de la bouche ne tremblent pas.

27 d^cembre 1905:

A gauche:

Le poignet gauche semble tout a fait ankylose, les mouvements sont impossibles. I^ d6formation fait penser k la d^formation du rhumatisme chroniquc.

Le pouce est en hyperextension.

L'index est en extension. La phalangette est en hyperextension.

Medius: la phalangine est flöchie sur la phalange; la phalangette est en extension sur la phalangine.

Annulaire: la premi^re phalange est en hyperextension, les deux demi^rei sont ilechies.

Auriculaire : la d6formation ressemble ä celle de Tannulaire; eile est plus accentuee.

Sur les doigts, la peau ist lisse, glabre.

A droite:

Le poignet fonctionne ä peu pr^s bien, un peu de raideur cependant.

Les 6paules sont le si^ge de l^gers craquement et de douleurs, qui parfois au dire du malade Tempechent de porter la main ä la tete.

Plus tard:

Le tremblement se montre aussi dans la jambe droite, mais d'une fa9on moins accentuee. :

R^tropulsion assez marquee qui fait parfois tomber le malade.

Cligne parfois des yeux.

La parole ne presente pas de caract^res particuliers.

Mort le 16 avril 1909 de pneumonie gauche.

Diagnostique:

Maladie de Parkinson avec d^formation des doigts et du poignet gauches, Simulant le rhumatisme chronique.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Ein bis dahin gesunder Mann zeigt typisches Paralysis agitans-Zittem der /. Hand 2 3 Tage nach einem Sturz aus. der IL Etage. Das Zittern dehnt sich bald auf die r. Hand und den /. Fuß aus. Schließlich nimmt auch das r. Bein am Zittern teil. Die Rigidität bleibt dauernd gering. Nur sehr wenig ausgeprägte Amimik. Keine Pseudobulbärsymptome. In der /. Hand allmählich eine Ankylo- sierung der Gelenke wohl auf rheumatischer Basis.

B. Anatomischer Befund,

a) Makroskopische Untersuchung. Äußerlich bot das Gehirn keine nennenswerten Anomalien.

b) Mikroskopische Untersuchung.

Die beiden Hemisphären wurden getrennt in Horizontalschnitte zerlegt.

In der /. Hemisphäre sind auf der Medianseite das Mark des Cuneus^ des Prae- cuneus, Teile des Gyrus lingualis und des Isthmus gyri limbici, sowie große Abschnitte des Splenium corporis callosi mehr oder weniger vollständig resorbiert unter starker Verschmälerung der Rinde der betreffenden Gegend. (Alte Erweichung.)

In der /. Hemisphäre ein starker, in der r. ein geringerer Hydrocephalus internus.

Vielfach im Hemisphärenmark ein Etat cribl6 um kleine und größere Gefäße. Besonders ausgeprägt ist diese Erscheinung im Mark der Insel. J68

ff:i^5£* 8 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES StRIÄREN SYSTEMS. 795

Im van Giesonbild läßt der Nucleus substaniiae innominatae nichts Pathologisches erkennen.

Die Myeloarchitektonik der Großhirnrinde zeigt keine gröberen Veränderungen.

lU. ra^ Fig. 4 zeigt uns r. im dorsalsten Teil des Caput caudati {Nc) und dem allerdorsalsten Teil des Putamen {Put) einen deutlichen Etat cribl6. Im Mark der Insel und im Stratum subcallosum sind die Criblüren noch stärker ausgeprägt. In den übrigen Teilen der Abbildung, so speziell in der Capsula interna (Ci) und dem Thalamus. treten sie dagegen ganz zurück.

Tal 68, Fig. 6 macht uns mit einem etwas ventraleren Schnitt der /. Hemisphäre bekannt. Die stärksten und meisten Criblüren befinden sich in .den Capsulae externa et extrema. Sodann zeigt Put die meisten derartigen Lücken. A^^ und das Pallidum sind wesentlich ärmer daran. Die Capsula interna {Ct) zeigt nur eine einzige Criblüre in ihrem vorderen Schenkel lateral von der Bezeichnung „Ci". Der Thalamus läßt nur wenige perivaskuläre Desintegrationen erkennen.

Tal W, Rg. 6 bringt einen noch ventraleren Schnitt der r. Hemisphäre. Auch hier zeigen Claustrum und Capsula extrema die stärksten und meisten perivaskulären Hohlräume. Die Criblüren in Put stehen ihrer Zahl nach an zweiter Stelle. Sie sind in Nc und vor allem im Pallidum in geringerer Menge vorhanden. Größe und Faserr gehalt des letzteren zeigen keine greifbaren Anomalien. Die Capsula interna (Ci) ent- halt keine Criblüren. Die zwei kleinen Löcher kaudo-medial vom kaudalen Rand des Put sind beim Schneiden entstanden. Auch der Thalamus ist arm an perivaskulären Lücken.

Tal W, Fig. 7 ist einem ventraler gelegenen Schnitt derselben r. Hemisphäre entnommen. Neben einer Erweiterung des perivaskulären Raumes um die großen Gefäße lateral von der Commissura anterior zeigt Put eine ganze Reihe von Criblüren. Abgesehen von der Capsula extrema sind perivaskuläre Desintegrationen in den übrigen Teilen der Abbildung selten. Das Corpus Luysi ist nicht verkleinert.

lU. 69^ Fig. 8 bringt ein Stück des oralsten Teils von Put eines benachbarten Schnittes bei sofacher Vergrößerung. Man erkennt jetzt, wie schwere Veränderungen die Lücken der vorigen nur zweimal vergrößerten Abbildung darstellen. Man sieht um kleine Blutgefäße -7- teilweise exzentrisch gelegene vollständige Substanzlücken oder Gebiete rarefizierten Gewebes und diese Rarefizierung nur allmählich in gesundes Gewebe übergehen. Man beobachtet femer noch eine ganze Reihe kleiner Desintegra- tionsherde, welche bei zweifacher Vergrößerung überhaupt noch nicht sichtbar sind.

Tal 71, Fig. 1 zeigt uns von einem Schnitte der /. Himhälfte, der noch dor- saler gelegen ist als der Taf. 63, Fig. 4 von der r. Hemisphäre abgebildete, wie man bei starker Vergrößerung in einem Weigert-Pal- Schnitt auch in dem Caudatum zahl-, reiche Criblüren erkennen kann.

Tal 71, Rg. 2 bringt bei 50 f acher Vergrößerung einen Ausschnitt aus dem Putamen eines nach van Gieson gefärbten Schnittes aus der Nachbarschaft des Taf. 63, Fig. 5 abgebildeten. Neben zwei Criblüren, welche schon in einer Abbildung wie der Taf.63, Fig. 5 wiedergegebenen sichtbar sind, sehen wir einmal in der Umgebung der dorsalen Criblüre in weiter Ausdehnung die Grundsubstanz aufgehellt und dann zahlreiche " kleine^ bei schwacher Vergrößerung noch nicht sichtbare Criblüren. Auch an diesem Präparat kann man sich davon überzeugen, wie die van Giesonfärbung geeignet ist, den Etat cribl6 sichtbar zu machen, und wie viel stärker das Striatum erkrankt ist ab die medial davon gelegenen Himteile.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Von einem großen Erweichungsherd im kaudalen Teil der Medianseite der /. Hemisphäre abgesehen, fand sich eip weit verbreiteter Etat cribl6. Derselbe war aber im Mark der Insel und im Striatum viel stärker als in anderen Gegenden.

169

796 C. UND O. VOGT. ''^''SSd nJu3^!**

C, Epikrise.

Wir haben also auch hier in einem Etat crible des Striatum eine der Former^- des Status desintegrationis vor uns. Hervorzuheben ist, daß das Pallidum un^ii die pallidären Systeme relativ gut erhalten sind. Der vornehmlich im Striatunc~)L lokalisierten Erkrankung entspricht im klinischen Bild ein Vorherrsche des Zitterns und ein Zurücktreten der Rigidität. Für eine künftige Vertiefung, der Forschung sei der Hinweis nicht unterlassen, daß sich ein Etat cribl6 nor stärker in den Capsulae externa et extrema entwickelt hatte.

28. Ereundt Eall Bertha Z. {Bf 25).

A. Krankengeschichte.

Frau Bertha Z., Schneiderswitwe.

Geboren: 22. 7. 1835.

Aus den Akten Dr. Steinbergs am i. 3. 1916:

Sehr schwerhörig. Starkes Alters zittern, besonders im r. Arm. Herrmusk^s^^ ^ schwäche. Arterienverhärtung.

Aufnahme im Claassenschen Siechenhaus am 13. 6. 1916.

Status am 16. 6. 1916:

Rechter Arm zittert ungleich stark, wird im Ellenbogengelenk, den Fingergrundgelenken und oberen Fingergelenken leicht gebeugt g halten. Das Zittern wird in der Erregung heftiger, hört bei intendiert« Bewegungen vorübergehend auf, doch soll zeitweilig beim Suppenlöffeln d Suppe verschüttet werden.

Klagt über Beängstigung, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, Schwerhörigkeit. Di Zittern soll vor zwei Jahren beim Erwachen ohne Vorboten sich eingestellt habec '^

Herztöne zu hart klappend. Spitzenton im V. Interkostalraum. Nicht vcrbrcitei» '

Grenzen.

Starke Lungenblähung.

Deutliches Reiben im linken Kniegelenk (vor vielen Jahren auf das linke Kn: gefallen). Leichtes Reiben im rechten Kniegelenk. Die anderen Gelenke frei von Reibung geräuschen.

Kniescheibenreflexe lebhaft, f. = /. Kein Babinski. Fußkitzelreflex schwach, r. «

Leib: 0. B.

Allgemein reduziert und abgemagert. Schwerhörig.

Beim Gehen verstärktes Zittern des r. Arms und viel Schwindelgefühl.

Urin: Eiweiß und Zucker.

15. II. 1916: Vornübergeneigte Haltung, etwas ,, schiebender" Ganj Beginnende Schüttellähmung (?).

Zeigte zuletzt schwere Dysenterie und starb an Bronchopneumonie am 15.3. 1917'-

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Die Kranke zeigte in den letzten drei Lebensjahren ein bei Erregung ge- steigertes, durch intendierte Bewegung vorübergehend aufgehobenes Zittern des r., gleichzeitig rigiden Arms. Im letzten Lebensjahr ,, schiebender" Gang mit vornübergeneigtem Körper.

B. Anatomische Untersuchung. a) Makroskopischer Befund.

Sektionsbefund des Pathologischen Instituts der Universität Breslau. Dr. Häuser^ den 17. 3. 1917: 170

35; 8. ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 797

literatio pericardii. Myocarditis fibrosa. Arteriosderosis aortae et arter. Atrophia lienis. Adhaes. veter. pleur. utr. Pleuritis fibrin. sin. neumonia confl. lob. sup. et inf . sin. Enteritis dysenterica oilcerosa gravis. )er. Atrophia hepatis. Nephritis interstit. chron. Cystitis. Oedema Atrophia gyrorum (Gehirn in toto konserviert), irngewicht: ii6og."

b) Mikroskopischer Befund.

haben bisher nur Blöcke aus Ca und Umgebung, sowie dem Striatum und untersucht.

Area gigantopyramidalis zeigte keine gröberen cytoarchitektonischen Ver- en. Speziell waren die Riesenzellen in normaler Zahl vorhanden. Im Nissl- keine Drusen sichtbar.

eineren histopathologischen Befunden dieser Area und ihrer oralen Nachbar- illte Bielschowsky folgendes fest:

ibrillenpraparate zeigen in der Rinde massenhaft Drusen von typischem Das Stratum zonale ist verbreitert, reich an pyknotischen Kernen. Das che Retikulum der Glia in III ist grob retikulär und enthält zahlreiche i und kleine Schollen. Die AlzheimerscheFibrillenveränderung ist nur ganz : anzutreffen. Zellkörper der Ganglienzellen zeigen schlechte Färbung, Fibrillen- unkle Kerne. Kapillarfibrose.

r i SS 1 Präparate zeigen wabigen Zellzerfall, viel Pigment, chronische Ver- der Ganglienzellen mit üppiger Neuronophagie.

rliapräparate zeigen starke Proliferation der epizerebralen Randglia, ver- rliafasem in /// und IV und zahlreiche faserbildende Astrozyten im Mark, seilen sind zum Teil vakuolisiert, enthalten gelbes Pigment (Abbauprodukte Natur) und gut gefärbte Plasmaleiber.

71, Fig. 8 lehrt uns an einem 20 fi dicken van Gi es onpräparat, daß bereits tarnen ein Etat cribl^ begonnen hat. /. Putamen zeigt ähnliche Veränderungen.

71; Fig. 4 macht uns mit der stärksten Veränderung bekannt, die wir in den von Striatum + Pallidu|n gefunden haben. Die Außenhälfte der l, Lameüa iterna zeigt in fast ihrer ganzen Längehausdehnung eine starke Aufhellung " in der Gegend 3er Lamella, in welche wir die Armzone zu lokalisieren die haben. Eine ähnliche, wenn auch weniger prononcierte Aufhellung zeigen ben Frontalebene die zwei äußeren Dritteile der L Lameüa externa. Im lainschen Eisenhämatoxylinpräparat weisen diese aufgehellten Stellen einen iden Untergang der Markscheiden auf. Im Giesonbild erkennt man bei i Vergrößerungen eine deutfiche Ersatzbildung von Gliafasem, zahlreiche amylacea und daneben wenigstens einige intakte Ganglienzellen, terdem zeigen die Präparate eine ausgesprochene Volumenreduktion von Nc. Nucleus substantiae innominatae läßt keine pathologischen Veränderungen

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

untersuchten Blöcke zeigten neben einer gewissen senilen Veränderung ßhirns eine Atrophie der Caudata, einen beginnenden Etat cribl6 in tamina und vor allem einen ausgesprochenen Faseruntergang in den n zwei Dritteilen der /. Lamella externa und einen noch stärkeren Vußenhälfte der /. Lamella interna im Gebiet unserer hypothetischen

171

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79« C. UND O. VOGT. '"""^^i'^SSS!!^ !

C. Epikrise. j

Die Untersuchung der herausgeschnittenen Blöcke hat genügt, um uns Von der a priori vermuteten Existenz des Status desintegrationis des StriahiM'+ Pallidum zu überzeugen. In der schweren Faserverminderung jenes Teils der Lameila interna^ den wir als Armzentrum auffassen, auf der /. Seite dürfen wir wenigstens einen Teil der Ursache des hier mit deutlicher Rigidität verbundenen Zitterns des r. Arms vor uns haben.

29. Sohuitert Fall Maria B. (Ho /.)

A, Krankengeschichte.

Aufnahme im Hospital der Fröbelstraße am lo. u. igig.

Anamnese:

61jährige Witwe, gibt an, seit einigen Monaten beim Gehen nach vorn oder hinten zu taumeln und Zitterbewegungen in den Händen zu haben. f

Status praesens:

Mager, Gesichtsausdruck maskenhaft, seltener Lidschlag, Rigidität J der Muskulatur. |

Pro- und Retropulsion.

Arterien hart.

Sonst kein besonderer Befund.

Diagnose: Paralysis agitans.

Herr Prof. Schuster hat die Kranke einmal vor dem Tode gesehen und die Diagnose bestätigt.

Tod am 2. 2. 1920.

B. Anatomische Untersuchung.

Es wurden bisher nur einige Paraffinschnitte aus den Zentralwindungen unjJ den herausgeschnittenen und in 3 Blöcke zerlegten /. Zentralganglien untersucht.

Die Hirnrinde zeigte keine gröberen cytoarchitektonischen Veränderungen. Auch im van Giesonbild und dem Heidenhainschen sieht man nichts von Drusen.

Das Caudatum ist geschrumpft. Es zeigt einen mäßigen Etat cribl6.

Das Putamen weist in seiner ganzen Ausdehnung einen etwas stärkeren Etat cribl^ auf.

TaL 71, Fig. 6 bringt diesen Status aus dem oralen Teil des Putamen. In der Mitte /. haben wir eine größere Criblüre. Unter dieser sehen wir um ein kleineres Bhit- ßefäß einen Hohlraum, der noch teilweise nicht resorbierte Substanz enthält. Auch in der Peripherie dieses Hohlraums ist die Grundsubstanz noch rarefiziert. Ganz oben haben wir eine Criblüre mit deutlich rarefizierter Umgebung. Daneben zeigt die Ab- bildung noch viele kleine und kleinste Criblüren.

In der Schnittebene, welcher diese Figur entnommen ist, zeigt das Mark der Insd einen starken Etat cribl^. Die Capstdae externa et interna weisen nur wenige Criblüren mit ganz zirkumskriptem Faseruntergang auf. Am Nucleus substantiae innominatae können wir keine Veränderungen erkennen.

In der Frontalebene des Übertritts der Commissura anterior auf die andere Seite zeigt der hier getroffene orale Teil des Pallidum externum eine Reihe kleiner Criblüren mit peripherem Faserzerfall. Es gibt auch in dem einzelnen Schnitt kleine Stellen, die einen Faserzerfall aufweisen, ohne daß ein Zusammenhang mit einer Criblüre er- kennbar ist, Aber in diesen Fällen läßt sich nicht ausschließen, daß die Peripherie eii^ nekrotischen Herdes getroffen ist. Die Außenpartie der Lamella pallidi externa zeigt eine Faserverarmung. Die Capsula interna enthält hier wie oraler kleinste Hefdchen mit in Zerfall begriffenen Markscheiden, Diese Herdchen bilden teilweise die Peripherie 172

SJkSliSS; 3. ZUR LEHRE DE ^ ERKRANKUNGEN DES STRÜREN SYSTEMS. 799-

von Criblüren. Für die übrigen ist dieses wenigstens möglich. Das Mark der Insel zeigt nach wie vor einen starken Etat.cribl6.

In derjenigen Frontalebene, in welcher das Pallidum in seinei; größten Ausdehnung getroffen ist, sind das Putamen und besonders das Pallidum in ihrer Höhe reduziert. Von einen gleichzeitigen Verbreiterung des Putamen kann dabei nicht die Rede sein. Die vential-dorsal verlaufenden Fasern der Lameüa pallidi externa sind hier größten- teik geschwunden. Die Lameüa interna zeigt auch einen teilweisen Untergang ihrer ventral-dorsalen Fasern. Im dorso-lateralen Teil dieser Lamelle sind dieselben sogar fast ganz degeneriert. In beiden Lamellen kann man femer eine Vermehrung der Glia- kemc und der Gliafasem nachweisen. Die Faserung der Ansa lenticularis ist im Hei de n- hainschen wie im Giesonschen Präparat von kleinen Hohlräumen (Resten degenerierter gequollener Markscheiden ?) erfüllt, die vielfach von vermehrten Gliafasem durchsetzt und umsponnen sind. Außerdem finden sich im Pallidum zerstreut kleine Criblüren. Die Capsula interna und der Thalamus sind im Vergleich zu den Verändemngen im Striatum + Pallidum und dem Etat crible der Insel .wenig verändert.

In der Frontalebene der oraleren Partien des Corpus Luj'si zeigt die Lameüa pallidi externa den gleichen Befund. Dagegen ist die Degeneration in der Lameüa in- terna eine sehr viel beträchtlichere. Gil ist wesentlich schmäler als Gim. Die Fasern des Paüidum tnternum wie die die Capsula interna durchsetzenden Fasern des striären Systems zeigen die gleichen Lücken, welche wir in der vorigen Frontalebene für die Ansa lenticularis feststellten und hier von neuem finden. Das Corpus Luysi ist im Heidenhainschen Präparat nicht dunkler als die Zona. incerta.

Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Neben einer gewissen Kleinheit des Striatum und Pallidum und einem Etat cribl6 in ihnen fand sich ein teilweiser Untergang der Fasern des Pallidum. Der- selbe war am ausgeprägtesten im kaudalsten Teil des Pallidum.

C. Epikrise.

Parallel der ausgesprochenen Rigidität finden wir eine starke Pallidum- erkrankung. Die letztere ist am stärksten im kaudalen Teil des Pallidum, d. h. demjenigen Teil, welchen wir als Rücken- und Beinzentrum auffassen. Diese unsere somatotopische Lokalisation dürfte in der Tatsache eine Stütze finden, daß in dem vorliegenden Fall die Pulsionen so im Vordergrund standen, wobei wir die letzteren nicht einfach als eine mechanische Folge der Versteifung auffassen.

80. Lernet* EaU J. D. (P 7.)

Der folgende Fall ist einer der beiden, in welchen C. Vogt auf Grund des patholc^isch- anatomischen Befundes die Diagnose einer Paralysis agitjms ge- macht hat, ohne die Krankengeschichte zu kennen. Es ist nun sehr interessant, daß unser sehr verehrter Kollege Lemos bereits 191 2 den Fall als ,, Paralysis agitans und Pseudobulbärparalyse*' in den ,,Anais Scientificos de Faculdade de Medecina do Porto** beschrieben hatte. Der Autor hat uns vor kurzem die folgende französische Übersetzung gütigst zur Verfügung gestellt.

Bapporti de U paralytie agitante aveo la paralyaie pseudo-bolbaire ohes un malade

affeote de psyohose systematisee progresBive (paranoia).

La paralysie pseudo-bulbaire est susceptible de localisations anatomiques differentes^ en vertu de quoi eile peut s'associer avec Th^mipl^gie, Tath^tose, la maladie de Par- kinson, etc,

173

800 C. UND 0. VOGT. '^'^'Sd^ iimnUogü.

Le malade dont nous allons nous occuper a fait cette demi^re association. Dau une phase tr^ avanc6e d'iine interessante psychose syst^matis^ progressive, la paral^^ie pseudo-bulbaire et la maladie de Parkinson se sont manifest^ en mtoie temps et sc sont d^veloppees si intimement unies comme si elles ^taient sous la d^pendanoe directe de la m6me l^ion r6alisant un ensemble, un tout^ constitu^ par la fusion des symptomes de la paralysie pseudo-bulbaire avec les symptomes de la maladie de Par- kinson^ et qui peut s'appeler paralysie pseudo-bulbaire k forme parkinsonienne, ou plus simplement paralysie pseudo-bulbaire parkinsonienne.

Observation.

. Joachim J. D.^ lieutenant de Tancienne garde municipale avait ^6 toujouis bicn portant^ sobre^ un peu concentre^ mais bien ^quilibr^. II dtait droitier. Pas d'alcoolisme. Pas de Syphilis. II aimait sa femme et lui donnait toutes ies preuves de la confianoe, d'ailleurs m^rit^e^ qu'il avait dans sa fid^lit^ conjugale. II n'a jamais 6te jaloux. Un fils^ debile mental^ est mort k Tbopital du Conde de Ferreira avec un d^lire polymor[rfiei un autre fils fut victime d'une tuberculose intestinale. Deux filles sont hystäiques. Un fr^re du malade a fait une pouss^e de d^lire religieux^ dont il s^est r^tabli.

Notre malade a ^t^ interne ä THopital du Conde de Ferreira, le 26 juillet 1893, ä Tage de 42 ans^ avec une psychose syst^matisde, qui avait 6clat6 deux jours auparavant par une excitation tr^s violente pendant laquelle il a failli assommer le commandant de la garde parce qu'il croyait que cc demier avait des relations intimes avec sa femme, mais k cette date la p^'schos-e avait d^jä 6 mois au moins.

Sa croyance dans Tinfidelite de sa femme ^tait alors in^branlable. £n plus il pensait qu'ellecherchaitä Tempoisonner par tous les moyens possibles, dans les cigarettes, dans le th^, dans le pain, dans tout ce qu'il mangeait.

Elle voulait s'en d6barrasser le plus t6t possible pour jouir de sa libert6.

II entendait^ mais seulement apr^ Tinternement, des voix injurieuses, qui se rapportaient k Tadult^re scandaleux de sa femme. Plus tard il a eu aussi des hallucina- tions de la sensibilit^ gön^rale: on le frappait k distance, on le pin9ait, on lui donnait des d^charges el^ctriques, etc.

Dans le cours de 1894 les hallucinations s'att6nu^rent et le d^lire de perstoition et jaloux commen9a k s'effacer; mais, en m^me temps, le malade devient peu ä peu ambitieux et örotique: il croit appartenir k la famille royale et veut se marier avec la reine Maria Pia.

Enfin, ce d^lire se st6r6ot3rpe et le malade glisse vers la d^mence.

En .191O; outre la dömence tr^s avanc^e, ce qui frappait le plus Tattention, c'dtait un ötat physique^ d^velopp^ progressivement et constitu^ par Tassociation des sympto- mes carat^ristiques de la paralysie agitante avec la paralysie pseudo-bulbaire.

Mentionnons tout d'abord sa mani^re tr^s speciale de se tenir debout et de marcher.

A3^nt la t^e inclinee sur la poitrine et le corps 16g^rement pench^ en avant, notre malade marchait raide, soud6, k petits pas pr^cipit^, absolument conmie un parldn- sonien. Si nous ajoutons que la propulsion 6tait si accus^e que parfois on ^tait Obligo de retenir le malade pour empecher sa chute en avant, que son regard ^tait fixe, stupide et etonne, nous avons le tableau parkinsonien, except^ le tremblement, qui est un ph^nom^ne contingent, accessoire et chronologiquement secondaire.

C'ötait la rigiditd g^nöralis^e qui dominait la Situation et produisait son attitode soudee. Les muscles ^taient durs au toucher et si on cherchait k imprimer aux membres des mouvements passifs on sentait une certaine resistance. Impossible de toumer la tete pour regarder de cot^. Lorsqu'on appelait le malade par derri^re il se toumait lentement tout d'une pi^ce, comme un mannequin.

L'attitude des membres sup^rieurs est digne de remarque. L'avant-bras 6tait en flexion sur le bras et la main, ram^nee sur l'epigastre, 16g^rement fl^hie.

174

Bd.», IMO, ^ 2VR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 8oi

Le front 6tait pliss^ transversalement, les sourcils relev^ et les yeux grands ouverts .

Les r6flexes 6taient normaux.

Eji m^me temps que se d^veloppaient ces symptomes on constatait un ensemble de troubles progressifs de l'articulation des mots^ de la döglutition, de la mastication et de la phonation^ qui caract^risent la paTal3^ie pseudo-bulbaire.

La dysarthrie ^tait d^ le d^but le trouble pr^dominant.

Le 14 Novembre 1911, dans Tapr^s-midi, et lorsque la paralysie pseudo-bulbaire ^tait d€}ä constitu^e^ le malade eut un ictus apoplectique avec perte passag^re de con- naissance; le lendemain je le trouvai au lit avec une l^gdre paralysie du bras gauche et du facial inf6rieur du m^me c6t^.

Les r^flexes tendineux 6taient alors exag^r^ du c6t^ gauche.

Pas de signe de Babinski. Pas de clonus du pied. La dysarthrie ^tait tr^s accentu6c ; le malade pouvait ä peine ^mettre quelques sons laryng^. La mastication dtait im> possible^ mais la d^lutition semblait normale. II ne pouvait ni siffler^ ni souffler^ ni faire la moue.

Le r^flexe pharyngien 6tait normal.

Apr^ une am^lioration temporaire de la paralysie pseudo-bulbaire^ celle-ci et r^tat g^n^ral du malade s'aggrav^rent progressivement.

La langue ^tait par^si^e^ mais le malade pouvait encore la mouvoir assez bien.

La beuche entr'ouverte laissait involontairement s'^couler la salive.

Le gatisme v6sical et rectal fit son apparition.

Le malade^ ^tant peu k peu envahi par une grande faiblesse, ne pouvait plus d^- tacher les pieds du sol et s'alita d^finitivement.

Enfin^ il mourut le 7 mai 1912^ k Tage de 61 ans^ 19 ans aprös l'intemement et 2 ans apr^ le d^but de sa paralysie agitante et de sa paralysie pseudo-bulbaire; et il succomba par T^puisement de toutes ses forces, dans Tinconscience absolue de sa Situation^ aux progr^s d'une cachexie terminale.

Ne nous occupons plus de la maladie mentale^ d'ailleurs tr^s interessante, que nous avons r^um^e un d^lire'de pers^cution, k syst^matisation parfaite, qui dans un moment donn^, a pris la forme du d^lire de Jalousie et qui ^volutionna dans le sens du d61ire chronique de Magnan.

Ce qui donne le plus grand int^ret k ce cas clinique c'est le rapprochement qu'il montre entre la paralysie agitante et la paralysie pseudo-bulbaire rapprochement rare, extraordinaire et pour cela mime bien digne de remarque.

Le fait n'est pas nouveau. Le professeur Brissaud, k diff^rentes reprises, appela Tattention sur les relations intimes, «tr^s etroites», qui existent entre le Syndrome pseudo-bulbaire et la paralysie agitante qu'il n'envisageait plus comme une tUvrose^ mais comme une nSvropathie, probablement li6e k une 16sion sous-thalamique ou p^- donculaire.^)

La Physiologie pathologique des symptomes que nous avons observös ne peut ttre essay^e qu'apr^s Texamen du cerveau, d6bit6 en coupes microscopiques s6ri^es.

Contentons-nous pour le moment de constater que chez notre malade la paralysie pseudo-bulbaire et la maladie de Parkinson se sont manifest6es simultarUment et ivolu- tionnireni si intimement unies comme si elles itaient sous la dipendance d*une seule et meine lision. ,

Cela 6tant, rappelons que la localisation anatomique de la paralysie pseudo-bulbaire est encore discut^e. Nous savons que la Ifeion bilaterale de Topercule frontal (zone motrice facio-pharyngo-laryngee) ou du faisceau pyramidal produit ce Syndrome. Et le prof.

^) E. Brissaud y Le^ons sur les maladies nerveuses (Salpetri^re, 1893 '894). Le^ons II', XXII*, XX IIP.

i7S

S02 C. UND O. VOGT. '«^ kJSSS?!^

D^jerine^ entre autres, a soutenu que cette 16sion etait la seule capable de le produire. cLa l^sion rencontr^e parL6pine^ dans laparalysie pseudo-bulbaire^ ^tait S3an6trique et si^geait dans le segment externe putamen de chaque noyau lenticiilaire. ^e a 6te retrouv^e par differents auteurs: Leresche (1890), Galavielle (1893), Brissaud et Halipr6 (1894). Pour nous^ cette localisation ne peut plus etre admise. ,Le noyau lenticulaire^ en effet^ n'envoie pas de fibres dans le pied du pedoncule c^r6bral et n'en re9oit pas de la corticalit^.»^)

Cependant^ d'apr^s Pierre Marie^ tout le monde s'accorde ä localiser la Idsion de Tanarthrie «dans la region et dans le voisinage du noyau lenticulaire^ soit dans ce noyau lui-meme soit dans la partie ant6rieure et le genou de la capsule interne^ soit dans la capsule externe.» ^j

Dans son deuxi^me article suf la RMnsion de la question de Vaphasie, rillustrt neurologiste reproche ä D^jerine d'attribuer, ä Tappareil moteur intra-c6r6bral de la parole^ une Constitution presque analogue ä celle du faisceau pyramidal. U ne com- prend pas pourquoi^ dans son trac^ de Ten^emble des organes nerveux de la phonation^ son contradicteur ne parle pas des ganglions centraux. II pense cque le corps lenti- culo-stri6 represente^ dans le m^canisme de la parole^ soit par lui-m€me^ soit par ses fibres afferentes ou eff6rentes, un rouage beaucoup plus important (au point de vue moteur) que le centre cortical seul mis en cause par D^jerine».

En se rapportant aux alt^rations anatomiques de Tappareil lenticulo-stri^ il dcrit ceci : a Certaines lesions donneront Heu ä l'anarthrie teile que je la comprends^ d'autres lesions, et ce sont surtoutles lesions d^origine lacunaire, produiront la paral3rsie pseudo- bulbaire.*)

Brissau d^ de son cote, pensait que le Syndrome pseudo-bulbaire pouvait etre pro- duit par des l&ions symetriques des masses opto-stri^es.*)

Enfin, Madame Cecile Vogt, bien connue par ses travaux d'anatomie c6r6brale, dans une Observation publice en collaboration avec Hermann Oppenheim sous la d^signation de uNature et localisation de la paralysie pseudo-bulbaire conginitdU et injantile^^) explique la dysarthrie, la difficult^ de la mastication et de la d^glutition de la malade, ainsi que les autres troubles moteursqu'elle pr6sentait par Tatrophie marbr6e du corps stri6 qui 6tait la seule l^ion existante. ' La capsule interne ne pouvait pas itre mise en cause ^tant donn6 qu'elle n'^tait pas af f ectee ni directement ni par compression.

En s'appuyant sur cette Observation et sur un cas d'Anton, un gar9on de 9 ans qui avait des mouvements choröo-athetosiques et de 16gers troubles de la parple^ et chez lequel on avait trouv^ la meme l&ion, envahissant les ^j^ post^rieurs du putamen (le noyau caud^ etait intact) Madame Vogt ^tablit «que non seulement les niusdes labio-glosso-laryngopharyng^ sont repr^ent^ dans le corps striö. mais la musculature

toute enti^re».

*.

D'apr^s ce que nous venons de dire, une Idsion bilaterale du corps stri6 explique suffisamment le Syndrome pseudo-bulbaire et la marche «ä petits pas» que notre malade pr^sentait. .

Pourrions nous mettre aussi sous la d^pendance de cette l^sion la propulsion du malade et son attitude?

Si le diagnostic topographique de la paralysie pseudo-bulbaire est un probltoe assez deiicat, meme lorsque en vertu de conditions speciales il parait de prime abord

*) J. D^jerine, Anatomie des centres nerveux. Vol. II. p. 253, *) Pierre Marie, La Semaine M6dicale. 1906. p. 243. *) Pierre Marie, La Semaine MMicale. 1906, p. 497. *) E. Brissaud, Legons sur les maladies nerveuses (deuxieme s^rie). p. 324* ^) H.Oppenheim und C. Vogt, Wesen und Lokalisation der kong^italen und iafantikn Pseudobulbärparalyse. Journal für Psychologie und Neurologie. 1911, p. 293 308,. 176

Bd, », WD, 2UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 803

3^

comporter une Solution simple^ puisque les autopsies montrent que les 16sions n'ont pas tcujours la localisation que Tanalyse clinique faisait pr^voir, le substratum anar imtdque de la maladie de Parkinson^ encore aujourd'hui g6n6ralement consid^r6e comme une n^vrose^ maladie sine materia, est inconnu.

Dans cette incertitude, seul Texamen du cerveau en coupes microscopiques s^ri^es, comme nous Pavons dit, pourra indiquer T Interpretation plus judicieuse des symptömes observds chez notre malade.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Der Kranke begann, nachdem er 17 Jahre an einer Paranoia (Paraphrenie) gelitten hatte, gleichzeitig an Symptomen einer Paralysis agitans sine agitatione und an (vorübergehend im Anschluß an einen Iktus mit /.-seitiger Parese des Mundfazialis und des Armes stark gesteigerten, sonst aber der Ver- schlinunerung der Paralysis agitans- Symptomen parallel zunehmenden) Störungen der Phonation, Sprachartikulation, des Schluckens und Kauens zu erkranken. Ausgesprochene Brachybasie mit nach vorn übergeneigtem Kopf, starke Propulsion und Rigidität bei normalen Reflexen. Tod nach zwei Jahren.

Lern OS neigt dazu, die Ursache der Pseudobulbärparalyse und die Brachy- basie durch eine symmetrische Erkrankung des Striatum zu erklären. Er läßt in suspenso, durch welche Erkrankung die Propulsion und die Rigidität ent- standen sind. Er hebt aber ausdrücklich hervor, daß die gleichzeitige Entwicklung der Pseudobulbärparalyse und der Paralysis agitans auf eine und dieselbe Hirn- verletzung hinweise.

B. Anatomischer Befund.

a) Makroskopische Untersuchung. Das Gehirn bot äußerlich nichts Besonderes dar.

b) Mikroskopische Untersuchung.

Das Gehirn wurde in einen kleinen oralen (P 7 a) und einen großen kaudalen Frontalblock (P 7) geteilt. Der orale Block wurde von vorn nach hinten, der kaudale in umgekehrter Sichtung in Serienschnitte zerlegt. Einen Teil derselben färbten wir dann nach Weigert-Pal und nach van Gieson.

Das Mark des Stirnpols (P 7a, 206) zeigt einen deutlichen Etat cribl6. Er ist besonders in F^ ausgeprägt. Im Mark der /. Hemisphäre findet sich außerdem eine kleine, noch von Fettzellen erfüllte malacische Lakune. Die Hirnrinde weist nirgends eine lokale Veränderung auf.

Ein Schnitt durch die beiden Hemisphären in der Frontalebene des oralsten Teils (P 7, 1627) des Genu corporis callosi zeigt ebenfalls keine Herderkrankung der Rinde, Das zentrale Album bietet in ganzer Ausdehnung einen Etat cribl^ dar. Von den Alba gyrorum ist besonders dasjenige von F^ von diesem Status betroffen. Im Mark der f. Hemisphäre befinden sich außerdem zwei kleine malacische Herde. Um beide ist das Album aufgehellt.

Tai 72, Fig. 1. Es handelt sich nicht um den 1442., sondern um den 1492. Schnitt. Die in ihrem oralsten Teil angeschnittenen Caudata sind geschrumpft. Ihre dem Seitenventrikel zugekehrten Oberflächen sind abgeplattet. In der Mitte des /. Nc haben wireine malacische Lakune vor uns. Daneben sehen wir eine Reihe von C ri b 1 ü r e n. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man noch eine größere Zahl derselben. Im r. Nc befindet sich auch eine kleine zirkumskripte Aufhellung. Sie zeigt bei stärkerer Ver- größerung stark gefüllte Kapillaren, auch bei van Giesonfärbungen eine Aufhellung

12 Journal (Qr Psychologie und Neurologie. Bd. 35, Ergh. 3. 1^77

804 C. UND O. VOGT. '"°Sd NeSSÄ?.''

der Gnindsubstanz und in der Peripherie eine Markierungslinie gegen die Umgebung. Es handelt sich offenbar um den Beginn einer Erweichung auf Grund der Verstopfung der zugehörigen Vene. Außerdem kann man auch schon bei dieser Vergrößerung einen, Etat cribl6 des r. Nc erkennen. Bei stärkeren Vergrößerungen tritt er deutlidier hervor. In der marklosen Zone ist die gliazellarme AußenhälfU geschwunden. Die Atrophie der Caudata dürfte die Hauptursache des Hydrocephalus internus seiD und gibt den Seitenventrikeln auch hier die für diese Ätiologie charakteristische drei- eckige Form. Im Album centrale der r. Hemisphäre begegnen wir einem neuen malacischcn Erweichungsherd. Nach außen befindet sich noch eine kleine schmale mAlacische Lakune. In der /. Hemisphäre sind Teile der beiden malacischen Herdchen getroffen, welche hier im Album nahe dejn Fundus des Sulcus frontalis superior ge- legen sind. Die Abbildung läßt endlich den Etat cribl^ der Alba centralia erkennen. Von den Alba gyrorum des Stimhirns zeigt auch hier dasjenige von F^ diesen Statv am stärksten. Noch mehr ist derselbe im Mark der angeschnittenen TempondpeU ausgebildet. Der Cortex cerebri zeigt keine herdförmigen Veränderungen.

TaL 72, Fig^ 2. Es sind hier Teile der r. Hemisphäre aiisnahmsweise nur bei dreifacher Vergrößerung wiedergegeben. Nc zeigt wie bisher eine vollständige Ah- flachung seiner Ventrikeloberfläche. Auch sein Innenteil ist verschmälert und die Zahl seiner Faserbündel vermindert. Put zeigt schon bei dieser Vergrößerung einige Criblüren. Bei stärkerer Vergrößerung kann man sie hier in größerer Zahl und auch ihre Existenz in A'^^ erkennen. Im Album centrale sehen wir wieder einen neuen kleinen malacischen Herd. Es hat derselbe hier ia der Mitte von F* den größten Teil des Album centrale durchschnitten. Außerdem konstatieren wir einen Etat cribl6 speziell im Mark der Insel, In der /. Hemisphäre haben wir noch einen Rest der einen der beiden kleinen Erweichungen nach innen vom Fundus des Sulcus frontalis superior.

In einem Frontalschnitt durch die Commissura anterior (P7, 1292) zeigen die Caudata ebenfalls eine deutliche Abflachung und eine Armut an Fasern. Der an- geschnittene oralste Teil des Pallidum externum weist vielfach einen Ausfall der sino- pallidären Bündel auf, während die dicken Pallidumfasern keine Verminderung darbieten.

Taf. 72, Fig. 3. A'^ ist nach wie vor geschrumpft, enthält in seiner Mitte eine kleine Blutung, zeigt bei stärkerer Vergrößerung einige Criblüren und ist lateral- wärts durch eine malacische Lakune begrenzt. In Put haben wir zunächst lateral von Ca die schon öfter erwähnte, anscheinend symptomlos verlaufende Erw'eiterung der perivaskulären Lymphräume großer Blutgefäße. Außerdem zeigen aber auch die anderen Teile von Put Criblüren. Ge weist einige malacische Lakunen auf. InGi sind die strio-pallidären Fasern zweifellos vermindert. Ci und Cc sind gut erhalten. Da- gegen befinden sich in dem noch abgebildeten kleinen Teil des Album centrale einige kleine malacische Lakunen. Eine Durchmusterung der oraleren Schnitte lehrt, daß die Faserung von F^ nur durch kleinste Lakunen geschädigt ist. Dasselbe gilt ebenso von der Faserung des in diesem Schnitt getroffenen oralsten Teils des Operculum.

TaL 72, Fig. 4. Das ganze Striatum + Pallidum ist verkleinert und läßt einen Etat cribl6 erkennen. Bei stärkerer Vergrößerung sieht man, daß in Ge die stfio- pallidären Fasern deutlich verringert sind. H^ ist höchstens mäßig verschmälert. Cc ist auch hier annähernd normal. Die Fasern des kleinen abgebildeten Stückes des Album centrale (dorsolateral von Ci) sind teilweise degeneriert. Ci und der Aniangl- teil vom Pes pedunciäi zeigen fast keine Substanzdefekte. Dagegen findet sich eine Reihe kleiner malacischer Lakunen im lateralen Kern des geschrumpften TßudamMS, Seiten Ventrikel und dritter Ventrikel sind erweitert. Ein größerer Herd ist auch in den zwischen Figg. 3 und 4 abgebildeten Schnitten im Mark vom r. Operculum nicht vorhanden. Das Album centrale der /. Hemisphäre ist viel besser erhalten. Die Hirn- rinde selbst zeigt nirgends einen Herd.

In den kaudaleren Schnitten zeigen Striatum und Pallidum den gleichen Etat cribH. Das Corpus Luysi läßt keine Verkleinerung erkennen. Es zeigt aber beider- seits einige Criblüren.

178

Bl .23. 1920,

3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 805

Im Schnitte iioo ist der dorsalste Teil der r. Capsula interna, d. h. die Projektions- faserung aus dem ventralen Teil des Gyrus centralis anterior, dem Fuß des Gyrus fron-- toHs medius und dem kaudalen Dritteil des Gyrus frontalis superior durch eine Er- weichung vollständig zerstört. Die /.-seitige Projektionsfaseruug ist im Album cen- trale dieses Schnittes annähernd normal. Beide Thalami zeigen mehrere kleine malacische Lakunen.

Im Schnitt 1062 ist im Album centrale die Projektionsfaserung r. infolge des im Schnitt IIOO konstatierten Herdes fast ganz degeneriert; /. ist sie speziell in den ventraleren Partien gut erhalten. Die Nuclei rubri sind normal.

Weiter kaudal zeigt das Album centrale beiderseits neue kleine malacische Lakunen, so daß die Projektionsfaserung beider Gyri centrales anteriores auch in den dorsalen Partien gelitten hat. Auch weiter kaudal weist das Album centrale überall Lakunen auf. Dasselbe gilt von den kaudaleren Teilen des Thalamus.

In der Brückengegend sind die Brachia conjunctiva normal. Dasselbe gilt vom Tegmentum und von den Brachia fontis. Unmittelbar ventral vom Tegmentum finden sich Criblüren und r. eine frische kleinste Erweichung. Die Pyramidenfasern haben f. speziell in ihrem ventralsten Teil gelitten; /. ist mehr ein fleckweiser Untergang konstatieren. Im Album des Kleinhirns finden sich einige Criblüren und kleinste mala- cische Herde. Die Kleinhirnrinde läßt im Faser- und im Giesonbild nichts Patho- logisches erkennen. Der vierte Ventrikel ist kaum erweitert.

Die Pyramiden der MeduUa oblongata sind diffus aufgehellt.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Es handelt sich hier um einen schweren ,,Lacunaire" im Sinne P, Maries (S. 7^), d. h. um einen Fall mit sehr zahlreichen kleinen Erweichungen, ver- einzelten Blutungen und vielen Criblüren im Album der Hemisphären und in den Zentralganglien, sowie mit wenig zahlreichen derartigen Veränderungen in der Brücke und im Mark des Kleinhirns. Dieser Etat lacunaire et cribU hat sich zweifellos größtenteils in den letzten Lebensjahren entwickelt. Für die uns hier interessierenden Fragen ist noch hinzuzufügen, daß Striatum, Pallidum und Thalamus geschrumpft sind und ein Teil der strio-pallidären Fasern de- generiert ist.

C. Epikrise.

Die aus dem Etat de d6sint6gration von C. Vogt erschlossene Diagnose einer Paralysis agitans ist durch die obige Krankengeschichte bestätigt worden. Indessen muß doch hervorgehoben werden, daß uns die Stärke der Erkrankung des Striatum und Pallidum die aus der Krankengeschichte hervorgehende Schwere der Rigidität und der Neigung zu Pulsionen nicht zu erklären scheint. Ebenso dürfen wir in der Erkrankung des Caput caudati und dem Untergang eines Teils seiner zum Pallidum ziehenden Fasern zwar eine Ursache der Bulbär- symptome sehen. Aber auch hier glauben wir ein mit unseren bisherigen Er- fahrungen im Widerspruch stehendes Mißverhältnis zwischen der immerhin ni cht zu starken Caudatumer krankung und den allmählich sehr schweren Pseudobulbärerscheinungcn vor uns zu haben. Dieser Widerspruch klärt sich, wenn wir die starke lakunäre Schädigung des Album der Großhirn- hemisphären und diejenige des Thalamt4s heranziehen. Die ganze Motilität und unter ihr auch die Bulbärfunktionen müssen dadurch schwer gelitten haben. Wir führen dementsprechend die Stärke der „striären" Symptome auf diesen 12* 179

8o6 C. UND O. VOGT. ^^'^ vJSSSS^

Faktor zurück, wie wir zur Erklärung der im 33. Fall besonders ausgesprochenen Rigidität die gleichzeitig vorliegende kortikale Erkrankung heranziehen werden Der Iktus mit passagerer Z.-seitiger Parese von Arm und Mundfaziaüs und eben- falls vorübergehender starker Zunahme der Bulbärsymptome erklärt sich durch den im Schnitt iioo konstatierten Herd in der r. Capsula interna.

Unser sehr verehrter Kollege Lemos hat also durchaus recht gehabt, wenn er I. aus der parallelen Zunahme der Paralysis agitans- Symptome und det Pseudobulbärparalyse auf ein gemeinsames anatomisches Substrat schloß, und wenn er 2. als Ursache für die Paralysis agitans und Pseudobulbärparalyae eine Herderkrankung in den Striata annahm. Beide Symptomenkompleze wurden aber nicht nur durch eine gleichzeitige Pallidumveränderung, sondern auch noch durch eine der Veränderung des striären Systems parallel gehende andere Hirnerkrankung verstärkt: die lakunäre Erkrankung des Großhim- marks und der Thalami.

1

31. Lemos' FaU ,,100jährig6r Heger^. (P 8.)

Herr Kollege Lemos hatte uns das Gehirn dieses Negers als das eines ,, Normalen" zugesandt. Um so erstaunter war C. Vogt, als sie im StriiUumi- Pallidum dieses Gehirns einen ausgesprochenen Etat de d6sint6gration nachwies. Eine Nachfrage bei Herrn Prof. Lemos ergab, daß die Bezeichnung ,, normal" sich nur darauf bezog, daß der Neger als Arbeiter und nicht als Geistes- kranker in der Irrenanstalt in Porto untergebracht gewesen war.

A. Zusammenfassung der Krankengeschichte,

,,Le n^gre n'6tait pas ali6n6. II travaillait dans les champs de Tasile. II n'avait pas de troubles de la parole. Tres pench6 en avant il marchait ä petits pas. Parfois, conmie pouss6 par un ressort, la marche prenait une attitude de plus en plus pr6cipit6e, mais le malade s'arretait, sans tomber. II ne pouvait pas tourner la tete pour regarder ä c6t6. II 6tait oblig6 de se tourner tout d*une piice. II tremblait."

B. Anatomische Untersuchung. a) Mikroskopischer Befund. Das Gehirn zeigt äußerlich keine pathologischen Veränderungen.

b) Mikroskopischer Befund.

TaL 78^ Fjg. 1 bringt einen Querschnitt durch die Brücke dieses Gehirns. Die Brachia conjunctiva sind annähernd normal.

TaL 78, Flg. 2 zeigt gut entwickelte Dentata, Olivae inferiores und Pyramii».

Ein Schnitt, der dem Taf. 72, Fig. i abgebildeten entspricht, zeigt eine noch 3tärkere Erweiterung des Seitenventrikels. Dabei hat aber der Seitenventrikel eioe ganz andere Form. Die Ventrikeloberfläche des Caudatum ist konvex. Der doiso- laterale Rand des Seitenventrikels zeigt die rundliche Wölbung der Fig. 7 von Bd. 24^ Taf. I dieses Journals. £s ist hier eben nicht nur das Caudatum, sondern auch das Album centrale geschrumpft. Auch zeigt das letztere teilweise fledcweise eine gewisse Aufhellung. Dabei kann aber hier wie weiter oral von jener lakun&ren rErkiankung des vorigen Falles nicht die Rede sein. 180

BfSi£JSi9, ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRUREN 5\"STEMS. 807

HiL n. flf. S stammt aus der eben beschriebenen G^end und von einem nach van Gieson gefiLibten Schnitt. Sie lehrt uns, daß das Caudatum in starkem )Iaße Criblüren zeigt. Die Umgebung der beiden größeren Blutgefäße ist teilweise ganz resorbiert (Etat crible)^ teib ist nur die Grundsubstanz aufgehellt (Etat precribleU Dabei vtrflzieht sich der Resorptionsprozeß durchaus nicht konzentrisch um die Bhit- gefiLfie.

HiL TS, Ks* 4 ist dem L Pmtamen und nicht wie fölschhcherweise in der Be» schnftnng angegeben ist dem r. entnommen. Es handelt sich um die Frontalebene, in weldier das Pallidum eben angeschnitten ist. Die van Giesonfärbung zeigt auch hier einen au^esprochenen Etat crible. Man sieht r. \t}n der Wand des großen Bhit- gefißes in mehr oder weniger breiter Ausdehnung eine A-olbtändige Resorption und peripher davon stellenweise eine Rarefizierung des Gewebes. Links ist davon nicht die Rede. Also auch hier ist der Prozeß ein exzentrischer. Links oben sieht man ein Fdd rarefizierten Gewebes. Außerdem finden sich zahlreiche kleinere Criblüren«

\c zeigt in dieser G^end ebenfalls eine leicht konvexe Oberfläche. Der stark er- weiterte Seitenventrikel ist nach wie vor durch seine dorso-laterale Rundung charak- terisiert. Das Aümm ctntraU zeigt nur einige Criblüren und eine allgemeine Re- duktion, aber keine Lakunen. Mele Criblüren finden sich statt dessen im Mark des Temp^ralpols. Weniger zahlreich sind sie im Mark der Insel und einiger anderer Win- dungen. Im eben angeschnittenen Paüidum extemum fehlen zahlreiche strio-paUidäre Faseiböndel. Der yudeus subsiandae inmotmmalae zeigt im Giesonbild bei 50 f acher VeigiüOenmg keine Anomalien. Der CoHex cenbri weist sehr \iele Drusen auf.

AdL TS. fiK- 5 bringt zum Vergleich einen Ausschnitt aus einem ebenfalls nach van Gieson gefärbten Putanun eines sechzigjährigen .jiorroalen" Mannes. Hier sieht man nichts von Lakunen oder auch von Criblüren.

HÜL TS, fls. 6 madit uns mit einem Teil des Pallidum exiemum eines nach va n Gi eso n gefilrbten Schnittes bekannt, welcher kaudal von dem Taf . 73. Fig. 4 abgebildeten gelten ist. Wir sehen hier einen typischen Etat precrible. Es ist um die Blutgefäße bereits zu einer Rarefizierung des Gewebes gekommen. Eine Totalresorption hat aber nur in geringem Maße stattgefunden.

AdL TS. fls. T zeigt uns einen analoifen Befund des Pallidum iniemum des gleichen Schnittes.

AdL Tt, flgg. 1 nnd 2 sind bereits oben S. 791 beKfarieben.

Tai T4, Ks* S. Die Criblüren des Put sind hier wie in der folgenden Abbildung leicht retuschiert. Die gegenwärtige Figur stammt von einem etwas kaudaleren Schnitt als demjenigen, welchem Taf. 73, Figg. 6 und 7 entnommen sind. Hier begegnen wir dem Bild des schon bei den früheren Figuren besdiriebenen erweiterten und dorso-lateral abgerundeten SeUetwettirikds. Die Oberfläche von Sc zeigt auch hier noch einen leidit konvexen Bogen. Man vergleiche den Befund mit Taf. 72, Fig. 3 und vor allem mit Taf. 67. Fig. 3! Dabei enthalt .V^ nur wenige Criblüren. Dagegen ist Put erfüllt von solchen. Außerdem haben wir lateral von Ca perivaskuläre Lymphräume \'on einer Weite, die wohl kaum s>'mptomljos in Erscheinung treten kann. Auch im Pallidum erkennen wir schon bei dieser Vergrößerung eine Reihe von Criblüren. Thalamus. Ci und Cc weisen solche fast gar nicht auf.

TwL T4, Rs* ^ I^^J" Seitentmirikel und Sc zeigen keine wesentlichen Ver|.Or derungen gegenüber der vorigen Abbildung. Put weist auch hier zahlreiche OiblÜMf auf. Auch das Pallidum enthält einige ziemlich große. CL ist nicht geschrumpft. IM dritte Ventrikd ist nicht wesentlich erweitert. Thalamus, Ci und P sind in ihrer C samtheit klein, zeigen aber keine lokalen Lüdcen. Das AWum cenirale ist nach wie diffus aufgehellt und versdmiälert. Es finden sich a^>er nir;;ends Lakunen, lim zuheben ist. daß hier wie schon im vorijjtn Schnittt - das Mark der Inid keine Criblüren aufweist.

8o8 C. UND O. VOGT. "^ vJSSSSl^

Der Thalamus enthält in seiner Gesamtheit nur eine einzige kleine maladscfae Lakune. Außerdem zeigt das Mark und die Rinde der ventralen SchläfentDtndungen stellenweise kleine Defekte. Dagegen fehlen soldie vollständig im Album und Cortex der Gyri centrales.

Überall in der Hirnrinde finden sich zahlreiche im Giesonbild und im Weigert- Pa Ischen Bild (hier durch ihren gelblichen Farbenton) deutlich hervortretende Drusen. Dieselben enthalten meist sehr wenige oder keine Neurogliakerne.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Außer einem diffusen Schwund der Markfasening des Großhirns und nur vereinzelten Herdchen im Schläfenlappen und einem im Thalamus fand sich ein ausgesprochener Etat cribl6 im Striatum und Pallidum. Ihm geht in diesem Fall kein solcher im Album insulae parallel.

C. Epikrise,

Die von C. Vogt auf Grund des Status desintegrationis diagnostizierte Paralysis agitans ist durch die Krankheitsgeschichte bestätigt. Das Capiä caudati und seine Faserung sind zwar nicht ganz so stark erkrankt, wie im vorigen Fall. Wenn nun aber hier Pseudobulbärerscheinungen gar nicht beobachtet sind, so stützt die Tatsache unsere Auffassung, daß eine wesentliche Komi>onente der Bulbärsymptome des vorigen Falles in der schweren lakunären Erkrankung des Album der Hemisphären und derjenigen des Thalamus zu suchen ist. Was dann die Rigidität anbelangt, so mag hier der diffuse Markfaserschwund der Hemisphären dieselbe gesteigert haben. Interessant ist endlich die Tatsache, daß sich ein Etat cribl6 im Putamen entwickelt hat, ohne daß ein solcher in der Insel in ausgeprägterem Maße aufgetreten ist.

32. Westphalt Fall P. Orohe {B 5).

A, Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Aus dem in der oben S. 639 zitierten Arbeit Westphals enthaltenen Krankheitsbericht sei folgendes hervorgehoben:

65 jähriger Schlosser, alter Syphilitiker, schwerer Alkoholist, zeigte 1914 träge Lichtreaktion, 1917 beiderseits Miosis und reflektorische Pupillenstarre. Psychisch: Stumpfheit und starke Herabsetzung der Merkfähigkeit. Nonnak Sehnenreflexe. In dem letzten halben Lebensjahr ausgesprochene Retropulsion, starrer maskenartiger Gesichtsausdruck, steife Kör- perhaltung, Verlangsamung und Erschwerung][^aller Bewegungen, bei passiven Bewegungen leichter gleichmäßiger spastischer Wider- stand, der bei brüsken Bewegungen nicht verstärkt ist, und Speichel- fluß. Kein Zittern.

B, Anatomische Untersuchung. a) Makroskopischer Befund.

Die Sektion ergab nach Westphal außer stark vergrößertem Herz, sehr starker Arteriosklerose der Aorta und geringer Granularatrophie der Nieren fönenden Ifim befund :

dtai'J^^^'s. ^UR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 809

Himgewicht: 1270 g. Keine schweren äußeren Veränderungen. Auf einem Hori- zont^lschnitt zeigt sich r. im Putamen (vgl. Taf. 74, Fig. 5!) eine große Lakune, /. etwas tiefer im Putamen eine „etwa linsengroße, sich durch den rötlichen Farbenton deutlich von der Umgebung abhebende Stelle (beginnende Erweichung.^)".

b) Mikroskopischer Befund.

Außer einigen Rindenstücken wurden aus dem dorsalen Block der r. Hemisphäre die 2^ntralganglien herausgeschalv und in Paraffin eingebettet. Der untere Block der r. und die beiden der /. wurden nach Chromierung und Celloidineinbettung in Serien- schnitte zerlegt und nach Weigert -Pal gefärbt.

TaL74^ Hg. 5 ist dem Paraffinblock der r. Hemisphäre entnommen. Es handelt sich um eine Heidenhainsche Eisenhämatoxylinfärbung. In dem Putamen und dem anstoßenden Teil von Ci sehen wir die von Westphal aufgefundene größere Lakune. Die helle Stelle in iV^ ist ein künstlicher Substanzdefekt. Dagegen erkennt man schon bei dieser Vergrößerung einen Etat cribl^ in Nc.

- TaL74, Figg. 6 und 7 werden nach Taf. 75, Figg. i und 2, S. 809 f., beschrieben werden.

Titf. 74, Fig. 8 findet S. 814 ihre Erläuterung.

AdL 75^ Flg. 1 bringt bei stärkerer Vergrößerung ein Nisslbild von einem Teil der eben erwähnten Lakune. Wir sehen, daß sich wie es Westphal schon auf Grund des Biels cho WS ky sehen Berichts hervorgehoben hatte in ihm Teile des binde- gewehigeh Gefäßapparates und daneben noch zum Teil sogar gewucherte (man vergleiche den dichten Haufen von Neurogliakemen direkt in der Mitte der Abbildung !) gliöse Elemente erhalten haben. Von dem Blutgefäß, welches in der Mitte etwas nach f. gelegen ist, sehen wir r. eine Kapillare abgehen, welche nicht mehr für Blut durchlässig ist. Eine zweite solche Kapillare ist /. von diesem Blutgefäß in der Mitte zwischen ihm und dem schon erwähnten Haufen gewucherter Neurogliakeme quer getroffen. Die übrigen erhaltenen Blutgefäße erscheinen normal. Aus dieser Tatsache und der Art des partiellen Erhaltenseins der Glia und ihrer lokalen Proliferations- erscheinungen hat Bielschowsky die im Entstehen begriffene Lakune auf einen nekrobiotischen Prozeß zurückgeführt. Die Undurchlässigkeit einzelner Kapillaren kann nach seiner Ansicht sekundärer Natur sein. In der Nachbarschaft des Defektes sehen wir teilweise mikroskopisch kleine Anhäufungen von Pigmentzellen {p). Bielschowsky sieht in ihnen Residuen kleiner Blutungen^

TaL 75; Fig. 2 bringt einen Teil von Nc des gleichen Schnittes. In einem van Giesonbild zeigt diese Gegend einen typischen Etat criblö. Im vorliegenden Nissl- bild erkennt man zunächst den Schwund der an Gliakemen armen Außenschicht der marklosen Zone. Bei den mit c r bezeichneten Stellen begegnen wir sodann besonders ausgeprägten Criblüren. Nach außen von der ganz resorbierten perivaskulären Criblüre befindet sich im Nisslbild entsprechend der rarefi zierten Zone des Gieson- bildes ein besonders an Ganglienzellen, aber auch an Gliakenien verarmtes Gebiet.

Tai 74, Fig. 6 zeigt uns die ventralere Fortsetzung der Taf. 74, Fig. 5 abgebildeten Lakune in einem Weigert-Palschen Präparat. Die einheitliche Lakune der Fig. 5 erscheint hier in drei getrennten Ausläufern, die durchaus ungleich gebaut sind. Der mediale Ausläufer liegt in der Regio suhihälamica. Er besteht ai|s ziemlich gleich- mäßig ungefärbtem Gewebe, das nur in seiner Mitte teilweise resorbiert ist. Lateral stößt an ihn eine sekundäre Degeneration eines Teiles von Ci. In der Mitte von Put haben wir den mittleren Ausläufer, der den Taf. 75, Fig. i bei stärket er Vergrößerung wieder- gegebenen Bau der Lakune zeigt. Nur ist ihre mediale Wand streckenweise in breiter Ausdehnung von Pigmentzellen besetzt. Der dritte, lateral \n Put gelegene Ausläufer der Lakune ist in seinem mittleren Teil eine leere Cyste. Die laterale Wand ist hier areoliert, die mediale wird von Pigmentzellen gebildet. Der orale und der kaudale Teil dieses Ausläufers der Lakune sind von Pigmentzellen erfüllt. Die hier erhaltenen

183

8lO C. UND O.VOGT. '""^d NeJSS!?*^

Blutgefäße zeigen keine pathologischen Veränderungen. Medial von dem zuerst er- wähnten medialen Ausläufer der Lakune findet sich (ganz an der /. Peripherie der Ab- bildung) noch ein kleiner nekrotischer Herd. Wohl infolge der Lakune des Put fehlen in den oraleren Partien von Put fast alle Faserbündel. Das Pallidum ist nicht nur all- gemein stark im Volumen reduziert, sondern entbehrt speziell in den kaudaleren Ab- schnitten auch eines beträchtlichen Teils seiner dicken Fasern,

Tat 74, Rg. 7. Die Abbildung lehrt uns, daß auch das /. Put eine in eine leere Cyste verwandelte Lakune enthält. Eine zweite größere Lakune von dem Taf. 75, Fig. I bei stärkerer Vergrößerung wiedergegebenen Bau befindet sich im Pallidum. Außerdem finden sich im Striatum + Pallidum Criblüren. Der orale Teil von Put entbehrt fast aller Faserbündel. Die Fasern des Pallidum sind stark degeneriert. Je eine ausgesprochene sekundäre Degeneration findet sich im vorderen Teil des hinteren Segmentes von Ci und medial vom kaudalen Abschnitt des oralen Segments von Cu,

Es muß betont werden, daß daneben nicht nur ein Etat cribl6 im Mark der Inseln und in geringem Maße weit verzweigt im Album der Hemisphären vorhanden ist, sondern daß wir noch kleine, mehr oder weniger weit in Cysten veränderte Herde im ganzen Gehirn verbreitet vorgefunden haben.

Taf. 76, Fig. 3 lehrt uns dabei von der Area gigantopyramidalis wie es berdts Bielschowsky und Sioli betont haben , daß hier keine bei 5ofacher Vergrößerung sichtbaren Veränderungen vorhanden sind.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Neben zahlreichen, teilweise großen Lakunen vaskulären oder nekrobio- tischen Ursprungs im übrigen Gehirn sind speziell beide Striata und Pallida durch solche schwer geschädigt.

^ C. Epikrise.

Es handelt sich um einen Patienten, der zum Schluß Paralysis agitans- Symptome darbot. Er erwies sich als ein ,,lacunaire**. Da beide Striata und Pallida von solchen Herden betroffen waren, führen wir auf sie in erster Linie die Paralysis agitans- Symptome zurück.

b) Status desifUegraüaniB mit schwerer seniler Densen».

33. Reichs Fall Hermann W. {Hf 10).

A. Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Herr Kollege Reich wird selbst einen ausführlichen klinischen Bericht über diesen Fall veröffentlichen. 65 jähriger Patient erkrankte vier Jahre zuvor an zunehmender, eine volle Verblödung erreichender Demenz auf arteriosklero- tischer Grundlage. Gleichzeitig progressive Muskelrigidität. Sie war /• stärker als r. Sie betraf vor allem Arme und Rumpf, so daß passive und aktive Be- wegungen dieser, Körperteile sehr stark geschädigt waren. Anfänglich zugleich leichter statischer Tremor der Arme. Schwere Starre der Gesichtsmuskulatur. Geringere Rigidität in den unteren Extremitäten. Keine Steigerung der Sehnen- reflexe. Kein Babinski. Aber auffallende Steigerung eines allgemeinen Zu- sammenzuckens und Auftreten eines eigenartigen Freßreflexes. Die Rigidität übertraf bedeutend die einer gewöhnlichen Paralysis agitans, 184

^ZlISSi II ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 8 1 1

jB. Anatomischer Befund, a) Makroskopische Untersuchung.

Die Arterien der Himbasis zeigen eine ausgesprochene Sklerose. Die Himfurcheri sind etwas verbreitert. Sonst kein besonderer makroskopischer Befund.

b) Mikroskopische Untersuchung.

a) Mikroskopische Untersuchung herausgeschnittener Blöcke.

I. Großhirnrinde.

TaL76^ Rg. 1 bringt aus der Beinregion die Area gigantopyramtdalis. Es ist eine leichte Verschmälerung der Rinde festzustellen. Sonst zeigt die Architektur keine wesentlichen Anomalien. Die größere Zelldichtigkeit gegenüber anderen Abbildungen, z. B. Taf. 75, Fig. 3, dürfte auf ungleicher Dicke der Schnitte, bzw. Schrumpfung bei der Technik beruhen. Der weniger präzisen Abgrenzung der Zellen in der vorliegenden Abbildung liegt eine diffusere Färbung zugrunde. Bei der jetzigen Abfassung des Textes ist das abgebildete Präparat mehr ausgeblichen. Die Zellen heben sich jetzt gut vom Untergrund ab. Dagegen zeigt das Bild in allen Schichten Fischersche Drusen.

1teL76, Flg. 2 gibt einen Schnitt aus der Örbitalseite des Stimhims (Area 61 O. Vogjs) wieder. Man erkennt stellenweise einen deutlichen Ausfall von Zellen. Das gik insbesondere von den äußeren Teilen von ///, von Vb und einer Stelle von Via und VIb rechts von der betreffenden Bezeichnung. Außerdem sind in VI eine größere Anzahl von Fischerschen Drusen zu erkennen. Studiert man diese bei stärkerer Ver- groBening des Nisslbildes, so kann man erstens feststellen, daß sich die Grundsubstanz der ,^rusen" in diesem Gehirn ziemlich stark mit Cresylviolett färbt, während in anderen Fallen von Drusen diese Färbung unterbleibt. Das galt z. B. vom 28. Fall. Außerdem erkennt man in diesen Drusen mehr Neurogliakeme als im 28. und 31. Fall. Wir wollen noch hinzufügen, daß im Bielschowskypräparat die Grundsubstanz der Drusen dieses Gehirns in Kömer zerfällt, welche fast die Größe von Neurogliakemen haben, während sonst die Grundsubstanz aus viel feineren Elementen besteht.

Bielschowsky fügt den aus den beiden vorstehenden Abbildungen sich er- gebenden Rinden Veränderungen folgende Befunde hinzu:

„In allen untersuchten Gebieten der Hirnrinde starke Entwicklung der Fischer- schen Drusen, am stärksten im Subiculum des Ammonshoms. Der AI zheim ersehe Fibrillenprozeß ist nur an den Pyramiden der Ammonsformation in quantitativ be- trachtlidier Weise ausgeprägt. Die Kapillaren und kleinen Venen der Hirnrinde zeigen stellenweise eine erheblidie Wandverdickung im Sinne der bekannten Verändenuig der Kapillarfibrose : es entwickeln sich in der Außenzone der Gefäßwand massenhaft zarte, mit ammoniakalischem Silber stark tingierbare Faserkonvolute, welche stellenweise zu muffenartigen Belägen anschwellen."

2. Befunde am Corpus striatum und seiner Umgebung.

TiL 76, Hg. 3 zeigt im Caudatum zunächst eine Verarmung der Gliazellen in der an Gliakemen reichen Innenabteilung der marklosen Zone. Wir haben femer in den äußeren zwei Fünfteln der Abbildung nach innen von der marklosen Zone einen sehr starken Ausfall von Nervenzellen ohne Gliaersatzwucherung. Weiter nach innen befindet sich eine typische Criblüre. In der unmittelbaren -Umgebung des Blutgefäßes ist es zu einer vollständigen Resorption des Gewebes gekommen. Weiter nach außen. speziell r. unten, begegnen wir einer starken Verminderung der Nervenzellen. Auch die übrigen Blutgefäße des Präparates zeigen ausnahmslos einen hellen Hof um sich herum mit oder ohne vollständigen Substanzdefekt unmittelbar um das Gefäß (Etat cribl^ und prtoibl^).

TaL 76, Fig. 4 zeigt uns im Putamen eine größere Criblüre mit einem besonderen Divertikel /. unten. Die eigentliche Criblüre, wie ihr Divertikel sind von einer schmalen

185

812 C. UND O. VOGT. ^^^56^5^

Schicht begrenzt, die neben einer gewissen Zahl von Neurogliazellen und anderen nicht nervösen Zellen teilweise schon stark veränderte Ganglienzellen enthält, so daß man daraus schließen kann, daß die Bildung der Criblüre durch Einschmelzung des Paren- chyms zustande gekommen ist. Nach außen von dieser schmalen Scheide existiert dann aber noch ein großes Gebiet, welches eine sehr beträchtliche Verarmung an Nerven- zellen aufweist. Dabei fehlt jede irgendwie hervortretende Vermehrung der Neuro- gliakerne.

Bielschowsky ergänzt diesen c\i;oarchitektonischcn Befund am Putamen in folgender Weise:

„Im Putamen gleichfalls schwere fibröse Veränderungen an den Wänden der Gefäße jeglichen Kalibers. An den gröberen Gefäßen ist das bindegewebige Geflecht der Adventitia stark vergröbert und verdichtet.

Die Kapillarfibrose macht sich hier an Silberpräparaten schon dadurch bemerkbar, daß das gesamte Areal des Linsenkems infolge des scharfen Hervortretens der Kapillar- wände wie ein Injektionspräparat aussieht.

Drusenbildungen und Zellveränderungen im Sinne der AI zh ei m ersehen Fibrillen- \eränderung sind im Putamen nicht nachweisbar.

Am van Giesonpräparat des Putamen fällt zunächst neben der Entwicklung starker fibröser Einlagerungen in die Adventitia an den gröberen Gefäßen auch die Verdickung der Intima durch Vermehrung der Kerne und der Interzellularsubstanz auf. Ein weiterer bemeikenswerter Befund liegt in der Tatsache, daß die die gröberea Gefäße umgebenden L\Tnphräume stellenweise eine enorme Erweiterung erfahren haben. Auf diese Weise ist es zur Bildung großer, unregelmäßig begrenzter Lücken gekommen. Außerdem sind diese von einem Hof (dem bei Beschreibung von Taf . 76, Fig. 4 erwähnten, durch Zellverarmung ausgezeichneten Gebiet) umgeben, in dessen Bereich die Gnuid- substanz des Gewebes netzförmig aufgelockert ist. Die zelligen Elemente sind hier auseinandergedrängt und das Gewebe erscheint infolge der spongiösen Anordnung an solchen Stellen erheblich blasser und zellärmer als in der Nachbarschaft. Da, wo die stärksten Erweiterungen der jjerivaskulären Lymphspalten vorhanden sind, g^ winnt man den Eindruck, daß der Prozeß der spongiösen Auflockerung am Rande dei Lücken schließlich zu einer Einschmelzung der Grundsubstanz ohne reaktive Glia- Wucherung führt und daß dadurch eine progressive Erweiterung derselben hei vor- gerufen wird. Als Ausdruck dieses Erweiterungsprozesses ist die in der Beschreibung von Taf. 76, Fig. 4 erwähnte und von C. und 0. Vogt auch in diesem Sinne gedeutete Grenzschicht der Lymphspalte aufzufassen. Das Gesamtbild der Veränderungen läßt sich zwanglos auf eine durch die Gefäßfibrose bedingte Störung der Lymphzirkulation in den adventitiellen Lymphspalten zurückführen."

Wir werden auf das van Giesonbild des Putamen unter ß und noch weiter unten auch auf Bielschowskys Erklärung des Etat cribl^ zurückkommen.

Der jWucleus substantiae innominatae zeigt keine Anomalien in seiner Architektonik.

ß) Mikroskopische Untersuchung der nach VVeigcr^-Pal und van Gieson

gefärbten Serie.

TaL 77, Pigg. 1 und 2 werden nach Taf. 78, Fig. i beschrieben.

Tat 77, Pigg. 8 6. Ihre Erläuterung folgt auf diejenige von Taf. 78, Fig. 4, S. 814.

TaL 78, Fig. 1 zeigt uns den oralsten Teil des Striatum der linken Hemisphäre. Wir erkennen ein noch recht gut erhaltenes Centrum ovale und eine nur mäßige Schrump- fung des Corpus callosum {Cc). Dagegen liegt eine starke Atrophie von Nc vor, wie aus der vollständigen Abplattung seiner Oberfläche hervorgeht. In dieser Atrophie von Nc ist die Hauptursache des starken Hydrocephalus internus zu sehen. Zur Würdigung der im vorliegenden Falle vorhandenen Atrophie von Nc vergleiche man die gegeni^'ärtige Abbildung mit der Fig. 12 der Taf. 44 der Ergänzungshefte des t8, Bds. 186

j

^;i£:iS& 3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 8 1 3

KrgtiLnmfflieft 3

dieses Journals ! Zu der Annahme einer Volumen Verringerung des eben angeschnittenen Putamen berechtigt die Abbildung nicht. Die Insel zeigt einen deutlichen Etat crible. Im Präparat isl er sonst noch im Album des Gyrus centralis anterior, des Fußes von jp* und des lateralen Teils des Fußes von F^ stark ausgeprägt. Im Schläfenpol ist er hier viel geringer. Im Album der Windungen der Medianseite und der Orbitalfläche fehlt er vollständig.

Ein benachbarter, nach van Gieson gefärbter Schnitt zeigt einen deutlichen Etat crible im Striatum,

Tal 77, Pig. 1 bringt eine schon S. 648!. erwähnte Abbildung des äußeren Teils eines normalen Caudatum, Auf einem bei der vorliegenden 50 fachen Vergrößerung nicht ganz i mm breiten, hier durch homogene Dunkelheit ausgezeichneten Efendym- sireifen folgt eine etwa 7 mm breite marklose Zone. Die dunklen Kömer in ihr sind leicht geschwärzte Neurogliakeme. Dann kommt der Tangentialstreifen. Er zeigt eine ^»erdichtere äußere und eine faserärmere innere Unterabteilung. Die darauf folgenden drei Fünftel der Abbildung bilden den Außenteil von Nc. Nur in ihrem innersten Gebiete findet sich ein einziges stärkeres Faserbündel. (Der unmittelbar r. davon gelegene schwarze längliche Fleck ist ein Blutgefäß.) Dagegen sieht man in diesem Außenteil eine Reihe dünnerer, meist auf eine gewisse Strecke längsgetroffener Bündel sich all- mählich ventrikelwärts verlieren. In den untersten zwei Fünfteln der Abbildung be- gegnen wir dagegen zahlreichen, meist quergetroffenen Faserbündeln, wie sie für den InmenUü des Caudatum charakteristisch sind.

TaL 77, Pig. 2 bringt bei der gleichen 50 fachen Vergrößerung einen Ausschnitt aus dem Taf. 78, Fig. i abgebildeten Nc. Zunächst fällt die starke Injektion der Blut- gefäße auf. Sie hängt mit dem durch die terminale Bronchopneumonie bedingten Erstickungstod zusammen. Weiterhin sind dann aber noch folgende Anomalien zu erkennen. Die markLose Zone ist verschmälert. Im Giesonbild ist dabei aber durchaus zwischen einer an Gliakemen armen Außenabteilung und einer an solchen reichen Innenabteilung zu unterscheiden. Die dann folgende Außenabteilung des Tangential' Streifens ist verschmälert, aber faserreicher. Dagegen ist die Innenabteilung dieses Streifens pathologisch arm an Fasern. Ebenso zeigt der übrige Teil der Abbildung eine sehr große Faserverarmung. Endlich weisen einige Blutgefäße eine Erweiterung des peripheren Lymphraumes auf, wenn auch stärker ausgesprochene Criblüren gerade in dem abgebildeten Ausschnitt nicht enthalten sind.

Tat W, Fig. 2 macht uns mit einem etwas kaudaleren Schnitt der rechten Hemi- sphäre bekannt. Die Capsula interna {Ci) ist eher etwas verbreitert als die von uns schon öfter geschilderte Folge ihrer durch die Atrophie des Striatum bedingten Ver- kürzung. Nci&t auch hier deutlich atrophiert und m seiner Oberfläche abgeplattet. Eis entsteht so der typisch dreieckig erweiterte Seitenventrikel. Man ver- gleiche diesen Schnitt mit der normalen Abbildung von Taf. 43, Fig. 2! Ein solcher Vergleich wie auch der mit der /. Seite von Taf. 20, Fig. 2 beweist ferner, daß im vorliegenden Fall auch eine gewisse Atrophie des Putamen vorhanden ist. Ein Studium von van Giesonbildem lehrt des Weiteren, daß die in Put vorhandenen Lücken Criblüren darstellen. Im eben angeschnittenen Ge zeigt nur der ventralste, von der Commissura anterior (Ca) durchsetzte Teil eine Verarmung an strio-faüidären Fasern und hebt sich so durch pathologische Helligkeit von normalen Verhältnissen ab. Man ziehe zum Vergleich Ge von Taf . 43, Fig. 2 heran!

Bezüglich der nicht abgebildeten Teile dieses Schnittes sei folgendes hervorgehoben. Das Corpus caüosum und das Album centrale sind in einem sehr guten Zustand. Das Album gyrorum zeigt wenig Criblüren. Die Rinde ist sehr markhaltig. Nur ist sie vollständig von „Drusen'* durchsetzt. Im Gebiet der Drusen fehlen die Markfasem. Man sieht im Mittelpunkt mancher rundlichen Druse ein geschwärztes kleines Blut- gefäß.

Das Giesonbild zeigt eine Reihe in der Abbildung nicht hervortretender Criblüren im Striatum und auch einige im Pallidum. Die Rinde zeigt hier die zahlreichen „Drusen".

187

8l4 C. UND O. VOGT. ^"^i^^Sü^

In der Mitte rundlicher Drusen befindet sich oft ein meist sehr dickwandiges kleinet Blutgefäß. Von der Pia eintretende, längsgetroffene Blutgefäße sind öfter auf lange Strecken von Drusensubstanz umgeben. Die Drusen bilden hier also teilweise perivaskuläre Zylinder. In der einzelnen Druse ist eine starke Vermehrung der Neurogliakerne zu konstatieren. Nicht ganz selten sieht man um einen zentralen Kern von Drusensubstanz mehr oder weniger pyknotisch veränderte längliche Neuro- gliakerne sternförmig gelagert. Bielschowsky hat einen solchen Befund auch an einem anderen Gehirn erhoben. Es handelt sich also um eine für ein bestimmtes Stadium gewisser Drusen charakteristische Erscheinung.

TaL 78, Fig. 8. Nc und Put sind zweifellos in ihrem Volumen reduziert. An Ge und Gi können wir keinen pathologischen Befund mit Sicherheit feststellen. Die anormale breite Ci weist auch hier auf eine Längenreduktion des Striatum + Pallidum hin. Bei stärkerer Vergrößerung lehrt ein Vergleich mit normalen Gehirnen, daß das Markfasergeflecht des Pui im Gegensatz zum guten Markgehalt der Rinde sehr wenig gefärbt ist.

Im Giesonbild dieser Gegend konstatiert man deutlich mehr kleinste Criblürenj als sie das Faserbild vermuten ließ.

Tai 78, Fig. 4. Auch hier sind Nc und Put auffallend klein. Man braucht nur zum Vergleich Taf. 74, Fig. 4 des 100 jährigen Negers heranzuziehen! Wir konstatieren gleichzeitig in dem Präparat eine sehr starke Erweiterung der Funduspartie des Stdcus sylvit posterior. DieserHydrocephalus externus scheint auf eine erworbene Volumen- verminderung von Put hinzuweisen, wie der geradelinig begrenzte Hydrocephalus internus auf die Schrumpfung von Nc. Ge +Gi sind hier gegenüber normalen Prä- paraten deutlich im Volumen reduziert. Ge läßt ventral, Gi dorsal und ventral zweifd- los pathologische Faser Verminderungen erkennen. Das GL ist hier schon in größter Ausdehnung getroffen. Es ist deutlich kleiner als das des 100 jährigen Negers (Taf. 74, Fig. 4) und so hell wie die Zona incerta. Die Insel weist wenig Criblüren auf. Thalamus^ Ci und der Pes pedunculi zeigen keine Anomalien.

TaL 77, Fig. 3 bringt aus dem dorso-lateralen, d. h. dem markhaltigsten Teil des Put einen Ausschnitt bei 50 f acher Vergrößerung. Ein Vergleich mit der folgenden, normale Verhältnisse darbietenden Abbildung zeigt die große und dabei fleckweise besonders starke Abnahme des Markfasergeflechtes.

Taf. 77, Fig. 4 ist dem Put eines normalen Gehirns entnommen. Sic lehrt uns, ein wie dichter Faserfilz bei guter Markscheidenfärbung im Putamen enthalten ist.

TaL 77; Fig. 5 zeigt uns endlich die pathologische Verdichtung dieses Faser- filzes durch Schwund der Ganglienzellen im Etat fibreux. Es handelt sich dabei nicht um den ,,533*"> sondern um den „553." Schnitt.

Die kaudaleren Schnitte der r., wie die entsprechenden der /. Hemisphäre zeigen im 33. Fall auch weiter eine starke Volumenreduktion des Striatum und eine gewisse des Pallidum und des Corpus Luysi, Die Nuclei rubri sind normal.

Taf. 74, Fig. 8 zeigt normale Brachia conjunctiva, Brachia pontis und Pyramiden,

Das Cerebellum wie das Rückenmark bieten keine stärkeren pathologischen Ver- änderungen dar.

c) Zusammenfassung des anatomischen Befundes.

Der Cortex cerebri zeigt stellenweise, z. B. im Stirnpol, einen starken Zdlt ausfall in gewissen Schichten. In der Area gigantopyramidalis läßt sich ein solcher nicht nachweisen. Dagegen zeigt die Hirnrinde überall sehr zahlreiche ,, Drusen**. Diese sind hier vor manchen anderen Fällen dadurch ausgezeichnet, daß sie sich wenigstens teilweise - mit Cresylviolett färben, daß ihre Grund* ubstanz im Bielschowsky bild in Körner zerfällt, daß sie vielfach um die i'88

SLSlJSS^ 9 ZUR LEHRt DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS . 8 1 5

Blutgefäße herum gelagert sind und diese oft auf längere Strecken umhüllen, sowie daß sich. endlich in ihnen meist ziemlich viele Neurogliakerne finden.

Das Album gyrorum zeigt einen mäßigen Etat cribl6.

Das Album centrale, die Capsula interna, der Pes pedunculi, Thalamus, Nucleus ruber, Cerebeüum, Ports und Medulla sind ohne stärkere pathologische Veränderungen.

Dagegen sind das Striatum und in geringerem Maße auch das Pallidum und das Corpus Luysi geschrumpft. Im Striatum ist ein gewisser Grad von Status cribratus festzustellen. Vor allem fällt aber im Striatum neben der Schrumpfung die Abnahme seiner Ganglienzellen und seines Markfaser- filzes auf. Auch das Pallidum ist stellenweise pathologisch faserarm (par- tidler Etat paramyilinique). Es ist aber nicht etwa allgemein ein Ausfall der strio-pallidären Faserung zu konstatieren.

C. Epikrise.

Eis unterliegt keinem Zweifel, daß wir ohne Kenntnis der Krankengeschichte im vorliegenden Fall auf Grund des pathologischen Befundes eine Paralysis agitans diagnostiziert haben würden. Wenn wir uns nun auch noch nicht auf (zrund des pathologischen Befundes ein Urteil über die Schwere der klinischen Erscheinungen erlauben können, so glauben wir doch nicht in den Veränderungen des striären Systems eine genügende Erklärung für die im vorliegenden Fall besonders starke Rigidität zu haben. Wir ziehen als symptomverstärkendes Moment die schwere Verblödung hinzu. Wir werden in dieser Auffassung dadurch bestärkt, daß die offenbar wesensgleichen Fo erst ersehen Fälle von ,, arteriosklerotischer Muskelstarre'' und ein vom Autor selbst mit diesen Foerster- schen Fällen identifizierter Fall Strümpells auch an Demenz litten. Und wir sehen weiter eine Stütze dieser Anschauung in der Tatsache, daß im 31. und vor allem im 30. Fall striäre Symptome von einer Intensität bereits zur Beob- achtung kamen, welche uns nicht durch die pathologischen Veränderungen innerhalb des striären Systems, sondern nur durch Heranziehung einer schweren Allgemeinerkrankung des Cerebrum ausreichend begründet schienen.

Von fasersystematischer Bedeutung scheint uns die Tatsache zu sein, daß bei dem starken Schwund des Markfasergeflechtes im Striatum die zwischen Striatum und Pallidum verlaufenden Bündel relativ intakt sind. Wir müssen deshalb annehmen, daß. die Achsenzylinder der SchaÜzellen des Striatum wenigstens größtenteils markhaltig sind: eine Annahme, für welche schon der große MarkreichLum des Striatum spricht (vgl. S. 650!).

Eine eigentlich zum Thema dieser Arbeit nicht gehörige Frage ist die, ob wir eine anatomische Grundlage für die schwere Demenz gefunden haben. Wir lernten Taf. 76, Fig. 2 einen deutlichen Zellausfall in gewissen Schichten der Rinde des Stirnpols kennen. Dagegen war die Cytoarchitektonik der Area gigantopyramidalis intakt. Es fanden sich aber überall im Cortex cerebri Drusen, welche durch den körnigen Bau ihrer Grundsubstanz, ihre vielfache räucfiliche Beziehung zu den Blutgefäßen und ihr häufiges Durchsetztsein von Neurogliakernen vor den bei nicht dementen Fällen von Paralysis agitans be-

189

8l6 CUM) O.VOGT. '°^|».5SSÜ*'

obachteten ausgezeichnet sind. Es fragt sich nun, ob die engere Beziehung zu den Blutgefäßen den Stoffwechsel schwerer gestört hat oder die körnige Grund- Substanz bzw. die zahlreicheren Neurogliakeme in den Drusen Anzeichen eines stürmischeren Prozesses bilden, so daß die im vorliegenden Fall vorhandenen Drusen für die klinisch festgestellte schwere ,, Verblödung'' mit verantwortlidi gemacht werden können.

Ein anderer Punkt muß uns dagegen im gegenwärtigen Zusammenhang sehr interessieren: die Klärung der Entstehung der Criblüren. Von großer Wichtigkeit dafür ist Bielschowskys Idee, diese Entstehung auf eine Behinderung des Abflusses der Lymphe infolge Verstopfung der adventitiellen Lymphräume zurückzuführen. Bielschowsky stützt sich auf die im vorli^enden Fall von ihm nachgewiesene Fibrose der Adventitia der Blutgefäße. Wie wir später noch sehen werden, neigen P. Marie und einige seiner Schüler dazu, die Criblürenj auf eine Diffusion eines „korrosiv wirkenden*' Stoffes aus den Arterienwänden zurückzuführen. Sie sprechen von einer ^,Vaginalitis destruciiva''. Zunächst müßte die Diffusion eines solchen Stoffes auch für die Venen angenommen werden, da sich Criblüren auch um Venen bilden können. Sodann ist dieser nekrotisierende Stoff aber noch ganz hypothetisch. Dagegen wird der Biel- schowskysche, auch vom Ferrandschen (siehe darüber weiter unten!) ab- weichende Erklärungsversuch durch andere pathologische Befunde gestützt, wenn er auch noch einer umfangreicheren empirischen Begründung bedarf.

B. Allgemeine Bemerkungen zu den vorstehenden Fällen.

Alle vorstehenden Fälle können einerseits klinisch als typische Fälle von Paralysis agitans, durch andere zerebrale Erkrankungen komplizierte Fälle von Paralysis agitans oder wenigstens als Paralysis agitans- Zustandsbilder (32. Fall) klassifiziert werden. Ausnahmslos fand sich anderer- seits eine Erkrankung des striären Systems im Sinne des oben näher definierten Status desintegrationis. Die gleichzeitigen Veränderungen des übrigen Nervensystems wechselten dabei so, daß nur der Status desintegrationis als stets vorhandener pathologisch- anatomischer Prozeß übrig blieb. Endlich konnte aber für die Fälle 24 ^26 direkt gezeigt werden, daß das striäre System von allen Hirn teilen am stärksten erkrankt war. So sind wir wohl berechtigt, als bewiesen anzusehen, daß ,die Motilitätsstörungen (und die eventuell ge- steigerte Salivation) der Paralysis agitans eine Folge des Status desintegrationis bilden. Diese Feststellung ist nicht nur deswegen von großer Bedeutung, weil sie endlich die pathologisch- anatomische Grundlage der Parkinsonschen Krankheit in zweifelsfreier Weise aufdeckt, sondern weil die Einreihungsmöglich- keit dieser Krankheit in diejenigen des striären Systems für die Pathophysiologie der hierher gehörigen Erkrankungen von besonderem Werte ist. Dieser liegt in der Tatsache, daß akinetische und inkoordinatorische Störungen der Paralysis agitans besser bekannt sind, und zwar einmal, weil sie weniger als in anderen Erkrankungen des striären Systems durch die hyperkinetischen ver- deckt werden, und dann, weil die Parkinsonsche Krankheit überhaupt klinisch besser durchgearbeitet ist. 190

U^^jJJ^ 3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 8 1 ^

a) Zur Symptomatologie der Paralysis agitans.

Die Paralysis agitans kann mit dem Monotremor eines Körperteils, z. B. ner Hand, beginnen, ohne andere Begleiterscheinungen zu zeigen. Die Form des remors ist oft genug beschrieben. Wichtig ist für uns seine beträchtliche Steige- ngsfähigkeit durch Hautreize und vor allem durch Gemütsbewegungen sowie IS verstärkte Übergreifen auf sonst nicht zitternde Körperteile bei dem Ver- ich einer willkürlichen Unterdrückung.

Der Tremor kann andererseits in der sogenannten Paralysis agitans sine [itatione bis zum Exitus letalis fehlen. Dann steht die Rigidität im Vorder- und. An ihr erkranken in einzelnen Fällen gewisse Muskeln besonders flyk und entstehen so spezielle Haltungsanomalien, an welchen die Vädilektionsmuskeln** der Area gigantopyramidalis sich nicht besonders he- iligen. Vielfach sind indessen Agonisten und Antagonisten gleich stark von r befallen. Es wird dann jede beliebige Stellung krankhaft stark fixiert faltungsfixation). Periphere Reize und Emotionen steigern die Rigidität, irsichtige passive und aktive Bewegungen setzen sie herab.

Fig. 9.

Die Vermehrung der Spastizität durch gemütliche Erregung geht gut aus der xtfig. 9 hervor. Es hanclelt sich um einen gebildeten Patienten, der an Tremor und gor dei r. oberen Extremität leidet. Diese Störungen gfestatten ihm langsam bei mütlichem Gleichgewicht ein Schreiben, wie es die erste Hälfte der ersten Zeile und » zweite Zeile zeigen. Beim Niederschreiben der durch Striche abgetrennten eilen Hälfte der ersten Zeile fühlt sich der Patient beobachtet und wird dadurch gstlich. Es entsteht sofort ein solcher Rigor, daß der Patient zeitweise beim Schreiben 5 Hand nicht vorwärts bewegen kann. Wir sehen dieses besonders gut bei der zweiten Lifte von „a" sowie dem Beginn des zweiten ,,t" in ,, statt", bei dem Querstrich von " und dem Beginn von „A" in ,,August**.

Zu dieser Rigidität gesellen sich nun eine Reihe von Krankheitserscheinungen, liehe bisher von den meisten Autoren als Folgen des Rigors aufgefaßt wurden, * aber alle eine akinetische bzw. inkoordinatorische Komponente er beide enthalten: i. weil sie kein proportionales Verhältnis zum Rigor zeigen d 2. vielfach auch, weil sie die akinetische oder inkoordinatorische Komponente -ekt erkennen lassen.

So haben wir in unserem Aufsatz ,,Zur Kenntnis usw." darauf hingewiesen, ß in der ,, mimischen Starre" die Rigidität nur soweit eine Rolle spielt, ; sie ,, einen absolut nichtssagenden Gesichtsausdruck" fixiert. Es hat dann er weiter ein Kranker unter unseren Augen einen leichten maskenartigen Aus- jck bekommen, ohne daß die geringste Hypertonie der Gesichtsmuskulatur bjektiv oder objektiv festgestellt werden konnte. Ein Teil der „normalen mischen Innervation" war einfach ausgefalfen.

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8l8 C. UND O.VOGT. '""^iJSSSS^

Weiter ist v. Malaisö wie wir ebenfalls bereits in unserer Mitteilung ,,Zur Kenntnis usw." hervorgehoben haben bei der Analyse der JBrachybasie zu dem Resultat gekommen, daß ihr vor allem eine Inkoordination und in zweiter Linie eine sehr leichte Parese zugrunde liegt, daß sich daneben Rigor zwar mit diesen Störungen verbinden kann, aber in keiner Proportionalitat zu ihnen steht, v. Malais6 hat dabei übrigens nur frühere Anschauungen By- schowskys, Maillards und Zingerles durch eingehendere Untersuchungen bestätigt und hat hernach noch inFoerster einen warmen Fürsprecher gefunden.

Zingerle hat entsprechend den Ausführungen unseres eben genannten Aufsatzes ferner hervorgehoben, daß neben dem Minenspiel auch andere Mitbewegungen, Positionsänderungen, Seitwärtswendungen von Kopf und Augen und gewisse Schutz- und Abwehrbewegungen öfter unterbleiben, ohne daß ein Rigor in den betreffenden Muskeln überhaupt nachgewiesen werden kann. Wir müssen deshalb diese Motilitätsausfälle auf eine Aufhebung der sidi in den eben genannten Bewegungen äußernden, nach unserem Eriimenuigi- vermögen seit unserer frühesten Kindheit unwillkürlich verlaufenden primären , Automatismen zurückführen.

Wie weit eine striäre Akinese oder eine striäre Inkoordination bei anderen Muskelbewegungen, bei der Verlangsamung der Willkür- bewegungen und ihren Beschränkungen auf die notwendigsten Muskel- aktionen sowie bei den selten stärker ausgeprägten Bulbärsymptomen eine Rolle spielen, bedarf noch eingehenderer klinischer Analyse und genauer patho- logisch-anatomischer Untersuchung der betreffenden Fälle. Bei der allgemeinen Muskelschwäche wird die Aufdeckung einer echten striären Akinese nodi durch den Umstand erschwert, daß die Kranken durch ihre gesteigerte Affek- tivität viele Kraft verausgaben. In bezug auf die von gewissen neueren Autoren konstatierte ,,Adiadokokinesis** verweisen wir auf das oben S.ÖQof. Gesagte, wobei noch hervorgehoben werden muß, daß entsprechend unseren Ausführungen im Aufsatz „Zur Kenntnis usw.** wenigstens die hyperkinetische Hauptursache der spastischen Pseudoadiadokokinesis bei der Paralysis agitans in der Haltungsf ixation zu suchen ist. Was endlich die Bulbärsymptome an- belangt, so scheint es uns wenigstens a priori einseitig zu sein, dafür nur den Rigor verantwortlich zu machen, nachdem man für die Amimik, die Brachybasie usw. striäre Akinesen und Inkoordinationen nicht mehr ausschließen zu können glaubt Schließlich begegnen wir noch in der Paralysis agitans als echten Hyper- kinesen häufig Pulsionen und selten mimischen Zwangsbewegungen (Anfällen von Zwangsweinen oder Zwangslachen).

b) Zur PathophysiologU dieser Symptome.

Zunächst müssen wir betonen, daß die ganzen Symptome der Ps^ysts agitans über Jahre und Jahrzehnte hinaus so konstant sein können, daß sie unserer Meinung nach nicht auf mechanische Reize nekrobiotischer Prozesse zurückgeführt, sondern nur als Ausfallserscheinungen gedeutet werden können. Diese Auffassung wird den folgenden theoretischen Ausführungen zugrunde liegen. 192

ifaJSiJitSn 8. ^U^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 8t 9

Wir beginnen mit dem Tremor. Die Tatsache, daß die Wilsonsche Krank- heit mit einem ganz ähnhchen Tremor einsetzt und daß bei ihr zweifellos das Striatum zuerst erkrankt, beweist, daß der Tremor ein Symptom des Syn- droms des Striatum sein kann. Daß er auch in der Parkinsonschen Krank- heit ak solcher aufgefaßt werden darf, leiten wir aus der Tatsache ab, daß in den zwei Fällen von Paralysis agitans (24. und 27. Fall), in welchen der Tremor ganz im Vordergrund stand, auch der pathologisch- anatomische Prozeß vorzugs- weise das Striatum befallen hatte. Das Zittern erweist sich hier also als eine pallidäre Hyperkinese. Es entsteht dann aber gleich die Frage, warum der Status desintegrationis einen Tremor, der Etat fibreux und große Herde jedoch choreatische Zuckungen auslösen. Der Status desintegrationis der in Betracht kommenden Fälle ist gegenüber den beiden anderen Erkrankungen eine leichtere, welche nur die Funktion eines Teiles der Striatumzellen zerstört. Nun lehrt uns schon die Beobachtung einfach ,, nervöser" Menschen, daß sie nicht in der Lage sind, einen affektiven Tremor zu unterdrücken. Dag^en zeigen diese nicht die ausfahrenden Bewegungen der Chorea. Wir dürfen daraus schließen, daß der Tremor eine geringere Störung der Pallidumhemmung zur Voraussetzung hat ab die Chorea. So verstehen wir, daß die leichtere Erkrankung des erwachsenen Striatum Tremor, die schwerere Chorea auslöst.

Will man diesen Gedankengang weiter spinnen, so könnte man daran denken, in der Wilsonschen Krankheit bei zunehmender Erkrankung des Striatum die trotzdem dauernd nicht über einen Tremor hinausgehenden unwillkürlichen Bcfwegui^en auf die Behinderung der Motilität durch den gleichzeitig einsetzen- den Rigor zurückzuführen. Man könnte dann noch weiter folgern, daß in sehr stürmisch verlaufenden Fällen von Totalnekrose das frühzeitige Mitergriffensein des Pallidum gleich zu einer Versteifung ohne Tremor führt, wie im Fall v. Economos. Und man könnce schließlich die heuristische Hypothese auf- stellen, daß in der Paralysis agitans sine agilatione der infolge einer von vornherein praevalierenden Pallidumerkrankung sofort einsetzende Rigor das Auftreten eines Tremors verhindert.

Die Steigerung des Tremors in der Paralysis agitans durch periphere Reize und vor allem durch Gemütsbewegungen erklärt sich - wie die schon früher erwähnten analogen Erscheinungen bei der Athetose und der Chorea durch die vom Thalamus vermittelte Verknüpfung des Pallidum mit der Peri- pherie und der Großhirnrinde. Die Ausdehnung des Tremors auf sonst nicht zitternde Körperteile bei willkürlicher Unterdrückung des Zitterns scheint uns darauf hinzuweisen, daß auch andere Pallidumteile durch eine ent- sprechende Striatumerkrankung bereits eine gewisse Enthemmung erfahren haben, daß diese aber wegen ihrer bisherigen Geringfügigkeit nur unter diesen besonderen Bedingungen manifest wird. Es muß dabei weiteren klinischen Untersuchungen die Entscheidung überlassen bleiben, wie weit diese besonderen Bedingungen in gemütlichen Erregungen oder einer einfachen Behinderung der zurzeit üblichen Pallidumentladung zu suchen sind.

Im Emklang mit früheren Ausführungen dieser Arbeit erblicken wir da- gegen im Rigor ein Pallidumsyndrom: d. h. wir führen denselben auf eine

1^ Journal fttr Psychologie und Neurologie. Bd. 25. Ergh. 3. '93

8^0 C. UND O. VOGT. ^"^i'eoi^lo^

starke Einschränkung der Pallidumfunktion zuHlck. Speziell der 25. Fall be- stärkt uns in dieser Auffassung. Im Rigor des 30. und vor allem des 33. Falles sehen wir dann weiter eine Verstärkung dieses Pallidumsyndroms durch Schädigung der präfrontalen Denervationsfunktion. Die Steigerung des Rigors durch periphere Reize und vor allem durch Gemütsbewegungen erklärt sich wie die analoge Erscheinung beim Tremor.

Die Tatsache der Existenz einer mimischen Akinese und zwar auch bei vorwiegender Erkrankung des Striatum muß uns zu der Annahme ver- anlassen, daß nicht nur denervatorische, sondern auch innervatorische Reize vom Striatum auf das Pallidum übergehen.

Der Umstand, daß auch die auf Inkoordination und leichter Parese be« ruhende Brachybasie bei vorwiegender Erkrankung des Striatum (23. Fall) auftreten kann, spricht nicht nur ebenfalls für seine innervatorische Funktion, sondern läßt dann weiter noch vermuten, daß seine koordinatorische sich aui Denervationen und Innervationen zusammensetzt. Dabei weist die durch die klinische Analyse der Brachybasie von Seiten der oben S. 818 genannten Autoren und unsere pathologisch- anatomischen Untersuchungen aufgedeckte koordina- torische Funktion des Striatum auf fasersystematische Einzelheiten hin, welche vorläufig aus unseren anatomischen Feststellungen nicht abgeleitet werden können. Wir haben oben S. 645 in suspenso lassen müssen, ob das Striatum von anderen Grisea oder wenigstens in anderen quantitativen Verhältnissen zentri- petale Bahnen erhält als das Pallidum. Die Tatsache, daß das Striatum gegen- über dem Pallidum ein Koordinationszentrum darstellt, legt uns eine solche Annahme nahe. Denn ein spezifischer Charakter der zuleitenden Reize erscheint uns als die einfachste Basis für die Erklärung der koordinatorischen Funktion des Striatmn. Dabei dürften wir in der wenigstens wahrscheinlich gemachten, aber noch eingehender Untersuchungen bedürftigen Faserverbindui^ zwischen Pallidum und Tractus longitudinalis dorsalis wenigstens eine der für die striare Koordination des Gehens und Stehens in Betracht kommenden Bahnen vor uns haben.

Die Pulsionen und das Zwangslachen bzw. Zwangsweinen kommen unserer Ansicht nach durch Fortfall striärer Hemmungen des Pallidum zustande.

c) Zur pathologischen Anatomie und Ätiologie des StaUiS desintegratimis

nebst historischen Bemerkungen,

Wir betrachten als ein zweifelloses Resultat unserer Studien die Tatsache, daß der Paralysis agitans bereits im architektonischen Bilde faßbare Ver- änderungen zugrunde liegen, welche wir unter dem Begriff des Status desinUffra^ tionis zusammengefaßt haben. Dieser Status enthält aber sehr verschiedene Formen von Desintegration, sie sind ungleich lokalisiert und in ganz differenter Weise mit ähnlichen oder anderen Veränderungen des übrigen Cerebrum assoziiert. Wir können deshalb das Ergebnis unserer pathologisch -anatomischen Studien nur als den Beginn einer neuen Ära in der Erforschung der Paralysis agitans bezeichnen. Es gilt mehr als bisher, die motorischen Störungen jedes einzelnen Falles intra vitam genau zu analysieren und hernach das Gehirn gründlich zu 194

l£2r 8 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 82 1

untersuchen. Dann dürfen wir hoffen, , nicht nur für die einzelnen Formen der* E>esintegration besondere klinische Symptome aufzudecken (s. weiter unten!), nicht nur die somatotopische Gliederung des Putamen, des Pallidum und der übrigen Bestandteile des striären Systems weiter zu vertiefen, sondern auch noch mehr in die Einzelheiten der Pathophysiologie der Paralysis agitans ein- zudringen und damit neue physiologische Rückschlüsse auf die Funktion des

«

striären Systems anzubahnen.

Wir betonten eben von neuem, daß wir unter dem Status desintegrationis sehr verschiedene Veränderungen zusammenfassen. Wir haben schon oben (S. 783) diese Zusammenfassung damit begründet, daß im Einzelfall immer mehrere dieser Formen vereinigt miteinander auftreten. Wir glauben aber diese Zu- sammenfassung auch noch durch die Auffassung rechtfertigen zu können, daß wir alle Formen der Desintegration als Äußerungen einer frühen Senilität bezeichnen können. Es ergibt sich somit, daß die Paralysis agitans nicht der Ausdruck eines vorzeitigen Alterns des ganzen Cerebrum darstellt, sondern die Folge der Tatsache ist, daß das striäre System und insbesondere das Striatum -(- Pallidum zu präsenilen Erkrankungen ganz besonders ten- dieren.

Wir können uns dabei nicht des Eindrucks erwehren, daß die Syphilis aJs Förderin der Gefäßsklerose diese Präsenilität begünstigt. Wir würden diese Ansicht auch als weitgehend pathologisch- anatomisch gestützt ansehen, wenn «vir nicht nur manche Lakunen wie schon heute mit Recht auf syphili- tische Gefäfliveränderungen zurückführen können, sondern wenn auch die B i e Ischowsky sehe Erklärung (vgl. oben S. 816) der Criblüren durch Gefäßveränderungen weitere Bestätigungen erführe. Wie weit in den Fällen kombinierter Paralysis agitans und Tabes Camp hat neqerdings die Literatar darüber zusammengestellt neben einer solchen syphilitischen Schädigung der Blutgefäße noch spezifisch syphilitische Veränderungen des striären Systems vorkommen^ bedarf noch der Klärung durch eine patho- logisch-anatomische Untersuchung solcher Fälle.

Natürlich wird es auf die Dauer den pathologischen Anatomen und den klinischen Systematiker nicht befriedigen, im Status desintegrationis so ver. schiedene anatomische Veränderungen zusammenzufassen. Und es wird sich uns deshalb immer wieder die Frage aufdrängen, ob nicht klinisch^ Merkmale die Diagnose der im Einzelfall vorliegenden speziellen Form des Status des- integrationis ermöglichen.

Nach unseren bisherigen Untersuchungen und den Literaturangaben sind wir geneigt, dort einen Etat lacunaire als prävalierendes Moment des Statut desintegrationis anzunehmen^ wo

1. das Krankheitsbild sehr akut in Erscheinung getreten ist (32. Fall),

2. sehr starke Pseudobulbärerscheinungen und gleichzeitig leichte Insulte aufgetreten sind (30. Fall),

3. leichte Insulte sich gezeigt haben und nur einzelne Symptome der Paralysis agitans mit mehr oder weniger prononzierten Pseudobulbär- 13* 195

822 C. UND 0. VOGT. JorntAt Ttjft^tk^

und Hiiiralo0B»

crscheinungen nachweisbar sind (Fälle P. Maries und seiner Schüler, beaondeiB

Ferrands).

Ein progressiver Tremor mit geringer Rigidität spricht für dai Prävalieren eines Etat cribl6 im Striatum (24. und 27. Fall).

Eine ausgesprochene Rigidität ging in allen von uns untersuditen Fällen einer Erkrankung des Pallidum parallel. Bei langsamerer Zuaahme des Rigors handelte es sich immer um einen Etat cribH des Pallidum (31. Fall) oder eine Kombination von Etat cribl6 und Etat para- dysmy^linique. Unser Material gibt uns aber bisher keine Fingerzeige dis Vorherrschen einer dieser beiden Veränderunaen im Pallidum intra vitam a diagnostizieren. Da der Etat paradysmy61inique gegenüber dem Etat cribU zweifellos die schwerere Erkrankung darstellt, ist es theoretisch wahrscfadnlid^ daß bei sehr starkem Rigor in nicht zu vorgeschrittenem Alter der enten prävaliert

Es wird wie wir schon oben S. 820 betonten die Aufgabe weiteRr Forschung sein, diese ersten Ansätze zur Zerlegung des Status desintegratioiii weiter auszubauen. Vielleicht wird dabei auch die Serologie eines Tages vn Nutzen werden. Zur Stütze dieser Behauptung weisen wir darauf ,hin, dal Sicard bei der Paralysis agitans niemals chemische oder cytologische Modh fikationen in der Cerebrospinalflüssigkeit gefunden, oft dagegen bei „Laci- nairen" und „Pseudobulbären^ eine Hyperalbuminose festgestellt hii

Wir möchten zum Schluß dieses Kapitels derjenigen Autoren gedenken, in welchen wir Vorgänger unserer Anschauungen erblickenr

Wenn auch immer wieder Ärzte geneigt waren, die Parkinsonsche Krank- heit als eine funktionelle zu erklären, so gibt es doch andererseits eine ausführ- liche Literatur über ihre pathologische Anatomie. Diese Literatur umfaßt eine ältere, welche ausnahmslos den Sitz der Krankheit außerhalb des striam Systems gesucht hat. Wir lassen diese hier vollständig unberücksichtigt. Auf der anderen Seite hat aber eine ganze Reihe von Autoren einen Teil der hier unter dem Begriff des Etat de d^sintdgration zusammengefaßten pathologischen Veränderungen bereits eingehend geschildert, ohne ihn mit der Paralysis agitans in kausale Beziehung gebracht zu haben. Wir werden weiter unten den Grund dafür erörtern.

Schon im Jahre 1854 hat Durand-Fardel eine ausgezeichnete Bescfareibong des Etat cribl6 gegeben. Dieser Status ist in der Folgezeit der Gegenstand einer gamen Reihe von Arbeiten gewesen, die wir hier aber übergehen wollen. Allen diesen Ver- öffentlichungen ist gemeinsam, daß sie nicht speziell den Etat cribl^ der Grisea do striären Systems behandeln.

Nur Dowse hat und zwar bereits im Jahre 1878 in einem Fall von Paralysis agitans den Etat cribli in den Striata beobachtet: „The Corpora stiiaii are honeycombed with miliary degeneration*'. Der Verfasser hebt ausdrOddidi hervor, daß diese Anomalie in den Thalami viel geringer war, aber er lengneft einen Zusammenhang dieser Befunde mit der Paralysis agitans.

Dann hat aber Alzheimer 1894 darauf hingewiesen^ daß besonders oft in den Basalganglien und der inneren Kapsel von Gehirnen solcher Personen, welche an ,. arteriosklerotischer Verblödung" verstorben waren^ sich um die meittea GeSfle 196

ISLSxJSS^ 8 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 8«3

makroskopisch siditbare^ weite^ mit Flüssigkeit gefüllte Räume befänden. ^^Die Gefäße ließen sich leicht in langen Stücken aus diesen oft zystischen Erweiterungen heraus- ziehen." Wir begegnen also hier bereits einer Beschreibung der Criblüren im Striaiutn + PaUidum.

Im gleichen Jahre gab Campbell eine noch eingehendere Beschreibung dieser Criblüren. Man beobachte in Gehirnen seniler Geisteskranker häufig kleine braune Stellen^ die die Reste resorbierter perivaskulärer Hämorrhagien seien. Es handele sich hier um Durand-Färdels Etat cribl6. Sie seien besonders häufig im Putamen, sodann am verbreitetsten im Pallidum, weniger zahlreich im Caudatum und noch weniger häufig im Thalamus. Man begegne ihnen dagegen öfter im Dentatum urebeüi und im oberen Teil des Pons, Bei mikroskopischer Prüfung eines in dieser Weise veränderten Basalganglions konstatiere man nicht nur eine Erweiterung des perivaskulären Raumes^ sondern eine unregelmäßig gestaltete zystische Höhle rings um das Blutgefäß^ der eine Zerstörung einer beträchtlichen Menge nervöser Substanz aeogninde läge. Der Verfasser führt dabei alle diese perivaskulären Erweiterungen auf geringe Blutungen in die perivaskulären Lymphräume zurück^ obgleich er zugibt^ dafi man nur in vereinzelten Fällen sich wirklich von dieser Entstehungsart der Lakunen fiberzeugen könne. Die in sehr vielen seiner Krankheitsfälle beobachteten Störungen der Deghitition und Artikulation führt er auf derartige Veränderungen in der Bulbär- region zurück. Campbell erwähnt endlich noch, daß er manche der vaskulären Ver- änderungen, die Redlich bei der Paralysis agitans in der Medulla spinalis als Substrat dieser E^rankung beschrieben hat, auch bei seinen Kranken wieder aufgefunden hat: sie konnten also nicht als die Ursache der Paralysis agitans angesprochen werden. Es hat dementsprechend Campbell 1894 bereits zwischen den perivaskulären Er- wetteiungen um die großen und denjenigen um die ganz kleinen Blutgefäße keinen Unterschied gemacht. Aber er sieht einen gelegentlichen hämorrhagischen Ursprung (vielleicht handelte es sidi überhaupt nur um eine sekundäre Blutung) dieser peri- vaskulären Erweiterungen als den allgemein gültigen Entwicklungsmodus derselben an.

In einem 1898 erschienenen Referat über „Neuere Arbeiten über die Dementia senilis und die auf atheromatöser Gefäßerkrankung basierenden Gehiinkiankheiten'' nahm Alzheimer dieses Thema von neuem auf. In dem Referat eiklärte er für wahr- scheinlich, daß auch die Paralysis agitans nur durch besonders lokalisierte, auf Arteriosklerose zuiückzuführende Veränderungen veranlaßt wird. Aber der Sitz des betreffenden Krankheitsprozesses sei nach wie vor unbekannt.

1900 wies Pierre Marie auf dem Pariser neurologischen Kongreß darauf hin, daß man bei alten, an vorübergehenden oder inkompletten Hemiplegien erkrankten Leuten als pathologisch-anatomische Ursache die bisher übersehenen „Foyers lacunaires de disintigraUon** ansehen müsse. r

1901 veröffentlichte dann Pierre Marie seine Anschauungen in extenso. Seine Foyers lacunaires seien kleine Hohlräume von unregelmäßiger Umgrenzung. Die Größe schwanke zwischen einem kleinen Hanfkom und einer Bohne. Ihre Zahl könne über zehn in den beiden Hemisphären betragen. Sie seien vor allem im Putamen lokalisiert und eventuell auf dieses beschränkt. Sie kämen auch öfter im Pallidum vor, etwas seltener im Thalamus und noch seltener im Caudatum. Einzelne Male träfe man sie in der Capsula interna, im Centrum ovale und im Corpus callosum. Demgegenüber sei die Brücke eine neue Prädilektionsstelle. Sie seien selten im Kleinhirn, niemals im Pedunculus, in der Medulla oblongata und der Medulla spinalis. Sie seien mikrosko- pische Erweichungen oder Hämorrhagien auf Grund einer Arteriosklerose. In emer gewissen Zahl der Lakunen begegnet man in der Mitte durchlässigen Blutgefäßen ver- schiedenen Kalibers. Andererseits gäbe es Fälle, in denen die perivaskulären Räume der Blutgefäße stark erweitert seien und um diese herum das nervöse Gewebe eine Veränderung erfahren habe, so daß man sich fragen müsse, ob nicht gewisse Lakunen auf eine destruktive Vaginalitis zurückzuführen seien. Mit diesem Etat lacunaire verbände sich eine mehr oder weniger starke Atrophie der Hirnwindungen, eine eberi-

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824__ C. UND 0. VOGT. ^ ^"^KeSSy

solche Erweiterung der Seitenventrikel mit Abflachung der Caudata und oft eine Volumenreduktion des Corpus callosum. Das häufigste Symptom dieser Erkrankung seien plötzlich auftretende^ aber inkomplette und mehr oder weniger ganz wieder ver- schwindende Hemiplegien. Die hemiplegischen Störungen der unteren ExtremititeD blieben konstanter und es resultiere sehr oft aus solchem Iktus eine Braehybasie. Bauf^ sei Dj'sarthrie imd Dysphagie zu konstatieren.

Von diesem Etat lacunaire will Pierre Marie den Etat cnb\6 Durand-Fardels unteischieden wissen, der eine geringfügige Erweiterung des perivaskulären Lympb- raumes um zahlreiche benachbarte Blutgefäße darstellt und den Pierre Marie persön- lich auf eine Retraktion des diffus-atrophischen Parenchyms zurückführt. Prädilek- tionsstellen sind die Insula und der Temporalpol.

Außerdem trennt Pierre Marie von den Lakunen die isolierte, perivaskuläre Erweiterung, welche um einzelne lenticulo-striäre Blutgefäße bei ihrem Eintritt in den Linsenkem in Erscheinung träte. Dics^ Veränderung ist nur quantitativ und durd ihre Lokalisation von dem Etat cribl6 verschieden und weniger häufig, ohne indesiei sehr selten zu sein.

1902 behandelt Pierre Maries Schüler. J. Ferrand, dieses Thema ausführlicber. Tm Gegensatz zu Pierre Marie behauptet er, daß jede Lakune in der Mitte ein durdi- lässiges Blutgefäß behalte. Die Begrenzung der Lakunen sei^ eine durchaus unregd mäßige. Der Autor weist dabei ihre Entstehung aus einer Blutung oder einer Erweidrang zurück. Ihre Entwicklung aus erweiterten perivaskulären Lymphräumen halt er ät gegen für möglich, führt sie aber nicht wie Pierre Marie auf eine Vaginalitil zurück, sondern auf eine arteriosklerotische Ernährungsstörung, wdclie peripher von dem betreffenden Blutgefäß allmählich abnähme. Dieser Erklärungs- versuch scheitert an der Tatsache, daß sich Criblüren auch aus Venen bilden, li den 97 Beobaclitungen , welche der Autor seiner Arbeit hinzufügt, spielen neba vorübergehenden und inkompletten Hemiplegien dieBrachybasie undPseudobulbir- Erscheinungen (Dysarthrie. Dysphagie, Zwangsweinen und seltener Zwangslachen) die Hauptrolle. Femer ist in den Ferrand sehen Krankheitsfällen von den Extremi- täten das Bein stärker beteiligt als der Arm. Endlich betont Ferrand, daß viel- fach mit der Braehybasie nicht die geringste Kontraktur der Beinmnskulatnr verbunden gewesen wäre.

1904 behandelte ein anderer Schüler Pierre Maries, Catola. von neuem dicKi Thema. Er weist nicht nur darauf hin, daß Dupr^ und Devaux im wesentlichen Pierre Maries Anschauungen bestätigt haben, sondern daß schon Campbell, Alx- heimer und Jacobsohn bereits zwischen 1894 und 1898 derartige Lakimen b^ schrieben und Probst 1901 und Weber 1901 und 1902 ähnliche Feststellungen ge- macht haben. Indem er sonst im wesentlichen die Lebren Pierre Maries ausfühzlid) wiedergibt, legt er bei der Entstehung der Lakunen das Hauptgewicht auf eine Peri- arteritis.

1906 veröffentlichte L6ri seine Monographie ,,Le cerveau senile". L6ri wies die einseitige Weiterverarbeitung der Mari eschen Lehre von der Genese der Lakunen durch Ferrand und Catola zurück. Er hob zunächst her\'or, daß wie auch Marie gelehrt hatte nicht alle Lakunen ein zentrales Blutgefäß enthielten. Er beschrieb einen Fall, wo die Lakune aus einer kleinen Blutung entstanden war und zwei andeie P^lle, in denen eine Obliteration von Blutgefäßen als wesentliches ätiologisches Moment in Betracht gezogen werden mußte. Er erweiterte deshalb die von Pierre Marie ursprünglich vertretene Anschauung dahin, daß neben einer möglichen Vaginalitis destructiva und mikroskopischen Erweichungen oder Hämorrhagien eine arteriosklero- tische Ernährungsstörung die Ursache der Lakunen wäre.

Aus allen diesen Veröffentlichungen geht hervor, daß P. Marie persönlich am weitgehendsten die verschiedenen pathologischen Veränderungen erkannt 198

^St^J^ a ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 825

hat, welche wir unter dem Status desintegrationis zusammenfassen. Er hat nur den Etat paradysmy61inique des Pallidum nicht mit aufgezählt.

Wenn nun aber alle diese Autoren die Beziehungen der von ihnen erkannten pathologischen Prozesse zur Paralysis agitans verkannt haben, so liegt es wohl daran, daß sie einerseits typische Fälle von Parkinsonscher Krankheit nicht untersucht, andererseits aber auf andere klinische Symptome (arteriosklerotische Demenz oder Hemiplegie der Greise) ihre Aufmerksamkeit eingestellt hatten. Man braucht jedoch nur die oben erwähnten Krankheitsbeobachtungen Ferrands durchzusehen, um zu erkennen, daß gar nicht die Hemiplegie und das war ja eigentlich gerade die Tatsache, welche P. Marie frappierte im Mittelpunkt dieser * Erkrankungen steht, sondern Symptome, die wir heute als striäre be- zeichnen und die ein mehr oder weniger ausgesprochenes Paralysis agitans- Zustandsbild zeitigten. Wenn J.D^jerine in seiner Bekämpfung der in den vor- stehenden Ausführungen entwickelten Lehre von den Erkrankungen des striären Systems behauptet, daß Lakunen usw. in dem Linsenkern bei Greisen „banal** seien, aber symptomlos verliefen, so erkennen wir die Häufigkeit derartiger pathologischer Veränderungen im Senium vollständig an. Wir bestreiten aber ihre Symptomenlosigkeit und sehen in der senilen ,,Taperhaftigkeit**, Kurz- schrittigkeit, Steifheit, Stumpfheit des Gesichtsausdruckes, dem wie schon von Trousseau, Charcot und Demange betont wurde übrigens relativ seltenen senilen Zittern usw. den klinischen Ausdruck der betreffenden patho- logisch-anatomischen Prozesse.

Wir kommen jetzt zu denjenigen Autoren, welche die Paralysis agitans zu anatomischen Veränderungen des striären Systems in Beziehung gebracht haben.

Nach Lewy (1912) hat Manschot 1904 in einer uns nicht zugänglichen Doktor- dissertation in einem Fall von Paralysis agitans Fasern und Zellenuntergang im Thalamus speziell im lateralen Kern desselben sowie Atrophie im Putamen und in der sub- thalamischen Region festgestellt.

Nach Jelgersma (1909) hat femer Winkler in einer uns nicht einmal dem Titel nach bekannt gewordenen Arbeit (eine briefliche Anfrage an Herrn Winkler unserer- seits ist unbeantwortet geblieben) den pathologisch-anatomischen Befund von drei Fallen von Paralysis agitans beschrieben. Er konstatierte in diesen Fällen „einen Aus- fall von Fasern in der Regio subthalamica, in dem Nucleus lateralis thalami, in den Innengliedem des Nucleus lentiformis, in der Haube und im Pons Varoli".

1908 äußerte sich Jelgersma über die pathologische Anatomie der Paralysis agitans auf Grund von Serienschnitten durch zwei Gehirne. An dem einen der beiden Fälle, der abgesehen von einer deutlichen Dementia klinisch „keine Besonderheiten" zeigte, fand er „eine sehr starke Atrophie der Strahlung des Nucleus lentiformis und deren Fortsetzung nach dem Zwischenhim". Der Nucleus ruber erwies sich als intakt. Dagegen existierte eine starke Atrophie distal von der Gegend des roten Kerns in der Haubengegend „direkt ventral von den Corpora quadrigemina und weiterhin zwischen den Pedunculi cerebeüi superiores. Auch sind diese in ihrem Volumen reduziert**. Der Verfasser schließt aus diesen Befunden, „daß die Atrophie** die Verfasser nach mündlicher Angabe als eine „Systemerkrankung** auffaßte (vgl. oben S. 763!) „bei der Paralysis hauptsächlich Bahnen betrifft, die von den Stammganglien aus nach dem Cerebellum hin verlaufen**. Der Verfasser fügt dann noch hinzu: „Eins muß man aber beachten. Ich glaube nicht, daß in allen Fällen von Paralysis agitans die pathologischen

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826 C. UND 0. VOGT. _ ^^^j^V^SSg^

Veränderungen immer genau dieselben sind. So war z. B. in dem hier demonstrierten Fall der Ntuleus Luysi fast ganz geschwunden^ ebenso wie die Bündel H"^ und £f* von Forel. In meinem anderen Fall aber ist der Nucleus Luysi so ziemlich intakt."

Der Verfasser hat die große Liebenswürdigkeit gehabt^ uns acht Präparate des zuerst erwähnten Falles zu überlassen. Das Striatum läßt hier keine Volumen- verminderung erkennen. Auch sind die Höhen- und Breitenverhältnisse des Pulamm normal. Ge ist nur ganz geringfügig, Gi auch nur so mäßig verkleinert, daß man hier durchaus eine ausschließlich erworbene Schrumpfung annehmen kann und an keine angeborene Kleinheit dieser Himteile zu denken braucht. Wir haben darauf schon oben S. 793 hingewiesen. Im Striatum und im Pallidum zeigen sich nun weiter zahlreiche Criblüren. Die Haupt Veränderung bildet aber der von Jelgersma aufgefundene Schwund eines Teiles der striären Faserung. Die Faserbündel des Striahm entbehren der dicken (zentripetalen) Markfasem vollständig, während ihre dünnen (striopallidären) wenigstens in weitem Maße erhalten sind. Der oralste Teil vonG^ läßt nur Reste dicker Fasern erkennen und zeigt daneben auch einen fleckweisen Schwund der strio-pallidären Fasern. Im übrigen Ge und in Gi hat die Zahl der dicken Bfaric- fasem stark abgenommen bei weitgehendem Erhaltensein der dünnen' strio-pallidarea Fasern. Auch die GrenzlamelUn des Pallidum sind in ihrem Gehalt an dicken Fasern sehr verarmt. Man kann sich das sei noch nebenbei hervorgehoben bei diesem Schwund der dicken Pallidumfasem sehr gut davon überzeugen, daß die wie gesagt wenigstens zumeist erhalten gebliebenen dünnen Fasern der Bündel des Striatum fast ausnahmslos mGe + Gi endigen. Höchstens schließt sich ein sehr geringer Bnicb- teil den zum Hirnfuß strebenden Fasern an. Nach innen von der Capsula interna ist nicht nur CL sehr stark verkleinert und an Fasern verarmt, sondern sind auch H^ und /fi sowie das ovo ventrale Gebiet des Thalamus stark reduziert. Femer fehlt lateral von CL unsere Fasermasse X. Außerdem scheint die Substantia nigra in ihrem Volumen verringert zu sein. Wir haben hier also wie schon S. 763 hervorgehoben wurde den stärksten von uns beobachteten Etat paradysmy^linique, d.h. eine sehr an den Etat dysmyölinique erinnernde Weiterentwicklung des von uns speziell im 26. Fall beobachteten Untergangs der zum Pallidum in enger Beziehung stehenden Faserungen, in Verbindung mit einem Etat cribl^ vor uns.

Aus diesen Feststellungen geht hervor, daß die genannten holländischen Autoren - und unter ihnen insbesondere Jelgersma zum ersten Male den speziellen Schwund der Pallidumfasem beobachtet und damit um dieses Mo- ment unseren Status desintegraiionis bereichert haben und daß sie ferner in den von ihnen beobachteten Degenerationen die Ursache der Paralysis agitans erblickten. Andererseits möchten wir aber gegenüber Jelgersma betonen (auf eine ent- sprechende Kritik der uns nicht persönlich bekannt gewordenen Ausführungen Manschots und Winklers müssen wir verzichten), daß Jelgersma nicht nur den Etat cribl^ in seinem Falle übersehen hat, sondern auch irrtümlicherweise den Schwund der Pallidumfaserung als das regelmäßige anatomische Sub- strat der Paralysis agitans ansprach.

1912 hat F. H. Lewy eine ,, Pathologische Anatomie" der Paral}'sis agitans ver- öffentlicht. Aus dieser, die im wesentlichen unsere damalige Unkenntnis zeigt, sei bloß hervorgehoben, daß der Autor einen typischen Etat cribl6 des Putamen und ganz besonders des Pallidum abbildet, ohne ihm diejenige Bedeutung zuzuschreiben, welche wir ihm beimessen.

1913 hat dann F. H. Lewy über seine eigenen pathologisch-anatomischen Unter- suchungen an Fällen von Paralysis agitans eingehender, aber leider nicht in sehr präziser Form berichtet. Er will klinisch einen besonderen TN-pus ableiten, der «^ungewöhnlich starke Kontraktiu*'' mit Schmerzanfällen, Incontinentia urinae et alvi bei intakter

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Intelligenz, aber verändertem Affektleben zeigt. Die Sektion ergibt Schrumpfung des Caput caudati und vor allem eine solche des Lentiforme mit sekundären „Degenera- tionen in der Meynert sehen Kommissur und geringeren Grades im Fo reischen Haubenbündel sowie in der Faserung zum Luysi sehen Körper und diesem selbst". Die gewöhnliche Paralysis agitans zeige den gleichen Befund, nur ,,in sehr viel geringerem MaBe"^ ,,so daß das Markscheidenpräparat häufig überhaupt nichts Pathologisches erkennen laßt". Das Zellbild zeigt aber in Nc und weit mehr in Put „starke Glia- vcrmehning" und daneben Gefäßwandveränderungen, im Pallidum Abbauprodukte und im Nucleus substantiae innominatae „alle Zeichen einer senilen Veränderung". Der Verfasser sieht in der Pu/am^nerkrankung die Ursache der Rigidität, in der PoüfWififi Veränderung das Substrat für den Tremor.

Über den von Lewy aufgestellten besonderen Typus haben wir bisher keine Erfahrungen. In allen unseren Fällen zeigt jedes Markfaserbild den Status desintegrationis in der einen oder anderen Kombination. Am Nucleus substantiae nmotninatae haben wir nie Veränderungen wahrgenommen. Im Gegensatz zmn Autor bringen wir endlich den Tremor zum Striatum und den Rigor zum Pallidum in Beziehung.

1916 veröffentlichten Au er und Mc Cough zwei Fälle von Paralysis agitans. Sie fanden keine grobe Atrophie der Basalganglien, dagegen i. kleine Stellen von Rare- fikation der Faserung, die wie „Mottenfraß" aussahen und meist keine Beziehung zu Blutgefißen hatten, und zwar am häufigsten im Linsenkem, aber auch überall sonst im Cerebnim mit Ausnahme des Cortex und des Nucleus ruber, 2. anscheinend Criblüren hauptsachlich, wenn auch nicht ausschließlich im Linsenkem und 3. Abnahme der Fasern in der Lamella pallidi externa und im Pallidum.

Die von diesen Autoren mit „Mottenfraß** verglichenen Rarefizierungen der Faserung möchten wir mit unseren Präcriblüren, wie sie z. B. in Taf. 69, Fig. 2 al^ebildet sind, identifizieren, ohne leugnen zu wollen, daß es sich in den betreffenden Fällen um eine uns unbekannt gebliebene Form von Desinte- gration handeln könnte. Wir möchten aber darauf aufmerksam machen, daß man solche Präcriblüren genau studieren muß, um die von uns behauptete Be- ziehung zu den Blutgefäßen zu erkennen.

1916 beschrieb femer Hunt einen Fall juveniler Paralysis agitans mit Zittern und allmählicher vollständiger Versteifung. Er fand einen weitgehenden Untergang der großen Ganglienzellen des Striatum^ sowie einen solchen der Nervenzellen des Paüidum und des Nucleus substantiae innominatae. Daneben fand sich eine Ver- dünnung der Ansa lenticularis el peduncularis ohne Reduktion der Lamellae pallidi. Der Verfasser knüpft an diebc Feststellung pathologische Erklärungsversuche der Er- krankungen des striären Systems an, welche unserer Ansicht nach von schon S. 654 kritisierten falschen anatomischen Voraussetzungen ausgehen. Außerdem dürfte nach den vom Verfasser angegebenen Zellveränderungen ein schwererer Faserschwund vor- verlegen haben, als ihn der Autor erkannt hat.

Weitere Vorarbeiten für die von uns entwickelten Anschauungen über die pathologische Anatomie der Paralysis agitans sind uns unbekannt geblieben.

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828 C. UND 0. VOGT. '^^^HeSSSS?*

VIII. Fälle von groben Herderkranknngen im striiren System.

Wir verfügen in unserer Sammlung bisher nur über einen einzigen Fall

34. Liepmannt IUI Eliiabeth L. (Z). 24.)

A. Krankengeschichte,

Geboren am 6. Januai 1840. Ledige Lehrerin.

Aufnahme in der Irrenanstalt Dalldorf am 30. September 1882 w^en halluam* torischer Verwirrtheit.

30. 10. 1882:

Die Patientin ist von mittlerer Größe, mittelkräftig und ziemlich gutem Er- nährungszustande

Der Gang ist langsam und vorsichtig

Patellarsehnenreflexe sind verlangsamt.

Die Worte sind verschwommen, wenig artikuliert. Die Patientin spricht, ab ob sie einen Kloß im Munde hat.

Sonst keine wesentlichen Befunde.

Dabei halluziniert sie, verkennt die Personen und ist zeitweise tobsüchtig.

Gibt teilweise unzusammenhängende Antworten.

14. 12. 1905. Patientin ist allmählich unter zunehmender Verblödung ruhiger geworden. Zeigt aber zwischendurch noch Erregimgszustände mit größerer Verwinthcit

Hat am heutigen Tage einen Schwindelanfall.

5. 2. 1907. Ruhig, verfertigt kleine Stickereien. Redet oft ganz verwirrt vor sich hin. Dabei choreatische Unruhe im rechten Arm.

15. 4. 1907. Bewegungen des rechten Armes in den letzten Tagen sehr stark. Patientin faßt sich fortwährend an Nacken, Kopf, Bein usw. Stellt sich oft mit dem Arm an die Wand, um die Bewegungen zu unterdrücken.

31. 5. 07. Kurzer Schwindelanfall, fällt vom Stuhl. Danach keine Verändening gegen sonst.

29. 6. 07. Fieber. Wird nachmittags schwach. Faßt sich öfter an den Kopf. Lähmungserscheinungen nicht festzustellen.

30. 6. 07. Hat wenig blutig-schleimigen Stuhlgang gehabt. Der rechte Arm macht nicht mehr die choreatischen Bewegungen, ist schlaffer als der linke. Der rechte Mundwinkel hängt nach unten.

1. 7. 07. Choreatische Bewegungen wieder eingetreten. Normaler Stuhl. 30. 7. 07. Choreatische Bewegungen dauern fort Sie bestehen auch

etwas schwächer im rechten Bein. Lähmungserscheinungen sind nicht festzustellen.

Völlig verblödet. Faßt bisweilen eine Frage nach dem Essen richtig auf, sonst antwortet sie unverständlich oder wirres Zeug.

15. 9. 07. Choreatische Bewegungen im r. Arm und Bein dauern fort.

2. II 07. Choreatische Bewegungen im r. Arm nur noch in sehr ge- ringem Grade. Psychischer Zustand unverändert. Verbringt im allgemeinen ihre Tage in Stumpfsinn. Nur ab und zu treten plötzlich explosivartig Zustände von Rede- drang ohne besondere motorische Unruhe bei ihr auf, in denen sie Schimpfworte gegen

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JS^mS:JSSl 8. ^^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 829

das Personal und die Mitpatienten schleudert. Ihr Lieblingswort scheint dabei „frecher Pudel" zu sein. In der Nacht manchmal leichte motorische Unruhe.

4. II. 07. Die Bewegungen des r. Armes sind jetzt wesentlich schwächer als vor einigen Monaten. Es besteht noch eine motorische Unruhe in der r. Hand. Zupft an der Jacke. Patientin hält meist die r. Hand mit der linken fest. Bisweilen' greifen die Bewegungen auf den linken Zeigefinger über.

Auch in den Zehen des rechten Beines Zuckungen, besonders wird die grbße Zehe stark nach oben bewegt. Zunge gerade, ruhig herausgestreckt.

5. II. 07. In der Nacht sehr unruhig. Redet inkohärent. Sie wolle Klavier- spielen usw. Sei in der Linkstraße. Kniesehnenphänomen lebhaft. Fußsohlen- reflex dorsal. Mendel dorsal.

15. I. 08. Choreatische Bewegungen sehr schwach. Sonst unverändert.

30. 9. 08. Choreatische Bewegungen wieder stärker.

29. IG. 08. Knüpft oft an Sinneseindrücke an, redet dann ganz inkohärent weiter. Schimpft z. B. auf eine Patientin, welche beim Essen ist: Nicht so schnell fressen, Teufel von Nichtsein, Bengel von Mutter. (Erregter.) Nicht so schnell fressen. Die Hand kann sie sehen, die ist abgerissen, abgekniffen, Handschuh kann sie machen. VVohip? Pfui Teufel, Ministerialgebäude.

25, I. 09. Die Bewegungen des r. Armes haben jetzt nicht den aussetzen- den Charakter, sondern bestehen aus gleichmäßigen, rhythmischen, ziemlich kurzen Zuckungen, die sich wechselnd auf die Muskeln des Schultergelenks, dann besonders des Ellenbogengelenkes, dann der Hand- und Fingergelenke erstrecken. Bei intendierten Bewegungen sistieren die Zuckungen. Die Hand zupft oft an den Kleidern, sie wird bisweilen durch die /. Hand festgehalten. Im Bein sind jetzt keine Zuckungen.

Sehnenphänomene der oberen Extremitäten sehr lebhaft, r. etwas stärker als /. Beim Klopfen auf den dorsalen Unterarm macht die /. Hand im ganzen eine Plantar- Zuckung. R. werden auch die Finger plantar gebeugt. (Also wie der patho- logische Mendelsche Fußrückenreflex.)

Kniesehnenphänomen und Achillessehnenphänomen beiderseits sehr lebhaft, rechts starker als links.

Babinski?

Mendel beiderseits dorsal, links stärker als rechts.

Passiven Bewegungen, besonders Beugung, wird ein starker Widerstand entgegengesetzt.

Auf Nadelstiche wird nicht reagiert.

Gang: Beide Sohlen werden am Boden geschleift. R. Fuß wird bisweilen nach- geschleift.

10. 5. 09. Ephemere Temperatursteigerung. Obstipat. Klysma. Abführmittel.

11. 5. 09. Fieberlos.

12. 5. 09. Fiebert wieder. Keine Ursache nachweisbar. Kampferbenzo6pulver.

13. 5. 09. Dasselbe.

14. 5. 09. Entfiebeit.

3. 6. 09. Abends nach Angabe der Pflegerin: Patientin kann nicht gehen, schleppt /. Bein nach. L. Arm in Beuge. L. Mundwinkel hängt.

4. 6. 09. Die /. Extremitäten zeigen geringere Kraft als die r. /?. noch choreatische Zuckungen. Hemianopsie /. Augen nach r. gerichtet.

Antwortet auf Anruf, fixiert aber den /. stehenden Arzt nicht. Kniesehnenphänomen /. stärker als r. Babinski beiderseits vorhanden.

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830 C. UND O. VOGT. ^'"'^ i\SSSS!^

Mendel beiderseits dorsal. Zunge gerade herausgestreckt.

8. 6. 09. Sehr schwach. Kann nicht schlucken. Bewußtlos. 14. 6. 09. Exitus.

Zusammenfassung der Krankengeschichte.

Bei einer Patientin, welche im 42. Lebensjahre an halluzinatorischer Ver- wirrtheit mit zunehmender Verblödung erkrankt und schon bei ihrer Aufnahme eine verschwommene und wenig artikulierte Sprache zeigt, entsteht im 67. Lebens- jahr eine choreatische Unruhe im r. Arm. Diese nimmt dann an Heftigkeit zu. Nach einer neuen Attacke, die zu einer leichten Parese des rechten Mundwinkels und des rechten Armes führt, schwinden die choreatischen Zuckungen für 24 Stunden. Dann treten sie wieder auf und gehen auch auf das rechte Bein über, ohne daß Lähmungserscheinungen vorhanden sind. Die choreatischen Zuckungen bestehen hernach in wechselnder Intensität bis zu dem im 69. Lebensjahre erfolgten Tode. Vorübergehend nahm auch der linke Zeige- finger an den Bewegungen teil. Die Sehnenphänomene waren sehr lebhaft, r. stärker als / Babinski meistens sicher nachgewiesen. Hypertonie in den Beinen im letzten Lebensjahr festgestellt. Ein Monat vor dem Tode eine leichte links- seitige Hemiplegie.

B. Anatomische Untersuchung,

a) Makroskopischer Befund.

Starke Arterioskleiose der Himgefäße. Auf einem Horizontalschnitt durch dts Gehirn erkennt man einen alten Herd^ der links den Kopf des Caudatum und das vordere Ende des Putamen zerstört hat. Gegen die äußere Kapsel ist der Herd mit scharfem Rande abgegrenzt.

b) Mikroskopischer Befund.

TaL af7y Fig. 3 gibt einen Horizontalschnitt durch den dorsalen Teil des Striatum der beiden Seiten wieder. Wir sehen^ wie das Caput caudati in der /. Hemisphäre voll- ständig zerstört ist. Außerdem erkennen wir frischere Herde im Centrum ovale beider Hemisphären.

TaL 27, Fig. 4 zeigt einen ventraleren Schnitt desselben Gehirns. Auch hier ist das Caput caudati, der anstoßende Teil des vorderen Schenkels der inneren Kapsel und die orale Hälfte des Putamen durch den Herd vollständig zerstört. Der hintere Schenkel der beiden inneren Kapseln ist in dieser Schnittebene intakt.

Das Gehirn zeigt noch eine Reihe von Herden jüngeren Datums.

C. Epikrise.

Wir bringen die choreatischen Zuckungen zu dem im linken Striatum festgestellten Herde in Beziehung. Es ist interessant, daß vorübergehend die choreatischen Zuckungen auch auf den linken Zeigefinger übergegriffen haben, obwohl wir einen besonderen Herd für diese Bewegungen m der rechten Hemi- .sphäre nicht feststellen konnten. Von Bedeutung ist ferner die schon in unserem ,, Erster Versuch usw.*' hervorgehobene Tatsache, daß nach einer neuen Attacke parallel einer leichten vorübergehenden Parese des rechten Arms die choreatischen Zuckungen für 24 Stunden geschwunden waren, um dann wieder aufzutreten.

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^^JSSi Q ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 83 1

Schlaßbetrachtiingen.

Im vorstehenden haben wir diejenigen 33 Gehirne unserer Sammlung be- schrieben, welche bei pathologischen Veränderungen des striären Neuronen- Systems im engeren Sinne durch keine anderen Hirnerkrankungen verdeckte striäre oder pallidäre Symptome dargeboten hatten.

Ks bleibt uns jetzt nur noch übrig, zu untersuchen, wie weit wir auf Grund dieses Materials jene in der Einleitung kurz skizzierten Fragen beantworten können, welche C. Vogt und später uns beide zu der vorliegenden Arbeit ver- anlaßt haben.

Wir sind im Vorstehenden bemüht gewesen, diejenigen Neuronengruppen. deren Erkrankung verwandte Symptome hervorruft, zum striären System im engeren Sinne zu vereinigen.

Die Symptomatologie unserer einzelnen Fälle ist nun aber doch eine sehr verschiedene. Man vergleiche nur einen Athetotiker mit einem vollständig Versteiften! Man muß sich aber i. vergegenwärtigen, daß unser engeres striäres System Grisea von verschieden hoher Funktion umfaßt. Je nach der Zer- störung eines physiologisch höheren oder tieferen Griseum müssen feinere oder gröbere Ausfälle auftreten. Der Ausfall der feineren Striatumfunktion führt zu fortgesetzten unwillkürlichen Bewegungen, derjenige der gröberen Pallidum- funktion zeitigt die von größter Bewegungsarmut begleitete Versteifung. So entstehen äußerlich sehr ungleiche Krankheitsbilder. Ihr enger Zusammenhang wird aber 2. dadurch dokumentiert, daß im Verlauf der einzelnen Erkrankung der Ausfall der Pallidumfunktion zu demjenigen der Striatumfunktion hinzu- treten und so allmählich das Krankheitsbild ganz beherrschen kann. 3. Erhellt aber die intime Verwandtschaft der durch Schädigungen des engeren striären Systems entstehenden Krankheitsbilder- speziell aus der wichtigen Tatsache, daß eine einseitige Erkrankung dieses Neuronensystems an irgendeiner Stelle immer nur einen Ausfall der Striatumfunktion der betreffenden Seite zur Folge hat. Wir verweisen wegen Einzelheiten dieser Tatsache auf Ausführungen in unserem Beitrag „Zur Kenntnis usw.** S. 33 ff. und wegen unserer Erklärung derselben auf S. 47 f. des gleichen Aufsatzes; 4. können wir aber noch die Fest- stellung hinzufügen, daß wir andererseits in unserer Sammlung und unter den genügend einwandsfreien Beobachtungen anderer Autoren nicht einen Fall mit einer ähnlichen Symptomatologie und einem Intaktsein des striären Systems im engeren Sinne gefunden haben. So stellt das striäre System im engeren Sinne ein Neuronensystem dar, dessen Erkrankung an jeder belie- bigen Stelle bei genügender Würdigung der unter i aufgezählten Mo- mente miteinander verwandte Krankheitsbilder hervorruft, während anderweitig lokalisierte pathologische Prozesse diese Syndrome nicht bedingen. Das striäre System im engeren Sinne gewährt uns also ein

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833 C. UND O. VOGT. '**^i:

und

Beispiel dafür, wie in der Zukunft das Nervensystem zum Zweck des Ver- ständnisses der klinischen Erscheinungen wie der physiologischen Leistungen in Neuronensysteme zu gliedern ist.

Schon vor der Frage, ob ein striäres Neuronensystem mit ihm eigenen Krankheiten abgrenzbar sei, beschäftigte uns eine andere, nämlich die, ob eine isolierte Erkrankung des ganz eigenartig gebauten 5^'a/um durch eine pro- portionale Besonderheit ihrer Symptomatologie charakterisiert sei. An diese Frage schloß sich weiterhin diejenige an, ob dasselbe auch von dem wiederum architektonisch ganz isoliert dastehenden Pallidum gelte.

Schon die die verschiedenen Krankheitsgruppen zusammenfassende Analyse unserer Fälle, wie wir sie in unserem Aufsatz „Zur Kenntnis usw." gaben, führte zu einer Bejahung dieser Frage. Zur gleichen Anwort gelangen wir aber auch auf Grund der vorstehenden besonderen Analyse der Krank- heitssymptome jeder der obigen acht pathologisch- anatomischen Gruppen.

Beginnen wir mit dem Striatumsyndrom! Man muß natürlich Reiz- und Ausfallssymptome unterscheiden. Wir möchten uns auf die Ausfalls- symptome beschränken, als welche wir die Krankheitserscheinungen des Status marmoratus, fibrosus, desintegrationis und großer alter Herde früheren Aus- führungen zufolge ansehen zu dürfen glauben. Wir sehen dementsprechend das Striatumausfa 11s Syndrom als durch folgende Symptome charakterisiert an:

1. Striäre Akinesen, welche wenigstens eine Komponente in der Armut des Minenspiels sowie der Mitbewegungen, Positionsänderungen, Orientierungs- bewegungen, Schutz- und Abwehrreflexe darstellen und sich ferner viel- leicht in einer gewissen Asthenie der im Einzelfall befallenen Muskeln äußern,

2. Inkoordinationen^, die besonders in der Bulbärmuskulatur und im Gehen und Stehen zutage treten,

3. substriäre (pallidäre) Hyperkinesen und zwar:

a) unwillkürliche Bewegungen (choreatische Zuckungen, eine eventuell nur als Pseudobabinski auftretende Athetose, Spasnius mobilis, Tremor; größten- teils gesteigerte Ausdrucksbewegungen darstellende Mitbewegungen; Zwangs- lachen und Zwangsweinen), welche

a) wohl immer willkürlich für den Augenblick unterdrückt werden können und

ß) durch periphere Reize und vor allem seelische Vorgänge gemütlicher Natur hervorgerufen oder gesteigert werden,

b) hypertonische Zustände,

er) deren Dauer und Intensität noch nicht genügend geklärt ist, weil wir über ganz reine Striatumer krankungen nicht verfügen,

ß) die durch periphere und vor allem psychische, bei feinerer Analyse wohl immer auf Emotionen zurückzuführende Reize verstärkt, durch Dehnungs- reize nicht gesteigert, durch nicht reizend wirkende passive oder aktive Be- wegungen aber sogar gemildert werden.

^) Wie weit diese Inkoordinationen auf striärer Akinesie und wie weit auf substriärer Hyper- kinesie beruhen, bedarf noch der Klärung. Vergleiche darüber üben S. 820 1 206

l 3 ZUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 833

y) entweder in spezifischer Form besondere Muskelgruppen bevor- zugen oder Agonisten und Antagonisten gleichmäßig befallen und

d) eine gewisse Abnahme der Muskelkraft oder Bewegungsverlang- »axnungen veranlassen,

4. vielleicht gelegentlich eine patho- physiologisch noch ganz unklare Hypotonie und

5. das Fehlen anderer Störungen.

Ein solches Krankheitsbild wird durch die Erkrankung keines anderen Griseum des Cerebrum hervorgerufen, sofern nicht die strio-petale oder die strio- fugale Faserung getroff^ ist. Die Erkrankung des Striatum veranlaßt also \usfallserscheinungen, deren Besonderheiten durchaus in proportionalem V^erhältiiis zu seiner ganz eigenen Architektonik stehen. Unser Befund be- stätigt also durchaus unsere Auffassung von einem Parallelismus zwischen architektonischer und physiologischer Differenz.

Einen um denjenigen der Striatumleistung vermehrten Ausfall der Palliduni' funktion oder wenigstens eine sehr starke Reduzierung der letzteren haben wir im Endstadium der Totalnekrose und des Status dysmyelinisatus vor uns. Eine Annäherung an diesen Zustand bilden schwere Desintegrationen des Pallidum. Alle diese Fälle zeitigen bei beiderseitiger Erkrankung eine dauernde schwere V^ersteifung. Bezüglich des Status desintegrationis möchten wir zunächst unsere Fälle 24 und 25 einander gegenüberstellen. Weiter verweisen wir speziell noch auf Hunts Fall »Juveniler Paralysis agitans*'. Auf der anderen Seite fand Pollok bei einem an progressiver Degeneration des Lentiforme leidenden Kran- ken, der schon zu einer Zeit starb, wo noch keine Kontrakturen bestanden, nur eine geringe Miterkrankung des Pallidum. Dagegen haben wir in der Literatur keinen genügenden Nachweis dafür gefunden, daß eine auch nur relativ reine Striatumerkrankung derartig schwere Versteifungen zur Folge hat. Bezüglich des Economoschen Falles haben wir bereits in unserem Beitrag ,,Zur Kennt- nis usw.** betont, daß die vom Verfasser beschriebenen sekundären Degenera- tionen auf eine schwerere Erkrankung des Pallidum hinweisen, als sie der Autor sugibt. Die Fälle Löwy und Deutsch können zur Klärung der Frage, welchen !3rad von Muskelstarre reine Striatumerkrankungen auslösen, nicht herangezogen Verden, da Löwy s Fall gar nicht mikroskopisch geprüft und der Deuts chsche Fall nur mangelhaft untersucht und beschrieben ist.

So steht unsere Schlußfolge, daß eine beiderseitige schwere Erkrankung des t^allidum zu einer durch Striatumerkrankungen nicht auslösbaren allgemeinen Versteifung führe, in keinem Widerspruch zu irgendeinem genügend unter- suchten Fall anderer Autoren. Damit zeigt aber die Erkrankung des Pallidum ron neuem die Proportionalität zwischen architektonischer und unktioneller Differenz.

Wir kommen nunmehr zu der Frage, welche Schlußfolgerungen wir aus

lern Pallidum- und dem Striatumsyndrom auf die normale Funktion dieser

irisea ziehen können.

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834 C. UND 0. VOGT, ^^ifa^ggy

Bei Beantwortung dieser Tatsache wollen wir uns fünf früher erhobener anatomischer Feststellungen erinnern.

1. Das Pallidum und das Striatum des Menschen zeigen gegenüber den betreffenden Organen des Cercopithecinengehirns weder eine Rückbildui:^ noch eine Weiterentwicklung. Wir müssen deshalb beiden Grisea die gleiche Funktion zuschreiben, welche sie bei den niederen Affen ausüben.

2. Die Faserung des Pallidum ist so viel früher markhaltig als die- jenige des Striatum, und des Cortex, daß aller Wahrscheinlichkeit nach in der ontogenetischen Entwicklung eine Zeit existiert, in welcher die höchsten moto- rischen Äußerungen vom Striatum und dem Cortex unbeeinflußte Pallidum- reflexe darstellen.

3. In der cortico-spinalen Faserung und wohl auch in der Großhirn- Brücken- Kleinhirnbahn haben wir cortico-fugale Wege, welche mit Umgehung von Palli- dum und Striatum unmittelbar auf das periphere motorische Neuron ein- wirken können.

4. Die pallido- und strio-petale Zuleitung stammt wenigstens in der Haupt- sache aus dem Thalamus und ihm unmittelbar benachbarten Grisea.

5. Die subpallidären Bahnen wirken nicht unmittelbar auf das peri- phere motorische Neuron ein.

Unter Berücksichtigung dieser anatomischen Tatsachen müssen wir am dem PalUdumsyndrmriy d. h. aus der bei anderen pathologischen Veränderungen nicht zur Beobachtung kommenden allgemeinen Versteifung in ganz vertrackten Stellungen schließen, daß das Pallidum unter normalen Verhältnissen eiK hemmende Wirkung auf subpallidäre Grisea ausübt.

Aus dem Striatumsyndrom haben wir zunächst zu folgern, daß das PaUidim das Zentrum für zahlreiche primitive Kinesen darstellt. Es handelt sich dabei ausschließlich um solche, welche nicht nur beim Erwachsenen unwill- kürlich^) erfolgen, sondern auch auf diese Weise zustande kommen, soweit unser Gedächtnis in die Kindheit zurückreicht. Sie werden ferner nicht nur alle durch Emotionen, d. h. vermutlich durch cortico- thalamische Reize ver- stärkt, sondern ein Teil derselben bildet direkt grobe Ausdrucksbewegungen unseres Gefühlslebens. Mit der myelogenetisch wahrscheinlich gemachten Tat- sache, daß diese Pallidumkinesen die höchsten motorischen Leistungen des kleinen Kindes darstellen, stimmt die schon S. 659 erwähnte Verwandtschaft mancher Erscheinungen des Striatumsyndroms (der choreatischen Ausdrucks- und Mitbewegungen nach Freund, Anton, Leri u. a., der Spastizitat nach

^) Unter unwill kürlichen Bewegungen verstehen wir solche, welchen niemals eine die Idee dnei aktiven Handelns enthaltende Ziel Vorstellung vorausgeht und deren Ausführung von keinen Aktivitätsgefühl begleitet wird. Primäre Automatismen sind solche Bewegungen, fOr tndck dieser Sachverhalt nach unserem Erinnerungsvermögen für immer ^gölten hat. Unter se kundiren Automatismen verstehen wir dagegen diejenigen, welche sich in einem gegebenen lloment ohne die eben genannten psychischen Phänomene vollziehen, jederzeit aber diese Begleitung wieder erfahren können und sich unter einer solchen eingeübt haben. Es muß natürlich das Bestreben dei Naturforschers sein, diese verschiedenen Äußerungen der Motilität rein physiologisch zu definieitfi. Aber es ist dies vorläufig nicht möglich. 208

^it^JSSl q 2JUR LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 835

S.

Anton und L^ri sowie der Pulsionen nach Zingerle) mit der Motilität der frühesten Kindheit überein. Die Feststellung endlich, daß der Cortex Bahnen zum peripheren Keuron ohne Berührung des striären Systems entsendet, > macht verständlich, daß willkürliche Bewegungen und Entspannungen pallidäre Kinesen vortfbei^^ebend zu hemmen vermögen.

Diese primitiven Kinesen des Pallidum erfahren nun durch das Striahani vor allem auf denervatorischem, aber auch auf innervatorischem Wege ■-— wie aus der Existenz der Striatumakinesen hervorgeht eine starke Zügelang: Aul. diese Weise werden die Pallidumkinesen verfeinert. Es bleibt aber auch diese Zügelung eine unwillkürliche: eine primär automatische. So er-: weist sich das Striatum beim Erwachsenen als ein dem Pallidum übei^eordnetes Zentrum für unser unwillküriiches ,, Mienen* und Gestenspiel, für automatische Mitbewegungen und Positionsänderungen, für Abwehr- und Schutzreflexe^'. EjKÜich müssen wir aus der Tatsache, daß Bulbärsymptome, Steh- und Geh« 9^6niiigen, sowie wohl auch eine echte Verarmung und Vereinfachung anderer Wdlktirbewegungen bei Striatumerkrankungen auftreten, schließen, daß ein Teil dieser primären Automatismen als elementare Teilbewegungen in die höher koordiiiierteny kortikalen Willkürbewegungen aufgenommen werden. Bei dieser Destung der Bulbärsymptome und der Geh* und Stehstörungen brauchen wir diese nicht alle auf die Spastizität zurückzuführen, setzen wir uns aber its nicht durch Annahme eines e^entlichen Sprachzentrums oder eines sokheo i^ den aufrechten Gang in Gegensatz zu unserer anatomischen Fest- stelhu^^y daß Striatum und Pallidum des Menschen durchaus einen Cercopithe-

cifwocharakter bewahrt haben.

•»

Die letzten Ausführungen veranlassen noch eine andere in der Einleitung angeschnittene Frage. Wir erkennen aus ihnen nicht nur, daß das striäre System bestimmte motorische Funktionen hat, sondern wir sehen gleichzeitig, wie sich diese phylogenetisch alten Leistungen des striären Systems in die jüngeren nnd höherm des Cortex als unentbehrliche Elemente einordnen. Man kann ruhig fortfahren, die motorischen Äußerungen der Hirnrinde unter dem Bilde des Reflexbogens zu betrachten. Man muß sich aber vergegenwärtigen, daß der cortico-fugale Abfluß in sehr verschiedene Bahnen erfolgt, daß sich dieser Abfluß unter Aufnahme bis dahin sich in andere Bahnen ergießender Reiz- energie subkortikaler Reflexe vollzieht und daß endlich die erste in die Peri- pherie gelangte Reizenergie neue tiefere und höhere Reflexe auslöst. So ist in Wirklichkeit der unserer Motilität zugrunde liegende „Reflexbogen" auch bei bloßer Berücksichtigung der innervatorischen Seite schon von einer Kompliziertheit, die wir uns vorläufig nicht vorstellen können. Dabei dürfte die Anregung der striären Leistungen, soweit sie Ausdrucksbewegungen darstellen, vornehmlich durch einen cortico-fugalen Abfluß in den Thalamus zustande konunen. In welchem Maße aber die striären Elemente der Willkürbewegungen erst durch Umgestaltung des Abflusses der striären Reizenergie oder gar auf uem Wege über die Peripherie in Tätigkeit gesetzt werden, entzieht sich vorläufig dnserer Kenntnis, wie wir schon oben S. 690 betont haben. :

1 4 jooriial f. Pqreholoffi« and Neurologie. Bd. 35. Ergh. 3. i309

836 C. UND O. VOGT. !°!Sl.yÄ?

Aus allen bisherigen Schlußbetrachtungen geht daher zweifellos hervor, daß wir heute i. bereits wichtige Kenntnisse von der Symptomatologie der pathologischen Veränderungen des engeren striären Systems besitzen und 2. daraus Schlüsse auf die normale Funktion desselben ziehen Icönnen. Wir haben damit gegenüber der Zeit, in welche der Beginn luiserer Studien fällt, zusammen mit anderen Autoren für jeden, der sehen will, gezeigt, daß das striäre. System beim Mensdien nicht nur physiologisch und klinisch seine Bedeutung hat, sondern in welcher Richtung dieselbe liegt

Wir sind uns dabei der vielen Lücken unserer Feststellungen durchaus bewußt.

Entgegen dem in der pathologischen Anatomie des Nervensystems weit verbreiteten Vorkommnis, aus Unkenntnis der Schwankungen der normalen Verhältnisse innerhalb dieser gelegene und noch mehr unmittelbar prä- mortale oder gar was am häufigsten vorgekommen ist natürliche oder künstliche postmortale Veränderungen als pathologische zu beschreiben, sind wir bemüht gewesen, nur diejenigen Befunde zu registrieren, welche wir auf Grund eingehender Vergleiche mit unserem normalen Material wirklich ab pathologisch anzusprechen uns für berechtigt hielten. Eine noch weitere Ver- tiefung in die normale Anatomie wird un^ wohl hier und da noch eine nicht erwähnte pathologische Veränderung in unserem Material erkennen lassen, selbst wenn wir von den erst durch besondere oben S. 662 erwähnten Messungen erkennbaren leichteren Größenabweichungen von der Norm abseheiL Im allgemeinen glauben wir aber doch das Wesentliche in unseren Fällen er- kannt zu haben: die allen gemeinsame Erkrankung des engeren striären

m

Systems,

Dagegen zweifeln wir nicht einen Moment daran, daß die von uns unter- schiedenen Gruppen in der Zukunft noch eine weitere Vermehrung erfahren werden.

Daneben ist ferner eine eingehende Vertiefung des Studiums der oben be- f^chriebenen pathologischen Prozesse nach ihrer histo- pathologischen Seite ^in dringendes Bedürfnis. Sie kann uns allein bessere Einblicke in die Ätiologie der architektonischen Veränderungen gewähren.

Endlich ist aber noch eine gründlichere Analyse der klinischen Sym- ptome des einzelnen Krankheitsbildes eine unentbehrliche Voraussetzung für den weiteren Ausbau der normalen und der pathologischen Physiologie des striären Systems. Aus unseren Untersuchungen hat sich eine ganze Reihe neuer Frage- Stellungen ergeben. Dieselben konnten natürlich noch nicht in den Kranken- geschichten berücksichtigt werden, welche uns unsere Kollegen zur Verfügung gestellt haben. Aber in der Zukunft muß es anders werden]^) Dabei glauben wir aus den Ergebnissen unserer Untersuchungen die Forderung ableiten zu dürfen, daß die neuen kUnischen Fragestellungen in engster Beziehung mit der pathologisch -anatomischen Forschung und der durch sie auf-

*) Wir selbst werden uns dementsprechend nur noch zur anatomischen Untersuchung solcher Fälle entschließen, in welchen die klinische Untersuchung diese Vertiefung erfahren hat. 3IO

^SlÜSSS; ft ZUR LEHRE DER ERKR2WKÜNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 837

8.

gedeckten Lokalisation der krankhaften Veränderungen erfolgen müssen. Es gilt ja nicht nur im Einzelfall die klinischen Symptome^ sowie die patho- Ic^ischen Veränderungen und ihren Sitz in möglichst vollkommenem Umfang SU erfassen» sondern das Wesentliche in der Symptomatologie, dem histo* logischen Prozeß ^) und seiner Lokalisation zu erkennen. Zu diesem Zweck müssen die klinischen und pathologisch-anatomischen Untersuchungen in eine bisher nicht vorhandene enge Arbeitsgemeinschaft treten. Daß sie dabei auch noch nach Kräften durch normal-anatomische sowie experimentell- physiologische Forschungen zu fördern sind, braucht wohl nicht weiter ausgeführt zu werden. Beruht doch wie wir in unseren .Ausfuhrungen hervor- zuheben nicht unterlassen haben die Unsicherheit in der pathophysio- logischen Erklärung der klinischen Symptome unserer Krankheitsfalle zu einem großen Teil auf Lücken unseres fasersystematischen und synaptologischen Wissens und dem fast noch vollständigen Fehlen einer experimentell-physio- logischen Erforschung des engeren striären Systems!

Am Ende dieses Teiles unserer Schlußbetrachtungen möchten wir noch zu den von v. Strümpell neuerdings auf Grund von klinischen Studien an Kranken mit pathologischen Veränderungen des striären Systems aufgestellten Begriffen der normalen ^^myostatischen Innervation'' und des pathologischen ,,amyostatischen Symptontenkamplexeä'' Stellung nehmen, v. Strümpell bezeichnet die von der „vorderen Zentralwindung" durch die ,, Pyramidenbahn" in die Peripherie geleitete willkürliche Motilität als die myomotorische oder myodynämische und stellt ihr die diese erst ermöglichende Innervation und Denervation als die myosUUische gegenüber. Die Störungen dieser myostatischen Funktionen bilden Strümpells amyostatischen Symptomcnkomplex. v. Economo und Schilder haben jüngst dagegen eingewandt, daß diese Zusammenfassung die Gefahr mit sich brächte, die „feineren Details" der einzelnen Erkrankungen zu verwischen. Wir stimmen darin den Wiener Autoren bei, wenn wir uns auch bewußt sind, daß man ebenfalls gegen unsere viel engeren Begriffe des Striatum- und des Pallidumsyndroms den gleichen Vorwurf machen könnte. Wir haben al>er gegen die V. St r um pel Ischen Begriffe bei voller Anerkennung alles dessen, was der Autor über die ,,myostatische'* Funktion sagt, vor allem einzuwenden, daß die myostatische Funktion sich nicht nur aus dem Zusammenspiel des striären Systems, des Cerebellum, gewisser Cortexabschnitte usw. zusammensetzt, also lokalisatorisch sehr differente Elemente der Motilität umfaßt, sondern daß V. Strümpells Umgrenzung der myostatischen und myodynamischen Funktion auf alle Fälle sowohl vom lokalisatorischen, wie vom psychophysiologischen Standpunkt aus keine glückliche ist. So rechnet v. Strümpell einerseits die choreatischen Bewegungen zu denjenigen des ,,neurodynamischen Pyramiden- systems". Und andererseits müssen wir auf (irund unserer Experimente am

') Die Wichtigkeit der Aufdeckung des Wesentlichen bei histologischen VerAnderungen, ist io einer uns erst bei der Korrektur dieses Druckbogens zugesandten, sehr interessanten Arbeit Spielmeyers von neuem betont worden (Die histopathologische Zusammengehörigkeit der Wilson- sehen Krankheit und der Pftendosklerose. Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych. Bd. 57, 1920). * 14» 211

83« C. UND 0. VOGT. ^"^vJ^^S!^

Affen mit der Möglichkeit rechnen, daß speziell die ,,myostatische" Funktion des agranulären Gebiets durch Vermittlung der Area gigantopyramidalis und damit eventuell der Pyramidenbahn zustande kommt.^) Ferner sind nicht nur auf Grund der Introspektion die willkürlichen Denervationen, welche v. Strümpell blofi nebenbei erwähnt und zur myöstatischen Funktion rechnet, als den innerva- torischen Myodynamismen gleichwertig^) anzusehen, sondern sie gehen nach den Experimenten Sherringtons und Herings auch teilweise von der Area giganto- pyramidalis aus. Endlich haben wir erst S. 835 gesehen,' daß die Willkür- bewegungen, welche v. Strümpell doch mit seinen myödynamischen Bewegungen identifiziert, auf extrapyramidalcm Wege wirksame striäre Elemente um- schließen. Das ungeheuer komplizierte Problem der Motilität kann eben unserer Ansicht nach nicht durch eine rein klinische Beobachtung unter Berück- sichtigung einiger Talsachen der Introspektion gelöst werden, sondern nur durch topistische^) Forschung, d. h. durch experimentellen und klinischen Ausbau der Lokalisationslehre unter Führung der architektonischen Gliederung bei gleichzeitiger Benutzung der Tatsachen der Selbstbeobachtung. Die Kliniker müssen endlich aufhören, unter Nichtberücksichtigung der neue- sten Fortschritte der Lokalisationslehre pathologischen Bewegungsäußerungen ihren Sitz ansehen zu wollen.

2.

Wir kommen nunmehr zu den pathologisch- anatomischen Fragen, welche uns zu der vorstehenden Untersuchung veranlaßten. Wir haben in dieser und früheren Arbeiten darauf hingewiesen, wie in den obigen Gruppen ge- schilderte Krankheitsbilder bis in die jüngste Zeit hinein von einzelnen Autoren als sogenannte funktionelle Neurosen angesprochen wurden. Um so auf- fallender ist es, daß bereits alle untersuchten Krankheitsbilder ein architek- tonisch faßbares Substrat geliefert haben, ein Substrat, welches bereits im Markfaserbild mit bloßem Auge erkannt werden kann. Wir haben hier dieselbe Überraschung erlebt, welche uns einst die architektonische Rinden- felderung bereitet hat.

Aus dieser Feststellung möchten wir einige methodologische Forderungen für die Zukunft herleiten. So wichtig die histopathologische Vertiefung der Er- krankungen des striären Systems unseren obigen Ausführungen gemäß auch ist, so scheint uns doch für die Vergleichung der einzelnen Fälle, für ihre Grup- pierung und ihre lokalisatorische Ausnutzung das Markfaserbild und das er- gänzende Giesonbild das Wichtigste zu sein. Die soeben erschienene Ver- öffentlichung V. Economos und Schilders gibt uns z.B. durchaus kein Bild von der Ausdehnung des pathologischen Prozesses. Die Darstellungen anderer

^) Vgl. darüber C. und 0. Vogt, Zur Psychophysiologie der Motilität. Dieses Journal, Bd. jtf. Vom Standpunkt der Introspektion werden wir in dieser Arbeit die Zielbewegungen den AuxiUSt* bewegtmgen gegenüberstellen. Beide Gruppen umfassen innervatorische und denervatorisclie Djf- namismen.

*) Vgl. das Nähere in 0. Vogt, Zur topistischen Erforschung des Seelen- und Nervenlebens des Menschen. Dieses Journal, Bd. 26. 212

S:«i:i£2g s. zur lehre der Erkrankungen des striären Systems. 839

Autoren enthalten schwere anatomische Widersprüche. Wir schlagen deshalb vor, zunächst zur Erleichterung des Vergleichs nur Front alserien anzuwenden, bei annähernd bilateraler Erkrankung eine Hemisphäre in eine lückenlose Markfaserserie zu zerlegen und nur die andere Hemisphäre für feinere histo- pathologische Methoden zu reservieren, bei unilateraler oder ungleicher Erkrankung der Hemisphären aber beide nach Herausschneiden schmaler Blöcke zu sonst lückenlosen Markfaserserien zu verarbeiten. Nur in ,ganz frischen Fällen sollte man davon absehen und die Marchi-Methode in An- wendung bringen. Diese warme Empfehlung der Benutzung von Weigert: oder richtiger Kultschitzky- Falschen Markfaserserien stützt sich dabei noch speziell auf zwei Tatsachen. Bei gut gelungener Färbung verrät sich jede destruktive Rindeoerkrankung sofort dem Kenner der Cortexmyeloarchitektonik. Irgend- welche kortikalen Komplikationen einer striären Erkrankung werden deshalb bei Durchforschung der Markfaserserie nicht übersehen werden. Dasselbe gilt von Thalamusveränderungen oder solchen anderer Grisea. Dazu kommt dann aber noch die weitere Tatsache, dafl etwas ältere lokale Prozesse sich auch in den sekundären Degenerationen äußern.') Für die pathophysiologische Deutung möge man sich aber bei dem Vorhandensein architektonischer Veränderungen vorläufig an diese halten und nicht irgendwelche feine Ver- änderungen, z. B. in Sudanpräparaten hervortretende Fettablagerungen, eine wichtige Rolle spielen lassen. Wir werden diese letzte Forderung noch weiter unten näher begründen.

Wenn wir von der Ähnlichkeit zwischen Etat dysmy61inique und dem Schwund derPallidumfaserung im Status desintegrationis (Etat paradjrsmy61inique) absehen, sind alle oben von uns unterschiedenen pathologisch-anatomischen Gruppen gut gegeneinander abgegrenzt. Sie sind reell in der Natur existierende und nicht etwa nur wie es fälschlicherweise von systematischen Gruppen der Zoologie und Botanik so oft behauptet worden ist auf Abstraktionen beruhende künstliche Kategorien. Wollen wir diesen Befund mit 0. Vogts Ergebnissen seiner Studien über das Variieren gewisser Insektenarten in Ana- logie bringen, so müssen wir entsprechend unseren Ausführungen in der Ein- leitung — schließen, daß extrastriäre Schädigungen eventuell auch nur in der Aszendenz als Ursache nicht nur des Status marmoratus (vgl. oben S. 692!), sondern auch der übrigen Krankheitsformen anzusehen sind. Unsere bisherigen Studien haben aber nach dieser Richtung keine positiven Ergebnisse gehabt. Wir können höchstens für diejenigen Erkrankungen, welche mehrere Geschwister befallen, ohne sich in der Aszendenz gezeigt zu haben (Etat marbr6, Totalnekrose), entsprechend dem schon S. 692 Ausgeführten von der hypothetischen Noxe vermuten, daß sie bereits die Keimzellen getroffen hat. Es erscheint uns

') So wird die in der eben erwfthnten Arbeit Spielmeyers zitierte Verftnderuog des Subi- kulum (S. 337) auch myeloarchitektonisch hervortreten. Und die von diesem Autor beobachtete Erkrankung des Dentatum (S. 327) wird sich nicht nur in einem veränderten architektonischen Bild, sondern auch in einer sekundären Degeneration des Brachium conjunctivum offenbaren.

213

840 C. UND 0. VOGT. ''^'Sd HeSSöSS*"

aber als eine durchaus fruchtbare Aufgabe der weiteren Forschung, nach der- artigen Schädigungen zu suchen.

fLbenso muß künftigen Untersuchungen die Entscheidung darüber vor- behalten bleiben, in welchem xMaße besondere Familien und Rassen spezi- fisch gefärbte Erkrankungen des striären Systems zeigen oder bei gewissen Rassen bestimmte . Krankheiten überhaupt nicht auftreten, wie man es entsprechend unserer Einleitung bei durch extrastriäre Noxen ausgelösten Schädigungen des striären Systems annehmen muß.

In der vorstehenden Arbeit ließen 33 Fälle pathologisch- anatomischer Veränderungen des engeren striären Systems 8 Gruppen unterscheiden. Drei dieser Gruppen, den Status marmoratus, den progressiven Status fibrosus und den Status desintegrationis, hätten wir leicht um viele Fälle vermehren können, wenn wir uns der Mühe ihrer Untersuchung bei den bisher üblichen Kranken- geschichten hätten unterziehen wollen. Aus dieser Sachlage scheint uns ohne weiteres die beschränkte Zahl verschiedener Erkrankungen des striären Systems hervorzugehen, wenn auch die weitere Forschung zweifellos noch neue Formen aufdecken wird. In dieser Beschränktheit striärer Krankheiten ^ehen wir nach unserer Einleitung den Ausdruck dafür, daß die Gewebselemente, welche die einzelnen Teile des striären Systems zusammensetzen, ihrer Konstitution nach nur in ganz bestimmten Richtungen auf extrastriäre Schädigungen reagieren können.

Mit dieser Einengung \'on Reaktionsformen dürfte es weiter zusammen- hängen, daß wie wir es in der Einleitung von den künstlichen Schmetterlings- aberrationen erwähnten - ganz ungleiche Ursachen nahezu identische pathologisch- anatomische Bilder zeitigen. Wir haben schon in unseren Aufsätzen und hier S. 694 darauf hingewiesen, daß ein enzephalitischer Groß- hirnherd im kindlichen Gehirn, eine enzephalitische Erweichung der Umgebung des Striatum beim Erwachsenen, die unbekannten Ursachen der einfachen pro- gressiven und der Huntingtonschen Chorea, sowie die progressive Paralyse zu jener elektiven Nervenzellnekrose führen, welche den Status fibrosus zeitigt. Die unbekannte Ursache der Wilsonschen Krankheit veranlaßt so führten wir früher (,,Zur Kenntnis usw.', S. 52) auch schon aus ebenso wie eine Stran- gulation eine Totalnekrose. Wir können heute noch diese Feststellungen dahin ergänzen, daß die (iefäßsklerose, welche nicht nur zu großen hämorrhagischen und malacischen Herden führt, sondern auch die Lakunen und vielleicht sogar die Criblüren veranlaßt, sicherlich eine sehr verschiedene Ätiologie hat.

Führen aber ungleiche Ursachen zu annähernd denselben anatomischen Veränderungen, so entsteht die w- eitere Frage, ob diese Veränderungen im Einzel- fall nicht doch eine durch die spezielle Ätiologie bestimmte Färbung aufweisen. Diese PVage können wir schon heute für die 4 Gruppen des Etat fibreux bejahen. Der durch enzephalitische Nachbarprozesse ausgelöste erreicht nicht nur bald einen Stillstand, sondern auch der Bau der Ersatzglia ist wie wir oben S. 699 sahen ein besonderer. Bei den drei anderen Ätiologien ist die elektive Zellnekrose nicht nur eine dauernd progressive, sondern bei der einfachen Chorea ist die Gliose eine geringere als bei der Huntingtonschen, und bei der 214

SL^LJS^ 8. 2^^ LEHRE DER ERKRANKUNGEN DES STRIÄREN SYSTEMS. 84 1

progressiven Paralyse zeigt die Striatumerkrankung die typischen Gefäßverän- derungen der Paralyse. Die pathologisch- anatomische Untersuchung darf des- halb nicht bei der Einreihung des einzelnen Falles in eine unserer jetzigen oder der noch später abzugrenzenden Gruppen stehen bleiben. Sie muß in die be- sonderen Eigentümlichkeiten jedes Falles möglichst tief eindringen, um auf diese Weise die gegenwärtigen Gruppen in ätiologisch differente Unter- abteilungen mehr und mehr zu zerlegen. Nur so dürfen wir hoffen, allmählich in die kausale Begründung der einzelnen Erkrankungen des engeren striären Systems einzudringen.

Die weitere Vermutung, daß unsere Erkenntnis der verschiedenen Er- krankungen des striären Systems seine besondere Disposition oder Nicht- veranlagung zu bestimmten Erkrankungen aufdecken würde, hat sich voll- ständig bestätigt, wie wir schon in unserem Beitrag ,,Zur Kenntnis usw.**, S. 53, feststellen konnten: „Der Etat marbr^ ist eine angeborene Mißbildung, welche in diesem Grade bisher nur im Striatum beobachtet worden ist. Sie ergreift dabei nie die Umgebung des Striatum. Nur in sehr viel leichterem Grade kommt sie daneben als C. Vogts Plaques fibromy^liniques im Cortex cerebri vor.** , Da- gegen haben wir sie bisher niemals in einem anderen Griseum des Zentral- nervensystems aufgefunden. Wir dürfen deshalb wohl ohne weiteres behaupten, daß das Striastum zu dieser Mißbildung ganz besonders disponiert ist. In der elektiven Zellnekrose des Striatum als einer Teilerscheinung des Bielschowskyschen Typus der zerebralen Hemiatrophie ver- fallen die Zellen des Striatum und solche der III. Hirnrindenschicht einer Nekro- biose, während die anderen Hirnrindenschichten intakt bleiben. Neben der III. Himrindenschicht neigt also hier das Striatum in besonderem Maße zu einem Absterben seiner Zellen. Bei dem progressi.ven Etat fibreux der einfachen Chorea haben wir vollends eine isolierte schwerste Erkrankung des Striatum, während das ganze übrige Zentralnervensystem, abgesehen von einer leichten Miterkrankung des Pallidum und selbst- verständlichen sekundären Degenerationen, intakt sein kann. Von neuem begegnet uns also hier eine besondere Disposition des Striatum zur Nekrobiose. Dagegen nimmt das striäre System nur ausnahmsweise an dem paralytischen Prozeß teil. Dabei existiert noch in bezug auf Neigung zur paralytischen Erkrankung ein Unterschied zwischen Striatum und Pallidum. Umgekehrt befällt der Status dysmyelinisatus vornehmlich die pallidäre Faserung. ,,Die Totalnekrose beginnt wohl immer im Putamen.*' Endlich sind für die im Etat de d&int^gration vereinigten pathologischen Prozesse Striatum und Pallidum Prädilektionsstellen. Wir sehen so, ,,daß das striäre System oder Teile desselben von bestimmten Erkrankungen ausschließlich, besonders stark oder speziell oft heimgesucht werden". Anderen Krankheiten verfällt dagegen das striäre System nur selten. Wir können dabei schon heute fest- stellen, daß diese Dispositionen oder NichtVeranlagungen keine Beziehung zum phylogenetischen Alter oder zur Reihenfolge in der ontogenetischen Reifung haben. Im Etat fibreux gehen phylogenetisch oder ontogenetisch relativ jugendliche Neurone (8 und 9 unserer Textfigg. i und 2), im Etat dysmy6-

ai5

«42 C^ND 0. VOGT. ^'^JSrciinAnii,

linique dagegen zumeist phylogenetisch alte und ontogenetisch früh markreife Neurone zugrunde. Das bei der einfachen Chorea absterbende Striatum ist aber immerhin noch ein phylogenetisch sehr altes Gebilde gegenüber manchen Partien der bei seiner Erkrankung intakt bleibenden Hirnrinde. Auch die öfter ausgesprochene Idee, diese diffcrente Vulnerabilität der verschiedenen zere- bralen Grisea auf ungleiche Ernährungsbedingungen und dabei speziell . die zweifellos große Empfindlichkeit des Striatum für manche Erkrankungen auf besonders ungünstigeBlutversorgungsverhältnisse desselben zurück- führen zu wollen, ist unserer Ansicht nach mit der Tatsache unvereinbar, daß das Striatum gewissen Erkrankungen besonders schwer verfällt. Dieser Unter- schied in der Widerstandskraft gegenüber verschiedenen Noxen scheint uns vielmehr darauf hinzuweisen, daß wir denselben direkt auf den besonderen Chemismus der einzelnen Grisea des Zentralnervensystems zurückzuführen haben. Mit der Feststellung dieses ungleichen Chemismus schaffen wir aber die notwendige Voraussetzung für seine Aufdeckung und damit wie wir schon wiederholt betont haben weiterhin die unentbehrliche Basis für jene Chemo- therapie, die uns mehr als andere therapeutische Maßnahmen eine erfolgreiche Bekämpfung der striärcn Erkrankungen in Aussicht zu stellen scheint.

Unsere Untersuchungen bezweckten dann weiter entsprechend unseren Ausführungen in der Einleitung die Entscheidung der Frage, ob die patho- logisch-anatomische Gruppierung der Erkrankungen des striären Systems jene wissenschaftliche Klassifikation ermöglicht, welche nicht nur eine schnellste Diagnose gestattet, sondern auch durch Analogieschlüsse uns über die Prognose, die Therapie und die Prophylaxie unterrichtet. Wir haben in der Einleitung S. 633 schon darauf hingewiesen, daß Beginn und Entstehung nervöser Er- krankungen von dem pathologisch- anatomischen Prozeß und der Funktions- tüchtigkeit der gesund gebliebenen Hirnteile abhängt. Bei dieser Sachlage mufl sich uns die Frage aufdrängen, ob bei Erkrankungen des striären Systems der erste dieser beiden Faktoren von so überragendem Einflüsse ist. Als Resultat unserer Untersuchungen konnten wir ni^n bereits in unserem Aufsatz „Zur Kenntnis usw.", S. 51, mitteilen, daß alle acht von uns unterschiedenen Gruppen von patho- logisch-anatomischen Veränderungen durch spezifische Krankheitsbilder charak* terisiert sind. Daraus ergibt sich ohne weiteres, daß bei einem im übrigen ge- sunden Zentralnervensystem die Art der pathologischen Erkrankung des striären, Systems neben der Zeit ihres Auftretens das Krankheitsbild vom Anfang bis zum Ende in der für uns heute faßbaren Form allein bestimmt.

Aber wir können noch ein Weiteres feststellen. Manche Fälle des Status marmoratus waren mit anderen Anomalien des Zentralnervensystems kombiniert Bei der Huntingtonschen Chorea und bei der Paralyse des Striatum existierte gleichzeitig eine schwere Großhirnerkrankung. Aber alle diese die Striatum- veränderungcn begleitenden Anomalien des Zentralnervensystems haben keinen heute schon erkennbaren P^influß auf den Charakter des jedesmaligen striären Krankheitsbildcs. Es behält also in vielen Fällen von gleichzeitiger Erkran- kung anderer Hirnteile der pathologische Prozeß im striären System 216

SS;>SJSf; s: zur lehre der Erkrankungen des striären Systems. 843

seinen das Zustandsbild und den Krankheitsverlauf qualitativ bestimmen- den Einfluß.

Aber es sind hiervon diejenigen Fälle ausgenommen, in welchen eine spezielle Schädigung anderer motorischer Mechanismen vorliegt. Eine schwerere Störung im spino-cortico-spinalen Reflexbogen der Area gigantopyramidalis verdeckt wie wir zuerst in unserem ,, Erster Versuch usw.*' gezeigt und in. dieser Arbeit S. 700f . wieder erörtert haben das striäre Symptomenbild wenig- stens für imsere heutige klinische Analyse vollständig. Auch andere Sftörungen motorischer Mechanismen vermögen des Krankheitsbild qualitativ zu ändern und so die Diagnose und die Klassifizierung einer striären Erkrankung intra vitam mehr oder weniger zu erschweren, wie es z. B. der Fall v. Stauffenbergs zeigt.

In anderen Fällen verstärken anden^'eitige Hirnerkrankungen wenigstens die striären Symptome. Wir haben schon S. 677 auf einen derartigen Einfluß der Mikrocephalie hingewiesen. Ferner steigert z. B. eine starke senile Demenz wohl infolge der weitgehenden Aufhebung der Denervationsfunktion die striäre Rigidität wesentKch (33. Fall; vgl. auch 30. Fall!). Hier entsteht ein striäres Symptomenbild, das zur striären Erkrankung unproportional intensiv ist..

Wenn wir aber von diesen speziellen Kombinationen striärer und anderer motorischer Störungen absehen, so müssen wir unsere Erfahrung dahin resü- mieren, daß die pathologische Anatomie der striären Erkrankungen sogar einen größeren klassifikatorischen Wert hat, als man a priori voraussehen konnte.

Die weiter in der Einleitung angeschnittene Frage, wie w^eit bei annähernd gleichem pathologischen Prozeß die spezielle ätiologische Färbung das Zustandsbild und den Krankheitsverlauf beeinflußt, vermögen wir heute noch nicht zu beantworten.

Die letzte Frage endlich, welche C. Vogt zur systematischen Bearbeitung der striären Erkrankungen veranlaßte, die Frage, ob aus der pathologisch- anatomischen Gruppierung der Krankheiten des striären Systems allgemein für pathologisch-anatomischeKlassif ikationen Charakteristisches in den klinischen Symptomen ableitbar und so Fingerzeige für eine derartige, aber vorläufig nur auf dem Wege der klinischen Beobachtung anstrebbare Einteilung der zurzeit pathologisch-anatomisch noch nicht faßbaren Erkrankungen des Nervensystems zu gewinnen wären, haben wir schon in unseren früheren Aus- führungen dahin beantworten können, daß nicht das momentane Zustandsbild, sondern die Zeit des Krankheitsbeginns und die Gestaltung des Sym- ptomenbildes während des ganzen Verlaufs das Charakteristische seien.

Damit sind wir an das Ende unserer heutigen Ausführungen gelangt. Wollen wir einen letzten Schluß aus denselben ziehen, so ist es der, daß unser Studium uns gezeigt hat, daß sich eine weitere pathologisch- anatomische wie klinische Vertiefung der Lehre von den Erkrankungen des striären Systems in hohem Maße lohnen und dazu angetan sein wird, über den Rahmen dieser Erkrankungen hinaus eine Reihe allgemeinerer physiologischer und anatomischer Fragen nor- maler und pathologischer Natur zu klären.

217

844 C. UND O.VOGT. '"^^KiiSSC

Benutite Litaratar.

Die in der vorliegenden Arbeit nicht erwähnte, aber in unserem ohne Literaturveraeichnif ver- öffentlichten Beitrag „Zur Kenntnis usw." benutzte Literatur ist hier ebenfalls teilweise sitiert und durth ein vorgestelltes Kreuz hervorgehoben. Die mit einem Stern versehenen VerMfentlichunfOi waren ims bei der Abfassung des ebengenannten Beitrags noch nicht bekannt. Wir recSmcn damit, daß uns im neutralen und „feindlichen" Auslande erschienene Arbeiten der letzten Jahre noch ent- gangen sind. Soweit Autoren ein Interesse daran haben, daß wir in unseren künftigen Studien ihre in diesen Ländern erschienenen Arbeiten berücksichtigen, möchten wir ihnen hiermit nahe lifen, uns Separata zukommen zu lassen. Wir sind gern bereit, Separata unserer Veröffentlichungen iii Tausch abzugeben. Dagegen ermöglicht die Gestaltung des „Friedens" von Versailles und St. Gennaia uns nicht, die betreffende Literatur zu erwerben.

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3. 10. Fall. Etat dysmytUnique.

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4. 2J. Fdl. Totalnekrose.

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(C. n. O. Voet, Erknnknugen det itribeo Sfiteiiu.)

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Tafel 77.

3. jj. Fall. „ArterioBkletotische MiukelsUn«".

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4, Normaler Erwachsener.

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6. 18. FrU. Pualylitcher Etat fibrenx. Stitt „S^i" \w* .A^V-

Journal f. l'sychol. u. Neurol. Bd. 25. Ergänzungsheft 3.

(C. u. Ü. Vrjj^l, KrkraiikuiiKcii deb blriürcii S>^lems.)

2- JJ. FiiU. „Artcriosklcrolische Muskelslarrc".

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JUN ^ 1999

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